Suomalais-u.

Seura, Helsinki Toimituksia

Société

finno-ougrienne

THE

PENNSYLVANIA STATE UNIVERSITY LIBRARY

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DIE CHINESISCHE INSCÏÏRIPT

AUF DEM

UIGÜRISCHEN DENKMAL

KARA BALGASSUN.

ÜBERSETZT UND ERLAUTERT

VON

13«. GUSTA V SCHLEGF.L,

ORDENTLICHEM PROFESSOR 1)KR CHINESISCHEN SPRACHE AN DER UNIVERSITÄT ZU

LEIDEN.

Suomalais-ogrilaisen seuran loimiluksia. I\. - Mémoires Je la Sorirl« Finno-Ougrienne. IX.

HELSINGFORS.

SOCIÉTÉ FINNO-OUGRIENNE.

1896.

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THE PENNSYLVANIA STATE UNIVERSITY LIBRARY

ORIENTALISCHE UEUCKKUEI, EHÜIIKK E. J, I) Rl 1.1/ IN LEIDEN.

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I n li a 1 1.

Seite

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Chronologischer Abrias der Geschichte der Uiguren 1

Erklärung der chinesischen Inschrift des in Kara Balgassun gefundenen Uigriri-

sffhon Denkmals S

Spalte 1 8

Spalte II 11

Spalte III 17

Spalte IV 20

Spalte V 85

Spalte VI 30

Spalte VII 34

Spalte VIII 43

Spalte IX 56

Spalte X 68

Spalte XI 66

Spalte XII 72

Spalte XIII 78

Spalte XIV 83

Spalte XV 91

Spalte XVI 95

Spalte XVII 101

Spalte XVin 100

Spalte XXX 114

Spalte XX 117

Spalte XXI 120

Spalte XXII 122

Spalte XXXIII 124

Ubersetzung der chinesischen Inschrift auf dorn uigurischon Donkmal in Kara

Balgaaanri 127

Nachträge und Berichtigungen 135

Rostaurirtor Chinesischer Text des uiguriachoa Denkmals in Kara Balgassun. Ende.

Einleitung.

In der dritten Lieferung der Alttürkischen Insohbiften der Mongolei, von Herrn Akademiker Dr. W. Radloff im Jahre 1895 veröffentlicht, befindet sich, Seite 283 291, der chinesische Text des Uigurischen Denkmals von Kara Balgassun nach der Zusam- menstellung der einzelnen gefundenen Fragmente von Herrn Shu King-cheng, chinesischem Gesandten in St. Petersburg, mit einer deutschen Übersetzung von Professor W. P. Wassiljeff.

Von dieser chinesischen Inschrift sind nur 6 grosse Stücke er- halten (Atlas, Taf. XXI und XXXI), welche alle an derselben Stelle aufgefunden wurden und wovon zwei, die sich in St. Peters- burg befinden, von Herrn Koch in den 3anacKH Boeroinaro OTAtuenia, Tout, V, Bwn. 2, S. 147 156 und S. 265— 270 abgebildet und ent- ziffert worden sind ,). Gabriel Devéria gab ebenfalls eine französische Übersetzung von diesen sechs Fragmenten in dem Prachtwerk Inscriptions de l'Orkhon, 1892 durch die „Société Finno-Ougrienne" in Helsingfors veröffentlicht (S. XXVH- XXX VIII).

Anfang des Sommers 1895 hatte Herr Radloff die Güte mir einen Probebogen des chinesischen Textes und der Übersetzung des Herrn Wassiljeff zu schicken, um meine Meinung über einige zweifelhafte Punkte zu hören.

Er theilte mir in seinem Brief mit, dass Herr Wassiljeff be- zweifelte, dass zwei der Fragmente zu dem Denkmal gehörten, und zwar das Stück rechts unten (Atlas XXXIV, Fig. 3) beson- ders deshalb, weil auf Spalte III, Zeichen 60—61 „er gründete die Hauptstadt" sich auf Spalte IV, Zeichen 8—9 wiederholen und weü Spalte XVI, 44—50 und Spalte XVIH, 41—48 in der jetzigen Zusammenstellung keinen guten Sinn geben.

1) Herr M. P. Lexosof gab davoo eine frauösitche Übersetzung im Tomtg-pao, Vol. H, p. 118—124.

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EINLEITUNG.

Ich antwortete darauf den 17 Juni dass ich Herrn Wassüjeff unbedingt zugeben müsse, dass Fragment II und III nicht zusam- menpassten, da z.B. nach dem Zeichen ~fj (XVIII, 45) zweifels- ohne das Zeichen tfa folgen musste, weil ~fj Landespro- ducte bedeutet, und dies eine stehende Formel ist für das Dar- bringen von Tribut der benachbarten Völker China's.

Man liest z.B. in den Büchern der Teang-Dynastie dass, im Jahre 629 u. Zeitr., die Uiguren zum ersten Male zur Audienz kamen und ihre Landesproducte ( ~)j ijft ) darbrachten l) ; dass die Uiguren, im ersten Lenzmonat des Jahres 964, einen Gesandten schickten um ihre Landesproducte ( ~ff ftyj ) anzubieten »).

Wir lesen weiter, um auf ältere Quellen zurückzugehen, im Schu-king V, v:2 (Legge, p. 346) ^ ü ^ ® $J , die Entferntesten, sowie die Nächsten haben alle ihre Landesproducte ( ^7 ) angeboten, wobei die Glosse sagt dass „Landesproducte" die Artikel in ihrem Lande producirt bedeutet ( ~jj $3 = ^ ")j ffi * Legge» 1- c p. 847, Fussnote).

So lesen wir in Ma Toan-lin, Cap. 348, fol. 9 recto, dass die Kirghisen in den Jahren King-lung (707—709) ihre Landespro- ducte ( ~)j Ûjft) anboten 3). Ebenso lesen wir in der Geschichte dass, als Inan im Jahre 629 als Tschintschu bilgä Kagan be- stätigt war, er einen Gesandten schickte um sich zu bedanken und Landesproducte ( ~)j ) zu schenken 4).

Weiter schrieb ich, dass, da in der Inschrift, anstatt die Zeichen ffä ( ^ jf jft (46—49) folgen , diese Anschliessung un- möglich richtig sein konnte, und demzufolge die Übersetzung von Herrn Wassiljeff darbringend seitlicher Lärm in der That unzu- lässig sei und keinen Sinn gäbe. Ich führte noch mehrere Beweise für meine Meinung an, deren ich in meiner Erklärung der In- schrift erwähnen werde.

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il ^ Ü fe' ^ ^1 » Piem-i-tien, 126 n, fei. 1 veno.

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EINLEITUNG.

Auf Grund dieses Briefes, hat Herr Radioff gemeint dass, nach meiner Ansicht, die beiden grossen Stücke nicht zum Denkmal gehörten (Die Alttürkischen Inschriften der Mongolei, S. 285, Note 1). Er scheint aber meine, den nächsten Tag (18 Juni) ihm gesandte Postkarte nicht erhalten zu haben, worin ich ihm schrieb dass die zwei Fragmente zwar zusammengehörten, aber dass zwischen beiden Fragmenten ein Streifen fehlte, worauf je vier Zeichen standen; und dass, sobald man die ergänzt hatte, die zwei Bruch- stücke einen ganz verstandlichen, zusammenhängenden Sinn gäben.

Zu gleicher Zeit schrieb ich Herrn Radioff mit der Veröffent- lichung der Übersetzung des chinesischen Textes lieber zu warten, bis ich den Text restaurirt und ergänzt hätte, da es unmöglich sei eine nur einigermassen verständliche Übersetzung zu machen, solange diese Vorarbeit nicht geschehen. Und so sind denn auch die Übersetzungen von Koch, Devéria und Wassiljeff ebenso frag- mentarisch und unverständlich wie die Inschrift selbst, und lassen den Ungeheuern Werth dieses Textes gar nicht zur Geltung kommen.

Besässen wir zur Contrôle der Inschrift nicht die Geschichte der Uiguren in den chinesischen Geschichtsschreibern, so wäre mir die Ergänzung des Denkmals freilich nicht so leicht viel- leicht selbst unmöglich geworden. Aber an der Hand dieser Geschichte und mit der Kenntniss der gebräuchlichen Finten der chinesischen Verfasser von Lapidar-Inschriften , und zumal der gar nicht zu überschätzenden Hülfe des Gesetzes des Parallelisraus in der chinesischen Sprache, ist es keine solch gewagte Aufgabe einen derartigen fragmentarischen Text zu ergänzen und zu er- klären. Aber dazu gehören Zeit, mühsame Nachforschungen, Ge- duld und Ausdauer; und übereilte Veröffentlichung der Überset- zung eines solchen mutilirten Textes kann nur schaden, aber keinen Nutzen bringen.

Einstweilen hatte ich den chinesischen Text des genannten Denkmales in Angriff genommen und bei einer cursorischen Durch- lesung bedeutende Lücken entdeckt, die ich mühsam ergänzt habe und wobei das Namenverzeichniss der darin genannten Khane mir ausserordentlich geholfen hat.

Wir finden doch in dieser Inschrift die Namen von vier Khanen

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VIII

EINLEITUNG.

vermeldet, theilweise nur stückweise, wie in Spalte IV, 30—31, wo nur die Zeichen $r , die „folgte (ihm auf den) Thron" bedeuten, übrig geblieben.

Vergleichen wir nun Spalte XI, 53-75, so finden wir da die vollständige Formel 1k Sli^PS«^

?B UN tètftjàtytDN'tf ¥ff&&- Zeichen 60 ist in der Inschrift nicht mehr lesbar, aber wenn wir die Geschichte der Uiguren nachschlagen, finden wir dass dieses Zeichen lüg muss gewesen sein, und wir bekommen die Lesung: „Nach sei- nem (nl. des vorigen Khan's) Tode folgte Tängridä ülüg bulmiS alp kutlug ulug bügä Kagan ihm, und erhalten wir zu gleicher Zeit sein Regierungsjahr, 795 unserer Zeitrechnung. In Spalte XI, 14 29 finden wir ebenfalls einen vollständigen Namen, an- fangend mit •^■j der Sohn (des vorigen Khan's) N.N. folgte ihm auf den Thron (fjfâjiL, 28-29).

Somit haben wir die stehende, in dieser Inschrift befolgte For- mel gefunden, und können wir mit vollständiger Gewissheü sagen, dass diese selbe Formel auch bei den andern Namen muss gebraucht sein, und also zwischen ^ (Spalte IV, 24) und fi^fö (30-31) Seiri Sohn ???? folgte ihm auf den Thron, der Name desKagan's muss gestanden haben. Wir ergänzen deshalb erst Zeichen 28 29 mit den Zeichen "Pf flp , Khakan , so dass wir nur noch zwei Zeichen (26-27) zu ergänzen haben, die, wie in den anderen Beispielen, den Eigennamen des Khan's müssen enthalten haben ; welchen wir dann auch an der Hand der Geschichte der Uiguren gefunden haben.

Betrachten wir nun in Spalte VI, 27 41 den dort aufgeführten Khan, so lesen wir nur noch Tängridä kut buhni$ Kit-tut tängmiS alp külüg. Aus der chinesischen Geschichte lernen wir jedoch, dass zu diesem Namen noch die Worte bügä kagan gehören , womit die Lücke 42-45 ergänzt werden kann. Da aber die Formel „folgte ihm auf den Thron" ( $8 oder gg) $r ) noch fehlt, so müs- sen wir die auch noch eintragen. So wie die Zusammenstellung jetzt ist, ist dafür nur eine Stelle (46) frei, während wir deren zwei nöthig haben. Dies beweist dass hier ein Stück des Steines fehlt,

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EINLEITUNG.

IX

Denselben Beweis finden wir in Spalte XI, 38—45: -f* V0 Uffi j$ ft fit Wenn wir nun auch, wie in

Spalte IV, 32—33, das Zeichen 45 mit % ft) ausfüllen, so würde man doch daraus nichts anderes lesen- als „Sein Sohn Kutlug bügä war von Natur grossmüthig und fröhlich".

Wir sehen aber dass dieser Khan stirbt und von seinem Sohne gefolgt wird (XI, 53 ff.). Er selbst muss also ebenfalls seinem Vater gefolgt sein. Überdiess ist auf diese Weise sein Name nicht vollständig, da uns die chinesische Geschichte lehrt dass er Kutlug bügä kagan hiess, so dass diese Zeichen pf ff noch zu- gefügt werden müssen. Dann müssen noch zugefügt werden die zwei Zeichen ßfc , „folgte ihm auf den Thron", wonach erst

die Lobrede ^ ft |f£ ^ (von Natur war er grossmüthig und fröhlich) folg en kann. Wir haben also hier 5 Zeichen : flj" flp B?1& > ^> „Kagan folgte ihm auf den Thron; Von Natur", einzuschalten, während nach der jetzigen ZusammensteUung dafür nur eine Stelle offen bleibt ').

Wieder einer der vielen Beweise die wir gefunden haben, dass zwischen beiden Fragmenten ein Bruchstück fehlt; Beweise die wir in unserer Erklärung der Inschrift naher beleuchtet haben.

Da, nach der Ansicht des Herrn Radioff (op. cit. S. 285), das Denkmal offenbar mit Gewalt zerstört ist, so ist ein Verlorengehen und eine Abbröckelung von einzelnen Fragmenten sehr wohl an- zunehmen.

Das Material war Granit, und bekanntlich finden sich sehr oft darin sogenannte Kalkkeile, die manchmal marmorartig hart sind. So erscheint der Granit in unseren Alpen mitunter in höchst eigenthümlicher Verbindung mit Kalk, von welchem keilförmige Streifen in Granit eingeschlossen sich vorfinden. (Vogt, Lehrbuch der Geologie, II, 261-262; Schoedler, das Buch der Natur, 17. Auflage, II, 146 u.s.w.).

Nehmen wir einen solchen keilförmigen Streifen von marmor- artigen Kalk in dem Granitstein des Denkmals an, so wird sich dieser, als der Stein mit Gewalt zerschlagen wurde, leicht von

1) Siehe unten S. 71.

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X

EINLEITUNG.

dem Granit losgebrochen haben, und als Kies zusammengebröckelt sein. Die Regelmässigkeit in Breite des fehlenden Streifens lasst sich hierdurch leicht erklären.

Was aber dieses Denkmal zu dem wichtigsten aller dort aufge- fundenen Denkmäler macht, ist, dass es uns einen Beweis liefert wann und wie der Nestorianismus in Uigurien eingeführt wurde.

Im Jahre 762 halfen die Uiguren, unter Anführung ihres Khan's Idihän, den Kaiser von China gegen die Rebellen, unter An- führung von Schi Tchao-i (]£ 1j$ mit einem Heere. Nach- dem sie die Stadt Loyang (jetzt Ho-nan fu in der Provinz Honan) erobert hatten, wo der Khan drei Monate lang gelagert blieb, scheint letzterer mit nestorianischen Mönchen Bekanntschaft ge- macht zu haben, zur Einsicht gekommen zu sein dass sein eige- nes Volk ein rohes, ungeschlachtetes war, und beschlossen zu haben diese Lehre unter seinen Unterthanen zu verbreiten ').

Viel mag dazu beigetragen haben der Einfluss eines gewissen Isze oder U {ffi $f), der in dem nestorianischen Denkmal von Si-ngan fu (Spalte XXI, 11—12) genannt wird, und der auf Be- fehl des Kaisers Suh-tsung, den Herzog Kwoh Tsze-i in seiner Expedition nach dem Norden begleitete (Wylie, On the Nestorian Tablet of Se-gan foo,' S. 284—285, 314, 316).

Die Verfasser des Denkmals sagen von ihm (Spalte XXm, 9 fif.) :

«s ä ff 3l m . m % * üb f* z . m * * m *

3|c 1*8 #f 31 > „Überdiess befolgte er die Hehre Lehre (den Nestorianismus), und seinem menschenfreundlichen Drange gehor- chend gab er seine Reichthümer in Almosen weg. Jedes Jahr versammelte er die Mönche aus den vier Klöstern, um sich während 50 Tagen gottesfürchtig zu reinigen und vorzubereiten. Wenn Hungrige kamen, so gab er ihnen Reis (|^ = fljc)1); kamen Frierende, so kleidete er sie. Kranke wurden geheilt und

1) Siehe Spalte VII, 69—76, Spalte VIII, 1-9, und unsere Erklärung S. 89—45.

2) Wjlie, op. cit. S. 286, bat diese Zeile nicht, und die folgende mit «the and were clothed" fibenetst. Aber ^ ist kaU , and nicht noekt.

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EINLEITUNG,

XI

gehoben; die Todten wurden begraben und zur Ruhe gebracht. Selbst unter den reinsten und den meist selbstverleugnenden Christen hatte man nie von solch einer Vortrefflichkeit gehört".

Wylie und Legge übersetzen den Ausdruck Tarsa mit Buddhist, auf die Autorität Pauthier's hin. Ich habe aber im Toung-pao (Band VI, S. B33) nachgewiesen dass Tarsa die Transcription des per- sischen Wortes Tersa ist, womit die Perser die Christen (manch- mal auch die Feuer-Anbeter und Magier) bezeichnen.

Der Geschichtsschreiber Haiton nennt die Uiguren Tarsi l). Es ist doch undenkbar dass ein christlicher Autor einen Buddhisten als Vergleich mit einem Christen anführen würde.

Überdiess sind die genannten Werke der Barmherzigkeit des Isze rein christlich. Auf dem Wandgemälde von Moritz von Schwind auf der Wartburg stehen u. a. die Sieben Werke der Barmherzigkeit der Heiligen Elisabeth, mit den Unterschriften: 1. Die Hungrigen speisen. 2. Die Durstigen tränken. 3. Die Mü- den beherbergen. 4. Die Nackten Meiden. 5. Die Gefangenen trö- sten. 6. Die Kranken pflegen. 7. Die Todten begraben. Die von uns cursivierten Werke sind die welche dem Isze zugeschrieben wur- den und deshalb keinen Zweifel lassen er sei ein ächter Christ gewesen.

Dass dieser Isze aus Indien kam, beweist aber nicht dass er ein Buddhist gewesen; denn es gab auch in Indien Nestorianer. Cosmos Indiopleustes, ein ägyptischer Kaufmann und hernach ein Mönch, der um die Mitte des 6. Jahrhunderts gelebt hat, schreibt in seiner Topographia Christiana dass damals auf der Insel Ta- probane oder Ceylan eiue Kirche für die persischen Christen ge- wesen sei *).

Aus den Reisen des Rubruquis wissen wir dass es auch im Lande der Igur Nestorianer gab 3), aber man wusste bis jetzt nicht

1) Bretschneider, dem ich in dieser Note gefolgt war, sagt irrthümlich Haiton, king of little Armenia. Es ist hier aher die Rede ron dem Geschichtsschreiber Haiton, wie De Guigoes, III*, S. 30, richtig schreibt. Später hat Bretschneider im »Journal of the China Branch Royal Asiatic Society", Vol. X, p. 206—207, den vollständigen Text publi- ziert, der der Iliitoria orient alis des Hai ton entnommen ist.

2) De Guignes, op. cit. III, S. 45 46, und S. 55. S) Ibid. I, 86.

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EINLEITUNG.

wann, und von welcher Seite, der Nestorianismus in Uigurien einge- führt war. Unsere Inschrift theilt uns also ein ganz neues, geschicht- liches Factum mit, das wir bis heute weder durch die chinesischen, noch durch die abendlandischen Geschichtsschreiber erfahren haben.

Rubruquis ist jedoch nicht gut auf die nestorianischen Uiguren zu sprechen, und sagt dass sie so unwissend seien, dass sie nicht einmal die syrische Sprache verstehen, in welcher ihre Bücher geschrieben sind. Er wirft ihnen noch vor, sie seien Trunkenbolde, Wucherer und Polygamisten l).

Verfasser der Inschrift war wahrscheinlich der in der ersten Spalte genannte Inantu, seinem Namen nach ein Uigure, und vielleicht selbst ein Nestorianer. Wir begegnen ja in dieser In- schrift denselben Fehlern wie in der nestorianischen Inschrift von Si-?igan fu. So finden wir (Spalte XVII, 21) $J tsung, «gejagt, ängstlich", statt ^ tsung, „sammeln, anführen". In der Inschrift von Si-ngan fu steht, anstatt jffa tsung, sogar ^

ktouh, „abstäuben". In Spalte XIV, 39 steht ^| anstatt (vergl. Spalte XVI, 6), u.s.w.

Der Styl selbst ist sehr einfach, und weit weniger prahlerisch und schwülstig als der des Denkmals von Kül tegin. Daher bietet die Inschrift von Kara Balgassun viel weniger Schwierigkeiten als die von Kül tegin. Es ist zu bedauern dass die türkische In- schrift so schadhaft ist, da es mich däucht dass sie ungefähr das- selbe enthält wie die chinesische. Z.B. Ui, c. 10 äki ogränl, die 2 Lehren ; [uhi]g törün jaj[up] (üi, c. 5), mit der grossen Lehre lusbreitend; [törüs]ün jämä kol[up] (Ui, c. 6), ihre Lehre (?) alle erbittend ; wo wir im chinesischen Text ZL jjjß , die zwei Sakra- mente (Spalte VIII, 10 11); IE >f£, die wahre Lehre (Spalte X, 40-41); |>|J jE die wahre Lehre ausbreiten (Spalte VIII,

39-41); 0JJ ffc, die Lehre des Lichtes (Spalte X, 3-4) finden; alles Ausdrücke die nur auf den Nestorianismus passen, und nicht auf die Religion der Manichäer, da, wie wir in unserer Arbeit nachweisen werden , die Manichäer erst im Jahre 806 nach China kamen, während aus der chinesischen Inschrift deutlich hervorgeht,

1) Ibid. 1U, 3- 29-30.

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EINLEITUNG. XIII

dass die Lehre des Lichtes schon im Jahre 762 aus China nach Uigurien gebracht wurde.

Unsere Vermuthung wird durch folgendes Factum bestätigt. Nachdem das türkische Reich im Jahre 745 durch die Uiguren über den Haufen geworfen worden war, trifft man das alttürki- sche Alphabet noch im IQ. Denkmal in einer verjüngten und verfeinerten Form an. Dies ist aber das letzte Document dieser Schrift, und sie wird schon in demselben Denkmal verdrängt durch die uigurische, d. h. Syrische Schrift (Thomsen, Inscriptions de TOrkhon, p. 53). Da wir nun nachweisen werden, dass Idikän, Khan der Uiguren, im Jahre 762, als er dem Kaiser von China geholfen hatte die Stadt Loyang zurückzuerobern, mit Nesto- rianern Bekanntschaft machte, und einige ihrer Priestor nach Uigurien führte um sein Volk zu bekehren, so liegt eine starke Vermuthung vor der Hand, dass diese Priester ebenfalls ihre Syrische Estrangelo (?) Schrift dort einführten, damit die neu- bekehrten Uiguren im Stande wären die syrisch christlichen Bücher zu lesen.

Wir sehen wie eng hier alles sich anschliesst, und wie wichtig unser Denkmal für die geschichtliche Epoche der Einführung des Christenthums, sowie der syrischen Schrift, in Uigurien ist.

Soviel möglich habe ich hinter der chinesischen Transcription der türkischen Worte und Namen die türkischen Aequivalente geschrieben, wobei mir Professor Vilh. Thomsen mit der grössten Bereitwilligkeit geholfen hat. Leider ist es jedoch auch diesem vorzüglichen Gelehrten nicht immer möglich gewesen die türki- schen Worte in ihrer chinesischen Transcription zu erkennen, nicht so sehr wegen der Unzulänglichkeit dieser Transcription, sondern weil uns die türkischen Texte zur Contrôle fehlen.

Sehr zutreffend schrieb mir Prof. Thomsen: „Ich bestreite die Richtigkeit und Consequenz der chinesischen Transcriptionen nicht, aber die Schwierigkeit rührt theilweise von den verschie- denen phonetischen Systemen beider Sprachen, theilweise von unserer geringen Kenntniss der türkischen Namen und Titel her.

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Wer hat bis jetzt an Titel wie die von Cur, Sktdapit, Jabgu u.s.w. gedacht?"

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XIV

EINLEITUNG.

So erzählen uns die chinesischen Geschichtsforscher dass als Abukttra(?) sich zum Fürsten der Kotia aufgeworfen hatte, das Volk ihm den Titel Heou-leou pih-lih gab, der „Grosser Kaiser" bedeuten soll1). Die Reduction giebt ulu bejlik oder ulug bäglik, das freilig nicht „Grosser Kaiser", sondern eigentlich „Grosse Herrschaft" bedeutet.

Dem Kiung-ki gaben sie den Titel Heou-pei, das im Chinesi- schen „zweiter Herr" (Mitregeut) bedeuten soll9).

Kiung-ki ist natürlich ein türkischer Eigenname (Küngki? oder Köngill?), der nichts zu machen hat mit dem entarteten Sohne des Schoo Hao (2597 vor Chr.), dem das Volk den Namen Kiung-ki, „Ungeheuer", gab3).

Die alte Aussprache von Heou-pei lautete upei, upui oder upoi, oder ubei, ubui oder uboi. Wir können aber hier nicht an Osm. üvej (Stief-, nicht blutsverwandt) denken, weil die chinesische Deutung nicht dazu passt. Da aber das Chinesische Ulu biMik genau das Türkische ülu(g) bägiik wiedergiebt, muss auch Upei im Türkischen bestehen aber die Belege zur Identification fehlen uns.

Dergleichen Fragen jedoch bedürfen eines eingehendem Stu- diums als hier an dieser Stelle möglich wäre, und wir müssen uns vorläufig mit dem tempus dabit begnügen.

In der dieser Arbeit beigegebenen Tafel, den restaurirten chi- nesischen Text der Inschrift enthaltend, habe ich alle von mir restaurirten Zeichen und Sätze mit rother Dinte gedruckt, so dass man sofort sehen kann wieviel des Textes noch deutlich leserlich ist und wieviel unsere Forschung uns noch erlaubt bat hinzufügen zu können.

Natürlich ist dabei manches muthmasslich geblieben, und fer- neres Studium wird vielleicht noch Verbesserungen und Zusätze

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Pürsten theilten sich in die Ilerrochaft.

3) Siehe den T$o-Uchuen, Heraog Wen, XVIII. Jahr. (Legge, Ch'un-te'ew, S. 880 nnd 288).

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EIN LEITUNO.

nothwendig erscheinen lassen. Wirklich wissenschaftlich, lexicalisch und historisch begründete Verbesserungen werde ich stets dankbar anerkennen ; ich kann aber keine auf persönlicher Auffassung be- ruhende, wissenschaftlich unbegründete, oder nicht durch Belege aus den chinesischen Wörterbüchern oder Geschichtsforschern be- stätigte variae leäiones und Mäkeleien, wie sie meiner Übersetz- ung und Erläuterung des Tegin Kül Denkmales grössten Theils gespendet sind, berücksichtigen. Niemand braucht mir auf meine eigne Autorität zu glauben, aber ich meinerseits erkenne auch die eigne Autorität anderer nicht an, wenn diese nicht durch triftige Gründe unterstützt wird.

Auf dem Titelblatt habe ich einen üiguren aus der Zeit der Tcang-Dynastie, nach einer chinesischen Originalzeichnung, repro- ducirt, woraus u.a. ersichtlich dass die Uiguren stark behaart waren, und schon damals Turbane trugen.

Zum Schlüsse ist es mir eine angenehme Pflicht dem ausge- zeichneten dänischen Forscher, Professor Vilh. Thomsen, in Ko- penhagen, hier öffentlich meinen Dank auszusprechen für die Bereitwilligkeit mit der er mir bei der Erklärung und Identification der türkischen Wörter geholfen hat, und die meiner Arbeit eine grössere Vollständigkeit gewährt hat als ich solche allein hätte erzielen können.

Derselbe Dank gebührt auch der Finnisch-Ugrischen Gesell- schaft in Helsingfors, welche die Herausgabe meiner Arbeit so freigebig ermöglicht hat.

Gustav Schlegel-

Leiden, Juni, 1896.

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CHRONOLOGISCHER ABRISS

DER

GESCHICHTE DER UIGUREN.

Die Uiguren waren Nachkommen der Hunnen. Da sie auf mit ho- hen Rädern versehenen Wagen herumfuhren, nannte man sie, unter der Wei-Dynastie (227-264), Kaotsche „Hohe Wagen" *).

Sie waren in 15 Stamme getheilt: 1. die Üngir (J| 2. die

Siet-yen-to (mfefä Siryanda?), 3. die Ki-pi-yü (|?2£#} Kibyi), 4. die Tupo Tuba), 5. die Kurikan %\

6. die To-lam-kat ( % ^ || Tekn^), 7. die PmA-äw* ($| ^ Bm^m), 8. die Bayirku (#t#llf)i 9- die !T^ra jjg), 10. die Hun (jfg), 11. die Sufctf (,§£ jjg Swfcar?), 12. die jöo&- ^feîî'r.O, 13. die IfeÄtf oder JKÄ# ( H jgf JEftts, Ötos, ^fto oder Igizt), 14. die .ä-tf* (ß? jfafe), 15. die PaÄ Sop §)» die weissen Sap oder Sip. Der Stamm der Üngir ward auch O gu ( g| ) genannt, worin Thomson (Inscript, de l'Orkhon, S. 148) ganz richtig den Namen Oguz vermuthet hat, der uns sonst nur in der verderbten Form Tagazgazi d.i. Toguz Oguz, die „Neun Oguz", erhalten ist.

1} Dies ist die angenommene Lesung; es ist aber fraglich, ob es keine Volksetymologie ist and ob die chinesischen Wörter Kao ttche (in A moi Ko itcÀia and in Canton Ko ttckà ausgesprochen) nicht die Transcription sind des türkischen Wortes Koi, das stark, gewal- tig, eigontlich Widder bedeutet, der hei den turko-tatarischen Völkern als Symbol der Macht, Stärke nnd Majestät gilt. Vgl. Cag. Kodak, ein Held, der Tapfere, Koikar, Widder. Der Volksname würde also sein: .Die Starken, Tapfern oder Helden". (Vâmbéry, Etjmol. Wörterbuch der Turko-tatarischen Sprachen, N°. 94).

1

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2

Unter der Sui-Dynastie (581-618) nannte man sie nach der alten Aussprache Uigit, d. i. Uigir. Sie waren den Türken unterworfen.

Während der Periode Tayeh (606—616) fiel der türkische Khan Tsckula (ßjlfife Cura?) die Horde der Titlik (jfîfc U oder aa» raubte ihre Schatze, und richtete ein grosses Blutbad unter ihnen an. Darauf empörten sich die Uiguren gegen ihn, wählten sich ein eigenes Oberhaupt (Szekin oder Sukun /f*), und nannten sich darauf Huigit (0 jfö), ebenfalls nach der alten Aussprache = Uigir. Der Stammname war Üj| ffl S - alte Aussprache : Yak lokat (Yarakar oder Tarkar?), und sie wohnten nördlich von den Siet yen-to |îfj Siryanda?), an den Ufern

des Selenga-Flusses ( |g |fg ± )•

616 Gegen das Jahr 616 wählten sie sich als ersten Fürsten den Sukun Schikän (B$ flÉfê Jf) der seinen ältesten Sohn Po-sat ( ^ jjg ) verbannte , weil er dessen Tapferkeit fürchtete. Nach seinem Tode wählte jedoch das Volk diesen Posât {Bozar ?) 8)

629 zum Nachfolger (629). Als letzterer gestorben war, erhob sich ein Oberhaupt Namens TJlug sulibat tumitü ($}} jj^E §J fcfc

*fè Ä der die Sietyento vernichtete.

648 Tumüu wurde im Jahre 648 von seinem Neffen Ogü ( Ogul?), der ein Liebesverhältniss mit Tumitu's Frau angeknöpft hatte, ermordet; der Mörder aber kurz darauf enthauptet.

649 Jenem Tumitu folgte im Jahre 649 sein Sohn Bojun ( ^ [II] )• Dieser starb 661, und sein Nachfolger war sein Sohn Bilir1)

K 56, ^ Jt Pienitien, Cap. 126 H, fol. 6

verso).

661 Auf diesen folgte sein Sohn Tokkaüsi |g Er starb 686 im Jahre 685 , und hatte zum Nachfolger seinen Sohn Bokti Beg ( ffi Bugdai, oder Bogdai Beg *). Dessen Nachfolger war Tsching -tsung ^ der wegen einiger Streitigkeiten mit dem Gouver- neur von Liang-tscheu (jfo $| § ) nach Siang tscheu ( )

1) Nach Thomien vielleicht die m*# oder 7olu, aber der Name iit gleich TerKi oder TUek.

2) VÄmWry, N°. 222.

8) Canton tmt, Aœoi Colloquial lot, alte Aaieprache wahrscheinlich Hi=*Ur. 2W*r«» wissend. 4) HouUma, op. cit., S. 62, Bogdai «= Waisen.

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3

verbannt ward und daselbst starb. {Pien itien, 126 II, fol. 7 verso).

Einer seiner Verwandten, namens Hu-su (|f§ $$j Us?), General des Districtes Ranhai, der die Unzufriedenheit des Volkes über den Gouverneur von Liang-tscheu benutzte um eine Empörung zu erregen, tödtete diesen letzeren, und floh 712 später zu den Türken, wo er im Jahre 712 starb, und seinen Sohn jj USI, Kutti9 Boüa zum Nachfolger hatte, (siehe weiter unten).

Dieser nahm im Jahre 745 den titel von Kutlug bilgä kül

*Oflw» ( # HB ïfc "tt # H WflF, Pieni-tien, I.e.) an, und theilte dies dem Kaiser von China mit, der ihm den Titel „Fürst der die Gerechtigkeit ausübt" ^ 3E) verlieh. Später er- hielt er den Titel „Pfleger der Humanität" Pieni-tien, 126, ü, fol. 7 verso. - Ma Toan-lin, 847, fol. 8 verso).

Mit Boüa, der deshalb in unserer Inschrift (Spalte V, 57-64) als „Unser hoher Ahnherr kül bilgä kagan" ( ^ fg. g| 0% $0 Ü{ ff ) bezeichnet wird, fangt die Zeit der Grösse der Uiguren, die bisher den Türken und Chinesen unterworfen gewesen waren, an. Wir werden hierauf bei unserer Erläuterung des Denkmals zurückkommen. Er starb im Jahre 746 und hatte seinen Sohn 7*6 Mqjuniür (Jg $| Çg) l), genannt Karlig kagan || ®f ff), zum Nachfolger. (Pienitien, 1. c, fol. 8 recto). Im Jahre 758 verlieh ihm der Kaiser den Titel „Glanzend kriegerischer, den Entfernten imponirender, bilgä kagan" ( flfl- Jjj* $1 Wi 35 ^ÄMläW^BffPe Pienitien, 1. c, fol. 9 recto).

In unserem Denkmal wird er in Spalte V, 74—75, und VI, 1 14, angeführt als Tängridä bolmii, Kü-i tägmü bilgä kagan

( S M S a S Si 9! fêi t M * A" W fF).ein N*me

den die chinesischen Geschichtsschreiber uns nicht aufbewahrt haben.

759 Dieser Khan starb im Jahre 759, und da sein Sohn, der Jabgu, früher, seiner Verbrechen wegen, hingerichtet war, wurde sein zweiter Sohn, Iti-kän, durch das Volk zum Nachfolger eingesetzt

1) Gag. bojnn , mojnn = lang, hoch (Vdmbérj, op. cit., S. 194).

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unter dem Titel Meuyü ') Kagan (fö M M~k T ^ $f

tt.&lRT&l&tikAM^ffl^îîo Pieni-tien, 126 II, fol. 9 verso; Ma Toan-lin, Cap. 347, fol. 10 recto). Er erhielt 764 im Jahre 764 vom Kaiser von China den Titel KiUut(?) Tängri Kötürmü (? oder KôèûrmiS?) alp külüq, der mit glänzender Ge- rechtigkeit sich Verdienste erworben habende Bügä Kagan

m mu &t m # m & m û ® m m&rn m, m

"pf ff, Pien itien, I.e., fol. 10 verso).

In unserer Inschrift (Spalte VI, 27 45) wird dieser Khan genannt % & m 'M & & M & W % % M Û ® M $H Tïf fpl Tängridä kut bulmü Kit-tut tängmü alp külüg [bügä kagan] also etwas abweichend, obgleich sein persönlicher Titel Alp külüg derselbe in beiden Titeln ist. 780 Dieser Khan wurde im Jahre 780 durch seinen Minister Tun Baga 2) Tarkan ermordet (SÉ^TE^^WM^ÏÏ)! i1^^ Pf fj% Pien-i-tien, 1. c, fol. 13 verso). Letzterer warf sich selbst zum Khan auf und nahm den Titel Alp kutlug bügä kagan an

(& ±%&^1$jfäWlJtto~&( ft)> während ihm der Kaiser den Ehrentitel „Khan, der sich durch Kriegstüchtigkeit und Gerechtigkeit Verdienste erworben" ( §^ ffä jjj "PJ* ff 0 Pien- itien, I.e., fol. 13 recto) verlieh. 785 Im Jahre 785 bat er den Kaiser von China, die Zeichen 0 )j£ des Volksnamens Uigur in ßtj verändern zu dürfen. Dies ward ihm gewährt, und ihm darauf der Titel „Kutlug langlebender kaiserlicher Verwandter3) bügä kagan" verliehen

*r ff ä » utu m ä m % & wk fa wffo ^

tien, I.e., fol. 16 recto; De Guignes, Geschichte der Hunnen und Türken, IV, S. 282; I, 23, 25.

Da nun dieser Khan ein Usurpator war, so steht in unserer In- schrift nicht die gewöhnliche Formel „folgte ihm in der Re-

1) = Cag. Hirsch; Osmanli Eule, eigentlich „der Blöker"; Tergl. huk», Stier. Das erste Zeichen des Ntmens 1^ , alte Ausspr. Bo, Bu oder Mu, ist onomatopöisch für das Blöken der Kühe (Notes and Queries on China and Japan, 1870, S. 93). Die türkische Wurzel Bug, Bog bedeutet dasselbe (Vambery, op. cit., N°. 823).

2) Vgl. Boila Baga Tarka» in der alttürk. Inschrift, II, S. U (Thomsen). 8) Er war nämlich Eidam des Kaisers geworden.

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gierung" ( &i fa oder gg ), sondern (Spalte XI, 4—5) H & » „bemächtigte sich des Thrones/' Die drei vorhergehenden Zeichen in Spalte X, 74—75, und Spalte XI, 1, sind also mit dem Namen dieses Usurpators, ijpj ^ 2*wn baga, auszufüllen.

789 Besagter Usurpator starb im Jahre 789 und erhielt zum Nachfol- ger seinen Sohn Taras (J=| 3l # ff ffî*^ ^Mtift -fr ). Dieser wurde vom Kaiser bestätigt als Ai Tängridä kut bulmiS külüg bilgä, der getreue und edele Kagan ( flJJ- ^

c, fol. 15 rarfo; -Ma Toanlin, 347, fol. 14 recto; Histoire générale de la Chine, VI, 858; De Guignes, op. cit., H, 25).

In unserer Inschrift (Spalte XI, 16—27) steht sein Name, etwas verkürzt , als Tängridä bulmü Külüg bilgä kagan (ffi ffl

790 Dieser Taras wurde im Jahre 790 durch die Prinzessin Job

vergiftet 7C * # W ff & ^ ¥ ft Hl ? ffi %

ffi0Pien-itien, I.e., fol. 15 verso), worauf sein jüngerer Bruder sich als Khan aufwarf. Er wurde aber von der Bevölkerung, dazu durch die Grossoföciere aufgewiegelt, erschlagen, und der jüngste Sohn des Taras, Oèûr (?), als Khan eingesetzt (^^; g g

AÄSIt, MJf#7^M m.Pien-Uien, 1. c, fol. 15 verso; De Guignes, op. cit., II, 25; Ma Toanlin, 347, fol. 14 verso). Derselbe wird in unserer Inschrift (Spalte XI, 40—46) als Kutlug bügä (kagan) fäPfti^^^ÄTfl1]) angeführt. Er erhielt vom Kaiser den Titel Fung tsching Kagan (^ |$

"TJf>.

796 Da Olür im Jahre 795 kinderlos starb, setzte das Volk seinen ersten Minister Kutlug zum Khan ein ( JQ -J- ^

¥ fF 5E «f ? , H À ifc £ *tf -B* n* # £ ¥fr>- Er

erhielt vom Kaiser seine Investitur als Ai Tängridä Ülüg bul- mis' alp ulug kutlug bilgä, der Treue-hegende Kagan (flfl- ^ ®

m m m m m & « m £ « # n* «u s* «fc * «

Fff fp0 Pieni-tien, 1. c, fol. 16 recto; De Guignes, op. cit., Il, S. 25).

In der Inschrift (Spalte XI, 56-78) führt er denselben Titel, mit Weglassung des ersten Zeichens Ai, und des unleser-

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lichen , aber zu ergänzenden Zeichens lüg, sodass sein Titel daselbst lautet Tängridä Ü[lüg] bulmü! alp kutlug ulug bügä

>«v°n <Sma>*9[&]>&ffi£,£>ttl«it.tt

jj$ ^ >w ffltfc 'ßlU "Pf ff)» worin, wie wir sehn, die Worte Kutlug (der Glückliche) und Ulug (gross) umgestellt sind: der „glückliche Grosse" oder „der grosse Glückliche."

Wir kommen spater, bei der Erklärung der Inschrift, auf die Lebensgeschichte dieses berühmten Khan und Feldherrn zurück. 806 Er starb im Jahre 805, und sein Sohn, Tängri-ya (?) alp külüg bügä kagan, folgte auf ihn (fö ^ fk $f

tien, I.e., fol. 16 recto; De Guignes, op. cit., II, S. 26). Unter sei- ner Regierung kamen Manichäer zuerst nach China, worüber spater. 808 Er starb im Jahre 808 und hatte zum Nachfolger Ai Täng- ridä kut (but)mü alp bügä, die Gerechtigkeit schützender Kagan

S& W . Pün-i-tien, 1. c, fol. 16 verso ; De Guignes, op, cit., H, S. 26).

821 Dieser starb im Jahre 821, und Täng{riyiä Ülüg bulmü Küllüg bügä, die Tugend ehrender Kagan folgte ihm ( &J* ff

W Ü0 M IS *T ff o Bücher der Tang-Dynastie; Pien-i-tien, 1. c, fol. 17 recto). In den alten Büchern der Tang-Dynastie, Cap. 196, fol. 13 verso , wird der Eigenname des Khan Kutschulug = Kü6lüg(iJ ^ HJ) geschrieben. Er starb im Jahre 824. 826 Im Jahre 825 ward sein Nachfolger Ai Tängridä kut bulmü alp bügä, der die Sitten aufklärende Kagan eingesetzt (^ )ff

üfl HS jfl Äf ^ . Pien i-tien, 1. c, fol. 17 verso l). Dies ist der in der ersten Spalte der Inschrift genannte Khan ,

1) Sein Titel lantet nach der türkischen Inschrift: Tängridä kut tmlmii Alp Mgä tärnjri TJjgur kagan, „Der tapfere (alp) nnd weise (bilgä) himmlische (täugri) nignrische (Uf'gur) Kagan, der das Glück (kut) im Himmel (tängridä) gefanden hat (bulmü). S. Thomsen, Déchiffrement des Inscrip. de l'Orkhon, S. 13 (297), Note; Radioff, alttürk. Inschr. i. d. Mongolei, 8. Liefernog, 8. 292.

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832 der im Jahre 832 von seinen Untergebenen ermordet wurde, die seinen zweiten Sohn, V töre (Prinz U), als seinen Nachfolger

einsetzten. (*5fD^* Ifff jUTPirf Jîl

4$ Wl JL Pien-itien, 1. c, fol. 18 recto. Dieser wurde im darauf- folgenden Jahre bestätigt als Ai Tängridä kut bulmü Alp Külüg bügä, die Treue beweisender Kagan(ft & W * 8? Ü MW^^fëîtiï. P^n-i-tien, 1. a, fol. 18 redo). 889 Auch dieser Khan wurde im Jahre 839 von seinem Minister um- gebracht , und die Bevölkerung ernannte den Prinzen Kapsap x) zum Kagan ( gg $ 0 # 0 $J 1* ff £ g « #T ^ .

S A ± il IS 4# Wi ff )• Nach der Special-Ge-

schichte der Uiguren, hatte jener Minister, namens Kulbur, Auf- ruhr gemacht und mit den ScluUo den Khan angegriffen, worauf dieser sich selbst entleibte ^fBßl^lSI.Äifftggl^

tt*>5li!>|!ß#:8kWff.Bfff i$t£^. Pien-i- tien, I.e., fol. 18 recto ; 3/a Toanlin, 347, fol. 15 »er«); De Guignes, op. cit. II, 27).

841 Auch dieser Khan wurde im Jahre 841 von den Aufruhrern, im Bündniss mit den Kirghisen, erschlagen (Pieni-tien , 1. c, fol. 18 verso), worauf die übrigen 13 Stämme den Prinzen Ukai (Ogai?) zum Khan einsetzten (J£ § "Pf ff 3f -f- E: ü $^:fr4$®J3S*Tffo Pieni-tien 1. c. ; Ma Toan-lin, 347, fol. 16 redo).

sie Nachdem dieser im Jahre 846 ebenfalls ermordet worden war, wähl- ten seine IJnterthanen seinen jüngeren Bruder, den Prinzen Kaiin *),

zum Khan (g £ it . g T * g Ü& ïifè # ® % W

fp , Pien-i tien, 1. c, fol. 19 «rw ; De Guignes , op. cit., II, S. 29). Die Geschichte der noch weiter zur Regierung gelangten uigurischen Fürsten kann man bei De Guignes finden. Sie hat für die Erör- terung unseres Denkmals weiter keinen Zweck.

1) KapUk, Kipéai(?).

2) Kat iini (Amoi), Kat-nim (Canton) Katin, Uiguriaeh viel. VimWry, Btym. Wör- tern., N°. 72 I.

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ERKLÄRUNG DER CHINESISCHEN INSCHRIFT

DES IN KARA-BALGASSUN

Das fünfte Zeichen ist mit Ai zu ergänzen, und der Titel lautet demnach:

Denkmal der heilig-bürgerlichen und göttlich-kriegerischen (Verdienste) des Khan der neun Stämme der Uigur en Ai

Tängridä kut bulmû Alp bügä kagan, nebst Vorrede.

Wir haben oben , in der Geschichte der Uiguren, gesehen, dass dieser Khan im Jahre 825 auf den Thron kam, und im Jahre 832 ermordet wurde.

Die neun Stämme der Uiguren werden von den arabischen Autoren Tagazgaz genannt, eine verdorbono Form des alt- türkischen Namens Togm-Oguz. Die chinesischen Zeichen 7^ ü lauten im Uigurischen Toguz Aimak, „die Neun Stämme". Diese hiessen:

I. Tarakar ? (USUS laklo-kat) \ a 6

I fll ® rt

IV. Makkasirgir? (|g!$ & Maklcasitgü) 1 0 <

gbfun:

UIGURISCHEN DENKMALS.

II. Uturkar? ( #J J$j g ff-ftd-fetf) III. Tolofmr? (fltfj $f #1 Tut lo but)

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V. Amutik? (fâ tyjlffa A-buttik)

VI. Karsar? j§| Kat-sat) VII. Ague? (ffl ^ Hak-ut-su) Vin. FamwÄar? (||#J|| lak-butkat)

IX. Eyamur? Eeya-but) l)

Tängri ist das allgemein türkische Wort für Himmel (himm- lisch). Alle türkischen Khane haben diesen Titel geführt, den die Chinesen mit übersetzen.

Devéria (Inscriptions de l'Orkhon, XXXVII, Note 29) scheint 1mm (^ jlj), Khan der Siet-yen-to, der im Pien-itien (Cap. 126 II, fol. 1, 2 und 3 verso) in den Jahren 628 und 641-642 er- wähnt wird , verwechselt zu haben mit Inantschu {ffi $|| Jj5fç ) in unserer Inschrift irrthümlich ffi £|É ji transcribiert.

Im Jahre 818 schickten die Uiguren diesen Inantschu*) als Gesandten nach China, um Frieden zu erbitten und um eine chi- nesische Prinzessin zur Ehe für ihren Khan zu begehren ( 7C ^fl

ff , Cap. 195, fol. 18 recto). Nach der Geschichte der Uiguren im Pieni-tien (1. c, fol. 16 verso) soll dieser Gesandte schon im Jahre 812 nach China gekommen sein ( 7c 5ftt -fc ^ 0 H I îft

Im Jahre 821 schickte der Khan der Uiguren den Alp takkan ')

1) § ^| Geschichte der Uiguren, Cap. 196, fol. 8 rtcto ; Ma Toan-Un,

Cap. 847, fol 8 veno, der dca 4ten Stamm pjg jg| || KuUlo-hä-kat (Kul- mukar?) nennt.

8) Das Wort mm» bedeutet im Uigurischen „Glaube, Vertrauen". Im Djagatai lautet es inanc.

8) Die Tarhan (DarkAan) waren privilegirte Beamte. Pavet de Courteille tagt in ■einem Dictionnaire Turk-oriental , S. 818 : Le titre de Dar khan donne à celui qui en eat revêtu, le privilege qu'on ne perçoit paa d'impôt sur lui. Quand il vient che» le Khan, personne ne l'empêche d'entrer; il entre et sort comme il veut. S'il commet un délit, on n'établit une enquête à ce sujet qu'au bout de 9 jours. Ces privilèges se prolongent jus- qu'à la 9e génération. Vgl. ehd. S 818, tarkhan.

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und Andere zum Kaiser von China, um eine chinesische Prinzes- sin zu erbitten, die ihnen auch gewahrt wurde. Der Khan aber starb plötzlich (er starb, wie wir oben gesehen haben, im J. 821), und sein Nachfolger, Täng(ri)dä Ülüg bulmü Külliig bügä, die Tugend ehrender Kagan, schickte hierauf denselben Inanèu, den Gouverneur Külüg, den Sukar(?) u. A. ') als Gesandte nach China

P $É^>*J ^35#wBfê^. Pieni-tien, 126 II, fol. 27 recto et verso).

Man sieht also, dass die Silbe ëu zu dem Namen Inan gehört. Das Zeichen das dem Namen Inaniu's vorangeht, wird also wohl den Alp tarkan darstellen müssen, der ebenfalls im J. 821 als Gesandter nach China geschickt wurde. Wahrscheinlich ist das derselbe Tarkan, dessen Eigenname Alp Kül gewesen zu sein scheint, und der schon im Jahre 787 zum Kaiser Téhtsung " IS TT?) geschickt wurde, um eine chinesische Prinzessin zur Ehe zu erbitten ( & K ^ ^ fr M fà*ï ÏF 1& Û

W&ffiW^mWtb^o Pienitien, 1. c, fol. 15 recto). In den alten Büchern der Tang- Dynastie (Cap. 195, fol. 11 recto) heisst dieser Gesandte Alp Kül tarkan Wir durfen

also annehmen, dass mit dem Zeichen (60) dieser Grosswür-

dentrager gemeint ist. Zu den Zeichen 64—65 (|| J|) möchten wir noch, auf Grund unserer Erläuterung zu Spalte II, 5-6, hinzufügen gl ^ Tarkan ; sodass dieser dritte Name Baga Tarkan (der hohe(?) Tarkan) lauten würde. Wahrscheinlich waren diese

1) In den alten Büchern der Tang-Dynastie (Cap. 195, fol. 14 recto) werden die an- deren aufgezählt, nnd dabei gemeldet, dan diese Gesandtschaft kam, am die Prinzessin

r.i.M Empf.»g „.hm... pj" ff fr & f% , lij ^ ,

JB -, # # ¥ *r . is .n ,m n n % . m & ? - a . m m ? - a m . # m .n * g* * m

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I

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Herren auch die Verfasser der Inschrift, da diese in chinesischen Inschriften immer am Fusse der ersten Spalte vermeldet werden, und dann das Zeichen g|, „Verfasst" hinzugefügt wird. Der

Satz würde dann lauten: ffi H 3fc H ^ "T" 8t » »ver- fasst von den Gross-Tarkan Alp und Inanöu"; eine Formel, die in allen Lapidarinschriften üblich ist. Die Lücke 69—75 braucht nicht ausgefüllt zu werden, da sie sich auch in anderen Inschrif- ten vorfindet.

6 ? 8 9 10 11 12 13 14 24 25 26 27 28 29

PP*f#>PPP-

Hier ist ein Theil der Lücken leicht auszufüllen. Vor ^

kann nur J| gestanden haben, und da zwischen U und g|

nur Raum für 2 Zeichen ist , so kann dieser mit ^ ^f* tarkan

ausgefüllt werden ; wir bekommen dann : J| $S ~T" > Baga

Tarkan, „der Gross-Tarkan". Die Zeichen 11 -12 jfa §L kali sind die Transcription des türkischen Wortes kari, das alt bedeutet und ein Ehrentitel ist. Das Wort wird auch durch die Zeichen lij* ^t) transcribiert. Kitkan kasu ( gf| '(JA ) ist eine ge- schichtliche Persönlichkeit. Er war erster Minister des Usurpators Tun baga und wird als solcher in der chinesischen Geschichte zum Jahre 781 als ^ #f SE #f vermeldet (Pienitien ,

I.e., fol. 13 verso; Ma Toanlin, 847, fol. 13 recto; De Guignes, op. cit., II, 24, der diesen Minister Kietsukia nennt, und das Zeichen ^ kan mit dem Zeichen ^ tsu verwechselt zu haben scheint). Dass dieser Name da gestanden haben muss, wird durch Bruchstück 1, Tafel XXXII der Inschriften der Mongolei, bestätigt. Jener wird da vollständig genannt : jX) $J §f| ^ ffi] ^ , „der innere Minister Kü-kan ka-su". Kit-kan ist nach chinesischer Tran- scription = Kirkhan, das ein türkischer Name ist. De Guignes (op. cit., II, 421, 425, 467) führt einen Emir von Hemessa an der Kirkhan hiess. Kasu ist vielleicht kaS, sodass der ganze Name im Türkischen Kirkhan kari kaë gelautet haben kann.

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In den Inschriften steht überall aus Versehen jjfrj und -f* Tüj anstatt £f und ^ Kan. Die Bücher der T'ang-Dynastie sind aber hier maassgebend, da es keinen ersten Minister Kiet-yü ka-su zu dieser Zeit gegeben hat, wohl aber einen Kiet-kan ka-su.

Im Jahre 786 machten die mit den Tibetanern vereinten Schate einen Angriff auf Peting. Kirkhan-kaS y der der Stadt zu Hülfe kam, wurde jedoch von ihnen geschlagen und Peting fiel in die Hände der vereinten Tibetaner und Schato ( J=^ JG ZI ^ ftfc

|îg e Pien i-tien , 1. c, fol. 16 ver 80 ; Ma Toan-lin, 347, fol. 14 verso). De Guignes (op. cit., II, 25) lasst diese Schlacht im Jahre 790 stattfinden, was aber unrichtig ist, da auch die neuen Bücher der Tang-Dynastie sie im zweiten Jahre der Periode Tsching-yuen, also im Jahre 786, stattfinden lassen. Im Jahre 790 schlug Kirkhan kaS die Karluk bei Si-tscheu, wie wir in den alten Büchern der Tang-Dynastie lesen, und De Guignes scheint beide Schlachten verwechselt zu haben.

Derselbe Minister wird noch einmal im Jahre 841, bei der Thronbesteigung des Khan Ukai (Ogai), erwähnt, wo er, wie in unserer Inschrift, §f| ^f* , und nicht mehr, wie vorher,

äS^FäRjW geschrieben wird (Pien-itien , I.e., fol. 18 verso ; Ma Toan-lin, Cap. 847, fol. 16 verso; 0 217 t, fol.Hr.). Er muss damals schon ein hochbetagter Greis gewesen sein.

Wir können deshalb die fehlenden Zeichen ergänzen, und 5-14 lesen: ^^^^^-f^MI^Ä Baga Tarkan Kirkhan kari Äa£, sowie ebenfalls die Zeichen 24 -29 lesen: g| $H Jg. Hfl J§> Kirkhan kari kos".

Was nun von diesem Grosswürdenträger gesagt wird, hat in dem fehlenden Fragment des Denkmals gestanden und lässt sich natürlich nicht mehr ergänzen.

Das 10. Zeichen, in der Inschrift unleserlich, ist durch zu ergänzen, und zwar aus folgenden Gründen:

Der Ausdruck Q ^ BS fê, „Sonne und Mond scheinen herab", ist. altklassisch und kommt schon im Schuking (Theil V, Buch I,

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m, § 5) vor. Wir lesen daselbst: tfÉ 0 ^2

flfl , „mein verstorbener Vater Wen war gleich dem herab- strahlenden Licht von Sonne und Mond" (vgl. Legge's Shoo-king, S. 296). Im Schi-king (Theil I, Buch III, Ode 4) sagt eine von ihrem Gatten misshandelte Frau: 0 Jg ,3 Û > Hfl T ± » „oh! du Sonne, du Mond! die ihr diese untere Erde bescheint" (Legge's Shi-king, S. 44). In der „Einleitung der Denkschriften der westlichen Länder" (jjg $C IE) iesen wir: ^ 0 % $ft

M0^*«H^*^ttt:#2*, nach der Übersetzung von St. Julien: «Maintenant, les quatre mondes qu'éclairent le soleil et la lune, sont situés au centre des 3000 grands chiliocosmes" *). Die Übersetzung dieses Satzes lautet demnach: Wir haben gehört, dass seit Erschaffung von Himmel und Erde, Sonne und Mond ihren Glanz herabstrahlten.

ii—m Dieser Satz enthält 3 Zeilen von je 8 Zeichen:

m & m m * is m a n m n

Die zwei ersten Zeilen bieten keine besonderen Schwierigkeiten, und wir übersetzen sie:

Der Fürst von Gottes Gnaden erfüllte die Welt mit seinem Ruhm.

Seiner Tugenden Einfluss glänzte hell, und allerseits strömte man herbei.

Der Ausdruck § fjjf ^ 3§* bedeutet „der Fürst, der vom Him- mel sein Mandat erhalten hat" und ist also gleichbedeutend mit unserem „Fürst von Gottes Gnaden" (Prince par la grâce de Dieu). Tien ming % $f ist das von Gott den Fürsten verliehene Mandat. So z.B. im Schu-King (Th. V. Buch XII, § 23, Legge, II, 432): § ftfr» « we have received the decree of Heaven".

f I M % & » »öe say3 tûat *ûs is the decree of Heaven'*

1) Pisn-i-tien, Cap. 44 I, fol. 3 recto. StanUlu Julien, Mémoire* sur les contrées occidentale», Avertissement, pag. LXX1I.

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(IbidM Th. V, Buch I, § 6, Legge, II, 291). $(f % £ „being charged with the favouring appointment of Heaven (Ibid., Legge, I, 89). ^ % W jfr Ki # % # Z U . »he received the bright favouring appointment of Heaven, and became master of the multitudes of the nine provinces" u. s. w. Vergl. die Erklärung die Legge in seiner Übersetzung des Schu-king, II 660, i. v. giebt. So lesen wir auch in der Geschichte der Uiguren, dass, als Inam im J. 628 zum Ôinèu bügä kagan ernannt worden war und sein Mandat erhalten hatte ( ^* ffr ), er einen Gesandten zum Kaiser von China schickte , um sich zu bedanken und Landes- producte zu schenken f ^ H Ä S S ^

tien, 126 II, fol. 1 verso).

Im Tschungyung (XV.II, 5) sagt Confucius: ^ fg % ijfc »wer grosse Tugenden besitzt, erhält gewiss das Mandat Gottes", anlasslich des im Schi-king gesagten : 55 fic jfc ifa Z < „Gott schützte ihn, half ihm, verlieh ihm den Thron" (decreed him the throne. Legge).

Wir lesen weiter im Schi-king : „als (die Könige)

Wen und Wu ihr Mandat erhalten hatten" (Legge, S. 554);

3t I 1 »in alten Zeiten, als die früheren Fürsten ihr

Mandat erhielten" (Legge, S. 567); fSj^^fcJö^Ä^F^P' „der erste Fürst von Schang erhielt sein unwandelbares Mandat" (Legge, S. 687) u. s. w.

Den Ausdruck 3fc ^ ~F ich m meiner neuen Über- setzung der Vorrede des Siyü ki, S. 20, ausführlich erläutert. Ich citiere hier nur die Stelle aus der Vorrede des Schu-king:

^ÏE^^qfi^^^^fe^^T' die Legge richtigüber- setzt: „ Anciently there was the emperor Yaou, all-informed, in- telligent, accomplished and thoughtful. His glory filed the empire"

1) Wir cursiTieren. ^ ist = jg , wohnen. Siehe Scki-king, IV, m, III: ^ jgj

±et-f Glo-ar «MW S $ ± M

T^j , seine Nachkommen wohntbn im Lande Tint, and das Reich

ward darauf ausserordentlich gross" (Legge'« She-king, S. 6S6).

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Herr Wassiljeff macht iD seiner Übersetzung denselben Fehler wie Gueluy, indem er den Ausdruck % % "~f* mit „in der lichten Wohnung des Weltalls" übersetzt. Gueluy übersetzte eben- falls ^ mit „les maisons rayonnantes (des Taoïstes)" - die strahlenden Wohnungen (der Tao'isten)

Zum Überflusse bemerken wir noch, dass „in der lichten Wohnung des Weltalls" auf Chinesisch ^ ~J\ -fö ^ fien-hia kuang fih, und nicht jfc ^ Je ~F kuang fih fien-hia, lauten würde, da im Chinesischen der Genitiv {fien-hia) dem Subject (kuangfih) vorangeht. In kuatigfih fien-hia ist kuang-fih ein Verbum, und fien-hia Object.

Die Zeile jjg flß tij} bietet keine Schwierigkeiten. Man kann die Belege dafür im Peï-wen-yunfu, LXXXI, fol. 76, und XXinjh, fol. 61 redo, finden. Siehe die Erklärung des nächsten Satzes.

Für den Ausdruck |3J ~)j $g gl finden wir im Peï-wm yun fu, LXXXV, fol. 211-212, verschiedene Belegstellen. So auf fol. 2 1 1 verso : |g ^ Z # * tfc ^ M & o ^ M M ffi fi§ tjfj ^ ^y», „der Fürst der Lehnstrager wagt es nicht, Pläne zu „schmieden. Von allen Seiten kommen sie zusammen vorwärts und „unterwerfen sich den Befehlen des Kaisers" ( §| ^ ff ^ ). Folio 212 redo finden wir ein Citat aus der Geschichte von

wangKimtâ&ïfàny.xmmm^Wjïmm'

„Das Volk») strömte hinzu und von allen Seiten lief man herbei".

Der zweite Satz muss natürlich mit dem ersten parallel gehn. Gegenüber dem J5J ~)j des ersten Satzes muss also im zweiten /V ^ stehn; und factisch sieht man auf Tafel XXXI, am Rande des dritten Fragments rechts, noch den Strich J von /\ und die linke Hälfte des Zeichens Die acht Himraelsgegenden( /\ j§g) bedeuten im allgemeinen die aussersten Grenzen des Reiches4).

1) La Loi da Parallélisme en Style Chinois, par Gustave Schlegel. Leide, E. J. Brill, 1896.

2) Vgl. Schi-king, Theil III, Buch II. Ode VI : S (Legge, S. 486). 8) Ibid., Bach III, Ode IX: 6 (Legge, S. 558).

4) Mayen, Chinese Reader'* Manual, S. 886: /\ j|. the eight extremities of the

Empire , corresponding with the four cardinal points ( [5J Jj ) and the four intermediate angles. The frontier in general.

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Das darauf folgende Zeichen, wovon nur die linke Hälfte leserlich ist, ist offenbar §[§, „zurückkehren". Von dem nächsten Zeichen ist nur noch das Klassenhaupt \ sichtbar ; es ist aber mit „Treue", zu ergänzen. Wir bekommen dann die zwei Parallelsätze

m # « m

A ^ M 1W

Von den vier Himmelsgegenden kam man herbeigeströmt; Die acht Himmelsgegenden kehrten zur Treue zurück.

Die vorhergehenden unlesbaren vier Zeichen sind parallel denen der vorigen Zeile : jj§ ÜS 'ïfj > „seiner Tugenden Einfluss glänzte hell".

Der Ausdruck fl3 f5J findet sich sowohl im Schu- als im Schi- king. Im ersteren (S. 17 der Obersetzung Legge's) finden wir, dass vom Kaiser Yaou gesagt wird, dass er die Edlen civilisierte, sodass sie glänzend strahlten (d.h. dass ihre Intelligenz erleuchtet wurde) f jjt ,f jftflä und S. 566 wird von den

Fürsten Wen und Wu gesagt, dass diese vollkommen unparteiisch und aufrichtig waren und dadurch im ganzen Reiche hell leuch- teten (JSM^fê^iJS'K^^Ç^F)- Im Schi-king singt das Volk dem Heou-tseih zu: „Mögest Du, unser Fürst, zehn- tausend Jahre leben, und Dein Licht immer mehr scheinen!"

¥ H 4j= ^ ^flg In Theil IV, Buch I [i], Ode 8 liest man: „Wie glänzend leuchtet das Haus von Tscheu 1"

IfJ ^ fk)- 131 H'1» 2> wird von den Güsten gesagt, dass „der Ruhm ihrer Tugenden weithin glänzt" ( ߧ ^ ^fL A3 )•

Die einzige Antithese, die ich für flj finden kann, ist die von JflJ fij , „Strafe".

Das Pei-wenyun-fu (LXXXI, fol. 76 verso) citiert den Vers:

W:fèftZk)Ê'ÏMMnZm&, »wie klar ist die Erhabenheit1) des Einflusses der Tugend 1 wie majestätisch der Strafen Strenge!"

1) Hl ä wird in deD Wörterbüchern gewöhnlich ûbersetst als die Strafe de» in xebn- tausend Stücke Gehauenwerdens, das aber richtiger J^'iJ geschrieben wird. Aber hier ist

- ßfc = H." Siehe K'aa«-hi,« Wörterbuch i. t. |f$ .

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i

17

Wir könnten also vielleicht die letzte Zeile so ergänzen:

m m m a m m m-

Seine Strafen waren majestätisch, und die äussersten Grenz- völker kehrten zur Treue zurück.

Die Antithese wird dadurch vervollständigt, da, nach chinesi- schen Begriffen, die Fürsten ihre ünterthanen abwechselnd durch das Beispiel der Tugend und die Strenge der Strafen leiten sollen.

Nun kommt von Zeichen 35—54 eine grosse Lücke, indem hier ein Fragment des Steines fehlt, und die natürlicherweise nicht mehr ergänzt werden kann. Sie kann, da Baum für 20 Zeichen ist, fünf Sätze zu vier Zeichen, wie die vorhergehenden Sätze ent- halten haben. Darauf folgt:

n, 55 64 uuumm^m^mu-

Die ersten drei Zeichen fehlen, da aber die zweite Hälfte des Satzes fünf Zeichen (von 60—64) zählt, muss, nach dem stren- gen Gesetz des Parallelismus in der chinesischen Sprache, auch der vorhergehende Satz fünf Zeichen enthalten haben, wovon jedoch nur noch zwei (58—59) erhalten sind. Wir werden gleich sehen mit welchen Zeichen wir diese Lücke vermuthlich auszufüllen haben.

Die letzten fünf Zeichen bedeuten: „Zwischen Berg und Fluss schlug er seinen Hauptsitz auf, und dies bezieht sich auf die Verlegung der Residenz Boila's im Jahre 745.

Wir lesen in der Geschichte der Uiguren, dass Boila im Jahre 742, zusammen mit dem Karluk, sich den Titel linker und rechter Jabgu beilegten, und den Basmil halfen den Khan Oz zu ver- treiben. Drei Jahre später aber (745) überfiel er die Basmil und enthauptete deren Khan Kiet-tiet i ai '). Er berichtete dies dem Kaiser von China in einer Denkschrift, worin es sich selbst Kutlug bügä Kül kagan nannte. S. M. verlieh ihm darauf den Titel „Fürst der die Gerechtigkeit ausübt" und erlaubte ihm die alten Wohnsitze der Türken im Süden einzunehmen, worauf er seine Residenz zwischen dem Gebirge ÜtüMn und dem Orkhon-

1) Kidir+i P

2

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Fluss aufschlug1). Nach den neuesten russischen Forschungen, war dies der Ort wo jetzt Kara Balgassun liegt, und wo auch unser uigurisches Denkmal aufgefunden ist").

Das Wort |$ tu im Denkmal braucht nicht nothwendig mit „Hauptstadt" übersetzt zu werden, denn wahrscheinlich war die Residenz des Boüa nur ein befestigtes Lager, das die Chinesen ya nannten, nach dem Namen der ausgezackten Fahne vor dem Zelt des Oberhauptes aufgestellt, und das jetzt f§j geschrie- ben wird. In der Zusammenstellung fgj Yamên ist sie noch heute üblich zur Bezeichnung der chinesischen amtlichen Gebäude.

51 X u bedeutet „aussen und innen" und bezieht sich hier auf die ausserlicben und innerlichen Unruhen des Landes. Ich schlage vor, vor piao-li : j£) f zu schreiben und zu lesen :

a^Tfts, \u m * m

Nachdem er die äusserliche und innerliche Ruhe hergestellt hatte, schlug er seinen Hauptsitz zwischen dem Gebirge und dem Fluss auf.

Als Beleg für diese Auffassung citieren wir eine Zeile von Wang Put ( J |# Mayers, Manual, N°. 813): $| ^ A Ü i À tfc » die acht äussersten Grenzen des Reiches zur Ruhe bringen darin besteht die grosse (königliche) Herrschaft. (Prf"- wenyunfu XXIII ±, fol. 44 recto).

mm&&mmf?0 mmi.®* s*}*«,*«

Sfe >f M Wi Ui Ä tëf Z, HJo Vide Neue Bücber der ^dynastie,

Cap 217 ±, fol. 8 recto; Pun i-tien, Cap. 126 II, fol. 7 ver$o-, Ma Toan-lin , Cap. 347

fol. 8 verso-, De Guignes, Geschichte der Hannen und Türken, I, S. 13. 2) Axel Heikel, Inscriptions de l'Orkhon, S. XXII.

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19

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 18 U 15 16 17

iv,.-». aHftttäZn.IittftniDZff.jHQI«

18 19 20 21 22 28 24 26 27 28 29 80 31 82 38 84

85 86 87 88 89

«.»*:*□.

Die ersten drei Spalten sind als die Vorrede oder Einleitung ( ^ ) zu betrachten, und dann wird eine retrospective Geschichte der Ereignisse vor Boila und seines Vorgangers gegeben.

Boila war der Sohn des üs(?)f General des Districtes Han hai, der die Unzufriedenheit des Volkes über die vom chinesischen Gouverneur von Liang-tscheu , Wang Kiun-techok ( T ffi jj- ) , ausgesprochene Verbannung des Khan's der Uiguren, Tsching-tsung, die seinen Tod zu Folge hatte, benutzte um eine Em- pörung zu erregen. Er tödtete den Kiun-tschoh und floh spater zu den Türken, wo er im Jahre 712 starb, und von seinem Sohne Boila nachgefolgt wurde'). (Pien-itien, 126 II, fol. 7 redo et verso ; De Guignes, Op. cit., I, 12). Die offenen, unlesbaren Zeichen zwis- chen -^r», „Sein Sohn" und |§f „folgte ihm auf den Thron" (25—29), müssen also offenbar den Namen des Boila enthalten, und wir lesen deshalb die Zeile

Sein Sohn KUTLIG KAGAN folgte Ihm auf den Thron.

Ailes was oberhalb dieses Satzes gesagt wird bezieht sich also auf Boila's Vater, den obengenannten Us, der ebenfalls als Nachfolger des Tschingisung betrachtet wird, und demzufolge vom Jahre 685 bis 712, also während 27 Jahren regierte.

mmm® mm. KZ.mmn. m> ^vnm

l"| . 0 Die letzten Für» te n der Uiguren wohnten im Gebiet ran Kan-tscfiev (39° 00* 40* B. 98° 86' 00» L.) and Uamg-Uehm (87° 59' B. 100° 28' L.), in der im Norden der jetzigen Prorinz Schenn. [S] Aas Ehrerbietung offengelassene Stelle. Vgl. Spalte XI, 16 $a*pe.

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Wir müssen also seinen Namen in der vorhergehenden Spalte der Inschrift suchen, nämlich in m, 65—76, und zwar in 74 und 75, die wir also mit den Zeichen seines Namens g ® Hu*u (Us) ausfüllen.

Die jetzt noch lückenhafte Stelle von acht Zeichen (65-73) muss demnach einen Satz enthalten haben worin erzählt wird was Boila's Vater gethan, oder was Boüa selbst noch verrichtet hatte. Wir schlagen deshalb vor die Lücke 65—75 mit folgendem hypo- thetischen Satz auszufüllen:

65 66 67 68 69 70 71 72 74 78

w it » 1\ m m z m m m

Früher schon hatte Küttig Boila's Täter Hu-su

und dann weiter in der nächsten Spalte:

iv, 1-7 SI H J* * Z PB

sich eines Reiches in einem Winkel des Nordens bemächtigt,

.V.8-.4 m & tk w. n z m

und seine Residenz in der Fläche des Orkhon aufgeschlagen.

Wassiljeff ergänzt die 12. Lücke durch f& kcun und liest Pfl. ft Wen-kcun = Orkhon". Das Zeichen Pfi ward aber früher ut ausge- sprochen (pfl Zu "Sf , A Î5 9i) und ^B. & wurde uwun

ausgesprochen. Da in chinesischer Transcription auslautendes T den Ä-Laut vorstellt, so ist es die reine Transcription des Namens ür-khun = Orkhon.

Wir lesen bei den chinesischen Geschichtschreibern, dass sich im Lande der Uiguren ein Wasser befindet, das Ien-tü-gä, Ien-tik-lik oder Ien-tik-Uk-pan hai (?) genannt wurde. Zur rechten und linken Seite des Gebirges Ütükän laufen die Flüsse Urkhun und Tokio, die in verschiedenen Krümmungen nach Nordosten fliessen und sich 500 Li (ungefähr 166 Kilometer) nordöstlich von dem Hauptlager vereinigen (@ || # « £ ÜB 0 £ # » . 0

i-tten, I n, fol. 6 recto).

1) 73 bleibt offen aU Zeichen der Ehrerbietung.

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In einer der Reiserouten an besagter Stelle im Pien-i-tien ange- geführt geht die Route nördlich von Piljotai hotun, über die Städte Kung tsze und Méï-kien, das Gebirge Hang-lo-sze, den TsHh-yaiyen und den -Hiwn-i-Fluss, das Gebirge Lurtnun, den Pik Muhtschuhy 1500 chin. Meilen bis zu den Zelten der üiöuben, welche im Osten an eine grosse Fläche grenzen, sich westlich gegen das Ütükän Gebirge anlehnen und südlich am Urkhun liegen. 6 bis 700 Li (200 bis 233 Kilometer) nördlicher, erreicht man den Sien-ga- Fluss, am nördlichen Ufer welches Flusses die Stadt Fu kueï liegt

Diese Route stimmt mit der Lage, die d'Anvillb uns in sei- nem Atlas angegeben hat.

PUitsüen ist Piljotai hotun, lag im Lande der Ortus, am (Fluss) Hoang-ho. Nach De Guignes ist der Utikkien-Berg der Erdeni tschao. Diese Auffassung ist jedoch falsch, da Erdeni-tschao viel südlicher lag8). Thomsen (Inscr. de l'Orkhon, S. 152, N°. 32) identifiziert den Ütükän mit dem Hangai, aber nach der chine- sischen Beschreibung kann es nur der heutige Gebirgszug Pur- ko88titey Alin sein, wovon rechts und links der Orkhon und die Tola fliessen. Der Urkhun ist der Orkhon und der Tokio die Tola, die früher im Türkischen Togla hiess, welche Form uns die chi- nesische Transcription bewahrt hat. Der Sien-ga-Fluss ist der Selenga unserer Karten.

Da wir nun gelesen haben (oben, S. 17), dass Boüa im Jahre 745 vom Kaiser Erlaubniss bekam , sich im Süden , in den alten Wohnsitzen der Türken niederzulassen, also, wie wir gesehen haben, in Kara Balga88uny während von Boila's Vater gesagt wird, dass er sich eines Reiches in einem Winkel im Norden bemächtigt hatte, so müssen wir das Lager von Us nördlich von Kara ßalga88un suchen und zwar nach der S. 20 angegebe-

Oi. $11«, mmm, mrwn, *m®«* isuj,mtëpa&*o # * -b s m m m. « w. sr

jfc H J| $jg0 (iW*»., I, u, tot. 6 recto; De GaigD». I, 61-62).

>) Ineriptioni de 1'OiUon, p. XXII et XXIV.

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nen Lage, wahrscheinlich zwischen dem Orkhon und der Tola, nördlich von dem EgueïSoe, zwischen dem 48—49. Breitegrad und dem 72 78. Längegrad , wo sich wirklich auf der Karte eine grosse Flache zwischen dem Orkhon und dem Gebirge befindet '). Die Distanz von diesem Lager bis zum Zusammenflugs des Orkhon und der Tola betragt factisch 166 Kilometer (500 chin. Li, wo- von 3 auf einen Kilometer gehn) in N.ö. Richtung, wie S. 20 an- gegeben ist, wenn man dem Lauf des Orkhon folgt.

Durch diese Erklärung wird Wassiljeff's Bedenken, dass das Bruchstück rechts (Spalte I—VI) nicht zu dem Denkmal gehören kann, weil dann BoiJa ztceimcU eine Stadt würde gegründet haben (Spalte in, 60-Ö4 und Spalte IV, 8-14) vollständig gehoben, da in Spalte III von Boila, in Spalte IV dagegen von dessen Vater Us die Rede ist.

In diesem nördlichen Reiche regierte nun Ü8 (laut der In- schrift IV, 15-23) verschiedene Jahre lang1) sein Reich mit aufgeklarter Weisheit

Zeichen 24—81 lauten jetzt nach unserer Restauration : Sein Sohn Kntlig Kagan folgte ihm auf den Thron.

In den folgenden Zeilen (32-89) werden nun die Tugenden des Boila hervorgehoben. Es sind zwei Sätze, wovon der erste vier Zeichen zählt, und demzufolge auch der zweite vier Zeichen ent- halten muss, wovon das vierte fehlt, und das zu ergänzen ist mit dem Zeichen Jjlt „sich unterwerfen".

Das Wörterbuch Eul ya erklärt das Wort pin mit fuh (^f

J$ ifc » ^ ïl M ), wobei der Commentar hinzufügt : f| % ,

W< Wi S5 AR 1 »das Wort Pin will sagen, dass man sich in guter Gesinnung unterwirft".

Deshalb liest man im Schu-king (V, v, 2) : tifl ^ ^ ,

(5J H $L ?ï< was Legge (S- 346) übersetzt: „The intelligent kings have paid careful attention to their virtues, and the wild tribes on every side have willingly acknowledged subjection to them".

1) Inscriptions de FOrkhon, Carte de la region transbaïkalienne.

2) Nämlich von 686—712, 27 Jahre lang.

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Das Lirki sagt: j*J JR, „Die Feudalfürsten unterwarfen sich ihm freiwillig" {Pefwen-yunfu, XCa, fol. 75 wrso). Ebenda- selbst wird noch citiert : H^f^T Ä *të ï§ M

„Als (Kaiser) Zoom Herr des Reiches war, erstreckte sich

sein Gebiet im Süden bis Cochin-China *) , im Norden bis zur Düsteren Stadt, im Osten und Westen bis wo die Sonne auf- und untergeht, und da waren keine die sich ihm nicht freiwillig un- terworfen hatten".

Anstatt % ^ (32, 33) ist zu lesen ^ft, „natürlicher Character". Von den Hunnen und ihren Räubereien redend, sagen die chin. Geschichtschreiber Jfc ^ 'f?fe tfc ? „das war ihr natür- licher Charakter" (Pieni-tien^ 170 I, fo). 1 recto). Von den Tür- ken redend, sagt ein Chinese: „wenn sie schwach sind, sind sie unterworfen und wenn sie stark sind, machen sie Aufruhr; das ist ihre angeborene Natur" (jg glj ^ t $g ffl %0 g jjfr0 Pien i tien, 131 II, fol. 9 recto). Von Khan Poaat's (s. oben, S. 2) Mutter wird gesagt : „ihr natürlicher Character war gestreng und aufgeklart" ( ft Jg flflo Pien-i-tien, 126 II, fol. 1 recto).

Die Stelle im Denkmal

% i* n m, m & m m

ist also zu übersetzen:

Er war von Natur tapfer und entschlossen *) (sodass) alle Stämme sich ihm freiwillig unterwarfen.

Nun folgt eine grosse, nicht zu ergänzende Lücke von 16 Zei- chen: 40—55, und darauf [muss das Zeichen "Pf, das dem Zei-

66 57 58 69 60 61 62 63 64

eben fl1 (N°. 57) vorangeht, eingeschaltet werden, sodass die Zeichen 56—59 gelesen werden pf ff j$t (so lange) der Khdkan auf dem Thron sass-, nach Zeichen 64 kommt wieder eine Lücke, worin der Vergleich stehen muss wie der Khakan sein Volk liebte und pflegte ; wir haben dafür die Wahl zwischen ^ $j ,

1) Vgl. Legge's Shoo-king, S. 18 in der Note and S. 21.

2) Vgl. Spalte XI, 49—58 ^ 'Qfe ^ , worauf wir »piter zurückkommen

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24

„Fleisch und Bein", jfc ^J-, „Junggeborene Kinder" oder jg, ^t „Eigene Kinder".

Für die erste Lesung haben wir im Peî-wen-yun-fu (XCb, fol. 76 verso) die Belege

„Die Liebe womit er ihn pflegte war nicht anders als ob es sein eigenes Fleisch und Bein galt", und (XCa, fol. 150)

n n z a z «

„Schun beschenkte ihn mit der Liebe für eigenes Fleisch und Bein". Für die zweite Lesung, den Schu-king (V, ix, 9)

R X I

„(Pflegt es) als ob Ihr euere junge Kinder hütetet, und das Volk wird ruhig und ordentlich sein".

In der Geschichte der Kaiserin Ma lesen wir dass die Kaiserin das Kind von ganzem Herzen pflegte und besorgte, weit besser als wäre es ihr eigenes gewesen g t /Öi W ^ ft , I R 4 {Peï-wen-yun-fu , XCb, fol. 76 verso).

Aber keiner dieser Ausdrücke stimmt mit dem kaum lesbaren Zeichen in der Inschrift überein. Soviel ich daraus machen kann sieht es dem Zeichen pao, „Brüten" ähnlich; und in diesem Falle würden wir lesen mögen ܧ $P „Eier ausbrüten".

Da nun jeder der vorhergehenden Sätze vier Zeichen enthält, muss auch der dritte dieselbe Anzahl enthalten, und wir schreiben deshalb

w ti1 $ ft* * w w # n m &

So lange der Kagan auf dem Throne sass, pflegte er sein Volk als ob er Eier ausbrütete »).

Die Lesung von , wovon eigentlich nur noch ^ leserlich ist, bleibt aber zweifelhaft, und bedarf weiterer Belege.

Derselbe Satz ist wiederholt in Spalte XV, 57, wo nur noch die ersten zwei Zeichen ^ , und in Spalte XIII, 45, wo nur

noch das erste Zeichen ^ übrig gebheben sind.

1) Ein äholiches Bild gebraucht Jesu in Matthias 23:37, Lucas 13:34.

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25

r, i— 4 Nun komt wieder eine Lücke von 8 Zeichen und Spalte V, 1—4 lautet Das zweite Zeichen ist JB , wie auch auf

Tafel XXXI deutlich zu lesen ist, und wir müssen deshalb in Spalte IV, 75 noch das Zeichen ßff A ergänzen, so dasswirden Namen |föf jfe #R AHna des letzten Khan der Basmü bekom- men, was wir gleich hernach beweisen werden.

Der Ausdruck 3$. Ufr bedeutet dass einem schlechten Regenten das göttliche Mandat entnommen wird. Wir lesen im Yih-

' king (Kua M #h % & # $1 , M ¥ * B ¥ A

„Dass Tang (Gründer der Schang-Üynastie) und Wu (Gründer der Tcheu-Dynastie) das göttliche Mandat (ihren Vorgängern) entnah- men war in Gehorsamkeit an Gott und den Menschen wohlge- fällig" *). Der chinesische Commentar sagt zur betreffenden Stelle :

&#B5#Äffi^;& (Vide£T^- , fol. 38 verso). „Kaiser und Könige erhalten ihr Mandat vom Himmel. Den letzten (Fürsten) der Hia- und ScAaw^-Dynastie ward das göttliche Mandat entnommen und die Herzen der Unterthanen hatten sich von ihnen abgewendet. Dies war eine Folge des göttlichen Rechtes und entsprach dem Herzen des Volkes. Dies ist dass erst nach dieser Wegnahme (kih) der Weltlauf vollendet wurde".

In den chinesischen Wörterbüchern, von Europäern gemacht, kommt der Ausdruck kih-ming nicht vor, dagegen führen sie Wt kih tschih oder 3j£ jfj kih ting, mit der Bedeutung „to turn out of office, to degrade from office, to cashier" und Iji ^ kih ming, „to strike off one's name from the roll", an. Für wei- tere Belege siehe man das Peî-wen-yun fu, LXXXIII, fol. 8 recto.

Professor Wassiljeff, der nicht geahnt hat dass $i die mitt- lere Sylbe des Names A-H-na bildet, hat es übersetzt mit Ge- schichte, und den Ausdruck kih ming (das Mandat entnehmen) mit „das Schicksal erfüllte sich".

1) Vgl. de Harle«, Le Yih-king, Seite 104, Note 1: Tang est le chef de la dynastie Shang, qui enleva le trône aa dernier des Hia, devenu tyran. Wuh-wang renversa de môme le dernier des Sbaug et loi enleva le décret céleste qui l'avait fait roi.

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26

Wir lesen in der chinesischen Geschichte dass, in der Periode Fien-pao (742 755), die Horde der Karluk mit den Uiguren und Basmil zusammen den Khan der Türken Ozmü tödteten; spater aber, im Bündniss mit den Uiguren, die Basmil aufe Haupt schlugen und ihren Khan, ASina Si, nach Peting verjagten, der darauf nach der Hauptstadt (von China) flüchtete; worauf die Karluk und die Uiguren wieder den früheren Jabgu der Uiguren , Hoai-dzin Kagan (Boila) auf den Thron setzten 1).

Aus dieser Stelle sehen wir dass der Name der Karluk auch verkürzt || jj^ Katluk = Karluk, anstatt || f$ Kathluk = Ka r luk geschrieben wird.

Wir lesen also jetzt jfc #R ¥ ^ „(Als nun) dem AUna sein göttliches Mandat entnommen war". Hierauf nun bezieht sich der folgende Satz:

Im Y erlaufe mehrerer Jahre bekamen wir unser altes Reich zurück.

Das Zeichen nach muss ^ sein. Im Li-ki steht f^J > Hll f5 PH > >5ßa^ man die Massen durch Gerechtigkeit gewonnen, so bekommt man (auch) das Reich". (Pci-wen-yunfu, CIIa, fol. 19 recto) *).

AiR»»« « it k a «t « * ia

ÄHÄ^IIÄfcsffl1*. 184 „,l.c , anno 753 ond

den speciellen Artikel über die Bamil; Ha Toan-li», Cap. 847, foL 4 veno, 848, fol. 11 recto, 847, fol. 4 verto ; De Guignes, I, 584, IV, 276. Die» geschah im Jahre 745. Der vollständige Name dieses Khan's w.r g| ffi j(g "PJ* ff Kidir IS Kagan. {Ma Toam-ÜM, 847, fol. 8 verso; Pien-i-tien, 126 ir, fol. 7 verto; Hist. Générale de la Chine, VT, 229).

2) Vgl. auch ebendaselbst, fol. 27 verto ^ || , fol. 31 r#tfo ^ B §ft

Ü ^ ^ "Mit Freuden Mhe ich wieder Bein alte* Reich» meine alte HanPt*

stadf; für ^ ^| den Schu-king V, tu, 4, und für ^ |ÎJ mein Niederl .-Chin. Wörterbuch, i. v. Terugkrijgen : ^ ^ ^ , wenn ich sie (die verlorene Stadt)

wieder zurückbekomme.

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27

Wir haben im vorhergehenden Satze die Worte vorgesetzt : „Als nun" y die sich also in den , dem Zeichen ßff A(Hna) (Spalte IV, 75) vorhergehenden unleserlichen Zeichen finden müssen. Die- ses Zeichen ist § teze, „Seitdem, seit nun" u.s.w., oder )g, „gekommen bis an", das immer in dergleichen Satze im Chinesi- schen vorkömmt. Z.B. in dem Denkmal des KOI Tagin, dritte

Spalte, Cl P Ä ^ ffi » n*13 nun (2 offene Stellen als Zei- chen der Ehrerbietung) Mein hoher Ahnherr" u.s.w. [vgl. Spalte VI, 60]. In der 7. Novelle des Kin-ku-ki-koan liest man: |§|

* £ M m 11 Ä # £,ß # H ^ »Seit Thaithsumn sein Reich gegründet hatte, ward er gefolgt von Thaitsung, der es dem Tsin, Dein, Ying, Schin und Tché nachliess; welche sieben Fürstengeschlechter den Krieg ruhen Hessen und die Kunst pflegten, sodass das Volk in Frieden lebte und das Reich blühte"1). Es ist unnöthig mehrere Beispiele anzuführen. Wir können also die Lücke in Spalte IV, 68—74 noch ausfüllen mit

68 69 70 71 72 73 74

Ê 0 ^ SS Sf W fP und der ganze Satz lautet dann :

Als nun dem Kagan der Basmil Asina sein göttliches Mandat entnommen war.

v.u.» ?£A,*É£)f3g<ffl*itt«& , =

Die Zeichen 27-28 müssen ausgefüllt werden mit || f£,7Tar- luk1 der Name einer der Horden. Nachdem Boila seine Residenz nach Kara-Balgassun verlegt hatte, und sâmmtliche Horden un- terworfen hatte, erstreckte sich sein Gebiet 1700 Li westlich bis an die westliche Festung (g§ ^) in Schen-si, und 300 Li nörd- lich bis an die Wüste3), über die ganze, von den neun Horden bewohnte Strecke.

1) Siehe mein „Le Vendeur d'huile etc.", S. 24.

2) Offene Stelle wie üblich.

8) Vergl. Pä-***-y*»-fu, LV, fol. 68 r*to: |Jj #j| p ^ fg,.">der

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28

Die Namen dieser neun Horden oder Stämme (Aimak) haben wir oben, S. 8, angeführt. Dazu kamen noch die sechs Stämme Buku, Hun, Bayirku, Tongra, Sukar und Kibyi.

Nachher überwand er noch die Basmil und die Karluk, im ganzen elf Stamme Die Karluk waren wieder in drei Stämme getheilt: 1. Die Bolok, auch Bolar genannt; 2. die Gisz, auch Babeg genannt; 3. die TdXlik*).

Später, sagt Ma Toanlin, wanderten sie weiter gen Süden, und nannten sich die drei Familien {san sing, Ü6 Aimak) 3). Wir lesen deshalb in den Büchern der Tang- Dynastie , dass, im 4. Monat des Jahres 715, die türkischen drei Familien der Kar- luk sich unterwarfen4).

Wir übersetzen also jetzt den ganzen Satz:

Als nun dem Kagan der Basmil Asïna sein göttliches Mandat entnommen war, sagten darauf die neun Stämme der Uiguren, die vierzig Stämme der Basmil, die drei Stämme der Karluk, und die übrigen fremden Stämme einstimmig:

Wüste de« Silberberges bläst der Wind wie Pfeile". Iiier iit aber die Rede von der Wü»tc von Feting oder Urumttt ( -föqf ) Vergl. Pei-wen-yun-fu, C n, fol 137 recto

it Bin .Binais B<%m% .mmm

Atik. B W^HS. BSB. H»**. BU*

M $8 ~P ' «"w^"». 126 »• M- 7wr*o. S recto; Ma Toan-lim, 847.

fol. 6 recto, 8 ver to.

* Öt % H % o H SS H % . /W/i«, 134, „, H.u,,Utück der Karluk, Ma loan-lin, 348, fol. 10 wrw; Devéria, Inacr. de t'Orkhon, p xxxti.

»> # flS Ä ffe . g tHjtt.i" 34H, fol. 11 JW

fia», 134, n, 1. c.

$}* 0 Piewi-tien, 184 u, 1. c.

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29

34 86 36 87 88 39 40 41

v- s*-*1 t ft Ä» f ff * n.

Der Parallelismus zeigt, dass wir hier mit zwei Zeilen, je von 4 Zeichen zu thun haben. Das letzte ist entweder ^ oder

Ä ! ]}Ê fll würde bedeuten „zu gleicher Zeit bekommen"; î)Ê Ä wurde bedeuten „zu gleicher Zeit erscheinen". Wir könnten dann den Satz lesen:

Unsere frühere Dynastie ist wieder hergestellt, nnd gleich- zeitig haben wir unseren Khan zurückbekommen (oder ist nnser Khan wieder erschienen).

Der Ausdruck # H ist = g Jft .

In der kleinen Vorrede des Schi king liest man: flfc g -jjjj

iiii Ä.ft g m m, m m * » i,«*uba

Übersetzung (Prolegomena, S. 77):

„The (ode) Ching-min was made by Yin Keih-foo to show his admiration for King Seuen.

„Through the giving of office to men of worth, and the em- ployment of men of ability, the House of Chow has again revived

Übrigens kann man im Pei-wenyun-fu , XXV, fol. 86 recto, eine Menge anderer "'Belege finden.

Nun folgt wieder eine unersetzliche Lücke von drei Sätzen zu je vier Zeichen (42 53). Darauf folgt eine leere Stelle von zwei Zeichen als Zeichen von Ehrerbietung (54 56), und die Inschrift besagt dann weiter:

56 57 58 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72

v.«-™ £üsh mmuß wrff

73 74 75

□□

„Was betrifft (56) unser Hoher Ahnherr (57-58) KiU Bügä Kagan (60—64). . . ." Die Zeichen 65 69 müssen irgend eine Lobes- rede enthalten haben. Nach 69 schalten wir ein : Jjj/j -J* (Lücke 70-72), „Nach (71) seinem Tode (70) sein Sohn (72); 73 ist offen als Zeichen der Ehrfurcht (vgl. Spalte XI, 14, 15; Täng-ri (74-75)",

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30

das die ersten Silben des Namens des Nachfolgers Boila's, der in der folgenden Spalte geschrieben steht, sind.

n bolmiX Kü-i tägmilf bügä kagan folgte (ihm) auf den Thron".

Ein Blick auf unsere Genealogie der Uigurischen Fürsten (s. o, S. 3.) zeigt, dass dies der Name sein muss von Boila's Sohn Mojuniür, der ihm im Jahre 746 folgte.

Sein Name, wie er in der Inschrift vorkommt, ist uns nicht von den chinesischen Geschichtsschreibern aufbewahrt worden. Wie er aber in der Inschrift steht, ist er nicht vollständig, und müssen die Worte <f£ Jl tängri, „Himmel", der Silbe (58) vorangehn, wie in Spalte I, 6-7., Spalte VI, 27—28., Spalte XI, 16-21 und Spalte XI,56-68(>g M Jg jg M Tängridä bolmü).

Die Zeichen ^ J|î Tängri müssen also in der vorhergehen- den Spalte (V, 74-75) gestanden haben, und wir ergänzen deshalb die Inschrift: ^ (72) gl (74-75), „Sein Sohn Tängri-", des- sen Name nun weiter in der nächsten Spalte zu lesen ist, so- dass der ganze Satz von Spalte V, 70-75 und Spalte VI, 1-15 zu lesen ist:

Nach seinem Tode (Spalte V, 70-71) folgte (Spalte VI, 14) sein Sohn (Spalte V, 72) Tängridä (Spalte V, 74-75, VI, 1) Bolmis Kit-i tägmis bilgä Kagan (Spalte VI, 2-13) ihm auf den Thron

(Spalte VI, 15).

Boila starb im Jahre 746, und hatte seinen Sohn Mojunèiir zum Nachfolger. Die Lücke von 5 Zeichen (Spalte V, 65-69) enthielt wahrscheinlich noch ein lobendes Epitheton für den Gründer des neuen Herrscherhauses Boila } welche Lücke wir aber nicht wagen auszufüllen.

16 17 18 19 20 31 22 23 24 2& 26

Wir ergänzen 18 und 19 mit tjfe , weil dieselben 4 Zeichen

8 4 5 6

in Spalte XIV, 3-6 in etwas anderer Folge, nl. % £| M

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31

vorkommen, welche Folge auch hier zu beobachten ist, weil der Copist oder Graveur die Zeichen 17 und 18 umgestellt hat.

Die Zusammenstellung Ifc 3$ , „glänzende Weisheit", kommt nicht im Peïtoen-yunfu vor; dagegen ist yinghiung der gewöhnliche Ausdruck für einen Helden oder für heldenmuthig, tapfer (Peïtoenyunfu, I, fol. 69 recto).

Die Zusammenstellung ^ kommt im Schu-king (IV, ii, 2)

vor: % 7$ m 3E Ä ^ ^ IE Ä flJ, was Legge übersetzt: Heaven thereupon gifted our king with valour and wisdom, to serve as a mark and director to the myriad States".

Die chinesischen Geschichtsforscher sagen vom Mojun&ür, dass er rasch und muthig, und ein guter KriegsanfÏÏhrer war (J9J IS M Äo Pien-i tien, 126 n, fol. 8 recto ; Ma Toanlin, 847, fol. 9 recto). Er leistete dem Kaiser von China, dem er jährlich Ge- sandte schickte jf| g; A wichtige Dienste gegen den

Rebellen An Luk-scJian (fjf jj^ ). Deshalb verlieh ihm der Kaiser im Jahre 758 den Titel „Heldenmütiger Krieger, der den Ent- fernten Schrecken einflössende, Bilgâ Kagan" !P flfl- ^^^ÄjSiäWk^^TfPo Pien-Uien, 126 n, fol. 9 recto; ifa 2ban-/w, 347, fol. 9 verso-, De Guignes, II, 14-16).

Wir möchten also sogar, mit Berücksichtigung des Citâtes aus dem Schu-king, die vier offenen Lücken in Spalte VI, 20-23 erganzen mit ^ iE ï§ ^ , und demnach den ganzen Satz von 16-23 lesen:

* * * I iE 1

Sein Heldenmuth, seine Weisheit and seine Tapferkeit wa- ren ein Beispiel nnd eine Richtschnur für alle Staaten.

Der Verfasser der Inschrift had einfach und umgestellt, aber auch diese Zusammenstellung hat ihre Belege (Peïwenyun-fu, XXXII, fol. 51 recto). Z.B.: J$ ^ ^ M * $l>„sein Ansehn und seine Pläne ware beide wohl erwogen, und seine "Weisheit und Tapferkeit vollständig zutreffend (wirksam)"; A Ê> ^ H I «als Mensch besass er viel Klugheit und Tapferkeit" (Ma Toan-li?i, 345, fol. 5 recto).

Da nun in Spalte VI, 27-47 sein Nachfolger genannt wird,

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32

muss er selbst erst gestorben sein. Sein Tod fand im Jahre 759 statt, und da sein ältester Sohn seiner Verbrechen wegen hinge- richtet war, so setzten die Uiguren seinen zweiten Sohn Itikän auf den Thron , der den Namen Bugu Kagan annahm ( ^

p]~ ff 0 Pien i tien, 126 n, fol. 9 verso; Ma Toan-lin, 847, fol. 10 recto; De Guignes, II, 17). In dem Fragment rechts oben, auf Tafel XXXI , lesen wir ganz deutlich, zwischen den Zeichen ^ und g , das Zeichen ^ (N°. 24) [sein] Sohn. N°. 25 ist als Zeichen der Ehrerbietung offen gelassen, und darauf muss das Zeichen Ai (26) u.s.w. des Namens des Khan folgen.

Im Jahre 764 verlieh ihm der Kaiser Taitsung den Titel Kit-tut (?) Tängri KötürmiX (?) Alp Külüg % der sein Verdienst durch Muth und Gerechtigkeit gestiftet habende Bügä Kagan ( ^ ^ Jj

l&WtiÊ^ WjkDfl^f ¥£o Neue Bücher der Tcang-Dynastie , Cap. 217 a, fol. 6 verso; Pien-i-tien, 126 u, fol. 10 verso; De Guignes, IV, 282). In den alten Büchern der Tcang-Dynastie (Cap. 195, fol. 8 recto) wird er & äR Uffi & ?r? î& & (fûr û) |s$ Tängri Kit-tut (?) tängmiX Alp Külüg u.s.w. genannt.

In unserer Inschrift' wird sein Titel geschrieben:

(Ai) Tängridä kut bulmiï Kit-tut (?) tängmü Alp Külüg, also etwas verkürzt von dem, der ihm in den alten Büchern der Tcang-Dynastie gegeben ist. Da aber sein persönlicher Name Alp Külüg in beiden Namen vorkommt, so ist seine Identität unzweifelbar, wie auch Wassiljeff anerkennt.

In der Inschrift fehlt nun noch sein Titel bügä kagan , sowie der Satz dass er dem Mojunhür nachfolgte. Wir erganzen also die Lücke in dem Denkmal mit:

VI, 42-47 «D ff I $

ttilgä Kagan folgte ihm nach ').

1) Vgl. Spalte XI, 70, 76.

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33

48 4B 50 51 68 63

# JS n

Von diesem Satze sind nur die drei letzten Zeichen erhalten, aber es fallt nicht schwer die drei vorhergehenden zu ergänzen. Wir lesen im gjj g |g| folgendes: Der Fürst von 2Vm, und Wu von flaw haben beide durch ihren die Welt überherr- schenden Geist, die Fähigkeiten des Reiches entwickelt, indem sie die Feudalfürstenthümer einverleibten, und die nördlichen und südlichen (Barbaren) zurücktrieben. Will man aber ihre unterschiedenen Ver- dienste beurtheilen, so ist der Heldenmuth und die spezielle Grösse (Yingwei kiehtih) des Schihoang l) nicht zu vergleichen mit der des Kaisers I ^ g J# g ffi 2 iE 11 II

Peïwenyun-fu, Cil b, fol. 122 recto).

Der Khan Meuyil (Bugu) wird hier im Denkmal mit Kaiser Wu der Han-Dynastie verglichen, und deshalb sagt der Verfasser der Inschrift, dass dessen Heldenmuth und Grösse ungewöhnlich waren ( Ifc f|£ J| ^ ying-wei kieh-tih i tschang).

Da nun dieser Satz (48-53) sechs Zeichen enthält, muss der nun folgende parallele Satz ebenfalls sechs Zeichen enthalten. Davon sind übrig, in Bruchstück III, die Zeichen 54 und 55 ^ und in Bruchstück IV die übrigen.

64 56 56 57 58 50

^*4-59 ij2 ft gg ^

Von dem Zeichen j^j (55) steht nur noch die obere Hälfte auf dem Stein. Nach der Zusammenstellung der Bruchstücke des chi- nesischen Gesandten in Petersburg, Shu Ki?ig cheng, bleibt zwischen und eine offene Stelle. Das Gesetz des Parallelismus zeigt uns aber, dass dort kein Hiat sein darf, und wir haben deshalb das ganze Bruchstück IV um ein Zeichen heraufgeschoben, was auch fur die vorhergehenden Spalten eine bessere Eintheilung gewährt hat.

Wir bekommen also die parallelen Sätze:

1) Gründer der Tain- Dynastie, 221 vor Chr.

2) Grfinder der Han-Dynastie, 140 »or Chr.

3

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34

m n # # is ft ¥ ft n n m. ik

Da sein Heldeiimuth und seine Grösse ungewöhnlich waren, Unterwarfen sich alle Lander im Reiche ehrfurchtsvoll.

60 61 62 63 64 65 6 6 67 68 69 70 71 72 73 74 75 1 2 8 4 5 6 7 8 9 10 11 12 18

™- >-»• m m , w * * es. # u « « 0 *t.

Von den ersten 16 Zeichen sind nur vier noch lesbar: |§| (60) und jt* ,jg> $J (69—71). Die letzten drei Zeichen sind der Name des berühmten Generals der Truppen des Rebellen An Isukschan ( $r jjt£ U4 » Mayers, Manual N°. 525) Si-sze-ming. Im Jahre 757 unterwarf er sich scheinbar dem Kaiser von China , doch warf er sich im Jahre 759 zum König von Yen (j§ 3E) auf1).

Die chinesischen Generäle Li Kuang-pih 3fc ÎS5' Mayers,

Manual, N°. 851) und Xmwä Tsze-i ( §ß "¥* Hl > Mayers, Manual,

v

N°. 306) waren die gefahrlichsten Gegner des Sisze-ming, die ihn in verschiedenen Schlachten schlugen •).

Sie würden aber am Ende doch nicht gänzlich über Si-sze-ming gesiegt haben, wenn dieser nicht im Jahre 761, auf Befehl seines eigenen Sohnes Si tschao i ( jfe §J J|), ermordet wäre.

Dieser setzte die Rebellion weiter fort, und suchte den Khan der Uiguren zu bewegen mit ihm gemeine Sache gegen den Kaiser von China zu machen.

Dieser wollte aber darauf nicht eingehen, sondern vereinigte sich mit dem chinesischen Heere unter Befehl des Sohnes des Kaisers , des Fürsten von Yung ( Jj| 3* ), und schlug die Rebel- len in der Ebene vor der Stadt Loyang, die 762 erobert wurde s).

1) Hut. gen. de la Chine, VI, 248, 250, 278, 280; May era, M aanal, N°. 602 ; K Koch, Tonngpao, II, p. 116.

2) PtW/im, 126 II, fol. 8 reeto; Hut. gén. de la Chine, VI, S. 248— 289, 818-319. Der Name de* Kwoh Tu+i wird in der berühmten Neetorianischen Inschrift rermeldet

8) Hut. gen. de la Chine, VI, 288—28».

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35

Sitschaoi flüchtete nach der Stadt Mo-tscheu ( % #| ) »), wo er eingeschlossen wurde. Als er aber einsah, dass er sich daselbst nicht länger halten konnte, machte er einen Ausfall, und flüchtete. Er wurde aber vom General Li Hoai-sien so nahe verfolgt, dass er sich in einem Wäldchen erhängte. Li Hoai-sien schnitt ihm den Kopf ab und schickte ihn dem Hof zu *).

Ehe wir mit der Ergänzung der offenen Lücken anfangen, müs- sen wir erst das in Spalte VII, 1 13 angeführte mittheilen. Das erste Zeichen scheint uns fë, „darauf", zu sein, und wir übersetzen dann den Satz: Barauf erbat er sich mit schweren Geschenken und süssen Worten ein Heer, um mit vereinten Kräften das Haus der Tcang zu vernichten.

Wir müssen etwas früher in die Geschichte dieser Zeit zurück- gehen um diesen Satz zu verstehn.

Nach Si'Sze-ming's Tod setzte sein Sohn Si tschac~i die Rebel- lion gegen den Kaiser von China weiter fort. Der neue Kaiser Taitsung, der 763 den Thron bestieg, suchte die Uiguren für sich zu gewinnen, und schickte deshalb den Verschnittenen Liu Tsing-tan um das Bündniss mit denselben zu erneuern und Hülfs- truppen von ihnen zu bekommen.

Als dieser Gesandte aber ankam, waren die Uiguren schon durch Sitschao-i beredet geworden (gl % 3* , [hJ B % Ifl Wz )9f indem er sagte: „Die Tang haben wiederholte

Verluste erlitten. Ihr Reich ist ohne Oberherr, und es herrscht da überdiess Aufruhr. Wenn Ihr, Uiguren, euch der Schatzkammer der Hauptstadt bemächtigt, so werdet Ihr unermesslich reich werden".

Der Khakan führte darauf seine Truppen gen Süden. Im 8ten Monat des ersten Jahres der Periode Paoying (Sept. 762) wurde Tsing-tan in das Zelt des Khakan gerufen, der zu ihm sagte: „Man sagt dass die Tcang-dynastie schon zu Grunde gegangen sei. Wie kann sie dann Gesandte schicken?" worauf Tsing-tan er- widerte: „Obgleich unser voriger Kaiser gestorben ist, so ist doch unser Reich weit und breit in Ruhe. Unser Fürst hat schon

1) Jetxt ^2 ÏJÙ » in der Pronox Pe Tsche-ly.

2) Hi«t. gen. de la Chine, VI, 290; Pi*n-i-(ien, 126 n, fol. 10 recto.

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den kaiserlichen Thron bestiegen, und er ist ebenso menschlich, heilig, tapfer und kriegerisch wie der vorige Kaiser. Früher (nl. im Jahre 756) hat er mit dem Jabgu schon zwei Städte erobert und den (Rebellen) An KHngsü {^f J|§ aufs Haupt geschlagen l). Dies beweist dass der Kaiser früher mit Euch in Freundschaft lebte. Überdiess hat das Haus der Tcang den Uigu- ren Seidenstoffe geschenkt. Wie habt Ihr dies vergessen kön- nen?" ") u.s.w.

Wir können also die Lücke in Spalte VI, 74-75, mit dem Namen des (St)tschao-i ( ijfJJ f§| ) ausfüllen, da dieser es war der den Khan der Uiguren bereden wollte gegen den Kaiser von China Krieg zu führen.

Die Herren Kooh und Devébia meinen in Spalte VI, 67 noch das Zeichen sao, „kehren", zu erkennen, und wollen deshalb vor dem Namen des Si sze ming noch das Zeichen |g techin, „Staub", einschalten, weil Hjf JS sa0 twhm ein chinesischer Ausdruck ist für „Aufrührer vertreiben" 3).

Aber nach der schönen Tafel XXXIV, 2 im Atlas, ist das Zeichen das vorangeht ganz gewiss munff* un<* Wt ffi mung tschin ist ein gebräuchlicher chinesischer euphemistischer Ausdruck für die Flucht eines Kaisers (Medhurst).

In dem von mir 1877 übersetzten chinesischen Roman „Le Vendeur d'Huile qui seul possède la Reine-de-beauté", liest man S. 12 des chinesischen Textes: ]j[ 31 H ^ H, welchen Satz ich S. 25 übersetzt habe: „de telle sorte que trois empe- reurs disparurent dans le trouble".

Es ist merkwürdig dass das sonst so vollständige Pet-wen- yun-fu den Ausdruck nicht aufgenommen hat.

Der Kaiser von dem hier die Rede ist, ist wahrscheinlich Kai- ser Hiuen-tmng, (3£ oder 7C ti?) der, nachdem der Rebelle An Luk-schan die Hauptstadt Si-ngan eingenommen hatte, sich genöthigt sah in die Provinz Sze-tschuen zu flüchten, und seine Zuflucht zu den Uiguren zu nehmen4).

1) De Guignes, II, S. 15.

2) PUn-i-tUn, 126 H, fol. 9 perto ; Ma Toan-lin, 347, fol. \Oreeto ; De Guignes, II, S. 18.

3) T*oung-pao, II, S. 116.

4) De Guignes, op. cit., II, 14.

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37

Ich glaube in dem den Zeichen ^ ^ vorangehendem Zeichen (66) das Zeichen tt, „Kaiser", zu erkennen was meine Ver- muthung bestätigt.

Hiermit wären schon drei Zeichen der Lücke (66-68) ausge- füllt.

Lassen wir jetzt nach § (60) eine offene Stelle als Zeichen der Ehrerbietung für den Kaiser von China, so bleiben noch vier Lücken (62-65) übrig, die mit den Zeichen ^Hf^^, „Hiuen-tsung der grossen iTawgr-Dynastie", ergänzt werden können.

Der nun ergänzte Satz lautet demnach:

Als nun Kaiser Hiuen-tsung der grossen Tang-Dynastie die Flacht ergriffen hatte, erbat sich äi-sze-ming's Sohn, Tschao-i, darauf mit schweren Geschenken und süssen Worten ein Heer um mit vereinten Kräften dan Hans der Tang zu vernichten.

15 10 17 18 19 20 Sl 22 23 24 25 26 27 28 29 SO 81 32 83 84 85 3(1(37 38 89 40 41

Von dem Zeichen 26 ist in der Tafel nur noch der linke obere Theil ' lesbar; es ist leicht zu ergänzen als [§| „selbst". § bedeutet in eigener Person.

^jl^fâ hiao-hiung ist Begeisterung, hauptsächlich militärische.

Williams hat die Zusammenstellung nicht, aber eine ähnliche 5j§ yung-hiaoy „lusty, warlike, valorous". Man findet aber die Zusammenstellung hiao-hiung durch zwei Stellen im Pel-wen- yun-fu (I, fol. 70 recto) belegt, u. a. durch gfr |8L i$ E £ > ÎË ißi tt k% ^2 Ä&» n Wenn man auch die Treue eines auf- richtigen Dieners hemmen wollte, so wird man doch vergeblich seinen muthigen Geist auf Irrwege führen können".

Offenbar schwebte dem Verfasser der Inschrift dieser Satz vor, da Si-tschao-i sich vergebliche Mühe gegeben hatte den Khan der Uiguren zum Abfall vom Kaiser von China zu verführen.

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38

Der Ausdruck jjfâ JfSf $ J ist wörtlich der „Ballade auf

. der Stadt Loyang" (]f[ ^ f$$, wovon gleich später) entnommen. Man liest da {PePwen-yun-fu , LXIII b, fol. 108 verso): g Jt fffl @ US IP n™1* grosser Schlauheit, und von der Ge-

legenheit Gebrauch machend, suchte er sich des geisterartigen Dinges zu bemächtigen". Was nun mit dem geisterartigen Ding gemeint ist sagt uns Lao-tsze in seinem Tao-Tik King, Cap. XXIX :

m W M ft . S * 34 2 . & * * 2 . a** Left's Übersetzung: „If any one should wish to get the kingdom for

himself, and to effect this by what he does, I see that he will

not succeed. The kingdom is a spiritlike thing (schin-khi) and

cannot be got by active doing. He who would so win it, destroys

it ; he who would hold it in his grasp, loses it" !). Legge bemerkt

dazu: „That the kingdom or throne is a 'spiritlike vessel* has

become a common enough saying among the Chinese. Julien has

'L'Empire est comme un vase divin'; but I always shrink from

translating jfifl by 'divine'. Its English analogue is 'spirit' and

the idea in the text is based on the immunity of spirit from all

material law, and the uncertain issue of attempts to deal with it

according to ordinary methods". Tschcen Koan-wu ( {pj ^f - ) sagt,

dass der Ausdruck Schin-khi von früher Zeit an ein metaphorischer

Name gewesen ist, den man nur den Vortrefflichsten hören lassen

darf ( m » ut * m n % . st 4i h w ± » m >•

Wir schlagen vor den Ausdruck flifj] ^ mit Fantom zu über- setzen. Das PeUeenyun-fu citiert noch : "7* 1$ > 7 &f „der Thron (das Königthum) ist ein Fantom das nicht durch Gewalt zu erstreben ist", und ^ ff ^ ifa % ^

*T # jl ^ ifc' »er wei3S nicht» dass das Fantom (die königliche Herrschaft) vorbestimmt ist, und nicht durch Klugheit und Gewalt zu erstreben ist".

Der Ausdruck ffi j% bedeutet nach Williams „to help each other as in battle". Das Pefown-yun-fu schreibt aber j% ,

1) Text* of Tftoitm, Part I, p. 78.

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39

mit dem Klassenhaupt „Hand", statt mit dem Klassenhaupt "Ochs", und citiert als Beleg gerade diese Stelle aus den Büchern der Tang-Dynastie: Im 12. Jahre der Periode Tietvpao (753) be- fahl er dem Sze-yeh um sich zu dem Kwoh Tsze-i und dem Bugu hoai-jin zu schlagen , und stets in der Vorhut zu stehn ( ^ Jjf

ß Je Im Tso-teiuen wird der nämliche Ausdruck gebraucht :

„Wie bei der Hirsch jagd, fasste Tain es (d. h. das Heer von TsHn) bei den Hörnern, wir Jung's ergriffen es bei den Beinen, und mit den Tain warfen wir es nieder (Herzog Siang, 14. Jahr. Vgl. Legge's Tso-chuen, S. 464). Der Commentar dazu sagt: Kioh (Horn) will sagen dass man Jemandem von vorne widersteht [bei den Hörnern fasst]; Ki dass man ihn bei den Beinen niederwirft

Wir können nun den ganzen Satz folgendermassen übersetzen: Der Khakan war entrüstet über seine Undankbarkeit, und dass er ein so geisterhaftes Ding [Fantom] (wie die Herrschaft) erschleichen wolle. Er selbst raffte also seine ganze Tapferkeit zusammen nnd schlug sich auf die Seite des kaiserlichen Heeres, worauf sie ihn gleichzeitig mit vereinten Kräften verjagten, und die Hauptstadt nnd das Loh(-Thal) wieder eroberten.

Letzteres bezieht sich auf die Wiedereroberung von Loyang im Jahre 762

Wir lesen in den Geschichtsbüchern der Tcang-Dynastie dass, im neunten Monat des ersten Jahres der Periode Pao-ying (Octo- ber 762), der Khan der Uiguren Tängri (d.i. Itikän) sein Volk anführte um dem Reich (China) Hülfe zu bieten in der Bekämp- fung der Rebellen ').

1) Siehe weiter das Ptn-*x*-y *n-fu, XCII, fol. 7 9*rto für weitere Belegstellen. K'ang-hi's Wörter buch hat fälschlich du 11. anstatt des 14. Jahres Ton Siamg.

2) Vgl. De Guignes, op. «rit. II, S. 10.

W" "ÖS o 126 n, fol. 9 veno.

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40

Die entscheidende Schlacht ward am „Hoang-Fluss" *) geliefert, der Feind auf die Flucht geschlagen und die östliche Hauptstadt a) wieder eingenommen, worauf der Khan den Bargana (?) zum Kaiser schickte um ihm Glück zu wünschen und ihm die auf Tschao-i erbeuteten Fahnen u.s.w. zu überreichen. Der Khakan lagerte sich darauf am Süden des Gelben Flusses (in der Nahe von Hoai-kUng fu ^ J| jj^f, in Honan), wo er drei Monate blieb. Hernach lieferte Bugu Öang mit seinen Uiguren dem Tschao-i eine blutige Schlacht, sodass man 2000 Li weit durch das Blut wadete, und schlug ihm den Kopf ab3). (Siehe oben, S. 34 36).

Jetzt folgt eine offene Stelle als Zeichen der Ehrerbietung für den Kaiser von China, VII, 42, und unser Text lautet nun weiter :

43 44 46 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 66 57 68 69 60

PP.

43—44 45 46 47 48 49

Der Kaiser . . . ., dass es (das Reich der Uiguren) .

60 60 51—54 66 56 57 68 59 60

würde sein ein Bruder-Staat, (und) ewig würde sein ....

Das Gesetz des Parallelismus erlaubt uns hier die offenen Lücken 49, 57, 58, 50 und 60 zu ergänzen. Man wird dies ersehen wenn man die zwei letzten parallelen Satze unter einander setzt :

1) Der Hoang-Fluw ( ^ ?JC) liegt zwiichen der SUdt KkMan (||[$ \\\ jgf 84° 20' B., and 106° 20' L.) und der SUdt F*ng.t*'i*ng ( ffl Jff , 34° 25' 12' B. and 105° 9' 35' L ). Vid« ^ > Th fol 66 ™*>- Guigne», op. cit., II, 19.

2) Die Stadt L^ang ( |ft heute die SUdtÄ»uw ( fpf ^ Jjjf ), in 34« 43' 16* Breite und 110° 07' 40* Länge, hien unter der zweiten W ei- Dynastie Lo-tiekom ( ). Unter der T'aog-Dynaatie hieu aie die .örtliche HanpUtadt". Die SUdt lag am Ufer des LoKluises.

» m m m n m m ® $a * » * z . m w m m . *r ff m m n m n % ? , $ « $ m * . w *t % m

jfjj_ ZI =f- B. . % % ~fÊ . «•**««•. 1ÎS ». *»• 10 yd- ne»<ri..ii> InwriptioM d. l OAhoD. 8. XXX tud XXXIV, not. «.

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41

49

50

51

52

53

54

^3

Ü

m

Z

Wo

55

56

67

58

59

60

m

fi

? umrde sein ein Bruder-Staat; Ewig würde sein ? ? Zeichen 49 muss also gleichbedeutend sein mit Zeichen 55 jjt , „ewig". Dieses Zeichen muss hier -j| sein *), das ebenfalls „ewig" bedeutet und speciell in Verbindung mit dem Ausdruck „Bruder- Staat" gebraucht wird. Der Ausdruck J?, j$ ^ H hiung-ti tschi kwoh, „Bruderstaat",

kommt 8chonim2Metf4»vor:Jgl fllf Jigf 2 «§ 3& Ä # £ B - „Mit der Cérémonie des Opferfleisches verbindet man sich die Bruderstaaten" *). Auch im Schi ki findet man den Ausdruck :

^M^Jf^A^^JL^^B, »(die Staaten) TsHn und Tscu heiratheten unter einander damit sie ewig Brüderreiche wurden".

Dass der Verfasser hier ^5, „Staat", anstatt g , „Reich" setzt, geschieht weil man im chinesischen Stil niemals in demselben Satze dasselbe Wort zweimal gebrauchen darf. So sagt der Chinese: $)} |g ,

ffr , das Reich Buddha's, das Land der Geister ; |±| g| , ffl , ein gebirgiges Reich, ein wasserreiches Land, u.s.w. (Verg. Peï-wetir yun-fu, III, fol. 21 recto, Artikel ^5, Abtheilung gj-fgf).

Der Parallel-Ausdruck für hiung-ti tschi kiooh, „Bruderstaat", ist entweder :§) H £ B „Schwager-Staat", wie im Tso4schuen:

^Sil2B> nTsH nun ist ein Schwagerstaat", oder M it ^ S » „Staat eines anderen Familien-Namens", ebenfalls schon im Tscheu-li vorkommend : iH^^ZfÜMMÜ B> was Biot (I.e.) übersetzt: „Par le rite des dons et pré- sents, on établit des relations amicales avec les royaumes des princes qui sont d'une famille différente".

1) Es kann nach "f|£ »ein, welche« Zeichen mit ^ verbunden häufig vorkömmt.

Wir erinnern nor an jfc ~fffi ]^ , in Ewigkeit und Ewigkeit ; ^ [t£ îjff] ^> , ewig und anveränderlich, n.s.w.

2> M ffifï > M % * 7& "fÔ Artikel 28' V8! Biot'» Übersetzung, S. 428; Pet-tecm-yttn-fm, Cil A, fol. 87 vrto.

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42

Der Commenter sagt an dieser Stelle dass die Staaten von verschiedenen Familien-Namen die $§} > die Schwiegersöhne und angetraute Onkel sind 1).

Wir wählen aber den ersten Ausdruck !g§ £ H * den ^ der Kürze halber mit Schwager-Staat übersetzen, weil im Jahre 780 der Tsan-pu (König) der Tibetaner zu dem chinesischen Gesandten sagte: „Wir sind ein Schwager-Reich des Hauses Tang" (f El Bo^MSI^BJ1)- Dasselbe sagten die Uiguren in 765 zu Ktcok Tsze-i: Turfan ist eigentlich ein Schwagerstaat von uns ( g 2jj ^ % ^QPien-Uien, 126 n, fol. 12 recto). Übrigens führt das Peï-%oen-yun-fu (Cil a, fol. 37 verso) die drei Ausdrücke: % ifö g , Bruderstaat, J| #t gj , Staaten von

verschiedenen Familien-Namen und H H > Schwagerstaat hintereinander an.

Dergleichen Verschwägerungen fanden seit ältester Zeit zwi- schen China und den Nomaden- Völkern statt. Eine chinesische Prinzessin zur Frau zu bekommen, war das Ideal eines türki- schen, mongolischen oder tibetanischen Fürsten. Auch durch Trutz- und Schutz-Bündnisse verbrüderten sich die chinesischen Kaiser mit diesen Völkern, die sich, nach der alten Regel Divide et impera, untereinander aufrieben und vernichteten.

So lesen wir u.a. in der Geschichte der Uiguren , dass Kaiser Su-tsung, im ersten Jahre der Periode Tschi-tik (756), den Kuang- ping wang befahl mit dem Jabgu (Sohn des Khan's der Uiguren Mojuntür) ein Bruder-Bündniss zu schliessen {% £ ^ ü, M Û > $J ® & $o Pten irtien, 126 II, fol. 8 verso; Ma Toan-lin, 347, fol. 9 verso ; De Guignes, II, 15) bei welcher Ge- legenheit er überdiess dem Jabgu noch reiche Geschenke an Seidenzeugen machte, u.s.w. ( IS © §j£ 0 Pien i-tien und

Ma Toan-lin, I.e.).

1) Biot, op. cit., p. 428, Note 2: .Ce tont lea gendres, lee oncles par alliance", vgl. ebendaselbst Seite 397, Note S; Pét-wen^un-fu, I.e.

2) Ma Toa*4in, Cap. 334, fol. 26 vtrw. Der Titel der Könige ton Tibet war Dxiampu, d.i. »unumschränkter König", woraus die Chinesen Ttanpu gemacht haben. De Guignes,

op. cit., IV, 205; I, 882.

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48

Die Lücke 45—48 muss also enthalten haben dass der Kaiser von China (43. 44) ein Bruder-Bündniss mit den Uiguren schloss, wie aus dem darauf folgenden Doppelsatz schon erhellt.

Wir schlagen vor diese fehlenden Zeichen zu ergänzen mit

46 46 47 48 45 46 47 48

@ #L n®6* Kaiser) mit den Uiguren schloss ein Bünd- niss", sodass nun der ganze ergänzte Satz lautet:

m*ÄHft«iÄ(otoill:)ÄÄ*2»,*Ä

Der Kaiser schloss darauf mit den Uiguren ein Bündniss , dass sie zeitlebens ein Bruderstaat und ewig ein Schwager- reich sein würden.

nf ff 7*, m % m «.

Der Kagan schlug darauf sein Lager vor der ostlichen Hauptstadt auf.

Vor den Zeichen Pf flp „Kagan", ist als Ehrerbietungszeichen eine offene Stelle gelassen.

Wir haben oben (S. 40) gesehn, dass, nach der Einnahme von Loya?ig, der Khan drei Monate noch dort gelagert blieb.

69

m

70

71

Ä

72

78

74

75

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4

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r.

7

8

P3

A

II, 69—75

1 2 3 4 5 6 7 8 9

m..-» m. » m & m m ft a m

In diesen zwei Sätzen liegt uns ein wichtiges, historisches Ereigniss vor: die Einführung einer neuen Religion ins Khanat der Uiguren.

Bisher waren die Uiguren Heiden gewesen; sie assen blutiges Fleisch, tranken dazu Pferdemilch, und waren ein räuberisches Volk. Der Khan, der in China Gelegenheit gefunden hatte zu beobachten, wie der Nestorianismus einen günstigen civilisatori- schen Einfluss auf das Volk ausgeübt hatte, entschloss sich diese Lehre in sein Khanat einzuführen, und fahrte deshalb vier

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Priester mit sich in seinen Staat, um sein Volk zu bekehren. Alles dies muss enthalten sein in der Lücke in Spalte VII, 72—75 und in Spalte VIII, 1 9 die uns vollständig erhalten ist, und deren Sinn ungefähr sein muss: „Da er sah dass Sitten- verderbniss (in seinem Lande) herrschte, so führte er dort vier Priester hin". Von Zeichen 72 ist nur noch das Klassen- haupt \ leserlich; es kann nichts anders gewesen sein als das Zeichen f& , da JU, j§> eine feste Zusammenstellung ist für „Sitten und Gewohnheiten (Gebräuche)".

Für Sittenverderbniss wird im Chinesischen immer Jfjfc pai gebraucht, wie z.B. fg # ^| RlJ ß j$ flS ffi) J& . so du Gewinn liebst, so wird dein Volk das Laster lieben und seine Sitten verdorben werden (Peî-wen-yun-fu , LXLX, fol. 71 verso). Tschu-hi spricht in seiner Vorrede zum Ta Hioh von verdorbenen Sitten (JR, j§> $8 (Ebendaselbst, I.e., fol. 68 recto). Die Sittenverderbniss nimmt taglich zu ( JU, $J H Ä ) » ^e Sitten sind verdorben ( Jül, jf£ ^ ) , u.s.w.

Das Zeichen ßjjl hat immer die Bedeutung von „anführen", wie z.B. in der Geschichte von Ischu-koh Liang : j|Ç 1|E

W £ lß> »der General führte selbst das Volk von Yih- tscheu an" {Pex-toen^yun-fu , XCIII t, fol. 242 verso). Sehr oft wird aber das Zeichen êï|J statt des Zeichens ^ gebraucht, was dieselbe Bedeutung hat; und so finden wir in demselben Pe%-weivywnrfu, 1. c, fol. 25 verso, die Ausdrücke jfp , ^ ^ und |J»J mit der Bedeutung selbst, persönlich, in eigener Person, anführen. In Mencius, III ±, IV, 18, finden wir: $t §1P ^21;, *B^M#§*&. «wenn man fim-tese's Lehre befolgte, so würde man einander nur anführen Betrug auszuüben". Dem Verfasser der Inschrift schwebten wahrschein- lich zwei Stellen aus dem Schu-king vor, nl. in II, n, 20 (Legge, S. 64) und IV, vu, Pars II, 1 (Legge, S. 288) wo der Ausdruck ^ 2p „Ungehorsam" vorkommt.

Die zweite Stelle ist wahrscheinlich die gemeinte, weil darin gesagt wird dass Puarirkang^ als er seine Residenz verlegte, den Unzufriedenen unter seinem Volke gute Worte gab als es seinen

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Befehlen nicht nachkommen wollte ( ^ \}\ % 7$ [Jj ||

If > Bt o1 K R Z ^ # ffc wie der Commenter sagt. {Peï-wen-yun-fu, XCIII t, fol. 24 verso).

Wir müssen zu diesem Satz rechnen, erstlich weil der ganze Passus von VII, 69 bis VIII, 9, sechszehn Zeichen zählt und die Caesur also nach dem 8. Zeichen fallen muss, und zweitens weil ^ (VIII, 1.2.) keine autorisierte Zusammenstel- lung ist und deshalb nicht mit „anführen" übersetzt werden kann. Das Wort regiert das Zeitwort ^ „einführen", buchstäblich: „Nehmend (2) Dzuirsik (3. 4) cum suis (5) vier (6) Priester (7) führte er sie in (8) seine Staaten (9).

Der ganze Passus lautet also:

&m.&®&,&%,m,<&m&^wm ab

Da er (der Khan) sah, dass die Sitten verdorben waren und sein Volk widerspenstig war, so führte er den Dzui-sik und andere (zusammen) vier Priester nach seinem Reiche.

ufio-i7 na - iüEo n m h m.

Devéria (Inscriptions de l'Orkhon, p. XXXI und XXXV) liest 3l

^ÜE, „Fünf Opfer". Die Photographie zeigt aber deutlich nur Zl /flfi , „Zwei Opfer". Das Peï-wen-yun-fu (XXXIV t) giebt die Zusam- menstellung H flïE nicht an- Li~ki sa£t aDer> dass der König 7 Opfer, die Feudalfursten 5, die Groswürdenträger 3, die Edlen 2 und der gemeine Mann 1 Opfer bringen durften ( ^ jjl ÄiR„

^3L*E0^:*H^E0±n*E,jß A-*E)- es könnte

auch sein, dass hier die von Kaiser Hiao-wu der Han-dynastie eingestellten höheren und niederen Opfer oder das im Tscheu-li erwähnte Tang- und Tm-Opfer ( ßj} /ïïtl . fêè /TE ) oder das °Pfer

_')#ÄM*oooo4ä^±T^*E. mmm

flfjj * , apod P«-«*»-yi«-/W, XXXIV, fol. 71 rteto.

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dem activen und passiven Princip in der Natur gebracht ') ge- meint sind. Ich muss aber nachtraglich bemerken, dass auch das /J> ^ jfft Sfc nur 3, 5 und 7 Opfer (flS) aufzählt.

Da aber, wie wir gleich beweisen werden, diese Mönche Nes- torianer waren, schlagen wir vor die Zl jflH zu übersetzen mit „Zwei Sacramente", da die Nestorianer eben nur zwei Sacramente erkannten, nl. die Taufe und das AbendmaJU *).

Die ES Bjf oder „Drei Grenzen" werden im Pei-toen-yun-fu (LXVII, fol. 183 verso) näher beleuchtet.

Sie werden in Antithese gebraucht mit den /V Jfc , die acht Zonen oder Himmelstriche , gleich den Jfc Ijfi , the waste tenur- es, 500 le round the imperial domain (Medh.). Deshalb sagt das i& $L : Innerhalb der acht Zonen befinden sich die vier Meere (= die Welt, das Reich), und innerhalb der vier Meere findet man die neun Provinzen (/V^E2ft^fP3îfêïo PI £ ^| jti })\ ). Der Kaiser wohnt in der Centrai-Provinz und regiert von da aus die acht Zonen ( ^ ^f* tf* jj\ , ffij M A ]i£ )• Vom Kaiser TsHnschi wird gesagt, dass er Lust hatte die acht Zonen (d. h. die ganze Welt) zu verschlingen

(* Â |ood§ A Z tt. ™< Jfc IE ,m ttt M

Der Dichter Liuschih sagt in seinem Gedicht über die kalten Wolken des weissen Felsens (in Tsche-kiang) s) : „Sie treiben herum als wollten sie geradezu den drei Grenzen trotzen; „Und mit einem Zoll ihrer Masse können sie die acht Zonen beregnen".

si m « s* m h m

I t 8 I S A 1t

Man spricht auch von den zwei und den drei Grenzen. Von dem Gründer der Sut-Dynastie wird gesagt, dass er noch vor dem Monatswechsel die zwei Grenzen festgestellt, und in noch kaum zehn Jahren das ganze Reich geeinigt hatte ( Jf* JJg} Jjjj: % ^ jSo^C Ä + # ^ 0 M) *)• Auch die Buddhisten be-

1) PtH-wen-yntt-fu, XXXIV, fol. 68 recto-, Biot. op. cit. p. 270.

2) Fr. von Hellwald, Die christliche Sekte der Neatorianer (Ausland, 1802, 8. 108).

4> ßff ïj ffl. ^E- PeUoei^*m-fu, XVI ±, fol. 177.

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dienen sich des Ausdrucks in Antithese mit den |5J jj\ (den vier Landern) Tchatur dvtpa. Im Buche „Perlenwald im Garten des Gesetzes" ( ^ # )

im J. 668 von einem buddhistischen Priester, Namens ^ ft£ Iho-ÄcAt geschrieben, liest man:

$a m * k = m m m 9 ** m m

„Er band die Kalte und Hitze in den drei Grenzen, und heftete die Morgen und Abende in den vier Reichen" (Pef-twn-yun-fu , LXVII Jt, fol. 188 verso). „Auch ohne die Erklärung des Nirva?ta Sutra sind die zwei Grenzen und die drei Grenzen festgestellt", sagt ein anderes buddhistisches Buch l).

Letzterer Satz beweist, dass die zwei und drei Grenzen vor- buddhistische Begriffe sein müssen , und also keinen Beweis dafür liefern können dass in dieser Inschrift von buddhistischen Priestern die Rede ist. Überdiess kann man keine physische Grenzen predi- gen, und die drei Grenzen der Inschrift müssen sich also auf moralische Grenzen beziehen ; da nun überdiess die san tsi sonst nicht in der chinesischen Literatur in dieser Bedeutung vorkom- men, so haben wir hier mit einer fremden Übertragung des ursprünglichen chinesischen physischen Begriffes zu thun.

Da das chinesische Wort „Grenze", ebenfalls als Schranke aufgefasst werden kann, wie schon aus dem Ausdruck „unbegrenzt", hervorgeht, so kann man hier an drei Beschrän- kungen oder Restrictionen denken; und wenn wir hier wirklich mit Nestorianischen Mönchen zu thun haben, so können die „Droi Beschränkungen" sich beziehen auf das, auch in der Inschrift von Si-ngan fu erwähnte, Gelübde der Armuth, des Fastens und der Enthaltsamkeit 1).

•> & m m » - »= m m. * m m.

F?P Dt 13 <S|»H« VII. 87-48). •They do not aman vtaltk, bat cast all their property into the common stock; they fait, in order to perfect themselves by self-inspection; they mbmit to rettramt*, in order to strengthen themselves by silent wntehfalnese", nach Wylie's Übersetzung.

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Das Zeitwort *^ kann „durchdringen in" oder „durchge- drungen sein in" bedeuten, oder auch, causatif, „machen dass etwas durchdringt", „Eingang verschaffen".

Was nun auch mit den zwei Opfern und drei Beschrankungen gemeint sei, der Sinn des fraglichen Satzes ist:

(Um) die zwei Sacramente zu erläuteren und den drei Be- schränkungen Eingang zn verschaffen.

vm,«-« ft ft M » I W PI, i i -b ^f.

Der Ausdruck fîljj (19. 20) wird in der buddhistischen Terminologie gebraucht für jeden öffentlichen Lehrer einer Reli- gion. (Eitel, Sanscrit-Chinese Dictionary, S. 156 a). Dies beweist aber nichts für eine buddhistische Auffassung, da auch die Nesto- rianer die ganze buddhistische Terminologie übernommen haben.

Das Si-ngan fu Denkmal hat selbst den Ausdruck 1^ 3E (Dharma radja) '), das Wylie mit Great conservator of Doctrine" übersetzt.

Der Ausdruck IJfj P^ , „die lichte Lehre", findet sich nicht im Peî-wen-yun-fu. Die dort mit IJJ angeführten Thore jg *5J PI

(Cap. XIII B, fol. 28 verso), ^ Çfj P^ (fol. 30 verso), & Hfl ffî

(fol. 81 recto) und % P*| (fol. 32 recto) sind alle Namen von Thoren, während wir hier nicht mit einem Thore, sondern mit einer Schule, Lehre oder Secte zu thun haben *).

Für die -fc ^ , „Sieben Bücher", findet sich im Pei-toen-yun-fu (XXXVII b, fol. 71 verso) nur ein einziger Beleg aus dem fJ^Ä, die „Sechs Canons der Tcang-Dynastie" 3) : Jp: f#

1) Spalte XIII, 49, 51.

2) Also ungefähr wie die protestantische Secte der Neu-Lichter (Nieuwelichters) in Holland.

3) Im Anfang det achten Jahrhundert« durch Kaiier Yuen-ttung (713— 765) geschrie- ben. (Wylie, Notes on Chinese literature, S. 64).

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^rf o o? # Wh »für die Prüfungen bestanden sechs Catego- rien : die sechste hiess das Rechnen ; für das transcendentale Rechnen gab es neun Kapitel in drei RolJen, und ferner die fünf klassischen arithmetischen Werke Hai-tao (Wylie, Notes on Chin. Literature, S. 92), Sun-tsze (S. 91), Wu-tsau (S. 92), Tschang KHu-kien (S. 93), Hia-Heu Yang (S. 92) und den Tscheu-pi (S. 86), je eine Rolle zu diesen sieben Werken".

Die Sieben Bücher sind also sämmtlich arithmetische Werke, und darin war der Fah-sze, der „Lehrer des Gesetzes", sehr bewandert. Man schätzte also schon damals die Arithmetik des Westens sehr hoch, gleich wie später, unter der Tscing-Dynastie , die Jesuiten ebendeshalb bei Hofe behalten wurden. „Was betrifft die Lehre „des Westens, welche den Herrn des Himmels verehrt, so ist „die auch nicht orthodox. Aber weil diese Leute gründlich die „Zeitrechnung verstehn, gebraucht der Staat sie", sagt der Kaiser Yung-t8ching in seiner Paraphrase des Heiligen Edictés von Khang-hi (N°. 7)

Es ist bekannt, dass die Nestorianer eine hohe Stufe in der Wissenschaft erreicht hatten, und dass ihr wissenschaftlicher Geist erst im X. Jahrhundert der Unterdrückung der Araber er- lag1). Wir können also den betreffenden Passus übersetzen:

Ueberdiess war der Lehrer des Gesetzes vortrefflich einge- drungen in die Lehre des Lichts, nnd sehr bewandert in den Sieben (arithmetischen) Werken.

m *nsn&* m%Mm, tein mîEmtkmm,

Dieser Satz bietet nicht die geringsten Schwierigkeiten und bedarf nur einiger Erläuterungen.

Der Ausdruck ^m^fft, »seine Talente waren erhaben wie der Hai-yoh", wird im Peï-wen-yun-fu , XOH, fol. 33 recto durch verschiedene Citate erläutert.

mmm. &®mmz.

2) Meyer't Konventtiont L«ikon, XI, S. 1048a; Brocktum' Konr. Lex., Xii, S. 268.

4

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50

Derselbe Ausdruck wird noch einmal gebraucht in Spalte XII, 54—55, und in beiden Stellen übersetzt Wassiljeff die Stelle mit „tief wie das Meer und (hoch) wie Lanzen".

Hat er sich vielleicht beeinflussen lassen von Devéria's franzö- sischer (ebenfalls unrichtiger) Übersetzung „grand comme la mer et les pics les plus élevés", und das Wort pic, Bergspitze, oder spitzer Berg, verwechselt mit Pique, eine Pike oder Lanze?

Die Beispiele, die das Peï-ioen-yun-fu anführt, ergeben klar dass es sich hier um den Namen eines Berges handelt. Kaiser Wen-ti der Weï-Dynastie (220-226) sagt:

„Die Gelbmützen sind zahlreich im See-Gebirge „Die Bergräuber verwüsten Ping und Ki" *).

if* mm.iUM^^ #«.<»***>■

Die „Gelbmützen" waren Rebellen unter Führung des Tschang Kioh (jfg j%) und Tschang Pao (Çg ), die in einem einzigen Monat alle nördlichen Provinzen erobert hatten. Sie hausten im T'ai-sc/fon-Gebirge in der Provinz Schan-tung. Dieser Berg fjj [1| , auch ^ \\\ , war der bedeutendste der fünf be- rühmten Berge (3l ^fc) worauf Opfer gebracht wurden (Mayers, Manual, S. 320). Dieser Gebirgszug liegt in den Districten TsHng- tscheu (ff j}|) und Yen-tscheu (52 ffi) in eben derselben Pro- vinz , wo auch der General Ts^ao-ts^ao ( W tSI ) die Gdb- mützen im Jahre 192 unserer Zeitrechnung schlug. (Mayers, Manual, N°. 19 und 768; Histoire générale de la Chine, III, S. 558-559). Da der Tai-schan, der überdiess noch viele andere Namen tragt, der einzige von diesen fünf Pik's ist der in einer Seeprovinz liegt, gab man ihm auch den Namen See-Pik ( ft ft , hai-yoh). Figürlich wird dieser berühmte Berg, oder besser Gebirgszug, ge- braucht um alles anzudeuten was erhaben ist, wofür wir ein Paar Beispiele citieren:

î^1îlî&ft{&>j££3f3ÇMt „erhabene Gefühle brau- sen gegen die Berge im Ocean auf; aber unser flüchtiges Dasein ist an diese Welt gebunden".

Der Dichter Li-peh sagt: £ ft ft ft , ft ft ft X ft »

1) Ping-ttcheu und KÏHckeu, zwei DUtricte ia der Provinz Pt Tickt-U.

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51

„Heilmittel (materia medica) sind verborgen in dem See-Berg, und Blei wird gewonnen am Ufer des blauen Baches".

*Ä>-

In der Ho-tsHng-Oàe (^J j$ wird der See-Berg dem Belur Tagh gegenübergestellt

Diese Beispiele genügen, und man kann daraus ersehen wie ge- fährlich es ist, bei der Erläuterung von Lapidarinschriften aufs Gerathewohl zu übersetzen, denn in solchen ist jedes Wort, jeder Ausdruck eine Fallgrube für den unvorsichtigen Übersetzer.

Der Ausdruck ^ ||f fö{ , den Devéria mit „leur dialecti- tique coulait comme un fleuve partant d'en haut" und Wassiljeff mit „seine Betrachtungen strömten dahin, wie ein freigelassener Fluss" übersetzt, bedeutet im Chinesischen dass ein Mann einen guten „Flux de bouche" hat, und seine Weisheit gleich einem Strom über seine Zuhörer ergiesst.

Sun Hing-kung sagte von Kvooh Yum-ting, dass er Verhand- lungen spie und Schriften machte, als ob man den (gelben) Fluss aufgehängt hatte und das Wasser herausfliessen liesse, das uner- schöpflich strömt (#Ä^fjfl^Ä^o&fcÄJ$;£>iB

fâx M ® '/É BB ^ a)- För weitere Belege siehe man das Peï-wen-yun-fu, XX a, fol. 71 verso, i. v. ^ JJJ.

In der kleinen Encyclopaedie @ W 3ft 31 Liu-tsHng Sin-tsih,

Kap. XXX, fol. 6 verso liest man: H |ft 0 jg* £ fg-, von Beredsamkeit sagt man: „Redefluss wie der eines hochgehal- tenen Flusses". Der ganze Passus lautet also:

Seine Talente waren erhaben wie der See-Berg und sein Redeflnss wie der hochgehaltene Fluss. Deshalb konnte erden Uigoren die wahre Lehre eröffnen.

2) Fiäe -|t£ §£, ajmd || ^ $J KttP- XI1' fo1- 9 reeio' VKL S»"»«'" and gieMt, ans der anerschöpften Urne, Seiaen Strom der ewig fliewt" (Hero and Leander).

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52

à

45 46 47 48 40 50 51 52

Nach der Ergänzung von S. Exc. Shu King-cfieng in Sanct Peters-

46 46 47 48

bürg müsste man lesen [~] |~~| jj^ ffi.

Ein Satz der mit ^ endet muss mit anlangen , wo- nach das Subject folgen muss. „Mit (nehmend, gebrauchend) X. X. machten sie zur Regel"; nach unserer Phraseologie: „Sie machten X. X. zur Regel" Die Form ist ganz gebräuchlich. So sagt Tu-schi von den nördlichen Völkern : $ tifc ]j| ,

sie machen vom Viehweiden ihre Beschäftigung ; iy §ff $\J M. > sie machen ihre Ubereinkünfte mit dem Wort, u.s.w. ') Von den Tadjik wird gesagt (Ma Toan-lin, 339, fol. 19 recto) MX ^ §L S ~$} I aus dem Tö(iten von Lebenden machen sie ein Verdienst. Cap. 340, fol. 2 verso liest man: ® W féÈ \U Hl» sie überschritten den Fluss, und machten den Berg Yin zur Grenze; seine "Worte und Thaten kann man zum Vorbild nehmen § f} ^ $ 35 Hfl ^f" j was man auch

sagen könnte"^ J# £ ff ^ & M 3) u.s.w.

Wenn wir nun die Zusammenstellung des chinesischen Ge- sandten in Petersburg annehmen, so würde zwischen J£j[ und 1§b Ü nur em emziges Zeichen übrig bleiben, das ungenügend ist um anzudeuten was diese Nestorianer für Regel hielten, was offenbar nach den angeführten Beispielen zu wenig ist.

Da nun den Nestorianern das Essen von Fleischspeisen sowie der Genuss von Butter und Milch untersagt war*), so schlagen wir vor die Lücke zu ergänzen mit:

Ihre Satzung bestand im Essen von p minzenartiger Kost und in der Entsagung von Milch und geronnener Milch.

1) 6. v. d. Gabelentx, Chin. Grammatik, § 790, S. 809; St. Julien, Syntaxe, I, U7; Toung-pao, V, S. 294-296; VI, S. 90—91.

2) ft ffi A » "P™* T°a«>-,iD. C*P- 3*0. fei. 1 recto. 8) S. mein Neder!aud»ch-Chinee«ch Woordenboek, i.T. Voorbeeld. 4) Mayer's Konvention» Lexikon, Bd. XI, S. 1048 b.

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53

Als im Jahre 806 die Uiguren wieder einmal an den Hof kamen um Tribut zu bringen, trafen zu gleicher Zeit auch Moni (Mani- chàer) ein, deren Satzung (jj) war des Morgens und des Abends zu essen, Wasser zu trinken, pflanzenartige Kost zu essen und Milch und dicker Milch zu entsagen1).

UI.53-56 ± ^ $ g|

Diese Zeile bietet keine Schwierigkeit und wir lesen sie: (dadurch) 2) erwarben sie sich grosse Verdienste.

Wassiljeff macht aus dem Satz: [] ^ jj£ jfc j(f jj§|, freilich unter Vorbehalt, die Übersetzung für den Glauben zeigte er hohe Verdienste. Dadurch wird aber die Lücke 45 nicht aus- gefüllt und bleibt unübersetzt.

Das Peïrwen-yun-fu (Cap. CVin, fol. 30 recto) führt aber nur ein einziges Beispiel von ^ jj, „wegen des Gesetzes", an. Als

nämlich Tschao-tschuen ( , Mayers' Manual, N°. 52) den Her-

zog Ling von Tsin erschlagen hatte, verzeichnete (der Hof- Annalist) Tung-Ku: 'Tschao-tun hat seinen Fürsten ermordet'. Confucius aber sagte: lSuen-tsze war ein guter Mann, und lud (dennoch) den Hass auf sich wegen (seiner Handhabung) der Gesetze'

( % ife ^ M ) *>■ AUe ubriSe Belegstellen für bedeuten „Gesetze machen".

Dass unsere Ergänzung wahrscheinlich ist, wird sich gleich er- weisen, wenn wir den Passus in Spalte X, 5 14 näher beleuchten.

* « «

"Wassiljeff übersetzt: deshalb" . . . sind sie {ein Band?)™ für alle91 Tugenden9*.

126 n, (ol. 16 verso.

2) Nämlich, indem tie du Essen von Fleisch, Milch und geronnener Milch verboten 8) Siehe Legge'» Ch'un-tt'ew, S. 288 nnd 290 n.

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Die Zusammenstellung |[£ ^ (alle Tugenden) kommt im Pef- wn-yun-fu nicht vor und wurde jedenfalls „die Tugend kennen" bedeuten. Ebensowenig besteht eine Zusammenstellung \% jfe hi 8ih. Das Zeichen fj| hat nur eine einzige Bedeutung, nl. als Name eines Volksstammes im Nordosten (\% JjÜ $t Ißk Pei-wensyun-fu, VIII, fol. 68 verso), der aber gewöhnlich, ohne das Klassenhaupt ^ Hi geschrieben wird. Sie waren Nach- kommen der alten Hunnen und man nannte sie auch Ku-moh-hi

(jf:^H).

Zur Zeit der Teang-Dynastie waren sie in fünf Horden getheilt nfi Seit der Periode K'ai-yuen, 713, waren sie abwechselnd rebellisch und unterworfen. Während ihrer Re- bellionen waren sie den Türken untertbänig ( ff| jt \% B# % >BJ WM % % & .M I* 3$ % Wo Pei-wen^yun-fu, 1. c, fol. 66 ver so). Auch gab es östliche und westliche Hi, im al- ten Tangut (|g ig jg ||0 Ibid.).

Ma Toan-Un (Cap. 334, fol. 21 verso) sagt, dass sie während der Sui-Dynastie (583—618) den Namen Hi annahmen. Ihre Nieder- lassung war mehr als 2000 Ii entfernt vom Nord-Osten von dem heutigen District Liu-tsching (J^^^MßtftMB^o

^»*£4#*iBJKtt ^fftM, Jwa, 1. o.

Eine der Rebellionen der Hi* s im Jahre 847 berichtet uns Ma

Toan-lin in den Worten ^C^TC^^^^UiUStÄ»

„Im ersten Jahre der Periode Tai-tschung empörten die Berg-HI der nördlichen Horde sich sämmtlich" (Cap. 344, fol. 28 recto).

Ma Toan-lin gebraucht hier zufälligerweise, wie in unserer Inschrift, den Ausdruck ^| ^ die Hi, sämmtlich (sih) empör- ten sich {jpoan). Der Satz -f|| fj*£ könnte also bedeuten : „Die

Hi waren alle dankbar"; denn ß|, vulgo Tugend, bedeutet auch „dankbar für erwiesene Gunst sein" Aber wir haben es hier mit der Bekehrung der Uiguren und

V M têofâ & (K'anç-Ai). Im TiHeKm haen wir: I&

M fi§' -t0 whom "hould 1 P"»«nie to be grateful?"; jj£ Q % f$ ^ .Then", continued the king, .do you feel grateful to meP"

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nicht mit der der Hi zu machen, und überdiess giebt uns diese Übersetzung keine Gelegenheit um diesen Satz mit dem Anfangs- zeichen Tjr nai zu verbinden, und die darauf folgenden zwei Lücken zu ergänzen.

Im vorhergehendem Satze ist erzählt worden wie der Khan seine üiguren durch nestorianische Priester bekehren liess; und in dem dritten Satz (VIII, 63-75, IX, 1-10) wird erzählt dass alle seine höhere Beamten sich darauf (zu dieser Zeit, -f ffif, VIII, 63, 64) bekehrten.

Dieses Wort darauf setzt voraus, dass ihnen vorher etwas gesagt worden ist, was ihnen Veranlassung gab sich zur neuen Lehre zu bekennen.

Da nun die Zeichen <ff| und 3j| konstant verwechselt wer- den und ^| auch = fä, warum? weshalb? wie?, bedeutet,

so könnte man ^ ^ übersetzen mit „wie (hi) kennen , begreifen (sih) die Tugend (tih)?

Williams citiert in seinem Wörterbuch £| "Pf J£J ^, „How can he become my friend?" „Wie könnte er mit mir be- freundet werden (mein Freund sein)?" Ähnlicher Weise sagt der Philosoph T8Choang : fy; ^ jj§ , Hassest Du etwa den Tod ? *)

^ sih ist gleichbedeutend mit ^SW tschi, „kennen, verstehn, begreifen, fassen, gründlich erforschen" 3).

Im Lun-yü sagt Confucius zu Yiu: „Es giebt wenige die die Tugend erfassen" (^ 0O ^ > #1 fi % M £ , Buch XV, Cap. III; Legge, S. 159).

Wenn wir nun nach 7Jf nai die zwei Zeichen 0 ^ „sagte: Ihr'\ so bekämen wir den Satz:

n h> ik #1 ä tt

Darauf sagte er (d.h. der Khan): Wie konntet ihr die Tu- gend erfassen?

2) Legge, Texte of Tftoism, II, 32: Do you dislike death?

V fâj%Êi&*vM9ttiL>9$1&o (r«H0. To investigate through- out, thorough comprehension of. (Wells Williams), u. a. m.

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Vor der Einführung einer gesitteteren Religion, hatten doch die heidnischen Uiguren keinen Begriff von Tugend. Sie raubten, plünderten, mordeten, und nährten sich ausschliesslich von bluti- gem Fleisch und Pferdemilch, und der Khan, der wahrscheinlich sich schon selbst zum Christenthum bekehrt hatte, warf nun seinen Ministern ihre Laster vor die Füsse, und mahnte sie an sich ebenfalls zu bekehren.

Ist unsere Auffassung, die wir aber nur mit dem grössten Vorbehalt aussprechen, richtig, so würde sich der nun folgende Satz geeignet anschliessen.

Wir haben hier ein Verzeichniss der uigurischen Würdenträger, die auch in den chinesischen Geschichtsbüchern angeführt sind. Sie hatten, wie die Türken, sechs Minister des Äusseren und drei Minister des Inneren, und noch Ämter wie die eines Tutuk's oder Civil Gouverneurs, eines Tsiang-kiun oder Generals, und eines Sze-ma oder Präfecten (fâ ffî Jfâ jt\> Jfà ^\ ^ f*|

H. , * * 2 *. tf» *****

437, fol. 7 verso; Pien-i-tien, 126 II, fol. 6 recto).

Als sich die Uiguren im Jahre 627 den Chinesen unterworfen hatten, baten sie um chinesische Beamten. Der Kaiser ernannte dazu ihre eigenen Häuptlinge und verlieh ihnen die Titel Tutuk (Gouverneur General), Tsze-schi (Gouverneur einer Provinz), Tschang- schi (Annahst) und Sze-ma (Präfect) [ # © |g % §ß # , $lj jft > Ä Ä > flJ 'Bio Pien-i-tien, 126 II, fol. 6 recto; Ma Toan- lin, 347, fol. 7 recto].

Wir können also die Lücke leicht ausfüllen und in 73 und 74 getrost TfJ Sze-ma schreiben.

Lücke VIII, 75 und IX, 1 schlagen wir vor auszufüllen, wie in Spalte V, 32, 33, mit j££ fEJ, „einstimmig sagten" *), sodass wir also jetzt den ganzen Satz lesen:

1) Verg). Spalte XII, 30, 81 ^ Q , sagten in einer Petition.

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57

Worauf der Gouverneur General, die Gouverneure der Pro- vinzen, die inneren und äusseren Minister und die Präfecten einstimmig: sagten:

Was sie sagten wird nun weiter erzählt:

Wir bereuen jetzt unser früheres Unrecht, und wollen der wahren Lehre huldigen und dienen.

X, 10-14 ^ I f $

Nach dem ersten Zeichen kommt eine offene Stelle als Zeichen von Ehrerbietung für den Kaiser. Der Sinn ist: „empfangend (10) den heiligen Willen (12) ward verkündet (13) und kundgegeben (14) d. w. s.

Auf kaiserlichen Befehl ward nun verkündet und kund- gegeben

K, 15— 43 *

Itfc

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^ ff 0

2

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CL

1111- ,^nU 7ÎÎV PtJJC o

3

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^ 0

B

4

o

In der nestorianischen Tablette von Si-ngan fu wird die christ- liche Lehre vom Kaiser „geheimsinnig , vortrefflich und natürlich" genannt [lg ty? % %y Spalte X, 39-45]; in unse- rer Inschrift heisst sie „mystisch und vortrefflich".

Diese erste Zeile bietet keine Schwierigkeiten, und sie lautet (dass) diese Lehre mystisch und vortrefflich sei, und schwer zu befolgen.

Lücke 26 ist mit IfllJ1)» Lücke 27 wahrscheinlich mit ^ zu ergänzen. Lesbar davon ist nur der rechte Theil, J^k vergleicht man nun das Zeichen für ± in Spalto I (Tafel XXXIV, 3) des

1) Well. Williams: $|J , ,to feel for deeply".

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58

Namens {Jr Hl Inantschu, so sieht man dass dieses Zeichen

(J) geschrieben ist, und Zeichen 55 in Spalte IX, wo, wie wir

gleich erörtern werden, ebenfalls >£È = Ö steht, so kann das Zeichen in unserer Lücke nicht anders als ^ gelesen

werden. Der Ausdruck Q ^f- aber bedeutet „früher", „in ver- flossenen Zeiten".

So z.B. im Lun-yü, XVIII, v. 1 (Legge, S. 197): # ^ ^ gîfî, as to the past, reproof is useless, was das Vergangene angeht, so sind Ermahnungen nutzlos. In meinem Nederlandsch- Chineesch Woordenboek finde ich i. v. Vroeger 3, das Citat: &%f&%Zl#, B *T # Ig 2 <#S früher, zu Zeiten des Han Wen (Kaiser Wen der .Hom-Dynastie) , bestand schon eine Verordnung über den freien Münzschlag. (Vgl. Vissering, On Chinese coin and currency, S. 107: Formerly, in the time of the reign of Han-ioen(ti), free coining was already granted (to the people).

Der Satz lautet nun:

Wiederholt bedauerten Wir dass ihr früher unwissend wart

Zeichen 34 ^ darf hier nicht mit Buddha übersetzt werden, sondern muss mit Gott wiedergegeben werden. Als Sung Yü- tsung Magistrat von Kiu-kiang-tsHu war, und es nicht regnen wollte, Hess er sein ganzes Gesinde fasten und bat für das Volk, worauf der Regen sofort fiel. Die Bevölkerung von TsHu hob (darauf) die Hände empor und brachte sie an die Stirne, und nannte einen Gott [Pf ^ jfä] *). Der Verfasser unserer

Inschrift sagt anstatt P^, nennen, gjf, das auch nennen bedeutet.

Die dritte Zeile muss also, im Anschluss mit der vorhergehenden, übersetzt werden:

und die Geister») Götter nanntet. Jetzt seid ihr schon zur wahren Erkenntnis gekommen.

1) Petrwenyün-fu, XCIV, fol. 31 verso i.V. ^ f$;

2) Im Uigurischen Hmf(?). Ucvéria, loser, de 1'OrkhoD, S. XXXV, Note 12.

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59

Zeichen 42 ist zu erganzen mit ffe , im Bezug auf das ^ 'f^ ^ (IX, 2-5): „Wir bereuen jetzt unser früheres Unrecht (oder Sünde)", sodass die 4. Zeile besagt: und dürft nicht wiederum sündigen.

# m Po B.

Der ganze Passus von 15 42 besteht aus lauter Sätzen von je 4 Zeichen, und der weiter unten folgende von 51-58 besteht ebenfalls aus zwei Sätzen von je 4 Zeichen. Demzufolge muss auch die Lücke zwischen 42 und 51 zwei Sätze zu je 4 Zeichen gezählt haben. Was nun in diesen zwei Zeilen, wovon nur die ersten Zeichen ^ fjg , „besondors hoffen wir", und das letzte 0 , übrig geblieben sind, enthalten war, ist unmöglich mit Be- stimmtheit zu sagen. Es wird eine Fortsetzung der MoralrPredigt sein, wobei den Neubekehrten eingeprägt wird, sich an die Sat- zungen des Christenthums zu halten.

Dies erbellt aus dem nun folgenden Satz:

50-58 0e ^|i||tftiPtf

(Der Kaiser?) sagte: ihr hegt schon eine aufrichtige Gesin- nung! Geht zu eurem Lande zurück und bringt eure Ge- schenke (Tribut).

Herr Wassiljeff übersetzt mit gewissem Zweifel : so bald die auf- richtige Absicht vorhanden ist, so möge man eifrig (alles) einhalten.

Der Fehler liegt an dem fehlerhaft entzifferten Zeichen \ £ (55), das ^j-t sehr oft ^fc oder geschrieben, sein muss. (Vgl. oben , S. 58). Die Zusammenstellung dp jin tsih besteht nicht steht wenigstens nicht im PeX-wen-yun-fu und den übri- gen Wörterbüchern. Dagegen findet man f$ schon im Schu-

king (V, xvn, 2): £ # 0 >/h?fl) Bl ¥ ffitt fî.

% m m m . m. ^ & m # ï m ± . n m n m

jgro Nach Legge 's Übersetzung (S. 489): „Der König sprach folgendermassen : 'Mein Sohn Hu\ du hast die Tugenden (deiner Vorfahren) befolgt, und dein Betragen geändert; (darum) ernenne

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60

ich dich zu einem Lehnsfürsten im Osten. Gehe zu deinem Lehnstaat! Sei ehrerbietig!'"

Der Kommentar erklärt den letzten Satz mit : Wt ÖC )9f ' ii2:Klc@#e*Jt3l«ß^^ „Gehe hin zu dem Reich das Ich dir verliehen habe; und überwache dich selbst um deine Ehrerbietung zu beweisen".

Der Ausdruck f^F bedeutet: „Geschenke, als Tribut, dar- bringen". Im Tscheuli lesen wir dass der Untervorsteher der hei- ligen Ceremonien die von den fremden Besuchern dargebrachten Kostbarkeiten in Empfang nahm (3ê ^ $r $f £ 3f0 Vergl. Biot, le Tcheou-li, S. 449).

Wir haben hier einen ahnlichen Fall. Der Khan der Uiguren und seine Grosswürdenträger hatten sich gebessert und hegten jetzt eine aufrichtige Gesinnung, ganz wie Hu im Schu-king. Der Kaiser hatte ihnen deshalb Land verliehen und sagt ihnen jetzt dass sie sich dahin begeben sollen, und zur Zeit richtig ihren Tribut bringen.

Das letzte Zeichen steht deutlich in der Inschrift. Herr Wassil- jeff schreibt das aber heiss bedeutet; während verbren- nen bedeutet, zumal in der Zusammenstellung mit das ebenfalls „verbrennen" bedeutet

Die Zusammenstellung ^ kommt im Pef-toeyiryun-fu (LV, 3 recto) nur in der Bedeutung von „was man haben muss" vor. Es citiert den Satz: A #T B G . £ 7 # *fo A fft M * Ei ^ äfr > was einem Menschen zukommt , bekommt er nicht immer, ebensowenig er auch das was ihm nicht zu- kommt entbehrt.

Aber diese Bedeutung können wir hier nicht anwenden, son- dern müssen den Ausdruck trennen, auf die Götzenbilder beziehen, und jjg ^ also mit „herkömmlich" übersetzen, näm-

1) Vergl. die im Pehwem-yun-fu (Cap. XCVI1I, fol. 227 veno) angeführte Stelle j^p

W ^ ï S > i& ^ i ' üer ScAi und ^ wurden verbrannt und die Ge,ehrte°

auseinander getrieben.

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61

lieh die Götzenbilder, auf welche man, nach früheren Begriffen, ein Recht hatte.

Wir lesen dann den Satz also:

Die herkömmlichen geschnitzten and gemalten Abbildungen der Dämonen sollt ihr alle verbrennen.

Wir bemerken noch dazu dass das hier gebrauchte Zeichen aus der Buddha-Periode datirt. Kcang-hi giebt als Beleg- stelle den Surangama Sütra ( ). Es ist die Transcription des Sanskrit-Wortes Mara. Die christlichen Missionare gebrauchen dieses Zeichen, oft im Verband mit kuei, $^ kue\, für den Teufel der christlichen Mythologie - Satan ').

Der ganze Passus ist offenbar von christlicher Hand verfasst.

Zeichen 74 und 75 müssen parallel gehen mit den Zeichen 67 und 68 ^ „verbrennen". Man könnte dafür schreiben ,fjlj ff, „verwerfen, ausstossen", da der 7. Artikel von Kcang-hi's Heiligem Edikt lautet: SU ^ *8 J^J ^ iE „wirft die Ketzerei heraus um die wahre Lehre zu verherrlichen".

Noch besser ist dafür zu schreiben, wie wir es gethan haben, ^ Jff , da Kaiser Yung-tsching in seiner Paraphrase des „Heili- gen Edikts" sagt: „Ihr Soldaten, Bürger, u.s.w. sollt aufblickend des Heiligen J) Absicht verkörpern, und ehrerbietig des Heiligen Lehre befolgen , und die Ketzerei ausstossen" [ ^ ^ jjj ^

chen 1 in Spalte X ist mit dem Bindewort flg, „und", zu er- gänzen, sodass der ganze Passus lautet:

Das Beten zu den Geistern und die Anbetung der Dämo- nen sollt ihr beide verwerfen, und die Lehre des Lichtes an- nehmen.

1) Im Monument von Si+ga»fu #fp Sa-tan 8) d. i. der Kaiier Fang-hi.

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62

Wir übersetzen den Ausdruck BJj ^ also, mit Rücksicht auf 0JJ in Spalte VIII, 23, 24, den wir schon oben erklärt haben. Der Ausdruck ist sonst im Chinesischen klassisch und wird von allen transcendentalen Lehren gesagt.

So sagte z.B. der König von Wet: „Ich bin entartet, da ich noch niemals die transcendentale Lehre vernommen habe" ( jg| ï0,SÀ7t,*#Mt)'Man spricht von der transcendentalen Lehre der grossen Intelligenz (Bôdhi) -fc fjj tift u.s.w. (Verg. Petrwen-yun-fu , LXXVIH, fol. 9 recto, wo mehrere Belegstellen).

Herr Wassiljeff hat das 6. Zeichen noch zu dem vorhergehenden Satz gezogen und mit „zu veredlen" übersetzt; und einen neuen Satz angefangen mit dem 7. Zeichen, welchen er mit „fremde Sitten umändern in das Gebiet der (sittlichen) Speisung" übersetzt.

Wir werden gleich die Unzulässigkeit dieser Übersetzung nach- weisen, nachdem wir erst die fehlenden Zeichen ergänzt ha- ben, nämlich Zeichen 6 mit fa, „Blut" und Zeichen 11 mit „kochen", beide in der Tafel lesbar, sobald man weiss, dass die da stehen müssen. In der Inschrift auf der Pagode von dem Meister der Betrachtung (Abt) Su Tieh-kin liest man, dass er während seines ganzen Lebens nie heisses Blut genossen hatte

fu, XC VIII, fol. 96 verso) ; und in dem f| -fc g lesen wir dass der (fabelhafte) Kaiser Hoang (2697 vor Chr.) befahl Kessel zu schmieden und Töpfe zu machen, damit man darin Reiss dämpfen und Brei kochen könne, um damit die böse Sitte des Fleischessens und Bluttrinkens abzuänderen ( jfâ <fr flg

% îs m ^ m m . m m $ . « s m % & jôl z m ,

PéiHûen-yun-fu , LXXm, fol. 70 recto). Vor der Erfindung der Kunst durch Feuer die Speisen zart zu machen, ass man (rohes) Fleisch und trank Blut, sodass auch Fleisch und Blut als Opfer dargebracht wurden (5fc^;fc#.2fi%ffc]fc.Sll#% JÖL 2 M o Ibid-> !• c-» fol. 92 verso).

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63

Auch die Uiguren lebten noch in dieser rohen Weise, die sie von ihren Vorfahren, den Hunnen, ererbt hatten. Von dem Fürst bis zum niedrigsten Mann assen die Hunnen alle das Fleisch ihrer Herden und kleideten sich in ihre Haute ( § ^ 3E J3 Tj^Â^ftL^ÂlÎL^o Pien-i-tien, 170 i, fol. 1 redo).

Ammianus Marc. L. 31 sagt von den Hunnen: „Ihre Lebens- art war roh und strenge: Ihre Speisen erfordern kein Feuer und kein Gewürz; Wurzeln und halbrohes Fleisch, das sie blos unter den Satteln auf ihren Pferden mürbe gemacht, war ihre ganze Nahrung"

Noch zu Zeiten der Nördlichen Weï (386 682) kannten die Uiguren weder Getreide noch Wein (-fg. f$ ^ ff f@ ) und

genossen Pferdemilch und gekochtes Fleisch ( Jft $jj ) *).

Die Stelle lautet nun:

Die böse Gepflogenheit heisses Blnt (zu trinken) wurde ver- ändert in ein Gebiet von Reisskochenden (Menschen).

Man sieht, von sittlicher Speisung ist gar nicht die Rede. Die Nestorianer lehrten die Uiguren sich mit Getreide zu ernähren, und ihrer bisherigen bösen Gewohnheit halbrohes Fleisch zu essen und das Blut davon zu trinken zu entsagen.

Daran schliesst sich nun der folgende Satz natürlich an:

.»-« % m n m, ® m m z m

(Und) ein mordlustiger Staat wurde umgewandelt in ein Reich (wo man einander) zur Tugend ermahnte.

Der zweite Satz ist leicht zu erklären: „Wie die Oberen han- deln, so ahmen die Niederen es nach".

1) De Guignes, op. cit., I, 413; Becker's Weltgeschichte , Ausgabe, III, 842; Neu- LAUD, .Die Völker des südlichen Rasslands", S. 27.

2) 126 I, fol. 1 verto.

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64

Er ist gebildet nach einem Loblied auf die Lerche vom Kaiser Ming-hoang der Tcang-Dynastie (713 756):

„Was die Oberen lehren, wird von den Niederen nachgeahmt"

( _L ffï > ~F >2 J9f Si) ')• A,so etwa unser Sprichwort: „Wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen".

Für den ersten Theil des Satzes kann ich keinen anderen Be- leg finden, als das Wort von Tszesze: „die Weise worauf ein heiliger Mann das Volk beherrscht, ist ähnlich der wie ein gros- ser Arbeiter sein Holz verwendet" (fßH^A^t

Der ganze Passus würde dann lauten:

& ffi À 2 © À. ± fr T #

Deshalb war die Weise worauf die heiligen Männer über das Volk herrschten, die dass die Oberen mit dem Beispiel voran- gingen und die Niederen dieses (Beispiel) nachahmten.

Wir geben aber diese Ergänzung nur unter Vorbehalt einer besseren.

Nun kommt eine offene Stelle als Zeichen der Ehrerbietung für den Glaubensfürsten:

Der Ausdruck Fah-wang ist der buddhistischen Terminologie entlehnt, und eine buchstäbliche Übersetzung des Sanskrit Dharma râdja (Eitel, op. cit., p. 32 b). Er kommt auch in der nestorianischen Inschrift (Spalte XIII, 54, 55) vor, wo gesagt wird dass der Kaiser den Alopun zum grossen Glaubensrarsten, Schutzpatron dos Staates machte |îpj |{| Êjtt §| ^ J, XIII, 46-55). Nach Wylie (On the Nestorian Tablet of Se-gan foo, S. 820) soll dies derselbe Titel sein als in der Syri- schen Beischrift Tapasi de Zinstan, oder Metropolitan von China. Adam würde dann Alopun's Nachfolger gewesen sein. Alopun kam im Jahre 635 nach China , und das Denkmal zu Si-ngan fu wurde im Jahre 781 errichtet.

*> 0 f?J v% ^fio Vide LXXV1I1. fol. 4

2) PeUoen-yu^Ju, XI, fol. 64 rtcto.

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65

Der Khan der Uiguren führte das Christenthum nach der Er- oberung von Loyang, im Jahre 762 (s. o. S. 89), ein. Der grosse Glaubensfürst kann also hier leicht der Bischof Adam sein.

Die Lücke nach § ist wahrscheinlich mit |$ auszufüllen. |g |$ bedeutet nach Williams „truly sincere, unaffectedly devout", „fromme Aufrichtigkeit", oder „aufrichtige Frommheit".

Der Satz besagt also:

Als der Erzbischof vernahm dass sie die wahre Lehre an- genommen hatten, pries er ihre aufrichtige Frommheit sehr.

, 46—49 Die vier Zeichen, die hier stehen müssten, sind unwiederruflich verloren. Sie haben wahrscheinlich enthalten welche Massregeln der Erzbischof nun noch nahm um das Christenthum weiter un- ter den Uiguren zu verbreiten. Dies erhellt aus dem jetzt fol- genden Satz.

. so-«- n « i § Ä a s, k s n n

Das 50. Zeichen ist wahrscheinlich mit = J§S , „wünschen", und die Zeichen 59—60 mit § ^f, „eigene Lehre", zu ergänzen

(vergl. Spalte VIII, 10-13 IÜ3 j# ZI jjïE , s.o. S. 45), so dass der Satz lautet:

Wünschend alle diese ttönche und Nonnen in das Reich einzufahren um ihre eigene Lehre zu verkünden.

Das Zeichen 59 ist in der Tafel XXXIV, 1 des Atlasses, unbe- dingt § , eigen, selbst. Der Ausdruck § ist dem Yih-king

entnommen (Kua IX %)-. g ft Ä $ , * 0 „zu seiner eigenen Lehre zurückkehren! hätte man dann Schuld? Es ist glücklich 1" Das Symbol sagt: „zu seiner eigenen Lehre zurück- kehren, hat eine glückliche Bedeutung" ( ffc, 0 0 g ^ , 3§S f? ifc)* Siehe Peï-ioen-yun fu, XLIX, fol. 78 verso. Philastre, le Yi-king, S. 180-181.

Es ist bekannt, dass es auch nestorianische Nonnen gab. Diese waren entweder Laienschwestern, die für den Unterhalt der Mön-

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»

che sorgten, oder ordinirte Nonnen, die in den Klöstern, in ge- trennten Zellen , wohnten ').

Wie überall, sind auch hier die Zeichen f|| , Mönch, und , Nonne, der buddhistischen Terminologie entlehnt.

» a m M m & M œ m> & x % <t

Das 61. Zeichen ist mit „befehlen", „beordern", zu ergänzen.

Der Erzbischof will das Christenthum mehr verbreiten, und Mönche und Nonnen nach üigurien schicken; dies war aber nicht genügend: es mussten auch Sendboten und Prediger hinge- schickt werden. Er beorderte diese deshalb:

Er beorderte die Jünger des Hndja Ost und West zu durch- kreuzen, und hin und her zu gehn um zu lehren und zu be- kehren.

Wir stossen hier auf einen geschichtlichen Namen, den unser Freund, Herr Geo. Phillips, früher englischer Consul in China, zuerst entdeckt hat *).

Er fand diesen in dem g g ^ (Wylie, Notes, p. 53), 1840 zuerst herausgegeben. Seitdem ist im J. 1849 eine neue Ausgabe in 60 Büchern und im J. 1852 eine in 100 Büchern erschienen. Die Ausgabe, die ich hier benutze, ist die von 100 Büchern vom zweiten Jahre von Hien-fung, also vom J. 1852. Im 26. Buch ( BS p{f 7$ , die süd-westlichen überseeischen Län- der), fol. 21 dieser Ausgabe (15. Buch, fol. 16 der älteren Aus- gaben) wird ein Citat gegeben aus dem flfr ffö je ein his- torisches Compendium, im Jahre 1013, in tausend Büchern, auf Befehl des dritten Kaisers der Sung-Dynastie, Tschin-tsung (^jj

$t £t? )> durch eine Kommission, aus Wang Kin-joh ( 3* ^ ), Yang-yih ($7f§) und 13 anderen Gelehrten bestehend, heraus-

1) Meyer's Konversations Lexikon, Bd. XI, S. 1018 b.

2) Supposed mention in Chinese history of the Nestorian Missions to China in the ?th and 8th centuries. China Review, Bd. VII, Notea and Qneriea, p. 415. (Cordier, BibL Sinica, Supplement, S. 1684.)

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i

67

gegeben. Der Kaiser beaufsichtigte selbst die Herausgabe, und schloss alle zweifelhaften Werke aus Das Citat lautet:

m ^ * a * m i m , m m m « . m m x & . « t;

M f^£.*n£A*r*itffc 2 gill.

„Im Buche „Bibliothek Ur-Schildkröte" steht dass im siebenten Jahre der Periode Kcai-yuen (A.D. 719) der König von Tokha- restan einen Brief überhändigen Hess durch den, sowohl in der Astronomie als in den Humaniora "bewanderten Mudja , dessen Gelehrtheit und Scharfsinn ausserordentlich tief waren, so dass man ihn nichts fragen konnte was er nicht wusste. Niedergebeugt bat er dass Seine Majestät geruhen möchte ihn zu sich zu rufen, und über alle Religionsfragen zu hören. Als (S. M.) sah, dass dieser Mann solche Fähigkeiten besass, ward ihm gestattet eine . Kirche zu errichten, worin er nach seiner eigenen Religion unter- halten und genährt werden würde".

Ehe wir weiter gehn, müssen wir erst den Ausdruck \ ~% erklären, da dieser in keinem einzigen von einem Europäer ver- fassten chinesischen Wörterbuche übersetzt ist, weil die Wörter- buchmacher, in gewohnter Weise, einander alle nachschreiben, und nie etwas Neues beibringen , so dass man ohne das P&wen-yun-fu keine schwierige Stelle richtig übersetzen kann.

Letzteres (Cap. XII, fol. 1) giebt uns ein Citat aus dem Com- menter des Yih-king: fJ^^£.J3^B$^c|ä¥A 3C . JUt it $t % „Beobachtet die Himmelszierde, um die

1) Wylie, Notée, S. 147.

2) 8. CommenUr sa Kua XXII: Ji£ pi, «Zierath". Unter Himmelszierde müssen wir hier die Planeten and Sternbilder Tenteben. Der Ausdruck bedeutet noch heatxatage die «Astronomie". De Harles fibersetzt (S. 09) den gansen Commentar: XJ^ \/X jj^

u.a.w. : L'art et l'intelligence forment la beauté, l'éclat de l'homme. C'est d'après l'ordre (die Ordnung) du ciel que nous envisageons les changements des saisons. C'est d'après le beau humain que nous formons et perfectionnons le monde". Letzterer Theil ist ungenau fibersetzt. 5p> bedeutet nicht dTaprèi, sondern ist einfach gleich der Partikel ^ auf: .Sehet auf den Himmel!" (Prémare, Notitia lingu» sinic», S. 191— 192. Ed. Bridgman).

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Veränderungen der Jahreszeiten zu erforschen; beobachtet die Menschenzierde , um damit die Welt zu bessern und zu vervoll- kommnen".

Der Yih-king sagt weiter: „Wenn man den göttlichen Weg des Himmels beobachtet und sieht wie die vier Jahreszeiten einander regelmässig folgen dann richtet ebenso der Weise nach diesem göttlichen Wege seinen Unterricht ein, und die ganze Welt wird sich ihm unterwerfen" ($§£5^2 SS ffÖ

n # * äo s a « mtt m&.m % t m s

ft, Kua XX ®,#).

Daraus folgt dass unter der Zierde des Himmels ^) die Sternbilder gemeint sind, also auch die Kenntniss davon die Astronomie] und unter der Zierde des Menschen, seine Bildung, sein menschliches Wissen, die Humaniora.

Wir haben schon oben gesehen, dass die Nestorianer eine hohe wissenschaftliche Stufe erreicht hatten; und dass hier Nestorianer gemeint sind, erhellt aus dem ganzen 26. Kapitel des jfj \$ HD ^J, das ausschliesslich den christlichen Sekten gewidmet ist. Es fangt an mit einer Notiz über Fuhlin oder ^ ^

Ta-thsin, den manche Sinologen für den Namen Syrien's halten. Fol. 12 enthält eine Beschreibung von Judäa, und Fol. 13 verso die Steintafel der nestorianischen Religion aus Si-ngan fuy die fast vollständig aufgenommen ist ').

Hier oben, sagt der Verfasser weiter, haben wir nun die Lapidar-Inschrift über die Verbreitung der ,fHehren Lehre" ( Jfjf ^ ) in China gegeben. Die „Hehre Lohre" ist die durch die Einwohner von T/mn eingesetzte Lehre (ßH[#HÄ^IIBÄ J9f JL ifc )• Auf einer Tafel in dem buddhistischen Kloster Tchung-yen% von Sil Yuen-yü verfasst , liest man dass unter den verschiedenen Fremden, die (nach China) gekommen waren, sich Manichäer, Ta-thsin (Syrier?) und Anbeter des Himmelsgottes be- fanden, aber dass die Tempel dieser drei Secten im ganzen Reiche nicht so zahlreich waren als die unserer Buddhisten in einer kleinen Stadt. Jetzt sind diese Tempel der Manichäer und Him-

1) Wylie, On the Neatorian Inscription at S+gan Joo, p. 297.

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melsgottverehrer schon längst zerstört; man weiss selbst nicht woher sie kamen, und sie werden nur durch die Inschrift über die Verbreitung der Hehren Lehre etwas erläutert (gj jt ^

Nach dem obenerwähnten AB" jfj 7t ft sind die |§I Jg, , Jfcmi, dieselben als die ^ Ä » wa^". nl. die Manichäer ').

„Die Jünger des Moni", sagt ein anderer Autor, „gemessen weder Fleisch noch Wein" ft % Ä ^ ^fg ^ jg ) »).

Was nun den Namen ^ betrifft, so wird, nach Stanislas Julien, das erste Zeichen für die Transcription der Sylbe Mu oder Jfo, und das zweite für die der Sylben dja, tcha, da und djha gebraucht 4). wird in für Djava (Java) gebraucht 5).

Demzufolge lautete der Name des Apostels der Nestorianer Mudja oder Môdja.

74 75

5

XI, 1-6

n n n »F ff i ft

Der in Spalte VI, 27-42 erwähnte Khan Bugu, ward im Jahre 780 durch' seinen Minister Tun Baga Tarkan ermordet, der sicli

1) Hm-kwoM*ttcAi, XXVI, fol. 17 recto; Wylic, N «to ri an Inscription, S. 803.

2) Hai-hooh-lu-tschi, XXVI, fol. 18 recto. Oben erwähntes Citât stimmt überein mit demjenigen was die chinesischen Geschichtsforscher von den manichäischen Christen er- zählen, die im Jahre 806 sugleich mit den Uignren nach China kamen. Wir lesen im Pien-i-tien , 126 n, fol. 16 verso, dass im ersten Jahre der Periode Yuen-ho (A.D. 806) die Uignren wiederum Tribut brachten, und su gleicher Zeit Moui'% (Manichäer) eintrafen. Ihre Satzung war des Morgens und des Abends su essen. Sie tranken Waaser, assen pflanzenartige Kost, und verwarfen Milch und geronnene Milch ( ~JT^ {jjpjj fj||

9L ^ vi §§>• s obcn' s 68

8) 4t ß }k WC ^7 nai-kvoh-tthUchi, XXVI, fol. 19 recto.

4) Méthode etc. S. 156 und 90.

5) O. Schlegel, lets omtrent de betrekkingen der Chinesen met Java. Batavia, 1870 p. 9.

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70

darauf selbst zum Khakan der Uiguren ausrief, und den Titel Alp Kutlug bügä Kagan annahm t^^TC^^iff®^

nm^-mm^w. bp é ± ä & # m g* m *

PffFo Pienitien, 126 n, fol. 18 recto und verso ; s. o., Seite 4 ; De Guignes, op. cit., n, 28; IV, 282].

Da unsere Inschrift chronologisch die Fürsten der Uiguren auf- führt, so muss also hier Tun Baga vermeldet werden; dies wird bestätigt durch die Zeichen 4 5, dass er sich „des Thrones be- mächtigte" während sonst, wie in IV, 80-31, VI, 14-15, XI, 74-75, der Ausdruck |g| ft oder $g „folgte ihm auf den Thron" gebraucht wird.

Der Passus muss also folgendermassen ergänzt werden:

m M % W ft SI të:

Der Khan Tun Baga bemächtigte sich des Thrones.

».*-» m a* *. ft # * m

Das fehlende Zeichen 8 muss durch , das wir in der Tafel zu erkennen glauben, ergänzt werden. Der Sinn dieses Satzes ist dann:

Durch seine tapferen Eigenschaften and geniale Taktik, ward alles klar geregelt, sowohl im In- als im Aaslande.

X..H-». ? g m mu i ts ia m m # w ft m &

Sein Sohn (offene Stelle als Zeichen der Ehrerbietung) Täng- ridä bolmis Kfllttg bügä kagan folgte ihm auf den Thron.

Dieser Satz bildet nicht die geringste Schwierigkeit und wir haben ihn in unserer geschichtlichen Einleitung, S. 5, schon er- läutert.

Dieser Khan hiess Taras, und bestieg 789 den Thron.

xi.,0-,, %} & m ®> m % * &

Er regelte und verbesserte die Sitten in seinem Reiche, so dass etwas Ordnung entstand.

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71

Nach der Zusammenstellung des chinesischen Gesandten in

38 40 41 42 43 44 46

Petersburg würde der Satz lauten : ^ yfj [îtfj ffljfc #

46 47 48

wir auch an dass Zeichen 45 mit ^ zu ergänzen sei (wie in Spalte [V, 82—83 ^ tyfe ), so würde man doch nichts anders daraus lesen können als dass sein Sohn Kutlug bilgä von Natur grossmüthig und fröhlich war. Wir sehen aber in Spalte XI, 49 ff. dass er stirbt und dass sein Sohn ihm gefolgt. Es muss denn doch erst gesagt sein, dass dessen Vater auch seinem Vater gefolgt war, wie das auch in Spalte IV, 30-31, VI, 14-15, XI, 74-75 gesagt wird, wo wir finden: Pf fFHtt. *WpJ" ff Ü8föo W #

WfFSI^ Tn SP*1116 XI> 45 kann a180 nicht % ^n ge- standen haben, sondern muss "Pf kha gestanden haben, und

dann ist kein Platz mehr für die sakramenteile Phrase ffâ ffc oder „folgte ihm auf den Thron".

Nimmt man aber mit uns an, dass hier ein Stück Stein, wo- rauf 4 Zeichen stehen konnten, verloren ist, so füllt sich alles natürlich aus und bekommen wir den Satz:

Sein Sohn Kating bilgä kagan folgte ihm auf den Thron. Er war ?on Natur grossmüthig und fröhlich.

Dieser Khan hiess Oiür, und bestieg den Thron im J. 790. (Siehe oben, S. 5).

53-75

53 54 50 57 68 59 60 Ol 62 63 64 65 66 67 68 69 70

71 72 78 74 75

ft Wff «#

Auf dem Stein steht in 74 (Wassiljeff's 70) ganz deutlich eine abgekürzte und vulgäre Form für |gf '); es wäre

>m » & « , * .

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72

wünschenswerte gewesen wenn man in dem von Radioff publi- zierten chinesischen Text diese vulgäre Form behalten hätte !).

Wie aus den chinesischen Geschichtsschreibern hervorgeht, muss Zeichen 60 ergänzt werden mit $jj lüg, und der Passus lautet demnach :

Nach seinem (des Oöür's) Tode, folgte Tängridä ülüg bulmià Alp kutlug ulug bilgä kagan 2) ihm.

Otür starb kinderlos im Jahre 795, und demzufolge setzten die Uiguren seinen Minister Kutlug zum Khan ein (s. o. S. 5).

Deshalb fehlt die sonst übliche Formel „sein Sohn", und wird, statt gf »folête ihm auf den Thron", einfach j^^:, „folgte ihm", gesagt.

Aus demselben Grund haben wir die Zeichen 46-47 in Spalte VI mit jgg & und nicht mit ß^j ft ergänzt, weil Iti-kän nicht der älteste Sohn des Mojunüir (der wegen Missethaten hinge- richtet worden) war, und deshalb sein zweiter Sohn (im J. 759) zum Khan ausgerufen wurde ggf ^ |f # H JE .

Äfc ?K T ï£ *tfe ß| Ä . Pün-i-tien, 126 u, fol. 9 verso; Ma Toan-lin, Cap. 347, fol. 10 recto).

Der "Verfasser der Inschrift wirft nun einen Rückblick auf die Geschichte dieses Khan's, wie er vom Minister zum Khan erho- ben wurdet

Dies wird in der folgenden Spalte ausführlich erzählt.

O â M ff > £ II if ^«.RiSItSg

Das erste Zeichen ist mit , „früher, zuvor", zu ergänzen.

Der Ausdruck f| fQ oder gg ist dem Yih-king entlehnt,

wo wir (Kua I, jjÉÈ ) lesen : ^ , „der verborgene Dra-

che wirkt nicht", das will sagen, dass das Princip des Lichts, solange es verborgen ist, nichts auswirken kann (S| 1^ ^ ifc .

1) Siehe Toung^o, II, S. 115, 118.

2) Der im Himmel (tängridä) das Glück (üliig) gefunden habende (bnlmii) tapfere (Alp), glückliche (kutlug), groaee (ulug), weite (bilgä) Kagan. Vgl. o. S. 6 6.

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73

Metaphorisch wird dies gesagt von einem Weisen, der im Verborgenen lebt, und deshalb der Menschheit nicht nützen kann Aber, wie ein chinesischer Commentator sagt: „Obgleich ein grosser Mann noch keine Stelle bekommen hat, so zeigt sich doch schon seine Tugend, und der gemeine Mann kann sich nicht mit ihm messen" (É^#&>M:A:À£fêB|f.?&

Demnach übersetzt Wells Williams den Satz f$ ffg #J ^ : a concealed dragon is of no use; so is a talented man who is kept in retirement2).

Wir können also den Ausdruck ^ £ B$ füglich über- setzen mit: „als er sich noch in niederen Sphären bewog" und den ganzen Satz lesen:

Früher, als Alp bilgä Kagan sich noch in niederen Sphären bewog, war er der vorzüglichste unter allen Begs 3).

Wie wir schon oben S. 5 gesehen haben, war Alp Minister des früheren Khan und trug damals den Namen Kutlug (der Glückliche). Nach Oüwr's Tode, der kinderlos war, wählten die Uiguren dessen Minister Kutlug, der seit geraumer Zeit die Verwaltung aller Reichssachen und das Commando der Armee hatte *).

Seine Ernennung, oder lieber die Bestätigung derselben, ward durch seine Gross-Offlciere vom Kaiser von China erbeten. Dieses steht im folgenden Passus.

Die Lücken 26 - 27 sind, wie in Spalte VIII, 73 - 74, mit ,B§ 5) zu erganzen, und die Zeile bedeutet:

1) Le Prince, le sage, enfermé dans sa demeure et ne produisant nulle part, ne sert pas le monde, l'humanité* De Hurlez, le Yih-king, p. 39.

2) Vergl. Pét-toen-fw-fu, Cap. XXIX, fol. 60 rteto, i. r. §|[ . 8) Welle Williame : ffi ' , a Mongol Beg.

4) De Guigne», op. cit., II, 26.

5) Siehe noen Pien+tùn, 126 n, fol. 6 verso-, ï$ 1? ^ $ll jfe * 'S jfc * ■j?) *|Ê»* j ganz wie in unserer Inschrift.

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Der General Gouverneur, die Gouverneure der Provinzen, die inneren und äusseren Minister, die Präfecten und weiteren Beamten sagten in ihrer Bittschrift:

In der Geschichte der Uiguren lesen wir: „Der Khakan starb kinderlos, und das Volk setzte darauf seinen Minister Kutlug zum Khakan ein; sie gaben davon Kundschaft durch einen Ge- sandten. Der Custos der nationalen Archive Tschang-tsien verlieh ihnen darauf ein Mandat, wobei (der Khan) erkannt wurde als Ai Tängridä ülüg bulmtf Alp ulug bilgä, die Treue hegender Kagan

( W ff M m ¥ , H A ± £ « # nHi * S pf ff . «

3 Ë SB *5 ft flf ffl # * IB ffi î§

m$%& SJffi û M jj$ Ht HD & ff . «m-W*», 126 II, fol. 16 recto, Anno 796. Vgl. oben, S. 6.)

Nun kommen zwei offene Stellen, weil hier vom Himmlischen Khan dem Kaiser von China gesprochen wird, und dann folgt:

Der Titel „Himmlischer Khan" (;JÇ Pf fp) wurde von allen mongolischen und türkischen Völkerschaften dem Kaiser von China gegeben Es scheint die chinesische Übersetzung des türkischen Tängri kagan zu sein, mit dem sich auch die uigurischen Fürsten brüsteten.

Da aber hier nicht -g J|î pj* ff, Tängri-kagan, wie sonst in dieser Inschrift, sondern der chinesische Ausdruck ^ p]* ff, Tien khakan, steht, so kann man dies nicht anders auffassen als dass hier der Kaiser von China, sonst ~fi -J^, Himmels- sohn, genannt, gemeint ist. Auch Devéria (Inscript, de l'Orkhon, S. XXXV, Note 14) schliesst sich dieser Meinung an.

Damit scheint der Verfasser des im Widerspruch

zu stehen. Von der nestorianischen Inschrift sprechend, sagt er, dass alle nordwestlichen Länder dem Himmel die höchste Ehr- furcht beweisen, so dass sie ihre Fürsten himmlische Khane, ihre Berge himmlische Berge, und ihre Götter himmlische Götter nennen

1) J)e Guignes, op. cit., I, 559.

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75

IB Z % lii , SB Sip SH Z W . ^ $ g gj ^

Cap. XXVI, fol. 20 recto und verso). Aber wir müssen das so auffassen, dass er die türkischen Namen Tängri Kagan, Tängri Tag, u.s.w. ins Chinesische übersetzt hat, und aus Christenhass dazu auch die Tängri Idi(si) (?) hinzugezogen hat.

Denn die Türken nannten nicht einen jeden Berg Himmelsberg, sondern nur eine bestimmte Bergkette, und so heisst auch nicht jeder Khan Himmelskhan, sondern nur der Allerhöchste Khan heisst so.

Als im Jahre 758 der Kaiser von China dem Khan Mojunlür eine chinesische Prinzessin zur Ehe gab, frug jener den chinesi- schen Gesandten LUjii (^^), der sie dorthin begleitet hatte, in welchem Grade er mit dem Himmlischen Khakan (dem Kaiser von China) verwandt wäre ( Pj" ff B 0 ï^'PTfFfàHo Pienitien, 126 H, fol. 9 recto; De Guignes, Geschichte der Hun- nen, H, 16; Histoire générale de la Chine, VI, p. 276).

Dieser Titel wurde zum ersten Male im Jahre 630 durch Kaiser Tai-tsung, auf Antrag der tatarischen Völker, nach langem Wider- streben, angenommen1).

Der Ausdruck ff| ist dem Schu-king (V, in, 10) entnom- men, wo wir lesen, dass nach Beendigung des Krieges, König Wu mit herabgelassenem Gewände und gefalteten Händen *) das Reich regieren konnte (Ä3ES#£S5:£~FJp). Der Kaiser

Têhrteung der !Taw^-Dynastie (/ff fj^j ^) wird hier also mit König Wu der TficÄö^-Dynastie (1122—1115 v. Chr.) verglichen, und von ihm gesagt, dass unter seiner Regierung das Land so

1) On rit »low arriver à Tchang-ngan lea députée de tont lea royaumes Tartarea voisins qui Tenoient rendre hommage à l'empereur. Après avoir fait lea cérémonies d'aaage. ils se joignirent ensemble poor le prier de prendre le titre de Tien-ko-han , on céleste Ko-kan. Ce prince lenr répondit: "Me convient-il à moi, qui suis empereur de la Chine, de m'a- baisaer à porter le titre de KoAan?" Cependant, comme tous les grands lui firent les mêmes instances , il se laissa gagner, et depuis ce temps, dans toutes lea expéditions qu'il envoya aux Tartarea, soit du nord, soit de l'ouest, il prit le titre de Tien-ko-ham (Mailla, Hist. gén. de la Chine, VI, 66).

2) Commentar i. 1. ff| ^ i£jt ^ jjfr ; Legge, Shoo-king, S. 316 und 673.

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76

gut verwaltet war, dass das Haupt des Staates dabei in aller Ruhe, ohne einen Finger zu rühren, auf seinem Thron sitzen konnte.

Der Ausdruck fäf , kostbarer Sessel , ist nämlich die Be- zeichnung für den kaiserlichen Thron, wie ich in meiner neuen Übersetzung der Vorrede des Si-yü Kil) (S. 168-160) dargethan habe.

Der Satz $j| % (41-44) ist der Geschichte von

Kiang-thung der Tsin-Dynastie entnommen, der gesagt hat: „Ob- gleich die Fürsten im Alterthum intelligente Anlagen und scharf- sinnig-weise Talente hatten, so brauchten sie dennoch die Hülfe von Mitregenten sowie die guten Dienste von Rathgebern" (-£

z Ammern wz& *isi&z n*&mmw

Z&* W#> Pei-uxmyun-fu,

XCIH T, fol. 109 recto). Dieser Passus lautet also:

Himmlischer Khan! (obwohl Du) mit herabgelassenem Ge- wände nnd gefalteten Händen auf Deinem kostbaren Throne sitzest, brauchst Dn doch Mitregenten.

XII, 45-49 O

Wir haben hier eine offene Stelle von 5 Zeichen, die wir, im Anschluss mit dem vorhergehenden Satz, vorschlagen zu ergan- zen durch:

4 & pf ff M

Der Khakan ALP nun besitzt

Was er besitzt steht in der nächsten Zeile:

Xu. 50-67 p $ z m & Z Ä.

Wir schlagen vor das erste Zeichen zu ergänzen mit J$ oder

1) La loi da parallélisme en style chinois, démontrée par la préface du 5i-jr« ( ^ gjl ). Leiden, E. J. Brill, 1896. Vergl. Pct-ven^um-fu, LXIII T, fol. 148 reeto.

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igfc ')» und zwar auf Grund des im Schu-king gesagten. In Theil V, Buch XX, 7 sagt der König von TscJieu: „Ich habe angestellt einen ersten Minister der die Führung der Landes-Regierung hat, an dem Haupt aller Beamten steht, und alles im Reiche gleich- massig ordnet" ( ^ ^ ^ ft % ^ ^ ^ ft ^ o Vgl. Leggè's Shoo-king, S. 528). Die andere Stelle (V, xxrv, § 13) lautet: „Wenn Eure Regierung von Tugend durchdrungen ist, so wird sie das Volk tranken, so dass die wilden Völker der vier Himmelsgegenden , die ihr Gewand links zuknöpfen 2), alle darauf vertrauen werden, so dass Ich, das Kind 3), ewig viel Glück werde

J* $g 'Y- % £ Ü . Vgl- Legge, S. 577). Wir lesen dann, im Anschluss mit dem vorigen Satze:

n Mer #) z m & Z Ä.

Talente zur Verwaltung des Reiches und Capacitäten so gross wie der Seeberg4).

l8-cs mmmn. & o& w

Wir schlagen vor das fehlende Zeichen mit das wir

glauben in der Tafel XXXIV, 2 zu erkennen, zu ergänzen.

(Vergl. Peï-icen yun-fu, LXVHI, fol. 55 verso, i. v. jç).

Wir bekommen dann die parallelen Sätze:

Da der Staat ein grosser Körper ist, so müssen Gesetze und Verordnungen deutlich (glänzend) sein.

1) Dm schwer beschädigte Zeichen in der Inschrift (Tafel XXXIV, 1, Spalte 7), wovon nnr noch f/\_ lesbar, könnte vielleicht gelesen werden; aber j^J yj^ bezieht sich anf die Administration dei kaiserlichen Harems, nnd ist also hier nicht zulässig. {Pn-icen- fUM-fu, LXIII ±, fol. 180 ver to).

2) Die Chinesen knöpfen ihr Gewand rechtB.

3) Bescheidener Ausdruck womit der König sich selbst tituliert.

4) S. oben, S. 49.

78

Der folgende Satz bietet nicht die geringste Schwierigkeit. Er bildet den Schluss der Bittschrift:

m % m % & m m m

Wir hoffen besonders von Eurer Himmlischen Gnnst, dass Sie die Bitte Ihrer Vnterthanen gewähren wird.

^ » »die himmlische Gunst", ist „die kaiserliche Gunst", ein gewöhnlicher chinesischer Ausdruck, wie zE^jU n^oyal fa- vor" '). Die offene Stelle vor deutet an, dass hier vom Kaiser die Rede ist.

x.i,,i-iin n^mztitMmwftM

Der Verfasser der Inschrift erzählt jetzt weiter den Lebenslauf des Khan's Alp, als er noch Minister des vorigen Khan's war.

Das Epitheton ^ $j ist der Geschichte Wang-mang's der ifan-Dynastie (33-23 v. Chr. Mayers, Manual, N°. 804) entlehnt. Die Stelle lautet: Mohr als 8000 Personen boten eine Gedenk- schrift an und alle sagten: „I-yln ist der Ohang, Tscheu-kung (Mayers, Manual, N°. 67) ist erster Minister1). Man soll I-yin wählen". Tscheu-kung verlieh ihm darauf den Rang eines Herzogs mit dem Titel Tsai-heng 3).

Wir können also getrost die ersten zwei Lücken mit "Pf ff , khakan, ausfüllen, zumal da das Zeichen ff noch ziemlich leser- lich in der Photographie steht, und den Satz übersetzen:

Zur Zeit als der Kagan noch Coadjutor war, unterschied er sich sehr von allen übrigen Ministern.

Das 9. Zeichen jfö hat den dritten Ton sidng, und bedeutet dann „Minister".

1) Tinn um Jg[, Imperial faror. (Doaglaa. Diet of the Amoy vernacular.)

2) Man aient hieran« dus 0 hang nicht ein Eigenname, aondern ein Amtatitel ( ^ ig ),

iat. Man könnte den Titel mW . Coadjutor überaetzen. Vergl. Schu kUg (Legge, S. 199 und 262).

@v Wt * ï ^ ^ . XXIII Jt, fol. 196 veno.

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'* w * 2 ib. m m ft

Als er zur Welt kam, gab es glückliche Torzeichen, worauf man sich verlassen konnte.

Dieser Satz bedarf keiner weiteren Erläuterung. Bei den Chi- nesen, wie bei allen Völkern des Alterthums, meinte man dass die Geburt grosser Männer durch Vorzeichen angekündet wurde.

nm-* i «r » ä, * p p «

Hier ist der Stein wieder schadhaft und sind zwei Zeichen (26 und 27) verwischt. Sie sind aber leicht durch die gewöhnliche Formel ijl 8$ zu ergänzen , wie in Spalte XIV, 3. 4 und 7. 8, und Spalte I, 20. 21, und wir lesen also:

Ton seiner Jugend bis zur Mannbarkeit war er ein Held und genialer Kriegsmann.

Während er unter seinem Zelte seine Plilne sitzend berech- nete, entschied er über tausend Meilen weit entfernte (Ange- legenheiten).

ia i s ft> I o n n.

Nach der Petersburger Zusammenstellung hätten wir zu lesen bekommen fH; it Hfl t was Wassiljeff , jedoch unter Vorbe- halt, und ohne das Zeichen zu übersetzen, mit (46-47) um die Zeiten zu lenken übersetzt. Er selbst hat also gefühlt, dass diese Auffassung widersinnig sei.

Nimmt man unsere Ergänzung des fehlenden Fragments an, so lässt sich alles wieder natürlich erklären.

Wir ergänzen nämlich 46-48, wie in Spalte IV, 60-63, mit fJÖ, und lesen nun den Satz:

Er war sanftmflthig und huldreich, und pflegte und hegte sein Volk.

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x„m.-S6 p ffl ^ sn , e

Das zweite Glied dieses Satzes fängt mit „wegen, für, behufs", an.

Mit Hülfe des Parallelismus stellen wir den Bau des Satzes also auf:

ffi # jm

Präposition SabsUntir Verbam Substantiv % H Ä #

Das erste unbekannte Zeichen muss also ebenfalls eine Prä- position, mit analoger Bedeutung wie weï sein; und diese ist gj yin oder jjjjÊ yen. Der Satz lautet also:

Behufs der Welt machte er Gesetze, Für das Reich machte er Pläne.

Stände nicht im zweiten Glied weX, das imperativisch @ yin oder yen erheischt , so könnte man "|ifc ff jUj , „für alle Zeiten machte er Gesetze" lesen. (Siehe Peï-wen-yunfu, CIIt, fol. 57 recto). Hier aber würde dies nicht passen.

Hieran schliesst sich nun der nächste Satz: XUU7-M £ g £ jßt

„Sind nicht aufzuzählen", an, sodass der ganze Passus jetzt besagt:

Die Gesetze, die er behufs seiner Zeitgenossen entwarf; und die Pläne die er für sein Reich machte, sind nicht aufzuzählen.

In den nächsten Sätzen werden nun die kriegerischen Thaten des Khan's vermeldet :

Da war zuerst das Reich der Kien-kon im Norden, mit mehr als 400,000 Bogenschützen 1).

Die Kien-kcun waren ein Nomaden volk, wovon man in China zuerst unter der Weï-Dynastie (227 264) Kunde bekam. Sie

1) Für den Ausdruck , «Sehnen-Spanner", siehe dis Ptft-wen-yun-f«, XVI ±f

fol. 81 ucio.

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81

hausten damals im Westen von Kangkü (Sogdiana) und konnten 20,000 Mann in*s Feld führen. (Ma Toan lin, Cap. 339, fol. 5 recto).

Später nannten sie sich Hdkkas (SfiSf^Ç $f> ^te Aussprache Kü-Vietrsze) oder Kirkis *g» , Kitkut « JRrtoir) und Zw&tt* ') (J§ Es sind die heutigen blonden Kirghisen, denn die chinesischen Geschichtsforscher sagen, sie wären von grosser Statur, hätten rothe (= blonde) Haare, ein helles Antlitz und grüne (blaue) Augäpfel. Schwarze Haare hielten sie für unglücklich

Ma Toan lin, 348, fol. 6 recto).

Die alten chinesischen Geschichtsforscher unterscheiden genau die blonden von den schwarzen Kirghisen (die Buräten):

„Die Menschen im Lande Kien-kzun sind alle grossgewachsen, haben röthliche Haare, helle Gesichter und grüne Augäpfel. Schwarze Haare halten sie für ein böses Zeichen ; und von denen mit schwarzen Augäpfeln sagen sie es seien die Nachkommen des (chinesischen Generals) IAng"*).

In dem Buche Yevsyang tsah-tsu (Ende 8. Jahrh.) liest man: „Die Leute der Horde Kien-tfun haben gelbe Haare, grüne Augen und rothe Schnurrbarte und Backenbärte. Die, deren Schnurrbarte und Backenbärte schwarz sind, sind die Nachkommen des Generals Li-ling der Han-Zeit und seiner Soldaten und Mannschaften" *).

Li-ling war General des Kaisers Hau Wu Ti. Im Jahre 99 vor Christi Geburt bekam er Befehl gegen die Hunnen zu Felde zu ziehen. Er wagte sich aber mit einer kleinen Abtheilung von ungefähr 5000 Infanteristen ins Innere, während er den grössten Theil seines Heeres weit hinter sich Hess. Im Anfang siegreich,

1) Weitere Transcriptionen des Nameni sind gitkut (Oirk) und ^ j^Jf OitgUtn (Oiiyirt). (Ma Toan-Un, 848, fol. 6 verso. De Gnignes, op. cit., 1, 570, 630)

£7#.&S##Bllc:1!ff&.'<*tt$!irtt.

apud Pien-i-tiat, Cap. 61, fol. 1.

«>BA«ff.gA£ir,Bflk.

$1 3fl.» *Pud Pv»*-****, Le. Vérgl. De Guignes, o. c, I, S. H6.

6

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wurden sie jedoch rasch umzingelt und niedergemetzelt, sodass nur etwa 400 Mann über die Grenze zurückkehrten. Li-ling getraute sich aus Furcht vor dem Kaiser nicht zurückzukehren, und blieb ein freiwilliger Gefangener der Kirghisen (Mayers, Manual, N°. 357). A. de Levohine (Description des Hordes et des Steppes des Kirghiz-Kazaks, franz. Übers. S. 317) sagt von den heutigen Kirghisen (die Kirghiz-Kazaks): „Les hommes ont des cheveux d'un blond foncé; les femmes, généralement volées aux Kalmouks du Volga, ont les cheveux noirs et des yeux plus petits"; und in einer Note: „II parait que les Kirghiz de la Grande-Horde sont d'une taille plus élevée que ceux des deux autres". Die Beständig- keit dieses Rassenunterschiedes während so vieler Jahrhunderte, ungeachtet der Vermisschung mit andern Völkern, ist ein Be- weis dass die Kirghisen eher zum ostiakischen , als zum turko- tatarischen Stamme zu rechnen sind.

Ihr Land erstreckte sich vom Baikal-See, längs dem Jenissei, Obi und Irtisch, und auch nach der westlichen Seite von diesem Flusse.

Der Name Kien-kcun soll nach Devéria zusammengestellt sein aus den Namen Kern (Jenissei) und Kcun (Orkhon) (Inscriptions de l'Orkhon, S. xxxvu, Note 28).

Der Name Kirkiz soll im Uigurischen „röthlichgelbes Gesicht" be-

deuten') ^ *f W. 0 §1 t # 0 Ä ^ S S" . **

Toanlin, 348, fol. 9 recto).

Sie brachten im Jahre 707—709 Tribut, und später noch vier Mal während der Regierung von Hiuen-tsung (713 755). Wegen fortwährender Belästigung ihrerseits, griffen die Uiguren sie im Jahre 758-759 an und schlugen sie, sodass sie keine Verbin- dung mehr mit China haben konnten2).

1) Wahrscheinlich = Uig. Kirht (farbig, roth) -\- jüt (Gesicht).

*> m ü * * a m . £ m vt m m » . ss tc + %

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73 74 75 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

In diesem Passus werden nun noch einmal die militärischen Verdienste und Eigenschaften des Oberbefehlshabers des uiguri- schen Heeres, späteren Khan's Alp, hervorgehoben. Er besteht aus vier Sätzen von je vier Zeichen, eingeleitet mit dem Pronomen demonstrativum p{, „dieser".

Es ist natürlich unmöglich mit mathematischer Gewissheit zu sagen was in dem ersten Satz (74 75—1 2) der Inschrift enthalten war, und können wir also die Lücke nur muthmasslich ausfüllen. Die Vermuthung liegt aber offenbar vor der Hand, dass mit dem Worte „dieser", der Befehlshaber des Heeres, der Minister Kutlug (ff $£) gemeint ist (s. oben, S. 72, 78).

Dieser Kutlug, sagen uns die chinesischen Geschichtsforscher, war eigentlich aus dem Stamme der Hieh-iLieh '), und als Wai- senknabe von dem Oberbefehlshaber grossgezogen worden. Sein Scharfsinn und seine militärischen Fähigkeiten waren denen des Tien4sHn gleich2). Während verschiedener Jahre hatte er schon zu wiederholten Malen das Heer angeführt fljjj jj^ $

$fl . ^FÜiÄ* Pimitien, 126 n, fol. 16 recto, Anno 795). Alte Bücher der Tcang-Dynastie, 217 ±, fol. 10 recto, 12 recto.

Für die Zeichen 3-6 siehe unsere Erklärung oben, S. 31. Für die Zeichen 9. 10 (j£ j)) siehe das Peïwenyunfu, Cil ±, fol. 218 verso, wo wir das Citat aus den Schriften von Luh-ki{$& fé| ) (Mayers, Manual, N°. 436) finden:

* m * m * £ £ ä % * m & * «

Mit Weisheit und Scharfsinn ') kann man ihre Bosheit nicht weg- nehmen ;

Mit Macht und Gewalt ihre Liebe nicht vervolkommnen.

1) Emoi Hiäp-t'ÜU, Canton Hat-tit, alte Aussprache Kiät-fuit, türkisch Kädis?

2) T*+4fm war Khakan der Uiguren, von 780 bis 789. Er starb im 12. Monat letzteren Jahres. (Siebe oben, S. 5.)

3) Wir bemerken hierzu dass das bekannte chinesische fmztU, neun elfenbeinerne

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Wenn wir uns nun noch einmal den Passus in XIII, 21 28: S %t] 7k Ü ife. ji$ S£; »von seiner Jugend bis zur Mann- barkeit war er ein Held und genialer Kriegsmann" ansehn, so dürfen wir die hier sich vorfindende Lücke vielleicht ergänzen mit : Ä W fP Ê $fj » dieser Khakan ') sei* seiner Jugend , und der ganze Passus würde dann lauten:

Dieser K hukan war von Jugend auf heldenmüthig und klug, genial kriegerisch und gewaltig, und mit jedem Schuss traf er sein Ziel ').

Der Khakan der Kien-kcnn fiel todt vor seiner Bogensehne.

Wie dieser Khakan geheissen hat, meldet uns die chinesische Geschichte nicht.

Der Ausdruck |g ist weniger richtig durch Wassiljeff mit „nach Verhältniss der Bogensehne" übersetzt. Buchstäblich bedeutet er „entsprach seiner Sehne", {g steht in solchen Sätzen immer für jfä Jjf§, „gegenseitig entsprechen". ^ ^ Ü8 „seine Hand entsprach seinem Herzen nicht mehr", sagt ein chinesischer Autor von einem jungen Menschen, der nicht so viel Geld bezahlen konnte als er wohl wünschte»).

5fL $| bedeutet eigentlich „wie ein welkes Blatt fallen".

Dieser Ausdruck kommt nicht im Peï-ioenyun-fu vor, steht aber in Kcang-hi's Wörterbuch. Dagegen kommt der Ausdruck KU ij£ öfter vor.

Wir lesen in der Geschichte des Tschang Sun-sching der Sui- Dynastie, dass, als S. M. einst ein Wettschiessen im Wu-ngan-

Ttinge von einem geschlossenen, länglichen, in der Mitte durchbrochenen, Sttb abzuschieben nnd wieder aufzuschieben, noch heutigen Tages j|fj||j , japanisch Ticti-ye ho

im, »Ring of ingenuity", wie Stewart Culin (Corean Games, S. 81) übersetzt, heisst. Die Chinesen nennen es -^-* j|[î . die .nenngliederige verbundene Kette".

1) Vergleich Schi-king (Legge, S. 486) IjT, .Dieser kriegerische König".

2) Für letzteren Ausdruck siehe mein Nederlandsch-Chineesch Woordenboek, i. ScAot und Raken.

s) 4^ ^ M' Ge,chichte von tt + #g FrsuW° T*> Nô- io-

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Palast hielt, ein Schwärm Weihen vorbeiflog ; und als S. M. sagte : „Herr! Ihr könnt so gut schiessen, holt die einmal für Mich herab", er in zehn Schüssen alle traf, so dass sie vor seiner Bogensehne herunterfielen (M^ÄffM^lS

& B5 o Vide fil B$ , ß % jg apud Peï-wen-yun-

fu, LX, fol. 77 recto, i.v. g tjf).

Als Lai-tien die Rebellen in Ying-tschuen bekriegte und sie anfiel, schoss Lai-tien eigenhändig auf sie, und da war keiner der nicht vor seiner Bogensehne todtfiel ^ JK J|| j$ ^

Jfcïf f^f , apud Pelwen-yun-fu, XVI ±, fol. 81 recto).

Lücke 26 ist mit ig;, wovon der obere Theil noch in der Tafel sichtbar ist, und Lücke 27 mit 'ßfc zu ergänzen.

Wir lesen in der chinesischen Geschichte dass als Uschiko einst kostbare Seidenstoffe gekauft hatte und diese dem König der Jung anbot, dieser ihm den zehnfachen Werth zurückgab und ihm erlaubte seine Heerden weiden zu lassen, so dass er Überfluss an Pferden und Ochsen zu seiner Verfügung hatte

Viele £ IE, ^*Ë$> apud Peï-wen-yun-fu, XXU t, fol. 87 recto).

^ ist der gewöhnliche Ausdruck für „Waffen". Synonyma sind ^ $c , 2fc oder auch ^ und £g $ , „Rüstungen und Waffen", oder Jfëfâ, „Fahnen und Waffen"1). Devéria liest „Geräthe und Waffen".

X) ^jj. "irf oi« JM ausgesprochen. Siehe K'ang-hit Wörierbach i. t. 7oA bedeutet boohrtäblich «Mass nach Wunsch", da iQî. für jjjjj yoA, .begehren, wünschen" sieht.

%) Pn-tcenyun-f*, LXIX, fol. 47—49.

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\\\% ist = jg} #B li| , „aufgehäuft wie ein Berg", „berg- hoch aufgehäuft". In oiner Beschreibung einer anderen grossen Schlacht lesen wir dass die Fliehenden einige zehn Meilen weit verfolgt wurden, und dass die welche zertreten wurden nicht zu zählen waren, während man einen Haufen Waffen wie ein Berg

erbeutete <fi#» + ffl,A«*M5E**l? th IfcfttöSiHfB. ™fc ff ff, 142 i, fol. 4 recto). Der Satz lautet deshalb:

'ffé hl * ft rte Ui

Ochsen and Pferde (erbeutete er) die Hülle nnd Fülle, und die Waffen lagen berghoch aufgehäuft.

X1V.81-38 g £ Wt Êt, *ft M M A,

Dieser Satz bildet keine Schwierigkeiten und bedeutet: Sein l) Eeich wurde aufgelöst und vernichtet, und in seinem Lande blieben keine Einwohner.

Von dieser gewaltigen Schlacht melden uns die chinesischen Geschichtsschreiber sehr wenig. Sie erzählen nur dass im 9. Mo- nat des Jahres 758 die Uiguren ihren Heerführer Kiai-tsiang und andere (zum Kaiser) schickten um ihm zu melden dass sie 50,000 Mann der Kien-Jfun geschlagen hatten ( j££ % JG *

3l M A. VidG fit, M % fol. 5 verso; Peï-wen-yun-fu, XIII b, fol. 121 verso; Pien-itien, 126 ii, fol. 9 recto; 61, fol. 2 verso.

89 40 41 43 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

xiV..,-« $ g jj$ ii Rt g a n fis eis # ä f

56 57

Devéria liest Zeichen 45 als 3, welches Zeichen auch deut-

1) Nämlich des Khakan's der Kien-k'un.

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lieh in der Photographie zu lesen ist, so dass es unbegreiflich ist dass Wassiljeff es nicht in seine Tafel eingeschrieben hat.

Übrigens ist diese Stelle die schwierigste der ganzen In- schrift, da wir bezweifeln, dass sie hier richtig ist. Zeichen 39 kann unmöglich sein ; ^ ist ein Adverb und kann also nur vor einem Verbum stehen, während es hier vor einem Eigennamen steht; wahrscheinlich hat der Kopist anstatt des Zeichens „nachher", „später", aus Versehen ^ geschrieben.

In diesem Passus und den folgenden Sätzen in Spalte XV, ist die Rede von dem grossen Sieg den die Uiguren über die Tibetaner und Karluk im achten Monat des Jahres 791 errangen. Das Pien-itien (126 n, fol. 16 redo) sagt davon einfach: § 0 ffè ?S ftfc

schlugen die Uiguren die Tibetaner und Karluk bei Pe-ting '), errangen den Sieg über sie, und boten (dem Kaiser) Kriegs- gefangene an".

In den Büchern der alten Tcang-Dynastie (Cap. 195, fol. 13 recto)

liest man: ^TC.^^.A^^jföÜI^^Ättt

^«#J*tt£#f«> Ägff^, „Im 8. Monat des 7. Jahres der Periode Tsching-yuen (September 791) schickten die Uiguren einen Gesandten (zum Kaiser von China) um demselben den über die Tibetaner und Karluk bei Pe-ting errungenen Sieg zu melden und die Kriegsgefangenen und (erbeuteten) Heerden (dem Kaiser) anzubieten".

Diese entscheidende Schlacht war die letzte welche die Uiguren den Tibetanern lieferten, denn seit dem Jahre 765 hatten jene entweder mit den Uiguren gemeine Sache gemacht um Raub- und Plünderzüge in China zu machen, oder die Uiguren hatten, wenn ihr Interesse es mitbrachte, die Tibetaner geschlagen

%L Ht , A 14 £ . Pien i tien, 126 ii, fol. 10 verso und 11 recto; 195, fol. 8 verso; De Guignes, op. cit., II,

1) Nach Klaprotb ist Peting - BièbaUk (die 5 Städte), das beutige Vrumtii. Letzterer Ort Hegt aaf 43° 27' B. and 88° 28' östl. L. von Greenwich, nördlich vom Lande Turfa», wo es noch einen Vulkan, ^ jjj Feting schan genannt, giebt.

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S. 25). Die Tibetaner hatten sich jedoch schon des Nachts zurückgezogen , aber der berühmte chinesische Feldherr Ktooh Tsz i vereinigte sich mit den Uiguren und verfolgte sie, worauf sie die Tibetaner in der westlichen Ebene von Ling-tai ') , mit einem Verluste von 100,000 Mann, schlugen, 50,000 von ihnen die Köpfe abschlugen und 10,000 Kriegsgefangene machten. Überdiess ge- wannen sie sämmtliche von den Tibetanern gefangenen Männer und Weiber, sowie eine unzahlige Menge Ochsen, Schaafe, Pferde und Karneole (p±g&2, # g| £ . f^QOooûU

$ H S6 7 It . Pien iAien, 126 ii, fol. 12 recto ; De Guignes,

op. cit., U, S. 21; f f f , 195, fol. 13 redo; jg, jflj ^ 2|$; ^fc, 191, fol. 5 twrao, A0 791).

Die Zeichen fl| gjg (50—51) können unmöglich „ein Flügel des Heeres" (une aile de l'armée), wie Devéria, Inscriptions de l'Orkhon, (S. XXII, 9) übersetzt, oder „das lleer von der Flanke", wie Wassiljeff meint übersetzen zu müssen, sein.

Ein Flügel des Heeres heisst auf Chinesisch §| , )§| , jj£ , Jgfc oder f| 2).

Das Peï-wen-yun-fu (IV ±, fol. 110) citiert aus dem Tso-tschuen den Passus g| 0 fi| fffi , „Tschi-tsze ist mit einem Theil des Heeres verloren gegangen", mit Rücksicht auf die Thatsache dass TschUsze mit einer Abtheilung des, unter seinen Befehlen stehenden Heeres des Centrums den flb-Fluss überschritt ( Pjl ÎP ft Sf)- Siene Legge's Chunthsew, S. 312 und 317 b: Che-tsz crossed the Ho with (a portion of) the army of the centre (under his command).

In den Gedichten von Pan-yoh ( #ffir -{îr f# ) «'©st man : gjjj ft ffi) »ein Tneil des Heeres verursachte Unruhen".

1) In der Prorinz Sehen-«, 84° 69' N.B.; 105° 03' ö. Linge.

2) Siehe mein Nederlandwh-Chineesch Woordenboek, i. t. Vleugel and Flank.

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Einen Ortsnamen ^ Yün-ho-hu (alte Aussprache Un- at-gu) habe ich nirgend finden können. Jedenfalls liegt diese örtlichkeit nicht in China, wie Wassiljeff meint, sondern in der Nähe von Peting oder Urumtsi in Sungarien im Norden von Turfan, wo die Karluk hausten (Devéria, Inscriptions de l'Orkhon, S. XXXVI, Note 15).

Nach Devéria (op. cit., S. XXXVI, Note 16) sollen die Uiguren im Jahre 791 die Tibetaner bei Ninghia ( ^ J|[ jfvf ) in Kan-m geschlagen haben ; aber auch da kommt der Name ^ Jj^j

nicht vor iJ£f|t ^ # 28 > fo1- 27 ver80> Artikel

Ning-hia fu).

Wenn Un-at-gu ein türkischer Name ist, so muss dieser = Urgu sein; das Zeichen fa at wird oft für R gebraucht, wie

z.B. in Manôrhita ') ^jc $j ^l) flU Moat-nô-r-rhUa , oder in Râdja Ä fffl R-rärdzia.

Wörter die auf N enden, und von einer Sylbe gefolgt werden die mit R anfängt, werden ebenfalls als Transcription des R ge- braucht. So wird das Skt. Wort parivrâdjaka im Chinesischen

transcribiert p^an-li-vat-ra-taiak-ka^L ffe )S ÏÏÏ > wo pcan-U = par-ri (pari) ist. Der Chinese transcribiert parri um anzudeuten dass das A kurz ist. Ebenso pan-la-mü-to ^ $f $J % für Pa- ramitä.

Ich hatte diese Reduction schon gemacht als ich Thomson's Inscriptions de l'Orkhon erhielt, wo ich S. 124 lese: Après avoir

passé à la nage la rivière Togla (Tola), leur armée [ ].

La seconde fois je luttai près d'Ourgou (? Andargon?) et vain- quis leur armée". Seite 180, Note 96, sagt Thomson dass ihm die Lesung Urgu wahrscheinlicher scheint als die Lesung Andargu. Unsere Inschrift scheint ihm Recht zu geben, da der Name Urgu und nicht Andargu giebt, das in chinesischer Transcription durch Jfi an-tar-gu würde wiedergegeben sein. Thomson fragt,

1) St. Julien, Méthode etc., S. 164, giebt fälschlich an ^ J^j nou-ho en contraction pour dans Manôrhita; er hätte sagen sollen „poor nâ-r dans Manôrhita" ', da in chine- sischer Transcription die Torhergehende Sylbe mit dem Consonanten endet, mit der die fol- gende Sylbe anfangt. Vgl. Totmg-pao, Vol. VII, p. 189—190. and St. Julien, Méthode, S. 47.

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ob damit vielleicht die heutige Stadt Urga au der Tola gemeint sei, aber das kann nicht sein, weil in der Geschichte erst im Jahre 1649 der Stadt Urga erwähnt wird ').

Uberdiess muss Devéria sich irren, da die chinesischen Geschichts- schreiber deutlich sagen, dass die Schlacht von 791 bei Pe4ing statt fand. (Vgl. Hist. gén. de la Chine, VI, S. 354).

Mit grösster Bescheidenheit schlagen wir nun vor die Zeichen 46-47 mit A »einen Raubzug machen", zu ergänzen und nach einen Punkt zu setzen. Zeichen 48 und 49 könnten dann mit dem Namen des Generals ergänzt werden, so dass der ganze Passus lauten würde:

Später machten die Karluk und die Tibetaner hintereinander Raubzüge, und Küdiz (?) fiel den Feind in Urgu mit einer Ab- theilnng seines Heeres an.

1 « m & &

Für den Gebrauch des Ausdrucks Éji siehe man das Peï- wen-yun-fu , XLIII , fol. 4 recto , wo wir unter anderem den Satz finden §)| SS » „seine Plane waren gross und weitsichtig".

Von Lu-suh (§f) ward gesagt, dass er als Mensch grosse und weitsichtige Gedanken hatte, deren Klarheit die von ande- ren weit übertrafen ( ^ M & ^ S& À Z

Wir können also den Satz übersetzen mit: Seine Weisheit und Pläne waren gross und weitsichtig.

Jetzt fehlt ein grosses Fragment des Denkmals, das, als es vollständig war, 14 Zeichen (62 75) enthalten haben muss, und das nicht mehr zu ergänzen ist. Auch das erste Zeichen in Spalte XV ist nicht mehr zu ergänzen, weil der Zusammenhang

1) A. Pozdocjef, .die Städte der nördlichen Mongolei", S. 8 ff. Set. Petersburg 1880 (Konisch). Nach einer Mittheilung des Herrn Krimp, Secretär der Kön. Geogr. Gesell«.

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fehlt. Unbedingt aber enthielt der Stein eine weitere Beschreibung der Expedition von Kädiz{?) gegen die Tibetaner und Karluk, und der Eroberung von Peting ; das 2. Zeichen in Spalte XV ist natürlich mit dem Zeichen jfc Pe zu ergänzen.

XV, 2-8

* m ^ * # a z.

Peting: war zur Hälfte eingenommen und zur Hälfte einge- schlossen.

XV.9-26 # ^lTflFffl«*W,»«ÄÄ,»ffi

Das erste Zeichen dieses Satzes bedeutet Darauf, dann folgen zwei offene Stellen als Zeichen der Ehrerbietung für den Kaiser von China (der Himmlische Khan).

Das letzte Zeichen ist mit , das deutlich in der Photographie

steht, zu erganzen. ^ ist die gewöhnliche Zusammenstellung für „Stadt". Der Satz lautet also:

Darauf fahrte der Himmlische Khakan selbst ein grosses Heer an nm die Hauptschuldigen zu züchtigen und zu ver- nichten, und die Stadt (Peting) wieder zu erobern.

In der chinesischen Geschichte steht nichts vermeldet von dieser Expedition des Kaisers Teh-tsung.

v.H-M a±mfö> &mzm. mm%mn, wm

o

Devéria liest das erste Zeichen (N°. 27) als 2fl, „anführen". Ich kann aber nichts daraus machen, da der Stein hier abgebro- chen ist.

Die zwei ersten Sätze 27-30 und 31—34 sind parallele Sätze. Da nun das erste Zeichen des zweiten Satzes ein Zeitwort ^ ist, muss auch das erste Zeichen des ersten Satzes (N°. 27) ein Zeitwort sein. Wir schlagen vor dafür zu lesen „essen",

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„leben von", mit Rücksicht auf den zweiten Satz: „athmen LufVs Geschöpfe", wovon dann der Parallel wäre: „leben von der Erde's Bevölkerung".

Die Zusammenstellung ^ ^ £ 3tH ^t zwar nicht im Peï- wen-yun-fu aufgenommen; aber wir finden daselbst die Ausdrücke Hl 4 £ »die Geschöpfe die Leben haben" ') und ^ ^

^ $0, „die Geschöpfe die Luft athmen", „alles was athmet".

Kia Yuen-tschi sagte: Yao und Schun waren die vollkommen- sten der Weisen, und darum besangen Fürst und Unterthan ihre Tugend ; denn alles was athmete bekam was ihm zukam ( äfe

tieft &m&.&mzto&n%

Ä Vide g ^ fif £ $ , apud PePwen-yun-fu, Cap. LXIV, fol. 19 recto).

In der Bittschrift des Liu Kwan-kHum (§0|SLÏU *f|

ebendaselbst citiert, lesen wir: 2% » 'à' H £ $5'

„die Wesen die von der Erde leben (sowie) die Geschöpfe die Luft athmen".

Wir lesen im Tso-tschuen (Herzog Tch£ao, 7. Jahr) dass Wu-yü zum Baron von Tscu sagte : îH^S'Ei »wer»

der von der Erde lebt, ist nicht des Fürsten Unterthan?"2). Wir können also den Satz folgendermassen übersetzen: Von der Bevölkerung, die von dem Boden lebte, sowie von allen die athtneten, wurden die Guten beschützt, aber die Widerspenstigen ausgerottet.

45 46 47 48 4U 50 61 62 58 64 56 56 67 68 69 60

Eine Zusammenstellung jjjg (50 51) giebt es im ganzen Pei-wen-yun-fu nicht; auch nicht mit den anderen Zeichen tsih, womit ^ verwechselt wird. Es giebt kein jfâ , jfâ jjj , jfê 3Jt . Wir müssen also don Punkt hinter jjg mi setzen.

!) WiM 2 Hfl * £ 2 M <p»p- LXin- fo1 151

2) What individual of all whom the ground «apporta U there that is not the ruler'* eubject? nach Legge'a Übersetiung, S. 616. Vgl. Pct-ven^um-fu, Cap. 87 A, foL 115 Perso.

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Der Kaiser von China hat die rebellischen Tibetaner gezüchtigt, und es ist jetzt seine Pflicht die gute Bürgerei und die treuen Unterthanen zu schützen und zu einer friedlichen Gesinnung zu stimmen, indem er ihnen seine Liebe zeigt.

In der Bedeutung von lieben kommt das Wort Tjg mi sehr oft im Schi-king vor. Wir wählen daraus den 8. Vers aus Theil III, Buch II, Ode IX, wo wir lesen:

it^iîf-iîfiÀ

„Sie warten auf Euren Befehl das Volk zu lieben".

Der Commentar setzt hinzu: „befehlen" ist = auftragen. Der Kaiser trägt seinen guten Männern auf das Volk zu lieben

(Ä»tt4.'35:J!'tt#±a» B A-tfe. Vagi, das Pet-wen-yun-fu, XI ±, fol. 64 redo, und Legge's Übersetzung, S. 494). Da aber das Wort jjjjf ursprünglich „liebäugeln", „schmei- cheln", „gute Worte geben" ') bedeutet, so ist es vielleicht bes- ser es mit einer dieser Bedeutungen zu übersetzen. Es ist dann gleichbedeutend mit jfjE jjjg wu-mi, auch geschrieben, „to cajole".

In dem Dankschreiben von Siu-ling an Yang-poh (^[^ M

^|St #f#) kommt der Ausdruck vor: # fy J# , „mit süssen Worten cajolieren" {Peï-xoen-yun-fu, LXIII c, fol. 105 rectö). Diese 5 Zeichen würden gerade die Lücke ausfüllen, und wir bekämen den Satz: j|g -ft f| $ „darauf cajolierte er

(sie) mit süssen Worten", ein Satz der sich dem vorhergehenden anschliesst und in vollständiger Harmonie ist mit dem herkömm- lichen Usus der chinesischen Kaiser, die wilden Nomadenvölker abwechselnd durch Kriegsgewalt einzuschüchtern, oder durch gute Worte zu beschwichtigen.

Obgleich die Zeichen jJU und #jf[ deutlich auf der Photogra- phie zu lesen sind, geben wir doch diese Erklärung nur unter Vorbehalt. Das Zeichen ^ scheint uns hier nicht an der Stelle zu sein, da es eine Gerölle-Wüste bedeutet, oder untiefes Wasser

1) Dm französische Wort cajoler, das wir ja auch verdeutscht als cajolieren gebrauchen, giebt am Besten den Sinn von wieder.

94 -

worin Sand und Gerölle vorkommen. Auch die Gobi- Wüste wird mit diesem Namen bezeichnet ( fj? f£| 0 ^ , Kcang-ht).

Es ist aber klar, dass hier nicht von einer Wüste die Rede sein kann, und wir das Zeichen }fj|, wenn richtig gelesen, nur durch ein Adjectivum „steinig", „sandig" übersetzen können.

Ich kann aber keinen Beleg für eine Zusammenstellung ?rj| , „steinige oder sandige Welt", finden ').

Sonst würde es ein Synonym sein können von ||* /L> »die staubige Welt" (Peï-tcen-yun-fu, Cap. XXX, fol. 39 recto).

Lücke 59 - 60 ist mit |J , „das Volk", zu ergänzen , wie in Spalte IV, 60-63, XIII, 45-48.

Der ganze Satz würden dann lauten:

Darauf beschwichtigte er alle Reisenden auf dieser steinigen Welt mit guten Worten und hegte und pflegte die Bevölkerung.

Ich kann aber selbst nicht sagen, dass ich mit dieser Übersetz- ung zufrieden bin, und gebe sie gern für eine Bessere preis.

Der Sinn würde sein, dass die in der Wüste wohnenden und herumziehenden Nomaden jetzt wieder herankommen durften. Der Dichter teng ( fff- ^ ) sagte : „Am Himmel ziehen viele wilde Gänse fort, und von der äussersten Wüste kommen die Leute von ferne" (#^^*ffl|0||^lâ^Ao yun-fu, Cap. CB,fol. 136 redo)2). Dürften wir anstatt ^ das Zeichen ^ lesen, so bekämen wir einen besseren Sinn, nl.:

Darauf beschwichtigte er sie mit guten Worten, so dass die Reisenden sich vermehrten und die Bevölkerung gehegt und gepflegt wurde.

1) Das Land der Schato-Türken hiess »die steinige Wüste von Petiiuj". Kaiser Tai- ttuug der Tang- Dynastie (627 649) hatte zur Zeit in dieser Wüste die westlichen Türken geschlagen, and es sur Prüfeetar der Schtto gemacht ( ^(^ j££

$Éj /fcf e P^oen-yun-fn , Cap. Cb, fol. 137 recto).

2) lm Winter ziehen die wilden Gänze nach Norden, und kommen die Nomaden nach den Grenzen China's am Eink&ufe zu machen oder zu plündern.

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Hier fehlt nun wieder ein grosses Fragment der Inschrift, das 15 Zeichen (61-75) enthalten haben muss, aber nicht mehr zu ergänzen ist.

12 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 H

Da der Anschluss mit der vorigen Spalte fehlt, sind auch die ersten drei Zeichen dieser Spalte nicht mehr zu ergänzen. Die Zeichen 4-5 bedeuten „verwerfen", „Verstössen", „beseitigen", z.B. ^ ^§0, Kummer uud Sorgen von sich abwerfen. Als Passi- vum : „verworfen, Verstössen werden" (Pel-wen-yitn-fu, Cap. LXIIIo, fol. 152 verso). Das 6. Zeichen schlagen wir vor zu ergänzen mit „Später"; das Klassenhaupt \ ist noch ziemlich deutlich in der Photographie sichtbar, und wir lesen dann den ganzen Satz:

Später (als) die Tibetaner mit einem grossen Heere (die Stadt) Knei-tsze angegriffen und belagert hatten.

Kuei-tsze, auch Kcu-tsche-tsching (Jjf[ Ifl tyfc) und Kutsche ge- nannt, liegt in östlich Turkestan, ungefähr 100 engl. Meilen West von Bukur, in 41° 37' nördl. Breite und 82° 55' östl. Länge, West von Harashar und im Süden des Tcienschan oder Tängri- tagh. Von der in dieser Inschrift vermeldeten Belagerung sagt die chinesische Geschichte kein Wort.

Die Stadt war schon früher, im Jahre 669, durch die Tibetaner eingenommen, welche das gegen sie geschickte, kaiserliche Heer geschlagen hatten. Sie wurde aber im Jahre 692 durch Wang Hiao-kieh, zugleich mit Khotm, Kaschgar und Suiyab, zurück-

gewonnen ;fc Ja fr jg *7/ , ¥ 31 'tf , I #

mh> îî, mm.nmmm.

Ma Toan-lin, Cap. 334, fol. 18 recto ; Hist. gén. de la Chine, VI, S. 147 und 167).

Nun kommen zwei offene Stellen als Zeichen der Ehrerbietung für den Kaiser von China, und dann folgt:

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9G

* üT ff « « # «

Führte der Himmlische Khan ein Heer heran nm (die Stadt Kuei-tsze) zu erlösen.

24 25 26 27 28 29 30 31

xvi»-« ^ g.p p4 # A if.

Die Zeichen 26-27 sind zu ergänzen mit |g ^ , „in Verwirrung, Unordnung, gerathen".

Es ist merkwürdig dass dieser Ausdruck nicht im Pei-toen-yun-fu aufgenommen ist; selbst nicht unter Auch die europaischen Wörterbücher geben die Zusammenstellung nicht, obgleich wir ihr hunderte Male in der chinesischen Literatur begegnet sind; u. a. in dem von uns ins Französische übersetzten chinesischen Roman Le Vendeur d'huile, S. 14 des chinesischen Textes:

#&Wtt»«ftÄ,«Ä**«. wasichS. 28 übersetzt habe: „le peuple, épouvantô, tomba en confusion (loh

hoang) et s'esquiva en désordre, sans que l'un fit attention à l'autre". In meinem Niederländisch-Chinesischen Wörterbuche, Th. IV, S. 732 a , habe ich ein unserer Inschrift analoges Beispiel angeführt: j$ -g* S5 i| , „die Rauber geriethen in Un-

ordnung und flüchteten". Der Ausdruck ist synonym mit dem von ft ft it IL, „sofort in Unordnung gerathen" '); alles mi- litärisch-tecbnische Ausdrücke.

Das 30. Zeichen -f yü, „in", ist in der Tafel sehr deutlich zu lesen, und wir begreifen nicht weshalb WassiljefT es wegge- lassen hat.

Mit ist hier natürlich ^ fö, „Kriegslist", oder

„Kriegskunst", geraeint: &täl9fö&fö¥|i|U ft JR jff* Tp- jffi. „ich habe mit meiner Kriegskunst2) Eure Reihen durchbrochen, General! und mit meiner Belagerungskunst Eure Städte ausgemordet" (Pei-wen-yun-fu, XCIII a, fol. 139 verso)* Wir können also den fraglichen Satz in dieser Weise restau- riren und übersetzen:

1) Getchiedenia van het gebloemde briefpapier, Hoofdstuk XLI, p. 64.

2) Eigentlich der Kunstgriff womit man seine Trappen aufgestellt hat.

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Die Tibetaner geriethen in Unordnung und liefen in die Falle.

Wassiljeff übersetzt mit Hinterhalt. Aber dies ist unzu- lässig. Hinterhalt heisst oder fg. „Wenn sie aufrücken, wer- den sie in einen Hinterhalt gerathen, und sich schleunigst zurück- ziehen müssen" Jf| ffij ^ ^ ^ ÏÈ ^ (Nederl.-Chineesch Woordenboek, i. v. Hinderlaag).

Sie wurden von allen Seiten eingeschlossen, und mit einem Schlage vernichtet.

Vom 24. bis zum 39. Zeichen haben wir fortwährende parallele Sätze zu je vier Zeichen gehabt: 24-27, 28-81, 32-85, 36-39. Der Verfasser geht also mit dieser Zählung weiter, und wir ha- ben: 40-43, 44-47, 48-51, 52-55, ebenfalls in Sätzen von je vier Zeichen.

Nach der Petersburger Zusammenstellung würden die Zeichen 46 - 49 ausfallen, und die Zeichen ^ \ gleich vor ^ |g kommen. Das giebt aber keinen Sinn. Wassiljeff hat freilig die Zeichen ^ {ffj irrthümlich mit Hauptstadt beschauten übersetzt, weil er diesen Ausdruck nicht verstanden zu haben scheint ; aber er hat doch richtig geahnt, dass hier stehen musste ertrugen, nl. dass die Leute den Gestank der Leichen nicht ertragen konnten.

Herr Parker übersetzt Corpses stank the atmosphere, and a holocaust was made of the villains", wo er ^ {fg annähernd richtig mit holocaust übersetzt, aber =J£ ^ , „die Menschen nicht", als villains aufgefasst hat.

Wir wollen erst den Ausdruck ^ |f| erklären , weil diese Erklärung uns den Schlüssel zur Lösung giebt.

Man kann sie im Peîwen-yun-fu , Cap. LXXIV, fol. 89

7

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verso finden. Das erste Citât ist aus dem Tso-tschuen (12. Jahr von Herzog Siueri), wo Foan-tang ( j§£ ) zu dem Marquis von Thsu sagt: weshalb constatiren Euer Gnaden nicht Euren Sieg indem Ihr einen Hügel von den Leichen der Tsiniten machet? denn ich habe gehört dass eine siegreiche Schlacht der Nachwelt soll gezeigt werden, damit diese den militärischen Ruhm nicht vergesse (f ÜS(|, MW^KÄM®. E

m?tMj&*¥%,iam&n#)- von

Thsu hielt ihm nun eine lange Rede, worin er betonte, dass er das Recht nicht hätte solch einen Leichenhügel zu errichten.

„In alten Zeiten", sagte er zuletzt, „wenn die aufgeklärten Fürsten die unehrerbietigen Staaten strafen wollten, so namen sie die Hauptschuldigen und begruben sie unter einem Hügel als die grösste Strafe. Auf diese Weise bekam man Leichenhügel um die Aufrührer und Bösewichte abzuschrecken" ( IJJj

Ä ¥ # M IL J# £fe E . Vergleich Legge's Tso-chuen, S. 315 und 320b- 321a).

Der Commentar des Tso-tschuen fügt als Erklärung hinzu: „Die aufgeschichteten Leichen, worauf man Erde geschüttet hat, nennt man eine Warnungshöhe (King-koan)" (^.PifiÄ

-t iH £ m SS .)

In den Büchern der Tcang-Dynastie liest man dass als Liu Kia- lun in Ngan-ting sich empört hatte, KHuh Tut-fung ( ^jj ) ihn schlug, und seinen Soldaten mehr als 10,000 Köpfe ab- schlug, über welche er auf den südlichen Berg von Schang-kiun eine Warntmgs-Höho baute (^^ASJ82lÄÄM0^ +

wz. «rüttirflRStt. %*m=f-±n

$f ll| ). In den -f- ^ B ^ ïfc (Annalen der XVI Reiche) lesen wir dass Liu-tscung im Norden des £o/i-Flusses eine War- nungs-IIöhe baute ( * ifc Ig % S Ä )

1) Nach dem Berichte des Verfallen der Anmerkungen über die Histoire Généalogique de» Tatare*, lieht man an verschiedenen Orten der grossen Tartarey kleine Hügel, in welchen Gebeine von Menschen, insgleichen von Pferden, nebst allerlei Arten von kleinen Geschirren und Kleinodien von Gold und Silber angetroffen werden. Man findet da auch

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Wir sehen aus diesen Beispielen dass §g ein Substantiv ist und man es nicht als Zeitwort „to make a holocaust", wie es Herr Parker thut, gebrauchen darf. Das Bauen einer solchen Warnungs-Höhe wird im Chinesischen durch wie im letzten Citat, durch machen (â^ÉJÏft §§,), durch ^| , durch

Jjjg, machen (JgJJ JjT JU Z £jf) u.s.w. ausgedrückt {Peï-tœn-yun- fu, 1. c).

Dieses Zeitwort fehlt aber in der Inschrift, so dass wir eine Lücke zwischen Fragment 3 und 4 annehmen müssen.

Schrieben wir nun ^ AÜM ®' 80 würden wir doch schon eine Lücke eines Zeichens annehmen müssen, aber dann bekämen wir einen Satz von 5 Zeichen, wahrend alle anderen nur 4 Zeichen zählen.

Wir sind deshalb gezwungen eine Lücke von 4 Zeichen anzu- nehmen , wovon wir die zwei ersten mit fjft ergänzen , so

dass wir den Satz bekommen: f£l \2 #f3 ^4, den(S) die Menschen (2) nicht (1) ertrugen (4) d.h. den Gestank der faulen- den Leichen auf dem Schlachtfeld.

Wenn wir nun das Peitoen-yunfu nachschlagen, so finden wir im XXVIIIen Hauptstück, fol. 62 verso, unter der Zusammenstel- lung ffc J9f „das was man nicht auf sich nehmen kann":

2£l Ë2 J9f3 ^|4, nicht ist es(l) was{3) ich(2) auf mich nehmen kann (4), d. w. s. ich bin dessen nicht würdig.

In der chinesischen Novelle -f- ffe & j>fc W ï¥ ffi > der Geliebte von Fräulein Tu-schih, Li Kiah: „Mein Vater ist augenblicklich unter dem Einfluss eines grossen Zorns, und wenn er bestimmt vernimmt, dass ich ein Freudenmädchen geheirathet habe und damit nach Hause komme, so wird sich sein Zorn bis zur Unertraglichkeit ( Jf> ) steigern" ( & 2 ~F >

Die Ausdrücke ^ ^ , ffo und fft bedeuten

Skelette von Frauen mit güldenen Ringen an den Fingern. (De Guignes, op. cit., I, 137, Note 58). Se und dies ganz einfach Kingkoax, «Warnungahöhen", worunter die erschlagenen Feinde, Frauen, Pferde uj.w., de« Gestankes wegen, begraben wurden, im Türkischen Kurgan genannt. Das Zeichen jg hat hier den igÜ .

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alle unerträglich oder nicht getoachsen, unwürdig sein, da das Wort beide Bedeutungen hat l).

Nach dem ersten Beispiele nun ^ E $T^j£> »ich bin dem nicht gewachsen", haben wir also hier geschrieben ffcl \2 ffX 3 ^4, nicht toar es(l) die Menschen (2) das was (3) sie er- tragen (4) (konnten).

Wenn wir mit Herrn Parker ^ \ mit villains übersetzen wollten, so müsste man auch im oben citierten Beispiel das ijjî mit villainous subject übersetzen, was Unsinn wäre.

Zeichen 48 haben wir mit der Copula „darauf", ergänzt, weil das Aufhäufen einer Warnungs-Höhe eine Folge war des unerträglichen Leichengestankes.

Bas 55. Zeichen, wovon nur noch der rechte Theil j|| leser- lich, ist <j$ a).

Der ergänzte Satz lautet also:

p®Mm, ftxmm. »&&m.

Der Gestank der Leichname war für die Menschen unerträg- lich; und deshalb Hess er (der Kaiser) einen Warnungshügel darüber bauen, und schlug und vernichtete den Überrest

(der Feinde).

Hier fehlt nun wieder ein grosses Fragment der Inschrift, das zu seiner Zeit 20 Zeichen (von 56 75) enthalten haben muss.

Von dem oberen Theil von Spalte XVII fehlen ebenfalls drei Zeichen, da der Stein dort abgebrochen ist. Sie gehören noch zu dem vorigen Satze, denn Zeichen 4—14 bilden einen volständi- gen Satz.

1) > to sustain or bear; able for, adequate to; worthy of, fit, worthy for io a moral or physical seme (WelU Williams); jjjj1 JÇ\ , truly intolerable (Medhurst).

2) Pnwen-yun-fu , LXXI, fol. 92 redo, i. , der überachuss, Überrest eine» Volkes, eines Heeres, o.sw. Es ist gleichbedeutend mit ^ . So lesen wir im

Pitn+tien (130 I, 2 recto) das« als Bogan Khan ( ^ ^ p]* ) im Jahre 653 den Teug Schuh-Uz« (gß ^ ^) geschlagen hatte, dieser sich mit dem Überrest seines

Hcerea flüchtete < # ^ # g |fc # # ).

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1 s & % & m m m m m n.

Das Y olk machte gemeine Sache mit den wüsten Räubern, und yersäumte demzufolge den Tribut zu bringen.

Wir haben hier wieder mit einer in der chinesischen Geschichte dieser Zeit so oft vorkommenden Episode zu thun, wo die Uigu- ren sich wieder einmal mit ihren Erbfeinden, den Tibetanern, vereinigten um Raubzüge in China zu machen.

Die chinesischen Geschichtsschreiber erwähnen dessen nur sehr oberflächlich. Wir lesen bei ihnen nur: „Im 7. Jahre der Periode Yuen-Jw (812) baten die Uiguren um eine chinesische Prinzessin, die ihnen nicht gewährt wurde, worauf sie einen Einfall machten"

(TC^fn-b^ia^lili&^S^^A^. jw«*, 12e

n, fol. 16 verso).

In der besonderen Geschichte der Uiguren wird noch vermel- det, dass der (auch in unserer Inschrift erwähnte) Inantschu (fjfr || im Jahre 808 als Gesandter nach China geschickt wurde um ein Ehebündniss zu erbitten, aber dass, ehe er noch Nachricht von seiner Sendung geschickt hatte, der Khan schon mit 3000 Reitern nach Pi-ti-t8ciue?i l) vorgerückt war ; worauf der Kaiser ein Heer zusammenbrachte und Soldaten am Schwarzen Berg lagerte um die Stadt Tien-têh zu schützen, und gegen die Räuber gewaffnet zu sein 3).

Ungeachtet des Rathes von Li-kiang, Präsidenten des Cultus- ministeriums ( fljg ^ § $^ ) , es wäre besser eine Prin- zessin zu bewilligen, weil sich sonst die Uiguren vielleicht mit den Tibetanern verbinden würden, um Rache zu nehmen (jg M %t % 16 #w $J % Ä), wurde der Krieg begonnen, da S. M. nicht auf diese Rathschläge hören wollte (*rji*^I($§0 Pieti-Uien, 1. c, fol. 17 recto).

Von dem weiteren Verlauf der Expedition schweigt die chinesi- sche Geschichte , und müssen wir uns mit der in unserem Denkmal gegebenen, wahrscheinlich übertriebenen, Erzählung begnügen.

2) ^> Stadt im Norden der grauen Biegung des Gelben Flaues.

3) Pu*Uvm, 126 u, fol. 17 veno, JgP ^ , 217 fol. 12 recto.

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102

Was Li-kiang befürchtete war wahrscheinlich geschehen, und die vereinten Tibetaner und Uiguren fielen in die Provinz Schensi ein, wie aus dem folgenden Satz erhellt.

Das fünfte Zeichen 4SI ist durch den Graveur aus Versehen,

anstatt des Zeichens gravirt. Die Zeichen und f& tsung

kommen nur in Verbindung mit den Zeichen ^ und vor, und bedeuten ängstlich, gejagt, oder arm, müde, erscJwpß; Be- deutungen die hier nicht passen, da wir hier versammeln, sam- meln, zusammenbringen lesen müssen. Statt Üfä müssen wir also hier lesen fft tsung, die ältere, zur Zeit der Tcang-Dynastie übliche Form von tsung *). Die in unserem Texte angeführte

Zusammenstellung Kg J^jl (= j|g $|[ ) wird im Peî-wenyun-fu , XXXI, fol. 12 verso vermeldet und erläutert. Kaiser Hiao-ioen der Weï-Dynastie wird daselbst in einem Citat gelobt, dass er grosse Regierungstalente in sich vereinigte ( Dg -fc j!^ ).

Die Form «{& *) für kommt dreimal in der nestorianischen Inschrift von Siangan fu vor:

In Spalte I, 20-25, in dem Satz f& £ fg *) flB # » nach Wylie's Übersetzung: „operating on primordial substance, he created the universe". Legge übersetzt: „who, with his hands

2) Als einen Beweis der Nachlässigkeit, womit der Graveur dieser Inschrift verfahren hat, fahren wir nar an, dass in den bewnssten drei Stellen überall irrthümlioh ^9 houA, .schlagen, abstäuben", statt tsung, .anführen, sammeln" steht, wie mir Prof. Legge versichert.

3) Aach hier steht Tjg , «die Kleider aufheben", «etwas in der Hand verborgen halten", irrthümlich für ffijp , .agency", «Wirkung". Wir möchten deshalb den Satz übersetzen : .Geheime Wirkungen (Kräfte) vereinigend, formte er die Schöpfung". Oer Satz ist dem

des folgenden Satze« parallel: ü> SU 7Tj ï£ ' 'wb° hj hU •PiritBire* existence to all the Holy ones, Himself the great adorable". Ou Zeitwort «j'j^i steht dann gegeuüber dem Zeitwort ffp , und das Object , .geheime Wirkungen",

gegenübei dem Object Jj£ 1^ , «alle Heiligen".

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108

operating in the mysterious (abyss oi space) proceeded to create".

In Spalte IX, 24, in dem Satz ^ttffiSPWälAft» nach Wylie's Übersetzung des Textes (S. 282): „The Emperor sent his prime minister, Duke Fang Heuen-ling; who, carrying the official staff to the west border, conducted his guest into the interior". S. 303 dagegen sagt er: „taking his subordinates to the west border".

Legge übersetzte (S. 11): „The emperor sent his minister, duke Fang Hsuan-ling, bearing the staff of office, to the western suburb, etc.".

Nachträglich aber schrieb mir Prof. Legge, auf eine nähere, diesbezügliche Frage meinerseits: „I give up „staff of office" on p. 11, but do not like „subordinates". Would „with a military guard" do?" Wir müssen also hier jfc auflassen als fÇffc, „Eskorte, militärischer Stab". (Siehe Fet-toe7i-yun-fu , LXX XII, fol. 146 verso, aus einem Citat des Verzeichnis(ses) der Beamten der Tcang-Dynastie" Jg f| ]J jj?).

In Spalte XXII, 1-6, in dem Satz f& ~)j ,

(When the Duke Koh Tsze-e .... at first) conducted the military in the northern region (Wylie, S. 284); (When the duke Ko

Tsze-% was first) appointed to the charge of the military

operations in the northern regions (Leggo, S. 23).

neisst einfach Truppen anführen (= 4R Ä) oder Truppen sammeln.

Das Peï-wen-yun-fu, Cap. I, fol. 49 recto, citiert den chinesischen Dichter Tu-fu: ^iÜÄ t Mj ß$, »sie sprachen zusam- men : lasst uns die Schaar der Fische und Vögel als Soldaten an- führen"; und fol. 50 verso, unter den g£, den Satz: $g pg ^S®:ft> »das Reich durchqueren und Truppen sammeln".

Das elfte Zeichen ist mit „Soldaten", zu ergänzen.

Der Ausdruck ßjfi ist von Confucius (Lun-yü XI, 24, § 4):

M £ Jêt ÈrB Jfi> nach Legge's Übersetzung (S. 111): „let it be suffering from invading armies".

1) Aach hier iteht io der Iuehrift ein doppelter Fehler, ni. |g ^»Wt ^ ^ .

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104

Die letzten drei Zeichen ij( î% fjif Tschin-tschu Äo, „der Perlen- Fluss", hält Devéria für die chinesische Transcription irgend eines türkischen Ortsnamens, weil er diesen Fluss nicht ausfindig hat machen können. Wirklich wird in der türkischen Inschrift des Ien und II««» Denkmales eines Jiniü ügüs oder Perlenflusses erwähnt, den Thomsen fur den Sogd, oder den heutigen Saraf- 8chan hält. Aber dieser Fluss lag im äussersten Westen, vor dem Eisernen Thor '). Hier aber ist die Rede von einem Perlenfluss in China selbst, der bekannt genug ist, obgleich er in den europäisch-chinesischen, armseligen geographischen Wörterbüchern nicht vorkommt8).

Der Perlenfluss liegt zwei chinesische Meilen westlich vom Distrikt Schih-ts'iuen. Er entspringt im N.O. des Yünrum Gebirges, südlich vom Ma-fioang Rücken. Nachdem er westlich vom Distrikt gelaufen, vereinigt er sich mit dem <7ao-/imgr-Fluss und fallt in den Han-kiang (# ^ Jg* £ ^ ^ )R B Zl fi . U ffl

ffO\ Alä. Vide miê^mfâm, Abtheilung Geo- graphie, Provinz Scfien-si, Cap. 27, fol. 36 verso, i. v. 3^ ^ |g| ). Letzterer Ausdruck bezieht sich auf das Perlen des Wassers. Im Distrikt Si-ngan (B§ ^) findet man ebenfalls eine perlende Quelle von der gesagt wird Jfa }J§ £^ ; rfil lfl| » die Quelle perlt auf in gleichmässig runden (Wasserblasen). [Ibid., 1. c, fol. 10 recto].

1) Thomsen, Inscriptions de l'Orkhon, Livraison II, pp. 110, 116 et 159, note 49. übrigen« haben die beiden Worte nichts gemein als die Assonanz. Denn türkisch

jimäü bedeutet einfach Perle, während das chinesische Wort ächte (ttcAi*) Perle (tte&u) bedeutet, und in vielen Flussnameu in China vorkommt. So hcisst z.B. der Canton-Fluss £^ )ÖC » Tsehu-kiangt der Perlen-Floss.

2) Wir besitzen nur Wörterbücher von Städtenamen, aber nicht von Dorfe-, Gebirg»-, Fluss- oder Bach-Namen. So lange die nicht zusammengestellt sind, «erden dem Studium von chinesischen Schriften immer fast unüberwindliche Schwierigkeiten im Wege stehen. Wenn unsere jungen Sinologen, anstatt sich in grammatikalische Grübeleien zu vertiefen, ein derartiges Wörterbuch zusammenstellen wollten, würden sie der Sinologie weit wichti- gere Dienste leisten als mit ihren Grammatiken und philologischen Weisheitskrämereien.

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106

Die Distrikts-Hauptstadt Sehih-tsHuen (Felsenstrom) liegt auf 106° 10' Länge und 32° 51' Breite, im westlichen Theil der Pro- vinz Schensi.

Unser Satz besagt also:

Der Himmlische Khan führte selbst ein Invasions-Heer an und schlug die feindlichen Truppen, welche die Flucht ergriffen, und die Er bis zum Perlen-Fluss verfolgte.

Hier giebt sich die, schon so oft von mir angedeutete Lücke in der Inschrift, wieder sehr deutlich kund.

Der erste Satz besagt, dass der Kaiser mehr als eine Million (Wassiljeff sagt unrichtig zehntausend) Kriegsgefangene machte, und Kamele, Pferde, Vieh und Wagen erbeutete, worauf die Übrigen zur Gehorsamkeit zurückkehrten.

Dass hier eine Lücke vorhanden sein musste, hat auch schon Wassiljeff gefühlt, da er die Worte alle übrigem (die verfolgt wurden?) ergaben sich cursivirt, d.h. dass er nicht mit dieser Übersetzung einverstanden ist. Und mit Recht! denn es ist im chinesischen Gesetz des Parallelismus vorgeschrieben, dass, wenn man eine Zahl im ersten Glied eines Satzes nennt, man auch eine im zweiten Glied nennen muss.

Die zwei Sätze (84-41 und 42-49) sind parallel. Beide wer- den regiert vom Zeitwort f£^> „gefangen nehmen, erbeuten". Da nun die ungefähre Zahl der gefangenen Menschen im ersten Glied angegeben ist: „mehr als eine Million", so muss auch im zweiten Glied die ungefähre Zahl der erbeuteten Kamele, Pferde, Vieh und Wagen genannt werden.

Wenn man nun nach dem 45. Zeichen die vier Zeichen ^ FT nt 0 einschaltet, so ist der Parallelismus vollständig, und lesen wir, dass der Sieger eine nicht zu zählende Menge Ka- mele, Pferde, Vieh und Wagen erbeutete.

Gegenüber den vier Zeichen ^ ^ /ff gfc, 10000 X 10000

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ICH

und darüber (mehr als eine Million) haben wir dann die vier parallelen Zeichen pf ffi ^f* , nicht konnten geschätzt und gezählt werden (zahllos).

Wir haben schon oben (S. 88) aus der Geschichte der Uiguren einen Passus erwähnt, der uns eine Parallelstelle bietet und worin gesagt wird, dass die Uiguren den Tibetanern 50,000 Köpfe abschlugen, 10,000 Mann gefangen nahmen und eine unzählige Menge Ochsen , Schaafe, Pferde und Kamele erbeuteten ^ |pi §£, ^

Jetzt wird alles klar und der ergänzte Satz lautet demnach:

der, wie man sieht, aus zwanzig Zeichen, in Perioden von je vier Zeichen abgetheilt, besteht:

Er machte mehr als eine Million Kriegsgefangene, und er- beutete eine Unzahl Kamele, Pferde, Yieh und Wagen; wo- rauf das Übrige Volk zur Gehorsamkeit zurückkehrte.

Der weitere, untere Theil des Steines fehlt, und wir können nicht wissen was darauf stand. Er muss 22 Zeichen (54—75) enthalten haben.

In der nächsten Spalte fehlen ebenfalls die ersten vier Zeichen. Da aber der zweite Satz (8—11) aus vier Zeichen besteht, muss, nach dem Gesetz des Parallelismus, auch der erste 4 Zeichen (4-7) enthalten, und können wir also unsere Erläuterung mit dem vierten Zeichen anfangen.

x^;'' m m m m

In der Wassiljeffschen Tafel steht irrthümlich & jeder, an- statt ^ Schuld, und eben so irrthümlich f|)f fröhlich, anstatt jjjp, beschuldigen1), obgleich er den Satz sonst richtig übersetzt

]) In der Tafel XXXI des Atlasses stehen beide Zeichen auch richtig and ^If

geschrieben.

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107

mit „sie bekannten ihre Schuld, baten unter Thränen und flehten ihn an". Wir müssen hier also an einen Druckfehlerteufel glau- ben, da H Schuld, und f^f, flehen, und (sich selbst) anklagen, standige chinesische Ausdrücke sind.

Der Ausdruck §f wird im Commentar zu einer Stelle des Schu-king angewendet.

Als Kaiser Puan-kang ( jjj j^J ) seine Residenz nach Yin ver- legen wollte, war das Volk nicht damit zufrieden. Er rief deshalb alle diese Unzufriedenen zusammen und hielt ihnen eine Straf- predigt, worin er u.a. sagte: „Weshalb bringt ihr solche Reden nicht zu meiner Kenntniss, und wiegelt ihr die Massen durch eure unbestimmten Reden auf, womit ihr das Volk schreckt und in's Elend bringt? wenn auf der Fläche eine Feuersbrunst wüthet der man nicht nähern kann, ist sie dann noch zu löschen? und dass ihr selbst Unfrieden erregt, ist das meine Schuld?" (J{|| Ör&iftSßäft^T-^To Schu-king, IV, vu, Theil I, § 12. Legge, S. 229).

Der Commentar setzt hinzu ft p %j , „es ist nicht meine

Schuld"; und JfjJ jft ft ^ % & , „dass ich euch bestrafen muss, ist nicht meine (sondern eure eigene) Schuld". Vide Peï- wen yun-fu , LV, fol. 200 verso und 202 recto , i. v. §f ^ und

Der Kaiser hat die Rebellen gezüchtigt, aber, wie wir in der vorhergehenden Spalte gesehen haben, hatten diese sich unterwor- fen und baten um Vergebung.

Wir können also das 4. Zeichen getrost mit |fj , „selbst", ausfüllen und lesen:

i p m, g m m *

Sie waren ihrer Schuld selbst bewusst, und jammernd er- suchten sie sich entschuldigen zu dürfen.

1) Vergl. B , »«ich selbst anschaldtn", im Péûwn-ytm-fu, 1 c , citiert.

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108

Der Himmlische K hakan ward bewogen durch ihre höchste Aufrichtigkeit und verzieh ihnen ihre Missethaten.

Das dritte Zeichen ist mit der Possessiv-Partikel l|£ zu er- gänzen. Der Wang (3£) ist hier der Fürst oder Khan der auf- rührerischen Uiguren l).

Darauf befahl Er, gemeinsam mit ihrem Fürsten, dem Yolk zu seinen (gewöhnlichen) Beschäftigungen zurückzukehren *).

Das letzte Zeichen ist unbedingt mit $3 zu erganzen, und liefert uns eines der stärksten Beweise dass zwischen Fragment 3 und 4 ein Stück der Inschrift verloren gegangen ist.

Da wir dies schon ausführlich in unserer Einleitung nachge- wiesen haben, brauchen wir hier nicht darauf zurückzukommen und übersetzen getrost:

Seitdem haben sie sich unterworfen, und der Fürst kam in eigener Person zur Audienz und bot (als Tribut) Landespro- dncte an.

*vm. m w » n

Wassiljeff liest das letzte Zeichen jj unrichtig ^jj ; lässt das Zeichen ~)j des vorigen Satzes unübersetzt und, indem er das

1) Wir lesen z.B. in den alten Büchern der T'ang-Dynaatie , data im Jahre 796 der König (Wang) der Uiguren seine Huldigung darbrachte ( ~J\^ ~\~* \p\

jjîfc o ?"*-i'tie*> 126 n, fol. 16 recto).

2) Vergleiche den von mir in meinem «Nederlandach-Chineeach Woordrnboek", i.T. Teruç-

keeren, citierten Satz [{J; \ t8 31 ' Er ™ef d" 2erstreute Volk ,uf

ia «einen BetchäftignDgen zurückzukehren.

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109

Zeichen $ (44) heranzieht, bekommt er den Satz $1 02

W3 ff 4 3Ä> den er (freilich unter Vorbehalt) übersetzt mit: darbringend (1) seitlicher (2) Lärm (3) in der That (4).

Herr Parker bemerkt: I think it means performed service in the imperial stable or mews (Radloff, op. cit., S. 290, Note 1).

Nur Unkenntniss der Ethnographie der türkischen Völkerschaf- ten Asiens oder flüchtige Lesung, konnten diese Sinologen zu solch einer vollständig sinnlosen Übersetzung bringen, und über- sehen lassen dass § ff , Tah-schih-lik, die Transcription ist des türkischen Volksnamens TaSlik, in der grossen Reichskarte jetzt ^ ff* fi. Ta-H-li-köh geschrieben.

Es giebt einen $g j\ M % M , ZWffcfe-FIuss , und ein Tatlik westlich davon , als Name einer kleinen Ortschaft '). Der Fluss liegt zwischen dem 88. und 84. Grad ö. L. von Greenwich und 42. und 41. Breitegrad, und ergiesst sich in den See Mapa Ki8Ü-Kül.

Das Wort Taflik (richtiger Tàélig) bedeutet im Türkischen steinig und der TaSlik-ho ist also der Steinige Fluss. Diese Namen sind das letzte Überbleibsel des dereinst so mächtigen türkischen Volksstam- mes der Taslik (die Steinigen), dessen die chinesische Geschichte so oft erwähnt.

Die TaUik waren, wie wir schon oben S. 28 vermerkt haben, einer der drei Stämme der Karluk ( |J >fj H . H

Man erwähnt ihrer weiter in den neuen Büchern der Tcang- Dynastie, Cap. 142t; Cap. 217 t, fol. 10 recto der Geschichte der Uiguren; im Pim-i4ien, 134, n; in Ma Toan-lin, 348, fol. 10 verso, und in De Guignes, Geschichte der Hunnen, Th. I, Ss. 684, 519 und 612.

Der Hauptstamm, die Karluk, ein ursprünglich türkisches Volk, wohnte im N.W. von der Landschaft Feting, westlich vom Altai- Gebirge, in der Nähe der Tschepi (Öäpär?) Horde (]g }§§ jjt| Ufr

1) Wegener and Himly, Nord-Tibet nnd Lob-Nar-Gebiet in der Dantellang de Ta- Thsiry I Tkttng Tku. Haaptkartc 9.

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110

mmmtk, ««Bas«, &\hzm

Im Jahre 657 wurden sie zum Gouvernement Hiuen-tschi er- hoben und ihr Oberhaupt zum Gouverneur angestellt. Spater son-

v

derte man die Cm-Horde ab und verlegte sie in's District Kin-fu

Sie wohnten östlich und westlich zwischen den Türken, und je nachdem diese stark oder schwach waren, waren sie ihnen unter- worfen oder rebellirten sie. Nachher zogen sie etwas südlicher und nannten sich Üi Aimak, „die drei Familien" ( ^ j|f

mm. hur***. &mmvk.

Wie, aber, wird man fragen, kam Wassiljeff zu seiner Über- setzung seitlicher Lärm, in der That. Das Zeichen bedeutet zwar ein Seitengebäude, und J^j jj^ ein Seitenzimmer, aber die

Bedeutung se#tfc/* hat es nicht. ^ (richtiger, wie in der chine- sischen Geschichte, gjf} geschrieben) bedeutet bubbling, rippling water, jabbering, prattling (Wells Williams), woraus Wassiljeff die Bedeutung von Lärm gezogen haben muss. Das Zeichen jflf bedeutet auch „in der Thai", aber hat nebenbei noch eine Menge andere Bedeutungen. Es ist aber klar, dass hier die TaSlik ge- meint sind.

Das Wort wird gebraucht um eine militärische Abtheilung, einen Flügel des Heeres, anzudeuten, und kommt dann in der Form ^ yfj Jjg, rechte und linke Abtheilung, vor.

So liest man in der Geschichte der Ceremonien und der Musik in den Büchern der Tcang-Dynastie ( ^ , /jjff ^ ^ ) , dass bei den militärischen Besprechungen in der Mitte des Winters der Oberbefehlshaber der mittleren Armee der „Linken Abthei- lung" *) westlich und östlich von den Fahnen und Trommeln postirt wurde, und alle anderen Generäle südlich davon aufgestellt wurden. Der Oberbefehlshaber der mittleren Armee der „Rechten

1) DimtioH.

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Ill

Abtheilung" wurde ebenfalls westlich und östlich von den Fahnen und Trommeln postirt, und alle anderen Generäle südlich und nördlich davon aufgestellt (# ^ Ü , +

ÎÎÏ ^fc Peï-wen-yun-fu, Cap. XXII % fol. 124 verso, wo mehreres über die yfe /£j flfl zu lesen ist ').

Auch bei den westlichen Türken fand man diese Eintheilung. Im Jahre 635 waren sie in zehn Horden eingetheilt, und jede Horde wurde durch ein Oberhaupt regiert, welche den Namen die Zehn Scliad trugen. Jedem dieser zehn Scliad gab man einen Pfeil, weshalb sie die „Zehn Pfeile" hiessen. Die Zehn Pfeile wurden demnach wieder in rechte und linke Abtheilung ( ^ >fj ) eingetheilt, jeder von welchen fünf Pfeile zugetheilt wurden. Die linke Abtheilung hiess die „Fünf Tuluk Horde", wobei fünf grosse Tschueh {Ciir? Cur?) über jedem Pfeil angestellt wurden. Die rechte Abtheilung hiess die „Fünf tfuschipü {Jusbir?)", wobei fünf grosse Szekun (Sükän?) über jedem Pfeil angestellt wurden. Später nannte man deshalb einen Pfeil eine Horde ( ^ H ^ + oP 0 ^

mrÄ 3fl Ma Toan-lin, 344, fol. 5 verso, Geschichte der westlichen Türken; De Guignes, Geschichte der Hunnen, I, 602).

Das Pien-i-tien (Cap. 133, fol. 6 reäo) führt die 5 Tschueh {Cur) und 5 Szekun an.

Die Tuluk Horde wurde von 5 Cur regiert, nl.:

I) Wir finden noch bei den Chinesen den Rang eine« 'jj^J ,

Cavallerie-Oommiä8ar9 der linken and rechten Division, erwähnt {Ma ToaH-Uti, 837, fol. 10 verro).

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112

1. Der Tschu~bok-kcun4ut Cur;

2. Der Ulug ok köl Cur;

3. Der Siep-sia-te-fun Cur;

4. Der Türgüf-karaX Cur;

5. Der Tschu-ni-M Öupan Cur.

Die Jusbir Horde wurde durch 5 Szekun regiert, nl. :

1. Der Asikkil köl Szekun;

2. Der Ka$ köl Szekun;

3. Der Kao-han-kan-tun-$a-bar Szekun;

4. Der Asikkil ni-siok Szekun;

6. Der KaX Öupan Szekun l).

Diese Eintheilung in Pfeile stammt aus der alten Hunnen-zeit. Als nämlich die sechs Söhne des Oguz-k)ian eines Tages auf der Jagd einen Bogen und drei güldene Pfeile gefunden, und ihrem Vater gebracht hatten, gab dieser den Bogen den 3 ältesten, und die drei Pfeile den 3 jüngsten seiner Söhne. Die ersten wären deswegen Buzuk, die anderen Ugiuk oder Ützok genannt. Buzuk bedeutet zer stücket 8), weil diese dën Bogen zerbrochen und unter sich getheilet; Ugiuk oder Ütz-ok (ßi ok) bedeutet drei Pfeile. Ok heisst noch in der türkischen Sprache um Constantinopel ein Pfeil. In Beziehung auf diese Tradition, melden die chinesischen Geschichtsbücher von vielen Einteilungen der Türken nach Pfei- len. Dies will so viel sagen, dass Pfeil für Horde oder Stamm ge- nommen ist. Pfeile waren auch ein Zeichen der Dienstbarkeit, sowie Bogen Zeichen der Herrschaft (De Guignes, op. cit., 1, 121, Note 27).

Wahrscheinlicher jedoch für den Ursprung der Bedeutung des Wortes Pfeil für Horde ist die alttürkische Sage von dem Pfeil- bündel, die sich ja auch weit nach Westen verbreitet hat.

Q-m. *fc**rï«/f,B.W»HIB«/r.

2) Im Osman ischen bedeutet bozuk noch heute »zerstört".

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IIB

Wir lesen in der Geschichte der Tukuhun, in den Büchern der Weï-Dynastie (Anno 426 u. Zeitr.), dass deren Fürst Aiai zwanzig Söhne hatte, wovon der älteste Vidai hiess. Aiai sagte zu ihnen: bringt mir jeder einen Pfeil; worauf er sie auf der Erde zerbrach. Plötzlich sagte er zu seinem Oheim (jüngeren Bru- der seiner Mutter) Moliyan, „nimm du einen Pfeil und zerbreche ihn"; als Moliyan dies jgethan , sagte er wieder ; „nimm die neun- zehn übrigen Pfeile und zerbreche sie". Yan war nicht dazu im Stande, worauf Aiai sagte: „versteht ihr dies? der Einzelne kann leicht zerbrochen werden, aber gesammt sind sie unmöglich zu beugen. Vereinte Kräfte und Einigkeit sind es wodurch das Land stark bleibt". Nachdem er dies gesagt hatte, gab er den Geist auf !).

Der Ausdruck 2fc ^jjf jf würde also bedeuten „die

rechte und linke Abtheilung der Taèlik". Aber damit wären von den vier fehlenden Lücken nur drei ausgefüllt, nl. tifö und ^

jfl, wovon zu ~)j $J 45 46) gehört und £ zu

3^ (48 50) gehören, und somit eine Lücke (47) unergänzt bliebe. Wir könnten dieses Zeichen vielleicht mit |B, mit, er-

gänzen und bekämen dann den Satz j& >£f ^ f|f J\ , „mit der rechten und linken Division der TaSlik", was aber schwer zu constatieren ist. da der fernere untere Theil der In- schrift fehlt. Die Möglichkeit besteht zwar, da in der nächsten Spalte XIX wieder von einer Expedition die Rede ist. Jedenfalls aber geht aus unserer Erörterung ganz klar hervor, dass Parker's

i) is? ? - + a ft ü ^m. n & m h. m m m h. ife m - m ¥s z. s m m m z, % 0.

Péi-**»f*m-fu, Cap. LXXVI±, fol. 56 ver to. Vgl. Dc Gnignes, op. cit., Th. IV, S. 240 241; Pien-irtitn, Cap. 62, fol. 4 rtcio et verso, fol. 10 verso.

8

114

Muthmassung: „I think it means performed service in the imperial stable or mews" vollständig unzulässig ist.

m. H A $ f, i f n

In Spalte XIX fehlen die fünf ersten Zeichen, da der Stein dort abgebrochen ist.

Da alle folgenden Satze aus vier Zeichen bestehen, muss, nach dem Gesetz des Parallelisraus, auch der erste Satz nur vier Zei- chen zählen. Demzufolge gehört das Zeichen 1p[ , „Heer" (6), noch zu dem vorhergehenden verlorenen Satz, und ßngt unser neuer Satz mit ^f- (7) tsiang, „nehmend", „mit", au.

Kung-fung-koan {fâ ^ ^ , 8— 10) war der Titel des (kaiser liehen) Gefolges unter der Tcang-Dynastie. Seit der Periode Yung- hwei (660-655) hatte der Kaiser, der oft im „Palast des grossen Lichtes" wohnte, ein Gefolge angestellt, das man die Dienenden Beamten (Kung-fung-koan) des Ostens nannte. Wenn die westli- chen Beamten nicht ausser Dienst gestellt waren, nannte man diese die Dienenden Beamten des Westens ( j|[ ßfc ^

Peï-wen-yun-fu, XIV, fol. 120 recto).

Eine Zusammenstellung ijÊ ^ giebt es in der chinesischen Sprache nicht. Ich bin ihr wenigstens nie begegnet, und habe auch vergeblich in den Wörterbüchern und dem Pei-wen-yun-fu (Cap. IX, fol. 05 verso, 33 verso, u.s.w.) danach gesucht.

Eben so wenig giebt es ein jjjÉ ^ oder ß^n oder sonstiges kiai oder hiai lautendes Wort. Dennoch glaube auch ich das Zeichen ijfc in der Photographie zu erkennen.

Ich weiss also nichts besseres, als anzunehmen es bedeute zu- sammen, miteinander. Die Frage muss vorläufig offen bleiben.

Die Übersetzung würde demnach lauten: (Der Kaiser) mit seinem Gefolge nahm alles selbst in Augenschein.

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Zeichen 27 ist mit fj$ zu ergänzen : 1^ , „to make a signal" (Wells Williams). Die Zusammenstellung stent nicht im Pëi-wen-yun-fu, das dagegen (Cap. LXXXIII, fol. 45 recto) §1 Siebt, welches dasselbe bedeutet als {(£ ^ , „Befehle geben". Die hier genannten gfc ^ hao-ling sind die Kriegsbefehle. In der Geschichte des Hoai-nan-wang ( §E ]îï ^ ) steht: „Die Kriegsbefehle des Obergeuerais sind deutlich. Dem Feind mit Muth und Entschlossenheit widerstehen, ist stets die erste Pflicht der Officiere und Gemeinen (-fc #J lg ^ fl}J > |f

Sä:*«, M±#;5fc>.

Der Ausdruck U JJÊ ^ ist überhaupt ein ganz gebrauch- licher, der in historischen Romanen wiederholt vorkommt. Dieser Satz lautet also:

Als er an die feindliche Grenze gekommen war, drang er im Üeschwind-Marsch yon der Flanke hinein. Er führte selbst eine Reiterschaar an, nnd gab Befehl dass sie unbedingt siegen mnsste.

Für ^ !$£ 1 19-20) finden sich verschiedene Belege im Peï-wen- yun-fu (Cap. VII ±, fol. 86 recto), z.B. : $| $x $S Ä Ä ffi

rf? 5?, „die leichtbewaffneten Soldaten und die Vorhut kamen in forcierten Märschen (im Geschwind-Marsch) bis zu Thsi".

(FKfe Sil).

«-85-*2 m n m m, m n - m * .

WassiljefT schreibt %J) und übersetzt : „der Feind wurde wirk- lich besiegt" '); S# besser #1], bedeutet aber tätoioiren oder brandmarken, während »ein starker Feind", bedeutet.

(JK* m z a s m %n , % n n 4i. , 22.

Jahr von Herzog Hi: „Given a strong enemy, in a defile or

1) Er icheint jgçjj, atark, mit jjjjjj , (= ^ ) verwechselt za haben.

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with his troops not drawn up, it is Heaven assisting us". Legge, Chcun tscew, pp. 182 und 183.) Unsere Stelle besagt also:

Der starke Feind wurde wirklich über den Haufen geworfen, verfolgt und auf die Flucht getrieben ').

XIX.4.-47 1*M*P.PPP#»

Devéria liest nach 3* noch was aucü icû in der Tafel lese, und dann könnte man lesen: j| IÎ' „so dass er

eine grosse Niederlage erlitt" (vergl. z.B. Ma Toanlin, 344, fol. 8 verso : jjj ^ J|J , das feindliche Heer erlitt eine grosse Niederlage) ; und die drei übrigen Zeichen ergänzen mit \ ,

„und mehr als 10,000 Mann wurden erschlagen". Aber das ist alles eitle Conjectur, da uns die geschichtlichen Thatsachen zur Contrôle fehlen.

Jedenfalls aber beweist dieser Satz noch einmal dass zwischen Fragment III und IV ein Stück verloren gegangen, denn wenn man [J1 Ü3 ^3 ^f4 dfc5 liest: Geradaus1 kam man bis* gross* wid* mehr5 so ergiebt sich kein Sinn.

Wassiljeff scheint hinter jj ^ einen Ortsnamen vermuthet zu haben; aber ein Ortsname, und sogar ein auslandischer Orts- name, aus einem einzigen Zeichen bestehend, ist undenkbar. Er übersetzt darauf ^ gfc mit die Übrigen ; aber das geht nicht an, da dies ift ^ heisst. Der Ausdruck 7fâ j|$ schliesst immer den Satz, und kann keinen Satz beginnen.

Man vergleiche Spalte XVII, 34-41 (o. S. 105): f j^XR ^ /ff ^ , „er machte mehr als eine Million Kriegsgefangene".

Leider fehlt der untere Theil des Steines, der uns sonst viel- leicht einen Fingerzeig verschafft hätte um vorliegenden Satz zu reconstruiren.

1) Für den Ausdruck |j| {§? ^ . »ehe du PA-venyUn-fu, CHT, fol. 9 recto.

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Da der obere Theil des Steines hier auch abgebrochen ist, fehlen die 6 ersten Zeichen. Das Übrige lasst sich leicht über- setzen:

Er fiel die Karlok und die Tibetaner an, entries ihnen ihre Fahnen, schlag ihnen die Köpfe ab, und verfolgte die anf die Flucht getriebenen westlich bis zum Lande Pahana.

De Guignes (op. cit. I, 90) identifiziert Pahana mit Fergana , gewöhnlich im Chinesischen ^ % Ta-yuen genannt.

Der Abbé Grosier, Herausgeber von De Mailla's Histoire géné- rale de la Chine, VI, 190, sagt dass Pahanna das heutige Ning- ta(?)y früher Ou-hien genannt, sei.

De Mailla aber sagt selbst (op. cit. VI, S. 204) dass Pa-hanna das alte Usun (J^ -^)a) sei, ein Reich, das im 2. Jahrhundert nördlich vom Tängri Tag ( li| ) » zwischen dem Lande der Uiguren und Ta-yuen oder Fergana, lag. (Klaproth, Tableaux his- toriques de l'Asie, Karte 8).

De Maiila erwähnt noch einmal des Landes Pahanna (op. cit. VT, S. 261) als der Kaiser Suli-tsung, im Jahre 756, Hülfstruppen aus üigurien und Pa-Jtan-na kommen liess um gegen den Rebellen An Luk-schan jjf^ [lj (Mayers, Manual, N°. 525) zu streiten.

In der Histoire Générale de la Chine" von Mailla, T. VI, S. 204, und in den „Mömoires concernant les Chinois", Vol. V, S. 358, wird noch von einer Expedition gegen die Tibetaner, die sich des Landes Pahannat das unter chinesischem Schutz stand, gesprochen. Diese fand jedoch schon im Jahre 715 statt.

Von der, in dieser Inschrift erwähnten Expedition gegen Pa- hana, die zwischen den Jahren 791 (Eroberung der Stadt Peting, s. o. S. 87 91, ff, Spalte XV, 2—8) und 832 (Tod des in der er- sten Spalte der Inschrift genannten Khan's) stattgefunden haben

1) Da der Stein nicht breit genug war am die*e XX« Spalte aufzunehmen, hat der Graveur tie noch anf der abgerundeten Ecke des Steinet eingeachnitten.

2) üntm bedeutet im üiguriachen, wie in den übrigen türkiachen Sprachen, grow, lang

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muss, finden wir jedoch in der chinesischen Geschichte kein Wort erwähnt. Sie muss aber vor 812 stattgefunden haben, da in diesem Jahre der König der Uiguren an den Hof kam um seine Huldigung darzubringen, wie wir oben, S. 106 108, gesehen haben.

Da Fergana westlich vom Lande der Usun lag, und die Zeichen $C 15 M » früher Pat- (= Bar)-gana, sehr gut die Transcription des Namens Fergana zurückgeben, so ist De Guignes' Vermuthung wahrscheinlich richtig.

In der Gedenkschrift von Tschang-wei, bei der er SWo-Baume ') anbot ( 5H ff} jj| §c 131 Öl !ft ) » nest man dass Pahanna hart am Gebirge von Indien, im Lande Yah-tschi-yuen {YaStivana?) liegt, und dass es dort ausserordentlich merkwürdige Sâta-Bâume giebt.

4$ ^fil ^ $S o Vide Pet-wen-yun-fu, XX t, fol. 71 rec/o).

In dem Reisebericht des chinesischen Pilgers IIiuen-tscang wird Fergana mit ^ pe» Aan transcribirt (St. Julien, Mémoires sur les contrées occidentales, II, p. 506)

XX, 26-33 PS[ÀR,R£**

Das erste Zeichen ist mit zu erganzen, und der Satz

besagt:

Er bemächtigte sich ihres Yolkes, sowie ihres Viehes.

Wassiljeff übersetzt: „bemächtigte sich des Volkes mit (seinem) Vieh und (seiner) Habe", indem er die Zeichen -§f und

getrennt, und jedes für sich übersetzt hat. Aber ^ /5f steht hier fur ^ifÉ = ^ 44, „Vieh dass man weidet und mästet" (Kcang-hi'8 Wörterbuch, i. v.

Der Ausdruck ^ jj|r wird als beliebtes Schimpfwort gebraucht. Wir lesen in der Geschichte von Liu-k'oan, dass als er einst einen Sklaven ausgeschickt hatte um Wein zu kaufen, dieser nach

1) Sctorea robust a . Eitel, Sanscrit-Chinese Dictionary, p. 114.

2) ffi j<J£. Vide Pei-uXH-yuH-fu , 100 T, fol. 113 recto, vulgo Vgl Ma

Jban-lin, 834, fol 28 recto, 768: $ff 1f ^ |5 > fl kieb ihnen 10,000 Köpfe ab, und machte eine grosse Menge Gefangene".

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einer guten Weile vollständig betrunken zurückkehrte. Die Gäste waren darüber entrüstet und schalten ihn: „du Vieh" (tsctfuh tschcan). Nach einer Weile schickte Kcoan Jemanden um sich nach dem Sklaven umzusehen, da er vermuthete dass dieser Selbstmord würde begangen haben, sagend: „Ihr habt diesen Mann ein Vieh genannt, und welche grössere Schande und Beleidigung gäbe es?"

&b *M Ä f aPud Peï-wen-yun-fu, XLV, fol. 22 recto).

Das Zeichen ist eine archaische Form für das Zeichen wovon die alte Aussprache Job war, die im Emoidialect noch heute iep (jap) lautet.

ijgr Üi ist die chinesische Transcription des türkischen Titels Jabgu 1).

Wassiljeff hat irrthümlich den Punkt hinter statt hinter gesetzt, und übersetzt demnach: „Da ScJœ-hu die Ermah- nungen nicht annahm, so befahl {&) er ihm sich aus jener Gegend zu entfernen" a).

Aber ^ ^ ist ein untrennbares Wort, wie man im Peï-wen- yun-fu, LXXXIII, fol. 44 recto, sehen kann, und bedeutet Befehl oder Vorschrift: ±JS^^$J^^#j:^> „S. M. belohnte persönlich das Heer, hielt die Soldaten. im Zaume und wiederholte seine Vorschriften und Befehle" ( Vide gg % O? $1 )• Eben so giebt es Vorschriften für die Feier der vier Jahreszeiten, der acht Himmelsgegenden, der 12 Grade und der 24 Jahresabschnitte.

vide n^mny

1) Siehe Toung-pao, Band VII, S. 185.

2) Wenn der chinesische Autor du hätte sagen wollen, bitte er geschrieben ^ ^

dh Ift ,cr befahl ihm dM Lw,d "

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Demnach lautet die Übersetzung dieses Satzes: Da der Jabgu sich seinen Vorschriften und Befehlen nicht fugen wollte, verliess er sein Land.

Cetera desunt, und Spalte XXI der Inschrift auf der linken Seite des Steines, in welcher wieder oben 9 Zeichen fehlen, lautet :

xx.,,»-*, ttfrirfFSUßiVSjptrjligcgXrJD

Es ist ungemein Schade dass gerade der Name des Khans fehlt, denn Bilgä kagan (10-13) ist ein Titel den man bei jedem Khan findet.

Ich glaube aber in der Tafel noch vor dem Zeichen P(fc das Zeichen Aimak, zu erkennen, wo dann das vorhergehende gänzlich verwitterte Zeichen sein könnte, so dass der Satz besagen könnte der „Bilgä kagan der neun Stämme (Aimak)", wie der Khan auch im Titel der Inschrift genannt wird (Spalte I, 1-2, 14-17).

Der Ausdruck È toeï-tschu (27-28) bedeutet „zum Herrn machen" oder „als Herr". Natürlich muss derjenige der zum Herrn macht, sowie derjenige der zum Herrn gemacht (als Herr anerkannt oder eingesetzt) wird, diesen zwei Zeichen vorangehn.

Da nun aber die Geschichte der Karluk in den Büchern der Tcang-Dynastie nur bis zum Jahre 758 geht, so bietet uns die chinesische Geschichte keinen Anhaltspunkt.

Aber wir können nach Analogie ähnlicher Fälle leicht den Satz ergänzen, da der Name desjenigen der zum Herrn eingesetzt wird, nl. jf J^fc S » scno11 in der Inschrift steht, eben so wie der Name desjenigen der den Herrn einsetzte, nl. der Bilgä Kagan.

Zum Herrn einsetzen heisst aber auf Chinesisch ^fc ^ oder ^5 i > Z«B- Jedermann wunderte sich darob und wählte ihn als Herr (Anführer) ^ J| £ , ^ ± •)•

In der Geschichte der Karluk lesen wir dass sie, im Jahre 753, mit den neun Stämmen den Jabgu der Uiguren, Eoai-jin Kagan,

1) Geschichte von Jari. lets omtrcnt de betrekkingen der Chinesen met Java. BaUvii 1870, S. 16.

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wieder einsetzten Cg^fä A»f jfc El Ö > fft Ii "gf ff % ifc o Pien i tie?i, 134, II). Gewöhnlich lautet

die Formel der Einsetzung eines Khans jflj- "Pf ff , und

ich glaube das Zeichen JJfl" deutlich in der Tafel zu erkennen. Hypothetisch können wir also die Stelle so lesen:

Der Bilgii Kagan der nenn Stämme setzte wiederum, fur2) die zum Gehorsam zurückgekehrten Karluk, den Jabgu tin-cu Éi-hwui zum Oberhaupt ein.

Was nun die Erklärung dieses Namens angeht, so kann es ent- weder eine Transcription eines türkischen Namens sein, da z.B. Inan, der im Jahre 628 zum Khan ernannt wurde, den Namen Cin-H bilgä kagan annahm (Pien-i tieti, 126 n, fol. 1 verso), oder es ist ein chinesischer Ehrentitel.

Es giebt nämlich eine ^ ^jç, „Perle der Weisheit und der Herzensgüte". Der chinesische Dichter Li Scheh ffi) sagt:

„Wie Kristal auf der Wasserfläche, glänzt der neue Herbstmond ; „Und klar und rein in der Quelle, liegt die Perle der Weisheit

und Herzensgüte".

m $ n ± m « m m m & * m m #

Der Ausdruck muss buddhistisch sein, denn Wang Kwei, der im Gefolge des Kaisers, bei dessen Besuch am iTcai-poo-Kloster, ein Gedicht machte OE 3j| S pf] |$). sagt darin u. a.:

„Die Perle der Herzensgüte leuchtet von selbst;

„Der Regen der Dharma wird überall zum Sommerschauer".

1) In der Intchrift sind noch der nntere Theil des Zeichens ^ ; ^ und du ganie Zeichen jf^ sichtbar. In der Geschichte der Türken wird im Jahre 668 eine« L'iaâu Jabgu erwähnt (Ue Guignes, op. cit. I, 612, E, 277); sowie im Jahre 627 eines Sükän der Türken Namens àimiu tong ( || ^ ^ ft , Ibid., I. 697).

2) Für die Bedeutung nnd den Gebrauch des Wortes Ü3. ats für, siehe mein Neder- landsch-Chineoxh Woordenhoek, i.V. Voor 6, wo mehrere Beispiele angeführt sind.

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m

na

S')

Übersetzten wir also den Namen, so würde er lauten: „die Perlen-gleiche Weisheit und Güte". So liest man ebenfalls im ^ §§-, dass Tsze-schan für das Volk ein guter (barmherziger) Herr war gl R î| ± o Pei-wen-yun-fu, XXXVII t, fol. 119 verso).

Devéria liest -f*, *e/m, statt , ein. Wie wir schon oben,

S. 111-113, erörtert haben, ist |fÇ nicht mit Pfeil (ok\ sondern mit Horde oder Stamm zu übersetzen ; -|- §jf oder §5/ ist gleich -f- ^ oder îgf .

Es ist nutzlos zu erforschen was weiter von dieser einen Horde (oder diesen zehn Horden) erzählt wird, da es uns auch mit der grössten Mühe nicht gelungen ist aus der Photographie weitere Zeichen zu entziffern.

11 12 18 U 16 16 17 18 19 20

Devéria liest das erste Zeichen ^J, „beherbergen". AuchWas- siljeflf scheint es so zu lesen, da er es mit Wohnung übersetzt, eine Bedeutung die ^ nicht hat.

Ist Devéria's Lesung richtig, so muss die offene Stelle mit S ( f& ) Alle (Geistlichen) ergänzt werden. Ist ^ die rich- tige Lesung, wie ich ebenfalls in der Inschrift lese, so kann nur (wie in Spalte VI, 54-55) ft folgen. ^ ft fffr bedeutet dann: „die Geistlichen im Lande".

% |$k steht wohl irrthümlich für % ^ , „liberal, indulgent" (Wells Williams. Cf. Peï-wen-yunfu, LXVIII, fol. 51 verso).

I) Pet-mm-fUH-fu, VII ±, fol. 108 recto.

XXI,

29-32

jj£ h5 cetera desunt

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Nach |j§ glaube ich noch i |^ zu erkennen. Wir könnten also vielleicht den Satz folgendermassen über- setzen :

Die Geistlichen im Lande horchten freisinnig dem Lehrer und waren zufrieden und fröhlich.

Es ist deutlich dass hier wieder von den nestorianischen Glau- bensboten die Rede ist.

21 22 23 24 25 26 27 28 29 80 81 82

äü&#,nPP#,*t(^CL Cetera detunt. Devéria liest & ffi & % ffl ü ü % + D-

Wir erganzen dann Zeichen 32 mit oder JR ; 5fe If* R$ ift (JR) bedeutet „sie hatten sich noch nicht unterworfen", oder „sie waren noch nicht unterworfen".

In den Zeichen 25—28 muss dann der Name der noch nicht Unterworfenen gestanden haben.

Übrigens scheint der Ausdruck (JQ nicht ächt Chinesisch zu sein, da das Peï-weii-yun-fu ihn nicht aufgenommen hat. Er kommt auch in der nestorianischen Inschrift von Si-ngan fu (Spalte VI, 33-34) vor in dem Satze ?JC JR, den Wylie mit: „By the rule for admission, it is the custom to apply the water of baptism" übersetzt. Kircher übersetzte : „das Gesetz der Waschung des Wassers des Geistes". Legge (Christ- ianity in China, S. 7) übersetzt: „Sie setzen das Waschen Sei- nes Gesetzes mit Wasser und Geist ein" (they institute the washing of His Law by water und the spirit), wobei er meint, dass dem Verfasser ein Passus aus dem Gespräche Jesu mit Nicodemus (Johannes III : 5) vor dem Geist schwebte. Wir würden aber dann erwarten: |$ -fc JSL Ü- Der Satz ist undeutlich.

Es geht aber nicht an diese zwei Zeichen mit Einführung der Religion zu übersetzen.

Letzteres heisst im Chinesischen ^ {Peï-wen-yun-fu , LXX VIII, fol. 13 reäo). Eine Religion predigen heisst |$] ^ (Ibid., fol. 12 verso). Vergl. oben, S. 49 fjf) ]E ffc-

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ê PS £è würde demnach bedeuten: „seitdem die Vor- schriften für die Weihe festgestellt waren".

* P » z ± * « P P »

Hier fehlen zu viele Zeichen als dass man einen Sinn daraus bilden könnte. Das erste Zeichen kann mit es war, es gab über- setzt werden. Die Zeichen 22 24 übersetzt Wassiljeff mit das innere und äussere Reich (das In- und Ausland).

Die Zusammenstellung {t[ §g findet sich aber nicht im Pei-wen-yun-fu ; auch nicht unter den absonderlichen Sätzen t£f |g§ und ifj. In der Vorrede des Si-yü ki kommt der

Ausdruck ff &\ als Synonym von ^ , „am Hofe und im Lande", vor, wie ich in meiner neuen Übersetzung dieser Vor- rede, S. 81. nachgewiesen habe.

Wir möchten daher vorschlagen das Zeichen Fjl zu dem vor- hergehenden Satz zu zählen, und den neuen Satz mit fft anzu- fangen.

^ ff bedeutet „beauftragen mit", „anvertrauen", wie ein Geschäft oder Amt.

Zeichen 32 M bedeutet gewöhnlich Meile ; in diesem Falle müs- sen Zeichen 30-31 die Meilenzahl enthalten haben. Da aber Ig. auch Wohnort, Nachbarschaft, Ort, Platz, Strasse u.s.w. bedeutet, und hier der Zusammenhang fehlt, können wir nicht wissen was da gestanden hat. Weil aber ff vorangeht und nur Raum für zwei Zeichen zwischen diesen beiden Zeichen und dem Zeichen jfl steht, möchten wir letzteres als Theil eines Ortsnamens auf- fassen und hypothetisch übersetzen ^ ff ^ J|| , „vertraute (ihm die Regierung über) die Ortschaft X.X."

Das Feïrwen-yun-fu, XXXIV t, fol. 94 verso und 96 verso ff., verzeichnet eine ganze Reihe von Ortsnamen die aus drei Zeichen, mit Ii endend, bestehen.

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Ad den Schluss unserer Untersuchung gekommen, drängt sich jedoch eine Frage auf, die übersehen worden ist.

Laut des Titels soll die Inschrift die militärischen und bürger- lichen Verdienste des Khans Alp bügä Kagan, der von 825-882 regierte, verherrlichen. Wir finden seinen Namen nicht in der Inschrift, wo der zuletzt in Spalte XI erwähnte Khan der Alp kutlug ulug bügä kagan ist, der im Jahre 795 ernannt wurde, und im Jahre 805 starb. Zwischen diesem letzteren und dem Khan des Titels, regierten aber noch drei Khane: Alp külüg von 805-808, Alp bügä von 808-821 und Küilüg bügä von 821-825.

Ein Vergleich unseres Abrisses der Geschichte der Uiguren mit unserem Denkmal zeigt, dass in letzterem alle Khane seit der Neustiftung des Reiches im Jahre 685 aufgeführt werden, und es deshalb auch die Namen der seit 805 832 regiert haben- den vier Khane muss enthalten haben. Diese Namen müssen ge- standen haben auf dem grossen, verlorenen Bruchstück zwischen Spalte XIII und XX, das unten abgebrochen ist.

In Spalte XV wird von der in 791 erfolgten Eroberung von Peting gesprochen (s. o. S. 91), die der Khan Alp kutlug ulug noch als General vollbrachte. Die Spalte endet mit den gewöhn- lichen Lobsprücheu, wie in Spalte IV, 32 ff., Spalte VI, 48-59, Spalte XI, 49 52; wonach dann gleich der Tod gemeldet und der Nachfolger genannt wird. Spalte XV, 45—60 endet ebenfalls mit einem Lobspruch auf dem Khan Alp kutlug ulug bügä, der, im J. 795 an die Regierung gekommen , im J. 805 starb. Da sich nun in dieser Spalte, zwischen Zeichen 60-75, gerade Raum für 15 Zeichen findet, könnte man die Zeile mit folgendem Satz ausfüllen: jjjj ^ |g fi » Û # ^«t# »T ff Bïft>

1 2 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 U 15

wobei, wie üblich, zwischen 2 und 4 eine offene Stelle als Zeichen der Ehrerbietung gelassen ist, und wir lesen dann:

Nach seinem Tode, folgte Tängri-ya Alp külüg bilgä kagan ihm auf den Thron.

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In Spalte XVII, 4 14 wird von den Raubzügen der Uiguren mit den Tibetanern im Jahre 812 gesprochen, die schon im Jahre 808 vorbereitet wurden. Da nun der vorige Khan im Jahre 808 starb, so muss dessen Sterbejahr noch in der XVI. Spalte eingetragen werden, und können wir einen grossen Theil der un- teren Lücke ausfüllen mit:

Nach seinem Tode folgte Tängridä kut (bul)miä Alp bilga Kagan ihm anf.

Spalte XVIII, 38-46 endet mit der Unterwerfung der auf- rührerischen Uiguren , die an den Hof kamen um Landesproducte anzubieten. Wir könnten also hier irgendwo den Namen des im Jahre 821 zum Khan erwählten Fürsten setzen und lesen:

m*

Nach seinem Tode folgte Tängridä ülüg bnlmis küclttg bilga Kagan ihm auf,

womit 20 Lücken ausgefüllt wären: Spalte XVIII 58-75, Spalte XIX 1-2.

Zuletzt könnten wir vielleicht irgendwo in Spalte XIX die Meldung des Todes des letzteren Khan's und den Regierungsantritt des im Titel genannten Khans einschreiben: etwa von 52—69.

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ÜBERSETZUNG

DER

CHINESISCHEN INSCHRIFT

AU* DSM

UIGURISCHEN DENKMAL

IN

KARA BALGASSUN.

1 —24. Denkmal der heilig-bürgerlichen und göttlioh- kriegebisohen (Verdienste) des Khan der neun Stämme der Uiguren (Ai) Tängrida kut bulmis Alp

BILGÄ KAGAN, NEBST VORREDE.

48. (Verfasst von den) Baga (Tarkan) ALP (und) INANÖU.

14. Baga Tarkan Kirkhan kari ka§

29. Kirkhan kari kaà

10. Wir haben gehört, dass seit Erschaffung von Him- mel und Erde, Sonne und Mond ihren Glanz herab- strahlten.

84. Unser Fürst von Gottes Gnaden erfüllte die Welt mit seinem Ruhm. Seiner Tugenden Einfluss glänzte hell, und allerseits strömte man herbei. (Seine Stra- fen waren majestätisch, und die äussersten Grenz- völker) kehrten (zur Treue) zurück. 64. (Nachdem er) die äusserliche und innerliche (Ruhe hergestellt hatte), schlug er seinen Hauptsitz zwischen dem Gebirge und dem Fluss auf.

I, 60 H, 5 24

III, 1-

11-

65-

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III, 65—75. {Früher schon hatte Küttig Boila's Vater Husu)

IV, 1 23. sich eines Reiches in einem Winkel des Nordens

bemächtigt, und seine Residenz in der Fläche des Orkhon aufgeschlagen, wo er verschiedene Jahre lang sein Reich mit aufgeklärter Weisheit regierte.

24-39. Sein Sohn (Kutlig Kagari) folgte ihm auf den Thron. Er war von Natur tapfer und entschlossen (so dass) alle Stämme sich ihm freiwillig (unterwarfen).

56—67. (so lange) der Kagan auf dem Thron sass, pflegte er sein Volk wie (eine Henne die ihre Eier ausbrütet).

68 75. (Als nun dem Kagan der Basmil A)sina sein V, 1-3. .göttliches Mandat entnommen war, bekamen wir im Verlaufe mehrerer Jahre unser altes Reich zurück.

14—33. Darauf sagten die neun Stämme der Uiguren, die vierzig Stämme der Basmil, die drei Stämme (der Karluk), und die übrigen fremden Stämme ein- stimmig :

34 41. Unsere frühere Dynastie ist wieder (hergestellt), und gleichzeitig haben wir unserenKhan (zurückbekommen).

56-64. Was betrifft unsern Hohen Ahnherrn Kül bilgä Kagan

70-75. (Nach seinem Tode, folgte sein Sohn Tängri-) VI, 1-15. au bolmit Kit-i tägmU bilgä Kagan ihm auf den Thron.

16 23. Sein Heldenmuth, seine Weisheit (und seine Tapfer- keit waren ein Beispiel und eine Richtschnur für alle Staaten).

24-47. (Sein Sohn Ai) Tängrida kut bulmVf Kü-tut tängmi* Alp Küttig bilgä Kagan folgte ihm in der Regierung.

48-59. (Da sein Heldenmuth) und seine Grösse ungewöhn- lich waren, unterwarfen sich alle Länder im Reiche ehrfurchtsvoll.

60—75. Als nun (Kaiser Hiuen-tsung der grossen Tcang- Dynastie die Flucht ergriffen hatte) erbat sich Sisze- ming's (Sohn, Tschao-i) VH, 1—13. darauf mit schweren Geschenken und süssen Worten

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ein Heer, um mit vereinten Kräften das Haus der Tang zu vernichten. VIT, 15-41. Der Kagan war entrüstet über seine Undankbarkeit, und dass er ein so geisterhaftes Ding (wie die Herrschaft) erschleichen wolle. Er selbst (raffte) also seine ganze Tapferkeit (zusammen) und schlug sich auf die Seite des kaiserlichen Heeres, worauf sie ihn gleichzeitig mit vereinten Kräften verjagten, und die Hauptstadt und das Loh(-Thal) wieder eroberten.

42-60. Der Kaiser (schloss darauf mit den Uiguren ein Bündniss, dass sie zeitlebens) ein Bruderstaat und ewig (ein Schwagerreich) sein würden.

62-68. Der Kagan schlug darauf sein Lager vor der östli- chen Hauptstadt auf.

69 75. Da er sah, dass die Sitten (verdorben waren

VIII, 1 17. und sein Volk) widerspenstig war, so führte er den

Dzui-sik und andere (zusammen) vier Priester nach seinem Reiche, um die zwei Sacramente zu erläutern und den drei Beschränkungen Eingang zu verschaffen.

18—28. Überdiess war der Lehrer des Gesetzes vortrefflich eingedrungen in die Lehre des Lichtes, und sehr be- wandert in den „Sieben (arithmetischen) Werken".

29—44. Seine Talente waren erhaben wie der See-Berg und sein Redefluss wie der hochgehaltene Fluss. Deshalb konnte er den Uiguren die wahre Lehre eröffnen.

45 - 56. Ihre Satzung bestand (im Essen von pflanzenartiger Kost und in der Entsagung von Milch und geronne- ner Milch, und dadurch) erwarben sie sich grosse Verdienste.

57-62. Darauf (sagte er, der Khan): Wie konntet (ihr) die

Tugend erfassen? 63 75. Worauf der Gouverneur-General, die Gouverneure

der Provinzen, die inneren und äusseren Minister

(und die Präfecten einstimmig)

IX, 1-9. sagten: Wir bereuen jetzt unser früheres Unrecht,

und wollen der wahren Lehre huldigen und dienen.

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IX, 10—22. Auf kaiserlichen Befehl ward nun verkündet und

kundgegeben dass diese Lehre mystisch und vor- trefflich sei, und schwer zu befolgen.

23-42. Wiederholt (bedauerten Wir dass ihr früher) un- wissend wart, und die Geister Götter nanntet. Jetzt seid ihr schon zur wahren Erkenntniss gekommen, und dürft nicht wiederum (sündigen).

43 68. Besonders hoffen Wir

(der Kaiser?) sagte: ihr hegt schon eine aufrichtige Gesinnung! Geht zu eurem Lande zurück und bringt eure Geschenke (Tribut).

59—68. Die herkömmlichen geschnitzten und gemalten Ab- bildungen der Dämonen sollt ihr alle verbrennen.

69-75. Das Beten zu den Geistern und die Anbetung

X, 1-4. der Dämonen sollt ihr beide (verwerfen), und die

Lehre des Lichtes annehmen. 5 24. (Darauf wurde) die böse Gepflogenheit heisses (Blut) (zu trinken) in ein Gebiet von Reiss(kochenden) (Menschen) verändert, und ein mordlustiger Staat wurde umgewandelt in ein Reich (wo man einander) zur Tugend ermahnte.

25 34. Deshalb (war die Weise worauf die heiligen Männer über) das Volk (herrschten), die dass die Oberen mit dem Beispiel vorangingen und die Niederen dieses (Beispiel) nachahmten.

35—45. Als der Erzbischof vernahm dass sie die wahre Lehre angenommen hatten, pries er ihre aufrichtige (Frommheit) sehr

50-73. (Wünschend) alle diese Mönche und Nonnen in das Reich einzuführen um ihre (eigene Lehre) zu ver- künden, (so beorderte er) die Jünger des Mudja Ost und West zu durchkreuzen, und hin und her zu gehen um zu lehren und zu bekehren.

74 76. Der Khan (Tun-Baga) XI, 1—5. bemächtigte sich des Thrones.

6-13. Durch seine tapferen Eigenschaften und (geniale)

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Taktik, ward alles klar geregelt, sowohl im In-, als im Auslande.

XI, 14-29. Sein Sohn Tängridä bdmü Külüg bilgä kagan folgte

ihm auf den Thron. 30 37. Er regelte und verbesserte die Sitten in seinem

Reiche, so dans etwas Ordnung entstand. 38 52. Sein Sohn, Kutlug bilgä (Kagan, folgte ihm auf den

Thron). Er war von Natur grossmüthig und fröhlich. 53-75. Nach seinem Tode, folgte Tängridä ülüg bulmiS Alp

kutlug ulug bilgä Kagan ihm. XII, 1 17. (Früher), als Alp bilgä Kagan sich noch in niederen

Sphären bewog, war er der vorzüglichste unter allen

Begs.

18 31. Der General-Gouverneur, die Gouverneure der Pro- vinzen, die inneren und äusseren Minister, (die Präfecten) und weiteren Beamten sagten (deshalb) in einer Bittschrift:

34—44. „Himmlischer Khan ! (obwohl) Du mit herabgelassenem „Gewände und gefalteten Händen auf Deinem kostba- ren Throne sitzest, brauchst Du doch Mitregenten.

45—57. „(Der Kagan Alp nun besitzt) Talente zur (Ver- „waltung des) Reiches und Capacitäten so gross „wie der Seeberg.

58—75. „Da der Staat ein (grosser) Körper ist, so müssen „Gesetze und Verordnungen deutlich sein, und hoffen „wir besonders von Eurer Himmlischen Gunst, dass „Sie die Bitte Ihrer Unterthanen gewähren wird". XIH, 1 11. Zur Zeit als (der Kagan) noch Coadjutor war, unter- schied er sich sehr von allen übrigen Ministem.

12—20. Als er zur Welt kam, gab es glückliche Vorzeichen, worauf man sich verlassen konnte.

21-40. Von seiner Jugend bis zur Mannbarkeit war er ein Held und (genialer) Kriegsmann, (und) während er unter seinem Zelte seine Pläne sitzend berechnete, entschied er über tausend Meilen weit entfernte (Angelegenheiten).

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XIII, 41-48. Er war sanftmüthig und huldreich, und pflegte (und

hegte sein Volk).

49-60. Die Gesetze, die er (behufs) seiner Zeitgenossen ent- warf, und die Pläne, die er für sein Reich machte, sind nicht aufzuzahlen.

61—72. Da war zuerst das Reich der Kien-tfun im Norden mit mehr als 400,000 Bogenschützen.

73 75. (Dieser Kagan war von Jugend auf)

XIV, 1—14. heldenmüthig und klug, genial kriegerisch und ge-

waltig, und mit jedem Schuss traf er sein Ziel. 15—22. Der Kagan der Kien-kzun fiel todt vor seiner Bogensehne.

23—30. Ochsen und Pferde (erbeutete er) die Hülle und Fülle, und die Waffen lagen berghoch aufgehäuft.

31—38. Sein Reich wurde aufgelöst und vernichtet, und in seinem Lande blieben keine Einwohner.

39 57. Später machten die Karluk und die Tibetaner hin- tereinander (Raubzüge, und Kädiz) fiel den Feind in CJrgu mit einer Abtheilung seines Heeres an.

58-61. Seine Weisheit und Pläne waren gross und weit- sichtig.

XV, 2—8. Pöting war zur Hälfte eingenommen und zur Hälfte

eingeschlossen.

9—26. Darauf führte der Himmlische Kagan selbst ein grosses Heer an um die Hauptschuldigen zu züch- tigen und zu vernichten, und die Stadt (Peting) wieder zu eroberen.

27-44. Von der Bevölkerung, die von dem Boden (lebte), sowie von allen die athmeten, wurden die Guten beschützt, aber die Widerspenstigen ausgerottet.

45—00. Darauf (beschwichtigte er) alle Reisenden auf dieser steinigen Welt (mit guten Worten) , und hegte und pflegte (die Bevölkerung) [oder : Darauf (beschwichtigte er sie mit guten Worten], so dass die Reisenden sich vermehrten und die (Bevölkerung gehegt und gepflegt wurde].

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133

XVI, 1 23 (Spater als) die Tibetaner mit einem

grossen Heere Kuei-tsze angegriffen und belagert hatten, führte der Himmlische Kagan ein Heer heran um die Stadt zu erlösen. 24-31. Die Tibetaner (geriethen in Unordnung), und liefen in die Falle.

82-39. Sie wurden von allen Seiten eingeschlossen, und mit einem Schlage vernichtet.

40 55. Der Gestank der Leichname war für die Menschen (unerträglich ; und deshalb Hess er) (der Kaiser) einen Warnungshügel (darüber bauen), und schlug und vernichtete den Überrest (der Feinde).

XVII, 4-14. Das Volk machte gemeine Sache mit den wüsten

Räubern, und versäumte demzufolge den Tribut zu

17-33. Der Himmlische Kagan führte selbst ein Invasions- Heer an und schlug die feindlichen (Truppen), wel- che die Flucht ergriffen, und die er bis zum Perlen- Fluss verfolgte.

34—53. Er machte mehr als eine Million Kriegsgefangene, und erbeutete (eine Unzahl) Kamele, Pferde, Vieh und Wagen; worauf das übrige Volk zur Gehor- samkeit zurückkehrte. XVIII, 4-11. Sie waren ihrer Schuld (selbst) bewusst, und jam- mernd ersuchten sie sich entschuldigen zu dürfen.

14 24. Der Himmlische Kagan ward bewogen durch ihre höchste Aufrichtigkeit, und verzieh ihnen ihre Missethaten.

25-33. Darauf befahl Er, gemeinsam mit (ihrem) Fürsten,

dem Volk zu seinen (gewöhnlichen) Beschäftigungen

zurückzukehren. 34-46. Seitdem haben sie sich unterworfen, und der Fürst

kam in eigener Person zur Audienz und bot (als

Tribut) Landes(produkte) an. 47—53. [Mit der rechten und linken] Division der Tdélik

(cetera desunt).

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134

XIX, 6-14. (Der Kaiser) mit seinem Gefolge nahm alles selbst in Augenschein.

15—34. Als er an die feindliche Grenze gekommen war, drang er im Geschwind-Marsch von der Flanke hinein. Er führte selbst eine Reiterschaar an, und gab Befehl dass sie unbedingt siegen musste.

85—42. Der starke Feind wurde wirklich über den Haufen geworfen, verfolgt und auf die Flucht getrieben,

43-47. so dass er eine grosse (Niederlage erlitt), und mehr als (10,000 Mann erschlagen wurden). XX, 6 25. Er fiel die Karluk und die Tibetaner an, entriss ihnen ihre Fahnen, schlug ihnen die Köpfe ab, und verfolgte die auf die Flucht getriebenen west- lich bis zum Lande Fergana.

26-33. Er bemächtigte sich ihres Volkes, sowie ihres Viehes.

34—44. Da der Jabgu sich seinen Vorschriften und Be- fehlen nicht fügen wollte, verliess er sein Land.

XXI, 10—28. Der Bilgä Kagan (der neun Stämme) setzte wie-

derum, für die zum Gehorsam zurückgekehrten Karluk, den Jabgu Cin-iu Ci-hwui zum Oberhaupt ein.

29—32. Wiederum ein Pfeil (eine Horde) drei ....

XXII, 11-20. Die Geistlichen im Lande horchten freisinnig dem

Lehrer und waren zufrieden und fröhlich. 21 32. Seitdem die Vorschriften für die Weihe festgestellt waren (. . . .) die noch nicht unterworfenen.

XXIII, 18 32. Es gab in das Land; die fremden

Länder .... vertraute (er ihm die Regierung über) die Ortschaft X.X.

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NACHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN.

1. tS. 2.) Ü jjfc Ogit, den Verführer von Tumitu's Frau, habe ich,

auf Prof. Thomsen's Rath, mit einem Fragezeichen Ogul (Kind) transcribirt. Es kommt mir jetzt wahrscheinlicher vor dass sein Name Ögür geheissen hat. Nach Houtsma's Türkisch-Arabisches Glossar, S. 51, bedeutet dieses Wort „vertrauter Freund", also etwa wie die französische Be- zeichnung „l'ami de la maison", der Hausfreund, Verfuhrer der Hausfrau, ein in diesem Falle sehr zutreffender Spitz- name. Zenker deutet es als ein „Pferd männlichen Geschlech- tes", ein „Springhengst" (?). Pavet de Courteille (Biet. Turc oriental, S. 72) übersetzt das Wort „jument de quatre ans ; habitué"; Radioff liest, nach der persischen Übersetzung im Calcutta Wörterbuch, „ein frisches, nicht eingeübtes Pferd" (ein üppiges Füllen?), welche Deutungen ebenfalls passen würden, und mit der türkischen Namengebung stimmen.

2. (S. 2.) Den Namen des Sohnes Bojun's J:fc |j£ habe ich Büir

transcribirt ; er könnte aber auch Bilik oder Bilig geheissen haben, da das Wort als Eigenname vorkommt. (Houtsma, Türkisch-Arabisches Glossar, S. 30). Das Wort bedeutet „Wissen" (scientia).

Wir erinnern daran dass Ludwig XIV die Frau Maintenon „Madame Sagesse" zu nennen pflegte.

3. (S. 3.) Die chinesischen Zeichen j|§ jj^, wovon die alte Aus-

sprache puirla (Emoi poë-lo, Canton pcui-lo) war, geben sehr gut den türkischen Namen Boila oder Buila wieder. In der 2. Orkhon Inschrift (Thomsen II S 14, Seite 131) wird ein Boila (Buila) baga tarkan genannt.

4. (S. 3.) Karlig bedeutet im Türkischen „Schneeig", von £sr,

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13(3

„Schnee". Die Karlig waren auch einer der Stämme die vor- gaben von Oguz hhan abzustammen.

Der Sage nach soll letzterer einige Nachzügler seiner Armee angetroffen haben, die durch den Schnee aufgehalten waren, weshalb er sie die „Schneeigen" (Karlig) nannte, und diese wären die Stammväter der Karlig. De Guignes, op. cit. I, S. 117-118.

5. (S. 3.) Tängridä bolmiX bedeutet nach einer Mittheilung von Pro-

fessor Thomsen „im Himmel geworden", d. h. „vom Himmel gekommen".

Betreffs des Wortes Jg| i| Kit-i, das in dem Namen des Khans vorkommt, habe ich eine ausführliche Korrespondenz mit Herrn Thomsen geführt. Da die darauf folgenden Zeichen fj§ ffiitägmüf „angelangt, zugefallen" bedeuten, muss Kit-i ein Substantiv sein, das mit Tängri parallel gebraucht wird.

Tängridä bolmiï, „vom Himmel gekommen", Kit-i tägmiX, „zu ? ? angelangt" Herr Thomsen möchte kit-i als järkä „zu der Erde" auffassen, aber dem wiedersetzt sich die Phonetik, obgleich der Sinn ansprechen würde.

Ich möchte darin eher ein mit dem jakutischen Mär = „glänzend" verwandtes Substantiv suchen : „zu Glanz (Ruhm) gekommen?"

De Guignes (III, 384, E, 847) führt einen Khan von Kapöak Namens Kildi Bek an; Kit-i kann sehr gut Kildi wiedergeben; ich weiss aber nicht was letzteres Wort be- deutet.

6. (S. 4 und 32.) Der Titel des dort angeführten Khans wird von

den chinesischen Geschichtsforschern verschieden angegeben.

In den alten Büchern der Tcang-Dynastie wird er Tängri kit-tut tängmiS Alp külüg genannt. In den neuen Büchern dieser Dynastie : kit-tut Tängri kötürmi3{?) Alp külüg, und in der Inschrift: Tängridä kut bulmiX kit-tut tängmiX Alp külüg.

Die alten Bücher der Tcang-Dynastie sagen dass kit-tut im Chinesischen „vorschriftsmässiger Gebrauch der (Opfer für die) Feld- und Landgötter" ( ^ p{|j 0 ff jjü g| JfJ ) und

dass tängmü ein „Lehen verleihen" ( ü ^ ) bedeutet.

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187

Es ist auch Herrn Thomsen nicht gelungen die türkischen Äquivalente dieser zwei Worte zu finden. Zwar hat er järsub (jir-sub), „die Gesammtheit der Götter der Erde", vorgeschlagen (vgl. oben Kit-i und seine Inscr. de l'Orkhon, S. 144); aber die chinesischen Worte lassen diese Deutung nicht zu. Wenn tängmiS ein Participium von täng, „wiegen", ist, so kann es nur im figürlichen Sinn „gewogen" aufge- fasst werden, aber dazu stimmt die chinesische Übersetzung „ein Lehen verleihen" nicht.

7. (S. 6.) Die Sylbe ya in dem Worte Tängriya im Titel des Khans

vom Jahre 805 ist unerklärlich. Nach Prof. Thomsen kann es nur ein Affix zu Tängri sein, doch jedenfalls nicht, wie er mir vorgeschlagen hatte, Tängritäg, „dem Himmel gleich". Die Sylbe ya (jgf ) steht für yir in dem Volksnamen

der Bayirku |f , s. o. S. 1). Vielleicht sind jedoch nach ya die Sylben ratmü ausgefallen. Tängri jaratmü be- deutet nach Thomsen (op. cit. S. 27, Note 1) „vom Himmel eingesetzt".

8. (S. 8.) Wir haben die Lücke zwischen Zeichen 4— 6 mit ai

ausgefüllt, weil in allen chinesischen Geschichtsschreibern die Titel der türkischen Khane damit beginnen. Ai bedeutet in allen Dialecten der Mond; und dieses Wort scheint als ein epitheton ornans gebraucht zu werden, wie z.B. ai kan (Mondfürst), ai kun (Mondsonne), ai mökö (Mondstarker), ai arig (die Mondreine), ai kara at (das mondschwarze Pferd) u.s.w. Cf. Radloff's Wörterbuch, S. 6.

Ai-tängridä kut bulmiS könnte also vielleicht übersetzt werden „der im Mondhimmel das Glück gefunden hat".

Diese Erklärung leuchtet mir aber nicht ein, und möchte ich lieber statt den Mond selbst, seine glanzende Eigenschaft nehmen. Ai kara at als mondschwarzes Pferd zu übersetzen lautet widersinnig. „Das glänzend schwarze Pferd" wäre, däucht mich, natürlicher. Vergl. ai jüzlük, von hellem, klarem Gesichte (Vûmbéry, op. cit. S. 5). Ai Tängri wäre also besser mit „Glänzender (heller) Himmel" als mit Mond- ( Himmel zu übersetzen.

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138

9. (S. 9.) Inantschu kommt öfter in türkischen Titeln vor, mit der

Bedeutung „zuverlässig, treu". Radioff (alttürk. Ins. der Mongolei, 3. Lief., S. 358) führt einen Inantschu külüg und einen Inantschu Alp (der zuverlässige Held) an. Thomsen (Inscr. de l'Orkhon, S. 114 und 155, N°. 89a) erwähnt eines Inantschu-Tschur und (S. 121 und 195) eines Inantschu-apa.

10. (S. 23.) Zu den genannten Beispielen fügen wir noch ein Citat aus

der chinesischen Encyclopaedie ^ Artikel 'rjï4 (Kaiser und Könige), Cap. IV, fol. 7 recto: /\Jfc

M J$ * PS M ltk. > die (Kölker in den) acht Himmels- gegenden unterwarfen sich freiwillig, und alle binnen den vier Meeren waren gleichweise (gehorsam).

11. (S. 26.) Im 23. Jahre der Periode Tsching-koan (649 u. Zeitr.)

kamen die Sap zuerst zu Hofe. Im ersten Jahre der Periode Fien-pao (742) tödteten sie mit dem Jabgu der Uiguren den Khan der Türken, und setzten das grosse Oberhaupt

der Basmil, AUna Si als Kara bügä kagan ein. Aber in noch nicht drei Jahren wurde er von den Karluk und Uiguren geschlagen und floh er nach Peting.

fft Çfe x ^ J4 g o Ma Toan-lin, Cap. 347, fol. 4 verso.

12. (S. 26.) Welcher türkischer Name in der chinesischen Transcrip- tion AUna versteckt liegt, ist noch nicht klar. De Guignes, der die Zeichen Assena las, verglich ihn mit dem Namen Zena, den er bei Abulghazi fand, und der Wolf oder Wölfin bedeuten soll. Klaproth (Journal asiatique, 1825, S. 258, Note 1) hat die Unrichtigkeit dieser Etymologie hinlänglich angezeigt.

In der Mandschu Übersetzung des Tung-kien kang-mu wird dieser Name Ahna geschrieben, welches Wort Ahxa ausgesprochen wird.

Im Mongolischen heisst ein Wolf Uno oder Unna (Ibid.

îsy

S. 263). Im San Ccuan Dialect heisst ein Wolf hina (W. Woodville Rockhill, Diary of a journey through Mongolia and Tibet in 1891-1892, S. 377).

Die erste Sylbe A oder O fehlt diesen Wörtern; das türkische Stammwort muss also AS sein.

13. (S. 26, Note 1.) De Guignes führt einen mongolischen Prinzen,

Namens Kidir begh, an. Der Name des Khans der Basmil kann also Kidir iS gelautet haben.

14. (S. 58, Note 2.) Da Professor Thomsen mir schrieb dass ihm das

Wort Usiu (Ousiou) vollständig unklar wäre, wandte ich mich an Professor Devéria mit der Bitte mir die chinesi- sche Transcription dieses Wortes zu geben. Er antwortete mir dass diese , und mit & übersetzt wäre. Diese Zeichen wurden früher ut sik auagesprochen und ich er- kannte sofort darin das in Klaproth's „Abhandlung über die Sprache und Schrift der Uiguren", S. 17a, angeführte Wort Tissit, das er mit „böser Dämon" übersetzt. Die uigurische Transcription in dem uigurisch-chinesischen Glos- sar lautet üzit, und wirklich führt Houtsma in seinem Türkisch- Arabischen Glossar, S. 47, dieses Wort an, mit der Bedeutung „Teufel". Nach einer gütigen Mittheilung von Professor Thomsen, führt Radioff in seinem Wörterbuch, I, S. 1898, dieses Wort in der Form üzüt an, doch nur aus den nördlichen Dialekten; aber er fügt noch hinzu: „das in die Dsch. Wörterbücher aufgenommene Wort «y»^t (böser Geist) ist gewiss ein in der ersten Quelle eingedrun- gener Schreibfehler, also gewiss [üzüt] zu lesen", und er übersetzt das Wort:

1) „die Seele des Verstorbenen, die nach dem Tode in dem Hause erscheint, in dem er gelebt hat; sie kann allerlei Geräusch im Hause verursachen, kann sogar in den Körper der im Hause Wohnenden eindringen und ihnen Schmerzen verursachen.

2) (Dschag.) der böse Geist, Teufel".

Das chinesische, als Äquivalent gegebene Jcui hat ebenfalls beide Bedeutungen : a spirit of a dead person , a

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manes , that which the soul reverts or turns to at death ; a ghost, an apparition, a spectre; a demon, a devil (Wells Williams). Ich habe demnach das Wort in der Inschrift mit „Geister" übersetzt, eine Übersetzung die mit den Begriffen der heidnischen Türken stimmt (Cf. Thomson, op. cit. p. 144), und die Herrn Thomsen, dem ich sie vorgeschlagen, sehr zutreffend erschien. 15. (S. 81.) Die Kien-kcun sind unbedingt die Kirghisen die am Kern (Jenissei) hausten. In dem tibetischen Buche oJigs-med nam-mkca, von Dr. G. IIuth übersetzt (Theil II, S. 88), werden die Völker aufgezählt die seit öingis Khan bis Hupilai (1206—1260 u. Zeitr.) unterworfen wurden. „Des weiteren", sagt der Verfasser dieses Buches, „sollen da über siebzig an Gestalt, Tracht, Lebensweise u.s.w. voll- kommen verschiedene Nationen gewesen sein : Erstens das Volk der KHnc% oder auf Mongolisch Kcemkcem c% deren Land im Nordwesten, hinter den Tcorgod liegt; dieselben wohnten in einem dreissigtausend Hörweiten von dem Pa- laste des Khans entfernt gelegenen Gebiete. Die Leute dieses Landes besassen zum grössten Teil Reichtümer, namentlich waren viele im Besitze von Zehntausend schö- nen Pferden. Sie hatten blaue Augen und rote Haare, waren an Aussehn und Gestalt hasslich und leg- ten beständig verschiedene Arten von Waffen an".

Die chinesische Transcription jjg kien giebt also den tibetanischen Namen kHn(cca) wieder, da kien noch heute im Canton-Dialect kin ausgesprochen wird; wenn wenig- stens H£ kien nicht ein Schreibfehler für ßj£ kien} das ehedem kam ausgesprochen wurde, ist.

Den Jenissei-Fluss selbst nennen die chinesischen Geogra- phen jgjj ^C, nach der alten Aussprache Kern Sui (Emoi Kiäm, Canton Kim) = Kem-Fluss. Cf. d'Ohsson, Histoire des Mongols, T. I, p. 103, Note 1.

Die Vermeidung der blauen Augen und rothen Haare bei dem tibetanischen Autor und bei den chinesischen Schriftstellern lässt keinen Zweifel an der Identität der

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Hl

Kcemkcem(cce) , der Kien und der blonden Kirghisen übrig.

Unter Kcun müssen wir also die Umwohner des Orkhon ( PS. ft Ur-lfun) verstehen.

Herr Professor Thomson schreibt mir dass die ursprüng- lichen Kirghisen, aller Wahrscheinlichkeit nach, mit den jetzigen sogenannten Jenissei-Ostiaken verwandt waren. Diese bilden aber die letzten Überbleibsel eines früher viel ver- breiteteren, ganz eigenthümlichen Sprachstammes, der mit den ugrischen Ostiaken und überhaupt dem finnisch-ugri- schen Stamme sowie mit allen Nachbarstämmen durchaus nicht verwandt ist. (Vgl. Castrén, Nordische Reisen und Forschungen).

Die Chinesen sagen uns, dass die Oberhäupter der Kir- ghisen Kiekin hiessen ^ ^ xSÎ ft 0 Pien-irtien 61, fol. 2 recto).

Bei den Jenissei-Ostiaken heisst ein Fürst Kï, plural. Kikk. Diese Pluralform stimmt merkwürdig zu der chine- sischen Angabe.

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Druck fe hier.

S. 21, Z. 3 von oben: statt Hang-lo-sze, lies Tan-lo-sze (= Taras),

und Note 1: statt fëjSIS» Mes fBltÄ- S. 48, Note 2: statt Nieuwelichters, lies Nieuwlichters. S. 49, Z. 15 von oben: statt verstehD, lies verstehen. S. 60, Z. 12 von oben: statt gehn, lies gehen.

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ENTWURF

EINER

VON

K. B. WIKLUND. I.

EINLEITUNG, QUANTITÄTSGESETZE, ACCENT, GESCHICHTE DER HAUIWrONTEN VOKALE.

Suomilais-uffrilaissn seuran toimituksia, h. - Mémoires de la Société Flnno-Ougrienne. h.

-O- '

HKLSINGFORS,

SOCIÉTÉ FINNO-OUGRIENNE,

1896.

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HELSINGFORS,

DRUCKEREI DER FINNISCHEN LITTERATI R-GESELLSCHAFT,

1896.

Vorwort.

Erst spät fing die wissenschaftliche forschung auf dem gebiete der finnisch-ugrischen sprachen an. Lange dauerte es auch, bevor sich in diesem teile der Sprachwissenschaft eine feste méthode entwickeln konnte, und als dies endlich durchgeführt war, fand es sich bald heraus, dass es im verhältniss zu dem weiten gebiete gar zu wenige arbeiter gab. Es kann demgemäss kein wunder sein, dass die finnisch-ugrische Sprachwissenschaft sich noch im ersten anfange befindet; nur wenige under den hiehergehörenden sprachen sind hinsichtlich ihrer geschiente wissenschaftlich untersucht worden und noch viel weniger weiss man mit Sicherheit über dio Verhältnisse dieser sprachen zu einander, geschweige denn von der finnisch-ugrischen grundsprache und dem Verhältnisse derselben zu anderen sprachfamilien. Eine ganze reihe von spezial- Untersuchungen muss noch gemacht werden, bevor man diese grösseren problème mit wirklichem erfolg behandeln kann.

Vorliegendes werk will ein versuch sein das bedürfniss nach einer solchen Spezialuntersuchung, was die lappische spräche betrifft, einiger- massen zu füllen. Dass es dieses bedürfniss nicht völlig füllt liegt auf der hand und kann auch nicht mit fug verlangt werden. Viele unter den fragen, welche hier aufgeworfen werden, können wohl nämlich nur mit hilfe der entlegeneren schwestersprachen gelöst werden und müssen also noch offen gelassen werden, bis die geschiente dieser sprachen erhellt worden ist Demzufolge findet man hier statt sicherer resultate und bewiesener lautgesetze nur allzu oft blosse Vermutungen, ja, oft genug hat der verf. sogar keine Vermutungen vorbringen können, sondern hat sich damit begnügen müssen nur das vorhandene material mitau-

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-iv

teilen; hoffentlich werden jedoeh künftige forscher auch aus diesen materialiensammlungen nutzen ziehen können.

Von den vorarbeiten, die der verf. verwenden konnte, will er ausser den bekannten werken von Thomsex, Setälä und Mikkola mit besonderem dank die beiden werke von Qviostad, »Beiträge zur Vergleichung des verwandten Wortvorrathes der lappischen und der finnischen Sprache» und »Nordische Lehnwörter im Lappischen» hervorheben, welche ihm auf schritt und tritt die wertvollsten dienste geleistet haben. Es ist ihm völlig unmöglich gewesen diese beiden werke so oft, wie er es gewollt, zu citieren. Der sachverständige leser dürfte indessen mit leichtigkeit fin den, in welchen fallen die hier hervorgestellten etymologien in derselben oder einer etwas verschiedenen form sich bei Qviostad wiederfinden und in welchen fallen sie eigentum des Verfassers sind.

Da der druck dieses werkes leider über eine sehr lange zeit ausgedehnt werden musste, konnten einige inkonsequenzen nicht ver- mieden werden, weil der verf. während des druckes in einigen fragen etwas anderer ansieht geworden ist Hoffentlich werden sie doch nicht die brauchbarkeit des werkes in allzu hohem grade beeinflussen.

Upsala den 4 mai 1896.

K. B. Wiklund.

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Trail sskxiptiori.

Bei der transskription der lappischen laute ist der verf. im allge- meinen den quellen gefolgt, aus welchen die betreffenden Wörter genommen sind. Die geringfügigen Veränderungen, die hie und da gemacht wurden (z. b.: rf, c statt d\ s\ c* in den enarelappischen Wörtern bei Lönn- rot), dürfte jedermann leicht verstehen und billigen.

Die transskription, die der verf. bei den von ihm selbst aufgezeich- neten Wörtern aus Härjedalen, Jämtland, Yilhelmina und Gellivare gebraucht hat, ist dieselbe, die er im Journal de la Société Finno-Ougriennc XI,2 darstellte, nur ein wenig „gröber":

à steht zwischen a und ä.

s zwischen ä und e.

è zwischen e und i.

u = offenes o.

ö zwischen o und u.

û»=schwed. o in bo, ro.

w=norweg. u (zwischen tu und u).

w=schwcd. u in hus, lut.

>

tu -tu mit zurückgezogener zunge.

<• = offenes o.

ö = ö mit zurückgezogener zunge.

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o = stimmloser vokal.

* o gleitvokale.

o D B sind „halbstinimhafte" tenues, bei deren artiknlation der stimm- ton ein wenig vor oder gleichzeitig mit der explosion einsetzt.

' bezeichnet „vordere" oder mouillierte laute; Ä, §, x\ y sind also „vordere", praepalatalc k, </, z, y; ê> ê, rl, f, et sind mouillierte S, s, n, t, d.

j: = deutscher ar/i-laut; mcdiopalatalcr spirant.

tj = mediopalataler nasal.

i>, J) = engl, th in think; stimmloser, marginaler spirant. a = russisches, „gutturales" /. r = stimmloses r.

pu, bu, mH p, h, m mit w-affektion.

* in r mi, rn etc. bezeichnet, dass der letzte teil des vorhergehenden

konsonanten und der erste teil des folgenden konsonanten stimm- los sind.

' = stosston (kchlkopfverschlusslaut). - = langer vokal.

= halblanger vokal. Vgl. näher JSFOu, Xl.a, s. 7 ff.

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Abkürzungen.

A.

= Akkala.

Lg.

Lyngen.

Arj.

= Arjeplog.

Lnv.

= Lenvik.

Arv.

= Arvidsjaur.

Lp.

= Loppen.

Bis.

= BalsQorden.

Lule

= Lule lappmark.

E.

= Enare.

N.

= Notozero.

F.

= Fro8t7iken.

Nb.

= Nœsseby.

Fld.

= Folden.

N. F.

= Norweg. Finnmarken.

G.

= Gellivare.

N. G.

= nördl. teil von Gellivare

Gl.

= Gullesfjord.

0.

= Offerdal.

H.

Härjedalen.

Of.

= Ofoten.

Hf.

= Hammerfest.

P., Pasv.

= Pasvik.

Hm.

= Hammerö.

Plm.

= Polmak.

Ht.

= HatQelddal.

S. G.

= südl. teil von Gellivare.

Ib.

= Ibbestad.

Sk.

= Skalstugan.

J.

= Jokkmokk.

Sors.

= Sorsele.

Jukk.

= Jukkasjärvi.

St.

= Stenscle.

K.

= Kiidin.

Sttdw.

= Südwarangcr.

Kar.

Karesuando.

T.

= Ter.

Kl.

= Kalfjord.

Tlv.

= Talvik.

KL.

= Lovozero (Kiidin).

Tn.

Tanen.

Kr.

= Karasjok.

Ts.

= Tysfjord.

Krl.

= Karlsö.

Tärn.

= Tärna.

Ks.

= Kistrand.

U.

= Undersàker.

Kt.

= Koutokoino.

V.

= Yilhelmina.

Kv.

= Kvsenangen.

Wst.

= Westeràlen.

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VIII

an. = altnordisch, f. = finnisch, la. = lappisch, urf. = urfinnisch, url. = urlappisch, urn. = urnordisch.

Aasen = Aasen, Norsk Ordbog, Kristiania 1873.

Andelin = Andelin, Enare-lappska sprâkprof, in Acta Soc. Scient. Fenn. VI, Helsingfors 1861.

Beitr. = Qvigstad, Beitr. BFB = Thomsen, BFB.

Ho kg = Borg, Drei märchen aus Enare bei Andelin, a. a. o. Bodenz, MUgSz. = Budenz, Magyar-ugor összchasonli'tö szötar, Buda- pest 1873—81.

Donner, Vgl. Wb. = Donner, Vergleichendes Wörterbuch der finnisch- ugrischen Sprachen, Helsingfors 1874—88. Einfl. = TnoMSEN, Einfl.

Frii8 = Friis, Ordbog over det lappiske Sprog, Kristiania 1887. Fhils, Gr. = Friis, Lappisk Grammatik, Kristiania 1856. Genetz, Wtb. = Genetz, Wörterbuch dor Kola-lappischen Dialekte, Hel- singfors 1891.

Halàsz = IIalâsz, Svéd-lapp nyelv IV, Budapest 1891, oder V, ibid. 1893.

JSFOu = Journal de la Société Finno-Ougrienne.

LI. Gr. = Wiklund, Laut- und formenlehre der Lulc-lappischen dialekte, Stockholm 1891.

L. & Ö. = Lindahl et Öhrling, Lexicon lapponicum, Stockholm 1780. Lönnrot = Lönnrot, Über den Enare-lappischen Dialekt, in Acta Soc. Scient. Fenn. IV, Helsingfors 1855.

Mikkola, SFB = Mikkola, Berührungen zwischen den westfinnischen und

slavischen sprachen, Helsingfors 1894. MUgSz. = Budenz, MUgSz. NL = Qvigstad, NL.

Noreen, Aisl. gr. 2 = Noreen, Ausländische und altnorwegische gram- matik; zweite aufläge, Halle 1892.

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IX

Nokeen, Urgerm. Lautl. = Norken, Abriss der urgermanischen Lautlehre,

Strasburg 1894. NyK = Nyelvtudomânyi KOzlemények.

Qvigstad, Beitr. = Qvigstad, Beiträge zur Vergleichung des verwandten Wortvorrathes der lappischen und der finnischen Sprache, in Acta Soc. Scient. Fenn. XII, Helsingfors 1883.

Qvigstad, NL = Qvigstad, Nordische Lehnwörter im Lappischen, Kris- tiania 1893.

Ross = Ross, Norsk Ordbog, Kristiania 1895.

Sandberg = Sandberg in Qvigstad und S., Lappische Sprachproben in Journal do la Société Finno-Ougrienne III, Helsingfors 1888. SFB = Mikkola, SFB.

Setälä, Tempus und Modus = Setälä, Zur Geschichte der Tempus- und Modusstammbildung in den finnisch-ugrischen Sprachen, Helsing- fors 1887.

Setälä, YSÄH = Setälä, Yhteissuomalainen äännehistoria I— II, Helsing- fors 1890-91.

Thomsen, BFB = Thomsen, Beröringer mellem de finske og de baltiske

Sprog, Kopenhagen 1890. Thomsen, Einfl. = Thomsen, Über den einfluss der germanischen sprachen

auf die finnisch-lappischen, Halle 1870. YSÄH = Setälä, YSÄH.

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X

Berichtigrungren .

S. 2, z. 2 v. u. lies: 416 ff.

28, z. 1 v. o. vgl. aber jetzt s. 164 ff.

30, z. 8 v. u. lies: e > i >> ä.

32, z. 6 v. o. jetzt erschienen ibid. XII, s. 103 ff.

34, z. 11 ff. v. u. und 35, z. 17 f. v. o. ist das beispiel buoidde za

streichen, vgl. s. 141. 40, z. 17 v. u. „mit uoi < ai* zu streichen. 43, z. 2 v. u. lies: f. heinä. 58, z. 3 v. o. vgl. jetzt s. 242 f.

72, z. 3 v. u. lies: hk ~ k, g; hp ~ p; ht ~ / [u. s. w.]. 80, z. 2 v. o. lies: (und Mala). z. 5 v. u. lies: iin. 81, z. 14 16 zu streichen.

139, z. 16 v. o. lies: mordw. palan intr. und ersa pul tan, pul1 tan, mokscha pUHa'n trans, „ich brenne"; Paasonen, Mordw. Lautl., s. 76.

147, z. 12, v. u. vgl. auch V., F., 0. q mires „zaubertrommel" (s. 228). 173, z. 17 v. u. lies: f. ero. 176, z. 12 v. o. lies: Helgas.

191, z. 8 f. v. o. lies: nur in den allernördlichsten dialekten. 192, z. 14 v. o. aber 792 T. tûmes.

195. In Kiidin steht im allgemeinen vor einem russisch-lappischen (dann aber oft veränderten) a in der folgenden silbe ein ea, vor i ein ?, sonst t>, z. b.: kt'dtk, iness. plur. ktôgijn, dimin. Jceaöganc „stein"; inf. ielleâ, 3 p. plur. prœt. Win, 3 p. sg. prœs. eall «callü) „leben"

204, z. 10 v. o. lies: vgl. unten s. 233 f.

205, z. 5 v. o. lies:, aus der grnndform zu an. rö.

237, z. 1 v. o. lies: dagegen streitet die nicht-beteiligung u. a. der rus- sischlappischen (ausser Kiidin und ? Pasvik) und teilweise jämt- lilndischen dialekte an derselben.

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Einleitung.

Definition der urlappischen spräche und Stellung derselben zu den übrigen finnisch-ugrischen sprachen.

Unter der urlappischen spräche verstehen wir dieje- nige jetzt ausgestorbene, einheitliche spräche, aus welcher die jetzigen lappischen dialekte hervorgegangen sind. Wie man im finnischen das urfinnische „yhteissuomi" nennt, köunte man auch hier geneigt sein das urlappische „gemeinlappisch" zu nennen; der erstere name ist jedoch insofern besser, dass man durch den- selben die vordialektischen ersehe) nungen von solchen erscheinungen trennen kann, welche zwar in allen dialekten zum Vorschein kom- men, aber jedoch erst nach dem anfang der Zersplitterung der ein- heitlichen spräche hervorgetreten sind. Der name „gemeinlappisch 8 wäre eher für diese letztgenannten erscheinungen angemessen.

* * *

Über die Stellung des lappischen zu den übrigen finnisch-ugrischen sprachen ist sehr viel gestritten worden. Eine genaue Untersuchung von der geschiente der lappischen spräche, ohne welche ja ein sicheres feststellen des platzes derselben innerhalb der Sprachfamilie unmöglich ist, hat jedoch noch niemand vorgenommen uud die resul- tate, zu welchen man gekommen ist, können also nicht hinlänglich bestätigt sein. Die eingehendsten Untersuchungen über diese frage findet man in den bekannten abhandlungen von prof. Büdenz „Über die Verzweigung der ugrischen Sprachen" in Bezzenbergers Beiträgen

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Bd IV, 1878, und prof. Donner „Die gegenseitige Verwandtschaft der finnisch-ugrischen sprachen", Helsingfors 1879, in welchen auch ältere meinungen über dieselbe frage kurz besprochen sind. (Vgl. auch prof. Thomsen „Beröringer mellem de finske og de baltiske Sprog", Kopenhagen 1890, ss. 25—31). Bei etwas näherer betrachtuug wird man indessen finden, dass die resultate, zu welchen man in diesen beideu Schriften gekommen ist, nur mit der grössten vorsieht zu gebrauchen sind und dass es bei der feststellung der Verwandt- schaftsverhältnisse des lappischen am geratensten ist vom ersten an- fang an zu beginnen, d. h. die prima prineipia der lappischen Sprach- geschichte durchzumustern und sie, wenn nötig, zu renovieren. Es ist dies auch jetzt eine verhältnismässig leichte aufgäbe, seit die historische finnische lautlehre von prof. Setälä erschienen ist und auch die lappischen dialekte viel besser untersucht worden sind, als sie es in den jähren 1878 und 1879 waren.

Die allgemeine ansieht aber die Stellung des lappischen inner- halb der finnisch-ugrischen sprachfamilie ist bekanntlich die, dass das lappische dem fiunischen sehr nahe steht, ja, so nahe, dass es von vielen, unter ihnen auch von Donner, mit dem finnischen in eine gruppe, die s. g. „west-finnische", zusammengestellt wird. Eine ähnliche ansieht hat auch Castren, Resor och Forskningar, IV, s. 151, ausgesprochen ohne sie jedoch mit hinreichenden beweisen zu stutzen; er sagt: .die vergleichung von der lappischen und finnischen spräche zeigt, dass noch heute eine ziemlich nahe Verwandtschaft zwischen diesen Völkern besteht, und wenn man sich zweitausend jähre in der zeit zurückdenkt, ist es wahrscheinlich, dass die läppen und finnen damals ein und dasselbe volk waren". Eine ganz andere meinung hegt Büdenz. Er teilt die von ihm „ugrisch" genannten sprachen in zwei gruppen, eine südugrische, welche das finnische, mordwinische und tscheremissische umfasst, und eine nordugrische, alle übrigen sprachen, auch das lappische, umfassend. Die Unzu- länglichkeit seiner beweise für das überführen des lappischen in die nordugrische gruppe ist aber schon mehrmals dargewiesen worden. Über diese frage und die hiehergehörige literatur siehe Setälä, YSÄH, ss. 417 ff. Seine meiuung hat Büdenz hauptsächlich darauf begründet, dass während die südugrische gruppe in den mit n an-

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lautenden Wörtern nur einen, rein dentalen «-laut kenut, diese Wörter in der nordngrischen gruppe teils ein w, teils ein n (palatalen w-laut) aufweisen, was eine ältere stufe darstellt. Es ist jedoch deutlich, dass eine altertümliche phonetische eigentümlichkeit sich sehr gut in von einander sonst weit verschiedenen sprachen bewahrt haben kann, ohne dass dieses eine nähere Zusammengehörigkeit der betreffenden sprachen beweisen kann es ist ja sehr möglich, dass diese eigen- tümlichkeit einst auch in den dazwischenliegenden sprachen existiert haben kann und dann zufällig verschwunden ist.

Die übrigen beweise, welche Büdenz für die Zugehörigkeit des lappischen zu der nordugrischen gruppe anführt, sind derselben art wie der eben besprochene. Als solche beweise gelten auch dieje- nigen, die er für die nähere Zusammengehörigkeit des finnischen, mordwinischen und tscheremissischen (aber nicht des lappischen) gegenüber den übrigen sprachen hervorzieht. Er sucht a. a. o. (Separatabdruck, s. 26) ihre Zusammengehörigkeit durch folgende „gemeinsame charakterzüge" zu stützen, „welche je einzeln zwar nicht durchschlagend, doch in ihrer gesammtheit die ansieht vom einstigen engeren Zusammenhang dieser sprachen bestätigen

1. „Bessere bewahrung der sog. vocalharmonie» -- während im Nordugrischen nur das Magyarische den vocaldualismus (mit unbedeutenden Störungen) bewahrt". Die frage vom alter der vokalharmonie in den finnisch-ugrischen sprachen ist noch offen; es ist noch nicht bewiesen worden, dass die finnisch-ugrische grund- sprache diese erscheinung gekannt hat man hat ja vielmehr ge- zeigt, dass der jetzige stand der vokalharmonie wenigstens im fin- nischen nicht der ursprüngliche, sondern aus einem früheren, viel einfacheren Standpunkte entwickelt ist (Setälä, YSAH, drittes heft), und es ist wohl nicht unmöglich, dass man auch in den übrigen sprachen, welche die vokalharmonie kennen, zu ähnlichen Schlüssen kommen könnte. Wenn jedoch die vokalharmonie ursprünglich allen finnisch-ugrischen sprachen eigen war, kann sie ja im lappischen später geschwunden sein, ohne dass dies auf die frage von der Stel- lung desselben innerhalb der sprachfamilie zu iufluieren brauche.

2. „Vollständige unificirung der anlautenden explosivconso- nanten, während im Magyarischen und Syrj.-Wotjakischen

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neben k, t, p auch noch gy d. b als anlant geblieben ist". Dieser prozess ist ja aber auch im lappischeu und ostj.-wogulischen vorge- gangen und kann also nicht als beweis für die gruppeueinteilung Budenz' dienen (was auch a. a. o., s. 10, von ihm selbst zugegeben wird).

3. „Im inlaute starkeras festhalten der nasalen vor (weichen) explosivconsonanten (%/, nd, mb) während solche nasale im Ma- gyarischen und Syrj.-wotjakischen, sowie in den meisten dialekten des Lappischen durchweg geschwunden sind". Diese erscheinung ist im lappischen jung und hat keineu Zusammenhang mit dem ver- schwinden des nasals im magyarischen und syrjänischen (vgl. auch a. a. o., s. 10).

4. «Erhaltung von ursprünglichem inlaut, d gegenüber der Wandlung dieses explosivlautes in z (im Magyarischen, und teilweise im Lappischen) oder in l (in allen nord-ugrischen sprachen, das Lap- pische ausgenommen)". Lappische beispiele flir den Übergang rf>>r sind jedoch nicht angefahrt und es ist wohl auch unsicher, ob solche in der that vorkommen. Wenn es jedoch solche gäbe, kann dies einen näheren Zusammenhang mit dem magyarischen nicht beweisen, denn der magyarische Übergang d >> r steht in dieser spräche sonst isoliert und ist also ein besonderes magyarisches characteristicum, was auch Budenz selbst, a. a. o., s. 30, zngiebt.

5. ^Spaltung des hochlautigen demonstrativstammes (/v) in zwei formen t* und s,v, so dass im ganzen drei Stämme zur Ver- wendung kommen sx und W): finn. tä, sc (si), tuo; mord, tä, sä, to; Ter. //', sc, tu. Innerhalb des Nord-ugrischen erscheint ein demonstrativum mit v-anlaut wol im Syrj.-wotjakischen, aber es ist hier das tief lautige w jener": wotj. so, syrj. s7; oder es gehört blos einem einzelnen dialekte an, als späte sonderentwicklung, wie im ostB. se oder si neben to und ta (statt tä): sit der, jener, si-kem so viel, sMta von dort". Es ist wahr, dass es im lapp. kein dem mordw. sä, f:er. sc entsprechendes pronomen gibt ; dieses könnte aber auch so erklärt werden, dass die betr. pronominalform im lappischen verschwunden sei. Das vorkommen des sc ist ja übrigens, wie die obigen beispiele zeigen, keine nur der südugrischen gruppe eigen- tümliche erscheinung.

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Im dritten teile seiner abhandlung (ss. 38 67) sucht Bitdenk ku Keigeo, dass die vielen nahen Übereinstimmungen zwischen dem lappischen und finnischen teils auf entlehnungen aus dem letzteren, teils auf Zufälligkeiten beruhen und dass einige von diesen Überein- stimmungen nur scheinbar siud. Wir brauchen hier nicht näher auf diesen teil seiner schritt einzugehen ; es wird das ziel der ganzen vorliegenden abhaudlung sein darzulegen, wie gross diese Uberein- stimmungen in der that sind und wie man sie am besteu zu er- klären hat.

Wenn man also der meinuug Budenk' von der Stellung des lap- pischen nicht beistimmen kann, so kann man jedoch auch nicht die von Donner in der oben erwähnten abhandlung erreichten resultate für in allen teilen richtig erklären. Er führt das lappische mit den (eigentlich) finnischen sprachen in eiue gruppe, die „westfinnische44, Kusammen und nimmt an, dass sich unter ihneu das lappische am frühesten lostrennte. Das lappische soll weiter in mancher hinsieht dem livischen am nächsten stehen, aber, wie Thomsen BFB, s. 25, n. 3 bemerkt, „bygges demie Opfattelse vœseutlig kun paa eu vil- kaarlig Tyduing af visse ejendommelige Vokaludviklinger i Kurlaudsk- livisk (ikke engang i Liflandsk-liv.), som han kalder „Steigerung", saaledes uavnlig Difthongeringeu af opr. kort o og e til uo og k, et Fseuomen, som vel ligeledes er almindeligt i Lappisk, skönt i langt större Forrarigdom og uden sserlig Overensstemmelse med Li- visk i det enkelte, men som tillige genfiudes i saa mange andre Sprog (f. Ex. ital. huono, viene o. m. a ) og er fysiologisk saa let at forklare, at der allerede af denne Grund intet kau bygges derpaa med Hensyu til Bestemmelse af sprogligt Slœgtskab". Die beweise, welche Donner für seiue meinung von der näheren Kugehörigkeit des lappischen ku den westfinnischen sprachen auführt, sind iudessen im allgemeinen gut und stichhaltig, sie bedürfen aber noch vielfach einer näheren präKisierung und auch hier und da einer berichtigung. Dass mau, von diesen beweisen und vielen anderen ausgehend, zu einer noch anderen, aber der meinung Donnkii's verwandten auf- fassung von der Stellung des lappischen gelangen kann, wird die vorliegende abhandlung hoffentlich zeigen. Ich werde mich daher an dieser stelle eiuer näheren besprechung der abhaudlung prof.

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Donnku's enthalten und begnüge mieli nur mit einer kleineren au- merkung. Er sagt, a. a. o., s. 155, dass sich das lappische in meh- rerer hinsieht dem tscheremissischen (und mordwinischen) nähere, und erklärt dies a. a. o., s. 157 f. so, dass die läppen einst ihre wohuplätze an der ostgrenze der westfinnischen Volksgruppe in der nähe der tscheremissen hatten. Die erscheinungen, welche nach ihm das lappische mit dem tscheremissischen und mordwinischen gemein- sam haben soll, sind die folgenden (a. a. o., s. 152):

1) Der lokativ endet sowohl im tscher. als im lapp. auf -st (a. a. o.. s. 78). Wie auch der tscherem. lokativ zu erklären sei (vgl. Büdenz, a. a. o., s. 35 f.), kann der in deu nördlichen dia- lekten des lappischen (vom nördl. teile von Gellivare au) vorkom- mende lokativ sing auf -st nicht damit zusammenhängen ; er ist nämlich offenbar durch eine eigentümliche Verwechslung der inessiv- uud elativ-suftixe entstanden, so dass das einstige inessiv-suffix schliess- lich auf den „lokativ" plnralis beschränkt wurde und das suffix des elativ plur. verdrängte, während das elativ-suffix im singularis allein- herrschend wurde. Im nördlichen Gellivare-dialekte ist die sache noch nicht so weit gegangen hier wird das elativ-suffix im ines- siv und das inessiv-suffix im elativ gebraucht, vgl. meine LI. Gr., § 314. In Karesuando, Baisfjorden, Sörfjorden und Kaafjorden bilden zweisilbige Stämme ihren lokativ sing, mit n (in Kaafjorden auch mit s), während dreisilbige Stämme im lok. sing, immer auf s «st) endeu, Qvigstad. Beitr , s. 144.

2) Ein für das lappische und mordwinische gemeinsamer kon- junktiv auf Ii und Optativ auf za (a. a. o., s. 126 f.). Die formen auf Ii sind von Donner (a. a. o., s. 126 f.), Setälä (Tempus und Modus, s. 159) und mir (LI. Gr., § 378) als Zusammensetzungen mit dem praeteritum des gewöhnlichen httlfszeit Wortes erklärt worden und diese erklärung dürfte wohl auch richtig sein. Dass aber solche formen ganz gut völlig unabhängig von einander in verschiedenen sprachen entstehen könneu, ist ja sehr möglich. Es ist somit dies eine nur zufällige ähnlichkeit zwischen den beiden sprachen. Der von Donnek ii. a. angenommene mordwinische optativeharakter za scheint auf einem irrtum zu beruhen; er gehört wahrscheinlich uur der dritten pers. sing, an und ist ein personalsuffix, vgl. Setälä,

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Tempus uud Modus, s. 137 f. Mit dem schwedisch-lappischen ca kann es also, wie Donnkk es thut, nicht zusammengestellt werden. Vom Ursprung dieses ca siehe Setälä, a. a. o., s. 160 f.

3) Der ausdruck für „zehn" : lapp. lokke etc., tscher. luo etc. (a. a. o., 8. 121). Dieses vereinzelte vorkommen des lokke etc. im lappischen, tscheremissischen (und wogulischen lov, lau) dürfte wohl doch nur auf einer Zufälligkeit beruhen es ist wohl einst auch in den dazwischenliegenden sprachen bekannt gewesen. Den stamm des Wortes findet man ja übrigens im Ann. lukea etc. wieder.

4) Treueres festhalten an an- und inlautendes s (a. a. o., s. 41 f.). Dies bedeutet ja doch nur, dass das lappische und mordw.- t8cheremissi8che auf einer älteren stufe als das finnische stehen ge- blieben siud, uud beweist nichts fur ein engeres zusammengehören dieser sprachen.

5) Übergang eines h in t>, f (a. a. o., s. 43 f.). Dies ist so zu erklären, dass ein ursprüngliches k in gewissen Stellungen im fin- nischen in h, in einigen lappischen dialekteu und bisweilen in den wolga-8prachen in v, f übergegangen ist, und ist also eine erschei- nung jüngeren datums.

Die erscheinungen, welche Donneu als stütze für eiueu näheren Zusammenhang zwischen dem lappischen und tscheremissischen ange- führt hat, zeigen also sämmtlich nur eine zufällige ähnlichkeit zwi- schen den beiden sprachen.

Eine Untersuchung über die Stellung des lappischen innerhalb der finnisch-ugrischen Sprachfamilie sollte eigentlich alle Seiten der spräche, sowohl die phonetische als die morphologische und syutak- tische etc. umfassen. Eine solche, vollständige Untersuchung ist je- doch zur zeit nicht wohl ausführbar; es maugelt ja noch an einer befriedigenden, historischen darstellung der gesammten morphologie und syntax der benachbarten sprachen und somit muss man sich vorläufig mit einer Untersuchung der frage vou phonetischem staud- punkte aus begnügen.

Das material zu einer Untersuchung über die phonetische ent- wickeluug des lappischen ist verhältnismässig sehr reich. Es man-

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gelt wohl au sehr alteu Sprachdenkmälern, statt dessen hat mau aber eine fülle von jüngeren und älteren lehn Wörtern aus den nor- dischen sprachen und aus dem finnischen, deren grundform leicht und sicher festgestellt werden kann, und ausserdem eine menge von einander sehr verschiedeneu dialekten, durch deren vergleichung viele wertvolle resultate zu erreichen sind. Die in der vorliegenden ab- handluDg vorgenommene Untersuchung dieses materiales wird dann hoffentlich zeigen, dass das nrlappische mit einer sehr alten stufe des nrfinnischen identisch ist. Es gibt zwar eine au- zahl von wortformen, die im urlappischen und urfinnischen nicht völlig identisch sind, sondern in der einen oder anderen hinsieht von einander abweichen, es muss aber hervorgehoben werden, dass diese abweichungeu auch nicht, so weit bekannt, durch annähme von einer näheren beziehung des lappischen zu anderen finnisch-ugrischen sprachen als zu dem finnischen erklärt werden können. Sie müssen also durch spezialentwickelung in einer von den beiden sprachen oder auch vielleicht in beiden entstanden sein.

Die stufe des nrfinnischen, mit welcher das urlappische identisch ist, ist bedeutend älter als diejenige, aus welcher die jetzigen finnischen sprachen zunächst entwickelt sind. Die

wichtigsten Verschiedenheiten zwischen den beiden stufeu sind die folgenden:

1) Das url. hat im anlaute zwei konsonanten bewahrt, wo das urf. den ersten weggeworfen hat, z. b.: X. F. skippat „kränklich sein" = f. kipua; L. & Ö. Jcraja „mal, til hvilket man löper" über f. raja aus russ. Kpaft.

2) Das url. hat einen anlautenden dentalen explosivlaut be- wahrt, welcher im urf. zu s verändert wurde, z. b.: N. F. don „du* = f. sinä,

3) Das url. hat einen ursprünglicheren dentalen Spiranten be- wahrt, der im urf. zu t verändert wurde, z. b.: N. F. ada „mark, markknochen" = f. ytimc.

4) Das url. hat eiu ursprüngliches s bewahrt, welches im urf. in gewissen Stellungen zu /* verändert wurde, z. b.: X. F. son „er, sie" = f. hän.

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5) Das uii. hat ein ursprüngliches S bewahrt, das im urf. zu h wurde, z. b.: N. F. vaiäe „hassu = f. viha.

6) Das ur). hat ein ursprüngliches ê (in der form c) bewahrt, welches im urf. zu s wurde, z. b.: N. F. èubtte „hundert" = f. sata, mordw. êada, éado, tscherem. Südo, Suda, syrj. éo, etc. aus dem ira- nischen: zend çata- etc.

7) Das url. hat ein ri bewahrt, welches im urf. mit dem rein dentalen n zusammenfiel oder auch vokalisiert wurde, z. b.: N. F. njuoUa „pfeil" = f. nuoli; N. F. cuoggot „stehen" (< = f. seisoa.

8) Das url. hat ein m bewahrt, wo es im urf. zu n wurde, z. b.: N. F. vuövddet „verkaufen" « -md-) = f. antaa.

9) Das url. hat einen nasal oder einen nasal mit folgendem explosivlaute bewahrt, wo sie im urf. verschwunden sind, z. b.: N. F. jiegpa „eis" = f. jää; N. F. codda „Schlund" « -nd-) = f. suu.

10) Das url. kennt keine „Schwächung" der explosiven nach diphthongen auf i und ti, nasalen und liquida, z. b.: N. F. algget, „anfangen", 1 p. sg. prœs. algam (mit nur orthographischem Wechsel zwischen gg und g; url. -llg- ~ -lg-) = f. alkaa ~ aion.

11) Das url. hat ein (wahrscheinlich) ursprüngliches o (in der form ub) bewahrt, welches im urf. zu a wurde, z. b.: N. F. guölle „fisch" = f. kala.

Es ist also, wie man sieht, eine sehr alte stufe des urfinnischen, auf welche das urlappische zurückgeht, und man kann geneigt sein annehmen zu wollen, dass diese spräche nicht mehr urfinnisch genannt werden kann, sondern vielleicht einer stufe gleichkommt, welche mehreren von den f.-ugr. sprachen zu gründe liegt. Diese frage ist noch nicht zu entscheiden, da ja die älteste Vorgeschichte der übrigen dem finnischen am nächsten stehenden sprachen noch nicht aufgeklärt worden ist. So viel kann man jedoch sagen, dass diese alte stufe wenigstens der Vorläufer, die mutter des späteren urfinnischen ge- wesen ist. Prof. Setälä glaubt wohl in Valvoja 1894, s. 545, dass sie möglicherweise eine sonst (d. h. ausser im lappischen) verstorbene spräche sein könnte, ich sehe aber nicht ein, welche gründe für eine solche annähme sprechen würden. Die oben erwähnten elf fälle, welche wohl auch die wichtigsten sein dürften, sind sämmtlich solche, die man auch für die mutter des urfinuischeu annehmen muss. Hiezu

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kommt auch, dass, wie wir später sehen werden, das urlappische von den ältesten zeiten an mit dem urfinuischen, d. h. mit dem aus der rein finnischen Sprachgeschichte bekannten urfinnischen (und dann mit einigen von den ausläufern desselben) in der innigsten berührung gestanden sein muss, uud dass wir keine historischen gründe dafür aufweisen könneu, dass die „urlappen" je an irgend einen anderen zweig der f.-ugr. Völker gegrenzt hätten als an den westlichsten von ihnen, an denjenigen zweig, aus welchem später die finnen, karelier etc. ausgingen.

Wenn einst das urlappische mit dem urfinnischen identisch ge- wesen ist, muss man sich dann auch fragen: waren auch die „ur- lappen" und die „urfinnen" in der that ein einziges volkP Diese frage muss entschieden mit nein beantwortet werden. Es dürfte ganz undenkbar sein, dass zwei von einander anthropologisch so weit verschiedene Völker wie die jetzigen finnen und läppen während einer verhältnissmässig so kurzen zeit wie etwa zwei- tausend jähren (vgl. unten) sich aus einem einheitlichen volke hät- ten entwickeln können. Man vergleiche nur die characteristica der jetzigen läppen uud finnen mit einander! Erstere sind klein und verhältnissmässig schwach gebaut, stark brachycephal und haben dunkle äugen und dunkles haar, die tavasten dagegen sind mittel- gross uud kräftig gebaut, mässig brachycephal und haben graue oder blaue äugen und blondes haar. Von anderen, weniger popu- lären differenzen sowie von der sehr bedeutenden Verschiedenheit ihres psychischen Charakters abgesehen. Wenn aber die läppen und finnen anthropologisch nicht nahe zusammengehören, muss man zu dem Schlüsse kommen, dass die läppen einst ihre spräche von den finnen entlehnt haben. Dieser prozess ist natürlicherweise nicht mit einem male vorgegangen, sondern hat sich über eine läugere période ausgedehnt, während welcher die läppen, in sehr reger be- rührung mit den finnen stehend, den wortvorrat und die grammatik derselben allmählich aufnahmen und in entsprechendem masse ihre alte spräche vergassen. Die läppen wären also in sprachlicher hinsieht z. b. den franzosen und Spaniern gleichzustellen, welche

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ihre einstigen sprachen gegen das lateinische ausgetauscht haben. Der gedanke liegt nahe, dass es das märchenhafte „TschudenM-volk war, von welchem die läppen ihre jetzige spräche entlehnteu. Die lappischen märchen haben ja sehr viel zu erzählen von den (zwar feindlichen) berührangen der läppen mit den „öudek" und da es aus allerlei gründen (vgl. z. b. Castrén, Resor och forskningar, V, s. 40 ff.; dagegen Smirnoff in Bothkh, Ka3am> 181)0, und üepMflKH, ib. 1891) unzweifelhaft ist, dass wenigstens ein teil dieser Tschuden eben finnen waren, kann man nicht umhin dieses mit dem finnischen Ur- sprünge der lappischen spräche zusammenzustellen.

Welche spräche die läppen vorher gesprochen habeu, ist unbekannt. Es ist wohl wahrscheinlich, dass ein teil des jet- zigen lappischen wortvorrates aus ursprachlicher zeit stammt, es ist aber zur zeit noch uumöglich zu bestimmen, welche diese Wörter sind. Bei unserer jetzigen beschränkten kenntnis von dem wort- vorrate vieler f.-ugr. sprachen kann mau ja niemals ganz sicher sein, ob nicht etwa eiu lappisches wort, dessen etymon noch unbekannt ist, in einer entlegeneren spräche doch zufallig vorhanden sei. Mau kanu vorläufig auch keine Vermutungen von den Verwandtschafts- verhältnissen der alten läppen zu irgend einem anderen (polar)volke hegen ; sie stehen nämlich, wie es scheint, anthropologisch völlig iso- liert, vgl. z. b. Düben, Lappland och lapparne, s. 172: „die forin uud dimensionen des schädels trennen das lappenkrauium von allen anderen krauien, die ich gesehen habe, und stempeln das volk deut- lich als eine besondere rasse" ; und Virchow in Archiv für Anthro- pologie, 1872, s. 532 (in einem vortrage): „Vergleichen wir nur die finnisch redenden Stämme unter einander, so stossen wir sofort auf typische Differenzen der physischen Bildung unter den- selben, welche so gross sind, dass unter anderen Umständen jeder Anthropologe sich veranlasst sehen würde, diese Stammesuuter- schiede als genügend anzusehen, um auf Grund derselben eine vollständige Bacendifferenz auszusprechen. Es giebt in der That keine grössere und mehr ausgesprochene Verschiedenheit, als die der Lappen und der Finnen, namentlich iu Beziehung auf Schädelbau. Ich berufe mich auf alle hier anwesenden Schädelken- ner, ob irgend etwas mehr charakteristisch und leichter erkennbar,

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ob irgend etwas mehr typisch ist, als ein Lappensehädel ; ich kenne kaum irgend etwas, was so zuverlässig ist und wo ein Schädel so sehr gewisserma8sen nach dem Schema des anderen gebaut ist. Aber der Lappenschädel ist absolut verschieden von den Schädeln aller anderen finnischen Stämme; er ist viel mehr verschieden von den letzteren, als im Durchschnitt der Schädel eines Slaven von dem eines Germanen, oder als der Schädel eines Germanen von dem eines Norditalieners. So scharf hat sich hier eine be- sondere Varietät des finnischen Stammes entwickelt, dass wir sie in anderen Gegenden des finnischen Sprachgebietes gar nicht wieder finden. Der Lappenschädel ist ein kurzköpfiger Schä- del ersten Ranges, aber er ist zugleich mit so eigentümlichen wei- teren Eigenschaften ausgestattet, der ganze Lappe erscheint so sehr als eiu untergeordnetes, ich möchte sagen pathologisches Product, seine Formen nähern sich so sehr den rachitischen, den Mopsformeu, welche wir in verschiedeneu Thierclasseu finden, dass man wohl annehmen kann, dass der Stamm sich uuter sehr mangelhaften äus- seren Umständen gerade so entwickelt hat". Wie ich nur aber oben s. 10 bemerkte, ist es einem laien schwierig zu verstehen, wie ein volk in nur zweitausend jähren sich so gewaltig verändern uud so verkümmern könnte, wie es die läppen gethau haben sollen. Die übrigen polarvölker der weit haben wohl immer in ganz deuselbeu oder sogar noch schlimmeren Verhältnissen als die lappeu gelebt, uud docli sind sie keine pathologischen produkte geworden. Es scheint uns also nur der schon oft genannte ausweg übrig zu blei- ben um die identität des urlappischen uud urfiunischeu zu erklären, indem wir die frage von der anthropologischen Stellung der lappeu offen lassen und davon ausgehen, dass sie mit den eigentlichen fiu- ueu anthropologisch uichts zu thuu haben können.

Namen der läppen.

Der name, den sich die lappeu selbst gebeu, ist (N. F.) sabmc, nom. plur. samek, oder sabmclaê, nom. plur. sabme1a$ak, welche na- inen wohl mit dem finnischen suomi, suomalainen zusammengestellt werden müssen, obwohl die formen der beideu sprachen sich nicht

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ganz genau entsprechen *). Die urlappische form von sabmc wäre *sümü. In den südlichsten lappmarken kommt auch der dem schwe- dischen entlehnte name lahppa etc. vor (Qvigstad, NL, s. 211), im allgemeinen fassen aber die läppen diesen namen als ein Schimpf- wort auf, indem sie es mit schwed. lapp fetzen u zusammenstellen. In Jämtland nennen sie sich auch schlechthin oA*moä menschen".

Der ursprüngliche skandinavische name der läppen ist an. ßnnr, welches wort auch dem unter den lateinischen scribenten des mittel- alters gebräuchlichen namen scridifinni, scritobini, scridifenni, rerc- fennœ, etc. (Düben, Lappland och lapparne, s. 358 f.; Läffler, Svenska Landsmâlen, XIII, 9, s. 5) zu gründe liegt. Dieses scridi- finni soll wohl skridfönnar bedeuten, also: „auf Schneeschuhen lau- fende finnen" zum unterschied von den eigentlichen, in Finland woh- nenden finnen. Nur selten findet man in mittelalterlichen Schriften den namen finni = läppen, so bei (Ptolem.eüs finnoi und) bei Jor- danes finni mitissimi, „Scandza? cultoribus omnibus mitiores", unter welchem namen wahrscheinlich die läppen verstanden werden.

In Norwegen bleibt dann der name finnr, finn der bis auf unsere tage gewöhnliche, in Schweden aber wird er von dem worte lapp ersetzt. Dieses wort findet man zum ersten mal bei Saxo (f 1206), der von „utraque Lappia" spricht; in der altnorwegischen und altisländischen literatur kommt es nur in wenigen beispielen vor; Fritzner, Ordbog8, II, s. 419, hat nur zwei ci täte davon.

Das wort lapp scheint von den finnen zu den Schweden ge- kommen zu sein, wo es dann den ursprünglicheren namen des volkes verdrängt hat. Im finnischen hat lappi im allgemeinen „das im nor- den gelegene, noch nicht von festen bewohnern besetzte land" be- deutet, wie aus dem gebrauche des Wortes in den jetzigen dialekten (vgl. Castren, Resor och Forskningar, V, s. 6) deutlich hervorgeht, und das wort lappalainen bedeutet r einen, der in Lappi wohnt", also einen läppen. In der literatur findet man indessen auch viele

*) Nachdem das obigo schon gesetzt war, sehe ich aus den Zeitungen, dass prof. Genetz in einem vor der F.-Ugr. Gesellschaft in Helsingfors 18 " '3 95 gehaltenen vortrage da9 wort «ahme dem f. Häme gleichgestellt hat; die Schwierigkeiten scheinen mir indessen bei dieser Zusammenstellung noch grösser zu sein als bei «ahme = «mmi.

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andere erklärungen des Wortes lapp (vgl. besonders Castren, a. a. o., s. 3 ft', und Düben, Lappland och lapparne, s. 1 ff.), wo man es mit allerlei anderen finnischen und lappischen Wörtern zusammen- stellt, besonders mit f. loppu „ende*4. Auf dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft kann jedoch eine solche Zusammenstellung wie lappi = loppu (die übrigen sind noch abenteuerlicher) kaum ge- macht werden. Die bedeutung von loppu stimmt wohl einiger- maßen mit derjenigen des lappi überein (dies wäre dann etwa .das ende der erde"), eine wechsluug a o ist aber noch problema- tisch. Es scheint also noch am geratensten bei der oben erwähnten bedeutung von lappi zu bleiben; jedenfalls ist wohl das schwedische lapp (und also mittelbar d. lappländcr etc.) diesem finnischen worte entlehnt.

Wann und wo wurde die nrlappische spräche gesprochen?

Der Übergang der urnnnischen spräche zu den urlappen und das zurückdrängen und aussterben ihrer ursprünglichen spräche können natürlicherweise nicht mit einem schlage, sondern uur all- mählich, während einer längeren zeit vorgegangen sein, während welcher die beiden Völker in der engsten Verbindung mit einander standen. Es ist schwierig näher zu bestimmen, wann diese gegen- seitigen beziehungen begonnen haben. Wir können im allgemei- nen nur sagen, dass die älteste stufe der urlappischen spräche, auf welche wir jetzt zurückkommen können, so alt ist, d die oben s. 8 f. erwähnten Verschiedenheiten von der unmittelbaren mutter der finnischen sprachen darbietet. Wenn man dann mit Thomsen, BFB, s. 36, diese spätere stufe des urfinnischen auf „die ersten jahrhun- derte unsrer Zeitrechnung" verlegt, dürfte man wohl mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit sagen können, dass die mit dem älte- sten urlappischen identische stufe der urfinnischen spräche gegen das ende des ersten Jahrtausends vor Chr. exi- stiert hat.

Es muss weiter in Zusammenhang hiermit hervorgehoben wer- den, dass man bei den im lappischen vorkommenden finnischen lehn- wörtern litauischen Ursprungs spuren von allen urlappischen lautgesetzen findet, auch von den allerältesten wie ë > â.

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Dieser umstand deutet darauf hin. dass kein erhebliches zeitinter- vall zwischen den finnisch-litauischen berührungen und dem ersten Übergang der urfinnischen spräche zu den läppen liegen kann; es wäre ja sonst zu erwarten, dass in der Zwischenzeit eiuige speziell lappische lautgesetze sowohl aufgekommen als möglicherweise auch schon gestorben seien, denn die spräche der läppen kann wohl auch in dieser fernen période kaum viel konservativer gewesen sein als in späteren zeiten, wo die jetzigen, von einander so gewaltig ab- weichenden dialekte während einer verhältnissmässig kurzen période (etwa 1000 jähren) sich entwickelten. Da weiter nach Thomsen, BFB, s. 152, die erste berührung zwischen den finnen und den li- tauern wenigstens am anfang unsrer Zeitrechnung, vielleicht aber so- gar noch früher stattgefunden hat, kommen wir also auch auf die- sem wege zu der soeben angeführten Zeitbestimmung fltr den anfang der nrlappischen période.

Auch die untere grenze der urlappischen spräche, d. h. das ende der urlappischen période und der anfang der dialektensplitte- rung, ist schwierig genau zu bestimmen. Da es uns ja an allen literarischen denkmäler aus dieser alten zeit gebricht, müssen wir uns mit einer Untersuchung der aus der vermuteten Übergangszeit stammenden lehnwörter behelfen. Es ist indessen schwierig auch mit deren hilfe einige haltepunkte für das kronologische bestimmen der anfangenden dialektzersplitterung zu erhalten. Ich habe früher (im Journal de la Société Finno-Ougrienne, X, s. 147) angenommen, dass dies durch das verhalten der russischlappischen dialekte eini- germassen bestimmbar sei. Die jetzigen russischen läppen haben nämlich ohne zweifei ihre heutigen, von jeder innigeren berührung mit den skandinavern getrennten wohnplätze auf der Kolahalbinsel schon vor dem ende der urnordischen zeit, d. h. vor circa 700 j. n. Chr., eingenommen. Es wird dies durch das vorkommen in ihren dialekten von nur urnordischen, aber keinen späteren nordischen lehnwürtern bewiesen. Da man nämlich von einem zurückweichen der skandinaver aus diesen gegenden nichts weiss, kann man ja das vorkommen von nur urnordischen Iehnwörtern in den russisch- lappischen dialekten nicht anders erklären als so, dass sich die rus- sischen läppen schon in urnordischer zeit aus dem Wirkungskreise

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der skandinaver entfernt haben. [Diese migration ist vielleicht am nächsten durch das hervordringen der karelischen Stämme gegen norden verursacht worden. ] Vgl. näher a. a. o., s. 147. Es ist aber unzulässig dies, wie ich a. a. o. gethau habe, mit der anfan- genden dialektzersplitterung im urlappischeu in Verbindung zu setzen. Es ist ja nämlich offenbar, dass die urlappische spräche, obgleich Uber eine weit grössere fläche als vorher ausgebreitet, sich noch ge- raume zeiten im grossen und ganzen einheitlich bewahren und über- all in gleicher weise entwickeln konnte. Im wortvorrate können vielleicht jedoch die verschiedenen teile des urlappischen Sprachge- bietes von einander etwas differiert haben, und zwar in solcher weise, dass die westlichen und südwestlichen urlappen, welche in regerer verbiuduug mit den skandinavern standen, mehr urnordische lehnwörter als die übrigen in ihre spräche aufnahmen, während die östlichen sich eine grössere zahl finnischer (oder vielleicht schon karelischer) elemente aneigueten.

Aber auch durch hinzuziehen der lehnwörter können wir keine bestimmteren data erhalten; wir können, wenigstens vorderhand, nur sehen, dass das urlappische noch zu der zeit lebte, als diese oder jene ausserlappischen lautgesetze noch wirkten. Durch die Untersuchung der finnischen lehnwörter finden wir demnach, dass das urlappische noch zu der zeit lebte, als folgende urfinnische und zum teil auch spätere lautgesetze zu wirkeu begonnen hatten:

1) 5>ä. Es heisst N. F. hilla „glühende kohle" neben L. & Ö. sjila, sjill id. = f. hiili, tscher. Sol; die form hilla ist noch in url. zeit geliehen, wie das a <C * zeigt. Ebenso X. F. mattet (lies mahltet) ».können" = f. maJitaa, mordM. maëtan, wo e < a ein urlappisches lautgesetz ist.

2) s > ä. Es heisst N. F. gilhe „brautgeschenk" über f. hihla aus urn. *slslay an. g'tsl wo c < a in urlappischer zeit geschehen ist.

3) (i>si: N. F. moarsse „braut" über f. morsian aus lit. marii; das i scheint beim Übergang ins lappische geschwunden zu sein (vgl. f. asia = X. F. aSSe)\ e < a urlappisch (oder ist hier ia > c ?P). Andere sicherere beispiele dieses Überganges in urlap- pischen Wörtern habe ich aber nicht gefunden ; das beste wäre wohl X. F. harcca-muorra „galgen" = f. hirsi-puu, welches, wie i > a

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zeigt, urlafipiscli ist; das c könnte aber möglicherweise hier, wie so oft anders, aus t entwickelt sein. Die beispiele N. F. eisevakldc „obrigkeit" = f. esivalta; N. F. hirsa „balken" = f. hirsi; N. F. giel- labarssa „mundart" f. kielenparsi sind deutlich in der jüngsten zeit geliehen und das a der beiden letzteren ist nicht in url. zeit aus i entstanden, sondern ist dasjenige a, das zu allen in neuerer zeit entlehnten noraina gefügt w ird. Das wort N. F. gassa „klaue, nagel" = f. kynsi hört nicht hierher; der jetzige finnische stamm kynte- ist nämlich, wie die übrigen sprachen zeigen, sekundär, durch die analogie von kansi: kannen etc. aufgekommen: mordM. kenrjä, kentfi, mordE. kätiS, syrj. gyz etc. (Donnée, Vgl. Wb. 260). Das etymon von N. F. bo^sa „feder", vgl. f. ponsi ist unbekannt.

4) tfn>nn: N. F. tadne „festung", Ter lawne „Stadt" = f. Unna, wo nn auf urf. dn zurückgeht (Setälä, YSAH, s. 150). Das dn in N. F. ladne geht auf url. nn zurück (vgl. die form aus Ter); I > a und a > e sind urlappische lautgesetze.

5) dr (dr) > ur, yr: N. F. nœvrre „schlecht" = f. nmjrä <*neyrä <*nedrä; N. F. beevrre, bcevrek „langbeiniges renntier" = f. peura <*pcrfra; N. F. buvro „brei" (könnte auch in jüngerer zeit entlehnt sein) = f. puuro < *pudro (Sktälä, YSÄH, s. 143). Es wäre jedoch möglich, dass diese Wörter schon in der form mit -dr- ins lappische aufgenommen wurden und dass der Übergang dr>ur urlappisch ist (vgl. den urlappischen Übergang von

vor stimmhaftem konsonanten: um. fem. */ajrö, au. fogr > N. F. favrro »schön" etc.). Sonst wird jedoch ein dr metathesiert: urn. Veâra, an. ledr >Lul. ler*otd etc. „leder".

6) s>karel. S. Folgende russisch-lappischen Wörter scheinen darauf zu deuten, dass das urlappische noch nach dem auftreten des karelischen 5<s lebte: Ter Saikke, Kiidin SaM „schwehr = kar. ëiga, f. sika; Ter, Kiidin, Àkkala Surr „gross; herr" = kar. iuuH, f. suuri. Dieses ë kann nicht aus russisch lappischen lautge- setzen erklärt werden, sondern muss aus dem karelischen stammen. In url. zeit müssen diese Wörter auch entlehnt sein; darauf deutet das t > a und a > e in ëaikke und das i > a > in Surr. Das ë kann liier auch nicht einen ursprünglicheren Standpunkt als das fin- nische s spiegeln, denn das s in sika geht auf ein / zurück (Sktälä,

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YSÄH, s. 8) und das s in suuri wohl auf ein um. (*$töraz etc.).

Auch durch Untersuchung der nordischen lehnwörter kann man einige data filr das chronologische bestimmen der unteren zeit- grenze des nrlappi8chen gewinnen. In urlappischen Wörtern findet man nämlich beispiele von folgenden im nordischeu durchgeführten lautgesetzen, welche also schon in urlappischer zeit gewirkt haben:

1) ai > ä vor r : got. air, an. âr „früh" J> N. F. arrad adj. „früh" ; es ist jedoch etwas unsicher, ob dieses wort schon in urlappischer zeit aufgenommen wurde.

2) Anlautendes j ist um 700 weggefallen: urn. *osta-, an. ostr „käse" > N. F. vuosta id.; alter jedoch unsicher.

3) ß vor i ist in um. zeit geschwunden: um. *näßW>*nälö, au. npl „nadel" > N. F. nallo id.

4) Iß, sind vor 900 zu //, nn assimiliert worden: um. *gulla?, an. gull „gold" >• N. F. golle id.; urn. *sannaR?, an. sannr „wahr14 >N. F. sadnes id. Diese beispiele erregen einige bedenk- lichkeiten, weil der nordischen chronologie gemäss die assimilation von Iß, viel jünger sein muss als die synkope von a nach langer Wurzelsilbe (vgl. Nobeen in Paul's Grundr. der germ. Phil., I, s. 422 f.). Da man von einer derartigen assimilation auf lappischem boden

nichts weiss, kann man solche formen wie golle, sadnes nur so erklären, dass die assimilation von Iß, in dem nördlichen gebiete der urnordischen spräche viel früher eintrat als in dem übrigen.

5) Einige entlehnte schwache feminina zeigen im lappischen eine form auf -e, welches c in urlappischer zeit aus -a entwickelt sein muss. Schon in urlappischer zeit sollte also der nom. sing, auf •a bei den schwachen feminina vorkommen. Beispiele sind: an. mfcta „mühe" >Lul. müöle id. etc.; an. sigla „mast" >N.F. sivüe neben sivllo id.; an. syra „saure molken" > N. F. suvrre neben stwrro id. Der Übergang von nasaliertem ö zu a im nom. sing, der schwachen feminina gehört der späteren urnordischen zeit an.

6) i-umlaut (schon um 700): an. sperra, obl. -o „Sparren" > N. F. sp&tro „Sparren in einer erdhütte".

Noch ein umstand scheint für die chronologie des urlappischen von gewicht zu sein. Das wort N. F. sivdnedet „segnen ; erschaffen" ist nämlich, wie es die eudung bekuudigt, über f. siunaan «*««-

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nadan) ans aschw. sùjna „segnen" entlehnt. Das lappische c = f. a spricht für entlehnung in urlappischer zeit, in das linnische kann das wort aber nicht vor dem anfange der christlichen zeit, also vor dem zwölften jahrhundert hineingekommen sein. Nach dem aus- weise von sivdnedet sollte also die urlappische période noch zu die- ser zeit nicht abgeschlossen gewesen sein, was jedoch kaum wahr- scheinlich sein kann. Das wort hat wohl also sein e durch analo- gie aus der sehr zahlreichen klasse von verba auf -edct erhalten.

Die Schlüsse, die wir aus dieser Untersuchung ziehen können, sind also die, dass die urlappische spräche am ende der ur- finnischen und urnordischen période sowie am aufang der (spezial)finnischen und (möglicherweise auch) karelischen période noch als eine einheitliche spräche existiert hat. Wir können noch hinzufügen, dass das urlappische noch so spät lebte, dass es über das finnische slavische lehn- wörter erhalten konnte (N. F. harcca-muorra, tnœrre, ra$je etc). Eine näher bestimmte grenze können wir aber vorderhand nicht er- halten. Es ist mir nämlich nicht gelungen solche lehnwörter zu finden, welche iu den ersten Zeiten nach der dialektzersplitterung ent- lehnt wären und deren grundform chronologisch sicher bestimmbar sei.

Die untere grenze der urnordischen spräche wird um 700 j. nach Chr. gesetzt; die ältesten slavische n lehnwörter im urfinnischen (welche ja jedoch wieder jünger siud als die germanischen und li- tauischen) scheinen auch um dieselbe zeit, wenn nicht sogar noch früher, hineingekommen zu sein (vgl. Mikkola, Berührungen zwi- schen den westfinnischen und slavischen sprachen, I, s. 29 f.); endlich müssen die verschiedenen finnischen Stämme wenigstens um 800 n. Chr. im grossen und ganzen ihre jetzigen wohnplätze eingenommen haben (vgl. Thomsen, BFB, s. 37 f.); möglicherweise haben also schon zu dieser zeit ihre besonderen sprachen sich auszubilden be- gonnen. Wir können also daraus schliessen, dass die urlappische spräche wenigstens noch im achten jahrhundert n. Chr. als eine einheitliche spräche existiert haben muss; es ist aber noch unbekannt, zu welcher zeit sie sich in dialekte zu zersplittern angefangen.

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Die grenzen des urlappischen Sprachgebietes sind viel leichter zu bestimmen, d. h. die grenzen desselben in der jünge- ren urlappischen zeit. Es hat die nördlichen teile der skandi- navischen halbinsel, die Kola-halbinsel, das innere von Finnland sowie die angrenzenden teile von Russland umfasst.

Auf der skandinavischen halbinsel haben die läppen zu dieser zeit wahrscheinlich das ganze jetzige Lappland sowie das norwe- gische Finnmarken innegehabt. An die küste sind sie wohl jedoch nur zufällig gekommen, um zu tischeu oder zu handeln; hier sassen gewiss schon in späterer urnordischer zeit germanen. Die ältesten berichte von der südgreuze der läppen haben wir in der altis- ländischen Eyilssaga, wo im zehnten kapitel von den fahrten Thorolf Kveldulfssons im winter 872—873 in Finnmarken, d. h. im bezirke der finnen (= läppen), erzählt wird. Thorolf wohnte damals zu Torgar in der nähe des jetzigen Bruno (65° 30') und die saga erzählt, dass er rgerdi um vetrinn ferd sina â fjall upp", d. h. im winter hinauf iu die gebirgsgegenden fuhr, wo er die Steuer der läppen holte und mit ihnen handelte; im frühling kam er nach Sandnes auf der in der mündung des Vefsenfjords gelegenen Al- steninsel (66°) zurück. Den nächsten winter begab er sich nochmals zu den läppen (Egilss., kap. 14) und „kom af fjallinu ofan i Vefsni" zurück, d. h. kam von deu gebirgen nieder in Vefsen. Man kann diese erzählung nicht anders deuten, denn als dass die läppen, bei welchen er die Steuer holte, eben in den gebirgsgegenden ober- halb des Vefsenfjordes, also östlich von demselben, wohnten. Diese gegenden entsprechen aber den südlichsten teilen vom jetzigen schwedischen Lappland, wo also nach der erzählung der Egilssaga in der mitte des neunten jahrhunderta läppen wohuten. Auch der bekannte Ottar aus Hâlogaland berichtet (in der bearbeitung köuig Alfreds von der Weltgeschichte Orosii aus ca. 893), dass zu seiner zeit läppen auf den gebirgen östlich von Norwegen, d. h. östlich von Hâlogaland, dem jetzigen Nordlands aint etc., wohnten. Die läppen werden auch viel früher als in den nördlichen teilen von Skandinavien wohnend erwähnt, zuerst von (Ptolem^üs im zweiten jahrh. n. Chr.?, vgl. Thomskn, BFB, s. 30, n. 3) Prokop und Jor- danes iu der zweiten hälfte des sechsten jahrhunderts ; aus diesen

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erzählungen gewinnt man aber keine genaueren nachrichten Uber ihre damalige ausbreitung. Man hat manchmal (z. b. Düben, Lapp- land och lapparne, 8. 349, 354 ff.) behauptet, dass auch die „fenni", von welchen Tacitus in seiner Germania erzählt, läppen waren und dass also die ersten nachrichten von den läppen schon aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. stammen. Diese meinung scheint jedoch unrichtig zu sein, indem diese „fenni" eher den fiunen als den lap- pen entsprechen dürften, wie schon Yrjö-Koskinen, Tiedot Suomen- suvun muinaisuudesta, Helsingissä 1862, s. 107 ff. hervorgehoben. Wenn Tacitus nämlich mit seinen „fenni" die läppen gemeint hätte, hätte er sie wohl in Verbindung mit den „suiones" und „sitones* als auf der skandinavischen halbinsel wohnend genannt und sie nicht, wie er es thatsächlich thut, zusammen mit den „sestui" und „veneti" ostwärts von der Ostsee verlegt, wo zu seiner zeit nur die eigentlichen ftnnen gewohnt haben können.

Man hat früher oft behauptet, dass die läppen einst über die ganze skandinavische halbinsel und sogar noch weiter gegen Süden verbreitet gewesen seien, indem man das volk des s. g. steinalters mit den läppen identifizierte, die in den altnordischen sagen häufig erwähnten zwerge für läppen hielt, allerlei Ortsnamen in südlichen gegenden aus der lappischen spräche erklärte u. s. w. Diese hy- pothèse hat sich jedoch bei der entwickelung der Wissenschaft nicht aufrecht erhalten können und muss jetzt entschieden zurückgewiesen werden, da alle für dieselbe hervorgezogenen beweise sich als völlig unrichtig erwiesen haben. Wir brauchen in dieser frage nur auf die gründliche darstellung von Düben, Lappland och lapparne, s. 367 ff., verweisen, wo alle diese beweise kritisch beleuchtet werden. Nur eins sei noch hier bemerkt! Man könute vielleicht eine stütze für die ehemalige weitere Verbreitung der läppen in Skandinavien darin suchen wollen, dass man auch in den mittleren und südlichen teilen von Schweden solche alte steingeräte gefunden hat, welche deutlich zu dem s. g. arktischen steinalter, welches den läppen zu- geschrieben wird, gehören (vgl. z. b. Montelius in Sveriges histo- ria I, 1877, s. 76 ff.). Es ist aber natürlich, dass diese funde nichts anderes zu zeugen brauchen, denn als dass auch in sehr alten Zei- ten eine rege Verbindung zwischen dem norden und südeu Skandi-

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naviens bestand, worauf ja auch u. a. die fuude von südskaudina- vischen feuersteingeräten in Westerbotten etc. deuten (Byske elf, 65° n. br.; vgl. Antiqvitetsakademiens Mânadsblad 1876, s. 226 ff.).

Dass die läppen in urlappischer zeit im jetzigen norwegischen Finnmarken gewohnt haben, bedarf wohl keines näheren beweises. Wie unten gezeigt werden wird, standen sie auch hier schon in urnordischer zeit in berührung mit den skandinavern.

Dass sie sich ferner schon in urnordischer zeit über die Kola- halbinsel verbreitet hatten, wurde oben s. 15 gezeigt. Auch der soeben erwähnte Ottab aus Hàlogaland erzählt von den hier woh- nenden läppen. Er sagt, dass das land der „Ter-flnnen" ganz öde war, ausser wo jäger, Vogelfänger oder fischer hausten. Dass es „öde" war, bedeutet natürlicherweise nur, dass es dort keine festen wohnstätte gab.

Von der ausbreitung der läppen in Finnland in urlappischer zeit haben wir keine direkten berichte. Dass sie jedoch hier zu dieser zeit viel mehr verbreitet waren als jetzt, können wir schon aus dem umstände verstehen, dass die läppen nur hier (und in den angrenzenden teilen von Russlaud) ihre spräche den finnen entneh- men konnten. Die historischen berichte über die läppen in Finn- land gehen nur in das sechzehnte jahrhundert zurück; sie zeugen jedoch ganz unverdeutbar davon, dass es noch damals läppen sogar auf den ufern von Saima gab. In den Steuerregistern aus den jäh- ren 1551 und 1554 werden nämlich läppen in der gegend von St. Michel erwähnt (vgl. Gebhabd, Savonlinnan läänin oloista vuoteen 1571, Helsingissä 1889, s. 2 f.) und in Steuerregistern aus derselben zeit findet man mehrere läppen im nördlichen teile von Savolax (vgl. SALENIU8, Tietoja Tavisalmeu eli Kuopion pitäjästä vuosilta 1548— 1626, Kuopiossa 1882, 8. 3 fi'.).

Auch in Russland muss man sich mit etwas späteren berichten über die ehemalige Verbreitung der läppen begnügen. Die erste diesbezügliche mitteilung stammt aus dem vierzehnten jahrhundert, wo ein russischer mönch Lazarj, der am östlichen ufer des Onega- sees lebte, erzählt, dass läppen und tschuden um den Onega-see wohnten, und von allem berichtet, was er von ihnen auszustehen hatte (vgl. Haruzin, PyccKie Jlonapn, s. 17 ft'.). Auf gruud einer

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reilie von Ortsnamen hat man wohl (vgl. Smirnoff, üepMHKij, Ka- 3an& 1891, s. 98 ff.) schliessen wollen, dass das gebiet der läppen einst auch die gegenden nm den Dwina-fluss und den Suchona um- fasst habe. Der hierfür hervorgezogene beweis, das vorkommen von Ortsnamen auf -nga sowohl im russischen Lappland als in den ge- nannten gegenden, ist jedoch ganz unzureichend die etymologie der betreffenden namen ist ja noch zum grössten teile unbekannt und das vorkommen desselben suffixes in ihnen ist also vielleicht ganz zufällig. Der gedanke liegt indessen nahe, dass dieses suffix -nga das alte, in vielen finnisch-ugrischen sprachen vorkommende adjektiv- suffix -w, welches Setala in Festskrift til Vilhelm Thomsen, Keben- havn 1894, s. 237 ff., aufgewiesen, abspiegeln könnte. In diesem falle könnte man jedoch aus dem suffixe nichts für die nationalität dieser Ortsnamen schliessen; wenn man andere characteristics nicht hätte, könnten sie dann ebenso gut wogulisch wie ostjakisch, mord- winisch wie tscheremissisch, finnisch wie lappisch etc. sein. In die- sem zusammenhange mag es bemerkt werden, dass wenigstens zwei von den auf der Kolahalbinsel vorkommenden russischen ortsnamen- formen auf -nga im lappischen auf -j endigen, welches j sehr gut auf n zurückgehen könnte (Setälä, a. a. o., s. 238): Esom-a, Jo~ konga heisst im lappischen Jovkujy Joßuj, Jovk-jokk, HyÄeHwa od. TiDAeHBra heisst Öuvdgaj (IlenenTa heisst Peaccem; alles nach dem im GENETz'schen wörterbuche mitgeteilten Ortsnamenverzeichnisse; andere namen auf -nga sind dort nicht erwähnt).

Aus diesen berichten, wenn auch alle nicht in sehr hohes alter hinaufreichend, dürfte man also mit ziemlicher Sicherheit schliessen können, dass das urlappische gebiet am ende der urlappischen pé- riode im grossen und ganzen die oben s. 20 erwähnten gegendeu umfasste. Von der noch früheren ausbreitung der läppen kann man vorderhand nur Vermutungen hegen. Es ist wohl einleuchtend, dass sie von osten her in die nördlichen teile Skandinaviens kamen; ob ihr gebiet einst gegen osten, im norden von Bussland grösser war, d. h. ob sie auch nach Finnland und dem Onegagebiete von osten her gekommen sind, das ist jedoch noch nicht zu entscheiden. Viel- leicht werden künftige Untersuchungen über die archäologischen ver-

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hältnisse Noid-Kusslauds auch auf die Vorgeschichte der lappeu neues licht werfen.

Berührungen des urlappischen mit anderen sprachen.

An den grenzen ihres weit ausgedehnten gebietes standen die alten läppen in sehr reger Verbindung mit ihren nachbaren, den fin- nischen Stämmen im Südosten und den skandinavischen ausiedleru an den küsten des Atlantischen ozeans und des Eismeeres sowie am westlichen gestade des Bottnischen meerbusens. Von diesen be- riihrungen gewahrt man sehr viele spuren, lehnwörter, in der ur- lappischen spräche, und diese lehnwörter sind auch eine der besten quellen für unsere kenntnisse von der geschiente des urlappischeu.

Die beziehungen der läppen zu den fiunen reichen, wie schon bemerkt, in eine sehr alte zeit hinauf. Es war ja die spräche der urfinnen, gegen welche die urlappen ihre ursprüngliche spräche all- mählich vertauschten, und auch nachdem dies im grossen und ganzeu vollbracht war, dauerten diese nahen beziehungen zwischen ihnen fort uud haben bis in unsere tage bestanden. Bei einer durchmu- steruug des urlappischen Wortvorrates findet man auch eine sehr grosse menge von finnischen lehnwörtern aus verschiedenen zeiten zuerst diejenigen Wörter, welche die oben s. 8 f. erwähnten cha- racteristica zeigen uud also zu dem ersten, grundlegenden wortvor- rate der neuen spräche der läppen gehören, dann eine menge von Wörtern, in welchen die speziell urfinnischen lautgesetze schon ge- wirkt haben, wo z. b. ein ë schon zu h verändert ist, z. b.: N. F. haha „böse, schlecht" neben älterem buöSSe „hart, dreist, übelK = f. paha, n. s. w. (solche wortdublette sind nicht selten), und schliesslich auch solche, in welchen auch speziell finnische (suomi-) lautgesetze zum Vorschein kommen, z. b.: X. F. ladne „festung", Ter lainne „stadt" = f. Unna < * lidna. Es ist natürlicherweise oft unmöglich näher zu bestimmen, aus welcher zeit ein lehnwort aus dem filmischen iu das urlappische gelangt ist so z. b. kann das wort N. F. albme „himniel; unwetteru = f. ilma eben so gut in äl- tester als iu jüngster urlappischer zeit entlehnt sein; aus der form

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des Wortes kann man darüber keine bestimmteren Schlüsse ziehen. Nicht selten sind ferner wortdublette, solche Wörter, die zweimal entlehnt worden sind, wie die soeben erwähnten N. F. buôSée nebeu baha ans f. paha; N. F. vuolgget „abreisen" neben algget .anfangen" aus f. alkaa, wo vuolgget wahrscheinlich früher als algget geliehen ist.

Die zahl der finnischen lehnwörter ist nicht in allen dialekten dieselbe; im norden ist sie am grössten und nimmt gegen Süden all- mählich ab. Es ist dies gewiss nicht ausschliesslich so zu erklären, dass alle solchen ins urlappische aufgenommenen finnischen lehn- wörter einmal auch in den südlicheren dialekten bekannt waren und dann ausser gebrauch gekommen sind (oder in die Wörterbücher nicht aufgenommen wurden). Vielmehr ist der wortvorrat in verschiedeneu Uliappischen gegenden nicht ganz einheitlich gewesen, was bei der sehr grossen ausdehnung und dabei auch sehr dünnen bevölkerung des Sprachgebietes leicht erklärlich ist. Als beispiele von finnischen lehnwörtern, die man in südlichen dialekten vermisst, mögen hier nur die folgenden genannt werden: N. F. galbba „schild" = f. kilpi, nicht in Lule lappmark und bei L. & ü.; N. F. hidaè „eine kleine mückenart" = f. hyde, nicht in Lui. und L. & Ö.; N. F. sokka, G. sooko rgeschlechttt = f. suku, nicht bei L. & Ö.

Aus den oben s. 17 erwähnten umständen scheint es hervor- zugehen, dass die läppen schon in urlappischer zeit auch mit den kareliern in Verbindung gestanden sind. Es ist dies auch aus historischen gründen leicht erklärlich; die karelier wohnten wohl nämlich zu dieser zeit von allen finnischen Stämmen am nördlichsten und sind schon sehr früh nach den ufern des Weissen meeres ge- langt. Wie Storm in Det Norske Geografiske Selskabs Aarbog, V, 1894, s. 91 ff. neulich gezeigt hat, war es nämlich karelier, welche Ottar aus Hâlogaland in der mitte des neunten jahrhunderts am Weissen meere (und zwar am Kandalax-buchte und nicht, wie ge- wöhnlich angenommen wird, an der Dwiua-münduug) traf. Ob auch alle diese alten „bjarmer** karelier gewesen und nicht vielleicht ein teil derselben zu den permischen Völkern gehörte, ist eine noch offene frage (vgl. hierüber auch die auseinandersetzungeu von Smir- noff in üepMflKH, Ka3ant 1891). Im letzteren falle hätten vielleicht

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die urlappen auch mit den permierii einige verbiudung gehabt; keine spuren davon sind jedoch zur zeit nachweisbar.

Dass die läppen in alter zeit mit den samojeden irgend welche Verbindung gehabt hätten, ist wohl kaum wahrscheinlich. In unseren tagen sind sie freilich gewissermassen nachbaren, indem ja die samojeden ihre Wanderungen bis zu der halbinsel Kanin am Weissen meere ausdehnen; es ist aber unbekannt, ob sie auch im altertum so weit gegen westen gingen. Jedenfalls hat wohl das meer sie von jeder berührung mit den läppen abgesperrt.

Die berührung der läppen mit den russen ist verhältnismässig jung. Im dreizehnten jahrhundert scheinen die ersten russen zu der Kolahalbinsel gelangt zu sein; die beziehungen zwischen Russland und diesen entlegenen gegenden blieben jedoch anfangs sehr unbe- deutend, vgl. Haruzin, PyccKie .Tonapn, s. 33 ff. In urlappischer zeit bestand also keiue direkte Verbindung zwischen läppen und slaven; von der indirekten, siehe unten s. 44 f. Keine von den lehn- wörtern, die direkt aus dem russischen aufgenommen sind, zeigeu auch spuren von urlappischen lautgesetzen. Solche in N. F. vor- kommende lehnwörter sind: morëëa „wallross" <russ. MOpxi id.; oppct „ununterbrochen, wiederum" <! russ. onan» id.; rassa „mal* << russ. pa3t id.; spiri „tier" über(P?) karel. zviefi aus russ. 3Btpb id.; ëavkka „mutze" <C russ. inansa id.; viersta „werst (weg- mass)" < russ. Bepcra id. Von diesen Wörtern ist spiri auch iu das schwedisch-lappische gedrungen: spiri »bestia, vildjur" bei Ganander (nach L. & Ö.). Das wort L. & Ö. orotes, Lule ürütis, N. F. uradas, uragas, (dial.) urodas „raubtier" hat eine merkwür- dige, doch wohl zufällige ähnlichkeit mit russ. ypojn, „missgeburt, missgestaltete ausgeburt, krüppel; ungeheuer; grässlicher, garstiger mensch".

Schon in sehr alter zeit hatten sich skandinavische ansied- ier au den ufern von Hälogaland (65 °— 69 V20) und Westerbotten, auf den beiden Seiten der skandinavischen halbinsel festgesetzt. In Westerbotten, am westlichen ufer des Bottnischeu meerbusens, reichen die skandinavischen altertümer aus dem eisenalter bis nach Piteä (vgl. Hildebrand in Antiqvarisk Tidskrift for Sverige, LI, 1869, s. 230. uud SiDENRLADH, ib. s. 202). Wenigstens in der spätesten

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urlappischeu zeit haben also skandinaver liier bis an 65° 20' ge- wohnt. Am norwegischen ufer streckte sich die feste bebauung durch skandinaver schon im neunten jahrhundert bis nach Malangen und Senjen (69 lf2 °), vgl. Storm, a. a. o., s. 93. Dass jedoch skan- dinaver schon in urnordischer zeit, also vor dem achten jahrhundert n. Chr., noch nördlichere gegendeu, wenn auch nur zufällig, besucht haben, geht aus einigen lappischen Ortsnamen in Finnmarken unver- deutbar hervor. Ein solcher name wie Mähkar-av'jo (Qvigstad, NL, s. 230) „Mageron" (auf welcher das Nordkap liegt) kann nur in ur- nordischer zeit geliehen sein, als das wort an. oy „in sei" noch die form * aujö hatte ; es muss bemerkt werden, dass dieses av'jo, so viel bekannt, in keinem lappischen dialekte selbständig mit der be- deutung „insel" vorkommt; in diesem falle könnte es ja in dem na- men Mähkar-av'jo nur eine spätere Übersetzung des an. ey sein. Noch ein solches beispiel ist Gai-wödna „Käfjord" in Alten; die Zusammengehörigkeit dieser beiden Wörter kann nur in dem falle erklärt werden, wenn man die lappische form als die ursprüngliche annimmt und das norwegische à als über ä aus ai entstanden; der Übergang ai > ä ist aber urnordisch. Einige andere, obwohl nicht ebenso deutliche beispiele könnten auch genannt werden. Da, wie wir oben s. 20 gesehen haben, die läppen wahrscheinlich schon am ende der urnordischen zeit Uber das ganze jetzige schwedische Lapp- laud verbreitet waren, können wir also mit leichtigkeit bestimmen, in welchen gegenden diejenigen berührungen zwischen skandinavera und läppen stattgefunden haben, welchen die lappische spräche die gewaltige anzahl von urnordischen lehnwörtern zu verdanken hat.

Die zeit, wann die beziehungen zwischen den läppen und den skandinavera begannen, kann durch sprachgeschichtliche erwägungen insoweit bestimmt werden, dass man mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, dass die lappisch-nordischen berührungen, d. h. die aufnähme von nordischen lehnwörtern in das lappische, nach der durchführuug gewisser urnordischer und urlappischer lautgesetze, aber vor dem eintreten gewisser anderer eingetreten haben muss. Wenn wir zuerst die spuren von schon durchgeführten urnordischen laut- gesetzen in den lehnwörtern durchmustern, werden wir also finden, dass es in ihnen

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1) kein beispiel von dem langen ä- gibt, welches in urnordischer zeit in ö übergegangen ist; es heisst z. b. N. F. nailo „nadel" < urn. *nälö, an. ndl id. gegenüber f. neula < got. nêpla etc.; N. F. manno „mond; monat" < urn. *mänö, an. mdne id. gegenüber got. mena „mond". (N. F. miekke „schwert" ist wahrscheinlich über f. miekka aus got. mêkeis oder urn. *mCehiz > *mäkiz, an. mékir id. geliehen, vgl. unten s. 39).

2) Man findet weiter kein beispiel von beibehaltenem p vor l: es heisst X. F. nallo < urn. *nälö < *nêplô gegenüber got. nlpla.

In den älteren umordischen lehn Wörtern noch nicht einge- tretene urnordische lautgesetze sind dagegen:

1) at > ä in gewissen Stellungen; es heisst z. b. Lui. lai'nc, gen. la'ionë „gäbe4* < urn. *laihna, au. lân „lehn"; N. F. sarje „wunde" « *saire) < urn. *saira, an. sdr id.; vgl. aber oben s. 18,i.

2) eo, eu > to, tu; es heisst z. b.: N. F. dievddo „mannsper- son" < urn. *ßeudö, an. piâd „volk\

3) Synkope von unbetontem vokal in kurzer silbe, z. b.: N. F. rasse „gras44 < urn. *$rasa, an. gras id.; N. F. smidda „Schmied; geschickt" mit a<u < urn. acc. sg. *smidu (Noheeh, Aisl. gr.8 § 293,0, an. smidr „künstler; schmied4*.

4) z > palat r (R), z. b.: N. F. gussa, Jamtland gm*s* „kuh4* < um. *küz, an. kyr id.

5) "Wegfall von anlautendem j: N. F. ja „und44 <urn. iah id.*) Hieraus können wir also schliessen, dass die aufnähme von ur- nordischen lehnwörtern in das lappische und also auch die berUh- rungen zwischen den läppen und den skandinavern nach dem über- gange von ü' > ä und dem wegfalle von / vor l, aber vor dem übergange von ai > ä; eo, eu >> to, tu; z > R und dem wegfalle von anlautendem j sowie vor der synkopezeit angefangen haben müssen. Es ist jedoch etwas zweifelhaft, ob der mangel an bei- spielen von pl auf das eintreten des Wegfalles von p vor / vor dem anfange der lappisch-nordischen berührungen deuten kann; es gibt

*) Von solchen urnordischen lautgesetzen wie b, d, s > d, g; p > d etc. kann man im lappischen keine sparen erwarten, da sowohl ein X) als ein b von den läppen mit b wiedergegeben wurde, etc.

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uämlich nur eiu einziges beispiel von I < J>1 unter den uraordischen lehnwürtern und es ist sehr möglich, dass dieses einzige beispiel nicht aus der allerersten zeit der berührung stammt und dass es also für die chronologie des anfangs derselben nichts beweisen kann. Der mangel an beispieleu von œ kann jedoch kaum zufällig sein, da es eben nicht wenige beispiele von ä gibt und ausserdem einige von ihneu auch aus anderen gründen in sehr alter zeit geliehen sein müssen, z. b. N. F. manno < urn. *mänö, dessen o auf ein urn. mask. nom. sing. -5 zurückgeht.

Einige von diesen uraordischen lautgesetzen können durch die aussagen urnordischer inschriften einigermassen sicher datiert wer- den. Der Übergang von w > ö ist also schon vor c:a 300 j. n. Chr. durchgeführt worden (Noeeen, Atel. gr. 2 § 54); dem Übergang ai > ä begegnet man schon auf einer brakteateninschrift aus der zeit vor 550 (bewahrtes ai noch auf inschriften aus dem vierten und fünften Jahrhundert; a. a. o., § 57,i); eo, eu ist noch in in- schriften aus der zeit vor 600 bewahrt (a. a. o., § 59); die ersten falle der synkope datieren aus dem ende der urnordischen zeit (c:a 650; a. a. o., § 130); -er ist schon in den allerältesten inschriften (also schon im dritten Jahrhundert) zu R geworden (a. a. o., § 174) und anlautendes j ist schon um 700, dialektisch sogar vor 600 ge- schwunden (a. a. o., § 175, anm. 2 und s. 2G9). Nach den hier vor- gebrachten sprachlichen Zeugnissen müssen also die lappisch-nordi- schen beziehungen schon vor dem dritten jahrhundert n. Chr. ange- fangen haben, oder wenigstens im fünften jahrhundert n. Chr., wenn man nämlich vielleicht zugeben muss, dass auch ein palatales r (R) von den läppen durch s wiedergegeben werden konnte (es wird sonst schwierig zu verstehen, wie die läppen die endung des nom. sing, überall mit vokal -f s und nicht mit vokal -f r wiedergeben konnten; ein teil von den mit diesem suffixe versehenen lehnwörtern sind sicher zu einer zeit entlehnt worden, wo das s schon in R verändert war).

Das vorkommen oder nicht-vorkommen von spuren rein urlap- pischer lautgesetze kann uns nicht in der weise über die chrono- logie der lappisch-nordischen beziehungen aufklären, wie es die spuren von urnordischen lautgesetzen thaten, da wir ja keine alten lappischen Sprachdenkmäler besitzen, durch deren hilfe wir das alter

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der nrlappischen lautgesetze bestimmen komien. Immerhin wird es uns von gewicht sein zu bestimmen, welche von ihnen vor dem an- fange der genannten beziehungen und nach denselben gewirkt haben, indem wir dadurch das alter dieser lautgesetze im Verhältnis zu ge- wissen urnordischen lautgesetzen und also auch zu gewissen durch jahreszahlen mehr oder weniger sicher bezeichneten Zeitabschnitten feststellen können.

Vor dem eintreten der lappisch-nordischen beziehun- gen haben die folgenden urlappischen lautgesetze gewirkt:

anlautendes s vor palatalem vokale zu à; es heisst z. b. N. F. silbba „süber" < um. *silbra, an. silfr id. (Jämtland §iAebue etc. ist durch jämtländische lautgesetze aus si- - entwickelt) gegen- über N. F. ëaldde „brücke" über f. silta aus lit. tUtas id. und N. F. ëaddat „werden; wachsen" = f. syntyä. Im inlaut geht jedoch si auch in urnordischen lehnwörtern zu S über, z. b.: N. F. akëo „axtw

< um. *aksiö, an. ox id.; N. F. aSëo „ein häufen glühender kohlen"

< um. *asip, norw. esja „asche mit glühenden kohlen".

Ob das gesetz ë > c am anfang der genannten zeit noch ge- wirkt hat, ist unsicher, da es im urnordischen keinen Maut gab. Dieses gesetz gehört jedoch zu den allerältesten urlappischen laut- geseteen, so dass es wohl wahrscheinlich ist, dass es schon vor dem eintreten der lappisch-nordischen beziehungen gestorben war. Aus demselben gründe sieht mau in den urnordischen lehnwörtern keine spuren von dem gesetze ë > s (N. F. luossa „lachs" über f. lohi aus lit. Idszis id., etc.).

Nach dem anfange der berührungen zwischen den läppen und den skandinavern haben also alle jüngeren lautgesetze ge- wirkt, z. b.:

c > ä, z. b.: N. F. sp&rro „sparren in einer lappischen erd- hütte" < an. sperra, cas. obl. -o „Sparren".

i ;> «, z. b.: N. F. vakko „woche* < um. * wikp, an. vika id.

u > o, z. b.: N. F. dokkit „taugen" < um. *du$~, an. duga id.

unbet. a > c, z. b.: N. F. dadne „zinn" < urn. *<wa, an. tin id.

unbet. u > a, z. b.: N. F. giclte „kiel" < um. *keluz, an. kiolr id.

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Von der auf diese weise relativ bestimmten zeit au hat dann die berUhrung der läppen mit den skandiuavern durch die ganze urlappische zeit (vgl. jedoch oben s. 15 bezüglich der Kola- läppen) und bis auf unsere tage ununterbrochen bestanden.

Die zahl der umordischen lehnwörter ist in verschiedenen lap- pischen dialekten sehr verschieden; im nordosten, auf der Kola- halbinsel, ist sie am geringsten*) und nimmt gegen Süden immer mehr zu. Dieser umstand ist ebenso zu erklären wie die ungleich - förmigkeit in der ausbreitung der finnischen lehnwörter; es kann also nicht ausschliesslich darauf beruhen, dass viele urnordische lehn- wörter in den nordöstlichen dialekten ausser gebrauch gekommen sind oder auch in den vorhandenen Wörterbüchern nicht erwähnt werden, sondern grösstenteils darauf, dass der wortvorrat in den verschiedenen teilen des urlappischen Sprachgebietes nicht völlig ein- heitlich war. Als beispiele von urnordischen lehnwortern, die man nur in südlichen dialekten findet, mögen hier nur die folgenden her- vorgehoben werden: aitegch etc. „eitern" < um. * aihtingian-, an. (kttinge „verwandter", nur von Lule lappmark an gegen Süden (Qvio- STAD, NL, 8. 86); sattnês etc. „wahr" < urn. *sannaB, an. sannr id. nur von Torne lappmark an (NL, s. 282); skammö etc. „schäm" < urn. *skamö?, an. skçmm id. nur von Kalfjord an (NL, s. 291), etc. Im allgemeinen darf man jedoch sagen, dass der Vorrat von urnordischen lehnwörtern in den schwedischlappischen und westlichen norwegischlappischen dialekten einigermassen derselbe ist ; man findet auch einige lehnwörter in den norwegischen dialekten, welche in den südlicheren unbekannt sind, z. b.: riddo „stürm" < um. *Än<fö, an. hrtd id. (NL, s. 263); Westeralen sädag „Sturmmöwe" < urn. *sädinga-, an. sédingr id. etc.

Es ist noch übrig ein volk zu erwähnen, mit weichein die lap- pen in alter zeit gewiss in reger Verbindung gestanden sind es ist dies das volk der quänen. Nach allen quellen, in welchen sie erwähnt werden, müssen sie am nordwestlichen ufer des Bottnischen

*) Im Journal d. 1. S. F.-OuM X, 8. 146 zählte ich deren dreiundsechzig; einige sichere lehnwörter wurden indessen dort nicht berücksichtigt und ihre anzahl ist also etwas grösser.

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meerbusens und also in der nächsten nähe der läppen gewohnt ha- ben. Es ist bisher allgemein augenoraraeu worden, dass das alte quänen volk eiu linnischer stumm war; viele haben sogar gemeint das verschwinden desselben aus der geschiente so erklären zu kön- nen, dass sie in die lappeu aufgegangen seien. Wie ich aber in „Arkiv för nordisk filologi", bd. XII zu zeigen suchen werde, liegen in der that keine gründe vor die alten quänen als einen finnischen stamm aufzufassen; sie sind vielmehr skandinaver gewesen und also die vorfahren der jetzigen schwedischen bevölkerung in Westerbotten. Einige von den im lappischen vorkommenden urnordischen lehnwör- tern sind also wahrscheinlich durch diese quänen vermittelt worden.

*

Durch die vermittelung dieser ihrer nachbaren haben die läppen auch in zweiter hand eine nicht unbedeutende menge fremden sprach- gutes aufgenommen. Wir sprechen hier nicht von den neueren lehn- wörtern französischen, deutschen etc. Ursprungs, welche das lappische über das schwedische oder norwegische erhalten hat, sondern von den in urlappischer zeit aufgenommenen finnischen lehnwörtern, welche ihrerseits in das finnische aus den germanischen, li- tauischen und sla vischen sprachen gekommen sind. Auch in den direkt urnordischen lehnwörtern mögen wohl hier und da fremde elements stecken (wie z. b. in N. F. vidne „wein, branntwein" < um. *täna, an. vln, welches seinerseits aus dem lateinischen stammt); sie haben jedoch für die geschichte des urlappischen keine grössere bedeutung. Desto wichtiger sind die über das finnische eingedrungenen Wörter, weil man mit ihrer hilfe die chronologie vieler sowohl finnischer als lappischer lautgesetze näher bestimmen kann, wie dies auch durch Setälä in seiuem YSÄH schon vielfach ge- than ist.

Es ist oft mit grossen Schwierigkeiten verbunden zu entschei- den, ob ein nordisches lehnwort direkt oder durch die vermittelung des finnischen ius urlappische hineingekommen ist. Ein grosser teil von ihnen ist nämlich in beide sprachen in derselben form aufge- nommen und sowohl das finnische als das lappische haben die laute

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der betr. Wörter auf ganz dieselbe weise wiedergegeben. Wenn mau jedoch die langwierigen und nahen beziehungeu zwischen den läppen und den skandinavern vor den äugen hat, dürfte mau wohl mit ziemlicher Sicherheit behaupten können, dass alle diejenigen nor- dischen lehn Wörter, betreffs welcher man das gegenteil nicht be- weisen kann, direkt aus den nordischen sprachen entlehnt sind. Für indirekte entlehnung spricht es, wenn man in den be- treffenden Wörtern

I) spuren von solchen lautgesetzeu findet, welche beim anfange der lappisch-nordischen beziehungen schon gestorben waren. Solche spuren habe ich jedoch in diesen Wörtern nicht gefuuden, was auch leicht erklärlich ist. Es ist ja aus den oben s. 26 ff. besprochenen historischen gründen klar, dass zwischen dem anfange der finnisch- nordischen (vgl. Thomskn, Eiufl., s. 121) und der lappisch- nordischen beziehungeu nur eine verhältnissraässig kurze zeit verflossen sein kann, und es wäre kaum zu erwarten, dass in dieser kurzen Zwi- schenzeit irgend welche lautgesetze ausgestorben seien. In meiner „Kleinen lappischen Chrestomathie", Helsingfors 1894, habe ich frei- lich angenommen, dass das vorkommen von spuren des lautgesetzes u >. o (f. kulkea = N. F. golggat etc.) und des lautgesetzes e > a (f. lehti = N. F. lâsta etc.) sowie des lautgesetzes unbet m > a (f. nukkua = N. F. nokkat etc.) für indirekte entlehnung spreche. Eine solche annähme ist jedoch grundlos, da es unverdeutbare (wenn auch wenige) beispiele von diesen gesetzen in direkt aus dem nor- dischen entlehuten Wörtern gibt, vgl. unten bei der behandlung die- ser gesetze; hier mögen nur die folgeuden beispiele angeführt werden: urn. *dus- (an. duga „taugen") > N. F. dokkit id.; an. sperra, cas. obl. -o „sparren4* > N. F. spsuro „sparren in einer lappischen erd- hütte (Qvigstad, NL, s. 313); urn. acc. sg. *smidu, an. smidr „künst- ler, schmied" > X. F. smidda etc. „schmied; geschickt" (NL, s. 305). Die in der Chrestomathie als indirekte entlehnuugen bezeichneten Wörter atte, gonagas, juovlak, sodnabœivvc können also betreffs der hier besprochenen erscheinungen ebenso gut direkt entlehnt sein; für alte und juovlaJ: kommt indessen auch mom. IV unten in be- tracht und für die indirekte entlehnung von sodnahwirrc spricht es, dass auch andere namen der wochentnge wahrscheinlich über das

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filmische entlehnt sind, am sichersten bwrjfulak, vgl. unten mon». II. Das wort yortrtat „laichen" wurde in der ehrest, s. so mit an. yidtu hrot/Hom „den rogen ausgiessen, laichen'- zusammengestellt; die ent- lehnung sollte dann über f. kutea geschehen sein. Diese Zusammen- stellung ist wohl nicht ganz unwahrscheinlich, die entlehnung kann aber unmöglich so spät wie in urnordischer zeit vorgegangen sein, weil die finnische grundform * hurte- nicht aus einer nordischen form mit t hervorgehen kann. Man mttsste also von einer schon vorger- manischen form mit d ausgehen, was wohl fast zu viel bedenken erregen muss, besonders da das wort in den übrigen finuisch-ugrischen sprachen unbekannt zu sein scheint (syrj. kulmyny „mager werdeu, abfallen; laichen" ist wohl eine ableitung aus kutny „abnehmen, ab- reissen, berauben etc." und die zweite bedeutuug desselben sekundär).

II) Spureu von speziell finnischen lautgesetzen in lappischen Wörtern nordischen Ursprungs sprechen natürlicherweise für indirekte entlehnung derselben. Solche spuren sind:

1) Einem uruordischen anlautenden f, h vor vokal entspricht ein urlappisches b, tj (p, k). Anlautendes / vor vokal wird im url. sonst beibehalten, währeud es im finnischen in älteren lehnwörtern in /> oder h übergeht, und anlautendes // vor vokal wird unverän- dert beibehalten oder auch weggeworfen, während es im finnischen in älteren lehnwörtern in k übergeht (Thomsen, Eiufl., s. Gf>). Ein anlautendes url. b, y (p, k) deutet also auf fiunische vermittelung. Beispiele sind:

N. F. buoidde subst. „fett" über f. * paita aus urn. neutr. ohne -/ */«//a, an. fvitr adj. .fett" (vgl. auch II, 2). Die finnische zwi- schenform ist zwar unbelegt, da aber das lappische wort von dem nordischen kaum losgerissen werden kann, dürfte man sie jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit als *paita ansetzen können.

N. F. barjadak „freitag" über f. perjantai aus irgend einer form des dem an. friddayr id. zu gründe liegenden Wortes.

X. F. btilddo „acker" über f. pelto aus irgend einer form der grundform zu aschw. fmider (etwa:) „mark" dürfte erst in später zeit entlehnt sein; die form des Wortes giebt keine aufschlösse über das alter der entlehnung.

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[N. F. go3sc „gesellschaft" über f. kansa aus got. hansa „schaar, menge"].

N. F. galle „felsen", Lui. Miu „grosser stein" Aber f. Mlio aus um. *halliön-, an. hclla id. Die entlehnung aus dem finnischen kann jedoch auch in späterer zeit geschehen sein.

2) Dem urn. k, p, t nach diphthong oder liquida entspricht ein url. g, b, d. Gewöhnlich werden um. k, p, t in dieser Stellung mit url. k, p, t wiedergegeben, während finnisches k, p, t in derselben Stellung einem url. g, b, d entspricht (und urn. k, p, t in einigen älteren lehnwörtern [vgl. Thomskn, Einfl., s. 72 f., Setälä, YSÄH, s. 120 f.] mit finnischem k, p, t und nicht wie gewöhnlich mit kk, pp, tt wiedergegeben wird). Ohne uns auf dieser stelle über die gründe zu dieser erscheinung aufzuhalten (vgl. die lehre von den konsonantischen lautgesetzen) können wir jedoch daraus schliessen, dass ein url. g> b, d - um. k, p, t mit grosser Wahrscheinlichkeit auf indirekte entlehnung deutet. Beispiele sind:

N. F. buoiddc subst. „fett" über f. * paita aus um. neutr. sg. ohne -t *faila, an. fcilr adj. id. (vgl. auch II,i).

N. F. navdaSet „gemessen" ist, wie auch das suffix bekuudigt, über f. naulitsen aus um. *nauti-, an. neyta id. geliehen.

N. F. navdde „wildes tier" über f. nauta aus um. *nauta} an. naut „rindvieh".

N. F. saibbo „seife" über f. saipio ans der grandform des an. sdpa id.

N. F. virgge „amt" über f. virka aus ? urn. *tccrka, an. verk „arbeit".

In meiner „Chrestomathie", s. 107, habe ich angenommen, dass auch N. F. riggcs „reich" über f. rikas aus dem urnordischen geliehen sei. Die form macht jedoch unüberwindliche Schwierigkeiten, denn das gg in N. F. riggcs muss auf ein ng zurückgehen, und Qviostad hat auch, XL, s. 205, schwedisch-lappische formen mit nk mitgeteilt: L. & Ö. rinkes, Toraeus rinkkes, Urne rinkes1 rinkak „reich" und Urne rinke „reichtum". Die Zusammenstellung von rigges mit an. rikr muss also aufgegeben werden. Die häufigen schwedisch-lappischen formen mit k: rikok} rilccs etc. haben aber natürlicherweise nordischen Ursprung.

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3) Dem urnordischeu entspricht ein urlappisches ci. Urn. ai wird sonst regelmässig durch url. ai wiedergegeben, im finnischen aber bisweilen zu ci verändert (Thomskn, Einfl., s. 50), z. b.: um. acc. sg. *hlaiba, an. hleifr „brod" "> f. leipä, N. F. laïbbc id. Einen urlappischen Übergang ai > ci gibt es aber nicht; weun man in solchen lehnwörtern, die durch ihre en dung etc. sich als urnordische lehnwürter bekundigen, ein ci, œi findet, muss dieses durch späteren einfluss von der altnordischen oder norwegischen form des grand- Wortes, welche formen ci haben, erklärt werden; im allgemeinen findet man auch solche formen mit ci, œi nur auf einem beschränk- teren räume, während die meisten dialekte ein ai zeigen, z. b.: urn. *hailaz, an. hcill „ganz" > ailes etc. iu den meisten dialekten, aber œilës in Arj., Tärn. und sogar hœilcs etc. (mit nach hcill zugefüg- tem h) in Ks., Kv., Lg.. (selten) Ib., Of., Arj., Ht., Drt. (Qviobtad NL, s. 85). Andere solche beispiele sind: bleikcs etc., NL, s. 110, fœigas 8. 157, fœigas s. 340, saigas s. 282, sœinas s. 330, œile s. 84. Wenn aber in einem urnordischen lehnworte ein urlappisches dem urn. ai > an. ä (é), nicht > ei, gleichsteht, spricht dieses fllr finuische vermittelung. Ich haba nur ein beispiel zu verzeichnen:

N. F. hœittet „aufhören" über f. heittää aus urn. *haihtian?, an. hétta id.

III) Für indirekte entlehnung spricht, wenn das wort mit solchen suffixen erweitert ist, die man sonst nur in lehnwürtern im finnischen findet. Solche suffixe siud N. F. -edct = f. -aan < -adan und N. F. -aSet = f. -itsen, z. b.: N. F. hruvnedet „krönen" über f. kruunata aus an. krtina id.; N. F. sivdnedet „segnen; erschaffen" über f. siu- nata „segnen; durch beschwürungen hervorbringen, erschaffen" von aschw. signa „segnen"; N. F. navdaSct „gemessen" über f. nautitsen aus um. * nauti-, an. neyta id. Es ist hier oft schwierig zu unter- scheiden, ob die resp. Wörter nicht erst iu finnischer zeit mittels den suffixen -aan, -itsen aus (entlehnten) uomina abgeleitet sind, z. b.: N. F. mœrhaSct „bemerken" aus f. merkitsen von merkki <C an. merke „zeichen". Vgl. Thomsen, Einfl., s. Ill ft*.

IV) Wenn die lappische und die finnische form des lehnwortes mit einander genau übereinstimmen, aber von der aus den nordischen

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sprachen bekannten grnndform aus unbekannten gründen (in gleicher weise) differieren, macht dies eine indirekte entlehnung wahrschein- lich. Es lässt sich jedoch möglicherweise denken, dass es in irgend eiuem falle sowohl in den östlichen als in den nördlichen teilen des urnordischen gebietes eine nebenform zu den sonst bekannten for- men des grundwortes gegeben hat, aus welcher nebenform das fin- nische und das lappische wort sich dann unabhängig von einander entwickelt hätten. Als zu dieser abteilung gehörende beispiele mö- gen hier genannt werden:

N. F. atte, „dass, damit" (Qviostad, NL, s. 95: a/i/fc, also mit einem aus palatalem vokale entstandenen a) über f. että aus urn. *ct, aschwed. œl id. Das lappische e = f . ä ist hier unerklär- lich (vgl. got. ita PP).

N. F. dabmat „zähmen" über f. taamua (neben taamuta) aus urn. *tamian, an. temia id. N. F. a = f . u ist unklar.

N. F. darbaä „bedürfnis" über f. tarve aus urn. *Jmrhö, an. porf id. mit unklarem N. F. $ = f.c. So auch N. F. gaidaS „we- berblatt" über f. kaide* aus urn. *shaidö\ an. skcid id.

N. F. juovlak „Weihnachten" über f. joulu aus urn. nom. pl. *jiôluy an. iôl id. mit unklarem f. ou = N. F. uov.

N. F. siello „seele" über f. sielu aus irgend einer form des grundwortes zu an. sdi, sala id. mit unverständlichem ic (das d in an. sdl geht auf ai zurück, vgl. got. saiwala).

V) Wenn die bedeutnng sowohl der finnischen als der lappi- schen form eines lehnwortes dieselbe ist, aber von der sonst be- kannten bedeutung des nordischen grundwortes abweicht, spricht dies eher für indirekte als für direkte entlehnung. Es ist jedoch immerhin möglich, dass die im finnischen nnd lappischen zu findende bedeutung einmal auch dem nordischen bekannt war, aber später zufällig ausser gebrauch gekommen ist. Als beispiele können ge- nannt werden:

N. F. arbmo „gnade14 über f. armo id. aus urn. *arm? oder an. arma, obl. -o „not, elend".

N. F. audogas „selig" über f. autuas id. aus urn. *audu3az} an. audogr „reich" (aber vgl. got. audags „selig").

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N. F. davdda „kraukheit" über f. tuuti id. aus irgend einer form des dem an. (laude „der tod" zu gründe liegenden Wortes.

N. F. ruovddc „eisen" Uber f. rauta id. aus um. *raudü, an. raude „sumpf erz".

VI) Wenn schliesslich die form und bedeutung der Wörter keine aufschlüsse über den weg der entlehnung geben, kann man jedoch bisweilen aus der Verbreitung derselben auf indirekte ent- lehnung schliessen wollen. Wenn nämlich ein solches wort nur in denjenigen dialekten vorkommt, welche am längsten dem direkten einflusse des finnischen ausgesetzt gewesen sind, liegt es nahe an- zunehmen, dass es erst in neuerer zeit aus dem finnischen aufge- nommen ist. Es ist jedoch uumöglich zu wissen, ob es nicht etwa in früherer zeit auch weiter verbreitet gewesen und dann in einigen dialekten verschwunden ist. Ein hierher gehörendes beispiel wäre z. b.:

N. F. lavkke Jauch", nach Qvigstad, NL, s. 213, nur in Finn- marken (L. & Ö. lauk = N. F. *lavkka ist eine spätere entlehnung). über f. laukka aus urn. acc. sg. Hauka, an. laukr id.

Über das finnische hat das lappische auch eine anzahl von gotischen lehnwörtern aufgenommen*). Es ist aber, wie bekannt, im allgemeinen sehr schwierig darzuthun, ob ein altes germanisches lehnwort im finnischen dem urnordischen oder dem gotischen ent- stammt. Das sicherste kennzeichen von gotischem Ursprung ist das vorkommen des auslautes a in den ö-stämmeu, welches a dem goti- schen a<ö entspricht; der gewöhnliche auslaut dieser Stämme ist

*) Donner hat in Gegens. Verw., s. 154 f., angenommen, dass diese gotischen lehnworter schon zu einer zeit aufgenommen wurden, als die fin- nen und läppen noch ein einheitliches volk waren. Die Unmöglichkeit die- ser hypothèse ist von Thomsex, BFB, s. 20 ff., schon dargewiesen worden. Die läppen haben nämlich nie in direkter Verbindung mit den goten stehen können.

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sonst o oder u, was einem tu iioi diodien u (oder etwas jüngeren «) entspricht (vgl. Thomskn, Einfl., s. 91). Wenn die lappische form eines alteu ö-stammes einen auslaut e = f. a aufweist, spricht dies für gotischen Ursprung des Wortes und also auch für indirekte eut- lehuuug. Solche Wörter sind:

N. F. baidde „hemd" über f. paita aus got. paida „rock".

N. F. #0556' rgesell8chaftu über f. kansa aus got. hansa „schaar, menge" ; hier spricht auch das <j für indirekte entlehnung, vgl. s. 35.

Tomeus muldc, Hatfjelddal mulldie, Vilhelmina, Frostviken mulltëe, Offerdal, Undersaker, Herjedalen mulldëe „lockere erde" über multa aus got. mtdda „staub". Daneben N. F. muöCdo etc. direkt < urn. *moldö, an. mold id.

Andere beispiele von gotischen lehn Wörtern sind:

N. F. dillc „gelegenheit; zustand" über f. tila aus got. til „op- portunitas", vgl. Thomsen, Einfl., s. 176; völlig entsprechende nor- dische formen sind nicht belegt, was für gotischen Ursprung spricht.

N. F. govva „bild", L. & Ö. skuuc „bild; mönster, skapnad" über f. kuva ans got. *skvuua >> skuggwa „Spiegel" (vgl. Mikkola in Mémoires de la Société Néo-philologique a Helsingfors I, s. 390, Helsingfors 1893), vielleicht doch eher (über f. kuva ?) aus urn. *.sku!(i{an-, an. skuggc „schatten; dunkel; bild; gespenst".

N. F. miekke „schwert" über f. mükka aus got. mùkcis id. Gotischer Ursprung wahrscheinlich wegen des ic < c (welches je- doch auch dem urnordischen ä in *mükiz} an. mékir id. zu gründe liegt), vgl. Thomskn, BFB. 8. 30, n. 2.

In meiuer «Chrestomathie", s. 54, habe ich auch fiir die Wör- ter aiduo „einzig" und airas „böte, gesandter" indirekte entlehnung über resp. f. ainoa und aire, airut id. angenommen. Die form die- ser Wörter lässt jedoch auch ganz gut direkte entlehuung aus dem urnordischen zu; aiduo könnte auf urn. fem. *ainö zurückgehen und aira.s entspricht genau dem um. *airuz, an. (>rr „böte". Für iu- direkte entlehnung des letzteren (aus dem gotischen oder dem ur- nordischeu) spricht jedoch, dass es nur in N. F. vorkommt, vgl. oben s. 38.

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Von grossem wissenschaftlichen gewichte sind die in das lap- pische hineingekommenen lehnwörter litauischen Ursprungs, üa die läppen niemals unmittelbare berührung mit den litauern gehabt haben, sind alle diese lehnwörter über das finnische hineingekom- men und sie sind daher auch für die geschieht« des finnischen von grosser bedeutung. Von Thomsen in seinem BFB und von Setälä im YSÄH sind sie auch für das finnische mit grossem erfolg ver- wertet worden. Diejenige stufe des urfinnischen, aus welcher sie in das urlappische geliehen sind, ist nämlich bei einem grossen teile derselben nicht die gleiche, aus welcher die jetzigen finnischen teilsprachen zunächst entwickelt sind, sondern eine viel ältere, so dass eine ganze reihe von urfinnischen lautgesetzen seit dieser zeit gewirkt haben, wodurch auch diese lehnwörter in vielen beziehungen verändert wurden. Solche lautgesetze sind z. b.:

ë > h: lit zansh „gans">f. hanhi (N. F. cuöfija); vgl. BFB, s. 78 ff.; YSÄH, s. 296 ff.

In > //: lit. szalnà „reif, der kleine frost" > f. halla (N. F. suohlnc); vgl. BFB, s. 82; YSÄH, s. 407 ff.

ai > ci: lit. szv'nas < ai) „heu" > f. heinä (vgl. N. F. suoidne mit uoi < ai); vgl BFB, s. 101 f.

m > y: lit. tàszczas „leer" > f. tyhjä (aber N. F. dutte); vgl. BFB, s. 100.

Die erste berührung zwischen den litauischen und den finni- schen Stämmen hat nach Thomsen, BFB, s. 152, wenigstens am an- faug unsrer Zeitrechnung, vielleicht aber sogar noch früher stattge- funden. Diese datiening ist auch für das lappische vou bedeutung. Wie schon oben s. 14 bemerkt wurde, findet man nämlich in den litauischen lehnwörtern im lappischen spuren von fast allen nrlappi- schen lautgesetzen, auch von den allerältesten wie > ö, währeud man z. b. in den direkten nordischen lehnwörtern keine beispiele von diesen ältesten lautgesetzen findet (vgl. s. 30). Dies muss dar- auf deuten, dass zwischen dem anfange der finnisch-lappischeu und der litauisch-finnischen beziehungen keine geraume zeit liegen kann und dass also auch der Übergang der finnischen spräche zu den läppen in ungefähr die soeben genannte zeit verlegt werden muss. Man hätte ja sonst erwartet, dass es wenigstens einige lautgeseUse

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gegeben hätte, die in der Zwischenzeit zwischen dem anfange dieser berührungen erloschen wären.

Solche sehr alte lappische lautgesetze, von denen man in den litauischen lehnwörtern spnren findet, sind:

1) à > 6: Lui. kauaca „silberbecher mit zwei öhren" über f. kauha aus lit. kâuszas „grosser Schöpflöffel"; N. F. cokkot, cogom „kämmen", vgl. f. suka aus lit. sziikos plur. „kämm; flachshechel; wollkämmel" (aus cokkot ist N. F. cokkom oder öokko, gen. cokJcoma „feiner kämm" abgeleitet); N. F. cuöyja „gans" über f. hatûi aus lit. zansts id.

2) S > s (möglicherweise jünger als è > c, vgl. die lehre von den konsonanten) : N. F. luossa „laclis" über f. lohi aus lit. Uissis id.; N. F. suoidne „heu" über f. heinä aus lit. sz'énas id.; N. F. suoldne „der tau" über f. halia aus lit. szalnà „reif, nachtfrost".

3) s vor einem palatalen vokale > S: N. F. £aW<ie „brücke" über f. silta aus lit. tïltas id. (N. F. sildde ist eine jüngere eutlehuung aus f. silta); vgl. auch N. F. laëSe „mager" über f. laiJia (Setälä, YSÄH, s. 251) aus lit lésas id.

Von jüngeren urlappischen lautgesetzen, von welchen man so- wohl in den litauischen als in den nordischen lehnwörtern spuren findet, mögen hier nur genannt werden:

o > uo, z. b.: N. F. luossa „lachs" über f. lohi aus lit. là- szis id.

e, i > a} z. b.: N. F. darvve „teer" über f. terva aus lit dervà „kienholz"; N. F. hartia „stube mit steinernem ofen" über f. pirtti aus lit. pirtts „badstube".

m > o, z. b.: N. F. borjas „segel" über f. purje aus lit. bùrê id.

unbet. e a, z. b.: N. F. ruoidak plur. „der untere teil des körpers vou den hüften an" über f. reisi aus lit. re tas „Oberschenkel, lende des menschen".

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Verzeichiriss der in urlappischer zeit über das finnische entlehnten litauischen Wörter.

N. F. alek „blau" < f. haljakka < lit. éditas „grün; unreif, roh"; Thomsen, BFB, s. 244.

N. F. aies „eng" < f. ahdas < lit. anksztas id.; BFB, s. 158.

N. F. batman „hirt" < f. paitneti < lit. pimft „hirtenknabe" ; N. F. baimadet = f. paimentaa; BFB, s. 208.

N. F. bartta „Stube mit steinernem ofen" < f. pirtti < lit. pirtîs „badstube"; BFB, s. 208.

N. F. botjas „segel" < f. purje < lit bùrê id.; BFB, s. 163.

N. F. bœrgalak „teufel" < f. perkele < lit. perhtnas „der don- uergott des heidnischen altertnms; donner"; BFB, s. 207.

Jämtland, Vilhelmina »äktere „tochter" < f. tytär < lit. dukte id.; BFB, s. 167.

N. F. dappe „sitte" < f. tapa < lit. daba „art, weise, Charak- ter"; BFB, s. 164.

N. F. darvve „teer" < f. terva < lit. dervà „kienholz"; BFB, s. 166.

N. F. duwlle „moxa" < f. tatda < lett. dagla „schwamm, zunder"; BFB, s. 165.

N. F. duSSc subst. „nichts"; adv. „uur" < f. tyhjä < lit. tùszczas „leer, ledig, arm"; BFB, s. 233.

N. F. gappalak „stück" < f. kappale < (P » lett. gabals „stück; abteilung; gegend"; BFB, s. 170.

N. F. gapper „mütze" < f. %i)5rä < lit. kepùrê „hut"; BFB, 8. 185.

N. F. garbes „kleiner kahn mit zwei paar rudern" < f. karvas < lit. kàrbas „korb"; BFB, s. 181.

N. F. gœrdde „mal" < f. kerta < lit. *kerda, preussisch en kêrdan „zur zeit"; BFB, s. 185.

N. F. gannaS „schlänge" < f. käärme < lit. kinnis „wurm"; BFB, s. 188.

N. F. heergge „renntierochs" < f. härkä < lit. zîrgas „ross"; BFB, s. 249.

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Euare knddclas „harte/' < f. kantele < lit. khnklès plur. „ein giiitarrenartiges instrument, zither, harfe"; BFB, s. 178.

Lille kauaca „silberbecher mit zwei Öhren" < f. kauha < lit. kduseas „grosser Schöpflöffel; etc.»; BFB, s. 184.

N. F. laifcke „faul" < f. laiska < lett. la'isks „faul, träge"; BFB, s. 193.

N. F. fo$$<? „mager" < f. /at'/ta < lit. /è'va* id.; BFB, s. 196.

N. F. luossa „lacbs" < f. lohi < lit. lâszis id.; BFB, s. 194.

N. F. haiun „ein auf pfählen gebautes gerüst zum aufbewah- ren von heu und anderen Sachen" < f. lava < P lit. Uva ,.bett- stelle, bettgestell", vgl. unten s. 45.

X. F. moarsse „braut" < f. morsian < lit. martî „braut; etc."; BFB, s. 199.

X. F. mœndde „butterstössel" << f. mäntä < lit. mentè „platte schaufei; etc."; BFB, s. 200.

X. F. nappe „nabel" < f. napa < lett. naba id.; BFB, s. 201.

X. F. neepad „schwesterkind" < f. nepaa < lit. nepotis „neffe, eukeltt; BFB, s. 203.

L. & Ü. pard, parda, pardek „saum, Verbrämung" < f paarrc < lett. härkstc „der saura am kleide; plur. fransen, Verbrämung"; BFB, s. 162.

X. F. rükkat „bersten" < f. rako < lit. spragà „offene stelle im zäun, lttcke"; BFB, s. 219.

X. F. rieske „ungesäuertes brod" < f. rieska < lit. prêskas „süss, ungesäuert, von brod u. s. w."; BFB, s. 209.

X. F. plur. ruoidak „der untere teil des körpers von den hüf- ten an" < f. reisi < lit. r'elas „Oberschenkel, lende des menschen"; BFB, s. 212.

X. F. rakka ..schütten" < f. reki < lit. râgès plur. „ein klei- ner Schlitten, holzschlitten" ; BFB, s. 210.

X. F. siebman „same" < f. siemen < lit. st 'mens plur. „saat"; BFB, s. 216.

X. F. sildde „brücke", siehe Vahlde.

X. F. suoidne „heu" < f. seinä < lit. szë'nas id.; BFB, s. 223.

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X. F. suofdnc „der tau" < f. /<u7u < lit. &rafri<< „reif, uacht- frost"; BFB, s. 220.

N. F. suolo winsel" < f. salo < lit. sa/à „insel"; BFB. s. 214.

X. F. sccidne „wand" < f. seinä < lit së'na id.; BFB, s. 217.

X. F. sœrvvc * Gesellschaft tf < f. scura < lit. se bras „ge- fährte; etc."; BFB, s. 215.

N. F. ëalddr, (and durch spätere eutlehnung) sildde „brücke" < f. silta < lit. frfta* id.; BFB, s. 232.

X. F. cokkoty cogom „kämmen" (daraus abgeleitet rokko od. vokkom, gen. cokkoma „kamm")<f. lit. szàkos plnr. „kämm;

flachshechel; wollkämmel"; BFB, s. 226.

X. F. cuöijja „gans" <; f. hanhi < lit. zansi.ç id.; BFB, s. 247.

X. F. vuola, gen. vuollaga „bier" < f. olut < lit. af/<* id.;

BFB, s. 157.

Unsicherere lehnwörter und solche, die in neuerer zeit

entlehnt sind.

N. F. aiw, BFB, 8. 157: balvvalct, 8. 162; -7>e, 8. 161; bœvne, s. 162; dorwe, s. 231 ; duhat, s. 168; duhat 8. 233; duorbbot, s. 166; fjaibme, s. 177; yaik, s. 187; ganve, s. 171; (jaskas, s. 176; gickka, s. 172; f/uoibmc, s. 177; ^//f, s. 185; kr/'fl, 8. 222; /wrrc, s. 248; L. & (). tarnte.*, s. 187; X. F. laida, 8. 193; lavddc, 8. 209; /m/Üo, /iiA/a, s. 197; luovdde, s. 209; nucrra, s. 199; twicer, s. 200; rœSmc, s. 212; saryye, sarre, 8. 248; sarra, sarves, s. 225; suörgrjc, suörrc, s. 248; sa mol, s. 214: L. & Ü. /"/>/>e, s. 220; russ.-lapp. (Europ^us) faWra, s. 231; X. F. cuohjo, s. 246; vaidno, s. 239.

Die zahl der in urlappischer zeit aufgenommenen finnischen lehnwörter slavischeu Ursprungs ist genug, wie es ja auch im urfinnischen verhältnissmässig nur wenige slavische lehnwörter gibt.

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Diese sind, wie es Mikkola, SFB, s. 27 ff. hervorgehoben hat, erst gegen das ende der urfinnischen zeit entlehnt und sie haben also auch erst gegen das ende der urlappischen zeit in das lappische gelangen können. Es ist dann auch kein blosser zufall (bei der ge- ringen zahl dieser Wörter), dass man in ihnen keine spuren von den ältesten urlappischen lautgesetzen, sondern nur von jüngeren findet. Wir finden nämlich in ihnen keine spuren z. b. von S > ë und s vor palat vok. > ë, sondern nur von folgenden urlappischen laut- gesetzen:

1) t > ä; N. F. härcca-muorra „galgen" (neben in jüngerer zeit geliehenem hirssa „balken") über f. hirsi aus P der grundform zu russ. »epflb „lange, dünne Stange".

2) u > ö; N. F. hörsta „hedene lein wand" über f. hursti ausP der grundform zu russ. xojctb „leinwand"; N. F. hbrtte „grosser hund" über f. hurtta aus der grundform zu russ. xopn» „windhund, Windspiel".

3) unbet. a > c, z. b.: N. F. mœrre „mass; etc." über f. määrä aus russ. Mtpa id.; N. F. sundde „vogt" über f. suntia aus der grund- form zu russ. cvalh „richter".

4) unbet. i > o, z. b.: N. F. härcca-muorra über f. Atro aus P der grundform zu russ. xepAb; N. F. hörsta über f. hursti aus? der grundform zu russ. xojictb.

Bei diesem stände der dinge ist es auffallend, dass man noch in einem angeblich slavischen lehnworte ein uo = f. a findet. Dieses wort ist N. F. tuöwc „ein auf pfählen gebautes gerüst zum aufbe- wahren von heu und anderen Sachen" über f. lava „brettergerüst; bettgestell, pritsche, bett; Scheiterhaufen; treibbeet" aus russ. JiaBa „wandfeste bank; steg; flossbrücke; waschpram; reihe von irgend was in einer linie" (Mikkola, SFB, s. 134). Dieses verhältuiss macht slavischen Ursprung des Wortes etwas verdächtig und man wird ge- neigt den Ursprung desselben irgendwo andere zu suchen. In den nordischen sprachen kann er nicht liegen, denn schwed. lafvc „bräd- botten, väggfast bänk, brits, sofbänk, hylla, läktare, öfre rum i en badstuga bildadt af en brädbotten, etc." stammt selbst wahrscheinlich aus dem finnischen, wie Tamm in „Slaviska lanord frön nordiska sprâk" (Upsala Univ. Arsskrift 1882) s. 28 f. gezeigt hat. Es scheint

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mir dann nicht unwahrscheinlich, dass f. lava aus dem litauischen geliehen ist, wo man löva „bettstelle, bettgestell", lett. läva „pritsche, schwitzbank in der badstube, die bank zum schlafen; gesteile, un- terläge unter einer heukuije, grossem heuhaufen" findet In der be- deutung liegt das litauische wort dem finnischen ebenso nahe wie das russische; das lettische wort ist in dieser hinsieht vielleicht vom estnischen lava „gesteil, gerüst (von stangen, brettern), lauerhütte der jäger, schwitzbank in der badstube, bärenlager", Jieinakuhjal- unterläge aus Stangen und reisern für den heuschober, (ein Stern- bild)", magades-l. „pritsche", etc. beeinflusst worden (Mikkola, a. a. o.). Die form des finuischen Wortes spricht zwar eher für slavischeu Ur- sprung, macht aber auch litauischen Ursprung nicht ganz unmöglich. Litauisches langes o (6) entspricht wohl im allgemeinen einem fin- nischen uo (lit. tôszis „die obere, weisse birkenrinde" > f. tuohi, etc.); es gibt jedoch beispiele von f . a = lit. 6, welche durch hinzu- ziehen auch dieses Wortes viel sicherer werden: lett. äbuls (lett. « < ö), preuss. wobilis „klee" ? > f. apila: lit. lopeta, lôpeta „Schau- fel" ? > f . lapio; vgl. Thomsen, BFB, ss. 93, 156, 197. Gegen litauischen Ursprung spricht es wohl, dass nach Brückneb, „Litu- slavische Studien" I, ss. 104 und 176, das lit. lôva, lett. läva aus dem russischen entlehnt sei; so viel ich sehen kann, liegt jedoch kein umstand vor, der darauf deuten würde, dass es ein slavisches lehn- wort sein muss; ich halte es also (mit Fick) für ein mit russ. Jiaoa urverwandtes wort. Wenn aber das finnische lava einem litauischen worte entlehnt ist, ist es in keiner weise merkwürdig, dass man in seiner lappischen gestalt ein uo = f. a fiudet.

Verzeichniss der in urlappischer zeit aufgenommenen lehnwörter slavischen Ursprungs.

N. F. basme „abteiluug von 30 faden in der anschere eines gewebes" <Z f. pasma < russ. naciio „garufitze, gebinde, gewisse anzahl faden"; Mikkola, SFB, s. 149.

N. F. duske „angst" < f. tuska < russ. tocks „harm, gram, äugst"; SFB, s. 171.

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N. F. (/ahohak „pelz-strumpfbeiulinge, die bis über das knie reichen" < f. kalsu < russ. Kojiouia „gamasehe; unterer teil der beiukleider, hosen; strumpfschaft; beiukleiduug von den kuieen zur fusssohle"; SFB, s. 124.

N. F. harcca-muorra „galgen" (spätere eutlehuung hirssa „bal- keu") f. hirsi? < russ. xepAb »lange, dünne stauge"; SFB, s. 114.

N. F. Imrsta „hedene leinwand" < f. hursti < ? russ. xojctb „leinwand"; SFB, s. 182.

N. F. hörtte „grosser huudu < f. hurtta < russ. xopn, „wind- huud, Windspiel"; SFB, s. 175.

X. F. marre „mass; etc." < f. määrä < russ. Mtpa id.; SFB, s. 145.

N. F. rat/ja, ragjt „grenze"; L. & Ö. kroju „mal, til hvilket man löper" < f. raja < russ Kpaö „rand, ende, das äusserste, grenze, gebiet, gegeud, land"; SFB, s. 129.

X. F. ruötkc „rute" (spätere entlehuuug ruöska) < f. ruoska < russ. poara id.; SFB, s. 158.

X. F. sundde „vogt" < f. suniia < russ. cvalh „richter"; SFB, s. 1C5.

X. F. sivct „tier4 < karel. ziivatta (mit i statt S durch noch- maligen einfluss des russ.; SFB, s. 115) < russ. jkhbotm „hausvieh, bes. arbeitsvieh, pferde; hab und gut, vermögen"; SFB, s. 115.

Einige in jüngerer oder unbestimmter zeit aufgenom- mene lehnworter slavischen Ursprungs.

X. F. bajotet, SFB. 8. 83/ balien, s. 152; happa, s. 154; yasak, s. 117; mierro, s. 140; rista, s. 129; sitnsik, s. 114; vkrro, s. 107. Es ist wohl sehr unsicher, ob happa „priester" < f. pappi < russ. nont und rista „kreuz" < f. tisti < russ. Kpecn> noch in urlappi- scher zeit in das lappische gekommen sind. Ihre bedeutuug scheint es zu verbieten (vgl. jedoch oben s. 18 f. von sivdnedd) und ihr a in der zweiten silbe könnte ganz gut dasjenige a sein, das in neuerer zeit allen entlehnten Substantiven angehängt wird; zu bemerken ist auch, dass diese Wörter nur in den nördlichen, dem finnischen an- grenzenden dialekten vorkommen, während sie iu südlicheren dia- lekten von nordischen lehn Wörtern abgelöst werden. Aus älin-

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liehe» gründen ist auch N. F. haken „beide" < f. pakana < russ. noraHbiii, trotz seines r, verdächtig.

Quellen und literatur.

Für das Studium des urlappischen können wir uns keiner alten schriftlichen denkmäler bedienen. Das älteste gedruckte buch er- schien im jähre 1019 in einer sehr verdorbeuen, fast unverständ- lichen südlappischen spräche: „En lijten Sàngebook / huruledes Mes- san skal hâllas / läsas / eller siungas / Lappesko / Stält och sammansatt Äff XICOLAO ANDRERE Pastore in Pitha. Tryckt i Stockholm / hoos Ignatium Meurer / ahr IC 19" 9G s. 4:o. (Raris- simus). Das älteste lappische wörterverzeichniss stammt aus dem russischen Lappland und wurde im jähre 1557 von dem engländer Stephen Buükough aufgezeichnet. Es ist von Hakluyt in „The principal navigations, voyages, trafiques and discoveries of the English nation", London 1589, mitgeteilt worden*). Um dieselbe zeit soll auch (nach IIauuzin, PyccKie .lonapn, s. 38) der gron- der des klosters zu Kola, Peodokit, einige gebete ins lappische übergetragen haben; von ihnen sind jedoch keiue spuren gebliebeu. Derselbe Feodorit soll auch in lappischer spräche gepredigt haben. Aus der zeit zwischen den jähren 1589 und 1G19 gibt es, soweit bekannt, keine gedruckten oder geschriebenen lappischen Sprach- denkmäler uud vor dem jähre 1589 trifft man nur eine anzahl lap- pischer Ortsnamen in alten dokumenten; die Steuerregister der vögte in Lappland aus der mitte des sechzehnten jahrhunderts im Küu. Kammerarchiv in Stockholm sind besonders reich au solcheu, zum teil recht interessanten Ortsnamen.

Der mangel an sehr alten Sprachdenkmälern wird jedoch zu einem sehr grossen teile durch das Vorhandensein von einer menge lehnwürter aus alten epochen der nordischen uud finnischen sprachen ersetzt, von deren gewicht für die Sprachgeschichte schon oben die rede gewesen. Die sehr grosse Verschiedenheit der lappischen dia-

*) In neuerer zeit hat zuerst J. Aueuckomby <lio aufmerksamkeit der Philologen anf dieses werk gerichtet, vgl. JSFOti, XII, 3, a. 9.

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lekte unter einander hilft uus auch iu erheblicher masse über recht viele details der lappischen Sprachgeschichte ins reine zu kommen uud alles das macht, dass der niaugel an alten denkmälern bei der behaudlung der lappischen Sprachprobleme nicht so empfindlich wird.

* *

*

Die literatur über das urlappische fällt grösstenteils mit der literatur über die lehnwörter im lappischen zusammen. Man hat freilich in dieser literatur bisher im allgemeinen nicht zwischen ur- lappischen und späteren erscheinungen unterschieden; man hat sich mit dem konstatieren von allerlei lautgesetzen begnügt und nur in wenigen fällen sich über ihr alter ausgesprochen ; ja, sogar der name „urlappisch" ist ein kind der allerjüngsten zeit. Auf die in der- selben mitgeteilten resultate soll man jedoch bei der ausarbeitung der lappischen Sprachgeschichte weiter bauen, und es muss hierbei dankbar anerkanut werden, dass diese literatur nicht wenig winke und anregungen zu eiuem ertragreichen weiterbau darbietet. Viel weniger nutzen ist für die urlappische Sprachgeschichte aus denje- nigen werken zu ziehen, welche auf dem gebiete der gesammten finnisch-ugrischen lexikographie oder lautgeschichte operieren, in erster reihe also aus den bekannten werken Budenz', Donner's und Anderson's. Die geschiente der meisten f.-ugr. sprachen ist ja noch terra incognita und es liegt also in der natur der sache, dass in diesen werken methodisch bewiesene etymologien nur zu oft von geistreichen und phantasievolleu. aber leider nur wenig zuverlässigen Zusammenstellungen abgelöst werden. Von desto grösserem gewichte sind dem lappologen die folgenden, viel kleinere gebiete umfassenden werke von Thomsen, Qviostad, Setälä und Mikkola:

Thomsen, Über den einfluss der germanischen sprachen auf die finnisch-lappischen, Halle 1870 (übersetzt aus dem dänischen origi- nal Den gotiske sprogklasses indflydelse den fiuske, Kobeuhavn 18üü); wird hier mit Thomsen, Eiufl. citiert.

Thomsen, Beröringer mellem de finske og de baltiske (litauisk- lettiske) Sprog, Kobeuhavn 1890; wird bezeichnet: Thomsen, BFB.

Qviostai), Beiträge zur Vergleichutig des verwandten Wort- vorrathes der lappischen und der finnischen Sprache ; in Acta Socie-

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tatis Scieutiarum Fennica, T. XII, Helsingfors 1kk3; Qvigstad, Beitr.

Qvigstad, Nordische Lehuwörter im Lappischen, Christiania 1893; QviosTAD, NL.

Setälä, Yhteissuomalainen äännehistoria I— II, Helsingissä 1890—91; Setälä, YSÄH.

Mikkola, Berührungen zwischen den westfinnischeu und sla- vischen sprachen I, Helsingfors 1894; Mikkola, SFB.

Von den lehnwörtern im lappischen handeln auch, ganz oder teilweise, folgende werke des Verfassers:

Laut- und formenlehre der Lule-lappischen dialekte, Stockholm 1891; Wiklund, Lui. Gr.

Die nordischen lehuwörter in den russisch-lappischen dialekten, im Journal de la Société Finno-Ougrienne, X, Helsingfors 1892.

Durch sein werk Über den einfluss etc. hat Thomsen in schla- gender weise die nachher von der Wissenschaft allgemein angenom- mene meiuung begründet, dass ein grosser teil von den im finnischen und lappischen vorkommenden nordischen lehnwörtern schon in ur- nordischer zeit aufgenommen sei. Gegen diese meinung ist neulich Qvigstad in seinem soeben citierten werke Nordische Lehnwörter etc., s. 70 ff. aufgetreten, indem er nicht glaubt, „dass mau die Sprachform der Lehnwörter [im lappischen] auf eiue nordische Sprach- form, die der ältesten Runensprache entsprechen sollte, zurückzu- führen genötigt ist"; vgl. auch s. 73: „ich glaube, dass man die nordischen Lehnwörter im Lappischen nicht auf eiue ältere Sprach- periode als diejenige der Vikingerzeit zurückführen darf4. Da der Verfasser vorliegenden Werkes, wie aus dem obigen hervorgeht, die meinung Thomsen's völlig umfasst hat, mögen hier einige Worte zur erwidernng der von Qvigstad ausgesprochenen meinung auge- messen sein.

Nach Qvigstad sollen diejenigen lehnwörter, die in der Stamm- silbe ein ai enthalten, dieses ai aus einem ei (oder aus <l) entwickelt haben, sodass sie also nicht auf urnordische gruudformen mit ai zurückzuführeu sind. Er begründet dies damit, dass „ei im Lappi- schen im Vergleiche mit ai ein seltener Laut ist; der Kaifjorddialekt hat ausschliesslich ai. Dass nord, d im Lappischen so häufig mit ai

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wiedergegeben wird, schreibe ich der Vorliebe des Lappischen für den at-Laut zu". Diese gründe sind jedoch gar nicht ausreichend. Ës ist wohl wahr, dass ei (iei, œi) nicht so häufig wie ai ist, das kann aber für die abstammung des letzteren aus dem ersteren nichts beweisen. Wenn einmal ein lautgesetz ei "> ai existiert hat, warum sind dann nicht (ausser in dem einzigen Kaifjorddialekte) alle ci in ai Ubergegangen P In dem worte N. F. sœïbbe „schwänz" steht wohl <ei in ganz denselben Verhältnissen wie das ai in laibbc „brod" und doch ist das œi geblieben u. s. w. Ein solcher fall (von welchem viele beispiele angeführt werden könnten) kann nicht anders erklärt werden denn dadurch, dass die beiden diphthonge ei und ai in ur- lappischer zeit wie noch jetzt neben einander existiert haben. Dass lapp. ai einigemal einem finnischen et, äi entspricht, beweist nur, dass das finnische et, äi hier sekundär ist, was auch zur genüge aus solchen Vorgängen wie lit szfnas (mit ë < ai < oi) > f. heinä > N. F. suoidne „heu" bewiesen wird; N. F. uoi kann hier nur aus einem ai hervorgehen und dieses oi kann seinerseits nicht aus f. ei entwickelt sein, sondern ist aus einem alten urf. oi entlehnt, aus welchem oi dann im urfinnischen at und schliesslich ei wurde, vgl. unten s. 128 if.

„Dass lapp. ai nordischem à (â) entsprechen kann, ohne dass man das à aus ursprünglichem ai ableiten darf, zeigt bafsko; vgl. auch lapp. œi aus nord. œu. Das i in bafsko, plur. bafskok (sing, nur in zsmns.) Leem, Südwaranger, Hammerfest, Talvik, Kvœnangen, Karisi), Kalfjord, Guilesfjord, Westeralen (also in allen „seelappen"- gebieten) „osteru" kann wohl indessen kaum anders erklärt werden denn durch entwickelung aus einem folgenden, aus irgend welchem gründe palatalisierten S; es wäre also mit solchen erscheinungen gleichzustellen wie z. b. N. F. guoVka f. koski; muffet = f. muis- taa etc. Man muss jedoch gestehen, dass die beiden fälle nicht völlig analog sind, da ja in bafsko das s beibehalten wurde, was sonst nicht geschieht. Es scheint mir jedoch vorläufig keine andere erklärung übrig zu bleiben, denn auf dieses einzige beispiel kann man kein lautgesetz ö > ai stützen. Ein südlappisches sairic „wunde, weh" kann nur auf ein urnordisches *saira, an. sâr zurückgehen, dessen ai vor r schon in urnordischer zeit in ü überging (Norken,

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Aisl. gr. 2 § 57,2). Das vereinzelte lappische œi, iei aus nord. ä, a (Qvigstad, NL, s. 37) kann nur durch rein lappische entwickelung in sehr junger zeit erklärt werden; die beispiele sind: Hatfjelddal bieigare, Vilhelmina näikare, Frostviken Beäikare „becher" < norw. bœger, schwed. bägarc id.; Kvsenangen hœïla „absatz am schuh" < norw. hœl id.; N. F. lœïra „leder" < norw. lœr id.; vgl. auch N. F. einostet < f. ennustaa, etc. (Beitr., s. 121).

HeiT Qvigstad sagt weiter, dass man aus einem au, tu in den lehnwürteru nicht auf das alter derselben schliessen kann, was ganz

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richtig ist. Ein ou kann ebensogut aus eiuem späteren pu und ein tu aus jö, etc. stammen. Wenn man ein diese diphthonge ent- haltendes lehnwort als urnordisch ansetzt, thut man es also nicht der diphthonge halber, sondern wegen anderer in demselben worte vorkommenden kennzeichen hohen alters (in der endung etc.).

„Wenn die lappischen Formen theilweise den nicht umgelau- teten oder ungebrochenen nordischen Formen scheinbar entsprechen, ist dies daraus zu erklären, dass es der lappischen Sprache an den Lauten fehlte, die in den umgelauteten und gebrochenen Formen vorkamen". Es ist freilich wahr, dass nicht alle diese neuen laute im lappischen ganz treu wiedergegeben werden konnten; so gab es ja im lappischen kein 0, ay, ia etc. Die gewöhnlichsten produkte des umlautes, offenes c und offenes 0, waren jedoch auch dem lap- pischen geläufig (sie würden dann wohl als eä, œ und oa auftreten) und es ist schwierig zu verstehen, warum die läppen diese nordischen laute nicht mit ihren eigenen, ganz entsprechenden lauten, sondern mit a wiedergeben sollten. Die beispiele, welche Qvigstad für seine meinung, dass lapp. a aus nord, c entstanden sein kann, anführt, scheinen mir nicht zutreffend. Erstens kann das wort N. F. cUd&g&s „blitz" kaum direkt aus an. elding fem. id. geliehen sein, sondern aus dessen urnordischer grundform *aildingd (der auslaut scheint Übrigens eine maskuline grundform vorauszusetzen); die Verbindung aild war den läppen nicht geläufig und wurde also zu aid verän- dert. Ebenso ist wohl das a in mür-aVda Baisfjorden „meerleuch- ten" = norw. moreld id. zu erklären, wenn es nur nicht durch irgend eine analogie aus äld&g&s hineingekommen ist; in allen übrigen dia- lekten findet man nämlich hier einen e-, <e-vokal. (Ebenso in vielen

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dialekten ein œllagas etc., dessen w vielleicht durch einfluss des au. elding zu erklären ist). In dem worte alle-mœssot Kvänangen, allü- mtsssot Karlsö, Lyngen (gegenüber hœllemas Südwaranger, Karasjok) „das fest allerheiligen* << norw. hclleme$s(a) id. geht, wie wohl auch der Schwund des h bekundigt, das alle gewiss durch einfluss des norwegischen auf norw. alle (hclgencs dag) zurück. Das wort üscle Hatfjelddal „esel" < norw. <esel id. gegenüber äsen in nördlicheren dialekten < norw. ascn hat gewiss sein ä durch einfluss des echt norwegischen wortes ascn erhalten (œscl dürfte eigentlich eine dä- nische form sein). Jedenfalls kann man nicht aus diesen sporadischen, ans verschiedenen zeiten stammenden und zum teil etwas unklaren beispielen auf ein lautgesetz nord, e >> lapp. a (d. h. reines a, nicht „a") schliessen.

Die Vermutung Qvigstad's s. 72, dass „vielleicht die Aus- sprache des altnorw. o dem lapp. offenen o nicht ganz entsprochen hat", scheint mir jeden grandes zu entbehren. Wenn weiter dieje- nigen (nach ihm: vermeintlich) urnordischen lehnwörter, in denen man ein (wiederum: vermeintlich) ungebrochenes c vor w oder w wieder- findet, erst in der zeit entlehnt wären, als das e schon in ip ge- brochen war, wird es auch schwierig zu verstehen, warum dieses ip im lappischen eben mit e (ie) und nicht vielmehr mit iu (wie an. i6, iû) wiedergegeben wird; um das ie aus ip zu erklären muss man diese Wörter in eine so junge période versetzen, dass ip schon injö übergegangen war, was wieder durch den auslaut unmöglich gemacht wird. Im auslaut findet man nämlich in fast allen diesen Wörtern ein X. F. o oder a « m), was wiederum ftir urnordische abstam- mung spricht (vgl. unten).

S. 49 nimmt Qvigstad an, dass in einigen lehnwörtern ein v, verstärkt f, vor t eingeschaltet wird, und kann also (s. 73) dieses v nicht mit Thomsen als eine spur von einem einstigen nordischen h anerkennen. Beispiele sind (s. 73): divtcs, gen. diktasa „dicht* = an. pêttr; liotes. gen. liktasa „eben" = an. sUttr; ricvtcs. kompar. ricktasœbbo etc. „recht, richtig" = an. réttr. Eine solche „einschaltung" kaun doch wohl unmöglich angenommen werden. Warum wäre dann ein r eben in diesen wörtem und in keinen anderen eingeschaltet worden und durch welchen phonetischen prozess kann es wohl ent-

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wickelt sein? Wir entbehren offenbar jeden grandes für eine solche annähme. Herr Qviostad sucht auch s. 49 diese Wörter aus nor- dischen dialektformen mit kt für it zu erklären ; die erklärung dieser seltenen formen ist jedoch noch so unsicher (vgl. Noreen, Altisl. Gramm. 2 § 209, anm. 2), dass man sie noch am besten ganz aus der rechnung lassen möge, besonders da die erklärung des lappischen kt aus einem urnordischen ht (d. h. stimmlose gutturale Spirans, ch + 0 so nahe an der hand liegt.

Der vornehmlichste einwand Qvigstad's ist der, dass man aus dem auslaute der lehu Wörter keineswegs, wie es Thomsen gethan, auf das alter derselben schliessen könne. Die endung -as, -es, die von Thomsen auf die endung des nom. sing, im urnordischen zu- rückgeführt wird, wird von Qvigstad s. 57 als „eine lappische sub- stantivische Ableitungsendung" aufgefasst und von den vokalischen auslauten, die man sonst aus den ähnlichen urnordischen auslauten erklärt, sagt er s. 73: „Um die Vokale im Auslaut in nordischen Lehnwörtern zu erklären, wird man nicht über das Altnorwegische hinaus zurückzugehen brauchen, besonders wenn man erwägt, dass das Lappische vokalischen Auslaut fordert und nur die Wahl zwi- schen a (a), f, o (u), i hatte, und dass der altnorwegische Stamm in den obliquen Kasus bei der Entlehuung wohl häufiger zu Gruud gelegt wurde, als der Stamm im Nora. Sing.u Diese bemerkungen wären völlig berechtigt, wenn man die fraglichen auslaute ganz willkürlich hinausgesäet fände, wenn man z. b. ein -es oder ein -o in grosser anzahl auch bei solchen Wörtern träfe, bei denen ein ur- nordischer anstaut -az oder ganz unmöglich wäre. Das ist jedoch nicht der fall. Wie unten bei der behandluug des auslautes gezeigt wird, findet man nämlich den auslaut -es (-as) fast nur bei solchen lehn Wörtern, die im uruordischen einen nom. sing, auf -az haben, den auslaut -as « -is oder -m.v) bei solchen, die im um. einen nom. sing, auf -iz oder -uz haben oder wenigstens ganz gut haben kön- nen, den auslaut -a « -i oder -«) bei solchen, die eiuen urn. acc. sing, auf -i oder -u haben, den auslaut -e « -a) bei solchen, dereu acc. sing, oder auch nom. und acc. sing, auf -a endigt, und endlich den auslaut -o, -u bei solchen, deren nom. sing, oder acc. sing, oder auch nom. acc. plur. auf -o oder -u endigt. (Die aus konsonantischen

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stammen entlehnten nomiua können wir hier übergehen). Einige ausnahmen gibt es wohl, ihre zahl ist aber su gering, dass sie auf die berechtiguug der hauptregel nicht iufluieren können; ausserdem sind sie auch zum teil (und in der that wohl alle) uur scheinbar. Bei dieser durch hunderte von beispielen erhärteten regel kanu von zufall nicht mehr die rede sein, sondern der auslaut in den lappischen Wörtern muss mit dem auslaute in den nordischen in genetischem zusammenhange stehen, d. h. die lappischen Wörter müssen in ur- nordischer zeit, vor dem anfang der synkopezeit, entlehnt sein.

Wenn ferner, wie es herr Qvigstad will, das -as, -es eine sub- stantivische ableituugseudung wäre, sollte es jedoch auch irgend eine bed e utu n g haben; die mit demselben abgeleiteten Wörter sollten durch die hinzufügung desselben in irgend einer weise nach ihrer semasiologischen seite hin modifiziert worden sein. Das denominale suffix -.<? bedeutet im allgemeinen lokalität oder material; von einer solcher bedeutung trifft mau jedoch bei den lehnwürtern keine spureu. was natürlicherweise gegen lappischen Ursprung des suffixes spricht. Herr Qvigstad nimmt wohl s. 78 an, dass es auch eiu suffix -s gäbe, das die bedeutung des grundwortes nicht modifizieren sollte; die existenz eines solchen dürfte jedoch sehr problematisch sein, und wenn man auch beispiele davon aufweisen kann, sind die damit ver- sehenen Wörter gewiss solche, in welchen die ehemalige bedeutung des suffixes in Vergessenheit geraten ist. Dass sie eine ganze klasse bilden sollten, nach welcher klasse auch neu hinzutretende lehn- wörter ein suffix -s erhalten würden, kann mau jedenfalls nicht an- nehmen. Dasselbe gilt gewiss auch viele der finnischen und est- nischen Wörter auf -s, die Qvigstad, a. a. o., aufzählt. Daneben kommeu im finnischen und estnischen sowie im livischen, wo diese erscheinung sehr gewöhnlich ist, auch allerlei analogie-einflüsse in betrachtung, sowie für das livische der ungeheure lettische einfluss, der die Überführung des lettischen nominativsuffixes -s auch auf Wörter rein finnischen Ursprungs bewirkt hat, vgl. näher die dar- stellung Thomsen's in BFB, s. 109 ff.

Die annähme Qvigstad's, a. a. o., s. 73, dass „der altnorwe- gische Stamm in den obliquen Kasus bei der Entlehnung wohl häu- figer zu Grund gelegt wurde, als der Stamm im Norn. Sing/', muss

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ferner unrichtig sein, weil der „stamm" ja nur eine sprachwissen- schaftliche abstraktion ist, von deren existenz nur die gelehrten etwas wissen. Die läppen haben die nordischen „Stämme* nicht gekannt, sondern sie haben die in der gesprocheneu spräche faktisch vorkommenden formen aufgenommen und zwar diejenigen kasus- formen der nomina, welche in der rede am öftesten zu gehör kamen, also zunächst den nomiuativ und accusativ (ganz wie die finnen» welche gleichfalls ihre germanischen und litauischen lehnwörter im nom. oder acc. aufnahmen).

Herr Qviqstad schliefst seine bemerkuug mit folgenden worteu: „Was endlich Bedenken erregen rauss, wenn mau Dr. Thomsen's Anschauung theilt, ist, dass eine Menge Lehnwörter, die sich durch ihre Form oder die Kulturstufe, die sie voraussetzen, als jllugere Lehnwörter erweisen, dieselben Lautwandlungen wie die vermeintlich älteren Lehuwörter darstellen. Dazu, alle diese Lautwandlungen als Analogiebildungen zu erklären, kann ich mich nicht bequemen". Es sind jedoch hier keine beispiele angeführt und ich glaube, dass es auch schwierig sein wird beispiele von solcheu Wörtern zu geben, welche unbedingt in junger zeit entlehnt sein musseu, aber jedoch spuren von (also: vermeintlich) sehr alten lautgesetzen zeigen. Ei- nige wenige beispiele gibt es wohl (wie brievie „briefu [mit -ic statt eines erwarteten -a] uud einige andere), ihre zahl ist jedoch so gering, dass man sie ganz gut als durch irgend eine analogie entstanden auflassen kann. Es ist vielmehr sogar auffallend, wie weuig mühe man im allgemeinen mit dem identifizieren der nor- dischen lehnwörter im lappischen hat und wie treu und mechanisch die läppen sie aufgenommen haben ; es zeugt dies gewiss für die grosse intimität in den berührungen zwischen den läppen uud skan- dinavern auch in einer sehr entlegenen zeit.

Wenn ich also glaube, dass mau der meinung Qvigstad's über das alter der nordischen lehnwörter nicht beistimmen kann, muss ich jedoch dabei auch erklären, dass dies durchaus nicht auf den grossen wert seines neuen Werkes influiert; das in demselben mit- geteilte, grosseuteils ganz neue material ist so kolossal und so zu- verlässig, dass sein werk immer eines der besten hilfsbucher des lappologen sein wird.

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Quanti tîitsgesetze. I. Die vokale.

A. Dehnung in der hanptbetonten silbe.

Bei eiuer vergleichung der für das filmische und lappische ge- meinsamen Wörter unter eiuauder oder der urnordischen lehuwörter mit ihren urnordischen grundwörtern wird man in sehr vielen fällen finden, dass die lappischen Wörter im verhältuis zu ihren finnischen oder nordischen, einen kurzen vokal enthaltenden Vorbildern iu ihrer ersten, hauptbetonten silbe einen gedehnten vokal haben. Einem finnischen akka „altes weib" entspricht also ein lappisches: Ter «iMcc, Kiidin Notozero ähJc, X. F. (Qvigstad) äklca, gen. äka (mit halb- langem a), Lule askka, aber dimin. aokat'S, Stensele aJtkä etc., Jämt- land tioxkä oder àoxka Ç = halblang), etc. In anderen Wörtern trifft man wiederum einen dem nordischen oder finnischen kurzen vokale entsprechenden diphthong, welcher hinsichtlich seiner quantität na- türlicherweise länger ist als der kurze vokal; es entspricht z. b. einem urnordischen *huep$asf norw. kvefs „wespe" ein lappisches: Ter veazvas, X. F. vkvses, Lule vepsts% Stensele viapsa, Vilhelmina vtäppsä, Frostviken, Üfierdal vuäppsd, etc.; dem finnischen polvi „kuie" entspricht eiu lappisches: Ter pîvl, Kiidin pülv, Notozero puolv, Akkala pulv, X. F. buoVva, Lule puöfva, Jämtlaud biw.uus, etc. Wir werden finden, dass im allgemeinen alle hauptbetonteu kurzen vokale iu allen lappischen dialekten auf die eine oder andere weise

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gedehnt worden sind, uud können daraus, wie ich es schon iu JSFOu X, 156 ff. gethan, schliesseu, dass diese erscheinung schon urlap- pisch ist. Nur I, « (und ein variant des vorderen e) machen hierbei eine ausnähme, indem sie in keinem dialekte gedehnt werden; viel- mehr werden ursprünglich langes i und fc in den meisten, aber nicht in allen dialekten verkürzt. Die tendenz, die vokale der ersten silbe zu dehnen, beruht wohl auf dem auf diese silbe fallenden hauptac- cent; die eigentümlichkeit, dass nur die so zu sagen zentraleren vo- kale gedehnt werden, während die extremen, i* und u, unverändert bleiben, durfte wohl auch von irgend welchen physiologische« grün- den abhängen, welche dann auch in späterer zeit die Verkürzung von ï und ü bewirkt haben.

Bei einer näheren Untersuchung der urlappischen dehnungsphä- nomene in der hauptbetonten silbe wird man zunächst finden, dass (von der diphthongisieruug abgesehen) die kurzen vokale a, e (ge- schlossener e-laut), ä (offener c-laut), o (geschlossener o-laut) und u (offener o-laut) in offener silbe lang und in geschlossener wahrschein- lich halblang wurden. Man kann im letzgenannten falle vorläufig nur sagen „wahrscheinlich"; nur aus N. F. (Qvigstad's „Beiträge") und aus Jämtland und Vilhelmina (meine eigenen aufzeichnungen) hat man nämlich völlig geutigende kenntnisse von der quantität der vokale, indem man bisher nur hier zwischen kurz, halblang und lang unterschieden hat. Einige umstände, von denen unten weiter die rede sein wird, deuten inzwischen darauf hin, dass man auch in den übrigen lappischen dialekten eigentlich zwischen drei quan- titätsgraden zu unterscheiden hat.

Bei der dehnuug werden weiter von den soeben genaunten vo- kalen e, ä, o und v diphthongisiert und zwar wahrscheinlich auf solche weise, dass der erste komponent der neuen diphthonge etwas geschlossener und der zweite etwas offener und zugleich etwas „un- vollkommener" als der grundvokal wird. Das résultat wird also etwa 4e, cäy mö, oa, welche diphthonge dann in den verschiedenen dialekten auf allerlei weise verändert wurden, vgl. unten in der lehre von den vokalischeu lautgesetzen. Der grund der diphthongi- sieruug ist wohl iu „zweigipfliger" accentuierung zu suchen; in den jetzigen dialekten ist zweigipfliger exspiratorischer accent in den

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jämtländischen dialekten und im Lulelappischen (Lui. Gr., § 19) beobachtet worden, wahrscheinlich auch im Arjeplogdialekt, vgl. HalAsz, Svéd-lapp nyelv, V, s. VII, Budapest 1893, wo die be- schreibung des vom verf. s. g. gestossenen tons eher auf zweigipf- ligen accent einpasst als auf den wirklichen, im Jämtlands-lappi- schen, livischeu, dänischen etc. vorkommenden gestossenen ton (kehl- kopfexplosiva). Auch wenn a mit zweigipfligem accent, ausgesprochen wurde, wurden wohl die beiden teile desselben in bezug auf ihre qualität etwas verschieden; die difterenz war wohl jedenfalls so klein, dass man sie nicht zu bezeichnen braucht.

Es ist unbekannt, ob zwischen der dehnung und der diphthongi- sierung der kurzen vokale eine kleine zeit verflossen ist; sehr mög- lich ist es jedenfalls, dass diese beiden prozesse gleichzeitig vorge- gangen sein können.

Zur aufklärung der frage mögen die folgenden, aus der grossen masse der hierher gehörenden Wörter ausgewählten beispiele ange- führt werden.

1) o.

f. anoa T. änna-, K., N. änne-, A. änno-, E. ädmd, N. F. àdnoty ânom, Lule ätnut, St. änuot etc., V. ämtri, O. hänat, U., H. köenio.

f. aime = K. ü,wes, E. anhes, X. F. hünes, gen. hüdnasa, Lule hânëSy gen. kättnasa, V. hnnès.

f. napa T. näii>pe, K., A. nü$, N. näihp, E. nape, N. F. nàppëy gen. nnb'é, Lule nctopê, V. nfipês, Sk. nâpëe.

f. raja = T. râjja, K., N. rajj, E. râje, N. F. rägje, geu. rajë, Lule râddf, L. & 0. kraja, 0. iness. sg. {oasska-) ràjën.

f. sana = T. sä\nne, K., N. sä^nn, A. sä<n, E. sadne, N. F. sâdnëy gen. sânë, G. sâttm.

f. salaa, estn. sada „regeu" = T. cäicce, K. cä<cc, N. cäihc, A. cäc, E. cääce, X. F. tracce, Lule tèâotsë, St. côcîc, V., F. tëâtsëe, O., Sk. fSàtSëe etc.

(an. ÄraJr „walfisch"), urn. *haalaz > T. vä,ics, gen. vätfo?!, K. t;ä<fc.v, gen. voilas, E. räto, gen. vatfa, N. F. fîiles, gen. /aßa od. ßUa> Lule st'ä/e$, gen. svälhisa, Arj. /afo. gen. /aWä od. fallasa, etc.

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- fin -

f. alkaa =-• T., K. ajke-, A. ajke-, E. «///"/, N. F. m'ijft, rVr/w», Lille a^V/, «r/^M 0(1. «/fom (Lui. Gr., § 37, 1), St. ä/'Ar*T «Ut 7 etc.. V. hUkët, F. à/MM, O. illfci, F., IL àllgio.

f. panka K. päj)k(-scama), N. 2>a,-fcÄ\ X. F. bàt/tjë, gen. bagne, Lille pügge, gen. pâkkê, Y., F.. F., H. wiKK-ct. O. nnàkktt.

f. /o/i'i = T. /«/r*, K., N. fa,/r, E. *«Vi7, N. F. (/à/V<;, gen. rfw/rc, Lille fa/'tf, gen. fa/w?, /«/pîî, St. täi* vie, tülvie, Y., F. vhllvëe, 0. vailles, H. niiVvZe.

f. maAtaa = T., K. fwä.-Afe-, E. määttcd. N. F. w«M?7, »i«7a»i, Lille maJtictj müdau, St. mühtet, V. màSttt, F. wit/'/*/, 0. mHàd*l, U. mn'jtio, H. mfoxtb.

f. waM« = T. «rt,-/iAc, K. möM, N. F. ««tö, gen. w/Är. Lille najfckê, gen. nä>Jct, L. & O. nakke.

f. palkka = T. püjhke, K., N. jw/A/.' od. paJJtk, E. (Andelin) jräZ/n, palkke, (Lönnrot) pälkke, N. F. bäi'ka, gen. 6à/&a, Lule palkka, V.. Sk. Beit &ä.

(an. torn „kind"4). urn. *6ania > T. jw.rwc, K j>ä,r», E. bardne, parne, piirne, N. F. bardne, Lui. par' ne, Arj. bardne, acc. bürdneu, Sors., Ht. farmi, St. parnic, pärnie etc., V., F. Brirr;*ë«, 0. im r*/iê«, FT. B/7r£/»êe, H. B«r'»ï«.

(an. /rav/r „drossel"), uni. */>rastus > X. F. rö-v/cv, gen. raasta od. rässta, Kv. rä.vta, Kl., Gl. trustes, gen. trasstü, W'st. prasnta, gen. prüsnä, Lui. rastës, gen. rassta, Arj. trresste, Sol's., Täru., Ht. trasstü, V., F.. F., H. trasstü, 0. traSSlü.

Wie diese beispiele zeigen, findet mau ein sehr grosses schwan- ken in der jetzigen quantität des ursprünglich kurzen a in der haupt- betonten silbe; bald ist sie lang, bald halblang, bald kurz. Ich glaube jedoch, dass diese Verwirrung im allgemeinen nur ortho- graphisch ist und dass sie in der thatsächlicheu ausspräche nur wenig grund haben kann. Nur in den Wörtern aus V., F., O., Sk., FT. und H. ist nämlich die dreifache Quantität sorgfältig auf- gezeichnet worden und hier findet man auch die oben erwähnte regel von der Verteilung der Quantität völlig bestätigt (kurzes « entspricht hier immer einem finnischen oder nordischen »- oder e-lant). Von den übrigen dialekten sind nur die dialekte in X. F. auf diese weise aufgezeichnet worden, aber leider nur in deu „Beiträgen" vou

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Qvihstad. wo halblange mit einem ^ bezeichnet wird Es ist zu bedauern, dass er nicht auch in seinen „Nordischen Lehnwörtern" die dreiteilung der Quantität beobachtet und bezeichnet hat, in welchem falle wir auch die qnantitätsverhältnisse aller übrigen dia- lekte leicht hätten studieren können, während wir uns jetzt nur mit mehr oder weniger sicheren Vermutungen begnügen müssen.

Der erste teil der obigen regel, dass kurzes a in offener haupt- betonter silbe lang wird, scheint indessen völlig bestätigt zu sein; in den obigen, vor dem striche stehenden beispielen finden wir ja fast ausnahmslos (d. h. wo die quantitftt überhaupt bezeichnet wird) laugen vokal und dasselbe ist auch in allen hier nicht erwähnten beispielen der fall; die wenigen ausnahmen von der regel scheinen auf etwas schwankender Schreibweise oder auf dialektischer sonder- entwickelung zu beruhen. In den obigen beispielen steht also viel- leicht X. F. äduot, änom für bzhw. ädnot, änom. In E. anhes, valia ist die Quantität nicht bezeichnet wrorden sie ist wohl hier halb- lang; in E. napc, sadne, välis ist ebenso die Quantität unbezeichnet. K. rtjyj mit kurzem a stimmt nicht ganz gut mit (Genetz n:o) 14 äji/a, äjjc, äjjev, 132 ktyjey, 1961 mäjcy und auch nicht mit einer anderen form desselben Wortes: 1231 räf „vorbei", und ist also vielleicht durch sonderentwickelung entstanden. Oder steht in der Verbindung äjj langes n nur wenn konsonantenschwächnng einge- treten ist (wie in 1961 oder wenigstens eingetreten sein solle wie in 14, 132)? N. rgjj beruht wohl auf sonderentwickelung, vgl. 14, 132, 739, 1709, aber 1487, 1961, 1968. In N. F. öacce ist die Quantität unbezeichnet. Dass übrigens die bezeichnung der quauti- tät in Qvigstad's „Beiträgen" nicht ganz konsequent sein kann, zeigt eine Untersuchung von 38 von den ersten in dieselbe aufgenommenen Wörtern, in welchen mau nach der schon oft erwähnten regel einen Wechsel von halblangem und langem a in bezw. geschlossener und offener silbe erwarten sollte. Von dieseu 38 Wörtern zeigten 12 einen Wechsel von bzhw. kurzem und halblangem vokal, 10 einen Wechsel von halblangem und langem, 5 eiuen Wechsel von kurzem und langem vokal sowie 10 in beiden fällen (geschlossener uud of fener silbe) nur langen und 1 nur kurzen vokal.

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Viel mehr verworren sind die Verhältnisse bei dem a in ur- sprünglich immer geschlossener silbe. In den dialekten in V., F., O., Sk., U. und H., welche in dieser hinsieht am genauesten unter- sucht sind, findet man überall halblanges a; in N. F. ist das a (in den „Beiträgen") bald kurz, bald halblaug, bald lang (von 45 bei- spielen hatten 26 kurzen, 0 halblangen, 6 langen vokal, 3 hatten in der „starken" form halblangeu, in der „schwachen*4 langen vokal und 1 bzhw. kurzen nnd langen) und in den übrigen dialekten findet man bald kurzes, bald langes a. Eine solche Verwirrung kann wohl nur auf mangelhafter beobachtung beruhen. Die aufzeichner (ausser Qvigstad) haben nichts von der (wenigstens wahrscheinlich) unum- gänglichen dreiteilung der quantität im lappischen gewusst und also die in den resp. dialekten (wahrscheinlich) vorkommenden halblangen vokale nicht erkannt, sondern sie bald als kurze, bald als lauge auf- gefasst uud sie demgemäss bezeichnet. Nur so kann man solche angaben verstehen wie die von Lule par'nê, nom. plur. partie oder partie, etc (LI. Gr., § 37), K. ätfsc- oder qtrisc- (Genetz, uro 54), K., X.? A. ärv oder arv (67), K., N., A. MJm oder natlm (1128) etc.

2) e.

Zu bemerken ist, dass (ältestes) urlappisches geschlossenes c häufig einem urfinuischeu ä entspricht, vgl. unten käki, käsi, kärsiä, kätkyt.

f. venyä = X. F. viednat, Lule vvtnam-fsüöttna uebeu vattnam- süottna); nebenfortn N. F. vâdnat, Lule vattnat, etc. mit o aus e.

f. remuta (vgl. rietnuta) N. F. riebmodet.

f. käki = T. klick, N. kiehk, E. kieha, X. F. yiekka, Lule Klcoka, V., F.. O., U., H. a ecke.

f. käsi = T., K. k>tt, X. leicht, A. kit, E. hiet, kicta, kietta, N. F. (jietta, Lule kteota, St. hieta, kiete, V.. F., O.. U., H. c'vstë.

(an. fiai „brett"), urn. *felö > N. F. ßello, gen. fiello od. fielo, Kl. fall», geu. fiello, Lnv.T Ib., Of. viellö, gen. viellö, Lule fiellu, gen. ßellü, Hm. fiello, gen. /îc/o, Fid. fiello, gen. /ieWo, Arj. gen. feüo, Ht. />cWo, /ia/to, V.. F. /»&m«, 0., U., H. /cäxtö.

(an. A/ö/r ,.kiel"), urn. * kettu > X. F. yiel&s. gen. f/zW/asa, KI. yiellas, geu. ycellsan, Hm. </*c/as.

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f. terve = T. tïrvs, K. Hrves, X. tinvas, E. iiervas, X. F. <fwr- vas, dœrvàs.

f. &<fw«ä = E. jhaftfe, X. F. ^/aftfe, Lule Aîërfcfe, St. kiettie etc., V.. F., O., U., H. a'èttëe.

f. 5c7Ä-« = T. tiejke (neben tfo.Zte und stecke, K., X. .«e.-tt), E. cieiyge, cielge neben s^ïr/c, X. F. ëicTgë neben Ar/Vyë, Lule sel'H?, L. & Ö. selke.

f. Ärärsiä = X. kierde- (neben K. liïrëe- mit 5 wohl durch spä- teren einfluss von karel. kürzt- oder direkt aus dem karel. entlehnt),

E. Herded, kiertää, X. F. gier1 dat, Lule «ter'fof, Âêr'te*, V., F., 0. verneinend (ib, im) G'èrrt.

f. kätkyt = T. kitkîm, X. F. .v«tf*ä, Lule Urkau, gen. ÄeraÄama, St Jfet'rAÄwmo, V., F., 0., U., H. o'èrkamue, H. G'ètkamué.

(an. <//ar<f „gürtel. fassreifeu"), urn. *$erdö > X. F. gier1 do, gen. /7i*erdo, (Fbiis auch) gœr'do, Kl. gardö, gen. Ib., Öf.

yiVcfö, gen. girdö, Gl. <jrer'rfô.

(an. sverd „schwert"), urn. *.merda > Gl. spier'di, gen. spim?/, Kl. sper'dë, Torneus svierd, Lule sver'fê, Hm. sver'dê, gen. warf*, Ts. svir'di, Arj. svœr'di, gen. werdë, Ht. svirdie, ëvœr'dë, V. svèrrtës,

F. Svèrrtë, 0. èvèr*ts, êvè^tët.

Bei e ist also die regel von der dehnung der kurzen, haupt- betonten vokale nicht so vielen Schwankungen unterworfen wie bei o, sondern das c ist fast überall gedehnt und auch in den meisten dialekten diphthongisiert worden. Wo letztere erscheinung nicht eingetreten ist, begegnen wir wieder denselben, wahrscheiolich nur orthographischen Schwankungen wie bei a, indem der vokal bald kurz, bald lang geschrieben wird, was wohl auch hier die in der that halblange quanti tät bezeichnen soll. In einigen dialekten kann jedoch der lang geschriebene vokal in der „schwachen" form wahr- scheinlich einen wirklich langen vokal bezeichnen, z. b.: Kl. gœr*dô, gen. gërdô, Hm. sver'dë, gen. svërde, vgl. auch LI. Gr., § 37. Die Zweiteilung der regel (dass der kurze vokal in offener silbe lang, in geschlossener halblang wird) ist inzwischen bei e wie bei allen vo- kaleu, welche diphthongisiert werden, viel schwieriger zu beobachten als bei a, da ja die quantitüt der diphthonge im allgemeinen nicht

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besonders bezeichnet wird. Nur aus V., F., 0., U., H. haben wir auch über diese erscheinung genaue uachrichten, aus welchen wir sehen können, dass die Verteilung der quautität hier nach der gege- benen regel geschehen ist: langer vokal in urcfc, g feie gegenüber halblangen vokal in a'ètiï*, (im) Q'ènt, Q'èr'katnuef srèrrtre (Jcä.uä hat wie in vielen anderen dialekten eigentümlicherweise den konso- nanten gedehnt).

3) ä.

Dein url. ä entspricht häufig ein urf. r, vgl. unten elää, cno, kesä, kerta, henki, velka.

f. käpy = T. kiepp, N. F. yœppa, gen. gœba, Lille käopa, L. & Ö. käpa.

f. käyn, impf, kävin (urspr. stamm also kävc-) = E. (Lönnrot) hcœvvahd, (Andelin) kcevatkd (käyttää), N. F. g&wvat, y&vam, G. kävvat.

f. häjy = E. hfejos, hœju, N. F. hä-yjo, gen. häjo, attr. hüjos, Lule häddu, häjüs, attr. hajüs, L. & Ö. häjo.

f. töÄi = T. ä N. weÄA, A. wft, E. vieha, N. F. rä*fca, gen. vrfga, Lule rMa.

f. elää = T. j/ette-, K. i><Hc-, E. ««tf/<f, «Mrf, N. F. wW, œlam, Lille St. jiekf, V., O. je«.1«*, F. jëelct, U., H. 7*/~«/?V>, 1 p. sg.

pra»s. jätAäm.

f. eno „mutterbruderu = T. jeanaj, gen. ji'enn?, N. F. (hio, gen. ftfao, Lule 3wuj, gen. ättnu, V. jcwf, F., O., U., H. Jc7«*.

f. kesä = T. iîmf, K., N. kiess, A. foss, E. kœse, kœœsc, N. F. gen. <7«/'*f?, Lule Af&6«, St. fc/esiV, fe?/', V., F., O. g'«*.**"«, U., H. o'ceSre.

f. Äar&«* = T. jterfc», K., N. »crÄ*, E. rtvv/e, N. F. Juvr'yë,

gen. Adr^ë, Lule Acr'ß", St. AirfoV, AierA/e, hier'kie etc., V., F. A&ito, 0 , U., H. hèi'fis.

f. nälkä = T. nieJJce, K, nifilk, E. nœœlye, nœhjye, N. F. ncbCy'è, gen. Lule nd'Rë, L. & Ö. ne/^c.

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f. äsken = T. jieskc, KL iesk, K.. N. easka, E. œskan, X. F. '7\vfca, Lille <mfca, St. <vfca, V., F., O. èssKësn, H.

f. Äcr/a = E. kœœrde, kœrdd, X. F. owV#;, gen. ^ertfö, Lule £er'/ë, V., F. Ohrtes, O., U., H. a'èrrdte.

f. /fcn&t T., K. jt«/r, N. jnkk, gen. j*eo#, A. jm&, E. jiegga, jityff, jegg, X. F. hékgga, gen. /«fya, Lule Aujgflra, St. hiäkka7 hiêkka etc., V., F., <)., U., H. ÂèÂÂe.

f. tcZ/i-a = T. t'iV.Zte, K., N. wVA, E. vœœlgi, vœlgc, X. F. vtï'Vffëy gen. tvï'/#ë, Lule t'eZ'Afr, L. & Ö. wZfc.

(an. fcrrf „wert"), urn. *iceida (über f. verta?) > T. viette, K., A. t'iV/, N. F. vœrdde, Lule ver'otë, L. & Ö. verte.

Von der dehnung des url. ü gilt also alles von derselben er- scheinung beim url. e gesagte.

4) o.

f. potea = T. pî<rcï-, K. püccc, N. puehcc-, E. ptweeed, puoccad, N. F. buoccat, buocam, Lule puöotsat, L. & Ö. puotset.

f. fosi = E. faotfa/, N. F. dwo«a, gen. dworfa, Lule täö:>fa, L. & Ö. faoda.

f. fcopara = N. F. ^Mô'&ër, gen. gubppëra, Lule fowler, gen. kufopïra, V. cAuöopsre, F. QuCoopcrs, O. auöopers, IL, H. mtiöopere.

f. fo/ii = K. /üss, X. Jmoss, E. /wosa, X. F. luössa, gen. toosa, Lule luössa, gen. fäöso, L. & Ö. toos, toosa.

f. jo = T. j«, jw, E. juo, jo, X. F. juo, Lule juo, St. jw, jwo, V. j«ö, jwö, F. jw/*, O. jtf/'ö, U., H. jîïe.

f. jo&a = T. j/ÄÄc, j?Ä. K. jiukke, X. ju(o)ihke, A. jwfcfa, jw.Wf, E. jwöÄi, juöAc, X. F. juökke, Lule jwö.?M<<, L. & Ö. juokc.

an. kopar „kupfer" oder urn. *kopar- - > (Ib., Of. etc. gohppar aus einer nord, form mit ursprünglicherem u), Of. guöhppir, Lule küöopar, gen. kuöoppara, Hrn., Ts. guöhppar, V. ow$x>pars, F. khmäoo- pars, 0. khuwoopare, U., H. kheäoopare.

f. <o/tfta = K. <üste-, X. tuoistc-, X. F. duös tat, Lule tuösstat, tüöstau, St. tuostet, V., F. muösstst, O. vutiiMM, IT., H. vutössiio.

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f. koski = T. kUk, K. kûëk, N. kuoUk, E. koask, N. F. guofka, gen. guoika, Lule kui'oka, gen. küeioka, V., F. aùiox'ke.

f. sorwi = T. sîrm, N. smotw, E. sworwa, N. F. suorbma. gen. 5Mort»a, Lule ttuöt^ma, gen. süörma, St. suomia, surma etc., V. sMÖrrm««, F. .Wmw„e, O., U., H. staV5»!««.

f. soZmu = N. F. cuolbma, gen. cuo?ma, Lule tëuôlatna, V. f$'uÖA'mHey F. WWa»»i„«, 0., U., H. fëftuôAtmu€.

f. owfa' = T. vînfc, K. vunk, N. vwe&fc, E. vuoggo, N. F. vuögga, Lule wio'^aa, gen. t?«öfc*a, V., F.. O., U., H. hbkks.

(an. /bflfc „volk"), urn. *folka > N. F. fuöVke, gen. /ud'tëe, Ib., Of. huoTkê, Lule Ä«ai'3*e, /uô7«, Hm. /ucifyë, gen. /uô&ë, Ts. huoTkê, Fid. /uôT&e, Sors. /Mo'Zfo'e, Ht. /ûe&te, V., F. fuoïkêe, 0., U., H. /udW»«.

(an. Äorn „horn"), urn. *Äorna > Arj. twertfrte, Sors., Ht. vu'ôrnie, Jämtland (Qvigstad) vuörrnie, vuermë.

Das oben bei c gesagte gilt also auch hier.

5)

f. kota = T. K. ämö,«, N. äuo,M, A. kod, E. fct<ate, N. F.

goattë, gen. <7oad"ë, Lule Z;â?të, St. koatie, V.. F., U., H. aöetee, O. nooetëe.

f. oma = E. oame, oawit, N. F. oabmë, gen. oamë, Lule ôppmë, L. & Ö. âme.

f. osa = T. vfoisse, K. wo.ss, N. «a<ss, A. vois, E. oase, ose, N. F. oassë, gen. oasë, Lule ôssë, V., F., U., H. ôesëe, 0. «osé.

f. rova = E. roare, N. F. roawvë, gen. roavë, Lule rôwë. gen. rôyë, L. & 0. râve.

f. sopia = E. soapped, N. F. soappat, soabam, G. söapaf, L. & Ö. sâpatet.

f. sofa = E. soate, soatte, N. F. soattë, gen. soaa*ë, L. & O. sota. (an. 6oaV „brandung"), urn. nom. sg. *boâô > N. F. boaâdo, gen. 6oa<?o.

(an. mole „brocken"), urn. nom. sg. *molö > N. F. moaüo, gen. moalo.

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f. polttaa = N. puojtc-, E. poalde.d, pu aided, N. F. boàTdët, boaldam, Lule polltêt, St. poafte* etc., V. Bolltet, F. iwto, O. Buölldio, U., H. BÖlldi).

f. frotöa = T. Mortem, K. kuockem, N. Tcuehchm, A. koheni, E. ku aski m, N. F. goaskëm, Lule kössHem.

f. morsian = E. muarsse, N. F. moar'së, gen. wioarsë, Lule »ior*së, V. morose.

f. o&sa = T. ttfefof, K. «efo?, N., A. o.jts, E. oafoe, N. F. oafoë, Lule ôtëfoè, St. oate, V., F. o»è, O. «oÂtësëf, IT., H. bkkSèe.

f. ostaa = T. vUiSte-, K. «e.ste-, N. «a^te-, A. vo.sfc-, E. oasted, N. F. oas/ëY, Lule ôssfë/, St. oaste£ etc., V. osstet, F. Sk. uoéètw, H.

f. sompa = T. sîe.-mpe, K. suo,inp, N. suatfp, E. soaoe, N. F. soabbë, Lule sôooê, L. & Ö. sdo&e.

(an. sfofpe „pfosten"), urn. nom. sg. *sfo/pö > N. F. stoaVpo, gen. sfoa/po, Kl. stoVpö, gen. s*ö/pö, Ht. stoalpu.

Auch hier gilt also das oben bei e gesagte.

Wie aus den hier angeführten beispielen hervorgeht, herrscht also bei der Verlängerung der kurzen, hauptbetonten vokale eine sehr grosse Verwirrung, die wir bei unsren in dieser hinsieht sehr mangelhaften kenntnissen von den dialekten nicht völlig in Ordnung bringen können. Die oben erwähnten umstände scheinen mir jedoch die folgende formulierung des gesetzes wahrscheinlich zu machen: kurze, hauptbetonte a, c, ä, o, » wurden in nrlappischer zeit in offener silbe lang, in geschlossener halblang; e, ä, o, u wurden ausserdem zu bzhw. <fc, eät uö, oa diphthon- gisiert.

B. Quantitätsverhältnisse in den nicht haupt- betonten Silben.

Bei einer vergleichung von lappischen Wörtern mit den ihnen entsprechenden finnischen Wörtern findet man oft, dass die ersteren, wenigstens in vielen dialekten, in ihren nicht hauptbetonten silben ange vokale enthalten, während die entsprechenden vokale im fin-

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nischen durchgehends kurz siud. Wir sprechen hier nicht von solchen sporadischen nnd offenbar spätereu dehnungen, wie die im Lulelap- pischen bei der Schwächung des Stammes gewöhnlichen (z. b.: kullat „hören", aber kuläu „ich höre"; taokat „machen", takä „mache!" etc.; Lui. Gr., §§ 33) oder die durch zusammenziehung entstandenen vo- kale, wie Lule kullë „hörend" <C url. -cja, etc., sondern von solchen langen vokalen, die ohne Zusammenhang mit anderen erscheinungen auftreten und welche man durch eine sehr lange reihe von dialekteu verfolgen kann. Bei näherer Untersuchung wird man finden, dass nicht alle vokale auf diese weise in den nicht hauptbetonten silben lang auftreten, sondern nur die dem finn. a und o entsprechenden a, e und o (oder «), während das dem finn. c, i und u entsprechende a („a") überall kurz ist, wo es nicht weggeworfen wurde. Wir sprechen hier zunächst nur von diesen vokalen, wenu sie im auslaut in zweisilbigen stammen stehen.

Eine Untersuchung zeigt, dass ein in dieser Stellung stehendes, einem fiunischen (oder urnordischen) a entsprechendes lappisches c in folgenden dialekten lang ist: Kaifjord, Lenvik, Ibestad, Ofoten, Gullesfjord, Westerâlen, Hammerö, Tysfjord, Folden, Lule lappmark und in allen südlicheren dialekten. Diphthougisierung zu ie etc. ist häufig. Die Untersuchung ist auf grund des in Qviostad, NL, mit- geteilten materiales gemacht worden. Als beispiele können genannt werden: N. F. av'je, gen. avje, Kl., Lnv., Ib., Of., GL, Wst, Hrn., Ts. ai\ï (aber Lule aive) „feiues heu" (NL, s. 96); E. äpe, äpe, gen. äve, N. F. ühppc, ahppe, gen. übe, ävey Kl., Bis., Luv., Ib., Of. ûhpë, gen. übe, Lule ûjpë} Hrn., Fld. älipe, gen. âbë „meer" (NL, s. 91); Kr., Kar., Ib. akse, gen. avse, Lule akksc, Fld. aksë, Ht. avsê, Sors. aksi, Tärn. aksie, Jämtland auscs etc. „das geweih eines renutieres tt (NL, s. 87). Wie aus den beispielen hervorgellt, kommen hie und da Schwankungen vor, welche jedocli teilweise gewiss nur dem zu- sammenfassen der formen vieler dialekte unter eine einzige rubrik znzuschreibeu sind, so gewiss die formen Bis. âïtpë statt ähpe und Ib. akse statt aksë. Andere von diesen Schwankungen sind in ge- wissen dialekteu häufig, z. b. das e oder i neben ë im Lulelappischen (Lui. Gr., §§ 38, 1 a; 106, 2 A, 1): par'tw, par'ne, pai'ni oder das s neben ës in Ofterdal: boVnïc, Bar'ns.

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Auch auslautendes a in zweisilbigen noiniualstämmen, welche finnischen stammen auf -a entsprechen (und in N. F. im illativ sing, auf -ai endigen), tritt in vielen dialekten lang auf. Nach Qvigstad, NL, s. 50, entspricht einem solchen a in N. F. im allgemeinen ein a (nicht „a' ), in Sttdwaranger ä, in Karasjok und Kistrand ein sehr hohes a sowie in Kaifjord, Lenvik, lbestad und Ofoten ein langes ö; auch in Jämtland ist das a lang oder halblang und in Vilhelmina, Stensele, Arjeplog und Lule lappmark kann es laug (oder halblang) sein, z. b.: f. akka = T. «ä K. ü{hk, N. ähk, E. akka, N. F. ahkka (illat, -ai), Südw. ahkkä, Ib. alikkä, Lule, Arj., Sors, ahkka, ahkkä, Ht. ähka, St. ähkä, akka, ahka, V., F. à-oxkà, àoxka, O., U. äoxkä, H. cpxkä.

Ein auslautendes o in zweisilbigen Stämmen = f., urn. o ist in folgenden dialekten lang: Kaifjord, Lenvik, lbestad. Ofoten, Wester- âlen, Lule lappmark (nach der bei Halâsz, Svéd-lapp nyelv, I ge- wöhnlichen Schreibung wo), Arjeplog (nach Halâsz. id. V, aber nach Qvigstad. NL, kurz), Steusele (Halâsz mo), Vilhelmina und Jämt- land (wo das ü in den südlicheren dialekten in ö übergegangen ist), z. b.: N. F. av'jo, gen. avjo, Kl., Lnv., Ib., Of., Wst. ai'vö, Gl. atV<, Lule ai* vu, Hrn., Ts. ai'vo, Sora, avèo, avcoe, Ht. attfw, V., F. auf$(à, 0. au/äö, aufte, Sk. awßfo, U., H. aufèâ. Dialektische Schwankungen kommen also vor.

Die obigen beispiele sind aus natürlichen gründen alle nomi- native; der nom. sg. ist nämlich die einzige form, wo der auslau- tende „stamm "-vokal in absolutem auslaut gestanden hat. Die ge- schiente der dritten person sg. pnes. ist ja noch etwas unsicher, (vgl. Setälä, Tempus und Modus, 8. 57 f.; verf., Lui. Gr., § 387); sie zeigt oft langen vokal, wo man einen kurzen erwartet hätte, wenn der nackte stamm hier wirklich zum Vorschein käme.

Auch im in laut begegnet man in vielen dialekten langen vo- kalen in der zweiten silbe, welche langen vokale finnischen oder urnordiseben kurzen entsprechen. Das material ist jedoch aus deu meisten dialekten so gering gewesen, dass man aus demselben kei- nerlei schlösse hat ziehen können. Die meisten von diesen langen vokalen treten in allerlei formen von zweisilbigen Stämmen mit nom. sg. auf N. F. c auf, sowie in der zweiten silbe von Stämmen

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mit nom. sg. auf -es: Lule illat. sg. mit suff. par'näsis; hartes, gen. kar«vâsa etc.

In den dritten und vierten etc. Silben scheinen keiue langen vokale aufzutreten, ausser wo die länge durch spätere, in Verbindung mit der konsonantenschwächung stehende entwickelung hervorge- rufen wurde, wie in Lule p akut all at, 1 p. sg. prœs. pakäialäu etc.

Im allgemeinen zeigen also die „schwedisch-lappischen" und die ihnen am nächsten stehenden „norwegisch-lappischen" dialekte in nicht hauptbetonter silbe langes a, e, o, während die übrigen dia- lekte hier nur kurze vokale kennen. Einige umstände scheinen je- doch darauf zu deuten, dass auch wenigstens einige von den übrigen dialekten einst lange vokale gehabt haben und dass also diese er- scheinung möglicherweise sogar urlappisch ist. Es ist nämlich auf- fallend, dass im Ter-lappischen im nom. sg. von zweisilbigen stammen ein auslautendes e « a) und a « o) geblieben ist, während ein ur- sprüngliches e, i und u O N. F. „a") weggefallen ist. Es heisst z. b. ajke „söhn" = f. ylkä und ürva „wert" = f. arvo neben ärk „fastenfreie zeit" = f. arki, änk „gefrorene schneerinde" = f. hanki und slw „rauch" = f. savu. Dasselbe ist gewöhnlich auch, nach Qviostad, NL, 8. 50, im Enarelappischen der fall: pcilhe John" = f. palkka und aldu „renntierkuh" = N. F. alddo neben tull „feuer" = f. tuli, vielja, vilj „bruder" = f. veli und èohe „herbst" = f. syksy. Der umstand, dass urspr. a und o hier nicht wegfallen, während urspr. e, i und m verschwindeu, muss mit ihrer langen quantität in vielen anderen dialekten zusammengestellt werden und kann wohl am besteu so erklärt werden, dass sie einst auch hier lang gewesen; vgl. hiermit den umstand, dass im Terlappischen auch die 3 p. sg. prajs. bei zweisilbigen stammen (wenigstens oft) ihren auslautendeu vokal behält: porra „isst" = f. puree; poatta „kommt" = N. F. boatta; vleVca „reist ab" = f. alkaa (Halâsz, NyK, XVII, s. 24).

Wenn also, wie es möglich zu sein scheint, a, e (<i a) und o in der zweiten silbe schon in urlappischer zeit regelmässig lang ge- wesen sind, kommt die reihe an die frage, ob die urlappische länge oder die urfinnische kürze (von a und o) die ursprünglichere ist. Eine solche frage kann natürlicherweise nur aus den übrigen f.-ugr. sprachen beantwortet werden uud wir müssen also vorderhand bei

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unsreu jetzigen geringen kenntnissen von der geschicute dieser sprachen auf die lösung der aufgäbe verzichten. Möglich wäre auch, dass nur einige von den urlappischen langen vokalen eine ursprüng- liche lange qualität haben und dass also die übrigen in urlappischer zeit gedehnt worden sind, wenn nämlich dasjenige nicht hauptbe- tonte a, das nicht zu e übergeht (f. akka = N. F. akka etc.), ur- sprünglich lang gewesen ist und das a~e ursprünglich kurz; vgl. unten bei der behaudlung der vokalischen lautgesetze in nicht haupt- betonter silbe!

In den urnordischen lehnwörtern hat das urnordische grund- wort oft in der zweiten silbe einen langen vokal gezeigt, z. b. in allen ö-stämmen (nom. acc. sg. -ö) und w-stümmen (nom. sg. -ä, -e oder -0, cas. obl. sg. auf nasaliertem -s bei den aw-stämmen; nom. sg. auf nasal, und cas. obl. sg. auf nasal, bei den öw-, ün- stämmen), während z. b. diejenigen formen der a-stämme, ans welchen die meisten lehnwörter im lappischen entlehnt sind, also nom. sg. mask, auf -az und acc. sg. mask, und nom. acc. sg. neutr. auf -a, nur kurze vokale haben. Bei der entlehnung wurde indessen na- türlicherweise die quantität der zweiten silbe nach der analogie von allen übrigen zweisilbigen nominalstämmen umgestaltet und in diesem falle können wir also, wenn die langen vokale in der zweiten silbe schon urlappisch sind, von einer wirklichen, in urlappischer zeit stattgefundenen dehnung des in dieser silbe stehenden vokales (also zunächst a) reden: urn. nom. acc. sg. *bama (au. barn „kiud") > url.(?) *bàrnu > *6àrwë > Lille pafnë, etc.

II. Die konsonanten.

Die konsonanteiiHchwächung.

Eiues von den wichtigsten lautgesetzeu sowohl der finnischen als der lappischen spräche ist die bekannte „konsonantenschwächung", d. h. die erscheinung, dass gewisse, im allgemeinen zwischen den

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72 -

vokalen der ersten und zweiten silbe eiues Wortes stehende kousu- nanten oder konsouantenverbindungen (die in den finnischen gramma- tiken s. g. „Stammkonsonanten") in denjenigen wortformen, wo die zweite silbe offen ist, in einer relativ volleren oder längeren form auftreten, während sie im anfaug einer geschlosseneu zweiten silbe eine gewissermassen weniger volle, kürzere form zeigen. Die erstere wird von Donneb, Qvigstad u. a. die starke form genannt, die letztere die schwache form, welche namen auch hier ihrer kürze wegen gebraucht werden sollen. Dass diese beiden stufen indessen nicht so selten nur mit einer gewissen reservation mit den namen „stark" und „schwach" oder „voll" und „weniger voll" bezeichnet werden können, geht aus solchen fällen hervor wie Lule vaddlt „geben" ~ vattau „ich gebe", wo vattau die schwache form ist, gegenüber Notozero keddas, gen. kettaz „schwelle", wo ganz umgekehrt keddas die schwache form ist. Wie aus diesen beispielen hervor- geht, sind auch die Schwächungserscheinungen jetzt nicht mehr an die geschlo8senheit oder Offenheit der zweiten silbe gebunden. Die konsonantenschwächung ist nämlich ein jetzt schon längst gestorbe- nes lautgesetz, und wenn man von einer von dem auslaute der zweiten silbe abhängigen starken und schwachen form spricht, hat man immer die Verhältnisse einer viel älteren zeit, überhaupt der urlappischen zeit, vor den äugen.

Soweit man aus dem zugänglichen materiale seh Ii esse n kann, kennen alle nördlichen dialekte von Fite lappmark (Arjeplog und Arvidsjaur) an die konsonantenschwächung, während sie in den südlicheren dialekten, von Sorsele *) an, jetzt unbekannt ist. Die

.*) Die Verhältnisse in Malâ können hier nicht näher berücksichtigt werden, weil das material zu gering und auch vielleicht nicht ganz zuver- lässig ist. In dem zugänglichen materiale findet man ein eigentümliches schwanken zwischen Vorhandensein und nichtvorhandensein einer konsonanten- schwächung (vgl. näher Halàsz, NyK, XXII, s. 220 ff.). In einigen Wör- tern kommt Schwächung vor, in anderen nicht und wieder andere schwanken. Die vorhandenen fälle sind: hk ~ k, g; hp, pp ~ p; ht ~ t; he ~ c; hc, cc~ë; w ~ v; ss ~ s ; ll~l; rr~r;

(jn ~ ù; dn ~ n; bm ~ m; z. b.: sühket „rudern", 3 p. dual, prœt

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73

wichtigeren fälle von der wechslung zwischen einer starken lind einer schwachen form der Stammkonsonanten in den verschiedenen dialekten sind in der folgenden tabelle aufgenommen worden *). Die angaben sind bei einigen dialekten etwas unvollständig und werden gewiss auch hie und da (besouders filr das Enarelappische) bei einer genaueren Untersuchung der betreffenden dialekte berichtigt und verändert werden ; sie geben uns jedoch auch jetzt einen im grossen und ganzen klaren überblick über die jetzige eutwickelnng der quau- titätsgesetze in den verschiedenen dialekten. Die angaben für T., K. und N. stammen aus dem im wörterbuche prof. Genetz' mitge- teilten materiale, die angaben für E. aus den bekaunteu abhand- lungen Lönnrots und Andelins in Acta soc. sc. fennica» (sowie zum teil aus Qvigstad, NL, und Qvigstad und Sandbekg, Lapp. Sprachproben). Mit N. F. (Qvigstad) bezeichne ich die Schreib- weise Qvigstads in seinen Beitr. und NL sowie seine notizen über die dialekte (in NL); die angabeu für Arjeplog sind den sprach- proben Halasz' in Svéd-lapp nyelv V entnommen.

Der kürze wegen bezeichne ich hier auch die Lule- und Arje- plog-lappischen svarabhakti vokale (wie Qvigstad) mit einem '.

Beispiele von den in der tabelle mitgeteilten wechslungen findet der leser im folgenden bei der genaueren besprechuug der quauti tätsgesetze.

sügiken; lahpet „verlieren", 3 p. dual. pnot. lähpiken und läpiken; va^ct „gehen", 3 p. sg. priet. vä$i und va$$i; raijet „senden", 2 p. sg. imper. räje; hüllet „hören", 3 p. sg. praot. küllai und Mi; ädna „viel", änab „mehr"; olbma „manu", acc. sg. olmab; mehr beispiele bei Halâsz, a. a. o.

*) Iu vielen dialekten findet man kleinere Unregelmässigkeiten, welche in der tabelle nicht berücksichtigt werden.

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- 74 -

Ursprüngliches

Ter, Kiidin

Notozero

Enare

l ) întervokaii- sches

k

P t

kk ~ T. g, K. y pp ~ T. b, K. b, (i tt ~ T. d, K.

hk ~ y hp ~ v ht d

AA, h ~ t>, g} gv hp <**-> v ht ~ d

2) intervokali- sches

kk

PP tt

A& ~ k hp ~ p Af «

hk ~ hk hp hp ht ~ A*

hkk A, AA hpp ~ hp htt ~- A*

3) intervokali- j c sches \ c

cc ~ 5 èà ~ i

ÄC ~ ? P

hc ^ z j

4) intervokali- \ cc sches ( cc

Ac ^- c, cc Äc <5

he ~ hc hc ~ ?

hec ~ Ac Ace ^ Ac

5) diphthong" auf i oder n oder liquida -f

# jk etc.

6 i»p etc.

d It etc.

/< j jhk etc.

P

/

c c

vb

id

jk

Ihp etc. ~ ? rht etc. ? jAc etc. ^ je ?

jk etc. vp etc. It etc. ;A* etc.

rht etc.

U jk

?

, ig, w ete- /ft, etc. vdt vdd etc. /A*, Ikk etc. P

rf, ete. tc etc. ?

lb

vd

Ih

? ?

(i) nasal + hom- orgaues

<J

m* -

- %

ft*

b

«■»

M

~ bb

d

m<

nd

cW

^ dd

.->

MC -

^ n3

cc

35

' ' 3i 35

i

MC <•

CC

si

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- 75 -

N. F. (Schriftsprache)

kk

VP tt

9

b, v d

N. F. (Qvigstad)

Jûck ~ g, g hpp 6, v hit ~ d, r, d

Ltile

Arjeplog

ok k op ^ p oi f*** t

hk hp ^ p ht ~ t

Wc

PP It

kk, k

PP, P tt, t

hkk hpp hit

hk hp ht

okk ok opp op ott ot

hhk ^ hk hhp ~ hp hht ~ ht

cc

c c

CC i*-** cc, c cc cc, c

hcc hcc

c, 5, s ö, S, ë

OtS r~ tS Otà

hcc ~ hc hcà ~ hc

otts ~ ots ottë ~ otë

hc ~ c ~ c

hhc ~ hc hhö ~ hc

igg etc. ~ ig

vbb etc. ~*> vb

Idd etc. ~ Id

rkk etc. ~ rk

Ipp etc. ~ lp

iti etc. ~ it

ice etc. ~ ic

icö etc ~ ic

i'g etc. v'b etc. i'd etc. r'k etc. fp etc. ft etc. t'c etc. etc.

/d

rJfc

lp

it

ic

~ tft ~ up

i'A etc. w'p etc.

r'< etc. ~ ft, r *

f^Ä etc. ~ rk

Vop etc. ~ ip

etc. ~

i'ate etc. ~~

ïotë etc. ~

t'Ä, Tit etc. I'p etc. it,r' ftttt etc. ihk,r()hk etc. WÄp etc. iAt,rOt etc. i/ic etc. i&c etc.

*, Ihk Ihp it,rht,H ihk, rhk Ihp

iht, rht

ihc

ihc

09

~ gg

99 ~

- M

bb

66 -

- bb, 6

66

PP

bb -

dd

^ cW

dd

- dd, d

(id

' «

dd ~

- tt

~ o

33 "

~ dd.v, 5

dds

cc

-

- dd$, £

dtë

~ m

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70

Ursprüngliches

Ter, Kiidin

Notozero j

J

Eoi

ire

d

mt

^ md

pt -

- (pO

bd

7) m + . .

.5

mc

- P

?

?

*

V

7/1 U

pc '

tit'

H) .v, S -f . .

i

+

c

k ~ k t - t

+.

^ l

/: - k t ~ t

+

A;

.

T. fo, K. äw, x$ ~

XS ~ vs

fs ~

vs

T. ys, K. vs

s

T. te, K. x$ ?

^

9 1.5

V) K -\- . .

<

T. to, K. %t ~ T. y/, trt, K.

%t

^ vt

ht, ft ~

vd

c

T. fc, K. xc ~ T. jr,

XC

^ VV

he

10

K. tr

r

C

T. to, K. x<? ~ ?

XC'

- ?

he

p

im ,f 1 lt

tk -

- T. tk, K. <fy

tk -

dg

» 1 7. ? -+■ «

ft -

- T. tk

tk «

- p

P

t>

VV -

w

~ i;

VV

tt

tt -

dd

~ d

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- <f

SS '

ss

~ zz

SS

~ s

SS *

AS

SS

~ ?

SS

~ ?

*•

S

èè ^ z

èè

- ?

88

ii) îniervoKa-

SS 88

?

èè

~ ?

lisches

i

jj "

^ J

jj '

~ i

jj

~^ j

jj '

- ?

jj ~ ?

p

i

U *

- 1

Il -

u

~ l

n

n <■

~ «

« -

- u

u

- ?

r

rr -

- r

rr <■

^ r

rr

~ r

rr

?

?

?

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77

N. F. (Schriftsprache)

N. F. (Qvigstad)

Lule

Arjeplog

vthl vd

rV/, ir'd ~ vd, ml

Vi

pt

~ pt

vre ~ vc

v'c, w'c ~ vc, wc

Vis

~ pts

?

VCC /^*»' VC

f V f v »■ »

1/ 6 j tr c /*<k- VC, il C

h' f S

~ pc

sk, ikk ~ sk, ik

ssk, sk, f k ~ sk, ik

ssk,

i'.)k ~ sk,

»Jk

fAÄ ^ sä, ?'ää

sL itt ~ st, it

sst, st, i't ~ st, it

sst,

i'.ft ~ st,

*

ilit ~ st, mt

&5, /*5 ~ t'5

ks,fs~vs, u s

kks

"-s u\vs

ks

kks ks

&£, /& ~ vi

kS, fs ~ H, /3f. vjSF, utf

m

m

fig

kt, ft ~ ttf

Ä/, # ~ M»<

kt

Iit'

^ 7./

Ar, /r <~ vc

fo, /c ~ re, wc

kts

kr

kc, fc ~ vc

kc, ~ vi, wc

kt§

^ uwt§

hfl KC

rtC

ftfj ^ dg

ag ag

r fc

(t'k

' rv

1h 1

r Jlc

■~ rk

?

Vt7 ~ V

ft', «1? ~ v

vv

~ V

~ ff

■9-9 -9

aa ^ a

t

~ t

^ â

55 ' s

ss ~ s

SS

' ' s

ss

~ s

SS ~ SS

ss ~ ss

SS

SS

» 55

sS ~ é

SS ~ 8

$s

r

~ 5

»» •» jr r

ss ^ ss

SS ~ SS

SX

88

~ S8

SS

fßj ~ 3

««• 31 ~ 3

aa,

(f ~ J

aa

~ i

üJ ~ 93

993 ~ 93

aa

?

l ~ l

U ~ I

u

n

?

l ~ II

Il ~ 11

n

n

- ?z

rr ~ r

rr ~ r

rr

^ r

rr

^ )•

rr ~ rr

?

rr

^ rr

?

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78 -

Ursprüngliches

Ter, Kiidin

Notozero

Enare

12) intervoka- lisches

m mm n

nn

n

M n

nn

mm m

nn ~ n nn ~ nn nn ~ ti P

im ~ ii f

mm ^ m P

nn ~ n nn ~ nn iin ~ ii P

nn ~ n, j ?

bm, mm ~ m P

dn, nn ~ n dn ?

?

P

?, itg ~ P, j ?

13) diphthong auf * oder «

+

f l 1 r s

[ V

•11 »11

jl, VI ~ jl, VI

etc.

tl *J l

jl, vi ~ jl, vi etc.

tl, rl ~~ tl, vi etc.

14) l, r, mfn +

m

3

s S

Ij, rj etc. ~ Ij, rj etc.

Ij, rj etc. ~ Ij, rj etc.

r

!

Ij, rj etc. ~ Ij, rj etc.

15) diphthong auf i oder u oder Z, r -f-

m n

û

a

jm, vm, ~- jm, vm, lm, rm lm, rm etc.

jm, vm, ~ jm, vm, lm, rm lm, rm etc.

•6m, tm, /-w im. Ihm, lm etc. /m vdn, vn, ^ i-n. raw, m etc. P

P

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79 -

X. F. (Schriftsprache)

N. F. (Qviostad)

Lule

Arjeplog

bm, mm <*

^ m

hm moi

Hill, 7/§7rf

ppm, mm m

mm

m

! Inn s

inn r

1/7»*

uin

c/om ppm

bm »

- pm

dn, nn <~

w «

dn, nn

~ n

ffn nn m

Ctrt} #fr* 7*

in, nn ~ n

dn *

»-' eZn

dn

~ dn

ddn ^ t7n

an

^ in

dnj, nnj <-

^ nj

dii, tin

- > n

W«, /m ^ m

in, nn

dnj <■

~ dnj

dn

<iVfri ~ Un

dn

^ /n

m, nn *

77

9n, nn

kkn, nn < < n

Jen, ng, im

^ n

on

ffn

~ sn

</^n ~ kkn

ffn

kn

ill etc. ~.

* il

i'l etc.

~ n

i t etc. ~ iZ

il etc. ~ t7

vrr etc. ^

■> vr

v'l, uH etc. ~ rZ, mZ

u'Z etc. ~ uZ

etc.

vss etc. ~ vs

t/*, w/* etc. ~ vs, ir*

«'* etc. ~ ii*, wws

iw etc. ~>>

Tr etc.

~ iv

t't; etc. ~ iv

i i

'f»j -

lj

n, W

~ r, ij

Uj ~ Zj 1

Vjt r'j

~ lh rJ

|r/ etc. ~

0

r'j etc.

~ rj

rj etc. ^ r; J

Is.t etc. ~

Z*

Z'.s etc.

~ Is

Z's etc. ~ Is

Vs, nns etc ^ /*, n$

r$S etc. ~

r$

r'$ etc.

r'§ etc. ~

r'S etc.

Zw etc. ~

etc.

~ Iv

Vv etc. ~ Zr

Vv etc.

~ Iv

t&m etc.

~ im

t'Z>m, i'm etc. ~ im

l 7/1 CM/. Iw»

i'6m, Z'6w, ~

im, Im,

r*6m etc.

rhm

rJn etc.

rn

idn, rdn

, r'n etc. ~

i'n, r'n etc. ~ in, rn

tc?n, Z'rfw, ^ in, Zn,

in, rn

r'rfn etc.

rhtn, rhn

rtinj etc.

~ vnj

vdii, wdrî, v'n etc. ~

u'ä etc. ~ tin

udn" etc. ^

un*

vri, wii

hjfj etc.

Zr/ç, etc. ~ ?v

Tn etc ~ In

iVt» etc. ~

Iii

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- 74 -

Ursprüngliches

Ter, Kiidin

Xotozcro

Enare

1) mtervokali- sches

k

P

t

kk ~ T. gt K. y pp ~ ï. 6, K. 6, tt ~ T. d, K. d

hk ~ y hp ~ v ht ~ d

AA, A ~ t?, y, #0 Ap ~ v ht ~

2) iutervokali- sches

kk

PP tt

hk ~ k hp ^ p

ht ^ i

hk ~ hk hp ~ hp

ht ^ ht

ni ni

hkk A, AA App ~ Ap A// ^ A/

3) intervokali- ) c sches 1 c

ce ~~ 5

he ~ ?

hfi r*^, V flC ï

Ac z ne fm^/ j

4) intervokali- J cc sclies [ cc

/te ^ C, CC he ^ d

he ~ hc hc ~ ?

ficc ~ Ac Äec ~ Äc

5) diphthong auf * oder « oder liquida -f

9 b

d

* P t c c

jA; etc. » jg vp etc. ~ vb U etc. ~ W jhk etc. ~ jfc top etc. ~ ? rht etc. ~ ? JAc etc. - je P

jk etc. ~ rp etc. ~

etc. ~ Id jhk etc. ~ jA: ?

rht etc. ~ P ? t

ï*/, igg etc. ^ »V/ fo, Ibb etc. M f d, vdd etc. ~ cr? ft, £U; etc. ~ /A P

ri, rtt etc. ~ ? te etc. ~ ? P

6) nasal + hom- organes

9 b d

â

nA ~ ng nip ~ mb nt nd ne **>-> n$ wc ris

kk ~ (jg pp ~ bb U ~~ (M ce 55 ce ~

99 ~ <«7 66 bb

dd ~

55 ~ 5, 55

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75 -

N. F. (Schriftsprache)

N. F. (QVIGSTAD)

Laie

, . . ^ - : .

Arjcplog

kk ' ' 9 pp ~ b, v tt ~ d

/*M ~ 9, g hpp b, v htt ~ â, r, d

ok ~ k op p

* ' ^

hk f--* k hp ^ p ht ~ t

kk ~ kk, k

PP ~ PP, P tt ~ tt, t

hkk ~ hk hpp ~ hp htt ~ ht

app ~ öp ~ a*

hhk ~ hk hhp ~ hp hhi ~ ht

cc ~ c ~ c

hec ~ c, 3, s hÔc ~ ë, 5, 8

otë ~ «

hc ~ c ~ c

ce ~ ce, c cc ~ ce, c

hec ^ hc hcâ ~ hc

hhc ~ hc hhô hc

igg etc. ~ ig vbb etc. ~ vb Idd etc. ~ Id rkk etc. ~ rk

/pp etc. ~ /p »ft etc. ~ it ice etc. ~ te ièë ete. ^

Cg etc. ig v'b etc. ~ vb I'd etc. ~ rk etc ~ rk lp etc. ~ Jp i'/ etc. ~ t'e etc. ~ ic »'e" etc. ~

TA etc. ~ i& «'p etc. ~ «p Z7, r'* etc. ~ tt, rt t'ok etc. ~ rk

if i iC

fjp etc. ~ ip t Jt etc. ~ &f i'ate etc. ~ iots ïotê etc. ~ trtt

ik, Vk etc. ik, Vik Vp etc. ^Ihp it,r't,llt etc. ~it,rht,U ihk,rC)hkz\fi.~M,rhk l()hp etc. fhp iht,rC)htete.~iht,rht ihc etc. ~ihc ihc etc. ~ihè

<W ~ 09

kh hh oo ^ 00

dd ~ dd

33 ~ 3

-

^ gg> g

00 ~ DO, 0

rfd dd, d 33 ~ dd.v, 3

êê ~ ààs, i

~ H- oo ^ pp dd ~ tt dds ~ Us dtê ~ «5

tjg ~ kk bb ^ pp dd tt

33 ~ cc

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Ursprügliches

1

i

Ter, Kiidin

Notozero

Enarc

mt

^ md

- (pi)

&<*

~ bd

7) m + .

o

me

^ ?

P

P

me

pc,

hS ~ ?,

S) .v, s -f* .

it

4-

**> .

k ~ k t -< t

4-

i

•*

A - A t ~ t

\

+

*

A -w A t ~ t

T. As, K. As, xs ~

^ vs

As,

fs ~ vs

T. y.ç, K. r.v

S

T. M, K. x5 - P

x*

t>£

~ P,

9) A + . .

t

T. Ai, K. T. y/, vtf, K. vi

x<

vt

Af.f ~ vd

c

T. Ac, K. xc ~~ T. yc,

xc

VC

hc

~*> Vf

K. t"c

c

T. fef, K. x* - ?

X^ '

—*J p

hc

^ V

10) rf + (j .

*A -

- T. /A, K. rfy

/A -

âtj

' dg

f -f- A .

/A -

- T. fft

tk r

w ?

?

V

VU '

vv

~ V

vv

' V

« - d

dd

dd

~ d

S8

ss

~ zz

ss

ss

SS ~ ss

8S

~ ?

ss

~ ?

ë

èë '

- z

ès

ëë

11) iutervoka-

ëë

?

?

èè

P

lisches

j

a "

- j

jj

~ j

jj

jj '

- ?

jj '

- ?

P

l

Il <■

- 1

u <-

U

- 1

II

U r

il <■

- u

U

- P

r

rr <■

rr '

w r

rr

' /•

rr

?

?

?

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77

N. F. (Schriftsprache)

N. F. (Qviostad)

Lule

Arjeplog

nid ~*> vd

v'd. ?r'«i ~ tv/ WfZ

Vt ~ pt

I'd ~ pt

t- » ' {. f

v'c, u 'c ~ VC, ICC

f*2 fitQ ■/ t\> JJvO

?

- y * ? * * *

v e, fr c te?, h c

b'të ~ pts

b'c ^

sk, ikk ~ sk,

ik

ssk, sk, f k ~ sk, ik

ssk, ïok ~ sk,

iok

ssÄr, ihk ~ sk, ihk

st, itt ~ st,

it

sst. st. i't ~ st. it

sst, ÏH ~ st,

iot

sst, iht

•> st, iht

ks, fs ~ vs

ks,fs~vs, irs

kks ~ u\vs

£•£» /•Z»ö .

ho KS

h 5 fx .,jï KS, JS Ta

kë,fs~kë, fl.v8,wë

1.x

Jet, ft ~ ttf

kt, ft ~ vt, irt

kt ~ uvrt

Äf ^

1.4

Kt

Af, /f ^ tC

kc, fc vc, trc

KIS ^ U\\tS

Ter

A*/* it* /^-/

kc, ft ~ vt, trc

ivco u n f o

kc ~

kc

Cff/ ftf/

dg ~ dg

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Cl K TK

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tk ~ tk

y JK ^ rh

f

17/ '*•»' 1/

VV, icv ~ v

ft r

VV ~ V

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t ~ t

dd ^ d

SS ~ s

SS ~ s

OO oo

ill

SS ~ SS

o S s*** SS

SS ~ SS

ëë ~ ë

ëë ~ ë

ëë ~ ë

ëë ~ ë

s s ~ ëë

~ s 8

ëë ~ ëë

ëë ~ ëë

f/J ~3

Uh M, 31 ~ 3

dd, d j

dd ~ j

<jj ~ 93

093 ~ m

dd ~ d

l ~ l

Il ~ l

Il ~ l

Il l

l ~ «

n ~ u

Ü U

n ~ n

rr ~ r

rr ~+> r

rr ~ r

rr ~ r

rr ~ rr

?

ir ~ rr

?

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78 -

Ursprüngliches

Ter, Kiidin

Notozero

Enare

12) intervoka- lisches

m

■»>î Ill

Irl 111

n

nn

n

fin n nn

mm ~ m P

nn ~ n nn ~ nn

nn .~w n P

nn ~ n P

mm m P

nn ~ n nn ~ nn nn u f

im ~ n, j ?

6m, mm ~ m ?

dn, nn ~ n dn ?

P

?, ng ~ ?, j

?

13) diphthong auf i oder w +

I r

s v

•II *f I

ß, vl ~ jl, vl etc.

•II *I I

vi ~ jl, vl etc.

•11 •! 1

tl, vl ~ il, vl etc.

i

14) l, r, m, n -f

j

s à

f

lj, rj etc. ~ /j, r? etc.

lj, rj etc. ~ lj, rj

M

etc.

lj, rj etc. ~ lj, rj etc.

i

15) diphthong auf i oder i( oder /, r +

m n

;m, wh, jm, vm, lm, rm lm, rm etc.

jm, vm, ~ jm, vm, lm, rm lm, rm etc.

ibm, im, ~ im, Ibm, lm etc. im vdn, vn, ~ vn, ran, m etc. m P

P

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79 -

N. F. (Schriftsprache)

N. F. (Qvtgstad)

Lule

Arjeplog

bm, mm ~ m bm <^ bin dn, nn ~ n dn dn dnj, nnj ~ nj dnj ~ dnj

(jtl, w ~ Ç

m ~ 9V

&m, mm ~ m bm ~ bm dn, nn ~ n dn ~ dn

dn, fin ~ ii ~ dn

m, m ~ n

»/>m, ww ~ m bbm ~ ppm tin, nn ~ n ddn ~ Un tt/i, nn ~ h ddn ^> Un hkn, iiii ^ n ggn ~ Jcb'i

pm, mm m bm ~ pm tn, nn ^ n dn ~ in tn, nn ~ n dn ~ t it M, tig, tin ft gii ~ hi

HI etc. ~ il vrr etc. ~ vr vss etc. vs iw etc. ~ iv

il etc. «7

w7 etc. ~ vl, wl v's,tv'sete.~ vs, ws iv etc. it;

i'l etc. ~ il u'l etc. ~ ul u's etc. ~ us, «ws iv etc. ~ it>

il etc. ~ il etc.

fiij ~ *

(r? etc. ~ r? &s etc. ~ Is rëë etc. ^ f S lw etc. ^ Zt?

«; Uj ~ a, ij

r'j etc. ~ r; r$ etc. ~ fa r'$ etc. ~ rs Vv etc. ~ Zt>

r'j etc. ~ rj ) Vs etc. ~ k r'ë etc. ~ r$ i't> etc. ^ to

Vi, r'j li, rj

Vs, nns etc ^ Is, ns r'ë etc ~ Vv etc ^ to

ihm etc. ~ im rr/n etc. ^ rn txfnj etc. ~ troj etc. ~ lii

ibm, im etc. ^ im

idn, rdn, r'n etc. - ' in, rn

vdti, icdri, v'ti etc. ~ t>«, wri Igtj, Vy etc. ~

î'w etc. ^ im i'n, r'n etc. ^ im, rn w'/i etc. ~ «4 Pn etc ~ In

ibm, Vbm, ~ im, lm, r'bm etc rhm idn, Vdn, ^ in, In, r'dn etc rhtn,rhn udn etc ~ uri

Igii etc ~ Jn

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80-

Wie schon oben gesagt wurde, kennen die südlicheren dialekte. von Sorsele und Mala an, jetzt keine konsonantenschwächung; es liefest z. b. in Jämtland im nom. sg. jt&xkë „fluss" und im iuess. juoxkène X. F. jokJca ~ joyast; Lule jooko jokön etc. (f. joki ~ joessa); ebenso im inf. mleaio gegenüber 01W! „höre!" = N. F. yullat ~~ yula!; Lule kullat ~ kulü! etc. (f. kuulen ~ kuule!). Wenn man aus den nördlicheren dialekten als in dieser hinsieht ursprüng- licher ausgehen würde, könnte man also aus diesen beiden beispie - len schliessen wollen, dass das nichtvorkommen der konsonanten- schwächung so zu erklären sei, dass eine ausgleichung eingetreten, indem nach einem ursprünglich kurzen vokale die starke Stammform alleinherrschend wurde und nach einem langen vokale die schwache form. Eine Untersuchung zeigt auch, dass dies immer, nicht nur in juoxh und GüsAto, der fall war. Einige umstände zeigen auch deut- lich, dass wir es hier mit einer wirklichen und nicht nur schein- baren ausgleichung zu thun haben (in welchem letzteren falle z. b. das II in jiUës- „westlich" = f. ylä- durch Verlängerung nach kurzem vokale entstanden sei). Erstens findet man nämlich nach einem kurzen vokale die aus kurzem m, », n, m entstandenen Verbindungen ppm, tin, ttn, (Mu), kkü, z. b.: MtppmHe „schnee" = X. F. lobma, f. lumi; mttnio „haben1* = X. F. adnet, anam; GtJckncAt „thräne" = = X. F. yânjâl, gen. yudnjâla, f. kyynel; jukhls „preisselbeere" = X. F. jogya, gen. jotja, f. juovukka; und ihnen gegenüber nach einem langen vokale *», «, n, n, z. b.: sämee „lappländer" = X. F. saline, gen. same; siuötwe „sehne" = X. F. suodna, gen. suona; SkätUt „lauten" = X. F. skayijat, skayyjat, skannjat, skaijam, skaijjam, skanjam; tôânst „hineintreten" X. F. cagyat, caqam. Man könnte dieses so erklären wollen, dass die betreffenden dialekte nach einem langen (bzhw. halblangen) vokale keine langen m, n, «, ü dulden, sondern nur nach kurzen vokalen; die mm, nn, /in, im hätten dann einen klusilvorschlag erhalten; dieser Vorschlag kaun nach der aus- sage der russischlappischen dialekte mit ihren mm, nn, nt'/, nn nicht urlappisch sein. Dass dies jedoch nicht richtig ist, geht aus solchen formen hervor wie èttnës „mutter" = Lule ëddnë, gen. ëttnë; ßttnä ,, Angelica archangelica" = Lule faddnu, gen. fattnu « urn. *hwannö, an. hvann id.); oàltnâ „ein knochen im becken des renutieres"

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- Lille katlnës, gen. kaddna; Bcäppmä „speise" = Lille picbbmu, gen. pieppmu; DutöpptmSü (oder nmömusil) „urteilen", vgl. Lule tuöbbmit, etc., welche alle einen ursprünglich langen „stammkonso- nanten" haben, den sie auch beibehalten. Dieses Verhältnis dass ein ursprünglich kurzes m, n, n, n nach kurzem vokale gedehnt, aber nach langem beibehalten wird, während ein ursprünglich langes tn, m, (n, n) überall lang bleibt und nach langem, bzhw. halblangem vokale nicht verkürzt wird scheint mir nicht anders erklärt werden zu können denn so, dass auch diese dialekte einst den Wechsel zwischen einem starken und einem schwachen stamme ge- kannt haben, welcher Wechsel dann auf solche weise ausgeglichen worden ist, dass nach kurzem vokale die starke form und nach langem, bzhw. halblangem die schwache form herrschend wurde. (Als der stammkonsonant ursprunglich lang war, kam jedoch auch nach kurzem vokale nur die schwache form zum Vorschein: Aàttêe „vogel" = N. F. lodde etc.).

Dasselbe ist auch bei den übrigen konsonanten der fall. Es hei8st z. b.: Auoxkio „lesen" = N. F. loJckat, logam, f. luen, gegenüber sôskëe „birke" = N. F. soakke, gen. soage, aber jedoch aoxkä, ctixkä „grossmutter, etc." = N. F. akka, gen. aka oder akko, gen. ako, f. akka. Die länge des vorhergehenden vokales hat also in dem letzten beispiele keinen einfluss auf das ox gehabt und in der form sbskêt kann also kein o weggefallen sein, sondern sie ist die schwache form, während in Auoxkio die starke form bewahrt ist. Ebenso sîam „faden (mass)" = N. F. salia, gen. sala, f. syli, gegenüber qübMo „hören" = N. F. guttat, gulam, f. kuulen, und aàAAâ „stirn; kopfhaut eines renntieres" = N. F. gallo, gen. gallo, f. kallo. U. s. w.

Die konsonantensch wächung ist also einst für alle lappischen dialekte gemeinsam gewesen und muss dem- gemäss urlappisch genannt werden. Wir werden jetzt ihre ausdehnung in urlappischer zeit untersuchen und die regeln für die- selbe näher formulieren. Wir werden dabei zunächst unsere auf- merksamkeit auf die Verhältnisse am ende der urlappischen zeit lenken und dann die entwickelung des gesetzes durch die früheren Perioden des urlappischen verfolgen.

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Die jetzigen Verhältnisse sind, wie ein blick auf die oben mit- geteilte tabelle zeigt, besonders verwickelt und verworren, da die verschiedenen dialekte sich liierbei in verschiedenen richtuugen ent- wickelt haben, und wir werden gut thun die erscheinungen im ein- zelnen zu besprechen.

L

In der starken form sind bei den kurzen intervokal isclien klu- silen zunächst zwei grössere eigentümlichkeiten zu verzeichnen, deh- nuug und Vorschlag eines o. Die dehuung kommt nur in T., K. *) und N. F. vor (vgl. immer die tabellen) und ist also späten datums, z. b.: T. lokki-, K. lokke-, N. lohkc-, E. luuhud, luuhhad, luuhaâ, N. F. lokkat, (Qv.) hhkkatj Lille lookot, Arj. lohkot „lesen, etc." = f. lukea; T. näippe, K. «ö#, N. näjtp, E. nape, N. F. nappe, (Qv.) nahppe, Lule näJpc „nabel" = f. napa; Arj. rahpä „öffnet" = Lule raopa; T. klßitte, K. kuBitt, N. kuojit, E. Icuate, N. F. goatte, (Qv.) goaJitte. Lule köotc', Arj. köhte „lappenzelttt = f. kota. Der Vorschlag von o, h, d. h. das stimmloswerden des letzten teiles von dem vorherge- henden vokale, ist viel weiter verbreitet und ist, wie unten bei der behandlung des o gezeigt werden wird, schon urlappisch. Aus den vorhandenen quellen ist es jedoch oft schwierig zu entscheiden, ob wirklich in den betr. dialekten ein o vor k, p, t vorkommt, weil sie es oft nicht besonders ausschreiben. Das vorkommen des ■> in Enare und N. F. ist jedoch durch die angaben Qvigstads in JSFOu, III, s. 7, und (für das Torne-lappische) durch HalAsz in Svéd-lapp nyelv, EI, gesichert worden. In Ter und Kiidin ist das o durch spätere entwickelung verschwunden.

Die schwache form zeigt in allen nördlichen dialekten tönende media und Spiranten und nur in Lule und Arj. fr, p, t **). Wie das

*) Von dem Akkaladialekt wird hier überall abgesehen, weil das ma- terial für denselben so gering ist, dass man daraus fast keine sicheren Schlüsse ziehen kann.

**) QviG8TAD NL, schreibt jedoch auch für Arj. immer g, b: süJiko, gen. sägo „sage" (s. 283); siähpe, gen. stâhè (s. 319), etc.; von (/habe

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nichtvorkonmien des o vor ihnen zeigt, können diese ]>, t jedoch nicht ursprünglich sein, sondern sind ans media oder Spiranten ent- wickelt (vgl. auch Lui. Gr., §§ 178, 180). Beispiele: (T. loffie, etc. „zehn", vgl. f. luku; ~) T. logant, K. hjyant, X. löyaty löydät, E. lovad, N. F. logad, Lule loköt „der zehnte"; Arj. joköist „aus den Aussen" = Lule joköis, f. joista; T. Jcäp, gen. käpplge (rait p im aus- laut, vgl. käbsas „braut"), K. k$b oder typ, gen. kçppey, N. kävy gen. kàlipay, E. kaava, N. F. r/a&a oder #at>a, gen. gappag, (Qv.) <7äft«, gen. gâppâga „weib" = f. fravc; Lule, Arj. rapäi = N. F. ra&ai, ravai „öffnete"; (T.. K. huit, X. kuht etc. „sechs" = f. kuusi; ~) T. kttdnt, K. kudant, N. küdat, E. kudad, X. F. gudad, Lule fcwfrlf „der sechste" = f. kuudes; Lule, Arj. siYö* „er wollte" = N. F. sjVfai. In bet rächt der im urfinnischen hier gebrauchten Spiranten g} h, d (Setälä, YSÄH, s. 119) kann man weiter wohl getrost annehmen, dass die in vielen dialekten vorkommenden media g, b, d aus urlap- pischen tönenden Spiranten entstanden sind.

Ursprünglichen kurzen intervokalischen ä, p, t entsprechen also am ende der urlappischen zeit in der starken form okt zp, ot und in der schwachen form g, b, d.

2.

Bei den ursprünglich langen kk, pp, tt finden wir in der star- ken form in allen dialekten einen .^-Vorschlag (ausser in der Schrift- sprache in E. und N. F., wo, wie schon oben gesagt wurde, das h nirgends ausgeschrieben wird). Die quantität ist aber hier nicht so konstant. lu T., K., X. sind sowohl h als k kurz (da aber die halb- länge von Genetz nicht besonders bezeichnet wird, könnte man viel- leicht annehmen wollen, dass dieses h in der that halblang ist); in E., N. F., Lule und nach Qviostad, XL, in Arj. ist das h kurz und der klusil laug, während Halasz in seiuen texten aus Arj., so- weit ich habe sehen können, überall hJdc, ldip) Mit schreibt. Welcher

ich kein beispiel gefunden. Aach in den wftrtern aus Hrn., Ts. und Fld. schreibt er immer g, b, was vielleicht etwas bedenken erregen kann, vgl. meine Lui. Gr., § 155.

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vou ihnen recht hat, ist etwas schwierig zu entscheiden; hervorge- hoben muss jedoch werden, dass IIalasz in seinen Lulelappischen sprachproben regelmässig und richtig hkk etc. geschrieben hat, was wohl dafür bürgt, dass er bei der viel später vorgenommenen auf- zeichnung von Arjeplogtexten dieselbe lautverbindung richtig erkannt hätte, wenn sie hier wirklich zu finden wäre (vgl. auch Svéd-lapp nyelv, V, s. IV). Oder stammen vielleicht seine aufzeichnungen aus einem anderen, also wohl südlicheren teile von Arj. als die von Qvigstad? Dagegen spricht jedoch, dass dieser auch in seinen Wör- tern aus Sors, hkk etc. schreibt. Wie dem auch sein mag, kann man wohl mit Sicherheit annehmen, dass die urlappische form der betr. lautverbindungen M; opp, ott gewesen ist. In den südlicheren dialekteu, V., F., 0., IL, H., findet man nur ox, ^ 4- Ar, p, t: die schwache form ist hier also durchgängig generalisiert worden. Bei- spiele: T. kuhke, attr. kuikcs, K., N. ku(hk „lang-, T. kukazl, kukkazl, kukk"iz, K. kukas, N. kuhkas adv. „fem. weit" = Lille kuoMë, attr. kuokka und kuokës, adv. kuikäs; urn. *kaka oder an. kaka, cas. obl. kako „kuchen" > E. kakku, geu. kähu, N. F. gafikko, gen. gahkko oder gühko, Lille käJkku, gen. kCuku, Fld. gahkko, Arj. gahkko, gen. gähko, Ht. gähku, Jämtland oöozkä „kuchen, brotlaib" (NL, s. 160); (an. hnappr „napf"), um. acc. sg. *hnappa > K., N. nâihp, N. F. nalippc, gen. nähpc, Lille naoppê, gen. naopc, Sors, nahppi, Ht. nühpic, Jämt- land nüjpve etc. „melkgefass, etc." (NL, s. 243); T. mit, gen. mVitlgc, K. müt, gen. mühtey, N. muoht, gen. muohtoy, (E. muötUd „schneien"), N. F. muota, muotta, gen. muottaga, Lille müotfa, gen. muöottaka „schnee"; Arj. suhhtat, suhtai „wurde überdrüssig" = Lille suottat, suotai, f. suuttua.

Die schwache form zeigt oft dasselbe aussehen des stammkon- sonanten wie die starke form bei den ursprünglich kurzen tenues; so in N., E., Lule und Arj. Mau würde zwar erwarten, dass dieses immer der fall sei, da ja in urlappischer zeit hier in beiden fällen ein ok, op, ot gestauden hat; in T., K. und N. F. kommt jedoch die oben in mom. 1 besprochene dehnung des k, p, t in diesem falle nicht zum Vorschein. Die in der norwegischlappischen Schriftsprache in der schwachen form häufige Schwankung zwischen kk und Je, etc. ist wohl so zu erklären, dass die Schreiber derselben, welche wahr-

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scheiulich im allgemeinen nicht das ■> als einen /«-laut hörten (vgl. z. b. Fans, Lapp. Gramm., § 6, 3), aber dennoch das vorkommen irgend eines elementes vor dem eigentlichen k, p, t nicht verkennen konnten, die lautverbindnng ok etc. als ein kk auffassten und sie demgemäss mit kk bezeichneten. (Ganz so wird das ok, op, ot auch in allen schwedisch-lappischen büchern mit kk, pp, tt bezeichnet: takkat, rappat, sittat; nach langem vokale jedoch sake, kâte etc.). Die konsonantenschwächung musste inzwischen auf irgend eine weise bezeichnet werden und so schrieb man bisweilen k, p, t in der schwachen form. Beispiele von der Vertretung dieser laute in den verschiedenen dialekten siehe oben unter der starken form.

Am ende der urlappischen zeit hat die schwache form gewiss ok, op, ot gelautet, aus welcher form die jetzigen Varianten sich leicht ableiten lassen und welche mit dem urfinnischen kk ~ k, VP ~ Pf M ~ t gut übereinstimmt.

Ursprünglichen langen kk, pp, tt entsprechen also am ende der url. zeit in der starken form okk, opp, ott und in der schwachen ok, op, ot.

8.

Die ursprünglich kurzen intervokalischen affricata c (ts) und c (ts oder vielleicht eher fs) verhalten sich bei der Schwächung fast völlig analog mit den kurzen tenues. In der starken form findet mau also in N. F. und T., K. eine dehnung (des klusilen elementes), sowie überall einen Vorschlag von o ausser in T., K., wo das o durch spätere ent Wickelung geschwunden ist. Beispiele: T, poasaj, gen. ploccl, K. poas, N. poac oder poa$5\ E. poaco (aber Sandberg oztti „er suchte" ~ ocùd „suchen" = N. F. occat, ocam), N. F. boaco, gen. boccu, Lule potsuj, gen. pootsu, Arj. pöcuj, acc. sg. pühaiw, F. mdss, nom. plur. vöetsäo „remitier"; T. jiccce (gen. jiegc?), K. a,C6-, gen.

ehe, gen. ejj, E. (Sandberg) ac, acc. sg. œjë, N. F. âccë, gen. âcê, Lule aottSë, gen. âotSë, Arj. ahhcë, gen. ahcë(n), Jämtland à>flfë« „vater" (in den südlicheren dialekten geht also dieses wort auf eine gruudform mit langem cc zurllck).

Die schwache form hat in den verschiedenen dialekten ein sehr verschiedenes aussehen. Die ts, <; t5, c in Lule, Arj. und N. F.

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- m

können indessen nicht ursprünglich sein, weil denselben kein j vorauf- geht, sondern sie müssen aus affricata mit stimmhaftem ersten kom- ponenten, also kurz aus 3, £, entstanden sein. In einigen norwegisch- lappischen dialekten sowie in T. und K. findet man dieses 3-, £ un- verändert wieder, in anderen dialekten ist es in s, z, resp. s", j übergegangen. Es ist also wahrscheinlich, dass in urlappischer zeit hier ein 3, £ gestanden hat, dessen erster komponent stimmhaft ge- wesen. Der zweite komponent ($, à) ist gewiss stimmlos gewesen; nur in E. findet man nämlich ein stimmhaftes z für 3 und in T., K. und N. ist das 3 nach Genetz, NyK, XV, s. 76, mit magy. dz identisch, in allen übrigen dialekten aber ist das 3 = d -f s. Das 3 ist überall, auch in T., K., N., = d + § (nicht z); nurin E. findet man ein stimmhaftes j << Beispiele siehe oben !

Ursprünglich kurzem c, 6 entsprachen also am ende der url. zeit in der starken form ein oc, oc und in der schwachen ein 3, £. Das c war = ts, c = (oder vielleicht té), 3 = dis, £ = (bzhw. dé).

4.

Wie die ursprünglich kurzen c, c verhalten sich auch die ur- sprünglich langen cc, (d. h. tts, ttà) bei der Schwächung mit den langen kk, pp, tt völlig analog. In der starken form finden wir also überall einen ^-Vorschlag, in Arjeplog dehnung des h (bei Halâsz), in T., K., X. dehnung weder von h noch c, c und in allen übrigeu dialekten dehnung von c und c (d. h. von ihrem klusilen demente). Die url. form der affricata ist also ohne zweifei occ, occ, (d. h. Otts, ottà). Beispiele: T. klcc, gen. klhcigc, K. kücc, X. kuohc, (E. kuocaycd „faulen"), X. F. yuocca, gen. guoccaga „sauer, faul"; T. mieJtcc, K. miche, E. maccc, gen. mäcc, X. F. miïccë, gen. nurcë, Lille meottsë, geu. meotsc = f. metsä; T. kichïï-, K. kïhcc-, X. ä/cäcc- (~ momentan T. kiecste-, K. ÂîcVc-, impf, läcist, X. tocsfc-), E. käcccd, käccad (aber ÀYyê'm, käjam), X. F. yàccat, yœcam, Lule kàJtt&at, Hiï&au, Arj. kähhcat, kähcau «sehen, betrachten" = f. katsoa.

Die schwache form ist ebenso in X., E., Lule und Arj. mit der starken form von dem ursprünglich kurzen c, 0 identisch; in T., K. und X. F. ist aber diese im Verhältnis zu jener gedehnt. Die zwischen cv, cc und r, c schwankende Schreibung in der nor\N egischlappischen

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Schriftsprache ist ebenso zu erklären wie die Schreibung kk ~ k In url. zeit hat die schwache form wohl also oc, 06 (d. h. ots, otS) gelautet Beispiele von derselben siehe oben!

Am ende der urlappischen zeit entsprachen demgemass einem ursprünglich langen er, cc in der starken form ein occ, oeë und iu der schwachen ein oc, ob.

5.

Bei den Verbindungen von * oder u (als letzter komponeut eines diphthonges) oder liquida (l, r) mit einem stimmhaften oder stimm- losen klusilen oder affricata ist wie bei den meisten übrigen konso- uantenverbindungen die entwickelung in der starken form in ver- schiedenen dialekten (wie sie in unseren quellen hervortreten) iu zwei verschiedene rieh tungen gegangen. Entweder ist nämlich im Verhältnis zu der ursprünglichen form der erste komponent oder auch der zweite komponent hier gedehnt worden, iu einigen dia- lekten der eine, in anderen der andere. Die erstere richtung findet man in X. F. (Qvigstad), Lule, Arj. und allen südlicheren dialekten (wo dann in diesem falle überall die starke form generalisiert wor- den ist), die letztere richtung in der Schriftsprache in E. und N. F. Bei den russischlappischen dialekten geben unsere quellen keinerlei dehnung an. Wie ich aber schon in Lui. Gr., § 32, 3 bemerkt habe, kann die in der norwegischlappischen Schriftsprache übliche (und von hier auch in die Euarelappischen aufzeichnungen Lönn- rots und Andelins gedrungene) Schreibweise mit Igg, rkk, ipp etc. nicht richtig sein. Fans gesteht auch in seiner grammatik, § 27, ein, dass die Schreibung dovddat, vtwvddet, valdde, arbbe etc. will- kürlich ist, und sagt, „at der formentlig ikke i Lappisk er mere Grund til at skrive: arbbe, arbbit, valdde, valddet etc., end i Norsk til at skrive: Arvv, arvve, Viuldde. I det Hele taget er det derfor i Lappisk unndvendigt at skrive dobbelte Kousonanter foran eller efter en anden Konsonant, naar undtages llj og rtj (maaske ogsaa ggj) i nogle enkelte Ord, da Ij og rj tilsammen ere at betragte som een Konsonant". Qvigstad schreibt auch immer in der starken form f fj t I'd, r'k etc. und in der schwachen ig, W, rk; iu seinen sprach- proben aus E. schreibt Sandberg auch in der starken form gewöhn- lich hjy Id etc., man findet jedoch bei ihm auch einige beispiele von

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hid, rit etc.: valdiVè „sie nahmen", ferttijën „wir müssen", die wohl durch den einfluss der norw.-lappischen Schriftsprache zu erklären sind. Von den oben erwähnten zwei richtungen in der entwickelung der starken form bleibt also in dieser abteilung nur die erstere als wirklich in der gesprochenen spräche vorkommend. Dass jedoch auch die letztere richtung bei einigen konsonantenverbindungen iu der that vorkommt, werden wir unten bei der behandlung des mom. 15 finden.

Der grund zu den norwegischlappischen Schreibungen mit igy, Idd etc. ist offenbar der, dass man bei der ausspräche der betr. Wörter eineu ganz deutlichen unterschied zwischen der starken und der schwachen form vernahm, aber nicht wusste, wohin dieser un- terschied zu verlegen sei, ob er im ersten komponenten liege oder im zweiten, und sich dann unglücklicherweise dafür entschloss die Schwächung am zweiten komponenten statt am ersten zu bezeichnen. Aus dem jetzigen aussehen der starken form ist es auch in der that oft unmöglich zu wissen, wohin die länge eigentlich gehört. Es tritt hier nämlich, besonders nach /, r und v(ic), zwischen den beiden kon- 8onanten ein svarabhaktivokal auf (Qvigstad, NL, s. 23), welcher vokal nur der starken form angehört. Neben diesem svarabhakti findet man nach Qvigstad in N. F. auch dehnung des ersten kom- ponenten; dasselbe ist bisweilen auch im Lulelappischen der fall, wo neben llj ein Vj und neben Un ein Vn auftritt: pclljë und pel* je, puöllnat und puöl'nat; in den Verbindungen Ut, lits, lltê und mms sowie in den Verbindungen von homorganem explosivlaute -f nasal und homorganem nasal -f- explosivlaut (bim, ddn, gyn, mmp, nnt, nnk) findet man keinen svarabhakti, sondern nur dehnung des ersten komponenten: valitit, tsolltsë, pulltsut, kammsa etc. (Lui. Gr., § 25, anm. 1). Auch in Arjeplog findet man Ut etc. in der starken form neben U in der schwachen: palltala „erschreckt" neben valtikan „sie nahmen" etc. Es kann also keinem zweifei unterliegen, dass der svarabhaktivokal aus dem letzten teile des langeu, vorhergehen- den konsonanten entwickelt ist. Ob der svarabhakti schon aus ur- lappischer zeit stammt, ist wohl unmöglich zu entscheiden.

Von der Schwächung bei dieser gruppe in Arj. sagt IIalâsz, Svéd-lapp nyelv, V, s. VII: „mit dem zeichen bezeichne ich eine

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eigeutümlichkeit iu diesem dialekte, den s. g. gestosseueu ton, welcher in verstärkten formen mit einem diphthonge oder schwa-laute auf- tritt und in den geschwächten formen wieder verschwiudet; z. b.: o'îtë „köpf4, gen. sg. oivê od. oiven; hauka „hecht", gen. sg. häuka; ôâ rëkat „ermatten, gefühllos werden (elzsibbadni)", 1 p. sg. pnes. cërhkaw u. s. w. Nach diesem laute pflegt einer von deu folgenden konsonanten nachdrücklicher ausgesprochen zu werden; z. b.: dlëkët „anfangen" lautet beinahe wie all'gtt; va räka „wolf fast wie varkka u. s. w.u. Wie diese worte zu deuten sind, sehe ich nicht recht ein. Wie ich aber schon oben s. 59 angemerkt, kann es wohl hier kaum von einem wirklichen gestossenen ton die rede sein, sondern von einem „zweigipfligen accente".

Von dem ersten komponenten ist weiter nichts zu bemerken ausser dass ein /, u in einigen dialekten zu j, v(w) übergegangen ist, was jedoch vielleicht hie und da nur als eiue orthographische eigentümlichkeit aufzufassen ist. Von dem stimmloswerden desselben in gewissen fällen siehe unten!

Einem N. F. </, b, d als zweiter komponent entspricht in der starken form in T., K., N. und Lule ein k} p, t, in E. ein </, 6, d und in Arj. ein k, p, t (wahrscheinlich dasselbe wie die südlappischen o, b, d, vgl. Halâsz, Svéd-lapp nyelv, II, s. 4, und die rezension dieses Werkes in JSFOu, XI, 2, s. 6) oder bisweilen Zr, p, t. Nach Qvigstad, NL, s. 23, soll hier auch in Hm. und Ts. ein g, 6, d (gegenüber Ar, p, t in der schwachen form) zu finden sein. Dass diese k, p, t jedoch nicht ursprünglich sein können, dafür zeugt, dass der letzte teil des vorhergehenden konsonanten, resp. des vor- hergehenden svarabhaktivokaLs vor ihnen nicht stimmlos wird, wie vor k, p, t = N. F. k, p, t. Es ist also deutlich, dass in urlappischer zeit hier ein g1 b, d gestanden hat.

Wenn der zweite komponeut in N. F. ein Jt, p, t, c, c ist, ver- liert, wie genannt, der letzte teil des vorhergehenden konsonanten oder svarabhaktivokals seinen stimmton, ganz wie jeder vokal vor intervokalischem, kurzem oder langem *, p, t, c, c. Die Schreibungen jhk, Ihp, rht etc. in T., K., N. und Arj. können wohl nämlich auf keine andere weise gedeutet werden. Die einzigen dialekte, wo dies nicht geschieht, sind (abgesehen von der Schriftsprache in E. und

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N. F., wo das o nie ausgeschrieben wird) nach Qvigstad. NL, die dialekte in N. F., welche wohl also hier den alten Standpunkt auf- gegeben haben.

Die starke form dieser konsonantenverbindungen dürfte also in urlappischer zeit resp. ïg, u'b, üd, i>k, fp, r't, ioc, ioö etc. gelautet haben. Vielleicht ist es jedoch richtiger auch vor oh, op, ot, >c, oc die länge des vorhergehenden konsonanten zu bezeichnen und wenn man weiter nicht besonders hervorheben will, dass der erste kompo- nent gerade lang war, sondern zugiebt, dass ihm auch möglicher- weise ein svarabhaktivokal folgen konnte, könnte man auch hier überall das zeichen ' im QviosTAD'schen sinne gebrauchen: fg, u'6, Vd, Cok, Top, r'ot, ?oc, foc (wo das ' also Verlängerung des vorher- gehenden dementes oder svarabhakti bedeutet). Ich glaube, dass diese letztere Schreibweise die konsequenteste sein dürfte.

Die schwache form wurde in verschiedenen dialekten in sehr verschiedener weise entwickelt, Beide komponenten sind hier über- all, so weit man sehen kanu, kurz. In N. F. (Schriftsprache), Lule und grösstenteils auch in Arj. ist weiter der zweite komponent hin- sichtlich seiner qualität unverändert geblieben. Die konsouauten- schwächung geschieht hier also nur durch die Verkürzung des ersten komponenten, resp. durch Wegfall des svarabhaktivokales (von der orthographischen Verkürzung des zweiten komponenten in der Schrift- sprache in N. F. und E. siehe oben). Dabei ist für Lule und Arj. zu bemerken, dass der letzte teil eiues l und r in der schwachen form auch vor aus ursprünglichem g, b, d entwickeltem k, p, t stimmlos wird (in Arj. scheint es jedoch immer It und nicht tt, Iht zu heis- sen). In T., K. und N. begegnen wir aber einer anderen erscheiuung, indem hier k, p, t, hk, he zu resp. g oder y, 6, d, k, c (und wohl auch hp, ht, he zu p, t, è) geschwächt werden. Da indessen, wie wir oben sahen, das k, p, t in der starken form nicht ursprünglich sein kann, sondern aus g% b, d entwickelt ist, müssen wir annehmen, dass die Schwächung zu //, y, b, d erst nach dem Übergang von gy b, d > p, t und nach der analogie von der Schwächung von intervokalischem Ick, pp, tt etc. eingetreten ist. Diese neue Schwächung hat sich jedoch, wie ein blick auf die tabelle zeigt, nicht in allen teilen ganz in derselben weise wie die Schwächung von intervoka-

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tischen teuues entwickelt. Auch iu Ë. trifft mau eiue solche spätere, aualogische schwächuug bei dem zweiten kompouenten : lk, Uek~ Vi.

In einigen dialekten findet man in der schwachen form hier eine eigentümliche erschein uug, die, wenn auch nicht urlappisch, je- doch sehr alt sein muss. Nach Qviostad, NL, haben nämlich die dialekte in N. F. in der schwachen form ein stimmloses „b, d, g" gegenüber einem stimmhaften 6, rf, g iu der starken form; aus solchen „b, d, gM sind gewiss auch die in Hm. und Ts. auftretenden k, p, t in der schwachen form (gegenüber g, b, d in der starken) entwickelt. Dasselbe könnt« auch im Lulelappischen den jetzigen Verhältnissen vorausgegangen sein, was wir jedoch aus dem jetzigen aussehen des wechseis nicht bestimmen können. In Arj. scheint ebenso in der schwachen form nach Î und r im allgemeinen ein k, p, t autzu- treten gegenüber dem ??, t in der starken form. Im folgenden abschnitte werden wir weiter sehen, dass die jetzigen formen von n<7, mô, nd etc. in der schwachen form in diesen dialekten (N. F. Arj.) ein tlg, mb, «d voraussetzen. Wir haben es hier also mit einer ganz besonderen art von Schwächung zu thun, indem stimm- hafte konsonanten bei derselben ihren stimmton verlieren. Wie dies mit den ganz entgegensetzten Verhältnissen bei der Schwächung der ursprünglich stimmlosen explosiva (k ~ g etc.) zu vereinen sei, scheint mir etwas schwierig zu entscheiden. Jedenfalls besteht wohl das factum. Zu observieren ist indessen, dass die beiden arten der Schwächung sehr verschiedenen zeiten augehören, die letztere schon dem ältesten urlappischen, die erstere aber nur gewissen dialekten und also wohl kaum der urlappischen zeit (das russischlappische k ~ y etc. wäre dann kaum erklärlich).

In der schwachen form linden wir also iu urlappischer zeit die Verbindungen ig, ub, Id, iok, tp, rt, ioc, ioö und die gesammte er- scheinung erhält am ende dieser zeit folgendes aussehen:

starke form:

schwache form:

diphthong auf i oder w oder liquida +

f %9 •6

\l

. 'ok

'Dt 'DC

U b d

Dk Dp Dt

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Beispiele: T. tonl aßen „in deiner gegeuwart", N. nom. ajk „zeit", T. äjgelt, K. ajgeld, N. ajyelt „zeitig, früh", E. äigi, äige, äigge, N. F. afgë, gen. aigë, Lule ai'Jcë, gen. aikê „zeit", Arj. aktan äikcti, äiken „einmal14 = f. aika\ Arj. olökülen „draussen", ttlhkus „hinaus" = f. ulkona, ulos; K. sujb\ N. sojb, gen. sojpay «wippe, schaukel", N. F. (Friis) suoibbot, suoibom „taumeln, wackeln* = f hoipua; (an. silfr „Silber"), urn. * silbra > T., N. silp, K. slip, Pasvik silb, E. sübba, N. F. siïba, gen. silba, Westerâlen seVba, Lule stfflpa, gen. sitpa, Hrn., Ts. siT&a, gen. silba, Arj. s/ZMa „Silber" (NL, s. 287), (Halasz:) Arj. silûpa, nom. plur. sühpa; T., K. ntjt, K. nyf, N. niejt, dimin. niejdiS, E. metrf, nieita, N. F. nieVda, gen. nieida, Lule net* ta, geu. «ciïa, Arj. nätla, acc. nëitaw, nëitap etc. „mädchen, tochter" = f. wetfrV T., K. iyV/c-, K.. N. vaMe- „nehmen", T. väildij, väjti*), K. VQiltij, väiUi, vfrlti etc., N. voaldij, väjde etc. „er nahm", E. (Borg) ij vältäm „er nahm nicht", väälte „nimm!", (Andelin) voided, (Lönn- rot) väldded inf., N. F. (Friis) vaîddet, valdam, Lule valltët, vaCtau, Arj. väiltä „er nimmt", trôW» „er nahm*4; (au. bord „tisch, brett"), urn. * borda > N. popt, gen. pö.rrf, Südw., Kv., Kl., Lg., Bis., Lnv., Ib. bor' de, gen. borde, Hrn., Ts., Fld. bor' de, gen. fcord«, Arj. buôrdë „tisch; etc." (NL, s. 114); T. pajhke, K., N. pajhk, T. dimin. pajkaj, K. gen. plur. pgjkij, E. (Lönnrot) päikke, juöhi jtäihist, N. F. 6a*'A*ë, gen. fratfö, Lule païtkê, gen. paiokè, Arj. elat. paihkëst „ort, stelle" = f. paikka; N. F. dalkas, gen. dalkkasa, Lule tat kas, gen. fafcrta sa Arj. ess. föMan „arznei"; (an. ur* fem. „kraut"), urn. nom. sg. ♦tirtfs > N. F. wrfas, gen. «r7asa, Lule «rtas, gen. ur«Dtasa, Hm. «r/as, geu. ur'dasa, Ts. urfcw, gen. urHasa, Arj. ur/as „die würzet von Angelica archangelica" (NL, s. 338); E. (Andelin) ferttid, (Sandberg) ferttijën „wir müssen", N. F. fer' tit, Ib., Of. ver' tit, Lule verkotit, Ts. ver'tet „müssen", Arj. virhtij „er musste"; N. F. aVcat, aicam, Lule ai'otsat, abtsau, Arj. part. prat, aihcam, prat a/Aca* „gewahr werden".

*) In den russischlappiscben dialekten sind die schwäch ungserschei- nungen überhaupt sehr schwankend, indem die starke und die schwache form mit einander vermischt werden.

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6.

Bei den Verbindungen von nasal mit homorgauem explosivlaute hat sich iufolge der in deu meisten dialekten hier eingetretenen assi- milation die konsonantenschwächuug in sehr eigentümlicher weise entwickelt. Nur in Ter, Kiidin (und Akkala) ist die assimilation unterblieben und hier hat sich die Schwächung in eben derselben weise wie bei den im vorigen momente behandelten Verbindungen von /, u, l, r + g, 6, d gestaltet; in der starken form finden wir also ein k, p, t, c, c und in der schwachen ein //, b, d, 3, 3. Die k, p, t, c, c können also auch hier nicht ursprünglich sein, da die ihnen voraufgehenden konsonanten nicht stimmlos werden, und die schwache form mit g, 6, d, 3, .$ ist durch analogie nach den inter- vokalischen tenues entwickelt.

In Xotozero findet man den ersten assimilierenden dialekt. Dieser weicht jedoch in erheblicher weise von den übrigen ab, indem die starke form hier kk, pp, tt etc. und die schwache gg, 66, dd lautet, während alle Übrigen dialekte in der starken form die stimm- haften media haben und in der schwachen die stimmlosen media oder die tenues *). Es scheint mir also sehr wahrscheinlich zu sein, dass die assimilation in diesem dialekte eine etwas spätere erechei- nung ist als in den übrigen, dass sie erst nach dem Übergang des ursprünglichen nd etc. zu nt und dem auftreten der analogischen Schwächung nt ~ nd aufgetreten ist; die kk, pp, tt, cc, cc wären demnach hier aus nk, tnp, nt, wc, tic assimiliert und die gg, 66, dd, 5St o5 aus ng, »16, nd, «3, 113.

In allen übrigen assimilierenden dialekten mit konsonanten- schwächung (X. F., Lule und Arj.) begegnet man der eigentüm- lichen erscheinung, dass ein gg, 66, dd, 33, in der starken form mit einem gg, bb, dd, dd?, ùàS oder kk, pp, tt, tt$, tts in der

*) Der dialekt in Pasvik (vgl. NL, nachtrage) hat in beiden formen tönende media: labbes, gen. labbas „lamm" etc.; ebenso (nach Sandberg) Enare: si guddë goddid „sie töteten wilde renntiere"; (Pas?ik: odb, gen. oâbbe „Schwester"); Bugöfjord (Südwaranger): o$$u „sie erhielten"; 3 p. dual, prset. o4$£oig.

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schwachen form wechselt, dass also die stimmlosen konsonanteii als gewissermassen „schwächer" als die stimmhaften angesehen werden. Die starke form yy, bb, dd etc. lässt sich ungezwungen auf ein ny, mb, nd etc. zurückführen. Die schwache form kann ihrerseits un- möglich auf etwas anderes zurückgehen als auf Verbindungen von nasal mit homorganem, stimmlosem explosivlaute (media oder te- nuis). Wir finden also auch hier den aus dem vorigen momente bekannten dialektischen Wechsel von einem stimmhaften explosivlaute in der starken form mit eiuem stimmlosen in der schwachen form wieder. Ich habe vorher (Lui. Gr., § 31) abgenommen, dass die starke form auf ein nk, mp, nt zurückgehe und dass die schwache form über yy, bt>, dd aus einem üy, mb, nd entwickelt sei, indem ich also die russischlappischen (und finnischen) formen für in allen beziehungen ursprünglicher hielt. Erstens können jedoch aus den soeben s. 93 angeführten gründen die russischlappischen k, p, t hier nicht ursprünglich sein, da vor ihnen kein B/*M geht und zweitens würde ein nk, mp, nt ohne jeden zweifei ein kk, pp, tt geben (wie sie es z. b. im altisländischen gethan haben: drekka = trinkeu; kleppr „klumpen" = altschwed. klimper; brattr „steil" = altschwed. branter, etc.). In der schwachen form kann weiter das tt hier nicht aus dd entwickelt sein, da ja das tt oder stimmloses dd auch in solchen dialekten vorkommt, wo dd unverändert bewahrt ist (N. F. oaddet „schlafen" etc.). Ein yy und bb würde wohl auf dieselbe weise behandelt werden; von ihnen haben wir indessen keine bei- spiele.

Die ausdehnuug des nach Qvigstad, NL, in der tabelle er- wähnten wechseis von gy, bb, dd mit y, b, d kann aus dem in NL mitgeteilten materiale nicht bestimmt werden. Die beispiele sind selten uud sporadisch: Of. vwàal, gen. vceddalan „eine portion heu für eine kuh" = an. vandtdl (s. 143); fadd&, gen. ßäda oder ßd& (Fiunm.) „segelstange", vgl. an. vandr (urn. acc. sg. *wandw, s. 143); rayyo, gen. raggo oder räyo „krunimholz in einem boote" <C urn. *ranyö, an. rang (s. 254); riddsi, gen. n'dda oder rid& „pferch; ein- gezäunter platz im viehstall für die lämmer" < um. acc. sg. *jWw<fr, an. grind (s. 2G2).

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Für das ende der urlappischen zeit dürfen wir also sowohl in der starken als schwachen form eiu ng, mb, nd, ns, (oder viel- leicht eher n$) ansetzen. Möglich ist es wohl, dass wir auch hier einen Wechsel fing ~ hg etc. gehabt haben; da wir aber aus den jetzigen dialekten keine belege für dieselbe finden können, mag sie hier aus der reclinung gelassen werden.

Beispiele: T. sicnke, attr. sienges, K. sidnk, attr. sie&gcs, N. siejtk, attr. sidgges, X. F. (Fans) scegge, attr. sœggës, Lule sëjgë, attr. sëMës oder säkka „dünn, fein"; T., K. limbes, gen. lümpazl, A. nom. sg. lämpaz, X. lafibcs, gen. lappaz, E. labis, Pasvik labbes, gen. fo&ôas, N. F. labbes, gen. Za&fca „lamm" über f. lammas(?) aus urn. *latnbas-, an. farofc (NL, s. 204); T. lo&te, acc. pl. loiudijt, K., A. /o.wf, dimin. londanc, X. /o,M, E. (Lönnrot) ZotWc, acc. pl. luddiid, X. F. (Friis) Jocfrfe, gen. ZotWc, Lule loddë, gen. ?oWc, Arj. îoddë, gen. Jottë» „vogel* = f. lintu; T. fctenee, attr. Menses, K. &i><nc, attr. kie&ses, N. fa'ecc, attr. Icicles, X. F. (Friis) fjrotfjc oder <7#cce, attr.

Lule keddsë, attr. fo/fcës „schmal"; T. <S?owca-, K. £ueri&-, A. coanèmcn („stehend"), N. two*-, E. cuo$$ud, cua$$ud, X. F. (Friis) cMoüof, ciio^oro, Lule tëuôdtëut, tëuôttëûw, Arj. ce£#tf, (cuocca* „bleibt stehen") „stehen" = f. se/soa.

7.

Bei den Verbindungen von m mit einem $ oder £ ist das m in den meisten dialekten zu einem b, p oder (über b?) zu einem r, w (d. h. # als letzter teil eines diphthonges) verändert wTorden. In den dialekten, wo das letztere geschehen ist, also in X. F. (bei Friis kommen jedoch auch formen mit b, p vor), fallen demgemäss die hiehergehörigen Wörter mit den Wörtern mit einem ursprüng- lichen vokal -f m + d zusammen und verhalten sich bei der Schwä- chung analog mit diesen, vgl. oben mom. 5. In den übrigen dia- lekten bilden diese Wörter eine besondere gruppe.

Das m wird nur in T., K. (A.: tomte- und Jämtland: nammdio „kennen" = f. tuntea) bewahrt und ist nach dem GENETzschen wör- terbuche sowohl in der starken als in der schwachen form kurz. In T. und K. finden wir dann denselben Wechsel zwischen eiuem t, c in der starkeu und einem d, S iu der schwachen form wie oben in

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den momenteii f* und H und aus den ebenda angefühlten gründen kann das /, c auch hier uicht ursprünglich sein, soudem ist aus </, J entwickelt, wonach also die jetzige form von Schwächung aualogisch hineingekommen ist.

Mit N. betreten wir das gebiet, wo das m von einem 6, p (oder f) vertreten wird. Unmittelbar vor dein t, c der starken form ist hier das b zu p geworden, was wir auch in Lule und Arj. (in der schwachen form) finden. Diese eischeinung kann jedoch gewiss nicht mit der entstehung des > vor urlappischen teuues gleich- gestellt werden, da wir in diesem falle auch eiu T., K. mht, mhè erwarten würden, soudera muss viel später seiu.

In dem einzigen beispiele von der schwachen (?) form eines wortes mit pt < md in X. finden wir gleichfalls ein pt, was jedoch aus der Stellung im auslaut, wo auch T. und K. ein t zeigen, zu erklären ist (T. komt, gen. komtlgc, K. körnt, gen. kömtey, X. köpt, gen. kôptiy, X. F. govdag, gen. govddaga, aber Qvigstad gow^dag, Lule kob°tok, attr. koptës „breit" = tscherem. kumda, komda, kumdd id.). In den beispielen mit pc finden wir auch in der that das zu erwartende b$. Der Wechsel (t ~ d und) c ~ $ ist wie in T. und K. analogisch.

In Arj. finden wir auch hier den aus mom. 5 (und 0) bekannten Wechsel d t wieder, welchen Wechsel man vielleicht auch für das Lulelappische voraussetzen könnte, vgl. oben s. 91. Jedenfalls geht wohl der zweite komponent in der starken form auch in Lule auf einen stimmhaften laut zurück. Der erste komponent ist in beiden diesen dialekten in der starken form gedehnt, wobei er seinen stimm- ton behält, weil er von dem folgenden stimmlosen tenuis durch den svarabhaktivokal getrennt ist.

Für das ende der urlappischen zeit dürfen wir also wahrschein- lich sowohl in der starken als in der schwachen form ein md, ms, m$ ansetzen. Die quantitat des ersten komponeuten lassen wir dabei unbezeichnet ; möglich ist es wohl, dass er in der starken form lang, in der schwachen kurz gewesen ist, was wir jedoch aus dem jetzigen stände der dialekte nicht mit Sicherheit entscheiden können.

Beispiele: T. klomdes, gen. koamtazl, K. (Semiostrovsk) kvmdes gen. koamtasy X. F. (Funs) govdcs oder gobdes, gen. govdda, gobda,

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Lule kôptës, gen. kôb'ta, Arj. koptës, gen. kob'da „zaubertiommel" = f. kannus; T. clmc, N. F. (Friis: dial.) cuöb^a, cuöbea, cuöpca, cuovg «faul"; T. latnca, N. acc. (johk-)lüib$ (Genetz, Wörterb., s. 262, z. 1. v. u), N. F. (Fans) lavcce, gen. lavée, Laie: J., S. G. lab'tëë, gen. iabtëë und laptëë oder lä-, N. G. lag'tëë, gen. latftB und laKtëë*), Arj. acc. plur. „zügel" = f. lämsä.

8.

Bei den Verbindungen von s mit folgeuder tenuis sind die Ver- hältnisse bei der konsonantenschwächung sehr einfach. Überall, wo die quantität besonders bezeichnet wird, d. h. in N. F. (Qvigstad, NL), Lule und Arj., ist nämlich der erste komponent iu der starken form lang, in der schwachen kurz und der zweite komponent immer kurz, welchen Wechsel wir also getrost auch auf das ende der ur- lappischen zeit überfuhren können.

In den Verbindungen von ë mit k oder t geht das ë in den meisten dialekten zu i über, wodurch diese Wörter in der Schwächung mit den Wörtern mit diphthong auf i + urspr. k% t zusammenfallen ; wo das S bewahrt ist, in T., K., (A.), N. und E., ist es Uberall kurz. In urlappischer zeit stand hier also in beiden formen $k, St (in der starken form vielleicht eher èèk, ëët).

Beispiele: T. kask, elat. kaskst, K., N. kosk, elat. kostest, E. kosk, elat. koskast, N. F. gâskû, elat. gâskâst, Lule kasska, iness. kaskan, Arj. illat, kasskai, kaskai, elat. kaskast „mitte, Zwischen- raum" = f. keski; T. kUk, K. kûëk, N. kuoëk, E. (JSFOu, m, s. 95) koaskf guoëk, X. F. guo?ka} gen. guoika, Lule kuiaoka, gen. kùeioka „Stromschnelle" = f. koski; N. F. gissto, gen. gisto, Lule kisstu, gen. kistü, Hrn., Ts., Arj. gissto (NL, s. 171), Arj. (Halasz) kisstü, acc. sg. kistüw „kästen" «< an. kista, obi. kisto; T. muëte-, causât, muëtte-, K. moment, muitje-, N. frequent, muëtlc-, E. muëted, skoltelappisch

*) In N. G. and oft auch in S. 6. entspricht ein gt dem bt in «f.: J., S. 6. vuôb'tët, G. vuötfffl T verkaufen" = N. F. vuövddet, f. antaa; dieses hängt offenbar mit dem Übergang eines urspr. pt in kt zusammen: J. vüöpta, G. vüökta. N. F. vuokta „haar" = f. hapsi.

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muëtcd (JSFÜu, III, s. 95). N. F. müPM, muitam, Lule miu'Urt, muiotau, Arj. mnihtaj, muihti „erinnerte sich" = f. muistan.

9.

In den Verbindungen von einem k mit folgendem .<?, .s, /, r, c ist überall der zweite komponent sowohl in der starken als in der schwachen form (ausser in E. ht ~ vd) unverändert geblieben.

Der erste komponent dieser Verbindungen hat in den verschie- denen dialekten ein sehr verschiedenes aussehen. In allen südlichen dialekten von N. F. an, teilweise in K. und K., sowie in T. ist er in der starken form k; in einigen dialekten in N. F. (soweit man nach Qvio8TAD, NL, schliessen kann, iu KL, Hf. und Südw.) und teilweise in E. findet man f, in Pasvik (nach NL), N., (A.) und K. ein x und in E. teilweise ein /*. Dass alle diese x und h jedoch (ohue zweifei über x) aus k entstanden sind, geht daraus hervor, dass in der schwachen form ihnen überall ein y oder r, das schwä- chungsprodukt von k, gegenübersteht. Es ist autfalleud, dass das k in diesen Verbindungen nirgends einen j-vorschlag erhalten hat, was ja sonst bei allen, sowohl kurzen als langen, intervokalischen tenues und bei ts und tS der fall ist. Mau könnte geueigt sein dieses auf solche weise deuten zu wollen, dass k hier zunächst aus einem gut- turalen Spiranten, x, entstanden sei, vor welchem kein o gestanden hat. Es wäre dann kein blosser zufall, dass die dem lappischen kt entsprechenden lautverbiudungen auch sowohl im finnischen (YSAH, s. 197) als im mordwinischen (Paasonen, Mordwinische lautlehre, §§ 32, 33) zuuächst auf ein xt zurückgehen, welches xt man vor- läufig auch hier als aus einem früheren kt entstanden darstellt. Man muss hierbei jedoch bemerken, dass auch die Verbindung pt keinen ^-Vorschlag erhält (Lule vüöpta „haar14 = f. hapsi), ebenso pc (Lule koptSot „bedecken"), und dass die Verbindungen is und t$ gewisser- massen als einfache laute aufgefasst werden, indem sie bei der konsonautenschwächung ganz aualog mit deu einfacheu tenues be- handelt werden.

In der schwachen form nudet man in T. ein y, in K., N., E. und N. F. (sowie teilweise T.) ein v oder u; also u als letzten teil eines diphthonges, in Lule ein t{, dessen letzter teil stimmlos und

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etwas spirantisch wird, und endlich in Arj. (sowie in Lule vor 5) ein k, d. h. keine Schwächung. Die v, wf y sind liier auf dieselbe weise aus g entwickelt wie vor stimmhaften konsonanten in z. b. N. F. favrro, Lule ßuru ,.schön" < um. fem. *fa^rô (au. foyr\ und das stimmloswerden von w zeigt, dass das /, c, è ursprüng- lich ist.

Etwas schwieriger ist es zu entscheiden, ob diese art von Schwächung auch der urlappischeu zeit angehört. Die Verhältnisse in Arj. scheinen darauf zu deuten, dass sie erst in späterer zeit ent- wickelt sei; es gibt jedoch in den südlicheren dialekten ein wort, das vielleicht einer solchen annähme widerspricht. Es ist dies das in den meisten dialekten vorkommende (N. F.) biktet, bivtam „wär- men", welches man geneigt sein muss in dasselbe verhältniss zu bivvat, bivam „warm sein" zu stellen als z. b. balddet tr. zu ballat intr. „erschrecken". Wenn diese Zusammenstellung richtig ist, woran man kaum zweifeln kann, muss das kt in biktet analogice aus vd oder vt entstanden sein und dann haben auch die südlichen dialekte einmal die Schwächung kt ~ yt, t{t gekannt, denn hier heisst dieses wort (U., H.) Btktio (gegenüber tii* %io). Wir schliessen also hieraus, dass die Schwächung auch bei dieser gruppe schon urlappisch ist und dass die regel in urlappischer zeit das folgende aussehen gehabt hat :

starke form: ks kt kc kc schwache form: gs gt gc

Beispiele: T. vlekse, deinin. oaysaj, K. ueks, demin. oavsanc, N. Oixs, gen. otvs, E. oakse, X. F. oaksë, gen. oawsë, Lulë öMse, gen. ömwsc „ast, zweig" = f. oksa; T. âkëe, K. $%ë, N. a%ë, (gen.P) ävS, E. akëu, gen. âhêu, N. F. akSo, afSo, gen. akSo, aßo, avëo, Lule akkëu, gen. akkëû, Hm. aUo, gen. akëo, Arj. akëo, gen. äkSo (NL, s. 87) „axt" < urn. * oksin, an. ex; T. akt, gen. avt\, aftt, K., ^- gen. evt, E. oht. gen. ovd, N. F. ökta (Kt., Kr., Kfj.), äkta (Kt., Kfj., Kar.), gen. ou ta, Lule akta, gen. ömw/o und S. J. auvrta, Arj. akta, acc. aktap „ein" = f. yksi; T. cake, K., N. ce%c oder ce%c, E. cohee, cohe, (geu.P) cuovc, N. F. câkôa, gen. câivca, Lule tëaktëa, gen. tëâuwtëa „herbst" = f. syksy.

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10.

In den Verbindungen dg uud ik kommt nur in wenigen dia- lekten eine Schwächung zum Vorschein, woraus wir schliessen kön- nen, dass die Schwächung hier wohl nicht urlappisch sein kann. In K. und N. finden wir in der starken form ein tk uud in der schwachen ein durch analogie von der einfachen tenues entstandenes dg, dg. In Lule ist das d, f zu r übergegangen, wodurch diese Wörter mit den Wörtern mit ursprünglichem rg, rk zusammengefallen sind und ihnen in der Schwächung folgen. Für Arj. könnte mau viel- leicht den oben mom. 5 erwähnten Wechsel g ~ k auch hieher führen; das d ist dann vor k zu t übergegangen.

Beispiele: T. kidtke, K., N. kidtk, dimin. T. keatkqj, K. keadgaûc, N. keadgcS, E. kädgi, kädgc, acc. käädgi, N. F. gœdgë, gen. gœdgt, Lule Rcr'Jcv, gen. Kefkë, Arj. Kädlke, acc. kctkiu „stein"; T. lätklm, gen. kitklmc, N. F. gietku, gen. gietkâma, Lule Jiërkau, Jcërka, gen. Icer^kama, (Halasz plur.) Jcierähkama „wiege" = f. kätkyt.

11.

Die intervokalischen Spiranten und liquida treten im allgemei- nen in der starken form überall lang und in der schwachen form überall kurz (oder, wenn sie ursprünglich laug sind, lang) auf. Die wenigen abweichungen von dieser regel beruhen offenbar auf spä- terer sonderentwicklung.

Der einzige spirant, der etwas zahlreichere Schwankungen auf- zuweisen hat, ist d. In bezug auf qualität und Quantität unverän- dert bleibt er nur in E., N. F. und Arj.; in den übrigen dialekten wird er mehr oder weniger verändert, ohne dass jedoch im allge- meinen seine quantität dabei beeinflusst wird. Nur in Lule bleibt er auch in der starken form (in der form von t) kurz, wobei jedoch zu bemerken ist, dass er in einigen Wörtern, Uberhaupt in solchen, wo keine konsonantenschwächung stattfinden kann, als dd auftritt: öddat, öddau inchoat. „einschlafen" = N. F. oaddat, oaddam, gegen- über ötet, otau „schlafen" = N. F. oaddet, oadam (Lnl. Gr., § 195). Auch in einigen anderen dialekten scheint das d bisweilen in dd überzugehen, auch in solchen Wörtern, wo Schwächung eintritt; das

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material (iu Qvigstad), NL, ist jedoch so geriug, dass man daraus keine sicheren Schlüssen ziehen kann. Die Schwächung gestaltet sich hierbei anders als bei dd < nd, indem die schwache form hier ein d (selten stimmloses „d", t) zeigt. Die meisten beispiele stam- men aus Lnv., Ib. und Of. Beispiele sind: Lnv., Ib., Of. buödda, gen. buöda, Arj. büdda, gen. büda „bude, laden" < an. bûd (NL, s. 120); N. F. ladda, lädda, gen. läda, (Sûdw. lädda, gen. läda), Hm. ladda, gen. läta, Icedda, gen. toto „ladung (eines bootes oder ge- wehrs)", < an. Mad (s. 205); Lnv., Ib., Of. laddöt, lädöm, Südw. läddat, lädam „flach ausbreiten, etc.", < an. hlada (s. 205); N. F. luöddü, gen. faödda oder faö<7a, Lule toö<Wa, gen. lüötta, Hrn., Ts. luödda, gen. faödda „spur" << an. slöd oder urn. acc. sg. *slödi (s. 225); Ib., Of. muôddë, gen. wMotfë .mühe, beschwerde", < an. wi^tfa (s. 240); N. F. nida, gen. niddbgz. „trotz, ungehorsam", vgl. norw. nid- in zsmns. mit verben mit der bedeutung „trotz" (s. 246); Kl. rîddë, gen. rtds, Ib. rida, Lule rï'ta, Hrn., Ts. rida „abschüssiges grasfeld am abhang eines berges, abhang eines berges, etc."; N. F. riddo, rido, Kt, Kv., KL, Kar., Gl. rihtto, gen. rido, Lule ritü, Hm reddo, gen. redo, Ts. riddo „felsensturz, lawine", < an. shrida, obl. -o (s. 263); Ib. slceddö, gen. sterfö „nackte fläche auf dem abhang eines berges" < norw. sleda (s. 304); Kar. smidda, gen. smida, Lnv., Ib., Of. smidda, gen. smicfa, Gl., Wst. stnedda, gen. smeda, Kl. £mttf, Lule sroiYâ, G. swt^u, Hrn., Ts. smedda, g. smeda, Arj. stnedda, gen. swwdte „schmied, etc." < um. acc. sg. *smtVf«, an. «wirfr (s. 305); Südw., Kl., Lg., Bis. spadda, gen. späda, Krl., Kl. sparrä, gen. spörö, Ib., Of., Gl. spaddä, gen. spädö, Wst. spadä, Lule späfa, Marfan (aber spaddit „mit spaten arbeiten"), Hm. späda, gen. spcwfa, Ts. spätfan „spaten" aus der grundform zu norw., schwed. spade; hierzu auch Südw., Kr., Hf., Kl., Lg. spadda, gen. späda, Kv. sparra, gen. spära, Luv., Ib. spaddä, gen. spüdä, Lule sjpöta, Fld. .s^äcfa pique", norw. sparfe (s. 311); Ib., Of. veeddat, vœdam „iu der Wasserfläche schwimmen (von kohlfischen)", < norw. vada, praes. ved (s. 352). Die beispiele sind also im allgemeinen ziemlich neue lehnwörter (ausser luödda und smidda).

Bei den übrigen Spiranten haben wir nur zu bemerkeu, dass langes j in den meisten dialekten so zu sagen hyperspirantisch wird

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und zu mouilliertem d (d) oder zu einem zwischenlaute zwischen d und g (meistens gj bezeichnet) tibergeht und dass kurzes s, S in der schwachen form in T., K. und N. stimmhaft wird (in N. sogar zz, wovon 4 beisp.: 231, 770, 1175, 1368). [Auch vor v wird s, S in T. in der schwachen form stimmhaft: vlozvan, gen. vtevlne „barsch** = f. ahven; veazvas, gen. veaSvazl „wespe" <. urn. *hwepsae1 norw. kvefsy kveps]. Langes N. F. v wird von Qvigstad in Beitr. tcv, d. h. uv, geschrieben.

Für das ende der urlappischen zeit haben wir also bei dieser gruppe folgende verschiedene Wechsel anzunehmen:

starke form: w dd ss ss H SS jj jj II U rr rr schwache form: v d s ss S SS j jj l II r rr

Beispiele: T. tame, K. tSiW, adv. T. tavas, N. tëvas, E. tawc> N. F. dawe, adv. davas, Lule tavvê, kompar. tavêp „meerestiefe, norden, etc.; adv. auf die see hinaus, gegen norden, etc.fe = f. syvä; T. vierte-, K. Mitte-, N. uüidde-, T. causât, vïeidede-, E. oadded, oadam, N. F. oaddet, oadam, Lule ôtët, ötau, Arj. oddët, ôddët, ödi „schlafen"; T. kUzcl, gen. klessaU, K. kü^el, gen. kuessal, N. kusigzel, gen. kuassal, E. kuuhïl „altertumliches spiungerät" = f. kuosaii; T. kicsse, K., N. kiess, E. katse, karesc, N. F. gœssë, gen. gœsë, Lule kêssë, gen. kësë „soinmer" = f. kesä; T. küiss, gen. küi$s, N. kuOiSs, E. kttöse, kuësse, N. F. guösse, geu. guösc oder guösse, Lule kuössä, gen. Amö.s.w „gast"; T. raÄ, K. ra.dtf, attr. raws, N. rOftö, N. F. ratôe, attr. rases, Lule ra.viè, attr. raSês „schwach"; T. pijje, ifijjc, K. PaJh a(lv. T. ;>yas, pijjas, pejas, pïjas, K. ftajos, pajas, E. adv. pajjen, pajen; pajas, X. F. bâgjc; bàjas, Lule paddë; pajäs, Arj. adv. paddël; pajas „oben befindlich; adv. hinauf"; T. /cî.Wc, geu. A?,fe, K. *w<M, demin. kuelanc, N. Awo,W, acc. plur. AuW. kuoillijt, E. Anö/c, Auafc, Auofc, Auëfr, N. F. .pttö/te, gen. r/Môië, Lule Ako7/<?, gen. Aä, Arj. M«, acc. plur. MM „fisch" - f. kala; T. AaVes und Aa.Wcs (Gknetz, Wb. s. 236, z. 5 v. u.), gen. kallasi, K. Aä(/fc.<?, demin. knllasanc, N. Aa.fc, //a.T/e*-, E. AàV™, kallis, gen. Aä7/a. Pasvik //<*7/cs, gen. gallas, N. F. //aWes, (Fhiis) gales, geu. galla(s'd), Lule Atiï/rô, gen. källäsa, Arj. </a/fts, gen. //a//asa (NL, s. lül) „alter maun; etc." < urn. * karlas, an. Aar/;

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- 103

Pasvik garr, elat. garest, N. F. (jarre, (jarre, gen. gäre, Lille -

Awrö, gen. küre, Hrn., Ts. srarn, gen. gärt, Arj. <7ûrrë, gen. //arc

(NL, s. 165) „hölzerne Schüssel" < urn. *käRa, au. ker\ N. F.

ioarre, demiu. boarraè, Lule pörre, gen. pôrrë „floss".

12.

Die intei'vokalischen nasalen verhalten sich bei der Schwächung der hauptsache nach ganz wie die vorige gruppe, d. h. in der star- ken form sind sie lang und in der schwachen form kurz oder, wenn sie ursprünglich lang sind, lang. Man muss jedoch den wichtigen unterschied bemerken, dass die langen nasalen in allen dialekten ausser T., K., N., (A.) und Pasvik einen Vorschlag von homorganem explosivlaute erhalten, wenn ihnen nicht ein nasal vorhergeht Da diese eigentümlichkeit nicht allen dialekten bekannt ist, kann sie indessen kaum urlappisch sein.

Der klusilvorschlag tritt bald stimmhaft, bald stimmlos auf. Aus der für E. üblichen Schreibweise kann man nicht entscheiden, ob er nicht vielleicht auch hier bisweilen stimmlos ist. In N. F., Lule und Arj. ist dies immer der fall in der schwachen form und in Lule uud Arj. auch in der starken form, wenn das betreffende wort ursprünglich kurzen nasal hat. Die b, d, g, p, t,k,pp, tt^kk in der schwachen form sind offenbar durch analogie nach dem Wech- sel bb, dd, gg ~ bb, dd, gg, pp, U, kk « mb, nd, iig; mom. 6) entstanden. Wie die p, /, k, pp, tt, kk in der starken form zu ver- stehen sind, ist etwas schwieriger zu erklären. Es scheint mir das wahrscheinlichste zu sein, dass der ursprüngliche Vorschlag immer stimmhaft gewesen ist und dass dieses b, d, g von p, t, k abgelöst worden ist infolge der analogie von solchen schwächungsreihen wie okk ok : ok g; ott ~ ot : ot ~ 4 etc., wo die starke form der zweiten glieder immer mit der schwachen form der ersten glieder identisch ist.

lu Arj. und E. hat eigentümlicherweise die starke form von urspr. kurzem n nach einem nasal bisweilen fig. In N. und E. ist kurzes n bisweilen zu j übergegangen.

Für das ende der urlappischen zeit dürfen wir also in dieser gruppe die folgenden Wechsel ansetzen können:

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starke form: mm mm nn nn An An nn nn schwache form: m mm n nn n nn n nn

Beispiele: T. söimme, gen. säme, K. geu. sü^me, E. (Sandberg) sàbmetig, N. F. sàbmë, geu. sâmë, Lule sâppmë, gen. säme, Arj. plur. säme „lappländer; etc."; N. F. (Qvigstad, Beitr.) cäbntvt cäbmam, Lule tsabbmët, tsappmau, Arj. cabmët, capmau („lautet bei- nahe cabbmêt, cappmau", Halâsz, Svéd-lapp nyelv, V, s. vm) „sclila- gen"; T. ponna-, K., X. ponne-, E. poadned, podned, N. F. b&dnet, b&nam; bodnct, bonam, Lule potnët, ponöu, Hrn., Ts., Fld. bodnêt, bonöu, Arj. bodnit, bonäu (NL, s. 99) „drehen, winden, spinnen" = f. punoa; T. jicnne, acc. sg. mit poss. suff. jienes, K., N. ienn, gen. ienn, E. œœdne, N. F. (Beitr.) «erfwf, gen. «rfm7, Lule ëtWnè, gen. ëttnë, Arj. âYfwë, gen. ëtnë „mutter"; T. Auenne, K. nu,nn, acc. wti,w\ N. nun«, Auoinn, E. wjuwwe, njunadud („zürnen"), N. F. (Friis) njudne, gen. njune; njunne, gen. njunc; njunnje, gen. njunjc, (Qvigstad) njünnc, gen. »ywwf, Lide rôw«Më, gen. wwwë, Arj. AuAnt, geu. «w«ë „nase" = f. nenä; adv. T. mannas, K., N. A. manna, superl. T. matnemls, K. mancfWM.v, N. mäjmus, E. adv. mangas, superl. majemusy N. F. mawaf maijtje, maifljc, superl. matrons, Lule manne, superl. wanèrous, Arj. adv. mannëla, mannai, mangäs, superl. maftmu« „hintere; etc.".

13.

Die Verbindungen von einem i oder u (als letzter komponent eines diphthonges) mit l, r, s oder v verhalten sich bei der Schwächung im grossen und ganzen analog mit den Verbindungen von i oder u mit einem verschlusslaute (mom. 5). Die unterschiede zwischeu der starkeu uud der schwachen form fallen also ursprünglich alle auf den er st e n teil der Verbindung, welcher in der starken form lang, in der schwachen kurz wird. Aus dem langen /, u hat sich dann in den meisten dialekten ein /, # + svarabhaktivokal entwickelt. Nur in T., K., N. und E. ist (in der schrift) kein unterschied zwi- schen den beiden formen zu sehen. Die länge von II, rr, ss, vv in der norwegischlappischen Schriftsprache ist nur orthographisch, vgl. mom. 5. Von dem nach Halâsz in Arj. in der starken form vor- kommenden „gestossenen ton" siehe oben s. 59.

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In urlappischer zeit waren also diese Verbindungen folgeuden wechseln unterworfen:

starke form: PI Fr ?s i-v schwache form: il ir is lv bzhw. ~ etc.

Beispiele: Kl., Lnv., Ib. ailés, gen. aflasa, la, Ks., Kw, Lg., Ib., Of. fueiles, gen. hœïlasa, hœïla, Lule ailes, ailës, gen. ai'lasa, Hm., Ts., Fld. ailes, gen. lésa, Arj. ailés, gen. œilësa (NL, s. 85) „heilig; etc." < urn. *hailaz, an. heili; T. ârja, K. ärj, N. ajr, E. airu, N. F. aïro, gen. a/ro, Bis., Ib., Gl. ar'jö, Lule aïru, gen. atrw, Hrn., Ts., Fld. aïro, gen. atVo, Arj. airo (NL, s. 86) „rüder" < urn. *a*Vö, an. rfr; T. navske, K. mtw&, N. nivs(e)k, N. F. n/ysaA, «i'rsafc, Lule nïuwsak, Hm. nuvsag, Ts., Fld. nivsay, Arj. w/wa, gen. nivsaga (NL, s. 247) „feuerschwamm, zunder" < um. acc. *fnioska oder *hnioska, an. fniöskr, hniôskr; T. rîojw, K. «e/V, N. uejv, T., K. oajvait, N. uajvaht („knäuel"), E. oatvi, elat. oaivesl, N. F. oai'vë, gen. oaîtrë, Lule oi'rê, gen. owe, Arj. oîvc, gen. owe, où'ë» „köpf" = f. oiva.

14.

Die Verbindungen von l, r, m, n mit folgendem j, s, S oder t; verhalten sich bei der Schwächung ganz wie die vorhergehende groppe. Der erste komponent ist also in der starken form laug oder wird in l, r, m, n + svarabhaktivokal aufgelöst und bleibt in der schwachen form kurz. Der zweite komponent bleibt immer un- verändert. Der einzige unterschied ist. dass das l + j in vielen dialekten in N. F. (Qvigstad, NL) in mouilliertes l übergegangen ist, welches in der starken form lang, in der schwachen kurz ist.

Für die urlappische zeit können wir also folgende Wechsel ansetzen:

_

J

s

.V

V

starke form: /' nC iï\

( 4-

schwache form: l r m vj

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106 -

Beispiele: T. lûlj, acc. sg. mit poss. sjitt*. vîljis, K. rï/j, N. wWj, E. r/'c/ja, gen. pl. mit poss. suff. vieljiided, X. F. (Qvigstad, Beitr.) tiW/ja, gen. t'î'e/ja, Lille r/W/ja, gen. tïc/jo, Arj. vü'lzja (vgl. oben s. 59), nom. plur. vvlja „bruder" = f. veli; E. tansad, X. F. dannsot, dänsom, Krl., Kl., Lg. rianncai, dänc&m, Luv., Ib. dannsat, dänsam, Lille taWsut, tun" sat, Hm. dannsat (XL, s. 120), Arj. £ausu/, tawsü/, <ccï /«usa „tanzen" < an. dansa; E. farru, N. F. gar'vo. gen. </ano, Lule kür'vu, gen. lärvü, Hm. gar'vo, Arj. garvo, gen. ^äruo (NL, s. 160), gen. plur. A-ürtwt (Hal.vsz) „kleider", < urn. *sandn-, au. ^ero.

15.

Die Verbindungen von einem * oder (als letzter teil eiues diphthonges) oder /, r mit einem folgenden nasal sind die einzigen, in welchen die Schwächung des zweiten kompouenten über etwas weitere gebiete ausgedehnt ist. Man findet sie nämlich in E., X. F. und Arj., in X. F. jedoch wechselnd mit Schwächung des ersten kom- ponenten; es ist mir nicht gelungen aus dem in Qvigstad, XL, mit- geteilten materiale die grenzen dieser erscheinuugen in X. F. genau zu bestimmen. In Arj. trifft sogar bei Verbindungen von r -fr- nasal die Schwächung beide komponenten. In T., K., X. sowie teilweise in E. kommt wie bei den beiden vorhergehenden gruppen, wenigstens in der schritt, keinerlei Schwächung vor.

Weuu die Schwächung bei dem ersten kompouenten zum Vor- schein kommt, tritt in der starken form nach dem /, w, 7, r das be- kannte ' auf. welches in der schwachen form wieder verschwindet. W enn wiederum der Wechsel den zweiten komponenten trifft, findet mau in der starken form ganz wie bei den iutervokalischen nasalen ein bm, dn, dû, gù. Die schwache form zeigt hier in Lule, (Hrn., Ts., Fld.) und Arj. (Halabz) nach r eine etwas sonderbare form; nach v uud l hat sie, wie man erwartet, den einfachen nasal. Zwischen dem r und dem nasale tritt nämlich ein ' oder h auf, d. h. der letzte teil des r und der erste teil des nasals sind stimmlos. In Arj. trifft man sogar ein rhtu. Diese letztgenannte form scheint mir auf die richtige losuug der aufgäbe hinzudeuten. Ein intervoka- lisches bm, dn, gh wird ja nämlich in diesen dialekteu nicht zu

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m, n, h, sondern zu pm, tn, kfi geschwächt und ist dnbei aus lan- gem mm, nn, itii entwickelt. Auch ein ursprünglich kurzes m, n, n erhielt indessen in der starken form einen (wahrscheinlich) stimm- haften klusil Vorschlag, welcher dann in Lule und Arj. durch die analogie von einigen anderen schwächungsreihen stimmlos wurde, vgl. oben s. 103. Dasselbe geschah dann in Arj. auch bei den nach einem /, u, l, r stehenden nasalen, der stimmton des klusilvorschlags wurde aber in der starken form beibehalten. Die gefahr einer Ver- wechslung mit den aus ursprünglich langem mm, nn, iin entstan- denen bm, dn, gît, denen in der schwachen form bzhw. pm, tn, kit entsprachen, lag indessen hier sehr nahe und dieser Wechsel bm ~ pm etc. drang in der that in die Wörter mit einem r + nasal ein. Das résultat wurde also rbm ~ rpm etc. Wie wir aus mom. 5 wissen, wird aber ein unmittelbar vor einem p, t, h der schwachen form stehendes r in diesem dialekte in seinem letzten teile stimmlos, also rpm, rtn, rkii, wonach das p, t, k zufolge seiner Stellung in der mitte einer konsonantengrnppe von drei konsouanten wegfiel und nur das * (bisweilen jedoch auch das t) blieb. Wenn diese erklärung richtig ist, was mir nicht ganz unwahrscheinlich zu sein scheint, würden also auch die dialekte in Lule, (Hrn., Ts. und Fld.) einmal hier die Schwächung des zweiten kompouenten gekannt haben.

Der Wechsel ihm Im etc. sollte sich also einmal über das ganze gebiet Arj. E. ausgedehnt haben. Es scheint mir dann fraglich, ob er nicht einst auch in den wenigen übrigen dialekten, T., K. und N., bekannt gewesen sei (zu bemerken ist, dass der Wechsel hier in der form Imm ~ Im auftreten würde, woraus sich dann die jetzige form des wechseis entwickelt hätte), wenigstens scheinen mir etwas mehr gründe für eine solche annähme vorzu- liegen als für eine annähme, dass das urlappische hier den Wechsel Um ~ Im hatte, welcher letztere Wechsel zwar mit den formen der Schwächung bei den übrigen gruppen von kousouanteuverbinduugen mehr übereinstimmen würde.

Ich nehme also für das ende der urlappischen zeit bei dieser gruppe die folgenden Wechsel an:

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starke l'orra:

schwache lorm:

IHM

m

+

An iin

n n

r

Beispiele: E. aimu, aibmu, aimo, N. F. aibmo, a?mo, gen. aimo, Lille ai'mu, plur. ämiu (NL, 8. 83) „luft, welt, etc." < urn. *haima-, an. heimr; T. pa\me, K. pä,rn, dentin. T. pärnaj, K. pärnanc, N. pâmeè, E. bardne, pame, pärne, Pasvik barrn *), elat. bärnest, N. F. bardne, bar'ne, gen. barne, Lule par'nê, gen. parnê, Arj. bardnê, acc. bärdnt'u (NL, s. 101), par4dnê1 acc. pârhtnëu (Halasz) „söhn; knabe", < urn. Ôarna, an. barn; Pasvik o/m», N. F. bierdn*, bier'n*, gen. frimia; ftirrfwa, gen. 6/rna, Kl. 6a?rw, gen. bërn, Lnv. 6er'na, Lule i^iV'wa, gen. pirna; pier*na, Hrn., Fld. bir'na, gen. ÖiVÄna, Ts. fcerdwa, Ts., Fid. bier'na, gen. bierhna, Arj. bœrdna, gen. oêrtfwa (NL, s. 105), pär*dna, komit. pêrhnain, gen. përhtna (Halâsz) „bär", < urn. acc. sg. *ßernu, an. biçrn; N. F. savdnjet, savnjam, Lule Sau* net, Säunau „abschüttelu, abfegen"; T. jalnes, gen. jalnazî, N. F. jolies, gen. ja/<jrça, Lule jaf n&> (?, jalües), gen. jafwa „baumsturapf, stock".

Die resultate, zu welchen wir also gekommen sind, können in der folgenden tabelle zusammengefasst werden, welche den stand der kousouanteuschwächung am ende der urlappischen zeit veran- schaulicht:

*) Diesem rrn gegenüber stehen die formen biern, savri, stabn, lain = N. F. bierdua, savdnjc, stavdnc, Lule laïnê (NL, Nachtrage ans Pasvik).

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ja

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- 110 -

Eine vergleichung von dem stände der konsonantenschwächnng im urfinnischen mit dem aussehen des gesetaes am ende der urlap- pischen zeit zeigt auf den ersten blick, dass das uiiappische liier einen viel grösseren formeureichtum besitzt als das urfinnisehe, wo die Schwächung sich nur auf die intervokalischen oder nach liquida und nasal stehenden k, p, t, hh, pp, tt bezieht. Da ja alle übrigen finnischugrischen sprachen keine konsonanteuschwächung kennen, sehen wir also, dass das urfinnische in dieser hinsieht auf einer viel ursprünglicheren stufe steht als das urlap- pische. Durch eine vergleichung zwischen den beiden sprachen könneu wir weiter finden, wie sich das betreffende gesetz während der urlappischen zeit entwickelt hat und wie es in früheren Perio- den des urlappischen lautete.

Wir finden dabei zunächst, dass der Wechsel zwischen einer starken und einer schwachen form bei den intervokalischen Spiranten, liquida und nasalen in relativ später zeit entwickelt sein muss. Wenn man die hiehergehörigen Wörter mit den entsprechenden fin- nischen Wörtern vergleicht, findet man, dass überall die schwache form die ursprünglichere ist (beisp. siehe oben) und also die starke form durch dehnung entstanden, welche dehuung natürlicherweise durch die analogie ohk = x:l veranlasst wurde. [Wenn der spi- rant, die liquida oder der nasal schon im finnischen lang war, konnte er in der starken form im lappischen nicht weiter gedehnt wer- den *), sondern die beiden formen wurden mit einander identisch]. Auch bei den konsonautenverbinduugen, wo der zweite komponent ein nasal ist, muss die schwache form mit kurzem nasal die ur- sprünglichere sein, da ja das finnische hier nur kurzen nasal kennt. Dasselbe gilt weiter für die übrigen Verbindungen von <*, */, /, r, ($> *) mit einem konsonanten. der nicht explosivlaut ist, wo die schwache form mit kurzem ersten komponenten mit den Verhältnissen im fin- nischen übereinstimmt (sowie für die Verbindungen von einem m, n mit irgend einem anderen laute als homorganem klusii).

♦) In einigen dialokten trifft man jedoch hier überlänge: Lule S. J. Mlle oder faille, acc. Jcallëu „genug" = f. kyllä; etc. (Loi. Gr. § 30, anm. 2).

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Ill

Hei den Verbindungen von /, */, liquida oder nasal mit folgen- dem explosivlaute (ausser md, ms, m$) sind die Verhältnisse etwas schwieriger zu beurteilen. Im urfinnischcu wird der explosivlaut in der schwachen form regelmässig geschwächt, im urlappischen dagegen unverändert beibehalten; statt dessen wird der erste komponent in der starken form (im Verhältnis zum finnischen) gedehnt. Es scheint mir jedoch nicht unwahrscheinlich zu sein, dass das urfinnische hier nicht auf der ursprünglicheren stufe steht*). Erstens fiuden wir nämlich im urlappischen dem urfiunischen kurzen k, p, t entsprechend in dieser Stellung nicht k, p} t, sondern g, b, d, wogegen in t er- vokal i sehe s urf. k, p, t durch url. ok, op, ot wiedergegeben wird. Dass indessen ein wirkliches, nach i, //, /, r, m, »j, w stehendes k, p, t durch ein url. ok, op, ot wiedergegeben wird, zeigen die in das ur- lappische direkt aufgenommenen nrnordischeu lehnwörter, wie N. F. raippe, Lule raïopë etc. „zngriemen am schütten", < urn. * raipa, an. reip; N. F. fuölkke, Lule fuöl'ofä etc. „volk, menschen, dienst- leute", < urn. *folka, an. folk; etc. Es besteht also ein wesent- licher unterschied in der wiedergäbe des nordischen und des fin- nischen k, p, t, der gewiss nicht anders erklärt werden kann denn so, dass das finnische k, p, t nach /, ij, /, r, m, n, ü aus einem frü- heren g, 6, d entstanden ist, welches g. b, d im lappischen bewahrt wurde. Wenn aber ein </, b, d das ursprüngliche ist, kann die fin- nische Schwächung zu y, £, d nur durch Überführung von den Wör- tern mit intervokalischem k, p, t erklärt werden. Zweitens findet mau auch in den meisten finnischen dialekten eine spur von der frü- heren unveränderlichkeit der klusilen in dieser Stellung. Ein k nach w wird nämlich in dem grössten teile des westfinnischen dialektge- bietes sowie im karelischen, olonetzischen und estnischen (ausser im Narva-dialekte) nicht geschwächt; nur im ostfinnischen und wotischen findet man also den Wechsel nk ~~ fin (vom wepsischen und liwischen muss man hier absehen, da sie ja überhaupt nur wenige spuren von kousonantenschwächung bewahrt haben).

Der urlappische Wechsel von k und g in den Verbindungen von k mit s, ë, t, e, c sowie der Wechsel von f und d, tt und / in den

•) Prof. Setälä teilt mir brieflich mit, dass auch er zu derselben anf- fassung gekommen ist.

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Verbindungen c und c, cc und cc kann ferner nicht ursprünglich sein, da er ja iu den entsprechenden konsonantenverbindungen im urfin- nischen uicht vorkommt, sondern ist von den intervokalischen klu- sileu überführt worden.

Der Wechsel von iutervokalischem k, p, t, kk, pp, U mit g, 6, d, k, pt t ist also die einzige „schwächungsuer- scheiuung, die für beide spracheu gemeinsam ist, und wir können getrost annehmen, dass sie auch den ursprüng- lichsten stand der konsonantensch wächnng in beiden sprachen darstellt. Von diesem kleinen anfange an hat sie sich dann in beiden sprachen nach verschiedenen richtungen hin ent- wickelt, im finnischen jedoch bei weitem uicht iu der reichen fülle wie im lappischen, wo sie jetzt den ganzen konsonantismus umfasst.

Wir finden dann auch, dass der hier gebrauchte name „kon- sonantensch wäc hu ugu für das lappische in den meisten fällen ei- gentlich unrichtig ist. Die vollen, „starken" formen sind nur bei den klusilen die ursprünglicheren; bei allen übrigen lauten sind dagegen die „schwachen" formen die ursprünglichen und die starken erst durch dehn un g entstanden. Dass wir dessen ungeachtet überall den ersteren namen gebraucht haben uud auch gebrauchen werden, kommt daher, dass man durch den gebrauch eines anderen namens den deutlichen Zusammenhang mit der entsprechenden erscheinuug im finnischen (wo sie mit grösserem rechte „Schwächung" genannt wird) ge wissermassen verkennen würde, teils auch daher, dass man bei der deklination oder konjugation eiues Wortes immer uubewusst von dem nomiuativ oder infinitiv als von dem ursprünglicheren aus- geht, wobei zu bemerken ist, dass diese formen meistens (der infini- tiv sogar immer) die betreffenden konsonanten in ihrer „starken" form zeigen und dass also übrige formen mit „schwachen" stamm- konsonanteu als aus deu ersteren geschwächt erscheinen.

In seinem YSÄH, s. 119 f. hat prof. Setälä die entwickelung der konsonantenschwächung zeitlich noch weiter aufwärts zu ver- folgen gesucht und kommt dabei s. 123 zu dem resultate, dass man es hier sowohl mit einer Verstärkung als mit einer Schwächung zu thun hat. „Die vorurfinuischen (möglicherweise stimmlosen) g, d, b wurden in offener silbe nach dem vokale einer haupt- oder neben-

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betonten silbe sowie im allgemeinen nach einem stimmhaften kouso- nanteu*) zu k, t, p verstärkt. Dagegen wurden g, d, b in ge- schlossener silbe sowie nach dem vokale einer unbetonten silbe zu den entsprechenden Spiranten g, <t, b geschwächt. Die ursprüng- lichen k} tt p wurden in offener silbe zu den entsprechenden langen verstärkt". Er stützt diese seine meinung teils durch die Verhält- nisse bei der wiedergäbe der klusilen in den germanischen und litauischen lehuwörtern, teils durch eine vergleichuug mit dem mord- winischen.

Bei der wiedergäbe der klusilen in den lehnwwtern kann man nämlich zwischen zwei verschiedenen methoden unterscheiden; die erste ist bei den litauischen lehnwürtern allgemein und wird von SktÄlÄ die ältere genannt, während die zweite, die Jüngere" bei den germanischen lehnwörtern die am häufigsten verwendete ist Bei den erstereu wird h} p} t oft durch A-, p, t (in der starken form) wiedergegeben, bei den nordischen lehnwörtern aber im allgemeinen durch kk, ppy tt} verhältnismässig selten durch k, p} t. Setälä will, jedoch mit einigem zweifei, dieses so erklären, dass der finnische konsonantismus bei dem aufnehmen der erstereu Wörter auf einer etwas anderen stufe stand als bei dem aufnehmen der letzteren. Bei der letzteren gelegenheit waren schon die jetzigen Verhältnisse herr- schend und es gab einen Wechsel kk, pp, tt ~ k, p, t, in welchen Wechsel sich die germanischen lehnwörter ganz natürlich einreihten, da die germanischen kurzen aspirierten k, p, t in beträchtlicher weise von den finnischen kurzen, unaspirierten und vielleicht auch etwas kürzeren k, p, t abwichen (YSAH, s. 13). Bei dem aufnehmen der litauischen lehuwörter hatte sich dagegen die konsonantenschwächung noch nicht entwickelt und sowohl die litauischen g, rf, b als k, t, p wurden durch diejenigen finnischen laute wiedergegeben, welche sich bei dem eintreten der Schwächung zu k, t,p~ g, â, h entwickelten. Ich glaube, dass die ib., s. 120 f., gelieferte darstellung SetÄlä's auf diese weise wiedergegeben werden kann. Er gibt jedoch a. a. o. zu, dass die Verschiedenheit möglicherweise durch irgend welche

•j Wenn die oben 8. 111 her?orgestellten orwägnngen richtig sind,

kann es hier nur von den intervokalischen klusilen die rede seiu.

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lautliche analogien entstanden sein kann. Es scheint mir indessen noch eine dritte und nach meiner meiuung viel bessere erklärungs- weise vorzuliegen.

Es ist mir hier erstens schmerig zu verstehen, warum die li- tauischen k, p, t, wenn sie vor der entstehung der konsonanten- schwächung entlehnt wurden, eben durch finnisches (wenn auch stimm- loses) g, b, d wiedergegeben werden sollten. Das natürlichste wäre ja, dass sie in diesem falle zu finnischem k, />, t übergehen würden, denn litauisches k, p, t stand wohl dem urf. k, p, t viel näher als dem urf. <jr, b, d. Die litauischen tenues sind nämlich ganz wie die finnischen unaspiriert und sind es wohl auch zu der zeit der ent- lehnung gewesen. Wenn je irgend ein unterschied zwischen den litauischen und finnischen tenues bestanden hat, dürfte er darin zu suchen sein, dass die finnischen tenues nicht so kräftig artikuliert werden wie die allgemeinen unaspirierten tenues; wenigstens der Verfasser dieses Werkes hat es zu finden geglaubt, dass sie sich in dieser weise von z. b. den russischen und französischen tenues unter- scheiden. Wenn dem so ist, könnten die litauischen laute ja noch viel weniger durch urf. g, b, d wiedergegeben werden. Wenn sie aber von den urfinnen vor dem eintritt der konsonantenschwächung als k, jp, i aufgefasst wurden, würden sie jetzt in offener silbe nach der von Setälä s. 123 gegebenen regel als kk, ppt U und nicht als £, p, t auftreten.

Die Verschiedenheit bei der wiedergäbe der tenues in den beiden arten von lehnwörtern scheint mir indessen sehr leicht und unge- zwungen erklärt werden zu können, wenn man davon ausgeht, dass die konsonantenschwächung schon bei der entlehnung der litauischen Wörter im grossen und gauzen ausgebildet war. Dabei verdienen die Verhältnisse im lappischen beachtung. Hier werden nämlich die iu ter vokal ischeu nordischen (sowohl urnordischen als späteren) kurzen tenues durchgängig durch (o +) kk, pp, tt wiedergegeben, während die finnischen (sowohl urfinnischen als späteren) als (o +) k, p, t auftreten. Ausnahmen von dieser regel gibt es nur sehr wenige (vgl. unten bei der lehre von den konsonantischen lautgesetzen). Die kurzen fiunischen tenues, welche mit den lappischen unaspirierten tenues ganz (oder wenigstens fast völlig) identisch sind, werden also in offener silbe durch kurze tenues wiedergegeben, die nordischen

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aspirierten laute durch lange tenues, und wohl zu bemerken dies geschieht in einer période, als das konsonantenschwächungs- gesetz schon zu wirken begonnen hatte. Ich glaube, dass man das- selbe mit grosser Wahrscheinlichkeit auch auf die urfinnische période übertragen kann, und sage, dass die litauischen intervokalischen te- nues in die im finnischen schon entwickelten reihen fr, p, t ~ g, b, d eingetragen wurden, weil sie unaspiriert waren, und die nor- dischen k, p, t in die reihen M, pp, tt ~ k, p, t, weil sie von einer aspiration begleitet waren und daher den finnen lang vorkamen. Irgend welche bindende beweise kann man zwar nicht für eine solche hypothèse erreichen, die aprioristische Wahr- scheinlichkeit scheint mir aber bei der meinigen hypothèse viel grösser zu sein als bei derjenigen von Setälä.

Wie Setälä, a. a. o., s. 120, bemerkt, kommen indessen auch nicht wenige beispiele vor davon, dass ein litauisches k, p, t durch finn. kk, pp, tt wiedergegeben wurde. Wie man dieses im anschluss an das soeben gesagte erklären soll, scheint mir unsicher. Wenn meine oben erwähnte observation von der ausspräche der finnischen tenues richtig ist, könnte man es vielleicht so erklären, dass die finnen dem zwischen den litauischen tenues und den ihrigen bestehenden kleinen unterschied wahrgenommen hatten und dann nicht recht wussten, wie sie ihn wiedergeben sollten, wodurch eine Schwankung hervorgerufen wurde.

Die wiedergebung der tenues in deu iranischen lehnwörtern, vgl. YSÄH, s. 120, müssen wir hier ausser acht lassen, da wir noch nicht die Verhältnisse kennen, unter welchen diese lehn Wörter in die f.-ugr. sprachen aufgenommen wurden.

Der konsonantismus in den lehnwörtern scheint mir also als mittel zur kronologischen feststellung des anfanges der konsonanten- schwächung oder zur bestimmung der vor dem eintritt derselben herrschenden Verhältnisse nicht gebraucht werden zu können. Auch eine vergleichung mit den Verhältnissen im mordwinischen ist nach meiner meinung wenig ergiebig. Die kurzen k, p, t (in offener silbe) entsprechen wohl im allgemeinen mordwinischen g (v, j), b, d und lange finnische kk, pp, tt mordwinischen k, p, t (YSÄH, s. 121 f.) und Sktälä hat, da die mordwinischen formen am leichtesten aus

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einem g, b, d, resp. kurzen k, p, t erklärt werden können, daraus schliessen wollen, dass diese g, b, d, k, p, t auch den finnischen Ver- hältnissen zu gründe lagen. Wie ich aber schon in Lui. Gr., s. 18, bemerkt habe, scheinen im mordwinischen alle intervokalischeu, ur- sprünglich kurzen stimmlosen laute in die entsprechenden stimm- haften übergegangen zu sein, falls diese in der spräche überhaupt existierten. Ein Ann. -s- entspricht so im allgemeinen einem mordw. -z-, z. b.: finn. kesä = mordw. kisa; f. kuusi = m. kuz; f. kysyn = m. kiziftan; f. pesen = m. peze-, etc. Dabei tritt ursprünglich langes intervokalisches ss (vgl. Paasonkn, Mordwinische lautlehre, § 42,a) als kurzes s auf wie im inessivsuffixe -sa, -so, -se. Einem finnischen intervokalischeu h < S gegenüber steht in vielen Wörtern ein mordw. z, z. b.: f. aisa = m. azia; f. jauhan = m. jazan; f. hiha, vgl. m. oza; f. tuhat « lit. tükstantis) = m. tozän. Dagegen mokscham. kdiä „teer" = N. F. gacce, gen. gace, aber Lule kassê, gen. kasst „harz". Ebenso könnte sich auch ein ursprüngliches k, pf t, kk, pp, ü im mordw. ganz gut zu q (woraus dann j, r), by d, k, p, t entwickelt haben. Da jedoch die Vorgeschichte des mordwinischen noch im dunklen liegt, müssen wir uns bis zum er- scheinen des zweiten teiles von der „Mordwinischen lautlehre" Paa- sonen's mit diesen flüchtigen andeutungen begnügen, indem wir be- merken, dass wenn man auch die hier hervorgezogenen erscheinungen so erklären kann, dass die z, s, z, S durch ein späteres schwächungs- gesetz entstanden seien, jedoch noch nichts hervorgezogen worden ist, das darauf deuten würde, dass mordw. g, b, d, k, p, t ursprüng- licher als finn. k, p, t, kk, pp, tt sein müssen.

Soweit ich sehen kann, liegen also noch keine umstände vor, die uns dazu zwingen würden die s. g. konsonanteuschwächung als von sowohl verstärkungs- als schwächungserscheiuungen zusammen- gesetzt aufzufassen, sondern der name „Schwächung" ist für die äl- teste urfinnische stufe, die wir noch erreichen können, in allen teilen berechtigt. Wenn es sich auch zukünftig zeigen würde, nachdem die Vorgeschichte des mordwinischen einmal erhellt worden, dass die finnischen intervokalischeu k, p, t, kk, pp, tt in einer noch älteren zeit sich aus g, b, d, k, p, t entwickelt hatten, können wir jedoch mit grösster Wahrscheinlichkeit sagen, dass die jetzigen Verhältnisse

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schon bei der entlehnuug der litauischen Wörter uud auf der fiuuisch- lappischen gemeinstufe, also schon gegen das ende des ersten Jahr- tausends vor Chr., herrschend waren.

* * *

Alle die oben erwähnten falle von urlappischer konsonanten- schwächung gelteu zunächst denjenigen konsonanten oder konsonanten- Verbindungen, die zwischen den vokalen der ersten und zweiten silbe eines Wortes stehen. Die Schwächung kommt indessen auch bei den zwischen der dritten und vierten silbe (selten noch weiter vom an- fang des Wortes) stehenden konsonanten vor, z. b.: N. F. sojatallat, sojatalam „(mehrmals) biegen" = f. sujuttelen; sabmelaS, gen. -laga, illat. -la$$i „lappländer; lappisch" = f. -lainen, stamm -laise; oskel- dœbme, gen. -Idceme „das vertrauen u = f. uskaltama; oasetœbmc, gen. oasetœme „unglücklich" = f. osaton, gen. osattoman; hœâastuwat, -stuvam „in not geraten" = f. hädästyä; hœâastuttet, -stutam oder -stuttam „in not versetzen" = f. hädästyttää, -stytän; (NL) bcerjadsJik, gen. -<%a „freitag" = f. perjantai; etc. Bei allen nicht-klusilen kann sie auch hier nicht der allerersten urlappischen zeit angehören, bei den klusilen aber haben wir wohl auch für diesen fall uralte konsonantenschwächung anzunehmen. Es scheint nämlich nicht un- wahrscheinlich zu sein, dass man es in einem solchen worte wie Jusdastuttet, d. h. beim causativsuffixe -tte = mordw. -ft, -vt etc., tscherem. -kt, nicht mit einem erst in urlappischer zeit aus kt ent- standenem tt zu thun hat, sondern dass dieses tt aus dem urfinnischen tt < kt nach nicht hauptbetonter silbe (YSÄH, s. 208 f.) ererbt ist. In diesem falle haben die urlappen das suffix gewiss sowohl in der star- ken form -tta als schon auch in der schwachen form -ta aufgenommen. Die Verbreitung dieser art von Schwächung in den verschiedenen dia- lekten ist noch fast unmöglich zu untersuchen, da das material hier- fur überall ausser in N. F. und Lule zu gering ist. In diesen beiden dialekten folgt indessen die erscheinung auch hier ganz denselben regeln wie bei den nach der ersten silbe folgenden konsonanten. Auch in Arj. und den russischlappischen dialekten finden wir bei- spiele derselben, z. b.: Arj. acc. enäcupmusau „das meiste" ^ ess. vüslacumün „als der erste"; kallänepmai porrot „sich satt essen"

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~ stôkotëmctt îîjên „sie spielten"; Kiidin tomtsall „er gesteht" ~ tomtselam „ich gestehe" = N. F. dovdastalam, NyK, XVII, 8. 44. Aus diesen beispielen dürften wir also schliessen können, dass die ersehe inu Dg urlappisch ist.

Im finnischen kommt auch, wie bekannt, konsonantenschwächug bei den zwischen den vokalen der zweiten und dritten silbe stehen- den konsonanten und konsonantenverbindungen vor, z. b.: penikka, gen. penikan; ymmärtää, ymmärrän etc. Von einer Schwächung in dieser Stellung finden wir indessen im lappischen keinerlei spuren; es heisst also z. b. N. F. dagatet, dagatam (d. h. ~ot-) „machen las- sen" = f. teettää, teetän; ibmerdet, ibmerdam „verstehen" ; gaskek, gen. gaskeka (d. h. -ok-) „verschnittenes renntier". In Kt. und Kr. ist das intervokalische ok hier zu h übergegangen, z. b.: galdat} galdot (Kt.), galdak, galdok (Kr.), gen. galdaha, galdoha „ein verschnittener" (Beitr., s. 147). [Ein g hätte wohl kaum zu h übergehen können, vielmehr zu g. Wörter wie dïs-t&hk oder dïs-d&hk, gen. -a#a (NL, s. 131) „dienstag" sind als Zusammensetzungen aufzufassen, wie Qvigstad sie auch bezeichnet hat]. Das lappische steht in diesem falle, wie ich glaube, auf einer ursprünglicheren stufe als das finnische. Es liegen nämlich einige umstände vor, welche, wenn man sie mit den entsprechenden erscheinungen im lappischen zusammenhält, gewiss darauf hindeuten, dass auch das finnische in dieser Stellung einst keine Schwächung gekannt hat*). In einigen finnischen sprachen begegnet man nämlich nach der zweiten silbe auch in geschlossener silbe klusilen, wie nach liquida im olonetzischen : vihcldän, kumar- dammos (aber turmella; YSAH, s. 33); im wotischen: vaiçMan, ku- kertan (aber 'iuewa; ib., s. 34) ; im estnischen : ütclda, kähardan (ib., s. 35; ; ebenso nach nasalen: olon. avandot, enämbän (ib., s. 40); estn. parânàan, vanemba (ib., s. 41). Die am nächsten liegende er- klärung von dieser erscheinung ist gewiss, dass die konsonanten- schwächung in dieser Stellung erst später und einzelsprachlich durch analogie von der Schwächung in der Stellung zwischen der ersten und zweiten silbe entstanden ist Auch die Stellung des klusils nach

*) Die anregung zu diesen beobachtungen verdanke ich mündlichen mitteiluugen von prof. Setälä.

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liquida oder nasal hat gewiss dazu beigetragen denselben uuge- schwächt beizubehalten, vgl. oben s. 111.

Das gesetz der konsonantenschwächung gilt also in der ältesten période der urlappischen zeit den zwischen den vokalen der ersten und zweiten oder dritten und vier- ten silbe stehenden klusilen. Wie aus den oben angeführ- ten beispielen zur genüge hervorgeht, steht weiter wie im urfinnischen die starke form im anfang einer offenen silbe und die schwache form im anfang einer geschlosse- nen silbe.

* * *

Die gründe zu der konsonantenschwächung sind nicht ganz klar. Am nächsten liegt es natürlicherweise sie in denselben faktoreu zu suchen, welche die aus den germanischen sprachen wohl- bekannte Verner'sche wechslung zwischen stimmlosen und stimm- haften Spiranten verursacht haben. Wie die urgermanischen Spiran- ten /i f, h (= x), s, wenn der nächst vorhergehende sonant nicht mehr den hauptaccent trug, in resp. 5, d, g, z übergingen, welche sich zu jenen gewissermassen als mediœ zu tenues verhalten, ebenso wäre man geneigt anzunehmen, dass ein urlappisches k} p, t, kk, pp, tt zu g, b, d, k, p, t geschwächt wurde, wenn die silbe, in deren an- fang sie standen, den hauptaccent oder wenigstens einen nebenaccent erhielt. A priori ist es auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass eine geschlossene, nicht hauptbetonte silbe mit etwas stärkerem exspira- torischen accente ausgesprochen werden sollte als eine offene; irgend wirkliche beweise für eine solche annähme ist es mir aber nicht gelungen zu finden. In meiner Lui. Gr., § 33, habe ich sie freilich darin gesucht, dass der kurze vokal in einer nicht hauptbetonten, nach kurzer erster oder dritter silbe stehenden silbe im Lulelappischen regelmässig gedehnt wird, z. b.: jooho, gen. jokö „fluss" ; kuUat, Mäu „hören", etc. (dasselbe kommt auch in Arj., wovon zahllose beispiele in IIalasz' sprachproben, sowie wahrscheinlich auch in einigen an- deren gegenden vor, vgl. Lui. Gr., § 33). Dies ist jedoch unzulässig, was schon aus dem umstände erhellt, dass die dehnung nur nach kurzer silbe geschieht, sondern die Lulelappische dehnung ist ge-

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wiss durch denselben physiologischen Vorgang hervorgerufen, den man auch in den nordischen sprachen wiederfindet (vgl. Noreen in Paul's Grundriss der germanischen Philologie, I, s. 457), dass näm- lich starker nebenton auf jeder silbe aufzutreten geneigt ist, die auf eine kurze haupttonige silbe folgt, während schwacher nebenton einer auf lange haupttonige silbe folgenden silbe zukommt

* *

Aus allem, was wir in diesem abschnitte angeführt haben, geht es hervor, dass die konsonantenschwächung in ein sehr hohes alter hinaufreicht. Der erste keim dazu, die Schwächung von intervokalischen tenues, war schon in der allerältesteu stufe des ur- lappischen vorhanden und der anfang der konsonantenschwächung muss also wenigstens in der zeit gegen das ende des ersten Jahr- tausends vor Chr. gesucht werden. Sie war dann die ganze ur- lappische zeit hindurch wirkend und dürfte auch einige zeit nach dem anfange der dialektzersplitterung lebendig gewesen sein. Jetzt hat sie aber schon längst aufgehört als ein lebendiges lautgesetz zu wirken, was zur genüge aus solchen formen hervorgeht wie Lule kullat „hören" neben Jculäu „ich höre"; ess. sg. kuöllen neben gen. sg. kûolë von kuölle „fisch", etc. Sie ist also jetzt an gewisse formen, kasus, personen, ableitungssuffixen etc., gebunden, gleichgültig ob die zweite silbe in ihnen nunmehr geschlossen ist oder nicht, und wird bei allen zu demselben paradigme gehörenden Wörtern, auch an in jüngerer zeit aufgenommenen lehnwörtern, gleich- mäßig beobachtet. Dass dieselbe aber noch einige zeit nach dem an- fange der dialektzersplitterung wirklich lebendig war, geht aus fol- genden umständen hervor.

Im nom. sg. von den meisten dreisilbigen nomiualstämmen sind in allen dialekten, wo die konsonantenschwächung nicht durch aus- gleichung beseitigt wurde, die „Stammkonsonanten" geschwächt wor- den, z. b.: N. F. ganjal, gen. gadnjala, Lule kanäl, gen. katttiala „träne" = f. kyynel; N. F. loavda, gen. loavddaga, Lule löuto, gen. löuHoka „zeltdecke" = f. loude. In den jämtländischen dialekten en- digen diese Wörter noch vokalisch mit einem unvollkommenen s, vor welchem der vorhergehende kousonant dasselbe aussehen hat als vor

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einem hinteren vokale (a> o, u); es heisst dort also ß'Ä'e.«, Aoudege und nicht -eis, -tj*. Dieses zeigt, dass die jämtländische form aus einem -Ja, -<ja entwickelt ist, dessen a mit dem im gen. sg. etc. in N. F. und Lule auftretenden a zusammenfallt und in urlappischer zeit aus e entstanden ist, vgl. den im gen. sg. etc. im finnischen auftretenden vokal: kyynelen, loutehen |> louteen.

Daneben gibt es eine nicht ganz unbedeutende zahl von drei- silbigen nominalstämmen, welche im nom. sing, in den nördlicheren dialekten wie gewöhnlich ihren endvokal wegwerfen, aber dennoch nicht geschwächt werden. Solche Wörter sind z. b.: T., K. jimmel, gen. 4e, N. F. ibmel, gen. ibmela, Lule juppmël, gen. juppmëla, Arj. jupmël, gen. jupmelen, jumien „gott" = f. jumala; T. vilkU (gegen- über vilglnta „wird weiss"), N. F. vieVgad, gen. -ada, Lule vel'kat, geu. vclakataf Arj. vâlë at „weiss" = f. valkea; T., K. pastel, attr. Acs, N. F. bastcl, Lule passtël, gen. passtëla „scharf. In Jämtland lauten diese Wörter jippmele, nâéStcte; das suffix -ade = f. -e(d)a wird hier nicht gebraucht. Der vor dem aulautenden vokale stehende konsonant hat hier also dasselbe aussehen wie vor einem vorderen vokale; er heisst l und nicht a. Das e muss hier also aus einem wirklichen e entwickelt sein, welches c mit dem im Ter-lappischen *) gebrauchten e zusammengestellt werden muss und in urlappischer zeit ans a entstanden ist, vgl. das stammauslautende a in {.jumala, valkea.

Durch die vergleichnng dieser beiden arten von dreisilbigen Stämmen finden wir also, dass die konsonantenschwächung bei dem

*) In JSFOu, X, s. 177 f. und s. 233 zweifelte ich an der ricbtigkeit der von Genetz in seinem Kola-lappischen wörterbucbe gemachten Scheidung von dreisilbigen Stämmen auf -o und -a, indem ich glaubte, dass der aus- laut der ereteren, welcher in T. im gen. sg. i lautet, durch den einfluss des vorhergehenden konsonantcn aus a oder einem aus a entstandenen c ent- wickelt sei. Ich hatte damals das eigentliche wesen des auslautes in den entsprechenden stflmmen im jämtländischen noch nicht richtig erkannt und war davon überzeugt, dass die urlappischen dreisilbigen stamme nur einen auslautenden vokal kannten. Vgl. weiter unten in dem abschnitte von den vokalen in den unbetonten silben.

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Wegfall des auslautenden vokales im nom. sg. bei den stammen auf c (< a) nicht mehr wirkte, aber bei dem Wegfall desselben bei den stammen auf a « e) noch lebendig war. Wie aus den angeführten beispieleu hervorgeht, finden wir weiter im ersten falle in den jämt- läudischen dialekten den endvokal noch bewahrt, was uns jedoch uicht so sehr verwundern kann, da derselbe auch in anderen ähn- lichen tallen, wie im part. pnet. -ms = f. -ma etc., hier nicht wegge- fallen ist. Etwas eigentümlicher ist es, dass er auch bei den Stäm- men auf a ( < e) bewahrt ist. Falls der endvokal hier ursprünglich ist und nicht durch irgend eine analogie seitens der übrigen drei- silbigen stamme zugefügt worden, können wir daraus also schliessen, dass die konsonantenschwächung noch nach dem ende der urlap- pischen période und nach dem anfaug der dialektzersplitterung ein lebendiges gesetz war. Dass der vokal auch in der that ursprüng- lich sein muss, geht erstens aus dem umstände hervor, dass der ihm voraufgehende konsonant nicht palatalisiert wird, dass er also zu der zeit, als das jetzige uniforme e noch nicht entstanden war, a lautete, während der in den übrigen dreisilbigen stammen gebräuch- liche endwokal ein e war. Wie in dem abschnitte von den unbe- tonten vokalen näher gezeigt werden wird, gibt es weiter ausser den hier behandelten dreisilbigen stammen auf a « e) noch eine reihe von stammen, welche im järatländischen im nom. sing, auf kon- sonaut auslauten, insbesondere adjektive wie âUëss „vollständig" = Lule ollës; ai$ëes „warm, lau" etc. Diese letzteren Stämme sind also wirkliche konsonantische stämme und zeigen, dass solche stamme im nom. sing, keiueu endvokal annehmen.

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Accent.

Der wortaccent liegt in allen jetzigen lappischen (lialekten überall auf der ersten silbe des Wortes. Wir können also schlies- seu, dass er auch in urlappischer zeit denselben platz gehabt hat, gewiss schon in der allerältesten urlappischen période, da, wie be- kannt, auch das finnische den wortaccent auf die erste silbe legt.

In einem mehrsilbigen worte haben weiter ein oder vielleicht mehrere nebenaccente existieren müssen. Auf welcher silbe sie ihren platz gehabt haben, kann noch nicht ermittelt werden. Ein auf der zweiten silbe eines Wortes stehender nebenaccent hat vielleicht die unter dem namen kousouantenschwächung bekanuten erscheinungen hervorgerufen; hiervon siehe näher oben s. 119.

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Geschichte der* hau] >tbe tonten

vokale.

Urlappisches «. 1.

Das a wird in urlappischer zeit qualitativ meistens un- verändert als a bewahrt und entspricht im allgemeinen einem finnischen (oder nordischen) a. Die Quantität desselben wird dagegen verändert, indem nach den oben s. 57 ff. gegebenen re- geln das kurze a zu halblangem oder langem a verlängert wird. Dem finu. akka entspricht also ein N. F. äkka, gen. äka, Lule fokkä, gen. üokä*) etc. „weib"; f. anoa wird N. F. ädnot, änom, Lule atnüt, ärmw etc. „bitten"; f. kahdeksan ist N. F. gaiccë, Lille kàktss „acht"; f. saalis = N. F. säitä, gen. sâllâëa, Lule sälaj, gen. sällaha „beute" ; um. *Öarna, an. bam „kindM > N. F. bardne, Lule pàr*nèe etc. „söhn, knabe". Durch seine qnantität wird es also deutlich von dem aus einem palatalen vokale entstandenen a unterschieden, welches letz-

*) Seit der beendigang des vorigen abschnittes habe ich im sommer 1895 nochmals die golegenheit gehabt die Lulelappischen dialekte zu unter- suchen, wobei u. a. die oben s. 57 ff. gemachten Vermutungen von der quantitüt der vokale im Lulelappischen sich als völlig richtig erwiesen ha- ben. Die Lulelappischen Wörter werden hernach in der form angeführt, die sie im südlichen teile von Gellivare haben.

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tere immer kurz bleibt, wo es nicht, wie es in einigen dialekten ge- schieht, auch qualitativ etwas verschieden ist (vgl. unten bei der behandlung von e, i), z. b.: f. menen = N. F. mannat, Lille mannat etc. „gehen"; f. hinta = N. F. hâddë, Lule haddês etc. „preis".

Weder durch seine qualität noch durch die Quantität kann das- jenige urlappische a, das aus einem noch älteren, kurzen a entstanden ist, von dem aus ui-sprünglich langem a entstandenen unterschieden werden, indem die beiden laute, die sich qualitativ wenig oder gar nicht von einander unterschieden haben, auch quantitativ völlig zu- sammengefallen sind, vgl. z. b. die obigen beispiele f. anoa und saa- lis — f. ädnoty ünom, und wohl mit richtiger bezeichnung der Quan- tität (vgl. s. 61) Lule àtnœt, ünvw; N. F. säiaS, gen. sâMëa, Lule sälaj, gen. sällaha.

In einigen Wörtern begegnet man der eigentümlichen erschei- nung, dass ein ursprüngliches, kurzes a nicht wie gewöhnlich ver- längert wird, sondern kurz bleibt und also mit dem aus einem pala- talen vokale entstandenen a zusammenfallt. In den dialekten, wo dieses letztere a qualitativ von dem halblangen, bzw. langen a ab- weicht, zeigen auch die genannten Wörter diesen abweichenden laut (also in N. F. d). Éin sicheres gesetz für das vorkommen dieses unregelmässigen ä kann ich nicht geben; es scheint jedoch ziemlich sicher zu sein, dass ein unmittelbar vor /# stehendes kurzes a seine Quantität behält und mit dem aus palatalen vokalen ent- standenen a zusammenfällt*). Solche Wörter sind:

f. pa/w = K. pgss, N. päss (das s dürfte hier aus der attribu- tiven form hineingekommen sein, denn es heisst K. nom. plur. pgkk und gen. sg. pgn-nälla), (Sjögren, Anteckningar om församlingarne i Kemi Lappmark, Helsingfors 1828, s. 253 if.: elat. sg. Notozero paasast, Pasvik paasasi, paanast, Sombio, Enare, Utsjoki pahasi, Semiostrov panpeîest = gen. sg. -f- peîest), E. pa'a, N. F. bàha, Lule Arjeplog paha, Malà attr. pahas, V., F., O. büxxü „böse, schlecht".

*) Es ist dies also an der abteilung von der quantität der vokale, s. 57 ff., zu ergänzen.

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f. raJia = L. & (). raha ,,pellis ferina carior, dyrskin; it. omne id, quod in pretio est. pecuniw, pengar, peuuiugars värde" ; V. räxxä „haut von wolf und bär"; vgl. Ahlqvist, De vestfinska Sprakens kulturord, s. 168 ff.

f. saha N. F. „säha „säge".

f. vallinko = E. (Lönnrot) vaahag, aber vahagätted, (Axdelin) vahag, N. F. vähäg, Lule vahäk, L. & Ü. vahah „pericnlum majus, en stor fara; vitae discrimen ex casu aliquo infortunato & calamitoso, infortunium, lits fara, förorsakad af nâgon olyckelig händelse" (ne- ben vasjek infortunium- ); kommt in V. und südlicheren dialekteu uicht vor.

Es ist offenbar, dass alle diese Wörter nicht im lappischen uralt sein können. X. F. säha ist also wohl erst in jüngster zeit entlehnt wordeu und vâhag ist vielleicht nicht viel älter. Die beiden übrigen dürften jedoch wegen ihrer ausbreitung und teilweise auch bedeutung sehr alt sein und ich trage kein bedenken sie sogar in die urlappische zeit zu versetzen. Wenn dies richtig ist, muss also das ausbleiben der Verlängerung von a vor h ein Vorgang sein, dessen gründe rein physiologisch sind und im verlauf der zeit unverändert geblie- ben sind.

Zu dieser klasse möchte man auch die konjunktion N. F. „und" < urn. iali id. rechnen. Das auslautende h findet man noch sowohl im finnischen in der dialektischen adverbform jah „auch" (Lönnrot: sinä ja minä joli „du und ich auch") als in mehreren lap- pischen dialekten. In Jokkmokk habe ich nämlich bei einigen Indi- viduen ein deutliches jao gehört (vgl. auch Halasz, Svéd-lapp nyelv, I, s. 175: ja, jä, jali) und in den südlappischen dialekten sind die formen mit -o die einzig gebräuchlichen: St. jah, jäh, j* ah, ja\ jeh, jch, j'eh, jieh, jih, V. jao, jào, jeo, V., F., O., U., H. jio. Vor dem o hätte sich also das a auch hier kurz beibehalten. Das vorkommen eines palatalen vokales statt a in den südlappischen dialekten muss jedoch etwas bedeuken erregen. Eis scheint dies darauf zu deuten, dass das N. F. â hier aus einem i oder e entstanden sei, was jedoch mit dem deutlich germanischen Ursprung des Wortes in widersprach steht. Es ist vielleicht auch zu gewagt das südlappische i durch die unbetonte Stellung des Wortes zu erklären; in dieser Stellung geht

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das kurze a nämlich, so weit bekannt, nur in s über, z. b.: V. vèlfjs, F. weniger oft vèlljs, V., F., O., IL, H. vè/us „bruder" = N. F. viellja, nnd ein unbetontes, auslautendes ao fällt sogar weg, z. b.: nom. plur. ràu, vèÀ oder, wenn sehr prägnant ausgesprochen, textile.

Auch in einigen anderen Wörtern, wo die gründe weniger klar sind, ist ein a kurz geblieben. Solche Wörter sind:

f. paska = T. paSke, N. F. bâ? ka, (Friis bâikka, hoikka, dial. buoikka), Lule päihkä, St. paihka, paihkà, paihke, V., F. Bäioke, Sk., H. B«i*k$ „dreck". Der grund zu der beibehaltenen kürze des vo- kals ist hier unklar. Das a muss wohl hier das ursprüngliche sein ; mit uo (vgl. unten bei der behandlung von a ~ uo) tritt dasselbe wort auf in der form N. F. buoskot „furzen".

f. sangen = N. F. sâggâ, Lule säggä „sehr".

Das wort N. F. gahtte „eine kleine robbenart" muss mit norw. hav-katte id. (bei Leem) zusammengehören (SL, s. 166) ; das verhält- niss zwischen a und a ist aber unklar.

N. F. raroas, gen. raowiasa „augenlid; der obere rand eines grapens oder kessels"; Lule ramäs, gen. rappmasa „augenlid"; Ter 814 cOilm-rommUl plur. „wimper" <C urn. *ßramuz} an. pramr „rand" (NL, s. 257) ist wohl eine ganz sichere Zusammenstellung.

f. ansaitsen = N. F. ânsaëet, aber Lule ànesiotit „verdienen". Kann das â hier richtig sein? Das wort ist offenbar ein sehr spätes lehnwort.

f. tarkka = N. F. dâr'kël, gen. ââr'kèîa „achtsam, aufmerksam, genau". Auch hier kann man vielleicht dieselbe frage machen.

f. tahkea wird von Qvigstad, Beitr., s. 172, und Setälä, YSÄH, s. 293, mit N. F. dfàkad „fest (von brod, butter)" verglichen, welches wort jedoch wegen seines â eher mit f. tihkeä zusammenhängt.

N. F. gârâs „hart, streng, stark" (Beitr., s. 180) gehört eher mit f. kire, kireä als mit karea zusammen.

f. rankinen = N. F. râgâs, gen. râggâsa „decke gegen mücken", aber Lule: N. G. räkkas, gen. rüggusa (Lui. Wbuch, s. 101; in S. G. unbekannt), was das â in N. F. ein wenig verdächtig macht.

Die Zusammenstellung von an. afar mit N. F. sJippar etc. „gar zu, allzu" (Qvigstad, NL, s. 91) scheint mir etwas zweifelhaft.

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12S

Die Schreibung: bâlkko „seilhaspel" bei Funs steht vielleicht nur fur bolkko; beide formen sind Qvigstad (NL, s. 100) unbekannt und also wohl unrichtig (neunorw. o > N. F. o ist jedoch nicht unge- wöhnlich); die richtigen formen sind baVko und (durch association mit neunorw. bolk) boaVkö < um. acc. sg. *balku, an. baJkr „ab- teiluug".

Die Zusammenstellung von X. F. râttë, gen. râtë „wegspur auf schnee nach einem schütten" mit f. rata „stig, bana, gang, gäng- stig" ist, so natürlich sie auch scheinen mag, vielleicht etwas un- sicher, weil man iu den südlappischen dialekten in diesem worte ein i (oder m < i) findet: V. ripple, rifles, F. riorret, O., IL, H. ruiflee. Ich habe jedoch keine bessere etymologie vorzuschlagen.

Ausser diesen beispieleu findet man bei Qvigstad, Beitr., eine anzahl von hiehergehörenden Zusammenstellungen, welche mir jedoch allzu kühn vorkommen, z. b.: N. F. rättat = f. ratkaista; sâbmat = sammaltaa u. s. w.

2.

Eine von den vornehmsten eigentiimlichkeiten des lappischen vokalismus ist, dass in sehr vielen Wörtern in der hauptbetonten silbe ein lappisches uo dem finnischen kurzen n entspricht.

Die Zusammengehörigkeit solcher Wörter wie la. yuölte „fisch" und f. kala etc. hat man auch schon längst erkannt und sie auf solche weise erklärt, dass das lappische uo, auf ein ursprünglicheres a = f. a zurückgehe, vgl. z. b.: Fbiis, Lapp. Gramm., s. 22, und Don- ner, Gegens. Verw. d. F.-Ugr. Spr., s. 14. Qvigstad teilt in Beitr., s. 119, eine ganze reihe von beispieleu dieser erscheinung mit (ins- gesammt 36 Wörter), da er aber eine nicht geringe anzahl von bei- spielen unberücksichtigt lässt und, wie wir unten sehen werden, das lappische uo vielleicht von grossem gewicht für die etymologie des finnischen a ist, sind wir hier genötigt alle bekannten beispiele aufs neue vorzuführen. Wenn nicht anders gesagt wird, stammen die lappischen Wörter aus N. F.

buöädo „dämm; bau im flusse zum lachsfang" = f. pato.

buola „stück, bisschen" = f. pala.

buolaë „frost" = f. jwleUa.

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buoldda „hügel" = f. paltta.

buôlîët „brennen (intrans.)" = f. palaa.

F., 0. Buöllj&tcpxks „baumloser, ebener platz" = f. palpas.

buôrrë „gut" (neben bareb etc.) = f. parempi, paras.

buoskot „furzen" (neben bäihka, vgl. oben s. 127) = f. paska.

buôëée „hart; böse" (neben bäha, vgl. oben s. 125) = f. paha.

duokkën „hinter" = f. takana.

Die Zusammenstellung dudbas „flach" = f. tatta „skena, skoning, brädlapp under bât, trädskoning under slädmeden, jernskoning imel- län qvarustenar, klots, isklimp under hästhofven"; estn. tald oder taü, gen. talla „sohle, etc." (vgl. Donneb, Vgl. Wb., n:o 496 ; Bu- DENZ, MUgSz., s. 176; Qvigstad, Beitr., s. 175) ist wohl sehr zwei- felhaft. Das wort f. talla gehört wohl mit viel grösserer Wahrschein- lichkeit mit dem folgenden worte zusammen:

duolbmot „niedertreten, mit den Hissen treten" (neben L. & Ö. tälmot), vgl. f. tallata.

duöüje „feil" = f. talja.

duolwa „kot", vgl. f. talma.

duottat „berühren" = f. sattua; vgl. unten cuoccët.

duovda, gen. duovddaga „bewohntes, bebautes land", vgl. f. tanner.

guöddet „tragen" = f. kantaa, guöddo „baumstumpf" = f. kanto.

guöddet .lassen, verlassen" (neben Lule käotüt „abwesend sein; verschwinden4) = f. kadota, gubktë „zwei" = f. kaksi.

guolbmat 2 „totenblass werden"; guolmas „blass" = f. kalme, kalmea (neben N. F. galbme „leichnam" = f. kalma), guöüa „maschenstock beim netzstricken" = f. kalu. guollë „fisch" = f. kala.

L. & 0. qwopes „venefica, häxa, trollpacka" (neben N. F. gübä, gen. gäppaga) = f. kave.

guorbmës „rauh, grob" = f. karmea.

guosmot „gesengt werden" = f. katku, katsku „brännlukt, brand- lukt, os, etc.".

Die Zusammenstellung von jaicrë-guotko .ein schmaler streifen

9

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land zwischen zwei parallelen landseen" mit f. katko „afbrott, afbräck; nâgonting afbrutet, stump" (Beitr., s. 190) ist wohl sehr unsicher.

juokkët „teilen" = f. jakaa.

juôl'gë „fuss" = f. jalka.

juosso „dumm", vgl. f. hassu.

luoikkat „leihen", vgl. f. laskea.

luoi'tët, E. luo&tiâ, T. ïïëte-, K. lüi$te-, N. lueëte-, A. luète- (neben Genetz n:o 1557 N. past-laStatn „der tag vor dem fasten-) „lassen, loslassen, etc.", vgl. f. laskea.

luokta „meerbusen" = f. lahti.

luoskas (Friis: dial.) „leicht zu melken (von kühen, welche die milch leicht geben)", vgl. f. laskea.

luosko, luöska, luotko „leckes gefass" = f. latku.

h. & Ö. muokse} muekse „leber" = f. maksa.

V. mùônaS BôetëJ „die m. kommen" sagt man, wenn man im feuer etc. irgend ein Vorzeichen davon sieht, dass gaste bald kommen werden"; F., 0. mmönsS plur. „eine art geister, welche krank- heit mit sich bringen", vgl. f. manalainen (vgl. Lule mänelihä pl. „gespenst").

muör'je „beere" = f. marja.

nuovve „werg, hede" stellt sich ungezwungen mit f. naava, dial. nava „flechte" zusammen; das nj in njüwe „das lange haar unter dem halse des renntieres", welches wort man auch hieherstellen möchte, erregt jedoch etwas bedenken.

ruoddas „derjenige teil eines handschuhs, welcher das hand- gelenk deckt" = f. ranne.

ruojos „öde, unheimlich, grasslich", vgl. f. raju.

ruoccat „krachen, knacken", vgl. f. rasaJäaa, rosaJUaa.

ruihiSjë „körperglied" = f. raaja « *ragja Setala, YSÄH, ss. 151, 430).

skuolkkot „in stücke hauen" = f. kalkuttaa.

Lule skitöllat „klingen, klirren, rasseln" (neben skäüat „mit den hörnern stossen, rasseln; von den renntierochsen während der

»

brunstzeit") = f. kalista.

süokkad „dick, dicht" = f. sakea, suole adv. „heimlich" = f. sala.

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131 -

suoiwa „rauch" = f. savu.

cuobo, gen. cubbu „frosch" = f. sammakko.

cuoyo, gen. cugtju oder cuoyo; cuömmo; cuomo; cuönjo oder cuono „schneekruste", vgl.? f. hanki.

èuoggot »stehen" = f. seisoa (< *êanê-, vgl. Setälä in Fest- skrift til Vilh. Thomsen, s. 233).

buöggot „stechen, hacken, picken", vgl. f. hanko, hangota (und sonkia).

cuollat „hauen*4 = f. salia.

cuoppat „hauen, schneiden" (neben cäppat „zerschneiden"), vgl. P ersamordw. tSapo „zacke, kerbe"; tSapnoms „Zähnen, auszacken, kerben* (die übrigen, von Büdenz, MUgSz., s. 263, und Donner, Wb., n:o 781, angeführten mordwinischen formen habe ich in den Wörterbüchern nicht wiederfinden können).

öuötts „hundert" = f. sata.

cuoccët „anstossen, anrühren, treffen", vgl. f. sattua; vgl. oben duot tat.

vuögjet „fahren1* (neben agjët) = f. ajaa. vuögjot „sinken" = f. vajota, vuokta „kopfhaar" = f. hapsi.

vuölgget „abreisen" (neben algget „anfangen") = f. aUcaa (oder vielleicht besser = f. valkama, oikenen), vuolle- „unten belegen" = f. da. vuoUo „Schadenfreude", vgl.? f. halu. vuöne\ gen. vuödnama „Schwiegermutter" = f. anoppi, vuöppa „Schwiegervater" = f. appi. vuoraëas „krähe" = f. varis. vuoYbë „loos" = f. arpa. vuordnot „schwören" = f. vannoa.

vuorradus „Verlegenheit, klemme", vgl. estn. wöru (Wiedemann: wöru, uahru, waruy wörel, wäre, tvöra) „not, klemme". E. (Lönnrot) vuöse „kalb" = f. vasa.

vuosko, gen. vushtn, vuskon, T. vUzvan, gen. vlsvlne „barsch" = f. ahven.

vuostas „der erste" = f. adv. vasta.

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moste- „entgegenstehend" (neben vastustdllat „widersprechen") = f. vasta.

Lule vuöotUt „schiessen" = f. vasa-ma. vuövddet „verkaufen" = f. antaa.

Einige weitere beispiele vgl. unten im folgenden momente.

Wörter mit f. at, ûm:

fuoikket Jammern" = f. vaikata.

guoiras neben dial, guorjas „mager", vgl. ? f. kairas.

ruoinas „sehr mager" = f. raihnas, rainas.

vuoitjamaS, vuoiqai, vuoimamaë, vuoivasmak, dial, vuoinamak „hirn" = f. aivo.

duovggot „von dem saugen entwöhnt werden; furchten" = f. taukoa.

guowda- „in der mitte befindlich" (neben Lule kauotm „rück- sichtlich") = f. kausi (und kautta).

Lule luouna „standaugel, legangel" = f. launi. ruow'gat „grunzen" = f. raükua.

Innerhalb der lappischen dialekte selbst findet man auch einige beispiele von Wechsel zwischen a und wo, in Wörtern, die im fin- nischen keine œquivalenten haben, vgl. z. b. meine Lui. Gramm., § 77.

Die allgemeine meinung von dieser erscheinung ist, wie ich schon oben s. 128 sagte, dass das finnische hier auf einer ursprüng- licheren stufe stehe und dass also das lappische wo, aus einem früheren a entstanden sei. Wenn dies wahr ist, kann man jedoch nicht annehmen, dass das a auf einmal zu wo, gewandelt sei, son- dern dass dieser Übergang successive, durch eine reihe von kleineren Veränderungen gegangen. Zunächst dürfte wohl dieses uo, aus einem geschlossenen o-laute stammen ganz wie das uo, in z. b. buoVva „knie" = f. polvi; fuöVkc „volk, hausvolk" < urn. *folka, an. folk id. (vgl. unten bei der behandlung dieses o-lautes). Die frage von der betreffenden erscheinung kann also ohne zweifei auf folgende weise formuliert werden: geht der lappische geschlossene o-laut hier auf einen offeneren laut zurück?

Wenn man nur das finnische berücksichtigt, muss diese frage entschieden mit ja beantwortet werden, da es einige über das fiunische aus den germanischen und litauischen sprachen hineiu-

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gekommene lehnwörter gibt, in welchen dieselbe ersckeinung zum Vorschein kommt. Wenn man aber nur das rein finnisch-ugrische material berücksichtigt, wird die antwort vielleicht nicht dieselbe, jedenfalls nicht so entschieden wie im vorigen falle. Eine durch- lnusterung des vorhandenen materiales wird uns darüber auskunft geben. Ich stütze mich dabei fast ausschliesslich auf Büdenz, Ma- gyar-Ugor Szôtâr.

buola „bisschen", AlUgSz., s. 492 = f. pala; tacher, puldoë ; ostj. pul; wogul. pül, pol, puolm, pul; ung. falat id.

buolaë „frost"; buôîlët „brennen", s. 483 = f. palaa, palella; mordw. pall-, pala- „frieren; brennen"; ostj. pot- „frieren, erfrieren, erkalten"; wogul. pot- „frieren"; ung. fagyni „frieren, gefrieren".

buörre „gut", s. 543 = f. parempi, paras; mordw. para, paro „gut" ; tscher. puro, pura id.; syrj. bur id.; Büdenz führt hierzu auch ung. fura, furcsa „sonderbar, possierlich, drollig".

buoskot „furzen", s. 536 = f. paska; mordw. piskeze- „durch- fall haben" ; tscher. puSked- id.; ostj. B. poS- „kot, unrat", Irt. pat „dreck" ; wogul. pozi, po%te id.; ung. fos id.

buôëèe „hart; böse" wird von Büdenz, s. 466, mit ung. boszszü, boszû „indignatio, contumelia, ultio" zusammengestellt.

duökken „hinter" = f. (akana; wird ib., s. 196, mit syrj. tön „gestern" und ung. teg-nap id. zusammengestellt.

duolbmot „niedertreten" wird ib., s. 230, mit tscher. lern- „im- plere, satiare", temd- „premere, imprimere, strangulare" und ung. tömni „stopfen" verglichen.

guöddet „lassen, verlassen", s. 68 = f. kadota; mordw. kadl-, kado- id.; tscher. kod- id., kudakë-, kudaë-, (Castren) kadaè- „exuere vestem"; syrj. kot- „lassen44, kut- „exuere vestem"; wotj. kU-, ket- „bleiben44, kit- „exuere", kujal-, kuët- „werfen"; ostj. %aj-, „lassen, wegwerfen"; uug. hagyni „lassen".

guökte „zwei", s. 26 = f. kaksi; mordw. kafta, kavto-, tscher. kok; syrj. klk; ostj. kät, kat, kad; wogul. kit, kêt; ung. kèt.

guöUe „lisch", s. 77 = f. kala; mordw. kal; tscher. kol; ostj. %ul, %ut, kul; wogul. kul, %ul; ung. hal id.

L. & Ö. qwopes „hexe", s. 33 = f. kavc; tscher. kuba „altes weib"; wotj. kuba id.; ung. kofa id.

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guosmot „gesengt werden", s. 39 = f. katku, katsku; mordw. kacam, kacamo „rauch"; wogul. kosend- „rauchen"; ung. kozmds „brenzlich, brandig, angebrannt".

juôkkët „teilen", s. 163 = f. jakaa; mordw. javl-,javo- id.; syrj. juk~ id.; ostj. B. jogart „ast, Verzweigung, gabel", S. jägart, Irt. jägal „ast, schritt".

juöVge „fu88", s. 161 = f. jalka; mordw. jalga, jalgo „pedibus (ire)"; tscher. joi, M. jal „fuss"; ostj. jil, il, jit „das untere"; wogul. jol id., L. jql „hinab", B. jal „platz, stelle", jole „hinab"; ung. gyalog „zu fusse".

L. & Ö. muokse, muekse „leber", s. 599 = f. maksa; mordw. maksa, makso; tscher. mokS, mo%S; syrj. mus; ostj. mügot, mügol, mugol; wogul. majt, mqjte; ung. mdj id.

muorjë „beere", 8. 459 = f. marja; (mordw. mar, umaf „apfel" gehört nicht hieher, weil das m radikal ist, vgl. Paasonen, Mordw. lautl., s. 103); tscher. mör, mor „erdbeere"; wotj. muH „beere, frucht"; altungar. mogy „beere".

süokkad „dick, dicht", s. 346 = f. sakea; mordw. sejede, säjedc, sidä id.; tscher. Suko, ëuka „multus", coka „densus, crassus"; syrj. suk, cök „dicht, dick"; ostj. Slk id.; wogul. sau, säu, Savu „viel"; ung. sok id. (die formen der östlicheren sprachen sind jedoch mög- licherweise tatarische lehnwörter).

suolë adv. „heimlich", s. 223 = f. sala; mordw. sala- „stehlen" ; tscher. Sola „dieb"; ostj. lolml-, lütm-, tötm- „stehlen"; wogul. tolmax „dieb", K. tulme% „verborgen, heimlich"; ung. tolvaj „dieb".

cuölgo „stange beim fischen unter dem eise", s. 270 = f. salko; syrj. Sot „zugespitzter pfähl, spiess" ; ung. seal „dünner und lauger körper" ; vgl. aber auch Thomsen, BFB, s. 246 ; unten s. 140.

cuollat „hauen", s. 297 = f. salia; tscher. Sul- „secare, scin- dere"; wogul. salom „lange holzspleisse" ; ung. dial, szalu „spund- hobel, hohlhobel, dechsel"; aber vgl. auch callet „schneiden; schrei- ben" unten s. 138.

cuoppat „hauen, schneiden" = mordw. tSapo „zacke, kerbe", tSapnoms „zahnen, auszacken, kerben" (vgl. oben s. 131); ostj. Sub, Sob „stück, läppen, teil, hälfte"; wogul. sup „stück, hälfte"; ung. szabni „schneiden, etc.".

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ëuottë „hundert" = f. sata; mordw. êada, éado; tscher. h'idö, Siide, Suda; syrj. êo; wotj. Su, Sü; ostj. söt, sät; wogul. sät, sät; ung. szäe id.

wögjtt „fahren", s. 877 = f. ajaa; syrj. v<y- „durchgehen mit etwas, schnell fortbringen", vöt- „treiben, jagen, etc."; ostj. vozat- „treiben, austreiben, nötigen"; wogul. B. oj- „laufen", K. vojent- „verfolgen, jagen"; ung. uzni „fugare, pellere, persequi".

vuögjot „sinken", s. 473 = f. vajota; mordw. vaja- id.; syrj. vöj-, wotj. vi- id.

vuohta „kopfhaar", s. 130 = f. hapsi; tscher. Up; ostj. ubït; wogul. ät, ät.

vuölgget „abreisen", s. 558, vgl. f. valkama, oikenen; mordw. valgl-, valgo- „hinabsteigen, untergehen"; tscher. vol-, M. val- „de- scendere, se demittere" ; syrj. vo- „gehen, kommen", wotj. vu- „kom- men"; ostj. vogoU „herabsteigen"; wogul. vojl-, ujl- „herabsteigen", B. vajl- „gehen"; ung. tâlni „zu etwas werden",

vuôlk- „unten belegen", s. 728 = f. ala; mordw. ala-, al-, alo- „unter-"; tscher. ül „pars inferior"; syrj. ul „unterteil"; ostj. vol „grund, fundament, unterstehendes gebiet" ; ung. al „unten befindlich".

vubn'é „Schwiegermutter", s. 392 = f. anoppi; wogul. çnip; ung. nap, napa id.

vuöppa „Schwiegervater", s. 820 = f. appi; tscher. oba; ostj. öp, dp, ub; wogul. üp; ung. ip id.

vuoraöas „krähe", s. 566 = f. varis; mordw. varsi, varhsi, var- sej, varaka id.; syrj. varlS „habicht" ; ostj. Irt. varüaj, S. urüi „krähe" ; wogul. vugrp „corvus caryocatactes" ; ung. varjü „krähe".

E. vuöse „kalb", 8. 875 = f. vasa; mordw. vaet vaza, vaznä id.; Büdenz stellt hiermit auch einige dem lapp. miesse „renntierkalb" entsprechende, mit m anfangende Wörter zusammen; zu diesen letz- teren gehört wohl auch ung. üszö, üszä „juvenca, bucula, vitula".

vuöste- „entgegenstehend", s. 585 = f. vasta; mordw. vasift-, vasode-, vasta- „begegnen"; tscher. vaS, M. väS „contra"; syrj. veétîn, voèè'a „gegenüber, entgegen"; wotj. vas- „antworten"; Budenz stellt hiermit auch ung. viszont „rursus, contra, invicem, vicissim" etc. zusammen.

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vuövddet „verkaufen", s. 716 = f. antaa; mordw. andî- „spei- sen, füttern"; syrj. ud- „geben, darreichen"; ung. adni „geben".

Wenn man diese beispiele näher mustert, wird man bald finden, dass einige von den finnisch-ugrischen sprachen hier in der haupt- betonten silbe vorzugsweise ein a haben, während die übrigen im allgemeinen einen mehr gutturalen vokal, ein o oder u aufweisen. Im allgemeinen findet man das a im finnischen, mordwinischen und ungarischen, das o, u im (lappischen), tscheremissischen, syrjänischen, ostjakischen und wogulischen. Auch das ungarische muss man jedoch zu der zweiten gruppe führen, indem das ungarische kurze o in den meisten fallen aus einem mehr geschlossenen vokal (o, u) entwickelt ist (vgl. z. b. Bai^assa, NyK, XXIV, s. 376, und Munkacsi, NyK, XXV, s. 268 ff.). Von denjenigen ungarischen Wörtern, in welchen das a sicher uralt ist (vgl. Munkacsi, a. a o., s. 271 f.), kommt auch kein einziges in den obigen beispielen vor. Wenn man also diese ganze zweite gruppe, das ungarische mit eingerechnet, dem finnischen und mordwinischen gegenüberstellt, muss man zu dem Schlüsse kommen, dass das finnische und mordwinische hier auf einer jüngeren stufe stehen und dass ihr a in diesen Wörtern aus einem älteren, mehr geschlossenen vokal ent- wickelt ist. Das lappische uo, wäre also keineswegs aus a = Ann. a entwickelt, sondern das finnische a ans einem o - lapp. o > lapp. i/o, uö.

Wenn dies richtig wäre, könnte man auch mit leichtigkeit er- klären, warum das lappische nicht in al len Wörtern, wo das finnische ein a hat, ein uo, aufweist, warum es also z. b. N. F. akka = f. akka und N. F. gavce = f. kahdeksan etc. heisst. In dergleichen Wörtern wäre also das finnische a ursprünglich und nicht aus o ent- standen. Es liegt freilich nahe zur hand diese erscheinung so zu erklären, dass solche Wörter erst in späterer zeit, als das (also rein lappische) lautgesetz a > uo schon gestorben war, aus dem finnischen in das lappische hineingekommen seien. Eine solche erklärung wird jedoch sehr unwahrscheinlich, wenn man sie bei solchen Wörtern wie die soeben genannten akka und gavce gebraucht, denn diese Wörter, insbesondere das letztere, gehören gewiss dem allerältesten wort- vorrate der spräche an; es ist ganz unmöglich zu verstehen, warum

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gavce 8 = kahdeksan später entlehnt sei als guökte 2 = kaksi. Dass die genannte erklärung bei einigen Wörtern richtig sein muss, indem sie zu einer zeit entlehnt worden sind, als das finnische a<o schon entwickelt war (oder das lappische gesetz a > uo gestorben), ist jedoch klar; so müssen wohl z. b. solche Wörter erklärt werden wie N. F. andagassi (addët) „vergeben14 = f. anteeksi; hàVbë „wohl- feil, gering" = f. halpa oder har'jë „dachfirste; rückenflosse" = f. harja, etc.

Um die frage allseitig beleuchten zu können muss man natür- licherweise auch untersuchen, wie diese letzteren Wörter, welche sowohl im finnischen als im lappischen ein a haben, in den übrigen finnisch-ugrischen sprachen aussehen. Es sind jedoch leider nur sehr wenige unter ihnen, welche man durch die ganze sprachfamilie ver- folgen kann, indem die meisten nur aus dem finnischen und lappischen bekannt sind. Die von mir in Budenz, MUgSz. gefundenen, hieher- gehörenden beispiele sind die folgenden:

ädnot „bitten", s. 867 = f. anoa; mordw. ana- „begehren, for- dern"; uug. unszolni „aneifern, nötigen, zu Uberreden trachten".

anger „eifrig", s. 717 = f. ankara; tscher. ungor (pü „dens molaris: grosser, starker zahn"); ostj. ögor „hoch"; ung. agg „vetus, senex".

ur'vêdet „erraten, verstehen", s. 748 = f. arvata; mordw. arse- „denken" ; syrj. artal- „meinen, mutmassen, denken etc." ; ostj. artala- „versuchen, probieren" ; wogul. ârtel- „bestimmen, schätzen, erraten" ; ung. âr „preis".

ââcë va ter", s. 760 = f. ätli, estn. att, wot. ätä; mordw. ata „alter mann"; tscher. act, atit ata, ätä; wotj. ataj; ostj. ata, azi; wogul. äze, aie; ung. atya „vater".

dâVvë winter", s. 202 = f. talvi; mordw. tola, erza tele; tscher. tele, telä; syrj. töl; ostj. B. tai, S. tülex, tülcx, Irt. tede, teda, tet; wogul. teli, L. tai, K. tel; ung. til id.

gästat „nass werden", s. 7 = f. kastua; mordw. gaste- „be- schmutzen"; ung. kost „nässe, beschmutzung durch nässe".

gawcë „acht", s. 221 = f. kahdeksan; mordw. kafksa, kavkso; tscher. kandakSe, kandakS, (Castkkn) kändä%sc, (Troitsku, H3BtCTw 06m- Apx., Hct. h Dth. npn Hmd. KasmcKOMt ymm. XI, buu. 2)

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kandoùëe „acht", (Genetz, JSFOu, Vn, s. 49, z. 17 v. o.) kandaëe (s. 140 übersetzt :) „zu achten".

hàTbë „wohlfeil, gering", 8. 344 = f. halpa ; wird von Budknz mit tscher. ëoldo, ëulda und ung. sildny id. zusammengestellt.

haVgo „holzscheit", s. 297 = f. halko; tscher. ëul- „secare, scin- derett; wogul. salom „lange holzspleisse" ; ung. szilânk „span, spleisse", etc.; vgl. oben 8. 134 cuollat „hauen".

happanet „coagulari in coquendo", s. 332 = f. happanen, hapata (Setälä, YSÄH, s. 286); mordw. ëapama, capamo „sauer"; tscher. ëopo, M. Sapa „acidus"; syrj. ëom, ëôtn „Sauerteig", ëoma, ëâma „sauer", ëué- „sauer werden" ; ostj. ëum- „sauer werden" ; wogul. iäu-, ëàul- „säuern"; ung. savanyü „sauer".

labbak „sumpf", s. G83 = f. lammikko, lampi; ung. lap, lab „lache, überschwemmungsterrain'.

laCg'ê „wollener faden", 8. 710 = f. lanka; mordw. lengä, lenga, länge, leÀge „bast"; wogul. ton%, tonk, B. fang „weg"; ung. lugas „laube, laubengang etc.".

L. & Ö. lakket „aufhören", s. 678 = f. lakata; mordw. lotka- id.; ung. lakni „wohnen*.

räkädet „bereiten, zubereiten", s. 646 = f. rakentaa; syrj. rekü- „reinmachen, aufräumen, ordnen", wotj. $oktl- „abwickeln, abhaspeln"; ung. rakni „ponere, struere", rakodni „aufladen, abladen".

sàppë „galle", s. 791 = f. sappi; mordw. säpä, häpe, sepe; tscher. ëckë, M. ëâ%ët ëakë; syrj. sop, sep; ung. epe id.

collet „schneiden; schreiben", s. 288 = f. salia; tscher. ëel- „dissecare, findere"; wotj. ëelep „span"; wog. sil- „spalten"; ung. ssélni „scindere, secare"; aber vgl. auch cuollat „hauen" oben s. 134.

volle neid, schwur", s. 561 = f. vala; mordw. val „wort"; ung. valloni „fateri, profiteri, conti teri".

In einigen von diesen Wörtern findet man also in den östlicheren sprachen eiu o oder u, ung. a, was nach dem oben gesagten darauf deuten sollte, dass das finnische a hier aus o entstanden ist. Diese Wörter sollten also im lappischen spätere lehnwörter aus dem fin- nischen sein; sie sind: anger, gästat, haVgo, happanet, labbak, la?gè', lakket, räkädet, volle; von einigen wie anger, haVgo, happanet konnte man dies auch im voraus wissen wegen des ng statt gg und wegen

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des h. Andere sind mehr zweifelhaft, wie ädnot und hàTbë, deren tscheremissische und ungarische etyma vielleicht etwas unsicher sind. Die übrigen Wörter kann man in zwei gruppen verteilen, eine, die in allen sprachen ein a aufweist, und eine, die in den meisten spra- chen einen palatalen vokal hat. Zu der ersten gruppe gehören àr'vëdet, âcëë und wohl auch gatvc*", zu der zweiten dâVvë, sàppë und caUet. Besonders interessant ist die tscheremissische dublette kandakëe 8, aber kok 2, welche mit der lappischen gaticë ~ guökte völlig übereinstimmt Auch im finnischen findet man nicht so selten wortdubletten derselben art, in welchen also das hauptbetonte a mit o wechselt. Hier wären sie jedoch natürlicherweise nicht auf die- selbe weise wie im tscheremissischen zu erklären, sondern das o wäre hier ein residuum aus älterer zeit. Solche dubletten sind z. b.: lampi ~ lompolo, hara ~ sorkka, hanko ~ sonkia, lako ~ luoko. Die dublette palaa ~ polttaa findet man auch im lappischen und mordwinischen wieder, vgl. unten im abschnitte von dem offenen o-laute.

Es ist natürlich, dass die hier gewonnenen resultate nicht in allen einzelneren richtig sein können, da ja die geschieht« der meis- ten finnisch-ugrischen sprachen noch völlig unaufgeklärt ist. Die schlusafolgerungen, die hier gemacht sind, scheinen doch wenigstens in der rechten richtung zu gehen. Wenn dem so ist, bleibt es uns jedoch noch übrig einige erscheinungen bei den im lappischen vor- kommenden lehnwörtern germanischen oder litauischen Ursprungs zu besprechen, welche erscheinungen unsrer bisherigen darstellung ganz zu widersprechen scheinen. Es gibt nämlich eine anzahl von solchen, grösstenteils über das finnische hineingekommenen, lehnwörtern, deren germanische, bzw. litauische grundformen ein a zeigen, welche aber in ihrer lappischen gestalt ein tto, haben.

Die hiehergehörende Wörter litauischen Ursprungs, welche alle natürlicherweise über das finnische hineingekommen sind, sind die folgenden (vgl. oben s. 42 ff.):

duöwTe „rnoxa" neben V. vauAä, F. vaure, O. plur.P vatut id. < f. taula < lett. daf/la „schwamm, zunder\

[luoivvë „ein auf pfählen gebautes gertist zum aufbewahren von

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heu und andereu sacheu" < f. lava < ? lit. Uva „bettetelle, bett- geatell"].

plur. ruoidak „der untere teil des körpers von den hüften an" <C f. reisi < lit. tas „Oberschenkel, lende des menschen".

suoidnë „heu" < f. heinä < lit. sz&nas id.

suoldne „der tau" < f. halla < lit. szalnà »reif, nachtfrost".

süolo „insel" < f. salo < lit. salà id.

cuollad „hellblau" < f. halea < lit. zdlias „grün, unreif, roh" (vgl. Thomsen, BFB, s. 244 f.; also oben s. 44 zu ergänzen).

öuötjja „gans" < f. hanhi < lit. zansîs id.

Lule vuöieve£, N. F. vuov^a, gen. vuovssaga „keilförmiges stück in kleidern, zeltdecken u. dgl." < f. vaaja (< *vagja) < lit. vdgis „keil, pflock" (also oben s. 44 zu ergänzen-, ich habe es vorher für ein nordisches lehnwort gehalten; Thomsen, BFB, s. 235, Einfl., s. 179; Setälä, YSÄH, ss. 151, 430).

Unsichere lehnwörter sind:

duor'bot „die fische mit einer stange in das netz scheuchen* = f. tarpoa < ? lett. dalba, dalbs „eine fischerstange zum scheuchen der fische, etc.".

guoibmë „gefahrte" neben gaibmë „namensvetter" = f. kaima < ? lit. kaimynas „bewohner desselben dorfes, nachbar"; die abwe- senheit irgend eines e lern eu tes. welches dem -i/nas entsprechen sollte, sowie die Verwendung des Wortes als suffix im lappischen macht entlehnung zweifelhaft.

luöiv'de „brettchen, das den oberen rand eines netzes empor- hält" neben lavdde (Friis: minus usitatum) „brett" = f. lauta < P lit. plaütas „der steg am bienenstock".

Lule suörre „stelle, wo etwas sich zweigt" neben N. F. sarre = f. hara < ? lit. zâras „reihe, Ordnung, richtung"; lett. fars „ast, zweig; zacke, zinke".

cuöhjo „stange beim fischen unter dem eisen" = f. salko < ? lit. zalga „stange".

Der Übersichtlichkeit wegen habe ich hier auch die Wörter mit finn. ai, au mitgenommen. In f. reisi und lieinä geht das ei auf ein früheres ai zurück, welches ein litauisches ai, aus welchem sich dann ë entwickelt hat, wiederspiegelt; vgl. Thomsen, BFB, s. 101.

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Die litauischen lehnwörter können jedoch nicht ein lappisches gesetz a > uo beweisen, weil das litauische a selbst aus einem früheren o entstanden ist (vgl. z. b. Bruomann, Grundriss der vergl. Gramm, der indogerm. Spr., I, §§ 84, 100). Die finnischen formen können also ebenso gut aus älteren litauischen formen mit o ent- lehnt sein, welches o dann auf finnischem boden zu a entwickelt sei. Dass es nicht zu gewagt ist die entlehnung derselben in eine so alte zeit zu versetzen, wird dadurch bestätigt, dass es ziemlich zahlreiche Wörter gibt, in welchen in der that ein finnisches o dem (jetzigen) litauischen a entspricht. Es heisst nämlich z. b. f. olut < lit alàs; morsian < lit. tnartï; lohi < lit. Idszis, in welchen Wörtern das fin- nische o nicht nach irgend einem finnischen gesetze aus a entstanden sein konnte; vgl. Thomskn, BFB, s. 89 ff.*).

Bei den germanischen lehnwörtern ist die frage viel mehr ver- wickelt, obgleich es nur sehr wenige solche Wörter gibt, bei welchen man geneigt sein könnte äusserungen von einem gesetze a > uo zu beobachten. Sie sind die folgenden:

buoidde »fett* über ein sonst nicht belegtes f. *paita aus urn. nom. acc. sg. neutr. ohne -t *faita, an. feitr adj. „fett". Diese ety- mologie, die ich oben s. 34 vorgeführt habe, wäre wohl sehr wahr- scheinlich, wenn es wirklich ein gesetz a > uo gäbe; sonst muss sie aber wegen des mangels an einer belegten finnischen zwischen- form äusserst zweifelhaft wenden.

Der ortsname fuössko, fuoïsko „ein hof im kirchspiel Skjer- stad" = anorw. fauskar, norw. fauske (NL, s. 156) ist sehr unklar.

N. F. guösse „gast" kann nicht aus urn. *3asti-, an. gestr id. entlehnt sein, weil st > ss unmöglich ist; über den Ursprung dieses Wortes vgl. übrigens JSFOu, X, s. 244 f.

Lule (k)ruöpta, Arj., Ht. gruopta. Sors, gruöptie, Drt. gruöpte, L. & Ö. gruopta, gröpt, Fiellström gruöpte „grab" (Qviostad, NL,

*) Thomsen, a. a. o., nimmt an, dass das finnische o möglicherweise anch dorch das in einigen lettischen nnd litauischen dialekten statt a vor- kommende o, â oder tiefere a erklärt werden könnte. Das alter dieper dia- lektischen erscheinnngen ist jedoch unbekannt, weshalb es mir sicherer zu sein scheint die obige erklärung zu gebrauchen.

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s. 180) ist wohl eine spätere entleknung aus an. graptr id. mit o- vokal; wenn das lautgesetz a > uo bewiesen wäre, könnte man auch an entlehnung aus urn. acc. sg. *sraptu denken. Das -ie in Sors, und -e in Drt. (= das stift Drontheim; selbst habe ich dieses wort in Jämtland nicht beobachtet) macht Schwierigkeiten ; es ist vielleicht auf dieselbe weise aufzufassen als der entsprechende auslaut in N. F. mieîkke etc. „milch", welches wort auf einen urnordischen einsilbigen kousonantenstamm zurückgeht, dessen acc. sg. auf einen konsonanten ausging. Um es auf lappische weise deklinieren zu können musste man ihm einen vokalischen auslaut geben ; hierbei konnte man sowohl a als e, bzw. url. e, * und a verwenden. Vgl. meine Lui. Gr., §135.

N. F. luösskb etc. „zwei oder drei garnstreifeu, die an dem unteren saum des rockes festgenäht sind" (NL, s. 226) kann viel- leicht nicht von den folgenden nordischen Wörtern losgerissen werden : schwed. lask „eine art naht auf leder (wenn zwei lederstücke an dem rande mit einander zusammengenäht sind)" [> f. laski „lask- söm"]; norw. (Aasen) Lask, mask. „1) Laskning, finere Sem paa Laedertoi ; 2) = Laske" ; laska „laske, sye med tœtte Sting paa den indre Kant"; Laske mask. „1) Kile eller Strimmel, som syes ind i et Klaedningsstykke. Id. laski (Haldorson). 2) Tnestykke, som nag- le» fast paa et Redskab til Beskyttelse for Slid".

L. & Ö. muoves, maus, Arj., Sora, muousa, Sors., Ht., Drt. muouse, Tärn. tnausa, Drt. miewse, milewse „möwe" (NL, s. 240) ist gewiss ein lehnwort aus jüngster zeit und hängt mit norw. maase id. und anderen neunordischen dialektformen zusammen.

ruöitfde „eisen" über f. rauta aus urn. *raudä, an. raudi „sumpf- erztt. Indirekte entlehnung ist aus demjenigen gründe wahrschein- lich, dass die bedeutung sowohl des finnischen als des lappischen Wortes dieselbe ist, aber von der bedeutung des nordischen grund- wortes abweicht, vgl. oben s. 37. Möglicherweise könnte jedoch die finnisch-lappische bedeutuug einst auch dem nordischen bekannt gewesen sein, aber später ausser gebrauch gekommen. Das lap- pische ruöw'de möge direkt aus dem nordischen entlehnt sein oder nicht, es wird doch jedenfalls sehr schwierig sein uöw zu erklären, wenn es kein lappisches gesetz o > gibt. Im ersteren falle könnte man es vielleicht aus einem späteren urnordischen au erklä-

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ren (vgl. Noreen, Aisl. Gr. » § 58), vgl. oben bei gruopta. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die läppen das wort für eisen erst in so später zeit entlehnt hätten. Wenn es aber aus dem fin- nischen Übernommen ist, sollte f. rauta aus einem früheren *rou(a entwickelt sein, was wiederum unmöglich ist, wenn das wort ger- manischen Ursprung hat; aus vorurgermanischer zeit, als das germ. a < o noch nicht entstanden war, kann es auch nicht stammen. Übrig bliebt also nur das finnische rauta als litauisches lehnwort zu erklären; es gibt nämlich glücklicherweise ein litauisches raudà, -os fem. in Südlitt, „die rothe Farbe", auch „roth-geförbtes Garna, womit das finnische rauta formell vollständig übereinstimmt. Eine ältere litauische form *rouda würde ein finnisches *routa geben, aus welchem N. F. ruôw'dë sich dann regelmässig entwickelt hätte. Die einzige, leider aber sehr bedeutende Schwierigkeit ist, dass lit. raudà gar nicht „eisen" oder etwas dgl. bedeutet Es lässt sich jedoch denken, dass raudà einst neben „rote färbe" auch „roter farbstoff* bedeutet hätte. Der rote farbstofF par préférence war wohl indessen in alter zeit der rote eisenocker, der auch ein sehr wichtiges eisenerz ist, und so ist es leicht erklärlich, dass der name des roten farb8toffes zum namen des eisens werden konnte.

In Lule skùoïfar, gen. sJcuöUtara, etc. „klatscherei" < an. shvaldr id. (NL, s. 300) ist das ohne zweifei aus dem nordischen diphthonge ua (altnordisch am häufigsten va geschrieben) entstanden; einen diphthong ua gab es im lappischen nicht und er konnte nur durch wiedergegeben werden.

Lule shüöutu (in meinem Lulelapp. Wörterbuche), L. & Ö. skuoudo „scheide, futteral" muss mit an. skaud fem. im allgem. vagina", skjöäa „scheide, futteral etc.M zusammengestellt werden, wodurch wir noch ein beispiel von lapp. = an. a erhalten wür- den. Das uo ist jedoch hier sehr verdächtig. Im Lulelappischen hat, wie ich später gefunden habe, das wort nicht uöm, sondern heisst skütw, skü'fo und stimmt also mit der form in N. F. skuvddo völlig überein. In den sudlappischen dialekten habe ich es nicht angetroffen. Die form skuoudo bei L. & Ö. muss also gewiss mit vorsieht aufgenommen werden und darf vorläufig nicht als ein be- weis für das gesetz a > uo angeführt werden. Wie das lange ü

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in Lule und N. F. im verhältniss zum an. au, erklärt werden soll, weiss ich nicht. Eine ablautsform mit ü ist in den nordischen spra- chen nicht belegt.

Norw. snaap „schnell, rasch, gewandt", urn. *snäpaz wird ge- wöhnlich durch snähpes etc. „schnell" wiedergegeben (NL, s. 307). Die form Of. snuöbts dürfte auf die nebeuform snoop (Ross, Norsk Ordbog, s. 722), urn. *snöpaz zurückgehen und ist also kein beispiel von einem lappischen gesetze a > (bzw. hier ö > uö, was noch unmöglicher wäre).

Die Zusammenstellung von N. F. vuodda, gen. vuoddaga „Schuh- band" mit f. vanne „fassband" < um. *wanduz, au. vandr „stock, rate- (Thomsen, Eiofl., s. 181). ist sehr unsicher; vielmehr ist vuodda = f- vyö, vgl. unten im exkurs von den finnischen einsilbigen stammen.

Durch annähme litauischen Ursprunges betreffs das wort Lule vuoïevë€ „keilförmiges stück in kleidern, etc.u wird man von den Schwierigkeiten mit befreit, vgl. oben s. 140.

Das wort aidm-vaVdo, ai'no-vaVdo (NL, s. 84) „der stärkste ochs der renntierherde, der während der bruustzeit die alleinherr- schaft über die renntierkühe führt- muss aus der nrnordischen gruud- form zu an. einvaldi „alleinherrscher" entlehnt sein. Die nebenform Fld. vuöVdo, gew. vuöVdo-sarvis, Lule vuöllt» id. muss dann mit an. valdi „wer Uber etwas rät" zusammengehören uud zwar mit dessen urnordischer grundform *waldö. Dieses ica- kommt einem diphthonge ua- gleich und es ist wohl dann möglich, dass das hier aus den- selben gründen wie oben bei skiiöftar aus na entstanden ist. Son- derbar ist es jedoch, dass dies auch bei den übrigen urnordischen lehnwörter mit anlautendem wa- (ausser bei vuorddet) nicht gesche- hen ist (wie bei var'pe etc. „netzzugstelle- < um. *warpa, an. varp „hinauswerfen des zugnetzes" u. a.).

N. F. vuorddet „warten" muss wie f. varrota, vartoa zweifels- ohne in irgend einer weise mit an. varda „bewachen, etc." zusam- mengehören, ob über das finnische, wie ich in meiner „Kleinen lap- pischen Chrestomathie", s. 124, geglaubt habe, oder nicht, mag wohl dahingestellt bleiben. Sein uo ist dann sonderbar; ob wie vuöVdo oben zu erklären ?

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Die schwierigsten unter den nordischen lehnwörtem sind also luössk&, vuöVdo und vuorddci, bei welchen es schwer ist eine ent- wickeluug a > zu leugnen. Wenn die geschiente der östlicheren finnisch-ugrischen sprachen einst besser bekannt wird und die oben s. 13C gegebene regel von der verteiluug des a und o innerhalb der sprachfamilie dabei vielleicht bestätigt wird, dürfen wir wohl an- nehmen, dass vuorddet und luösska. keine wirklichen lehnwörter, son- dern genuin finnisch-ugrisch sind, obwohl sie in ihrer bedeutung und auch sonst in ihrer form gewissen nordischen Wörtern ähneln. Für vuorddet wird man dann die von Büdknz, NyK, VI, s. 468 (= Szöe- gyezések u:o 553) vorgeschlagene etymologie wieder aufnehmen kön- nen: mordw. var$a-, var%a~, varca-, vaca- „besehen"; ostj. uralta- „worauf merken, acht geben"; wogul. ür-; ung. värni „warten, er- warten" (MUgSz., s. 565).

Die entwickeluug des aus dem geschlossenen o laute entstan- denen diphthonges uo oder = finn. a in den verschiedenen lap- pischen dialekten ist mit der entwickelung des wo, finn. o zu- sammengefallen. Hierfür sowie für den lautwert des urlappischen grunddiphthonges wird also im abschnitt von dem urlappischen ge- schlossenen o-laute berichtet.

Anm. In einem worte entspricht das lappische einem finnischen langen a: N. F. vuökse „spanne (zwischen daumen und Zeigefinger)14 = f. vaaksa (mordw. vaksa id., MUgSz., s. 811). Die länge des finnischen vokales kann jedoch sehr gnt nnursprünglich sein, vgl. z. b. Thomsen, Einfl., s. 23: „in einigen fällen scheint vocalverlängerung [im finnischen] ganz willkürlich einzutreten, besonders vor mehreren aufeinanderfolgenden consonanten; so wechselt z. b. finn. lahti und laahtU bucht, lakso und laakso, thai, kärmc und Jcäärme, achlange (von lit. kirmis) u. s. w.u.

3.

Im gegensatze zu den im vorigen momeute behandelten fällen von finn. o = lapp. uo gibt es auch einige mehr oder weniger sichere fälle von finn. uo (< ö) = lapp. a (Qvigstad, Beitr., s. 123). Sie sind:

f. suoda, estu. söwima = N. F. säwvat, warn, Lille süeval

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„wünschen" neben N. F. suouvat „gönnen, vergöunen", Lule siwvvat „erlauben".

f. suomi = N. F. sàbmë, geu. säme „läppe"; vgL aber unten s. 147.

f. suomia, vgl. N. F. cMmët, cäbmam „prügeln", Lule tsàbbmêt „schlagen"; das lange m im lappischen macht Schwierigkeiten.

f. vuori neben vaara = N. F. värrc, gen. väre „berg".

Das lappische a entspricht auch einem finnischen o in zwei Wörtern :

f. rona „plunder", vgl. X. F. radne, rodnc und roadnc „frag- mentum virgeum, Smaastykke, Smule" ; das a ist jedoch vielleicht ô, das über ?> aus u entwickelt ist.

f. sora „gries" muss mit Lule Särra, geu. ëâra id. zusammen- gestellt werden.

Wie aus dem augeführten hervorgeht, sind die meisten von diesen Zusammenstellungen etwas unsicher. Der Ursprung des uo in f. suoda ist unbekannt; vielleicht ist es eben aus av zusammenge- zogen, wobei suowvat in späterer zeit entlehnt sein mag. N. F. varrc gehört natürlicherweise zunächst mit f. vaara zusammen; das uo in vuori könnte möglicherweise eine ältere stufe abspiegeln, vgl. das vorige moment.

Anm. Selten entspricht lappisches a einem finnischen kurzen u: N. F. luppo, gen. id., Lule sUvppu (nicht -«-) „baumflechte" = f. luppo. Gewöhnlicher ist lapp. ä = Ann. u: N. F. mokka, Lule mäh „wirklich (ironisch)" = f. muka; Kt., Kr. siuwo, gen. sâwvona, Kfj. süuwa, gen. säwoan, Kv. säwvan, säwvon, gen. id., Lule sävwn, sävvun, sävtaj, gen. sävvuna, aber V., F. suuusm, 0. suuuens „stille strecko eines flussesa = f. suvanto. Auch ohue finnische äquivalenten, z. b.: Lule ulmatè oder ultmifS "mensch". N. F. lâbmot „verhexen" = f. lumoa, und submo „nebel" = f. sumu, haben vielleicht â < 0, vgl. manne ~ mOnn'c „ei" = f. muna, unteu im abschnitte von dem kurzen u.

Vgl. Qviostad, Beitr., 8. 120.

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4.

lu einer nicht ganz genügen anzahl von lappischen Wör- tern entspricht das lappische hauptbetonte « einem finnischen ü.

Qvigstad, Beitr., s. 121, erwähnt nur sechs beispiele hiervon, welche jedoch sehr vermehrt werden können. Die von mir angetroffenen beispiele sind die folgenden (auch die Wörter mit finn. âï uud äy werden der Übersichtlichkeit wegen hier aufgenommen):

X. F. äggja, gen. ägjä, Lule àdda „grossvater" = f. äijä.

N. F. aibme „dreieckige nähnadel" = f. äimä.

X. F. doste, F., O., U., H. vasstä „stern" = f. täliti.

N. F. dät „dieser" = f. tämä.

X. F. dawlë „fleck" = f. täplä.

X. F. fäkhad adj. „plötzlich" muss mit f. äkkiä zusammenge- stellt werden.

X. F. faw'lë „meerestiefe; mittelstes flussbett" = f. väylä.

X. F. gadfe „Weibchen von hermelin", vgl. f. kärppä.

X. F. güdkat, Lule kàr'okat „festbindeu, einschnüren" = f. kätkeä.

X. F. gaUojenicak (= galloj-enicak; vgl. Lule, X. G. fcuössc-hämre ..weiblicher gast"), Lule kâlœëniféa plur. „die frauen zweier brüderK = f. käly.

X. F. gäVvat „ausdorren (intr.)" = f. kälviä.

X. F. gärrat, gäram „einschnüren" (neben T. ktrrc- [ie] „wickeln*') = f. kääriä; f. kaaristaa ist dem lappischen entlehnt.

X. F. gauras (neben goaw'rc) „krumm" = f. käyrä (neben kouru).

X. B\ lüppasßutvvat „ersticken (intr.)" = estn. lüpastama id.

X. F. lavcce, Lule lab* (See ,.zügel" = f. iumsä.

X. F. nustë, Lule nàsstês „stern" gehört wohl zunäelist mit f. nasta und nicht mit tähti zusammen.

X. F. stibine „läppe" wird von prof. Gknetz mit f. häme zu- sammengestellt, vgl. oben s. 13. Sowohl bei dieser Zusammenstellung als bei der sonst gewöhnlichen (= f. stiotni) machen die vokale Schwierigkeiten. In der ersten silbe ist die œquatiou Ia. a = f . ä „unregelmässig", aber völlig bestätigt; la. a kann aber auch einem finn. uo entsprechen, vgl. oben im vorigen momente. Audi im aus-

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14H -

laute 8iud die beiden Zusammenstellungen einander ebenbürtig ; weder f. f, c noch c' stimmt völlig mit la. c übereiu.

X. F. sagge, Lule sàfâto ,.pflock" = f. sänki (Büdknz, MUgSz., s. 283).

X. F. caitne, Lule fèaionës „specht" = f. hähnä, häähnä. [Von X. F. hallet ».schreiben" = f. salia; sale und säle, vgl. oben s. 138].

X. F. cappad, Lule tsàoppat ..schwarz", vgl. f. häpeä.

X. F. caskad neben caskad „schnee weiss", vgl. f. säilikyä.

Es gibt weiter eine anzahl von Wörtern mit la. a = f . ä, deren a kurz ist und also auf einen palatalen vokal zurückgeht; sie werden unten in der abteilung vom kurzeu i behaudelt. Einige von ihnen könnten vielleicht ihr ä aus einem früheren halblangen a verkürzt haben, vgl. oben s. 125 ff.

Die frage vom Ursprung des lappischen a und finnischen ä in diesen Wörtern ist noch schwieriger zu beantworten als die frage von lapp. mo = finn. a. Entweder ist natürlicherweise o aus ä ent- standen oder ä aus a oder sind sowohl a als ä aus irgend einem dritteu laute entwickelt. Wenu man die gestalt dieser Wörter in den näheren schwestersprachen betrachtet, ist man geneigt anzu- nehmen, dass das ä ursprünglicher sei oder vielleicht sowohl a als ä aus irgend einem anderen palatale n vokale entstanden sein. Die bei Büdknz, MUgSz., vorkommenden, hieher zu führenden ety- mologien sind:

aibme, s. 773 = f. äimä; tscher. ïme „acus, spiua".

dastc, s. 213 = f. tähti; mordw. tä§tä, täzdä, teSte, teSöe id.; syrj. tidal- „sichtbar sein", wotj. tödl „weiss, bleich, blässe"; ostj. tehJPktuh tah lîj „spitze, etc."; wogul. täj, inj, tau ,.ast"; ung. tef?'Jf\,apparet" ; nur die mordwinischen formen scheiuen mir mit den finnisch-lappischen näher zusammenzugehören.

dût, s. 805 = f. tämä; mordw. tä, te; tscher. tide, tidü, tedä, Ûda; syrj. ta; ostj. tema, tami, tarn; wogul. ti, (i; ung. ez id.

garrat, s. 11) = f. kääriä; mordw. kevefe-, keuire-, kävefe- „rollen (intr.)" und eine menge von formen aus derselben und andereu sprachen, die wahrscheinlich mit f. kääriä zusammengehören, nicht

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aber so nahe, dass man gegenwärtig einige Schlüsse vom ursprang des tinn. ää aus ihnen ziehen könnte.

cappad, s. 350 = f . häpeä; ostj. Savlj- be wahren, begraben"; wogul. sätem etc. „dämmerung", capt- „verbergen, begraben"; ung. s'ôtét „dunkel", welche Zusammenstellungen für die geschichte des finn. ä vorläufig keine bedeutung haben; wertvoller ist eine ver- gleichung mit mokschamordw. ëobda „finster, dunkel", erza (Paaso- nen, Mordw. Lautl., s. 89, z. 10) copuda „dunkel".

Andere Zusammenstellungen sind:

gadkat = f. kätkeä; erzamordw. kekëems, kekënems „verstecken".

caitne = f. häJmä, häähnä; mokschamordw. ëâkëi, erza ëekëei id.

Aus den entlegeneren sprachen gewinnt man also keine auf- klärung (ausser etwa bei dät) über die geschichte des lapp. a = tinn. ä. Das mordwinische scheint inzwischen darauf hinzudeuten, dass ein palataler vokal ursprünglicher sei. Wenn man aber nur das finnische berücksichtigt, ist man geneigt der frage eine ganz andere lösung zu geben. Man findet nämlich im finnischen einige Wörter, in welchen ein hauptbetontes ä ohne jeden zweifei aus a entstanden ist (vgl. Tüomsen, BFB, s. 91 f.). Sie sind:

härmä „reif ' < lit. szarmà; vgl. unten N. F. cuormas.

jässikkä (dial.) neben jassakka „kleine kiste" < russ. nmmct.

jäärä neben jaara „Schafbock, widder" < ? lit. ê'ras „lamm" oder russ. upsa „juuges schaf", alt-bulg. jarhï „caperu etc., vgl. Mikkola, Berühr, zwischen d. westf. u. slav. spr., s. 179, und Thomsen, BFB, ss. 96, 169.

näveri neben näveri, navari „bohrer" < schwed. nafvare; schwe- dische formen mit ä sind mir unbekannt.

räippä neben raippa „seil" < um. *raipa, au. reip id.; das ä könnte jedoch auch aus jüngeren nordischen formen mit « stammen.

räsiäs (dial.) neben rastas „drossel" < lit. strâzdas.

Hierzu ist gewiss auch zu führen das wort sääli „mitleid, be- dauern" < russ. »cajii> (Mikkola, a. a. o., s. 113 f.), wo jedoch die mehr palatale ausspräche des rassischen a vor einem palatalen laute möglicherweise bei der wiedergebung desselben durch finn. ä mit- gewirkt hat.

äiti „matter" < got. aifwi.

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ankerias (dial.) neben ankerias ..aal" < lit. *an(/urias, uwjunjs (fur *ang-) id.

ätclä „grummet, der zweite schnitt einer wiese in einem und demselben sommer" < lit. atôlas.

Etwas ähnliches ist auch der ans vielen lehn Wörtern bestätigte Übergang ai > finn. ei, z. b.: urn. acc. sg. *hlaiàa, au. hleifr „brot" > f. leipä; lit. szë'nas « -o/-) rheu" > f. heinä t vgl. Thomskx, Einfl., s. 5G; BFB, s. 101 f.

Neben diesen Wörtern, deren ausser-finnische gruudformen ein a haben, muss man auch ein paar Wörter berücksichtigen, welche im finnischen ä, aber im lappischen uo haben. Aus ä kann hier das uo kaum entstanden sein, sondern der gang der entwickelung ist wohl der gewesen, dass (vorausgesetzt dass die obige erklärung von lapp. mo = f. a richtig ist) ein altes o (= lapp. uo) zu finn. a wurde, welches a sich dann unter im übrigen unbekannten bedingungeu zu ä entwickelte. Diese Wörter sind :

N. F. (Firns: dial.) muist (wohl aus *muoisë) „succus ligui betulini, qui detracto cortice abraditur, Save paa Birketra>, som skaves af, efterat Barken er nVkket af" = f. mäihä, määhä „baumsaft".

N. F. muogtr „kriebelmücke'1 - f. mäkärä.

N. F. cuoïka ,.mücke" = f. sääski; mordw. säskä, erza säikc id.

Hieran kann auch X. F. cuormas ,.hagel*' geführt werden, falls es mit f. härmä (vgl. oben s. 149) identisch ist. was sehr wahr- scheinlich ist. Mordw. (?ara%man, sïraxma'n, carahman, cerafman (Paasonen, Mordw. Lautl., s. 7(i) scheint auch hieherzugehören.

Dagegen kann ich kein einziges sicheres lehnwort aufweisen, iu welchem ein finnisches a aus einem ausserfinnischen palatalen vo- kale entstanden sei. Das einzige wäre f. harmaa < lit. szlrmas „grau, blaugrau' (Thomskn, BFB, s. 223), welche Zusammenstellung mir jedoch wegen des alleinstellenden t > a sehr unwahrscheinlich vorkommt. F. jaara (neben jäärä) ist wohl aus dein slavischen (apica etc.) und nicht aus lit. eras entlehnt (vgl. oben s. 149 und Mikkola, Berühr, etc., s. 179).

Schliesslich gibt es im finnischen eine bedeutende zahl von Wörtern mit doppelformen, von welchen die eine ein a, die andere ein ä zeigt, ohne dass man vorderhand sagen kann, welche von

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ilmeu die ursprünglichere sei (vgl. jedoch unten bei sah). Die von mir bemerkten beispiele sind die folgenden (der kurze wegen werdeu nur die ä-formen aufgenommen): häihketä, häihtyä, häikkä, häirc, häirähtää, häkärä, hänkclä, hänkälä, hänkerä, häpsiä, häpsä, häri, häscrtää, Msinä, käsittää, hässä, häsy, häterä, hätärä, hätikkö, hätinä, hätistä, hätistää, hätkähtää, hättärii, hätystää, hävettää, hävältää, hävähtää, häämäiltä, häämöttää, jämchtyä, jäppänä, kähärä, käkertää, kälkyitää, kälpeä, käiseä, kälväkkä, kämpelä, kämpiä, kämpyrä, kämä- rikkö, kännäs, käniä, käpinä, käpistä, käpä, käreä, kärnä, käry, kässi, kävctä, läUi, Iällä, lällättää, läUöttää, lätyskä, näpertää, näpsähtää, närskyä, närätä, näsinä, näsiä, näsiäinen, nästi, näättä, pätistä, päkkä, räisy, räpäkkö, räsäkkä, sähistä, säle, sälähmä, sämpi, Sämpsä, sänä- jalka, säränä, tällätä, tärmä, tääny, vänltö, väristä, vävähtää, vääkyä, ähmä, ängelmä, ängätä. Vgl. Donner, Vgl. Wtb., n:o 854.

Zu einigen von diesen Wörtern findet man bei Budenz, MUgSz.. etymologien. Sie sind:

kalpea und kälpeä, s. 106 = syrj. keïïd id.

kaarna, kama und kärnä (welches wort wegen seines -rn- für -rr- aus einer dreisilbigen form zusammengezogen sein muss), s. 18 = |lapp. garra eher = f. keri]; mordw. ker, ker; tscher. kür; ostj. kür, kar; wogul. kër; ung. kêreg „rinde".

sale und säle, salia etc., s. 289 = lapp. càllët „schneiden, spal- ten ; schreiben" ; tscher. Sel- „dissecare, Andere" ; wotj. Selep „span" ; wogul. sil- „spalten, aufschlitzen"; ung. szelni id.

sarana und dial, säränä, 8. 330 = syrj. ^iV „thürangel" ; wogul. àirkep id.; ung. sark, sarok id.

tallata und tällätä, s. 176 = syrj. tat-; wogul. taal- „treten".

Man findet also im allgemeinen auch bei diesen Wörtern ganz dieselbe erscheinung wie bei den soeben behandelten Wörtern mit Ann. ä = lapp. a, indem die übrigen finuischugrischen sprachen einen palatalen vokal zeigen.

Wenn man alle umstände zusammen t'asst, muss man indessen zu dem Schlüsse kommen, dass das finnische ä hier sekundär ist und aus a aufgekommen, und dass das lappische also auch hier eine ältere stufe des finnischen wiederspiegelt. Die übrigen sprachen zeigen wohl im allgemeinen einen palatalen vokal, welcher auf den gedanken

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leiten könnte, (lass das ä ursprünglicher sei. Es ist jedoch sehr fraglich, ob das finnische ä hier so alt sein kann, dass seine pala- tale färbe aus alter zeit stammen könnte; aus den oben angeführ- ten, sicheren beispielen des tiberganges a > ä will man vielmehr schliessen, dass dasselbe erst in späterer, spezifisch finnischer zeit aus a entstanden ist (teilweise schon in gemeinfinnischer zeit, denn ätelä heisst estnisch hädal, hädalas, hätäl, wotisch ätälä, aber liwisch addel, adles mit a wohl aus lett. atals, atah?). Es ist nicht die sache der vorliegenden abhandlung die fälle zu bestimmen, in welchen ein finnisches ä aus a entstanden ist, zumal als dies bei der jetzigen menge und beschaffenheit des materiales (und zwar besonders der etymologien) nicht recht möglich sein dürfte. Ein fall, in welchem dieser Übergang etwas häufiger vorzukommen scheint, mag jedoch erwähnt werden. Es ist dies in der unmittelbaren nähe von einem j (auch als zweites glied eines diphthonges) oder §, S, so in der nähe von j bei äijä, äimä, jässiklcä, ? jäärä, ? räippä, äiti, mäihä, (leipä, heinä etc.) und in der nähe von i, s bei tähti. ? häme, hähnä, säle, häpeä, härmä, sääli, sääski sowie bei den auffallend vielen Wörtern auf h~ mit doppelformen mit a ~ «*. In vieleu mehr oder weniger onomatopoetischen Wörtern hat weiter die wechslung zwischeu a und ä als ein mittel zur nüancierung der bedeutuug gedient, z. b. bei liülättää, laitattaa; näpertää, näpertää ; ängätä, angata und vieleu anderen.

5.

In einigen Wörtern entspricht ein lappisches a einem fin- nischen kurzen oder langen f. Qvigstad, Beitr., s. 121. Sie sind (N. F.):

gänut, geu. gühmCiga „lappenschuh" = f. kenkä.

gär'git „auseinander lösen, entwirren, aufwickeln*' f. keritä, kerkiän oder dial, kerkiä.

Càbbës, gen. câbba(sa) ,. schön" = f. hempeä.

njaladallat, njaUaladdal „etwas trockenes, grobes zu vei'schlingen streben-* = f. niellä; die quantität des a ist indessen hier unbekannt;

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es köunte also vielleicht kurz sein, wodurch es zu der grappe <?, 3f > â gehöreu würde.

cädna, gen. câna, Lule (éàttna, geu. tèûnâ „birkenschwamm" = f. sieni.

Die übrigen f.-ugr. sprachen haben hier im allgemeinen pala- talen vokal:

kenkä (MUgSz., s. 17) = mordw. kümä, kerne „Stiefel" ; tscher. kern id.; syrj. köm-kot „schuhe und Strümpfe"; uug. kengyd „Steig- bügel".

niellä (ib., s. 411) = mordw. nile-, nitc; tscher. nel-; syrj. nilal-; ostj. ncl- etc.; wog. Aalej- etc.; ung. nyelni id.

sieni (Donner, Vgl. Wb, n:o 735) = tscher. s'en, Sin, Sin „zünd- schwamm": wotj. senki, senky „zunder"; ostj. säna, säne%, san „birkenschwamm".

6.

In einigen Wörtern entspricht urlappisches a eiuein finnischen oder uordischeu ai oder au, vgl. unten im abschnitte von den diph- thongeu.

7.

Die wichtigsten formen, unter welchen das urlappische halb- lange oder lange a in den verschiedenen dialekteu auftritt, werden im folgenden aufgenommen.

Die jetzigen lappischen dialekte werden dabei in folgende gruppen verteilt:

1) russischlappisch,

2) Enarc,

3) Norwey. Finmarkcn,

4) Lulelappisch,

5) Arjeplog,

6) Mala, und

7) südlappisch.

7a\ der ersten gruppe gehören die dialekte auf der Kola- halbinsel (Ter, Kiidin, Notozero, Akkala) sowie in Pasvik (mit

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Motka? und Petscheiiga); zu der zweiten der dialekt (oder viel- leicht die dialekte) in Enare; zu Her dritten die dialekte in Uts- joki, in Norwegen von Südwaranger bis zum Tysfjord (also: Bugö- fjord und Jarfjord = Stidwaranger; Waranger = Südwaranger? oder Wadsö, Wardö?; Nœsseby, zu Waranger?; Tauen; Polmak, zu Ta- uen?; Laksfjord; Kistrand = Porsanger; Karasjok; Koutokœino; Al- ten; Talvik; Hammerfest; Loppen; Kvamangeu; Skjaervö; Lyngen; Karlsö; Kaifjord; Baisfjorden ; Lenvik ; Ibbestad; Gullesfjord; Wester- alen; Ofoten; der ursprüngliche dialekt iu Tysfjord) und in Schweden in Torne lappmark (Karesuando, Jukkasjärvi) und dem nördlichsten teile von Gellivare in Lule lappmark; zu der vierten die dialekte in Lule lappmark in Schweden (südlicher teil von Gellivare, sowie Jokkmokk) und in Norwegen in Tysfjord (der dialekt der aus Schwe- den eingewanderten läppen), Hammen) und Folden; zu der fünften der dialekt in Arjeplog in Pite lappmark (die Stellung des dialektes in Arvidsjaur, Pite lappm., ist unbekannt) sowie in Norwegen zwi- schen dem Saiten- und dem Ranen-fjord; zu der sechsten der dialekt in Mala (wohl auch der unbekannte dialekt in Sorsele) iu Lycksele oder Urne lappmark; zu der siebenten gruppe die dialekte iu Hatfjelddal in Norwegen und Stensele = Tärna in Lycksele lapi>- mark, der dialekt iu Vilhelmina. Âsele lappmark, sowie die dialekte in Jämtland (Frostviken, Offerdal, Skalstugau. Undersâker) und Härje- dalen und in den angrenzenden teilen von Norwegen. Vgl. näher die darstellungen bei Qvigstad. NL, s. 1 ff. und bei Halâsz, NyK, XXII, s. 167 ff.

Wie die künftige darstell ung von der geschiente der urlappischen laute in den jetzigen lappischen dialekten hoffentlich zeigen wird, ist diese einteilung der dialekte im grossen und ganzen richtig (ab- gesehen davon, dass hie und da grenzdialekte vorkommen können, welche sowohl zu der einen als zu der anderen von den umgebendeu giuppen gerechuet werden können). Der einzige unsichere punkt dürfte die Stellung der Arjeplog- und Malâ-dialekte seiu. Wenu die allgrenzenden Arvidsjaur- und Sorsele-dialekte einst ein wenig näher bekannt werden, wird es sich vielleicht erweisen, dass diese zusam- men mit »lern Malâ-dialekte eine besondere gruppe bilden, während der Arjeplogdialekt. (oder vielleicht eher einer von den Arjeplogdia-

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Ickten) zu der Lulegruppe hiuzuzufüliren ist, von der er sich iu der that nicht erheblich unterscheidet. Möglich ist es auch, dass die „waldlappen"-dialekte in Arvidsjaur und Malâ eine besondere, vom Sorsele-dialekte verschiedene gruppe bilden; die dialekte der „wald- lappen" bilden nämlich auch in Lnle lappmark eine kleine gruppe für sich. vgl. unten im abschnitte von dem kurzen i.

Russisch-lappisch *,):

Das a bleibt im allgemeinen unverändert, Es heisst also z. b.: T. Ujikc, K. äM\ X. ähk ,.altes weil), frau"; T. änna-, K., N. änne-, A. ünne- „bitten"; T. kükce, K., X. kä%e „acht"; T. pä,-nie, K. pütrn ..kind, knabe". Von dem , sagt Gknf.tz, (JSFOu, X, s. 175 und) KLWb, s. XII: „ein kleines , unterhalb der Zeile bezeichnet, dass der vorhergehende Vokal etwas erhöht wird und am Ende einen Klang von i bekommt, wobei auch der nachfolgende Konsonant ein wenig palatalisirt wird, so dass z. B. tadle, sopme, cujike phonetisch ziemlich getreu auch iu folgender Weise geschrieben werden könn- ten: tättc od. tätCe, söhne, cähke od. cühJcc".

In K. wird das kurze a sehr oft von einem « {~ „sehr offenes o") repräsentiert ; für das vorkommen desselben habe ich jedoch kei- nerlei regeln finden können, vgl. auch JSFOu, X, s. 1G4. Auch in X. findet man einige Wörter mit a statt a (87, 206, 1231, 1316, 1389, 1442, 1659, 1718, 1744, 1947, 1967). Beispiele: f. raja 1231 T. rüjja, K., X. rgjj „grenze", aber elat. K., A. rajest, illat. T., K. rajja, rajjc; f. laki = 1316 T. läkk, K. Jrikk, X. Ighk „dach". Das« wechselt sogar einigemal mit K. oa: X. F. cajypad = 821. 822 K. öghpcd, coaiipeô „schwarz" (421, 1846; auch in X. 187; A. 1987); auch o statt a kommt einigemal in T. uud K. vor: N. F. daiva, davja = 696, 697 K. tuvj\ totj „oft" (323, 342, 353, 401, 1063, 1771, 1938; T. 261). Hiermit ist zu vergleichen, dass auch ursprüngliches o einigemal iu K. und X. mit o wechselt, siehe unten bei der be- handluug des kurzen «.

*) Das material aus Pasvik (bei Sandbekg, JSFOu, III, und Qvig- stab, NL, nachtrage) ist so gering gewesen, dass ich diesen dialekt nur gelegentlich berücksichtigen kann.

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Selten wurde uria. halblanges a zu e (K. 1519, 1544; N. 342), e, ie, te (29 ehe, gen. ejj = 501 T. jiecce, A.jëc,jecca, eö, ecce = Pasvik «ec = N. F. acce „vater", vgl. s. 157; A. 1043) oder ea (N. 1232).

Enare:

Im allgemeinen unverändert, z. b.: aÄ*a „altes \veibu; aadnud, aanum „bitten" ; kavci „acht".

Vor einem e, * in der folgenden silbe geht das a gewöhnlich zu œ, ä über (von Sandberg auch à geschrieben = „o mit einem Zug nach ce oder e hin", JSFOu, III, s. 8), vgl. Lönnrot, Acta Soc. Scient. Fenn., IV, s. 137, z. b.: (Lönnrot) pääme „kind"; N. F. halbbe = E. käUri „niedrig, gering"; N. F. aiggc = E. äigi „zeitu; N. F. elat. aigest = (Sandberg) E. œigpst; N. F. elat. javrest = E. jàtvrè'st „im see". Und mit einem sich dem <e nähernden laute, auch wenn kein e, i folgt, in einigen Wörtern, z. b.: (Lönnrot, a. a. o.) ààdnude, sààrnudiin = N. F. adwo<, sarnodedin.

Eigentümlicherweise entspricht in E. in einigen Wörtern eiu oa dem uria. a (vgl. Qvigstad, JSFOu, III, s. 94), z. b.: N. F. bâtâret = (Sandberg) E. boüitared „fliehen" ; N. F. bändlet, Lule pWvalit = E. poalvaled (so auch bei Lönnrot); so auch in (Lönnrot) koaivu, loaëi od. laaëe, poacced (auch bei Sandberg), poaju = N. F. gaivvo, laSëc, baccet, Ann. paju. Der grund zu dieser erscheinnng ist unbe- kannt. Bisweilen trifft man sogar eiu o: (Sandberg) povcas = N. F. bâvcâs „8chmei*zend".

Norweg. Finmarken:

Im allgemeinen bleibt a in allen dialekten unverändert, z. b.: äkka, gen. àka; àdnot, ànom; gawcë; bardne, bar' ne, gen. barne.

In Tanen uud Waranger geht es jedoch oft zu ä (= „eng- lisches a in man, rabbii") über, wenn ein è oder i in der zweiten silbe folgt (vgl. Qvigstad, JSFOu, HI, s. 3), z. b.: âàcê, âèèè, väldi = N. F. acce, aHe, valdi. Auch in Bugöfjord und Jarfjord kommt dasselbe, wenn auch selten, vor (ibid., s. 96), z. b.: Bugö- fjord fàstedi = N. F. vastedi, aber ac<\ barne etc.; Jarfjord elat. ritj/ttf = N. F. aigest, aber bardne etc. = ä in Tan., War.). Auch in Qvigstad, NL, findet mau beispiele von diesem lautgesetze aus

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denselbeu gegenden (= Südwaranger), z. b.: (Zusätze) huVtpis, aber geu. hialippä „knapp". Nach Fkiis, Gramm., § 22 uud 2, aura., soll das a in Waranger, Tauen uud teilweise Utsjoki vor einem ?', u oder e in der nächsten silbe zu « werden; dieses ä steht zwi- schen a und œ; z. b.: sädne, bärdne, hävdde; [däkkim „ich machte11, ädnim „ich gebrauchte", bärggim „ich arbeitete" mit kurzem a].

In einem worte findet man in Bugö fjord und Jar fjord eiu œ statt a: X. F. aèce „vater" = Bugöfj. œc, Jarfj. cecce (JSFOu, III, s. 96). Der grand dazu, dass dieses wort sowohl hier als im russisch- lappischen (ausser in K.) mit einem palatalen vokale auftritt, ist mir nicht klar; vielleicht beruht es auf irgend einer zusammen- werfung mit (X. F.) jeS „selbst", indem man vom vater „er selbst, der hausheiT" sagte; dieses „selbst" hat jedoch in T., X., A. eine von „vater" so abweichende form (T. jièc, X. jiehc, jehc, A. lc), dass die beiden Wörter kaum mit einander zusammengeworfen werden könnten. Auch in anderen beziehungen ist das wort X. F. acce etwas sonderbar, indem es im russisch-lappischen (K. gen. a,.>\ N. gen. ? ejj, T. gen. jiege, A. gen. jëg) und in Enare {œjid „euren va- ter", JSFOu, III s. 10, z. 17 v. o.) auf eine starke form mit ursprüng- lich knrzem c hinweist, während die übrigen dialekte ein langes cc haben: X. F. âccë, geu. ïicë, Lule àotféës, gen. aotéës, etc. Das etymon des Wortes ist auch nicht ganz sicher. Dasselbe mit f. isä zusammenstellen, wie es oft geschieht, scheint mir ganz unmöglich zu 8eiu. Erstens kann das lange, bzw. halblange a i aèce nicht auf einen palatalen vokal zurückgehen (denn t wird ja zu kurzem a) und zweitens ist dasjenige intervokalische c, das einem Ann. s ent- spricht, in der starken form immer kurz (ausser wo es wie in X. F. durch spätere procedureu verlängert wurde, vgl. oben s. 85); es heisst also z. b. Lule vuöofset „schiessen" = f. vasa(ma); vèotêër, gen. vèotàëra (nicht -oft 's-, wie ich in meinem Lulelapp. Wbuche, s. 170, unrichtig angegeben habe) „hammer" = f. vasara. Die Zusammen- stellung mit f. ätti (dial.; was bedeutet hier das ä?), estn. att, gen. ati, wotisch ätä „vater", mordw. ala „alter mann", tscher. aci, ati, ata, ätä, wotj. ataj, ostj. ata, azi, wogul. äze, aze, ung. atya „vater" (Büdenz, MUgSz., s. 760) ist dann insofern besser, dass der vokal der ersten silbe erklärt wird; von einem intervokalischen la. c = f.

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t hat mun jedoch nur unsichere beispiele, vgl. Qviostad, Beitr., s. 133.

Lule-lappisch:

Das a wird immer unverändert beibehalten, z. b. Ivkkn, gen. Curia; httnüt, ätuair; kùktss; par* née, gen. pttrnës.

Arjeplog:

Im allgemeinen bleibt das a unverändert, z. b.: ahhkä, elat. ahküst; ahhcam ..nieiu vater"; küstatihti „Hess ihn taufen"; sûmes äikin „einmal-; parhtniu acc. sg.

Halâsz, Svéd-lapp uyelv, V, s. VI, sagt, dass das a „sich vor einem in der endung stellenden i dem gemischten à nähert*' und also wohl etwas höher ausgesprochen wird. Möglicherweise meint er aber hier nur ein nicht hauptbetontes a, wovon er eben vorher gasprochen hat ; man kann diese erscheiuung sonst nicht mit dem folgenden gesetze vereinigen:

Vor einem in der nächsten silbe stehenden i oder kurzen u geht a zu ä über, z. b.: välitin „sie nahmen"; pänit acc. pl. „die zähne"; rdddi „sie senden"; mahn „er konnte"; ülhki und älhkl „er begann" ; illat. sg. männui „zum monde" : ställui „dem Stalo" ; komit, sg. äiruina „mit dem ruder"; üköitina „mit der axt"; iness. plur. mein und öäcin „im wasser"; äl'bmuk „die versammelten leute" = N. F. albmuy, aï1 mug; 3 p. sg. pnes. kuhtu „er verschwindet"; ätnu „er bittet"; 3 p. plur. prses. sär*dnu „sie sagen"; kdhtu „sie sind abwesend"; part. prœt. svà'SSkum „(er hat) geschlagen" ; kähtum r(er ist) verschwunden" ; inf. pähkut „backen" ; 3 p. sg. pra?t. svärruj „er antwortete"; âvuhëmën hi „freut sich" und in ävvuhe „ich freue mich nicht". Die eigentümlichen Wirkungen, die ein i und ein kurzes tt auf den vorhergehenden vokal haben und von welchen wir im folgenden au sehr vielen stellen zu sprechen haben werden, haben sich in diesem dialekte auch auf das « erstreckt. Wie man es aber phonetisch erklären soll, dass ein kurzes u einen palatalumlaut a > ä bewirkt, verstehe ich nicht. Jedenfalls besteht die thatsache. Durch analogie von den unumgelauteten formen ist, wie, aus einigen von

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deu obigeu beispieleu hervorgeht, eiu a eventuell auch iu die stelluug vor i, m hineingeschlichen. Vgl. Qvigstad, XL, s. 76.

Mala:

Im allgemeinen wird das a unverändert beibehalten, z. b.: aJika, adnut, ahce, kaktse.

Vor einem i in der folgendeu silbe geht es aber zu ä über; doppelformen mit analogisch beibehaltenem a sind jedoch nicht selten. Beispiele: vägi „er ging", aber va$$m (mit e < t) „sie gingen"; räldi „er nahm"; väldiken und valdiken „sie (dual.) nahmen"; sdmi gen. pl. „der läppen"; tnäti „er konnte"; kähtet und kaJitct (mit c < i) „achten, bewachen". Vgl. Halasz, NyK, XXII, s. 224 f.

Südlappisch :

Das a ist hier sehr vielen Umlautserscheinungen unterworfeu; vor einem a und w in der folgenden silbe bleibt es jedoch in allen südlappischen dialekten unverändert, z. b.: St. äJika, aïtka, ghka [wohl nur etwas melir geschlossenes a], aMa, V., F. forAà, foxA-ff, O., U. äoxkä, H. àufcâ = X. F. akka; St. a&ty?, äA'Swp, V., F. àMà«, 0. IT., H. tikkiä „axt" = N. F. akSo; V. tUifö, F. alltu>, 0. àxitf<7, Sk. «Ui/ö, U., H. àttda „renutierkuh" = N. F. alddo.

Vor einem ê (ês) in der folgenden silbe geht das a in Offer- dal und Skalstugan zu à über, z. b.: N. F. öacce „wasser" = St. cäcic, V., F. rôâ/sêe, O., Sk. féâtêêe, U. fSäftee, H. tSâtsëe; X. B\ bardne = St. pamie, pârnie etc., V., F. Bàrrtië*, O., Sk. B«V«ë«, U. Bàrf«ëf, H. BàrVjëe. Aber illat. sg. O., Sk. (Safêân, Bàrenân. Vgl. Halasz, ib., s. 252.

Vor einem i in der folgenden silbe wird das a in S tense le zu ü („zwischenlaut zwischen ä und e") oder bisweilen «, in den übrigen dialekteu zu ä, z. b.: X. F. arbbit „erben" = (Hatfjelddal arbet, <erbet mit e < i), V., F. äYrjwY, 0. a »y&é*, 0., ü., H. a iy&/>, aber forte« etc. „das erbe"; N. F. baci „er blieb" = St. pëci, V., F. ü»ätsl, 0. Buatéi, H. bk«/si, aber part. prœt. Bätsame etc. und 3 p. sg. praet. mit einer längeren endung V. Bâtsëi, F. Bâlsèji, 0. Buûfieji, H. Bütscjäjjä; X. F. acc. pl. sam/Vf „die läppen" = St. sämitc, sëmitc, Jämtland sämeds; St. komit. sg. vhcine „mit dem vater"; St.

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- lfiO -

èlkip „ich begann-', etc. Wie aus den befielen hervorgeht, ist dieser umlaut in den dialekteu V., F., O., LI., H. keine völlig regel- mässige erscheinung. Iu vielen formen ist das den umlaut bewir- kende i zu e gewandelt, wodurch das a leichter analogice wieder- eingeführt werden konnte, etc. Am regelnlässigsten tritt der umlaut in der kürzeren form des Präteritums sowie in den verbalen ije-, t-stämmen auf. Vgl. HalAsz, ib., ss. 241, 242.

Vor einem ursprünglichen kurzen u iu der folgenden silbe wird ein a in allen südlappischen dialekteu zu o, z. b.: Lule latitat „ver- schwinden; weg sein*' = St. hütet, katot, kätut und durch analogie koatut, V., F., aätwt, O.. Sk., H. aäth; 3 p. sg. praes. V., F., O., Sk. gô/«, H. Götc, part, prast. St. köf/tumg, köHumn, V. Götome, F. oöteme, 0. Gö/ema, Sk. aötoma, H. Gôtuma; pass, (von X. F. gavdnat „finden") St. kounesït, kounesit, V., F. abunesit, O. Qouncsit, H. GounsSit „sich finden" (gouhsss etc. „es gibt'1); V., F. ävtädit neben övtdaA.iat „sich freuen"; V. àirà „rüder', nkkiw „axt" etc. neben dimin. öirsfh, àkkëeth (in noch südlicheren dialekten findet man keine diminutiven). In den umgelauteten beispielen ist das *, e, o in der zweiten silbe aus n entstanden. Vgl. Hal vsz, ib., s. 233.

Urlappisehes e. 1.

Der urlappische geschlossene c-laut hat die oben unter den (juantitätsgesetzen behandelte dehnung mit durchgemacht und ist dabei, wie schon s. 58 f. gesagt wurde, auch diphthongisiert wor- den. Die verschiedenen formen, unter welchen dieser diphthong in den jetzigeu dialekten auftritt (vgl. unten), scheinen darauf hin- zudeuten, dass der erste komponent desselben etwas geschlossener und der zweite etwas offener und zugleich etwas „unvollkommener" als der ursprüngliche grundvokal gewesen ist. Er könnte also durch H wiedergegeben werden. Von den mutmasslichen gründen zu dieser diphthougisierung uud von der chronologie derselben vgl. s. 58 f. Beispiele (ausser den ebenda gelieferten) werden die fol- genden momente in grosser fülle geben.

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- 161

2.

Der urlappische geschlossene «-laut entspricht im allge- meinen einem finnischen kurzen oder langen e oder ä (e, ie, ä, fiti). Dass sowohl die kurzen als die langen finnischen laute im lappischen zusammenfallen sollten, ist natürlich, da ja alle kurze, rmittlereu vokale im lappischen gedehnt wurden. Dass aber so- wohl der offene als der geschlossene finnische laut in sehr vielen Wörtern durch deuselben lappischen geschlossenen laut wiedergegeben wurden, obwohl es auch ein lappisches ä gab (vgl. den folgenden abschnitt), ist weniger klar.

Wenn man den grund zu dieser erscheinung im lappischen selbst sucht, muss man annehmen, dass die Wörter mit einem fin- nischen e oder ä sich im lappischen nach rein lappischen lautgesetzen gruppiert haben, so dass gewisse faktoren ein c verlaugt haben, an- dere ein ä, ganz abgesehen von dem ursprünglichen aussehen des vokals im finnischen. Diese faktoren können nicht unter den umge- benden konsonanten gesucht werden, da es in den hiehergehörenden, sehr zahlreichen Wörtern beispiele von allen möglichen konsonanten und konsonantenverbindungen gibt. Sie sollten also in den vokalen der folgenden silben liegen, d. h. die Verteilung von e und ä sollte durch lappische umlautsphänomeue geregelt werden. Dass auch dies nicht recht möglich sein kann, werden wir im folgenden finden. Es wird nämlich aus der folgenden Untersuchung hervorgehen, dass ein urlappisches ä nicht nur vor einem urlappischen hintereu vokale, also S, w, u, stehen kaun, sondern auch vor einem urlappischen pa- latalen vokale (e oder i); das nicht hauptbetonte urlappische ä ist dann am häufigsten zu ê gewandelt und «, e, i zu kurzem ä; « ist unverändert beibehalten. Andererseits kann ein urlappisches e so- wohl vor urlappischen vorderen als hinteren vokalen stehen. Wenn dies der fall ist, sehen wir vorderhand keine möglichkeit die er- scheinung aus dem lappischen selbst zu erklären. Dass es indessen nicht an sehr beachtenswerten versuchen gefehlt hat dieselbe eben aus der qualität des folgenden vokales zu erklären, werden wir sogleich sehen.

n

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Auch das finnische scheint uns in dieser sache keine aufklärung geben zu können, da ja die hauptbetonten vokale in derjenigen stufe des urfinnischen, aus welcher die jetzigen finnischen schwestersprachen stammen, im allgemeinen ganz identisch mit den heutigen finnischen sind. Eine vergleichung mit den übrigen finnisch-ugrischen sprachen ist leider auch unnütz, da wir bei unsren jetzigen kenntnissen von der geschichte derselben weder für finnisches ä noch für e bestimmte äquivalenten finden können. Man könnte ja sonst geneigt sein zu glauben, dass das lappische hier wie in so vielen anderen einzel- neren auf einer ursprünglicheren stufe als das finnische stehe, dass also ein f. pesä = N. P. bœssc und f. perhe = N. F. bœraë für ur- sprünglicheres *päsä und *pärhc stehe und dass f. käsi = X. F. gietta und f. päästää = X. F. biestet aus *kcsi und *peestää ent- standen sei.

Wenn wir also auch nicht im stände sind eine summarische antwort auf die frage zu geben, müssen wir sie jedenfalls einer ge- naueren Untersuchung unterwerfen um zu sehen, ob wir doch nicht der lösung derselben etwas näher komineu können. Es wird dann am besten sein zuerst den soeben erwähnten versuch zu ihrer lösung zu referieren. Er stammt von prof. Gbnetz (JSFOu, X, s. 231 f. = Finsk Tidskrift, XXXI, s. 242, Helsingfors 1891). „Einem fin- nischen ä, z. b. in den Wörtern päivä, härkä, jänkä, määrä, nälkä, väärä entspricht ein lappisches œ (ä), aber in den Wörtern pälvi, käki, kärsiä, käsi, ääni, sääksi, väsyä ein ie; einem finnischen e in den Wörtern peittää, pelto, pesä, pettää, keino, kerta, kesä, metsä, neljä, seinä, seppä, setä, velka, eno, elää ein œ, aber in den Wörtern ehtiä, keski, lehti, veri, mennä, pestä, tehdä (stamme: mene-, pese-, teke-) ein a (resp. e); einem finnischeu o in den Wörtern polttaa, kota, joukko, noita, oma, oiva, oksa, olka, orava, osa, ostaa, outo, sompa, sota ein lappisches oa, aber in polvi, potea, tohtia, tosi, koski, koskea, kontio, onki, solmi ein uo (uö). Aus den beispielen sieht man, dass die Verschiedenheit' in der vokalisatiou der ersten silbe mit einer entsprechenden Verschiedenheit in der zweiten silbe zusammen- hängt, so dass wenn die zweite silbe im finnischen ein a, ä (= lapp. a : e) oder o {= lapp. o) hat, die erste im lappischen œ, a, oa hat, und wenn die zweite im finnischen i (y) oder e ( = lapp. a, resp. e)

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hat. die erste im lappischen ie, a (resp. ©), uo (uö) fur resp. finu. ä, e, o hat. Diese regel, die durch offenbar auf späteren entlehnungen oder auf einwirkung von aussen beruhenden abweichungen freilich etwas verduukelt wird doch nicht durch so viele, dass dieselben sie aufheben würden kann nicht anders aufgefasst werden denn als eine äusserung von demjenigen die meisten lappischen dialekte durchgehenden gesetze, dass geschlossene vokale (i, u. in einigen dialekten auch e) in der zweiten silbe verhältnissmässig geschlossene vokalformen in der ersten silbe verlangen (5, c, w, » statt oa, œ, wo, î'c, welche gebraucht werden, wenn der vokal der zweiten silbe ein a, e oder o ist), ein gesetz, nach welchem z. b. boatlet kommen, boatta er kommt, gesagt wird, aber böttim ich kam; boaco das renn- tier, aber böccu des renntieres". Prof. Gknetz stellt also hier eine théorie auf, die beinahe den ganzen vokalismus des lappischen um- fasst. In den folgenden abschnitten werden wir an behörigem orte die Stellung der übrigen vokale zu dieser théorie untersuchen; hier werden wir zunächst nur die geschichte des geschlossenen e-lautes und die Stellung der genannten théorie zu derselben näher betrach- ten (ausser der wandelung c > a, von dem wir im abschnitte vou dem kurzen i sprechen werden). Es ist jedoch unmöglich bei der beurteilung der GKNETzschen théorie den geschlossenen e-laut von dem offenen ä-laute zu trennen, sondern wir müssen sie zusammen behandeln.

Wir werden dann gut thun zuerst diejenigen Wörter näher zu betrachten, deren finnische Vorbilder ein langes e (also ein gegen- wärtiges i>) enthalten. Solche Wörter sind (N. F.):

biekkan „Buteo lagopus" = f. pickana-haukka.

biekkanet „von arbeit sehr schweissig, überbürdet werden", vgl. f. piehkinä „not, Verlegenheit".

biekko „Wäschrollenbrett" f. piekko neben piakko.

bielas „stütze unter einer heumiete oder einem gerüste zum dörren von fischen" = f. pieles.

biettek „verschnittenes renntier" = f. piettiö.

cliettet „wissen" = f. tietää.

diewa, gen. dfieta, illat, dievvai „hügel" = f. tieva.

ßerrat „rollen (intr.); sich wälzen" = f. vieren»

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164 -

ficram „Sandbank" f. vieremä.

fierrot „umrühren" = f. hieroa; vgl. auch Qviostad, NL, s. 150, wo dieses wort aus dem altnordischen hergeleitet wird, was mir etwas zweifelhaft vorkommt.

gieger, gen. giekker „luftröhre", vgl. ? f. kiekara, kiekerä etc. (der name der luftrühre wäre also durch die in derselben vorkom- menden knorpelringe veranlasst).

gielddet „verbieten" = f. kieltää.

gidestet „lügen", vgl. f. kielastaa.

giella „Sprache" = f. kielt.

giemardet „auf ein band aufreihen" = f. kiemartaa.

gierre „etwas gewundenes, gedrehtes" = f. kiera.

licbma, Lule lêepma (uicht *tipma) „wasser in welchem fleisch oder fisch gekocht worden ist" = f. liemi.

miekke, gen. miekc „schwert" = f. miekka (aus dem gotischen, vgl. oben s. 39).

miellä „sinn" = f. mieli.

njiellat „verschlingen" = f. nielen.

riebmodet, rieibmodct, reimodet „lärmen" = f. remuta, riemuta. rieppo „armseliger mensch" = f. riepu.

rieske „ungesäuertes brot" = f. rieska (aus dem litauischen, vgl. oben s. 43).

rieccot „schreien" f. riesoa; die Zusammenstellung Qviqstads, Beitr., s. 214, mit f. riekkua, rickua ist weniger wahrscheinlich.

sicbman „same" = f. siemen (lit.; vgl. oben s. 43).

T. nunn-slerraiin, K. n. -sicrem, N. n.-serrem (1112) „nasenloch" = f. sieran.

smiettat „sinnen, nachdenken" = f. miettiä.

Sicttat, Sietam, Lule ëtettat „passeu, angemessen sein", vgl. (?) f. sietää.

viekes „schlau" = f. viekas.

viekko, gen. viego „norwegisches gewicht von 36 pfund" = f. viekko id.; das Verhältnis» zu au. vag fem. „Va;gtstang, Bnekstang, Loftestang; Veien, Veining; hvad eller saa meget som en Ting veier, er lige tungt med den; Vivgt, Vitgtredskab ; Vaag som Vaegtenlied

(= 72 merkr'fY; neunorw. Vaag fem. „- —, eu Vog, en Va;gt

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af 72 Marker (el. 36 E ); " ist bisher etwas uiiklar gewesen. Thom8en, Einfl., s. 184, hält es für ein Verbalsubstantiv aus N. F. vikkit (mit i < ie vor t) „ponderare", das er aus au. vega id. her- leitet, in welchem falle N. F. ie durch au. e zu erklären sei. Das verhältniss scheint mir jedoch das entgegengesetzte zu sein, dass also vikkit aus viekko abgeleitet ist und nicht vice versa, oder viel- leicht noch besser, dass vikkit und viekko unabhängig von einander aus den grund Wörtern zu bzw. vega und vdg stammen. Es ist näm- lich schwierig zu verstehen, wie ein Verbalsubstantiv von einem aus dem nordischen entlehnten verbum eben diejeoige, streng speciali- sierte bedeutuug annehmen könnte, die ein nahestehendes, nordisches Substantiv hat, ohne irgend welche spuren von einer weiteren be- deutuug („das wägen, das gewägte, gewicht") zurückzulassen. Da weiter die form dieses nahestehenden, nordischen Substantivs mit der form des lappischen Wortes genau identisch ist, kann man an der unmittelbaren entlehnung nicht mehr zweifeln. Das an. vâg fem. geht nämlich auf eine urnordische form *wäsö zurück, die ihrerseits aus einem noch früheren (aber jedoch urnordischen) * wä^ö entwickelt ist. Mit diesem *mw$ö ist die lappische form identisch; intervoka- lisches 3 geht nämlich in vielen, sehr alten lehnwörtern in lappisches kk (~ schwache form 3) über (vgl. meine Lui. Gr., s. 137). Auf- fallend ist nur, dass ein offener ä-laut mit dem lappischen geschlos- seneu g-laute wiedergegeben wTurde; wir werden jedoch weiter unten sehen, dass so etwas auch sonst nicht unerhört ist. Wenn diese etymologie des Wortes richtig ist, haben wir also im lappischen ein beispiel von rein urnordischem œ gefunden; in einem anderen worte haben wir wohl auch ein beispiel von la. ie = um. ä < œ, es ist aber ganz sicher, dass dasselbe nicht aus dem urnordischen, sondern über das finuische aus dem gotischen entlehnt ist; dieses wort ist miekke „schwert" = f. miekka, vgl. oben. Auch das zweite finnische beispiel' von f. ie, e = urn. â < œ ist aus dem gotischen entlehnt, was aus seiuem auslautenden a = got. a statt o = urn. 0 bewiesen wird: f. niekla, neula „nadel" < got. neßla, uicht urn. *nœplô (vgl. Thomsen. Einfl., s. 123). Das lappische viekko aber kann nicht (über das finnische) aus dem gotischen (also aus einem sonst unbelegten *wega) entlehnt sein, da es im auslaute eiu urnor-

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- Itiö

disches abspiegelt; auch gibt es kein finnisches Zwischenglied, denn f. viekko kanu wegen seiner bedeutung („norwegisches gewicht von etwa zwei liespfnnd") nur ein junges lehnwort aus dem lap- pischen sein. Mit dieser etymologie gewinnen wir einen sehr wich- tigen faktor für die bestinnnuug des alters der lappisch-nordischen berührungen. Aus derselben können wir nämlich schliessen, dass die läppen schon vor dem eiutreten des Überganges um. œ > ö, also schon vor c:a 300 j. n. Chr. (Norken, Aisl. gr. 2, § 54) mit den skandinavern in Verbindung standeu. Demnach sind die erwägungen oben s. 27 ff. etwas zu modifizieren. vieres „fremd" = f. vieras.

vierggo „iustrunientum versatile (turbo), quod cum circumvertitur lineam piscatoriam iraplicari et nodari prohibet, Svivel, Indretning, som dreier sig rundt om en Tap og bruges paa Fiskesnore for at forhindre Snur", Lule svèrhku (obs! mit ok, nicht k) idem (wird ge- braucht, wenn mau kälber bindet, damit sie sich nicht erwürgen) = f. vierkko.

vierro „sitte, brauch", vgl. f. viero (slav., vgl. oben s. 47).

viettalet „narren, einbilden" = f. vietellä.

Neben diesen Wörtern müssen wir auch ein nordisches lehnwort erwähnen, dessen nordische grundform ein langes ë hat:

sierr& „abgesondert; besonders" < an. sêr dat. sg. von dem refl. pron. als adv. „besonders".

Aus den angeführten beispielen geht also hervor, dass linni- sches (und altnordisches) langes e im lappischen durch denjeni- gen diphthong wiedergegeben wird, der dem urlappischen ge- schlossenen e-laute entspricht. Wir sehen auch, dass dies überall geschieht, ganz abgesehen von der qualität des folgenden vokales; es heisst also einerseits dieltet, gielddet, rieèèot, vierggo = f. tietää, kieltää, riesoa, vierkko und andererseits, aber auch hier mit ie, fierrat, giella, miclla, sicbman = f. kieli, mieli, siemen. Nach der Ge-

NETZschen regel sollte man indessen auch hier ein *farrat, *gaüa, *malla, *sabman erwarten, denn da er bei ä nicht zwischen langem und kurzem vokale unterschieden hat, würde er es auch bei e (und o) nicht gethan haben. Aus seiner darstellung geht es jedoch deut- lich hervor, dass er seine rechuung ohne die langen e- (und o-)laute

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gemacht hat, indem er wahrscheinlich von den späteren fiunischeu diphthongen ie (und uo) ausgegangen ist.

Es muss jedoch zugestanden werden, dass es auch einige spuren von einer änderen behandlung dieses laugen ê gibt. Erstens findet man nämlich statt ie ein ce in den Wörtern:

bcellje „Zeltstange" = f. pieli.

leet „sein" = f. Ue-nen; der Ursprung des œ in diesem worte ist jedoch sehr unsicher, da es in anderen dialekten ohne vorderhand sichtbaren grund u. a. mit » und u wechselt, z. b.: S. G. Up „wir sind", lit§ „dürfte sein", N. G. luköum „ich wäre" etc.

lœwe „biegsam (von einer stange); schwach (von tau, zeug)" = f. lievä.

rœkkot, rœgotn „bitter weinen" = f. riekua oder besser rääkyä.

Kt. cëporas, S. G. féspuris (mit s aus ä vor kurzem «) „hals- kragen aus bärenfeli" = f. sieppura; das finnische wort ist indessen, wie aus der bedeutung desselben deutlich hervorgeht, aus dem lap- pischen entlehnt (und nicht vice versa, wie Qvigstad, Beitr., s. 224, annimmt); cëporas gehört natürlicherweise mit èœve etc. „hals" zu- sammen (= f. häväs, häpäs).

Es gibt weiter ein paar beispiele von la. a = f . ie, welches a jedoch in einem worte sicher, in den übrigen möglicherweise lang ist, vgl. oben s. 152 f. Von der seltenen wiedergebung des f. ie durch la. iei oder i vgl. unten in den abschnitten von den diphthongen und dem kurzen t.

Die beiden sicheren ausnahmen von der obigen regel, bcellje und leewe, können dieselbe jedoch kaum umstürzen ; in dem ersteren worte enthält ja übrigens die linnische grundform in der zweiten silbe ein e (gen. pielen).

Die Wörter mit einem finnischen langen ä können wir sogleich in zwei gruppen teilen, in solche Wörter, welche im lappischen ein ce zeigen, und in solche, welche ein lappisches ie haben. Zu der ersten gruppe gehören die folgenden Wörter (N. F.):

bœrbmed „runder abgehauener baumstamm in einer lappenhütte,

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- lfis -

auf welchem man sitzt; es gibt vier solche, die um die feuerstalte liegeu; thürschwelle in einer erdhütte", vgl. f. päärme.

beskoS (mit c aus m vor o = u ?) „schwalbe" = f. pääskynen.

bœssacàk „ostern" = f. pääsiäinen.

bœssat ».entkommen, los kommen; gelegenheit zu etwas erhal- ten" = f. päästä, pääsen.

bœstet „erretten" (neben biestet} vgl. unten) = f. päästää.

dœmadak (neben damodak) „neblichte luft im winter; dumpfer laut im schnee während eines tan wettere, wenn man in demselben geht oder fährt", vgl. ? f. säämä 3 „schlechtes wetter (paha 1. rivo ilma)u ; das wort dœmadak ist jedoch vielleicht besser aus dœmaidet „dumpf lauten (von einem hohlen boden)" abzuleiten, in welchem falle die eretere bedeutung desselben unursprünglich ist.

gœrmaS „schlänge" = f. kärme, käärme (lit.; vgl. oben s. 42).

gœrrad „stark gedreht, verwickelt", vgl. f. kääriä (aber f. kääriä = N. F. garrat, vgl. oben s. 147).

gœrro und (N. F. dial.) gierro „packen, bund (von tuch, lein- waud)" = f. kääry.

hœredet „sich beschäftigen" = f. häärätä (besser als Mrrätär womit es Qvigstad, Beitr., s. 196, vergleicht).

hettit (mit e aus œ vor i, vgl. hœttedet) „hindern, verhindern, abhalten" = f. häätää.

jœkke, gen. jœke „gletscher", vgl. f. jääkkö, wenn dies nicht ein neugebildetes wort ist; besser vielleicht mit norw. mka fem. „Suee- plet, efterliggende Sneemasse, f. Ex. i en Fjeldkloft" zusammenzu- stellen; NL, s. 202.

mœkkot „brüllen, blöken (von kühen und schafeu)" = f. määkyä.

mœrre „mass, bestiramuug, bedinguug" = f. määrä (slav., vgl. oben s. 47).

neette (neben „dial." njete) „marder" = f. näätä, rœvas „eine fischart" = f. rääpys.

sœddo oder scetto, gen. sœdo „stand, Stellung" = f. sääty, sedotailat (mit e aus œ vor o = u) „verwöhnen, verzärteln", vgl. P f. säädyttää.

sœstet „sparen; schonen" = f. säästää.

sœttct, sœdam „sollen, müssen", vgl. f. häätyä.

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16«)

vcnddclct ,.zankeu", vgl. f. väännellä, vœrre „falsch, irrig, unrecht" = f. väärä. Zu der zweiten gruppe gehören:

biesiet „unfreiwillig aus den häuden entschlüpfen lassen" (vgl. oben bcestet) = f. päästää.

giednas „kaft'eemühle", vgl. (P?) f. käänne; f. nn geht aber hier auf ein nd zurück, weshalb wir eher *gieddas erwartet hätten; das ganze wort hat übrigens eine so grosse ähnlichkeit mit dem nor- dischen lehnworte gierdnas etc. „kafteemühle4* (Qvigstad, NL, s. 157), dass man es gern für eine fehlschreibuug halten möchte; Qvigstad, a. a. o.. führt jedoch aus Lyngen eine form giednas an.

T. kirre- (ie) „wickeln" (neben N. F. gärrat) =1 kääriä.

gictro (Fkiis dial.) neben gœrro „packen, bund (von tuen, leiuwaud)" = f. kääty.

jiedna „stimme" = f. ääni.

cießa neben öikca „fischaar" = f. sääksi.

Hieher gehört auch das nordische lehnwort viekko, vgl. obeu s. 164.

Ausserdem entspricht in eiuigen wenigen Wörtern ein finnisches ää einem lappischen a, wo dieses a ursprünglicher zu sein scheint (vgl. oben s. 147 f.), und ist bisweilen durch zusammenziehung ent- standen (vgl. unten den exkurs über die finnischen einsilbigen Wörter).

Wir finden also, dass in den meisten von den angeführteu beispielen das finnische lange ä durch ein lappisches <p, nicht durch ie wiedergegeben wird. Bei einer näheren Untersuchung finden wir auch, dass die Genet/scIic regel hier keineswegs richtig sein kann. Gegenüber einem kirre- = kääriä, cießa = sääksi und jiedna = ääni stehen nämlich bœssat = pääsen, gcermaê = käärme und wohl auch einige andere, und einem mœrre = määrä, nœtte = näätä etc. gegenüber steht die eigentümliche doppelform bœstet ~ biestet = päästää sowie das dialektische gierro neben gœrro = kääry. Wörter wie bœssat und gœrmaè können auch nicht in so junger zeit entlehnt sein, dass das fragliche lautgesetz schon zu wirken auf- gehört hätte. Der grund zu dem ie in Sießa und jiedna muss also anderswo gesucht werden. Wenn die geschiente der entfernteren

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schwestersprachen einst besser bekaunt wird, wird hoffentlich auch diese frage gelöst werden, vorderhand müssen wir sie aber offen lassen.

Wenn die GuNETzsche regel also bei dem langen c und ä nicht stichhaltig war, könnte sie jedoch bei dem kurzen e und ä mög- licherweise besser begründet sein. Wir werden also zunächst dieje- nigen lappischen Wörter näher betrachten, deren filmische oder nor- dische Vorbilder einen kurzen geschlossenen f -laut haben. Auch diese Wörter müssen wir in zwei gruppen teilen, von denen die eine die Wörter mit einem lappischen œ umfasst, die andere diejenigen mit appischem ie. Zu der ersten gruppe gehören die folgenden Wörter:

bœlddo „acker" = f. pelto (germ.).

bœllemas neben bicllemas „flachs*' = f. pellava.

btena, gen. bœdnaga „hund" = f. peni, penikka.

bœraè „hausgenossen*4 = f. pere, perlte.

beergdlak „teufel" = f. perkele (lit.).

bœrjadak „freitag44 = f. perjantai (germ.).

bœrrai (gœècat etc.) „uach(sehen)u = f. perään.

bœrrat „sich erkundigen; bekommen, erhalten ■* = f. peiiä.

bterre „ernst*4 = f. perä.

bœska „pelz aus renntierfell" = f. peski,

fresse „nest" = f. pesä.

bœttct „betrügen" = f. pettää.

bœtto „raubtier" = f. peto.

bœcce „kiefer" = f. petäjä.

dœlggat „zusammenpacken44 = f. telkkiä.

dœlle „rollholz zum schleppen von booten über laud*4 = f. tela.

dœrbme „abhang, bes. das hohe ufer eines flusses" = f. terma.

dœres „lederstreifeu, welcher iu die naht zwischen die beiden stücke gelegt wird44 = f. lere.

dœrestet „stähleu; schmiedeu*' = f. terästää.

dœrre „schneide; erster strahl der sonne oder des mondes über dem horizonte" = f. terä.

dœrredet „schmieden" = f. tcrätä.

deervas neben diervas „gesund*4 = f. terve.

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faddo neben fuoââo „wildes tier", vgl. f. peto.

gagge lieben giegge (und gama) „beschlag, kufe uuter Schlitten und kähneu ; sohle" = f. kenkä.

gaha, gahe „Bindingsvaerk el. Tommervaerket i et Hus" = f. kehä.

gelbolaS (mit e aus a vor o = m) „tauglich, tüchtig" = f. kel- vollinen.

gallat „putzen, blank raachen", vgl. f. keleä. galle „winde" = f. kela.

gœmpa „von schönem aussehen (von menschen)" = f. kemppi (nord.).

ganotabme „schwach" = f. kehno.

gappad „leicht" = f. kepeä (neben käpäs, keveä).

gœrdde „mal" = f. kerta (lit,).

gœrddot „zwirnen; wiederholen" = f. kertoa.

gœrggad „hurtig, flink" = f. kerkeä.

gœrjedet „betteln" = f. kerjätä.

garreg neben gereg, giereg „gerichtspersouale" = f. keräjä, käräjä.

gases „renntiergeschirr" = f. kesas oder käsäs (aus dem lap- pischen).

gasotet „zugethan machen; auffordern" = f. kesuttaa. gasse „sommer" = f. kesä. gatto „wiege" = f. kehto. haboS „pferd" = f. hevonen, hœgga „leben" = f. henki.

halbme „der untere saum eines kleides" = f. helma.

halkel „leicht abzudrücken, abzufeuern" = f. helkkä.

halppo „leichtigkeit" = f. helppo.

harkke „schwach" = f. herkkä, herkkä.

harsko „leckere speise, leckerbissen" = f. herkku.

labbo „teufel" = f. lempo.

lappo „ruhe" = f. lepo.

loska „wittwe" = f. leski.

malggad „ansehnlich; ziemlich" = f. tnelkeä.

malle „Steuerruder; = f. mela.

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- 172 -

mœnatuvvat „in ohnmacht fallen" = f. menehtyä, mœnno oder mœdno „betragen, verfahren" = f. meno. mœrdde „fischreuse" = f. merta.

meris (mit e < (p. vor i) neben mieris „stumpfe axt" = f. meras(in)t märäsin.

meerkka „zeichen1* f. merkki (nord.). mœrkaëct „bemerken" = f. merkitsen, mœrra „meer" = f. meri (lit.?).

»uesto, gen. mestu oder meesta, gen. mœstaga „eine speise aus fischleber und beeren" = f. mesto, mestu. macce „wüste, öde" = f. metsä (lit.?). njœllje „vier" = f. neljä. rœhalaS „redlich" = f. rehellinen.

rtekka ueben riekka (Funs, Lex. lapp., s. 867) „schütten" = f. reki.

rœppen „rauchloch im zelte" = f. reppänä, räppänä, sœkka „unter" = f. sekaan.

sœlggat „fertig zu etwas werden", vgl. f. selkeä (vgl. unten èœlggad).

sœlgge neben cielgge „rücken-' = f. selkä, sœlljo oder äeelljo „gift", vgl. f. selja „flieder; araiei" (aus niss. aejibe „giftkraut, gift"; Lönnrot).

sœlved „klar, deutlich" = f. selvä.

seeppe, gen. nahe, sœvc „der vordere, rechte teil von dem rücken eines renntieres", vgl. f. sepi, scpä% sepo, sevätä.

èœlggad „glänzend" (neben cielgas „klar") = f. selkeä.

cœwe „schnee, iu welchen man ein wenig hineinsinkt" = f. sevä.

cœUces neben öielkes „üria grylle", vgl. f. telkkä, ôœppe „geschickt, meister" = f. seppä, cœrmak „ein jähr altes remitier" = f. kermikkä. cœcce „vaterbruder" = f. setä. vœlggc „schuld" = f. velka.

vœmbel oder vambel „kleiner ring von birkenästen, der beim wurststopfen etc. gebraucht wird" = f. vemmel, vœrdedet „vergleichen" = f. verrata.

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- 173 -

vœrro „Steuer" = f. vero.

vœtas, gen. vœttas „zu wenig gesalzen, wässerig", vgl. f. vetelä.

vœtto „wette" = f. veto.

Lule ätasit etc. „wenigstens", vgl. f. edes.

œdnag „viel", ko m par. œneb = f. en#, enempi.

œdne „mutter", vgl. wot. enne.

œdno „hauptfluss" = f. eno.

œked „abend" = f. ehtoo.

œkto-miélast „aus freier wähl" (neben cUbaniekto, vgl. unten) = f. ehto.

œllet „leben" = f. elää.

œme- „mitgeboren" = f. emä.

œmed „hausfrau" = f. emäntä.

œnnatet „vermögen; erreichen" = f. ennättää.

œno, gen. edno „mutterbruder" = f. eno.

ceppe- „falsch" = f. epä-,

eeppedet „zweifeln" = f. epään.

ceres „ein anderer" = f. eräs.

œrre „so viel milch, als die ktthe auf einmal melken" = f. erä.

œrro „abschied, trennung" = f. erä.

œstet „hindern" = f. estää.

œccet „aus liebe sich an jmd halten", vgl. f. etsiä.

œves „wegkost" = f. eväs.

Hieher gehören weiter folgende Wörter mit einem finnischen eit eu oder *ey (das in jüngerer zeit zu öy geworden ist), welche der Übersichtlichkeit wegen hier aufgenommen werden:

bœittet „verbergen, verheimlichen" = f. peittää.

gœidno „weg" = f. keino.

gœiggo „hiuausgestreckt" = f. keikka, keikko.

hœibbat neben heibbat „sehr lange abwesend, weg sein", vgl. f. häippyä.

hœiggo neben heiggo „schwach" = f. heikko.

hœirehuwat (dial.) „in unordnuug geraten", vgl. f. Miritä.

hœittet „verlassen; aufhören" = f. heittää (vgl. oben s. 36).

lœibas „liespfund" = f. leiviskä.

lailla „plattes fässchen" = f. leili (nord.).

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- 174 -

näi'ots» Lille „mädchen" (neben nèi'ta id.) = f. neitsy.

sœibcs, sœibos, sœibot „Stange" = f. seiväs (lit.).

sœidne „wand" = f. seinä (lit.).

sœigas (dial.) „nicht verwickelt", vgl. f. säije, scikcä.

sœilledet „versiegeln" = f. seilata (nord.).

vœisedet „singen" = f. veisata (nord.).

bœvhasy bœvke, bœvskes „unbesonnen, redselig", vgl. f. pöyhkeä. bœvrek „langbeiniges renntier" = f. peura, dœfhat, daßedet „schlagen; wie ein bär laufeu, hüpfen" = f. teuhata.

dœvrastet „die speise verschwenden"; wenn man aber das von Fans gegebene beispiel suollagak alo dœvrastek dievva bade „diebe kochen immer volle töpfe" mit berücksichtigt, muss man auf deu gedanken fallen, dass dœvrastet mit f. teurastaa zusammengestellt werden kann und dass also dieses beispiel eigentlich folgendes be- deuten sollte: „diebe (spec, renntierdiebe) schlachten immer so viel, dass sie volle töpfe haben".

gœfhe „arm" = f. köyhä, gœvtte „krümraung, bogen, ring" = f. keula, lœvlla neben Uevlla, lievlle „heisser dampf" = f. löyly, lœvlestet „dampfen", vgl. f. löyly, nœvrre „schlecht" = f. nöyrä, nœwo „gerät, Werkzeug" = f. neuvo, reutjetet L. & Ö. „lärmen" = f. röyhätä. rœvdne „rahmen, welcher das rauchloch in den hütten der see- lappen umgibt" = f. reuna.

sœrwe „gesellschaft" = f. seura (lit.). sœvUa, sœvlle, sœvtto „sieb" = f. seula (germ.). Hiehergehörende nordische lehnwörter sind: bcevdde „tisch" <C um. *beuda, an. bjöd id. dar'nö Of., Wst., Lule, Hrn., Ts., Fld. etc. „dienstmagd" < au. perna, obl. -m (Qviostad, NL, s. 142).

gcer'do neben (wohl richtiger) giei'do „fassreifen" < uru.

*3erdö, an. gjard „gürtel" (NL, s. 169).

nœhppe, gen. nœbe, nœve „schwestersohu" < an. neß id.; wahr-

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- 175 -

scheiulich jedoch wie nœpad etc. über f. nepaa aus dem litauischen (vgl. Thomsen, BFB, s. 203; NL, s. 249).

rœhkke Lg., Ib. neben allgemeinerem riehkke „treibholz" < um. *reha, an. rek „was auf dem meere herumtreibt" (NL, s. 263 f.).

skœVga Lg. neben gewöhnlicherem skieVga, illat, -ai „schie- lend" < um. *skelg- -, an. skjalgr id. (NL, s. 295).

skœhppo neben skiehppo „scheffel" <C an. skeppn^ obl. -tt id.

wohl aus norw. skjcppa, dessen e = ä: NL, s. 295).

skœrre Kv., Kar., Ib. neben allgemeinerem skerrê, skierri etc. „schären" < an. skcr (urn. *skarja) id.; das auslautende -e ist merk- würdig; œ wohl aus norw. skjer (NL, s. 302).

spœrro Hrn., aber Jokkmokk spèrrm "„loses lederstückchen, welches man in den schuh über einen riss legt" < um. *sperö, an. spjar „fetzen" (NL, s. 316).

värHtäkis Lule etc. „würdig, wert" ist wohl eine spätere ent- lehnung aus dial. norw. verdug, schwed. värdug id. (NL, s. 353).

vœrddc, Lule verbiet (nicht -r*ot-) „wert" < um. *werda, an. verd id.

vœr'ke Südw., Kr. „gerät, Werkzeug" < um. *werka, an. verk „arbeit" (NL, s. 354).

Ausserdem gibt es eine sehr grosse menge von in der neuesten zeit entlehnten Wörtern mit einem œ = nord. e, das in diesem falle jedoch im allgemeinen den lautweit ä haben würde und also eigent- lich zum folgenden abschnitte gehört. Beispiele findet der leser bei

QVIG8TAD, NL, s. 37.

Die zweite gruppe umfasst folgende Wörter: albaniekto „unverschämt", vgl.?? f. halpa, ehto. bieUemas neben beellemas „flachs" = f. pellava, diet „der dort (von einem gegenstände, der dem angeredeten näher ist als dem redenden)", vgl. f. se, tämä.

dierbma „regenbogen; donner", vgl. f. ternata. diervas neben dœrvas „gesund" = f. terve, fierbme „netz", vgl. f. verkko, giedde „wiese" = f. kenttä.

giegge neben geeggt (und gama) „beschlag, kufe unter schütten, kähnen; sohle" = f. kenkä.

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176

gierey nebe» gerey, geerreg „gerichtspersouale" = f. keräjä, käräjä.

tnieris neben meris (mit c < œ vor i) stumpfe axt" = f. meras(in), märäsin.

mietta „meth" = f. mesi. riehan „fuchs", vgl. f. repo.

riebmodet, reimodet, rieibmodet „lärmen" = f. remuta, riemuta.

riegjat, riejaidet „schreien, lärmen*' = f. reijua, reijata (ij = jj).

riekka (Fbiis, Lex. lapp., s. 867) neben rakka „schütten41 = f. reki.

rieppo „fuchs" = f. repo.

èieîggas neben Sœlggad „rein, klar" = f. selkeä.

öielgge neben sœlgge „rücken" = f. selkä.

cielkes neben cœlkcs „Uria grylle", vgl. f. telkkä.

viednat „(eine sehne) verrenken", vgl. vâdnat „sich ausdehnen", vgl. f. venyä.

vieggo „unentschlossen", vgl. ? f. venko.

viettja „bruder" = f. veli.

Wörter mit f. ei, öy:

nieidda „raädchen" (neben Lule näihtsü id. = f. neitsy) = f. neiti.

lievlla, lievüe neben lœvtta „heisser dampf" = löyly.

smievkkat „krachen, knacken", vgl. f. möykätä.

Nordische lehn Wörter; von der grossen masse von beispieleu mögen hier nur die folgenden genannt werden:

biello etc. „glocke, schelle" < urn. *bellä, an. bjaüa id. (NL, s. 105).

bierdn& etc. „bar" < urn. acc. sg. *bernu1 an. bjearn id. (NL, s. 105).

bier'go etc. „fleisch (als speise)" < urn. *ber3ö, au. bjarg im allgem. „hilfe", auch speciell „etwas womit mau sein leben fristen kann" (NL, s. 106).

dieVde etc. „verdeck über dem vorderen teile eines lappischen Schlittens" < urn. *telda, an. tjald „teppich, zeit" (NL, 8. 129).

giel&s etc. „kiel" < urn. *keluz, an. kjalr id. (NL, s. 168).

gierdnas etc. „kaffeemühle" << urn. nom. sg. fem. als Hstamin *kwerniz, an. kvem „mühle" (NL, s. 157).

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177 -

Unter den jüngeren, nicht lirnordischen lehnwörtern findet man kein beispiel von einem te, welches einem nordischen neueren e (in der ausspräche = ä) entsprechen würde. Ein ic entspricht hier nur einem nordischen je, (denn einen diphthong gibt es im lap- pischen nicht), ö oder langen, geschlossenen ê, z. b.: bieVks. „balken"

< norw. bjelke, schwed. bjälke id. (NL, s. 105); nied, niedda etc. „not" < norw., schwed. nöd id. (NL, s. 246); licdna „amtsbezirk"

< norw. Un id. (NL, 8. 216). Das nordische ä dagegen wird regel- mässig durch lapp. œ wiedergegeben, vgl. unten s. 179.

Der weitaus grösste teil vou den älteren nordischen lehnwör- tern, deren nordische grundform ein e hat, gibt also dieses e durch lappisches ic wieder. Die wenigen beispiele von einem lappischen œ = nord. e wurden soeben s. 174 f. verzeichnet. Bei einer näheren Untersuchung findet man, dass diese formen mit <e im allgemeinen nur gewissen dialekten angehören, und es ist also sehr möglich, ja, sogar wahrscheinlich, dass diese dialektformen, deren zahl übrigens ein wenig vergrössert werden könnte, erst im sonderleben der be- treffenden dialekte entstanden sind und nicht aus urlappischer zeit stammen; besonders durfte der einfluss von neunordischen formen mit ä (oft e geschrieben) nicht ohne Wirkung gewesen sein. Bei einigen von den ebenda erwähnten Wörtern findet man aber in allen dialekten ein <e, welches also urlappisch sein dürfte; solche Wörter sind bœvdde und vcerdde. Wenn man diese beiden Wörter der grossen masse der tc-formen gegenüberstellt, könnte man also geneigt sein anzunehmen, dass sie zunächst aus finn. pöytä, verta, nicht direkt ans dem nordischen, aufgenommen seien. Wie dem auch sein mag, kann man jedoch getrost die hauptregel aufstellen, dass nordisches e im urlappischen immer mit ie wiedergegeben wird.

Bei den rein finnisch-lappischen Wörtern ist die frage viel mehr verwickelt. Die meisten von ihnen zeigen wohl ein œ, es gibt aber auch eine nicht geringe zahl von Wörtern mit ie. Nach der regel vou prof. Gen Etz würde man hier ein a erwarten, wenn die fol- gende silbe einen hinteren vokal enthält, dagegen ein a (N. F. a), wenn in der folgenden silbe ein vorderer vokal steht. Dass diese regel indessen nicht richtig sein kann, zeigt ein blick auf die bei- spielsammlung. Ersteus findet mau nämlich œ, nicht a, in solchen

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178 -

gewiss sehr alten Wörtern wie bœna. bœraè, greppad, gœrggad, mœrra, Sœlggad u. 8. w. = f. peni, perc, kq>eä, kerkeä, meri, selkeä, zweitens findet man ie, nicht œ, in solchen, ebenfalls sehr alten Wörtern wie fierbme, giedde, cielgge = f. verkko, kenttä, selkä, und drittens findet man ie, nicht a, in mietta, ciclgas, vicllja, nieidda = f. mesi, selkeä, veli, neiti. Von den Wörtern mit kurzem a = f. e, vgl. unten im abschnitte von dem kurzen i. Die frage kann also nicht auf die von Genetz vorgeschlagene weise gelöst werden. Die nordischen lehnwörter scheinen mir indessen den Schlüssel zu der lösung der- selben zu geben. Der umstand, dass nordisches c ganz unabhängig von der qualität des folgenden vokales immer mit urlappischem ie wiedergegeben wird, weist wohl deutlich darauf hin, dass derselbe e-laut im urlappischen immer auf dieselbe weise wieder- gegeben wurde. Wenn es sich aber so verhält, kann der schein- bare Wirrwarr bei der wiedergäbe sowohl des finnischen e als, wie wir unten sehen werden, auch des finnischen ä kaum anders erklärt werden denn so, dass die finnische spräche hier nicht auf einer ursprünglichen stufe stehen kann, d. h., dass das fin- nische hier zwei (oder mehrere), ursprünglich verschiedene laute durch einander geworfen hat. Der eine laut, den wir vorderhand mit E bezeichnen können, würde also dem lappischen ie zu gründe . liegen, während der andere laut, das Ä, im lappischen durch <e wiedergegeben wurde. Da die zahl der Wörter mit lappischem œ viel grösser ist als die zahl von denjenigen mit ie (welche erschei- nung auch unten im abschnitte von dem nrlappischen ä uns begegnen wird), sollte weiter das finnische Ä viel allgemeiner als das E ge- wesen sein. "Wir müssen uns jedoch hier erinnern, dass es oft sehr schwierig ist etwas genaues über das alter der finnischen lehnwörter im lappischen zu sagen, und dass es also sehr möglich ist, dass recht viele von diesen Wörtern mit œ erst in neuerer zeit entlehnt sind und dass ihr œ nur das neuere finnische e wiedergibt. Solche Wörter sind vielleicht bœrrat, bœrrc, bœska, bœtto, dœrre, gteha, gel- botaS, gœlle, gœtto, hœlppo, hœrkke, lœppo, lœska, mœnatuvvat, rœhalaS, sœlljo, vœmbel, œnnatet, œrro, œves u. a., die in anderen als dem fin- nischen geographisch nahestehenden dialekten im allgemeinen unbe- kannt sind. Aas einigeu von diesen Wörtern, bœrrat, baska, lœska,

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- 179

ntœnatuvvaty rœhalaë, vœnibel sieht mau, dass finn. e auch vor einem folgenden palataleu vokale in neueren lehn Wörtern durch lapp. œ wiedergegeben wird. Im allgemeinen wird finn. e in neueren lehn- wörtern niemals durch lapp. ie wiedergegeben; wenn UevUa, Uevlle und smievkkat in neuerer zeit entlehnt sind, beruht ihr iev gewiss auf das finnische öy (vgl. hiermit, dass auch nordisches ö im lap- pischen zu ie wird, siehe oben s. 177).

Es wäre also möglich, dass das finnische kurze e keinen ein- heitlichen Ursprung habe, sondern teilweise aus einem offeneren laute, also wohl zunächst ä, entstanden sei. Einen sicheren beweis hierfür kann natürlicherweise erst einevergleichung mit den ferneren schwester- sprachen geben, welche vergleichung aber zur zeit nicht möglich ist. Diese Zweiteilung des lautes hat vielleicht auch etwas zu thun mit dem jetzigen vorkommen zweier e-laute im finnischen, von welchen der eine vordere vokale, der andere hintere vokale in der endung verlangt; dieser letztere laut wird ja bekanntlich auch mit etwas nach hinten gezogener zunge ausgesprochen, z. b.: merta, helma, aber lejypü, henki.

Übrig ist also die wiedergebung des finnischen kurzen ä im lappischen zu untersuchen. In dieser abteilung finden wir keine nordischen lehnwörter, weil es im allgemeinen unmöglich ist zu be- stimmen, ob ein solches lehnwort, dessen nordische grundform ein ö (oft œ oder e geschrieben) hat, in urlappischer oder späterer zeit entlehnt worden ist. Wir müssen sie also hier aus der rechnung lassen, indem wir bemerken, dass nordisches ä im lappischen regel- mässig durch œ oder dessen äquivalenten wiedergegeben wird.

Dem finnischen kurzen ä entspricht im lappischen sowohl ein œ als ein ie. Zu der ersten gruppe von Wörtern mit lappischem œ gehören die folgenden Wörter (N. F.):

bcedfjes, bœrnjes, bteryes „der mittelste teil des Schneeschuhes" = f. pittüs, gen. pälkään.

bœraë, bœra neben biera „holzspan; kienspan zum leuchten"

= f. päre.

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- 180

bœstarj bteskragas, bœstorages, -ragaê „Motacilla alba" = f. västäräkki.

bœêket „knallen", vgl. f. päJMtä.

bœtte „die brüst eines vogels" = f. pätiis.

dœdvot, dcdvot, dccrvvot „einen braun und blau schlagen", vgl.? f. tärvätä, welches jedoch wahrscheinlicher aus schwed. ßrderfva „verderben" stammt.

àœkke „das dicke fleisch am korper" = f. tähkä.

dœrddhest iness. „beinahe, mit genauer not", vgl. karel. tärdehe-, nom. tärris „wichtig (f. tärkeä)".

deerged „steiles ufer"; dœrgadak „grund in der see mit steilen Seiten" = f. särkkä.

dœrppat „hammern; wie ein schwein oder bär hüpfen" = f. tärppiä.

dœsta od. dœstaid adnet „auf etwas rücksicht nehmen, sich um etwas kümmern" = f. pitää tähdellä.

gœkkat „beabsichtigen" = f. käkeä, käetä.

gœppa „netznadel; weberschiff" = f. käpy.

gœppel „fussblatt (an tieren)" = f. käpälä.

gœrdne „dünne, hart gefrorene kruste auf dem schnee, die doch einen menschen nicht tragen kann; ausschlag auf dem euter einer kuh" = f. kärnä.

garreg, gereg, gicreg „gerichtspersonale" = f. Jceräjä und käräjä.

yœrsse „schweinsrüssel" = f. kärsä,

g&sko „befehl" = f. käsky.

hœgjo „schwach; schlecht; elend" = f. häjy.

hcekkad adj. „plötzlich, unerwartet" = f. äkkiä.

hœîaidet „plappern" = f. hiüäjää.

hœmmastuvvat „erstaunen" = f. hämmästyä.

hcepad „schände, schäm" = f. häpeä.

hœredet „sich beschäftigen" = f. härrätä oder besser häärätä.

hœrgge „verschnittenes renntier" = f. härkä (lit.).

hœrkem, ferkem, firgim, hergië, herkim etc. (mit e aus œ vor i) „quirl" = f. härkin.

hœrccot „logre for, indsmigre sig hos, kokettere for (om parre- lystne Dyr)u, vgl. f. hürsyttäü.

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- lsl -

hatte „not, gefahr" = f. hätä.

hœvatet „vertilgen, verschwenden" = f. hävittää,

hœvdne „spinne" = f. hämähäkki.

jœgge „moor" = f. jänkä.

jœgel „renntiernioos" = f. jäkälä.

jœlgas „schwache spur" = f. jälki.

jœrga (dial.) „verstand" = f. järki.

jœrgalagai neben jiergalagai „nach einander" = f. järjestänsä, jœsan „glied" = f. jäsen, lœgge „Vertiefung" = f. länkä.

lemsot (dial.; mit e < œ?) „sich hin und her bewegen (von den kleidern während des gehens)", vgl. f. lämsä etc.

radde-l<eppe „brustlatz" (aber Lule slèoppâ) = f. läppä (die Zu- sammenstellung mit an. leppr, norw. lepp im allg. „läppen, fetzen" bei Qviqstad, NL, s. 228, ist wohl unmöglich).

leppo (mit e = œ?) „zunge", vgl. f. läppä?

mœdem „rogen" = f. tnäti, mähnä.

mœndde, mœndda „butterstössel" = f. mäntä (lit.).

meris (mit e < ce vor i) neben mieris „stumpfe axt" = f. merasfln), märäsin.

njeeëëe „moder", vgl.? f. nähjä.

nœkko „aussehen" neben niekko „träum" = f. näkö.

nœlgge „hunger" = f. nälkä.

rœppen neben Heppen „rauchloch in dem lappischen zelte" = f. reppänä und (dial.) räppänä.

rœwat „(fische) scheuchen", vgl. f. rävätä, rävähtää.

selvve (mit e = œ?) „der oberste von den besätzen, womit der saum des lappenrockes geziert ist", vgl. f. särmä, särvi.

L. & Ö. slättjahet „humidum esse aut jacere, ligga och vara vat", vgl. f. läsä.

seerggat „schmerzen" = f. särkeä.

stergge „Leuciscus rutilus (rotauge)" = f. särki.

sœvdnjad „finster", vgl. f. hämärä.

sœwct „winken", vgl. f. sävähtää.

cœbet etc. „hals" = f. häväs.

cœkkanct „im halse stecken bleiben (von speise)", vgl. f. säkehtyä.

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- 182

ceraidet (mit e = œ?) „kuacken, knicken (in tr.) = f. säräjää. vœdnjedet, vcennedet, vœidnol „zanken", vgl. f. vänätä. vœkka „kraft, gewalt, macht, häufe" neben vcekke „hilfe" = f. väki.

vœîek „rüstig, rasch", vgl. f. vdleä. vaüa „Verschiedenheit" = f. väli. vœlttet „vermeiden" = f. välttää, œmme „weib, alte frau" = f. ämmä.

œpparaë „gespenst von einem ermordeten, uugetauften kinde" = f. äpärä.

œrddot „ein wenig zornig werden" = f. ärtyä (nord.). (er mo „nebel mit ein wenig schnee" = f. härmä (lit.). œska, œske „vor kurzem; endlich einmal" = f. äsken. Wörter mit f. äi und äy: bœiwe „tag; sonne" = f. päivä.

lœikkot (neben leikkit mit e aus <b vor i) „giessen" = f. läikkyä.

rœëket „laut lachen" = f. räiskätä.

sœigas „nicht verwickelt", vgl. f. säije, seikeä.

cœskad neben caskad „schneeweiss", vgl. f. säihkyä.

L. & Ö. äimesk „schüchtern", vgl. f. äime.

dœvddet „füllen" = f. täyttää.

gœvrre „ring unten an dem beim schneeschuhfahren gebrauchten Stabe, der das herabsinken desselben in den schnee verhindern soll" = f. käyrä.

gœwat „gelingen, gehen" = f. käydä aus dem stamme *kävc-, vgl. impf, kävin etc.

Zu der zweiten gruppe mit lappischem ie gehören die folgenden Wörter:

biekke, gen. bieke „stück, bisschen" = f. pätkä, biekkot, biegom Jammern", vgl. f. pähkätä. biera neben béera, bœraS „holzspan; kienspan zum leuchten" = f. päre.

bievUa „ein von schnee entblösster fleck" = f. pälvi, ditti (mit t aus ie vor i) „wegen" f. tähden, fielbma und (dial.) vielmis „stiller, tiefer teil eines flusses" = f. vällä.

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183 -

ßcllat „wüuschen", vgl. f. välittää, giekka „kuckuck" = f. kaki. Lule kêeratê „Picus martins", vgl. f. (palo)kärki. ffierddat „leiden, dulden, ertragen" = f. kärsiä, giereg neben gereg, gœrreg „gerichtspersonale" = f. keräjä. käräjä.

gietta „hand" = f. käsi.

gietka „wiege" = f. kätkyt.

gievrra „stark", vgl. estn. käbras „stark, heftig".

tiieges „brutal, roh", vgl. f. häkä, äkäinen.

jierbmc verstand", vgl. f. järki.

jiergalagai neben jœrgalagai „nach einander" = f. järjestänsä, miefta, nuekta, mickta, miepta, muökta „kleiner rasenhügel", vgl. f. mätäs.

mieris neben meris (mit e aus œ vor t) „stumpfe axt" = f. mcras(in), märäsin.

mieèket neben mieöäat „knacken, knicken14 = f. mälikiä.

niegadet „träumen" = f. nähdä.

niekko „träum" neben nœkko „aussehen" = f. näkö.

njieccat „durch wässert werden; neblichtes, feuchtes wetter wer- den" = f. nätä.

rieppen neben rœppcn „rauchloch in dem lappischen zelte" = f. reppänä und (dial.) räppänä.

siessa „vatersch wester" = f. täti.

viek, vieka „ziemlich gross", vgl. estn. iväga, tväga „sehr" (wenn dies nicht, wie Wiedemann, Ehstn.-deutsches Wörterb.*, s. 1327 a, annimmt, aus *wäe-ga kontrahiert ist) oder f. väki.

viessat „müde werden" = f. väsyä.

Ausserdem ein wort mit f. äy:

diewa, dievas „voll", vgl. f. täysi; im russischlappischen kommt auch das finnische t zum Vorschein: K. tivdas, tivtas, N. tievt etc. (Genetz, n:o 700); das verhältniss zwischen den formen mit und ohne t, d im anfang der zweiteu silbe ist unklar; aus der etymologie des wortes scheint es hervorzugehen, dass die formen mit t, d die ursprünglicheren sind: tscher. Ut, tic, cic, cîc, ostj. telin, têt, wogul. tagle, tajl etc., ung. tele „voll" (Budenz, MUgSz., s. 203).

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Auch hier bewährt sich also die von prof. Genetz aufgestellte regel nicht. Auch wenn man eine anzahl von mutmasslich in jün- gerer zeit entlehnten wörten mit œ = finn. ä aus der rechnung lässt (solche wie jœrga, jœsan, sœrggat, vœîla u. a., die nur in an das finnische grenzenden dialekten vorkommen), gibt es jedoch hinläng- lich viele alte entlehnungen, welche der GKNKTzschen regel wider- sprechen. Ein œ statt ie haben so z. b. lœraë, dœrppat^ dœsta, gœkkat, litepad, hœvateU jœrgalagai, vœkka, gawvat und ein ie statt «e z. b. biekke, fielbma, giereg. Doppelformen sind hier wie bei den vorigen abteilungen häufig. Wie wir oben s. 179 zu dem Schlüsse kamen, dass das jetzige finnische e möglicherweise in einigen fällen aus einem offeneren laute entstanden sei, können wir hier sagen, dass das finnische ä teilweise aus einem mehr geschlossenen laute entstanden sein dürfte. Dieselbe erscheinung kennen wir ja übrigens auch aus den litauischen lehnwörtern, wo ein finnisches ä bisweilen (in der Stellung vor r) einem litauischen i entspricht, z. b.: kärtnc, käärme < lit. Jàrmis (Thomsen, BFB, s. 98).

Das hauptergebniss unserer untersuchuug wird also, dass fin- nisches langes e (ie) durch das lappische geschlossene e wie- dergegeben wird und finnisches langes A durch das lappische offene œ. Yon der geschieh te des kurzen e und <*» œ können wir hei nnsrer beschränkten kenntniss von der geschiente der übrigen finnisch-ugrischen sprachen nichts gewisses sagen; einige umstände scheinen aber darauf zu deuten, dass die älteren finnisch-lappischen Wörter in dieser hinsieht im lappischen eine ursprünglichere gestalt bewahrt haben als im finnischen.

3.

In einigen Wörtern entspricht der lappische geschlossene f laut einem finnischen kurzen oder langen ö (o tritt bekanntlich im finn. in der form auf). Qvi«stad, Beitr., s. 123. Vgl. hiermit, dass auch neunordisches ö im lappischen häufig durch ie wiederge-

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geben wird, siehe oben s. 177. Die geschiente dieses finnischen ö ist noch nnbekaunt. Wenn es unursprünglich ist, was freilich noch zu be- weisen wäre, würde es wohl also zunächst auf einen c-laut zurückgehen. Die beispiele von lapp. ie finn. ö, sind die folgenden (N. F.):

cielkket „mit den Zähnen klappern u = f. tölkkiä.

ciellat „bellen" = f. tölisiä; die von Qvigstad, NL, s. 335, vor- geschlagene etymologie ciellat < schwed. skälla id. ist unmöglich

hiereg (dial.) „toll", vgl. f. pyörä etc.

bierttaluvvat „von arbeit rot und schweissig werden", vgl.? f. pyörlyellä.

hietto neben hetlo „nutzen" = f. hyöty.

miedaëtet „verweigern", vgl. f. myösiä.

miette- „begleitend, günstig" = f. myötä-.

rievedet „rauben, plündern" = f. ryövätä (nord.).

sievtas, gen. siektasa „lockspeise, wodurch das wild innerhalb schussweite gelockt wird" = f. syöte, gen. syötteen (mit faktitivem U < kt).

ciekcat „mit den füssen stossen, schwed. sparka" = f. syöksen. Oben s. 179 wurden ausserdem einige Wörter mit f. öy an- geführt, welches öy in jüngster zeit aus ey entstanden ist.

4.

In einigen wenigen Wörtern entspricht der lappische ge- schlossene c-lant einem finnischen, kurzen oder langen /. Welcher von diesen lauten der ursprünglichere ist, ist noch unbekaunt. Qvig- stad, Beitr., s. 122. Die beispiele sind (N. F.):

dieUiko neben dükko „fleck auf dem feile eines tieres; schnee- freie stelle" = f. tilkku.

giera, geu. gierraga „gipfel, höchster teil von etwas" = f. kiirc „scheitel-.

jeë „selbst" = f. itse.

In dem worte Lille hierrä „maus" = f. hiiri dürfte, wie die etymologie ausweist, das finnische ii aus irgend welchen dementen

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zusammengezogen sein; es heisst nämlich: mordw. Scjer, täver, ccir, syrj. sir, Sir, ostj. lenklr, tener, wogal. täner, ung. egér id. (Budenz, MUgSz., s. 767). In der lappischen form wäre demnach zwischen è und A irgend ein element weggefallen.

5.

Im einem worte entspricht lappisches ie einem finni- schen a (QviGSTAD, Beitr., s. 119):

N. F. vielggad „weiss" = f. valkea, dessen etymon eher auf ur- sprünglicheren hinteren als vorderen vokal zurückweist (AlUgSz., s.581): mordw. valda, vaido „licht, hell; licht, helle*; techer. volgodo „lu- cidus, fulgens, splendidus"; syrj. votai- „glänzen, Widerscheinen"; ostj. vollj-, voli- „glänzen, schimmern"; wog. votg- „glänzen, funkeln", ule „feuer"; aber ung. vilâg „lux, lumen; mundus", dessen i jedoch möglichenveise aus ursprünglicherem a entstanden sein könte, vgl. Munkacsi in XyK, XXV, s. 280.

Ausserdem findet man in zwei nordischen lehnwörtern ein un- klares ie, dem im nordischen ein a gegenübersteht:

niehkke „nacken", vgl. an. hnakkr id. (NL, s. 246). Ein c keunt man aus den nordischen sprachen in diesem worte nicht; möglichenveise könnte jedoch hier eine andere ablautsstufe mit a- umgelautetem e vorliegen, vgl. Noreen, Urgerm. Lautl., 8. 51. Viel schwieriger ist

siello „seele" = an. sâl fem. id. (NL, s. 286). Das altnordische wort geht zunächst auf ein urn. *sälu < *sâîô zurück, dieses ö ist aber nicht wie sonst oft aus œ, sondern aus aiw entstanden (vgl. got. saiwala etc.; Kluge, Etymol. Wb. s. v. Seele). Auch im finnischen hat dieses wort bekanntlich ie: sielu, was uns aus den oben s. 37 erwähnten gründen dazu bewegeu kann dasselbe als über das fin- nische in das lappische hineingekommen anzusehen.

6.

Selten entspricht der lappische geschlossene e*laut einem finnischen ei, siehe unten im abschnitte von den diphthongen.

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- 187 -

7.

Die wichtigsten formen, unter welchen der urlappische geschlos- sene e-laut, d. h. das spätere urlappische es {ie), in den verschiedenen jetzigen dialekten auftritt, sind die folgenden:

Russisch-lappisch:

In T. und E. steht im allgemeinen vor einem (russisch-lappischen) a in der folgenden silbe ie, sonst langes ?, in X. (und im allgemeinen in Pasvik) in allen fällen ie, in A. am häufigsten i oder c, z. b.: N. F. diettet „wissen" = T., K. tîtte-, aber ticâam „ich weiss" (auch tiett „er weiss", wo im auslaut ein ursprüngliches langes a weg- gefallen ist) und tiettä „wisseu, nachricht"; N. üeHe-\ Pasvik part, prset. diéttam; A. tette-, impf, -t-; X. F. siessa „vaterssch wester" = T. slsse aber sieza! , K. süss, N. siess.

Statt des langen ï steht in T. häufig kurzes i in geschlossener silbe, z. b.: X. F. gictka, gen. giclkama „wiege" = T. kitkîm (neben kietkem); f. kääriä = T. kirre- (ie) „wickeln" neben kirccede- „hastig umwickeln". Auch in K. und X. findet man bisweilen kurzes i (K. 181, 700, 721, 736; X. 278 vor t. Es ist also möglich, dass die wechslung ie ~ i (vor i) auch iu X. vorkommt, obgleich es zu- fälligerweise in unsren materialien sehr wenig beispiele von diesem i gibt). Seltene formen sind X. î (vor i; 293), e (T. 473; X. 1112, 2038), e (X. 486) u. s. w.

Einige Wörter zeigen in T. ein lo (vor a) ^ Ï, was sonst auf ein urlappisches zurückzugehen pflegt:

X. F. ciekkat „verbergen" = 721 K. öikke- (ie) „begraben", aber 722 T. ôlkkl- 0o) „niedergraben".

X. F. ciegar, gen. ciekkar „von renntieren ausgeweidetes land im winter" = 733 K. ciyar, X. cieyar „Weideplatz der renntierherde", aber 734 T. clgr-sijje „Weideplatz".

X. F. bielgas „rein, klar" ; f. selkeä = 804 T. öilte, attr. cilk id., aber 806 T. attr. clelka „nüchtern".

X. F. cielgge „rücken"; f. selkä = 807 T. ëteilkc neben ckilkc „der untere teil des rückens, das kreuz".

889 K. Sitte- „ausbreiten44, aber 890 T. Sitte- (le) „anpassen, legen, ausbreiten".

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N. F. njccakas, njiccagas, niecakas, Lule fictotsakis „der unterste, grössere knochen am hinterbein eines tieres" = 1107 T. Meckas oder nleckas id.

f. sieran =1112 T. nunn-slerra^m, K. n.-sierem, N. n.-serrem „nasenloch".

Da indessen die entsprechenden finnischen Wörter ein e, ie haben, muss man wohl annehmen, dass die entwickelung zu ?e ~ ! im sonderleben des dialektes in T. geschehen ist.

Enare:

Regelmässig ie, z. b.: tietted „wissen"; cieka „Verwahrung"; nicid, nieita „mädchen, jungfrau" = N. F. nieidda. Ob dieses ie vor einem i in der folgenden silbe durch i ersetzt wird, wie es in N. F. geschieht, ist sehr unsicher. Lönnrot, Acta Soc. Scient. Fenn., IV, s. 140, sagt wohl, dass dies „in einigen fällen beobachtet, in anderen vernachlässigt" wird, selbst hat er aber keine beispiele davon gegeben (ausser ëilggid „erklären" = N. F. cilggit); auch bei Sandberg, JSFOu III, findet man kein beispiel; es heisst bei ihm diet „wegen u = N. F. dilti; gieldë „sie verboten*4 = N. F. gildde; diettë „sie wussteu" = N. F. ditte; etc.

Norweg. Finmarken:

Wenn ein i oder u in der folgenden silbe steht, geht urlap- pisches es (ie) zu i über, sonst wird es als ie beibehalten (Friis, Gramm., § 21; Qviostad, NL, s. 75); das umlautwirkende i ist in einigen formen zu e, ë (zwischen c und i) übergegangen, der umlaut ist aber geblieben. (In denselben fallen geht auch œ zu e, oa zu o und mo zu u über). Beispiele: gietta „band", illat, gitti; diettet „wissen", 1 p. du. praes. ditte, 3 p. pl. prses. dittëk, 1 p. sg. praet. dittim, 1 p. sg. potent, didicam, pass, dittujuwut; dietto „kenntniss", illat, dittui, vor poss.-suff. dittus-; etc. In Hammerfest hört man jedoch bisweilen gietti statt gitti (Friis, a. a. o., § 21, anm. 2).

In Bugö fjord und Jar fjord wechselt ie ohue klare regel mit ie (e = geschlossenes c, norweg. e in eti, ett), z. b.: riéoar neben r'u'var „räuber". In einigen dialekten in Tromsö amt wird bis-

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weilen statt ic ein ë oder e gebraucht, z. b.: Bis., Wst. gërdnas, gen. ger'nasa, Lnv., Of. gierlmas, gen. gier'nasan, Ib., Of. gërhnas, gen. gcr'nasan „kafleemühle" (NL, s. 157).

In Kaifjord haben viele Wörter ihr tc gegen die äquivalenten des urlappischen œ, also in der „starken" form ee, in der „schwachen", vennilderteu c, ausgetauscht, z. b.: N. F. nieste „reisekost" = Kl. nœsstë, gen. nëstë; N. F. viercca „Schafbock" = K. vœrc, gen. vcrc.

Lnlelappisch:

Im allgemeinen wird urlappisches èe als ës, è beibehalten, z. b.: Uësota, tësotët, pèr*k<â, vèf otsa = N. F. gietta, diettet, bierggo, viercca.

Vor einem langen ö in der folgenden silbe geht aber das èe im allgemeinen in ä über, z. b.: fcèddëe, illat. Käddüi; p&Mës, illat. päokküi; vëelmës, gen. väl'mä = N. F. giedde, biekkc, fielbma. We- niger oft wird es in dieser Stellung bewahrt, z. b.: tëeotët, 1 p. sg. prces. testäu; Keslës, gen. ttèUâsa; sèssâ = N. F. dieltet, diedam; gicles; siessa.

Arjeplog:

Der geschlossene c-laut hat sich hier im allgemeinen zu ë ent- wickelt, z. b.: tëvas, vëssum, illat, hëhtai = N. F. dievas, viessom, gitti (von gietta). Neben diesem ë findet mau auch häufig ï, î, z. b.: ace nijfau und neitau, acc. wrÄcap und vërhcap, acc. pirhkuw, (ïhkc und /cA&e = N. F. acc. nitida^ acc. vierca, acc. biergo, Lule fëeatë* „hieher". Nach Qvigstad, NL, s. 76, soll der Wechsel von ic (= IIalâsz ë) und i in denselben fallen geschehen wie in N. F.

Andererseits ist die Vermischung mit der ^-gruppe hier noch weiter gegangen als im Lulelappischen; es heisst also z. b.: päbmü, acc. pvpmüp; näita, acc. nëitau; illat. sg. mit poss. suff. lejasis, acc. vëljau etc. = N. F. biebmo, nieidda, viellja; aber ëcâ „ein au- derer" = N. F. jeca, jieca; kënës, plur. këtnâsa „faul" etc. Es ist mir nicht gelungen diese erscheinungen unter eine regel zu bringen (das ë ~ ï deutet wohl auf ein das dem aufzeichnet' bald als ê, bald als ? vorkam).

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Malâ:

Im allgemeinen c, ë, z. b.: ncita, velja, ëSas, têt = N. F. nieidda, viellja, jetas, ditti (wegen). Sehr oft findet man indesseu auch statt dessen die diphthonge ie, iä, 'c oder 'ä, z. b.: viesot, illat, vielljai, piäbmo, acc. pl. piärgoit, 'ecat, kompar. k'äureb, kfägnd = N. F. viessot, vieïïja, biebmo, bierggo, jecad, gicvrra, cieyal (tief) ; oder ein langes oder kurzes t, z. b.: ïèas, cihca ~ öihca, attr. vilkes = N. F. jecas, öieöca, viclggad; selten ein è} z. b.: èrit = N. F. erit.

Der Übergang zu der «?-gruppe scheint nicht so häufig zu sein wie in den etwas nördlicheren dialekten; beispiele sind jägna, vä$$et, gen. plur. välji = N. F. jiegtja, vie$$at (holen), viellja. So weit man aus den vorhandenen materialien sehen kann, kommt wechslung des vokales innerhalb des paradigmes (also e ~ ä vor ö) nicht vor.

Vgl. Halasz, NyK, XXII, ss. 223, 224.

Südlappisch:

Im allgemeinen ëe, è, z. b.: V., F., O., U., H. Bèrms r,bär" = N. F. bierdna; V. Bèttares, -rnss, F. Bèttarnase, 0. Bèttarnassê „der oberste halswirbel" = N. F. bietaras-dilja ; V. Bës(o)rre, F. Besorg vfore, Sk. neore, H. vêet(e) „wegen" = N. F. ditti; St. tievu's, tieva, V., F., 0., IL, H. Dëiués „voll" = N. F. dievas.

Vor eiuem sndlappischen langen a oder w geht aber das te zu cä, eaä etc. über, z. b.: St. kiéttie, kiHtie, kittie, V., F., 0., IT., H. o'èttëe, illat. V.-H. Q'eättän „abgezäunter platz zum melken der reun- tiere" = N. F. giedde; St. piäpmuo, piâpmuo, V., F. Beäppmm, 0., U., H. Beäppmä „speise* = N. F. biebmo; St. piâràkuo, pieràkuo, piärkuo, piarkuo, V. BcäVrAw, F. Beärrgü, O., U., H. Beärroä „fleisch" = X. F. bierggo; gerund. V., F. (8eäärumene, 0., IT., H. tkäärämens, inf. (in IT., H. mit aualogischem oder auch nach dem hinzufügen der jetzigen endung beibehaltenem tä) St èierot, cicrut, ciärut, ciarot, V., F. th&rmt, 0. fhfrrat, U., H. fhäärio „weineu" = N. F. cierrot.

Vor einem kurzen m in der nächsten silbe wird das es zu ö in U., H. gelegentlich ö, umgelautet. Dieser neue laut ist nicht diphthongisch. Das kurze u der nächsten silbe ist dann in den ver- schiedenen dialekten vielfach verändert worden. Beisp.: hierot etc.

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„weinen", 3 p. sg. pnes. St. core, V., F., 0., Sk. Wve, U., H. fêôre; Bcäppmä etc. „speise* , aber St. pdpmataüat, popmotallat, pö6pmatallet, pupmâtaliat, V., F. Böppmodit, 0. Böppmadit, H. Böppmudit „essen" ; BeärrÄtö etc. „fleisch", aber dimin. V. Börrkofh. Vgl. Halasz, NyK, XXII, s. 234.

Wie aus dieser übersieht hervorgehen dürfte, kann der Über- gang von ie zu i vor einem in der folgenden silbe stehenden i kaum urlappisch sein, da er ja ausser in den allernördlichsten dialekten nur in Stensele vorkommt. Es ist sehr natürlich, dass mit dem grossen hange der lappischen dialekte zu allerlei umlauten ein solcher Übergang hie und da sporadisch hat auftauchen können.

Urlappisches ä. 1.

Oben s. 58 f. wurde erwähnt, dass auch das urlappische ä, der offene e-laut, die urlappische dehnung des hauptbetonten vokales mit durchgemacht hat und dabei (oder vielleicht etwas später) diph- thongisiert worden ist. Aus den verschiedenen formen, in welchen dieser diphthong in den jetzigen dialekten vorkommt, scheint es hervorzugehen, dass die ursprungliche gestalt desselben war. Bei- spiele von demselben finden wir ebenda sowie oben s. 167 ff. in grosser menge.

2.

In dem zweiten momente des vorigen abschnittes, s. 161 ff., wurde gezeigt, dass finnisches langes ü im lappischen im all- gemeinen durch œ wiedergegeben wird. Über die geschichte des ursprünglich kurzen œ können wir vorderhand nichts gewisses sagen; einige umstände scheinen indessen darauf zu deuten, dass die älteren finnisch-lappischen Wörter in dieser hinsieht im lappischen eine ursprünglichere gestalt als im finnischen bewahrt haben. Beispiele, siehe ebenda.

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3.

In einigen wenigen Wörtern entspricht lappisches œ ei- nem finnischen oder nordischen «. Qvigstap. Beitr., s. 119. Sie sind (N. F.):

gcja, gcigga neben gajcg „möve" = f. kaija, kaikay kajava.

gœcàat „sehen, betrachteu, etc.", vgl. f. katsoa oder vielleicht eher kaitsea.

L. & ö. hästa „usque, usque ada = f. asti.

ramto „holzgeföss mit deckel", vgl. f. rainta (siehe näher unten im abschnitte von den diphthongen).

sœmol neben sœimol, sammal „moos" = f. sammal.

Sœrrad „klar, hell", vgl. f. sarastaa, estn. sarama, särama etc. „glänzen".

cœvres „fischotter" = f. s aar va: vgl. Anderson, Wandlungen der anlautenden dentalen spirans im ostjakischen, s. 133 ff. vœikke „kupfer" = f. vaski.

N. F. dial, gietta-vœrdde „handgelenk" = f. käsivarsi, vœcer „hammer" f. vasara, œvro „Rumex digynus" = f. hapro. Nordische lehn Wörter:

rœbba Südw., Kr., Kv., Krl., Lg., Bis. neben krœbba Krl., krabba Kl., Lg., rabbä Luv., Ib., Of., (kräbbes Wst.) „hölzerner anker mit steinen; krabbe" < an. krabbi „krabbe, krebs" (NL, s. 279).

sœmma, sœbma etc., Ib. secmmä, simmä, simmc, Of. simmc samme, Enare sabma, samma, Arj., Arv. samma „derselbe", vgl. an. samr, sami id. (XL, s. 331).

Man findet wohl auch einige andere nordische lehnwörter mit einem œ nord, a; diese formen kommen jedoch grösstenteils nur in Arj. oder E. vor und sind durch die oben ss. 158, 156 gegebenen regeln von der wandelung des a zu œ in Arj. vor u, t und zu œ in E. vor e zu erklären, so z. b. Arj. smœhkot „schinecken, kosten" = schwed. smaka (NL, s. 304), wo das o nach dem ausweise von Lule smaokküt nicht w, sondern ü ist, und E. lüde „blatt" < uru. *blada, an. blad (NL, s. 20G). Die form Of. vœàal, Wst. vœààal neben N. F. /«dda? „eine portion heu für eine kuh" = an. vandutt id. (XL, s. 143)

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scheiut eine an. form *vendill vorauszusetzen ; dass es eine solche nebeuform init -ill in der that gegeben hat, geht aus den von Ross, Norsk Ordbog, s. 918, mitgeteilten norwegischen formen vandil, vönnil etc. hervor. Einige formen mit lappischem œi statt eines erwarteten ai sind deutlich durch association mit späteren nordischen formen aufgekommen, z. b. /«/gas etc. (NL, ss. 157, 340) „dem tode ver- fallen" < um. *fai$ù! oder *faisuz, au. feigr id. mit association von an. feigr oder norw. feig.

Die lehnwörter rœbba und sœmma scheinen jedoch nicht in dieser weise erklärt werden zu können, da sie auch in solchen dia- lekten vorkommen, wo der genannte Übergang a > œ nicht ge- bräuchlich ist, und man in den nordischen sprachen in ihnen niemals ein e oder ä findet. Die erklärung von ihrem œ mag also vorläufig dahingestellt werden; sœmma ist auch in einer anderen beziehung unregelmässig, da sein mm nicht geschwächt werden kann; es ist also vielleicht in der that kein lehnwort.

Auch bei den finnisch-lappischen Wörtern sind wir vorderhand nicht im stände mit Sicherheit das lappische œ zu erklären. Die bisher bekannten etymologien derselben scheinen jedoch auf ursprüng- lichen hinteren vokal zu weisen. Das wort vœikke hat nämlich ausser f. vaski folgende äquivalenten: ostj. va%, vox etc., wogul. vogi, ung. vas (Anderson, a. a. o., s. 107). So auch cœvres: f. saaria etc., mordw. surka, syrj. ser, wotj. sor, ostj. êurym, furum (ibid., s. 133). Das wort sœmol geht wahrscheinlich auf lit sâmanos plur. „moos" zurück (Thomsen, BFB, s. 214) und vœcer, f. vasara hat in seiner iranischen grundform ein a: zend vazra- (ibid., ss. 189, 286). Von diesen beispielen ausgehend ist man also geneigt anzunehmen, dass das finnische a hier ursprünglich ist; in diesem falle ist es weiter vielleicht kein blosser zufall, dass in so vielen von den er- wähnten beispielen ein ö oder à (vœikke = T. vieëkc etc.) in der unmittelbaren nähe des vokales steht.

4.

Selten entspricht lappisches <e einem finnischen /, #7. Die

beispiele sind:

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X. F. tlœàalagcs, 8t<e££ala<jges, staSSalagyo, Lnle tàddêulafrka). L. & Ö. tydtjol „eidechse" = f. sisilisko.

X. F. rœStne „tau an der seite eines netzes" = f. rihma neben räismä (wenn diese letztere form nicht selbst aus dem lappischen entlehnt 1st). Die geschiente dieses rr ~ i ist unbekannt.

5.

Selten entspricht lappisches œ einem finnischen o, ö (wo).

Die beispiele sind:

hœibbot „ringen" neben L. & Ö. huibot, Mipot id. und Lule f>iepw/, L. & Ö. oibot, nipot „kämpfeu", vgl. f. hoippua.

Lule räfvat, L. & ü. reiwetet „schlagen" neben X. F. roaivvat id. = f. roivata.

vœgjet neben T. vîeyc- (oa), K. «oj/e-, N., A. vajje-, N. vojje- vermögen, können" = f. voida.

Die entwickelung von f. voida ist noch unbekannt; die dar- stellung in MUgSz., s. 589 f., scheint mir wenig Uberzeugend.

Die gewöhnliche Zusammenstellung von N. F. beeile „seite, hälfte" mit f. puoli ist nicht richtig, weil sie zweien von einander scharf geschiedenen wortgruppen angehören; bœlle ist nämlich = mordw. pälä, pele, tscher. pëk, pcle, ostj. pelak, pelek etc., ung. fél „hälfte, seite" (MUgSz., s. 506), während puoli = mordw. pola „ehehälfte" ; syrj. pöl, wotj. pal „seite; einer von zweien"; ostj. pwïîl etc. „seite"; wogul. päl, pal „hälfte, seite"; ung. fal „wand" (ibid., s. 490).

Anm. In einem worte scheint lappisches œ sogar einem finnischen w zu entsprechen: N. F. saldnet „stipare, condensare, pakke, stappe, nedstikke Sne med Spade i Gryde eller Kar, at mere kan rumm08u, vgl. f. sulloa.

6.

Die wichtigsten formen, unter welchen der urlappische ä-laut, d. h. das spätere urlappische eä. in den verschiedenen dialekten auf- tritt, sind die folgenden:

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Rnssischlappisch :

lu T., K. uud N. utelit im allgemeinen ea vor einem (russisch- lappischen) a in der zweiten silbe, sonst ic. In X. steht in beiden fallen auch sehr oft, aber ohne sichtbare regel ia. lu A. findet mau am meisten c, c, ca, in Pasvik œ, 'œ, *œ, e, e, ie ohne dass man wegen des geringen materiales das vorkommen dieser äquivalenten unter regeln bringen kann. Beispiele: N. F. gmdge „stein" = T. kidtkc, K., N. kiatk, A. JiëtRy dimin. T. Iccatkaj, K. keadgatä, X. keadgeS (das bei Genetz mit diesem worte unter einer uummer 164 aufgenom- mene X. kiüitk „vielfrass" gehört nicht hieher, sondern ist = X. F. gœtke) ; X. F. œdnag „viel14 = T. jicnnlg, K. ienncy, X. ianncy, iannij, jennaj, A. jennej, kompar. T. jeampa, K. icnamp, X. ianap, A. jënap ; X. F. œîlet „leben" = T. jicllc-, K. ic^le-, Pasvik j'œlled (aber jelin „sie lebten"), X. part, prass. ieüij, A. illij, aber T. jeallamaë, K. ealmuè, X. ialmuS, A. jelmuè „leben; eigentumu. In X. findet man auch einigemal e (967, 1074, 1126, 1352, 1492, 1638, 1966) oder ê (583).

Selten sind ö, a (T. ä 44, 754, 792, 820; K. ö 820; X. Ö940; A. a 867), N. e (842, 1131) etc.

Enare:

Im allgemeinen œ oder (Sandbergs Sprachproben) 'œ, te, z. b,: X. F. gœdgc, œdnag, œllet, mœcce „wald, öde" = E. kœdgi, kœâgc; œœdneg, œdnag (neben Andelin idnig, innig); œœllid, œllcd, Sand- berg auch œli „er lebte"; mœœcce, mœcce, Sandberg elat. m'œcësf. Der lautwert von E. œ ist nach Lönnrot finnisches ä, nach Castrkn, Resor och Forskningar, V, s. 99, bisweilen ä, sonst cä, nach Sand- berg-Qvigstad breites œ in ostnorw. îœre. Nach Lönnrot, Acta Soc. Scient. Fenn., IV, s. 140 soll die wechslung œ ~ e (vgl. unten bei X. F.) auch in E. vorkommen; beispiele davon habe ich jedoch nicht gefunden.

Übergang zu der e-gruppe ist nicht häufig, z. b.: (Lönnrot) jiegga „geist, leben", kierde „mal", nielj „vier", nievre „schlecht" = X. F. hœgga, gœrddc, njœllje, nœvrre. Einigemal findet man ein r, dessen lantwert jedoch nicht sicher ist, z. b.: (Andelin) scipe, sribi, sœibc „schweif" = X. F. saibbe; (Borg) illat, mccccan, etc.

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19« -

Norw. Finmarken:

In denselbeo fallen, in welchen man eine wechslung ie ~ t, oa ~ o und mo ~ u beobachtet, wechselt auch das aus url. ent- standene N. F. <e mit e. Ein e steht nämlich vor einem i (oder c < ?) oder u in der nächsten silbe, œ in übrigen fällen, vgl. Finis, Gramm., § 21; NL, s. 75. Der lautwert von N. F. œ ist nach Castren, a. a. o., V, s. 99, nur in lœm, lœk), nach Stockflktiï, Gramm., § 37, Friis, Gramm., § 3, und Qviostad, JSFOu, III, s. «, ein offeues ä (Qviostad: „breites œ in ostnorweg. Itère; „low-front-narrow" Sweet"). Das e ist nach Stockfleth, Gramm., § 28,2 „ein breiter und offener laut, fast wie norw. <cu, nach Friis, Gramm., § 3 „etwas offener als das gewöhnliche norweg. eu, und nach Qviostad, a. a. o., s. 5 „offenes e („mid-front-wide" Sweet) = norweg. c i hest, men; engl, e in menu. Nach NL, s. 75. ist das e hier im allgemeinen geschlossenes e ( = deutsches e in see), dialektisch bisweilen offenes e (= engl, e in men). Beispiele : rjœâgc, acc. plur. gedyid; teilet, 1 p. du. pra?s. eile, 3 p. plur. praîs. eUek, prœt. cllim, ellik, eli etc., 3 p. sg. imper, clins; mœcce, iness. plur. mecin; nœvrre, gen. plur. nevri; etc.

In Bugöfjord und Jurfjord (Sandrekg, Sprachproben) findet man neben œ, z. b.: 'œdnam, Jarfj. 'tednan „mark, boden" = N. F. œdnam; m'œcest „im walde" = N. F. mœccst. Nach Qviostad,

*

NL, s. 75, soll das œ in Jarfjord zu c übergehen, wenn ein ?, è, c in der zweiten silbe folgt, z. b.: lefki, illat, leefiäi „lauch" = N. F. lavkkc.

In Koutokeino (Qvigstads Sprachproben) steht vor i, u statt a ein c, ë (geschlossenes c [„mid-front-narrow" Sweet] = norwegisches e in cm, ett), z. b.: cëlki „er sagte", hërgid acc. „die renntierochsen", bcddut „bersten".

lu Kai fjord geht ce in der schwachen form zu ë über, z. b.: pœnn, plur. pënnak „feder"; svœnnsk, plur. svênskak „Schwede". Der Wechsel zwischen œ und c vor i, u ist aber hier unbekannt (NL, s. 75). Der diphthong œi ist in Kaifjord immer zu ai über- gegangen, z. b.: baPrc = N. F. IhbVvc „tag" (NL, s. 78).

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- 107

Lulelappisch :

Vor einem e, i iu der nächsten silbe geht das urlappische hier in èe, e über, sonst wird es als ä beibehalten, z. b.: pèllë, gen. péelè, acc. plur. pëliit, illat. jrô/fm „seite, hälfte" = N. F. bœûe; pètyë, gen. pèljë, acc. plur. pêljiit, illat, pàlljài „ohr" = N. F. bœlljc) pürjas, acc. pär*jasau „decke über dem rauchloche des zeltes". Vgl. ineine Lui. Gramm., § 65,2, und NL, s. 75, n. 2. Vor einem i ist das c undiphthongisch, sonst sind c und ö im allgemeinen mehr oder wenig diphthongisch, was bei dem ä sowie bei dem e, wenn es halblang ist, nicht besonders bezeichnet wird.

Vor einem kureen « in der folgenden silbe wird url. in vielen von den dialekten in Lule lappinark, besonders in S. G., zu einem völlig undiphthongischen «, z. b.: päraj „verwandter" = N. F. bceraë, aber pertdafs id.; pèskëstU „scheren" = N. F. bœskedet, aber frequent, peskustallat; pätat „eine beule öffnen, durchbohren" = N. F. bœddat, aber pass, piddut = N. F. bceddot.

Nach Halâsz, NyK, XXII, s. 300 f., kommt der aus Arjeplog bekannte Wechsel zwischen ä, « in der starken form mit c in der schwachen form auch in den Lule-lappischen unterdialekten in Fol - den und Kvikkjokk vor, z. b.: hässla, gen. hësta „pferd"; kähöcet, 1 p. sg. pnrs. këhcau „sehen". Die frau, von welcher er die ange- blich aus Kvikkjokk stammenden materialien erhalten hat, kann jedoch kaum aus diesem kirchspiele gewesen sein, da ich auch im sommer 1895 in diesen gegenden keine spuren von dem Wechsel ii ~ ë wiederfinden konnte ; sie ist vielleicht aus dem nördlichsten teile von Arjeplog gewesen; darauf deutet u. a. auch ihre elative auf -st: silhpast, tolöst etc.

Arjeplog :

In der „starken" form eines Stammes wird gewöhnlich als «', ä bewahrt, iu der „schwachen" form wird es wie in Kalfjord zu ë, z. b.: kërhma, acc. kät'bmahau „schlänge"; näleküt, 1 p. sg. prses. uelhküw „hungern"; âdnê, illat, mit poss.-suff. ädnäsis, gen. ëtnë „mutter" = N. F. yœrmaS, nœlygot, mine. Qvigstad, NL, s. 75.

Vor einem e in der folgenden silbe bleibt das ä (in der starken form) in vielen Wörtern, in anderen wird es von c ersetzt, z. b.:

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- 108

mähhcct „wald", päivc „tag", ädnc „mutter", aber pëhcc „kiefer", acc. pêtnakau „hund", pëssat „los, frei werden", këssc „sommer" = X. F. mœcce, bœiwc, œdne, bœcce, bœna^ bœssaf, gœsse. Eine regel habe ich nicht gefunden.

Statt ë in der schwachen form findet mau bisveilen 7, i, z. b.: pïsai „er wurde frei", pijvên „des tages".

Malä:

Im allgemeinen «", 5, oder z. b.: äWwa, 'ädna „viel", ulo „herde", häjo „arm", kiähcesti „er sah" = N. F. œdna, œllo, hœgjo, (jœcasti.

Weniger oft findet man e oder ic, z. b.: ednam und ädnam „erde", mehcai „in den wald", kcrbmait acc. „die schlangen", skielma1 „bösewichte" aber acc. pl. skiälmü = X. F. <ednam, mœccai, yœrb- maëid, skœlmak. Eine regel für die Verteilung dieser laute habe ich nicht gefunden. Wechsel innerhalb des paradigmes kommt nicht vor.

Vgl. Halasz, NyK, XXII, s. 223.

StidlappiBch :

Vor einem südlappischen a, ö, w oder aus a entstandenen é iu der nächsten silbe steht eä, ä, ä" etc., vor e, ë, i, 7 oder eiuem aus c entstandeneu s steht ëe, è, z. b.: St. p.iejje, pi'jje, piexj'e, piejjic, V., F., ()., U., H. Bèjjêe „tag; sonne", illat. sg. V.-H. Bcäjjän = X. F. bteiwe; St. pielie, V.f F., 0., U., H. Bèelëe „seite, hälfte", illat. sg. V.-H. BaäAün, Beäüaw, büacm X. F. bœlle; St. pielhkêt, piclhkit, V. BèfKst, F. wWct, 0. bOT«*, U., H. bcFä^ „schelteu, zanken", part. pnet. V. Beitikam, F. BcüAkama, O., U., H. Beä.** harne = X. F. bœlkket; St. fcäinuo, hiäinuo, V. Gäiuw, G'f«t'f«<ö, F. o'c«V«w, 0. o'(ﻫ, o'äiwö, U. o'eäfr»«, H. o a/wö „weg" = X. F.

Übergang in die c-gruppe ist nicht häufig, z. b.: St. picnc, picüe, V. Bësfi'e, F., 0. Bëene, IT., H. Bë««fi „hund" = X. F. fcawa.

Der oben s. 190 erwähnte u-umlaut kommt auch hier vor, indem das di vor einem kurzen u in der folgenden silbe zu ö (n), gelegent- lich o umgelautet wird. Dieser neue laut ist undiphthongisch. Das umlautende m ist dann vielfach verändert worden. Beispiele: V.

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fins, F., t O., U., H. jöns „mutterbruder" = N. F. œno, gen. cdno; V., O. nèttst, F. nèttet, O., U., H. vèttio „niederdrücken", 3 p. sg. praes. V.-H. Dcättä, aber pass. part, praet V. Döttema, 3 p. sg. praes. V., F., Sk., U., H. vöttw (mit langem », aber dennoch umlaut, wohl durch analogie) = N. F. dœddet; V., F. jäsnw, etc. „fluss", aber dimin. V. jomtée = N. F. œdno. Vgl. Halâsz, NyK, XXn, s. 234.

Vor einem i in der folgenden silbe wird das ie « cä) in Stensele zu ï, ? z. b.: kieset etc. „ziehen", 3 p. sg. prses. kiesä, kidsä, aber praet. sg. 1. Wsip, 2. kï% 3. Ätot, etc. = N. F. <7<mef. Neben föteij* findet man auch analogice föesip, u. s. w. [Ob dasselbe auch bei dem ie < ét eintrifft, ist unbekannt]. Vgl. Halâsz, a. a. o., s. 241 f.

Der u rl appi sehe geschlossene o-laut (o),

1.

Wie oben, s. 58 ff., gezeigt wurde, ist der geschlossene o-laut in urlappischer zeit gedehnt und diphthongisiert worden. Von den gründen zu dieser erscheinung und der mutmasslichen chronologie derselben siehe a. a. o. Die in den jetzigen dialekten vorkommenden formen dieses diphthouges scheinen darauf hinzudeuten, dass der erste komponent desselben etwas geschlossener und der zweite etwas offener und zugleich etwas „unvollkommener" als der grundvokal war; man kann ihn also annäherungsweise durch bezeichnen.

2.

Im allgemeinen entspricht der urlappische geschlossene o-laut einem finnischen oder nordischen, kurzen oder langen o,

welches letztere bekanntlich im finnischen als uo auftritt. Wir finden indessen hier dieselbe erscheinung wie beim e, dass nämlich das fin- nische o nicht in allen Wörtern durch lappisches wiedergegeben wird, sondern in sehr vielen fällen durch ein aus dem urlappischen

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offenen o-laute entstandenes oa. Die sache ist jedoch hier nicht so verwickelt wie beim e, indem das finnische ja (zur zeit) nur einen o-laut hat, während wir im vorigen falle mit zwei finnischen lauten (c und ä, oder vielmehr drei: e, e und ä) zu thun hatten, welche sich im lappischen vielfach zu kreuzen schienen.

Um zu sehen, in welchen fällen das finnische o durch lap- pisches uö oder durch oa wiedergegeben wird, ob diese Verschieden- heit also aus dem finnischen oder aus dem lappischen zu erklären ist, müssen wir hier wie beim c sowohl die beispiele von lapp. als von oa durchmustern. Wir werden dabei auch sehen, ob die von prof. Genetz gegebene regel von der Verteilung dieser laute hier vielleicht stichhaltig ist, obwohl sie oben s. 1 62 ff. bei den lauten c und ä sich nicht behaupten konnte. Betreffs des o lautet sie folgen- dermaßen: „Einem finnischen o in den Wörtern polttaa, kota, joukko, noita, oma, oiva, oksa, olka, orava, osa, ostaa, outo, sompa, sota ent- spricht ein lappisches oa, aber in polvi, potea, tohtia, tosi, koski, koskea, kontio, onki, solmi ein uo (uö). Aus den beispielen sieht mau, dass die Verschiedenheit in der vokalisation der ersten silbe mit einer entsprechenden Verschiedenheit in der zweiten silbe zusammenhängt, so dass wenn die zweite silbe im finnischen ein a, ä (= lapp. a : c) oder o (= lapp. o) hat, die erste im lappischen oa hat, und wenn die zweite im finnischen i (y) oder e (= lapp. a, resp. e) hat, die erste im lappischeu uo (uö) hat". Näheres vgl. oben s. 162 f.

Wir werden dabei, wie oben beim e, zuerst diejenigen fälle näher untersuchen, in welchen wir im fiunischen oder nordischen eiu langes o finden. Wir können dabei zwei gruppen unterscheiden, von welchen die eine die lappischen Wörter mit umfasst, die an- dere die Wörter mit oa.

Zu der ersten gruppe gehören die folgenden finnisch-lappischen Wörter (N. F.):

huolla (Fims: dial.) „mut und dreistigkeit sich im wortstreit zu verteidigen" = f. puoli (pitää puoltansa; deutlich neueres lehnwort, denn f. puoli heisst sonst X. F. bœllc).

duobma, duodnja „Prunus padus" = f. tuomi.

duoilna „armer mensch, tropf"; L. & Ö. tuona, tuone, tuon „der

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toti" = f. tuoni; vgl. Waronen, Vainajainpalvelus muinaisilla suoma- laisilla, Helsingissä 1895, s. 12. duot „der dort" = f. tuo.

fuödne, fuodno „armer mensch, tropf" = f. huono.

fuögetet „nachlassen, geringer werden (von schmerz)" = f. huoata.

fuolla, huolla „sorge, Sorgfalt" = f. huoli.

fuomaëet, fubbmaSet, huomaèct etc. „gewahr werden, wahrneh- men" = f. huomatta.

f'uonaë, gen. fuodnoJia; huonaë „haus" = f. huone.

fuorra „hure" = f. huora (nord.).

guökkat „hacken" = f. kuokkia.

yubkke „erdhacke" = f. kuokka.

guoppa, sfotöppa „strumpf, socke" = f. kuopa.

(juoppa, skuöppa „gerät zum aushöhlen vou holzlöffelu etc.", vgl. f. Icuopia.

(juöppe „grübe" = f. kuoppa.

guörbme „fuder" = f. kuorma.

guorra „rand, seite" = f. kuori oder kuri.

(juorssat „stark husten" = f. kuorsua.

(juosta, gen. guostaga „langwieriges, kaltes und trockenes wetter (im winter)", vgl. f. kuoste (die sonne erscheint beim guosta oft in uebel).

guostat „undeutlich erscheinen", vgl. f. kuostc. huovvedct „nach etwas trachten44 = f. huovata, juodna „anschlag" = f. juoni.

juomina „von der natur selbst geschaffener weg, passage (durch wald, grosse Steinhaufen in den alpen, in einem flusse für kähue)" = f. juoni.

juovsatct durch übernatürliche künste bewirken, dass der dieb dem besitzer das gestohleue zurückbringt, oder dass wilde tiere zu dem schütze hinkommen, oder dass die vou einem zauberer hinaus- gesandten plagen zu ihm selbst zurückwenden", vgl. f. juoksuttaa.

luokko „abgemähtes, auf dem boden liegendes heu" = f. luoko (vgl. f. lako).

luoppat „abschied nehmen" = f. luopua.

luottct „vertrauen, sich verlassen" = f. luottaa.

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Inovvat „erschaffen" f. Juoda. njuoUa „pfeil" = f. nuoli.

njuoras „weich, sanft, zart, mitleidig" ; ujuoros „schlank, schön gewachsen", vgl. f. norea, nuorea.

njuorddet „schlaff werden", vgl. f. nuortua.

njuoskas „nass; roh" ; nuöske „unsauber", vgl. f. nuoskca, nuolüica, nohkea.

nuorra „jung" = f. nuori.

ruobtna „zugriemen im geschirr eines pferdes" - f. ruoma. ruojas „der obere, hintere teil eines lappenschuhes; hinterleder" = f. ruojus.

ruokkat „kratzen, reiben" = f. ruoîckia.

Lule ntöoJcü „schilf, rohr" = f. ruoko.

L. & 0. ruomse „moosM, vgl. f. ruomen.

ruoppa „altes, verdorbenes ding" neben roappe = f. ruopio.

ruöSke, ruoska, ruoiske, roaèke, roaiske „rute" = f. ruoska (slav.).

ruoëëa „ein russe", vgl.? f. ruotsi (oder russ. Pyci>).

raotta „Schweden, Schwede, die schwedische spräche" = f. ruotsi.

suobmelaè „finnisch; finländer" = f. suomalainen.

suodna „sehne, ader" = f. suoni.

suogje „obdach, schütz" = f. suoja.

suopan „lasso" = f. suopunki (das wohl aus dem lappischeu entlehnt ist).

L. & Ö. suopcs, suopok „biegsam44, vgl. f. suopea.

suoratet „untersuchen, verhören", vgl. f. suorittaa.

suosalaè „socius" = f. suosiollinen.

suöstaset „sich zu einem halten" = f. suostua.

suowat „gönnen, vergönnen" = f. suoda, estn. sowima.

êuokket „seufzen" = f. huoata.

cuobtna „fischhaut" = f. suomu.

vuobers „dreijähriges renntier" = f. vuorsa (aus dem lap- pischen?).

vuöbmc „ein niedriger Landstrich, von duoddar (baumlosen Hochebenen) umgeben, mit Wald von mittlerer Grösse und von einiger Ausdehnung bewachsen und wohl immer von einem Flusse durch- strömt" = f. vuoma.

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vuodna „tiefer seearm, fjord" = f. vuono, vuökkc „weise, art, natur" = f. moka. vuokko „laune" = f. vuokko, vuollat „mit messer schneiden" = f. vuolen, vuonjal „zweijährige renntierkuh, die noch nicht gekalbt hat" = f. vuonilo (wohl aus dem lappischen entlehnt).

vuöppc „tiefer einschnitt in ein flussufer" = f. vuopa, vuotiet „spüren" = f. vuottaa.

vuoccot „sickern; langsam einen fluss hinaufgehen (von fischen); während des kocheus fett von sich geben", vgl. f. vuotaa, vuovrro „Vermietung" = f. vuokra.

Nordische lehn Wörter:

buödda, gen. buöda Lnv., Ib., Of. „bude, laden" < um. acc. sg. *bödi, aschwed. hop fera. id. neben Arj. büdda etc. wohl aus schwed. bod (geschloss. 0), norw. bud id. (Qviostad, NL, s. 120).

buhttit (mit u aus vor i) „ersetzen, vergelten" < um. *6öti; an. Mta id. (NL, s. 121).

dubmit (mit u aus vor i) etc. „urteilen" < urn. * dornig an. déma id. (NL, s. 137).

dubmit (u < uö) etc. „leeren" < urn. *tömi-, au. iàma id. (NL, s. 137).

duömas etc. „leer" < urn. *tömaz, an. tömr id. (NL, s. 139). nuogès etc. „hinreichend" < urn. *nô^ae, an. nôyr id. (NL, s. 247).

stuores etc. „gross" < urn. *störaz, au. starr id. (NL, s. 325).

vuöVpo etc. „frauenrock" < um. *ö^p« oder an. ôlpa, cas. obi. -u id. (NL, s. 351).

U. s. w. Die beispiele von < nord. ö sind besondere zahl- reich (c:a CO), vgl. z. b. meine Lui. Gramm , § 82.

Zweite gruppe; fiuuisch-lappische Wörter mit N. F. oa = f. uo:

Lule löessat „brausen; heftig brennen"; F., 0. .toset, U., H. .töesiJ „schwatzen", vgl.? f. luosata. njoallot „lecken" = f. nuolen.

roappc „alter, verdorbener kessel, schlechte viehschelle" neben rttoppa = f. ruopio.

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roaskc, roaiskc lieben ruoiskc, rubSke, ruoska „rute,k = f. ruoska (slav.).

soalcke „birke", vgl. f. suokko (wenn dies nicht aus f. suo ab- geleitet ist).

coalle „darm" = f. suoli. Nordische lehn Wörter:

boanndtL etc. „bauer" < an. bondi id. (NL, s. 112). Wie das unassimilierte nd zeigt, kauu dieses lehnwort nicht sehr alt sein; das in Krl., Lng., Bis. buöntc, Kl. buönnde scheint im souder- leben dieser dialekte entstanden zu sein, vgl. unten mom. 7.

loahppo etc. „die innere handfläche" < um. *löfo, au. 16 fi id. (NL, s. 221), vgl. jedoch auch N. F. läppe „die Oberseite des fuss- blattesu und (MUgSz., s. 682): f. lappio, lapa, laappa; mordw. käd- lapa Jiandfläche"; tscher. lapa id.; syrj. kok-lapa „fussblatt"; ostj. lopsax an „teller, schllssel" (an „gefass, schaale"); ung. lap „fläche, platte", welche Zusammenstellung den nordischen Ursprung des Wortes sehr zweifelhaft macht.

loavvBi Lg., loavvö Luv., Ib., Of., lawö Wst. „dreschtenne" (NL, s. 221) geht wohl zunächst auf norw. laave id. (mit aa = ä < à: au. Idfi) zurück und ist ein lehnwort aus jüngster zeit; Lille (Qvig- stad) luovia, plur. luova id. scheint dagegeu auf an. löfi zurück- zugehen (vgl. Norken, Urgermanische Lautlehre, s. 41).

Das verhältniss zwischen mafv, mufie, movie, moafie, moJwic „ein ort in Kanenw und dem norwegischen namen desselbeu ortes Mo (NL, 8. 237) ist unklar; ein urnordisches acc. sg. *möa würde wohl zunäclist *muöwc geben, vgl. ebenda mnöffie „ein hof in Wefsen" = norw. Mo, mit demselben sonderbaren f wie in maß etc. (muvvo „ein hof im kirchspiel Skjerstad" ist wohl eine junge nachbildung nach der norw. bestimmten form Moen).

roahkke etc. neben ebenso gewöhnlichem ruöhkkc „egge" <Z um. acc. sg. *kroka, an. krokr id. (NL, s. 209). Das oa ist vielleicht durch association aus neunorw. krok entstanden, dessen o jedoch geschlossen ist.

r oaves, grooves etc. neben ruövls, ruôbês, grubbïs etc „grob*' < urn. *5rülaz, an. yrôfr id. (NL, s. 268); das oa ist hier gewiss in derselben weise wie bei roahkke zu beurteilen; neunorw. tjrov.

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roaticas etc. neben gewöhnlicherem ruöht&s, ruöhcca etc. „wurzel" < urn. *rötz, an. rôt id. rait oa wie bei roahkke, roaves; neunorw. rot; (NL, s. 276).

ravve, (Leem) roawc neben Hm. ruöwe „die platte eines niet- nagels" < urn. acc. sg. *rö, an. id. (NL, s. 272); die form ruöwS ist mit der form nuöhtte „Schleppnetz" < urn. *nöt, an. «rf/ völlig analog; das «, oa ist wohl wie bei den soeben erwähnten Wörtern zu erklären.

stroahtta Arj., Sors., Tärna „Weihnachtsabend" neben allgemei- nerem ruöhttA etc. id. gehört wohl (nach NL, s. 277) mit au. pröttr „name des Odin" oder vielleicht eher mit an. dröttinn „fürst, häupt- ling; herr, bes. von Gott" zusammen.

êloahkko Ks., Kr. „herausgenommenes eingeweide der fische" <C um. nom. acc. plur. *slö3ö, norw. slog id. neben Kv., Lg., Bis. êhwhkki id. < urn. nom. acc. sg. *slösa, und Lnv., Ib. slögak plur. aus der neu norwegischen form (NL, s. 334).

Wir kommen also zu dem Schlüsse, dass nordisches langes ö nur in sehr wenigen Wörtern durch lappisches oa wiedergegeben wird und dass auch die wenigen Wörter, in welchen dies geschieht, wahr- scheinlich erst durch association mit neunorwegischen formen ihr oa erhalten haben oder endlich erst in jüngerer zeit entlehnt sein können. Nur bei stroahtta und êloahkko scheint das oa älter zu sein. Im allgemeinen können wir jedoch sagen, dass nordisches langes o durch lappisches wiedergegeben wird.

Bei den finnisch-lappischen Wörtern ist das verhältniss etwas mehr verwickelt. Im allgemeinen wird wohl finnisches langes ö (d. h. uo) durch lappisches wiedergegeben, es gibt jedoch auch einige unzweideutige beispiele davon, dass es einem lappischen oa entsprechen kann. Dieses oa in njoallot, roappe, roaëke, coalle kann auch nicht durch den einfluss neuerer formen erklärt werden (bei roaëke könnte jedoch russ. po3ra in betracht kommen). Wir müssen also eine aus der urzeit stammende Verschiedenheit bei der wieder- gäbe des finnischen ö im lappischen stipulieren. Nach der GKNETZschen regel, die ja übrigens, wie schon oben s. 167 angemerkt wurde, eigentlich den vorliegenden fall nicht mit berücksichtigt, sollte das o nur vor eiuem hinteren vokale durch lapp. oa wiedergegeben werden.

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Dass dies nicht richtig sein kann, zeigen solche Wörter wie fuögeM, guöMcc, guoppa, suogjc, vuöbme, vuöklce, vuotiet u. s. w. = f. huoata, kuokka, huopa, suoja, tuoma, vuoka, vuottaa, welche weiter nicht alle in so junger zeit entlehnt sein köunen, dass das finnische uo (und nicht ö) ihrem unmittelbar zu gründe liegt. Wenn so ist, scheint mir kein anderer ausweg ollen zu bleiben die frage zu erklären als die annähme von zwei langen o-lauten im finnischen, von denen der eine, gewöhnlichere durch lappisches (aus geschlossenem o) wiedergegeben wird, der andere, weniger gewöhnliche durch oa (aus offenem o, also «); im finnischen sollten sie also in uo zusammengefallen sein. Es muss der zukuuft überlassen werden diese frage zu lösen; vorderhand scheinen mir nämlich auch die äquivalenten dieser Wörter in den übrigen schwester- sprachen keine antwort auf dieselbe zu geben.

Diejenigen lappischen Wörter, bei welchen wir in ihreu fin- nischen oder nordischen äquivalenten ein kurzen © finden, können wir auch in zwei gruppen verteilen, von welchen die eine die Wörter mit lappischem umfasst, die andere die Wörter mit oa.

Zu der ersten gruppe gehören die folgenden finnisch-lappischen Wörter (N. F.):

buogtja, buodnja „kröpf*4 = f. povi (vgl. Setâla in Festskrift til Vilh. Thomseu, s. 232).

buolwa „knie" = f. polvi.

buortlo, buortte „zänkisch (von frauen)" = f. portto (nord.). buoccat „krank sein" = f. potca.

duodka, duotka, duska „der inhalt in den dünnen eines tieres" = f. tolkut

duöstat „wagen" = f. tohtia, duotta „wahr" = f. tosi. guöber „klaue, hnf" = f. kopara.

guobmad „rot, dunkelrot", vgl. f. komca (vgl. z. b. russ. Kpac- Hutt „rot" und npeKpacHHö „schön").

guogardet, goggardet „gebtickt, auf händen und fassen gehen u = f. kongertaa.

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guoikka „Stromschnelle" = f. koski.

guotno, gen. gubmu, guöbmo „der inhalt in dem magen eines tieres", vgl. f. konut (Lönnbot 7:) „dumpfer, muffiger gemch". guorbbadet „versengen" = f. korventaa. guorrcduSëat (Fbiis: dial.) „hofförtig sein", vgl. f. korea, guöskat „berühren ; angehen" = f. koskea, guovcèa „bär" = f. kontio, juö „schon" = f. jo (got.). juobba „einer von beiden" = f. jompi. juoga „irgend etwas" = f. joku. juökke „jeder" = f. joka.

Lule juökksa „bogen" = f. jousi, joutsi; mordw. jotjks; tâcher. joijgez id. (Setälä in Festskrift til Villi. Thomsen, s. 233).

luobal „seeähnliche erweiterung eines dusses" = f. lompolo.

luödne „dreck, plunder, unkraut" = f. lona.

luossat „mit ausgestreckten flügeln dicht am boden liegen", vgl. f. lonsa.

luogge-vuölle „der letzte teil des gedärmes an dem Decken", vgl. f. lonkka,

luossa „lachs" = f. lohi (lit.).

luotkosj luodkos „los, nicht zusammengeballt" = f. loth a .

njuoras, njuoros „weich, sanft", vgl. f. norea, nuorea.

njuorjo, nuorjo, njurjo, nuorroë „robbe", vgl. f. norsu, nursu (was wohl kaum, wie Lönnrot annimmt, mit russ. Mopara» „wall- ross" zu thuu haben kann; aus dem russischen stammt jedoch die nebenform mursu).

njuoskas „nass; roh" = f. nuoskea, nohkea, nuohkea.

nuölle „kraftlos, schwach; schwanger", vgl. f. nolo.

nuorbbat, norbbat, nurbbat „sich langsam bewegen" = f. nor- vottaa.

nuorggot (dial.), njuorggot (obsolet.) „triefen" = f. norskua. ruoccat „krachen, knallen", vgl. f. rosahtaa, rasoJitaa (vgl. unten roa(öat).

snuokke „haken" = f. nokka.

suoggardel, soagardct, ftogardef „untersuchen, prüfen" = f. son- gertaa.

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suoggat (ueben cmggot'S) „durchbohren" = f. soukia.

suokke neben sokcn, sowken „blind" = f. sokea.

suomad „augemessen" = f. soma.

suorimia „finger" = f. sormi

suörgge „Verzweigung von etw." = f. sorkka.

suormas „fiugerriug" = f. sormus.

suoskat „kauen", vgl ? f. sotkea,

Lule sitössa „lockeres, poröses eis" = f. sohjo.

ëuorèëo „Anas boscbas" = f. sorsa.

cuokke „hindemiss, wogegen die flintenkugel stösst, so dass sie nicht das ziel trifft", vgl.? f. toe.

cuöggot „stechen, hacken, picken", vgl.? f. sonkia (= N. b\ suoggat).

cuolbma „knoten" = f. solmu.

vuodna „glück" = f. onni.

vuögga „angel" = f. onki.

vuökset „speien" = f. oJcsentaa.

vuola „bier" = f. olut (lit.).

vuoqas, vuonjas „capLstruin, proprie quo os canum occluditur sive obturatur, ne mordeaut rangiferos" = mordw. oykêf, ojkst, ors, ovks, ores „das gebiss am zäume"; f. ovi (Setälä in Festskrift til Villi. Thomsen, s. 232 ; die vergleichung mit f. ovi scheint mir jedoch wegen der bedeutung etwas zu gewagt).

vuosetet, vuosatet, vuösehct „zeigen" = f. osottaa.

vuovdda im allgera. „höhlung" = f. onsi.

Der Übersichtlichkeit wegen teilen wir auf dieser stelle auch die Wörter mit f. oi, ou mit:

buoibmat „die enden der seitenbretter in eiuem lappenschlitten an dem Vordersteven desselben mittels sehnen oder schnüren befe- stigen" = f. poimea (der Vorderteil des Schlittens erhält dabei nämlich ein gewissermassen gefaltetes aussehen).

buoiggct dallo-buoigge „bauer" = f. (talon)poika.

guoihotet „schnell laufen", vgl. f. koikkua.

juoiggat „in lappischer weise singen" = f. joikua.

ruoivcs „hanf" = f. roivas.

suoibbot „taumeln, wackeln" = f. hoippua.

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209 -

cuogjat „lauten, tönen" = f. soida, vuogja „fett, butter" = f. voi. vuoi, voi, vuhui „oh, ach" = f. voi. vuoibme „kraft" = f. voima, vuoiddat „schmieren, salben" = f. voitaa. vuoiggad (neben oaiggad) „gerade, richtig, rechtschaffen" = f. oikea.

vuoigget „vuoi sagen" = f. voikata.

vuoittet „siegen, Überwinnen, gewinnen" = f. voittaa.

wiövdde „wald" = f. outa.

Nordische lehn Wörter:

buöhkkie Sors., Tärna, etc. „bock" < urn. acc. sg. *Öokka, an. bokkr id. (NL, s. 113); nebenformen mit a, u aus neunorw. bokk, buJck.

puöllä Lule. etc. „kleine holzschüssel" < uru. nom. sg. *bollü, an. bolli „kleine schale" (NL, s. 113); nebenform mit a aus neunorw. bollc.

buordë Arj., etc. „tisch" < urn. *Ôorda, an. bord id. (NL, s. 114); sehr gewöhnliche nebenform bar' de vgl. unten im abschnitte von dem kurzen m, mom. 2.

bnwdde L. & Ü. „hufeisen, eissporn" < urn. acc. sg. *Örodda, an. broddr id. (NL, s. 118).

pruösse L. & Ö. „starke kälte" muss in irgend einer weise mit neunorw. brosa „windstoss", brysja „schnell vorübergehendes unge- witter, bes. vorübergehende kälte im frühling" zusammengehören (NL, s. 118).

buödda etc. „botschaft. gebot, bote" < um. *öoda, an. bod „botschaft" (NL, s. 120); nebenformen mit oa, u etc. aus norw. bod, schwed. bud.

buöYgo „ein hof im Tystjord" < urn. *borsô, an. borg „bürg, etc." (NL, s. 120); auch Tornaeus puorko „bürg" und N. F. buör'ga.- stahppo „das gesindehaus" aus dem grundworte zu norw. borgstova id. (NL, s. 114).

buöhttä etc. „weiblicher name" aus einer alten form von norw. Bodil, Bothil (NL, s. 120).

(t)ruöll& etc. „unhold, riese" < an. troll id. (NL, s. 136); neben- formen mit a aus norw., schwed. troll (oder vgl. unten im abschnitte von dem kurzen w, raom. 2).

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duöftOy duökto etc. „ruderbank" < an. flopla, obl. -u id. (NL, s. 139).

tuöllo etc. „zoll" < an. tollr id. (NL, s. 139); nebenformen mit ö, m aus norw. toll, schwed. lull.

duör'go „angelschnur" < urn. *dor^ô, au. dorg id. (NL, s. 140); nebenform mit oa, a aus norw. dorg.

du&rrpë, tuörrpie Drt. „ein kleiner pachthof < um. *porpa, an. Jwrp id. (NL, s. 140).

fuöTke etc. „volk, hausgenossen, etc." < urn. *folka, an. folk „volk" (NL, s. 156).

guöhppar etc. „knpfer" < um. *kopar--f an. koparr id. (NL, s. 170); häufige nebenformen mit q, vgl. unten im abschnitte von dem kurzen «, raom. 2; nebenform mit oa aus neueren nordischen formen.

guödda „kissen" < an. fcM&ff, obl. -a id. (NL, s. 183).

guölbbe etc. „fussboden" < um. *solba, au. //oZ/" id. (NL, s. 183).

fuörrsie etc. „Wasserfall" < um. acc. sg. *forsa, an. fors id. (NL, s. 195); vgl. auch Ht. fuörrset „brausen (von einem Wasser- falle)", NL, s. 156; nebenformen mit a aus norw. fors.

huorkke „hölzerner spaten zum ausgraben von sandwurmera am ufer", vgl.? an. forkr „bootshaken" (NL, s. 196).

luöhkkie Ht, Mubofàê V., Sk. „deckel" < urn. *Zofra, au. lok id. (NL, s. 222); nebenformen mit a, vgl. das abschnitt von dem kurzen w, mom. 2.

/«o/fr, Juofcfe „tabulatum turfa tectum nullis parietibus, en Stil- lads med Torvtag og aabne Vœgge", vgl. an. lopt „zweites Stock- werk eines hauses"; nebenform Iaht* etc. „boden über der decke eines ziminers, etc." aus norw. loft (NL, s. 222).

luönwU Lule, etc. „lemming (Myodes lemmus)" aus dem grnud- worte zu norw. lernende^ lomund, lemming etc. id. (Aasen, Norsk Ordbog, s. 439); der in einigen dialekten vorkommende anlaut sl-, êl- scheint auf ein nordisches *hl- zurückzuweisen (NL, s. 223).

luöotäta Lule (S. G.), etc. „bärenfell" muss mit an. lodi „fell- mantel" zusammengehören (NL, s. 226); nebenformen mit q, vgl. den abschnitt von dem kurzen «, mom. 2.

muölddo etc. „lockere erde" < um. *moldö, au. mold id. (NL,

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s. 240); nebeuformeu mit m aus einer nicht a-umgelauteten nordischen form (> schwed. mull).

muoco, gen. niuccu neben muöcce, gen. muöce „motte" < um. *moJ)J)ö, an. motti id.

nuöret Ht. „festschlagen, z. b. einen nagel" (wenn das hier nicht für o < ö vor i steht) dürfte in irgend einer weise mit norw. twda „nieten" zusammengehören (NL, s. 243).

nuörtta etc. „norden" < um. *norJ/ra, an. nordr id. (NL, s. 248).

ruossmo Hm. „ein fisch (Brosmius vulgaris)" < an. brosma, obl. -u id. (NL, s. 269); jüngere nebeuformeu mit oa und a.

ruöddit Lule „roden, urbar machen" < urn. *rodi- neben *rudi-, an. rytfja id. (NL, s. 272); nebenformen mit u aus norw. njdja oder mit u < «ö vor t.

ruobbüg „ein arm des Ofotenfjordes" ist, wie das bb < mb zeigt, in nicht sehr junger zeit aus norw. liombaken id. entlehnt (NL, s. 275).

ruödda „eine gansart" = an. hrodyds „rotgans" (NL, s. 275).

rubJücke „Fratercula arctica; Alca torda" = an. hrokr „Pelecauus ater, cristatus, Topskarv" (NL, s. 276).

rubssa etc. „kreuz" < an. kross id. (NL, s. 276).

ruössta etc. „rost" aus dem grundworte zu norw. rust, schwed. rost id. (NL, s. 276).

skuöhppo „futteral" muss mit norw. skopp „wetzsteinfutteral" zusammengehören; bemerkungswert ist es jedoch, dass die form skopp bei Aaskn, s. 682, nur aus Telemarken belegt ist, während die übrigeu dialekte eine form skolp haben (NL, s. 301); aus Ht. eine nebeuform skoahppa mit oa = neunorw. o.

skuöhtia etc. „schuss" < an. skot id. (NL, s. 301); nebenformen mit oa <C norw. skot.

skuöhtti Kv. „eingangsflur eines Vorratshauses", muörra-shwhtto Hm. „holzschuppen" < urn. *skota, plur. *skotö, an. skot „(schuss): hervorspringender teil eines hauses, anbau" (NL, s. 301); nebenfor- men mit oa, a aus norw. skot id. (Ht. skoalittc wohl mit c < ä nicht = icy c).

snuôàdàrdcti snuöhtt&rdci, snuöht&rdet „nach etw. essbarem

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_212 ~

schnobern; kleiuigkeiten stehlen, naschen" < an. snodra „wie ein hund uraherschnüffeln" (NL, s. 308).

stuöJtkke etc. „klotz, block" < urn. acc. sg. *stokka, an. stokkr id. (NL, s. 325); nebenformen mit a, oa aus norw. stokk.

stuüVpd Of. „baumstumpf", vgl. um. * stolpü, an. stolpi „säule"; nebenformen mit oa siehe die zweite gruppe (NL, s. 322).

suöhkko „strumpf" mit einem unklaren -o < an. sokkr id. (oder aus seinem grundworte), NL, s. 328; nebenformen mit a, u aus f. sttkka.

vubb'nê etc. „ofen, herd" < urn. acc. sg. *ofna, an. ofn id. (XL, s. 338); nebenformen mit «r, ü aus f. mmwï und mit oa, a aus norw. oun, omn etc.; die nebenform vuodnü Lnv., Ib., Of., Gl., Wst., vuödna Hrn., Ts. ist etwas unklar.

vuöksa etc. „ochs" < urn. nom. sg. *oÄ:sä, an. oxi id. (NL, s. 350); nebenformen mit voa- durch association mit norw., seh wed. oxc.

vuör'be „seusenstiel" < urn. *orèa, au. orf id. (XL, s. 351); nebenformen mit oa, q aus norw. orv und mit e aus irgend einer neimordischen dialektform mit einem aus o entstandenen ö-lante.

vuordne etc. „horn" < urn. * horna, an. hoiti id. (NL, s. 351).

vuössta etc. „käse" aus an. osfr id. oder seinem grundworte (XL, s. 352); nebenform mit voa- durch association mit norw., schwed. ost

Zweite gruppe:

boadded „stark gewachsen" = f. ponteva, boaggot „in der kante aufbrechen" = f. pongata. boaihe, bohe-navüe „der polarstem" = f. pohjantähti; estu. pöh- janacl „nordpol".

boalddet „brennen, trans." = f. polttaa, boalggat „verleumden" = f. polkea, boallaset „brausen" = f. polista.

boalver, boarvel „finnischer kaufmann" = f. porvari (uord.). boara, gen. boarraga „lockeres eis im fruhling" = f. pore. boar tie „aus birkenrinde verfertigtes gefäss" = f. portta. boaske „der Unterschenkel" = f. potka, boaêëo „der innere, hintere teil der lappenhatte" = f. pohja, boïgim (mit o aus oa vor i) „trittbrett am Spinnrocken" = f. poljin.

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213

doabar „plunder", vgl. f. topero.

doabmad „schnell, flink bei der arbeit" = f. toinea.

doakJcc „hänfen" = f. tokka.

doalle „verschneiter, aber noch sichtbarer weg" = f. tola.

doaVpc Jukk.; tbl^pes Lule „eine schwedische münze, 25 ore" = f '. tolppa (nord.; NL, s. 133); auch im südlappischen kommt das- selbe wort vor in einer form, welche offenbar nur über das finnische hineingekommen sein kann : V., F. nbtpc, 0. Dwofyêe, U., H. völlpeoke; f. tolppa muss also ein ziemlich altes lehnwort sein (es hängt mit schwed. toi f „zwölf" zusammen; 12 „Schillinge" = 25 öre).

doalwe „starker trab" = f. tolva.

doargestet „beben, zittern" = f. torkahtaa (eher als f. täristä, Qvigstad, Beitr., s. 174).

doarjot „stützen", vgl. f. torjua.

doarkkot „praecipitem esse, pnecipitanter agere, vœre eller vise sig fremfusende" = f. sorkua.

doarrcdet „verfolgen" = f. torata.

doarrot „kämpfen, streiten" = f. torua.

doarsse „wer dicke füsse hat", vgl. f. torso.

doarèkalct, doaèkalct, duSkalet „einmal schlagen", vgl. f. torskua.

doattalet „gehorchen" = f. totella.

doattot „sich gewöhnen" = f. tottua.

goabad „gebogen, krumm", vgl. f. kopea.

(joabma „fornix supereminens, udoverhœngeude Hvwlvning av Sten, Klippe eller Sne, hvorunder fiudes Ly for Veir og Vind" = f. komu.

goabmer „handvoll" = f. komero, goaddes „steif" = f. kontas.

goadnjel, goagyel, goannël „vom ufer zurückfallende welle ; kiel- wasser" = f. konelo.

goagjem „eine art forelle" = f. kojamo.

goakke, gokke „Wölbung über dem köpfe des kindes auf einer lappischen wiege oder über dein hinterteile eines bootes" = f. kokka, goalhardct „rasseln", vgl. f. kolista, goalkket, skoalkkct „tönen; klappern" = f. kolkkaa.

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[goallos „reihe von remitieren, die nach einauder gebunden sind" > f. hollos].

goallot „kälte empfinden", vgl. f. höh, kolu.

goalmad „der dritte" = f. kolmas; neben golbma „drei" = f. kolme j vgl. unten im abschnitte von dem kurzen w, mom. 2.

goalsse „Mergus serrator" = f. kolsa.

goankkc „wer hoch, stattlich ist" = f. konkka.

goappel „auerhenue" = f. koppelo.

goaredct „verwahrlosen, vernachlässigen" = f. korantaa.

goarggad „stolz, hoffärtig" = f. korkea.

goarjedct „sammeln, in verwahr nehmen" = f. korjata.

goarrad „übermütig" f. korea.

goarvve „kleiner Wasserfall" = f. korva.

g oas „wann" = f. koska.

goaskem „adler" = f. kotka.

goastet „vergelten" = f. kostaa.

goastcdct „bekosten" = f. kostantaa (besser als kustantaa), goatte „zeit" = f. kota.

goatatuvvat „von krankheit befallen werden" = f. kohdata (vgl. kohdattu „von krankheit befallen").

goatlo „mutterleib" = f. kohtu.

goavve „hart, streng, grausam" = f. kova.

Jwakkal „ein und dasselbe wiederholen" = f. hokca.

hoalkkot, halkkot „verschlingen" = f. hoikkia, haikala.

hoalssc, hoalSsc „dummes geschwätz", vgl. f. holjata.

hoamscstet „ohne grand bellen; ins blaue hiueiu schwatzen" f. homsahtaa.

hoappo „eile" = f. hoppu.

hoassat „schlagen ; hauen" = f. hosala.

hoaSSe, hoëèc, oaëSa, oaHc „rohr, binse" = f. hosia.

hoatkot (dial.) „von der speise nehmen, ehe sie zum essen her- vorgesetzt wird" = f. hotkia.

loabme „schmaler Zwischenraum, spalt" = f. loma.

loa*$c „schlaff, ruhig, still (vom winde, wetter)", vgl. estn. lont, gen. lomli „schlaff, hängend".

loappa „eude" = f. loppu, loppi.

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îoaskalet „einmal schlagen" = f. loskata. loaccat „knastern, krachen" = f. lotista, moanak plur. „einige" = f. moni (germ.). moarsse „braut" = f. morsian (lit.). njoarrat „giessen", vgl. f. norua.

njoaske „thal im hochgebirge zwischen zwei berggipfeln" = f. notka.

njoaskot „wie kleider auf einem strich hangen, sodass eben so viel auf der einen als auf der anderen seite hängt", vgl. f. notkua, noastet „auf seine seite locken" = f. nostaa, oabme „eigentum; ding; vieh" = f. oma. oadna „kurz" = f. one.

oaS&c „fleisch" = estn. oza id. (Sktälä in Festskrift til Vilh. Thorasen, s. 234).

oaggot „fischen" = f. onkia (neben vuögga „angel" = f. onki), oakse „ast, zweig" = f. oksa. oalgga „stroh" = f. olki. oalgge „Schulter" = f. olka.

oalle, olle „ausserordentlich, besonders", vgl. f. olleti.

oapes „bekannt; Wegweiser" = f. opas.

oappa „lehre, uuterricht" = f. oppi.

oarbes „vater- und mutterlos" = f. orpo.

oarrc „eichhörnchen" = f. orava.

oasse „teil" = f. osa.

oastct „kaufen" = f. ostaa.

oaces „rete trans flumen positum ad excitum piscibus interclu- dendum", vgl. f. otava „eine art lachsnetz".

toadne, todne, radne „stück, bisschen" = f. rona.

roahnek „krumm, knollig von gewuchs" = f. rohno.

roakkad „freimütig, kühn" = f. rohkea.

toamadak, ramadak „stürm", vgl. f. romajaa.

roankke „krümmung; krummer gegenständ" = f. tonkka.

toappatj roppat „rasseln" = f. ropajaa.

toaëkai „schamlos, leichtfertig", vgl. f. tohkca, töyhkcä.

toaccat „plätschern, knastern", vgl. f. tosalUaa (vgl. oben tuoöcat).

toavve „niedriger, von wald bewachsener berg" = f. tova.

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skoabaidet „rasseln" = f. kopajaa.

skoabme (neben skoalbme, goalbme) „einer, der eine adlernase hatu, vgl.? f. komea.

sJcoallat „schwappen" = f. kolata.

skoappe, skoppe, goppe „höhlung, Vertiefung" = f. koppa, kuve, kupera.

skoarra „Oedemia fnsca" = f. korri skoarrat, skorrat, goarrat „knarren" = f. korista, skoarcàot „schlürfen", vgl. f. korsata. skoaccat „schwappen", vgl. f. kosuttaa. snoalkka „krankheit bei reuntieren, wenn sie nur deu köpf hangen lassen und nicht essen", vgl. f. norkka. soabbc „stab, stock" = f. sompa, soa&gati soatkat „kneten" = f. sotliea. soamalaë „passend" = f. soma.

soappat „passen, übereinkommen, sich versöhnen" = f. sopia, soarddct „ermorden" = f. sortaa, soattat „kriegen" = f. sotia, soatte „krieg" = f. sota.

ëloagge „träger, unbeholfener mensch", vgl. f. lonke.

ëloapardet „brummen" = f. lopertaa.

ëoalaidet, ëoaîlat „summen" = f. solajaa; vgl. coalhardet.

ëoaraidet, Soarrat, Sorrat „summen" = f. sorajaa ; vgl. coar(h)aidct.

coakkct „picken" = f. tokat a .

coadge „schelleuente" = f. sotka.

coakkad „dunkel" = f. sokea.

coalbme „suud" = f. jolma oder vielleicht eher salmi.

coalhardet „rasseln" = f. solajaa; vgl. ëoaiaidet.

coanotas, donotas etc. „uach einem anderen remitiere oder nach einer schlittenreihe gebundenes renntier", vgl. f. jono.

Soaraidet, coarrat „sonitum edere quasi clavos scaph* iufigas, ad pici modum sonare"; coarhaidct „strepere" = f. sorajaa; vgl. ëoa- raidet etc.

coarbcelle „schenkelstück", vgl. f. jorva, sarven. "Wörter mit f. oi, ou:

boaibmot „pflückend essen (von vögeln)" = f. poimia.

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doaibma „fertigkeit, geschicklichkeit" f. toimi.

doaivvot „erwarten, hoffen, meinen" = f. toivoa.

goairre „hund" = f. koira.

noaidde „zauberer" = f. noita.

oaiggad (neben vuoiggad) „ehrlich, redlich" = f. oikea.

oaivve „köpf" = f. oiva.

roaihne „sceletus, pannus, Skelet, Beuraogel, gammel Fille eller Levniüg af noget" = f. roina.

roaisko, roisko (in der bedeut. = roaihne) - f. roiska, roisku, roaiste „plunder" = f. roisto.

roaivvat (neben reeiwat) „schlagen, prügeln" = f. roivata.

soairrOy soirro „beinpfriem" = f. soiro.

doavkkc, dovkke „dummkopf" = f. toukka.

goavrre „krumm" = f. koura, kouru.

hoavkke, hovkke „thöricht" = f. houkka.

hoavrestet „ineptire, nugari, pervicacem esse, vajve op igjeu, paastaa noget af Dumhed" = f. houraJitaa.

joavddat „ankommen, hingelangen, reif werden" = f. joutua.

joavkko „häufen, menge" = f. joukko.

loavda, gen. loavddaga „zeltdecke" = f. loude.

loavkarastem „krankheit bei den renntieren (beule unter der haut)", vgl. f. loukata.

loavkko „ecke eines zimmers" = f. loukko.

loavskas „conspicuus, magnani speciem prabens", vgl.? f. louskua.

noavkkot, novkkot „schuell verschliugen" = f. noukata, naukata.

bului Lule „wasser auf dem eise" = au/w, ouru.

oavddo „wunder" = f. outo.

roavggo „pelzdecke" = f. roukka, roukku.

roavkko, rovkko „höhlung unter dem eise, wenn das wasser ge- sunken ist", vgl. f. roukko.

Nordische lehn Wörter:

hoaddo „seichte stelle, klippe unter dem wasser" < urn. *bodo1 an. hofti „branduug über einem unterseeischen gründe" (NL, s. III).

boahk&s etc. „halbtrocken (von fisch)" gehört mit dem grund- worte zu norw. boten id. zusammen (an. langes ö?)\ NL, s. 111.

boalüika etc. „bogen (zum schiessen)" muss, wie hkk (schwache

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form g) zeigt, ein altes lehnwort sein, also < an. bogi id. (nicht aus neueren formen): NL, s. 111.

doahkkë etc. „tau, seil" <C urn. *to$af au. tog neutr. id. (NL, s. 133); nebenformen toajje, ioage etc. aus norw. tog, bestimmte form togje; toavva, aus finn. touvi.

goalla „milchgeföss" = norw. holla id. (NL, s. 173); alter der entlehnung unbekannt.

goalla „ungehörntes tier" = an., norw. kolla id. (NL, s. 173); alter der entlehnung unbekannt.

goallo „thranlampe" < an. kola, obl. -u id. (NL, s. 173); neben- formen mit a in der zweiten silbe aus unbekannter zeit (ss. 173, 359).

goahppo etc. „tasse" mit unklarem -o < an. koppr id. (NL, s. 174); nebenformen mit a aus norw., seh wed. kopp; in Bis. guöhppo mit wohl iu dialektischer zeit entwickeltem wo.

hoallo „höhluug in der erde, bes. unter steinen oder einem felsen" < um. nom. acc. plur. *holö, an. hol neutr. oder an. hola, obl. „höhluug" (NL, s. 193).

loabmir etc. „rudergriff" < au. *hlommr, hlummr id. (NL, s. 220); uebenformen mit a, u aus norw. hm und mit wohl erst in dia- lektischer zeit entstandenem uö.

loahkko „fackel aus birkenrinde" < urn. nom. acc. plur. *lo$ö, au. log neutr. „flamme; licht, fackel" oder um. *losöi an. hgi mask, „flamme" (NL, s. 221).

moallo „brockeü, bas. abfall von gekochtem fisch" < urn. *molo, au. moli „kleiner teil, brocken" (NL, s. 237).

mollit (mit o aus oa vor i) „zerbröckeln" ist aus moallo abge- leitet oder aus der grundform zu an. mola id. entlehnt (NL, s. 238).

roadde etc. „röte am himmel" aus an. rodi id. oder der grund- form desselben (NL, s. 268).

roahkka etc. „trog" < an. trog id. neben Sors, truhklcie, Ht. druhkkic, V., F., 0., U., H. tnuokêê id. < urn. *trusa (NL, s. 2G9).

skoarro „hochliegender engpass, felsenkluft" < um. *skorö, an. skor „einschnitt"' oder norw. skora id. (NL, 8. 298).

soames „irgend ein" < urn. * somas neben *sumaz, an. sumr id. (NL, s. 309).

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219 -

spoaddo „kleine schaufei, kleiner spaten" aus der grundform zu norw. spoda id. (NL, s. 315).

stoalppo „pfosten" < um. *stolpö, an. stolpi id. (NL, s. 322); nebenform mit uö: stuöVpö.

Ausserdem sehr viele in jüngster zeit entlehnte Wörter mit oa nord. o.

Die resultate, zu welchen wir oben bei der Untersuchung der kurzen c- und d-laute gelangten, finden wir also im grossen und ganzen auch hier wieder. Der von prof. Genetz hervorgestellteu regel widerspricht eine menge von solchen Wörtern wie N. F. guöber, jttökke, hiödnc, snuökke, suörgge, ruoives = f. kopara, joka, lona, nokka, sorkka, roivas, wo man nach dieser regel ein oa erwarten sollte, sowie andererseits N. F. boallasct, boara, doabmad, oappa, skoarra, soadgat, soappat = f. pölistä, pore, tomca, oppi, korri, sotkea, sopia, welche ein oa statt haben. Die qualität des vokales iu der ersten silbe kann also auch hier nicht auf dem vokale in der folgenden silbe beruhen. Es scheint mir daher kein anderer ausweg zur lösung der frage vorzuliegen als anzunehmen, dass die Zweiteilung des kurzen o-lautes im lappischen auf einer eben solchen Zweiteilung im fiunischen beruht, welche eigentümlichkeit jedoch im finnischen später durch zusammenfall der beiden laute in einen einzigen ausgeglichen worden ist. Auch die übrigen finnisch-ugrischen sprachen scheinen vorder- hand keine beitrage zu der lösung der frage zu geben; sie muss also noch offen gelassen werdeu. Beiläufig muss indessen bemerkt werden, dass nicht alle diese beispiele von lappischem oa = finn. o aus alter zeit stammen können ; ein nicht unbeträchtlicher teil von ihnen ist näm- lich ofienbar erst in jüngerer zeit dem finnischen entlehut, als der zusammenfall der beiden o-laute im finnischen schon durchgeführt war. Solche Wörter dürften z. b. boaihc, boalvcr, bolgim, doattalct, goarggad u. a. sein, welche, so viel man weiss, nur in den an das finnische unmittelbar grenzenden dialekten vorkommen. Das umgekehrte, d. h. ein uö, scheint in jüngeren lehnwörtern kaum vorzukommen.

Bei den nordischen lehnwörtern mit einem nordischen kurzen o findet man nicht dieselbe regelmässigkeit wie bei denjenigen mit nor- dischem c. Dieser letztere laut wurde ja in den älteren lehnwörtern regelmässig durch den lappischen geschlossenen e-laut wiedergegeben,

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220

liier aber findet mau nicht nur den geschlossenen o-laut, sondern auch in einer nicht geringen zahl von beispielen den offenen laut. Der nordische laut könute also möglicherweise im verhältniss zu den beiden lappischen lauten eine Zwischenstellung eingenommen haben, so dass er von den läppen bald durch den einen, bald durch den anderen wiedergegeben wurde. Jedenfalls wird die wiedergäbe des- selben nicht nach der Qualität des folgenden vokales reguliert. Bei den jüngeren lehnwörtern wird das nordische o (auch wenn es den geschlossenen laut hat) fast regelmässig zu lappischem oa.

In Zusammenhang mit diesen erscheinungen müssen wir auch erwähnen, dass in recht vielen beispielen ein nordisches oder finnisches, kurzes o durch N. F. kurzes, nicht halblanges oder langes o wiedergegeben wird. Dieses X. F. 6 ist aber aus einem frühereu kurzen ü entstanden; der leser wird also betreffs dieser frage auf den abschnitt von dem urlappischen kurzen u, mom. 2, verwiesen.

3.

In sehr vielen Wörtern entspricht lappisches weiter einem finnischen kurzen a, z. b.: guöllc „fisclr4 = f. kala, u. s. w. Wie wir aber schou oben s. 128 ff. gefunden haben, ist das finnische kurze a hier wahrscheinlich aus einem früheren, mehr geschlossenen laute, also o, entstanden, wodurch diese erscheiuuug eigentlich mit der in dem vorigen abschnitte behandelten zusammenfällt. Beispiele etc., siehe oben a. a. o.

4.

In einer nicht ganz geringen auzalil von Wörtern entspricht lappisches einem fiunischen kurzen oder langen w, ohne dâss mau vorderhand sagen kann, welcher von diesen lauteu der ursprüng- lichere sei. Qvigstai), Beitr., s. 120. Die beispiele sind (X. F.)

mit finnischem kurzem «:

buogo „geschwür", vgl. f. puka.

puör*na Lule „eine art Vorratshaus" = f. purnu.

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- 221 -

duoddar „hochebene, wo bäume nicht wachsen" = f. tunturi, duorgga „reis, kleine birkenäste", vgl. f. turkaus bei Agricola = vitsaus (Qvigstad, Beitr., s. 175).

fuös „scheuchender zuruf zu liunden" = f. hus. guoUa „hode", vgl. f. kutti.

guopparastet „sich tiberkugeln", vgl. f. kuperkeikka, guorgga „kranich" = f. kurki, guorra „rand, seite" = f. kuri oder besser kuori, [muödda „pelz mit abgeuutzteu haaren" >, nicht < f. muti, muttu].

muöttct „brllllen", vgl. f. mulvoa. muotkc „isthmus", vgl.? f. mutka.

ruottat „laufen" = estn. ruttama, rut tuma „eilen", f. ruttoa „schnell machen".

vuogjat „schwimmen" = f. uida, estn. ujuma. vuokkadet „drohen" = f. uhkata. mit finnischem langem u: guossa „lichte" = f. kuusi.

suormek plur. „graupen, grütze" (aber T. suo mc, K., N. sürem) =■ f. suurima.

5.

In zwei Wörtern entspricht lappisches einem finnischen y: nuollat „(kleider) ausziehen, entkleiden, abladen", vgl. f. nylkeä, ruôëket (neben roaSket) „kuacken, krachen, knallen" = f. ryskyä, ryskätä, ryskää.

Das finnische y geht in vielen fällen auf ein älteres u zurück (vgl. unten im abschnitte von dem kurzen «), so dass dieser fall eigentlich mit dem vorigen zusammenfällt.

6.

Selten entspricht lappisches einem finnischen ö, öö (d. h. yö), das wohl also in diesem falle aus o, oo entstanden ist. Bei- spiele sind (X. F.):

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222

duögge „zusammengeballte masse von etwas" = f. tönkkä, lönkki (neben doaygas „steif" = f. tönkeä).

[duögje „Handarbeit" = f. työ (got. taut, gen. tôjis)].

muösse „mhe", vgl.? f. myöhä (Setälä, YSAH, s. 252).

Möglicherweise auch in einem nordischen lehnworte muöddc etc. „mühe, beschwerde" = an. môda id. (NL, s. 240), wenn sein nicht eher auf das lange, noch nicht umgelautete ö in der grundform zu diesem worte zuriickgeht.

Anm. In einem worte scheint lappisches sogar einem fin- nischen e zu entsprechen, wenn nämlich die etymologie dieses Wortes richtig ist: N. F. fuoddo neben fœddo „wildes tier" = f. peto. Von einigen fällen, wo das lappische scheinbar einem finnischen e ent- spricht, vgl. oben s. 140.

7.

Die wichtigsten formen, unter welchen der urlappische geschlos- sene o-laut, d. h. das spätere urlappische uö, in den verschiedeneu lappischen dialekten auftritt, sind die folgenden:

Russisch-lappisch :

In T. tritt das vor einem T. a in der folgenden silbe als ?o, sonst als Ï oder ? auf; nach palatalen konsonanten erscheint es im allgemeinen vor einem T. a in der folgenden silbe als icf sonst als 7, i, d. h. es ist hier mit dem ursprünglichen ie (H) zusammen- gefallen.

In K. erscheint das vor einem a (aus ursprünglichem ü, <a in der folgenden silbe als uo, sonst als a oder u.

In N. tritt das als uo, uo, ue, ua, selten ü oder u auf; für die Verteilung dieser äquivalenten habe ich keine regeln gefunden.

In A. findet man u oder o, selten ü oder ö.

Pasvik hat ohne sichtbare regel uo, uo, uö, uœ, ue etc. (o ist das nordische geschlossene o in god, sko). Vor einem /, u in der folgenden silbe steht aber regelmässig «.

Beispiele: N. F. cuobo „frosch" = 879 T. clomboj, gen. chnpl, K. cuemp « *cttomba), gen. cümpu, N. cuab, gen. cuoppu; N. F.

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223

suola „dieb" = 1025 T. 6-7/, gen. -lUge, K. sül\ gen. -llu, N. suoV, gen. -lloy, A. sul, aber N. F. suöladet „stehlen" = T. s\elane-, K. suelnc- « *suelante-), N. SMatë-; N. F. smoJo „insel" = 1031 T. sïofaj, gen. K. suoV, gen. «w/fa, N. suaV, gen. smoMm ; N. F. juölgge „fuss" = 539 T. filke (jie), K. jf*,lfc, N. juoflk, juejk, A. plur. juilgit; N. F. cMoppa* „schneiden, hauen" = 818 T. cîApî- ^o; oder cî/#î-, K. &7/<pe-, N. öuohpe-, A. cwppo-, Pasvik öuöppqd, 3 p. sg. praet. èuôpai, part. prœt. cujjpom (o hier < ù); N. F. muorra „bäum" = 2014 T. rnlrr, K. murr, N. wworr, A. »im»-, Pasvik t»M0V, illat. sg. murri. Vgl. verf., JSFOu, X, s. 173.

En are:

Das wird im allgemeinen bei Lönnrot durch mo, und be- sonders vor einem c in der folgenden silbe (yö, ue), bei Andelin durch mo, mö, mû, uë, yö, bei Bono durch mö, und bei Sandberg durch uœ, uö, uo, uo, uc wiedergegeben. Bei Castren, Resor och Forskningar, V, s. 62 ff., findet man im allgemeinen vor einem in der folgenden silbe stehenden e ein yö, sonst mo. Beispiele: N. F. guoddet „tragen" = E. (Lönnrot) kuoddcd, (Andelin) kuodded, kuödded; N. F. guölle „fisch" = E. (L.) kuöle, (A.) Jcuale, kuole, kuëlc, (Castren) kyöle; N. F. guökte .zwei" = E. (L.) kuöht, (A.) kuöht, ktiöhti, (Borg) kyöht; N. F. buörre „gut" = E. (L.) puörc, (A.) puorre, puörre (neben puaradcd, puoredcd „verbessern"), (B.) acc. plur. kompar. pyörebiit, (C.) byötre, (Sandberg) buérrë; N. F. vuogja „fett" = E. (C.) vuojja; N. F. juölgge „fuss" = E. (S.) juölge; N. F. muorra „bäum" = E. (S.) muôr, elat. muorast; N. F. vuölgget „abreisen" = E. (S.) 3 p. plur. praet. vuêlgln.

Lönnrot sagt Acta Soc. Scient. Fenn. IV, s. 140, dass der iu N. F. übliche Ubergang mo > m vor einem î, m in der folgenden silbe auch in Enare vorkommt, beispiele davon habe ich aber weder bei ihm (ausser s. 149 gen. plur. julgii neben juolgij) noch anderswo gefunden.

Norweg. Finmarken:

Im allgemeinen mo oder mö. Nach Friis, Gramm., § 4, anm., § 22 kommt das „in allen distrikten" vor einem folgenden e vor,

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224

z. b.: buörrc, buerre „gut"; juökJcet „teilen", aber juogam. Wo dieses einem finnischen a gleichkommt, soll es nach Firns, ebenda, auch vor einem a stehen, z. b.: guödda = f. kantaa; buölla = f. palaa; vuösta, vuöstai = f. vastaan, aber vuost} vuostas „der erste" [in welchem beispiele es jedoch einem finnischen a entspricht: adv. vasta]. Nach Qvigstad, JSFOu, III. s. 6, wechselt uo dialektisch mit mö, „das aus « + einem laute zwischen o und offenem ö (vielleicht „mid- mixed-wide-round" Sweet) besteht".

In Utsjoki (Donneb, Lappalaisia lauluja) findet man uo, uö, uä, z. b.: muorra „bäum", vuoSSam „gekocht", ruöktut „zurück*, vuövtlk „die Wälde", vuällai „unter", kuäli „den fisch". In Süd- waranger (Bugöfjord, Jarfjord) wechselt uo mit uö, uq (<? = geschlos- senes nord. o in god, sko) und ue: luödda „spur", acc. plur. hiodaid, duökkai „hinter", vuêst „entgegen, zuwider".

Vor einem i und u sowie vor einem aus i entstandenen e und einem aus w entstandenen o in der folgenden silbe geht uo in allen dialekten (ausser in Kaifjord) zu u über, z. b.-.juökket „teilen", praet. jukkim, jukkik, jugi etc., pass, jukkujuvvut, 1 p. dual. pra?s. jukJce, 3 p. plur. praes. jukkek; suolo „insel", gen. sutlu; muotto „angesicht", illat, muttui, vor poss.-suff. muttus- (und muttos-). Vgl. Fbiis, Gramm., § 21 und Qvigstad, NL, s. 75.

Lulelappiich:

Immer mö, z. b.: N. F. guöddct „tragen" = Lule kuöddvt, praet. kuöddiu, kuöddi, kitötil etc.; N. F. muona ,.baum" = Lule mttörra; N. F. guölle „fisch" = Lule kuölle, gen. kuöle, acc plur. ktwliit.

Arjeplog:

Das erscheint hier (bei Halasz) als ein û, ü, u, ö, 0, <r, weniger oft uo, uo, ue, ö, o, o. Regeln für die Verteilung dieser laute habe ich nicht gefunden. Von den lauten w, e und m schreibt Halâsz, Svéd-lapp nyelv, V, s. vu: „8. a>, o. Diesen beiden lauten entspricht in den übrigen lappischen dialekten der diphthong uo. Betreffe die ausspräche ist der erstere ein zwischen à und ö ste- hender, gemischter laut, statt dessen man auch bei demselben redner manchmal einen diphthong (Ma>, \t) hüreu kann, das o aber ist

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dasselbe wie der estnische laut und kann am meisten kaum von einem ci unterschieden werden. 9. «. Unterscheidet sich von dem Inngen ü dadurch, dass es ein wenig läuger ist und sehr oft so lautet, als ob es ein diphthong wäre und zwar in den verstärkten formen, vor einem langen konsonanten, als Mo, in den geschwächten auch als wo, wo". Beispiele: N. F. muorra „bäum" = Arj. mîlrra, mörra, nom. plur. mûra, elat. sing, mürast; N. F. cuollat „hauen" = Arj. èulla, cuolla „er haut", part, prces. iöllaj; cuolahtï „er Hess hauen"; N. F. juölgge „fuss" = Arj. illat. 8g. je lëlcai, j»wläkai;N.F. vuölgget „abreisen" = Arj. vœlëkët, 3 p. plur. prœs. viïUkê, 2 p. sg. prces. vuolhkä, vüVkü.

Nach QviGSTAD, NL, s. 76, soll das wo auch hier in denselben fällen wie in N. F. in w übergehen; daneben „geht wö" im starken stamm, besonders nach anlautendem v, in oa über, z. b.: vuöksls, g. voaksa; voassta, g. vuosta".

Mala:

Ohne sichtbare regel wechselt hier ein wo mit we und o, we- niger oft wö, ui, ö, ö, z. b.: N. F. buöllet „brennen, intr." = Mala puollet, ptteüet, („anzünden") pollajaJifct, gerund, puöllemen; N. F. guökte „zwei" = Main kuektc, Jcuikte; N. F. vuölgget „abreisen" = MnlA vuölget, part. pnet. vuolgatam; N. F. ruovdde „eisen" = Mala route, route.

Vor einem t in der folgenden silbe steht oft w oder w, z. b.: 3 p. sg. prret. vulgi (neben vuelgi); N. F. muörje „beere" = Mala muerje, acc. plur. murjit; N. F. guoccat „laufen" = Malâ hwee-, 3 p. du. prct. küciken, aber 3 p. sg. kuoci; vgl. Hal.vsz, NyK, XXII, s. 225.

Nach IIalasz, NyK, XXII, s. 224, soll das o nur vor zwei kon- sonanten oder einem langen konsonanten stehen und ö nur vor einem kurzen konsonanten; dagegen sprechen aber solche beispiele wie vojoi „er sank"; vojoteikan „sie beide senkten"; iovorab „ich muss".

Südlappisch:

Dus tritt hier im allgemeinen als oder m/5, St. auch wo, m auf, in V. und F. in geschlossener silbe auch als halblanges u

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220 -

oder ut, z. b.: N. F. guöüc „fisch" = St. kttolic, küolic, küelie, V. Q'ùwlë, F. Gtuöle, 0. Qiwte, IL, H. autölee; N. F. ^o^a „flehte" = St. kuose, küose, V. ouöo«, F. Quwse, 0. Mw&c, Sk., U. khuöse, IL, H. khwöse; N. F. guöddet „tragen" = St. kuettet, ku'ttet, kuittet, huit tit, kuHtet, V. G'utttet, F. Qtuttet, 0. auöliet, IL, H. Guöttio; N. F. guolgga „haar (der tiere)" = V. plur. g<U&, F. GMcUte, 0., U., H.

plur. QUÖA*k.

Vor einem i in der folgenden silbe geht das in S te n sel e in üu über, z. b.: âmo/ïc etc. „fisch", aber gen. plur. küHlij, acc. plur. küHite; wuoöet etc. „schiessen", aber prœt. vü*cip, vüucP, vüuci etc.; vu'Ukèt etc „gehen, fortgehen, fahren", aber prœt. vu(kip, vu{tkip etc. Vgl. Halâsz, NyK, XXII, s. 241 f.

Vor einem ursprünglichen langen ä in der folgenden silbe wird das in St. zu og, ug, in V. zu wä, in F. zu mä, uä, oä, in O. zu uä, uà, «à, in Sk. zu öä, in U. und H. zu eä, eaà, ää, z. b.: N. F. guöddet „tragen" = part. prœt. St. kugttqmg, ktuittunig, kogt- tumg, V. Guiättame, F. auättama, Goättama, 0. Gitättama, IL, H. o'eättams (< *-äma), Sk. 3 p. sg. pnes. oöätfä; Lule fcw&fart „leuch- ten, glänzen" = 3 p. sg. pnes. St. kugkü* V. o'wäkä, F. awäkä, 0. ofiafcö, IL, H. Gâàkâ; N. F. guorrat „nachspureu" = 3 p. sg. pnes. St. kogrä, V. owiärä, F. owmrö, 0. cwr«, U., H. G'eäärä. Bisweilen wird dieser neue laut über alle formen des Wortes ausgestreckt, z. b.: N. F. guökte „zwei" = St. kuökta, kuôkte, ku°kta, kuökte, V. Gimte, F. oä, 0. Gäkte, IL, H. G&te, H. Qeäkte. Vgl. IIaläsz, NyK, XXII, ss. 247, 249, 253.

Vor einem ursprünglichen langen a> (das später in vielen dia- lekten in ä, a etc. übergegangen ist) ist das zu St. ug, og (etc., neben uo), in den übrigen dialekten (V., F., O., U., H.) zu öe, <> geworden, z. b.: N. F. guossotet, Lule kuösswtit „bewirten" = St- kogssuosü't, V. GÖssöotit, F. 3 p. sg. prœs. obssote, 0., U., H. QÖssüoftt; N. F. guoros, Lule kuorœs „leer" = V. Göertos, F., 0., U., H. Göeräs; N. F. guottot, Lule kttöotät „weiden" = St. küatet, gerund. V. Götö- mene (wohl Qöe-), F. oöetämene, inf. O. Göstat, IL, H. Qöetio. Vor einem kurzen u in der nächsten silbe (welches u dann in e Uber- gegangeu ist) wird dieses öe zu einem undiphthongischen ö, J, IL, H. bisweilen ö, d. h. wird ganz wie ein ursprüngliches öe (< oa)

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behandelt, z. b.: 3 p. sg. pnes. V., F., O., U., H. aöte „weidet"; N. F. cuoggot, Lule féuôdfêœt „stehen" = St. düoccet, éuôcèet, gerund. V. têbfdumene, F\, O. tSöttSämens, U., H. téoffêâmêenêe, 3 p. sg. pnes. V., F., O. fltôfflfc, U., H. flffttfc

Der urlappische offene o-laut (%,).

1.

Der offene o-laut ist, wie schon oben s. 58 ff. gezeigt wurde, in urlappischer zeit gedehnt und diphthongisiert worden. Von den mutmasslichen gründen hierfür und von der chronologie dieser er- 8cheiuung, siehe a. a. o. Wir haben hier also zunächst mit einem urlappischen diphthonge zu thun, den wir, von den jetzigen dia- lekten ausgehend, mit oa bezeichnen können, d. h. der erste kom- ponent desselben ist etwas geschlossener und der zweite etwas offener und unvollkommener als der ursprüngliche laut gewesen.

2.

Im allgemeinen entspricht der urlappische offene o-laut einem filmischen kurzen oder langen © oder einem nordischen kurzen o. Näheres siehe oben s. 199 ff.

3.

Bisweilen entspricht lappisches oa einem finnischen kurzen a. Qviostad, Beitr., s. 119. Beispiele sind (N. F.):

boaro, gen. borru „bremse" (muss, wie L. & Ö. pâreiv, pärrew zeigt, einst ein v besessen haben, das dem finnischen m gleichkommt) = f. parroa, paarma (ist ausser loappo das einzige beispiel von N. F. oa = f. aa, woraus man vielleicht schliessen kann, dass die finnische form mit kurzem a ursprünglicher ist).

doagjct „brechen, abbrechen" = f. tai-ttaa.

doalvvot „führen, bringen" = f. talua.

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228 -

T. klenuhs, gen. koamlazî, Sem. kümdes, gen. hoamtas, N. F. govdes, gen. govdda oder gobdes, gen. </ofcrfa (wohl unrichtig für-oa-)i Lule kösptes, gen. kùb€tâsa (Lui. Wtb. auch gen. -/a), Arj. koptës, gen. koptën, acc. kob'dau (Halasz, Svéd-Iapp nyelv, V, s. 61), gen. fco&'rfa (ibid., s. 307), L. & Ö. £«&<7a, hàbdcs „zaubertrommel der läppen" = f. kannus: in V., F., 0. wird er o,' entres genannt = f. käyrä (vgl. Kalevala 41, 9—12: «otti soiton sormillensa, käänti käyrän polvillensa, kantelen kätensä alle, sanan virkkoi, noin nimesi-, wo vielleicht ursprünglich ein zaubertrommel gemeint worden ist).

[hoalkkot, halkkot „verschlingen" = f. hoikkia, halkata].

joatket „ansetzen, hinzufügen"4 = f. jatkaa.

loappo „die innere handfläche", vgl. f. lappio, lapa, laappa (möglicherweise aber nordisches lehn wort, vgl. oben s. 204).

soalgge (neben solggc) „dünne holzlatten, die an beiden Seiten des schlittenkieles placiert sind um das schwankeu des Schlittens zu verhindern", vgl. f. talka.

ioalbme „sund" = f. johna oder vielleicht eher salmi.

coarbœlk „scheukelstück", vgl. f. jorva, sarven, sorvata, sarvaw, sarvaita, sarvento.

coarwe „hornu = f. sarvi.

Wörter mit f. ai, au:

goaivvot „schöpfen, aufschaufeln" = f. kaivaa.

coavddet „lösen", vgl. f. hauta (MUgSz., s. 18G).

Welcher von den beiden lauten ursprünglicher ist, dürfte noch nicht mit voller gewissheit zu entscheiden sein. Wenn man jedoch berücksichtigt, dass bei der {equation la. = f . a das lappische mit grosser Wahrscheinlichkeit auf der ursprünglicheren stufe steht (vgl. oben s. 128 ff.), dürfte man wohl mit einiger Sicherheit annehmen können, dass das verhältniss hier dasselbe ist, dass also auch ur- sprüngliches offenes o iu einigen Wörtern in finnisches a überge- gangen ist.

Auch in einigen nordischen lehnwörtern findet man ein lap- pisches oa, wo man ein a erwartet hätte. Die meisten von diesen Wörtern siud jedoch solche, wo ent weder das oa durch einfluss seitens der neunorwegisehen spräche hineingekommen ist oder endlich das

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gauze wort erst in jüngerer zeit entlehnt worden. Solche Wörter sind (N. F.):

baVko etc., Luv. boaVka, Ib., Of. boaVkö „seilhaspel (von ver- schiedener länge)" < urn. acc. sing. *balku, au. baücr »abteilung" (NL, s. 100); die form in Lnv. stammt direkt aus norw. bolk; die form boaVkö kann entweder durch association mit norw. bolk ihr oa erhalten haben oder auch in junger zeit entlehnt sein; in den dia- lekten in Tromsö amt und Ofoten ist nämlich die endung in jungen nordischen lehnwörtem sehr gewöhnlich. Die von Firns angeführten formen b&Vko und baVko brauchen uicht näher erörtet zu werden, weil sie von Qvigstad in der lebendigen spräche nicht beobachtet wurden; ihre richtigkeit kann also bezweifelt werden.

ballo etc, neben Fehs boaJlo „spielball" <T um. acc. sing. * battu, an. ballr id. (XL, s. 100); von der form boallo vgl. das soeben von den formen b&Vko, baVko gesagte; wenn boaUo richtig ist, wird das oa durch association mit norw. boll „testikel" erklärt (N. F. batto kann auch diese bedeutung habeu).

basse etc. neben Ib., Of. boassö „abgesonderter stand für ein stück vieh im stalle" < urn. acc. sg. *bäsa, an. bdss id. (NL, s. 103); boassö ist hier in junger zeit aus norw. bas entlehnt.

näüo etc. „uadel" neben Ib. nahppa-noallö „Stecknadel1' < urn. *nülö, an. ndl id. (NL, 8. 243); noallö ist junges lehnwort oder hat wenigstens sein oa aus norw. ndl.

smalla etc. neben Kl. smallö, Ib., Bis., Of. smoallö, Gl. smälu, Wst. snüdlö „schaf" < urn. nom. sg. *smalâ, an. smali „vieh, bes. kleines vieh" (NL, s. 304); die form mit oa, a geht hier kaum auf an. smali, norw. stnale zurück, sondern auf norw. sinolog, smaalog etc. „ziege, schaf" (Aasen, s. 711; Ross, s. 718); wenigstens ist ihr oa aus diesem letzteren worte gekommen.

Das einzige wort, das hier bedenken erregt, ist

oaüe, gen. oale „der tiefste teil des flussbettes" < urn. acc. sg. *äla, an. dll „aal; keim; tiefe rinne in einem flusse etc.; tiefer thai; rinne längs dem rücken eines tieres" (NL, s. 250). Hierzu muss man auch führen oales, gen. oaliasn, Bis. sabek-oalk, gen. -oale „die furche längs der unteren seite eines Schneeschuhes" = f. olas, gen. olkaan id. mit einem analogisch hineingekommenen k, sowie den orts-

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îiameu Viestcr-ülas oder -allas, gen. -allasa = an. Vcstr-dll, norw. VcstertUcn (NL, s. 347). In diesen beiden formen spiegelt sich also der urnordische nom. sing, wieder. Dieses oa = urn. ä ist schwierig zu erklären. Der auslaut verbietet nämlich den gedanken an so junger entlehnung, dass an. à damals schon in norw. d übergegangen sei. Es scheint mir dann kein anderer ausweg vorzuliegen als anzu- nehmen, dass man es hier mit einer äusserung der auf dem an. ä in diesem worte ruhenden nasalität zu thun hat. Dass das a hier nasaliert gewesen ist, zeigt sowohl das etymon (sanskr. ankurä-) als die an. nebenform 6U\ vgl. Noreen, Altisl. Gramm. 2, § 73,3. Es ist auch sehr natürlich, dass ein nasaliertes a einen etwas an- deren eindruck auf die läppen machen würde als ein gewöhnliches a; es hat nämlich einen „dumpferen" klang als dieses a gehabt, sonst konnte es ja nicht zu 6 übergehen. Wie die form -alas zeigt, schwankte aber der lappische Sprachgebrauch schon in urnordischer zeit bei der wiedergebung des nasalierten a; so weit bekannt, ist auch oalle das einzige beispiel von la. oa = nord, nasal, a. Auch aus dem finnischen ist kein zweites beispiel hiervon bekannt ; es ist also möglich, dass f. olas über das lappische aus dem urnordischen in die finnische spräche hineingekommen ist.

4.

Bisweilen entspricht lappisches oa einem finnischen, kur- zen oder langen t#, ohne dass man vorderhand entscheiden kann, welcher von den beiden lauten der ursprünglichere sei. Qvigstad, Beitr., s. 120. Beispiele sind (N. F.):

boatkanet „abbrechen, zerreissen; intr." = f . purkaa.

goabba „welcher von beiden" = f. kumpi.

goarrot „nähen" = f. kuroa.

roaita adv. „schnell, eilig und unachtsam", vgl. f. rutto, stnoarrot „in stücke zerbrechen", vgl. f. mura etc. soabmo neben (vielleicht richtiger) sobmo, sabmo „nebel" = f. sumu.

Wörter mit f. ui:

hoaigerdct neben uigerdet „heulen" = f. uikcrtaa.

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231

soaittet „sich ereignen, zufällig geschehen" neben suittet „übrig haben, so dass man jmdm geben oder leihen kann" = f. suittaa (I, II; Lönnrot).

Wort mit f. um:

boatkt „kommen", vgl. f. puuttua I.

Das nordische lehnwort loayyket, éloawket „einen klappernden oder klatschenden laut von sich geben (von einer thür, einer schlech- ten schelle)" = an. hlunka „einen dumpfen laut von sich geben" (NL, s. 221) dürfte eher auf eine a-umgelautete, nicht belegte form mit an. o zurückgehen.

Das oa in Lule stbnnta, Arj. standa „ziemlich lange zeit, (Lule auch) langer weg" = schwed. stund id. (zeit), NL, s. 324, dürfte auf irgend eine neuschwedische dialektform mit à zeigen ; jedenfalls ist dieses wort erst in der allerjüngsten zeit entlehnt.

5.

Sehr selten entspricht lappisches oa einem finnischen /, y oder ö. Beispiele sind (N. F.): oabba „Schwester", vgl. f. impi.

soagje, soagja „flügel; ärmel", vgl. f. hiha; die Zusammenstellung sassc „ärmel" = f. hiha, die wohl unanfechtbar ist, macht jedoch diese etymologie sehr unsicher.

roaèhet neben ruôêket „knacken, krachen" = f. ryskyä, ryskälä, ryskää, vgl. oben s. 221 ; f. y dürfte also hier aus u entstanden sein.

doatigas „steif" = f. tönkeä (neben duögge „zusammengeballte masse" = f. tönkkä, tönkki, vgl. oben s. 222).

roabmot „adhserescere, adrepere, klamre sig til, sage hen til, krabbe op paa" = f. ryömiä.

In der beiden letzten beispielen dürfte also f. ö, öö (]> y'o) aus o, oo entstanden sein.

6.

Die wichtigsten formeu, unter welchen der urlappische offene o-laut, d. h. späteres urlappisches oa, in den jetzigen lappischen dia- Ickten auftritt, sind die folgenden:

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-

Russisch-lappisch :

Url. oa erscheint hier im allgemeinen als T. ?e, K. ue, N. «a, oo oder o (ohne bekannte regel), A. o, Pasvik oa, vor einem russisch- lappischen (dann aber oft veränderten) a als T., K. oa. Beispiele: N. F. oakse „zweig" = 1693, 1694 T. vMse (mit t;-vorschlag), K. uehs, N., A. Oils, dimin. T. oaysaj, K. oavsatiô; N. F. boattet „kom- men" = 1502 T. pleite- , K. piWitte-, N. iweÄte- (mc ist hier ein sel- tener äquivalent für oa), A. po.tfc-, aber T. poatta „er kommt", K. poadam „ich komme", N. pooÄ/a „er kommt"; N. F. boares „alt" = 1607 T. plepes, K. puopcs, N. öua<res, aber T. poarOiSme-, K. poa- rosroe-, N . x>oar(a)sme- „altern"; N. F. boalddet „brennen; tr.M = 1628 N. puoilte- (mit mo wohl awpuOiUe- „brennen; intr." = N. F. buöllct), Pasvik bodldam part. prat.

In Pasvik kommt die aus N. F. und anderen dialekten bekannte regel von dem Übergang des oa zu o, ö vor einem i(u) in der fol- genden silbe zum Vorschein, z. b.: X. F. boldi „er brannte" = P. boldj; N. F. bodi „er kam" = P. bodij. Nach Funs, Gramm., § 21, aum. 2 soll dies im gegenteil (im „skoltelappischen") nicht vorkom- men: bocttim, boedim, bocdc, soabbin statt boitim, bodime, bodi, sobin.

In Kiidin geht oa vor einem i in der folgenden silbe zu ü über, z. b. pûôij „er kam", üvsijt acc. plur. „zweige".

Enare :

Url. oa erscheint hier als oa (Andklin und Bohg oft ua, Sand- burg auch oa), das vor einem » in der folgenden silbe zu oo, o, o übergeht, z. b.: N. F. boares „alt" = E. (Lönnrot) poarcs, (Andklin) puaris (oder puoris, Borg puoris), (Sandberg) bodrœs; N. F. oaidnet „sehen" = E. (L.) oaidned, (A.) oaidned, oained, (B.) oainid, (S.) part, pnet. qdinam, aber pnet. L. ooinij, A. oini, B. oiwy, S. oini; N. F. ooaMd „kommen" = E. (L.) potted, (A.) puattcd, (B.) part. pnet. poattam, 2 p. sg. imper. poadi (aber B. 2 p. plur. pnes. puotivetted), (S.) part, pnet boattam, aber pnet. L. poodij, A. j90(fi neben puadi, B. pootf/)', porfy, S. oorf/. Wie aus den beispielen hervorgeht, schwankt der Sprachgebrauch (wenigstens in der schrift) etwas, in- dem es z. b. sowohl potted als puattcd heisst, podi und puadi, puaris und /worn. Von diesem uo findet man auch andere beispiele, z. b.:

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L. cuörve und coarvc „kom", A. cualmi und cuolmi „sund", B. kuotmad „der dritte".

Bei Sandbebo kabe ick beispiele von oa ]> ö vor i gefunden: •gödi „er fing an", -gödin „sie fingen an" (N. F. -goattet).

Norweg. Fin m ark en:

Im allgemeinen ersckeint url. oa kier als oa, vor einem i oder u in der folgenden silbe (ausser in Kaifjord) als «. ä (offenes o). Das oa bestekt in Ostfinmarken und Kistrand aus o -f a, in Kouto- kreino und den dialekten südlick von Finmarken aus à -f a (o ist das nordiscke geschlossene o in god, sko, ô deutsches geschlossenes o in gross, söhn). Das umlautwirkende i, u ist in einigen fällen später zu e, o geworden. Beispiele: boattet „kommen", part, preet boattam, 1 p. sg. praßs. boadam, aber praït bottim, bottik, bodi etc., 3 p. plur. botte, 3 p. sg. imper, bottus; goatte „zeit", aber acc. plur. godid; goaivvo „Schaufel", aber illat. sg. goiwui.

Statt oa stellt ein Ma bei Fkiis im worte guabba „welcber von beiden" (in seinem wörterbucke jedock guabba oder goabba); Qvig- stad sckreibt nur goabba, was wohl auch (ausser betreffs die oben- genannten dialekte in Ostfinmarken und Kistrand) richtiger ist. Statt oa steht ein in einigen wenigen beispielen in KL, Krl., Lg., Bis., Luv., Kr., Gl., Ib., Of. in Qvigstad, NL, z. b.: boannd& etc. „bauer", aber Krl., Lg. buönte-almai, Lg., Bis. buönte (illat, buönfi), Kl. buönnde (XL, s. 112; dieses beispiel fällt jedoch unter die unten besprochene regel von oa ~ in einigen dialekten, denn e ist hier = i, vgl. Lille pönntt); skoaVtB. „hirnschädel" neben Lg., Of. skuöTts. (XL, s. 297) < norw. skolt id. (der grund zu dem ist hier unklar, da das wort kaum in alter zeit entlehnt sein kann, vgl. oben s. 220); roavva. neben Lg. ruovva „segelstange" (XL, s. 270), junges lehnwort aus norw. id. mit unklarem Lg. uo.

Einige Karesuando-lappen gebrauchen ö, o für oa (JSFOu,llI, ss. ü, 100).

Vor einem », u in der folgenden silbe findet mau in einigen dialekten nicht a, sondern mö, nach Qvigstad, XL, s. 75, in Lyngen. Baisfjord und Karesuando, z. b.: (JSFOu, III) X. F. o^^um „ich erhielt44 = Lg. uö$$um; X. F. bodi „er kam" = Lg., Bis. büödi;

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N. F. uini „er sah" = Kar. uöini. Nach dem soeben behaudelten falle buötmdc etc. zu urteileu kommt diese erscheinung gelegentlich (durch entlehuuug?) auch in einigen anderen, angrenzenden direk- ten vor.

Nach Friis, Gramm., § 21, anm. 2, soll der Wechsel oa ~ o auch in einigen wenigen Wörtern in „dem finmarkischen hauptdia- lekte" nicht gebräuchlich sein, z. b.: tnoarsse „braut", moarsi, moarsid (nicht -o-); Lebesby pron. guabbag und guabbuy.

Vgl. Feus, Gramm., § 21; Qvigstad, JSFOu, III, ss. 6, 98 f., 100; NL, s. 75.

Laie-lappisch:

Das urlappische oa erscheint hier regelmässig als ein diphthoug äs oder ou (hier à geschrieben; * = halblänge), vor einem i oder u in der zweiten silbe aber als ein geschlossener, dem u näher ste- hender, nicht diphthongischer o-laut, den wir d, ö zeichnen, z. b.: N. F. boattet „kommen" = Lule poeotêt, prœs. pöstäu, posta, pötttä, aber dual. 1 pootin, plur. 3 pöoii, prajt. pöotiu, pöoti, pôtï etc., 3 p. sg. imper. II pöotus; N. F. goarrot „nähen" = Lule köerrät, pnes. köerwou, höerü, aber 3 p. sing, und plur. körru, part. prœt. körrutn; N. F. oastet „kaufen" = Lule bsstëtt pnes. össtäu, öestä, össtä, aber dual. 1 össtin, plur. 3 àssti, praet. össttu, össti, ösfi etc., 3 p. sg. imper. II össtus.

In Hammerö ist das o (in dem von Qvigstad mit oa bezeich- neten diphthonge) offen und kräftig, das a sehr schwach ; bei einigen individuen wird das oa von ö vertreten (Qviostad, JSFOu, III, s. 6).

Arjeplog:

Hier fiudet man keinen diphthong, sondern ein o oder £, das nach Halâsz, Svéd-lapp nyelv V, s. vi, ein wenig offener als das ungarische o lautet, etwa wie das finnische o, und richtiger mit â zu bezeichnen sei. Qvigstad, NL, 8. 76, schreibt a („offenes o, deutsch Gottu). Vor einem i oder ursprünglich kurzen « in der näch- sten silbe geht es (nach Halâsz) zu h oder einem dem « naheste- henden laute, o, aber (Qvigstad hat nur u). Beispiele: N. F. boattet

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„kommen" = Arj. pûhtët, 3 p. plur. pras. pu/ttf, pû/i/«f 3 p. sg. prœt. i»ö/i; N. F. oastet „kaufen" = Arj. osstêt, ästet, 3 p. sg. pnet. östi, 3 p. plur. pnet. usstên; N. F. ftoaco „remitier" = Arj. pöcuj, gen. pwAcw, pöhctt, acc. jwäcmw, acc. pl. pöhcuit.

Nach HalXsz, a. a. o., s. vir, soll es vor einem oft völlig wie ein ungarisches o lauten, „besonders in der 3 p. sg., 1, 2, 3 p. du. und 1, 2 p. plur. pnet." (also in der schwachen form).

Mala:

Auch hier ist der aus url. oa entstandene laut (wenigstens in der schrift) nicht diphthongisch; es ist ein o oder ö, z. b.: N. F. oabba „Schwester" = Malâ obba; N. F. boares „alt" = Mala poires, pures; N. F. goatte „zeit" = Malà köhte, gen. köten.

Vor einem i in der folgenden silbe findet man einige beispiele von m (neben ö), welche erscheiuung mit dem ähnlichen Wechsel in Arjeplog zusammenzustellen ist, z. b.: N. F. bodi „er kam" = Malâ püti (NyK, XII, s. 165, z. 17; nebeu puhti, püti), 3 p. plur. pnet. pûten (s. 168, z. 6; neben pühten); N. F. -godi „fing an" = Malâ -güti (s. 169, z. 23), 3 p. du. pnet. -gütiken (s. 166, z. 23, 24) neben -küti, -güti.

Südlappisoh :

Das urlappische oa tritt hier im allgemeinen als (St. on, un etc., sonst) ös oder ou (b geschrieben) auf, vor einem ursprünglichen u iu der folgenden silbe aber als ein nicht diphthongisches ö, b oder ö, z. b.: N. F. boattet „kommen" = St. poatet, poatet, puatet, V. Böstet, F. Böstet, U., H. Böstio, part. pnet. St. poatamg, pontoma, pog- tetnff, V., 0. Böetams, U., H. Büstsms; N. F. boastot adv. „un- richtig" = St. pogsiète, poastite, pûstete, pjûstite, postit, pö°stite, V. Bosstêde, F. Bösstede, 0. BoSëteds, IL, H. Bosstede, H. BÖsstsrs „zu- rück"; N. F. goarrot „nähen* = St. konret, kogrut, kuqtùt, kugret, kûarot, kugrut, V. aömut, F. cûsret, O., U., H. Qôerio; gerund. St. kogruominnie, V. Qösrämene, F. aöträment, U., H. aôsrâmëtnès, aber part. prœt. St. kô°rumg (dessen ô° mir zweifelhaft erscheint), V. Gùnme, Sk. Qörtams, U-, H. Gï/rewi*, 3 p. sg. pra»s. St. fc/mr, V.,

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F., ()., U., H. Görs; oder mit einem aus url. entstandenen b (vgl. oben s. 226) N. F. duostot „empfangen" = (St. tugsf&t, twjstuohü% tuystuotft), V., F. nösstet, 0. Bosstat, U., H. nösstio, aber part, praet. V. vbsstoms, 0. DÖsstama, U. DÖsstome, oösstuma. Vgl. Halasz, NyK, XXn, s. 234.

Vor einem i in der folgenden silbe weicht die behandlung des oa in den südlappischen dialekten insofern von der behandlung des- selben in den nördlicheren dialekten ab, dass mau nur in St. vor i ein ö° (dem og gegenüber) findet, sonst ist das oa (oder vielleicht besser ö) vor t in einigen fallen zu einem (iu der that wohl immer undiphthongischen) ö-laute umgelautet worden, in auderen unver- ändert beibehalten, z. b.: N. F. goatte „zeit" = St. koatie, kogtic, kuQtic, V., F., U., H. Gvetëe, aber acc. plur. St. kö°tite, V., F., U., H. aüeteds; N. F. boattet „kommen" = pnet. St. pö°tip} pö°t, pö°ti etc., 3 p. sg. V. Böetei, F. Bôetëji, U., H. Böetejäjjä, neben St. pöHip oder pôHip etc., V., F. B„3tf, 0. B„o/y7, Sk. üudft€, Budtijijj(i) ; schwed., norw. dial, mala „messen" > St. mö0let, V., F., O. muoUt, Sk., U., H. mu"lio id. (»-stamm). Der i- umlaut zu ö kommt im allgemeinen nur in diesen beiden föllen, d. h. in der kürzeren form des Präte- ritums sowie in den verbalen i-stämmen vor. Vgl. Hal.vsz, NyK, XXII, s. 241.

Vor einem ursprünglichen langen ë in der zweiten silbe geht das oa in Offerdal (und Skalstugan) iu einen diphthong über, den ich iu meinen aufzeichnungen mit ««, oder uo bezeichnet habe, z. b.: N. F. goatte = 0. omtëê (übrige südla. dial, siehe oben); N. F. oasse „teil" = V., F., U., H. össee, 0. ùosës; N. F. oakse ,,astw = V., F. àkksët, 0. uoMsce, U., H. oURSêe; N. F. boattet = 0. buöUj.

Vgl. Qvigstad, NL, s. 76 f.

Eine Übersicht über die entwickelung des oa in den verscliie- deneu dialekten zeigt also, dass die mouophthongisierung dieses lautes vor eiuem folgenden t, u sehr weit verbreitet ist, viel weiter als die entsprechende erscheinung bei den übrigen aus einfachen vo- kalen entstandenen urlappischen diphthongen (<?«, eä} uö). Es scheint mir jedoch unmöglich dieselbe als eine urlappische erscheinung

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aufzufassen : dagegen streitet die nicht-beteiluug u. a. der russisch- lappischen (ausser K.) und jämtländischen dialekte an derselben. Diese monophthongisierung von cä, uo, oa, die in den dialekten in N. F. und gewissermaßen Arjeplog ihre höcliste Vollendung erreicht hat, gehört also erst der zeit nach dem anfange der dialektzersplitterung an ; von solchen späteren erscheinungen ist sie jedoch eine von den vornehmsten, ja, vielleicht die wichtigste von ihnen allen.

Urlappisehes kurzes i. 1.

Urlappisches kurzes t entspricht im allgemeinen einem finnischen oder nordischen kurzen #, z. b.: N. F. giccat „knarren; schwer arbeiten" = f. kitua, vgl. Tsiteä; imaë „wunder" = f. ihme; f*ji$£e „weibliche brüst" = f. nisä; skippat „kränklich sein" = f. kipua; digge „gerichtssitzuug" < urn. *J>inga, an. ping id.; smidda „schmied" < urn. acc. sing. *smiduj an. smidr id. (NL, s. 305). QvrosTAD, Beitr., s. 121.

2.

In einigen Wörtern entspricht das urlappische kurze # einem finnischen e. Qviostad, Beitr. s. 121. Im allgemeinen wird dieses » auf die uuten im mom. 7 erwähnte weise behandelt, d. h. es geht in den meisten oder allen dialekten zu einem kurzen a über; nur selten wird es ausserhalb des südlappischen unverändert bewahrt, nur in zwei Wörtern, welche vielleicht erst in späterer zeit entlehnt worden sind, vgl. unten pelsin und sekä (von dem negierenden ver- bum f. en, eU ei etc. = N. F. im, ik, i etc. wird hier abgesehen, weil das i im lappischen hier bald kurz, bald lang ist, bald mit einem œ wechselt; um dasselbe richtig beurteilen zu können muss wohl seine geschichte auch in den übrigen f.-ugr. sprachen bekannt sein). Die beispiele von f . e = uria. i (> ä) werden im folgenden Verzeichnisse mitgeteilt, wo ich ausser den forineu aus N. F. und

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Lille im allgemeinen nur die südlappischen formen als die in diesem punkte interessantesten aufnehme.

f. ehtiä = N. F. datat, Lule asstat, V., F., O. assist, U., H. asstio „zeit haben zu etwas".

f. eli = Lule jalä, ja/«, selten jàïâ, Arj. jalä, Urne jeffe, Sors. jalla, jœUa, Ht. jall(à), jœll, F. „oder" (Qvigstad, NL, s. 201). Das wort kann nicht aus dem nordischen (an. adv., weniger oft konj. ella, ellar „sonst") entlehnt sein, teils weil das l im lappischen hier kurz ist, teils weil das wort in diesem falle in das finnische schou in einer zeit hineingekommen sei, als der nordische umlaut a > e schon eingetreten wäre ; dies ist aber aus dem gründe unmöglich, dass das wort in sehr alter zeit aus dem finnischen in das lappische gekom- men sein muss, sonst könnte sich das anlautende lappische j kaum entwickelt haben. Übrigens muss f. eli einst konsonantischen aus- laut gehabt haben, weil im lappischen konsonantenschwächung auf- tritt (Lule jalä und nicht * jalla); dieser jetzt verschwundene konso- nant dürfte k gewesen sein, was aus der form ju in F. hervorgeht, dessen auslautendes c regelmässig aus einem -ao (< -ak) entsteht, z. b.: gm/! „höre" = f. kuule! (< -ek).

f. hehkua, hehkua könnte vielleicht mit N. F. cakkat, Lule tsaokkat, V., F. tsizxket, O. (êhx'kat, O., U., H. fêiox'kio „glühen, ohne flamme brennen" zusammengestellt werden; f. h- = la. c- ist jedoch sehr zweifelhaft ; dieses wort wäre fast das einzige mir be- kannte beispiel hiervon (vgl. auch cicca s. 246).

f. hereä, vgl. N. F. hares, harcc „schnell, fliuk".

f. keri = N. F. gârra, Lule karra, V. Qçrre, F. Girre, 0., UM H. a erre „riude" ; diese Zusammenstellung ist viel besser als die von Budenz, MUgSz., 8. 18, vorgeschlagene mit f. kärnä.

f. keski = X. F. gâskâ, Lule kasska, V., F., 0., U., H. aasske „Zwischenraum".

f. lemata, vgl. N. F. lamas „sauer, stinkend (von fleisch und fisch)".

f. mennä = N. F. mannat, Lule mannat, V. mennet, F. minnet, O. mennat, 0., IL, H. mennio „gehen".

f. peljätä = X. F. bfflat, Lule pallat, V. b?,u*/, F. bm.«/, O. Bewat, O., U. BM.ifr, H. BotJtft „fürchten".

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f. pelsin, vgl. N. F. bihla, gen. hilddaga „geriist, auf welches die lappeu ihre schütten hinaufsetzen, wenn sie nicht im gebrauch sind", Lule pilliä, gew. plur. pitta id.

f. pestä = N. F. b tissât, Lule passât, V. Besstt, F. Bisset, ()., U., H. nissü> „waschen".

f. refci, vgl. N. F. ragoh „kleiner schütten".

f. repiä, vgl. N. F. räppat, Lule raapat, V., F. rhxpstit, O., U., H. rioxpStit „öffnen".

f. reppa = N. F. r$>pe „fetzen".

f. sefcä että = N. F. sikke ,/a „sowohl als".

f. telidä = N. F. cfôttft, Lule tofca*, O., Sk. (selten) naoxhh „machen".

f. terva <C Ht. detrà, rfarwz „kienholz" N. F. där'tc, Lule tar'vêe, V., F., U., H. Dar*iëe, ()., Sk. Dàr^tê* „teer".

f. vene = N. F. twi&«, Lule vawös, V., F. vinfc«, 0., U. wiwrt«, IT.. H. vinntse „kahu".

f. venyä = N. F. vâdnat, Lule vatfna*, V., F. vittnst, F., 0. vettnst, IL, H. veMnt;? „sich ausdehuen".

f. veres = N. F. vârfo, Lule varös, V. varro „frisch (nicht zu alt; von fleisch etc.)"; hieher dürfte wohl auch N. F. vàrrês, Lule, V. varrës, Sk. yàrrëes „gesund" auf irgend welche weise gehören, obwohl sein langes rr unklar ist.

f. veri = N. F. tarra, Lule varra, V. virrs „(menschen)blut".

Auch in einigen nordischen lehn Wörtern findet man ein lap- pisches * statt eines erwarteten te (vgl. oben s. 177). Die meisten von diesen t dürften jedoch in späterer zeit aus ie entwickelt sein. Es kann nämlich kein blosser zufall sein, dass dieses » im allgemei- nen unmittelbar vor einem r steht, sondern mau muss annehmen, dass das r in einigen dialekten eine verengernde Wirkung auf das vorhergehende ie gehabt hat, oder vielleicht besser, dass der zweite komponent des diphthonges zu einem blossen gleitlaute gesunken ist zwischen dem eng artikulierten i (è) uud dem im lappischen für ge- wöhnlich stark tremulierten r, welcher laut zufolge der notwendigkeit, die Zungenspitze von dem vordergaumen zu lösen um die reihe der tremulationen anzufangen, eben zur bildung eines gleitlautes nach dem vorhergehenden vokale einladet. Beispiele von i vor r sind:

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birdna,, (Lille pir'na in meinem Lui. Wtb. ist unrichtig-; es heisst pèr*na, d. Ii. pH-), Hrn., Fid. birna, Ht. birrnc, neben bierdna etc. „bär" < um. acc. sg. * formt, au. Jj/«rti id. (NL, s. 105).

Hm. birrë, Arj. birrë, gen. &7rë, ièrë, Sors, birrc, birrù, 6m«, gen. blren, bêren, etc. „bär" < an. bcra „bärin" (NL, s. 108).

Luv., Of. safde-bir'gë „ein schwärm von kohlfischen" = norw. sei-bcrg id. (NL, s. 108).

Bingen etc. „die Stadt Bergen" < an. Bergin etc. (NL, s. 108).

Bir'gi, Bier'ge „ein fischerdorf in Nordwaranger" = norw. Ki-berg (NL, s. 108).

dir'be, dirbag, dirbog neben dier'be „hitzig, derb, grob, roh" < urn. *derba-, an. djarfr „kühn" (NL, s. 129).

fir' da neben fer' da „fjord" < urn. acc. sg. *ferdu, an. ßordr id.; ebenso firàas neben i'erdas etc. < urn. nom. sg. *ferduz (NL. s. 149).

Gl. lir'të, Ib. rtVtë, neben terVg, rer'të etc. „leder" = an. ledr id. (NL, s. 215).

Lnv., Ib. mir'kü neben mier'ka etc. „nebel" aus der grundform zu an mjarJcvi id. (mit ja < e)\ NL, s. 234.

In dem worte sliddä, slidda etc. neben slcddä etc. „schlilten"

< um. nom. sg. *sUdä, an. sledi id. (NL, s. 303) geht wohl das häufige t auf eine nordische, nicht a-umgelautete form zurück.

lihkköt nebeu lehkköt „lecken" = an. leka id. (NL, s. 214) scheint druckfehler zu sein (3 p. sg. pnet. lëhkôi, lichköi); Arj. Ukot hat 1

< ic vor « (dieses verbum gehört nämlich offenbar zu den vjr- stämmen, nicht zu den «-stammen wie cuowot, goccot u. a.).

Lnv., Ib. dillë, teile ,.der gefrorene boden" (neben N. F. dœllc „so fester schnee, dass man auf demselben geheu kann"), vgl. an. Jtcli id. („Frost i Jorden") kommt mir etwas zweifelhaft vor (NL. s. 131).

Die nur bei Fehs vorkommenden formen divddo = dicv'do „mannsperson" < uru. *peudd, an. Jtjöd „volk" (NL, s. 129) und niste = nicsste „reisekost" < urn. *nesta, an. nest id. (s. 24G) können wohl kaum richtig sein, da Qvwstaii sie nicht auch beobachtet hat; zu niste könnte jedoch auch neunorw. nista beigetragen haben.

Viel schwieliger sind einige deutlich nordische lehnwörter. in

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welchen man das im mom. 7 behandelte kurze a findet. Die von mir beobachteten beispiele hiervon sind:

[urn. *et, aschwed. œt „dass, damit" über f. että (vgl. oben ss. 33, 37) > N. F. aJUtc, V., F., O. aott id.; Qvigsta», NL, s. »5].

um. *5crdö, an. yerd „art. weise; etc." > Leem, Kr., Hm. f/ar'do „art, weise" ; Tornaeus puorre-kardoc „gut, von guter beschaf- fenheit" (NL, s. 18C).

um. *tneta, an. met „gewichtsstück" > N. F. m&Jitte „mass"; diese form könnte jedoch auch aus f. mitta stammen ; sicherer ist die form N. F. msJitto, mihtto id. < um. uom. plur. *metö, an. plur. mjat „mass" (NL, s. 233).

an. shella fem. wird von Qvigstad, XL, s. 290, als grundwort für Lule skällta, V. sHuaaù), illat. êfèyAAess, F. SKMaaw, O., U., H. SMaaü [mit ä, y in südlappischer zeit < l] etc. „das heilige abend- mahl" angesetzt; dieses lappische wort muss wohl auch in irgend einer weise mit an. skella „schlagen, läuten", skellr „schlag, knall" etc. zusammengehören („während des abeudmahles wurden in der katholischen zeit die glocken der kirche geläutet"), es ist aber schwierig das wirkliche grundwort zu zeigen; gegen skeüa fem. spricht, dass dieses nicht „kirchenglocke", sondern „viehschelle" be- deutet; jedenfalls muss das a auf ein altnordisches e zurückgehen und das wort erst in christlicher zeit entlehnt sein.

an. sJ<jâ fem. „vorstube" ist ohne zweifei das grundwort zu N. F. sfracWa, sAaj/a, illat, -ai „schuppen, scheune" (NL, s. 289), es ist aber schwierig zu entscheiden, in welcher zeit und unter welcher form das wort in das lappische hineingekommen ist. Dass in dem altnordischen j hier ein altes e steckt, scheint aus den übrigen lap- pischen formen Lnv., Ib., Of., Gl. skieddä, Wst. skectdä, Lule sttèdcfâ, Hrn., Ts. skicdda, sk'edda sowie aus dem Ortsnamen Fin-skiewo = norw. Fins(k)jaa (NL, s. 152) hervorzugehen. Die letztgenannte form könnte auf ein um. *skeua (*skëica?) zurückgehen, aus welchem sich au. skjd fem. über *akea, *skeä entwickelt haben kann (die ety- mologie des Wortes ist mir unbekannt). Dann würde skieddä etc. aus einer maskulinen nebenform (> norw. styaa mask.?; an. skjdr) mit einem hiatusfüllenden kons, t entwickelt sein (vgl. Norken, Aisl. Gr. 8, § 100, anm. 2) und sk&dda vielleicht aus einer noch spätereu

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form desselben maskulinen Stammes mit einem dem j vorausgehenden ii; oder ist schon das ei in einigen gegenden zu ädd übergegangen, in anderen zu iedd?

norw. sletta fem. etc. „schnee mit regen gemischt" (Aasen, s. 703) muss mit N. P. ileJitte etc. id. (NL, s. 333) zusammenhängen; die entlehnung wäre demnach schon in einer zeit geschehen, als nom. sg. fem. -a entstanden; V., F. ël&tës, 0. Sîêote id. hat das erwar- tete e.

an. speni „zitze" dürfte mit N. F. sp&dne „das Zäpfchen im munde" (= schwed. tungspene id.) zusammengehören; das ä könnte jedoch hier auch auf ein an. unumgelautetes t zurückgehen; bei Fiellström (Lycksele lappmark) findet man spidne; NL, s. 311.

an. sperra, cas. obl. -u „ein paar dürre fische" > N. F. spbrro, gen. sp&rro oder sp&ro „bündel (von zwei dingen, bes. fischen)"; NL, s. 313.

an. sperra, cas. obl. -w „balken; einer von den sparren in einem dache" > N. F. sp&rro, gen. id. „sparren in einer lappischen erd- hütte"; NL, s. 313.

norw. sprett mask, „erster an fan g von etwas", vgl. N. F. rsJttia, gen. r&htta od. r&hta, illat, -ai „sprössling" ; NL, s. 259.

Es ist also unmöglich zu leugnen, dass in einigen lehnwörtem ein nordisches e durch lappisches kurzes a wiedergegeben wird. Wie es aber zu erklären sei, dass so etwas eben in diesen und nicht auch in anderen lehuwörtern geschehen ist, sehe ich nicht ein. Irgend ' welche phonetische gründe für diesen zusammenfall der c- und t-laute kann ich hier nicht finden; auch ist es unmöglich die sache so zu erklären, dass nur die ältesten lehnwörter ihr c auf solche weise behandelten, während die in etwas jüngerer zeit entlehnten ein ie erhielten; das wort sheila kan nämlich erst in christlicher zeit ent- lehnt sein und an. sperra „balken" hat ein durch i-umlaut entstan- denes e.

Durch diese Schwierigkeiten bei den nordischen lehnwörtem werden auch die Schwierigkeiten bei den finnisch-lappischen Wörtern sehr erhöht. Man könnte ja sonst sagen wollen, dass das lappische auch hier wie in so vielen anderen fällen eine ursprünglichere stufe repräsentiere als das finnische, und dass also vielleicht finnisches e

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hier aas i entstanden sei, oder dass wenigstens, wie ich oben s. 58 if. vermutet habe, der vordere e-laut eigentlich aus zwei verschiedenen Varianten bestehe, die im finnischen zusammengefallen seien. Man kann weiter nicht bei der von Genetz aufgestellten, bekannten hy- pothèse stehen bleiben, dass das e nur vor einem vorderen vokale in der folgenden silbe zu à werde (vgl. oben s. 162), weil wir in keinem von den nordischen lehuwörteru in der zweiten silbe einen vokal finden können, der aus einem früheren (lappischen) vorderen vokale hervorgegangen sei. Von den sicheren finnisch-lappischen beispielen streiten ja weiter reppa und terva (sowie sekä) gegen eine solche annähme; oben s. 175 f. fanden wir auch recht viele beispiele von ie < e vor einem vorderen vokale.

Wenn wir also vorderhand nicht entscheiden können, in welchen fällen das kurze e zu einem (N. F.) kurzen a übergehen sollte, können wir jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit sagen, dass dieser Über- gang nicht unmittelbar geschehen ist, sondern dass das kurze e zuerst mit dem i zusammengefallen, bevor es in allen oder den meisten dialekten zu kurzem a wurde. Dieses geht deutlich aus den zahlreichen südlappischen formen mit i hervor, welches » dann vor jf, r bisweilen zu e, ç übergegangen ist; auch sonst findet man hier dialektisch ein e < i. Von dem übergange % > ä siehe unten mom. 7.

Anm. 1. In einigen Wörtern entspricht lappisches kurzes i (N. F.) einem finnischen langen ë (ie):

girddet „fliegen" = f. hiertää (mit ie vor r, vgl. s. 239).

[giron „Lagopus alpina" = f. hierum ; dass jedoch i hier vor einem o = ü aus ie entstanden ist, zeigt Lule hêerun id.j.

mihha, gen. miha „mann" = f. mies ; das ie > i vor h ist offen- bar mit der Verkürzung des a vor h (vgl. oben s. 125 ff.) analog.

virrat „ictu teli (sclopeti) v. ferri pros ter ni et collabentem ex- stingui, styrte omkuld, sty rte og gjere de sidste Trsekninger i Dods- kampen, truffen af Skud eller Stik" neben fierrat „umfallen, hinab- rollen" = f. vieriä (mit ie vor r, vgl. s. 239).

Das nordische lehnwort liêëa (illat, -at) „sense" scheint aus einer an. form cas. obl. *Ujß hervorgegangen zu sein, welche form den Übergang Ua > Ijâ, nom. U(e) „sense" vermittelt haben muss, vgl. oben an. shjâ, s. 241; NL, s. 219.

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Anm. 2. Das wort N. F. raPgë Joch" = f. reikä gehört nicht hieher, da das o hier nicht wie â ausgesprochen wird und also ur- sprünglich ist; f. ei ist vielmehr aus ai entstanden. Auch das wort laïbot „backen" = f. leipoa hat ursprüngliches ai; ein an. *Meifa „backen" ist nicht belegt; die lappische form dürfte also über das finnische hineingekommen sein. N. F. sainia „Siegel" neben gewöhn- licherem sœïfa = norw. seil id. (NL, s. 283) ist sonderbar; vielleicht stammt es aus dem Kalfjorddialekte, der überall ai statt ei hat (vgl. oben s. 196).

3.

Finnisches y wird im lappischen im allgemeinen dnrch / wiedergegeben, welches i dann sehr oft zu kurzem a Ubergeht, vgl. unten 7. Qvigstad, Beitr., s. 122. Wie wir unten bei der behand- lung des kurzen u finden werden, gibt es aber auch eine nicht ge- ringe zahl von Wörtern, in welchen das finnische y nicht durch i oder «, sondern durch u oder das daraus hervorgegangene a wieder- gegeben wird. Da dieser laut den läppen nicht geläufig war, lasst es sich wohl denken, dass sie bei der wiedergäbe desselben schwankten, indem sie bald i, bald m gebrauchten. In neuerer zeit ist es dann auch geschehen, dass z. b. finnisches kylki zu Kfj. giCga „seite" wurde, andererseits f. kyllä zu Kfj. (selten) gul (Qvigstad, Beitr., s. 179). Alle beispiele von f. y = la. u lassen sich doch nicht in dieser weise erklären, sondern wir müssen annehmen, dass die wieder- gäbe des finnischen y durch i (ä) oder u wenigstens in einigen fallen in genetischem zusammenhange mit der geschiente des y stehen muss, dass die lappischen formen mit i und u also auf alte gemeinfinnische formen zurückgehen, in welchen der vokal der ersten silbe noch nicht seine jetzige gestalt y erhalten hatte. Aus anderen quellen erhellt es nämlich, dass das finnische y keinen einheitlichen Ursprung haben kann, z. b.: lit. kepùrè wird im finnischen zu kypärä, anderer- seits lit. tùszczas zu f. tyhjä etc. (Thomsen, BFB, ss. 96, 100); unter den nordischen lehnwörtern geht wohl z. b. f. hypätä auf eine nordische form mit u zurück, eine nicht a-umgelantete form des grundwortes zu an. hoppa „hüpfen"; die vergleichung mit den fer-

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iiereii schwestersprachen zeigt andererseits, dass diese im allgemeinen palatale vokale haben, z. b.: f. kylmä = mordw. Icelmä, ketmc, syrj. hin id. (MUgSz., s. 881), etc. *). Es dürfte also von einigem gewicht sein die lappischen äquivalenten der fiunischen Wörter mit y kennen zu lernen, da sie, wenn sie nicht in so junger zeit entlehnt sind, dass ihr vokal schon auf ein finnisches y zurückgeht, bei der beurteilung des finnischen y wahrscheinlich von dem Ursprünge des- selben ausknnft geben. Ich teile also hiermit die von mir gefundenen beispiele von f. y = N. F. / und ä < i mit; die Wörter mit f . y = la. u, ö werden unten im abschnitte von dem kurzen w angeführt.

bissot „bleiben" (neben häccet??) = f. pysyä (MUgSz., s. 546).

äihme, dijbme (neben duihme, duibme) „der mit Schwierigkeit personeu u. a. erkennt" = f. tyhmä.

dilsse „nicht aushakend (zum gehen, zur arbeit u. s. w.); Kfj. nicht scharf" = f. tylsä.

dilèetet, dirSetet „hinaufspritzen", vgl. f. tyrskähtää, tirskafitaa.

fit mad, vitmad, fismad, fidmad, vismad, ßdmas „der mit leich- tigkeit personen u. a. erkennt", vgl. f. ymmärtää; vgl. unten ibmerdet (MUgSz., s. 822).

*) Bei dem anlautenden finnischen y findet man in sehr vielen sprachen ein v + e, i (1, ü, a), was also vielleicht auf einen dem y her- vorgehenden diphthong deutet. Beispiele:

f. ydin = mordw. udeme, udime, uj, tscher. vem, vim, syrj. vem, wotj. vljim, ostj. velîm, vëdem, vêtem, wogul. valem, vualm, ung. vélo (MUgSz., s. 571).

f. yhdeksän = mordw. veJdcsa, vejkse, tscher. indikée, indekie (MUgSz., s. 221).

f. yksi = mordw. ßä, ifkä, vejke, ve, tscher. ikte, ik} ikta, iktä, syrj. ötik, öti, öt, wotj. odlg, og, ostj. it, i, ej, 1, wogul. äkvä, ak, äu, aku, ung. egy (MUgSz., s. 769).

f. ylä = mordw. velks, tscher. val, vül, vil, syrj. vel, wotj. veldet, vtldet, wogol. äl, vclt, al, ung. öldök (MUgSz., s. 848).

f. ymmärtää = lapp. fUmad etc., syrj. veiör, wotj. vizmo, ung. ismerni (MUgSz., s. 822).

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giksat „gar, fertiggekocht werden" = f. kypsyä (Donxkk, Vgl. Wb., n:o 118).

giTga Kfj. „seite" = f. kylki.

giUe Kt. „kirchspiel" = f. kylä (Qvigstad, Beitr., 8. 235).

gilvvet „säen" = f. kylvää (MUgSz., 8. 53).

gintal „licht" = f. kynttilä (nord.).

hidaS „eine kleine mückenart" = f. hyde; vgl. unten sicca.

hilggot „verwerfen" = f. hyljätä (MUgSz., s. 169).

hiwe „gut" = f. hyvä.

ibmerdet „verstehen" = f. ymmärtää; vgl. oben ßmad (MUgSz., s. 822).

Lule ilä „allzu" = f. ylen (MUgSz., s. 848). irgge „bräutigam" = f. yrkä (MUgSz., s. 517). lissa „altes, unbrauchbares ding" = f. lysy. mirkko „gift" = f. myrkky.

nistetet „verlieren", vgl. f. nihtyä, nyhtää; vgl. unten sniktetet.

nitta, gen. nittaga „stütze" = f. nyde, nyte.

L. & Ö. nitter „krumm" = f. nyttyrä.

njirttot (neben nierttot) „zusammenheften", vgl. f. nyrtty.

sicca „sehr kleine mucken, die über dem wasser schwärmen" (vgl. auch cicca „kleine insekten im wasser") = f. hyde; vgl. oben hidas".

L. & Ö. sniktetet „schütteln", vgl. f. nyhtää; vgl. oben nistetet.

snirkke „krümmung" = f. nirkka, nyrkkä.

cirssat „grinsen, die zahne zeigen", vgl. f. jyrsiä.

âdâ, gen. âdââma „mark; markknochen" = f. ydin (MUgSz., s. 571).

T. akt, K., N., A. ext, E. oht, N. F. (Kt, Kr., Kfj.) ökta (mit o wie nicht selten < ä), (Kt., Kfj., Kar.) äkta, Lule äkta, Arj. aleta, Mala akte, akt, St. aktat aktq, aktà, akte, V., F., O., U., H. äkle „eins, ein" neben adv. V.— H. täte „zusammen" und eigentümlicher- weise St. uktek, V.— H. uktsk mit * < ü (Lule aktü) „allein" = f. yksi (MUgSz., s. 769); von N. F. otvcë „neun" = f. yhdeksän, vgl. uuten im abschnitte von dem kurzen m, mom. 3; nur ungern trennt man diese beiden Wörter von einander, es scheint aber nichts anderes übrig zu bleiben, da ihre hauptbetonten vokale in urlappischer zeit verschieden gewesen sein müssen; vgl. auch s. 245.

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(Wis „fett au deu leuden des renutieres" = f. ylys. aide „auf, von" = f. yltä.

T. QiUce, K. 0,/Ä, N., A. E. alge, algge, V., F. aPkëe, 0., U., H. aPfës „söhn" = f. y/H, yrkä (neben N. F. tr>7 „bräutigam"); MUgSz., ss. 517, 782.

Lule allé- „west-" = f. ylä- (MUgSz., s. 848). Lule afcotit „einen zu etwas locken", vgl. f. yllyttää, ärgga „mut etwas vorzunehmen, uuternehmuugslust", vgl. f. yrittää.

âsîcë „schoss" = f. yskä. bâr'gat „arbeiten" = f. pyrkiä.

bâssë „heilig; feiertag" (neben neuerem biha) = f. pyhä. hastet „scharf sein" = f. pistää (MUgSz., s. 546). dabtne, Lule tappmë „leim" = f. tymä (MUgSz., s. 688). duppat „vorschliefen" = f. typpiä. darrat „erstarren" = f. tyre-ttää (MUgSz., s. 249). davve- „nord-", Lule tawë- „draussen auf der see befindlich" f. syvä,

gassa, Lule kaddsa „klaue, nagel" = f. kynsi, galle „genug; freilich" = f. kyllä.

gallit, Lule kallitit „bei den nachbareu auf besuch gehen" = f, kylä (»olla kylälläu); (MUgSz., s. 32).

gûlmâs „kalt" = f. kylmä (MUgSz., 8. 881).

gâppër „mutze" = f. kypärä (lit.).

gâccât „fragen" = f. kysyä (MUgSz., ss. 829, 858).

T. lapse-, K. toipse- „melken" = f. lypsää.

nâdda „stiel" = f. lysi (MUgSz., s. 410).

njâVdët „abbalgen, abschinden", vgl. f. nylkeä (MUgSz., s. 429).

njappet (ä, â ?) „celeriter sursum deorsum movere, vellere", vgl f. nappia, nypiä, nyppiä.

radas „schuee, moos u. a., womit das fuchseisen überdeckt wird" = f. ryde (vgl. an. rttd „gerodetes feld" ? ?).

räkkat „sich paaren" = f. rykiä.

rakta „mal" (ovta ravtast „in einem fort") - f. ryhti; NL, s. 257 wird dieses wort (hier mit a, nicht mit „a" geschrieben) mit

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norw. drefft „Schnelligkeit, fahrt" verglichen, was mir nicht wahr- scheinlich vorkommt.

ramaidet (ä, â?) „lärmen" = f. rymäjää.

râssa „lärm" = f. rysy.

räöcat (und rässat) „mit etwas arbeiten", vgl. f. rysy,

salkkat (ä, â?) „geschüttelt werden" = f. sylkkyä.

sulla „klafter; schoss" = f. syli (MUgSz., 8. 847).

ëûddat „geschehen; werden; wachsen" = f . syntyä.

cùygat „stützen ; ausspannen" = f. tynkiä.

dujg'è „Strebepfeiler" = f. tynkä (MUgSz., s. 232).

cada, Lule ffatä „durch" = f. sydän (MUgSz., s. 300).

cädda, Lule (Svta „kohle" = f. sysi.

Câkca „herbst" = f. syksy (MUgSz., s. 859).

Auch in zwei nordischen lehnwörtern wird nordisches y durch lappisches ä < i wiedergegeben. Dieses y ist nicht durch w-umlaut aus t, sondern durch /-umlaut aus einem ursprünglichen m entstanden. Die beispiele sind:

Hrn., Ts. svattt „füllen" < an. fylja fem. id. (NL, s. 151); Fld. svalto < an. cas. obl. fylju; Kl. f&ffâ, filtö dürfte nur eine modifikation aus fattä « neuuorw. fole, fola) sein, denn a < i kommt in diesem dialekte nicht vor, nur a < i.

L. & Ö. laJckula „Schlüssel" muss mit an. lykill id. zusammen- gehören (NL, s. 210).

|N. F. #amar etc. „käse in geronnener milch" muss mit norw. kymra „gerinnen (von milch)" zusammengehören (NL, s. 162); es ist aber unbekannt, ob das y hier aus i oder aus u entStauden ist; die von QviG8TAD angeführte form norw. Jcymrc „kleingekörnter käse" ist nach Aasen, Norsk Ordbog, s. 414, unsicher].

Anm. In einem worte entspricht lappisches kurzes i sogar einem finnischen langen yy:

N. F. (dial.) jippa, L. & Ö.jipp, V., F., 0.jbx'pHe „Strix bubo" = f. hyypiä.

Auch N. F. (jarnjcl, Lule kar*nel, V., F., H. oat^nere, 0., U. aarlners, U. oar*ncre „ellenbogen" dürfte hiehergehören, indem es ohne zweifei mit f. kyynärä zusammenzustellen ist (MUgSz., s. 5).

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4.

In einigen Wörtern entspricht lappisches kurzes I einem finnischen ä, ohne dass es vorderhand möglich ist zu entscheide», welcher von den beiden lauten ursprünglicher ist. Qviostad, Beitr., s. 121. Beispiele sind (N. F.):

biksa „brustknocheu der vögel", vgl. estn. päks, gen. päksa „kuöchel, unterbein".

[dikke „laus", vgl. f. täi].

L. & Ö. hikkes „unerwartet", vgl.? f. äkliä.

smiricet „wiederkäuen" = f. märehtiä.

viledet (Fbiis: dial.) „sich von etw. kümmern", vgl. f. välittää.

In einem worte entspricht la. t sogar einem f. ää, das hier jedoch wie oft sonst vor zwei konsonanten gedehnt sein kann (vgl. Thomskn, Einfl., ss. 23, 53):

cikca (neben Kr. cteßa, Qvigstad, Beitr., 8. 223) „fischaar" = f. sääksi.

Hierzu dürfte vielleicht anch eine anzahl von Wörtern geführt werden können, in welchen ein lappisches kurzes a dem fiunischen ä entspricht. Das kurze a ist ja nämlich im lappischen im allgemeinen aus einem kurzen i entstanden, vgl. unten mom. 7. Dieses ä könnte jedoch in diesem falle vielleicht auch derselben art sein wie das ä = finn. a in den oben s. 127 f. erwähnten Wörtern, indem das fin- nische ä also hier aus einem früheren a entstanden wäre, vgl. oben s. 147 ff. Beispiele sind (N. F.):

Der imperativ von dem negierenden verbum 1. dWöm, 2. àlè, 3. àllûs; 1. âllv, 2. allé, 3. allùsgâ; 1. âllôp, 2. âtlët, 3. àllùsëk, Lule 2. aie neben file, etc. = f. älä, elä, karel. c/ä, olonetz. älä (Suistamo, Tulemjärvi elä), weps. ala, wot. da, estn. ära („im äussersten Osteu äla und im äussersten Süden des Dörptehstnischen alau), liw. äla; ersamordw. ita; wenn das finnische e hier ursprünglicher als ä ist. würde dieses wort zu mom. 2 oben gehören.

fälle, Kfj., Kar. vuWé, Lule vallée „schuell", vgl. f. väleä.

[hanat „knurren (von huudeu)", vgl. f. Mristä, hiristä, hyristä].

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jalkkat, Lille jiiPkaJtit rhinausgedehnt liegen", vgl. f. jälkyttää. jargijc, jargija, jarre, jarrem, Lule järfna „grosse, offene Wasser- fläche" = f. järämä, järäämä.

säkJcat „keuchen", vgl. f. sähiä.

Lule tiartka adj. „fest", V. tMr*kit F. tsär*te, O., U., H. t$àr*gé adv. „sehr, fest", vgl. f. järki adv.

5.

Selten entspricht lappisches i einem finnischen a:

N. F. dirrek (Fehs: dial., neben dârët) „niedriger, dicker bäum au der baumgrenze" = f . tarakka (III; Lönnrot).

N. F. êimer (neben Sabmar, cimer) „rucken einer axt, eines mes- sers etc." = f. hamara (vgl. näher Setälä, YSÄH, s. 288).

L. & Ö. sjiparct „coagulari", vgl.? f. happane- (Sktälä, ib.).

Lule fSinèJfc „sehr hart (von schuee)", vgl.?? f. hanki (Se- tälä, ib.).

Die beurteilung dieses f . a = la. i ist sehr schwierig; jeden- falls besteht doch das faktum.

Auch in zwei nordischen lehn Wörtern findet man dasselbe rät- selhafte lappische i = urn. a:

N. F. abb*, Lule, Ts. libba, Hm. Icbba (e < i) „lamm" ueben labbes aus der urnordischen grundform zu an. lamb neutr. id., welches wort hier also einen s-stamm zeigt (NL, s. 204; vgl. Thomskn, Einfl.. s. 90).

N. F. riddo, E. riddu, ridda, T. rinta, K. rhit „ufer", neben straddd < urn. *strando, an. strand id. (NL, s. 263).

Die formeu libba. und riddo scheinen auf nordische ablau ts- formen mit i zurückzugehen, die jedoch nicht belegt sind. Der ab- laut * ~ a ist ja indessen in der Stellung vor nasal -f kons, so gewöhnlich, dass man kaum bedenken tragen kann nordische neben-

formen *limb und *strindö anzunehmen. Möglicherweise könnte

an. strind fein, „eine von den Seiten eines kantigen gegenständes" hiehergestellt werden, welches wort auch sowohl in Norwegen (Strinden bei Trondhjem) als Schweden (Strind, Hässjö, Medelpad

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und Stritmc, Bjertrn und Multia. Âugermanland) als Ortsname ge- braucht wird.

Anm. Die Zusammenstellung von Lule ëippmw „ähnlichkeit" mit f. haamu mit langem aa (Setälä, YSÄH, s. 288) ist wohl sehr unsicher.

6.

Sehr selten entspricht lappisches i* einem finnischen t#.

Qvigstad, Beitr., s. 120.- Beispiele sind:

N. F. biddo oder plur. biddok „frauenhosen von renntierfell, die sich von unten nur bis zum knie strecken" = f. punttu.

T., K. jimmel, E. immel, ibmei, N. F. ibmel, (Fans: ti&l) jibmel, F., 0., ü., H. jippmsle neben Akkala jummel, Lule juppmêl, Arj. upmël, Malà jubmél, St. jupmele, V. jmppmsU „Gott" = f. jumala. Wie diese eigentümliche wechslung zwischen i (oder mit dialek- tischem vorschlage ji) in den nördlichsten und südlichsten dialekteu und ju in den mittleren (A. jummel könnte auf karelischem einfluss beruhen) zu erklären sei, sehe ich nicht ein ; auf rein lappischem boden kann man die erklärung dieser erscheinung kaum suchen*), sondern sie hängt zweifelsohne mit der geschiente des Wortes in den übrigen verwandten sprachen zusammen; da diese aber noch bei weitem nicht völlig aufgeklärt worden ist, muss die lösung der frage noch dahingestellt bleiben.

Anm. Im worte giksa „motte, die pelzwerk zernagt", vgl. f. koi, koihka, koisa, koisi., koisio, koiska, koisko, koiso, koisu scheint das * einem finuischen oi zu entsprechen, falls die Wörter der beiden

*) Anderson, Wandlungen der anlautenden dentalen spirans im ostja- kischen, 8. 128, nimmt freilich an, dass i hier ans ju entstanden ist; er sollte aber dann auch erklären, warum es N. F. juksa, jurda% justet etc., etc. und nicht *tksa, *irda, *istet heisst. Es ist offenbar, dass man aus einigen aus anderen f.-ugr. sprachen zufällig gewählten beispielen von einem (in vielen fällen vielleicht auch nur scheinbaren) Übergang ju, jo etc. > i nicht, wie er es thun zu wollen scheint, ein speziell lappisches lautgesetz beweisen kann.

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sprachen zusammengehören, was wohl sicher ist. Eine metatesis ois > ius (~*> iks, vgl. Lule rtikksa, gen. rttijsa „flasche" < schwed. Jcrus ,.krugM, etc) annelimen izt zu gewagt; es ist dies jedoch der einzige ausweg die erscheinung zu erklären, der mir offen zu stehen scheint.

7.

In sehr vielen fällen entspricht finnisches oder nordisches kurzes i einem lappischen kurzen «, das im gegensatz zu dem it = Ann., nord, a nicht gedehnt wird. In einem grossen teile von diesen vörtern findet man das kurze a oder einen aus demselben hervorgehenden laut *) in allen jetzigen dialekten, es gibt aber eine nicht geringe zahl von Wörtern, wo die südlappischen dialekte oder wenigstens eiuige von ihnen nicht ein a haben, sondern ein kurzes t oder einen aus diesem hervorgegangenen c- oder w-laut**). Es heisst also z. b.:

f. hirvas = T., K. sa,rvcs, N. serves, (E. sorv = f. hirvi), N. F. sârvës, Lule sarvês, Mala sarvies, (St. sarräva = f. hirvi), V. sar*vês, V., F., O., U., H. sar^uä „renntierochs".

f. ilma T. atme, K. a.foi, N., A. ojin, E. ahne, N. F. âlbmë, Lule al'mëe, Arj. almë, Mala albme, St. ahmic, V., F., U., H. aßmee, Ü. âl'mëe „kimmel; dial, unwetter".

f. silmä = T. cajnie, K., N. ca</wf, N. £©,7»«, E. calme, calhmc, N. F. câlbmë, Lule fêalemëe, Arj. caVbmv, aber gen. pliir. cd'mij, cil'mï, St. cäUmie, caUmicf aber illat. plur. ccltmitc, vc{tmile, ci(èmete, cifèmite, V., F., U., H. fWmë*, O. tâifinët „augett.

*) Nach der ansieht von prof. Genetz ist das kurze a hier sekundär und aas einem früheren e entstanden, welchen laut man in einigen russisch- lappischen dialekten noch wiederfindet. Vgl. hierüber meine kritik in JSFOu, X, s. 224 f.

**) In übrigen dialekten kommt i statt « nur selten vor; die bei hijoa, ikä, kiskoa, sija angeführten beispiele aus den russisch-lappischen dialekten und Enare sind fast die einzigen ihrer art.

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Andererseits:

f. Ujoa = T. sijja-, E. sajjcd, N. F. sâgjët, Lule saddêt, V., F.

O. sijjst, U., H. f/jpia „schleifen, wetzen".

f. ikä = T. jikke, K. <?,&fr, N. èhk, E. i'Af, N. F. jâfckë, Lule jaokêe, Main jöfa? Jahr", aber rJ\ a^Arf, K. Oikk, N. e.M, A. «Ar, E. ahe, N. F. «fc*ë „lebensalter", Lule acc. sg. als adv. a#ëu („immer").

f. Jfcisfoa = T. kièka-, K. N. keSkc-, A. (momentan) kM/e-,

E. ktikod, N. F. a«Y*of, Lule W, St. AaîMmo/, kaihkut, V. oaiokut, F. oahhut, O., U., H. oaifto Äzerreissena.

f. Äysyä = T. fcaccl-, K., A. kecëe-, N. *eÄ&-, E. kocceled, N. F. gâcèât, Lule kaotsat, Malâ kàhcatet. kaöatet, St. Jàehèet, kihcU,

kihcet, kèhcit, kèhcit, kèhcit, V. a'iox'fêst, F. a'iox'tàet, O., U., H. a'iox'têio „fragen".

f. nimi = T. namtw, K., N. nemm, A. new, nîm, E. nomma, Bomm, N. F. nâmma, Lule, Arj., Malâ namma, St. nummç, V., 0. mumtnH€, F., Sk. nimm««, U., H. Aimmu£ (u, m < i) „namen".

f. pestä = T. passi-, K., N. pesse-, A. pesse-, E. possod, possed, N. F. fomo/, Lule passât, Malft passa-, V. Bfsse/, F. biokI, O., U., H. Bissio „waschen".

f. sya = T. K., A. N. sejj, E. sajye, N. F. sâgjë, Lule saddës, Malä «w)>, St. Ä<$e, V., F., O. «jj;ct, U., H. Sijjës „stelle".

f. vene = T. vans, K. tens, N. vënas, gen. tonnas, (in E. scheint nur kärbes = f. karvas vorzukommen), N. F. vänäs, Lule vanäs, Arj. acc. sg. vatnasau, Malâ tarfnas, V., F. Mise, 0., U. tnmttf«, U., H. vinntse „kann".

f. viha = E. vaöe, vaje, N. F. vâèSë, Lule vaiëêe, Malâ vaèSe, (St. vàiëuleëëe, veSèâlecèe = f. riAoWnen), V., Sk. vtJJëe „hass".

f. yaVn = T. af, gen. aMme, K., N. ede, gen. ©Wem, N. F. âdâ, gen. âddâma, Lule a/äm, Malâ addem, V. jerremue, F., 0., U., H. jerrmHs, H. jeddemus „mark; markknochen".

Da der Übergang i > ä also in allen dialekten bekannt ist, kann man kaum daran zweifeln, dass er auch urlappisch gewesen ist. Mau könnte wohl, auf das vorkommen von bewahrtem t in den südlichen dialekten gestützt, versucht sein annehmen zu wollen, dass die erscheinung nicht urlappisch sei, sondern dass sie in späterer

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zeit im norden entstanden und von dort aus gegen südeu gewandert sei. Das sporadische vorkommen derselben im Süden sollte also darauf beruhen, dass die wortformen mit à statt i aus den zunächst liegenden, nördlicheren dialekten entlehnt sind und die früheren »'•formen hinausgedrängt haben. Die zahl der ä-formen in den süd- lappischen dialekten ist jedoch so gross, dass eine solche annähme nicht möglich ist. Es scheint mir dann kein anderer ausweg vorzu- liegen das vorkommen von ä neben % in diesen dialekten zu erklären als zu sagen, riass eine ausgleichuug vorgegangen ist, so dass der «-vokal in einigen Wörtern vorherrschend wurde, während a in an- deren Wörtern durchdrang.

Die möglichkeit einer solchen erklärung dieser frage hängt mit den eventuellen gründen zu der fraglichen erscheinung eng zusam- men. Wenn die gründe zu dein übergange i > ä in dem /-laute selbst gelegen haben, so dass er also unabhängig von äusseren ein- flüsseu vorgegangen ist, ist es sehr schwierig zu erklären, wie der genannte laut iu einigen Wörtern bleiben, in anderen zu ä übergehen konnte. In diesem falle müsste wohl das kurze i in allen dialekten verschwunden sein (ausser wo es in erst nach dem aussterben des gesetzes % > ä in die spräche hineingekommenen Wörtern stand). Wenn dagegen der Übergang i >> ä durch einen umlaut bewirkt wordeu ist, kann das vorkommen von i neben à sehr leicht erklärt werden. In diesem falle hätte das i nur vor einem in der folgenden silbe stehenden, hinteren vokale, zunächst wohl nur vor einem a-laute, entstehen können, während es vor einem vorderen vokale, c, i, un- verändert blieb. Aus anderen sprachen, wo man erscheinungen der- selben art findet, kann man auch unendlich viele beispiele von solchen ausgleichungen anführen. Wir brauchen hier nur von dem Schicksal des urgermanischen a-umlautes oder der altnordischen i- und »-um- laute zu erinnern (vgl. z. b. Norken, Altisl. Gramm. 2, §§ 140, 141, 67, 79).

Wenn die frage auf diese weise zu lösen ist, was a priori sehr wahrscheinlich erscheinen muss, finden wir also, dass der dialekt in Arjeplog in dieser beziehung die urlappischen zustände ziemlich genau bewahrt hat. Hier finden wir nämlich (vgl. unten im mom. 9) vor hinteren vokalen (und ?) ein a und vor vorderen vokalen (sowie

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vor kurzem u) ein t, è, welches letztere wegen des südlappischen i unmöglich sekundär, durch z'-umlaut aus ä, entstanden sein kann. Vgl. auch die Verhältnisse in den östlichen Lule-dialekten. In Kiidin steht vor einem i in der folgenden silbe ein e, e, sonst o.

Wenn also in den nördlicheren dialekten das ä generalisiert wurde, müssen wir noch erklären, wie es kommt, dass man in ihnen überhaupt noch Wörter mit bewahrtem i finden kann; die zahl dieser Wörter ist sogar bei weitem nicht unbedeutend. Einen teil von ihnen können wir jedoch sogleich aus der rechnung lassen; es sind dies die Wörter mit * < ?, vgl. den abschnitt von dem urlappischen langen 7, solche Wörter wie N. F. birra „um" = f. piiri, n. s. w. Zweitens findet man eine reihe von Wörtern, die nicht in urlappischer zeit in die spräche hineingekommen sein können und welche also hier nicht in betracht kommen (N. F. ikkun „fenster" = f. ikkuna, u. s. w.). Es gibt jedoch noch eine dritte gruppe von Wörtern, wo die ent- lehnung aus verschiedenen gründen schon in urlappischer zeit statt- gefunden haben muss, aber dennoch ein t, nicht ein ä, zu finden ist. Solche Wörter sind z. b. die oben s. 237 angeführten beispiele giëcat (wo das c <C t nur in urlappischer zeit geschehen sein kann), imaS (mit urfinnischem 5), skippat (mit dem sehr alten anlaute $k-), digye und smidda (urnordische lehnwörter). Am nächsten liegt es natür- licherweise dieses so zu erklären, dass der Ubergang t > à nur einer sehr frühen période der urlappischen spräche gehört und dass alle später (doch in urlappischer zeit) entlehnten Wörter ihr t bewahrt haben. Dieses wird jedoch sehr unwahrscheinlich, wenn man solche, gewiss in sehr alter zeit hineingekommene Wörter wie giccat und skippat solchen verhältuissmässig jungen Wörtern gegenüberstellt wie N. F. hädde „preis" = f. hinta; N. F. hârcca-muorra „galgen" = f. hirsi; an. skella in christlicher zeit > Lule skiïllâ „das heilige abend- mahl" (vgl. oben s. 241); an. fylja mit aus u umgelautetem y > Hrn., Ts. svaUë „füllen" (oben s. 248); an. sperra mit aus a umgelautetem e > N. F. sp&rro „sparren" (oben s. 242) u. a. Es dürfte also kein anderer ausweg übrig bleiben das i in gicëat, skippat etc. zu er- klären als anzunehmen, dass bei diesen Wörtern diejenigen formen besonders oft gebraucht wurden, in welchen die letzte silbe einen vorderen vokal enthielt, oder dass sie durch den einfluss von nahe-

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stehenden Wörtern, in welchen das i nicht umgelautet werden konnte, ihr i bewahrt haben ohne dass wir indessen vor der hand im stände sind zu sagen, welche eben diese letzteren Wörter mit be- standigem i gewesen sind.

Auffallend ist es, dass, wie gesagt, das aus palatalem vokale entstandene a nicht wie das ursprungliche a in hauptbetonter silbe gedehnt wird. Es scheint dies nicht anders erklärt werden zu können denn so, dass die urlappische dehnung des a (oben s. 57 ff.) bei dem eintritt des tiberganges t > a schon abgeschlossen war, so dass das neu entstandene a nicht an derselben teilnehmen konnte. Wenn sie damals noch nicht abgeschlossen wäre, hätte man wohl jetzt auch ein ö, à < à < i, da so weit bekannt das ä < i qualitativ von dem ursprünglichen a nicht verschieden war. Wenn jedoch die beiden laute qualitativ nicht zusammengefallen wären, würde wohl das a < i etwas nach ä hin geneigt haben, in welchem falle es jedoch auch gedehnt werden sollte, da ja auch das ä an der dehnung teilnahm.

Unten im abschnitte von dem kurzen « werden wir auch bei diesem extremen, am hinteren ende des vokalsystemes stehenden vokale ganz dieselbe erscheinung (a > o) finden wie bei dem kurzen ». Die hier gegebene erklärung von derselben gilt also mutatis mutandis auch bei dem w.

Von dem übergange i > a vgl. z. b. Thomsen, Einfl., s. 35 f.; Qviostad, Beitr., s. 121; Halâsz, Hunfalvy-Album, Budapest 1891, s. 99 if.; verf., JSFOu, X, s. 168 f.

8.

Die wichtigsten formen, unter welchen das urlappische kurze (bewahrte) * in den jetzigen dialekten auftritt, sind die folgenden:

Ruuischlappisch :

Im allgemeinen t, statt dessen man jedoch in T. und K. häufig ï und in allen dialekteu bisweilen e (oder <?) findet, ohne dass es mir möglich gewesen ist eine regel für die Verteilung dieser laute zu finden. Beisp.: X. F. biyjat „setzen" = 1479 T. pijjî-, pUjî-, K., X.

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pijje-, pêjjc-, A. pijji-; X. F. rista „kreuz" = 1272 T., K. rïst, X., A. rist; N. F. sübba „silber" = 1037, 1038 T. silp, sèlp, K. sïlp, N., A. silp.

Selten ist das i in K. und X. zu e übergegangen (K. 481, 611 ; N. 580, 1175) oder in T. in geschlossener silbe vor n oder r weg- gefallen (T. 295, 1600, 1809, 1817, 1849, 1865, 2016).

Vgl. verf. in JSFOu, X, ss. 168 f., 171.

Enare:

Regelmässig i; nach Castren, Resor och Forskningar, V, s. 103, und Lönnrot, Acta Soc. Sc. Fenn., IV, s. 138, soll aber auch das rnssische u oder ein diesem laute nahestehender laut vorkommen. Beisp.: N. F. bigjat „setzen" = E. pijäd; X. F. rista „kreuz" = E. rista ; X. F. silbba „Silber" = E. silbba,

Norw. Finmarken :

Regelmässig i; nur selten und sporadisch findet man in den südlichen dialekten statt t ein e (XL, s. 78: „kurzes »in der Wurzel- silbe wird dialektisch mit <?, e vertauscht"), z. b.: Kar. smidda, Luv., Ib., Of. smidda „Schmied" = GL, Wst. smedda, Kl. smed « urn. acc. sg. *stnidu, an. smidr id.; XL, s. 305) mit e vielleicht aus norw. smed; Tlv., Bis. smid'jo, Südw. smid'jo, aber Kl. smed'jö, smijjö, Alten, Krl., Lnv., Ib., Wst. smcr'jo, smir'jo „schmiede" < an. smidja, obl. (XL, s. 305).

Lulelappisch:

Regelmässig t, z. b.: X. F. rista „kreuz" = Lille rist-fcttèêe „taufvater" etc.; X. F. silbba „Silber" = Lule sü*pa; X. F. dikke „laus" = Lule tvkUës.

In Hammerö findet man sehr oft statt i ein c (weniger oft in Tysfjord und Folden), z. b.: X. F. gintal „kerze" = Hm. gental, Ts. gintal, Lule Uinntal (XL, s. 170); X. F. girkko „kirche" = Hm. ger'go, Fld. gir'ko, Lule Bir*okü (XL, s. 171); Hrn., Ts., Fld. smir'jo, smer'jo, Lule smirfjä „Schmied" (XL, s. 305).

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Arjeplog :

Regelmässig i, selten ê, z. b.: N. F. girkko „kirche" = Arj. hirëhka; N. F. silbba „silber* = Arj. acc. sg. silhpap.; schwed. prins „prinz" > Arj. prinnsa, prênnsa.

Malâ:

Regelmässig », selten e, z. b.: N. F. girje „buch, brief" = Malâ kirje; N. F. biUcke „höhn" = Malâ piîhke; N. F. girlcko „kirche" = Malâ kirhko, kerhko.

Stidlappisch:

Das f ist hier vielen Veränderungen unterworfen; beibehalten wird es nur vor einem folgenden c, ?, oder s < ä, e (wo es nicht durch den einfluss der benachbarten konsonanten verändert wird, vgl. unten), z. b.: N. F. bâgje- „ober-" = V., F., O-, U., H. Bijjës; N. F. bâsset „braten" = V. Bisset, F. Bisset, 0. Bèsset, Bissio, U., H. Bisêb; N. F. silbba „silber" = St. sijopa, söfopa, softpa, sö(opoy V. syA*pu£, F. siAsp„s, 0. swe&«€, U., H. èiAebus.

Vor einem r, bisweilen auch sonst, geht es sporadisch zu einem kurzen e-laute (e, e) über, z. b.: N. F. garra „rinde" = V. o'çrre, F. G't'rr«, 0., U., H. aerre; N. F. gassag „dick" = St. fosse, kèsse, V., U., H. g'issc, 0. a esse. Wie aus den beispieleu St. söltya etc., V. syrfpus oben hervorgeht, kann es auch sporadisch (durch den ein- fluss des folgenden konsonanten, meistens a) zu einem ö-, y-laut übergehen.

In der nähe eines labialen konsonanten gebt das % oft zu einem «-laute (im allgemeinen w) über, z. b.: N. F. nâmma „namen" = St. nummri, V., 0. ntummu€, F., Sk. nimnt„e, U., H. nimmue; N. F. räppaset „sich öffnen" = V., F. rvpsit, F., 0. nuopsit; N. F. rdtte „spur nach einem schütten" = V. rißßee, riffëe, F. riorrêe, 0., U., H. rrnffëe.

Vor einem langen ä, ü in der zweiten silbe (das dann bis- weilen irgendwie verändert sein kann) wird kurzes i zu einem kurzen ä-laute (ä, $, à; Halâsz: St. a) umgelautet, z. b.: N. F. digge „ge- richt" = St. tikkie, illat. sg. tähkän, V. DikJiës, illat. Däkkän, Sk. illat.

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vykkse; N. F. Sâddat werden, etc." = St. Sittet, Settel. Settet, (Tärna Sàttct, Sattet), V. Sattet, F. Sittet, Settet, O. Mfc*, Settù), IL, H. fettfr, aber 3 p. sg. praes. St. Sattü, (V. £atfä), F., 0., IL, H. Sättä, IL, H. Sàttâ; N. F. basset „braten* = St. pisset, pèsset, V. Bisset, F. Bisset, 0. Bcsset) Bissio, IL, H. bi£Sû>, aber 3 p. sg. prœs. V., F., 0., IL, H. Bässä; Ib., Of. bihttö, beJittö (NL, s. 109) „bütte" = Tärna behtto, Ht. bœhttu, V. B#>fö, F. Bäotü, 0., Sk. Börtö, Sk. Bfptü.

Vor einem kurzen u in der folgenden silbe (das dann oft verändert ist) geht kurzes i zu y über, z. b.: pass, von Bisset etc. „braten": gerund. V., F., 0. Byssemene (e <. ü); dimin. von B^>to „bütte": V. Byotetèe (e < flj; N. F. gilljot „brllllen" = St. kä(ajetit (e < ü), V., F. a'äFjwt (m < w), aber 3 p. sg. pnes. V., F. a'yl*je (e < ü) «schreien".

Vgl. Halasz, NyK, XXII, s. 233.

9.

Die nichtigsten formen, unter welchen das urlappische, aus « entstandene kurze a in den jetzigen dialekten auftritt, sind die folgenden:

Russisch-lappisch :

In T. wird das a regelmässig bewahrt, in K. findet man im all- gemeinen vor einem (dann oft veränderten) â, e~, a> in der folgenden silbe ein a, sonst e, e, in N. fast immer o, selten a (40, 86, 662, 687, 814, 1016, 1271, 1946, 1959, 1997), p (1538, 2043) oder o (1713), in A. im allgemeinen e, weniger oft a und in Pasvik im allgemeinen a, weniger oft à oder o. Beispiele: N. F. âîbme „him- meltf = 83 T. Qilme, K. a^m, iness. pl. e%lmijn, ajmijn (K. elmed, elmse „offenbar"), N., A. oM; N. F. Sâddat «werden*» = 901 T. Santî-, K. inf. Sonteô, 3 p. sg. praet. Sondij etc., 3 p. pl. praet. So&tèn, Sehnten, 3 p. sg. praes. Sant; Sunt „frucht" (N. F. Saddo), N. Sotte-, A. Sonde- (aber Sant oder Sent „geschlecht"), Pasvik part, praet. Sad- dam; N. F. âkta „ein" = 7 T. akl, K., N., A. o%t, aber K. a%tant A. a%ton, axtnas „auf einmal44, Pasvik owtast „zusammen".

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Enare:

Im allgemeinen a, bei Lönnrot, Andelin und Borg ausserdem oft o (selten oo), bei Sandberg oft â („gutturales a, steht « am nächsten") oder o. Bei Lönnrot und Andelin findet man ausserdem selten oa, uo, ä etc. Beispiele: N. F. Cübme „himmel" = E. ahne; N. F. ëâddat „werden" = E. (Lönnrot) ëadded, ëoddcd, (Andelin) ëoddad aber Saddu, (Borg) kondit. ëoddacim, (Sandberg) part. prœt. ëâddàm; N. F. âkta „ein" = E. (Lönnrot, Andelin, Borg, Sand- berg) oht; N. F. dakkim „ich machte" = E. (L.) toohim, toMinu

Vgl. Qvigstad, JSFOu, III, ss. 8, 94.

Korweg. Finmarken:

In Karasjok, Laxfjord und Porsanger (Kistrand) findet man ein «, das nach Qvigstad, Beitr., s. 116 und JSFOu, m, s. 4 mit engl, a in all, call identisch ist. „Norwegischen ohren liegt es zwischen a und à und lautet bald dem d, bald dem a am meisten ähnlich. Es ist gewöhnlich kurz, selten halblang oder lang". In XL wird es durch „a" bezeichnet, welches zeichen einen „mittel- laut zwischen a und «" (offenem o) bedeutet (ab teil, von „Schreib- weise und Transskription"). Auch in Waranger kommt derselbe laut vor; es wird hier mit sehr schlaffer lippenrundung ausgesprochen (JSFOu, III, s. 4). Da die norwegisch-lappische Schriftsprache zu- nächst auf diese zentraleren dialekte zurückgeht, werden die hieher- gehörenden Wörter aus „N. F." in dem vorliegenden werke nach dem vorgange Qvigstadb in Beitr. wenn möglich mit â geschrieben.

In Kvä nangen kommt statt dessen ein laut vor, der von Qvigstad, ibid. durch a bezeichnet wird. „Eis wird mit von der a-stellung zurückgezogener Zungenspitze und gehobener zungenwurzel ausgesprochen. Die lippen gehen zur seite und die mundöffnung ist sehr klein, a ist gewöhnlich kura, selten halblang oder lang. Nor- wegischen ohren liegt a in der betonten Wurzelsilbe zwischen a und e.

In Lyn gen (Pollen) und Karlsö habe ich ein mit dem a

nahe verwandtes o gehört, das in denselben fällen wie a vorkommt Es wird mit der Zungenspitze von der a-stellung zurückgezogen und mit gehobener zungeuwurael ausgesprochen. Die lippen und die

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Mundwinkel werden zurückgezogen uud die uniudüffnuug ist kleiner als bei a".

In Kvänangen kommt selten, in den anderen, dialekten in Tromsö amt und in Koutokeino bisweilen statt â ein laut vor, den Qvigstad, ibid., s. 5 mit à bezeichnet; er liegt „zwischen a und einem laute, der nicht so offen wie e [offenes e, norweg. e in hest, »wen, engl, e in me»], aber nicht so geschlossen wie è [geschlos- senes e, norweg. e in en, ett] ist".

In den übrigen dialekten findet man ein a, in Südwarau- ger sehr selten â (âl N. F. â'â „auf") oder o (forg = N. F. fârgâ „bald"); Qvigstad, ibid., s. 96.

Vor einem e (geschlossenem e) oder è (zwischeu e und i) in der nächsten silbe steht in Waranger (= Sudwaranger; Qvigstad, ibid., s. 5; NL, s. 75) statt a ein laut, der nicht so breit ist wie ä, aber dem englischen e in men am nächsteu kommt. Vor eiuem i oder u in der nächsten silbe steht derselbe laut, der jedoch hier ein wenig minder offen ist.

Beispiele: N. F. cäßä „herbst" = f. syksy; N. F. âdâ „mark; markknochen" = f. ydin; N. F. dâlckât, Kv. dakkat, Waranger dàkkat „machen" = f. tchdä; N. F. gâ$$â, Kv. ga$sa „klaue, nagel" = f. kynsi; N. F. jâkkc, Waranger jâkkê, gen. plur. jâgi „jähr" = f. ikä.

Lulelappiach:

Regelmässig kurzes, nicht halblanges oder langes, a, z. b.: N. F. câfcâ „herbst" = Lule tSaktHa; N. F. âdâ „mark" = Lule atäm; N. F. gâssâ „klaue, nagel" = Lule kaddsa.

In den dialekten der s. g. wald läppen in den südöstlichen teilen von den kirchspielen Gellivare uud Jokkmokk findet man in- dessen vor einem » oder kurzen u in der folgenden silbe im allge- meinen nicht a, sondern kurzes £ (zwischen e und ä) z. b.: N. F. däklcät „machen" = Lule taokat, aber im Südosten 1 p. dual, praes. t&Rin, 3 p. plur. pr*s. tsolèi; N. F. gâïkot „zerreissen" = Lule kaihküt, aber im Südosten 3 p. sg. piws. foihku, part, prset. Mhkum.

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Arjeplog:

Vor einem i oder kurzen u in der zweiten silbe i oder (weniger oft) ^, in übrigen Stellungen kurzes a, das sich (nach Halâsz) jedoch auch einem „gemischten" à oder auch einem g nähern kann. Bei- spiele: N. F. dâkkât „machen" = Arj. tahkat, 3 p. sg. praes. tahhä, aber 2 p. sing, praet. tihki, 3 p. plur. preet. tihkin, 3 p. plur. prœs. tihkè < i), tèhkè; N. F. basset „braten" = Arj. passet, verbal- subst. passim (i < ë; „das braten"), aber pass, pissttt; N. F. ibmel-bâloîaë „gottesfürchtig" = Arj. jupmëî-pèlulac. Doppelformen, durch analogie entstanden, sind nicht selten, z. b.: X. F. 3 p. plur. preet ëâdde „sie wurden" = Arj. ëiddinf Saddin, ëâddin (mit a aus inf. ëaddat etc.).

Selten begegnet man statt a einem o, d, z. b.: N. F. vâkko „woche" = Arj. vohhkü, nom. plur. vohkü, vâJJcû, acc. plur. vohkuit.

VgL Halasz, Svéd-lapp nyelv, V, ss. v, vi; Qvigstad, NL,s. 76.

Malà:

Regelmässig at das nach den vorhandenen quellen vor i, u nicht mit i wechselt, z. b.: N. F. dâkkât „machen" = Malâ talike-, 3 p. sg. prset. tahki; N. F. männät „gehen" = Malâ manne-, 3 p. sg. pnet. mannt. Bisweilen tritt das a sogar lang auf, z. b.: Lule tSatä „durch" = Malâ öada oder coda.

Südlappisch :

Im allgemeinen kurzes a (oder St. ä), das jedoch in Offerdal und Skalstugan vor einem ê in der zweiten silbe zu à übergeht, vgl. oben s. 159, z. b.: N. F. âlbme „himmer = V., F., U., H. alsmce, 0. àlemës „Unwetter; V., F. auch himmel"; N. F. gäüanet „satt werden" = St. kallänit, V., F., 0., IL, H. QOAA&nit; N. F. câlbme „auge" = St. calëmic, öälemie, V., F., U., H. (SaVmês, O., Sk. fèàFmëe.

Den aus Arjeplog bekannten Wechsel zwischen einem i vor einem i in der folgenden silbe und einem a in übrigen fällen findet man indessen auch hier, in Stensele und Vilhelmina, in einigen wenigen beispielen wieder, wie: N. F. gâlbmet „frieren" = St. ka{ëmety V. aaPmet, F. oaPmet, 0., IL, H. Qalemû>7 aber 3 p. sg. praet. St.

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kilemij, V. aU'mU neben aalemëi; St. calëmie, cälemic „auge", aber illat. plur. ëejfimite, cè(émiief ci(émete, ci(êmite.

Vor einem ursprünglichen kurzen u in der folgenden silbe (das dann oft verändert worden ist) findet man, auch in Wörtern mit fin- nischem t, nicht mit y (das möglicherweise aus u entstanden sein könnte), statt des kurzen a ein kurzes w, z. b.: f. kiskoa = N. F. gâïkot „zerreissen", St. kaihkuot, kaihkut, V. oaiokut, F. aaiokutt, 0., IL, H. aai*kio, aber 3 p. 8g. prœs. St. kuihkç, V., F. auioke, 0., IL, H. aui*ke, part, praet. V., F. auiohma, 0., IT., H. aui*kume; N. F. ärwet, Lule (S. G.) har*vët „regnen" = »-stamm: St ap.äret, gpöret, yporut, V. ab*rut, F. aVrtut, 0., U., H. ab'rio, aber 3 p. sg. prœs. V., F., 0., IL, H. ubere, part, prset. V. uberutma, F. uberema, uberuma, O., IL, H. uberume.

Urlappisches langes #. 1.

Finnisches oder nordisches langes t entspricht in den jetzigen lappischen dialekten im allgemeinen einem langen oder kurzen i, z. b.: f. kiittää N. F. (ßttet, Lule Bofët, V., F. q tötet, 0. a'Vtst, U. oïtio, H. ototio „danken" ; f. piiri = N. F. bïrra, Lule pirra, aber V., F., 0., IL, H. Bï*r« „um"; (an. knifr „mes8er"), urn. acc. sg. *kmba N. F. riïbc, Lule nïpëe id.; (an. hris „reis"), um. *hrisa > N. F. rïsse, Lule risset, aber V., F., O. risée, U., H. rlSëe id. Qviostad, Beitr., 8. 121. Die Verhältnisse sind also hier sehr verwickelt, indem das lange ï in einigen Wörtern überall lang beibehalten wird, während es in anderen Wörtern in einigen dialekten verkürzt, in anderen bewahrt wird. Es ist deut- lich, dass sie in urlappischer zeit viel einfacher gewesen sein müssen. Man muss hierbei natürlicherweise von dem aussehen des vokales in den nordischen, bzhw. finnischen grundformen ausgehen, wobei es je- doch bei den letzteren noch schwierig zu entscheiden ist, ob ihr vokal auch zu der zeit, als sie in das lappische aufgenommen wurden,

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iii alleu fallen derselbe war wie jetzt (wenigstens in einigen Wörtern ist im finnischen offenbar eine dehnung eingetreten, z. b.: viikko < ura. *wifä, au. vika „woche").

Bei einer Untersuchung der hiehergehörenden Wörter findet man danu, dass urnordisches langes i im allgemeinen in allen dialekteu beibehalten wird (beispiele vgl. unten im mom. 2), während das (ueu)finnische lange i in allen nördlicheren dialekten sehr oft, im südlappischen und Mala aber nur selten verkürzt wird; ein bei- spiel von f. ii = südla. ï ist f. viitsiä = N. F. vïëëat, Lille viëëat, vaëëat, (Malâ veëëel „fleissig"), negiert V. ib viëë-ks, F., 0. im vyëë-Hs, U., H. im viéë-ke „lust haben, wollen, vermögen", wenn diese ety- mologie richtig ist, was wohl kaum zu bezweifeln sein kann (f. -te- = la. -ëë- zwischen den vokalen der ersten und zweiten silbe ist jedoch ungewöhnlich). Man wird also geneigt anzunehmen, dass die südlappischen dialekte in dieser hinsieht auf einer ursprünglicheren stufe stehen als die übrigen und dass die Verkürzung des langeu i folglich nicht urlappisch sein kann, sondern erst im sonderleben der nördlicheren dialekte entstanden ist. Hiergegen muss jedoch mit recht angemerkt werden, dass südlappisches langes i nicht nur einem finnischen langen t, sondern auch in einigen fällen einem fin- nischen kurzen i entspricht: V., F., 0., U., H. fFßrs, Lule viotèr, N. F. visser „maserholz" = f. visa; V., F. jttss, ()., U., H. ïfif«, Mala ic, aber mit suff. töas etc., Lille êtë, N. F. jeë, T. jicc, K. tec. N. jiehc, jehc, A. tc, gen. ig „selbst" = f. itse; V., F. jïJtét, U. jFtio, H. ßotio, Lule iotët, N. F. ïttët, T. jitte-, K. itte-, èitte- „zum Vorschein kommen" = f. itää; V., F. sise, O. sless, U., H. ëï£se, Malâ sïs(a) „in" (mit acc; aber V., F. sissnêe, 0. siëënt, U., H. ëiëënês, Malâ sisne „in" mit dat.), Lule sisä, N. F. s'isâ, T. sis?, siz, K. she, sh, A. siz „in" (mit acc.) = f. sisään; F. vïotssrdit, 0., U. vFffcrdit, H. vïtssrdit, Lule vitsërtit, N. F. v)£ar(feJ „zwitschern" = f. visertää; vgl. auch unten in der anmerkung f. ken, mikä, vävy. Langes t ist wohl im finnischen bisweilen verkürzt worden, z. b.: f. rikas um. *rikaz, au. rlkr „reich" (Thomson, Einfl., s. 53), und in noch mehreren fällen findet mau in dieser spräche eine Schwankung zwischen langem und kurzem i, z. b.: kiihko und Jcihko, kiilo und kilo, kiima'1 und hima, kiiri und kirri, etc. Es ist jedoch vorderhand zu kühn alle die eben

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angeführteu beispiele vou f. ï = la. ï so zu erklären, dass f. ï hier aus ï verkürzt ist, da ja die bedingungen dieser Verkürzung noch völlig unbekannt sind, sondern man muss annehmen, dass ein kurzes i im südlappischen unter eiuigen, noch nicht näher bestimmbaren bedingungen gedehnt werden konnte. Ein deutliches analogon hierzu werden wir unten bei der behandlung des langen u finden; urn. *skuli-, aschwed. skylia „abspülen" wird nämlich mit V. sktdet. F. §kwht, 0., U., H. Muilta, Lule, N. F. skullit wiedergegeben. Im allgemeinen wird ja das lange ü völlig analog mit dem langen î behaudelt; wir können also getrost auch diesen fall auf das lange ï übertragen.

Wie dem auch sein mag, scheinen mir indessen so viele fälle von wiedergebung eines finnischen oder urnordischen langen t durch südlappisches ï (und f., um. ï durch südla. *) uoch übrig zu bleiben, dass wir wenigstens vorderhand, bis dass die geschiente der quanti- tätsveräuderungeu bei dem finnischen i, ii besser bekannt wird, an- nehmen können, dass die südlappischen dialekte hier die urlappische stufe vertreten und dass also finnisches und nr nordisches langes i durch urlappisches langes t wiedergegeben wird.

Anm. Nur selten entspricht urlappisches langes ï eiuem au- deren laute als finnischem langem i. Die von mir angetroffenen bei- spiele hiervon sind die folgenden:

Nom. sing, von den interrogativ-relativen pronomina N. F. gl und ml. Diese Wörter fallen im lappischen dadurch auf, dass sie im nom. sing, einen andereu vokal als in den übrigen formen zeigen, welche eigentümlichkeit wir noch nicht zu erklären im stände siud; sie möchte vielleicht auf eine schon vorurlappische zeit zurückgehen. Diese obliquen formen sind sonst in keinerlei weise sonderbar; sie zeigen in allen dialekteu bei gi einen c-, ä-vokal und bei mi eiu kurzes a < *, was also (von f. n in kenen abgesehen) dem fiuuischen gen. kenen und minkä völlig entspricht. Ob das i in gi in näherer Verbindung mit dem * in mordw. ki, wotj. kin etc. (MUgSz., s. 28) steht, mag wohl noch dahingestellt bleiben. Das lange i könnte hier sehr leicht iu urlappischer zeit durch die häufige betoute Stel- lung dieser Wörter aus einem frühereu kurzen i (vgl. f. m'i-kä) eut-

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standen sein; in betontem auslaute kommen nämlich, so weit be- kaunt, im lappischen kurze vokale nicht vor.

Die formen dieser pronomina in den verschiedenen dialekten sind: T., K., N. hie, A. kl, kij, stamm hie, E. ki, gen. Jciœn, N. F. gl, gen. gœn, Sörfjord auch gigja, Kv. gïja, Lule nom. sing. N. G. selten kl, gen. überall kän, Malà k% Jéc, St. kie, V., F., O., U., H. o'ca, g'î (die formen mit e-, ä-vokal iu T., K., N., Malà, St.-H. sind aus den cas. obl. entlehnt). T., K., N., A. ml, gen. T. mat», K., N., A. mown, E. mi, gen. mon, N. F. ml, Sfj., Kar. auch migja, Kfj. migja, mija, Kv. mïja, gen. man (Qvigstad), Lule mï, mla, mùïda, gen. man, Malâ mi, gen. man, St. mt, m», m?)', my, m*>, tw7<?, m/', mije, gen. man, mann, m^nn, V., F., 0., U., H. mï, gen. man.

Auch in einem worte mit f. ä findet man im südlappischen ein langes *: f. vävy = T., K. vlvv, N. vt'tw, N. F. vittua, Lule virva, St (Haläsz) vuojöpu (??), V. vyye, F., O., U., H. tr<ä>e, U. t'ïwfi „schwieger- söhn" (vgl. Setälä in Festskrift til Vilh. Thomson, s. 232).

2.

In den jetzigen dialekten wird, wie schon oft gesagt wurde, das lange urlappische » zunächst auf zweierlei weise behandelt, indem es teils verkürzt, teils bei seiner früheren länge beibehalten wird. Im allgemeinen geschieht ersteres in den nördlicheren dialekten, letz- teres nur im südlappischen und in Mala, auch einigemal in Enare, vgl. unten s. 268. Wir haben jedoch schon bemerkt, dass wir in einigen Wörtern auch ausserhalb des südlappischen nur lange vokale finden, und es liegt nahe diese erscheiuung so zu erklären, dass die betreffenden Wörter mit langem t erst nach dem aussterben des Ver- kürzungsgesetzes in die spräche hineingekommen seien. Eine nähere Untersuchung zeigt jedoch, dass eine solche annähme sehr zweifelhaft sein muss. Erstens besteht nämlich ein sehr grosser teil von diesen Wörtern mit t aus urnordischen lehnwörtern, z. b.: N. F. üdne, Lule tlnëe „leinwand" = urn. */7na, an. Un id. (NL, s. 216); N. F. rldo, Lule rida „Zänkerei, zwist" < urn. nom. acc. plur. *stridö, an. strid „streit" (NL, s. 263); N. F. spidne, Lule svïnêe „schwein" < urn.

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*sicïna, an. svin id. (NL, 8. 313); N. F. vides, Lule vttës „weitfc < urn. *iddaz, an. vidr id. (NL, s. 346); N. F. vises, Lule vïsës „weise" << um. *unsaz, an. vlss id. (NL, s. 349). Wenn diese Wörter erst nach dem anfange der dialektzersplitterung im urlappischen in die spräche aufgenommen wurden, müsste also die urlappische spräche schon vor dem ende der urnordischen période aufgehört haben als eine einheitliche spräche zu existieren, was jedoch mit den er- wägungen, die wir oben s. 19 darstellten, in widersprach steht. Zweitens finden wir unter den Wörtern mit beibehaltenem ï einige Wörter, die in allen dialekten vorkommen und ihrer bedeutung nach gewiss urlappisch sein müssen, z. b.: T., K., N. sijt, E. siid, siitä, siida, N. F. sida, Lule sïta, Malâ stta, V. site, F. slots, O. s?ts, U., H. 0tsf das überhaupt „dorf" bedeutet und, so weit bekannt, in den f.-ugr. sprachen isoliert dasteht; T. hijhta-, K. kijhte-, N. Jtejhte-,

E. mted, N. F. glWt, Lule Botet, Malâ lähte-, täte-, St. J&ktet, V.,

F. a'Wst, 0. Gittst, U. ü'ltb, H. atotio „danken; dial, rühmen" = f. kiittää; T. tijma (adj. K. tijmjafic, N. tijmjaë), E. adj. tiimag, N. F. dibma, dima, dimag, Lule fimä, Malâ aûj. ümaö, V., F. väimän, O., U., H. Dayman (äi << ï vor „voriges jähr". Dass diese Wörter erst der nachurlappischen période angehöreu sollten, ist es ja unmög- lich anzunehmen.

Wie es dann kommt, dass urlappisches 1 bisweilen bewahrt, bisweilen verkürzt wird, können wir also vorderhand nicht erklären. Auf dem alter der betreffenden Wörter in der spräche kann es nicht beruhen; aus der natur der umgebenden laute können wir, wie ein blick auf die schon mitgeteilten beispiele zeigt, auch keine gründe für diese eigentümliche erscheinung herausfinden. Wir sind somit genötigt die frage noch offen zu lassen; wenn die geschichte des finnischen kurzen und langen i einst aufgeklärt sein wird, dürfte vielleicht auch diese frage ihrer endlichen lösung näher gerückt werden.

* * *

Das aus früherem ï verkürzte i fallt mit dem ursprünglichen kurzen i zusammen und wird in den verschiedenen dialekten ganz wie dieses behandelt ; es geht jedoch niemals in kurzes a über (was

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auch seinerseits zeigt, dass es nicht urlappisch sein kann, in welchem falle es wohl in irgend einem beispiele zu à veräudert wäre; i > ä ist ja nämlich ein urlappisches gesetz).

Die wichtigsten formen, unter welchen das bewahrte lange i in den jetzigen dialekten auftritt, sind die folgenden:

Russisch-lappisch :

Kegelmässig ij, z. b.: Lule slta T., K., N. sijt „lappisches dorf"; in N. selten ej, z. b.: N. F. glttët „dauken" = T. kijhta-, K. kijhtc-, N. kejhte-. In Pasvik kommt nach Qviostad, NL, Nach- träge, ei statt ï ziemlich oft vor, z. b.: N. F. bîpo r pfeife** = P. beihp, elat. bëipast; N. F. clfco „hüudin" = P. ceihk, elat. cëikasi; nach dem beispiele N. F. nlbe „messer" = P. «76, illat, neiba, dimin. nëibaz, zu urteilen sollte mau hier ganz wie im südlappischen eine wirkliche brechung vor laugem P. ö haben (welches 5 < urla. 5, dann im auslaut weggefallen und sonst verkürzt worden ist); auch die übrigen in NL vorkommenden beispiele sprechen hierfür: beihp; ceihk; beig = N. F. buja (illat, -ai); reid = N. F. üdo; Sltv = N. F. êtive; aber Uka, leika „doch" = N. F. îïka. In den sprachproben von Sandbekg, JSFOu, m. findet man nur die formen Uj „war" und sidi illat. sg. „nach dem dorfe".

Enare:

Regelmässig t (oft ii geschriebeu), z. b.: Lule slta = E. siid, siitä, siida „dorf, herberge". Langes 7 ist hier nicht selten bewahrt, wenn es in den übrigen nördlicheu dialekten verkürzt wurde, z. b.: Lünnuot liikküd „sich bewegen" (Anuelin likkad, aber trans. Iii- hatted; Bokg, s. 499, z. 3 v. u. lihestiti „er bewegtew); siis, sisa „in"; viit (Andelin vitt) „tünf"; Anueijn tiilc „zustand" ; vüppad „zögern" = N. F. Vikkat, sisä (Lille sisä), vHta, dtllc, vtppat (aber Lille vbpat).

Norweg. Finmarken:

Regelmässig langes 7, z. b.: N. F. glttet „dauken" = f. kiittää; N. F. vtppat (aber Lule vbpat) „zögern" = f. viipyä. In den sprach-

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proben aus Kontokeino (JSFOu, III) findet man statt dessen regel- mässig i>, z. b.: BVmagall'és ein name; si? da „dorf".

Lulelappisch:

Regelmässig langes 1(1*), z. b.: Botet „danken"; ümä „voriges

jähr».

Arjeplog:

Regelmässig 7, z. b.: attr. rlhküs „reich" < an. rlfcr id. Malâs

Regelmässig 7, z. b.: klhte-, Jäte- „danken" = N. F. glttët; pura „um" = N. F. birra, f. piiri; Sila „glühende kohle" = N. F., Lule Silla, f. hiili; pire oder pirre, birre „bär" = Hm. birrë etc. (NL, s. 108).

Siidlappisch :

Regelmässig », 75, z. b.: N. F. tidne St. ßnfe, Uniä, X^nie, lijïnie, V., F., O., U., H. Tines „tuch"; N. F. glttët = St. kPhtet, V., F. a' lotst, 0. g'«e/*£, U. a'ïtè>, H. o'Tatö „danken"; N. F. birra, f. piiri St. j?7Va, pVre, pire, pijëra, pijjëra, pejëra, pejjëra,

pèjjëra, V., F., 0., IT., H. b«V« „um". Wie aus den Schreibungen hervorgeht, hat Halâsz oft am ende des i einen spirauten gehört; das lange 7 wird auch in der that hier sehr eng und praegnant aus- gesprochen, so dass sich ein j nach demselben sehr leicht bildet (auch in seinen Lulelappischen texten schreibt er sijëta „dorf" etc., was aber der ausspräche weniger gut entspricht; man hört höchstens ein slfta).

Vor einem langen ä oder « in der zweiten silbe wird das lange 7 in allen südlappischen dialekten zu äi, $i (Halasz auch ei, âi, ai) gebrocheu, z. b.: a'lotst etc., 3 p. sg. prœs. aäiotä, a'äPtä, a'äitä; Lule siotat „wollen" = St. sehtet, seihtet, sèihtet, séitet, sèjïtet, 3 p. sg. pnes. seihtâ, sàihtâ, sàjëhtâ, V., F. stotst, 0. sltst, U., H. èltio, 3 p. sg. pnes. V. sQbtä, F. säiotä, O. säitä, U., H. Säitä; N. F. siilot = St. sajëlut, sajjëlut (u < œ), 1 p. sg. pnes. sajêluop, V. sqpAwm, F. süuüm, 0. säfjwm, U., H. SäieAäm „müde werdeu". Vgl. Halâsz, NyK, XXII, s. 234.

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Vor einem kurzen u in der folgenden silbe wird das lange 7 zu y umgelautet, z. b.: part. praet. St. sujëlumçt, siijülumg, süjölumg, süilomq, V., F. sïfMtma, 0. sï/Aums, IL, H. SyB.utma („milde wer- den"); N. F. niso, gen. nisson = V. nysene, F. nysenäja, O., U., H. nyssnäjja, H. nysene (e < n) „frauM.

Urlappisches kurzes u. 1.

Im allgemeinen entspricht urlappisches kurzes m einem finnischen oder urnordischen kurzen «, z. b.: N. F. düTve „Über- schwemmung" = f. tulva; N. F. dudgom „birkenknospe" = f. tutkain; N. F. rüSkad „braun" = f. ruskea; N. F. budde „liespfund" < urn. *ptmda, an. pund id.; N. F. urt&s „die wurzel eines krautes (besond. Angelica archangelica)" < urn. *urtit, an. urt „kraut". Qvigstad, Beitr., s. 120.

Von dem sehr häufigen übergange dieses ü zu o vgl. unten mom. 5.

Anm. 1. In einigen wenigen Wörtern entspricht urlappisches kurzes u(ö) einem finnischen langen u; diese Wörter sind (N. F.): löüatj lôlam „eifersüchtig sein" = f. luulen, ödäs, attr. öddä „neu" = f. uusi.

orddet „incisuram in tranco facere, hugge en Rand eller Grop längs en Stok, som man vil klove" = f. uurtaa.

orddo (dial.) „herde", vgl. f. uurto (Lönnrot2).

snokkat „mit hängendem köpf sitzen" = f. nuukka.

èodde „eisrinde auf steinen und bäumen" = f. huude.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das lappische hier auf einer ursprünglicheren stufe steht, d. h. dass f. mm aus m gedehnt ist. Wenigstens bei zwei Wörtern kann man nämlich eine finnische neben- form mit kurzem m konstatieren: utelen, utelias nebeu Mim; ura ne- ben uurtaa.

Anm. 2. Ein urnordisches langes m ist im urlappischen unmit- telbar vor einem vokale zu einem uw (oder vielleicht eher uuu) über- gegangen in dem worte

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N. F. rauvc, Kl. bruwë, Lule rort?£«, Hm. rawê, Arj. &raw/, Sors., Ht. bruwie, V., F., 0. prutwès „brücke" (NL, 8. 272), das offenbar mit an. brü id. zusammengehört; es ist nur etwas schwierig zu entscheiden, aus welcher nordischeu form es zunächst stammt. Sein auslautender vokal ist etwas sonderbar (man würde eher ein -o = urn. nom. acc. fem. erwarten); es gibt jedoch so viele beispiele von demselben auslaute unter den in das lappische hineingekommenen urnordischen lehnwörtern mit urnordischem fem. ö-stamme (vgl. unten im abschnitte von den unbetonten vokalen), dass man seinen ur- nordischen Ursprung kaum bezweifeln kann. In diesem falle sollte man von einem urnordischen *brü(ö) ausgehen; auch wenn es in jüngerer zeit entlehnt sei, in welchem falle sein -c auf dieselbe weise wie bei den entlehnten konsonantenstammen (nuötle, tnidkke etc.) zu beurteilen wäre, hätte man indessen mit einem übergange nord. ü > urla. üvv zu schaffen. Über das hiatus-füllende urlappische v vgl. näher die lehre von den konsonanten.

2.

In vielen Wörtern entspricht lappisches kurzes u (bzhw. ö) einem finnischen ©-laute; welcher von diesen lauten der ur- sprüngliche ist, kann ich im allgemeinen vorderhand nicht entscheiden. Bei einigen findet man jedoch in N. F. nebenformen mit oa, in welchem falle man gewiss von einer dialektischen Verkürzung oa > o sprechen kann. Einige sind weiter offenbar erst in jüngster zeit entlehnt. Eine nicht unbeträchtliche anzahl bleibt jedoch übrig, wo das ö « ü) uralt sein muss. Qvigstad, Beitr., s. 120. Beispiele sind (wo anders nicht bemerkt wird, aus N. F.):

bossa (neben ôtisse), V., F. nattss, 0. Bafffif«, U. BMaÄ&, H. B^attse (südla. ä hier < ö) = f. ponsi (Setala).

bohe-navüe (neben boaihe) „der polarstem" = f. pohjantähti; vgl. oben s. 212.

boHet „wecken" = f. pohtaa (also: „schütteln" > „wecken").

dortte (neben doartta) „Spinnrocken" = f. tortti.

dorwe „rohr, pfeife (zum blasen)" = f. torvi.

go, V., F., 0., U., H. Gttf „als; wenn" = f. kun.

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gobmat, gomaidet (neben gubniat) „einen dumpfen lant von sich geben" = f. komajaa.

gokke (neben goakke), V., F. QösUee „Wölbung etc." = f. hohka; vgl. oben s. 213.

golbnta, V., F., O., U., H. QUAumus „drei" = f. kolme; neben goalmad, V., F. ob.imade, V. QÖAtnode, O. QÖA*mod€, U., H. GOA*made „der dritte" = f. kolmas; in den übrigen f.-ngr. sprachen scheint der Vokalwechsel innerhalb dieser Wortfamilie unbekannt zu sein.

gossat, V., F., 0. aussst, IL, H. Gussio „husten", vgl. f. kohjo,

köhä.

govtolaS „billig", junges lehn wort aus f. kohtuullinen, hoëëe (neben hoaiëe etc.), Lule ôètëe „rohr, binse" = f. hosia; vgl. oben s. 214.

jobe „wenigstens", vgl. f. jopa. jogo, Lule ju(ö)ku fragepartikel = f. joko. jokka, V., F., 0., IL, H. juoxkt „fluss" = f. joki. Kt., Kv. jöksat, Kr. jüfsat „einholen", vgl. f. juoksen ; Budenz, MUgSz., s. 164, vergleicht hiermit f. jaksaa, was mir aber noch un- sicherer vorkommt.

jos (neben jus), Lule jus, V., F., 0. jes „wenn" = f. jos. N. F. jüdus, gen. jüttusa „vierfüssiges tier" = f. otus; der j-vorschlag ist sonderbar.

N. F. lutko, ludko „der das haar über die stirn herabhängend trägt" = f. loiko.

ogaë (Friis, s. 867) „spreu" = f. oas.

oüe (neben oaüe) „ausserordentlich, besonders", vgl. f. olleti; vgl. oben s. 215.

ollo (neben hollo, oallod), Lule olltä „viel", vgl. f. ololla „reichlich".

onddot „hinken", junges lehnwort aus f. ontua.

rodne (neben roadne, radne) „stück, bisschen" = f. rona ; vgl. oben s. 215.

roggat, Lule roggot „graben" = f. ronkkia.

roppat (neben roappat) „rasseln" = f. ropajaa; vgl. oben s. 215.

skoppc, goppe (neben skoappe) „höhlung, Vertiefung", F., O. QuopMs „aus einem einzigen blocke ausgehöhlter schütten" = f. koppa, hwe, kupera; vgl. oben s. 216.

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àkorrat (neben skoarrat, goarrat) „knarren" = f. korista; vgl. oben s. 216.

sorwet „drechseln", junges lehnwort aus f. sorvata, spobbotet „schmatzen" = f. pompottaa.

Soppe, coppe, öoppe, läppe „das sackförmige ende eines bett- felles, worin die füsse hineingesteckt werden", vgl. f. soppi oder besser suppu.

ëorrat (neben Soarrat, ëoaraidct) „summen" = f. sorajaa; vgl. oben s. 216.

cokka, V., F., 0., IL, H. tiaoxks „gipfel eines berges", vgl. ? f. kokka.

ëonotas (neben coanotas) „reihe von renntieren", V., F. têônsot, 0. fSöneotaoxks „das letzte renntier in einer solchen reihe", vgl. f. jono; vgl. oben s. 216.

corggad „sauber", vgl. f. sorkea.

corro, Lule fêorrâ „schmaler erdrücken; kleiner hügel; kämm an einem brette", vgl.? f. torro (Qvigstad, Beitr., 8. 224). Wörter mit f. oi, ou:

roisko (neben roaisko) „fetzen, etc." = f. roiska} roisku; vgl. oben 's. 217.

soirro (neben soairro), Lule sdfrœ „beinpfriem" = f. soWo.

bovdde-gaska (Fans: dial.) „windstille zwischen böen", Lule pbuHë „trockenes wetter" = f. pouta.

bovdna, Lule pöuno „hügelchen" = f. pounu.

dovkke (neben doavkke) „dummkopf = f. toukka; vgl. oben s. 217.

hovkke (neben hoavkke), Lule attr. hduoUds „thöricht" = f. houkka; vgl. oben s. 217.

novkkot (neben noavkkot) „schnell verschlingen" = f. noukata, naukata; vgL oben 8. 217.

rovkko (neben roavkko) „höhlung unter dem eise", vgl. f. roukko; vgl. oben s. 217.

Dem finnischen pronomen tuo entsprechen im lappischen zwei pronomina, N. F. duot „der dort" und döt Jener". Die form duot ist offenbar mit f. tuo völlig identisch (das -t ist nur ein dem nom. sing, angehängtes affix, das in den übrigen kasus nicht vorkommt:

18

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274

acc. duom, elat duost u. 8. w.). Wenn man die soeben angeführten beispiele von N. F. ö < a = f. o berücksichtigt, könnte man weiter sagen wollen, dass auch döt ohne weiteres mit f. tuo (uo < 5) iden- tisch sei, aber unter etwas verschiedenen Verhältnissen entwickelt. Ein solcher schluss scheint wohl etwas voreilig zu sein, es scheint mir aber vorderhand kein anderer ausweg vorzuliegen die frage zu erklären. Es gibt nämlich im lappischen sogar vier demonstrative pronomina mit dentalischem anlaute. Sie sind:

I

II

III

IV

Südla.

übte

väie

mvti

vuöte

Mala

tat, täte

tä-sa illat. to\ io nom. pl.

tûot

Arjeplog

tat

tat

tut

tût « tuot?)

adv. ti-ste

Lule

tat

tût

tôt

tuöt

adv. tô-ppë

N. F.

dät

dat

döt

duot

Enare

tat

taat

tot

tuot

T.

taste

täitte

tuitte

Von diesen formen bedeutet im südlappischen: I der, allgemein demonstrativ; II dieser hier; III jener; IV jener dort (noch ferner als III); in Lule: I der; II dieser hier; III jener dort, adv. dort; IV jener; in N. F. (Qvigstad, Beitr.): I der (is); II dieser (nie); III jeuer; IV der dort; in Enare: I, II dieser; III (Lönnrot) der- jenige, jeuer, (Andelin) f. se, tuo; IVP; in T.: I der, jener; II die- ser; III jener. (Ausserdem findet man in N. F. nach Beitr., s. 172t eine form diet „der dort; von einem gegenstände, der dem angere- deten näher ist als dem redenden", welche ausser im adv. N. F. dieke, deiki etc., Lnle tesoKi u. s. w. „hieher" sonst unbekannt ist, vgl. jedoch 571 T. nom. plur. tiekke; die erklärung desselben scheint mir ungewiss). Die bedeutnngsdiflFerenz zwischen den beiden ersten formen ist also in allen dialekten dieselbe (d. h. wo die bedeutung der betreffenden pronomina näher bekannt ist). Sie dürfte demnach auch urlappisch seiu und stimmt mit der Verschiedenheit in der be- deutung zwischen f. se und tämä völlig überein. Das d-, U in I

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275

spricht jedoch gegen eine identifizierung von N. F. dât etc. mit f. se, dessen s ursprünglich ist, vgl. Andebson, Wandlungen der anlaut. dent, spirans im ostjak., s. 119 ff. Möglicherweise könnte es dann durch analogie aus den übrigen demonstrativen pronomina mit an- lautendem verschlusslaute hineingekommen sein. Von einer dualität bei dem in die ferne weisenden demonstrativpronomen weiss man aber in den übrigen f.-ugr. sprachen noch nichts. Man muss sich wohl also vorläufig damit begnügen sie als eine spezifisch lappische eigentümlichkeit zu bezeichnen. In diesem falle muss man aber auch die form III mit f. tuo gleichstellen, was also noch ein beispiel von la. ü = f . o wird.

Hieher dürfte auch das wort N. F. njukca „schwan" = f. joutsen gehören, obwohl der Zusammenhang etwas unklar ist, vgl. Büdenz, MUgSz., s. 93 f.; Donneb, Vgl. Wtb., n:o 363.

Dagegen kann eine anzahl von nordischen lehnwörtern nicht hiehergeführt werden, die im lappischen ein kurzes u oder o, im nordischen ein kurzes o zeigen. Es muss nämlich hervorgehoben werden, dass alle diese kurzen, nordischen o durch den s. g. urger- manischen a-umlaut aus einem früheren kurzen u entstanden sind und dass in alter zeit die formen mit o in demselben worte unter gewissen bedingungen mit u wechselten, bis endlich das o sich über das ganze paradigm verbreitete und das u hinausdrängte. Vgl. No- BEEN, Altisl. Gramm.3, § 141, und Urgerm. Lautl., s. 18 ff. Die nordischen lehnwörter mit einem kurzen o dürften also alle (wenn sie nur nicht sehr jung sind) auf nordische formen mit m zurück- gehen. Als beispiele mögen genannt werden:

N. F. bar'de, Hrn., Ts., Fld. bar'dê neben Arj. buordë, Sors., Ht. bu ör die etc. „tisch" <C urn. * borda, an. bord id.; das mô' ist die sonst regelmässige Vertretung von urn. o; NL, 8. 114.

N. F. gardne, Lule koines, Jämtland aar^nes „getreide, gerate" < urn. *korna, an. korn „gerate"; NL, s. 176.

Kl., Bis., Lnv. etc. hurte „birkhuhn" aus der grundform zu an. orri id.; NL, s. 196.

N. F. n&ddo, Hrn., Ts. naddo, Lule notü (die form natu in meinem Lulela. Wtbuche, s. 73, ist unrichtig) „knäuel" < urn. nom. sg. neutr. *hnoââ, an. hnoda id.; NL, s. 247.

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- 276

Aber ein neues lehn wort Kr., Kv. gahppo neben N. F. goahppo, Lule kooppo etc. „tasseu < neunord. hopp id. (NL, s. 174).

Anm. Selten entspricht urlappisches kurzes ü, ö einem finni- schen ö, das in diesem falle gewiss unursprünglich ist, vgl. oben s. 221 f. Beispiele sind:

N. F. gössat, IL, H. oüssio „husten", vgl. f. kohjo (Qvigstad, ßeitr., s. 188), besser f. köhä (Setala YSÄH, s. 272).

N. F. conkkot (neben doaygas) „steif werden", vgl. f. tönkeä.

3.

Nicht selten entspricht urlappisches kurzes u einem fin- nischen Qvigstad, Beitr., s. 122. Aus dein kurzen u ist dann oft ö entstanden. Wie wir aber oben s. 244 ff. hervorhoben, ist es nicht unwahrscheinlich, dass das lappische hier, wenn die betreffen- den Wörter nur nicht in junger zeit entlehnt wurden, auf einer ur- sprünglicheren stufe steht als das fiunische, indem das finnische y in diesen Wörtern aus einem u entstanden ist. In anderen Wörtern wird dieser laut dagegen durch lappisches * oder ä <C * wiedergegeben; hier dürfte also das y aus einem früheren ? entstanden sein.

Die von mir gefundenen beispiele von la. «, ö = f . y sind die folgenden (wenn anders nicht gesagt wird, stammen die lappischen Wörter aus N. F.):

bör'ga „Schneegestöber" = f. pyrky (mordw. porf, syrj. purga; Qvigstad, Beitr., s. 1C7).

St. taktara, taktare, takter e, V., F., 0-, IL, H. nakUrs < b) „tochter" = f. tytär (lit. duktè').

döVkat „(einer speise) überdrüssig werden" = f. iylkiä.

dülpas „stumpf" = f. tylppä.

dûSSë „nichts, etc." = f. tyhjä (lit. tùszczas).

düttat „zufrieden sein" = f. tytyä (neben tyytyä).

hürrat „summen (von insekten)" = f. hyrriä.

jörrat „sich drehen", vgl. f. jyräs (Donneb, n:o 372; MügSz., s. 140).

ülaidet „lärmen" = f. jyläjää.

jüVke't „nach starken Schlägen wiederschallen", vgl. f. jyJkkyä.

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- 277

julsa „steif, dick und ungelenk", vgl. f. jylseä. jürra „lärm" = f. jyry.

jür'sat „nagen" = f. jyrsiä (Donneb, n:o 377).

juskotet „stossen", vgl. f. jyskyttää.

jüstet „stossen" = f. jystää.

jucca „getöse" = f. jyty.

stokke „faule birke", vgl. f. tykkä.

cöVga „Speichel" = f. sylki (Donneb, n:o 721; MUgSz., s. 169). üst€b „freund" = f. ystävä (MUgSz., s. 822).

Hieher gehört wohl auch das wort für „ueun" : T. akce, K. axc, N. ©xc> E. ovei, N. F. owcë, Lule àktsës, Malâ oktse, oktsi, St. ukeie, ukei; V., F. utktsêe, 0. uktsêe, uJifSe, U. uJcfêëe, H. uktsès = f. yh- deksän. In urlappischer zeit scheint also dieses wort & gehabt zu haben, welches m dann in einigen dialekten aus unbekannten gründen zu kurzem a übergegangen ist. Wie die Stellung dieses Wortes zu ökta, äkta etc. „ein" = f. yksi (vgl. oben s. 246) in diesem falle zu erklären sei, sehe ich nicht ein; jedenfalls rauss man aber die beiden Wörter im lappischen vorläufig von einander trennen.

Anin. In zwei Wörtern entspricht lappisches u, ö sogar einem langen finnischen y:

N. F. mükkoty Lule muokäl (in südlicheren dialekten, so viel ich weiss, unbekannt) „brüllen" = f. myißiä.

N. F. cokkat, Lule titokkohit „sitzen", vgl. f. syyky. Vgl. auch duttat oben.

4.

In einigen Wörtern entspricht lappisches kurzes u, o einem finnischen palatalen vokale (i, e, ü), wo es im allgemeinen noch unmöglich ist zu entscheiden, welche von den beiden sprachen auf einer ursprünglicheren stufe steht. Qvigstad, Beitr., s. 121 f. Bei- spiele sind:

N. F. lödde, Lule loddës etc. „vogel" = f. lintu, aber tscher.

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278

ludo, luda, ostj. lunt, tunt, tönt, wogul. lunt, ung. lûd (MUgSz., s. 709), wo also das finnische i offenbar jünger ist *).

N. F. öccat, Lule ootsot etc. „suchen" = f. etsiä, vgl. mordw. ve§e-, väSe- (MUgSz., s. 591).

N. F. njunnë, Lule Aunfâe etc. „nasew = f. nenä (vgl. Donneb, Vgl. Wo., n:o 956).

N. F. (Friis: „minus usitatum") sokke, sokkje „schwein" = f. sika, mordw. tuva, tuvo (Setala, YSÄH, s. 8 f.) gehört nicht hieher, sondern dieses o dürfte statt eines â stehen, mit welchem laute es eine grosse ähnlichkeit hat; es heisst nämlich in T. Satkke, K. èaïkk, E. (Andelin) Sähe oder (Lönnrot) sohe.

Das m in N. F. suittot und (in neuerer zeit nochmals entlehnt) huillot „auf den wellen schaukeln" = f. heilua, scheint mir etwas verdächtig. Man würde wohl nämlich hier zunächst ein uo erwarten: *suoiüot: heilua = suoidnc: heinä, vgl. oben s. 140. In den formen, wo in der zweiten silbe ein u steht, würde indessen auch in diesem falle in der ersten silbe ein m auftreten (vgl. oben s. 224), >vas seinerseits zu einer fehlerhaften Schreibung beigetragen haben kann.

In diesem zusammenhange muss auch der singular der person- liehen pronomina besprochen werden. Im nom in ativ findet man hier im lappischen ein kurzes u, o oder einen daraus hervorgegangenen

vokal:

I II III

T., K. munn, mun tonn, ton sonn, son

N., A. mon tonn, ton sonn, son

Pasvik mon don son

£. mun tun sun

N. F. (Bei tr.) mön dön son

Lule mon, monno ton, totno son, sotno

*) Halâsz, Déli-lapp szôtâr, s. 250, führt ans Stensele die formen gen. plor. (àttiei oder littij, acc. plor. (àttite oder (Mite an, welche also zeigen sollten, dass das a in diesem worte von derselben art sei als das a in z. b. calëmie, illat. plur. èifëmete etc. „auge" = f. silmä, d. h. aus i entstanden. Das / in (ittite zeigt jedoch, dass diese formen nnr ana- logieformen sind; vor ursprünglichem t kann nämlich nur /, nicht ( stehen.

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279

I

II

III

Arj. Malà

St.

manna, manna, mgnna, manna, manne, manne, mànnà, monna, monnà, monne manne, muannt

mon y monno

mon

todn

tatna, fatne, tain

ton*)

son *)

sodn, sodne satna, saine

V.,F.,0.,U.,H. U, H.

nätns, Dujns

sätne, sujns sà'sne

Die urlappischen formen, ans welchen sich diese jetzigen nomi- native zunächst entwickelt haben, können wir als *munna, *tunna (oder *d-), *sunna ansetzen. Es scheint mir jedoch nicht unwahr- scheinlich zu sein, dass man auch für diese zeit zwei reihen von nominativen annehmen kann, von denen die eine, *munna, *tunna, *sunna, in mehr prägnanter Stellung verwendet wurde, d. h. als das pronomen betont war, die andere in unbetonter Stellung. Im Lule- lappischen besteht nämlich eben dieser unterschied zwischen den formen monno, totno, sotno und mon, ton, son. In einigen dialekten findet man in unbetonter Stellung verkürzte formen von den persön- lichen pronomina: Lule mo, to, so (Lui. Gr., § 335); Arj. ma (z. b.: Halasz, Svéd-lapp nyelv, V, s. 283, z. 7, 8, 13) ; sa (z. b.: ibid., s. 148, z. 8 v. u). Die auf -n auslautenden formen in den nördlicheren dialekten können weiter sehr gut auf urlappische formen mit auslau- tendem -n zurückgehen, denn auslautendes n fallt in diesen dialekten in einsilbigen Wörtern nicht weg, wie es in übrigen fällen ge- schehen ist ; es heisst ja nämlich z. b. der gen. sg. von dem demon- strativen pronomen (N. F.) dät: T. täinne (mit zugefügtem -e, vgl. nom. plur. tatkke), K. tänn, E. taan, N. F. dam, Lule tan, etc. Die kürzeren urlappischen formen wären somit *mun, *tun (oder *dun), *sun gewesen.

*) In den sprachproben von Halâsz babe ich keine formen * totno, * sotno finden können.

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280 -

Die bildung der übrigen kasus im siug. von diesen pronomina ist zum teil sehr eigentümlich. Wir wenden uns zunächst zu dem genitiv, der in den verschiedenen dialekten auf folgende weise lautet:

I

II

III

T.

muni

ton\

sont

K.

mûri, muri *)

tôri

sori

KL.

mune

N.

A.

Pasvik

mu

du

su

E.

muu

tuu

suu

N. F. (Fbiis)

muo. mu

www wr-w *r m w w » wrw

du

su

Skj.,Lng.etc.**)

mun

dun

sun

Lule

mû, muijaa

tû, tuyua

sû, suuua

Arj.

mû, mutvwa

tû, tutvwa

sû, suwwa

Malâ

St.

mü, müut md, mo,

tit, tûu, tou, töu

sû, sû", sou

mo, roö", mou

V.,F.,0.,U.,H.

mû, mû"

DM, DÖe

sû, sûf

Der accusativ lautet:

I

II

m

T.

muni

tonï

sonî

K.

mûri, muri

ton

sori

KL.

mune

tone

N.

A.

uni

Pasvik

mun

sun

E.

muu

tuu

suu

N. F. (Fehs)

muo, mu

du

su

Skj.,Lng.etc.**)

mun

dun

sun

*) ' bezeichnet „einen halbstummen vokal" (Genetz, Wtb., s. XII). **) Nach Fbiis, Gr., s. 60.

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281

Lule Arj. Malâ

St.

mu, muyua mû, mutviva

II

tü, tuuya tü, tuwiva

tatngp, tatnep, tatnup, tatnup

ra

sü, suyua sü, suwtva

satnap, satnop, satnup

mannap, mannàp, tnannep, mannop, mçnnop, mannup

V.,F.,0.,U.,H. männsm, m^nnem vàtnem, i>uatnem sàtnsm,Suatnem U., H. na'ensm sä'emm

Der gen iti v und accusativ sind also in verschiedenen dialekten auf zweierlei weise gebildet worden. Der genitiv wird nur in T., K. (und KL.) auf der gewöhnlichen weise aus dem nom. sing, ge- bildet (-n ist weggefallen), der accusativ nur in T., K., (KL.; -m ist weggefallen) und im südlappischen. In allen Übrigen dialekten findet man im genitiv eine eigentümliche, einsilbige, auf ü auslautende form, in welcher man keine spur eines n wahrnehmen kann (ausser in Sfj., Lng., wo das -n jedoch deutlich in späterer zeit zugefügt worden ist). Dies ist um so sonderbarer, da ja das auslautende n in einsilbigen formen sonst immer bewahrt wird ; wir sind also genö- tigt eine ursprüngliche form *mü, *tü, *sü anzunehmen. Dieselbe form findet man denn auch in allen diesen dialekten (ausser im süd- lappischen) im accusativ wieder, wo man auch keine spur von dem gewöhnlichen accusativsuffixe -m gewahren kann; nur in Pasvik findet man -w, was jedoch ohne zweifei später nach der analogie von dan, g'cen, etc. zugefügt worden.

Der elativ lautet:

I II III

T. must tost sost

K. munest, munst tönst, tonst söncst, sonst, sonst

N. must, muist tust, tiust suist

A. muist tUiSt sutst

Pasvik sust

E. muuste tuustc suuste

N. F. must dust sust

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282

Lule J., S. G. muste

N. J. muiste, muista

S. J., N. G. müs

Arj. muste

Malâ muste

St manneste

V., F., O. IL, H.

männssis männeäte

II III

tüste süste

tuiste, tuista suistet suista

tüs süs

tüste süste

taste suste

tqtnçste, totnosta, satneste

totnostà, tatneste

Dätneste sätneste

DätnsStB sàtnséte

nä'etieüte sä'emSle

oder in V.-H. mit oa statt à in der ersten silbe.

Analog mit dem elativ werden alle übrigen kasus (ausser dem illativ, vgl. unten) gebildet Die entwickelung ist also auch hier in zwei richtungen gegangen. In K. und im sudlappischen wird der elativ etc. ganz wie die gewöhnlichen nomina aus dem im nom. sing, erscheinenden stamme gebildet, in den übrigen dialekten aber aus einer Stammform, die mit der sonderbaren genitiv-accusativform auf identisch ist.

Der illativ endlich lautet in den verschiedenen dialekten auf folgende weise:

I Ii III

T.

m Iitin if menne

totnni

soflini

K.

murine, mitnne

toxine

sosnnef

KL.

minnif minne

N.

mu{nne

suinne

A.

tUinne

Tasvik

munne

sunne

E.

munjen

tunjen

sunjen

N. F.

munji

dudnji

sudnji

munjai

dudnjai

sudnjai

Waranger

munji

dunji

sunji

Kr., Utsj. etc.

munja

dunja

sunja

Blf., Ib., Krl.

munje

dudnje

sudnje

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283

Lule

Arj.

Malâ

St.

V,F.,( U., H.

0.,U.,H. munnësn munnan

munji mutine

I

muni muni, -i

n III

tuni suni

tutii, -i sum, -i

tunji sunji

tûtine, tütne, sütrie, sütno, sütAö,

tütäö, tatnije suttie, sutûie, satnije

muttnëen swttnêen

Duttnân suttnän

Im illativ finden wir demnach überall eine Stammform mit kurzem «, das wohl also ursprünglich sein dürfte; der in einigen russischlappischen dialekten erscheinende palatale vokal ist gewiss sekundär. Ob der dem vokale folgende konsonant dem stamme oder dem kasussuffixe angehört, ist unsicher. Der umstand, dass dieses n im allgemeinen mouilliert auftritt, scheint mir dafür zu sprechen, dass er nicht zu dem stamme gehören kann, in welchem falle er wohl wie in allen übrigen kasus, wo ein n des Stammes vorkommt, nicht mouilliert wäre. Auch die in den mittleren dialekten gewöhn- liche suffixform des illativs im sing, (bei den nomina) zusammen- gestellt mit dem -n in Enare und im südlappischen, könnte auf eine ursprünglichere suffixform -n zurückgehen, die also in der illativ- endung bei den persönlichen pronomina noch erhalten wäre; vgl. auch Setälä in Festskrift til Vilh. Thomsen, s. 240 f.

Die deklination der persönlichen pronomina im sing, zeigt also ein sehr buntes bild. Im nomin. und illat, finden wir ein kurzes u, in den übrigen kasus im allgemeinen ein langes ü; der nominativ (und möglicherweise auch der illativ) enthält nach dem vokale ein w, das in den übrigen kasus im allgemeinen nicht vorkommt; der genitiv und der accusativ endlich weichen in ihrer bildung in den meisten dialekten völlig von dem sonst gewöhnlichen ab. Nicht unwahrscheinlich ist es weiter, dass die nur in einigen wenigen dia- lekten vorkommenden, nach dem gewöhnlichen schema gebildeten formen spätere analogiebildungen sind, in welchem falle wir folgende urlappische formen annehmen müssen:

iiom.

I

II

*tunna *tun

in *$unna *sun

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- 281

I II III

gen. *mü *tü *sü

acc. *mü *tü *sü

übrige kas. *mü~ *tü~ *sü-

Von dem illativ wird hier abgesehen. Die form, welche die anlautenden verschlusslaute im urlappischen gehabt haben, ist un- sicher (vgl. unten in der abteilung von den konsonanten); es ist also möglich, dass man hier statt * tuntia etc. ein *dunna (oder vielleicht *Dttnna) gehabt hat.

Welche formen zeigen dann die persönlichen pronomina im ur- finnischen? In den jetzigen dialekten findet man im nominativ:

i II III

Finnisch minä, mie, ma, sinä, sie, sa, hän, hään, hää

Karelisch mie, m ta Sie, sie, siä heän

Olonetzisch minä sinä häin, häi

Vepsisch mina, minä sina, sinä Kän

Votisch miä siä enc-

Estnisch mina, mea, ma sina, sca, sa cne-

Livisch mina, ma sinä\ sa etit&n etc.

Das s in II ist aus t entstanden und das h in III aus $t vgl. Setälä, YSÄH, ss. 9, 258 f. Im allgemeinen findet man bei I und II den vokal i, bei III den vokal ä. Von I und II gibt es indessen eine ganze reihe von kürzeren formen, die ganz andere vokale zeigen. Eine form wie oder estnisch-livisch ma kann jedoch sehr gut durch unbetonte Stellung des Wortes hervorgerufen worden sein; die Übergangsstufe zwischen mina, mina und mä, ma wäre dann ein mtiä, mna, von welchen die erste form in der alltäglichen finnischen spräche nicht ungewöhnlich ist ; der satz sen minä sanon wird nicht selten sen mnä sanon oder semjmnä sanon ausgesprochen. Das a statt ä in f. ma, sa ist wohl so zu erklären, dass das pronomen zu einem enklitischen Partikel gesunken ist, dessen vokal den gesetzen der vokalharmonie unterworfen ist; es heisst auch demnach z. b. in N urines kuulema = kuulen minä, aber neämmä = näen minä (Reijonen in Suomi III, 6, s. 35). In ähnlicher weise dürften auch die übrigen kürzeren formen

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- 285 -

des nominativs durch Verkürzung in unbetonter Stellung erklärt werden können, sodass also die urfinnischen formen als *minä, *tinä, *sän (*tw*wa, *tina?) angesetzt werden können.

Auch in den übrigen kasus finden wir dieselben Verhältnisse. Auch hier erscheint sowohl eine längere als eine kürzere Stammform, zu welcher die endungen gefügt werden. Der genitiv heisst also:

Ann. minun, mun karel. miun olonetz. minun veps. minun vot. minuu

estn. minu, milno, mino, meu, mu. liv. twin.

Ebenso bei II; bei III sind verkürzte formen selten. Die ur- finnische Stammform ist demnach in diesen kasus *minu-, (*tinu-j *säne-), welche also nur in der zweiten silbe von der nominativform abweicht Die kürzeren formen sind gewiss auch hier durch Ver- kürzung aus den längeren entstanden, sodass wir keine urfinnische nebenform *mu- anzunehmen brauchen, wie es Donneb, Gegens. Verw., 8. 101, thut; jedenfalls liegen noch keine zwingenden beweise fur eine solche annähme vor.

Aus dem finnischen erhalten wir also keine aufklärung über die eigentümlichen Verhältnisse bei den persönlichen pronomina im lappischen. Von einer vergleichung mit den ferner liegenden sprachen müssen wir noch absehen, da ihre geschiente ja noch grösstenteils unbekannt ist. Wir können nur konstatieren, dass in der am näch- sten liegenden von ihnen, im mordwinischen, der vokal in der pers. pron. für die 1 und 2 posing, o ist: mow, moû; ton, toA, was für die lappische spräche als in dieser hinsieht ursprünglicher als das finnische sprechen kann.

Nirgends erhalten wir auch aufklärung über die genitiv-accu- sativform *ro«, */ö, *sü oder über das verhältniss zwischen dem no- minativ und derjenigen Stammform, aus welcher die übrigen kasus gebildet sind. Vielleicht haben wir hier spuren von einer alten pro- nominal-deklination; aus anderen sprachfamilien, z. b. aus den indo-

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28G

europäischen sprachen, wissen wir ja nämlich, dass die pronomina auf ganz andere weise dekliniert werden als die wirklichen nomina, und es ist also nichts unwahrscheinliches, dass auch die finnisch- ugrischen sprachen einst etwas derartiges gekannt haben.

5.

In sehr vielen fällen ist urlappisches kurzes u zu kurzem Oy das nicht diphthongiert wird, fibergegangen. Wir finden also auch bei diesem extremen vokale ganz dieselbe erscheinung wie bei demjenigen vokale, der am anderen ende des vokalsystemes gebildet wird, indem sie beide unter gewissen umständen in weniger extreme vokale übergehen, vgl. oben bei der behandlung des kurzen t, mom 7. Es entspricht also z. b. f. lukea einem N. F. lökkat „lesen" ; lit. bùrê > f. purje > N. F. börjas „segel" ; f. puren = N. F. börrat „essen" ; urn. *5uljiz, an. bylr „windstoss" > Ib., Of. baläs etc. „schnell vorüber- gehender regen- oder schneeschauer" (NL, s. 113); um. acc. sg. *fiurska'&ii. porskr „dorsch" > N. F. dor' she id. (NL, s. 134).

Bei näherer Untersuchung finden wir auch, dass die beiden er- scheinungen in den einzelheiten mit einander identisch sind. Ganz wie beim i finden wir nämlich auch hier, dass die südlappischen dia- lekte sehr oft das kurze u unverändert bewahrt haben. Auch Mala hat einigemal das ursprüngliche u bewahrt, z. b.: kukte „wie" ; ulkos neben olkos „hinaus". Es ist jedoch fast unmöglich ein wort zu finden, in welchem alle jetzigen dialekte ein kurzes o oder einen daraus hervorgegangenen laut zeigten; wenn wir auch im südlap- pischen ein o (> ä) finden, begegnet uns nämlich in Enare fast regelmässig ein u. Ein wort, das überall ö hat, ist jedoch

f. lintu (vgl. oben s. 277) = T. lohnte. K., A. N. lotf, E. lodde, N. F. lôddë, Lule loddëe, Arj. loddë, Malâ gen. sg. lodden, St. (attie, (gttie, (âttic, (àttie, (ättie, (ottie, V., F., 0., U., H. Aattêe „vogel".

Als beispiele von ö ~ ü mögen genannt werden:

f. kulkea = T. kolkl-, K., N. kolke-, E. kulked, kuulked, kulggad, N. F. gbTgaU Lule koHot, Arj. 3 p. sg. prœt. koVhkoi, aber 3 p. plur. prset. hwWein, Mala 3 p. sg. prais. koUca, 3 p. sg. praet. kolki,

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287

St. ka(äkat, ka ({that, katfäkgt, V., F. QàA*kat, 0., IL, H. oiLi gv> „fliessen".

f. hutsua = T. kohèa-, K., N. kçhce-, A. koôëe-, E. ko cc od, N. F. gôèèot, Lule kooitèat, Arj. kohhcüt, 3 p. sg. pres. kuhheu, Malâ 3 p. plur. prœt. ÄoWon, St. fcoÂèef, ÄaÄ£ef, V., F. aoaflfej, O., ü.. H. Qcutih „befehlen, nennen, etc.".

f. lukea = T. lokki-, K. lokke-, N. foÄAe-, A. fofcfca-, E. lu hud, luuhhad, luuhad, N. F. lökkat, Lule ta>*o*, Arj. lohkot, Malâ Mc-, lohka-, St. fuÄJtof, V., F. Auokst, O. jiuaJfcaf, U., H. Auokio „lesei '.

f. muna = T. maanne, E. ma,«n, N. me^nn, E. matte, Kt. mönn€, Kr. mânne, Kv. manne, Lule monnës, Malâ tnonne, St. munm>, V., F., 0. wiunn?«, U., H. munnëe „ei".

f. tuli = T., K., N., A. toll, E. *«Wa, futf, N. F. dölla, Lule, Arj. toUo, Malâ fotfo, *oWa, St. tg-lfa, tçi((e, tdtfe, lol(a, V. doam, F. O. Da>M«, O., U., H. DUAA6 „feuer".

f. umpi = T., K., A. otnp, N. öpp, E. ubbo, ubb, N. F. öM>a, Lule, Arj., Malâ obbo, V., F., 0., U., H. appuc „ganz".

Die erklfirung von dieser erscheinung muss demgemäss auch dieselbe werden wie bei t >> ä, vgl. oben s. 252 ff. Der Übergang u >> ö ist also in urlappischer zeit durch umlaut vor einem in der folgenden silbe stehenden, hinteren vokale hervorgerufen worden. Durch ausgleichungen ist dann in einigen Wörtern der umgelautete (beispiele soeben angeführt), in anderen der unumgelautete vokal (bei- spiele siehe oben s. 270) über das ganze paradigm verallgemeinert worden; in einigen dialekten ist weiter der umgelautete vokal all- gemeiner geworden, in anderen der nicht umgelautete. Der dialekt in Arjeplog hat auch hier die urlappischen zustände am treusten bewahrt, indem man vor hinteren vokalen und ë «< ä ein o und vor t und kurzem u ein u findet, vgl. unten im mom. 7. In den öst- lichen Luledialekten und in Kiidin gibt es jedoch hier keinen solchen Wechsel, wie es bei t der fall war.

Vgl. z. b. Thomsen, Einfl., s. 34 f.; Qvigstad, Beitr., s. 120; Halasz, Hunfalvy-Album, Budapest 1891, s. 103.

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6.

Die wichtigsten formen, unter welchen das urlappische, be- wahrte kurze u in den jetzigen dialekten auftritt, sind die folgenden :

Bnssiflch-lappisch:

Im allgemeinen u, z. b.: N. F. uksa „thür" = T. uks, K., N., A. uxs; N. F. gukke „lang" = T. kuhkc, K., N., A. kuM; N. F. ruSAad „braun" = Ï. rucket, K., N. rw&cd „gelb, gelbgrün". Von der Schreibung u< vgl. oben s. 155.

Nicht selten findet man indessen in Notozero und Akkala statt dessen ein o, z. b.: N. F. njurggot „pfeifen" = T. Aurka-, K. »Surfte-, N. norkc; N. F. ucce „klein" = T. ucc, K. u<cc, N. u,äc, A. oc; andere beispiele: N. 935, 968, 1045, 1276 etc., A. 526, 903.

Enare:

Regelmässig u, bisweilen zu uu gedehnt; bei Sandberg nicht selten o (geschlossenes nordisches o in god, sko), z. b.: N. F. uksa „thür" = E. (Andelin) uks, (Lönnrot) uuks; N. F. gukke „lang" = E. kukke, kukka; N. F. suddo „Sünde" = E. suddo t suddu; N. F. dovddat „kennen" = E. tubded, Sandberg 3 p. du. pnet. dqbdain.

Norweg. Finmarken:

Regelmässig u; beisp. siehe oben.

Lule-lappUch:

Regelmässig u, z. b.: Lule uksa „thür"; kuokkë „lang" ; suddl* „Sünde".

Arjeplog:

Regelmässig u, z. b.: uksa „thür"; N. F. suvcas „geschiente" = Arj. supeas; N. F. attr. unna „klein" Arj. unna. Nach Ha- LÂ8Z, Svéd-lapp nyelv V, s. vu, lautet es ein wenig offener als im ungarischen. „Wenn nach demselben ein mit t anfangendes suffix folgt, geht es sehr oft in einen gemischten laut, u über, z. b.: suina oder suma mit ihm".

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289

Mala:

Im allgemeinen «, nicht selten aber auch o, z. b.: ukse „thür", aber auch acc. okseb; N. F. u$$ofcrf „denken, meinen" = Mala 3 p. pl. prœt. uëSotijen, aber auch 3 p. sg. prset. oèëoti.

Südlappisch :

Im allgemeinen u (St. w, w, o), das vor einem in der folgenden silbe stehenden ë oft zu m übergeht und vor einem ü, u> regelmässig gegen H., U., 0. ä, F., V. u, ö, St. a, gr, à vertauscht wird, z. b.: N. F. nubbc „der zweite" = H., U. nuppës, 0. ntuppëe, mnppëe, F. mtuppëe, V. muppës, St. muppie, muppie, illat. sg. H., U., 0. nappûn, 0. mappân, F. nivppän, V. moppän; N. F. ufoa „thür" = St. «Äse, ofoe, V., F., 0., U., H. ukkss; N. F. gukke „lang" = St. kuhkies, V. Gwoltës, F., 0., U., H. ouoUëês, U., H. GtuoRëes, aber N. F. gukkas, Lille kuokäs „weithin" = St. kaJiksc, Icakkse, kâhkse, V., F. gowäs«, 0., U., H. GöpzÄs«; N. F. «Wo „wolle" = V. oxjo», F. ojm«, 0., U.,

H. O.UÖ.

Vgl. Halasz, NyK, XXII, s. 234.

7.

Die wichtigsten formen, unter welchen das urlappische, aus w entstandene kurze o in den jetzigen dialekten auftritt, sind die folgenden:

Russisch-lappisch:

Im allgemeinen o, in K. und N. jedoch oft ohne sichtbare regel auch z. b.: N. F. borrat „essen" = T. potrl-, K., N., A. pürrc; porre-; N. F. lokkat „lesen" = T. lokkî-, K. lokke-, N. loJike-, A. îokke-; N. F. goccot „nennen, befehlen" = T. kohca-, K., N. kghce-j A. kocèe-. Von der Schreibung o„ z. b.: T. so.rme, K., N., A. sopm „tod" = N. F. sorbme, vgl. oben s. 155.

In einigen Wörtern findet mau statt o ein o und sogar o « a, vgl. oben s. 15C), z. b.: N. F. monnc, wanwc „ei" (f. muna) = T. maiHUCy K. *»a<tm, X. meow; N. F. orro/ „sein" = T. omra- (~ t'îo-),

19

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21)0 -

K. fjrrc-, KL. orra-, X. </w«, oraêkticttc-, ürrc-, A. ü/tö- ((Jenetz ö6, 1839); X. F. sorbme „tod" (f. surma) = T. so,rme, f9,-rw, K., X., A. so.nw, A. illat, senna, sarma.

Enare:

Wie oben s. 28G gesagt wurde, ist kurzes o hier verhältniss- massig selten und wird durch kurzes « ersetzt. Wenn es jedoch bewahrt worden ist, tritt es im allgemeinen als o auf, z. b.: X. F. und E. moftfe „krümmung eines weges" (f. mutta); X. F. und E. olles „vollkommen"; X. F. orrot „seiu" = E. orrod. Bei Sandbkro trifft mau nicht selten ein o (nordisches geschlossenes o in r/orf, «Av>), welcher laut sich nur weuig von einem m unterscheidet, z. b.: part, prret. orröm „gewesen"; vgl. oben s. 288.

Auch hier findet man wie im russischlappischen in einigen Wör- tern, teilweise sogar in denselben Wörtern wie dort, ein a statt o, z. b.: Lönnrot, Andelin matte „ei", aber Andelin modnid „eier legen"; X. F. bâdnet, bodnet „spinnen" = E. (Lönnrot) padned,pod~ ncd, (Andelin) padncd.

Norweg. Finmarken :

Regelmässig kurzes offenes o (XL a), das jedoch nicht selten mit â, a (mittellaut zwischen a und o) wechselt, z. b.: mùnne, motme „ei"; bâdnet, bodnet „spinnen"; labmot, Lg. lubmot, Tornams lobmod, Enare lobmod „verhexen" = f. lumoa (XL, s. 204). Bemerkenswert ist, dass der übergaug ö > a. a im russischlappischen, E. und X. F. teilweise in ganz denselben Wörtern auftritt, wie nun dies auch zu erklären sei.

Lule-lappisch :

Regelmässig kurzes, ziemlich geschlossenes o, z. b.: X. F. monm = Lule monnëe „ei"; X. F. borraf = Lule porrot „essen"; X. F. lokkat Lule lookot „lesen"; statt o könnte man hier fast ebenso gut o schreiben.

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Arjeplog:

Vor einem * oder kurzen u in der folgenden silbe u oder o (zwischen o und m), sonst o, welches etwas offener als das unga- rische o lautet, ungefähr wie finnisches o. Beispiele: porrot „essen", aber 3 p. pl. pries, puni und prœt. purrin; pqrrià „der viel essen will"; orrüt „seiu", aber 3 p. pl. praet. urrun, part, prrot. urrum, qrrum; johtêt „nomadisieren", aber 3 p. sg. prcet. juft.

Vgl. IIalâsz, Svéd-lapp nyelv V, s. vi.

Mala:

Regelmässig o, z. b.: monne „ei": porrc- „essen" ; lohkc-, lohka- r lesen".

Südlappisch :

tTrlappisches kurzes o ist hier viel seltener als in den meisten übrigen dialekten, vgl. oben s. 28G. Es tritt im allgemeinen in der form ä auf, in F. und V. wird es aber oft als ö, 5 bewahrt; in St. erscheint es als a, q, «, o, z. b.: N. F. olggon „draussen" = St. a(ökonc, gläjcone, g(ökone, gjöhme, työkone, ofikune, V. oAAkom, F. ollfcem, O., IL, H. aA*gans; N. F. obba „ganz" = V., F., O., IL, H. apptts; N. F. borrat „essen" = St. porrot, V. Borr«/, F. narr«/, ()., IT., H. Barrio.

Vor einem folgenden kurzen m steht immer u, nicht ä, ö <C ö, z. b.: N. F. orrot „sein" = St. orrot, grrot, ârrot, ârrot, ârrut, orrut, omt°t « -ät), V. orrot, F. orret, 0., U., H. arrio, aber 3 p. sg. pnes. V.-H. urrs (s < it), part, prset. St. orroma, orruma (o, <? hier gewiss statt u), V.-H. urruma. Es ist unmöglich zu entscheiden, ob dieses u uralt ist oder durch «-umlaut entstanden; zu bemerken ist nämlich, dass im südlappischeu auch das aus i entstandene a vor einem u zu u umgelautet wird, vgl. oben 8. 2(i3.

Vgl. IIalâsz, XyK XXII, ss. 230, 233.

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I

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Urlappisches langes t#.

i.

Ganz wie die geschiente des kurzen u mit derjenigen des kurzen i im grossen und ganzen identisch war, finden wir auch bei der be- handlung des langen m eine eben solche ähulichkeit mit der behand- lung des langen i. Finnisches und nordisches langes u wird nämlich in den jetzigen dialekten in einigen Wörtern überall lang beibehalten, in anderen in einigen dialekten bewahrt, in anderen verkürzt, z. b.: f. kuuja = N. F. guw'ca (uw < ü) „Seeforelle"; f. huulen = T. kulli-, K., N. kuUc-, A. hullo-, E. kuullüd, kuli ad, N. F. gullat, Lule, Arj. kullat, aber Mala kiille-, küle-, St. küu(et, kuolet, kö0(ct, kö°lct} V., F., O. Qü.ust, U., H. QüeAio „hören"; (an. sttrr „sauer"), um. *süraz > N. F. suvres, sûres, Lule, Hrn., Fld. sûrês, Arj. süris. Ht. sürics, V. surës, F., 0., U., H. swris id.; (an. kyr „kuh"), urn. *küz > Pasv. gttss, elat. güsast, E. (Lönnkot) kuusa, (Andelin) kuss, N. F. gussi, Lule, Arj. kussa, Hm. gussa, Sors., Tärna güsa, Ht. giise, V., F. oüse, 0., U., H. gm's« id. Man muss natürlicher- weise auch hier von dem vokale in der nordischen oder finnischen grundform hinausgehen; die qualität des finnischen vokales ist in- dessen etwas unsicher, da man beispiele von einer dehnung des kurzen « aufweisen kann, z. b.: (au. ostr „käse"), urn., got. *jusl- - > f. juusto id., vgl. Thomsen, Einfl., ss. 53, 66.

Bei einer näheren Untersuchung der hiehergehörenden Wörter findet man dann, dass uru. ü im allgemeinen in allen dialekten bei- behalten wird, während das (neu)finnische ü in den nördlicheren dia- lekten sehr oft, im südlappischen und Mala aber sehr selten verkürzt erscheint, vgl. unten mom. 3; ein beispiel von f. mm = südla. n ist V. QuJLitalit, F. Qulltelit, 0. QUAAdslit, U., H. oulldslit (aber Euare kuultclcd; Lönnrot) „horchen" nebeu V., F., 0. oüAet, U., H. Qü(.\io „hören" = f. kuulen. Man muss also auuehmen, dass die südlap- pischen dialekte hier die urlappische stufe wiederspiegeln, während die verkürzuug in den nördlicheren dialekten später ist. Hiergegen spricht wohl, dass südla. ü in einigen Wörtern einem fiunischen oder urnordischeu kurzen m entspricht: V., F., O. Büset „auf etwas blasen; keuchen" neben V., 0. Busstt „auf etwas blasen", Lule

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pössat, N. F. bössot „blasen" = f. puhua; O. rw%«, F., V. rüJteyt, St. rüuhta, -te, rûuhtàkà} rüHhteke, Arj. rühtakts, Lule lüotäk „frau des Stalo", N. F. lüttak „wanze" (aber Sk., Kfj. lüdaS, gen. luttaë, lüttaha „wanze") = f. lude; H., U., O. ëktûlio, F. ëkûiUt, V. êkûld, Lule, N. F. skullit „abspülen" < urn. *sJculi--, aschwed. skylia id. Dass eine dehnung des kurzen u in den slidlappischen dialekten vor- kommt, ist also nicht zu verkennen (finnisches « kann jedoch auch aus uu verkürzt sein, z. b.: f. tuhat < lit. tukstantis, etc.; Thomsen, BFB, s. 99; Einfl., s. 53); von welchen faktoren sie bedingt wird, ist jedoch unbekannt. Alle beispiele von ü im südlappischen können jedoch nicht durch dehnung eines ü entstanden sein; wir können also, bis dass die geschichte der quantitätsveränderuugen bei f. w, km besser bekannt sein wird, getrost annehmen, dass die südlap- pischen dialekte hier auf der urlappischen stufe stehen geblieben sind, und dass also finnisches und urnordisches langes u durch urlappisches langes u wiedergegeben wird. Qvigstad, Beitr., s. 120.

2.

In einigen Wörtern entspricht urlappisches u einem fin- nischen o ( > uo), ohne dass man noch entscheiden kann, welcher von den beiden lauten ursprünglicher ist. Qvigstad, Beitr., s. 123. Beispiele sind:

[f. juon = N. F. jfikkat, Lule juokat, W.jükst, F.jüoM, O.jükat, IL, H. jükio „trinken" ; vgl. den exkurs von den einsilbigen Stämmen],

f. kuona = N. F. güdna, Lule httna, V., F., O., U., H. oü'ne „asche".

f. luo-ta - N. F. lutté, (Lule lustt), V. Aùotë, F. Atüote, 0., U. AÏàtëe, H. Aiuotës „von".

f. tuohus = N. F. duhaë, du has, dufhas „feuer, bei dessen licht fische durch stechen gefangen werden" (und verbura dûfaètet Beitr.) ist wohl eine neuere entlehnung.

Das ü in Ht. hüren oaktë, F. hürsskutie, 0., IL, H. hürnbrrjä „douner" ist etwas sonderbar, da das nordische ö sonst regelmässig

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durch lappisches wiedergegeben wird *) ; man kann es wohl näm- lich nicht von au. pôrr „der donuergott" trennen, besondere da es auch eine nebenform thora galles gibt, vgl. Qvigstap, NL, s. 195. Oder hat es auch ein *pûrr aus nicht o-umgelautetem *punaraz ge- geben? Das o in den nach alten quellen erwähnten Wörtern hora- galles, horan-galles etc. ist wohl als ü zu lesen.

Anm. 1. In einem worte entspricht urla. ü einem finnischen ou: f. soutaa = N. F. suvddet, Lule sütet „mit kahn transportieren" (neben N. F. sukkat, Lule suokat, V. süket, F. süoket, 0. süket, U., H. süekio „rudern", vgl. den exkurs von den einsilbigen stammen).

Anm. 2. In eiuem worte fiudet man ein urla. ü = urf. ä: f. haapa = K. siapp, N. sojip, E. supe, N. F. sùppë (Utsjoki

suppi), Lule swpët, V. sûopës, F. sïïupëe, O. srn^e, Sk. äk^c, U., H.

stûpêë „espe".

Aus den übrigen f.-ugr. sprachen ist dieses wort noch nur aus dem tscheremissischen bekannt: Sopkc, Sapki (Donner, Vgl. Wtb., n:o 822). Es ist also noch zu früh die geschiente desselben näher zu erörtern zu suchen.

3.

Wie schon öftere gesagt wurde, wird das urlappische lauge u in den jetzigen dialekten auf zweierlei weise behandelt, indem es entweder, vorzugsweise in den nördlichen dialekten, verklirat wird oder auch, und zwar vorzugsweise im südlappischen (sowie oft in Malâ), lang beibehalten wird. Auch in Enare ist das lange m nicht selten bewahrt worden, wo es in den übrigen nördlicheren dialekten verkürzt wurde, z. b.: (Lönnrot) juuhüd, kuullüd, kuusa, kuut, ruu- moê, (Andelin) suuttad = Lille juokat „trinken", kullat „hören", kussa „kuh", kuota 6, rumäj „körper", siattat „zornig werden". Die

*) Ein zweites beispiel ist vielleicht Lnv.. Of., Wst. snüre „dünnes seil" aus der grundform zn an. snori id., wenn es nur nicht in junger zeit aus norw. snöre entlehnt ist.

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Wörter mit in allen dialekteu beibehaltenem ü sind großenteils nr. nordische lehn Wörter, z. b.: Lnv. rüdas, Wst. brüdaa „braut" < urn- *brüdiz, an. bn'tdr id. (NL, s. 117); N. F. butfrc, Arj. bürc „Vorrats- haus" < urn. *büra, an. bur id. (NL, s. 121); Luv. südas „horizon- tale fuge zwischen den brettern eines bootes" < urn. *südfc, an. sud (NL, s. 327). Die Wörter finnischeu Ursprungs mit bewahrtem ü sind ausschliesslich solche, die nur in den nördlichsten dialekten vorkommen und also möglicherweise oder sicher erst in neuerer zeit entlehnt worden sind, z. b.: f. kruunata = N. F. kruvnedct „krönen" ; f. muuttaa = N. F. mùttët, mütam „verändern"; f. nuukata = N. F. nuvkkct „nicken". Es gibt weiter auch eine kleine zahl von Wör- tern mit w, die in den übrigeu f.-ugr. sprachen keine bekannten äquivalenten haben, z. b.: N. F. duvddet, Lule tütet, V. uület, F. v'utDtet, ()., U., H. Dïïtedù „stützen" (nicht aus urn. *stud(--} an. stydja id., weil st- sonst niemals zu t-, d- verkürzt wird); Lule küktö*, „eine eulenart" ; Lule nükuk „dichthaarig (von renutieren"). Wie mau erklären soll, dass das lange » eben in diesen Wörtern bewahrt worden ist, weiss ich nicht. Ganz wie bei den entsprechen- den Wörtern mit 7 kann es weder auf dem alter der Wörter in der spräche noch auf der quäl itä t der umgebenden laute beruhen ; die frage muss also noch otfen gelassen werden.

* * *

Das aus ü verkürzte u fallt in seiner weiteren entwickelung mit dem ursprünglichen (bewahrten) kurzen u völlig zusammen. Die wichtigsten formen, unter welchen das bewahrte ü in den jetzigen dialekten auftritt, sind die folgenden:

Rassischlappisch :

Regelmässig uv, z. b.: KL. nuvt „gemisch aus gekrümelten, ge- dörrten fischen und Sumpfbrombeeren" = N. F. njuvddct „kneten, zerstossen" ; K., N. uv) „daune" = N. F. uvja.

Enare:

Regelmässig uu (weuu die länge überhaupt besonders bezeichnet wird), z. b.: luus „nach" = N. F. (und Lönnrot, E.) lusa ; suuccaged „erfrieren" = X. F. suvcayct.

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- 2im

Horweg. Finmarken:

Regelmässig uv, bei Qvigstad, NL, nicht selten (s. 42: „dialek- tisch") ti, z. b.: cuvdde „finger"; buv're, Kl. bürrc, Lg. büre „Vorrats- haus".

Lule-lappisch :

Regelmässig w, z. b.: Lule äütes „finger" ; tütet „stützen*1 = N. F. duvddet.

Arjeplog:

Regelmässig ü, z. b.: Arj. prütas „braut" < urn. *brüdiz, an.

brtidr id.; bürt „Vorratshaus"; einigemal üw, z. b.: cüwti (gen. plur.)

„finger". .•

Mala:

Regelmässig ü, z. b.: Mala tüte- „stützen" ; küllc-, külc- „hören" = N. F. yüllat. vSelten ö, z. b.: elat. plur. könist neben acc. plur. künait „asche" = N. F. güdna.

Regelmässig ö, das vor einem a in der folgenden silbe zu au gebrochen wird und vor einem c oft zu m übergeht, z. b.: St. küulct, kôHcU kô°(ct, V., F., O. QÜMt, U., H. GÜ*Ato „hören" = f. kuulen, aber 3 p. sg. pnes. St. kaujä, kauälü, [P] kö°(ä, V.-H. GauAä; V. dm/«/, F. mutet, O., U., H. DMi'tftf (in der zweiten silbe hat einst ein ë gestanden) „stützen" = N. F. duvddet, aber 3 p. sg. prœs. V. vautä, F. vauotä, 0., U., II. vaudü, part, praet. V. vautama, F. vauotama, 0., U., H. vaudama « -üma). Beispiele von brechung vor » (vgl. oben s. 269 » > äi vor ä, w) sind selten, z. b.: part. prat. F. Gau- AäJtutöma, V. GauAwottuöuma (oder outa»^-) „(es wird) erzählt, be- richtet".

Vgl. Hai.vsz, NyK, XXII, s. 234.

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Die diphthonge. L

Die diphthonge werden im allgemeinen völlig wie diejenigen einfachen vokale behandelt, welche ihre ersten komponenten sind, indem ihr zweiter komponent (i, tQ wie ein konsonant anfgefasst wird*). Oben in den abschnitten von den einfachen vokalen sind demnach überall auch diphthongische beispiele mitgeteilt worden. Im folgenden werden wir nur noch einige vereinzelte fälle von der entwiekelung der diphthonge behandeln, welche im vorigen keinen geeigneten platz finden konnten.

2.

In einer reihe von Wörtern finden wir im lappischen einen diphthong gegenüber einem einfachen vokale im fin- nischen. Es ist vorderhand noch unmöglich zu entscheiden, welche von den beiden sprachen hier auf einer ursprünglicheren stufe steht ; es mag also der zukunft überlassen werden über diese Verhältnisse licht zu werfen. Es dürfte indessen nicht unwahrscheinlich sein, dass die einfachheit der finnischen vokalisation hier in vielen fällen nur scheinbar ist, dass sie also einst ein viel bunteres bild gezeigt hat als jetzt. Qvigstad, Beitr., s. 121 ff.

Die hiehergehörenden fälle sind:

a) la. at* etc. = f. e.

Russischlappisch avtl, avt, ovt, E. ovde, N. F. oüda, Lille outa, outo, Malâ aute, St. aute, V. ante, F., 0., IL, H. auds, Sk. auts in zsmns. „vorn befindlich, vorder-" = f. esi (etc-). Der lappische diph- thong geht hier auf ein *iu zurück, das im allgemeinen in äu « on, ov) Ubergegangen ist, im südlappischen aber bisweilen in der form ü, üi, tu, (vgl. unten im mom. 4) bewahrt wurde: V. ütsth,

*) Von denjenigen diphthongen, deren zweiter komponent kein i, u ist (es, eä, uö, od), ist oben in den abschnitten vou den geschlossenen ond offenen e- und o-lauto die rede gewesen.

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oàtêfh „der vorige": V. iiije, F. ïïcts (> s1" te), 0. \iïit „hervor-4 (= N. F. illat. £/«</<)• welchem Verhältnisse die lappische form zu dein finnischen de- steht, ist unklar. Budknz, MUgSz., s. 7*0, nimmt an, dass die lappische form in demselben Verhältnisse zu f. ent- stehe wie z. b. N. F. dovddat zu f. tuntea, indem das v aus einem nasal entstanden sei. In diesem falle wird jedoch der nasal im rus- sischlappischen uud südlappischeu immer bewahrt: A. tarnte- 1 0., U., H. nantdb etc., woraus erhellt, dass die Zusammenstellung mit f. cnsi nicht richtig sein kann. Auch aus den formen des Wortes in den übrigen f.-ngr. sprachen finden wir vorderhand keine erklärung für das iu ~ äu der lappischen form.

b) la. au = f. u.

X. F. davkkat „zustopfen*4 = f. tukJcia (MUgSz., s. 377).

X. F. haw'kat „ersticken (intr.)" = f. hukkua (MUgSz., s. 2(J9).

c) la. ici = f. e, ê (ic), t.

X. F. bicidne „derjenige teil des kieles eines lappischen Schlit- tens, der hinten ausserhalb des Schlittens hervorragt" = f. piena.

X. F. rkbmodd, rieibmodet Jannen" = f. remuta, rictuuta.

X. F. yieibmat, gïbmat fyîmam) „sich begatten" - f. kiima, vgl. kimo (Donner, Vgl. Wtb., u:o 329).

d) la. cei = f. e.

X. F. lœi'bë „erle" = f. leppä.

e) la. uoi = f. ?.

X. F. cuoiygat „auf Schneeschuhen laufen" = f. hiih-tää; f. h wurde also hier eiu k repräsentieren (MUgSz., s. 341).

f) la. mom = f. o, u, ü.

X. F. öuoic'ga „licht", vgl. f. hoh-taa (MUgSz., s. 190).

Von X. F. juovlak „Weihnachten" = um. nom. plur. *jiölu, an. jôl id., vgl. oben s. 37.

X. F. cuovkaa „in stücke (schlagen)", vgl. f. (lyödä) sukuksi (vgl. MUgSz., s. 269, wo dieses wort auch mit f. hukkua verglichen wird; vgl. oben haw'kat).

X. F. yuocsak „Garrulus infaustus (ein vogel)" = (?? >) f. kuusanka (mit uu möglicherweise durch association mit f. kuusi „Piuus abies".

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g) la. oau = f. m.

X. F. yoavlhe, skoafle, skoavlde ,-pustel, blase" f. kuhlo, kupla; daneben die formen X. F. goagla, skoaglc, yufle, guvhle, guvlhe, guullo und doavhlc, doavlhe, welche die Verhältnisse noch mehr verwickelt machen; f. Id steht hier vielleicht für pl (= kupla), vgl. f. ht<ipt: vyhti = vipsi (Setälä); so auch mhlata, vgl. vipla, vipata etc.

h) la. tu = f. y.

X. F. bhc'dbt „nachstreben; zu erhalten suchen; begehren" = f. pyytää.

X. F. dnvdna, „genau, gänzlich" = f. tyyni.

X. F. nivkkot, njivkkot „caput vel corpus sursnin deorsum agi- tare, bevflege Hovedet eller Kröppen op og ned" = f. nyyhkiä.

X. F. siwo (must soaigga) „es schauert mich", vgl.P f. syyhy.

X. F. civhle, civile, äße „pustel" = f. syylä, dial, syplä, vgl. Sktälä, YSÄH, s. 145.

Von X. F. mivvat, siwa = f. myyn, syy vgl. unten in dem ex- kurse von den finnischen einsilbigen Stämmen.

Die fast regelmässige wiedergebung von finnischem yy durch lappisches iu (vgl. ss. 248, 277) deutet vielleicht darauf hin, dass auch das finnische hier einst einen diphthong gehabt hat, der wohl in diesem falle in irgend einer weise von dem sonst bewahrten tu verschieden gewesen ist (ty??).

i) la. ut = f. u, (y, y).

X. F. uigjo ist vielleicht nur eine andere Schreibung für ugju „schüchtern" = f. ujo; sonst könnte sich auch ein i aus dem folgen- den palatalen d (— gj) leicht entwickeln.

X. F. duihm'é (neben dihmë) „dumm" = f. tyhmä, und sügja (Beitr.: Kr.) „schuld" = f. syy sind wohl nur juuge lehnwörter aus einer zeit, als f. y, yy schon entwickelt war (vgl. Lule ruifJta„ topf" aus schwed. gryta id.).

3.

Tor zwei konsonanten fällt der zweite koinponent eines diphthonges in urlappischer zeit in einigen Wörtern weg. Bei- spiele sind:

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a) ai > a.

X. F. âlàag&s, ält&g&s, Kl. äldgsks, selten ö/dw^as, Lille (Qvm- STAD nach Hal.vsz) ältakas, ältakis [P], Arj. aldcgcs, aldagcs, Sors. aWeg, aWag, Tärna aldaga, Ht aZtfa<7, Drt. aW<#, aîàag-ligge (von mir in Jämtland nicht wiedergefunden) „blitz" < urn. * adding--, an. c7tfm<7 fem. id. (NL, s. 88). Daneben einige formen mit lap- pischem œ, das durch eiufluss der späteren nordischen formen elding etc. mit c-laut entstanden sein dürfte (vgl. oben s. 52 f.): Gl. œltages, Of. œltagas, œltagis, Lule (h)(lViakis etc. (NL, s. 88). Hierzu auch Bis. mür-(mär-)aVda, in übrigen dialekten mit e-, «c-vokal „meer- leuchten" = norw. moreld (NL, s. 240), dessen a wohl auf dieselbe weise zu erklären ist, wenn es nur nicht durch association mit äl- da#as entstanden ist.

L. & Ö. baskok, V. nàtsJcês, F. mSJcês, 0. bm« sUëss „bitter" < urn. *baiskaz> an. beish- id.

Vgl. auch N. F. gäbmo, gen. gämo (aber H. v'êêâra-Qafrnëé) „morgen- und abenddämmerung" = f. kaimo.

Das wort Kfj., Sfj. rœrito, gen. rœnto „holzgefass mit deckel" = f. rainta hat ein sonderbares <e statt des erwarteten a; weps. ragend zeigt übrigens, dass es nicht in urlappischer zeit entlehnt sein kann.

b) iu > ».

N. F. biëkot „schreien" = f. piuhkoa, piuskua.

Anm. 1. Von der eut Wickelung eines diphthougbildeudeu i iu solchen wortern wie N. F. bâfka, T. paëke „dreck" = f. paska, etc. vgl. unten im abschnitte von dem urlappischen $.

Anm. 2. Die finnische Verbindung auh wird im lap- pischeu durch ein äff, af, russischlapp., Enare avv, N. F. afh, Lule ah, südlappisch auu wiedergegeben, z. b.:

N. F. bäfha „lärm" = f. pauhu.

T. jàvva, K., N. jävv, E.javvu, N. F.jàffo, geu.jäfo, LulejVf/fo», V., F. jàuyta, 0., U., H. jàuuâ „mehl" = f. jauho.

N. F. laffis, Ib., Of. lüfis, gen. Jaffa, Lule läfis, gen. laffa, Hm. lüfis, gen. Zo/fa, Ts. lafps, Sk., U., H. mffa „floh" < urn. *flauhiz (althochd. floh mask., an. //d fem. id.); NL, s. 211. Daneben ist N. F. lavkis, gen. lav* ha id. zu bemerken, dessen k auf die ausspräche des

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uruordischen h als gutturaler spirans, x, zurückweisen dürfte, vgl. unten raffe.

N. F. lafho, Lille Wim (pègga) „mild (voin wetter)" = f. lauhea.

X. F. lafhol, Lule lähul „Charadrius morinellus" muss mit f. lakla „vildgäs, skedgâs; en andart(?); etc." verglichen werden; statt kl würde man im westfhinischen ein ul erwarten, vgl. Setala, YSÄH, s. 139 f.

N. F. rûfhë, (E. rauhu sehr junges lehnwort), Lule räßs neben G. rahèe, V. ràffës, Sk. raffës „frieden" = f. rauha; von dem Ur- sprünge dieses Wortes, vgl. Thomsen, Einfl., s. 75; BFB, 8. 28, n. 1.

N. F. raffe, gen. id., Lule ràffës, gen. id., Hrn., Ts. raffe „un- geschorenes Schaffell, (Südw., Kv., Lg.) die wolle, die man von einem schafe bekommt" < urn. *raufia, an. rßyfi nentr. id. Die von Friis aus „dialectus Russica" (Enare?, Kolahalbinsel P, vgl. Qvigstad, NL, s. 1, n. 2) angeführte form ranke = raffe scheint jedoch eher auf eine nordische form mit h (vgl. oben laffis) zurückzuweisen, die je- doch aus dem nordischen nicht belegt ist (vgl. raittelhochd. ruhe, riulie, Lui. Gr., ss. 89, 96).

Die hier erwähnten finnischen Wörter sind also in das lappische hineingekommen erst als das finnische h schon entwickelt war : mordw. jazan, tscher. joijgoSem „mahlen" (Setälä, YSÄH, s. 272; Festskr. til V. Thomsen, s. 243); die entlehnung scheint indessen noch in urlappischer zeit vorgegangen zu sein. Wenigstens sind die Wörter nordischen Ursprungs schon damals entlehnt worden. Die urlappische form der dem finnischen auh entsprechenden lautverbinduug ist schwie- rig festzustellen, äff, a\m oder vielleicht a<pq> (mit bilabialem /'), alles in der starken form ; X. F. fh} Lule f, h iu der starken form machen die grössten Schwierigkeiten vielleicht sind die Wörter mit diesen lauten die jüngsten entlehnungen (N. F. bäfha kommt ausserdem uur in N. F. und E. pauhas vor).

Anm. 3. Selten entspricht ein lappischer geschlossener c-laut eiuem finnischen ei; beispiele sind:

X. F. biegjo, Lule pèddm „höhle eines raubtieres" = f. peiho. T. lficclm, K. kiècem, X. cihccm, E. èiccam, X. F. ciecca, Lille X. G. UlefSa, S. G. ßleffam, S. G.. J. TcëtUau, L. & Ö. kictja, ij<tja,

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Mala cihca, cïca, Fiellström gicgic (gi wohl = ti), V. täth, F. f$tf/&, O., U., H. tôc/fc „sieben" = f. seitsemän. Auch im voka- lismus ist also dieses wort im lappischen rätselhaft.

In N. F. riegjat, riejaidet „schreien, lärmen" = f. reijua, rcijata ist f. ij = urspr. y oder vielleicht aus kurzem j gedehnt, vgl. Setala, YSÄH, s. 429.

4.

Von der behandlung der urlappischen diphthonge és, c«, »<ö, oa in den jetzigen dialekten ist schon oben ss. 187 ff., 194 ff., 222 ff., 231 ff. die rede gewesen. Der vokalische, erste komponent der übri- gen urlappischen diphthonge wird in den dialekten überall ganz wie die einfachen vokale behandelt, nur bei iu finden wir einige Unregel- mässigkeiten, vgl. uuten. Auch von der behandlung des zweiten kompouenten, /, »/, ist nicht viel zu sagen und die kleinen abwei- chungen, die wir wahrnehmen können, sind teilweise vielleicht nur orthographisch; sie besteheu darin, dass in einigen dialekten;, t\ »r, in anderen t, u geschrieben wird.

Im russischlappischen findet mau regelmässig j, v statt », w, z. b.: N. F. goaivvot = T. koajva-, K., N. koajve-, KL. koajve-, A. Jcojvo- „schupfen"; N. F. gavdnat, Lille kau*nat = T. kavnl-, K. knvnc-, N. kavne-y A. kavne- „finden".

Auch in Enare wird regelmässig v geschrieben; statt j trifft man aber nur », z. b.: (Lönnrot) koaivud „graben", kavdncd „finden", (Andelin) kavdnad id., laiggc „garn" = N. F. id. Auch bei Sand- berg herrscht dieselbe Schreibweise: elat. œigëst „zu der zeit" = N. F. aigest, aber elat. jàwrëst „im see" = N. F. javrest. Das ?r ist hier „w-haltiges vu (also wohl engl. tv).

In N. F. schreibt Qvigstad iu seinen Beitr. regelmässig i und »»•, z. b.: goaïvot, jaiv'rë; nur in einem worte u: oüda- „vom befind- lich", illat, oüdi, ess. oüdan, oüdaU oüdali, oüdalest, oüdaJtaS, aber elativ oüdast, „trauslat." oïidas, kompar. oûdèb, superl. oûdëmus, oüdald, oiulaiaS, oüdanet, oüdedct, also überall im starken stamme ( = ou-') und on im schwachen stamme (— oitj; statt oüdalaä, oûdanet

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wurde man jedoch eiu oü-- erwarten = Fiuis ouddalaS, owhlanct. Ob es möglich sein kann, dass ein einziges wort in dieser weise von den übrigen Wörtern mit diphthong auf abweicht, scheint mir etwas fraglich; der grund dazu ist wenigstens unklar. In seinem werke NL schreibt er aber neben v oft auch u, weniger oft w ohne sicht- bare regel, z. b.: aVro „rüder"; aus-karre, Südw. avskär, Kr., Ks. haus-kar, haws-gar, hawskirt Hf. haus-kär, Lg. auch, Tlv. havs-karri, Gl. aus-garri, Of. aws-garrd, Wst. avs-karri, Lnv., Ib. awsta-garri „schöpfgefäss" ; Ks., Kr. av'dadct, Lnv. aüdodct, (s. 358) Südw. hœv'dcdit, Nb. eev'dcdct „verschwenden". Fkiis schreibt in seinem wörterbliche regelmässig i und v, uur selten m, z. b.: aigge „zeit", havdde „grab", über oudda- (etc.) „vorn befindlich", haugga „häufen", hauske ueben havskc „augenehm". In seiner grammatik aber schreibt er regelmässig j, v, nur selten u : ouda ; audogas „selig". In Kt. und dein südlicheren „seelappischen" (z. b. Ib.) soll das n allgemeiner sein. Vgl. seine grammatik, §§ 3, 10, 11.

In allen südlicheren dialekten findet man nur i, u (bei Halasz selten «•), z. b.: N. F. aigge „zeit" = Lule ai'Jiês, Arj. iness. âikên, Mala aikc, St. aiken etc., V.-H. aieKde etc.; N. F. gavdnat „finden" = Lule kau*tiat, Arj. kannata („er begeguet"), Mala kaudnc-, St. kaunet (und kawnct), V.-H. Qauenat etc. Qviostad, NL, schreibt jedoch in den meisten von ihm selbst aufgezeichneten Wörtern t>, »r, z. b.: Hrn., Fld. havsta-garri, Ts. haws-karri, Arj. avsta-garrê, Sors., Täma, Ht. avc-güri, Drt. aus-karre „schöpfgefäss".

Der einzige diphthong, der bei seiner entwickelnng in den jetzi- gen dialekten etwas eigentümlichere wege eingeschlagen hat, ist im, das sporadisch zu langem u zusammengezogen wird. Die fälle hier- von sind:

Russisch-lappisch:

Einigemal uv, z. b.: N. F. cavggad „fest", Lule adv. fêâifka (vgl. f. tiukka) = 829, 830 T. cuvkht, cuvks, K. (oder?) N. covyas; N. F. civros, öivrus „nisse" = 843, H44 T. ciarrcs, gen. cuvrasl, K. cfrrês, N. cevres (vgl.? f. saivar).

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Lulelappisch :

Nach QviGSTAD, NL, in H ara m e oft iï, mi? (bisw. «), z. b.: N. F. divWe = Hm. dcw'rc (vgl. oben s. 257) neben dure „tier" (NL, s. 132); N. F. divtes, Lule tiuotuk, Ts. diwtis, tiwtog = Hra. duhtës, duhttojj „dicht" (s. 133); N. F. sivdnedet, Lule ëiunët-U = Hm. Sutme- del „erschaffen" (s. 288). Eiumal auch in Tys fjord: N. F. sivle, siv'lo = Hm. selten, Ts. sülo, Ts. auch siv'lo „mast" (s. 288).

Arjeplog:

Einigemal m, «, « (w ist ein „gemischter" laut), z. b.: N. F. sivdnedet = (NL, s. 288 Sivdnedet neben IIal.vsz) Arj. sûdnètem, èudnëtem „Schöpfung", pùrëëugûûtus „segeu".

Sorsele:

Wenigstens einigemal w, z. b.: N. F. divWc Sors, dürie „tier" (NL, s. 132); N. F. sivdnedet = Sors. Sugnedct „erschaffen" (NL, s. 288).

Mala:

Wenigstens bisweilen ü, z. b.: N. F. divdna = M. (kaihke) tüdne „all"; aber N. F. £/iv/#a = M. emke „junge".

Südlappisch :

Sehr oft, besonders nach dentalen konsouanten, m, üi, ffi„ z. b.: N. F. di'ura.« = V. d,««^, F., O. vürss, Sk., U., H. D«äres „teuer"; N. F. dhujija V. DftüA'c, F. D?7j£f, O. vüFkt, Sk., U. i>,wfa, H. »tüjfo „kleine glocke"; N. F. div'rc = V. uwm, Sk. ü^rft „bär".

Stimmloswerden der vokale

Eine von den am meisten in die äugen fallenden eigentttmlich- keiten der lappischen spräche ist die grosse menge der iu derselben vorkommenden stimmlosen vokale, d. h. das .stimmloswerden des letzten

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teiles vou einem vokale in der Stellung vor gewissen konsonanten. Wenn man einen phonetisch geschriebenen, lappischen text liest, findet man bald, dass sie in jeder zeile sogar mehrmals vertreten sind. In den lappischen Schriftsprachen aus Enare, N. F. und dem schwe- dischen Lappland findet man wohl keine solchen h vor £, p, t; das vorkommen der stimmlosen vokale in Enare und X. F. ist jedoch durch die angaben von Qvigstad in JSFüu, b. III und XL und vou Halâsz in Svéd-lapp nyelv III völlig gesichert worden und die Unter- suchungen Aber die schwedisch-lappischen dialekte haben die existenz derselben auch in allen diesen konstatiert. Es ist jedoch hier nur die rede von denjenigen stimmlosen vokalen, die in der Stellung vor k, p, t fc, c) nach dem vokale der ersten silbe stehen, nicht von den o in ttbrigeu Stellungen, z. b.: in Lule kärvüotit (N. F. garvotet) ..bekleiden", kaunaotaüat (N. F. gavnatallat) „ertappt werden", rïomëk ,.ganz schwarz (von renntieren)" etc., in welchen fällen das verhalten der meisten dialekte noch unvollständig bekannt ist.

Oben bei der behandlung der quantitätsgesetze haben wir ge- funden, dass vor k, y, t, c, c das o nur in Ter und Kiidin in der Stellung zwischen einfachem vokale und kurzem konsonanten fehlt, sowie in X. F. und E. nach einem diphthonge (oder /, r); in allen übrigen fällen findet man das j in allen denjenigen dialekten, welche die konsonautenschwächung kennen, vgl. ss. 74 f., 82 ff. Als bei- spiele mögen genannt werden: f. lukea = T. lokki-, K. lokke-, N. lohke-, E. luuhud etc., N. F. (Qvigstad) lohkkat, Lule lohkot, Arj. lohkot lesen" ; f. napa = T. näippe, K. nä\p, X. näihp, E. (Schriftsprache) nape, X. F. nahppe, Lule nâopës „nabel" ; f. kota = T. kleMe, K. kuBitt, X. kuoM, E. (schriftspr.) kuate, X. F. goahtte, Lule koeotet, Arj. kôhtë „lappenzelt" ; f. eteiä = T. occl-, K. öcce-, N. ohce-, E. uuccid, X. F. oliccat, Lule ootsot, Arj. ohtsot „suchen"; f. vasara = T., K. viecëer, X. viehöcr, X. F. veshôer, Lule vèoûër, Arj. komit. vêhtërtna „hammer" ; T. kuhke, K., X. kuM, E. kukke, X. F. (schriftspr.) gukke, Lule kuoMês, Arj. kuhhki „lang"; urn. acc. sg. *hnappa> an. hnappr K., X. näjip, X. F. naftppe, Lule nàoppês „melkgelass"; f. suuttua = T. sahti-, X. suhte-, E. suuttad, X. F. (schriftspr.) suttat, Lule suottat, Arj. suhhtat „überdrüssig werden"; f. metsä = T. miehce,

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K. miche, E. nuicce, X. F. mœccë, Lule m&ttsëe, Arj. mchhcë „wald": f. katsoa = T. fachet-, K. kihce-, X. kiehce-, E. kaëôed, X. F. géàcat, Lule kâoffèat, Arj. kähheat „sehen, betrachten" ; f. paikka = T. pajhke, K.. X. pq/A&, E. päikkc, X. F. baïkë, Lille paieokct, Arj. elat. />a*7/- A'ës/ „ort. stelle"; X. F. afcaf, Lule aihtsat, Arj. part, prcet. aiheam ..gewahr werden*'. Auch in denjenigen dialekten. welche die konso- uantenschwächung jetzt aufgegebeu haben, findet man stimmlose vo- kale in dieseu selben Stellungen; in der Stellung zwischen langem vokale und (ursprünglich) kurzem konsonanten sind sie indessen hier durch ausgleichung verschwunden, vgl. oben s. 81. Beispiele aus dem südlappischeu : f. lukea = .tuoxkio etc. „lesen"; (aber X. F. soakke. gen. soage, Lule sôtokès = sôskés „birke"); f. etsiä = uotsio etc. ..suchen"; f. akka = äoj-kä, àixkâ „grossmutter" ; f. metsä = mfctsëe etc. „wald"; nach einem diphthonge ist indessen das o in einigen von den südlappischen dialekten weggefallen, z. b.: f. paska, X. F. bâikka, Lule paieoka = St. paihka, paihkà, paihke, V., F. Baioke, Sk., U.? H. Baieks „dreck"; (dagegen nach einem r: urn. *urtiz > X. F. urtas, gen. ttrVasa, Lille urtas, gen. ureotasa = V., U., H. urtst, Sk., U. urfSe „die wurzel vou Angelica archaugelica)" *). Aus der Übereinstimmung der dialekte können wir also schliessen, dass die erscheinuug urlappisch ist und in die folgende regel zusammengefasst werden kann: das ende eines hauptbetonten vokales wird vor einem unmittelbar folgenden, stimmlosen verschlnsslante, (ky p, f, c, c) in urlappischer zeit stimmlos. Die wenigen aus-

*) Wie aus den beispielen hervorgeht, hat sich aus dem stimmlosen vokale in einigen dialekten bisweilen ein gutturaler, bzw. palataler spirant entwickelt. Ausser dem südlappischen dürfte diese erscheinung auch in N. F. vorkommen; wenigstens dürfte man die worte von Fans in seiner Gramm., § 6,3 auf diese weise deuten können: „bisweilen lautet das erste von zwei k aspiriert, wie ein eh (finn. /»), z. b.: öokkat „sitzen" wie öocJikat; sukkîs „dicht", wie suchkis; mikkege „etwas", wie michkege*; vgl. aber hiermit sein Wörterbuch, s. XVI, und Qvigstad, JSFOu, III, s. 7. Auch in Lule kommt dasselbe gelegentlich vor: taokat und tazxkat, taxkat „machen" (vgl. meine Lui. Gr., § 6. anm. 1).

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nahmen von dieser regel iu einzelnen dialekten sind durch später- entwickelung- entstanden. Von dem auffallenden mangel des o vor de;i Verbindungen von /»• mit einem folgenden s, ë, t, c, £ sowie vor pt, vgl. obeu s. 98.

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Exkurs

Die einsilbigen Wörter im finnischen und ihre lappischen

äquivalenten.

In der obigen darstellung von dem lappischen vokalismns hat der leser nur wenige vergleichungen mit einsilbigen finnischen Wörtern angetroffen. Eis gibt jedoch eine sehr grosse zahl von solchen, welche auch im lappischen vertreten sind; es sind sogar wenige von diesen Wörtern, welche im lappischen nicht in der einen oder an- deren form vorkommen. Der grund dazu, dass sie oben nicht auf- genommen wurden, ist der, dass man sie dort nur schwierig in die für die übrigen Wörter bestimmten kategorien hineinpassen kann; den finnischen einsilbigen Wörtern entsprechen nämlich in den meisten fallen im lappischen zweisilbige Wörter und der vokal (oder diph- thong) in den finnischen einsilbigen Wörtern entspricht im lap- pischen einer Verbindung von zwei vokalen mit einem oder mehreren dazwischenstehenden konsonanten. (Von den pronomina und partikeln wird hier abgesehen. Unten bei der behandlung der konsonanten werden also auch die hiehergehörenden Wörter auf ihren betreffenden platzen erwähnt werden; eine zusammenfassende dar- stellung von ihnen wird man jedoch auch dort nicht mit beibehaltung einer im übrigen zweckmässigen aufstellung geben können). Diese erscheinung ist schon längst bekannt gewesen ; Thomsen erwähnt sie, Einfl., s. 23 f.; Budenz, MUgSz., führt eine reihe von hiehergehö- reuden Wörtern an, vgl. unten; Donnkb, Vgl. Wtb., und Anderson, Wandl., haben passim einige beispiele hiervon; Qvigstad, Beitr., teilt

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sehr viele beispiele mit; endlich hat sie Setälä in seinem artikel „Über einen „gutturalen" nasal im urfinnischen" in Festskrift til Villi. Thomsen, s. 230 ff., mit grossem erfolg behandelt. Die frage bedarf indessen noch in vielen punkten einer eiogeheudereu behand- lung, da sie besonders für die geschiente des finnischen von grossem gewicht ist. Es ist wohl nämlich nicht zu verkenneu, dass das lappische in diesem punkte im allgemeinen auf einer ur- sprünglicheren stufe als das finnische geblieben ist.

Die hiehergehörenden Wörter können in folgende grnppen ver- teilt werden:

1) Fälle, wo im lappischen zwischen den vokaleu der beiden silben ein nasal steht:

f. jää = T., K. ßnn, N. jicnù, E. jiegna, N. F. (Kt., Kr.) jiegya, (Kfj.) ßgya, Lule jëelha, L. & ü.jägtw, Mala jägna, St. jicna,jiegiia, V., F., 0., U., H. jëeùê „eis"; nrlappisch also *jésnna < *jcni, -u; vgl. Büdenz, s. 143; Setälä, s. 230; Qviostad, 8. 198.

f. luo-da = T. lorini-, Lule lofânit, h. à Ö. lognet, St. Inlnit, V., F. Awftnsl, 0. Autfnet, U. Auttfnb, H. Autfnio „erheben"; urlap- pisch * luuni--; vgl. Setälä, a. a. o., s. 231. In neuerer zeit noch- mals entlehnt, vgl. unten 7).

f. myö-hä = T. matnne „das hintere", K., N., A. manna „nachher, nach", E. (Lönnrot) manja „wieder, zurück", (Andelin) matjga, matjgas „nach", N. F. matjrja, mat^e, maqqjc, dial, mimtje, Lule maiïnëe- „hinter-", L. & Ö. kompar. mangel, M. mahge-, St. mithk-, miniiie-, V., F., 0., U., H. minnes- „hinter"-; urlappisch *mivuc < *minü; vgl. Budenz, MUgSz., s. G33; Setälä, a. a. o., s. 231.

f. pii T. päinnc, K., N., A. pfunn, E. (Lönnrot) päädne, (Andklin) pääne, N. F. bädne, gen. bdnë, Lille pàltnës, L. & Ö. pane. Mala pane, padne, St. panic, V., F., U. mnës, 0. BMâ«ëf, H. Bânèe „zahn" ; urlappisch * panne < *pänä; vgl. Budenz, MUgSz., s. 525 ; Setälä, a. a. o., s. 231; Qvigstad, s. 103.

f. pää, vgl. N. F. bag tie, bagtjje, badnjc, bajem, bagjem „der dickeste, dem köpfe am nächsten sitzende teil von dem geweihe des renntieres"; vgl. unten 2) und 3).

f. saada (Lönnrot e) „anfangen; kommen"; estn. sünta „be- kommen; gelangen wohin, werden" = T. soanùa-, K. soannc- „ein-

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treten", N. F. suogtjat, snodnjat „hineiuschleichen", Lille sùôkknat, L. & Ö. suognet „hineingehen" und T. cûitnî-, KL. fgnne- „unter- tauchen", T. caiilc-, K. cgnle-, N. canle-, A. cannelé- „hineingehen", E. (Andelin) carjgaled „tauchen", N. F. cagtjat, dial, öädnat „schlei- chen, (kleider) anziehen", Lule fSäkknat „eintreten, hineingehen, (ein kleid) anziehen". L. & Ö. tjagnet, Mala öagne-, cane-, St. câtïct, cägnet, V., F. ftüntt, 0., U., H. fSnemo „hineingehen"; urlappisch *suönna- *èânna- <T *soni- (-u) ~ *öäni' (-u; *Öä-); vgl. Bu- DENZ, MUgSz., s. 272: mordwM. saje-, E. sa- „kommen"; tscher. su-, So- „pervenire. assequi" etc.; er vergleicht auch hiermit f. suunta.

f. suo = N. F. suogtjo, suodnjo „sumpf, morast, wo das gras wächst, welches man zu schuhheu verweudet"; vgl. Budenz, s 222; Setälä, s. 231.

f. suoda, vgl? T. sîennh „freien, werben" f N. F. soagyo, dial. suöbmo, gen. suöbmoha „freierei", dial, suogyodct, suöbniohet „freien", Lule suöggim „verlobungsschmaus-, suöggnoatit ..freien", L. & Ö. sogno, suogno, sognom „freierei", sognot, sognotct, suognotet, sugnct „freien", Mala sogno „freierei", sognote- „freien", St. sugnuo, suonuo „das freien, die brautwerbung", sogncdvt, sögnodlH, socUoft't, s&gnofPt, sö*iwtH „freien", V. $öenu>£, F., 0., Sk. sösnüo plur. „verlobungs- schmaus", V., F., 0., Sk. sönsdit „freien"; urlapp. *suoimu> < *sonw (•nii-?); vgl. Setälä, s. 231; vgl. unten 4).

f. sää = T. Sann, K., N. Senn wetter"; vgl. Setälä, s. 230.

In diesen Wörtern ist, wie Setälä in der citierten abhandlung bewiesen hat, das lappische Jiuf einer ursprünglicheren stufe als das finnische geblieben. Wegfall von nasal ist jedoclt uicht nur in (jetzigen) einsilbigen Wörtern vorgegangen, sondern auch iu der ersten silbe von mehrsilbigen Wörtern, wie in dem von Setälä, s. 231. erwähnten Worte hiiri = Lule Snlrrä etc. „maus". Audere solche beispiele sind:

f. siintää „skymta. synas otydligt, oredigt, pu afstand; synas bla, blàna", neben f. sininen; vgl. Anderson, Wandl., s. 12G.

f. syyhy, syyhä „kliande, klada, fingerklâda, skabb", neben N. F. säij'i$f gen. sägyäSa, Lule säitüfs, gen. sänäfSa, L. & Ö. sagnas, Mala sagncte- („jucken"), südlapp. (Fkiis: Sv.) sidnja$ „das jucken", V., F., 0. siMnedit „jucken'' ; vgl. Anderson, Wandl., s. 118.

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f. riihi, das mag. Yrjö Wichmann iu Suomen Museo, Helsing- fors 1895, s. 91 f., mit syrj. riniS, rimië id. zusammenstellt.

2) Fälle, wo das lappische zwischen den beiden vokalen einen nasal mit folgendem homorganen verschlusslaute hat:

f. maa neben mantu = A. mant, gen. mand, illat, mantu, N. matt, gen. mädd „laud, erde", N. F. maddc „der innerste teil des festen landes, Süden", maddo „herkuuft, geschlecht", Lule màddàt. L. & Ö. maddo „geschlecht, Ursprung"; urlapp. *màndë < *mhndä; *màndâ>. Hierzu muss auch geführt werden: T. mant, gen. -Üge, K. mant, -tey, A. mant, -toy „wurzelende eines baumes", N. F. mädda, geu. maddaga „stamm, der unterste teil eines baumes, wurzel, ge- weih eines renntieres, fuss eines berges", Lule mütta, gen. maddaka „stamm, hornwurzel", L. & Ö. madd, madda, maddek „stamm, wurzel, geschlecht", V., F., 0., U., H. màttags „der boden an der wurzel eines baumes", V., F. màtt-kcfêee „unterer teil eines baumes" ; urlapp. *màndage < *mandcga. Hierzu vielleicht auch f. manner = T. mandlr, gen. -ntM „das feste land", wozu wohl auch die folgenden formen zu führen sind: T. mânalr-aMc „grossmutter des vaters oder der mutter", N. F. in zsmns. maddar- „stamm, herkunft", Lule màddara plur. „vorfahren", L. & Ö. madder „herkunft; horizont", Mala madder-ahka „urgrossmutter", V., F. màtter-àjjâ, 0., U., H. màttar-àjja „urgrossvater"; urlapp. *màndara < * màndere. Vgl. auch unten 7).

f. Wimm = T. nuimpe, K. nu{mp, N. nwpp, A. nump, E. nulle, N. F. nulle, dial, niblc, Lule nullëe, Arj. mullë, L. & Ö. mubbc, boreal, nulle, Mala mullc, St. muppie, muppie, V. muppës, F. muippëe, 0. muppës, muppës, U., H. nuppës „der zweite, andere"; urlapp. *mumlë < *mumlä; das m ist in vielen dialekten durch dissimilation in n übergegangen. Büdknz, s. 604; Qvigstad, s. 209.

f. pyy = N. F. laggoi, Lille pâkkœj, gen. päggu, südöstl. G. pökkaj, gen. pöggw, L. & Ö. paggo, boreal, pâggo „haselhuhn"; urlapp. *päfigu - - < *pingu - -.

f. pää (neben päitset), vgl. P? K. päiük-scama, N. patkk-seam „kiun- oder Vollbart", X. paikk, N. F. lägge, Lule pafâës, L. & Ö. pagge, V., F., U., H. BàMës, 0. BuaMës „halfter"; urlapp. *pàngê < *pàùyû; mit dem lappischen worte ist indessen f. panka vöUig

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ideutisch. Vgl. 1) und 3). Vgl. Budknz, MUgSz , s. 504: uug. fek „halfter".

f. suu = T. cont, gen. -tige, K. cont, gen. -tey, N. öodd, gen. cotioy, E. cuud, N. F. cocfcfa, gen. coddaga, dial, cocfrte, Lule /"SoMo, gen. fêoddoka, L. & Ö. (/<Wc7, fcVWcfeifc, tfdcftdfc, </uw> Mala tet-a, V., F., 0., U., H. /Sfuggc „Speiseröhre, Schlund"; urlapp. *cundayc < *cundega; die formen (/'mw, cmw?o, ßfuM«« geheu auf ein urlapp. *cuuyi (-u) zurück, welches also der finnischen form näher steht; es würde einem finnischen *suvi oder *suvu entsprechen. Budknz, MUgSz., s. 266; Anderson, Waudl., s. 13; auch in anderen sprachen findet man formen mit nt (> d, t): wogul. sunt, ung. ssdd „mün- dung% ostj. tut, lut „mund". Hieher muss auch das wort T. slvtc, K. suffit, X. suvt, N. F. suävdde, Lule suouHës, L. & Ü. suoivde „die kiemen eines fisches" gehören; urlapp. *suöu>de < *soudä = urfiuu. *souta, * sauta.

f. viedä, vgl. T., K. a<ntc-, A. einte-, N. üttc-, 1 p. pnes. ûôam, 3 p. otiW, E. added, X. F. âddôt, Lille vàddët, Arj. vaddct vitt'i „er gab*, vgl. oben s. 262), L. & Ö. waddet, boreal, arfr/cf, Mala vadde-, St. ugttct, tvâltet, wottet, V., F. vâttet, 0-, U., H. „geben"; urlapp. *vândê- < *wwtf«-. Dieses wort ist im allgemei- nen, vgl. z. b. Budenz, MUgSz., s. 716, mit f. antaa zusammen- gestellt worden; dass dies indessen nicht richtig sein kann, hat schon Halâsz. Hunfalvy-album, s. 102, dargelegt Das kurze lappische ä geht nämlich auf einen palatalen vokal zurück, den man im f. antaa nicht wiederfindet; f. antaa ist vielmehr = lapp. vuövddct etc. „ver- kaufen", dessen -vdd- auf ein -md- zurückgeht. Übrigeus ist die bedeutung „geben" noch in einer nicht sehr fernen vorzeit diesem worte zugekommen; in dem oben s. 48 erwähnten gesangbuche von Nicolaus Andrea:, Stockholm 1619, ist sie nämlich noch bewahrt, z. b.: PAter serrit tdon vraijnis PerJcil, ia icobdc ailes wony sijas" = fliehe weg, du unreiner teufel, und gib dem Heiligen Geiste platz! Es scheint mir dann nicht unwahrscheinlich, dass es mit f. viedä zusam- menzustellen ist; in den dialekten, die in neuerer zeit dem unmittel- baren einfluss des finnischen unterworfen gewesen sind, ist dann das anlauteude v durch den einfluss des f. antaa weggefallen. Wie man aber in diesem falle erklären soll, dass f. viedä andererseits ganz

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sicher mit T. vïkki- etc. zusammenhängt (vgl. unten 5), sehe ich nicht ein. Der von Hudenz, s. 588, gemachte vergleich von f. vicdä mit lapp. vieggat etc. „holen" scheint mir weniger glücklich.

f. vyö = X. F. vuodda, gen. vuoddaya, Lille vùotta, gen. vubd- daka, L. & Ö. wuoddck, icuodda, V. rwöV/, plur. vuöttak, F. vuöitage. 0. nuöttaffs, IL, H. ijuöttff/e „schuhbaud"; urlapp. *vu'6nda(jc < *fom- rfty/a. Diese Zusammenstellung scheint mir besser als die von Thom- skn, Einfl., s. 181, vorgeschlagene- f. üamie (< got. uandus, um. * ivandus, an. r«»f/r) = X. F. vuodda, wo die bedeutungsditferenz, wie er auch selbst hervorhebt, allzu gross ist. Hudenz, MUgSz., s. 862, stellt f. ryö mit X. F. am*, Lule arr<?« etc. ngürtel" zusam- men, was jedoch kaum möglich sein kann (urlapp. *ävvt < *ivü). Auch das ebenda angeführte syrj. tön, von „gürtel, gurt, biude" zeigt einen nasal.

Wie das wort f. suu ohne zweifei mit X. F. suövdde zusammen- zustellen ist, muss auch f. hjy gewiss mit dem folgenden worte zu- sammengehören: K., A. khvt, hat, E. (Lönnhot) hwvtc, (Andelin) kuovdde, X. F. guow'dë, 0. otuöuike, U., H. ouwudëe „schlänge" ; urlapp. *kuüu'dl <C *koudü; dieses würde einem ehemaligen fin- nischen *kouta oder *kauta entsprechen. Hudenz, MUgSz.. s. 30; Donner, Vgl. Wtb., n:o 79; Qvwstad. Beitr.. s. 100.

Wir haben also bei diesen Wörtern im lappischen gewisser- massen drei entwickelungsstufeu zu verzeichnen:

1) nasal -f hoinorg. verschlusslaut + vokal (-}- in einigen Wörtern noch eine dritte silbe);

2) n + verschlusslaut -f vokal; und

3) n 4- vokal.

In lappischer zeit können diese verschiedenen stufen jedoch nicht entwickelt sein, da sie solche lautgesetze voraussetzen, die man we- nigstens bisher nicht im lappischen vorgefunden hat. Die frage dürfte also nicht anders gelöst werden denn so. dass die drei stufen drei verschiedene entwickeluugsphasen im finnischen abspiegeln; hierbei dürfte wohl 1) die älteste und 3) die jüugste stufe sein.

3) Fälle, wo das lappische zwischen den beiden vokalen ein

j hat:

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f. hää(t) E. hääjah, hœjali, X. F. hœgja, gewöhn), plur. hœjak, Lule hädda, L. & O. fiäje, St. /«V/a, /ttgdf, /«V/>, V., F., 0. hëeje, U., H. hfdsje „hochzeit"; urlapp. *häjja < *häji (oder */n2/m, */tä --). Da das wort in allen dialekten bekanut ist, dürfte es wohl in ur- lappischer zeit entlehnt sein; das Ä-deutet inzwischen auf verhältnis- mässig junge entlehuung. Qvigstad, Beitr., s. 195.

f. pää = T. pijje, pijje, K. pajj „das obere", E. pajjel, pajel „auf, obenauf" etc., N. F. bâgjc-, Lule pachtet-, L. & Ö. paijc-, Mala paijc- „oben befindlich", St. pijjenc, pijjine, jLèjjcne, pejjene, j)ejjine „oben", V., F., 0., IL, H. Biyce- „oben befindlich"; urlapp. ^ pijjê < *pijä; vgl. lüermit oben 1) und 2). Wenn diese anderen vergleichungen richtig sind, dürfte wohl urlapp. *pijä eine Zwischenstufe zwischen f. pää und den finnischen grundformen zu N. F. bagije und bàggè repräsentieren. Oder sind hier zwei ganz verschiedene Wörter ver- treten, f. pää in päällä, päältä, päälle = X. F. bâgje und f. pää „köpf" = N. F. bagije oder bägge, wie ich in meiner Chrestomathie, s. 58, vermutet habe? Qvigstad, Beitr., s. 163.

f. työ = T. tljje, K. tüjj, X. tuojj, A. tuj, Pasvik duej, E. (Lönn- rot) tuöji, (Castrkn) tyôjje, (Andklin) työjc, X. F. duögje, (Qvig- stad, NL) duödde, duöjje, Lule tuöddee, L. & O. tuoje, Mala toije „arbeit, handarbeit"; urlapp. *tuöjje < *tojä (oder *töjä). Dieses wort ist bekanntlich germanischen Ursprungs und hängt mit dem gotischen taui, gen. töjis „werk" zusammen; vgl. Thomsen, Einfl., s. 93 f. Die lappische form scheint nicht direkt aus dem urnor- dischen entlehnt sein zu können (besonders da das wort in einer dem got. taui genau entsprechenden form dort unbelegt ist), sondern erst aus dem finnischen hineingekommen zu sein, in welchem falle sie in diesem exkurse ihren platz behauptet.

f. = T. jijj, K. èjj, ijj „nacht", K., X. Inn, in, A. tan in „in dieser nacht" (und mit aus solchen formen in den stamm hinein- gekommenem n: A. kosk innoist „zur mitternacht"), E. ijja, ija, X. F. n/ja, gen. Ija, Lule idda, L. & Ö. ija, Malâ ijja, St. jijje, fijje, jèjje, V., F., 0., U., H. jijjs „nacht"; urlapp. *ijja < *iji (oder *(/«)• Büdexz, MUgSz., s. 772; Qvigstad, Beitr., s. 19G. Auch in sehr vielen von den ferneren schwestersprachen findet mau hier ein /; mordw. ve, vej, veä, syrj. voj, oj, wotj. uj, üj, uug. éj.

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ostfiun. myö; työ; hyö „wir, ihr, sie" = T., K., N., A. mij; tij; sij, E. mii, miiji; tii, tiiji; sii, siiji, N. F. mi; di; si, Of., Ib. min; din, di; det, si, Lule ml, midda; tl, tidda; sî, sidda, L. & Ö., Malâ mije; tije; sije, St. mije\ mijje\ mie, mijeh, mijjeh, mejih, mèjjeh, mèjjc* ; tijc\ tijeh, tijje\ tijjeh, tejje\ tejih, ièjjë; sije\ sijeh, sijje\ sijjeh, sèjje\ sejje\ V. mijjcb; vijjäo; sijjäo; O. mijj&, mijjäo; mjjso, mjjäo; sijjej, sijjäo, U., H. mäjjäo; mjjäo; säjjäo „wir, ihr, sie". Diese formen sind einander so unähnlich, dass man darauf verzichten muss eine urlappische grundform zu konstruieren; die grosse ähnlichkeit mit dem vorhergehenden worte ist indessen nicht zu verkennen. Mau muss also schliessen, dass die eigentümlichen ostfinnischen pluralfor- men der persönlichen pronomina durch eine eben solche zusammen- ziehung entstanden sind wie yö. Die estnischen formen mcie, icie neben me, te sind vielleicht hier bemerkenswert. Von diesen Wörtern vgl. auch Sktälä, YSÄH, s. 219 f.

4) Fälle, wo im lappischen zwischen den beiden vokalen ein v steht:

f- vgl. X. F. suôivvë „gemisch von wasser und schnee", Lule suovien „ist schneeig", L. & Ö. suewc „schnee"; die von Qvigstad, Beitr., s. 221, gemachte vergleichuug mit f. supu etc. scheint mir ganz unmöglich. Vgl. Budknz, MügSz., s. 13(i; An- derson, Wandlungen, s. 18.

estn. pooma „aufhängen, henken ; intr. hängen" = T. ptuwc- „erdrosseln", X. F. buvvit „ersticken, intr.". Lule pitßßet, L. & Ö. puivct, Mala puvvc- „erwürgen", St. pûivêt, pûuuèt, -wit, V. Btußßet, F. mußßct, 0., U., H. BtußßiD „töten" = bilabiales v) ; urlapp. *puvve- < *puvä-. Büdenz, MUgSz., s. 527 ff.; Setälä, Festskr. til V. Thoinseu, s. 231. Auch im mordwinischen findet man hier v (neben %): ersa povams „erwürgen, ersticken, erhängen" neben poiitjoms „hineingeraten, hängen bleiben, stecken bleiben".

f. suoda, estn. sönima = E. (Lönnrot) suowed, (Andelin) suavvad, N. F. suowvat, Lule suövvat „gönnen, erlauben" neben X. F. säicvat, Lule sävvat, L. & Ö. sawat, sawet, Malâ säva- „wün- schen"; urlapp. *saövva-, *säwa- < *sovi- ,*savi- (oder *sövi-, *sävi-, *-vu-). Vgl. 1). Das v ist vielleicht eine Zwischenstufe zwischen

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dem nasale und der abwesenheit eines konsonantischen dementes. Vgl. oben s. 145 f. Qviostad, Beitr., s. 221.

5) Fälle, wo das lappische zwischen den vokalen ein k hat:

f. juoda = T. jukkt-, K. jukke~, N. juhke-, A. jukke-, E. (Lönn- rot) juuhiïd, (àxdelin) juuhäd, N. F. jïikkat, Luîe juokat, L. & Ö. jukket, Malâ juhke-, St.' jîiuket, jûukgt, jûuJiket, joukut, V. juket, F. jüokst, 0. jükat, U., H. jû*kû> „trinken"; urlapp. *jûbka- < *jûki~ (oder *~ku-). Budenz, MUgSz., s. 826; Qviostad, Beitr., s. 198.

f. myydä = T. mikki- (ie), K. mikke-, N. miehke-, A. mikke- „ver- kaufen", vgl. unten 7).

f. s ou- taa = T. sukkî-, K. suJcke-, N. stthke-, E. suhhad, N. F. .i uhkat, Lule suokat, L. & Ö. sokket, Mala sühke-, sühka-, St. sühkgt. süuhk$t, süuket, süket, V. ämä:«£, F. sinket, 0. stite/, IL, H. s«fÄ<J „rudern"; urlapp. *söÄ&a- < (oder *-fcu-). Auch die ablei-

tung soutaa findet man im lappischen in der form N. F. suvddet, Lule sûtët etc. „mit boot transportieren" wieder; urlapp. also *sùdë- < *$üdä-, d. h. *sü~dä-; in diesem *sü- will man eine etwas ur- sprünglichere stufe als das jetzige finnische sou- suchen. Anderson, Wandl. s. 37.

f. täi = T. tihkc, K., N. tehk, E. tikke, N. F. dikkë, Lule ttiMes, L. & Ö. <iAÄc, Malâ tàAfo, V., F., O., U., H. vioxket „laus"; urlapp. *tihkkè < *tikkâ. Büdenz, MUgSz., s. 214; Qviostad, Beitr., s. 173. Auch im ostjakischen findet man hier einen noch bewahrten verschlusslaut: S. tagutem neben Irt. teudem, adj. B. tevtmhl.

f. viedä = T. vMl-, K. ritte-, N. vihke-, A. impf. vlkkiS „führen", vgl. oben 2).

6) Fälle, wo im finnischen nur der vokal der zweiten silbe weggefallen zu sein scheint; der vor demselben stehende konsonant ist in diesem falle ein j oder v gewesen, der dann mit dem vokale der ersten silbe einen diphthong (oder bisweilen langen vokal) ge- bildet hat.

[f. käydä, aber schon praet kävin von einem stamme käve- = E. (Lönnrot) kœœvvatcd, (Andelin) kœvatted, kœvtted „gebrauchen, anwenden", N. F. gàwvat, Lule Räwat „gelingen, gehen"; urlapp. *küvva- < *kävi-; da dieses wort jedoch nur in den nördlicheren dia- lekten vorkommt, ist es vielleicht erst in neuerer zeit entlehnt worden ]

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f. soida = E. cuojem, cuajem „melodie", (soaitted „spielen" <C f. soittaa), N. F. cuogjat, Lille fsUöddai, L. & Ö. tjuojet, V., F. fSuïo- jet, O., U., H. fêmbjio „lauten, töuen"; urlapp. *cuöjja' < *coji- (oder *cö--). Budenz, MUgSz., s. 302; Qvigstad, Beitr.,

s. 224.

f. uida, wot. ujun, estn. «;mm, ujuma = T. rîj/î-, K. rüjje-, X. vuojje-, E. vuojad, X. F. vuogjat, Lule vàoddat, L. & O. uuojet, u-uäjet, Malà foye-, St. wuojct, icugjctt vüojet, V., F. vuöjst, vuôjedit, O., U., H. mwjsdit „schwimmen"; urlapp. *vuöjja- < *(v)ojw [oder *(v)oji-, *fr;ö--]. Budknz, MUgSz., s. 8C8; Qvigstad. Beitr. s. 228.

f. t>iï-fcw = T. roj/î-, K., N. rçj/e-, N. voj/e-, N. F. vagjat, dial, fliycf, Lule vàddat, L. & 0. «a/ye/ „zuschneiden", Mala vaijo-ceppe „Schneider", V. ryjcf, F., O. t'yjW? U., H. r/j/Va „zuschneiden"; urlapp. *r(i/a* < *ry7-. Gehört vielleicht eher unter 3) oben. Bu- denz, MUgSz., s. 848.

f. voi = T. viii, K. n<j/, N. vuojj, A. vk/, E. vuoja, (Castrkx) vuojja, N. F. vuogja, Lule vùodda, L. & 0. fro;, ?ct<oja, Mala to>/>, voija, St. icuoja, tvuojc, uueje, uüojc, icüeje, V., F. tt/o/f, O., Sk., U., H. mmö/« im allgem. „fett, butter"; urlapp. *vuöjja <* ro/7 (oder *to/w, *vö--). Budknz. MUgSz., s. 557; Qvigstad, Beitr. s. 228.

f. voida T. vlqjjc-, K. uejje-, N., A. vajjc-, X. vojjc-, E. vaajcd, N. F. vwffjet, Lule vèddët, L. & Ö. ire/c/. Mala mj'c-, V., F. O. rëejtf, U., H. f/ôe/w „vermögen, können"; die urlappische grund- form ist hier schwierig anzusetzen, da die verschiedenen dialekte verschiedene vokale zeigen; nur die formen in T., K., N. hängen mit der finnischen form unmittelbar zusammen. Budkxz, MUgSz., s. 589 f.; Qvigstad, Beitr., s. 230.

7) In jüngerer zeit entlehnte Wörter:

f. luoda = E. Juod, K. F. htovvat „erschaffeu", vgl. oben 1).

f. maa = N. F. „laud". f. maakunta = E. maalcoddc „land- schaft", N. F. magodde „menschenschaar". f. maan-tic = E. maadii, X. F. mädtgja, mädi, Lule (G.) mätedda „laudstrasse". f. maahan- paniaiset = N. F. mübädnijai „geld, welches der prediger für die beerdigung bekommt"; vgl. oben 2). Qvigstad, Beitr., s. 203.

f. myydä, myödä, myö-ntää, vgl. Lule mivvat, L. à 0. miviret, miivet, Mala mivvc- „seine einwilligung geben; wollen".

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:m

f. syy = E. sttja, suoja, X. F. (Kr.) sügja, nebeii N. F. siwva, Lule (G.) siwa „Ursache, schuld"; beide formen sind wohl sehr jung und repräsentieren versuche den im lappischen nicht bekannten y-laut wiederzugeben; man muss jedoch bemerken, dass f. yy in einigen Wörtern aus iu entstanden ist. vgl. oben s. 299. Anderson, Wand!., s. 30; Qvigstad, Beitr., s. 218 f.

f. tie, vgl. oben f. maantie.

f. koi = K. kiloa, kuejx, E.\koabjo „motte" ist ein dunkles wort. Im estnischen heisst es wie im finnischen koi, dial, kohi, im wepsi- schen koja, kojch, ersamordw. ki. Vgl. Donner, Vgl. Wtb., n:o 34.

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KLUoBTJM BSDUS PAI SNIN PO.

EINE VEßKÜBZTE VEBSION DES WERKES VON DEN HUNDERTTAUSEND NÂGA'S.

EIN BEITRAG

ZUR

KENNTNIS DER TIBETISCHEN VOLKSRELIGION

VON

D" BERTHOLD LAUFER.

EINLEITUNG, TEXT, ÜBERSETZUNG UND GLOSSAR.

Suomalais- ugrilaisen seuran toimituksia. XI. Mémoires de la 8ociété Finno-Ougrienne. XI.

HELSINGFORS,

SOCIÉTÉ FINNO-OUGEIENNE.

1898.

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BERLIN, BUCHDRÜCKEREI GEBR. UNGER.

ms.

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Vorwort.

Am 29. Mai 18V>1 starb zu Le in Ladâkh als ein Opfer seines Berufes und seiner edlen Menschlichkeit der im Dienst der pro- testantischen Mission stehende Arzt Dr. Karl Marx im Alter von 34 Jahren. In dem Hingang dieses hochbegabten Mannes hat die tibetische Philologie einen tief schmerzlichen Verlust zu beklagen, der sich im Hinblick auf seine vortrefflichen, der Geschichte von Ladâkh gewidmeten Arbeiten, im Gedanken au das, was er bei längerer Lebensdauer noch hätte leisten können, nur um so em- pfindlicher fahlbar macht. Marx war eine Heinrich Jäschke eongeniale Natur und vereinigte gleich diesem mit der Fähigkeit einer leichten Aneignung der Volkssprache eine glückliche Be- herrschung der Litteratur, vor allem den feinsten philologischen Takt. Durch seine Thätigkeit als Arzt, in der er ungewöhnliche Erfolge zu verzeichnen hatte, kam er mit allen Schichten des Volkes in engere Berührung als dies sonst bei Tibetern möglich ist, und erlangte auf diese Weise Bücher und Handschriften, die andern meist verschlossen bleiben. Wer Sehiefner's Aufsatz „Des Missionars Jäschke Bemühungen um die Erlangung einer Handschrift des Gesaru in den Mélanges asiatiques VI, 1 12, gelesen hat, wird bewundernswert finden, dass es Karl Marx gelungon ist, sich in den Besitz einer Abschrift dieses tibetischen Nationalepos zu setzen und nicht minder dem kühnen Plane einer Übersetzung desselben, mit dem er sich lobhaft beschäftigte, hohe Achtung zollen; wenn

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IV

irgend jemand, so war gewiss er bei seinen umfassenden Kennt- nissen zu dieser schwierigen Aufgabe berufen. Die Geschichte der Wissenschaft wird seinen Namen dauernd in Ehren halten. Der wissenschaftliche Nachlass des seltenen Mannes ist in ineinen Besitz übergegangen, und wenn ich mit jenen Worten der Erinnerung einen Akt der Pietät zu erfüllen glaube, so geschieht es doch nicht minder aus dem Grunde, weil es mii an der Hand der hinterlassenen Manuscripte und Aufzeichnungen besser als andern möglich ist, die Bedeutung seiner segensreichen Thätigkeit vollauf zu würdigen. Und nicht würdiger als dadurch, dass ich die Aufmerksamkeit auf diese lenke, könnte ich die Herausgabe und Übersetzung des vorliegenden Textes bevorworten, welcher dor Sammlung seiner Handschriften ent« stammt. Derselbe ist von der Hand eines Tibeters, der die Abschrift jedenfalls im Auftrage von Marx besorgte, auf europäisches, im Format tibetischer Bücher gehaltenes Papier geschrieben. Der Kopist muss, aus den zahlreichen, oft sinnentstellenden Schreibfehlern zu schliessen, ein ganz ungebildeter Mensch gewesen sein, der vielleicht nicht einmal den Inhalt richtig verstanden hat. Notizen über das Werk haben sich unter Marx' Papieren leider nicht gefunden.

Wenn hier zum ersten Male ein Text in volkstümlicher ein- facher Sprache geboten wird, so mögen dabei billig die Schwierig- keiten berücksichtigt werden, mit denen diese Studien infolge des Mangels an guten grammatischen und vor allein lexikalischen Hilfs- mitteln zu kämpfen haben. Die Wörterbücher haben mich mehr als einmal im Stich gelassen, und es war dann an mir, jenen Wörtern die Maske, unter denen sie sich versteckten, wegzureissen oder ihre Bedeutung zu enträtseln. Lücken sind jedenfalls in der Übersetzung keine geblieben. Nach Vollendung der Arbeit gelangten die ersten Bogen des Wörterbuches von Desgodins nach Europa, das in seiner Art eine vortreffliche, wenn auch nicht, wie Jäschke's Werk, eine grundlegende oder epochemachende Leistung ist; die 58 Bogen, die ich benutzen konnte, ergaben wohl mannigfache Zusätze, boten jedoch für keine Stelle Anlas« zu prinzipiellen Änderungen. Die beigegebenen Erläuterungen sind aus praktischen Gründen, unter denen nicht der letzte war, dass sie zugleich als Vorarbeit zu einer zukünftigen Encyklopädie des lamaistischen Kulturkreises dienen sollen, alphabetisch nach den tibetischen Stichwörtern geordnet.

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V

Einer selbständigen Arbeit sollen die folgenden Punkte, die an dieser Stelle keine Erledigung gefunden haben, vorbehalten bleiben: das Sühngedicht des zweiten Abschnitts inhaltlich und literar- historisch erläutert, religionswissenschaftliche Ergebnisse, endlich Sprache und Metrik des Textes, wie sein Verhältnis zu den übrigen Bonwerken.

Der Société Pinno-Ougrienne sage ich auch an dieser Stelle meinen tiefgefühltesten Dank für die Aufnahme meiner Arbeit in ihren Memoiren und die hohe Liberalität, mit welcher sie die Herstellung derselben in der Druckerei der Gebr. Unger in Berlin gütigst gestattet hat.

Köln, Ende November 1897. Laufer.

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Inhalts -Verzeichnis.

Vorwort III

Verzeichnis der Quellen:

A. Druckschriften (1)

B. Handschriften (6)

Einleitung (9)

Text 1

Graphisches 28

Textkritische» 27

Übersetzung 39

Glossar 59

Näga-Index 109

Nachträge 120

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- (1) -

Verzeichnis der benutzten Quellen.

I. Druckschriften.

Nur vorübergehend citierte Werke und insbesondere Abhandlungen sind hier

nicht namentlich aufgeführt.

IA Indian Antiquary. JASB Journal of the Asiatic Society of Bengal. J HAS - Journal of the Royal Asiatic Society of Great- Britain and Ireland, tib. - tibetisch, mong. - mongolisch. MéL as. - Mélanges asiatiques.

Antonio d* And rad a, Lottere Annue del Tibet del 1626 e della China del 1024. In Roma 1628. (Der Verfasser ist nicht auf dem Titelblatt genannt, wohl aber am Schlüsse des Briefes S. 58.)

F. Andrian, Der Höhencultus asiatischer und europäischer Völker, eine ethnologischo Studie. Wien 1891.

S. Beal, A catena of Buddhist scriptures from tho Chinese. Loud. 1871.

O. Böhtlingk, Uber eine tibetische Übersetzung des Amarakosha, Bulletin de TAcad. de Pot. III No. 14, 209—219.

G. Bonvalot, De Paris au Tonkin à travers le Tibet inconnu. Paris 1892.

H. Bower, Diary of a journey across Tibet. Lond. 1894. BunyiuNanjio, Catalogue of the Chinese translation of the Buddhist

Tripitaka. Oxford 1883. Bunyiu Nanjio, A short history of the twelve Japanese Buddhist

sects. Transi, from the original Jap. Tokyo 1886. E. Burnouf, Introduction à l'histoire du Buddhisme indien. 2. éd.

Paris 1876.

A. Campbell, Itinerary from Phari in Thibet to Lhasa, JASB XVII 1848, 257-276.

B. S. Candra Dâs, Contributions on the religfbn, history etc. of Tibet, JASB L 1881, 187—251.

Tibetan-English Dictionary. Dank der Liebenswürdigkeit des Herrn Direktorialassistenten Prof. Grünwedel in Berlin konnte ich von demselben den Buchstaben k, vor allem den Artikel klu, benutzen.

(t)

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A. Conrady. Eine indochinesische Causativ-Deuominativ- Bildung

und ihr Zusammenhang mit den Tonaccenten. Leipz. 1896. T. T. Cooper, Travels of a pioneer of commerce or an overland

journey from China towards India. Loud. 1871. R. 8. Co pies ton, Buddhism primitive and present in Magadha and

in Ceylon. Loud. 1892. W. Crook e , An introduction to the popular religion and folklore

of northern India. Allahabad 181)4. A. Csoma, Analysis of the bKa--gyur etc. Asiatic Researches XX. Geographical notice of Tibet from native sources, JASB T 122.

Extracts from Tibetan works, JASB III 57.

C. H. Desgodins, Le Thibet d'après la correspondance des mission- naires. 10. éd. Paris 1885.

Dictionuaire thibétain-latin-franrais. Hongkong 1897.

The Dharmasamgraha, an ancient collection of Buddhist technical terms ed. by M. Müller and II. Wenzel. Anecdota Oxonieusia, Ar. Ser. I p. Y. 1S85.

J. Dowson, A classical dictionary of Hindu mythology and religion. Loud. 1S79.

Tli. Duka, Life and works of Alexander Csoma de Körös. Loud. 1885.

Ct. Dumoutier, Les symboles, les emblèmes et les accessoires «lu

culte chez les Annamites. Paris 1891. .1. Edkius, Chinese Buddhism. Loud. 18.S0.

E. J. Eitel, Handbook of Chinese Buddhism. 2. ed. Lond. 1888. L. Peer, Analyse du Kandjour. Annales du Musée Guimet II 1881.

Le Tibet. Le pays, le peuple, la religion. Paris 1<SS6\

Introduction du Buddhisme dans le Kashmir. Journ. As. 1865. 477-541.

.1. Fergusson, Tree and serpent worship. Lond. 187:ï.

•I. F. S. Forbes, Comparative Grammar of the languages of further

India: a fragment. And other essavs. Lond. 1881. Ph. E. Foucaux, Grammaire de la langue tibétaine. Paris 1H5S. K. Gauzenmiil 1er, Tibet. Nach den Resultaten geographischer

Forschung frühewr und neuester Zeit. Stuttgart 187.S. P. Ghosha, The Yiistu Yäga and its bearings upon tree and serpent

worship in India. JASB XXXIX 1870, 101* 2:i2. \Y. Ctill, Tlie river of golden sand. Narrative of a journey through

China and Eastern Tibet to Burmah. With an introduction by

Yule. 2 vols. Lond. 1880.

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- (*) -

A. G rün we del, Notizen zur Ikonographio des Lamaismus. Original- Mittheilungen aus der ethnolog. Abteilung der Köuigl. Museen Berlin 1885/6. S. 38- 45; 103-131.

Buddhistische Kunst in Indien. Herl. 1893.

Kin Kapitel des Ta-se-suù. Sond.-Abdr. a. d. Bastian-Festschrift.. Berl. 1896.

€h. Gutzlaff, Tibet and Sefan Journ. Roy. Geogr. Soc. XX 1851. 191-2-27.

II. Hanion, The folk-songs of Ladak and Baltistan. Transactions of the 9. Internat. Congress of Orientalists. II. Lond. 1893. S. 613- 635.

S. Hardv, A manual of Buddhism. 2 od. Lond. 1880. O. Huth, Geschichte des Buddhismus in der Mongolei. Aus dem Tibetischen des oJigs-med nam-mk'a. II. Strassb. 1896.

Die Inschriften von Tsaghan Haisin. Tib.-mong. Text m. Üb. Lpz. 1894.

II. Jäschke, Romanized Tibetan aud English dictionary. Kyelang 1866.

Handwörterbuch der tibetischen Sprache. Guadau 1871.

A Tibetan-English dictionary. Lond. 1881.

Proben aus dem Legendenbuche, die 100 000 Gesänge des Milaraspa. ZÜMG 23. Bd. 1869, 543—558.

Gaschke-Wenzel, Tibetan Grammar. Lond. 1883.

B. Jiilg, Die Märchen des Siddhi-Kür. Kaltnükischer Text mit deutscher Übersetzung und einem kalm.- deutschen Wörterbuch. Leipz. 1866.

St. Julien, Voyages des pèlerins bouddhistes, vol. II, III.

M. J. Chr. Koch, de cultu serpentiini apud antio,uos. Lips. 1717.

In Thesaurus dissertationum ed. Martini II pars I, Norimbergae

1765.

C. F. Koppen, I. Die Religion des Buddha. Berl. 1857. H. Die lamaische Hierarchie und Kirche. Berl. 1859.

J. E. Kowalewski. Dictionnaire mongol -russe-français. 3 vols. Kasan 1844-49.

E. Kuhn, Über Herkunft und Sprache der transgangetischen Völker. München 1883.

Beiträge zur Sprachonkunde Hinterindiens. Sitzungsberichte der bayr. Akad. 1889, 11*1 236.

Legge, A record of Buddhistic kingdoms being an account by the Chinese monk Fa Hien. Oxford 1886.

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G. R. Littled al e. A journey across Tibet, from north to south, ami west to Ladak. The Geographical Journal VII 1896 No. 5. 453—83.

G. B. Mainwaring, A grammar of the Hong (Lepcha) lauguagt*. Calcutta 1876.

C. Markham, Narratives of the mission of G. Bogle to Tibet ami of the journey of Th. Manning to Lhasa. Lond. 1876.

R. Mitra, The Sanskrit Buddhist Literature of Nepal. Calcutta 1882.

Moorcroft et Hearsay, Voyage au lac Mauasarovar fait en 1812. trad, de l'anglais par Eyries. Nouv. annales des voyages p. p. Eyries et Malte-Brun I 1819, 239—408.

A. Nagele, Der Schlangencultus. Zeitschr. f. Völkerpsychologie u. Sprachw. 17. Bd. 1887, 264-89.

C. P. Neumann, Pilgerfahrten buddhistischer Priester von China nach Indien. Aus dem Chinesischen übersetzt. Zeitschr. f. die historische Theologie her. v. Illgen. Leipz. 1833, III, 2, 144—177.

P. S. Pallas. Sammlungen historischer Nachrichten über die mon- golischen Völkerschaften. 2 Teile. Petersburg 1776 1801.

E. Pander, Das lamaische Pantheon. Zeitschr. f. Ethnologie. 21. Bd. 1889, 44—78.

Pander-Grünwedel, Das Pantheon des Tschangtscha Hutuktu.

Veröffentl. aus dem K. Mus. f. Völkerk. Berl. 1890. Th. Pavie, Quelques observations sur le mythe du serpent chez les

Hindous. Journal Asiatique 5. sér. V 1855, 469 529. C. M. Pley te, Die Schlange im Volksglauben der Indonesier. Globus

65. Bd. 1894, 95—100. (r. N. Po taniii, Ocerki sävero-zanadnoi Mongolii IV. Materiali etno-

grafiéeskie. Pet. 1883. Przewalski, Reisen in Tibet (Deutsche Ausg.) Jeua 1884.

H. Ramsay, Western Tibet: a practical dictionary of the language and customs of the districts included in the Ladâk Wazarat. Lahore 1890.

J. Rehmann, Beschreibung einer tibetanischen Handapotheke.

ein Beitrag zur Kenntnis der Arzneikunde Asiens. Petersburg.

gedruckt bei F. Drechsler 181 11). \V. W. Rockhill, Le traité de l'émancipation ou Pratimoksha-sùtra

1) Dieses höchst wertvolle Buch ist leider völlig in Vergessenheit geraten; ausser in Cordier's Bibliotheca sinica II 1372 habe ich dasselbe nirgends citiert gefunden.

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trad, du tib. Revue de l'hist. des religions IX 1884, 3 26, 167-201.

Tibet. A geographical, ethnographical and historical sketch derived from Chinese sources. JRAS 1891, 1—134, 188—291.

- The land of the lamas. Lond. 1891.

Diary of a journey through Mongolia and Tibet. Washington 1894.

Notes on the ethnology of Tibet. From the report of the U. 8. National Museum for 1893. p. 665—747. Wash. 1895.

0. Roero dei Marchesi di Cortanze, Ricordi dei viaggi al Cashemir, Piccolo e Medio Thibet e Turkestan. 3 vols. Torino 1881.

Or. Sandberg, Handbook of colloquial Tibetan. A practical guide to the language of Central Tibet. Calcutta 1894.

R. Saunders, Nachrichten von den Erzeugnissen des Pflanzen- und Mineralreichs in Boutan u. Tibet, üb. in Sprengel u. Forster, Neue Beiträge z. Völker- u. Länderkunde. 3. Teil. Lpz. 1790.

A. Schiefner, Eine tibetische Lebensbeschreibung Çâkyamuni's. Pet. 1849.

Tibetische Studien I-III, Mél. as. I 324-394, Tib. Stud. IV, Mél. as. V 178-194.

Buddhistische Triglotte d. h. Sanskrit-Tibetisch-Mongolisches Wörterverzeichnis. Pet. 1859.

Über Vasubandhu's Gâthâsanigraha. Mél. as. VIII 559 593.

Über das Bonpo-Sùtra : „Das weisse Nàga- Hunderttausend". Mémoires de VAcad. de Pét. XXVIII No. 1.

E. Schlagintweit, Le Bouddhisme au Tibet trad. Milloué. Annales du Musée Guimet III 1881.

Die Könige von Tibet. Abhandl. d. bayr. Akad. X. Bd. 3. Abt.

Die Berechnuug der Lehre. Eine Streitschr. z. Berichtigung der buddh. Chronologie v. Surceamatibhadra. Abh. bayr. Ak. XX. Bd. 3. Abt. 1896.

1. J. Schmidt, Geschichte der Ost-Mongolen und ihres Fürsten- hauses, verfasst von Sanang Setsen. Pet. 1829.

Mongolisch-deutsch-russisches Wörterbuch. Pet. 1835.

Der Index des Kaudjur. Pet. 1845.

Die Thaten Bogda Gesser Chan's, eine ostasiatische Heldensage, Pet. 1839.

E. S en art, Essai sur la légende du Buddha, son caractère et ses origines. 2. éd. Paris 1882.

B. Széchenyi, Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Reise des

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- («) -

(.trafen . . in Ostasien 1H78 18MO. I. Band. Die Beobachtungen während der Reise. Wien 1*93.

Târanàtha II, (îeschichte des Buddhismus in Indien. Aus dem Tib. übers, v. Schiefner. Pet. 181»«.).

S. Turner, An account of an embassy to the court of the Teshoc Lama in Tibet. Loud. 1801 »).

M. Winternitz, Der Sarpabali, ein altindischer Schlangeukult. Mit- teilungen der anthrop. Gesellsch. Wien. 18. Bd. 1888, '2b— b'2. •2;,0-264.

L. A. Waddell, Demonolatry in Sikhim 1 imaisin. IA XXIII 197- *J1 H.

The Indian Buddhist cult of Avalokita. JHAS 1894. 51 -8î». A trilingual list of Niiga Riljus, from the Tibetan. JBAS 1 8V»4.

91—102.

~ The Buddhism of Tibet or Lamaisin. Lond. 1895. W. Wassiljew, Der Buddhismus 1. Pet. 18(50.

Geograrija Tibeta j>ere\vod iz tibetskago socinenija Mitic/ul- Ohutuktv. Petersb. (Akad.) 1895.

Weber-Huth, Das buddhistische Siïtra der „Acht Erscheinungen

ZDM(i XLV, 577-91. II. Wenzel, Suhrllekha. Brief des Xàgârjuua an König Udayana.

Lpz. 18S(i.

A. Wilson, The abode of suony. Observations on a journey from

Chinese Tibet to the Indian Caucasus, through the upper valleys

of the Himalaya. Edinburgh and Lond. 1875. II. II. Wilson, Travels in the Himalayan provinces of Hindustan

and the Punjab, in Ladakh and Kashmir etc. from 1819 to IN'Jj.

2 vols. Lond. 1841. X. Witsen, Noord en Oost Tartaryeu. Amsterdam 1785 (2. Druck). H. Yule, The book of Ser Marco Polo. 2. ed. Lond. 1*75.

II. Handschriften (bezw. Holzdrucke).

1. Bonpo-sùtra: /Tsaù-ma klu Jm m dkar-po bon rin po ce cp'rul dag bden-pa t'eg-pa c en-poi m do d. i. der Text des von Schiefner übersetzten Bonpo-sùtra's, den mir W. W. Rockhill in Wa- shington aus seiuer wertvollen Sammlung tibetischer Bücher in

1) Mir stand nur die deutsche in Hauiburg erschienene Übersetzung zur Ver- fügung, die den Titel bat: Gcsandtschaftsreise an den Hof des Teshuo-Lania vun Tibet 1801.

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liebenswürdigster Meise zur Verfügung gestellt hat. Sodann hatte ich (Gelegenheit, mit diesem Holzdruck Schiefner's eigen- händige Copie des Petersburger Exemplars zu vergleichen, die mir Herr Prof. W. Grube freundlichst zur Benutzung überlassen hat. •2. Lond(oner) Bonfr(agmeute) aus einem Klu 0bum dkar-po im Besitz der Royal Asiatic Society; s. Wenzel .IRAS 1K93. 57*2.

3. Münch(ener) Cod(ices), eine Sammlung meist volkstümlicher Texte, s. Verzeichnis der orientalischen Handschriften der K. Hof- u. Staatsbibliothek zu München. Mit Ausschluss der hebr., arab. u. pers. 1875, S. 14S cod. or. mixt. 102 u. 10:ï; E. Schlagint- weit. Die tibetischen Handschriften der K. Hof- u. Staatsbiblio- thek zu München, Sitzungsber. d. bayr. Ak. 1875, 71 ff.

4. Oxf(order) Bon-Ms. betitelt: Sa-bdag klu ;nan gyi byad grol b/ugs-so. S fol. Vorgl. Tibetan Manuscripts, Schlagintweit- Collection No. 52. Der Universität und Bibliotheksverwaltung von Oxford bin ich für die hohe Liberalität, mit der sie mir diese wertvolle Handschrift übersandt haben, zu aufrichtigstem Danke verpflichtet.

5. Vyutp(atti) nach bsTan-cgyur, inDo vol. 123. des Asiatischen Museums zu Petersburg; s. Bull, de TAc. de Pet. IV 280; Huth, Verzeichnis der im tib. Tanjur, Abt. mDo. Bd. 117 124 ent- haltenen Werke. Sitzungsber. Berl. Akad. 18!>5 p. 275 (11) Nr. 29; Waddell, Buddhism lf>5; Du k a '207 ff.; Zachariae, Die indischen Wörterbücher (Grundriss der indo-ar. Phil.) S. 39.

6. Zam(atog) nach einer Copie Wenzel's aus der Bibliothek der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft in Halle.

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Einleitung.

Es kann nicht im Rahmen einer kurzen Einleitung liegen, eine vollständige Übersicht über das zu geben, was uns bisher von der nationalen Religion des tibetischen Volkes, der sogenannten Bon-Religion, bekannt geworden ist. Ein solcher Versuch ist zudem noch gar nicht an der Zeit: was wir vom Inhalt dieses religiösen Vorstellungskreises wissen, ist so unklar, so unbestimmt, so ver- schwommen, die Quellen, aus denen wir schöpfen, meist secundären Ursprungs, sind so trüb, in vielen Fällen so unzuverlässig, dass es jetzt ein vergebliches Unterfangen wäre, auch nur eine fluchtige Skizze davon zu entwerfen, die der Kritik standhalten könnte. Der Hauptmangel ruht darin, dass uns die heiligen Bücher dieser (Hnubensgenossenschaft, so vor allem die Be-0bum genannte Samm- lung1), bis zu dieser Stunde noch verschlossen sind, dass wir uns im übrigen an die abgerissenen und dürftigen Notizen von Reisenden oder an die oft geuug oberflächlichen Bemerkungen von Missionaren lullten müssen, die da ihren Mund versiegeln, wo wir gern zu er- kennen anfangen möchten. Hier zeigt sich der traurige Zustand in der Erforschung Tibet's, wie ihn schon Richthofen*) mit be- gründetem Pessimismus gemalt hat, in seinem grellsten Lichte. Mögen die von Candra Diis aus tibetisch-lamaistischen Quellen gespendeten Beiträge auch noch so dankenswert sein, eine lautere Quelle für die Erkenntnis des Böntums können und dürfen sie nimmer bilden, ebenso wenig etwa, wie wir uns ausschliesslich aus der Jainalitteratur über den alten Buddhismus oder aus Lucian über das Christentum zu belehren vermöchten; die Bedeutung solcher Schriften darf sicherlich keineswegs unterschätzt werden, ihre philologische Verwertung aber können sie nicht eher erfahren, als

1) Jäschke. Diet. 370 b.

2) China I 673.

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lie Litteratur der gegnerischen Partei erschlossen ist. Es bleibt daher nach dem gegenwärtigen Stande der Forschung einstweilen nichts anderes übrig als zur vorläufigen Orientierung über den Gegenstand auf die hauptsächlichste bisher erschienene Litteratur hinzuweisen.

Bereits das erste tibetische Wörterbuch (Schröter, A dictionary of the Bhotanta, or Boutan language, Serampore 1826. p. '241) citiert dîis Wort bon-po als the name of a law which is current among the infidels. Kurze Erwähnungen der Bon-Religion finden sich bei ('soma. Essay towards a dictionary of the Tibetan language 1X34, S. i>4 a, Tibetan Grammar 175, Geographical notice 1*24 Duka 177. Von Banbos wird gesprochen ,1ASB XIII 1X44. 1*.>, 1XS. Einige verworrene Angaben macht A. Cunningham, Ladùk. physical, statistical and historical. Loud. 1854, p. 357—359: er schreibt Pon-religion ') und spinnt eine abenteuerliche Gedanken- verbindung zwischen dieser und den Pun-na Fürsten von Arakan. Koppen 11 44, 113, 2<>0 kritisch und besonnen wie stets. Hodgson, Notice of Buddhist symbols, .IRAS XVIII 1X61, 3i»t> hat einige wenige Gottheiten abgebildet, die aber kaum grossen Anspruch auf authentischen Wert erheben dürften. Eine gute Beschreibung derselben nebst einer, wenn auch nicht vollständigen, Zusammen- stellung früherer Xotizen, teilte E. Schlagi ntweit mit, Über die Bon-pa Sekte in Tibet, Sitzungsberichte der bayr. Akad. 18<>6. 1—1*2. In seinem Werke Le Bouddhisme au Tibet 47. 48 geschieht derselben gleichfalls Erwähnung. H. Jäsehke, ZDMG XXX 187C. 108, 1(H) und Diet. 372 a macht besonders auf die Bon-gebräuehc innerhalb des Buddhismus und das jetzige friedliche Zusammen- leben der Anhänger beider Religionen aufmerksam. Besondere Beachtung verdienen, wenn auch ergebnislos, die Untersuchungen von II. Vule, The book of Ser Marco Polo, 2. ed. I, 313—319, der in erster Linie die Beziehungen der Bon zu den Tao-se er- örtert, deren Lehren Klaproth in den Noten zum Foe-Koue-Ki p, 230 irrtümlicher Weise für ideutisch gehalten hat s. darüber auch L. Fe er, Le sùtra en 42 articles traduit du tib., Paris 1X7X,

1) Ebenso Foueaux, Rgya e'er roi pa II Int rod. p. X: lu religion de Fou ou Bon.

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S. 74/."). Einiges neue Material brachten die französischen Missio- nare bei, zunächst in den Annales de la propagation de la foi lid. 37, 301 2, 4*24 7, sodann Desgodiiis in seinem Buche Le Thibet 201 3. Das Verhältnis der Bonreligion zum Höhencultus macht F. Andriau p. 104 108 zum Gegenstand einer beachtens- werten Untersuchung, die, wie das gauze Werk, durch vortreffliche neue Bemerkungen und Beobachtungen ausgezeichnet ist. Eine Boulegende teilt E. Pander. Das lamaisehe Pantheon, mit, die durch den Abdruck in Pander-Grüuwedel's Pantheon S. 61 be- quemer zugänglich ist. Derselbe erwähnt den Boncultus als eine Art Schamnnisnius in seinem Vortrag Geschichte des Lamaismus, Verhandl. d. Berl. Ges. f. Anthrop. 1889, 199. Ahnlich drückt sich Laudsdell aus, Chinese Central Asia, Lund. 1803 11*286. Manche wertvolle Nachrichten verdanken wir, wie für alle Seiten des tibe- tischen Lebens, so auch für dieses Thema, dem unermüdlichen Furschungssinne W. W. Hock hill's, s. Brief an Kliys Davids, JRAS 1892, 599; Land of the Lamas '217/8; Diary, wiederholt s. Index v. Bönbo; Notes on the ethnology of Tibet 672, 734. Auch Sand- berg. Handbook of colloquial Tibetan, 2G8/9. widmete mit einzelnen neuen Angaben den Bon einige Zeilen. Über den Rosenkranz der Bon-pos schrieb L A. Waddell, Lamaic rosaries: their kinds and uses, JASB LXI 1892, *29; derselbe behandelt ferner das Bön- tum in seinem Buche Buddhism of Tibet 19, 26. 27, 29, 34. 41, 5"), 389, 420, ohne etwas eigentlich Neues vorzubringen. Treffende, mehr allgemeine Bemerkungen macht L. Feer. Le Tibet. 53/4, derselbe in La Grande Encyclopédie VH 60.") b. Über die Bedeu- tung der Bonpriester bei den Hochzeitsbräuchen gab Candra Das, JASB LX1I 1*93, 15 interessante Aufschlüsse; er machte auch die Geschichte der Bonreligion betreffende Mitteilungen in seinem Auf- satz The origin of the Tibetans, Proc. As. Soc. Beng. 1892. No. 2, 90 und in seinem Buche Indian Pandits in the land of snow, Cal- cutta 1893, 49, 5*2 u. passim; über Anmiete und die in Bonbüchern gebrauchte Schriftart derselbe in The sacred and ornamental characters of Tibet, JASB part 1 No II 1888, S. 44, 48. Résumés sind vorhanden von T. deLacouperie in der Encyclopaedia Britan- nica 9. ed. XXIII 344 5 und eine Skizze im Nouveau dictionnaire de géographie universelle par Martin et Roussel et VI 1894, 593. die

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letztere ganz vorzüglich in ihrer Art ist. Was die einheimische Litteratur betrifft, welche die Bonpo's erwähnt, so ist zuerst Schmidt, Sanang Setsen S. 23 zu nennen, wozu ebenda S. 351, 3<»7 und Schmidt, Forschungen im Gebiete der älteren Bildungn- gesohichte der Völker Mittelasiens, Pet. 1824, S. 25, 2«» zu ver- gleichen ist. Drei Erwähnungen finden sich im Ladakher rGyal- rabs her. v. Schlagintwe it, Die Könige von Tibet X30, S35, «47; s. a. ibid. 830. Das Bedeutendste auf diesem Gebiete sind die schon erwähnten Leistungen von Candra Das, Contributions on the religion, history etc. of Tibet, part I; ferner The Bon religion. Journ. Buddhist Text Soc. I part II LS!>3, 11 14 u. pl. Ill; The principal deities of the Bon Pantheon, Journ. Buddh. Text Soc. I part III, appendix I u. pl. IV. 0Jigs-med nam-mk'a, s. Huth, Geschichte des Buddhismus in der Mongolei II, gedenkt S. 72, 251. 25(5, 257 der Boureligion.

Aus der Litteratur der Bon-po's besitzen wir nur ein einziges, von Schiefner übersetztes Werk. Dasselbe führt im Verzeichnis der tibetischen Handschriften und Holzdrucke im Asiat. Museum, verfasst von Schmidt und Böhtlingk, unter Xo. 514 den Titel Klu cbum dkar-po. In den Mél. as. VI 290 teilt Schiefner einige Stellen daraus mit und nennt als vollständigen Titel neben jenein verkürzten: jTsan-ma klu bum dkar-po bon rin po c'e tprrul-dag bden-pa t'og-pa cen-poi mdo. Aber erst 1880 erschien als sein letztes Werk, aus dem Narhlass von W. Grube heraus- gegeben, die vollständige Übersetzung unter dem Titel „Über das Bonpo-Sùtra: Das weisse Xaga-Hunderttausend" in den Memoiren der Petersburger Akademie XXVIII No. 1. Die Bedeutung dieses Werkes ist bisher weder genügend erkannt noch richtig gewürdigt worden; die Mohrzahl der Forscher fertigte dasselbe mit vor- schnellen Urteilen ab, ohne sich ausreichend in den Gegenstand zu vertiefen. Fe er1) meint, das Werk trage ganz und gar die Physiognomie eines buddhistischen Siltra's; das ist ja durchaus richtig, aber ebenso einseitig geurteilt. Xach Lacouperie') liegt der buddhistische Kinfluss darin so offenbar zu Tage, dass keine

1) La grande Encyclopédie VII <>05l>.

2) Encyclopaedia Britannica XXIII 345.

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genaue Vorstellung von tier ursprünglichen Bonreligion daraus ab- geleitet werden kann. Die Begründung zu dieser Behauptung, die sich natürlich leichter aufstellen als beweisen lässt, hat der Ver- fasser leider für sich behalten. Verständiger urteilt Rock hi II1), wenn er sagt, dass es nicht möglich sei, vollkommen richtige Vor- stellungen aus dieser Schrift von dem zu erlangen, was diese Religion vor ihrer Berührung mit dem Buddhismus war; dies ist aus dein natürlichen Gruude wahr, da es eine vorbuddhistische Litteratur in Tibet nicht giebt, da die Bonreligion sich erst im Kampf und durch den Kampf mit dem Buddhismus organisiert und entwickelt und als Bonreligion eben allzeit mit dem Buddhismus Beziehungen gehabt hat. Als ein schwerer wiegendes Argument kommt freilich in Betracht, was Rockhill in einem Briefe aus Peking mitteilt"). Er zeigte hier seinen Lamas das Bonpo-Sùtra von Schief n er und erhielt zur Antwort, dass die Bonpo's das Werk vollständig von den Buddhisten empfangen hätten, die dasselbe mit ebenso viel Erbauung und Frömmigkeit läsen wie ihre eigenen Bücher; so sei es mit allen Bonpo-Büchern der Fall, dio nur ein untergeordneteres Lehrsystem enthielten. Ganz abgesehen davon, dass sich mancherlei kritische Bedeuken gegen diesen Vorgang aussprechen Hessen, so inuss auch hier wieder, wie schon obou geschehen, nachdrücklichst betont werden, dass, so lange wir nicht eine Religionspartei aufs gründlichste durch feie selbst, durch ihre eigenen Thaten und Meinungen kennen, das Urteil des Gegners nur einen ganz bedingten Wert haben, jedenfalls unter keinen Umstünden als Richtschnur, d. h. in diesem Kalle Vorurteil bei der Untersuchung der noch unbekannten Litteratur jener Religions- partei herübergenommen werden darf. Mag immerhin an dieser Behauptung der Buddhisten, die ja auch sonst den Bonpo s zahl- reiche Plagiate vorwerfen8), etwas Wahres, ja viel W'ahres sein, an uns ist es, ohne jegliche Rücksicht darauf an der Hand der zur Bonlitteratur gezählten Werke die Wahrheit für uns zu suchen. Wenn Rockhill im Kloster von dGe-lugs-pa Lama's das Exemplar

1) The life of the Buddha, and the early history of his order. Derived from Tibetan works. Lond. 1884, p. 206.

2) Proceedings of the American Oriental Society 1885 p. XLVI. 8) Candia Dâs, Contributions 199.

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o in os Kin rbum dkar-po1) erlangt hat8), so beweist diese That- sache zunächst nur, dass diese der Boulitteratur angehörige Schrift*) auch unter den lamuistischcn Sekten Verbreitung und Leser ge- funden hat, was doch ganz in der Natur menschlicher Verhältnisse liegt und durchaus nichts Auffallendes an sich hat.

Jedenfalls sind die verwickelten Probleme, welche hier der Wissenschaft gestellt sind, nicht mit Schlagwörtern oder einigen leichten Sätzen gelöst, sondern verlangen tief eindringende und ernste Arbeit. Zu dieser gehört vor allem, dass die in den euro- päischen Bibliotheken vorhandenen Werke der Bonlitteratur her- ausgegeben um! übersetzt werden: ein unbedingtes Erfordernis für jede weitere Forschung ist die Veröffentlichung des Textes zu Schiefner s Weissem Naga-I lunderttausend. allein schon deshalb, da diesen der Tod leider verhinderte, die Übersetzung zu über- arbeiten und zu verbessern, in der sich daher eine nicht geringe Anzahl von Irrtümern vorfinden. Einen kleinen Schritt in dieser Richtung vorwärts, aber nur einen solchen, bedeutet der im Vor- liegenden bearbeitete Text mit Übersetzung.

Unter dem Titel Klu , bum scheint bei den Bonpo s eine be- stimmt ausgeprägt«« Litteraturgattung zu existieren. Waddell*) merkt an, dass das von Schief n er übersetzte Werk die kleinere Version enthalte. Da nun unser Text den Gesamttitel Klu 0bum bsdus-pai sniû-po d. h. Zusammengezogener Hauptkern des Xàga- Hunderttausends führt, in welchem der dem Titel nach dein S chief n ersehen Werke entsprechende erste Teil Klu cbum dkar-po d. h. Weisses Xâga-1 lunderttausend ganz bedeutend kürzer ist als dieses, so müsste es demnach mindestens drei Versionen dieses Werkes geben, eine grosse0), mittlere und kleinere, letztere alsdann durch unsern Text dargestellt Dieser ist trotz seiner Kürze da- durch vollständiger als die Schiefner sche Version, dass er ausser dem weissen ein schwarzes (nag-po) und buntfarbiges (k'ra-bo)

1) Kockhill, Catalogue of Tibetan works Nr. 2 (handschriftlich).

2) The land of tho lamas '217 no. 2.

3) Ausdrücklich bemerkt auch Waddell 1G6: The large work on the Nasa demigods the Lu f bum dkar-po is regarded as a heterodox Hön-po book.

4} The Knddhisin of Tibet lu'6.

f>) Diese liegt jedenfalls in den Lond. lion fr. vor.

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Nàga-Hunderttausend enthält. Candra Das1) erwähnt ein Klu 0bum nag-po und Klu cbuni k'ra-bo neben Klu-Dbum dkar-po als religiöse "Werke der Bonpo's.

Der erste und dritte Teil stehen sich sehr nahe inbezug auf Stil und Inhalt, in dem sie an manchen Stellen geradezu überein- stimmen, der zweite ist von beiden stilistisch und inhaltlich völlig verschieden. Obwohl der Name Bon in der ganzen Schrift nirgend- wo vorkommt, so kann an der ursprünglichen Zugehörigkeit der- selben zur Bonlitteratur nicht im geringsten gezweifelt werden. Die hauptsächlichsten Gedankenreihen des Werkes, vor allem die zahlreichen in Vers und Prosa niedergelegten Vorstellungen, die wir mitTylor und Bastian als Animismus zu bezeichnen pflegen, finden sämtlich Seitenstücke und Parallelen in Schiefner's Bonpo- Sùtra, den Lend. Bonfr. und dem Oxf. Bou-Ma; in einer Keihe solcher Fälle habe ich in den Erläuterungen auf diese Analogieen hingewiesen, ohne jedoch damit diesen Gegenstand auch nur an- nähernd erschöpft zu haben, was erst dann möglich sein wird, wenn «lie oben geforderten dringenden Vorarbeiten vollendet sein werden. Das Werk muss in der Gestalt, in welcher es uns hier vorliegt, mit entschiedenstem Nachdruck als eine tendenziös lamaistische. absichtlich veranstaltete Fälschung bezeichnet werden; folgendes sind die Beweisstücke. Der erste Abschnitt beginnt mit der An- gabe des Titels dieses speciellen Teils: er lautet: „Auf Sanskrit: Kramantanàmadhârani. Auf Tibetisch: ;Tsan-ma klu 0bum dkar- po /.es bya-bai ;zuüs.u Natürlich soll dadurch die Anschauung erweckt werden, als handle es sich hier, wie bei einem buddhi- stischen Sutra, um eine Übersetzung aus dem Sanskrit, und als sei der tibetische Titel, wie in allen diesen Fällen, die Übersetzung des vorausgegangenen Sanskrittitels2). Es braucht nun kaum be- sonders hervorgehoben zu werden, dass die beiden obigen Titel inhaltlich nicht das Geringste mit einander gemein haben, aus- genommen die beiden letzten Wörter jzuùs = dhâranî und nâma = zes bya-ba. Was auch immer kramanta oder kramänta, da die Bezeichnung der Länge in der Schrift meist vernachlässigt wird,

1) Tibetan- English dictionary 51.

•J) Ober künstlich gemachte Sanskrittitol in tib. Schriften vgl. auch Schiefner, Mil. as. V |). 153, Nr. 1*J5 o und p. 155 No. 460 a 2.

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bedeuten mag, ob darin ein Zusammenhang mit den fünf krama's ') gesucht werden kann das Urteil mag hier in die Hände der Sanskritisten gelegt werden niemand wird daraus die Wörter „rein", „Näga-Hunderttausendu oder „weiss" herauszulesen imstande sein. Im zweiten Abschnitt begegnet uns derselbe Fall: nicht minder pompös lautet hier der Anfang: „Auf Sanskrit: Krahaman- tinàmadhàratiiu, dem dann als tibetisches Aequivalent: „Dharani. genaunt des reinen Werkes von den Hunderttausend Nàga's schwarzer Abschnitt1" entsprechen soll. In einem Aufsatze R. Hoernle's') werden auf Grund einer Mitteilung WaddelTs eine Reihe von Nàganamen aufgezählt, die einem Werke Krahamanta- iiiima Dharani entnommen sind. Klarer kann die Mache kaum zu Tage treten: der das Bonwerk umarbeitende Lama benutzte für seine Zwecke ein Sanskritwerk jenes Namens, da dieses auch von Nàga's handelte, schmuggelte seineu Titel ein und fügte wahr- scheinlich auch allerlei vom Inhalte iti das Original hinein. Noch weit erbaulicher ist aber die Leistung dieses Redaktors im dritten Teil. Der Abschnitt beginnt ganz ordnungsgemäss mit dem wirk- lichen tibetischen Titel; es folgt dann eine kleine Interpolation, von der noch die Rede sein wird, worauf der Redestrom munter fortfliesst. Nach drei Zeilen jedoch bricht der Gedanke plötzlich ab ein starkes Interpunktionszeichen, und es folgt das ominöse rgya-gar skad-du ..Auf Sanskrit", doch keineswegs, um, wie in deu beiden andern Fällen, den Titel einer Dharani nach sich zu ziehen, vielmehr tritt eine Anrufungsformel im Stile des Tantrabuddhismus auf: .,Nàgarâja pataya ye svàhâ!-' Nun kommt: „Bod skad-du, auf Tibetisch", ganz in der Weise, als sollte es sich um Angabe eines Titels handeln. Was folgt dem aber? „Vor dem Bhagavant Vajra- puiii verneige ich mich."' Eben derselbe Abschnitt bereitet eine weitere Überraschung. Fol. IIa 6 wird eine genaue, mit den Ziffern 1 8 numerierte Disposition der Dinge, die da kommen sollen, aufgestellt. Die Nrn. 1 3 werden auch nach den hier gemachten Angaben im folgenden ausgeführt. Unter 4 wird die Heilung der Nàga's durch Arzeneien abgehandelt, die nach Auf-

1) L. de la Valhe Poussin, Kindes et textes tantriques Paùcakrama. (îand et Louvsiin 1896. p. XI.

2) The third instalment of the Bower Manuscript. IA XXI f-64.

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Stellung des Planes für Nr. 7 aufgespart werden sollte; es folgt dann im Text als Anhängsel zu Nr. 4 (ohne besondere Zahl) „die Darbringung opferfestlicher Bewirtung für die Nagaraja's", was, wenn auch nicht genau nach dem Wortlaut, der Nr. 4 der Disposition Spende der Opfergabe" entspricht. Nr. 5 der Inhaltsübersicht verspricht das „Hersagen des Gebetes". Im Text ist davon über- haupt nicht die Rede. Hier nimmt vielmehr Nr. 5 die Nr 6 der Disposition in Beschlag, die „Beichte u oder das „Sündenbekenntnis". Nr. 8 des Plaues „Bitte um thatkräftigen Schutz" ist gleich Nr. 7 der Ausführung mit der Modifikation „Bitte an die /Nan-po s um thatkräftigen Schutz". Eine Nr. 8 kennt der Text überhaupt nicht. Das Merkwürdigste bleibt jedoch, dass in demselben unter Nr. 6 ein Abschnitt mit dem Titel „Erklärung der Lehre für die Naga's" fungiert, dessen die Disposition auch nicht mit einer einzigen Silbe erwähnt. Kann es sich einfacher und klarer herausstellen, dass in diesem Abschnitte eine nachträgliche Um- arbeitung stattgefunden, dass im besonderen Nr. <> nichts anderes als eine Interpolation ist, dass ferner diese Interpolation nur von buddhistischer Seite ausgegangen sein kann? Diese ganze Stelle, welche durch Anführung der bekannten Yedharmâ Glaubensformel lie Naga's zum Buddhismus bekehren will, steht ferner ihrem Inhalte nach mit allen vorhergehenden Gedanken des Werkes in Widerspruch, hat keinen Zusammenhang mit dem Vorausgeschickten UTid Folgenden und erscheint so gewaltsam und mit solch plumper Absichtlichkeit herbeigezogen, dass man auch ohne das obige Kechonexempel hier ein Einschiebsel zu constatieren nicht umhin könnte, wozu namentlich auch der Umstand führt, dass die Sprache der Stelle grundverschieden von dem vorher angeschlagenen volks- tümlich-schlichten Tone ist.

Ein Colophon am Schluss des ganzen Werkes ist nicht vor- handen. Dagegen findet sich im letzten Satze des ersten Teils, des Klu cbum dkar-po, etwas, was einem solchen ähnlich sieht oder vielleicht gar so aussehen soll, dass es als ein solches gelten kann. Es heisst hier: /Tsan-ma klu cbum dkar-po oByor-ba dka- ba rGva-lo-tsts'a /dan drans-so. Der Ausdruck /dan drans-so ist bis jetzt noch in keinem Colophon eines tibetischen Werkes ge- lesen worden; was er hier besagen will, ist unklar; ;dan , dren-pa

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spyan cdren-pa bedeutet 1. einen Gast einladen; 2. zu etwas er- nennen mit Term ; 3. herbeirufen, heraufbeschwören, von Geistern; 4. Dinge heiligen Charakters, z. B. Reliquien holen. Höchstens diese letztere Bedeutung vermag hier einen annähernd befriedigen- den Sinn zu gewähren: Was des reinen Werkes von den Hundert- tausend Nägas weisser Abschnitt betrifft so hat ihn der rGva-Über- setzer 0Byor-ba dka-bu, vielleicht = Durbhûti?1), (gleichsam als eineu religiösen Schatz) herbeigeholt"). 1st diese Deutung richtig, so würde sie dazu beitragen, meinem Beweise der buddhistischen Umarbeitung des ursprünglichen Bonwerkes eine neue Stütze zu leihen, da dann eben der Ausdruck „herbeiholen" sich auf die Entleihung von den Bon-po's beziehen Hesse, es sei denn, dnss man, misstrauisch gemacht durch die übrigen Elaborate des Lama- Redaktors, so weit gehen wollte, die ganze Stelle für ein Falsiticat eben dieses Mannes zu halten. Vielleicht ist derselbe gar mit dem hier genannten, bisher noch nicht nachgewieseneu Namen 0Byor- ba dka-ba identisch. Wie dem auch sein mag. als sicher darf angenommen werden, dass dies Colophon ein späterer, nachträg- licher Zusatz ist und dem als Vorlage dienenden Original nicht angehörte. Denn wäre das der Fall gewesen, so müsste es sieh der Regel gemäss doch am Schluss des ganzen Werkes vorfinden; dass das Original keinen Verfasser angeführt hat, scheint schon dadurch fast zur Gewissheit zu werden, dass auch Schiefners Bonpo-Sütra von keinem Autor weiss. Das mysteriöse Halbdunkel aber, in das sich jenes colophonartige Gebilde verstohlen im ersten Teil zurückgezogen hat, passt vortrefflich zu dem Charakter des Mannes, der in gläubigem Kifer eine pia frans begeht. Ein inter- essantes Streiflicht auf diesen wirft dann auch der Anfang des dritten Abschnittes, der lautet: „Dem (,'rimant rGva-lo zu Füssen verneige ich mich." Es handelt sich hier offenbar um den- selben rGva-Übersetzer wie oben*). Was heisst aber sich zu den

1) Über „byor bhûti s. Schiefner, Carminis Indici .,Viniulnpraçnottararat- namàlâ' versio tibetica, Petr. 1858, p. 3.

2) In diesem Sinne gebraucht such fandra Das auf dem Titelblatt seiner Ausgabe der Legendensammlung dl'ag bsam 0k'ri isiii jenen Ausdruck: giuii mc'og cdi fiid dpal Idan Bod n as gdim drans te 'Das Original selbst bat er »1er Herausgeber) aus dem glücklichen Tibet geholt, mitgebracht'.

3) Vermutlich ist derselbe mit dem bei Tàranâtha II 252 erwähnten, weder

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Fussen des rGva-Übersetzers verneigen? Diese Ehrenbezeugung wird doch sonst nur Gottheiten oder Incarnationen, wie z. B. be- rühmten Kirchenlehrern zu teil. Ist aber fol. 6b 1 eine Interpola- tion, so muss es diese Stelle nicht minder sein, was ihr seltsamer Inhalt zudem bestätigt. Diesen kann ich mir nur so erklären, dass der mit der Persönlichkeit des rGva-Übersetzers identische lama- ische Kedaktor des Werkes in seiner Eitelkeit auch diese Stelle verfasst hat, um sich zum Dank für die Nutzbarmachung des den Häretikern entrisseneu und für die Orthodoxie geretteten Werkes von den Gläubigen genügend Weihrauch streuen zu lassen. So plump und ungeschickt uns alle in dem Buche gemachten Vor- spiegelungen anmuten mögen, so ist es doch sicher, wenn nicht schon allein durch die blosse Thatsache ihrer Existenz, dass die- selben in Tibet, wo nur wenige Begabte des Sanskrits kundig, sehr leicht den unwissenden, arglosen Laien und dem grossen Heer ungebildeter Mönche gegenüber möglich sind. Der suggestive Zauber, den die Erwähnung dieser Sprache und einiger ihrer

von Schiefner noch Wassiljew erläuterten rGa-lnterpreten ;rGa-lo) identisch, von dessen lo rgyus 'Annaleif an dieser Stelle die Kode ist. Vergl. auch Târ. I (Text) p. 210 Z. 22 hod rgan po cga zig gi zin bris 'die Vorlesungen einiger tibetischen Alten1. Weit beachtenswerter ist jedoch die Thatsache, dass in der Ken mig betitelten chronologischen Tafel (Candra Das, Life of Suni-pa Khan-po, JASB part I, No. II. 1889) auf S. 51 ein Rgva Lo-châva (rnam rgyal rdo rje) von Ron, als im Jahre 1202 geboren, auf S. 54 ein Ses rab senge (= S. Prajnàsimha) von Ron, ein geistiger Sohn des Rgva Lo-chava, der 1249 geboren wurde, und endlich S. 56 der Tod des Rga Lo-chava von Miiiag im Jahre 1281 erwähnt werden. Das Problem, das uns diese Angaben vorlegen, ist ziemlich verwickelt und gegenwärtig kaum zu lösen. Zwei Fragen wären zunächst zu beantworten: 1. Ist der 1202 geborene Rgva Lo-chava von Ron mit dem 1281 verstorbenen Rga Lo-châva von Miiiag identisch? Vielleicht. Die Schreibweisen Rgva und Rga, die wahrscheinlich nur graphische Varianten darstellen iyergl. Abschnitt Graphisches Nr. 9), berechtigen nicht zur Annahme zweier verschiedener Per- sönlichkeiten, eher die Bezeichnungen der Herkunft Ron und Minag. Zwischen diesen beiden Namen, wenn sie auch nicht gleichbedeutend sind, besteht wenigstens keine principielle Verschiedenheit, denn beide bezeichnen Gegenden (und wahr- scheinlich alte Reiche) im nordöstlichen Teile Tibets im Gebiet des Kuku-nôr: ron bedeutet arable valley (Rockhill, Diary 77), und Rong-wa (tillers of the soil, Diary 83) heissen heute die in den fruchtbarsten Thälern hausenden Stämme von Anulo (Hockhill. Land of the lamas 78). 2. Und das ist mit Rücksicht auf den Kgva lo unseres Textes die wichtigste Krage: Ist Rgva oder Rga lo der allen Mitgliedern zugehörende Beiname einer Familie (vergl. dann Übersetzernamen wie k-ro locàva, Stag 1., (Vag 1., Rma 1., Rdog 1. u. a. oder ist es nur eine Auszeich-

2'

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Wörter auf das Gemüt dieser Menschen ausübt1), musste in ihnen die Vorstellung erweckeu, dass sie es in diesem Falle mit einem aus dem Indischen übersetzen, also heiligen, von der Kirche an- erkannten, canonisierten Werke zu thun hatten, und das eben war der einzige Zweck, den die lamaische Kirche erreichen wollte, wenn sie, wie wahrscheinlich anzunehmen, einen frommen Hilter der Zucht und Ordnung beauftragte, das im Volke aus vielen na- türlichen Gründen sehr beliebte Bonwerk einer strengen Censur zu unterziehen, von allen Ketzereien zu reinigen, zu einer dem be- schränkten Unterthanenverstand genügenden Quintessenz des In- halts zusammenzudrängen und vor allem das gelbe Mönchsgewand umzuhängen. Welche Mittel derjenige, der zu diesem Wrerke be- rufen wurde, sich bei der Lösung seiner Aufgabe anzuwenden er- laubt hat, habe ich kurz zu zeigen versucht. Zum Glück ist jedoch noch genug übrig geblieben, was einen wertvollen Beitrag zur Erkenntnis der Bonreligion und der noch so sehr verschlossenen Psyche des tibetischen Volkes überhaupt zu bilden geeignet sein dürfte.

nung, ein ehrender Titel, der allgemein iu Tibet an ausgezeichnete Übersetzer d. h. zugleich Gelehrte verlieben wurde, oder dessen Verleihung sieb gerade auf das 13. Jalirhundert beschrankte, also insbesondere für dieses charakteristisch wäre? Wir besitzen vorläufig keine Mittel, um diese Frage befriedigend ent- scheiden zu können. Ks dürfte indessen dennoch schon jetzt kaum von der Hand zu weisen sein, dass zwischen diesen verschiedenen Kga lo's bestimmte Bezieh- ungen obwalten, und es mag, bis festerer Boden unter den Füssen gewonnen, vermutungsweise gelten, dass die Anfänge und Keime unserer Schrift bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen, was schon deshalb leicht möglich ist, da das Gedicht des zweiten Teils, wie ich bei andrer Gelegenheit zu zeigen gedenke, ins 11. Jahrhundert, und zwar in das Zeitalter des grossen Sängers Milaraspa, wenn nicht unmittelbar auf diesen selbst, zurückgeht. Unser Text hat offenbar viele, örtlich und zeitlich auseinanderliegende Überarbeitungen erfahren; die Gestalt, in welcher er uns gegenwärtig vorliegt, weist deutlich moderne westtibetische Dialekteintlüsse auf. Was übrigens Mifiag betrifft» so ist noch der Fingerzeig zu goben, dass hier dem 8. Buche des historischen Werkes Grub mt'a sel kyi me loà zufolge bereits in der ältesten Periode der Bonreligion der Gelehrte Che ts'agargu als Anhänger und Verbreiter derselben gelebt hat (CandraDâs, Contributions 1%). Wenn der indische Gelehrte Miiiag für Burmah erklärt, so ist das ein wunder- licher Irrtum.

1) Vergl. z. B. Waddell, Lamaic rosaries JASB 1692 p 30.

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Graphisches.

1. Es fehlt hier überall das am Ende eines Satzes nach C n vor einem \ bad in der Regel beibehaltene Ts eg (Jas cli ke-

Wenzel § 4). Vergl. G. Huth, Tsaghan Hailin p. 13, wo uns in der tibetischen Inschrift dieselbe Erscheinung entgegentritt, die, wie wohl anzunehmen, besonders in volkstümlicheren Texten zu Hause ist. Ich vermute, dass die Beibehaltung des Punktes nach C den Zweck und Wert hat, als äusserliches Unterscheidungs- merkmal des C von ^ zu dienen, mit dem es in Handschriften wie

Holzdrucken so häufig verwechselt wird. Vergl. auch Csoma. .1 A S B V 264.

2. Eine meines Wissens bisher noch nicht beobachtete Er- scheinung ist ein im ersten Teile des Textes über den Laut £ n gesetztes, halbkreisförmiges und nach rechts geöffnetes Zeichen

C, das wohl auch nur die Bedeutung beanspruchen kann, C sicht- bar von ^ zu scheiden. Es sind drei Falle, nämlich:

3 a, 1 3 a, 1 4 b. 3 $Ëffî

3. In 4a, 3 kommt das nach dem Bilde eines kranzlosen Mühl- rades benannte Abkürzungszeichen X rrT^'P' v°r (J- Diet. 22a).

Es bedeutet in diesem Falle, dass hinter pjç5* nach dem Vorher- gehenden die Worte ^JÇf'?}ç|'^'0]^'So|' zu ergänzen sind.

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Beachtenswert ist, dass sich der Schreiber, obwohl sich die Möglich- keit noch wiederholt darbot, in der Anwendung des Zeichens auf diese Stelle beschränkt hat. In populären Texten macht man von demselben ausgiebigsten Gebrauch, so z. B. in den Münch. Cod.. aus denen ich nur das eine Beispiel mitteilen will, dass in einem

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den Titel qrpf|$rq@jq|*r?f führenden, nur ein Folioblatt uin-

fassenden Gebet (s. Sitzber. Bayr. Ak. 1875, p. 76, Nr. 13) das Zeichen in der Gestalt X 23 mal vorkommt, und zwar meist am Schlüsse des vierten, jedesmal eine Strophe abschliessenden Verses,

stets als Surrogat für ein ^"^^'^rj"; in den drei letzten Strophen

jedoch, die sich an Buddha, die Lehre und die drei Kostbarkeiten richten und einen höheren Aufschwung des Gedankens nehmen.

wird auch die Schreibweise durch Ausführung des qnj\^ÇJ*w£p|* feierlich.

4. Ausserordentlich häufig ist die Schreibung mit kiad-kor oder stod-kor (Zam. f. 4) * statt SJ, so 4a, 2 S£f 5a, 2 IIa, 7

fjV^T u. s. w. Es ist nicht unmöglich, dass damit ein mystischer

Sinn verknüpft wird, s. Beal, Catena 23.

5. Das Zeichen ^ = als Doppelschlusskonsonant begegnet

lb, 4 in l^f und 4 a, 3 zweimal in g^*: es gehört ebenso wie die

Abkürzung x, ^ur j^J unt^ übergeschriebenes ^> oder ^ für

ursprünglich der dbU-med-schrift an, Zeichen, von denen Csoma und seine Nachfolger nichts erwähnen, und die allein Jäschke in einem Briefe an Schiefner mitgeteilt hat, worüber dieser in

Mél. as. VI p. 6. Dass ^ nichts weiter als eine rein graphische

Abbreviatur ist, geht aus der einfachen Thatsache hervor, dass in unserm wie in allen andern Texten ^ und beliebig neben-

einander herlaufen, wie z.B. Münch. Cod. Nr. XVIII, fol. lb, 1 ^p' und Zeile 5 ^jJ^M* geschrieben ist; einen Schluss daraus auf

die Laute selbst oder auf die specifisch tibetische Auffassung dieser Lautverbindung zu ziehen wäre also unstatthaft.

6. Die Schreibung Q^WW wechselt ab mit der von Q^f;

10 b, 4 hat !&j?f, dagegen 6 b, 2 5W?f. Diese letztere Art findet sich streng durchgeführt nur in solchen Werken, die mit

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denkbar peinlichster Sorgfalt geschrieben oder gedruckt worden sind, also in verhältnismässig sehr wenigen, wie z. B. im Peters- burger bsTan-^yur des Asiatischen Museums, während das Berliner Exemplar in buntem Wechsel die getrennte wie die zusammen- gezogene Schreibart pflegt. Aus diesem Gebrauch geht aber mit voller Deutlichkeit hervor, dass wir es in solchen Fällen nicht mit einer phonetischen Verdoppelung, sondern nur mit einer aus rein graphischen Gründen zu erklärenden Doppelschreibung zu thun haben, deren Ursache einzig und allein in dem Grundprinzip der tibetischen Schrift liegt, jede Silbe eines Wortes oder einer Zusammensetzung getrennt für sich zu schreiben. Daher erklären sich auch solche Möglichkeiten verschiedener Schreibungen wie

^ ^T' 5JTul,d bei fluchti&er Schrift dessen Aussprache

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Ramsay für den Dialekt von Ladäk Wazarat throogoo oder thoogoo transcribiert (Western Tibet p. 21a). S. auch Mainwaring, p. 46, 47.

7. In IIa, 3 findet sich nach % das Interpunktionszeichen

I, das nach Csoma (s. die Tafeln am Schluss seiner Grammatik p. 30 Nr. 16) den Namen führt '^^'^'^'^K*

d. h. das Komma der Bücher des Padmasambhava. Vergl. auch Waddell 165. Dasselbe Zeichen zweimal in 12a, 8.

8. In III ist sechsmal (IIa, 4; 12b, 1: 18a, 7; 14b, 2; 15o, 1; 15 b, 1) stets am Schlüsse der durch Zahlen bezeichneten Ab-

gebildeten graphischen Ornamentik zugezählt werden muss, bei Csoma sich aber nicht dargestellt findet. Ich möchte in den drei horizontalen Schlangenlinien eine bewusste Nachahmung der For- men erkennen, in welchen die beiden Aussenzacken des Triçùla oder noch wahrscheinlicher der obere Teil des lCags-kyu dar- gestellt sind, vergl. die Abbildungen bei Pander-Grünwedel 108, dieselben reproduciert bei Waddell 341, ferner G. Dumoutier p. 110 u. 111. Der verticale Strich soll dann natürlich den Griff eines solchen Abzeichens vorstellen. Im übrigen wird wohl die Mehrzahl der graphischen Ornamente in den tibetischen Büchern auf ornamentale Formen in den Sculpturen von Gandhâra zurück-

schnitte ein Zeichen

S angewandt, das der in Tibet

so reich aus-

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gehen; auch Alaurerzeiehen und Verwandtes (vergl. I A VII 295 ff.) sind für eine solche Untersuchung heranzuziehen*).

9. Das untergeschriebene < wird ôb, 1 in „lahmu ge-

braucht, was auf Verwechselung mit „Hut, Mutze" beruht. In

den übrigen Fällen, wo < in unserer Handschrift vorkommt, näm- lich in (ia, 3 VT, IIb, 7 und 14b, f> ist sein <h>-

< <

brauch korrekt. Ebenso ist 15b, 8 richtig f^J" geschrieben.

*) Die Grundlegung einer solchen Untersuchung müsste nach denselben Principien erfolgen, welche jetzt dank der Forschung der letzten Jahre für die Deutung der sog „geometrischen" Ornamente der primitiven Völker massgebend geworden sind. Vergl. E. Grosse, Die Anfänge der Kunst, Freiburg 1894, S. Ill 155. K. von den Steinen, Prähistorische Zeichen und Ornamente. Berlin 1896 (Bastian-Festschrift). So wird z. B. das stets an den Anfang tibe- tischer Bücher gestellte Zeichen auf die Gestalt einer Schlange, und zwar speciell auf die einer im Zorn sich aufrichtenden Cobra mit geringeltem

coiling) Schwänze zurückzuführeu sein, wie sie sich unzählige Male in der in- diîichen Sculptur dargestellt findet, s Archaeological Survey of Western India 1874 p 43 und pl. XX 4, XL 5, JAM; Ghosha 219: J A II. 124. Die Inder ver- wenden die Schlange nicht minder zu ornamentalen Zwecken als die K ara va

Ehrenreit h. Beiträge zur Völkerkunde Brasiliens 25). Daneben tritt in Indien eine Entwicklungsreihe von künstlerisch vervollkommneten, detailliert ausgeführten und selbständig behandelten Darstellungen von Nâga\s und Schlangen auf, die Senart S. 382 anthropomorphique ou légendaire im Gegensatz zu den représen- tations hiératiques nennt. Vergl. über diese Erzengnisse der Kunst: «TAI 67, 372, 874, III 255, 25H, IV 5, 83, 197, V 14, VII 42, XXIII 262: Fergusson, Tree and serpent worship; Mitra 257: ('roizier, L'art khmer, Paris 1875, 107: Grünwcdel, Notizen zur Ikonographie des Lamaismns 40 IT. : ders.. Buddhistisch' Kunst 43, 95—97; Pander-Grünwedel 104.

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Textkritisches.

.Die tibetischen Abschreiber, die oft eine schöne Hand haben, machen häufig Fehler, die einen aus Unwissenheit, die andern in der Anmassung, den Meister zu verbessern.-

üesgodins, Le Thibet (872).

2 b, 8 ^nr _ ^OT

:{a, <> |pr - gor (a Hb, 8).

3 a, 7 sp' _ g-q-

3 b, 5 -"g'5=T

3 b, 6 |Vcr 1^*q-

3b, 7 qp-q- _ nprq- (zweimal).

4 a, 2 J^cxrg- - ^'P¥

Nr >o

4 a, 2 î&rq^ WW

4 a, 3 fpT -

4 a, 7 2T]3^- 2T]3^

4 b. 5 ^«p^^^^C I -

4 b, 7 nj-gy - ^

4b, 8 |% - fj*T

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- 28 -

5a. 7 â£r|srq- - ^rprq-

5b. 5 Spg- vergl 4b, 6.

6 a, 5 -

Ca, C Sfwffc' - afc*rffc s. 5a, 3.

n.

7 a, 1 apf$ *P[T$

7 a, 3 q^Jgqj^^oraf - (^ï^^'^^Sapïf 7 a, 8 qwfiprq*: _ q-jeppw 7 b, l q%rq- _ qSjsrq-

7 b, a g-^or _

NO N5 N5 N5

8a, 2 Virg^'Sfcr S'^'S'^* vergl. die vorangegangenen

und folgenden Parallel verse, die. wo vorhanden, das beste Mittel zur Rekonstruktion verdorbener Lesarten gewähren, doch immerhin auch mit Vorsicht benutzt werden müssen, da bei der Eintönigkeit der wiederholten Verse leichte Veränderungen, besonders in den Formativelementen , dem Bedürfnis einfacher Abwechslung ent- sprungen sein mögen (so: rig-pas und rtgs-pas, mtxo rhogs neben mtso mogs, gzob btan sogs und gzob btan ba u. a.); die Geltend- machung dieses Faktors scheitert aber an der grammatischen Un- möglichkeit der doppelten Anwendung des Genitivs in bn-i yis.). Vergl. auch Rockhill, Tibetan Buddhist birth -stories, J. Am. Or. S. 18D7, p. 7 no. des S. A.

Ha, 4 ^fF-^fc-

8 a, 6 <3fT*fgp[ ^]*T*P]\ wobei ich <3ppr als absolute Ortsbestimmung (casus indefinitus nach Boehtlingk's Bezeichnung

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in der Jakutischen Grammatik S. 317) und r?]Z7]', dem -^jC* copu- lativ beigeordnet (als mit diesem in Dvandvacomposition stehend, ^ statt s. v. J. Diet. 5b) als Objekt zu qS^T ziehe

8a, 5 u. 8 Sfffi - ^ m

8 b, 2 S'^^'qH* braucht als sprachlich korrekt nicht unbedingt

auf den Accord des leitmotivischen transponiert zu wer-

den, wenn auch anzunehmen ist, dass es bloss eine schwach modi- fizierte Klangveränderung darstellt, die sich ein Abschreiber im ßewusstsein harmonischen Zusammenspiels enharmonisch ausge- drückter Empfindung erlaubt hat.

8 b, 7 sf5*rq- sr^srq*

!>a, 3 oder ^*C0 weder Dei J- nocn m der Vyutp.

als Vogelname verzeichnet, daher conjiciert ^"Q^^ (J.Ha.254b),

was gut zu dem Prädicat passt, das gewöhnlich zur Farben-

bezeichnung von Wasservögeln dient.

9a, 6 - d^'ffc' vergl. 8a, 4.

9 b, 1 |jar gor

10a, 2 q^|*T (^^T Denu 1) ist der Analogie wegeu

mit den beiden vorhergehenden in derselben Weise gebildeten Aufforderungen ein Verbum der Beweguug und nicht des Ver- weilens zu erwarten; 2) kann q^^J nur mit ^' und nicht

NO

mit dem Terminativ konstruiert werden, der nur bei (^^|$T mög-

lieh ist, das somit aus diesen beiden Gründen als die richtige Les- art vorzuziehen ist. Über einen mit diesem ganz identischen Fall s. Schiefner, Ergänzungen und Berichtigungen zu Schmidt's Ausgabe des Dsanglun p. 3.

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- SO -

10a, 3/4 S^C-S'S-SÎÔaj J ^•^^^C'S'^^^'I^' WS'^^^*3*^"^5^! Dor orsto Vers i8t unvollständig und

VT

bedarf schon deshalb der Ergänzung, weil äusserlieh jedes zum Folgenden als Brücke hinübergeschlagene, an £?Efcl* zu knüpfende Bindeglied fehlt und innerlich eben durch diesen Mangel wie durch «las unverständliche *îE;OJ* ein Zusammenhang mit dem Gedanken- gang der folgenden Rede nicht erkennbar ist. Einen bestimmten Anhalt für diese Ergänzung aber gewährt das absolut dastehende

—s

SJJ^ ^ uu9 äusseren und inneren Gründen nicht als eine Zu- satzbestimmung zu STgrcr aufgefasst werden kann. Das Objekt wird jedoch ^Jpj'CJ* ebenso wie ^P]Q^* mit II" vorgefügt. Fassen wir nun den Satzteil von S^cr ab bis *;%îvp- als eine Einheit,

als den Vordersatz zu SJE^J" . so muss dieser notwendig die Be- gründung oder wenigstens irgend eine innere Beziehung zu dem Nachsatz ausdrücken; dieselbe scheint das verallgemeinernde S'^C'S' (=» ijiiid-quid) dem Gebiet des concessiven Ausdrucks zu- zuweisen. Ist dies aber richtig, so kann der offenbar nur (nach unserm sprachlichen Empfinden) in *JE£^J* zu suchende Haupt-

und Verbalbegriff einen Gegensatz zum KîE^J' des Nachsatzes dar- stellen. Da nun eine Form den Wörterbüchern unbekannt

ist, so muss diese wegen ihrer lautlichen und zumal graphischen Ähnlichkeit mit *JEßJ* Verdacht erwecken und zu dem Argwohn

Anlass geben, dass ein Abschreiber auf ein ursprünglich anders, aber ähnlich lautendes Wort in graphischer Prolepsis den Charakter des in die Peripherie seines Bewusstseins schon eingedrungenen

ZJEN projizierte. Bei einer Erneuerung der Lesart, ist einmal «las graphische Moment zu berücksichtigen, das nur die Rekonstruktion

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eiues solchen Wortes gestattet, welches den Process der Ver- änderung zu £sTE(ßr aufzuklären vermag, sodann das oben erörterte

innere Moment der Bedeutung und des grammatischen Zusammen- hangs. Unter gleichmässiger Berücksichtigung dieser Elemente er- scheint als die zweckmässigste Conjectur (phonetische Ver- wandtschaft von £J und graphische sehr häufigt' Verwechslung von g und 3 oder 5 und g mit £), welches das voraufgellende ^* in verwandeln und aus leicht begreiflichen euphonischen Gründen auf das die beiden 5* einschliessende in der Weise

zurückwirken muss, dass dit* Substitution eines Q^C* angemessen

scheinen dürfte, so dass mit Kinscliluss des oben von der Not- wendigkeit der Ergänzung dieses Torsoverses Gesagten derselbe nunmehr die Gestalt gewinnt

An der Form SJE^l" wäre dreierlei zu erwägen: 1) die Ver- wechslung mit Q^ftrq*, die aber nach Jäschke (I)ict. 175a, v. d. Nr. 5) häufig ist; 2) die Function von SJE^T als Imperativ, während

das Verbum in einen besonderen Ausdruck für diese Form

hat: 3) die nach seinen Bedeutungen unerklärliche Construction mit dem Terminativ (3*£J^*), wenn man nicht zu der Auskunft

greifen wollte, in 3"5J^" ein Compositum zu erblicken, in welchem 3" Nahrung im allgemeinen und Butter bezeichnete: mit dem- selben Kochte könnte man dann aber auch statt ^£,ST|", ^'P' Appetit als mit ^[ppJ* in Composition stehend auffassen, was, selbst dann, wenn wir schon für diesen Fall statt ^p]^T

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!

32

conjicierten, in dieser Verbindung und in der mit 3"SI*/ weder

an sich einen sehr vernünftigen noch in den Gedankengang der Stelle sehr passenden Sinn ergäbe. Es ergibt sich also daraus zu- nächst, dass statt 3"*!^,* zu lesen ist 3*£T, und es ist dann kein

Grund vorhanden, ^C" anders als in der gewöhnlichen Bedeutung

der Copulativa zu fassen. Dem gerade bei der Verbindung mit ^C" befolgten Parallelismus der Wörter gegenüber muss die Gegen- überstellung des abstrakten und des coucreton 3"?T eigen- tümlich berühren; doch auch sie findet ihre natürliche Erklärung darin, dass dem Abschreiber noch die einige Zeilen vorher vor- gekommene Stelle in der Erinnerung schwebte, wo erst der

Wunsch um Lebensunterhalt (^3^') und gleich darauf die Bitte

um Hülfe und Freundschaft ausgesprochen wurde. Auf

die richtige Fährte leiten uns 1) die Stellung des Wortes hinter g<^\ so dass also schon fast a priori anzunehmen wäre, dass es

eine mit der reifen Ernte in irgend einer Beziehung stehende Be- deutung hat; 2) der Parallelismus zu 3'*T. Beide Bedingungen

(dazu als dritte die der graphischen Erfordernis) erfüllt die Lesart ^jy statt ^j^jSJ" , ein Wort, das zunächst die Frucht der Ernte,

den Weizen, bezeichnet, und der andern Forderung durch seine zweite Bedeutung gerecht wird: „Frühstück44 im Gegensatz zu

3**J* der eigentlichen Hauptmahlzeit des Tages. (Über die Nameu

der Mahlzeiten vergl. insbesondere Ramsay, Western Tibet 100 (v. meal); über das Allgemeine Rockhill, Notes ou the ethnology of Tibet 702 ff.)

Es bleibt noch die Stelle ^C'^^^'f^r zu erörtern.

Hier liegt offenbar eine Corruption vor. Das breite ^"^C^'QT, das ohne jeglichen Grund den Vers um einen Fuss vermehrt, was doch

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mit Leichtigkeit zu vermeiden war, unter dem man sich zumal alles und nichts vorstellen kann, ist in seiner plumpen Unbeholfen- heit schwerlich die Mutterlesart des Textes gewesen; ^°|"fj^"

ist vollends ein Nonsense, es sei denn, dass man es gepresst und gezwungen wie untibetisch als ^Reifen des Besitzes" auffasste,

was zudem auch noch zu belegen wäre; denn ^CTpSSf und in Comp. ^^|* heisst nicht der Besitz, sondern der Besitzer. Dies führt mit Notwendigkeit darauf, in ^^]* das bei ^*GJ" vermisste Nomen zu sehen und aus metrischen Gründen ^^f^'^]'^'

zu setzen, um in diesen Worten mit an der Spitze

einen regelrechten, in den Zusammenhang passenden Vers zu er- halten. Somit muss |jj<3^C in den dritten Vers gezogen werden,

was den Ausfall des £J" in 3"$J* wie den des zwischen ÇjJ

und 3*5J* zur unmittelbaren, natürlichen Folge hat. Endlieh glaube ich nach meinen» Gefühl für tibetische Sprache und Metrik das im Text dem zugewiesene ^T*J' dem §j^" vorfügen zu

müssen, wofür vor allem auch der in der Sache selbst liegende Grund spricht. Wir erhalten folglich die folgenden Verse:

deren Veränderungen gegenüber dem Text vielleicht radikaler scheinen als sie in Wirklichkeit sind, die aber in höherem Grade als dieser «1er ursprünglichen Fassung näher stehen dürften.

10 a, S £*y^* -

iob, 2 ^wrs*]- - Ssw«

10 h, qsc-q- _ q£0|-sr

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III

Ha, 7 q^q'q' _ qtjq'q'

î n». î sjës- _ s?t^

11b, 4 ^S'J^* vorgl. Schiefner, Bonpo-Sùtra j>. 26, no. 1;

Wiiddell, a trilingual list of Xâga Ràjas (J R A S 1894, Ü1-102) Nr. .')8: Vyutp. fol. 250b, z. 1.

11b, fi ^*rq- _ S*PT

lib. 7 ^C^'oj^ _ ^-^rqq;

lib, 8 niissing-link zwischen pml-Oa, sprul-ba und

Yergl. auch 13 b, .H, dagegen 14 b, 5. 12 a, 1 f^q*' _ §p;q*-

12a. 2 g^'JS' (vergl. 14b, 4) 3^*5^' vergl. Schiefner. Bonpo-Sùtra S. 79, uo. 1.

12 a, h q^'q' - q^'q-

12 b, 8 (^rq*qj* - ^rqj

13 b, 3 |p|*r (zweimal) ^pjST

i3b. 3 «or _ çpr

13 b, 8 -.

14 b. 4 g**T _ 3'*'

14 b. 5 - ffa^'

üb, 6 |pr^' - gsrqS;

üb, 7 q^^-fc - q^tsrgc;'

l'.a, 2 qg^' _ qg^

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l.">a, 4 3^*J' ^spr Sc h lagint weit (Sitzber. Bayr. Ak. 1875, p. 78) las in einem Münch. Cod. ql^'-q' für sr|3^*rq' 15b, 1 - Kîa, 3 V^qz:

Kia, 5 &?Q$W à^q^fî^Q^W é ar allein ist sinn- los. J>ebs ungrammatisch, daher zu reeonstruieren nach Hb, 1. Kîa. 7 y^F* -

17a. S ^^ST|Çr Schreibfehler für ^"^^

17 b. 1 -

17 b. 3 q=f|*W

17 b, 3 ^W^1 _ Qpqwq*:

Excurs zu fol. loa, 4.

Die Stelle 15a, 4—6 bedarf einer besonderen Erörterung. Dieselbe enthält ein bekanntes buddhistisches Glaubensdogma, über welches ausführlich Sykes. On the miniature ehaityas and inscriptions of the Buddhist religious dogma, J K A S XVI 37—53 und Kern, Buddhismus 1 3<U ff. (siehe ferner Waddell 105; Kern, Manual of Buddhism 25. 4i>) gesprochen haben. Eine durch sechs Druckfehler entstellte tibetische Version der a ein- zeiligen Formel teilte Schlagintweit in seinem Buddhismus in Tibet pl. I mit. Die Textkritik macht es in diesem Falle un- erlässlich, den Inhalt näher zu berücksichtigen. Wie ich nämlich konstatieren konnte, findet sich die zweite Hälfte der Formel, von sdiy-pa . . . an, als selbständiger Spruch in Vasubandhus Gàthâ- samgraha, Nr. 14 in der Ausgabe von Schiefner, welcher in der gleichen Abhandlung S. 591 unter den am Schluss der tibetischen Ubersetzung des Pratimoksha-Sùtra befindlichen (/l oka's denselben Spruch in ebensolcher Fassung mitteilt. Das legt doch die Ver- mutung nahe, das» diese Verse erst später der ersten Strophe als Anhängsel angefügt wurden; ebenso teilt Csonia, Extracts from

8*

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Tibetan works, J A SB III :>7 (=Duka 1!>3) dieselbe Strophe iii selbständiger Fassung als ein Compendium der buddhistischen Lehre mit*). Handelt es sich nun um die Frage, ob 1. Str. 4. Vers de-skad nach meiner Handschrift oder 0di-skad mit Schlagintweit zu lesen sei, so bleibt, wenn die 2. Strophe eine spätere Zufüguni; ist, keine andere Möglichkeit, als sieh für de-skad zu entscheiden, in Anbetracht des zwischen Qdi und de streng durchgeführten Unterschiedes (Jäsehke-Wenzel § 27, 2). Auch zum Inhalte scheint mir diese Auffassung weit besser zu passen; die 1. Str. bildet offenbar für sich eine Gedankeneinheit, die sich wenig mit dem Tnhalt der zweiten berührt, in jener ist das Thema aus der Metaphysik, in dieser aus der Ethik genommen; endlich wirkt auch hier das Gesetz des Parallelismus in voller Kraft: wie sich Vers 2 de-rgyu auf cos, so bezieht sich Vers 4 de skad auf de la cgog pa und dieses de wieder auf cos zurück; dem Tathdgata in Vers 2 entspricht Malidçramana Vers 4. und die gsuns am Schluss »1er beiden Verse schliessen sie wuchtig ab.

Die Handschrift hat ^gag-pa, wofür ich mit Schlagintweit cgog-pa lese, gefasst im Sinne von vgegs-pa. Eine andere Hand (vielleicht Marx) hat schon im Text ein eingeklammertes und mit einem Fragezeichen versehenes hinzugefügt. Die gleiche Lesart bietet auch Cnndra Das in der Ausgabe des Legendeu- werkes dPag bsam 0/Sri H/i (Bibl. Ind. Calc. 1890, fasc. I. Einl.). «las jene Strophe unter den Versen seiner Einleitung enthält; statt de la findet sich hier deutlich rgyu la Ogo</ pa. Ganz unsinnig lautet

im Ms. der Vers f^CT^S^'S'^^*, woraus mit voller Deut- lichkeit hervorgeht, dass der Abschreiber sich nicht im mindesten um den Sinn dessen, was er schrieb, bekümmert, vielleicht gar nichts davon verstanden hat. Nach dieser Lesart könnte man nur folgendes produzieren:

Welche Sünden er auch immer begangen hat, So hat er doch herrliche Tugenden ausgeübt Und bezähmt seine eigene Seele. Oder: Welche Sünden er auch begangen, Welch' herrliche Tugenden er auch ausgeübt Bezähmt (oder gar bekehrt!) er sich doch völlig.

*) Vergl. auch Cop'leston 474: Fe»*r, Analyse 183; die "V>rse sind auch in Csoma's Grammar S 239 abgedruckt.

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Eine noch weit unsinnigere Version dieser Stanze finde ich jedoch in Münch. Cod. XII fol. 3b z. 5, wo dieselbe lautet:

o?h cos mams fams cad rgyud (!) las cbyun / de rgyud (!) de bzin gsegs pas gsuns / rgyud (!) las Ogog pa gan yin pa / dge sbyon ceno (!) Qdi skad gsuns j

Schlagintweit und Csoma haben übereinstimmend S^]'^!' S'UJE'St'gr^! Schiefner, Vasubandhu 564 und 591:

SJ*J?J"3S'SÎ"3'S I Unsern Vers ganz und gar nach diesen Vor- bildern umzugestalten, liegt kein Grund vor; es genügt zur Her- stellung des richtigen Sinnes §• in Sr zu verbessern; qjSJ'CT

hat ebenso viel Berechtigung als Ms. S^pTSJ" wie

Csoma: Schlagintweit und Schiefner das sich nur

als Adverbium auffassen lässt; Schiefner übersetzt allerdings („vollendete Tugend üben"), aisläse er 3£jprq\ Ms.Q^'; Schlag..

Schiefu. ^^T. Ms. ^vC'^^ï in diesem Zuge sich selbst getreu.

die übrigen ^C^j*, jedoch Prat. (1. c.) ^C*2^*.

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Übersetzung.

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Das Werk von den Hunderttausend Mga's in kurzgefasster Darstellung des Hauptsächlichen.

l.

Des Werkes von den Hunderttausend Nâga's weisser

Abschnitt.

Auf Sanskrit: Kramanta nâma dharani. Auf Tibetisch: die ib Dharani, genannt: des reinen Werkes von den hunderttausend Näga*s weisser Abschnitt.

Vor dem Triratna verneige ich mich.

Ihr Ragaraja's samt eurer Gefolgschaft hausend auf den im Kosmos, Erdall und in der Schöpfungswelt gelagerten Meeren und Strömen, Flussufern, Seeon, Quellgebieten, Bachen, Teichen und andern [Gewässern], auf den sieben Bergen, Felsenbergeu und erdigen Steinen, in Wind, Feuer, Wasser, Äther, in allen jenen Elementen, auf, erscheinet und empfangt hier die Opferspende!

Aber nicht mit hassgeschwollenem Herzen sollt ihr euch nahen, nicht mit einer Seele voll Zorneswut und Aufruhrtosen euch nahen, nein, sauften und erbarmungsreichen Herzens bitte ich euch zu kommen: dem Worte der Sugata's der drei Zeiten gehorsam hier zu erscheinen bitte ich euch. Zu den die Lehre des Triratnn be- 2u schützenden und jede in ihrer Art begehrenswerten Guben bitte ich euch zu kommen.

Hat man also die Beschwörung vollzogen, so sind mit ge- bührender Huldigung folgende Worte zu sprechen:

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- 4-J -

Vor dem Nâgarâja Namia vorneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Çrimaut verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Ananta verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Manasvin verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Ratnaeùda verneige ich mich Vor »lern Nâgarâja Balabhadra verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Vasudeva ver- neige ich mich. Vor dem Nâgarâja Moksarotna verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Balika verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Vrddha verneige icli mich. Vor dem Nâgarâja 0 P'rul-po ee (Grosser Zauberer) verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Tkod de 21» rgyal-po verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Anavatapta ver- neige ich mich. Vor dem Nâgarâja Rab-brtnn vemeige ich mich. Vor dem Nâgarâja T'od de dpal ldan verneige ich mich. Vor dem Nâgarâia (,'rîmâla verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Balabhadra verneige ich mich Vor dem Nâgarâja Balika verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Elâpattra verneige ich mich. Vor dem Nâga- râja Jalaja verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Varuna verneige ich mich.

Nachdem ich mich vor diesen verneigt habe, bitte ich sie alle in Seelengleichmut verharren zu wollen, wiewohl ich, der Gaben- spender, der die Vorbereitungen zum Opfer trifft, samt meiner Dienerschaft sowie [überhaupt | die Menschen, welche von anfang- und endlosen Fxistcnzperioden an bis auf diese Zeit gelebt haben, dem M erk, Wort und Gedanken der Nâga's Unglücksschläge und die zehn Todsünden zugefügt haben. Alle die, welche Geschnittenes gespalten, Festes gefällt und Zerstossenes zu Steincheu gemacht haben, Raub verübt, Stolz, Habgier, Geist des Verderbens, sinn- 3a liehe Leidenschaft, Haas, Anmassuug, Zerstörungshang und Bosheit gezeigt haben, mögen Entsühr.ung uud Reinheit erlangen. Wenn [diese Sünden] ausgetilgt sind, bitte ich euch um Ruhe der Seele.

Om Nâgarâja Ananta svâhâ! Oin Nâgarâja Karâkota1) ye svâhâ! Oiii Nâgarâja Lulaga svâhâ! Oiii Nâgarâja Yupana svâhâ! Oih Nâgarâja Ka-sa-yu svâhâ! Om Nâgarâja Vasuga") svâhâ! Oin Nâgarâja Alaka svâhâ!

Ferner wiederum Ànanda'): Was die Heilung der Nâgarâja**

1 Irrtümlich für Karkotaka. J Für Vusnki.

3 Koppen I 141; Fcer, Analyse 3S5.

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43

durch Arzeneitränke betrifft, so geht sie wie folgt vor sieh. Nach- dem ich Fichtennadeln und Barabusblätter, Pfauenfederaugen, weisse und schwarze Gewürznelken, Schlangenhaut, Handwurzel, Wasser- drachenklauen, Muskatnuss, Uäucherwerk, Meeressehaum, blauroten Utpala- lotus, Zinnober und Quecksilber, schönfarbige Muschel- schalen, weisses und schwarzes Guggula, [Herzkrankheiten heilende | 3b Herzforinfrucht, Mähnenhaarfasern und Flaumfedern, Milch der roten Kuh, Milch der weissen Ziege, Xàgakesara. weissen und schwarzen Sesam, Kampfer. Safran, weisses und rotes Sandelholz, Zucker und Zuckersyrup, Honig, alles dies den Xâgas zur Heilung dargebracht habe, möchten den Xûga's, da sie ja nunmehr im Besitz unerschöpflicher Schätze sind, schöne Gestalten, wenn sie mit den Augen sehen, wohltönende Klänge, wenn sie mit den Ohren hören, vortreffliche Wünsche und Begehren, wenn sie mit dem Geiste wahrnehmen, zu teil werden. Weil sie alle Arten von Heiltränken dargebracht haben, möge den opferrüstenden Gabenspendern von den durch Wind verursachten Krankheiten, von den durch Galle hervorgerufenen, von den durch Schleim erzeugten, von den schweren durch angehäufte Stoffe entstehenden Krankheiten. |kurz], 4a von den 404 Krankheiten Befreiung vergönnt sein. Möchten sie (d. h. die Gabenspender) scharfen Vorstand und lange Lebensdauer erlangen.

A

Ferner hinwiederum Ananda: die abgeschnittenen Haupt- und Barthaare der XâgarâjVs sollen durch Fichtennadeln und Bambus- blätter wiederhergestellt werden. Gliederverletzungen der Xâga s sollen durch die Handwurzel wiederhergestellt werden. Haut- schürfungen der Xâga's mögen mit Schlangenhaut geheilt werden. Bluterkrankungen der Naga's mögen durch Zinnober und Queck- silber geheilt werden. Klauenvorletzungen der Xaga's sollen durch Wasserdrachenklauen wiederhergestellt werden. Beschädigungen der Muskelfasern der Nâga's mögen durch Mähnenhaarfasern und Flaumfedern geheilt werden. Knochenbrüche der Xaga's sollen mit Muschelschalen und Zahnweinstein hergestellt werden. Ader- brüche und Serumerkrankuugen *) der Xaga's sollen durch rote

1) Es kann sich dabei nur um die verschiedenen Arten der Wassersucht handeln.

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- 44 -

Baumwollenfaden geheilt werden. Xervenverletzungeii der Xàgas sollen durch Muskatnuss und Kalmuswurzel geheilt werden. Der Xäga's Einäugigkeit soll durch weisse und schwarze Gewürznelken beseitigt werden. Hirnverletzungen der Xäga's sollen durch 4b Meeresschaum geheilt werden. Zahn- und Fingerverletzungen der Xàgas sollen mit Kärsäpana-münze geheilt werden. Fleisch- verletzungen der Xàgas sollen mit der Gla-gor-frucht geheilt werden. Xierenerkrankungen der Xäga's sollen durch die nieren- förmige Frucht wiederhergestellt werden. Fettkrankheiten der Xàga s sollen durch weisses Guggula geheilt werden. Eingeweide- erkrankungen der Xäga's sollen durch Xägakesara, weissen und schwarzen Sesam, Safran, weisses und rotes Sandelholz, Zucker. Zuckersyrup, Honig, geronnene Milch und Butter geheilt werden.

Ferner wiederum Ânanda: Was die Darbringung alier Arten opferfestlicher Bewirtung für die Nàgaràja's samt ihrer Gefolgschar betrifft, so weihe icli ihnen Obstbäume, die Früchte hervorbringen. Bäume, die Wohlgerüche erzeugen, Bäume, die Blattwerk treiben. Kumuda. Halo-[garten j-blumen, Sumpfzierpflanze, [wildwachsende] Blumen, Räucherwerk, Bod-getreido und Mon-getreide, vorzüglichste Seide, schwere Seidenstoft'e, verscliiedene Bildwerke. Gemüse zum

5a Unterhalt, gute Speisen, verschiedene Weihgeschenke, Branntwein, verscliiedene Arzeneien, die drei weissen und die drei süssen Dinge, und nachdem ich so alle Arten opferfestlicher Bewirtung dar- gebracht habe, möchten dadurch die Xäga's in den Besitz herrlicher Reichtümer gelangen. Schönheit möge ihnen zu teil werden, Farbe möge ihnen zu teil werden, Ruhm möge ihnen zu teil werden, Glanz möge ihnen zu teil werden, Kraft möge ihnen zu teil werden, das achtspeichige Rad möge ihnen zu teil werden: den Xäga's möge Vermehrung ihrer Dienerschaft zu teil werden, herrliche Macht und Reichtümer mögen ihnen zu teil werden. Den blinden Xàgas möge die Gestalten mit ihren Augen zu schauen vergönnt sein: den hungernden Xàgas möge Speise mit ihrem Munde zu empfangen

bh vergönnt sein. Den armen Xäga's möge Besitz zu erlangen ver- gönnt sein, den grossen Xäga's möge einen Gau zu erwerben ver- gönnt sein: den lahmen Xäga's möge die Fähigkeit des Gehens zu erlangen vergönnt sein. Möge den Xàga s von «1er Furcht vor dem

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«Segler der Lüfte* l,\ der Furcht vor dem Garuda, der Furcht vor dem Feuer, der Furcht vor dem Wasser, der Furcht vor Kaub und Diebstahl, der Furcht vor dem Donnerkeil, der Furcht vor dem Tgelstachel, der Furcht vor der Fledermaus, der Furcht vor dem Wunschbaum, [kurz] von allen Schattenseiten [ihres Lebens] Befreiung zu teil werden.

Ferner wiederum Ananda: Dadurch dass ich sämtlichen Nàga- räja's einen Wald von Obstbäumen geweiht habe, möge die durch das Fällon der Baum-;nan's eingegangene Schuld abgetragen werden. Da ich sämtliche Blumen dargebracht habe, mögen durch den Besitz verschiedener Nagaschätze mir und dem opferrüstenden Gaben- spender samt seinem Gefolge die unheilvollen Bilder [des Lebens] schön und angenehm werden. Weil ich alle Arten von Käucher- fi» werk dargebracht habe, möchte ich wohlriechend und beliebt werden. Weil ich alle Arten von Arzeneien dargebracht habe, möge ich von den Wind-, Galle-, Schleim- und vielen Krankheiten, den vier Krankheiten, befreit werden. Weil ich alle Arten von Getreide dargebracht habe, möge ich vom Elend der Hungersnot, des Grasmisswachses und der Missernte befreit werden. Da ich die sieben Arten der Kostbarkeiten dargebracht habe, mögen mir ein Leben angenehmer Bestückungen, ein grosses Fatum, eine lange Lebensdauer und grosse Reichtümer zu teil werden. Da ich vorzüglichste Seide und gute Speisen sämtlich dargebracht habe, möge ich in den Besitz der Macht gelangen, die Ernte eines un- gepflûgteu Ackers zu gemessen. Da ich vorzüglichste Seide und verschiedene Arzeneien dargebracht habe, möge ich in den Besitz der Macht gelangen, die Arten der Kleider zu gebrauchen. Weil ich alle Spenden von Gütern dargebracht habe, mögen Menschen- krankheiten und Viehkrankhoiten sämtlich in ihrem Stiome gehemmt werden. Möchten mir grosse Nagaschätze zu teil werden. Weil 6b ich den Xuga's die Opfergabe dargebracht habé, möchten mir un- erschöpfliche grosse Schätze zu teil werden.

Des reinen Werkes von den Hunderttausend Nàgas weisser Abschnitt.

1) In Anlehnung an den in Schiller's Maria Stuart gebrauchten Ausdruck, dem das tib. mk'a-ldin (Garu<Ja) genau entspricht.

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Der rG va -Übersetzer cByor-l>a dKa-ba (Durbhüti?) hat das Werk herbeigeschafft.

All Heil! II.

Des Werkes von den Hunderttausend Nâga's schwarzer

Abschnitt.

Ta Auf Sanskrit: Kra-ha-man-ti naina dhâranî. Auf Tibetisch: Die Dhâranî, genannt des reiuen Werkes von den Hunderttausend Nâga"s schwarzer Abschnitt. Vor dem Triratna vernoige ich mich. Vor dem Nâgarâja Ananta verneine ich mich. Vor dem Nâgarâja Taksaka verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Karkotaka verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Kulika verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Väsukiputra verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja (,'ankha- pâla verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Padma verneige icli mich. Vor der Menge der zehn Millionen und den vielen Hunderten von Nâgarâja'8 verneige ich mich. Vor dem Nâgarâja Apalâla ver- neige ich mich.

Lasst nunmehr den Nâga's uns die Sünden beichten! Wir samt unserer Gefolgschaft Wollen unsre Frevel so bekennen, Immer neu auf Sühnung sinnen. Wir samt unserer Gefolgschaft. Die wir von Geburt bis heute 7h An den Nâgazunftgenossen

Pflichtvergessen uns vergangen, Lasst uns beichten, lasst uns sühnen!

Tief ruht der Palast der Nâga's In dem grossen See Ma-p'am-jm; Gross ist er, der Türkissee, Gross der See mit neun der Inseln. Auf den grünen Alpeuauen Kotkuh, Rotstier murmeln leise,

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Schwärmern Gänse, schwärmen Enten. Flattern federstolze Pfauen, Tönt die Cymbel ihre Weise - Ach. von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde, Trübten drum den See und warfen, Was der ßraud versongt. hinein; J)och wir bergen nichts im Herzen, Wir bekennen und wir sühnen.

Nägasohloss im lichten Hain ragt, Wo am See sich dehnt das Dickicht: Rotkuh, Rotstier murmeln leise. Schwärmen Gänse, schwärmen Enten. Flattern federstolze Pfauen, Tönt die Cymbel ihre Weise Ach. von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde, Trübten drum den See und wühlten Herzlos seine Tiefen auf; Ja. wir borgen nichts im Herzen, Wir bekennen und wir sühnen.

Wenn des Nagaschloss-see's Dammwerk, Die Kanäle, die den See, ach, trüben. Sind erlegen der Zerstörung, Murmeln Rotkuh. Rotstier leise, Schwärmen Gänse, schwärmen Enten, Flattern federstolze Pfauen.

Tönt die Cymbel ihre Weise

Ach, von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde, Warfen, was der Brand versengt, Auf den tiefen Grund des Sees; Ja, wir bergen nichts im Herzen, Wir bekennen und wir sühnen.

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Bei dem Nàgahcrrschersehlosse Lachen Almen saftig-grün; Hei dem Schloss mit schönen Seiten Murmeln Rotkuh, Rotstier leise, Schwärmen Gänse, schwärmen Enten. Flattern federstolze Pfauen,

Tönt die Cymbel ihre Weise

Ach, von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde, Fällten drum des Waldes hohe Bäume1): Bei der Cymbel wirrem Wirbel Rotkuh, Rotstier murmeln leise, Schwärmen Gänse, schwärmen Enten, Flattern federstolze Pfauen, Tönt die Cymbel ihre Weise Ach, von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde, Trübten drum den See und warfen. Was der Brand versengt, hinein; Doch wir bergen nichts im Herzen, Wir bekennen und wir sühnen.

Ragt da ein Palast der Xaga's Auf des Tise weissen Gletschern; Rotkuh, Rotstier murmeln leise. Schwärmen Gänse, schwärmen Enten, Flattern federstolzo Pfauen,

Tönt die Cymbel ihre AVeise

Ach, von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde. Trübten drum den See und warfen, Was der Brand versengt, hinein; Sb Doch wir borgen nichts im Herzen,

Wir bekennen und wir sühnen.

1) Wörtlich: Beschnitten die Rinden und grossen Häume des Waldes.

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Ragt da ein Palast der Xäga's Auf der Berge grünen Almen; Rotkuh, R otstier murmeln leise, Schwärmen Ganse, schwärmen Enten, Flattern federstolze Pfauen,

Tont die Oy m bei ihre Weise

Ach, von solchem Prachtpalaste

Hatten wir ja keine Kunde

Grün sind dort die Schieferberge,

Bäume prangen in der Felsschlucht

Ja, wir bergen nichts im Herzen, Wir bekennen und wir sühnen.

Ragt da ein Palast der Xàgas Au dem blauen Türkissee, An dem grossen See Ma-dros-pa; Rotkuh, Rotstier murmeln leise. Schwärmen Gänse, schwärmen Enten. Flattern fedorstolze Pfauen,

Tönt die Cymbel ihre Weise

Acli, von solchem Prachtpalaste

Hatten wir ja keine Kunde, çia

Trübten drum den See und warfen,

Was der Brand versengt, hinein,

Fällten Bäume, die wir zählten;

Ja, wir bergen nichts im Herzen,

Wir bekennen und wir sühnen.

Ach, von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde Grau ist dort der Wasservogel; Rotkuh, Rotstier murmeln leise, Schwärmen Gänse, schwärmen Enten, Flattern federstolze Pfauen, Tont die Cymbel ihre Weise Ach. von solchem Prachtpalaste» Hatten wir ja keine Kunde,

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Trübten drum den See und warfeu. Was der Brand versengt, hinein. Gruben Steine, jauchzten neckisch; Doch wir bergen nichts im Herzen. Wir bekennen und wir sühnen.

In dem Nägaschlosse schmuckreich Schlecht ist unsrer Hände Werk: Wühlten in der sand gen Steppe Und den grossen Alpenwiesen; Doch wir bergen nichts im Herzen. Wir bekennen und wir sühnen.

Ragt da ein Palast der Nâga's Auf des Höchbergs breiten Hängen: Rotkuh, Rotstier murmeln leise, Schwärmen Gänse, schwärmen Enten, Flattern federstolze Pfauen.

Tönt die Cymbel ihre Weise

Ach. von solchem Prachtpalaste % Hatten wir ja keine Kunde,

Trübten drum den See und warfen. Was der Brand versengt, hinein.

Sieh, wie sich der Yiolkopfnäga windet. Und die Vielkopfschlange hin- und herwogt, Und der blaue See von Türkis schimmert!

Den in diesem befindlichen Nâgarâja's und den Nâgarâja's samt ihrer Gefolgschaft, euch bringen wir die Opfergabe dar. Wir bitten, uns Nahrung zu gewähren. Uns und unserer Gefolgschaft verleihet Beistand und Freundschaft. Die schmerzenden Glieder des Körpers wie die stumpf gewordenen Sinnesorgane mögen durch die Gelübde des gerechtesten Königs1) zu Trägern von Glück und Vollkommenheit werden Möge ich von allen herben Leiden be- freit werden. Nunmehr ist das Sündenbekenntnis den Naga's ab- gelegt. Im Gedenken an meine früher erwählte Schutzgottheit

1) Wahrscheinlich Könii,' Sron btsan sgam po.

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bitte ich euch an diesen Ort zu oin und derselben Stelle zu kommen. Ananta, Taksaka, Karkotaka, Kulika, Vâsukiputra, Çankhapàla, Sad-ina c'un und die andern acht grossen Nâga's mit ihrem Ge- folge bitte ich an diesen Ort zu kommen. Mit der Kraft des 10a Yajrapani. mit dem Gelübde des gerechtesten Königs, bitte ich euch in diesen Ort an ein und derselben Stelle einzutrefen. Die im Zuekersyrup bestehende goldene Spende, die verschiedenen Arten der Speisen und jene Nngageschenke verleiht den Menschen!

Was auch immer ihr uns voll Freude rauben raöget, messet den Besitzern rechtzeitiges Reifen [der Ernte] und Frühstücks- wie Mittagsmahl zu! Jetzt nehme ich meine Zuflucht zum Nàga.

In den Nagasehlössern reichgeschmückt Kotkuh, Rotstier murmeln leise. Schwärmen Gänse, schwärmen Enten. Flattern federstolze Pfauen,

Tönt die Cymbel ihre Weise

Ach, von solchem Prachtpalaste Hatten wir ja keine Kunde: Was am Xägageist gefrevelt, Lasst uns beichten, lasst uus sühnen.

Hundert Jahre möchte ich leben! Hundert Herbste möchte ich sehen! Menschenkrankheiten. Yiehkrankheiten mögen in ihrem Strome gehemmt werden. Die zweiffissigen Wesen mögen Glück erlangen, die vierfüssigen mögen Glück erlangen *). Als Bhagavant 10b auf den Nutzen der 500 lebenden AVesen bedacht war. lehrte er. nachdem er sich mit den im Roteufels-Löwenschloss wandelnden Nàga1 s und /Nan s und dem Xâgarnja Apalàla beraten hatte: möge es allen Wesen zum Nutzen gereichen!

Des reiuen Werkes von den Hunderttausend Nàga's schwarzer Abschnitt ist hier beendigt.

1) Hier folgt im Text dor Satz: Klui ;tor-ma dai'i mc'od pa dan na ga p'u na ga k'rol na ga mt'oii na ga bdc-legs-su gyur-cig, wovon ich nur Anfang und Schluss zu übersetzen vermag: „Der Nàga's Streuopfer und Opfergabc .... mögen zum Glück werden-'. Die Worte na ga p'u na <;a k'rol na ga mt'oü na ga sind mir dagegen einfach unverstandlich, und ebenso wenig wage ich über die jedenfalls verdorbene Lesart eine Conjektur aufzustellen.

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III.

Des Werkes von den Hunderttausend Nâga's buntfarbiger Abschnitt in kurzgefasster Darstellung des Hauptsächlichen.

Ha Dem Orimant rGva-lo zu Fassen verneige ich mich. Um die Krankheiten der Erdkobolde, Nâga's und /Nan's zu heilen, giesse man in ein kostbares Gefäss hinein reines Wasser, die drei weissen wie die drei süssen Dinge und die fünf Nâgaarzeneien, richte, um Kettung fur die Wesen zu erzeugen, die Meditation auf seine persönliche Schutzgottheit und den grossen Erbarmer1) und sage Oiii mani padme hùrii hri 101 Mal her.

Auf Sanskrit: Nàgarâja patayaye svâhà. Auf Tibetisch: Vor dein Bhagavant Vajrapâni verneige ich mich. Nachdem man im Gedenken an das Mysterium des grossen Erbarmers1) aus einem Schnahelgefiisse geschöpft und die safran- (oder: mohn-) gleiche Zunge hat ertönen lassen, erfolgt erstens die Beschwörung aller Nàga 's, zweitens die Darbringung der Huldigung, drittens von dem, was man sein Eigen nennt, die Spende des Liebsten, viertens die Spende der Opfergaben, fünftens Hersagen des Gebetes, sechsten s die Beichte, siebentens die Heilung mit Arzoneien, achtens die Bitte um thatkräftigen Schutz.

Darauf (zunächst] die Beschwörung: Ihr Scharen «1er Nâga's,

lib hausend auf den in den 30(K3 Welten und Erden gelagerten Seen und Strömen, Bächen und Nebenflüssen, Maren, Quellgebieten, Teichen und Bornen, den sieben Bergen, Felsenbergen und erdigen Steinen, in Wind, Feuer, Wasser, Äther und allen diesen Elementen, Nanda, Upananda, Ànanda, Katnacilda, Ananta. Çankliapâla, Vàsuki. Manaavin, ihr acht grossen Nàgas, kommt hierher, ich bringe euch die Opfergabe dar.

Ihr Nâgarâja's Balabhadra, Elâpattra, Gulma, Anavatapta» Gandhavant, Kulika, Vàsuki, (rimant und übrigen Vaiçya's, kommt hierher, ich beschwöre euch, und empfangt diese Opfergabe. Nâga- raubtier, Baumfruchtgesichtiger, Spiegelgesichtiger, Gazellonköpfiger, Scorpionköpfiger, Vogelköpfiger, Sehlangenköpfiger und ihr übrigen

1) Tib. T'ugs rje cVn po - Sk. Mahàkarui.ia, Beiname des Avalokitcçvara.

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Çùdras, auch euch beschwöre ich, empfangt diese heilige Opfer- gabe. Dir Nagafürsten Regensender, Donnerer und Früchtereifer, 12a Kala' s und Upakàla s, Leidschaffer und Verderbenbringer, ihr im Wasserelement hausenden Nâga's, im Luftelement hausenden Nâga's, im Krdelement hausenden Nâga's, im Feuerelement hausenden Nâga's, im Holzelement hausenden Nâga's. ihr nuf Hochgebirge und Hügeln hausenden Nâga's, in der Dreiheit Erdstein, Wasser. Holz hausenden Nâga's, ihr alle, die der Brâhmanakaste angehören, kommt hierher, ich beschwöre euch, und empfangt diese heilige Opfergabe. Aber nicht mit hassgeschwollenem Herzen sollt ihr euch nahen, nicht mit einer Seele voll Zorneswut und Aufruhr- tosen euch nahen, nein, sanften und erbarmuugsreichen Herzens bitte ich euch zu kommen. Zu den die Lehren der heiligen Religion beschützenden und jede in ihrer Art begehrenswerten Gaben bitte ich euch zu kommen. Oui Nâga Sapârisamaya ja, ja.

Indem man so siebenmal sagt, soll man mit einem Eisenhaken 12b in der Hand die Beschwörung vollziehen.

Zweitens: vor allen Nâga's verneige ich. Vor dem Nàgarâja Buddha Bhagavant verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Ànanda verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Ananta verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Çaùkhapâla verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Vàsuki verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Mauas vin verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Ratnacûda verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Balabhadra verneige ich mich. Vor dem Nàgarâja Kulika vorneige ich mich. Vor den Nägaciidrakasten verneige ich mich. Vor den Nâgabrâhmanakasteu verneige ich mich. Vor den Nàgacaiulâlakasten verneige ich mich. Vor den Näga-söhnen and -eukeln und vor ihnen samt ihrem Gefolge von Sklaven und Dienern verneige ich mich.

Nachdem man mit der rechten Hand die Opfergabe dargebracht hat, soll man „Om vàsuke man svâhâ" 101 mal hersagen.

Drittens: von dem, was man sein Eigen nennt, die Spende des Liebsten. Oiii nàgarâja Vu-ba-ni-hal) svâhà. O m nàgarâja 18a Ta-ka-sa*) svâhà. Om nàgarâja Gu-na-ku-de svâhà. Oiii nàgarâja

1) Vcrgl. 8 a, 3 Yu-pa-ua. 2j Für Taksaka.

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A-na-na-tn l) svàhâ. Orii nàgarâja U-p4unta svàhà. Xàga Sa-ii-ta svàlia. Xàgaràja Ko-ta svâhà. Xàgaràja *U-li-ke svâhà. Nàgarâja Sar.-ka-pa-la svàhâ. Xàgaràja Ki-li svâhà. Nàgarâja Jo-la svâhà. Mi-li mi-li svàhà. Hi-li hi-li svàhâ. Ja-la ja-la svàhà. Pa-ta pa-ta svâhà. Bra-ra bra-ra svàhà. Ku-ti ku-ti svâhà. Ta-kra ta-kra svâhà. H a-la ha-la svâhà. Hu-lu hu-lu svàhâ. Hi-ti si-ti svâhà. Xa-ma ku-ru ku-ru svàhâ. 'E-ga-te svàhà. 'A-ra-re svâhà. Ma- dhc-ye svâhà. Pa-ti-ni svàhâ. *A-pa-re svâhà. Si-pa-ti svâhà. Tu-re tu-re svàhà.

Viertens: Heilung sämtlicher Nàga's durch Arzeneitränke. Den Xàgaràja's sollen Erkrankungen der Haupt- und Barthaare durch Fichtennadeln und Batnlmsblätter geheilt werden. Einäugige sollen

13b durch weisse und schwarze Gewürznelken geheilt werden. Ver- letzungen der Farbe sollen durch Pfauenfederaugen geheilt werden. Zahn- uud Fingerverletzungen sollen durch Kâr>àpaiia geheilt werden. Schädelverletzungen sollen durch eine Haudvoll Salbe geheilt werden. Gchirnverletzungen sollen durch Meeresschaum geheilt werden. Hautschurfungen sollen durch Schlangenhaut geheilt werden. Glieder- verletzungen sollen durch die Handwurzel geheilt werden. Fiuger- verletzungen sollen durch Wasserdrachenklauen geheilt werden. Lippenverletzungen sollen durch Utpala geheilt werden. Fleisch- verletzungen sollen durch die Gla-gor-frucht geheilt werden. Nieren- orkrankungen sollen durch die nierenformige nierenheilende Frucht geheilt werden. Fettkrankheiten sollen durch weisses Guggula geheilt werden. Eingeweideerkrankungen sollen durch Nâgakesara, Nàgapuspa und Sesam und weissen und schwarzen Sesam geheilt werden. Anderes soll durch Kampfer, Safran, Sandel, Zucker. Zuckersyrup und Honig geheilt werden.

Ferner wiederum Ànanda: Was die Darbringung aller Arten

14a opferfestlicher Bewirtung für die Nâjaràja's samt ihrer Gefolgschar betrifft, so weihe ich ihnen Bäume, die Früchte hervorbringen, Bäume, die Blattwerk treiben, Kumuda, Halo-(garten]blumen. von Räucherwerk Gandhamâriisî und Tagaram, verschiedene Boil- getreidearten, Mongetreide, vorzüglichste Seidenarten, verschiedene Bildwerke, Gemüse zum Unterhalt, gute geronnene Milch, Weih- geschenke, Branntwein, die drei weissen wie die drei süssen Dinge

1) Für Ananta.

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und solche ausgezeichnete Opfergaben und Sehätze, und dadurch mögen den Nàgaraja's und den übrigen, nämlich der Nàga-vaicya- kaste, der Nàga-eûdra- kaste, der NAga-candâla -kaste und den übrigen sämtlich herrliche Reichtümer zu teil werden. Schönheit möge ihnen zu teil werden, Farbe möge ihnen zu teil werden. Mögen die Hungernden Speise empfangen, mögen die Tauben mit den Ohren Töne vernehmen. Möge den grossen Nàga's auf einen Gau zu treffen vergönnt sein. Mögen die in den Objekten der 14b fünf Skandha's ruhenden fünf Wünsche des Begehrens wie Regen herabfallen!

Fünftens: Ablegung des Sündenbekenntnisses vor den Xâga's. Gegen den segensreichen Geist, der von dem Sitz der Xâga's und /Nans ausgeht, haben wir uns vergangen: denn Baum-znairs haben wir gefallt, Krd-j-nan-po's aufgerührt, Stein-^fian's zerschlagen, Felsen-;fian's gespalten; Nsiga-bäumen haben wir die Nahrung ab- geschnitten, XAga-schafe haben wir an ihrem Leibe geschlachtet, Niiga-hühner und -ganse in Schlingen gefangen, zahlreiche Kaul- quappen aufs Trockene getrieben, Soorpionen die Stacheln aus- gerissen, Schlaugenleiber zerstückelt, den Bauch von Fischen auf- gerührt, die Glieder von Fröschen zerschnitten, die Nagapaläste zerstört, Quellen in Wassergräben geleitet, Excremente in Teichen angesammelt, die Quell-/fian-po*s verstopft: diese Sünden bekennen wir, sühnen wir. Alle den Nâga's zugefügten Schädigungen, die Verunreinigung von Höhen und Schlössern bekennen und sühnen wir. Möchten wir geläutert und rein werden.1)

1) Mit diesen und den obigen aniinistischcn Vorstellungen, die das Bonpo- sutra in seinem breiteren 8trome der Darstellung ausführlich behandelt, ver- gleiche man die Anschauungen eines deutschen Romantikers des 19. Jahrhunderts, die im Grunde dasselbe, nur mit ein bischen andern Worten, besagen. Ludwig Tieck lasst sich in seiner Novelle „Der Alte vom Berge" also vernehmen: „Mein Schatz: Erde, Wasser, Luft, Berg, Wald und Thal sind keine toten, leblosen Hunde, wie Ihr vielleicht meint. Da wohnt, hantiert allerlei, das Ihr so viel- leicht Kräfte nennt: das leidet es nicht, wenn ihm die alte stille Wohnung so umgerührt, aufgegraben (vergl. Bonpo-sûtra fol. TOb, 141a!), mit Pulver unter dem Leibe weggesprengt wird ; die ganze Gegend hier, meilenweit umher, raucht, dampft, klappert, pocht, man schaufelt, webt, gräbt, bricht auf, wütet mit Wasser und Feuer bis in die Eingeweide, kein Wald wird verschont, Glashütten, Alaun- werke, Kupfergruben, Leinwandbleichen und Spinnmaschinen, seht, das muss Unglück oder Glück dem bringen, der die Wirtschaft und den Spektakel anrichtet.

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15a Sechstens: Erklärung der Lehre für die Naga's. Die Bilder, die man auf die Lehren anwendet, sind folgende: rein, klar und ungetrübt, unerfasslich und unaussprechlich, in Ursachen und Werken tief begründet (eig. in die Erscheinung tretend), wesenlos und ortlos. Hat mau mit den Worten: „Derartig sind die Lehren-, dieselben auseinander gesetzt, [dann erkläre man] die erhabene Seelenlehre (d. h. die Lehre von der Seelenwanderung). Ferner [sagtel der Menschensohn1) Buddha:

Die DI) arm äs sind sämtlich aus Ursachen entstanden. Den Grund derselben hat der Tathàgata verkündet. Was sich jenen (näml. den Ursachen) entgegenstellt

(d. h. sie vernichtet). Auch dieses Wert hat der grosse Tramaiia verkündet.

Durchaus keine Sünden begehen, Herrliche Tugenden ausüben, Das eigeno Gemüt völlig bezähmen: Dies ist Buddha's Lehre.

So spricht man. Namo ratnatrayàya. Oiii kaih-ka-ni kaiii- ka-ni. Koca ni roca ni. K rota ni krota ni. Trasa ni trasa ni. Pratihana pratihana. Sarva karma paraihvara ni sarva satva nanea 15b yo svâhà. Mögen die Sünden der Nàga's und Erdkobolde rein werden. Also spricht man siebenmal.

Siebtens: Bitte an die /Nan-po's um thatkräftigen Schutz. Dem opferrüstenden Gabenspender samt seinem Gefolge möge

ruhig kann es nicht abgehen. Wo keine Menschen sind, da sind die stillen Berg- und Waldgeister, werden sie nun su sehr gedrängt, denn in gewisser Nähe und Ruhe vertragen sie sich gut mit Menschen und Vieh, rückt man ihnen zu scharf auf den Leib, so werden sie tückisch und bösartig, da giebt's dann Sterben, Erdbeben, Überschwemmungen, Waldbrand, Bergfall oder was sie nur zustand*» bringen, oder man mnss sie hart zwingen, dann dienen sio freilich, aber wider Willen, und je mehr sie einbringen, um so weniger sind sie am Ende gutmütig."

1) Freie, aber vielleicht nicht unpassende Übersetzung von rigs-su skyes, der in der Kaste oder überhaupt in der Familie, unter Menschen geborene, mit Be- ziehung auf Buddha's vorangegangene Existenz im Tusitahimmel, eine Ansdrucks- weiso, die freilich zunächst aus (,'àkyai rigs su skyes oder 0k'rui*is „der aus dem <;âkyage*chlecht Entsprossene" verallgemeinert ist. S. anch Grünwedcl, Buddh. Kunst S. 189.

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vollkomniiicr Schutz, vollkommene Hülfe, Ruhe und Glück zu teil werden. Verderblicher Aussatz und Geschwüre, welche die Nàga's senden, Waffen, Hungersnot, das durch Sehen erzeugte Gift, das durch Denken erzeugte Gift, das durch Atmen erzeugte Gift, das durch Fühlen erzeugte Gift, die Furcht vor den Nàgaràja's, die Furcht vor dem Feuer, die Furcht vor dem Wasser, die Furcht vor dem Winde, die Furcht vor Erdbeben, die Furcht vor zu frühem Tode, ferner die Wirkungen des Windes, die Wirkungen der Galle, die Wirkungen des Schleimes, die Wirkungen der An- sammlungen, die 404 Krankheiten mögen beschwichtigt werden. Aussatz und Geschwüre, Erätze, Beulen, Blattern, Kropf, Ver- krüppelung, Lahmheit, die durch angehäufte Stoffe entstandenen, lGa die vier Krankheiten mögen beschwichtigt werden.

Ferner wiederum Ànanda: Mögen die Nâgarâja's von Zeit zu Zeit Regen herabsenden, möge die Ernte reifen und die Menschen- krankheiten gestillt werden. Ferner mögen gemäss dem von Ànanda gesprochenen Gebet die Nàga's in den Besitz von Schön- heit und Farbe gelangen. Mögen die Hungernden der Speise teil- haftig werden. Mögen die Tauben mit den Ohren Töne ver- nehmen. Mögen die grossen Nàga's einen Gau erwerben. Mögen die in den Objekten der fünf Skandha's ruhenden fünf Wünsche des Begehrens sich gleich Regen herabsenken.

Ferner wiederum Ànanda: Weil ich den Nàgas alle Arten von Obstbäumen dargebracht habe, möge die durch das Fällen der Baum-;naifs eingegangene Schuld abgetragen werden. Weil ich mannigfaltige Blumen dargebracht habe, möge ich in den Besitz^ von Reichtümern gelangen. Weil ich alle Arten von Arzeneien gespendet habe, möge ich von deu durch Wind, Galle, Schleim angehäuften vierhundert Krankheiten befreit werden. Da ich fünf verschiedene Seidenerzeugnisse dargebracht habe, möge ich die Macht erlangen, die Arten der Kleider zu gebrauchen. Weil ich 16b fünf Arten von Kostbarkeiten dargebracht habe, möge meiu Leben lang werden und meine Macht zunehmen. Weil ich mannigfache gute Speisen dargereicht habe, möge ich von den Plagen der Hungersnot und Missernte befreit werden. Mögen die Jahres- niederschläge immer zweckmässig verteilt sein; mögen sie (d. i. die Nàgas) das Wasser des Regens von Zeit zu Zeit herabsenden.

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Die grossen Xùga's bitte ich hierherzukommen. Die auf der rechten des jenseitigen Berges hausenden bitte ich zu kommen, die auf der linken des diesseitigen Berges hausenden bitte ich zu kommen. Menschenkrankheiten, Viehkrankheiten mögen alle in ihrem Strome gehemmt werden, und dadurch sich glückbringender, herrlicher Segen ergiessen!

Des reinen Werkes von den Hunderttausend Nnga's bunt- farbiger Abschnitt in kurzgefasster Darstellung des Hauptsächlichen ist hier beendigt.

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Glossar.

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kar*a-pa-ni = S. kdr?dpana. 4b 1, 13b 1. Balfour, Cyclo- paedia of India II 510. Bumouf, Introduction 535. Es kann sich in unserm Falle bei dor Heilung von Zahn- und Fingerverletzungen der Nàgas mit K. nur um eine Spende, ein Münzopfer handeln, das die Heilung bewirken soll, den Kranken aus den Klauen dämonischer Mächte loskaufend; diese Erscheinung ist zu erfassen und zu entwickeln aus dem Tulâpurusha der Inder, einem Brauch, den M. Haberlandt in den Mitteilungen d. Anthrop. Gesellsch , Wien, XIX, 3, 1889, 160 164 seinem Wesen und Werden nach eingehend verfolgt hat.1) Wird im heutigen Indien eine Schlange getötet, so wird dem Leichnam eine Kupfermünze in den Rachen gesteckt, und derselbe dann verbrannt, Winternitz 257. Goldopfer, namentlich für Ortsgenien, sind in Tibet nicht selten, vergl. z. B Turner 22, 61; Andrada, Lettere annue 14.

klad-pa. 4 a 7. Vyutp. 257 a 2 mastaka, ebenso Zamatog fol. 4; dennoch ist das Wort an dieser Stelle nur als „Gehirn" aufzufassen; nur diese Bedeutung des WTortes kennt Desgodins. Roero III 228 ladpii cervello. Vergl. auch Schiefner, Bharatae responsa p. 39, no. 13.

dkar gsum. 5a 2, 11 a 2, 14a 5. Wassiljew in Tàranâtha II 325.

sku gmü t'ugs. 2a, 6. Im tib. Krûmû für lus, nag, yid. Über diese Dreiheit vergl. della Penna bei Markham 335. Jäschke, Diet. 115b, 259a. Schott, Zur Litteratur des chinesischen Buddhis- mus, Abh. Berl. Akad. 1873, 56. Hanion 628 Xo. 104, 631. Huth, Tsaghan Baisin 48; Geschichte des Buddhismus in der Mongolei IT 190. 245. Waddell 145 no. 2. Wenzel § 76, 88. K.Marx JASB LX 1891, 121 no. 64. Die Indien betroffende Litteratur findet man verzeichnet bei L. Scherman, Materialien zur Geschichte der in- dischen Vi8ion8litteratur 1892, S. 40 no. 1. Die obige Formel wird mystisch durch om, àh, hùm ausgedrückt: Waddell, The

1) Verffl. auch Harlez, La religion national« des Tartarcs Orientaux Mauri chous et Mongols 4.">.

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refuge-formula of the Lamas, I A XXIII 75: Waddell 147. 40*. 403: Grünwedel, Ikonographie 131; Rockhill. Diary t>7.

skud dmar-po, roter Faden. 4 a 5. Wenn es sich 4a5 darum handelt, Ader- und Serumerkrankungen der Naga's mit Hülfe roter Baumwollfäden zu heilen, so kann es sich dabei zunächst um keine Sympathiekur oder Suggestivheilung handeln, sondern nur um einen rein äusserlichen, objektiven schamanistischen Zauberakt. Kote Fäden benutzen nämlich die Schamanen Sibiriens in vielen Fällen; in der mongolischen Heldensage von Gesser Chan wahrsagt der Riese wiederholt vermittelst roter Fäden, in Schmidt's Übersetzung 117, 145 etc.; ebenda 1 3T> ist von eiuem Menschen die Rede, der ein solch ausgezeichneter Zeichendeuter ist, dass er aus seinen roten Fäden ohne den geringsten Irrtum alles weissagt.

Fäden haben im Folklore eine doppelte Bedeutung in ihren zur transscendenten Welt gedachten Beziehungen: entweder bilden sie eine trennende Barriere zur Abwehr von Geistern oder stellen einen Weg zur Verbindung mit ihnen dar. so z. B. bei den Zigeunern Siebenbürgens (Wlislocki, Volksglauben und religiöser Brauch der Zigeuner 18!»1. p. 33, 15S). die in der Johannisnacht einen weissen Faden über einen Fluss spannen, damit die Ver- storbenen ihre Angehörigen besuchen können, während das Gegen- teil z. B. der die Geister abhaltende heilige Faden der Brahmanen bewirkt, IA XXIII 383 (beachte auch die Hölle T'ig-nag, Wenzel, $ 77 und Bastian. Geogr. u. ethnol. Bilder 45*) Vergl. im übrigen Rochholtz, Deutscher Glaube und Brauch II J04 („Der rote Faden"): F. Liebrecht, der liegende Faden, Philologus XIX 582: ders . zur Volkskunde. 305 310. In unserni Falle handelt es sich wohl um die Verstellung, dass die Krankheitsdämonen aus dem Körper des Patienten herausgelockt und zum Abzug auf dem Wege des Fadens gezwungen werden sollen: über eine ganz analoge Vorstellung der Manju vergl. Harlez, la*reIigion nationale des Tnr- tares orientaux Mandchous et Mongols p. 47. Es muss freilich die Möglichkeit offen gelassen werden, dass. da dieses Mittel gerade gewählt ist, die roten Fäden doch eine gewisse, wenn wahrschein- lich auch erst nachträglich construierte, Beziehung zu den Adern darstellen sollen. Dass diese Beziehung das secundäre Element darstellt, wodurch denn auch meine obige Deutung ihre Bestätigung

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erhält, dürfte deutlich aus einer Stelle des Oxf. Bon-Ms. fol. 6b erhellen: ras skud dmar po yi grogs moi skyed pa c'ad pa gsos, d. h. durch rote Baumwollfäden sollen die geschnittenen Leiber der Ameisen geheilt werden. In diesem Falle ist doch eine sym- pathetische Verbindung des Heilenden mit dem zu Heilenden kaum denkbar.

skyabs. klu-la su mcH 10a 4. Vergl. zum Ausdruck die be- kannte buddhistische Glaubensformel, tib. angeführt von Jäschke, Diet. 26a; hier findet sich aber Sans - rgy as - kyi etc., wo hier -la stellt, ein Unterschied, der recht vor Augen führt, wie die tib. Sprache in ihrer Ankettung ans S. und wie sie im selbständigen Ausdruck ihrer Gedanken denkt. Das Suffix -la, das eine An- näherung an den Gegenstand, ein Ergreifen und Verweilen an dessen Oberfläche bezeichnet (Schiefner, Tib. Studien IV 1K3), ist hier der örtlichen Anschauung «1er Sprache entsprechend der obigen Redensart weit adaequater. Local ist aueli die Auffassung in: byaü e'ub bar-du skyabs-su inc'i, Münchener Cod. VI fol. la 1. wozu man auch cJigs med nam nik'a 1 p. 1, 11 byaü c'ub bar du skyons vergleiche. In einem tib. Buche mit dem Titel: bsags pa smon lam mams b/.ugs so findet sieh die obige Formel auch in der Gestalt: Sans rgyas la skyabs su mc'io u. s w., und dem Buddha voraus geht noch der Lama, zu dem sich die Wesen all- zeit flüchten sollen: sems can tarns cad dus rtag tu bla ma la skyabs su mc'io.

xkyems p'rat). 5a '2. 14a 4. Wer hier wörtlich übersetzte, würde zu dem Krgebnis gelaugen „Felsenfusspfad des Trankes". Der Ausdruck kann aber nur identisch sein mit dem von Jäschke. Diet. 30a, als westtibetisch eitierten skyems-dan, was im lland-

Wörterbuch :U>a ^pW^JJC* gesehriebeu wird; das dahinter ge- setzte Fragezeichen drückt nur einen Zweifel an der Richtigkeit der Schreibung von , brau aus, der bei einem Dialektworte leicht genug entstehen konnte und die Berechtigung, skyems -0pkran mit diesem skyems-Gbran zu identifizieren, wesentlich verstärkt; die Bedeutung „Branntwein" ist jedenfalls unangefochten. Desgodins kennt deu Ausdruck nicht Vergl. übrigens auch brau -rgyas Opfer, Spende von Speisen, und sachlich Wenzel § .">

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skraùs Ihog. 15 b 8. Wörtlich: geschwollenes Geschwür, was ich als Kropf (lba-ba) deuten möchte, der eine in Tibet wie in Centraiasien überhaupt weit verbreitete Krankheitserscheinung ist. Vergl. Turner 43; Saunders 97— 100; Przewalski 215; T. T. Uooper 304; Széehenyi CX VI; H. Schlagintweit, Reisen in Indien und ilochasien III 289; Littledale 456: Wenzel § 94; Rockhill, Diary 291. Die Bodlojana in Oxford besitzt ein tib. Werk, das von der Heilung des Kropfgesehwulstes handelt, s. Tibetan Mss., Schla- gintweit Collection (lithogr.) Nr. 24.

k'a ma nets. 7 b t>. Man möchte sich versucht fühlen, dafür ga-na-bar zu conjicieren: doch scheint es nicht ausgeschlossen, dass k'a-ma hier dialektisch für k'ams gebraucht ist, vermöge der sicher zwischen k'ams und kka in der Bedeutung von „Teil* obwaltenden Beziehung; vielleicht hat sich ahm* auch k'a-ma nur provincial aus k'ams entwickelt, wenn nicht gar anzunehmen ist, das die Lesart des Textes verdorben ist.

fcron-pa, hölzerner Wasserkanal. 8a 1. Die Anwendung dieser Bedeutung des Wortes scheint doch verbreiteter zu sein, als Jäschke annimmt, der dieselbe auf Lahùl einschränkt. Dass das Wort hier nicht „Quelle" bedeuten kann, geht aus dem ganzen Zusammen- hang der Stelle zur (ienüge hervor. Zweifelhaft könnte man an der Stelle 14b, 6 sein, wo beide Bedeutungen in k'ron-pa denkbar wären. Desgodins, Diet. 121a, übersetzt: Brunnen. Vyutp. 259a 1 S. kiipa, udapàna. yur-ba Wassergraben, Wasserlauf. Wasser- leitung. 14b <». Ramsay 20: yoora. Vergl. wa. rka und gur e'u (Desg). Vyutp. 258 b 4 yur-po c'e kulyâ.

Die in hohem Grade entwickelte künstliche Bewässerung des Landes gehört zu den hervorragendsten Erscheinungen tibe- tischer Kultur. „Bewässerung, die man gut in Tibet versteht, wird in ausgedehntem Masse betrieben," bemerkt Rockhill. Notes 711: „unter den Tibetern des nordwestlichen Kail -su win! Wasser auf beträchtliche Entfernungen durch Thäler in Rinnen gezogen: diese sind in Baumstämmen eingegraben, die durch ein leichtes Gerüst gestützt werden: dieses System findet man auch in vielen Teilen des südlichen Tibet." (S. a. Rockhill, land 135, 153: Tibet 65; diary, Index v. irrigation.) Der künstlichen Bewässerung geschieht in der Geschichte zum ersten Male Erwähnung unter der

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Regierung des noch in halbmythisches Dunkel gehüllten Königs Bya-k'ri oder sPu-de-kun-rgyal (Huth, Geschichte des Buddhismus in der Mongolei ü 5), aus dessen Zeit erzählt wird, dass Seen in Kanäle (yur) geleitet und Brücken über die Flüsse geschlagen wurden (Schlagintweit, die Könige von Tibet 836, im Text fol. 14b 2: rgya mts'o yur la dran 8 nas c'u la zam pa 0dzugs), was in unmittelbarem Zusammenhange mit der kurz vorhergehenden Nachricht steht, dass man mit Hülfe durchbohrter Hölzer1) Pflüge und Nackenjoche herstellte, jo ein Paar auf dem Nacken zusammen- legte und so die Ebenen in ihrem Boden aufwühlte. Das Bodhimör fügt hinzu, dass vor der Zeit dieser Könige in Töböt kein Feld- bau, sondern nur Viehzucht getrieben worden sei (Schmidt, Sanang Setsen 318). Auch König Sron btsan sgam po liess die schäd- lichen Bergwässer in Behälter sammeln und durch Kanäle ableiten, s. Köppen II 65. Die bei Schlagintweit, Könige von Tibet 857 unter König bLa-c'eu von La-dags vorkommende „Zurichtung der drei Seen von Gangs-ri für die Bewässerung von 500 Feldern" ist fern zu halten, da die dem Texte gar nicht entsprechende Über- setzung durchaus unbefriedigt und die Lesart des Textes so dunkel und wahrscheinlich so entstellt ist, dass es unmöglich ist, einen vernünftigen Sinn herauszulesen. Zwei Arten der Bewässerung sind zu unterscheiden: die eine, bei der das Wasser aus Flüssen oder Seen unmittelbar in Gräben (yur-ba) abgeleitet wird, die andre, bei der dasselbe vermittelst aus Holz verfertigter Kanäle geschieht (k'ron-pa); letztere dienen ausser dem Zweck der Feld- berieselung auch als Wasserleitung für den Gebrauch der Menschen. Turner hat beide Methoden in Bhûtan kennen gelernt und kurz beschrieben. „Die Bhûtaner leiten u, sagt er p. 46 seines Reise- werkes, „wenn der Regen ausbleibt, die kleinen von deu Gebirgen herabströmenden Bäche auf ihre Felder". Auf dem Wege vom Dorfe Gygugu nach Murichom, der über das Gebirge hinläuft, fand der Reisende an den Seiten Wasser auf weite Strecken durch hohle Bambusröhren geleitet, um seinen Durst zu stillen (p. 23).

1) Sin la bug pa phig nas nachdem man in Holz Löcher gebohrt hatte. Schlagintweit hat die Stelle missverstanden. Die hier beschriebenen Werkzeuge scheinen eben dieselben zu sein wie die noch heutigen Tages in Tibet beim Ackerbau üblichen, s. dar. Rockhill, Notes 711, Bonvalot 841.

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In der Umgegend von Tassisudon l), der Hauptstadt von Bhutan, traf or Wasserleitungen, die aus hohlen Bäumen bestehen, längs den jähen Bergwänden auch über Thäler fortgeführt sind und sich über zwei Meilen erstrecken (p. 49). Nach Moorcroft (355) werden bei der Stadt Dhumpu die Felder durch Kanäle bewässert, die aus einem Bache, und zwar nahe an dessen Quelle, hergeleitet werden. Shipki, ein grosses Dorf im Distrikt von Rong-chüng, wird durch Ströme bewässert, die von den Gletschern und Schneebetten nach dem südwestlich gelegenen Küng-ma Pass künstlich dahin geführt werden (A. Wilson 191). In Spiti werden im Sommer die Felder durch künstliche Kanäle bewässert, dereu Wasser aus den Gebirgs- strömen herstammt (ders. 244). Vergl. auch A. Campbell, Itinerary from Phari in Tibet to Lhasa, JASB XVII 260, Przewalski 214. Auch das zum Treiben eines Schaufelrades dienende Wasser wird in einem ausgehöhlten Baumstamme geleitet, wie Bonvalot p. 427 gelegentlich der Beschreibung einer Wassermühle mitteilt.

Diese Feldbewirtschaftung verdiente, einmal zum Gegenstand einer eingehenden kulturhistorischen Monographie gemacht und vor allem im Zusammenhang mit den analogen Erscheinungen in China, Turkestan und Nordindien erörtert zu werden. Iber das Tarimbecken und das Land von Bochara liegen schon Nachrichten in den Reisen der chinesischen Pilger vor; vergl. Julien, voyages II 2; Neumann, Pilgerfahrten 161; über die gegenwärtigen Zustände am Tari m s. Bonvalot 101.

Im Zusammenhang mit der ganzen Frage ist zu vergleichen Henri Moser, l'irrigation en Asie centrale. Etude géographique et économique. Paris, société d'éditions scientifiques 1894; ders., l'irrigation ancienne dans l'Asie centrale in: Bibliothèque univer- selle et Revue suisse LXII, 68 - 94.

gur-gum, Safran. 3b 2, 4b 4, 13b 7. Auch gur-kum (Jäschke, Desgodins); kur-kum (Ramsay 140; Desgodins; Rockhill, land of the lamas 110). Mong. gurgum: Schmidt, Mong. Wörtb. 208 b; Kowalewski III 2654b, ebenso Pallas, Sammlungen I 169. Syno- nyme: k'a-c'e skyes, offenbar in Anlehnung an S. kaçmîrajanman, kâçmirî, kaçmarî, kâçmîra. Die poetischen Bezeichnungen s. bei

1) tib. bKra-§is-c'os-groù.

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Desgodin8 151. dri nach Csoma; vielleicht auch le-brgan, leb-rgan (s. d ). Roero hat in seinem Wörterverzeichnis (III 255) kesser, gièsser zafferano, jedenfalls nur in begrenzter lokaler Anwendung, die sich wahrscheinlich aui'Ladäkh und Nachbargebiete beschränkt; dieselbe ist leicht zu verstehen, da kesara Staubfaden, insbesondere der Lotosblüte, bedeutet, und beim Safran ausschliesslich der Stempel der Blüte in Betracht kommt; im Gujerâti heisst Safran kesir, IA VIII 113; vielleicht wird unter diesen Namen auch nur eine ganz bestimmte Art des Safrans verstanden.

Schwerlich kann tib. gur-gum aus S. kunkuma abgeleitet werden, wie z. B. L. Feer, Introduction 504 no. 1, meint, der statt gur-gum lieber gun-gum schreiben will; diese Annahme ermangelt aber jeder thatsächlichen Berechtigung. Welches auch die Entstehung von kunkuma sein mag, die zu untersuchen hier nicht der Ort ist, die tibetische Benennung des Safrans kann aus lautlichen und wie sich zeigen wird, historischen Gründen damit in keine direkte Parallele gesetzt werden, sondern schliesst sich vielmehr einer Gruppe von Namen an, die dem semitischen Sprachenkreise angehören und sich von da weiter östlich nach Iran verbreitet haben. Die Heimat des Safrans ist bekanntlich Kleinasien (Leunis, Synopsis der Pflanzenkunde II 779, bes. V. Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergang aus Asien nach Griechenland u. Italien, 6. A. 1894, 255—61). Hebräisch heisst der Safran 03*13 karköm: Gesenius, Handwörterbuch üb. d. alte Test., 11. A., 404; Siegfried u. Stade, Hebr. Wörtrb. 299 b; Levy, Neuhebr. u. chald. Wörtrb. II 405: Brokelmann, Lexicon Syriacum 166 b. Davon griech. xooxoç, Hehn 257; Prellwitz, Etymologisches Wörtrb. d. griech. Sprache 164. Zu karköm tritt assyrisch karkuma, armenisch kkrk'um, persisch karkum, Hehn 261 no. 2. Gehören die tibetischen Formen kurkum, gurkum, gurgum nun nicht offenbar in diese Reihe, stehen sie den semitisch-iranischen Benennungen mit dem inlautenden r nicht weit näher als dem indischen kuûkuma?

Die Geschichte des Safrans scheint diese linguistische That- sache zu bestätigen; wir wissen nichts von einem indisch-tibetischen Safranhandel, weder aus alter noch neuerer Zeit, vielmehr nur von dem Umstand, dass Tibet's Safranbedarf aus den Ländern des

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Westens, vor allem ans Kaçmîr gedeckt wird, Ganzenmüller, Tibet 77; Moorcroft 366; Rockhill, land of the lamas 282; derselbe, ibid. 110, unterscheidet als zwei Varietäten k'a-c'e shakama und kurkum; ders., diary 67. Bei Rockhill, Tibet 274, wird seltsamer Weise unter den Erzeugnissen Ton Lhasa auch tibetischer Safrau erwähnt; wie diese Notiz des chinesischen Autors aufzufassen, lässt sich einstweilen nicht feststellen. Die Untersuchungen über diesen bedeutsamen Gegenstand sind leider noch sehr erschwert, teils durch den Mangel an Quellenschriften, teils durch ungenügende und unzuverlässige Angaben von Reisenden und andern Autoren; völlige Klarheit ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die meisten die verschiedenen Arten des Safrans nicht unterscheiden und sieb auch noch andre gröbliche botanische oder sprachliche Verwechs- lungen gestatten. Eitel 80 ist im Irrtum, wenn er kunkuma für Curcuma longa oder aromatica hält; kunkuma ist Crocus sativus L. und gehört zur Familie der Irideae; Curcuma longa dagegen, die zu den Zingiberaceae oder Amomeae zählt, heisst S. haridra, tib. skyer-pa, die sog. Gelbwurz, der nach Ghosha 231 die Hindus religiöse Verehrung zollen.

Über den indischen Safran s. Hunter 584, 679, die sehr wert- vollen Nachrichten von Hiuen-Tsang bei Julien, Voyages II 40, 131 und von J-Tsing, translated by J. Takakusu 128 u. no. 1, die Angaben des Periplus Maris Erythraei, über medicinische Ver- wendung Hoernle, The Bower Manuscript, part I 13 u. no. 14. Über die Sage von der Anpflanzung des Safrans in Kaçmîr a. Csoma, Analysis 92; Wassiljew 43 no. 1; Tàranâtha I 9, 21 ïï 13. Zur Ökonomie des Safrans in Kaçmîr: Th. Thomson, Western Himalaya and Tibet, London 1852, 455.

mudge bcu. 2 b 6. Dharmasamgraha LVI.

dgoa 0dod. 3 b 5. s. die Erklärung von Jäschke, Milaraspa 551.

rgya-apoa. 14a 3. Vyutp. 273a 4 im Verzeichnis der Arzneien: tagaram Tabernaemontana corouaria. Eitel 168. Dagegen Vyutp. 277 a 1 unter den Rauch er werken = vây an am.

rg yu sbyor yon-gyis bdag-po. 2b 4; yon-gyi 3b 6; 5b 7;

15 b 1. Bonpo-sütra 74 a 3 und wiederholt in den Lond. Bonfr. yon-gyis bdag-po ist gleich dem gewöhnlichen dissyllabisch contra- hierten yon-bdag Gabenspeuder, worüber Jäschke, Milaraspa 550

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zu vergleichen ist. rgyu in seiner Grundbedeutung: Materialien, Stoffe d. h. hier solche, die zur Veranstaltung des Opfers er- forderlich sind, eine Anwendung, in der es sich nahe mit rdzas berührt; von einem gemeinsamen Punkte ausgehend haben sich beide Wörter trotzdem auf zwei verschiedenen Linien weiter ent- wickelt, rgyu nach abstrakt-philosophischer Richtung, rdzas sich mehr und mehr sinnlich vermaterialisierend, jenes sich zur Philo- sophie und der philosophisch begründeten Medicin, dieses sich zu den Naturwissenschaften schlagend, wie es denn z. B. in der chemischen Litteratur des bsTan-0gyur als Torminus technicus för die ein chemisches Gemenge (gon-bu) bildenden Componenten oder Ingredienzen erscheint.

sgrib-pa. 5b 4, 15a 8. Im letzten Falle in der gewöhnlichen Bedeutung „Sünde". 5b 4 dagegen fasst das Wort die im vorher- gehenden aufgezählten verschiedenen Arten der Furcht der Nâga's zusammen und ist daher der Ausdruck für die Widerwärtigkeiten, die ihnen begegnen, die „dunkeln" (grib) Punkte in ihrem Leben: sgrib-pa lässt sich dann genau durch „Schattenseiten, Nachtseiten" wiedergeben. Vergl. Huth, Geschichte des Buddhismus in der Mongolei II 85 no. 11.

iian-pa. riur-ba. Stets in der Verbindung àan nur man-po 7 b 3, 7b 6, 8a 1, 8a 5, 8a 7, 8b 2, 8b 4, 8b 8, 9a 3, 9a 7, 10a 5. Über nur-ba s. Schiefner, Bharatae responsa p. 41 no. 141. Wilde Enten und Gänse bevölkern in gewaltigen Scharen die Seen und Flüsse von Tibet, wie die Berichte zahlreicher Reisender darthun; della Penna bei Markham 317, Bogle bei Markham 131, Gutzlaff 201, H. H. Wilson I 313, T. T. Cooper 226, Bower 27, Roero TL 93; Przewalski 226/7, 263; Moorcroft 340; Cunningham JASB XVII 226. Strachey ib. 144.

Wildenten und Wildgänse spielen in der Poesie Ostasiens eine grosse Rolle, so schon im Si-klng, vergl. die Übersetzung von Victor v. Strauss 1880, p. 203, 249, 291, 417, nicht minder in den Volksliedern der Mongolen, vergl. z. B. Posdnejew, Proben der Volksliteratur der mongol. Stämme I, Pet. 1880, das zweite Lied, C. Stumpf, Mongolische Gesänge, Viertelj. f. Musikwiss. III 1887 S. 300 und die schöne Stelle in der Inschrift von Tsaghan

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Baisin her. v. Huth S. 21, v. 88—92; vergl. auch die Note in Wilson's Ausgabe des Meghadûta, 3. ed., S. 74.

nos bzàtt. 8 a 4. Man denke an die Vorstellung von den vier Seiten des Sumeru, die in der Regel als aus Gold, Krystall, Silber und Saphir bestehend bezeichnet werden, Köppen I 232.

mnar yswm. 5 a 2, lia 2, 14a 5. Es sind darunter ka-ra, bu- rain, sbran-rtsi zu verstehen.

rito-rgyus. bya-bal 3 b 1, 4 a 4. rno rgyus ist ein paralleler Ausdruck zu bya bal , Flaumfedern'; da sich nun rgyus und bal entsprechen, über die Deutung vou rgyus kann ja, da es sym- pathetisches Heilmittel zu klui rgyus-pa nams-pa ist, kein Zweifel herrschen , so möchte mau, um den Parallelismus zu vervoll- standigen, in rno einen dem bya analogen Begriff suchen, d. h. irgend eine Tierbezeichnung; es wäre dann an rùa bon ,Kamel* zu denken, ein Wort, das in die Composition als rna eintritt Noch näher läge es aber, rno als ein Mittelglied (in lautlicher Hinsicht) zwischen rna-ma .Schwanz, Yakschwanz4 und rùog ^ähne4 aufzufassen, so dass es die Bedeutung tierischer Haare überhaupt annähme oder sich speciell auf die Haare einer bestimmten Art (Pferd, Yak, Kamel) beschränkte.

Zu rno, rùa, rùog s. Schiefner, Tib. Stud. bos. S. 346; Schlagint- weit, Surec. 48 no. 309.

s/ion-mo. mu-sih de ni 7b 3, 8a 3 (sùon-po), yya. ri de ni sùon-po 8b 6, yyu mts'o (s. yyn u. ma-dros-pa) snon-po 8b 7, 9b 2 (snon-mo). spog-8ùon s. v. spog. Über die Doppelformen snon und sno s. Waddell, The Buddhist cult of Avalokita 66.

Eine psychologische Verwandtschaft besteht zwischen dem deutschen „grün- und dem tib. sûo-ba „grün14. „Grün" gehört zur Wurzel grö wachsen, grünen und bezieht sich also ursprünglich auf die Pflanzenfarbe: Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 5. A., 147; Heyne, Deutsches Wörterbuch I 1261; Veckcnstedt, die Farbenbezeichnungen im Chanson de Roland und in der Nibelunge Not, Z. f. Völkerpsych. XVII 163. Ebenso tib. sûo-ba, snod-pa grünen, sprossen und sûo Pflanze, Kraut, Gemüse, daher sno als Adj. grün, wenn es sich um Pflanzen handelt : Desgodius Diet. 287 b (vergl. Wnndt, Grundriss der Psychologie S. 75), während ljons Thal, Distrikt eher als eine secundäre Ab-

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leitung von Ijan-k'u grün erscheint denn umgekehrt; Ijan diente, aus dem Zusatz k'u ,Saft, Flüssigkeit1 zu schliesseu, wohl ursprüng- lich zum Ausdruck des Chlorophylls. Grün ist nach Bonvalot 425 eine der Nationalfarben der Tibeter; die übrigen sind rot und gelb. Vergl. übrigens japanisch aoi ,blau und grün', aomono ,Geraüse'; Castren, Koibalische und Karagassische Sprachlehre S. 97 kök, kuk 1) blau 2) grün, ebenso im Jakutischen, Tschuwaschischen u. Çaga- taischen (s. Viimbéry, Çag. Sprachstudien 8. 330b). Dazu II. Magnus, Über ethnologische Untersuchungen des Farbensinnes S. 9, 10, 11, 18 ff., 32. Bastian, Geogr. u. ethnologische Bilder S. 128.

Die Bedeutungen von sno-ba, sùod-pa ,segnen, weihen' scheinen mir auf sno ,grün\ also auf ein ,grün machen, grünen lassen4, zurückzugehen; ebenso wäre in Erwägung zu ziehen, ob nicht vielleicht auch snon ,frühor, zuerst, Anfang' in letzter Linie auf sûou ,grün' zurückzuführen ist. Das Beginnende, Sprossende, Wachsonde, Jugendliche, Kräftige fassen Sprache und Dichtung häufig als ein Grünen auf. So lüsst Voss in der Übersetzung dor Ilias (VII 132) den Nestor sagen: „Wenn ich, o Vater Zeus, und Pallas Athen' und Apollon, grünete so wie einst." Vergil spricht von einer juventa viridis und Horaz drückt das schlichte juvenes dum sumus poetischer durch ein dum genua virent aus. Und ähnlich Schiller in der Braut von Messina I 8, 902: „Bleibe die Blume dem blühenden Lenze, scheine das Schöne! Und flechte sich Kränze, wem dio Locken noch jugendlich grünen." Rückert (Ges. poet. Werke XII S. 301) dichtet: „Nie welken lass' er dir noch bleichen Des Lebens frisch' und grüne Lust." Tasso, Geru- salemme liberata VII 61 hat: „II buon Kaimondo, che in età matura Parimente maturo avea il consiglio, E verdi ancor le forze . . ." und in seinem Sonett auf Lucrezia: Or la men verde età nulla a te toglie die weniger grüne Zeit d. h. der Herbst des Lebens raubt dir nichts von deiner Schönheit, womit man Dante, Purgatorio III, 133 vergleiche: Per lor maladizion si non si perde, Che non possa tomar Teterno amore, Mentro che la speranza ha fior del verde, was der alte Commentator Daniello da Lucca treffend «rklärt: Quando per non essor ancor giunto al fin della vita, non si ha perduto la speranza di potersi pentire. Das Noué, Anfangende, Frische bezeichnet grün in folgenden Beispielen. Though yet of

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Hamlot our dear brother's death the memory bo green (Shakespeare, Hamlet I 2, 1), woran sich Schillers Fiesco n 17 anschliesst: „Unsere Bekanntschaft ist noch grün, aber meine Freundschaft zeitig."

lcog-la. rgya-vitëal 3 a 8, 4 a 4. Ein Wort lcog-la ist un- bekannt, Jäschke citiert nach Schmidt ein mit Fragezeichen ver- sehenes mts'al-lcogs-pa klarer Zinnober, was aber wenig sinnreich ist und kaum die volle Bedeutung des Begriffes sein kann. 143 a hat Jäschke, Diet., ein Wort cog-la-ma ein Mineral (?), Desgodins Diet. 296 a médecine minérale. Ich möchte vermuten, dass dieses Wort mit leogs-pa „sich bewegen, zittern", in Zusammenhang zu bringen ist und eine Bezeichnung für das Quecksilber darstellt, was ja im Zusammenhang mit Zinnober dadurch ein besonderes Gewicht erhält, dass Zinnober nichts anderes als oxydiertes Quecksilber ist; wenn Ziinnober als Arznei für Blutkrankheiten bezeichnet wird, wozu es natürlich wegen seiner roten Farbe erwählt ist, so könnte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Quecksilbers als sympathetisches Mittel in seiner flüssigen Eigenschaft gesucht werden. Es muss jedoch betont werden, dass diese Erklärung von lcog-la gewagt genug ist und vielleicht nicht einmal als besonders glücklich bezeichnet werden kann. Möglicherweise könnte leog nichts anderes als ein Schreibfehler für leags ,Eisen4 sein oder gar unter der Annahme seiner Existenzberechtigung mit diesem Worte in enger verwandtschaftlicher Beziehung stehen. Über Zinnober als Heil- mittel s. Garbe, die indischen Mineralien Xr. 57.

leon-se Icon. Von Gänsen und Enten 7 b 3, 7b 6, 8a 1, 8a 5, 8a 7, 8b 2, 8b 4, 8b 8, 9a 3, 9a 8, 10a 5. Ein bisher unbekanntes Wort. Ob verwandt mit leogs-pa?

Über die eigentümliche Wortbildung, die bisher fast aus- schliesslich an Adjektiven beobachtet war, s. Foucaux, Grammaire § 39; Schiefner, Tib. Studien III 383.

Andere Beispiele sind: sigs-se ôigs, lhabs-se lhabs.

c'u-bran. IIb 1. Vyutp. 258b 4 c'u p'ran kunadi (wofür auch kunadikâ) ein unbedeutendes Flüsschen. Vergl. ri-pran im Ggs. zu ri-rab 12a 4. Jäschke, Diet. 381a, notiert c'u-bran Glr. und mts'o-bran nflt zwei Fragezeichen ohne Angabe einer Bedeutung. Im Handwörterbuch 386 a hält er die Ausdrücke entweder für ver-

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schrieben oder zusammenhängend mit einem bei Târanâtha vor- kommenden bran-pa ausgiessen; ersteres lässt sich nicht aufrecht erhalten, wenn ein anderer unabhängiger Text dieselbe Schreibart bringt; letzteres ist viel zu gesucht und gar nicht zu begründen. Die Sache ist aber weit einfacher: bran heisst Diener, Sklave; c'u-bran, wörtlich: Diener eines Wassers, eines Flusses, ist eben ein Nebenfluss, der dem Hauptstrom Tribut darbringt oder Sklaven- dienste leistet. Dieses bran ist sicher mit p'ran, p'ra-ba, p'ra-mo verwandt, denen sämtlich die Bedeutung des Untergeordneten, Unbedeutenden, Nebensächlichen zu Grunde liegt; in diesem Sinne ist c'u-bran oder c'u-p'ran einfach ein Wässerchen (Desgodins: rivulu8). Der Ausdruck findet sich in der gleichen Schreibung auch Lond. Bonfr. fol. 230a, 3.

&u~mig. IIb 1, 14b 7. Vyutp. 258b 4 utsa Quelle, Brunnen. Mit diesem bildlichen Ausdruck könnte das hebräische f!P a'in verglichen werden, das Auge und Quelle bedeutet. „Wie des Menschen Antlitz vom hellen Auge", bemerkt dazu Baudissin in seinen Studien zur semitischen Religionsgeschichte, Heft H 1878, p. 148, „so wird die Landschaft belebt vom klaren Quell doch mag auch das Bild des thränenden Auges hier vorliegen. Der dem Erdreich aus eigener Kraft entströmende Born heisst bei den Hebräern „lebendiges Wasser" im Gegensatze zu dem stehenden Wasser dor Cisternen." Nachträglich ersehe ich, dass bereits Schott (Altajische Studien I, Abh. d. Berl. Akad. 1859, p. 590) im Anschluss an das finnische silmä ,Auge' und ,Quellader' jene tibetisch-hebräische Parallele gezogen hat.

Derartige Verbindungen sind übrigens gemein-indochinesisch, am häufigsten heute wohl noch im Siamesischen (Beispiele bei Wershoven, Lehr- und Lesebuch der Siam. Sprache p. 41) und sind nicht selten in malaischen Sprachen (vergl. matahâri).

c'om-rkun. gyw Jiga-pa 5 b 3. Vyutp. 269 b 4 caura, daher als Synonymkompositum zu fassen. Von Diebes- und Räuberbanden, die in Tibet hausen, wissen die Reisenden ältester und neuester Zeit zu berichten. „Auf allen Seiten sind unzählige Abgründe", erzählt der chinesische Pilger Soug-yun-tse (Neumann, Pilgerfahrten 160) vom westlichen Tibet, „das ärgste aber sind die Diebesbanden, die sich iu den grösseren Pässen, Schluchten und Höhleu aufhalten

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und sich wie wahre Barbaren betragen." Gutzlaff 202 spricht von mehreren Stämmen, die es sich zur besonderen Aufgabe setzen, die Karawanen auszuplündern. Vergl. auch Ramsay 61 v. highwaymen.

mi-mjed. Ib2. stor't-ysum IIa 8. Die Wörterbücher von Csoma, Schmidt und Jäschke sind sämtlich über diesen Terminus falsch unterrichtet. Csoma Diet. 142 übersetzt mjed-pa: the state of being subjected to, obnoxius und mi-mjed-pa: not obnoxius to, not subjected to. Jäschke, Diet. 174a giebt zwar für mi-mjed richtig die Bedeutung „Welt, Universum nach buddhistischen Vor- stellungen" an, erklärt aber den Begriff durch „frei" im Gegensatz zu mjed-pa, was nach Zamatog gleich Sanskr. saha leidend, unter- worfen sein soll. Diese Ausführung kann schon deshalb unmöglich richtig sein, weil die Auffassung der Welt als „frei, nicht leidend" mit jeder buddhistischen Anschauung in grellem Widerspruch stände. Schon Burnouf, Introduction 533, hatte die Csoma'sche Ubersetzung verbessert, wenn er bemerkte: „Mi-mjed est traduite dans nos dictionnaires tibétains par ,qui n'est pas sujet, qui n'est pas soumis' (Csoma), et par ,non soumis, indépendant' (Schmidt). Cette expression vague manque de la précision néces- saire, et les mots ,qui n'est pas soumis' doivent être entendus dans le sons do ,qui souffre, qui endure sans céder'." Zur Klärung der Sache trägt vor allem bei Vyutp. 248a, 3, wo der Ausdruck mi- mjed-kyi Jig-rten-gyi k'ams durch sahâlokadhâtu für sahalokadhatu (vergl. PW. von sahfi mit der Bemerkung, dass auch saha loka- dhatu geschrieben wird. Die Ableitung von sahâ „Erde" scheint dem späteren Buddhismus jedoch nicht mehr im Bewusstsein ge- wesen zu sein.) wiedergegeben wird, eine Gleichung, die bereits Csoma nicht unbekannt war (As. Res. XX 408). Aus derselben geht zweifellos hervor, dass nicht mjed, wie Jäschke meint, sondern umgekehrt mi-mjed gleich saha zu setzen ist: (nachträglich konnte ich aus Desgodins' Diet. 351. der sonst nichts neues unter diesem Stichwort vorbringt, konstatieren, dass derselbe mjed Jig-rten mundus setzt) dieses saha kommt in dem Sinne von sahaloka oder sahalokadhatu auch als selbständiges Wort vor, s. Eitel 134a, von ihm erklärt als Welt des Leidens, der bewohnte Teil jedes Welt- alls und in drei Welten geteilt (trailokya - tib. k'ams gsum), be- herrscht von Sahâmpati Brahma (tib. mi-mjed-kyi bdag-po Bur-

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iiouf 533); über letzteren vergl. Köppon I 256, Hardy Manual 44, 57, Monier-William8 211, Edkins 214. Yon Csoma (As. Res. XX 468) *) wird saha auch als Provinz von Çâkya t'ub-pa bezeichnet, in Übereinstimmung mit einer Stelle in einem chinesischen Sûtra bei BeaL, catena 16, der im übrigen den Begriff durch , collection of worlds known as a great Chiliocosm1 erklärt. Edkins hat saha i. e. the present race of mankind, was den Begriff nur halb wieder- giebt; am ausführlichsten und besten ist derselbe definiert bei Bunyiu Nanjio 1. c. 112: „Diese Welt Sahâ (im Gegensatz zu dem vorher geschilderten reinen, freien Lande [also tib. mjed! doch noch nicht belegt] der westlichen Welt des Buddha Amitâbha) ist die Wirkung der Handlungen aller Wesen, so dass sogar solche, die hier nicht geboren zu werden wünschen, auch in sie zu kommen gezwungen sind. Diese Welt heisst der Pfad des Leidens, weil sie voll ist von allen Arton von Leiden, wie Geburt, Altor, Krank- heit, Tod u. s. w.K Dem südlichen Buddhismus ist das Wort fremd, ebenso sahaloka und sahalokadhâtu (Childers 413 v. sahampati). Manche schreiben sarvalokadhâtu, so Waddell 22, eine Bezeichnung, die nach Boal, catena 16 die alten Sutra's gehabt hätten; s. a. Kowalewski H 1338 a.

Endlich kann ich nicht umhin, über die Entstehung der bisher unerklärten Schreibungen sava, saba u. a. für saha eine Vermutung zu äussern, die vielleicht zugleich geeignet sein dürfte, ein Streif- licht auf das rätselhafte tibetische Wort mi-mjed zu werfen. Schon Burnouf, de l'expression Sahalokadhâtu (Introduction 531—533) hat jene von Eémusat, Schmidt (im Sanang Setsen), Troyer ge- brauchten Bezeichnungen einer ausführlichen Erörterung unter- zogen, ohne einen Grund für diesen seltsamen Irrtum aufzeigen zu können. Der oben aus der Vyutpatti angeführte Ausdruck mi-mjed Jig rten-gyi k'anis wird nicht wie in jener durch sahalokadhâtu,

sondern ^J^TT];*! sapalokadhâtu in Schiefner's Buddhistische

Triglotte fol. 23a, 2. Reihe, wiedergegeben. Sapa heisst nach Boehtlingk „Penis", und da es im Tibetischeu ein Wort mje „Penis", (Desgodins, Diet. 350 ,urothrak) giebt, dessen Aussprache der von mjed ( mje') ganz gleich ist, so liegt doch die Annahme sehr

1) S. a. Fecr, Anftljsc 454.

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nahe, dass der Tibeter, mag es nun ein Bearbeiter oder ein Ab- schreiber gewesen sein, bei mi-mjed an mje gedacht, und entweder, weil er wirklich einen Zusammenhang zwischen beiden Wörtern suchen zu müssen glaubte, oder, was wahrscheinlicher zu sein scheint, auf Grund eines obscönen Calembours, eines vielleicht fliegenden Mönchswitzes das ursprüngliche saha in sapa verwandelt hat. Nur von tibetischer, nicht von indischer Seite kann diese Änderung ausgegangen sein, da sapalokadhâtu gar keinen ver- nünftigen Sinn hat und eben nur vom Tibetischen aus ein Anlass zu einem Wortspiel vorliegen konnto. Dass an dieser Stelle kein Druck- oder Schreibfehler vorliegt, geht zunächst aus der bei- gefügten mongolischen Transcription des Wortes mit mong. b hervor, die sapa-, saba-, sawa- gelesen werden kann; es ist nicht unmöglich, dass die Lesung des Wortes diese drei Phasen nach einander durchlaufen hat; sicher ist die Media b ursprünglicher als w, denn schon Schmidt bemerkt in seiner Ausgabe des Sanang Setsen p. 301 Note 8, dass sich neben sawalokadhâtu auch sabloka- dhâtu findet, wie denn auch Edkins. Chinese Buddhism zweimal, p. 209 und 214 saba für saha schreibt. Allein diese Thatsache könnte hinreichen, um die von Schmidt, Mongolisch - deutsch- russisches Wörterbuch p. 339 a gegobene Identifikation mit sarva- lokadhâtu zu widerlegen. Dazu kommt, dass sich innerhalb des Mongolischen ein solcher Wandel wie von sarva zu sava nicht nachweisen lässt, dass keine Notwendigkeit aus phonetischen Gründen zu diesem Übergang vorliegt, im Gegenteil, dass kein Laut des Sanskrit1) sich mit derartig constanter Gleichmässigkeit im Mongolischen, im Ostmongolischen wie im Kalmükischen, er- halten hat als gerade r, ein Laut, der niemals im Anlaut echt mongolischer Wörter vorkommt (Schmidt, Philologisch-kritische Zugabe zu den zwei Mong. Originalbriefen der Könige v. Persien Argun und Öldshäitu, Pet. 1824, p. 10, Note; Radioff, Phonetik d. nördl. Türksprachen § 126; Huth. Note prél. sur l'inscription de Kiu-Yong Koan, Journ. As. 1895, Extr. p. 10), aber trotzdem stets im Anlaut von Sanskritwörtem beibehalten wird: so in sehr be- merkenswertem Gegensatz zu oros Russe odor Arincin Turji, Titel

1) Uber indische Lehnwörter im Mongolischen im allgemeinen yergl. auch Schmidt, Forschungen 189; Grünwedel, Buddh. Kunst 161.

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auf den Münzen des Gaikhatu, =tib. rin c'en rdo rje (St. Lane- Poole, the coins of the Mongols in the Brit Mus. p. XLVJi) z. B. raksas = râksasa, Rakhuli Râhula (Schmidt, Dzanglun XIX) rasiyan = rasâyana = tib. bcud-len (s. dar. Schmidt, Mong. Gram. S. 157 no. 9). Werden Sanskritwörter auch noch so sehr im Mongolischen verändert, so bleibt auch im Inlaut r stets erhalten: birid = S. prêta: Kowalewski II 1153; Sirabasun = Çrâvastî; ocir = S. vajra: Jülg 150; buchâr=S. vihâra: Jülg 168; bivan-ghirid = S. vyâkarana: Jülg 166; arairi oder amara = S. âmra, Mango- baum: Jülg 139 oder bâtir = pâtra. Folgt aus diesen Thatsachen schon zur Genüge, dass sap [b, v]-a nicht aus sarva entstanden sein kann, so kommt noch hinzu, dass in der mongolischen Litte- ratur auch der Ausdruck sarvalokadhâtu vorhanden ist und also neben jenen andern Bezeichnungen herläuft, wie aus den An- führungen bei Kowalewski II 1338 a und Jülg 219 hervorgeht, wo Schiefner in dem sarvala der stereotypen Redewendung des Siddhi Kür mit Rocht ein sarvaloka vermutet hat. Bedenkt man endlich, dass die mongolische Schrift keine Bezeichung für p hat, dass indisches p in der Regel durch b transcribiert wird, nimmt man nicht, was freilich nur selten geschieht, seine Zuflucht zu den schwerfälligen Charakteren des Galikalphabetes (J. J. Schmidt, Grammatik der mongolischen Sprache, Taf. zu S. 5), so dürfte es nach alledem vielleicht angezeigt erscheinen, sich die Entstehung der Wörter saba und sava im Anschluss an das sapalokadhâtu der Triglotte vorzustellen, was diese selbst ja direkt durch ihre genaue mongolische Umschreibung dieses Wortes (s. oben) an die Hand geben.

Aus der Stellung mi-mjed 0dzam-glin Jig-rten1) geht hervor, dass ersteres den weitesten, letzteres den engsten Begriff um fas st ; vergl. a. Gabelentz, Anfangsgründe der chinesischen Grammatik S. 1 1 1 no. Ich habe diese Unterschiede in der Übersetzung, etwas in Anlehnung an unsre Vorstellungen vom Weltgebäude, auszu- drücken versucht.

1) Über o jig-rten s. die Bemerkung yon dell» Penna bei Markham 330; Wenzel, Suhrllekha 7; Ramsay 170 b.

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na. 14b f). Die Vernichtung der Fische beleidigt deshalb die Naga's. weil ihnen als Bewohnern eines Sees die Fische in dem- selben heilig sind; in Ladàkh heissen daher letztere klu na Naga- fische, die von den Leuten verehrt und gefüttert werden, s. Schiefner, Bonpo-Sütra 61; Ramsay 30 (v. devil) und 163 (v. ulcer). Man enthält sich der Fische, wenigstens in Spiti. obwohl man dafür keinen Grund angeben kann (Schlagintweit, Reisen in Indien und Hochasien III 107). Auf jene Bräuche spielt vielleicht auch /alupa in einem Verse seines grammatischen Werkes Zamatog fol. 8 an, welcher mit n anlautende Wörter enthält: non moùs can gyîs na sa nos „die Sündhaften kauften das Fleisch der Fische". Vergl. auch das Fischfangverbot bei Feer, Le Tibet S. 16. Die Beobach- tung, dass Schlangen auch Fische fressen (Brehm, Tierleben 3. A. Bd. VII 197), mag zur Bildung dieser Vorstellung mit beigetragen haben. Im Issyk-kul wohnen Drachen und Fische zusammen, und von Zeit zu Zeit sieht man Ungeheuer auftauchen: die dorthin kommenden Reisenden beten um Glück; obwohl die Fische des Sees zahlreich sind, wagt niemand sie zu fangen (Julien, voyages II 12).

yuan. *in /ib 6, Hb 2, 16a 6; in der Formel sa-bdag klu gnan Hal, klu-gnan Hb 2. sa gnan-po Hb 3. rdo gnan Hb 3. brag gnan Hb 3. c'u-mig gnan-po Hb 7. 0p'rin-las gnan-po gsol-ba ni 15 b 1. Ist wohl ursprünglich der Bedeutung von gnan ent- sprechend ein Pestdämon gewesen, s. a Kowalewski III 26;>4b. Am letzten Tage des Jahres wird der Dämon der Pest vertrieben (Rockhill, Tib. 214). Soweit bis jetzt erkennbar, scheint der gNan ein Ortsgenius zu sein, dessen Colorit aber ziemlich verschwommen ist. Waddell, Demonolatry 201, rechnet ihn zur Klasse der Sa- bdag; s. auch dessen Buddhism of Tibet 372, 484; Schiefner, Bonpo-Sütra 2 u. passim; noch ausführlicher als letzteres gibt die Oxforder Bon-handscbrift, dio statt gnan häufig gnen schreibt, die Wohnsitze und auch Namen von gXan's an.

snug-lo, Bambusblatt. 3a'), 4a 2, 13a 8. Vergl. smyig-ma, 8myug-ma, spa, sba. Über die Heilung mit B. s. t'an-lo. Über die geographische Verbreitung der Bambusgewächse, Bambuseae, s. O. Drude. Handbuch der Pflanzengeographie 1890, p. 242. Im östlichen Tibet fand Potanin unter Gestrüpp die grossen Stämme

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des Bambus, Proceedings Roy. Geogr. Soc. 1887, 235, ebenso Széchenyi CLI. Turner 22 beschreibt die Pflanze, die er in Bhutan sah, und ihre Verwendung daselbst zum Häuserbau; ebenda ver- fertigt man Gefasse aus derselben, wie Bogle bei Markham 21 be- richtet. Schon Marco Polo wusste von grossen Mengen riesiger Bambusarten in der Provinz „Tobet" zu melden, von denen er bekanntlich erzählt, dass man sie nachts zur Unterhaltung des Herdfeuers benutzt, um durch das laute davon entstehende Knistern die wilden Tiere zu verscheuchen (Yule II 33, 34). Bambus findet in Tibet wie überall, wo er vorkommt, die verschiedenartigste Ver- wendung: man verfertigt aus dem Holze Schreibfedern (Jäschke, Diet. 428b; Rockhill, Tibet 122), Bogen und Pfeile (Tibet 273), Hausgeräte (Rockhill, Diary 292), benutzt es zur Herstellung von Fähren (Przewalski 215). Es berührt daher seltsam, wenn es im T'ang kao song chuan , Bericht erlauchter Priester der T4ang- periode' heisst (Tibet 283): „Tibet bringt keinen Bambus hervor. Von den führenden Gelehrten bis zum Volk herab brauchen alle Tibeter Bambusfedern, die sie sehr hoch schätzen. Die Bambus- utensilien, die von China nach Tibet gebracht werden, kauft man folglich ohne Rücksicht auf den Preis."

Ti-se oder Te-se S. Kailâsa; gaiis dkar 8b 1, womit man den Beinamen des Berges gans ri vergleiche (Jäschke, Diet. 66; Feer, Le Tibet 7). Tib. auch Ko-la-Sa, Kai-la-sa: Jäschke. Diet. 4b. Milaraspa nennt ihn rii rgyal-po König der Berge. Jäschke, Diet. 203b; Feer, Analyse 421; Csoma, Geogr. notice 122, erwähnt 126 auch die Gletscher des Tise; Schlagintweit, Könige von Tibet 831, 868; Pander-Grünwedel 84 Nr. 193; IA XXII 1893, 180; Sandberg 208, dazu Köppen I 195. Nobin Chandra Das, A note on the ancient geography of Asia, Calc. 1896, S. 66. Vielleicht handelt es sich bei dem von Grünwodel, Ikonographie 111 aufgeführten 0Gro-mgon Si-si ri-pa (der Mann vom Berge Sisi?) um nichts anderes als um Tise.

Für die tib. Religionsgeschichte ist von grosser Bedeutung der von Chandra Das, Contributions 206 mitgeteilte Streit des Bud- dhisten Milaraspa und eines Bonpo-priesters um den Besitz des Kailâsa, in dem ich deutliche Spuren eines epischen Gesanges zu erkennen glaube; mit Recht schliesst Andrian, Der Höhenkultus

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108, aus dieser Legende, dass die Bon-religion eine animistische Verehrung des Tese Tor den Buddhisten kannte.

Van lo, Fichtennadel. 3 a 5, 4 a 2, 13 a 8. Über diesen Gebrauch v. lo-ma s. d. Jäschke. t'an-Sin Fichte, Vyutp. 259 a 2 devadâm. Dass Haarausfall durch Fichtennadeln und Bambusblätter geheilt wird, beruht natürlich auf der Vorstellung einer sympathetischen Heilung; der Vergleich der menschlichen Haare mit dem Pflanzen- laub, welcher der indischen Poesie nicht fremd, in der römischen und italienischen Dichtung, besonders bei Tasso ganz zu Hause ist, bildet dabei das tertium comparationis. In einem mongolischen Kätsel werden Mähne und Schweif des Pferdes mit Schilf und Pfriemgras verglichen (Castren, Burjätische Sprachlehre, S. 230, No. 18).

Über die Verbreitung der Fichte vergl. Drude, Handbuch der Pflanzengeographie 181, 183; Gill U 133, 141, 142, 146; Przewalski 216, 234, 242; Bonvalot 372; Széchenyi CLI; Rockhill, Laud of the lamas 285, Tibet 273 no. 3, Diary s. Index v. pine; G. Durand, De France en Chine et au Thibet par Prouvèze, Niraes 1884, 344. Fichten- und Tannennadeln, verfault, zum Düngen der Felder benutzt, Turner 28; Fichtenbalkeu zum Häusorbau, Rockhill, Diary 272; Kienholz zur Lampenbenutzung, Gill II 138.

Namen: t'an-sin, som, gsom, sgron-sin (Larapenbaum) Jäschke Diet. 122b; was die Dialekte betrifft, so giebt J. Diet. 455 a für Westtibet ein Wort ts'an-Sin (Nachtbaum), für Ladàkh Ramsay 45 som-sin in Übereinstimmung mit Sandberg 271, der dasselbe auch für Centraitibet gelten lässt; Ramsay 121 für Ladàkh auch t'an-sin; nach Rockhill, Diary 88 im östl. Tib. sumba, entlehnt aus chin. sung. Vergl. den schönen, nicht buddhistischen Mythus der Ladàkhis, der wohl persischen Ursprungs sein dürfte, über die Ent- stehung der immergrünen Fichtenblätter, mitgeteilt von Ramsay 66.

tugs, klu ;ùan zin byin cle-bai daù 0gal-ba-las 14b 2. klui dan cgal-ba mt'olo bsags 10a 7. Vergl. zum Ausdruck Münch. Cod. VI fol. 7a 2: op'ags-pa 0jam-dpal t'ugs daù ci Qgal ba I ya-raanta-gai (für Yamantaka-i) spyan snar mt'olo bsags.

tugs t'ub byas-pa. 2 b 7. Die rätselhafteste und schwierigste Stelle des ganzen Werkes. Nur das Gesetz des Parallelismus, das, zum Glück, darf man hinzufügen, im Tibetischen nicht minder als

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im Chinesischen herrscht (Gabeleutz, Chin. Granini. § 1458), vermag uns hier auf eine richtige Spur zu leiten. Wollte mau die Phrase wörtlich übersetzen an der Hand des Wörterbuchs, so erhielte man etwa: den Geist bezwingen oder beherrschen. Dass das hier sinnlos ist, erkennt jeder auf den ersten Blick; es handelt sich um eine Aufzählung der gegen die Klu begangenen Sünden: diese Klu stellen hier Baum,. Wald, Stein, Fels bewohnende Naturdämonen in amnestischem Sinne vor; es ist davon die Rede, dass das Schneiden und Spalten, das Stossen und Zerkleinern von Steinen ein Frevel gegen diese bedeutet; parallel diesen Ausdrücken läuft t'ugs t'ub byas-pa. Was kann in diesem Zusammenhang damit gemeint sein? Aus dem Parallelisrnus der drei liier auftretenden Redensarten, die zudem eine merkwürdige Alliteration oder besser die Angleichung der Anlaute eint, geht a priori hervor: 1. fugs ist nominal, jedenfalls als Objekt zu t'ub byas-pa zu fassen, 2. t'ub byas-pa ist der Verbalbegriff, die Konstruktion den beiden andern Fällen entsprechend: t'ugs zu t'ub machen. Unter diesen Voraus- setzungen kann man nun, was die Bedeutung der beiden Wörter angeht, nur zu einem Ergebnis gelangen, das man sofort erhält, wenn man sich vor beide das Präfix ergäuzt denkt, das am häufigsten abzufallen geneigt ist, ct'ub-pa heisst „schneiden" und 0t'ug-pa, von dem 0t'ugs oder t'ugs mit dem in so zahlreichen Fällen nominalbildenden - s - Suffix abgeleitet ist, bedeutet „dick, dicht", namentlich vom Walde gesagt; t'ugs sind daher Dinge, die dicht sind, oder die Dichtigkeit, d. h. also wohl Baumstämme. Dieser Sinn entspricht völlig dem der beiden andern Glieder und passt vortrefflich in den ganzen Zusammenhang. Meine Übersetzung „Festes fällen44 versucht die Alliteration und dabei die Bedeutung- möglichst wörtlich wiederzugeben. Zu dem Gedanken vergl. auch Oxf. Bon-iMs. fol. 3 b sin bead t'ab du bsreg.

dar, Seide. 4b 8, b*a6, 14a 3. Dass die Tibeter ihre Seide aus China erhalten, wusste schon della Penna zu berichten (bei Markham 317). P. S. Pallas bemerkt in seinen „Nachrichten von Tybet, aus Erzählungen tangutischer Lainen unter den Selengins- kischen Mongolen-, enthalten in den Neuen Nordischen Beiträgen I 1781, p. 20Ô: Seide wird in Tangut nicht gezogen, auch daher

keine Seidenzeuge verfertigt, die man aus China, sonderlich von

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Nanrlsliîn (d. i. Nanking) bezieht. Diese Behauptungen bedürfen jedoch einiger Einschränkung. Nach einer chinesischen Quelle legte Konig Sron-btsan-sgam- po nach seiner Verheiratung mit der chinesischen Prinzessin Wen-cheng Kung-chu l) seine Kleider von Filz uud Fellen ab, zog schöne Seiden- und Brocatgewänder au und wandte sich allmählich chinesischen Sitten zu; er bat dann auch den Kaiser von China um Eier von Seidenwürmern, die ihm mit einer Reihe anderer Gegenstunde auch gewährt wurden (Rock- hill Tibet 191). Bei Rockhill, Tibet '237 und 274 werden aus- drücklich tibetische Seidencocons erwähnt, daneben Seidenstoffe aus China. Auch Gutzlaff p. 201 giebt die Notiz, dass der Soidenwurm an einigen Stellen gezüchtet wird. Den Grund, warum die Seidenzucht keine grössere Ausdehnung in Tibet angenommen, giebt wohl Desgodins treffend an, wenn er p. 391 seines Werke* le Thibet ausführt: „La soie leur vient de Chine, car au Thibet on n'élève pas la chenille du bombyx; non pas que le mûrier ne croisse en ce pays, mais parce que pour dévider les cocons, il faudrait faire périr l'insecte dans l'eau chaude, ce qui serait un très grand péché aux yeux des partisans de la transmigration des âmes." Die Seideneinfuhr von China nimmt ihren Weg über Tachienlu (Rockhill, land of the lamas 281) und von da zum Mittelpunkt des Seiden- und Theeliandels, Lhasa (Gutzlaff 2 Hi). Vergl. auch Ganzenmüller, Tibet 7(5: Feer. le Tibet 34: Waddell 200. J. Diet. v. 0bu-ra8 393a.

dar-zab. 4b 8, (iaß, 14a 3. Synonymcompositum: uach Jäschke die feinste Seide, ein Stück Zeug von solcher Seide (s. v. dar) oder schwere Seide (s. v. zab); nach Schlagintweit 113 so viel als: blaue Seide.

zu jag. 4 b 8. Dieses za dürfte wohl mit dem zweiten Glieds in <*^*J3(^*zu identiticieren sein.

di-ri-ri. 7b 3, 7b b\ 8a 1, 8a 4, 8 a 1, 8b 1, 8b 4, 8b 7, 9a 3, 9a 1, 10a T). Von Ochsen und Kühen. Vergl. dar-dir und ldi-ri-ri. denen sämtlich das Verbum ldir-ba (rauschen, vom Winde; rollen, vom Donner) zu gründe liegt. Zur Sache s v. ba-dmar.

1) Über diesen Titel s. Radion*, Die alttürkisclien Inschriften der Mongolei S. 460.

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brduos-rdel. 2 b 8. Yergl. rdo slog-pa i>a5, rdo ;fian rlog-pa 14 b 3. rduu-ba halte ich für cine Ableitung aus ido Stein, was in formeller Hinsicht schon deshalb möglich ist, da das Wort rdun „kleiner Erdhügel" mit rdo offenbar verwandt ist, wozu denn ausserdem die Verhältnisse der tib. Auslautskonsonanten überhaupt in betracht kommen, Schiefner, Uber die stummen Buchstaben, Mel. as. I 346 ÎK Das Wort hätte dann also ursprünglich „schlagen, bearbeiten von Steinen14 bedeutet und ginge sicher auf eine Periode der Steinkultur des Landes zurück, von der wir freilich bis jetzt noch nichts Positives wissen. ')

In Schiefner's Bon-po Sfitra wird wiederholt der Sünde gedacht, Steine zu graben oder zu beschädigen, in denen Dämonen hausen; besonders charakteristisch ist die darauf bezügliche Stelle S. 3(>. Mit diesem Zuge ist die von Bouvalot 410 mitgeteilte Erzählung zu vergleichen.

Steine werden vor allem zum Häuserbau bearbeitet: Turner 84; Bogle bei Markham 122; della Penna bei Markham 313; Des- godins 37!); Rockhill, Tibet 191.

In gleicher Weise von chinesischen und europäischen Reisenden wird «lie hohe Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit der tibetischen Steinschneider anerkannt und bewundert: Rockhill, Tibet 238: Gutzlatt' 216.

brduns rdel byas-pa ist auf den ersten Blick hin eine etwas frappierende Ausdrucksweise; man möchte zunächst gern den Sinn dahin verstehen: Steinchen zerstossen; das ist aber grammatisch unmöglich, da dann rdel brduns dastehen müsste, nach jenem bekannten Grundgesetz des tibetischen Sprachbaues; brduùs lässt sich also nur nominal und als Objekt zu rdel byas-pa auffassen: schon Gestossenes, d. h. roh bearbeitetes massives Steinmaterial, zu Steinchen machen, d. i. in kleinere Stücke zerbrechen, kunst- gerecht zuhauen.

sdiy-pa. S. viceika. Vyutp. 265b, 3. -i rva sbrags-pa 14b 5. Ebenso Oxf. Bon-Ms. fol. 4a: sdig pai rva yan bead. Bei Lhasa soll eine Scorpionenhöhle. namens C'u-su. sein, in die zum Tode

1) Die einzige mir bekannte prähistorische Beobachtung aus Tibet ist die des Grafen Sziohenvi (CY) über drei Erdhügel bei Si-ning-tu.

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verurteilte Verbrecher geworfen und zu Tode gestochen werden. Kockhill Tibet 78. Cf. Schmidt, Gesser 105. A. Wilson 144 er- wähnt den grauen und den grossen schwarzen Scorpion mit seinem tötlichen Stachel. Vergl. auch Moorcroft 251.

na-ya ye-mr, korrekt nàgagesar. 3 b 2, 4 b 3, 13b 6. Vyutp. 276 b keeara. kesara. Schiefner im Bull. A cad. de Pét. IV 284 no. 1. Rehinann Nr. 36.

na-ya pw>-pa = uâgapuspa. 13 b 7. Name verschiedener Pflanzen (pw). Hoernle, Bower Manuscript, part II fasc. 1, p. 85 erklärt nàgapu^pa als Mesua ferrea, was wohl auf einer Verwechslung mit. nagakesara beruht.

nad. rlui.-las gyur-pai nad 3b 6, 6a 2, 15 b 6, 16a 7. mk'ris- pa-las gyur-ba rnams 3b 7, 6a 2. 15b 6, 16a 7. had-kan-las gyur-pa mams 3b 7. (Ja 2. 15b 7. 16a 8. dus-pa [IciiJ nad 3b 7, cdus-pa-las gyur-pa rnams 15b 7. du-ba rnams 16a 1. dus-pai nad rigs 16a 8. nad b/.i brgya bzi 3b 7, nad b/.i brgya rtsa bzi 15b 7. bzi brgya 16a 8. nad du-ma rnams 6a 2. b/.i nad 6a 2. 16a 1. mi-nad 6a 7. 16a 2, 16b 5. pkyugs-nad 6a 8 s. v. plyugs. mu-ge dan lo-nes-kyis nad 16 b 2 in übertragenem Sinne: Plage, Missgeschick. Durchweg der indischen Medicin entlehnte Bezeichnungen. Über die einzelnen Erscheinungen orientiert kurz Jäsehke. Diet., unter den betr. Stich- wörtern, über die drei humores Wind. Galle, Schleim v. rgyu und nes-pa. Bonpo-sùtra fol. 141a 6, über mk'ris-pa Candra DjU, Diet. 105.

<lpay-bsam. 5b 4. Dazu Grünwedel, Kin Kapitel des Ta-Sc-suü (Bastian- Festschrift) S. 23; doch muss dem Einwand desselben die tibet. Übersetzung von Avadànakalpalatâ (s. d. Ausg. d. Werkes Bibl. Ind. Cale. 18*8) entgegengehalten werden. Vor dem Wunsch- bäum fürchten sich die Näga's. weil dpag bsain sin gi rtse la k'yuii c'en Idiù, Bonpo-Sùtra fol. 75a.

span-rgyan. 4b 7. Wörtl. „Sumpfsehmuck", eine Pflanze, die Jäsehke als Arzenoikraut kennt.

apaii-spoA: 14a 3. Vyutp. 273a 3 gandhamàmsi. Hoernle, The Bower Manuscript, part I 20, 21, 22, 23, 62.

spog-aiton. 5a 1, 14a 4. spog fehlt den Wörterbüchern. Spog ist aber lautgesetzlich = p'ogs Unterhalt, der jemand in Lebens- mitteln gewährt wird. S mit folgender Tennis entspricht sehr

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häutig der dieser correspondierenden Aspirata: vergl. p'ra Ornament, Juwel spra-ba schmücken; p'nn-po - spun Haufen; 0p'ra-ba schlagen, stossen spra-ba Feuerschwamm, Zunder; deses Element dient audi zur Unterscheidung transitiver und intransitiver Verba: 0p'o-ba spo-ba, Op ro-ba spro-ba, cp'rul-ba sprul-ba, cp*rod-pa sprod-pa. S. auch die bei Foucaux, Grammaire 3 no. mit an- lautendem Dental angeführten Beispiele, femer Schiefner, Tib. Studien I 338, 339. Dieses p'ogs ist sicher mit dpog-pa „abwägen" verwandt, was vor allem die Bedeutung „Sold, Unterhalt" darthut, die sogar vielleicht darauf hinweist, dass spogs „Gewinn, Vorteil" in dieselbe Reihe zu stellen ist ebenso bogs Gewinn, bes. innere Förderung: Jäschke, Milaraspa 546. Hierher gehört auch das von Huth (Die tibetische Version der Naihsargikaprâyaçcittikadharmàs. Strassburg 1891) im tib. Pratimoksasiitram gefundene Verbuni spog-pa, perf. spags, ffir welclies er die Bedeutung „erwerben" annahm, was sich durch meine Ausführungen bestätigt. Die obigen Ausführungen waren, wie überhaupt die ganze Schrift, bereits vollendet, als Conrady's Buch „Eine indochinesische Causativ- Denominativ Bildung" erschien, das meiner Darlegung eine will- kommene Bestätigung brachte; S. 09 hat er die Reihe spogs p'ogs. die er zu Obogs-pa stellt; trotzdem glaube ich keine Ver- anlassung nehmen zu müssen, die Verbindung mit dpog-pa und spog-pa für falsch zu halteu. Erfreulich war mir auch, dass der- selbe Forscher unabhängig von mir auf S. 70 seiner Abhandlung die von mir wahrscheinlich gemachte Zusammenstellung von sbrul und sprul-pa gefunden hat, wenn auch von einem etwas ver- schiedenen 8emasiologi3chen Gesichtspunkt aus.

suo, 8non (s. d.) Pflanze, bes. Gemüse, vergl. greens; spog snon sind also Vegetabilien, die zum Unterhalt gegeben werden. Dass hier spog und nicht p'ogs steht, dürfte nicht zum geringsten auf das Gesetz von der Angleichung der Aulaute in Compositis (s. bes. t'ugs-t'ub) zurückzuführen sein. Spog-sfion bedeutet demnach , Gemüse, die zum Unterhalt gegeben werden'; analog ist z. B. die Bildung skyas-c'an ,Bier als Geschenk, eine Gabe, die in Bier besteht'.

plu cdebs-pu. 9a 5. p'u der viel erörterte Naturlaut des Luft- ausblasens. Im tib. l'ratimok^asûtra wird das Ausstossen solcher

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Rufe als dem guten Ton widersprechend den Mönchen verboten: niclit tsug-tsug, nicht blcag-blcag, nicht hu-hu, nicht p'u-p'u machen (Rockhill, Prat. 190). Mit dem Aufblasen der Backen wird man aber wohl schwerlich die Natnrgeister beleidigen, daher ich hier die allgemeinere Bedeutung des Wortes „schreien, gellen* vorziehe, die wahrscheinlich noch zu einem „jauchzen, juchzen, jodeln*4 zu modificieren sein möchte, was jene in ihrer Ruhe sicher etwas mehr aufstören mag.

p'un-po. Uta 14b 1, 16a 5. Die fünf Skandha's. s. dar.: Dharmasamgraha XXII u. p. 40 no. Feer, Analyse 458.

tfyuys 7iad. Viehkrankheit. 6a 8, 10a 8, ltJb 5. Der Jesuit Antonio Andrada. der erste Autor, der Ausführliches über Tibet berichtet, erzählt über bei Viehkrankheiten vorgenommene Be- schwörungen folgendes (Lettore annuo p. 7): Quando si ammalano gl'animalL cioè cavalli, vaeche, castrati, e altri simili, una sorte di questi Lamas recitano sopra le dette bestie alcune orationi la mattina e la sera, ma con i denti serrati. parlando al medesimo modo con la gente, fin tanto che dura la malatia in quelli animali. Witsen 325: Als het Vee krank is, lezen de zommige onder hen daer gebeden binnen monds over, zonder de tanden to openen (vergl. con i denti serrati!), op dat het weder gezond zou mögen worden. Gill II 132: „Der Verwaltungsbeamte von Ngoloh, einem Dorfe von etwa 12 Häusern, in dessen Distrikt 70- -SO Familien wohnen, sagte, dass während der letzten Jahre die Viehseuchen sehr häufig gewesen seien; aus seiner Jugend erinnere er sich nur eines Falls, doch in den letzten zehn Jahren seien acht Heim- suchungen vorgekommen, 1876 seien 60 pCt. des Viehs gestorben.*4 "He had no theory u, fährt Gill fort, ''as to how or whence it came, but looked on it as sent by Providence. The symptoms are a watery discharge from the nostrils, drooping ears, and the indications of violent dysentery. Animals attacked would die in a very short time; but at the first signs of the plague, they are killed and buried/ Bonvalot 371: Ces Tibétains prennent plus de soin de leur bétail que d'eux-mêmes. Les chevaux sont l'objet des meilleurs traitements ainsi que les yaks qui transportent nos bagages. Des qu'ils paraissent s'affaiblir, ils sont nourris, tout spécialement, d'une bouillie faite avec des ,niouma\ sorte de navets. On la leur verse

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«lans la bouche à l'aide d'un entonnoir fabriqué avec une corne creusée. Wenn hier die Nàga's angerufen werden, die Krankheiten des Viehs zu hemmen, so ist dabei auch au die Beobachtung von Winternitz '258 zu denken, dass man in Indien den Schlangen Heilkraft und grosse Gewalt über das Vieh zuschreibt. Vergl. zu den die drei Abschnitte jedesmal schliessenden Wünschen für Vieh. Hegen und Ernte Bonpo-Sûtra fol. 143 a, 3; ckar c'u dus su p'ebs pa daù lo p'yugs rtag tu legs pa dan mi nad p'yugs nad t'ams cad rgyun c'ad par gyur cig. Ähnlich lautet der Schluss der Inschrift aus dem Kloster Heinis in Ladàkh, s. Sitzber. d. bayr. Akad. 1864. S. 817/8; Schlagintweit's Deutung von lo p'yugs ist lediglich eine Künstelei, Schiefner übersetzt in dem obigen Citat einfach „Ernte", und doch liegt das Gute so nah: lo p'yugs ist Dvandvacompositum „Ernte (lo = lo-tog, s. Jäschke v. lo 2) und Vieh." Vergl. auch die mongolische Inschrift von Kiu-Yong Komi, Zeile 1*J (Journ. As. Extr. no. 11, 1K95, p. G), p'yugs braucht man zwar nicht mit Jäschke, iMilaraspa 554 für dasselbe Wort wie lat. pecus zu halten: gleichwohl liegt zu pecus-pecunia wie zu gotisch fai'hu und augels. feoh ein psychologisches Analogon in dem mit p'yugs Vieh ver- wandten p'yug-pa, p'yug-po reich vor und noch schlagender in dem Worte nor, das „Besitz, Vermögen" und rVieh" zugleich bedeutet, nach Kockhill, Diary J<î4 besonders zur Bezeichnung des zahmen Yak dient. S. a. Schott, Altajische Studien in Abh. Berl. Ak. 1871, p. 39.

Q]fan«. da/ï rdzons 14 b K. 0p'ans kennt Jäschke nur in dem abstrakten Sinne „Höhe", obwohl hier dem ganzen Zusammenhange nach, vor allem der Verbindung rdzons (s. d.) wegen, das Wort nur in der concreten Bedeutung „Anhöhe" gemeint sein kann. Thatsächlieh wird das Wort auch so in dem Ortsnamen Paüköfi (dPaüs Kon), der Bezeichnung für eine Provinz im westlichen Tibet, gebraucht, worüber Schlagintweit, Glossary of Tib. geo- graphical terms (repr. from JRAS 18G3) S. 19. Ebenso führt auf diese Bedeutung der Name eines im Zamatog fol. 107 erwähnten tili. Grammatikers, Son dpan d. h Thal und Höhe.

Das sonst bei rdzons nicht gebräuchliche s-Suftix ist sicher durch das -s von Lplaùs veranlasst; sollte meinem Gesetz von der Angleichung der Anlaute ein die Auslaute betreffendes Analogon zuzufügen sein?

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SS

ba-dmar. moi co-ma Mb 1: glati dmar 7b M. 7b li, Sa 1. Sa 4, Sa 7, Sb 1, 8b 4, 8b 7, 9a 3, 9a 7, 10a 5. Von einer kurz- hornigen schwarzen, roten und gefleckten Rinderart bei Phedijong spricht A. Campbell, Itinerary from Phari in Tibet to Lhasa 2<>5. Da es nach Przewalski, Das nördliche Tibet Petermann's Mitteil. XXX 1884, 21 no. 2 kein gewöhnliches Hornvieh giebt, an dessen Stelle vielmehr der Yak tritt, der jedenfalls die verbreitetste Rinderart Tibet s vorstellt, so bin ich geneigt, unsern Rotstier und Rotkuh als ein Yakpaar zu deuten, worin mich vor allem ihre Thätigkeit des di-ri-ri bestärkt, was sich entschieden nur auf das berühmte Grunzen des Yaks (bos grunniens) bezieht. S. a. Prze- walski, Reisen in der Mongolei 409 und Pallas. Neue Nordische Beiträge I 1-2S: Kowalewski II lMM7b: Desgodins 399; Peer, Le Tibet 14/5.

bu-lon. Ht) yuan bcad-pai fryer ha 5b f>, Hiatî. bu- Ion k'ver-ba ganz unserm „eine Schuld abtragen" entsprechend. Yergl. auch l»u-lon cded-pa eine Schuld eintreiben. Zur Sache s. Schiefner, Bonpo-Sutra 38 z. 4; im Original lautet der Passus fol. 74a M: rgyu sbyor yon bdag roams kyis lau e'ags bu Ion sbyan bai p'yir.

bum-pa (S. kalâea). 11 a 5. Litt. Pander - Grünwodel 107 Nr. 297 und no. 1, Abbildung 109 Nr. 29. Waddell 29S (Abb.). Rockhill, Notes 741 mit pl. 42. 1. Hanlon 621. «31. Dumontier 152 ff. Urfinwedel. Buddh. Kunst 142. Ujfalvy, L'art des cuivres anciens au Cachemire et au petit-Thibet, Par. 18S3.

Der an der betr. Stelle vorkommende Ausdruck mgul gyis bum-pa ist bisher noch nicht belegt. Das Verständnis erschliesst vor allem ein Passus im Bonpo-sûtra fol. 1 10a 5, den ich in extenso folgen lasse:

1) Der lioikhiUsilic Holzriruck wie die Sohicl'ner'sche Copie schreiben ^]'^]^"

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Si) -

xi

. N2 ^

Dass mgul, was «lie Wörterbücher nicht bemerken. ,Hals eines Gefässes1 bedeuten kann, geht ans der obigen Stelle: e'u dar etc. deutlich hervor: .an den Hals des Humpa eine blaue Gebetsflagge binden' (Schiefners Wiedergabe .wasserblaue Seide4 ist nicht nur sachlich unrichtig, sondern auch in grammatischer Minsicht falsch); auch Desgodins' (Diet. 104) gegebenes Citat mgur bum-pa 0dra-ba d. h Bumpa-ühnlieher Hals könnte, wenn es dessen noch bedürfte, den Beweis hierfür verstärken. Freilich stellt mgul nicht das all- tägliche Äquivalent für diesen Begriff dar, das vielmehr in ske zu suchen ist wie snod kyi ske bei Desgodins Diet. 5J und Kowalewski II 130-2. Schon aus diesem Gebrauch von mgul, das sonst nur auf lebende Wesen Anwendung rindet, ersieht man, dass die Weih- wassergefdsse gewissermassen beseelt gedacht werden, was noch manche andre Momente bestätigen. Die seidenen Tücher, mit denen ihr runder Bauch bedeckt wird, heissen mit einem Ausdruck der Verehrung na-bza .Gewandung'; ja, was am schwersten ins

1) Vorjîl. mit dieser (Vrcmunio das iiidisrli«' Trävana: Hill-brandt, Kitual- J.ittcratur: Vedische OpfVr und Zauber § -l4.».

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Gewicht fällt, man unterscheidet Sehnabelgefasse, «lie das Symbol «les männlichen Prineips versinnbildlichen, und schnabellose zur Vertretung der weiblichen Energie, was z. B. der obige Text durch die Worte bum-pa yum gyi ran bzin te ,der Krug hat die Natur der Mutter' bezeichnet. Hier wäre anzufügen, dass es solche Vasen auch in (testait eines Vogels giebt, wie ich wenigstens aus dem Compositum by a ma bum (Schiefner, Mél. as. III 14) schliesse. Welcher Teil »les Burnpa ist nun als mgnl zu deuteu? Offenbar nicht derjenige, den wir so nennen würden, den Rockhill in seiner Beschreibung kurz und eng schildert, denn was sollte dann der besondere Terminus mgul gyis bum-pa besagen, dem doch klar genug ein Gegensatz zu Grunde liegen muss, der aber nicht eiu nach unserer Auffassung lulsloses Bumpa sein kann, da ja jedes Butnpa einen derartigen Hals besitzt? Was ich anfangs nur ver- mutete, das fand ich nachträglich in der oben mitgeteilten Stelle hinreichend bestätigt. Mgul ist thatsächlieh nichts anderes als die emaillierte Metal lröhre, die in don Mund des Gefässes hinein- gesteckt und zur Aufnahme eines Handels Kusagras, sowie einiger Pfauenfedern, des Weihwedels, dient. An Stelle jener Gräser setzt das Bonpo-sûtra dpag bsam siù (s. d.). während die Pfauenfedern durch das c£u dar vertreten werden; ausserdem treten Blätter von Obstbäumen (skyed Sin) zur Vollendung des Schmuckes (rgyan) oder, wie es auch bezeichnender lautet. Mundschmuckes (k'a rgyan) hinzu, womit man die beiden Stellen im Bonpo-sûtra fol. 14'2a8 und 142b 4 vergleiche. Mgul gyis bum-pa ist demnach eine Vase, die mit einem solchen Aufsatz und einem solchen Schmuck aus- gestattet ist. Ich wage nunmehr noch einen Schritt weiter zu gehen. Die Verknüpfung einer gewissen Symbolik mit dem Weihwasser- gefäss ist uns oben begegnet Könnte nicht etwa auch in die Be- nennung mgul etwas Symbolisches hineingeheimnist sein.'' Unter den acht glücklichen Bildern der Chinesen bedeutet aber die Flasche das Symbol der Kehle, d. h. der Rede, und da mgul ebenso gut Kehle als Hals heisst (l)esgodins: le cou et surtout la gorge), so möchte man sich versucht fühlen, unter mgul gyis bum-pa eine das Symbol der Rede verkörpernde Vase zu verstehen. In den Zusammenhang passte diese Auffassung ausgezeichnet: denn, wie es im Texte heisst, nimmt man zuerst die Libation aus dem

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ingul gyis bum-pa vor, lässt dann «lie safrangleiche Zunge ertönen und spricht die Beschwörung!

byi tster-ma. i 0jigs-pa 5 b 3. Stachel der Maus; sollte hier an ein igelartiges Tier zu denken sein, zumal da auch byi-ba nach .Jä8chke ausser ,Mausl noch verschiedene andere Tierarton be- zeichnet? Byi ts'er , medicinal herb" mit dem übrigens byi ts'er-ma nicht ohne weiteres zu identifizieren wäre, durfte hier kaum in betracht kommen.

bye-mùran. gyis cjigs-pa 5b 4. bye-mts'au der Vogel „Nacht-: der Vogel, der „Nacht" genannt wird, also wohl sachlich nichts anderes als ints'an-bye oder -byi Nachtvogel, Fledermau8(Nachtmaus).

Vergl. übrigens Lond. Bonfr. fol. 218b, 4: Klu mo skad snau nia /es bya ba | p'yag na pa wan (gewöhnlich: p'a waü = Fleder- maus) rgyal mts'an bsnams pa b/.ugs | .

brag dinar po, roter Fels. 10b 2. Derselbe dürfte wohl identisch

sein mit dem gewöhnlich ^SJ^'^f?* genannten Berge, der den

mittleren und höchsten Gipfel des berühmten Pôtala bei Lhasa dar- stellt, Koppen II 55, 340; Schmidt, Sanan Setsen 3*25. Thatsächlich kommt für denselben im rGyal-rabs auch der Ausdruck brag-dmar vor, Schlagintweit, Köuige >>4-l, s ferner daselbst SU, H45. Nach

Rockhill, Tibet 2<»2 wäre überhaupt der Name von

Pötala gewesen, bevor es der Dalai Lama H543 zu seiner Residenz machte. Vergl. a. Waddell 21. Über die Topographie von Lhasa überhaupt s. den die gesamte Litteratur meisterhaft zusammen- fassenden Aufsatz von H. Yule, Lhasa in der Encyclopedia Britannica, 9. ed., XIV, 496-503.

breg-pa. skr a dan k' a spu 4 a 2. Vergl. a. 13a 7, wo statt breg-pa das farblosere nains -pa stellt Vyutp. 308 a 1 skia bregs mundana. Bonpo-siitra fol. 72a t> rtsva gnan bregs pa dan.

sbreoH-pay klu Hit zu-ma 14b 4. sdig-pai rva sbrags-pa 14b 5. Zum Gedanken vergl. Oxf. Bon-Ms. 3a 4 p'ye-ma-leb kvis gsog-pa breg. breg-pa 0breg-pa. sbregs-pa und sbrags-pa sind bisher noch nicht belegte causativische Ableitungen aus breg-pa, wiewohl ein Unterschied im Gebrauch der prätigierten und prätixlosen Form nicht vorhanden zu sein scheint.

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i>2 -

dban t'ait cle bu. 6 a 4. Vyutp. 268 b 2 mahâbhâga (mit dem Zusatz (am skal pa 0am dpal cke). Vergl. dban t'aû rgyas-pa 16b 1. Die Bitte an die Nâgas um Langlebigkeit hängt mit der Vorstellung zusammen, dass sie, wie überhaupt die Schlangen bei vielen Völkern als langlebig und Symbol langen oder ewigen Lebens gedacht werden. Koch 151. De la Pavie 486—500: Nagele 280; IA IV 46. Potanin. IV 187.

dban-po lag-pa. 3a 6, 4a 3. 13b 3. Vyutp. 273b 2 indrahasta. PW. citiert ohne nähere Erklärung das Wort nur nach Vyutp. .Tä8chke, Diet 387b v. dban. Schiefner, Bonpo-Sütra 82 no. I. Im Oxf. Bon-Ms. fol. 6b wird dban-po lag-pa neben Wasserdrachen- klauen (c'u srin sder-mo) als Heilmittel für die Fröschen abge- schnittenen Füsse und Hände empfohlen. Im Bonpo-sütra fol. 141a 7 heisst es: dban po lag pa dan clu srin sder mo p4ul bai yon tan gyis klui van lag snad pa sos par gyur cig.

rgyu mts'oi sbu-ba. 3a 7; rgya-mts'oi lbu-ba 4a 7; 13b 2. Schiefuer, Bonpo Sûtra 38 z. 23. Über Meeressehaum als Heil- mittel s Târanàtha II 101. iïûkaooa xÂr£« jtuvtu àv&odmov xtotâ (Euripides).

bifun-bu. Element, lb 4; lib 2: 12a. 3. cbyuti-ba ist S. b lui tn nachgebildet. Syn. k'ams dbâtu. fol. 1 b 4 u. 1 1 b 2 werden vier Elemente aufgezählt, nämlich: 1. rlun Wind. 2. me Feuer. 3. e'u Wasser. 4. nam mk'a Äther, fol. 12 a 3 dagegen fünf: 1 ru Wasser. 2. rlun Wind. 3. sa Erde. 4. me Feuer. 5 Sin Holz. Beide Reihen sind merkwürdig. Vier ist die gewöhnliche Anzahl der Elemente im Buddhismus, die aber dann Erde, Wasser, Feuer. Luft lauten, s. Burnouf. Introduction 576, J. Diet 398a, Mayers 30J) Nr. 108. Schiefner, Buddh Triglotte fol. 25, 1, Wenzel § 105. Dass im obigen Falle die Erde nicht vorhanden ist, wird vielleicht dadurch erklärlich, dass unmittelbar vorher verschiedne Erdarten speciell aufgeführt worden sind. Ist von fünf Elementen «lie Rede, so ist die Regel die. dass zu Erde, Wasser, Feuer, Luft als fünftes der Äther mk;a oder naiu-mk'a gerechnet wird. Dass Holz zu den Elementen gezählt wird, ist meines Wissens aus rein buddhistischen Quellen nicht nachgewiesen und dürfte daher wohl auf die chinesische Auffassung von den Elementen zurückgehen, der zufolge muk Holz das dritte Element darstellt neben Wasser, Feuer. Metall, Erde

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(Mayers 313 No. 127), was schon deshalb sehr leicht möglich ist, da den Tibetern aus ihrer Zeitrechnung die Namen der chinesischen Elemente ganz geläufig sind (Foucaux 141), 150) und daraus eine Vermischung derselben mit den aus Indien überlieferten nicht schwer entstehen konnte.

Vergl. Dharmasamgraha XXXIX und LVIII, Csoma in As. Res XX 398 no. 5. Koppen I 235 no. 3 und 601. Jäschke, Diet. 38b. Schiefner, Bou-po Sûtra 7 und no. 6. Waddell 263, 453. Bunyiu Nanjio, Japanese Sects 4.

Obrum-po =* 0brum-bu oder 0brum-nad, Blattern. 15b 8. In Tibet ausserordentlich häufig und verbreitet: Hay, Report on the valley of Spiti, JASB XIX 442. Turner 86; Gill II 115; T. T. Coo- per 257; Gutzlaff 226; J. L. Bishop, Among the Tibetans 105; Szé- chenyi CX VI. Przewalski 215. Uber einen Zauber gegen Blattern s. Waddell, some ancient Indian charms from the Tib. im J. Anthr. Inst XXIV S. 41 No. 8.

Ala-di os-pa - Anavatapta, der Manasarôvarasee 8b 7. Auch Ma-p'am, Ma-p'am-pa, Mi-p'am-pa 7 b 2, was einem S. Ajita ent- spräche. Sein Beiname ist ;yu-mts'o Türkissee 7b 2 oder )\u- ints'o snon-po blauer Türkissee 8b 7, !)b 2. „Der berühmte See von Türkis" wird er in einem Hymnus des Milaraspa genannt (Caudra Das, Contributions 208); Csoma, Geogr. notes 126 heisst ihn Ma p'am yu-ts'o (/yu-mts'o). Türkissee wird auch der See Palti genannt (Markham 310 no. 3 und Proc. Buddh Text Soc. 1896, 2). Beschreibungen des Sees findet man bei Strachoy, Physical geo- graphy of Western Tibet, Journ. R. Geogr. Soc. 23. Bd. 1853, p. 48 ff.; ders., J. A. S. B. XVII 104 ff.; Balfour, Cyclopaedia of India II 838; Gutzlaff 203; A. Gerard, Account of Koonawur, Loud. 1841, 131-8.

S. ferner J. A. S. B. L1X J85H, 95); Nanjio, Jap. sects. 52; Köppen I 234; Fcer, Analyse 571; Schlagintweit, Könige von Tibet 858. Crooke 31, 32. Eine Angabe, dass der See neun Inseln hat (7b 2), habe ich nirgendwo gefunden; dgu liesse sich zur Not auch als Pluralsuffix auffassen (Schiefner, Pluralbezeichnungen im Tib , Mem. Ac. Pét. XXV No. 1 § 23), eine Auffassung, der aber die Konstruktion mit -pa („enthaltend, umfassend") sehr im Wege stände. Vielleicht liegt gar eine Verwechselung mit dem Paltisee

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vor, in welchem sieh oi ni g<> hügelige Inseln betiuilen (della Fenint bei Markham 310).

Die blano Farbe «1er tibetischen Seen wird vielfach gerühmt. Der Kuku-nör (mong. nôr ans naghör), tib. imVo siion-po1) hat von dieser Eigenschaft seinen Namen, perche l acqua apparisce di color turchino: s. della Penua, Breve notizia. Nouv. Journ. As. XIV *20l. Den Tengri-nör (mong.), tib. j nam-mtsko, schildert Littledale in seinem jüngsten Heisebericht, 467, als lebhaft blau. Die Pan- gong Seen sind nach Bower llî von einer schönen, tiefblauen Farbe. „Blaue Wasser" sind nach tib. Vorstellung ein Symbol für die Mühen des Lebens; in einem Volksliede singt zum Ausdruck ihrer Treue eine Baltifrau ihrem Gatten: „Wenn dich die blauen Wasser umHilten, lass mich sie tragen; ich werde deiner dann nicht vergessen." (Hanion 620 No. 52.)

Reachte auch Meohnikoff's neue Erklärung des Namens Vang- tsokiang, Geogr. «lourn. VII No. 5 1*06, 562.

Seen sind der gewöhnlichste Aufenthaltsort der Nàgas (nägahrada): Neumann. Pilgerfahrten 160, 168; Winternitz 45: Ohlenberg. Religion des Veda 71; Bühler, a new Kharosthi in- scription from Swat. WZKM X 1, 1896, 55; Mainwaring 130; bos. Bawlinson. Tho Dragon Lake of Pamir, Proc. Hoy. Geogr. Soc. IX 1SS7, 60—71.'

Kin ist vielleicht mit klon, kluù verwandt.

mow , bru. 4 b 8. 14 a 3. Der erste, der eine Erklärung des Wortes Mon gegeben, ist (.'soma in seinem noch immer höchst wertvollen Aufsätze Geographical notice of Tibet from native sources. J. A. S. B. I p. 122 (- Duka 177): Die Hügelvölker von Indien, die den Tibetern am nächsten wohnen, werden von ihnen mit dem allgemeinen Namen Mon bezeichnet; ihr Land heisst Mou- yul, die Männer Mon-pa. die Frauen Mon-mo. Diese Definition muss Schiefner unbekannt geblieben sein, da er sie Tib. Lebens- boschreibung 08 no. 65 bei einer Erörterung von Wortbildungen mit Mou unerwähnt lässt und selbst auch nichts zur Deutung des Begriffs beiträgt. Auch Koppen II 51 (s. MoncMi), wusste offenbar

1) Nach Wassiljcw. fjeogr. 55, ist der eigentliche tib. Name mts'o khri sor Ofyal-mo.

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nichts damit anzufangen. Schlagintweit. Könige von Tibet, 840 no. 1. kennt ebensowenig die angeführte Stelle von Csoina und gibt statt dessen ohne Quellenangabe eine viel zu eng gefasste Erklärung des Namens. Erst Jäsehke (Diet. 4*20 a) lehnt sich wieder an Csoina an, wenn er sagt: allgemeine Bezeichnung der zwischen Tibet und der indischen Ebene wohnenden Völker. Diese Erklärung ist un- zweifelhaft richtig, da sie mit den Angaben des im Jahre 1701 n. Chr. verfas8ten chinesischen Werkes Chili kung chih t'u über- einstimmt, in dem es heisst, dass die von den Tibetern Mon ge- nannten wilden Stämme wie die Lissus, Mishmis, Lepchas von den Chinesen iffa genannt werden, worunter der Landesname zu

verstehen ist, dor tibetisch Iho yul lautet, während das Volk als 5g; bezeichnet wird (Rockhill, Tibet 128/9). Nicht ohne ein gewisses socialgeschichtliches Interesse ist die hier unter mehreren wichtigen ethnographischen Angaben gegebene Mitteilung, dass in das Land der Lhopa, einen Begriff, den wir also gewiss viel zu eng fassen, wenn wir ihn, wie bisher üblich (J. Diet. v. Iho. Ramsay 1 1 a), auf Bhutan einschränken, was er wohl erst später als politisch-geographischer Begriff im engeren Sinne bedeutet haben wird1), die Verbrecher aus Centraitibet befördert werden, angeblich, um sich von den wilden Stämmen daselbst verschlingen zu lassen, eine auch in der Geschichte, z. B. vom Bodhimör be- stätigte That8ache, nach welchem unter rVri-sron-lde-btsan ein Minister infolge politischer Intriguen nach dPalro8) Mon in die Verbannung geschickt wird (Schmidt, Sanang Setsen :llJ2). Angaben, die wir mit um so grösserem Interesse aufnehmen müssen, als uns sonst die Nachrichten über Recht und Justizverwaltung auf diesem Gebiete nur spärlich fliessen.

Vergleichen wir nunmehr diese hier zusammengestellten Notizen, so möchte man zu dem Ergebnis gelangen, dass unter Mon die zahlreichen, in linguistischer und ethnographischer Hinsicht vor- wandten Stämme zu verstehen sind, die wir gewöhnlich unter dein

1) Desgodins' Identifikation der Lho-pa's mit den Abors beruht offenbar auf eiuer einseitigen Anschauung der Sache. Vergl. im besondern die bei Rockbill. 1. c. 128 no. 4 nach lluang Mu-tsai gemachten Ausführungen.

2) Diese Ortsbezeichnung ist jedenfalls identisch mit dem von Jäsehke ge- nannten dpal-gro mon-la -- Paldo in Bhutan.

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Vh;

Namen dor llimalayavölker zusammenfassen. Diese Ansicht scheint Th. IT. Lewin, A manual of Tibetan (Cale. 18711) S. 129 zu ver- treten, wenn er bemerkt: Mon, ein allgemeiner Name für die lliigelvölker, welche «las Land zwischen den Ebenen Indiens und Tibet bewohnen1). Doch das ist nur eine Seite des Begriffs, er- schöpft ist er damit noch nicht. Nach .läschke wird derselbe nämlich auch auf «Ii«' Hindus iin allgemeinen augewandt, ja, man kann behaupten, dass er in manchen Fällen „indisch" im weitesten Sinne bedeutet, was sieh durch zahlreiche Beispiele des Sprach- gebrauchs beweisen lässt; solche hat bereits Schiefner, Tib. Lebens- beschreibung p. '.)8 gesammelt, denen ich noch einige aus der Yyutpatti hinzufügen kann. In dieser spielt das "Wort mon eine Rolle in der Abteilung cbru sua ts'ogs kyi min la auf fol. 21 2 a, 4. also den Namen der Körnerfrüchte. In einer Anzahl derselben tritt, durch die Art näher bestimmende Beiwörter eingeschränkt, das generelle Element mon-sran auf; sran-ma ist eiue allgemeine Bezeichnung für Hülsenfrüchte aller Art, wie Erbsen, Bohnen, Linsen u. s. w., mon-sran also solche aus Indien importierte, nach Jäschke getrocknete: Yyutp. gibt sran-ma einmal durch kaläya. dann durch vartuli (-= vartula?) wieder'); sie enthält ferner die bei Schiefner fehlenden Ausdrücke: mon sran nleu«= munga, mon sran tsa na caiuih (Kichererbsen), rgya sran = kulattha, wozu auch Jäschkes Bemerkung, Diet. .'»KO b u.. zu vergleichen ist. Ganz neu ist nuu die in unserm Text vorgenommene Scheidung von bod-0bru und mon-rbru. zwei Begriffe, die wie mit einem Zauberschlage die volle >Yährung von mon enthüllen. Mon, so offenbart sich hier klar, ist der Gegensatz von Bod. also alles, was nicht Tibeter heisst. mit der Einschränkung freilich, die sich aus der Gleich- setzung von mon mit Iho-pa ergibt, dass unter die Mon alle im Süden Tibets, nicht zur tibetischen Nation gehörigen, nicht tibetisch sprechenden Stämme zu rechnen sind. Was unter mon-,bru im

1) In dieser Bedeutung ist Mon sicher auch Kïyal-rans fol. 19a 3 in dem Passus mon-gyi smyon c'u dug toll machendes Giftwaeser der Mon (Schlagintweif, Könige 846 u. Text 11) zu verstehen, ebenso in mon- gru kiràta (Schiefner, Tib. Lebensbeschreibung 98% die offenbar die heutigen Kiràmti sind.

2) Jäschke, Diet. 420a, setzt es auch gleich màaa, was aber in der Regel durch mon-sran-greu umschrieben wird.

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1)7

einzelnen zu verstehen sei, lässt sieh nicht ermitteln; es dürfte auf alle Fälle eine mehr allgemeine, unifassende Benennung für die aus dem nördlichen Indien eingeführten Getreidearteu1) sein als gerade zur Bezeichnung einzelner, bestimmter Sorten dienen, da für diese »amtlich einheimische Wörter vorhanden sind, wenn auch darunter im besonderen vielleicht gerade an Reis gedacht worden mag, der in Tibet selbst nicht angebaut, aber doch viel verbraucht wird (Feer. Le Tibet lb, vergl. auch Globus, Üi>. Bd., 18U4, p. 300). Es ergibt sich nunmehr, dass Mon durchaus kein ethnographischer, sondern ein rein geographischer Begriff ist, dazu von etwas vager Natur"). Eine politisch geeinigte Gemeinschaft ist jedenfalls nie dar- unter zu verstehen, wenn auch Aufzählungen wie „China, Mi-nag, Indien. Mon und Tibet" (Huth, Gesch. des Buddh. in derMongolei 14H) dazu verführen könnten, oder gar wenn (SchmidU Gesser Chan 200) von einem Chan des Landes Mon nach voraufgegangener Erwähnung eines Fürsten von Korea und Nepal berichtet wird Für die psychologische Entwicklung des Begriffes kommen noch einige auf einen bestimmten Distrikt beschränkte, lokale Auffassungen in betracht. die zugleich das eben gewonnene Resultat bestätigen helfen. Nach Mainwaring, im Vorwort zu seiner Lepcha Gram- matik IX, gebrauchen die Tibeter in Darjiling den Ausdruck Mon ausschliesslich von den Lepehas. nicht aber von Bewohnern Nepals oder anderen Stämmen, wiewohl in der Litteratur Mon nicht selten von Nepal gesagt wird, wie z. B. in einer von Jäschke citierten Stelle aus Milaraspa und, wie ich vermute, in der Ver- bindung mon-dar kauva (s. Schiefner. 1. c. î>8). Das Volk von Lahul wird von den eigentlichen Tibetern als Mon augeschen, obwohl sie meistenteils tibetisch sprechen, während sie ihrerseits die Hindus in Kullu als Mon betrachten (Jäschke, Diet. 420a). Endlich findet das Wort eine eigentümliche Anwendung in Ladâkh. Im rGyal-rabs heisst es fol. 25b7: de rin nai zal Ita ba la ; bya bral be dha p'a mon si su yan ma 0gag ... ; Schlagintweit's Ubersetzung, Könige N61, ist falsch: dieselbe muss lauten: „Wer heute mein Antlitz schauen will, mag «'S nun ein Asket, , Be-dha.

1) S. über diese Hunter 581, 582, 676.

2) Ausschliesslich geographisch ist mon in nion-c'a-ra, der immergrünen Kiche auf den südlichen Ketten des Himalaya, zu verstehen. Kockhill, Diarj 81*2 no.

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P'a-mon (jenseits wohnender Mon) oder Tibi sein, niemand soll ihnen den Zutritt verwehren." Vergl. auch Marx im JASB 1891. part I, S. U6 (er liest bhe-da und ma bkag) und S. 12_>. Mit dieser veränderten Auffassung fallen auch Schlagintweit's etymo- logisierende Deuteleien an „Be-dha und Tisi fort, die nicht, wie er meint, geographische, sondern Namen von gewerblichen Ständen sind. Tifci sind Schuhmacher (nach Marx) und 0 Be-dha sind wandernde Musiker, die sowohl nach Gaschke, einschliesslich der Zimmerleute und Holzschneider, wie nach Ramsay, p. lOG. in Ladàkh Mon genannt werden, wozu letzterer bemerkt, dass es ein Wort für Musiker in ihrer Sprache sonst nicht gebe; Roero III 254 übersetzt bèda mit violinista. Sie sind outeaste, candâla, ydol-bai rigs, die auf den untersten Sprossen innerhalb der Kasteneinteilung stehen, die Mon-musiker hinter den Schneidern auf der zehnten, die 0Be-dha*) hinter den Schuhmachern auf der zwölften Stufe (Ramsay 19). Vielleicht wird durch ihre Bezeichnung als Mon die Erinnerung an ihre ursprünglich fremde Herkunft festgehalten, was mir eine Bemerkung von Marx (1. c.) annähernd bestätigt, der die Bheda's für Mohammedaner und ihrer Abstammung nach für Balti's erklärt; jetzt sind freilich auch tibetische Wandersiïnger bezeugt, s. H. fl. Wilson 211, Hooker, Himalayan Journals II 18C: Ramsay 103 (v. minstrel).

Eine merkwürdige innere Analogie zu mon Iho -pa bildet chinesisch Man. womit die Chinesen die im Süden wohnenden Barbarenstämme bezeichneten, im Gegensatz zu den westlichen Barbaren, s. Les mémoires historiques de Se-Ma Ts'ien trad, par Éd. Chavannes I, Paris 1895. p. 149; Harlez, l'ethnographie au midi de la Chine, Le Museon XV 1896, No. 2, 143; Lobsrheid. A Chinese and english dictionary, Hongkong 1871, 439b. Es liegt mir natürlich fern, an eine direkte Verwandtschaft der Wörter Mon und Man zu denken; in kürze muss ich aber noch meinen Standpunkt, die Entstehung des Wortes Mon betreffend, darlegen. Ich denke an einen Zusammenhang mit dem Namen des Volkes Mon in Pegu. Schon Mainwaring IX war geneigt, eine Bluts-

•) Ramsay schreibt Boyda: s. auch Marx, History of Ladàkh, J. A. S. B. 1894. part I S. 102.

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Verwandtschaft zwischen den Lepchas nnd diesem Stamme an- zunehmen, gelangte dann aber auf grund einer Vergleichung der Sprachen beider zu dem Schlüsse, dass die Völker vollkommen verschieden seien. Das ist unbedingt richtig und wird auch durch meine Ausführungen, die sich auf einem ganz andern Wege mit dieser Frage abzufinden suchen, nicht im mindesten angezweifelt werden. Dank den grundlegenden Forschungen Ernst Kuhn's ist die Existenz desKhasi-Mon-Khmèr-Stammes und dessen Beziehungen zu den Kolh- Sprachen Vorderindiens, dem Nancowry und den Dialekten der Urbewohner Malaka's unwiderleglich dargethan (Bei- träge 220, Herkunft 8). Schon vorher hatte auch die prähistorische Wissenschaft in dies geheimnisvolle Halbdunkel hineingeleuchtet: angeregt durch A. Phayre führte Forbes 142 vermittelst der 1875 zum er8tenmale in Chutiâ Nàgpûr, Centraiindien, aufgefundenen asymmetrischen Steinmeissel von dem sogenannten shoulderheaded Typus, der bislang nur aus Pegu und der malaischen Halbinsel bekannt war, den Nachweis einer Zusammengehörigkeit der diese Gebiete bewohnenden Stämme, welchen weitere Fundstücke glänzend bestätigten, vergl. F. Mason, the celts of Toungoo, J. A. I 326—8; F. Noetling, Vorkommen von Werkzeugen der Steinperiode in Birma, ZE 1894, 588; A. ürüuwedel, Prähistorisches aus Birma, Globus 68 Bd., 1895, 14—15. Forbes zögerte nicht, aus seinen Argumenten eine kühne Folgerung zu ziehen: es gewinne an Wahrscheinlichkeit, dass die Mon- Annam- Völker beim Auszuge aus ihren frühesten Wohnsitzen in Hochasien das obere Thal des Ganges passierten, die Xagahügel im Süden von Assam über- schritten und das Thal der Irawadi bis zur Meeresküste von Pegu hinabzogen, wo sich die Mon nioderliessen, während ihre Gefährten sich weiter ostwärts ausbreiteten. So schnell brauchen wir aber nicht zu schliesseu. Es genügt zunächst, sich darüber klar zu sein, dass die Annahme unabweisbar ist, dass Mon und Kolarier einst einon gemeinsamen Wohnsitz gehabt haben müssen, der sämtlichen Traditionen dieser Völkergruppen entsprechend nur im centralen Vorderindien gesucht werden kann, vielleicht in nur etwas weitere Grenzen gefasst als die gegenwärtigen Wohnsitze der Kolarier, die von Orissa an durch das ganze nördliche Dekhan bis nach Râjpûtàna reichen. Die wichtigsten Stämme unter ihnen

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sind die Kolli, Mundàri und Santal. Nun sind Waddell, the tradi- tional migrations of the Santal tribe, .1. A. XXII 294 und A. Campbell, traditional migration of theSantâl tribes, J. A.XX1I1 103 ff. unabhängig von einander auf grund der Überlieferungen der Santal zu dem Schlüsse gelangt, dass dieselben vom Nordosten Indiens das Thal des Hanges entlang naeh Chutiâ NAgpùr gezogen seien. „Die Santal oder das Volk, von welchem sie ein Teil sind,tt fasst Campbell sein Urteil zusammen, „nahmen das Land auf beiden Seiten des Ganges ein. im besonderen das im Norden gelegene. Von Nordosten her- kommend bahnten sie sieh allmählich ihren Weg das Thal des Ganges hinauf, bis wir sie in der Nachbarschaft von Benares mit ihrem Hauptquartier bei Mirzäpur linden. Hier überschritt der Hauptteil, der das nördliche Ufer des Flusses besetzt gehalten hatte, denselben; südwärts gelangten sie zu den Vindhyabergen. ein Hindernis, das sie nach links zu gehen zwang, und fanden sich endlich auf dem Tafellande von Chutiâ Nâgpûr." Es ergibt sich unter dieser und der vorigen Voraussetzung die notwendige Annahme, dass die Mon diese Wanderungen mitgemacht und demnach ursprünglich ihre Sitze auch im oberen Gangesthaie inne gehabt haben. Sie hätten also zu einer jetzt nicht mehr datierbaren Zeit südlich von den Tibetern gewohnt iu eben der Gegend, «1er dieselben auch heute noch den Namen Mon beilegen; wer diesen Gedankengang verfolgt hat, für den dürfte nun die Vermutung nahe liegen, dass eben diese Mon es waren, denen ursprünglich ausschliesslich von tibetischer Seite die Bezeichnung Mon zukam, und dass später nach dem Abzug dieses Volkes der Name in verallgemeinerter Richtung auf die Stämme des Südlandes überhaupt seine Anwendung fand.

Schlagintweit, Könige 84fi, denkt sich mon aus muu „finster* I - S. andhakära, mong. kharanghui : Schiefner Trigl. 25b] ent- standen; jedenfalls ist muu-pa, das nach Jäschke auch thatsächlich mit mon verwechselt wird, (man vergleiche z. B. k*ri mun und kri mon „Gi-füngtiiss* und Schlagintweit, Könige S. 79!>) das einzige tibetische Wort, mit dem sich mon zusammenstellen liesse. In diesem Fallt' möchte ich dasselbe auffassen als die „Dunkeln, die von dunkler Hautfarbe*1, wobei man vor allem an die Verbindung niun nag Jiustoi schwarz" denken mag, wie z. B. Bonpo-sùtra

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fol. 4 b 1 mun nag sprin nag smad du 0 t*iba und 140b 2 mun nag gliù dgui bskal pa las t"ar bar gyur cig oder im Cik-alekha dos Candragomin (ed. Iwanowski) Str. 19: rab tu dog pa mun nag ct'ibs por cdug pai mi, was vortrefflich zu meiner Theorie von den Mon -Kolariern passen dürfte, die ja in ihrer dunkeln Hautfarbe ein wesentliches Körpermerkmal besitzen.

rmo-ba. ma itnos-pai lo toy (la 5. Wie mau englisch unploughed harvest sagt. Die Vorstellung entstammt der buddhistischen Kos- mologie. 8.- Waddell 81 u. no. 5 Das Verbum ist wohl von nna „Wunde" abzuleiten, also eigentlich „verwunden".

0W-e. -r skyil 7b 8. cts'e - mts'e nach dem bekannten Wechsel von Oy und £f: ink'o-ba, Lk'o-ba: nituig-pa, 0t'ug-pa; mgul. cgul: mgo, rgo; mlcar-ba, ,k'ar-ba; ck'am pa und mDzans-blun ed. Schmidt p. 20 z 5 mk'ams-pa. Vergl. auch Schiefner, Tib Studien

I 333; Conrady 23. mts'e ist eine aus mtsleu hervorgegangene Diminutivform von mts'o: Schiefner, Tib. Studien II 357. 358; Foucaux, Grammaire § 20; Jâschke, Milaraspa 553.

tndze. ynod-pa 15b 3; dan *u-ba 15b 8. Vyntp. 309b 3 ku>tham; Ramsay 88. Wenzel § 26. Schmidt, Sanang Setsen 322. Chinesische Inschrift v. Kiu-Youg Koan in Note prél. sur Tinser. de K. 1. partie, J. As. 1895. Über einen Zauber gegen Aussatz s. Waddell, some ancient Indian charms from the Tib. im .1. Anthr. Inst. XXIV p. 41. Im bsTan-cgyur befindet sich eine Schrift: mdze nad gso bai t'abs (Feer, Analyse 3(>5). Beschwörung des Aussatzes durch Bonpriester: Candra Das. Contributions 197.

rdzon. rdzoAs 14b 8. Über das -s Suffix s. v 0p4ans. Uber Schlösser und Festungen in Tibet vergl. Desgodins 379; Vigne

II 325; Turner 72, 77; Fabri 123, 231; Littledale 454. Götter- wohnungen in der Malerei als Festungen dargestellt: Pander 50 Da die Schlösser fast stets auf den (tipfein von Bergen angelegt werden, so scheint das Wort auch in die Bedeutung Berg, Gipfel überzugehen, wie gerade an obiger Stelle leicht möglich; vergl. byaii c4ub rdzon als Name eines Berges bei Milaraspa. Jäsehke Mil. 550. Auch Festungen haben ihre eigenen Geister (Waddell. Demonolatry 202).

zal-zas. 10a 3. Jfischke: food. Als Opfergabe für die Buddhas und Bodhisattvas handelt es sich dabei um Teichkegel von der-

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selben Gestalt wie die Ts'a-ts a, mit dein Unterschiede, dass sie weder Reliquien noch andere heilige Gegenstände enthalten, s. Schlag - intweit 147, über tska-tska ibid. 124, 132. Auch von den Bonpo's bezeugt Rockhill (Diary 280) ausdrücklich, dass sie dergleichen fabrizieren.

io-*a. siiiii 3b 1. gla-gor 4b 1, 13b"). mk'al-ma 4b 2, 13b5. Vyutp. 273b 1 gla-gor zo-sa 1) pohalam? 2) pûga- phalam Betelnuss von Areca catechu, snh'i zo-sa Rehmann Nr. 5(î. Schiefner, Bonpo-Sùtra 82 no. 4. gla-gor Rehmann

Bohnenförmiger Körper etc. vom Geschlecht der Dolichos oder Phaseolus. Candra Das, Tib. Engl. Diet. ICK) v. mk'al-ma. Schiefner. Bonpo-Sùtra 82 no. 9. Im übrigen s. Jüsehke, Diet, v zo-sa.

gzog *og byas-pa. 2b 7. ;zog sog. fut. zu Jog-pa schneiden, sog /Sog-pa, bsog-pa, wo Jäselike im Handwörterbuch ausdrücklich auch (b) sog-pa (!) verzeichnet: ausserdem gibt er unter dem Worte ein Beispiel aus dem rGyal-rabs: „lam mi 5.0g oder ma »og-par c,dugw mit sog ohne Präfix. Vergl. t'ugs-t'ub und brduns-rdel.

g:ob. btaii 7b 5, 8a 3, Sa S, !>a 1, Da *>, Hb 1. Vergl Schiefner. Bonpo-Sùtra 34 z. 12. ^og s. v. dar.

gzir. dkar-nag 3a 5, 4 a 7, 13a 8 dient als Heilmittel für Kinäugigkeit. ;zir vermute ich als identisch mit ;zer, denn 1) ;zer bedeutet ausser „Nagel** auch „Schmerz, Krankheit" und ist in dieser Bedeutung often bar verwandt mit /zir-ba, fts'ir-ba, vergl. z. B. skran gzer Kolik (Desgodius, Diet. 73a). 2) von ;zer-bu führt tlüschke, Diet. 41)5 b, als vulgare Aussprache zé-ru und zi-ru an. ; Zir muss also wohl eine dialektische Aussprache von ;zer sein. Was das Wort in dem obigen Zusammenhang bedeuten soll, ist schwer endgültig zu entscheiden; in Schiefner's Bonpo- Sùtra werden S. 3 ;zer-nad erwähnt, was Schiefner, wohl ;zer als. „Nagel" fassend, mit Stichkrankheiten übersetzt, wiewohl sich /zer-nad auch als Synonymkompositum deuten liesse; gleichviel aber, wenn es ;zer-nad gibt, so ist es für die auf Sympathie beruhende Heilkunde, die hier im Vordergrunde steht, nur ein kleiner und natürlicher Schritt, das Objekt der Krankheit zu ihrer

Nr. 52. mk'al-ma Rehmann

Kalmo - soMi.

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Arzenei zu machen: zwischen Auge und ;zer bestehen gewiss allerlei sympathetische Beziehungen, lassen sich wenigstens kon- struieren, denn ;zer bedeutet auch Lichtstrahl und ;zir-mig heisst nach Jäschke, Romanized Tib. and Engl. Diet. 151a „schiel- äugig". Zwischen Schieläugigkeit und Einäugigkeit ist aber kein prinzipieller Unterschied, beides verbindet sich oft ;zir-mig ist vielleicht eiue allgemeine Bezeichnung für Augenkrankheit: so fasse ich wenigstens die Stelle Münch. Cod. III fol. 6a, 2 gzir-bai spyan-gyi ma non bgegs. An diesem Punkte hat entschieden die Untersuchung über die medizinische Seite der Frage einzusetzen, die Grundlage ist gegeben; es fragt sich jetzt nur, was für ein Gegenstand unter zir zu verstehen sei, denn die sympathetische Idee ruht ja hier nur in der Wort- oder Gedankenassoziation, und als reales Heilmittel kann theoretisch genommen dann ;zir jedes Ding bezeichnen, das es bedeuten kann; die Wahl einer dieser Bedeutungen bleibt natürlich einstweilen rein hypothetisch. Wenn ich unter denselben die von „Gewürznelke" genommen habe (Jäschke, Romanized etc. 150a v. ;zer-bu, Diet. 620a v. close), so geschieht es nur deshalb, weil diese speziell westtibetisch ist und /zir als westtibetische Form angesprochen werden darf; hypo- thetisch bleibt die Sache aber darum doch.

yul. klu cen-po mams yul dah Idan-par gyur-ciy 5 b 1, 16a 4.

yul dan cp'rad-par gyur cig 14b 1. yul ist der bestimmte,

für einen Damon abgegrenzte Bezirk, in dem er gleichsam unum- schränkte Herrschaft ausübt, daher für diese Klasse der Dämonen der Xame yul -1ha. zu denen vor allem die Xâgaràja's gehören, Pander-Grünwedel 46, 7. Nach Pander, d. lam. Pantheon 48 wird auf je 5 qkm ein yul-lha gerechnet. Dass die Ntiga's zu diesen Ortsgottheiton gorechnet werden, hängt sicher mit der indischen Vorstellung dieser Schlangendämonen als Ortsgenien aufs engste zusammen, eine Anschauung, die wir bei fast allen indogermanischen und auch vielen andern Völkern verfolgen können: De la Pavie 472—486; Sonart 400; Wiuternitz 26; Ghosha 20«; W. Schwartz, Die altgriechischen Schlangengottheiten 24; L. Hopf, Tierorakel und Orakeltiere 185, 192; Bastian in Zf Völkerpsychologie V 288; B. Schmidt, Volksleben der Xeugricehen I 184.

H Vule, Notes on the Kasia hills and people, JASB XIII 628.

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yyui Türkis. 7 b 2. Vergl. mong. ukiu, nyu: chin, yük (Schott, Einiges zur japanischen Dicht- und Verskunst, Abh. ßerl. Akad. 1878 S. 174). Roero III 252 transkribiert: k Vou. Im Padma fan y ig: rgyu, s Grünwedel. Tä-se-sun S. 7, 10. Türkisen sind neben Korallen der beliebteste Schmuck in Tibet: A. Wilson 18t» ; Gill II 79, 107: Bower 'H; Desgodins MW); Candra Das. Contributions 223; Roero Jl 80, III 72.

ri bdun. 1 b 4; I I b 2. Über den Gebrauch der Zahl sieben im allgemeinen s. M. Cantor. Zahlensymbolik in Heidelberger Jahr- bücher V 1895, p. M 1/2 und Vorlesungen über die Geschichte der Mathematik, 2. A.. I l>*94, p. 86. Über sieben innerhalb des Buddhismus s. Schiefner. tib. Lebensbeschreibung p. 99, no. 'i3.

Unter den „sieben Bergen" sind offenbar die bekannten, den Humeru in konzentrischen Kreisen umlagernden sieben Gebirgs- ketten gemeint. Kitel 104; Burnouf. Introduction 539; Lotus 842ff: Köppen I 232, 233, 434: Hardy 12: Waddell 78: Andrian 124 u. 220: IA XXI 1892. 121. Daher ist ri auch symbolischer Zahlenausdruck für sieben, Csoma JASB III 7, Jäschke Diet, v. ri.

Dass dieser Begriff im Tibetischen auch durch ri-bdun wieder- gegeben wird, dafür bürgt folgende Stelle aus den Münch. Cod. Nr. VI fol 2a. 5: ri rgyal Ihun po gser gyi ri bdun daù roi bai mts'o bdun glin b/.i gl i n p'ran brgyad ni zla la sogs mdzes pai mandala. wo/u im besonderen Waddell 398—400 zu vergleichen ist. Ebenso ;ser gi ri-bdun, Lond. Bonfr. fol. 214a 7. Dass man bei ri-bdun zugleich an thatsächliche geographische Verhältnisse Tibets denken könnte, wie in den Anschauungen der Tibeter gegründet, wäre wohl nicht ausgeschlossen, obwohl es sich vor der Hand nicht erweisen lässt: «las einzige, was wir in dieser Hinsicht wissen, ist die von Csoma nach einheimischen Quellen gemachte Angabe, dass man von der ersten Kette des Himalaya an auf der indischen Seite bis zu den Ebenen der Tartarei sechs Gebirgsketten zählt (JASB I 122 Duka 177). Auffallend ist jedenfalls die Verbindung des ganz in- dividuellen Begriffs ri-bdun mit den generellen Bezeichnungen ri- brag und sa-rdo, so dass es fast scheint, als liege hier eine nach- trägliche, buddhistisch tendenziöse Korrektur vor.

rigs, Kaste, Rang. Hb 6, I2b5, 14a 6. Jäschke, Diet. 527b unterscheidet fünf Kasten in Tibet, die den entsprechenden indischen

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- io;>

nachgeahmt sind, nämlich rgynl-rigs, bram-ze-rigs, rje-rigs, dman- rigs, ;dol-pai-rigs und stimmt in der Anzahl und Reihenfolge der- selben mit Ramsay, p. 18 (s. v. caste) überein, der ausserdem eine höchst wertvolle Tafel der sog. rus-pa, d. h. der Unterabteilungen der einzelnen Kasten oder der Verteilung der verschiedenen mensch- lichen Beschäftigungen innerhalb derselben giebt. Die Stellung der Brähmauen (wie sich im obigen Falle auch die buddhistische Geistlichkeit bezeichnet) hinter den Kçatriya's entstammt schon den Zeiten des älteren Buddhismus (K. Chalmers, the Madhura Sutta concerning caste. JR AS 1894, 342). Interessant ist, dass die Vyut- patti, welche übrigens nur vier Kasten kennt und vaieya durch rjeu-rigs übersetzt, mit den Brâhmana's beginnt und die Ksatriya's folgen lässt (Yyutp fol. 256a, 4).

In unserm Texte, und zwar im 3. Abschnitte, ist zweimal von einer Kasteneinteilung der Naga's die Rede. fol. IIb, 6ff. und fol. 12b. 5— 6. Im ersten Falle werden folgende Kasten aufgeführt:

1. blon rigs lib, <>.

2. dmaûs rigs lib. 8.

3 bram-zei rigs 12 a, 5. Im zweiten Falle: 1. klui blon-poi rigs 12b. ;).

2. klu dmans rigs 12 b, (>.

3. klu bram-ze rigs 12 b. r>.

4. klu /dol-bai rigs 12 b. (>. 14 a, ist von keiner besonderen Bedeutung

Blon-rigs, eig. Minister-, Beamtenkaste ist identisch mit rje-rigs d i. = vaieya, da nach Ramsay rje-rigs die höhere Beamtenklasse umfasst und rje und blon sich auch sonst in ihren Bedeutungen berühren. Wir begegnen also hier der auffälligen Thatsache, dass nach den Vaieya's und Çûdras an beiden Stellen die Brähmauen erst in dritter Reihe genannt werden. Damit stimmt völlig die in Schiefner's Bonpo-sùtra p. 3 gegebene Kasteneinteilung der Nàga s überein: hier treten an erster Stelle Ksatriya's auf, die in unserm Texte fehlen, dann folgen Vaieya's und Çùdra's, darauf erst die Brähmauen und hinter ihnen die Cândâla's (/dol-pa). Erwähnens- wert ist auch, wiewohl das Analogon nicht vollständig zutrifft, dass der tibetische Gelehrte Sum-pa mkran-po aus dem 18. Jahrhundert in einem geographischen Werke die vier indischen Kasten als

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Ksatriya, Vaicya, Bnihmana, Çùdra aufzählt, s. Huth, Eino tibetisch«* Quellt» zur Kenntnis der Geographie Indiens in der Weber- Fest- schrift p 8t). In dem Bon-po Werk der Bodleiana zu Oxford kommt der folgende Passus Tor:

rgyal rigs dan ui rje rigs dan b ain zei rigs daù dmans rigs dan ;dol pa can gyi klu rnams.

In den Lond. Houfr. fol. îUb G mit Auslassung der Königs- kaste: klu rjei rigs klu rmaus ( dinars) rigs brain zei rigs rdol (- gdol) pai rigs.

hb-rgari, auch le-brgan. Ijags 0dra-bas dkrol-nas IIa 5. Die Bedeutung des Wortes, ob Safran, ob Mohn, lässt sich nicht entscheiden. Kowalewski I[ P)G4a übersetzt das im mong. tran- skribierte Wort mit Mohn. Vyutp. 274a 4 hat le-rgan rtsi kusumbha Safflor oder Safran.

lo. - brgya ctso-bar *og 10a 7. Wenn man Steine auf den Obo (tib. lab-tse, rdo-bon) wirft, spricht jeder ein kurzes Gebet, dessen Schluss lautet: Lha jya ( brgya) lo. 1ha jya lo (Kockhill, Notes on the ethnology of Tibet 785).

lo îies. Ga3, 1Gb 2. Stets in Verbindung mit m u-ge Hungers- not: Gegensatz ist lo-legs-pa Vyutp. 279a 2 subhiksa. Vergl. Grünwedel, Kin Kapitel dos Ta->e- sun (Bastian-Festschrift) S. 23 v. m u-ge.

Ivii-bu. klu rnamsba 7. Edkins, Chinese Buddhism 24. Brehm, Tierleben VII 1 87, bemerkt: Alle Beobachtungen sprechen dafür, dass mit Ausnahme einiger Baumschlangen das Gesicht der Schlang«'ii schwach und unbedeutend ist, dass die Meinung, zu welcher sein Glanz und seine Grösse veranlassten, eine falsche ist (so z. B. Vergil. Aeneis II, 210; Kreutzwald, Der Kathen abergläubische Gebräuche, Pet. 18.34, p. 85), Dagegen Winteruitz 25.

m-dag. 4a G. Vyutp. 27.'* b 1 vacà eine best viel gebrauchte aromatische Wurzel, Acorus Colamus (pw.), d. i. Kalmuswurzel.

m ba. S. kïibha. Vyutp. 309 b 2. 4a 6, 15b 3 (*o-ba); 15b 8 Dass £o-ba kein Wort mit selbständiger Bedeutung, sondern nur eine Variante zu ki-ba ist, geht daraus hervor, dass 15b 8 die Verbindung mdze dan ki-ba wiederkehrt, die auf derselben Seite 15 b 3 in der Gestalt md/.e dan Jo-ba auftrat. Dieselbe Verbindung im Bonpo-Sûtra fol. 85b G. Man sieht also, wie notwendig für die

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tib. Philologie die Aufgabe ist, die Verbindungen kennen zu lernen und zu sammeln, in denen bestimmte Wortgruppen gebraucht zu werden pflegen, die Synonyme, dio Zusammensetzungen, die gleich- artigen und ungleichartigen Begriffe, kurz, die Phraseologie im weitesten Sinne vertiefter zu behandeln als bisher geschehen.

son. cpai>8 dait rdzons byaspa 14b 8. biion-ma. rdzin- hur bskyil-ba 14b 7. Ich fasse beides in der von Jäschke son-ba ad II, Diet. 564a, gegebenen Bedeutung und halte bson-ma den Bildungen bSaùs, bSaii analog für eine sekundäre Ableitung aus

V

son-ba. Son in der Bedeutung „Höhle, Thal" gäbe hier keinen rechten Sinn.

sa-bdag. In der Formel klu yiian Hal. klu dan sa-bdag- gis sgrib-pa 15a 8. Die achte Klasse der lamaischen Gottheiten s. Pander -Griinwedel 40 Nr. 8; Waddell, Domonolatry "201, the Tibetan house-demon in J. Anthr. Inst. 1894 No. 1, Buddhism of Tibet 372, 484; Schiefner, Bonpo-Sûtra 2 u. passim.

sa-rdo in der Formel ri-bdun ri-brag sa-rdo. lb 4, lib 2. sa-rdo erdiger Stein, St. von erdigem Bruch im Ggs. zu ri-brag Fels von hartem Gestein. Bei Schiefner, Bonpo-Sûtra 28, werden 5 Erdarten, sa-tsron, erwähnt. Oxf. Bon-Ms. 3a sa bdag gi rgyal po ni sa sna loa la gnas. Über diese s. ferner Weber-Huth, das buddhistische Sûtra der Acht Erscheinungen 585. Auch der von Grube in der Bastian-Festschrift übersotzte Taoistische Schöpfungs- mythus spricht von 5 Erdarteu (S. 9 «les Sonderabdrucks).

sa yyo-ba. i Jigs pu 1 5 b 5. Die Furcht der Nâga's vor dem Erdbeben ist um dessentwillen auffallend, da sonst gerade sie als die Urheber von Erdbeben gelton: de la Pavie 401; Beal, Ca- tena 47.

*il-man. si-li-li 7b 4, 7b 7. 8a 2, 8a 5, 8a 7, 8b 2, 8b 5, 8b 8, !)a4, 9a 8, 10a 6 Zam. 15 sil sil sgra ldan sil snan dan u. dazu Desgodins, Diet. 227 v. rgyan. Jäschke kennt ein Wort sil-ma zur Bezeichnung der lärmenden Töne eines Cymbals; si-li-li ist das bisher unbekannte, entsprechende Verbum dazu. Vergl. auch Conrady S. 70 Über das Cymbal Waddell 208, 432.

slog-pa. 9a 5, s rdun-ba. Vergl. k'ru slog

gsan-ba. IIa 5. S. guhyaka. Böhtlingk, Tib. Übersetzung des Aniara- Kosha 218.

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ha-h 4b 7, 14a 2. Vergl. Schiefners Bonpo-Sûtrn, 22 no. gegebene Identifikation mit S. hallaka.

fin. (.Täschke schreibt hri.) ,om mani padmo hiïrii lia 3.

hrî, entstanden aus hidaya, ist das vija des Avalokite<;vara: Waddell, The Indian Buddhist cult of Avalokita 02. Beal, Ca- tena 23, 424.

Ihab-se Ihab. Von Pfauen 7b 3. 7b 6, 8a 2, 8a 5, Sa 7, 8b 2, 8b j, 8b 8, !)a4. 9a 8, 10a 6. Die von Jäschke nach Schmidt gegebeue und mit einem Fragezeichen versehene Bedeutung „hin- und herflattern44 kann nun nach dem obigen Gebrauch als völlig gesichert gelten; vergl. a. lhub-lhub flatternd, Hieb schnappend wie ein Fisch. Zur Bildung des Wortes s. v. lcons-se Icon.

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Mga- Index.

I. Sanskrit- Tibetisches Verzeichnis.

1. Atlanta. mTVyas. 2 a 3, 3a 2, 7 a 2, i)b7, lib 3, 12b 3. 13a 2. Vyutp. 24!>b4. Waddell Nr. 7. Candra Das 52, Farbe: blau R. Mitra 257. JA I 372; II 16!>; XXI 362 No. 16, 364; XXII 2i>4. Fergusson 70. Winternitz 40, 261. Ind. Stud. XIV KM). Ghosha 202. 203, 214, 21.'>. Senart 3<>2. Orooke 2ü3. Dowson 14 (2«.>i>). Nagele 282. de la Pavie 4:86. Ploy to i>5, i)8. Tàrauâtba 75, 152, 157. Schiefner, Konpo-Sutra 26. 67. Bühler WZKM V 108, 344. JRAS 18iU, 6D5. Candra Dûs, Contributions 263/4 Nobin Chandra Das. A note on the ane. geogr. of Asia, Cale. 18i>6, S. 58.

Abbildungen: Archaeological Survey of Western India 1874, pl. XX 4, XL 5. Rückert. (ies. poet. Werke Kd. VIII S. 605 Nr 58.

2. Anucatapta. Ma-dros-pa. 2a 8, IIb 5. Vyutp. 24!)b4. Waddell Nr. 13. Diet. 264a. Eitel 12. Real, catena 48, 420. Schiefner, Bonpo-Sutra 67. IA XXI 362 Nr. 12. Bühler WZKM V 108. «IRAS 181)1 , 695. Peer, Analyse 386, 431). Anavatapta- nàgaràjapariprecha: Csoma. Analysis 448; Peer, Analyse du Kand- jour 253; Schmidt, Kanjur- Judex p. 26 Nr. 156, p. 140. Bunyiu Nanjio, Catalogue Nr. 437. Schlagintweit, Könige v. Tibet 846.

3. Apalala. Sog-ma-med-pa. 7 a 6. Vyutp. 250a 3. Waddell Nr. 46 (seine Übersetzung brawny not, scaly not ist irrtümlich; palâla und sog-ma bedeuten Halm, Stengel). Eitel 14. IA XXI No. 23. pw kennt Apalala nur als Namo eines Ràk^asa.

4. Adaixamukha. Me-lon-gyis-;don-can, Me-lon-/doû. lib 7. Vyutp. 250b 2. Waddell Nr. 70. Vergl. mDzans-blun cap. 31.

5. Anandu. Kun-dga-bo. 1 1 b 3, 12b 2.

(5. Upakdla. Ner-nag-po. 12a 2. Vyutp. 250a 1. Waddell Nr. 25. 7. Upananda. Xer-dga-bo. lib 3. Kitel 187. Pander- Urfin- wedel Nr. 2(.U. Senart 3W no. 4. Mitra 254. IA XXI 362 Nr. 10, IL

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Beal, catena 55, 420. Schiefner, Bonpo-Sûtra 70. Bühler WZKM V 108, ib. 344. JRAS 1891, 695. Feer, Analyse 441, 4G8 Schiefner. Tib. Lebensbeschreibung 41. Nandopanandanàgarâjadamanasûtra: Schmidt, Kanjur-Index 6 Nr. 39, 139; Csoma, Analysis 486; Feer, Analyse 289; Hardy, Manual 30*2/3; der Pâlitext mit der tibetischen Ubersetzung, her von Feer. Textes tirés du Kandjour, 8 livr.. Paris 1869; übersetzt von demselben in den Fragments extraits du Kandjour, Annales du Musée Guimet V. Vergl. dazu auch Scliiefner. Mél. as. VIII 284, 285.

8. Elàpattra. ,E-lei-0dab-ma, He-lei-c,dab-ma. 2b 3, 11b 5. Vyutp. 250 a 3 Waddell Nr. 44. Schiefner, Bonpo-Sûtra 70. Schiefner, Mahâkâtjâjana und König Tshanda-Pradjota, Mém. de lAcad. de Pét. XXII No. 7, p. 11 14, Legende vom Nâgaràja El. JKAS 1891, 695. Grünwedel, Ikonographie 41 . Julien, Voyages II 41 Beal, Catena 420. Legge, Fa-Hien 96. J. Bnddh. Text Soc. II p. I, 2—4.

9. Karkotaka. Stobs- kyis-rgyu. 3a 2, 7a 3. Gew. Stobs-kyi- rgyu, so 9b 8. Vyutp. 249b 3. Waddell Nr. 2. Nalopâkhyânam XIV. IA VII 89; XXI 363 No 29; XXII 294; II 169. Ghosha 215, 218. Winternitz 261. Scliiefner, Bonpo-Sütra 19 no. 5.

10. Kala Nag-po 12a 2. Vyutp. 250a 1. Waddell Nr. 24. Senart 390 no. 4. Winternitz 35, 40. JA XXI 363 No. 37.

Vergl. a. Vyutp. 250b 4; Waddell, commoner or Plebian Nàgas Nr. 18: Kâlaka - Nag-po, der zu den klu p'al-pa gehört.

11. Kidika. Rigs-ldan. 7a 4, 9b 8, IIb 5, 12b 5. Vyutp. 249b 3. Waddell Nr. 3. Candra Das 52 (Kulina). Farbe: weiss Mitra 257. JA XXII 294

12 GandhavaiU^). I)ri-/.im-pa. 1 1 b 5. Vgl. Waddell Nr. 71. 13. Gulma. Gel-ba. IIb 5

Diese Gleichung gründet sich auf eine Vermutung meinerseits, da die Vyutp. 259a 2 unter den Baumnamen sin gel-pa, das nach Jäschke wie gel-pa gebraucht wird, durch gulma wiedergibt. Ein Nâga dieses Sanskrit- oder tibetischen Namens findet sich sonst in der Litteratur nicht. In einer Kanjurerzählung kommt als Name eines Köuigssohnes lCug-ma vor, was Schiefner durch Gulma über- setzt (Mél. as. VIII 129).

H. Jaloja. Cru-skyes. 2 b 3.

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Ill -

Dio Gleichung ist vou mir vermutet nach Yyutp. 276a 2, wo unter <lou Blumen cu-las skyes-pa jaloja (ein Beiname des Lotus, tib. gew eu skyes: Desgodins Diet. 323) genannt wird. Nach Böhtlingk. Über eine tibetische Übersetzung des Amara-Kosha p. 217, wird in diesem Wörterbuch S. apsara mit c u-skyes übersotzt Letzterer Aus- druck findet sich als Name eines Naga's auch in Schiefner's Bonpo- Sütra 70, der ihn durch Abdsfia zurückübersetzt. Unter den zahl- reichen Legenden, die den Nâga in Beziehung zum Wasser setzen, vergl. z. B. die Stammessage der Ailao bei Rosthorn, Die Ausbreitung der chinesischen Macht in südwestlicher Richtung, Wien 1895, S. 42 und die Litt. u. Nr. 27 Varuna.

15. Taksaka 0Jog-po. 7a 3. 9b 8, 13a 1. Vyutp. 249 b 4. Waddell Nr. 8.

Jäschke, Diet. 174a, 179 b Atharvaveda VJII 10. 29; XII 1, 37, 40 und Mahâbhârata I, 792, 5008 cit. nach Winternitz. Candra Das 50, 52. Weber. Über das Yiracaritram, Ind. Stud. XIV 13«. Ghosha 204. 215. JA II 169, 193; XXI 362 Nr. 15; XXI 364; XXII 294. Senart 392. Winternitz 261. Eitel 16Kb. Grünwedel. Ikonographie 40. Bühler WZKM V 108, ib. 344. Târanâtha 102. Schiefner, Bonpo-Sütra 26, 67. Safranfarbig: Mitra 257. Hanion (i25 Nr. 99.

16. Nandu. dGn-bo. 2a 3, IIb 3. Vyutp. 249b 4. Waddell Nr 15. Eitel 105. Pander-Grünwedel Nr. 289 JRAS 1891, 695. Boal, Catena 55, 420. JA XXI 3(52 Nr. 10, 11. Bühler WZKM V 108, ib 344 Schiefner, Bonpo-Sütra 26, 67, 69. Feer, Analyse 441. S. a. d. Litt. u. Upananda.

17. Pak*içîr>.a. Byai mgo-can. 11 b7. paksin bya Vyutp. 265b 4. Sollte die Yogelköpfigkeit des Nâga aus dem Antagonismus

gegen den Garuda entsprungen (Grünwedel. Buddh. Kunst 47) oder durch Missverständnis bildlicher Darstellungen (ibid. 97) veranlasst sein?

18. Padma. Padma. 7 a 5. Vyutp. 249 b 3. Waddell Nr. 4. Farbe des Lotusstengels: Mitra 257. Feer, Introduction 501. Mitra 254. Winternitz 261. JA VI 271; II 169; XXII 294.

19. Balabhadra. Stobs-bzan. 2a 5, 2b 2, IIb 4, 12b 4.

20. Balika. Stolts-ldan, Stobs-can. 2a 6. 2b 2. Vyutp. 250a 2. Waddell Nr. 33. Candra Das 50, 52.

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Buddha Bhagaeant. Sans-rgyas bcom-ldau-c das. 101» (I.

12b 2.

22. Manaavin. rZi-ean. 2 a 4, lib 4, 1*2 b 4. Samtliche Stellen mit verdorbenen Lesarten: '2a 4, ; Zi-een, die beiden andern ;Zi- hyiii. Die Korrektur stammt von Schiefner, Bonpo-Sùtra 2<> no. 1. Yyutp 250a 4. Waddell Nr. 58. Eitel 93. JA XXI 3(»3 Nr. 20. 21. Bühler WZKM V 108. Schiofner, Bonpo-Sùtra 2<i. 44, 49. (»7. Beal, Catena 420. Schlagintweit, Könige v. Tibet 84(5.

23. Mrgaçîna. Ri-dvags-kyis mgo-can, Ri-dags-kyi mgo-bo- can. IIb 7. Schiefuer, Bonpo-Sùtra 70.

24. Meghanâda. 0 Brug-sgrogs 12a 1. Pallas II 43 Schiefner. Bonpo-Sùtra 70 , Brng sgra can der mit der Stimme des Donners" ist nach Desgodins. Diet. 323 ein Synonym für den Wassern àga.

25 Moharatna. T'ar-pa rin-cen. 2a 6.

26. Ratnaahja. /Tsug-na rin-cen. 2a 4, 11 b3, 12b 4. Schiefner. Bonpo-Sùtra 2(î. 27 (Ratnacùda), 57, (>7 (Cùdaratna). Vorgl. a. Mimieùda /Tsug-na nor-bn Vyutp. 251a 1, Waddell Nr. 22 der klu p*al-pa.

Vyutp. 22(>u2: > Tsug-na rin-po-ces /us pa Ratnaeùdapari- piceha, was wohl identisch mit «lein im Kanjur, dKon-brtsegs vol. VI genannten M erke ist, Feer Analyse 218, Schmidt, Kaujur- Index 13 Nr. 91, 190. Über die Schlangensteine vergl. Plinius bist. nat. XXXVII; Koch 152/3; Walhouse, siiake-stones IA IV 45: Gaidoz, la pierre de serpent in Melusine V 1891 Nr. 12.

27. Varuna. Cu-lha. 2b 4. Vyutp. 249b 4. Waddell Nr. 9. Pander-Grüuwedel Nr. 290, vergl. a. Nr. 288. Eitel 195. IA XXI 3(»2 Nr. 13. Mitra 2Ô4, 25«. Farbe: weiss, Mitra 257. Beal, Catena 420. Desgodins, Diet. 323, der ihn auch e'u klu, c u bdag nennt und seiue synonymen Bezeichnungen anführt.

Witsen von den Tibetern 328a: Zy offeren dagelijks aen zekeren Water-God.

28. Varsana. ( uar-0bebs 12a 1. Nach Desgodins, Diet. 323 nur ein Synonym für den Wassernaga. Nach tib. Volksvorstellung sendet der Um (klu) Regen und Donner, Hanlon (»17 no. 3, s. ferner (»25 Nr. 97 u. no 1. Schiefner, Bonpo-Sùtra 70. Feer. Introduction 478. Vyutp. 2(H) b 1 ist rin-eken car-0bebs durch mah;irntnavar?a wiedergegeben. Legge. Fà-Hien 52: Neumann,

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Pilgerfahrten 144; Winternitz 259, 45; Oldenberg, Religion d. Veda (»9; Senart 18, 394; Hodgson, Essays I 19. Vergl. auch besonders über die Nâga's als Spender des Regens die japanische Oper Ikkaku sennin transskribiert u. übersetzt von F. W. K. Müller in dor Bastian-Festschrift, ferner Münch. Cod. XII fol. 2b 5, fol. 3 ff. Bastian, Kambodische Altertümer (Geogr. u. ethnol. Bilder) S. 478 (S. 479 verwechselt er Ânanda mit Ananta). Stevens, Mater, z. Kenntnis d. wilden Stämme Malaka's her. v. Grünwedel II 126, womit man Ehrenreich, Beiträge zur Völkerkunde Brasiliens 69 und I. W. Fewkes, The snake ceremonials at Walpi (= J. of Am. Ethn. and Arch. IV) vergleiche. B. Schmidt, Volksleben der Neu- griechen I 189. Nagele 286 no. 1; Baudissin, Studien zur somit. Religionsgeschichte I 265, 285, 287. Wake, Serpent-worship and other essays, Lond. 1888, 84—87, 94.

29. Vasudeoa(t). P4yug 1ha 2a 5.

30. VämH. Nor-rgyas. 3a 4, 9b 8, 11 b 4, 1 lb 5, 12b 3, 12b 8. Vyutp. 249b 3. Waddell Nr. 0. IA II 124; II 169; XXI 362 no. 7, 364; XXII 294; IV 46. Ghosha 215. de la Pavie 517. Winter- nitz 27, 260. Pley te 98, 9!>. Senart 391, 392. Farbe: grün, Mitra 257. Candra Das 52. Eitel 195. Beal, Catena 48, 420. Bühler WZKM V 108, ib. 344. Târanàtha 101, 194. Schiefner, Bonpo-Sùtra 21 u. no. 1, 41, 49, 55. IRAS 1891, 695. Huth, Tsaghan Baisin 21, v. 80.

31. Vâsukiputra. Nor-rgyas-kyis bu. 7a 4. Oxf. Bon.-Ms. fol. la: Nor-rgyas bu (die Handschrift hat den Schreibfehler rgyal).

32. Vrddha. rGau-po. 2 a 7. Schiefner, Bonpo-Sùtra 68 1. Z. Die Gleichung nach Zamatog fol. 2(5. Klu rgao(!) Lond. Bonfr. 232 a4. Ich möchte vermuten, dass hier keine unmittelbare Übersetzung aus dem S. vorliegt, sondern eine originale tib. Bezeichnung; darauf weist die Einfachheit des Ausdrucks hin, wie ja boi so vielen Völkern göttliche Wesen „der Alteu genannt werden, dann der Gebrauch von rgan-po in der Bedeutung tdux, maior pagi, maire de village (Desgodins, Diet. 219), da dio Namen von Schutz-, Orts- und anderen Gottheiten auf die von Beamtenkategorieen und um- gekehrt übertragen werden. Die eigentümliche Ausgestaltung des Seelenglaubens der Kaffern, der Glaube an eine hierarchische Ordnung der Ahnenseelen, ist offenbar nur das Spiegelbild der

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hierarchischen Ordnung der Lebenden (E. Grosse, Die Anfange der Kunst, 8. 35). Vielleicht ist unter rGan-po der „alte Vater K'en-patt mit schneeweissem Haar, der „grosse Vater der drei Welten" zu verstehen (Waddell, Demonolatry 202).

33. Vrçcikaçîrsa. sDig-pai [Sandberg 343J -mgo-can. IIb 7. vrçcika sdig-pa Vyutp. 265b 2.

34. Çankhapâîa. Duù-skyon. 7a 5, 9b 8, IIb 3, 12b 3, 13a 3. Vyutp. 249b 3. Waddell Nr. 1. Candra Das 51,52. Winternitz 261. Peer, Introduction 501. Ghosha 215. Mitra 257 (grün). IA II 169; VI 271; XXI 363 No. 30, und 364; XXII 204. Sehiefner, Bonpo- Sûtra 17, 55, 65, 68. çankha duü Attribut lamaistischer Gottheiten : Pander, das lam. Pantheon 110, Pander-Grünwedel 105 Nr. 294 und no. 4.

35. Çrîmant. dPal-ldan. 2a 3, IIb 5.

36. Çrtmâla. dPal-0p'ren. 2 b 2.

37. Çvdpada. /€an-/zan. IIb 6. Vergl. Vyutp. 265a 3.

38. Sarpaçîrsa. Sbrul-gyis rago-can IIb 8. (s. a- PW). Grün- wedel, Buddhistische Kunst 43, 96.

II. Verzeichnis der tibetischen Namen, deren Sanskrit- äquivalente unbekannt sind.

1. T-od de rgyal-po 2a 8. Vergl. Csoma, Analysis 493. Feer, Analyse 296: dpal Saiis-rgyas t'od-pa Name einer mystischen Gott- heit; S. Çrî Buddha-kapâla. Pander-Grünwedel 65 Nr. 69.

2. Tod de dpal Idan 2b 1.

3. yNod-byed 12 a 2.

4. 0P~rul-po &e 2 a 7. S. wahrscheinlich Mahânirmâna oder Mahânirmâtar, denn Vyutp. 279 b 2 „p'rul-pa-po, cp'rul byed-pa nirmâtâ1). Der Name sprul-pa nirmita wird nach Feer, Analyse 460. besonders von den Nâga's gebraucht, welche die Gabe der Ver- wandlung besitzen, wozu Kanjur, cDul-ba vol. I fol. 139 (ibid. p. 158) zu vergleichen ist, und damit besonders Mahâvagga I 63 (Olden- berg, Vinaya Texts I 217/9). Die Benennung rührt offenbar von der bei Schlangen periodisch wiederkehrenden Abwerfuug der

1) Vergl. a. Nirmâçarati = 0p4rul-dga Köppen I 268, Eitel 109.

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Oberhaut her. So lesen wir bei Tasso, Gerusalemme liberate, canto Vil st. 71:

Ei di fresco vigor la fronte e'l volto

Riempie; e coal allor ringiovenisce,

Qual serpe fier, che in nove spoglie avvolto

D'oro fiammeggi, e'ncontra il sol si lisce. Oder bei Ariosto, Orlando furioso XVII, 11:

Sta su la porta il re d' Algier, lucente

Di chiaro acciar che'l capo gli arma e'l busto,

Come uscito di ténèbre serpente,

Poi c'ha lasciato ogni squallor vetusto,

Del nuovo scoglio (= spoglie) altiero, e che si sente

Ringiovenito e più che mai robusto:

Tre lingue vibra, ed ha negli occhi foco;

Dovunque passa, ogn' animal loco. Als Vorbild hat beiden Dichtern die Stelle in Vergil's Aeneis II 469 ff. vorgeschwebt:

Ve8tibulum ante ipsum primoque in limine Pyrrhus

exultât, telia et luce coruscus aëna;

qualia ubi in lucem coluber mala gramine pa8tus,

frigida sub terra tum i dum quem bruma tegebat,

nunc positi8 novos exuviis nitidusque iuventa

lubrica convolvit sublato pectore terga,

arduo8 ad 8olem, et linguis micat ore trisulcis. 5. 0Bras-bu smin-par byed-pa 12a 1. Vergl. 16a die Bitte, dass die Ernte reifen möge. Logge, Hien 52. Bei dem Opfer, das der Nêwâri-Priester den Nàga's darbringt, bittet er dieselben, das Getreide zu segnen (Waddell IA XXII 293). Wir begegnen hier dem Nachhall einer bei indogermanischen Völkern vielfach ver- breiteten Vorstellung, der zufolge Schlangen das Symbol des Erd- *egens sind, das Wachstum des Getreides fördern und auch selbst dem Menschen Korn spenden. Vergl. B. Schmidt, Volksleben der Neugriechen I 187. Die Polen kennen eine Korn- (Roggen-) Schlange und eine Milchschlange, die eine vermehrt den Reichtum auf dem Felde, die andere beschützt die Kühe (Sammlung von Nachrichten über heimische Anthropologie her. v. d. anthr. Komm, d. Ak. in Krakau [polnisch] XI 221). Bei den Weissrussen bringt

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der cmok domovik (Hausschlange) dem Hausherrn Geld, macht die Felder fruchtbar, die Kühe milchreich (H. Mâchai, Skizze der slav Mythologie [eechisch] Prag 189L 153). Nach cechischem und slovakischem Volksglauben bringt der zmok Geld, Korn, Butter und was mau sonst will (2. Bericht der Ges. d. Freunde ceehischer Altertümer in Prag U 49—51). Die drei letzten Citate mit ihren Übersetzungen verdanke ich der liebenswürdigen Hilfsbereitschaft meines verehrten Lehrers Herrn Prof. \V. Wollner in Leipzig, (i. Zag-byed 12a 2.

7. Rab-brtan 2 b 1. Vyutp. 287 a 4 brtan-pa = dhruva; rab-brtan also vielleicht vidhruva, pradhruva?

8. Sin pa lai bzin IIb 7. pa-la = S. phala.

9. Sad-ma <:uït 9b 8.

III. Tibetischer Gesamtindex.

Kun-dga-bo 1 5.

! ^iNou-Djea ii o.

dGa-bo 1 16.

Padma I IS.

rGan-po 132.

dPal-ldan 135.

Gel-ba 1 13.

dPal-0p"ren I 3t>.

/Can-/zan I 37.

P'yug-lha 129.

Car r bebs 128.

()Prrul-po ce II 4.

C'u skves 114.

Byai mgo-ean I 17.

C'u lhâ I 27.

0Bras-bu smin-par byed-pa II 5.

cJog-|io 1 15.

cBrug-sgrogs I 24.

N er dga-bo I 7.

Sbrul-gyis mgo-can 138.

Xer nag-po I 6.

Ma-dros-pa I 2.

Stobs-kvis rgyu 19.

Me-lon-gyis /don can 14.

Stobs-ldan I 20.

;Tsug-ua rin-c'en l 26.

Stobs-bzaft 1 19.

Zag-byed II 6.

T'ar-pa rin-c'en 125.

/Zi-can I 22.

T'od de rgyal-po II 1.

Kab-brtan II 7.

T'od de dpal-ldan II 2.

Ri-dvags-kyis mgo-can I 23.

mT'a-ya8 1 1.

Rigs-ldan III.

Duii-skyon 1 34.

Sin pa-lai bzin 118.

Dri-zim-pa l 12.

Sans-rgyas bcom-ldan-0das I 21.

sDig-pai mgo-can I 33.

Sad-ma c un II 9.

Xug-po 1 10.

Sog-ma med-pa I 3.

Nor-rgyas f 30.

He-lei 0dab-ma I 8.

Nor-rgyas-kyis bu 131.

.K-lei 0dab-ma 1 8.

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IV. Deutscher Index der in der Übersetzung gebrauchten

deutschen Namen.

Baumfruchtgesichtiger llbßj II ÎL Donnerer 12a l_j Früehtereifer 12 a Ij II 5. Gazellenköpfiger IIb 7; 123. Leidschaflfer I2a2; II <>. Raubtier IIb 6; LäL Begebender 12a lj I 28- Schlangonköpfiger 1 1 b 8j I 3*. Scorpionköpfiger llbï; I 33. Spiegelgesichtiger lib 2; LL Verderbenbringer 12a 2; II 3. Vielkopfnâga 9b 1 (vergl. Wenzel § 35). Yogelköpfiger 1 1 b 7j T 17.

V. Verzeichnis unbestimmter Namen.

Ein Teil der folgenden Namen, die meist ganz unverständliche Wörter sind, deren Lautkomplexe in vielen Fällen an die in den Dhârani's vorkommenden Ausrufe eriunern, findet sich in einer kurzen Mitteilung Waddell's, die in dem Aufsatz von R. Hoernle, The third instalment of the Rower Manuscript, IA XXI 1892, p. 364 eingeschoben ist. Diese hier bereits augeführten Namen sind im folgenden mit einem * bezeichnet1).

Meiner Annahme, dass diese sonderbaren, in ihren endlosen Wiederholungen fast betäubend wirkenden Lautverbindungen nicht zum geringsten suggestiven Zwecken dienen, verleihen die Unter- suchungen Otto Stoll's keine unwesentliche Stütze, vergl. sein* Werk: Suggestion und Hypnotisraus in der Völkerpsychologie, Leipzig 18!)4, besonders p. 4, 53, 5iL L ,Alaka 3a 4.

2. *, Apure 13a (i. Ein S.-Lokativ? Vergl. Burnouf, Intro- duction 182. Ii *, Arare 13a (L Im S. eine Interjektion.

1) Die im Texte doppelt gesetzten Namen sind hier nur einmal aufgeführt.

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4. *Brara lib 5, 13a 4.

5. Dukita 10b 4.

6. * Dzala (Jala) lib 5, 13a 4.

7. Dzola (Jola) 13 a 3.

8. * ,Egate 1 3 a 6.

9. Ounakude 13 a 2.

10. * Hala 13a 5. Jfllg 54.

11. * J2t/» lib 4, 13a 4.

12. ifaiu 13a 5. Vergl. Vyutp. 250a 4, Waddell Nr. 52 den Nâgaràja S. Huluda, tib. Hu-lu-tu. Csoma, As. Res. XX 92. Feer, Analyse, 197; 418. S. a. Jülg 54.

Vielleicht ist auch an Hulunta (Feer, Introduction 489 u. 499) zu denken. Jala s. Dzala. Jola s. Dzola. YS. Ka*ayu 3 a 3.

14. * Küi 13a 3. Erinnert, besonders in seiner Dopplung, an Kilakila, den Beinamen Çivas (pw).

15. Kota 13 a 3. Es giebt einen Nàga Kodiça (pw).

16. * Kuru 13 a 5. Vergl. die Tantragöttin Târâ-kurukulle, Feer, Analyse 298, 463, wohl richtiger kulhi; s. Blonay, Matériaux pour servir à l'histoire de la déesse buddhique Tara 64 w. passim.

17. *KuH 11b 5, 13a 4.

18. *Limi 11b 4.

19. Lulaga 3a 3.

20. Madhe 13a 6. Bei Waddell: Madhaye.

21. MiU 13a 4.

22. Pata lla4, 13a 4.

23. Pati oder Pati-mï 13a 6. Waddell: Patini.

24. Sapa risa maya? 12 a 8.

25. *Siti 13a 5. Vielleicht identisch mit dem Vyutp. 250b 3, Waddell Xr. 79 genannten Nàgarâja Sitâ, tib. Sita (Oxus? fragt dabei Wadd., worauf die Autwort „nein" lautet und unter Hinweis auf Feer, Analyse 168, 317, 458 bemerkt wird, dass es sich dabei nur um einen der vier grossen Ströme handelt, die sich die Inder aus dem Anavatapta, dem

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heutigen Manasarovarsee, entspringend dachten; möglicher- weise liesse sich auch der Tarim darunter verstehen, s. Schlagintweit, Sureçam. S. 24, no. 113).

26. Santa 13a 2. Vielleicht S. çânta?

27. Sipati 13a 6. Waddell: Shibate.

28. * Takra 13a 5.

29. * Tsüi IIb 5.

30. * Ture 13a 7.

31. Mike 13a 3. Waddell: Ulika. Vergl. S. Ulûka als Name eines Nâga (pw) und den Ular-Näga der Alloresen bei Bartels, Medizin der Naturvölker 16/7 mit Abbildung des im Museum für Völkerkunde in Berlin befindlichen Exemplars und damit die Regenbogenschlange Ûlar Danu der Oran g Malâyu von Këdah (Stevens, Mat. z. Eenntn. d. wilden Stämme Malâka's her. v. Grünwedel II 216), auch Pleyte 97. Vielleicht geht aber Ular auf Ulura, Uluda, ülunda etc. zurück, s. Feer, Introduction 499. (Vergl. auch Schiefner in Mél. as. VIII 635 no. 15.)

32. yüprunta 13a 2.

33. Yubaniha 13a 1.

34. Yupana 3 a 3.

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Nachträge.

Zum Verzeichnis der Quellen sind nachzutragen:

J. E. F abri, Sammlung von Stadt-, Land- und Reisebeschreibungen. 2 Bde. Halle 1783-8G. (Darin Bd. I, S. 205— 318, Nachrichten von Tibet aus Georgi's Tib. Alphabet.)

W. W. Hunter, The Indian empire: its history, people, and products. London 1882.

F. Mayers, The Chinese readers manual. Shanghai 1874.

Vigne, Travels in Kashmir, Ladak etc. in 1835. 2 vols. London 1842.

Im Glossar ist durch Versehen des Setzers ausgelassen worden:

abal-ba, Frosch. 14 b 6. Das Töten der Frösche ist deshalb sündhaft, weil sie zum Gefolge der Nàga's gehören und deren Helfer bei der Erzeugung oder Einhaltung des Regens sind. Siehe darüber Waddell, Frog-worship amongst the Newars, IA XXII 1893 , 293/4. In der Description du royaume de Camboge trad, du chinois par Abel-Itémusat (in Nouv. annales des voyages III) heisst es p. 84: die Leute des Landes essen keine Frösche; vom Eintritt der Nacht an bedecken diese die Wege in allen Richtungen.

Ferner ist hinzuzufügen zu:

byi-U'er-ma (S. 91): Vergl. auch die auf das indische Stachelschwein bezüg- liche Legende bei Liebrecht, Zur Volkskunde S. 102.

rmo-U (S. 101): S. Schiefner, Mél. as. VIII 458, 528.

Zu S. (6), II 1: Es ist jetzt ferner der Holzdruck eines klu 0bnm dkar-po in den Besitz des Herrn Prof. Dr. A. Grünwcdel gelangt, welcher die Güte ge- habt hat, mir den Titol desselben mitzuteilen. Danach zu urteilen, scheint dieses Werk mit den Versionen Schiefner's und Rockhill's identisch zu sein. Die ver- schiedenen Sprachen, von welchen in der Überschrift die Rede ist, habe ich im Anhang zu meinen demnächst erscheinenden „Studien zur Sprachwissenschaft der Tibeter" erörtert

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NOTEN

ZU DEN

ALTTÜR KI SC II EI INSCHRIFTEN

DER

MONGOLEI mm SIBIRIENS

VON

H. VAMBÉRY.

Nuomalais-utfri laisen Seuran toimituksia XII. Mémoires tie la Société

Kinno-Ougrieiine XII.

HELSINGFORS,

DRl CKKREI DER FINNISCHEN LITTEUATUR-OESELLSCIIAKT,

180$.

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Das Volksthum der Alttürken.

Wenn jemand seit mehr als vierzig Jahren 1 das Türkenvolk und dessen Sprache zum Gegenstand seiner Studien gemacht hat, darf es wohl nich Wunder nehmen, wenn die Entdeckung und Erörte- rung der alttürkischen Inschriften der Mongolei und des Jenissei- Gebietes ihn freudig überraschte, und dass er seine anspruchslosen Bemerkungen zu den bisher erschienenen diesbezüglichen Publicatio- nen veröffentlichen will. Ich hatte dies schon längst gethan, wenn die aus dem oft unleserlichen und lückenhaften Texte hervorgehende Schwierigkeit, ein definitives Urteil zu fallen mich nicht abgehalten hätte. Ohne mannigfache Zweifel gänzlich beseitigen zu können, habe ich mich dennoch im Laufe der Zeit in die vorliegenden Sprachproben so weit hineingearbeitet, dass ich heute mit einer anspruchslosen Kri- tik hervorzutreten wage. Es ist natürlich nur eine bescheidene Nachlese, die ich gebe, denn das grosse Verdienst der Entzifferung und Erörterung gehört in erster Reihe den Herren Professor Dr Wil- helm Thom8en und Professor Dr Wilhelm Radioff an. Was die Leistung Thomsons anbelangt, so ist dieselbe geradezu phänomenal, und bekundet einen Grad von Fleiss, Geduld, Scharfsinn und Kennt- niss, den wir keinen bisherigen Entzifferern unbekannter Schriftzeichen, die sich doch in den meisten Fällen auf zweisprachige Texte stützten,

' Meine erste selbststandige Arbeit auf dem Gebiete dor Türkologie „Deutsch-lürkischts Taschemcörterbttch" ist 1858 in Konstantinopel erschienen. Verfasst habe ich dasselbe im Jahre 1857.

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nachrühmen könnten. Nicht geringer ist das Verdienst RadlofFs, des ausgezeichneten Türkologen, der, als facile princeps in den ost- und nordtürkischen Mundarten, die Lösung so manchen Räthsels erleichtert und zur Klarstellung so vieler dunklen Stellen beigetragen hat. Wenn ich demungeachtet in vielen Fallen mit meinen ge- lehrten Vorgängern, namentlich mit Professor Radioff, nicht über- einstimme, so ist dies einfach dem Satze „Quot capita, tot senstts" zuzuschreiben. Ich habe so Manches verschiedenartig aufgefasst und ausgelegt, mit apodiktischer Gewissheit jedoch kann ich auch schon des8halb nicht sprechen, weil ich erstens die Original-Monumente nicht gesehen und weil zweitens nicht nur die Helsingforser und St. Pe- tersburger Ausgaben von einander divergieren, sondern weil sogar zwischen den retouchierten und nicht retouchierten Tafeln einerseits und anderseits zwischen den letzteren und der gedruckten Textaus- gabe Verschiedenheiten obwalten.

Bezüglich des Lichtes, welches die alttürkischen Inschriften auf die ethnologischen Beziehungen des Türkenvolkes im Alterthume wer- fen, darüber hat Magistrant W. Barthold, in seinem Anhange zur „Neuen Folge" von Radioff, sich ausführlich genug geäussert und hin- sichtlich der geographischen und historischen Bedeutung der Sprach- monumente hat dieser Beitrag, mit Hinblick auf das zur Verfügung stehende karge Quellenmaterial Werthvolles genug geliefert. Es ist allerdings gegen seine Schlüsse, die er aus den Daten des an vielen Stellen unleserlichen und zweifelhaften Textes zieht, so manches ein- zuwenden. — So kann ich seine Auffassung von einem damals vorhan- denen Tttrkenreich keinesfalls billigen. Unter Reich verstehen wir einen auf sesshafter Bevölkerung, auf geordneten Zuständen und festen Institutionen beruhenden Staat, der umso schwerer bei den Türken des Alterthumes anzunehmen war, als türkische Reiche und Staaten erst in der Neuzeit und nur dort zustande gekommen sind, wo das Türkenthum als Eroberer und Beherrscher fremder d. h. nicht ural-

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altaischer Elemente auf der Bühne der Weltgeschichte aufgetreten ist. Selbst das Uigurenreich war in dieser Hinsicht nur ein höchst schwa- cher Versuch, trotzdem sich unter ihrer Botmassigkeit jene Arier be- fanden, die sich des Tien-Schans entlang vom Innern Transoxaniens bis nach Komul hin ausgebreitet hatten. Bei den Gazne widen, Seld- schukiden, Dschengiziden und Osmanen kann nur desshalb von ei- nem Reiche gesprochen werden, weil ihre Herrschaft über alte kul- tursitze, über Lander mit einer vorwiegend arischen und semitischen Bevölkerung sich ausgedehnt. Die Geschichte weiss nur von tür- kischen Nomaden, Kriegern und Herrschern zu erzählen, aber nicht von türkischen Reichen, die aus ural-altaischeu Elementen bestanden, wie dies bei den Alttürken Mongoliens angenommen wird. Von die- ser Ansicht ausgehend kann ich daher die Annahme von türkischen Häusern und Städten, wie solche im Kampfe des Chans gegen die unbotmä8sigen Oguren erwähnt werden, nicht billigen. Der Aus- druck äb-bark kann keinesfalls Anlass hierzu geben, denn ab, osm. ew 'Haus', stammt von oj und dieses bedeutet 'Zelt', bark (sieh Glos- sar) bedeutet 'Habe, Vermögen* und batik bedeutet 'fürstliches Lager'. Was uns aber am meisten für die Annahme eines streng noma- dischen Charakters der Alttürken stimmt, das ist ihre eigene im Worte tat zum Ausdruck gelangte Auffassung. Dieses Wort bedeutet ei- nen friedlichen, sesshaften Menschen zum Unterschiede von den No- maden, wie ich solches in meiner Bemerkung über X. b. Zeile 15 dargestellt.

Nach meinem anspruchslosen Dafürhalten war daher die gesell- schaftliche Verfassung jener Türken, von welchen die Orchon« Inschrif- ten herrühren, beinahe dieselbe, welche wir bei den türkischen No- maden der Vergangenheit und auch der Gegenwart antreffen. Alles was die Steinmonumente berichten, deutet darauf hin, dass unter den Namen Oguz, Karlnk, Tardus, Tölös, Türgäs etc. eher einzelne Stäm- me, Zweige und Familien als selbständige Völker zu verstehen sind.

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Man muss nur mit türkischen Noraaden in längerem und intensivem Verkehre gestanden nahen um zu begreifen, erstens wie tief die Kluft ist, durch welche sie sich von einander, bisweilen sogar von dem nächsten nachbarlichen Stamme getrennt fühlen, und zweitens wie sehr sie ihre Zahl, Macht und Ansehen zu übertreiben pflegen. Während meines Aufenthaltes unter den Jomut-Tnrkomanen bemerkte ich mit Verwunderung, wie wenig das gemeinsame Band des Tür- kenthumes beachtet wurde, und wie sich die Tekke'a, Göklen'a und 8arik\ geschweige denn die Ozl>egen und Kazaken, untereinander als wildfremde Völker betrachteten. Und was die Übertreibung der Zahlenstärke anbelangt, so haben uns in Centraiasien die russi- schen statistischen Angaben nur Tausende gezeigt, wo wir früher von Hunderttausenden reden gehört hatten. Selbst bei den Mongolen unter Dschengiz Chan war dies der Fall, wie es der verstorbene Professor Griegoriew nachgewiesen *, und dass die früher in Europa eingefallenen Türken unter keinen Umständen so zahlreich gewesen, wie die zeitgenössischen Schriftsteller berichten, darauf habe ich in einer meiner Arbeiten schon hingedeutet. 2 Von dieser Auffassung ausgehend betrachte ich die res gestae der Alttürken in der Mongolei im selben Lichte wie Raubzüge der Turkomanen der Neuzeit, und so wie Iltäräs Chan mit sieben und zwanzig Mann ausgezogen, die spater auf siebzig heranwuchsen und nach mannigfachen Gefahren herangewachsen waren zu einem Heere von siebenhundert Mann 3. ebenso haben wir dies bis in die Neuzeit bei den Turkomanen wahrnehmen können. Was der an die Hyrkanische Steppe gren- zende Kulturrayon für die Turkomanen gewesen, das war China für die Alttürken, und so wie jene gelegentlich ihrer Raubzüge weit in Pension hinein, oft bis nach Schiraz vordringen konnten, ebenso

* Sieh Russische Revue VI. Seite 336.

* Sieh A magyarsäß Keletkezésc és pyarapodasa 1895. Seite 154.

* Sieh die grossen Inschriften K. und X. Zeile 12 und 13.

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haben diese mît ihren Einfallen die entlegensten Theile China's heimgesucht Was bei einem Vergleiche einigermassen befremden muss, dass ist das Erwähnen von Städten (balik) (BaWc bedeutet nicht so sehr -Stadt1 als vielmehr ein 'fürstliches Lager Itaj-Wc; vgl. ^AaJL? (jla. chan-baligl Chanbalik d. h. Peking, wort], 'das fiirstl. Lager des Chans*, bübatig = die fiinf fürstlichen Lager des Dschengiz), wofür jedoch angenommen werden kann, dass solche an der Grenze China's und nicht auf der Steppe sich befanden.

Mit einem Worte, bei der Beurtheilung der staatlichen Verfassung und des Sittenlebens der Alttürken der Mongolei und Sibiriens müs- sen wir immer das Leben und Treiben der türkischen Nomaden aus der altern und jüngern Vergangenheit vor den Augen haben. Diese Norm gielt auch vom gesellschaftlichen Leben, mit dem Unterschiede jedoch, dass wir bei etwaigen Vergleichungen weit zurückgreifen müssen, d. h. jene spärlichen Daten ins Auge fassen müssen, die uns vom gesellschaftlichen Leben der ältesten Nomaden ural-altaischer Abkunft zu Gebote stehen. Eine Eintheilung der Gesellschaft in Volk und Adelige, wie solche bei den Kirgisen im Ausdrucke ah sohgek 'Adel' (d. h. weissbein) und kara söiigek'YoWt (d. h. schwarzbein) vorliegt, ist zwar hier nicht ausdrücklich erwähnt, denn nur der Aus- druck kara 'Volk' schlechthin, kommt vor; auch bei den Turkoma- neu habe ich keinen Klassenunterschied gefunden, doch deutet eine Anzahl von hereditären Amtern bei den Alttürken auf aristokratische Institutionen hin. Die Doppelherrschaft des kagan und Uad hat auch bei den alten Bulgaren existiert, ebenso wie bei den alten Ma- gyaren, nur dass sie bei Letzteren den Namen ^J-ä. iala und sJuLâs künde fülirten. Was die Identificierung der übrigen Würdcnnameu anbelangt, so hat Barthold schon auf das Vorhandensein ähnlicher Titel bei den von arabischen Geogrnphen geschilderten Türken hingewiesen. Über Einzelheiten bezüglich ihres Banges und ihrer Stellung zu sprechen dünkt uns ein eitles Unternehmen, da uns der hierzu nöthige

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Anhaltspunkt fehlt. Tarkan und bujruk sind entschieden als hohe Würdenträger aufzufassen, denn jener hat bis in die jüngste Vergan- genheit existiert, und dieser tragt seinen Charakter in der Bedeutung des Wortes, indem Imjuruk, bujruk ein Nomen agentis von bujurmak 'befehlen, anordnen1 ist. Über das gegenseitige Verhältniss zwischen isad und jabgu oder zapku bin ich nicht ganz im Klaren; möglich, dass Ersterer eine Art Vicekönig in der Verwaltung gewesen, während Letzterer nach der Wortbedeutung zu urtheilen, die höchste Mili- täratello bekleidete. Man vergleiche diesbezüglich das Wort salar 'Anführer mit salmak 'einfallen, angreifen* und jabgti resp. zapku mit cap- 'anfallen, überfallen1. lèadapit und alpagut, die Mehr- zahl von Uad-apa und alp-aga halte ich blos für Ehrennamen und nicht für Ämter, was aus dem Ehrentitel apa 'Grossvater* und aga, aka 'Herr' ersichtlich ist. Andere Amter, deren Wirkungskreis wir nur aus der Wortbedeutung erratheu können, sind die ältabär und ältäräz, richtiger iltapar und üterez d. h. 'Volksfinder* und 'Volks- sammler', solche Beamten, die zum Aufsuchen und Sammeln des fin- den Krieg nöthigen Volkes bestimmt waren und die auch bei den west- lichen Türken jener Zeit existirten, denn jula, jila, oder zïla, Name einer Würde bei den Petschenegen und alten Magyaren, stammt von jila, jlgla 'sammeln'. Schliesslich möchte ich noch bemerken, dass ogus, wie Thonisen ganz richtig vermuthet, nicht als Vasall, wie liad- loff übersetzt, sondern als zur Familie gehörig betrachtet werden muss, da ich dieses Wort mit dem eag. oguè, uguS 'Enkel' identi-

fiziere.

Was andere Momente des Sittenlebens der Türken jener Zeit anbelangt, so enthalten die Inschriften so manche Winke, allerdings nur in der Gestalt einzelner Lichtfunken, die für die Ethnographie der ältesten Stämme des Türkenvolkes verwerthet werden können. Im Grossen und Ganzen bekundet das Kulturleben einen speciell türkischen, d. h. von fremden Einflüssen nur wenig oder gar nicht

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anstellten Charakter. Els ist dies um so auffallender, da die Alttürken mit den Chinesen in stetem und regem Verkehre gestanden und trotz alldem von der chinesischen Bildung keine Spur verrathen, denn die wenigen Worte chinesischen Ursprunges, von welchen Barthold spricht,1 sind eigentlich nur Eigennamen. Auch von der iranischen Kultur- welt im Westen ist wenig zu spüren, mit Ausnahme etwa der Worte umaj (pers. huma) und asman, welches letzte jedoch als Eigenname figuriert. Nur bei den auf das Iteligionsleben bezüglichen Begriffen wäre eine Ausnahme zu machen; dies gielt aber mehr von den sibi- rischen als von den mongolischen Türken. Die in den Inschriften K und X befindlichen kosmogonischen Andeutungen „Nachdem oben der blaue Himmel und unten die braune Erde 2 erschaffen waren, wurde der Menschensohn erschaffen " erinnern lebhaft an das erste Kapi- tel der Genesis und was die Gottheit bal, bai anbelangt, so halte ich dieses Wort mit baal der Assyrier identisch. (Sieh Glossar) Bai- tanr\ bedeutet 'Gott BaT, tanrl allein aber sowohl 'Gott* als 'Him- mer; eine Auffassung, an welcher der im magy. menny 'Himmel' und das türk. mänü 'ewig, himmlisch* sich manifestierende Ideen- gang anreihet. Ferner so wie Türken von einem speciellen, nationa- len Gott reden, ebenso thun dies auch noch die heutigen Magyaren, denn türk tanrlsl 'Gott der Türken ist gleichbedeutend mit Magya- rok istene 'Gott der Magyaren . Befremden muss es jedenfalls, dass das uig. okan, ukan 'Gott1, eigentlich 'der Wissende*, von ok, uk 'hören, verstehen* und bajat 'Gott*, den Alttürken unbekannt gewe- sen. Von andern Gottheiten oder Geistern, wie z. B. das altaische ee in tu-eesi 'Berggeist', su-eesi 'Wassergeist*, ist keine Spur vor-

1 Anhang Seite 9.

1 Der Ausdruck „blaue Himmel und braune Erde 41 kommt auch im Kudatku Bilik vor, mit dem Unterschiede, dass daselbst jam gök 'der grüne (blaue) Himmel* steht.

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banden l, ebenso wenig von geistlichen Würden mit Ausnahme des Wortes tudun (Sieh Inschrift X, Zeile 40), welches einen Gelehrten oder Geistlichen bedeutet. Die anderen bei den Awnren üblichen geistlichen Würden, als bögü und jagur, jaur, mögen bei den Alttür- ken bestanden haben, aber in den Inschriften kommen sie nicht vor. Es ist jedenfalls interessant wahrzunehmen, dass die bei den Alttür- ken vorkommenden Titel kagan 'Fürst' und titdun 'Priester auch bei den Awaren üblich waren, indem sogenannte Würdenträger am Hofe Karls des Grossen erschienen. 3 Zu Barthold's ganz richtiger Bemerkung von jär-sub 'Erde, Wasser1 möchten wir noch hinzufü- gen, dass Rajan, Fürst der Awaren, gelegentlich eines Schwures, den er den Byzantinern geleistet, des Ausdruckes sich bedient „Die Erde uiög*' ihn begraben, und das Wasser möge ihn verschlin- gen — M 3; Erde und Wasser figurieren daher als Gottheiten, un- gleich dem persischen abi-chak 'Wasser und Erde, welches Klima oder Land im Allgemeinen bedeutet.

Im Bezug auf den Todtenkultus erinnern die in den Inschriften enthaltenen Andeutungen an so manche bei den Nomaden noch heute übliche Sitte. Die jogch sïgltcl 'Weinende' und 'Klagende' der Alt- türken sind auch noch heute auf der Steppe zu finden, und während meines mehrwöchentlichen Aufenthaltes unter den J o muten am Gör- gen war ich Augenzeuge, wie die zahlreichen Verwandten und Be- kannten meines Gastgebers Chanzans, dem im Laufe des .lahres ein Verwandter gestorben war, mit einem wilden Geschrei und Geheul unserem Zelte näherten, wie man ihnen ein Stück Filz oder einen Teppich vor die Thür niederlegte, auf welchen sich die K läge n -

1 Das Wort <r, eye hat merkwürdigerweise bei den alten Magyaren Gott, Gottheit bedeutet, denn Kirche heisst tyyhaz d. h. Gotteshaus, von einem veralte- ten egy Gott' und Ute 'Haus'.

* Sich Einhardi Annales ad 782 bei Pertz. Monumenta Germaniae I.

» Excerptu e Meuandri historia. Bonner Ausgabe, Seite 335.

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den niederließen und oft stundenlang ihr Jammern, einen Ausdruck des Beileides, fortsetzten. Am Grabe hochangesehener Todten hat man bis in die Neuzeit joska'a d. h. Tumuli erhoben, doch die Sitte der in der Heidenzeit gebrauchlichen Steinbilder, die Balbalc der Alttürken, ist Bchon längst abhanden gekommen. Meine Ansicht bezüglich letztgenannter Monumente habe ich an betreffender Stelle ausgesprochen, ebenso habe ich X a (Neue Folge) Zeile 12. die noch heute bestehende Sitte des Sichverwundens und Ent- stellens hervorgehoben, und was die Ansicht über den Tod selbst betrifft, so kann über die Identität der Begriffe „sterben" und „fortfliegen" auch schon desshalb nicht mit Bestimmtheit gefolgert werden, weil der Verbalstaram üb, öc sowohl 'fortfliegen' als auch 'erlöschen' bedeutet; der Autor des Lugati Öagatai führt nähmlich öcmek in der Bedeutung von 'fliegen' und 'auslöschen, er- löschen1 an. In den Inschriften steht allerdings > uc, doch wer bürgt uns dafür, dass dieses Verbum nicht auch zugleich tie gelau- tet und 'erlöschen bedeutet hat? Es ist also nicht festgestellt, ob der Tod als ein Fortfliegen oder ein Erlöschen der Seele gedacht wurde. Wie das in den sibirischen Inschriften vorkommende adar- Hmak 'geweihet werden' zeigt, haben die Alttürken unter dem Be- griffe 'sterben den Gedanken des Sichweihen s, Sichopfern s ausgedrückt, doch ob sich dieser Akt auf die im Leben zurückge- bliebenen oder auf die in den Tod vorangegangenen bezieht, das kann nicht festgestellt werden. Im Worte baUbal gelangt die letzte Eventualität zum Ausdruck, denn der Gestorbene dient als Diener oder Begleiter des geachteten Todten, daher er ausserhalb des Grabes, so- zusagen an der Thür steht, gleichsam die Stelle einer Ehrenwache einnimmt. Über die Art und Weise der Todtenbestattung geben uns die Inschriften gar keinen Aufschluss. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sowohl die Sitte der Inhumirung als auch der Feuerbestattung existirt. Für jene liegt in den Inschriften kein Beweisgrund vor,

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für diese spricht der Bericht in den Aunales Fuldenses von der Leichenbestattung der in Westeuropa eingefallenen türkischen Magya- ren Ärpads, wo ausdrücklich erzählt wird, dass sie ihre Leichen ver- brannten; ferner der noch bestehende ungarische Sprachgebrauch se hire se hamva 'keine Nachricht, keine Asche ist von ihm übrig', d. h. er ist ganz verschollen. Die Sitte der Leichenverbren- nung ist ausserdem durch ein anderes Wort im Magyarischen bewie- sen, nämlich durch koporso 'Sarg', welches mit dem cag. Jcoburzuk 'kleiner Sack oder Gefäss' identisch ist, und aus welchem sich schlies- sen lässt, dass die Asche des Verstorbenen in einem solchen aufbe- wahrt wurde. Dieses Wort ist später auf 'Leichentruhe* übergegangen.

Wenn wir nach den obigen Bemerkungen einen allgemeinen Blick auf die geistige Bedeutung der Inschriften werfen, so werden sich uns einige Wahrnehmungen aufdrängen, nach denen die Alttür- ken der Mongolei jedenfalls auf einem höhern Bildungsgrad gestanden und mehr geordneter gesellschaftlichen Zustände sich erfreuet haben müssen, als die heutigen Nomaden und deren aus geschichtlicher Erin- nerung bekannte Vorgänger. Dies wird vor allem von dem Umstände bestätigt, dass von Uzen, Petschenegen, ( 'hazaren, Magyaren, Kumanier, Kangli's, Karluken und Kîmaken keine Spur einer solchen Inschrift zu entdecken ist, wie die von Koscho-Zaidam, und dass Kirgisen, Kasa- ken, Kara-Kalpken und Turkoraanen wohl noch weniger fähig wären, eine solche zu hinterlassen. Der in den Inschriften sich manifestirende Geist ist auch schon desshalb sehr merkwürdig, weil er ganz autochton ist, indem der Kultureinfluss der Chinesen, die der Verweichlichung und Unredlichkeit geziehen werden, verpönt und absichtlich vermie- den wird. Schon der Umstand, dass türkische Nomaden sich einer speeiellen Schrift bedienten, zu einer Zeit, als das christliche Abend- land noch in Finsterniss gehüllt war, ist an und für sich eine höchst merkvürdige Erscheinung. Noch wunderbarer dünkt uns der aus den Schriftzeichen bewiesene semitische Ursprung gewisser Bildungs-

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IS

begriffe. 1 Ob diese Kultur sich blos auf einen engen Raum be- schränkt hat, wie etwa der schon im IV. Jahrhundert n. Ch. Eingang gefundene nestorianische Kultureinfluss, oder ob sie altern Datums ist, das ist schwer zu beweisen, obwohl Professor RadloiTs Vermuthung vom höhern Alter der sibirischen Inschriften * viel Wahrscheinlichkeit für sich hat. Es ware sehr zu wünschen, dass anderseitige neuere Fünde auf diesem Gebiete uns Aufschluss geben möchten. In dem vor uns tretenden Bilde der nomadischen Oe- sellschaft jener Zeit finden wir all jene Tugenden und Schwächen, welche die uns aus der Neuzeit her bekannten Nomadenvölker charak- terisiren. Neben dem vorherrschenden Zuge einer zügellosen Frei- heit entspringt die Unbotmässigkeit dem Chane gegenüber, welche der Stammesgemeinheit schädlich wird, das Volk den Chinesen unter- thänig macht und seine nationale Schwächung herbeiführt. Die Hab- sucht, die Gier nach den Schätzen des sesshaften Kulturvolkes haben in alten Zeiten dieselben Schaden verursacht wie honte, und so wie die Perser von jeher durch reiche Spenden, Ämter imd Würden das Tür- kenthum im Norden Irans an sich gezogen, und die Gefahr der Raub- züge vermindert, ebenso haben die Chinesen durch reiche und süsse Spenden, gegen welche der Chan sein Volk ausdrücklich warnt, eine Zersetzung des Nomadenthums angestrebt. Erleichtert wurde dieses Ziel altersher durch die Uneinigkeit unter den einzelnen Stämmen, denn die wilde Feindschaft, die in der Neuzeit zwischen den einzel- nen Geschlechtern, Zweigen und Stämmen ein und desselben Volkes besteht, hat auch zwischen Töles, Tardus, Karluk etc. bestanden.

1 Mir dünkt die Annahme Thomneii's, n Inscriptions de l'Orkhon", Seite 46, welcher auch Prof. Donner in seiner Schrift „Sur l'origine de l'Alphabet Turc du Nord de l'Asie. Helsingfors 1896." beistimmt, als die meist be- gründete.

* Sieh „Die alttflrkischen Inschriften der Mongolei. St. Petersburg 1895." Seite 301.

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Dort, wo ein Mann von grösserer Fähigkeit sich an die Spitze gestellt, wie dies beim Chan der Fall war, dort wurde die Stammeseinheit ge- stärkt und der türkische Nationalgeist aufrecht erhalten. Das Tür- kenthum konnte im Kampfe mit den Chinesen dieselbe Rolle spielen, in der es später Westasien gegenüber aufgetreten ist, mit dem Unter- schiede jedoch, dass es hier mit grösserer Kraft und Jahrhunderte hindurch den Kulturrayon bestürmte, mehr zersetzend wirkte und schliesslich so manchen türkischen Keil in die fremden Nationalkör- per hineinzutreiben vermochte, was bei der grössern Absorptionsfähig- keit der Chinesen nicht der Fall gewesen ist. Dieser Umstand allein, und nicht der Steinwall im Norden Chinas, hat die türkische Völkerflut nach dem Westen abgeleitet. Durch das Fehlen geordneter Zustände und einer festen Regierung in den Oxusländern, an der Wolga und an der Donau haben Hunnen und Awaren, so wie ihre spätem Nach- folger, teils über Persien und Kleinasien, teils des Kaspischen Sees und des Schwarzen Meeres entlang vorzudringen vermocht.

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Die Sprache der Alttürken.

Herr Professor Radioff hat es versucht, auf Grund einer Verglei- chung des Lautsystems der in den alttttrkischen Inschriften vorhande- nen Sprache mit demjenigen der uns heute bekannten südlichen und westlichen Türkendialekte jenes Verhältniss darzulegen, aus welchem die gegenseitige Beziehung zwischen dem ältesten Sprachmonumente und den heutigen Mundarten ersichtlich werden sollte. Mir dünkt ein solches Unternehmen viel zu gewagt, namentlich wenn wir erwägen, wie unsicher, schwankend und daher wie unzuverlässig die Basis ist, auf welcher wir unsere Combinationen gründen können. In einer Sprache, wo ein und dasselbe Zeichen bisweilen zwei oder drei verschiedene Vocale 1 repre8entiren soll und in gar vielen Fällen selbst dieses eine Zeichen fehlt und der Leser nur auf das Errathen angewiesen ist, in einer solchen Sprache ist es jedenfalls ein sehr kühnes Vorha- ben von einem Lautsystem im Allgemeinen zu sprechen und auf die- sem luftigen Terrain den Bau linguistischer Hypothesen aufzuführen. Nach meinem anspruchslosen Dafürhalten kann der Text der Orchon- Insr.hriften auch schon desshalb nicht als Basis einer kritischen Be- leuchtung dienen, weil bei dessen Zustandekommen Nichttttrken d. h. Chinesen mitgewirkt haben, und in der That enthält dieser Text so manche Stellen, die dem türkischen Sprachgeiste fremd, dem gebo- renen Türken als untürkisch erscheinen müssen. Ich wiU diesbe- züglich nur einige Beispiele anführen. So z. B. der Ausdruck an\ ücün anstatt an\n ücün; anda kisrä, kondukta Icisrä anstatt andan kisrä

1 So z. B. das ^ welches für ü, », und » steht.

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und kondukdan kisrä, denn dass hier das auslautende n wirklich fehlt, das beweisen andere Beispiele, wie jarüldukin iiciin, täpläyin ücän, andaglMn üöiin u. s. w. l; ferner ötükän jH anstatt ötükän jW, tatabi budun anstatt budun), da die Redensart Choza-ili 'das Volk der ChozaY, osmanU miüeti 'das Volk der Osmanen' als unabänder- lich dem türkischen Sprachgeiste entspricht; ballt barmadl 'er ging nicht in die Stadt1, anstatt ballkka barmadl, obschon in derselben Zeile kurganka kUlab 'er überwinterte in der Festung1 mit ka zu losen ist. Ebenso fremdartig klingt mir die Redensart tötiidä özä 'auf dem Thron* und budunda özä 'auf dem Volke*, deren sich kein Türke bedienen würde; so auch das Vorsetzen der Einer vor die Zehner als: aW otuz <8ech8unddrei88ig,) was dem heutigen Türken ganz unverstandlich wäre.

Es lässt sich nicht in Abrede stellen, dass uns, nach dem sprachlichen Charakter der Inschriften zu urteilen, in diesem ältesten Sprachmonumente des Türkenvolkes, welches nur vierhundert Jahre älter ist, als die Sprache des Kudatku Bilik, ein höchst werthvol- les linguistisches Monument erhalten ist. Was den Formenschatz anbelangt, so können einzelne Momente, als die (/-Endung des Accu- 8ativs, die auf sur, sur endende Participerai, das Nomen Agen- tis auf tgma, igmä, u. a. d. als solche bezeichnet werden, die den heutigen Dialekten gänzlich fehlen. 8 Bezüglich des Wortschatzes ist dies weniger der Fall, denn mit Ausnahme weniger Beispiele, als juüt oder juta§, kop, injikün, asig-äti und anderer wegen fehlerhaften

1 Ich kann mich der Muthmassung nicht verwehren, dass dieses n etwa durch ein uns unbekauntes Zeichen zum Ausdruck gelangt ist. Tafiriiäk tahrida 'gottahnlich, von Gott' muas entschieden tahridan gelautet haben. Mir dünkt, als ware dieses fehlende n Hauptursache dazu, dass Radioff dem Locativ eine Ablativfunktion beigemessen hat.

1 Seit ich dieses geschrieben, habe ich in einem 500 Seiten starken alt- osmanischen Texte, der aus dem XIV Jahrhundert stammt, das Participium «or, tser häutig vorgefunden.

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oder unleserlichen Schreibart enstellten Wörter, ist der gesammte Wortschatz auch in den übrigen Tflrkendialekten vorhanden. Das Türkische der Inschriften kann daher nicht den übrigen Mundarten gegenüber die Rolle einer Ursprache spielen, und ein Vergleich mit den nördlichen, südlichen und westlichen Türkensprachen der Neuzeit ist auch schon deshalb nicht statthaft, weil uns von diesen keine Mo- numente von gleich hohem Alter vorliegen. Am nächsten steht der sprachliche Charakter der Inschriften natürlich dem Uiguri- schen des Kudatku Bilik, obwohl andererseits einzelne Momente der Ähnlichkeit über das weite Sprachgebiet zerstreut, und selbst im Osmanischen und im Magyarischen anzutreffen sind. Ich habe auf Letzteres im Laufe dieser Arbeit oft hingedeutet, und da es befremden mag, mit welchem Rechte ich die für rein ugrischer Provenienz ge- haltene Sprache der Magyaren bei Vergleichungen eines rein türkischen Sprachmonumentes heranziehe, so muss ich folgendes bemerken.

Die Sprache der Magyaren ist eine intensive Mischsprache fin- nisch-ugrischer und türkischer Provenienz, ein Sprachenamalgam, welches nicht nur im Wort, sondern auch im Formenschatze sich kundgiebt. Die noch immer strittige Frage: welches ethnische Element beim Werdeprocess dieser Sprache vorherrschend gewesen, die kann, als zu unserer Studie nicht gehörig, beiseite gelassen wer- den. — Für uns ist von Interesse zu wissen, dass diese Sprache in einer zeitlich schwer bestimmbaren Periode entstanden, indem das Volk der Magyaren ans den in den Ebenen Pannoniens während Jahrhunderten zurückgebliebenen Resten ural-altaischer Rasse allmählig hervorgegangen. Mit Arpad und seinen Türken hat die Formation des heutigen Volkes ihren Abschluss gefunden, die Sprache selbst aber ist während der früheren, Jahrhunderte lang gedauerten krystalli- 8iening dieser Fragmente entstanden. Die türkischen Elemente der magyarischen Sprache sind daher sehr alt, mindestens so alt, wenn

nicht älter, als die der Inschriften, so dass ich nicht anstehe zu be-

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haupten. class zur gründlichen Erörterung des türkischen Wortschatzes im Allgemeinen die Kenntnis» des Magyarischen unentbehrlich ist. Desshalb habe ich die magyarischen Vergleichungen in diese Studie hineingezogen.

Nach diesen anspruchslosen Bemerkungen über Volksthum und Sprache der Alttürken will ich nun Professor Radioffs Ansichten über die sprachlichen Eigenheiten der Inschriften und dann Text und Übersetzung der Letzteren einer Kritik unterziehen. In meinen dies- bezüglichen Betrachtungen halte ich mich an die mit Verbesserungen versehene „Neue Auflage", indem ich erst die grossen Inschrif- ten vollinhaltlich gebe, und dort, wo der Text an vielen Stellen von hypothetischer Natur ist, mich nur auf einzelne Bemerkungen be- schränke. — Den Abschlu8s findet diese meine Arbeit mit einem Glossar.

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Zur Morphologie der alttürkischen Sprache.

(Neue Folge.)

1. Ueber die Bildung: der Nominalstamme.

Seite öS behauptet R.: Ein nur in den heutigen östlichen Dialekten angewendetes lebenskräftiges Affix ist sak, säk, das Adjek- tiva bildet und zwar in der Bedeutung 'liebend', als malsak 'Vieh liebend', richtiger 'Vieh habend5, ärsäk 'Männer liebend', d. h. Männer habend. Vor allem möchte ich die Behauptung „nur" anfechten, denn das Affix sak kommt auch im Osmanischen vor, mit dem Unterschiede jedoch, dass dort der gutturale Auslaut k wegge- fallen ist. So z. B. tutsak 'Gefangene' von tutmak fangen', jatsl 'das Abendgebet*, eigentlich 'dem Niederlegen nahe', von jatmak 'sich legen'; tiitsü, tiitsi 'Küucherwerk' von tüt 'räuchern', wo das ursprüngliche slk, sük sich in $î, verwandelt hat. Übrigens ist K. selbst auf diesen Irrthum gekommen, indem er „Neue Folge4* Seite 97 angiebt falsch gelesen zu haben. Das Affix sak, säk, mk, sîk resp. s), sü, si kommt auch bei Beiwörtern vor, so z. B. karamsl 'etwas schwarz', saramsV etwas gelb', um! es dünkt mir im Allgemei- nen ein Affix qualitativer Bedeutung. So /.. B. il-tutsuk 'jemand der das Volk zusammenhält', acsak, totsak 'sattartig' und 'hungrigartig'.

Seite on bemerkt K., dass köpriik, körprü 'Brücke' vom grie- chischen ytilfVQtx nicht abgeleitet werden könne, was auch ganz rich- tig ist, dass aber die Annahme eines türkischen köpür 'Wölbung', unstatthaft sei. Diesem gegenüber möchte ich bemerken, dass der Begriff wölben, hohl machen identisch ist, und dass für bei-

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de Wörter im Türkischen ^$Uj.j^ köp-mek 'anschwellen1 und syjy* kobur ' hohler Ort1 besteht, köpriik, eventuell kopruk, koburuk ist da- her türkischen Ursprunges.

2. Die Deklination der Nomina.

Seite 61. Bezüglich des Genitivs wäre es schwer zu behaupten, dass die vorhandenen Beispiele hinreichen würden, uin das Fehlen des Affixes niit, nun zu beweisen, dies um so weniger, da das uigurische nln die ältere Form ist, aus welchem das nin, nun, in, un entstanden. Auch dünkt mir im Alttürkischen ein latenter Genitiv existirt zu ha- ben, denn tapgac kagan und tapgac budun stehen mit dem Geiste der türkischen Grammatik im Widerspruch; es müsste heissen tapgaö kagan) und tapgac budunh Mit Hinweisung auf die Beispiele kaga- n)n und Imdunm ist das Genitivaffix ?n noch nicht erwiesen, da das auslautende n zugleich auch als Anlaut des Affixes gedient haben mag, gerade so wie 4 >J > V > ogular, anstatt 4 \l >J > Y > oguüar vorkommt.

Seite 62. Mir ist das Accusativsuffix k, g beim Lesen des Kudatku Biliks nicht aufgefallen, und als etwaige Entschuldigung kann ich anführen, dass im Kudatku Bilik wirklich mehrere Accusa- tive mit -n vorkommen, was K. ganz richtig dem Unverständniss des Copisten dieser Handschrift zuschreibt, da die Ä-Endung im XV Jahr- hundert entschieden fremdartig gewesen sein muss. Auffallend ist diese Är-Endung jedenfalls, denn die verwandten Sprachen zeigen keine Spur von k. Im Magyarischen und Wogulischen wird der Ac- cusativ durch t gebildet. Was die alttürkische ^-Endung des Accu- sativs anbelangt, so wird der Übergang zu tu heutigen n, ni nicht leicht, wenn wir erwägen, dass die zweite Person Mehrzahl im IWsivum ebenfalls auf dig, düg endet, was den heutigen din. dun

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entspricht. Vgl. alttürk. janlWg mit neutürk. janîldhï 'du hast dich geirrt1.

Seite 68 fährt R. das Affix in, in als Instrumental in sol- chen Beispielen an, wo dasselbe eigentlich als Adverbialaffix figuriert. So z. B. in büdün 'ganz, vollständig', und bei dem Zeitadverbium ifc?iW 'im Winter', jai?n 'im Sommer. Dieses Affix ist auch im Magyarischen vorhanden, wo es durchgehend als Adverbium figuriert. So z. B. okos-an 'weislich* seép-en 'schön' u. s. w.

Seite 65. Zur Bezeichnung des Direktivus führt K. die Affixe garu, gärü an. Ich bin diesbezüglich einer verschiedenen Ansicht. Ich betrachte als Affix des Directivus die Silbe ra, rä, ru, rü, auf die Frage wohin, welches an den Dativ ka, kä, oder ga, gä, ange- hängt wird. So z. B. tapgacga-ru 'gegen China, jär-gä-rü 'gegen, oder nach dem Lande', oguz-ga-m 'gegen die Ogusen'; öz-rä 'oben'; as-ra 'unten'; kat-ra 'rückwärts'. Im Osmanischen kommt ra, rä, ru bei Hauptwörtern nicht vor, sondern nur bei Adverbien. So z. B. icerii 'hinein' (cag. icgäri), dûarî 'hinaus' (cag. tiskaru). Dies ra, ist im Magyarischen als selbständiges Affix anzutreffen in der Bedeutung von 'auf, z. B. ra-m 'auf mir, râ-ja 'auf ihn', kapu-ra, 'auf das Thor u. s. w.

8. Die Bildung: des Plurals.

Seite 67. Was das selten vorkommende Pluralaffix anbelangt, so will R. dasselbe als dem Mongolischen entlehnt bezeichnen. Mit Gewissheit dies zu behaupten wäre schwer, denn in den ugri- schen Sprachen, namentlich im Wogulischen, Ostjakischen, Finnischen, und im Tschereraissischen wird der Plural ebenfalls durch t gebildet, und da ngrische Entlehnungen im Türkischen vorkommen, so kann die Pluralendung auf t wohl auch ugrischen Ursprunges sein.

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4. Die Zahlwörter.

Seite fi8. Was bei den Zahlwörtern am meisten befremdet, ist der Umstand, dass hier das Zehner-System an der Stelle des für pri- mitiv gehaltenen Siebener-Systems vorherrscht, welch Letzteres be- kanntermassen noch heute in Mittelasien anzutreffen ist, wie aus dem özbegiseben iki kern on = 8 d. h. 2 10 und bir kern on 9 d. h. 1 10 hervorgeht. Eben so befremdend ist die in zwei Ienissei Denk- mälern vorkommende Zahl altmh<- 60, denn dass die heute im Al- tai8chen und Teleutischen gebräuchliche Form alt-on = HO, jet-tön = 70 älter ist, das beweist das Magyarische, in welchem ebenfalls hat van 60, het-ven = 70 aus hat - 6 resp. hét = 7, und dem türk. on - 10, zusammengesetzt ist. Was schliesslich die Frage anbelangt, ob iki oder äki - 2 die ältere Form sei, so bleibt dasselbe schwer zu bestimmen. Für äki spricht der Beweis des türkischen Nomens äkiz, iujiz 'Zwilling1: doch wenn ä der Unindlaut gewesen wäre, warum lautet letztgenanntes Wort im Magyarischen iker 'Zwilling'? Was nun das rag. ^äJjI oltuz st. otuz - 30 anbelangt, wobei R. eine spätere Einschiehang des / bezweifelt, so ist zu bemerken, dass die Einschiebung des / in der magyarischen Volkssprache auch noch heute üblich ist. Vgl. pelpa statt pipa 'Tabakspfeife*.

Seite 70. Bei den Ordnungszahlen nimmt R. die Endung inc als die ältere an und will dieselbe auch im Kudatku Bilik als Regel aufstellen. Ich habe bei meiner Ausgabe letztgenannten Werkes die- selbe Ansicht befolgt, glaube aber heute, dass inci die richtige Form sei und dass diese aus einer älteren Form inc-ki entstanden ist.

Seite 71. Dass ükin kein Zahladverbiura ist, wie R. annimmt, darüber sieh Zeile 1. Note b. in meiner Erörterung der grossen In- schriften K und X.

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5. Das Pronomen.

Seite 74. Bezüglich des Entstehens des Possessiv-Affixes der dritten Person hat R. ganz richtig auf eine ältere Form zu, zun hin- gedeutet und Letztere mit der dritten Person azu, ozu in Zusammen- hang gebracht. Zur Kräftigung dieser Annahme mag folgender Um- stand dienen. Die Verhärtung des ursprünglichen z in s ist auch durch ältere osmanische Sprachproben erwiesen worden, da ich in einer aus dem Jahre 855 (1451) stammenden Handschrift l, betitelt sJubJ! »äM Jul? eine Art Märchenerzählung, sehr häufig zun statt

&un finde. Was nun die Hypothese bezüglich eines ursprünglich ozu oder azu lautenden Pronomen demonstrativen anbelangt, so hat ein solches jedenfalls existiert, wie aus dem magy. az, türk. öS, os 'jener , hervorgeht. Schliesslich sei bemerkt, dass das fragende Für- wort kani sich nicht nur im Karakirgisischen, wie R. Seite 75 schreibt, sondern auch im Osmanischen vorfindet. Vgl. kani 'wo?' ^jLo spr. lianyl 'welcher?' und LûU spr. hanlga 'wo?*

Seite 84. K. bezweifelt, dass ilä aus birlä entstanden sei. Ich teile diesen Zweifel nicht, aus dem einfachen Grunde, weil ich das r in birlä für eine Ijauteinschiebung halte, und es keinesfalls von bir-lä oder bir-ilä ableite. Das cag. bilä 'mit' ist in der magy. Postposition val, vei 'mit', zu erkennen. Bil, bä-ä bedeutet ur- sprünglich 'zusammen, neben', und ist mit dem altosm. bile 'neben, bei' identisch. In diesem Sinne ist es noch heute im Azerbaizani-

' Diese Handschrift eines der ältesten osmanischen Sprachmonumente, enthält gar vieles, was zur Aufklärung der türkischen Grammatik dienen kann. Ich gedeuke Proben derselben zu veröffentliche».

8. Adverbia und Postpositionen.

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sehen anzutreffen, /.. B. hiläsinä gidüp 'er gieng mit oder neben ihm'. Ein ähnliches Verhältniss existiert zwischen jan 'Seite* und 'ne- ben'. Vgl. janinda 'neben ihm' und 'an seiner Seite*. Übrigens kommt bilä nicht nur im Öagataischen, sondern auch im Osmanischen vor. Vgl. iueju» !Lu biläsinzä 'neben ihm, mit ihm', im Lebcei Osmani I. B. Seite 334.

Seite 86. Was K. von einem durch ti, ti gebildeten Adverbium sagt, dem kann ich keinesfalls beistimmen, denn ich halte das f $ f [\ tl, ti bei edgüde, katigda für ein Conjunctivum, wie ich solches an betreffender Stelle dargelegt. Des Weitern bemerkt R., dass in kei- ner Turksprache ein türkisches Adverbium „ganz, gänzlich" be- kannt sei. Vielleicht doch! Wir haben im Cagataischen das als Adjectivum und Adverbium dienende J^j" tökel 'vollkommen, ganz', und im Osmanischen das Adverbium J^*> dökeli, dögeli, welches von Ahmed Vefik Pascha in Lehcei Osmani T. S. 58G mit bOsbütOn 'ganz und gar', und hep 'alle insgesammt' übersetzt wird. Das Stammwort tököl, dögäl ist in älteren osmanischen Handschriften gebräuchlich, und auch im Magyarischen ist es bekannt; vgl. tökvl-etes 'vollkommen.

9 und lO. Bildung* der Verbalstämme und Conjugation

der Verba.

Wie schon erwähnt, ist es sehr schwer, wenn nicht geradezu unmöglich, sich auf kritische Bemerkungen einzulassen bei einer Sprache, deren Schriftzeichen so unzuverlässig sind, wie dies bei den alttürkischen Monumenten der Fall ist, wo zwei oder drei Vocale durch ein und dasselbe Zeichen representiert sind und wo schliesslich oft gar kein Zeichen für den entsprechenden Vocal vorhanden ist. ich meinerseits finde im Verbum der alttürkischen Spraehmonuinente nur wenige Fälle, durch welche sich das Zeitwort von dem der übri- gen neuern Mundarten, namentlich vom Uigurischen und Cagataischen

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unterscheidet, und was befremden mag: es nähert sich häufig sogar dem Osmanischen, wie nur dies beim Particip sar, sär und bei zun, zun der dritten Person des Traperativus schon hervorgehoben wurde. Die Punkte, in weichen das altturkische Verbum vom Neuern ab- weicht, kann in folgende Punkte zusammengefaßt werden:

a) Die Form der Vollendung ärinc.

Wie R. richtig bemerkt, entspricht dies ganz dem tttrk. ikän, richtiger irkän, und was die sonst nirgends vorkommende Endsilbe nc anbelangt, so möchte ich der Vermuthung Ausdruck verleihen, ob hier nicht ein vocalischer Auslaut zu suchen ist? ärincä 'so lange oder bis seiend1 könnte bei Fällen, wie bolmiS ärincä oder tutmuè ärinää den besten Aufschluss geben.

b) Das Supinum gma, gmä, richtiger igma, igmä, welches wie R. richtig annimmt, mit dem uig. M, ikli identisch ist.

c) Das Nomen actionia taci, täci, das nur im Uigurischen vor- kommt, wie ich in meinem „Uigurische Sprachmonumente " schon dargelegt, sonst aber in den türkischen Mundarten nirgends ge- bräuchüch ist.

d) Das Nomen verbale sîk, sik, welches, wie ich schon früher erwähnt, nur ohne den gutturalen Auslaut, im Neuosmanischen be- kannt ist.

e) Das von R. als Participium bezeichnete sar, sär kommt, wie ich aus meinen neuern Studien auf dem Gebiete des Altosmanischen erfahren, sehr häufig vor, u. z. als Participium subjunetiver Bedeu- tung z. H. gelser, gitser, varsar u. s. w.

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1) Özä •) kök tangrï asra jagîz jär kîlindukta kinra b) kiéi ogll kilinmiô, kièi ogllnda özä äöüm apam Burnin ka- gan Iztämä kagan c) olurmus, olurupan tiirk buduung ilin törlisin tuta birmià itä d) birmiâ •).

1) Nachdem ol)en der blaue Himmel und unten die braune Erde erschaffen waren, wurde der Menschensohn erschaffen. Über den Men- schensohn ist mein Ahne Bumin und mein Vater Izteme Chan ge- worden und als dies so geworden, veranlasste er. dass des Tfirkeu- volkes Friede und (iesetz gehalten und befolgt wurden.

Noten. *) Warum bze 'oben, auf ohne das Affix ra, re steht, während as-ra (gleich tax-ra, ic-re) mit einem solchen versehen ist, muss jedenfalls auffallen. Im cag. kommt bze entschieden in der Adverbialform vor, so z. B. heme adamlar bze 'über alle Menschen1, und dem türkischen Sprachgesetze vollkommen zu entsprechen mtisste hier kök taftyrl özä 'über den blauen Himmel' stehen. b) kinra ist fälschlich äkin-ara 'zwischen beiden1 gelesen worden, denn äkin könnte im Osttürkischen 'zu zweien' heissen, und in diosem Öinne kann es mit ara zwischen' in keinem Zusammenhang gebracht werden. Akin ara oder ikhi ara ist entschieden untürkisch, denn um den Satz, '/wischen beiden' auszudrücken raüsste es heissen ikisinin arashida oder ikcönin arasida. Ich lese daher kinra 'nach', weil ich in diesem Worte die Postposition kin, kijn 'nach, hinten' mit dem Oireetivus ra, re (gleich song-ra, ötty-re) sehe. In dieser Annahme bestärkt mich das vorhergehende kUindukta (wie Kadloff vermuthet eine Verwechslung des Ablativs mit dem Locativ; sieh

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Neue Folge S. 64) nnd kUtndukta kinra würde auf gut eagataisch

heissen. Übrigens ist es höchst wahrscheinlich, dass das auf dem Monument befindliche s fälschlich für ein ft n gelesen wurde, und wir haben es daher hier mit einem im Texte häufig vorkom- menden >T T I h ^ kii>rä 'nach* zu thun. f) acürn apam 'mein Ahne, mein Vater bezieht sich nach meiner Ansicht auf die beiden nachfolgenden Eigennamen, was gewissermassen auch noch heute üblich ist, denn man sagt z. B. cag. agam inim Ahmed ii Jusuf 'mein älterer und mein jüngerer Bruder Ahmed und Jusuf*. Was den Ursprung der beiden Eigennamen anbelangt, so klingt jener fremdartig, während dieser Izteme oder Isteme an is 'Geruch', und teine 'genannt1, erinnert. d) Radiott' übersetzt äl mit \Stamniesgemein- schaft'. Ich kann weder bez. der Leseart noch der Übersetzung mit ihm übereinstimmen, wie dies ausführlicher im Glossar dargelegt werden wird. Warum R. das Wort töril 'Gesetz, Ordnung' mit 'Re- gierungsgewalt' übersetzt, ist mir nicht einleuchtend.

2) Tört bulun •) kop b) jagï ärmiö, sülöpän tört bu- lun daki budunug: kop almlê kop baz ' I kilmïfi baâligig d) jükündürmiö tizlägig äökürmiä *), ilgärü Kadïrgan jîéka tägi kirü Tämip kapigka tägi kondurmiâ kinra r)

2) Die vier Theile wurden feindlich, das Heer anführend ero- berte das Volk der vier Theile und machte Frieden. Die Anführer brachte er zur Unterwerfung und die Officiere zum Gehorsam (zum Schweigen). Vorwärts bis zum Kadirgan Bergwalde, rückwärts bis zum Eisernen Thor Hess er (das Volk) ansiedeln, worauf

Note)*. a) Tört Induit 'vier Theile', d. h. überall, msgesammt, eine Redensart «lie auch heute zur Bezeichnung der Allgemeinheit gebraucht wird. Vgl. osm. JL>jJL5^ ^JôlJs! e^.J "sie kommen

MUndiktan kinra oder songra oder osmanisch

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von allen Seiten her. '») kop. Sieh Glossar. c) Imz 'Friede, friedlich. Ich folge hier der Übersetzung Radioffs, doch bin ich mit der ei- gentlichen Bedeutung des Stammwortes nicht ganz im Reinen. Sieh Glossar. A) Ich lese baxtfg tizlüg d. h. 'Anführer und Ordner (Officier)1 von baHamak 'anführen* und tizJämäk 'ordnen', indem ich in bei- den einen Nomen agentis mit dem Affix \g, äg sehe. e) Sökürmii von Söh'irmek oder Sükürmek 'zum Stillschweigen, zum Gehorsam bringen', vom Stamme sük 'still'. RadlofFs Vergleich mit dem kirg. sök 'niederknieen, niederhocken* ist nicht annehmbar, weil die Kir- gisen das c immer mit * verwechseln und weil das centralasiatische côk, Pöch!, mit welchem die Karneole zürn Niederhocken angerufen werden, mit dem Verbalstaram cök identisch, nur im Sinne 'nieder- sinken, niederfallen' vorkommt. f) Wörtl. 'nachher'. Wie schon erwähnt, möchte ich auch hier die Lesart kisra ^ T I h ^ anstatt kinra vorschlagen, keinesfalls aber äkin ara, wie Radiott' liest.

3) idi uksuz ögüö •) tiirk anöa u) olurur ärmiS. Bilgä kagan ärmis, alp kagan armié. Bujruki Jämä c) bilgä ärmiS ärinö, d) alp armià ärinö, bägläri jämä buduni jämä tüz är- mié ani üöün °) ilin anöa tutmné ärinö ilig tutup törüg ät- miâ özinöe

:i) so viele Türken ohne Herrn und Geschlecht so lange (ruhig) gesessen (gelebt) hatten. Er (d. h. mein Vater Izteme) war ein wei- ser Chan, ein tapferer Chan, alle seine Bege, so auch sein Volk ins Ge8arauit, waren redlich, dalier konnte er auch so lange Friede halten und Friede haltend hatte er Gesetze geschaffen. Als nim seinerseits

Noten. •) ögüi wird bald kök bald agtis gelesen, und in der von dor Finnisch- Ugrischen Gesellschaft veranstalteten Ausgabe des Textes ist dieses Wort ebenfalls als zweifelhaft angegeben. Demungeachtet

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halte ich die von Radioff in seiner 1895 erschienenen Abhandlung (Seite 4) gebrachte Leseart als die richtige. b) anca. Wäro es nicht etwa möglich mit Hinblick auf den Varianten ätiancä, diesen Wort- complex als tincä 'ruhig* zu lesen? c) jämä, ich glaube jimä, wie dies heute in Mittelasien gebraucht wird, wäre richtiger. d) ärinc. Diese Gerundialform, die R. ganz richtig mit dem osm. iken ver- gleicht, ist auch in Mittelasien als irken, erken gebraucht, und zwar meistens nach dem Praeteritum, z. B. biz andin kelmiä irken 'als wir von da kamen'. Der Ansicht Radioffs, dass kein anderer Dialect eine Spur einer solchen Verbalform aufweist, möchte ich nicht ganz beistimmen, denn das nc, nz in kork-unc, öd-iinz und in andern Wö- tern, obwohl in verschiedener Verwendung, ist mit inö in är-inö ver- wandt. e) an? ücün 'deshalb' ist untürkisch, denn es sollte heissen anh) ücün, eine Kardinalregel, der sich kein Dialect auschliessen kann, ebensowenig wie man im Deutschen derwegen anstatt deswegen sagen könnte.

4) kärgäk bolmuâ, a) jogöl, b) sigitöi önärä c) ktin tog- sukta Bükli Cöläk-il, Tapgaö, Tübüt, Par-Purum, J) Kîrkîz, Üö-kurikan, Otuz -Tatar, Kita!, Tatabi bunöa budun kälipan sigtamiâ joglamïé andag- külüg kagan ärmiä. Anda kisrä °) inisi kagan

4) gestorben war, da kamen Trauergäste und Klagende zuvor (hervor), vom Osten das Volk Bökli-Cölek, Chinesen, Tibetaner, Fag- furer, Kirgisen, die Üc-kurikan, die Otuz-Tatar, die Kîtai und die Tatabi. So viele Völker kamen trauernd und klagend, denn er war ein solch berühmter Chan gewesen. Hierauf ist sein jüngerer Bru- der Chan

Noten. *) kärgäk bolmut 'abgeschnitten, beendet sein', d. h. verscheiden (Sieh Glossar). b) jogc) 'Trauergast' (von jog, jig 'wci-

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non1) ist noch heute hei den Turkômanen üblich, wo nach dem Tode eineR Verwandten oder Bekannten, oder auch eines angesehenen Mannes alle Freunde von weit und breit herströraen. Sie erscheinen mit einem Wehgeschrei vor dem Zelte des Dahingeschiedenen und nachdem die Insassen, d. h. die trauernde Familie, dem Angekomme- nen ein Stück Filz oder Teppich vor die Thür gelegt, worauf dieser niedergehockt ist und oft stundenlang geweint und gejammert hat, tritt er ins Zelt, wo er reichlich bewirthet wird. (Sieh meine „Reise in Mittelasien" S. 259). Befremdend ist hier der Umstand, dass das No- men agentis bei jog-cl durch Hinzufügung des cl an den Verbalstamm gebildet ist, während dies beim andern nicht der Fall ist, trotzdem das Verbum selbst jlg-la-mak und nicht jlg-mak lautet. Das weiter un- ten befindliche jog-la-ml* und sfy-ta-mü ist jedenfalls folgerichtiger. c) öftärä, von der Postposition Öh voraus, zuvor' und dem Directi- vum re, hängt nicht mit kün togsuk 'Sonnenaufgang* zusammen, wie R. annimmt. A) in Par-Purum vermuthe ich das Fagfur der mOBÜmischen Oeographen, welches Fachfur, Bagh-Bur und Far fur ausgesprochen wird. Bagh-Bur wird für eine altpersische Übersetzung des chinesischen Tien-tse 'Sohn des Himmels1 gehal- ten, gleich Sah-pur ' Königssohn'. Jedenfalls ist Fagfur mit China identisch und möglicherweise ist unter diesem Worte ein Theil letzt- erwähnten Reiches zu verstehen. ") kisrä, ein Synonim von kinra, welches hier den Ablativ regiert. Vgl. kilhidukta kinra mit anda kisrä.

5) bolmuâ ärinö, oglïtâ*) kag-an bolmué ärinö, anda kisrä inisi äöisintäk kïlinmaduk ärinö ogü akanintäk kilin- maduk ärinö biligsiz kagan olurmuô ärinö jablak b) kagan olurmus ärinö, bujruki jimä biligsiz ärinö jablak ärmi§ ärinö.

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5) geworden, mich sein Sohn wurde Chan. Nun aber (hierauf) war sein jüngerer Bruder nicht gleich seinem Ahne (Vorfahren) be- schaffen, auch der Sohn war nicht dem Vater gleich beschaffen, es war ein unwissender Chan, es war ein feiger (schlechter) Chan, alle seine Beamten (Befehlshaber) waren unwissend und waren feige.

Noten, a) Iladloff liest ogliti und hält dieses Wort für einen mongolischen Plural, von ogli 'sein Sohn* ad normam Tarkat von Tarkan, Alpagut von Alpagu. Ich kann dieser Annahme keines- falls beistimmen und dieselbe widerspricht auch der weitern Fort- setzung des Textes, denn es heisst ogli 'sein Sohn1 in der einfachen Zahl, akanintäh kUïnmaduk ärinc und Kadioffs deutsche Überset- zung „die jüngeren Brüder . . . die Söhne" ist mit Hinblick auf inisi und ogli allerdings etwas willkührlich. Wahrscheinlich ist ti, ratius tä, als Verbindungszeichen zu betrachten. b) jablak heisst wörtlich 'schlecht, nichtswürdig'.

6) Bägläri buduni tüzeüz üöün ») tapgaö budun täplä- gin b) kürlegrin «) üöün armaköisin d) üöün inili äöili känöür- tükin 6) üöün bägli budunli jonôurtukin ') üöün, türk budun illedük ilin ») iöginu IdmlS h)

6) Wegen der Unredlichkeit der Bege und des Volkes, wegen der Unterdrückung und Anfeindung der Chinesen und wegen ihrer (seiner) Betrügerei, wegen des Auflösens der nahern und weitern Ver- wandtschaft (inüi avili =■ durch das Band jüngerer Brüder und Ahnen verbunden), und wegen der Anschwärzung der unter Bege und in Stammesgemeinschaft sich befindlichen ist das friedlich angesiedelte Türken vol k in Aufruhr gerathen

Noten. a) tiizsüz übersetze ich mit 'Unredlichkeit', obwohl tüzmz, ein Beiwort, nur 'unredlich' bedeutet; jedenfalls fehlt hier boldukin. h) täplämäk 'zerquetschen, unterdrücken', im bildlichen Sinne 'tyran-

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nisieren'; desgleichen stammt c) kürleg vom Verbalstamm kür in der Grundbedeutung von 'bekämpfen, anfeinden, rivalisieren. (Vgl. küre- denxek 'zerstreuen, vernichten'; küreS 'Kampf, Zank, Streit*; sieh Lu- gati Cagatai von èeich Suleiman S. 257). täpläg und kürleg sind hier als Synonime zu betrachten. il) armakci kann eventuell nach Thorn- sens Leseart aramakôi mit 'Spion, Detectiv' übersetzt werden, denn das osm. aramak 'suchen* bedeutet im Osttttrkischen entschieden 'forschen, spionieren'; demungeachtet dünkt mir die Übersetzung von 'Betrüger (vgl. cag. arbagci 'Zauberer, Fabulierer, Lügner) viel wahr- scheinlicher. e) käüSürmäk ist mit dem cag. käüsür, osm. gevèiir ' lose, locker werden' identisch; die Stammsylbe ist ken 'weit* und ist hier im Sinne 'Erweiterung, Lockerung des Verwandtschaftebandes' ge- braucht. r) R. übersetzt joü&urmak 'verleumden nach dem von mir im Glossar des Kudatku Bilik gebrachten jovmnk 'verleumden, an- schwärzen'. Im weiteren Sinne des Wortes mag dies richtig sein, doch hier ist die Grundbedeutung von joii 'dünn, schwach', aus wel- chem jonèur 'sich gegenseitig schwächen' enstanden, in Betracht zu ziehen. B) ülädük il in der Zusammensetzung gleich kaganladuk kagan kann nur mit 'friedlich angesiedelt' tibersetzt werden, da, wie ich schon früher angedeutet, il sowohl 'Friede' als auch 'Volk' bedeutet. h) )cganu, lcg)nu} von cag. ick'himak ^Lxiüef 'erschrocken, betrof- fen sein, in Zerfahrenheit gerathen'; icgfnu IdmM bedeutet daher 'in Verwirrung oder Zerfahrenheit bringen'. Vgl. K und X 13. u törüsin trglnmH 'seine Sitten in Verwirrung gebracht'.

7) kaganladuk ») kaganin jitrü ïdmiâ b) Tapgraö budunka bäglikc) uri ogrland) kul boldï, silig kïzoglan kün boldi türk bäglär ttirk atïn ïtï u) tapgaö kaganka

7) und seiner regierenden Ghana verlustig geworden. Dem Chinesen volke sind (ist) die vornehmen Jungen Sklaven geworden und

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die reinen Jungfrauen Sklavinnen geworden. Die türkischen Bege haben, ihre türkischen Namen verlassend, chinesische Namen ange- nommen, und sind dem chinesischen Ohan

Noten. *) kaganladuk kagan 'herrschender, regierender Chan', eine Redensart, die noch anzutreffen ist. Bezüglich kaganlamak vgl. coSuklama 'mache nicht, spiele nicht das Kind*. b) jitrü von jitür- mek 'verlieren*. r) Thomsens Leseart ltäglik 'zum Beg gehörig, fürst- licir ist dem bägläk, wie Radloti' liest, vorzuziehen. d) mW oglan möchte ich nicht, wie H. mit 'starke Söhne' sondern mit 'erwach- sene, reife Jünglinge* übersetzen, und zwar halte ich uri (später) mit mW. ür 'hoch, erwachsen* identisch. Vgl. rag. . ^\ ur 'Anhöhe, Ehrensitz'; ^^jl urun 'Hang, Hügel' s^5! 'Säule'; uri 'ein

Thier mit aufgehobenem Schweif. (Sieh Lugati C'agatai von Scheich Suleiman S. 31. 32). Übrigens wäre noch zu bemerken, dass oglan an und für sich 'Knabe, Junge* bedeutet, daher kte oglan 'Mädchen- junge, Jungfer'. ") Iti identisch mit jiti von it-, jit 'verlieren, ab- stossen, wegstossen'.

8) körmüä. •) Ellig jil äsig küöig birmié, ü&ärti kün toksukda bökli kaganka tägi stilejü blrmià, kurigaru tämir kapigka tägl stilejü birmiâ tapgaö kaganka ilin törüsin älä birmiö, b) ttirk kara «) kamig:

8) unterthänig geworden. Fünfzig Jahre lang gab (das Türken- volk den Chinesen) seinen Sinn und seine Kraft. Vorwärts, gegen Sonnenaufgang, zog es kämpfend bis zum Bökli-kagan und rück- wärts zog es kämpfend bis zum Tämir-kapig, und tibergab dem chinesischen Chan sein Land und seine Gesetze. Hierauf das Gros des Tlirkenfolkes

Noten. *) körmek kommt heute im Sinne 'gehorsam1 nicht

vor; hingegen wird das Verbum bakmak 'schauen* noch heute derartig

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gebraucht, i. B. kimä bakar 'von wem ist er abhängig, wem ge- horcht er?' b) Radiott, so wie auch Thomsen, übersetzt hergaben', doch im Texte lesen beide alt birmiS, was ich im Widerspruch zu der eigentlichen Bedeutung des Wortes finde, denn alibirmek heisst 'gänzlich nehmen1. Vgl. osra. alt-wer 'so nimm doch', gide ver 'bo gehe doch*. Ich lese daher älä Urmäk 'in die Hand geben, übergeben', was denn auch dem Dativ tapgac kaganka besser ent- spricht. c) Türk kara 'das gemeine Volk, das Gros der Nation', worauf als Verstärkung kamhf budun 'die < Jesauimtnation' folgt.

9) budun anöa tämiä iiiig budun a) ärdim Ulm mati h) kani kimkä ilig kazganurmän tar ärmiS kaganlig budun ärdim kaganïm kani kaganka äsig küöüg birurmän tar armiS, anöa täp tapguc kaganka jagi bolmuâ

9) sprach folgendermassen : ,.Ich war ein Volk von Stammes- gemeinschaft, wo ist jetzt dieser Volkesverband ? fur wen soll ich Stämme erwerben?" sagte es. ,,Ich war ein Volk, das einen Chan hatte, wo ist mein Chan? welchem Chan soll ich Sinn und Kraft ge- ben?" sagte es, und so sagend wurde es feindlich dem chinesischen Chane

Noten. ") iiiig hidun 'ein Volk, das Einigkeit oder Friede hat', gleich der noch heute üblichen Redensart tirelik Chalk 'ein mächtiges (Stämme habendes) Volk'. h) mat\, üim mati 'meine Stämme die treuen?' (nach K.) ; 'où est maintenant la gloire' (?) nach Thomsen. Während an dieser Stelle Thomsens Leseart emti 'nun. jetzt* annehmbar wäre, so kann dies bei den übrigen Stellen, wo dieses Wort sich vorfindet, nicht angewendet werden. Befremdend ist hier die ganz nntîirkische Construction des Satzes, indem ein Adjectiv nach dem Hauptworte ganz abnorm ist und dieses noch dazu mit

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dem Pronomen possessivum erscheint. Anderswo, so z. ß. (Xa 11. 14) matt bäglär, wo das Beiwort regelrecht vor dem Hauptworte steht, ist die Adjectivbedeutnng 'tüchtig' (aber nicht 'treue* wie R. übersetzt) wohl anwendbar (Weiteres sieh Glossar).

10) jagi bolup ätinü jaratkiu ») umduk b) jana iéikmiâ. Bunöa äsig küdüg birtük °) gärti. saklnmati turk budun ölüräjin uruk sïratajin •) tär armià, jokadu f) barïr ärmiä. Özä türk tanrîsî ") ttirk iduk järi

10) feindlich geworden und ihren Wohlstand erhoffend zogen sie wieder heim (einwärts). Doch hierauf sagte (der Chinese): „So- viel Sinn und Kraft haben wir verwendet (gegeben) und das Türken- volk hat es nicht anerkannt. Ich will das Türkenvolk daher tödten und sein Geschlecht vertilgen", und schickte sich an (und gieng) es zu vernichten. Hierauf der Gott der Türken, der Türken Heimats-

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.Schutzgott

Noten. *) Von ät 'Habe, Gut* und jar at 'Behagen, Wohlsein, Ordnung", Synoninie gleich dem osm. jat-jarak 'Waffen', eigentlich zweierlei Waffen d. h. zur Defensive und Offensive, wörtl. 'Hau- und Schutz wafle'. b) Participium von ummak 'hoffen1. Vgl. die noch heute übliche Redensart ummaduk Inicht 'ein nicht erhofftes Glück'. r) Dieser Satz wird sowohl von Radioff als aueh von Thomsen anders übersetzt, denn beide führen den Satz betreffend des 'Sinn und Kraft verleihen' als eine Weigerung seitens der Türken an. Nach meiner Ansicht gehört dieser Satz zur Rede der Chinesen, eine Art Vorwurf und Entschuldigung der vorgenommenen Vernichtung. d) saklnmak, vgl. frag. ^wltÀAf Lm sayinmak 'erinnern, eingedenk sein'. v) Hier stimme ich der Leseart Thorosens bei, da die Anreihimg der Begriffe 'tödten' und 'a uferzieh en' (ich lese daher uruk shatmak) unmöglich ist. *) jokadu von jokat 'vernichten'; das neuere jok-etmek 'vernichten'

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ist aus zwei Zeitwörtern zusammengesetzt. *) türk taùrlsl 'Gott der Türken', eine Redensart, die ans magyarische magyarok istene 'der Gott der Magyaren' erinnert.

Il) subi •) anöa tämiö: Türk budun jok bolmasun täjin, budun bolöun b) täjin akanim Iltäräs °) kananïg ügäxn d) Ilbilgä») katunïg tanrî töpesiiide tutup Jögärü kötürmiä ärinö. Akanim kagan jitl jifprmi arän taâîkmîà, tagka

11) heimat-fsgeist) folgendennassen sprach: „Das Türkenvolk soll nicht zugrunde gehen, es soll ein Volk bleiben", und meinen Vater den Iltäräs sowie meine Mutter die Frau Uhilgä heim Scheitel fassend, höh er sie in die Höhe. Mein Vater zog mit siebzig Mann aus, und da es verlautete, dass er in den Hergen

Noten. A) Iduk järi sulri 'heilige Heimat, gesegnete Heimat1, richtiger 'der Geist, der Beschützer der heiligen Heimat1, ebenso wie tättri 'Himmel* für 'Gott', d. h. 'Herr des Himmels* steht, hink, das K. ganz richtig mit 'glücklich, gesegnet, geweihet' übersetzt, kommt in dieser Bedeutung auch hei Kasideddin Tabibi in seiner Geschichte der Mongolen vor, denn es heisst

JLö^aXjLää Juib (J^Ux) ooUb (rectiua ^Jül) ^ol

\Inuk (Huk) heisst auf türkisch 'gesegnet', so sagt man auch inuk (ttuk) Itolsun 'es sei gesegnet']. Man vgl. ferner lz)k (im Abakan Dialecte) 'Gott geweihet1; jak. /tik 'geachtet', so auch cuvasisch irik% alt. ijik und turkom. ijis 'ein zum Opferdienst auserkorenes Thier (oder sonstiger G egenstand)1. Was nun järsub anbelangt, welches ich mit 'Land, Heimat' übersetze, so ist dieser Ausdruck im Persi- schen noch heute üblich. Vgl. ^L^Lot u5li*5V< alhi-chak-i Isfahan 'Wasser und Boden von Isfahan1, h. d. die Gegend von Isfahan. h) hol-

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bun ist wahrscheinlich ein Schreibfehler st. tolsun. •') Iltäräs, Eigen- name, zusammengesetzt aus il 'Volk' und termek 'sammeln1, ur- sprünglich il-terer ' Volksversamraler , wobei das auslautende r nach der im türkischen üblichen Verwechslung r-z> sich in z, s verwandelt hat; vgl. cuwasisch ikkär, kirg. egiz 'Zwilling; azerb. bilmer em, cag. bilniezim; köz 'Auge4, kör 'sehen*, ötknr, ötkuz 'durchdringen u. s. w. Übrigens kommen derartige Compositionen bei Eigennamen aucli noch anderswo vor, z. B. im alttürk. Iltäbär, rectius lltapar, wörtl. 'Volkfinder von il und tap ('finden'), Iltilzer Name eines Chanes von Ohiwa (1800—1804), wörtl. 'Volkordner von il und tiiz ('ordnen). d) üg kommt in der Bedeutung von 'Mutter in keinem der bekannten Dialekte vor; nur im Magyarischen kennen wir das Wort iik 'Grossmutter, Urgrossmutter (Abavia)'. °) IUrilgä wörtl. 'die Volksweise1.

12) jorijor täjin ») ääidip b) balikdakl taôikmis tag- daki inmiô tärilip jätmiö är bolmuâ tanrî küö birttik tiötin akanim kagan susi büritäk armié jagtëî koi täk armié. il- gärti kurigaru süläp târmié kopartmlâ kamîgî

12) umherziehe, da zogen die in der Stadt wohnenden heraus und die Bergbewohner stiegen herab, und versammelt waren es sieb- zig Mann. Da Gott Kraft gegeben, so war das Heer meines Vaters, des Thans, dem Wolfe ähnlich und sein Feind dem Schafe ähnlich. Vorwärts und rückwärts mit dem Heere herumziehend, Bammelte er und Hess alle sich erheben. Insgesammt

Noten. •) 'Ruf, sieh Glossar. •>) Ich schreibe ätidip 'hö- rond'; doch bin ich sehr geneigt anzunehmen, dass wir es eigentlich mit einem Verbalstamm äs und nicht äS zu thun haben, denn nach seiner etymologischen Zerlegung ist der Begriff 'hören' mit 'ver- stehen'identisch; wenigstens wird ukmak, oklmak oft so gebraucht.

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Das äsit ist daher wahrscheinlich von einem altern äs-et, äs- it ent- standen. (Sieh Glossar).

13) jäü jüz är bolmuä, jäti juz är bolup ilsirämiä ka- gansiramiâ budunug ») küiidemüS kuldamiä h) budunug türk törüsin iôgînmîé «) budunug äötim apam törusinoe jaratmiâ boSgurmuâ d) tôles tarduä budunug anda ätmis

13) waren es siebenhundert Mann. Als sie siebenhundert Mann waren, da hatte raein Ahne, raoin Vater das einst in Stainmesver- band und Herrseherordnung lebende (Volk), das später zu Sklavinnen und Sklaven gewordene (Volk), das seine Gesetze in Verwirrung ge- bracht habende Volk wieder hergestollt und machte es frei. Das Volk der Töles und Tardus ordnete er (ebenfalls)

Noten. a) Auf das in diesem Satze dreimal vorkommende bu- dunug beziehen sich die vorangehenden doppelten Epitheta, und der Accusativ in fmdun-ug wird von den Zeitwörtern jaratmU und Itos- gurmis regiert. Wenn wir nun den Satz in diesem Sinne auffassen, so klärt sich der bezüglich der Verba ilsirä kaganslra bestandene Zweifel nur, wenn wir vor beiden Zeitwortern das Wort 'ehe- mals1 einschalten, ilsirä und kaganslra halte ich für eine Zu- sammensetzung aus il resp. kagan mit sîra 'Reihe, Ordnung und sWamak 'ordnen'; ilsirä und kaganslra heisst eigentlich 'ein Volk resp. Chan anreihen, ordnen1. b) Könnte wohl auch känät und kttl-ät gelesen werden, denn kuUda 'Sklave sein od. werden1 ist eine unbe- kannte Formation dieses Zeitwortes. Das in Öag. gebräuchliche kdda (von kol 'Arm') bedeutet 'führen und das alttürkische kulda könnt«* höchstens mit 'dienen übersetzt werden. c) törüsin îcglnmU 'seine Sitten od. Gesetze verworren habend*. (Vgl. Satz 6, Note h). *) Wa- rum Radioff und Thomson dieses Wort boègurmdk vom uig. boxu 'Zorn, Haas, Krieg' ableiten und nicht boè 'leer, los' ist mir nicht ein-

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leuchtend. Der Sinn dos vorhergehenden Satzes, d. b. der Chan hatte Ordnung und (Gesetzlichkeit hergestellt, passt keinesfalls zu ei- nem unmittelbar darauf folgenden: in flammen, kriegerisch machen. Auch wörtlich passt bosgur, uig. bosur, cag. bosgar 'auslee- ren, los lassen1 besser hierher.

14) jabgug- iàadig1 ») anda birmié barijä b) tapgaö budun jagï armié jïraja e) Baz kagan Tokuz-Ogruz d) budun jagi armiè kîrgîz kurigan, Otuz Tatar, Kîtaj Tatabi kop jagi ärmifi akanim kagan bunöa

14) und gab demselben einen jabgu und isad. Nach dieser Seite hin war das Chinesenvolk feindlich, nach jener Seite hiu waren der Baz-kagan und die Tokuz-Oguz feindlich ; auch die Kirgisen, Kurigan, Otuz-Tatar, Kîtaj und Tata-bi waren feindlich. Mein Vater, der ('hau, hatte daselbst

Noten. *) jabgu und léad, hohe Würden unbekannter etymologi- scher Bedeutung. Von jabgu lässt sich vermuthon, dass im Etymon jap der Begriff 'anordnen, ordnen' ausgedrückt ist. Vgl. rag. jap 'machen, bahnen, herrichten', und was das Suffix ku, gu anbelangt, so kommt es als Nomon agentis, in welchem Sinne es hier gebraucht wird, nur selten vor; vgl. cag. yè-^y* borgu 'Bohrer* von borumuk 'bohren'; tangu 'Lügner* von tanmak 'läugnen ; hözgii 'Spiegel' von köz 'Auge* körmelc ('sehen'). Falls aber dieses Wort mit dem von den ara- bischen (Geographen erwähnten au^u^ zabguje identisch sei, so ha- ben wir mit dem Verbalstamm cap, zap 'einfallen' zu thun, und jaltgu oder zaltgu würde sodann 'den Einfall leitenden' bedeuten. Uad, sieh Glossar. b) fiärijä, nach R. 'rechts (im Süden)' übersetze ich mit 'nach dieser Seite, herwärts', als dessen Gegensatz im Türkischen öte/e'nach jener Seite hin' bekannt ist; vgl. öteje berije 'hin und her'. 8) jïraja 'nach jener Seite hin', d. h. vorwärts, weiter, vom Stamme

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jir, ir (in jirak, irak) 'weit, entfernt'. d) Tokuz-Ogtw, das j&yÄS der arabischen Geographen, welches irrigerweise für eine fehlerhafte Schreibart für tokuz-uigur gehalten wurde.

15) kirk artuki jiti *) jolï sülemiä jigirmi sonné sönüä- mtiâ tanrl jarlîkaduk uötin illigis ilsiratmià, kagan-ligig- kagansîratmîâ Jagigr baz K) kîlmiS tizlegig sôkûrmtié baèla- gig jükündürmiä akanim kagan

15) sieben und vierzig Kriege geführt, zwanzig Schlachten ge- schlagen, und weil der Himmel ihm günstig war, so ordnete er den Stammesverband, befestigte die Herrschaft, machte friedlich den Feind, brachte die Anführer zur Unterwerfung und die üfficiere zum Gehor- sam. Als mein Vater, der Chan,

Noten. ») kirk artuki jiti hieben plus vierzig*, eine Composi- tion, die im heutigen Türkischen nur noch im Dialecte von Chiwn vorkommt, wo das alte Siebnersystem noch vorherrscht und acht sowohl als neun mit bir kern on 'zehn minus eins1, iki kern wn 'zehn minus zwei1 umgeschrieben wird. h) baz 'Friede', baz kUrnak 'zur Ruhe bringen'. Trotzdem dieses Wort durchweg mit $ z ge- schrieben ist, betrachte ich doch dasselbe als mit bas 'drücken, unter- drücken' identisch. Die eigentliche Bedeutung dieses Verbalstammes, ist 'siegen, besiegen, unterwerfen', wie aus dem Lugati ('agatai Seite 68 hervorgeht, wo hasmak mit ^JU 'siegreich sein', Ijos-

laji$ ^^L-L mit auJU 'Sieg, Übermacht' und basllmak ^vUL~L> mit ^JÜLe 'besiegt werden' interpretirt ist.

16) törüg •) kazganip uöa h) birmiô. Akanim kagranka baâlaju c) Baz kaganig balbal d) tikmlô. Kagan uötukta özüm säkiz jaâta kaldim. Ol törüdä öze «) äöim ka^an

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olurupan türk budtmug jiÖä idti jiöä f) äkitti ôîgajig baj kîltî *) azîg okûé kîlti.

16) die Herrschaft errungen, starb er. Meinen Vater, den Chan, ehrend hatte man den Baz-kagan als halbal aufgepflanzt. Als mein Vater der Chan gestorben war, blieb ich, acht Jahre alt, zu- rück. Zu jener Herrschaft (auf jenen Thron) gelangte nun mein On- kel der Chan. Als mein Onkel Chan geworden, beglückte er und leitete gut das Türkenvolk, die Armen machte er reich und die Wenigen zahlreich.

Noten. •) tör 'Ehrensitz im Zelte, der Platz des Ältesten in der Familie1, hier 'Thron, Herrschaft'; törfig kazganmak 'Herrschaft erlangen, gewinnen' und nicht 'stärken* wie Radioff übersetzt. b) uc (rag. öc) 'erlöschen, ausgehen'. c) baxlaju von luisia 'anführen, an der Spitze stehen', kann hier nur im Sinne 'ehren, auszeichnen' ste- hen und nicht 'anführen' wie R. übersetzt, welche Bedeutung hier nicht pa8st. d) balbal 'eine Statue, Säule', die im vorislamitischen Zeitalter bei den Kurgancn (Leichenhügel) vornehmer Türken errich- tet wurden (Sieh hierüber mein „Türkenvolk*4 S. 26 und 27). Was dieses Wort selbst anbelangt, so ist es in dieser Form wohl unbe- kannt, doch erinnert dasselbe einigermassen an tag. balar 'Säule, Statue, Pfeiler. Vgl. ferner das rag. Inda, balabala 'Kind', und das turkom. taS-bala 'Puppe', eigentl. 'Steinkind*. Rathseihaft bleibt immer der Umstand, dass gewisse Personen, wie hier der Baz-kagan, anderswo wieder der klrglz kagan, mit dem baVml identifiziert wer- don, was möglicherweise nur so zu erklären ist, dass das betrettende balbal der fraglichen Persönlichkeit nachgebildet worden ist, folglich hier ein Konterfei von Baz-kagan ist (Weiteres sieh Glossar). *) tö- rüdä öze 'auf dem Thron*, eine dem alttürkischen eigentümliche Form, wörtl. 'auf dem Thron oben'. *) jicii 'wohl, gut', von ji, jg 'gut' trefflich. <*) Warum klltl hier mit zwei l geschrieben vor- kommt, ist nicht ganz einleuchtend.

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17) Àéim kagan olurtukda öztim tarduê budun öze iâad ärtim äöim kagan birlä ilgärü jaôil ögüz Sandun ja- zika •) tägi stiledimiz Kögmen aéa b) kirglz järinä tägi sü- ledimiz.

17) Als raein Onkel Chan wurde . . . war ich selbst isad über das Volk der Tardus. Mit meinem Onkel dem Chan führten wir Krieg vorwärts bis zur Sanduiï-Ebene des grünen Flusses und rück- wärts bis zum Eisernen Thore. Wir zogen über das Kögmen (Ge- birg) bis zum Sitze der Kirgisen.

Noten. ») Sandun jazVta sollte richtiger heissen Sanduii jaz\- slka 'bis zur Ebene von oder des SanduiV. b) Kögmen usa 'den Kög- men überschreitend' ist ebenfalls untürkisch da Kögmen im Accusativ stehen müsste, denn man sagt Balkanî aàdïm 'ich habe den Balkan überschritten'.

18) Kamïgï bié otuz süledimiz üö jigirmi sönüädimiz älligig älsirättimiz kagunlïgïg kagansîrattîmlz tizlägig sö- kürttümiz baélagig jükündürttümiz, türgeä kagan tür- kim *) budunum ärti bilmädükin b)

18) Insgesammt haben wir fünfunddreissig Mal Krieg geführt und dreiundzwanzig Schlachten geschlagen. Wir ordneten den Stam- mesverband, wir befestigten die Herrschaft, wir brachten die Anfüh- rer zur Unterwerfung und die Officiero zum Gehorsam. Der Chan der Türgos war raein Angehöriger, und mein Volk

Noten. *) tiirkim 'mein Türke ', hat nur dann einen Sinn, wenn wir dieses Wort in jener Bedeutung nehmen, welche ich früher ver- rauthet habe, nämlich 'Geschöpf (von törümek 'entstehen, erschaffen werden'), tiirkim heisst daher 'mein Mann, mein Wesen'. b) bilmäk ist hier im Sinne 'anerkennen gebraucht. Diese Bedeutung kommt auch heute noch vor. So z. B. osm. fren ani efendi bilirim 'ich erkenne ihn für raeinen Herrn an .

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19) uèiin bizinä janlltukîn jazlndukin uéun kagranî öldi bujrukï bägläri jimä öldi kop budun ämgäk köpdi äöimiz apamiz tutmuô jirsub idisiz bolmasun täjin az budunug ätip . . .

19) doch weil os (das Volk) dies nicht anerkannt (nicht ge- wusst) und gegen uns gefehlt und gesündigt hatte, starb sein Chan und starben alle seine Bujruke und liege, und das Volk sah (erdul- dete) Leiden. Damit jedoch das von meinen Ahnen eroberte Land nicht herrenlos bleibe, habe ich das Az-Volk . . .

20) Bars bäg ärdi . . . kagun ati bunda biz birdimiz si- nilim kunöajug ») birdimiz özi janîldï kaganï öldi buduni kùn-kul boldî kögmen jirsub idisiz kalmasun täjin az kir- giz budunug: anéa jaratïp b) käldim.

20) Bars-beg war . . . Den (Name Kagan) Chantitel daselbst gaben wir, auch meine jüngere Schwester, das Fräulein gal)en wir (ihm). Doch da er gesündigt, starb er. und sein Volk wurde zu Sklavinnen und Sklaven. Damit das Kögmen-Land (Heimath) nirht herrenlos bleibe haben wir das Volk der Az-kirgisen daselbst ange- siedelt.

Noten. ") kuncaj 'Fräulein'. Dieses Wort, welches Radioff früher für einen Eigennamen gehalten und als allen Dialekten unbekannt bezeichnete, ist im Öagatai als 'Jüngling, Held, Knabe' bekannt. Vgl. ^jjLsvj.i* kunzak im Lugati Cagatai von Scheich Su- leiman S. 240. b, wo es unter anderen durch ,^JbU'J^ ^

und oJCo übersetzt ist. Es scheint ursprünglich ein Ehrentitel für junge Leute gewesen zu sein, und weil es hier neben sinil jüugere Schwester^ steht, haben wir es mit 'Fräulein übersetzt. h) jara- tlp 'zurecht machen, ordnen, ansiedeln, az k\rg\z budun kann wohl auch 'wenig Kirgisenvolk' heissen.

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21) jana birdimiz. Ugrärti kadîrkan jiéig asa budunug anöa kondurtumuz anöa ättimiz kurigaru kenü tarmanka tägi türk budunug anöa kondurtumuz anöa ättimiz. 01 ödkä kul kullug bolmuâ kün künlüg bolmuè ärti, inisi äÖi- s in bilmäs ärti ogli akanin bilmäs ärti.

21) Wir haben aufs Neue gegeben. . . Nach vorn den Kadîrkan Bergwald überschreitend haben wir dort das Volk angesiedelt und dort eingerichtet (gemacht, hergestellt), nach rückwärts bis zum Keiiü- Tarman haben wir das Volk der Türken angesiedelt und eingerich- tet. Zu jener Zeit ist der Sklave Sklavenbesitzer, und Sklavin Skla- vinnenbesitzerin geworden, der jüngere Bruder hat den Altern, der Sohn den Vater nicht gekannt (d. h. den Übermuth der Parvenu's bekundet).

22) Anöa kazganmïâ ätmiä ilimiz törümüz ärti. Türk oguz bägläri budun äöidin öze tanrï basmasar *) asra jir tälinmäsär b) türk budun ilinin törünün kirn artati? c) Uduöa d) türk budun ärtin.

22) So war unser dort gewonnenes und hergestelltes Volk und unsere Regierung. Nun höret, ihr Bege und Volk der Türk-Oguzen ! Solange der Himmel oben nicht herunter gefallen und die Erde unten nicht eingesunken, wer hat, oh Türkenvolk, dein Land und deine Regierung zu Grunde gerichtet? Solange du gehorsam gewe- sen, warst du ein Türkenvolk.

Noten. *) Ich halte die Annahme Thoraseus, der in dieser Ver- balform einen Subjimctiv vermuthet, für richtiger, als die Radioffs, der sar, sär für eine Participialforni aus einem verloren gegangenen Nomen Actionis sï, si mit dem Affix ar, är hält. Auch passt die Form eines Subjunctivs besser in den Sinn des Satzes. Sar, sär ist eine Participialforni von subjunetiver Bedeutung und kommt im alt-

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(»manischen sehr häufig vor, wo es dieselbe rolle wie zak, zek Par- ticipium futuri spielt. Z. B. kumusi kulumuz olisarlar 'alle sollter unsere Sklewen werden'. Was nun die Wortbedeutung von Imsmak anbelangt, so kann hier ausser der concreten Bedeutung von 'unter- drücken, sinken' (vgl. tarn bastl 'das Dach ist eingefallen') noch die bildliche Bedeutung von 'siegen, besiegen* angenommen werden. Sieh baz ' Friede' in Zeile 15 Note b. b) Von talin 'durchlöchert wer- den. r) uig. artamak 'Schaden zufügen. Böses thun', magy. urta-ni 'schaden. d) Von der Stammsylbe ud-, uj- 'folgen, gehorsam sein', eine (Jerundialform mit dem Affix ca, cäy gleich holca, tärtä. Diese < Jerundialform kommt auch in den neuern Dialecten vor. Vgl. osm. yörerze 'bis man sieht, solang man sieht'.

23) Öküxi! körkting a) üöün akidmiâ bilgä kaganka är- miä barmïâ b) ädkü ilingä kändü ' ) janildig jablak kägür- tüg <) Iaraklig kandan kälip jaja iltti •) sönäklik 0 kandan kälipän süre iltti. Iduk ütükän jlâ budun bardîg, ilgärü

23) Bereue! An den wegen deines Wolergehens dich geleitet (au- ferzogen) hallenden weisen Chan, an den einst bestandenen guten Stammesverband hast du selbst gesündigt (gefehlt) und arg dich auf- gelehnt (empört). Woher ist die Tüchtigkeit gekommen, die sich aus- gebreitet, woher ist die Kraft gekommen, die so lange angehalten? Du Volk des gesegneten Otükän- Waldes bist weggezogen. Vorwärts

Noten. a) körüg, hïrulc, auch hiirk, bedeutet wörtlich 'Schön- heit, Ansehnlichkeit' und hier im bildlichen Sinne 'Wohlerge- hen'. '») ärmi* barniH entspricht dem osm. olmux-lmls "das ehedem od. einst bestanden'. Vgl. äriir bar)r Zeile 1. k. b. «) kändü' er selbst' ist heute nur im Osraanischen anzutreffen; die osttürkischen Dialecte haben öz. d) Von hägürmäk, cag. kökümiülc, osm. kökrämäk 'toben, sich empören, aufgewühlt sein'. Im Alltagsleben habe ich

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dieses Wort auf der Steppe mit Bezug auf die Brunstzeit der Ka- raeele auwenden hören. So z. B. töje kökredür 'das Kaineel ist toll', nämlich zur Brunstzeit, wenn es unbändig wird und man es in der Steppe herumirren lässt. (Vgl. Leheei-Osmani II B. Seite 1013.) *) jaja ütmek und stire iltmek sind Synonime, denn ich nehme hier das Verbuin sürmek nicht im Sinne 'vertreiben , sondern anhal- ten, dauern'. *) söiif/äklik das R. mit'Waffenfrende' und Th. mit Lancier' übersetzt, mag wohl mit süfiffü (und nicht sönü, wie H. schreibt) 'Spiess, Lanze, im Zusammenhange gebracht und als eiu mit Lanze bewaffneter, folglich Krieger ausgelegt werden: doch ist schwer einzusehen, warum nur die Lanze allein den Krieger charak- terisieren sollte, da kHic Schwert' als Hauptwaffe figuriert? Mir dünkt daher die Leseart sötu/eklik als die bessere, und zwar sehe ich in demselben die Bedeutung von knochig stark. Vgl. osm. kämik- li kisi 'mn fester, starker Mann', söngeklik würde daher 'Knochen- festigkeit' und 'Stärke' bedeuten.

24) bardig kurlgaru barigma bardig ■) barduk jirdä ädgüg ol ärinö «►) kanin suböa jügurti siinekin tagôa jatdi bägük uri oglanin kul boldï silik kïz oglnn kün boldï ol bilmädnkin r) ücün jablakinin ücün äöim kagan uca bardi.

24) ginget ihr . . . rückwärts seid ihr immerfort gegangen, und am Orte, wohin du gegangen ... ist dein Blut gleich Wasser genos- sen und deine Beine haben gleich Bergen gelegen. Deine fürstlichen Söhne hat er zu Sklaven gemacht, deine reine Jungfern sind Skla- vinnen geworden, und weil du ihn nicht anerkanntest und wegen deiner Schlechtigkeit ist mein Onkel der Chan mit dem Tode abge- gangen.

Noten. ») harujma hirdly ist als Redensart wohl verständlich, denn es ist dasselbe, was der Osmane oder der Centralasiate mit

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vara-vardiùiz resp. bara-bardingiz ausdrückt. Die grammatikalische Form jedoch ist mir nicht ganz einleuchtend; es ist jedenfalls eher ein Gerundium, wie R. früher vermuthete, als ein Nomen agentis, welches aus eiueiu schon amorph gewordenen Nomen verhale durch Anfügung der Endung ma, me entstanden sein sollte. ädgäg ol ärinc ist ganz unverständlich, und ich begreife nicht, wie R. den Sinn „zeigtet ihr eure Trefflichkeit" herauslesen konnte; ebenso wenig begreife ich, warum R. das £ |* £ X ädgiig geschriebene ädgün mit >) n gelesen? ') Hier ist bümäk ebenfalls im Sinne 'anerkennen' gebraucht.

* #

25) Baâlaju ») kïrgiz kaganïg balbal tiktim türk budu- nug1 ati küsi jok boLmasun täjin akanfm kagunig ögem ka- tunigb) kötürmiö tanri ü bärigmä tanri ttirk budun ati kiisi jok bolmasun täjin özümün ol tanri

25) Ehrend habe ich den Kirgîz Chan als Balbal aufgestellt und damit des Türkenvolkes Name und Ruf nieht verloren gehe, hat Gott, der meinen Vater zum Chan und meine Mutter zur Chanin erhoben, hat Gott, der ein Reich gegeben, damit des Türkenvolkes Name und Ruf nicht verloren gehe, mich selbst

Noten. ») Sowie auf Zeile 16 übersetze ich das Itatlaju mit 'ehren, auszeichnen, obenan stellen' gegen Radioffs 'an der Spitze (der Steinreihe)', weil hier im Allgemeinen von einer Steinreihe keine Rede sein kann, indem das Balbal neben oder über dem joska (Grabhügel) aufgestellt wurde. b) hatun, der Wortbedeu- tung nach 'Frau', von hat 'hinzufügen, hinzugesellen', folglich 'Ge- nosse'. Vgl. kat-aA 'Freund', scheint ehedem als ein Titel gebraucht worden zu sein; hier wenigstens spielt katun neben tk/e dieselbe Rolle, wie kagan neben akaft.

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26) kagan olurt *) di ärinö, nän jilsig b) budunda öze olurmadim iÖrä assiz taâra tonsuz jabuz jablak c) budunda öze olurdum. Inim Kültägin birlä sözlestimiz akanim äöi- min kazganmiä budun atl kiisi jok bolmasin

26) zum Than gemacht. Ich wurde nicht gesetzt Aber ein habe- und volkreiches Volk, (sondern) ttber ein innerlich hungriges und äusserlich nacktes Volk bin ich Chan geworden. Mit meinem jfln- gern Bruder Kültägin haben wir uns beratschlagt, und damit des durch meinen Vater erworbenen Volkes Name und Huf nicht verlo- ren gehe,

Noten. a) Von olmah 'sitzen'. Der Verbalstamm ol kommt in dieser Bedeutung nur noch im Mngy. iil 'sitzen' vor. h) nän jilsiy 'habe- und volkreich', von nüng 'Habe, (tut', wie die im Kudatku Bilik häufig vorkommt, j)l 'Volk' und sig 'dicht, voll'. Ich schlage dies blos in der form einer Hypothese vor, doch hat dieselbe mehr Berechtigung als die Annahme Radioffs, der in jU eine Abkürzung von jilkî entdecken will, die in den türkischen Mundarten nirgends anzutreffen ist. Bezüglich jil 'Volk' vgl. cag. ^JLu jilo 'Bevölkerung, Volk. Menschenmenge' (im Lugati ("agatai von Scheich Suleiman S. 314. r) jalniz jahlak 'sehr schlecht', entspricht dem eng. jatmz javhik 'sehr gemein' und das osm. jauz 'arg. heftig, kühn.

27) täjin türk budun üöün tun udumadim ») küntüz olurmadim inim kültägin birlä, iki îSad birle, ölü jitü b) kazgandim anöa kazganip biräki budunug ot sub •) kilma- dim. Man . . . jir saju

27) des Türkenvolkes wegen habe ich Nachts nicht geschlafen und Tages über nicht geruht (gesessen). Mit meinem jüngern Bru- der Kültägin, haben wir beiden ïsade, sterbensmüde, Eroberungen

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gemacht und die dermassen eroberten Völker habe ich nicht feind- lich (wie Feuer und Waaser) gemacht. Als ich . . . nach allen Rich- tungen.

Noten. *) udumalc Vgl. ëag. ujumak 'schlafen.' b) öiü jitä = todt anlangend, d. h. 'bis zur Todesiuüdigkeit' ist eine den neuern türkischen Mundarten unbekannte Redensart, und nur osm. die Re- densart zan clkWma 'bis zum Ausgang der Seele' erinnert einiger- massen an dieselbe. ß) ot $ub kümak 'Feuer und Wasser machen' (d. h. in Gegensatz bringen) ist gleichfalls eine heute nicht gebrauchte Redensart.

28) barnüä budun . . . a) ölü jitü jadagin jalanun jana kälti budunug agidäjin b) täjin jïragaru Oguz budun tapa ilgerü Kitaj Tatabi budun tapa bärigärü tapgaö tapa uluk sü(?) iki jigirmi söngüä-tim.

28) Als ich . . . da kam das nach allen Richtungen hingezogene Volk zu Fuss und Nacht wieder zurück. In der Absicht nur dieses Volk zu erhöhen (da führte ich ein grosses Heer) nach links bis zum Volk der Oguzen. vorwärts bis zum Volke Kitaj und Tatabi und rechts bis nach China. Ich schlug zweinndzwanzig Schlachten.

Noten. a) Die hierorts lückenhafte Stelle der Inschrift will Thonisen mit özim kagan olurtukhna 'als ich selbst Chan geworden' ergänzen, eine Hypothese, die auch ganz annehmbar ist. b) Ich lese ägit; doch ist äkit die bessere Leseart (Sieh Glossar).

29) anda kisrä ") tanri jarlikaduk üöün kutum bar üöün ülügüm h) bar üöün ölteöi c) budunug tirigerü d) ägit- tim jalan budunug tonlug kildlm ölgaj budunug baj kildim az budunug ögtiö kîldîm igar c) ülikde kaganlikda 0 jag *) kildün. Tört bulundaki

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29) Weil hiernach der Himmel mich begünstigt, weil ich Glück, weil ich Geschick gehabt, habe ich das verkommende (sterbende) Volk zum Leben zurückgebracht, das nackte Volk habe ich bekleidet, das arme Volk reich, das zahlgeringe Volk zahlreich gemacht; das sinkende (dem Verfall nahe) Stammesverhältniss und die Regierung habe ich verbessert und das in den vier Himmelsgegenden befindliche

Noten. ■) kisrä (ähnlich wie k\nra) 'nach, darauf, aus dem Stamme kij, hid, kis, aus welchem das Âdverbium kirü, girü, geri 'zurück1 entstanden. b) iilSg 'Antheil' vom Verbalstamm Ol 'theilen\ Vgl. arab. ^ 'theilen* mit 'Schicksal*. c) ölteci 'ster-

bende1, vom Verbalstamm öl und der Participialform loci, teti, die ich auch im Uigurischen nachgewiesen habe (vgl. Uigurische Sprach - monumente 234). d) Hrigerü sollte richtiger Hriggerü heissen vom adject, tirig 'lebendig' und dem Directivum gerü. Eine solche Zn- sammensetzung ist mir in den heutigen Türkdialekten nicht bekannt. e) fgar von 1gf 1k 'herabfallen, herabsinken'. Vgl. tag. agmak 'herab- fallen*, agar jük 'die herabfallende Last'. ') In iüikde kaganUkda ist da und de in der Bedeutung von 'und1 zu nehmen. Vgl. die osm. Redensart memleket de padièahda 'das Land und der Fürst*. *) jag 'gut, wohl*. Vgl. uig. jek im Kudatku-Bilik mit o»*i 'gut' übersetzt-, osm. jej 'gut', jäg kUmak ist hier im Sinne 'verbessern gebraucht.

30) budunug kop baz kildïm jagrisïz kaganim ») kop mana kördi, äsig kiiöüg birür bunöa törüg kazgunip Inim Kültägin Ô2ânèe kärgäk boldi. Akanîm kagan uötukda inim Kültägin jiti

30) Volk friedlich gemacht, und mein (nunmehr) nicht gegne- rischer Chan war mir ergeben. Der Sinn mir verwendende, soviel Herrschaft erlangende jüngere Bruder Kültägin gieng mit dem Tode ab. Als mein Vater gestorben war, war mein jüngerer Bruder sieben

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Noten. R. übersetzt diese Stelle 'ohne Feindschaft haben raeine Chane gehorchend' wahrend Th. 'beaucoup se sont soumis a moi* übersetzt. Dass Th. beaucoup übersetzt, ist mir erklärlich, weil er kop für köp 'viel' hält; doch warum R. in kaganîm einen Plural sieht, ist mir unverstandlich. Ebenso unzulässig dünkt es mir, kördi mit 'hingen zu übersetsen. Ich lasse bei kagafüm das Pronomen possessivum desshalb unberücksichtigt, weil in Ostturkestan noch heute z. B. ehozam und choza identisch lauten.

31) Umaj •) tag ögäm katun kutina inim Ktiltägin ar- at b) boldi alti jigirmi jasiiia äöim kagan ilin töriisin anöa kazgandi alti öub Sugdak tapa süledimiz buzdîmïz tapgaö On-tutuk c) . . .

31) Zum Glück meiner majestätischen Mutter ist mein jüngerer Bruder Kültägin mächtig geworden. Da mein Onkel, der Kagan, in seinem sechsundzwanzigsten Jahre sein Volk und seine Herrschaft derartig vermehrt, so drangen wir mit dem Heere bis zu den sechs Stämmen der Sugdak vor und brachten ihnen eine Niederlage bei. Der chinesische On-tutuk

Noten. a) Umaj ist ein persisches Lchnvort, und zwar das alt- iranische humaj, huma 'ein fabelhafter Vogel, eine Art Königsadler, der immer in den Lüften weilt, nie die Erde berührt, unter dessen Schatten man zum Herrscher wird. Vgl. ,jj->Uj& humajun 'kaiserlich, fürstlich, majestätisch'. Wenn es befremden sollte, dass ich diesem iranischen Worte einen so weiten und alten Einfluss zumuthe, so will ich bemerken, dass sich die iranische Kultur weit über Osttur- kestan erstreckt hatte, und nicht nur bei den Uiguren waren per- sische Lehnworth bekannt, wie es aus dem Kudatku Bilik hervorgeht, sondern sie hatten selbst bei den im Norden Sibiriens wohnenden ugrischen Völkerschaften Eingaug gefunden (vgl. chuda 'Gott', nan

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'Brod' bei den Ostjaken und Wogulen). Aber auch weit nach dem Westen hin hat sich der altiranische Einfluss gestreckt. So z. B. finden sich persische Wörter in der altslavischen Bibelübersetzung des Cyril-Me- thod (vgl. cardag ' Hütte, Laubzelf). b) är-at dünkt mir identisch mit dem uig. Jkx^x arat 'Heer, Armee', är-at bolmak ' ein Heer werden ist jedenfalls eine ungewöhnliche Redensart, doch nicht ungewöhn- licher, als die von Radioff angenommene, der in är-at den Namen eines Helden sieht, denn in dem Falle müsste es är-aÜik heissen. Noch weniger zutreffend ist die Annahme Thouisens, der lui tient lieu de mari (?) übersetzt. c) Oii-tutuk figurirt hier als Eigenname; doch mag dieses Wort möglicherweise auch mit 'berühmt* fibersetzt werden u. z. von oh 'Stimme, Ruf und ttitmak 'halten'.

32) Kültägln Jadakin uplaju •) tägdi On-tutuk juröin b) jarakllg ilim tutdi jarakligda kaganka änöülädi c). Ol siig anda jokkîétimiz •') blr otuz jaèîna Caöa Sünki sünüätünüz an ilki Tadak Saöurin buz . . .

32) Kültägin griff eilend mit dem Fussvolke ein, nahm das friedliche und das bewaffnete Volk des On-tutuk gefangen und unter- warf die Bewaffneten dem Chane. Dieses Heer hatten wir dort ver- nichtet. In seinem einunddreissigsten Jahre haben wir Öafa Sünki bekämpft, zuerst haben wir den Tadak Sacuriu . . .

Noten. ■) Die ältere form des heute als ivlemek 'eilen bekann- ten Verbums, das frühor uvlamak gelautet hat. Die Leseart opla 'hopp hopp machen' dünkt mir ganz unwahrscheinlich, denn ga- loppieren, wie Radioff übersetzt, heisst im Türkischen èapmak. h) Ich lese jurc\n von jurcl (richtiger jurtcX) 'Bewohner, Sesshafter* als Gegensatz zu dem folgenden jaraklig 'Bewaffnete, Krieger; jurùi und jaraklig hoisst daher 'die daheim gebliebenen' und

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'die Insf eidgezogen en*. c) äncftlemek 'unterwerfen. Vgl. ëag. äncü 'Gefangener, Diener, Sklave', aneülük 'Unterthänigkeit' (Sieh Lugati Cagatai von Scheich Suleiman, Seite 63). d) Die Form joMSniak 'vernichten ist in den neueren Sprachen unbekannt, dafür wird jok etmek gebraucht.

33) Öldi . . . iklnti äöäbara jamtar*1) boz atlg binüp tägdi ol at anda öldi, üöünö Jägin-sil bägin kädimlig b) to- rug at binüp tagdi ol at anda öldi jaraklnda jalamasinda c) jüz artuk okun urdî jirina baàtàa . . .

33) Starb . . . Zum zweiten bestieg er seinen galoppierenden, flin- ken Grauschimmel, griff an, und sein Pferd fiel dort; zum dritten bestieg er den Pass gehenden Braunen des Jäginsil Beg; dieses Pferd fiel daselbst. In seiner Tüchtigkeit und Behendigkeit hatte er mehr als hundert Pfeile abgeschossen. Auf seinem Platze auf seinem Haupte . . .

Noten. a) âëabara jamtar haben Radioff und Thomsen für Eigennamen angesehen, während ich in diesen Wörtern Epitheta des Grauschimmels entdecke, was bei den Türken, namentlich bei den Nomaden gang und gäbe ist, so oft es sich um ein Schlacht- pferd handelt, äsäbara übersetze ich mit 'galoppierend1 u. z. von äSäbarmak 'scharrend, die Erde aufwühlend gehen , was bekanntlich beim schnellen Gang der Pferde der Fall ist. Man vgl. cag. äskin at 'ein galoppierendes Pferd', ä.ikinlik 'Galopp", ferner den Ausdruck cölni (ièâ-bardïm 'ich bin eilends durch die Steppe gezogen d. h 'die Steppe aufwühlend bin ich gegangen*. Was nun jamtar anbe- langt, so leite ich dieses Wort von jam 'Post, Postpferd' resp. von jamta 'Post reiten' ab, und ich habe es deshalb mit 'flink' übersetzt. jamtar at ist seiner Wortbedeutung nach mit dem westtürkischen capar-at 'Postpferd' identisch. Übrigens ladet der nächste Satz kä-

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dimlik torug at zu einer solchen Annahme ein, wo kädimlik gleich- falls als Epitheton zu torug at 'Brauner, Fuchs' vorkommt. b) Ich lese kädimlig; doch dünkt mir die Variante kidimlik mehr entsprechend, denn erstens ist der Ausdruck angekleidetes Pferd unstatthaft, weil dies nicht als Epitheton ornans, worauf es hier zielen sollte, dienen kann, denn angekleidet pflegen alle Pferde zu sein. Zweitens dürfte man unter kädimlig at nur jenen Zustand des Pferdes verste- hen, wenn es zu Friedenszeiten vor dem Zelte in der Filzdecke vom Kopf bis zum Fuss eingehüllt sich befindet. Der Begriff 'bekleide- tes1, d. h. mit Panzer bedecktes Pferd kann den Türken jener Zeit schwerlich geläufig gewesen sein. Die Leseart kidimlik empfiehlt sich daher um so mehr, da kit kät 'gehen und kitim oder kätim 'Gang' zu kätimlik einen Gang habend, Paasgänger* sich ebenso verhält, wie das neutürkische jorga 'Passgänger' jorgalamak 'galop- pieren* zu jorlmak 'gehen*. c) jalamaslnda, richtiger jalmashida, 'in seiner Behendigkeit' von jalma, jelme 'das Behendigsein\ Vgl. tag. fJUui jelmek 'eilends gehen oder reiten.

34) tägdtikin türk bäglär kop bilirsiz ol süg anda jok kiétimiz anda kisrä jir bajaruk ") Ulug Irkän b) jagï boldi anl jajip türgi jargnn kulte buzdîmîz ulug irkän azik ja (?) ärin c) tözip bardï. Kültagin

34) Wie er angegriffen, das wisset ihr, Türk-bege! Jenes Heer hatten wir dort vernichtet. Hierauf wurde der Ortsherr Ulug Irkän foiudlich. Wir schlugen ihn beim Hee Türgi Jargun, worauf er (I31ug Irkän) entfloh. Kültagin

Noten. *) jir bajaruk dünkt mir kein Eigenname, sondern viel- mehr Titel und zwar von jir 'Ort, Land* und bajaruk 'Ben. Vgl. turkom. tmjarin 'mein Herr! Herr!' b) Ulug Irkän halte ich für einen Personennamen, obwohl die Wortbedeutung 'mit grosser Kraft' auch

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noch eine andere Vermuthung zulässt. c) azlclja oder atik ja ist to- tal unverständlich, kann aber keinesfalls 'wenig* bedeuten, wie R. und Th. annehmen.

35) . . . Kirgîz tapa süledimiz sönük batimi karig sö- kipen *) Kögmen Jîéîg toga jorip b) Kirgiz budunug uda bas- Ümiz c) kaganîn birlä Sona jißdä sönüödimiz kültägin Baja- rukun

35) Wir zogen mit dem Heere gegen die Kirgisen, und den lanzenhohen Schnee überschreitend und den Kögmen Bergwald em- porsteigend überfielen wir unerwartet das Kirgisenvolk und bekämpften mit dessen Chan im Sona-Bergwalde Kültägin

Noten. *) Im Satze sönük batimî karig sökipen befolge ich die Leseart und Ubersetzung Thomsons, indem mir die Hypothese Rad- ioffs auch deshalb unannehmbar scheint, weil sönük nicht als 'feind- lich1 und battm nicht als 'Einfall' aufgefasst werden kann; ebenso wenig ist mir karak in der Bedeutung von 'räuberisch' bekannt. Das cag. karak 'Raub* ist nur eine bildliche Darstellung dieses Be- griffes und hängt mit karakài 'Räuber, eigentlich 'Auf lau er er von karamak 'umherschauen' zusammen. b) toga jorimak 'emporsteigend gehen, in die Hohe steigen*. c) uda basmak dünkt mir mit uja bas- mak 'schlafend (d. h. im Schlafe) überfallen' identisch, denn uda bezieht sich hier nicht auf den Angreifer sondern auf den Ange- griffenen.

36) binip oplaju ■) tägdi bir ärig älin urdî iki ärig udiôru b) sanÔtî ol tägdükde BajaiTikunun c) ak adgîrig udla- kin d) sSJu iirdi «) kirgiz kaganîn ölürtimiz ilin aldîmîz ol jüdä TürgeS

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36) bestieg seinen Bajaruk, hurtig angreifend schlug er einen Mann mit seiner Hand, und kämpfend durchbohrte er zwei Männer. In jenem Treffen hieb er so kräftig ein, dsss er den weissen Hengst des Bajarukun mit seinem Schenkel (?) aufbrach. Wir tödteten den Kirgisenchan und nahmen sein Land. In jenem Jahre . . . Türges

Noten. ") In der von der Société Finno-Ougrienne veranstalte- ten Ausgabe finde ich statt uplaju, wie R. und Th. lesen, den Buch- staben-komplex y <] I r| y ok saju 'pfeilähnlich', was meines Eraeh- tens hier viel besser passt als oplaju. '•) iidixru habe ich von udis 'Kampf (vgl. cag. uju« Jïjjj! 'Gezänk, Auflauf, sieh Lugati Caga- tai von Scheich Suleiman 44 b) resp. udUurmak abgeleitet und das Gerundium udisuru, udUru 'kämpfend' übersetzt. c) Infolge des hier dem Worte bajaruk angehängten Genitivs scheint bajaruk ein Perso- nenname zu sein, während auf der vorhergehenden Zeile dieses Wort als Name eines Pferdes figuriert. d) udlakln 'mit dem Schenkel* oder 'den Schenkel?' Ich halte letzteres für wahrscheinlicher, da mir die Theorie Thomsens bezüglich der zwei Accusative nicht ein- leuchtend ist. Zu bemerken wäre noch, dass tidlak 'Schenkel* in den neueren türkischen Mundarten nicht ujlak sondern ojluk lautet. e) siju urdi 'er brach auf ist hier nicht im Sinne 'vernichten, tödten, sondern 'aufreiten, wund reiten' zu nehmen. So sagt man noch heute at) klrdtm 'ich habe das Pferd wund geritten' von kirmak (ein Synonini von sijmak) 'brechen'.

37) toga Ärtiä ügiizüg käöä jorïdimïz TürgeS budunug uda basdïmiz Türgeä kagan stisi bolôuda ") otaöa buraöa x>) kälti sönüädimiz Kültägin Baégu c) bozat binüp tagdi Baàgu boz

37) Aufsteigend . . . über den Irtis-Fluss setzend zogen wir dahin. Wir überfielen unerwartet das Volk der Türges, das Heer

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des Chans der Türges kara hin und her (von allen Seiten) auf den Wahlplatz an, wir kämpften, Kültägin bestieg seinen Grauschim- mel Basgu

Noten. ") bolcUj bulcu, richtiger bolcau, ist kein Ortsname, wie meine gelehrten Fachgenossen annehmen, sondern ein Ort, wo die Heere zusammentreffen, 'Wahlplatz'. Vgl. Lugati Cagatai S. 84 b), wo Itolcar (mit welchem Worte ich das alttürkische bolcau für identisch halte) unter anderm mit ,j^>.auJjfoi>Lax 'der Ort wo ein Treffen stattfindet' übersetzt ist. *•) otaca buraca ist mit dem osm. öteje- berije oder mit dem cag. öteze-berize 'hin und her, wie Radioff liest, identisch. c) Basgu dünkt mir, wie bei den früheren Bezeichnungen der Pferde, ein Epitheton des bozat zu sein; doch ist mir die Bedeu- tung des Wortes unbekannt.

38) tutuzdî ikisin özi altîzdî ■) anda Jana kirüp Türgää kagan bujrukl b) az tutkug älgrin c) tutdî kaganin anda ölür- tümiz ilin aldîmîz kara Türgää budun kop ÎÔigdi d) ol bu- dunug tapradi e) . . .

38) Er ward handgemein und warf beide nieder. Der Chan der Türges trat nun wieder auf (ein), sein Bujruk nahm eigenhändig wenige (einige) Gefangene. Wir tödteten daselbst den Chan, nahmen sein Land, und da das Volk der Kara-Ttirgas sich empörte, so unter- drückte (wir?) es . . .

Noten. ■) Mir dünkt tutuzmak mit dem modernen tutuümak 'sich gegenseitig anpacken, handgemein werden*, identisch; ebenso würde ich im altizmak ein aus alt 'unten' gebildetes Verbum, folg- lich 'niederbringen, niederwerfen', sehen. Vgl. kut 'neben1 und JcataSmak 'sich gesellen*. b) Radioffs Übersetzung: „er nahm einige von den Buiruk des Türgesch-Chan gefangen" kann ich nicht hilli- gen, denn Imjruki figuriert hier als Nominativ und nicht als Accusa-

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tiv. c) älgin, rectius oligin^ 'rait seiner Hand'. d) Die active Form von dem früher angeführten Icklnmak 'in Aufruhr gerathen*. R. über- setzt: „Als die Kara-Türgäs dies hörten"; doch woher er den Begriff 'hören* genommen, ist mir nicht klar. *) Ich halte das ^ a am Ende des Wortes taprada für fehlerhaft und lese tapradt oder tejredi vom cag. tapramak 'niedertreten, unterdrücken* magy. teper 'niedertraten*.

39) Sugrdak budun itäjin töjin Jinöü ugrüzüg käöä tä- mir kapigka tägri süledimiz anda kisrä kara Türgrää budun jag! bolmlé Känäräs tapa bardi bizin su ati turuk azuki ■) jok ärdi jablak kiéi ...

39) In der Absicht das Volk der Sugdak zu ordnen (herzustel- len) haben wir den Fluss Jincü überschreitend bis zum Eisernen Thore Krieg geführt. Später ist das Volk der Kara-Türges feindlieh geworden und drang (gieng) bis Kängäräs vor. Da unser Heer keine Pferde hatte und kein Mundvorrath vorhanden war, so waren Iieute arg . . .

Noten. •) ati turuk azuki. Radioff übersetzt die beiden letzt- genannten Worte mit 'Futterplatz*, während Thomsen dieselben als 'station et provisions' auffasat. Ich halte turuk für ein Beiwort in der Bedeutung von 'bereit stehend, da seiend, vorhanden*.

40) Alp är bizinä ") tagmiè ärdi andag ödkä ökünüp b) Kültäginigr az ärin irtärü c) itiniz ulug sôntiâ sönuämüä alp Saldi ak atin binüp tägmiö kara TurgräS budunug anda ölür- müä almlS jana jorîp . . .

40) ... tapfere Männer hatten uns angegriffen. Wir sammel- ten uus daher (damals), schickton den Kültägin mit einigen Mâu-

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nern voraus, kämpften einen grossen Kampf, und seinen Schimmel Alp èaléî besteigend griff (Kültägin) an, tödtete und eroberte daselbst das Volk der Kara-Türgäs. Wieder aufbrechend . . .

Noten. *) Ich lese bvrinä, wie dies in der Heisingforser Aus- gabe steht, und nicht kîzhïa, wie Radioff schreibt. b) ökiinüp haben R. und Th. mit dem gleichlautenden ögünmek 'bereuen* verwechselt, während wir hier mit dem Verbum ökmek 'versammeln, vereinigen' resp. ökünmek 'sich versammeln1 zu thun haben. Sieh i^Vjl m ^u- gati Cagatai S. 37. a. c) irtärü 'voraus von irtä 'vorn, früh' (*£3» nach dem Lugati Öagatai von Scheich Suleiman S. 48. b).

K. b. oder Coté du Nord der Heisingforser

Ausgabe.

1) . . . birlä. KoSu Tutuk birlä sôôtismtiâ ärin kop ölür- müö äbin barimln *) tägipän (?) kop kälürti Kültigrin jiti otuz jaâina Karluk budun ärtir barir b) ärikli jagi bold! Tamag: iduk basda c) sönusdümiz.

1) . . . Mit . . . Er kämpfte mit Kosu-Tutuk, tödtete seine Männer, ihr Haus und Habe ergreifend kam er. Im siebenunddreis- sig8ten Jahre Kttltägins, da ward das Volk der Karluk allmählig ein mächtiger Gegner, am Quellengebiet des heiligen Tainak (flusses) kämpfen wir.

Noten. ") äbi barlml 'Haus und Habe', gleichbedeutend mit dem 08m. äv-bark 'Haushaltung, Hausgang', barfm 'Habe1 kommt auch im Magyarischen vor; vgl. baroni 'Habe, Vieh'. b) äriir barir 'er ist und geht' ist eine Redensart, die auch noch heute existiert, und

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bezieht sich auf das Stadium der Entwickelung, ebenso wie ärmti- barmiè das schon Entstandene kennzeichnet. Wie die Herrn R. and Th. aus diesen Worten 'Unabhängigkeit' resp. 'puissant de la liberté* herauslesen konnten, ist mir unbegreiflich. c) Rectius bah)da.

2) (Kül)tägin ol sönüädä otuz jaàajor ärdi Alp-èaléi akin ■) binüp oplaju tägdi iki ärig udiàru sanöti Karlugug- ölürtimiz aldïmïz Az budun Ja&i boldi Karakölde sönüöti- miz Kültägin bir kirk jaàajor ärdi Alp-äalöi akin

>

2) In jenem Kampfe war Kültägin dreissig Jahre alt. Seinen Schimmel Alp-saln besteigend griff er hurtig an und durchbohrte kämpfend zwei Männer. Den (Stamm) Karluk tödteten und erober- ten wir. (Hierauf) ward das Volk Az feindlich, wir kämpften am (See) Karakiil. Kültägin, einundvierzig Jahre alt, bestieg seinen Schim- mel Alp-salèî

Noten. ') Im Texte [Atlas XX 2. (K. b) Zeüe 12] steht ganz klar rPhHhAIFh ^pei akln 'seinen Schimmel Töpci'; warum R. und Th. alp èalcï lesen, verstehe ich nicht.

3) binüp oplaju tägdi Az Htäbarig tutdï Az budun anda jok boldi äöim kagan ili kamaéig »), boltukunda budun . . . boltukinda Izgü b) budun birlä sönuödüniz. Kültä&in Alp- äalöi akin binüp

3) und griff hurtig ein. Er nahm (dort) den Ilteber der Az gefangen und das Az-Volk ward vernichtet. Als meines Onkels, des Chans, Land vereint und das Volk . . . war, kämpften wir mit dem Volke Izgil. Kültägin bestieg seinen Schimmel Alp-salèl

Noten. a) kamaSig von kamaxrnak, welches Verbum heute aller- dings nur im Sinne 'blenden vgl. köz kamakürmak 'das Auge

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blenden', Hi kamaStörmak 'die Zähne stumpf machen1 gebraucht wird; doch ist die letztere Bedeutung eine figürliche und bedeutet im eoncreten Sinne 'das Unterbinden, Verhindern des Auges1 d. h. der See k raft (vgl. magy. vak 'blind' und türk. bag 'Band1; ferner cag. sokur 'blind* von der Staramsylbe sok 'dicht, fest'), kamaslg ist da- her hier im Sinne 'verbunden, vereint' 7.u nehmen. So wie Uoz kamahndk 'blenden' auf das Gebundensein des Anges sich bezieht, ebenso ist von adak kamaàmak 'ermüden* die concrete Bedeutung 'Unterbinden des Fusses oder des Ganges* hervorgegangen. Der Verbalstamm kam bedeutet 'binden, verbinden' kamaslg il heisst daher 'ein vereintes Volk* und nicht das Gegentheil, d. h. 'in Auflosung begriffen', wie Radloff übersetzt. b) lzyil ist der Name eines Türken- stammes, der auch im Ihn Hosteh's Beschreibung der Bulgaren und Magyaren vorkommt.

4) ... ol at anda tüäti Izgil budun ölti Tokuz Oguz budun kändi ») budunum ärti tanri jir bulgakin üöün jag^ boldî bir jüka bià joli sonuédimiz an ilk Togru-balîkda »>) sönüädimiz

4) jenes Pferd fiel daselbst. Das Izgil-Volk starb und das Volk der Tokuz-Oguz war raein eigenes Volk. Doch da Himmel und Erde in Verwirrung geriethen, ward (das Volk «1er Tokuz-Oguz) wie- der feindlich und in einem Jahre hatten wir fünfmal gekämpft. Das allererste Mal kämpften wir bei Togu-balïk

Noten. *) kändi 'selbst, eigen' kommt merkwürdigerweise heute nirgend im Osttürkischen, sondern blos im Osmanischen vor. ■») Togu- battk mag wohl auch die Stadt oder der Ort Togu heissen.

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5) Ktiltägln Asman ») akïg binüp uplaju tägdi altî ärig sanödi . . . isinda b) jitinc ärig kîlîôladî iklnti kuâlagak, da « j . . . z birlä sönüödimiz kültägin Az jagïzîn d) binüp uplaju tägib bir ärig sanödi.

5) Kültägin bestieg seinen Schimmel Asman, griff hurtig an und durchbohrte sechs Mann. In . . . des Heeres metzelte er den siebenten Mann nieder. Das zweite Mal kämpften wir zur Zeit der Morgendämmerung. Kültägin hatte seinen Dunkelbraunen, den Az, bestiegen, griff hurtig an und durchbohrte einen Mann.

Noten. ■) Asman, ein Eigenname persischen Ursprunges, hier als Pferdename gebraucht, kommt auch als Personenname vor, so z. B. Asmanek 'der kleine Asman', der jüngste und Lieblingssohn Kücfim Chans, des Herrschers von Sibirien zur Zeit der russischen Eroberung. Aus diesem Personennamen geht hervor, dass im Türkischen jener Zeit nicht nur der mytologische Name Huma-umaj, wie ich früher angedeutet habe, sondern auch noch andere persische Lehnwörter im Gebrauche waren. Im Radloff-schen Texte (Atlas, Tafel XCIX) steht 4s Kùf Is I f Y f* I mit 8ü(k)iti$indä, im Helsingforsischen Texte (In- scriptions de l'Orkhon, Seite 10. Zeile 65) steht f vz/ f | Is £ f | von Thom8en mit sii(tä)gisindä umschrieben, eine Divergenz, bei welcher eine fernere Subposition unmöglich ist; daher habe ich die- sen Theil weggelassen. c) R. und Th. sehen im diesem Worte den Namen eines Ortes, ich hingegen halte es für eine Zeitbestimmung, nämlich für das cag. kusluk 'Morgenstunde1, das aus einem altern kuSlagak, faûluguk entstanden ist. d) az jagte habe ich mit 'dunkel- brauner Az' übersetzt; doch ist die Möglickkeit von der Bedeutung 'wenig d. h. halb dunkelbraun nicht ausgeschlossen.

6) Tokuz äz igirä tokïdî tt) z budun anda öldi uötinö . . . Oguz birle sönüädimiz Kultägin Asman akig binüp tägdi

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sanödi stiéin sanödimiz ilin aldîmîz. Törtiinö Ôondab) ba- äinda sönüödimiz Türk.

6) Auf neun Mann flink einbauend . . . Volk starb daselbst. Das dritte Mai kämpften wir mit den Oguzen. Kültägin bestieg sei- nen Schimmel Asman, griff an und tödtete (durchbohrte). Wir be- kämpften sein (des Oguz) Heer und nahmen sein Volk. Das vierte Mal kämpften wir an der Quelle des Contla.

Noten. *) Die unleserliche und zweifelhafte Stelle liest R. ägärä totödi und übersetzt 'ritt nieder, während Th. agira tokUi liest und den Satz mit 'venant aux mains il abbatit neuf hommes' übersetzt. Mir sind beide Übersetzungen unklar. R. übersetzt ägär mit 'folgen1, wie aber ägärä tokidi 'niederritt' oder 'niederwarf bedeuten sollte, verstehe ich nicht. Ebenso wenig berechtigt ist Th:s Übersetzung, denn seine Erklärung ägira toklmak 'changer le combat' ist keinesfalls zulässig. Ich möchte dagegen die Leseart igirä vorschlagen, indem ich dies vom cag. igirmek 'kreiseln, sich drehen, eine schnelle Bewegung machen* ableite, igirä toklmak heisst daher 'rasch dreinhauen' und igirä ölürmek 'rasch tödten'. Vgl. rag. igirmek 'winden1, igrim "Wirbel, Strudel'. b) R. und Th. lesen eut, èuM, während im Radloffschen Atlas [XX 2. (K. b) Zeile 8] ganz

klar h * * > À Cond" 8teht-

7) budun adak kamiâtdï jablak boltaöi ») Kültägin ogi- tip b) Tonra bir uluâ e) Alpagu on ärig Tona tägin joginda (grirup) ägirip ölürdimiz biàinô Äzkanti-kadazda Oguz birlä söntiädimiz Kültägin

7) Das Türken volk ermattete und war schlecht. Kültägin Hess anrufen . . ., Tonra, der Alpagu eines Stammes, tödtete zehn Mann bei der Todtenfeier eines Tona genannten. Das fünfte Mal kämpf- ten wir mit den Oguzen bei Azkänti-kadaz. Killtägin

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Noten. a) Die nun weiter folgende Stelle ist mir ganz unverständ- lich. Ich kann weder der Leaeart Radioffs, noch derjenigen Thonisens beistimmen. Vor allem finde ich Zeile 7 auf der Tafel XX des Rad- loffschen Atlases nach dem ¥ * (kama*) die Zeichen 0 $ $ $ ganz ausgelassen, ferner fehlt das Wort ^ ^ f f % (birkä) und das sup- ponirt«1 (kü)lmiJt ist mit h t und nicht mit pj k geschrichen. b) og}- tlp C| $ Y ^) nicht agitip wie IL und Th. lesen. c) Im Atlas steht klar Y Y ) ^- ^est o^m*- Icn halte demnach sowohl die

Leseart als auch die Übersetung der ganzen Zeile 7 auf K. b. für zweifelhaft.

8) Az jagïsin binüp tägdi iki ärig sanödl balik bar- madi ») Ognz anda ölür ärmiö . . . kurganka kiôlab jaziÖä Oguzgaru taäiktimiz . . . Kiiltävin bägr baÔlaju akltmià Oguz jagî urdug basdi Kültägin

8) bestieg seinen Braunen, den Az, griff an und tödtete (durch- bohrte) zwei Mann . . . Oguz tödtete er daselbst. In der Festung überwinternd warf er gegen Frühjahr das Heer gegen die Oguzen. l'nter Anführung Kültägin Begs wurden Einfalle veranstaltet. Die feindlichen Oguze überfielen das Lager, Kültägin

Note. *) Bezüglich dieser Zeile finde ich ebenfalls eine grosso Divergenz zwischen dem Texte in der retouchierten Tafel 2. K. b. und dem Texte auf Tafel XCIX, indem ich nach dem Worte f ) $ $ \ (saucdï?) von balika l>armadi keine Spur finde. Ich betrachte den rectificirten Text als ganz unzulässig. Thomsen war etwas vorsichti- ger; doch spricht auch er von balik und amga kurgan, Wörter, die ich vergebens suche.

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9) Öksüz akin ft) binup tokuz arin sanödi urdug bir- mädi ögüm Katun b) ulaju aka äkalärim äkälärim kälinü- nüm c) kunöajlarim bunöa jimä tirigi ktin boltaöi ärti ölügri jurtda julda jatu kaltaöi d> ärtigiz.

9) bestieg seinen Schimmel, Oksüz, durchbohrte neun Mann, übergab aber das Lager nicht. Meine Mutter, die Katun, ferner meine altern Schwestern, meine Schwestern, meine Schwiegertöchter, meine Töchter (Princessinen) so wie alle übrigen Lebenden waren nahe daran Sklavinnen zu werden, und ihre Leichen hätten daheim und auf der Strasse herumgelegen.

Noten. •) Im Texte (XCIX K. b.) steht S f h rf >J P ömlztiit und es ist wohl fraglich, ob dieses ßuchstaben-Complex öksüz

ak\n gelesen werden kann? b) Im Texte steht nicht hatwn son- dern >^ $ katam; ferner steht nicht äkalärim sondern >^ T Y £ rl akäkälärim 'meine altern Schwestern', falls wir das Wort äkä mit 'Schwester' übersetzen. Es ist überhaupt schwer die hier angeführten verschiedenen weiblichen Verwandschaftsgrade genau zu definieren, denn wenn wir auch öke im Sinne 'Mutter' annehmen, obwohl es heute 'stief bedeutet, so kann das nächstfolgende äkä nur als 'Schwester' gedeutet werden. c) käliiuln, heute in den meisten Mund- arten kälin 'Schwiegertochter'. d) jatu kaltaci 'liegen bleibend'.

10) Kültagin jok ärsar kop ölteöi ärti giz inim Külta- gin kärgäk bolti özüm sakîndîm körgür ») közüm körmäz täk bütir biligim bilmäztäk bolti özüm sakïndim öd b) tanrï jaéar kiâi ogll kop ölgäli törümid

10) Wenn Kültagin nicht wäre, so würdet ihr gestorben (ster- bend) sein. Kültagin verschied, ich war sehr betrübt, mein (sehendes)

Auge war als wenn es nicht sehen, mein Sinn, als wenn ich nichts

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wissen möchte. Ich war sehr betrübt. Der gütige Himmel hat den lebenden Menschensohn zum Sterben erschaffen.

Noten. *) Nicht körür wie R. und Th. lesen, sondern körgür

T £ T F ^ > ™e *^es aucn ^er r^ex*; Deaagt> dem Affix gur, gür gebildet. Vgl. Ungur 'ruhende', ötlcür 'durchdringende (scharf)'. b) öd kann schwerlich hier in der Bedeutung von Zeit genommen werden. Ich halte es für ein Epitheton von taùr'i, und aller Wahr- scheinlichkeit nach ist es eine ältere und mehr correcte Schreibart von td 'heilig'; (vgl. niagy. ildv 'Heil'). Diese Stelle ist allerdings zweifelhaft; doch dünkt mir Radioffs Übersetzung 'Ewig lebt (nur) der Himmel doch der Mensch ist geboren um im Kampfe zu sterben' viel zu gewagt, da vom Worte 'im Kampfe' keine Spur zu finden ist. Auch Thonisens Übersetzung 'le ciel dispose du temps', in- dem er jcusar ordnen' liest, ist nicht zulässig.

11) anöa sakindim közde jaâ kälir*) ätidäJ köniiltäb) sîgît kälir joru c) sakindim katigda sakindim iki îèad ulaju arkiâ-kunim d) oglanïm bäglärim budunum közi kaôi e) ja- blak boltaöl täp sakindim jugöi sigitöi Kitaj Tatabî budun baSlaju

11) so sehr habe ich geklagt, solange (bis) ins Ange Thränen gekommen und ins Gemüth (Hera) Kummer gekommen, habe ich fortwährend geklagt, und stark geklagt. Waren doch die beiden Made, dann meine Verwandtschaft, raeine Helden, meine Bege, mein Volk zu Grunde gerichtet, desshalb (so sagend) habe ich geklagt. Als Trauernder und Klagender (kam Udar-Sängttn) das Kïtaj und Tatabi Volk anführend

Noten. ») Ich lese kälir anstatt kälsär. b) ätidä köni'dtä halte ich für Synonyme, und zwar halte ich ät mit dem uigurischen öt, öz (siehe meine Uig. Sprachm. S. 191 a) identisch, ätidä kö-

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niiltä heis8t 'in meinem Körper (Wesen) und Gomüthe (Herzen)*. c) Im Texte steht ganz klar > H > D 3°™ ""d mcnt jandru. joru von jorlmak 'gehen' bedeutet 'fortwährend'. Vgl. osm. gide gide jaz 'schreibe fortwährend, immer. d) Im Texte steht >^ X [* £ ¥ rl H was doch schwerlich arka kinüm gelesen werden könnte, wie dies meine Vorgänger thnn. Was die Wortbedeutung anbelangt, so kann arka* gleich kata* für 'verwandt, zusammengehörig1 genommen werden, kirn oder giin drückt, wie Thomsen richtig bemerkt, den Begriff 'Gemeinsamkeit' aus. Man vgl. diesbezüglich das fag. ^Jûyf künda* im Lugati Cagatai S. 262 a, mit kadln ortak 'Frauengenosse' und iki chatun bir adam'in nigiahinda bir chanede bulunmasî 'wo zwei Frauen ein und desselben Mannes im Hause zusammen leben*. Richtiger 'Familiengenossenschaft', wobei hin ganz richtig in der Bedeutung von 'Familie' vorkommt. e) közikaxi jablak boltaàl (wörtl. 'Augen und Brauen schlecht werdend') drückt den Sinn 'zu Grunde gehen, zu Grunde richten' aus. Vgl. osm. gözini kasini bozdum 'ich habe ihn zu Schanden gemacht, zu Grunde gerichtet'.

12) Udar Sängnin käldl tabgaö kaganda laji likit kälü ») bir ttimen agi altun kömtiS kärgaksiz kälürti Töbüt ka- ganda bitten kälti kurija ktin batalkta Ogruz tarkan kälti b) . .

12) kam Udar-Säiigün, vom chinesischen Chan der Isjilikit kom- mend brachte zehntausend Gewichte Gold und endloses (zahlloses) Silber, vom Chan der Töbüt (Tibet) kam Bülen. Rückwärts vom Son- nenuntergang kam ... der Tarkan der Oguzen . .

Noten. *) R. und Th. lesen kälti; ich befolge den Text, wo deutlich \* Y ^ käUi 'kommend' steht, welche Gerundialform zu dem darauffolgenden Satze besser passt. b) Was den übrigen TheU dieser Zeile anbelangt so habe ich es für gut gefunden, über den nach Radioffs retouchirter Tafel XX 2 (K. b.) gebrachten Text auch noch

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die Varianten des Textes der Inscriptions de l'Orkhon Seite 9 zu schreiben, um die verschiedene Leseart anschaulich zu machen. Be- züglich der Deutung der zweifelhaften Wörter will ich die schon vorhandenen, mitunter recht kühnen Hypothesen nicht mit neuen Combinationen vermehren. Ich möchte nur bemerken dass z. B. biUen möglicherweise ein tibetanischer Titel oder Hang ist, wohl aber auch als Bezeichnung des mitgebrachten Geschenkes aufzufassen ist, denn bülen (vgl. cag. bulan, magy. bôlény) 'Auerochs' mag bei den Türken Mongoliens zu den Seltenheiten gehört haben. Im Übrigen aber, glaube ich, werden die theils unleserlich, theils fehlerhaft ge- schriebenen Eigennamen immer ein Rathsei bilden, bei dessen Ent- zifferung die noch so kühne Phantasie hilflos stehen bleiben wird.

13) Onuk oglum TürgeS kagranda Makraö tamgraôî Ogruz bilgä tamgaöi kälti Kîrkiz kaganda Tardus Inanö matur *) kälti bark itgrüöi bädiz jaritîgma bitik tas itgüöi tapguô kagan . . . öän Sänün kälti . .

13) Von meinem ergebenen Sohne, dem Türgei Chan, kam der Siegelbewahrer Makraè und der weise Siegelbewahrer Oguz. Vom Chane der Kirgisen kam der (dem) Tardus (Geschlechte angehörige) tapfere Inanc. Vom Chane der Chinesen kam der Macher (Erbauer) des Baues, der die Skulpturen bereitend den Schriftstein herstellende . . . can Sänün . . .

Noten. *) Inanc, der Wortbedeutung nach 'Glaube', kommt auch noch heute als Personenname vor. matur 'tapfer, Held\ Im retou- chierten Texte steht 4 £ ^ $ ) f- inanc matur; warum R. auf die Tafel XCIX 4 > £ ) h geschrieben, und warum im Texte der Inscriptions 4 > À > $ ) t* ääneti cürt ist mir nicht einleuchtend.

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E. a. (Coté du Snd, Seite 114, Thomson).

1) Tanrltäg tanrîda bolmuë türk Bilgä kagan •) bödkä b) olurtum sabïmïn töketi c) (ä) aëitgil ulaju injikünim d) ogla- nim birgä oguäum e) budunum (g) biräjä îèadapît 0 bäglär jiraja tarkat bäglär

1) Ich, der von (durch) Gott gottähnlich gewordene Türke Bilge Kîigan, der auf den Thron sich gesetzt, höret mein Wort vollkommen! Meine Familie, meine Oglane, sowie auch meine Enkel, mein Volk, rechts ihr ïsadapît Bege, links ihr Tarkat Bege ...

Noten. R) türk bilgä kagan kann wohl auch als Würde d. h. 'der weise Tttrkenchan' genommen werden. b) Dieses Wort fin- det sich in dreifacher Schreibart vor 1) retouchirter Text bu idni h ) X ^ > 1 , 2) K. a. bu ödke £ ^ x \* > ^ , 3) X. b. bödke 1^ ^ X P ^ . Letzteres dünkt uns die richtige und zwar auf Grund des Verbums olur, ëag. oltur 'sitzen1. Diese Hypothese ist um so plausibler, da böd. welches wir mit 'Thron* übersetzen, der Wortbe- deutung nach als 'Decke1 (vgl. uig. bötür 'Decke, Hülle"; bötürmek 'zudecken*) aufzufassen ist. Bekanntermassen bestand der Act der Krönung bei den Türken darin, dass man den erwählten Fürsten auf einer Filzdecke erhebt, wie dies übrigens in Chiwa noch heute der Fall ist. c) töketi richtiger tökätä 'vollends, vollkommen*, die Gerun- dialform von töhätmäk 'vollenden', (vgl. altosmanisch ^JKyô dökeli 'vollkommen, ganz*). d) Zusammengesetzt aus inji und htm; ersteres kommt im Cagatischen in der Form von inci (^$\3|) als 'Frau, Dame* vor, letzteres ist das schon früher erwähnte Collectivum. injikün bedeutet eigentlich 'die weibliche Familie*, ein Wort, dem sich das darauf folgende oglanlm 'männliche Mitglieder* anreihet. ,:) ogus 'Enkel'; Radloif schreibt ugus und übersetzt es mit 'Vasallen*, indem er wahrscheinlich es von uk 'hören', folglich 'hörig', ableitet;

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doch in solchem Fall« müsste eB ukuX, nicht uau* stehen. 0 'Isadnpit dönkt mir eine ugrische Pluralform von Uad-apa 'Vater îsad' zu sein, ebenso wie alpagut, welches ich von alp 'Held* und aka 'Va- ter*, ebenfalls in der ugrischen Pluralform, ableite. ») tarkat scheint aus tarhanat entstanden zu sein.

2) Tokuz Ognz bägläri budunl bu sabtnün edkütä aéid katîkda») tinlä ilgäru kün togsukta bärigeru ktin ortusi- naru kurlgaru ktin batsîkîna jîrgaru ktin ortusînaru onda iöräki bndun kop mana körtir man bunöa budun

2) Ihr Bege und Volk der Tokuz-Oguz! dieses mein Wort höret wohl und horchet fest! Vorwärts gegen (Osten d. h.) Sonnenaufgang, rechts gegen Süden d. h. Mittag, rückwärts gegen Westen d. h. Sonnenuntergang, links gegen Norden d. h. Mitternacht ist das dort befindliche Volk mir hörig. Ich habe so viel Volk

Noten. •) das ta, ta bei edkü, und kat)k, ein Conjunctiv, ent- spricht dem osm. da, de, dö, 'und'. Vgl. eji de dogru da söjle 'sprich wohl und wahr. Die Leseart ädküti und kattgdi, die R. und Tb. gebrauchen, ist daher nicht richtig.

3) kopätdim ol mati ajig jok ») tiirk kagan Üttikän jié olursar b) iltä bun c) jok ilgärü Sandun jazika tag! stiledim talujka d) kioig tägmädim birgärü Tokuz Ärsänkä tägi sule- dim Ttiptitkä kiöig tägmädim kurlgaru Jincü ügüz

3) in Ordnung gebracht, und wenn jener (ein) starke und sorglose Chan im Utükän-Walde sitzt, so hat das Land keine Grenzen, (üess- halb) bin ich mit dem Heere vorwärts bis zur Sandun-Ebene gezogen, bin beinahe zum Meere gelangt, nach rechts bin ich bis nach Tokuz-Ar- sän gezogen, kam in die Nähe von Tibet und rückwärts den Incü-Fliux

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Noten. ■) ajîg jok wird von Radioff mit 'Schlauheit nicht besitzt1 von Thomsen mit 'sans civilisation* übersetzt. Ich halte dieses Wort identisch mit dem ëag. ^j>) ajik 'Nüchternheit, Wach- samkeit, Aufmerksamkeit', und übersetze ajlg jok, rectius ajîgi jok, mit 'sorglos, unachtsam1. b) Die Construction jU olursar 'wenn er im Walde wohnt* ist allerdings mangelhaft, denn es müsste jUda 'im Walde* heissen. c) Bezüglich der Bedeutung des Wortes bun stimme ich gewissermassen mit R. überein, doch nicht mit seiner Auffassung bezüglich deB Satzes, bun-suz heisst hier allerdings 'grenzenlos*, doch nicht im Sinne einer qvantitativen Bedeutung. Was bun 'Ende, Grenze* anbelangt so vgl. fcag. banal, bunal 'sehr alt werden, altersschwach werden*; bon 'schwachsinnig*; vgl. ferner das magy. vég (mg) 'Ende*, vén 'alt*. d) Unter taluj 'Meer* kann, nach der geographischen Andeutung von einer Berührung Tibets, dessen Gren- zen zu jener Zeit weit nach dem Norden gereicht haben, doch nur der Balchas-See verstanden werden. Der Balchas wird noch heute hier nicht kül 'See* sondern tinü 'Meer* genannt; doch scheint letz- teres Wort bei den ältern Türken nicht bekannt gewesen zu sein.

4) käöä tämir kapïgka tägi sülädim jirgaru jarin jarku ■) järinä tägi sülädim bunöa jirkä tägi joritdlm Ötükän jläda jag b) idi jok armlâ il tutsuk jär Ötükän jifi ärmiö bu jirdä olupup tapgaÖ budun birlä . .

4) überschreitend habe ich bis zum Eisernen Thore Krieg geführt. Links bin ich bis zur Öffnung des Abhanges gezogen. Bis nach so vielen Orten bin ich gezogen (ziehen, gehen lassen). Im Ötükän Bergwalde gab es keinen guten Herrn, (doch) war der Ötükän Berg- wald der Ort, wo ein Land (Volk) regiert (beherrscht) werden kann, (daher) an diesem Orte mich niederlassend (sitzend, d. h. verbleibend) sich mit dem chinesischen Volke . .

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Noten: ■) R. und Th. lesen jär und jir-bajurka. Ich halte mich an die im retouchierten und unretouchierten Texte befindliche > 4> H M T 9 .iarifl jarku oder jaruku unzweifelhafte Schreibart und übersetze diese Wörter mit 'Mündung oder Öffnung des Abhanges', indem ich in demselben das türk. jar 'Abhang1 und jaruk 'Spalte, Öffnung' vermuthe. Natürlich halte ich diese Wörter mit dem in K. und X. (Mom. I. Coté de l'Est) Zeile 34 befindlichen jir bajartüi für nicht identisch. b) jäg idi 'guter Herr', nach dem uig. jek, welches im Kudatku Bilik mit dem persischen jCö nik 'gut' interpretiert ist und idi 'Herr'.

5) tüzültim, altun kömttS asîg äti ■) kutaj bunsuz anöa birür tapgaö budun sabi süöik agisî jimâak ärmiö, süöik sabin jimâak agin arîp h) Irak budunug anöa jagutir ärmiä, jagaru kondukta kisrä ajig bilik anda öjür ärmiä c)

5) mit dem chinesischen Volke mich ausgesöhnt. Des soviel zahlloses Gold, Silber, Werthsachen, Seiden gebenden chinesischen Volkes Wort war süss und seine Spenden zart (weich), mit diesen süssen Worten und zarten Spenden erweichend haben sie das ferne Volk an sich gezogen, und nachdem das Volk sich in der Nähe nie- dergelassen, haben sie den Sinn und den Verstand desselben verdreht.

Noten. äsig äti richtiger asig äti 'Nutzsachen, Wertsachen' von asig 'nützlich' und ät 'Habe, Gut1. b) ar\p 'erweichend* von armak, heute ärmäh 'aufthauen. schmelzen', d. h. 'reif oder weich werden'. Vgl. buz ärdi 'das Eis ist aufgethaut, geschmolzen', jämis ärdi 'das Obst ist reif geworden'. Radioffs Ubersetzung 'auszeich- nend' ist keinesfalls statthaft, hingegen nähert sich Thomsen mit Vinsinuant' sehr der eigentlichen Bedeutung. c) öjür ärmü ' verdreht' vom Verbum öjürmek 'verdrehen'. Vgl. cag. ögürmeJc 'verändern'. ögün 'verschieden, anders'.

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6) Edkti bilgä kiöig edkti alp kiâig bu aritmaz *) ärmiä, bir kiôi janîlsar oguôî buduni bièukinâ b) tägi kidmaz armiâ sixôik Sabina jimäak agîshîa arturup öküö türk budun öltig tüpk budun Ölsegin biräjä Cogaj c) jîâ tukeltin.

6) Den guten weisen Mann, den guten tapferen Mann hat dies (dieser Umstand) nicht erweicht. Wenn jemand sich jedoch irrt, so schont er selbst die Erfahrenen seines Volkes und seiner Nachkom- men nicht. Durch die süssen Worte und zarten Spenden erweicht (verleitet) seid ihr viele Türken umgekommen (gestorben). Oh Türken- volk, dies ist dein Verderben! (Und sagtest du tisär Zeile 7) gegen Süden vom Ende des Bergwaldes öogaj.

Noten. a) Vom Verbum amiak haben wir noch zwei andere Formen aritmak und arturmak, die insgesnmmt unsere in vorgehen- der Zeile angeführte Übersetzung bekräftigen. b) Mir dünkt die Lese- art bisük, pimk 'gekocht, gereift' als die richtige. Ob die türkische, bildliche Redensart pi&miS kiU 'ein erfahrener Mann' vom persichen merdi pachte, 'reifer, gekochter Mann1 abstammt, wäre schwer zu beweisen; doch dass der Ausdruck pismu hin häufig gebraucht wird, steht ausser Zweifel. c) Ich halte Öogaj für den Namen des Bergwaldes.

7) oza") konajin tiser türk budun ölsikig anda ajig kisi anöa busgurur b) armiâ Irak ärsär jablak agi birür tip anöa buägurur b) ärmiö bilig bilmäz kiôi ol sabig alip jagru barip öküS kiôi öltüg.

7) Weiterziehend will ich mich niederlassen, so bist du, oh Türkenvolk, im Sterben. Dort haben selbst nüchterne Leute sich so sehr betrübt „Wenn fern, giebt er (Chinese) schlechte Spenden, wenn nahe, giebt er gute Spenden" sagend haben sie sich so sehr betrübt. Unverständige Leute haben dieses Wort (Rede) angenommen, und nahe kommend seid ihr viele umgekommen.

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Noten. *) H. und Th. losen jiwï 'Ebene'; ich halte mich an den Text wo (XX, 1 K. a. Zeile 7) ganz klar ^ > oea zu lesen ist, welches ich für identisch mit dem ozamak 'lang werden, sich ausdehnen, weiter ziehen' halte. b) busffurur ist nicht zu verwechseln mit dem uig. box 'zürnen*; der Verbalstamm ist hier bwi, von wel- chem butgurmak 'betrüben, unglücklich machen' abstammt. Vgl. cag. j-UiU^ Imsurgatmak 'sieh betrüben', von èeich Suleiman mit v_Sx—}«vJo, O^of *-JL> übersetzt.

8) Ol jirgärü barsar türk budun öltäöi sän Ötükän jir olurup arkïé tärkiä ll) isär n an bunag b) jok Ötükan jié olur- sar bänkü il tuta olurtaöi sän türk budun tokarkak c) sän aösak tosak ömäz sän bir todsar aösak ömäzsän d) anda- grinln

8) Wenn du gegen jenen Ort hinziehst, oh Türkenvolk ! so bist du ein Sterbender, wenn du aber am Otükän bleibend, im Otükän Bergwalde, wo es keinen Handel und Wandel, keine Wohlgerüche und keine . . . giebt, dich niederlassest, so wirst du ewige Ruhe (Frieden) halten können. Du Türkenvolk, du bist stark gesättigt, du bist nicht bald satt, bald hungrig, (denn) wenn du einmal gesättigt bist, wirst du nicht mehr hungrig. Deines Soseiens

Notm. ») arkU tärkU 'Handel und Wandel', arkli, uig. ' Ka- ra vane', bedeutet eigentlich 'Vermittelung, Verbindung' und tärhü Angliederung, Anknüpfung, Gesellschaft' (sieh Glossar). b) isämäng dünkt mir ' Wohlgerüche', eigentl.' Parfum- Waaren', von isämeh 'riechen', isär 'riechend' und nänq 'Gut, Habe'. Die Annahme Radioffs und Thom8ens von einem ursprünglichen idsar, ein Subjunctiv von ïj, H 'schicken' dünkt mir allzu kühn und passt keinesfalls in dem Satze, wogegen ich der Hypothese isär-näiiy (cag. islär-mime) 'wohl- riechendes Ding* den Vorzug gebe. '•) Das Wort buiiag ist mir ganz

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unverständlich; es bezieht Rieh wahrscheinlich auf ein Ohjeet, dem' im Verein mit den aufgezählten Vortheileu, die das Wohnen in der chinesischen Kulturgegend bietet, hier Ausdruck gegeben werden soll, und kann mit buii 'Sorge5 nicht in Zusammenhang gebracht werden. R:s Ubersetzung „der keine Sorgen (verursachenden) Waaren hat, die man mit Karavanen versendet" sowie auch die Thom- 8ensche Ubersetzung „on il n'y a ni richesse ni chagrin" ist daher keinesfalls zulässig. c) tokarkak r| r| H $ ist in der vorlie- genden Form räthselhaft; doch im Zuzammenhange mit dem nächst- folgenden Satze ist zu vermuthen, dass wir hier mit einem Schreib- fehler zu thun haben und zwar sollte es tohartak, tokartuk von tokar- mak 'sättigen* heissen, indem an der Stelle des ersten r| k ein h t stehen sollte. d) ömäzsän ist eine auffallende Form, da ^l+J imäz von ^Lo^j! irmäz zu den neuern Gestaltungen des Hilfszeitwortes gehören.

9) üöün ägidmiä") kaganlnin sabm almadln jir saju bardig kop anda alkindig b) ariltig anda jir saju kop tum ölü c) jorijop ärtig tanri jarlikadukin tiötim özüm d) kutum bar ttöün kagan olurtum kagan olurup

9) wegen (weil du so gewesen d. h. nicht zufrieden gewesen) und deines erwählten Fürsten Wort nicht genommen (befolgt), bist du die Erde entlang (d. h. nach allen Richtungen) hingezogen, dort bist du matt geworden und herabgekommen (mager geworden) und überall verweilend bist du leblos herumgewandert. Doch weil (iott mir gnädig gewesen und weil ich Verstand und Glück habe, bin ich Chan geworden, und Chan werdend

Noten. *) Vgl. den Ausdruck chan kötürmek 'einen Chan wäh- len' d. h. erheben, in welchem Sinne auch äyidmis hier zu nehmen ist. b) alkintnak von aluk, uig. ali 'nieder', der concrete Begriff von

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alkhimak, ist daher 'sich erniedrigen*. c) ölü ist gleich turu, joru, Itartl etc. eine (ierundialfonn von öl 'sterben*. d) öz, der wörtlichen Bedeutung nach 'Mark, innerer Werth*, auch 'Herz, Muth\ Vgl. Lu- gati Cagatai von Seich .Suleiman S. 32 a.

10) jok öigaj budunug kop kobartdïm dïgaj budunug baj kildim az buduiiug ögüä THidîm azu bu") sabîmda igid bargu h) ttirk bäglär budun bunï ä&din türk ... op il tut- sakïnîn bunda urtum janilip ölsäkinin jimä

10) Das dürftige und arme Volk habe ich erhoben, das arme Volk habe ich reich gemacht, das wenige Volk habe ich viel gemacht. Ihre türkischen Bege, die von diesem meinem Worte Helden werden müssen, und du Volk, höret dieses! . . ., wie du als Volk dich gesam- melt, habe ich hier (in Schrift) eingehauen, wie du in Irrthum ge- fallen, dem Untergange nahe gewesen, das alles

Note?i. ') azu Im, nach R. az-buf ist, wenn nicht fehlerhaft geschrieben, eine ältere Form von ià-bu, os-bu 'manchmal' oz-bu 'die- ses hier'. Dieser Form am nächsten steht die magy. az Artikel 'jener, ez 'dieser*. b) In bargu vermuthe ich den Verbalstamm bar 'gehen1 und das Nomen verbale gu, ku. igid-bargu würde daher wörtlich heis8en 'zum Helden machen*.

11) bunda urtum n an nän ■) sabim ärsär bänkü taäka urtum anar körti biliii türk mati budun bäglär bödke körügmä janiltacisin . . . kaganda bädizöib) kälürtüm bä- diztim mänin sabimin simadi.

11) habe ich hier eingehauen. Alles was ich zu sagen hatte (was raein Wort war) habe ich auf diesen Gedenkstein einhauen lassen. Auf (diesen .Stein) schauend, wisset. Du tapferes Türkenvolk

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und Bege, ihr pflogt dem Throne gehorchend in Irrthum zu verfallen! Vom chinesischen Chan habe ich einen Steinhauer kommen lassen und eingraviert. Er hat mein Wort nicht gebrochen.

Noten. *) nän nän 'alles was, was immer' entspricht dem 6ag. ^ ^ ni ni oder x+jj n+jj nimä nimä. b) bädizci 'Steinhauer, eigentl. 'Bildmacher', vom Stamme bet 'Gesicht, Form, Gestalt, Farbe'. Letztgenannte Staramsylbe ist nicht zu verwechseln mit bit, dem Verbalstaram von bitmek 'schreiben', dessen Etymon mit bic 'schnei- den', verwandt ist. Vgl. jaz 'schreiben' mit jar, jir 'spalten'.

Bis hierher habe ich meine anspruchlosen Bemerkungen auf den vollinhaltlichen Text, wie solcher in der Radioffsehen und Thomsen- schen Arbeit vorliegt, ausgedehnt. Von da weiter aber finde ich, dass der von den gelehrten Entzifferern gebrachte Text an vielen Stellen von hypothetischer Natur ist, denn es fehlen nicht nur ein- zelne Buchstaben, sondern ganze Wörter, ja halbe Zeilen und eine Textkritik wäre nur dann gerechtfertigt, wenn man, abgesehen von den vorliegenden Copien, in den Originaltext der betreffenden Monu- mente selbst Einsicht nehmen könnte. Da mir dieses aber unmöglich ist, so werden meine Bemerkungen nur auf einzelne Wörter oder Sätze des gegebenen Textes sich erstrecken.

X (Monument II, Coté de l'Est II. 18).

24) Oglin jutasîn jîlkisîn barimln anda aldïm 'seinen Sohn, jutas oder juta und sein GeBtüt habe ich dort genommen'. R. und Th. Obersetzen oglm 'seine Söhne', trotzdem dies nur im

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Singular steht. Das unbekannte jutas od. juta, welches dreimal vor- kommt, und zwar immer bei Aufzählung der Beute nach oglln, kann möglicherweise auf das weibliche Geschlecht der Familie sich bezie- hen, da ähnliche Anreihnngen auch anderswo vorkommen, namentlich wo vom Untergang der Familie die Rede ist. Vgl. uri oglhi kfd süik kizhi küfi kildi 'er hat seine Jünglinge zu Sklaven und seine reinen Jungfern zu Sklavinnen gemacht'. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, d. h. sollte jutas oder juta an jllkl 'Gestüt* und barlm 'Vieh', sich anreihen, so müsste unter diesem Worte irgend eine Thiergattimg verstanden werden. jW übersetzen R. und Th. mit 'Pferde', wörtl. sollte dies heissen 'Gestüt'.

25) Un tutuk bäS ttimen SU kälti übersetzt R.: „ein Heer der Chinesen von 5000 Mann unter Anführung des Ung Tutuk", das viel zu kühn ist, da vom Worte 'Anführung' im Texte keine Spur ist. Th. war vorsichtiger und hielt sich streng an den vorliegenden Text. Der übrige Theil dieser Zeile ist infolge des lückenhaften Textes unverständlich, und sowohl die vorgeschlagenen Ergänzungen als auch die Ubersetzung dünken mir viel zu gewagt.

26) sönüg batiml karig söküpen. Sieh Note zu Zeile 35 in K. und X.

31) susin anda sanötim jabritdim übersetzt R.: „schlug ich ihr Heer und zerstreu ete es". jabrUmak wäre richtiger jaltarUmak 'vereiteln, zu Grunde richten' von jolta 'schlecht'. Thomsens Über- setzung 'défis' ist daher vorzuziehen.

32) ilki und akin su 'erstes Heer, zweites Heer' nach R. und Th. Wie äkin, richtiger ikin. hier als Ordnungszahl genom- men werden kann, ist mir um so weniger begreiflich, da R. (Seite

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71, Neue Folge) dieses Wort für ein Zahladverbinm hält, ein Irrthnm, von dem wir an anderer Stelle schon gesprochen, vc oguz süsi bail ölii, jadagl baz boltl täp algal i käldi 'das Heer der Üf-Ognz sprach: „Ihr Vieh ist gestorben, ohne Pferde sind sie kampfunfähig und ka- men (uns) zu unterwerfen"'. So liest Radioff diesen Satz, während Thomson uc oguz süsi basa kälti, jadak jabïz IMi tip allgVi käldi 'Trois armées ogouz vinrent nous attaquer. En disant: „Iis sont de- venus sans chevaux [littér à pied] et faibles ils vinrent nous prendre"'. Schon aus dieser divergierenden Leseart muss die Unsicherheit des Textes ins Äuge fallen und die Nutzlosigkeit einer kritischen Unter- suchung im Voraus klar legen. Aber selbst im Falle, dass wir die eine oder die andere Leseart gutheissen Wörden, wäre noch an den Ubersetzungen so Manches auszusetzen. So z. B. kann baSl öldi nicht als 'ihr Vieh ist gestorben* übersetzt werden, denn bas wird als 'Vieh* nur bei Zahlen gebraucht, z. B. tört ban ücün jir bar dur 'es giebt Raum für vier Stuck (Vieh)' aber der Ausdruck bat öldi (Stück ist gestorben') ist ungebräuchlich. Ferner begreife ich nicht, woher Radioff den Sinn „ohne Pferde sind sie kampfunfähig" genommen? Nach der wörtlichen Bedeutung konnte man besten Falles jadagl baz boUM 'ihre Fussgänger sind friedlich geworden* übersetzen. Auch die Übersetzung Thomsons ist zu beanstanden, jadag jalftz bolal kann nicht heissen „ils sont devenus sans chevaux pied) et faibles", denn jabïz, ßag. javuz, oam.jauz heisst 'stark, ausserordentlich, heftig grimmig', sahar oder siiiar süsi übersetzt R. : 'Eines von zweien der Heere' und bezieht auf das alt. sanar, saar, sarî, welches in der alt. Grammatik S. 248 mit 'die Hälfte eines Paares*, namentlich Augen, Füsse, Ohren, Hände, übersetzt ist. Es dünkt mir daher fraglich: ob dieses auf ein Gliederpaar bezügliche Wort auch auf zwei Armeetheile anzuwenden sei? Meiner Ansicht nach ist sanar mit f-ag. sangarak 'Innere, Kern' (Lugati Cagatai S. 183 a.) ver- wandt und sanar süsi muss hier als 'Kerntruppe' betrachtet

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werden. Th:s 'armée envahissante1 nähert sich dieser Auffassung. julgcdi 'um zu plündern' (nach R. und Th.) dünkt mir eine allzu kühne Übersetzung, denn der Verbalstamm jol, jul bedeutet pflücken, ausreissen, glätten', auch 'eindringen, übersetzen (einen Fluss)', daher das turkomani8che olum (ältere Form jolum) 'überfahrt, Passage'.

33) Män änilgrü bunöa baôlaju übersetzt R.: -Ich habe nicht aus »Selbstsucht oft anführend" indem er änlig für 'streben, wün- schen' d. h. das selbstsüchtige Streben der civilisierten Chinesen hält. Dem gegenüber ist Thomsons Auffassung entschieden vorzu- ziehen, da der Originaltext p^Yi^hrf^die Leseart män in ilkä 'ich zuerst' (richtiger 'am allerersten') lieber empfiehlt.

34) Ödsäg" ötüläg küö, wie R. üest, ist im Texte der In- scriptions nicht vollständig zu finden, denn dort steht f ^ ki anstatt

P ^ kiiö. Auch ist R:s Übersetzung „durch zeitweilige Machtu eine sehr gewagte zu nennen.

35) kagan kuti tapîklamadï (bei Th. tapUwiadl) ist sowohl in der Leseart als auch in der Übersetzung gewagt, denn erstens sind in den beiden Textausgaben mehrere Buchstaben als Ergänzung eingeschoben, und zweitens ist der Sinn der Radloffschen Übersetzung „oben den Himmel, das geweihete Jersub und unten das Glück des Chans ehrten sie nicht" ganz unverständlich.

36) Abgesehen von grösseren Lücken im Texte fehlen bei vielen Wörtern mehrere Buchstaben. Mir dünkt die Erörterung solcher Stellen ein ganz nutzloses Bemühen, und als Beweis will ich nur anführen, dass R. bu järdä maùa kur bolti bei dieser Gelegenheit ward mir der (hohe) Rang', Th. hingegen bu jirdä rnaiia kul boldi 'dans ce pays ils devinrent mes esclaves' gelesen hat.

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37) karagin kisîlta heisst Men Blick, den Sehkreis beengend* von karag 'Auge, Blick1 und kïsÏÏtmak 'beengt werden*. Warum R. kurgan 'Festung' liest ist auffallend, da dieses Wort anderswo mit y o vorkommt. Th. liest karag, übersetzt es aber mit 'pillage'.

39) Im Satze jalbaci ädgü sab! ötügi kälmäz übersetzt R. das Wort ötügi mit 'Nachricht1 und Th. mit 'demande1. Mir dünkt ötüg 'Entschuldigung'. Vgl. ötiinmek 'sich entschuldigen'.

40) Tudun jamtar hat R. ganz richtig 'den Tudun Jamtar übersetzt, und Tudun für die Bezeichnung einer Würde gehalten. Tudun war bekanntermassen ein Titel des seitens der Awaren am Hofe Karls des Grossen erschienenen Gesandten und ist seiner Wort- bedeutung nach mit dem modernen Achond (aga chonde) 'Belesener' und ülerna' Gelehrter' identisch, denn tudun stammt vom Verbalstamme tud, tuj, duj 'wissen, erfahren'. Vgl. magy. tud 'wissen'. Es ist jedenfalls interessant, dass diese Würde bei den Türken im fernen Osten und Westen bestanden hat. Ausser Tudun sind noch zwei andere Würdennamen durch byzantinische Quellen zu uns gelangt wie a) Bo- kolavra (BoxoXctfacc bei Teophilactus S. 47) eine Verdrehung des türk. böküler, da die Griechen das ö, ü nicht aussprechen können, von bökü, bügü, böjü 'Zauber, Zauberer , b) Jugur, richtiger jagur, jaar, von jagurmak, jaurmak 'prophezeien', folglich ein 'Wahrsager'.

41) Das nach kälmädi stehende Wort liest R. an? inzitäjin, wobei ich nur bemerken möchte, dass das supponierte inzitmäk nicht 'bestrafen', sondern 'beleidigen, beschädigen' bedeutet.

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R. X. a. Neue Folge; Th. du Sud (Inscriptions S. 20).

Dieser Theil der Inschriften gehört zu den lückenhaftesten, da hei einzelnen Zeilen viele Wörter fehlen; ja in Zeile 4, 5, 6 besteht der ganze Text nur aus ein oder zwei Silben. Der Devinationsgabe ist ein grosser Spielraum gelassen und eine kritische Beleuchtung kann nur bei Zeile 7 begonnen werden.

5) Balbal kilu birdim möchte ich nicht „j'eu fis faire les ceremonies funèbres" übersetzen, wie dies Thomsen thut, denn kilu birdim heisst 'ich habe allmählig gemacht*. Aus dem Unterschiede, welcher zwischen balbal kUmak und balbal Hhnäk besteht, wird er- sichtlich, da8s die Anfertigung des Balbals in eigener Person besorgt worden ist.

8) ku sänün baâdu (R. liest kug-sänün). baMu übersetzt R. 'unter Anführung' und Th. 'conduit', was mir nicht ganz ein- leuchtend ist, denn die Form basatniak, woraus basatu oder baàtu abgeleitet werden könnte, ist mir unbekannt. Thomsen vergleicht basât (Note 10) mit jokat 'vernichten1; doch während letzteres unter der Form jok-etmek 'vernichten* gebräuchlich ist, mttsste bas-et im Sinne 'an die Spitze stellen' genommen werden.

11) jog (jug) jlparig, bei R. mit 'Begrab nisgeräthe, bei Th. mit 'Muse* (moschus) übersetzt. Letztere Auffassung hat viele Wahrscheinlichkeit, denn jtpar, cag. ijbar, ipar, ist im Lugati Öagatai mit jCiuc yJ^ ('Moschus, Aloe, Ambra') übersetzt.

Vgl. inagy. gyopàr 'Ruhrkraut, Papierblume1; jedenfalls eine Pflanze, die bei der Leichenfeier in Anwendung gekommen zu sein scheint - gleich dem irwam (mag)', üröm) 'Wermuth, Stabwurz' dessen Pallas bei der Beschreibung des Schainanenkultus erwähnt.

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12) ÖZläk atin 'das beste Pferd'. Vgl. rag. öz 'beste. Kern, Inneres', özl'ik 'special', folglich hier eine Art Leibpferd. kup koti übersetzt R. mit „legten sie Gebete lesend nieder" hier scheint das Erste dieser Zeitwörter mit komak 'niederlegen' und das Zweite mit kotfkojjmaJi 'lassen, liegen lassen' identisch zu sein, kop koti bedeutet daher 'niederlegend zurückgelassen'. Die Sitte bei Trauer- cercmonien sich die Kleider zu zerreissen kommt bei den Nomaden auch heute noch vor. Vgl. den Ausdruck iistü-bas) jlrtlk 'im elen- den Zustande', wörtl. seine Kleider und Kopf zerrissen'; ferner den Umstand, dass die Kumanier der XIII. Jahrhunderte in Ungarn dem päpstlichen Befehle, sich die langen Haare abzuschneiden, so hart- näckig wiedersetzen, da sie in diesem Kopfschmuck, wodurch die Petschenegen sich besonders hervorgethan hatten, das Zeichen der Macht und des Ansehens erblickten.

14) ärtänü, das in den Inscriptions, Zeile 44, anders geschrieben ist als am Anfang der Zeile 43, dünkt mir zu gewagt mit uig. är- täm 'Verdienst' in Zusammenhang zu bringen und ihm auf Grund dieser Etymologie die Bedeutung von 'huldigen' geben zu wollen. (Sieh Glossar).

15) mag ätti 'hohes Lob dargebracht' nach Radioffs Über- setzung, indem er mag 'Lob' mit dem bekannten makta 'Lob' und maktamak 'loben, preisen' in Zusammenhang bringt. Möglicherweise ist dies richtig; doch kommt das Stammwort mag im Türkischen nicht selbständig vor; auch im Magyarischen findet sich nur mag-as 'hoch' und mag-asztal 'loben, erhöhen, preisen'.

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Die kleinen Inschriften.

1) K. I (Coté dn Snd-Onest I SW). In dieser infolge grösserer Lücken unlesbaren Zeile sind blos einige Wörter wie kül- tägin altunin kömiäin agîsîn und am Ende bitdim jollig tägin lesbar. Ausserdem variiert noch der von R. und von den Inscriptions gebrachte Text au vielen Stellen, und eine Ergänzung der fehlerhaf- ten Stellen ist jedenfalls ein gewagtes Unternehmen.

2) K. II (Coté du Sud-Est I SE). Hier ist der Text Radioffs dem der Inscriptions vorzuziehen:

Bunöa bitig bitigmä Kültägin ätisi •) jolug tägin bitidim jigirmi ktin olurup bu taâka bu tamka b) kop jolug tägin bitidim. Igarc) og-laninizda tujguninizda d) jägdä0) ägidür ärdigiz uöa bardigiz tanri tirig ädküda ')

2) Soviel Schrift schreiben habe ich, Jolug tägin, der Anver- wandte Kültägins, geschrieben. Zwanzig Tage verweilend (sitzend) habe ich dieses Zeichen (Siegel) setzend es geschrieben. Euere ge- sammten Helden und Priester habt ihr im Guten empor gebracht. Ihr seid gestorben, bis Gott wieder euch lebendig macht . . .

Noten. a) ätisi, welches Th. mit 'Cousin* (?) übersetzt, halte ich in Übereinstimmung mit R. für 'verwandt', und zwar dünkt mir dieses Wort mit ät 'Körper identisch; ätisi 'sein Körper wäre daher eine Bezeichnung der Verwandtschaft im Allgemeinen, ebenso wie kardas (von karnda* 'Bauchgefährte') 'Bruder und Verwandte im Allgemeinen' bedeutet. Es ist bekann term assen in Verbindung mit den einzelnen Körpertheilen, wodurch im Türkisehen verschiedene Freundschaftsgrade ausgedrückt werden. Vgl. osm. arkada* 'Genosse* (arka 'Rücken und das •Gefährte1), cag. koldaS* Begleiter1 (koV Arm ). kirg. imelda* 'Busenfreund' (tmel Busen'), bejdâs 'Freund' (kirg. pnj

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'Kopf). Letztgenanntes Wort existiert im Osmanischen in der Form von kafadar {Jcafa 'Kopf, Schädel1) und auch im Persischen figuriert es als Lehnwort, nämlich padat, welches irrthümlich mit dem persi- schen paj 'Fuss' in Zusammenhang steht. b) R. übersetzt Ini tamka 'auf diese Wand', uneingedeuk dessen, dass schon früher hu taSka 'auf diesem Stein* als Schriftort steht. Auch ist nicht zu übersehen, dass tarn 'Wand. Mauer, Dach' eine neuere Form des altern thn, tum 'ein geschlossener Bau, Bazar, ein mit Kuppel versehener Bau' ist. c) igar, das R. mit 'herabsinkend' (in der Note „mir sich zunei- genden"), Th. hingegen mit 'fidèle1 übersetzt, leite ich von )gmak 'sammeln' ab, und es bedeutet 'gesammt'. d) Wenn ich nicht irre ist tujgun der Bedeutung nach mit tudun identisch und stammt von tuj, (eine neuere Form von lud 'merken, fühlen, wissen1) und dem Affix gun, gin. Im Öag. bedeutet ^jyiuyï tujgun 'Falke' und möglicher- weise steht dieses Wort hier bildlich für 'Held'. Vgl. diesbezüglich bei den Südslaven sohol 'Falke' und 'Held', so auch im Türkischen arslanhn 'mein Löwe, mein Held'. e) R. liest äkig-dä welches er in Zusammenhange mit dem nächst folgenden ägidür 'erhöht' übersetzt. Th. liest jigädi oder jigdä. Ich halte mich an den Text der In- scriptions wo i X $ 9 jdgdä steht und übersetze dies Wort 'im Guten' von jäg 'gut'. f) tirigdäkicä ist unverständlich und ich schlage die Leseart tirig ädkücä 'bis er belebt', oder 'ins Leben ruft' vor, da möglicherweise das der vorletzten Silbe ursprünglich ein P ü gewesen sein mag. Sollte diese Leseart die richtige sein, so kann in der Religion der Alttürken der Glaube an die Auferstehung angenommen werden.

K. III (Coté du Nord-Est).

3) Ktiltägin koj jilka jiti jigirmikl uöti tokuzunö aj jiti otuzka jug ärtürtimiz barkin, bädizin bitik tasin biöin

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jilka jitinc aj jiti otuzka kop . . . ktiltagin . . . kirk artuk jiti jaâik . . . bunöa bädizöig . . . iltäbärig kälürti.

3) Kültagiu starb im Schafjahre am sieben und /wanzigsten, im neunten Monat am sieben und dreissigsten haben wir das Todenfeier eintreten lassen, den Hau, die Skulptur und den Schriftstein ... im Affenjahre, im siebten Monat, am sieben und dreissigsten setzend . . . Kültägin . . . sieben und vier/ig Jahre lebend (?)... soviele Bildhauer . . . ilteber hat gebracht (?).

Noten. Diese Aufschrift ist infolge der zahlreichen Lücken von R. und von den Inscriptions in einer verschiedenartigen Leseart gebracht, die Übersetzung ist daher zweifelhaft und eine kritische Unternehmung nur schwer zulässig. Nur bezüglich des Verbums ür- tiirmäk, welches R. mit 'einrichten', Th. mit 'faire' übersetzt, möchte ich bemerken, dass die Bedeutung 'eintreten lassen, an- langen lassen', da der Verbalstamm ärmäk ist, zweckentsprechen- der wäre.

K. c. (Coté de 1'OueBt). 1) Inanöu apa jargon tarkan ärti . . .

1) Der Tarkan .largan war Inancu Apa . . .

Noten. Inan'u mag der Name einer Würde sein, etwa in der Bedeutung 'Vertraute' sowie mehrem bei den moslimischen

Türken; wörtl. 'Vertraute', denn inanc heisst 'Glaube, Zutrauen'. Der eigentliche Personenname hier ist Jargan und tarkan, das spatere tarchan ist eine Bezeichnung des Ranges.

2) Infolge der zahlreichen Lücken mit Ausnahme einiger Worte wie cücig birttik Üöün bilgä kagan unleserlich und unver- ständlich.

[Es finden sich ausserdem bei RadlotT (Die alttürkischen In- schriften der Mongolei. Neue Folge. St. Petersburg 1897), noch

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andere kleine Inschriften, die er auch in seinem Werke anführt; doch habe ich dieselben mit Hinblick auf den äusserst lückenhaften Text unberücksichtigt gelassen.

K. a. und X. b. (Coté du Sud I S und Coté du Nord

1-8).

a.

12) adinöig bädiz 'Verzierungen, Sculptures1. Dass bädiz im Sinne von ' Bildhauerei' aufzufassen sei, ist ohne Zweifel, was aber adhicjg bedeute, und warum R. dieses Wort hier unübersetzt gelassen, im Glossar hingegen es mit 'verschiedenartig^ übersetzt, ist mir nicht ganz einleuchtend, adin, uig. atin, (im Kudatku Bilik mit j»Jlc trans8cribiert) entspricht dem westtürkischen ajri 'anders, verschieden, getrennt', daher uig. atirmak, osm. aßrmak 'sondern, auswählen, trennen1, doch was die Verkleinerungssilbe clg hier be- deuten kann, ist schwer zu verstehen? Mir dünkt die Leseart dieses Wortes im Allgemeinen sehr zweifelhaft, denn ich finde das Wort adhiclg in der Helsingforser Ausgabe (Seite 91, Zeile 64) nur einmal in der Form Y $ was schwerlich als acttnclg gelesen werden kann, und wenngleich in der Kadloffschen Ausgabe (Tafel Ol, Zeile Y $ $ f% steht, so kann dies eventuell auch adancîg (?) eden- cig (?) gelesen werden. Ferner ist zu erwägen, dass während Th. auf Grund des Textes der Inscriptions auch adînclg bark liest, finden wir bei R. tos bark und nur beim zweiten adlnclg stimmen beide Forscher iiberein. Mit adln, atin 'verschieden' kann dieses Wort keinesfalls in Zusammenhang gebracht werden, möglicherweise jedoch mit ad)r, 'hoch, Anhöhe', und adirtfg wäre daher 'etwas hoch1. Bäitü-tas 'Denkstein', 'pierre éternelle', wie R. und Th. übersetzen, ist nicht die richtige Bedeutung des Wortes. Den genannten Forschern hat wahrscheinlich das Wort meftgkü 'himmlich, ewig, überirdisch'

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vorgeschwebt; doch ist «lie Anreihung keine richtige, denn bäuü stammt von lm n 'Bild. Muttermahl, Ähnlichkeit1 mit welchem das osm. ben- zemek "ähnlich sein', häiiiz 'Gesichtsfarbe* und cag. mengzemek 'ähn- lich sein' zusammenhängen. Bâïiii-taà heisst daher wörtl. 'Bildstein, statue1.

13) Diese Zeile variiert vielfach in den vorliegenden Texten, die Leseart R:s und Th:s beruht daher nur auf Combination, und es ist nicht zu wundern, wenn die beiden Ubersetzungen jedes zusam- menhängenden Sinns entbehren.

X. b. (II N. 1-8).

Diese Inschrift ist ebenfalls viel zu lückenhaft, um an die Re- 8tituirung eines verständlichen Textes denken zu können. Neu ist die Redensart körün körmädük kulkakun ittimadük 'was mit dem Auge nicht gesehen, mit dem Ohre nicht gehört wurde1. Höchst in- teressant wäre es jedenfalls die in Zeile 11 und 12 aufgezählten Ge- genstände kennen zu lernen, mit welchen der Chan sein Volk beglückt zu haben angiebt (budunuma kazgandim) ; doch können leider aus dem arg verstümmelten Texte nur örh'i körmüsin, kirgaghg kutojin mit Sicherheit herausgelesen werden, während ich bezüglich der übri- gen Ausdeutungen die devinatorischen Anstrengungen meiner gelehrten Vorgänger an Stellen, wo höchsten ein einziger Buchstabe der ver- muthlichen Wörter vorhanden ist, weder gutheissen noch befolgen kann. Zu bemerken wäre nur unter anderen, dass R. bunslz kUmU (Zeile 12) mit 'endlos geworden' hingegen bufish boltacl sän mit 'ungehindert leben1 übersetzt, obwohl er in seinem Glossar bufi 'Grenze' und buùsuz 'endlos' angiebt. Schliesslich sei noch das Wort totina angeführt, in welchem R. die Bedeutung 'Enkel1 (?), Th. hingegen 'descendant1 (?) vermuthet. tat ist ein alttürkisches Wort in der Bedeutung von friedfertiger Mensch, Ansässiger, Unterthan1. Als solches kommt es vor 1) bei den Krimtataren, die die dort angetrof-

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fenen Nachkommen der Gothen mit dem Namen tat bezeichneten. Sieh bezüglich Tomaschek, Die Gothen in Taurien; 2) heisst im Magyarischen noch der Slowak im Norden Ungarns töt, welchen Namen ihm der türkischsprechende Stamm der Magyaren unter Lei- tung Arpads gegeben; 3) giebt das Lugati Cagatai von Scheich Suleiman Seite 98 a. das Wort ^yU tat mit folgender Interpretation türh hükmine girmis olan havmlara dejnür, so werden die der tür- kischen Regierung untergebenen Völker genannt. Von tat ist das Di- minutivum tacik 'der kleine taf, eigentlich ein Zärtlichkeitsausdruck, später die ethnische Benennung der arischen Bevölkerung Mittelasiens, d. h. die Tadschiken entstanden. Sieh ferner den geographischen Namen Tatkend, ein Bezirk zwischen Bochara und Samarkand, der Wortbedeutung nach 'das Dorf der Taf.

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Die alttürkischen Inschriften anf dem Flussgebiete

des Jenissei.

Bezüglich dieser Inschriften sagt Professor RadJofF mit Recht: „Die Entzifferung der Inschriften der Jenissei-Gebietes bot viel grös- sere Schwierigkeiten als die des Orchonbeckens, denn nur wenige dieser Gedenksteine sind sehr unvollkommen bearbeitete Steine, die meisten sind ganz rohe Steinblöcke, auf denen die mit sehr unvoll- kommenen Instrumenten in den Stein gemeisselten Buchstaben sich häufig der Oberfläche des Steines anpassen mussten. Ausserdem aber standen die Verfasser dieser Inschriften auf einer sehr niedrigen Bil- dungsstufe, so dnss nicht nur die Orthographie überall eine schwan- kende ist, und offenbare Versehen und Schreibfehler in Menge auf- stossen, sondern auch der Stil ganz vernachlässigt ist, und manche Inschriften in der Wortstellung grosse Unregelmässigkeiten bieten und oft sogar nur aus unzusammenhängenden Wörtern bestehen/ Es ist, wahrscheinlich mit Hinblick auf diesen Umstand, das der ge- lehrte Turkolog diese sibirischen Inschriften in seiner „Neuen Folge der alttürkischen Inschriften der Mongolei" », wo er Definitives und und Endgültiges liefern wollte, nicht aufgenommen. Er hat in dieser Beziehung auch richtig gehandelt, denn ich finde z. B. dass selbst einzeln«1 Sihriftzeichen keinen festen Lautwerth besitzen. Ich citiere

1 Die alttürkischen Iuschritteu der Mongolei von \V. Radioff. S:t Peters- burg 1895. Seite 300.

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unter andern den Buchstaben O der bald ü, bald >• gelesen wird. So z. B. auf der Inschrift am El e ges ch (U. E.) Zeile /; wo > O H > uruiio und auf derselben Zeile ) 0 rl kasan, folglich ii und .v gelesen wird; auf der Rückseite der Begre-Inschrift (Be. c.) steht 4s ^ ^ > ^ und wird miblma gelesen, wo doch Y entschieden den * Laut repre- sents. Noch stärker tritt diese Unsicherheit bezuglich des Zeichens O hervor, welches z. B. (Ba. Hl) erste Zeile ) ) 0 Y sainm folg- lich als «, Seite 322 (u. Tsch V) vierte Zeile 0 ^ ba$ folglich aJs s, Seite 324 (u. Tsch IX) vierte Zeile in A >M Y > O > (N inandugrac wieder als nd gelesen wird. Auch den £ Laut soll dieses Zeichen representieren, zusammen daher vier Laute, als it, x, nd, s. Die grösste Schwierigkeit bietet natürlich die Leseart des halbver- wischten, unklaren und häufig lückenhaften Textes, an dessen Erör- terung und Erklärung Fleiss, Scharfsinn und Wissen sich vergeblich bemühen; daher denn auch der theils sibyllenartige, theils gewaltsam erzwungene Sinn, folglich Unverständlichkeit vieler, wenn nicht der meisten der von Professor Radioff gebrachten Übersetzungen. Ja, ich stehe nicht an zu behaupten, dass keine einzige dor vom Pro- fessor Radioff gebrachten sibirischen Inschriften, was die Entzifferung und Übersetzung des Textes anbelangen, dos Zweifels enthoben ist.

Wenn ich trotz alldem unternehme, diesen Theil der Radloff- schen Arbeit zu kritisieren, so thue ich dies keinesfalls im Bewusst- sein eines besseren Verständnisses und einer grössern Gewandtheit, worauf ich schon desshalb keinen Anspruch haben kann, da mir wegen Entfernung der betreffenden Steinmonumente die richti- gere Entzifferung des Originaltextes unmöglich ist. Es sind an- spruchslose Muthmassungen, die ich bezüglich einiger Stellen im Texte hier veröffentliche, namentlich solcher Texte, die nicht lückenhaft d. h. nicht auf Grund hypothetischer Ergänzung vor- kommen.

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(Uj. Tub.)

Zeile 1. Radiott' liest: Ägük hatun järimkä 'von meinem Lande Ägiik-katun. leh proponiere: Kök hatun jarimka 'meiner Genossin kök-katun, weil ich jar 'Freund, Genosse', und nicht jär 'Ort, Land1 vermuthe. jär ist westtürkisch, im Alttürkischen und Osttürkisehen lautet auch noch heute dieses Wort jir, wie dies in den Orchon Inschriften zumeist nls H h H vorkommt. Gegen die etwaige Einwendung, dass jar persischen Ursprunges sei *, möchte ich bemerken, dass dies ein Irrthum ist. jar 'Freund, Genosse1 ge- hörte einem türkischen Stamme an, zu welchem jaras 'freundlich werden, sich aussöhnen', jaran 'freundlich werden', jaratïk 'freund- lich1 gehört.

Zeile 3 liest R.: ökös är, oglan är, küdägülärim, kte kälin- lärim 'den zahlreichen Helden, den Soldaten (Jünglingen), Helden, meinen Schwiegersöhnen, meinen Töchtern und Schwiegertöchtern1, wofür ich folgende Leseart und Übersetzung vorschlage: okuskir, oglanlar, küdägülärim kh kälinlärim 'meinen Enkeln, meinen Schwie- gersöhnen und Schwiegertöchtern1. Bei okusr und oglanr ist das Y l weggefallen, ferner sind oglan-küdägü sowie kiz-kälin als zusam- mengesetzte Wörter aufzufassen.

Ba. II.

Zeile 1 sieht R. in k fini tirik einen Eigennamen; dem gegen- über übersetze ich k Uni tir ig ü>' jaUmda akansiz boldienu mit 'recht- schaffen lebend bin ich im dritten Jahre vaterlos geworden1.

1 Der Autor «les Ltujnti Ihgatai bringt »L> jnr als ein türkisches Wort, Ahme«! Wefik Pascha hingegen bezeichnet es in seinem Lohcei-Osmaui als per- sischen Ursprungs.

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Ba. III.

Zeile 1 liest R.: Borna Saùun ogl\ Külüg-Öur 'Der Sohn des Baina Sanun der Kiilttg Tschur. Ich lese: Bojan ÂÈaïtun ogll kühik Cur Ich der berühmte Öur, der Sohn des Bajan-AsaiY.

Zeile 2. R.: Imhosuz ulug athn, Buùu(mz) bu ärmi* 'Bun- gusuz ist mein hoher Name, Bunu(suz) dieser ist'. Ich lese: Buitu- suz ulyat)m [von olgaimak, ulgaimak 'wachsen (cag.)] bun burmü 'sorglos bin ich aufgewachsen, (schliesslich) hat Sorge mich getroffen*.

(TT. E.)

Zeile 5. R.: kört äl kan 'Mit (für) Kurtäl-Chan. Ich lese: artükan 'dessen Ruf zugenommen'.

Zeile 11. R. liest: säkiz adaklig barmadim 'achtfiissig machend bin ich nicht gegangen' (?). Ich lese: säkiz adaklig barumïm 'meine acht Weihthiere'. Abgesehen, dass tört adak jilkim 'die vierfüssige Pferde1 wie Radiott' übersetzt, ganz sinnlos ist, so halte ich im All- gemeinen das Wort adak rl $ £ nicht für adak 'fuss', westt. ^jli'f ajak, sondern für adak 'Gelübde', adak at sowie adak barhn ist mit 'Weihpferd, VVeihvieh' zu übersetzen. Weiteres sieh Glossar.

Zeile 12. R. liest: >f ^ h 8 ^ ^ abimä 'meinen beiden Häusern'. Ich lese: käbimä 1 'meinem Kreise oder Gesellschaft', was als Synonyme zum vorhergehenden kadas 'Freund, Genosse' auch besser passt.

(Be-b.)

Hier wiederholt sich das schon früher angedeutete säkiz adaklig baiim (das Y g dünkt mir irrthümlich statt m zu stehen) 'acht

1 keb t^*y, im weitern Sinne des Wortes 'Rede, Conversation', bedeutet eigentlich 'Gesellschaft, Kreis', was der Autor der Lugati Cagatai mit owx^P sohltet übersetzt.

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Stück Weihthiere', welches R. mit 'Wogen des Reitens der Acht- füssigen' (?) übersetzt, und ich beharre um so mehr auf meiner An- sicht bezüglich des Wortes Adag. In derselben Aufschrift übersetzt R. öriliimäg karanxak mit 'mich zu freuen und mich umzuschauen'. Ich würde als Ubersetzung dieser beiden Wörter vorschlagen: 'Meine Helle und meine Finsternis", d. h. raein Tag und meine Nacht. Hier haben wir es offenbar mit einer Antithesis zu thun, so wie im vorhergehendem (Be. a.) befindliche Jcün-aj 'Sonne-Mond* sich ver- muthen lässt.

(Be. c.)

Zeile 4. jatda übersetzt R. 'im JaV\ ich würde vorschlagen: 'in der Fremde'.

Zeile 5. R. liest: anda aligdanlm 'dort von meiner Habe', obwohl er hinzusetzt, dass aDgdan ein Wort unbekannter Bedeutung sei. Wäre es nicht rathsamer in diesem Worte das eng. anda, resp. andalig, 'Schwligerschaft, Bruderschaft', im Lugati Cagatai mit ^ fl cy«Â.t verdolmetscht zu vermuthen?

(Be-d.)

Zeile 1. R. liest und übersetzt: attpon (ali pan) alhm kümfcig ägritim 'empfangend (nehmend zehn) Gold und Silber bin (reich ge- worden)'. Ich lese und übersetze diese Stelle folgendermassen : alpun altun kömiis ägärtim '(wegen) Tapferkeit habe ich Gold und Sil- ber besessen'. Vgl. rag. ($L>f ägä ' Eigenthümer, Herr', ägärmäk 'be- sitzen'.

A. A.

Zeile 1. R. liest: bars tägimä ärdämligimä bei meinem Thiergeschlechte', bei meinem mit Treffligkeit begabten'. Ich lese

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und fibersetze: bariHigima ärdämligimä 'auf meinem Lebenswandel' {barismak 'zu einander gehen, wandeln', westtürkisch 'friedlich sein, sich aussöhnen').

Zeile 2. R. at asaralp 'der Pferde verzehrte (ein schiessender Held'; ferner ät ut a#ar 'der Fleisch und Rinder verzehrt'. Ich lese und übersetze: ataxlr alp, it atomar 'ein ringender Held, ein Athlet' . . . (Vgl. öag. Ajyï \s\ im Lugati Öagatai mit ^JLk^v 'Athlet' übersetzt . . . 'einer der Stiere besiegt' (von utmak utusmak 'be- siegen'.

Zeile 3. R.: bu aüntiz. Ich lese botmaz vom Verbum botmak, das uns heute nur in seiner causativen Form ^LoI^j^j botramak 'zerstreuen' vorliegt.

(A. A. a.)

Hier findet sich das sonst in passiver Form vorkommende Ver- bum adarUmak in dar activen Form adarmak 'weihen', wie aus dem Satze ärklig adardl 'der allsmächtige (Gott) hat geweiht'.

(A. A. b.)

Zeile 1. R.: man järlädim 'habe ich das Land bewohnt (be- herrscht)'. Ich lese und übersetze: man aßrHdlm 'ich bin gewählt oder auserkoren worden', eine Ansicht in welcher mich das vorher- gehende ärdämin Heim 'wegen meiner Tüchtigkeit' bekräftigt.

(M. m. in.)

Zeile 1. Ärän-lJlug atim 'Arän-Ulug ist mein Name'. Ich lese und übersetze: ärän ulgadim 'ich bin als Held aufgewachsen' (ulgadhn von ulgahnak 'gross werden, wachsen').

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(M. M. ni. b.)

Zeile 2. iî. liest : f | jT f inisi 8em jüngerer Bruder. Ich lese: nine&i, wie tins anlautende ,f n zeigt und übersetze nine mit 'ein weibliches Mitglied der Gesellschaft'; heute nine 'Mutter, Tante*.

Tsch. k. die rechte Seite.

Zeile 4. R. liest: j1 X | lj Y h ^ arada 'aus der Mitte des Volkes*. Dfinkt mir sehr untürkisch, denn 'aus der Mitte des Volkes* kann nur mit il arasîdan, oder il arathidan ausgedrückt werden. Ob dieses Wort nicht etwa eine fehlerhafte Schreibart von ileriUle 'ehedem, früher' ist?

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Glossar.

In diesem Glossar sind diejenigen Wörter enthalten, die in den dem Texte hinzugefügten Noten entweder nicht ausführlich genug oder gar nicht erörtert worden sind. Bei den einzelnen Wörtern habe ich nur «lie von Radioff in seinem Glossare gegebene Übersetzung berücksichtigt.

akun ) f >[\ Eigenname (Uj. A. 4. r), kommt auch als Eigenname bei der Hunnen vor in der Form von Akum = Name eines vornehmen Hunnen im Dienste der Byzantiner. (Sieh mein „Ursprung der Magyaren41. Leipzig 1882. Seite 40.)

agi 'Werth, Spende, Tribut1, aft ist mit dem uig. akï (von mir im Kudatku Bilik irrthümlich als Adjectiv dargestellt) 'Gabe, Spende1 identisch. Verwandt ist mit diesem Worte das «jag. agw 'Gift*. Vgl. den diesbezüglichen Ideengang zwischen dem deutsehen Worte Gift und dem englischen gift'Gnbe1. Der Grundbegriff beider Wörter ist daher geben, eingeben*.

aglat 'schreien lassen, jammern lassen' dünkt mir zweifelhaft, denn dieser Begriff wird im Osttrtrkischen und in den altern tür- kischen Sprachraonumenten immer mit jïglamak und in der Orchon Inschrift geradezu mit jw/t joff resp. joyla 'klagen, jammern' wiedergegeben (vgl. Radioff, Glossar zu den Denkmälern von Knscho-Zaiilnm). Di«» Weglassung des an-

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lautenden j ist erst in spätem Zeiten erfolgt, konute daher in den sibirischen Inschriften nicht existieren.

ajlg" 'Schlauheit, schlau, aufgeweckt1. Schon aus dem Synonym bilvj 'weise, klug' erhellt der eigentliche Sinn dieses Wortes, und ich würde es daher nicht mit 'schlau. Schlauheit1 sondern mit 'Verstand, Wachsamkeit, verständig, aufgeweckt1 über- setzen. Vgl. £ag. oj und ^\ ojl 'Gedanke, Sinn, Ein- bildung1, ferner mag}', agy (sprich: adj) 'Gehirn1 und im abstracten Sinne 'Sinn, Gedanke1, ajtgi jok 'unachtsam, nachlässig1.

aril 'ermüden1. Ausser dem von R. bezeichneten art und ar finden wir im f'agataischen die Form ^jU^L» har-mak 'müde wer- den1 und harit-mak 'ermüden, müde machen1. Vgl. magy. fir-adni 'ermüden*.

arkaâld 'der Anhänger1 (?). Ich sehe in diesem Worte eine Zusam- mensetzung von arka 'Genosse1 und isad 'Fürst, oberster Befehlshaber1. Eine ähnliche Zusammensetzung finden wir in arka-güni 'Verwandte', richtiger 'nahe Verwandte1. Vgl. osm. urka-dux 'Busenfreund1.

arkïâ 'Karawane1. Kommt zweimal (Ka. 8. 10 und X. 6. 6. 17) als Synonim mit tärki* vor. Ganz richtig. In der Grundbedeu- tung dieser beiden Wörter liegt der Begriff der Vereinigung und Verbindung. Vgl. arkan 'Strick, Band, Verband1 und tärki 'Peitsche, Schnur', ferner tärki 'Ranzen, Örtlichkeit, wo alles gesammelt wird1.

alka 'segnen1. Vgl. tag. LäJI alka 'segnen1, magy. aid 'segnen1, osm. «Mets 'vivat! rufen, Lobpreisung'. Über die concrete Bedeu- tung dieses Wortes habe ich lange nachgedacht. Jedenfalls liegt der «irundgedanke der Erhöhung, Verehrung vor. Die

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Wurzel al kann daher nur mit alrn Stirn. VordertheiP (vgl. pers. pH 'vor' und Pisane 'Stirn') alp 'Held', und mit dem türk. Hk 'zuvor, zuerst' in Zusammenbang gebracht werden.

alpagut, alpagu, Name einer Würde. Die Wanderung dieses Wer- tes ist nicht ohne Interesse. Es stammt bekanntermassen von alp 'Held' und aya 'Herr' mit dem ugrischen oder mon- golischen Pluralaffix t sowie IsadapU und tarkat. Aus Alp- atfut ist das kirgisische alpad 'Fürst, Prinz1 entstanden (sieh Russko-kirgizskij i kirgizsko-rnsskij slowar, von Is Mohammed Bukin. Taskend 1883, Seite 194) und aus diesem alpad ist ârpâd: Name des Heerführers der Magyaren bei ihrem Ein- falle in Pannonien hervorgegangen. Diese Lautverwechslung l~r hat bei den in Pannonien noch vor dem Einfall des türkischen Stammes der Magyaren ansässigen Ural- Altaiern stattgefunden, daher Porphirogenitus immer arpadés und nicht alpades schreibt. Ârpâd ist daher kein Personen-, sondern ein Würdenname, gleich Pharao.

adak 'der Fuss1, und im Zusammenhange mit dieser Auffassung adakllg atlm 'mein Füsse habendes Pferd'. Da ich dieser Annahme als wenn es Pferde ohne Füsse geben möchte - nicht beistimmen kann, so vermuthe ich in ^ $ £ adak, nicht das neuere ^Lîf ajak Fuss', sondern adak 'Gelübde, geweihet'. adak-at übersetze ich mit 'Weihpferd, ein dem lleligkmsopfer geweihetes Thier', wie dies aus dem Schama- nenglauben bekannt ist. Vgl. osm. adamak 'ein Gelübde machen', eng. adaklu/ 'ein verlobtes Mädchen, ein Gelübde'.

adakllg 'Füsse habend' (?) rechne ich als zum vorigen Worte ge- hörig, und zwar kommt dieses Wort zumeist mit jtlkl 'Gestüt' und Bar)m 'Vieh', in Verbindung vor (sieh U. E. 1. 13)

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tort adafdhf jHkîm säkiz adakhy Imriniim 'meine vier Weihpferde, und acht Weihthiere', wo unter Letzterem wahr- scheinlich Hornvieh oder andere Thiere zu verstehen sind. Bezüglich barhn vgl. tnagy. bfirom 'Vieh und Habe. Vermögen'.

adaä Altersgenosse', richtiger 'Namensgenosse', das atas jilj't der Mittelasiaten, von at 'Name' und tov 'Gefährte'.

adïr, adïril und adirt 'sich trennen, getrennt sein und getrennt werden'. Bezüglich dieses Wortes, welchem in den sibirischen Grabinschriften die Hauptrolle zufallt, bin ich ganz anderer Meinung, als Radlofl'. Ich halte dieses Wort nicht für eine iiltere Form von ajtrmuk ^wLc^o! 'trennen, auswählen', son- dern ich lese adar, luiarä und adart 'weihen, geweihet sein und geweihet werden'. Radioff motiviert »eine Annahme damit, dass er dem Locativ, folglich auch dem Dativ eine Ablativfunction beimisst. Dieser Ansicht kann ich keines- falls beistimmen, denn wenn ich mich von etwas trenne oder etwas wegnehme, so kann es nicht mittelst „zuu oder „auf" ausgedrückt werden. Ich kann nicht sagen: „Ich habe mich zu meiner Mutter", sondern „von meiner Mutter ge- trennt'4. Die Beispiele, die Radloff diesbezüglich aus dem Kndatku Bilik anführt, sind nicht massgebend, da in der Handschrift, namentlich beim auslautenden j der diakritische Punkt sehr häufig fehlt. Radiott' führt in seinem rDie alt- türkischen Handschriften der Mongolei. Neue Folge. St. Petersburg 1897. u Seite 64, folgende Stellen aus dem Ku- datku Bilik an: K. B. 14. 21 und K. B. 51. 8, die ich mit Bedauern in seiner betrettenden Ausgabe der Uiguriscben Handschrift St. Petersburg 1891 nicht finden konnte, und ich glaube, es muss im Citate ein Irrthum vorliegen. Auch «lie aus dem Kiihgusi citierte Stelle 'Jö< nnda kädm

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'nach diesem5 ist nicht überführend. Anda hädin ist nicht türkisch. Wir haben hier offenbar mit einem Schreibfehler zu thun, denn die Postposition ^jjShäzin ist rein unmög- lich; bis jetzt ist nur ein uigurisches katin 'hinten nach' be- kannt, häzin aber kommt nirgends vor. Den Dativ mit dem Ablativ identifieieren zu wollen war daber seitens meines ge- lehrten Fachgenossen ein ganz vergebliches Bemühen.

Um so natürlicher dünkt es mir (laker, dass das fragliche Verbum den Dativ regiert, wie die Silbe ha, he überall be- weist. Ich lese daher nicht adlrll, sondern adarU von adar 'spenden, weihen*, weil ich in dieser Auffassung eine uns nicht näher bekannte Religionsansicht des Schamanenglaubens der altern Türken vermuthe, laut welcher der Sterbende dem jenseitigen Heile oder dem Andenken einer zweiten Porson sich weihet. 'Sich weihen1 oder 'geweihet werden* ist daher eine bildliche Umschreibimg des Begriffes 'sterben1, ungefähr wie das deutsche verscheiden oder wie ähnliche Ausdrücke in andern Sprachen. Ein nur dunkles Moment aus dem Religionsleben der alten Türken steht dieser unserer Ansicht bekräftigend zur Seite. Ich will beispielsweise eine Episode aus dem Leben der Magyaren Arpads, die der tür- kischen Nationalität und dem Schamanenglauben angehörten, anführen. Als nach der unglücklichen Schlacht bei Augsburg (955) der ungarische Anführer Lehel vor Kaiser Otto geführt und hingerichtet werden sollte, erbat sich Lehel die Gunst noch einmal in sein Horn blasen zu dürfen, und als ihm diese Bitte gewährt wurde, tödtete er mit einem Schlage einen Deutschen aus dem Gefolge des Kaisers, mit der Bemerkung, er weihe ihn dem Tode, damit jener ihm jenseits als Sklave dienen möge. Diese Auffassung manifestiert sich auch ge- wissermassen in der Aufstellung des »Steinbildes (Balbal), bei

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welchem, wie wir in den Orehon-lnsehriften lesen, immer der in der Schlacht gefallene, d h. besiegte Gegner figuriert, indem man zu Ehren des Gestorbenen immer das Konterfei des besiegten Gegners wählt. Ob hier, ich meine: auf den sibirischen Grabinschriften, das dem Tode geweiht werden, sich auf die schon früher Gestorbenen oder auf die am Le- ben gebliebenen sich bezieht, das ist aus den vorhandenen Texten nicht klar zu ersehen. Beides kann der Fall sein; doch ist es viel wahrscheinlicher, dase das Sichweihen oder Aufopfern auf die im Tode Vorhangegangenen Bezug hat, denen gegenüber der Gestorbene sich dienstfertig zeigt, rich- tiger weihet, wofür das zumeist beim Verbum adarîl vor- kommende Gerundium jita 'anzulangen* spricht, z. B. Jfcwn- cajuma sizimä jita 'um zu meiner Frau und zu euch anzu- langen' (bin ich geweihet worden d. h. gestorben). Dass jita manchmal nach adarU steht, das ändert an der Sachlage wenig, und kann Mos als Verschiebung des Satzes betrachtet werden.

Schliesslich möchte ich bemerken, dass der Ablativ im Türkischen auch schon d esshalb mit dem Dativ nicht ver- bunden werden kann, weil die Postposition dan, den oder din in der Wortbedeutung den Begriff des Wegnehmens in sich sctiliesst. Dieses dan, den, dessen ältere Form im magya- rischen toi, töl sich vorfindet, ist mit dem Verbalstamm tat. tul identisch, welch Letzteres im türk. tal-a 'berauben1, tut 'Wittwe', magy. tol-vaj 'Dieb' zu erkennen ist. azu, Verstärkungswort der hinweisenden Fürwörter. Vgl. Cag. o>: jijl jener', magy. az 'jener'. Das türk. o$ kommt in älteren Schriften, so im Tezkereti Ewla auch als selstständiges Pro- nomen und später in Zusammensetzung als os-ol (èol) und o$-bu vor.

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apa 'Grossvater. Vgl. magyarisch apa 'Vater1, apo 'Grossvater'.

ägid 'in die Höhe bringen, erhöhen'. Soll eigentlich lauten äkit, wie dieses Wort auch noch heute in Centraiasien ausge- sprochen wird. Vgl. Lugati Cagatai Seite 17 ^UaaTI ekit- mek 'bringen, mitbringen, anlangen lassen1. Oltäci budunug tiriggäru äkittin 'das sterbende Volk habe ich zum Leben gebracht1, nicht 'lebendig gemacht1, wie Radioff übersetzt.

ägrig, Bedeutung fraglich, kommt nur ein einziges Mal vor. Ägrig scheint ein Druckfehler zu sein; doch dünkt mir die Bedeu- tung nicht unbekannt, namentlich weil dieses Verbum sich auf Besitz und Erwerb bezieht (So altun kömüSig ägriüim 'ich habe Gold imd Silber erworben1). Der Stamm dieses Wortes ist in ägä 'Herr, Besitzer zu erkennen; ägär mag daher als Verbum 'besitzen1 aufgefasst werden. Radioffs Transscription mit zwei t entspricht nicht dem Texte, wo

>$> h h T £ nur ein * ateût-

änlig" 'erstreben, ersehnen1, dünkt mir dunkel und unsicher, nament- lich das Citat tört änligü ärtim 'die vier (Winkel der Erde?) erstrebend1. Ein Verbum änämäk, änlämäk ist mir im Tür- kischen unbekannt. Im Osmanischen existiert ein Verbum jCo&jt änämäk, doch in der Bedeutung von 'abwenden, schneiden*. (Lehcei Osmani I. 109).

ärtänü 'Huldigung1. Das ich dieses Wort nicht als Hauptwort be- trachte, habe ich schon früher angedeutet. Ich halte dieses Wort für ein Compositum aus är 'Mann, Kraft1 und täii 'schätzen, erwägen, würdigen1. In diesem Sinne mag das Verbum är-tän-mäk 'würdigen, schätzen1, und hier die Ge- rundialform ärtänü würdigend1, entstanden sein.

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äl "Volk, Kourii, Volksverband'. Ich lese // "Volk, Volksverband', und das mit diesem Begriffe in Zusammenhang stehende 'Friede', weil dessen Gegensatz 'Krieg' jagl, jau in der concreten Bedeutung 'zerstreut, auseinander geworfen1 bedeutet. Eine ähnliche Sinnesrichtung manifestiert sich in einer andern ural-altaischen Sprache, nämlich im Magyari- schen, wo 'Friede' mittelst dem Worte béke (vgl. türk. Iteh 'fest', }>ekik 'gebunden1) und 'Krieg' mit hdboiil (in dor con- ereten Bedeutung 'verwirren, auflösen*, vgl. habor-gat 'stö- ren, verwirren') ausgedrückt wird. Auch im Uigurischcn findet sich iL nicht el, vor, ebenso wie im Cagataischen überall il und nicht el zu lesen ist. Auch in der heuti- gen Sprache Ttirkestans lautet dieses Wort il, und dass es auch in der Vergangenheit so gelautet haben muss, beweist der geographische Name Chodscha-ili in Chiwa, Im Zusam- menhange mit il sind mehrere Würdennamen bekannt, die theils in den alttürkischen Inschriften vorkommen, theils noch in der Neuzeit als Personennamen existieren. So Ütef>er, richtiger iltabar, iltapar, 'eer Volksfinder', iiier ez 'der Volks- sammler', von il und termek 'sammeln', iltüzer 'Volksordner' von il und tüzmek 'ordnen1; letzteres Wort ist uns als der Name eines chiwaischen Chans bekannt.

ät 'Habe', kommt auch in den Inschriften von Koscho-Zaidam vor. Das Citat kapki ät 'seine Habe in Säcken' ist unklar, denn es mÜ8ste kaptaki-ät lauten.

ätmäk 'thun, machen, herrichten, gut machen, einrichten, verbessern'. Der Verbalstamm ät, identisch mit der neuern Form äj im Osm. ejleniiik, scheint den Grundbegriff von 'gut, wohP aus- zudrücken, uud vorhält sich zum Beiwort ätki't, ädgü 'gut' dermassen, wie das osm. eji 'gut' zum Verbuni ejmelek 'thun,

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machen1. Im Alttiirkischen ist dor Bogritt" dieses Verbums besser ausgedrückt, als in den neuern Mundarten.

äöi 'der ältere Bruder' dünkt mir nicht sicher, denn im tfagatai heisst äcä LâjÎ 'die ältere Schwester". Vgl. magy. öcs 'der jüngere Bruder*.

äÖÜ 'Vater. Vorfahr. Über die verschiedenartige Bedeutung dieses Wortes vgl. cag. ece, am 'Mutter, alte Frau',

niagy. ös 'Ahne, Vorfahr'. Ich halte daher den Aus- druck äcilm-apan gleichbedeutend mit Urvater, Ahne'.

âéid 'hören'. Ich würde vorziehen Haid, isid zu lesen, weil dieses Wort von äs 'Verstand, 8inn' abstammt. Vgl. cag. okmak 'verstehen, begreifen', uig. oh 'Sinn', okuS ' Verstand', alt. uk 'hören, vernehmen*. Meine Annahme hat um so mehr Berechtigung, wenn wir erwägen, dass der Text fast durch- gängig ein I s und nirgends ein Y * bringt.

äzänö 'Gewohnheit*. K. will diese Bedeutung vom Teleutischen ab- leiten, doch in seinem Wörterbuch findet sich ein solches telentisches Wort nicht vor. Ich lese äsänc und übersetze es mit 'Wohlbefinden', von äsänmäk 'wohl sein'. Vgl. iwm- mak 'glauben', und °ma?ic 'Glaube'; kiivenmek 'vertrauen1 und küvenc, u. s. w.

Ojar 'die Klugheit (?), klug (?), Ansehen (?)'. Ich lese dieses Wort ujar 'treu, Treue', vom Verbalstamm uj 'folgen, ergeben sein*. Dieser Sinn erhellt aus dem folgenden Hauptwort, als z. B. ujar kadaè 'ein treuer Freund', kadaSim ujarl üciin 'wegen der Treue meines Freundes', ujar kadin ' treuer Schwie- gervater', eventuell 'treue Frau'.

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opla galoppieren*. Icli halt«* don Verbalstainm op mit dem spätem it', eventuell eiuetn altern uv 'eilen' identisch. Es ist aller- dings die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass wir hier mit dem cag. Verbalstamm op, von welchem die Verba

ojhmak 'verheimlichen, verstecken', und opatmaJc 'einsperren' zu thun haben, in welchem Falle oplaju 'Versteck' übersetzt werden müsste (?).

ÖkÜZ dünkt ftadloff unverständlich, und er kann es nur mit der Be- deutung 'Ochs* in Zusammenhang bringen. Ich sehe in öküzt ögüz das alttürkische Wort für 'Fluss' und lese (U. E. Zeile 2) Ilik öküzin tägdCik ncün 'weil wir den Fluss Ilik berührt d. h. erreicht haben'. Ögüz kommt in der Scheibaniade als der Name des Flusses Oxus vor, und von öyitz, öküz haben die Griechen unter Alexander dem Grossen oksoz, Oxus ge- macht.

Ögür übersetzt It. mit 'herbeirufen'; dem gegenüber proponiere ich die Übersetzung von 'versammeln, zusammenbringen', wie aus dem Satze tokuz ärig ögiirüb öduriildi 'acht Männer sind versammelt und ausgewählt worden'. Vgl. cag. ögmek 'ver- sammeln, sammeln'.

Örün 'sich freuen'. Ich sehe in örilfi das cag. iXi^j! &rM* 'glän- zend, hell, klar', neben welchem im Texte (Be. b) kara 'dunkel, finster, schwarz' als Antithesis sich befindet.

ÖÖÜrig; hat R. ganz richtig mit vernichten* übersetzt; nur in der Leseart kann ich mit ihm nicht übereinstimmen, denn ich sehe in diesem Worte das Verbura öcmek 'vertilgen', aus- löschen, vernichten' mit der Gerundialendung rak, rek; folg- lich öcürelc 'vernichtend'.

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Özläk 'eigen' (?), vielleicht richtiger speeielT. Vgl. rng. Oy^' özlük von Seich Suleiman mit ouutf^cÄ 'Specialität' über- setzt. Hadloff liest (A. A. 3. 9) özläk at und übersetzt 'die eigenen Pferde'. Dem gegenüber dünkt mir ätöz 4l P A em in Zusammensetzung gebrauchtes Wort für 'Habe, (tut-, Ver- mögen, Sklave'. (Vgl. arab. 0>jJU* mamluh 'Besitz, Sklnve'). Auch im l'igurischen kommt dieses Wort ätöz als 'Sklave' vor. Den hier vorkommenden Satz özläk ätözin öäüräk almadiit übersetze ich daher mit 'sein specielles Vermögen hast du nicht vernichtet und nicht genommen' (wörtl. ver- nichtend nicht genommen').

ingün hält R. für ein unbekanntes Wort, während er andererseits auf den Zusammenhang mit jük 'Last' hinweisend es für 'schwer hält, ingän jük heisst auch noch heute im fiaga- taischen 'die herabsinkende Last' von inmäk 'herunter kom- men, herabfallen'. Man sagt auch jük agar 'Die Ladung ist im Herabsinken'.

Izgil, ein Volksstamm der Türken. Es ist viel Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass dieser Eigenname, richtiger Gesehlechtsname der Türken mit isegil ezgil esgil ein Gesehlechtsname der alten Bulgaren (sieh Chwolson, Izvjestija o cbazarach. Seite 69) identisch sei. Der bulgarische Geschlechtsname esegel wird auch von Ibn Rosten erwähnt.

Uigur, Name eines türkischen Volkes. Es ist allerdings auffallend, dass während das moderne uj 'befolgen, folgen, gehorsam sein' im Alttürkischen in der Form von nd $ $ > sich vor- findet, der Eigenname uigur. ujgur nicht als udgur vor- kommt. Das bei den Byzantinern vorkommende Vtigur deu- tet auf eine ältere Form von Utgur hin.

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Udlâ findet K. unbekannt, weil er den Wortcomplex f /\ £ $ > in zwei Wörter theilt. Ich halte dies für ein Wort und zwar für ututar 'siegreich, Sieger1 von utuà, resp. ut 'siegen'. Hier heisst es daher utuèar oglan 'Heldenjüngling'.

tin, Ön 'Stimme'. Vgl. eng. ^1 u7i 'Stimme', utilamak 'rufen', alt. ün 'Stimme', magv. hang 'Stimme'.

ÜZÜk 'das abgebrochene Stück'. Ich halte dieses Wort mit dem rag. lS)))I äztik 'King identisch, kösküm tiznki 'der King meines Spiegels.

kab 'der Sack' und kapkt äti 'seine in den Säcken befindliche Habe'.

Diese Übersetzung ist entschieden untürkisch, denn um die von Kadloff gegebene Bedeutung auszudrücken, müsste stehen kajxlaki ätt 'seine im Sack befindliche Habe1.

kärgäk (allen übrigen Dialekten uul>ekannt) Mas Ende, Maass' (?). In Zusammenhang mit dieser Auffassung übersetzt R. kärgäk bülmak 'sterben'. Ich befolge die Übersetzung meines ge- lehrten Fachgenossen, doch muss ich offen gestehen, dass der Satz özincä kärgäk bolmus 'für sich oder nach seiner Art ist er gestorben' mir nicht ganz einleuchtend ist. Wenn der Verbalstamm kär wirklich den Begriff 'enden, verschei- den' ausdrücken wollte, so dürften wir hier nur die Form Ich- 'brechen, abbrechen, enden1 annehmen, von welchem das Wort klr-ag 'Grenze, Fmde1 abgeleitet ist. Ich kann daher nicht umhin die Leseart und Bedeutung des Wortes kärgäk als fraglieh hinzustellen.

kop 1 > vj^ oder i > rl- Dies» Buchstaben-* 'oraplex. ein Gegen- stand des Streitens zwischen den zwei verdienstvollen Ausle- gern der alttilrki8cheu Inschriften der Mongolei, ist bis jetzt

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ihm* h nicht endgültig erklärt. Die von Radioff vorgeschla- gene dreifache Leseart 1) akup 'Streifzüge unternehmend' 2) okup lesend" und 3) ulcup 'hörend' kann nach den ange- führten Beispielen zu urtheüen nicht unbedingt angenommen werden, da die Bedeutung der mit Icop zusammenhängenden Sätze an den meisten Stellen gezwungen und unklar erscheint. kop (denn der vocale Anlaut a} o, u ist zu streichen, wie R. in der neuen Auflage S. 170 richtig bemerkt) muss jedenfalls mehrere Bedeutungen haben, und am leichtesten können wir uns dem wahren Sachverhalte nähern, wenn wir den Verbalstamm näher untersuchen, d. h. jene Derivata ins Auge fassen, die in der türkischen Sprache von ko oder ku ab- stammen. Hier muss uns in erster Reihe das Verbura ko- mak 'sein lassen, lassen', wohl zu unterscheiden von koj-mak 'legen, setzen', auffallen; ein Verbum welches im heutigen ßagatai sehr häufig gleichsam als Hilfszeitwort in Verbindung mit einem andern Verbum gebraucht wird. Z. B. kop-küdi otw. zurücklassend kam er'; kop birdi etw. zurücklassend gab er'; alï-komak 'zurücklassen' eigentlich 'zu nehmen lassen'. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend betrachte ich das aJt- türkische ko, ku bezüglich der Bedeutung als mit dem Hilfs- zeitworte ol -Itol -ir rein identisch, und in dieser Auffassung könnte die Gerundialform kop hup 'seiend, seinlasaend' den vorhandenen Beispielen nicht unschwer angepasst werden. So z. B. tört buluùdaki budunug kop almü 'die in den vier Winkeln wohnenden d. h. seienden Völker nahm er; kop bar kdmis 'seiend hat er ausgesöhnt'; jir saju bardig kop alkîn- di it "in allen Richtungen hingezogen seiend hast du ernied- rigt*. Aber auch die positive Bedeutung von 'setzen, hin- legen, anbringen' ist an manchen Stellen mit Recht zu vermutheji. So z. B. Bu taSka Im tamya kop IoUkj tigän

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b/tttlim auf diesen Stein diesen Sifrol setzend (anbringend) habe icli Iollig-tigän geschrieben'; kara kimi kök tijiiiin mnste käliirüp kop kotdi 'schwarze Zobel untl blaue Eich- hörnchen ohne Zahl legten sie nieder*. Mit dieser Hypo- these, denn nur als solche kann diese Annahme gelten, ist die Bedeutung von kop noch immer fraglich und die end- giltige Lösung nur der Zukunft vorbehalten, doch kann ich nicht umhin auf einige Beispiele hinzudeuten, die meine Hy- pothese berechtigen. So z. B. K. Zeile 30 jaflsiz kaganim kop maita kördi 'Mein nicht gegnerischer Chan sein lassend hat sich mir unterworfen*.

kuj. R. vermuthet in diesem Worte das in den Abakan und Altai Dialekten vorkommende kuj 'Höhle. Flussbett, Ufer'; doch weil er dessen nicht sicher ist, hat er es als Fremdwort an- geführt. Was die Bedeutung 'Niederung, Tiefe1 anbelangt, so ist im Osttürkischen ^Jji fa'jh h°jxl 'unten, nieder, Nie- derung'; osm. ^jy>y2 kojufi 'unten' (vgl. jiizi kojun kojdular 'man hat ihn mit dem (iesichte nach unten gelegt') bekannt. Ich glaube jedoch wir haben es mit einem etymologisch zwar verwandten, in der Bedeutung aber verschiedenen Worte zu thun, nämlich mit dem alttürkischen koj (osm. kojun) 'Busen', kojdaki kuncaj heisst 'Busenfrau ', wahrscheinlich eine Art gesetzlich getraute Frau zur Unterscheidung vom Kebsweib, welches allerdings im Türkischen auch koma laima genannt wird, kojda kuncaj ist daher mit 'innere Frau' zu übersetzen.

'Ruf. Jedenfalls die iiiteste Form dieses Wortes, welches im alt.

klj 'fieschrei, Ausruf, kïjylr 'schreien, rufen', im magy. kéj-

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- Ill

alt ausrufen, schreien', hiv rufen', sowie im rag. kij-gaà 'Ruf sich vorfindet.

küzänö Mas Verlangen, der Wunsch'. R. findet für dieses Wort im Romanischen ein Parallele. Ich finde das Kudatku Bilik mehr hierzu geeignet, denn darin kommt kösemek (mit ^\ 'Wunsch' interpretiert) 'wünschen'; köstlS 'Wunsch1 mehr- mals vor.

jämlig übersetzt R. mit 'angenehm', indem er dasselbe an ijämli 'angenehm' (richtiger ijimli) anreihet. Ob es wohl nicht bes- ser wäre, das Etymon dieses Wort in jam (jam-ah 'Gehilfe', jam-at 'Seitenpferd, Relais') zu suchen? Jamlig würde daher 'Genosse, Freund* bedeuten.

jonSurmak sich gegenseitig verleumden, verunglimpfen, anfeinden', stammt vom Verbalstamm joit, welcher im uig. jongmak ' ver- leumden', und im osttürkischen jogi, jugi "Lüge, Lügner'; ferner in jojan, jogan 'lügnerisch' sich vorfindet. Vgl. ^jf ^jLjjj ^jUÜL» jalgan jojan gep 'falsches, lügnerisches Gerede' in meinen tfag. Sprachst. Seite 125.

joluk 'opfern'. Dieses Wort kommt im Kudatku Bilik vor, wo es mit IcXj feda 'Aufopferung' interpretiert ist. Im vorliegenden Texte (U. E. 1<>. 8) empfiehlt sich jedoch das Verbum joluk- mak 'begegnen' besser, und der Satz basa busiban barmü illngim jita jolukajhi 'dein zürnend dahingezogenen Todten will ich begegnen* wäre wohl verständlich.

jilki 'die Pferdeheerde'. Nur für die neuern türkischen Mundarten kann diese Bedeutung stehen. Ira A Ittürkischcn scheint es auch auf einen Haufen anderer Thiere sich bezogen zu haben, denn jilki heisst wörtlich 'Versammlung'.

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jlta, Radlotf »*in seiner Bedeutung nach sonst unbekanntes

Wort. Ich sehe in jita oder jitä ein Gerundium von jitmäk, jätmäk 'anlangen, erreichen', kuncujuma oder sizimä jitä adïrlWm 'ura zu meiner Frau (oder) zu euch zu gelangen hin ich geweihet worden (d. h. verschieden)'. Die wörtliche Bedeutung von jitä ist daher 'gegen, zu, in der Richtung', so wie ta]Hi 'gegen, in der Richtung', von tapmak 'finden, treffen'.

tat (sieh raeine Note auf Seite 88 zu X. b. (II, 1 —8) über den Aus- druck ogïïna, totina).

taöam, ein Eigenname. Dem gegenüber lese ich taclm 'mein Diener oder Bauer, ein Diminutiv von tot, welches in der Orchon- In8chrift X. b. (II, 1 8) vorkommt, welches ich daselbst erklärt habe. Von tot stammt auch das tacïk, der Name, mit wel- chem die Türken den iranischen friedlichen Bewohner Tür- kestans benannt haben.

tapgaö 'China' und 'chinesisch1. Ich sehe in diesem Worte eher eine Umschreibung der Fürsten würde als einen Eigennamen, und leite dasselbe von top 'ehren, anbeten' ab. So wie man in Mittelasien den Emir von Bochara kurzweg badewlet oJjjL> den 'glückseligen' heisst, ebenso ist tapgav 'der Ehrwürdige' als Fürstentitel gebraucht worden. China kommt in den alttürkischen Inschriften der Mongolei als Kitoi vor.

tägin 'Prinz, nächster Verwandte des Chans'. Dieser Übersetzung des Wortes kann ich keinesfalls beistimmen, da kein etymo- logischer Grund für eine derartige Bedeutung vorliegt. Tä- yin in den ältesten arabischen und persischen Handschriften ^aJCo tiffin oiler ^-Jo täyin, resp. tikin, täkin, geschrieben.

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kann entweder von ti, 'sagen nennen1, oder von Hg, täg 'werth sein, gleich sein' abstammen. Im; ersten Falle wäre tigän, tägin, tägän mit 'genannt, benannt1 zu übersetzen, und die Eigennamen Kültägin, Jaruktägin, JoUigtägin, Ku- martägin, SäbüJctägin etc. würden ganz einfach 'der Kül, Jaruk, Jollig, Kumar, Säbük genannte1 heissen. Im zweiten Falle, der viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat, sind die betreffenden Eigennamen als solche aufzufassen, bei welchen der erste Theil des Wortes ein Epitheton oder ein Nomen repräsentiert und tägin für 'werth, gleich sein1 steht. Die wörtliche Übersetzung besagter Eigennamen wäre daher: Kül- tägin Mer Seeähnliche (gross, mächtig)1; Jaruk-tägin 'der Helle- oder Glanzahnliche1. Jollig-tägin 'der Opferähnliche1, Kumar-tägin 'der Talismansähuliche1, Sebak(sevi'tk)-tügin 'der Liebens werthe1 etc. Tägin stammt von täg, däg 'ähnlich, gleich1, und dem Adverbialaffix in.

täzgln (= tägzin) 'herumschweifen1. Mir dünkt täzgin die rich- tige Leseart in der Bedeutung von 'erschrecken, auffah- ren1. Vgl. cag. ^Lla5^ö osm. tezkinmäk 'erschrecken, auf- fahren1.

täplig 'Feindschaft1. Kann doch nur in bildlichem Sinne derar- tig aufgefasst werden, denn täplä vom Verbalstatnm täp bedeutet 'stossen, zermalmen, zerquetschen1. Vgl. täpiik ' Stoss1, täpit 'weiche, zerriebene Wolle1. Ebenso ist auch das mit täplig als Synonym vorkommende kürleg oder Icürlüg nur bildlich in der Bedeutung von 'Anfeindung1 aufzufassen, denn die concrete Bedeutung des Wortes ist 'Kampf, Ringen1 (sieh K. Zeile 6. Note C).

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Öök, Öög", unbekanntes Wort, vielleicht mit dök 'niederknien, an- flehen1 in Verbindung. Ich sehe in diesem Worte einen Verbalstamm des alttürkischen, heute nur in den ver- wandten, ural-altai8chen Sprachen vorkommenden Verbums cök 'helfen'. Vgl. magy. seg-it, sög-it 'helfen'. Der Satz tanrhn tög bizgä 'mein Gott hilf uns1 berechtigt zu dieser Annahme.

öur, bezeichnet offenbar eine Würde. Ich lese nicht cur sondern cur? und sehe in diesem Worte das cag. ôur\ 'Sklavin, Magd' mit der Annahme, dass dies ehedem auf das männ- liche Geschlecht sich bezogen hat und in den alttürkischen Aufzeichnungen als 'Diener, Sklave' zu betrachten ist. Vgl. hûlèuri der Diener küV; bälcicuri 'der dem Bäl anhangende Diener'.

Sänir 'Bergesvorsprung, Vorgebirge'. Kara sänir, das in den si- birischen Inschriften vorkommt, mag wohl ein Ortsname sein, sänir selbst bedeutet aber im Türkischen 'Wall, Fe- stung, Schanze', ein Wort, dessen Verwandtschaft mit dem persischen sengkiar ^jCu, 'Steinarbeit' nur eine schein- bare ist.

Sad, eine höchste Würde nach dem Chan. Ich lese diesen Würden- namen }$ad, eventuell tiat, und zwar weil ich in demselben das von den arabischen Geographen her bekannte Wort isa Würdenname des gleich nach dem Chakan folgenden Wür- denträgers vermuthe. Wie bekannt nennt Ibn Fozlan so- wohl als Ibn Rosteh den nach dem Chan folgenden ersten Beamten des Chazarenreiches Liol i$a, und letzterer sagt aus- drücklich :

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(1. h. 'Alle Gewalt besitzt der Ua, dem die Macht der Ad- ministration und der Kriegsführung obliegt, und in welchem Amte er Niemanden unterliegt'. Ein ähnliches Amt, wie der i#a besass, nach Ibn Rosteh, der Kende »joT bei den alten Magyaren und der Bolias Tarchan bei den alten Bul- garen. Wir haben somit hier eine Doppelwürde wie beim Taikun und Mikado in Japan, und diesem Amte entspricht vollständig der üa der Alttürken. In dem $adf richtiger Lsad, iéat, sehe ich einen Plural gleich tarkat, alpagut und sadapit, richtiger isadapit, welch letzteres Wort von üad-apa 'Vater isad* abstammt. Es ist allerdings von Interesse wahr- zunehmen, dass die Türken in der Mongolei in der ersten Hälfte des VIII. Jahrhunderts noch jene Regierungsform bei- behalten haben, welche die arabischen Geographen bei den Chazaren, Bulgaren und andern Türken des Alterthums vor- gefunden haben. Was schliesslich raeine Ansicht von der Pluralform des Wortes ÎSad, Hat anbelangt, so will ich auf den Umstand hindeuten, dass ein ähnlicher Usus auch im Osmanischen und in andern Dialekten vorliegt. So z. B. das osm. zerzeuat, richtiger sebzewat 'Grünzeig1 von pers. s j+» sebze 'grün' und dem arab. Plural ät, wät, welches als im Singular stehend in der Form von zerzewatlar 'die Grün- zeige1 vorkommt. Ferner ëiftlikat 'die Landtgüter' vom türk. ciftlik und dem arab. Plural at. Auch im Mittelasien ist der Ausdruck zadeganlar 'Die Vornehmen', vom pers. zadegian jjfcsOl), gebräuchlich.

bark 'Gebäude, Geräth, Hausrath'. R. meint, dass dieses Wort allen Dialekten unbekannt sei, und dass es mit dem osm. euim-

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bark\m 'raein Haus und Habe* nicht identifiziert werden könne. Dem gegenüber erlaube ich mir auf das Lehcei Os- mani hinzuweisen, wo bark folgende Interpretation hat :

j! ew-bark «jLä. j JIa* Jj&Loc 'verheirathete Familie und Haus*; barlnmU 'einer der einen Harem, Familie unter- hält1; baruk 'gehütet'; barkli 'einer der Haushaltung besitzt'. Aus den angeführten Beispielen wird ersichtlich, dass bark in der Grundbedeutung 'Habe, Besitz1 von bar 'haben' aus- drückt, und als solches ist es auf 'Familie, Angehörige1 über- gegangen. Sowie in den meisten Sprachen 'Familie, Ange- hörige1 und 'Haus' als identische Begriffe betrachtet werden, ebenso kann im Türkischen bark nur im bildlichen Sinne für 'Haus1, aber nicht für 'Gebäude' genommen werden. Übri- gens kommen die Synonyme ev-bark auch in der Form ev- barlm vor (sieh K. 6. Zeile 1.).

balbal. Zu meinen früher gemachten Bemerkungen bezüglich dieses Wortes (Sieh Seite 41) möchte ich noch hinzufügen, dass ich der Etymologie des Prof. Wassiljew, nämlich der Ablei- tung vom chinesischen bai 'sich verbergen' und bat 'Monu- ment1 keinesfalls beistimmen kann. 1) Kann aus bai-bäi im Türkischen kein balbal. balbd, balabU, balabil oder balabal entstehen, weil ein ähnlicher Lautwechsel in der türkischen Sprache nicht erwiesen ist. 2) Kann das Balbal nicht als 'ein Grabstein, der jemandem als Ehrfurchtbezeugung aufge- stellt ist' betrachtet werden, weil, wie wir im Texte sehen, eben die besiegten Gegner des Verstorbenen hierzu gebraucht wurden, indem jene in der Rolle des wachthabenden Die- ners auftreten (sieh das Wort adirlt).

bängü "das Denkmal1. Die eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist Ebenbild, Bild'. Der Etymon bän, man findet sich

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im Cag. mänie 'Antlitz*, osm. bäniz 'Gesichtsfarbe*, män- zämäk bänzämäk 'ähnlich sein, gleich'; to 'Muttermal, Zeiche»' etc.

bäl "Taille. Kreuz, Körper, Bergrücken', und in allen übrigen Fällen dünkt R. die Bedeutung fraglich, weshalb er dieses Wort als Eigennamen auffasst. Ich lese in bäl ein ursprüngliches bal, und in diesem Worte möchte ich bal, baal den Namen der assyrischen Gottheit entdecken. Dass dies wirklich der Fall ist, beweisen die zahlreichen Stellen, in welchen dieses Wort vorkommt. So z. B. tanr) bäl 'Gott, Bäl', bäl ogrlnda 'in Gottes Schutz', bälim kanîm 'mein Gott und mein Fürst', bälimkä tapüm 'meinen Gott habe ich verehrt'. Dio Frage, wie dieses Wort aus dem semitischen Westasien zu den Türken im Norden gelangt izt, kann keine Schwierigkeit bereiten, wenn wir erwägen, dass ReligionsbegrifFe leicht in die weiteste Ferne schweifen. Wenn das persische fjLâ. chuda 'Gott' bis weit nach Sibirien (vgl. alt. kudaj 'Gott') und das persische hdan 'Gott' bis zur mittlem Wolga (vgl. luagy. isien 'Gott1) vorgedrungen, warum hätte dies nicht bezüglich des assyrischen bal im Alterthum der Fall sein können? übrigens scheint bäl eine irdische Gottheit gewe- sen zu sein, wie aus dem Satze tâùrîdaki künkä järdäki bälinke 'der am Himmel befindlichen Sonne und dem auf der Erde befindlichen Bäl' ersichtlich ist.

Bätii oder bälinanvu 'Gottesgläubiger oder Gottange- höriger* erinnert an das osm. (-aJLä. celelri, ursprünglich co- labi 'Kreuzbekenner', von colab, rectius calait 'Gott'. Letzt- genanntes Wort stammt von calipa 'Kreuz'; calipai war im XIII. Jahrhundert der Name der christlichen Geistlichen, von welchen die Osttürken lesen lernten, daher sie den

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Namen der Lehrer mit dem Begriffe Gottheit verwechselten (Sieh Lehcei Osinani I Seite 472). celebi 'Herr' ist heute in der Türkei ein nur bei Christen üblicher Titel, ehemals nahmen jedoch auch die Mohammedaner denselben an. Vgl. -aJLä. uo'fe' Kiatib Öelebei. der bekannte osmanische Gelehrte,

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Mehemmed Celebi, Name eines Sultans, u. s. w.

bun 'Maas, Ende', wie Radioff ganz richtig übersetzt, und wie ich diesbezüglich raeine Ansicht schon früher (sieh Seite 71) aus- gedrückt habe. Hier möchte ich nur noch hinzufügen, dass buii in diesem Sinne mit Lautveränderung auch in den heu- tigen Türkdialekten sich vorfindet. bog 'Hand, Ende\ So das cag. bwia-mak 'alt werden', eigentlich 'zu Ende ge- hen1; osm. bön 'alterschwach, tölpelhaft*. Die concrete Be- deutung des Wortes liegt im Begriffe des Erschlaffens und Endens. Vgl. magy. vég 'Ende1 und vén 'alt\

bulun 'Winkel, Himmelsgegend*. Ich möchte vor Allem die Leseart bolun vorschlagen, und dieses Wort nicht mit 'Winkel', sondern mit 'TheiT übersetzen, weil ich in der Stammsilbe bol das spätere bol 'theileV sehe. Vgl. bolek 'Theil, AntheiT, bölüm 'Theilung\

bük 'verweilen'. Dieses Verbum kommt häufiger in der Schreibart $ £ als ^ f* £ vor; ich wäre daher geneigt buk und nicht biik zu lesen (vgl. cag. bukmak ^jUSjJ 'aufschauen, auf- passen, lauern') und nur als weitläufiges Synonym könnte die Bedeutung 'verweilen' angewendet werden. K:s Verbes- serung in äbük (Neue Folge, Seite 164) ist daher keinesfalls zulässig.

matï. R. übersetzt dieses Wort mit 'trefflich, vorzüglich', ohne uns jedoch genauer anzugeben, von welchem Stammworte

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er diese Bedeutung ableitet. Mit Hinblick auf die labiale Lautverwechselung zwischen batur und matur 'tapfer, kühn', könnte man vielleicht das mail auf butt zurückführen, und in dieser Form wäre es leicht dieses Wort mit dem ßag. ô'L? batu 'stark, kraftig, fest, vornehm1 zu vergleichen (sieh Lu- gati Öagatai 66. b).

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Inhaltsverzeichnis.

Soite

Da* Volksthum der Alttiirken .{

Die Sprache der Alttiirken .... 15

Zur Morphologie der alttürkischen Sprache 19

Noten zu den alttürkischen Inschriften 26

Monument I, Côté de l'Est 26

K. b. «»der Côté du Nord der llelsingforser Ausgabe ">9

K. a. (Côté du Sud, Seite 114, Thomson) 69

X. (Monument II, Côté de l'Est II. IS) 77

K. X. a. Neue Folge; Th. du Sud (Inscriptions S. 20) S2

Die kleinen Inschriften S4

Die alttürkischen Inschriften auf dem Flussgebiete des Jeuissei . . 90

Glossar 97

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