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Frankfurts am Main in seine hygienischen Verhaeltnissen und

Alexander Spiess

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THE LIBRARIES

COLUMBIA UNIVERSITY

General Library

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FRANKFURT am MAIN

IN SKINEN

HYGIENISCHEN VEKHii!:LTNlSSEN UND EINRICHTUNGEN.

FESTSOHKIFT

ZUK FKIEU DES

FONFZIGJiBHRIGEN DOCTOR-JÜBILjEUMS

l>£ä UEKUN

GEH. SANITiSTSRATH D«^ GEORG VARRENTRAPP,

HKKAUSUEGKBEN VOJI

CXILLBOJW, FftBUMDBK UMD MirBOBOBSM DES JUBILAHl»,

■■DlUlKT von

D*- ALEXANDER SPIESS. '

mi iO TAFELN.

fra:<kfurtam main.

DKUCK UND TEELAO TOV JCABLAV h WilLDSCHVIDT.

1881.

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IlTiiscb

•bf »geben TOD der

Iiis. m.-mi

Posen.

HERRN OEHEIUEN SAMITfTSRATH

GEORG VARRENTRAPP

ZUR FEIER SEINES

FÜNFZIGJLEHKIGEN DOCTOR-JÜBILiEUMS

AM 24. SEPTEMBER 1881.

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Hochgeehrter Herr Geheimer Sanitätsrath I

»

Am heutigen Tago leiern Sie die fünfzigste Wiederkehr des Jahrestages, ;in welcliem Ihnen die Doctorwürde ertheilt wurde und Sie in eine Wirksamkeit eintraten, auf deren Erfolge Sie mit hoher Befriedigung zurückblicken können.

Die segensreichen Früchte Ihrer langjährigen unermüd- lichen Arbeiten sind nicht blos Ihren Mitl)ürgern, sondern dem ganzen Vaterlande zu gute gekommeu und haben insbesondere die wissenschaftliche Ergründung, wie die praktische Durchführung der geeignetsten Maassregeln und Einrichtungen zur Verhinderung der Entstehung und Verbrei- tung niensehlicher Krankheiten überall mächtig gefördert.

Durch eifrige und ununterbrochene Forschungen, durch dne grosse Zahl wissenschaftlicher Publikationen, an der Spitze vieler Vereine und Gommissionen zur Vorbereitung von Gesetzen zum Scliutze von lieben und Gesundheit aut iillen («el)iett!ii des üllenthchen Lebens haben Sie fünfzig Jahre hindurch selbstlos im Dienste der Wissenschaft und der Humanität gearbeitet

Aber der Ausgang und die feste sichere Grundlage aller liirer Hes trebungeu, wie deren praktische Ergebnisse hegen doch vor allem in Ihrer Vaterstadt.

Hier wirkten Sie ohne Unterbrechung volle fünfzig Jahre als praktischer Arzt; hier waren Sie als MitgUed der stadtischen Vertretungskörper, als B^ünder, Förderer

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und Leiter wohlthatiger Vereiiie und nützlicher Unter- nehmuDgen thfttig; hier erweckten Sie durch persönliche Anregung und Belehrung das Interesse für die öffentliche '

Gesundheitspflege und die Opferfrendij/keit für die der- selben dienenden Einrielitungen in den weitesten Kreisen Ihrer Mitbürger; hier verdanken wir viele wichtige und durchgreifende Maassregeln auf diesem Gebiete vorzugsweise Ihrer Anregung und Mitwirkung.

Ihren Mitbürgern gebührt es daher vor alleni, llinen am heutigen Tage ihre Anerkennung und ihre dankbare Verehrung auszudrücken.

Betrachten Sie, hochverehrter Herr, als Ein Zeugniss dieser Gesinnungen Ihrer Vaterstadt, das Werk, welches in den nachfolgenden Bhlttern ein Kreis von Fieuuden, Cul- legen und Mitbürgern liinen widmet.

Sie beschrieben »Frankfurt in seinen hygienischen Ver- baltnissen und Einrichtungen€ zur Feier Ihres fünfzigjährigen Doctorjubilftums und zur dauernden Erinnerung an dasselbe, . in der Hoffnung, dass eine übersichtliclie Darstellung der Entwicklung und des gegenwartigen Zustandes der hygie- nischen Einrichtungen Ihrer Vaterstadt, Ihnen, der Sie nicht um Ehren, sondern allein um nützliche und woblthatige Erfolge arbeiteten und kämpften, besondere Freude bereiten würde.

Eine grosse Anzahl von Behörden und Privatpei sonen, welche den beschriebenen Einrichtungen nahe stehen, hat mitgewirkt, um eine richtige und möglichst vollständige

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SchilderuDg der Entstehimg und Entwicklung aller in unserer Stadt vorhandenen Institute, Veranstaltungen und getroffenen

Maassreireln zur Pflege der (lesundlieit und der Wohlfahrt der iicvölkerung zu geben. Sie linden insbesondere nel)en einer allgemeinen Topographie der Stadt und einer Dar- stellung des Standes und der Bewegung der Bevölkerung, wie der Gesnndheits- und Sterblichkeitsverhftltnisse, eine Reihe von Abhandlungen über das Bauwesen, die Wohnungs- verhilltnisse und die Bestrebungen für Bescliaüung besserer WohauDgen; die lU'schreibung der Caualisation, der Wasser- versorgung und der Reinigung der Stadt, des Schlacht- und Viehhofes, der Einrichtungen fQr den Vertrieb von Nahrungs- mitteln und deren Controle, der Gefängnisse, der sanitären Einrichtungen in den Schulen und der W irksamkeit von Corporationen, Stiftungen und Vereinen für die Gesundheit und die Wohlfahrt der Jugend, namentlich der unbemittelten Classen, wie der Waisenkinder; eingehende Mittheilungen über das Armenwesen, die öffentlichen und privaten wohl- thiltigen Stiftungen und die sonstigen zahlreiilien Wohl- thätigkeitsv ereine ; Schilderungen der Hospit;! Um-, ihrer Ent- stehung und Bedeutung, der Veranstaltungen far die Kranken- pflege, des Beerdigungswesens, des Veterinftrwesens, der wissenschaftlichen und gemeinnützigen Vereine, deren Auf- gaben in engeren und weiteren Beziehungen zur Gesundlieits- pfl^e stehen. Endlich geben besondere AIjschnitte eine gedrängte Uebersicht der Organisation und Thätigkeit der Sanitätsbehörden, sowie des zur Ausübung der praktischen

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Heilkunde berafenen PersoDals und der far dasselbe be- stehenden Einrichtungen, nebst einer Skizze der Entwick- lung der wissenschaftlichen Medicin in unserer Stadt.

Wenn auch Ihrem Kennerblicke iiumche Liuken im Einzelnen sich zeigen mögen, so glauben die Mitarbeiter doch hoffen zu dürfen, dass auch nach Ihrem Urtheil auf diese Weise ein Gesammtbild unserer hygienischen Verhält- nisse und Einrichtungen entstanden ist, welches, die Ver- ganfjjcnlioit und Gegeuwart aus authentischen Quellen dar- stellend, so bedeutsam die bisherigen Ergebnisse auch sind, doch das Bedürfniss weiteren Arbeitens auf diesem Gebiete nachweist und so zur eifrigen Fortsetzung der bisherigen Anstrengungen anspornt und ermnthigt.

Zahlreiche Blätter des vorliegenden \\Vrk«'> werden Ihnen Ihre eigenen hervorragenden Arbeiten und Leistungen in die Erinnerung zurflckrufen.

Die Mitarbeiter widmen Ihnen die gemeinsame Arbeit mit dem herzlichen Wunsche, dass es Ihnen vergönnt sein möge, noch viele Jahre die humanen Bestrebungen, denen Sie Ihr Leben widmeten, in der Wissenschaft und Praxis weiterzuführen und insbesondere in unserer Stadt an dem Ausbau und der Erweiterung der bestehenden sanitären Ein- richtungen in bisheriger segensreicher Weise mitzuwirken.

Frankfurt a.M., den 24. September 1881.

J. MIQÜEL,

0BBRBCR<1ERMEI8T£R.

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INHALTS-VERZEICIINISS.

L Allgemeine Topoigntphie. ^

1. 0( rtliclikrit. Ton Olerimrnirur W. H. LituUey (mit Plan, Tafel 1) . 1

2. BotU'nv t i haltiiissc. To» Laudesgeohg Dr. Carl Koch 4

3. I»ie metoorolopisrhen Verliältniss«' Frankfurts. Von Dr. Alex. Spiess 9

4. Mainwasser und Grundwasser. Von Dr. Julius Ziegler 13

Bevölkerung und deren Erkrankungen.

5. Stand und Rewogung der novfilkcnin;?. Van Dr. Alexander Spiess . . 17 Kl ;ii)k1i<'its- tiiul Sterldiflikeitsverluiltnissc. Von Dr. Alexander Spies!- . 2S

III. Stras.sen und WOhium^en.

Baupolizei und Bauordnung. Von Senator Dr. v. Oven 37

\\ ohnungsstatistik. Von Dr. C. r. Ol^mihcrg ^53

Frankfurter Genieinnützi];fe Baufresellschaft. Von Dr. Adolf r. Hamier

(mit Planen, Tafel 2 u. 8) 62

10. Bau- und Sparverein. Von Dr. Eduard Cnyrim 66

11. Gesellschaft zur Beschaffung billiger Wohnungen. Von Dr. Alex. Matti 68

12. SchläfcrlH'rlicrtrfii. Von Kreistcundarzt Dr. Wilbrand 71

^^^3. Strassenreiiiigun^ und Strassenbegitssung. Vott Stadtrath Dr. Knopf . 77

IV. Ciinaliimtion und Wasserversorgung.

^14. Canalisation. low Oheringenieur W. H. Lindleu (mit Plan, Tafel 4). . 81

^15. Quellwasserleitung u. Brunnen. Von Stadtrath Hdthof (mit Plan, Tafel 5) 95

Nahrungsmittel.

^6. Markthalle und Marktpolizei. Foii Stadtrath Holthof 107

^17. Sthlarlit- u. Viehhof. To» Bflm'n-sjjpctor 2^»<ye>»cr (mit Plan, Tafel 6) . III

18. Verein gegen Verfälschung der Xahrungsmittel und sonstigen Ver-

hrauchagegenstände. Von Dr. Ph. Fresenius . . 115

19. Die Frankfurter Milchkuranstalt. I^on Dr. Victor Cnyrnn 118

Behördliche Thätigkeit.

20. Das Sanitätswesen und die Sanitfitscommission. T^o» A'. Polizeipräsidium 121

21. Stiultisi lier Gesniiilli( it>ratli. ]'<>ii .SV»fi/or I>r. r. Orni Itlrt

22. Oeffentliches Impfwesen. Foti Dr. E. Marcus 133

^23. Ucherwachung u. Untersuchung d. Prostituirten. Von K. Polizeipräsidium 136

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Inhalts -Vcrzeicliniss.

VII. Getaiiirinssweseii.

^ ȣllfc

24. Gefangnisse. Von Oberstaatsanwalt Schmieden 141

2'"». Frankfurt»'!- <n'filn^rnissverfin. Von Dr. Otto Foiifick 146

^VIII. Unterriclits- uml Erziehungsweseii.

2<). <).-ff.Mitli(>lu- sta.ltisilie S< linlon 149

A. EntwirkUin«! und Organisation ilt's Si lnilwi'O'iis. Von JJr. jur. Ebner 149

B. Die altpren Schulbauten. Von Bnuinspectnr fr. JUp/cmer ( mit rianen. Tafrl 7 u. 8) löx

. ('. I>ic neuesten Schulbanlen. Von Baurath B^hnke (mit Planen.

Tafel 9 u. 10) 170

I>. Die hyuienisclien Verhältnisse iler Frankfurtt-r Sehulen. Von

Kreiswundarzl Dr. Wührand 17:{

27. Realschule der israelitischen (ieuieimle. Fitn Dircctov Dr. Bäiwald . 185 2*^. Realschule der israelit. Kelitrionsgt'sellschaft. Von Director Dr. Hirsch

(mit l'lan. Tafel 11) 188

29. Untersudiung der Schulkinth'r auf ilire (irrtssenverhaltni<se. Von

Dr. Ph. Steffan 192

30. Untersuchung der Schitier des (tyninasiunis auf Kur/siditigkeit. Von

Dr. Gnxtav Krüger 195

31. Untersucliiing der Schulkinder auf Farheiihlinillieit. Von Dr. Antjust Carl 198

32. Feriencolituieen armer krankli< her Scliulkiuder. Von Rrelnr Dr. Veith 200 ■33. Kleinkinderschuleu. Von Dr. J. de Bary l»0><

34. Kindergärten. Von C. W. Wundt^rlich 211

35. Säuglings -Hewahr -Anstalten (Krippen). Von Dr. Fr. J. Stichel. . . 213

3<). Verein /um Schutze der Knstkinder. Von Dr. Fr. J. Stiebet , 2111

37. Städtischer Waisenrath. Von J. C. Hellfeld 218

SS. Waisenhausstiftung. Von Dr. G. Humxer 220

39. Waiseninstitnt der Niederlandischen (ienieiude Augshurg. ( onfession.

Mitgethcilt von dein Vorstande 223

40. Israelitist he Waisen -.Anstalt. Von Dr. Joseph Werner 225

41. Israelitisdier Frauen -Ven-in ( Waiseniiistitut für Mädchen). Von Director

Dr. liänrnld 091

42. Siegmund Stern'sche Waisenstiftung. Von Dr. J. lUeaiier 228

43. Taubstummen Erxieliungs-.\iistalt. Von Lnndffericht.xrath Dr. Schräder 229

44. Hlinden -Anstalt. Von Landgerichtsrath Dr. Diehl. (llier/u Tafel 12). 231

45. Pestalozzi -Verein. Von Consi.ftorialrath Pfarrer Dr. Ehlers . . . . 235 4<). Magdaleuen -Verein und M igdalencn - Asyl. Von Pfarrer G. Schlo.-iser . 239

^ IX. VVohlthütigkeits-Anstalten.

47. Städtisches .Vrmen- und Stiftungswesen. Von Senator Dr. v. Oven . . 243

48. Städtische Polixei -Section (Armenwesen). Von Sladtrath Holthof . . 260

49. .\rmenverein. Von Dr. Karl Oppcl 267

^>0. .Vllgemeincr .Vlmosenkastcn. Mittheiluit^i des l'/legamte.-t 269

51. F>angelisch- lutherischer Almosenkasten. Von Bector Dr. Mohr. . . 278

52. Diaconie der deutschen evangelisch -reformirten fiemeinde. Mittheiluny

der Diaconie oftd

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Inhalts-Verzeichniss. XI

.S^. Diafonie der französisch -reformirten Gemeinde. Von Dr. K'duard

g. Harnier . . . . : . : = i i : : : : ■. ■.

54. Katholistlu- Armonanstalt. Von Amtsgerichtsrath Dr. Lincker . . . 2^4

55. Alinoscnkasten der israelitisclien Gemeinde. Milthiilunfi das Pflegamtes 287

56. lias Versorgungshaus. Von Dr. Adolf v. Harnier 28'J

57. Pfründneranstalt der Dr. Senckenberg'schen Stiftung. Von Dr. Moritz

Srh,ni,1t 294

.'»8. Louisf und Stephan v. Ouaitn'srhe Stiftung und v. Otiaita'sche Stiftung.

]'<,)! Mar (•■ (iiiiutn . , , . .. .. .. .. .. : , , , : : 295

59. S(hmidl>orn'sche8 Siechenhaus. Von Pfarrer Lei/dhed:tr 298

60. Rücker'sches Sitrlii iihaus. Von Pfarrer Leydheckcr 299

61. Versorgungsaiistalt tiir Israeliten. Von Dr. S. Kirchheim 300

62. St. KathariiK'ii- und \V^■i^sfl^alu■ll-lit't■ MittlicihttKj des l'jUiinintcs . . :-{U3

63. Frauenverein. Von Dr. Adolf Fester .S05

64. Allgemeiner Frauenverein »Zur Wolilthätigkeit«. Von Avitsf/erichtsrath

Dr. hlrrk 3f>8

65. Vaterländischer Frauenverein. Von Consistoriahath l*fr. Dr. Ehlers . 310

66. Per Vincpnis -Vcrtfin. Von Rector B. Widmann . . . . . . . . . ai2

67. Elisahetlien -Verein. Von Rector B. Widmann 314

68. Fraucnvfroin der deutsch - katholischen (freireligiösen) Gemeinde. Von

J. II. HV/,,r 315

69. Verein zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger. Von

Con^intorialrath Pfarrer Dr. Ehlers 316

^ X. Hospitäler.

70. Hospital zum Heiligen Geist. Von Dr. G. Wiesner (mit Plan, Tafel 13)

321

71. Das Dr. Senckenberg'sche BOrgerhospital. Von Dr. Moritz Schmidt

72. Anstalt für Irre und Epileptische. Von Geh. San.-Hath Dr. Hoffmann

73. Rochii-hnspital. Von Dr. K. Maicns (mit IMaii. TalVd IG) ....

341

349

75. Das Dr. ( lirist'sche Kinderhospital und Knthindnugshaus, sowie die

von Mnlilt ii'sihe Stiftung. Von Dr. Fr. J. Stiebel

353

76. Clenuiitiiu- -Madilit ii-Siiital. Vau In. J de Banj (mit Tlaii, 'lat'«'] 17)

356

77. Georgine Sara v. Rotlischild'sche Stiftung für erkrankte fremde

78. Israelitisrhos Gemeind('liosi)ital. Von Dr. S. Kirchheim (mit Plan,

TalVl is)

360

79. Die israelitischen Krankenkassen. Von Dr. G. Altsrhiil

364

80. Diaconissenanstalt. Ton Pfarrer I^ydhecker u. Dr. Heinrich Both . .

367

371

82. Dr. Bockenheimer'sche Chirurgische Klinik. Von Dr. Bockenheimer

(mit Plan, Tafel 19)

374

377

84. Dr. Stetfan'sche Augen -Heilanstalt. Von Dr. Ph. Steffan

380

86. Klinik und Poliklinik fnr Hantkrankc Von Dr. llerxheimer ....

m

87. Gvna^kologische Klinik. Von Dr. (\ul Stahl

384

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W\ Inhalts- Verzoicliuiss.

„^^l. Krankenpflege. / ^^^^

Armciiriratto. Vqh I)r, A- «"^("a- : : : : -. •. : : ■.

90. Die Anstalten für Krank» iii)rieKe. Von Dr. E. Marcus 392

A. l'rto^^onnncuiniititut des Vereiuä zur Priepc im Felde v<;rwundet<^r

und erkrankter Krieger .... :'.92

B. Evangelische Diaconissen -Anstalt :{93

(' DiiiiTini'sseii -Anstillt des Ri tluniien-Vereina . . . . . . . , 325

!>■ Si hwestt i iilnuis Bethanien . . . . , , , - 395

E. Barmherzige Schwestern 395

K. (ienossonstliaft der armen Sihwestern vom heil. Franziskus . . 398 (t. Barniherzigi' nn'ider :!99

XII. Beerdi^uii^swcsen.

91. StAudesamt und Leichenschau. Von Dr. J.Auerbach . ^ , IQl

92. Friedhöfe und Friedhofs-Commission. Von Dr. F. OMotitdäager . . 406

XIII. Veterinänvesen und Thierschutz.

93. Veterinärwesen. Vau KrcUthicrarzt Prof. Dr. Leonhnrdt . . . . 415 9 t. Vi-i > in /um Sriiutzc der '1 liim-. Von (M ci ldirrf Dr. II. Sahcrt . . 4"-'3

XIV. Wissenschaftliche mul gemeinntttzige Vereine und Institute.

95. Dr. Senckenherg'sches Mediciniscbes Institut. Von Dr. Moritz Schmidt

(mit Plan. Taf<-1 1>U) 425

96. Aer/.tlichi r Verein. Von Dr. E. Marat.-^ 430

97. Mikroskopischer Verein. Von Dr. Adolf Schmidt 433

98. Verein fflr (juo^rriiiiliir nti 1 Statistik. Von Senator Dr. v. Oven . . 435

99. Senrkenitcrg'schc Nat»rt'ors< lH-nde Gesellschaft. Von Dr. Heinrich

Srhmi,h , , . , . 440

100. Physikalischer Verein. Von Dr. Th. iVf<>.sc» 448

101. Clicmisclif <;.'sollsiliaft. Von Dr. Th. Pdrrsen 4.V2

102. Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung. Von Dr. F. Kinkdin 453

103. Neue Zoologische Gesellschaft. Von Direclor Dr. Max Schmidt . . Abb

104. Gesellschaft zur Befftrderung nützlicher Künste und deren Hülfs-

Wissenschaften ( Pulytcclm. (M"-t'llschaft.) Von Senntor Dr. c. Oven 457

XV. Heilpersonal. 105. Skizze der Entwicklung der wissenschaftlichen Mcdicin in Frankfurt.

Vnn Tir W SlriA'^r iüH

106. Acrzte. Chirurgen, llehammen, Apotheken. Von KreispJnf.'iicns Sanittiti-

rath Dr. Kloss 476

107. Aerztliche Wittwcn -Kasse. Von Dr. J. de Bartj 481

108. Aerztlicher Pensions- und Htüfsverein. Von Dr. J. de Bory . . . 484

Verzeifhniss der Mitarbeiter , , , , , , , .. , .. , , , 486

Verzeichniss der lalVln . . . , .. .. , 4S8

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I. ALLGEAlEliSE TüPüGRAPHlJi.

1. (EHTLICHKEIT. Von Oberingenienr W. H. LINDLEY.

Die Stiidt Frankfitrt am Main, nach der VoUcszählang vom

l. December 1880 mit. 136 831 St'tltni dio nennt - j^rösste Stadt im Deutschen Iteiclio, lie<^ am nördlichen (rechten) Ufer des Maiiifliisses, <li<> Vorstadt Saclisenhansen am südlichen Ufer desRelben, 30 Km überhalb dessen Einniündnnf; in den Rhein.

Der Thiinn der St. Bartholomäus-Kirche, der l'larrtliurni, ist in seiner geographischen LaLf' ah trif^onoinetrischcr Fixpiiiikt der LaudfsvcntK'ssiinf; ln'stiiuint und als (irundla<;e der thgunoiuetrischeu Ötadtvernit ssimt; anj^crioinnuMi ; derselbe hat:

eiiif iKHilliclii- Breite von .'fi" <i' und

eine «Istliclie Lülin^e vnii FriTd Vdll _Mi JO' 7>7'*J'>"

Der Flä( henramn der (Jeniarkuii^r l- rankiiirt und Sai liscnliansen beträj^t zusanuuen 74.?."» Ha, eins( liliesslich der W assertiäche des Muinflusses aut seinem Laufe durch die Gemarkung.

Hiervon entfallen:

1. A nt d as (i ebiet der d ichte n stUdti.schcn Bebauung a| am rechten Ufer (die Fläche der Pro- menaden und der (iärteu der Wall- GruHilstficke mit 36'3 Ha au.<^e-

achlonen) 150 Hu

b) am linken Ufer (B^enzangalinie SchifPerftbraase, Oberrilder Fnmweg,

Waaserw^) 20 »

ssnsammcn .... 170 Ha s 2'4\ des ganzen FlSchenraums der Gemarkung.

1

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2 I- Allgemein« Topographie.

2. Auf das Gebiet der vorsiUdt i^chen BebaQunf(

a) am rechten UfVr. einschliessluh der IVoMKMiaden nebst Wall^'ärton um\ litiriibcini (nadi tb-r Ht'ixrfii/.iinLrs- Hnic, die vom Statist iscbm Aiiitr. di<' änssi-rstcn. znsaiiinn'iihän^cnd lirliautrii Stadttlieile uni.schiie.SHen<l,

lir>t iiiinit wiiitb«) 0-17'7 llu

b) am Unken Ufer (fbcntalls inncrbalb der vom Statistisdien Amte, wie snb

2a aul'ge.stellten Be<xn'nznngslinie)

247-7 *

/nsammen .

8«.>5-4 Ha

12-0>

An f das L a n (1 e b i e t am n-

(Ilten

nnd buken Ul'er zusammen .

2 770-6 » ^

:J7a%

A u f <l e n S t u d t w a 1 d . , .

3 480-0 »

Auf die Wasserfläche

den

1100 » =

l-5>

Die grosste Länge, in welcher fdch die Gemarlning von Onken nach Westen erslareckt, betiif^t . . . 14*64 Km, von Norden nach Sfiden 11*68 »

Die Höhenlage des Nullpnnktes des Hain-P^ls an der alten Frankfuri-Sacbsenh&user Brücke, der als der allgemein niedrigste Wasserstend des Fliwses gelten kann (es sind nnr in äusserst seltenen FftUen Wasserstünde, die unter jenen Nullpunkt hinabgingen, voi^ekommen), beti^gt nach dem, in Anschluss an das NivelTenient der Njuwanischen Landesvermessnng ans^relTdirten studtiscbin Nivelle- ment, Ol'KI.'^ m fiber dem Nnlljmnkte des Amsterdamer Pegeln.

Die Hrdu'nverbältnisse des Bodens wie <lie (iestaltnnjf nnd dos Gefälle der Oberfläche desselben sind anf «U'r Tale) 1 dnrtli die photn- lithogranhifwhe Wiederj^abe einer Ueliefkarte im Maassstabe 1 zn öIHHX) verans<'hanbrht. Jede IbUiensebiclite im b'ebet entspriebt einer Anstejtrnnff des Bodt'ns von .10 Fuss (Frankt'nrter Maass), vom Null- punkt des Pendels ausgehend.

Naeli sciiKT Hnhenhi<jfe nnd ( )berflä('benl>ibbin<f liisst sich da« Oiebiet der Stadt und (iemarkini'r in zwei Tbeib- trennen.

1) in eine Kl)ene, (bC längs benb-ii l fern des Flussr»s sich ' iiinzielit und in dem sich im \\ rsten wie im Osten der Stsidt erweiternden Thale Iiis zum Fu.s.se des an.sieigenden bergigen Terrains sidt ausbreitet, und

2) in das ebengenannte ansteigende, bergig<r Terrain.

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1. Ortlirlikoit.

Die Hdhenlage der Ebene ▼anirt zwischen S nnd 7 m tthet dem niedrigsten Wasserstande des Flusses« im Allgemeinen liegt die Oberfläche zwischen 5 und 6 m über demselben. Da der höchste Wasserstand des Maines in diesem Jahrhundert, das Hochwasser im Jahre 1845 (am 31. März) die Höhe von 22 Fuss 5 Zoll = 6*38 m ' Uber dem Nullpunkte des P^ls erreichte, so stand damals der grösste Theil dieser Mainebene unter Wasser.

Auch die Strassen der ältesten Stadttheile am rechten Ufer, innerhalb der Umwallungslinie vom 0. Jahrhundert, liegen zum grossen Theile unter die^pr r»'l)»'m h\vpmmnng8hohe des Flujwes; das Ufer hat soj^r an verschipdenen Stollpii eine Höhe von nicht einmal 4 m fil>pr rlera niedrigsten WasBerstaiulp.

Als Be^^rwiznogslinie zwischen <i<-r Mainchpiip und dem an- steijifenden berffijjPTi Terrain kann auf dcni rpclitpn Ufpr der untere Undprbpr^wprr. oinp fjpradp Liiiio vom Hananpr Bahnhof durch dip .Schnnr«;assp l»is zujn Taunus -Thor, vnn hier aus piuc Tiinio, di»» durch iHp Taunus-Anluf^*' his zum Kfttt'uhot'wfur /.i<'ht luid dicstuu li t/tcrcn wpstwiirts tol<;t. auj^i'stduui wcrth'U. Dirsr ht't;n'n/uug hat durthvvp^s H *) lu ührr <h'ui Nullpunkt des Hrü(ki'n]i<'<jrls.

Auf d»'iu linken Ufpr fol<rt dip ( )ffpul>ai hi r und Mürftdder Landstrassi' der Hc^rcn/un<; zwisiiipu Ehenp und \U'rff.

Von dpr Khpup steij^t das Terrain auf dpr rpihtpn Mainspitp allniälig im Osten «ohr schroff an und erreicht spinp grösste Höhe innerhalb des Frankfurter Gebietes an der Friedber^er Warte mit 69'2m fiber dem Nullpunkte.

Auf der linken Mainseite ist die Ansteigiing eine steile und wird die grösste Höhe mit 58*6 m am Acdshause, an der Ab- zweigung der Babenl^nser und Darmstadter Landstrassen «reicht.

Die grösste Höhe, auf welche sich die vorstädtische Bebauung erstreckt, betrügt 47 m fiber dem Nullpunkte (im nördlichen Theile Ton Bomheim). Die hödiste Strasse der inneren Stadt, die Bleich- strasse, liegt an ihrer höchsten Stelle, gegenfiber der Brönnerstrasse, 15*6 m fiber dem Nullpunkt.

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4

I. Allgemeine Topographie.

2. BODENVEUH.i:i;riNlSSE. Von Dr. CARL KOm,

Di«' südiiatlichen Abhänge des Taunusgebirges, welche nach der breiten Ebene des unteren Main- und mittleren Rheingebietes, sowie Ostlicb anacUiesBend nach der Wetteran absenken, bestehen aus alten palSosoischen Gesteinen, deren Schichtenreihe mit vor- deyoniRchen Sericitgneisen und Sericitschiefem b^nnt; darOber lagern wechselnde BSnke YordevonischOT Taunusphyllite mit gräulich- grauen Quaraten, kOmigen Sericitphylliten und vcurwaltenden rothen Schiefem, Aber welchen sich das Devonsystem, mit den mächtigen Taunusqmurziten beginnend, anlagert.

Königstein und Cronberg li^n nocli im vordovonischen Gebiete (Irr Si'ri( it^^neise und Seridtschiefer ; der Frldborj]^ und der Alt- könig bt^stehen weRentiich aus Tannusquarzit, und zwischen beiden* tritt sattelaiiig eine Gcbirj^stalte von schiefrigon Taunnsphylliten heraus. In nordwestlicher Kichtung lagern Hiinsrtickschiefer auf den Quarziten und folgen diesen jCmgore Dovonsdiii Ilten in vollständiger Scliiclitt'nrt'ilu' Ms 7,ur Lahn hin. wälirciid siullich und »istlich (also ti»"i;''u Frankfurt liiii) sojclic mit den nach oben anroihiMiden Gliedern »ItT paliict/oisiluMi Pt-riod«' t^iiu/.lich fehlen. Erst (la> pfmiisclif |{()tlilit'''onih' tiiidt't in der hier vorhandenen Lücke der re-rel- luässigeu S( lii( hteiiti)ltxe wieder Ikauni. l)asscll>e tritt l)ei Langen- hain im Taunus isolirt auf; seine (»stliihe l*\)rtset/,uug verbreitet sich mehr und mannigfaltiger bei Vilbel, ebenso ein südlieheres Vorkommen dieser Formation bei Sprendlingen , Dreieieh(>nhain und Diesenbach, wo Melaphyr, Basalt nnd Trachyt die Schichten durchbrechen und in kleben Kuppen aus dem ebenen Gebiete hervor- treten. Ganz in der Nahe von Frankfurt, moinaufwärts gegen Offenbach, steht dasselbe Rothli^nde im Haine an und nicht weit davon wurde dasselbe in dem städtischen Wassemchachte am lioder^ Wäldchen in seiner typischen Gestalt angehauen.

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2. boilruverhalluibäe. 5

Ans diesen AufiK^fissen geht hervor, duas von älteren Gesteinen dieses permische Rothliege nde ak Basis der erreichbaren Gebii^ . schichten, aber welchen die altehrwfirdige Stadt Frankfurt aufgebaut ist, angesehen werden mnss.

Mesoasoische Schichten haben in weitgreifender Umgebung keinen einzigen Vertreter, und muss demnach das ganze Gebiet von Frank- furt nnd weit darüber hinaus w&hremd der Triaszeit, der Jurazeit und der Kreidezeit bis in die erste Hälfte der Terti&rzeit hinein sich Ober dem Meeresspiegel langandauemder Schöpfungsperioden befunden huben.

Erst mit der Mittcl-Oli^'ociinzt'it \vnr<l»' djus Gebiet wieder erreicht von der nilzigen Fluth einer schmalen MeercMbiicht, welclie in ihren sandigen und tliuiuiren Ablagerunpfen die Rjtsi.s zu derjenigen Schicbten- folge abgab, welche man jetzt unter der Bezeichnung »Mainzer Becken« bereift.

Die Ufer (lieseM Tertiiinneeres bezeichnen ninde, j^latte (^uurz- ^'«•rCdle, wie man solche am ('aiieUenber^ l)t'i lldt'hi'iui. in (h'r Um- gelnm^ von (VonlKT»; . bei ( )l)erhr>ch.sta(lt und Ix i Obcnirsel in mjiclitigcii Abhigeningen tiiiilct ; nucli der El)ene hin sind diese Schichten sandiger nnd tiiliren eine reiche I'aniui von Meeresc oncliyHt'ii, wie z. B. bei Alzey in Hheinhessen; Ix i I'ruiikliirt nnd in dessen Umgebniig liegen sie al»er sehr tief nnter den anl lagermh'ii tertiären Thonen, Mergehi nnd Kalken und aind bi» jetzt noch durch keiue Tiefbohrung erreicht worden.

Als zwdtes Glied der Tertiärschichten erscheint dar Septarien- Thon in bedeutende Bfächtigkeit ; dessen obere Grenze tritt zwar auch nicht bei Frankfurt selbst zu Tage auf, aber doch in nicht zu grosser Entfiemung, wie in der Stadt Offenbach und in grösseren Aufiichlflssen sttdlich davon gegen die Tempelseemahle; ebenso be- decken diese Septwrienthone das Bothliegende von Vilbel imd in sfid- westlicher Richtung werden solche Thone zur GementfiGibrikation an don Mainu&r bei Flörsheim ausgebeutet

Das Tertifirmecr (h-s Mainzer Beckens, in welchem sich die er- wähnten Sand- und Thonsich ichten ablagerten, ist in jener Zeit in das Gebiet eingedrungen in Folge einer entsprechenden Senkung des Bodens, von welclier ganz Norddentschland, Frankreich, Belgien, Holland etc. bertlhrt waren; daninf folgte wieder langsatne Hebung, welche den Zu^mmenhang mit dem Grossen Oceun alterirte und autliob ; brakische Wiu<.*ierhecken, in weh heii sich Austern. Tyreiien, Cehihico uud andere Weichthier« «rlÜclt^U, lagerten blaugruuen

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|5 I. Allgemeine Topographie.

Sclilimini iil». welcher jetzt dem <;e(il(»<^ns( lien IJetthin-litcr als Cyreiieji- Mer^i l i'irschoiut und diu dritte Ötule uuüerer Turtüirachicliten re-

präseiitirt.

Sclu ii wir von der ItHuleii Deltnbiklung, dem Iiiiiidseliiie( kciikalke von I lürslieim, nl>. weil sie unser (iehiet nicht berührt, so limh-n wir einerseits in Alda<;fnin;^en von j/elhem teinem Sande mit Kies- streit'en, underei-Neits in gleicliy.eiti^ aligelagerteii Kalks» liiditeii dio vierte Stute unserer Tertiärschichten ; es siud dieses diu Curitliion.ssunle und Cerithienkalke , beide von ausgeprägt brakiachem Charakter. ßrflUlt von den typischen Leitpelrefacten ist der OeriÜbienkalk bei Kleinkarben angeschlossen ; von da geht dessen Zug fiber den Scheel- berg bei Vilbel nach Eckenheun und Ginheim, von wo derselbe sfldlich bis in die Nahe von Bockenheim nachweisbar ist. In einem Theile des Frankfurter Gebietes und daran anschliessend, gehören die Cerithienkalke schon mehr zn den hervortretenden, bodenbilden- den Gebirgsschichten. An dem Hanauer Bahnhofe in Frankfurt be- ginnend, bilden Cerithienkalke und Mergel die Basis des Hfigelzuges, welcher die Muinebene gegen Seckbach und Enkheim begrenzt; auf der linken Mainseit«- erscheinen sie am Fusse des Mtthlbwgs vor Sachsenhansen und bilden von da einen geschlns.s(>nen, a})er vielfach von jüngeren Schichten l)i (h'ckten Zug bis nach Ottenbach, wo sie in südlicher Uiciitung bei der Tempelse«Muiilile sich höher erheben und dort zur ('enientt'al)rikHtion ausgebeutet werden.

Auch die tiintte Stute unserer Tertiärschichten hat noch brakischen Cliarakter, aln-r schon weiter uusgesiisst, indem ächte Süsswasser- und Landschneckun darin vorkommen ; diese Stufe be/.citliin'l der (leologe nnt dem Namm »^'orbiculaschichteu'', weil eine Muschel (Corbicuhi FaiijüsU) ganze Bänke dieser Kalkschichten erfüllt. Die meisten Kalksteine, welche in der Nähe von Frankfurt grWiochen wurden, von der ()l)er-Schweinstieg iil)er den Lerchesberg und Mühl- berg bei Sachsenliuusen gegen Oberrad hin und weiter, gehören den Corbiculaschichten an, ebenso auch die Kalksteine und Mergel, auf weldien dk nördlichen Stadtthefle von Frankfurt aidi erheben; mit diesen stehen im Zusammenhange die Ealkschiditen bei dem Wasserreservoir unter der Friedbeiger Warte, wie die fiber Bomheim und Seckbach zum Heasler imd Honigberge bei Berkersheim; auch an dem ROderbexg von Frankftirt treten Corbiculakalke hervor und stehen in directem Zusammenhmige mit den Bornheimer Kalkschiditen, deren ausgedehnte Zwiachenschichte aus blangrauem Mergel besteht, welcher ebenfalls zu den Corbiculaschichten gehört.

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2. Bodenverhältnisse.

7

Die tieduite Stufe der TertiSnchichten des Mainzer Beckens achiieait das TeHaarBystem nach oben ab, es sind dieses die LitorineUen- oder Hydrobiensdiichten, welche suweilen ganz aus den zierlichen Schlichen einer kleinen Gasteropode (IMorindla acut») ziuiiunmengesetzt sind. Diese Schichten beginnen gewöhnlich mit braungrauen, schieferig spaltenden Thonschichten, wie üulche in dem Eisenbahndurchstiche unter dem Lercfaesberg bei Sachsenhuusen blos^el^ wurden. In dieser Form wurden diese Litorinelleiischichten un mehreren Orten der unteren Stadttheile bei den Canalbuiiten iiufgegruben, sonst Hilden sie sich in unserem Gebiete nur noch auf beschranktem Itaume in Bnrnheim.

Ueber diesen Tertiarsehichten la^-rt ein mächtige» Dihiviiun, in der EV)i»ne, besonders dnn h den ;(an/en Frankfnrter ^Vald nn<l weiteriiin, aus Sand und Kies bestebend. Darin fiuden sicli Trümmer aller («ebirt^saiten. rbinli welcli«' der Main mit seinen st-itlicbeji Zu- flüss«'n liiiidui ( lilM'iclit. ris])i fln^''licb fluss der Main auf In'dierer Terrasse, daher anrli die ln'tlif^ele^enen Sande vr>n B(U"nheini, l{er<;en nnd lbs(lu)lslieini. sowie auf der linken Mainseite auf dem IkkIi- gele^enen Ciebiete von Isenbur«;, der (iehs|iit/, und des Frank tiirter Studtwuldes. In späterer I )iluvial/.eit erodirte das Flussbett tiefer ein, und zieht durch den Frankfurter Stadtwuld noch ein altes Main- ufer, welches von der Tranke am Schwengelbrunnen genau von Osten nach Westen bis nach KeLiterbach verlauft, wo dasselbe mit dem steilabfallenden hohen Mainufer der G^enwart nnterhalb Kelsterbach zusammenfiUlt.

Dieses aus Kies und Sund bestehende Diluvium verbreitet sich wesentlich Ober das Gebiet der linken Mainseite; auf die rechte Mainseite greift dasselbe ttber von Rumpenhdm und Bischofsheim durch den Fechenheimer, Enkheimer und B5der*Wald, und «scheinen dahin gehörende Sande noch in der Stadt Frankfurt selbst, wie vor dem Sandweg, auf dem Schillerplatz und Roesmarkt und unterhalb der Stadt gegen Rödelheim hin.

Die höher abgelagerten Diluvialschicliten nördlich, nordöstlich und nordweMtlich der Stadt gehören dem Löss an , wi Icber als Stauwass(>r-Niederschlag ans der 2ieit des Abganges von der diluvialen Eiszeit zu b«'traeliten ist.

Dem sandigen Diluvium lagern ilie alluvialen Torfliildungen und Kietlilaiden auf >nul be/.eiclinen alte Flussliiufe. wie das Smujd'land von liisfliofsbeim , Enkheim , Sec kliach und dem Met/.gerl>ruth. welches durch den niedrig gelegeneu Studttheil von dem liechnei-

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8

I. Allgemeine Topographie.

graben Qber den Paukplatz nach dem kleinen Hinchgraben zieht und an dem Grindbninnen, der bekannten, aus Gyrenenmergel hervor- tretenden Schwefelquelle, nach der linken Mainaeite mch wendet,

wo dieser Strich von Rieth- und Torfboden westlich vom Oberfomt- haus fiber den (Toldstciii (IiutIi den Schwunliuinier Wald nach KelHter- bach zu verläuft, und !ii<T wie dort das alte Mainbett bezeichnet.

Bei Niederrad hat dieser Streifen einen Einlanf von Osten her, indem ein zweiter Zug von Hiethbodcn von Offeabach her durch Sachflenhausen nach dem Sandhofe verläuft.

Jün^n'res Allnviiiin bestfht in neueren Sedimenten d»»s Maines «»der verwehtem Fhigsande des älteren Diluviums und bilden diese Partien nur unterge(»rdiiete Sehicliteii.

Wesentlich sind noch die Basaltdiirchhrüche, deren Kntstehnii«; <;e<xen den Schhis« der Tertiär/eit tallt: inäcliti«;»' Stnune jMMiVscr Lava (Irant^eii iins Spalten des liodens und verlireit«*ten sicli iil>er die bereits al)gelagerten Tertiärschichten. Auf einem sokhen alten Lav»8trom liej^ Bockenheim; damit hängt der Busult an dem Atieii- stein zusammen; nördlich von da erscheinen die Basalte von Eschers- heim und ein anderer addlich von Bonames. Bei Eckenheim ist der Basaltstnnn deutlich fiber Gerithiensand und darauf lagerndem Mergel aa^eechloesen; entfernter li^^de Vorkommen wurden oben schon erwähnt, und ganz in ier Nahe von Frankfurt verbreitet sich der interessanteste dieser BasaltstrSme unter dem Diluvialsande fiber einen Tbeil des Frankfurter Waldes, wo er in dem ersten Einschnitte der Main-Neckarbahn von dem Uebeigange der Isenburger Straase bis zu dem Parke der Louisa au^i^eschlossen wiurde. In diesem Parke sieht man noch die alten Steinbrfiche, wo Basalt zum Strassenbau gewonnen wurde; dort kamen neben dnigen anderen interessanten Mineralien auch Edelopale von besonderer Schönheit vor. Diese sind in der todt^ Natur die einzigen Edelsteine, welche auf dem Frankfurter Buden gewachsen; herrlichere und kostbarere Ech lsteine schmücken aber die Rfirgerkrom' der Stadt in den geistigen Blütheu wissenschaftlicher und künsth-rischer Leistungen hervorragender Männer, welche auf dem beschriebenen Boden das Licht der Welt erblickten.

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.3. INe «etcvrologisrlieii VerhiltiriMe Frankfurts.

0

8. DIE M£TE0K0L0G18CliEN VEUÜiELTNlSSE

PRANKPÜRTS.

Von SanitäUrath Dr. ALEXA^'DLK SPIESS.

tnlLTfiulen nu'tfoii »Innfisclu-ii Mittliciliin''fii iMv.iclu'ii sii Ii ^rösstciitlifils !iiit" den Z«'i(rauiii «Icr Irt/.trn :{<> .Inlirc LS')«! ISSd und sind Ix iecliiii't nnrli drii l»i'ol>iuldim<^eii, die der IMiysikalischf Verein in nahezu iihereinstininieiider Wei.se in dieser Zeit an;^n'sli'Ilt und vurüfleiitlicht hat. Die Beobachtunj^eii aus früheren Zeiten ljLs.seii sich meistens mit jenen der letzten Decennien nicht direct vergleichen und sind dedudb den Berechnungen nicht mit zu Grunde gelt^ worden. Die Beobachtungsinstnmienie sind in dem Botanischen Garten des Senckenbergiachen l^ftes au^o^estellt, die Beobachtungen ▼on dem jeweiligen Stiftsg^rtner oder unter dessen specieller Au&icht und Gontrole gonadit.

TEMPERATÜR. Die mittlere Temperatur der letzten 30 Jahre betrug: Winter^) Frahjahr Sommer Herbst Jahr 1-13 »C. 9-58 •C. 18-87 9-77 »C. 9 84 «C. Von den letzten 30 Jahren war in 5 die mittlere Temperatur . zwischen 8* und 9*^ das l^teste Jahr, 1871, hatte eme Mittel- temperatur von 8*18 ^C; in 11 Jahren war die mittlere Jahres- temperatur zwischen 9 ^ und 10* C, in 12 Jahrra zwischen 10* und 11 *C. und m 2 Jahren Aber 11* C; das w&rmste Jahr, 1868, hatte eine Hitteltemperatur von 11*29 * C.

Die hSchste in jener Zeit beobaditete mrme war 36*6 « C. am 21. Juli 1865, der n^&raistc Monat war der Juli ISfjO mit einer Mittelt. niperatut von 2:^-8 IH'. Die grösste Kälte, 21-3» C, brachte der 7. Januar 184>1, der kiUteste Monat war der December 1870 mit einer Mitteltemperatnr von 7*93 * C.

') Untor Winter ist hii-r wir ni>r>nUI in <IioHCin Aufbats Deooraber, Jmhuu* lOld fcbnur ventandcn, uptcr Frflbjabr Mar«, Aprii und M«i «tc.

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10 !• Allgemeine Topographie.

Fflr die einsEelnen Monate ei^ben sich folgende Ifittelwerthe, MBxinia und Minima:

Monat

Mittel

1 j

Höchstes Mittel

i

Niedrigstes Mittel

1

1 »a

Jahr:

•a

Jahr:

•CL

Januar ...

+ 0-56

+ 1-38

1861:

5-23

Februar . .

+ i-on

1S6U :

+ (!-78

1H55:

.{■«53

März . . .

1»59:

+ 7-92

1853:

0-7ü

April . . .

+ 9-93

1865;

+ 13-14

1853:

+

7-88

Mai

+ 13-98

18ß8:

-f 1917 '

1876:

4

11-31

Juni ....

4 iT-'j:,

1.S.VS:

L'2-25

1H71 :

-f

M-f50

Juli . . . . 1

+ ly-ey

, 18^9:

4- 23-84 ,

1879:

4

iG-9U

Augint . . . {

' + 18-97

1857:

+ 2213

1864:

4

16*60

September

+ 15*25

'■ 1865:

4- 17*86

1877:

4-

11*49

Octobor . .

+ 9-95

is:,7:

» VI- Vi

1H71:

4

(i-StS

November . .

+ 41U

1S.V2:

1858:

1-13

Dccember . , ,

+ 0-89

1868;

+ 614 1

1 1879:

7*93

Jahr . 1 4 984 | 1868: 4 11*29 '| 1871: 4 818

So mm er tage, tl. Ii. Tsige, an «leuen das Temperaturmaximum über 25 ** C. steigt, hat das Jahr iui Durchschnitt 4d, von denen 3 auf den Mai, 10 aaf Jnni, 17 anf Juli, 12 auf August, und 4 auf September kommen.

Frosttage, d. h. Tage, an denen das Thermometer unter den Gefrierpunkt sinkt, hat das Jahr im Durchschnitt 73 und zwar 1 im October, 8 im November, 18 im December, 10 im Januar, 15 im Februar, 10 im Marz und 2 im April.

Eistage, d. h* Tage, an denen das Thermometer nicht fiber den Gefrierpunkt steigt, hat das Jahr im Durchschnitt 23, nSmlich 1 im November, 10 im December, 8 im Januar und 4 im Februar.

LUFTDRUCK.

Der Luftdruck betrug im Durchschnitt iler letzten 30 Jalire: Wint^'r Frühjahr Sommer Herb.xit Jahr

754*01 mm 7o2'17inm 75"V nnii T"):?* I!> mm 75;3-l lmm.

Das Jalir mit dem niedrigsten nnttlereii Barometerstand der letzten .Jahre war das .lahr iS.jIi mit TTiO-S-J nnn, (hisjenige mit dem höehsten Barometerstand (his .lahr l ^^^ i mit 7r)7'<i;i nnn.

Den höchsten monatliclien I5ar<)meter>rand liat naeli dem Durch- schnitt der Januar mit 7-') l-"J7 nnn, den niedrigsten (h'r Milr/. mit 751*82 nuu. Das höeliste beubaclitete Monat.^mittel der letzten 80 Jahre betrug 7G5'U(> mm im December 1857, djiä niedrigste 742*<>2 mm im Februar 1853.

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:i. Die meteorologischen Terh&Itnisse FrmkfHiti.

11

Der höchste beobachtete Barometentaad der letzten 30 Jahre war 777*81 mm am 2. Harz 1854, der tiefste 724*77 mm am 20. Januar 1873.

WINDRICHTUNG. Die Windrichtung ist in Frankfurt eine vorwiegend sfldwesÜiche;

Sfid 7-8> Sadwest 33*4 >

AVest ll-2«/„ Nordwest 4*(>>

es kommen auf Nord

Nordost 15*5> Ost 14*5 >

Sii.lo^t 5-2 > mithin kommen auf Nurd- und ()st>viu(1e

Süd- und Westwinde 67-ü>. Die vor stehenden Zalilen sind ührij^ens nur nnjüjefillire. da in den let/teu Decennien die Art der IJeobjulitnng und Aufzeichnung der Winde ineliniials geändert wurde und deshalb eine genaue Durchachuittüberechnuug nickt möglich i»t.

IIHITKUK 1X1) TIUMiH TA<iK. Di*' Zahl der lieitereu und tn'iheii Tai^'*' «gestaltet sieh in Frunkliut nach iK'Ui ;i< »jährigen Durchsduiitt h«,), dius« auf 12S iieitere Tage im Jahr 2;i7 trübe kommen und zwar hat

Winter Frfihjahr Sommer Herbst heitere Tage 19 38 40 31

trabe Tage 71 54 52 (iO

Ffir die einzelnen Monate ergeben sich folgende Mittel, Maauma und Minima;

1

Monat 1

Mittel.

Hiu listf Ziiiil dvr heiteren und niedrigste * Zahl der trObcn Tage.

HtH liste Ziilil der trUlH'ii und ni(>drig8te Zahl der lieiteren

Tapc.

heiter

trQb

1 Jahr:

heiter

trflb ,

Jahr: trüb

heiter

Januar . . ^

24 1

1864:

17

u 1

1866,1867: 81

0

Frlirnar . . |

21 '

10

12

1^77. IS79: 28

u

Marx . . . '

10

21

isso:

20

11

l^^til: •«)

2

April . . . 1

13

17

1«.V2, 1«Ü5: 22

l»t>7:

1

Mai . . . '! U

17

1876:

24

;i

1854: 84

7

Juni . . .

12

18

ISTT:

2:5

lS.-,4: :!0

0

Juli . . . 1

14

17

1^52:

25

ISfil, 1S67: 26

5

August . . '

14

17

1876:

24

7 1

ISm: 29

2

September . |

14

16

1H«5:

24

1? '

1866: 25

*)

OctolxT . j

11

2U

1X74:

20

l^tM. 1><S0: 27

4

2)i'uvt'iuber . i

U

ll»:»y,lö73: 10

20 .

1«Ö4, 1872: 28

2

Deeember

e

1 1879;

17

14 ;i860, 1866: 31

0

Jahr . .

1^8

! 237

' 1851:

197

168

1866: 803

62

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12 !• Allgemeinr Topographie.

REQEN- UND SGHKEETAOE.

Die Ztthl der R^en- und Schneetiige betrügt nach dem BOjährigen Durchschnitt 150 im Jahr, von denen 132 reine Regen ta<re sind, 27 Tage, an doien es schneit, resp. regnet und schneit. Die meisten Tage, an denen Niederschlfige fielen, hatte das Jahr 1878, nämlich 220, die wenigsten das Jahr 1853, nur 83. Die meisten Schneetage, 50, hatte das Jahr 1879, die venigsten, 9, das Jahr 1863. Jahre ohne Schneetage in den letzten 3 Monaten kamen nicht vor, nur je 1 Schneetag hatten die Jahre 1852, 18(55, 1868 und 1873.

Die Men^e der NiederschlSge betrügt nach dem 30jShngen Durchschnitt im Jahr 086*2 nun und zwar kommen auf

Winter Frühjahr Sommer Herbat

U12 1 Hiin 131-2 mm 219-3 mm 153-6 mm. Von den letzten 80 Jahren war das r^enreidiste dits Jahr 1850 mit 8(38*7 mm; die geringute lli^nmenge, nur 366*3 mm hatte das .Tain* lS(i4.

Für die eiuzelucu Monate ergeben sich folgende Mittel, Maxima und Minima:

Muluit.

Mittel.

Maximum.

)

1 Minimum.

jBhr:

mm

Jahr:

mm

Januar . .

48^

1853:

93*0

1880:

9-7

33-5

1886:

83-9

1858:

0-1

Mftrz . .

88*5

1876:

ll(h2

1 1856:

11-8

April . .

:?8-2

18.5(5:

111-3

i 1865:

2-4

Mui . . .

54*^)

1 185ti:

15(i*ü

1880:

5-3

Juni . . .

' 1

76-3

1 18612

196-3

1858«

11-5

Juli . . .

1

78-4

1 1862;

2081

1863:

19-3

August .

ß4-f)

] mo:

IT.V'2

18r,l:

10-8

September

45-7

1 l«7(i:

yi-2

1865:

0-7

October

. ] 54-5

1880:

147-4 j

1 1861:

Noyember .

. 58-4

1872:

lSS-8

1867:

10-7

Decenihor .

. il 50-2

1868:

105-6 '

1 mn:

61

Jabr

1

686-2 {

1856:

868-7 '

1864:

36C-3

Der regenreichste Monat der letzten 30 Jahre war der Juli 1862 mit 208*1 mm, der regenärmste der September 1865 mit nur 0-7 mm.

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4. Hainwaner und Grandwaaser.

13

4. HAINWASSEB UND GRUNDWASSER.

Von Dr. phil. Jl'Ul.S ZIKGLEH.

MAINWASSER.

Der Main (lurt'lifli<'s>^t für StadtgiMiiiirkiing in ziemlich j^tTiuliT Uichiung von Osten nnvh Westen ; die Lüng«> auf welcher derselbe in seinem Laufe dsis Stadtgebiet berfilirt ist 9*7 Km,

Das Gefälle des Maina von seiner höchsten Quelle im Fichtel- ge])irge (050 m) bis zu seinem Einfluss in den Rhein bei Kiistel- Mttinz (SO-?!' ni) beträgt ca. 570 ni und vertheilt sich auf eine Länge von ca. 445 K*ni. Im Stadtgebiete Frankfurts beträgt dasselbe 3*7 m oder durchschnittlich 1 zu 2bOO.

Auf si>ineni weiteren Laufe nadi <]eui Rhein hat der Main ein, für Flüssf? dieser Gnisse ungewöhnlich sUirkes Gefälle nud zwar auf der :i7()00 m betragenden Länge 10-37 m, oder rund 1 : ;{bO(l; jedocli ist dieses Gefälle nicht regelnlässig vertheilt, sondern es kommen Strom- Hchnelleu mit Gefällen von 1 zu 1500 bis 1 zu 700 vor.

Dieses starke Gefälle des unteren Mains i.st bedingt durch die Härte des Gesteins, durch welches der Fluss bei Frankfurt liat durch- brechen mfissen und welches heute noch dem Auswaschen eines tieferen Bettes Widerstand leistet.

In Folge des starken GenUles hat der Fluss eine grosse Ge- schwindigkeit und trotz seiner grossen Wassermenge nur geringe Tiefen.

Bei Frankturt ist der Fluss bei normalem Wasserstande durch- schnittlich etwa 150 m breit: die gnisste Breite von fiber 250 m erreiclit er bei der alten Brücke. Die Unterschiede werden übrigens durch rt'erbanten nndir und mehr ausgeglichen, ebenso wie auch die schwankeiub' Tiefe des Fhissbettes durch Ausbaggerung des an- geschwemmten Kieses und Sandes geregelt wird.

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14 !• A]l)|f>in(>in(< ToiHiprapliio.

Gleich anderen in der Rkhtnng der Breitegnide ▼erkufenden FlQflsen zeigt anch der Main groeae Schwankungen in seinen Wasser- sföndeUf daher rtthrend, daas atmoapharische Niederachlllgi* oder Thanwetter einerseits, und Troickniss anf der anderen Seite fiber dessen ganzes Stromgebiet fast gleidizeitig eintreten.

Das Nipderschlags-Gebiet des Main.« oberhalb Frankf urt Ix'trä^d 25 004 qKiii, an der Einmflndnng in den Rhein 27') 10 qKni luul stellen sich die Abflussmengen bei den verschiedenen Wasserständen wie folj^t:

Wasscrstiiiul ühiT Wnsscrnifiiif«' (it-scliwiiidij^kcit

deiii NuUliiiiikt»' ili's l^egels. cbm pn» S«'nuule. ni pro S't iuule. 0-0 ni 70 (»•:>!>

OO ^ IMO <>-7D

11 >• ;{<H> (t.i»:.

21 » fiOO .lL>:?

IV l » 1)40 1-41

Hochwasser 1845 = 6'38 m 2540 1-91?

Die Ahflussnu'iij^»' boi niodrij^om Somnier-Wusserstaiule (0 am Pe^<»l) »Mitsjiric lit (b'innach cinor vom i^osiunniton Entwässcruntys- fifbiet abllicssriKb'n lit'j^onhctlu' von etwa (f'i') niiii pm 121 Slmidcii, IHI nun ])ro Jahr. Der Abflnss bei inittlcii ui \\ ;isst'rslan(b' (0"(»(( ni am 1N'<;«'1) ontspriclit v'uwr abflicsst-mlrn lH'^f«'iili(")lir von O t)0 nmi 2 \ Stnntb'ii = 220 nun pro Jahr, wjllirt'nd der niaxiniab' Abtinss l»i iin Hochwasser des Jahres 1845 sich auf 8 5 mm pro 24 Stiind.-n stellt.

Als höchster, sicher bekannter Wasserstand wird ein solcher von 7'85 in über dem Xull|nmkt des Hn'ukenpe^'eis (!>ri(i.'i ni iil)er dem Nullpunkte (!(■> AmsterdannT l'i'<^<ds) im Juli l.'M2 an<;eiiommen, als tiefster 0"18m unter (h-m Null|)inikt d.s Hriickenj)ej^cls am 15. Deceniber 18.'»1). Der mitth're ^Vass. rstaml lu trä^'-t (l-C),'? m. das nii'dri<;ste monatliche Mittel 0'25 m im September, das luiciisic ri2m im März. I )ur{ hst liuittlich steht <ler Main während 2 Monaten im Jahre niedriger als O'ijO ni über dem Nullpunkt des iirikkenpe<^els. während 2 Monaten höher ab 1*00 ni. Im Durchschnitt konmicu anf das Jahr 3 Tage, an welchen der Uferrand des rechtsseitigen Qnais erreicht hetw. flberschritten wird.

Die Farite df^ Mains ist nach starkeji Keijfen<fnssen (»der Selim-e- schmel^en durch suspendirte Erdtheilchen ruthbraun, wülirend .sie

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4. Mainwasser nnd Grundwasser.

15

iindonifjills^ bei oft vollkrnnmener Klarheit, tief j^rfiu erscheint; diea in Folge <l<s gelben 8andf(rundeft sowie niederer die Steine be- kleidenden Pflansen.

Schwankend wie der Stand ist auch die ebemische Beschaffenheit des Wassers, ebenso dessen Temperatur, welche in sachteren Ciirven denjenigen der Lufttemperatur um einen oder mehrere Tage yerzl^rt folgt, 25 *C. gewöhnlich nicht aberschreitend. Im Winter zeigt der Main fast in jedem Jahre Eis, doch friert er bei Frankfurt nur selten vollkommen zu.

GRUNDWASSER.

Die Beobachtung di r (J r n n d w a s s <• r - Schwiiukiingeii wurden hier zuerst im Jahre 1 SOG in rincni Mrunni ii dfs Biirgcrliospitals, si'it 1809 an «'incr griisscrcTi Anzahl (urspriinglii Ii lä) iiltcr ilic Sladt v^rtheilt^'r Stadien vorgfunnmifn und die Ergchni-Jsc in ialndlarisi her nnd graphis« her, den \ «*rgh'i( ii mit den Schwankungen «Irs Main- spiegels, der Luttft'ucljtigkeit und der WasRerhöhe der Niederschlüge gestattender Zusammenstellung in den Jahresberichten des Physi- kalischen Verein» TerOffbntlicht.

Die Schwank iingtMi des f Jrundwas.s<'rs erscheinen hier fast nns- schli»'s.slich durch den unterirdischen Abfluss und die Verdunstung einerseits nnd die Zufuhr meteorischen Wassers andt^rerseits bedingt. Die grössten tmd häufigsten Schwankungen zeigen sich in (h'u höheren Lagen, wo bei stärkerem (ierülle sowohl der Obertlilche wie der undurchlilssigcn Schicht auch der Abfluss durch das £rdreicli im Allffemeinen ein rascherer ist.

\\ ie der Main, so liat auch das (iruudwasser seinen niedersten Stanil irewrdiniich im Herbst, während (he lu'x hsteu Stände in «h'n W inter und l''n"dding zu taMen pllegen. Die Schwankungen des (i rund Wassers sind natfirbch nicht so auttallend, wie die (h's (dt rasch nnd lioch anscdiwcMeiKh-n oder faUenden Flusses. Zuweilen tritt übrigens ein Steigen bei dem Maiin allein auf in Folge von Nieder- schlügen oder Schneeschmelzen in seinem oberen Lauf. Andererseits kommt es auch vor, dass bedeutende Niederschlüge in der Umgegend den Fluss betrSchtlich anwachsen machen, ohne ein nenncnswerthes Steigen des Grundwassem zu veranlassen, indem ein rasches ober- irdisches Abfliessen und Verdunsten oder auch ein Zurfickhalten in trockenem Erdreich stattfindet.

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16

I. AUffemdB« Topoftraphie.

Der Waaaentaud des ICaiiu ist im Allgemeinen von keinem grossen Einflnss auf den des Gnindwassers: er ist es vorwiegend nur dnrch das von ihm theilweise abhängige gröesere oder geringere Gefälle der unterirdischen WaaserflKche; ein ZuHtrnincn von Seiten des Flnsaes dürfte sieh dagegen nnr auf Ausnahmefalle (besonders Hochwasser) beschranken.

Oertliche Verfinderongen, vornehmlich die Anlage von Sielen, hatten mehrfach ein vorabeigehendes abnormes Sinken zur Folge« meistens mit nachheriger Wiederansgleichnng bis zu einem bleibend im Verhaltniss g^n frfiher etwas niedrigeren Stande.

Was die Temperatur des Grundwassers betrifft, so bleibt diese in noch weit höherem Maasse, als dies bei dem Main der Fall ist, ▼on den Extremen der Lufttemperatur fem. Die grOmte Erwärmung und die grösste Erkaltung treten ein bis zwei Monate später auf, als bei der Luft.

Als Trink waHser ist das hiesige Grundwasser ein gutes, uls Nutewasser dagegen etwas hart; Verunreiniguiigeu durch Gruben, alte Canäle u. s. w. kamen jedoch nicht selten vor, und werden auch noch jetzt zeitweise beobachtet.

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IL BEV(ELKERUNG UND DEREN ERKRANKUNGEN.

^. STAND UND liEWKGUNG DElt BEVlELKEliüNG.

Von Sanitiitsiath Dr. ALKXANDKH SI'iKSS.

STAND DER BEVCELKERUNO.

Die Stadt Frankfurt a. M. wird seit einer Reihe von Juhreii zum Zweck aller RtatiMtiitcheii Erhebungen in (i Stadttheile zerle^^t, die der allm&ligen Entwicklung der Stadt entnommen mnd. Es sind dies auf der rechten Mainwite die Altfltadt, die Neustadt, die Frank- furter Awnenstadt und Bomheim, auf der linken Mainseite Sachsen- hausen und Sachsenhäuser Aussenstadt.

Die Altstadt nmfasst den Sltesten Theil der Stadt und wird begrenzt vom Hain, der Schneidwallgasse, Weissfrauenstrasse, grossem und kleinem Hiisdigraben, Gatharinenpforte, Holz- und Bangraben, Bomheimerstrasse, Judengasse, Wollgraben, BrOckhofstrasse und Fahlgasse his zum Main.

Die Neustadt ist der Theil zwischen der Altstadt und den Promenaden. Altstadt und Neustadt zusammen werden nls Innen- stadt bezeichnet.

Die Frankfurter Aussenstadt ist der ausserhalb der Prome- naden gelegene Stadttheil.

Bornheim bezeichnet die firQhere Gemeinde Bomhenn (inel. der nun bereits zum grOssten Theile bebauten Bornlieinier Ilaide), die seit 1877 der Stadtgeraeinde einverleibt ist

2

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18

n. ReTAlkeriinfE und dprpii Erkranknnjt^n.

Sachaenhanson ist der innerhalb, SachsenhUuser Äuasen- stadi der ausserhalb der alten Sachsenhänfier Stadtmauer f^el^^nc Stadttbcü auf' dem liaken Maiaufer*

Die Gesammtsahl der Bevölkerung bei der Z&hlung

vom 1. December 1880, deren Erjjebnisse, soweit sie bis jetzt zii- »ainiuengestellt sind, mir vom Statistisclien Amte auf das bereit- willigste zur Verffignng gestellt worden sind, betrug einsciilii sslicli 1800 Mann activen Militürs l:ir> 831 und zwar 64594 männlichen und 7- '2'M weibliclien Gesclilcchts.

Wie sich dies»» Zaiilen zu deu Ergebnissen der Volkszählungen der letzten 60 Jahre verhalten, zeigt die folgende Tabelle:

Ortsauwesentlc (iesuiiHutlH'Vülkerung.

1

Jnhr.

Muiinlich.

n

Weiblich. [. Ziisaiuiiuii.

1817 1

20020

1

21438

41458

]s:r.

20667

2:1251

43 91S

\XM ! 28235

2fi r,87

5 1 S'>2

1840 '

: 28 693

28 24(> 1

939

1843

1 27 75«

1

28 524 j! 56280

is4(;

1 29 :m

1

29 052 1 58440

1S49

1 :t4 :.:»8

II

29 967 !

ß 1 525 ')

1802

1 3;i 721

31611 '1 «7 332

1855

; 86857

1

31994 1

1 68851

1858

' 39297

33486

1 72 783

1H61

! 40fi71

35 259

' 75 930

1H<;4

1 44<iOÜ

37 734

82 334

1867

1 38625

•1

39652 1

' 78277

1S71

44 4.'iß

46 584 j; 91 OK)

187:, i

; r,o s7:i

52 263 i:t(;

18^0 1' ü4 .'i94

Ii

1 1

72 237 j, i:{(i83Pj

.liiln'lirlic /.II-

oder Abnahme,

+ 1-0 "/« 4 1-8 "/o + 13 - 0 -3 \ 4 1-3 ":„ + (0-5"/j + 1-4 + 0-7 \ + 1-9 »/.

10

+ 1-4 »

-»- 2-8 - 1-6 + 41 "/o + 3-3 %

Aus vorstehender Tabelle ist ersichtlich, dass in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts die Zunahme der Ht>v(>!kernng nur eine sehr langs:ime war, zeitweise sogar ein«' Al)nalnne statthatte, duss aber S4>it den sechziger Jahren die Zunaiinn* i>ine stets wachsende ist, unterbrochen nur durch den zeitweiseu iiückgang in Folge der Er-

■) Niieli d«n ITnnihen den .Tnhrni iftlR wunlon fltior SOOO Mnnn nun4pttra|i|M>n nai'h

Friinkriiri verlötet, wiKlurcli >lir stark«- /iiniilniK' <li-r !!. \ ■.lUi riiiiir tM <liiiirt ist, bei elnein Im l.Vbrigcii sehr {^tTiiigfii Anwarhat-n clor Hevölkcrung um nur o-5"» Jiilirlirh.

■) Im Jnhr» 1877 wunli> dir Aiuninirrmnliitlr Bnmhetin mit llbpr 1O00O Seelen dem

Stailtvcrliiiiiil i'iiivcricilit, tlulicr «Iii' s.-lir lM-<It'iit('ni1i> ZtiiiMhnn'; dif lv'".i siii.l nur ilie rcgfliuiisMKt- /uimliiiic* ilrr Sijult luit nuriilieiiii, «las bei Uor Zälilung von iHl'o uueli nicht mltgexihlt Int

I

f). Sund lufl Bevejtttng der Berdlkernng.

19

eigniaae di» Jahres 1866, und daas sie in der letzten Zählm^^apeiiode (selbstyentandlich bei NichtberOckaichtigmig des starken Zuwachses durch die Einverleibung der Gemeinde Bomheim) die grSsste war, nämlich 4*2 jahrlich betrug.

Die Vertheilung der BevöBcenmg auf die einzelnen Stadttheile zeigt die folgende Tabelle, in welcher zugleich f&r jeden Stadttheil die GrOsse seines Flächenraumes sowie die hieraus berechnete Dich- tigkeit der Bevölkerung des betr. Stadttheils angegeben ist.

Vertheiluug der lievülkcrung nach «Stadttheileu.

Staatthiil.

Einwobnenahl am 1. Oer. 1881.

FlAcben-

MAnnlieh.) Weiblich.

1 Zua, ( •>

12426

11 7ft9

24215

17-7

i:. 714

17

24-2

19 .m

'j:. :{:{0

44 ßno

32ß

7 913

H270

16 m

IIM

5149

5900

10449

7-7

4072

4195

8267

60

räum

»n- |j Binw. PL

I. I HectMT. •>

582

41*6 Ha I

lÜX-4 . ,

r.2<J Ü 77

8.j-4 » ,i 163

29'0 » j| 360

247-7 . 29

Neustadt .... Frkftr. .Xiissonstadt . Uornlicim .... Sacbscnbausen . . Sachab. Anwenrtadt

Gawte Stadt - .|| 64594 | 72287 | 1»« ÄSl | lOOH) [| 10:^ HaT^2Ö^

Es koninion somit (l«'r ficvölkcriin^ auf <li«' n'rliti* (Frank-

fiirttT) niid l;{.7"/o auf di»' linke (Sucliscnliiiiisfr) Maiiis»'ite. ])t*r ^fi-rissti' Stadttlit'il ist die Frankiiirter Aiisseiistadt. auf die nahezu eiji l)rittel (h-r <^aii/en BevcUkerun«; koinint, y.u»;lei( li ist er aber auch (h'r Stadttheil, der die j^orin^^ste I )icliti;,'keit <h'r lie\ (ilkei im<^f hat. wenn man die /.. Z. noch sehr <;erin<.;e }h'))auunjj der Sa( li-enhäuse)- Aus.scn- .stadt aus.ser Acht Uls.st. Die ^rö.s.ste Dichtigkeit hat die Altstadt, während 8ach.si>nhaiisen und die Neustadt ziemlich gleich {«teheii und in dem noch mehr einen ländlichen Charakter tragenden Bornheim die Diclitigkoit nur etwa halb so ^oss als in Sachsenhausen ist.

Die Vertheilnn«^ der Bevölkerung nach dem Alter und /war in fünQUhrigen Altorsclaswn wird aus der folgenden Tabelle er- sichtlich, in welcher ich zugleich eine Gegenflberstellung der pro- centischen Zusammensetzung der BeTSlkerung bei den vier vorher- gegangenen Zahlungen, bis zurfick vor das Jahr 1860, zugefügt habe, und zwar, wegen des wechselnden Stendes des activen Militärs, nur der Civilbevölkerung.

') Bei «Kmnkfürter Aumcnslailt*', „llornhfliin'^, M^cbMtnhäuMT AumteoRtadl" »ind die •llxiuelir an di>r Peripherie und verrins«!! liefnuten lUmer (daranlvr mir>li die lalhnterie-

cHMcrne) nicht niitirrr.'oiin<-t, iln da» IMe1tti|rl(*ltav«rbiltnlwi dann aUsiH«»ltr verrinferi nnd

eut«chie<l«*ii uiirii-litiKt-r wünle.

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20 n. B4»T6)keranfr nnd derpn Krkranknngen.

Vertheilung der BeTÖlkening nach dem Älter.

I' (}<>«amintbevölkerang ] (.'ivilltuvölkeriing

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80-85

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26

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ITSÄ— 1781 ,

95-100 ,

Ohne AnKabp .

61

32

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1

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72237jlä68dl|

100-0

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1000

Die vorstehende ZuBammeiutellnng zeq^ vor Allem die stete Zunahme der Kinder. Die Kinder unter 5 Jahren , die bei der Zählnng von 18Ü4 nnr 7*0 ®/o der ganzen Civilbevölkening betrugen, sind allmalig bifl auf 11*7 gestiegen^ nnd zwar war die erste be- ll t>iiionde relative Zunahme zum Jalur 1867 hanptsuchlicli rlio Fnlf^e <l«'r selir Ix'träclitliclit ii AlHialiiiic (1*>r Altersclassen IT» —25. die zweiti? ntidi bedeutendere Zunahme hat ihren Grund grCsstentheils in der

') IM« einzfliifii Altl>^^^•la>«^•n eiitsi>rt iheti ni<lit Kcnaii «It-m wirklichen Alter: du ilie /iililiin^ nicht am i. Januar \'<-*l, sondern »ehon am 1. l>)-feml>er IShij stattfand, ho iimfH>Ht, tia claM HliUlstlaclie Amt nur du» U eburtsj alir, nicht ab«r dn» wirkliche Alter nm ZfiMungiitaffe MfflM; 4le ende Cl»ßte alle von 1. Jmmr ISM M* 1. Deeembcr Oe- bonttcit, mithin nur einen Keitruum von -1" ti Jahren. Die erate ClaMe würde also Qm *,<» EU klein wln, wenn in den .'• ersten I,eben.t.iHhren ilie Zahl der Lebenden eine annühemd gleiche wari'. da ilii-n uIht in l<\>li:i' iIiT si-lir urussfii Sicriiliilikeit ili'r KiiiiUr im it^I<'Ii LebiMitviahr nicht der Kall int und die Zahl der Kinder zwiachen 4 und ü Jahren wu.si;ntlieh ffpringer «!■ swtodien 0 an«l l Jahr ist, so betrügt 4io IMüterans niehk ',«•, Miuleni wHilR^r, «ta. Vw-

*) IMo ohne Alt«rnanffabo Auffcwldlinoii halw iHi bei der Pmcentbereolnuiic pm rata auf die veneliinleiieH Alieraelamcn Terth«llt.

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h. Ktaiul und Bfwefrtinfr ilrr Hevdlkt'ninf;. 21

Einverleibung de» einen weit mehr ländlichen (Charakter heNitKenden, kinderreichen Bomheims, wo die Kinder unter 5 Jahren 18*1 "/o der Bevölkerung auamachen. Durch diese letztere Zunahme iat ein Ver- haltnias in der Zusammenseteung der Bevölkerung entHtanden, wie ea bisher nie hier vorgekommen ist, dai» nämlich die AlterNckuwe von 0 5 Jahren die grSsate von Allen ist. Vor 1806 waren in jeder der 3 Altersclawen zwiischen 15 und 30 Jahren mehr PeiMonen ab in den untersten , in der Alterwlatwe 20 25 mehr als doppelt m viele, jetzt sind sie e&mmtlich unter die jüngste Altersclasse heruntergingen.

In Betreff des Oeschleehts der Bevölkerung haben tdch in den letzten Decennien die Verhältnisse ebenfalls nicht unwesentlich gdlndert. Bis zum Jahr 186(5 hat das männliche Geschlecht stets Oberwogen, zeitweise recht bedeutend. Mit dem ROckgang nach dem Juhr 1866, der seinen Hauptgrund in dem Weg«ehen eines grossen Tkeiles der jngcnillicluMi iutmii1ic]i(>n ArlM'ih'rIwvölkrniii}; liatt»«, iiiH^rrt«' sieb <li«'s«'.s Vcrliältiiiss und i > filu'rwiegt seit jener /«'it <lii> weibliche (!<■>< lilcdit. wie dir folgende Zusammenstellung zeigt. ELs kamen in der Civilbevölkerung

1858 iiuf 1000 Männer »82

Weiber

18<jl »

9Ü7

»

18()4 »

»

»

052

»

1 sr,7 >

>

vm

»

1K71 »

lu<(l

»

1^7'. V

>

»

»

»

1150

Die wt'ililiclie Bevölkeriiii«; flb^Twic«^ somit zur Znit in weit höherem (Jriuli' als je in den letzten l)r( iMinion. und sA)is{ hei Ein- s<lilnss dt- Militär«, somit in der (iesunnutbevOlkerung, koiumeu auch der letzten /iililun;^ ininierhin n>n \\

auf lüOO Männer Iiis Weiber.

Dies Ueberwiejjon der weiblichen Bt'vrdkernn»? ist in dt ii i'in/i'lii«'n A 1 1 e r sr 1 n SS e n ein sehr vers<diiedenes. Bei den kl«'inst«'n Kindern ilherw ii'<;t, \vi»' hei (h-n (lehnrten das niiinnlicln' (lesrldecht, später st<'ll<'ii sich heide (lesi iilerlit^'r /ieinlicli ^lei( Ii. I>is nucll 'Idil ).'». i-elifii^iiiiir der Yai/m^ V(»n aussen, fler /.. /. vorwiej^end in weildu lieii I »icustlMiten und ArlM-ilfrinucu liestelit . I»e^innt und von diest-m l.«*l)ensalter an die weibliche Bevölkerung stet« «las l!el)erj;e\vicht I »ehält.

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22

II. Bevttlkemng und deren Erkrankunfeu.

In den einsselnen Stadttheilen ist dau VerhaHnum der beiden Geschlechter ebenfalls ein aehr verachiedeneH. Es kamen in der

Altstadt . . . .aufl2426M.ll789W.oderaafl000M. 949W. Neustadt . . . . » 15 714 »17353 » > » > » 1104 * Frankf. Äussenstadt. » 19 320 » 25 830 > » » » > 1311 » Bomheim . . . . » 7 913 » 8 270 » » » » » 1045 » Sachsenhauaen . . » 5 140 » 5 300 » > » > » 1029 » 8^chgenh.Ana8enBtadt ^ 4 072 » 4 105 » » » » » 1030 »

Ganze Stadt . . .auf 64 594M. 72 237W. oder auf 1000 M. 1 118 W.

In der Altätiult überwiegt mithin das luliiuiliche Ges( lilcclit. in allen andern Stadttheilen das weibliche, in der Frankfurter Ans-seii- stadt mit ihrer wohlhabenden BeTdlkening und deren zulilreicheii meist weiblichen Dien8ä>oten Itberwiegt das weibliche Geschlecht weitaus am meisten.

In IJetrefl' der Ziisiininieiisctzunj^ der lh'V<)lkernn<r nadi dem Civilstund und dem Iv e 1 i ^ i o n sb e k e n n t n i ss sind die Krj^eb- nissc der letzten V(dk.szählung noch nicht zusammengestellt. Ich muss mich also Ijcguilgeu hier die VerhSltaisae mitzutheilen, wie sie die vorletzte Z&hlung vom 1. December 1875 ergeben hat.

Vertheilnng der BevOlkemng nach dem Givilstand:

Civilstnnd.

)

Zalil:

i In

ProiTiitcii :

Männlkli.lWeibhcl..

Ztisiii.

Mäinil.

Weibl.

Zus.

.VI h:\0

.{2 923

^ r

65 7r».J

64-5

630

(\:v~

VcrheiratliPt ....

1 16 499

15 2;ii

31 730

32-4

291

3US

Venrittwet . . . . || 1463

9 VOv

5 429 1

2-9

7-6

5-3

Geschieden . . . . n 81

143

•224

0-2

0-3

0-2

j 50 878

52263

103136

1 100-0 jioo o

100*0

Vertheilung der Bevölkerung nach dem Religionsbekenntniss:

Religionsbekenntniss.

1

Zalil:

i In

Proci'iitrn:

;,Männlicli.

W<-il.li<li.

Zusiii,

Miinnl.

Wribl.

Zus.

rrutcüUuU'n ....

' 30 062

;J2 i;i4

62 196

59- 1

61-5

60-2

Rfimitchkatholiken . .

13 891

13 73a

27 621

27-3

26-2

26-8

Deutschkatholiken . .

278

189

467

0-6

0-4

0-5

Israeliten

0 071

5 S16

11887

11!)

III

1 1

Andere Hekenntiiisse .

IUI

186

380 1

0-4

0-4

0-4

Ohne Angabe ....

377

208

58.5

0-7

0-4

1 50 873

52 263

103136 1

1000

100 0 j 100 0

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5. Stand ttnd Bewegung der Bevdlkertuig. 2'^

BEWEGUNG DER BEVCELKERUNG.

Die Bewegung der Bevölkerung, soweit sie in den Geburten - nnd SterbefiUlen ihren Ausdruek findet, sowie die Zahl der Ehe- achliesHungen in den letzten 80 Jahren zeigt in f&nf|ährig«?n Zu- sammenfassungen die folgende Tabelle:

Klifsrlilicssiiii<rcn.

rjcliiirton.

Tmlesf&Ue,

Jiihr. ^

dun-hsflin. |»cr .lalir

dun lisclm. jicr .lalir

tlniTlisclin. jitT .Inlir

Znhl

auf unm Lch.

auf lOiW Lt'b.

Zahl

HUf KHK» |,«.b.

IftM

' Ml

- . 1 •> l.>

l;{'27

in-(;:>

1129

16-71

1U 04 ;

1234

1711

1861—65 ,

i 454

5-71 1

1695

21-85

1428

17-99

18«6— 70

610

712

2265

27-56

1665

20-2«

|S7I— 7r.

igt:.

1117

2087

21-16

IST»; SU

10-26

2525

20-4«

7-93 !

-

2400

\ ! lU-23

Die Eheschliessungen zeigen bis zu der Mitte der sechziger Jahre ein fast Tollkonunenes Gleichbleiben. Mit den in der ersten Hälfte jenes Decenniums eingetretenen Veianderungen in den Er- fordernissen zu Ehesdiliessungen und den bierdurdi bedingten Er- leichterungen der Heirathen hat die Zahl der Eheschliessiingen rasch sehr bedeutend zugoiKiinmen, so das8 sie in der ersten Hültte der siebziger Jahre mehr als du-s Doppclti" (l«'rji'ni«^c'n der fuiifziger Jahre betrug. Mit dem Jahr«' 1875 hat dicsL' Zunahme ihren flr>hc|)iinkt crrc'iclit, in den niich.sten Jahren nahm sie, wohl in Folge der miL'-il listigen Zeitverhältniswe, thm-U ab und thut dies in geringerem Grade auch noch in den letzten Jahren. Es kamen nämlich

1875 auf KJUü Lebende l'V3U Eheschlieiwungeu,

187<; »

1877 V

1878 » . 1879 »

1 880 »

Die bedeutende Zunahme d«'r Elu'sc]ili»'sstin<xrn liattc /.nr natür- lichtMi Folge finc Zunalinic dn- (Tcinirtcn fihnliaujtt und riiu' bed<'iitt'nd(' AhnaliiUf dt-r unrlu li« licii (Jt-lMirtcn. l)i<' Zahl th'V (h-- burtcn '/.eigt wie iVw Hlicn ine starke Zimaliinc seit der /.wcih-n Hälfte der sechziger Jahre, erreichte iiiren liüht'|)Uiikt über zwei Jahre

» » » »

» » » »

12-07 11-20 9-35 0-28 •III

»

» >

»

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24

II. BcvAlkcruiiir and deren Krkmnkungen.

sputer als die Zahl (\vr ElM'sililirssuiijjeii, näinlicli erst 1877, und nimmfe seitdem ebeiiialUt «itetig ab. £8 kamen nämlich

1877 auf 1000 Lebende 35'75 Geborten,

1878 » » > 34*30 »

1879 » » » 3407 »

1880 » » » 32*90 »

Das Verhaltniw der unehelichen Geburten zu den ehe- lichen zeigt, dem genau entsprechend, das umgekehrte VfrliäHniw«, es war am ungfinstigsten in der er^n H^fte der üechsdger Jahre und nahm dann stetig ab. Es kamen

1861—1865 auf 1000 Geburten 200*3 uneheliche, 1866—1870 » » » 163*9 » 1871—1875 » » » 126*0 » 1876—1880 * » » 102*9 » Auch hier zeigt das Jahr 1877 die günstigsten VerhaltnisHe, nur 91*5 pro mille unehelicher Geburten; in den letzten Jahren nimmt ihre Zahl wieder etwas zu und betrug 1880 100*4 pro mille.

Iii äliiilii lifiu alxT j;i*rin;j»'rfiii MaasM' nalitii mit (Irr Ziiiialiiiic

(ItT Ehesthlij's.sunjreii und der Abnaluue tlcr unehelichen Geburten

auch die Zahl der Todtf^eb urte n ab. Es kamen

1801-lH<i:> auf lOUO Geburten 42 () Todtgeburten,

186G -1870 V » » 39-3 »

1871 1875 . » » .34*3 »

1876—1880 » * » 34-5 »

Auch hier /.eij^t sicli wieder »'iiir LC»'riii>^e Verschlirlitfi ung in den letzten .lalireu. ISHO betru}^ ihr Verhiiltiiiss pro niiUe.

Die Zahl der Todesfälle zei<.'t iii< lit minder wir dicjniip' der Elies(iiliessiin<;«'n und der (T«'hiirtHii wrsfiit liehe VeräiidiTiiii<_;i'ii im Laut'r dei" h't/.t<*ii :!0 Jahre. Bi-i dt'r uiivcrliiiltiiissiiii'issi^ irrosseii Sterhlichkeit im trHliesteii Kijulesjilter miiNS. wie allt^cmciii Ix'kaiiiit. eine Zunahme der (lehiirtm auch eine Ziuiahnu- der TodestVille zur Folge haben und .so /ei^'t denn dir ohij^e Tal»i'll<' eine .stete .Stei«re- nmg der Sterblichkeitsziiter von 1(V71 pro mille /u Anfang' der liinl- xiger Jahre auf 20*48 pro mille im letzten Qiiinquenniiuu ; die noch etwas höhere Zahl fflr die erste H&lfle der siebziger Jahre ist eine abnorme, bedingt durch die grosse Sterblichkeit des Krieg.sjahres 1870 1871. LSast man das Jahr 1871 ausser Rechnung, m ergibt sich f»r die 4 Jahre 1872—1875 eine Mortalitütsziffer von 20*38 pro mille,

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o. Stand und Bew4>suiq( d«r BevAlkerung.

25

die genau in die aufsteigende Reihe ptuwt. Mao auch hier wieder die niedere Mortalitattuiffer bis zu der Mitte der MNjhxiger Jahre und dann eine lanche, später eine langsame Steigerung.

Wie sehr diese Steigerung nur die Fol«ro der veriLndertvii Zu- sumiuensetznng der Bevölkerung ist, wini . isi« !itli( h. wrmi miin. «liiwr Zusaninx-iisctznng Rechnung tragend, ili«* Stcrhik likoit in ilm rin/elnen Alters«- 1 a ss«> n vfr^Mcidif . M Mi wälil«' hierzu da» iet/.tt* Zähl ungs- jahr vor i sfw;. dein .lahr, dtus dm Haui»t4iiuitosR zu jener Veränderung gab, und dm letztverfloH«ene Jahr.

Verhältni88 der TodeHtulle nach dem Alter.

1

Alter

1

1»64

(i

Differenz

Hfvöikirung

TfHtetfille [

"o

Fk'vülkcriiii;;

II

u

+

0—10 '

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4-7

44^

1

0-3

10—20 ,

1.» 40Ü

Ü-4

4.S0

«1 1

0-3 ,

Ol

20—30

25881

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0-6

32010

217 !

0-7 '! O-I

:]0"-40 .

12 626

185 !

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112 ,

1-4

14 4!>4

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50— «0 i

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102 1

2-9

j H 082

238 i

2-9

u

0

«0— .

18S !

5-5

48:)2

224 '

4-6

0-9

alter 70

1894

189 1

13-6

: _2864

2H3 1

12-0

1-6

1

82384

1451 1

1-76

'136831 '

27Ä5 1

2-01'

-

Aui»

dietier Tabelle ist

ersiclitlith, da>

s, (ib^Ieic

)i siel

» die Ge-

sanuntnuirtalitiit des Jahre» 1880 um 2*5 pro niille höher »teilt uIh im Jahre 1804, in den meisten Altersdassen und grude in denjenigen, die die zahlreichsten Todesfälle bedingen, so namentlich im Kindes^ alter, die Sterblichkeit 1880 entschieden günstiger war als 1864 und nur in den Jahren von 20 40 sich das Mortalit^tsverhaltniss um ein Oeringes ungfinstiger stellte, ein Beweis, einmal wie wenig zu- verlassig die Mortalitatsziffer ist, wenn man die Zusammensetzung der Bevölkenmg unberficksichtigt iSsst, dann aber auch, dass die Zunahme der Mortalitatsziffer fttr Frankfurt keineswegs eine Ver- sdilechtcniii«^ seines 6esundheit8znKtande8 bedeutet.

Die /iinahnie der Stcihlii hkeit ist am lirdeutt'iidsten bei der Kindersterblichkeit, die natürliche Fol«ri> davon, dass A'w Re- volkernngs/nnahme am bedeutendsten im Kindesalter ist. |)ie Tode.s- tllHe hei Kiixh'm im «'rstiMi Lehensjahre haben sich inj V-'rhältniss zur Bevölkeruug fast verdoppelt. Da^M aber auch diese Zunahme nur

*) Aelmllolie Berecbnitnirim mtt eiitapraelMiMlam BMKHia Iwb» leh aiMta für die Jahre

iH\7 ini.t iHTi ari);o>t.'ii(-. s. .tniin-Mix'rii'ht aber dlo V«riraltan|r des MedtciQtlweMns etr.

ild. XI, im>!, S. 3b UitU lid. .\VJ, I87i, H. 3«.

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V

26 II» Bpvalkenmg und dprMi Krkrankuniren.

eine scheinbare ittt, lehit ein Vergleich mit den betreflenden Zahlen der Lebenden unter 1 Jahr. Es kamen

TudeHtulle bei Kindern im l. Leljeiisjalure.

1

Diirclisrliiiitt der .lahri'.

Auf lütHi ldirti'ii (h'li.)

! Auf lüUO 1 Auf 100 OOÖ^!

Auf 1000

1 Todesfllle >! Lebende 'i

ülMThaiipt. ülH'rhaupt.

liPbende

im 1. Jahre.

1851—55

158-1

178-1

297-5 Ii

2*26-5

1850 -60

174-4

lKr,-6 1

^17-5

2:51 0

IHÜI -fiö

171-5

105-J

:i51-2

•j22-r»

1866—70

m-^ ,

204-4

4871 !

•2615

1871—75

186*7

254-9 1

539-4

2H91

1876—80

176-6

282-3

5781

225-7

1851—80 i

i 177-8 !

i mi '

449-4

284-6

Die vorsti lM'iult' Tabelle /.ei^f (be sehr rcgebuiissi<xe und be- deutende Ziiiiahiiie der Kinderslerbückkeit sowohl der Gesaniiut- sterblichkeit aln der Einuuhner/abI i^e^enfiber, sie zeij^t andererseits aber auch bei einem Vergleich mit den Uelturten und mit den Lebenden im ersten Jahr -/.war nuinni<rfat he Sehwankungen , aber keine Zu- nabnie; im Gej^entbeil sind in beiden Cnloniien die Zalden (b's letzten QuinqucMUiiums unter dem ^iOiiihrij^en l)urehs( linitt ^el)lieben.

Was die Vertheilun^ lier Sterbetalle nat b dem (J es< b I e< b t betrifft, so ist es nothwemlitr. die Zeit vor IStUi mit der stark fiber- wiejjenden männUtlieii und die nach ISdH mit der lilxTw irtreiiden weibli* bell Bcvölkeruug gesondert zu betrachten, kunimen durch- schnittlich

Einwohner Todestalle 1851— 18G5 anf lOUO M. 8(58 W. auf 1000 M. 05U W. 1866—1880 » > » 1061 » » » 874 >

Unter Ber(icksichtigung der verschiedenartigen Zusmumensetzung der Bevölkerung konnnen also

lHr.l-l8(i:> aut 1000 M. Hol \V. TodesiiiUe 1S(;() 1S>>(» » » * S28 ^ »

S(daufj;e das männliclie Uesiideclit ülu rwo^. wai- somit (U'ssen Sterb- li» hki'it rebitiv )^eriii<;er, sobald ilas weildirhe da> Ti-ber^ewiebt In-Kam, >ank «lessen Steililiclikeit und d«'r (irund iiieriiir scheint mir vor .XHeni der, da.ss das Ueberwie«;en stets dunli Zuzug von im besten Lebensalter stehenden arbeitäiilhigen, also gesunden Menschen beding tat, vor 1806 durch die grosse n^imliehe ArbeiterbevGlkerung und

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5. Stand und BewegunR der BerAlkeraiig.

27

die Kehr Ntarke Gurniimn, aeit 1 R66 durch die weiblichen DieiiMtbofcen und ArlH>iterinnen.

In Refcrcff der Jahrotizeiten vertheilen tiich nach dem Durch* ric'hnitt d«"r letzten 30 Jahre die Todesfiille so, dass iVw jrerinjxste Zjilil in «Icii NovemlxT lullt (Hi <> juT .Falir auf lOiH) Lebende), sie djiiiii iilhuülig steilst bis zum M ixiiimui im April (21*8**/«h») niul ilanii den Sommer liiit li.) < Ii wieder bi^ zum Minimum im Herbst lallt. Es kommen daiuicii mit

Winter Frühjiilir Sonuner Herbst 2.V7> 27-9 > 24-5 > 21-9 > aUer Tudrstiill.-.

Eine \'ertlH'iIiiip_r der 'ru<l«-.|;il|f nacli ilrii S t a d t t Ii e i I c ii ist mir nur für dif li-t/tm .lalirc nir»j;lii li, weil erst sfit jener /eil die Todestalle aiK h iiacli den Studttlieileii, in welrlien die Erkrankung erlulj^te, /nsainnienj^estellt werden. K.s kamen tlan;irli im r)nrrli>( Imitt der •> Jahre 1S7H 1880 bei einer Gesaninit mnrtalitat von Jü-ö "/«u und bei Ausschlnss v(»n durchschiiittlicii 2'5 "/o V erstorbener, die au«- wart« erkrankten, in der

Altstadt 21 t Txde.snüie aui lOüO Lebende,

Neustadt l'J'4 » » m »

Fninkt'urter Au.ssen.sUidt . 14 0 » » » »

Boniheim 29'3 » > > »

Sachaenbauaen 24*8 » » » »

, Sachsenhäuser Auaaenstadt 22'7 » » » »

Die Frankfurter Auaaeuatadt mit ihrer geriiigaten Dit^biigkeit und ihrer grosaten Wohlhabenheit hat natuigemaaa die gfinatigaten SterblichkeitsTerhaltniaae, wahrend die ungOnatigsten auf den relativ kinderreichsten Stadttheil, Boniheim, kommen, dessen EinTerleibung in die Stadlgemeinde die allgemeine Mortalitatsziffer adtdem stet« etwaa herabdrückt

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28 II. Reviilkerang und deren RrkrankunKen.

6. KIUNKHKIT8- UND ÖTEUliLlCHKiaTÖ- VEUHJiiLTNISSE.

Von Öaiiitai-srath J»r. ALEXANDKH SPIESS.

K raiiklwits- uinl Sii-rMii likrit-^vcrhiiltiiiss»' der Stadl Kiaiik- tui't lassi'ii sich nicht ^ctrcmil hchamli ln. da wir hier s(t uciiii^ wie anderwärts im Stan<U' sind eine Moilnditiil^siutistik aiit'/.ustcllcn. indem eine Anzeiuepflicht nnr ffir «^iinz wenige Krankheiten existirt nnd auch Hon.st kt'iuerh'i Material, etwa in Heriditen von Armen-, Ge- äellsc}iaf%s>Aerzten oder ilrgl., vorhanden ist. aus dem »ich ein Bild fiber die Torkommeudcii Erkrankungen ergübe. Wir sind also anch hier, wie in fast aUen fihrigen Stedten, darauf angewiesen, die Erkrankinigeu nnr nach den TodesfUllen an den betr. Krankheiten zu beurtheilen, ein wissenschaftlich zwar ziemlich ungenOgender Noth- behelff der aber praktisch doch fast dasselbe zn leisten im Stande ist, da die Krankheiten, die nicht zum Tode fahren, in hygienischer Beziehung immerhin von mehr untergeordneter Bedeutung sind. Zudem irt es mitunter auch gelungen, fOr eine gerade herrschende Epidemie durrli freiwillige Hittheilung der Aerzte ein fast ToilständigCH Material Ober die Erkrankungen zn erhalten.

Aher an» h ans (h r bloHsen nerCicksirlitigniig der Todesfälle sind wir hier in Krankl'nrt in der Luge ein ziemlich zuverlässiges Bild der Kranklieitsverhältnisse unserer Stadt zn erlangen, da \nis, wie wenigen Stüdt<'n, ein reiclies und /nverlässiges Material zu üebote stellt. Eine eigentliche Leicliensdian liabeu wir nicht. Ihigegen be- sitzen wir seit dem Jahre 1S.'»1 «»in (^ivilstandesamt, bei dem alle Todestalh' in den letzten :>0 .Jahren in v<dlkojnmen gleicher Weis»* an''e/.ei<_ft nnd är/tlirli hcs( heiniirt worden sind. ])ii' TodestTille nnisscn von dem heliandelndcn Arzte nnter <i-enaiiev Angahe der Todesnrsache )>escln'inigt sein, und in den äiiss( r>t wenigen l''ällen. in denen Jemand ohne ärztliche Itehandlnng gestorben ist, oder hei plützlicheuj oder gewultsamem Tod mu.ss einer der l'hvsici, ebentalks

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6. KrankhettK- nmt Sterblirhkeit»-Vi>rhi1tni8ft». 20

mit mOfiflichst genaner Angabe der Todesnraache, da« ärefcliche Zeng- niflR ausstellen. Dadnrch besitzen wir ffir die letzten 30 Jahre ein Aehr znTerlfiwdges, vollständiges und übereinKtimmendes Material.

Die wissenschaftliche Verwerthnng dieses Materials geschieht zwar nicht in officieller Weise, da ein städtischer Gesundheitsbeaiuter nicht existirt und anch das Statistische Amt keinen Arzt znr Be- arbeitung der Medicinalstatistik hat, aber es haben sich stets Aerzte gefunden, die freiwillig*) diose Arbeit Obemommen haben, so dass den Vcroffentlichnnjrcii di s Stan<lesiinit»»s immer uucli die betr. Zu- 8ammeii-^tt lln]i;_r« n mw li «leii 'rodesiirsiu-lien beij^e^clx ii wi rdfii konnten, und auch in den M it dem .lulir Is.'tT vom Aerztlitlu-n \'< r«'iii heraus- gegebenen ».Jahrt'sltericiiten über dif \ iTwaltnng des Mcdicinalwesens» Mitibeihingen öber die GeMundheit<^- und Sterbliclikeit^verbiiltnisse Frankfurts in immer v«dlstiindij^erer Weise viTötti ut lic ht wnrdtMi.

Ant" (iniiid dieses Matt-rials nun soll in Folgendem eine ganz gedrängte Uebersicht <h'r Krkrankiing»- und Sterldii hkeitverhiUtni*we Frankfurts in den letzten M .Jahren g^ben werden.

ZYMüTLSCHü KKA^'KIIEITEX.

Blattern sind bis zum Jahr 1870 hier immer nur vereinzelt, meist als eingescldeppte l'YiIle aufgetreten , seit jeiicm lalir alxT haben sie /weinial epiih^niistb geherrscht. Wie fiist nberall in Deiitsdi- laiid bat aiu h Frankfurt im /usammenhang mit dem deutsch -fran- zösisclieu Kriege eine Blafcternej)ideraie gehabt, die schon vor Ausluiuij iles Krii»g»»s im Marz IST'» begann, ihren Ilrdiepuukt im April 1S71 erreichte und ernt 1872 zu Ende ging. Die Zahl der Blutternkranken )>etrug

1S70: cji. 2(R) >>krank»mgon mit J i Todeslallen = >* s

1S71: ca. OK» » » 12<J » = ia'2 >

J872: ca. 12ü " _ _* ^-^ * ^ '-»'^

Summa: ca. 1290 Erkrankungen mit 102 Todeslallen = 12*6 ^io

In den nächsten Jahren verschwanden Blattern fast ganz, bis im Noyember 1875 eine neue, aber viel mildere Epidemie auftrat, die sich von einem durch Einschleppung bedingten Krankheitsherd

in der Altstadt ausbreitete, bis zum August 187G wälirte. und in dieser Zeit ca. 290 Blatternerkrankungen mit 18 Todesfällen ver-

*) iffii tiiMli(f!»hiitdl4>«4i^Or^niBatord0rMerlmv*'bArigeii Rinrlehtaiicra, derPhTikn»

)triinariiiH i>r. Ma|>|'<'-' ^iitiiin, der leider •» fMlli vmtorbrne Ur. ViMricii

K «II nur, »fit lAHi Ur. Alexander Hpies«.

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80

n. RevAlkerung und deren Rrkninkuiifen.

orBaebto. Die h't/tcn 4 Jahre Imtten mir einen Blattern-Todesfall im Fohrnnr 1S77 und nur 3 Erkrankungen bei Zugereuten, die aber keine Ansteckung bedinfrten.

Masern sind die Kranklieit, die nni re<;elmiissi(]rsten von allen i'xantlK'iuatischen Kranklieiteu in hestininitf'n Epideniieen mit voll- kniiiiurii iVi'ii'ii Zwisrhi'iirinuiii'n aiil'^^i-tn-tcn sind und zwar früher alle ;> daiir«', spiitrr hei stiirktTcr Zunahm«' der l>i'V(ilkeruu<^ alh- 2 Jährt'. l>ii' Epideniieen dauerten meist von 5 ]ns In Monatm, hatti'U aller <,'anz nnal)hän<(i«; von der Dauer fast alh' fint- ziemlieh ulx'rcinstimmt'ndf Z.ilil son Todt'stalh'U, die der Zunahme der lio- vidkernnj^ ent>i|ueehend von 40 auf 50 in der Mitte <h'r seelizirrer Jahre stieg, dann bei dem Wcclisei zum zweijährigen Turnus auf 34 herabging und nun \m der sehr raschen Zunahme der Bevölkerung auf 45, (50, und auf 77 in der letzten Epidemie, die vom Herbst 1878 bis zum Sommer 1870 wfihrte, hinauiging. Doch scheinen auch Masern gleich den andern Kinderiorankheiten ihren tjrpischen Ver- lauf nunmehr an&ugeben, denn seit dem Frfihjahr 1880 kommen vereinzelte Erkrankungen und Todesfalle ununterbrochen vor, ohne da» sich eine eigentliche Epidemie entwickelte, so dass bis Ende des Jahres nur 7 Masem-TodesfSlle gemeldet sind.

Scharlach war firfiher ebenfoUs in bestimmten Epidemieen aufgetreten, wenn die Zwischenzeiten aucli nie so u:anz frei von Sdiarlacli waren, wie dies bei Masern der Fall war. Die erste Epi- demie der fünfziger Jahre war 1856 bis l!^.'i7 mit 31 Todesfällen, die zweite, vi« ! ]i('fti<.'-ere, währte vom Mär/ iStil bis zum Sftmmer isr»:i und rallle in dieser Zeit 220 Seharlaehkranke dahin. Es war dies die schwerste und andauerndste Seliarlaebejddemie dieses Jahr- Innulerts, und im .Talire 1^^(12, in wclcliem di»' Epidemie, die si( h zu der Zeit über einen grossen Thfil Siidwest-I )eutsclilands erstreikte, ihren Höhepunkt erreichte, kann-n IT».') (Kh»r über lo'^/o aller Tod es- tVilh' lies .lahres auf Sihariaeh. Das htlgcnde Jahr, 18(il. brachte keim'u Todrsfull. dann tritt Scharhu h allmälig wirdrr auf. um nun niclit nu'hr zu verschwinden. Ohne sii h je wie(h'r zu einer Epidemie zu entwickeln, aber auch (dine je ganz aufzidiören, zeigt Scharlach in den Jahren seit jener schweren Epidemi<* ein stetes Zu- und Abnehmen mit einem sehr regelmils-sigen vierjilhrigen Typus. Vom Jahre 18C4 ohne Scharhichfall, stieg die Zahl der Todesfälle, bis sie 1868 mit 09*9 Todesfällen auf 100000 Lebende ihr Maximum erreicht, fiel dann ganz gleidin^ss^f bis zum Minimiun von 4*3 Todesfallen im Jahre 1872, stieg von Neuem eben so regelmässig bis 39'0 im Jahre 1876,

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n. KriuikhHls- nml StprblirbkpitR-Verbftltniwip. 31

um dann wiH^Irr zu fallen zu dem Minimum von Ct 2. das uIm t «ichoil im Jahre 187i> eintrat. Vielleicht ändert Sc harlach dieaeD Turnus an» einem vierjiUirij^on nunmehr in einen dreijähriffen. wie es Masern mit ihren Kpidmiicen, (h'n»Mi ein solch^'s rhythuiisehrs An- und Ah- 8chwelh>n dtK'li ents|»ritlit, in ähnhchiT Wi-ise jrt'than hahen.

Diphtherie ist in l'raiikrurt ziicrsl im Jahn* IX.'iS aui- Uff rctcii, (loch l)lirhfii Iiis /.Miii .lahir ISIÜ? die Fälle nur sein' \('r- eiii/elt mid die Zaiil der jährlichen TodesfäHe üherstie;; (i nicht. Mit dem Jahre 1^(11 naiimeu ^ie etwas mehr zu und in den lol^i-iiden 12 Jahren scliwaiikte die Zahl der jäindit heu Tiulesnille /wischen \i und 21. Idielt im (ian/i'U stvts ziemlich in gleicher AMsdi ]iiiiiii;4 und eine eif.;eiii liehe Kpidemie entwickelte sich nie; 1800 IfSi*' kamen durcltöchnittlich lU 1871—1875 172 Diphtherie -TofleHfölle auf 100 000 Lebende. Hit dem Jahre 1870 aber imt raseh eine bedeutende Steigerung ein, die ihren HObepnnkt 1877 erreichte und seitdem langsam wieder zurfickgeht. Es starben:

1875: 21 » 20 0 auf 100 (MIO Lebende,

1870 : 49 » 40-6 » »

1877 : 74 = 610 » » »

1878: 69 = 54 7 » ^

1879: 42 32*4 » » »

1880: 23 = 17*1 » » Eine eigentliche Epidemie entwickelte si( h aiu h in diesen Jahren nicht und die regelmassige Ahnahme der T<)desl"älle hat deren Zahl wieder unter das Mittel des Decenniums 1800—1875 herunter- gebracht.

Keuchhusten ist, gerade wie Masern, frfdier stets in abge- schlossenen Epidemieen aufgetreten, die etwas länger als di«' Masern- »'|>idemieeii dauernd, diesen meist voransgingen. In den letzten Jahren verwisdien sicii auch heim Kenchluisten, wie hei Sciiarlach. diese \'erhältnis>e niidir und mehr, die Kpideniieen wurden stets länger die Zwischenräume kürzer und nachdem nac h der h-tzten. von Anl'aug IST.'» his llerl»st 1S70 anclanerudeii Kjudeniie nc»ch einmal .M.mate ohne Keuchhusten-Todest'all geldicd>en waren, traten sie im März 1^77 vcui Neuem auf und seitdem ist kein Monat ohne Keuchhu.sten-Todes- iiille gewesen. Die Zahl der in den letzten 4 Jahren an KeuchhuMt4>n gestorbenen Kinder betrug 238 = 40*5 Todesfälle auf 100000 Lebende, im schlimmsten Jahre, 1878, war ihre Zahl 74 58*7 und nimmt seitdem etwas ab, so dass sie 1880 50 » 41*7 auf 100000 Lebende betrug.

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^2 n. IknrOlkerunff und Awm RrkranknnKi^n.

Flecktyphus war mit Ausnahme vomnzelter Fälle «eit den ersten Decennien dieses Jahrlinnderts iii( Iii mehr TOrgekommen, bis da.s Jahr IHilg eine kleine Epidemie brachte, die vom Janiiar bis April dauerte und a. 40 Erkrankungen mit 8 TodestaMen verur- ssichtt?. Die Kninkheit war nachweislich <h>rch nMt;arisclie Mause- faUenjun^en einfii'.schlejijit. die Hef'alletiei) waren /nm weitaus LTrössten Theil Vaj'ahiinden der ^lilimmsten Surte. »in einem t'nrclit hären, his dahin hier wirklii li niiLrekannten (trade sehmiitzii; ninl laiisi«;.« ' ) V(Ui denen 10, nnt Hie Si liwerstkranken, vor ihrer Krkranknnt,' läni^ere Zeit im hiesit^en , damals sehr ülterhäiiiteii , Arrestliaus gewesen waren. S«'itth'in ist Fh'cktyphns epifh-iniscli nicht nielir aufgetreten.

A h d () m i u a 1 1 y j) h n s ist in ih-n letzten ;{0 dahn'u in Krank- t'nrt nie (»rlosclien, doch sind die l'Ülle nieist sjtoradische, über die gan/.e Stadt tmd über da.s ganze Jahr verbreitete gewesen und nur der Herbst zeigte stets dne m&vri|;e Znnahme der Todesfölle. Si> kamen in jener Zeit anf:

Winter (December bis Februar) .... 24*0 <V«

FrOhjabr (IGirz bis Hai) 18*SV

Sommer (Juni bis August) 24'5 **/«

Herbst (September bis November) . . . 3d'2 *^/« Im Allgemeinen entspricht diese Steigerung im Herbst und die niedrigste Zahl im Frühjahr dem Stand des Chmndwassers, mit seinem höchsten Stand im Frühjahr und dem tieMen Stand im Herbste, doch lassen sieh so frappante Uehereinsttnunungen von Steigen des Typlius niit dem Sinken des Grundwassers und unij^ekehrt, wie sie t'iir München und manche andere Orte beobachtet sind, für Frank- furt nicht nachweisen.

Ausser dieser sporadisi lien \'erl)reitun<jj des Typhus entwickelten sich nun mitunter loeale Epidemie(;n, so zu Anfang des .lalu'es IHdl eine kleine Epidemie , die ihren AusHrun^spnnkt in der I ielnhänsergasse hatte; eine kurze E|iiilemie in «h-n letzten 'A M»»naten des Jahres iS(ir). dii' his etwa Mitte .laiiuar Wiid reiclite und in dieser /«'it .'».{ Opter lurderti'. Im letzten <2uartal iSJiS lu'rrschte eine kurze al)er heltij^e Tyi)hnsi'pi(lemie in der damals noch nicht zn der Stadt L(elir»ri<i.en Anssenjfenieinde Ronilieim. rlie auch auf Franktiut nicht ohne Eni- tluss bleiben k(uinte. Dann nahm im Sonnner 1S7;5 Typlius wieder einen epidemischen Charakter an: vom Mai bis zum Herbst in dem nordilstKchen Thefl der Neustadt (Vilbeler<rasse und benachbarte

') S. Var r(*iitru|>i>, Uiv FUfki!nlicbmt|>iiU''inif in Kriiiikturt a. M. im .JulireHb(>ri<*lit Aber <lie Verwaltiuif 4m M«Nliei]ialwraeiu etc. B4I. XII. isns, 8. aG.

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6. KrankluMts- und St^rWichkeits-Vt rlialtiiisse.

Strassen) nnd zn Ende des Jahres in den üefstgeiegenen Stnuwen der Altstadt (Scliüp])('ngii8»e nnd Umgebung). Diesen beiden leichten localen Epidemieen folgte dann im nächsten Jahre die heftigste Typhus- epidemie,*) die Frankfurt seit den Befreiungskriegen gesehen hat. Sie begann Ende Hai nnd war Anfang September vorfiber und be- schränkte sich fast ausschliesslich auf den nördlichen Theil der Alt- stadt, von Norden nach SOden, zwischen Zeil nnd Bendeigasse- Schfippengaase, von Westen nach Osten zwischen Hirschgraben- Kath.irinenpfort«' und Judenga^se geli>j<en. In den 8 Monaten kamen 019 Typhuseikraiikunjreii mit 40 Todesfällen = 7"4"„ vor, von (I n n */s, nämlich 4<>.'», ia dem oben »'nvälinhm Theile der Altstadt, der knapp '1er Bevölkmin^ umfiisst, auftraten, und il(>n>n Ur- sprung sich auf 2 Hüu.ser an der Ecke von Töngesgasse und Schärfen- {(asschen zurfickt'ühren li'isst.

Diese let/terwillintf Epideiuie war für Fninkfnit i'ine iin- ^('\\r)liiili<h lu't'ti«;»'. da Ix'dciitt'iiilcrf 'l'ypliust'pidfiui"'»'!) liier eben zu den j^n")s>ten S<'lti'nli<'itfi! ü'i'ln'iren. iiiid x-it ilirein Hrlrischen i.st di«' Zahl der Typhusrrkraiik iiiilii'U so /,iirii( k^e<;an;,'('n, wie nie tVülier. wie die folgen le /iUSiiniuieUMteliuug zeigt. Eh kuiunieu niinilicli iiu Dun li^< luiitt cler .lalire:

IS51 I8r):>: S4-7 Typlins-TodestiUle auf lUUdOU Leljeude, 1850—1800: 87 8 » » . »

1801—1865: 50 4 » , » »

1866—1870 : 57-2 » » »

1871—1875: 68-1 » . » .

1876—1880 : 20'9 , » » » »

Trotz der Typhusepiflemie de» Jahres 1874 war die Typhus- stcrblichkeit des vorletzten (^uinquenninrns wesentlich geringer als die der beiden ersten nnd selbst die Sterblichkeitsziffer fQr Typhus von 112*7 im Jahr 1874 wird von zweien der fttnfziger Jahre fast erreicht. Typhus hat in den sechziger Jahren schon bedentend g<^n die f&nfisiger Jahre abgenommen, in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre war diese Abnahme noch eine viel stärkere.

Rfickfalltyphus war bis zum Jahr 1880 nie in Frankfurt vorgekommen. In diesem Jahre, in dem in der ganzen Umg^end zahlreiche Erkrankungen auftraten, wurden solche auch hier ein-

1) A. Bpiea«, Di« TyplitM«pidemte von 1hT4, im J«1ir«Ml»erleht lllior di« V4>rw«lfiin|r

des Meillclnnhvi'o ii-i etc. It-I. XVIIT, 1OT4 K. u. IT., \vii,. !i.-t mn h ilir jitinlnu'i^: bi ii Mn- mpntp ilii'ner K|ii.lfmi«' *mii^*-Iu'iii| liMproPlit'ii Miiul. |l<-i tliisrr K|iiil<>iuie war ivh k<''i«>K*'"< von Miinnitliih)-n liiiT iirticticirenden Ai>r/:UMi mit eins ige r Attamüime guiurae Mitth«»- innffen aber die iliiioii vorsekoonneiinii Krkrankuniccn zu erbulteiu

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84

II. BeTftlkdnmg nnd 4<Ten Erkrnnkniiiren.

geschleppt nnd in der Zeit von December 1879 bis Anfang Mai 1880 kttnen dica 90 Fülle hier zur Behandlung (mit 5 TcMlesf allen), die ausnahmslos va^abundirondes riivsindel oder solche betraf, die iiu JnstiÄ- oder im Polizeigefängniss von diesen angesteckt worden waren.

Asiatische Cholera hat nie in Frankfurt Fuss gefassfc, meist blieb die Stadt in Cholerajahren ganz frei, nur dreimal, in den .Jiihrcn 1849, 1854 und IRlWi kam eine Anzahl Fälle hier vor. Im Jahr 1H40 wurden im Herbst ein paar vereinzelte Cholerafiille l>ei krauk hier /ugerelsten be(»))a( htet. die zwei Aiist.H knngen im Ileilig- (ieist-Hospital bedinjL^ten. Im .lahre 18Ö4 veranla.s8te ein aus Mfiiiehen zupfereister Fremder eine ortliehe Infection, in Fol»;e deren l'l l'ersoui'U (uiit 2'2 Todesfällen) erkrankten, nnd 1H()() kamen in den Moiiat«'U Anglist bis Ortnlter in KcIl^i' df> Krie<fes "Jo < 'liolera-Todesfälle vor. von denen 1 1 Soldaten iler Mainarniee Ix'traten, die die Krankheit auswärts a('(|Mirirten : auch bei einigen der Andern ist ein solcher T'rs|u ini<; nachgewiesen und nur bei zweien war eine infection liier in der Stadt zu c«mstntiren.

Ituhr ist in Frankfurt sehr selten, eijie mlLssige Hnlirepideniie mit 14 TixlestVdlen und beschräiiktt r localer Ausbreitimg in »Sjichsen- hauseu brachte nur der Spätsi nmiu r 1S7H.

Auch fien ick k rani ji t' f MrtniufHis n-nhii>-^j,n/(i/ls). der ziu'rst lS<»r) hier auftrat und seitdem innuer nur einzelne Todesfälle ver- anlasste, hat hier nie epidemisch geherrscht.

LOCALISIRTE KRANKHEITEN.

Nicht die /yinotischen, sondern ilie jocalisirten Kranklu'iten sind e«, die eine Steigerung der Sterblichkeit in den letzten .'tO ,Jahr«'n verursachten, wie fnr die haupt»iichlichsien derselben die folgende Zusammenstellung zeigt. Es kommen auf 100000 Lebende Todes- fälle an Krankheiten von

Gehirn und

Herz und

Respirations-

Liiterleibs-

Knekenniark

GefTuwe

organe

«rgane

1851- 18Ö5

24o:t

(i3-3

181-8

185G— 1800

234-3

7l)-0

(;o(i'3

198-0

1861—1865

2330

87-9

(i35'4

240«

1860-1870

285-9

108-8

058-7

352-1

1871 -1875

292*2

1171

0731

384-9

1870-1880

321-5

106-7

075 1

360-5

1851-1880

275-2

96-6

658-0

3011

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H. Krankhoits- und Storhlichkeits-Vorhältnisse.

35

An der Steigerung der SM>iißlik^ lialMn, wie ans Toniehender Tabelle ennchtlich ist, alle KrankheitMlaasen Antheil, weitaus am meisten aber die Krankheiten der Unterleibsorgane.

Unter den Krankheiten von Gehirn-, nnd Rficken- mark nehmen den henrorragendsten Plats die Hirnapoplexieen ein, anf die 80% aller TodesfSlle dieser Classe kommen; sie zeigen in den leisten 30 Jahren keine nennenswerthe Veränderung; im Diurchschnitt kommen 78*8 TodesfSlle auf 100 000 Lebende. Die Zunahme in der Classe der Gehimkrankheiten ' wird bedingt durch die Todo:4fölle an tnbercnlöser Gehirnentzfindnng und an Co II V u 1 j< i () n 11 , flfrcri Stcipernn«? mit der relativen Zniiiihiiio der Kiixlrr. die allein diesen beiden Krankheiten erliegen« Hand in Hand geht.

Die Herzkrankheiten sind seit dem Beginn der fünfziger .luhre fjmt anf das Doppelte gestiegen, (dine diw« sich hierfür in der Ziisaniniensetzung der Bevrdkening ein (irnnd finden liessr: dieser lieift (»flriibar in aiulern. socialrn und Zeit verhält ni.s.sen. Doch ninunt ihre Ziilil in den letzten .laliren, wie es s<-heint, wierler etwas ab.

riiter den Krankheiten der R e s p i r a t i o n s o r g a n e ist es >jien.ll eine K laiik lieit. die hier wie an den meisten anderen Orten, <las HaiijitcontingtMit der Todesfälle bedingt, die Lungen- s ( Ii w i n d s n (• h t, die ein«* stete Ziinalmie. von :i2ro Todesfällen anf 1 00 000 Lebende zn Anfang der fünfziger .Jahre bis zn ;M>5"0 im let/.ten Quiuquennium zeigt, eine Znnahnie, die Schritt halt mit der geringer werdenden Qualität der Bevölkerung, wie sie in Frankfurt nachweislich statt hat. An Lungenschwindsucht starben nach dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre fost V& (19*1 » aller Gestorbenen, bei Ausschluss der Kinder aber kommen von den gestorbenen Er- wachsenen fiber (25*8 '^/o) auf Lungenschwindsucht. An acuter Lungenentzfindung starben nach dem SOjShrigen Durchschnitt 135*1 anf 100 000 Lebende und wenn sich hierin je nach den Wittemngsverhiltnissen der einzelnen Jahre nm-h sehr bedeutende Schwankungen (von 02 .'^ im Jahre 1867 bis 18S :t im Jahre 18'i8> zeigen, im Ganzen bleibt ilir V'erhältniss zur Bevölkerung in den 30 Jahren doch ziemlich genau »lrt.s.selbe. Dagegen zeigen eine ent- schiedene Znnahnie die T«)desfalle an Bronchitis (von 27*5 im ersten bis 75*7 im letzten (inin(|iienniuin) und ebenso an Kehl- kopfkranipf (von 11 anf 1!>1). beides Fidge der bedeutenden relativen Zniiahme der Kimler. Croup aber /ei«_rte eine regelmässige Abnahme von 22*8 in tler ersten auf 8*9 in <ler letztini Periode.

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II. BeTAlkernnfT nnd doren Frkranknnimi.

Die Krankheiten der Verdauangsorgane nun sind es, die, wie obige Tabelle lehrt, ni<-)ir als alle übrigen KrankluMt<>n eine stete Zunalinie erfuhren, die aber elicufall» zum grossen Tlieil nur Folge der sehr ])e»leuteii(len relativen Znnalinie der Kinder ist. Dil' Steigerung in dieser Krankheit.selas^e konunt nüiulich auschliess- lich auf die Steigerung der Todestulle der fjust lediglicii das früheste Kindesulter hinratfenden Krankheiten: M agen- und 1 )arnM atarrii. Itreeliruhr nnd als deren Folgezustaud Atrophie, während alle fihri<''eii Todesin'sachi'U diesi>r ('lasse ziciulich <{enan txlnrlildeiht'u. V'ergleicilt man nuu deren Zahl mit di-i- Zahl der IrluMiden Kinder unter 1 Jahr, ilenen diese Titdesfällc /um weitaus ^(r^»,ssteu Theil entstummen, so ergibt sicli im füntjäiirigeu Durcliächnitt

Jahr

Lehonde unter 1 Jahr

i Todesfälle an I »aninalarrh oto. und Atrophie

der IjclH'uden

Zahl per Jahr

unter 1 Jahr

ixr.i ih:m

888

r.4

18ö(>— 1860, .

979

Ii

71

1861— 186& !

1

114

1886—1870 |:

1581

1

202

2172

II

26r»

l«7G— im) Ii

8159

322

I

ßO'4 72-9 90-8 lHl-9

lÜl-9

Die vorstehende Zuaammensfcellang zeigt ziinftchat den groRfien Unterochied vor und nach 1866. In den fünfziger Jahren war in dem abgeschlomenen ziemlich proletariatlosen Frankfnrt die Sterb- lichkeit an vorstehenden, fast auaschlieaslich die ärmeren ClosAen heinumchenden Krankheiten eine sehr geringe. Schon zii Anfang der sechz^r Jahre änderten sich mit dem erleichterten Zuzug diese Verhältnisse, noch mehr aber thaten sie es von dem Moment, als Frankfurt ans seiner Abgesehlossenh' it heraus einem grossen Staat« beitrat und nun die (Qualität der Hevrdkerung sieh rasch verschh'ehterte. \\ eiter zeigt die vorstehende Tulxdle aber au( h. dass in den letzten a Quin(|uennien di»' Sterblichkeit an diesen Krankheiten, die «rerade in dieser l'eri<Mle im \ erhältniss zur (lesannnthevrdkerung so bedeutend irestie«ren sind, in \Virkli( hkeit, d. h. im VerhultniK» zu den lebenden Kiiideni entsciiieden abgeiiommeu hat.

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III. STRASSEN UND WOHNUNGEN.

7. BAUPULIZEI ÜND BAUORDNUNG.

V(in Scuatur Dr. vux OVEN.

Wriin iiiaii <li*' l»aiiliclH* Entwickluntr iIit driitsclicn Stiidt«', wif sie sicli in (Irr .li*t/.(/,rit (lai*stt'IH. I>i'ti-ii<lit»'t, .so uiiil sidi Ihm allrii den ji'iii<;i'ii, wrlclii' «|fiH f'nilii'ii Mittelalter riitstitmiiifii ii!m1 ilirc i'VsU- .\iila«ift'. Krwritfniii^ iiikI Aii.s(lcliimii<; iiiilif dein Marlitj^«'lmte od»*!' der Laune eines Fürsten, sondern der allniiili^fen /iUnahnu' bürgerlicher Wirk.saiukeit verdanken, eine gleiche Krs( liei- nmi^ darbieten, wie in unserer Vatt^rstjult. \Veni«;er sind bestiniiute Baiigreuzen, im Voraus anfgestellte Bttiiflnchtpläne, als vielmehr die durch die örtliche Lage, da» Bedfirfniai des Verkehrs und Erwerbs, die Oewahr sicheren Znaammenhaltens der von Aussen bedrohten, von habgierigen Feinden umlagerten Einwohnerschaft, die Benutzung ▼on Vertheidigungspunkten einerseits und Verkehrserleichterungen andererseits die maassgebenden Factoren ffir Strassen- und Bau- Anlagen. Nicht konnten feste Vorschriften bei solcher Entstehungs- weise den baulichen AusfQhrungen vorau^hen, sondern solche Bestimmungen waren, wie im deutschen Rechte Oberhaupt, erst das spätere Krzen<;niss der in !{e( btsb(»wn.>«t.«iiein überf^opiiif^enen Gewohn- heit ; die Baupolizei und das Baurecht in por<itiveu Normen er^vuchsen erst späterer 7^it. Auf sie mussten die Bedürfnisse des nachbar- heben Zusamm^wirkens zur V(>rmeidnng von Streitigkeiten und zur Eraaelun«^ gegenseitiger Vortheile in privatreclitlipher Beziehung und die Bedürfnisse gemeinsamer Maji.s.sregeln für Zngäni;li( likeit , für Reinlichkeit, tiir .\bhaltimg vnrerkeuni)arer Krankheitsursachen, vun einem, wenn s(h(»n oft niclit klar erkannten oder wohlüherleL^teu Eintlusse »ein. £5u wird auch erklärlich, dasa in Frankfurt, obwohl

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38 UI' Stnumn imd WohnungeD.

es in seinem mehr als tausend jülirigen Bestände von Zt it zu Zeit hed«'iit(Mid(', wieder auf ein« längere Periode in sidi l)e«rrenzt bleibende Erweiterungen annalun. doch erst in ziemlich später Zeit allgemeinere Vorscliritlen über Straswenanlagen oder Bauformen entstanden -sind. Für die erste Ausdehnunfj, weh-he die älteste innerhall) der alten Mainanne anj^ebaute Stadt bis zur Linie der Holz-. Bau- und der beiden 1 1 iisrh<;rabeii erstreckte, sowie für die weitere zweite Krweiteniii^r. welche iiiu \'-VS3 bis zur (ireir/.e der trülieren WäUe und jet/,iL(eii 1 'ronieninb'n sidi - zu eiiiwickelu begann, Huden sicli keine im Voraus rot^estellteu Bebauungsidiine niun lolgte bei den St rasseuanlagen den all «Mi Wegen uiul \Vas,ser- läui'eu und siml erst ab inul zu einzelne baureclitliebe oder baupidizeiiiche Normen seit letzlerer Kutwiekluug entstanden, wie solche die l'iauk turter Kecht*ibücher der Hetbrnuition von 1078 und 1011 zusaumiengestellt haben und iu späteren einzelnen Verord- nungeu des Batlis enthalten aind. Erat bei der drittm ]^ei- temng, als 1788—1792 der Briickhof, das Fischerfeld bis zur Ober- mainaulage ziwi Anbau kam, und denen sich anschliessend 1804 1812 die Festangswerke niedergelegt und die alten Wälle mit Umgebung zu Strassenanlagen verwendet wurden, gab man bestimmte Linien für die Baufluchten an. Dagegen begann die vierte Stadterweiterung, die ausserhalb der alten Stadtthore den Anbau in den Gemarkungen im dritten Jahrzehent dieses Jahrhunderts nach Aufhebung der Thor- sperre eröffnete, anfänglich ohne solche feste Strassen- (Alignenient-) Pläne, welche letztere erst dem Gesetz Yom 6. Februar 1849, die Anl^ung von Gärten, Gebäiulen und Strassen in den Stadtgemar- kungen von Frankfurt luul Saclisenhausen betr. ( l'rkftr. (tes.- u. St.-S. X. B. S. 211), ihre legale Entstehung verdanken. Kiu Gesetz vom 22. März 18:J0 (Frkftr. Ge8,-S. V. S. 225) hatte schon vorher für die Erreichung einer offenen (.'onununication hei Anbauten an enge Wege iu den (ienuirkungi'n mn* verlangt, dass für alle vor den Thoren neu erriclitet werdeiule (iebäidi(dikeiteu oder He- friedigungeu irirend einer Art, welebe an l\ddwege, flie nicht eine Küthe -= ni) breit sind, ein Wich von I S< liub Feldmaass

oder ö Schub W erl)niaass (= 1*42 m) gehalten werden solle, allerdings ein bescheidenes Maas.«* tiir eine aubautabige Strasse.

Vor diesen Gesetzen war den Behörden eine Einwirkung auf die Anbauten an Wegen und Strassen zum Zweck einer grösseren Frei- legung und der Gewinnung einer ausreichenden Luftschicht zwischen den Hauserfronten einestheils dadurch ermöglicht, dass allgemein

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7. Baapoliwi und Baoordiiuiijr.

89

die Refoniialaon Thl. VIO Tit. 1 jeden Anbau »auf der Bauherrn

(BauaiiiiK-Deputirten) Gutbedünken von des Raths Willfahning nach Bt'fliKlniifr der Gelegenheit« abhäiij^i^ inaclit»', aiKlcnithcils von Altei-s her die üusscn n Stadt- und OeniarkungMtheile als ZU dem Bezirke »in den Gärten« gehörig ))e-/«'ichnet, nnd darin, Howif in weiterer Ausdehnung auf das ganze Gelände vor den Thoren die licbaunng und die E i n f r i «• d i u n ff e n einer besonderen Bewillijrunjjf des s(i a r t <• n r e (• h t und Ablösung ans dem der Stadt vom Hartholo- luäistitt übcrkniunirmMi rnivi'isal/chntrechte untiTstellt war.

Von dieser iK'iiiirdlic luMi Einwirkung war vor dem <i«*.s('t/r vom <i. i\'l»rnar ein iK'scliränktt'r (M'ltranih gemacht worden. Ans

den ülttTcn V»rnr<iniin^fn in Be/uj^ auf liauwescn. wie (ienjenit^en von» 7. Februar IToS, 27. Juli 1710, n. jMai 1741) und der .lud«'n- banordnung 'v»»m 7. .\i>ril 1711 ( Beyerbat h, Sannni. von V'erordngn. V. S. 1093 1108) sind allgemeine Vorschritten über Strassenbreitt* nicht zu ersehen; selbst in derjenigen von 1711) (nach dem grosMcn Christenbrande) ward den alten Stnunen zwar eine geradow Ridhtung, aber keine grössere Brdte, und in derjenigen Aber den Neubau der im Judenbrande von 1711 zerstSrten Jndengaase war letasterer eine Breite von nur 20 Schuh zugedacht. Auch die Vorschriften des Baufltatuts vom 21. Juni 1809 in Cap. II 10 nnd 11, wonach der Bauende »ch den die Einhaltung der Stnuaenlinie abzweckenden Anordnungen der Baubehörde durch Vor- oder ZurfickrOckeu mit eeineift Neubau fttgen sollte, wurde lange nur zur Geradrichtung, minder aber zur Erweiterung alter Strassen benut/t. AIm später in der zweiten Hälfte die^eH Jalirhuuderts und nach ErlaH« de» Frktlr. Gesetzes vom 6. Febr. \><V.* die neuen Alignenientpläne aufge-stellt wurden, ging man antanglich nur von einer Breite von 36 Fuaa (9'94>m) und l(i Fuss di an m) für die Sti-assenflucht -Entfernungen aus, bi.s man allmillig auf 50, 54 und jetzt auf solche von 04 70 Fuss » 18 20 m und nudir gelangte, ohne damit noch allen Anfor- derungen der auf Onnid di*s preusslschen Gesetzes vom '2. Juli 1S75 erla.sseuen Ministcrialinstructinii vom 'JS. Mai 1876 7, weldu' für Hauj»istras,sen :iO ni, für i u iistrassen 20 m und für kleinere StraswMi 12 m Mininialbreite vcilangt, zu genügen. Dermalen ( 1 881 ) ist der gn'tssere Tbeil der .Vn.ssenstadt von l'rankfurt und Saclisen- luiusen, >owie der 1877 zur Stadt gezogenen (iemeiude Bornheim in ein Netz von Stra.ssenlinien eingetheilt, welche auf langehin dem BaubedQrfniss genügen und grossentheils breitere, dem Verkehr and der Lnftemeuenmg mehr entq»rechende Baustmasen darbieten.

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40

III. Straasen und Wohnuaffen.

Den li\ iii-i Ihmi \iitor<li'nmir<'n in Iftztcrcr lirziflinn^ Kcsser als fVfilifi- iiiirii/ukoiniuen nii<l die Stnisst'nllächen mit i^iifcni Hrlaj^ und l)f<jin'nu'U FnsMst<'i|/t'n aiis/ustattcn. ist jiMlenl'alls »luirli di»- auf Griunl df-r J^JJ 12 un<l des pronssi.srlirn (icsct/cs vom l.Jidi Isj.'» erliisseuen Statuten vom 2^. April 1K7() und 1.'». Au^nist 1 !^S() und dii* duzuj^tduirij^i' INdi/civfrordnunj^ von Iftztcrt'in Ta/^i- der Stadtgenit'imle 'wesentlich erleichtert, da durch diese einerseit.s die Grundsätze über die Strasseiinnhigeii feHtgestellt uud lUulererHeiiM die Baulttst der Strassenauluge auf die davon vortheilziehendeii Änlkgw ▼exibeilt sind. Neue Stra»enanhigen,. Erweiterungen allasti- ei^er Stmasen, Durchbrüche können hiemach je dem BedürfuisB der Bevölkerung und der Gesundheitspflege entsprechend, ohne allzu- groase Opfer der stiidtiachen Gemeinde bewirkt werden.

Wenn ungeachtet der gedachten, den damaligen finanziellen Ansichten der Stadtverwaltung entstammenden beschränkten Ffirsoige ftlr breite Strassen die Stadt, namentlidi in ihren AussenstrasHcn, ein freundliche», sie vor manchen älteren Städten auHzeielniendes Bild bietet, so ist diese Wuhrnehnning vorzugsweise zwei Uniständen zu- zuschreiben, welche in ihrem Zusanunnitreth-n für luftigere Bhu- anlagen an d<Mi neuen Strassen den xVnlass gaben. Es sind dies erstens die Anlage der Vorgärten, zweitens die gesetzlirlie Anordnung eines Bauwiehs. In erster<r Hezieliung führte die l»is ls;><*) he- stamlene AbschliesMung der Stadt (Tlnirsperre von Eintritt (h*r Na< lit bis Morgens) dazu, dass dii- rrstru Hauten vor den Thoren nur (iartenhiiuser zu Sommerwoliniinm'u waren, welclu- in der Kegel nicht an der \\'egtlucht. s(uidi'i-ii auf dfiii ringi-tVii-iligtcn ( iniudstiitke iiinter «lieser in eim-r deui Kigeutliünier pasx iideu Entfernung auf- geführt wiirdi'u. Als uiau nun in Haudhaliiuig di's (Jartenrechts liei V'erniehrung solcher Hauten an die Haufrlaultiiiss Aufhigen hinsichtlich der Baufluchten zu knüpfen begann, suchte man dun h die Forderung der Abtretung von Areal eine Wegverbreitern ng und zugleich durch die Bedingung der Zurfickrfickung in eine möglichst den schon vorhandenen Baulichkeiten entsprechende Linie die Herstelhing cinigwmaassen geregelter Strasaenünien zu ge- winnen. In Verfolg dieser HaaaMregeln nahm man sodann in die aufgestellten Alignementpläne Überall, wo es irgend thunlich, neben imd hinter der Wegfluchtlinie noch eine Baulinie an, welche erstere mit den Einfriedigungen, letztere mit den Bauten einzuhalten war. Das Gesetz vom 6. Februar 1849 unterschied daher zwischen Linien fOr Einfriedigungen und solchen ffir Bauten

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7. Baupolisei und BauordniuiK.

(Weßlinien, Baiilinien) und die nach ihm entworfenen Be- bauungspläne der Stadtgemarkung haben diese ünterscheidung bis in die neueste Zeit gehandhabt, wenn nicht besondere Bedenken dag^en bestaiulen, indem man Geschäftsstrassen von Villenstrassen unterschei- den wollte. So bildeten sich die meist mit i^chonen Gartonanla^cn ver- Heheiii n Voi|g^lrten an den Strassen vor der .S(a«U. \vhI< he sidi würdig an cid) Kranz der auf dem clicmali^cn F<'Htiiii<^j;lacis und Graben in den Jahren 18U8 1812 ;inLr< legten üfientliclwii Giirteniinla;^eii der Promenaden anschliessen. Leider war hinsiehtlicii der Anbauten an den Promenadenchanaseen, wel< he zu den frühesten Bauten V(»r der Stadt «gehörten, fine s<d<lie rntersclicidun«^' von Wei;- und Hanliuien aufzustellen versäiinit wurden, «lalier dort die \'()r^;ii*ten nur an der l'nterniain-, (ialln^- und tlieilweise jiorkt'uheinii'r Anla^'e dureh- ^'etÜhrt sind. I)a^e<j^en liesteht /.um Schutz (h'r freien Lnftl»eweL(ini<; in <leu ötfenilichen Anlagen um (he Stadt die in den Verkaufsver- trap'ii ül»er (He zwischen 18(IS ISIS veräusserten (irundstii( ke auf dem Areal der alten \\ iiile stijiulirte liescliränkun^, dass solche nur in der obersten La«j:e mit Ciehäuden best.'tzt werden dürfen, für die tiefere Luge aber höchstens Gartetisäle, Lauben u. dgl. zuliij«Hig sind. Diese sog. Wallservitnt sichert den Promenaden eine freie Luftschicht von ilirer Grenze bis ssu den Hänsem von ungefähr 75—150 m und die Erhaltung einer fortlaufenden Reihe freund- licher Lustgärten, die, auf der Sttdseite den Spaziergängen sich an- schliessend, deren Annehmlichkeit wesentlich erhöhen.

Die zweite hier einschlugende Vorschrift Aber Einhaltung eines Bauwichs beruht au^ der bereits in der Ref. IX Tit. 4 enthaltenen und aus dieser in das Gesetz vom 1. April 1851, den Wieb etc. be- treffend, § 2 fibergegangenen Besamung, dass in den Stadtgemar- kungen gegen den Nachharn bei Gebäuden ein .Vhstand von der Grenze (Wich) mit Hi Feldruthen oder 9 Fuss 4 Vi Zoll » 2*67 m gegen- seitig einzidialten sei.

Die F(d^e hier\'on war. rhiss die neuen Gebäude von einander je 181> Fuss oder '>•.) 1 m abzustehen haben und so zwischen jedem ITau.se und dessen Nachl)arhatiten ein freier, zu Gartenanlagen be- nutzter h'auin frei bleiben nuNs. r)iese alte, zur Sicherung von S(»nnenHcht für die aneiiuinder Lcrenzeiiden <iiirtnerei- und Feld- grundstiicke iu"sj)riiuulicli entstandene landwirthschaftliche Leiral- Servitiit hat somit in ilirer amili i<_fen, erst durch die Praxis und dann durch (ii sctz sancf ionirteii A iisili'hnun«f früli sclum zu einer elienso hygienisch empfehleaswerthen, aks die Schönheit und Annehmlidikeit

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42 HL Strawen und Wohaimgen.

der neium Stiidttheile torderiiden Einriciitiing geflihrt. Zwar ist in ^ 7 il)'s GeM. vom 1. \|inl 1S.*>1 vhw Aufhebung oder Beschiüukung diew» Btiuwichs diircli Verfinlmrnng d^ r Angrenzer Kugelaas^; alleiti eine solche V^ereinbarnng tritfc in der Regel doch nur da ein, wo von den licsit/ern mehrerer Grundstücke oder von Uauunternelunern die frlei<li/,<'ititxe Bebauung einer Strassenlinie durchget'ülirt, die Farzeiliruii;^ <Xi«"is,serer (iruiulstürke hewerkstelli^i wird, oder wo aus einer N'illeisstraH.se eine lie.scliätts-st nus.se sicli alliiiiili^ lieraiiiiildete, für welciie Haus an Hans aii<;td)aut o»ler die Zwisclicuahsti'mde ver- Imuet wurden. Im allgemcineii Interesse wäre gewi.s» die beibelml- tuug des Bauwiclis zu wünschen.*!

Noch einer andern heaclit^'uswerthen gesetzlichen V(»rschrift dürfen wir hier gedenken, welche ^rjeiihfalls für die Freundlidikeit der Strassen mitwirkte: es ist die in j^i; '.) 11 des Wichgesetzes vom 1. April 1851 enthaltene Auflage, dass gt^eu deu gemeinen und gegen dm Nadhbani die Einfriedigungen nur eine Höhe hm XU 8 Fuas = 2'28 m erhalten und daas Einfriedigungen an gemeinen Wegen, wenn nie aus Planken oder Mauern bestehen, nur in der Weise errichtet werden dOrfen, da» mindestens die HiUfie ihrer Lünge mit offenen Staketen auf Sockeln von höchstens 3 Fuss Werkmaass (s 0*85 m) Qber dem Boden des gemeinen Weges aufgeführt wird, wobei die Vertheünng des mit Staketen zu vefsehenden Raumes dem Ermessen der Baubehörde, je nach der fieschaßenheit des einzelnen Falls, überlassen bleibt. Auf diese Weise bleiben die Gärten, ins- besondere die \'or^'ärten, dem Einblicke VOn der Strasse aus ohne uenneuMwerthe HelielliLrimg der Besitzer offen und dient deren Baum- und BlumeDschniuck der Strasse /iir Zierde.

Gegen den Fortbestund oder die Entjstehung enger Winkelwege /wischen bebuueten oder eingefriedigten Grundstücken verordnen die 17 22 des obengedachten Geset/es, dass. sobald solche Zu- <T;iii<^'e sich nicht mehr als für die Ilinterlienrcr iineiitl»elirliih dar- stellen, die Bau- und Jr'eld-i'olizeibehördeu solche aufheben können;

') Uobcr «Ich rmfaiiK iler .*itailt uml Vorstäin« in den eiiizolncn Kiitwi.klutitffi- perioilen gehen niliere Aiukunft die Beschreibuniir der Stadt von Balde mar von Peterweil (t In Mitth. d. VereliM f. OcmIi. a. AUhk. Bd. I., 6t— ito fBr dai 14. Jabrb.; Krlefk, Kr.uikf. liiirpr<rzwiste um! ZustXndo im Mittelalter, S. ä.vt ff., für «Ins Mittelalter fiberlian|it: itHtton a To|Jographic, Heft I— Vit.; Uailer, J. neichretbung von Frankfurt a. M. 1747, und Morltt, Wkflp. Staatoverflunanff tns, fflr du Yorige JabriHuideirtt K Ireknor, Aniichten von FnuiVfiirt tiM. für ili<> Zeit im Aiifnnjr ilienes Jahrhunderts; Frtinr k'H Topograph. Ueberliliik von l-rankfurt isi';. uml die neuen rel>er«ieliten von Fr. KruR. Dr. Stricker B. A. 5Cu vergleichen Lersncr'» Chronik und Kirchner, Oogch. v. Frankfurt IThle. 1S07, J810, sowie die bekannten Pllne von Merlan, Thomaa, Ullrlob, HaTenetein und y des ftidtiachen CaaaitwMns.

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7. B«u|ioliaei und Bauordnung. 48

imdereraeitB wi durch dau nämlklie Qm^ den NHchbiirn gegeiueitig die Einbaltuii|]( gewiwer Abstände von der Grenze (Wich) mit Baumen und Gesträuchen, AuffQllunf^n und Tarnuwen, Einfriedigungen,

Dunggruben, Brunnenbanten aut( rl»'<ft, deren Aufhebung mit Ausnahme derjenigen für die liciden letztgenannten der Verein' barung der Angreuzer jedcwli überlassen Ist.

In der vorl)esc Ii rieben en Weise bildete sicii die ConH<,niration dt'i- als vierte Sttidterweitening anwachsenden Autwenntudi in den (it'iiiarkiui^rii. freilich in einem merkwürdig langsamen Vorangehen. WiiliriMiii (joi h sclioii nach 1S;{('» dir Anlage von Wohnhäusern statt Soninier - (i.iiii'iiliiiiiscrn in grösserer Zaiil bej^onnen iiinl in den 18r>0«'r .lalufii sich vermehrt liattc, ward erst in den .hthren 1S().'{ l8(j(i durch die Initiative der (iüt»'rt;es«dls< liat't tiir Raiizwecke lind die Mitwirkiini; anderer (iriinditesit/.er der «grosse, jetzt zwischen Mainzer Landstra-s.-«»' und Bockenlicimer Kandstrassc ein^eN'<;te Stadt- theil (du« sogenannte Westend) parzellirt und zu IJaiiplät/cn ver- wendet. Nach der durch die Krisis von 18G0 eingetretenen Pause begann die fiaotlditigkeit in den Jahren 1868 und 1800 »ich auf der Nordueite der Bockenheimer Landstnuse und in dem Lindau, ttowie nach dem Nordosten su ansKudehnen ; obwohl durch die Kriegs- jahre 1870 und 1871 gelähmt, erhob eich der Aufschwung im Bau- wesen in den Jahren 1872 1876 zu einer vorher ungekannten Höhe in allen Richtungen der Aussenstadt auf beiden Seiten des Flusses unter Mitwirkung der neu entstandenen Baugesellschaften. Unter der^ Auspicien wurden die Strassenplanlegung und Be- bauung durch zahlreiche Bauunternehmer nach Osten, Norden und Nordwesten ausgedehnt und bis zu der später (1S77) wieder ehi- ;^ctretenen Krisi^ mit Ijebhaftigkeit verfolgt. Auch die Stadt sellMt kam der Bauthätigkeit entgegen durch Anlage von Stnussen in der Innen- und Aiisscnstadt, Erbauung Irr Untermain- und Obermain- brücke, Strassendurchbrflche und Regulirung älterer Strassen.

Unter den ^nisseren Bauiuiternelimnnj;eii zeichnen sich durch ihre uiM'i^eninit/.itft ii /wecke für diis Gemeinwohl die (ö'l)iludecomjilexe der i;enieiiiinit/i;^'eM Uaiiücsellsi liatt ' ) in Sacliseidiausen aus. welche (iesellschat't seit ilirer (iriindung im .lahre is.'»!» unaiisj^fesetzt betliss^Mi war. für die minder Iieniittelten ('lassen ^i'>uu(l }^'ele<;ene, mit allen Ertordernisseii für Keiiilichkeit, Luttigkeit und Wiirme aus^restattete W ohnungen in Kiii/.el- und ( 'entralbauteii herstellen zu lassen und y.u Idlligen l*reisen an anstän<lige Leute zu vermiethen und so ein

>} S uutcn No. tf. H. «X.

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III. StraMPn und WcAinanfeii.

Vorbild für Arbeiierwohuungen nnd deren zweckmätwige Verwal- tung aufzustellen. Ihr Beispiel iknd später Nachahmung in den Unternehmungen des Bau« und Sparrereins und der Oesellschaft zur Beschafliing billif^or Wohnungen, (ibwohl in etwas anderer Aus- ftlhrung»weise und Richtung nnd in minder gleicher Ausdauer und Ertol<^.

Verlassen wir diese allgemeine Uebersidit flt-r l)iiM])<ilizt'iliihen Wirksiiiukcit für die äussere Gestaltung der VVuhn]> 1 llt/. o und wenden nns nunmehr zu der Frage über die V^or^chritten für Be- scliatlrnhi'it der Wohnrilnme, so koniinen zunäclist im Ans("liliis> an die Strassmlneite die Hr>lif uiul die V n r Ii an t »mi der (Jeltändc in Betracht. Silion die ältesten vdrliaiidenen Haii^esetze liesdiiit t i^ri'n «ich mit den h't/teren. Es war he^ni'if Hell, (l!is> Ihm der Enge des zur Verbanimg vorhandenen Terrains die llaii>lie>itzer durch Vor- bauten, wie U e 1) e r h ii n ge, Erker, v r s t e h e ii d e Verkaufs- sc h ji |i e n ( Vorkränien ) nnd A u s h ä n g I ä d e n ( so abgelassen nnd aufgezogen werden«) sich weitere nutzi>are i liiche zu verschaffen wfinschten, nnd es wurde dies um so mehr versucht, je mehr es den auf die Bauart der sfiddentschen Städte einflussreichen Einrich- tungen der oberitalienischen Städte und dem frfiherhin lebhafteren Verkehr des Geschäftslebens auf den Strassen selbst entsprach. Um diesem Bestreben entgegenzutreten, verlangten schon die Rathsver- ordnnngen von 1418 und 1455, dass in breiten Strassen der unterste U eher hang, d.h. die Aber das Erdgeschoss hervorragenden oberen Stockwerke nicht Aber 1 Elle, der zweite nur dreiviertel Ellen, weiter aufwärts gar nicht herausgehen, in engen Strassen aber keine ohne besondere Vergflnstignng gemacht werden, und eine Verordnung von 1545, dass die Schoppen oder AVetterdächer nicht Über 5 Schuh 2 Zoll herausgehen s<dlten:*) die Hef. von ir,78 und 1011 im VIII. Thl. Tit. II s$S >">d I Iiärtt diese Verordnung von Neuem ein, mit dem Zusätze, dass Ausladungen und Erker, «so im mittelsten Stock- werk gegen gemeiner Gaswen zu wollen gemacht werden, nicht anders denn mit besonderer Vergünstigung, auch allein in weiten Gassen gemässigter \V(ms zugelassen w<'rden«. Alte üeberliänge sollten bei Einziehung eines lu'uen Stocks unter ileu alten Hau al>gekiirzl werden. Die Bauordiniug von ITlil (Bi'verbach. S. V S. IlOU) gestattete iit)erliuu]it nur einen Ueherliang in wi'iten Gassen (Thinges-, Schiuir- und Fahrg}us.«ie) von 1 VVerkschuh, in den engereu Gassen nur von,

•) S. untci» No. 10 un«l II. S. ix u. iis.

0 Orth, Aiiiii. i. Frkt'. Ref. ForU. III 8. iii, Ui, 4til.

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7. RMi|Mlttei and Runordnnng.

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1 Werkflchuh Ober dem Ercigeschoss, alles flbrige ohne üeberhang; die Juden-Bauordnung von 1711 hatte ebenfalls nnr einen Ueber^ hang von 1 Schuh erlaubt. Das Baiurtatitt yon 18()9 verbietet in Cup. II 5 und 6 nnd III §§ 4 und & jeden Ueberhang mwohl Ober dem ersten als Ober den höheren Stockwerken und fordert bei Unigestaltiiiig einzelner St<>ckwerke Hie völliife lieseiti<xiin<£ <ier rchcr- hän^e unter Einrücknn«^ in die zu hestinniieml«' Stnisseniini«'. Ilrker und Aiislii(lnn<^<'n, seien sie im Dachwrrk »»der sonstwo !in<r<'!iriu lit. vorgehaiite Sihoppen, Lodeu und Vorstände sollen nicht geduldet, besw. beseitigt werden.

rieben die vor]ie<;(MidiMi Trejipen unt «leii Kusswe^en trat zuerst das (irsctz vom 2. Angnst \X'Ü\ mit der Hescliräiikiinj^ auf, dass solelie in Stras-^ni Iiis zu '?') Fuss m niir 7 Zoll <>17 ju. in soh'hen übtT :5.' I'n^s nur Im-; /n Zoll U"31 ni vorr;iL!:i'ii diirlen. Aeliulirlu* Eins( hiilukunjjft'u li. sti ln'U narli dem Gesetz voui Mai jL(»'Lr»'ii Ladt' Herker, die IiTm listt'u< Iiis zu lU Z(dl V(»rst('lu'n, in »Strassen iinti-r JS Fuss 71)7 ui al»i'r <(ar ni« ht vorkomnu-n sollen.

l'iir die H »*» Ii e der Gel)iiude wurde zuerst in der l{et". Tit. II § l verordnet, dass ohne besonder»- Erlauhnis.s die Häuser nicht höher als drei Stockwerke (Oüden), vom untersten bis an diis Dach zu rechnen, sein sollten. Die Bauordnungen von 1711 nnd 1719 schreiben fttr das erste (tmterste) Stockwerk eine Höhe von 12, ftlr das zweite eine solche von 11 nnd fQr das dritte eine solche von 10 Schuh als Maximum vor; fQr die Bauparzellen im Brflckhof wurde 1792 eine Häuserhöhe von 54 Fuss vom Pflaster bis fiber die Höhe des Dachgesinises bei höchstens vier Stockwerk gestattet. Das Baustatnt Cap. II §§ 1, 2 nahm zuerst das Verhaltniss der Strassen- breite zum Maassstab; es liess in breiten Strassen, d. h. solchen, welche 1)i.s auf 40 Fuss und darüber breit sind, zu, dass drei Stock- werke bis zu Sihtih Hohe überhaupt auf das untere Boden- geschoss, einschliesslich Entreso] errichtet werden; in engen Strassen, d. Ii. deren Breite »ni(ht viel über 'M) Fuss oder perinijer« ist, ist die Gebändehühe ülier dits (lesinis mit Fuss be.*« liränkt. Da^^^en erlaubt das (iesetz vom V.K Mai lHr,:{ i Frkft. (J.-S. \I S. -JltJ) eine Höhe bis über «las Haupttxesims 1) v<mi .'»O Fuss Werkmaa.ss in Strassen von <_reriiii;erer Breite als :{0 Fu.s.s, 2) von .'»s Fuss in Strassen von MO lU Fu.ss und M) von <»4 Fuss in Strassen '^n'isserer I»rei1i- ;ils |(l Fuss vom IMhtster an ,i;eniesseu . wobei an Krklielian- suniifi ii die liuiLiere Faeade maassirebeiid ist. Nacli der l'ra\i~- wurde hierbei die Tiete der Vorjfärti.'n d»'r Stra.s.s«.'nbreit4* zugereehnet. aueh

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4(> m. Strusen nml Wotomgen.

die zugelassene Höhe fCbr Vorder- und Hinteigiebäude gleichmassig angenommeii. Die H5he sowohl des Bodengefwhoeses als der dnzel- nen Stockwerke ist innerhalb obiger Grenze der GesamrathShe dem Bauenden fiberlassenf jedoch sind Zwei^^hauser oder BeWedere nnd Mansardendicher untersagt; die Dachhdhe ranss unter dem rechten Winkel gehalten werden. (B.-St. II §§ 1 -3). Da auch Erker nnd sonstijje Vorbauten, mit Ausnah in«' von Balkonen, verboten waren, M> Ix'kiiuM'n im Gegensatze m den Bauten den Mittela]t«>rs und dos 16. Jahrhunderts, von denen nur wenige n<H-h fibrig geblieben, die Häuser jaus diesem .I:ilirhini<leri eine sehr nflchteme Aiissenseite ; nur selten wnrd«' mit Ilisuliteii, Kariatyden, Simsen verziert nnd es war, als die neuer«' Bunknnst wieder zur N«'Uj^othik od«'r zur deut-^chen R<'naissance ihr«' Zutiiiclit nahm, imausideihlich. dass man «mkIHcIi iju Wt'trc d«'r T)is|M'Us;Ltion zu audfi ii I •at htormt'n und \'«T/.iennij;en <h'r Auss«'n.s«'it«'n die (Tcmduui^iuijjf v.u i rlaiiLCcii . damit aher auch ein«* •grösser«' Ausheuhm«; der ohcrt-n Uiiumr iliinli Kniest(»«k«'. «loppcltv l)a(li<;('s«hosse ( Mansar«l«'ii\v«)liniui<r«'n ), I)a(hv()rs|irün<;t' u. «I«,'!. dunh- zusetzt'U suchte, nnd so «'iuj'U Kampf p«'<;''U die hau<rfsctzlich«'n Bescliniukuug«'n eröttnete, \v(d<'he so wie sie sind, nicht «'inmal allen hygienischen Ansprüchen genügen.

Von Minimaldistanzen der Lichtweiten der Höfe nnd der Ent- fernung der Neben- und Hinteibanien weiss das Banstatnt yon 1809 nur wenig, jfrOhere Verordnungen gar nichts. Es wird (rap. 1 § 27) nur verlangt, dass ohndiin kleine Höfchen, deren Ueberbauung die Möglichkeit der Hfllfe bei Feuersgefohr entfernen könnte, nicht fiberbanet werden und dass mit Fenstern nach dem nachbarlichen Grundstücke (B.-S. VIH § 8) eine Entfernung Ton 9 Fuss 2*5C m) auf die ganze Lange des Baues einzuhalten ist, die auch bei serrituts- berecfatigten Lichtrechten entscheidet, freilich unter gewusen, die Anhif^e von Bnindnianem begfinstigenden oder zur M«dirnng der Ser* Titnt dienlichen Einschränkungen. Die Höhe von Scheidemanem zvrisclien Höfen ist auf 8 Fuss « 2*28 m angenommen.

Charakteristisch f&r das Aeussere der G«dmude ist, das» die Aus.sen- wände nach der Stras.^, wenn sie auch in Hnuhsteinen aufgeführt sind, «d)enso wie die Fachwerkbauten verputzt und in Farl)e ges«'tzt werden. Zu diesem /Vnstrich sollen nach G(»s. v. 1!'. Mai IS,'»:? mir von der HaulMdi<*)rde znjfelassene Farl)en <4i'\v;ildt werden, um durch die zu j^n'lh'ii Tr>ne den Au<;«mi nicht zu scluid«'!!.

.\uf ilic S f) 1 i «l i t ä t und F u «■ r s i c h e r he i t der Bauten .suchtt* !«chun frülie die Baupolizei hinzuwirken.

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7. Ranpoliiefi nnd Ruannlmiiifr.

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Wie in allen Stadien, denen Bauholz ans nahen Waldunjgfen zugSufi^licb war, hatte auch in Frankfurt der alte Stadttheil nnprftng- lich fiiat nur Holxbanten, im llittelalter meist Paehbanten; steinemo Gebttiide waren (wie Kriegk, Bfiigerzwiste und ZiiHtände im Mittel- alter, S. 207 ff. hervorhebt) m »elten, (la.ss sie besonders ah solche ansgezeicliiict und erwähnt werden. Die Dächer waren mir Stmli oder Schindeln i^td.'dvt. Aber schon die Bef. von ir)7H uml Hill Theil VUl Tit. 1 forderte, diiss »wer oinns ziemlichen Vemuigetu« ist. Her solle aufs wenifxst den untersten Stock zn den fjfenieinen Stmssen oder Ga.ssen zn. niit •^«diaiiciicn Steinen und Mauerwerk auf- hanen hissen : ancli <';ib sie detaillirte |iestiniiiiim<jen. fhisw die Neu- bauten mit H r a n d m a u e r n «.jescliiit/.t werib'n und deren Krrichtun|^ auch mit Opfern (Ut Naclibarn dun li'/eliilirt wci ili-ii -.(ilie, sowie thiss alle Häuser »mit S hiefersteinen, aut wenij^^st mit Ziegeln ^ft-deekl werden. Die liauordnunijen von 17<>><. 1711 und I7l!> erweiterten die HanpHicht von Brandmauern, scliärt'ten <lie vorstehenden Autla«;en noch weiter ein, wobei sie ulleniul zwischen zwei, höchstens drei Hän.si>rn eine Brandmauer vorschrieben. Diesen \'or^ängen schloss sich das Banstatnt von 1809 im Cap. I §§ 9—26 in ansfHhrlichen Auflagen an, welche durch die spüteren Oesetze vom 1. April 1851 nnd 19. Mai 1853 theils Erläuterungen, theils VerschiUrfungen erhielten.

Hiernach ist jedes Gebäude von mehr als 8*54 m Fa^ade, sei es beim Neubau, sei es bei wesentlicher Veränderung des ersten oder folgender Stodcwerke, oder Anfsetasung eines neuen Stockes, auf der Grenze des anstossenden Orundstücks, falls es auf dieser erbauet wird, mit einer Brandmauer von 2 Fuss Dicke in Bruchsteinen oder von 1 '/t Fu.s8 in Backsteinen (0*57 resp. 0"43 m) zu versehen ; bei Gebäuden mit einer Faeade von weniger als 18 Fuss = 5*12 m «^«'nn^^t auf jeder Seite eine Munerdicke von 1 Fus.t = 0-29 ra; bei Faeaden /.wiscluMi 18 30 Fuss auf eiuer Seite eine Brandmauer obiger Dicke, auf der andern Seite eine Mauer von 1 Fn.s.s: Brandmauern niHs-Hen bis zn einer Tiefe von 15 Fuss = 4'27 m, ein Fundament von A - \ Fuss = (I S,'> bis ri4m erhalten. Bei f}ey>äuden, deren Höhe bi« über dais Haupt'^esims .',(> Fuss = I I--':', in. l)-'/. r,s i\\ Fuss = 1 - 1 P'i'l' ni beträ^'i, werden die Brauduiauern iiiier Hrdie d»'s Dai li^eliälkes l»e/.w. auf (b'bälkhrdu' des obern Stockes abgesetzt mit V(U*<,'eschriel)eiier Dicke. S)»ecielle. sehr ins Kiu/.elue «xeheude \'nrM liritteu eutscheideu über die Verptii« htuu»; des Nachbarn zinu .Mitl»aueu, Abtretunjif von dessen (innidtliK he hier/U, (b'mein.schattliclikeit der Brandmauern. d»'ren i^^riiöhuu}; und über die Vorrechte, welche deren Errichtung

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IXT. Rtnuaen und Wohnanfren.

Lichtrechte nnd Traufrechte, selbst bis zn deren Aufhebung aoHprechen kann. Selbstverständlich dürfen keine Oeffiinngen, Schwibbogen, Schränke, Balkenlagen, Pfetten etc. in diese Brandmauern eingelegt siMn; die Brandmauern haben 2 Fuss » 0'57 in ohne Horst das Dach zu nl»prr!i<?en.

Als l{f«(t'l gilt nat'li B.-St. 1 5^ 1», dass uciw Hiinst»r ganz in ate'iu ' i liatit wrrdeii: doch kann nachgeselien wonlon, dass die oberen Stockwerk»' in Holz, und zwar an der Fa^ade in EicluMiliolz, in den Uiegidwändon in Tannen- oder K iftt'rliolz ausgiduhrt worden, wenn niindesti tis (h'r nntfrst»* Stock (gloiclu'r Erde) nach alh'ii SiMton in Stein lnTL'csttdlt wird. Auch das |{.-St. (I <>) gcstatt«'t keine ajidere Da( lideckuiii; als mit .Schiefer oder /icgeln. nnd v«'rlii<'tt't eine scdche von Schindeln, Stndi. Hohr oder Ditdi-n: nifjalleni' rnler son^t teuer- sichere Deckung sind (hiinit nicht ausgesclilus>rn.

Die Schornsteine s(dlten nach l{rf. VI 11 Tit. 1 4 nicht anders, als iji Backstein, nicht lifgcnd oder lilxricgt. und nitht mehr an.swendig des Hauses anl Kradisteincn. sowie ül)er Ihihe des Daches gemacht werden. Auch djis B.-St. 1 7 .schrieh Aehnliches vor, fwderte aber ftir dieselben den Anbau an Feuermauern. Eine Verordnung vom 4. Januar 1870 gab hierfiber detaillirtere Vorschriften, insbesondere auch Aber enge Rohrschomsteine, welche letztere das Baustatttt nicht kannte.

lieber feuersichere Anlage von Treppenhäusern, deren Zngang- lichkeit durch alle Stockwerice, Wasserversorgung sprechen sich weder das Banstatutf noch andere Verordnungen obligatorisch ans, obwohl je nach den Umständen hier einzuwirken die Baupolizei versuchte.

Bezüglich der Hans-Entwässerung wollte die Ref. VIII Tit. «l im Unterst» II Stock die Wassersteinabläufe fBr das Efichenwasser noch ' j Schuh in die Gjusse vorstehen lassen, jedoch diejenigen un dl 11 olx rst. ri Stockwerken nicht über S Zoll vorst'ehend in einem Canal oder Kohr dicht an der Hanswand auf die Strasse geführt haben; nur Spülwasser, Veine stinkt-nde ünreinigkeit sollte damit au»- geschüttet werden. Die Hauiu'dnung von 171U nnd eine Verordnung vom 28. I^'ehniar 1771 verhoten jedoch Kat/.enzng(> , Stur/.hretter und vorstelifudi' Kandel an ilen (iielicln. nnd gehoten <lie .\idage von MrcheriK'n autre(htst4dien<h'U Standkändeln vom Darli his /.nr (Jasse und das B.-St von IS<»!» ("ap. VI J??; 2 -4 hr^täti-jt.- di.-s. Diin h dir (ies, vom 2. August 1S.'»:{ und ^i. .lanuar lS(i2 winde die Aldiihrnng des I lanswassers unter dem Strassentrott(»ir nac h dem Caual oder der Stras.scuriune jinge«n*dnet. In der AuH.sen.studt war daraul gehalten

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7. RanpAlisei nnd Banoninnn^.

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worden, das8 in die Chausse^ipräben keine nnreinen Fldssigkeiten abg«*führt, aonilt rii dicsr, sr» liinj^e keine Ganale bestaiulm. in Senk- gruben aiiHserluilb des Hauses nufj^enommen wurden; nu(*h UorHtelliing eines strultisclim Ciumls sind Ict/ltTt- zu entfernen.

Die h e i Ml I ic Ii (' II fi «• in ii< Ii c r (I'rofeyen, l'rivet) snllti'ii tichon (nach der lief. Vlll Tit. C. (i H) von der Xuclibargrenze Worksclinli nnti-n im ririind ahstflien nnd vom Brunnen des Niicli- l)iirs mit 2 Sclmli dicker Maiirr 'fi tininl. aiirli stt-ts !jft'li(»ri''' <_r('t"«'irt werden, dass sie niilit <lun Iim lilaj^eii. Wie die Keinii^nm^' üi-srhelien sollt«', war dur( Ii l iiie iJeiiie von stets wiederki-lireinleii \'erniiiiiiiiitfen /II ordnen versmlit worden; die entlecrleii Stotle sollten nur ln-i Nuelit und entweder von der Hnirke 111 den Main oder aiil eiitlernter antjele^te (irul»en verhrutlit werden, unter allerhand ( auttdeii ^e;-'!'!! St rasseil verniireini^^un«;. Auch waren von Altei-s her, w ie die lu'f. sjij(t, Pnd'eyen vorhand»'n, die ihren Se.ss in die Stiuitj^rähen, d. Ii. die früheren WaAseriäufe und Stadtgraben, welche theik offen, tlieilR überbauet und überbrflckt die Altstadt durchzogen, P/« Schuh Aber den Graben habed durften.

Das B.-St. von 1809 erkennt nur gewölbte, wohlverwahrte, 3 Fuhs von der Grenze entfernte Abtrittsgruben als zuläsnig an, und duldet Kflbel oder Züber (Tonnen) ebeniw wie die in die Stadt- antauchen (Caniile) gehenden Sesse nur ausnahmsweise, wo entwe<1er keine Grube anlegbar oder die Antauchen genugsam Wasserspfllnng haben« Erst nach der im Jahr 1866 begonnenen neuen CiuiaUsation (Sielanhige) wurden die Einffihrungen des Ilanswassers und von Wassert loset s mit ausreichender S]iülnn^ in die neuen Canäle nach Maasi^al)e der Bcatiinninn«;en vom '>. Juni 1H71 und vtnn 22. I)e((Mnl»er 1873 in Anwendung; j;»'hraeht, und es ^ind hi< zu Ende März 1S81 5737 Häuser mit l»i (»!>.'> Wohnungen nnd 21^11 Clo.sets den ( analen anjjesehlossen : ') diese Zahl würde noch grösser sein, wenn der An- Hclilnss auf der linken Mainseite jetzt s< hou «gestattet wäre. W'elehe Vortheile und Wohlthat«'n in sanitärer Hezieliniej dnirii dieses nein«

Sielsvstem lind die Wa^^serx er^oruflin«.' der <^)nejl wasserleit im«,'' der Kill wolllierseliatt ;_'el»oteil sind, tritt so l et ht vor flie Alicen, wenn man aus rlen frülifreii zalilreielieii Verordnungen, d«'ren wit-derhollc Kriieiieriiii;^ ihre niaii}.cellialte liet'olf^un^ und Sehwieri^k'ut der llaml- hahiint^ zei'jft. <lie Bt^strelmni't'ii der Han|)(dizei zur \'eri»es.sernn<ij der früheren Einrichtungen in Bezug auf Gruben und deren Ueinigung.

') Die Zahl <lnr vorliamicnon mit Gcitiinile vcritotionen LieKenactiafton li<>tniir im Jahre I»7»MI abertiiiujtt VM^ (». .lHhrci«lM>rii-lit <Icm MaBiittrntft 8. la), MS94 Rnile Mür/ ihhi.

4

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' 50

in. Rtrasaen nnd Wohnnniren.

Wegscliattnii^ der Zühcr, Vormeidiiui: 'l«'r Durch!<icki'nm«r iu Wän- den and Untergrund, Verwahrong der Brunnen uberblickt.

Sowohl filtere Verordnungen von 1403, aln auch die Ref. Vlll Tit. 5 Buchten Gewerb -Anlagen, welche durch ihren Betrieb 8t5rende8 Geräusch oder ochädliche AuadQnfitui^n oder feuergefähr- liche Veranstaltungen im Gefolge haben, tboils nnf beKtimiiitc Gtissen zn hoschränken, tli<'iN von ht sondorer rj;it!iscrlan})niss üMirmjjfi^f zii machen. Dahin /.ülilt»'n Backhäuser, BiMiilcrhäMscr. Sc luui<Mlcii. Rran-. häuser, Branntwi in - nrcnncn icii nnd Fimiaahütteu; let/.t<>i-<> bi'idfu sollten nur in ilcn N'orstiulteu in abgesonderten iMiiiuan('rt4»u Gürten oder miftT den Scliwihhoiri-n der Sta<ltinanoni W»'tri*I»t'n wcrdiMi. Ulis B. -St. Ca]». V uiaclitf dit >f Gcwerbsbetririx' chcnüills von hc- sond«'nT (\)nct'ssinn iiMiäni^itj rnul tlidinti- difs ikmIi anf \Va(listn«li- niaclit'ri'ini. llätiK-r- niid Sellins-. Murrkstätti'n iiiis; Irt/tcii- iiislH-soiiilcn' nnd S( iiniii'dfii sollen ni( lit ^^ üi h dii- tifi«' Stnussc. sotul-Tn int llofr aniiclirarlit wcrdiMi mit liinl;inii"li< Ik'ih iliinin ffir W a;"!-!! ninl /.inii Pfcrdt'l)fs( li]a;jr«'n, nnttT W ("sxt'all d-'i" vor di-n S< limi«'<I<'liäus<'rn auf der ollciuMi Strass»' rrriclitftrn Nothställ«'. .Ii-t/t cntsi lu-idct mIxt diese l'nnkte die KeiclKsgcwerlM' - ( )rdnnnji- vom 21. .Inni \^VtU und deren Novellen.

Eigentliündich ist, das> das H.-St.. i';i\K Xlll, Bäiune vor den llilnseni nnd aut der Strasse, sowir (hi^ '/ii Iten von W eiiis((>fken n. dj;l. an den Strassenf'aeaden der Häuser verhieti't. liäuiue in llöleii nur zulässt, wenn sit' den Naclibarn durch die \\ Hr/elu und l'eber- hiiiitfe nirht Srluiden oder Mani'el an Licht vernisaehen. Krstere.s vielji-it lit aus t'euer|)oli/.eilirhen oder \ «'rkehrsriu ksii hten ent- standenes — Verbot kann wohl als in \\e«xt'all ^ekonunen «reiten, wenigstens in den Aiissenstiulttheiien. In neuerer Zeit iiat man wieder damit begonnen, Baumpflanzungen in den breiteren Strassen anzub'gen, wie dies in frflherer Zeit hantig dor Fall war.

Mit der vorstehenden l)arlei_riuiir ist versuch' worden, eine Teber- siclit dei' wichtigeren l>;ni jMili/.eilichen l'iestiniuiungen, wtdche dermalen gelt«'n, untl direi- historischen Entwicklunu' /u geben, (dme dies crLfie- bige Tliema er.schöj)ten zu können. E.>< ist bemerkenswert h, wie stetig nnd consenrativ die.se Entwicklung an den Sätzen lestliielt. welche schon in den älteHten Statuten, z. B. von 14i):i, 1411, sodann zusammengestellt in den beiden llednctionen der Rofomiation von 1578 und lÜll vorkommen und .selbst in den Bauonlunngeu von 1708, 1710 und 1749, in den loealen Bauonlnungen von 1711 und 1702

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I

7. BaupoliMi nnd Bauordnanit. 51

siili wi«Hlr>rh(il( ii. IMk noch geltende Banstatut vom 11. Juni 1809^ achUeiwt sicli <>I>«mi.s(^ ^n^^ sowohl nach der EiniheUun^ und Behand- lunjf ilrs StoHs, als hüuHj? «lein Wortlaut«' nach, an j«^no Vorscliriften des Vlil. Theils «1er li(>forniaiion nnd «lic /wisi henli^enden \'<>ronI> nungeil an, ja behält ♦'hmso. wie jene älteren Bestinnnim},'en, die Ver- miflchuug pri vatr et- h 1 1 i (• h er und baupoli/.«'i lic her Nonnen bei, wenn es anch alle aus denselben erwach8en«len Privatansprüche au di«' ro richt.' vrr\vi«'s (Cap. IX >$ 2). Als zur Zeit «h-r Uestaurution di«' Frai^r ülx r »rtlit staiul der in d«*r Zeit der Zwischenn'^'ierun^ ••ritstandi-nt'ii (ifst-tzf am Ii liinsii litlich <les fltcMtalls vom ijandes- licrru als (icsctz vt-rkündij^ten Hanstatnts in Betracht kaui. le^t«* ilas l»auauit am -i. Au;fust 18 IS t'iut'ii r»'\ idirti'u Entwurf von 127 l'uragrapheu vor, der glei« htalls in der Hauptsache das Frühere gab.

Man zog nach mehrfachen Berathnngen vor. durch das All- genu'ine Gesetz vom M). DintMuher 1819, § 4 (Frkftr. G.'s.-S. 11 S. !I8) diiu Haustatut einstweilige Gesetzeskraft zu belassen. Mit Bericht des Bauanits vom 2.'). Septeinlier 1821> wurde ein neuer Entwurf zu einem Baustattit vori;elet;t, \v«'lclu'r wie der Bericht sagt gn'tsseri- Hi-stimmtheit und Vollständigkeit und Ausdelinung auf di«' Stadty;emi(i k ini<_''''n und die I)«irt>( liaft«Mi. sowie «-ine Trennunjjf i)anp<dizeili(dier uml liaurechtlicher Vorschriften [»eahsi« htigte. .Alh'in «lieser Entwurf fand vitdfacln'n W id«'rsprucli und Idiel» auf sich b«'ruhen. Auf einen Antrag «h'r Gesetzg«'l)«'nd«'n \'ersaiumlung vom 13. December 1843 entschietl «1er Senat sich daliin, «lie vorluin«lenen Lücken oder Missstände durch besondere Gesetze zum AuHtrag zu bringen, und so «utstaoden die Gesetze vom 11. Febmar 1845, Anlage von Steinbrflchenf bezw. das Gesetz Tom 6. Februar 1840, die Anlegung von Gärten und Gebäuden etc. in den Gemarkungen, das Gesetz vom 1. April 1851, den Wich in den Gemarkungen etc., das Gesetz Tom 1. April 1851, Brandmauer etc., das Gesetz vom 19. Mai 1853, Hdhe und Anstrich der Häuser etc., Absetzen der Brandmauer nnd Ladenerker etc., Gesetz vom 2. August 1853, An- legung von Treppen und Nebencanälen etc. und das Gesetz vom 3. Januar 1802, An]egni^ von Canälen nnd Senkgruben etc.

') Fm ynirdv «la«4elbe hiw Anlo^s der Primat-Ueicicrtuig von Hyndicus Dr. Seeger tauh Ik>fntliiehtinifr dorah d«n Senat nnd BfirKarniMcliaM, dra drniMlIffeii SUdtbrnmclatom

Raumtli HcHN iiml <lo^ Kinctorialnit'.- (Jiiioll. n («vh. -iX FcNnuir I7»<i, -t r.. Sept. l-^r.) und lün|{*'reii Itvrttthniigt'ii «Iit «lainaliK< ii «JiMierulconiniission lu'iirlx itct uml rediKirt. Hin lU»rielitd«wStililtg«rleliliT«M M..Tttni l»)6l bezeichnet di» IlaUMtatnt hU „i'U\ im Allgemeinen Hohr inites (ii-<oi/, dn<i in Heiner |>rivHtrerhtlicli«'n Anwendung mit den «iiAleren Novellen keine keinrrkt-ii^wertlien s«'liwieriKkeiten dnrRoboten habe."

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in. StnuMD nnd WAbfiimfr^n.

In Folge neneror Aiirt'gnng und nach dem Beispiele anderer

Stiklto itd nunmehr der Entwurf <'iiifr n«»nen Ba n r) r*l u im tr in Hernihung genoniineii worden. Ks soll in demselben vor Allem jenen \ntoril»'rnn^'Hn Lf iifii^t werden, welclie «lie neueren Stmlifu auf dem (it'l)i»'te der \ (»Iks-Hyj^itMif und di«- Ri dürfnissf s \ frkelirs und VV«»hllielia«;en>< eint-r in fortwälirendeni W ai listluini Itctiiiilliclien Stadt, wie Frankfurt am Main, aufstellen: es sollen in dieser |{ifhtun«r hierlx'i iiislK'soudfr»' die hisluTiLren \'nrs( jirifti ti liinsi( htlicli der Breite der Strassen. I |r)lifiii>i -( hr;iiikun<j der ( idiiiiiiie. ( iewülirun«; von fris<lier Luft und tVeicui Soiinenlielite. Minderung allzu di<liter I l;iii>lii vr)lkerun;^, '/esimder nnd «^er;hiiiii<^n'r W olni- und St lilaf- riiiinie. Si( lierlieit dej- Zii-riintre. Iieinlii likeit und Entternnni; aller schädlichen nnd iilielrii'eheuiien Stolle aus den hewohnteii IJiuunen, Wasserversorgung^ einer Prüfung unterzogen, nicht niin<ler s(dl «larauf Bedacht genommen werden, da.ns, tinter Anfrechthaltnng der »Solidität der Ilanten und der Sicherheit gegen Feuersgefahr, einer getichnmck- vollen Äuflstaitung und den Fortschritten der Architcctnr nnd ver- änderter Geachmacksrichtnng keine Hemmnisse im baupolizeilichen W<^e bereitet werden.

Von den anf einer Vorlage der von Mitgliedern der stadtischen Baubehörde begonnenen, unter Zuziehung des städtischen Gesund- heitsroths und des hiesigen Architecten -Vereins im Kreise der städtischen Behönlen durchznffihrenden Berathungen Wollen wir eine dem Wohle und der Entwicklung der Stadt förderliche Feststellung einer neuen Banonlnung erwarten.

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Wohniing>statistik. 5;^

8. VVOli N L'M i8.s TATl.STl K. Von Dr. C. von OBERNBERG,

VonMMr BtatMiMfaM AmIm.

Die Wohnung, resp. (hui VVululllttU^< üIs iu»tlivvrinli<;c Voraiis- HetKiin«; eraterer, lässt sich von 8ehr vi>rs<.iiiiMleuen GeHicbtHpuiikl:«!! aus juifTass«'» imA zum OojjoMstand (Ut Erörteriin«? niarlipu: k«'iiH*r wiril iinli'ss an praktisrli«'r IV'<l<Mitimj; wie un Werth iHr die all- t^i'iiKMtU' Wohlf'alirt (lerjcniiren Hetraclitimjr |i^I<'i< lil<<timiieii , wel» lie vnti (Icii A iit<»rtli'niiii^<'ii aii-<i;«'lit . die vom «^cvinulliritspoli/ciliclien Standpunkt aus iui .\ llj^i iiii nit ii an di«' \N uluii^f händi-, /uinal in eleu j^nissrTi Städten mit ihrer st^irk a^^Lrlnnu-rirten und /iMueist auf Mii-th- wohMun^'t'U an«;e\vieseju'n Hrviilkfriiii^ /ii sfcllen siud. I )it'st'llK'n hi-tn-flcn vonii'huilii h .solrlu' Kinrichtun^en lillentUc lu'u < "harakt«'rs. weh he /.w ar nii ht aiisschliesslicli, ji'doch stdir \vr.s»'nth» h den all- geiiK'ijieii GeäundheitM/ustand einer lievöjkerunj^ zn boeillfliisMen ge- eignet sind, wie die» in der Thut bezüglich der Anlagen zur Enfc- und BewSfwerung der Grundstöcke und Wohnungen zum Zwecke deren Sttlubrität der FaU ist.

Die Wohnungsstatistik betritt, indem sie die genannten Anlagen mit in den Bereich ihrer DarMtellnng zieht, hiermit den Boden der öffentlichen Gesundheitspfl^', welche insbesondere fQr die Communal- verwaltnng grosser Städte einen G^nsttmd v<m stets zunehmender Bedeutung nnd Wichtigkeit bildet.

Pflr Frankfurt a. M. hat die Frage derart zweckent^prochender VerwaUunjLrsnuuwsnahnien. wie solche Q. a. in der Art der n<'>''iti<.,Ming der nienHchli< luMi A usseheidungKAti itf e sowie anderer iu)t«iri.sch der Ge- sundheit na( litlieiligen St«>ffe ails dem Bereich der VVohntmj?«'» l>e- sti'hen, »hireh die nunnielir seit fast zwei Decennien in alhuäli«^er Entwicklung begritfene .st}idtis< he Canalisaticui , sowie die dsuuit im Zussmimenhunfj stelu-nde und gegen Mitte der siebenziger .Talire vorläufig im I?au heendeti- (^»uellwas^erh'itung aus dem Spciisart und Vogelsberg ihre praktiüche Lösung bereits gefunden.

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III. Strassen und Wolinniigen.

Die stadtisch« officielle Statistik hat auch erstmals ini Jahre 1B75 bei der Bearbeitung einer localen Wohnungsstatistik Anlass genonunen, mit Hfllfe des bei der damaligen Volksz&hlung gewonnenen Materials die Leistui^en der communalen Gesundheitspflege in der angegebenen Richtung in den Rahmen ihrer Därstellnng mitaufsnnehmen. Dass ▼on Seiten der localen Statistik bis dahin dtus in saniiArer Hinsicht gleichfalls hoclnvicliti^'r Moment der Dichtigkeit de» Zusiiniiiiciilebens (Wohndichtigkeit) der Bevölkerung in Gnmd.stikken und Wolinun^jen vorzugHweisc BerfirksichtifTing gefunden hatte, ersdieint hau |>t.sii( ]i lieh darin begrttndet, dass die Beziehuiij^en der Bewohnungsdielitigkeit der Wohnungen sich leichter und bequemer nn die Ergebnisse der Volkszählung ansehliessen und mit denselben veibinden lassen, wah- rend die Daten in Betreff* der Ent- und BewilsHerung.saiihigen, sollen sie ijleiclizeiti*; bei der Volk.s/.ählung beschafft werden, zu diesem Zwecke besondere Ermittelungen voraussetzen.

Da die seitherige Entwicklung des städtischen Canalwesens nnd der Wasserleitungs-Einriclitungen an anderer Stelle zu sjieciellerer |)arstelbiug geiangeu wird, so sollen hier einige auf ilif Verhältnisse der Wolmdielitigkeit «h-r städtischen lievölkcrung lif/iigliche l);i(fn hervorifehobcii und di< siHirn einer kurzen Betrachtung unterzogen werden, um hierdurcli ciiu' l)estiiumtere \ lusiellung von (h'r Art des Wdhnens der Bevölkerung, soweit sich dioelbe insbesonrlere in dem Wohnen nach der Ilcdienlage, der Strassenlage sowie den lliuini- lichkeit.sverhältiiisseu der Wohnungen kundgibt, zu gewinnen, frei- lich werden die fraglichen Ergebnisse vorzugsweise der Zählung des Jalires 1875 entnommen werden mfissen, indem die Bearbeitung des Materiales der jüngsten hiesigen Volkszählung (l. December 1880) bis zur Wohmmgastatistik noch nicht voigeschritten ist und die Er- gebnisse letzterer ZShlui^ Oberhaupt bis jetzt nur in den allgemeinsten Umrissen vorliegen.

Wir beginnen mit den Wohngebäuden (Grundstücken) und den darin voriiandenen Wohnungen und Bewohnern.

Es wurden gezählt im Jahre Zunahme

1875 1880 gegen 1876 in */o

Bebaute Grundstöcke . . 6 225 7 657 23*0 Bewohnte Wohnungen . 20 23(5 27 752 37*1

(HMttbalMiifeii)

Deren Bewohner . . . 103136 136 529 0 32*4

>) Much Absetzung von ä»2 Penunvu, welche ia Hotiiffeii, Uuduii etc. goisiiiiH wurdvn.

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H. WohnunfisstatiRtik.

55

PaKttt man die 1875 im Ganzen fTezahlten 0225 Wohngehaiide oder GriindHtQcke zur leichteren Ueliendcht in f^eignote Gnippen Kiimininient m laattt »ich daraus folgende ZiUianimenstellungconstriiiren:

Von allen (<niiiil^in< km hatten Ilaiislialtuu.m-n:

ßrundstOcke

Zahl «U r llaus- hnltnnitfn

1

^747

l.{71«>

r.7-7!>

fi

it)

lU-41

4G4Ü

22y<i

11-

15

1 10«

1-70

1;{U7

6-46

1«-

» und mrlir

012

:.04

2-70

ZiMammpn . . .

, 6225

lUOOO

1 202^

100-00

llit'niiMli iiiiH licii (lirjciii^j;»'!! (inmilst lit kf. uclrlic Iiis /.u .'> llaus- lialtiin^i'H ciitliiiltfii. üImt S?"«! sünmitliclirr Häuser aus. wojixt'nri'n Ii«- 1 lauslialtuii<x»^ii (»(l»'r ln'wohiit«'!! \Voliiiiiiii;t>ii iM-^'ii it lit ln-r Weis«' \v»'ni<^rr stark sich auf jeiio erste, j^e\vi.s.serimui!SHeii nuriual bewohnte* Hüii.ser^nn<|u' t onceiitriren.

Um fenier diu WohniingKdichtigkeit der GniudHtacke auch nach der Zahl ihrer Bewohner xu meKtten, empfiehlt es sich, die enteren gleiclifalls in geeignete Gnippen zu zerlegen, was in der nachstehenden kurzen Uebersicht geschehen ist.

Vun allcu (iruiubt u ki-a hstten Buwohuer:

Grundstürke

Zahl der Bewohnor

1 Ä Bewohner.

6—10 * 11—15 16-20 »

21 25 »

:{U .

;n— ir» »

«6-40 » .

41 ir> »

4ü- -."iO »

und mohr

;—

77-"»

12-45

2

2-90

1.VJ4

25-61

1 12 Tyy

12-45

1341

21-54

17 407

16-9.1

m

l.VOi

16784

16-:t2

m

10-22

' 14547

14- 15

St2o

5-22

1 8994

«•74

205

3-2U

! 6 742

6-56

120

1-93

1 4544

4-42

86

l-:ts

205

1 J.Ul

1 .{•'.»:>

6225

luouo

, 102ö;3U')

100 00

Zusammen . . .

Aus den in Toistehender Uebersicht enthaltenen Ph)centzahlen erhelltf dass von 100 bewohnten GrundHtUcken deren mehr als 74 (genau 74*67) auf die vier ersten Häus. r^n iipjien mit der für f^rnsm» Städte gewiss iniis,si<;en liewolmuii^'sdiclitiLrkeit von 1 20 Bewohner entfallen. Die Bewohner seihst iiinerlialb dieser Gnippen reprasen- tiren dagegen 48'(>0 **/o aller Bewohner.

') Wii-ciiTuiii niinr itM'fiL'k»i<')iti^MinK <tcr io aooMgen AofonfbiUtitiHneD (Schiffen Buden vtc.) guzMhltvu lluvulkcrungseleiuviiu.'.

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ni. Strasspn uiul Wohnungen.

Da die Wohndichtigkeit im AUgemdnen weHenttich durch die nach der Ziifal der Stockwerke zu bemewende Höhe der Wohnhauser heeinfiiiMrfc wird, so «wscheint es von Interesse, dies VerhaltnisR der StockwerkHzahl der Hmiwr für sich besonders darzustellen. Natürlich niüssen hierbei die Gnmdstficke in ihre einzelnen Bestandtheile Vorder- und Hinterhäuser oder Seitengetöude au%eloet werden.

{ Vnnl. i-. resp, [| Von lUO j! Von 100 llaiiscni

Iliiiti i liaiist-r mit "Vorder- 1 Hinter- mit vonrt'iiaiintfr

vorlu'/cirlin.Zalil H;Oisrrn 1 Stofkwt'rkshöhe von Stockwerken. lialH iiStm kw erke sind:

VordiT- I Hinter- Vonlcr- Hinter- IVortlcr-; Hintor- 7a\- li hämer | bäunor i| hämtcr | hämer Jhäusor hSutttfr laaniincn

IVirterre ii. Duchstock

r>4

:.7 107

4-60

1 52-89

47-11

100-00

1 Stockwerk ....

4^12 , 1G02

68-85

:{115

lUÜUO

2 Stockwerke . . .

420 86'(i2

H4*l

16-14

100-00

SJ » ...

im

274 ii 40-86

22-41

89-89

lO-U

100-00

4 » luid mehr

40 jj 5-4:t

3-27

89-01

10-99

100-00

Zusammen . . j

5962

1223 " 100-00

1

100*00

1 82-98

17-02

100-00

Von allen Vorderhäusern hatten also 1875 fiber 53*/o imd hu- nach mehr als die Hälfte nur eine Hohe bis zu 2 Stockwerken (ausser Parterre), während ))ei den Hinterhäusern oder Seitengebäuden die resp. Quote bis nahezu '"4 (p'imu 74'32"„) silinnjtlicher Hinter- hauser anstei<^t, wjw aich aus dein Mmrakter der IJinterliäuser, welche bekanntlich weitaus nicht lediglich zu W<dnizwecken dienen, erklärt.

Vergleicht nmn weiterhin das wechselseitige Verhältniss der Vcu'der- und Hinterhäuser zu cininider, so er^'il)t die obige Ueber- sirht, da.ss auf Ino Hänser im Ganzen 17-02 Iliuterhiliwer und 82"08 Vorderhäiis. i kommen. Kin weiterer Hliek auf das Verhältnis in den verschiedenen Stockwerksdassen der Häuser /»'ii^t sodann in Uebereinstiniinnn«/ nn't dem sriion oben Bemerkten, dass »iie Hinter- liiinser l)is Zill- hiiclisteii Stockwerksciasse /.n (lunsteii der V(»rder- Iniiiser srlir erheidich ahneinnen und die 4- nml nu'jirstr»( kiü;en Ilinter- liäiisef luVlit Lfan/ 11"/,, der Häuser dieser ('lasse aiismaehen. wälin'nd <lie lliiiteriiäuser mit l'arterri' und Dailistork ihr Zahl nach nicht viel hinter den resp. Vorderliäiisern /nnieklileilirii.

\\ ie die \Vf »liiidic litit,'l\'eit eines bewohnten Hauses durch die Zahl <ler Stockwerke in \ erlundunir mit der l'liu'lM'nausdelinuu;_r des Hauses hedimxt ist, so erscheint aiuh die Zahl iler darin vorhandenen ein/einen \\ olinnn«xen vnrnelmdieh von der Stoekwerk>/.ahl de>sell)en abhängig;. Die stiidti-schc WohnungsstHtistik iiat seither nur die al.**

Häuser mit Stückwerken

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H. Wohiiniiii[88tatiRtik.

57

bewohnt ermitt«*lteii Wolnmiijjeii und zwar derart in Betracht ^'••zo^en, daas jede gezäliltc Hati.s))Hltiinf< durch die von ihr innef^hubte Wuh- nnnp; n'präscntirt wird.

Die foJg»Muli' /iU?4animeiuitelluiig ilurdber fini»?»'!! Aut's< hluw ^«•bon, wie sich die Wohiiunj^en mit ilireii Bewohnern auf die unter- flchiedenen Höhenlaj^en der Wohnungen vertheilen.

Wohnungaclasse mich der Höhenli^ce

Wohiiuugfii

I 0

Bewohner

"/o

Souterrain

Parterre

Kntrcsol

1. Siot k

2. Stock

3. Stuck

l. Stork und höln-r . . . In niclircren Stock wt-rkon,

einem ffansen Haus . . .

1

36

018 1

125

0*1«

3 14U

15-52

14 700

14-77

To

0-35

:u;:5

0-:{7

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■J«til

U47

21)- 19

589«

26-66

25080

2.V21

3612

IT-.Tj

i:,

15 47

64U

:j-21

2 26U

2-21»

1613

8-12 .

12 511

12-57

Zuwmmen . . . || 20 296 | 100 00 99G08*){ 100-00 Abgesehen von den nur schwach Yertretenen Wohnungslage'h im Soutemim und EntreHol lagen hiemach 15*52 \ aller bewohnten Wohnungen im Parterre, ferner 28*01 > im 1., weitere 20*00 % im 2. und 17*35% im 3. Stock, wonach aiw übrigens sehr naheliegenden GrGiiden der Schwerpunkt des Wohnens in den zwei ersten Stock- werken liegt. Ueber 8*/» der Wohnungen b^preifen sodann mehrere Stockwerke in sich oder erstrecken sich auf ein ganzes Haus. Was fVni< r die Bewohner hetriflft, so sehen wir diewlhen in einer von d*Mi W ulinuiiiiiMi ni( ht sehr ver$ichiedenen Art sich auf die einzelnen Höhenhigen der Wohnungen vertlieileii.

Wie oben s< lii>n ;m<_r' deutet, lässt sich «lie I)ichtigkeit <U's W<»h- nens ausser nacii der ilölienhige auch durcli das Verhältniss der KünnihClikeit iler Wnliiitiii;/, resp. der Zahl der vi»rliandenen Wohn- räume /.ur Zahl ihrer Bewohner hestimmen, wodurch dsis Dichtig- keitsverhält niss imcli «^ciiärt'er als dun-h eine hloss allgemeine Be- ziehiniLif <ler Beunhiu i/ahl auf die Zahl der Wohuuugeii oder Häuser siusgedrückt werdeu kann. Kiii derart specielleres j-iinirelieii in die \Voliuverliältniss(' rluer städtiseheu Hevrilkenuig gewinnt /ugleieh daiinicli ein Iniheres Iiiten'sse. dnss es für die B»Mirtheilimg der Oesundlieits- und Wohlstaudsverhilltiiis.se der gedrängt nehen- wie übereinander wohnenden gro.s.sstädtischen Bevölkerung wichtige An- haltspunkte zu liefern venntig.

') Niich AI>is*.t£unK «U-r AtislHltübovölkenili|F,

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58

III. Strassen nnd Wohnunfpn.

Die KäiimlichkmtMverhaltniMie der Wohniinpfen nind zwar nicht 1875, jedoch 1871 Gegenstand einer benonderen Htatistiachen Dar- stelhing nnd Erörterung gewesen, und erflbrigt daher hier nur auf

die damals cnuittflteii WolinviMliHltiiisM' /ii rück zugehen und nach- 8t«'liiMi<l l iiii^L' di r Im /iijrlklu'ii Kii;rl(iiis.st' mit dem Hinweis hervor- zuheben, da.s.s die.se Ergul)ui.s8e, obwohl einer imi um 10 .Ta1in> zurück- lio^ondcii Periode iiti^^n-hririg, immerhin auch noch i'Ui- die Jetztzeit t'ür die ullgomeinf ( )iieiitinin^' nutzbar zu machen sein dürften.

Nach der Zalil der vorhandenen heizbaren Zimmer vertlieiltvn sich 1S71 die Wohnungen und Bewohner wie in t'oigeuder TalH'Ue angegeben i»t:

WohnunirwlMsen , nach lU r Riumliclikoit

Zahl der

Wohnuiifronl Bewohner

Diirchscliiiittexalil

lifVVolllllU'

Wohnangcn] Hrwuhnnri 1 Wohnuni^; 1 Zimmers

dt'v ' H s.iiiimt/.alil lirtragcn ilii-

Ohne heisb.Zuiunr.'i

13G 1 0-89

015

2 00 j

1-62

Mit 1

»

fr

5 m

19 792 :

31-4X

21 -TS

3fil

3-Gl

» 2

»

» >l

3 554

17 246

20-40

18-98

4-85 ,

i2-43

> 8

»

2490

IS 710 '

14-30

15 09 ,

5-51 ;

1-84

* 4

»

1843

10520 j| 10-58

11-58 !

5-71

1-43

. 5

»

1815

10 4fi7 10-42

11-52

5-77

115

> ß

»

»

923

5 962 1

5-30

6-56 ,

646 ,

1-OS

» 7-10

888

6 872 1

.VIO

701 '

7-18

0-91

*

:>r, 1

f> (567

203

7-33

1SS3

104

Zosammen . II

17 419

90 872 :

100*00

100 00

5-22 1

1-64

Nur 68 unter 17 419 bewohnten Wohnungen wurden 1871 ermittelt, weUshe fiberhauj t kein heizbares Zimmer enthielten; die Zahl der Wohnungen mit 1 heizbaren Zimmer ergab 31*48 mit 2 heizbaren Zimmern 20*40 ''/o, mit 3 heizbaren Zimmern noch ■14*30% etc. D:us8 die Bewohner sich etwas mehr als die Wohnungen auf die einzelnen Rilunilichkeitsclassen vertheileii un<1 die oberen Classen liieniaih luihere Procentwtze aufweisen als die Wohnungen, erscheint sehr begreiflich.

In Ik'tretf der für die Bewohner einer \\ olinun<{ bereclineten 1 )nrch.schiiittszahlen ist sudann zu bemerken, diws solche in natür- licher W'Mse mit den Käumlichkeil,scla.ssen waelisen, wäiirend iinitre- kelirt ilic j^rüsste dun lischnittliclie He\V(dinerdi( liti;;keit »'iufs ZiiuimTs sirli niit ;{■()! Be\v<dnu'r in d"'r ( lasse der Wohnun^feu uiit 1 liei/J>aren Zuuuier er;j;iltt und die tnlj^cnd.'u ("lassrn l»is /u der mit ül»i'r lO hei/liarcii Zinuuern stets alilalleiide 1 'riK rnt»siitze autweistMi. Auf 1 \\ oliDuti^ kamen iiu r)ur( hs< hiiitt iihi rliaupt und auf 1 h«'iz-

l)ares Zimmer l o4 Bewohner, wonach alsio durchsclmittiich IbTl

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A. Wohniingütitatistik.

nicht Tiel mehr aki 3 Bewohner auf je 2 heizbare Zimmer zu rechnen waren. Da femer damals im Ganzen 55 454 heizbare Zimmer oder Wohniftume in bewohnten Wohnungen ermittelt worden tiind, so betragt die Zahl der heizbaren Zimmer, welche durchschnittlich auf eine Wohnung kommen, 3' 18.

Da CH erwünscht sein mOchte, die in Vorstehendem nur generell für die ganze Stadt geschilderten Wohnverhältnisse auch noch in den Haupt -Stadttheilen kennen zu lernen, so wollen wir letzt- gedachte Verhältnisse hier noch in einigen weiteren kurzen ZQgen wenigstens an dem Verhältniss der Grundstücke, Wohimngen und Bewdhner zur allgemeinen Anschauung zu hrinf^en siitlicii. Wir bedienen uns hierzu der nachstehenden vcr^^itMchendeu Ucl>crsirliten, von denen die erster© die resj!. Daten in alisulut*'!!. die /ufitt* in \vr- haltnisszahlen fttr die letzten drei Yolkszählungs-Perioden wiedergi))t.

StatiitliciU

Z«hl der bcwoliuten Grundstöcke Wobmiofieii

Zahl der rcsp.

Bewohner

1«T1

IHHO

mi 1 w;:.

Kraiikf. Iniini-if.Klt J'.i^J

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11 502

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847 1 424

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16174

Sachsenhau:H>n . . i :>4*>

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1 1

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1

Jahre 1871 u. 1875) 5401

15220

7ti57 117419

2u2:t';

27 752 yiü4aIlü:M:W

i:)662»

Stadttheile

Frankf. iuiitu^iiult » Gemarkung

Boriiliriiii . , . Saclis)-iiliaiis*-ii .

I Auf ein Grund- >

stück komiiM'n Auf <-in Criuiilstuck durclisi-iiiiittlicli kuimn. ii ilun li-

bewohnte Wohnungen

liiiitilirli Iti wohlUT

Auf eine bewohnte Wohnuni; kommen

iliin-lisihiiittltrh Uewohner

1^71

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Ganze Stadt (excLBornheiin f. die, Jabre 1871 u. 1875) * 8^2

1877 mit der ötudt vereinigte Bonibciiu lüe grüsste üe\v<»ljnuuj;s-

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()() III. Stra88(>n iinii Wohiiunften.

diclitigkeit der (rrundiftflcke, während die AiisseiMtadte oder Gemar- kungen mit ilurein Terschiedenen wirthnchaftlichen und iiocialen Cha- rakter eine merklich geringere Wohndichtigkeit ergeben. Fflr die ganze Stadt heben wir insbesondere da» Eigebnias der letzten Zäh- hing hervor, welches f&r l Grundstfick darchschnitÜiclL 3'6 bewohnte Wohnungen und 17*8 Bewohner betragt.

Vergleicht man femer die drei ^hlungsperioden miteinander, so tritt, wie in der SUuM ülierhaupt, «o auch in den einzelnen Shidt- Uieiien imvcrkennbar die Tendenz einer atlmäligen Zunahme der städtischen Wolindichtigkeit hervor.

Wenn im Gegensatz liierzu die DmdiM liiiitts/.ulil der lk'\v«)liner einer Wohnung im Laufe der vorliegenden Periode meist eine etwas geringere ^reworden oder stationär jjfehlieben ist, so Ix-nilit diese FjT- scheintin^ niclit sowohl in einer verminderten i\i>|itstjirke der ein- zelnen H;m>li;iltiiii;;i'n als vieinndir in denj Uiiistande, d;i-^s die Ifauslialtuniirn , wie wir olx-n salu-n, in noch stärkerem Meuusse zugenoinincii lialicii als die Hcwolmer.

Es w ill] wiilil /uliissi«; st'in, di»' W ()llIlvt'rhiiltlli^-s(• Franklurts im All^cnit'int-n noch immer als ndativ ijfinsti^'i-. znmal hei etwaitxt'in Verj;lt'ich dei-s^dhrii mit den«'n anderer (irnssstädte an/uschen, wenn auch nieht in Ahrede gestellt werden kann, dass die Entwicklung dieser VerhiUtnLs.se sich während des letzten Decenniuuw in einer Richtung vollzogen hat, welche mnet allmaligen Verdichtung des Wohnens der Bevölkerung entschieden förderlich ist. Die obigen Ziffern können hierfür einigenuaussen zum Beweise dienen. Dass auf jene neuere Entwicklung der Wohnverhältnisse Factoren politisch- sociaier und wirtiischaftlicher Art von bestimmendem Einfluss waren, soH hier nur andeutungsweise bemerkt werden.

Um noch an einigen passenden Beispiden zu zeigen, wie vcr^ schieden die Bevölkerungsdichtigkeit in den mzelnen Stadttiieilen nach deren verschiedenartigem Bebauungscharakter von einander ist, möge anhangsweise eine Zu.siunmenstellung sol(h<M- Ih'ispiele, wrldic von dem ObehngenieuT des städtischen ('analbau -Bureaus, iierrn W . 11. Liniu.kv. uns freundlichst zur Verftignng gestellt wurden, hier Platz timli'U. Die darin angei^tduMie l^fvitlkorungH- dichtijxkeit bezieht sich auf verschiedene kleinere iii /irki- oder Häuser- viertel, ') gleichsam als lu'|iräsentanten der lieti-ert'enden Stadttlieile. und ist hier lediglich nach der Fliiclienatisdehnung der resp. Bezirke und der Zahl ihrer Bewohner benjessen.

■) AI» Ucgnuanfs-Liiile l«t dio Axe 4or bczvictanotcn Strwiiwn angenoMinmi.

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K WohnnnmwtatiRtik. 01

lUMume dt rLago des >'»*^^'^»-A»'«**'^"«^^ Einwohner p: Iloktar

Staattheils undBcgrenanng | J'^^'^' !der Ein- r-H.I.u.;, ''X

<l. r nnzHnen Hexirko wohner .lor <!«•

(lUuscrviortel) \ T ' ^ . .." HHHO) »«™-«'"-

flärln'ii. IIa

i-40ori

Altstadt.

Ziog(»lga88o , Tftnfrf'sjrasso.

(iranlM'ngassc.ScIinurpnssr Sti>ingasso , Töngrsgaüse,

Fahrgasso, Schnargasse . Xenstadt. Kaiscrstrassc , Kirrlinri str..

Galliisstrasst'. Uossinarkt . tir.Bockenheiui«>rstrass<>,Alte ,

Rotbhofttr., Neue Rothhof- j

stras.r, Xp.k' M.iinzrrstr. ! 1-9690 U<'fliiR'itfral»'nstr., Srlnitzcn-

strassr, SchAne Atissicht,

Maimtnuise Ii 2'7S»<0

Frankf. Aussenstadt. u

a) Wi^itfiido. Maiii/rr Laiidst rassc, Taumis-

anlago,Tauniisidatz, Nidda- >ti , lilittiTMlorlfsplatz Moiii/('rL;Midstr.,\Vi-.t(inl,str., Nii'dcimu, /iiiimcrwi'g . .

b) Nordende. Sachsenlager , Girtnenreg,

Im Tnit/, «M iiiicliiirgwog . Sönjiii<'rrin^'>tr. , AdlerHy<'ht- strosHc , HumUuIdtstrassc, Ilemianiistrasse, Firhard- strasse, Bomwiesenweg .

(•) Ositnulo. Wcihcistr., Anlafi»', Ilaiiaiu-r

l^andstrasse, Vhlandstrasse Bornheim. Wir'scnstrassc.Ilcrircr^trn -•;('.

Kichwaldstrassc , Hiii'cstr. Borgerstr., LAbersgasse« Gr. h

SpiUingsgasse, Freihofttr. Itinrro« Sarlisonlcn- ii I'araili('s'_';i'<sc, (irossc Kittfi-

gass4', Ivlciin' ItitttTpisse . Sarhsenh. Anssenstadt. Daniiiistrassi'. Iiri>t<>rstra8se,

Teicbstr, Muülbrucbstr. .

1H7:W Sl«:»

(i2495 302U0

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0-8ßG0 1*0600

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10260 I U-7240 || IUI ,{ 182 | 258

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62 ni. Strassen nnd Wohnungen.

9. FlUNKKültTKR (JKMKIXNÜTZiGK bAÜ- GESELLÖOIIAFT.

Von Dr. ADOLF yo» IIARNIER.

Die starke Zunahme der Bevölkerung, wie sie »ich seit der Mitte des laufenden Jahrhunderts, in Folge der erleichterten Handels- und Verkehi8verhiUtnisse in allen civilisirten Ländern entwickelt hat, bat sich auch in Frankfiurt a. M. besonders seit Ende der 1850er Jahre wesentlich fQhlbar gemacht Nicht nur hat sich aber die Re- vSlkemng der Ziffer nach gehoben in Frankfurt a. M. hat sie nch Ton 1850 1880 mehr als verdoppelt, sondern die An- sprüche, die auch die minder Bemittelten an das Leben und ins- besondere an die t^liche Wohnnng stellen, sind andere, weit^- gehend«' «fcwonlen.

Di»' in fniheron Jahrlinnderten bestandene Noth wendigkeit. Jode in/cliic Stadt zn ihrer Sicherlieit mit Beiestif^nn^en zu nniir<d>on, hatte zur Folge, dass auch innerhalb des einmal abgegrenzten Uanmes die anwachsende Bevölkernng sich immer enger aufeinander häufen mnsste; abt r was hierbei an Sieherlu'it }7e<ren den äussern Fein<l «;e- \v<>iin«'n wurde, <;in<; Lr'*tr*'n den iniii'vn Ft'jjid vprlon-n, iiidciii Siccli- thnm, unstrcktMidc Kranklieitcii und UKirnlisclu-s Kh-nd in dm lui't- losen, duniptcn und üliorlnllicn h'iiuint'n iliri'u Ein/u^' hitdtt'ii, rchd. jTcnrt'n wriclit' i'iiu' Aiiwt'hr durrh liest'itiuuii'r der zu (irund»' lieifcndfii l'rsaclicn kaum versucht wiiidc. Mit der zunrhinenden Siclu'rheit des äusseren Leln-us und der I jei( hti<fkeit sirii bessere Lebensbe- dinixun<;en üljeriiau|>t /,u schalten, wurde dius He<h'iri'nis.s erweckt, sieh auch in der täglichen Wolmung auszudehnen, helle und luftige Küume in breiten und sauberen Strossen zu besitzen und sich dadurch indirect vor den schleichenden Feinden der Menschheit zn schfitzen.

Die llygieiu' nahm zum bewus.sten Gegenstand ihrer Thätigkeit die erste Bedinxun;j: der incns(dilichen Existenz, eine gesunde Woh- nung. Von dem Gedanken ausdrehend, in dieser Richtung ihren

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tt. Frankfurter Qi^incinnfttsifte BauftrarllKcliaft. . 03

minder bemittelten Mitbfiigern mit Rath und That zor Hülfe zu kommen, traten anfai^ des Jahren 1860 einige Frankfurter Bfirger zu- siinunen und richteten Ende Mai d. J. die Herren W. Gi NTHER, Peteii Kocu - V. St. GsoRtiB, Dr. Ed. Souchat, der jetzige Geh. Sanitatnrath

Dr. G. VaRRENTRAI'P und Dr. (!. Zimmer eine Aufforderung an die Oefientltchkcit zur Gründung «>iner genieinnfitzigen UaiigeHeliMclmft.

Der Zweck derselben sollte keinniwegs der einer milden Amion- iStii'tung »ein. Es sollte allerdings ein wohlthiltiges UnternehuuM« ge- sclmffen werden. al»er so. das>; die Gesellschaft unter Zugrundelegung allgcint'iiHT f liiii-^i lu'i- Hrl'ahruiit£< it. > wie sie dem ein/.elueu kleiiu'ü Manne /iir Kiiiri( lit mig seiner W nhming nielit /u (ieliote stehen, iri'siiiide, liitti^e Ii ml /.we« kiniissi'_;r \\ ulmiingen erl)auen und /.ii l)illi;j;eni Preise verniietlien wollte, während dahei die GeselUrlialt eine, Wi'un auch niii<siLr tVialitliringendi'. doch aller Spetulatiou entzogene Anla^;e ihrer da/.u ver\vend"ieu Gelder erlinfleii konnte. Es sollten zu dem Kn<le nielit nur ältere Hiinsc'r wenn mr>gli(h billig angekauft und dann nach den Regeln der Gesnudheitspllege umgebaut, sondern insbesondere auch Neubauten, .sei es in griksseren Qebuulichkeiten, sei es in kleineren H&naem zum Bewohnen durch wenige Familien allein, errichtet werden. Von den Unternehmern, welche sich mit der damals fttr Actiengesellschaften noch erforder- lichen staatlichen Oenehmigung am 27. November 1860 als solche cunstituirten, wnrde eine höchstzuliiiwige Verzinsung ihrer Antheile mit 4 % festgesetzt und sollte ihnen ausserdem, wenn bei Auflösung der yori&ufig anf 60 Jahre in Aussicht genommeoen Oesellsf^haft; sich ein Ueberschiiss Aber das Euil^^ecapital ergeben würde, mehr nicht als ihre Einlage zurflcker^tattet werden dürfen; der Ueberseluiss hingegen wnrde zur Verwendnng fflr ähnliche gemeinnützige Zwecke - bestinimf.

Der Vorstand der Geselhihaft, unier der uneigennützigen und un- ermüdru hen Thätigkeit seines Vorsitzenden, Herrn Dr. G. V.\HItENTRAPP, legte sofort Hand aus Werk. Im .lahre ]sr»l wurden in einer der ältest^'u Strassen Sarhseuhausens (der Klapjiergitsse) zwei Liegen- selmften angekantt und anf densidhen vier Häuser mit W'cdi- niin'j,eii hiM^;est.'llt. /ii deiu'n sjiäter noeh ein fünttes kam. So<lainu wurde der triiher llelin'iids'sche (liirten an der Daruistädtej- Laml- strasse von etwa 1<I Morgen (das \'iertel siidlicli iles < )üeiil>ai her Lorall»alnihols) erworhen, auf welchem seittlem die Ileiv|,.|--. Mi'ilil- lirueh- und Dannnstrasse entstanden sind. ,\ul diesem Terrain, welches zur Ahrundung und Ausdehninig durch einige Zukäule he.souders

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ni. Stra8M>n und Wnhnnnften.

Ton stiidtiHchem Gelände ver^rosseift wurde, entstanden im Laute

der niUlist«'!! Jahre foljreiule Hauten:

1. 32 kleine (einstöckige) Häuser mit Vort^äritMi, von welclicn jed(>s vier von einander ganz sepanrte Woüuungen enthält (s. Plan No. •_');

2. «'in trrossiT Hau mit TT» ^V()llnungt'n in sioben durch Brand- niaiitTii ^rtrtMiiiti'n Jläiiscrn (s. IMan Nn. .'?);

Ü. wfiti'i»' !> lliiiistT in der AliililbrnclistnLs.se, je 11 12 WoU-

niin<(t'ii cntlialttMul : 4. t'ndlicli liat ili»' GcsfUsciiatt ikkIi auf dem ihr an il«'r iii'ucn Drcii'iili.strassc zn«xt'hr)ri<r<'n und durch di-rrii Durt hhruih znj^lnj^licli gewordenen Terrain einen stattliehen Neubau mit etwas grösseren und besseren Wohnungen erbaut.

Mit B^nn des Jahres 1880 war das Geaellschaftscapital, welches 1861 bei der Gründung fl. 55 680 oder M. 95 365 betranken hatt(>, auf M. 872 950 angewachsen, ausserdem waren weitere M. 350 428*57 mit 2ur Verwendung gebracht worden, welche der Gesellschaft mdst gegen etwas oinSss^B^n Zinsfuss von hiesigen Anstalten hypothekarisch dargeliehen worden waren. Durch- UeberschOsse der laufenden Miethertragnisse fiber die Äctiensdnsen war femer ein soge- nannter Reparatorenconto von M. 123637*29 gebildet worden und konnte endlich in Folge von Ueberschfissen, welche theils durch Grund- verkäufe und erhaltene GrundentsdUid^ng, theils durch den Melir- n < i tli des nniprttnglich zn minderem Preise erkauften Onnid und Bodens erzielt waren, ein weiterer Reaer\'e-Bauconto von M. 124:^:U 40 angesammelt werden, mittelst welchem demnächst zu weiterer Aus- dehnung des Unternehmens «beschritten werden kann.

Der p'sellschaftliclie Besit/ an (lebäuden war anfangs ISM» in 211^ «getrennten \\ idninuf^eii viiu IH")? I'ersonen bev<>Ikert, von welclien 21G Faniilienvorstände oder ein/.ehie He\v»dmer wan-n . die etwa zu einem Drittel aus kleineren Ani^estellten und zu zwei Dritteln aus Handwerkern. Gärtnern. Auslaut'ern. Nälieiinneu u. d<;l. bestanden. Siiuiiutliclie W (ilininiL,'"!'!! sind den erprol»te>ten h\ «.(ienischcn \ orschril'ten entsprechenil und in zw»'ckniässi^er Eiutheilun^ lier^^eiichtet. sie ent- halten je 1, 2 und Zinuner zum Theil mit iKu h riiu-m ( aimud und jedesnuil mit Küche, Speisekamnu'r , Kellerrauni. Abtritt und alleu- fallsiger Zugabe von Mansardantheil; sie sind sümmtlieli der Wasser- leitung und, soweit die Omialisation fortgeschritten ist, auch dieser angeschlossen. Eine höchst zweckmässige Einrichtung sind die sogenannten Kehrichtschachte, mittelst deren von den obsten

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1>. FraiikfiirttT (M'mcinniitzißo liaugescUsrliaft.

(30

Stockwerken herab der Kehricht durch einen besonderen Schacht bis aaf den Stock zu ebener Erde herabgeworfen and dort zur Abfuhr in geschlofisenen Räumen gesammelt wird. Sammtliche Treppen sind bis unter Dach von Stein.

Dass die GeenndheitsverhSltnisse in der That besonders günstige in den GeseUschaftshäusem sind, und dass hiemach die Oesellschaft in dieser Beziehung ihren Zweck nach Kräften erreicht, ISsst sich daraus constatiren, dass in dem 18j&hrigen Durchschnitt von 1862—1879 auf je 100 ihrer Bewohner jährlich 1*56 Todesfälle kamen, während dasselbe VerMltniss in der Gesamrotstadt iR^hrend der gleichen Zeit 212 war.

Die Preise der Wohnungen sind derzeit durchschnittlich derart, dass Wohnungen

Ton je 1 Zimmer mit Kttche etc. zwischen M. 170 190 »»2» »>» » » 230- 250 »»3> » » 280—300

» » 8 ^ nel)st Cnhinet ' > » mX)- 415 kosten. In den letzterbuuten Häusern «Nt Dreieichstnisse sind auch mehrere grSssere und elegantere Wohnungen (mit Parquet) von :3 Zimmoni nebst Mansarde, je nach der Stockhöhe zwischen M. 550 und M. 7.'>0 vprniii'tlu't.

Die anssorord»Mitli(;h(' Naj-litra*;«' für di»' \\ <dinung»'n, v<m welchen uucli in d«'n nngiMisti^en Perioden niemals eine einzige leer ge- stanilen hat, für welthe vielmehr stet>: eine grosse Anzahl von Asj)iranten v«n'>_ji iii('rkt ist, beweist, fl;i-^>. mit (Irn-ii lIcrsti-lliiiiLT einem wjihren und dauerndfii l{e(liirt'niss fiits|»ro( heii worilni i>t. l)iis< seilest in jenen Zeiten, wo die HanslM-sit/.er si<h in lien üldiihrn Mieth- {»reiseii «^'unz erheblidie, manchmal his zur Hälfte friiherer Ansätze herahn'eliende Minderungen geiallen lassen miissten. der Mietlipreis; der (iesells(hafts\vohnun<'en einer IJednetion nieht nnterzo<;en zu werden iiraiichte, die Xaihfrage nach ihnen vielmehr unverämlert fortdauert, beweist, dsuss auch in der Richtung auf Billigkeit die Gesellschalt ihre sogen^treiche Thätigkeit i'ortdaucrnd erfüllt.

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m. Strassen und Wobnnngen.

10. BAU- UND SPAIIVKREIN.

Von Dr. jur. KDUAKD CNYUIM.

Dor Hau- und Sparvt'rcin (Acticn^escllscliart ), ixcirriimli'l Ende 1871, vi'rfoI<^t als Zweck, seiiit'ii A c t i o n ii r e n l»illi«;e WOli- nnnt;en in Fraiikturt a. M. oder der nii» listen Uni<;el)nn</ /ii ver- siliall't'ii. Er will also die l{es(lialliiii«; Itilli^er Wolniimi^i"!! für wenitjei- iieiiiitlelte im We^e der so«;. S e 1 b st h ü H e , mul /war nicht in <ler sonst dafür üblichen Form der (ieno.ssenscliaft mit Soü- diirhaft, sondern in der Form der A cti e n «Gesellschaft erreichen.

Das Actiencapital, welches in Actien zu H. 100 einn-ftheilt. iirsprüii^lich auf tt. 1 00 000 festgestellt war, soll daher durch siiccessive Ausj^ahe weiterer Actien l)is zu tTnif Millioneu Gulden erh()ht w«'rden können, nnd die Einzahluiif^ auf die Actien «larf in der Weise geschehen, dass zunächst 20 V einzuzahlen sind, der Uest aber in monatlichen Raten von sof^ar blos fl. 1 eintifeznhit werden kann.

Has l)is jetzt eingezahlte Actiencaj)ital l>eträgt M. ;{;><i .'i»»?".'?'». welche sich auf lUll^ voll eingezahlte um! H'A noch nicht voll ein- gezahlte Actien vertheilen.

Im Herbst l^^TO fand es der Verein zu entsjire(heniU>r \'erwi>r- tliiing seiuer \\ Klininigen für nTitliig, eine Stat utiMiündfrinig tlahin vorzunehmen, dass auch an N i c h t-Actionüre W ohninigen v»'riuiethet werden dürfen.

Der Verein hat 3 lläu^ercomplexe erbaut mit fuigen<lem der- mal ig i-ii Bestände:

1. In H o r n Ii ü i m (l'reungesheinier-, üt. (Jeurg-s- und Vereius-

strasso)

Häuser mit

05 Wohnungen zu ;{ Zinnuern. {]\ * » 2 >

Sa. i2i> Wohnungen.

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10. Ban- und Spftmrein. 57

2. Iii B o c k «> ii Ii e i m (Pfingstbruimeiistraase) 8 Uäufter mit

(>4 Wohnungen zu 2 Zimmern.

3. In Frankfurt (Glauburgsbraase) 5 Häuser mit

12 Wohnungen zu 4 Zunmem, 8 » » 5 »

Sa. 20 Wohnungen.

DieM Wohnungen finden Miethabnehmer in der Weise, daas ▼on den Wohnungen in Bomheim und Bockenheim durdwchnittlich ca. 20 Wohnungen und von den an der Glaubm^gsiarume gel^enen Wohnungen durchschnitÜich 8 Wohnungen unvermiethet bleiben.

Hauaver ktlnfe an Actionare (auf Amortisation) haben nur 4 stattgefunden (aus dem Bomheimer Complez), mussten aber im Verlauf der Zeit, weO die Kaufer ihre Amortiflutionsabtragungen nicht durchfQhren zu können erklärten, wieder rflck^ngig gemacht werden.

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III. Stranen und Wohnungen.

11. GESELLSCHAFT ZUR BESCHAFFUNG BILLIGER

WOHNUNGEN.

Von Dr. ALEXANDER MATTI.

I

Die Oesellschaft, im Januar 1872 als Actioniinternehmen ins Lel)en gerufen, verfolgt stiitutgenia.«« ih'u Zweck, »der \V(»linnng9- iiotli der inindt'r IJeiiiittelteii «lureh Heseluitfiing möglichst billiger VVoluiiingeu iu Frankfurt oder dessen Umgebung nach Kräften ab-

zuhelfrii.'^

Die Geaellseliiift will nicht eine Wolilthätifrki'lts-Anstalt sein, ilir gemeinnütziger Charakter wird iiidcss durcli die statntiirisclic Me- äcliränkung der zn vertheilenden Dividende auf höchstens 5 Troceut bezeichnet.

Dif iiiiinittrlliare Veranlassung; zur Krri(litiin<f der (ifsidlschaft \n<f in <len \ friiältnisscii, wie si»' im Aiitanjx der siebziger .lalire hier wie andtTwäi ts in I )('ntscliland in l''iilirr des aiisscrord(>ntli( In-n Znznj^cs d«'r IJcvrilkcrini^' nach den i^rlisscrfii Städten hcrrschti-n. Kine iMi<;»'nit'ss('iu' StfiLfriint; der Mirl lijnTisr und »'in ITdilbarcr Manj^id a)i klciiini \\ nlmnn;;!'!) liattrn für die urbcif mdm t^lasscn einen wahren Nnthstand h»'rv(»rL{«'riift'ii. Dieser Nothstand trat' ^anz bes(tnders Diejenii^en, welche ant" F a ni i 1 i e n w n h ii n n <' n klein- ster Kategorie angewiesen sind. Anl die lleschaü'nng nui^lichst billigt?r Wohnungen dieser Art war dalier bei Errichtung der (Je.si'll- Kchaft das Augenmerk gerichtet.

Die Gesellschaft hat an der Friedbei^cr Landstrasse schrüg gegendber dem nach den Friedhöfen fnhrenden Wege ein Areal von nahezu 8 Frankfurter Moi^n mit circa 600 Fuss Fronte an der genannten Landstrasse erworben.

Auf diesem Terrain sind im Sommer 1872 acht zweistöckige Doppolhäuser und zwei dreistöckige viertheilige HSnser mit znaammen 56 Wohnungen in Angriff gtmommen worden. Beide Kategorieen von Hausem haben auf jedem Stockwerk eine Wohnung, bestehend

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11. Gr.srllHi'hutt zur licsrhallunp; l)illi;;«T Woliiiuiifien. (iü

in 2 Zinmit'ni, Kiulu' und Al><»rt. iiii-sx-rdfiii <^«'lir»rt /u jeder Woh- nung i'ine Kellcrahtheilnn«;. In den \\ nlnninj^en der I )op|telli}inser sind die Zimmer beide zweit'enstri«;, das eine. liei/)>ur, hat l"40V ;V()0 ni, dsLs andere, ohne Olon, hat 8*45 X ;V20 jn. Die \V(dinun<ren in den viurtheiligeii IläuMern haben ein heizbares, eiutenstri^eK Zimmer ron 4*40X3*50 m und ein eiufenstriges Zimmer, ohne Ofen, ▼on 4*40 X 2*60 m. Die Höhe aller Wohnnngen betrügt 2*80 m (10 Fuss).

Die Hauser wurden im Sommer und Herbste 1873 vollendet und alsbald bezogen. Seitdem sind weitere Bauten nicht errichtet worden. Es verbleibt der Gesellschaft von ihrem Areale noch eine unbebaute Flache von circa Morgen.

Das Actiencapital betiügt dermalen K. 188 742*80; es sind 1101 Stück Actien h fl. 100 ausgegeben. In den Grundstücken und Bauten sind investirt: Ankauf des Terrains (a drca 19 Pfennige per Quadratschuh), AuffOllung, Strassenbauten etc. M. 54 380*40, Kosten der Bauten sammt Einrichtung und Einfried^ping M. 182 501*23, /usainnien M. 2:^6 947 63. Auf einem Theil dar Häuser ruht eine Hypothek von M. 48 000.

Die Jahresmiethe (einschliesslich Vergfitnng für die Quellwasser- leitungs-Strassenbmnnen und für Gruben- und Schomsteinreinigung) betrug bis zum Jahre 1878:

f&r die Wohnnngen in den Doppelhausem mit Aussicht auf

die Friedbeiger Landstrasse M. 288, fOr die anderen Wohnungen in den D(»ppelliausem M. 270,

fflr die Wohnuugeti in den (lrui8t(>ckigeu Häusern je nach dem Stockwerk M. 252—204.

Seitch'in sind die Mietheu auf M. 240, M. 228 und M. 204, res]». M. 21(> heral>^eset/t worden,

Ris /um .lalire ls7(t waren alle W Oliiiun^fn re^eimiissi^ l>»'se(/,t, imd es zei«rte sich stets h'bluit'ter Andraii«' von Hetlectajiten. Die bei ileii Verniiethnn<xen «{emachteii Ert'ahrnnj^jen bestütit,'ten, das.s ilie Mietlipreise betriu litiicli nieilerer waren als diejeni<ren der hier sonst- znr \'ertii^un^ stehenih'ii Widmuni^en f^leielier Grösse und Güte. Die Wirksamkeit der Gesellschaft wurde daher als eine wahre Wohlthat für dii>jeni<^en anerkannt, welche auf Familienwohnungen kleinster Kategorie angewiesen sind.

Aach die heutigen Miethpreise stellen sich im Vergleich zu den sonstigen redudrten Miethen als niedere dar. Gleichwohl hat

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III. Strassen und Wolnuiiigen.

von der /.weiten Hälfte des Jahres 187() ab eine grü8.sore Anzahl von Wohnun^'t ii keine Nehmer gefunden. Seit 1878 hat sich iudesR eine ft]hna1i<^'t\ wenn such langsame BesBerung er^«>W(>n.

liuiiiorhiii iiüiclit sich drr Eiiiflnss, wolclicii dus I)anii«'(lt'ilii';;fii von lliindel und Industrie und die Einscliränkuiig der IJiiutliätigkeit auf die für die Gesellschaft in Betracht kouimeiiden Verhältnisse aus- geübt haben, noch fortdauernd geltend. Gar maadie Arbeiterfamilien fdnd nach den Nachbarorten fibei|(ecnedelt, woselbst inzwischen man- nigfach kleinere Wohnungen entstanden sind. In der Innenstadt sind viele früher anderen Zwecken dienende l^nmlichkeiten, besonders nach Abnahme der fluctuirenden ArbeiterbevOlkerung viele früher zur Anfoidime von sog. Schlafinm verwandte Zimmer und Kammern frei geworden und sind nunmehr von Familien bezogen worden, welche in Folge des Idhrglichen Verdienstes sich einzuschränken genöthigt sind. Die geräumigeren nnd luftigeren Wohnungen der entfernteren Quartiere sind vielfach mit engen ungesunden Dach- stuben der Innenstadt, namentlich auch aus dem Ghrnnde vertauscht worden, um den Frauen, welche früher nur ihrer Familie und Haus- haltung leben konnten, die Mögliclikeit zu bieten, bei den knappen Verdiensten des Ibnnes zum Unterhalte der AnjL^ehörigen durch Thilti<;keit ausser dem Hause mitbeiztttragen. So haben sich «riTHdc für <li*' auf kleine Wohninifr(>n angewiesene Einwohnerschaft zahl- reiclu' Vcr.srhiclunij;»'!! in den WohmiULj^v rl iiltnissen ergehen. Ferner hat sich die l'rivatuuternehmung in der innen- inid Anssenstadt in weit höherem Maasse, wie früher der Fall, der Herstellung von kleinen Wohnungen zugewandt.

Dir wirtliscliaftlichi' Krisis hatte bereits ihren Anfang genommen, ruK'li ehe die Gesellsclnitt mit der in der zweiten Ilällte des Jiihres 187»'$ stattgelnihten Vollendung der ersten Hauten ihre eigentliche Wirksamkeit heginnen konnte; die vorgesehildertjMi Verhältnisse, welche im (let'olge der norli innnt'r nicht )>eendeten Krisis eingetreten sind, hahen sich einer weiteren fc]nttaltnng der VVirksau^keit der Ge^llschaft seither heumiend in den Weg gestellt.

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12. ScUiferlierbergen.

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12. SGULifüFERUBRBERGEN.

Von Kreiswundarzt Dr. W1LB1U^'D.

Bis vi>?- wi-iiiu'i' Jalir/t'liiitf cxistirtru daliiiT mir Nii( litln'il»f'i';(Mi für ziiiittiiri". aut dfi" Wanderschaft Ix-jj^rittfiic llaiidwrrkt'r und uif- diMT l''nliniiaiiiiskii<'i[M n , widclic i'iin'stlu'ils dir tjrossc /alil der turtwälirtMid liier hetindliclieii l'idiikiieelite aiirnaliiiieii, /iir Zeit der llerl»t- und I'rülijalii>iiit'sse «lie viideii. dann der Stadt ziiströniendeii Ilaiidarbeitcr l»eherher»;ten. Dem Unterkinitlsliedürtniss diesi-r letzteren Chuwo von Leuten niajj in i(ar vielen Fällen Stall und Honlxiden jredient halien, ein Tlieil zog jeden Alieiid. wie man mir von eom- jjetenter Seite luittheilt, zum Uebernacliten nach den niich-sten Dorf- sckat'ten. Damals fand an deu wohlbewachten Thoren nur der mit PasB Tenehene Fremcle imcl Wanderburnche, kaum aber eigentlicbeft Gesindel, Einlaas. Erst mit Niederlegung der Mauern und Thore, der industriellen und Yerkebraentwicklung der Neuzeit, beginnt, wie flQr 80 viele andere Städte, auch ftlr Frankfurt das Zntftrömen von . Arbeitsuchenden und Arbeitscheuai; seit dem Freiztigigkeitsgesetz ist ▼oUends eine Controle fiber die Einwanderer nicht mehr zu führen und die Zeit der »Schlaferherbergen« im BlOhen. Eine eigentliche Definition des Wortes, eine scharfe Abgrenzung des Begriffes von Schliferherbergen, Privatquartieren und Oasthäusem lasst sich nicht au&tellen, da SSahl und Art der gegenseitigen Uebergange zn viel- gestaltige sind.

Der im Jahre 1870 zu Stuttgart versammelte »Deutsche Verein fdr öffentliche Gesundheitspflege« spricht daher nur von »Kost- und Qnartiergängem, die g^en Entgelt aufgenommen werden«, und sucht auf diese Weise die Grenzen zu markiren. Wir rechnen hier zu Schlafer- herbeigen solche Absteigquartiere, in denen Arbeiter und Passant^, Handwerksburschen, Gesinde, du8 einen Dienst sucht, bis herab zu eigentlichen Viigubunden, Verbrechern und Stromern, ihren vorüber- gehenden Aufenthaltsort zum Schlafen nehmen. In den besseren

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72 ni. Stratten ud WoluiunKen.

dieser Logirhäuser betragt der Preis fltlr Nachtlager uud Wohnung 50 Pfennig, in denen niederster Sorte 30 Pfennig, oliso iniuierhin eine Summe, welche sehr viele f^zlich Mittel- und ObdachloHp nicht erschwingen können. Diese nimmt das Polizeigefangniss auf.

Ueber das Publikum, wdehes die hiesigen Schläferherbergen bevölkert, sind durch die Polizeibehörde, welche die meisten unab- lässig revidiren lasst, genaue Mittheilungen zu erhalten. Dassdhe wechselt je ntich der Jahreszeit. Im Sommer, während überall ge- baut wird, bilden Taglöhner und Bauli and werker von auswärts das starkMte Ciintinpent. T).i/ii ^o ^cIKmi sidj eine grosse Zahl in der guten .Talin'szoit wiiudtM iidt' I landwerkshursi licn. Das Ge-sindel, die lIcM-listapIfr, Bettler, Landstreicher, fahrende Dirnen etc., ist zum Theii ins Freie ausgeflogen und nächtigt hinter Hecken, in Stroh- mieten, im W ulde. Nur noch einige unserer berüchtigtsten .Scbläfer- kneipen, wel( lie stet« von Arbeitern gemieden werden, belmlten auch duiuj ihr liclltscheue^s Publikum. Werden mit den ersten Nacht fnisten die Hauten nud alh' Arlu-iten im Freien eingestellt, dann verlassen viele Arbeiter die Stadt und eim- Anzahl v»in S( liliil'erlierl)ergen geht ein. Die zweit'eiliat'ten und verloieiu'U l'Aisten/.eu oben geiuinnter Kategorie treibt die Kälte und der Hunger in die Stadt, mit (b'Ui Hell. Iptennig wird wieder Schlafgeld bezalilt uud die Öcliliiterlier bergen füllen sich.

Viele Leute der unl»eniittelten Volkscla.sse suciien sich dadurch die Logi,snu'ethe zu erleichtern, dass sie gegen Vergütung Sililäter bei sich autneluuen. Meistt'us luiln-n diesell)en nur 2, licichstens '.\ wdcher Schlüter, inid rechnen wir derartige rnterkunttsstätteu nicht zu den Schläferherbergen. Dagegen ist eine grüs.sere Zahl von Lo«i- litaten der scjg. G e .s i n dt? v e r m i e th e r direct hierzu zu rechnen. Es giebt deren, welche 20 und mehr Personen «tlbelmi^.

Vergebens hat ein Zweig der Polytechnischen Gesellschaft durch Eröfihnng des Zufluchtshauses in der alten Mamzergasse weiblichen Dienstsuchenden Jahre hindurch mit grossen pecuniären Opfern eine zuverlässige Heimath geboten aus Mangel an Benutzung mnsste das verdienstvolle üntmiehmen eingehen, und nach wie vor diängen sich die ankommenden Dienstmädchen, manchmal schon an den Bahnhöfen durch Agenten gelockt, in den fiberf&llten Herbergen der Gesindevemiiether zusammen.

Das Polizeigefängniss ist als Hauptsammeiort aller |^nz- lich Mittel- und Obdachlosen eben&lls zu den Schläferherbergen zu rechnen. Die Zahlen der hier Verkehrenden sind unglaublich gross

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1*2. SchläferherU'rgen.

7a

und wachsen seit Jahren anhaltend. Man kann an das, einige Jahrhunderte alte und zu gunz anderen Zwecken errichtete GelMiide keine grossen hygienischen Anforderungen stellen und wir verzichten auch hierauf, in der Hofihung baldigen Neubaues eines Polizei- gefangniflses. Die Innenraume des jeteigen sind zum Theil grosse, weite und dunkle Cfänge, zum Theil Geföngniaszellen. I/etztere sind durchw^ nicht sehr hoch, nur einige genfigend hell. Die Beleuchtung der im untersten Stock befindlichen ist sehr mangelhaft. Das Mo- biliar besteht aus einer Pritsche mit Strohsack, eventuell einer Bank, Ofen und Wasserkrug. Die Insassen erhalten Mittags eine Suppe HU.S Urod, Bohnen, Erbsen, Kartoffeln etc., Morgens und Abends ein Stfick Urud. Bcs-sere Verpflegimj^; «TsclKMut unstatthaft, da sie nur die ohnehin schuii bedeutende Zuhl der dortigen Stuniingilste vermehren Wfirde. Da.s l'ulilikuin dt's P(di/i'iget'ilngnisse.s, welches dasselbe nur w^eu aWsoluter Mittel- imd Obdachlosigkeit autsucht, ist ein sehr geminchtes: wie oft kann man unter Landstreichern, Gewohnheitstiäiifern, Vngabun<l» n I>. tite sehen, die noch vor ver- hältnissraiUwig kurzer Z<'it in gebildeten, anständigen Kreisen lebten, welche der Krach, die Noth der Zeit nwch an den Bettelstjib und in die 8chläterherl)erge brachte! Eine Eigentliünilichkeit des Vaija- bimden ist die. dass derselbe jdatt /.u liegen gewohnt ist und deshalb f>ft selbst die l)ii'lt' des FussIxhIciis der schräiTen Pritsche vor/iehl. Ks wurde auf der K rankriistation dfs .liisti/.^et'an<;iiisses neulich eiu Individuunt an Tvphus liehaiidelt, welrlics nach seiner Erkläruiij^ zum ersten Male seit 12 Jahren wieiler in einem ordentlichen Bette la;,^. Für derarti^'e Menschen ist die Unterknnt't im I'oli/ei-(iet"iin^nis.s, selbst in ihrer jetzigen \ crt'assuni^ eine WOlilfhat; sie können sich dort wenigstens in der \\ iiniie und Tim kenheit niederle<xen untl cilialtcn sovitd an Xahrun«;, als /nni Leiten nothwendi«; ist. .\ns.serdem werden daselltst ihre Kleider gereinigt, von Ungeziefer befreit und die Knitzkruuken geheilt.

Es ergibt sich aus dem bereits.Gesagten, da^iH wir Schlaf Herbergen, wie sie von Qoltdambr und Wolff aus Berlin und den rheinischen Dislaricten besduriebmi werden, wo eine unqualificirbare Gesellschaft von »Pennbradem«, rohen, verkommenen Arbeitern, Trunkenbolden, auf faulem Stroh, ungedieltem Fussboden, wie die Heringe aneinander- gereiht in ihren fibelriechenden Lumpen daliegt, glflcklicherweise in Frankfurt noch nicht kennen. Eine zuverlässige Statistik der Zahlen des die verschiedenen Schläferherbergen firequentirenden Publikums vermochte ich nur bezflglich des Polizeigefilngmsses zu

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in. Strnssen und Wohnungen.

erlangen. Rh dOrtlc auch im Ganzen wenig daran gelegen flein, hierOber bcMtimmte Nachrichten zu haben. Eine« jedoch steht fest ' und ich halte dieaen Punkt fttr einen wicht^n: vni in den letzten 7 Jahren kv'inc der hi*>si<re]i, eigentlichen Schlaferherbergen zum AiiKg»iig»punkt einer E|ti<lt'iiiie gewonljMi. Es spriclit dies fBr dio verhältniHHniäiiBig ^uU* Einrichtiinrr dersrllirii im .MIi^cinciiK'n sowolil, alH auch speciell für die Smy Cm lt. mit wi'Iclier .sie durch die Behörde fiberwacht werden. NunitMiilich wllUrend der im vorigen Juhro unter Stromern und V>igabundeu so stark ^.issircnrlcu lu?curren/-l''i'i'lt'iuie, triitiMi die Erkntnkuiigen au88chiiot«iich bei deu insasBeu der beiden (ietUnguisse xu Tu^e.

Dil' KUsmMh'hnt«' Kriltz-Ejüilfmic den Jalii- > 1^71» v('niuliiN.st«' eint' Visi(;itir>ii sämmtlidi er Schlüterherbergen durch das IMiysicat und wir siml st itdfm im B('>it/,f einer Jius«fiebi«jen, nhersichÜichen Be- kanutacliatl mit diesen LoailitätiMi. Ihre Zahl iflt in den einzelnen l'oüzeirevieren eine sehr verschiedene. sind

im i. Polizeirevier .... 14 » n. » » .... 2

» m. » » . . . . lu

» IX. » » . . . . 2

Summa 37.

In den Übrigen Polizeirevieren sind keine Schlaferherbergen. Man sieht, dieselben vertheileu sich nur auf eine Anzahl Quartiere der Altstadt. Sie liegen mit wenigen Ausnahmen in dunklen Neben- gassen, fast alle nnd mit einer Wirthschaft verbunden. Nur diejenige der grossen Herberge zur Heimath, welche, in der BuchgasRe gel^n, mehr ein Hötel als eine Herbei^ genannt werden muss, erhebt sich ttber den Rang einer Kneipe.

Der Durchgang durch dieselben zeigt im Allgemeinen wenig erfreuliche Bilder und Situationen. Viele werden bei Tag und Nacht durch die Polizei scharf controlirt, da man weiss, dass sie der Rendez- vous-Plate von Verbrechern aller Art sind. Unsere Detectifs haben dort schon so manchen Mörder und gefahrlichen Einbrecher geholt. Man sieht in der Mehrzahl der Kneipen hauptsachlich junge Leute bis /Air Mitte der zwanzig^ Jahre herumlungern, zngerebte Hand- werksgesellen, welche Arbeit suchen, zum Theil solche nicht finden wollen. Daneben Prustituirte, Bettler, Hausirer niederster Sorte, allerlei Mensclien von uiu|ualificirbarem Anzug und Aeusseren. W'er nur die paar Pfennige für Bier, Schnaps und Wurst bezahlen kann,

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12, SchläfcrhiTherKen. 75

hat hier d«M GaulTecht. Zum Schlafen nehmen diew* Kneipwirthe jedoch durchaus nicht alle GSüte dieser Kategorie auf, seihst wenn (de zahlungsföhig sind. Sobald die Visitation ergibt, dass der Kunde hautunrein ist oder Kleiderläuse hat, wird er unerbittlich abgewiesen. Wir fanden bei unserem Rundgange alle Schlüferherbergs-Wirthe in der Diagnose auf Krätze sehr geObt.

Was wir bei Visitation der Schläferherbergen a priori nicht ▼orausBetzten, haben wir zn unserem Erstaunen gefunden : eine zwar oft dfirftäg einfache Einrichtung, aber musterhafte Reinlichkeit der Betten und Zinnner in bei weitem dem grosseren Theile der Herbergen. Angesichts des Habitus der Schläfer durfte eine solche Wahrnehmung schon fiberraschen.

S.'lir vt'rbrt'ih't, fast die Kegel war frülicr das Zusainineiis<li1afen zweier PerHoiuMi in einem Bette. Wenn auc-li l>ei s^dir vi<'leii lieiiteii der ärmeren Volksclasson von Jiigeiul uut' diese Gewolinlicif lu'rrs< lit, so kann viclh-icht noch hv'i Angeliörigen d»'rs«'ll>en Fiuiiilie

Geltung haben. Dtirclians nn-^tutthaft in Hinsicht auf Moral und Gesundheit erscheint «lies Zusaninienschlafen jedoch in Sililäfer- herhergen. Es verst«dit si( h von scilist, dass jeder Wirth verptiiditct ist. die Geschlcchtt^r getrennt /u lialtt-n ; das Zusannnensdihifcn vnii Männern, das ancli in x xiiellt r Hinsicht seine grossen Hedenken iiat, darf st liiin we^m iler (ietahr directer rehertratrnnir von Iiifections- kranklieiten nicht getliiidet werden. l)ie i\rät/.e, granuliise Angeu- entzihnhnig und Syphih« werch-u in erst«'r Linie hier(hn-cli ihre Verbreitung linden krmnen. I)jis KTniigliche INdi/.eiprä.sjdinni Init in Erwägung dieser (inimle lirn-its im v<»rigen Jahre tiir aUe Si hläl'er- iierl)ergen das Zusanum iilegen zweier Personen in « in Bett streii;^ untersagt und die Inin-haltung des Ge))<)tes dun ligeset/t. Die Schläfer selbst hatten gerade für das Zusaninien.schhifen um (h?swillen Vorliebe, wefl der Preis für die Unterkunft sich dadurch um die Hälfte ermässigte.

Eine andere Unsitte, das Benutzen eines und desselben Wasch- apparates und Handtuches durch mehrere Personen hat ebenfalls in Folge Polizeiverbotes nunmehr au%ehOrt. Jeder Schläfer erhält seine eigene Waschschfissel und sein eigenes Handtuch.

Die fibrigen hygienischen Anforderungen an eine Schläfer^ herberge finden sich bis jetzt nur theilweise befriedigt. So bringt es bei sehr vielen derselben die Lage in dunklen, engen Nebengassen mit sich, dass es den Zimmern an der nSthigen Tageshelle und guter Luft mangelt. Bei sehr vielen entspricht auch die Breite und Höhe.

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76 III. Strassen und Wohnungen.

die L«ge der Fenster nicht den nothwendigen Anforderungen. Immer noch gehören nicht in allen Zimmern die Fenster nur den Aiueen- wänden an, onndern gehen vielfach auf finstere, fibelriechende Innen- hüfe and selbst Hansflaren nnd Treppen. Dem Verlangen des Stuttgarter CongreiMes nach einem Laftraom von mindestens 10 It.-iiitniiu'tern, einer Bodenflächu von mindestcMis \ (Quadratmetern nnd fintM- l'enstrrfliUlie von V's Qnudratnieter pro Kopf ist eigentlicli in ki'iin'r einzij^en liiesigen iSchläferherber<;e Heclnniii'X ^ctra^en. Ueher- fulhin^ ist im Siiiiinn r in cini'jt ii sturk besuchten ilas (lewöbnliche.

He^^ü<r|i(h (Irr Anlage der Aborte und Piasoin* können wir wenij^sti'us da« l>eriehten, diuss nirgends .Schhifrilume mit denselben in ofh'ucr Conummic ation stehen. I)iesell)en sind durchweg; «getrennt, liefen meisten« hu l'arterrest<Mk oder dem Hofninm. {{einhch «ge- halten sind die wenitrsteii Aborte, nieist nur di«', in'i welchen der Anschluss an das ( 'aiiiilsysfeui und Spülun«; ein^^Mdiilirt ist. Hirriu ist utH-h viel zu flinu und /.u verbessern. In eini<r<'ii herrs» lit peue- trantt r (ieruch, weil die Excremeute iu einem Kübel autgefangeii werden.

Für Trinkwasser ist nberall reichlich und ^nt iresoitii; wir haben keine Schlät'erherberjje ^el'uii<len, in welche nicht die Qnell- wa.sserleituniif eitiir''i'ii]irt ^ewesi'u wäre.

Ks wird dl iiiniu list durdi eine l'oli/eiverordnnn^ die Uelier- wachun<( und Hygiene der .Schläterherbergen gerej^elt werden, wie dies in anderen grösseren Städten, namentlich Berlin, bereits der Fall ist. Dur hygieiii»che Theil derselben lehnt sich an, an die auf dem Stuttgarter Congress vom lU. September 1870 aufgestellten neben Thesen.

Wir können schliesslich mit Befriedigung nochmals hervorheben, dasB im Glänzen unsere hies^n Schlaferherbergen von jeher auf einer höheren Stufe der Einrichtung und Hygiene standen nnd stehen, als dies von allen anderen Städten, aus welchen bis jetzt Berichte fiber Schläferherbergen vorliegen, der Fall ist. Allen An- sprüchen der Hygiene werden die im Innern der Stadt liegenden alten Herbergen niemals genfigen können, ebensowenig aber auch directen Schaden stiften.

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13. Strasaenreinitniiig niul StrMwnliegiossung.

LS. STRA&SENRBINIGUNa UND STRASSENBEGIES8UNG.

Von Staütrath Dr. lüsUl'F.

Zu den wii hti^rsti-n sanitären Einrithtun^i'n der p-osseron Städte gehört ohne Zweifel die re^elniüssi(ri' «erfindliche l{eini<iftni^ der Strasaeil.

Wiihreiid in kleinen Orten die Ueinhaltun^ (h-r Strassen mtch jetzt den Jjew(dinern der an denselben beKndliciien Häuser ohzii- liejren pfle<^, als« Privatsaclie ist, ririht sich bei Zunahme der Bev()lkernn«; und des Verkelirs die N(<tiiwendij;keit der Hoini^ung weniffstens der llanpt-N'erki'hrsadern auf Kosten der (i«*sannntlieit. und <lieses Verhältniss nininit mit dem Waciiseu des T^iiifan^ifes und der Üewohner/.alil der Städte iiimier jxrr»ssere 1 )iiiit'n-^H»iH'ii au, so dass jetzt in allen <j;rr»sscreM Städten die Stni-ssenrfiiii^niiiif t'ine titfeutiiclie Aii^eleüfeidieit von nicht ircriii^'er He(leutun«r ufvvurdcn ist.

Auf die an|L;t'<_rclM-ne W cive iiaben sich difsc \ erhältnisse auch in Frankfurt eutwukrlt, und tia die Stadt s<li(iii frfih durch ihre laditische und (»»luiuerzielie Stellini^ zu einer uauihaften llednitunj^ und (irösse <eelan<;t ist. so ht'<fe</nen wir triili/.eitii; einer (itleutlii hen. unter jadi/eilither Aufsicht sttdien<len re<;elniä.s.sijr«Mi StnuHsenreiiii<riniu-. wenn auch noch in ziemlich primitiver Gestalt. Zunächst fainl näm- lich die Reinigung der Strassen lediglich durch llundbetrieb und in längeren ZwnelieniAumen statt. Die Abfnhr des Kehrichts wurde durch PriTatuntemehmer besorgt. Die fibertriebenen Forderungen der letzteren gaben jedoch im Jahre 1873 Veranlassung ssnr Er> richtung eines städtischen Fuhramts, welchem bald die ersten Ver- suche der EinfQhrung des Ifaschinendienstes in der Strassenreinigung folgten.

Aber erst mit dem Jahre 1877 begann die eigentliche, den. An- forderungen der Neuzeit entsprechende Organisation unseres Strassen- reinignngswesens. Nachdem nämlich die Stadt sich zur Errichtung einer Berufs-Feuerwehr und der dadurch bedingten Einrichtungen entschlossen hatte, lag es -nahe, dem Dirigenten der ersteren auch die

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78 III- fltraaaen nnd Wohmmiren.

Direction der StiasBeiireiiugtmg am fibertragen, da dieselbe nfunentlich hinsichtlich der Pferdebespannung ffir die Abfuhr und den Maflchinen- dienst zweckmaasij? mit «Ion Feuerwehr -Einrichtungen combüurt werden könnt«'. So kam 1877 das (l«'rnijili<;t' System ilcr Strassen- reiiiignnfi; zu Stande, welches sowolil liiiisichtlich des Mascliinen- und Ham!l(etrie])es, als bezüglich der Combination den Tagdienates mit dem Nachtdienste ein ^eminchtea int.

Die Erwägung nämlidi, dasf* in den TTanpt-Verkelirsiidern der Stadt hei Ta«;e wefreu des ununterbrochenen Warenverkehrs eine «gründliche lieinigun«; <ler Strassen kaum möglieli sei, dass ferner durch die Anwesenheit der Kehrmaschinen un<l Al)fuhrwagen der Verkehr des übrigen Fuhrwerke^; wesentlicl» ^i^stört werde, und dass in Fol^e (h'ssen Personal imd Material nicht in genügendem Maasse aui^enutzt werden könne, gab nach dem Vorgänge von Brfissel nnd Berlin Veranlassung zu der nächtlichen Heinigun«; der HauptstniHsen, weldie sieh seither als (hirchans zweckmilssi«; hewülirt hat. Der Hetrieh tindet hierbei ausschliesslich mit Maschinen statt nnd zwar jede Nacht. Die fii)rii;en lireiteren, zum Maseliinen- betrielte ;.(»'ei<ineten. jedoch wenij^er verkelirreichen Strassen werden mittelst Maschinen l»ei Tape ^ereini^t und zwar je nach HedürtnissS theils tii«rlich, theils dreimal w ö c h e n t I i e h. Kmllich ist für die en«;en (iassen und (iiissrlien der Handbetrieb lieibehalteu worden, welcher dreimal w(")clieiitli(li bei Ta<;e stattlindet.

Auf diese Weise wurden seit dem Jahre 11^77

1. allnächtlich mit Maschinen 110 000 qm ätrassenüäche

gereinigt,

2. am Tage mit Maschinen und zwar täglich 18 000t|ni, und dreimal wöchentlich lü7 000 qm,

>\. durch Handbetrieb in den engen Gassen 1 1 4 000 qnu Hierzu sind indessen seither ikkIi verschiedene weitere Stmaseu und Plätze gekommen, indem alle inzwischen mit Pflasterung ver- sehenen Strassen zu dem b'essort der StrassenreiiuLjung hinzugefügt worden sind, wogegen die chaussirten Stms.sen der Aussenstadt unter rier Ven*'altung der Baudeputation vorldielien, welche dieselben durch städtische ( 'hauss^ewärter unterhalten und reinigen lässt.

Zum T?es.sort der Strassen reinigung geliört ferner die Heinigung der Trottoirs v(U* den stiidtischen Gebäuden und der Stras.s«»n Übergänge mit einem i-'lächeniidialte von 1;{ 7<M)(|ni. Dagegen liegt die Ueinigung der Truttuirs der Privathäuser deu Insassen derselben ob.

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13. StrASBMireimfninir nnd StranentiegieRRniiir.

79

Der Straaaenreiniijpingadirection nniersteht endlidi anch die Rein- haltnng yon 157 BrunnenplStzen und die Aufsicht Ober 10 aogenannte Cantonien, d. h. Arbeiter, welche den Tag Aber in den Uaupt- verkehrsstraMien den Pferdenust und andere Verunreinigungen auf- seusammeln und sofort zu beseitigen haben.

Zur Bewältigung der vorgedachten Arbeiten befinden sich im sfödtiflchen Dienste ausser dem Branddirector resp. dessen Stellver- treter 7 Aufseher, 5 ColonnenfOhrer, 10 Cantoniers und 81 Strafwen- kehrer. Hier/.u koiiiinen 5 Mann nebst 5 l'fenlen fflr di-n Muschinen- dienst und 11 KiiLH-hte nehnt PfenU'u f'{lr den Abfulinlicnsl, welcher, wie bereit*! orwüliiit, mit der Pferdebespannung der Fimut- ]ir coinbinirt ist. Nacii dm gemachten Erfahrungen stellt aich der MiisrhintMibftrifl» bei der Stnissenreinijfung, wie zu erwart«Mi war. wesentlich billi<r(»r, als der Handljetricb, zumal wenn einige Kehr- maschinen j^itMchzeitig in Thäti«?k«'it gesetzt wenb'U.

Die statt<^ofund«'nen j(euaiu<'U Eruiittdiiup-u hab«'ii i rLfi'bi'u, dass die Kosten für <li»> Heini^rim^ von 1(H)0 qm iStrassi'nHiiclie betrugen

bei llaiidlM'tri.'b 10!> l'fcr.

' 1 Masclüne 84

* 2 * (i^y

n :)S

KflinuiiMiiiu^'U sflhsl \var«'ii /iH-ist ans Mii'_rl:iiiil und l''raiik- ri'icb zum Preise von M. Odo resp. M. 14<HI hczoL/' H worden, später stellte sich jedoch heraus, dass die Mius< hineu von l^rKCit r in Ht i lin zum l*reise von M. SOG sowohl in Hezug auf Solidität als Leistuugs- filiiigkeit den \ Orzug verdienen.

Die Abfuhr des Kehrichts wird, wie bereits eni^nt, von dem stadtischen Fuhrpark besorgt, welcher einen Pferdebestand von 90 StUck Pferden unterhält. Sie findet bei Tag, wie bei Nacht abwechselnd durch je 9 Pferde statt, welche bei der Central-Fenerwehratatbn ein- gestellt smd, um zu jeder Zeit erforderlichen Falls fOr die FortschafFung der FeuerlOsch-Requisiten und Mannschaften bereit zu stehen.

Der bei der Strassenreinigung aufkommende Kehricht wird mit demjenigen, welcher hei der Hanskehricht-Abfuhr aufkommt, auf vor der Stadt belegene Sammelplatze geschaflt, von wo er durch die Oeconomen der Umg^end als beliebtes Dungmittel abgeholt wird und einen Jahreaertrag von durchschnittlich M. 25 000 liefert.

Schliesslich sei noch der im Winter vorkommenden Beseitigung von Schnee nnd Eis Erwähnung gethan, welche ebenfalls zum Ressort der Strassenreinigung gehOrt und nicht selten die Aufwendung vieler,

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m. SHnuMn und Wohnungen.

mit bedeutenden Kosten Verbundener Eztra-Arbeitskcfifle und Fuhr» werke erheischt.

Zu dem Strassenreinigungs -Dienste ist in der neueren Zeit während der Sommermonate auch noch der Strassenbegie.sflungs-Dienst hinasn gekommen. Derselbe erstreckt sich auf sftmmtliche Strassen der Stadt, welche bei trockener Witterung zweimal tagHch besprengt werden sollen. Die Stadt ist zu diesem Zwecke in 10 Bezirke eingetiieilt, deren jeder mit einem 2500 Liter enthaltenden OiessfiRsse Tersehen ist. Im Durchschnitte wird vnüirend der Sommermonate an 100 Tagen gegoosen und können ca. 400 Giessfiihren auf den Oiesstag gerechnet werden. Ausserdem wird an Sonn- und Feiertagen die Mörfelder Land- Strasse bis zum Walde begossen, sowie tüglich nach BedQrfniss die Promenaden und die Trottoire vor d<Mi städtiselieu Gebäuden. Selbst- verstandlich erheischen alle diese Arbeiten einen nicht unwheblichen Kostenaufwand.

In den Haushalts-Etat des Verwaltnngsjahres 1881/82 sind für Strassenreinignng folgende Betrüge eingestellt:

1. Besoldungen der Aufseher M. 8200.

2. Sachliche Au^ben:

a) Löhne der Strassenkehrer » 05 000.

b) Unterhaltung der Maschinen und Gerüthe . » 8 500.

c) Ausgaben fflr Sand » 100.

d) Fortschaffen von Schnee und Eis . . '. . » 14 000.

e) Ftlr Kehrichtabfuhr in Bomheim . . . . » 3 250.

f) Fnhrkosten l)ei der Si'rassenreinigung . . » 45 000.

g) Dienstkleidung der Aufseher > 290.

h) Diverse Ausgaben > 750.

Summa M. 145090.

Ferner ftlr das Begi essen der Strassen und Plätze inclusive Bomheim:

a) Löhne M. 3 500.

b) Unterhaltung der Wagen und Oerathschaften » 2 800.

c) Fuhrkosten > 22 500.

Summa M. 28 800.

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IV. CANALI SATION UND WASSER- VERSORGUNG.

14. CANALTSATTON.

Von Oberingenieur W. II. LINDLRY.

L>i<' Anlii>;(> <l<-r SchwemtiifdeW bat die Aufgabe tU^r rsMchen dnd j^emMullieits^fmi'isst'n KiittVrminjf alliT imreineii Abwässer, aller menschlichen Auswnrt'stottV und alles schwemmbaren (Inraths, die ^bleitnn«^ dt»s Uej^enwiissers innl die EntwäNsenin«f des Untpr- «^rundes. Dieselbe ist seit dem .Jahre IS»)? in der Ansfuhruiij; be- gritten, weitaus zmii «^riissteii Theil vollendet mid in Hetrieh. Vor deren Herstellung liestanden die «;e\vr)linli(li in älinliclien alten Stäflteii üldiclu'n Anlap^n. Kiii Xtt/ alti-r ('Inaken von <:i. :{0 Km Länf^e, zu den vers< liicileii>ifii Zfitt n. /.mn Tlieil vor mehreren hninlert .lahreu )>er«'its eiikstanileii, uhiic j»lanni;issiif«ii Znsaiiiinen- hany,', streckeiiwi-ise hantiilli«;, dieiitf zur Aldeit iiiijr des lu-urn- Wiis.s»>i*s und nahm /.ii)^lei<li rlas S<hmiil/,\\ asser nml V('r<,niiisti^nn«,'s- weise an >nelen Stellen (etwa 5(MM auch Ahtritt.sstoll'e von der inn»'rt'n Stadt aut: ohne Spfilnn^, stellenweise ohne Itetestitrte Sohle. von nn^iinstitfsten Formen nnd schlechter ( onstriicti»»n, wan n diesv alten Cloaken mit allen Uehelständen von Schlamniahlaireninj(, \'er- pestnng des Untergrundes, .schädlichen Ausdünstungen, kostspitdi^er Reini^nnr; behaftet, und entlnden ihre Jauche in den Main an 23 Aus- ni(lndimg.sHtellen längs des Ufers innerhalb der Stadt.

Erst knrz vor Beacbliessung der neuen Canalimtion war im Wertende ein ganzes Netis solcher Cloaken angc legt worden, ohne daf» die Henitellung eines Ableitnngscanals für dasselbe nach dem Hain oder sonst wohin nOthig befanden war«. In der äusseren Stadt wurden Senkgruben fQr die Beseitigung der Schmntzv^teser

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IV. Canalisation luiil Waaservr'rsorgiiiig.

ungelegt; die menscUidien Abgünge fiinden mcwtenii m cementiiieii Abtrittflgroben, anch an vielen Stellen in der Altstadt in Zaber Aufnahme und wurden abgefahren.

Lange Jahre hindurch haben die mit diesen alten Anlagen ver- bundenen sanitären und scmstigen Unzutruglichkeiten die Behörden be- schäftigt; dazu kam noch, daas die Bauthätigkeit in den äuaaeren Stadttheilen einen grossen Aufechwung nahm; das Westende hatte sehr unter Wasser zu leiden, das ohne Ausmttndung dali^ende Netz von Cloaken konnte wohl eine Entwässerung nicht bewirken, eher dem Untergrund Wasser znfnhren, die Fundirungen konnten ohne Haschinenkraft zur Bewältigung des Waaters nicht hergestellt werden und nachher suchte das Grundwasser die Kdler heim und macht«* dieselben unbenutzbar; im Nordende, 15 20 m über dem Main Itelcgen, litt man ;ihiili(h unter dem Aiulnuig dos Grundwassers; hierzu kam ixm Ii. rlass der Unti'r*;rnnd mit uIKmu ScliiiiMt/.uasMer ge- schwängert und mit dess«'n Uui*ath vi'r|)t'st»'t wurdo. Allfs wies auf die unbedingte Nothwrinliu^keit einer duivh^nrifi'ndi'u Abhülfe durch Entwässerung: nsu hdeiu im Jahre 18ö4 zuerst die Forderung nach einem systematisc hcn Sielnetz auftrat, dauerte es noch neun Jahre, bis im Jahre [HOIS ihirc h Ernennung einer Blxperteu - (Kom- mission, bestehend ans den Herren: Hloxhkn. ElcnnKRU. LiNULKV, \'ai{ui:mhai4' und W'ikhk, der erste entscheidende Schritt zur Ver- wirklichnng <h'sselben ^retlian wnrdi'. ,

Die ronnnissiun liherri irhte dm Helir»rilen am 17. .Angnst eineu Plan nel)st (nituthten. in wtdihem dif leitenden Prinei|»ieu. wie sie anc Ii der Ausführung zu (Jrnntle gtdcLrt wurden, festgestellt waren. Nach fori gesetzten Verhandlungen wnrde im Jahre ISJ!"» beschlossen, die Anhige y.nr Au>tiihrnng zu bringen, ninl Herr ()l>er- intrenienr W . Li.M>hi;Y aus llamlMir!' berufen und mit der Ober- leitnng betraut. Die Vorarbeiten, IManlegung und Detail - Aus- arbeitung wurde so gefordert, da&s im April 18(37 mit dem Bau selbst begonnen worden konnte.

Die Gestaltung des Sielnetzes in seinen Hauptzügen ist auf der Tafel 4 im Maassstabe 1:25000 dargestellt.

Das angewendete System ist das Schwemmsystem im weitesten Sinne des Wortes; dasselbe nimmt alle Schmutzwässer und allen schwemmbaren Unrath, gehörig mit Wasser verdfinnt, an ihren Ent- stehungspunkten in den Iläusem auf und fahrt sie in seinen unter- irdischen Leitungen ohne jedweden Aufenthalt ab. Zu diesem Behufe ist auch das unterirdische Rinnensvstem in solcher Weise

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14. ( HDalisatiiui. 83

zusaiuiiu'nj5«'i'ü};ft, «buss dasselbe (Iberall den ihm fibergebenen Flüssig- keiten glatte durchgehende Sohlen bietet und durch das entsprechend Terfcheilte Oefölle in denselben eine solebe Gesdiwindigkeit erweckt und unterhält, die genügt die schwebend mitgef&hrten. Stoffe vor der Ablagerung zu bewahren und stetig mit abzufahren Ablagerungs- Stätten jedweder Art, wie Sandfänge u. dgL, sind in den Sielen Termieden. An solchen Stellen, wo der normale Abfluts bei dem vorhandenen Gefälle zur Fortwhwenunnng aller, auch der schwersten in die Siele gelangenden Stoffe, wie Sand u. dgl. nicht ausreichen konnte, d. h. wo die Siele nicht sföndig selbstreinigend smd, sind StauTorrichtungen angebracht, um je nach Bedarf das Sielwasser aufstauen und zur kräft^|^n Spfllung verwenden zu können.

Dieses unterirdische Entwässeningsf^stem schmiegt sich in seinen Hauptrichtnngen und Gefalle der Oberflächengestaltnng an : leistere hat am rechten Mainufer ihr stärkstes Gefälle senkrecht auf den Fluss, d. h. von Norden nach Süden, auf dem linken Ufer von Süden nacli Norden; sein si'ciindrm's rjefälle imrallel mit dem Fluss, d. h. von Osten nach Westen, in der stiiikstt-n Cii'fällsrichtung ziehen die Nehi iisiclr, in der secnnduren, schwächeren die Abfan«;- nnd Hauptsifli', welche dadurch im Allgemeinen dem Main parallel folgen und alle Ai)\v!isser nach einer St«>Ile unterhalb der Stadt ab- führen. Hierdurch wird das stärkere rjefüUc (h'U geringeren VVasser- niengen der Nebensiele zugetheilt, während Ihm dem schwächeren Gefälle der Abfan<;siele die «grösseren \Vassermen«j:»'n die ertoivlerliclie (leschwindigkeit uml daiiiit ilie reinijj;en«le Wirkung sielieni. Die llauj>t- und Aldangsiele tlieilen die AI)da«-liMn<j: in lauter s( liuuiie. mit dem Kluss piirallel zi.-hriidi' Streiten: jnl.s Al»tati;j:sii'l enipfänfrt nur das von dein olM-rliall» ihm gele<_;f?ii ii Streiten staiuiueiide ^^'asser und tiihit es luiuhhüngig für «ich .soweit wie möglich in «ler Rich- tung 8troniabwärt.s.

Diese Abfangsiele liejjen der Stei<rung des Termins zufolge terrassenlorniig über einander. Die Nel>ensiele hissen sieb demnach zwischen dieselben eintlechten : dadun h werden die nog. todten Enden im Sieluetz durchgehends vermieden. Wie es zwecks seines Ab- flusses mit dem unterhalb gelegenen Abfangsiel seine Verbindung erhält, bekommt jedes Nebensiel aus dem oberhalb gel^enen Ab> fangsiel zwecks seiner Durchspülung eine Abzweigmig. In Folge dieser Anordnung kann das ganze vom oberhalb gelegenen District stanunrade Sielwasser vermittehit der Stauvorrichtnngen angestaut und durch ein beliebiges Nebensiel hindurch geschwemmt werden.

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IV. ('analisation und VVassen'ersorgiing.

Hierdurch ISssfe nch, foUs erforderlidi, das ganze Abwasser an irgend einer Stdle znr Beseitigung eines Hindeniieses ooncentriren. Die vollständige leichte Reinhaltung ist hierdurch gesichert.

Das Sielnetz hat femer die wichtige Aufgabe, bei hohen Wasser^ standen des Mains die Entv^Ssserang der unteren Stadttheile zu sichern. Zu diesem Zweck ist dasselbe in zwei unabhängige Systeme getrennt, in ein Bergsjstero und ein Tfaalsystem. Das Bergsystem, jene Stadttheile nmfiisaend, die yermöge ihrer Höhenlage von den Hain-HochwasserslAnden ftbr ihre Entwäasemng unabhängig sind, ffihrt, von dem Thalsystem zu Hochwasserzeiten durch Schieber jg^bizlich abgeschnitten, alle Zuflüsse aus der oberen Stadt fUr sidi getrennt in den Main. Dem TluilsvKteni, auf diese Art von allen frem- den Zuflüssen aus der oberen Stadt bewahrt, wird durch das dem Main weit .stronia)) folgend«» Auslaassiel eine Aiisniündong in den initeren Flusslauf geboten, wodurch die ifir die Entwii.ssenmg dieser Stadttheile zu Hoehwjwserzeiten erforderliche künstlidie Tietluiltung des Wasserstandes im Sielnetz erreicht wird. Heide Systeme erhalten, abgesehen von den Hegen Überläufen, ihre unabhängige Ausniflndung in den Main: das Tlialsysteiu des reeliten wie des linken Ufers an einer Stelle 12 Km, das Bergsystein des rechten Ufers au einer Stelle Km uiiterlmll) der alten iMainbrücke.

Znr Zeit ist nur die Irt/.l genannte Ansmünduiii,' des rec lit^sntrigen Ket/.cs anst^t't'filu't und riiii<i:irt provisuriscii als Aiisimindung tür das Tiialsy^teni, die Herstellung der perniainMif en Tlnilausnn'indungen häuift ncM-h von den Verhandlnnt;en mit Kiini«;!!« lier He<;iernn<; betreffs Einiuhrnng eines Heinigungsvert'alirens i'iir das Sirlwasser al).

Die Tiefen läge der Siele nnt«*r der St nissen(d)erHäche beträgt im Allgemeinen 4 0 m, im 1 )un lis( litiitt Tr'J ni; es hat sich diese Tiefe als erforderlich erwiesen, nicht nur um die Abwässer aus Liegenschaften von betrachtlicher Tiefe, wo also die Hinterhäuser entfernt von der Strasse liegen, noch mit entsprechendem GeiiUle unterirdisch nach dem Strassenaiel leiten zu können, sondern auch um der von Anfang an in Folge der firfiher in diesw Beziehung be- stdienden Misastände an die neue Anlage gestellten Anforderung der Yollsi&ndigen Entwässerung des* Untergrundes und der Keller zu genflgen. SteUenweise sind geringo-e Tiefen bis zu 3 m und grössere Tiefen bis zu 10 m (Tiefen bis zu 7 und 8 m sogar in den engen Strassen der Altstadt) unvermeidlich gewesen. Durch die Tiefenlage kommen auch die Siele meistentheils in das Onind- Wasser oder in die undurchlässige Lettenschichte zu liegen. Diese

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14. ranalisatinn. g5

Lage allein gewährt schon die gröbste Sicherheit gegen die Bnt- Weichling des Sielwafners und die Vemnreinigiing des Untergrundes. Die Sohlen und Wände werden so dicht wie thunlicfa hergesteUt, die den letzteren dennoch verhleibende Porosität genflgt in den allemieisten Fällen für die Einfthmng des Grundwassers; dasselbe stellt sich ausserhalb des Siels unter normalen Verhältnissen stets höher wie der Sielwasserstand innerhalb desselben, etwaige undichte Stellen würden demnach das Grundwasser einfahren, nicht das Siel- wasMor cTit weichen lassen. Hebt nich auch manchmal in Folge hot'tiKt'ii IMatzrefjeiis das Wass«'r im Siel Aber den Grondwasserstand, t») hält dieser Zui«taiid nicht lan^e an, und bevor das Sielwasser durch die it-ini ti Poren narli aussen hat hindurchdringen können, i-st der normale Zustand und damit die Bewegung von aussen nach innen wieder ein^jetrefon.

Die Gefälle, die sich ttir die verschiedenen Sielstrecken haben erreichen la.ssen, sind je nach deren Lape und Function verschieden. Es ist üherall jxesncht worden, das vorhandene (nt'älle voll aiis- /.nniit/.rn und nirgendwo dasselhe künstlich ah/nsrliwärlim : denn (his (Jet'älle ist der wiclitij^'r tor. der dt'in aldlifsseiiden \N asser die (ie.scliwindi^keit ;^iht, welche dif Srhnnit/.stoli'e in scliweliendeni Znstand erhält und tnittührt. Die (ietiiHe iler Siele des Iter«,'- svstenis variiren im All-rcnicinen zwischen 1 :110(> und 1 : .")() und sind stellenweise so«^itr nnch stärker : die Aht'an^siele des Bergsystenis hahen, nach ohen steiler wei.l.iid. die Gefälle l:ll(»0. 1:1000, 1:HI0. 1:<;(H». l::,iHi. 1 : Km. 1 : :{00 und auch I:l0(». Die schwächsten Gefälle kouinicn im Tlialsysteni vor, und zwar hahen dessen llauptsiide und Hauptauslasssiele ein Gefälle von nur 1 : 2000. Die letztj^euanntes Siel fortwährend durchziehende grosse Waasermenge macht dasselbe, selbst bei dessen flachem Gefälle, insofern selbstreinigend, dass nur bei anhaltender Dflrre Spülungen in demselben erforderlich sind.

Es ist, ausser der vorerwähnten entsprechenden Vertheilung des Gefälles durch das ganze Sielnetz, damit dem abfliessenden Wasser flberall die gflnstigst erreichbare Geschwindigkeit gesichert werde, femer noch die grösste Sorgfalt bei der Ausführung verwendet worden, um günstige Formen nnd glatte Sohlen zu erreichen und alle Störungen im Abfluss zu vermeiden. Die Siele sind auf Grund der im Voraus detaillirt durchgearbeiteten Pläne mit grosser Ge- nauigkeit im Nivellement wie in Richtung angelegt worden. Sie sind thefls gemauert, theils aus Steingutröhren beigestellt Für

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^() IV. Cunalisatioii iiiiil WusM'rvi'isor^uiii;.

die ^eiiiuiiert«n Siele ixt die Eiform mit nach itnten gewendeter Spiixe gewühlt; dieselbe fasst bei normalem und namentlich bei geringem Watnerabflaaa den Spfilstrom in dem schmalen Gerinne zuMimmen, bietet demselben fttr eine gegebene Wassermenge eine geringere Wandungs-, d. h. ReibungaflSche, alle mitxuftthrenden schweren Stoffe folgen der Mitte dieses Gerinnes und sind dadurch fortwährend der kräftigsten Einwirkung des Stromes unterworfen. Diese Querschnittsform ist demnach fOr die grossen Schwankungen unterworfenen Abflussmengen einer städtischen Entwässerung die günstigste. Das Hauptauslasssiel des Thalaystems hat 6 Fuss 6 Zoll Höhe bei 5 Fuss Breite, die übrigen Haupt- und Abfangsiele sind 6FussX4 Fuss, öFuss 3 ZoUXS Fuss 6 Zoll, 4 Fuss 6 Zoll X 3 Fuss und 3 Fuss 6 Zoll X 2 Fuss 4 Zoll. Die Nebensiele sind zum grössten Theil 3 Fuss X 2 Fuss; wo jedoch das Ge^le starker als 1 : 100 ist uikI <1ieses ans anderen Gründen zulässig erscheint, sind für die Nebensiele Slriiin;iif röliren von 15 Zoll und 12 Zoll (t'ii^'lisihes Mwiss) verwendet whkI. h: ein :i .'»»"/o des ganzen Sielnet/es heHteht aus Köhren, nn'hr als ')(>"' o diigegen ans der kleinsten Classe gcnmnerter Siele (3 Fuss X 2 Fuss) mit ^/öUiger MauerHtärke. Letztere Sielgrösse kostet hei den in Frauklnrt vor- kommenden Tiefen nur lö— 20 " o mehr als ein Reihrensiel, besitzt dabei aber den grossen Vortheil der Ik'geh barkeit, wodnrch nicht mir das Siel selbst einer lu-vision untt'rzoj^eii werden kann, sondern auch etwaige zufällig' in den 1 lansansehliisseii sich festsetzende 1 linilernisse, Vom Siel aus. ohne Aiilhiechen dei' S| iiisse heseitiift werden kcninen. Anss<'rdeni vermehrt die Anwendnn^r dieser Sich lasse (Im Ranniinhalt des Sielnet/.es. trleitht dailiinii den Aldluss kurzer, lietti^er Platzregen aus (der kuhisrlie Inhalt eines Sielnetzes in der Zusannnensetzung der Fraiiki'nrter Anlage enlspricht einer Wasserst liiclit von (I— Smni Tiefe, atil' sein Entwässerungsgelnet vertheilt) und vermehrt das Volumen der üher die Abwässer hinwegstreiehenden , durch die Ventilationsvorriciitungen in Circnlation gehaltenen trist lien Luft. Anch konnten in Frankfurt in den engen, stellenweise sogar nur 1*7 m breiten Strassen der Altstiult die Siele bei ihren 5 8 m botragenden Tiefen nicht anders als Temiittelst Tunnelbetriebes ansgefCihrt werden, was ebenfalls die Anwendung der Sieldasse 3 Fuss X 2 Fuss erforderlich machte.

Es ist Alles aufgewendet worden, sowohl bezüglich des Materials wie der Arbeit, um bei den gemauerten Sielen, unter Ausschluss jedweden CcmentTerputees, mOglicbst glatte und widerstandsfähige

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14. Canalisatiou.

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innere Leibungsflachen ^> zti erhalten. Die Sohlen bestehen aiuB genau hergestellten und sorgfältig aneinandei^e fugten Sohlstficken aus Sandütein , Steingut oder Gementbeton, das Badcstein-Uauerwerk der Wände und Gewölbe aus hartgebrannten glatten scharfkantigen Backsteinen, mit möglichst engen Fugen und möglichst dicht in Portland-Cement-Mortel vermauert. Ffir die Röhrensiele sind Steingut- röhren von der besten Qualität verwendet.

SammtUches Material, wie Backsteine, Sohl- und Einlassstficke, Oement, alle Eisentheile etc., ist auf Grund von grösseren Lieferung«- vertrSgen durch die Stadt beschafft und den Bauunternehmern fiber- geben worden, so dass man sicher war, dass nur das beste Material verwendet wurde. Der gelieferte Cement wird einer fortwahrenden sorgfältigen Prüfung unterzogen (die Zahl der Prfifungen betrug Ende Mfins dieses Jahres 32880) und der Mörtel von stadtischen Arbeitern angemacht. Den Unternehmern wird also nur die Leistimg der Arbeit anverfaraut. Die gewissenhafte Ueberwachung auch dieser AusfQhmng bietet die beste Churantie fflr die so wichtige exacte und solide Herstellung.

Alle Richtungwnderungen in dem Lauf der l^ele werden durch Curven von grossen Radien vermittelt, so dass dem Wasser auch hier die Hemmungen, die durch scharfe KrOmmungen verursacht würden, erspart werden.

Die Verbindungen der Haupt- und Nebensiele geschehen ver- mittelst tangirender Curven, welche die betreffenden Siele unter einem spitzen Winkel in der Richtung des Hauptstrorocs zusammen- fahren. Dabei werden alle Winkel, welche zur Ablagerung Gelegenheit Ineten würden, vermieden und die Sptllströme durch entsprechende Leitflächen in einander Öbexgefflhrt.

Auch die gegenseitige Höhenlage der sich verbindenden Siele wird so gewählt, dass keinerlei schädlicher Aufstau in dem einen oder dem andern verursacht wird. In Folge dieser Anordnimgen wird dem Sielstrom auch an den Verbindungsstellen der geregelte Abfluss ohne Störung und ohne Geschwindigkeits -Vermin dem iig ge- sichert und derst>lhe hierdurch in Stand gesetzt, die in schwebendem Ziwtand mitgebrachten Stoffe weiter zu fahren.

Die Anschlfisse der Hausröhren nnd der Strasseneinlaufe an die Haupt- und Nebensiele geschehen vermittelst beim Bau vor- gesehener Einlassstfidce aus Sandstein, Cemcntbeton oder Steingut,

>) LeliNngiflBelM iMdevtet die Inaer« WandfllelM dM 8iel«s.

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IV. CanftlisRtkm und WanervenorKunK.

auf der Holte dt» normalen WusserlaufB und unter einem Winkel

▼on 00 (iiiid in der Stronirichtung.

Auf solche Weise ist ein rej^elmässiger, nt)riii;il< r AhHnss erzielt, der alle organischen, in die Siele gelangenden Ötuüe ununterbroclieu t'ortechwemnit.

Fin nhrr <li»* verxcliiedfiicii Siclstrerkeii zur Ht'si'itiixuiMjf ziiliillii; 1111(1 (»rtlii Ii t'iiitrt'ti'iider l Iciiiinni-si' fiiicr kriU"ti|^eii 1 )ll^•ll^|n■illlllt^ tiiitcrzielien zu k(iniien, sind küiistliclie S |i ii 1 v o r r i c Ii t ii ii g e ii aii- !ii'l>ra<]it. Diesem Zweck dienen l ltl eiscnif Sjiültliüreii, ;^<IM Spül- stliii'ht.'r und 7<l Sjiiilkla|»p»'ii. «iwif die (io die Trennung' zwisclicii Berg- und Tlmlsvstriii hewirki-iideii Scliifltcr. Im AllifcmriiM'U wird nur das durch das Sitdiietz seihst tresammeltr \ crWi aiu Iis- und (irundwasser zur künstlichen Schwemniung angestaut und henutzt; der vorerwähnte durchgelu-iiih' Zusaninieiihang aller Siele ermöglicht die Durchlenkung des Spülstroms durch beliebige Strecken. Zur Sicher.stellung des Spülbetriebs an dem oberen Ende des SieluetzeA nnd der flachen Hanptsiele sind SpOlreserroire in der Form von Siiiniuelgallerie& ungelegt, welche das ihnen zugefOhrte Tag» und Grundwasser zur kräftigen Spülung autspeichern. Zum TheU nnd diese speciell zu dem Zweck gebaut, so diejenige an der Bomheimer Landstrasse, Hanauer Landstrasse und am Kettenhof, zum Theil sind nur die obersten Abschnitte vom Abfangsiele, die erst später ihre Fortsetzung erfahren, dazu ausgebildet worden, so jene in der Bockenheimer Landstrasse, nördlichen Ringstrasse, Ofienbacher Land- strasse. Die Gallerie an der Bornheimer Landstrasse hat 6 Fusti Hdhe, 5 Fuss Breite und 1000 Fuss Lange und enthalt 20 000 Cubik. fuss Wasser, sie fGdlt sich bei normaler Witterung einmal alle zwei Tage, bei Regenwetter dreimal in einem Ti^ und beherrscht durch ihre zwei SpOllinien den grOssten Theil des Beig- und das ganze Thalsystem am rechten Ufer. Die SpOlrcservoire an der Hanauer Landstrasse und am Kettenhof'grahen, beide durcli Entwasserungs» grüben gespeist, beherrschen die Hauptsiele des r)stlichen und de» westlichen Thalsystenis und die flachsten Nebensiele derselln'n.

Zur Handhabung der Spülvorrii litungen, wie auch zur Erleich- terung der Tii^picirung der Siele sind in Abständen von circa 180 m von einander Seiteneingänire mid Einsteigschachte angebracht. Auf den fertigen Sielstrecken sind deren circa 700 ausgeführt; ausser- dem siml auf den l?(»hrensielen in Ahständen von 40 ra Lnmpen- löcher hergestellt. Durch diese Einrichtung wird es möglich, die Siele einer ständigen lievi»iun zu unterziehen, Stockungen in ihrem

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14. Caiiiilisatioii. g9

Entstellen /.ii cntflct keil iiiid y.u beseitigen, l>ev(>r dieselheii zu einem Mi.SiS.stiin»l In'i'aii^ewiiclisen sind.

Zu ^ewöhnlichon Zeiten Hies.sen alle durch diis Siel netz ge- saiumelteu Abwils»er vereinigt durch dius IIaiiptanshi.s.ssiel Iiis zur Ausmfindutig in den Hain weit unterhalb der Stadt. Die Aasmflndnngsröhre selbst, l'SOm Durchmesser ganz in das Flnss- bett versenkt, fQhit die Abwässer bis in die Mitte des Strom- gange s, etwa 40 m vom Ufer entfernt. Die Lage dieser Aiis- mflndongRrOhre, tief nnter dem niedrigsten Wasserstande, sowie der frische nnd äusserst verdfinnte Znstand der Flfissigkeit tragen dazu bei, dass man wenig oder gar keinen unangenehmen Einfluss an oder unterhalb der MfindnngssteUe bemerkt.

Das Hauptauslasssiel ist derart angelegt, dass es ausser dem Schmntzwasser noch eine bestimmte Regenmenge abzuleiten yermag. Diese iat so normirt, dass sie nur an wenigen Tagen im Jahr bei heftigem Platzr^en flberschritten wird und dass dann eine solche Yerdfinnung des Sielwassers durch das Regunwasser bereits ein- getreten ist, die das Ablassen desselben durch die ßegenauslasse in den Main auch innerhalb des Bereichs der Stadt unbedenklich macht. Die bei soK Ih-h ]i*>ttigen Kegengflssen abfliessenden grösseren Mengen werden durch die Neben- und Abfangsiele aufgenommen und durch fünf Rege nan sl asse seitwärts auf dem kürzesten Wege in den Main geführt. Diese senkrecht auf den Main laufenden Regen- anslässe werden mittelst Diiker nnter den. dem Main ]iarallel ziehenden Aldangsielen hindurch geführt. E.s wird l»eal)sichtigt, iVw An/.alil der Itegenauslüsse nach und nach, wie die Ausdehnung der Stadt /unimnit und die Verdichtung der IV'hauung vergrösserte Wassernlengen den .Sielen znfnhrt, zu veniielireii.

T)as vnjeliergestalt angelegte Sitdnetz führt alle unreinen Ab- wasser lind Sliniut/stoHe in tVi<rlieiii Ziistainl nminterliroelu'n al) (die Siclwä.sser ans ileii entlegensten Stadttlii'ileii sind Iniineu 1 Stliniien aus dem Kereirll ijer nieli>r|ilirlieli W'nlinsf litten entferiit) lind aller St lilaniinaldagernng un<l Stagnation ist iliir( li ilii' lu-inhaltung vermittelst der Sjiüluiigeii vtHLretiengt. Auf diese Art wird der Ver- wesung (Uganischer Stotte und der Bildung schiidla her üa.s4' im Sielnetz vorgebeugt.

Ausserdem ist aber durch idanmässige Ve n t i I a t i o n s v or- ri( litnngen dafür Sorge getragen, dsi.s.s eine stündig«' Circnlafion frischer Luft durch die Siele stattfindet. Für diese Ventilation sind zunächst die Closetfallrüliren der Hausentwilsseruiigen, die in

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90 IV. ('aiialisatitui iintl Wasser vfrsoi'fiunß.

ihrer vollen Weit« iiber's Dach hinau» verlängert werden, au»- genutzt, ferner die Küchenfullröhren und Auch die R^enfall» rjdiren, sofern me nicht in der Nahe von Dadifenstem ausmOnden. Indem diene Rohren das Netz der Strassen -Siele ventiliren, thun sie dasselbe für die Hausentviteernngs -Leitungen, welche die entf- weichende Luft auf ihrem Weg dorchziehen mnss. NamentUdi die Ii«'genfallr6hren der hohen Gebäude, Kirchen u. s. w., werden zur " Ventilation benutzt Auf diese Art nnd mehrere Tausende anf- Bteigende Röhren geschaffen^ welche die Sielluft an solchen Stellen in die obere Lnftschichte entweichen lassen, wo sie sofort im Luft- strom verdünnt und unschädlich wird.

Gering berechnet, kommen diese Röhren bei den bis jetet an- geschlossenen Hausentwassemngen zusammengesetzt einem Schlot von 18—19 m Durchmesser und 15 m Höhe gleich; eine Luft- strömung von nur ^'lo m pro Secunde durch dasselbe würde schon genfigen, dan im Sielnetz enthaltene Luftvolumen im Laufe eines Tages -SOniul vollständig zu emenem. Ausserdem werden auf den Stmssciisic'lt'n in Abständen von 40 ÖO m und namentlich an allen durch die Coiistnu tiouen ( Verl)indun«ren, Kammern etc.) ent.stelit'ink'u hohen Scheitelpunkt(>n Ventiljitiousschiuhte (Köhren von i) Zoll enp^l. Durchmesser) »nj^ehruclit, weklu' an der Strassonoberfläche unter einem eisernen Ui<^t ausmünden und dort auch mit einer Kammer versehen sind, die ila> Hiuabfallen des Strassensclimutze.s in das Siel verllindert und das Anbringen von Desinfectionsmitt^dn (Hol/kohle) ermöglicht. Es erfüllen diese Schachte, wovon jetzt üher 10(H» in Wirksamkeit sind, auch ilie wichtige Function, l»ei hei'tigein Hegen der verdrängten Sielluft iilicrall freien Ausweg zu gewähren, so daas jede Comjiressi(»n <li rscilicn vermieden wird.

Zwischen der Sielluft und der äusseren Luft ist in Folge ihrer verscIiiiMlentn Tciuperaturen und (ichalte an Wa.-scrdampf heinahe fcrtwälircnd eiii (Jewiclitsunterschied vorhanden und zwar ist die Sielluft meistens leiiliter wie die äussere Luft, Mau hraucht nur zwei dieser ungleich schweren Luftsäulen einander gegenüber zu stellen und die hewejjende Kraft liir eine .stete Circulation ist ge- scballen. Beim Sieluei/. ist dieses geschehen, indem die Sielluft- sanlen in vorerwähnten aufsteige uden Closet-, Ktichen- und Regeu- röhren gebildet werden, während die äussere Luft auf der Strassenober- flSdie freien Zutritt in die Siele durch ebengenannte VentOstions- schachte findet: das Gleichgewicht ist aufgehoben und ein ständiger Austausch gesichert.

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14. Canalisatioii.

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Um jf'dut'dc litv A nsdünstiin^ in den St la^x-ii der luilii reii

.Stiidttli»Mli' aiirh zu s<d(lit'ii Zcitrii /u verhüten, in wrlrlit'ii ein In— sonders starker Aiidraui; der Siellnit naeli oben shitttindet. sind /,wei Ventiialiunstliiinue hergestellt, die (ler.selh»'n freie und lio(li«;ele}Xene Eiitweichnngspnnkte bieten ; der eine am obereu Ende des lierj?- Rystems an der Buriiheiiner Luud.sirasse im Anschluss un da» doHitj^e Spfilreservoir, 35 ni hoch fiber die Cunalsohle hiimufsteigeud , der andre am oberen Ende des westlichen Thalqrstems in einen alten Wartthurm eingebaut.

Die HersteHung weiterer ahnlicher Ventilationsthürme ist bei Ausdehnung des Sielnetzesgin Aussicht genonunen. Ebenso dienen die Schornsteine verschiedener Fabriken zur Ventilation des öffent- lichen Sielnetzes.

Die Luft im Sielnetz wird auf diese Weise stets frisch ge- halten ; alle Einlauföffhungen in und neben den Häusern sind aber dennoch durch WasserverschlGsse gegen deren etwaiges Entweichen gesichert

Die Strassen-Einläufe zur Ableitung des Regenwassers sind in den Rinnm neben den Trottoirs, in Abstanden Ton 35 40 m ▼on einander, angelegt, und mit Wasserverschlnss versehen; dieselben sollen den Eintritt des scliweren Sundes von der Strassenflache in

die Sieh? möglichst verhindern. Unniittelhur nnter dem GitU'r be- findet sieh ein Sandfang ans Steingut, 0-45 m Dnrchmesser und 2*2 ro tief nnter dem Strassen pfijvster, mit anshehharem Kimer. Die vom Uegenwawer inif<;etiihrten mineralischen Substanzen werden hier auf- gefangen, zurückgehalten und ])eriodisch in dem Eimer herausgehoben, direci in den hierzu bestimmten Wagen treleert und abgefahren.

Die Ablagerung mineralischer Snl)staiiz ist hier unschRdlich, weil dieselbe mit den verwesnngstähigen Stötten des Sielwassers nm'h in keinerlei IJerühnmg getreten ist und keinen schädlichen Oenich verbreitet. Bis jetzt sind an 4(HM) sidcher Strassen-EinläiitV aiis^rct'ührt.

Mit der A u s t"ü h r 11 n der SielanlaL'«'!! wurde, wie v(»rer\\ älint, im A])ril 1S<.)7 begonnen, zuniichsi eine provisorische Ausnifindinig durch einen alten ('anal in der Untermain -Anlaj^e beschafft und die x\l>t'angsiele des Rergsystenis hrr^e^tt llt . Hierdurch wurde das (irnnd- und Tagwasser, dessen Andran;^' fh-n Hau in den engen Strassen der Stadt sehr erschwert hätte, inuner durch das vorhergehende Abfang- siel abgeschnitten, so dass tnttz der grossen Tiefe des stellenweise an- getroffenen Flugsauilcs und der sonstigen Schwierigkeiten die Bauten ohne Unfall durchget'ülirt worden sind. Der Bau ist seit detisen

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lY. ( aiialisatioii und Wasserversorgung.

Rorriiin nnmil«'iln<»rlH-ii tiacli Maiiss^alx» »Irr Bcwilliirtiii^t'ii der (ifMi-r l)('<ri«'lM ii wurden; üher den I'itrtsi liiitt (k'Sfsell)fii in «leii ein/A*liien .lalircn f^ibt tolgeiidf Talifll«« Aut"Mcl>lii.s.s:

Ausgeführte Nach den neuen Vorsrhriften einffimrlri^ Jahr ,j Si«'lstri'cken und angesi-hlnsscno llaiiscntwassrrungen

\ Meter

II&UMr

Wohnungen

<"l«i!*els

, 2 3ÜU-7

186»

8843-7

81

150

1K70 1

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137

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1 1 260-6

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1345

2159

' 11644-5

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1 960

2 9i»2

10 5S2-4

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2 »'.K

'.\ 977

11ÜÜ4 5

, ü«7

2U12

2 537

1877 1

1 13547*4

629

1946

2457

1878

18 871-4

606

1 822

2103

1^'7'.) 1

1 cm-o

567

1 4S-J

1 7H0

1SȆ

-s ÜUU Ü

479

1 -.m

161U

1881 Iiis Ende März

1 200 0

102

291

370

Am ;U. Marz issl .

14:5 114-8 1

57.S7

16 695

21 911

Dieselbe zeigt aiu li, wie die angesdilosst-nen II ausentw üssc- rungen von Jahr /u .Jahr aicU venuehrt liid)*>n. Die bei diesen Privat- Anlagen durchgeitihrtt ii Princiiiicn sind dieselben, wie sie dem grossen Sielnetze zu Grunde liegen: dahin gehören: die Anfnahnie aller Srhiniit'/wIUser an ihren Entstehungspnnkten, die rasche Ableitung derselben dunh unterirdische, woinr»<flieh aiisserlialb der Häuser lie- gende R()hrenh'itungen , eine ansreicliriide Sjtiiluni^. das Anbringen von \Vii.sservers( lilii-isen gt^eu Entweichen der Öiellult und eine eut- spreihende Ventilation.

Man ist v<»n dem (irundsatz ausgej^angen, dass die im Innern der Häuser aiis/.uführiMKlen Anlagen derselben sor^'t'ältiixen Contmle iH'diirtt'u wie die üll'entlirlieu Siele und dass die Gesinidheit einer Stallt am besten gesichert wird, wenn die Controle der städtischen liehördeii sich zugleich auf die Entwertung und Ausführung auch dieser l'rivalan lagen ausdehnt.

Es sind deshalb gh'ich im Anfang den hygienischen wie den technischen A n fordernngen entsprechende Vorschriften nebst Muster-Plänen aui'gestellt worden und ist es hauptsachlich der strengen DurchfOhrnng dieser Vorschriften zu verdanlten, dass die Vortheile in annehmlicher wie in sanitärer Beziehung, welche das

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14. Canalisation.

Sielnetz zu gewähren vermag, den £inwohnem in vollem Miiassi* zu Onte kommen. Er wird kein Hfttu ahne vorherige vorsclirifisinils8i<;<> und vollständige Aasftthmng der inneren Anlagen znm Anschliij« zugelassen. Der Anschlnss an die Siele ist nicht ohligu- torisch, indessen veranlasst die richtige Erkenntniss der durch die Canalisation gebotenen Vortheile viele Hauseigenthflmer sich derselben zu bedienen und ist auch ohne Zwang die Zahl der Anmeldungen zur Einf&hrung so bedeutend, dass das betreffende Bureau nnaus- gesetzt in angespannter Thätigkeit erhalten wird. Hierfür gibt die obige Tabelle das beste Zeiigniss.

Die durch die neue Sielanlage erzielten Resultate sind sehr erfrenliche.

Die Trockenlegung der Keller nnd des Untergrundes ist in vollem Maosse erreicht und das dabei abgeführte Griindwastier bildet ein kräftiges und wdhlteileH S|)ülinittel. Die rasrli«« Ahfühning ullt r S< liiimt/^tdfr«' liat den Boden und die Luft vor Verimreitii<rimif gesichert und sellist in den am engsten beliantiMi Stadttlieilcii und Höfen eine Ueinliclikeit geschaffen, die wohl seit deren Bestehen dort nicht gelierrsclil hat. . ,

Selbst bt'i lieftijren Sturzregen wird das lte<fenwns.ser r^el- recbi und ohne Ueberschwemmung zu verursachen ab^« It'it<'t.

Die K e i n h a 1 1 n n ^ d «• s S i e 1 n e t z e s wird a u s s e h I i e s s I i c b durch S c Ii \v e m m u n «; In* s o r g t , welche V(in einem Aufseher mit ') Arbeitern «;<'handhal»t wird; viele Sielstri'ckfn ♦•rbalten sich selbst rt'iu, andere bi'tliirt'rii einer periodischen torcirten Spfiliinj^'. um ilie Sohle von jeder, aiicli iiiiiieralist her Ablai;ernn^ frei /.ii halten. Dieser Spül betrieb kostet für die 14;JU00m langen Siele nur M. 8<»<i(» jührlich.

Die V e n t i 1 a t i o ri s - E i n r i (• h t u n <^ e ti erfüllen ihren Zweck; die Luft in den Sielen ist frei von filtleni (ienicb. weslialb man auch bis jet/t keine Veranlassung' «gehabt bat. an <len N'entilations- ölfnun<^en in den Strassen die vorgesehenen Desinfectionsuiittel in Anwen<lun»( /n brinjjjen.

Ein ferneres hy«i^ienisch wichti«(es Ziel ist die Beseitigung der alten gesundheitsschädlichen Anlagen, Abtritts- gruben, Senklocber, Cloaken, welche das neue Sielnetz ermöglicht. Die Beseitigung der Ersteren wird bei Anschluss der Häuser znr Beilingnng gemacht, während jene der Cloaken nunmehr von den städtischen Behörden mit grosser Energie betrieben wird. Von 30 Km dieser alten Cloaken sind bereits 20 herausgebrochen.

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TV, r«iui1i8ation und Wasserversorgung.

Eb gelangen gegenwärtig von den am xechien Hainufer gelegt^nen canalisirten Sfcadtthdlen untor normalen VerhältnuBen, ausser dem Regenwasser, stOndlich je nach der Zeit 400—600 cbm des verdAnnten Sielwaasers durch das neue Auslasasiel in den. unteren Hain; dieser selbst fiahrt bei mittlerem Wasserstande (-4- 2 Fnss am Brfickenpegel) ca. 630 000 cbm pro Stunde ab.

Hygienische Nachtheüe ans dieser Eünftthmng des frischen Siel- wassers in den Main haben sich bisher nicht nachweisen lassen; dennoch sind Verhandinngen im Zuge um das Sielwasser fftr die Zukunft vor seinem Kinlass in den Fluss einem Reinigungsverfahren zu unterziehen. Von dem Abeehluss dieser Verhandlungen ist die Herstellung der Hauptaufllasssiele nach ihren plunnislssi^cii Aus- mfindnngsstellen und die Entwilssemng «L r nnt4'ren, bei Hdchwasser dircrt ülMTscliwcninitcn Altstadt abhängig; ist ilics.'s «'iniiial erreicht und (\i'r Vortlu'il der Entwiisserungsanlage durch Eindeichung jenes Stadttheils i'ür dcnsclhen voll ausgenutzt, .sind die Scliniut/anhiuit'imgen in diesem iiltcstx'n Sta<ltth<'il. sowie dessen weitverästelte alt»' hautVillige ( Nuiken mit iliren zahlreichen Ausmün«lnngen lUnLf> di u rtVrn der Sta<lt beseitigt, dann erst wird dius Frankfurter Sielsystem allen jen«Mi wichtigen hygienischen Anforderungen genügen, die dessen Srlir»|iter und Kiirderer an d:i.4sel)>e stellen und die dasselbe in hu hoiieiii Muusse zu gewähren vermag.

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15. QueUwaucrleitnof unil MTentlk'lie.ltraiiiien.

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15. gUELLWASöEULElTUNG UND (KFFKNTLIOÜE

BRÜNNEN.

VoD SUMltratk UOLTUOP.

Das stete, unanfhultsiinic Ainviu-lis(>n ^\or ci^cntluiuMi Bevöl- kerungscentren, der Stiulti«, wflclu*» sellwt noch in <li'n l>('i<l«'ji orst«'n Dritteln diosrs .liilirluiiKlrrts mehr instiiiktnia«si«; «Mupfundcn als /.ill» r- niu8sig zu vollem Bt'wiisstsoin gehraclit war, h-i^t»- «'ine gan'/«' lu'ihe von Fragen der ailgt'intMniMi Aiifuu'rksamkpit nalu-, d«»n'n Lösung man lang«* Zrit Iiiniliirch di iii Kin/.i'lnrn und glcichsjini dt'ni Znfallr rdx'rlassrn /u tliirtni ^'•ciiK'iiit hatfi'. ( iitrr iliiii'ii nalun \\ assrr- vcrsdr^iitig rasi li <'iii»' diT w i< ht iii*'>ti'ii Strllcii fin. In l'iiinkt'urt liatti' sie Vfrhältiiissniässi;/ <rlir tnilif vnlli- Ui-atlitting gt-tmidrii, niiiiiciitlicli aiH Ii l>fi dcnrii , wt-ltlif dir ( niiimunalf (ifUH-iiisaniki-if /u vcrtii-tcn IxTiiten warrn. Unsf-n* Stadt l)»'>;ass cIut wie di»' nifistiMi d»'iits< lu'ii Stiidt«' eine c o 1 1 e c t i v <* und zwar eine s t ä d t i s c ii <• Wasscrver- •sor^nin«;. Schuii seit doni .lahrc IfiOT. in wrhliciii ein«* Haulirrrn- Conunission von K. E. Ilatli ilt-n Aiittrag frliaUi-n liattf /n hcratlirn. »auf welche Weise mehr Wasser geschattt worden konnte,« wurde das Quellwitsser des Friedberger F«ddes, iint'ünglich in bleiernen, dann in hölzernen, im Jahre 1771 aber bereit» in eiaeraen Röhren durch das Priedbeiger und Eckenheimer Thor in die Stadt geleitet, während andere Quellen bereits yiel firfiher den öffentlichen Brunnen zugeffthrt waren.

Im Jahre 1815 brachte Inspector Hofmann, weil die Wasser» Versorgung der Stadt, wie er annahm, wesentlich durch die Demolirung der Festungswerke, sowie irrationeUe und regellose Vertiefung der Brunnen entschieden geföhrdet erscheine, die neue Wasserleitung des Kuoblauchsfeldes in Vorschlag. Er legte im Jahre 1827 dem städtischen Bauamte ein Gutachten Ober die Anlage derselben und die Trinkwasser -Verhaltnisse d<>r Stadt im Allgemeinen vor, worauf in den Jahren 1828 18^14 die Ausführung jenes Planes erfolgte.

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IV. Canalisation niid WanenrenorKUttft.

Die firflheren QoeUbrunnen im Friedberger Felde wurden mit den neagegrabenen im Knoblaachsfelde durch eine unterirdiBche OaUerie in Verbindung gesetzt« wodurdi sich gleichsam eine ununterbrochene

Brunnenn'ilje luTstolIoii sollte. Di«' Bnuinensohlen wurden« weil der erhoH'tc Wiissorzufluss nicht in vollem Maass»» t iiitrat, nacbträglich durch Eintreibung ii<> Fuss hinffer artesischer Röhren vertieft.

Wenn man aber ^'e^hiuhf hatte, nunmehr die fatale Ku])rik »Wassermangel nnd dessen iieseitigung« ans den Senate -Akten verschwinden zu sehen, so hatte man sich gründlii Ii '^retiiiisrht. Gar bald trat eine Art JirschöpfnnfX des im Knobhuu iisfelde an«;ehänften Wasservorraths ein nnd ila auch die in dem IJerichte des Inspector HoFMANN nachf^ewiesene Verschlechternn*; der Griindwas^!er-Ver- hiiitiiisse in H»'/.iitr auf <^>iialit;it und <^iantität einni immer weiter greifenden EiiiHiiss ;nif die sonst ij^en <^e<»'ral»t'nrii Ihuiinen «gewann, nahm Mitte der fünt'/i<;er Jalirr der \\ assfmiaiiLr«'! wicdernni ein«'n fast he<lrohliehen ('liurakter an. llnutifhiirlicli musste ( 1 sr»(! 1 SJ.'tS | das P(di/ei-Amt anf den «^erinj^en \N'asserstand in der Fririllicr-fcr und Knohlani hsfeld -(lallt'rie hin\veis«-n. der /.tidcm nur dunli A h- sjierrnn^ erhalten wi-rden miisse, um die Stadt alltä'_rli{di auch nur mit einem <xerin<;en ()iiantnni W asser versehen /n kiinnen. Hei einem solchen Stande der Din^e vermöge ül)erhaui)t nur we- nij^e Stunden am Taj^e \\ asser ab^e«jfehen 7A\ werden. Nocli schlimmer stehe es nach amtlichen Ermittlungen mit dem Wasser- stande der gei^rabencn Brunnen in der Stadt nnd Geiutu'kung. Ein Theil derselben habe llberbaupt kein Wasser mehr« ein andmr sei binnen wenigen Stunden leer gepumpt, Gesundheit nnd Sicherheit der Einwohnerschaft sei emstlich bedroht« Abhülfe durch möglichst rasche Inbetriebnahme der neuen Sechof-Leitung also dringend erforderlich.

Es war nämlich inzwischen unter dem Drucke der unleugbar vorhandenen Missstande von dem Senate am 27. Mai 1856 beschlossen worden« die Quellen des Seeho&« welche schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sich eines sehr guten Rufes «rfirent hatten« durch Anlage einer weiteren Leitimg zur Wasserversorgung der Stadt heranzuziehen.

Am 16. Juni 1856 begann die Ausführung dieses Projectes und wurde das Werk im October 1858 (beiläufig mit em«r Oedit- aberschreitung von fl. 151 063 bei einem Veranschlage von fl. 215 000) beendet, am 1:^. December 1859 bei dem l'ürsttmeck in der Fahr- i^asse mit dem Uölirensysteme der beiden iUten-n Wasserleitungen in Verbindung gebracht und versorgte seit diesem Zeiträume mit

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ir». QiK'Uwasüi'i-IciUliif! luid otIViitlirhi' Hriinnoit.

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gutem Waager den weitauR größeren Theil der stil<ltLscIi<>ii Holir- bnuinen und 400 500 Hamhaltungen, indem wie man bereits 1861 sehr bestimmt empfand »etwas sparsam«, obschon erst zwei Jahre seit der Vollendung des Werkes verflossen waren. Denn Röhrbrunnen und PriTatkrühnchen lieferten bald, wie die ehemalige Friedberger und Knoblauchs- Gallerie, nur wenige Stunden des Tages Wasser.

Schon Anfangs der 60er Jahre erkannte man die unabänderliche Nothwendigkeit, alle älteren kleineren Wasserleitungen aufzugeben und durch eine neue, einheitliche, im grösseren Maassstabe angelegte die in Fmge gestellte Wasserversorgung wiederum ffir eine Zeit lang zn sichern. Es waren zunächst wieder die staatlichen, bezw. die slädtiachen Behörden, welche diese Angel^enheit in die Hand nahmen, Vorarbeiten inachen, Gutachten erstatten, Verhandlungen fOhren, fiberhaiipf Vnr)M>r<>itnn<;en fClr die Erbauung eines umfangreichen stödtisclMM) Wasscrwt'i kt's treffen Hessen. Z?i jenem Zeitpunkte wurden auch die ein^n lienden iinil umfangreichen Erhebungen veranlasst, welche nachmals der Bestinnming des Wasserijuantums pro Kopf der Einwohnerznhl zu Grunde gelegt wurden, für welches die Leistungs- fähigkeit der Quellwass^leitung l)enies8en ist. Eine aus Verwaltungs- beuniten, Technikern und Indüstriellen zusammengesetzte, unter dem Vorsitze Dr. VAltUKNTU.APP's stehende ('oninii.ssion erhielt von dem Bauanite den Auftrag, ein Ijeziigliehes (iutavhten ali/.ugehen, imd eiitl('di;rf,. sicli dieser AiitLriihe im Mai durch \'orl:iire einer

r)enkschrift, welche unter fiii<x<die!ider Herin ksichtiguiig gerade (h'r localen \'erhältnisse unserer Stadt die pri» Kojd uml Kiuwrilmer in Aussicht zu nehmende N'erbrauchsmenge auf G Frankfurter Cubik- fuss = l.'iS Liter Ix-stimmte.

W'eiUl in der lehliaft vcutilirteu Streit ira^fc. oh (^>liellwiisser-. <»h Flu.sswasserleituug zu jener Zeit i)ei den BelhM-deii lind auch W(dd hei der öH'entlichen Meinung die Wage zu (lunsteu der letzteren .Mternative auszuschlagen im Hegritle war. so wurde dies hald wieder durch eine Offerte rückgängig genuicht, die unterm 2'). Mai 18ti4 dem Magistrate eingereicht, volles Genttgen jedes liedürfni^ses. »das«, wie es in der betr. Eingabe heisst, »bei dieser Oottesgabe erfahrungs- gemäss fiberall mit der Befriedigung steigt,« durch Be- schafiung von untadelhaftem Quellwasser innerhalb des damaligen Staatsgebietes in Aussicht stellte. Dass das ver- hängnissvolle Anerbieten des Herrn Dr. Volger verhaltnissnwssig rasche Annahme &nd, beruhte weniger auf einer sehr gut geleiteten

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IV. Canalisation nnd Waaserrersorgunß.

und nachdrficklich betriebenen Agitation für dasselbe, Qber wdcfae ein Banamts- Bericht vom 28. Juni 1864 bereits bittere Klagen su erbeben weiss, als vielmehr auf der theoretisch ganz allgemein getiieilten Ueberzeugung, Quellwasser sei, wenn erkngbar, dem Fluss- wasser zur Wasserversorgung von Städten bei weitem vorzuziehen. Darf es daher Wunder nehmen, dass die öffentliche Meinung zu- stimmte, als aus den nengerodeten Sandäckem des RSder^iesses plötzlich die Fata Morgnna eines riesitren Quellwasserbomes hervor- gezaubert wurde? Das Angebot des Herrn Dr. Volger wurde jiccep- tirt, ein Vortrug zur Wasserversor^^Jing Frankfurts «;t'langte mit ihm zum Abschluss. Den weiteren Verlauf dieser AngelegtMilioit an dieser St«'I!»' /.II verfolgen, ist Anlass nidit vorlmnden ; er ist zudem l)ekannt.

Die Ereignisse des Jahres lS(i(; und die ihnen folgende Um- gestaltung aller öiientlich- rechtlichen Verhältnisse Hess die \Vasser- sorir' Ti unsere?« Gemeinwesens hinter anrleren zurücktreten. Indess hereit,s 1809 erfolgten, nachdem es eviilent geworden war, dass das VoL(5F.R'sche Wjwserwerk in einer ahsrlilmren Zeit nicht in Gel)rauc]i genommen werden würde, weitiTc Srlnittc. mii die iimner tlringlicher gewonh'nt' \Vass('rrrage einer rinluiilti^cn Lrisuii;^' i'nt;x''.U'''i fühn-n.

Sontlerliiircrwi'ist' schuf erst ilii' rrtolotc iiolidsclic Umwäl/uiig dazu die erforderliche (Jrimdlage. indem sif dir staatlichen Greu/cn. welche l>is dahin unsere Stadt s t a a t s r e ( h 1 1 i <• h und dachirch auch wohl thatsächlich von (^uellgcljictrn g<"s( liicdcii liatten, die aUen Anforderungen zu entKSjtrechen im Staiidr waren, mit einem Male heseitigte, nnd damit erst dem überraschend grt>ssi»rtigen \\ asser- versorgiingsprojecte, welches inzwischen von <lem Iiig. iii. nr l'irrKit SciiMlcK und dem Chemiker Dr. GeoR(J Kkuner unter tiiatkräftiger Förderung des Senators VON Bernus vorbereitet worden war, die uner- lässliche Vorbedingung seiner Realisirung schuf. Als sich nämlich im Bqapnne d<ar 60er Jahre bezfiglich der Wasserversorgung Vortehlag an Vorschlag adiloss und neben dem Plane einer Hebung und Filtrirung von Mainwasser, die Erbohrung eines artesischen Brunnens und die VoLOBR^sche OrundwasserbeschafEung ventilirt wurden, war dem Senate im Kov^ber 1865 von den Herren ScnMicK und Kbrnbr eine Denk- schrift »zur Klärung der Frage über die beste und vortheilhaftestc Wasserversorgung der Stadt Frankfurt« überreicht worden, in welcher der Vorschlag gemacht wurde, die Befriedigung des Wasserbedfirfnisses lediglich auf die Quellwasser des Vogelsberges zu basiren.

Das Vogelsbeiger Project wurde an eine besondere Senats- Gommission verwiesen, die es lebhaft zur Ausführung empfahl und

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15. QuoIIwAsamrleitunfE iind Affentliehe BmitBen. 0<)

einen am 20. HSrz 1866 gefassten Senatsbeschlius erwirkte, wonach ihr der Auftrag erfcheilt wurde, Aber den ndthigen Geldbedarf VorUige machen und die erforderlichen Techniker in Vorschlag zu bringen. Vor allem aber war man darüber schlflasig geworden, dam zunächst die Kurheasiache R^erung um ihre freundnachbarliche UnterstfitEong anzugehen sei.

Letzteres war nun freilich nicht mehr erforderlich, ab im Februar 1869 die durch die Juli-Ereignisse Ton 1866 mit vielem Andern von der Tagesordnung des Senats abgesetzte Qnellwasserfrage mittelst

einer Eingabe der Herren SciiMlCK und Kebner an den Magistrat wieder in Anregung gebracht wurde. Duss die Initiative lioi end- licher Losung der m viel bestrittenen und viel verhandelten \Vas.ser- versorgungsfru«^«' nidit von den neu constituirtt n städtisehen Behörden ans^in^, ein Uuuitand, der aut die weitere Entwicklung der beziig» liehen Verhältnisse von einschneidender Wirkung war und voniehnilich zu all den Aiiteindungeu, Verwicklungen, Schwierigkeiten und un- zutreü'enden Ans( liiinnnLC< n Veranlassung bot, deren schädigende Wirkungen zum Nueiitheil der städtischen Verwaltung auch gegen- wärtig noch nicht völlig verklungen und überwunden sind, hatte seinen, (inind wnhl znniu list in dem leidigen Verliältnisse, in welches man in ßr/ug aut den Hninnen im KrKlersjiiess ver>fri( kt war, weiter- hin in den allgenh-inen Zeitvei liiiltnissen. wcldie ciiir ulijictive Wür- digung «ler LcistungstTihigkeit di's auf neuer l{e« ht^gnindlage ehen er>.t viillig reniganisirteu ( 'onuiiiiiuilwesens tast unnir»glieli mai liteu, eniili( Ii aher, uiul wohl ni( lit /um kleinsten Theile, in den uiigewr)hn- lit lien iiliy>isehen, und, wenn Uiau s<i sagen darf, geistigen Dimensiom-n der pntjei tirtcn Aidage, die nicht unwerth erschien mul erscheint, die stol/e Inschrift au der Stirne ym 1 ragen: Ausu IJomano. Das Aes Krancofurtense freilic Ii, welches nothweudig war, um den kühnen (iedanken in die Wirklichkeit /.u üherset/en, miserer Stndt aus einer Entfernung von 10—12 Meilen mächtige tiebirgsquellen vorzüglichster Beschaftenheit und damit ein den Anforderungen der Wissenschaft und des täglichen Verkehrs völlig entsprechendes Lebenselement zuzuleiten, die zur Durchführung eines so weit angelegten Unter- nehmms erforderlichen Geldopfer ausschliesslich zu Lasten der Gemeinde zu nehmen, davor scheute das VerantwortlichkeitegefQhl der neuen Behörden gewiss unter den damaligen Verhältnissen mit Recht entschieden zurück. Am 11. October 1869 vrar ein »Comite zur Herstellung der Vogelsberger Quellwasserleitung« zu- sammengetreten, das in seinem Bestreben von dem Magistrate in

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100 I"^- CftnaüsRUon und Wasscnrorsorgung.

nachdrKckUclier Weise gefördert wurde. NamenUich liess derselbe durch seine Organe eine Messung der in Anspruch zu nehmenden Quellen vornehmen und von einem hervorragenden Fachmanne, Oe- heimrath Revlbaux, fiber das ScBMicK-KüRNER'sche Project ein Gut- achten erstatten, lieber alle Punkte der Anlage sprach sich Professor Rbulraus in völlig zustimmender Weise ans, namentlich aber fiber die gevi^Qilte Art der Wasserversorgung.

Die Detailausarbeitung des Yogelsberger Projectes wurde dem Autor desselben, Herrn Ingenieur Schmick fibertiagen, und wurden die juristischen und administrativen Vorbereitungen denu t ln'schK'uuigt, dass mit gleichzeitigen Eingal)eii vom 2. Mai 1870 an den Magistrat und den ()1)er-Prilsidenten bestimmte Anträge gestellt werden konnten.

Von der Staiitsregierung wunl üe allgemeine Concession, die Erlaubiiiss zur Benutzung der Staatsstrnsseii für die Ifolirleitungen und das Hecht der Expropriation erbeten, den Studtbcdiörden das Project gegen Erst4ittuiig der Auslagen zur Ueberlassung ungeboten und zugleich die Bereitwilligkeit erklärt, znni Bau und B»'trieb des Wasserwerkes eine Actifugesellscliatt iiidrr Mithcthfiligmig der Connuune zu bilden. Magistrat iiiid St.ulf vi>n»rdm'te wählten letztere Alternative, und f'aiidt'ii ant (inimllagr w citiTi r rdiiiniissiirisclH'r Ver- haudluMgi'H ciKlIich iM stinmiungcu. dir Aiist lihriing der l''rankturti'r t^uellw asserlt'itiiiig 1 M-t rcttciid': und ein Statut für die zu liildende Erwt'rbsg»'ii(>ss*'ns< halt am 12. .luli l>>7tl allsritigt' (Ten<'liuiignng. Inliaitlicli ih's letztgenannten Schriftstückes wurde mit einem ("a[titale von :>ir>0(H)() (JuMen zur Durclifillii uu''- der \Vasscrvcrs()r<ruM<jf unserer Stadt eine Actienges<dlschat't gcltililrf. Kin Drittel des (xrniid- Oapitules und Gewähr einer 1 proeentigen Zinsgarantie übeniahiu die Commune zu ihren Lasten. Lu Ocfcober 1870 war man endlidi in der Luge, Hand an die AnsfBhrung einer Anlage zu legen, die bestimmt war, unserer Stadt, welche bei Aufstellung des fllr eine Maximalzifffar von ICD ODO Einwohner bemessenen Phijectes in 5260 laegenschaften aller Art 84 659 Insassen aufwies und bei dem end- lichen Beginn der AusfOhrung eine Bevölkerungsziffer von 87 850 Köpfen in 5330 Gebäulichkeiten besass, aus dem Bezirke Fischbom im Vogebberg, sowie dem Cassel- und Biebergrund im Spessart ein tagliches Wasserqnantnm von 600000 Cubikfuss zuzutlBhren, indess nach einer inzwischen auf Grund gemachter Erfahrungen über die Ergiebigkeit der Quellen getroffenen nachtraglichen Vereinbarung in allen ihren Einriditungen derart bemessen werden .musste, dass die Zuleitung von 800 000 Cnbikfuss pro 24 Stunden möglich erscheine.

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I'i. Quellwusäfrlcituii^ untl otlViitliihe Brunnen. ' |ol

Am 5. Deceiuber 1870 fand nach stuttgehabter Coiuurn ii/. die Ue1)ertragung der GMMiDuntliatt-Ausföbrung an die Firma J. k A. Aiiu> iu Beriin statt Schon im October 1871 muasfce dies VerhältDiss wegen unatt^leichlicher Differenzen gelöst werden. Erst im Harz 1872 waren die Folgen dieses unvorhergesehenen Ereignisses soweit fiber- wunden, dass der Weiterbau in Selbstregie fibemonunen werden konnte. Bereits nach zwanzig Monaten, in denen die Fassung der Quellen in Fischborn mit allen ihren Antegen, femer die, zwei Stfidte und elf Ortschaften durchschneidende Zuleitung nebst Zubehör in Länge von 65 878 Meter = 0 Metermeilen, weiterhin der Zwischen- behalter auf dem Aspenheimer Kopf, der Wasserthurm auf der Abts- hecke, endlich der Hochbehälter bei der Friedbei^er Warte und das StadtrOhrennetz in Lange von 57 744 Metern = 7 '/s Metermeilen (letzteres durch einen Unternehme) zur Vollendung gebracht wurden, gelang es am 25. September 1873, die Vogeldierger Quellen mit einem Tagesquantum von vorläufig 460000 Gubikfuss ftlr den Wasser- bezii«^' luisorer Stadt nutzbar zu machen.

Frankfurt war in/wischen zu 6200 Gebäuden und 97<Miu Eiii- wohnern jj^iMlii'ln'n. Um (K'ii conccssioiis- und vertni}fsniH.ssi«j zu be- schallV-iMlon Maximal -Tiiixeshedarl' vollends liefern zu können, erül>ri^te nodi (He VolK-mlunj^ (l»*r Spessartlcitung. Wenn Inn dt-n h'is dahin t«rti«;«i:cstellten Ausführungen Verhältnisse mehr thatsUchl icher Nutur lirtind zu unliebsamer Y vr/.ö'^vrwn'^ j^eV)oten, s<» waren es nun- mehr Umstände re cli 1 1 i c Ii e r Art. welche sieh riutT rastlM'M Er- ledij^nng der rfieksfäiidinrcii ArlM'itt u iiIht alle Maassen hiii<li'rud iu den Wi'<X stellten. Die Imoui^rucii/, der havt-rlMlieu Ex|»riipriiiti()us-Gesetz- ;4el)iiu}^ vttMi 17. Noveinhfr \ >^'M mit tleu in l'reus,seii l)e.st»*lu'U(len staat- lichen Einrie]itun<^en , welche hei dem im Jahre 18<)») statt^n haht^Mi An.schlu.s.si' bavi'i i>;rlier (Jehit'tsthcile au den l*reus.sis( h< n Staat uii- heuehtet «^rhlichrii \v;ir, machten iinum<;iin;^liiii nothweiulige Cifläufh- AhtretMUijen in den ehenuili«; bayerischen (lebietstheih'U des Kreises Orb so lan;>'e unuK^t^jich, bis ciiu' am !>. März 1874 auf Betreiben der Frunkturter (jucllwasserleituiigs-tiesellschat't ad lioc erl!Ls.sene Gesetzes- Nüvelle itemedur schallte. Es verzögerten sich indess die Erwerbungen des erforderlichen GelündeH durch Recurs der £xi r<i|iriirten an die höchste Instanz und langwierige GerichtsTerhandlungen bis zum Früh- jahre 1875, während gleichzeitig die flberaus schwierigen und umfang- reichen Arbeiten an den beiden, nachtraglich aus technischen und finanziellen Gründen zur ZusammenfUhrung der GewSsser des Gassel- und Biebergrunde« projectirten Stollen durch Vorschriften der zu

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102 IV. Csnaliiatio^ and Wasserversorgung.

R«cht bestehenden kurhessiachen Gesetssgebnng längere Zeit behindert und hinanageschoben worden. Erst im Sommer 1875 war auch die Spessart -Zuleitung TSUig fertiggestellt, und iSuiden die Quellen des Casselgrundes zum erstenmale am 13. Juni, die des Biebexgrundes am 8. December dieses Jahres ihroD Weg zu dem Zwischenbehalter auf den Aspenheimer Kopf bezw. nach Frankfurt.

Durch die unvorh^esehene Verzögerung bei Vollendung des Werkes und unter dem Einflüsse der für alle BaiuiusfDhrungen so Qberaus ungfinstigen Conjuncturen der Jahre 1871 1874 war die Frankfurter (iuellwasserleitiings-Oewellschaft in finanzielle Schwierig- keiten gerathen, die scbliesslich auf allen Seiten diu richtige Eiti.sicht zur Reife brin^tMi mnssten, dass nur flic (oiiimunale Gesammtheit eine d«Mii öftentlichen Bedürfnisse «gewidmete Aula«;«' von dicseiu Umfange auf die Dauer im allseitigen Interesse förderlicli zu betreiben vermögt'. Verliandlungen, in dieser Richtung ein<?<>Ieitet, gelangten schliesslich mit den von ))eide)i Sintcn ^eneliiiiii^tcii »liostiinniiin'Xen, die T^cher- nahme der l'rankfurter (iuellwaiWcTk-itiin«; durch die JStadt Frankfurt betr.« zum Ahsehluss, und >^in^ auf (h'r von ihuL-n gejrebenen Grunil- lage die inzwischen vollständig ausgebaute und projcctmilssig namentlich durch den Hau t'iufs rifgenrescrvoirs uuf der linken Mainscitc vervoll- ständigte Vogelsberger \\'as-<ervt'r><>ri.nnigs-Anluge am 'Ji^. August 1S78 in Besitz und Eigi-iitlinni der (ieim-inde über. Dieser, man darf sagen organisclic luul uiiverMieidlielir Alf-elilnss maclite die Stadt Fraiil\t iiil zur ausx lilies-lichell Herrin eines \\'-'l"kes, welrlies liinsicliflicli seiner natürlichen \ tirbediuirnnixcn in treraile/n hervorrasfeuder W eise trünsti<r besebafVeu. }»ezügli(|i w ivseiixliati lieiier und teeliniscber Aiisiint/ung dersejl>en in ('onception und 1 »luchtiihnmg (mit Ausnabuie ver.s( hwiji- deiider Kinzellieiteu ) als mustergültig bezeichnet wenlen darf (imd dal'ür wenigstens in auswärtigen Fachkreisen proplieta nuUus in patria allseitig erklärt wird).

Die Wasserversorgiing der Stadt Frankfurt, wie sie sich nach Vollendung des Werkes gestaltet hat, beruht, wie schon angedeutet wurde, auf Zuleituug von (^uellun aus zwei Gebirgszügen, dem Vogelsberge und dem Spessart (s. Tafel 5). Die Quellen im Vngelsberg entspringen ^mmtlich auf einem TerhaltnissrnäMsig wenig ausgedehnten, nur etwa 19*5 Ha grossen Gebiete in unmittelbarer Nahe des Oertehens Fischborn imd liegen hier, 139 an Zahl, in drei Gruppen in der kleinen Thaleinsenkung eines Bergplateaus, welches im betrüchtlichen Umkreis ans einem porOsen Basalt gebildet ist, der von einer schwer durchlässigen Schicht derben Basaltä unter-

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15. QiiellwasHerleiUtng und Affpntlirho Brunnen.

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lagert, pinz hosomlers ^eeijrnet «»rs«lu'iiit, diis Auitreten und die Speiismig völlig j^k'itliniils.sigei" (iuellfii zu be(lin«ftMi. wie diejenigen deH V(>«:elsher«res denn aiuii in Wirklirlikeit sehr constant sind.

Im S|M'-.^:irt lieLTeii die (Jnelien in zwei din-cli einen Hergrncken vtillig <^^'S( hieileneii Hi /.irken. rleni ( ' a ss e 1 g r n n d nnd dem liieluT- gnind, iMid zwar vi-rein/.elt im Walde, so dass das <,)uellgel)irt J'.MIa umtasst. Sie lial»en iliren l'ispninjjr liier in Sandstein, der in festem oder zerkliit'tt'tein Zustande aut'treteinl nur iiier nnd da von Im'si iiränkteii IJasalterliehungen durdiKroelien wird, meist nur vondi'innen ve;^'etatinn.s- tiiliigen S( hieiiten ül>erde( kt. al>er reich hewahh't i-<t. I )as sidir im)»i- bitionstTdiige (iestein nimmt rascli die meteoris<iu*n Niedersclüäge aiit", nacli anhaltendem liegen t)der nach dem Ant'gehen der Selineemassen erreichen daher die ihm entspringenden Quellen ihre höchste Ergiebig- keit, «ehrend unigekehrt durch Frost im Winter, oder iiu Sommer durch die dichten Waldungen das Eindringen ttm Wa»er in den Boden ver- hindert wird, so dam dann ein HinimaleitrSgniss vorhanden ist, die Quellen mithin in ihrer Wasserabgahe in bedeutendem Maasse schwanken.

Die durch natfirlichen Druck bewirkte Zuleitung des Quell- waasers bis zum Hochresenroir an der Friedberger Warte gesichieht in geiarennten Rohr-Abschnitten, Syphons. Diese Trennung hat eines- theih» den Zweck, &ne Minderung des Druckes innerhalb der Köhren herbeizufahren, sodann zu verhindem, dass bei einem eintretenden Defecte die gesammte 07 Kilometer lange Leitung sich vollstSnd^ entleert. Auf einem Berge im Kinzigthale, dem Aspenheimer Kopfe, ▼erein^|fen sich die Vogelsberger und Spessartquellen, um alsdann gemeinschaftlich nach Frankfurt zu flie.'isen.

Die bei Fischbach entspringenden V n g e I s b e r g e r Quellen, deren jed»', mm kann sagen, ihrer besonderen Individualität nach im eigentlichen I rsprung«'. womöglich im festen Uestein gefa^wt und von den» Zutritte de.s Tagwjis.sers nnd allen s( liädigentlen Kinflüssen durch Anlagen geschützt ist, welche mit peinlichster Sorgfalt ans^ geführt sind, werden zu grösseren Wasserlaufen vereinigt und ge- langen durch ein Cementröhrennetz von :i2()0"()0 m Länge und von 0-20 WiH 0*4r» ni wechselnder innerer Weite mit stetem neflille bi.s zu einem Sammelliassin in der Nähe V(tn Hierstein. Hier beginnt die eiserne Druckleit iiiii^. die in einer .Vnsdtdiiiiiiiir voji ItiSHt-jltni auf der Staatsstrasse von Hierstein bis \\'ä(Iiter«>l>acli nach dem Sanmielbehälter auf dem Aspenheimer Kopf führt. Der ludiistrang hat eine lichte Weite von in. besitzt an sänuntlicheii liiM-listeii

Punkten LuftventiK; (1 1 an der Zuhl) und ebensoviel Ablassvorricli-

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104 IV. CanalUation und WaMenrenorgung.

tui^en an tlcii tictsteii stellen. Der «^rösste Druck, den diese Leitung ausziilmlten hat, lieträjxt Atniosphärcii.

Im SjM'ssurt lie<^en die Din|j^r hinsichtlii Ii der Ziilcitunt; lit . so einfach. Hin Stollfii v()n 755 in Liiii^n' /wisclK-n Elselmclithal (HieWer^n-iniil I niul Hüclu'lUiiclitlial und ein /.weiter von 1022 ni zwiselien dicsmi und ileni ( 'asselLTruud Lfilit eiiiiMu runden, das Wasser der sechs <^rt>ss<'n '>uelh'n (]<'s f{iclM r^rinides und der t'ünt' im Stollen sell)st ent.sprin<;>-U(len CJutdU'U leitenden (yeinenindin-nstrani; von <•■()<» m Weite Durchlass. Iiis y.ur tiefsten (Quelle im Casseli;rund. dem (Üeser- 1)1 »rn. sind auch hi<'r, wie im Vr(i;<dsl)erif, alle ( "«Mnent/.uleituu^sndire. welclu' in iliren inneren I )imensi(inen von O'IH zu O'Gd m variiren, mit stetem Gefälle in einer Lün^e von ^»267*43 m hergestellt. Von der Bruunenkuumier im Gieserboru beginnt die eiserne Druckleitung zum Aflpenheimer Kopf, welche 7502'00 m lang ist und je '4 Luft- iind Äblassrentile enthalt, mit Ausnahme einer Stelle mit starkem GeföUe, welche nur 0'456 m lichte Weite anweist, eine solche von 0*533 m besitzt. Der grOsste Druck betrSgt in dieser Bohrtrace 12 Atmosphären. Bei Wirtheim durchsetzt das Bohr die Kinzig mittelst eines 17 m langen, in einem Graben der Flusasohle ein- gebetteten schmiedeisemen Dückers.

Der Sammelbehalter auf dem Aspenheimer Kopf liegt h& 242'43 Amsterdamer Pegel oder 82 m unter dem Anfange der Druck- leitong hei Bierstein, 9*77 m unter dem Beginne derselben beim Gieserbom. Er besteht aus vier Kauunem, hat einen Ablauf von drca 1000 m Länge nach der Kinzig und bildet den An&ngspunkt des zweiten Sjphons, welcher die vereinigten Vogelsberger und Spessart- wasser in einem liMOOm langen, mit 0 Luftventilen und 10 Ab- lässen verseheneu Rohrstrauge nach der A h tsh e ck e, deiu zwischen Gelnhausen mid Langenselhold auf einer .Anhöhe hei 207 A. 1*. be- legenen, nnt Steigrohr und freiem l eherlauf versehenen Zwisclien- behälter leitet. Von dort gelangt dus Wasser in einem Druckrohr gleicher Dimension mit 2S V)15'40ni Länge auf der Landstras.se durch Langenselhold nördlich um die Sta<lt Hanau hemm zur Mainkur und von hier an Horuheim vorüber nach dem ITochre.servoir hei der Fried- . beider W arte, dessen Hfdiencote hei 1 15 .\. I'. liegt. In ileui zweiten Sy|)ln)n ( .\s])enheinier Kotd - Aldslierke) heträgt der hr>chste Druck 10 .\tm(»s)»häreu , in dem dritten (Abt,sliecke-Hochre.servoir) 7 78 Atmosphären.

Der 1 1 o (■ h t( e 1 1 e r an der Frieilherger Warle, zu <lem von der Bruiiuenkummer bei Seckbacii, welclie das lllude der Druck-

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19. Quellwasserleitung und Affeotlkhe Brunnen. 104

]«tnng von der Äbtshecke bildet, ein 720 m langer jjpemauerter Canal ftthrt, fawte ursprOnglich 12000 cbm, ist aber aofort nach Uebemahme der Quellwasserleitung durch die Stadt durch Ausbau auf einen den geänderten VerhiUtnissen entsprechenden Fassungsraum von circa 18 000 cbm erweitert worden und besteht gegenwärtig, abgesehen von zwd Schiebarkammem, aus drei Abtheilungen von je 58'5m Länge, 32*25 m Breite und 3'5 m Höhe. Jedes dieser Compartimente ist der (^lere nach durch Scheidewunde in je 16 Gewölbe v<hi 8*2 m Breite «;retheilt, die abwechselnd auf der einen und der anderen Seite durch .■{■2ru w«'it(' Oeffhun^en mit einander coiuinuniciren und ho ermög- liclieu, diuss «las an der OstMeite einfliessende Wasser bis zu der an der Westseite betindlichen Ansflussstelle in steter B4''weLrnn«^ bleiben kann. Im Zusannuenhan^ mit der (h-itten Reservoir -Ahtheihmg ge- lange ein von d»'r östlichen Schieberkannner des Hochbehälter» aus- jjeliender 742 ui hinjjer Stadien zur Ausführung, der bei einer Licht- weite von }'4^) zu l lJTui l)e^ehhar und hestinimt ist, die auf dirscr Strecke dunhs<'linittlicli iHm miter Terrain lict^fiidc ]laii|itiulir- ableituu,t( von O"'» ni eiiiestlu'ils aufzunehua-n, andiTciitheils erfiudcr- lichei) Fiills zu cntlastfii. Auch kann durcli (Iciiscllti-ii das aus den Sauiiuflhcliilltcin /.citwcisc ülM'rhiiitVndi' («ItT ali/.u lassende VV^asser nuunielw direct uacli den Scliwcninicanäleu aljtlicsseu.

Der (J e <; e n l> e h ä 1 1 (' r in 8 a c h s e n Ii a u s e n liesit/.t einen Kassun^sraiun von ()joo chni. soda8.s gegenwärtig 24 200 cbm Wuisser aut"ges|>('icin'rt werden ktinuen.

Das S t r a SS e n r o h r n e t z iiat eine Länj;c von l^SlMTSOni und enthält '.V6 Theilkasten. t»'.»2 Ahsperrschieher, 20S A hhiMiMchieber, 13 Luftventile. Aufgeschlossen an dasselbe sind 1078 Hydranten, 156 Zapfbrimiien, 3 immer laufende Brunnen und 4 Springbrunnen. Die Länge der zu Privat- Grundstacken führenden Rohrleitung be- trägt 26 789*97 tai, welche sich auf 5314 Abzweigungen vertbeilen.

Die Verhältnisse, welche bei Bemessung der MaximaUeisfcnng der Vogelsberger (Quellwasserleitung zu Grunde gelegt worden waren, hatten sich bei der Uebernahme durch die Stadt gar gewaltig verschoben. Statt der vorgesehenen 100000 Einwohner waren nun- mehr durch die inzwischen ^folgte Inoommunalisirung Bomhdms deren 121 000 in 8200 Liegenschaften mit Wasser zu versorgen und es wuchs die Zahl derselben von Jahr zu Jahr in einem völlig un- vorhergesehenen Procentsatze. Die erste Sorge der Gemeindebehörden, nachdem die Wasserleitung von ihnen Obernonmien worden war. musste unter diesen Umständen natuigemass die sein, die Möglichkeit

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106 f'analisation und WassfrvcraorfEung.

einer erweiterten Wusserbescbaffiing ins Auge zu fassen. Da in- zwischen wissenschaftlich und praktisch nachgewiesen worden war, dass die fOr ein Wasserquantnm von 800000 Cnbikfüss angelegte Zuleitung in Wirklichkeit eine Durchlji.s.srahigkeit fflr iialu-zu oine Million Cubikfn8s hesitze« wurden zun!« list unter allseitiger Genehm- haltun^ VorarlM'iten anircordnet, die eine Untersucliung einiger nach dem Kinzigthui abtalleniK n wasserreielieii Thiiler des Vogelsbergs und Spessarts bezweckten. Mit (lestuttung der Preussischen und Hessischen Kejrierungen wurden seit l87i^ die zahlreichen dort vorlumdeneii (Quellen in Bezug auf ilire Orts- und Hidinilatre vermessen, ihre Er<ri(d)i<rkfit fin'tdauernd beol)ac]iiet, ilie liorlialteulicit und Temperatur des Wjussers untersucht und nanu'utlirh mit grosser G('uaui<^keit die eiut'ui A)>!i'ituu^sv()rs(hl:i<r«' zur Itasis zu tr('l>t'nd<ii Miiiiiiiali|nauta, sowold (h'r t'iuzelneii (Juclli'u als dfi- riiizchicn (^»iK'llln'/.irki' i-nuittrU.

Auf (Truudlatjf <li»v-ir lilicians <nr'_rt'ält it^ ausLri-t'iihrtcii Vor- herrituuf^cu ist dfii stielt l-rlu-n lifhr»rili'ii in ifniL''^ti'r Zfit ciiic uui- iasseudt* V<trlaif»' l»iv.ii;jflicli dt-r Hcran/.it'liiiii!^' weiterer '^hicllm zur \\'ass('rv('rs()i-n^ini<; uiistTfr Stadt nutfrlui-itrl uurdcu. r)ic uugeahuteu lii'sidtatr der Volkszähliuij; vom -lahre iSi^", wtdchc statt einer nach d»'u si'itht'riiri'U Zählmujfscr^Xfhuissi'U rechuuu^siiiässi<r m »t- wartendi'n Bevölkt-rungszitit r vnu 128 (MIO Einwohnern eine solche von 137 000 nachwiesen, zeigen, dass die Frage dringlich ist, da das verfügbare Wasserquantuni, welches, abgesehen von relativ un- bedeutenden Zubussen der Seehof-Qnelle und Friedbeirger Gallerie, rechtlich und thatsächlich zu der Zeit des grössten Consnnis immer nur HOO 000 Cnbikfüss betragen kann, selbstveratSndlich auch nicht annähernd hinreicht, die legitimen Beilttrfhisse einer in diesen Dimensionen anwachsenden Bevölkerung zu befriedigen. Dass es aber nicht möglich ist, bei irgend einer LSsung der Wasserversoigungsfrage Zeiträume von unabsehbarer Dauer ins Auge zu fassen, wie einzelne naive Seelen zum Schaden der Gesammtheit immer noch glauben machen wollen, lehrt wohl mit aller Bestimmtheit ein Blick auf die halbhundertjährige Entwicklung der bezüglichen Verhältnisse gerade in unserer Stjidt. Das lehrt auch die Erfahrung, welche namentlich wahrend des lautenden Sommers bei sammtlichen längere Zeit be- stehenden Wasserleitungen gemacht worden sind.

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V. NAHRUNGSMITTEL.

16. MAiiKTHALLE UND MARKT POLIZEI.

Von Stailtratli llOLTIlUF.

Das Murktwt'scM, «lic «xrordiu't«» V»'rs()r«;un«? städtisclier Gemein- wesen mit. L«*lMMisniitti'lii aller Art, Vdnu'liiiilicli mit den in sanitärer lt»'/,ifliiinir so ülxraus wiclitiLTcii Irischen PnMlii(t«'n <les Feld- nnd (laitcnliiiiies, ist jedciitalls iiiittT allen /\veitr,'ii ,],>]• r)tt*eiitli(dien \\ uldt'alirts|dlej^e (ierjeiiii^n' , welcher seither in Deutschland am stief'iiiiilterlichsten behandelt worden ist. Seihst in Hen <^n>ssten Stiidten. wo riesig' anschwel lernte Hcvidkenin^en die Fraise i'iner, dem Zufalle entzojieneii , ^ferej^felten und ^gesicherten Ziitiihr von Lehensmitteln mit griVsserem Nachdrucke der IJeachtun;^ auldrän^en, als in kleineren, ist weni^f oder ^ar nichts geschehen, nm die Markt fra«4;e einer erspriesslichen Lt'isun^ entgegen zn führen. So konnnt es, dass nirgends nndir nriiltester Schlendrian, verrottet^ste Tradition herrscht, als anf dem sog. städtischen Wochenmarkte, ob- gieicli diese Institution in ihrer Bedeutung für Lehen und Gesundheit weite^r VoUcsRchichten kaum weniger Beachtung verdienen mag, als and^ mit grosser Sorgfalt gepflegte Gemeinde -Einrichtungen.

Poeitive Schritte, /.. B. nm den stä'ltischen Marktverkehr audi nur von dem gröbsten Mis.sstande, von der aufsaugenden IJm.scldingnng eines im Stillen wuchernden Zwischenhandels zu befreien, der, zu Unredlichkeiten nach allen Seiten hin anreizend, seinen völlig unbe- rechtigten Lihalt darin findet, daas mit Udnen imd grossen BSnken mid Kniffen an derselben Stelle das ffir vier Pfennige verkauft wird, wo es knrz vorher f&r zwei Pfennige angekauft worden ist, positive Sciuritte, um dieses in seiner schädigiuiden Wirkung vielfach unterschätzte Element zu beseitigen, sind nirgends zu gewahren.

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V. NaLrunffsmütel.

Freilieh darf dabei nicht ausser Acht gelassen werden, dass die be- stehende Oewerbegesetzgebnng jede rechtliche Handhabe, uni Markte Angelegenheiten in Wirklichkeit für die Gesammtheit fördernd beordnen zu können, innerhalb des Reichügebietes beseitigt hat, 80 dass sich jede Gemeinde, welche auf dieaem Felde eine neue Oi^^nisation schaffen wiU, in völliger Rathlofdgkeit darfiber befindet, welche Einrichtungen zulassig smd, um das erstrebte Ziel m errdchen, und welche nicht. So bestand denn eine gewi^e Unsicherheit Ober (las zu Leistende, als man im Jabre 1860 dem als Erbstfick ans der Verliissi'iiscli.it't der ehemals freien Stadt nhcrnoiiiiinMien Gedanken »'ine8 Markthalleubauet) nUluT trat. Die völlige Vcniaclilässifrunrr, mit der man, wie anderwärts, hier das Marktwesen seit uuvurdeuklicher Zeit Ixdiandelt hatte, rächte sieh zunächst dadurch, dass es an jedem he<{luubigteu Anhaltspunkte fehlte, um auch nur den rein anüstren Um&ng der wirklich vorhandenen odt'r für eine ahsehhiire Zukunft zu erwartenden Verkehr ziitrefteud zu l)eurtheiien, geschweige dass man im Stande gewesen wUre, das innere Wesen desselhen, die nicht ^anz einfachen Vorgan«y<', denen man neue Bahnen vorsrhreihen sollte, auf Grund st^itistischer oder auderer Nachweisunm n licIihLj zu erkennen. Wenn es volle zehn .lalin- währte. l»is der im Jahre anj^erej^t»' Bau seiner Bestiuintun;^ iil>er<xt'lM n wcidrii konnte (was am lO. l'^ehruar j^,. schall ). so laj; das iiiciit znui wiMiij^sten

in der Unklarheit, welche lu'/iiLr|i(|| Kegeiuiig der ins Auge zu 1'a.s.scnden Verhilltiiissc vi»i"hantli'n war.

Nur einem ^'ünsti^eu Zuf;iMe ist es /u danken, dass ein weit umfan<;reicheres als das sclilicsslicli zur Ansfiihrun.Lr j/elani^te Projctt. welches nur hei Ank;ml hochwrrtjii<.(i'r Lief^enschaften zu realisiren war, aufj(«'gehen werden nnisste. Es mangelte ehen in den Kreisen, in welchen diese Erweiterung vornehmlich hetriehen wurde, die Erkenntniss, dass der Marktrerkehr »einem äusseren Umfange nach ein ao üheraus wechselnder ist, dass es nicht m^lich evscheint, für ihn eine unter allen Umständen und zu allen Jahreszeiten ausreichende LocalÜfit zu schaffen, ohne ihn entweder in irrationeller Weise zu belasten oder einen völlig ungerechtfertigten Cajtitalaufwand zu machen. Da die Stelle, an welcher der Markthallen-Neuban errichtet werden sollte, der Platz an der Hasengasse, von vornherein der Discussion entzogen war, wurde es möglich, das Gebäude in einer Lage, wie sie gfinstiger nicht gedacht werden kann, und in einer Form zur AusfiOÜbrung zu bringen, welche den gegenwärtigen Verhältnissen völlig ent^richt, ohne den zukünftigen in irgend einer Weise zu piäjudiciren.

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16. Marktlialle und Markt|N»l»ci.

Die neue sfödtisehe Markthalle, nach dem Plane des Stadt- baurath Beunke Ton diesem in sehr zweckmäsdger Weise aus Glas und Eisen erbaut, hat einen FlSchenranin von circa 5302 Quadrat- meter (= etwa zwei Morgen), auf dem an vier Wochentagen Klein- und Orossverkehr nebeneinander stattfindet; v^hrend sie nebst den umliegenden Strassen am Mittwoch und Samstag ansschlieaslich dem Kleinhandel (Wochenmarkt) dient Sie enthalt im Erdgeschoss 548, auf der Gallerie 347 durchflchnittUch 2*20 qm grosse Stfinde, von denen drcn 800 ständig für alle Tage in Be- nutzung genommen sind. 102 Keller und 16 Eiskeller werden theils stniuH«; vcniiietlK't, theils /u vnrülx-i irclu'nder Benützung ab«rt'^»'lM'n. Zw«'i hytlriiulis<li(' und ein Huiul -Aiitzu«; vormittvlii drn W-ikchr /\vis<lioii KelliT, KnlL(t'scho8.s und Gallerie. Iniierimni <lcr llullc be- tiiiilet sk'li iMiic tä;4lich ZU entl«'cn'ii<1(> Sammelstelle für AbföUe aller Art. Für die Beleuchtung fdnd 800 Flaninien vorhandon.

Man war zwar im Allgemeinen Ihm Anlage des Gebäudes von der Anschauung ausgegangen, das« es bei iSeugestaltung «les Markt- vcrki'hrs vor Allem darauf ankomme, den rnnsunjenteu in die Lnge zu brinefeu, möglichst dirert von dem l'roilucenten /u kauleu. hatte in dieser Beziehung andi wohl an l'ran/risisclie und englische Kin- richtungen ^»'edacht, es zei<;te sicli aber ^ar liaM. als praktische Ver- suche in dieser liichtmi«; an^'esti'llt werden konnten, dass i-s nicht thinilieh ist. lnstitu< ionen . welciie i^an/. t'eststi lit iide Sitten und <ie- wohniieitrn zui' \'nrau>srt/.un!4' haben, ohne weiteres dahin zu übcr- traijfen. \\n dii se nidit vorhanden siml. So sciieiterte z. Ii. die l)un li- liihrun^ «'Utent lieber \ ersteij^erunj^eu , wie sie in l'rankreieh und Belgien existiren, au rein locaien Hindernissen und Vorintheilen.

Bei der Ueberleituug des Marktverkehrs in die neuen K(»rnu'n zeijrtf .sich, dass eine angemessene Neugestaltung des Marktwesens nicht möglich sei, ohne dass der Gemeinde, welche Eigenthümerin und Verwalterin der ganzen Bünrichtung war, zugleich die Marktpolizei fiberwiesen werde. Eine desfallaige Vorstellung des Magistrats an die oberen staatlichen Behörden fand zustimmende Würdigung und es wurde dieser Zweig der Polizei im April 1870 nach Maassgabe des Gesetzes vom 20. September 1867 der hiesigen Gemeinde zur selbst- ständigen Verwaltung Überwiesen. Zugleich wurde, da Benutzung der die Markthalle umgebenden Strassen in unmittelbarem Zusammen- hang mit dieser für Marktzwecke vorgesehen war, die Genehmigimg zur Erhebung eines Marktstandgeldes auf Grund des Gesetzes vom 26. April 1872 nachgesucht und ertheilt.

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110

V. Nahning8iiiitt«>L

So war die Ghnindlage einer Organisation gegeben , welche sich insofern dnrchaus bew&hrt, als sie den Prodnctionsbezirk, aus welchem unsere Stadt ihre Nahrungs-BedÜrfeisBe befriedigt, in ganz erheblicher Weise erweitert hat. Die Zahl der den hiesigen Markt besuchenden Verkäufer, die sich ganz fiberwiegend aus wirklichen Producenten rekmtirt, hat seit dem Bestehen der Markthalle in jedem Jahre um 10 ^/o zugenommen. Wahrend in dem Rechnungsjahre 1870/80 aus dem Betriebe der Markthnllc (abgcHehen von den s (I n s t i g e n , aus «lern Mar k tverk ehre au f k o m ni o n d en Einnahmen) ein Erträ<?niss von M. (j.i898 erzielt wurde. Iietru«? das- selbe im .Tiilire 18S(I S1 M. 75 802, Im ersten (Quartale des Jahres 1881/82 wurden M. vereinnahmt, was einem Gesammterfi^ehnisse

von M. 87 000 entsprechen dürfte. Ks ist, wie gesagt, die Ursache dieser Zunahme des finanziellen Erträgnisses «ranz wesentlich darin zu erlilicken. dass Frankfurt seit der Xfuor<^aJiisirun^ des Markt- verkehrs iuuerhall) einer rehitiv l<iii/.«'ii Frist ein weit hedeutenderes, Marktwaaren |ir(»diiciremh's 1 1 iiitrrlaiul erwerben konnte, als vorher. Wils s<'ll)stverständlieh eine reirlilii Ihtc und eiitspret limd hiliii^ere Alinientirnuff bereits zur Fnl<^e ^ihal»! hat und iin-Iir ikmIi im weiteren Laufe der Zeit zur l'ol^fe haben uiuss. Die Marktstaiidufelder sind (hibei «(anz ül>eraus niedrig i^i'^^^ritlen. ()'.>gleieh lias (Jesetz vom 2ü. April 1^72. welches jede l{elastuu<x des Marktverkehrs mit lui- j;erechtferti«;ten Abgalien hintanzuhalten bestimmt ist, als Maxiuunu den lietrajj V(»n 20 IM', pro T!i<^ und (^uuilratnieter zulies.s, so l>e<_fnii<rte mau sich hier mit einem s(dclu'U von 10 Pf. und gewährte auf denselben den ständigen, regelmässig jeden Tag erscheinenden X erkäuteru einen entsprechenden Rabatt, 80 dass hier für den Qnndratmeter Stand ranni im EIrdgeschoflse der Markthalle einschliesslich der Beleuchtung und Wasserversorgung etwa 0 Pf. zu zahlen sind. Die Galleriestönde sind selbstrerstilndlich noch niedriger tarüurt Wenn dessenungeachtet die Ertragnisse der Markthalle derart sind, dass dieselben schon jetzt ausser Verzinsung und Amortisation des Baucapitals (welches beitiUifig M. 750 000 betrogt) eine reine Rente gewShren, so dfirfen die hiesigen Erfahrungen gewiss Antrieb f&r alle grSsseren Gemeinwesen geben, im sanitären nnd finanziellen Interesse ihrer Einwohner, dem hier gegebenen Beispiele zu folgen.

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17. Scblaiht- nnd Vielthof.

III

17. SCHLACHT- UND VIEHHOF.

Von Bauinspoi tor RÜGEMER.

0

Nachdem sich die /uatiindigoii Hfliöivb-n, wiilircnrl rinos Zt-it- ranmes von 1(5 17 Juhren, mit der wichtigen Aii;^^ h'<;<'nheit des Xt'iihuiis o'mvs Scliliicht- nml Vicliliofos bfscliiiiti^t hatten, ge- nehniij^«' nnttT «lein April ISSI die Stadtverordneten -Vorsuinni- lung, von den vielen während eines Zeitraunis von 0 Jaliren (hueh den stfultisclien I^aii - Inspectrir OrsTAV Hi <ii:.Mi;ii /.in- Vorhige ge- ))rachten l'rojeeten. das mit W l)ezei(hnete zur Austiihrung.

Narh diesem Projet t sidl <h'r Sehla( ht- iiml \'iehhi>t' auf der linlcsniainisclien Seite, in <h*r Xiihe (h-r ( il»cniiaiiil»ni( ke, aiit'stiidlisi lii'm Areal erriclitet wenh-n und niiniiit «In- N'ichhoi' (Xu. I des Ih-I- lülgenden Phnu's) eim-n l'liu henraimi von '.) Ha 1 a uml »Kl (jni ein.

Die von (h'iM ( )t]i iil)a( her lioc alhahnliof koniiiieiide Verhinilnn<<"s- hahn a trennt di ii^-i lhi'n in zwei Theih^, nüuilich den Markt für Kleinvieh h nnd denjeni<;en für Grossvieh c.

Der erstere westheh. an (h'm (iclcisc. mit eim'ni Ansla(h'perron d verseilen, an widelien sicli Ii Hiulit<'n c /nr Untersuehnni; der Thiere anscliliessen. entliält jiarallel mit letzteren nnd n<"»rdn<h die Stalluni,'en / tiir ca. 1170 Stück Schweine, mit einer Schwemme ff an der Stirnseite des betrettenden Gehändes nnd anschliessend hieran, in de.s letzteren mittlerem nnd .südlichem Theile. <lie Stallungen h fQr Znsammen 2030 Stück Kälber und Hammel, nebst Vorranm mit Brückenwaage t, worauf sodann die fiberdachte Düngerstätte Ar, mit Aborten I, f&r diesen Markttbeü folgt, wSiiraiid auf dar Sstliehen Seite des ganzen Gebäudes an geeigneten SteUen sich die Vidi- trfinken befinden.

Der GroesTiehmarkt, welcher eben&lls seinen Andadeperron tn mit Buchten n für den schon angegebenen Zweck an der Eisenbahn besitzt, enthalt weiter den offenen Marktplatz mit Standen für 840—960 Stock Grossrieh o, in der Weise, dass die Thiere auch

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112 NahrnnKsmittol.

an den Köpfen besichtigt werden können. Derselbe ist umgeben Ton 30 Ställen welche 720—900 Stfick Thiere aufzunehmen ver^ mögen, hinter deren östlichem Compleze sich wiederum 2 Dfinger- atätten q, mit Aborten und Pissoirs r befinden.

Beide Märkte aber «'ihaltfM ilm'ii Ahscliliiss <lurch ein Ver^ waltungsgebäud«' an dcni Mainquai, wrldii s «Icn Hau))U)ei1ürtnissen für die ^anze An.stait Reclinung trügt, (k-iiii liier findet sidi in der Mitte ein ;^rosser IJestaiirationssaal mit Vorhalle nach den Märkten hin, woselbst zu jcilcr Zeit die üeüchUfte ul)«^! lilossen werden können, indem dieser Saal auf seiner we.stlichen Seite direct in Verbiiidnn;^ mit dem hier anschliessenden \'('rwaltnn<^sban steht, so dass dnreh einen Schalter dcssclhcn. mit di>r ('assc der Verwaltung in unmiitel- bareii Verkehr getreten werden kann : auch befindet sich hier zu- «rleich das Bureau des Thierarztes mit \'nrranm von der Saalhalle aus. Auf der (istlichen Seite des Saales s< hliesst sich ilie Hestaura- ti(uiskiiche dicht au des.sen liiittet und finden si( Ii hier au( h einige besomlere I'estaurationszimmer etc. für den Aussen verkehr. Feber den betretVenden Saalanbauten aber liegen die W (ilitiungeu iür den Verwalter einerseits und den IJestaurateiu' andererseits.

(iesondert von diesem (iel>äutlec(ini|)lt'X und ebenialls am (^nai- eingang steht ein kleines Haus / zur Aut'nahuie des i'ortiers mit seiner Familie und der Stallknet lite.

Schlie.s.slich ist noch eine Flei.schbank u und eine üttentliche Impt'an.stalt v in dem Viehhof in Aus.sicht genommen und zwar erstere am Mainquai und so situirt, dass sie nur von diesem aus zugänglich ist, und letztere am Offenbacher Fussweg, ebenfaUs nur von diesem zugänglich, wodurch der Viehhof vom Betreten Unbefugter bewahrt bleiben wird.

Der ansdiliessende Schlachthof (No. II des Planes) mit einer GmndffiUihe von 94 a und 30 qm durch ein grosses Thor mit dem Viehhof verbunden, enthalt neben seinem Hauptzugai^ a, am Mainquai das Verwaltni^^ebäude 5, in dessen Parterrestock die Bureauz der Verwaltung und Fleischschau, sowie ein Portierzimmer und die sogenannte Meisterstube sich befinden. Darfiber im ersten und zweiten Stodc li^n die Wohnungen des Verwalters und Fleischbeschaners und im Dachstock diejenige des Portiers.

Das folgende Qebaudc ist das Schlachthau.s fOr Kleinvieh und Schweine c, in welchem 12 Schrägen fifir das Schlachten von Hümmel u und 6 dergleichen für dasjenig«« von Kälbern, sowie ca. 10 12 Stechplätze für Schweine mit 8 BrOhpiannen und 3 Marmortischen

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17. Stlilachl- und Viehhof. J 13

zum Ausschlachten dieser Tbiere w^^nomiiieii sind. Ferner sollen daselbst auch für jede dieser drei Gattungen von Thieren, 2 Ställe dd Platz finden, sowie sich denselben ein Raum für die Trichinenschau, einer desgleichen f&r einen Brfihkessel, sodann einer fUr die Mets^r und zwei ffir KaldaunenwSsche anschliessen.

Das Gebäude, ganz unterkellert angenommen, soll einen Speicher mit Äbtheilungen ffir die Hammelsh&ute erhalten.

Demselben gegenfiber auf 20 m Entfernung steht das Schlacht- haus fttr Groesvieh e, mit 54 Schlachtstellen, westlichem Ein- iind Sstlichem Amugang, einer Stube für Metzger, einer solchen für die Schachter und zwei Räumen für Utensilien, von welchen einer fQr die Schlachthausreiniger dienen kann; femer zwei bequeme Treppen, welche nach der Unterkellerung fDhren, die zum grossen Theil zur Aufbewahrung von Fleisch, zum geringeren und ganz gesondert für die einijPHJilzfneii Häute dienen soll.

llink'r doin Scliluchthaiis })«'finflt't sich ciiu' umt'unfrreichr lic- dürfiiis,>^instalt f für das hii-r vi i kehreiKle PtTstHial und vor der östlichen Stinie desselben, resp. des liier Ix titidlicheu Ausjifanjjes lie^ der geriininifje Platz // zur .Vulstelliin^ der Wagen für den Fleüsch- transport in die verschiedenen .Stadttheile, ihm gegenüber alu r »Ins Aiisfahrttluir des Schldchthofes Seitwärt« von diesem Irt/tin ii und so disponirt, das.s sie von beiden .St hlachtliäuseni h'icht /ii^äng- Heh ist, soll die r)ini«;erabtiihr durch Tnnnelinmtx nach dem Nieder- (juai i statifin(h'M. l)eu Schlnss von Kiin-iclitiiii;ii'ii für beide Au- st4ilt.en macht das V\ asserwei k /. /.iir llebiin«; von Maiii\va.sser ffir Reinigung tlrr S( hhu htiiäuser eiiierseit> und Ti iiikwa^ser ffir den Viehhof anch'riTseits. Ks ist deswegen zwischen dem Ochsemichlttcht- haus und dem \'it'liliof rlisponirt.

Ausser(h'm schlic>>t sic h ilem Schlachthof ii(»ch die Sanitär-An- stalt an und zwar in einem besonderen, am Mainquai gegen Osten liegenden Hofe l.

Sie hat einen SchlHchtraum für verschiedenes bezüglich seines GesundheitsziLstande» verdüclitiges Vieh, nebst dazu gehöriger Stallung und Unterkellenn^ mit besonderer Tre]tpe, sowie einen Raum zum Auasieden finniger und trichinöser Schweine und ist durch ihre Lage in den Stand gesetzt, ihre Entleerungen ebenfalls der all- gemeinen Düngerabfuhr i zuweisen zu können.

Schliesslich hat man als spätere Vergröeserung des Viehhofes das städtische Areal III und als eine solche des Schlachthofes das städtische Areal IV in Aussicht genommen.

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114 V. Nahnuigsmitttil.

Die Kosicn sind Toraussichtlich angenoiiimeii

tiir den Viehhof M. 1205 000

. » Schlachthof . . . . » 575000

Summa M. 1 780 000. I)iinli sjtfriellc Vt'ra(r<ir(linm«j;i'n der iM'trfüt'iiden li:iiiiir))eiten wird eiiie bedeutende EnuiLssiguug dieser Summe erwartt^t.

KUKLiEliUNG DES PLANES. I. Viehhof.

a Vcrltimlungsbahii zum Offfiibarlifr Lm-aUwhnhof; 6 Markt Air Kleinvieh; e Markt Ar Grossvich;

d Auslaih'pt'rrnn für Kleinvieh-. e Biu-htcii zur I'ntcrsiirhiiiig ilcr Thifre; / ütalliingeii für la. llTü Si hweim-; g Schwemme;

h Stallungen Ar ca. 2080 KAlber und Hämmel;

t Hrürkonwaagp ;

Jl- l olRt-dachte DOngerstätte;

l A borte;

IN Ausladeperron für Grossvieh;

M Buchten zur Untersuchung der Thiere;

0 Offener Marktplatz für 960 Stttck Grossvieh;

p AO Stalle f^r 900 ötQck Grossvieh;

q I)üIl}^e^f^tattcn ; f Aborte;

« Verwaltungsgehiude;

f portierhaus ; u Flfischliiiiik :

0 üeflentlichc Impfanstult.

II. Schlachthof.

b \ i'l'waltuugi^gehaude ;

e Schhwhthaus Ar Klehivieh und Schweine;

d St&lle Ar Kleinvieh und Schweine;

e Schlachthaus Ar Grossvieh;

/ Aborte;

g Vlatz zur Aufstellung der Fleisehtransitotlwageii;

h Ausfahrtthor;

1 DOngerahfuhr (tunnelirt) nach dem Niederquai; k Wasserwerk;

1 Sanitir-Anstalt.

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18. Verein gfgeu WrlaLs« hiiUK der Nalirungäiuittel.

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18. VEREIN

(iK(;i:N vb:h'KKi.scnnN(} imi naiikuncjsmittkl

UND SONSTIGEN VEUßliAUCUSGEeiENST^ENÜE.

Von Dr. PUILIl'P FKESEMüS,

In den Versamnilungen der hiesigen Chemischen GeseUBchaft wurden im Laufe der Jahre 18(39 1877 die Verfälschungen der Nahrungsmittel im<l flcn-n Hekiimpfuug vielfacli besprochen. Die.sen Anregung«'!! iiml den Bestrebungen der Vorstaudsujitglieder de» Lebensmitteivereins verdankt unser Verein sein Entstehen.

Ende des .luhn's 1877 wurde eine Versauiiulung von Inteiesseufm unter Vorsii/. des Hrrrn Polizeipribideuteu UEUUBNIlAiiN al>^n liiilt<'!i und die Griindimg des Vereins beschlo88en. Herr Geh. SauitätsiatU Dr. VAiutKNTiiAri' war zur Zeit dieser Versammlung zwar nicht in Fraiiktint anwcsciid, hattf jcdcK-li stlion vi«'lt"a('h sein Tiitm'ssc für Bfkäiiijjf'iii!^ d«'i- LclMMisiiiittrltVilschuii^fn kiiii(l^<'<;t'l><Mi und wurde in .Aiieikeniiiiii;^ st-inci- Verdienste auf allen (leWieten der (iesuiidheits- pflege per .Veclaniutinii znui N'nrsit/.i udeu des Meueii Vei-eiiis gewäliit.

Die Vorarlieiteu wurden in uielirercii Sit/.uH<;en unter Leitung des Herrn (t«'1i. Sanitätsratli Dr. Vakki:ntu.u»1' zu Ende «;«'l>i-atlit und die Sat/un</eii Iteratlien. Nach deusellieu wird die Mitfj^liedscliat't erworlieu dui( Ii Anun Idun^ heim Voi'stand und Zahlung eines jälir- licheii \ ereinslieitra^r^ von mindestens M. .5.

!So konnte der \ erein, dessen Zweck ist, »der Ant'ertif^un^ und «lern Verkauf von j^etlilsi Uten, verdorbenen uml ;_'i sundheits<refälirlielien Nahrungsmitteln und sonstigen Verbraiuhsgegenstäuden entgegen zu wirken«, mit Anfang de» Jahres 1878 seine Thätigkeit beginnen, nachdem sidi derselbe in ^er grosseren Vommmlung constituirt und den folgenden »Gebfihrentarif« durchberathen nnd angenommen hatte. Derselbe gibt die von den Mitgliedern für Untersuchungen zu zah- lenden Gebühren an; für NichtmiigUeder ist der Preis 50 ^/o höher.

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|]g V. Nabrun^iätuittel.

Gebfihren -Tarif ffir chemische und mikroskopische Prfifiingen yon

Naliriiiigsmittelu und soiistigtii Verbrauelisgc^^enstündcn.

Quantitäten '

Aar 1

einzuliefernden'

Proben

Preise lur

Vereins-

mitglieder

GegensUnde '

_ _ -

--- j

Mark

1.

1 •> T ifi>f

oV

» >

1 'Mut (•■■«mm 1 1 ^V/U VIIUIIIUI

it

Itruiuicnwaüsi'i', qualitativ

o

4.

Butler: a) auf Waaser und SaKgcnalt . . .

Dl aut andere irrnKio ncsiiiiminnw^

' TBxjo uranun

1

e o

mit Atisniiiiiiu- frcimuT rotte . .

JUU » 1

e O

5.

1 zw » '

e

O

6.

Chocolade auf einen Bettandtneil ....

Olm . 1

o

7.

1 200

.•>

s.

( onditurwaaron auf L'iftiL'»' Karbon ....

1 2 Stock

10

9.

Kssig: a) auf iiüneralischc> Säureu ....

1 Liter

b) auf andere firemde Beimischungen .

! V.

1 10

10.

Fleisch auf Trichinen oder Fiiinm ....

100 Gramm

Ii

11.

Mrist hwaaren auf Tricliincii fidrr Finnen . .

100 .

1

12.

l"i litsäfte auf Karlu n u. giftige Beiiuiscliuiigt n

•juo .

' 10

, 2 QDecimtr.

5

14.

i 2 »

1 ^

15.

Gewfirse aller Art: a) mikroskopisch . . .

i 25 Gramm

' 5

25

5

16.

(iumniiwaari'H . . .

2 Stück !' 5 200 Gramm '| ^

17. Honig «uf Stirkemelil

18.

Kaffee auf cinon Hrstandtlicil

200 »

5

19.

liiitwiTgen auf Farben u. giftige Beimischungen

200

1 10

20.

200

! 5

21.

200

5

22.

200 »

.•>

28.

Milch: a) auf W;i«s(.r und Kahm . . .

Liter

H

Ii) auf ändert- fremde lieimiscliungen .

> , »

i 5

24.

1 2 □Decimtr.

5

25.

Schinken auf Trichinen oder Finnen ....

100 Gramm

3

26.

Spielsachen

2 Stftck

27.

Syrup auf Varlien und jriftiv'e Heiniiseliungen .

j lUO Urainm

10

28.

Taliuk auf uu>talli.schc lieiniiscbungeu . . .

100

Ä

29.

1 2 □Decimtr.

5

m.

1 100 Gramm

.*»

31.

1 Topf

32.

, */• i^ter

1 5

88. Wunt: a) anf Stftrkemehl

200 Gramm

' 3

b) auf Trichinen oder Finnen . . .

200

i t

c) auf Farbestoffe

•2<M>

34.

1 200

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18. Verein itogen Verftlsrhnnft der Xahnmfrunittel.

117

Wie gross auch anfangs das Bedfirfbus zu sein schien den F^- schnngen der Nahrungsniittel und sonstigen Yerbrauchsgegenslande entgegen zu treten, so gering ist zur Zeit die Zahl derjenigen, die den Verein in Anspruch nehmen und zu benutasen wissen. Die Zahl der Untersuchungen fttr fremde Rechnung belSuft sich fttr den Zeit- raum Ton circa drei Jahren auf 120 Niiuiniem, während der Verein selbst, ,d. h. dessen Geschiftsführer und Vor8tand8init«rlioder aus In- teresse xnr Sache selbst circa 100 Nummern, meist Wurst und Fleisch- waaren nnt<'rsnc1it«'n.

Das liesultnt der Untorsiuhnngen ist ein ffir (Im Uandelsstand Frankfurts sehr günstiges, indem nur selten Fälschungen nachge- wiesen werden krmnen.

Wenn ancli «las Prüfen der eingeschickten I*roben auf chemischem und mikroskopischem W ^ire immer ffir «len Auftraggeber mit Kosten v«'rknü|)ft ist, so wird die Vermittlung di's Vereines in der Ablage- stelle Zeil 4Ji hei wt-itfiu nudir , ja faist tiii^lich vou Solchen in Anspruch g»'nomni<'ii, di«' nur ein nirmdliclifs (iuta(diton ht'iin.^iirnclien, welches st'lbstredt-n«! kostentVci iil»;^i't;'t'lM'n wird, und ist in dieser iiinsif Iii das Arl»t'it-^t""-ld des Nfrfiiii's ein rcrlit fr^pru'^-'üclics.

<ir<il»f Fiilschnntj'Mi uiul otlciiljurt' B»'tniir<Mt'i.'n sind ja von ji'iltMu Fat hniaiin iuit' den rrstfu Au<^i'us(di«'iu und mittelst finfat ln-r chcniis( her 1»« at ti(tut'U y.u cdustaiiri'u. /. R. die Feststelliui^'. nl» etwa zu Markt i(ehra( htes <)])st uureit'. I i>t lie taul, Wurst sjuier, Getlügel verdorl)en, Butter ranzig, iMilili gewässert etc. sind.

Schon schwieriger siiul die rntersuchun<;en der vielfac h getVilsch- ten Gewürzpulver, des Weines, des Mehles, der Liqueure und Frucht- safte, der Brunnenwasser etc., welche Proben von der Ablage.stelle aus einem daani bestimmten Chemiker oder Hikrodcq[>ikar fiberg(>ben werden, fUr deren Bemühungen dann laut Tarif liquidirt wird.

Die hauptsüchlidiste Wirkung des Vereines aber ist sein Be- stehen selbst, die Angst vor dem Vereine nnd dessen Urtheilsspruche, femer die Unterstützung, die derselbe den polizeilichen Lebensmittel- prflfnngen gratis leistet. Femer gereicht dem Vereine zur Qenug- thuung, dass die Gemeindecasse durch seine Wirksamkeit von der Gründung einer amtlichen Nahrungsmittel -Untersndiungsstation, die jahrlich Tausende verschlungen hfttte, Abstand nehmen konnte.

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118 ^ V. N»hniiif{8miUt'l.

19. DIE FRANKFUIiTKli MILCHKUB-ANSTALT.

Von Dl. med. Vi( TOK CNYKIM.

»An<^t'sic]its (l«'s iinj^ünstigtMi (JcsuiKllifits/iistuiidrs nml «Irr wahrhult t'rsrlircckcndt'n Storl)li(hk<Mts/itt't'r il<'rji'niLr<'ii Kimlcr. wt'U ln* mit der in Städten i^i-hräiichliilu'n, känlliclifn Milih aut'^»'/.i»«rt'ii werden, war nnin dazn j^ekonunen, künstlich zuhereiteto Krsiii/niitti'l fQr die Kuhmilch zu ersinnen. Unter den zahlreichen Prüpunitcn solcher Art haben einzelne sich mehr oder weniger brauchbar erwiesen, keines aber hat dnrch seine Erf olge den Satz lungestossen, dass der natürliche und beste Ersatz fQr die fehlende Milch einer gesunden Mutter oder Amme in der Thiermilch zu suchen ist, vorau.sgesi>tzt, dass diese in bester, gleichmSssi^^ Qualität zur Verwendung kommt.

»Um Letzteres mOglich zn machen, muss aber die Milch nicht allein nnzersetzt und unverfälscht an die Gonsumenten abgeliefert werden; es innss auch die Froduction derselben an besondere Anstalten fibertragen werden, deren Anlage und Betrieb nach bestimmten Vor- schriften der Hygiene g&refgeit und einer entsprochenden Gontrole unterworfen ist. In diesem Sinne wurde zuerst in Stuttgart die Milchkur -Anstalt des Herrn Gritb gegründet; andere Städte folgten dem gegebenen Beispiele nach. In Frankfurt am Main nahm auf Anregung der Herren Dr. med. DB Bart und Prof. Dr. Lbonhardt der AerzUiche Verein die Angelegenheit in Berathung, und in der Folge eröffnete am 1. April 1877 Herr A. Stockhatbr die Frank- furter Milchkur-Anstalt, mit deren Ueberwachung der Aertzliche Verein eine besondere Commission betraute. Die Anstalt, die anfangs ihre Localitäten in der Bnr^.stra.ss<> in Bornheim hatte, siedelte 1879 nach nengehantcn Räumlichkeiten in der Scliwarzbnr^r.strasse über. Sie hat, Dank dem iinerniüdliclii'n StirluMi ihres Biwitzers, rd)erall sich den Huf einer Musteranstalt erworljen nnd entspricht vollkommen den geht^ten Erwartungen der Aerzte und des Publikums.«

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19. Die Frankfurter Milrhkur-Anrtalt. II9

So heisst *>s im Eingang de^ Tor Kanem nen formulirien nnd vom AtMv.tlii In n N'rn'iii g«' nehmigten »Programms ffir Anlage und Betrieb <l< r rrankinrt.T Mih hkiir-Anstalt«. Die Grnnilsät/e. auf weMicn ilit' Anstalt l»».sirt i8t, bestehen wcs^Mitlich in Folgendem:

Die Kühe der Auatalt gehören dem Toggenburger Sihlag dea grauen Schweizer YieliP» an, welcher vorzüglitlu' (ii wiilir für eine gesimde nnd kräftige, znr l'erl.sucht nicl>t disponirte Coustitution <ler Tliiere bietet. Sie wenh^n din'ct aus ihrer Ileimath importirt, und /war wi'idi'ii ilie geeigneti'n Individuen ch»rts»*II>st durch den Eigen- tliiiiiur der Anstalt oder (ansnaliinswcis«') durch einen Vertn-ter di'sscUx'n ausgewählt. Vor ilirrr Kinstfllmi!.: in den Stall unterliegen sie einer tliierärztlichen Tontrole. |)ie Kfilie, weh he gekaliit iialieii, werden in der .\nstalt dunh eiut'U gesunden Stier ihrer Hasse von Neuem In trui litet. so daiss .'i 4 Lactationsjierioden zur Ausnüt/ung kommen kr>nnen: d(Md> dürfen die Thiere nur in ihrem kräftigsten Lehensalter, d. h. in der Zeit vom dritten bis zum Seliluss des achten Lc'bensjahres, in der Anstalt uehalten werden. MindestiUi.s zwei Monate vor dem Kalben Tuiissen sie trocken sttduui.

Die Anstalt ist ausser aller \ »'rbindung mit anderweitigem laml- wirthwhaftlichem Betrieh nnd nährt ihre Kühe nur mit bestem, dsus ganze Jahr hindurch gleichniilssigeni Trockenfutter: per Stück und Tag 15 Kg Heu, nebfit O'/i Kg Mehl und Kleie; dazu Gg Salz; als Getränk wird nur Quellwamer gegid^en. Der Stall, gesund nnd luftig, ni^ bei der Stadt gelegen, hat sehr gute Ventilation»- Vorrichtungen, ist am Fnssboden nnd der Decke, sowie am unteren Theil der Seitenwinde cementirt, mit reichlicher Wamerspalnng versorgt und an die städtische Gaiuilisation angeschloasen. Es wird auf sorgfältige Hautcultur der Thiere Bedacht genommen.

Die gmolkene Milch wird nur als Sammelmilch von einer grßsseren Anzahl der Kühe ausgegeben. Das Einfällen der Milch in sehr sauber gehaltene weisse Glasflaschen von ^(t—l^jt Liter Inhalt, das Verkorken der Flaschen nnd ihre Verklebung mittelst Etiquetten ist derart organisirt, dass iigendwelche Verfälschung der Milch nicht vorkonnnen kann. Ebenso wird die gute Conservinmg der Milch bis zur Ankunft bei den Consumenten erfahrnngsgemäss vollkommen garantirt durch eincMi raschen Transport mittelst zweckentjjprecheud hergestellten FuiuTwerks. Den Abnelmiern der Mih Ii wird eine ge- druckte Anweisung zu richtiger Behandlung der Milch übergehen.

Ein im Einverstän<lniss mit der l-eberwiichnngs - Commission iuugirender Thierarzt beaulkichtigt die Gesundheitszustände des Stalles.

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V. Nabningsmittpl.

Es wird ein Krankeiyonrnal gef&hrt, ferner eine Nachweisiing Ober Herkunft, Einstellung nnd Abgang jedes einzelnen Thieres, m\nv ein Melkregiafcer. Arilomotrische und nach Bedarf iinulvtische Untersuchungen der Milch ^cscliclim dnn li den ('licmikcr dn- l^-ber*- wachungs-Conimi^^sion. Der Ki<^t'iitliünier der Anstalt, der auf dem Gmndstfuk wohnt, ist verpflichtet, sidnc geseliäftlic lu- Tliätigkeit ansst-ldief«licb dem Anstaltshetrich zu widmen. Kr ist für Einhaltung des Fro^'rammes der aus drei Aerzten, einem Thierarzt nnd einein Chemiker bestehenden Ueberwachungs-Coniniission verantwortlich, wchlic ihrerseits dem Aerztlichen Verein über Ausübunfj des von ihm »•rtlieilten Mandates Hochenschaft iri^'t. Den» Publikum ist eine Coii- trolirun^ <ler Anstalt durch den Zutritt zu dert'u i{;iuruen eruici^lirlit.

Die Sunriue dieser Kinriebtuiitreii und AuordinmKen sichert der Anstalt flie Erfülhui^ ihrer Aut'j^ahe: » llerst<'l!ini<^ von Kulnuilch. hei deren l*roduction nnd Hehiiu(lluu<^ alh-u Antordeniiiueu der liviricne j^enr<^t wird, nnd die daher verni(i;^M' ihrer l'eschaireiiheir i^o-eiLCuet ist. zu Kurzwecken v»'rwendet zu werden, besonders aber als Hrsatz- uiittel tiir Kranenuiilch bei Krniihrun^ von Säu^Hiuireu zu dienen.«

Die praktisclien Ertoljje, welche die Anstaltsmilcli seit nun vier .jähren auf dem bezeichneten (iebiete anfznw«'isen hat, sind nach dem ZengnisR der Aerzte auaaorordentlich •^tinstige. Es spriclit sich die steigende Anerkennung dieser Thatsache in den Entwickln ngsdait^^n der Anstalt «is« Mit einem Bestand ron HO Kfihen erölffhet, nnterhielt sie im Jahre 1881 durchschnittlich 81 Melkthiere. Verkauft wurden :

1877 (von April an) . . 121 :):»(> Liter Milch,

1878 J7r)215 » »

1879 284 470 .

1880 sifison » y

Es l)leibt zu btMlauern, dass bei den Leist un^'en. w»'lclie die Anstellt für Herstellung ihrer Milch aufzubieten hat, der Preis der letzteren nicht anders als ein hoher sein kann: r>(» Pfennig per Liter nnd dass daher der Bezug die.ser Milch für- Unbemittelte behindert ist Um diesem Uebelstande abzuhelfen, ist eine grössere Anzahl von Aerzten kfirzlich zusammengetreten, um fDr die Be- schaffung eines Fonds zu sorgen, durch wekhen die Anstaltsmilch den im ersten Lebenqahre stehenden Kindern unbemittelter Eltern zugänglich gemacht werden soll.

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VI. BEHCEKÜLICHK THiETlüRHlT.

20. DAS SANJT.CTSWESEN UND DIE SANimTS-

COMMJÖSiüN.

Von Köi)i);li(-Ii('ni P(ili/.i>iprüsi(liuni.

Vor ih'V \ «•r»'iiii«(nnj; rlor Stadt l'raiiklurt um Main mit dfiii l'rc'ussisclu'ii Stauito war «las ^^csanimtv Mrdiciiuil- und Saiiitälsw »'stMi in hiesiger SUult und deren (iebiete dem Sa n i t ii t s- A in t e aln oberster Medicinalbehörde unterstellt. Dieses Sanitüts-Anit bestand aus dem jedesmaligen jüngeren Bürgermeister und den vier Physikern als Beifliteem mit berathender Stimme. Vom Semit emamit, bildeten die letzteren in ihrer Gesammtheit (das Physicat) eine technifich-rath- gebende Behörde auf dem Oebiete der gerichtlichen und polizeilichen Median. Die Gompetenz des Sanitats -Amtes und des Physicats war durch die Frankfurter Medicinalordnung vom 29. Juli 1841 ger^lt.

Nachdem durch die Allerhöchste Verordnung vom 22. Februar 1807 die Stadt Frankfurt a. M. dem nen gebildeten Regierungs- Bezirke Wiesbaden zugetheilt« durch das Gesetz vom 20. Juni 1807 eine Künigliche Polizeiverwaltnng hier errichtet und durch das Oesetz Ober die Polizeiverwaltung in den neu erworbenen Landes- theQen vom 20. September 1807 die Sorge fttr Leben xmd Gesund- heit den durch dieses Gesetz zur Ausflbung der Polizeiverwaltung bernfen»»n Behörden übertragen worden war, wurde das SanitiUs-Anit durch [^'kanntnnichnng der Kruiiglichen Hegierung in Wiesbaden vom 14. December 1808 aufgehoben. Die Beiugnis.se des letzteren gingen nunmehr auf den Königlichen Polizeipräsidenten über, soweit dieselben nach den allgemeinen r(»mpet<»nzvprhUltnis8en und den für die alten preussischen Lande.stheile bestehenden Einrichtungen nicht den höheren Verwaltungsbehörden vorbehalten waren.

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VI. BehArdliche TUtipkeit

Mit der weiteren Reorgankation der hiesigen Medidnalein- richtungen wurde demnächst erst ycngegangenf nachdem der eine der ans dem Frankfurter in den prewniaehen Dienst fibemoromenen Physiker gestorben, ein anderer in den Ruhestand Teraetzt worden war. Mittelst Erlaflnes des Herrn Ministers der Geistliehen, Untere richts- und Medicinalan^i'K'^mhoiton vom 13. Auf;iist 1R74 wurden hierauf für (1<'ii Stadtkreis Frankfurt :i. M. zwei Kreisphysiker ernannt und dem einen die sanitäispolizeilichen Geschäft«', dem An- dern die gerichtsärztlicheu Fnnct Ionen ühertrafren. Der jrleitlizeitij^ neu an^esk'llto »Krti-^wnndarzi iiWernuhm die I)ieiistnl»Iie«;enlieiten des zweiton (ierichtsarztes nnd die ständige Vertretung des mit den sanifötspoli/eilicheu Geschäften l)etrauttMi Kreisphysicns.

Für die veterinUrpolizcilit Ik n Ans^eie^enheiten, deren Walir- nehniung früher dem ISauitäts-Aiut obhig, wurde eiu »Kreis -Thier- arzt' ernannt.

In .\iistiihniii^ des Heicli.s -Impf^»'s<'tzes vom S. April lS7 t sind ffir <le)i hiesigen Ort fiinf Bezirks -Impf ärzte l)esteilt worden, weli In- der \ Knialmir der MnentLCt Uluhen Impfini;^^en l»ei ilen hierzu aiilte- raiiMitrn ritifiitliciien Impt'termiiien sich iinteiziehen. 1 )ie '^rih*iliiaiiiiie «hr JJevülkeniug bei den öllentliclien Im])lnngcn ist von .iahr zu Jahr ^estie^en.

Kin l)eamteter Ciiemiker ist d«'rnialen noch nicht bestallt, es sind inde.s.sen melirere Folizei])eamte mit der l'rüfun«; der Leln-ns- mittel und insbesondere der Milch auf Fäischinij^en vertraut ^enniciit worden. In zweifelhatten Fällen werden die erforderlichen chemischen Untersuchungen durch die Untersuchungsstation des Vereins gegen Verfälschung der Lebensmittel in amtlichem Auftrage bereitwillig Busgefahrt.

Alle die Örtliche Oesundheitspolizei betreffenden Anordnungen werden hiemach dermalen durch den Polizeipräsidenten, unter Bei- rath und Bfitwirknng der erwähnten Kreis-Medicinalbearoten, ge- troffen und zur Ansftthrung gebracht. Der Landes-PolizeibehSrde der Königlichen Regierung zu Wiesbaden ist neben dem all- gemeinen Aufinchtsrechte insbesondere die Prfifting nnd Approbation der Medidnalpersonen , die Revision der Apotiieken, sowie die An- ordnung aller im landespolizeilichen Interesse nothwendigcn Maass- regeln, wie z. B. die Anzeigepflicht der Aerzte bei Infectionsknink- heiten. Torbehalten.

Eine ständige Sanitlits-Coninn's.Hion besteht am hiesigen Orte nicht. Das altpreussische, noch jetzt in Kraft befindliche Regulativ

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20. Das SanHitswraen nnd die Auititii-ronimissioii.

▼om 28. Ocfcober 1835, durch welches das foiidaiiernde Bestehen solcher ComnuBnonen in allen grosseren Städten der filteren Provinzen angeordnet worden ist, hat hier GesetKeskraft nicht erlangt Die Königliche Regierung ertheilte indessen mittelst Verfdgnng vom 27. Februar 1879 dem Polizeiprüsidenten die Ermüchtignng, im Falle des Bedfirfnimea, also namentlich bei ausbrechenden Epidemieen, nach Maassgabe des erwähnten Ilegiilativs eine Sanituts-CommisKion zu benifrn und des Beirathes derselben sich zu liedienen.

Die Bildung nnd ]ii rnfnti<_r einer solchen Sanitäts -('• Immission wurde zuerst erforderlicli, üb* im Sommer des Kriegsjahres lS7ü in dem zur Äufnahme di r venvnndeton Krieger hier errichteten grossen Militär -Lazaretheu Fälle von Ruhr und Typhiw in grosserer Zahl :uit'tr!iten.

In di«' «^fdiK lite Comniission tratm damals ein Mitglied des Maxist mies, drei Stadtverordnete, der ('()nHnan«lenr d«'s hiesigen Firsat/. - Hataillon.M. zwei horvorragende Privatärzt«* die Doctoren der Medicin G. V.VKKKM K \i'r und W. ni: Nki kvili.k , der Kreis- plivsicns und der (iariiis«»ii<arzt. Auf (irnnd der < '(iinniissions- I»('S( hl lissf wurden Anordnunt^i'ii zu uiiitassendcr Dfsini« » tion der Alxirtc auf den liicsitfcu BaluiliiWi'u Lfctrotlfu und an das Kriiii;,'lirlu' Krie<^siniiiist»'riuiu die Bitte ^cri« litt t. !{••( (»uvaleseentfu, \v«'|< ln' an <li'r Ifulir Lri'litten liattfii, iia( Ii i'iit lernt gelegenen Lazaretlien ferner- hin iiiilit luflir diriLjirrn zu la-scn.

Die Im l'ürclitett' W eit» rvri hreituug. der Uidir trat ^^lückliclu'r- wi'ise nicht ein. l)a<;e«;on luacli im Monat .lanuur des .lalires IHJI hier eine Blatternepidfinie aus. Auf Anratht-n der in ihrer frü- heren Znsammen.setzung berufenen Sanitäts-Commission wurde sofort eine Station ffir unentgeltliche Im j düngen und ein grosses Noth- Lazareth in Baracken errichtet, welche der Magistrat bereitwilligst herstellen liess. Die Verptiegung der Kranken in ihren Wohnungen wurde nur zugelassen, wo behufs der Isolirung ein besonderer Wächter bestellt werden konnte. In der Zeit vom 1. Januar bis 24. Mai 1871 erkrankten damals 631 Personen an den Blattern, von denen 75 Personen verstarben.

Als sodann im Monat August 1871 die Cholera in Berlin auftrat, wurde die Sanitöts -Commission wiederholt zusammenberufen. Auf Grund ihrer Beschlasse wurde eine umfassende Reinigung und Des- iufection sSmmtlicher Abortt* und Cloaken hiesiger Stadt nnd der benachbarten Ortschaften angeordnet und energisch durchgeführt. Es muss hier noch erwähnt werden, dass aus Anlass der drohenden

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VI. BehArdlicho ThitifrkHt.

. Gefahr viele angesehene hiesige BUiger zo einem Comite zusainnien- traten nnd die BehGrde bei Ausführung der angeordneten Schutz- maassregeln namentlich auch dadurch wesentlich iinton<tntzten, «lam unTermögendeii P(>rKonon die erforderlichen haaren Mittel zur Aur- fOhnin^ ihr j^t'troftV'iieii Anordnnnjjen gewahrt wurden.

Die Stadt und Ümg^end blieben Ton dem Auttreteu der Cholera verscliont.

Den lt>t/.ti ii Anliiss znr lioruf'nn^ d<>r Sanitats-Oomnuasion gab die in Ende rk-s Monats Mai 1874 uiisfirt'hroclione Typhnsepideniie. Auf Aniv«;nn<r der r(»ninii;<Mion wurden säninitlitli»» Brunnen ]iiesi«fer .Stallt auf die licscliatVcidK'it des Wassers untersucht und ein <;r()ss<>r Theil derselben «jcsclddsst'ii oder doch mit \Varniiu<js])Ia<'at<'u ilcs Inhaltes verstdien. d;i>s das ilarin Itetiudlithe Wasser zum tieuusse nntau«(lii h sei. Seitens der städtischen jiehr>nleu wurde s(dort für ausreichende /ufiiliruu«; von <Jnellwa.-ser an Stelle der <,festhl<»ssein'n Brunnen L'csitri.^t. Die umfassende 1 )esinff(tion der alten ('anale und alh'r Almrte wur»le schleunifj^st herheiireführt. Da;^ei;en wurde ••N nicht t'fir erfordei Ii( h era( htet. die damals in vielen Strassen der Stadt in An<^rif!' «genommenen Arheiteu heluifs llei-stellun«; der neuen Si hwemni-t'anäle /.u unterbrechen ; indessen wurde der aus den Baufrrnben geförderte nchlammige Unter};»'rund desinfieirt und fort- geschafft. Die Epidemie, anfänglich in milder Form auftretend, er- reichte ihren Höhepunkt im Honat Juli 1874 und erlosch im Januar 1875. Von den erkrankten 758 Personen starben 110 Personen.

Von \veit«»ren Kpidemieen ist unsere Stadt bis zu ilieser Zeit ver- schont geblieben nnd die Berufung der Sunituts-Uonimiasion nicht wieder erfonlerlicli geworden.

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21. iStädtisrher Gesund hriisrath.

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21. STiEDTISOHBR GESUNDHEITSRATH.

Von Senator Dr. vor OVKN.

Dem VerfaasangBorganisiiinK der freien Stadt Frankfurt ent- sprechend war die staatliche uinl i- omm u n a ] e Wirksamkeit in gc SU n (I h e i t spol izeili c h er He/ieluing, wie in anderen Zwei- gen der Puli/.eiverwaltung, eine einheitliche, von den-« Hm h jrrsetz- lichen und »«Iniiiii-trativen Vorscliritten al>hün^i^e und V(in denselben Helicirden und Beamten geübte. Dieser Aufpilie entsprachen alle Medicinalnriltiungen, welche hier geset/.liche Gültigkeit erlangt hatten mu] es begegnen in diesem Sinne sich die Ketormation oder Erneuerte Ordnung des h. Reichs Stadt Frankfurt. «Iii- PHege der Gesund- heit Ix-tretfend , vitm 19. Septeniher KitiS und (h'reii Annexe.') die ( iivissinT/o'^liclie MedicinalordniMig für flii- Studt Frankltirt und die da/Ii geli(»ri;_^t'ii I )(>rfsciuil'tt'n. vom 20. I )itciiiImm' Isjit,-) die Medici- niiliirdnuiig für die frcii' Stadt Fiaiikluit. vnrn -Jl*. .luli 1S17. und die neuest«' im Wesentlirlicii noch gültige Medicinalordining für die freie Stadt Frankfurt und deren (iehi.-t. vom 2!». Juli 1S41.^) Das städtist Iii' Saiiität> -Amt in Neiui-r nacli let/terem (teset/e geregelt*.'n ZuiJtandi;^keit umfasste alle Z\vei<.ff der Mt'<lirinalpolizei,

Dieses \ erhilltuiss äu<lerte sich durch die K<inigl. Preiissischen Gesetze vom diK .Juni und September lS07 über die Kin.setzung und Zuständigkeit der I'(ili/ei Verwaltung in den neuen Provinzen. Dem Königlichen Polizeipräsidium kam mit der gesummten fibrigen Polizeiverwaltung die Sorge für Leben und Oesundheit zu; der siftdtischen Gemeinde blieb nur die Feuerldschpolizei , die Feldpolizei und die Baupolizei (Verordnung vom 24. Septem- ber 1867 im Amtsblatt S. 1809), wozu später die Marktpolizei

') Beyerbftch, Rammlunf; Frankfiirtor Vcrordniingon TU. S. 1819—1444.

•) Frankfurter IntellifTtn^MnU v. .1. ikii Nu. ii—il.

*) Frankfurter Ucsct/.- und sutuiun - Suniinlung U«!. I. a SIS— «OR and VII. H. i(.t:i— 896. Vergieiche Stricker, Geschichto der Heilkaodc und Tonraudton Wiii»eiMcli«fton in Frankfurt a. M. 1M7. 8. SX

«

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VI. Beh«rdliche Thitigkeit

nach Verordnung vom 20. Mäns 1870 ( Amtsblatt S. 94) hinzukam. Eine (Hrecie fTandhubun^ Htieli Mtnitärer üezVi^e konnte dalier der Stadtln'lirirde nur in AusnbiiTi»x der BanpoliziM zust4'li«'ii ; ln'i der Marktpoli/ei war die Coiitrole der Lebensmittel in Hanitärer Bezie» kun^ ibr nicht eingeräumt worden.

War hicrnacb eine eigene administrative Tliätigkeit bei Haiid- habung der öffentlirhen ri<'suii(Ih( its{iiic*>f)- iln- städtischen Behörde versagt , so musste doeli iler Magistrat bald erkennen , dass t-r in seiner allgemeinen Verwaltnngsaut'gabe vielfach zu einer Mitwirkung und Heratliung aiu-b in bygij'niscber Hinsielit berufen war und dazu, des Heiratlis uml di-r Aiitkläruiig seitens siK livcrstäiHligrr uml wisscii- schaltlicli !4Tl>ililt'trr Miiniirr des Mrdirinult'arli.s niclit eutlM-lirt-n kriiiiic.

Die ( >i)t iiiiilsi( ht üImt ilir stiidtisclu-n, der Arnieiijitit'ixi' oder llcil- zWiM'kt'ii geuidmt'ten .Stiltimgen, die lt;iu|i(ili/.('ilifiien Annrdimngcn. die Fürsitrgi' für die hygienischen A iitnidcniiigen an die Scliiilliaiitcn, an Armen -Asyle, an (»ffentliche IJatleanstulten, an die Strassen reini- gmig luid die Ent- mid Hewässerung der Stadt alles wichtige Aiit'gal»en der Stadtverwaltung erheischtt*n eine stete und sorg- fältige Kenntniss und Hi-ai lituug der in gesiiudhcitlicher lic/ichung von Wissenschaft und Krlahi uug aut-rkaunten Maassnahmen. Hierzu kommt die Mitlierathung des Magistrats bei Erlass polizeilicher Ver- ordnungen, welche für die Gesundbeitsptiege vom Königlichen Polizei- priisidiuni erlassen werden sollen, und an die stiidtischen Behörden wird die Ffirsoige für Herstellung von HoUsanstalten bei Geflihr- dnng der Öffentlichen Gesundheit durch drohende oder anegebrochene Senchen, ffSr die Vorkehrmaassregeln, ffir entsprechende bauliche Her- atellungen und Eingreifen d«r Armenpflege fiberall da herantreten, wo nach Analogie des altpreuasischen Regulativs vom 28. October 1835 (0e8.-S. 1835 S. 239) und der VerfUgnng vom 27. Februar 1879 eine von gemischten Vertretern gebildete Sanitats-Com- mission zusammenberufen und deren Vorschläge in Ausführung gebracht werden sollen. Musste sich hiemach begreiflicherweise eine Centralisumng der Localgesnndheitqtfl^ in den landen der städti- schen Behörde als wfinschenswerthe und anzustrebende Aufgabe zei- gen, so blieb so lange dies nicht zu erreichen war nur der Weg ofl'en, sich ein besonderes Organ für die PrQfhng und Begut- achtung eingreifender und wichtiger Maassnahmen auf hygienischem Gebiete zu sichern. Einen solchen technischen Beirath zu bilden, ward durch Magistratsh. m lihias vom 29. Juli 1870 der Städtische Gesundheitsrath berufen.

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21. SUliUischer Gesundheitsrath. 127

Der süssere Anlaas daza wurde durch eine Eingabe des Aerzi- liehen Vereins vom 28. ISSn 1870 geboten. Es wurde in derselben unier Hinweis auf die in England durdi die seit 1848 mit Erfolg wirksamen Qmeräl boards of heaUh^ die MeiUcal afjfkersaf Aeattft, denen die Publie heaUh aet und die Samiary ad von 1806 eine kriftige locale Thatigkeit gestatten, auf die in Frankreich seit Napoleon L bestehenden Omatü» de sahtbrUi pnHaque^ auf die in Belgien und in Schweizercantonen eingesetzten ahnlichen Behörden ab Bedtbrfniss fOr Deutschland nicht blos eine staatliche Centeal- behorde^ sondern fflr die Einzelgemeinden auch ein Orts-Gesundheits- rath bezeiclinet. Des letzteren Wirksamkeit wfirde zur Erfcmliung sanitärer Missstande, zur Vorbereitung der Mittel zur Abhfilfe, zur Vorschlaguii<r. i ventuell Anwendung der iir)t}ii<rt>ti !1U)f8maa»regeln eine nnifiisHeiuIe sein können; den stadtischen Behörden wfirde er mit Gutachten in allen sanitSren Fragen zur Seite zu Mt(>iien lialx n. Filr iseiue Zusammensetzung wurden zwei Magistratsglieder, drei bis fünf Aerzte, ein Clieiniker, ein bis zwei Ing^ieure vorgeschlagen.

Dieser Autnig des Aerztlichen Vereins war vom Magistrat zum Ge<;fnstjmd der Berathung einer aus Magistrats- und Stadtverordneten- Mitgliedern zusaniniengeset/.teii gemischten Connnissicm gemarlit worden. Aut ( i iita<-liteii derselben vom '17. Jnli ls70. das dem inzwischen aii^i^ehroi lienen 1\ rietrs/.ustande lieclinun;^ zu tragen hatte, wurde jedoch keine (nganisitoris( he definitive Einrichtung beschlossen, sondern nur eine provisorische in d«'r Art. dass

1. eine ('onimission hestidlt wurde, w»dche ül>er alle Maassregeln, die in gesundheitlicher Bezitdinng l'iir hiesige Stadt zu ergr«'it'en oder zu veranlassen sein werden, (intat Ilten, Vorschlüge und Anträge dein Magistrate zu erstatten hat;

2. diese Conunix-^ion ist

a) aus zwei Magistratsmitgliedern,

b) vier Aerzteu, unter welchen ein Physicatsarzt,

c) einem Chemiker,

d) einem im Ingenieur^ oder Baufach erfahrenen Techniker zusammenzusetzen, welchen ftlr S])ecialfillle Männer des betrefienden Fachs beigeordnet werden können;

3. die unter 2 b und c bezeichneten Mitglieder wird der Aerzt- liche Verein Torzuschlagen ersucht;

4. diese und die übrigen Mitglieder ersucht der Magistrat um freiwillige unentgeltliche üebemahme der Functionen und del^irt zu denselben seine Mitglieder.

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VI. Behördliche Thätigkeit.

In dieser Weise wurde, nachdem die Stadtverordneten nichts gegen die Anordnung erinnert hatten, durch obigen Magistrats- beschlusä vom 29. Juli 1870 der Studtische Gesundheitsra^ creirt iinil durch Magistrat^beschluss vom 4. Aiirriist 1870 auf stattgehabte Vorachlaf^e des Aerztlicheii Vereins in »einen Mitgliedern (Senator Dr. VON Oven, Senator Dr. J^büer, Geh. Sanitätarath Dr. Varrentrapp, rhysicn.s Saniiiitsratli Dr. Kloss, Pliysieiis D) ''umlsiieim, Sanitätärath Dr. med. Alex. Simi:.<s, Chemiker Dr. phii. J. Zik(sler, Ingenieur S. 8cHiKLK) <f)nstituirt. Au stelle des am 8. September ISSO ver- st4)rhenen Dr. CuAIL.^iiEiM trat am 12. November 1880 Dr. med. Emanuel Mauci s. Am Ii. .\ugiist 1870 trat der Gesundheitsratb zu seiner ersten Sitzimg (unter dem Vorsitze von Senator Dr. VON Oven) zusammen und be^iinn seine Tliiitiijkeit, die im Folgenden*) in ihren wetieutlicheii Aul'gubeu ge;H;hildert werden »ull.

1. Der erste Oeg«'nstand, welcher die Berathnng der neuen Behörde in Aiisprnrh nahm, war die nach Auslnurh des Krioge.M von 1870 an «lie städtischen Behörden herantretende Frage über die in hiesiger Stadt zu en'ichtenden Verpt'legs- und Heilanstalten für die aus den Kriegslazarethen aiiher zurückverleirten Verwun- deten und Kranken. Für die Zi'rstreuung der Kranken, Des- infectif)n, Hut- und Bewässerung, (iberhaupt für die Herstellung der Barackenlazarethe wurden die erford«'rlichen M;i;issregeln begutachtet und ilereii Ausführung von den einzelnen Mitgliedern eingeleitet und iiherw arht. Die von nnlitärisriier Seite angeregt*- l.'eberweisiuig eines stii<ltis(iien (Jehiimles für Kühr-. Typhus- niul riiolcrakianke winde iini l^n. August 1870 abgelehnt und die Zer.'^treuung der Kranken in Zelten und Baracken beantragt.

2. Hieran schlössen sich mebrtache Gutachten wegen Fii tisch reitens gegen Verbreitung des T v p h n s. welche in dem Jahre 1870 1871, und insbesondere 1874 aus Anlaas der UeberfüUung des lieilig-Geist- Hrtspitals, wegen DesinfectionsmaitssregelUf Untersuchungen der Schul- häuser u. a. m. erfordert wurden.

3. Auch hatte der Gesundheitsrath in der Erörterung fiber den Neubau und Umbau des Dr. Senckenber gesehen Bürger- hospitals sich in ausftlhrlichem Gutachten g^en die Wahl des Bauphitses im Innern der Stadt ausgesprochen.

') Ueber die bisherige Wirkiuunkeit des OesundhciMratbes sind Berichte crschionon in den Jahre«berieht«n Ibar die Verwaltuog de» HedlebielweeeiM In Franktart. XIX. Jnkif . ass-ML XXI. Jnbrr. S. «7-13».

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21. SOdttecher G«simdheitorath.

129

4. Im Jahre 1871 wurden bei Herantreten einer Blatternepidemie die Aufnahme deae Blatternkranken und die Frage Ober Neubau oder Erweiterung des Rochus-Hospitals auf längere Zeit Auf- gabe der Berathung. Es wurden zunächst als Anshfilfsmittel die Errichtung von mehreren auf 20 24 Betten berechneten Baracken^ Heranziehung von Localen im anli^i^den städtischen Areal und Ver- mehrung des Heil- nnd Pflegepersonals veranlasst. Dabei mussten aber zugleich durch Berichte vom Mai und August 1871 die Mängel des jetzigen Blattern- und Syphilis -Hospitals eWirtt rt und erkannt Wi'rdon, Hass sownlil dii» iiiteriniistiscli getroffenen Einrichtungen, als der Zustand drs }|<>s|iital8 selbst nicht den Anfordi ruii^ri>n genUgen könnten, welche in Bezug auf zweckmässige I nti rl)ringi]ng und Zerstreuung d<M- Kranken, nnd Vorbedingungen der lieilpflegc, ins- besondere auch in Bezu«; auf Wasserversorgung. I.ilftniig nnd Des- intVrtion, Entwässening, Bad«'V(»rrirlitimfr«'n. ras(ln> lirst ititrung der Leichen u. s. w, an eine soiclie Anstalt /.u steiler» wäieii. Ein Neu- bau und Wahl eines ueei<.M)etereii IMat/es für solchen wnrde daher empfohlen. In letzterer llinsiiiit war schon 1>^71 iui April auf Antra;^ des rtlegaints ein Areal ant deni MülillM rtre aN sowohl für den nächsten Zweck, wie für den eines All;(enieini-n K rankeniianses passend. l»efürworttt nnd venu Ma<;istrate ausgewählt, von der Stadtveronliit ten -\ ersanuidniiLT aher ans ästhetis< jieu (irüuden verwortrn worden. Es kamen nun im Laute der Jahre 1S71— lS7r> andere Hau])lät/.e. wie das Setdiofirdände. das Areal de> vorhandenen Hospitals. IMät/.e au der Frieilherger Landstrasse, auf dem l(<Mlerl>er«xe, . in Sa( hsetiliäuser (ienuirkung an der Salpeti'rhiitte. Fiusteräcker, au «ler Landwehr luid am Atfensteiu in Begutachtung, 'die nu^hr oder minder annehmbar oder verwerflich befund«Mi wurden. Für den letzten Fktz war schon im Juli 1874 zur Feststellung eines Bauprugramms ?om Gesimdheitsratfa und einer Hanskizze von der Baudepntation geschritten wcnrden, als dieser Platz durch vortheilhaften Verkauf dem Hospitalbau von den stiidtischen Behörden wieder entzogen wturde. Die Berathungen begannen von Neuem; sie unt^brach die Ende 1875 ausgebrochene Blattemepidemie und erheischte zunächst dringe liehe FQrsorge ffir HOlismaassnahmen imd Barackenbanten in dem Itochus- Hospital. Diese Nothstande fahrten, im Einklang mit dem Pfl^ipunte und dem Arzte letzteren Hospitals imd dem ärztlichen Vereine, den Gesundheitsrath in einem Berichte vom 20. März 1870 zu dem Vor8chlf^(e, dem in keiner Weise mehr auszuweichenden Bedürfnisse dadurch entg^n zu kommen, dass zunächst ein

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130

VI. Behördliche Thitigkeit

Pockenhans (AbsonderungahanR) gebant werde, jedoch in d^ Art, dass dasselbe emstweilen selbststandig ausgestattet, spater Tbeü einer nnter gleicher Oberleitnng und Bewirthachaftung stehenden, jedoch von ihm isolirbaren stSdtiachen Krankenheihmstalt in^beeondem Pavillons werden könne.

Auf dieser Basis kamen die Auswahl zweier Plätze zwischen der Hanauer Landstrasse mul ilt ni Maiiiui't^r, der eine näher, der andere otwas weiter von dem bewohnten Stadttheile entfernt, sowie die Aufstellung eines Pmirrammes für ein (iesainnitkrankenhans nnd die Entwürfe für den Hau. welche die Baudeimt^ition aufgestellt hatte, in den Jaliren 1877 1879, «)dann in specieller Be<rrenznn«x auf den vorläufit^en Bedarf für ein Blatternhospitjil mit .52 B<lteii. Wirthschaftsj^ebäude, Leichenhaus, Verkelir für Hülfsbeaniten in den Jaliren 18S0 ISSI in fortdauernde Berutliun«^. deren Erj^ehuLss end- lich im Frülijiihr 18SI unter \'(U'selil;i^' eines lu'ueu im westlicluMi Theile der Saeliseniiiinser (ienuirkunj^ am SaiKlIiotwei; urejetrerien Platzes zin- definitiven Entsscheiduu^ den städtisrlieii BclHn deu vorliejrt.

.">. Das Hi»s|iital zmu Heili<ren (leist «jfah nielirtatli Anlass /.ii Aensserun^eu des ( iesundheitsratlis. Zuerst hatte dersellh' 1S74 ge;^en »lie von dessen i'tle^amte liiusithtlich der Theilnalune an Sectiouen seitens externer Aerzte j^etrtdl'enen l)es( liriiiikenilen Anordnungen sich aussiirerlien müssen. 1874 un<l 1S7.'» kam die L'ehertiiUiin^'' dies<'s Hospitals \vejj;en der Tyidiuskranken sowie 1879 die Vorsi-hl;i<^e des PHt't^aimts zu neuen Instructionen für die Aerzte nnd Hospitoliueister in Erörterung und auch

G. bei dem Auftreten von FSIlen von Febris recurrens im Jahre . 1880 ward der Gesundheitsrath im Hinblick auf die Raumbeschrfinknng in diesem und den Übrigen hiesigen Hos]iitülcrn nnd der Schwierig- keit der Absonderung zu mehrfachen Outachten über Beschaffung von HfllMospilfilem zu 40 50 Betten im Dominikaner^ und eventuell Oarmeliter-Kloster aufgefordert. Hierbei wurde auch eine sorgfältige Ueberwachung der Sch^erhorbeigen in Bezug auf Lfiftung, Uein- lichkeit und Luftger&nmigkeit anger^.

7. Die Entbindungsanstalt kam 1872 hinsichtlich ihres Fortbestandes als städtische Anstalt nnd Stiftung oder ihrer Auf- hebung bei den st&dtischen Behörden in Betracht. Der Gesnndheits- rath stimmte fflr den Fortbestand einer solchen in jeder grösseren Stadt kaum entbehrlichen, in sanitärer und wohlfahrts- polizeilicher Hinsicht enipfehlenswerthen Einrichtun«^. Die VerwaltiUlgsordnuug fiir dieselbe wurde 1874 in einem Behebte an den Hagistrat erffrtert.

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21. Stidtiseher OesundheitsrftUi.

1:31

8. Die Znsfünde deR hiesagen Schlachthauses und die leb- haftere Anregung einer besseren FleischschaUf insbesondere auch Trichinen-Untersuchung, beschiftigten 1873, 1875 und 1879 den Gesundheitsrath in mehreren Sitzungen. Man erkannte eine soig- ^tigere Tridiinenschau für nothwendig neben der Polizeiverordnnng ▼om 30. April 1864; mnsste aber Yon praktischen Vorschlagen ab- sehen, da erfolgreiche Maassregeln nur nadi Herstellung eines neuen zweckmassigeren Schlachthauses und Herrichtung geeigneter ünter- snchungslocale für den Fleischschauer, bez. einen Thierarzt getroffen werden können.

0. I rajfen fiber die Errichtung einer öffentlichen Anstalt zur technischen Untersuchung von Xahrungs- und Gennss- mitteln, fil>er Bier pressen etc. etc. kamen 1879 und 1880 zur Besprechung und ßegutachtun^f.

10. Die 187') von den Königlichen Hegiernngshehönlen nnger^^ Krage über Nothwendigkeit oder Zw« rkni!issi<,^kt'it einer Vermehrung der Apotheken, namentlich in der Au&semttadt, wurde vom 6e- »undlieit.sr.ith ablehnend begntacht^'t.

11. Die Ki'visioM der H e g r ä Ii n i s s - ( ) r d ii n ii g im .lahre 1877 gal) Aula.s.s zu Aidrägcti in Bezug auf die Wirksuiiikrit d»'s Friedlud'siirztes, Zeugnisse tiir Bc. rdiguni^s- Erlaultuiss. Bi'iiut/.img d«'s Lcirheuhauses, Desinfectioii d<T iinilti- ht-i (ndcgcnlieit drr in Bf- erdigungställi II nöthigeü Oeti'nuiig denselben, und ßeptluuzung der Friedhofs -Anlagen.

12. Hinsichtlich der städtischen C a n a 1 i s a t i n und llaus- entwässeruug hatte der (icsnndheitsrath Aulass, einerseits die b«M Ausbruch der alten Cauäle zu beobachtenden Vorsichtsniaassregeln anzugeben, andererseits sich eingehen<l über die Zulässigkeit dt'r Einführung des (yanalinhalts in den Fluss zu äus.sern. £s hutte nämlich auf Grund von BeHchwcrden der Mainanwohner unterhalb der hiesigen Gemarkung das Königliche Ministerium ein Gutachten der wissenschaftlichen Deputation über diese Frage erhoben und auf dessen Inhalt hin die Fürsorge für Berieselung bald zu treffen verlangt. Der Inhalt dieses Gutachtens iand in einem erschöpfenden Berichte des Stadtischen Gesundheitsraths eine einlSssliche Erörterung, namentlich wurde die Unrichtigkeit der &ktischen Prämissen desselben in Bezug auf den Gesundheitsstand der Stadt, der Art der Camü- einführang und Spülung, der Wasserversorgung und der Gefälle und Stromgeschwindigkeit des Mains nachzuweisen versucht und die analoge Heranziehung andersFortiger Flussverhältnisse auf diesseitige

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VI. Behördliche Tbitigkeit

weit gfinstigere Sachlage bestritten. Wurde aacb die Berieselung mit dem Ganalinluüte als ein wohl ins Auge za fassender und vor- znbereitender Abschluss der Ganalisation empfohlen, so konnte doch bezQglich der Dringlichkeitsfrage dem Gutachten der wissenschaftp liehen Deputation nicht beigetreten werden. Der Magistrat hat diesem Gutachten gemäss AntrSge in Berlin gestellt. Die abfällige Aufnahme letzterer seitens der Königlichen Ministerien veranlasste sodann im December 1875, Juni, October und December 1870 wiederholte er- gänzende 1111(1 erläuternde Vorlagen, die sich insbesondere auch hin- sielitlich der Anlage von Klärbassins und Sedimentirungsanlagen behufs der Einführung der Caiialstotte in den Flu.ss ausspmchen. (Die betr. Gutachten sind abgedruckt im .Jahresbericht über die Verwaltung des Medicinalweaens 1875 XIX. S. 245—282 n. 1877 XXI. S. 73—135.) Bedauerlicherweise mt diese wichtige Angelegenheit noch in Schwebe.

1:^. In neuester Zeit lug dem OesnndheiKsrath eine umfassende und schwierige Aufgabe in der Hegutac htiiug des Entwurfs einer neuen Bauordnung für hiisi^:!' Stadt vor. dfren L(")sinig er sich diircli die verdienstliche VVi<lnning seiner ürztlicheu Mitglieder iu au.stuhrliclier eingehendster Weisr unter/.og.

Xtu-li manche andere Errirtt-rungen über einfachere Matcrif-n nml einzelne Fälle hatten den (icsnudlieitsrath bes<-}iiU'tiLrt. ?js tienüufe die obige /.iisanunengedriingte l)arst«dlung. Sie nirigr d»'n Heweis liet»>rn, wie die Berufung einer Liteal-i iesnndsheitsl)elir)rde als niit/.lich. ja unentbehrlich, jedenfalls rationell gerechtfertigt sei und wie der Uebergaug der Local-(iesundheitsj)(»iizei in die Hände der tienieinde- behörden und damit die selbstständige Thätigkeit letzterer auf diesem Felde zu dem Gemeinwohl erspriesslichen Erfolgen berechtigen wflh^e. Es dtbrfte eine solche Udiartragung der Sanitatspolizei an die Gemeindebehörden die Wirksamkeit centraler Oberleitung seitens der Staatsbehörde nicht schwächen, sondern den mm allgemdnen Besten dienlichen Vorschriften durch ihre zweckmässige, den örtlichen Verhältnissen iingepasste Anwendung erst ihre richtige Bedeutung und Erfolge zu sichern ged^et sein.

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22. OeffentUches Inpfwesfii.

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22. (KFFENTLICUKS IMPFWESEN. Von Dr. B. MARCUS.

In der ehemaligen Freien Stadt Franktiirt bestand kein directer Impfzwang; die Hedidnalordniing vom Jahre 1841 sorgte aber ftlr

eine iiidirecte nnrcliffllinui^ der Impfling bei einzelnen Clausen der Bevölkernng. In ihren §§ 149 154 bestimmte dieselbe, dass geimpft sein iiinssen :

1. Kinder, weh )ie in Armen- und Waisenhäusern oder in sonstigen ätaats-Versorgunsanstalten aufgenommen werden

sollten;

2. Kinder, deren filtern aus Armencassen Unterstützungen er-

lijilten ;

3. Kinder in öffentlichen oder Privat-Schulanstiilten;

4. .T<Ml»'r, Ein<fel>orener »»der Frejndcr, der als Lrhrlinj; oder (iesellc ))t'i Handwerkfiii (•(]<'!• Kfiiistlcrn. oder als Lehrlinjjf odei' (iidiült'e ])ei Kiiut leut4.'U autgeuonimen wurde, Howie jed»'r Dienstlxdt':

5. »Solduteii, aii;,fcuorl)('iif oder fonscnliirt«- :

6. Jeder, der mii Aiitiialune in das Biirifcncclit und d«'n n»'i- SHsst'iix liiit/ nachsuclite, bei verheiratljeten J'ersonen auch deren Kinder.

Wie nian«;elhsit"t nun antli diese lifstimninnj^en waren und wie sehr auch besonders das I-'chlen einer j^eset/lielieii Anorthunif^ über djis luipten aller Kin<ler unter dem schnipfliclitigen Alter in die Augen fällt, so wjrd allseitig dcx;li versichert, dass Vaccination und Revaccinatiou hier niemals einen eigentlichen Widerstand gefunden haben und ohne gesetzlichen Zwang also freiwillig in möglichst ▼ollkommener Weise durchgefOhrt worden sind. Der hohe Nutzen der Impfung war allgemein so anerkannt, dass die Bemühungen der A«rzte, ihr bei allen Bewohnern Eingang zu Terschaffen, den besten Erfolg hatten.

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134 VI. Behördliche Thitigkeit

Aach in den ersten acht Jahren nach 18(30 änderte sich nichts an den seitherigen InipfvOThHltnis.son, du die Frankfurter Mcdicinal- ordnung von 1841 in toto nicht iiufgehoben wurde, wie sie denn, beiläufig bemerkt, auch )i( ut*> noch, wenn auch durch eine Keihe von Specialfjfcsctzen durcl)l(klierti^ZU Hecht besteht.

Jilrst das Reichs -Impfgesetz vom 8. April 1874 fülirte den Impf- 7.wim^ in Frankfurt ein. In GeijjäsHhüit dieses Gesetzes wurden polizeilicherseit.s die öffentlichen unenttreltlichen lnipl*unj»en ange- ordnet, für die übrigens schon die städtischen Behörden gesorgt hatten. Die Kosten /alilt der Kreis.

Die Stadt ist in !* IiiipilH'/.irke eiiiijetheilt. Im Stadtkreis l'raiikfnrt (wozu die Dorl'scliatten des eheniali<^en Freistaates l'ranktiirt : (M)rrrad. Xiederrad. Hausen, Xiederursel und Honaiiies j^elii'iren) entfallen von ilen Kinderinipfun^eii etwa ein Drittel, von den Scliulini|itnii^( u etwa drei F'iinftel auf die (»Hentliilien Iniidiiistitiite. doch werden letztere in den Dortsrliatten viel niidir benutzt als in der Stadt. Die iibri<i«'n Vaeciiiationen werden privatim von den Hausärzten der betretl'enden FaniilitMi vorirenomnien. Im .fahre 1880 wurden vorj^enonnuen :

Kimlerimjifunjjfen 82'9®/o öfleutlich, ü7'l''/o privatim, Öchulimi)fungen <;(»-2"'o » 39-8*/o » Auf die Zahl der zurückgestellten Lupflinge fibt nattirlicli das Herrschen der einen oder der anderen Kinderknmklieit dnen grossen Biiifliiss. VoFBchriftswidng der Impfung entiragen wurden 1876: l-7«/o Kinder und 11'0> Schiller, 1877: 5*6 »/o » . 12-6*/o » 1878: 3-4> » » 10*0«/o » 1879: 3-7> » 10*4> » 1880: 5-0> » > 12-3> Dass sich in den letzten Jahren das Verhältniss der der Impfung vorschriftswidrig Entsogenen eher nngfinstiger stellt, ist wohl hauptsächlich Folge der gegen das Impfen in Scene gesetzten Agitation. Kichtsdestoweniger ist ein systematischer Wider- stand nur bei einem V^etarianer am constatiren; die anderen Reni- tenten holten nach erfolgter Bestrafung fast alle das ^''ersaunlte nach.

Die Controle wird von Seiten des Ktiniglichen Polizeipräsidiums strenge g«'übt, un<l zwar in der W eise, da-ss die Inipfsclieine pünktlich von den T*Hichtigen eingefordert, mit den Geburtsregistern verglichen und abgestempelt wieder zuriickgeliefert werden. Diese Aufsicht er- scheint sicherer, als der Verläse auf die eingelieferten impixegister.

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22. Ueffeatliches impfwesen.

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Seit Eiiiffthrung <U>.m dentscluMi Iiiipiif^esct/cs wurden üu Stadt- kreis Frankflirt 17 048 Kinder- und l(Ht }.'» Srliuliniiirimf^on, /iisaiuiuen also 27 093 Iiiipfnn^on Tollzogcn. p]ini' Schädigung int uiclit vor* gekoiMiniMi. l)ii' linpfiinjir geschah meist mit hiimaniairter Lymphe, in den öftentlitlu'ii Terminen oft mit Glyeeriniymplu

Im .lahre 1880 war in der Stadt Frankfurt mid den zum Impf- bezirk gehüri}^en, vorgenanntt n ()rtscliatt«Mi das Kr<;«'bniaB der Impfung bei einer Bevölkerungszahl von 149 309 folgendes:

Berirk

1. HSnderimpfiiiig .

4

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442»

2. Schulimpfung .

2835

Hienro

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der liaiit'itilichtigen

506 =^ IT H'/o der luipfpHichtigen.

Seit dem 1. Juni 1880 hat der Königliche Kreis -Thienurzt Herr Professor Dr. Lbosii;ibot dahier, dem Wunsche vieler Aerzte ent- gegenkommend, eine Privat -Impfanstalt zur Production animaler Lymphe nach dem Muster der Baseler Impfanstalt etablirt. Aus gewichtigen, entscheidenden Ghrfinden ist die Bullen -Impfimg und nicht die Kalber-Inipfung gewählt worden; bezüglich der Verwend- barkeit der producirttMi Lymphe ist für alle Fälle nicht allein der typisch -klinische Verlauf der localen Impfkrankheit, sondern auch der Ohductionsht fnnd (mit besonderer Rücksicht auf Tuberculose) der ahibaM der Ahinipfun;,' «^csriilachteten Inipfthiere maassj^eln inl.

Jeden I)i»'nsta<^ ist frische Lyniplu' zu bezieluMi. Ks hrh-it^t der Preis der Lymphe pro Stäbchen 1 Mark, pro liöhrchen 3 Mark.

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VI. Behördlich« Thäiigkeit.

23. ÜßERWACJUINM; UNI) rNTKH.SÜOUÜKU DEli

PliOSTlTülinEN.

Von Kouiglichem l'olizt'ipriisidiuai.

Das Strafgesetzbuch für das Deutsche lieich vom 15. Mai 1871

verordnet im § 3ül unter Nr. 6: »»Mit Haft wird hestrafb:

6. eine Wdbsperson, welche wegen gewerbsmässiger Unzucht einer polizeilichen Aufsicht unterstellt ist, wenn sie den in dieser Hinsidit zur Sicherung der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und des öffent- lichen Anstandes erlassenen polizeilichen Vorschriften zuwiderhandelt, oder welche ohne einer solchen Aufsicht unterstellt zu sein gewerbsn^ssig Unzucht treibt.««

Wegen gewerbsnmssiger Unzucht tritt hiemadi, seit die vor- stehende Vorschrift in gesetzlicher Kraft besteht, nur noch dann eine Bestrafung ein, wenn eine Weibsperson, ohne der polizeilichen Anfeicht unterstellt zu sein, gewerbsmäAsige Unzncht treibt. Unter polizeiliche Aufsicht gestellte Weibspersonen werden dagegen wegen von ihnen betriebener gewwbsmKssiger Unzucht nicht mit Strafe bel^, sondern sin»! ntir i]ann straf har. wenn sie den behufs üeberwachung der Prostitution » rhissenen polizeilichen Vorschriften zuwiderhandeln. Diese polizcilirlif Aiilsiclit ist nun aber iiii ht etwa dahin zu verstehen, dass die betreüenden VVeibspersontni durch die Polizei zum Betriebe dfv «gewerbsmässigen lln/.iu lit förmlich ronressionirt werden. ^ Die polizeiliche Aufsicht hat viclnu'hr nur den Zw«'ck. die Polizei in den Stand zu setzen, der l'notii iition mvie] als möglich ent|(egenzutret«n, dieselbe nachdrücklichst zu bekämpfen und in thunlichst enge Schranken zu bannen. Nach der oben citirten gcsetzliclien Vorschrift soll diese Auisiclit vor allein in ^'•csnndln-itliclicr Mczicliuiiir irnilil. ilnnli Hand- ha!)nng eiin>r kräl'l i;^"t'n Saint'iitspoli/.ei der AusKreitniiLT der S\ pliilis vnr- gebeugt, diireli \ Orschritten, welche den \^'rkelll■ der unter itnjizeilirlier Anl'sii lit strlicuilen \\'eil»s]iersonen in der < )etlentli( likeit Itestinnnteii Besehränkiingeii nnterwerten, die ("»tl'entliclie Ordnung gesichert und der üÜeutliche Anstund aufrecht crluillen werden.

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23. Ueberwachung nnd Untenucbung der ProtUtuirten.

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Das hiesige ESfiigliche Polizeipriisidiiim hat bei der Verwaltung der 80g. . Sittenpolizei, in eonseqnenter Befolgung dieser Grundaatee, Alles streng vermieden, was von den betreffenden Weibspersonen etwa als eine Erlaubniss zu der Prostitution oder' gar als eine BOI^ng des ehrlosen Gewerbes aufgefasst werden könnte. Namentlich erfolgt auch die Stellung unter die sittenpolizeiliche Clontrole erst dann, wenn die betreffende Weibsperson weder durch Verwanitiuig,^ i^och durch Bestrafung von ihrem unsittlichen Lebenswandel abzubringen war nnd somit, im öffentlichen Interesse und auf Grund den Gesetzes, zur An- wendung der sunitäts- nnd sonstigen sittenpolizeilichen Maassr^^n geschritten werrlen muss.

Nicht ii1))>r:ill im Deiitsciieii Reiche wird auscheinend ebenso Ter- fohren, Weluiehr ist in der Praxis die Benierkunp^ gemacht worden, dass hier und da, nnTnotitIi< Ii iti eiiii^pn baierischen Städten, eine form- Iii he Anmeldung und darauf folgende Concessionirung zur Prostitution stattiindet.

Die unter polizeiliche Controle jrestellten Weibspersonen haben nach d<'n von dem hiesii;<'n KJhiifilichen Polizeipräsidium auf Grund drr iiiclirerwülintiMi Vorst liiif't des Sti:it"u''''st't/l)ii( lit's «'rlasst'ucii Be- stiniiiiiiiip'ii, von wcIcIkmi ihnen bei der .Strllmii; unter Polizeiaufsicht ein Druckexeuiplar^) zur Nachachtuiig ausgeliäudigt wird, iu jeder

>) Du Pomrolar, «elehei tu d1«Mr Vtrwmnvng In OelmMNilie Utt, tantot wArtHdi :

„Nai-hilrm lür In-ut zum <'r>ti'nm:il liier \ or^cführtf ... bei der iirztlkhon Uiifcrsiuhunif KVitchlechtlich gcsumi Ucruiidi-n wordt ii war, wurde derselben folKcndt> Krölhiunf gemacht: NaA poUMiliehcn Wahrnehmungen sei aic verdAchtlf, aineo uiuachtifren Lebentwaadel m fTitiron. Rie •werde deshnll) hierdureh eindringlich verwarnt nnd Ihr nuf(re)febon, «leh fortan einen betuieren Wandel» zu l<eHeiii8i(;en and ftlr die nexchafTung eines ehrbaren Broderwerbrs ungesäumt Sorge zu tragen. Folge Hie dit-Aer Anweisung nicht und la^^e 8ie oieh wieder In den Rtrasscn und öffentlichen Localen in verdAcbtiger Weise betreffen, so werde gegen sie mit SteUons unter die im i Mi des StrofgRsetibuehes anter No fi Torgeselieno pollxeilictae Controle ▼orgegangeD werden "

*) Die demnlen In Kmft iietindiiefien migenannten fnntrnlo noetlwmpgBn tnoten;

Polizeiliche Vorsoliriften :

Im intereM^e der Kieherunf d«r Gesnndheit, der SStetllchen Ordnung und des SITeni» liehen Anstände« werden der heute unter Gontrole gestellten .... naebstehende iKilizoiliehe Voncbriften bekannt gemacht: l. Ktelinnir rar ftrstlichen t'ntcrauebung an den hierfftr* bi>Htimmten Tagen. 2. Pünktliche Ab- und persönliche AnineliliniK beim Wechsel der WobniuiK* V^«r boten wird derselben: 1. das Herwuseben dureh die Fenster ibrer Wotonrihnie, weldie eretere rlelnebr in Jeder Zeit doreh dielite Verhlnge sv ywaMlemn itaid, lowle da«

Vi rweilen ^ur, an, hinter oder in ilirer HauHthfir oder der Tl|lr0 flffllM "tflUH, In welchem Frostituirte wohnen oder verlcebren; i. das Anlocken von Mannqierunen, a«l Mdarcfa Worte, r^Hitei, CM>erden oder Xeidien. detfletehen die Abftabe to« 7ttitenk«rtea an Manmpersmien:

:i. Aus IMnhiT/iclK ii auf ■!• n Stra-isi n. Promenaden, Plätzen und Ilrückcii der <t,(dt und Vorstäikte zur Tageszeit sowohl, al» gans li«8un<lcra zur Abendzeit vum Hegiun der iitraNsen- belemAtnnir eowte cor Nachlselt; 4. das Tngm aofnillieer and nnanstladlfer Kleldanf,

»owie duH Zusanmirii-ri lii-ii . 7.(ii,iiiiim'ii-.f' Iii n irid /u-<iiriimi'iisit/.i ii mit mebrcren die-ten Vorschriiten unterwurft-nun Fraueasperitunen auf stra»iK>u, Promenaden oder Plätzen oder •n Oftnüidien Tergn^Eangaorcen ; B. du ttbermtetice Brleuohten Ihrer Locnlltiten sur

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.VI. BeUtidHche Thitigkeit.

Wodie mindestens einmal zur &nstlichen üntereiichiuig ihres Ge- sundheitsssnstandes in dem hientu befitimmton Locale im Polizei-Dienst- gebaiide sich zu gesteilen. Diese Untersuchung erfolgt durch die beamteten Aery.te, welche hierfür eine von den Gemeinden des ge-

Maiuintfii Polizeilte/.irkes (zu {lemselberi pjehöreii Frankfurt a. M.,

H<»( k<'!ili( iüi. OIhmthi], Niederrsul, Rödelheim, Hausen. Il<inaiues und Weide Nieder -Ursel) auixubnn^ende Entseliiidigun«; he/ieln'U. Einem Tlitüe der Proetituirten, nainenilich solchen, deren Verhalten zti «Wlen^ lidieui Aergernias keinen Anla88 ^iht, ist unter Vorbehalt jederxeitigen Widerrufes gestattet, in ihren I'rivatwohnunpen sich untersuchen zu lassen; sie haben /.u diesem Behüte den hierfür l)e?;tiiiiinteii IMiy^icat«- antt an einem im V«)raus festfjesetzten Vormittage zu Hause zu er- warten. Diese Prostituirten haben diMi untersuchenden Arzt aus eigenen Mitt<>ln zu Iionoriren : die Vergütung ist vom i'olizeiprüsidium eiu für allemal festfjesetzt.

\\ ird Iti'i dit'siMi ärztliclim l'ntcrsui lniu;^«'!! eine \\ ('il»s)(ri-s<)ii <^esclili'( litlirli krank befunden, so wird dieselbe auf der Stelle polizei- lich feslgenomuieu und ilire zwangsweise Heiluug iiu UochushospiUile veranlasst.

Die uidit «jeratle seltenen Znwiik'rhandlunjfen «fej^en die polizei- lichen Vorschriften werden auf jiolizcilichen Antra«; durch die (Jerichte mit Haft bestraft. Der Höchstbi'tra«; der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindestbetrag ein Ta«; (J^ 18 des Htraf<j;esftzlHK lies). Die Strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung. Die nach Vorschrift* des § 361 No. 6 Verurtheilten können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und V^rl^tniBsen angemessen sind, innerhalb und, sofum rie von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden, auch ausserhalb der Strafanstalt angehalten werden.

Bei der Vemrtiieilung znr Haft kann zugleich erkuint werden, dass die verurtheilte Person nach Terbfisster Slarafe der Lande»*

Abendzeit, ttowie alle« Uute Singen, Miuiciren, wballendes Gelächter und sonHÜgea ruhe« ■ifirendM Benehmen in Ihren Wohmtnfarftnmen; «. In IHllratllehen Loealen, nof derStnuM,

den Plltzon, im 'l'licntfr «clrr nonst an ö(V( iit]it')ii'n nrt< ii nich auffllliK bemerkbar zu machen, oder Miumaiientunen durch Rüden, Worte oder Zeichen anzulocken; 7. durch un»iuliches Treiben Irgend einer Art Mtontliehe» AergemiM wa errereo; «. seldM Hinaer n beliehen,

in welrhcii unter 8jiiiitätsi>i>li/ciliilinr Cniitrfili- ■sft-licndi' Frftin'tHjxT-iornTi bereits eine Wohnung innehaben, iusutVrn ca nicht ausdrücklich |>uli£eilicb t^estattet i»t; i). Patcrre- WohmiBsea zu nehmen, ferner Wohnungen n) in der Nfthe von Kirchen and Seiwien, CMBornon und anderen Kftnipli"heii und öfrfntliehpti <jebänden, b) in (iasthSuHern und Wlrth» •ehatUMt, 1-) bei aolchen Personen, (tiu bereits wegen Ku]>pclet bestraft bind; 10. Manns- personen oder Prostitnirte zu beherbergen oder sich »olbst auHwrhnlb ihrer Wohnung in •oldien HiUiscni aufztilMlten, welche Ton Proetituirten oder Kupiderinnen bewohnt worden; 11. 4in Lofen d«r bi«alfm Theater und de« üircus zu beaiu-ben. Zuwiderhandlungen werden ■of Grand der n 361 Mo. < und m im 8trnl]|reMtsbnehe» hettraft

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Ucbt-rwuchuug: und L nti-iäUL'liuug lier l'ru&ütuirt«u. l'^Q

Polizeibehörde zu fiberweisen jtit. Die Landeepoliiseibehörde erhält dudniüh die BeiiiguisR, die Ternitheilte Person entweder bis zu zwei Jahren in em Arbeitshaus unterzabringen oder zu gemeinnOtzigm Arbeiten so verwenden. Ist gegen eine Aosländerin auf Ueberweisung an die Landespolizeibehfirde erkannt, so kann an SteUe der Untere bringung in ein Arbeitshaus Verwebnng aus dem Gdnete des Deutschen Reiches eintreten. 362 des Stra^esetzbuehs.)

Durch die strenge Anwendung der sog. sittenpolizeilichen Vw- schriften ist es bis jetzt gelungen, die PhMtitution im Bezirke des Königlichen PolizeiprSsidiums nach MSgUchkeit einzudimmen und ihren Schäden, namentlich auch in gesundheitlicher Beziehung, thun- lichst Torzubeugen. Zwar hat auch hier, wie fiberall in den grossen Städten, die Ftoetitution bedauerlicher Weise zugenommen, indessen durchaus nicht in aussergewOhnlicher Weise, sondern hödhstetts in (leiimelben VerhBltni.s.s, in welchem die Bevölkerung in dem letzten Jahrzehnt gewachsen ist. Eix'iiso kann In'i-r (hin günstige Ilesultat constiitirt werden, das-s auch die syphilitinchen lürankheiten höchstens im Verhältnias zum Wachsen der Bevölkerung zugenommen haben.

Einen ziemlidl zuverliLsnigen Maaasstab für Beurtheilung der Frage, ob, bezw. in wclclK-ni Umfange die Myphiliti.schen Krank- heiten zugenommen hüben, liefert die Statistik der im Laufe einiger Jahre im hiesigen Polizeigefängniss untersuchten Weibsperaonen. Von den pohzeilich festgenommenen Weibspersonen wurden da.selb.st

1876 1877 1H78 isT!»

untersucht 1140 1897 2400 2«J»4:

davon gi'sclileclitl. krank brfnmlfn l-'U 147 IS:^ 21').

Im .lalire lS7<i sind im (laiizfii an Mäiiiit'rn uml Wt'ibmi - 74oH IVrsoiu'n in das I'i)li/.i i^M-tan;^nis.s eingeliefert worden, wovon l.'o Personen an .'^\ jdiili> erkrankt gefunden wurden: im Jahre 1S70 waren von 1 l 20U einL^elieterti'u lVr>Mmen 270 sypliilitiäch krank, aiao verhältnissmä.'ssig weniger als 1H76.

\in\ einem der mit der Untersiuliung des (iesnndlieit.s/.ustandeH der Prostituirteu im Clesernhof beauftragten .Verzte wurden

1876

Prostituirte untersucht .... 2688 geschlechtlich krank befunden . 14 Derselbe Arzt hat in ihrer Wohnung

1876

Prostituirte untersucht .... 207 geschlechUich krank befunden 1

1877

1878

1879

2011

2343

2326;

11

20

21.

1877

1878

187»

161

215

240;

0

2

1.

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uo

VI. Behftrdliche Tbatigkeit

Im Ganzen waren von 823 untenmchtien W^bsperaonen also vier geschlechtBkrank.

Eb erhellt hiwans, daas die ^hilitiachen Krankheiten in der That hfichatena mit dem Wachaen der Bevölkerung gleichen Schritt gehalten haben. Ea ist dieses Resultat ein am so gttnstigerea, wenn erwogen wird, dass namentlich die im Polizeigeföngnias nntersochten Weibspersonen ansschliesBlich solche sind, welche anf den Strassen anfg^j^nffen oder wegen Vergehens etc. verhaftet worden sind, mithin ganz überwiegend zu dem in dem letzten Jahrzehnt anch hier Idder in bedenklicher Weise vermehrten Proletariat der Orossstadt gehören.

Die Befürchtungen, welche vielseitig in Folge der Aufhebung der bis zum 15. Februar 1869 hier bestandenen Bordelle gehegt wurden, von dem Königlichen Polizeiprasidimn aber niemals getheilt worden sind, haben sich also bis jetzt glticklicherweise nicht bestätigte indem weder die Prostitution im Allgemeinen, noch die syphilitischen Krankheiten seit dor vorgedachten Anfliebung in iihiiornier Weise zugenommen haben. Der scx-iiile Schaden der »Prostitution« hatte auch in Franklurt a. M. ungeachtet der Bordeile und neben denselbt ii «rcwiK licrt, und es waren die letztt'ren nur noch eine \vt>it(>r<' btMlaut'rlii lie Concession an die Un.sittliclikeit, die- selbe erleicliternd und betordernd, ohni- die Zwecke der Gesiindlieit^- polizei zu erleieliiern. Wenn noch lu'utc hier und da, namentheh auch in ärztlichen Kreisen, ffir die Wi<'(h'reinfnhrung der llordelle phiidirt wird, so mag liier noch daran frinnert werden, dass ri taliriiiigs- mässig der Vortlu-il. wrlchm man sich von s(dchen Einrichtungen verspricht, illusorisch ist und die Nachtheile nicht aulwiegeii kann, die mit der ausdn'ieklichen Hilli'^'iüii,' der Existenz solcher .Schand- aiistaiteu von Seiten des Staates veil)iiiHlen sind. Der auf sittlicher (irundlrige ruhende Staat darf sicli niemals unnionihstheu Zwecken dienslhar machen, niemals ritfenl liehe Billigung mnl ('(incessioninnig einem (iewerhehetriebe angedeiheu hissen, welchen die allgeuieine Verachtung trifft.

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2\. (iEKi:X(iN18SE. Von Obentaatflanwalt fiCHHlKDEN.

Aul ilt'in fi('l)i«'to «h*s Gofiin^iss\vosi»ns ist «las Ii»'stn'l)en. nn">«/- lithst vdllkoninii'iK' Anstalten neben eini'ni (Jesetze über den Slral- vollzii<_f zu hatlen, in Frankfurt ein Itesoiulers reifes t;«'\vesen. Die Erlolt;»' sind leider, liiuter den berechtigten Erwurtungeu bixher weit

ZUrÜckf^ehlielMMI.

Traiiri«; waren die Ziistäiidf liri dcni Heiriiin unseres Julirhnnderts. Als Untersuclnint^s- und Poli/ei-iii-tiin^-niss dienten «lie Zfllt-n der C<)nstal)lerwiitlie. Get"iin«;nissstrai"eii wurden in den Arrrstiocaleu des liententhurnis und Falirthors. Zu( litlmus- und Kiscustruten j(e<^en die sog. Schanzer in den zum Tlieil unterirdisrlien Zellen der Hauptwache vollstreckt, wiilirend Hrl)eitss(lieue Personen in dem » Verhesserunj^s- hau.se': am K]a{)perfelde, dem n(H h heut I>est4dienden älteren Gelangniss- gebäude, dem sog. Seitenhanse untergebnujht wnrden. Als bürger-* Uches Schiildgefängniss dienten 0 klägliche Zellen der tMehlwagec.

Das Bedfirfnifls einer Abhülfe und namentlich der Errichtung eines besonderen Strafgeiangnisses machte sich bereits im vorigen Jahrhundert so ftthlbar, dass PrivatTermSchtnisse bis zmn Betrage von fl. 55 000 für die Herstellung ausgesetzt wurden. Die Staats^ behSrden nahmen zuerst im Jahre 1804 die LSsnng der Aufgabe in die Hand. Eine Bathsdeputaüon arbeitete einen Bauplan aus, dessen Ausführung indessen die Zeitereignisse verhinderten. Er wurde auf ausdrfickliche Anregung des Fürsten Ftimas im Jahre 1807 wieder aufgenommen und führte 1810 zur Emchtung des »Arbeits- hauses« am Klapperfelde, des im Jahre 1828 um ein Stockwerk er- höhten jetzigen Gerichts-Oefangnisses. Dasselbe war neben dem »Seifenhause« zur Aufnahme von Corrigenden und PoUzeigefangenen

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142 VII. Gefingnisswrani.

bestimmt. Schwere Kerkerstrafen sollten in einem für die Prima- tischen Staaten gemeinsamen Zudithaose ToUstreckt werden. Nach Wiederherstellung der Freiheit der Stadt wmrdett indessen die Oe- bftnde am Kkpperfelde fttr Strafgefangene jeder Art benutzt, so daas in denselben Hanner und Weiber, Zuchthansstraflinge neben Poliseigefangenen, die zu öffentlicher Arbeit und Eisenstrafen ver- nrtheilten Scbanzer neben den mit Festnngsarrest bestraften Militar- personen Flati fanden.

Es ist erk^^lich, dass die 3fangelhaftigkeit und Systemlosigkeit dieser Einrichtungen die schärfeten Angriffe namentlich in einer Zeit erfuhr, in welcher die Bewegung auf dem Gebiete der Oefängniss- wissensclmft in allen civilisirten Staaten eine besonders lebhafte und fruchtbringende war, und dass aiicli in unserer fOr alle Bestrebungen dieser Art stets gleich empfanglichen wie anre^^endtwi Stadt rastlos gearbeitet nnd gerungen wurde, das beste GetTinijnisssystem zu er- mitteln und durchzuführen. Die lange Keihe der Jahre I8;i8— 18(J4 uMif'.issen diese Arbeiten, und wenn sie schliesslich resultatlos blieben und wir uns noch h»'nto reformbedürftigen Znstrmden gegeuübersehe)i, so bewuhrlieitet sich auch hier wieder, daas das Beste oft der Feind des Guten ist.

Auf Anregung der Gesetzgebenden VenMimmlun<f wurde im Jahre 18IJ8 durch den Grassen Rath eine (iefän^nissconnuission aus Mitgliedern der Gerichte, (h's Hau- und Polizei -Amtes nie<lerjyfeset./t und mit den Vorarhcit^'n für eine umt'asstiKh^ Uctoriii des Ge- fanji^nisswescns l»i'aiit'trat;t. Diese Oommission, dtTcn hi'rviirra«^ende Spitze der damaliir»* jiin<X('ic Bürgermeister Dr. Hahnikk war, hat ihre Anfgabe in nmtasst"nd<'ii Berichten von wissenstliaftlic liciii Wi-rtlie in nmstergiiltigt'r \\ »msc gelöst. Nach riiigi'luMidi'r Enirti'rung der verschit'dcnen Strat'svst«'me onipfiehlt sie unbedingt das I Vnnsylvanisclu? der dauernden Trennung und Arbeit der Gefangenen in einsamen /«'lleii. ge«xi'miher dem Aubnrnschen Systeme der Treiuiuiig der Ge- fangenen bei >i'a( ht und der gemeinsamen Arbeit bei Tage unter dem Gebote absolut<'ii Sihweigens. Das jenem System entsprechende (iefiiiigins-sgebäiKb' mit 4 strahlenf (irmig vom ('entrall)an ausgebenden Flügidn sollte nacli den Plänen auf dem Bauhöfe erriciitet, und das gegenüber gelegene Arresthaus seiner ursprünglichen Bestinnuiuig eines Verhesserungshauses zurückgegeben werden. Die Kosten der auch ein Schuldgtitangniss um&saenden Qesanimtaniage wurden nach Abzug des Verkaufewerthes der Constablerwache auf nur fl. 150 000 berechnet.

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24. Geftafmissp.

143

Diosi^r im .hiiin* 1S40 vorjirelepte, vom Senat und <U r .Stündi^^on ßfir}?erreprüscntiiti(Ui •^»•Inlligtc IMan fand nicht die Zustimniun«^ der Gesetzgebenden Versammlung, welche die Entncheidung vertagen nnd die biHherigen Erfahrungen anderer deutscher Lander fiber das em- pfohlene System erwarben su mflasen ^ubte. BeteiU im Jaiure 1842 waren diese wie die Er&hrungen anderer eoiopÜscher Staaten von der Ck>mmismon gesammelt, und in einem nenen Berichte mit nenen Aif^nmenten wurde der frfihere Antrag dringend erneuert. Aber anch jetzt gelangte die Gesetzgebende Versammlung nach dreitägiger erregter Debatte im October 1843 zu keiner Einigung 'Ob«r das zu adoptirende System. Sie forderte vor allem die auch jetzt im Deutschen Reich noch nicht erzielte gesetzliche Regdung des Strafvollzuges, und glaubte dem Bau eines Strafgef&ngnisses nur unter der Voraussetzung zustimmen zu kOnnen, dass dessen Ein- richtung der Entschddung der Systemfrage nicht priijudicire. Ueber- dies wurde zur Bedingung gemacht, dass die Gefängnisse erkennbar gesondert in verRchiedenen Theilen der Stadt errichtet wflrden.

Die Gefängnissoommisaton unterzog sich, wenn auch sichtlich ▼erstimmt, der Lösung diener ihrer wesentlich rei&nderten und er- schwerten Aufgabe. Ihr Bericht vom Jahre 1845 unterbreitet dem Senat Gesetzentwürfe über die Strafvollstreckung und über die Ge- fangnissaufsioht, sowie neu»» Haupläne. Nach d«?n letzteren wurde nanientlieh für männliche 8tr:irLr<-r;ingcne der Frankensteiner liof Deutsche Hans in Sachaeiihausen in Vorsciilag gebracht, dessen Flügel an der Mainseite zweckentsprechend unizul)auen wiire.

Der Plan gelangte niclit zur Vorlage bei der Gesetzgebenden Versammlung. Ungeachtet der neuen Anregung durch die Verhand- lungen der internationalen Versammlung ffir GefänLniissreform, welche im Jahre 1S4<) in Frankfurt tagte, und ihrer Beschlüsse für die Einzelnhaft zwtiltltt' uuin einstweilen an der Losung, wnd \mU\ traten die Ereiifuissc des Jahres 1S18 dersidht'U weiter hennnend entgetjru. Es iiiiisst«' ein l*r(»visorinni <;eschail'en werdrn. und dies geschieh durch ilic im .liilin- l^is l»f>»hl(tssi-n»' und seit 1 sr>2 erfolgte Uut»'rl)nii<,nin<; der Zudit- und Arht'itsliausstriithnge in <len (iross- herzoglich ilessis( lit u Strafanstalten, sowie (huhirch, dass ilas Arh> its- hauB« in ein »Arrestlmus« für alle übrigen Kateg<»rieen Gefangener um gesc h a If e u \\ 1 1 1- ( 1 1 .

l)t'ni drinj^endsten Hi-dürliiissi- war einstweilen al><reliol feu. Die grossen jxditiselien und socialen W'o^eu (h'r Zeit i rdnu kteii vor- übergehend die Bestrebungtui für Uefängnissretbrni, welche ihren

144 ^ tiefänpnisswesen.

anr^enden internationalen Charakter zu verlieren drohten. Da war es in Frankfurt vor Allen Dr. Yarren trapp, welcher neues Leben in die Sache brachte und .m hervorru^^eiider Weise fortan an der Spitze der Bewegung stand. Schriftrtellerisch war er speciell für Frankfnrt bereits frUher in seinem Werke fiber »Pönitentiarsysteme« (1841) für die Antrage der Gefängnisscommission eingetreten. Nun- mehr wandte er sich in seinen mahnenden Antr&gen 1854/55 direct an die Gesetzgebende Versammlung und erwirkte deren Beschluss, den Neubau eines dem BedQrfhisse entsprechenden Gefängnisses vorzubereiten. Auf Grund eines von dem PoUzeiamt ausgearbeiteten P^rogramms wurde die Errichtung der Gefangnissgebaude auf dem Bauhof-Areal vom Senat im Jahre 1856 bei der Gesetzgebenden Ver- sammlung in Antrag gebracht. Dem von Varrbntrapp als Bericht- erstatter ausgearbeiteten umfassenden und fiberzeugenden C<nnmisaions- berichte wurde in der Sitzung vom 23. October 1856 ausdrficklich die vollste Anerkennung gezollt, und ihm war es wesentlich zu danken, dass die Anirige fast ohne Debatte genehmigt wurden. Ffir die Neubuuten wurde das Systnn dor Einzelhufb einstimmig angenommen. Die Errichtunjjf eines l'iitersucliunjys- und eines Straf- gefangnisses, des letzteren niöj^Iiclist auf" einem Platze ausserhalb der Stadt, sowie eiiu's Itesonderen Scliuldgefängnisses wurde beschlossen, und ffir Polizeiget'ungene das Arrestluuis in Anssiclit genonmien.

Mit re<reni Eiier und berechtigten Erwartungen wurde die schnelle Austiilirung vorbereitet, ein Vertrag über Entwurf" und Leitun<( des Ruues; mit d^'m belgischen Getangnissbaumeiater DüMONT vereinbart und der damalige Director des Zellengefängnifwes in Bruchsal, Dr. Fis.SLlN, als bewährter Sachverständiger zugezogen. Doch ein neues Henimniss ln'reitet*' dem rnternehmen drr Parteigoist in der .Ständigen Miirgtrrepräsciitution. Diese trat wiederholt für die hiesigen An hitecten ein, missbilligt" die Wahl des (irundstückes und verlangte die \'eil;iiigeniiig der iie^sischeii Verträge. Erst die Beschlüsse der < Jeset/gelieiiden \ ersanindniig machten IS.')!» den I )illereii/,en ein Ende. Del' l'latz an den rulverliänsern in der (legend der jetzigen neneii ( 'aserue wurde tiir das Stratget'ängniss bestimmt, für <len Entwurf der Pläne eine (ttfentliche ( 'oncnrrenz genehmigt und iler Senat ersucht. baldni("»gli» li>t den Entwurf eines die Anwendung der Ein/elnhaft regelnden (ieset/.es vorzulegen. \ (»n den zufoltre des ( '(nu urrenzausschreibeus ein<;e<ran<fenen 12 Eut- würfen wurden durch die beruteiien 1 'l eisrit liter nach den .Auträgeii ihres Berichterstatters, tles Dr. Vakkem kaI'I', 2 prämiirt und demnächst

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424. Gefan^iiisso.

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erworben. Abenual» indetwen aiiess die AiiMführuug auf den Wider- spruch der Standigen HürgerrcpmHentationt welche aus finanziellen Gründen die fernere Untorbringung der Strafgefangenen 10 den hetMiscben Anstalten befOrwortete, and wiederum war es Varbbntrapp, der 1801 den Bescbluas erwirkte, nunmehr einen geeigneten Bau- meister mit der Bearbeitung der Hisse und KostenanschlSge sn be- auftragen. Indessen war das Bauamt mit Arbeiten Überlastet, die Bewilligung der Mittel zur Honorinmg eines Specialtechnikera von der Standigim BOrgerreprasentation abgelehnt, und so musste die AiisfQhmng auch femer beruhen. £in im Jahre 1864 Yon dem Hedicinalrath Dr. FüssUN eingesandter trefflicher Plan für den Neu- bau vermehrte nur das Torhandene werthvolle Material.

Die durch die Ereignisse des Jahres 1866 Teranderten politischen Verhältnisse entlasteten zunächst das als Cbricht^fäng^niss fiber- nommene Arresthaas durch die Vollstreckang der längeren Ge- fängniMititrafen in auswärtigen Gentralanstalten. Indessen wurden die wiederholt von den Justizbehdrden hervorgehobenen Mängel der hiesigen Anstalt auch von dem Justizministeriimi anerkannt und im Jahre 1874 ein baldiger Neubau in Aussicht genommen. Die Combinirung mit dem Neubau der Gerichtt^ebäude hat indessen wiederum die Ausfuhrung vertagt. Inzwischen hat die erlirldiche Steigerung der Gefangenenfre(|ii<'nz seit «leni Jalire ISso die interi- mistische Einrichtung von Filialansüilten, anfanglieh in der Doniini- kanercaseme, jetzt in dem ehmiali^^en Ciamisonlazar<>t)i nothwendig geuuu'lit und nimmehr zw endlichen Liisung geführt. Im Früh- jalir 1HS2 wird der Neuhau eines Stralgetiin*rni'<s<'s zunächst für •100 (Jrtimgene auf eineui in der Nähe der Friedbeif^er Warte he- le;j;enen (irundstücke begonnen werden, das in der (irtisse von üher 2 Ha Murinen) im Mai 1S81 zu diesem /iWeck käuflicli erworben

ist. Nach seiner Vulleiidun«^ ist der Neubau eiu«'s Untersuchungs- gefängni»8eK auf dem Areal de« Kiapperfeldeä beabsichtigt.

10

146

VII. Gefängnissweien.

25. FRANKFURTER GEFifiNGNISSyEREIN.

Von Dr. jur. OTTO TON KICK,

d. Z. VwntUcader dca Verein».

Wohl selten haben von Staatshchr»! di'n aiis^n-f^an^ciic Aiirri^iiii|^eii eiiHMi jiuf nachhiilti^«' irni;_j«l»«i:ilr AiImmI aii^'t'wicsi'iK'ii \'i'n'iii /ii <laiM'rii<l»'iu LcluMi /II crwf'i ki'ii viTiiioclit : wenn diT l^ iaiikliirlcr (Jc- i'äii<j;iii.s.sYt'r»'in« vhwu suKlim AuMialiiiirt'all darltictct, so hat er doili zweitV'lIos erst (huhinli soiiio L«'hensfiihi<;k<'il fest he^rüiidet, dass er bald sich auf eigene Fü.<se stellte und seine Kraft in dem sidhst- 8Ülndigen und verstandnissvoUen Bfirgerthuiu »einer Vaterstadt suchte und fand

Auf ^'eralllasslmJf «Irr llr^icnin«^ /.ii Wicshadni tratt-n am 1!^. dniii iSdS 25 von der l^i k<'iiiitnis.s des liäntif^ t'l)eiiso liiillsKcdiirftigen als bomitlt'ideiis\v«'itlM'ii Ziistandes der entlaxsciu'n Hotraftcii diinli- drungene Männer liier zu einem Verein zusammen und Ix'gannen am 0. Novendjer 18GS ihre Tliätigkeit, welche die sittliche Besserung und die Milderung der Noth von Gefangenen und aus der Haft Ent- lassenen, sowie von Angehörigen derselben bezweckt und dies zu er- reicben sucht:

1. din-eh persönliche Einwirkung auf Gefangene während ilirer Haft:

2. durch r«')>crwcisuug von Büchern und iSchrifteu au GefiUiguiss-

l)ildi(»tlu'k«'n ;

3. durdi Krtheiiunt;- von Katli und Auskunft, um cutlass«Mien (o'l"ant(i'iit'ii zur 1'iiln'uii;^ eines «(ere<;elten Lebenswandels zu verhelfeu und sie vor iiückfall zu bewahren;

■) Dies« auf der Krfalinni!; de» Krunkfurter Oefnn^nissvurcfau iMrobeiide AMtfdlt fliMlet volle Bestiyganf duroh den auf dem Intaniatioiuaen WobJtliitiglntticongreM lu MstlMid (19. August Ms 5. September 1884)) s^fsssten Retcliiiiss; «Die FlIrsorircTerelB«^ (lllr

eiitliu«sfn<> ItfHtraftiM können die inoraUMrhe und nmterielle rnti'r»tilt/,iinic der Keipenuii? awopUren, sie liatwn iticb Jedooh die voütto SolbsUlünUigkeit und Kreibelt io AusUbunit OiNT Thltii^t m bewahrsD."

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Sil». Fnmkftirter GdUnpiinrerrin.

147

4. durch Gewährung tod Unterkunft, Kleidung, Reu^ld, Werkzeug, ArbeitsaAolf und durch Nachweiming von Arbeit an entlassene Ge&ngene;

5. divch Verbringui^ jugendlicher und anderer entlassener Gefangenen in Rettungsanstalten und Asyle oder in Lehr- und Dienststellen;

6. durch Unteratfitzung solcher Angehörigen von Gefangenen, welche in Folge der Haft ihres Ernährers hOlfibedOrftig geworden sind;

7. durch Bemühungen flllr die Vexhesserung des Cbfängnia»- Wesens;

8. dundi Besprechung von Fragen, welche die Yereinsswecke betreffen und das Interesse an der Voreinsthatigkeit zu fördern geeignet sind, in öHViitlichen Versammlungen der Mitglieder

und Freunde des Vereins.

Niuh allen diesen Hichtiinjfen hat der Verein seine Wirksamkeit entfaltet, wobei ilmi vielt'aehe Anerkennung nnd dtuikenswertlieste Förderung seitens der Behörden zu Theil wurde; eine grosse Reihe glücklicher Erfolge, deren eini^n- in den Jahresberichten, näher ge- schildert siud, lohnte seine Bemühungen und spornte zu nnbeirrteni Weiterstreben an; die errungene (itfentliche Theilnahnie dauernd sich zu erhalten wird eine Hauptaufgabe des Vereins hirilien.

Die dem 10. Jahresbericht beigegebene llebersicht der bisherigen Vereinsthiitigkeit verzeichnet über IDO Fälle der Uiif <'r1'rniiriiiig von jugeiidliclien IMleglingeii, über "JlXt Fälle iler AV'iedeiauli H lit im;; und der Fr»f «Irrung im Aiifsuclieii elirbareii Ki wcrbs von entlassenen Hand- werkern und anderen Arbeitern all'-i- Art, über 45<> Fälle der Für- sorge für Fainilieu Verhatteter, welche vor der unverschuldeten äusscisteu Nntli bewahrt wurden, und über 'Jl'M) Fälle vorüber- gt'bender liekiisl iginig (uiei>t liei Herl)ergswirth (i rossmaN.n, Korn- blunuMigasse) (»der sonstiger geriu^rer rnterstüt/.ung von Hestraften, welche ihre frühere Arbeit wieder aufueluucn kunuteii oder mit Hülfe des \'ereins neue Ailteit suchten.

In gleicher Art inid mit ähnlich güustigeni Ergebniä» ist seit- rlem die frühere Thätigkeit fortgesetzt worden.

Na( lideni iler (iefängnissverein so diirch die That erwiesen hatte, wie segensreich «-r wirke sowohl für die einzelnen Hetndlenen, welch«' ohne iim häutig nicht im Stande wären die Folgen eines dinch Leicht- sinn t>der Noth veranlassten Fehltritts zu überwinden und daher dauernd zu Grunde geheu wQrdeu, wie für die Gesummtheit, welche

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U8

VII. Gef&ngnissweien.

oftmals die Verhfltung manchen Veigehens besonders im Rfick- fall , sonach die Verminderung des Vagabunden- und Verbrecher* thoms ihm zu danken hat, und da auch sein Vermögen durch gfltige Schenkungen auf über M. If) 000 angewachhieii war, wurden dem Verein aui 10. September 1877 die Rechte der juristischen PersönUch- keit verliehen.

Angesichts des ihm wiederholt bedauerlich nah^fj^etretenen Mangels ▼on Gefängnissrereinen an anderen Orten liess der Verem keine Gelegenheit unbenutstt, um die Grfindnng solcher Vereine anzurqifen; in Wiesbaden entstand denn auch 1878 ein Verein, der die hieHigen Statuten zum Mii.st«r nahm und in entsprechender Weise thatig ist, in Cassel wird denmachst ein Gleiches geschehen.

Es ist eine erfreuliche Thatsache, dass die hohe Bedeutung der Gef ilngnissvereine flElr das allgemeine Wohl in neuerer Zeit wiederholt seitens der Staatsbehörden Ausdruck erfahren hat, auch bei der Be- Tölkerung mehr und mehr zur Ueberzeugung zu gelangen scheint: die Ansichten der Gefängnissvereine haben in wichtigen Gesctz- gebungs- und Verwaltungsfragen der Gegenwart bereits Beachttmg gefunden oder solche noch zu erwarten.

Im Jahre 1880 betrugen die Einnahmen des Frankfurter Ge- fangnissvereins H. 912102 (077 MitgfiederbeitrSge mit M. 4768-65, Geschenke, Gottespfennige und Vermächtnisse M. 3599*80, Erziehungs- und Lehrbeitrage H. 117*39, RQckerstattungen H. 151*50, Zinsen M. 483*68), die Ausgaben M. 8938*25 (Erziehung»- und Lehrgeld flQr 7 mannliche tmd 15 weibliche Pfleglinge M. 1633*57, Ausgrabe an Miethzins, zur Auslösung verpfändeter Gegenstände, zum Wiedep- iM'glnn ciiu's (n'\v»'rl»t's u. dgl., sowie an Heisekosten für 115 Ent-

11»' M. 1 OTO'T I. Hc'liciliergung, Hekfistigung. iieklrifluug, Arheits- natliweis oder /eliri^IVunig ITu* III 1 Hestraftt' M. TSiMiT, (leld- unterstützung und Ansrliartungen für die in I-Vankfurt oder in dessen Vorort -n \v«tliuenden Familien von 181 Gefangenen M. 4797*40, Drucksaclien, Anzeigen, Versaniuiluugen, Beitragserhcbuug. Boten- gänge, Porto n. dgl. M. ()51S7). das Vereinsvermögen M. 1 1 17S.

Die Ta'itung des Vereins führte l)is zum Sommer 1870 Polizei- rath Dr. Speyer, von da an Stadtgerichtssecretär, jetzt Rechtsanwalt Dr. POBTICK.

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VIII. UNTEKRICHTS- UND ERZIEHÜNG8-

WESEN.

26. (EtTENTLiCllE «TJiIUTlSCUE SCHULEN.

A. ENTWICKLUNG UND OKäANläATlUN DES miULWESENS.

Von Dr. jur. EBNEIl.

Zn Anfang dieMs Jahrhunderts unterhielt die Stadt lediglich das im Jahre 1529 gegiündete Gymnaaum, w&hrend im Uebrigeu fQr die Katholiken Stifbt- und Klosterschulmif ftir die Protestanten die »Quartier«- oder »deutschen Schulen« bestanden« welch letetere seit der Reformation unter stadtischer Aufsicht von den »deutschen Schulmeistern« kraft deren vererblichen »Schulrechts« gehalten wurden.

Als Muster für die Reorganisation dieses Schulwesens grün- deten nun patriotische Bürger im Jahre 180S die »Hnsterschnle«, welche sich aber rasch zu einer höheren Schule im Sinne jener Zeit aufschwang und unter Oberleitung der Stadt als private Anstalt bis %u dem Jahre 1872, in welchen sie in städtisches Eigen thnm Ober- ging, fortgefnhrt wurde. Die Stadt selbst sah sich znnSchst in Folge der 1803 eingetretenen Säcularisation der Stifte und Kliister Teranlasst, die Sorjje fOr flie katholischen Schulen zu flhernolnnen, sie \v;ir aber weiter in d«'n nUclistrn Jahrzelmt<'n bemüht, «Ii** (2"!H*ti(»rschulen an kIcH zu ziehen iiutl ein ön'i'iitli« )w>s protestantisches Schulwesen zu bilden, womit sie 18J4 zu Kmle kam.

Die Gonstitutiona-Ei^nziin^s- Acte vom Jahre 1816 hatte nämlich bereit» vor«;«'s«'lu'ii, «lass zwar das Gymnasium eine siinultane Anstalt sein soll«', «las übri^*' linl-\ <ff tu :il)fr confeHsionell zu gliedern sei, und es tol^i-n 8omit im Jalm is.'.o «He »Dotationen'« , nach wolflien den protestantischen Qemeiudeu 1. die Katharinen- oder Mittelschule,

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VlII. l iiU'rriolits- iiiul Kizielurngswoson.

2. die WeissiraiuMisc^lnjle , 3. die Allerheiligenschule, 4. die Drei- königRschule, der katholischen Gemeinde aber 1. die Selectenschiile, 2. die Domschule, 3. die Englische Ft€.iileinMiliale, 4. die Bo8enbergt>r Einigungsschole eigenthflmlich und ffir immer fiberlaiisen wurden, wUhrend da« siMtische Aerar die Kosten des gesammten Unterhalts dieser Schalen auf sich nahm. Die Verwaltung und Auf- sicht derselben verblieb jedoch bei der Stadt, welche hierbei zunächst durch die Oonsistorien und ' die katholische Kirchen- und Schul- conimispion Terh^n war. Von diesen Schulen war die Selecten- schnle mit einem katholischen Progyuinasium verbunden, diese sowie die Englische Fri&nleinschule und die Katharinenschule waren Mittel« schulen, die anderen aber Bfiigerschulen ; die katholischen nahmen je ein Gemhlecht, die protestantischen beide Geschlechter (in getrennten Abtheilungen) auf, sie waren zumeist dreidasrig mit zweijährigen Gursen.

Im Jahre 1857 gründete die Stadt und überwies den protestan- tischen Gemeindm eigenthfimlich die »höhere Bürgerschule« (seit 1874 »Bethmannschule« genannt), welche, für beide Geschlechter beHtimmt, ein Mittelglied zwischen den Bürgerschulen und der Musterschnle bilden mWie, weshalb man zugleich der Katharinen- Rt-h\i]*> den Charakter als Mittelschule nahm und sie zur Bürger- schult' niachte.

Seitdem hat eine Vermelirung der DotationsM^hulen nicht inelir stattgefunden, man ging vielmehr zur (irfindung von Schulen, welche im eommunalen Eigenthinu verblieben, über, wenn man auch mehr- i'uetie Erweiterungen der ersteren vornahm, bis man schliesslich in den letzten Jahren auch diese grundsiitzlich vermied, soweit dadurch die Udtiitionspflichten der Stadt sich vei^^rössert haben würden.

Als solche Aendenuigen sind zu verzeichnen, dass man (I8üö) die V\'eissfrauens<hul«' für Knaben allein, die Kathiirinenschide ebenso i'iir Mädciien bestimmte, letzteres auch 1S72 mit der Dreikönigs- schule that. und dass man diese Schulen ebenso wie die Domscbuie und UosenlxTf^ersclnile sichfiiclassiir or<j;anisirte.

Wir verstehen nun in der Folge unter städtisduMi Schulen: alle von der Stadt unterlialtenen , also an« Ii die 1 Jotationsscluilen. unter conununalen diejenige rnterart der städtischen Anstalten, welche in commniuilem Kigenthum steht.

Für die Weit«*rentwi(klunt; unseres Srliuluesens wart-n zunäclist zwei Umstände von der grcisslen P.edcutunt;. Der rine ist das W'aclis- thuui der Einwohnerzahl, der andere die Anncction durch l'reusseu.

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2H. OottVntlichc städtische Schulen.

151

Mit der Einverleibung insbesondere entstand das Beduriniss, den Knaben wenn niöj^lit h in der Schule die Berechtigung zum einjährigen Dienst zu verscIiafliRn, nnd es maehte sieb nach und nach auch der Wunsch Tielfiu;h geltend, diejenigen anderen (^luilificationen, welche in Frenasen mit der Abaolvirung höherer Schulen Terbunden sind, den lüiohnen zu erwerben. Es fand also dne Verschiebung aus den niederen in die höheren Schulen statt nnd ausserdem wandte das besser ge- stellte Publikum, welches seither seine Söhne in grosser Zahl Prirat- institnten anvertraut hatte, sich mehr den öffentlichen Schulen zu, ein Voi^mg, welcher zu einem allgemeinen Zuge wurde nnd somit auch hinsichtlich der Mädchen stattfond.

Die zuletzt wahrhaft reissende Zunahme der stadtischen Schul- last ei^bt sich ans folgender ZusammensteUnng:

18^.51 1860,61 1870/71 1880/81

Ci\iil»evölkerung. . 59 500 60 400 85 600 135 025

Schüler .... 3508») 4056 5475 13720

Unterhaltungskosten M. 00 900 M. 138 800 M. 2.50 700 M. SUUOO

Hierbei ist die t'ivUbevölkerung und die Schülerzahi um Ende

jedos der vier .Schuljahre angegi-ben, wobei zu bemerken ist, daas im Jahre 1S77 die Gemeinde Homheini (l>!?-»0: KJ 18:5 Einwohner) mit Frankfurt vereinigt wonlen war; es hiimltlt sich um «lie Schüler 8Üniintlicln'r stiidtischer Sclinlt n und es sind die Kosten nach den V%)rans<;hiii<jfen für die bctnlli ndtii Jalirr au^re^eben. Unter deji Kosten sind al)»'r lrMli<jrlich die Zuschüsse vt-rstaiiden, welche die Stadt über die S( huleinkiint'te hiiuius aufwenden niusüte, und /war für die UnieilialtiiiiiL; allein, also nanientlieh für Lehrer und kleiiii' Sehiil- beiliirfnis^e, willireiul der städtische Aufwand für Erwerb VdU (iriiiid- stiickeu lind für Sdiulbaiiteu, >o\vie die \'erx.ii)sinii; aller aufgewandten rajiitalien uul»eriu ksic litij^t blieb. Diese Unteriialtiui^^skosteu bef raiCM nach dem \'ur8chiag für lÖ8U^8l ohne Abzug der Schuleinkünfte M. 1 '»4(1 41 M».

l)ie 'rh!iti«;keit der Stadt war nun in den letxtcu drei Jahr- Zflinteii im Wesentlichen die IVd^ende:

in den fünfziger Jahren (l8o7) wurde die höhere Bürgernchule g^^ndet.

In den sechziger Jahren folgt dann die Gründung der »mittleren liürgerschule<(, einer Knabenanstalt, welche die erste commnnale

•) uiickAiclitruli iin icr kaUioiinchor Kchulen bembt dfMe SehillerMigmbe bot «of Sebätzoof, da luverliMi^' Nucbrichtcn fehlen.

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152

Vin. Unterrichts- und Ersichnngswesen.

für aUe ConfeRsionen bestiminte sifidtiache Schnlansfailt (abgesdien vom Gymnannm) war, im Jahre 1875 aber in die OatendachiUe QbeiipDg.

Mit dem Jahre 1866 trat eine Stocknng in den viel&chen Vorbereitungen für neue Schaffungen ein, namentlich um deshalb, weil die Stadt ohne conimunale SchulbehOrden war; es wurden jedoch die höhere Bfiiger- und die Selectenschule provigorifich erweitert, tun ihren Schülern die MUitörberechtigong gewahren zu kOnnen, und wurden nunmehr sowie auch noch in den siebenziger Jahren. alle vorhandenen Schulen nach Bedarf mit Parallelclassen versehen, um provisorisch (1<>in waeliseiult'M Andrang genügen zu konneu.

In den siebenziger Jahren gründete die Stadt die ibl^emlen SSchulen, welche mit Ausnahme zweier, sammtlich mindestens Doppelschulen sind:

Höhere Schulen: die Klingerschule, Adlerflychtschule, Elisa-

bclhenschale, Humboldtschule, Hittelschulen: die Osten drahule, Souchayschulc, Petersschnle, Bürgerschulen: die Wallschule, Uhlandschule, Liebirauen-

schule,

Volksschulen: die Arnsbnigerschnle, Annaschule und die Bomheimer Volksschule.

Ausserdem fibernahm rie die Musterschule und machte eine Doppelschule daraus, verdoppelte ebenso das Gymnasium, fibemahm von der Polytechnischen Gesellschaft die Wöhlerschule und von der Gemeinde Bornheim deren ßflrgerschule.

Mit Gründung und fortschreitender Entwicklung dieser neuen städtisclien Schnlen, von welchen die Adlerflychtsciiule, llumboldt- Hchule, IV'ti-rsHchule, Annaschule und Hornheinier Volksschule zur Zeit noch nicht ausgewachsen sind, ging und geht die Kin/ii'huiig der provisorischen Erweiterungen der älteren Anstalten Hund in Jlainl, und, von den weiiie^pn noch hi-strlienden Provisorien abgesehen, ist das heutige Schulsystem das folgende:

I. HÖHERE SCHULEN, simmtlich eommunale.

1. (i yiunusium;

Heulschulen I.Ordnung: 2. Musterschule, 3. Wöhlerschule; Realschulenll.Ordnung: 4. Klingerschnle, 5. Adlerflychtschule ; Höhere Tj^chierschulen: 6. Elisabethenschule, verbunden mit

Lehrerinnenseminar bezw. Fortbildungsschule, 7. Humbddt-

schule.

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26. Ooffentllche städtische Srhnlen.

153

II. GEHOBENE BÜRGERSCHULEN (Mittdsebakii). Coromunale: för Knaben: 8. Oatendechnle; für H&dchen: 9. Peter»-

schnle; fOr beide: 10. Souchayachnle. Protestantische: 11. Bethmannscholc (für beide Gemhlechter). Katholische: fttr Knaben: 12« Selectenschnle, verbunden mit einem

Phigjmnasinm; für Mädchen: 13. Englische Fraoleinschule.

III. BfTRftEKSCnULEN. Com III II II a 1 «• : für Kiiuliru: 14. Wallsihuli'; für Mädchen: !.'>. Lieb- f'nuKMi.schul»'; i'iir beule: 10. Uhlaiulscliiik- ; 17. Burnhfimer Bürgerschule.

Protestantische: für Knaben: 18. Weksfrauenschule; für Mäd- chen: 19. Katharinenschale, 20. Dreikonigaschule; fQr beide: 21. AJleihciligenachule.

Katholische: f&r Knaben: 22. Domschale; fttr Mädchen: 23. Roden- bergerschule.

ly. YOLKSSCHULEK. FQr Knaben: 24. Amsburgerschule; für Mädchen: 25. Annanchule; Itlr beide: 26. Bomheimer Yolksschnle.

Ztir B»Mirth('iliinr; dieses SysttMus diene F(d«;endes: l)er Staat leistet in keiner Weise einen Beitrag y.nr Hr/ielmii'^ unserer .liiLTi-iid. daj^eijen liesti-Iii-n nelicnlier /uei v(»ii unseren israeli- tis4 lifri Mitlnirj^erii nnterlialt-ne jiidisi lie. zwei vciii unseren katlioliselien Mitliiirgeru uuterhulteae katlioliselit' Stliiileu uud gegen 20 Privut- institute.

Mit siimmtliclien höheren Schulen, das (i \ lunasiiiiii aIN'in aiu.s- genoninien, sind Vorscluilen mit drfiiähri<,'eni Cnrse verlmiideii.

Gyninu.si(ini und Healseliiili' j. Ordnung' hahen, die \'nrsehiile einjferechnet, ein»'n /.wölt'jälirijren Cnrsiis, rlie Uealselnde II. Ordiiuiii^ einen eltjährigen, die höheren Tm hterschiilen einen neunjährigen und alle anderen Anstalten einen achtjährigen Cursun.

Bei den erstgenannten beiden Schularten it«t Tertia, Secunda und Prima, bei den Realschulen II. Ordnung nur Tertia und Prima in je zwei fortschreitende Jahresabtheilungen (Unter- und Oberclasaen) getrennt; die Berechtigung zum einjährigen Dienst wird bei den ersteren mit Absolrirung der Untersecunda, bei den letzteren aber der Unterprima erlangt.

SämmÜiche Schulen mit AuMnahme der oonfeHsionellen, sowie der Wallschule, der Liebfranenschule, der Uhlandschule und der drei Volksschulen sind Uoppelnchulen ; doch sind bei denjen^en, welche

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154 ^11* Unterrichts- und KniehnnimireRen.

nur ein Geschlecht anfhehipen, die oberoten Gbuttien bei den hShereu Knabenanstalten von der erlangten Militarbereditignng ab in der Kegel nur einfach vorhanden. Da« System der Doppelschulen wurde vorgezogen theils wegen der damit verbundenen ESrspamiss an Platz, Bau- und Unterhaltunj^skosten, theils weil es eine anagiebigere Be- nutzui^ der speciellen Leistungsfähigkeiten der Lehrer zulSsst.

Die Uhlandschnle ist zur Zeit weit mehr &h doppelt, indem sie alle diejenigen Seliüler anfnehnien muss, welclie in dem orj^aniHations- . nittHsijrc!! h'iihinen der andcri ii Hiirj^erschnlcii keinen Platz finden; es ist im Werk«-. si<> «liircli NtMist li;itl'im«x von Schulen zu erleichtern.

1)1«' Volkssdiulen siiul als vierfache mit zweijährigen ('lassen or- ganisirt, für ihre jeweilige Ausilehunnff miUscn aber die lk'\ve«;im«,'en ihres Publicums so lange niaius.s^ei)end sein, als sich nicht die dauernde Nothwendij;^keit weiterer VolksschnJen zeijjt.

In sämmtlichen Anstalten ist jeder Jalirescnrsns eine getrennte Claafle. Ausnahmen hiervon l)ilden summtliehe Volksschulen, in wej( Ik m stets zwei Jahrj?änge um deshalb verbunden wurden, nra ein absolut sicheres, maassvolles Vonvilrtssehreit^^n /.ii bewirken. Eine weitere Ausnahme bilden die SeleetenschuU*, die EnirlisclM' rränleinschiih' un<] die Allerheili^enschule. deren diinliwejx zweijähriijre Curse ant" den Dotationen beruhen, sowie endliih alle anderen Bürijersrhnlen inso- fern, als or^auis;itions«reuiilss deren beiden oberen Jahrgänge in einer (JliLsse verbinulcii sind.

Jede Scluile ist nur für ein (leschlecht besünunt. soweit niilit zur Z<'it n(K li Griimlr l<i< iib'r Natur, wie bei der Som liaysi hulr und den liornlit'imer Schulen, oder «Iii- dotiitionsni;lssit;en Vt'r|>Hii]itunireu d«'r Stadt, wie bei der Allerlieiliirensi liule iiiid Uetlniiainiscliiilt', oder endlich die rnferti«xkeit der \ erliältnisse. wie bei der Ulilaiidscbule, ent- jL(e«(ensiehen. Auch h'u-v sind die (iesclilechter in verschiedene Classen und meistens aiu Ii in vcrsc hicdcne bauliche Abtheilun^jfru ^.fetrennt.

An allen I)o])j)elschnlen. welche nur ein (Jcschlecht erziehen, ist der VVechselcoetus eing»'führt, derart, dass von je zwei paralhden Classen die eine, mit »A« bezeichnet, im Krühjahr, die andere, die »B-C'lasse« , aber im Herbst ihren Cnrsns beginnt. Der Wunsch der Eltern, zweimal im Jahre Gelegenheit zu haben, ihre Kinder der Schule anzuvertrauen, sowie die Soige dafür, dass zurfickgebUe- bene Schiller möglichst nur um ein halbes Jahr in ihrem Fort- kommen geschädigt werden, sprachen fiOr diese Einrichtung. Sie wurde jedoch bei den Volksschulen um deshalb nicht getroflen, damit der einfache ruhige Gang derselben nicht gesfcSrt werde.

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26. Oeffratlirhe stidtisclie Srhnlrn.

Die Schfilensah) ist fttr die nutersfce dasae stets auf nngeföhr 54 berechnet und mll sieh nach oben durch den gewöhnlichen Ab- gang Termindem; fDr die Volksschule hat man jedoch xtatt dessen eine Anzahl von bis zn 80 Schülern angenommen, weil die Tren- nung der Glasaen in zwei Jahresabtheilungen dies erlaubte.

Was die Lehrplane betrifft, so ist hervorzuheben: dass die Wfiblerschule von der Obersecunda an als Zweig eine Handelf»- abUieilni^ ansetzt, Aeren Schfller theilweise getrennten Unterricht von den fibrigen erhalten, indem sie namentlich statt des Lateins und mathematischer und natiirwii^tcnsclmfüicher Discaplinen Unterricht in fmiulon SpracluMi sowie in Uandelst'äclifrn erhalten.

Von «leii 1*1 ;iN< lullen I. Onlniiiij^ pflegt <lif Kliiigerschnle hervor- nit^end Matheniiitik, Natur\vissen.s<hart»'U und Z«>i( lineii. die A<l!er- Hy(lit><chule die ImmUimi fremden Sprachen, wodurch die erstere mehr den (lewerlieii, die letztere mehr dem Kanfmannsstunde dienen soll.

Die beiden höheren Töchterschulen strlii-n <\i h vollkommen ^^leieh, 80 duss das Lehrerinnenseniinar sich an beide gleich m3Ä*»i;j anschliesst.

Von den Mitt<dseiiulen haben die confessionellen Schulen Unter- richt in beiden fremden .Sprachen, die coninninalen sollen dn^;e<;en •las Franzrisische stärker betreiben, «»ich , was die Knabeiianstaltfu betrifft, auf Mathematik, Naturwissenschatt und Zeichnen eriiühtes Gewicht leift n.

Die Hiirtjffrst hiilt-n treiben keim' tremde Sprache, was wohl ihr wesentlichster l nters» liied von den Mittidsehulen ist. während die Volksschule in der eiiin- Stadt wie Kiauklurt a. M. durchaus wür- diL't'U Weise alles diis)eiiinfe bietet. Wim die uutefste (Jlasse der ß«'V(»lkerun<^ aiir/uuebuien im Stande ist.

Protestaiitistlier |{eli<.finnsiiiiterrielit wird an allen cominunaleu .Viistalteii ertheilt, katlioli.s( her /uiii w eiiif.(steu immer au einer Holchen Anstalt j«'der Art, Israelit i~<t her je nai h dem Hedürfnisse.

l)as Seh 11 Ilfeld beträut jährlich:

M. für das (lymuasinm. die Kealschulen l. Ordnung und die Klisabethenschiile ;

* lOO für die Realschulen Ii. Ordnung und ilie Humbtddt-

schule ;

* 80 fnr die Seminaristinnen ;

» 52 fttr die confessionellen Bfittelschnlen;

* 30 fdr die commnnah>n Mittelschulen:

> 18 flQr die Bürgerschulen;

> 6 fttr die Volksschulen.

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156

VIII. I nUTriihts- und Kizit'hiingsweseu.

Eltern, deren »teuermasRigeH Kinkommeu M. 0000 jährlich nicht übersteigt, sind fOr das vierte nnd jedes folgende Kind, welches gleichzeitig mit seinen Qeschwistem städtische Schulen besucht, Tom Schulgelde iirei. Ansserdem hat die Stadt 50 Preistellen in den höheren Schulen znr Verfügung der SehnIbehSrde gestellt nnd es gewähren weiter verschiedene Stiftungen nnd Gorporationen eine grosse Anzahl von Freistellen in allen städtischen Schnlen.

Die L eh rerg ehalte waren 1803 dahin geordnet worden, dass an den Bargerschnlen fl. 1000 1600, an den übrigen Anstalten fl. 1400 2400 bezahlt winrden. Nunmehr sind die folgenden Gehaltsclassen in Geltung:

la.

M.

(iC.UO

7000

7400.

»

1.

(im III

(i4uo

r.sdo.

>

II.

r»4<M)

'iSoo

-0200.

>

in.

»

■1800

5200

—5000.

IV.

»

4200 -

4()00

—5000.

»

V.

;iooo-

4000

-4400.

»

VI.

»

3000

3100

3S00.

»

VII.

»

2600-

300U

3100.

VIII.

»

1«00-

2200

2<;oo— ;

Die Lehrer »ler Bür^«'r- und Voiksschnleii .sind säiiinitiiiii in der achten (blasse, tlie Dirip'nt«»n «lieber Anstalten sowie die Dirigenten nnd Lelirer aller iilirit;»'n vertlieilen sich in die anderen si»d)en lie/\v. acht ('lassen. l)er NiMiiiallelireistand jeder Scliide ln-stiniiiit Anzahl nnd GelijiitMhissen der LthreistcUeii. l)ie Lehrer herinnen mit tler nntersten Stute ihrer ( las.-^e nnd stei<;e?i nach je t'ünt Jahren /weiiiial. hei iler aihten Cla.sse viermal, um je M. 400, so dass, wenij^stens an (h-n höheren Schulen, ein duppeitos \'orrücken, iu der Stell»' nnd unter den Stellen, hesteht.

Die Pension der Lehrer iK'trilgt im ersten dahr/ehnt ein Drittel, itn /weiten die lliiltte, im dritten zwei Drittid und nach 30 Dienst- jahren das (ian/e ihres (lehaltes. Ihre N\ ittwen he/.w. Kinder er- iialten nehen den Re/.ü<(en uns den Lehrer -VVittwen- nml VVuiseii- anstalten- von der Stadt ein Viertel des Gehults, jedoch nicht über M. 1250, iils jährliche Wittwenpension.

Die Zahl der Pflichtstunden beträgt für die seminaristischen Lehrer wSchentlich 20, für die anderen 24 Stunden, doch haben letztere thatsächlich im Durchschnitt nur 22 Stunden ungefähr zu geben.

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26. Oeffentliche sUUltuche Bchtden.

157

An aUeti MidchenanstalteD, die Yolksfichtilen auagenommen, sind eine Anzahl Lehrerinnen angestellt, welche^ neben ihrem Übrigen Untenricht auch denjenigen in den weiblichen Handarbeiten zu ertheilen haben und in drei Stufen, gleich den Lehrern, M. 1600^2000—2400 Gehalt beziehen.

Zur Zeit sind an den iNunmtlichen stadtischen Schulen zusammen 41 1 L<'lirer angestellt.

Die städtischen Schulbeh<">r(1*-ii sind:

Das Ciiriitoriinii. wi-I« Im mi siimintliclu' lirdicnMi Kiiiihen- schuleu (z. /. iiiicli (lif ScNm fi-iiM ImK') «owie (des Se- minars halber) die Eli^iilx tlu-nsclml»' unterstrlit'n. die Scbulileputation, weiche säiumtliche anderen Schulen vorwaltet.

.Inlr rlicsfr lieliitnlfii Ix'stelit ans je drei l)epntirt4'n di's; Ma'/i- strats niid der iStadl \ rntrtliit'ten, sowie (ifistlielien uiiil l)»'|»iit itti-n der ( 'unl't'ssionen. Itn i'uratorinin iiuluMi auch <lii' 1 )iri;;entt'n der dort ;;eleiteteu Austuiteu iu Augeiegeuheiteu derselben Sitz und Stiiiuue.

Als Miltcltjlird /,\\ i-clirn ilt'r S( liiild«'|Hit;ili(iii iiiid den ihr uiiter- «telht-n Anstaltfu sind ültcrdies SpeciaNrliulvorsUliide iUigeordnet.

iu «h in S hnljahre 1SK() -1881 btisuciiteii :

dir hrihri.ri Schulen. . . . .'i SHl Schüler

dl.- Miitrlx iiuh-n 2 905 »

die Büri^t'rschnh'n 4 842 *

die Volksschulen 2 11?^ >

Zusammen 13 72<i Schüler. Das gegenwärtige SehulsyHteni genfigt, was die höln ri-n Schulen betrifll, auch wachscnih n Anspn'kheu, es reicht in llinsielil der Mitt*'l- und VVdks.<<ehnien cl»rn hin nnd ist nnp-nü^rnd in Hii)>irlit der Bnr«;ei-schnlt'n. Auch hierin Aldifille zu .schallen ist bereits iui Plan, wie d«'nn liüri^erschat't und Behörden sIefs der reher/jMi;j^nn^ lebten und leben, dass sie dem naclit'olgenden (ieschlechte nichts WerthTolleres als eine gute Erziehung zu hinterlassen vermögen.

158

VIII. ünterriclite- und Krriphungswesen.

B. DIE iELTEREN SCHÜLBAÜTEN,

Von Uauinsiiector <i. lUHiKMEU,

iVanki'iirt«'!' Schulhaut«'!! husscu »icl! hc/üj^hch ilirer Kiit- stehnti'X und (h-r dai'aus [olf^cndc!! inniTen Einiiclitnn^n>n in zwei Classcn cinthrilcn. v<mi dt neu die »'rsic dirjcuiiren SchuU'n uinl'assi, Widchc in iltT «Tsti'n llitllh' dieses JahrhiMulerts schon liestainh'n liahfii, (Hier Hl diisf'r Zeil entstaiith-n sind, wilhi'end die zwt'ite die Schnh'ii, deien Knt.stehnn;^ in die /.weite Hüllte uiiaereH Jahrhunderts bi.s zu unserer Z«'it liillt, einschliesst.

Die erste Ahtheilnnt^ l""Lri-eit't:

I. Das ALTE (JVMN.ASll'M, wehhes IS.*.!» V(Ui dem Panlsjdatz, woselbst dessen (iehän(h> vor (h'U jetzij^eii Hehuusnu^en No. (1 und S stainl, inK'li (h-ni Arnshinyer ll<d' verh'^t wurde, nachdem (histdhst. unter Leitun«; ih's damaliiriMi Studthainneisters Hk.s.<, ein Itestehendt - Gehäude (hitiir einj^erichtet wunh-n war. Dasselbe entsprach aher si lioii rlamals nur in l)eschränkter W eise den l)esteheinh'n \ t'rhäitniss»'ii. we>iialh aiit h die darauf tolijende Zeit mit Recht Anträge uul Ver- be.s.s4'ruii^, eveut. Neuhan stellte.

IL Die evan^ndisclu' W' EISSIMJ VrENSCTlULE für Knaben, schon IHL'i gegründet und in einem Theih' des ehemali<^en Weissfrauen- klosters nnteirj^ebradit, woselbst sie in>ch heute sich l)etindet. Dieselbe iiat acht liehr.säle, wovon sechs die nicht niehr beliel)te (juadrat ische Grundform 1' auf iii - haben und nur zwei sich den heutigen Masuwerhrihiiissen ans< hliessen , nämlich m auf 5'G 7 m. Da- gegen sind deren LichtverhüUuisse in.sotern gut, als aie diircligeheiids Vier-Feiuiter-£iiitheilung, meistens freilich nach Westen, besitzen. Von den Claflsenzimmern erreicheii die Hälfte das normale Maass einer Raumhöhe von 4 m, die fibrigen bleiben mit 3*7 m darunter. Auch besitzt die Schule ausser einem Hof noch einen grossen Spielplats.

III. Die sogenannte NOKNENSCHULE fQr katholische Madchen, in dem Gebttude zur »Rosenberger Einigung« an der Klosteigasse,

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26. Oeffentliche städtische Schulen,

159

welche schon in dem vorigen Jahrhundert bestanden hat und an dieselbe anstoesend

IV. die katholische ENGLISCHE FBJEULEINSGHULE. Beide wurden in den sechsiger Jahren, w^en der in unmittelbarer Nähe befindlidien Gaseme, in andere Locale verl^, und zu dieser Zeit dasselbe auch

y. mit der katholischen DOMSCHULE Torgenommen, welche sich damak fiber dem alten Kreuzgang am Dom befiuid.

Neuer wie die genannten SchulhSuser und in den ersten De- cennien dieses Jahrhunderts von Stadtbaumeister Hbss erbaut sind die vier folgenden GebiuHic, näinlidi

VI. die evangelische DK'KIKi hNIGSSCHrLE an der ScliulHtrasse in Saclisenhauson, bis zum Jahr 1^72 für beide Gesc Iiiechter, jetzt nur noch für Mädchen benutzt, Sie luitte ursprünglich nur sechs Lehrsale in zwei Stockwerkin, säniniilich nach Süden disponirt, Wfivon vier mit aussergewöhn lieber Tiefe von 10-2 m gegen die Breite von 8*2 m und zwei anf 8 2 m quadratiscb sind; ihre Höhe betriigt ;{'7 m. In dem .lalire 1S54 wurden denselben noch zwei Sale von 6'1> auf 7 (3 m und von 0'9 auf 6'2 ra bei ebenfalls 3'7 m Höhe in einem neuen S«Mtenbau und nach ()st«m disponirt zugetiigt.

VII. Die evauHisebe .VLLElüIEIi.irjKXSCHULE an der .\ller- beiligentrassc, nach der Ti«'tV des Platzes <;ebeu(ier Läiigsbau, eben- falls für bt'idi' (ii'sclilfclitrr mit si-dis Lelirsülen von ni auf 7 ni iiiid III IiihIi. säiunitliih lunli ()st<-ii (lispnuirt. Na<li(leni sie in den viiM/iL''fr .lalirfii ilnicli riiHMi Aiihau um zwt'i Säl«- vcniK-hrt und isr»!» die Lehrerwohniiiii; im zwi-iten Stuck ctM-iilalls zu ilrei Sälen ein- gericbtet worden ist. wird sie jetzt wii'dt«r auf den Stand von acbt Classen ziinhk^ebracbt. llir Sj»ie]platz ist niclit sehr lit-diMiteud.

^ Iii. hie rhfinulige Katbarinensi liiile , jetzt LlEHFIt.M'EN- SCHULE, an der Liebtrauenstiassf, trüber für l>eide (Tescbleclitrr evan^fliscbi-r Kdi^ion dienend, jetzt nur iioeli für Mädclien benutzt und aus aelit Lehrsälen, zumeist na« Ii Osten dispimirt, besteluMul. wovon vier da.s (iriimhiuuuss von V"A ni auf 7 (i ui und zwei derselben 9'8 m auf 10 m, die übrigen 9 0 ni auf .') ♦) ni haben, mit den nicht bedeutenden Höhen von 3"8 m bis ;^*9 m. Ihr Spielplatz ist entp sprechend gross, aber ringsum von Gebäuden eingeschlossen.

IX. Die SELECTEKSCHriiE, 1826 an dem Schärfengasschen, resp. Holzgraben erbaut und fOr katholische Knaben benutzt, nur ftir vier Lehrsale ang(d<>gt, deren Lichtseiten nach Westen stehen und deren Maassverhältnisse in 6*8 m Breite, 7*4 m Tiefe und 4*2 ni Hohe

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Yin. Dnierrirhts- nnd Endehungswesen.

fftr drei, sowi»- 3-9 ni Hobe ffir eine, bei gleichem Flachenraiin) be- stehen, lui Jahre 1871 wurde die Ins]i( ( iorwohnung auch zu Lehr- zinuiuTii eiii<rorichtet und dadurrli ( iuc Vermelirun<^ von weniger qualiAcirten liiltinien erzielt, wodurch ul»er dem Bedürfuiss immer ihkIi nicht (ienüfje {^eleiatet war, weslialb ninn auch Mansarden für deu ächuiuntcrriclit beuutzen inns.sti'. Erst lsr>4 ln'kam diese Schule audi «'Imi' Tiirnhalle von im Lichten 14 ni Län^e, 6*5 m Bn itc und 4*2 m Höhe, welche den uluiedies kleinen Garten um die UtUfke schmälerte und dadurch xwei CJassen im Licht Ijeeintnu hti^t^e.

X. DifM-r Aiit/älihnif^ von Schulhäusern rcilit sich iliisjeiii^«' der ALTEN .Ml'STEUSCIlULE an,' zunOchst der grossen 1- rie.ll».M.r..r. ^Mssc «^ele^cn. Diese Schule, von einer Privatp'sellschnfi •^«'triündct, dient<* als hr>hcn' Schuh' für bei«h' (ieschlechter uiid wurde 1S72 von der Stadt filM iiioiiinu'U : j«'t/.t ahrT ist sie als zwei Schulen getrennt in neue Locale liherliilirt . Die hauliciie Anlaufe l(esteht aus zwei illlereii ans l'acliw cik ci »nstruirten Theilen. un<l /.uei niiussiven neueren, h t/.tere aus den .lahren 1S;{S und iSöl. Merkwürdig ist, dass diis (icbäude von l^-M demjenigen von 1838 nachsteht und keinen l ort- »chritt im Schul i>auwe.seu zeigt.

Mit der zweiten lliilt^ dieses Jahrhunderts beginnt ein neuer Aufschwung in dem Fntnklbrter Schulhauwesen, den An&ng macht

DIE HÖHERE BÜRGERSCHULE, jetzt BETHMANNSCHULE, erbaut 1855 durch Stadtbaumeister Hknkicu und Architect KTicemku an der Seilerstrasse. Dieselbe dient fflr beide Geschlechter, »teht von der Strassepflucht Ilm zurück nnd hat eine von allen Seiten freie Lage. Sie enthalt ausser 18 Lehr^ Halen und den Lehrerzimmern auch die Wohnung des Oberlehrers und des Pedellen, sowie die BedQrfnissBnstalten nnd ist die «rste stadtische Schule, die sogleich mit einer Turnhalle versehen wurde. Hure Corridore haben directe Beleuchtung und eine Breite von 2*3 m, welche sich zwei geräumige imd bequeme Treppen anschliesaen. Die ClassenrSume, wovon sechs nach Nordosten und zwölf nach Südwesten liegen und Drei-Fenster-Eintheilung haben, basiren in ihren Grundmaassen auf das viersitzige System der Subsellien, welches hier zum erstenmal zur Anwendimg kam, nnd haben die Maasse von 8*8— 10'8 m Breite auf 6*5 m Tiefe bei 4'2 m Höhe.

* Es wurde hier auch zuerst der Heizung und Ventilation grössere Aufmerksamkeit zugewendet, wihrend man bei den Schulen aus der

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2«. OortV iillicho städtische Srhulcn.

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ersten Hälfte dieaea Jahrhundcrt.s, trotz mancher anderer Versuclii;, nicht aber die gewöhnlichen eifienien Holzöfen hinauskam. Die Ein- richtang wurde dem Physiker Herrn J. P. Wagner flbertnigen, welcher besondere eiserne Circolationsöfen construirte nnd mit diesen eine Ventilationseinrichiung , von den Fensterflachen, resp. hinter deren BrOstnngen, unter dem Fnssboden her verband. Bf Oefen, welche jedoch daranf berechnet waren, das Brennmaterial möglichst anszonatzen, Hessen den Rauch zu kalt in die Schornsteine gelangen, wodurch Stockung des letzteren und Condensationswasser entstand, welche Uebelstande zusammen eine durchgreifende Erwärmung der Räume verhinderten. Eine Beseitigung dieser Oefen und Ersatz durch solche gewöhnlicher Gonstruction war das Endresnltat und später wurden audi die letzteren wieder durch Kachelöfen ersetzt, welche sich heute noch in Anwendung befinden.

Die Turnhalle, 1857 erbaut, ist im Lichten 25*Gm lang, 7*8 m breit und 5*1 m hoch, hat unterwölbten und gedielten Fnssboden und Ein«^unge von beiden Soit(>n der Spielplätze, welche letzteren je nach der Frequenz der Schule 2*4 qm bis 2*9 qm per Kopf Raum bieten.

DIH MITTLEHE BÜK(iEl{S('llüLE

folgte im Jahre 1857, erbaut durch Stadtmeister Hrxricii und An hitect BURNITZ. Diese, ebenfalls an der St-iliTstrass«» »Triclitrt. war urs|»rnn<^- licli nur ZU einer eintadicn Solmlf tiir KnalxMi iM-stiiniiit. In ihrer Stellung^ nnd sonstigen Dispositionen diente ihr <lie vnrherj^ehende als Mii«t<'r, auch wurde sie wie jene im jjothisihen .Styl <'rl)ant.

Sie Ix'sitzt ein ifewnihtes Vestibüle mit anseliliesscinlrn «'cwrilhten C'<»rrid(»n'n und eine steinerne Tn'pjie, so dass niiin hierin sclion eine?i Forts<hritt <;etren den vorhcrirehendcn Hau cnnstatirm kann. Aneh enthielt sie damals ausser «h-r Wohnung tiir drn l*<'drllt'?i eine sfdche für den Ohi-rlehn r und hat noch heute die IJrdiirtnissanstaltrn im Haus. Die Lt hisiUr. damals acht an der Zahl, wovon drei ;jr<;('n Nordwesten und .'» <rt'<;t'n Siidwestm la<;t'n, hahen dir 1 )inM'usiouen von l^')*) m und lo 5o m Län^'i', ()-p7 m Tiide hei l'O - J-'J ni llrdn'. Das Conrerenz/.immer in der Mitte des ersten Stocks kann durch Ili raus- nahnif von Ihd/.wänden mit den hfidfji anlief^enden l.rhrsälen zu einem i'inzi<r('n Hauni für rrütun^^fn vereini*rt werden. Ihre lieizaing wurde gleich von vornherein dun h Kacludciten bewirkt.

Erst 18(3:i bekam di«'.se Sehlde eine Tnmhalle von 22*45 m Länge,

8*50 m Breite, 5-7(> ni Höhe nnd 1870 wurde sie bedeutend vergrössert

und unter dem Namen Petersschnle ffir Mädchen eingerichtet.

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102 Unterrichts- und KTfiehnngswesen.

DOMSCHULE UND ROSENBERGERSCHULE.

Im Jahre 1863 folgte der Neul^itn {fir die beiden katholischeQ Bürgerschulen, niindich die Donuchule für Knal)en und die Rosen- beigerschnle für Mädchen, an der Altj^asse, mit freier Laj(e nach dem Peterskirchhof, von Stadt haumeist<'r IlKNUirn und Architect RticKMEH. Dil der l)fi den beiden vorerwähnten Schulen anjjewandto «;()tlii.s( Ik' Styl ht mehr zur Anwendung kommen sollte, so erhielt das betreffende Hans eine einfache Fa^ade, welche mit ihrem Bogen» fries und ihren rundbogigen Eingangen doch wieder an den Alt- deutschen Styl erinnert und im U«'l»ri,ifen ein gefälliges Aeussere zeigt., dabei aber das hnlic Ducli vernu'idet.

Der iniicr«' Aushau lehnt sich iinii niclir dt'iiijrnii/«'!! der mittleren Biir^^erschuli' an und /eifjt. dass man den dort eingeschlagenen V\^'<; als Fortschritt iiu Frankfurter S( liulhniiwesen durchaus txlaulite festlialtcn zu müssen, denn auih sie besitzen steinerne Treppen und gewrdhte, sowie geplattete ( orridore.

Jede der Ix'iilen Schulen entliäli sodann weiter eine Lehrer-, aber keine IVdellen\v(dinun<f, eiu Dienst/ininn-r liir <leu Dirigenten, ein Lehrer- oder ( '(UilV'ren/./ininier und eiu Dienstziinnier für di'U Pedellen, sowie die Bedürfnissanstalten und siehen Leltrsäle, wovon Jedesmal sedis älinlirhe 1 )inu-nsiiinen wie diejenigen in der mittleren Bürgerschule ha))en, niindich 9*3 -t)*(3 m Länge. (J l lu Tiefe und \ '2 - 1"') m Ib'ihe und nur einer das beschränkte Läugenmaass von 5"l ni hat. Sie sind nach \Vesten und Osten disponirt, haben 3 Fenster mit Schiebladen und hohe Wandlambris; ihre Fussboden, früher noch aus Tannenholz, sind in den letzten Jahren durch eichene eraetzt word6n.

Hinsichtlich der Heizung wurden auch hier die Kachelofen wieder . in Anwendung gebracht, aber mit der WAQNBRVhen YentOation in Verbindung, welche hier gut wirkt An das genannte SchuUians reihen nch zwei entsprechend grosse Spielplätze an nnd an diese eine gerSumige Turnhalle mit zwei Eingangen, welche zwar durdi ihre Situation eine nnregelmässige Grundform erhalten musste, aber auch hindurch den Vortheil vor regelmassig angelegten derartigen Hallen geniesst, dass einer ihrer Ausbauten sehr geschickt zur per^ manenten Anfstellnng der Tumgeiathe benutzt werden kann nnd hierdurch über den übrigen Raum jeder Zeit freie VnrfBgai^ steht, was bei den IVüfnngen von grossem Vortbeil ist. Sie hat 230 qm Grundflache mit nnterwSlbtem Fussboden bei 5*10 m Höhe.

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26. Oeffiratlk^e stAdtische Schulen. loa

DIE BORNHEIMER BORGERSCHULK

ist erbaut im Jahre 1864 von den Architecten Pichlku iiml Skkstkun. Die Grandrissdispofiition ist eine rej^eliuilssigo mit einer eintiu licn und klaren Vertheihuig der Ramnlichkeiten, indem man dux h «len Hanpteingang von Norden lier einerseits das Dienstzimmer der Lehrer nnd anderseits diisjeiiige des Pedellen findet nnd indem man den Gorridor überschreitet, schleich in das' Tre)i{>enhaiis gelan>(t, neben welchem sidi noch eine besondere Treppe ftlr die Oberlehrerwohnung befindet und der sich die BedOrfnissanstalten anschliessen.

Diesen sSmmtlich in dem Hittelbau vereinigten Einrichtungen reihen sich in den beiden FIfigeln und zwar in jedem der beiden unteren Stockwerke Tier Lehrsäle an, sowie in den oberen noch zwei dergleichen. Dieselben, 10 m lang, 6*5 m tief und 4*2 m bezw. 4 m hoch, sind zur Hälfte nach Süden, zur Hälfte nach Norden gerichtet nnd haben Drei-Fenster-Eintheilung und Kachelofen für Steinkohlen- feuemng. Den einen Flügel im oberen Stock füllt die Oberlehrer- wohnnng ToUstandig aus, eine Wohnung für den Pedellen ist nicht ▼orhanden. Im Uebrigen 2eigt das Getönde, demjenigen der mitt- leren Bürgerschule und den katholischen Schulen g^nüber keinen Fortsei 1 ritt.

Im Jahre 1874 wurde von nmiinspeetor Heil ein Annex zu dieser Schule erbaut. Derselbe eiiifaeln r trrli;ilteu wie der Haupt~ bau, hat in zwei St(M kwcrken über einander vier weitere Säle von II '.» - 10*11 ra auf 7'4 m Ciruudmanfw und 4'5ß m Höhe, sowie im DachBfcock eine Wohnun«; tür den Pedellen, welche im Ilanptbau, wie schon erwähnt, fehlte. Die Turnhalle, ein unterwülbter Raum, hat l»-92 m Länge, 9*5 m Breite und 5 m Höhe.

War in den li t/t«'r\v;iliiitcn Hauten ein Fort.scliritt iiu S<liull)au- wesen nicht zu coiistatiren, so wurde ein solclier für l''raiikriirt an- gehalmt dtirch eine vdiu .\t*r/tlicheu Verein Vfranlasst«' Si liritt Uelier Schulbiiuteii, VOM dem Standjuinkte der »Ufentlirlien (iesiindheits|>tlecre.« Der Aery.tliche Verein hatte nändirh eine ( 'nnunission aus seinen Mit- j^Iieilern niederj^esetzt, be.stehend aus den Herren Dr. med. Baudouff, I'assavant, Steffan und Wallach, welche sich durch die Herren Lelirer Gassf.r und Dr. Noll, Chemiker Dr. Zir(ILEU und Architect Ui'iiKMF.K verstärkten, um auf der Gnmdlage einer durch den letzteren yor^es<-hhigenen technischen Aufzeichnung Bestimmungen für das zu- künftige Scholbniweseii Frankfurts anfkufliellen.

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VIII. Unterrichts» und Ersieliunjrswesen.

WALLSCHULE.

Die im Jahre 1870 von Stadtbaumeister Henrich und Architect RütiEMBR erbaute Wallschule zeigt weflentliche Verbessern ngen gegen ihre Voi^unger. Das Aeussere, ein Backstein-Rohbau mit schöner Steinmetzeniurbeit, lasst sich von allen Seiten wohl flberschen, da das Hans eine freie Stellung an dem Affenthorplutz einnimmt.

In ihrer Grundform erinnert die Wallschule (s. den Plan Nr. 7) an die mittlere Bfirgerschule, denn man tritt vom Aifenthorplatz ans in ein gewölbtes Vestibüle und gelangt sodann fiber einen gewölbten Corridor zur steinernen Haupttreppe, wie bei jener; sfidlich schlicssen sich hier das Pedellen- und Lehrer -Dienstzimmer an, über welchem letzteren in den beiden oberen Stockwerken die Räume fQr Bibliothek und Sammlung von Lehrmitteln liegen, wahrend über dem Vestibüle sich das Gonferenzzimmer befindet. Acht Lehrsäle, theils gegen Westen, thcils gegen Sfiden gelegen, yon 10*2 m Länge, 6*8 m Tiefe und 3*9 m 4*2 m und 4*5 m Höhe machen den Hanptbestandiheil des GftbJindes ans. Sio Viaben Dm-Ffiister-Einthoilung. mit Scliidiläden und Klapi)flüL(i'ln, oichcno Fns.slM>den und hohe Wandbekleidiing. und wonliMi (lurdi t'ine Gentraiheizung vom Souterrain ans, durch gemanerto Oaniile, Sdili.te, erwärmt, nplxMi andorcn CanäU'n. (hmU welclif «lie Ventilation Iiis zum Speicher des Hauses bewerkstelligt wird. Ausser dieser Kinri« litnng wurde auch eine verbesserte Wasser- versorgung und (JasWelenelitnng eingeführt, letztere auf diis zwei- sitzige Subsell vertlieilt, welches hier znm erstenmal erscheint.

Ein Annex im Hofe besteht aus einem geräumigen Turnsaal von J'l III Länge, m Hreite und 5 m Höhe, mit der ansehliessendeii Hedürtiiissaustalf nii<l ist durch einen ottenen Verbindungsgang mit dem Sciiulhaus vei. iuigt, welcher letztere den frei gelegenen bchul- platz durchschneidet.

Während die VVallschule noch im Hau begrift'en war, constituirt^' sich auf Anordnung der Baudeputation eine neue Commissiun, welche über die zweckmiissigstc Einrichtung von Schulbänken und Schultischen SubseUien berichten sollte. Sie bestand aus den Herren Dr. med. Baboorft, Durector Dr. Eisblbn, Oberlehrer Gassbr, Stadtbaumeister Hbnkich, Lehrer Dr. Hirsch, Lehrer MOller, Director Dr. Paldamus, Dr. med. Passavant, zweiter Stadtbau- meister G. ROaBHBR, Professor Dr. Soomtot, Dr. med. Steffan, Dr. ZisaLBR und Dr. med. Wallach, als Berichterstatter.

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26. Oefleiitlirhe sUdtiitrlie St-hulen. 1($ri

wurden 5907 Schulkinder gemetiKen, nämlich 3459 Knahen und 2448 Mädchen und daniu» die Durehochnitt^-KorpeiprÖMten berechnet, welche für die enteren eine Eintheilung von sieben und für die letzteren eine xolehe von »echs Gruppen ergab.

Was aber die Eintheilung der Sitze bezQglich ihrer Xahl betriff!, 80 hat man sich ausachlieMslich für dait zweinitzige Syntem entsrhieden, was sich jedoch nar bei einer Sohfllerzahl von circa 50 bis höchstens 60 (liirchffihren laieit, du man bei 01ai««en von 80 SchQlem wieder Hut dits vierKitz^ zurfickgreifen muss, um nicht flbermSssig gnmse Säle zu bekommen.

DIE KATHAHINENÖCIIULK

wurde 1871 durch Stsulilmumeister ÜENRicir mul Archiiei-t Ivi t;i:MRR iiti «1er alt«'!! r?otlili<ifstrass»', jils i'Vimt;<'lis<!n' Conti -^-^ioiisM lnilr für Mädchen, und ul» A«-<|iii\aI('nt für <li(> Katiiarinonsrliulr an <l* r \.u'U- fVaiifiistrasst» crriclitot, div li-t/tcr»' mImi als ( 'oiniiimialMiml»' für Miük-Iieii univr dviu Nuiueii vLiclifniueunciiulf ' buibehuiteu (s. üben).

Die liaiiteu iIcs ik'ik'ii .S Imlliinises, welche we«(eii ihrer etwas verstecktet» La<;e wieder als l*ntzbaut« ii aiis«;etnhrt wiinieii, l»eNtvhen in «leiii eit;eiit lieheil Srlmlhaus, der mit denisfllieu vi'rhiuideiien lie- diirfiiissanstalt und der anstoss<'iiden Tiinilialle, wejelie '/iisaiiiiiieii einen Spielplat/ von (10 m Liin<;e nnd l(»ni Breite l)e<^neii/en , der St illen weiteren Al»s( liliiss naeli Osten hin dnrcli das W'olinlians des ( Hn-rlelirers und l'edelh'Il findet. Die l.a'^'e des IMat/es l>ediiii;t die iStelliin^ des Schiilliaiises in der W Cise, dass siiiiiintlielie l{äuinli< likeiten nach Siidrii lii'i^en nnd 'jcLifcii Norden dnreh ( 'oiiidnrc mit, einamh'r vetl)iiiiclrii >iMd. Diese h'iiiiiuliclikeiten hesttdieii aus siel>en Lehrsälcn. einem Keservesaal und einem Saal tiir den Sinixnnterriclit ; ferner dem ( "onferi'ir/,- nnd Dieii>>f zimmer des ( )herhdirers, dem Aiileiitlialts/immer für Lehrer und dem jeni<j;eii tiii den Pedtdlen, sowie «1cm IJaum für die l>ihli«>th<'k nnd «lie Samnilnn^ von litduniitteln. Die Säle, lOni lang, 7'4 7't)'i ui tief und 4 ;i ni Ikh Ii, erhalten ihr TtigeHÜcht durch je 4 FeiiKier vou 1*2 m Breite und 2*75 2*8 m Höhe, wodurch deren Pfeiler nur eine Breite von 1*2 m behalten und demzufolge Schiebladen keine Anwendung finden konnten, daher an deren Stelle mg. Marquisen traten.

Die Heizung wird durch erwärmte Luft nach demselben System wie bei der Wallschule bewerkstelligt, wonach in einer Höhe von 2'25 m aber dem Fussboden die Wämiecanale in den Raum mfinden und durch Klappen regulirt werden können. Die mit der Luftheizung verbundene

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VIII. Unterriclit8<«ttiid EniehuiiKBweBen.

Ventilation nimmt ihren Abzug ebenfalls durch in den Wänden liegende Canäle, welche in dem Speicher des Gebäudes münden und die Terdorhene Luft von da aus durch die Fu<ren der Duehdeckung entwei( lit ii lassen. Ausserdem «nd noch für die Sftmmerveutilation stellbiire Klapptlüf^el in den Fenster-Uahnien jinjrebracht.

Die FuRsbr)den di-r Säle bestehen aus Kit hciih«»!'/. und die Wände derselben sind auf Bnistuii^sh<">ht' mit Holz vcrkleidtt. Es \v«'rdHn zweisitzige Sulisellien bfiiutzt. deren Tische und Bänke t'i-st mir fin- iin<ifr verbunden sind und welche bei Abend in der Weise beh-m litet werden, dass auf vier Sitze eine Gasflamme kommt. Die t'orridore siin! fiberwölbt und ihre Fussbriden mit Steinplatten l)elegt. Dieselben J)esitzen Trink- und Was( livorrK lituiiti:en und sind mit einer sehr zweck- milssigen steinernen Trepp«' von 1 72 m Laufhreite, mit Podesten auf eisernen Trä<;ern und Futerstützung von eisernen Siiiilen verbunden.

Die westliche Stirn taraiie ih's Scliulhauses, in wiiikeli-c« hter Stidhuit; mit der ntirdiichen Stirne der Tiu'niialle. bc-xrenzt rinm kleinen Ibd", welcher, durch einen hedeckten Gang mit diesen beiileu (iebiiiideu ver- bunden, den wett4.'rsicheren Besuch der hier betindlichen Abtritte vermittelt. Diese, in neun Abtheilungen neben einander angel)racht, liegen nimmtlich über einem eigens hierfür angtdegten Trog, welcher stets mit Wasser angefüllt, die sämmtlichen Mündungen der Sitzrolire anfiiimuit, wodurch ein Abschluss derselben bis zu einem gewissen Grad erzielt und eine leichte Beseitigung der FScahtoflEe aus dem Trog möglich ivird. Die Entleerung desselben wird durch einen in dessen tie&tem Theil befindlichen Schieber nach dem Strassencanal mit Httlfe eines Spülapparats bewerkstelligt.

Die Turnhalle, 19*78 m lang, 7 m tief und 5*1 m hoch, dient nicht allein fttr den Turnunterricht, sondern audi als Prflfnngasaal. Das bereits erwähnte Wohnhaus fttr den Oberlehrer und Pedellen ist so situirt, dass man von ihm aus den Eingang, den SpielplatE und die Hanptfronten der Gebäude fibersehen kann.

DAS GYMNASIUM.

Das jetzt als Gymnainnm benutzte Gebftnde an der Jungho&trasse wurde 1873 von der »Gesdlschafb zur Beförderung nfitzlicher Kfinste und deren HQlfswissenschaftenc für die von dieser Oesellschaft ins Lt'ben gerufene Wöhlersch nie mit Handels- und Gewerbeschule erbaut. Es hat eine ganz synnnetrische (irundriss-Eintheilnng, wonach der Haupteingang in der Mitte der Faeade auf der Südseite von dem Garten aus zu einem gewölbten Vestibüle führt, welchem letzteren sich

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26. OefTenUic-be «tAdtiscke Schulen.

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da.s Tn-ppenliiiiis anselilifsst. Zu Witleii St'ik'n dierser Commuiiicationisi- unla^f l)»'tiii»lt'n sich jf zwt*i Lt-hrsälc vini !> ö 1 m Li'mj^e, iii Tiefe UUtl 4 '>M III Höht' und th'iu/utol^»' im fai terrc und ersten Stock /iisjiiiiiiieii acht solch«'!', wcli lic /nr Hälfte nach Norden, zur Hälfte nach Siideii lie<fen ninl denen im zweiten Stock vier Säle in ii tztcrci- h'ichtmiLr von t)'M"> m Läii^e, ti m Tirte tolircn, Imm gleicher Höhe wie vorherui-hend. Anf dcmsidhen Stcw k lii'«^en sodann ikhIi zwei SiUe h (J'oö m lan^ und •i SO III tief nach Nurdeii. Im Uehrij^eii hesitzt das Hans noch im Parterre Lehrer- und {'cdcllcnziininer. im ersten Stock rorifireiiz- zimmer, im zweiten Stock Räume für Sammlun<;en und Hihliotiu k, im dritten Stock einen t;ios.scn Si!i«;saal, '/eicheiisaal, Modellkainiuer etc.

In Hezn«^ auf Ausstatt ini<r wurde dieses Selm lt,^i 'hin i de i;anz dem- jeni«(en <ler Kutharint'nscliiilf ^dcich ^«dialteii; t's besitzt daher auch Centrallu'i/,un<j und älinli( he Tloscteinriclitun^ wie dieses. Im.Aeussereii al»*T i>t c> nanu'iitlii h nach der JuiiLrliotstrasse hin reicher, wozu vor- nehmlich die hier anirt-hrachte Sifraflito- Malerei viel l)citrä^t.

Im Jahre iSTti '^u\<^ die <;air/e l>ici^r,.nschaft tler Polvtechnis( hen (Je.sellschaft zwischen .Iiint^liot- um! Xrurothhofstra.ss»' an die Stadt fiher und wurde im Frühjahr dt'ssfdhcn .lalires das (iymnasiuni dahin vcrlc^rt^ \vudurcli niauihrrh'i hau liehe .\enderun;4en vor[jeiionniien werden niussten. Da es alter tiir diesen Zweck niclit ausreichte, mussteii vier ('lassen und der I'iiterriclit für Pliysik uml t'hi'mie in die Säle des im Jahre l>>l»n erhaiiten anstos.senden Hauses der Polytechnisi hen (ie.sellschaft in der .lun^hofstra.sse verleibt werden. Dieses (iehäude, welche.s selir verschiedenen Zwecken zu «lieiu'ii hat. hesitzt einen (M<,'ens für Scliulzwecke erbauten Flüj^el mit (i geräumigeu Classeu- ziumieru.

OSTENDSCHl'LE.

Im März lH7:i wurde die Ostend.scliule zwischen der Ilanaiier Landstrasse mid OsteudHirusse von Studt-Bauinspector RüaEMBR erbaut

(8. Plan No. S).

Ursprünglich t'Cir beide tiesi hlechter ein<rerichtet, besitzt sie zwei Eingänge and zwei Ausiriln^e, w«dche mit den d(>|>]»elten Vestibules und Treppen, sowie mit den (yorridoreii commuiii( iren. Die 16 Glaaaen- räunio, welche zur Höltte nach Süden und Norden, zur anderen Hälfte nach O^ten Heften, haben Vier-Fen8ter-£intheilung und im Uebrigen ganz dieselbe Ausstattung^ wie diejenige in der Wall- und Katharinenschule. In rötlicher Kichtuuf? liej(en auch alle weiteren Räomlichkeiten, Dien»tzinuner, Räume fUr Sammlungen u. s. w.

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Ylll. Unterricht»- und Eniehungswesen.

Waa aber diese Sclnile vor ihren vorher eiit.statulenen Schwe.ster- anstalten aus/.eichuet. (hw sind ihre sechs Kleith'rriiume, welche neben den Tre[)|»euhiiusern an<^ehriulit und mit (iittert)iiiren ver- schlossen sind, s<» dass hier fortwährende 1 )Mn lilüll iinu' siatt findet.

Kine weitere Neuernnj.; ist die, dass hier /nin erstenmal die so^. amerikaniscdien .Siibsidlien. Tisc Ii und iiank auf einem eiscruüU Gestell bewe«;li('h rcsj). znm Aul klappen. Anwendung landen.

Die Turnhalle, mit dem Schulhaus durch j^edeckte Uel)eri;iin^e verbunden, i.st im Lichten 22*7 ni lanir. ni tief und 510 ni Ihm Ii und enthält zu beiden Seiten anschliessend die Bedürfnissanstalten. Diese Hauten um^iht ein an.s^edehnter fSj)iel|ilatz, welcher seinen AhM'lihiss na( h der Ostendstrasse hin durch tlas DioiLstwohuungs- liaus für den Oberlehrer uiul Pedellen erhiiit.

KLINOEKSGHULE.

Im den Jahren 1874 1876 wurde du» ehemalige Waiseuhiiu« nach den Planen von Stadt-Bauinspector Uüukmbb far eine höhere Schule umgebanb und derselben dar Name »Klingerachnle« gegeben. Das fragliche Hans, 1826 errichiet, ist ein sehr solid aufgefOhrfces Gebäude mit grossem gewölbtem Vestibüle, breiten Corridoren und zwei steinernen Treppen, dessen Verwendung für ein Sdhnlhaus in jeder Beziehung passend schien, freilich nicht ohne grosse Veränderungen, denn es mussten nicht weniger wie 21 neue Wände eingezogen und auch theilweise dergleichen bestehende beseitigt werden.

Die hierdurch gewonnenen neuen Räume vertheilen sidi auf zwölf Lehrte nach Südwesten von 10*3 m Lange, 5*8 m Tiefe und 4*5 m Höhe, sowie zehn dergleichen Ton denselben Dimensionen nach Nordosten und sechs weiteren Räumen nach Nordwesten und Süd- osten yon 5*8 m Lange, 7 m Tiefe und 4*5 m Höhe, welche theils fttr Lehr- und tiieils für administratiye Zwecke verwendet werden, sowie ausserdem noch sieben grossere und kleinere R^milichkeiten, zwei Wohnungen f(ir Tichrer und eine solche für den Pedellen.

Was die innere Einrichtung des Hauses b(>trif!t, so hat man wegen allzu orh(d)li( hen Kosten auf eine Centrailiei/inig verzichten mfissen und behielt daher die Localhei/ung mit Kachelöfen hei, welcher man eine Ventilation durch Jviappflügel hinzufügte. Die aui^edehnten liedürfniss -Anstalten, in Anbauten an den beiden Schmalseiten des Gebäudes, sind von dem letzteren aus zuzüglich.

Ein grosser Spitdplatz lUicli der Hanuuelsgasse mit einer der geräumigdten Turuhalleu, welche Fraukl'urts Schuleu besitzen, von

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26. Oeffputliche rtAdtucbe Schulen.

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26 m Länge, 10 m Tiefe und 5*10 m Höhe Terrotktilndigt dieae Anstalt, welche 1880 in einem besonderen Biiu einen sehr zweck» mSasigen Hörml für Chemie, verbunden mit Laboratorium erhielt. Schliesslich muss noch besonders herroigehoben werden, dass hier zum enitenmale ein Eichenholzboden in Asphalt ftlr die Tnmhalle, nm das Durchstauben zu Terhindem, in Anwendung kam.

Es folgen nun eine Reihe untergeordneter Schuleinrichtungen und Phtvisorien, welche hier nur kurz angeführt werden »olleu. Darunter, als das Bedeutendere^ die 1870 erfolgte Einrichtung des

ehenijJipen Gymnasialgebäudes an der Predij^erstrusse für eine V. !k M hule. unter dem Namen AKNSBURGERSCHULE, für welche sich da^sselln' sehr praktisch verwenden lies». Die darin befindliehen acht liflirs'lle können je bis zu 70 Schüler aut'nehnien und hahen Vier-Fenster-Eiutlieilunpr. Auch Turnhalle und Spielplatz linden sich hier, aber in beschränktem Maassstabe.

Weiter gehört zu dieser Kategorie die ANNASCHULE an der Klostergasse, welche aus den Gebäuden der ehemaligen Rosenberger Einigung, der ehemaligen Englischen Frauleinschule und einem Theii des ehemaligen Dominikanerklosters nunmehr gebildet wird und gegenwärtig als Vf>lksschule ftlr beide Geschlechter dient. Sie besitzt 17 Lehrsäle, welclie sämmtlich gute LichtverhältntHse und meistens entsprechende Raumdimen»nouen haben. Sechs weitere Säle, welche sich im sndlichen Seitenflügel nach der verlängerten Schnur;^'as>*' liin beliiiiltii, wurden IHSO erst einj^erichtet und bezogen; sie hai)en sowohl entsprechende Lichtverhältnisse wie auch Rauuidiniension. I)ie vier letzten hImt. welche 1H81 bezogen wurden und sich im Hinierhau hefinden, siud die wenigst entsprechenden, da sie aus einem früheren VVnhuhaus geschatl'eii werden mussteu. Iiier hetiudet sich au< Ii dii" Tiirnlialle, welche sieb ebenfalls mit iliren DimensiontMi nach <lt ii voiliandeneii \'t rliälf nissi-ii riclifen musste. Sodann hesitzt diose Sclniie noch di»' erturderiiclien 1 )ienstzinnner für den Dirigenten, di«' Lehrer und Lehrerinnen, Pedelle, Sammlungen n. s. w., eijie Lehrerwohnung, eine l'edellen\V(»linung und zwei S|iieljdiitze, bei welcher Einrichtung sie 11 12U0 Schüler autzunebmen vermag.

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VIII. UnterrichtB« und Eniehungswesen.

G. DIE NEUESTEN SGUULBAUTEN.')

Von litturath liElLNKE.

Vrraiiliisst tliiri Ii die scliiirllc /iiiiahiiK" <lt i städti.schcn Bcvitlk«'- runj? \uu\ tliircli »lif als n<)th\vi'ii«li^- iTkaunte Erwritcriiiij^ l»fsniiilt'r.s der ]i<)lu'n'ii Lrlii aiistalini wurde im dalire IST^I V(»ii den stiidtiMlu'ii hcliördeii dio Ernclitmif^ einer Heilie j^röswerer .Schuliifuhauten be- schlossen und in der Zeit von 1874 bis Frülijalir 1881, uaeli den Projecten des Stadtbanrutli Bkunke, unter der sj)eciellen Bauleitung des Bauinspectors Koch zur AusfOhrnnfj frebracht.

Es waren dies, ab<5esehen von dem oben Ix'reits erwälmten Aus- bau der IN'tersschule , die Neubauten der Souchaysrliule, Adlrr- Hyditsc luilc, llumboldtjschule, Elisabetheuachule, Musterscliule und \\ öiilurtichule.

DIE SOUCHATSCHULE

ist eine gehobene Bürgerschule für Knaben und Mädchen. Das Ge- bäude entlitllt in Erdgcschoss und zwei Stockwericen 18 Lehrdassen fQr je 54 Schüler, 2 Singsale und je ein Zimmer für Rector, Lehrer, Bibliothek und Sammlungen; ausserdem die Pedellenwohnung und die erforderlichen Gloset-Raume. Die Lehrzimmer sind durchweg Längs- classen von ca. 10 m Länge und 6*5 m Breite; die Subsellien sind zweisitzig mit eisernem Untergestell und aufzuklappender Tischplatte.

Zur Schule gehört eine Turnhalle von 20 m Länge auf 10 m Breite, mit darüber liegender Rectorwohnung.

Die (ifbiuidf sind in der Arcbitecl urtorni der Renaissancr. im Sockel und Erdgeschoss aus graulichem Öuudiitein, in den oberen

') Ks hiik! hier wio in (Ii>tn vorhorffehendm Aufsatz nur die stfiiUi schon und dir den sUtiltliicheii liehördvn unteratclitcn (tcmeinde-ächulon vrwäbnt, nicht aber die den atäilüiichen BflkStdeii nioht antvntellteo beiden BeaUehulen dar itraelitisolien Oeoeliide vnd der tonM>

liiiscbon Ri'Iifjion-pi'iiitssi'nsrliafl, wclchi» in ircs<)nd<Tti'n Ahschnitton (No. '.'7 «ind '2n) nh^o- hnmlelt werden. Uior lindot titcb hucIi du' ltotii'hri<H>uiig und l'laii der ncuvstoii liiuitigcD Bebale, der BealMholo der taraelittteheti BeUfluna^renoeeeiwoheft.

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26. Opffentlirhe »tidtiM'he Srhalen. 171*

St^x-kwerkon in Hiu k>toiii-ßoilbau mit Ceiii(Mit^u.s.s - (icsiiiMe aufge- führt, innl ist der äusseren und inneren AiiäMtattiiug «'in»* nio^- liclist solide Aiistfilirnn^ enstreltt worden. Alle Wännie des Scluil- hiiiises werden dunli dire<t«' Luttheiznii^ erwilruit, und stiuinien die Eiiiri( htiiiej^i ii ttir lli-izim^ und Ventilation sowie die luiulielien Kinric lituii;;:eii l»ei der Soncliaysehnle und den iindrren niu list«diend l'eiiiinnten iStliulhiiuten im All«^euieinen mit den l)ei der Wall- und Katliiirinenstliule l)es( liriehenen üherein. Die Bauzeit der Soucliay- schule fällt iu die Jahre 1874 uud 1875.

DIE ADLKHKI.YCHT- und HÜMH()LDTS(^HULE.

Erstere eine Realscliide II. Ordnun«^, letztere als höhere Töcliter- achule eingerichtet, sind lieide DopjielseJiuIen und unter einein Dach vereinigt. Beide Schulen enthalten in Erdgeachoss und drei Stock- werken zusimimen:

2() Lehrclatiaen . . . . f&r je 54 Schüler,

H d^ifl » » 12 »

8 (\^\ »»:{»; »

4 d^jrl - :\n

au.s.serdeni S Säl»* l'ür /eitlien- uinl Sin<innterri(ht , Chemie und Physik, s<»wie die ertordri lit lien IJäinne tiir Direcioren-, L»direr- uinl <'ontt'reir/./,iininer, f'iir IhMiotliek und .Samiulun^^'en, ferner eine '.^'e- nieins( haltlit he Aula mit zwei (iarderobeu uud endlich zwei l'edeiieu- Wühnun^en.

Zur S<hule ^rehoren /wfi Turnhallen mit darüberlieyeuden Dienst- wohnungen ffir (Iii- lieiden Dire<toren.

Hauliehe EinriehtiiULr , Architectur und Ausfiihrunir ents|u-ieht derjejiiiren der Soim Im ys( hule. Die Volleudung erfolgte m der Zeit von 1874 bia Frühjahr 1876.

DIE ELISAHETHENSCHULK ist eint; höhere Tfichterschnle, ebenfalls Doppels» huie, und enthült in Erdgesclioss uml zwei Stockwerken (h. Plan No. 9)

10 Lehrclaasen . . für je 54 Schülerinnen,

0 dgl » » 48 »

5 dgl » » r{(> »

1 (1^1 » 21

femer einen Saal für Zei< h<'niuiterrieht untl einen fOr Sinffnnterricht, einen Saal für physicalischen Unterricht, alle erforderlichen Neben-

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172 VIU. Unterrichts» and Eneiehungswesen.

räume in gleichem Umfang wie Torbeschriebeii, eine Aula and eine Pedellenwohnung.

In getrenntem Gebäude befindet sich die Tarnhalle und die Director^Dienstwohnung.

Die Architectiur ist in den Formen der Renaissance ausge- bildet, die nach der GStheatraHse beU'gene Vorderfiront ist aus gelblichem Junmoiit -Kalkstein, die Hoffroiiten sind mit Werfcstein- (it'simsi'n, im Uebr^eii aus lluksteiiicn mit Kalkverputz beigestellt. Die Bauausführung fallt in die Jahre 1875 und 1870.

DIK MUSTERSCIlULE UND DIE W ( HILEKSCHUI.E

sind Iveubchulen 1. Ordnung (s. IMaii der Wöhlerseiiuie Is'o. 10). Sie enthalten nach übcnMDMfcimmendem Biiuprogramm jede 12 Lehrclassen ... für je 54 Schüler, 6 des«^l. ...» »40 » iy desj(l. . , . » » 30 v . einen Zeiehensual mit Modcllcultinct, rincn Sin^saal, einen Lehr«ial für physikalischen Unterriclit nehst Caliinct. einen Lehnstial für ( licinis» lu'H rntcrrii ht neigst IjalutratonuMi , <'in Zimmer für (h*n Diret'tor iiiil Vur/.iiimit'r, ein Lflin-rziniimT, i-in ( 'i)nt»'ren/./.innin'r, zwei liiltliothck/.iiiimcr , eiue Aula und iiiekrere Küumu für Samm- lungen Mild (JanK'rohen.

Die l'edeliendienstwcdinun^ hetindrl sich im llaiijdhau, daui-ufii sind in einem hesoudereu Gebäude die TuruhuUe mit darüber liegender I)irert<»r\voliiiiiii<r.

L)ie \ (irderiaeaden dieser J)eid<'n neuesten SehulhiLuser sind im Erdgeschoss und ersten Stockwerk aus j^raidicheui Sandstein, im zweiten uml dritten Stockwerk, ebenso wie die Iloft'ronten in allen Stockwerken aus IJacksteinen mit Kaikverpntz liergestellt. Die Architectur zeigt die Formen der lienais^sance. Die Musterschule ist in den Jahren 1877 - 1880, die Wöhler.schule von 1870 bis Ostern 1881 vollendet worden.

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26. OetiViitlirlio stuiltist ht- Siiitik'ii.

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D. DIE HYGIENISCHEN VERIIJELTNISSE DER FRANKFURTER

SCllULKN.

Von Krpisimndant Dr. WILBRAMD.

Den G^enstand der in nachfnl^rondor kurzer Darstellung ge- gelx'iiiMi ü<'l)»»rsirlit iIIht das, wjis in der Schul-Gesundheitwpfl»'«;»' hier ^«'I<'ist»'t \vnnl«'ii ist, Wilden nur die im tM^entIirln'ii Sinne des Wortes öffentlichen Schulen, niiiiilicli ilir *J<; dem Mau'istrate iinter- stelltcn, sowie die Schulen der Israelit ist I um Gemeinde. Die nhri«;en 21 Srhiilanstaltcn sind in IVivatbesit/, Institute von meist nicht sehr hoht'r Schüler- oder Schülerinnenzulil. Ein im- grösseren Frequ«'nz erireut sich nur die HassklVIu' Knabens« hule. Dies«- Anstalten, durchweg nur von Kindern der wolilhalnnderen Ulassr besucht, welc}>e VAun allerrrrössten Tlu-ii«' in IV'iisirm «f«'«r»'ben sind, haben nur die Anzahl von Scliüb'rn nn<l Schülcrinncii. wie sie die Uäiiinlich- kfitt'ii eben fas^icn. Was darübi-r biiiaiis<rrbt. wird wc^cn IMat/.- luaii^i'l abiff'wifscn. Aiialo<r dt'r Ib'rkimft drr Kinder ist für eini' zwar eiiifiubt', aber den Aiitorderiinj^'i'ii der (i('siindh<'its|db't,n' Ium Ii- iiuHLC tra<xen<b' Kebriiswcise und WidiniiiiLT in allen diesen mir Itekaiinten Instituten naeli Kräften gesor<jt, und träj^t der re^i- \'er- kelir mit den An<;elir»ri«^en dazu bei, etwa auftauchende hygieniscije AIäii<(td rasch /.n beseiti}/eM.

Sieben Sclinleii: das (iymnasium, die Mustersclnile, \\ ("ihlersclinle, KlinfTerschnle. Adlertlycbtscbule. Selectenscbule und Klisaltetbeiiscbule sind briliere, die fibri<;eii ibir«;er- und \'(dkss( Inilen. Rs ist eine »t- l'reuliclie Thatsacbe. dass Mai^istrat und Schnicnratorium von jeiier bestrebt waren, in Hinsicht aut by^ii-nisclie Fürsorge keinen Unter- schied aufkoninien zu lassen und namentlich nicht die höheren Schulen zn bevorzugen; alle sind mit gleicher Idebc und Sorgfalt behandelt mid wo eine Sehnte einmal gegen eine andere snrOcfcsteht, sind die Ufsadien eines hygienischen Mangels stets durchaus b^prün- dete. Sie liegen entweder in der historischen Entwicklung oder dem

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Yin. Unterrichts- and EniHinngswesen.

Drange der Umstfinde, weldie das rasche Errichten einer Schule ge- bieterisch forderten. Iü^mi musste dann provisorisch bis zum Nenbau mit den Localilfit^; welche man haben konnte, sich zufrieden geben und nach Möglichkeit fQr die Gesundheitspflege in Ränmen sorgen, welche in keiner Weise als Schulen erbaut waren. Diese Provisoria sind wohl Jedermann bekannt, und die finanziellen Verhältnisse der Stadt gestatten erst einen alhnäligen Ausgleich. Ich halte es ange- sichts dieses letzteren Umstandes für unangemessen, an diese proyi- sorischen Schulen lUmsolbcn theoretisch-hygienischen Maassstab anzu- legen, wie an solche, welche in ihrem «ignen, nur zum Zwecke der Schule errichteten ITaiiHe wohnen.

Das Studium (Ii*r lot/.t«Mfn ist ffir ihm Fachmann von holu'ni Interesse und ein Jeder hat wolil <hissell)e mit dorn freudigen Gefühle beendigt, dnss es wenig Städte von der Gnisse Frankfurts «tj^Ihmi maj^,-in Widchon in so allpfenioin vor/figliclier Weise die Onindsiitze der Gesundheitspflege Srhnlhaii und Einrichtung diri^irt halM ii. An diesen einen, hervorstcchendstiMi (inindzug reiht sich im Ver<;leiche ein zweiter: unsere Scduden Inlden fje^vissonnaasson eine plastisehe Darstelhuifj der Entwi( klnnir"^.tr''s( hii hte der S( hnl - (lesnndheit-sjdlej^e, indem man stets bestrebt war, je(h'n Nenbau iii weiti^elicndster Weise mit AIIimu dem auszustatten, was hy^nenisclie Forilt'rnn«,^ Wiir in der Zeit, in welcher er entstand. W ir fiinli'U ileshalb hfi so vielem (irniciusiiuH'n, im Eiir/elneu doch eine i^rnssr VrrschinlcnlK'it in der jeweihgen Lt">suiiL:' di-r i^rstelltfii .\nt'|^al)e und einen ausi4i'|»r;i^ft('u, für den Eifer und die Sdr^rtalt, mit wciclier man seitens der stiidtiscln-n Ht lioi iirn sil h vou jelier der iSchulsorge widmete, charakteristiacheu Individualisnnis.

I)ie Si liul-(iesuiidbeits]it]et^r liat ki-ine bin;j^e (Jeschichte aufzuweisen und be<(innt ei<;ent]i( li erst mit dem ersten L)ritt<'l unseres Jahrhundert«. Wir (hirfen es als eine der ei'sten Errungenschaften unserer Zeit in Anspruch nehmen, dass die hingjährige, mühevolli^ Arbeit hervorragen- der Aerzte, Lcdirer, Ardiitecten, von Ingenieuren und Verwaltimgs- beaniten der jetzt heranw^juihsenden Generation und allen nachfolgenden Gesell lechtern nicht verloren ging, dass die Energie der üeberzengnng die Triigheit der bequemen, schematischen Tradition zu Boden kämpfte. Es ist hier am Platze darauf hinzuweisen, wieviel die Entwicklung unserer Schnlhygieue genide der nnennfidlichen und rastlosen Anregimg und Thatigkeit Dr. Varbbhtrapp^s verdankt. Zahlreiche schriftliche Abhandlungen (Iberliefem der Nachwelt die Frfichte seines erfolgreichen Wirkens auch auf diesem Gebiete.

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26. Oeflentliche städtische Scbulra. 175

Der mir logemessttie knappe Raum gestattet es nicht, eine ao amfassende Schildernng der hygienischen Yerbfiltnisse unserer Schulen zn geben, als ich das gerne möchte, und zwingt mich, mich auf eine gedrängte üebersicht zu beschranken.

Hinsichtlich des gegcMiwürtigcn Znstandes der Sdinl-Oesiindheits* ]*Ht>ge in unseren Schulen lassen sich drei grossere GrnpjM U unter- scheiden nnd der Vergleich wird ergeben, wie (iberwi^nd die Anzahl derjenigen ist, denen man das PrSdicat »in TOr/.ngliclicMu liygienischen Zustande« ertheilen kann. Wir benennen sie Gruppe I. Zur zweiten Gnippe, die mit »gut« bezeichnet werden kann, rechne ich ftinf Schulen. Bei Gruppe III fiberwiegen durchweg hygienische Mängel.

Gruppe I.

Gruppe II.

Gruppe III.

Gymiuiaittin,

AmuMchnle,

Selectensrhule,

WAblerscIinlo,

AmsbuTf er Srhale^

Liebfrauenachnle,

MustiTschulc.

Domschulc,

Uhlandscliiilc,

Adlrrflyrltf^ilmlr.

Iiiwt'iilii r'.'i'rs« Imlr,

Mfirnlioiin. Volksschule,

Kli.salu-tliiMisi'liiilo,

lionilirim. liur^iTScIiiilc.

Drciköni^isfhiih',

Humboliltschule,

Wcissfrauoiist'hule,

Ostendschnle,

AllerheiliKensrhule,

, Pctcrsschulc,

Rngl. Frfiuleinflrhnle.

Snnrlüiyscliiilo,

Wallsilml.-,

BetlinianuHilmU*,

Katharinenachtde,

Kliigencluik,

Israel. Realschale.

Ich gebe diese Zusammenstellung, um zugleich damit den Beweis mein oben ansgesprochenes Wort zu liefern, dass in keiner Weise der höhere Zweck der Schule auf den Zustand der Gesundheitsptli ge influirt hat, sondern dass es stets die angegebenen Grfinde der historischen Entwicklung nnd des aus dem dringenden Bedfirfhiss her- ▼orgegungenen ProTisorinms smd, welche den Unterschied bedingen.

Es dürfte schwer sän zu entscheiden, welche der Tieten vorzüg- lichen Schulneubauten der ersten Gruppe die Palme gebohrt. Ich f&r meinen Theil glaube, dass die Ostendschule in dieser Hinsicht an erster Stelle genannt werden mnss, weil sie bei grosser, jedoch nicht langweiliger Eäniachheit in weitgehendster Weise allen Bedfirfhissen der Sdinl-Gesundheitspflege Rechnung trSgt und auch absolut nichts an ihren Details auszusetzen ist.

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VIII. UntPirirbtB- und Eniiehnngsvesen.

LAGE DER Scni/LEN.

AlsErford^MTiisse ssweckniässipT Lag«* oinor Scliuli' sind zu iitMinen: guter, jfesuniliT Haui^mid, TnnkiMiluMt uii<l w<» inö<;Ii(h hohe La^e dessolbon, Anlag»' (Irr Schule im Mittelpunkte ihres Bezirkes, sodass die Kinder niiht zu weit zu gehen haben, Entfernun«^ von st«rk t're- qnentirten. lärmenden Strassen und Plätzen, von hohen, stark Schaitten gebenden Baumen und Gebäudtn, wckhe Licht ih Imikmi Mit den wenigen Ausnahmen einiger Schulen der Gruppe 111. sind bei allen nhrii;en dii'se Anford«'rnn<;en an eine gute Lage in glrK-kllohsti-r Weise zur Ht tVicdin^iing g«'laiigt. DicsidiMTi liegen entweder an der Grenze des verkehrsi-eicht'ii ('»'ntruius der Stadt, in der Näht* der licrrliclien IVomenadeu oder in stilltMi Get^tMidfii. bei docb centraler Lai^c. wie z. n. GyiniKisinin, l\atliarineiis< lnilt', die Dom- und L'o'^i'nlx'rtriTsc liiil«- iiiii <_iiiiiilM-la!iliten Friedhof von St. Pi-ti-r. Die iH nst.'ii SchultMi sind zienilicli gleii liiiiilssig auf die V<»rst;idie vertheilt. Du' t(ipognijdii--rlii'ii Verliiiltnissf Frankfnrt.s bcj^iiust igen in hohem tJradc «liese glfu klu lu- Glei( luuässigkeit <lcr \'i'rtli»'iliiii'4 dt-r Sclnili-n auf ilie Stadt ln'/.irl<e. Macht man sich die klciin' Mülir. auf den Sta<lt|dan die Scliiden tarbig »'in/ul ragen, so sieht man sclir iibersi( litlit Ii, dass das ('cntrnm der Stadt im (Janzen von drei, ziendicli gleich Wfit entfernten Hingen umgeben ist, anf deren Linien, ebenfalls in ziemlich gleicber Entfernung, die einzelnen Schulgebäude liegen. Im Norden, als äusserstes, die Adlerflychtschule, im Osten die Ostendschnic, im Snden die Souchayschule, im Westen die neue Wöhlerschule, bilden ein genau in den Ecken mit einander .correspofidirendes, TerBehobenes ParaUello- gramm, deswn Osb-West-Dordimesser der grössere ist. Analog der Besiedelung der betreffenden Stadttheile sind diese entferntesten Sdiulen im Westen und Norden höhere, im SQden und Osten BOigerschulen.

spielplj:tze.

Dieselben sind ein nnum^ngUch nSthiges Erfordemias für jede Schule. Ihre ChrOsse muss der SchOlerzahl entsprechen, etwa 3 Quadrat- meter pro Kopf nach Varrbhteapp. Ausserdem muss der Boden selbst einer erheblichen DurchnSssnng Widerstand leisten können, was am besten durch geschickte Planimng und dicke Beschfittung mit grobem, festgewalztem Kies erreicht wird. Im Sommer darf derselbe nicht stauben und muss filr Beschattung gesorgt sein, jedoch so, dass dadurch weder der Spielraum beschrankt, noch Feuchtigkeit festgehalten wird. Diesen Anforderungen ist nicht überall Bechnnng

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2<). OeJi'eiitlicln' stadtisobt' Schulen. 177 <

getrajfen. KiiitT Schult' der (lni|»|)(' III. tVlilt dt'rst'lh«' <;iln/li(li . \n 'i vielen der (Jrnpj)»' II. ist (lerselbo für «Ijls lkMliirtnis.s der iScliuU' viel zu eng und klein, dumpfig durch die Lage zwischen den Wändm hoher llriuHer. Gerade diese Schulen, welche sonstige hygienische Müllgel genugsam aufweisen , zum Theil von Kindern der ärmeren Classen besucht werden, hätten die Gelt gcuheit zum Herumtnnuneln und reichlichem Genüsse frischer Luft nStlüger wie viele andere. Einige Schulen der Gruppe I. können bei feuchtem Wetter ihren Spii lplatz nkJit benntzeUf weil das Wasser keinen Ablauf hat und in grossen Lachen und PfQtzen lange darauf stehen bleibt.

BAULICHE VERHÄLTNISSE.

I )it'S('ll)('n sind oIhmi smI» |{. und ('. besprochen, nii<l iniiss ich, hf/ü'rlich ih-r livgi<'nisch«'ii KiiiritJit mi'Tt'ii iiusrcr Srhulhaiittii. auf djLs <h>rt Cnsagte verweis«-!!. Nur si'clis unsn-r S< liuh'n sind ulte, iin- zweekuiäs.sige Bauten, drei pmvissjriscii in lliiusern untergebracht, welche nicht zu Schulzwecken errichtet und nur nothdflrftig «lazu ein- gerichtet wurden. Eine, die Anisburgerschule, gehört der Gruppe II., die fibr^en lämmtiich der Gruppe UI. an. SSnuntliche Schulen deT Gruppe I. sind Neubauten ans den letzten 20 Jahren und je nach dem Standpunkte der Schul-Gesundheitspflege ihrer Errichtungszeit mit Allem ausgestattet, was Liebe zur Sache, Sorgfalt und reiche Mittel gewähren konnten.

Als empfindlichen Ifongel müssen wir hervorheben, dass vier Schulen der Gruppe III. keine Turnhalle beaibEen. Eine davon, eine Bfödchenschnle, fiel bei dem Besuche dadurch sehr auf, das» durchweg in allen Classen fiberwiegend die Kinder eine nach vom gebeugte, schlechte Haltung zeigten. Die Schule ist zwar mit schlechten, alten Subsellien versehen, es wird jedoch unstreitig auch das Fehlen des Turnunterrichtes einen Antheil an diesem, den anderen Schulen g^n- flber sehr auffälligen Factum haben.

RÄUMLICHE VERHÄLTNISSE DER SCHULZIMMER ZUR

ANZAHL DER KINDER.

Btinig)'. der neuci-eii Sclmlhv'^ärui' ci^ffiithiiiulicln' ({rninlsiit/e, namentUcii »iic SuhM lIiiMi «^fstattcu ciiif rchrrl'ülluüg der cin/.rlücn Schuh la.ss* 'II nicht nidir. Ich hah»' deshalb auch nur in (iru|»pc III. an direitcr üdn-rtiilluiig leidende Schulen gei'iiiiden. i)vm werden die pruponirten Neubauten hutleiitlich abhelfen.

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Yin. Unterrichte- und Enidrangswesen.

BELEUCHTONG UND SCHUTZ GEGEN GRELLES

SONNENLICHT.

Die Lagt' »'iiirs Sfluilgel)iiu(lt's wii^l h«Mit/,nt;ig(' in erst«'!' Liiiit* iiiH'li «ItT hoclnvicliti^^t'ii Fraise (Ut '/.w»M'kniiis.sigsttMi Ta^cshclciiclitun«^ iffiichti-t. Wi'lclif I liiiiiiii'lsrii litung hicrt'ilr am lM'st«'n sei, ist seit hinge (iegenstajiil der Enirteriiiig und noch nicht «h'tinitiv entscliieth'u.

Ausser drr Hininielsrichtuiig sind noch eine l{eihe amlrcr Fragen , weh'he Ix'/.üglich der Tagesheleiu hf nni; der Schuh'n hciiii P)an ins Auge gclasst \ver(h>ii müssen: inr»gliihste Entlrrnung vcui ( it'gi'iistänih'ii , die <his Liclit vom .Sehulzimmer al)halten . zahl- rciilit' und grosse Fenster mit /\vr<kmä.s.siger Anhigf dersdhrn, m<)_'H(hst gh'ichinilssigc \'crtlieilung des Liclites (hircli innere Ein- riclitung (h's Zimmers, Anstricli Wer ^V^lnde , Anl'steihing der 8uh- selh'en. Während hei (h>n älteren i'raiilvtnrter Stliulen, wie es seheint, die llinnnelsrichtunj^ tiar nieht maassj^chend t'iir (h'ii Sdnil- hau gewesen ist, war dies in unverkeniiharer Weise mit (h-n neueren der Fall. Es seheint, als ob die von mir erwähnte Meinungsver- schii'denheit üher die Nord-, Ost- oder Sndri( htung auch hier beHtandeii hübe. Peters-, Klinger-, Bothmannachule sind mit den Langseiteii nach Nord-Nord- Ost und SOd-Sfid-West, die Ostendschule direct nach Osten ebenso wie die Souchayschnle, die Adlerflychtschnle nach Norden und Sflden, die neue Musterschnlc nach Nordosten nnd Süd- westen, die neue . Wöhlerschnle nach Sfldwesten und Nordoeten gerichtet. Wenn auch das Bautenrain in Betracht kam, so liegen doch wohl aUe Scholen der Gruppe L derart, dass man die Auswahl der bevorzugten Himmelsrichtung hatte.

Sämmtliche Schulen der Gruppe UL nnd eine der Gruppe II. sind mit schlechter Tageslieleuchtung versehen und müssen an trfiben Wintertagen von 8 10 Uhr und 3 4 Uhr kflnstlich beleuchten. Es ist riel&ch, selbst bei d^ neueren Schulen der Ghruppe L nicht mög- lich gewesen, dieselben so zu legen, dass die Nachbarschaft gar kein Licht abhält. Die älterra, der Gru])})e U. und IH. angehOrigen Idden zum Theil in hohem Grade hierunter. Die Fenster haben dag^en fast fiberaU richtige Weite und Anlage, ^utsh hierin sind nur Schulen der Gruppe HI. im Rückstände.

Der Schutz gegen grelles Sonnenlicht ist in dtraller- verschiedensten Weise angebracht, theils innerhalb, an dnigen Schulen ausserhalb der Zimmer. Ich habe fast nirgends eine Klage darüber

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26. Oetfeiitlichi' städtischi' Schulen. 179

vernoninu'n, das» (i»'rst'll)«> iinjjfeniigend sei. Am vcrKrcitt'tstt'ii sind die |{<)iilt aux nns ^am r Loiinvand. Ein st lili i ht»'s Systt'ni sind die iiiittt'lst llin<fi'ii in Stanf^en laufenden Vorhäiii;«' ansserlialhder Fenster. ►Sie tlatt«'rn liestiuidi^', bedingen dadurch ein unautiiürlich sehwauken- des Licht und ein sehr störendes Nehenircränsch.

Die kfinstliche Beleuchtung tiudet durchwe«; mit (ias statt. Die Röhren sind nicht in einander ver8chie}»lich, sondern in einer gewissen Höhe fiber den Snbsellien steht die LichttjueUe fest. hk habe in keiner Schule Klage darüber Temommen,' daas es dte Beleuchtung an der nöthigen Intensität fehle, and in den neueren Schulen ist fiberall der VABBSKTBAPP^sche Grundsatz: auf je 4 Schfiler der zweisitsdgen Subeellie eine Flamme, festgeh^ten. Dass die Gas- beleuchtung ihre starken Fehler hat, die Luft verschlechtert und Qberhitsst, ist hinlänglich bekannt, sie ist jedoch immer noch von allen Arten kflnstlicher Beleuchtung die beste. Durchweg ist in allen Schalen das Licht durch einen grfinen, anf Drahtgestell sitzenden Schirm nach den Seiten gedeckt nnd möglichst nach unten coneentrirt.

U£1ZUNG.

Heizmaterial nnd Heizeinrichtungen sind in jeder Schule ver- schieden. Gerade in den Heizeinrichtnngen spielt sich mit am greif- barsten der Fortschritt, welchen in unserer Stadt die Schulhygiene gemacht hat. Alte sog. Kanonenofen, eifleme Kachelöfen, Thonöfen, Thonöfen mit Eisenplatten, Reguliröfen, Centralheizung haben in unseren Schulen ihre Vertreter unrl bilden je nach der Zeit, in welcher die Schule entstand, da.s Ilei/instniment. Während früher durchw^ Hol/ gebrannt wurde, ist nach und nach die Steinkohle da/u gekommen und nachdem die verschiedenen Con.structionen von Ocfen in den ver- schiedenen Schulen eingeführt wurden, hat s( liliesslich die Central- hei/ung dem Scli wanken der Ansichten über Leistungen einzelner Oten.systeme hoffentlich auf die Dauer ein Ende gemacht. IHe grosse Zahl von Einzelbedingimgen, welche ein Heizapparat zn erfüllen hat: gleichmässige, nicht schwankende und rasch herzustellende Teujperatur von 15 IG® H., völlige Dichte, sodass keine Verbrenninigsproducte in den Kaum gelangen uml die Lnt't verderben, nK'iglicbste Leiclitigkeit der Bedienung, möglichst grosse Ansimt/nng des 1 Ifi/.niat4'rials kann bei isolirter Zimmerheizimg niclit t'rrei( ht werden. Irli ha]»e in den Schulen, welche eiserne. di<' W iirnie stark ansstralileiide ( )et'en l»esit/,en, naturgemilss auch stets Klagen vernommen i'iber grelle Hit/e. jähen Wechsel der Temperatur. Es .sind wiederum einige Schulen der

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130 VHI. Ilnterrirht8> ond Endehnnjecwesen.

Orappe in., welche derartige Heizapparate besitseii und bei denen ein derartiger Cebdstand um so mehr hervortritt, ak es vielfach an- möglich ist, ans Raummangel die Oefen riditig zn* placiren. Mit den grossen thönernen Kachelöfen, mit oder ohne Einlage von Eisen- platten, ist man im Ganzen zufrieden. Sie gestatten eine gehörige Re- gnlirung der Warne ohne Abgabe greller Hitze oder leichtes Erkalten. Sehr viele Schalen der ersten und zweiten Gruppe sind damit ver- sehen. In der erst im Laufe des vorigen Juhres eröffneten und sehr sdi5n und zweckmiissi^]^ ans einem Theil der Doiiiinikanercaseme her- gestellten Annaschule befinden sich sogenannte Reguliröfen von Eisen, mit weldien man sdir zufrieden ist.

Einen gewissen Kampf zwischen dem, was man mit der Errichtnnp bezweckte, nnd dem, was dieselbe thateachlieh anfangs leistete, zeigte uns die Einf (Ihrn 1 1 l; <ler Centraiheizung. Wenn auch iiuEinzehien die Einrichtung derselben etwas von einander al)weicht, so ist das System in allen Schulen, welche dieselbe besitzen, das gleiche: An- saugen reiner, kalter Luft von aussen. Erhitzen dersellKMi in einer lleizkammer, Leitung der warmen Luft über Wasser, um ihr den ge- nügenden Feii( litii;keits^elialt zu g«'ben. Vertlieiluiig derselben diin h ein mit Veiitilklait]>eii versehenes Krdirensystem im Hause. So eiiitarh lind zweckmässig dieses lleizsysteni er.sclieint, so nmnnigfacli wiirea aniangs dir Klugen und Contrnversen. welche es i)i dei- l'ra.xis iiervor- rief. Man machte ihm den Vorwurf, die lleizlni't sei in der schinl- lichsten Weise trocken, überhitzt, rieche breii/.Iig, bringe Staub mit, die Zinunertemperatnr sei in d<'n einzelnen lüiunieii eine sehr nngleiche, unten kalt bis ! 7", oben nie nnter IH 20", la.sse sich durchaus nicht auf den vorgeschriebeneu l'y'^ erhalten etc. etc. Nun, alle Vor- würfe sind jetzt verstnnmit nnd an ihre Stelle Zulriedenheit mal Lob getreten, denn man weiss j»'t/.t. dass aller Tadel seine Quelle nicht in dem vortretflichen System, sondern nur in seiner Handhal)nng hatte. Seitdem man überall dem Schulpedellen resp. Heizer auf die Finger sieht, das.s er vorschriftsmässig den Ofen langsjuu und mit successiveui Zugeben des Brennmateriales anheizt, seitdem man gelernt hat, in den Zimmern rechtzeitig die Heiz- nnd Ventilationsklappen zu öffnen und zn schliessen, die Fenster nicht nnnöthig aufzu.sperren, lässt sich die Temperatur fiberall auf der Normalhöhe erhalten nnd ist selbst nach mehrstfindigem Unterrichte in allen Zimmern die Luft vorzOglich rein. Durdi regelrechtes Ffillen der Wasserkasten ist stets dem Trocken- werden derselben vorzubeugen. Eingeführt ist die Centralheizung in allen neuesten Schulen, dem grOssten Theile der Gruppe L

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' 26. Oeffinitliclie städtisrhe Sihulen. lg)

VENTILATION.

Das einfachste System der natürlichen Ventilation durcli Ot'ffnen vfui Thfiren und Fenstern ist ilaa einzige, w»'lche8 in bei weitem der Mehrzahl unserer Schulen in (iehniuch iaL Ein auagesprocheneR und sehr gut arbeitenden Veutüationssysteni mit Klappen und Ab- zngsrohr ist nur da vörlianden, wo die ('entrallieisiUlg in Betrieb ist, deren inte^rirenden Beutaudtlieil die Ventilation ausmarlit. Dieselbe itet natürlich nur im Winter; ihre Wirkung lilsst sich direct durch einen Besuch an der Mündiiuf; des Saninielsehaehtes ( ontroliren. VjS ist fra])pant. wie stark di'r Strom verdorbener, übelriechender Luft ist, welclier wt'irj^'clit, wie sich sclir deutlich z, B, auf dem obersten Boden (l»'r Ostendschule wahrnehmen li'isst.

Ich fand durchweg in allen, mit Centraiheizung und Ventilation versehenen Schulen, selbst an« Ende der Morgenstunden die Luit in den Zinuiiern rein und von gleicliiniissigcr Temperatur. Eine der- artii^e. gründliche und andauenidc \ futilation ist fiir manche Schulen um so notlns < ii(]ij,o'r, weil die sociale ('la.sse, welcher die S»liüler angeh<"»ren, l)t'kamitfniiaassen in Bezug auf den (icriicli iiirrkUare, in der liäuslicheu Gewülmung an iieinlicbkeit etc. liegende ünter- öchiedt' bedingt..

In einigen Schulen der (Jrupjien 1. und II. tin(]et sich eine \'rnti- lationseinriditung, <lie praktisch nicht wirksam ersclieint. Auf der Fensterbank ist nämlii Ii eine, mit einem Dralitnet/, /ugetleckte Saug- öttnnng. Dieselbe Hiiiiidet in einen, unter dem l-'ussbodcn nach dem Kaclieloren laufenden (lang, \\ej<lier daselbst in die Züge übergeht. Man dachte auf diese Weise einen continuirliclien Lul'tstroin her- zustellen, indem die Oeffnung vom Fenster di«' kalte Luft ansauge und dies('|l)e erwiirmt wieder zur Decke steige. Da eine ganze .\nzalil andrer Kact<iren, die Porosität der Wände, die Thürritzen etc.. eine grosse Holle bei der Lutterneuerung spielen, liegt auf der Hand, da.ss diese Einrichtmig zur gründlichen Ventilation nicht hinreichen kann.

In vielen Schulen der (iruppe II. iiml III. beiludet sich am Obertlieil einzelner Fen.ster eine \"orrichtung zum Aufklappen. £benso ist .bei andern die Möglichkeit gegeben, einzelne Scheiben zu öfihen.

Der allgemeine Kindriuk. welchen ich aus meinen zahlreichen Schulzimmerbesucheu mit liinwegnahm, ini der, djiss eigentlich schlechte und verdorbene Luft nirgends in unaugenehmer Weise merkbar wurde. Im Sommer, wo überaU ThOr oder Fenster offen bleiben, dflbrfte diet demnach noch w&dgst der Fall sein.

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' 182 Vin. Unterricht»- ond EnriehiingtweBeii.

SUBS£LLI£N.

Die Sabsellienfrage hat unter allen onKelneii Diadplinen der Schill -Oesundheitapflege wohl die grSssie Literatur aufiEuweiseii, da man ihre Wichtigkeit schon firflher erkannte. Die Principien, nadi denen eine Schulbank constmirt werden muaa, bilden heutzutage keinen Oegenntand einer Cuntroverse mehr, wenn auch die spedelle Ainveiidunpf auf die Schülfr je nach dem localcn Bedfirfniss ver- scliiedene Formen und Einrichtungen derselben hervorgerufen hat.

Nach den Ergebnissen der Untersuchungen der Ton der Bau- deputation ins Leben gerufenen Gommission (s. oben S. 164) ist ver- fahren worden, und e&nmtlidie Schulen der Gruppe l. sind mit zweisitzigen Subsellien neuer Constniction, abgestuft in drei Grössen- Verhältnisse ffir jedes Zimmer, wobei das kleinste Maass inuner dem Fenster zunaclwt .sitzt, versehen. Von Grnjtpc II. besitzen nur einzelne (ylii.s.se!i der Donischiile und der Ko.senberj^erachule derartige. In allen tibrigen, also im Ganzen elf Schulen, fehlen dieselben ^nzlich liud sind die Subsellien -jirivstcntlit ils hygienisch so ungünstig wie mög- lich. Freilich mtissten die meisten dieser Schulen zunächst in andere BehausnnrrtMi ziehen, wenn neue zwei*<it/i^^(> Subsellien mit dem be- deutenden Haumljediirt'niss. welches dieselben erfordern, an Stelle der jetzigen langen Bilnke tret<'n würden. Es lassen sidi hygienische Ketornien auf diesem Gebiete ebentall.s nur a-lbnlilig vollziehen, fast direct in Analogie mit Schulneubauten.

GARDEROBEN. W l im es auch •■in \\ tuiscli der Schul - (it'.sun(ilu'its|iMe;4e ist. lieberkleider. liegeiis« hirme, Leberschiilu' in isnlirf cn h'äiiuu'u auf- zubewahren, damit dir .\usdflnstungen <lci>ellH'u, nauiciitlich der nassen, nicht die Luft drs Scliul/iniuiers verderben, so ist mit Aus- nahme des .\utstelleus der Ive^euschirmgestelle auf den (iiin;^en fast in keiner hiesi<r,.ii Schuh', selbst den neuesten, dieser Anforderung Rechnung tretrageu worden. Der Grund nuig der sein, da.^s bei dem schon sehr gesteitjerteu IMatzliedürfuiss der jetzigen Schul- eiiiriclituugen nicht überall ein eigener abschliessbarer (Jarderoberaum für jede der zahlreiclien Clas-sen herzustellen war. Vielleicht aber auch hat die praktische Erfahrung der Lehrer hierbei mitgesprochen, denn ich habe in keiner einzigen Schule der Gruppe I., weldie rihnmtlidi hinlänglichen Platz fdr die Schfiler haben, eine Klage darQber gehört, dass das Aufhängen der Ueberkleider im Zimmer

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'^6. Oeffentliche atOdtuche Schalen.

lastig irerde. Eigene Oorderoberaunie mit Drahtgittenrenchliu» hat nur die OstenduchiUe und fDr einzelne Clfunen das Adlerflycht- ädiuUiauut. In der neuheiget»teUten Annaadiiile, welche sich sehr breiter Gänge erfreut, hängen alle UeberUeider daaelbst.

ABORTE UND PlSSOUtä.

Es ist ganz zweifellos, dass alle Uebelstande, welche Ton Seiten der Sdiulm&nner und vielleicht auch einiger Aerzte der absoluten Trennung der BedQrfnisshuuser vom Schulgebäude nachgesagt werden, hinföllig sintl gegen die hygienischen G^taliriMi, welche die Ver- eini«j[iin<( derKcllR'n unter einem Dache mit sich )>riii<^. Zur lUustrar ti<»M dieser Thatsache lial»en wir nns nur ins (ledäclitniss zu rufen, (la.s.s die Mr><rlichkeit der Verbreitung des Tv|diu.s ali lciiiinalis auf dem Wege der Verunreinigt m*r der Luft im iSchulhause durch Cluaken- luft eine narhgewit>sene ist. Und wer kann sagen, ob nicht auch eine ganze Reihe amderer epidemischer Krankheiten sicli in (b-rselben Weise einschleichen y Es erscheint demnach als ein Kik kscliritt auf dem tiebiett! der Sclud- (iesundheitspflege. dass in acht der (iruppe 1. anjfeliöri^en neuen und neuesten Scliuien die Aborte unil l'issoirH untiT dems»'lben Daehe und auf denselben UäupMi an<?el)ra< ht sind, auf wehlie aucli die Tbüren (h-r Schul/immer münden! Es k(Miimt da/u. dass Ijei den alleruieisten die Sj»iiliniLr eine (bireliaus untre- nügeude ;^fenaiint werden jnu>> und die hi;i'_rii"s<- auf ilie IJediiit- nissstätteii diirtli die N;ise srhuii viele S< liritti' von densejlieii mit Sicherheit zu stellen ist! Die Aborte nml l*is-(iirs sind iiber!ian|d in Uiren. zum Tlieil diirl'li^en Kinriehtuni^eu bei weitem »ler schwächste Tlieil dessen. w;i,s man beim Durelejfaii«,»' etwa als v er besser UUgs- bedüri'tig in «leu hiesigeu »Sclmlen l)e/ei. Imen nuiss.

Die im Namen der Schul -( Jesundlit its|)lletxe auszusjjreclu'udeu Desiderien sind: 1. isolirte La^'e der Itedürtnisshäuser vom Schul- <;ebäu<le ; als \ ei binduiiLr ist litielistens ein von l)eiden Seiten «diener, nur nadi oben bediM kti-r (lautr zu j^'estatten ; 2. hinreichende Zahl der einzelnen Aljorte und Pissoirs im Verhiiltniss zur Schfilerzahl; 3. Vorrichtungen, w elche eine Verunreinigung ausschliessen ; 4. Er- zielung müghchster Gcruchlosigkeit durch sofortige, nachhaltige Spidnng. Da in' allen Schulen nunmehr V^^asserleitnng eingefflhrt ist und alle rechtsmainisdien in die Schwenuncauäle münden, dürften Klagen Über die Aborte eigentlich nicht vorkommen. Leider -bilden sie in der Mehrzahl der hiesigen Schulen den hervorragendsten, manchmal einzigen Punkt der Klage.

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VIII. Uuterriclits- und E<niehiiiig8weBen.

TRIKK- UND WASOHAPPAKATK

Für TrinkwaaBer ist in allen Schulen, mit Ausaafanie der pro- TiaoriBehen Boniheimer Volksschule, hinreichend und gut durch die Qnellwasserleitimg gesorgt. Die Kralinen mit Ablaufbecken befinden sich stets in genügender Zahl auf den Qfingen.

ALLG£M£iN£B. EINDRUCK D£R GESUNDHEIT DER KINDER.

Ich habe meine zahhreichen Schulbesuche wahrend der Hoimte November und December des Jahres 1880 abgestattet und ich kann es mir nicht versagen, zum Schlüsse liier meiner Freude darftber Ausdruck zu verleihen, uHo wenig Kinder im Allgemeinen damals wegen Erkrankung den Unterricht verwiumen mussten und wie ausserordt'utlirh gering die von den Leitern der Anshilten genannten Stt'rl)lif lik<'it.s/,itTVni auf den Procentsat» nach der Stliüler- zalil sich ))elaufen. Es dürft»' dies lauter wie vieles Andere zu GunKten der hygienisduMi BcsrliaUmlifit derjenigen Bauten sprechen, in welchen ein schulpHiclitiges Kind mindestens ein Drittel seines Tageslebens verbringt. Auch mit dem Aussehen der Kinder muss nian. die wenigen, ausschliesslich von der ärmsten, zu Hause schlecht genährten Hevfilkerungsclasse besuchten Schulen abgerechnet, im Cianzeii reclit zufrieden sein. Klatjen ül»er Anaeniie nnd Scrophulose ertönen seitens der Lehrer nur in Schulen der (Tni|ij)e Tl. nnd III.

Das wichtige Oapitel der Kurzsi» litit^keit unter den Schul- kindern findet seine besondere Bespre» Imii'^r durch einen berufenen Fachmann, bh beschränke mich auf die Anführung der von mir im Allgeiiieiiieii ifenuK Ilten Beobaditung. dass brillentragende Schnl- kind<'r iU>erhaupt nur in «.geringer Zahl vorhanden sind und da.ss idi die Anzahl der Kinder, welchen es die Beschaffenheit ihres Sehorganes nicht gestattet(\ von den In'iitereii Plätzen aus auf der TatVd Schrift zu erkennen, Landkartendetail.s zu sehen etc., in keiner einzigen Schule auttiilh'nd gross fand.

Grössere Kpidemieen irgend welcher Art, welcher ein temporäres Schliessen einer Schule bedingten, sind in den letzten sieben Jahren nicht vorgekoumien und werden mir auch von früher nicht berichtet.

üiyiiizeü by CjüOgle

27. Realschule der isiaelitiwheii CiiMiieiiule. 185

27. REALSCHULE DER ISRAELITISCHEN GEMEINE.»)

Ton Director Dr B^RWALD.

Allgemeines. Der erste Versuch innerhalb der hiesigen israelitisdien Gemdnde eine Offisnitidie Schule mit dem Lehrplan einer höheren Bfirgerschule zu gründen, datirt vom Jahre 1704. Was dunials iin dem Widerstande derjenigen Gemeindeniitglieder scheiterte, welche in einer derartigen Neaemng eine Getahrdunir der väter- lichen Religion erblickten, gelan«; 10 Jahre später der Thatkraft eines auch anderweitig nm die hiesige israelitische (lenieinde ver- dienten Mannes. SkusMÜKD GeISENHKIMKK (^vh. 12. r)eceiiii»er 1775

zu Bingen, gestorl». )! dahier 2<). April 1828), seit 17!!.') Buchhalter in der Waaronliaudliing M. A. HoTHfiCHiiJt, gründete 18U4 im Verein mit dnigen Gesinnungsgenossen eine Anstalt für arme israelitische Knaben, welche er Philantliropin nannte. Anfangs wurden die Knaben, die. man in einem '^eniietheten Locale unterbrachte und für deren Relij^onsunterriclii, l'tle^e, gleichtormi<;e Kleidung und I^'aufsicli- ti^ung man sorgte, in die eben ^ej^ründete Miisti'iNrliuIe «geschickt, aber schon an» 1. .laniiar 1800 wunle das IMiilantliropiu als eine vollständige Schule »rrtti'nct. die, seit Octoher Im Mi unter die Leitung von iMiciiAHi. Hi;-> (ir« !». ^». April 1782 /u Stadt Len^sl'eld. «.fest, (hiliier 2(). I'\'hruar iSCiU) (rcstellt, Itald auch von zaiilenden Scliülem hesucht wurde; 18<)!> wurde eine Mädcheuschule begründet und mit dem Pliilantliropin vereinigt.

Die Errichtung des (irossher/.o^tlinins Frankfurt (!!». Feluuar 181U) und das am 1. j'cliruar 1K12 erlassene rnterriclits^^esetz für das (ir(»sslit'r/.u^thiun fiihrten /u einer lJe<ir^faiiisa< inn der damals aus ti Knaben- und Mädclienc lassen he-l . lii iKien St hule, die auf Grund eines von Dr. Michael Ueös ausgearijeiteteu und von der

>) AwfnvUoliM flndet fleli b«i Hesa, Di« BmI- wid VolkMcliiI« d«r toraelltUehwi

Oompimli'. Frankfurt ii. M. ix.'.T »«i AiiffBrlh unil Bapfwald. Zur Geschichte dar SdlOl«, ProKrumm der Boalscbule der iara«iitii»cbon Gemeinde von ia£9 und 1$75.

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yrn. Unterricht»- und Erciehungsweien.

Grossherasoglichen Ober -Schulbehörde genehmigten Lehrplanes am 13. August 1813 »als Büi^er- und Realschule für die israelitiache Gemeinde« in Verbindung mit einer Volksschule eröffnet und den öffentlichen Schulen des Grosshensogthums eingereiht wurde. IHe Volksschule bestand bis 1855, wo die wenigen noch vorhandenra Schüler in die Realschule eintraten. Nach der EinTerleibung Frank- furts in den preiiHsi^chen Statit wurde die Schule diunch Ministerial- crlnss vom 25. Juni 1867 als Realschiile II. Ordnung imter dem Bemerken anerkannt, dass christliche Scliüln iiuf derselben keine Berechtij^unj? erwerl)en kcinnen ; diese Beselininkung wurde im Oct<)l)er 1H71 von dem Keichskanzlcraint aufiLfehohen.

Patronat. Oberaufsicht. Finanzielles. Die einzige dem IMiilanthropin vorgesetzte Beluirde waren von 180 4 1813 die »Vorsteher des Philanthropiii«. Diese, nenn an Zalil, liervor- ^?e^mnj^en aus der Wahl der zur Erhaltung der Anstalt beisteuernden GemeiademitgUeder, wurden bei der V erwandlung des Pbilantliro])in in eine Bfli^er- und Realschule am 17. An«^ust 1813 im Auftrage des Grossherzo^s als .Schulverwaltuiif^s- Bath (er nannte sich kurz »Schulrath«) iustallirt und wne die Sihule selbst, der Grossherz«»^- licheii Ober- Schul- und Stiidiru -Inspection des Departements Frank- furt unterstellt. l)t>r Scliulrath l)estand und l)esteht noch heut»', uadi der IS'J'i stautHch })c.stätigt4>n Schulordnunj^. aus diri Mitf^licdern des (j«'nieinde -V'orstandes und sechs andern (it-nicintlcirlifdcrn, von denen alljährlich eines nach der .\nci«'nnetät austritt, jedixh nach einem Jahr wieder wählbar ist. ,\n die Stelle diT tTro.ssher/o<;liclit'ii Selnil- und Studien -Inspection trat na<li den Frciheitskricp-u als stiiatliche .\utsichts - Behörde die t^einischtc Kirchen- und Schul- ( ninniissi(ui und im October 18ü8 das Königliche Proviuzial-Schul- colie^ium zu Cassel.

Die Kosten des Philanthropin wurden durch freiwillige Beiträj^e aufgebracht, zu denen die ContribueJiten sich immer für drei Jahre verpflicht^-'ten ; seit 180? gab der Fürst Primas einen Jahresbeitnig von fl. lOUO, ausserdem wurden von ihm die durch das Absterben der Nntssniesser vacant gewordenen Zinsen mehrerer bei der israe- litischen Gemeinde bestehenden Stiftungen flberwiesen. Der 181S «röffiieten Bürger- nnd Realschule wurden aus dem Departemental- Studienfonds jiihrlich fl. 2000 festgesetzt. Diese Staatsunterstfitsung fiel naeh Wiederherstellung der Unabhängigkeit Frankfurts fort und ist seitdem auch nie wieder gew8hrt worden. Dagegen trat der israelitische Gemeindevorstand helfend ein. Das gegenwärtige

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27. Realwhöle dir wnwlitiwben G^neude.

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PatronatsTerhSltiuBs beruht auf einer am 18. Iföns 1843 staatlich genehmigten Vereinbarung zwiachem dem Schnbratii und don ierae- litiachen Gemeinde -Vorstand. Danach ist die Schnle eine Anstalt der israelitischen (Gemeinde; sie wird auf Kosten der Gemeinde erhalten. Bei einem Schulgeld von M. 90 fiOr die drei Vorschnl- dassen, M. 120 fllr die drei unteren, H. 150 für die drei oberen Real- und MSdchenschuldassen betragt der jihrliche Zuschuss der Gemeinde gegenwartig ca. M. 50000.

Schulhaus. Bis 1813 war die Schule in gemietheten Räumen untergebracht, im August 1813 bezog sie das ihr von der Gemeinde überwiesene Compostell. Am 13. November 1845 wiu-de das jetaiget Hilf Kosten der Gemeinde von dem Kreisbaumeister Opfermann in Mainz erbaute Seliulliaus ein^cweibt (Baukosten excl. Grundstück fl. 92 0()0), welches sich in jetler Beziehung als diircbans zweck- massif? bewährt. Die 1800 neben der Schule erbaute TumhaUe wird gegenwärtig beseitigt, um einem Neubau Platz zu machen, welcher eine Turnkulle, melurere Schulzimmer und eine Wohnung für den Director enthalten soll.

C II r s II s fl a u 0 r . Frequenz, L e hrer , Sti f t un gen. Die Realschule hut wie die Mädchenschule einen zehnjährigen ('ursiis, und zwar hal)en je 8 Chissen Jahrescurse, die oberste ('lasse einen zweijährigen ('ursus. Die Ge.sannntt're(|uenz beider S( liulen betrug 1820: 218; 18:i0: :U)7: 1840:490; 1850: 031; 1860: 650; 1870: 735; 1880: 880 Zöglin^n>.

Aut^estellt sind nu der Schule 29 Lehrer und Ii Lehreriinien. Von Irührreii. liereits verstorWeiien Lehrern haben sich durch literarische Arbeiten bekannt i^eiiiadit: der Thecdoge Johlson (f 18.')!), der Spruch- und (leschit htstorseher J. M. Jo.ST (f 18()0). durch päda- gogische und historische Arbeiten Skusmund Stkrx (f 1867), der Sprach tbi-scher und Philosoph La 7, a m s Gehskk (f 1870).

Die Schule besitzt eine Hiltliothek für Lehrer und Sdiiiler, eine Bibliothecii pauperuni, eine \Vittwen-, Wais4Mi- und llült'skasse für Fälle der Erkrankung von Mitgliedern des Lehrercollegiuins, Stit- tungen für l'reistellen, und eine Stiftung (die .losKi'ii KüTTKN's<'he), welche alljährlich einem Lehrer eine Studienreise ermöglicht. Einen Schulfonds liat die Schule nicht.

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VIII. ünterrkhto- und Erziehungsweaen.

28. REALSCHULE DER ISRAELITTSOHEN REUGIONS-

CiEJSELLSCllAFT.

Von Director Dr. HIRSrH.

■•iMt OmMw 4m VcMUa'a Mwh PUUm 4m AMUlMtm Fb. Strlilcr.

Allgemeines. Lehr plan. Seit Anfang dieses JiihrhundertH hatte die Melirzahl der hiesigen israelitischen Genieinde sicli immer mehr von dem traditionellen .Tudenthum entfernt und, dem Het'onn- judenthiim huldigend, die Gemeinde-Institutionen, namentlich die l^^oc» gegründet*" Geraeindeschule, in den Dienst dieser Kiohtung gestellt. Die gesetzestreue Minderheit wurde dadurch genöthigt. die Gründung einer hesonderen K e ligionsgesellsch a ft anzustreben nnd sich alle re]igi(»sen Institutionen neu her^UHtellen.

Hierzu wurde ihr die staatliche Erlauhniss erst im Jahre 1S4^^ gegehen. Tsächst der Erbauung einer eigenen Syuag(»ge war ihr vor- /.liglichstes Augenmerk auf die (iründuug einer Schule gerichtet, die der Jugend beiderlei rreschlerlits eine unit}UHs«'iide allgnneine und •/uglt h eine ihrer religiösen Ueberzeugung entsprechende religiöse Bildung gewähre.

Samson K'aI'II lliiiscii. ihr als geistiges Haupt der gesetzes- treuen Judeiilu'it hochverehrter l{al)l)iner, war es, der im Jahre IS.M ilieseiH Bedürfnisse Abhülfe bratlite. \<)ii Haus zu Haus geheiul wM.Nste er die eiu/.elneu Mitglieder zu jährlichen Beiträgen, zunächst auf fiinf Jahre, zu veraidasseu und als damit die Möglichkeit d«>s Anfangs gegeben war. entwarf er den S<'hul- und Lehrplan auf der altjüdischen Basis, welclie »ächte hunuiue und biirgerliche Bildung und ä( htes Judenthum in W issenschaft und Leben nicht als sich einander aufsschliessende Gegensätze. s(mdern als zwei sich gegenseitig bedingende und ergänzende Elemente mit gleicher Werthschatzung und Sorg- falt erkennen und pflegen lehrt, da das sociale Wissen und Leben erst im rel^ösen seinen Boden und seine Weihe, das religiöse erst im socialen seine Bethatigung und Verwirklichung finde.«

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2ht. HealiM'liuU' «Icr iärai>litis« lii-n KeliKioiiügciM'llschaft.

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I)ie«L*r Lfhrphiii . wcK Iht dit* .staatliilit' CitMU'liiiii<;im^ »'rliiclt, iimtiusst flt'shalb .siiuiintlicln' (ii<'<(t'iist!ln«lo einer Kejil- und hölieri'n Töchterschule, sowie einen uiethodisch gej^liederteu religiösen Unter- richt, der fQr die Knaben die liUnfQhriing in die Quellenkeniitnias des jadisch -religiösen Schriftthtuna und anch fttr die MSdchen das Ver^ gtindnisB der Bibel im Urtext erstrebt

Entwicklung. Frequenz. Eröffnet wurde die Schule am 1. April 1853 mit 55 Schfilem und 29 Schalerinnen in zunächst vier Classen. In YL, V., IV. waren Knaben und Mädchen zusammen, von in. an getrennt; 5 Lehier^-und 1 Lehrerin.- 1857: 119 Knaben und 74 Mädchen, 1862: 156 Knaben und 103 Mädchen. Bis dahin war die Gombination von Knaben und Mädchen auf die unterste Classe beschiftnkt und ffir erstere unter entsprechender Vermehrung der Lehrkrofte sechs Bealclassen eingerichtet worden.

Unterm 25. Juni 1807 wurde die Schule vom Ministerium als Realschule IL Ordnung anerkannt und besteht nach dem mit dem- selben Ministeoalrescript genehmigten Lehrplan aus drei Anstalten: der dreiclassigen Vorschule, der aus sieben Classen bestehenden Real- schule (Prima einjährig, Secunda vollständig in Unter- und Ober- secunda ^otlioilt) und der aus acht Classen nebst Selecta bestehenden hr»heren Trichterschule, von denen die sechs unteren Classen einjährig, die hcidi'ii oberen jedinh ikk Ii /\veijii1iri<^r sind, da von deren Aus- einanderU'^ung aus Mun«;el au Hnuni bisher ab<fesehen werden luusste.

Das LehrercoUegium besteht aus 20 jüdiseiu>n und 7 christ- lichen) Lehrern und 7 (2 jüdischen und 5 eliristliclieu) Lehrerinnen.

Die Gesammtfrequenz betrug? \^V>7 : MO, 1872; 353, 1877: 480, eine Zahl, die das mit Hucksicht auf die Räume zulässige Maximum bereits überschritten hatte, 1881: 477.

Sehn 1ha US. Neubau. Krr»ft'net wurde die Schule in dem an der K< ke der S( hützen- und luM linei«;ral»eustrasse pdegenen Hau.se, weklu's die lu-liLriotisj^esejlscluit t /ji;jfli'i( li mit dem für den ,Syua<i;()^en- bau besiiunuteu ( iruiidstücki- erw nil»rii iunl weklies sich uiit eiui«jem Undiau als t'tir Schul/wecke nicht iiii'fiH'i<'uet erwiesen hatte. Die weitere Hut u i( khini; der Schule führte iSCi l /mu .Ankauf ile> in der He( liiieit^raln'iistrasse ^ele^eueu, au das Schulhaus iiiiiuittciliar au- stossenden Hauses i'ür H. 422(MI. welches die Mädcheudasseu aiifiiahni.

Die .steti^' sii'i^^'ude Scliülcr/alil uiul «1er inutTe Ausl)aii der Schule Hess jedocli bahi auch ilie su erweiterten Räume als durchaus

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Yin. üntenricbta- und Eimbnugswescn.

anzolilnglieh erachemen und machte die Erbauung eines neuen, «nt- sprechenden Sehulhanees zu einem dringenden BedflrfiiiaB.

In voller Würdigung desselben machten Freiherr und Freifnra W. G. TON Rothschild 1877 der Religion^geseUachoft die grosshendge Zuwendung von H. 300 000 zu diesem Zwecke, . den Mehrbetrag sowie die Kosten des Bauplatzes leistete die letztere. Dieselbe erwarb den sOdlichen Theil des Militi&rlazareth-OrandstQckes am Thiergarten filr M. 112 000, ein Areal von 3645 Qm (45000 Quadraäiiss), dessen andauernd freie Lage gesichert ist und welches nach Lage und OrOsse die Befried^ung aller hinsichtlich der Orientirung der ClnsBenzimmer und der Grßsse der gesonderten Spielplätze flu stellenden Antbrdemngen ermöglichte.

An der Concurrenz fOr BeschafFung der Baupläne betheiligten sich 38 hiesige Arcliitecten. Die technisdien Mitgliedor des Preis- ^(erichtes waren die Herren Architect Blurtbchli, Eisenbahn - Ban- inspector Hottenrott, Biuiinapectf)r KicEMKR und Ooh. Sanitätsrath Dr. VABftBNTBAPP. Freif^lorönt wurden die TMäne der Arcliitecten StriOLRR und Liebletn, dem orstoren wnr<l(' die Ausarl)eitiin<? des definitiven Planes und die architiH-toiiische Leitung des Baues Uber- trftf^on. Bei der Submission wurde der Bau von Herrn Franz Brofft für M. 324 000, die Einritlituug der genn's< hten Luft- und VVasser- lieizung von E. Staudt & Comp, für M. 22 000 übernommen. Am 20. November 187!» tund der erste Spatenstich statt, Herbst 1880 war der Bau unter Dach und wird zum Herbst 1881 seiner Be- stimm uuj; nberf(el)eu werden.

Das Scliulhaus (s. l'Lni Nr. 11), desst>n (istliclier Theil für die Knaben, dessen westlicher für die Miidchen Ix'stiuiiiit ist, enthält in drei Stockwerken ausst-r den für die drei Srhulfii nrttlii<,n'ii IS ('lassen- /innueru, dem Amiszimmer des Directors, den Zimmern ttir Lehrer iiml Lehrerinnen, den für die Bibliothek, die Sammluntjeii und Appurate nöthi^eu Bäumen, zwei Reserve- und zwei ( 'onil)inationsclassen ; in der Mitte zwisclien l)ei(leri Theilen befinden sich die von Knaben uiul Mädclien j^enn^inschaftlich zu benutzenden Bäume: der physikalische Lehrsaal mit Cabinetten, der Sini;- und <ler Zeicliensaal. Diese von j<'der einzelnen Chusse nur weni<( benutzten Räume sind die einzigen, die nach Korden liegen, während säunutliciie Classenzimmer Ost- resp. Südseite liaben. Nach Westen liegt kein Zinmier. Ausserdem ist ein chemisches Laboratorium für die Scliüler vorgesehen. Di«; Turnhalle ist unmittelbar angebaut und vom Mädchenhause zu erreichen, während die Knaben Uber den Hof gehen müssen. Der sfldliche Theil des Yorderen Flügels

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Tafel XI.

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28. Realarlmle der IsrMlitiaelien ReligioiuftesenBrhaft. ]9l

enthiUt im Parterre das VerwaltimgBsiziiiner nnd die PedeUenwoknnng, in den oberen Stockwarken die Wolurnng des Directon. Der Bau wurde in allen seinen Theilen seiner Bestimmung entsprechend in einfacher und constructiv solidester Weise durchgefflhrt; in letzterer Beziehung ist Iit rvorzuheben: sämmtliches Gebälke int aus Ei^^enbalken mit feuersicherer Ausmauerung herp stfllt, drei massive his zum Dach- gebälk führende Steiiitreppen sind vorhanden, die Diu hhöden selbst haben feuersichere Abdeckung erhalt^Mi. Diis liaos erscheint hierdurch, sowie durch seine klare, fibersichiliche Qliedening im Inneren und Aeusseren, in sdner ganzen Anlage, mit seinen hohen geräumigen Classenzimmern mit breiten, bis an die Decke reichenden Fenstern und möglichst schmalen Pfeilern als ein seiner Bestimmung in hohem Grade entsprechendes. Die Schule fnhlt sich in dieser Hinsicht insbesondere dem Herrn Gt-li. Sanitätwrath Dr. Vakkknthapp, dessen sachverstän- dijres Urtheil in allen die Scliulli v<;ifnc betrefiendni l'unkten sowohl für das Preisgericht als jint li hei diT Bearbeitung der Pläne für den verdienstvollen Architecten, sowie später bei der W ahl der .Snhst llien unbedingt niaassgebend war, zu tiefem Danke verpflii liti-t und ist glücklich, demselben an dieser Ötelle und bei dieser Gelegenheit Aua- druck geben zu können.

Etat. Durch das Schulgeld (M. 90 150) werden nicht ganz zwei Drittel der laufenden Ausgaben gedeckt, das Uebrige kommt aus Stiftungsertriignissen und aus Beiti^en der Hitglieder der Re- ligionflgesellschaft (1880: 12 700 M.), den Rest leistet die Cultuscasse derselben«

Stiftungen. Die Anstalt besitzt ansehnliche .Stiftungen für arnie Schüler zur Bezahlung des Schulgeldes, eine Prämieustittung, eine Wiitweu- und Waisenkasse, einen Pensionsfonds.

Patronat Oberaufsicht. Daa Paftronat der Schule beruht in der israelitischen Religionsgesellschaft. Ausgefibt wird es durch den Vorstand derselben imd eine ron diesem ernannte Ck>mmission, den Schuhrath. Bis 1867 stand die Schule unter der Gemischten Kirchen- und Schulcommission, seitdem unter dem Königlichen Ptovinzial-Schulcolle^um zu Cassel.

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YIU. Uiilerrit hta» und KnüehungswMen.

29. UNTEHSUCHUN(; DER SCHULKINDKH AUF lillifci GR(£SSEKV£mL£LTNISS£.

Von Dr. med. PII. STKKFAN.

Als vor circa 10 .lalircn <lio Starlt Frankfurt in die Nothwciidi^- keit V(*rs«^t/.t war, dem sich imnuT (lrin<^<Mid»'r ffililhar macln'iidt'n Bedürt'nisMi' neuer Sehull)ant<'n ;;<'re<lit /.ii werden, war sie redlicli henifiht, bei fliesen Nenl)auten allen Forderunjfen der tiesnndheits- pflef^e nacliznkoninien. Abj;je.sehen von der j^ehörigen Grösse der Schulränme überhanpt und deren genügender Beleuchtung, Heizung uod Ventilation ist die richtige Confltruction von Schulbank und Sehaltnch em Oftrdinalpnnkt in einem mu8t6rgfi]1%en SckuIhauR. Bei der Entstehung der Scbulkanssichtigkeit wie bei den ROckgratn- verkrflmmungen .spielt die falsche Gonstmction der Schultiflche und Bänke die grösste Rolle mit.

Wdche Fordernngen stellt nun die heutige Schulhygiene an ein gutes Subsellium? Es sind kurz die folgenden Sätze:

1. Bankhohe Aber dem Fussboden resp. dem Fussbrett = Länge des Unterschenkels (durchschnittl. '/v der ESrpergrOsse).

2. Tischhöhe = senkrechte Entfernung de? Ellenbogens (bei ruhig hängendem Arme) yom Fussboden oder dem Fussbrett, wenn bei sitzender Stellung des Kindes dessen Obeischenkel wagrecht auf der Bank liegt, wozu w^en der Hebung des Oberarmes beim Schreiben noch 2em sngerechnet werden mOssen. Die Differenz zwischen Bankhöhe und Tischhöhe entspricht der senkrechten Entfernung zwischen Tisch und Bank (bei Knaben durdischnittlich V^i ^ Mädchen ^fi der KörpeigrÖsse).

3. ß a n k b r e i t e s nahezu Länge des Ob^whenkels von der Kniekehle bis ziiiu Sitzknorren.

4. Horizontale Entternnng von Brustkanie des Tisches und vorderer Bankkante = allermindestens 0, besser aber negativ

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29. l'ntorsuchung der Scliulkimler auf ihro Cirossrnverhälüüsso. IJ)^

5 cm; d. h. die Tisclipklte aoU dk Bankkante um 5 cm

flbernigt'n.

5. Kreiizlebnebis etwas fiber die unteren Schnlterblattwinkel.

6. Fassbrett.

7. Zweisitzige SubseUien.

Um also ein richtif^es Subsellium zu construiren, mfisson wir die ad 1, 2, 3 und 5 nöthigen GrössenTerhaltnisse der Schulkinder kennen; ganz besonders wichtig sind natflrlich die Zahlen ad 1 und 2.

Auch für iinsrrf iifiicu Schiilrii in Fraiiktiirt war die IJehfirde emsig beniflht, die richti^i'ii Siibsellieii zu hesthutien, und es l'auilen zu diesem Zwecke im Jahre 1S71 von Seiten einer besonders dazu ernannten Commission ^) zahlreiche Messungen der die Frankfurter öffentlichen Schulen besuchenden Jugend statt. 3459 Knaben und 2448 IßUtchen, in Snmma also 5907 Schulkinder wurden und zwar bei sitasendor Stellung auf einem besonders constmirten Mess- stnhle gemessen: 1. in Betreff ihrer KörpergrOsse Überhaupt, 2. in Betreff der Länge des Unterschenkels (Bankhöhe) und 3. in Betreff der Entfernung des 'Ellenbogens vom Fussbrett (Tischhöhe).*) Die Messung der Körpergrösse im Allgemeinen hat im Alter Ton 6 bis ind. 16 Jahren bei den Knaben ein jährliches Wachsthum Ton durchschnittlich 5'2, bei den Mädchen 4'2cm eigeben. Die nachfolgende Tabelle I gibt die Durchschnittsmaasse der 5907 ge- messenen Schulkinder an, wobei die letzte 7. Rubrik zugleich ver^ sinnlicht, wie die GrössenverhSltnisse der Kinder zu Durchschnitts- maassen f&r die betr. Sabsellien (s. unten Modell I— VIl) benutzt wurden. NatOrlich ist ja nicht bei allen Gleichalterigen die Körper- grösse dieselbe. Da nun nicht fQr jede Grösse ein besonderer Tisch construirt werden konnte, sondern eine bestimmte beschränkte Zahl Ton TischmodeUen für alle Grössen der Schulkimh-r «fenügcn musste, so war experimentell zu eruiren, inwieweit in ihrer Grössenver- schiedenheit die Sitzvorrichtungen den Körpermaassen widersprechen dürfen, ohne zu einer gezwungenen und nnchtheiligen Haltimg zu führen. Diese Versuche ergaben als für unsere Frankfurter

■) Bwt«1ieiid woM den Pil(l«|c<ifir«B IHr. Dr. Bifl«leii, Oberleliiwr A. OaBser, EHr. Dr.

MLIIirn h, r.clir. r L. M ii 11 !■ r. Iiir. Dr. Pal fl nm II 8, Prof. Dr. Schmidt, r!<'Ti Aontton Dr. Ilardorff, Ur. G. Passavant , Dr. Steffan, Dr. Wallach, <lon HtaütliaUrocistem P. Heorleh und O. Bflf omer and den Cbemiker Dr. J. Zieffler.

•) Verijl. lU'n Hiriclit ilor oben gnnannien Ooniniissiiin nn <lio Biimlfpiitation zu Frankfurt a. M. nur Beantwortung der Frago Uber die zweckmäasigsto Einrichtung «Icr S^nlblafce und SdmMidw. rraakftnrt «. M., IfaUm * WsMednntdt, mi.

13

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194

Tm. Unterrichts- nnd Enriehimgswefleo.

Schaljngeiid nöthig die folgenden 7 Tischmodelle, ttattirlicb alle zweisitzig, wie sie die Tabelle II angibt.

Tabelle 1.

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KrirjM'rjjfrö.sjse <>in Miiiininlsit/ (Modell la) . . 105-1 IUI. 1 t ili Maxiiuiilsitz (Model Vllaj 178-2 /ngfi'ü^t..

UiiMklirdie 27-7 41>-7

Tisclihrilie l:{ <) I 2 74-8 -f 2

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30. Untersuchung der SthOler auf Kurzsichtigkeit. 195

30. UNTERSUCHUNG DER SCHÜLER DES

GYMNASlUiMS AUF KUIIZSICHTIGKEIT.

Ton Dr. med. GUSTAV KRÜGER.

Die ErfoTBchung and eventuelle VerHliinng der Ursachen der besonders unter den Schülern der sog. Oelehrtenschulen stark ver- breiteten Knrzsichtigkeit ist f&r die Schulhygiene eine so wiehtige, fttr die Wissenschaft eine so interessante Frage, dass die Arbeiten ▼on H. Cohn ^) und von Erismann *) auch mich veranlassten, ihr naher zu treten.

Am geeignot^ten zur Untersnchung schien mir das liicsi^r,» Oyin- nasinm in der FnMliger8tra8.se, weil nach den vielfachen Klagen, die über dessen Ränmliclikeiten geführt wurden , die <rfvvis.sermaassen die vox )>o])nli als Ursache der Knrz8iclitigk<>it beschuldigte, diese Anstalt das traurige Vorrecht die meisten Myopen zu besitzen, zu haben schien.

Im Herbst 1871 wurde die Untersuchung ausgeführt. Die Prüfung der .Sehschärfe und Hcfraction jedes Auges wurde ujit der , minutiösesten Genauigkeit vorgenomTuen, jedes Auge auch mit dem Augenspii^el untersucht und damit nochmals die Art der itefraction festgestellt. ^)

Von den 22^ Schülern des (lymnasiinns konnten nur !Ü<>:? iinfer- sucht werden. Von den nicht vnitersiuliteii 20 Schülern waren eiiiit^f wegen Kranklieit al)\vesend, andern war e.s von Seiten der Eltern verboten wurden, sich untersuchen zu lassen.

') (Tntprsurhung«nd«r AngafnTOIIlOMWaaitallcin'li'rn nrtwt VorxrMiitron zur VerbCBSoninp der den Aukcd nkditheiligm Bdialsfnriehtiniven. Kinc atiuloi;iä«lic studio von H. Cohn, ved. und phil. Dr., Angwiiant in Breslna. Leipzif; ih67.

*) Ein BoitrAfT zur RntwioklangacreBchiehte der Myopio, postütxt anf dir tTnton<iichanfr Ton SchQlcrn und Kchfllerinnnn. Von Dr. F. Eriamann in 8t. Pi>terBburK Graofe'a Archiv, XVFI. Jahrffiinu. Hcrlin 1871.

<) llDterHorhung der Augen der ScbQIer doa Frankfurter ({yrnniuluais. RIn Deitrac cor ■ntwkkltinfrfiKL'Bchiebte der KnmiebHickelt ▼on Dr. €k KrQser, Jalireibariebt Ober die ▼•rwaltun^ dpfi MctiirinniwpHt n.H t'tc. der Stadt nukftnt s. M., hcrwucmslMB ▼wn Aent' Verein. XV. Jahrgang i87l, S. 84.

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I

[<)0 VIII. Unterrichts- und EmiehongaweBen.

Folgende Tabelle zeigt das Resultat der Untersnchnngen:

Anzahl der unter- suchten Schaler

Beiilcr- soiti^e Myopie

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l)er (iniil «U?r Myopie betruj^ bei Myopie beider Augen bei den 70 Individuen:

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Illb.

2

4-1

2

2

IV.

7

2

0

2

4

V.

4

1

VI.

-

-

1

1

Smnine

■M 1 21

17

12 ^

s

>) M. ~ Myopie (Kunutichtigkuit), K. Hrp«rni«trqi>iii manlfMto (Debenichtig^keit).

Rmmetro|ii<> (NiinnaUieiitigkeil), II. m.

Üigiiizuü

;ü^' Google

30. Unteräuckuug der Schüler auf KiirzsichtigkeiL 197

Nur in vier Fällen erinnerten sich die Schüler nicht je noruial- aichtig gewesen zu sein, in allen fibrigen Fallen wurde der Beginn der Entwicklang der Knnrichtigkeit theÜB adion in die ersten Jahre des SchnlbeBuchs, am relativ häufigsten jedoch in die Zeit zwischen dem 12. and 15. Lebensjahre Terl^.

Die Prüfung der Suheellien zeigte, dass ein Theil derselben, von alter Construction, nicht den neuen Anforderungen entsprach, doch nicht in so erhebliche Grade, dass man Unzweckmäasigkeit der Subsellien und durch sie veranlasste starke Annäherung der Augen an das Object fQr die enorme Verbreitong der Kurzsichtigkeit wesentlich verantwortlich machen kann.

Dagegen «rwieeen sich die Helligkeitsverhaitnisse fast in allen Glassen als höchst ungünstig. Bei der Untersuchung der fttr die Helligkeit wichtigen Faetoren zeigte sich, dass kein einziges Fenster nach Soden geht, die meisten nach Westen* und Norden, und dass die wenigen nach Osten gelegenen Fenster wegen der dicht gegen- Ilber liegenden Häuser fast kein Licht geben. Wie wenig die Anzahl der Quadrat/ull Glas, die auf einen Kopf kommen, nn sich idldn maaaagebeud für die üelligkeit des Baumes ist, davon gibt das diesen- ^inimor der OberMfCuiida einen pri^pmnten Beweis: anstatt der ge- forderten 3U0 Quadratzoil Glas pro Kopf sind in IIa. deren 672 vorhanden, und docli y.ei^t ein Blick iu dieses selbe Zimmer, dius« es w^en der un<(ünsti^eii Lu<j^e seiner F*Mister nach Osten und Norden bei dicht gegenüberliegenden lioheu Häusem geradezu unheimlich dfister ist. Und diesen Eindruck von« mehr oder minder grossem Lichtmangel macheu fast alle Classenzimmer.

Glücklicherweise ist das Gyniniusinin ans den alten, düsteren Uäunieu des (Jeltändes in der Predi^erstrasse, ant' weldn-s sicli (»hi;^»' Untersnchnn«^ hey.ielit, seit 1S77 v»'rle}^t worden nnd Itclindet sicli seitdem in, der S( Inilliytjit'ne aiu ii in sonstiger Beziehung entsprechen- derem Gebäude iu der J unghotktrutise.

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198

YIII. Unterrichts- und Eniehungsweaen.

31. ÜNT£BSUCHUNG DER SCHULKINDER AUF FARBENBLINDHEIT.

Von Dr« AUGUST CABL.

Dieselbe wurde im Sommer 1879 bei 2504 Knaben aiisgeftlhrt. Das Studium der flogenaniittMi aiigeboreoeii Farbenblindheit hatte in

<lt'n voransgegungenen Jahren einen noiien Aufschwung genommen. Nacbdeni diese Anomalie lange fi'ir eine mit einem gewissen theore- tischen Interesse verknü|)ft«' Curiosität gegolten hatte vanä ihr dem*> gemäss nur vereinzelte' Ht^achtung ges(li< nkt worden war, bewies mit eiiKMu Mal die Entdeckung einer cintiuhen Methode zur Eminmg der Farl)eublinden, welche man dem Professor Uolmoken in Upsala verdankt, duss das Vorkommen der Anomalie ein weitaus häufigeres sei, als man je geahnt hatte. Bei der eminent praktischen liedeu- tung, welche die Sache nun namentlich in Bezug atif das .Signal- wesen gewann, war es verständlich, dass ülierall zahlreiche Unter- suchungen ins Werk genetzt wurden. Die meisten derselhi'u Ite/ngen sich aul' die Ennitthmg des procentai istlien Verhältnisses der Farl)en- blinden zu der (iesainnitltevölkerung (»der zu irgend einer Kategorie von Indiviiliieii. Es luusste nur wfinscdienswerth sein, dass recht viele derartige l utersuchuugeii woui»"igli(h nach gleiihein Schenui ausgeführt wurden, weil ja erst re{'ht grosse Zahlen der Untersuchten ein dem walireii Verhältniss nahes zu geben vernuxliteu. Von die- sem Gesichtspunkt unteriuihni auch ich die l 'utersucliuug iler ine- sigen Knabenschulen. Meine liauptuu-thode war die ( )rigiuaIiuethode U<u.M<iiiEN's ; sodann verwandte ich die pseudo - isochr« miatisehen Tafeln Stilmncts und eini«re andere Hülfsinittel. Ich bemerke nur kurz, dass mich die Erfahrungen im Laufe einer vorurtheilsfreien Beobachtung bald genug in das Lager derjenigen führten, welche eine sog. R o th - G r ü n b 1 i n dhe i t annehmen, indem ich mich in allen Fällen von der Coincidenz der Störung in diesen beiden Eimpfinduugsc^ualitäten überzeugen konnte. Einen ausgesprochenen

Üiyilizuü by CjüOgle

'.il. UulLTäUchuiig der SchulkiuiU'r auf Kurl)«-nbliuiiheit.

199

FaU von Blau-Gelbbliiidheit vennochte idi nieht aturfindig zu macheu. Die genaueren Ergebnisse meiner ünteFsnobungcii sind im Jaihrech berichte des Aerztlichen Vereines für 1879 niedergelegt. Ich lasse hier nur die Tabellen folgen, welche die in den einzelnen Schulen gefundenen Farbenblinden yerzeichnen und bemorke, dass mit Rfick- sicht auf einen von anderer Seite gegebenen aber keineswegs stich- haltigen Hinweis in den Tabellen die Zahl der israelitischen Schiller und der unter ihnen gefundenen Farbenblinden in einer beeonderen Rubrik au%effihrt wurde.

1. Volksschulen.

' Zahl der

' Zahl

Zahl aller

Zahl der

Schule

j Schaler

der israel.

!• arlieii-

farbenhl.

j Oberhaupt

Schüler

bliiideu

Israeliten

Weisdrauenwhnte ....

100

5

Arnsburgerschale ....

8

200

12

7

147

2

200

Bornheimer BOrgenchule

117

1

5

Hornliriiiicr Volksschule . .

67

3

Allerheiligeuschule ....

69

1

6

1000

14

35

Zasammeii . j

= 3-5»/»

IL Höhere Schnlen.

Zu hl der

Zahl

Zahl aller

Zahl der

Schule

Schaler

der israel.

Farben-

CurbenbL

aberhanpt

Schaler

blinden

Israeliten

Selortonschulc

1U2

(iymiiuüiuiu

225

66

4

Klugerschole

274

8

4

Israel. Realschule ....

182

181

3

8

Must<'rsrliulp

220

23

5

1

Wohlcrschul«'

337

6a

8

3

Ucalüi hule der isrju'litiscbi'n '

Religions^Gesellschaft . . 1

164

164

2

2

1504

500

26

9

Zusamuien . j

= 1-7*/«

Im Ganzen waren 2*4'*/o aller untersuchten Schiller farbenblind.

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200 ^'Ul. UnterrioliiB- und EnichungsweBen.

B2. F£Rl£NCOIiONi££N AliMEH KiUiiJMKUCUEJi

SCHULKINDER.

Von Bector Dr. G. Y£im

Kille s«'«(»'ii.sn'icli wirkt'iidt' Brstn'biiiipr vorsor«;lirli»'r Gosmidheit*- pflej^e ist die Kiiiriclituii«; der F c r i c n c o 1 o n i e e u für k r ä n k 1 i c Ii e arm»' S <• Im 1 k i n d r. An<;('n'^t diin li die <^üiisti<^('ii Erlol»(o, wrKlic IMiirrcr Ridn Iii Zürich /.ucrst im Sonimer 187(3 durch dit* iiit'hrw ()chf iiMich«' \ rrsct/iiiiir schw iu liMcher Kiiuh'r nach trcciiifnek'n Orti'ii (h-r Aj)}(t'ii/,('lK'r Hcrgi' cr/iilt hat, und (hu'chdrun<jfeu von dt-r Ufh('r/(>u«^un<x, «hiss auch in Frankfurt der unter d»'r Ungunst (h'r Verhältnisse leidenden .Jugend Hülfe geboten werden müsse, hat Herr (Jeh. Sanitiitsrath Dr. \ aUUKNTRAI'P in Verbindung mit dem Verfasser im Mai 1878 die \ orarbeit begonnen, um /uniu hst eim-r Anzahl in diinijil'i' Wohnungen gebannter, sclilechtgenährter und kränklicher Kinder der Arusburgerschule unter der Leitung zn- verUissiger Lehrer einen stärkenden Aulenthalt auf dem Lande zu vemhulfen. Am 21). Mai 1878 fand zu dem Zwecke im Hörsaale des Senckeiiberg'schen Museuui» die erste, zahlreich besuciite öffent- liche Yersaninilung statt, iu welcher uach ausführlichen Vurtrilgeu über die hygienische und erziehliche Bedeutung der Feriencolonieen und nach kurzer Discnssion Aber deren NOfatlichkeit und Noth- wendigkeit beechloesen wurde, alsbald einen Versuch zu machen. Die AusfQhrung wurde in die Hände eines aus den Herren Cabl BoLONaABO, Oberlehrer A. Gassbr, Adolf B. H. Goldscbmiot, Fritz Oraübner, Oeheimer Gommerzienraih Jacques Reiss, Stadi- verordneter Dr. jur. Carl Rumpf, Geh. Sanit&tsrath Dr. Varbbntrapp und Rector Dr. YEmi bestehenden Coniite^s gelegt, weldiem alsbald noch die Herren Director Dr. Hirsch, Rector Librmann und Rector WiDiiANN beigetreten sind.

Obwohl den neuen Bestrebungen gegenüber allerlei Bedenken geäussert, insbesondere die Kachhaltigkeit der Wirkung bezweifelt

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32. Feriencolonieen armer krftnkUrher Schulldiider. 201

und die flblen Folgen der Verwdhnnng beffbrehtei wurden, hat das Görnitz doch im Allgemeinen eine überaus erfreuliche Unter- stafatung gefunden. Die Geldbeitiüge flössen so reichlich, dass auch die schwichlichen Kinder der Bfirgerschnlen in Betracht gesogen und 8 Golonieen gebildet werden konnten. In entgegenkommender Weise haben die Herren Rectoren nach einem alle einschlägigen Ver- hältnisse berührenden Schema 173 besonders bedürftig erscheinende Knaben verzeidmet, aus welchen 97 im Alter Ton 9 14 Jahren Ton zwei Aerzten und esDßm anderen C<»mtemitg1ied ansgewahlt wurden. Maass^^ebend waren hierbei das körperliche Befinden und das Betragen der Kinder, sowie di«* Wohnungf5verhältnisse und die Bedürftigkeit der Eltern. Ausgejichiedeu wurden die Schüler, welche an Uebelu litten, die mit den Feriencolonieen ni( ht verträglich ^iiud oder in deren Familien vor kurzer Zeit ansteckende Krankheiten waren. Die in benonderen Tabellen zussmimengeHtelltcn licstiltate der ärztlichen UnterMuchnng ^^d)en später für die Beurtheilung des Er- folgen sehr wichtige Anhaltsjinnkte.

Nicht geringe Schwierigkeiten bot die Bestimmung der Orte, wo der Soninieraufenthalt genommen werden sollte. Wiilirend num aus miheliegenden Gründen von den eigentlichen Touri.stengegemlen absehen niusste, faiul man an vielen sonst geeigneten Plätzen nicht die erf"nrderh( lieii Localitäten und entsprechenden (tastgelier. Krsi nach wiederiiolten Besuchen und vielseitigen ErkuiMligungeii einigte man sich für «iie Orte Laul)uch , Wetterfeld, Lauter. Ortenberg, IiisNl)erg und Hirzenhain im Vogelsberg und JSeuukircheu und (iaderiilieiiii im OileiiwaM.

Die Kitern der ausgewählten Pfleglinge hatten durch einen Uevers ihre Zustinnnung zu allen lOinriclitungen des (Joinite's ^e;^fel)en untl die Ausrüstung ihrer Kinder nach s]»ecieller Vorsciiiilt, zum Tlieil unter Beihülfe einzelner Comiti'Uiitglieder, besorgt.. Besonders erli ichtert wurde die Einrichtung der (.'olonieeii dadurcii, dass die städtische Militäicuniiuission leihweise lOO wollene Decken und 200 Betttücher überliess. Diese dankenswerthe Unterstützung Winnie auch in den folgenden Jahren gewährt und nach Bedürfnias erhöht.

Mit den Lehrern, welchen die Führung der einzelnen Abtheilungen anvertraat werden sollte, wurden wiederholt eingehende Beratiinngen gepflogen über alles, was in AUgemdnen wie in besonderen Fallen Tcn ihnen zu beobachten sei. Durch besondere Vertrage haben sich dieselben verpflichtet, unausgesetzt für das leibliche und geistige Wohl der Kinder besoxgt zu sein, die Beköstigung und die Lagern

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202

VUI. Unterrichts- und Enriehungswesen.

Btätten zu oontioliieii, die festgewteie Hansoidnung emsuhalten und recfaiasdtig genaue Berichte m erstatten. Auch die Yerpflichtong der Wirtlie wurde vertragsmäang aufs Genaueste festgestellt Ausser einem grossen Schlafsaal mit anstossendem Zimmer fOr den Lehrer hatten dieselboi einen geeigneten Raum zur Verffignng zu steUen, in welchem die Kinder bei Regenwetter beechafkigt werden Ironnten; hinaichUich der Verkustigiui^ wurde Terlangt« dass dieselbe einfach, aber kriltti^ und reichlich sei.

Niichdciu so all&s nucli bentem Ermessen Torbereiiet war, sind tlie Kinder unter herzlicheu Segenswünschen nach der EiHenbahn geleitet worden. War auch alles, was meusohliche Vorsicht zur Verhütung irgend welcher Calamitäten vermag, uut'«(eb()ten worden, o so konnte doch das Oomit^ bei seinem Versuch, dem ersten. (1i>r in

Deutschland gemacht wurde, nicht ohne eine gewisse Bangigkeit in die Zukunft lilicken; dennoch wurde die auf ein bescheidenes Haass gespannte Hoffnung weit übertrotfen. AUerwürts war die Reise gut von statten gegangen und die zum erstenmal von dem Druck des Elends befreiten Kinderher/en jubelten hell auf in Gottes freier Welt. Dank der Umsicht und ronst'fjiicnz der Lehrer, haben sich die Pflt'ixlin<(e bald nu die Hausordmm«; tjfcwrihnt und s'uh in das eijj;t'iiaitiL((' [.flx.'ii «(ct'nnden. Diusselbc ifewann den ( 'liarakttT rini-r piitriaichalischt'n Familie; der Fiilirer bildete den Mittelpunkt (h-r ans Kindern verschiedener Altersstuten <;ebihieten ('olonie. Die kleinen Dienstverrichtnn^en, die Spazierj^^änge, die Mahlzeiten, dius Morgen-, Tisch- und Abendgebet, alles war gemeinsam und fest geregelt, obne die Heiterkeit zu )»eeinträchtigen. Es war für die aus dunklen W(diunngen und engen (Jässchen kommenden Kinder eine Lust ohne Gleichen, sich aiit den Wiesen zu tummeln, singend die Wälder zu durchstreifen, sich an si>l))stge|)tliUkten Beeren zu erlaben, Käfer, Pdanzen und seltene »Steine zu samiueln, an den Arbeiten der Landleute sich zu betheiligen, oder im Schatten eines Baumes einer spannenden Erzählung zu lauschen, oder ein schönes Volkslied zu singen. Da ist manchem Kiudesherzen die Ahnung aufgegangen, wie schön das Leben werden kann, wo liebe waltet und Frieden. Die wenigen Spuren von Heimweh sind bald geschwunden und die kleinen Briefe der Kinder an ihre Eltern haben diesen bewiesen, dass die Freude eine ungebrflbte war, und haben zugleich gezeigt, dass die Entfernung die kindliche liebe eher tiefer gepflanzt als aasgdfischt habe. Erforderten die ersten Tage auch die volle Kraft und die aufopfernde Hingabe der Lehrer, um die Kinder an Ordnung,

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$2. Ferienooloiiieeii «rmer kriaklicher Scbolldiider.

203

Reinlichkeii, WohlanstSndigkeit und VertrSglkhkeit xu gewOhneo, 80 isi dodi nadi aUen Berichten und nach den Beobacfatnngwi der Comit^mitgUeder, welche die Golonieen besucht haben, die Ueber- wachong und Leitung später eine wesentlich leichtere geworden. Bei der vielen Bewegung im Freien' entwickelten die Pfleglinge einen ausgezeichneten Appetit: die gute Milch, das tägliche Fleisch und die übrigen nalirhaften Speisen Huben denn auch sehr bald die erfreulichste Wirkung gethan, sunuil die Wirthsleute im All- gemeinen nicht knauserten und unseren Wüuschon ix'reitw'iilig ent- g^nkamen. Bei den 97 Kimben sind während der Ferien nur ▼ier ErkrankungHfülle vorgek<nnmen , welche die Lehrer zu der strengstens anenipfohlenoi Inanspruchnahme ärztlicher Hfilfe Ter- anla88t«n. Diese Störungen sind indesa rasch vorübergeganiTt-n und alle Kinder halH-n gegenüber der bei ihnen früher beobachteten ßläase, Öchlatiheit und Unlust bei ihrer liückkehr durch die frische und gesunde Gesiehtsturbe, ihre strahlenden Augen, ihr frohes und elaatisthes Wesen, die Straffheit ilirer Muskeln, ganz unverkeuubar die günstige Wirkung des Landaufenthaltes gezeigt.

NfK-h ])estinnuter wurden die erfreulichen Kesultate l)ei den Wiigungen constatirt. Während des 2(itiigigen Tiandanfentliiiltes haben nach den sorgfältigen Berechnungen de» iierru Geh. »Sauitüte>ratlii$ Dr. Varrkntkapp

die 0 und 10jährigen Knaben 7mal, » 11 » 12 » » 0 » und

» L5 » 14 » » 3 » mehr

au Gewicht zugenonnnen, als ihnen in stetem regelmässigem VVachs- thum eigentlitli zugekoninien wäre.

Kamen nun auch die Kinder zum grossen Thi-il wieder in un- günstige Lebensverhältnis.se zurück, so ist dooii bei den meisten zu beolnichten gewesen, dass sie (bm b die mit zwec kmässiger Körper- jttlege verl)undene Luftkur widerstandsfähiger geworden waren und sich fortan geckiblicher entwickelten.

Ermuthigt durch die erfreulichen Residtate des ersten Versudies und gestützt auf selir umfassende Erfahrungen, konnte das Gomitd im folgenden Jahre mit den reichlicher zugeflossenen Mitteln seinem Wtske gebosten Muthes eine gnissere Ausdehnung geben. Hatte man im ersten Jahre wegen der zärteren Constitution der Mädchen und wegen der grosseren Schwierigkeit der Unterbringung sich nicht entschliessen kennen, auch Mädchencolonieen zu bilden, so wurde diesmal in Anbetracht des offenbaren Bedfirfnisses nichts noTersucht

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204 VIII. Unterrichts- und Ersiehungswesen.

gehwen, um auch achiHAchlichen Mädchen die Wohltihat einefi etArkenden Land -Aufenthaltes zu Terachafieu. Die Auewahl dar Kinder war im üweiten Jahre (1879) noch schwieriger als im ersten, da von den Herren Rectoren nicht weniger als 241 Knaben und 164 Madchen als be- sonders bedfirftig b«E^chnet worden waren. Kadi genauer ärztlicher Untersuchung und dassificirung wurden 85 Knaben nnd 48 MSdchen ausgewählt und nach 11 Golonieen entsaudt.

Leider wuren in der ersten Hälfte der Ferienzeit die Kinder (liirdi anhaltend ungünstige Witterung mehr als erwQnscht an Haus und Hofe gebannt; dudnrch hat die Beschäfti^ng im geschlossenen Raum eine grössere Bedeutung gewonnen, als es trüber der Fall war. Die regenfreien Stunden gestsittcteii indfss immer klciiurc und grössere Spaziergänge auf den rasch abgetrwkneten guten Laad- Strassen; in den beiden letzten Wochen konnten täglicli gr()ssere Excursionen unternommen werden. Trotz des nicht .so gleich niilssig gflnatigen Verlaufs brachte doch auch der zweite Versuch für die Gesundheit der l'Heglinge sehr befriedigenden Erfolg, Während alle Kinder, mit Ausnahme eines ungew(»hidich stsirk genährten Mädchens von Jahren, am Abend vor der Abreise weniger als das Durch- scbnittägewicht ihres Alters gehabt, haben in 25 Tagen

die Kuabeu von 8—11 Jahren 7mal, » » » 11 13 » nahezu (i »

^ » » 18—15 » aVi »

und die Mädchen von 8 11) ^ .... 11-18/ * ^

» 13—15 y> \ »

iiielir /,iigenoiiiin<'n, als nach dem Nornialniaass zu i'vwarten gewesen wruT. Dies Eigel»Mis.s und das gnte Aus.seh«!n lieferten einen neut'ii liewei.s, wie .sehr durch gute, reichliehe Kost, gesunde Wohnsiätte und regeln lilssige Bewegung in freier Luft die körperliche Entwick- lung getTirdert werden kann. Da säiiimt lirhe Lehrer und Lehrerinnen mit unermündlicheni Eifer, treuer Liebe inul mit entschiedeueiu Geschick die Kinder geleitet haben, sind auch die erzielüicheu Kesul- tute des zweiten Jahres sehr benierkenswerth gewes(m.

Das Yertranen auf den hohen Werth der Ferieucolonieen wurde noch gestärkt durch die günstigen Berichte aus mehreren grösseren Städten, weldie den Vorgang Frankfurts nachgeahmt haben. Un- bedenklich konnte daher das hiesige Görnitz sein Werk im Sommer 1880 erneuern. Diesmal sind 214 Knaben und 810 Mädchen für die Luftkur empfohlen und ärztlich untersucht worden. Um die

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82. Foricnkolnniecn armer kränklicher Sihiilkinder. 205

waduende Arbai mit mogliihBter Sorgfalt zn erledigen, verstilrkte sich das Gomitl durch 3 Aerzte, die Herren Sanit&tarsth Dr. SnBss, Dr. Altsohul und Dr. Pbipbrs. Es worden 89 Knaben und 76 Hadchen ani^gewShlt und in 15 Colonieen untergebracht; die frfiher bewahrten Orte wurden beibehalten und die erforderlichen neuen fanden ddi in der Nahe.

Während die Pfleglinge in den Torhergehenden Jahren vor der Abreise nur gewogen worden waren, wurden rie diesmal auch gemessen. Abermals eigab es sidi, dass die verschiedenen Altenqgnqipen, mit Ausnahme der Mädchen unter 9 Jahren, weniger als das Durch- schnitt^ewicht ihres Alters gehabt haben, die alteren sogar in sehr beklagenswerthem Verhältniss. Es muss dies als sicherer Beweis dafttr gelten, dass die ausgewählten Kinder einer Kräftigung dringend bedCrftig waren. Die Zunahme des KOrpeigewichts betrog im Sommer 18R0 nm^h mehr als in den beiden vcirhergehenden Jahren, was sieb wohl (laruns erklärt, rlass die Witterung diesmal den Aufenthalt im Freien bi'tjonders begflnstigte.

In Bezug anf «He Gewichtszunuhnie der Kinder in den Jahren 1878, 1879 und 1880 bringt der letzte Jahresbericht des Comites auf S. 12 folgende sehr interessante und werthvolie Uebersicht:

Zahl der Kinder

(..'sainuit- DiiriliMhiiittl.

Gewicht«- « ,

, Zunahme eiuis ,

j an l'tiuul Kmdea |

Nui male Zinialniie

ii;irli (^ut'ti'let

Kuabe u: 8— 9jihrige . . .

•> 10 » ... 10 11 . ...

11— IJ » ...

12— 18 * ...

13— 14 » ... 14 ir, ...

15—16 . ...

12 25-75

41 II S5-60

42 Kr.'OO 59 iui:» 46 II 111-75

37 ()")-r)0 16 , 32-75 1 H

214

L'-n!»

2- l-J

2-41 2-53 2-04 8-50

!• 24 2-33 2-43

0-26 0-37 0-60

Mädchen: S— 9jfthriire . . . 9—10 . ...

10— 11 . ...

11— 12 ...

12— 18 » ...

13— 14 . ...

14— 15 » ...

254 '

' ."lUUüO

j 2-82

(\

2.t -24 29 23 1'.

1 '

46-5 61-5 48-01

lo-r,

20 1

' 2-08 1 1-99 1 97

1- 931

2- 081

1 2 üU J

0-30

0-42 0-43

1 1

1 256-5

1 2-12

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206

VIII. ünterrichts- nad EniebnngnrMra.

Die GewidiftBziiDahme unsorer Kinder wfthrend der Ferienzeit war somit nach den einzelnen Altersgruppen bei den Knaben Smal, Ömal, 4mal, nnd bei den Ifödchen 6 mal, 5 mal nnd 6mal grOsser als die normale in gleichem Alter der QesammtbevOlkening.

üm (JewisBheit darflber zn erhmgen, ob die Zunahme nicht etwa bloss eine künstliche, vordbeigehende Anüfttttening sei, wurden die Kinder im Torigen Sonuner nicht nur am Tsg der Rfickfcehr, sondern auch 4 und 8 Wochen danadi wiederholt gewogen, wobei es sich denn herausstellte, dass bei allen Kindern, mit Ausnahme der ftltesten Knaben und Mädchengruppe, 4 Wochen nach der Rfickkehr aus den Ferien eine leichte Gewichtsabnahme }^e^eiiül>er dem Tag der Rfick- kehr eingetreten, diese Abnahme aber 4 Wochen später nicht nur wieder ausgeglichen war, sondern (his>! alle Altersgruppen ohne Aus- nahme das Gewicht irgend einer früheren Me8Sung8i)eriode überholt hatten. Demnach hat die Rfickkehr der Pfleglinge in die früheren, minder gfinstigen Verhältnisse nicht nur einen Stillstanil, sondern bei den meisten sogar einen Rückgang bewirkt: derselbe hielt aber nicht an, vielmehr trat bald wieder eine kräftigere Entwicklung ein, welche, wenn auch nicht überall, so doch in vielen Fallen eine dauernde geblieben ist.

Eine weitere rirmiiUai:!' zur S(li;it/uii^ «les Einflusses der Ferien- rnlonieen auf die körperliche Entwit klung der Kinder bi«'t»'n die im letzten Sommer vor der Abreise und 12 Wochen spilter vorj^enoin- menen Messungen der !\rir))erläii^e. Auch hierbei /ei^de sich bei den meisten Kindern vor den Ferien ein eniscliiedenes Zunickbleiben hinter dein Normalen und ein beschleunigtes Wuchsthum in und unmittei))ar nach deii Ferien.

Wichtiger als das, was sich nach der IJiickkehr aus den Perien- colouieen wietren und messen Hlsst, ist ohne Zwj'ifel die Gessimmt- erfriscliun^l und Stärkung für Kr)rj)er und (ieist der von Annuth und Krauklieit geängstigien Kinder, die erluilite Lebenskraft und die das Herz er([uickende Einnerung an eine glückliche Zeit. Von li<dier Bedeutung i.st auch die Gewöhnung an eine streng geregelte Haus- ordnung, an Wohlanstündigkeit und Verträgliciikeit.

Nicht gering anzuschlagen ist femer, dass die Kinder das Land- leben kennen und lieben lernen, dass sie sich mit einer Menge ein- facher Anschauungen bofeichem und dass viele vorher verschwom- mene geographische und naturkundliche Vorstellungen geklirt werden. Ohne Uebertreibung kann darum behauptet werden, dass die Ferien- colonieen auch den geistigen Horizont der Kinder erweitem.

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82. Fcriencolooieen armer kränklicher Srbulkinder.

207

Bei 80 rekhem Oewinn für Leib nnd Seele nififlsen die Ferien- colonieen als eine fiberans glQckliche Bestrebung vorsorglicher Gesund- hcitflpflege und zugleich als ein Werk echter Menschenliebe angesehen werden, das allseitige Förderung verdient, damit es eine dem wach- senden Bedürfhiss entsprechende Ausdehnung gewinne.

Von dieser Oebenseugimg ausgehend, hat das Görnitz sein Werk durch die Bildung eines Vereines fester zu begründen gesucht. Ein im Mai d. J. an die Bfiigerschaft gerichteter Aufruf hatte so guten Erfolg, dasB schon am Ende desselben Monats die constituirende Generalversammlung abgehalten werden konnte. Der vorgelegte Statutenentwnrf fand allgemeine Zustimmung; in den Vorstand wur- den zun&chst sEmmtUche Milglieder des froheren Comit^^s nnd ausser- dem noch die Herren Stadtrath 0. Gornill und Dr. jnr. Oswalt gewählt. Um die Fürsorge fÖr die Pfleglinge nach jeder Richtung zu einer ni(")<;lic]ist vollkommenen zu gestalten, wurde der Vorstand auch durch Frauon verstärkt tinrl zwar fiel die Wahl auf Frau DoNDORP-RvBExs, Fräulein F. VON HoRRACK, Frau luM-DuBOis, Frau Dr. Lrcii s nn<l Frau ( )l)t'rstaatsan\valt S( iiMii' HKN.

Die Zahl der Vereiniiniitglieder Htieg hin Anfang Juli d. .1. auf Da die Ergebnisse der regelniiissigen Beitrüge von jährlich 5 Mark filr das vorliandene Bedürfiiiss vorerst nicht ausreichen, riclitet« der Vorstand an die Freunde der Feriencolonieen die Bitte um Cjewährnng ausserordentlicher Gaben, welche denn. Dank des lehhalten Interes.ses für die gute Sache, so reichlich flössen, dass wieder <'ini> Colouie, und zwar eine Madchenabtheilung, mehr gebildet werden konnte.

Dunh die Hen-en Kecton-n der nfir^er- und Volksschulen waren als eilirr Luftkur dringend Ix-diii Iti:^' diesmal •J.')',» Knaben tind -VM) Mädrlii'U, zusammen .")'.♦.") Kinder li^etrcu 024 im vor. J.) angemeldet W(»rdt'H. Ausgewählt wurden v(m zwei ärztlichen ('onuuissi<»nen HS Knaben und !>! Mädchen, zusammen 17i> Kinder. Diese sind nach sorgfältiger Vorbereitung und Revision am 11. Juli nacli l'i h»'- währten (iebirgsorten entsamU worden, wo von den CJastgebern utid Lehn'rn alles aut'gel)oten wiril, damit die sanitären und erziehlichen Erfolge nicht hinter denen der früheren Jahre zurückbleiben.

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208 Vni. Unterrichts- und Erzielmngswesvn.

33. ELEINKINDEUSCHULEN.

Yon Dr. J. DB BARY.

Kleinkinderschnlon zum Zwctkc »denjenigen christlichen Ein- wohnern von Frankfurt und Sacli.sen hausen, weldien die eigene Pfl('<;i> und Hoaufsichtigung ilirer Kinder wenn nicht unmöglich, dcH-li sehr erschwert ist, Gelegenheit zu diese unter ^te

Aufsicht zu brinjfen,« bestehen zur Zeit drei: die Kleinkinder- siliiile in Sachsenhauseh, die Petersschule und die My 1 iusschule.

Der IMaii, derartige Schulen, nach dem Vorbilde ahnlich<'r An- stalten in Hamborg und Terachiedenen Städten der Sdiweiz, inn Leben zu rufen, entstammte eii!< m Kreise von Bflri(ern, welcher im Jahre 1831 ein V>e/n^li(hes Gesuch mit der Bitte um Ueberweisnn^ geeigneter Häumliehkeiten dem Senate der Stadt unterbreitete. Die zur IJnterhaltimg erforderlichen Geldmittel sollten durch freiwilli<;e Beiträge aufgebracht werden. Die Behörden überliessen den Bitt- stellern ein Lf)cal in Sachsenhausen; die Einwohner f?>rderten das Unti'rnehmen durch reichliche Beiträtre. Im Frühjahre 1832 ward die erste Schule in Sachsenhansen en'Wliict.

Im Jalire 183;{ folt^te rlM-nlalls in üherlassenen städtischen Ge- bäuden neben dfr l\'tt'rskir(}ir die l'eterssrlnile, iiin den Bcwoliiu'rn des iiorilr»stli( lirii Hf/irkcs (ndej^Hiiheit zur Untcrltriii^nnix ihrer Kindi'r zu bieten: 184() ward in dem .sfifl\vt»st]i( lim Stailtlx zirke in d*'!- Wcissfrauenstrasse dl»» (anfänglich Wcisslranriisclinle ^'rnanntt') Myliussehnle errichtet. Ihren Namen trägt diese Schule zum An- denken «in einen hochherzigen Gönner, Herrn H. Mylh s in Mailand, welcher, um die Gründung zu ermöglichen, fl. 20 (MIO .schenkte. W « h h reifes Interesse die Bfir<rerschufl: dt'iu 1 nterntdimen zfdite, beweisen die 1S;^7 erfolgte Siln-nkung eines B;iu|dutzfs zur Errichtung eines ei«renen Si hnlhansi>s in Sachsenhausen <lnrch zwei G<inner, teriu^r der Umstand, da.ss die ganze Buusumnie durch freiwillige Speodeu

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83. Kleinkinderachnleiu

200

auf|;ebr8cht wurde und endlich^ daas die zur Errichtung der Weiss- firauenschnle mehr benSthigten Mittel ebenfalb auf diese Art auf- gebracht wurden. Neben diesen ausserordentlichen Leistungen wird das ganse Unternehmen bis zur Stunde nur aus freiwilligen Gaben unterhalten. Die studtisichen Behörden leisteten von Anfang der Sache wesentliche Beihülfe durch einen während einer Reihe von Jahren bewilli^ni jührliclu'n Zuschuss von fl. 250, Verabfolgnn^ des erforderlichen Brenninsiterials und in den erst«'n Jahren die Ver- jL^finsti^nn^ tVi'icn St hnhinterrichte« an di»' nun den KleinkindcrMchulen in die Volkssciiulen übergetn-tetH-n Kinder unhctuittelter Elt^'rn.

In den «Tsfcn Jahren des Bestehens betheiligten sidi I):ini< n des Vorstandes des Fnuienvereins, sowie die Lehrer der Schule dieses Vereines an der Leitung; später laiiilen nnd finden sich zur Zeit stets Damen zur Uebernahnie des Amtes eiin-r IMlr^erin bereit.

Die lietheiliffun^ (h-r Eltern war vor» Aulan^ eine sehr rej;e und ist es bis zur Stunde, trotzdem in den b't/.ten Jaliren durch Erriclituu«; von i\ind> rKärteu fernere Gelegenheit zur Ueberwachuug der Kinder ^^ehoteu ist.

Die Frequenz der S* Imh ii war:

Fetri-Mhule

Alyliu-isi-lude

SaclisculiHiiseti

Ziisainrnrii

zu

Qstern

1850

12()

128

213

4(17

»

»

1800

142

98

215

»

1870

134

131

213

478

>

1880

171

147

209

527.

In den ersten zehn Jahren waren 1205 Kinder nufgenommen worden; bis zum 1. Mai 1880 hatten 0923 Kinder die Schulen besucht

Da fortwährend die Aufnahme von Kindern wegen Mangel an Platz verweigert werden muss am 1. Januar 1880 waren es allein mehrere Hunderte , so besteht die Absidit, die Peten»chule umzubauen nnd eine vierte Kinderschule zu errichten; leider fehlen hierzu zur Zeit noch die erforderlichen Mittel.

Die Kosten zur Unterhaltung der drei Schulen betrugen in den leteten Jahren ca. 13000 M. per Jahr, die durch die r^lmSssigen BeitiSge von ca. 600 Mitgliedern, durch Geschenke und Legate und durch die Zinsen des ca. 105000 M. betragenden Gapitalcontos ge- deckt werden.

In den beiden Schulen zu Frankfurt tlieilen sich eine Lehrerin und eine Lehrgehülfin in die Ar])eit, wähnuid in Sachsenhausen eine Lehrerin nnd zwei Lehrge)iültinnen thätig sind.

Aufnahme finden Kinder vom zweiten bis sechsten Jahre.

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I

210 ^in. Unterrichts- und EniebTOgsweBen.

Die Tageseiniheiliiiig ist folgende: 7 9 Uhr Empfang der Kinder, Aafbewahren des mitgebrachten BrodeSf Versehen mit den (der Schule gehörenden) Sehul- 8()iürzen. Spielen der Kinder im grossen Schuladmmer

oder Schulgarten;

0 9'/« Uhr für die Kinder unter vier Jaliren Beschäftigung und

Unterhaltung entsprechend den Altersstufen, wobei haupt- sä( lili( Ii auf geniiUhliche Anregung gesehen wird.

Für die Kinder über vier Jahre Unterricht in Gediichtnias- fibungen, Anschannng, Singen, Zahlen, Erzählen von ge- eigneten Stoffe Ji; O'/s 10 Uhr Austheilen des ZehnulirbrotU^s;

lO'/s Ulir Zählen der Anwesenden, Waschen der Kleinen, V()rl)ereitun;^n'n zum Mitiagsniahl, wobei die dsizu bestiiumten Kinder behiilllich sein müssen:

lOiij 11 Unterricht, und S|iielen;

11 12 Uhr Austheilen der Mittagssnppe :

12 1 Uhr Spielen im Garten oder Zimmer:

1 2 Uhr Veral>r«>iclien v<»n Wasser und Brod;

2 '6 Ulir im Winter Besiliättigung, der Kleinen im Lern/immer,

der rJrossen im grossen Zimmer, im Sommer IJidien;

3 1 I hr im Sommer: Autentlialt im (Jarten, Verabreichen von

Milch und lirod; im Winter: Wii.s< ben und \ orben-itungen zum Nachhausegehen, was im Winter um 4 Uhr geschieht;

im Sommer:

4 - l 'i'i Uhr Bewegungsspiele für die grösseren, Spielen für

die kleinen Kinder; 4'/| 5''/4 Ubr Waschen und Vorbereitungen ziun Naclihausegehen ;

Vor nnd nach dem Schlüsse Gebete und Al»singen eines Liedes.

Montag Morgen vor Anfang der Stdnile wird dax Schnlgidd von 20 Pfennig für die Woche erhoben; wünschen die Elterii, diiss ihre Kinder zn 4 ühr eine Tnsse Milch bekommen, so werden weitere 18 Pfennige w({chentlich bezahlt.

Von zwei zu zwei Jahren erstattet die Verwaltung Berichte Aber den Fortgang der Schulen. Wesentliche StSrung des Ge- sundheitszustandes der Pfleglinge ist nur aus dem Anfang der sechziger Jahre durch granulöse Ophthalmie zu erwähnen.

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34. Kindergärten.

211

. 34. KINDERGiGRTEN.

Von i . W. WUKD£iaiCU.

Di« durch Friedrich Fr«»rkl im Jahre 18.'i7 ins li**l)on f^c- rntV'iicn ? KindiTj^ürteti«, ilmni Keim liöchst wuhrscheinlicli auf die Frankfurter Lehrthätii^'kfitdiesas hedeutfiiden I*äda}^o«ren(18Ü^{ 1807) zurückzuführen ist, fanden in Frankfurt a. M. erst Ein^anpf, n«ch- . dem die vorhandenen Kleinkinderschulen (• Suppenschulen und die aog. Krippen für das Bedürfniss nicht mehr ausreichend erschienen.

Den ersten Kinderj^arten richtete der am 2M. December 1877 verstorlM-ne Lehrer Carl SCHNEIDER, ein Schüler Frikdricii l'iK nRL'g im Jahre 1841 in einer Behausung hinter der Kose ein. Dit; Leitung dieser allmillig vielfach erweit<'rten An^falt, welche sich seit einer Reihe von Jahren im Hause prossc Ksclienhcimcrstrasse No. 39 befindet, fibernahm später der Lehrer Frikkuich Bixkkk.

Ein V(m dem fn'ireli<rir»sen Prediijer JniiANNKs Hon«;!'] l^ri'.i in Ver- hinthm«; mit eiiieni I'rauiMiv i-rrine ge^riindftrr KinfltTtrai ttMi. llaTiatier Landstrasse 2'J, gin^ /.war ls72 wetrcii mi<^<'iiii^t'init r hi tlii'ilinriiiii^ schon \vi»'(]cr ein; da^c«;»'!! Iciikti'H die iilljälirlirli ahi^rlialteiicn öffentlichen l*riifiiii<^rii die Auiim rksamkeit weiterer Kreise auf den Werth der K iiidei-^färteii hin unil insliesondere liej in Suchseuhansen die Erkennt iii>> der Zweckiiiässiifkeit einer natiir<;eni;issen Beschäfti^nii^ des zarten K indesulters luid einer «'ntsjireclu'iiden X orltereitung für die Schul- und Menschenhildung auf fruc litl»aren Boden.

Alshald nach dem Ein«fehen dieses K inder^Mrteus traten opfer- willige Männer zu einem Kindergarten -Verein zusammen und er^ öffneten Wallstrasse 18 in einem allerdings recht dürftigen Locale einen Volkskindergarten unter der Leitung einer daffir besonden anagebildeten und angestellten Lehrerin. Die Mittel dassn wurden com Theil durch milde Beitifige ans der Frankfurter BQrgerachaft ausbracht. Die Oberleitung untersteht einem Vorstände, welcher trotz Tieler Hindemisse und namentlich bezflglich der Localfrage

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212 VllL Unterrichts* und Eniebnngswesen.

entstandener Schwierij^keiten seinen Kiii<lt'rj(arten am Leben erliiilt. Die Schulerzahl, mit 24 beginnend, stieg bis 1878 anf 52 tnul bat erst in niMiorcr Zeit etwas abgenommen. Das Schulgeld betragt monatlich M. 2 't7.

Der Frankfurt«'!' Fnun'nl)il<lini«;sv(M'ein, dessen Hauptziel die lleluin«^ der Krwerbsfäbi^keit des weildichen Geachlecbt»"^ i^t. unter- biilt seit dein Jahn» l^TS einen Kindergarten im ehemaligen Cafe ^ (iöthe, Hol/.gnilten 11. liuiiptsiuldicb zu dem Zwecke, nni der vnn dem Vereine i(«'j)Ianten lbMini»;sanstalt iiir l\inder«;jirtneriiiiien die Gelegenheit v.m |»raktisr]ien Ausbildung zu geben. Diese Bildungs- anstalt ist thatsächlich iusoteru sehun ins Leben getn tiMi. als sicii eine erhebliche Anzahl vnii jungen Miidrlim ini letzten daiire ca. 20 jtraktiseh im Kindergarten ausgehiidet hat und nunmehr in guten Stellungen ihn' Kenntnisse zum HeNten der Kindererziehung vervvertliet. Die tlitorrtisrhe Aushihlung soll deinnäehst eingeführt werden. Der Kindergarten selbst wird zur Zeit v(Mi HU Zöglingen gegen ein vierteljährlieln's Siliulgeld vt)n M. 12 hf.siulit.

Die Kindergärt<'n des Saehsjuihäuser Vereins und des l'niiu'n- bildungsvereins haben insidern einen (»Heiitli« iu-n <'harakter. als sie ni( ht des Erwerhes hallier gegründet siiul und ihre Kosten theilweise durch Beiträge der Bürgerschaft gedeckt werden.

Daneben hat sich aber in neuerer Zeit auch die Errichtung von Privat -Kindei^ärten neben den Eingang.s erwähnten in eifreu- licher Weise vermehrt nnd sind dieselben zwecknia-ssig iu der Auasen- stadt yertheilt.

Im NoTeniber 1875 errichtete Frl. Johanna Zitkiianm einen Kindergarten im Westende, Mainzer Xjandstrasse 30, mit monatlichem Schulgeld von M. 8, welcher znr Zeit von 20 30 Zöglingen be- sucht wird.

Im Nordende, Sönunerringstrasse 17, unterhält deren Schwester Frl. Maru Zitzmann einen solchen mit gleicher Schalerzahl und einem Schulgeld von M. 7 monatlich.

Im Ostende sf^esslich haben Herr R. Siebbrt und dessen Tochter Ida, Friedberger Anlage 23, einen von 20— -80 ZOglingen besuchten Kindergarten eingerichtet, bei welchem das Honorar M. 21 per Quartal beträgt.

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SAttglings-Bewahranstalten (Krippi'ii).

213

35. S.EUGLINÜJS-BEWAIIU-AN^STALTEN (KlüPPEN).

Von Dr. F. J. STIEBEL.

Nachdem am 14. November 1844 durch die Bestrebungen von Harbbau die erste Krippe in Paris eroflhet worden war und sich, durch die Erfolge daselbst ermuthigt, ein Verein fÖr Krippen in Wien gebildet und in mehreren Vorstädten daselbst seine Wirk- samkeit eröfihet hatte, erschien im Jahre 1852 als Vorrede zum Bericht des Dr. CiiRisT^schen Kinderhospitals aus der Feder des damaligen Arztes und AdminiHtrators Dr. 8. F. Stikiski., des alteren, eine Aufforderung zur Errichtung von Crdchen in Frankfurt.

Jetzt nach SOjährigem Bestehen und segensreicher Wirksamkeit der Krippe die GrOnde darzulegen, welche die Schöpfung derselben motivirten, dürfte wohl unnöthig sein, umsomehr, als dem Beispiele Frankfurts folgend viele StRdte unseres Vaterlandes solche Anstalten gründeten und unterhielten.

Es ist jetzt kaum begreiflich, welchen Vorurtheilen und welchem Widerspruch die junge Schöpfung in Frankfurt b^^egnete und wie schwieri^j^ en war, passende Localitäten zu finden.

Al.s sit li »■mllicli v'm Vn-\nu\ der Stiftung bewegeu lie.sM, djus ihm zugehörige Hiiu.scheu und Gürtclien in der Seilerstrasse No. 10 der Krippe in billige Miethe zu geben und zugleich die Kosten der Bau- veränderunge]) zu übertlehmen, war es möglich, am 1. December 18&3 das Local zu erdffiien. Sechs Aufsichtsdamen und sechs Aerzte waren gefunden, welche die ihnen zugetheilten Functionen zu über- nehmen bereit waren, aber die Sympathie der Bevölkerung war so gering, dass die Krippe kinderlos geblieben vrabre, wenn man nidit mit Möhe ein erstes Kind aufgetrieben hätte.

Dies Unicuni, diese Harität gab bei der Neigung unserer Bevöl- kerung, das Koniische einer Sache herauszufinden, Anlass zu allerlei Witzen, selbst Gedichten, von denen eines ich der Schrift von

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214 Unterrichts- und Erxiehnnfcswesen.

Dr. G. MErrBNHBiMER, »Geschichte der Schweriner Saiiglingsanstaltc zu entiehnen kdnen Anstand nehme. Es heisst:

An Theodor Uhrig, den Em2^;en!

Ulirig, Theodor, du Einer,

Du benefdensvertlier Kleiner!

Hahn im Korbe wie noch Keinerl

Pir mit Diensten alli r Arten

l{('izust<'liii 1111(1 aiifziiwarffii.

Hutschelnil, tüttt riul, kosend, Hchiuoirhehid,

Sanft das kleine Fell dir streiehelnd.

Sieht man feenhaft Gestalten

Um dein einsam Lager walten.

Uhrip, Uitrig, einzig' Kiin r! Hh'ibe einsam, werther Kleinerl Flielie wie die Pestilenz Jede weitere Concurrenz! Hast allein jetzt Hof gehalten, Fürst und Herr in deinem Reich, Sieh, der Eifer wird erkalten. Stellt man andr<' dir nocli ixleieh. Bleibe Huhu im Kurhe, Kleiner, Uhrig, übrig, einzig Einer.

Kr blit'l) ni< lit einsam, deim im Frühjalir iS.'i j hatte rlie krn)pe iii Fraiikt'urt seliou l;{ regelmässii^e HesiieliiT aiitziiwei.sc'M. Es zählte die Krijipe iu Fruiiklurt Besiu hstaige:

ls:,i,:,:, 24r,o

1850/57 :y.m

1857 58 :M(M)

1858;50 Hill

1859/00 1210

1860/61 44^0

1801/62 'sm4 ^'^y^i^Siiig^

1862/63 3690.

Die höchste Zahl von Kindern, welche an einem Tage die Krippe besuchten, beUef sich ziemlich gleichmässig in der ganzen Zeit ihres Bestehens auf 25.

Mit dem Jahre 1864 mnsste leider die Krippe in Frankfurt geschlossen werden, da das Hans, welches sie die ganze Zeit ihres Bestehens inn^ehabt, in andere Hände fiberging und es trotz aller Bemfihungen nicht möglich war, ixgend ein passendes Local auf der rechten Mainseite zu finden. £tn kleines Grandstück, welches die Stadt bereits zum Bau einer Krippe zugestanden hatte, musste wieder

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:{5. SiugliiiKS-Bewahranstalten (Kri|>poii).

215

zurfickgei^ben werden, da das Terrain zu andern nothwend%en städtischen Zwecken verwendet wurde. Nach dem Jahre 1806 ist ein Versuch, eine neue Krippe in Frankfurt zu grOnden, Oberhaupt nicht mehr gemacht worden, würde auch bei dem steigenden Werth der Grundstöcke in nächster Nähe der Stadt erfolglos geblieben sein.

Die Krippe in Sachsenhausen hatte mit viel weniger Schwierigkeiten zu kämpfen. Es war nicht schwer, passende Loca- litaten f&r die Krippe zu finden, die Bevölkerung von Sachsenhausen, grOsstentheils auf ßi'schäftignng ausserhalb des Hauses angewiesen und an die Kleinkindersi-luihMi ^ewr>]int, begrflsste das neuo Institut mit Synipatliie, das Lmal füllt*' sich bald und der R«'such desselben ist bis auf den )i*-iiti^<Mi Ta^ «>iii glcicliinäsMiger geblieben.

Dazu kam, datw im Jahre 1862 FrauIUtiiMB (ioLi>s( iimidt, welche di'iii KripjM'nwcsen von Her/en zugethan w:n\ rin lläiischt'ii fiir diesen Zweck hi'sonders erl>ant<' und dem Institut ulme Entgelt übei:lie8s; als dies Haus we^^en Kiscuhaiinbauteu ezproprürt wurde, wurde aus dem Erlös die uotlnx endige iSumme verwandt, um in ln'ster Luge in der Nähe d«'s Atlentliors ein zweckmüssiges Haus mit kleinem Garten /,n erstehen, welches von dem Eliepaar G^LDSCHMIUT der Kri|>j)e unter der Bedin<,'un^ zum öesclienke gemacht wurde, dass die in den Statuten ausj^espruchene Confessionslnsi^keit erhalten bleibe.

Die nesiiciiszahlen stellten sii Ii in den dahren d»'s BeHteheu» der bVauklurter Krippe in Sacbseuhau»eu fulgeuderniaiuuieu:

18r.ir»r. 2S7o

is.'j(ir»7 54r>jj

1 SöT/ÖS 028!»

1858:.!» r,2l;.{

18:i«»r,o 42:iO

IS(;(M)1 51.-);»

iHniic.» s.:.iV'^£i£Sl!{'''

I8t;j(;;{ r)0i>5

Iiis hent<' Itetra^'en die jährlichen Hesnchstage mit geringen Schwanknu^'en zwischen r><MM) und (iOUO; die grösste Zahl der gleich- zeitij^ an einem Tage Anwesenden ungefähr 30.

Die Finanzen der Krippe befinden sich Dank der Theilnahme der BOrgerschaft in guten Verhaltnissen, das Interesse der Schutz- frsuen hat sich lebendig erhalten, so dass ein Fortbestehen der Anstalt ftür eine Reihe von Jahren gesichert ist.

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216 VIII. Unterricht»-, und Erairbungfiresen.

36. VEREIN ZUM SCHÜTZE DER KOSTKINDER.

Von Dr. F. J. STlEIlliL.

Als (lor Schreiber «lieser Zeilen in dem einleitenden VorlHM-ii lit*» des Dr. CiiuisT'schen Kinderliospitals für 1870 zur Bildung eines Ver«'in»'s /inn Sclintz der Hiiltckindcr aiitforderte, fand der Gedank»' in iltT l)üri^n-rstli;it"t -^«»Iclii'n Anklani;, dass in kürzesttT Zdt ein (irnndstuck Vdrhaiidrii war und jährliclie l?»*iträirt' in solclirr llr>lic ;j('Zfi<lnn't wunlni, das> Ix-icits am J.'i. .\|»ril IST! das crslr Kind in »li-n \ frein anf^cndiiinirn werden konnte. Ks war damals die Zeit der Sie«j^e und di'r wai-iiieii Herzen Itei uns, dii- W elt war ^en olmt an Miidtliiiti^ki'it und das (ield ncicli nicht versc]iwind(dt. Es will mich jetzt hediinken. als ol) an< li dieser mildtliätige Verein ein wenig jsu den Gründungen gehört liätte.

Der Zweck des Vereins war in erster Linie zuverlPussige Ko.st- fniuen austimli«^ zu machen, dann die.selhen zu contndiren, die bewährten durcii IMilniien aufzumuntern und zu iK'lolnien, inmn'nt- lich aber durch Zuschüsse .solche Frauen zu unterstützen, welchen durch Tod, Krankheit oder zeitwei.se Abwesenheit des Mannes mit der Nothwendigkeit, in fremde Dienste zu treten, die Möglichkeit genommen war, ihre Kinder selbst zu verpflegen.

Die Schutzfrauen des Vereins übernahmen die Verpflichtung, die Persönlichkeit der Frauen zu prdfen, welche sich zur Ueber- nahme Ton Kostkindem meldeten, diejenigen, die sich dazn zu eignen schienen, zu fiberwachen, denselben die monatlichen Zuschüsse und die halbjährigen oder jährlichen PrSmien bei guter Haltung der Pfi^linge zu fiberweisen. Die Aerzte fibemahmen die unentgeltliche Behandlung der Erkrankten oder vermittelten d^n Aufoahme m das Kinderhospital.

Leider stellte es sich bald heraus, dass im Weichbilde der Stadt zu den von den Mfittem gezahlten Preisen trotz der Zusdifisse des Vereines gute Koetfrauen nicht zu finden waren; die Kostkinder

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36. Verein lum Srhntse der KoBtkioder. 217

wurden auf das Land gegeben, entzogen sich dadurch der Beauf- sichtiguag des Vereines &si ToUstöndJg, das Interesse der Schuts- frauen nahm dadurch natürlich ab, so dass zuletzt der Schreiber dieses, wie er der Stifter des Vereines gewesen, allein Hher seine Mittel zn verftgen hatte, und die ünmQglichkeit einsehend, denselben allein mit Nutzen weiter zu führen, die Verantwortlichkeit femer ablehnte und seine Wirksamkeit mit dem 1. Juli 1875 schloes.

Der Verein hatte wahrend seiner 4jährigen Thatigkeit vom 25. April 1871 bis zum 1. Juli 1875 in Kost gegeben, beaufsichtigt

und unterstützt 240 Kinder.

Von diesen .sind vor dem zweite Jahre

gestorben III »

(Hiervon 20 im Kinderspital.) Als zweijährig aus dem Verein angetreten 76 » Zu den Elteni zurückgekehrt oder ausner-

Iialb des Vereines untergebracht . . 37 » Bei Auflösung noch vorhanden . . . *. 16 » Die Kegierung hat nun die Regelung der Verhälini.sse der Kost- kinder selbst in die llaud genommen, wenigstens unter dem 4. Mai er. eine VeronlmiiiL' in dieser IJirlituug erhussen. ,

In den zur A ust'filirung dieser Venirdnnn«^' er^Mugenen Instruc- tionen wird ein besonderer Werth darauf gelegt, dass die im Voigeseheiie Controle lii< lit auss< Idiesslirll ill die Iläude der l'oli/.ei- beamteii gele<rt werde, sonileru be/iiglitll ilerselben die AuIeliiMin^^ an \'ereiue, namentlich bestellende Krauenvereine, sowie die Mitwn'kimg sonstiger /.uverlilssiger Personen erstrebt werde.

Es wäre UKtglicji, dass durcli eine solclie NCreiniguug staat 1 i( tier und privater Hülfe dasjenige erreicht werde, was dem SchreilnM dieser Zeilen vorgeschwebt hat, als er den Verein zum Schutz der Kost- kinder ins Lel)en rit'f: die von demselben erreichten Resultate geben allerdings keine grosae Aufmunterung zu weiteren Versuchen rein privater Natur.

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218 VIII. ITntemchta- und Krsiehiingswesan.

37. STJjJDTlbCHEU WAISENKATH.

Von J. C. HELl.KKI.l).

Bis zur Einfttlurung der Vormundachaftsordnung vom 5, Jiili 1875, welche am 1. Januar 187(J stattfand, besclirilnkte sich die ober- vormnndflchaftliche Auftdchtf hinsichtlich der Sorge für die Personen der Pfl^befohlenen, lediglich auf jiliirliche Erstattung von Endehnngs- berichten seitens der Vormünder.

Diese Berichte wurden meistens schrifblicli, fast immer nach festgestellten Schematen gegeben und konnten naturgeniSss einen richtigen Einblick in die Lebensverhältnisse der Mündel nicht ge- wahren ; dann war aber auch der Yormundschaftsrichter im Hinblick auf die grosse Zahl der zu leitenden Vormundschaften und auch dadurch, daas ihm seine Stellung einen Einblick in die inneren Familienverhältnisse kaum ermöglichte, ^nzlich ausser Stande, sich personlidi zu Überzeugen, ob der Vormund sein Amt in der ihm voigeschriebencn Weise mit der nothlgen Gewissenhaftigkeit verwalte.

Die Fürsorge der Vormünder gegenüber den Pflegebefohlenen, namentlich denen aus der ärmeren Glasae der Bevölkerung, wo solche gerade besonders wünschenswerth erscheinen musste, trat immer mehr in den Hintergrund und es ergaben sich Zustande, welche für das sociale Leben höchst bedenklich wurden und es der Regierung zur emstesten Pflicht machten, Abhülfe zu schafl^en.

Einen besonders günstigen Einfluss erwartete man von der Mit- wirkung der Gemeideniitgliedcr, da dieselben, zumal bd kleineren Gemeinden, oder in grossen Städten bei einzelnen Bezirken, die Verhaltnisse der einzelnen Pflegebefohlenen leichter kennen dürften iiikI durch persönliche Anschauung dasjenige erreichen könnten, was bisher in der richterlichen Oberaufsicht gefehlt hatte.

In Folge dieser Erwägungen wurde der Waisenrath ak ein Oigan des Vormundschafts -Amtes geschaffen, um die nothwendig

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37. Städtischer Waisenrath. - 219

gewordene Aufeicht über die Vormflnder in Betreff des leiblidhen und geistigen Wohles der Mfindel aoszuflben.

Der Waisenrath, welcher nicht als ein selbstständiges Glied zwischen Staat und Vormundschaft zu betrachten ist, wird aus Ver- traurasmSnnem der Gemeinde gebildet und soll dem Vormundschafts- richter eine HOlfe h& der Ausübung seiner Functionen bieten.

Um den Waisenrath soviel nur immer mOglich in den Stand zu setzen, seine Obliegenheiten getreu und gewissenhaft erfüllen zu können, hat man bei seiner Greirung von allzugroesen Bezirken ab- gesehen und für Frankfurt die bereits bestandenen neun Polizei- reviere bei der Eintheilung als Grundlage angenommen.

Für jeden dieser neun Bezirke besteht dn Waisenrath von drei Mitgliedern, deren eines stets als jeweiliger Bezirksvorsteher den Vorsitz führt. Diese Bezirkswaisenrathe stehen unter der Leitung und Aufstellt (V'T Centmlstelle. Bei dieser werden die Hauptregister über sununtlicli»' dahicr besteluMiden Voninindschafben geführt; sie hat auch den Waisenrath iiii Verkehr mit den Vormundschaftsrichtem und nach aussen hin zu v itreten.

Der Wais<'nratli h-.d da, wo die Einleitung ciniT Vormundschaft nnthwendig wird, dem ^^»r?lnmdsclmi■tsriehter den Vormund und Uegenvormund nach sorgfältiger Prüfuii«; der Persiuilichkfiten vor- zusclilagen, sich über den geistiffn nnd physisclien Znstand der zu Hovormundenden durch eigene Anscliauung genau zu >ujt('rri('ht«'n und Missstiindf. welche zu bcseititjen ihm wünsclu'iiswn-th odi-r notlnvciulig «Mschrinen, der Centralstellc zur Anzeige /u Iniii^'eii, so dass diese dann das Weiter«' veranlassen kann. l-'erner hat <ler Waisenrath streng dartiher zu wachen. t|a><s<lie von iliin vorgeschlagenen A^ormünder, welrhe dei- llestiitiguiiLr des \'(»niiundN( liattsrichters |»e- dürteu, die iil)eniomuienen l'Hichten genau und gewissenhaft erf'üHen.

Alles liier (Jesagte gilt sowohl für miuderj;ihri'_ri' Waisen, als aucli für solche Personen, welche für geisteskrank erklärt oder unter Curatel gestellt sind.

Seit Einführung des Stä«ltischen Waisenrathes am 1.. Januar 1870 sind bis Ende ISSO hei der Centralstelle Id.'iO Fascikel augelegt worden und hiervon ungefähr 500 dunh Tod, Legitimirung oder Verzug der Mündel erledigt worden, so djiss über 4000 Fälle in Behandlung bleiben, eiue Zahl, die bei dem raschen Wachsen der Bervdlkerong sich bedestend steigern wird.

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VIIK UntPirirhts- und Kniehungswesen.

38. WAISENHAUSSTIPTÜNO.

Von Dr. (i. HUMSKH,

OowmlMl 4m FOagMU dM WkiaculiMMW.

St it <k'r Mittf des 1 7. Jalirlnmdt'its iM stainl «laliin- ein Aniim- uihI \V aiseiihaiis, ilessiMi Hiui|tt/\\ eck dif \\'rsin j4iiii<i[ olxlai hl()srr TiPiiti', iuicli tVw lic.s.scriiii}^ litMlrrliclirii (n-siiidrls war und l»ei w<dcli»'iu lu-lirnbci verwaiste Kinder Autnaiinir und l'llc^c fanden. Die unter di'ui l'ürslen l'riiuas Caki. v<»x Daliskiu; ins Lehen ^ernti'ne und im Jahre 1810 (Inrchgeführte Kenr^'aiii-;itiün des .Stil'tnngs- und Armenwesen» bnichte dann die Wai>en|itltge uns ihrer ungesunden Verbindung mit alten Leuten und Sträflingen beiderlei Gesdilechts, und von da an erst anter der Obsorge des damals, wie bei den anderen öffentlichen milden Stiftungen, so auch beim WaisenhauKe eingesetssten Pflegamtes wurde den armen Waisenkindern die Pflege gewidmet, welche sie, die doch niemals an dem ünglllck, welches sie der Annenpflege zuiUhrt, auch nur entfernt schuld sind, in allere erster Linie verdienen. Bei dieser Reorganisation yerblieb das Waisenhaus in den alten Bäumen anf dem Klapperfeld, es wurden nur die Theile abgetrennt, welche fernerhin anderen Zwecken, als denen der Waisenpflege, dienten und an deren Stelle später das Versoigungs- haus und das Zuchthaus gebaut wurden.

In der Mitte der zwanziger Jahre machte sich das Bedflrfoiss nach neuen, besseren und gesfinderen Räumen gdtend und es wurde dann das Gebäude errichtet und 1829 bezogen, welches später in das Eigenthum der Stadt fibeiging und in welchem sich jetzt die Klingerschnle befindet.

Es waren in diesem neuen und schOnen Gebäude die Waisen gewiss gut untergebracht, es hatten sich aber doch im Laufe der Jahre Hissstände gezeigt, die immer mit der Yerpfl^ping einer grosseren Anzahl Kinder in einiin Hause und unter einer Leitung verbunden sein werden. Zuenit hatte man wohl bedauert, dass ein

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dd. Waisenbauntiftung. 221

Eingeben auf die Indtnduiiliät der Kinder in einem streng diadplinirten Hanahalt kanm möglich »ei. nmi) hutic siber atich die weit traurigere

Erfiilinmg goinacht, das» vielleicht in Folge des zuerst angegelM'non Mangels die ('hariiktrn' und die Fähigkeiten vieler Kinder nicht, in der Weise entwickelt werden, wie es um den Stürmen des Lehens zu widerstehen wünschenswerth und gerud« hei den nachher aliein stehenden Waisenkindern so sehr nothwendig ist.

Um diesen Missstünden ahzuhelfen hrsdiluss deshalh djus l'Üeg- amt im .lalire IStlO vrrsnrliswcisi' all»' neu aut/.nnehmenden Pfleglinge in answiirtigen Faniilit'H in FHe'^n- zu gelK-n. I )»'r Versuch gelang liltrr Erwarten gut. die Kinder tiililtcn sicli sdir heliaglicli in dm neuen Umgehnngen, es gelang eine ganze Ki'ilie li(>chst vortreti liclier und zur Krzielinng von Kindern sehr geeigneter Pflegeeltern in nicht zu fern treleifdicn Orten ant/.ulinden, und es zeij^ten sich die \'ur(heile dieser Krziehungsweist*- so augent'ällig, dass die städtisdieu IJeiiiuden schliesslicii als l)»'hnitivum die Einrichtung genehmigten. Zu den Yortheilen rechnet man unter anderen auch, daä.s schwächliche und krankliche Kinder, die früher in das Waisenhaus nicht aufgenommen werden konnten, sich nunmehr der Yortiieile der Stiftung erfreuen können und dass diese Kinder, denen es eben bei den Eltern nur an Nahrung und Pflege gefehlt hat, sich meist rasch erholen und vortbeilhaft entwickehi. Ein Hauptvorzug des Systems ist aber, dass die Kinder nicht mehr abgeschlossen in einer Anstalt aufwachsen, sondern im lebendigen Kreise einer Familie, wo sie frQh an Alles gewöhnt werden, was das Leben mit sieb bringt und von ihnen erfordert. Statistisch lasst sich das schwer nachweisen, aber die Pfleger, die dieser Endehungsweise nun seit 20 Jahren nahe stehen, rind der festen Uebeneugung, dass sie mit der neuen Pfiegeweise mehr im Lehen brauchbare und tfichtige Menschen heranbilden, als bei der alten Anstaltserziehung.

Der Einwand, der anfilnglich dem System der Kimlen-rzitduing in Familien entgegengehalten winde. da.ss sieb keine Pflegeeltern, die aus anderen Motiven, als des Geldes wegen, Kinder bei sich aufnahmen, fänden, hat sich nicht als stichhaltig erwiesen. Wer nnr einmal mitgegangen ist, w»'nn das Pflegamt die Kinder in den Pflege- t'aniilien zu Lieh. Ileppenlieim. Pensheini, Gelnhausen. Laiigeii et^-. aufsucht, der bekonnnt die rel)erzeugniig. dass da die Kiiuler mit Liehe aufgenommen sind und dass alle Pflegeeltern in treuer Pflicht- erfidlung darnach streben, die Kinder gut zu verpflegen und gilt zu erziehen.

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VUL Unterrichte» und Ersichiuigswescn.

Im Jahre 18G0 verpflp<xt<> rhis Waisenhaus 188 Kinder, nämlich \Ui Kna])en und 92 MiulcluMi, im Jahre 1870 253 Kinder, nämlich 138 Knaben und 120 Mildchen, im Jahre 1880 endlich 409 Kinder, nämlich 24() Knaben und 22.i Mädchen.

Die el)enfall.s noch unter der Aufflicht und Obsorge des Wainen- hanses siehenden Lehrknaben beirugfen in diesen 3 Jahren 30, 55 und 101.

Von den am Schbisse des Jahres ISsSO in der l^flecfc des Waisenhauses ^ewesmen Ki!) Kiiulrrn waren HriO evanpdiscli und III' kathohsch, 18n Wiiitii «^aii/ v«'r\vaist, wühnmd von ir»t) der \'atf r und von ]'V.\ die Mutter gestorben war. Von diesen Kindern befanden nich in l'liege:

1 Evangol.

Kathol.

Zusammon

v>r,

l.V,

» beiishcim

21

58

79

51

5

56

1

52

53

» Landen

.'«)

30

Wärlitnslijich

24

24

22

22

Naulieini

17

17

nnd an anderen Orten ....

29

4

83

1

350

119

469

l»i'i di-r bevorsti'lienden Iu'ort;aTiisation des Amienweseiis ]iii'si«^er .St:i<lt wird die W aistMipIlcLjc jiii lit isnlMTülirt Idrilten nnd es w ird dann wahrs<;heiidi( li dif \ t'rsor^un;^ di r ilalliwai>en dircct (h'ii Arnieu- |d!i-<;ern HlttTtra^en werdi'U. Sritln r warm Au'^r Ilalbwaiseii in so grosser Aii/ald in dt-r l*H»'j;t' des Waisenhauses, weil tlcr all}^emeine Abuoscnkasteu \\'iitwen, weh-he um Unterstüt/.un«; baten, steKs auf- lonlerle. ihre Kinder in die Ptletrc (h-s Waisenhauses /.u «^eben, nn- beküniniei t danun, ol» dadiin Ii nicht vi<'l «grössere Kosten entstiuulen, als durcii eine voriU>ergeiien(U' Verabreichung von Spenden.

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:t9. Walseniiwtitut der Niederltndischen Oemcnido.

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39. WAISENINSTITUT DEii NlBDEULiENDISCHEN GEMEINDE AÜGSBÜBGTSCHER CONPE8SI0N.

Mitgctheilt von dciu Vorstände.

Durth Tcstanifut dvr Frau .S InWl' M ai;i>am:na Makcauktiia Ani»hk.k. t;<'i». ItruiiK, <1. «1. 22. Juni 177S. jiuhlicirt 2<>. .):iiiiiar 17S7, wnrtle der seit dtMii Jahn* läsr» daliicr iM'stclu'ndcii. vmi »'iii<^(»- waiidert«'!! <'van<ftdis(li-lutlii'ri><luMi (ilirdfni der (JciiHMiidr /.u Ant- werpen, brlmfs Unterst iit/.iinir ihrer (ihiuln-nsj^ennssen p'jxrihuh'ten »Niederländistrhen (Jeniein<le Au^biirj^scher Conft'.s.sion« ein Ver- niiiclitni.s.s, hestt^hend aus dem Wohnhause der ErbloHserin auf dem Grossen Hirscbgraben Lit. F. No. 68 and 69, sowie einem (kpttal- beimge unter der Aufl^ zu Theil, in dem Hanse ein Waisenhaus für unbemittelte Kinder der Gemeinde zu errichten nnd die Koflten desselben ans den Zinsen des erwähnten Capitals sm bestreiten.

Durch diese hochhendj;^ Zuwendung wurde es ermöglicht, ein besonderes >Wai8eninstitut« zu grfinden, dessen Capitalvermögcn von dem flbiigen YennSgen der Gemeinde getrennt verwaltet wird, und welches in erster Linie in Anspruch zu nehmen ist, wenn es sich um die Versorgung verwaister Kinder aus der Gemeinde handelt Der Gotteskasten der Gemeinde, welcher jefi^icher Nothdnrft nach Möglichkeit abzuhelfen bestimmt ist, und welchem vor Anfall des ANDREA*8chen L^^ts anch die rnterstntznng der Waisen oblag, hat nunmehr nur subsidiarisch einzutreten, wenn die Revenuen des »Waiseninstitutsc nicht ansroichen, oder wenji es sich um eine «rrössere Anzahl von Pfleglingen bandelt, als in dem Wais(>nhanse rnterkunft finden können, welche alsdann ausserlialb des Waisenhauses bei hierzu geeigneten Familien unter<?ehraclit wenh'ii.

NaclichMii das le«;irt<' Haus am 5. Mär/. 1 NOT) verkauft nnd ans dem Erlr»se die Px-hausmi^^ Seilerstrasse Nd. IS (Lit. H. Xo. Ish) er- kauft worden ist, helinch't sich das \\ aiseiiiiistitiit nunnielir in der h'tztj.;enannten Htdiansun^ und Huden durciisclmittlich acht Knaben daselbst Uuterkuuft uud Erziehung.

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224 VUl. üoterricbto- und Eniehiiii|;sire8pn.

All flor Spitz«' (l«'.s Instituts steht ein aus dem Vorstände der Niederländischen Genieiade hierzu d«'si^Miirter specialer Vorstiuul, be- ateli' iKl ;iM^' zwei Sriiioren, einem Mittelältcsten und einem Diakonen, während die lieiiulsiclitij^unpr , Eruiihrung, Erzieliun*^ und Pflege der verwaisten Kinder durch einen besonders angestellten Verwalter erfolgt.

Die Antiialuu»' in das instihit «^cscliielit in <1«t l{»'<^t'I nirlit vor volliMidcttMii sichcntcn Lelx'nsjaliri' inul (Mii|>faiiir<'ii die Kimlcr fiiu« iliriMi Fiilii'jfki'ilcn cntspreclicinlc SclnilltiMiiii'jf in <]i'ii liif^iLi'i'ii Sclnilcii. sowie fiiitri'ieiKlen l''alls im (iyniuasiinu und werden aiu li lux Ii während ihrer Lehre, resj). rniversitätsjalirc in AUein unterhalten, bis sie in die Mr><xli( likeit eines stdliststiindi^eii Krwerhs «jesetzt sind.

Durcli einen l)es(mdereu Ilaiishdirer wird Naehhiilt'e im Institut geleistet und du« körperliche Gedeilieu wird von dem Uemeindeurzt überwachi.

Die Knaben können in dem mit Turngcrüthen versehenen Garten des Instituts Erholung und Kräftigung finden und ist bis jetzt deren Gesandheitsznstand ein sehr befriedigender, wie denn z. B. seit dem Jahre 18C3 nur ein einziger Todesfall nnter den Knaben vorge- kommen ist

Dank dem werkth&tigen Geiste der Gememde, welche nur in höchst seltenen bedauerlichen Auanahmeföllen Mitglieder durch frei- willigen Austritt Terliert, wird dieselbe unter Gottes Beutand, wie seit bald dreihundert Jahren, so auch ferner im Stande sein, ihre Waisen zn ernähren und zu tfichtigen Menschen zu ziehen.

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40. Israelitisrho Waiafn-AnstelL 225

40. ISBABUTISCHE WA ISEN- ANSTALT.

Von Dr. .1 OS KP II WKKXEli,

d. Z. VonlUHmdaai.

Di«' israflitistht' Knalii n -Waisriiaiistiilt zu Fraiikfiirt u.M., im .lalir»' 187^5 ^»'<rrüii<lt't, vfidaiikt ilin- Kiitstrliuii^ »'iiicr Anrt'fxnng, wrichc um jen«' Z»'it von luchm i ii liit sii^cu liür^j'ru israclitisc Iut Cimtession durch AutTor»lcr«mg niitt*>ls ("irculars hit-rzu ^t'gt'l)tMi wurde. Es wurde von denselben da« notlüge Qrundcapital theils uus eigenen Beiträgen, tiieils ans Beitri^||«n anderer ihrer ßlaabeu-sireuossen befichaffib, sowie die zur Ünterhaltung des Instituts erforderlichen Mittel durch eine Sammlung von Zeichnungen regelmässiger Beitrüge gesichert, und das Institut auf Omndlage der entworfenen Statuten vorbehaltlich landesherrlicher Qenehmigiing errichtet. Der statutarisch festgestellte Zweck des Instituts ist: Unbemittelte israelitiache Waisen- knaben zunächst aus der hies^n Stadt, dann audi aus der Umg^nd im Umkreis von 10 Mdlen, und in besonders dringenden Fällen auch ans entfernteren Orten aufennehmen, denselben eine den Grund- ätzen de« traditionellen Judentimms entsprerli<Mid«' Erziehung zu gewiilircn und in der Pflege des Geistes wie de.s Ktirpnrs die treue elterliche Fürsorge moglith.st zu ersetzen. In didaktisrlu r I Beziehung st^illt sich die Anstalt dit* Aufgabe, iliren mmmtlichen Zöglingen durch Besuci) ]ii)\siger öflnitlit Iht Srhulrn eine grflndliche Elementar- bildung und da, wo Fähigkeit un«l Flfis.«? einen Erfolg versprechen, auch eine üVht dirsfs Maa.'^s hinausgehende wissenschaftliche Aus- bildung zu Theü werden zu lassen.

Von den im ersten .Jahre aufgenommenen 6 Pfleglingen, theils vater-, theils elternlo.sen Waisenknaben, welche säiuintlicli hier oder in der näch.sten Umgegend unsrer Stadt lieiiuatl)ei-eelitigt waren, wurde, da die Anstalt eines besonderen Lticals entbehrte, einer einem auswilrtigen i']iv.ieliimg<iiistitnt übergeben, während die librigen VVohnuug und Beköstigung in einer hiesigen gebildeten Lehrerfaniilie

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220 VIII. ITnternrhtii- und Eniehungewesen.

erhielten. In der Erwagting jedoch, dass die Thatigkeit des Inatitnta 80 lange iheüs auf die en|^ten Grenisen eingeschränkt bleiben, theils mannigfachen Zufälligkeiten anagesetzt sein wtirde, als nicht durch die Gewinnung einer eigenen li^enschaft die gedeihliche Fortent- wicklung des Instituts gesichert wäre, wurde von Anfimg an auch dieses Ziel neben der momentanen Versoxgung der aufgenommenen Zö>fHn^e ins Ange <^ofasst. Im September 1^7<) konnte bereits das für die Anstalt nU liiribende Statte ihres Wirkens fertii^gest^-llte und in entsprecln iMlrr Weise ausgestattete Haus (Verlängerte üliland- strnssi' in) seiner Bestimmung Über^jeben werden. ünn^efTihr «jlt'ieh- zeitig ert'olfrte die Verleihnng der Hecbte einer juristischen IVrson an die Anstalt mittelst Allerhöchsten Erlasses d. d. -W. Juli 187<). Nachdem sich durch stetige Verniehrunj^ der Zahl <ler Fflegliii<;e die Noth\veudi«;keit einer Erweiteruiifj^ iler RiiiiMiliihkeiten durch den Anbau eines SeitenHii«:eIs hrraus<jestellt liatte. wunlcii duvcli liocli- her/.ii^e MuniHceii/ der l'reit'rau Mathii.hk von [{oiiisrni m». Elireii- niutter des Instituts, die Mittel hier/n verwilligt und wurde der errichtete Erweiterungsbau im Se|)teniber vorigen Jahres für die Zwerke der Anstjilt in (lehrauch genoninien.

Zum Andenken au die sei. Frau Cf-ar \ Sniii F, geb. NlEUKHliOF- HKIM, Itegründete deren Sohn, Herr Piiii.iFP Schiff diihier, zugleich im Namen seiner Geschwister, mit dem Betrag von 2000 Mark eine getrennt zu verwsltende Stiftung mit der Bestimmung, dass die Zinsen derselben zum Unterhalte, resp. zur ferneren Ausbildung der aus der Anstalt entlassenen und in die bürgerliche Laufbahn eingetretenen ZGglinge ywwendet werden sollen. Zwei Jahre später Itbersandte Herr Jacob Schiff in New-Tork, Bruder des Genannten, zur ehrenden Erinnerung an seine seligen Eltern der Waisenanstalt das Geschenk Ton 50000 Mark, wovon er die eine Hälfte der Hauptcasse der Anstalt fiberwies, die andere als Schenkung dem eben erwähnten GLARA-ScHiFF-Fonda. zuwandte, und zwar mit der Bestimmung, dass dieser Fonds in Zukunft den Namen Moses und Clara ScHiFF^sdie Unterstfitzungsfonds zu führen habe.

Gegenwärtig zählt die Anstalt 23 Ziiglinge, welche, ihren Fähig- keiten entsprechend, durch Schulunterricht, wie durch häusliche Er- ziel mng die erforderliche Vorbereitung für den zukünftigen Beruf erhalten.

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41. Isrftelittorhpr Franra-Yerein.

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41. ISRAELITISCHER FRAU EN -VE REIN. (WAISENINSTITÜT FÜR M-fiDCHEN.)

Von Director Dr. B^BWALD.

Der israelitistlie Frauen -Verein ist im Jahre 1847 von dem (laniiili<;<'n Lehrer an «h-r Itralsrhult- (h-r israclitisthen rirmeinde, I)r. .1. M. .Ikst (^est. 1S»)(I), ^e^riuKh't iiiui hat den Zweck, verwaiste oder als verwaist zu eraclitende anne israelitische Mii<lcln'ii aus Frank- furt a. M. und seiner nächsten Fni^elnni^ zu erziehen und zu uiltz' hcher bürgerlicher Thäti<;keit heranzul)iiden.

Die Autnahnie j^reschieht nicht vor dem neunten Leheiisiahre, die Entlassung hat spätestens im aclit/ehnten Leheiisjahre zu eriol<^en.

Die Müdtheu werden in dem 1807 erhauten, 1S72 erweiterten, in der Theobalcbtrasse belegenen zweckmässig eingericht^'ten Vereins- hause, zu dem auch ein Garten gehört, yerpflegt, in allen Elementar- fächern, beaonderB in weibUchen Handarbeitm (auch im Zeiehnen) unterrichtet und zu allen Hausarbeiten angdialten, um sie zu be- fähigen, dereinst als Dienstmadehen, Schneiderinnen oder Ladnerinnen Erwerb zu finden.

Die Mittel werden durch Jahresbdtrage (von mindestens 6 Mark) der Mitglieder und freiwillige Spenden aufgebracht.

Die Verwaltung wird durch einen yon den Contribuenten ge- wählten und nach den statutarischen Bestimmungen sich erj^zenden VorstAud Yon neun Frauen und drei Männern geleitet. Erste Vor- steherin ist z. Z. Freifrau Louise yon Rothschild, Vorsteher Dr.

BiBRWALI).

In dem letzten .lahrzehnt waren jährlich durchschnitllicli *2'> Waisenmädchen in der Anstalt, seit dem Bestehen der Anstalt ist ein Todes&U (an den Folgen der Diphtheritis) vorgekommen.

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VIII. ünterrirhts« und Eniehungsvcsen.

42. SIEGMÜND STERN'sche WAISENSTIFTÜNG.

Von Dr. jur. J. KiESSER,

AMaar dar AlftaaVi

Die SiEQMUND STERN'flche Waisenstiftimg ist am 23. Juli 1874 zum Andenken an den frttheren hiesigen Bürger und Banqnier Herrn SiBGMUND Stbbn von dessen Kindern und Erben mit einem Grundstock ▼on M. 180 000 begrfindet worden, welcher letztere sich inzwischen durch Geschenke und letztwillige Zuwendungen auf die Höhe von fiber M. 800 000 gehoben hat. Die Stiftung bezweckt die unentgeltliche Verpflegung und Erziehung unbemittelter Kinder, welche verwiust oder nadi den Statuten als verwjiist zu eracliten sind. Die Bedingung, dass der Aiitzniieliinende isrutlitiselier ConfeSHion sei, soll nUT 80 lange in Kraft bleiben, als die Ausscliliessung der Israeliten von der Venvaltnn^ und dt'ui Genüsse des hiesinjen Wuisenhanses fortdauert.

Von der Errichtung eines eij^enen Gebäudes zur Aufnahme der Pfl^linge ist, um die Mittel der Stiftung nicht zu zersplittern, vorerst abgesehen worden: nuin hat vorgezogen, diesfllnii in geeigneten Familien, insln-sondere bei tfulitigen LHlireni, unter/jibringt'n. Es ist hirrilnrch ennriglirlit worden, <lass in dor Zeit v<m Januar ]'>^~'i bis zum . Januar ISSI nach und Uiich Ll2 Kindern Erziehung iiml \ rr- ptU'gung aus den Mitteln der Stiftung gewährt wurde, von denen jetzt bereits mehrere in der Luge sind, aich seibstständig iiireu Unti'rh;ilt verdienen zu kfinnen.

Die Aufsieht wird geführt theils (hirch persthiliehe Inspertiou seitens des Vorstandes, theils durch Einforderung halbjähriger Berichte ▼on den Familien, wdchen die Pflege der Kinder anvertraut ist. So versncht der Vorstand der ihm durch den § 3 der Stiftungsstatuten gestellten Aufgabe gerecht zu werden, die Zöglinge zu sittlich braven, körperlich und geintig tUchttgen Menschen heranzubilden.

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4'i. TaubstumiiK'ii-Erziehuiigs-AuäUlt.

4 TAÜliSTUMiM KN-EUZIEHÜNGS-A NSTA LT. Von Luidgerichtsnth Dr. SCHRADEB.

Der erste Grand 2a derselben wurde gelegt als LuDWie Kosbl

(^eli. (lahier 20. März 1^^Ö2) mit Ermnchtii^iin^ de» Senats der freien Stadt Frunkfnrt Hein Privatin»titut im UauMe Iluchstriisse No. 7 am 1. November 1827 mit drei taubstummen Zö^lin*jeu eröflPhete. Der für seinen Beruf l)e«f«Mstert«' Mann bedurfte für dsus aus Liebe zur Vaterstjidt b(>^r(indete Listiiut, in welchem die taid>stu]nmen Kinder Frankfurts fortan vor geiftip'r und moralischer Verkoninienheit ge- rettet wenlen scdlten, ^ar bald dt-r tliatkräfti^'t-n Unterstfltznnp der Behörden. So be'/o<r KosKL seit 182!> ein»' jiilirliche Subvention von (1. 1000 iius der Stailtcasse unter der \ t'rptlit htun^'. arme Kinder liir i'iuf IN'Usion von H. •''»oo ioit/njuduneu. Mit der waehsenden Zahl der Zr»trliu«re vi-iN-irt»* in «Icinseiben Jährt« sr'ww Anstalt in das zu dit'SiMU Zwi'cke » rkanltf llniis an der Kckeuhfuner Landstrasse, wosidbst KosKl. nach sfiru-r \'t'rlu irathung sein l*riiu'ij» dt-r Kaniilien- er/ifdiun<; für 'Paultstininiif verwirkliehen könnt«'. Nach der ersten ölh'utliclu'n Prüfung im Au^u.st 1S;{») wurde das Verständniss und die 'rheiliutlnue für die Suche der Taubstummenbildung wesentlich gesteigert, und im Jahre 18t)9 bildete sich durch das Verdienst der in unserem Gemeinwesen nnvergesslichen Herren M. G. Sevffbrbsld und Heinrich Mtlius ein »Verein mr Beförderung der Taubstummen-' Ensiehungs -Anstalt«, welcher den Ankauf der Kosbl Vhen Besitzung und den Neubau eines geeigneten Hauses bewerkstelligte. Nadidem durch die Thatigkeit dieses Vereins der werthyolle Grundbesitz der Anstalt Yon den letzten Bauschulden befreit war, trat sie lange nach KosEL*6 Tode mit einer neuen Organisation durch Gesetz vom 15. März 1861 in die Reihe der öffentlichen milden Stiftungen ein. Sie wird seitdem Ton einem aus drei Personen bestehenden Pfl^^t verwaltet und unterliegt nunmehr der am 5. Oetober 1875 erlassenen allgemeinen Stiftungsordnung.

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VIII. Ünterrichts- und ErsiehuogsweMii.

Zweck und Au%iübe der Anstalt ist Aafiiahme und Erziehung taubstnninier Kinder, welche nach ILiassgabe der geltenden gesetz- lichen Bestimmungen in Frankftirt a. M. oder den vormaligen Frank-

fiutischen Landgemein(1<'ii ihren Unterstützimgswohnsits haben; audi die Aiifnalime auswärtiger Zr)t;liiiuje ist gesfcittet..

Zur Krreichung dieses Zweckes stehen der Anstalt an äiisser- lichen Mitteln zu Gebote: vor Allem das an der Eckenheimer Land- strasse Nn. 20 inmitten eines grossen Gartens gel^ene, wohlein- gcrichtete Anstaltsfjebiuule, in welchem sicli neben gerjiunnVen Schul- iiiid Schlat'säh'ii auch Speisesaal. Bad<'zinnner und die crtorderlichen WLrthscliatt.srännie, sowie die Wohntmj^cu des Oberlehrers und der an^est^'llten HiiltsIchnT imd l/<'lireriiiiioii l)eHnden. Ferner: ein nach und nach aus (ieschenkeu und V'eruiiiclitnissen aii^n saiiinieltes CapitalveruK'i^en von zur Zeit ca. M. 'J2<)n(MI. die treiwillii^en Zu- weuihmi^en oj)t"erwilli>.ri i MeiisclifiitVeiinde und emllieh die Kostj^cM- l)eiträ«;e (h-r 'Ai'}<r\iu>^*' . weldie zur Zeit in ihren Miniiualsützeii t'iir hiesij^e auf jährhch M. 200 und für auswärti^xe Z(»^Hn<^e auf jäiiriich M. 1000 durch die städtisdien Behörden fest<^csetzt sind.

Nach dem Gruudprincip der Anstalt, wcdches in der Faniilien- erziehung die sicherste Gewähr fUr möglichst vuUendete Ausbildung der Taubstummen in geistiger und sittlicher Beziehung darbietet, müssen alle Zöglinge in der Anstalt selbst Wohnung nehmen, woselbst sie mit dem Oberlehrer, welchem als Hausvater auch die Oekonomie der Anstalt flbertragen ist, und mit dessen Angehörigen Eine Familie bilden. Der auf acht Jahre berechnete Lehrplan fOr die in fOnf Classen eingsithellte Zahl von 20—24 Schfilem ist auf die HjtnaoKB^sche Methode der Laut- und Schriftsprache unter Ausschluss aller Zeichen- sprache b^grOndet und bezweckt fem von aller Kflnstdei nicht ein Abrichten, sondern ein Unterrichten in all den FSchem, welche dem Lehrplan einer guten Volksschule enispredien.

Die Grundsätze der neueren Pädaj^of^ik, welche namentlich auf dem Gebiete der Taubstummeubildung in jflngster Zeit namhafte Fortschritte genuicht hat. werden von ausgezeichneten Lehrkräften mit segensreichem Erfolg zur Anwendung gebracht, und unsre Anstalt, begünstigt durch mancherk'i äussere Umstände, darf sich rühmen, in der Keihe gleichartiger Hihlnugsstätten Deutschlands eine anerkannt hervorragende »Stelluug einzunehmen.

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44. HliudfU-AiuiUlt. 2.'U

44. BLINDEN- ANSTALT.

Von Landgerichtsratli Dr. DlEilL.

Der i'wi'v Eindruck, welrlwii im Jahro ll-!;»7 ilic bei »h'r ersten Prütiin«; (\vr liie.sigen TaubstmiiiiKii tTzifltni Erfolge auf iUmi an- wt'seiuU'n (lainuli«;L'ii l)in'( t<»r ilcr Sumita^'s- und Ahfudscliul»', Herrn II. H. HiLMHüKANl» Miacliti'. lTü'» diist-nl iini dl»' (Jt'srllschat't zur BetTirdcniii^' iiüt/li( ln'r Kiiiist«' und d^Teii Hiilfsw isst-nsrliiittt ii' Ihk Ii- verdientcM Manne die Anre<;)nig. dif huinaui-n I jfstieluiiigrn dieser (lesell.scliiit't auch der Fürsorge derjenigen ^n/.u\venUt'n, welche des Aiigenliilites i'iitln'liren.

Der (Ji'dunke fand bei dem I'riLsiileiiten der Gesellschaft, Dr. WoiiiLKK, lebhaften Anklang. In der Person de.s Lehrers un der Souutag88chulo, J. L. Jost, welcher uielirere Julire Lehrer au einer Blindenanstalt gewesen war, fand man rasch eine geeignete Kraft zur Ertheilang des ünterrichtes and es konnte der Ausf&hnmg sofort näher getreten werden, wobei der Oberlehrer der hiesigen Taub- stummenanstalt, Herr Kosbl, in herromigender Weise th&tig war.

Auf Grund vorgelegter Statuj«n beschloss am 18. April 1837 die CleneralTersanmilung der Gesellschaft die Errichtung einer Unter- richtsanstalt fflr Blinde. Dieselbe wurde am 18. Mai 1837 mit drei Knaben im Alter von 6 11 Jahren in einem geeigneten ermietheten Locale erOffiiet.

Die ersten Statuten steUt«i ab Zweck der Anstalt die morar lische, intellectuelle und technische Ausbildung schul- und bildungs- fiQiiger Kinder ohne Unterschied der Gonfession vom 5. 16. Jahre fest, uin dieselben fOr einen ihren geistigen Fähigkeiten und körper^ liehen Kräften angemessenen btlrgerlicheu Berut tauglich zu machen.

Der Hauptunterricht wurde in einer städtischen Schule, in der Anstalt der Separatunterricht, umfassend Vorbereitung und Nach- hülfe für die Schulstunden, Uebung in technischen Fertigkeiten und InformatioD in der Musik g^ben.

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232 ^^U- l^iitc-rriclits- und Eniehungiiwcscii.

Die Nothwendigkeit einer weiteren Ffiraoige itbr die bis zur Gonfirmatioii in der Anatalt unterrichteten Knaben ftthrte zu dem Plane, mit der Unterrichtsanstalt erae Bescb&ftiguiigsanstalt für der Schule entwachsene Blinde zu Terbinden.

Ihre ErSffiiung erfolgte am 20. November 1843 unter provi- sorischer Leitung des selbst blinden Lehrerg Herrn Huth. Vom November 1844 wurde der Unterricht an der BesehSlI^ungsanstalt an Herrn J. G. Barthel fiV)ertragen, welcher bis zu seinem am 24. April 1860 erfolgten Tode mit seltener Treue seinen schweren Pflichten oblag.

Dieso Erweiterung veranlasste eiiu- im Jahre 1845 besclilossene Stuf utenäiiclerung, znfolp" flcreii der Zweck der Anstalt nunmehr in der Ausbildung von Blinden beiderlei Ot'schlechtes und, soweit es die Mittel der Gesellschut't erlauben, in der Versorgunjjr hülflo» da- steheuder Blinder für die Dauer ihres Lebens })estehen sollte.

I'iir die auf Bestellung oder für l{e( iinung der Anstalt air/u- fertigeiideu Arbeiten stellt die Verwaltung das Ivoliiuaterial, der erzi(dte Heingewinn wird den Z(>gliugeu oder deren Kitern au.s- gehändigt oder durch Einlage in der Sjiarcasse /itis])ar angelegt.

Der Mi.ssstand, dass den Blinden ein eigentliches Asyl nicht geboten wurde und die Zöglinge des Tags über uu lirnials zuju l^nter- richt in die Anstalt gebracht und von <la wieder in ihre Wohnung abgeholt -werden mussten, machte sich um so fühlbarer, je grösser die Zahl der Pfleglinge wurde. Nachdem inzwischen durch Schen- kungen und Legate ein Capital -Vermögeu von nahezu fl. 20 000 zusammengekommen war, erstrebte die damalige Verwaltung, an ihrer Spitze Herr Dr. Wolfgang NsuKmcH, durch Erwerbung eines eigenen Hauses der Anstalt eine bleibende Stätte zu sichern. In Folge eines Aufiruüs an die Bfixgerschaft gingen namhafte Beitroge zu den Bau- kosten ein und am 1. October 1858 konnte die Uebersiedelung in das einschliesslich des Platzes mit einem Eostenaufwande von fl. 21 500 in der Theobaldstrasse erbaute Haus stattfinden. Die Zahl der Zög- linge betrug dannils 0.

Der umsichtigen Leitung des 1800 mit dem Titel >Inspectorc berufenen Herrn JagOB MetzL£R in Verbindung mit dem Vortheile, welchen der Besitz eines eigenoTi Huuse.s mit -i< Ii brachte, i.st <ler namhafte Aufschwung zu verdanken, welchen die Anstalt von da an nahm und welcher schon im .lahre 1873 die Verwaltung bewog, an die I-]rri( htuiig <'ines Neubaues /u denken. Dieser, auf einem an- gekaulteu Bauplatze in der Adiertlyclitätraaäe 1873 bt^unnen, im

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44. Üiiuden -Anstalt

233

Jahr«' ISTI VdllciHlt't iiml mit einer Aii/,;ilil vitii 24 Zöf^Iin^cii lu- zoiTi'U, eiitsj»riclit allen Kr\Viirtiiii<^eii. Ar))eits- und Srhlatsille. Lelir- ziinmer und W'idumii^icii sind auf das zweckiuiuisigste eingerichtet; ein grttsser Gurten mit Turn^^eräthwchaften u. s. w. bietet (Jelegenheit zur Erholtmg und zor Bewegung der Blinden im Freien.

An die Stelle des nach HannoTcr berufenen Inspector Metzlkr trat 1876 Herr W. Schild von Wiesbaden, unter dessen Leitung die Anstalt ihre segensreiche Wirksamkeit stets erweitert

Bei der im Febmar 1881 vorgenommenen Revision der Statuten wurde die Oliedenmg in dne Unterrichts-, Besch&ft^ngs- und Ver- sorgungsanstalt besonders hervorgehoben.

Bei der An&ahmef welche entweder eine vollständige ist oder nur zur Theilnahme an der Unterrichts- und Beschäftigui^sanstalt berechtigt, finden die Blinden hiesiger Stadt und der ehemaligen Frankfurter Dorfsiii aftm vorzugsweise Berücksichtigung, jedoch können, soweit die Mittel und Räumlichkeiten der Anstalt ea erlauben, auch auswärtige Blinde aufgenoninien werden.

Den Unterricht in der Anstalt haben Unheniittelte umsonst. Für \V(dinung in der Ansf;i]t. Kost, Unterricht, Kleidung u. s. w. ist von den Aufzunehmenden, l»<'/.\v. aus deren Verdienst oder von den Eltern und sonstigen Verptlicliteten in der durch Vertrag fest- zustellenden Höhe Zahlung zu leisten.

Die i?oru(' fiii' die ganz lliilt losi-ti liKcrninimt die Anstalt, soweit ihre Kräfte reic hen, in fieinfiiis( halt mit inihh-n Stiftuntrcii. Die gegenwärtige Zahl der /("»glinge iM-trägt ;i8, wovon 29 vollstiuniige Aufnahme in der Anstalt gefunden halten.

Der Unterriclit wird in der .Anstalt ertheilt und erstreckt sich auf hihlisch«' (ieschic'hte, deutsche .Sprache und Orthographie, Natur- kiaule, Sehreiben und Lesen der lateinischen Initialen und der Funktirschrift von BraiUe (s. unten), Physik, (Jeogra])hie, Kirchen- und Weltgeschichte, Oesang, Ciavier- und Orgelspiel, Literaturkunde, Raumlehre und Redmen. Er wird von dem Inspector als Haupt- lehrer, von einem fest angestellten zwdten Lehrer und von einem Hfilfslehrer ertheilt.

Die Besch&fkigung der erwachsenen Blinden besteht in Rohr-, Strohstuhlflechten, Anfertigung von Strohdedcen und Strohhülsen fttr die Verpackung von Weinflaschen, Stricken, Hikeln, Klöppeln von Waschs^en, Korbflechten. Audi das Clavierstinunen hat sich als eintraglicher Erwerbszweig bewährt. Der Reinverdienst der Zfiglinge im letzten Jahre betrug M. 4650.

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YIII. l'iituiTU-lita- uiul Kr/.ic'hungswes«ii.

Die Ldtung der Anstalt onteFsteht einer von der General- Yeraammliing der Polytedinischen Geselladuft ans deren MitgUedem erwSblten Direction.

Das gegenwSrtige Activvemiögen bebrSgt in runder Summe M. 240 000, hanptaScUich dorcli Schenkungen und letastwillige Ver- fügungen angesammelt.

Der erste jahrliche Beitrag der Polytechnischen Gesellschaft von fl. 75 ist allmülig gestiegen bis auf M. 9671*28 im Jahre 1878 und betragt dermalen M. 8000.

So ist denn die nacli Aussen sich eines namhaften Rufes er- freuende Anstalt ausschliesslich hervor^e^anj^en und erhalten worden durch den edh n Bargersinn, dem die Stadt Frankfurt so viele gemeinnfitzige Anstalten verdankt

Kur Veranschaulichung der Leistungen, welche in der Anstalt erzielt werden, folgt auf anliegender Tafel der Abdruck eines Ge- dichtes, welches von einem Zdglinge der Anstalt verfiisst und von zwei anderen Zöglingen in den beiden eingefOhrten Schriftartmi ge- schrieben wurde.

Die Sdurift auf der linken Seite ist die Braille^sehe Punktirschrift, im Originale in Relief hergestellt und fQr die Blinden durch djis Fühlen mit den Fingerspitzen leicht lesliar.

Auf der rechten Seite Ist da» Gedicht in Initialen ge- sell riehen, welche Schreibart behufs Correspondenzschrifb mit Sehenden erlernt wird.

Beide Schiiften werden auf besonders dazu eingerichteten Schreib- tafeln hergestellt.

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45. PestaloHfi -Verein. 235

45. PESTALOZZI-VBREfN.

Von ConsUtorialrath Pfarrer Dr. £UL£BS.

n«'r Verein verdankt seine Entatehmig der am 12. Januar 1!^46 hierseihst veranhissten Sätniarfeier von PESTALOZZIS Gehurtstag. Bereits im Herhst 1845 sind mit Lehrefn in Hanan, Friedberg, Otfeuhacli, Wiesbaden Verhandlnn^en gepflogen worden ül>er die Art, wie diese Feier am würdigsten hej^an^en werden könne. Man heschloss eine dauernde Stittnn^; zu ehrendem Gedächtniss Pksta- i.ozzrs in Atissicht zu nehmen. Dieselbe ward als ein nationales Werk gedacht. Zu ihrer Hf<j-ründnn^ und Erweitt-ninix sfdlt-e eine über t;air/, I )eiits( lilaiid aus/inlclniende Vereinigung angehalmt werden. Bei näherer Beraihung a})er ül>er/eiigte man sich, dass es am ge- ratheiisteu sei. ohne auf eine viebuehr im hciciisleii iirade wünsehens- werthe » Befreunduug mit entfernten YiTeineu« zu verzichten, im nächsten engsten Kreise anzufangen; die (Jeuieinsumkeit der Be- strebungen und der Ziele zu betonen, aber jedem Zweigverein zu fiberlassen, dass er sich selbst innerhalb der gegebenen Grausen seine n&heren Zwecke bestimme. Für Frankfurt beschloss man, dem jungen Vereine als Au^^e zu stellen die Erziehung sittlich ge- fthrdeter nnd yerwahrloeter Kinder.

Der 28. Januar 1846 ist als der eigentliche Geburtstag des hiesigen Pestalom -Vereins anzusehen. An diesem Tage hat eine ssu dem Zwedc einberufene OeneralTersammlung die Statuten berathen und festgestellt. Die Genehmigung des Vereins und seiner Statuten ▼on Seiten des Grossen Raths der freien Stadt Frankfurt datirt vom 10. Februar 1846; am 25. März 1846 ist der prorisorische Vorstand durch einen definitiven ersetzt worden.

Die Statuten bestimmen den Zweck des Vereins dahin, derselbe solle arme und verlassene Kinder, für welche durch bestehende Yor* Schriften nnd Anstalten nicht hinreichend Fürsorge getroffen werden kann, zu einem religiös-aittiichen, arbeitsamen Leben heranbilden,

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236 VIII. Unterrichts- und Erzichungawesvn.

zimächst aber fBr die Eraehnng und den Unterhalt dttlich ge- fährdeter oder Terwahrloster Kinder in der freien Stadt Frankfurt und deren Gebiet ohne Unterschied des religiösen BekenntoiBsea sorgen 1). Für die erste Zeit sollen die zur Erziehung und Versorgung angenommenen Kinder bei Familien, die zu ihrer Gonfession gehOren, imteigebracht werden; die Errichtung eines Rettungshanses bleibt vorbehalten ; doch soll dasselbe nach Axt der FamiBenaniehung ein- gerichtet werden (§§ 2 und 8). Mitglied des Vereins ist, wer sich zu einem jährlichen Geldbeitn^ veri)fli( htet oder wer einen einmalig«! nddlMMtrag von wenij^'stciis fl. 25 ;,nl)t. Der N'orstand besteht aus neun Mit^'licdcrn, welclio diircli die Generalversammlung erwShlt werden. Alljährlich treten drei Mitglieder aus.

In groHser liescheidenheit hat (h'r neu begründete Verein sein schwieriges Werk begonnen. Am Sclihisse des ersten Jahres zählte er 1M7 Mitixlieder; 18 Kinder hatte er in seine Pflege genommen. Die KiunaliuK' b.4nig fl. 788. 8 kr.; die .\usgabe fl. (iOL». 2(> kr. NacbdiMH aber fiiiuial ein Anlaug geniacbt worden, wandte sith dem A^Tciu die Theiluahme der Franktnrtt r Hiirgrrseliaft in stetig waohsen- dnii Maassc zu. fileich im zweiten -Jahre mehrten sich die Ein- nahnic?] uni m*dir al^ <his Zweifache: drei Jahre später liatten sie sich wiederum verdreitat lit ; im zehnten .Jahre betrugen sie bereits fl. t)()40. Mitth'rweile war der antiingüi h ganz unbemittelte Verein auch Capitiilist geworden. Im Jahre IS52 lietrug sein Vennögeu allerdings nur fl. 790. 20*kr. ; 18r>5 aber war es bereits auf fl. 7924. 24 kr. angewachsen; 1850 verdoppelte es sich; 1860 betrug es fl. 27805. (t kr.; 1871 war es auf fl. 86839. 51 kr. gestiegen. Lange vorher war der Verein auch Hansbesitzer, mehr noch, er war BuighofbesitaEer geworden. Eine hiesige Bfirgerstochter AmiA Barbaba Schuboth, durch einen Jahresbericht des Vereins für die Erziehung verwahrloster Kinder interessirt, vennachte demselben durch ihr am 0. September 1852 errichtetes Testament ihr ganzes Vermögen, um es baldmjSglichst zur Erwerbung mnes eigenthfimlichen Rettungshanses in hiesiger Stadt zu verwenden. Am 8. April 1864 wurde der Bni^hof in Niedererlenbach gekauft, am 22. Februar 1865 wurde die neue zur Erziehung evangelischer Kinder bestimmte An- stalt feierlich eingeweiht und mit 4 Pfleglingen eröflnet. Nach dem im Februar 1881 auagegebenen 34. Jahre.sbericht befinden sidi gegen- wärtig in der völlig ausgebauten Anstalt sie heisst in dankbarer Erinnerung an die hochherzige Erblas.serin: die Sciii noTii-Stiftung 32 evangelische Knaben. Im Ganzen zählte der Verein anfangs 1881 :

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45. Pertalittii •Verein. 287

183 Zöglinge; 126 Knaben und 57 Mädchen; 124 erangelieche, 52 katholisdie, 7 ieroelitiedie Kinder. Die Zahl der Lehrlinge betrug 36 und die dnxelnen Kinder sind theils in Rettongshäuseni, theils in Familien onteigebradit; in Rettungshäusem die eigentlich ver- wahrloeten, in Familien diejen^en, welche als sittlich gefährdet an- zusehen sind; selbstverständlich jede« Kind in einer Anstalt oder einer Familie seiner (/oiif«\ssinn. Die Besor^nins, ee mOchten sich nicht <^nit (}ua]ifisurte Familien in ju^enfl^ender An/.ah1 finden, ist durch die Erfahrung von vielen Jahren j^ründlich widerlegt worden. Allt'rdings in Frankfurt seihst hat der Verein aus naheliegenden (iründen seine Zöglinjije nicht untergebracht; dag^en haben sich in kleineren Städten, Flecken, Dörfern unter treuer Mithülfe der Ortt^ vorstände, Pfarrer, Lehrer die gewünschten Kräfte immer gefunden. Die einfachsten Mittel hahen sich zur Erziehung nicht ganz ver- w alirloster Kinder als die allervnrtreti'lichsteu erwiesen: der sittigeiuU' Eiiitluss des Familieulehens: der >tillc l'lciss der llauseltcni: (h^r Verkehr mit älteren und jüngeren Cie.schwi,steru; die Ziuiamiueuarbeit von Sdnile und Kirche.

Die Erf(dge der Vereiusthätigkeit lassen sich nicht in Zahlen darstellen. Der Vorstand des Vereins kuim niciit weni'fe Z«i;;hii<'e aus der Pflege entlas.sen mit dem guten Vertrauen, dass dieselben sich im Leben als fleissig, zuverlässig, tüchtig erweisen werden. Und die Anderen— w«r will es sagen, ob in ihren Hersen nicht ein edles Samenkorn schlnmmert, das nur der Zeit bedarf, um unter gOnstigen Wittemngarerhiltniflaen tiefer in den Boden einzudringen und das endUch doch ansehen wird und Frfichte bringen? Genau genommen darf der Verein danach gar nicht fragen. Ihm gebohrt, mit aus- dauernder Liebe, gleichviel ob seme Arbeit Erfolg hat oder nicht, dieselbe fortansetaen; er hat den ihm vertrauten Samen auszustreuen; das Oedeihen hegt in Gottes Hand. Und hätte er gar keine Erfolge, von denen sich mit Befriedigung erzählen laset; die Liebe, frOh ▼erwahrloste Kinder zu retten und zurechtzubringen, dürfte darum nicht aufhOroi. Udchstens könnten die mangelnden Erfolge eine Aufforderung werden wa überlegen, wie die Aufga)«' noch richtiger gestellt und besser au^eführt werden könnte. Die meisten und grüssten Schwierigkeiten sind der Arbeit iles Vereins allzeit aus dem Unverstand und dem Eigennutz der Eltern erwachsen, deren Kinder erz<»gen werden s(dlten. Wie oft haben sie friihzeitig iVw Kinder zurückgenomnu'ii ! Der Verein war machtlos M^ctri niilu r der staat- lich geschützten väterlichen und mütterliciien Gewalt. In dieser

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VIII. IJnterriclils- mid Eniehnngswesen.

Beziehmig hat das Gesetz vom 13. M&rz 1878, betreffend die Untere brmgiuig verwalirloster Kinder, einige Erleichterung gebracht. Es kann nunmehr, wenn Kinder nach Vollendung des sechsten und vor Vollendung des zwölften Lebensjahres dne strafbare Handlung be- gehen und die hauslidien Verhältnisse keine genügende Bflrgschaft gewähren fQr eine bessernde Erziehung, auf Zwangserziehung in einer Fnmilie oder in «'iner Ross«»rung8anstnlt ^gerichtlich erkannt werden. Die KiiuIiT, !iuf Kosten der Uemeinde oder des Staates erzogen, werden damit allen Einfl(ls8en des elterlichen Hauses völlig entzogen; auch können <lie Eltern solche Kinder nicht reclamiren.

Die Zahl der V'ereinsrait^lieder betrug nach Ausweis des vier- unddreissigsten Berichtes Ende 1880: ca. 1500; die Einnahmen an (ieschenken M. M4(>7; an Legaten M. ^41715: an Gotteapfenuigen M. 7r); an Mit«rli»'derl)eitrii^'en M. !H<i:VS(»: an Zinsen M. 72:u '^7. Ausgegeben wunb-n im .lulire 1K8(» tTir dir Verptle^nin^' (b-r Z(»<rbngo M. 22 91f> lt7. Das Vermögen des Vereins betrügt M. 2(mi ;{«;i-4»).

Mit besonderer (ienugthnnng darf constatirt werden, dass im Vorstjind des festulo/zi -Vereins seit (b'ss»'n lb'<;rnndnni; sich Männer zu t'riedHclier Znsannnenarbeit vi'reini<'en. web lie sonst durch reb«iitise8 Bekenntnis«, |)o]itisclie i'arteistelbmg, <lnrcb Lebensberui" und sociale Stellung mannigfach getrennt sind. J)sis schöne Einvernehmen ist niemals, auch vorübergehend nicht, getrabt worden. Das ist «m hocherfrenliches Friedenszdchen in unserer kiunpfireichen Zeit, eine Weissagung, dass sich die Zeit erfüllt, in wdcher die segensreichsten Werke, d«r leidenden Menschheit zum Besten, von denjenigen ge- schehen, welche den Willen haben, ihre Arbeit in den Dienst Aller zu stellen, ohne Ansehen der Person, und welche auch bei der Leitung des Werkes alle Kriifte mit anzustellen und zu verwerthen wissen, die sich mit Selbstverleugnung in reiner Absidit ihnen zur Mithlilfe anbieten.

Ks ist gewiss nicht der geringste Vorzug Frankfurts, dass ein solches ZnHammenwirken unter seinen BCirgern möglich wiird und ist möcliten die kommenden Geschltnliter eifersüchtig darfiber wachen, dass dieser Vorzug nicht geschmälert werde oder gar ver- loren gehe nuk'lite der l'estalozzi -Verein, den edlen A)>sicbten seiner Begriinder entsprechend, fortfahren, der Stadt diesen schönsten Edelstein in ihrer Krone zu erhalten.

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46. Magdaloncn - Yoroin iinil Magdalonon^Asyl. 23Ü

46. MAGDALENEN-YEREIN UND MA0DALENEN-A8YL.

Von Pfarrer G. S( IILUSSER.

Den crstt'n Anliiss zur lit'<;rnn<liiii<^ des MaffdaltMioii-Verpins zur lu'ttuii^ rt'umüthi^cr (rcfallt'Mcn, wie iiucli «'ntliissriicr Sträflinge \vf'il>litli<'ii ri»'s(*hl<Mlits tral» tlif iniii in Gittt niliciid»« Ilausniiitter des stiidtisclien Wais»Miliausi-^, Frau JlMK Mi i.i.Kü. Sn- liatti- »•« als ihre HaiisniiittiM pflit lit t-rkaiint, die verwiiistiMi Miidclu-n auch nach ihrer p]iithissuii^f aus der Erziehunjj^ der Waiseiumstalt noch l»is ins Alter <^rüs.'<erer Heite und Selhstständigkeit wiweit inö<;Ii(h im Auge zu behalten und seit 18()0 namentlich stdchen, deren sittlicher Charakter noch nicht gefestigt schien, fürsorgend nacluugehen. (lar traurige Erfahrungen musste sie da machen. Selbst solche Mädchen, die TO flchSnai Hoflifrangen berechtigten, wurden bald den lOAnnig- faltigen Versachungeii zum Opfer; sie fond ne auf den Wegen des Lasters, oft an den Orten, dahin diese Wege zomeist ftlhren, im OeftngnisB, im Spital, in leiblicher Zerrüttung und geistiger Verwil- demng, doch auch nicht selten im niederdrfldcenden Gefühl ihres entsetzlichen Elendes, von Reue ei^^rifien und nach einem Besseren sich sehnend. Solchen die hfilfreiche Hand zu bieten schien ihr Pflicht, um so mehr, als die Unglficklichen nach ihrer Entlassung au.^ dem Oefflngniss oder Spital, dienst- und obdachlos, aus Noth gewöhnlich wieder die W^ wählten, die ne zu verabscheuen angefangen hatten.

Ihr Ruf um Beihfilfe an dieam Wetk der Rettung und Bewahrung war nicht umsonst. Im Jahre 1861 trat der Magdaienen-Ve rein ins L»'l)en, gleich andern Vereinen in den grossen Städten Deutsch- lands, Engliuids und der Schweiz, genannt nach der geretteten SQnderin im Evangeliinn, Maria Magdalena (Matth. 27, .')(), Luk. 8, 2).

Schon im ersten Jahre seines Bestehens nahm der Verein sieben renmüthige Gefallene in seine Pflege, indem er sie entweder in ge- eigneten Familien in Dienste, oder auch /n ihrer sittlichen Kräftigung vorerst in answärtige sog. Magdaienen- Asyle nnteigebracht.

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240 Vni. ünterrichts- und Eniehniigsvesen.

ESn Jahr später, 1862, gründete der Verein in der Erkenntniss, (hiffs, wenn eine Hülfesnchende nicht sofort geeignete T^ntcrktnift findet, sie leicht für immer verloren geht, ein so^enjumti's Vorusyl, das jeder nach Rettung Verlangenden nugenblickliih Obdach bot, in welchem dann aber anch bei einem Aufentluilt von mindestens 14 Tagen man sich fiberzeugen konnte, dass wirklicli ein aufrichtiger Wille zur Besserung vorhanden sei. worauf mau sie in eine der auswärtigen MagdaltMKMi - Anstalten brachte.

J)ics \'orasyl in l inmi kleinen Häuschen in Saclisciilmiisen. von einer hniven Wittw»- gclt'itt-t. frwics sich bald als nicht mehr aus- reichen<l. Mehr (h-nn l.')0 HüHcsik lu-inle ji;itte man im \y.iu\' von 14 Jahren in Pticge genoniincn, mehr aber noch ans Mangel an Kaiiiii und Mitt^eln abweisen mfissen. Da hielt man es t'fir gel>oten, ein eigne» grösseres Haus zu bauen, dun zuniielist auch nur \ Orasyl sein sollte, bald aber zum eigentlichen Asyl, zur JVlagdaleneu-A ustalt wurde, d. h. znr eigentlichen Erziehungsiinstalt für die, in welchen ein guter Funke, eine bessere Regung nach Pflege verlangte.

Das Hans li^ in der nördlichen Hingstrasse, jetzt Magdalen en- Strasse genannt, Nr. 92. Im Jahre 1875 ward der Ban binnen, im Frfihjahr 1877 war er vollendet, mit einem Kostenaufwand von H. 75 000, von denen M. 24 352 in freiwilligen Liebesgaben auf- gebracht waren, wahrend H. 50 657 als Schuld stehen blieben, um nach und nach abgetragen zu werden. Am 16. Mai 1877 ward die Anstalt mit 6 Pfleglingen erOfinet, deren Zahl rasch auf 15 wuchs imd sich stets auf dieser Höhe hielt, oft aber auch dieselbe betrikhtUch fibersti^, da man nicht glaubte, irgend eine Hfilfesuchende abweisen zu dfirfeii und lielu r noch die Räume der Badstnbe als Sclilafstätte zn Hülfe nahm. Im Jahre 1880 erhielt der Verein C'orporationsrechte.

Ausser den Asylistiimen im Hause. d(>ren Zahl grundsätzlich aus ])ädagogi8chen Gründen 15 nicht überschreiten soll, und nur ausnahmsweise einmal bis zu 20 steigen nioclite, hat der Verein noch eine Anzahl l'Hi'glinge in answiirti<^rcu Anstalten, insbesondere solche, die aus gefährlichen Verbindungen iu hiesiger Stadt gelöst wenlen mns.sen: iiu (biTizeu waren die Pfleglinge iiu Jahre lS>ri) 1'?. Sie sind aus verschieil. ticn Stiiinlen, meist jedoch <ler sog. dienenden Cla.sse angeh<")rig. wiederholt waren verheirathete l-'raueu darunter.

Der Gruuilcharakter lies Hauses ist ein evangi-lischer; dmdi nimmt sich der N'erein au(h katholischer IMlegliuge an. niunut sie vorübergehend ins Asyl, um ihnen dann Unterkunlt iu katholischen Anstalten zn verschütten. Nur freiwillig kommende werden aufge-

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4ß. Maigdalonpii-Vfiroin und Ma^dalenon-Asyl. 241

nommen, und mnss die Einwilligung der Eltern oder Vormfinder Torhanden sein. Das Pfl^^egeld betragt M. 120 jährlich nebst M. 20 Eintrittflgeid.

Fortwährend waren auch solche vorhanden , för deren Unterhalt nichts bezahlt werden konnte« die man dennoch aufnehmen und behalten zu mfissen glaubte, damit sie nicht in ihr frfiheres Elend zprQcksanken. Das Pflegegeld wird bisweilen von Anverwandten, in vielen Fällen von dem »Frankfurter Gefangnissverein«, oder dem »Verein fKlr entlassene Struflinge im GroHsherzogthiini Hessen« und einem in Darnistadi bestehenden Magdalenen -Verein, auch wohl von Privat])<'rs( Hl eil Ih'-t rif trii.

Ein ht'sitmlerer i\J a «1 a 1 n en -H fl Ifs ver e i in Frankfurt liisst Mi( Ii Itt'sehalliin«/ <I« r iiötliiL" n Kleidungsstücke anfji»]oj^en H4>in. Durchweg kommen >li<' I fiiltt'si;( linuli n in einem entnetzlichen Aufzug, in Lumpen, in den I » t/cu i li« Mi!ili«4cn Staates. sie vor allem al)lepron niiissni. um nach ^rüntlliclier Heinigung iu sauberem, bescheith'nciii Anzu«; zu erscheinen.

•Seit lietrjnn (h-s Jahres IS'S] ist ein sul'. Hmckenverein nehen «len ri'j^'ehnässiii- l»ein;iufeui|rn Mitnflirdern lieiiniht. »hirc h Verw erthun;»' von nih'rlei ihm überhissenen alten Hausratli eti'. der Casse einige Beihiilt'e zu h-isteu.

Das Asyl steht unler Leitini<^ einer \'i>rsteherin. <lie von zwei (tehülliniu'u unterstützt wird. Ausser der direct erziehend wirkenden Arbeit, persönhi luMu Zuspruche, Ermahnung und Unterweisung, zwei- lualigeiu wöchentlichen Unterricht des Vorsitzenden des Vereines, der zu«(leich die Seelsorge im Hanse fibemommen hat, wie in Qesanges- Qbung, die von einem weiblichen Hitglied des Vorstandes geleitet wird, musR die christliche Hansordnung und geregelte, angemessene Arbeit auf das Ziel sittlicher Emeuerung'und Bessernng hinarbeiten, letztere anch die Pfl^linge in den Stand setzen, nach ihrer Ent- lassung, die nach mindestens zweijährigem Aufenthalt erfolgt, ihr ehrliches Brod zu erwerben. Diese Arbeit besteht in Wwichen, Bfigeln, Nähen, Stricken, Kleidermachen und hauslichen Ver- richtnngen. Mit dem Ertrag der erstgenannten Arbeiten wird zugleich ein Theil der Kasten des Haiishaltes jyedeokt. Jeder ordnuuj^smiissig ans der Anstalt anstret^mde Pfletrliujr wird anständig mit Kleidern ausgestattet, damit er in einen Dienst oder irgend eine andere ehr^ liehen rnterhalt «gewährende Stellung eintreten kann. S(»lche Stellung zu lie^chaneu liisst sich d»'r Verein sdion vor der Eutlitssung der Betreflieudeu angelegen sein.

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242 ^ni. ünterriclitg- und ErsiefaniiKBweMti.

Der im Hanse herrschende Cteisfc und Ton irt niehtB weniger als ein dfisterer, 8<mdem hei allem nöUiigen Emst ein freundlicher

und milder. Dio Anstalt hat nicht entfernt, wie Unkenntniss oder bfeer Wille wohl dann und wann die Unglück liclien, die Au&ahme Riicheu wollten, belogen, den Charakter eines Oetunj^nis-ses, sondern den einer Ftunilie. Sonntags besucht die Familie den Gottesdienst im nahen Diakonis^fnlians nnd macht l)ei .«ichönem VVett<'r Spazier- gänge in der freien Natur. Dass man aber nicbt .lede nach Helielten ausgehen nnd in die Stadt laufen lil><st, versteht sich wohl ganz von selbst. Sonst steht es .Teder frei, wie sie freiwillig gekommen, so auch tVt'iwilli«; zu (.ffhi'n. Vor der Zeit entlassen oder forti;<'schickt werden nur sidciie, deren Betragen in lortj.^eset/.tein Un<^ehorsani und Trotz die ruhige ArVu'it des Hauses str>rt, meistens ansteckend wirkt, die andern, die ruhig, zufrieden und gehursum waren, aufhetzt und bald alle iJisciplin in (iefahr bringt.

Schlimm ist es, wenn ein Kückfall oder Wiederausbruch früherer schmutziger Krankheit den Pflegling in die schlimme Geselbichail ähnlich Erkrankter ins Spital hringt, unter deren frechem Wesen und friTolen Spott oft das Gute, das angefangen hatte, wiedw erstickt wird. Man hat darum die Errichtung einer Erankenstation im Hause selbst ins Auge ge&ast.

Seit das Haus zum eigentlichen Asyl geworden, machte sich die Errichtung eines neuen Vor-Asyles ahi dringendes Bedürfniss gdtend und ist ein solches denn auch in Sachsenhausen in der Hedderich- Strasse mit dem l. Mai 1. J. eroffii^ worden.

Was die Erfolge der Anstalt und ihr«r Enaehungsarbeit uilangt, so darf man wohl sagen, dass doch mindestens ein Drittheil der Pfleglinge .so weit gebe-saert und im Guten befe.stigt wird, dass sie spater .selbststäudig in ehrbarer VVei.se ihr Leben führen und ihren Unterhalt erwerben, ein zweites Drittheil sieh ebenfall» gut hält, wenn sie in irgend welche schützende, bewahrende Gemeinschaft, etwa in Anstalten anderer Art oder in braven l'amilien Aufnalime finden, oder sich verheirathen, wa.s ja auch bisweilen vorkommt. Ein letztes Drittheil fällt wohl in das alte Unwesen zurück, wobei man aber noch nicht die Hoti'nung aufgehen dari. dass das. was sie Gutes in der .Anstalt gelernt, später doch noch eiuiuai aiiiwacheii, wachsen und Früchte tragen werde.

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47. STJEDTISCHES ARMEN- UND STIPTÜNGS WESEN.

Von Senttor Dr. vom OVEN.

\)vr Hcj/ritt' fintT riftVntlidit'ii Anii<'iiittl«'<r(', wit» sit> «Iii- iiKMlcnic staatsiM'chtlirhi' AiitTassini«; und die iRMirn-ii Shu»t.s<rcs( •!/.(' als vUw Ptliclit der (JeiiM-ind»' odt-r «^rössiTrr (ifiiK'iiidi'vcrliäiidc uinl »'iiie l{»'ivcliti<;mij; <l«'s Hi'<lürt'ti<x»*n unitasscnd tMit\vi(k»dt liaWi'ii. war in FranktiiH d»'n fniluTcn \ •'rta.s.sungszuHtänden fremd. Auch v.w t incr systeiimtisclu'ii , in ihren verschiedenen Kichtunjjen einheitlich in einander greiienden Organisation war die ArnienpHege diihier nicht gelangt, weiiig;stei» nicht in oonseqnenter oder muadauerader Durch- ffihrung, insoweit dazu die Gesetzgebung oder Ptaxis einen Versuch gemacht hatte. Es ist daher begreiflich, dass bei den im Laufe der geschichtlichen Entwicklung der Stadtverfassnng entstandenen Ver- änderungen in der Verwaltungsorganisation, diejenige des Annen- wesens sich meist an yorhandene Armenstiitnngen anknüpften; mit dem stadtischen Stiftungswesen fiel die Armenpflege zusammen.

Den Annchton des Mittelaltors entsprechend war die Fürsorge fOr Arme ein Aiisfluss einer bei Christen und Juden gleich an- erkannten religiiisen Pflicht und fand in der individuellen Ansfibung diin h Gaben an Bettler, arme lleisende und Pil^^er und an dahin gehörige Kranke und in der Widmung gewisser (iahen mit ähnlicher Bestimmung zum Seelgen tte auf den Todesfall, wt ltli<' iler Kirche anvertraut wurden, ihren Ausdruck. In Frankfurt gali es jedoch schon im 1'». Jahrhundert wi»- /.. f?. seit 14-57 iliirch die Stiftung Johann W [si iikkkhs. Almosin /.mn Besten der liausarmen, Alters- schwatlifM uHtl KimllH tteriiineii. welciie dem Kath und der Gemeinde vermacht, durcli Plle^er von Ersterem verwaltet, und zu Spenden an Brudf Geld, Arznei u. s. w. verwendet wurden, deren Austheilung

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244 I^- Wohlth&tigkeils-AnataltMi.

zar 9fe. Nikolauskiiehe (Alnuwen zu Si. Niklatu) geachaL Schon

bei den nach der Reformation entstandenen znmeiid; gegen den Ein- flasB der Priestcrsehaft der alten Kirche gerichteten bürgorliclien Bewegungen uImt wurde in dem Art. XXV^ des am 22. April 152ö von Huth und Bürgerschaft beschworenen Artikelbriefes ausdrücklich die Zusammenlegung aller Almosen in einem »gemeinen Kasten, arme Leiit diimit /n siieisen, weklier zur Ehre Gottes vonirdnet«, verabredet. Diese Ancjrdnnng ward vom Rath auch nach Anthebnng des Artikelbrietes festgeiialten, als derselbe unter llin- zntngiing der (letVillc «les eiiige<_'iiii<fenen liariüsserklosters, durch Beschinss vom 'J!'. .\|»ril ir»;{() di'ii (ieineinen Kasten der Ibmsarineii ( K a s t e n a ni 1 1 i^niiidete, auf Laetare. !!•. März lolil, eiiittnctc iiiid sjtiiti'r mit alliieren zu ähnlichen tVoniineu und Wohlthätigki'its- zwcrkrii bfstiuuuten Foii<l>, wie z. H. ihnen der Klause zu Oberrail, des (iiitleutluds. der Spitäler und Ahnosen zu St. Pt-ter. St. Matern und <ler heil. Dreikönige vermehrte. Diesem Kustenanit, von («liedern au.s dem liathe uu<i der Bürgerschaft besetzt, wurden auch die Kosten und Gehalte für den Gottesdienst in den Kirchen, die Kirchenbuch- fahrimg, die POrsorge fttr die Begräbnisse u. A. fibertrugen, unter gleichzeitiger Ueberweisnng der daraus erzielten Einnahmen an Ge- bühren und Spenden. Alle fttr Arme bestimmte Fonds in dem Almonenkasten zu vereinigen war flbrigens gleich an&ngs schon deshalb wohl nicht durcbznfiElhren, weil die in den Händen der katholischen Stifte und Klöster, welche nicht zur Reformation hielten oder in den alten Stand zurfickveraetzt werden mussten, befindlichen Almosen sich einer dahin zielenden Verfttgnng entzogen, sowie auch die bei der Befonnation äUcolarisirten und nach dem Passauer Vertrage vom 2. August 15.52 der Stadt verbliebenen Klöster zu St. Katharinen und den Weissfrauen ihre Convent« zur Aufnahme der vom Hath dazu erwählten bedörftiir'U Wittwen und Jungfrauen unt-er besonderer Verwaltung von rü^em aus dem liath behielten. Aelter, al» der gemeine Almosenkasten, mindestens schon .seit Mitte de.«i Dt. Jahrhundert.s, existirte da.s H ei 1 i g- G e is t- H o s p i ta 1 zur Di'ilmiij von Kranken, Verpflegung alter Leute ( IMründuiM*) und Ver- sorgung armer lu'isender (letzteres in Foltre ))esonderer Stiftiuig von l.iir»), anfüii^flich unter gemischter weltli<h»'r und geistlicher, .später iinlrr irsteirr vom städtischen Kuth geiibtrr Verwaltinit;.

W eiliger zum Beliul (h-r \\ ohltliiltigkeitsiil»iiii<f als zu di'iu p(tli- zeiliciu-n Zwecke der Beseitigung des Bettels uinl liiderlichen Treibens wurde 1G79 das A r m e n - A r be i t s- und Waisenhaus erbaut,

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47. StAdtisfhrs Armen- niid Stiftiuiipivnen. 24'>

nnd dieser' aiui freiwill^n BeitiSgen nnd Collecien, bezw. dem Aerar fundirten Anstalt die Aufgabe gestellt, arme Manns- und Weibspersonen, Wittwen und Waisen, nicbt weniger zur Zflchtignng die unartige Jugend nnd andere in Iflderlidies Thun und Wesen gerathene Personen aufzunehmen. Eine 1681 erlassene und 1084 gedruckte Hansordnung regelte die Verwaltung.

Einer allgemeinen oiganisatonachen Ordnung der Stiftungen wird weder im Bfli^ervertrage vom 15. Januar 1()14 zu LXVill noch sonst gedacht; und noch 1627 ward erklart, dass k(>itii> be- sonderen Armen- orler S|utalnrdnungen bestfinden, Kondern dass diese Stiftungen nach hergebruehter Observanz verwaltet würden.

Erst in Foljje ih r <lir IN vision der gesamnitfii städtischen Ver- waltunff bt'/.i»»liMid('M KaiHtTÜclien Commissionsverbandbnigen in der ersten Hälttc d«'s 18, Jalirhunderts wurden (bin b Kaisrrliclie Ixrsdhi- tioiiiMi vom Fel)ruar die ()rdnnn«;i'M für das H e i 1 i - e i s t-

Ilos|(itaI. v(»in T)e(<'mh<'r 172.") und vom 'J'.'. diili ]~'\'} i'ur di'u A 1 m o s f iik a s t <• II ' ) tVst<r.'sf i-Ilt. und /war tiir Iteide in ••iiit-r licili»' ln"K-|ist s|M'( it>ll('r \ erwaltMii^jss ()rs< lirittfii. Nach <lieseii war als drs lios|»it.als Anlitfabf anjrr^cbcn ^allt* nothleideiMli- arme Krankt', l'remdi'. aucb reist'iidf Personen, die krine Freiindscliatt daliier liabm. von welelier sie sonst die n(it]ii|;e HüHV bekomiiKMi kTninten, (dine Unter- stbied der Ftelipion his zur Frlan;^Min^ ihrer (icsnndheit darinnen zu verpflegen«, wobei arme Bürger und Beisiissen, für welche theilweise ein Beitrag vom Kastenamt zu leisten war, nicht ausgeschlossen, da- gegen Kranke Ton den Dorfschaften, und steche, so mit ansteckenden Krankheiten und Blessirte nidit aufj^ommen werden sollten.

Vom Almosenkasten sollte »nicht nur den nothleidenden Hausarmen, ohne Unterschied der Religion, mit wfichentlich ans- zutheUendem Brod und Oeld, wie auch mit Kleidern nothdürftig geholfen, sondern auch den bedürftigen Kranken, Nothleidenden von Condition und heimlichen Hausannen ein Gewisses in Almosen angewiesen werden.« Ueber das Armenhaus vrarden in den Karaerlichen Resolutionen keine besonderen Bestimmungen getroffen. Dag^^n wird des Katharinen- und Weissfrauenkloster« sowohl in dem BQrpervertra^e von IT)! 4, als in (b-r X'erbesserten Visitationsordnuiig*) von 1725 Tit. '\>^ als der Kevisi(m bedflrftig gedacht, ohne dass jedoch auf die destallsigen Verhandlungen bestimmte Verfügungen ergangen wären.

') Müller, KaiHcrlioho R.üdlutiomn If. i.-iä iL II. UO— MI. >) Mai 1er, K»iMrUctae BewIuUoneD II. 158.

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246

IX. Wohlthitigkeits -Anstalten.

Die Verwaltung des AlniOBenkastens und Hospitals oblag 12 Pflegern, wovon 6 aus dem Mu^istrutc und 6 aus dor HQi^cr»chaft,

fliojoni«;«' <les Armenhauses hImt \^ PflcpTu, nilinlich 6 ans dem Kiithe und 12 ans «ler Bür^tTscIiaft, und diejenige des Kathariiien- klosters 4, )»ei dem VVeissfrauenklostiT I{atlisnnt<;lie<lern, von welchen bei den H ersteien Stiftungen die bürgerlichen Mitglieder auf 5, bezw. 8 Jahre gewühlt waren; die Besetzung aller dieser Stellen geschah durch den Magistrat.

Die Vorschriften der obigen Kaiserlichen Resdntioncn hatten eine von der städtischen Verwaltung sidi absondernde fiist »olbst- siftttdige \dininistrati(»n der Stiftungen eher gefordert, als wie ursprünglich die Ab.<}ifht sein mochte, vermindert. Oanz eigen- thiiinlich und wenig ayHtemaiiscli cingi'tlicilt hatte /ugleich sich Ende de» vorigen .Tührhunderts in den Ifänden dieser Stiftungen die Armen- pflege gt -staltet. So l)i riclit('t MoiiiTZ, Einleitung in die Staatsverfassung Frankfurts II. S. :!<>!» 217. <la<s im .Talire 17S4 der Almost'u- kastrti tl. l><r»2:? uml 1 1 Inn Lail< P.rod nüf Almosenzcttel vcrthfilt . ^•21 l't'rsonrii irfklciilct. 27 im Armnihausr vfr])tl»'gt. .">(» liclirlingt' versorgt, für :!iM» Kranke ilit- Ufilkostcn tlicils im ll(»s|>ital, tlieils dircct l)f/alilt. l.jS Kinder zur Sclmlc gi'lialteii, IT) l'rrsoiien ausserorilciit li( h iiiil'-rstiit/i. für 127 PcrsoiHMi die Begräl>iii>>kostrn getragen und 2!Mffistf>kranke in seinem Kastenhospitale ( Irii-iiliaus^ ver|>Hegt habe, während das Armenhaus gleiehzeitig ISl Personen, worunter auf Kastenamts Kosten 27 bürgerliche, vollständig versorgt. 940 Personen in 342 Familien Wochenalmosen an Geld spendete, 28 Waisen bei Herrschaften und Handwerkern mit Kleidung versah, 130 Schnlkii)der zur Schule hielt, 2839 Handwerksgesellen und Passanten Wegsteuem gab. und 149 hiesigen sowohl als fremden Kranken und anderen hülfsbedfirftigen Personen mit Verpflegimg an Händen ging.

Eine belangreielit- Krieiehteruiig hatte die .\rmenptlege noch in dem let/.ten Viertheile des 18. .lahrhunderts durch ilie Gründung der Dr. SENCKENBERG'scheu Stiftung und des diuuit ver- bundenen Borger- und B.eisassen-Hospitala fftr arm« Kranke gefunden (18. August 1763); der Stifter hatte jedoch deren Ver- waltung einer besonderen, vom Käthe nicht abh&ngigen Administration, unter speciell ungeordneter Rechnungsoontrole, fibertragen.

Neben den vorer\vähnt«'n ötieiitlicheii fstädtisdien ) und (huvh von der Ötiidtverwaltung ausgehenden l'llegsc haften verwalteten

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47. KtAdtischfw Armen- und StiftimgBwefien. 247

Stiftungen ln-^tiuidiMi in dvr lisstiult iiodi «lie rein confessionellen Armenkasten der katlioli.schen und der beiden ret'orniirten rienieinden, erHterer im AuschlusH jin tVfiliere katholische kirchliche Sti{tnn<jen, letztere .schon seit Grundunj^ der beiden (Jemeinden im 16. Jahr- hundert; sodann die Anuenfonds und das Waiseninstitnt der seit 1585 hier begründeten Niederländischen Gemeinde lutherischer Con- t'ession, der 1758 ^j^cirrfindch'ii ( )bfrliindischen (ieineinde (evanf^eliscii- bitlierische ( '(»nti'ssion ). die lit-i dt-n (iant'rbschat"t«'n des Hans»'s I.imim iu} und des Hansi-s FuAi KNSTKiN tiieils für ilt reu Mitglieder, tliril> für Dritt»' voriiandeni'ii Slit'tiini^'tMi und Sti|)fudieM , in^licsoiulere die EüKUiiAKh ScuwiM» M hf Stittimjr liii- 12 verwaistf Kinder und die Dr. .Inn. Phil. OuTil'srhe \Vai.sen>tittiinj^' für «i iirinc Kindt-r. Die Verwaltung dieser Stiftiinjxen l)erulite in den Iliindeii l>es(iiidtrs von den .Stiftern vorgesehener l*rivatven^'altuuj;en, welche je na( h den f&r sie gegebenen Statuten und ohne Anschluss au die Stadt- verwaltung ihrer Aufgabe oblagen und nur theflweine nach § 14 der Gonnstorial - Ordnung vom 13. Juli 17380 obrigkeitlichen Ueberwachnng unterstellt waren.

Ein neuer wi( hti<it'r Zcitalix Imitt l)ririiiin für das ^'i-saiunite Stiftinigs- und /ugleich das Anni'ii wc^cn ülx'rliuiipt mit der (irnss- lier/.<><xlich Frankfurtisclicn S t i f t ii ii u; s o r d n u n jjf *) vom Iis. .Inü 1810. und der Verordnung, die Verwaltung der hiesigen Stiftungen betr.. vom 14. Januar 1811, sowie der Instruction fOr die Kirchen- und milden Stiftungsrechnungen vom Jahre 1812. Durch diese Verordnungen wurden nicht allein die bisherigen Ver- waltnngseinriehtungen einer ReTision and Verbesserung nnterzogen, sondern die Verwaltungsstellen und deren Autgaben reotganiairt. Fflr den Almoeenkasten, das Hospital und das Armen- und Waisen- haus wurde je eine von den MonizipalbehOrden lediglich ans der Bfirgerschaft zu wfihlende und von den Ao^chtsbehörden des Staats zn bestätigende Verwaltungscommission von je 5, fttr die Kloster von je 3 MitgUedem bestellt, welche in wichtigeren Ver- waltungs&agen , wie Verpfändung und VerSnsserang von Li^en- schaften, Ablegtmg von Onuidzinsen, Geldanleihen, an die Ent- scheidung der Aufsichtsbehörden gebunden, diesen Rechenschafts- berichte zu erstatten und von 3 zu 3 Jahren von ihnen zur Visitation gezogen werden sollten.

') M Q 1 l«r, Kuisorliohe üeMlnttanen III. 8. U &

•) B«s4«r, 8«bL FTMlkl Vwwdn. ». d. Jahna 180»-1M6, a. M7-l«^ lU^Wb

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'J>AH IX. WuhlthätiKkeits -Anstalten.

Als liauptprincip wurrle aufgestellt:

»Jede (lieser milden Stiftungen und Vcrsoi^ngHiiustiiltru darf weder für den unmittelbaren Zweck, für w«dchen sie liestelit, noch weniger für mittelbar zu dessen Erfüllung beitrugendf. und am wenigsten für andere, Avenn gleicb an sieb löblicbe und w<diltbätige /iW«'cke t'in niebrercs aiifwciidt'M oder ausgeben, als ibre jäbrlicbe reine Einnalinie «'rlaubt und als gcsclRdit'n kann, olint' in den Haupt- stdck ilires Vrriuögrns «'in/ntri"<'it"en. Kiiic jedr hat am Aiitaii*.'»' des daliffs t'iiHMi gt'JiaiM'ii und iiiri<j;li( list /uvei-lässigi'u. bei den unstiuidigon Eiunidiuit'U nacb den Zeitverbältnissm und di-n ErfaliningfU oder dem I )ur( lis( ]initts-Krtrag verflossener Jaln-e zu l)ere< hnen(len ICIter- .seblag /AI niaelirn. wie viel in dem Laufe des .lalires nach .\b/.ng unveruieidlieher Ausgaben und dessen, wa.s der Stiftiuig sonst fnuda- tiousmättöig zu prilstiren obliegt, von der Einnabme iil)rig Idiebe, Die drei Stiftungen des Annen- und Waiseuhause», des lluspit)il.<ji und des Almosenkastens haben diesen Ueberschnss ihm Kin- uahme znr ÜnterstQtzung der Armen an die neu geiichaffene A\U gemeine Armencommission zu verabfolgen und zwar in dem festen im Voraus ermittelten Betragef selbst wenn dieser in dem betr. Jahre den wirklichen Einnahme •Ueberschuss fibersteigen sollte, indem das dadurch entstehende Passirum im nächsten Jahre in Abzug zu bringen vrare. Die Stiftungen haben ihre aus den Kriegs- . jähren durch Eingriffe in den Hauptstock bewirkten Vermögens- bestände durch Anlage von Reserven zu refundiren.« Was die einzelnen Stiftungen anbelangt, ho wurden von den bisherigen Zwecken des Armen-, Waisen- imd Arbe i ( sli a ii s e s diejenigen der Armen- Unterstützung und Unterbaltiing eines .Arbeit.sbauses ausgesdiieden, dem Hiiuse nur die Verpflegung und Erziehung der Waisenkinder, und als Hauptzweck uuter der Bezeichnng »Armen und Waisen- haus bela.ssen; die Spenden an Passanten, Findlinge u. s. w. gingen an die Allgemeine .\rniencommis.sion gegen Bezug »1er WcK'ben- c(dlecten- und Sannnell»iUbs-Erträgniss<' über. Haijegen sollte ein bes«»nderes A r )> e i t s Ii a u s aus <len dafür vuriiaudeneu Sclietikungeu und \'ermä('btnissen erriebt«'t werden.

Dfui lln>[iital zum Heiligen (ieisi wurde aufgt'gelten, alle die Spenilen und .\usgalien, wnU he drni 1 1 a u |> t z w e c; k e »unentgeltlicher V%*rpflt'g)uig hier erkrank'Mider fremder l'ersouen, so sieb in Inilllosem /nstandc hetinden, besonders des I ))enstge.siudes beiderlei Geschlecbt,s« entgegeustebeu. d«'r Allgeuaineu Arniencouimission zu überla.s.<ien; ausserdem eine Ueihe administrativer und sanitärer Auflugen gemacht.

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47. St&dtisrhes AniH'n' nml StiflungHwesen. 249

Wenn »cbou dem Almosenkastenamt die BeibrSge zu dem lutheriiK^hen Ciiliiis- Schulwesen und Oottesdiensfc nicht abgenommen wurden, so hatfce dasselbe doch alle Einnahmen, welche nicht 1)(>sonderen Stiftungszwecken bestimmt waren, an die A 1 Igemeine Armencommission su fmulationsniäs.sitrer Verwendung zu Almosen \m<] an<li'nT milder Unterstützung der Armen abzuliefern. Die VerpHej^iinjjf der Wiilni-^innigen. wenn sie vermögenslose Bürger sind, blieb dem Almosen ka-sten auf eigene Kosten, diejenige für andere Vermögenslose auf Kosten der Armen- rommis.si(»n oder des Staatsänirs: Kinnahmen wie Ansjjaben für das K asten hosfitiii (Irreuhan») sollten besonders gebucht und verwendet werden.

In den licidt-n Kltistt'rn wnrde das l)is dahin ^^'enieinsame Zn- sammenwdlinen und Haushalten derC<Mi\ iMitnalinnen vom 1 ..lamiar 1811 an auf«(elH>l)eM. de?i letzteren eine feste Pension aiis«;esetzt und den-n Zahl auf je l.'i ffir jedes auch fernerhin in he>>oiiderer Hechiiung zu verwaltende Kloster hestinimt. Die Beitni<;e zur Vertlieiiiing an Arme sollten an die AUji^emeine Arniencdnunission übergehen.

In dieser Verfassung befanden sich die Stiftungen, als die Stadt Frankfurt wied^ in ihre alte Municipalverfassung durch die Ver- ordnung des Oeneralgouvemements vom 14. December 1813 znrfick- getreten, und die alte reichsstadtische Oiganimtion wieder eingerichtet worden war. Die Gonstitntions-firyi^nznngaBcte vom 19. Juli 1816 liess Art. 20 (Verwaltnngrömter der Armenstiftnngs-Anstalten) in ihrer damaligen Verfassung verbleiben und besagte, daas in einer besonderen Stifhingsrerwaltungs- Ordnung das Nähere Ober ihre Rechte, Befugnisse und Pflichten, über ihre Verwaltung durch BOiger nach ihrer jetzigen zweckmässigen Einrichtung und flV)er den bei ihnen einzuhaltenden Geschäftsgang von dem Geset^benden Körper werde bestimmt werden.

Diese Zusage, obwohl alsbald in Verhandln!)«./ ucnommen, fand jedoch in dem angegebenen Umfanj^e erst spät und nach lanjjwierijjen schleppenden Erörterungen ihre Erledigimg. Dagegen stellte .schon 1818 der Senat bei der Gesetzgebenden Versaramlnng. vor: Die All- •^enndne Armenconnnission , die einzige milde Anstalt, deren (ireiizen nicht durch Kundation oder andere Bestimmnnpeu fest abgesteckt, sondern ilitfr Natur nach sehr all<xeniein wären. bedürfe eine (h-r Zeit mid dem Ertordt-rniss ülti'iliau|d an<ii'in<'s.senere Ein- rii htuuL' und beantra^^te: 1) \'»M-eini^unjj ilieser All^^-nieinen Arnien- commistjiuu mit dem bürgerlichen Almuseukasteu unter

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IX. WohHhätigkeitS'Anstalten.

der Benenntin^' » A 1 1 ^ «mii c i n e r Ä 1 m o » e ii k a s t e n , di-ssen Speiide- Mction aiissclilicsslicli die Almosen an Gold, Hol/,, lirod oder sonstigen Loliensmittelii. Kleidung und Unterstützung in KnmkheitstTillen durch sirztlichi' Hfilt'e oder Einweisung in llospitiiler zu übernehmen habe; 2) Ut'lx ru cisung der gesunnuten Versorgung anner Kostkinder und Lebrliiigf in das Waisenhaus; :\) Abgabe der rti iindner und Pfleg- linge, weUiie für die Kost arbeiten kidincii, an das in/.wiselien am 5. November 181(1 aus Subs( riptions])eitnigen und einem städtisehen Zust husse gegründete V e r s o r g u n gs h a u s , sowie 4) Constituirung einer neuen Verwaltungsconnuissioii für den Allgemeinen Almosen- kasten aus 9 Pflegern. Eine Connnission der Gesetzgebenden Ver- Bammluug hatte sich zwar gegen die beantragte Vereinigung der AnnenGomiiussioii mit dem Almosenkasten ausgesprocheii mid ein anders organisirtes »Allgemeines Armenpflegamt« verlangt; die Gesetz- gebende Versammlung selbst trat aber am 19. December 1818 dem Senatsantrage bef.') Wie wenig dieser Schritt zmr Herstellang einer umfiissenden einheitlichen Armenpflege beitrug, «igte bald die Er- fahrung. Bs traten sswar manche Erleichteningen ffir den Almosen- kasten ein, allein sie halfen nicht fiber den durch die Zersplittemng der HlU&kj&fte sich immer emenemden Nothstand der Spendesection hinweg.

Die Verhandlungen Über eine neue Stiftungsordnnng,*) welche

inzwischen aus Anhiss des erwähnten Noth-stunds der Spendesection des Allgemeinen Ahuosenkastens lebhafter wieder aufgegriffen und durch eine ans Mitgliedern des Senats, und der Stündigen Bfirgwrepr&- sentation bestehende gemischte Cummission in Heraithnng genommen . wurden, drehten sich zunächst wieder nur nm die Stellung des All- gemeinen Alniosenkastens. von welcher dann das A erhilltuLss der andern Stiftungen abhing. Ihr Ergebnis« führte dahin. das.s durch Senutssnntrag vom 1. December 1820 und Hes< liluss der (iesetzgelienden Versaniniliing vom 10. März 1S;>0 eine AufiTtsung der Spendesection des Allgemeinen Almosenkastt-ns nnd Vertbeilung der Einkünfte des letzteren an die Confessiomilkasten, welchen das Aerar für den fehlenden Bedarf an Armenpflegkosten aufzukommen hätte, in Ans- ucht genonauen wurde. Dieser Vorschlag mochte in dem Bestreben, das stadtische Aerar yon allen grösseren Zuschflssen zur Armenpflege mittelst Ausnutzung der Mittel der Confessionalgemeinden möglichst

») Bcnilcr, J. n., Vorhnnrllunpren der noHctzfC<>beildail ▼•rMUnmlanf von 181&— 30 8. IIS.

*) Frankfurter JabrbQdier II. Bd. 8. 17i. ibS— 190. tW-S7L. m~tn. IIL Hd. 8. 1— la. U-9». 41->«|L Ta. 11t. 11t.

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47. Stidtisrhm Armen- und Htiftiugswesen. \>'t\

zu entlasten, ein einseitiges Motiv gehabt haben; er würde aber nicht allein bei den steigenden BedOrfnissen auf die Daner unhaltbar ge- wesen sein, sondern auch den städtiaehen Behörden aller Einflnss auf die Armenversoigung entzogen, nnd eine einheitlidie Organisation und Leitung letzterer noch mehr, als bis dahin der Fall war, gefährdet haben. Seine AusfOhmng scheiterte schon an dem leicht begreiflichen Widerspruch der Kirehengemnnden. Der Senat liess den Antrag fallen nnd macht«' am 23. April eine neue Vorlage, welche endlich nach langen eingehenden und mehrfach in ihren Richtungen schwankenden Debatten zu einem AbschliiHs der Fra<;e führte. Am 8. Deceniher 1H;33 ward eine Allgemeine Stift ungsord nun g nebst den dazu gehörigen VerH'altiiiigsor'liinniren der einzelnen sechs Stiftungen und ein Gesetz, über die Ht riitr «b r Stittungen an den Nachlas» ihrer Alumnen genobinigt und juiblicirt. ')

l)i»'Sf Stirtiiiigsftrdiuing bezeichnete unter Hinweis auf die im \'t'r\\ ;iltiint;s\v»'<r»' luif'/ustt'Ib'nden oder abzuändtTUilni V<'r\valtungs- oi iliiiiiiL^iii und lnstni(tii)iuMi, die Auti^abcn der i'iu/»'liH'U .sccIik l)c>trli(iHl<Mi Stirtnngen im W'cstMitlii-hfii n!i<b ibr»T Idsbcrigen BostiimiMuitr. Sic trdit sodann auf die für alli' Stit'tuiig«'n geltenden Nonnt'n ein, olim- ii ildcb diese auf eine einlii'itliehe Einrichtung fflr Ausübung der Arnit'npHege oder eine Coutrole der Privatstiftungeu in dieser Richtung zu erstrecken.

Der Senat, in Verbindung mit der Ständigen Bflrgerroprääen- tation, hat allmn, sowohl hinsichtlich der Verwaltung und Rechnung»» fOhning, als hinsichtlich deren Organisation, Einrichtung oder deren Abänderung, Qebtiere» soweit ee die Oesetzgebung berührt anter Hitwirkung der Gesetzgehenden Versammlung), das Oberanfidchts- recht und übt dasselbe durch eine Stiftungsdeputation aus seiner Mitte aus; die Verwaltung soll, «da«, wie es in Art. 3 heisst, »das Vermögen der milden Stiftungen Eigenthum der christlichen Gemeinde dahier ist, mithin die Verwal- tung wie bisher am zweckmässigsten von diesen Gemeinden selbst ausgeübt wird^, Pflegämtern fibertragen sein, deren Mitglieder aus allen drei diristlichen Confessionen die Standige Bürgerreprä.sent4ition wälilt. Die Mitglieder sind auf Lebensdauer gewählt, können aber nach fünf .labren abtreten. Zu allen V^erkäufen und Ankänft ii von Immobilien, i)edeutenderen Bauten über tl. 5'>(l, ( 'apitalaufnalimen, Gehaltsfestsetzungen , und zu wesentlichen Abändeiningen an be- stehenden Einrichtungen ist beider obigen GoUegien Zustimmung <) FrMkfiurtmr OcMto- «. StM. Samml. Y. Bd. &

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252 I^- Wob1thAti|ilceiU-Anstelt4»ii.

erforderlich: Eini^ffe in den Gapitalstock sind tinzulilssi^ und wenn vorflbei^elifnil von Oberaiifsiclits - Bohördon ^ost^itti^t, im nächsten -hiliri' zu refundiren; aus <h»n Ufhersdiüssen ist »mH lirsiTvclouds zu hihh'ii, der, wenn 10*^/o des Capitak Qbersteigcud, durch Beschluas der OherautKichts-Behörden nuvh oiner !Ui(h»ron d<'r ohi^pu Stiftungen zur Uni«'rstntzun^ zugewend<'t wcnlen (hirt. Jährlicli ist oinc Uelwr- sirht der Einnahmen und Ausgaben nebst Bilanz zur Revision Tor> zulegen.

Aus den Vt'rw;iItmi}^sor(lmiii<;<'ii ist tiir ilii-sc all^ciiicini' Ui-Ixt- siclit iKM-h lu'rvor/.iih('l)«'n. tluss wicdtTinii für die Ausiil)iintr «Icr Anuen- v»Tsor;^niii<; t'iiic 8 pc n d c s cc t i n ii V(Hi seclis Mit|(li»Mlfrii des ans nenn PHej'ern uo-liildeten IMIe^a!>its des A 1 ni ose ii k a s t »• n s bestellt wnrdf. welche aiit (nitii(liteii di-r in jeileni (Quartier vom Senate er- nannten ti - !l Annenptlejrcr allwöelieiit lieh die Sj»end«*n an Almosen, Kloidiuifjf, Nahrun^^sstoti'en an Arme, welclu' niiiit dem Verstjrgnngs- hmis als Pfründner oder Arbeit'cr zugewiesen werden können, auch nicht TOQ Confessionalkasten ausreichend unterstützt werden, zuzu- erkennen und durclt die Almoeenptlegcr zu Teräieilen hatte. Ausser den freiwilligen Zuwendungen und den Erträgnissen des Ahnosen- kastens wurde ein fester Aerarialznschuss von fl. 12000 statt der froheren Einläse- und Bfli^;<»gelder und des Pfiiodanitgewinnes der Spendesection zugesichert.

Das Hospital zum Heiligen Geist sollte hier »erkrankenden Fremden, selbst Durchreisenden, von einer der drei christlichen Con- fessionen, welche keifte Freundschaft hier haben, von welcher sie sonsten nothige HOlfe bekommen, die benöthigte Aufnahme, ärztliche HOlfe und Verptleginig gewähren«, auch amien Kranken in und ausser dem Hause im Falle der bewiesenen Dürftigkeit ärztliche Be- handlung durch seine Armenärzte nebst freier Ar/nei u. s. w. auf seine K i^f-n anpedeihen lassen. Permissiouisten, d. h. hier sich auf- haltende, dem städtischen Verbände nicht Angehörige und ihr Ge- sinde, sowie bei Israeliten dienendes, christliches Gesinde war von unentgeltlicher Aufnaluue ans^escblossen : auch konnten Kranke mit chronischen, mit ansteckenden oder Gemüthäieideu und Wöchueriuuen überhan|>t nicht zngela.s.sen wer«len.

Das Waisenhaus wird für «janz oder lialbverwaiste Kinder hiesiger christlicher Bürger und Beissusseii oder Heimatliloser, welche bis zum 14. Jahre Pflege und Erziehung in oder ausser dem Hanse erhalten sollten, bestinmit; für Kiudelkimler nur gegen Vergütung durch die Polizei.

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47. Stadtisiln s Annen- und Stift nnfjswesen.

25»

Das Katharinen- und Weissfrauenkloater blieb seiner froheren Bestimmung; die beiden KlSster wurden einem Pflegarote als »verein^^ Yeraorgungsanstalten der Si. Katharinen- and Weim- frauen-KlOsterc, jedoch mit getrennter Buchfllhrung, anrertraut, die Pensionen der Ckm^entualinnen für ersteres auf fl. 450, fQr letzteres auf fl. 350 normirt; eine Vermehrung der Zahl derselben sollte je nach der Zunahme der Mittel der Stiftung eintreten.

Das Versorgungshaus erhielt die Aufgabe, in der oben an- gedeuteten doppelten Weise theils als Arbeitshaus, theib als Altenasyl sowohl dem Bürger- und Btnsas.senverhancl Angehörige, al.s auch Dienstboten muh 'J') Dienst juhivn, IVrniissionisteii nrul Ueiinathlose, fQr welche keine Caution besteht und welche iiif lif in die ileiniath zurnckgowiesfn werden k6nii«'n, tlipil?» auf Anmelden durch das IMle^- amt, theils auf Anweisung städtischer Aemter aufzunehmen und zu v«Morj?en,

Durch die Verwaltun^sordnun^ fflr di»» Anstalt für Irre und Epilejitiscli e wurde diese als besondere Stittnn«; constitnirt zur unent<;eltliehen Aul'niiliine von hiesi(ren, zu einer der drei cliristliclien ('(»ntessiitiien L'ehr)ri<,'en Personen, nnil zur Aufnahme anderer rji'jstes- kranken gegen entspre» hemlt' Zahlung. Die Anstalt wiinle ausser dem ihr überlassenen Kastenli(isi»ital - <»ehiiude und freiem Hol/, mit jUhrlic Im'U. je nach d»'r Zahl der aufgenonuuenen Kranken sich be- rechnenden Heiträgen aus dem Aerar dotirt.

Da.s Gesetz (Iber die Hecht«' der Stiftungen an den Xat hlass ihrer Alumnen gjib den Anstalten die Berechtigung, die für die rileglingo aufgewendeten Kosten und UnterstfltKungen aus deren Nachla<«ie mit Vorzugsrecht zu liquidiren.

Die auf Grundlage dieser Stiftungsordnung eingetretene Organi- sation blieb im WesentUchen bis 1806 maamgebend; nur Ergänzungen traten hinzu durch die mittelst Gesetzes vom 31. October 1844 erfolgte (6.- n. St. S.) Grfindnng des Kochushospitals als Krankenhaus ftlr Angehörige hiesiger Stadt und deren Gebiets, welche an Blattern, Krfttze oder venerischen Krankheiten oder unheilbaren, Abscheu er- regenden Schäden leiden, und durch Auftiahme der Taubstumm en- Erziehnngsanstalt unter die rdfentlichen milden Stiftungen durch Gesetz vom 1',. März ISOI ( Frftr. Ges.-S. XV. S. 114 ). Diese lieiden Anstalten gleichwie die durch Gesetz vj>m '22. September 1H(>:{ (Krftr. Ges.-S. XVI. S. 4'.{) netj f)rganisirte Anstalt für Irre und K|>ile|iti»che wunten als rdfentiirlu' milde Stiftungen ohne aus.sch liessend con- fessionelle Berechtigung, bezw. die Irrenanstalt für ein Gemeingut

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IX. WohltbitiffkeitB-Aitttalteii.

aanimtlicher jeweils die freie Stadt Frankfurt bildenden Genieinden erklärt. Ans dem Vennögen der Irrenanstalt wurde zutj^leich d:is zur V'erpflecjnng von armen Kranken aus den christlichen Gemeinden der Stadt bestiniintc raj>itiil aiis<;(>initti'lt, als nnver/iiisUches Guthaben der christlichen Gemeinden besouilcrs gebucht und zur dotations> massigen Verwendung für Ver})tlegnng von Irren und Epilei»tischen an» den christlichen Gemeinden dem Pfleganite aTis<;oantwortet.

I'iir den Almosenkastcn waren die Zuwendiiiiffen von «rmsseni Belau«;«', welche ibin durdi die (ifsct/.c vom IT). Ajnil IS.')! zu Tlieil wurden. Wälircnil näinlicli t'riiluT Ijei Autuahinen in das Hüri;cr- recbt auf" X crliciratliuiifj: mit \ ••rl(ür<;erteii vim ixt'wi.s.sfn Kategnrifi-n der Auf/unt'liniendrn Cautioucii daliir, dass sie oder ihre Ang«'liöri^'e nicht den hiesigen ött'entliclien milden Stittuugen zur Last lallen würden, zu leisten waren, verordnete dieses Gesetz, dass an Sti'jje einer Caution von nun an Jeder, der durch Verheirathung in das hiesige Bürgerrecht eintrete, emoi Betrag von fl. 100 ohne Rfick- sicht anf Stand oder Geschlecht, insofern er nicht schon in hiesiger Stadt Heimathsrecht besitzt, an die Rechneikaaae zu zahlen habe. Das Bechneiamt hat too diesen Betragen den Theil, welcher von christlichen Bfirgem eingeht, an den Allgemeinen Almosen- kästen, denjenigen, welcher Ton Bekennem des mosaischen Glanbens eingeht, an den Almosenkasten der israeli- tischen Gemeinde abzuliefern. In analoger Weise wurden seitdem auch die Anzug^elder, welche bei den ex gralia, d. h. ohne den Rechtstitel der Einheirathung erfolgenden Aufnahmen in das Bürgerrecht, den Anziehenden von dem Senate in üblicher Hohe auferlegt vnirden, vertheilt, wie denn überhau]>t seit 1849 an Ver- mächtnissen oder Ges( iienken, welche für die städtischen Armen ohne Angabe einer einzelnen Stiftung der Stadt zukamen, der israelitische Almosen kasteii. dem Verhältnisse der Bevölkerung entsprechend, mit einem Zehntel betheiligt zu werden pflegte. Der israeliti.scbe Almosen- kasten war in dieser \\'eise gesetzlich als ein Fact<»r der städtischen ArmenpHe^^- mit dahin zielenden Ivechien Und Ptiiehten anerkannt, ohne dass dies Vei-hältuiss jedoch irgeinhvie klar präcisirt werden wäre.

T)ie gescliilderte Organisation des Armen Wesens er\vie> sieh zwar för das Autl)liihen der Stiftungen, unter Mitwirkung günstiger \'er- mögenssteigeru Ilgen durch vortheilhatten (leländeverkaut und einzelne reiche Zuwendungen, sehr erspriesslich, imlem eine streng pflit ht- getreue und von tüchtigem Bürgersinne geleitete Verwaltung deren VermjSgensBtand nicht allein zu erhalten, sondern bedeutend zu steigern

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47. StiiiUigclu's Anuen- und Stiftunitawesra.

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wQflste imd den umeren Haadiait auf das Beste ordnete, auch die Aufgabe der Stiftungen in ihren Grenzen ansgiebig zu erftlllen suchte. Allein so förderlieh dies dem Wohle der einzelnen Stiftungen war, 80 fehlte doch auch nicht die Schattenseite, dass AllmSlig immer mehr das Bewusstsdn der Znsammengehfir^keit und der Aufgabe einheitlicher Wirksamkeit fOr die gessmmte Armenpflege einem Streben nach einseitiger nebenbuhlerischer Beschränkung auf eine lediglich die Specialau^abe der Stiftung bezielende wenig entg^n- kommende Yerwaltungstfafttigkeit Platz madite.

Der Senatsdepntation zu den milden Stiftungen ward es schwer, den geschlossenen Gremien der Stiftungsrerwaltungen gegenfiber eine eingreifende Wirksamkeit zu entfalten; ihre Zust&nd^keit war nur in wenigen F&Uen eine entscheidende; sie konnte &st nur yer- mittelnd auftreten und Murd vielfach nur die Brieftrtgerin zwischen Senat 1111(1 Stiftungen zur Vorlag«' der hartnäckig von letzteren ver- tretenen Antrüge. Auch der Seiuit seihst war hei eingreifenderen Beschlflssen an die Zustimmung der Ständigen Bürgerreprib«entation gelinndeti. welche letzt^-re eher für die Wahmng der Sonderrechte der Stiftungen, als für diktatorische Verwaltungseingriffe von Ohen sich zu entscheiden geneigt war. Die ohenerwilhnten Feststellungen der Verwaltung!<ordnu Ilgen iil)er die Anfga)>en der einzelnen Stiftungen wurden von deren fMlegänitern in einschränkendem Sinnr zu <iiinsten der Stiftungen ausgelegt und eine h'eilie von Streitigkeiten und Conij)eten/(<»iilli(ten unter den Stiftungen und letzteren mit den städtischen Behörden blieben nicht au.s, erneuerten sich vielmehr immer wieder.

Die Aiifnalinie und Fürsorge für israelitische Arme und Waisen Seitens der vorhandenen (ttl'entliclien Stiftungen und die unentgeltliche Verpflegung des bei Israeliten und bei Nichtverbiirgerten dienenden christlichen Gesindes im Hospitale zum Heiligen (ieist war olmedeni nach Krlass der Gesetze über die Gleiclustellung der bürgerlichen und fltaatsbfirgerlichen Hechte vom 20. Februar 1849, vom 12. September 1853 und 7. October 1864 im Hinblick auf die Frage Ober die Bedeutung des Vorbehalts in § 7 des letzteren Gesetzes Gegen* stand des Streites, der noch nicht zu vollem Austrag gekommen ist.

Wurden auch diese Oonflicte von Zeit zu Zeit durch liberein- stimmende Beschlösse der beiden AufinchtsbehSrden (Senat und Ständige Bürger - He|)rusentation) geschlichtet, oder im W^^ der

') Fnuiknirter Oet«UesMmnilung, X. Bd. 8. 214, IX. B<l. 8. )t8l and XVI. Bd. t}.

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250 IX. Wohlthfttigkeits^Aastalten.

Gesetzgebung beseitigt, ') so konnte doch keine einheitliche Behandlung der Annenfrage endelt werden, da das frfiher in der AUgcmeinen Armenoommission daftir vorhandene Organ fehlte, und die Stiftnng»- deputation nicht mit ausreichender Zuständigkeit und administrativer Wirksamkeit ausgertistet war. Ueberdies war gesetzlich dem Senate kein £influ88 auf die HerbciftUiruiig eines Zusammenwirkens der zahlreichen Privatstiftungen mit den öffentiichen Armenanstalten in an<lert'r Weise, als etwa uns allgemeinen staiii-^rechtlichon oder j>Dli/,«'i- lichen Gesichtspunkten ott'engela:«sen , insofern tiiclit etwa hei Ge- suchen um Gewälmmg der Hechte juristischer Persrmli« hkrit <lahin> zielende Vorbehalte getnnrlit waren. Letzteres ge.schali jedoi h selten, indem man der wolilthätigen Al)sitlit der Stifter nielit «^ern Hc- schränk milden auferlegen mochte. Di«' Hestiiinnung des Art. S /.u (') der Verwaltungsordnung des Allgemeinen Ahnosenkastens. da^s Den- jenigen, welche bereits von < 'oiit'es-'ioM;ilkasten rnterstützung erli;ilteii. nur in dein Falle Spenden bewilligt wt-rdeii s(dlen. wenn jene Lnter- stüt'/.iiug die an gleichbedürftige und von der Spendesection allein unterstützte Personen gewälirte Heilu'ilfe ni(lit «'m-idit und insoweit eine ( ilei< hstellung mit letzt«'ren bewirkt werde. konnte nur von praktischem Frlbige .sein, wenn der gute Willen der cuulVs.sionelleu und Privat -.Arnu'uanstalt^n ihre Ausführung erni(>gli( heu,

S<» trat das Stiftuugswesen die Tebergaugsperiode des Jahres iMid. Der Aiiseinandersetznngs-Kece.ss vom H>. Februar lHr»i»unfl «las (ie.setz vom 5. März iSti'J (Preuss. Ues.-Saiuml. 'M'2) sj)rach im Art. l-') aus: »Die Verwaltung der vorhandenen Stiftungen ver- bleiht der Stadtgemeinde«, und in Art. 14: »Eine Beitrags- pflicht des Staats zur Unterhaltung der Irrenanstalt, der Taub- stummen-Endehnngsanstalt und des Rochushospitals findet nicht statt.« Dem ersten Anscheine nach konnte man hierin eine Anerkennung der Fortdauer der bisherigen Organisation finden. Allein hierzu fehlten, wie sich bald herausstellte, theils in Folge der commnnalen Organisation, wie sie das Gemeinde -Verfiunungsgesetz vom 25. Marz 1869 aufgestellt, die Aufsichtsoigane in ihrer früheren Zusammen- setzung, theils waren die RessortverhSltnisse zu den staatlichen und städtischen Behörden verändert, wie z. B. durch die Verordnung fiber Einsetzung einer Königlichen Polizeidirection und Ober die

') Man vgl. die ÜMetzfl vom li. Aagmt IBM und Verordnung gloiebon Taget, diw V«r> norgantaliiiiui betrelffMid (0.-8. Xrt. f I«. tio) ; die a«M«ie vom I«. November ifwt (n.-8. XV. tti) iiiKl T2. S) |it. nib. r iKiüt. Irren -AriHlnlt betreffimd (O-S. Xy|.43)t Tom 88. lUrs IMS, RoohM- hospital betrelTend (U.-S XVI. 24.^).

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47. HtAdtisches Annen- and Stiftangswesen.

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örtliche Folizeiverwaltung vom 20. S^jitfinber 18«)7, theils und hauptsarhlith waron die Gruiullaj^eii der Armenpflege durch die Bunde8<;esft/.e über die Staatsjinj^ehörifikeit vom l. Juni 1870 und über den l'nterstiit/.mitrswohnsit/ vom (\. Juni iSTo'). und das Könijfl. l'reussisc lie («cst't/ voiii 8. Miliv. ls71, <lif Aiistiibrun^ (b»s <r(>(bicbten Bundes^e.set/.es betretlend'). sowie durch die Verordnungen über Ver- waltun«; des Land -Arnien\v<'sens vom 21*. Juli inid IT». St'|itrinl»er 1S71 <;an/ ander«' umtax-iendere «ffworden. als (be bis dahin ite>tan(h'nen. Es mnsste daher die M(»^bt likeit ^e^eben wenien, (He bisherij^en li»'- stinnnnn^en, soweit sie auf «gesetzlicher Aniudnun^ berulit hatten, durch Statut nach des (ieuu-inde -Vertassuugsgesetzes zu ändern oder wenigstens die Zweifelhaitigkeit, ob dieser Weg zulässig sei, beseitigt werden.

Dies geaciiah endlich durch das Preussiriche Geeetz Tom 9. April 1873, die Aufhebung Terschiedener Frankfurter Oemtze und Ver- ordnungen betreffend*). Nach § 1 desselben soll die Verwaltung der acht Stiftungen durch statutarische Anordnung ins Künftige ge- r^dt werden und treten mit dem Eintritt der Gfiltigkeit dieser statutarischen Anordnungen die Stiftungsordnung von 1833 und die flbrigen Gesetze insoweit ausser Kraft, als sie nicht Bestimmungen ent- halten, welche die Zwecke und Rechte der betreffenden Stiftungen, sowie das Recht auf Theilnahme an den Nutzungen dersdben zum Gegrastande haben.

Im Anschlnss hieran wurde nun nach eingehenden Verhandlungen das Statut vom 5. October 1875, eine Allgemeine Stiftungs- ordnung für die ü ffe n t Ii < In- n milden Stiftungen zu Frankfurt a. M. betretfend. durch Magistrat und Stadtverordnete erlassen und am October 1x75 von der Königlichen liegiemng zu Wiesbaden bestätigt, mit dem Zusjitze eines Vorbehalts ent- sprechender Abämlerung derieni<;en Bestimmungen, welche durch «'inen etwaitren ()bsie<; der früheren Landgemeinden in dem wegen Mitei<reiit ItiiMi an der Irren- und an der Tanlistniumen -Anstalt schwebenden llec litsstii-itc bctrotli'u wi-rden. Hfl diesem Statute war zwar von der den stiidtix licn lii-hririii n Lr''las>cuen Freiheit in IJe- orifanisation des Stiftun^swcsens im Ilinl»lick auf die \Orverliand- hingen nur nuiassvoller (iebranch gemacht: jedocli dem wiederli(tlt hervorgetretenen Bedürfnis«e, die Verwaltungen der Stillungen in

■) MiindoHtroMllblAU 1870, & S6&. SM.

') Pr<Mv«». o«mtsiaiiin1iinir wn, s. iso.

*) von Oven, »nrnmliintr von (;<Mn)>iii.l(>t;eMlMll ond Statuten I., 8. M, 100—101. *) PreuAS. OeAetzmunmluiiK >R7:t, H. t»7.

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IX. Wohlihttügkeits -Anstalten.

entjeron rnntact mit der .städtischen Verwaltimj^ zu brin^'t-n und die Autsitlitsri'flitt' j>raktiscli niu-hlialti<xt'r /ii ^'estaltm. ent<rfir»'iiirt- kniiiiiu'ii. 1 )('iii<£<'iMiis.s wiril die Aufsic ht filier ilic ai ht hcstrhcnfh-n Stittiiii<reTi von Ma<^istrat und Stadtvt'ri»rilnt'tt'ii. di»- N'i'rwaltun»^ von lMI»'j^ämtern i^ciiht. widehf h-tztiTf viui ih»n Stadtverordiu-tcn i^fwählt und vom Maj^^istrat cidhi h vt'r|)fli( htft \verdt*n. I)ie Amtsdam-r der IMh'^er ist nicht imdir »'in*' h'hfnsiiinijli» h«', sondem aiit nur seclis .lahie l>estimint : allf zwei Jährt' lici(h't ein Uriüthi'il aus. Die ein- gehend.ste Abündcrun«^ K*'^«'» die frühere Kinrichinng bestellt darin, dass die PflegilDitcr jährlich einen VerwalinngK-Et4it aufzustellen und den atidtiflclieii Behörden zur Oenehiuigung vunsulegen haben, an den wie im Allgemeinen, so insbesondere auch in Bezug auf Banten, Remunerationen n. s. w. sie gebunden sind. Zur Bestreitung von Aus- gaben, welche durch die etatmassigen Einnahmen nidit gedeckt werden können, dient der Reservefonds, welchem Alles zuzuschreiben ist, was Yon den laufenden Einnahmen alljährlich fibrig bleibt, mit Aus- nahme des Gewinns, welcher durch Realisirung von Capitalanlagen (Werthpapieren, Grundstücken etc.) erzielt wird. Sollte dar Reserve- fonds des Allgemeinen Almosenkastens, Hospitals zum Heiligen Geist, WaiHeuhauses oder Versorgungshanses den zehnten Theil des Capital- stocks übersteigen, so bleiltt der Benchlussfassung der stadtischen Be- hörden anhfini^estellt, den Mehrbetrag einer andern dieser Stiftungen zu nberwciscn. Für jede Stiftung wird eine Verwaltunff-sordnun^^ von den .stildtischen Behörden festj^esetzt nnt^'r Heobachtini«^ (K\s in Art. 1 des ficsctzes vom 9. April 1873 hinsiclitlich der Zwecke und Keclite der betreffenden Stiftnnfren etc. enthaltenen Vorbehalts; bis dies j^eschehen. bleiben die l)i.s daliin <xülti<;en Ver\valtun<^rdniinj?en. in.soweit sie nicht in Widerspruch mit dieser neuen Stiftungsordnung stehen, in Kraft.

Nene Verwaltnntfsordnnngen sind bis jetzt frlasscu worden für da» Katharinen- und Weissfraucnstift aui 17. November lS7<t, für die Taiibstunnnen-Erzielningsaustalt am 1<». Januar 1H77, für da.s l{o<hnshos|»ital am (5. Febrnar 1877. für die Anstalt für Irre un<l Epileptische am 2S, Septendier 1877'); die \ frhandlun^en fiber die- jenigen für die vier übrigen Stiftnn«(en haben in den .Jahren 1877—80 sn keinem Erfolg geführt, hunptHiichlich wegen der Meinungs- verschiedenheiten, welche bezQglich der Berechtigung an deren Nutzungen (ob diese ausschliesslich ftbr Yerbfirgerte, oder an Alle, welche den Unterstatzungswohnsitz hier haben; ob blos.fttr solche

*) PaUiolit Im Anieisvbtatt der stUUttdiaii Beb6rd«ti, 1876, S. 4M ; i677, s. 40, iu8, 4ia;

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47. StidtischeB Armen- und Stiftungawesen.

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christlicher Religion, oder ohne Rfickmeht auf da« Bekenntniss be- stimmt seien) obwalteten.*) Die eben em^nten neuen Verwaltungs-

ordnnngen der vier erstgenannten Stiftungen schlicssen sich an die Allgemeine Stiftuiij;s<>T(l?iuiiLr an um] nntt rst lit ideii sich von denjenigen von 1Sr>r) hauptrachlich dadun li. d.i^s die Aut'nalimeberechtigiing allen den Untt'rstntzuii^wohiisitz duhier besitzenden Personen znstel»t, ohne Kr.( ksiclit auf das KelijxionslH'ktMinfniss, mitAuHnahnie d»'s KaHmrinen- uud VVeisstVainMistifts, welciies l)los ( 'i»nventtialinnen lutiit'rist licr ("on- fession vorlH-halti'ii war: im Uebrigeu verblieb es im WoMentliuheu bei den früli»'r»'u Eitirichtimi^on.

I>ii' Kriirtcrmi^^»'!! und Kt'slstrllim^eii für «Ii«» nt'iic Orj^uiiisatioii des Stilhint^swesf'iis sind liicniiit, wie scdioii <li'r iManuid neuer Ver- ualtim<;s<)rdnuii;^'<'ii tiir die vier )M'd)'utt'ndst«Mi Stiftiiii^cii ncK'li iiii lif al)j^<'s* lilussi'ii ; sie lialifii ein»' wrspiitliclic l^rgänziin}^ in« Ii zu crliallt n dnrcli »'ine (ir^^anisclii" \ i'rldndimi; dt-r Idslicr auf ( Jruud der ( )ri;aiiisati()ii und (i<'st liäftsor<luHn<; der städtischen Pol izrist-ction vom 12. November I8(i2 lU.e. von dieser Hfli(">rde betliiltigteu Ai'uu'n- Fflrsorgc mit der übrigen Arnien|iHe<ie der ölfentUchen milden Stiftungen und insbesondere mit derjenigen der SpendeHection des Allgemeinen Alniosenkastoui; es wird dabei sm Tenmchen sein, Her Streitfrage über die BeschiSnlrongen in der Nfitzungsbereehtigung, wenn vielleicht nicht eine principielle, so doch eine praktische, zum Ziele einheitlicher und der vorerwähnten neueren Gesetzgebung ge- nügenden Armenpflege führende Lösung zu 'geben.

>) VgL Mittheil iingen aus den l'rotokollco der ätiultverordnelpn, 1871, X. s. 37G; 1878.

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260 WohtthätiKkeits-AiiBtalteii.

48. SrnDTlöCHE POLIZEISEOTION (ARMENWESEN).

Von SUdtrath IlOLTHüF.

Die ti»'t';^r»'it'('n(U'n Vfriiiul<'nui<^t'n, welche im Liint'e der li-t/.ten » Dt'Ct'niiion in dm staiitlichcii N'rrliilltnisseii DtMitsdilainls t'iiisjt'trctt'n

sind, liulxMi wohl iiut' kciiicni (icliit t»' ein»' so weitp'lu'iid«' Wirkung; Ultt'ii kömu'ii, wie auf demjenigen der localen Frankfurter ArnienpHege. War es unter Herrschaft des früheren Zustaudes bis auf unverhültniss- mässig wenige Fälle möglich gewesen, Jeden, der nicht dem Frankfiiiier BfirgerrerbaiMle ungehdrte und in Folge dessen bei HflUsbedflrftlgkdt durch die vorhandenen milden Stiftungen versorgt werden musste, im Falle eintretender Verarmung ans dem Boreiche der diesseitigen Conmiunal- und Stadtverwaltung zu entfernen, so war dies nicht mehr thnnlich, nachdem fttr unsere Stadt bei ihrem Anschlüsse an den Preussischen Staat eine armenrechtliche Zugehörigkeit geschaffen worden war, dici mit dem früher bestandenen Bürgerrechte nichts mehr geroein hatte.

Es muBste daher, als die ganzliche Umgestaltung bezw. Besei- tigung der Grundlage, auf der bis zum Jahre 1860 die comniunale Armenpflege ausschlieHHÜch durch Intervention der öffentlichen milden Stiftungen geübt worden war. es zur that.slchh'i lien Unmöglichkeit gemacht liatte, die bis dahin bestandene Handhabung und Form des bürgerlichen Unterstüt/.ungswesens weiterliin fortzuführen, zur Wahrnehmung derjenigen Pflichten, welche <lem durch das Verfassungs- gesetz vom 2'). März lJ^<i7 neu constituirten Gemeinde -Verbände Frankfurt in Folge der Gesetzgebung des Norddeutschen BiiiHh's und des Preussischen Staates zugewiesen waren, ein besonderes Orixan <jeschatl'en werden. Dies wurdf nann-ntiich durdi die fac- tischen und rechtliclien Fi>]gen des am 1. November 1^^(>7 erla.s.senen Itundesufsetzes liber die l-'reizügigkeit unerlässlicli gemacht, und es trugen die städtischen Heh<irden dieser an sie herantretenden Noth- wendigkeit durch Öchaliung der sog. »Folizeisection« Rechnung,

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48. Städtische Polizeisectiun (Anueuwescu).

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die mittekfc eines am 12. NoTember 1860 ▼eröffentlichten Regulativs ins Leben gerufen wurde.

Dieser neu creirfcen Amtssfcelle flbertmg man die Geschäfte, welche sich aus dem Vorhandensein der unbedingten Freizfigigkeit innerhalb der Grenzen des Bundesgebietes ergaben, mit anderen Worten das Ressort des ehemaligen jüngeren Bfb^germeisteramtes, die Behandlung der Aufenthalts-, Niederlassungs-, Naturalisations- und EnÜassungsgesiiche, femer nebenbd die Verwaltung deijenigen Polizeizwoi^e, welche ausser der Baupolizei der Stadt Frankfurt Aber- wiesen blieben, endlich vorzugsweise die Besorgungen, welche der hiesigen Gemeinde aus der ^e.set/.lichen Verpflichtung zur Unter- st fif/ung solcher Genieindeanjjehörigen und Fremden envuchsen, die nach den von den öffentlichen milden ätiftun^en damals strict feiit- <;elmltenen Anschauungen nicht diesen zur Last gebracht werden konnten.

War das /ii seiner Zeit die Minderzahl der zu versor^^enden

1 1 iiHslM'ihirltij^eii, so ändert»' sich dies \'erhilltiiiss ini Lanfe weniger

.lahre <Zii\\/. V(»llst;illiliL'. An die I{e<_r,.|liri;^f iler l'"rei/.ii^i;^rl<,.it Sellins«

sich mit or^atiis( her N<ithweiuii<ikeit i'ine (hircht^reitende und j^leich- miLssijxe NenifesiaH uu^' der riflenthchen Aruieujdh'f^e auf reichs<,'esetz- licher (hiiudla^^e, welche durch da.s Heichs^esetz vom J>. ,luni IS?*» (hezw. da.s Preussische Aust'iihriui«?s^esetz zu diesen Hestinimun<ren vom 8. März 1871) ert()l«;te, das zuerst für ein weites Länder^ehiet dem Gedanken praktische Durchführung,' zu sichern begann, diuss der moderne Staat im eigenen SelbsterhuliungsinteresHe, wie in einem der jüngsten Neuzeit angehörenden officieÜen Actenstfldce auHj^edrQckt wird, die Obliegenh«nt habe, durch zweckmässige Einrichtungen und Verwendung der zu seiner Verffigimg »tehenden Mittel der Gesammt- heit das Wohleigehen aller seiner Hitglieder, namentlich also das- jenige der Schwachen und Hfilflosen, positiv zu f5rdem, jedenialls somit von allen gleichmasög die Wirkungen der äussersten Noth Tollsf£ndig fem zu halten.

Die umfiuigreiche Bevölkerungsverschiebung, welche in Folge dieser hochwichtigen socialpolitischen Acte in Verbindung mit der Wirkung des zugleich mit ihnen eintretenden sog. »wirthschafblichen Aufschwunges« von dem platten Lande nach den Städten, als den natürlichen Sannnel- und Brennpunkten des erhöhten «xewerhiichen und industriellen Lebens hin Platz greifen musste, rückte das Armen- wesen alsbald in eine hervorragende Stelle der commnnalen Ver- waltungsthätigkeit. '

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262 ' IX- WoblthAtigkeits-Amtalteii.

Die Polizeiaection, auf Grundlage der neuen Gesetzgebung Ver- treterin des OrtsarmenTerbandes Frankfurt nnd Verwenderm der fOr die öffentliche Armenpflege aufzuwendenden Graieindemittel, sah zu- gleich den Kreb ihrer Thfttigkeit, den UmÜAng der ihr znfifülenden vorläufigen und endgültigen Unterstfitzungsobli^nheit nnd das Maase der zur Erfflllung derselben nothwendigen Geldopfer in einem Grade zunehmen, det namentiich jenen etwas engherzigen Traditionen gegenüber, weldhe sich unter der Herrschaft der frCiliereii, ho völlig von der gq^nwärtigcn Sachlage verschiedenen Verbältniaae in weiten Schichten unserer Einwohnerschaft eingelebt hatten, zu den abwe- gigsten Anschauungen und den unrichtigsten Urtheilen über das hiesige bürg(>r)iche Armenwesen führen musste. Dass der Anspruch auf üntcrsttitznng in der Gegenwart ein erzwinghares l'ordornngs- ri'cht geworden sei, dem auf der anderen Seite eine gesetzliche Leistiiiigs |) f I i ( Ii t gcirt'niiberstohe; dass für (icwilhning (Ulciitiiclier Ariut'njjHege ledi^ilic Ii die Thatsache v o r Ii a u d <• n <■ r liiilfs- b «.' d ü r t't i g k I' i t . nicht Kürlcsirlit auf \\ iirdigk«'it oder l'iiw linÜL;- keit der Nuthleidt'iidciu auf vcrscliulilcti' (xli'i- iiiivfrsiluildftf Ent- stehung der Nothlage und uinltTi' niiiun- iiüiass^flx-iid sein dürfe: dass Ausscliliessung wirtlisi haltlii Ii st liwaclifr Existenzen von der anueiireehtlii heil ('onnuunaigenieinseliaft luinutdir unter ganz be- stinunten facti seilen Voraussetzungen und niemals auf die blos theoretische Befürchtung einer mögliduui oder selbst wahrschein" lich^ Verarmung hin durchführbar sei, das alles wurde nnd wird gerade in Frankfurt bei Beurtheilung der bezüglichen Verhältnisse zumeist ganzlich flbersehen oder ausser Acht gelassen, weshalb es nicht Wunder ndimen darf, wenn fiber das hiesige Unterstfltzungswesen, das sich allerdings, da die Verhältnisse ziemlich complidrte sind, nidit mit Leichtigkdt und Bequemlichkeit fiberblicken iSsst, noch immer die absonderlichsten Ansichten in die Oefientlidikeit zu treten TermSgen, die dann auswärts noch wunderlichere Echos wachrufen.

Zutreffende Anschauungen Gber alle hier in Betracht kommenden Umstände werden sich am sidiersten an der Hand zifferischer Darlegung gewinnen lassen. Voraussetzung ist dabei einerseits, dass es gelingt, die fflr die öffentliche Arnieiijtflege erforderUchen Gemeindeaufwen- dungen in ihrer wirklichen Höhe zu ermitteln, aiulerei-seiis, dass sich ein hinreichend zuverlässiger Maassstal) ausfindig macheu lässt, an dem der relative Umfang des gesetzlich zu Leistenden bezw. des wirklich Geleisteten weiteren Kreisen angemessen Terdeutlicht zn werden vermag.

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4S. Städtische PoUseiaection (Armenwesen).

26a

In eraterer Benehnng int daran zn erinnern, dass «af Grundlage der zti Recht bestehenden Armengesetzgebung die Oemeinde sehr häufig verpfliditet ist, für dritte Armenverbftnde vorbehaltlich des R^jrresiies an diese durch Gewährung voriäufiger Armenpflege einzu- treten. Die ▼<» den definitiTen Ffirsoxgepflichtigen wieder eingezogenen BetiSge mflssen demnach Ton den Summen, welche nach Maassgabe des jeweiligen Haushaltungsplanes von dem diesseitigen Ortsarmen- verbände zur Verwendung gebracht werden, wieder in Abzug gelangen, tun ein zutreffendes Bild dessen zn gewinnen, was von der Stadt Frankfurt mm eigenen directen OtMiuMiuIeinitteln fiOr Bestreitung der gesetzlichen Armenpfl^ aufzuwenden ist.

Weiterhin wenU-n von hiesij^t'n «iffentliclien milden Stiftunjjen seit einifjiT Zeit für Amienzwecke directe Zuschnss«? gespendet oder Uehei-st-hüssi' ii)>j^'t'liefert. wii« dies /,. B. nu<(enhlicklich bei Waiwiihaiis und Irrenanstalt der Kall ist. Auch diese 8mnnien sind an den Be- trä<reii in Ah/.u'' zu i»iiiiir''M. welche als ninnitte]l)are. aus Steuern zn deckende Arnienlasten (I<t (Jemeiude iiier in Hetrailit zu ziehen sind.

Auf der anderen Seite wiederum niuss ilie Thatsaclie volle Keaclil uii^f linden, ilass die Stadt Frankfurt ihrerseits auf (Jrund ( lit Iii her Ver|ttli( htunf^ an eine ;;anze IJeiiie vcMi Stiftun<^saustalten Zusrhüsse aus (Jenieiudeuiittelii (Beitraj^ zur Uesuldnn<( von .\er/.trn. in (ieldleistun^ umgewandelte Natural - llolzsjienden. haare Sid)ven- tionen) leistet, welche als nnmittell)are (»emeinde -Aufwendungen für Ariuenzweeke in Rechnung gestellt werden müssen.

Was scblietelich den anzuwendenden Maa888tub anlangt, so läsHt sich die Bedeutung der auf diese Weise fSr jede Bechnung8periode er- mittelten Ziffer nach ihren verschiedenen Beziehungen wohl am besten <1adurch versinnlichen, dass festgestellt wird, welche Belastung sie pro Kopf der Einwohnerzahl des hiesigen Ortsarmenverixuides bezw. der hiesigen Gem^nde darstellt. Dabei wird, imi ein thunlichst zutreffsn- des Resultat zn erlangen, darauf Bedacht genommen werden mflssen, die als Maassstab zu verwendende BevÖlkerungs- Ziffer unter der statistuich gewiss gestatteten Fiction, dass die Zunahme unserer Einwohnersdiaft in der gleichen Zeiteinheit eine vdUig stetige sei, für den glichen Tag der Rechnungsperiode zu ermitteln, deren armenrechtliche Belastung daran.stellen sie bestinnnt ist.

Unter Beobachtung dieser Hücksichten ist folgende Tabelle ent- worfen, welche bezweckt, eine bisher bei öfientlicher und privater Besprechung des hiesigen Armenwesens stets vennisste, wenigstens annähernd vollständige und oorrecte Uebersicht deijenigen Auf-

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264 IX. Wohltbfttigkeitc-AinUilten.

wendangen zu geben, welche von der Gemeinde Frankfiurt seit dem Inslebenfareten der Amengeeeti^bang 1870/71 ans wirklichen ootnmn- naJen lUKtteln fiOr geeetgeliche Armenpflege geleistet werden mnssten.

A u s p a h p n

Etats-

der Poliaeisection fikrj

geleistet in Zosehfissen an folgende Anstalten

jahr

Knudran« !

tmn-

BntbiML-

HeiLOekt-

1

pllece

pfleg» Hoepital

Anatalt

Anrtalt

Hoepital

Ahrnwcn-

M.

M.

M.

M.

H.

M.

M.

1«72 ,

544007

76Ö1-44

3085714

57581-66

8085-71

1821*00

2568144

1873

1 6065-64

11441*20'

20142-82

63966-60

8085-71

1858i)8

25303-27

1874

' 8420-54

17570-28'

; 17614-29

64:11874

400000

2270-29

26:i21-44

1875

81679-72

23485-72

f)4K(irr;{2

}'.ilO-7ö

2120:39

2(. 40 1-44

1876

1 2äü4ö-42

2m&Hi

r22214-d0

62000 00

5444 00

18i:V25

26401-44

1877/78

1 7257M6

180945-27

1 16051-78

86229-96

7620KM

1514-90

31264-30

1878/79

100493-40

212115-81

7123-99

5901-90

1382 50

26121-44

1879/80

13038616

243959-08

8412-25

5479-83

1194-50

26121-44

Etats- jähr

i

Einnahmen

Wirkliche AoBicabßn

HUH

Gemoinde- mitteln

EinwohniT- zabl iwrSl. Dee. bcsw. per ai.lIXn

des betr. BeobnimgB- Jabree

Amgabe

per Kopf der Ein- wohner- lahl

Ersatsgelder

ZnachfiMe

Ueber« soliilsao

IflrBoeliu»- Hoapital

soxutige

biesigur Anstalten

M.

M

M.

M.

M

M.

1872

10367-48

21744-43

100019-64

04289

106

1873

9150-05

22587-74

- 1

1 109126*43

97288

1*12

1874

6994-88

25040-06

10S486-64

100278

lOs

1H75

6561-60

:W515-00

1:55287-71

io;342;j

l-:{ü

1876

55;U76

;i35 13-40

i:i7;{8421

1069:32

1-29

1877/78

1321-49

56483*72

1 '238:392-21

124250

1-53

im LQaart.

|in*y<Jahreii

ftofli Jahr

1878/79

74276-47

27329 07

15783-56

235750-05

128955

1-83

1879/80

79853*95 |

35849*64

23297-23

1266852*44

133678

2-07

Diese Ziffern, \vr]( Ii.' sich, wie schon rtn<;e<levitet., mit voller Absicht auf den seit dem 1. Januar 1872 ubj^ehiutenen Zeitraum beschränken, sind in mehr als einer Hinsicht für die Beurtheilung des hiesigen Armeuwesens bemerkenswerth.

Zunächst thnn sie dar, daas auch hier, wie in allen gössen Städten, die Anuenla.st eine ganz enorme ist. Zur richtigen Wür- digung der vorgefülirten Zahh.Migrnppen muss in dieser Hezieliniig danin erinnert \verd»Mi. dass neben den (hirch sie dargesh'llten dirrr- ten (JriiM'iMdt'iiiif'wt'ndungen für Ai-nuMi/wcckr noch die hedentenib'n Leistungen der hiesigen öttenthchen milden Stiltimgeii stehen, welche wenigstens ^um grossen Theil der gesetzlichen Armeupliege, d. h. den

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4«. Stsidtisclit* l'olizrist'cti«>n (Arim'uwesen). 265

im ^(•.s<'tzlicli«'ii SiiiMi' lliilt'shc<lürl'ti«;»'n /u (uitt' k<uimu'ii. wälirtMid f reilich nicht imbcdcutciidc Ht'triij^c zur hlosscn Krh'i( litci iiii^ der Lage minder Wohlhabender Verwendung Huden. Die gesamnute Waisenpflege, die als ein ganz integrirender Theil der gesetzlichen ArmenpHcg. ini eigestUehen Sinne anzuiqiNrechen ist, wird z. B. von dem hiesigen Waisenhause geleistet, ohne dat« die« in den obigen Zifiern Berflcksiclitigung finden konnte.

Das GapitalTennSgen der Öffentlichen milden Stiftungen belief sich Ende 1880 im Minimnm auf 16 Millionen Mark. Nimmt man an, dass von den 2iin8en dieses Capitals 1 '/t */o für stiftungsmassige und zu^eich gesetzliche Armenpfl^ verwendet werden (was der Wirklichkeit ziemlich nahe kommen dürfte), so reprSsentirt dies pro Kopf der Bevölkerung z. B. in dem Rechnungsjahre 1879/80 aber^ mals einen für Annenzwecke aufgewendeten Betrag von 1'80 Mark.

MxT dann't nicht genug. Die Oonfessional -Almosenkasten, die Phvatwohlthatigkeits-Sfiftiin^xcii. « ine ganze Reihe von Vereinen und ganz hervorragend, ja irerade/u in i^rfw.sartigem Umfange Privat personell leisten neben der Gemeinde und den milden Stiftungen durch die von ihnen ^'ewührteu Unterstützungen zum Theil «rcsetz- liche ArnieiipHe<^e. d. h. sie treten dort ein, wo ohne ihre liitt-r- vention die Gemeind»' aus ihren directen Mitteln Anueupilege zu gewähren «xcsctzlich yrrpHirlitct sein wünle,

Eriii«")Ufli( lii'ii ilicsr Krwä^niij^'i-n auf der ••inen Seite einen Ueher- blick nl)er den rnit'all^' des hiesi'^reii A riuen Wesens, so lej^eii sie auf der and«'reii Seite den Man;j^el desselben klar vor \u<ren, welcher weseiil licli in einer f,^et ;iilezu (dassiscli zu iieniietuleii Zert'ahreiilieit hestelit. die in einer im Kaunie und Kaliuieii dieser Darstellung kaum zu schildernden Deceutralisation der von einander rechtliidi und thatsilchlicli völlig nnabliiLn^;ifieu Spendeorgane besteht, von denen jedes andere Grundsätze befolgt, wie die übrigen, und, was das Schlimmere ist, vielfach andere Zwecke zu erreichen bestrebt ist, wie die anderen.

Darin liegt fttr die hiesigen Verhältnisse eine Gefahr; eine Gefahr, die bei der besonderen topographischen Lage unserer Stadt hier eine weit grössere als anderwärts ist. Der hochbedeutsame social -politische Gtedanke, dessen Kealisirung die neuere Annen- gesetzgebung anzubahnen bestimmt war, kann nnr dann zur förder- lichen Geltung gelangen, wenn er auf einem möglichst ausge- dehnten Territorium möglichst gleich mässige Beachtung findet Wird local an einer Stelle desselben über das Maass des gesetzlich

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260 IX. Wohlthiitigkeits -Anstalten.

ErfSorderlichen hinausf^egangen, so bringt dies der Gtesatnnitheit relativ geringen, wenn überhaupt einen VorÜiei], dem betreffenden örtlichen Bezirk, der freiwillig Verpflichtungen Obemimmt, die an anderem Orte zu tr^n waren, schwerwiegende directe und indirecte Nacbtheile.

Ohne Verpflichtung in der Gegenwart gewährte Armenunter^ stfitsung hat, nach der g^enw&rtigeu Lage der Oeset^bung, an

der sich wesentlich kaum etwas andern lassen wird, zumeist mit un> abiuulcriicher Nothwendigkeit den Erfolg, in ganz absehbarer Zukunft den Umfang der z^^'anjxswtMsc zu tiairriMlcn Annenhust zu erweitem.

Cmisecjueiiterweise ist daher, wie noch jüiii^st in den (^»niV'renzen deutscher Armeupfle^er in Herlin, als Postulat t'Ur das moderne Tnier- stntzunp^wesen «h r .Satz aufi^estellt worden, dass die ffe«ininjt»* ört- liche Wohlthäti^rkeit.sjiflt'^e, auch soweit sie eine völlij^ ireiwilli<j:e ist, in den eni^stt-n Anschluss au das gesetzliche Unteistützungsweseu gebracht werth'n nuiss.

KrtVeiiliclitMwcisi' sind in dem Anirenhlicke, in wclcliciu diese Zeilen niedci-jj^csclinihcii wcnlfii, in hi('si<rer Stadt L'ntcrhandlun<^en eingeleitet, welche liollentlich nach vr»IIij_'er rni^estaltnn'jf des hiir^er- lichen Arnienweseiis auf Grundlage des uuf diesem (iebiete zur whönsten \V irksandveit berechti^^ten und lierufenen Selltstverwaltnnjjs- jiriniijus endlich dazu führen werden, ein völlig gedeihliches, weil völlig orpmisches Zusammen fassen aller der sic h bis jetzt vielfach kreuzenden, henunenden und in ihren Wirkungen ge-^enseiti^; auf- hebenden Wohlthatigkeits- und UnterstQtzunguboatrebungen und damit einen Zustand herbeizufilhrmi, der Frankfurt, das durch seine ossartige Gebefreudigkeit von j^er weit berfihmte, auch in dieser Beziehui^ir seine Stelle unter den ersten der deutschen Städte anweisen und dauernd erhalten wird.

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49. Arinenvereiii.

267

49. ARMENVEREIN.

Von Dr. KARL OPPEL.

Der » l'Vaiikturt«'r AninMivon'in« wurde gej^riinilft am 27. cember 1H77 mi<l trat in Tliiitigkt'it am 1. Januar 187H. Si'in Zweck ist ein fhfit'aeher : U n t <■ i >. t li t / ii ii^' Bedürftiger, Auakunits- ertheiliing an die Mitglieder, Steuerung des Uau»- b e 1 1 <> 1 8.

Ih'v Arniciivt'n'in liirtct sciiii' llültf in d<'nif'ni«^»'n Fiilh'n, in wt'lilu-n nicht amlcn- Onjanc zur UnttTstützmiLr l)«Tnt»'n sind, («li-r wt-nn dir von ilint'n heu illitrto Jlfilti- nicht ansrciciit. Er unterstützt aber nur soh hr PtTsmicn nml Faniihm, wi'lclic in der .Stadt l'rank- fnrt ihr IliiUstloniicil haben, d. Ii. w»dche a) einem Stiud«' aiii^ehitren. in wt-lchcm das Ueiciis^rcsctz üher den rnterstützunj^NS. dlinsitz ein- j^el'ührt ist, und welche sich h) mit tififr SrllistlM ^tiiunuiuf^ tuich vuMendeti'm '2 i. Lehensjalire ununterbrochen zwei .lalire hier aul'f^e- halten haben, ohne während dieser Zeit ülfentlich unterstützt worden zu Hein. £s soll durchaus verhütet werden, das» von aiueen hteiher gezogenen Penonen durch die Hülfe des Vereines der Aufenthalt in unserer Stadt erleichtert und dadurch die Gewinnung des Unter- stfitzung^wohnsitaEes ermöglicht werde.

Solche Leute, welche gesetilich von dem Erwerbe des Unter- stützungswohnsitzes ausgeschlossen sind, n&mlich die Angehörigen des Reidulandes Elsass-Lothringen, die Bayern und die Ausländer, sollen von den UnteistÜtKungen nicht prindpiell aui^genommen sein; jedoch kann ihnen nur, wenn sie vorübergehend hfllfsbedflrftig sind, Beistand geleistet werden; bei dauernder Hülfebedfirftigkeit wird durdi die staatlichen Qigane die Uebemahme von der ver- pflichteten HeimathsbefaOrde erwirkt.

Der Annenverein unterstützt in Nothfällen mit Geld, Brenn- material, Kleidern, Lebensmitteln etc.; aber er will nicht blos da helfen, wo Noth und Mangel bereits eingetreten sind, er will haupt-

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2C8 IX. WohUhätigkeita-Anstaltea

Schlich auch vor Verarmung schützeiif darum bewilligt er unverzinsliche Darlehen, liefert Nähmaschinen und sudit auf mannig- fache Weise den Fleissigen in seinem Erwerbe zu unterstfitzen.

Es wurden verausgabt 1878 1879 1880

an Unterstützungen . . . M. 22 226*80 32 143 35 35 385*94 an Darlehen 2 798 3 284*75 6 932*32.

Die Zahl der Bitl^pesuche betrug' 1 Oai 3(520 5 147.

Ein jj^rosser Missstund lu i liiesiger ArnK iipH«'^'»' b^vsteht darin, dass von den vielen milileii Stitlun^en nicht jede eiii/cliie weiss, was die Hilden' tluit und leistet, und da.s.s durnni gewandtr I'i ttler, welchen alle \Vr<fc Itckaiiiit -ind, oft mehr unterstützt werden, als ^ut ist, wodur«li dann si'll).stverstiindlich die wahr Ii alt liedürftii^en he- il ach tlieilij^t werden. Der Arnienverein retfistrirt von allen l'etenten, welche hei ihm einkomnM'n, alle Unterst iit/im«;en, woher sie auch bezogen werden mögen, stellt die l'erst»nalien ^jiMiau fest und hietet .sein reiches Actenuiaterial den Vereinsrnitglicdcrn zur Einsicht an, ist auch IxTt'it, schriftliche Anfragen derselhen kurz zu beautwurteu, damit die 1 'rivatwuhlthätigkeit aufgeklärt werde.

.\nfangs wurde diese Seite der Wirksamkeit von den Mitgliedern wenig heachtel : im dalire 18R0 aber mussten mehr uLs 3000 Au- fragen (meist schriftlich) beantwortest w«!rden.

Damit dem llau.sl)ettel gesteuert werde und nicht nur die hier aniuiäsigen Armen, Hundern auch alle Handwerksbnrschen uud undere Passanten an den Thüren at^^ewiesen und an das Bureau des Vereins geschickt werden können, erhält jeder Handwerksbursche, der sich durch seine Papiere ausweisen kann, 30 Pfennige; andere Durch- reisende werden in Nothfallen je nad^ Bedfirfhiss unterstfitzt.

Für Passanten wurden 1878 1879 1880

ausgegeben M. 1338*29 1459*67 1694*00.

Eine Gontrole darfiber, ob Handwerksbnrschen unsere Hfilfe nöthig haben, existirt nicht; die Gabe wird ab^ dennoch in allen Fällen verabreicht, damit unsere MitbQiger ohne Gewissensscmpel jeden Bettler an das Bureau des Vereins weisen können.

Hei seiner Constituimng zählte der Verein 1687 Mitglieder; bis Ende des Jahres 1880 war diese Zahl auf 4513 angewachsen.

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50. Allgemeinpr Almosenkasten.

269

50. ALLGBMEINER ALMOSENKASTEN.

MtttbeiluQg des Ptlegamtcs.

Im .liilirc 14;{7 ühtTtful) *hn- Hür*^('r Johann \Vi hshi!K1»kk, aus l<l>ti'iu 'r<'l»ürti<r. AfauistiT d(>r siolx-ii fVt'ion Kiiiistr. iiacli sciiit'iii sal»l>. ]u»st. (1. Sanct Lamix'rti \ \'2X rrriclitctcn S«lii'nkiin"_r'<l»ri«'ft'. tlnu liatlu' zu Fraiikt'iirt a. M. <'in ('a|utal von .'»litio (iiiMni /.ii «'iiiciii ewigen iVliin tiir llaiisarnir. Alt<Tss< hwadir iiiul Kiiullicttcriiinfii.

Dieses nach dem W uns* lie des Slitters von dem Ifatlie in l*He<r(> genommen«' Crt])ital wurde 1 IMS dur< li S( lu-nkung .Iiuianns \ i>n IloLZHAi sKN lind Später durch weitere \\ iilmuugeu verschiedener W oidthüter vermelirt.

Die Gaben aus dieser »Stiftung wurden in der Kirche zu St. Nicohius gespendet.

Nadidem die in Frankfurt entstandene nene evangelische Ge- meinde, deren Angelegenheiten der Rath, welcher sich der kirchlichen Reformation zugewendet hatte, leitete, im Jahre 1525 die Errichtung eines gemeinen Kastens verlangt hatte, »wohin alle Stiftungen von Almosen, welche zu der Ehre Gottes verordnet zu geben seien, um arme Leute damit zu speisen« entsprach der Rath diesem Wunsche und »fing (1530) den gemeinen Kasten zur Erhaltung der Hausarmen allhier zu Frankfurt an.c

Die erste Almosenvertheilung fand 1531 auf Sonntag Laetare durch die aus dem Rathe und der Bfirgerschaft bestellten sechs Pfl^er statt.

Ausser der VViES'EBEiM:i;'^rli.>n .Stift uiil,'. Almosen zu St. Nicohuis genannt, wurden vom Jahre 1.'»;}! an, mit dem weiteren Vorschreiten der Kirclienrefornnition, verschiedene Kirchengiiter und Kinkiinfte dem Ahnosenkasten durcli den kirciihch retormirenden Ruth überwiesen. So das liarfüsserkloster mit Kirche in (h-r Stadt, der (lutleuthof mit seiner (!a])ene. di«' (lefäHe <h'r St. Marfinus - Kirche. die (iefälle von St. Peter und der Dreikünigskirche. 1583 wurde der

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270

IX. Woblthitigkeits-AiisUlteii.

Gebniiich eingefQhH. dn.« Almosensucklein (Klingelbeutel) bei dem Gottesdienste zum Jiestt n des Almosenkastens nni/ntni((en.

Ausser diesen KiiThen-Colleiten wurden dii' hei Hochzeiten und bei Begräbnissen aui' den Friedhöfen für die Armen gesammelten Betrüge dem Kasten zugewiesen.

Dem Almosenkasten la«; nicht nur die liindationsmiLssi^e Unter- stiitznnt; der liiesi<^en hürt^erliclifii cliri^f liehen Ilausarnien ol); die Kasteiiherreii ( l'Hrj^cr) versahen /ii<rlt'i( Ii aiicli die sonstiL'en Fiinctioin-n eines Kirclieiivorstauth-s unter dem Ituthe, welcher das Kircheu- reginient führte.

I)«'niniu h war das Kastenamt zuj^leieh > Fahriea« di-r Kirrlieii und da (hisselhe auch das gany.e Beerdigungswesen leitete, \ erwalter der Friedliüle.

In der Barfüsacrkirche, welche neben dem seit 15:51 und bis zum .Jahre 1839 als Amtslocal des Kiistenamies benutzten Klaster lag, und seit 1529 als Hauptldrohe für die Kvangelischen diente, wnrde getauft, aufgeboten und getraut.

Schon 15S1 verordneten die Pfleger dea Kastens, daas die Kamen der Oetauften, Getrauten und Gestorbenen verzeichnet würden.

Am 19. Mai 1533 b^ahl der Rath den Pflegern nach einem Kirchendiener zu trachten, welcher bei dem Almosenkasten nnd dm Gottesdienste an Huiden zu gdi«i habe.

Hit dem 1. Juni 1533 beginnt das von dem Eirchdiener gef&hrte Kirdienbuch, worüber das Kastenamt die Aufticht hatte, welche dconselben auch nach £mchtnng des lutherischen Gonaistoriums im Jahre 1728 bis zur Auflösung der KirchenbudifOhrung und Ein- führung der Stsmdeshuchfuhrung 1812 verhlieh.

Der Almosenkasten hatte die Besoldung der lutherischen Geist- lichen sowie der Kirchendiener aus den ihm überwiesenen Mitteln zu bestreiten.

Erst durch die Kastenamisordnung wurde dem Almosenkasten diese Verptlichtunn; ffleichzeitifr mit der Kir(henl)aulast ahjxenojnmen.

Auch iür die Unterhaltung^ nnd Ptlet^e der (Jeisteskrankeii hatte der Almosenkasten mit zn sor«;«'!!. und es st^iuden his zum dahre 18:*»r). wo ein hesonderes IMIf^amt hierfür geschatien wnrde, die von deui- selhen gegründeten AnsUilten l'ür Irre und K|nle|itisehe <md das alte Kastenhospitul unter Leituug des Pflegamtes des allgemeiueu Almosen- kastens.

Sein Hau]>teink<Munieu bezog und hezitdit der Almo.senkasteu aus den vernuichten und geschenkten Grundzinxcn, Erbziusen, ZehnU.'n

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50. Allfremeiner AlnmenkastMi.

271

und Gefallen jeder Art, sowie aus den Zinsen vielfach zugewendeter Caj)itali('n und den I'aclit|f»]deni grösserer und kleinerer Gdter, l( lu' er in der Stadt und ileren Gemarkung, wie auch in den Gemarkungen der frfilii i. ii I i niklurter Dörfer, des Bomheimer Bergs, in der Wetterau, dem ^iied-Gaue nach und nach erwarb.

Unter den Schenkungen und letztwilligen Gaben, deren Zn-

wendmi»; diiicli eine llathverordnung von ir)R.S sehr gefiirdert wurde, welche bestimmte, dass kein Testament in der Canzlej hestsltigt werden dürfe, wenn nicht auch dem Almosen kästen «der dem Hospitah« oder dem Sfadthaue etwas verschatft seie, tinden sich im 17. Ii*. Jahrhundert manche, deren Erträ^^nisse besonderen wohlthätigen oder gemeinnfit/.if^en Zwecken «gewidmet sind. >(> dem Studium der Tlieoloi^ie oder amlerer W issenscliat'ten. der Krlernun»f einer Kunst oder Fertiijkeit z. B. <ies Nähens, der Belolinun«,' von Hebanunen.

Der Ifath, welcher im Interesse der armen Bürger wie der Stit'timt; .Hell)st, dieser stets /uwen<lun<;en und Mitt(d zu/uführen he- miilii war. gewährte, ausser den Neiijalu-ssaiuinliiniren von Haus zu Haus, Ix'i l»esnud<'reu Anlässen fit'ter Ilauscollecten, Hess Strat- gelder, Hnr<;errechtsal)}.;ahen und 1 »ispensationsgebühreu. ((intiscirte und herrenlose (iegenstände. .Vbi^abeii von Mess - Sehen>\viirdiü;keiten und TiieatervorsteUungen an den Aliuo8euka.sten zur Verwendung abgeben.

In Zeiten der Notli ijewährteu ilie Stadtl)ehördeii (Hter ansehnliche Zuschüsse, mitunter eine lieilie von Jahren für ilen laufenden l)ienst.

Durch Verordnung vom 'J l. .August 17_' l wurden die Erträgni.s.se der städtiscluMi Thorsperre dem .VImosenkasteii überwi«'sen, welche später in den jährlichen durch das St iitun^fsgesetz vom Jahre 1S;{;5 gewährten festen Jahres/uschuss von H. 12000 niit einbegrilieu wnrden.

Im Jahre 1791 gestattete der Iwith dem AImosenka,steii nml dem Arbeit.s- und Waisenhanse gemeiuschuttlich eine Stittungslottcrie. welche jedoch die St^idt zu Ende des Jahrhunderts wieder iin sich zog.

Als .sich die l>ei Krric htunjx der Armencommission aufgekommenen regelmiLssigen freiwilligen Jahresbeiträj^'e der BfirLCer, so«;. Subscriptiou.s- beiträge, zu Anfang der fünfziger Jahre sehr verringert hatten, uml zu deren Ersatz neue 1 1 iilts(|nellen erschlossen werden nuissten. winde durch (iesetz \om 15. A[)\i\ iSöl ein Einkaufsgeld in das Mit- eigeiithnm der hiesigen milden Stit'tuni^en von Ü. 100 ^resehuHen, vv»dche Abgabe von je<ler tlinnh ileiratli in das liürgerrecht ein- tretenden Tersun zu entrichten war, deren von christlichen Bürgern

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272 Wohlthfttigkeits-Aiistalteii.

eingehende Jahresbeträge dein PHe<^amt des A)in(>s*>nka.stens fibei^ wiesen wnrden, nm die eine llillftr /.iini Ciijtital der Stiftung zu schlagen, die andere aber zu dem laiitViidni Dienste der Anii)']i])He<re zu verwenden; während die von israelitischen Mitbürjfern einfjehjMiden Eillkanfs«;eUh'r an den israeHtisdicn AhnosenkaMtcn abfrc^chen wurden.

Dnrcli dii'si^ Kinkauisgehler, welche seit dem Jahn' IST" nii lit nit'lir «feliefert worden sinil, stie«; die Jalireseiiinalniie der Art und veniielirte sich das /.iiistra^ciiile ('ajiital progressiv sn. dass von lSr>2 an da.s l'He^faiut iiii lit mehr in «leiu |'"alle war, uusserordeiithehe Zuschüsse von den städti^5chen Behörden der freien Stadt I ranklurt zu erbitten.

Durch liesomli res (ieset/. vom .'{. L)ecenil»er 18.'i^{ ist der Spende- section des all<(enieinen Alnioseukiusteus und tlen anderen dort be- zeichneten Stiftungen das Hecht verliehen worden, aus dem Nachlaase der verstorbenen Alunmen Ersatz der Kosten, welche eiii Alnmnns veranhyHt, zu fordern nnd im Concurse mit Vorzngsrecht zu liqnidiren.

Den armen Bürgern war -früher die Holzlese im Stadtwalde gestattet.

Ein Bezug von Brennholz aus ärarischen Mitteln für die Alumnen des Almosenkastens bestand von Alters her und ist iu der Stiftnnga- ordnung vom Jahre 1833 gew&hrleistet.

Die stiflungsmSarige Aufgabe des Almosenkastens in Betreff der ihm obliegenden, von den Pflegern und den Beamten des Pfleg- amtes geübten Armenpflege war von jeher: »die einheimischen ein- gebürgerten chnstlichen Hausannen, einschliesslich der Beisassen und deren Angehörigen in der Sbidt. ins}>esondere alte und gebrechliche Anne aus seinen Mitteln regelmässig durch Geld und Naturalien /.n unterstfit/en, sowie die (dem Amte später abgenommene) Sorge für Waisen, Geisteskranke und manche andere Leidende.«

Die erste geschriebene Ordnung für i!en Almosenkasten erschien am 29, Jnli 17:t5. Sie war das Produd längerer Verhandlungen vor einer Kaiserlichen ( 'ommissidn inid deiu Keichshofrathe, wurde dem damaligen Magistrat durch Couclusnm vom 29, Juli 17.'}') publicirt und behandelt auf 20 eng gedruckten Fiditiseiten alle Einzelheiten der Verwaltung und der .Arnu-iiptiege des AIniosenka.steus.

Um dem .Anwachsen d<'r llau.sarmen zu steu»'rn, wird für die einheirathenden Fremden die Leistung von Cautionen von tl. ;>U() eingeführt, die im Verarniungslalie aingegritfen werden kcinuen.

Die Verwaltung wurde danach von einem durch den Kath be- stellten, anfangs aus sechs, später bis zum Antauge dieses Jahrhunderte«

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60. AllgemHiiifr AlmosenkMteii. ^73

aus zwölf Mitgliedern bestehenden CoUegiam geftdirt, wovon drei resp. sechs Mitglieder dem Rathe angehörten, die drei resp. sechs anderen Hitglieder aber aus der christlidien BCligerschaft genommen wurden.

Dieses Kastenanit besorj^to nicht nur die \'orwaItiin}r flos Ver- ni(">^^t'ns, sondern auch die Feststellung und Vertheilung der Almosen

und die ganze Armen pflet^e.

Während der Unterwerfung der Stadt Frankfurt unter die Herrschaft; des Füi-sten Trinias des Rheinbundes und Grossherzogs von Frankfurt wurden auf (irund einer von dem Tiross herzöge am ■JS. Juli 1810 erlassenen Stiftuutrsordnunfi' die T'clu rs« lifisse der Heveiiiien de« Almosenkastens, wie dirjfnij^en iiielirerer anderen »Stif- tuiii,'t'ii, (liT von <leni Fürsten für die StiuU Frankfurt i'iu<^esetzten Arnieut ()niniissi(»n /u Almosen und anderen Uuterstützunguu aller hiesigen Armen fiberwiesen.

Die Jiacli \Vii'<lerrrlan<rung der l'rt ibeit und Selbstständigkeit der Stadt vei lasstf < 'oust i( utious-Ergän/.ungsacte vom .Jahre IHl«} Hess diese Frimatistlie Einriditung von-rst weiter bestehen, indem sie die demnächstige Regelung der Stiftungsverhältnisse dnrch Gesetz vor- behielt.

Auf Terfassnngsnteige Zustimmung des Oesetzgebenden Körpers erfolgte zunächst durch Senatsbeschluss vom 30. December 1818 die Aufhebung der Armen -Commission. Der Almosenkasten Übernahm wieder die selbststandige Verwendung seiner Mittel zur ünterstfitzung der Armen und flbte dieselbe durch eine Abtheilung seines Pfleg- amtes, »Spendesection«, ans.

Die auf Grund ▼erfsssnngsmfissiger Beschlösse der gesetzgebenden Pactoren der freien Stadt Frankfurt a. M. am 3. December 1833 veröffentlichte Stiftungsordnnng für die milden Stiftungen, welche ausspricht, dass das Vermögen des allgemeinen Almosenkastens, wie das der ül)rigen dort bezeichneten ötfentlichen Stiftungen, Eigentlnira der christlichen Gemeinden der Stadt ist, bezeichnet den Zweck der Stiftung in g 1 der Verwaltung»- Ordnung des Alniosenkastens in wesentlicher UebiTeiustinuMung mit der Ordnung von 1735 dahin: ''Die Unterstützung (b-r Armen und Nothleidenfien ujit<'r den hiesigen Hi'irgern, Beisassen tuid sonstigen Angeliörigi-u der dr< i christ liehen ('onfessifuieii aus der Stadt, soweit solche nicht von aiubTii milden Stittuugen versorgt werden nu'issen oder wirklich versorgt werden und soweit seine jährliche Einnahme zureicht, auf den Fall, <huss sie arbeitäunfähig sind.«

18

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274

IX. Wohlthltigkeits-AnstaHen.

Nach dieser Vfirwaltnngsordniing wird die Stiftung von neun au8 der Bili^rachaft gewählten Mitglioflcrn geleitet und mit Hülfe der Beamten verwaltet. Von diesen Pflt^ern gind sechs wir Ver- theilung der Spenden clt'])utirt (Spende-section); die flbrigen drei fuhren die Verwaltung und haben die ganze reine Juhreseinnahnie aus dem Vorniögon dos .Almosenkitötens ratenweise an die Spende- section zur Vt'i wciulung !il>7,ncjoben.

Zur spocicllcii Fiirsur<fr tiir (Vw Alimmt'u Ix'sti-lit'ii iiiuli der Vt'r\v:iltiiii<^si»rilniiiig l^'Hondcrt' AriiicniiHci^tT für die »Stadtquartiere, auf deren Hericht«' die Spendesettioii Besclilnss fasst.

Die Verwultungsordnuiig stellt ;ils teste Uuhriken für den Fiinnah lue -Etat der Spendesection in li auf:

1. Ertrag der öaninielbüch.sen und andere unstiiudige Einnaiinien;

2. den reinen ßevenUen -Ertrag des Almosenkastens;

3. die jiihrliclien Snbseriptionen;

4. den Zuschnss des Aerars von ^nlass^ und Bürgerrech tsgel dem und Pfandamts-Oewiiin.

Die hiernach abzüglich der Ausgaben fttr Gehalte and Bureau- kosten zur Yerffigung stehenden Geldmittel werden zur Verabreichung regelmässiger Wochenspenden in Geld und Brod, zu ausserordentlichen Unterstatzungen bei Krankheiten und besonderen Nothfällen, sowie zur Beschaffung yon Beklcddungsgegensianden jeder Art für Erwachsene und Kinder ▼erwendet.

Das Brod für die Armen wurde ehedem aus der Ktnmeinnahme der Stiftung durch einen Kastenauitsbäcker verbacken und direet an die Ri'diirftigen vertheilt. Nach der heutigen Einriclitung ist die Brodbeschatfuitg mehreren in verschiedenen Stadttheüen wohnenden Bäckern abertragen imd werden den Alumnen die entsprechenden Anweisungen ztnn Empfange der verwilligten Brodsjienden bei den Bäckern wiichentlich dureli die Spendsection zugestellt.

Ausserdem verwillit^i die Se(ti()ii aus dem ihr stiftuufTsmässii» gewährleisteten llolzhc/uge (welcher zur Zeit in (ield zur Auschatfung von Kolileii geleistet wird) im Winter Brennstotf an AliinmeTi.

In KranklieitstVilleu erhalten die Alumnen auch Anweisungen auf freie ärztlirlu« IJcliandluiig durch die von dem llosjdtale zum Heiligen Geist angestellten Herren Armenärzte und auf freie Arzneimittel.

Die früher auf Kosten des Kastenamtes, später «les städtischen Aerars, erfolgte Einweisung von Kindern der Alunnien in den freien Unterricht der Volksschulen, hat mit Abschaffung der Frelschule aufgehört

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50. Allgfraeiiirr Almosenkasten.

275

Die iiju listt'Kt'iitU' TaMle <^ltt ein«* U^'lM'rsicht <lor EinniiluiM'n tun! Ans*ral»t'n der .SpL'ndestTtiüu de« uUgeitieitien Almoscnkiustcns iu den Jaliren 1834—1880.

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Bei QewShraiig ihrer üntentatzungen hat die Spendesection davon anazugehen, daas die Armen, welche auf sfciftiingsniSasige

■) I)i<>Hc RiihHk i>nthnu mich die yariirenden nnatindigren Binnahmon als VorebruRfMl Legate, (iuttespfennigc , Hammidbaehaen etc^ welche ta d«n mit „Uaranter" vwielehiMlOa BvbrikoB nloht aaf^ofUirt «Ind.

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IX. W'ohlthiltigkeita-Ansulten.

Unterstützung dnrch den Almoeenkasten Aniiprach haben, zunächst von den hiesigen christlichen Gemeinden, welchen sie angehören, durch die sog. Confessionalksusten zu unterstfltzoii sind, und die Section alsdjinn ansirleichend «'iiitritt, wodurch der Charakter d«'r StiftiuijiC als ail^eiiuMnor subsidiärer UnterstQtzungsanstalt für die christlichen Bürger der Stadt gewahrt wird.

Nach der 1866 erfolgten Einverleibung Frankftirts in den preussischen Staat fanden über die He<jehnig der Stittniiir-^vi rbilltniase zwiscIuMi den uciuMi städtischen U*>hörden eiuersrif-^ und den Kirchen- vorständen der drei christlichen Genieinden lunl den Pflepiuifern der Stiftunjren andererseits einji^ehende öfter unterbrochene Verhandlungen statt, wol)ei sich die städtisclien Behörden anfangs auf den Stand- punkt der früheren Frankfurter liehörden stellten, während die Kirchenvorstiinde als X'eitrcter ihrer (»eiueiuden. welchen in der StittimirsordiiniiLr vom Jahre das EiLreril liiiin an dem Venn"»i^'en

der Stittnn'jen /uixesjtrochen i<.i. und die IMlei^äintei' als die in ilem (Jesetze be/ei( hneli'u unter Mitwirkung und Coutrole der Stadtbehürden verwaltenden ()i:;.me handelten.

Diese Verhaiidlun<ifen liilirten in Foljre der ablehnenden Stfdlnnir. welche die Stadtventrdnetenversanniilun«; zu den an sie <;el)rarhteu. den AnschannnKen der FHej^äniter und des (leuieindevorstainles ent- sprechenden \'ois( hlä<;en we^en Erri( htuu<jf einer neuen Ötittungs- <le|Mit.utiou einnalmi. zu keinem Er<;eliniss.

Weiter eriUMU'rte Verliaiullungen scheiterten ebenso.

Die Intervention der h'egicrung wurde vom Magi.strate angerufen und ein Krlass des Ministeriums des Innern, nn'tgetheilt um 2!>. August 1S72. vindii irte hierauf (la<; 01>eranf>i( litsre( ht dem Staate, erklärte die Kirchengemein<leu inid deren \ orstände als zur Sache nicht legi- timirt, erkannte dem Magistrat und der Stadt vernrdneten Versammlung Contrtde und .\utsicht zu und wies auf die Ueguliruug durcli Gesetz und <)rt.sstatut hin.

Am i>. .\pril IST-'i wunle, nachdem noch von mehreren Seiten bei dem Ijandtage gegen die Ans< liauiiiigeu des Ministerialerlasses verwahrende Erkliirungeu eingeLTangen uiireu, ein auf die Verwaltung der Stiftungen bezfiglidies (lesetz pul)li( irt.

Das.stdl)e bestimmte, da.ss die Verwaltung des Almosenkastens luid der übrigen dort genaTinten Stiltiingeii durch slatntarisclie Anordnung zu regeln sei, mit deren (iültigkeit ilas l-Vankturtische (Jesetz vom 'i. December l.S^ili, die allgemeine Stiftung.sordnung neb.st den

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50. Allgemeiner Almoaenkasten.

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besonderen Verwaltongsordnungen insoweit aosser Kraft treten, ab sie nicht Bestimmungen enthdten, welche die Zwecke und Rechte der Stiftongen, sowie das Recht auf die Theilnahme an den Natzungen derselben zum Gegenstand haben.

Eine demnach Ton den gotischen Behörden ratworfene neue allgraieine Stiftangsordnang, in welcher der vorstehende Vorbehalt dfH Qesetzea Tom 9. April 1873 in Betreff der Zwecke, Rechte nnd Nutzungen aufj^enommen war, wurde im October 1875 von der Regientn<>: zu Wiesbaden genehmigt und publicirt.

Neben niannigfuclien Bewtinininnf^en fiber die Pfleger, deren Wahl, Etat, Einnahme, Ausgabe, Heebniin'_rsvnrl;ige, Bilanz, Vir- itusscnn 'o u, Anlagen, enthält dies Statut die ß«'stininmng, dass die IMIegrr Christen sein mtissen, und eine Uebergangsl)estinimung, welche ausdrücklich hc-^a^^t, dass die VerAvaltnngsordniingt'n der einzelnen Stillungen hi.s zu anth-rw fiter Fi-ststeUiing in Kraft l)h'ihen.

Eine solche Festst<'lliinir durcl» Revision der \ erwjiltungsordnuug von 1S;{:5 ist für den Ahn(»s(Mik:ist<'n ihk-I) niclit erfolgt.

Sit' s( licitrrte vor •■iiiigrn .lahrt'ii an »h'ni von dt-r Stadt vrrordneten- versainnihmg g»'>t<'lltcii \'iTlangcn , dass alle Aiig<dir»rige diT Stadt- genieiiide ojine Iv'ücksichi auf Bürgerrecht inni ('(»nfessiou zn den Wnidthatcn (h's AIniosenkastens zuzuhisscn seien, worauf der Magistrat nicht eingeheu zu können erklärte. Die Verwaltuugsurdnung von 1833 besteht hiernach noch zu Recht.

Neuerdings sind durch eine Denkschrift des Ma^strats vom Ii. Februar 1881 Schritte zu einer Reorganisation der gesummten Armen- und WohlthStigkeits -Verwaltung der Stadt Frankfurt a. M. eingeleitet worden.

Die Schrift achfägt eine allgemeine communale, d. i. eine Armen- Verwaltung vor, welche ohne RQcksicht auf Gonfession und Bürger- recht jedem Hül&bedflrftigen, sei es auf Kosten auswärtiger Gemeinden oder des Landarmen-Verbandes, sei es auf Kosten der hiesigen Ge- meinde, ünterstfltzung zu gew&hren hat, welcher Communal -Anstalt der Almoeenkasten mit seiner Spendesection, die nur hiesige christ- liche Bürger im Sinne der Verwaltungsordnung von 1833 zu unter- stntzeu die Angabe hat, sjxninit den übrigen öffentlichen milden Stiftungen, als organisches GUed eingefügt werden soll.

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1\. WohlUlätigkeiUi-AnKlaltcu.

5L EVAN6£LISCH-LUTHBBISCU£R ALMOSENKASTEN.

Von Bector Dr. MOHR.

Durch Senatabtischliias yoni G. Mai 1828 wurde die tienehmigung zur Errichtung eines »«'V!in«x»'Ii.sc'li-lutht'nscht'M Almosenkiistens« mit allen Hechten einer ööeiitlicli anerkannten Armenanstalt ertheilt, narlidem schon während des Il(«r))ste« (h's ver^^an^enen Jahres zwischen (ieint'imh'vnrstand. ('<>iisist<»i iiim und l'ri-dioi'cr - Ministerium die duhiu bczü^liclini X'rrliaiidlungen waren ^ffptlo^fn wmiU'n.

Di'U niulistcii Aiisttiss zur ErriclitiniLr dieser Anstalt jjjah ein den Intherisdien Armen hiesiger Stadt V(jii Herrn Major Clai s v<'rniachtes Legat von tl. Kl 000, welches zuerst von (h-r Siieiuh-seetion (h's all- gemeinen Alnioseiikastens verwaltet wurde. l)ie ( '(»niniission, welclie der (iemeindevinstand zur l'rUt'ung der l)etreth iiden Aiigtdegenheit einsetzte, bestand ans den Herren V'niELlis, i'rüt'essor Hkulin«;. Metzleh-Heyder, Kröobr und Dr. Haberlin. Dieselben hoben in ihrem Berichte vom 10. Januar 1828 namentlich hervor, daa» auch in Besdehung auf das Annenwesen die evaugelisch-luthorische Qememde mit den beiden anderen cbriatlichen Gonfessionen eine Glddistellang erfahren müsse. IMe definitive Gonatitoirung des evangelisch- lutherischen Almosenkastens war bereits am 15. März 1828 erfolgt. In die Administration wurden damals gewiihlt die Herren F. £. Mitzlbb- . Hbtdbr (als Senior), Dr. jur. J. Lbonhabd Rbüss, G. A. Hbtbb, K. OoTTFB. Mappbs und als Actuar K. Theod. Obdoib. Dieselben unterzeichneten an lädesstatt dnen auf ihr Amt bezüglichen Revers. Die Satzungen wurden in der Wohnung des Senicws al^ehalten.

Eine neue Organisatioa erfuhr der Almosenkasten im Jahre 1835, in der namentlich die Errichtung von Bezirkspflqc^erstellen in sechs Bezirken nach den Quartieren (später 1857 nach Kirchen- sprengeln) hervorzuheben ist; zur Uebernahme eines solcluni Amtes hatte übrigens der evangelisch-lutherischi; Gemeindevorstand ..schon imter dem 13. Mai 1834 in einem öffentlichen Erlasse angefordert.

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51. Erangeliacli'lntheriKher Almofienkasten.

279

Die Zahl der Mitglieder des PHegamtn wird auf neun (drei aus dem (iemeindevorstand, sechs aus der Gemeinde) festf^eaetzt; jiIh ^i'treimt davon erselieint die AdniiniHtration, bestehend aus drei Mitgliedern des rirniein^levorstimdeH, welcher die ganze Cassenverwaltuiig und Buch- führung obliegt. Diese Trennung wurde l'^M aufgehoben.

Was die Unterstützung»'!! bt tiitlt. so t iliicltm im zweiten Jahre des B«'steliens (lt>r Anstalt 1") l'rrsom ii n'gi'l!!iä.ssige und 20 Noth- lei<h'n(lf niissi-roi deutliche 8|ieu(leii. \ un da ah st+'igert sich die Zalil der .Vnlo!<ieiiiiigen von .lalir zu Jahr. Der letzte lJeri<ht vom Jahre 1S80 weist 'VI regelmässige und (11 1.') ausseronlentliche Unt^'rstützungen auf. Die (u'sammtsumuu' der rnteistiit/uiig (an Cield- und Natural- unterstiitzuugj betrug in diesem Jahre M. 43 054";i4.

Von grösseren Geschenken und Legaten sind ausser den bereit« erwähnten von Herrn Major Claus vennachten fl. lOOOÜ zu erwähnen: Von Herren Senator J. Schmidt fl. 3000 (1830), Ande. Gkvmslius fl. 5000 (1834), F. Cur. Kröubr fl. 10000 (1854), J. F. Flbchsbi. fl. 5000 (1804), NicoL. GrApfbmdbich fl. 6000 (1865), Frau Rosine Sänoer fl. 10 800 (1806), Herren Phil. Waonbe fl. 5602 (1866), Fried. Hbyder fl. 3000 (1875). Dazu kommen noch 36 Gaben im Betrage roa je fl. 1000 2000; und fl. 7760 von dem allgemeinen Almosen- kasten seit 1762 eingenommene Legate für die lutherischen Armen.

Getrennt von dem übrigen Vermögen der Anstalt werden durch das Pflegamt verwaltet: Das FLECUSEL'sche VermachtniBs von fl. 20000 zur Unterstützung von Wittwen hiesiger Ziromermeister und solcher Oesellen, die längere Zeit dahier in .\rl)eit gestanden (seit 1864); die Zin.sen aus einem Vermächtni.ss des Frl. Maui.\ von SCHWEIZER im Betrage von jührUch fl. 12(><) 1300; die SciiuuoTu'sche Stiftung, im Jahre 1840 mit einem Vermügen.s.stjinde von t). 34 232. 54 kr. ins Leben getreten. Dieselbe unterstützt nach Verfügung des Stifters Kinder dahier Verbürgerter, der lutheri.schen Confession angehöriger, braver Eltern, welelie keine andenveitigen Sjieiulen erhalten, mit S<hulgeld. Im Jahre ISSO betrug die Zahl s(»le}ier Kinder 2'V2. Endlich ilie im Laufe dieses Jahres ins Leben getretene l'tarrer Koni«! -Stiftung mit tler Hestiniiiiuiig, dass liülfsbedürt't igen Personen lutherischer (.'onfessioii (zur hiesigen tiemeinde gehilrig) eine nam- hattere Unterstützung, als sonst von dem Alinoseukast<'n gewährt wird, ZU Theii werde. Die Zahl der Alumnen beträgt zur Zeit 15.

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IX. WohlthAtigkeito-AjisUltett.

52. DIAOONIE DEU DEUTSCHEN EVANUELIÖCH- REFORMIBTEN GEMEINDE.

Mittliüiluiig der Diacouie.

Kiitsprt'i liciid der in (Irr lu toriiiii-ttMi Kirclu- lin kruiiiiilK lim Or^^iinisaiioji. 1i;i1m'h tlit- Kiii<;t'Wiiinlt'rt<'n rftoniiirtcr riiiitf»i(m aucli liier in Fraiiktnrt von Anlii-iriiiii an «lif Lt'itnn«; ihn-r An^elegeulu'ik'n ui'Im'm (1(Mi l^tarrerii: AfUfstni uinl I )i;iri>iiiMi vertraut.

Den Diaconon liefet insonderheit die l*He<xe der Armen oli uh<1 die .SanindiuiL.'' und Verwaltun«; der da/n ertorderlithen Mitt»'!.

In den fiv-ten Jahren nacli ihrer Ht-j^fründun^ (1554155) luitten die WaUonisthe und die Niederländische Gemeinde zwar zweierh'i Predij^o-r und (Jottesdienst, a])er einen Gemeinschaft liclien Voi*stand und ^emeinsrhatt hehe Arnu'ni>fle}.je; im .Jahre 1570 }^riin«lete die Niederlündisehe Gemeinde ihr eijjpnes Kirchenwe.son und zugleich eine besondere Cas.se zur Verptletjun«? der Gemeinde -Armen.

Die Verwaltiinj^ üht-rkanien vier I)iaeoiien, (h'ren Zalil im ,Iahre 1038 auf seclis erhciht wunh'')- -Seit jener Zeit ist die Zahl der Diuconen diesellje gehliehen. Sie werden gleichzeitig mit den Aeltesteu auf zwei .Jahre gewählt; in jedem Jahre scheidet die Hälfte aus.

Die Mittel, tÜM'r welche die Diat oiiit' verfüi^t. hahen sich. Dank der Opferwilligkeit der (temeindegliedcr, durch Vermächtnisse und Sch<;nkungen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt vermehrt.

Die Einnahmen der Diaconie bestehen ausser den Zinsen de« Diaconievermögens aus freiwilligen Beiträgen der activen Genieinde- luitglieder, dem Ertrügnitw der Öannnlungen nach dem Gottesdieniit und den Zuwendungen bei Taufen und Trauungen.

Die Zahl der Unterstützungsboilürftigen hat sich im Laufe der Jahre, namentlich »eit 1800, in Folge der eingeführten Freizügigkeit

) ViirtrH^r«' l'fi il«'r Keier «Ics .V>. .lalirestasrs <1lt Kinwcihiiiitf ilcr ileutschcn ruforiiiimu Kircbo in FraaJdurt a. M. am l.U&n 1M3: ^hriuler .MitUiuilungcn otc.', |mi(. Ii.

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52. Diaconie der deutschen evangelisch -reformirtien Gemeinde. 281

und des durch sie bedingten Wachsttiums der grossen Stüdte stetig ▼eimehrt

Berecbtiginig anf ünterstfiteiuig haben allerdings nor die eigeni- lichen Gemeindemitglieder, indessen hat die Diaconie Solchen, welche ihre Zii^^ehürigkeit zu der Reformirten Kirche in glaubwürdiger Weise nuchwelHen können, ilirt' Hülfo nie versjij^t. In der Regel ist erforder- lich, dass dieselben mehrere Jahre in Frankfurt amfiasig waren.

Personen, welche den ünterstatssongswohnsitz in Frankfurt nicht

erworben haben, werden nur in Ausnahmefällen unterstftt/.t, und «gewöhnlich nicht ohne Einverstiindniss mit der l'olizeisectiun des Muffistrats. Die Diaconieverwaltung hat es nämlich län^rst für ihre Pflicht ^'elialten, soviel an ilir !a«r. ein p'meinsame.s Wirken der hiesigen Wohlthätigkt itsuntitalteu dadurch anbahnen zu helfen, dass sie ffpm von ihren Bewillijifungen anderen Anstalten Kenntni.ss j^al» und da^e^iMi auch sich selbst eine Uclu'rsicht zu vn-schat^en s>icht(' über die rntfrstütznnixen, w.-lclit' ilin« IMlegbefohleueu aus anderen (J«ö8eii, Stiftun<;en und \'ereiueu erhalten. Im Jahre 1879/80 wurden verausgabt:

(Jelduuteisliit/.uiii^en M. 231:^0

Schulgeld. Lrlirlnicber und Schreibmaterial ...» 2 (■»4ri Arzneien, liäder und chirurgische Behandlung . . » S!mi

Holz und Kohlen » 1^7 (>

Lebensmittel und diverse Ausgaben »2 320.

Unter der Yerwaltong der tHaconie stehen die bei der Ge- meinde vorhandenen Studienfonds und eine Ansah! von sonstigen Vermächtnissen und Stifiiintri ii. Die Be\vil]i<rungen aus diesen Fonds und Legaten geschehen durch das Presbyterium.

Ein von der Diaconie bestellter An&t behandelt die Armen der Gemeinde unentgeltlich; die Pflege der Kranken ist seit länger als einem Jahr einer Schwester vom Rothen Kreuze übertragen worden.

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IX. Wohlthitigkeita -Anstalten.

53. DlACOiJiE DEK FUANZÜiÖlöCÜ-KEFÜiiMlUTEN

OEMBINDE.

Von Dr. EDUAItD vom EAKNIEU,

p. t. Praecrk •uelMk

l)cii (iniiid«'ni tlcr t'raii/osisth-rctoidiirti'ii (iniii iiulc daliiiT ist durch hcscliliis;* des Kid Iis der Stadt l''runkt'iirt vom IS. Miir/ lÖ.M «(estjittrt worden, ihr Duinicil in Frankfurt zu iiehnicn. Sie waren retormirte Franzosen, VValhnien und Fhmiänder, welche ihres Gluubeus halber nach England, dann nach Dänemark und endlich, zum Thal nach mannigfttcheii weiteren Wanderungen, hieiiier geilachtd; sind. Im Laufe der Zeit smd manche der alten Familien ausgestorben oder, zum Theil aus religiösen GrQnden, verzogen; mehrere blOhen aber noch heute. Der Gemeinde haben sich im Laufe der Zeiten vielfach neue, verwandte Elemente angeschlossen. Während aber ein Theil der Gemeindeglieder sich im Anfang dieses Jahrhunderts der deutsch- refomürten Gemeinde dahier angeschlossen hat, besteht die Gemeinde als solche lebensfihig bis auf den heutigen Tag und hat nach wie vor die franzönsche Sprache als kirchliche Sprache beibehalten.

Bis zu Ende des vorigen Jahrhundert» war die Gemeinde in Frankfnrt nur geduldet; erst im Kovonber 1787 erhielt sie die Er- laubni.s.M, ein <'i<^r(.)i,^.H Gotteshans zu erbauen, welches demi^chst am 10. Sei>tt niber 1792 eröliiiet worden ist.

Die Gemeinde stand von jeher und steht noch heute in naher Beziehung zu der hiesigen deutsch -reformirteu Gemeinde; ausserdem •stellt sie iu näherer oder entfernterer Verbindunj^ mit den Schwester- Gemeinden zu Iliinau, Friedrichsdort , lloiuhurtr v. d. II., Dornholz- hausen, Isenhur«;, \Val]d()rt' und niant hm anderen Orten <ler Uni- <;ehun<;. in widchen i^etliielitctt' Glaidx'Us^^n'iiossen Autnuhnii' irffniiden und mehr oder weiiij^er die liht'rkomniciu'u Sitten, Sju'ai he und (ie- w<dinheiten bewahrt haben. Mehrere dieser Gemeinden wenlcn von der hiesigen Gemeinde regelmässig unterstützt.

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53. Diaconie der fruiiflsMch-refomiirten Gemeinde.

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Die YerfassuDg der Gemeinde ist die piesbylenale, ganz ent- sprechend derjenigen der beutigen schottisclien Kirche. In Folge

da^on existiren zwei, den VerhaltniKHiMi entsprechende Caasen, eine der Husstliliesslichen Wrwalkong der Avciciis unterstehende ffir die Iloiioririiu«; der Geiätlichen und die Unterhaiti in.r il< r kirchlichen Gebäude, und eine der alleinigen Verwaltung der Diacrcs von welchen jederzeit sechs im Amte sind unterstellte Casse für die Unterstützunj^ der Gemeinde -Annen und, soweit möglich, derjenijjen der obenj^t'iuiinit«'!! Sehwester^enieinden. Dii- I iitTrstüt/unirfii })e8telu'n tlit'ils in Geld, tiieils in Naturalii'ii, theils in KK'itltini^sstiU kcu ( Hemden, Srliulii-M II. s. \v.), in Lclh'rfliran , Medieani<'ntrn u. s. f.. liii- und da \ver<li'ii Jit'it rÜLTc 711 I IfiltslcIirtTii für ContirniaiHlen ^'csjH-inlet und je naeli lifdürtnis^ i-iiiiftMiitb'ii. Hfidt-ii Cassrii siml vnii jclicr in zalilreichen KüllfU snwnhl v(»n wi»lilhal>t'n<len (i«'nu'iii(li-<;li»'(|fru, als von I'nMiiidcn ilrr (n-nu'ind»- (ifsilieiikf inid VermiUhtnisst' in iilM-raler \\'t'isc zugewandt worden. Lei<ler sind die Mittel der Ge- meinde deinioih nielit hinreichend, um den hier, wie ülierall, steli«; Wiichsend herantretenden liedürlnissen und An.spriitheu in wün.s<liens- wertheui und ausreichendem Maatise zu entsprechen. Gleichwohl kann akh die Gemeinde das Zev^^uM« geben, daas es ihr in gar nuinchen F^en möglich f^ewesen ist, verarmten Gemeindeangehürigen in wirk- samer Weise unter die Arme zu greifen, und dass einige der von ihr durch Rath und That in zwedcentäprechender Weise dauernd unker- sttltzten kleinen Landgemeinden, den sog. Golonieen, so gehoben worden sind, dass sie nicht mehr, wie früher, zu den ganz armen gezählt werden dfirfen. Als Beispiel sei hier Walldorf erwähnt. Je ein um das andere Jahr werden die zu Walldorf und Isenburg, und Friedrichsdorf, Domholzhausen und Ilomburg unterstfitzten Armen ▼on zwei Diacren und einem der üerren Geistlichen unter Zuziehung des bekeffenden Ortsgeistlichen persönlich besucht.

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IX. WohlthfttigkeiU-Anstalteii.

54. KATHOl.lbCliB AUMKNANJSTALT. Von Amtflgerichtsruth Dr. LINCKBR.

Die katlioli.sche Ariiieiian.süilt hildet j«'tzt vnw .Stctitdi iles katholiHcheii Kirchen- oder Gemeindevorstandes ; die Antiliifjfe ihrer Thatigkeit reichen jedoch .nachweisbar weit in frQhere Jahrhunderte hinab und lassen sich bis zur Stiftung des Stipendü piiuperum znrflck- fQhren. Letztere Stiftung verdankt ihre Existenz einor letztwiUigen Disposition des Dechanten des ehemaligen St. Bartholon&usstifteii, JoHANV N1COLAV8 Stbinhbtz, d. d. 28. Hai 1593. In dieser Dis- positiim >ad pios usus« werden drei Ghusen Bedürftiger katiiolischer Religion angefahrt, zu deren Gunsten die Disposition getroffen wird, nibnlich für:

a) bedürftige fremde geistliche und weltliche Personen,

b) kranke alte Personen, welche Tom gemeinen Kasten keine Erhaltung haben,

c) Verabreichung von Kleidern, Bfichern und Herbergsgeld an Schfiler.

Weiterhin ist in der Disposition bestinmit: »zum Anderen sollen stets und zu ewigen Zeiten vier Personen deputirt und verwendet werden als Execiitores solclics Sti|tcndii, nämlich v.wA uns den ültereii canonicis St. Bartholomaei als Geistlichen und zwei weltliche katholische Bfiiger etc.«

Fcnif'rliin ist be^5tinlInt, duss die Capitiilbriefe und das übrig- bleibende Geld in einer Kiste iiiitt r Verschluss der Executores »bei dem Stift St. Bartlioloniaei hinterleget«, und die Renten in »'ineni Schrank auf der (^ij)itelstube verwahrt, sowie zum Almoscnausuelten die Leute ^yoy dl»- (^ii])it»dstiil)e<( bcscliieden werden sollen, widier uimIi Iiis auf den luMiti;i<'ii Ta;^' die An^^dnukswcisf »auf dw Tapitel- Mtiilif t;(di»'n«, d. h. AlinostMi holen, im Vidksnuuide j^cbräiichlicli ist. Ziifolgf ciiit r aiidcrweiteii Bestinunun^ ist jede Einmiscliun}^ des Capitels, des Raths der Stadt Fraukiiirt, oder irgend eines Andern

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54. Katholische Armenanstalt

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untersagt und f&r den Fall, dasB dieser Verordnnng Eintnig gesdiShe, verfOgt: »aoU man es an den Erzbischof zu Mainz etc. als Ordina- rium gdangen lassai und dessen Beschdd, Hülfe und Rath erwiuicii.«

Es ist daher «Ijus Stipendium ptiiipenim die erste nachweisbare, zu bestiminten Wohlthüti^keitszwecken fnndirt»' katholische Aniim- stiftung, die unter besonderer ()l>hnt des Erzbischofs als nrdiniirii gest«'llt und für welche vom Stifti'r eine besondere Verwaltiin«^ unti>r Aufsicht des Capitels und des Dechanien des St. Bartholomäus -Stifts angeordnet war.

Zu dieser ersten katiioliw hen Arnienstittnnj; kamen im Laufe fh-r Zeit nocli v«Tschiedene andere kleinere und grössere Stit'tun<;en lind W'rniiichtnisse , meistens mit besonderen Zweckbestimmungen hinzu, insbesondere nnti'r Amli'ren:

Die (Jristlithe IJath iVlAltx'scln' Stiftung' ( < Iristlicln'r K'atb liOTiiAU l'iiANZ Makx war Dirt'ctor der liicWtVainnkinbf). l'iir \'('ral)r»'i( liun«; von Schulj^cld an /.um IVririi Sdiuliuiterriciit nicht berechti«fte Kinder katholischer ( 'onti-ssion.

Die VON lIi»MKNFKi,i»".sche .Stift iin«; /iir riitrrstntzunj? wahr- haft bedürftiger Armen der Frankfurter katludischen Ge- meinde.

Das ScHWBNDBL^sche Legat fDr Schulgelder an schamhafte Familienvater aus den hiesigen Einwohnern und ffir Arme, mit besonderer Rflcksicht auf schamhafte Arme.

Die BOTTMER^sche Stiftung für schamhafte Hausarme katho- lischer Religion.

Die GAVALLfsche Stiftung Yorzi^sweise für arme und kränk- liche Jungfrauen.

Die WACKBRBART-EFFLRR-HlLTEBRANDT^sche Stiftung, ins- besondere für a) ünterstOtzung mittelloser katholischer Ge- meinden in ihren CnItnsbedOrfnissen, b) Beisteuer zum Unterhalt bedürftiger Geistlichen, c) alte kränkliche katholische Arme über 45 Jahre, d) arme Erstcommunicanten benachbarter Ort- schafben u. s. w.

Die Administration der katholischen Arnienanstalt besteht aus dem katholischen Stadtpfarrer, einem »^eistli» hen Mit<4H» di' der Ver- walttnig des Stipemlii ]mn]»enun und dt-r MAKX'si htMi Stiftnn^, aus zwei Mit«j^li»'dern (b-s kathobscln-n Kirchen- oder ( ifineindevorstandes. von denen riiics (b'ii Vorsitz führt, ans zwei M üi^lifdern der katho- lischen (Jeinein(b'vertrt*t)nig und aus zwei Augeliürigen der katho- lischen Gemeinde dahier.

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286 IX. WohlthAtifrketts -Anstalten.

Die Unientfitzungeiif welche durch die katholische Armenansialt geliefert werden, hesteheo, abgeseheD von den Terschiedenen be- sonderen ZweckbestimniQngen, welche in Stiftnngsarkunden etc. an- geordnet gtnd, hauptsächlich in Gold, in Naturalien und kostenfteier

jir/tlichtT iiiifl rhirurjjiscluT Bcliaiitllnnfj. s<i\vie Verabreichung von Ansneien. Nach der ftir das abgelaufene .lahr 1880 aufgestellten Uebersiclit wurden ünterstOtznngen verabreicht:

1. An Geld :

a) monatliclie oder stiindijxe Spenden etn|»fiu<jroii IIS tlicils biirf(erliche, tlieils im hiesi«(en Sehut/.e steheude Kaniilien und Personen, tlieils auch Aii<;elir)ri^fe der Frankfurter Ortscliafteii iiil>e^ritt'<'n sind 2l1<> iiiouatliche Tiit^'r- stflt./iiuj;;eii, welche als Er/iehiin<^sl)eitr;I^fe an hedürtfiLfe Eltern (»der in Kost iinil Pflege betindliche elternlose Kinder verahreicht wurden.

Anssrr diesen war die Zahl <ler Aliiniiicii ans der »W'ACKKKUAitT -Kfflku- Hn/ri:i!it ANUT'scheii Stiftiiii^r 17. jene aus der »rAi i.iNK I >( I TN i:i;'srlien Stiftunj^» 2i : die- selben euijdiugen die ihnen stiftungsniiLssig zugewieseneu Spenden qnartaliter;

h) ansserordentliche, den VerhUltnisscn angemessene, grössere oder kleinere Unterstfitssuugen wurden in zahlreichen FiUlen an einheimische Arme und momentan Eledr&ngte, sowie auch in Noth befindliche Durchreisende bewill^;

c) wurde an eine Anzahl von Kindern unbemittelter, nicht hier verbfiigerter Eltern das Schulgeld oder ein Beitrag dazu verwilligt.

2. An Naturalien:

a) Winterholz wurde verabreicht an 26 Familien,

b) Steinkohlen an 230 Bedflrfbigc.

c) Kleidong empfinf,'en 195 Knaben, l.'il Mädchen, /u- sammen 349 Kinder, zum Theil vollständig, namentlich solche, welclie zum (>rstcnmale z«r hl. r(mnuunion «fingen.

3. Ausser diesen ITnterstnt/.nngeu nn Geld und Naturulien empfingen ilr/tliche und chiruri^iHche Behandlung und Arzneien: 402 bedürftige Erkrankte.

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55. AlnuMenkasten der isrilclUiRclion Gemeinde.

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55. ALMOSEKKASTEN DER ISRAELITISCHEN

GEMEINDE.

Hittheilanff des Pfleftamte«.

Die Gründling iinRorer wohlthütigeii Stiftung ist nnht so alten I)atinns. vvio mnn ans dem Unit':injjo ihrer jxo«;enwilrtij(en Leistunfj^on s( lilii'sst'Ti (Ifirfti*. Dieselbe ist vielmehr, ungleich ihren t hristlichen S< Iiwesterinstitiiteii, eine Schöpfung der neueren Zrit. First im .luhre 1^11. l;in<i^e nachdem sich sclmn in \veil.'stf?i K'rrisrn, in l"nl<xe d<'s schmdlen Waclisthnnis iinsfrer ( irnifindi'. das I Icihirtniss fiihlhar <xe- nmcht hattf, ( onstitnirte sich unti-r M itu ii kniiLf iiiimtcs damaligen Vorst^indes ein ans den Herren Dr. Manuavn. .Ia» hk SAi.nvoN Kat/.. Heymann May. .Ttlii s Flkkshhim. Lfopuij» HAMBKUtiKK. Kahldner Stkin, Isaak M. I{i.ni»skopk, Ahraiiam Hklisskn be.st»djendes ('(»iiiit««, welches unterm 24. Februar «lesselben Jjilires eine warni4> Aiis]irache an die Geineinderait^liodor erliess. Es wufde in derselben die allseitig anerkannte Nothwendi*rkeit betont, der nnfruchtbaren Zeniplittemng der Spenden mOdtiifttiger OlanbenagencNncn vonnbeugen und zu diesem Behnfe eine mit Personen- und Saehkenntniss geleitete jadischc Armenpflege herbeizufOhren.

Die edlen Männer, welche sich damals dieser schwierigen Aufgabe unterzogen und von welchen leider nur noch wenige in unserer Mitte weilen, sahen sich in ihren Erwartungen nicht getauscht.

Schon in seinem ersten Jahresberichte vermochte das Pfleganit eine erfolgreiche Wirksamkeit zu constatiren und zahlreiche Spenden zn vt-r/eichnen, von welchen eini<fe der namhaftesten wir wollen dies als ein ehrendes Zeugiiiss für die danuil.s sdion unter Hekennem ▼erschiedener Gonfessionen hi«'r herrschi nde l>rüderliche Gesinnunj? hesf)n<h«rs her>'orheben von Mitgliedern uud Angehörigen christ- lichen liekenntni.sses herrührten.

Seit jener Zeit, iinbeeinlliissi durch pers<»nlic]ie Vcränilerunpen in der Verwaltung und durch allgeiueiue politische W audlungen, bot

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IX. Wohlthitigkeit8-Ansta)U>n.

der Almosenkasten das Bild einer stetig wachMenden, s^nsreichen Wirksamkeit.

Was in dessen ersten Anfängen nur Wonif^en und zwar in ^«'rinjrjMii Miuissp 7M i^iit«' kiun , wurde im Tiunfe der Jahre eine (^nelle des TrosU's für viele II linderte verseliümfcer Armen, eine Stutze fQr un* zahligo Darbende und Nothleidcnde.

Tnimor weitere Kreise schlössen sicli den erst(?n Wohlthiitern an und viele unserer Genieindeanj^ehöriffen lassen keinen Tu«»' der Festes- tVende, wii' der HeiinsiichmiLr. keinen Ta^; l)es(di^ender oder leidv<dler Eriiiiiriiiii«^ v(»n"iln'r!^e]ieii, oiine mit warmem Flerzeii uml otVciier llami «liin ii Vermittlimt^ des Aliuoscukastens der Armen und iiüif»- bediirtl itfeii zu ^»^edriiken.

DimhIi den Kdelsiiin ;j^rosslier/.it;er W'mIiH Iiiitfi'. wrlcln« uns. sowohl hei Lel>/eiten als durcli letzt willitre \ «•iliiifiiiiLr, frlirltliche Summen iil»er\viesen, vermochten wir »'inen l-'i iuris zu sunimelu. welcher unserer Stiftung eine «gesicherte Basis verlieh tuid ihr gestattet, auch in den Hchwerstcn Zeiten ihrer edlen Aufgabe gerecht zu werden.

Nach nnserem Bericht pro 1880 erhielten 143 F'amilien Quartuls- spenden und wurden 332 dnrch Kinz« Igaben nnterstfltzt. Die folgende Anfiitellung gewährt einen Eänblick in die überraschend schnelle Eni- wicklnng der Leistungen unserer wohlthätigen Stiftung, leider aber auch in die Zunahme der an dieselbe herantretenden Ansprüche.

1851.

Regelmassige Spenden . . . fl. 2229 38

Ausserordentl. ünterBtfltzungen » 105

fl. 2334 38 1860.

RegelmSssige Spenden . . . fl. 3 081

Ausserordentl. Unterstfltzangen » 5 900 51

"fl. 8 987"5i 1870.

Regelmässig.' Spenden . . . fl. 6 494

Ausserordentl. Unterstütasungen^ S ^<2S 40

'~ 11. 15 322 40 188(1.

l{«'g«*l?niissige Spenden . . . M. '){>(» -

Ausserordentl. Unterstützungen * 21 048 50

= M. 4 002 28

^ M. 15 407 74

» M. 20 207 43 M. 52 244 50

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56. Da« VeraorgimüshaiM. 289

56. DAS VERSORGÜNGSHAUS.

Von Dr. AUüLK VON llAlÜilEK.

Nach dtT Bcfreiun«; Deutschlands vuji Aor FnMiKllii'iistliaft im Anfall«;!' <lfs Iaiit\')i(leu .Juhrlmn<lrrt< mid na<lid»'ni auili Frankfurt nudir fkm Ii als sein»' frflhere Stellimtr rinrr imniittelliareii Keiclisstadt, riäinlicli eine souveraiiie riial)liiiii<;it(ki'it als freie Stadt im heiitscdien liiindr erlangt liatte, ciilstaiul der Anlass. aiirli das <;an/,e innere (ienieiiiwfx'n neu /.ii or<xaiii<iren, nni es den neuen daiiiali'_rcn staats- n'elitlirhen \'rrliältnissen anzupassen, l'nter diesen rnistäiiden wurde, in \ eri)indun^ mit der Neidu'<»rdnnnt;' des Stittinij/swesens iil»erliaupt. das \'ers»ir^nn^shans jjfeffründet. Auf Heriilit ein»'r zur l'riifuii^ des desfallsijjjen Planes niederjjfesetzten j^ennselittMi C<)niniis.sion wurde untiT Ziisiiiunmng der danmli^en .Stuiiili}]ren BUrgerreprüsentiition die GrOn- duttft des Versorjj^un^shacises

»znr wOrdigen Feier des ftlr Deutnchland im Allgemeinen und für Frankfurt insbefiondere merkwürdigen Tags der Eröffnung der Bundenrersammlung« an diesem Tage, nämlich am 5. November 181 ü genehmigt und diefw GrOndung am 14. December gleichen Jahres von der Gesetz- gebenden Versammlnng einstimmig bestätigt.

Die Anstalt sollte eine Lficke in der Reihe der hiesigen Stiftungen ausfallen, und hatte anfänglich den doppelten Zweck:

1. solche Armen, die noch nicht ganz arbeitsunfähig waren, sicher Arbeit finden zu lassen, ihnen, abt^esehen von der Beherbergun^r während des Ta^es und der Verkiistigung, einen gewissen Verdienstantheil von dieser Arbeit zukommen SU lassen und in ihnen damit ein gewisses Selbstgefühl zu erwecken und zu erhalten;

2. solche gänzlich arbeitsunfähige Annen aufzunehmen und sie bis an dir Lehensende in zweckniässiirfr und wcddwulleiider

Pflege zu versoigen, welche alleinstehend, ohne Familie oder

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290 IX- Wohlthitigkeitft-AiwtaUen.

flonatigo Ansprache bei Befreundeten, seithor sicli selbst {iber- lassen geblieben waren und auch anderntheils nicht krunk, also nicht zur Aufnahme in ein Spital geeignet befunden werden konnten. Cit'rad«' in dem Winter 181()'17 licrrschtc viel Verdienstlosi^keit und Eb'Uil ; man hatte an^t'f'ani^i'n liir ärmer«' und arbeitslose Bürger «fewärmte h'üiime zu eriUliieii und zu diesem Zwecke einen Tlieil des alteu Waisenhauses. <h'ii sotf. Weihrrhan. von diesem ;^0'mietliet (da wo das jetzi<^e Aiistalts<rt>häiith' steht): aus den Kriej^zeiten fand sieb uocli ein uiässii;er Fonds tVeiwilii»; gesainnielter Gehb'r für Invaliden und durchjiassiieiuh' S(»ldiite)i vor. welchen der Senat der Anstalt nl)er\vies, und mit diest'U Mitteln wurde die materielle (irnudlaj^e der Anstalt j^clegt. Der eigentliche Fonds des Anstaltsverinügens wurde sodann auHächliesslich aus freiwilligen Subscripttonabeitriigen aus der diristlichen Biirgerachaft aufgt brocht, zu welchem die Stadt ab solche einen damaligen Beitrag von fl. 6000 gewährte. Hit ihnen wurde der Grund und Boden von dem Waisenhaus erkauft, sodann sp&ter das jetssige auflgedehnte Anstaltsgebftude, welches in Allem fl. 125 777. 10 kr. kostete, erbaut und auch der laufende Dienst ver- sehen. Ausserdem wurden bei AnflOsni^ der unter dem Fürsten Primas ins Leben gerufenen allgemeinen Armenoommission dem Versorgungs- hause, als jShrlicher fester Beitrag, fl. 4000 zugewiesen, welche seither von den beiden Stiftungen des Katharinen- und Weissfrauen- kloeters an die genannte Gommission ab ein Entgelt fttr den Wi'gfall solcher Spenden gezahlt worden waren, welche an den Pforten dieser weiblichen Klöster frfiher in Geld und Naturalien an arme Mfinner ausgetheilt worden waren. Bei dem lutherischen Chanikter dieser Stiftungen hatten diese fl. 40()0 speciell zur Aufnahme und zum Unterhalt von 'M) lutherischen Männern verwandt zu werden. Endlich wurde dem Versorgungshaus wiihrend einer Reihe von Jahren ein gewisses (Quantum von Tbdz ans dem Stadtwalde zu- gewiesen und genoss dasselbe vom Jahre 18}<> l)is etwa 18b<) einen unverzinslichen Vors( huss bis zu fl, 8(M)(I von der Hechneicasse, der indessen anfangs der IHCiOer Jahre zurückgezahlt wurde.

Bei der gesetzlichen Kegeinng des Frankfurter Armen- niid Stiftungswesens im Jahre ls;',;{ wurde das Versorgnngshaus als die zweitjiingste der städtischen »«dfeutiichen und milden Stiftungen aufgeführt und eine neue N'erwaltungsordnung für dasselbe erla.ssen.

Nach derselben waren aufnuhnisfahig Bürger und ßeisa.ssen und solche Dienstboten, welche 25 Jahre ununterbrochen daliier gedient

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06. Das Vcrsorgiingshuiis.

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hatten uud heimnthlos geworden waren, oder auch PermisHioiiiHteii, welche ebenmlang«' dahier anfenthaltlich gewesen und

1 . noch arbeitsfidiig, aber arbeitaloe nnd mit keinem ansteckenden Uebel behaftet waren nnd welche den Tag fiber im Hanse Verköstigang nnd noch einen kleinen Verdiensi an Arbeits- lohn erhielten, oder welche

2. ganz hfilflos, altersschwach, mit Gebrechen behaftet nnd ohne persönliche Ansprache oder ohne Familie waren. Diese Letztem fimden als PfrOndner vollständige Anfiiahme im Hanse.

Nach den staatsbfligerlicbcn Verhältnissen der damaligen* Zeit waren lüernach Jinlcn von der Aufnahme in die Anstalt Oberhaupt ansgesclilo.ssen und steht ihnen der Anspruch zur Aufnahme auch derzeit stiftnn^s^eniiifls ni(;ht zu.

Die vor-t !i. iid orvvähnte Qualification der Aufnahniolien'chti^tpn wurde endlith durch (J^'srtz vom 12. Anji^nsf iSöd diihin al);^^'rin<h'rt, das« von da ab dio oben unter 1 erwähnte Autiuilime nnd Beschäf- tij^nnjf noch arbeitj<tahi<jrer Personen ^mz we^Hel, vielmehr nur noch j(anz im Hause wohnende Ptriindner auf^enoiiiiufu wurden, als widche nur im Bür«_(ervi'rl);nnl sfi ln iidc IN-rsducn, sodunn I Hcnstboten, welche 'Vy Jahre zu Frankfurt <li»Mit< n. oder Permissionisten, welrhe eine glei( he Zahl von Jaliren duhier Aufenthalt gehabt iiatteu, zugelassen wurden.

Seit den ihu'ch die |iolitis('hi'u Krei<rnis.se des .lahres ISlWl in der SteHun^ der Stadt Frniikliirt einiretretenen X'eränderun^en, und insln'sondere in Foh/e (h'r seit(h'm durch flas Heich erf<d<;ten neueu Armeuifesetzj^ebung ist eine Abänderung auch in den bestehenden Nonnen über das Versorgungshaus wünschenswerth nnd nothwendig geworden und sind die stidtMchen Behörden derzeit (1881) mit einer sokihen be&sst.

Von den dem Versorgungshause im Laufe der Zeiten zugegangenen Vem^chtnissen und Zuwendungen sind die nachfolgenden als be- sonders bedeutend hervorzuheben:

Von dem Bendermeister J. F. Krafft fl. 10 000, von Senator J. N. GooBL fl. 10 000, von Banquier S. M. v. Bethmann fl. 5000, von Major Ph. G. Glaus und Ehefrau (1828) fl. 10 000, von Hbinbich MtuüS sen. in Mailand (1840) fl.30000, von demselben im Jahre 1844 fl. 15 000, von demselben im Jahre 1849 fl. 1000, von demaelbmi ab Legat (f 1854) fl. 12 000, von P. St. A. von Guaita (1848) fl. 5000, von L. Tn. H. v. Sciiwbitzbb (1852) fl. 3050, von Glasermeister Dibhl

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IX. WohlthatiRkeits-AngUlten.

(welcher Jils IMViiiKliifr im Iliiiisc starh) tl. !»:>Lr)l kr., von .T. D. FrnR ein L<'<;:it von Ii. li'HMi. von Ai.kx amikiHiuntakd ih'n^l. H. oOOO. von Pii. Fu. Cii. KiiouKU (is:,}) H. luuDii, von M. A. V(»n 1{otii,-( iiii.i> (iS.Mi) fl.liOOd, von .los. Nie. (iliAFi I.M'KK Ii (ist;:,) H.iiOOli, von

I'h. <' \IU, Hl TTNHK ( ISC,:,) H. :.(MM». Von-I-'S. I'll. W A(iM:it (iS(iU) H.

voll I'kn.i. (iuiTLiKi! Li hwn; (1S72) .M. S;{;l7 ;w, von A.m.\i.ik Loi isk (loMAKi» (ls7S) M. sodo, von den .1. Nok nr FAv'sclu'n KlichMitni (1H71>) M. 1(5 (MM>. von .Ion. Wolkoan»; Lriav. Hitoss (1880) M. loooo. Zinn I nivcrsili rl)rn u urdf das V<'rsnr<^ini<.jslians «'in_i;<'s»'t/.t V(»ii Joiian.N' l»Ai'TisT FuiKuuicu iU ciiLKU (f 1871 ), (le.s.sen Njicliliis.s H. 00 584. ;50l\r. «•rtrn;i; (Igl. von JoiiAXN Martin ScilLAMP (t 1874), dessen Nachlam M. 93142*34 erfcni<r; «ranz besonders verdftnkt dits Versorgungshaus aber seine jetzige giinsti<L(e Lage der Erbeinsetznn-^ des im Jahre 18&U ▼erstorbenen hiesigen BQrgers Freihcrm Ludwig Heinrich Wiluslm VON WibbbnhOttbn, welche der Anstalt bis jetzt eine Bereicherung von M. 815 707*88 eintrug, unter welcher mehrfacher Grundbesitz in der Stadtgemarkung, der insbesondere noch ftir die Zukunft bei dem Anwachsen der Stadt der Anstalt eine ansehnliche Werths- erhShung ihres Gapitalstocks verspricht.

VermSgc vorgenannter Zuwendungen war der Gapitaloonto, der 1850 erst fl. 84 676 betrog, mit Ende 1880 auf M. 1811224*8(3 an^'ewaehsen, neben welchen der Conto des SciiLAM?'»chen Nachlasses von M. 03 142*34 nnd ferner ein L^aten- Capital der Frau Dr. med. S. D. Passavant, p l). Les.«^in<5, von M. .'M40*35, sowie endlich ein Reaerveconto von M. 4'» 8C7'22 vorhanden waren, so daas die üe- sanimt-Bilanz Ende 1880 mit M. 1 lt.',:l (;74-77 ubs. liloss.

Ein besonderes Capital für IMVundner ans den hiesigen Ort- .^clnii't<>n von M. 15 741*80 per Ende 1880 wird stiftungagemSss be» sonders verwaltet.

Die Kinnalunen des .Tahn-s 1880 lieiriigen ausschUessiich M. 10 (l;{7 :{7 an zn ('a])italisirendeu Le;;aten

sin lant'enden Hinj^'i'inijen M. 88 li:U*58 '

und uns der 8cuLAMi'\scheu iStiltung . > 2 ()G4*33

ZuManmicn

M. in 2yö üi

Ks betniLfen die Ansj;al)en

ITir den Hanshalt

für sonstige L'nko.sten . . fQr Besoldungen ....

M. 54 12:i l6 » 18(;ol-72 » lo(i87-25

» 83 41213

M. 7 88t>'78

.so da.sM als Uel>er.sthuss

zum Reserveconto kamen.

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56. Dm Venorgonipdiaas. 293

Am 1. Januar 1880 waren an PfrOndnem in der Anstalt 62 Männer, 58 Frauen, in 1880 traten ein 17 M.« 21 F., zus. 79 M., 79 F.

Abgang im Jahre 1880 11 M., 17 F., Bestand Ende 1880 68 M., 62 Fr., und zwar unter 60 Jahren 8 M., zwischen 00—70 Jahren 30 M., 21 F., 70— 80 Jahren 26 M., 29 F., 80-90 .luhn-n 1 M., 12 F.

Von diesen \-W PfrQndnerii ^fi liiireii 7(5 (einsdiliesslieh 5 Born- heiiuern) dem hiesi<(eii Hür^erverbande an, 54 waren fremd mit melir als 35jührigem Aufenthalt dahien

Die Verpflegung stellte sich ftlr den Kopf per Jahr auf M. 448*41 '/< für Veikr)sti<^unt^.

» 282-67 » (Ihrige Auagaben,

zusammen auf M. 666*08 '/«i was f&r den Tag und den Kopf » 1*19 fUr Verköstignng,

0'63*/io » flbrige Ausgaben, also zusammen . . M. 1*82 */io

ausmacht.

Noch im Jahre 1876 hatte der Jahreskostenbetrag per Kopf M. 717*34 hetrajren.

D:i.s Geltilnde /.eiclmet sich durch hohe, lielle und hiftige Rüiinie aus und ist durcli einen geraumigen, einfach gehaltenen Garten

uni^el)en.

Zum Schluss seien nocli die Nunien Derjenigen int^r» 'führt, welclte als Senioren der Stiftung seit ihrer Gründung vurütauden.

Es waren dies:

Johann Danikl Sciimid 1817, Johann Maiitin Stauck 1817 -IS18, JoiJANN JrsTis FiN«:Kn isjs ISJ7, Johann U. M. Nkstlk 1SJ7 -löiU, .1. II. LiNi.iiKi.MKK 18:11 is;;7, WiijiKi.M Kl iM'i'.i. is;;7 isiö, \ViLiii;i,M Manskoit isiö |sl7. Fkii;i»iii( II l'i Ki-KKi, 1S47 -1S71, JlLllS IluHLK-PAllüU seit 1«74.

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294 1^- WoUUhatigkciU-AnstalU'ii.

67. PFRÜNDNERANSTALT

DER D»- SENOKENBERG'SCHEN 8T1FTUNU.

Von Dr. MORITZ SCHMIDT.

Eine Abtheflung der I>r. SsNOKBiiBBiiQ^scheii Stiftung (s. unten) ist die PfrOndneranstalt Dieselbe wurde im Sinne Senckbmbbbo^b mit dem Hospitale in der Weise er5ffiiet, das» in dasselbe sog. an- gekaufte Pfriindner aufgenommen wurden. Mit der zunehmenden KrankenzHhl »teilte »ich di^ nach und iv.u h als unthunlidi heraus und wurde <ler letzte derartige Ptründner l.SiU aufgenoinnicn.

Ln Jahre 1812 vermachte der Senator Jouasn Cakl Brönnbr fl. 100 000 mit der Bestiiumung, daas von deu Zinsen dt>rsen>en wenigstens 0 ehrbare, unbeweibte, hier verbtlrgerte, nicht unter (iO .fahren alte Männer als Pfriindner aufgenommen und bis an ihr Lebensende erhalten und versorgt werden sollten. isr>4 erhielt tlie IMVündnerstiftung einen ansehnlichen Zun Iis ihrer Mittel durch Herrn l'nii-ii'i' Fhanz ( 'iihistian KiiotiEU, iHlil durdi Herrn Johann Nicolai s Guakki:.\1)i;icm, IS74 durch Herrn Johann Toiiias Petkk VVackknkoiih- und ISTS durch Hrrru JomanN IlKlNlurii Koth.

Ferner vermachte Fräulein Katharina Ei-Isai!i;tha Kliniw.ini} ein \ fnn("igeii von tl. 21 <MM), aus dessen Zinsen unter ähnlichen Bediuguugeu wie l)ei der BlioNNEK'Hchen Stiftung weibliche Pfründ- uerinnen Aufuiihnie finden.

Augenblicklich werden aus den Zinsen der Capitalien 22 Pfrttndner imd 1 PfrClndnerin erhalten. Dieselben wohnMi in dem alten Hospi- tale im ersten und zweiten Stock, joder in einem eigenen kleinen Zimmer. Sie speisen snsmnmen in einem Speisesaale und erhalten Alles, was zu ihrer Verpflegung n&thig ist, bis zu ihrem Lebensende. Im Falle einer Erkrankung finden sie Aufnahme in dem Hospitale Sbmokunbero^s.

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58. Von Guaitft'ache Stiftamgen. 295

58. LOÜlbE UND ÖTEPUAJJj VON GüAlTA'sciUä STIFTUNG UND VON GUAlTA'scHE STIFTUNG.

Von MAX VOM UUAITA.

Der hiesige BiirLr«'r Pktkh Stkimian Ant<>n \(in Ui aita Imttt' in st'iiH'iM am 18. Mai lsl() errichk-teii TwUiuieiite § 2 No. 12 unter Anderem F'(tl<^en(le.s vert'nj^t:

>L)}i.s von mir kiir/.Iich crkantt»'. iiit'iiu'iii W ulniliausf fr,'jrenüber gelegene, mit L" E. No. 18 (r. X\ III) bezeichnete He.sitzthum, sowie dn Capital von fl. 200 000, tuige Zweihundert Tausend Gulden, ver- sdiaffb idi der, fidb ieh rie nicht acbon bei meinen Lebzeiten ins Leben gerufen, hiermit von mir gegrCmdeten Stiftung einer Ver- sorgungsanstalt, nämlich für hfilfebedflrftige, rechtschaffene, unver- heirathete oder verwittwete, in der R^el nidit unter 60 Jahren alte Männer, sunädist aus hiesiger Bflrgerschaft, in der Art, dass die Angenommenen Kost, V^ohnung und Pflege finden sollen. Ausnahms- weise und wenn besonders gewichtige Gründe vorliegen, will ich auch die Aufnahme Nichtbfirgem und jüngeren Männern gestatten.

»Wfirde jedoch mn Aufjo^nommener erkranken, so soll er in das betrrffende Hospital gebracht werden.

>In Anbetracht dieses habe ich audi oben sub 7 C. und o. dem Hospital zum Heiligen Geist und diui Dr. SENCKENBBBQ^schen Bürger- hospital die dorten bestimmten Legate verseliatlt.

»Berechti<^t zm Aiitnalime sind Kömiscli- Katholische, Lutheraner und Kefomiirte; die .\ut'/unehmenden müssen jedoch immer zur Hälfte römisch-katholischer Ueligicni sein.

»Wenn eine, von einem Katholiken bekleidet»' Stelle frei, oder die Creirnnt; einer neuen Stelle ni("»Lflirli wird, darf nur ein Katholik, wenn (l:iixeer,.ii ein, von einem Lutiieraner oder b'etorniirten inne- gehal>ter Fiat/ erledi<rf ist, soll /war /uniUhfit aucli wi«'der ein Lutiieraner oder Kelorniirter berücksichtigt, es kaim jedoch auch ein Katholik zugelassen werdeu.

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296 WohlthAtigkeitB-Anstalten.

»Der Stiftimgsadiiiiiiiafcniition stellt du» unbettchrilnkte Recht zu, unter Beobachtung der von mir getroffenen Beetimmungen, Ober Aufnahmegestich e zu cntscheideu, dieselben zu geuehniigen oder ab- zuschlagen, ohne irgendwie zur Anj^abe von Griiudeu verbunden zu Hein, auch wenn gewichtige Gründe vorliej^en, Auff^euommeue aus der Anstalt wieder zu entlassen. Diese Stiftung soll den Namen führen:

»LOUISE UNI) STEPHAN VON GUAITA'«»b STIFTUNG.«

Dt'r Testator vcrstarl» am 1.'». Mai IS-jR und es üljrrj^rahrn iiiin- nirhr drsstMi Erben, in Aust'nhriui;^ obijrer Be.stinnnun^en, das zum »Stit'tungHgebände bestinnute iiaus, Neue Mainzerstnksse No. 9, sowie diM vermachte Capital von fl. 200 000 an den von dem Stifter selbst zum ersten Administrator der Stiftung ernannten Herrn Dr. Carl VON Gtjaita. Nachdem die entsprechenden baulichen Veiunderungen in dem Hause vorgenommen, sowie die erforderlichen Verwaltungs- einrichtungen getroffen worden waren, wurde die Anstalt im Anfang des Jahres 1851 eröffnet und der erste Pfrflndner am 17. Februar 1851 aufgenonmien. Von da au entwickelte sich sodann die Stiftung in ihrem statutengemäas vorgeschriebenen Gange weiter, so dass in den sechziger Jahren die Zahl der Pfrdndner zeitweise schon bis auf zwölf stieg.

Am 7. Januar 1808 starb Herr Dr. VON Gi aita und kraft einer von dem Stifter in seinem Testamente gleichfalls noch selbst getroffenen Anordnung hatte nach dem Tode dieses erstm Administrators ein Pfleg- amt von drei Mitgliedern die Verwaltung der Stiftung zu übernehmen. Dasselbe constituirte sich in der Sitzung vom 10. August 1868 und niii8ste 68 bald als eine seiner dringendsten Aufgaben erkennen, an Stelle des bauiallig gewordenen und für eine grössere Anzahl von PfrOudmn'n nicht niflir ausreichenden alten Hauses ein neues, den Zwecken besser eiits|ir«M lieudes iStit'tsgeltiiude herzustellen. Aiu 1. Mär/ 18t)i) erfolgte der liinzii'_r der Hewoiniei' in eiiu' provisorische l^nter- kunft und am !!►. November 1S7(> konnte bereits das neue, durili TTerrn Artbiteeteii Lriiwn; erbaute Heim auf der Neuen Main/er- st rassi' errdfuet werden. Dasselbe entliiiU über den erlorderliclien KellerräiMuen in dem ebenerdigen Stueke das Administratioiis/.innner, <lie l*ortierl<»ge. die Widmung des Inspertors, eint-n Aiileuthalts- und einen Speisesaal für die IMründner, Kia lie mit Speisekaunmern, (iesinde- ziiumer; im ersten Stock IIS Zijunusr für je einen Pflegling, und im Kniestock ansser Trockenboden und GerüÜizimmeni acht heizbare Kammern mit geraden Wanden.

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58. Von GttMU'flche Stiftungen. 297

Auch in diesen Räumen hatte sich die Stiftung eines ununter- brochenen Gedeiliens zu erfreuen, und wenn sie heute nicht mehr als elf Pfründner beherbexgt, liefet der Gnind hiervon vorwiegend in

den seit GründmiLr <1''!" Anstalt s»» mivrrliältni.s«nüi8sig gt'stiegenen Preisen aller Lehcu-sbedürtiiisse, die für die riiterlialtung der Pfründ- ner viel betiuchtliihere Ansgaben erheischen als früher.

Von Beginn der Stiftung bis heute haben 4D Pfleglii^ in der- srllx ii Aufnahme gefunden, von welchen unter mogliehst gejiatier Ein- halt iiii;^ der in dem Testamente gegebenen Vf)rscliriften 21 katholisch waren und 25 einer dvr anderen christlichen Konfessionen angehörten.

Es besteht eine Hausordnung, welch»- das tranzc Leben der Pfründner regelt und welih«' als ihre haujitsiiehlitlie (iniiulhii^'e den geineinschal'tlichen Aufenthalt der Pfriindiier am Tage und getreiiuteH Schhifeii (h-rsclbeii in ihn'U «'igenen /inmieru festhält.

I)as \ ei walt iiugsperscuuil l)esteht aus einem Ins|)e< tor, (h'ssen Krau die Ihuishaltung führt, uiul den erfnrilerliclu'u weiblichen Dienst- boten. Ein Ar/.t ist der Anstalt in der \\ eise verluinden, dass er die- selbe regelmässig besucht und die l'atieiiten bis zu deren etwa nüthig werdenden Ueberbringung in ein Spital behandelt.

Ferner liatte Herr Pktku Steimiax Anton VON Gi AiTA in dem gleichen Testamente unter g 2 No. lo die weiteren Bestimmungen getroffen: »Ich versclialfe ein Capital viui 11.200 000 einer hiermit von mir gegründeten Stiitung, welche deu Namen

VON GÜAITA*«»« STIPTONG

führen soll und den Zweck hat aus den Zinsen jähilH he Pensionen von etwa 11. 100 500 au würdige und bedürftige Frauen und Töchter römiach-kutholiHcben Glaubensbekeuutniäse» zu verabreichen.

»Auch darf &u TheO der Sänsen zur Auaatattung braver un- bemittelter Mädchen bei deren Yerheirathung, sowie filr verschiUnte Arme der hiesigen römisch-katholischen Gemeinde verwendet werden.«

Die Stiftung wurde gleichzeitig mit der obigen von Herrn Dr. VON GuAiTA ins Leben gerufen ; seit dessen Tode wird sie durch ein Pfl^^amt von 3 Mitgliedern verwaltet. Sie hat bis jetzt 33 Pfrfind- nerinnen unterstützt; g^enwürtig sind es deren 22. Die jahrliche Pension betrSgt M. 720.

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298 IX. WoUUiitigkeits-Aostaltea.

59. SCHMlDliUKN öUiKs ISIECHENHAÜÖ. Von PCurrer LEYDHECKEB»

Am 16. Juni 1877 wurde dm m der Magdalenensfcraaae No. 88 gelegene Ansfcalt eröffiiet. Sie ist eine Stiftung der verwitAweten Frau Laura Schmidbokn, geb. Rbmt, nunmehrigen Frau Pfiirrer Lbydhsoker. Die Anstalt sollte einem unbestreitbaren Bedfirfnias unserer an sonstigen Wohlthätigkeits^ und Knmken -Anstalten so reidien Stadt abhelfen, indem sie unheilbar kranken, oder auch ge- brechlichen, altersschwachen Frauen und Jungfrauen erangelischen Bekenntnisses (ausnahmsweise auch solchen katholischen Bekennt- nisses) die n5thige leiblidie und geistiiche Pflege gewShrt. Von der Aufnahme ausgeschlossen sind nur Gemfltiiskranke und EpUeptisdie. Während anfänglich nur für 18 Pfleglinge Raum vorgesehen war, sind dermalen 23 Bettln aufjj^i'stellt; auch diese Zahl entspricht lange nicht dem sich /l i^^tniden Hedürfuiss, weitiius die meisten Ge- suche tini Aufnahme müssen abschläglich beschieden werden.

Es Ix'stehen swei dassen; in der ersten Glnssc; (mit (> Stvllen) erhalten die Siechen ein eigenes Zimmer und vollständig freie Ver- pflej^unj^, wofür sie wöchentlidi 17 -2<> Mark entrichten. Die Pflcg- lin<;<' II. (Jhisse bewolincu v.n zwri oder /u (h"t'i rin fxeriiunii<^e.< Zimmer, werden mit etwas ciiitaclicrer Kost vciptli'tft und zalilen dafür wöclientlieh Mark. Für liesoiulcic lYillc sind ancli ftliclu* Se|iaratzinimer II, ('lasse vftrlianden. Kiuf «grössere An/ulil Freisteileii gewährt f^iinzlich Unbeniittelteu unentgeltli« he Vt'rptie|;unf?.

Seit Eröffnunj? der Anstalt fanden im Ganzen 11 Sieche Auf- nahme, von welcluM) «;estorl)cn sind. Die Leitung und PHege ist Diaconisseu aus dem angrcnzi'nden Mutterhause übergehen. Die Oberleitung hat sich die Stifterin vorbehalten, welche auch über Aufnahme neuer Pfleglinge zu entscheiden hat.

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60. Rikrker'achn Sierhenhuas. 299

60. BÜCKER*scu£S SlECllENUAUS.

Von Pfarrer LEYDliECKER.

Zu gleichen Zwecken, wie sie ilus vorgenannte SciiMii»i!oKN's<ho Sicclienhttus verfolgt, stiftete Frau Emilie KrcKER, geb. FiN<iKU, Wittwe des im Jahre 1874 verstorbenen hiesigen Bürgers und Kauf- maniis Herrn Fkiedricu Karl Rück£R, die in der Mugdaleuen- sfcrasse No. 90 gelegene Anstalt ftlr weibliche Sieebe. Sie wurde erSfinet den 23. October 1877 und bietet Raum f&r zehn Pfluglinge, und zwar in 2 Zimmern mit je 1 Bett, und in 4 Zimmern mit je 2 Betten. Von den bisher aufgenommenen 20 Siechen starben 10. Auch hier liegt die Pflege in der Hand der Diaconissen. Die Stifterm hat sich die Oberleitung Torbehalten.

Von Tnteros.sc (Uirft«n noch folgende Notizen Ober den Bestand in beiden Siec h e n h ii u sern sein.

Es waren am 15. Juli 1881 ausnahmsweise zwei Stellen vorfiher- gehend unlM st t/.t. Unter den ."H Siechen befaurlen sich 23 Frank- furter uihI 8 Auswärtige; Wittwen und l(i Unverheiratheie; 27 Evangelische und I Katholiken.

Dem Alter nadi wan-u <1 Sieche unter ÖO .faliren; 14 Sieche ■/.wischen .'»(( uiid 7<» .Jahren; 11 Sicc lic ühcr 7'» .lalirc. Die jüngste Sieche (blind und lahm) war lit» .Jahre: ilie ällr.vte Sieche 92 Julire 7 Monate. Das Durchschuittsaller heträgt »il Jahn' 8 Monate.

Für die Zukuult ist die Ue)M'i';ralM' dieser wie der Sc ii.MiDBOKN'.schen Stittun«? an da.s Diacouis.senhau> vnrjLresehen, wesliall» auch die beiden Sieclu'nhiluser baulich so auj^ele;.jt und mit einander verbunden siml, dasa sie unter einheitliche Leituni^ uml \ Crwaltung genonnuen werden können. Der Hausarzt und der 1 lausgeistliche der Diacunissenanstalt sind zugleich für die beiden Siecheuhäuser berufen.

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300 IX. WohlthAtigkeits-AnsUlten.

61. VEitöOHGUNGSANiSTALT FÜR ISRAELITEN.

Von Dr. nu ll S. KTRrilllElM,

Mimlivd da. nicgiMaics.

r)t'ii (liir(li Alter und (irUrrclicii Envcrltsimt'äliigeii »'iiif Ufini- 1111(1 ZiiHiiclitsstiUtc zu ^rlx'U, ililH'ii die Biinlr'ii des Alters iitld die Ht'srliwerdeii eines siechen Körpers durch sorgsjinie l'flejjfe zu er- leichtern und ihnen in den letzten Jahren ilires oft kummervollen und entbehrungsreichen Leben» ein ruhiges, alle nothwendigcu dlirfniaae befriedigendes Dasein m gev^uren, ist eine der ediSnaten Aufgaben der Wohlihätigkeit.

Die israelitische Bevölkening Frankfurts, die in ausgedehntem Maasse von jeher fttr die Armen und Kranken ihrer Gemeinde Soige zu tragen verstand, konnte sich auf die Dauer der Nothwend^^eit, eine Anstalt fttr alte erwerbsunfähige, alleinstehende Gemeinde -An- gehörige zu schaffen und zu erhalten, nicht versdiliessen, und no traten im Jahre 1844 eine Anzahl der angesdiensten Gemeindemiiglieder, an deren Spitze der nun verstorbene, allgemein verehrte Arzt Dr. Heikricu Schwarzsohild, zusammen und erliesseu einen Aufruf an ihre Glaubensgenossen behufe Gründung einer Vers^rgungsanstalt. Den Benifihungeii dii'ser, von den edelsten Motiven geleiteten Ehren- männer konnte, bei dem Vertrauen und dem Ansehen, das sie innerhalb der Gemeinde genfissen, der erhoffte und erwartete Erfolg nicht fehlen. In Folge ilires Aufrufs kamen in kurzer Zeit so beträchtliche einmalige Geächenke und so viele Unterschriften ftir jährliche Beiträge zu (nnisten der zu errichtenden Anstalt zusammen, das» mit Hegiun des Jahres 1S15 das neue segensreiche Institut durch Abfassmig der Stututen ins Lehen gerufen werden konnte. l)ur(li Seiiatsdeeret vom 2<*. Mai isi,') wurden diese Stiitufen jjfenelmiigt, und es konnten bald die ersten Pfründner autgenomiiien werden.

Schon von Anfant; an war die Anstalt niclit nur zur Aulnahine von Geuieindeangeliörigeu bestimmt, sondern es war auch die Auf-

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61. Versorgung;» •Anstalt für Israpüton.

301

nähme von nicht der Gemeinde angehörigen, hier wohnenden kraelikni vorbehalten, die jedoch mindestens 30 Jahre lang als I^hrer oder Ilandlnngsconmus, oder auch als Dienstpersonal, Handwerksgesellen und dergl. hier thätig gewesen sein mussten. Die Zahl der PfrOndner vennehrte sich bald; im Jahre 1849 waren es beidts sechs Pfrflndner und zwei PfrOndnerinneu, die die Wohlthat der Anstalt genossen. Im Jahre 1852 sah sich das Pflegamt durch die stetige Zunahme der Pfrflndnerxahl veranlasst, das bisherige, nur gemiethete Local, das auf dem Judenmarkt hinter den Häusern der Krankencassen sich befand, aufzugeben und ein eigenes Haus fttr die Zwecke der Ver- soi^gnngsanstalt zu erwerben. Am 1. Doeember 1852 siedelten die PfViiiidtii r in das neuerworbene Huus, Wollgraben 8, das fBr die (lanmligen ViM-liälttiixse prenflfrenden Baum gewährte, fiber, wo sich heute noch dii' AnsUili bofindft.

Seit dieser Zeit, nachdem nun fast drei Decennicn vcrfloHseii sind, hat sich vieles, wie ausserhalb, so auch innerhall) des Insitutes ver- ändert. Die Anmeldungen zur Pfriindnersehatt kamen von Jahr zu Jahr nii'hr und mehr, und nuissten viele Annit'ldnn<,n'U nnltt rücksichti^'t gehussen werden; iVw strent^cn Statnteri, die zur Zeit drr (Jründnng die fieini'indeangrhririj^fkt'it (idcr drt'issi^jälirigen Autrnthalt dahuT vt'iliiMgt hatten, koniitfii den gän/.li<li vrriiiidrrlfii Vt'rliiiltnis.s)'u »Irr iieuertMi Zeit gcgi'niiher ni(ht mehr aulit(lit gciialtcn werden und wurden aiuh in der K<)l<je nicht mehr stn-n«; na<di ihrem WKrthmt geluindiiabt. Gegenwärtig ist deshalli iuuh das iMlegaiiit mit einer vollständigen l'marheitung und Hevision der Statuten hesehäftigt. Ebenso tritt hei der stetigen Zunahme der l*tründnerzahl (dieselbe betnigt gegenwärtig 17), für die die liäume der Anstalt nicht mehr ausreichen, und bei der daraus resultirenden Nothwendigkeit, viele wohlb^flndete Aufiiahmegesuche znrfickweisen zu mflssen, sowie bei den erhöhten Anforderungen, die man heutzutage mit Recht an alle für das Wohl der Armen und Leidenden bestimmten Institute in sanitat- licher Beziehung stellt, und denen die heutige Anstalt in keiner Weise genügt, die Nothwendigkeit der Verl^fung der Anstalt in ein den hygienischen Grundsätzen besser entsprechendes Haus mehr und mehr hervor. Auch hier wird die Wohlthätigkeit Frankfurts sich wieder bewahren und das Pfl^^amt in den Stand setzen, seinen Schützlingen ein mit allen Annehmlichkeiten ausgestattetes Heim zu gewähren.

Die Verwaltung der Anstalt wird von 9, aus der Zahl der bei- tragenden Mitglieder gewählten Personen geführt, von denen zwei, als Vorsteber gewählt, die Anstalt fast t^lich besuchen; denselben

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302 IX. Wohlthitifrkeito-AnsUlten.

Bteht eine Vorakeherin zur Seifte, welche die Oberaa&icht über Hans- haltang nn j Kfiche fGhrt. Im Ganzen sind bis jetzt seit der Gründung 63 Personen als Pfrfindner der Anstalt aufgenommen worden; gegen- wirtig befinden sich sieben Männer und zehn Weiber in der Anstalt, ▼on denen die jflngste, eine wegen chronischer Gicht erwerbsunfähige Frau, 45 Jahre, der älteste, ein Hann, 03 .Tiihro zählt. Die Anfenthalts- zeit in der Ansfeilt ist bereif licherwoi sc eine sehr verschieden lanj^e: bis auf wenij^e Au.snuhnien bleiben ja die IMründner, hin sie durch den Tod al^erufen werden, in derselben. Die läuL^ste Zeit der Anstilts- verpflegung betrug bei einer Pfründnerin 14 Jahre, die kürzeste /.ehn Monate. Die Pt'rflndner werden, da die Wüumlichkeiten und das Dienst- persotial der Anstalt für eine «geordnete Kmnkenpflejro nicht ausreichen, in Erkranknii<rsfilllen auf Hechnnnt; der Versorguugsonstalt im ismeli- tijBcbeii (leiiieiiideliospitiil liebaiidt'lt.

l III ein Hil<l der Verniöj^ensvcrliältn is.se und <ler Aiisgalteii dt-r Ver8f)r^uni;sansialt zu treben, fügen wir schliesslich eiue Uebersicht der Einnalunen und Au.sguben vom Jahre 1879 bei:

Einnahmen.

An Zinsen M. U497. 47

dto » 289.

Geschenke » 942. -

Hcitniire » 2 545. 3

Mietlu' » 257. 13

Mehrwerth der Effecten . . » 1 241. 0

M. 11771. 09

Ausgaben.

IlanshaUunjy M. (i 1:'.3. (J!»

HesolduniTcn » H2l». ()8

Heizung und lich'iichtiiiig . >^ 41(t. 18

BekleidniiLT und Wäsche . . » 573. 23

V'erpUcgiuiir im ll<>sj)ital . . » 57(). 3i

Hau lind Reparaturen ... » 584. 7

Diverse » 143. 25

Uebertrag auf Fonds u. Cu]iital ^ 2 518. 25

AI. II 771.

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62. St KalhMTbieii- und Wetosfiran^iistiil.

303

62. ST. KATHARINEN- UND WEISSPRAUENSTIPT.

Mitthcilung den i'tlegamtes.

1. Das St. Kafcharinenklostur nebst dum dumit v(>r)»unilenen Hosjiitale wurde im Jahre 1344 von Wuker Fkosch, dem Sohne eines reichen Frank fiirter Schöffen und Cantor des hiesigen I )(misti!'ts. j^ej^ründet, und /wiir auf dem noch h»'ute v(»n den Klosti'i^r|.l)|iii,ien eint^enonnnenen Platze au di-r Katliarint'ukirche. Der IJaii wunle bereits im .Talire \'.\\') bei^ouuni, jedoili erst \'.\'}2 'wurden die ersten Nonnen ein^efiilirt : dieselben gehörten dem Orden der Deutsehlierren an. Im .Jahre l.''>22 wurde von IIkkmann m die erste lutlierische Predig, in der St. KatliaiiTunkirclie «gehalten und in den nikhst- tnl^enden Jahren traten .siimndliclie lnsius.sen des Klosters zum neuen Ghiuben ül)er.

Obwohl der Familie des Stifters fondationsgemäss ein Antheil an der Verwaltung des Klostereigenthoms snstaad, wnsste sich doch der Rath Damentlich nach Reformatioii des Klosters durch die seinerseits emaimteii Pfleger des Klosters einen «ntsdundenden Ein- fluss auf die Outsrerwaltung zu sichern. Die Stiftung diente zum Unterhalte von ConTentualinnen evangelisch -lutherischer Confession und zur Unterstützung einer Anzahl alter hiesiger Hanner; die Krankenpfl^ des ehemaligen Hoepitales ward spSter dem Hospital zum Heiligen Qeiste fiberwiesen. In die Stiftung sollen namentlich solche hiesige Wittwen und Jungfrauen angenommen werden, deren Manner oder Vater sieh um 'die hiesige Stadt verdient gemacht haben. Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts war die Zahl der Conventualinnen des St. Katharinenklosters elf.

2. VVeissfrauenkloster. Frankfurt ist eine der llltesten Niederlas-sungen des Ordens der bfissenden Schwestern der heiligen Maria Magdalena gewtdiulic Ii Orden der Ueuerinncn oder Weiss- franen genannt in Deutschland. Die Gründnnnr dieses Ordens in Deutschland überhaupt erfolgte erst im Jahre 1227 oder kurz vorher.

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IX. WohlthitigkeitB-Änstalten.

und schon im Juni 1227 erUeas Papst Gr^r IX. eine Besti&tigung»- bulle für den hiedgen Orden. In welUichen Dingen der Stiftung standen schon im 14. Jahrhundert den Weissfrauen Pfleger des Rathes zur Seite und hierdurch gelang es auch nach Eindringen der Re- formation dem Rathe, sidi in den TöHigen Besits des Klosters zu setzen und dieser bestimmte es zum Unterhalte lutherischer Fraiii'ii und Jungfrauen, wolclicni Zweck es noch Iioiitzutage dient. Auch hier war die Anzahl der Unterstfitzten anfangs elf.

Den Gonventualinnen, welche frflher in diMi KIost<.>rp>bili]i1en wohnen mussten, wurde spater fj^o.stattet, ausserhalb (h>rsoll)i>n ihre Wohnunp zu nehmen. Mit Einfiilirmij^ der neuen Stiftimgsordnung im Jahre IH'Xi wurden die beiden Klöster mit einander vereinifjt.

Die Verwaltung des Verniöi^ens des St. Katharinen- und Weiss- franenstiftt's wird von einem l'tletrnniti' ausL^oiibt; dieses besteht aus fünf IMle}4(M-ii, welche Mitfjlieder der lii<'siixeii eviiiii^eliscli - lullierisclu'U Ueiiieinde sein müssen. Zweck der Stit'tuiifi; ist. wie seit den /eiteu der K'etorrnation . die ünteistüt/un^ und X'ersorifnnjx liedilrtl iijer Wittweu und Tix liter verstorlx'uer hiesi«rer Ib'ir^^er, be/.ieliiiiiii-\\ l i^e Untorstützuufifsliereciiti^ter evan<;eliscli - lut heris<dier ( "onfession diircii Reioluin«; lel)ensliui<^lischer Peusioneii. Au Stelle der rnterstüt/.iin«^ bi'diiritij^er Mihiner leistet die Stiftung eiueu jährliclien Beitia^- au da.s hiesige V ersorj^ungslmus, wogegen dieses die Verptliehtiing hat, 'M) arme alte Manner evangelisch-lutherisdier Confession, welche von dem Pflegamte des' Stifts empfohlen werden, als PfrOndner aufzunehmen.

Sobald sich die Einnahmen der Stiftung vermehren, werden neue Conventualinnenstellen creirt und zwar abwechselnd eine solche zweiter und eine erster Glasse; letztere Unterscheidung ist an die Stelle der froheren Bezeichnung: »Conventualin des St Kathartnenklosters« und »Conventualin des Weissfrauenklosters« getreten. Die Conventualinnen zweiter Glasse erhalten eine jährliche Pension von M. 800, die der ersten Glasse eine solche von M. 900; ausserdem erhalten die zwei den Jahren nach Sltesten Conventualinnen erster Glasse neben ihrer Pension aus dem hier bestehenden vn\ BARKiiAr.<EN'.schen Legat noch je fl. 50 = M. 85-72 jährlich. £s bestehen zur Zeit 90 Stelion ei-ster Cisusse und 29 zweiter Cljis.se. Bemerkt sei noch, duss »lie Stiftung einen jiihrlicheu Beitrug för den evangelisch -lutlu-risthen Gultus zahlt, und dass fUr ein juristisches und ein theologisches Stipendium der Betrag von je M. 85*72 jährlich aussetzt ist.

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63. FrauenYerein.

305

U3. FKAUENVKUEIN.

Von Dr. A. FESTER,

O«— ton«.

Der PraitenTerein, nicht za verwcchaeln mit anderen hiedgen Vereinen von ahnlichem Namen nnd Zweck, ififc in Folge der all- gemeinen Krlii lMin«; zur Zeit der B^^freiungskri^^ von Frankfurter

FmiuMi im .liihr«' \><\i\ Lri'trrundet und hozwpckte nrsprfinjflirh Lin- doninji; der UcIh'I. welrlic in unmittelbarem Gefolp« des Krie^fes auftreten. So wnrdr der Ver*'i?i /,. B. aus Anla.«is des Brandes der mit Verwuii'lt'ti'n lM'l«'<^tt'M Banukcii ;inl' <]it Pfinf?st\v»'ide (16. ond 17. lsi4) thilti^. betlieiligte sich an Unterstützungen der

Bew(tl»in 1 ili r l'iii^<'l>iinj;en von Leipzig 0. f. w.

Nai h \Viederl)erf*tell)ing des Friedens und Erledigung fleiner nr* s|»n"j)«xli(lien Zweckbestimmun«: 1" > ! los» der Verein, sich fortan der Armenpflege zn widmen, »niciit jedoch« wie es in einer danuils er- l;i«>-<'nen Aui^pnulie der Vorsteherinnen heisst »um die bestellenden AniK iiaiistiilten din'ct zu erh'irhtern,« sondern »um dein sittlichen I flii-l. welches flas ^'iinzlichc .\iilit'init';illt'n vieler Familien an die St irtiiti<;en htirvorxurut'en ptiegt, krüttig und eingehend entgegen zu arlx'iteii.«

I)ahei wurde heschln^sen, d.'iss sich die Wirksamkeit des Vereins allein auf Anne hiesi^^rcr Stallt und ilcren (lehiets ohne rnterschied rjes reli^it'isen I «ekeniit llisses zu erstre< ken halle, wiihren<l hezfij^lij^i anderer deutschen Orte der \ erein nur iils \ erinittler dienen solle, wie .lies /.. Ii, bei dem grossen Hamburger Brande im Jahre 1842 der Fiill war.

Mit der Zeit hat sich jedoch <ler N^-rein, jrenöthijLrt durch die warhst-nde Ansdehnim^ der Stadt nnd der Frankfurter ( )rtschal'ten, zur I5es( hränknutr seiner Anf«;abe aiii dies (iel»iet veranlasst «jesehen.

S«'ine Anl;4al»e su<ht iler Franenvereiu. welchem tlnrch Senals- beMchlu88 vom 24. November 18:{.'> die Beeilte einer juristischen

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IX. WohlthitigkritB-AnBtalten.

Person verliehen sind, zu orreichon theilfl durch diivi tc Zuwenduiifi( von Unt<»r8tnt'/ungfn an GeMinitt«»ln (namentlit Ii zur Erleichterung des Miethzinsi's) und an Niituralion, theils diircli Nacbweisung von w<Ml»li(lM'ii Handarbeiten unil \'t'rwerthung derselben in oinoin unter Aufsidit des Vereins ^t-liilirt* !! Comraisaionagescliiifte (z. Z. gro«se Bo<-kenhoimerstr:iss(' No. '-il), tlicil.M endlich durch Erziehunr; von Mädchen zu Dienstlwttcn in dn- seit 1818 bestellenden I-'nuienvereins- sclinle (s. unten). Die früher von dem Vereine ifftiilirte Suppen- iiiistalt ist ein^^estrllt Worden, seit von anderer Seite mit grüiüiereu Mitteln sok'he Einrichtnn<:fen ins Lrhen ^feruten wnnh'ii.

Dem Vereine stehen, unt<'r l'x'ilnllt'e (•in<\s Tonsidenten und eines Ciussiers, zelin Vorsteherinnen vor, deren Tliäti^keit in folf^fende »Füclier-i; vertlieilt ist, von denen jedes v(»n eiuer Vorsteherin nebst selhstt^ewuhlten (iehültinnen versehen wird, bi« aut die Sclmle, welcher zwei Vorsteherinnen vorstellen.

I NT K 1 { sri ITZUNC JS ]]]•)]{.

K r ;i n k e n t u c h ; seit wachsender Ansdtdmnn^ getrennt in die seli)stständi^en Knmkentacher Frankfurt, Saclisenhan.sen nn<l Horn- beini. Es wnr(h*n in demstdhen im .T.ihre iSSd im (Janzen l27o Familien und einzelne Personen untct stfit/t. von denen auf Frankfurt 930, auf Sachsetdiausen 2'*'> und ant Honiheim 1 M> enttiid«'n.

Dörfer fach, für die zu dem l'ranklurter (iehiete <xeliörii;en Ortschaften. Das früher hierzu j^ehöri^e Bornheim ist, nach dessen communaler VVreini^un^ mit Frankfurt, abgezweigt und einein be- sonderen Fach zugetheilt worden. Unser letzter Jahresbericht weist 250 im Dörferfach untentOtade Personen und FamUien aus, von denen 115 auf das erst seit Mai 1880 abgezweigte Bornheim fiUlen.

Das Fach der Wöchnerinnen, deren im vei^ngenen Jahre 265 verpflegt wurden.

AKnKTTSF.^':('IIKK. Näh fach. Strick fach. Diese V)eiilen Fächer, auf welclie der Verein einen besonderen Werth legt, sind s( hon seit einii^en Jahren leider durch Al)nahme der Nachfrage znriickg»'gangen. [mmerliin konnten im Jahre 1880 noch 140 Näherinnen mit einem Nählohn von M. 14481*48 und 60 Strickerinnen mit einem Arbeitslohn von M. 1013*94 beschiftigt werden.

DIK S( HI LK.

Sie wird, unter 01)erleitiing von zwei \ orsteherinnen. von eineui im iliiuse wohnenden Lehrer und de^usen Frau, welche zugleich die

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64. Frauenveroin.

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Stellung von Hanseltern haben, Teraehen und hat durchachnittiich 30 weibliche ZOglinge im Alter Ton sechs bis fünfzehn Jahren, welche im Hanse wohnen nnd dort ihre geflammte Erziehung empfangen.

Das Schnlhaus (Rechneigrabenstrasse No. 1) ist von der FocK*8chen Stiftung, der Platz von der Stadt geschenkt. Der Unter- richt der Schule erstreckt sich auf die Lehrfächer der Volkmchulen, weibliche Hand- nnd Hausarbeiten, wobei innbcMondere darauf ge- sehen wird, dass Alles, was ffir die BedfirfnixHe der ZAglinge und des Hauses erforderlich ist, möglichst von den Zöglingen selbsfc ge- fertigt wird.

Soweit es Raum gestattet, werden neben den FreischOlerinnen auch zahlende Zc^linge gegen eine VeigOtung von H. 200 jährlich an%enonmien.

Dil' Mittel dos Vereins hestehon in (I«mi I>«'itnipMi «ItT Mitirliedor (ileren Aor let/te .luhresherirlit ütiswejst), in den Zinsen iler im Laute tler Zeit /.n^ewendeten ('ai»italieii. unter denen iuiinentli( Ii das Lef^jit der Krau IMarrer Stiin. ^'eh. (iitiNKi.ii \(tii tl. 1(I(»(MM» /n er- wähnen isl , uinl ui bewunderen, zn nntnitte|l)arei- \'erwendnn«; l»e- stiiuuiten (lestlieiiken. Im (lan/.en hat iler Franenverein hiernath in den letzten Jahreii dnn hs( hnittli< h nl)er eine .lahreseiniuthme von M. 20 0(M) zn vertii^^'n «^elnild, wobei zu bemerken ist. dus,s die Arbt'itsfJ'ulier sieli im Wesentliihen selbst bezahlen nn«l nur in den letzten Jahren verhältnissniäasi^ nnbedentendo Zusclifisse erforderten.

Das Vermö<r<'n des W-reins l)etrettend, so stetkt in den Ar- beitsfäi hern. deren ^Vaarenvorräthen u. s. w, ein l!errieliM a|utal von eu. M. liHXMI. im Uebri<fen besitzt der Franenverein, zur \ erwendnuf^ des Zinserträ;^nisse.s für seine allgenieineu Zwerke, ein im Wesent- lichen in hiesigen ersten Hypotheken nnd Frankfurter Obligationen angelegtes CapitalTermogen von rund M. 324 000.

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308 IX. WohlthätigkeitB-Anstalten.

64. ALLGfciMülNER FHAUKN VELiKl N »ZUR WOHLmffiTIGKEIT«.

Von Amtegerirhtsraih Dr. FLKCK.')

Der A 1 1 ^ <' ni <> i n v V r;i ii c ii v c r e in »/ n r Wo Ii 1 1 h ii t i jjj - k (' i t'f, <;t'ii;riiii(lt't am 1 1. Anj^usl 1S.'» |, hc/wrckt durc h ^iMiifinscliaft- liclics und «^cnrdru'tt's W irkcn <;<'isti<^('n, sittliclini nml IfiMiclifii Notli- stiiml»'!! :ili/nli<'Ift'n. l)rrs«'ll><' ijcwiilirt sciiu- lliilf'»' idiiif ( 'ntvrscliicd (h'T l{tdi^i<iM iiiiil nur iiacli jrrüiidlichcr Pn'if uiii; der V »'rliiiltiiissc und lirstclit /.uiiicist aus w rildiclu-n Mit^^'lii'ili'rn , welclii' »'inen rcLjel- inässi^'i*n iudicliigiMi Ik'itru«^ /iikleii. Die Zahl der Mitglieder betriij^t zur Zt'it 513.

l)ip Stiiiufin (1. d. 2C). Auifust werden in Kfirze einer

gründliclieii Hevisioii uutt'rzojLrrn wcrcli-u.

Der Vorstand liestelit «^e^eiiwärti^ aus S Damen uiul 1 Hern ii. Den erstt-ren liej^t zumeist dir Arnie)i)>fle^re ol». Die Irt/tenui halten nur ht-rathendt' Stimme uiul theileu sich in dii- ( It si hät'ti' des Vor- »itzendt'u, des Stidivertreti'rs, des Casseu- uml iles Sc lirif ( Itihrers.

Am 1*.>. Ajiril 1S<)2 wurde dem Verein die hei dtMu Senat der fn-icu Stadt l'^rankfurt nachtjeMUclite Krlauhniss zum Krwerh von Lie^'enschatteii und liy^)utheken , Erhsehat'tcn und Veruiächtnissrn ertheilt.

Das aus kleinen Anfän<ifen nac-h und nac h «^esauuuellc (icsammt- vermc»<^en des N'creins hetruLC am L.lanuar lSS(» M. (17 lO!»-?.^ und ist in sicheren Hyi)otheken, VVertlipapiereu und bei der hiesigen Sparcjusse an<(elefrt.

Die Einnahmen an Zinsen. Heitrji<fen. (Jeschenken, Legaten u. s. w. hereelmeteu sich im vorigen Jahre auf M. 11 ü98'81.

*) Diese ArWit aixTnandto ms kun tw seinem Tode, der loiik>r in flrflb Tentorbeoe Dr. Fleck, ein Mann, di>r eine lAngere Reibe von Jahren hindurch in vernohiedonon wittsen- flehaltlichon und wohlthätiifen Vereinen mit seltener l*flichttreae ttaäti^ war. Ked.

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64. Allgemeiner Frauenverein »Zur Woliltliätigkeit.« ;toy Hierron wurden verauagabt in 1876 Unterstfitziiii^fällen :

Atta iriAicinVl

> 1 458 71

_ OA.

04O lU

» lob 7s>

» Holz und Steinkohlen

» 1 151-60

> 272-22

> 1 847-60

» Terschiedene Auagaben und Unkosten

» 1 221-76

» 2 514*30

Cassensaldo am 1. Januar 1881 . . .

370-23

M. 11 698-81.

Ks besteht eine besondere Abtheiliin^ zur HeM liatlimi^ und \ er- ubt'olguiig von Winterkleidern an Arme, welche im Juhre 1880 fOr diesen Zweck, sowie flSr anderweitige Unterstatzuugeu M. 1359 verwendete.

Zu einer yon dem Vorstand alljährlich statutengemüas zu ver- anstaltenden Weihnachtsbescheerung an arme Kinder werden die Mittel besonders erbeten und gesammelt. Im December 1880 bebrug die Baareinnahme 1961-50; ausserdem ging eine reiche An- zahl von Kleidungsstflcken, Spielsachen, Jugendschrifben u. s. w. ein und war der Vorstand in der erfreulichen Lage, an 300 armen Kindern ein frohes Weihnachtsfest unter Mitwirkung des Chorvereins be- reiten zu können.

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310 IX* WohKhitigkdts-AnsUlten.

65. YATEßL^NDISCHER FßAUENVEKElN.

Von Coiisutorialrath Pfarrer Dr. lOlLElU).

Als im .liihre 1871 noch vor Bt'«'juHj;iin<^ des ^«sjmju Krit'ges die Iiis (ialiiii tliilti^t' fiviwilli<xt' Fnnn-iihfilt'»' diircli die Hc^n-fiinlim«; (kw Vjiti'iliinilisrheii Krum'nv(.'r«'iiis in l'nMisscn iincli für ili»' l-'rii'dciis- /.»'ii oriraiiisirt wiirtlc. dii hiiX <l«'r VVmist'h naln-, dass anrli Kraiik- l'iirt am Main iiiclil /.iiri'aklili'i'M'. dass es dur<-li fincii Zu t'iixvri-ciii in drr "fn.sxn hald das tfan/.f KOiiitfifich uuispunnondcii \ ereinigunj^ die ihm gi'l>ührt'iuU' \ frtrftuii^ fintii'.

Der Wunsch ^in^ im Mai l'^Tl in Kiriilliitiir; seit (h-r Zeit besteht, der hiesige V'jitcrländischc l'Vancnvercin. Seine Aiiti,Ml)c ist. tür Linderung vorhandener Nothstiindc, innerhalb wie ausserhalb der Stadt, thutig zu werden. Mitglieder des Zweigvereius sind alle diejenigen Franen und Junglrauenf welche sich zu einem jährlichen Beitrag von mindestens M. 6 verpflichten. Die Leitung der Vereins- angelegenheiten ist einem aus sieben Damen bestehendeut von der Gcsammtheit der Mitglieder auf die Dauer von je drei Jahren er> vmhlten Vorstand fibertragen. Der Vorstand oooptirt einen Consulenten, einen Schatzmeister und einen Schriftführer, ausser ihnen je nadi Befinden drei bis vier Herren als Beiriithe. Der Vorstand kann so weit und so oft es ihm lathlich dfinkt, die Oesammtheit der Vereinsmilglieder zusammenberufen, um deren Ansichten zu ver- nehmen und Be8chlu8sfas.su ng zu veranla.s»en.

Bei der rru;.'n Vereinsthätigkeit, durch welche Fmnkfurt sich seit luiitri'U Jaliren vor vielen Städten des deutschen Vaterlandes au.szeichnet, ist es dem Vaterländischen Frauenverein, als einem der jüngsten Vereine, nicht leicht gewesj-n, »ich eine erspries.sliche Thätig- keit zu schaffen. Wdrln Arbeit er initerneiimeu wollte, er fand Andere, welche schon vor ihm Ijemüht waren, dieselbe Arbeit zu thun. und welche sie unter reichem Sejj^en torderten. Die Erziehun;,^ verwahr- loster iüuder, WaLsenpii^e, Kieinkiuderschuleu, Mügdeherbergen,

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65. Vaterliuidischer Frauenvereiu.

311

alle diese Zweige bannhenEiger NSclutenliebe, weldie an anderen Orten Ton den Vaterländiadien FraaenTereinen gepflc^ werden, hatten hier langst die beste Ffirsoige gefanden. Es konnte dem Frankfurter Vaterländischen FrauenTerem nichts femer li^en, als da stGrend einzngreifen, oder sich in einen eifersQchtigen Wettstreit einzulassen.

So hat derselbe seit seiner B^^rflnduiig seine hauptäichliche Thätigkeit gesucht in der Unterstüi/.ung und Mitrerwaltung des von dem »Vereine zur Pflege im Fehle verwundeter und erkrankter Kri^er« gegründeten Kriinkenpflegerimicn-Institiites. Die Verlwodung zwisclicti di'M beiden, die gleichen Ziele erntrebeuden Vereinen ist im Laufe der Jahre eine immer engere und festere geworden. Gt-gen- wartig wird das Institut von einer aus männlichen und weihlichen Delegirten der beiden verbündeten Vereine gebildeten Verwaltung geleitet.

Der Viitfrländiscli»' Fraiiciivrifin mitiTstiitzt das Institut, welches Ki'j't'iit liiini <irs N'fifins zur IMlegr im l''chh' vcrwiiudeter und fikiiiMkler Krir^n r ist. mit fiiifiu jährliclM'u Beitrag V(»n M. !>0<> und mit cinfiu ( i< >rlifiik an dir .Mters -V ersorgungNcasse der Pllege- riiiueu im Ht tragi' von M. 1(M> jährlich.

r)ie fihrige Tliätigkfit des Vaterlämlisclicn l'iauruvereins Ix'stcht h:mpts;u hlich in .\ rmt npllrgc; in der Darreichung regelmäswiger und einmaliger UnU-rstützungeu.

Die Zahl der Mitglieder betrug Ende 1880: 440; die regel- nteigen Einnahmen betragen: M. 3000; das Vermfigen des Vereins ist M. 14 000 gross.

Seine volle Bedeutung wird der Vaterländische Frauenverein in Frankfurt wohl erst dann finden, wenn, was Gott lange verhüten wolle, Kriegsstfirme über das Vaterland hereinbrechen werden. Bis dahin wird er sich genfigen lassen, im Stillen Gutes zu thun, so viel seine Mittel es gestatten. Vielleicht, dass die geplante Reorgani- sation des stadtischen Armenwesens, weldie, wie verlautet, die Frauen- vereine Sur Mithülfe heranzugehen beabsichtigt, auch dem Vater- landischen Frauenverein schon wahrend der Friedenszeit ein neues und grosseres Arbeitsfeld zuweist, (cf. Achter Jahresbericht 1880.)

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IX. WohlkhfttiKkeits-Anstalten.

66. DER VINCENZ-VEBEIN.

Von Kector Ii. WlDMAliN.

Der lucsiue Vinceiiz-VenMii. ilt iii nach Art. 2 «Ics Statuts »kein christliches Liebeswerk als tVi iml fis« ht iiu ii darf, nli^lcich <lers«'ll)e (It'U Besuch armer Faini]i»'ii zu sciiu-iu hcNdnilcicM Zweck hat,« wurde aru S. Octolicr ISr»,') if<';j^riin(lt't und atn 7. I >tM rnilM r desselben Jahres vom (Teiirialrailie /u Paris, dem sämmtliclie i LTr^enwürti»; ül)er :{(H(0 zählende) Zweij^vereiiu' unterstellt sind. aLTi^re^irt. Seit mehreren Jahren richtet indessen der Verein sein Haii|it;Lu^nMimerk auf die Er- * Ziehung der Kinder armer l'aniilu n, uanu-utiicii suh her, die in (itdalir sind, sowohl körperlieh als geisti;^ zu verkommen, in<lem er dieselben in ErziehungHaustalten untemibringen sucht, welche eines allseitigen Yartmiiaift der Behörden sich zu erfreuen haben.

Zur besseren Erreichung dieses Zweckes hat sich der Verein in Beeiehung zu anderen hiesigen WohlthStigkeitaanstalten gesetet, als zur katholischen Annenanstalt, zur Louise Brentano -Stiftoi^, zum Pestalozziverein u. a. Die Geldmittel werden theils aus der in der Sitzung abgehaltenen wöchentlichen GoUecte der actiTen Mitglieder, theils ans den Zuschfissen der beitragenden Mitglieder, theils aus den Sammlungen in den hiesigen katholischen Kirchen, theils aus dem . Ertrage von Goncerten, welche zum Besten der Vereinscasse Ter- anstaltet werden, aufgebracht.

Der Vorstand des sog. örtlichen Verwaltungsrathes besteht aus einem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter, einem Schriftführer und einem Cassier.

Allwöchentlich findet eine Sitzung im Lucaie des katholischen Kirchenvorstiindes { Liebfrauenstmsse 4) sbitt, in weldier über die jeweiligen Zustände der unterstützten Familien von den besuchenden Mitgliedern des Vereins berichtet wird und auch neue Familien mler einzelne männliche lVrsiin»'n zur Unterst iitzuntr vorgesehlagen wenlen, und in welcher schliesttiich der Cassastuud nachgewiesen werden muss.

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Per Vinreii« -Verein.

Nach dem letzten RechenBchaflüibericht roa 1880 zählte der Verein: ein Ehrenmitglied, 32 active und 110 beitragende IfitgUeder. Es wurden 64 hiesige Familien und einzelne Personen mit r^lmSnigen, theila vorfibergehenden, theils dauernden wöchentlichen Unterstfitas- ungen bedacht; in auasergewOhnlichen Fallen wurde auch eine ein- malige UnterstHtasung gewahrt. Femer wurden theils auf eigene Rechnung, theils auf Rechnung anderer Wohlthätigkeitsanstalten 80 Kinder in Erziehungs- und RettungsanHt alten unterhalten, ebenso zwölf Lehrlingen, die aus den Pfleglingen des Vereins herrorgq^ngen sind, Stellen bei tüchtigen Meistern ermittelt und unter weitere Auf-

Wie sehr die Vcreinstliäti^^keit nach dieser so wichtigen Seite hin sich entfaltet hat, weil der Vorstand <r!au1>i, auf diese Weise dem socialen ini'l sittlichen Uebel am gründlichsten zu begegnen, mag aus nachstehender Zusammenstellung ersehen werden: Die Zahl der vom Vereine in Ohhiit t^'enoiiuuenen Kinder und Lehrlinge betrug in den

letzten acht Jahren:

im Jahre 1H7:1 12,

» » 1H74 20,

» » 1875 30,

. 187G ..... 38,

» > 1^^77 47,

» V ls7,s 55,

V 1K79 07,

» - 1880 RO,

/usannnen: 3U> Kinder und Lehrlinge.

Ais weiterer Beleg zur Beurtheilniig der Wirksjunkeit des Vincenz- Vereins möge hier noch die letzte Het hnnngsahlage niitgetheilt werden. Die Einiiahnien betrugen im Jahre 1S71) M. 7^-7(10: die Aus- gaben M. Slali'.M, darunter tiir Brodspeudeu M. 7!*'5 f><>, fiir i'leisch- spenden ^f..M•:5!t. für Suppenbilh-ts M. K», (Jeselieiike in Maar M. Erziehuiigskusteu M. (3537*81^, Kleider, Schuhe M. 100*24 etc.

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3U

IX. Wohlthätigkeits-Anstolten.

67. ELlSABETÜENVEEßlN.

Von ütHUu 15. WIDMANN.

Aiuli (lirscr X'ori'in <ler rliristlklicn < 'luiritas wirkt njuli den StiitiittMi «li's N'imt'nzvfrt'ius, (iliiu- jt-diKli mit ilicscm enger verbunden txier lu'ini (iciMTalratlu' in l'ari.s a«r^rt'«rirt zu sein.

Der Vorstanti besteht aus einem uf»'istlichen VorsitzeM<l<'n, einer Präsidentin, einer Sihrittlühreriu, einer Uechnungslüluenn nebst Stellvertreterinnen.

Seine wöclieutliclieu Sitzungen lüLlt der Verein im LochIo des kafchoUsclien Kirchenvorstandes ab und suclit durcli aeine Tl^igkeit das leibikhe und geistige Elend armer Familien ond einzelner weib- lichen Personen nach Kräften xu mildem und zu heben.

Nach dem letaeten Rechenschaftsbericht vom Jahre 1880 zahlte der Verein 25 thatige und 44 beitragende Mitglieder. Die Damen des Vereins besuchten und unterstGtzten 67 Familien, 6 einzelne Personal, und unterhielten ausserdem 26 Kinder in Endehungs- anslalten. Femer hat der EUsabethoiTerein in Gemeinschaft mit dem Verein der »Harioürinderc fiber 400 arme Kinder mit Weih- nachtsgaben bt^dacht.

Seine Rechnungsablage vom Jahre 1880 zeigt nachstehende Kiunahnien und Ausgaben, nach denen ebenfalls die segensreidie Thätigkeit dieses Vereins lieurtheilt werden nuig. Die Kinnahmen betrogen im Jahre IST'J M. 7'.»11-7I: die Aus<raben M. »■.!m;(;-89. (b»runter für 3500 Laibe Hr.nl M. 1 440 i), für 387 Pfd. Fleisch iM. lN;o-o7, für SO l»fd. Katiee M. 75, für Wolle und Sihuhe M. 17 2«>, Spenden in Baar M. ;^*J'5U, Endehungs- und Verptiegungs- kosten M. 4053 32 etc.

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ßH. FranenTemn der dentschkathAliarhen (frrireliKiöseii) Gemeinde. 315

68. FRAUENYEREIN D£H DEUT2SCMKATH0USCÜBN (FKBIBELIOKESEN) GEMEINDE.

V..n J. H. WKIJKR,

[)rr \ ririii wiirilt' im .ItiH ISII!) «rc<_rriiti(l('t und hat sicli «lie Aiitj^alM- <;r>tt'llt, sfitii'ii l>r(l(irrtiu'''n ({fnifiiiili'Uiitt^lii'drni in Knmk- lu'it iiiiil r<Mli'>t';ill»'ii sitwic in soiisti;^«'!- Ni»th Hält'»' /ii ^fwälui'U, j»'«l<Kli .sind *\>^\. rntt'rstiit/.iMi^'cn aiicli an Ht'ihirlti«;»' aller andcn'n ('(»ntcssidui'n, suwrit »Ik- Mittel ick lu-n, niilit aii.s^rsclilossen : tV-rner wird Sorj^i' j^etragen iür Kleidung urmer Kinder der Geiutiiidi' bei der Confirmation.

Zur Mitgliedscbaft des Vereins ist jede Frau, Wittwe und Jungfinra der hiesigen Gemeinde berechtigt, auch ist der Eiokiti von Frauen aller anderen Confeanoncn, welche sich für den Zweck des Vereins interessiren, sehr erwünscht.

Männer können als Mitglieder au^enonuuen werden« haben aber kein Stimmrecht. Die Mittel des Vereins werden erzielt durch frei- willige Beitrage, Geschenke und Vermachtoisse.

Die Geschäfte werden durch sechs Vorsteherinnen besorgt« und wenn nöthig durch mehr. Es besteht neben diesem Vorstand ein Beirath T(m drei Herren, woraus der Vorstand einen Vorsitssenden, einen Sclirifbfiihrer und einen Cassirer wählt. Der Beirath hat nur berathende, aber keine besclüussßihige Stimme. I)<t Verein hat seit «eineni Bestehen schon viel Gutes gewirkt und sucht trotz seinw sehwac-lien Mittel Kranke mid UOltsbedüritige nach Krätlen zu unterstfitzen.

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316 IX. Wohlthätigkeits-AnBtalten.

69. VBREIN ZUR PFLEGE IM FELDE VERWUNDETER UND ERKRANKTER KRIEGER.

Von Comistorialrath Pfarrer Dr. EHLERS.

Dt r Verein verdunkt aeme EnUtehuii^^ dem Kriegsjahre 18ü0.

Am 23. Juni in einer Vorversaninilunfjf beaclilosson , wurde er am 2H. Juni ul« »llnlfsverein fdr kranke und verwundete Krieger« t()rinlj« }i eonstitnirt. mit der aus^'esproclieneii Al)sirlit. »lass der Ver«'in uut' (irund luid in mü^li< list i^etmirr Aiist iiliruii^ tler (JentV-r inter- nationalen Convention seine \\ irksamkeit ansül)en solle. l)ie Bedeiitnnj; der Genier Cniivi-ntinii von ISUH war damals jitx-h so weni«; bekannt. dass ein l"'ln;^l)lat( : » VVie sor<;t man für verwundete Krie<r»*r?< aus der Fe«ler des i>is an sein Leliensende für die unter dem Hotlien Kreuze vereiuif^ten |fniiianit;itsbestrel)un;;en lie^eist<'rt tliäti^en Dr. med. Ai,i;x.\Ni>KH Fhihi>lki;kn, als der .-rste Appell an die Frankfurter Riir^erscliaft angesehen werden kann, ihre <d't bewährte Kiirscu'^e für Nüthleidende aller Art aucii den verwundeten und kranken Kriegern snzuweuden.

Der am 1. October in der GeneralTersammlong ersiatfcete Bericht isfc ein schönes Zeugnis», dass die Idee der Genfer Convention in Frankfurt schnell VerstOndniss nnd UnteratataEung gefonden hat. Der Verein verfflgte nach wenig Wodien über ein aus 180 Mann be- stdiendes, mit 60 Tragbahren nnd 12 Fahrbahren wohhiusgerflstetes freiwilliges Sanitätscorps. Oaben und Beiträge an Qeld nnd an Ma- terial der mannigfachsten Art sind dem jungen Verein in erfreulicher Weise zugeflossen. Die reichen Materialgaben wurden, von Frauen und Jungfrauen sorgfältig gesichtet, geordnet und bearbeitet, theils in die hieeigen Lazarethe, theils durch die Vermittlung von Abtheilnngen des Sanitatscorps nach Auswärts gesendet. Die Einnahmen betrugen fl. 26 740. 37 kr., welche durch AusrQstnng des Sanilfitscorps, durch die Besclnifl'ung von LazarethbedürfnisMeu, von Lebenss- und Labemitteln und durch Baaroendungen , auch durch Geschenke an Soldaten, die

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69. Verein mr Pflege im Felde vorwundeter und erkrankter Krieger. 317

aus den Lasarethen entlaaBen worden, bis auf einen kleinen Rest veraiugabt worden sind.

An der Spitze des V(»reiiis stand wähn'nd des ^.inzen Sommero der Mann , wflclier fOr die Entwicklung des Hülfsveroinsw«'s«Mis in Franlcf urt von hervormtrender Bodeutun^ geworden ist: Dr. med. QUSTAY Sfbbfs. ScliartVn V«'rstand<*s und von warmem Herzen, auf- gewachsen unter günstigsten Lebensverhältnissen nnd nusj^ernstet mit reichen Talenten, von eiserner Willenskraft und unernifidlicher Arlx its- hist, als Ar/t durch Gelehrsamkeit und praktisrlws Gi-scliick ^leieli ausj/ezeichnet, dabei von uiut'assenden a]l;^enn'int'n Kenntnissen und vielseitiger liildun^. hattf er sich in df-n vt-rsc bit'dt'iistt'n Verwal- tunjjen läui^'st In-wührt, (ileieli in der erstni ( IfncraU ••r>annnlun!^' war ihm die Lritnii^f der ( icscliilftc übertrafen wordt-n. Kr hat sie unter sehr srliwicriiTi-n Verhältnissen während des deutseh - t'ran/,(">sisehen Krie'fes bis ZU .seinem im Juni 1875 eriolgten Tode mit lester Hund <;etiihrt.

Zuniuhst fxalt es nach der Incorporirunf hiesiger Stadt in die preussische Monarchie, die Kintüj^unjjf des hiesigen Locadvereins in den preussLschen Lundesverein zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger durchzuführen. Dieselbe erfolgte, nicht ohne auf lebhaften Widerspruch zu atossen, am 15. Juni 1868. Die Einwohner- schaft lebte noch zu sehr unter den Eindrucken der Occupation nnd Annexion, als dass sie sobald schon ein Veistandniss hatte finden sollen fttr die Nothwendigkeit einerseits einer festen Organisation und Centralisation des Hfilferereinswesens , andererseits einer in Friedenszeiten die Kriegshfilfe vorbereitenden Th&tigkeit. Dazu knm, dass noch erst bewiesen werden sollte« wie die Vorbereitung auf den Krieg den Hfilferereinen eine Th&tagkeit nicht blos ermögliche, sondern geradezu zur Pflicht mache, weldie schon der Zeit des Friedens zu wahrem Segen gereichen könne.

Diesen Beweis hat der Frankfurter Verein durch die Begründung seines Krankenpflegerinnen-Instituts geführt, welches aus kleinen unscheinliaren Anfän<|en erwachsen, von immer grosserer Bedeutung tfir die Krankenpflege in unserer Stadt geworden ist (cf. Art. »Anstalten für Krankenpflegec !M) A.)

Am Schlüsse cb s Jahres 1880 verfügte der Verein bereits über Mr> Schwestern und 2 Oberinnen, eine Zahl, welche sich seit«leni wiederum vergnissi-rt hat. AntVinglich in zwei /iiiuiiein bei einer Bfirgerswittwe untergebracht, konnten die Si hwesteni nach beendetem Kriege eine Etuge beziehen; im Mai 1873 tüud sie iu daa Vereius-

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318

IX. WohHhitigkeits -Anstalten.

haus, KOn^swarterRfrasse 16, fibergmiedelt, dessen Ankauf durch ein Qeschenk des Central -Gomit^s im Betrage von 5000 Thaleni, wenn nicht ermflglieht, doch wesentlich erleichtert war. Mit dem Heim fOr die Schwestern wurde eine Priyatkronkenanstalt (10 Betten)

▼erblinden.

Eino höchst erwün-schte Förderung erhielt das Institut dadurch, dass <ler 1871 hier bej^findete vatorliiiulisch»' Franonvcrein (c f. pag. 310) dem (Jomitd zur Pflege etc. seine Mithülfe auf Grund einer (hiuernden Vereiubaning sitt^^; 88 gewann nicht blas nuitcrirllr IIilH'i-lt'istnn«;. obwohl auch nie nicht gering an/.n8chlagon ist, sondern aiu h die hUlf- reicbe That. einsichti'^er Frauen. Eine ans Delegirten beider Vereine zusaninu'Ugesetzte \'er\valtung \r\M das Institut: das Coniite ch's Vereins zur l*tl<'L'»' <'tc., welches fiher Aiit'iialiuie und Entla-s-suni; der Pflegerinnen eudLTtiltitf eutsclieidet, liiMct tiir \viehtig»>n Fälle

gleichsam die Ifecursiustan/. Die i'He'j-eiiniit ii verpflichten sich, deju Verein nach al»si»lvirter Lerii/.eit ((licsrllie l)eaiisj»riu]it etwa ein .liihr) auf dr<'i Jahre. Nur für den l"'all, dass sie sich tfrohe Nachliissi<;keiteii zu Schulden kommen hissen «»der die Ilausorduuu!^- st»»ren, ktuiiieu sie sofort entlassen werden. Sonst stellt dem \ (»rstand ehensowi-niu wie ihnen seihst wiilirend der drei .Jahre ein Kündigungsrecht zu. Als Entgelt l)ek()iunjeu die Pflegerinnen vojn \ erein ausser ihrer Kleidung freie Kost und Wohnung und Wilsche; dazu die schon ausgebildeten ein. Jahrgehalt bis zu M. 300; diejenigen al>er, welche auf Kosten des Vereins ausgebildet wurden, fttr das erste Jahr M. 168; für das zweite Jahr M. 210; filr das dritte Jahr M. 252. Eine gleichmfissige Kleidung der Schwestern , solange sie im Dienste sind, hat sich als nnerlSsalich erwiesen; das Zusammen- leben der Schwestern sförkt die Gesammtheit und gewährt den einzelnen den unentbehrlichen Halt; dazu eine feste BOrgschaft, dass sie m der Zeit der ArbeitsunfiLhigkeit, der Krankheit und des Alten nicht unrersoigt sein werden.

Von wesentlicher Bedeutung ist fttr die Vereinatfaätigkeit die im Jahre 1876 erfolgte Verbindung mit dem Bliigerhospital geworden. Gegen eine feste Vergütung hat der Verein die gesanunte Hospital- pfl^e nbernonimen. Dafür hat er die immer mehr zum Bedürfniss gewordene Lehrstiitte für seitu- Schwestern gewonnen. Die neu ein- tretenden Schwestern, welclie früher in auswärtigen H'> ]tif;i!t ru aus- gebildet werden mussten, finden jetzt hier nru Orte theoretii^che und praktische Unterweisung und die eribrderliche Einfibung auf ihren schweren, schönen Beruf.

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69. Ymin snr Pflege im Felde Tcnrnndeter und erkrankter Krieger 319

Wie im Bfir^prhospital, so vorsehon ili»' \'<'n'iiiss(liwostorn die Krankenpfl^e im Clt'uientinenhcKsjiitnl der Frau Loi isK KreHraii VON lioTHflCUILD; zwei niulere sind in Marlxtr«^ in der (icincindepfl^^ thüti^; oine neue Station ist am 1. April in Sulzbach, Kegierung»- bezirk Trier, jje^rfnuU't worden.

Unsere Mittheilnn^en w üi-den unvollkoninion fioin. wenn wir nicht der Tliätiffkeit <;edi'nkeii wollten, welclie der Verein im l\rie<;si:ilire 1870/71 entlalti n durfte. Sie ist es. welcher seine Henu'ihuni^en nni eine ^nt «;es< liiilti-, in jeder He/.iehun«; znverlii.ssi<;e Kranken|)tleirt' nicht Mos eine riehti^ere Fsussuii;.; der Aiif'j^uhe. s(tndern anch reich- lichere Mitti'l zu ihrer L(isnni; verdanken. l)er Frankfurter Ven-in hat die Fürsorge i'ür ein von ihm t'rriclitetes Lazarefh mit löO Betten währen<l S'a Monaten (von :\u»^iist 1H70 his Emle März 1 S7 1 ) allein j^eirajLjen (Jö SS;? N'erptlegungstajxe; IMiS Verwumh'te mid Kranke). Anssenieni hat er <iie in Franki'nrt errichteten ausgedtdinten IJeserve- lazarethe niit den erforderlichen Ftiegerinneu versorgt (Diaconissen; burmherzige Bchvestem; Sehwestem yom Rothen Kreuz; freiwillige Fflegerinnen), nnd nidit nur alles Verbandmaterial und die erforder- lichen chirurgischen Instrumente und Apparate, sowie alle wtlnschens- werthen Labemittel (W'ein, Fruchtsäfte, Cigarren u. s. w.) geliefert, sondern anch reichlich alle die Lazarethgegenst&nde, welche die Militör- Intendantnr nicht gibt oder doch im Ai^nblick zu beschaffen nicht im Stande war, nnd die doch so wesentlich zum Wohlbefinden und zur Heilnng der Kranken und Verwundeten beitr^en, wie Bettung und Kleidungsstflcke. In welchem Umfang der Verein nach dieser Seite hin thätig war, erheUt daraus, dass die Zahl der in den hiesigen Resenrelazaretiien vom Beginn des Krieges an Verpflegten sich auf 10942 Mann, die der Verpfiegungstage anf 2'M 12M belief nnd diiss der Geldeswerth slininitlicher in die hiesigen Lazarethe (das Vereins- lazareth einbegritf'en ) gelieferten (tegenstände nach einer mSssigen Schätzung etwa 84000 Gulden (M. 144 000) betrug.

Das Sanität.scorps, dessen Ausrüstui^^, weil die alte lunm Donibrand im August 1807 zu (Irnnde gegangen war, ganz neu hatte hescimtfl werden nifissen, bestand aus etwa 'MH) Mann. Die einzelrien iiotten hal>en den Verwnndetendienst anf den hahnlu'tten verseilen, die Nacht- wachen in den Lazarethen iUtt'rnonnnen und Materialseudiiiiüfu an auswärtige Di'pöts und Lazarethe. s()\vie die weiter zu hefcirijernden Verwundeten- und Krankenziige hegleitet. Mehrere Abtlieiluiigen haben unter zum '['heil schwierigst<'n Verhältnissen eine erfolgrejriie Thütigkeit uul duui KriegsMchunplutze eutfultet. Eine derselbeu war

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320 IX. WohltliAtigkeitfl-AintalteD.

bis zur Beendigimg des Krit^os und hia zur Abreise des Haupt- quartiers aus Versailles dortseibst thätig unter unmittelbarer I«eituilg der Centrulatelle für die gesamnite freiwillige Krankeni)flege.

Die Einnahme wülirend des Krieges l»etrug fl. 47H, 20 kr. : die Aus<ra])e fl. 121 910. :il kr. Die 'J'liiitigkeit liätt*' eine ncnli viel ersj)ries.s- lichere seiji kiuinen. wenn nicht hier wie uii anderen Oiteii. weil es von voriilii'it'in an i'iner vorheilachten, strammen Orgsini.sation tVlilte. die hellenden, dienenden Kräfte sich /ersplittert hätten. Die Mcnt;e und (irösse der (iahen mag dadnreli erhi'dit wcirden sein die weise Vertheilung hat der von allen Seiten getiililte Mangid ansserordentlirli erschwert. Es steht zu hotfen, dass wenn der V«'rein eiiumil /n er- neuter Kriegsthiitigkeit g«'rufen werden sollte, die im »leuts<h-tran- zösi.schen Kriege ge.sannnelten Kriahrnngen , wie der gesammten Organisation tler freiwilligen Krankenpflege, auch der Wirksamkeit des hiesigen Vereins zu gute kommen werden.

Einstweilen hat er seine innere Erstturkung in der Ausbreitung seines Krankenpflegerinnen-Inaitutes zu suchen. So sehr das Werk nur einem kleineren Krmse und dem nuchsten BedQrfnisB der Kranken zn dienen seheint^ es ist in seiner Verbindung mit nun schon fiber ganz Deutschland zahlreich verbreiteten ähnlichen Unternehmungen (Baden, Sachsen, Hessen, Wflrttembeig, Bayern, Hannover, Weimar, Kiel, Hamburg, Bremen u. a. 0.) von unberechenbarer Wichtigkeit fQr unser gesammtes Volksleben. Die von den Vereinen unter dem Rothen Kreuze auagebildeten Pflegerinnen, auch wenn sie nach einer Reihe von Jahren aus dem Verein wieder austreten, bleiben die Pioniere gesunder Anschauungen Aber 0esundheitspfl^ in allen Kreisen der QesellschafE. Nicht confessioneli, sondern interconfesnonell sind diese Vereine, welchen katholische und protestantische SchwestiTu angehören und welche von Männern und Frauen verschiedenen religiösen Be- kenntnisses geleitet werden, eine Weissagung auf öne Zeit con- fessionellen Friedens, dessen unser Volk hedarf, wenn seine nationale W^iedergehurt vollendet werden soll; und sind die Schwestern überall die besten Gehültinnen ärztlicher Kunst und bringen sie überall den Kranken, was ihnen am nu'isten Noth thut, so werden sie in den Hfitten der Amnith ertolgreicher als lange theoretisclu' .\i)handlnugen die sociale Frage lösen helfen durch anspruclislose, selbstverläuguende dienende Läebe.

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X. llOÖlTmLEll.

70. UGöPlTAL ZLM ilKlLlÜEN (JE18T. Von Dr. G. WIESNER.

Zuerst erwähnt findet rieh das Hospital zum Heiligen Geiat im Juhre 1267; im Jahre 1278 steht dasselhe unter zwei Negern, d«n Stadtpfarrer Effert nnd dem Schöffen Yollmar; in ihm pflegen Ordensbrüder und -Schwostt-rn. Der Stndtpfarrer entsagte bald der Pflegschaft imil das Hospital trat vom Jahn« 1203 j^anz unter die Verwaltung der Stadt, des Sthultheissen und der SchötJen, später des Käthes, der im 14. 'lahrhundert an Stelle der Brüder und St liwestern weltliche KrankenpHejrpr einsetzte und die (leschiUte durch Pfleger unter seiner Oberaufsicht fdhren Hess. Ninli im Mittelalter wurden ausscbliesslirh Bürj^er im Hospitale verptle<;t: s|(iiter hat man es inuuer mehr als für Fremde bestinuut aufgetius^t, nnd diese Auf- fjussiuii^ wurde im Jahre l<i"J7 vom Hathe als die riihti^'c direct erklärt und im .fahn- 172-"> (liiich hfcit-t vom ;5<>. Antust von dn- zur Schli( htnn<x dci- üIkt die iiiiltlm Stiftungen entstandenen Streiti<{keiten ein<_''fst't/t»'n Kaist rlichen Kommission bestätig. Am ö. Deceniber des- .sellM'u .laiires erliess der li'ath eine Hospitalonluim«;, wcdche ht-stiunute, dass künftighin nur n<»thl<'id<-iide, arme, kranke, fremde nnd auch reisende Personen, die keine Kreumlsc haft liier haben, ohne Unter- schied der Ixeligion* (worunter ehristliche Confes.sion zu verstehen ist) aufgenommen werden sollten. Für arme, kranke Bürger zahlte dem Hospitale für die Aufnahme der Almosenka^teu, für Beisassen die Stadt wöchentlich einen Onlden. Ausser der Krankenpflege hatte das Hospital noch Verpflichtung zur Anstheilnng Ton Brod und Geld und zur Aufiiahme Ton Findlingen, wozn auch Blödsinnige gerechnet wurden. Da das damalige Hospital zu eng und klein war, wurde, zum grossen Theü um emen Neubau schneller zu ermöglichen, durch

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322 ^ Hospitäler.

Edicfc der FOrstl. Primat. Regierang vom 26. Juli 1810 das Hospital von den lebstgenannten Verpflichtungen «itbunden. Allein schon 1819 wurde ihm an Stelle dw erlataenen Verpflichtungen auferlegt, jahrlich fl. 4000 an den Almosenkasten zu zahlen. Diese Summe wurde durch die Stiftungsordnung vom 3. December 1833 g^en Uebemahme der Verpflichtung dem Hospital erlassen, allen in Frankfurt und Sachsen- hausen Terbtbigerten Personen, die nicht an Geisteskrankheit etc. l^den und nicht in das Dr. SENCKRNBEiiG*8che Bargerho^pital aiif|!Tonommen werden köiintMi, unentgeltlich ärztliche und iirzneilirho Vcrpflejrntij? in ihren Wohnungen zu Theil wcnlen zu lassen. Zu diesem Zwecke wurden acht Armeniirzte iiiul drei Armenchiruigen angestellt. Im Jahre l^^.'i.'i konnte endlich mich vielen Untersn(}imi«;eii und Ervragungen iiher Biinsjrt und Platz der Neubau des llosjiitals hejjounen werden. Am 25. Mai 1^35 wurde der Grundstein J^elegt und am 1 8. September 183Ü das alte, am rechten Maiuufer ;;ele^ene Hospit^il^'ebiiude ver- lassen inid das neue, noch heute bestehende, an der Langeatrusse gek'L'^etn' l)('Z<><;en.

im Jiihre 1845 stiftete Herr (iKoiUi von St. fiKouiii-; die Snnuiu' von fl. 25(HM), denen er spiltt-r noch H. 5<MH) hinziit'ü^te. damit von den Zinsen erkrankte Bewohner aus den Frankfurter Ortscliaften anf- ^enonuiien und verpfle<^t werden k(innten. Das Hospital hat sich damals verpflichtet, für diese Zinsen eine bestimmte Anzahl von Ver- ptle^sta^'en den T;i'^ /.u - i kr. an die Berech tiji»^ten zu «xeben und ist diese Verpfliihtunj; noch heute bestehend. Dieser .Stittiing schlo-ssen sich im Jahre 1805 zwei gleiche, im Betrage von je fl. GOOO von Seiten der Herren Alexander Gontard und Gr£FFEN1>eicu an.

Im Jahre 1867 schuf das Pflegamt auf dem dem Hospitale ge- hörigen Uüfgute Mainkur eine Beconvalescenten-Anstalt, be- stimmt sowohl für die Reconvalescenten des Hospitals, als auch f&r Leidende aus der Stadt, wie auch das Hospital Bedfirflagen ans der Stadt wie den Hospitalkrankqn Badecuren in Wiesbaden und Nau- heim gew8hrt.

Vom 15. October 1879 an sind die Neubflrger, d. h. solche, die erst nach 1866 das Frankfurter BOigerredit erlangt haben, in die- selben Beeilte wie die Altbflrger dem Hospitale gegenüber eingetreten.

Die Verpflichtungen des Heilig- Geist -Hospitals sind zur Zeit folgende: Das Hospital ist zur unentgeltlichen Aufiiahme und Ver- pflegung bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit, soweit dies möglich, aller derieui«^en Kranken verpflichtet, welche bei hiesigen Borgern christlicher ßeligion, milden Stiitungen oder hiesigen Stadt-

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70. Iloäpiuil zum Heiligen Geist.

A«iiteni in wirkUehem Dienste stehen oder deh dieiistsucheud nicht langer als acht Tage hier aufhielten. Ebenso sind die Kranken der früher Frankfurtischen Ortschaften, soweit die Mittel der St. George- etc. Stiftungen reichen etwa 3500 VerpflegHtage zur Aulnahme berechtigt. Nicht hier TerbOrgerte Dienstherrschaften zahlen wie auch die Stadt, filr von ihnen Eingewiesene fÖr den Ver- pfl^ungstag M. 2. Ausgeschlossen von der Aufnahme resp. bei der Sicherstellung des Falles zu entlassen sind die an Pocken, Syphilis, Krätze, Epilepsie, Oeistes- und unheilbaren Krankheiten Leidenden. Das Verbot der letzteren Kat^^orie ist zur Zeit nur ein frommer Wunsch. An anderen Krankheiten als Syphilis erkrankte öffentliche Dirnen nimmt das Rochushospital dem Hospitale ah.

Ausserdan erstreckt su h die Thati^keit des Hnspitals auf die VtTpfl^fung erkranktiT UnterMtOtzunj^wohii.sitz-Bi'nH'litij^tfr in ihren Wnliiiim^en (siehe unter »Armenärzte« No. 89) und die Gewährung von Curaufenthalten in Wienhaden, Nauheim und auf der Mainkur an Personen der vorhezeii hneten Katejjorieen,

Die Kosten zur Hcstreituug dieser Thäti^kcit werden anfjLfehniclit theils aus den Interesnen und Zinsen des liospitsil Vermögens, tlieils aus (h'ii von der Stadt uiul Privaten ge/.alilten Verptlegungskostin. |)as VeruiKtrt n des Hospitals wird in in letzten Bericlit»' desselheu auf M. I ."»74 114 au^^em'hcn. Das (lehiuule seihst ist auf M. .'»4'J T)!»? t iu^i'x hiit/t. |)ie Aus^oihfii für dsus Jahr 1H8() hetrugen M. 1S7;»S(), (liirunti r Haushalt uufxscnnto M. (i.'»'J17, Besoldiuigsconto M. 44 (»"J". i)ie Einuahuieu ül>erstifi^i'ii die Ausgal)eM uui M. 212'). Die Stadt zahlte an Vei-])Hegsk()steu iM. 4.j 071. Die Einnahme dea Houpitai» au Ziiwen etc. hetrug M. 1S4()0().

Nachdem his zum Jahre 187<) dem H<ispitale ein IMlegamt von .siehen auf Lehenszeit von der Ständigen Bürgerreprilsjuitation ge- wählten Mitgliedern voigestanden hatte, besteht von dieser Zeit an gemäss den Beschlfissen der städtischen Behörden ein Pflegamt, das aus sieben von der StadtrerordnetenTersammlung gewählten Bürgern besteht, Ton denen nach zwei Jahren je zwei austreten, die jedoch wieder wählbar sind. Dem Pflegamte ist ein juristischer Beirath, Gonsulent, zur Seite. Der ärztliche Dienst wird durch einen Hospital- arzt, einen Hospitalchirurgen (seit 1845), zwei Assistenzärzte (seit 1822 und 1848) und einen Assistenzchirurgen besoigt. Die Wartung ist in den Händen weltlicher, keinem Orden etc. angehSriger Wärterinnen und zwar auch auf der Munneraeite. Dieselben sind meistens im Hospital selbst als HülÜswärterinnen ausgebildet. Die Zahl ist gleich der Zahl

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824

X. Uuäpitälcr.

der Säle incl. der Reservesüle, also 24. Sechs Wirter nnd angestellt 2um Holen der Kranken aus ihren Wohnungen, zur Hfilfe bei Sedaoneo, fßr den Dienst im Badhause (fUr die Weiber eine Badev^irterin), das Trugen von Holz und andere Hausarbeit. Zum Reinigen der Betten, namentlich Matratzen nnd Desinfidren der ünterlagenf Verband- material etc. ist noch ein Hanswarter und eine Fran im Hanse.

Alles nicht rein ^Aerztliche steht unter der Obhut eines Hospital- meisters. Für das religiöse Bedürfhiss ist durch dnen evangelisch» Pfarrer und einen Gaplan gesorgt.

Das im Jahre 1839 bessogene Hospitalgebände etc. (s. Plan No. 13) li^ auf einem 9577 qm grossen Platze, der nach drei Seiten so frei gelegen ist, dass mehrere hundert Schritte von dem Hospital sicher kein anderes Gebäude errichtet werdet wird, wälirciid an seiner vitM'tcn Seite eine breite* nnd Intltige Strasse hinzieht. Das Gehiuide bildet ein längliches Viereck, dessen Seiten 67 und 48*38 m halten und liegt genau nach den Tier Weltgegenden.

Der an der Langstrusse gelegene westliclie Flügel, die Verbindung des dreistöckigen Nord- und SUdflngels bestellt nur aus einem Erd- geschoss, so dass der Liclithof nnd namentlich der Ostliügel von der Innenseite giiir/, frei für Liit't und Licht ist.

Das ganze Haus wie auch (l:i> angebaute Badhaus sfclif auf linh.ii. gewölliteu Kellern, die unter ilcni Mjulhause für Danipf- inascliine, Desinfectionstden und Kocliupparate nnd eine Sclnvefd- kanuner verwandt sind, während die anderen (Ikonoiuischen Zwi-eken dienen. Die Fiiutlu'ilung und Benutzung des Erdgeschosses ist ans dem beiliegenden IMane ersieht lieh und sind im ersten und zweiten Stockwerk die Haujitkrankensille (h-nen in dem Erdgesehoss der Lage und Grösse nach genau entsprechend; während die Bäume im Nord- iliigel zu Wuhuungen fQr Beamten und Separirziiunieru dienen.

In allen Flflgeln nnd Stodcwerken, mit Ausnahme des ob^n Stockes des Nordflügels, laufen 2*27 m breite, gewölbte Conridore an der Innenseite des Hauses hin, in die alle Krankeneftle nur allein mfinden und die wiederum nach den feuersicher gewölbten Treppen fahren, die nebenher als grosse Lnftreservoire für die Ventilation der Krankensale dienen, indem bei jedem Oeffhen der Thfire die Lnft durch dieselbe nadi dem in der Mitte des Saales stehenden Ofen strömt oder zu den Zeiten, wo der Ofen nicht gdieizt ist, mit dem g^nflberli^^den Fenster commnnicirt.

Zwiijchen je zwei Krunkenäalen liegen zu vollständiger Isolimng des einzelnen Saales schmale Gänge mit Schranken zur Aufbewahrung

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I

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Taftim

w

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«

70. Hospital tum Heiligen Geist 325

der Kleidungsstücke der Kranken. Ausser einem Wasaercloeet in

jedem Suule sind noch sechs solche in einem hesondern Ganj^e auf der Männer- und VV'eiberseite in jedem Sto< k\v«'rke vorhanden. Der nstlidu' I'lügel ist für die Weiber, der südliche für die Männer bestimiiit.

r>('r durch vier Hiaiidmauern mrtLrlidist hrundsiclicr LTt'tnachtf liuilt'iiraniii cntliält iieht-u /.wi'i K laiikcnsiilcii y.n je /weilt Bt-ttfii und sonstigen Käiuucn sedis Ifescrvoire für warmes und kaltes Wasser, <lie zusammen :>0(» Oluu halten. Dieselben sind durch ein Urdirennetz initer sich und mit allen Tlieilen des Hauses verbunden, sodas.s an jeder Steile der letzte Kest jede.s iieservoirs benutzt werden kann. Sie kSnnen durch die Dampfmaschine mit Mainwasser, aber auch aoB der Quellwasserleitung gefüllt werden. Letstere ist ebenfalls nach allen Theilen des Hauses gefOhrt.

Das Badhans mit directem Zugange ans der Männer- und Wdber- sdte (durch die Wendeltreppe) enthalt ffir jedes Qeschledit neun Wannen und ein russisches Dampf- und irisch-römisches Bad.

Der vor dem Sfidflfigel liegende grosse Garten ist in zwei Ab- theilungen getheilt und zum Aufenthalt fOr die Kranken und Becon- valescenten bestimmt, und in jeder Abtheilnng steht für Männer und Weiber bestimmt je ein Zelt. Dieselben sind 12*48 m lang und 5*29 m breit, auf >/i m hohen, nnterbrochenen Steinfnndamenten aus Eisen und Leinwand mit Glasdach und Veutilationszwei^ach her^ gestellt und bieten zur Aufnahme von je 1<> Kranken Kaum. An beiden Kopfseiten sind durch feste Leinwandrahmen Käunu' für das Wartepersonal, Closet, Theekfiche abgegrenzt. Die Leinwand der Längsseiten kann marquisenartig herausgestellt und aufgerollt werden.

Das eigentliche Haus bietet Kaum ffir 24') Krankenbetten, die ffir den Winter bestimmten Bodensäle für 24, die im Garten liegenden Sommerlocalitüten für .^2.

Die IH trrossen Krankeusüh- in dem Ost- nml Sfnltbigel sind unter einander ganz gleich und die IiesiTvesäle ihnen ähnlich, nur kleiner und niclit so V(dlständig. Ein gntsser Krankeiisaal hat eine Bodenriiiclie von S ö auf ll'^lH m. dabei ist die Hfdie im Erdgeschoss uml ersten Stock gleich i'^tö, im zweiten Stock gleich 4'2n ni. Nach dem Freien zu hat er drei Fenster von 1'1<> tu Breite und 2'70 m Urdie; nach dem ('orridor fiihren zwei etwas weniger tief heral>gehende Fenster und eine selir breite und hohe Flügelthur. In d»'r Mitte des Saales steht der grosse, im untern Theii aus £isen, im obem aus Kacheln zusammengesetzte Ofen, der mit Holz und in einzelnen ^en

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^6 Hospitftler.

mit KctliltMi «^'«•iH'i/t wird. Die Ventilation hat haiiiiisiu hlich hei *jp- ötfiit't.T Thür und .treffen in)erHe^enflera Mittelfenster statt und ist (leshalh <la.s k4/.t»'rt' (hirch (ilasjalousieen und eine Art Laterne im Oberlicht beständig mit hifteiii lassenden Ocftnnngen verseilen. An beiden Tiängsseiton sind mit dem Kojd'i'ndf drr Wand /ii</<'l<*'hrt Betten aiir<;<'st<'I]t, von denen das der \\ iirtrrin aiit der Mii imcrseitf durch einen 'J .'» ni hohen Hoi/versilila«; ;^^''^j^«'n I lini inseli. ii ;4;e.>( hiit/t ist. Ant" jedes ilett in den Siih'n kommen H (|m IJodi'ntliiihe. im Erdges( hoss niid ersten Stuck Mti SS, im zweiten ;U1S chm Luft. Ausserdem enthält jeder Krankensaal zwei Schrünke mit dem nrithiixen Ess- und Trinkgeräth, \ (•rhaud^ftjfi'n>tätiden. einem Ar/neikastm. zwei Tisfhe und vii-r lange liiinke, einige Stühle, 'iln iiiionieter u. s. w. In der Mitte einer Längswand befindet sich ein Dup}>elkrahn mit warmem und kaltem Wasser und unten um Boden ein Ablauirohr. Dnrcli zwei Kupferrdire kann hier sehr schnell för eine anf einem Holsgestell stehende leicht tran^rtable Badewanne Zu- nnd Ab- lauf hergestellt werden. Diese Badewannen werden sehr viel, be- sonders bei Typhuskranken benutzt, und kann die alhnSl^ Ab- kühlung sehr sicher und ein&ch erreicht werden.

Der schmale Gang zwischen je zwei Sälen, in dem auch ein Fenster und eine Thür sich g^nfiberli^pend fQr Ventilation sorgen, enthält für jedes Krankenbett einen besonderen, verschliessbaren Schrank und ausserdem einen Schrank für Holz, einen für schmutzige Wäsche und zwei Schränke für die Wärterin. In der Weise wie ein grosser Schrank in den Gang hinausgebaut, ist fttr jeden Saal ein ' Wassercloset, das nach dem Giinge zu durch ein bew^Iichcs Ober- licht ventilirt wird und bei Schluss desstdhen mit dem Saale gleich temperirt ist Selbstverstöndlich sind alle Aborte im Hause Wasser- closets.

Die Reconvalescenten-Anstalt Mainknr besteht uns einem nach Westen und Osten gelegenen Hanse mit Buum fitr 2'* Betten in gnisseren und kleineren Zimmern, Badezimmer. Küche etc. nnd einem grossen Garten mit nach Süden offener, dt-m Main nahe gelegener Wandelhahn. Anf" dem Main ist ein Badhäusrhen mit 1 )onchevorric]itung eingerichtet. Die gute Lutt, vorzügliciie, rei( h- liche Kost, frische Milch ans dem Kuhstall des (intes, die kalten Bäder sind tuitürlich für Hoconvalcscenten ein ungemeiner Segen.

Ein Bild der Krankenhewegung in dem llnspitah' mctge eine Zn.samuienstellujig der je ans einer lu'ihc von .laliren meist 1<> gewonnenen Durch.schnittszahl der aufgenommenen Kranken, der

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7a Hogpitel nun Hefligen Geiet 327

Verpfle^Htage und des täglichen KrankenbeBtandea geben. Es betn^ die Dorchschnitiszah]

-J UJT .

in den .Tuhren

von

._ _ .

der aufponommonen Kranken

;

1 der Ycrpflegs- tage

. UPS tagiicnen 1 Kranken- |. Bestandes

1807—15

808

24109

' 66

1816-25

808

25500

74

ivoc,— ;;,^

1222

795

102

l,s:;G— 4."i

17:W

1 4.S 478

1 i:{2

1«46— Ö5

2349

' 59 569

I;

1856—65

2767

58 789

|l 161

1866—75

2561

' 59474

168

1876-80

2431

63883

175

Der aulfallende Umstand eines Rficlcji^nt^ea der Zahl der auf- f^enomnienen Kranken l)ei hodeutendor ZinialiMif der Zalil der Ver- pfle^stage und mithin des luittlfren K'i;iiik<nstaii(lfs in d»'ni Iet/.t4»n Zeiträume, hat seinen Gniii(i in den ^aii/ veriuiderten N'crliäliiiissfu des Armenwesens in nnsi-rer Stadt dnrdi das rnterstüt/uuf^swolinsitz- •^esi't/., Wdiliirch eint' Mciij^e u n Ii e i 1 l»a r e r , also ei^rentlich von der Aiit'nahiiie an-<<;escli lossener, nnterstiit'/unt;shere(liti<rter Kranker dem Ilosjiit;il«' ülMTuleseii wurden, die sowolil eine viel ]än<;ere Zeit in dem llosjiiUile ziihracliten. als aucli die Sierldiclikeits/.iller sehr er- höiiten. So wurden anigenonnnen un<l starben in den Jahren

1868 1876 1880 auf Kosten des stSdtiachen AeniFS . 126 568 714 davon starben .... 18 81 07

= > 14-28 14-08 13-58 > » des Hospitals .... 1970 1347 1396 davon starben .... 61 65 55

= > 3-09 4-82 3-93.

Es brachten durchschnittlich zu: Verpfle<rstage

iHUi 1611 laia 1879 1880

Auf Kosten des Aerars eingewiesene

Kranke 23 28 28 30 31

Auf andere als Aerarkoeten einge- wiesene Kranke 21 24 25 26 26.

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X. HoBpitiler.

71. DAS D». SENCKENBERG'SCHE BÜBGERH08P1TAL.

V<»ii Dr. MORITZ S( HMIDT.

Das Dr. SKNrKKMiKRii'sclu' Hiir;^» rli(>si»itiil bildet «'inen Thcil «It-r Dr. Si:n(KKM!i:ki;"siIi('ii Stiltiin«;. liher deren Eiistehung und Eiu- riclitun^ wir riil^'t'iiilfs hier eint'ü^'t'ii.

Der Frankt'iirter jirukti.sehc Ar/t uiul l'hysicii.^ Dr. iiied. .Iouann Christian Si;Nt Ki;MJEH(; (1707 1772) vcrmaclito am \nt,nist 176."5 sein «ganzes, ans tl. !>'> (MIO bestelicuiU's W'rmöfjfen zur Errit litiiiig einer Stiftung, welche in ein wi.s.senschat'tlitlies Institut (Medicinisehes luRÜtut, S. unten No. 95, mit welchem ein anatomisches Ampbi- theater, ein botanischer Garten und eine Bibliothek verbunden sind) und in ein Hospital zur Aufnahme för arme und kranke Bfii^er sich theilen sollte (vergleiche auch PfrQndner- Stiftungen No. 57, S. 204).

Dem Ganzen wurde eine Administration vorgesetzt, welche aus vier ärztlichen Administratoren und vier kaufinännischen Goadmini- stratoren besteht.

Die Revisoren resp. Coexecntoren der Stiftung sind die Decane der joristischen und der medicinischen Facultat der Groasherzoglich Hessischen Landesuniversitöt Glessen ab Vertreter der 1827 aus-* gestorbenen Familie SENCKEXURiurn, ferner der Oberbfirgermeister, der älteste rechtsgelehrtc* Sta<ltrath un»! der N'orsitzende der Staidt- verordneten -Versaiuiulung der hiesigen Stadt. Dieselben halten all- jährlich am 18. August die Revision ab.

Die hiesigen Coexecntoren werden bei wichtigen Anlässen mit zur Beratliung gezo«;eii und l>etheiligen sich mit gleichem Stimmrecht an der Walil der ärztlichen A»lniini.str!it(»reii. Die kanfrnänni.»<chen Coadiiiiiiisiratoren wälilt die Administration ohne Zuziehung der Genannten.

Die Administration w ird in Zidviinlt iliren \ orsitzenden ans <ler Zahl der ärztlichen Mitglieder aut je 3 Jahre wäldeu. Wenn sämmt-

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71. n»8 Dr. S<'nrkrnl»erg*scho ßargorhosiiital.

329

liehe ärztlichen Mitglieder ▼endchten, kann auch ein kaafm&nnwehes Mitglied znm Vorsitzenden gewählt werden.

Die Mitglieder der AdininiHtration müssen lutherischer Coii- fession mm,

SsNoaEiniBRO widmete sich bei Lebzeiten mehr der Förderung der wizsensduiftlichen Seite seiner Stiftung, dem medicinischen In- stitnt, während er die Sorge fÖr den Weiterban des bei seinem Tode 1772 kanm halb vollendeten Hoqtitales dem Wohlwollen seiner Mit- bürger empfahl.

Er täuschte sich hierin nicht und ist hier besonders der 1782 ▼erstorbene Eaufinann und Banquier Simon Moritz Bithmann* zu erwähnen, welcher in den Jahren 1775—79 anonym nach und nach dem Hospital die Summe von fl. 83 600 schenkte und demselben ausserdem noch testamentarisch fl. 50 000 ▼ermachte.

Am 19. Februar 1779 wurde der erste Kranke anfgenommen. Lange Zeit blieb die Krankenzahl den beschränkten Mitteln der Stiftung entsprechend eine geringe und ifdüirend der napoleonischen Periode wurde das Hospital durch Einquartierui^ durchpassirender französischer Soldaten nicht selten seinen Zwecken entfremdet, was den Forsten Primas TeranlasHte, die am ITaiuse noch heute sichtbare Inschrift anbringen zu lassni : VHapital th s lnuti-fffois. Spater erhöhte .sich hei zunehmenden Selicnkiingen die Zolil der in das ÜQrger- hospital aufgenommenen Kranken.

So ergab in den letzten 10 Jahren sich nachstehende Frequenz:

Jahre

Patienten

Terpfleiftage

1870/71. .

. . 754

21 763

1871/72. .

. . 688

19 283

1872/73. .

. . 696

20 021

1873/74. .

. . 674

20 879

1874/75. .

. . 767

20989

'l87.V70. .

. . 834

L'.' «10.'')

187G;77. .

. , 83.'')

27 290

1 t 7t;<)

lS78i7<» . .

. . 594

18 102

187!), 80 . .

. . 888

29 323.

Das nlte Tlosiiitiil diente fast 100 Jahre .meinem Zwecke, nach und nacli witrdi' aher <his Hediirfniss nach einem Neuhau immer drin«;ender. Im Jahre 1803 bewilligte der Senat der freien Stadt Frankfurt hei Gelegenheit der Feier des lüOjührigen Bestehens der »Stiitung die

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X. HospHiler.

Summe von fl. 280 000 für emen Neubau, da die Stiftung auR eignen Mitteln denselben nicht Idtte errichten können.

Das neue Gebäude (s. Plan No. 14) in der Mitte eines 12 Moiigen grossen Gartens gelten, wurde nach den Planen des Herrn Architecten PiOHLBR, welche von einer Commission von Aensten mit. dem ersten Preise gekrSnt worden waren, durch den Architecten H. Burnitz

nach dem Tode des ersteron ;iut'<^etuhrt. Dieser Neubau konnte in Folge der bekanntoii ])oliiiscln>ii Veräi^derungen erst 1871 begonnen werden und wurde 1875 vollendet.

Im Juni 1875 begann man mit der Uebcrsiedlnng der Kranken in das neue Hans.

Das Hospital steht durch einen geschlossenen Gang mit dem alten Hause in Verbindung.

In dem alten Hause befinden sich im Erdgeschoss links vom Eingang die Sitasnngszimmer der Adminiskation, rechts die Ver- waltungssdmmer, die Yorrathsräume und die geräumige Kfiche. DicsjT «^('«ifonfibt'r ehonfalls nnniitt<'lli;ir :m dem Verbindungsgang ist der iJt'tsujil mit den (ifdiu litiiisstulVln der ht'rvonagendon Stifter, welche durch ihre bedeutenden 8chenkunj?(>ii und V'erniiichtuisse zum Gedeihen der Stiftung die wesentliclusten ßeitrage geliefert haben.

Im * rstcn Stockn hofinden sich die Wohnung des Hospitolroeisters, sowie die Zinmier des Assistenzarztes und dt r Oberhaushlilt^'rin, im zweiten Stocke zwei Separirzinmier für Deliriuni-trcTut iis- Kranke und zur Bcohsu'htunj? von Kranken, welche einer ansteckenden Infections- krankheit vi>r(l:i( lifi^r sind. Die übrigen liäume sind Wohnungen der Pt'ründner (s. Pfrüuduerstiftung No. 57).

An dem oIh ii erwähnten Verbindungsgang liegen da.s Sections^ Zimmer und die Baderäume, aus einem Danijif'liad und je 4 Bade- Zellen für Männer und Frauen bestellend. Vuti'v dem Sectionsziniiner ist ein Aufbewahrungsraum für Leichen, weleh«^ von da mitteUt eines Hebeapparates in das Sectionsziinmer geh()1)en werden. Von dem Verbindungsgange nach SQden liegt der Dampfkessel in einem eigenen kleinen iVnbau.

In dem neuen H o spitalgebäudc, welches durch zwei über das Dach geführte iiraiulmauern in drei Abthcilimgen geschieden ist, sind 12 Krankensälf, je 4 in einem Stddxwerk zu 10 Betten, diejenigen für Männer in dem westliclien, die tür Frauen in dem «■■»stliclien Theile. Zu je zwei Sälen gehört eine Theeküche in dt'Ui Vorraum, ein Zug für schmutzige Wüsche., ilolz, Kühleu etc., zwei

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71. Das IVr. Renckenherffschc BOrgerbospital.

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Abtritte mit Waasefclosets und ein Raum mit Schränken znr Auf- bewahrung der nöthigen WSache und der Kleider der Patienten. Die Säle haben je drei grosse Fenster nach Sflden und ent-

halt^'n 30G tbm Kaum.

Eint' Loitung für warnn -; und kalti's Wasser und eine Bade- wanne ist in jeilein Saal uiul i-ltenso mit jedem unmittelbar ver- bunden ein hei/,l«irer Abtritt mit Wa.sH«'r(l<>set.

Die Ventilation wird durcli ni -j-t riöftniinf^en nach dem an der Nordseite gelejjfenen Ganj^e und diiirli Lnltcanäle mit Oetlnunj^en in den vier Ecken des Saales bewirkt. Die llei/.iin«^ geschieht durch VVA(iNKU'sclie Offen, welche durch ihre ("onstructiun im Winter die V»'ntilati(»n nnterstüt/en. Die Adridät/.e wertlcii neuerdings durch je < im ii trrossen auierikanischen ( »tV ii j^eheizt. wfxlnrcli die Temperatur der \ nr|)lät/,e auf ca. l'J^'H. erhalten wi-rden kann.

In den drei Stockwerken in <ler Mitt«- b«'tind(>n sich noch acht kleinere Zimmer, welche theils zur Tsolirunj; nnrnln<.rer orlcr -onst stiirender Kranken dienen, theils als Operationszimmer, Zimuier der Aerzte, W(dinnn<( der Oberin nnd Siieisezimmer der Schwestern benntzt werden. In dem Dachstock sind die Schlafsäle der IMIege- schwestcrn. Auf jedem Flfigel des Hauses in einem Ausbau nach Norden ftthrt eine stdneme Treppe aufwihrts.

In dem nach Sflden gelegenen Garten ist eine Abtheilung fOr Manner, eine fttr Frauen. In demselben stehen auch noch zwei Zelte, welche neuerdings nicht mehr benutzt wurden, aber für Epidemieen oder Eri^sfoll reserrirt sind.

*Der arztliche Dienst wird versehen von einem Arzte fQr innere Kranke, einem ftlr chirurgische Kranke, einem Assistenzarzte nnd einem Assistenzchirargen.

Bis zum Jahre 1846 wurden die Kranken von dem Stiftsarzte behandelt, deren Rdhenfolge bei dem medicinischen Institut enn^hnt ist. 1846 wurde Dr. J. B. Louky angestellt, sein Nachfolger seit seinem 18()1) erfolgten Tode ist Dr. Jean Schmiht.

Nach dem Tode des let/(t n Stift-^arztt's l>r. Nkkff, 1 10. wurde die StcHe eines im Hospitale wohnenden Assistenzarztes geschaffen. Dieselbe wechselt alle zwei Jahre.

Als Hosjdtalwimdärzt«' wurden ange.stellt 1779 JoNAS, 1705 SciiiLLiX(J, 1S18 Dr. VoicT, is.")!» Dr. 1*as.'<.\vant.

Die Verpflegung Avr Kranken winl von zwölf S( liwi'strru des »Vereins zur lMh'<re im Felde verwundeter und erkniiikicr Krii'Lrrr besorgt, welche unter der Leitung einer Oberin stehen. Ausserdem

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332 X. Hoipittler.

sind meistens drei Lehrschwestern im ilospitule, wclclic von d«m genamiteD Vereine zn ihrer Ausbildung in das Uospital geschickt werden.

Mit den verüiidcrten politischen Verhältnissen seit dem Jahre 180Ü wnrde es nacli nnd nach nninJiirli* Ii. dif HesiimmnnjT, dnss nnr hiesige Bnr<rer nnd deren Kinder Auiuahiue hnden sollten, länger auf- recht zn crlüiHcii.

Seit »lein .Jahre ll^l!» war <hinh Aut'helmnf; «ier ('lasse <ler Heisas-seii rücse K ;iteo(»rie der Anthahnieherechtit^ten uusi/eschii'ili-n. Die ohen heriiiirten \ erliiiltiiissf tiihrten l!^7'> zn dem IJesi ldiisse. dass auch s(»nstii;en Aii^i'li("»niieii d<'r Stadttxenieitide . welche als Einwohner im Sinm' des 5; (i des (lemeindeveri'as.sunj;s-(iest't/,es seit länj^er als einem Jahre hier W(dinen mid mindestens ein dahr lan«^ die sie hetretl'cndeii (Jemeiiideahgahen he/.ahlt hahen, im Falle der Krkiaiiknii^^r Autnahnie in das Il<i.s|tital «gewährt werden s(dle.

Im Jahre 1875 wurde in Uehereinstimmung mit dem inzwischen erluääenen Gesetze über den Untersti'itzungswohnsitz bestimmt, dass auch solchen Deutsehen die Aufnahme gevriihrt werden solle, welche hier ihren Unterstatznngswohnsitz haben.

Die zimehmende Zahl der Kranken, zn deren Verplle<xnng die Mittel der Stiftung nicht ausreichten, liess 1878 eine Aenderung darin eintreten, dass die Zahl der aus den Mitteln der Stiftung zu ▼erpflegenden Kranken auf 38, später auf 40 flzirt wurde. Für die ▼on der Magistrats -Polizeisection eingewiesenen, diese Zahl fiber- schreitenden Kranken zahlt die Stadt pro Yerpflegungstag 2 Mark an die Stiftung.

Im Jahre 1881 wurde in Folge eines Rechtsgntadbitens der

juristischen Facultiit der Universität Gicssen beschlossen, die Aufnahme- Berechtigung fortan nicht mehr an das U^ligionsbekenntniss zu knfipfen.

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72. Aiistult fbr Irre tuid KpileiaUclio. 333

72. ANSTALT FÜE IRRE UND EPILEPTISCHE.

Von Geh. Suiit&tsraUi Dr. HOFFMAMN.

Die Anstalt für Irre nnd £pileptis<-lie ist im ei^entiiclien Siniu^ entstaiulc» unA weiter entwickelt worden durch den Sinn für Wohl- thiin und die Neigung, die Noth der Amien zu lin lt rn. wie sicli solche bei den Einwolniern unserer Stadt seit Jahrhunderteu bewährt hat, und zu<<:leic]i auch aus «ier X()thweDdi<rkeit, in traurigen nnd ▼erzweifelten Fällen llnlfe und Sichenm«,' /u Huden.

Ueber die Veriiilltuisse unserer Cfeistesk ranken in früheren .lahr- hunderten giht Dr. Kiuk<;k in seinem Btuhe: j 1 »eutsdü s l)ür<^erthum im Mittelalter |)ag. 'i'A niiinniy'facht' interessante Mittheiluugeu, VüU deni'u ich hier nur i*"(»l^n"nil<'s antTihrc

/utTst. 1 11*7, hestt'lltc nuiii einrni ( ieistf.skriUikeii \'nnniinilri- : 1177 haut«' man an das Spital ein (i e tii n n iss für (Ji-istivskranke: solcher AiithewalirunuMntr ^al) fs nncli mehren*, man nannti' die- selhen iXarn-iiliaus , inul /.u^^h-ich wurden da.selhst Vagahuuduii, Trunkt'iiholdc iimi Liinipm heherl)er<;t.

Erst Itif.) knnunt ihis eitrenthche »Tollhilus« Vor. 1<)H7 hraunte es ul) und 1700 wird es als nunnielir in der Toll<^Ms.st' (später Kasten- hospitalgasse) liegend von Lkksnek erwähnt. Die eigentliche Frankfurter Irrenanstalt datirt also etwa von 1640. Im Jahre 1738 brannte auch dieses Haus nieder und sieben Kranke kamen in den Flammen um, da der Bfirgenneister nicht erlaubt hatte, es zu öfiben. Im eigentlichen Mittelalter aber wurden fremde Irrsinnige einfach Ober die Cbenze geschubt, selbst mitunter in einem Nachen Nachts bis an die Üfer des Rheins ge&hren und dann Gott und ihrem Schicksal fiberlassen; zuvor wurde ihnen angedroht, bei der Wiederkehr sie mit Ruthen zu hauen, und solche Drohung wurde wohl auch ausgeftihrt; in der guten alten Zeit machte man es sich eben bequem. Von ärzt- licher Berathnng und ärztlicher Hülfe ist dabei niemals die Rede; das Alles erzahlt ausföhrlicher Kkibok.

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X. Hospitäler.

Das &Iteste gedruckte Actenstück, welches mir zu Händen ist, war im Jahre 1785 erschienen und fOhrt den Titel: »Denkmal der Dankbarkeit ffir die dem neuerrichteteu Kastenhospital zugeflossenen Wohlthaten« u. s. w. Aus dieser Schrift ergibt sich soviel, dass söhon seit 1728 Sdiritte geschehen waren, um die Be- handlung und Pflege Oeisteskranker in humanem Sinne zu bessern und arztliche Hülfe dabd in Anspruch zu nehmen. Erst 1775 wurde von Pflegern imd Deputirten des Almosenkastens besclilossen, ein neues Gebäude saumit Oarten zu errichten. Eine unter den Bfirgem ver- aniftnltcii' Collpcti' reichte niclit iiihI so luusste die gensiniit« Armen- iinstult düM Fchleude zul(><;(-n. Als besoldete Beamte werden damals nur der ('andidiit. der Spital niei.ster und der Wärter anjxeführt, die Zahl der Kranken lieh n^x nur 30—40; auch ärztlicher Beistand fehlte nicht.

Im Jahre 1783 musste scIkmi an weitere Vergrösserung des llanses ^««daclit werden: es wnrde dem alten Hause ein neuer Bati zugefügt, und zwar natli Süden län}^s der Strasse hin. Diese alte Irrenanstalt stand in der danuiligen Kastenhospitalfj^asse (oder wie das Volk sie nannte, in der »Dollgasse«) an der Stelle, wo sich jetzt der stolze Bau der Elisabetlienscliule an der (i<»thestrasst' erhebt. Die Stadtcassc gab ti. 'JOODO dazu her und der Ahiiosenkasteti nnisste witMlrr zulegen. Nun fehlte es an Mobiliar. Bettung, Leiiieiizeug und audereiu Mausrathe. Die Sii)»s(n])ti(»u Iiraihte fl, 5220. IS kr. zusaunueu und damit konnte ilas Fehlende reichlich augesehallt wer- den. Obige Druckschrift gibt darüber Bechenschatt. In dem ver- grö.sserten IIau.se, heis.st es, W(dinteu nun der Hausmeister mit .seiner Frau und der Wärter und seine Frau. Das E.s.sen lieferte ein »Traiteur«; Herr Dr. med. Riese besuchte das Haus wöchentlich dreimal, Herr Gandidai Keil aber kam täglich zwei Stunden da- hm und . noch ein anderer Geistlicher von Zeit zu Zeit. Unter den 154 Beitragenden finden wir viele Namen noch blflhender Familien, viele sind seitdem ausgestorben; audi lesen wir daselbst: Frau Rath 6<BTflE mit fl. 18.

Nun kommt eine lange Zeit, fiber die mir keine Notizen zu 6e> böte stehen und in der die Anstalt wohl in der damals festgesetzten Weise fortgeführt worden sein muss, denn ich fand sie im Wesent* liehen noch unverilndert, als ich die ärztliche Stelle fibemahm, nur war die ärztUche Tötung in den Vordergrund getreten und reichUcher für Wärterpersonal gesorgt worden.

Es li^ nun eine weitere Reihe von .Iahresb;.'richt.en vor, welche 27 Jahre von 1834 1862 umfassen, und dieser Zeitraum kann als die

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72. Anstalt ftir Irre und K|>ileptisi-he. SX*

SEwdte Eniwictdungsperiode der Irrenansfailt betrachtet werden. Im Jahre 1819 war in dem Hause fiEür Geisteskranke eine Abtheiliiiig für Epiliptisclio gegründet worden, welche in Krankenlisten und Ver- mjSgensverwaltung als gesonderte Anstalt geftLhrt wurde. Mit der neuen Stifliingaordnung und dem Bezüge der neuen Anstalt wurdeu beide Anstalten Tollkommen vereinigt und somit einfache und natür- liche Verhältnisse geschaffen.

Bis zum Jahre 1834 war die Anstalt unter dem Namen »Kasten- hospital« ein Filialinstitut des allgemeinen Almosenkastens (s. oben No. 50, S. 269) gewesen, war von dessen Pfl^famt geleitet und von der Gasse desselben verrechnet wwden. Nun ward sie mit Ende 1833 eine eigene selbstsUlndige Stiftung und erhielt ein besonderes Pfl^amt von fOnf Mitgliedern und sammelte ri<^i>ni s Vcrmri^en.

Es ersclüenen von nun an besondere Jahresberichte der selb.st- stättdigen Anstiilt, in denen wülirhaft hiunaner Sinn und ein d«'n div- maligen AuKicliien von Irrenpflege entspreclienrlt s Streben hervortritt. Vom Jahre 1844 an wurde begonnen, ein Ca|iitiil zu summelu, das zur späteren Herstellung eines neuen Zellenbaues hestiuiuit sein 8(dlte; dieses Capital wurde langsam von Jahr zu Jahr vennehrt und ging dann später in die (lasse des endlichen Neubaues über. So wurde iu mühevoll limt^samer Weise iiuf eine bessere Zukunft hingearbeitet.

Tni .I;ilire iSöl legte lier bisherige Arzt, nu'iu verdienstvoller \ <tr- gäuger, der verstorbeiu' i^liysieus priinarius, Pnd'. Dr. VAitui NTKAPP, seine Stelle nieder, als die inuiier schwerer sich gestaltende Krankheit seiner eminenten .Arbeitskraft unülterwimlliche Schwierigkeiten bereitet hatte. Ich wurde Arzt der Anstalt und trat, nachdem ich meine bis- herige Stelle als I,ehrer der Anatomie an dem SKNCKK.MtHKc'schen Institute niedergeh gt hatte, mein Amt am 12. Juni 18'>1 an. Mit dem Vorsatz luid mit der Bedingung, duss ich alle Kraft und alle fineigie zur Errichtung einer neuen Anstalt einsetzen durfte, hatte ich die Stelle angenommen und fand mich darin in Uebereinstinmiung mit der Mdurheit des damals functionirenden Pfl^famtes.

Allmalig und langsam wurden in dem Haushalt der Anstalt und in der Lebensordnung gebotene Veriindernngen getroffen. Ich hatte ein wunderliches Oemisch von Verköstigungsarten im Hause vor- gefunden; da erhielt nur &n g&emg& Theil zum Frühstück Kaffee, ein anderer Milch, ein grosser Theil aber trank Morgens einen Thee, zusammengesetzt aus allerlei Drc^uen, den ich endlich als die Speeles pectorales der schlesischen Pharmacopöe bezeichnen konnte und den ein hiesiger Materialwaarenhändler in grossen l^ken für uns bereit

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33Ü

X. Hospitäler.

hielt. Der MittafiiBtiach und die Abendmippe wurde för die Normal- kranken von einem auaserhalb wohnenden »Traiteurc bezogen nnd täglich auf einer Tn^bahre in das Haua geholt; diese Kranken er- hielten nur dreimal in der Woche Fleisch nnd es wurden 15 Kreuzer pro Kopf TOgOtet. Diejenigen jedoch, welche Nahrhafteres gemessen sollten, Terkjletigte der Verwalter aus seiner Kfiche, gleich&lls gegen kopfweise Bezahlung, und drittens mit den wenigen vermö^Iicheren Insassen des Hauses .schloss der Verwalter ein persimliches üeber- einkommen und liess sid] diese von seinem Tische kommende Kost besonders von der Funiilie ver<^üt<'n: das firod aber wurde von der Anstalt den Kranken geliefert und dem<;emiis.s auch in grossen Massen vorbrauclit. Allrs dieses wnrde abj^eschatf't und die Kostlieteninj^ end- licli «ranz der Anstalt übertragen; für IVillistürk und Brod verbrauch wurden l)e.stimmte Normen festigest f-l lt. Allniiiliir batt<' Idi alle IMleg- Iin«je von ilem abenteuerlichen Mor<reiith«'e /u Katt'ee- oder Milch- t'riilistück und /um tä<;lirlii'u Mitta^r-^tieisch überpfeschriebcii. Die Familie des X'crwalters «rbitdi ikkIi tVcie Kost in der Anstalt: aber aia li diese Licti-rnn^ wurde neuerdiuj^.> abi/i'schatft und die H:m>'- baltuu<; <b'ssi'Ibeu «xli'ich der des »Tsteu Ar/tt s ciut' st'llist>täuilii;e und von ib'r der Anstalt al)s(>liit '.getrennt; somit war endlich diis einzig rirliti^e IVinciji zur I hiri litiilirung gelu'aclit.

Nun aber uiusste etitscliiedener dem vortrcstccktru Ziele zugestrelit wenlen. un<l es war ein \\fit»'r Weg, voll von 1 1 inclrrnissen, zurück- zulegen. Ich hatte dem l'ticgauit i-inen anst'iihrliclieu Bericht über den Zustaud unserer Anstalt und über die Bedürfnisse einer neuen eingereicht. Die Majorität des i^tlegamtes hiess ihn gut. Der Senat der freien Stadt stimmte den Reformpl&nen bei, erklärte aber zu- gleich, dass kein Geld zur Ausführung da sei. Da galt es denn, die ganze Bfirgerschaft fÖr unsere Sache zu gewinnen und wirklich gelang es, in wenigen Wochen circa fl. 46 000 zusammenzubringen. Dies Geld reichte natürlich nicht aus, aber da fand sich auch Ton anderen Seiten Hülfe. Das Heilige Geist- Hospital bot der Irrenanstalt eine Hypothek auf das neue Haus im Betrage von fl. 100 000 an zu nur 3 */o Zinsen, und zwar sollte die eine Hälfte des Capitals nach 25 Jahren und die andere Hälfte nach weiteren 25 Jahren zurfick*- bezahlt werden. Noch forderlicher aber wnrde ein weiterer un- erwarteter Reistand, indem der Freiherr LuDWia von Wiesks- HÜTTKN der Irn uanstalt ein Legat von fl. 100000 für den Neubau tostamentlich znsiihcrtc, unter der Bedingung, dass binnen .lahres- frist mit dem Neubau b^onnen werde. Diese Bedingung hatte der

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72. An^lt fktr Irre nnd Epileptische. 3^7

Yentorbene noch auf unsere besondere Bitte beigefllgt. Er hat aber Mine freigebige WUlenräussemng, leidend wie er war, nicht lange flberlebt nnd die Anstalt erhielt den Betrag des Legats anag^Eahlt.

Nun gerieth Alles in lebendigen Fluss und eine Zeit regen, wenn auch mfihevollen Sdiafiens begann.

Als Bauplatz wurde die Anhöhe im Affensteiner Feld gewShlt, ausserhalb der Stadt frei und hoch gelegen, wo jetst die Anstalt steht^ in der Grösse von etwa 41 Frankfrirter Morgen, und der Plan f)Br die neue Anstalt nach meinen An^hen von Herrn Architecten Pighler entworfen und von ihm der Buu auch au^eftihrt.

Im Sommer <les Jahres 1809 wurde pflichtgemäss mit dem Bau begonnen. Im .lalire lK»i2, am 2<>. (Kt<>l»er. als der Bau unter Dach war, wurde der unter <ler Schwelle den liaupteingauLTs liegende Grundstein mit entsprechender Feierlichkeit geschlossen. Ami 2:^. Mai 1S04 bezogen wir die neue Anntali mit IUI Kranken (43 Männern und ')8 Frauen).

Somit waren wir nach 1 Mjährii^Tr iiiivcrdrossciicr Meniiilniug an dem ertVeiilichen Ziele angelautet, dessen Erreichung mir oft genug bezweitVIt wririh-n war: «'in Zfugniss. was unsere schruu* \ aterstadt mit vereiiitrii Krät'teu zu schatlen im Stande ist, wie Alle zn helfen bereit sind, wenn es wohlthiitigeii Zwei Ken gilt, und wie auch einzelne Männer nicht fehlen, die nut wirksamster Hülle zur Hand und zur That bereit sind. Dies nu'ige am Ii ferner sich bewähren: für eine gute Sache finden sich stets die guten Menschen und die gnte Stunde, man muss nur die ersteren zu finden und die letztere zu nutzen wissen!

Die Anstalt kostete mit Einschluss des Ankaufs des Grund und Bodens im Ganzen fl. 634 208. 38 kr. Davon hat die Anstalt selbst aus eigenen Mitteln und aus Darlehen bezahlt fl. 372 052. 50 kr.; so- mit hat Frankfurt in seiner Stiftung für eine Summe von fl. 262 155. 48 kr. einen Besitz in Geb&uden und Liegenschaften, der jetzt wohl Ober eine Million im Werthe hat.

Die Anstalt (siehe Plan No. 15), ftlr 200 Kranke bestimmt, nimmt in ihrem östlichen Flflgel die Männer, im westlichen die Weiber auf und umfasst jederseits:

A. die Abtheilung ffir ruhige Kranke, im Parterrestock die Schlaf- und Wohnnume, im ersten Stock für Pensionilre;

B. die Abtheilung ffir unruhige Kranke, im Parterre Einzel/inimer und Aufenthaltsninme, im ersten Stock Ober- wärter, isolirte Kranke und körperlich Erkrankte.

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338 X. Hospit&l«r.

c. die Abtheilnng fflr Blödsinnige, Partorre die Blöd- sinnigen und Unreinen; im ersten Stock die SdÜAfrHome. der Unruhigen.

o. die Abiheilung der Epileptischen, einstöckig, an

die sich nördlich B. die Abtheiinng der tobBflchtigen Kranken an-

schliesMt, ) ]H>nfiills ein einstöckiger Bau, der das Gebinde

nach Norden ahscliliesst. Z?n«K-luMi diesen beiden vollkommen symmetrischen Flügeln liegt nun, Yon Süden beginnend,

F. der Verwalt iiii<^'s))aii, dreistöckig, mit den Wohnungen

der Aerzte, des Verwalters n. s. w., und Ii. der Central hau mit den Bädern, die mit den Seiten- lliiirt lii in \\'rhiiidiin«f stehen, den «^esammten Küchen- und Haushalt iii)<^sriiuiiien und einein all^fenieiuen ^'ersaluml^ug8- 8aul im i'orterre und der Kirche im ersten ätock.

Kine nicht bedeutungslose Jietra< litiinji diirite sehliessli» h hier noch IMat/. linden. leli hin der .\usi( lit geworden, dass die nervtisen Krankheiten und besonders die als Psychosen bezeichneten Hirn- strunuKen in den let/ieu Deeeiinien ganz liedeutend zugenonuuen halten und n(ah zunehmen werden. Worin dies l'nheil seinen <irund haben nuig, diese höcliHt wichtig«' und anregende Frage kann ich hier nicht erörtern; ich mfisate ja die ganze Cultur der Gegenwart, den sittlichen, religiösen und socialen Charakter der Zeit, die Erwerbearten und Aie Gier nach Betehthnm, das popul&re Auf k&nngsbestreben mit lückenhaftem Wissen und oberflächlichen philosophischen Redensarten, die Literatur, die Kunst, die Erziehung und den Unterricht in den Schulen nnd noch gar Vieles besprechen, mit einem Worte: ich mOsste ein Buch schreiben. Eines mag uns einigermaassen trösten: Je dunkler die Schatten, um so heller andererseits doch auch das Licht!

Baftlr will ich einfach nur die Zahl der Aufnahmen in den letzten 40 Jahren von 1841 1880 zusammenstellen. Ich bemerke hierbei zuvor, dass das Gebiet^ aus dem wir unsere Kranken erhalten, so ziemlich das gleiche geblieben ist; der kleine Handwerker. Dienst- leute, Arbeiter und Gesellen, die hier krank eintreffenden armen Heisenden kamen früher und konnuen noch jetzt alle in die Anstalt. Allerdings hat sich die Zahl der Bewohner reiclilich verdoppelt, di<> Einwohnerschaft ist beweglicher geworden und die jetzige PVei/.ügigkeit und das nach meiner Ansicht höchst ungerechte Armenunterstützungs-

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72. Anstalt f&r Irre und Epileptische.

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recht belasten die Commune, namenÜich im Irrenwesen, in kaum ertrSglicher Weise. Alles das aber erklärt die Krankenzunahme doch nicht, sondern wir sind gezwungen, anzuerkennen: die Menschheit der Gegenwart ist eine vorzugsweise nerrSse geworden, eine zu nervösen Erkrankungen steigend disponirte. Es dOrfte dies Niemanden ver- wundern, denn wenn man jetzt das Gehirn von jfrflher Jugend an weit mi'hr anstrengt und weit mehr Gehimarlx-it verlangt, als vor 30 4<l .lahrtMi. so ist o^t t'oI«rt>re(}it , dfiss mit dem Gebrauch der Miss))niu(h, mit der Krniüdung die UebermQdung und so die Er- kraiikiiM<( des (tidiirns häufiger vorkommen niuss als sonst und dass endli( li. wohl zu beachten! diese nerv»"se Anlage auf Kinder und Kiu<lef<kiuder in rascher Progression f<ii t( il»t und sich vermehrt, wie ein Capital, zu dem Zins auf Zins gescldagen wird.

Unsere Krank«>tianina1imen geben für die angegebenen Jahre nachiblgeude vier Zahle u reilien :

I. '

m. 1

1 IV.

Jahr.

1

Anfta.

Aafta.

Jalir.

Ante.'

Jilir.

Anfti.

1841

18 ,

1851

•> 1

1864

78 1

1876

126

1842

20 1852

18ß5

85

1877

128

26

1 1858

46 I

1866

80

1878

116

Ih44

18

18.'>4

1867

92 ,

1879

12U

1845

27

1 1855

36 1

1 1868

81

1880

129

184«

17

1856

88 1

, 186»

90

1847

2G

1857

49

1H70

102

1848

19

I8r,8

•M)

ISTI

110

1849

20

, 1859

40

1872

HO

1850

27

; 1860

48

1873

97

! 1861

50

1874

87

1 18(52

43

1875

97

1 1863

63

Sa . .

1 218

1 8...

584

8a..

1104 1

Sa . .

1 619

Die Reihe I umfasst die 10 Jahre 1841—1850, ehe ich in die Anstalt eintrat; in dieser Zeit hatten sich unsere staatlichen und bürgerlichen Verhältnisse gar nicht vei^dert und die Einwohnerzahl hatte sich nur wenig vermehrt. Es betrugen die Durchschnitts- anftiahmen 21'8 im Jahre und selbst die stflrmischen Zeiten von 1848 blieben unter dieser Zahl. Die Bevölkerung war ungefähr in der Mitlel'/ahl 57 000; es kommt also ein aufgenommener Geisteskranker auf 2<>ir> Einwohner und *'s tritt in dem ganzen Zeiträume keine merkliche Steigerung der Erkrankimgen anf.

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X. Hospitäler.

Der zwcift' Altsi Imitt nnitVisst in dt-r ^'(»iorin»' II die 1'^ .Tahro 1 H')! 1 Si>;{. die Zeit iiiriiirr W irksiimkoit in dt-r altrn Anstalt: ancli lii«'r waren unsere stiidt i-( li. ii \'t'rli;iltnisse di»' ;^lei( Iieii ^t'ldiflM'u ; die Bevölkerung nahm t-twas /u und die miltlere Zahl der Kinunlun-r he- tru}jj etwa (JTOOO; von Iiier aus be|jaunen die Antnahiufii vom ersten Jahre (ID) stetij; l»is zum letzten Ü^llH (mit VuV) zuzuiieiunen. I)ie I)un lis( luiittszalil lietrui;" 41<'7. Die lieviilkerun»,' war um etwa LS "V gestiegen, die Autiiuluneu alter uiu 100 "/o. Von 10:31 Einwuhnern kam ein Kranker in die Anstalt.

Die Reihe III zahlt die ersten 12 Jahre in der neuen Anstalt auf, ▼OD 1864—1875. Die Einwohnerzahl stieg von 78221 auf 103136. die Mittelzahl also «=90 678; die Aufnahmen waren im 12 jährigen Durchschnitt 92;.trie stiegen also gegen die Zeit II um etwa 2h0^fa und gegen den ersten Zeitabschnitt um circa 500 '^/o. Auf 085 Ein- wohner kam ein in die Anstalt gewiesener Kranker.

Endlich habe ich in IV die letzten fflnf Jahre zusammengestellt, von 1876—1880. Die Einwohnerzahl vermehrte sich zu 136 831, also mit einem Wachsthume von 24*15 '^/o; die Aufnahmen betrugen im Durchschnitt 123*8, sie stiegen also gegen Zeit III um circa 2(^0 '^/o, gegen H um 331*7 und gegen I um 568 >. Die Mittelzahl der Bewohner mag etwa 119 983 gewesen sein und somit kam auf 969 Einwohner ein Kranker in der Anstalt.

Die Bevölkenmg hat sich also in 40 Jahren stark verdoppelt, die Aufnahmen aber haben sich um das Ot'aehe vennehrt; die letzte Aufnahniezahl, im Jahre 1880, betragt 129 und übei^teigt die DurchNchnittszahl der ersten 10 Jahre um das sechsfache.

Seit 1851 waren Autnahmen und Best^md zusammen 2.'M«» Kranke in der Anstalt. Von diesen wurden genesen entljussen 7l»G oder 3.5%, gebessert 415 oder 17'7 unge heilt ^^'»4 oder i:)-l"o und starben '.:>'.) oder 2;j-8%. Im .lahre 187<> hatte die Aiwtalt 71 172. im Jalin' isso 7') 45.? \'er|dlegungstage der Kranken.

Die Folf^r»' sidcher \ ermelinuig (Irr Bewohner blieh natiirlieh nicht aus; wir hatten Emle des Jahres ISSO einen Hi'stand von 220 Kranken hei 200 Plätzen: die Anstalt ist jetzt arg ühertullt. in ihrer inneren Heweglichkeit sehr gehemmt und in ihrer scgcnsreiehen Wirksamkeit gar sehr «'estiirt un<l presch wä( Ii t. Ob und wie dem Uebel Abhülfe wird, nuiss die Zukunft lehren.

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78. Ilorhushospital.

341

73. UOCHÜbHOÖl'l rAI.. Von Dr. E. MABCUS,

Tni Jahre 1804 wurde in einem auf der I^ii it.M^asHe j^ele^enen Mii'tlilocule ein unter Leitung des Polizeianitcs steluMide.s »Kriltz- spital« errichtet. Miiii l)t'tra<litct(' diimals die Krätze als den Aus- bund aller Kraiikliritrii und sehnt' durch diese jiriniitiv»' Ajistalt, die den Nauu'U »8|>ital« in keiner W eise verdiente, ein rnterkoiunieii für die V(MI Scal)ies iMdallenen, vom i'nhlicum geärhieteii Patienten. Erst am ()(t(»l)er 1811 s(»r<xt»' man für ein wirkliches Hospital, itideiii man ein <'i<;enes Krankenhaus errichtete, dieses unter dem Namen vKtK-hussjiital« ffir eine milde Stittnn«; erklärte und seine Verwaltung einem aus tiiiit M itglii'dern hestehenden Ptlegamt iiher- trug. Im dahre 1845 wurden das durch verfassungsmässige lie- schlUsse liierzu bestimmt«?, hiesiger Stadt gehörige Urundstnck in Sachsenhausen (Oberräder Fussweg), sowie die auf Staatskosten da.selbHt errichteten GebiUide nnd deren Mobiliar von der Stiftung als Eigen- thuni in BesitE genommen und bezogen. Dieses £igenthum besteht aus einem 1 Moigen, 2 Viertel, 38 Rothen und 2 Schnh hdtenden Areal und xwei von einander getrennten Häusern, von welchen das grossere zur Behandlung der Krätzigen nnd Venerischen, das kleinere filr Blattemkranke bestimmt ist. Letzteres, einstöckig, 40 Fuss breit und 48 Fuss tief, hat im Ganzen 1300 Quadratfuss Flacheninhalt und liegt nur 60 Fuss Ton ersterem. Das Haupthaus hat 61 Kranken- betten, 4 eingemauerte Badestellen, das Blattemhaus, ohne eigene Verwaltung, 22 Krankenbetten und 4 Bäder.

Der Wirkung»kreia des Rocliusspitales sollte ein ziemlich weiter sein. Man ging bei seiner Errichtung von der Absicht aus, die Gefahren einiger ansteckender Krankheiten für das Publikum ein- zuschriüiken, den betreffenden Patienten ein gutes Unterkommen zu gewähren und von den anderen Hospitälern gewisse unliebsame Gäste fernzuhalten.

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X. IluHpitäler.

Demg<3miiÄ.s »«»Ilten in den l)eüeiclineten lüluiuen untergebnicht werden :

a) laut Verwaltungäordnnng:

1. alle Geblätterten,

2. alle Kratzigen,

3. alle Venerischen,

4. alle Armen mit unheilbaren und Abscheu erregenden Schaden;

b) laut Vertrag mit dem Heilig -Geist -Hospitale:

1. alle mit Krätze oder Sjrphilis behafteten Alumnen dieses Spitales,

2. alle nicht kri&tzigen, nicht syphilitischen, nicht blättern- kranke, sondern anderweitig erkrankte Dirnen.

Bei Aufnahme der Kranken wird auf das religiöse Bekenntniss keine Blleksicht genommen.

Die Mitglieder des Pfleganitcs werden, ebenfalls ohne Rficksicht auf die Confession, von der Stadtvorordnetenrersammlnng gewühlt. Das Pflen^anit selbst hat ein X'orschlagsreclit.

Das Pfle<(anit Itestdit (leriiiulen au8 den Herren: WoLFtiANO SPBTKR, Senior, Christ. Fr. Enders, C. A. Künnefeldt, Dr. jur. Bknkard und dem Verfasser dieses Berichtes. Hospitalmeister ist Herr Bernbakd

MULOT.

Die ärztlitli»' lifitiiii«; liatt«- bis zu sciiHMu im Jahre 18r)4 erfolgten Tode Uerr Dr. Kloss sen., seitdem Herr Dr. Alexandkb Knodlaicii.

Di»' Hcdürt'nisse diT Anstalt, ( a. M. 4< * ih»o. \vrr<lrii bestritten:

1. (buch Heiträge aus Staatsmitteln resj». aus .stüdtisi lien Mitteln (jetziger Zuschuss aus der Stadtcasae etwa M. 8300 8900 per Jahr):

2. durch Vergiituug für diejenigen Personen, die kein Recht auf unentgeltliche Verpflegung haben (j»"tzt M. TTö j)er Tag für stjitionär Kranke, M. 1'15 für ambulatorisch behandelte Ki&tzige, im Ganzen M. 28000—32000);

3. durch freiwillige milde Qaben;

4. aus dem e^en Einkommen der Stiftung (Zinsen der Ge- schenke, L^^te, jetzt etwa M. 6900);

5. aus einer ihr ^üirlich Tom Hospital zum HeOigen Geist ftür Behandlung seiner krätzigen und Tenerischen Alumnen und fttr Verpfl^ung der anderweitig erkrankten Dirnen atis^ geworfenen Aversionalsunuue (fOr letztere M. 771).

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7B. RochinhospiUl. H4H

Die Verkäst i^^'un^ stellt sich im DurduichDitt auf etw« H. 0*93 |)t>r Kopf und V^flegungatagf die Aaflgaben fOr Medicmuente auf

M. iM-r Tag.

Zur Zahlung sind alle diejenigen verbunden, wrl( }ic die Kosten aU8 eigenem Vermögen zu tragen im Stande sind, welche zu iiirem Unterhalte verpflichtete und verminende Vervandte hüben oder zu deren Unterhalt eine inili'i- Stiftung verpflichttt ist. Uandwerlugesellen wurden gegen die llüllle der Kosten verpflegt.

Nach dem Angeführten ist dius l{o<-hu8.spitai eine Spe('ialjinst4i]t, deren Aufgabe darin besteht, eine Heihe Patienten mit den aller- widerwiirtigsten und ansf t(ken<l.>ten Krankheiten uufzunehnien und /.u behandeln, l'.ine derarliLre Anstalt i>t ti'.r eiin* Stadt eine Noth- wendigkeit, nni (h r \\ eiterverbreitung der .sclieuswliclLsteu Krankheiten Einhalt zu gi'l)i<'t«'ii.

Die raseheste Entt'ernuiig (ieblatterter ans dem Jiereich ihrer Umgebung, ihre wenn zu J lause eine strenge Iscdirung nicht mögli«-h sotortige \ iMl»ringung in eine Anstalt und ihre \ erptiegnug daselltst so lange, bis ihr Gesundheitszustand derart ist, da.s.s ihr Umgang mit ihren Nebenmenschen keine Gefahr und keinen Nuchtheil für letztere mehr bringen kann, Ist ein unabweisbares Gebot der öffentlichen Ge8iindlieits[)tlege.

Ebenso mnss fQr die Unschädlichmachang der Syphilitischen strengstens gesorgt werden. Ffir die Kratzigen dagegen ist seit Einführung der Pembalsam- unci Stjrax -Behandlung kaum noch ein längerer Spitalaufenthalt nSthig. Ffir die an unheilbaren oder ekel- err^nden Krankheiten leidenden Armen ist die seitiierige Ein- richtung gewiss eine recht unglfickliche.

Schon Ende der fttnfziger und sechziger Jahre machte sich sowohl in den Kranken- wie in den armsel^^en Wirthachaflsiftumen unserer Anstalt wiederholt Platzmangel geltend; als aber gar mit der Zunahme unserer Bevölkerung die Syphilis sich in erschrecken- der Ausdehnung verbreitete und einige grössere Blatternepidemieen liereinbrucheii (1870: 2(>:{ (ieblatterte, 1S71: S()7, 1872: 117, 1^7.') 7<>: 259), zeigte .sich die Mangel hat tigkeit d<s Spitals im lirxlisten Grade. Was 1845 vielleicht passend und ausreichend war, konnte es jetzt nicht nielir -^eiii.

Die während des Krieges errichteten provisoriscdien Baracken waren aiicb nur ein dürftiger Nothbehelt. Zu diesem Mangel an Kaum gesellten sich die entsetzlichsten hygienisihen Mi-^stäiule. Es mag an d'matir Stelle genügen beispielsweise hervorzuheben, duss das

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344 X. Hospitäler.

BlatternhauH (dessen Krankenziuuucr theilweise srliiefe Wände liaben und nur 6 Fuss hoch sind), wie schon angeführt, kaum (){) Fußs vom Syphilishans entfernt nnd mit ihm durch einen schmalen Ganff verbunden ist, dasa bei<h' Häuser eine Verwultuuf^, eine Küche, einen Raum ffir Wäsche etc. haben , diuss auf das Bett kaum <)80 Cubikfuss Lnftraiini koTimieii. keine Ventihition nir>f^lich, die Badeeinrichtuii^ luan^elliat't ist und ein Leichrnlians fehlt; hinsiclithch des Hauses für Syphilitische aber niaj^ nur erwähnt sein, dass es weiT'Mi der anhaltend starken Bele^iin<4 nirlit ui»>^]ich ist. einen tler diiitti;^i ii Räume, in denen Bett an Itett steht, aucli nur einmal im Jalire behufs Ventilation auf kur/.e Zeit leer /.u la.ssen. In welcher Weise die Aufnahme Syphilitischer resp. die wegen Br>sarti<^keit der Formen längere V^erjpHegzeit »ich steigerte, beweisen folgende Zahlen:

Kranke aberhaupt

Venerisch Krankel

Krfttskranke

Jahr

i

1

' Zidil

1

Veri'lleg-

Mittlere

Verpfleif-

Tieit

^ Zalil

Mitdere !

Verpflo^-

Zahl

Mittlere

Vori.ntf,'- 7.4' it

1876

840

11924

1419

i

214

Tage

31*19

1 297

T«Ko 11«

1H77

819

10358

12-64

302

24-59

422

1-16

1878,79

158,5

15 67:^

9-88

.'198

2ft-40

1075

1-27

1879/80

1677

21 5:i5

12-84

511

1058

1-23

18«0;81

1126

20 2:?5

17-97

415

40-70

622

1 41

Unter solchen rnistrun

len trat <

Ii.' Notli

wendij.'ke

it einer

radikalen

.\enderun«; unserer S|)italeiini(htun<^ iinmer <;e])ieterischer auf und nach fünf/.elinjährii^en. iunner an der Pl;it/lVa^n' sclu'it<'rnden Verr handluiiLTeii /wisdicn den niaassj^el »enden Behilrden, die <»hm' Aus- nahme die rnlialtiiarkeit der seitherigen Znstäiule aiu-rkannten, fasste die StadtverordnetenversamnduufX am 19. August ISv?*.) fast einstimmig den Beschluss, auf einem von dem Magistrat früher otferirten lMat-/,e an der Hanauer Landstrasse, nahe dem Maine, ein neues Blattern- hans mit eigener Verwaltung und, durch genügend gro^ssen Baum und eine hohe Mauer davon getr^int, ein znn&chst fQr Syphilis herzurichtendes Krankenhaus zu erbauen. Mit Ausnahme der Ober- leitung sollten beide Anstalten in keiner Beziehung zu einander stehen. Von dem Vorhaben, auch für andere Infectionskrankheiten Pavillons zu errichten, sah man später aus Sparsamkeitsgrfinden einst- weilen ab.

I) Üeber die besrilirKelirn MiMatinde hat tieli der Aeritllche Verein in einer den

stüil tischen nehörtirn iibcrrt>ii-)iti-ii „Di-iik^tchrirt iUx r 'lit- Nuthw«-n<Iii;kcit elnee netten Poelten- Hospitals** (Mablau ft Waldsobmidt, 1876) auaführlicta ausgosprocbeD.

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TS. RochushoepHal.

345

Am 9. Deceniber 1879 eraenerfce die StadtrerordneteiiTenamni- iung den frfiheren Beschlo». Der Magistrat blieb jedoch, um wo mfiglißh die bedeutenden Kosten f&r hodnraaserfreie Aufffillnng des Terrains su ersparen, fortDriihrend anf der Suche nach einem noch

gfinstiger gel^enen Hatze.

Inzwischen wurde durch eine })esoii(lore CommiKsion, bestehend aus Stadtverordneten mul Mitjijliedern des Gesundheitsrathes, des Architi'ctonvereins und des Pflegamtes des Uochusspitales, ein sjtäter von dt'n städtischen Behörden geneliniigtes Bau pro^f ramm entworfen. Der Antnif( auf ('(»nrurrenzanswlireihcn fand alier die Billigung der Behörden niclit, vielmehr wurde .ini ll.AufXust IS^ü von der Stadt- verordnetenversammlung auf Antra^'^ ^ - Majj^istrat» beschlosHeu, das neue Spital durdi das städtische Bituamt ansffiliren zu lassen und zur Ausarbeitung der Pläne M. 1200 für einen Zeichner zu ver-

Naclideui die INäiir fcrti<;. stellte es sich heraus, dass die hoch- wasserfreie liei^nujx des liauterrains und der 7iUt"ühruii<;s - Strass«- ( llaiuiuer Laudstrasse) eine enorme Suniiue versclilin^eii würde. Ausser- dem erpiben sich ^frosse S liwieri^keiten hinsiclitlieii der Erwerluni^' der ui<ht der Stadt p'lir»rif.(en Parzellen und es lilieh fraglich, ob zur Expr<)priatie)U (h'rselhen die (Tenelimi<;unjx werde «'rtheilt werden. Der Magistrat schlug deshalb eiiuni andern Haii|dat/, vor, der, in der Sachsenl^user Gemarkung, Gewann 18, Nu. U gelegen, voll- standig Kigenthum der Stadt ist und bei dessen Verwendung der Spitalbau in toto etwa M. 220 000 billiger zu stehen kommen soll, als bei dem früheren Ftojecte. Die Spital -Gommission erklarte sich mit dem MagistratsTorschlag einverstanden und an^ 21. Juni 1881 ge- nehmigte die Stadtverordnetenversammlung fast ein- stimmig denselben. So ist endlich in dieser so lange schwebenden Angelegenheit ein flbereinstimmender Beschluss erzielt und der Bau wird noch in diesem Herbste begonnen werden.

Heber die Pläne flbergab mir Herr Stadtbaurath Bbhnke gütigst die nachstehende Beschreibung und den beigefügten Situationsplan. *)

Durch das von den städtischen Behörden genehmigte Bauprogramni vom 16. April 1880 ist die \'erl)indung des Rochushospital.^ mit oineui in Zukunft zu erbauenden städtischen allgemeinen Kranken hause derart in Aussicht genommen, dass das Syphilis-

*) Aus 0SMistoU«B Orfladni mHu »mielist nor dto am End» dl«aw Anftattw »r» wfhBMB 0«MUide maIgMIui w«ird«ii,

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im

X. HoBiiitäler.

Hospihil ciiuMi TIk.'iI ilcs k-t/tt-i <'ii hildi-n itinl in <,oMii('iii>!inif Hi uirlli- scliiittuiij^ mul \ frwaltun«; m'.vicllt. das lila 1 1 cni liaus (iatre^«'!! von «lein al l^rmeiiu'n K ranktiiliausf lilunilicli volIkoniiiH'ii m'trt'iint II 11(1 mit gesonderter \V irth«chalt.seiiirichtiiiiy ver- bellen wcrileii sdII.

Die.sem i'rograiinne entsprechend ist das Bauprojeci (s. Situaiion»- Plun No. 10) uu-N^t arbeitet wurden.

Der Baupltttz, welcher sich ganz im Besitz der Stadt befindet, hat eine nutzbare Grösse von mehr als 5 Hectar «nd ist durch den Mittelweg und den Sandhofer Fussweg zuj^glich. Der Platz bildet ein Rechteck, dessen LSngsaxe Ton Sfidwesten nach Nordosten lauft und ist durch diese Formation de« Orundstücks eine gOnstige Orlen- tinmg der einzelnen, für die Krankenpflege bestimmten GelnUidc ermöglicht worden. Die Baulichkeiten des allgemeinen Kranken- hauses sind möglichst nahe um das Wirthschaftc^bände gnippirt und die Weglangen yon den Krankenhäusern zum Verwaltung»- und Wirthschaflflgebaude dadurch auf ein thunlichst kleines Maass redudrt worden. Das Blattemhaus ist auf dem nordwestlichen Theil des GrundstüclcH angeordnet und betrugt die geringste Entfernung zwischen dem Syi)hilishau8 und Blattornhause 40 m.

Der Untergrund des Hauplatze.s Ut^ti'lit uu.s einer diluvialen Kiesschicht Ton verschiedener Mächtigkeit; der I*latz wird über du8 HoehwaHseniiveau vom Jahr 1S4.') aiifpdiöht nnd dureh Verbindung mit dem städtisdicu Canalsyäteni entwässert. Eine reiehliche Wasser- versorgung duruh Brunnen und durch Anschluss an die Quellwasser- leitung und eine auskömmliche Gusbeleuchtung ist in dem Kosten- ansdila^e vorfjesehen.

Das S \ ]) Ii i I i s h o s ji i t a I enthält zur Krankenj)tle<je in der .Männerabtlirilimf; <t7 und in der Fniuenabtheilun<j^ (11 Hftt*'n, t't'rner 4 Ein/.rl/.inniicr tiir K liit/krankc und 2 Einzelzimmer tiir umeint' Kranke niul eiidli« h 1 ^fnlssere Känine für uuibiiiuturiäche Beinindlniijx krät/.kraiiker Mruiner und Frauen.

Die ertniderliclien \ erwalt uu;^srännie, sowie Dienstwcdinungeii für Insjx'ctor und Assistenzarzt sind provisKriscli tiir die Zeitdauer vorgesehen, bis das Verwaltun<^sgebäude des alli;emeiiieii Ki;inken- hauses erbaut sein wird, luid k<>nnen die alstlann im Syphilishospital verfügbar werdenden Räume zur Erweiterung der Fraueuubtheilung nutzbar gemacht werden.

Pftr den Wirthschaflnbetrieb ist ein Oekonomiegebaude mit Koch- uud Waschküche und allen erforderlichen Nebeniaumen, sowie ein

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78. Rochusbo«pitaI.

347

KeBsel- und MaachinenhAt» projecfiit, deren Dimensionen so benietwen sind, dasB sie für den Gesanuntbetrieb des in Zukunft anzuschliessenden allgemeinen Krankenhauses gleichfalls ausreichen.

Ausserdein ist ein Gebäude für Aufbewahrung der. Leichen und

für Aufnalimc rincs Sccir/JinnuTs vorj^rsclien.

Für die /\v«'cke des allj^emeinen Kruiikenhaiisfs sind injch vier stweistiickige Pavillons für je 42 und zwei einstöckige Lsolirpavillons für je 24 Bt'tten projeetirt und wird die Gt-saninitzahl der Betten, ein- schliesslich des Sypliilishospitals. sich also auf .'»r)!! helaufen. Die Grundfläche innerhall) der Einfriedi;run^ beträgt HoO qm, es cnt- ittllt niitliin j)r() Bett ein Fläclienrauni von ca. t).'i :{0 (pn.

Fiir das B 1 a 1 1 e r n h s p i t a 1 ist die Broit'ctirun«^ in zwei ]{ ielitun^i-n crfolijt, einmal fiir De» kiniLT di's K';ninil»( d;irl's in epidt/mie- freier Zeit, sodann zur Vorsorjfe fiir d<'ii l"all " ini i- JMutteniepideuiie. ')

T)er Bedarf für den ersten Fall ist in der Männer- und Franen- al)theiliin<x auf je IG Bett«'?! })emessen und sind die hiezu noth- wendi<xen Käunie in eim-in finstö(ki*fcn Pavillon und zwar in zwei Sälen tiir je 8— Betten und einer Auzulil von eiu^elueu Zimmern hergeri( htct worden,

T)i*' \ »Tptlt'iLrunj^ soll in ;,'ew<ihnli( lit r Zeit für die ^anz ;j:ri iiim' Zahl der Kranken und des WartcptTsoiials mit Bfiuitzun^f ili-r Souterrainräunu- des Paviirons bewirkt, »'bcnso s«dhMi dasi-lbst die zum AVäs(ln'rt'i))ctrieb fiir diese Zeit erforderlichen Bäume unter- gebracht w*'rden.

Ausserdem ist im Massivbau ein Beobachtunjafs - Pavillon mit je 2 Betten liir Männer- und Fraueuabtheilung, sowie ein Leiclien- hans mit Seeirzimmer vorgesehen.

Ffir den Fall einer Blattemepidemie soll der Belagraum durch Erriditung zweier Baracken für je 20 Betten vergriSssert und ftir den alsdann auszudehnenden Wirthschaftsbetrieb eine besondere Baracke mit Koch- und WaschkOche erbaut werden. Um die schleunigste Fertigstellung dieser, in au^enmuertem Fachwerk projectirten pro- visoriscben HUlfebauten zu sichem, sollen die Fundamente der ge- nannten drei Gebäude im Voraus aui^^emauert und die 'Anschlösse für die EntwBssemng und Wasserzuleitung yoigesorgt werden.

') In den letzten 20 Jahren wurden DUtternkranke aiifgeuummeu:

1861: 8 1866: 47 187t : 8OT 1876: 887

IH«2: 40 1867: 11 18*2: 117 1S77: 1

1863: la IWiSi X7 1873: 11 1878: U

1864: 87 1868: 85 1874: 4 1878: 1

1866: 88 1870: 808 1876: 88 1880: 0

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348

X, Htwpitiler.

Unter Einrechnniig der vorbeschriebenen Erankenbaracken bietet das Blattemhospital Raam fttr 76 Betten; die zur Unterbringung rämmtlicher Baulichkeiten Terfttgbare Grundfläche innerhalb der Einfriedigung betrSgt ca. 16 200 qm, pro Bett mithin ca. 213*2 qm.

Bezüglich der inneren baulichen Anordnung mag noch erwShnt werden, dass im Syphiliahospital pro Bett ein Luftraum von 40 und im ßlattemhospitnl von 50 cbni und für stfindliche Lutlernenerung rill ()iiiintinii von loO cbni pro Bett vorpesor^'t ist. Zur Erwärmung der Krankensüie dient direote Luftheizung, in den Ein/.el/jinmem da- gegen aollen eiserne R^pilir- Mantelöfen mit äusserer Luftzufabrung benutzt werden.

Die Baukosten sind veranschln^t: für das S y p h i 1 i s h o 8 p i t a 1 mit 12! »7 qm theiU zwei-,

theils dreistöckig behauter (irun<ltiilclie auf , . . M. 370 000

für das W i r t h sc h a f t s ge h ii u d c mit 512 qm theils

ein-, tht'ils zweistTickit^ l)f'liiiiitt'r ( iruudtläche auf . » 12;^ 000

für die maschinell»' Einrichtung (hi/u auf » 25 OOU

für da.s Kessel- und M a Jich i n e n lia u s mit 12(>'50 qui

einstöckig l)el)auter (irundtliiclie auf » 17 500

für die maschintdle Minriclitung dazu auf » 15 UOO

für das L e i c Ii e n Ii a u s ziiiu allgciucincii Krankenhaus und zum ßlatternhans mit je U;.{'20 qm einstöckig

bebauter Grundfläche auf . . •. -> 16 000

fttr das Blatternhaus mit 910 qm einstöckig be- bauter Orundfliiche auf > 159 000

fttr den Beobachtungsp avillon mit 1449 qm ein- stöckig bebauter Grundflüche auf > 25 200

für Fundamentirung etc. der S Baracken auf » 4 500 für die Herrichtung, hochwasserfreie Aufhöhung, Einfriedigung, Befestigung und Bepflanzung des Grnndstficks auf » 94500

Summa der Baukosten M. 849 700

Die Bestreitung der Kosten erfolgt aus dem Extraordinarium. Die Mittel für Auffüllung des Terrains sind bereits von den Stadt- verordneten verwilligt, die flbrigen Voranschläge unterli^^ nbch der Detailprfifnng durch die Hochbau -Gommission.

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74. Städtische Rntlimdangs-Amtalt. 349

74. ST2EDTISCHE ENTBINDÜNGS-ANSTALT.

Vor Dr. E. iMAKC LS.

D.is städtisclie Entl)iii(luii^sliaus ( I ffili^krcnz^iussp Xo. 17) wurde im .lalir«' lU'U t'rbaut und am 1. .luli 1S.'»7 l)«'/,()«(en. Das

Hans liat vier «^rross«' Säk* mit znsiinimi'u "24 Hi'ttfu und 4 Kin/id- /imnier mit je 1 Bett, uus.serdem VVirtli.schutts- und Verwaltungs- lUiunie.

l)ur<h Sfnat.sl)t's(hlus.s vom M). December IH.'»!) wurde die An- stalt für eine städtische örtentliche jnilde Stiftung erklärt und ihr die Bechte einer juristischen Person verliehen. Sie stund unter einem PhysicoB (Stadtaocoucheur), der fttr die gewSlmltdieii Ehitbindiingen, sowie in der Leitung des Hauswesens ron einer Hebamme unterstützt wurde. Der Zweck der Amitalt war:

1. zum ersten Unterricht und zur immerwährenden Fortbildung der Hebammen,

2. zur praktisch-geburtahfilflichen Prüfung der aufzanehmenden Aerzte,

3. als Asyl fOr arme oder polizeilich oder gerichtlich eingewiesene Schwangere resp. WSchnerinnen,

4. als Schule fOr Wärterinnen zu dienen.

Die Verwaltung bestand aus dem Stadtaocouchenr und zwei hiesigen Bttrgem.

Das Capitalvermögen betrug An&ngs nur fl. 2000, der Aerarial- zuschuss fl. 3 600. Eine wesentliche Einnahme erwuchs aus der obligaten Untersudiung der in Frankfurt a. M. zur Verwendung ge- lan<^ten Säugammen. Im Ganzen über wurden durch die Einnahme die Ausgraben für Verpflegung der Schwangreren und Wötlinerinnen iii(ht •redt'ckt, sie reichten kaum aus, den dritten Theil der Selbst- kosten zu bestreiten.

-Nach der Annexion von Frankfurt hörte die Entbindungsanstalt auf, eine Entbinduugsschule zu sein, ebenso kaiu die Untersuchung der

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:^50 ^ iloapiUlpr.

AiiiiiH'ii in \\ i'^tall. iiiiil i's »'iitstand nun <lic Fri»<r«', «-in < ifWiirliaus unt«'r stiidtisclu'n Ojd'crn t'urti'rli.iltfn \V('r<l«'n sollte o(l«'r niiht. Am 1(1. Octdlicr 1S72 if*'ni'linii<jftt' tlir Sladt \ (•lunlnrtrnvi'rsatnniltint; den Ma<;istratsantra^ vom II. Mär/, wcitfic Ki taliinijffrn /.n .saiuiiieln, und ^leichz»'iti^ «'ine |tn»vi>oris(lu' neue (trscliäl'tsdrdnuni;.

Im .laluf 1S7J und ISj^i l»et"as.st»'ii sicli die stiidtistlirn Behörden von Neuem mit diesi r Angtde^enheit und entschieden «ich, entgegen den von der Polizeisection erhobenen Bedenken, ffir den Fortbestand der Anstalt (Mngistratttbeschliu» vom 4. October 1872, Stadtverordneten- beRcblusB Tom 5. Juni 1873).

Bei den Verhandlungen wurde allaeitig auch die Nothwendigkeit einer neuen Verwaltungsordnung hervorgehoben, diene aber seitens des Magistrats von dem Erlass einer allgemdnen Stiftungsordnung abh&ngig gemacht.

Nach Emanimng der letzteren wurde am 4. Juni 1878 ein Regulativ erlassen, dessen wesentlichste Bestimmungen lauten:

»Die bestehende, aus den Mitteln der Stadt unterhaltene Ent- bindungsanstalt ist eine städtische, als Zweig der öffentlichen Kranken- pfl^e zum Ressort der PoUzeisection gehörige Anstalt, deren unmittel- bare Verwaltung einer ans drei Mitgliedern zusammengesetzten Ver- waltungscommiHsion übertragen ist.

»Die Verwaltungscommission der Kntlundungsanstalt besteht

1. auH dem jeweiligen Amtschef der Polizeisection, welcher den Vorsitz führt;

2. atis einem von der Stadtverordnetenversammlung aus der Zahl der stimmherechtigten Bürger auf die Dauer von sechs Jahren

zn wählt'udeii Mitgliede; lt. ans dem Ai"zt<' di-r Aiistnlt. welcher als Gi'meindt'heaniter. nach- dem die Stadtvt'rordnftt'n\ ersammhing ilarüWer Yt-rnumnifii worden ist, mit viertel jälirig»'r K'iindigunixst'rist an/ustidlen ist. Derselbe darf weder an einem anderen Hospitale Ar/t, noch vom Staate angestellt sein.« (ileiclizeitig ers( liien eine Dienst- nud Ge,schiitUuninung mit Iblgenden Kestset/ungeu :

»Zweck und Aufgabe der Entbindjingsanstait ist: verheiratheteii und nnverlieiratheten Frauenspersonen zur Abhaltung der Niederkunft und des Wochenbetten Aufnahme und Verpflegung in dtr Anstalt zu gewahren.

»Die Aufnahme ist bei dem Arzte der Anstalt nachzusuchen, welcher dieselbe in Vertretung der Verwaltungscommission gev^rt

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74. Stftdtisrhe Entbindnogs-AiwUlL

351

oder in Zweifelfällen von der Entscheidiuig der GomniiaBion abhängig mtwlit. ,

»Die Anfiialime wird der Regel nach nur gewahrt g^en Vor- zeigung eines die Genehmigung znr Änfnahme aussprechenden Attestes der Polizeisectionf welches die Auftiahmesuchende zu erheben hat, oder gegen Vorausbezahlung der entstehenden Verpflegungskostenf eventuell Sichersten nnj^ der Zahlung siMtoiis der AiifV-micIiiiicndiMi.

»In Fällen besonderer Art kann jedoch auch ohne (his Vorhanden- sein ilit'ser Erfordernisse oder Kiiifs (liTst llicn die Aufnahme erfolgen, hat aher alsdann der Arzt der Anstalt von der «feschohenen Auf- nuinue der Pohzeisection Jedesmal »fort, längstens binnen der nächsten 24 Stunden, Anzeij^o zn erstatten.

Die Hrdie (h-r Ver|)fle«jun<^skosten wird jeweilig auf Vorschlag der X'erwalhinufsconnnission durch liesclilii^s des Ma^strats im Voraus fest<(«'stellt. Es sollen dieselben, soweit thunlich, nach Classen norftiirt werden.

»Dem Arzt der Anstalt ist die specielle Leitung des Entbindungs- hauses fil)ertraffen.

»Ihm unterstellt ist die Ilausheltamme, deren Anstidlunj./ aul' Vorschlag der Verwaltun<;s(<imuiission von dem Maxist nite ert'i»l<rt.

»Ar/.t THid Hehannne müssen die Stuatspnitung bestandiui haben und zur Ausülmn^ der Praxis zu«;elassen sein.

»Der \'erwaltuii<isconnuission liegt die Erledigung aller, den Be- stand und Betrieb der Entbindungsanstalt betrefienden Geschäfte ob, soweit dieselben nicht dem Anstaltsarzte specieU znr Wahrnehmung fibertragen werden.

»Die Hausordnung wird auf Vorschlag des Arztes von der Ver^ waltnngscommission festgesetzt. Sie ist eine alle Anfgonommenen bindende und darf die Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses bei der Verpflegung der in die Anstalt Aufgenommenen nicht berück- sichtigen.«

Ini Verfolg dieser Orf;anisation wurde nun auch liiusichtlich der är/ili( lu a Stelle an der Entbindungsanstalt eine definitive Entscheidung

getnitVeii. ^

Wie oben bereits erwähnt, war nach ihrer Begründung Physicus Dr. Mappes mit der ärztlichen Leitung betraut; nach seinem Tode (ISli.i) f<dgte ihm Physicus Dr. CiiAii.siii'iM und als dieser im Jahre 1872 freiwillig zurücktrat, provisorisch Dr. VotMBL. Letzterem wurde nun am 5. Juli 1878 die Stelle fest übertragen.

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a52

X. Hospitäler.

1857 (1. JiiU—

31. Decbr.) 44

1858 (1. Jan.—

» 3

» ) 167

1870

9 1

» 171

1871

1860 >

»

» 151

1872

1861 >

»

»

178

ioi O

1862 »

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»

» 281

1874

1863 »

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»

» 278

1875

1864 »

»

» :

31(3

1876

1865 *

»

» 351

1877

1866 >

»

»

1878

18<57 »

»

»

» 21)3

1871)

1868 >

»

215

1880

In der Anstalt wurden entbunden:

1869 (l. Jan.— 31. Decbr.) 231

173 181 197 219 249 298 276 236 188 160 179

. Also von 1857 bis 1880 incl. zusammen 5387 Entbindungen.

Die Dnrchschnittskoeten stellen sieb fELr die Verköstigung ind. Wäsche, Arzneimittel etc. pro Kopf und Tag in der 1. Classe auf M. 5, in der II. Classe auf M. 3, in der III. Classe auf M. 2*70.

Erhoben werden von den I*fleglingen bei lOtSgigon Aufenthalt: in der L Classe M. 100, in der II. Chisse auf M. 60, in der III. Claase M. 30.

Für die Verpflegungstage vor der Entbindung und nach den ersten 10 Tagen des Wochenbettes mfissen gezahlt werden pro Tag in der I. Classe M. 5, in der II. Classe M. 3, in der IIL Chisse M. 1-50.

Das Budget der Anstalt schwankt zwischen M. 13 15 000.

Ln Jahre 1879,'80 leistete die Stadt einen Zuschuss von M. 5480, im Jahre 1880/81 von M. 4420, für das Jahr 1 HS 1/82 aber ist wegen verschiedener besonderer Bedürfnisse ein soh her von M. 9090 vor^ <r<»sphen. Ans Kreismitteln Hifssen der Anstalt M. 480 zu. Von den l*rte<jflin^«'n gt'ht'?i etwa M. <I700 »»in inid zwar dnrehnittlich von l Person in i. ('lasse M. l<Mi. vim lo Personen in II. Chissf (/,uM.üü) M. 000, von 200 l*ersoueu iu III. Classe (zu M. 30; M. ÜOOO.

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75. Dr. Chrisl'arhes Kinderhospital und v. MahlenVhc Stiftung. ;}r>:i

75. DR CHRISrst-HKS KINDERHOSPITAL UND

ENTBINDUNGSIIAÜS,

80WJB

VON MtJHLEN'SCHE STIFTUNG.

Ton I>r. med. FR. STIERKL.

Der um 12. An«xust l^^il verstnrln'ne Frankfurter Arzt und (jrhurtshelfer Dr. med. Tdkokald Chki.<t verfügte in seinem Testament, dass or

1. als seino Univorsul«'rbin st^iiio Viifcrstiult zu drin iiniil>Hnr1»»r- lirlini /weck einsetzt', dass nadi s»'ii)»'iii Aldflx-n mit sriiicm \ i'rnir)<x<'ii «'in tiir siili iK-stt-lifiidcs Hospital tfir annc krank«' Kiiidfr frrichtft wt'rdf. und damit zn^^'K-irli. sowtit tlninlirli. »-iiit' Eiitliiiidini<;sanstalt tiir aniu', im liicsiLrcn i'MirgiT- oder lleiu'utlisrcchte stellende Frauens- personen vcrf'iiii<,»'t Wt'rdf :

2. diese wnliltliiitijjjc Anstalt soll Eii^entliniu der Stadt i'ranktnrt sein, den Namen tiihren : »von Dr. CmiisT «gestiftetes Kinderliosjtital und Entl)indun<;shans* und unter einer eijrj-nen und .selb.st.stündigen AdniinLstration .stehen;

3. die Adminintration soll aus fünf Mitgliedern bestehen, die durch die ständige BUrgerrcprüsentation zu ergänzen und durch das Stadtgericht zu verpflichten seien;

4. die Administratoren arbeiten unentgeltlich;

5. deren Verwaltungsrechte sind unbeschränkt, doch haben dieselben jährlich eine Bilanz dem Senat und der ständigen Bürger- repräsentation Torzol^en und dem Revisionscolleg der Neuner die Rechnnngsbficher zur Revision zu unterbreiten;

6. dem Publicum ist jährlich gedruckte öffentliche Rechenschaft Uber die Fortschritte und den Stand der Anstalt und deren Jahres- einkünfte abzulegen.

7. Nächster und hauptefichlichster Zweck ist das Kinderhospital. Aufnahmefähig sind Kinder von 5 12 Jahren, die in dem hiesigen

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X. Hospitäler.

Btb^erverband oder Heimathsrecht atehw; die Verpflegung urnftust Krankheiten der Kinder ohne Unterschied. Subridiunach, sofern, und soweit es die Kr&fte der Anstnlt erlauben, aoU mit derselben eine EntbindungsanRtalt vereinigt werden können fflr ])efliirf1tige Frauenspersonen, welche im tVston lii<'sij^<Mi Htimatlisrrchto stehen; doch sollen die Bedürfhisse des Kinderhoepitals als des Hauptzweckes immer tlen Vor/nrj hnlx u

8. Das Religionsbeki'imtniss konnut bei der (^>nalification zur Auf- nahme nicht in Betracht, doch darf dass«-!!»» nicht störend auf die allgemeinen Einrichtungen des Hauswesens einwirken. U. s. w.

Die Administration constituirte sich im September 1841; es ge- lang, durch Verkauf und Tausch GHRiST^scher Hänser und Li^n- schaften und Anlage einer Strasse von der Hanauer Landstrasse nach der Pfingstweide einen den yoraussichtlichen Bedürfnissen entsprechen- den Platz fflr Haus nnd Oarten herzustellen, und so konnte am 14. August 1843 der Grundstein zu dem Kinderhospital gel^ und dasselbe mit Anfang des Jahres 1845 bezogen w^'rden.

Das Gflmtide ciitliiilt im ersten St^xik drei Krankensüh' zu je acht Betten, und drei Zunmer zu je zwei Betten, so dam im Hau]>t- stock 30 Betten bequem belegt werden können. Die im Paterrestuck gelegenen vier Separatzinuuer sind spater zu andern Zwecken ver- wendet, im Jahre 1S7!) im Nebenbau Isolirzimmer für ansteckende Krankheiten errichtet wonh'U.

Da nach dem Willen des Stifters aus den Zinsen seines Vorniöi'ens vorzujUsweise Kinder von ö 12 Jahren ver|iHe<;t werden sollen, so wurden die dem Hn>jiital <;em;i( htfii S( lienkungi'n imd Legate, sowie die jälirlichen Heiträge zu einem Sr|iui;it l'onds verniiiut. ans welchem diejrniLrrn Kiinier verpllegt werden, weiche ausserluilb der oben an- gct'üiirten Altersgrenzen stehen.

Die Anzahl der jährlich im Kinderhospital verpflegten Kinder be- trägt in den letzten Jahren im Durchschnitt I Jn, die Zahl der \ er- pflegungstage 7000— 8000; die mittlere Ver}>tlegnngszeit 40— 45 Tage.

In dem an tiinl Tagen der Woche statttindenden Ambulatorium ist im verHussenen Jahre 909 Kindern unentgeltlich liath und Arznei verabreicht worden.

Im Jahre l!*!o2 wurde ein Vermächtniss der Freifrau Henrtettb Cmaulottk von MiHLKN, geb. VON Lkksneh, der Verwaltung des Kinderliospitals unterstellt im Betrage von tl. 20 000, zu dem Zwecke, aus den Zinsen veriieiruthcteu christlichen Bürgersfrauen, welchen

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75. Dr. Christ'Bcbes Kinderhcwpital and t. MOhleii'scbe Stiftung. 355

hSnaliche VerhSItiuMe die Niederkunft in der eignen Wohnung er- schweren, eine Zuflucht för Entbindung und Wochenbett anzuweisen.

Diese Anstalt wurde unter dem Namen der VOK Mühlen *8chen Stiftung am I.Januar 1853 eroffiiet und in dem fisÜichen Flflgel des Parterrestockes des Hospitak einige Zimmer zu diesem Zwecke hergerichtet.

Da die von MrnLEx'sche Stittun^ durch ihre relij^öse Be- schrankiinj; mit dem Siiuip des Stifters des Kinderkrankenhauses in Widerspruch stand, und dieser Missstand von der Aihninistration stets lebhafter i'nij)fiin(h^n wurde, so war es höclist willkommen^ als im April 1858 dem Kinfh-rhospital von Herrn Jacqt es ]?kiss eine Schenkung von fl. 2000 /ugewiesen wurde mit der Khiusel, dass die Zinsen des Capitals für die Entliindungs^instalt nur in dem Falk' an<?ewendet werden s(dlten, dass ItMhi^lich verheirathctt» FraiM-n ohne Unterschied des ( JlaulH'nsl»ekenntnis.s(s autt^t-nnmiiicn wiirilen.

Darauf «gestützt wurde <lie von MruLKN'sclie Stiftung der nun detinitiv ins Lehen tretenden Dr. ( ' n it I s T ' s t h e n E n t b i u d u n tf h- amstalt anneetirt und in der bislu'vi^^eu Weise in dem (iel)äude des Kiuderliosjtitals in Wirksamkeit erhaltm. Zuiselieu .'>(> und ÜO schwankt die Zahl der jührlii h Kntl)midenen und \ erptle<;ten.

Da im Jahre 18G7 von Herrn Kai iiakl Stkauss ein Lej^at von fl, 30 000 zum Zweck der Erbauung einer Entbindungsanstalt fih- verheiraihete Frauen dem Dr. CiiRtsT^schen Kinderbospital und £nt- bittdungshaus gemacht wurde, so ist gegründete Hoflnung vorhanden, dass binnen kurzem ein abgesondertes Entbindungshaus gebaut und seine Thätigkdt ausgebreitet werden wird.

Die Krankenpflege in dem Einderhospital und der Entbindungs- anstalt wird wie von Anfang an yon Diakoniaaen aus dem Kaisers- werther Mutterhause besorgt, Aerzte sind jetzt zwei angestellt, yon denen Dr. Lorey haupt^hlich den ambulatorischen Theil und das Entbindnngswerk besorgt, wahrend Herr Dr. Glöcklbr sich den chirurgischen Fallen mit Vorliebe zuwendet.

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X. Hospitftler.

76. CLEMENTINE-M^DCHEN-SPITAL.

Von Dr. J. DR BARY.

Diese 1875 dem Betriebe übcr^ebeiio Anstalfc ist Stiftung und Eigentlmni iler IVeifrau Carl von Uotiisciiild.

Zweck (lors<n>»'n ist: Aufnahme kranker Mi'ulclion im Alter von 5^ 15 .Tiilnt'ii olnn' UntiTseliiet] der lu'liijjion, des Standes tind der ( )rts;in<4eli(»ri<_fki'it. l)ie Antniilniii- jiin^i'ier Mädclien kann in besonderen Füllen ertulj^en. Ansi^esclilosseii sind Kranke mit Blattern, l?nbr, Cholera, Masern und Scharlarh, sowie sv|diilitis(hen Primär- attectionen. (Die Heseliränkim«^ der Aui'nalime von Kindern unter tünt .luliren ist durch die Kintheilnn^ des lMiege])ersonales , dij>- jeni^e in der AMtnulitm' von Intection.skrankhi'iten dnrcli die ])anliche Anlaufe beding; Errielitunj^ geeigneter Isolirriiiime iür Inlections- krunklieiten ist spaterer Zeit vorbehalten.)

Die Verpflegung gt»schieht dnrchw^ unentgeltlich.

Die Krankenpflege ist den Schweateni des Vereines unter dem rothen Kreuze fibertragen; fUr je einen Saal zu aebt Betten iat eine Pflegerin bestellt; fernere Pflegekrafte sind laut Vertrag zu jeder Zeit zu erhalten. Die Oberaufsicht Aber die Pflegerinnen, sowie die Leitung der Anstalt fiberhaupt besorgt eine in der Krankenpfl^ völlig gesdiulte Oberin.

An der fletlichen Grenze des Stadtgebietes auf der Höhe des RSderbeigs frei nach allen Seiten und fem yon bebautem Terrain, in einem grossen Garten gelegen (31 Ar 55 qm Areal) entspricht das Spital durch seine gesunde Lage schon den Anforderungen, wdche die heutige Wissenschaft an ein Hospital stellt. Die Höhen- lage ist 26*46 m über dem Frankfnrter, 117*7 m fiber dem Amster- damer Pegel; der Hanntbau (mit Terrasse) nimmt 32t) qni ein, der Nebenbau 70qni; der Untergrniul besteht aus Ki«'s mit Letten ver- mischt. Das Geb'ande (s. Plan No. 17) ist nach Art des Pavillon- systems oonstruirt, d. h. mit Krankensälen, die in der Längsaze von

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360 X- HosiiiUler.

78. ISRAELITISCHES GEMEINDEHOSPITAL.

Von Dr. S. KIRCIHIEIM,

Ani 4m lanelillMkM Ow— U*»lwi»U*l>.

Die Frankfurter israelitisdir (Tctiu'inde besaas schon seit dem

Kiiilr des vorij^en J}ilirliuii(l< rt.s ein ihr jrehörijyes und roa ihr ver- wultetes Hospital, dius jedocli nur für Fn-rnde, nicht Ansäwijfp, Dienst- personen oder durclm'iscnde Kranke hestimnit war, indmi tür die Genieindeniit^lit'der l)ei Erkraiikuii^snillen durch die l>eid»>n Krauken- ktussen und deren schön eingerichtete Kruukeuhäuäer genügend ge> sorgt war.

Eint' Ei^t'uthiinilii'hkt'it dieses frülierrn so«^. Frenidenliosjiitals, welches >'iv\i Ijckf der .1 iidcnniauer und des .ludcuniarktes liefand und das u[era<le im Au<;enhlicke der Ahtassun;^ dieses IJeridits ali^i Ki im Iicu winl, um (h'iu Neubau einer Syn}i<;i»;j;e Phit/ zu niarlieu, wai- die, dass lan;^^' Zeit die l)eiden V(»rsteher, die die X'erwaituui,' »h's H()S|dhjls als Ehrenamt besorgten, auch ans eigenen Mitteln die \ erpflegungs- koHtcn für die Kranken, deren Zahl allerdings stets eine sehr geringe war, bestreiten niussten, so dass dieses Ehrenamt oft nicht geringe pecuni&re Lasten auferl^te.

Mit dem Fortschreiten der Gultnrentwiddang, die immer grössere Anfordernngen an eine Heilstatte stellte, mit dem stetigen Anwachsen und der ausserordentlichen Yergrössemng der hiesigen israelitischen Gemeinde, die auch durch den starken Zuzug von den umli^nden Dörfern eine fortvi^hrende Zunahme der Zahl der Unterstfitasnuga- hedflrftigen herbeifOhrte, wurde die Nothwendigkeit der Errichtung eines den Bedfirfhissen der Neuzeit entsprechenden Hospitab auch fßr Gemeindemitglieder immer mehr und mehr dringend, so dass im Jahre 1 R72 durch den Vorstand die Erbauung eines neuen Hospitals im Princip bescliloss»'n wurde.

nie Ausführung dieses Beschlusses des Gemeindeyorstandes wfirde jedoch gewiss noch sehr lange Zeit hinansgeschoben worden sein und

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li<. lüraclitischcs Gumeindebospital.

wäre sicherlich aucli das «^unze I'rojci t nicht in diT jt't/i^en aus- gedehnten und allen gerechten Anforderungen entsprechenden Weise zur Vollendung gebracht worden, wenn nicht den immerhin be- schrankten Mitteln der Oaneinde eine gro^surtige, hochherzige Schenkung zu Hülfe gekommen wäre.

Der nunmehr Tentorbene Banquier Herr Isaak Königswarteb, Ton dem schönen Gedanken beseelt, den amen Kranken der Frank- furter iaraditischen Gemeinde eine zweckentsprechende nnd mit allen heutzutage erforderlichen BedOrfhissen ausgestattete Zufluchtsstätte zn gewähren, übergab am 22. Mai 1872 im Namen der Familie KöNiaswARTBR »zum ehrenvollen Andenken an ihren Vatw, den sei. Herrn IIarcits Königswabtbr, und ihren Bruder, den sei. Herrn Zacharias Könio8wabter,c die Summe von fl. 215 000 dem israeli- tischen Gemeindevorstand, um damit die Kosten des Nenbaus eines HoBpitals zu bestreiten.

Die (icmeinde ver^röaserte diese hochhiM-/.i^(> Schenkung durch einen Zuschuss von H. 10 000 zum Zwecke der V'ergrösserini«; de« Bau))lat/< .s und des Gartens, sowie fttr die innere Einrichtung des Hospitals.

Anfangs Mai 1873 konnte mit dem Bau nach den Plänen des Herrn Arcliitecten Gkamm auf dem am »Grünen wej?« *) gelegenen Ban)ilat/i' hcgoniirii werden und am 27. Juni 1875 fand die tV-ier- liche Ufln'i'^MlM' (k's volli ndi-ft/n stattlichen Gebäudes zur Benutzung an die i.siai'litisclie UfiiuMiidc statf.

In dem H().sj)ital tindtMi um-ntm lf lirli«' Aufnahmt' alle hir>it;»'ii armen und untcrstiitziniirshciliirtti^'i'n ( iriiit'iii(It'im<^'f]ir»rit;»'n. sowif liier in Arht'it .strliendc Israchtt-n. wiihrt'iid das w »'ihiichc 1 )i('iist[»ers(»nal gegen eitlen jährlichen geringen lieitrag von Seiten der 1 Meiistherrschat't in Krkrankuugstallen verjiHegt wird. Dem Pflegamt ist jedoch durch die Statuten eine weite Vollniarljt g»'währt in He/ng auf die Auf- nahme von Kranken zur unentgeltlichen Pflege, und es mnss au dieser Stelle rühmend hervoi^ehoben werden, dass von dieser Vollmacht von Seiten des PHegsunts zugleich mit grosser Liberalitat und doch mit genügender Umsicht und jedesmaliger Erwägung der einzelnen Um- stände Gebrauch gemadit wurde und dass in diesw Beaehung das Pflegamt dem Gutachten der Aerzte, wenn irgend möglich, zu folgen sich b«nflht.

') Einifcc Jahre upÄtor wurde nach dem Tode des Herni T-<ank KöniKswnrter von dum Magi)itr«t in dankbarer Erinnerung an die hucbUorzige Stitlung des Verbliebenen dieser StraM« der N«iim .KSaifivartsritrMia* b«ls«l<fft

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:t(i2 X. HospiMler.

Das HoHpital (s. Plmi No. 18) bietet im Ganzen in vier grossen und einer Reihe von kleineren Sälen, neben den gilt gelegenen Ver- waltungB-, Küchen- und anderen Räumen, sowie einer Synagoge, fDr die Anzahl von 80 Betten geeigneten Platas.

Die Bemerkung mt^ noch hinzugefOgt werden, dass sämmtliche Kinrichtungen sich in den sechs Jahren des Bestehens der Anstalt vortrefflich bewahrt haben.

Die Verpflegungsgebflhr betragt im gemeinschaftlichen Saale M. 2 pro Tag und im Ezfaraximmer M. 5 6. Gegen diese Bi^zuhlung, die jedoch bei weitem nicht die aufj^cwcniletcn Kosten deckt, Huden alljährlich viele Patienten im Hospitale Verpflegung. Sowohl die KÜldtische Polizeisection liherweist uns /u dem Ssit/e von 2 Mark viele auf diT Reise erkrankte und nicht transporttTiliiL'*' Isrueliteii, sowie audi hiesige Einwohner, die nicht der (iciiK iiul.' itugehören und hospitalbedürt'tig sind, als aucli versciiifdene Knuikmkassen und Vernne ihre erkrankten Mitglieder dem Hospital zur 1 'liege anver- trauen. Tn»tzdi'm daher also das !josj)itaI «ranz hcträchtiiche Eiu- iiahmeii an V('r|itlt'gnngsgi'l)ühren. w ie auch diiiclH 'ii|>itiilziiis(Mi iniil Legute und riidlirli diinli ans der S\ iiairo;^»' Hiessendc lletallc hat, so ist dennoch die israelitische Gemeinde geniUhigt, alljährlich l)e- deiitende Summen f ilr das Hospital aiitzuwendeii. So het riiii'en heispiels- \v«'ise in dem Etatsjalire 188(*;Sl die eiugegangeiieii \'er|dlegniigs- gehiihren M. 11 t>7s-2!l. die Einnahmen an /insen und (iescheukeu M. S')721S. sonstige Eiuiuihmeu aus der Synagoge etc. M. 2.'?M:l 02. Da aher die Ausgahen im («anzeu bei S'iO') \ er|)He'^ungstagen nicht weniger als M. 45(jriJ>'7r» (also M. oSit) pro Ttig und Kopf) betrugen, 80 hatte die Gemeinde einen Zuschuss von M. 22 716*20 an die Kasao des Hospitals zn leisten. Bei der Berechnung der Kosten des Ver- pflegungstages ist jedoch zu bemerken, dass dabei alle Ausgaben, so für Reparaturen des Gebäudes, die Kosten der Armenbehandlung ausserhalb des Hospitab, sowie die häufigen UnterstQtzungen, die austretenden mittellosen auswärtigen Kranken gev^hrt werden, mit inbegriffen sind.

Welch* ein dringendes Bedürfhiss die Erriditung unseres neuen Hospitals war, zeigte sich bald nach der ErOffiiung desselben durch die stets zunehmende Zahl der Kranken, die in demselben Hfilfe und Pfl^ suchten. Während bei dem Einzug ans dem alten Gebäude in die neue schöne Anstalt um- mit Krauken das segensreiche Institut eröffnet wiu'de, wühremi in dem alten »Fremdenhospital« die Kranken- zahl niemaU höher als zwöli' gesti^en war, war bald der durchschnitt-

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78. lärui'litisihfs (ipmcindehnspita). 3();3

liehe Krankenstand im neuen »KöNiaswARTER^achen Houpital« 25—30 und erreichte sogar einmal (im Mai 1877) die Zahl von 43 Patienten. Im Jahre 1880 wurden 232 Patienten (106 Manner und 120 Weiber) ▼erpflegt, von denen 145 gehdlt, 34 gebessert und 8 nngeheüt ent- lassen wurden, viührend 24 Patienten (12 Männer und 12 Weiber) starben und 21 Patienten in das Jahr 1881 fibergingen. Ausserdem finden zahlreiche Patienten im Ambulatorium des Hospitals unentgelt- liche Ordination und freie Medicamente. Deren Zahl betrug im Jahre 1880 etwas Ober 300, wie auch eine grosse Zahl Kranker auf Kosten des Hospitals von dem Assistenzarzt als Armenarzt in ihren Wohnungen unentgeltlich behandelt wird und auch die Medicamente erhalt. Es waren dies im Jühn* 1S80 170 Kranke.

Die Verwaltuni; des Hospitals ist einem aus sii-hfu INTsoucn zusainnnMi<;e8etzten IMlcj^anit anvertnuit, von denen (Ut \'orsitzeude von dem Vorstande der israelitischen Gemeinde aus der ZaIiI seiner Mitglieder delei^irt wird; ebenso deputirt der Ausschuss der Gemeinde eines seiner Mitglieder, die Familie KoNKJ.swautkk ernennt ein wei- teres Mitglied des l'tlegauits. während die übrigen vier Mitglieder vom Vorstand aus ihf Zuhl der (lenieiiuleangehririgen erwäldt werden. Zwei I 'tiegauitümitglieder, die beiden Vorsteher, besuchen täglich das Uos|iital.

1 )i'r ärztlielie Dienst wird vdii riiieiu ("liet'arzt uiul einem Assisten/,- ar/-t verselu'u; für schwere rhirurgisehe I''illle uml ( )|»eral innen ist iincli ein Ar/-t als Operutfur den Ilospitalärzten lieigegebrn, aus>ei ileiii l'ür kleine cliiruririselie Verrichtungen sowie zur Assistenz iür Verbände und Operationen ein Assistenzwnndarzt.

Die Krankenpflege wird von bezahlten Wärterinnen ausgeübt. Den Verwalkmgsdieiist und die Oberaufsicht über das ganze innere Hospitalwesen, Kfiche etc. versieht ein im Hause wohneida' Verwalter, der direct dem Pfl^^amt untersteht.

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:)04 X. Hmpitftler.

79. DIE ISRAELinSCHBN KRANKENKASSEN.

Von Dr. med G. ALT6CUUL.

Dem Uiustund, djuss da« auf Kosten ilnr isniolitischen Gemeinde seit jiltrr Zeit unterhaltene S|)it:il nur für Dienstboten und Fremde beistimmt war, dankt die »Alte Krankenkasse für ledige Männer« ihre Ent-^tehunj^. (legründet 1738 durch Hknkdikt Elias Maa>:, sollte sie dem Uebelstande ahlielfen. dass arme liie.si<re Israeliten, wenn sie keim* l*'aniilie liatti'ii. im Krankheitsfälle ohne I'tU"_';e und Hülfe waren. Da die ersten l'rkiimlen ü))er die Wirksamkeit <ler Kasse hei dem Brand der .Ju(lenL,nisse ITlMi iint<'r<iiiigen. sd sind wir his zmn Jahr 1772, aus wt-lchcm der älteste noch vorhautlene Vertra«; herstammt, auf miiiidliclie reln'rlicfeniu}^ anj^ewiesen. Darnaeh soll die antUii<^li( lie Zahl ih'r Mit;^lie(h'r 20 20 und der W("K lu ntli( Ii«' Beitrag M kr. betrafen haben. Zur Unterbrin<^iin«^ der Kranken wurde /.uerst ein Zimmer und nach langen -Jahren ein /.weites jreiiiiethet. Der hochherzij^e Stiller trat mit der Enerj^ie, wie sie niu" die edelsten Beweggründe einflössen, für das Gedeihen des Vereins ein ; er sorgten für Bramliolz, Leinenzeug etc. und machte selbst den Wärter der Kranken.

Nach und nach wuchs die Gesellachaft und zugleich sehen wir an den Gesellschaftsverträgen eine complicirtere Organisation ihrer Thätigkeitf besonders auch nach der religiösen Seite bei der Beerdigung von Mitgliedern. Nach dem Vertrag von 1810 konnten Mitglieder werden »alle hiesige beim hochlOblichen Gemeindevorstaiid inscribirte, in Stätigkeit oder in Schutz sich befindende Subjecte und deren Söhne.c Der Beitrag, 1802 auf 6 kr. pro Woche festgesetzt, stieg auf 30 kr, pro Monat. Das Einkaufigeld betrug bis zum 30. Lebensjahr fl. 17 und stieg för jedes weitere Jahr um fl. 5. Kinder unter 13 Jahren hatten kein Recht auf Unterstützung. Die Gesellschaft hatte vier Aerzte angestellt. Jedes Krankenziuunw war für vier Kranke eingerichtet und durfte ein zweites Zimmer erst

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79. Die israelitiachen Krankenkaswn. 365

dann in CbbrauGli genommen wo^en, wenn das eiste besetzt war. Weiter waren genaue Bestimmungen für solche Krankheiten g^xtjiSen,

b«'i denen eine Trennung aus ärztlichen Gründen nüthig erschien. Kranke, die in ihrer eigenen Wohnung sicli behandehi Hessen, er- hielten eine wiklientliclie Beisteuer bis zu fl. 8. Nach dem Vertrag ▼on 1823 war der jäiirliche Beitrag auf fl. 8 g^ti^en; von da an wurden nur drei Patienten in ein Zimmer zusammengelegt.

Nehen dieser Kasse und nur 20 Jahre jünger wirkte die von Renkuikt Maykr GoLi>scii.Mii>T ins Leben gerufene »Neue Krankon- kassf^ inii gleiclien Zitden und JjUnrichtungen, wie die gleichlautenden Vertrüge von 1823 beweisen.

Einen <jrn»Hsen Wendepunkt in der Geschichte beider Kiwsen biM. t <lie am 17. Mai 1826 durch Sn:<iMrNi> Geisimiki mku erzielte Vereinigung derselben unter dem Namen j^Israelitisclie Männer- Kran k e n k asse«. Durch eine Schenkung von tl, 100(1(10 der von Seiten Gebrfider von HoTllscnii.H an dii-sellje und die Israelitis( lie Frauen - Krankenkasse (sieiie unten), waren lieide Anstalten in die Möglichkeit verset/.t, ihre schonen, in der Kechneigrabenstrasse No. 18 uml 20 gelegenen Krankenhäuser zu errichten, die iu» Jahre 1820 resp. 1831 eröffiiet wurden.

Das Hospital der Männer-Krankenkasse enthält zwölf Kranken- zimmer mit 18 Betten, eine Anzahl, die ffir die Ansprache von Seiten der Hitglieder mehr wie hinreichend ist Dazu kommen noch Betsaal, Yerwaltungszimmer, Badezimmer und Räume fttr das Warte- peracmal.

Die Anstalt hat jetzt acht Aerzte und drei Wundärzte zur Aus- wahl für ihre IGtglieder. Sie stellt, auch ausserhalb des Hospitals, auf Verhingen den Kranken Arzneien, Wein und Mineralwasser, zahlt wöchentliche Beisteuer bis zur Höhe von 53 Mark und für den Besuch eines Badeortes eine wödientliche Beisteuer von 30 Mark.

Das Einkaufsgeld beträgt jetzt je nach Alter 20—30 Mark bis zum 21. Lebenqahr, der jährliche Beitrag für Kinder, die in den ersten zwei Monaten aufgenoninien wurden, l\ Mark, für die übrigen Mitglieder 10 Mark. Bei einer Mitglieder/.ahl von 1143 Erwachsenen und 220 Kindern betrugen im Jahre 1880 die Einnahmen aus Bei- trägen, Geschenken und Zinsen M. 40 027':n, denen eine Gesammt- ausgabe TOn M. 30'i!M'r>0 gegenüber steht. Wir geben von den letzteren nur die hauptsiulilii-hsten: Pflege M. 82.''>O-0:?, Wärter M. 1173, Haushaltung M. }S>^;M7, Mt"d>el- und Haukosten M. ir.87-(;r,, Betiüldungen M. 27bU, Aerzte M. 2512, Medicamente und Bandagen

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X. HospiUler.

M. l:{4r> llM^adekuren M.2!)()i>-8Ü, Wein uod MinenlwäaaerM.ll&S'/ü, Holz und Beleuchtung M. Um w.

Eiii<> ganz ähnlidir Organisation hut die im Jahre 1761 ge- gründete Israelitische Fraaen - Krankenkasse. Die Satzungen vom Jahre 1820 hestiraraen u. A., dass nur solche Mitglieder unter- stüt/.t werden, die über 17 Jahre alt sind, fixiren die Beisteuer för liauskraiike auf fl. 3 7, schliesaen Schwangere Ton der Aufnahme in die Krankenstube aus u, s. w, Der jährliflip Bfitra«; war fl. (>. 30 kr., spater fl. fi. Anfangs der

sieb/iger Jahre wurden sowohl die Beiträge der Mit<rlieder, als aucli die Leistini^' n der Gesellschaft couform denen der Münner-

Kniiikeiika.sse l'estge.set/-t.

Das Hospital der riesellseiiail enthält 0 Krankeii/.iniiiier mit 12 Betten, und die lihrigen Häumiielikeiten wie das der Männer- Kraiikenka.sse. Angestellt sind zeliu Aer/te und drei Wnndär/.te.

Bei 7H2 Mitgliedern Itetrngen im Jahre 1880 die (iesannut- einnahmeu M. 3<> 1 7 1 '.'l', <lie Au.sgal)en M. 23 7(»8 S1, die sich fol- gendermaa.s.sen vertheilen: (iehalte, Honomre und Gratificationen M. 4S*I2, Ausgaben iju Krankenhause fUr Hauslialtung, Gas, Wa.«iser und Wasche n. s. w. H. 3749*84, Beiatener an kranke Mitglieder M.7930, Medicamente, BSder H. 1658*12, Wein und verschiedene An- schaffungen M. 2000, Handwerker- Rechnungen M. 1229*87, diverse Ausgaben H. 2308*98.

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t<0. DiaronitiscnanRtalt.

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80. DlACONLS.Sb:NANSTALT.

A. iSCilVVKSTKUNABTJlElLUNG. Von Pfarrer LEYDHECKER,

IttBpMior 4&r Aiiktolt.

DiejM'll)«^ ist rrriclifrt vom (1<'1ii liirsi^on ovanj^clisrlu'ii 1 )ia(<)niss«*n- ven'iii, wi'khcr im Jaliro 18GI mit der Absicht ins Lcbt ii j^onifrn wurde, den hiesigen Bewohnern in Krankeitsfallen eine in jeder Be- Ziehung gute Pfl^e zu emiöglichen. Oleich anfaug» war vor Allem anf die Armen in der Stadt bedacht genommen; ihnen besonders sollte der Segen einer von christlichem Geist getragenen Pflege zn gnte kommen. Niemand dachte dazumal an ^n eigenes Mutterhaus. Man berief zwei Diaconissen von Carlsruhe, aber schon nach einem Jahre waren sechs Schwestern beschäftigt, und 1864 reifte der Ge- danke, ein eigenes Mutterhans zn errichten. Nadidem der Diaconisson- yerein dnrch Decret hohen Senats vom 5. Januar 1860 ansdracklich die Genehmigung erlangt hatte, eröffiiete er am 12. Juli 1806 die Anstalt in dem hierzu erkauften Hanse (Querstrasse Ko. 7). Mit der Zahl der Schwestern wuchs die Arbeit, wie in dem Hause, so ausser demselben, und aclum nach wenigen Jahren ze^^ sich das dringende Bedürfiiiss nach einem grüssoren, zweckentsprechcinlerm Anstalt.s- L'^rliiiude mit unifasst-ndoror Krankenabtheiluii«;. Fiitor «'ifri^rr Beiliülte (In I'tirgerschafb konnte das Project an^^ei'ülirt und bereits im Juni 1874 der von flon Herren Mvi-ir^; imd Blunt^ichli aufgeführte Neubau an der Eschersheimer Landstrasse No. 122 b(*zogen werden.

Gegenwärtig zählt die Schwestcrngenosseiisiiiatt (l«s hi«'sigfn Mutterlianses iirbm <b'r Oberin 1 (ilicdfr, ili»» in iiinl ausserhalb Frankfurts thiitig sind, und zwar vorn Mutterhans abgestdicii auf 1.') Stationen und fiei)ieten. Der /eitlichen Fol^e ihrer reliernaliiue nacli kouiuit zuerst: Spital zu l)iez, dann (ii'nu'inde|dle<;e linrulienu, hiesitre Auji^enklillik. ( Jeuieiudeldlei^e ZU Diez. Spital und (ienieituh- pÜege zu Dilleuburg, BKKNl .s'.sches Kinderliospital und Gemeindepüege

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X. IlospitUer.

m Bockenheim, ScHMiDBOBN^sdies nnd ROcKSR^aches Siedienluuis, Gemeindepfl^ Sachnenbausen, St. Georgenstift und Genieindepflege in Oberrad, Geraeindepflege in Ilunaii. (loraeindepfl^^ in Meiningen.

Ira vergangenen Jahre wurde die Krankenpflege im eigentli( heu Frankfurt von acht Diuconissen versehen und konnten dieselben in W.i Familien 17(i6 Tügespflegen und 9'M Nachtwachen leist4>n.

In Sachsen Ii a n s e n sind zwei St liwest<»rn zur Gonieindepflfge siationiri, welche 1880 in 22o l^iuiilien mit 5032 Besuchen, 98 Nacht- wachen und 11 Tagespflegen thätig waren.

Bornheini ist in drei Bezirke eingetheilt, in welchen l SSO je eine !)i;i(ojiisse die ( feineindepflege hesorgt liat, im (ianzen su(lit«'n die <liei Schwestern in 21"^ l'aniiHen mit 17 Tagespfl^en, 152 Nacht- wachen niul Besuchen lliille /,n srliatVeii.

Die l)ftails über die Arbeit aut den anderen hieMgen und aus- wärtigen Stationen sdUen hier nicht l)ericlitet werden, es genüge die N()tiz, das.s 1S80 von sännntliclien Scliwesteni des hiesigen Mutter- hauses im Ganzen IT.^S l'aiuihen resj». Kranken mit 2<'>r»;»l vulh-n Tages|iMegen , 198f) Nacht wa<hen und 22 40? Besuch»'n gedient werden konnte, wobei natürlich die Thiltigkeit auf den drei Sieclien- ntutionen uu8.ser Betracht geblieben ist.

B. KllANKENABTUEILUNG. Von Dr. HKINUICn ROTH,

IlMiurat dar UI»oq«Im— iMlalt.

Was die Krankenabtheilung des Hntterhanses ao- belangti so war die Einrichtung derselben, schon um der praktisdien Ausbildung der jüngeren Schwestern wfllen, ein nnabweidiches Be- dflrfiiiss von dem Moment an, wo hier am Platze der weiblichen Diaconie ein H«m bereitet wurde. Im alten Hanse (Querstrasse No. 7), etwa 20 Betten, in Männer- und Frauenstation getrennt, umfassend, wurde dieselbe in der jetzigen Anstalt auf 50 Betten normirt, welche nun fast immer sämmtUch besetzt sind, vorwiegend von inneren Kranken; doch kommen auch zahlreiche leiditere und schwerere chirurgische nnd gynäkologische Fälle zur Behandlung.

Die Auünaluue, über welche der Hausarzt entscheidet, gesehiflit nach 1 (^lassen: in der ersten Thisse (7 Zimmer) verfügt der Kranke allein über ein Zimmer und steht ihm die Wahl des Arztes frei.

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80. Diaconisaeiiaiutalt 309

In »1er zweiten ('lasse (4 Zimmer) liegen je 3 Kranke zusammen; in der dritten ('lasse (4 SUle) stehen je 0 Betten, welche im Be- dürfnissfulle mit' 7 erhöht werden können. Die vierte Classe wird gebildet von 11 diinli hochherzige Capitalachenknngen hiesi<rer Familien gestift(.'t4> »Freibetten«, welche t'itr ganz Unbemittelte Jahr aus, Jahr ein gratis znr Verfügung stehen.

Seit dem Jahre 1878 hat sirh die jährliche Krankenbew^ung über die Zahl 200 erhoben nnd schloss das vergangene Jahr 1B80 mit der Zahl von 240 Patienten ab, weh ]it> an 9035 Tagen mit 457 Nachtwachen Uehandlnng nnd Pflege erhielten.

Unter diesen 249 Patienten befanden sich im verflossenen Jahre 12 von verschiedenen iicuten Krankheiten betroffene Schwestern, die deshalb theilwi ise ?on aüaseren Stationen her das Mutterhaus auf- zusuchen genr>Mii<(t waren. \'nn den übrigen 2 \7 Krauken gehörten 0<! dem niiiunlichen und 141 dem weibliihen Ge.schlechte an, welches letztere überhaupt vorzugsweise das Diiiconissenhaus firequentirt.

Nach der (blasse nnd der Zahl der Verpflegungsti^e vertheilen sich die vorjährigen Patienten folgendermassen :

In Freibetten wurden verpflegt 53 Kranke mit 2047 Verpflegtagen » '6. Chisse » » 108 > » 3979 » » 2. » » » 41 » t 1957 » » 1. » » » 35 » » lo^y^ » £rkninkte Schwestern » 12 » » 289 »

Znsammen » » 249 » > 9935 > Folglich kommen anf einen Kranken durchschnittlich nahezu 40 Ver- pflegnngstage.

Im November 1879 wtirde eine kleine Unterabtheilnng ffir sieche Kinder geschaffen, welche jetzt mit 10 Betten ausge- rastet ist und seit ihrem Bestehen 19 Siechen mit 3827 Verpflegunga- tagen einen 'durchschnittlichen Aufenthalt von je 201 Tagen genährte.

Die Bestininiiing dieser Station i.st, vornehmlich atrophischen, scrophn- lösen nnd rhachitisi lu>n Kindern im Alter von 2 8 Jahren durch monatelange l^^e und passende Nahrung wieder zur Gesundheit zu verhelfen.

Was die Gliederung der Verwaltung und der Arbeit im Hause betrifft, so steht als Organ des Diaconissenverein -Vorstandes an der Spitze der Anstaltsinspector, welcher im Eiuvernelniien mit der Oberin die riescliäfte des Hauses und die N'ertheilmi^ der Arlx'it bi'sor;^^t;

gleichzeitig wird vuu ihnen au die Prubcschwestern Unterricht ertheilt.

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37d X. HospiUler.

Das medidiiische und hygienische Departement nnd der Unterricht in der Krankenpflege ist Sache des Hausarztes.

Der im Hochparterre befindlichen Frauenstation und ebenso der HSnnerstation im ersten Stock steht je eine Sltere Schwester vor, Über welche ausser der Oberin, die ja häufig durch anderweitige Gesch&fte vom eigentlichen Krankendienst abgehalten ist, nodi eine Vorsteherin gesetzt ist. In jedem Stockwerke sind dann noch 2 ^3 jfingere Schwestern thitig, um praktisch su lernen. Schwereren, allein gelegten Patienten wird selbstrerstündlich jederzeit eine be- sondere, geschulte Diacf)nis8e verwilligt.

Dans Gas- und QueUwas£ierl<Mtun^ in allen liaumen des Hauses vorhanden ist, liedarf kaum der Erwähnung.

Dir X't'iitilation «frscliieht in Vcrhiiidun«; mit der Luftheizung durcii Luttschachte, die in den Wänden laufen.

Vier Feuerungen sorgen fVi?- die Knvärniunfif der Lull, zwei im Mittellniu und je eine im O.st- und Westflfl^el. In den kU'ineren liäumen , lie.sond^'is aiil* diMi I'M(i;^e|n des Hanes sind liereits fast überall aiuh lunli 'rii(un"tt'i'ii sncrcssive aiii^ehrailit wordr'U, da hei eini<;erniaass<'n Ix'nu'rkharen Winden die Luttliei/miLr "It im Stielte lässt. Im Mittelhan. ilesseii Krankeir/.imiuer nacli Siidrii lii'<r,.ii, wiiiirend nr>rdlieli ein ("»»nidur läuft, war die 'renipi-ratnr d<T lieiy.ten Wämne weniger auftuliend von der äusseren Luftströmung abhängig.

Ein j^os.'<er (hirten «gewährt den loM-onvalesci-nten s(hatti<re l{ulie|dät/e und Spaziergänge; doeh noch melir als der (iarten wird von Allen, die die Anst-alt kenui'U, Gesunden und Kranken, die l>reite Veranda gestdiätzt, welche längs des ganzen IWterrestockes herläuft und directe Zugänge aus allen Krankenzimmern durch grosse Batcon- thfiren hat, so dass sogar Schwerkranke mit ihren Betten heraus- gestellt werden können. Der rasch farocknende Asphnltboden dieser Veranda bietet selbst kurz nach heftigen HegengflsHen eine un- gefährliche gesunde Wandelbahn.

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81. Armenklinik. 371

81. ARMENKT^INIK.

Von Suiitfttsnth Dr. MAX OETZ.

Die Annenklinik wurde am 5. März 1834 von einem Kreise iialK> befrenndet<>r , ^IeichaUri>;or Collcgen (den Herren Doctoren

W. K\IlItrCIÜ8, H. UOFFMANN, PONFICK, Ku. ScilILLIN(J. Al>. SCUMIDT und (i. \ ARRFNTis APp) jjegrflndct: zu d«'iii Zwecke, «U'ii Bewolmern di»r /.alilrt'ii heil umliegenden OrtHchutten und auch licn in Fninkfiurt selbst ansässigen Personen, welclie an älinlidi*' Anstalten keinen Anftprncli niaclien konnten, är/tlii hcn Rath und Hülfe ZU gewähren. Obgleich die Bewohner keiner Ortschaft ans^eschlossen waren, sollten die krank»'!! I?« wohner der damals Frankfurter Dörfer besftnders he- rficksicliti^t wi'rdcii. Dies»» Hülfe wird (h'u Krankfu ohne Unterschied von (lescliItTht. Alt. r. Heliiifioii , Stini<l oder Herkunft ui«leistet.

l>ie Kliuik euthiilt eine A ni Ii u 1 a t r i sc Ii e Klinik ( uniMit- jjelth'f he Herathunir und X erorduun^ für AHe, uueiit;;elth'( lie Ver- iihreieinuiix von Ar/.iieien, liruclihiiudern und sonsti</eii \ erliand- niitteln an nachi;ewie<en MitteHose ) und eine Statiiuiäre Klinik (Aut'nahnie und \ er)»tle<jfun^ in dem klinischen Hos[tit:il. jetzt Meisen^asse Xo. 'U), in operativen oih'r s(»nst drin'_reu<h'U I allen 1.

Die lieilürfnisse der Anstalt werden durch jährliche Heiträife, ausserordentliche Geschenke und Legate und ans den Zinsen des an- gesammelten Capitalstockes bestritten. Die Anstalt besitzt die Hechte einer jurisfcisdieQ Person und ist frei Ton Erbschaftssteuer. Die finanziellen Interessen sind einem Eaufinann als Gassirer anvertraut, ein be^eordneter Rechtsgelehrter ertheilt als Consuleni den nöthigen rechtlichen Rath.

In wissenschaftlicher Hinsicht stdit die Armenldinik unter der ansflchliesslichen Leitung der in ihren Befognissen sich coordinirten sechs Aerzte, welche sich nach einem regelmassig zweimonatlich wechselnden Turnus in die Leitung theilen, in der Art, dass Jeden zwei Monate hindurch die Behandlung der Hoepitalkranken und die

372 X. HospiUler.

AnafDhrung ribnmtlidier in dieoe Zeit faUenden Operaüonen tiiflt. Die ambnlatoriache Klinik wurde von Anfang an nur am Mittwoch und Samstag von 11—1 Uhr Vormittags abgehalten^ der Zudrang der HfQfesnchenden wurde aber im Laufe der Jahre ein so auaserordent- licher, daas seit dem 1. Januar 1873 taglich ordinirt wird. In diesen tSglichen OrdinationsRtnnden sind stets zwei der Aerzte, ein der Anstalt als »ständiger Assistent« beigeordneter CoUef^e, und zwei Assistenz- wundärzte thiitig, trotz^loni ist die Arbeit bei der niasaenbaft^'n Zu- nahme mittelloser Kranken ein«> kaum /.u bewältigen<k% zuniiil kleinere chinirj[(isch«' Eingriffe, galvanokaustische Operationen, Gypsver- biuide etc., welche die Aufnahme in das Hospital nicht dringend erfordern, sogleich ansgeführt werden.

Der dem Capitel der Armenkiiaik so spärlich zugemessene Kaum erlaubt nicht niilier auf die Entwickbing uml <lie Geschichte der Anstalt in w issfus* Imttlit her. wie materieller Hinsieht einzu<rehen. nur muss gesagt werden, dass sie im Sinne ihrer stn-lisainen <ininder den ieweilitren ärztlielieii Li-itern (hireli «jeixenseitiixe HerathuiiLT. tre- meinsehaftliche Anscliiinuiig /alilreii her KrankheitslVille und hes()n<iers die I'el)ung in der operativen Terhiiik eine reii he (^)Melh' praktischer Ausbildung geworden ist. Gerade diese .Seite der Thätigkeit <ler an der Leitung der .Vnstalt lu-lhiMÜgten Aerzte ist e.s, w«dche nicht nur den in die .\rmenklinik aufgenouimenen Kranken Hülfe und Hettunj^ bot, sondern sie gereichte ebens«isehr der ganzen Bevölkerung unserer Vaterstadt zu erspriesälichem furtduuerndem Nutzen. Im Anfang der 30er Jabre nahm hier die höhere Chirurgie nicht den Rang ein, welcher ihr schon damals bei den grossen f'ortschritten der Wissen- schaft gebfihrt hätte; diese untergeordnete Stellung der 'Wundärzte und die Meinung, dass hier in operativer Chiruigie und Augenheil- kunde nur wenig geleistet werden könne, liess in allen wichtigeren Fällen zu auswärtigen Autoritäten Zuflucht nehmen. Auf dem Lande fehlte es ganz an geübten, allseitig gebildeten Operateuren, und in der Stadt konnte sich aus den eben angefahrten Qrttnden das operatiTe Talent junger strebsam» Aerzte nicht weiter ausbild«i. Das Hoqpital der Armenklinik wurde die erste Stätte, an welcher die operative Chirurgie mit reg»tem wissenschaftlichem Eifer und Aufopferung aller Krafte betrieben wurde. Mit jugendlicher Begeisterung wurden hiir die grossartigen, wunderbaren Errungenschaften der neueren Wuttdarzneikunde erfasst \uu] zum Heile der Leidenden erprobt.

Der wissenschaftliche kritis( he Tü'i.st, welcher schon iui Jahre der Gründung, 1834, Herrn Dr. Ggorq Vaiwbntbapp beseelte, als

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81. Armenklinik.

37a

IT hior iiiil der ihm eij?enen Pjiu'r<^ii* den h<'rköiiiiuiichen Miss- lirauch des Aderlassens hei der liehsunliuii^ der l'neimuuiie siegreich lit'k:lin|»t"t(\ hat auch sjtäter mehr auf operativem (ichiete die jeuciliLTfii hi'f heih<xten Aer/.te jeden wahren l'nrtschritt tU'r W issen- schatt tlirderii I;is<(Mi. So wurde die Aruienklhiik di«- l'flau/xhide für eine t,'anzf IJ« ihe tiirlitij^er, von ihreii Mitbürguru auerkaniiter lind ffeehrter Chirurgen und Praktiker.

l)er mit jech'ni Jahre \va( hvende Andranj; Hülfesnchen(h'r he- weist, wie stdir dureh die LeistuuLreji (h'r Anstalt einem wirklich vorhaudent'ii Hedürtniss entsprochen wird; die A JU-rkenining, welche ihre j^emeinnüt/ijje Thätigkeit \on Seiten unserer Mithürj;i'r ge- fnnden hut, zeigt sich in der regen Tlieilnahme und werktiiätigen Uutersiützung durch Zuweisung reicher Geschenke und Legate, welche es erlaubten, dem Wirkungskreise der Armenklimk im Laufe der Jahre die jetzige, von den Grfindem wohl kaum vorher- gesehene Aundehnung zu geben. Im Jahre 1802 gestatteten es die Mittel, deu langst gehegten Wunsch, ein eignes zweckentRprechend eingerichtetes klinisches Hospital zu besitzen, in ErfttUnng zu bringen, nachdem man sich fast 30 Jahre hindurch in hjkjhst mangelhaften gemietheten Localen hatte behelfen mOssen. Das nach den Plänen des verstorbenen Baimieisters H. Burnitz erbaute Hospital enthalt im Parterre die lUiumlichkeiten für die ambulatorische Klinik, Kttche etc., in den beiden anderen durch eine steinerne Treppe verl>nndenen Stockwerken Phitz zur bequemen Aufnahme von 20 Kranken, ein helles Operation»<zimmer und ist der Canaliwtion und Wasserleitung jinj^escldossen. Im An^nist 18»i l wurde der neue Bau hezogen und hat sicii derseihe seitdem in all seinen Eim'iclitungen bewälirt.

In den 4<> Jahren des Bestehens der Anstalt (l»is zum Scliiuwie des letzten Rechnungsjahres den M). Juni ISSO) hal»en im Ambu- latorium 75 044, in dem iioüpitale 3822 Kranke Behandlung ge- funden.

Der Ant'waml der Kosten für alle H(dian<lelten hetrn«; exdusive der Zinsen des Hau( ontos (von M. r)(M»<>7 ) M. 2lis 57 1 . Im zweiten Jahre lies I5e>l( hrus der Anstalt ( 1 S;5r» ."{(i) wui deu ."»07 aminilatorisch, 43 stati(Uiiir; im K». { 1 S7'.i S(») 4 1 54 amhnlatorisch. 101> im Jh>spitale Ijehandelt. Das N'ermöj^en hetrng inclusive des Inuuubiliencuntus von M.50uy7'20 am ;iU. Juni löbU M. 77 155 2().

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X. ÜMpiUler.

82. Uli- UO^KEÜ^UElMblU'iiCiiE OUlitUUUlSOUE KLU^IK.

Vou Dr. im«a. 1J(K KKMIKIMKU.

Im iS'nvfiiitu'r lS»i(» wiirdi' die ( "liiriiri^iscln- Klinik mit «It-iii uus^<'s[>r(Kli('iU'ii Zwi'ckt* vdii mir j^e<;rüiirl»'t, cIiiniririsclHMi Kniiikcn lind besomlers solchen, hei welclieii die V<ini;iliiiie einer grösseren Operation nothwendijf war. Ant'nulime /m ^fwühn ii.

Um den \Virknn«;ski<'is der Anxtalt zu ervveiU'rn, wurde mit dieser stationüreu Klinik uuch eine uiubulutoriäche verbunden, um aach leichieren FftUen und auch nicht aoflachlieBslich chirufgisehen Patienten ärztlichen Rath ertheilen und Hülfe bieten zu künnen.

Den ersten Anfang ' nahm die Klinik in der EUsabethenstrasse No. 5, wo anfönglich vier, später sechs Betten aufgesteUt und ein- gerichtet waren. Hier verblieb die Klinik von Norember 1866 bis zum August 1870, wo der Ueberzug in ein zum Zwecke der Klinik eigens gebautes und mit 25 Betten eing^chtetes Haus in der Mfihl- bruchstrasse erfolgte. Es war dies gerade bei Ausbruch des Krieges und wurde die Klinik der Militärbehörde fKr die Dauer der Kriegs- periode zur Disposition gestellt. Bald bot sich denn auch hier Ge- legenheit, an dem alle Kreise Ton Frankfurt beseelenden Wetteifer, »den verwundeten und erkrankten Kriej^em Hfllfe zu leisten, ihre Wundeu zu heilen und ilire Leiden zu lindem,« Antheil zu ntdnuen.

Durch die Expropriation des Gebäudes mnsste die Klinik im Jahre 1S7'J auf den Oherriuler Fusswo|;( verlegt werden, und obgleich dieses l*rivutgebäude für 20 22 Retten eingerichtet, wohl von Anfang an nur als ein Provisorium gelten k'>niite, 80 ktuuite doch erst im Jahre 1879 zur Errirhtun<f eines Neuijaues «xoschritten werden. l>ei welchem den «;«'stei«j;erten Hedürfnisseu Kechnun^ ^etraj^en wunle.

Das jetzige <iei»äude der Klinik (siehe IMan, Tal'el Xo. \U) liejjft in dem westlichen Theile von Sai hsenhausen . südlich von der (iutzkowstrasse und «istlich von der S(e<^s(rasse. Die l'iu^ehuni; des Gebäudes ist uoch nicht bebaut, iu der >«älie hetiudet sich

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82. I>r. Uockenheimer'sche diirurffische Klinik.

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oin j?ro.sst!r, «färtnerisch anj^elcj^ttT, freier Platz, der Opiiciilieimer- plaiz, welilier nicht hrliaut wenleii soll. .Südlich von der Khnik bis zum l»i'l)racr Hainihnt' sind ( i('niüs('<;ärten, und ejs (h'irttc wohl noch liiii«^t'r<' Zeit vcrsticiclitMi. his dieses Terrain der liausjierulatinii ver- fallen wird. l)as ( iesaiunitterraiii mit l*'iiist hinss der hehiiuteii l'liu he beträft etwas über öno (Juadrattus.-. das ( icbäude aniiiih.-rnd (ioiMJ (^hiadratfnss. so da>is tiir den (larteii etwas nieiir als 2i önii (juailrat- t'uss verldeÜH ii. r)ie beiden ."^tras-sen an <h'r Klinik sind dureii den stiidtischeii ('anal canalisirt. Zur TrockenhaItnn<; des Hauses führt um das <;anze (lebinule ein Luttcanal. dessen Hoden von der Mauer d«'s I lauses .noch ein kleines (JetViile hat. l nter rh-m vorderen nrtrdlichen Theile des Hauses i.st der Ktdler angelegt, der übrige Theil ist niclit unterkellert, doch ist zur vollständigen Trockenlegung im Souterrain zunfichst Ober dem Boden eine Backsteinnchiclite, auf welche eine Cementlagening mit Asphaltlttge folgt. In dieser Asphaltlage ruhen die Riemenpanjuetbdden in den Zimmenftumen; in den übrigen Raiunen ist die Gementachichte verstärkt.

In dem Souterrain« velcbes ausser dem Haupteiiigange noch anrei Seiteneingänge hat, von denen einer in die Kfiche führt, finden sich ein Consultationszimmer für die ambulatorische Klinik, welche taglich seit Gründung der Anstalt im Jahre 1800 von 12—1 Uhr abgeluilten wird, dazu ein Wartezimmer, femer WirthHchaftsrüume, Küche, Waschküche, sowie das Sectionszimmer. Ausser diesen Räumen sind noch kleinere Abtheilungen, die zur Aufbewahrung von Haus- haltungs- Utensilien dienen. Das Souterrain ist 12 Fuss hoch und liegt 10 Fuss über und 2 Fuss unter dem Boden.

Der erste Stock, auch als Ho( lijiarterre zu bezeichnen, liegt so- mit 11 Fuss (ein Fuss Bulkenla<^n-) illier dem Erdboden. Hier finden sich nun die zwei grösseren Krankeusäle mit je 14 Betten, ein Separatidns- zimnier und zwei Extrazimmer mit je einem liett. In der Mitte dieses Stockwerkes lie^t der 0|ienition.s.saal ; dersell«' ist durch den Vorbau <les Hauses von drei Seiten trut erleuchtet unil hiiirei( hend geräumig. Dieses Stockwerk dient tiir die .Mämierabtheiluii<,f, wäiirend der zweite Sto( k tiir die Kranen- umi Kinileral»theilun^^ )»estimmt ist. l>ur( h eine riieilunLT der t;ri>v>cii Krankeusäle entstanden in dem zweiten St(»cke vier gnissere Zimmer, von denm drei für die weibliihen l'atieiiten eingerichtet sind, «las aiidei-e da^e^^en tiir *'ine Kinderstati<m mit sechs kleinen Retten her<.;t'richtet ist. Uebt-r (Umu Oja-rationssaal lieirt die HauscajMdle. Kiinf kleinere Zinnner auf der einen Seite des iJacli- stückes dienen zur Isolirung und Separuung.

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X. HospitiUer.

Syniint'tristlj aii^«*legt ist auf beiden Seiten von <leni Stiefrenliiins zunächst ein Bad sowohl im ersten als im zweiten Sttick werke. Hierauf folgt der Ausgang zu der Veranda auf jeder Seite und hieran achliesst .sich ebenfalls auf jeder Seite ein Dojtpelcloset mit Vorraum an. In den l)eiden Badecabinetten jeden Stoikwerkes ist mit di-r Fenerung eine kleine Küclieneinricbtnn«; verbunden, um einzelne Speisen ond Getränke l)«'reiten und warm erhalten zu könm^n.

Die Wasserversorgung geschieht (Imrii die Frankfnrtei- (Jur-Il- \vasserieitun;j^. Durch einen in der Küche iiutgestellten grossen Bnih'r- ofen mit ilirccter und indirecter Keiierting werden sow(dil sänuntliche Büiler als die verschiedenen Zapfstellen mit warmem Wasser verseilen.

Die Heizung geschieht in den Krankensäleii dunh \Vi UM'sche Oefeii, welche von dem Corridor geheizt werden. l)iese Oefen be- sorgen .zugleich die Ventilation, l'-in /iUliihrungsranal führt die fris<du* Luft unter den Ofen, welche erwärmt durch ein (iitter in dem mitt- leren Theile des Ofens wieder ausstitimt. Ausser diesem Zuführungs- canal ist ein Schacht an dem unteren Theile des Ofens augebracht, welcher Ton dem Fonboden die Zimmerluft anfeaugt und durch den Ofen in die Schornsteine abftlhrt. Für die Ventilation ist an der Decke des Zimmers noch ein Einlass in den Mantel der Kamine, jedes Schomsteinrohr ist mit einem eigenen Ganale (Mantel) umgeben. Sodann finden sich in jedem Krankenzimmer sowie in dem Operations- -Saal Etagencanäle zum directen Einströmen frischer Luft Auch an den oberen Fenstern kann Lfiftung durdi Klappvorrichtung erfolgen.

In allen Krankeni^en ist der Fussboden aus Riemenparquet her- gestellt. Zur Erleichterung des Verkehrs sind sammtliche Stockwerke mit Spradiröhren und elektrischen Schellen Terbunden. Von allen Zimmern geht eine elektrische Leitung nach den Centraiapparaten auf den Corridoren. Von dem Souterrain fuhrt nach allen drei Stockwerken ein Speiseziig, ebenso auf der sfldlieben Seite eine Lauf- treppe, an deren Antritt .sieh der Ausgang nach dem .Garten öffnet.

In Bezug auf die Verwaltung der Klinik sei noch erwähnt, dass bei Beginn der Klinik im Jahre 180G die Pflege und Wartung welt- lichen ANÜrtern übertragen w(»rden war. nur nach grö.sseren Onerationen wtirde die unmittelbare Bfl»'ge vim Barndierzigen Schwestern vollführt: erst im .lahre If-^TO wurde den Barmherzigen Schwestern die v(dl- stäiulige Wartiuig und IMIege ül)er<re]>en , sowie kurze Zeit darauf auch die ganze Verwaltung Ueuselbuu unterstellt.

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83. Frankfurter Augen -HeiUnstolt.

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83. FRANKFURTER AUGEN- HEILANSTALT.

Von Dr. ü. PASSAVAl^T.

Ks war im Frühjahr 1H4M, da-ss sitJi tlie Doctoren Loris APPIA, (ii'.sTAV 1'assavant uiul WiLHKLM Stkk kku. voti der Ueberzeugung aiisj^ehend, dass neben der ürztlichen Thätij^keit eine ei«;en.s zu diesem /we<ke eingerifhtete Loculitüt lunl eine «^ut geschult«' ^Viirterin selir wi'seiitlii Im* IinliiiL''ini;en zum i^liickliclicn Krt'ol«; der Hella ndluii«»' vieler Auf^enknuikheiten und niiinentlieh der w i( hti^'sten (•j)eriitiven EintrriH'e sind, die (in'indiintr einer Aiitrnili. iljiiistalt für Arme in hiesiger Stadt zur Aiit'pibe murhten. ihre Thiitij^dxrjt ln'schränktc sieh in den ersten .Monaten darauf, in einem vnn der Directiun der liMnden- aiistalt •^efillli'^st unent'jfeltlich üherlassenen Zimmer den sich dahin wendenden Angenkraiiken nnent^eltli<he Rehaiulhiii^ und Ar/.nei zu Theil werden zu lassen. Aber schun im Herbst desstdben .lahres war durch da.s Wohlwcdlen und die Frei^el)i<;keit zahlreicher hiesijxer Einwohuer, welche theils durch jährliche Beitrii«re, tlu'ils durch ein- malige Oeschenke das junge Untemehmen begünstigteji, die Möglich- keit gegeben, ein Local fßr die Anstalt zn miethen (im Stras8bui|i;er- hof anf der AUerheiligengasse) und dieses so einzurichten, wie es die Pflege schwerer F%lle von Augenkranken und 0])erirter erfordert. Eine brauchbare Wärterin, welche in der Anstalt wohnte, wurde herangebildet, und damit dieselbe ihre Thätigkeifc ganz den Kranken widmen konnte, diese letzteren und die W&rterin selbst aus einer benachbarten Spdsewirthschaft verköstigt. Somit war es mdglich, die einer besond^n Pflege bedürfenden sowie die eine Operation er^ heischenden Kranken in die Anstalt aufzunehmen, vi^Uirend fBr die leichteren Fälle daselbst täglich von 11 12 Uhr unentgeltlich Rath und Arznei g^ben wurde.

Ein verSffiBntlichter Jahr« -I cridit, in welchem die zur Behand- lung gekommenen AiiLreiikraukheitni einzeln aufj^eführt und über die Einnahmen und Auagaben der Anstalt Kechenschaft abgel^

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X. Hospit&ler.

wurde, gab ein Bild fUx-r dit- 'riiiiti;,'k»'it der Anstalt. Solche Julireu- berichte sind seitdem iilljiilulicli verötlentlielit worden. Vnii .lahr ZU Jalir mehrte sich die Anzahl der in der .\n8talt Jlült'eHUchenden \n<^en- krankeii, nnd dnrch die thiUi<;e Untvrstiit/nng, welcher sich die .Anstalt v<ni leiten der hi«'si^en Kinwohnerschatt zn erfrenen hatte, war es möglich, jährlich eine grössere /;ih! von armen Anf^enkninkeii iin- eiittreltlich zu behandeln nnd nanicntlieh am Ii i-iiic «grössere Anzahl geeij^neter l'^älle in die Anstalt aiif/.unehiiirn lunl dnrt /ii vt'rpflei^cn. .Auch wurde in der l niffc;^'^ iid \f»n l-'rankturt die An>talt allniälig bekannt nnd von \)i<^Tiilcideiid('n ans den benaehl>arten Orten ihre Hiilti' in .Ausjinu h ;.n ni»nini»'n. Im dalire 1H.')I) wurde ili»'sell)e von der Allerlieili^en<;asse in den .M(»hren;jarten auf drr (iallus^a.s.-<»' verlegt, und im .lalire 1S71 gestatteten es die Mittel, ein den H«'tliirtnissen in viel Vidlkoniineiwrer W eise eiits|»n'( hendes eigenes Haus aul der Allerheiligengiissu No. li'a zu erbauen, welches am 17. Januar 1872 im Bciijein einer Vertretung der stildti.schen Behörden und einer Anzahl Freunde und Gönner der Anstalt eingeweihi wurde.

Die Absicht der behaodelnden Aerzte, auch fttr die Zukunft den Fortbestand der Anstalt moj^Iichst zu sichern, solange wenigstens, als das Bedflrfaiss danach vorhanden ist, haben dieselben am besten dadurch zu erreichen geglaubt, dass sie mit der stadtisdien Behörde einen Vertrag gemacht haben, dem zu Folge bei Auflösung der Anstalt das Huus, sowie das Vermin der Anstalt der Stadt anheim- fallen. DafQr hat die Behörde der Stadt den Platz, worauf das Haus steht, der Anstalt unentgeltlich Qberlassen. Durch diesen Vertrag ist es der stadiaschen Behörde an die Hand gegeben, wenn einst die Anstalt unter der bisherigen Lmtung unbesoldeter Aerzte kein Fort- kommen mehr findet, mit derselben die Zahl der hiesigen milden Stiftungen um ein, und wie zu erwarten ist, ufltzliches Glied zu be- reichern. Sie wird Kigt ntliiuu der Frankfurter Bürgerschaft, welcher sie ihr Entstehen und die Mrigiichkeit ilires Fortbestandes verdankt.

Iii dem neuen Huuse betinden sich ausser zwei gleicher Erde gelegenen ConHuItationszinmieni für di"' tfe/lich BatI: ind Arznei holenden Augenkranken 0 Zimmer mit 21 Betten, deren Zahl sich mit den Jahren nodi tun eini^re vermehrt hat, zur Aufnulune von Angenkranken, darunter ist auch ein Kinderzinuner nnd tini^r Zinnucr. dfii ii Ansstattunu: es m<»<'lioli macht, auch s(dche Patienten antzunehnieii, welche an <rr(is.sL'r<' He(|ueiuliclikeit i^ewrduit sind nnd welche für dirsclbe lu^ern <'iiie ents|»recliende Entsciiädigung zaliien. Wenn durch diei»t' zahleudeii Kraukeu nun auch der Anstalt kein

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83. Frankfurter Aiifen- Heilanstalt. S79

eigentlicher Gewinn erwachst^ so werden doch durch die Zahlungen die der Anstalt durch sie erwachsenden Unkosten gedeckt. Ferner sind Räumlichkeiten vorhanden, welche als Anfenthaltssdmmer, Speise- zimmer dienen, sowie« Kfiche, Keller und das Zimmer der Wärterin.

Als Krankenw&rt«rin besitzt die Anstalt z. Z. in der Diaconissin Schwester CfiRI6Ti>K eine nWvn Anfor ch i nnjjfen entsprechende Pflej^erin, WfUlicr während eines Hljähri^en Wirkens in der Anstult durch

Kenntniss nn<l (tewaiidtheit in der Krankenpflef(e ein nicht un- bedeutender Antheil der ghickliehen Erfolge zu verdanken Lst, welche erzielt worden sind. Im Nothfal], wenn z. B. wiederholte Nacht- wachen nöthijj waren, trat eine zweite Schwester zur Aushülfe hinzu, und diese letztere ist allniiilif^ bei der immer mehr oder weniger grossen Aiiziihl von Kiiidem, welche in der Anstalt anr<xeiionnnen werden, zur lieaut'si( litit^uu^»- und Ftie^e dieser letzteren, ein sttdieuder Giust «^ewoidcn. I )as Jvsm'h wird in der Anstalt selbst l)ereitet.

In dem (l»'r är/tlieJu-ii Hi-liaiidliinir der A nixenkranken sich wid- menden Personal sind im Laute dt i- .lahre nu-liren- Veränderungen einlieft reten. Dr. Appia siedelte IS.'tO nach (lenf üliir; in denisidben .Jahre trat Dr. .Stiuckki; aus der Anstalt aus. 1S.'>2 ixdlieili^te sich Dr. W. i>j: Nkufvili.i: an der Behandlun«r der Kranken und wurde «lius darauf tollende Jahr von Dr. C. Mkttknukimek ei-setzt, welcher bis zu seiner Uebersiedlung nach Schwerin 1860 in der Anstellt th&tig blieb. An seine Stelle trat Br. F. Oulensculaqbb ein, und femer 1804 die Doctoren II. Sohhidt und A. Spibss, welche sich 1870 von der Behandlung der Kranken zurOckzogen, wahrend Herr Dr. G. Kbüobr sich von demselben Jahre ab au der Behandlung hetheiligte und von dem Jahre 1877, in welchem Dr. 0. Passavant von deat Behandlung der Angenkranken zurficktrai, dieselbe allein fibemahm.

Die Zahl der zur Behandlung kommenden Kranken mehrt sich von Jahr zu Jahr. Sie betrug:

1870 : 619, davon 508 ambulatorisch, III stationär; 1875: 1937, » 1680 » 257 »

1880: 2742, * 2449 » 29:J

Seit Eröffnung der Anstalt im Oct<d)or 1845 bis Schlnss des Jahres 1880 war die Gesanniitzahl der Behandelten 36 447, von denen 4317 in der Anstalt Wohnung und Verköstigung erhielten.

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«

380 X. Hoepit&ler.

84. l)Ä. ÖTEFFAN'scHK AUGEN-HßlLANSTALT.

Von Dr. iiu d. STEKl- AN.

Di»' «^cwaltif^e Aiusdclunui«; , div dw hk-iIh irii^clu' \\ isM'iiscliaiY lii'iit/iitaf^i* «^oiioinnicn hat. niarlit es dein ciiizcliicii Ar/.t /ur T n- inöj^lichkt'it, das j^csaimiitc (icliict seiner W'issciiscliaf't v(dl und Lfan/ /,u umfassen. Dazu lelien wir in einer Zeit, wo der Einzelne nur dann etwas erreiflit, wenn er aut" dem üel)it'te seiner Thätigkeit auch d;is uiöpfliclwt Vnllkonimenste leistet. Als nothwendige Cou.sequeiiz dieser Verbältnisse ist das medicinische Specialisieuthuui erstanden. In wie weit ein solches Specialisiren in der Medicin bereclitigi ist oder nicht, ist hier nicht der Platz zu rechten. Dass jedenfalls die Ophthalmologie ein Tollkommen berechtigtes Specialfach der hentigen Medicin bildet, bewdst zur Cknüge der Umstand, dam es heutzutage kaum noch eine DniTendtät auf deutschem Boden gibt, die nicht eine ordentliche Pk-ofessur der Augenheilkunde, gleidiberechtigt mit der der internen Medicin, Chirurgie und Geburtshfilfe, besSsse.

Ein Ophthalmologe kann den heutigen Anforderungen seines Faches nicht genflgen, wenn er nicht ein Haus zum Unterbringen der Bttienten besitzt. Einmal muss er den von auswärts kommenden Patienten, deren Augenleiden ambulatorisch nicht behandelt werden kann, die nöthige Unterkunft und Pflege schaffen; dann aber gevriihrt, auch am Orte des Augenai-ztes selb.st, die Behandlung schwerer Augen- lei<h'n nur dann An^^ii ht auf einen sicheren Erfolg, WNm sie unter specieller Aufsicht des Arztes geschieht.

Als .sich der Veriasser dieses im Jahre 1861 in seiner Vater- stadt Frankfurt als Augenarzt niederliesn, so verstand sich dem Vor- gesagten gemäss die l^egründnng .seiner Angen-Heilan.stalt eigentlich von selbst. Dieselbe besteht aus zwei Abtbeilungen: meinem Privat- hause (Krögerstra.s.se No. 8) mit .5 Betten tiir Privatpatienten und der Anni-n -Augenklinik (Uolzgrabcu No. lü) mit 8 Betteu fiir uii- beuiittelte Augenkrauke.

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84. Pr. ftteffanVhe Angen-Hrilaiuttatt.

381

Insofern arme Augenkranke in den hiesigen SpilSlem, die sich doch nur mit Chirurgie und interner Medidn befassen, keine ge- nOgende Hfilfe finden können, sondern in dieser Hinsicht einzig und allein auf Privat -Augen -Heilanstalten angewiesen sind, die mit Hülfe der PriTatwohlthätigkeit fttr die unentgeltliche Behandlung und Verpflegung dieser unbemittelten Augenkranken sorgen, füllen also die Privat -Augen - IltMliiiistiiltvn Frankfurts zur Zeit noch eine sehr wt'scntlitln' Lücke der hiesigen ölfentliclien Kninkenpflefre ans.

In dvm 19jährigen Zeitraum vom 1. April Itis 1. April Issl

verhielt sich die Zahl der hülfesuchenden Augeukranken folgender- massen:

Trivat-

Arau!n-

j Stunnui

1

l'rival-

AlllH'U-

Snmroa

anstalt

klinik

anstalt

klinik

1^02-«:^

r.02

62.5

1 127

' 1872— 7:t

2 4:1«

1 S29

4 267

isc,;! G4

(.2.'i

002

1 22r.

1H7:1 -74

2 rm

2 174

4 710

l?^ü4— C."»

9.»0

H12

1 762

1874 7'»

2 678

2 177

4 8:..5

1865—66

1149

953

2102 1

1875—76

270S

2170

4878

lS(;r>-(}7

1 170

y:.o

2 120

1876—77

2 663

2 20S

4 871

1H(;7—

1 429

1 os;.

2r,14

1H77— 7H

2 :.!>7

2 2:j:]

4 s:;o

1868—09

1573

1 281

2 ö.-i4

lb7ö— 79

2 474

2 131

4 6():»

186»— 70

1788

1322

3110

1879—80

2438

2349

4 787

iHTd— 71

1 800

1 491

:! 201

1880—81

2429

252!J

4 9:.2

1871—72

2097

1918

401.5 j

186i^-81

36042

30 8.-»

66 875

In dem glficlifu 1 l'jiilirigen Zeitraum wurdm ."):;; 1.'» tlicils grossere, theils kleinere Aug<'iio|M'i-;itionen vorgfjioiuiut'u, von drnrn .'jl7;i ih'ix gewünsthti'U Kitolg hatten, 1<>1 nur Besserung erzielten und (Jl erfolglos bliehen. Als die wichtigeren unter diesen Augen- Operationen sind besonders hervorzuheben: 570 Operationen an der Linse, 521 Iridectomien, 450 Schieloperationen, 104 Enucleationen des Bulbus und 46 Verödungen des Thränensackcs.

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882

X. Hospitäler.

85. DR. CARLAS AUGEN- HEILANSTALT.

Von Dr. med. AUGUST CARL.

Am 1. Mai 1S78 wurde meino Anstalt zunächst als Poliklinik

für Aii<;t'iikranko in Sa( lis«Mihans<Mi cnifliict.

Ks war nicht ^'»•liiii'XiMi, in ilirsrni Stadttlicil. wrldicr f'fir dif Krriclitnn«; ili-r INdiklinik »Irr LTn-iM m-tst«'. wtü (l»>r IxMliiritiirsti' war. i'in liocal zn timlrn. wrlchfs ncljcu dfui A iiiliiilatorimn »'im- klciiif siationiin* Alitln-ilnn«; in j)ass<'inliT Wcix- liiitti- antnt'liiticn k«">mifn. Kini' rännilirln' Tivnnnn^ dicsi-r In-idcn war somit niciit zu vcrnifitlcn. .sovirl rnli<M|ntMnli(likiit ancli »laraiis «Mitsti-hcn musst«». Auf m«'in Ersiiclu'n li!itt«'n <li<' naruiiii-rzitini Scliwcstcrn <lio trt'Mmllichc Mcn-it- willijrkeit, nirinon Kranken ilir Asyl anl dem Mitü-hvc^ No. 4() zu oll'ueu. Schon .seit Soiiuuer 1878 ntehen mir dasellhst dauernd flinf Betten in zwei Zimmern fOr schwerere, namentlich operative Fälle zur Verfügnng.

In dieser kleinen stationären Abthalung werden alle grösseren Operationen yerrichtet; täglich wird dort Visite abgehalten.

In der vorenx^hnten Poliklinik in Sachsenhausen h^pnnt tag- lich um 12 Uhr eine nneutgeltliche Sprechstunde für unbemittelte Angenkranke.

Nach den Jahresberichten betrug die Zahl der vom 1. Mai 1878 bis 1. Mai 1880 behandelten Kranken lÖlO; hierzu kommen vom l. Mai 1880 bis zum 1. Mai 1881 770 neue, so dass sich die Summe aller seit Eröffiiung der Anstalt beobachteten PMaenten auf 2380 belauft.

Die Betriebskosten werden zum Theil ans Beitrugen edelsinn^^ Mitbürger gedeckt.

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8(i. Klinik iiiiü i'olikliiai^ Im llaiUkraakt*.

86. KLINIK UND POLIKLINIK FÜR HATJTKRANKE.

Von Dr. lIEHXHKlMEß.

Die um 1. Novj'inbt'r 1876 von d»Mn Verfasspr prriclih'tc und seither geleitete An.stiilt befindet sich in dem ersten .St<)<.tkwerke des Hanses Friedberj^er Landstrasse No. 57 und bestellt aus zwei Ab- theilun^en, einer stationären iiml einer and)nlunt«'n.

Zur Wartiniij und Helnindluii'^ von in der ersteren ant'«;enom- int'ut'ii Kranken sind drei Zininier ber<^eri( btet. Die Krjinken|»fle<_ri' wir«! von einer in der Anstiilt wohnenden \\ iirterin l>esor<rt. liislier landen darin ansser einer Aii/jilil zaiilender, zumeist answärtijjer Patienten In nnbemittelte llautkraiike anf Kosten des Uründers Ant- nalinie. Die Hehandlun^sresnltate Avareii ^rossentlieils «xiinstii;, dfxli war ein Todestall y.ii l»eklau;en: ein«' seit dabreii an l'eni|)lii<jfns leidende l'ran, di«', dnrcli ilir Leiden selir ersehriptt. in die Anstalt emj^etreten war, starb S T"gi*i naelideni sie in derselben llfilt'e «^esnclit hatte.

Unbemittelten Uautkranken wird an den AV'fxhentagen von 12 1 Uhr unentgeltlich Rath crtheilt und Bedürftigen aneh die ▼erordneteo Medicamente, bisher auf Kernten des Orfinders der Klinik, geliefert. Bis zum 1. Januar 1881 stellten rieh in dieser poliklinischen Sprechstunde 1039 Patienten vor, von welchen 890 an Hautkrank- heiten und 158 an luetischen und sonstigen dieser Gruppe angehörigen Affiectionen litten. Während dieser Zeit ereignete rieh ein Todesfall, der ein sechs Wochen altes mit Lues hereditaria behaftetes Kind betraf.

Herr Assistenz -Chirurg Haubbil hat seit dem Bestehen der Anstalt bei armen Kranken alle in den Bereich seiner Thätigkeit fallende Dienstleistnngen bereitwillig und in uneigennfltziger Weise yoigenommen.

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X. Hnspitaler.

87. GYNÄKOLOGISCHE KLINIK.

Von Dr. med. CAUL STAHL.

Durch «Iii' gütige l'iik*r.st.ützuii<( liifsiLTi-r Kiiiwolim-r wiirtlc «'s mir rrnirjj^liclit, ein klfincs Asyl für «lir A ntnaliiiif niid |{t'lian(lliiii<x nnlx'iiiittflter <rynilkolo«^isrln'r Kranken /u «^nindcn nn<l am 1. OctuhiT l!^'7!> zu cnttt'iu'n. Es wnrdm mir zu diesem Zweck von der ()l»or- scliwester des Bethanien Vereins, |-'rl. SupiiiK I>i»s.sNAt;i;i., sehr hereit- willif^ zwei Zimmer mit einem, resji zwei Hetten auf dem ^'rossen Kornmarkt Xn. 1 im ersten Stock znr \ erffii/un'; gestellt. l)er «fe- riniu^en Bettenanzuld entsj»rechend und nm die Ans<xal>en nicht iiher- iiiiissig zu erhöhen, konnten zur Auluahuie iu die Anstiilt nur operative Fälle zugelasRen werden.

Die Behandlnng d& leiditeren und nicht openitiven Fälle ge- schah ambulant in der jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag ▼on 12 1 Uhr abgehaltenen Sprechstunde. Die erforderlichen Arznei- mittel wurden den Kranken je nach ihren Verhaltnissen billiger oder umsonst überlassen. Ebenso wurden die Unkosten der in der Anstalt aufgenommenen Unbemittelten thdlweise oder ganx getragen.

In dieser Weise Mmrde die Anstalt bis Ende September 1880, also gerade ein Jahr gefflhrt. Von da an bis Ende Juni 1881 wurde zwar die regelmSssige Sprechstunde fortgesetzt, dagegen war die Aufnahme von Kranken im Hause grosser Kommarkt No. 4 durch ein polizeiliches Verbot untersagt worden. Erst jetzt, nachdem das Haus Mittelweg No. 30 durch den Schwestemverein Bethanien an- gekauft wurde, ist es mir mö«rlicli, in einem gut gelegenen, neu ein- gerichteten Huu.se ^^^eder wie früher meine operativem Fälle unter der bewährten l*tle<xe der Sclnvestern behandeln zu können.

Die Zahl der bis jetzt iu der stationären Klinik beluiudelteo Kranken beläuft sich auf 30.

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I

88. Pnenmatisrlie Hoilaostalt. 3^5

88. PNEUMATISCHE HEILANSTALT.

Von Uofrath Dr. K. VON PANDER.

Nacluleiii ich nieinf* iir/t liehe Praxis in St, Petersburg aufgegeben, habe itli am K). November 1872 auf Veranhissiing fb-s Herrn Dr. med. MoiiiTz Schmidt -Metzler die obenbezeichnete Heilanstalt ina Leben gerufen.

Ilire Lage ist riiie äusserst yffiustige: in einem der besten Tlieib' der Ausseustadt ( luuterwei: Nu. iL*) nalie am B()ekenl>eimer Thore, in einer sehr weiiii; Ix-falireiieii staiihtreieii Sacktrasse. I)as einstiu ki«;.' Hans, wi-lclies nur für die Anstellt l)estinnnt ist, hat eiiu'ii Garten V(»n ca. 1 0 ( XMM Juadratliiss. ist fast auf allen .Seiten von (lärten umgelieii und liei^t dem «grossen HoTUS(iiii,i>'schen Parke gt'Lreiiüher. Die ('<»niniunieatinn /n demselben ist dureli die Niilie des l)ros(likeii- IFaltejdatzes nnd durch die ganz ualie vorüberfübrende Trumbubn eine sehr angenehme.

Das Innere der An.stult i.st so eingerichtet, da.ss im Parterrestock ausser den Sprechzimmern des Dirigenten sich noch ein Wartezimmer, ein geräomiges Zimmer fttr die beiden Apparate (Glocken) und ein MaBchinenranm befindet.

Der Kniestock wird vom Maschinisten bewohnt nnd ist das Zimmer über den Glocken fttr das einfallende Oberlicht reserrirt; am Abend werden die beiden CSabinette eben&Us von oben, ans dem- selben Kaum, durch Gaslicht erleuchtet. Der Apparat bildet ein ans starkem Eisenblech constmirtes rundes Gemach von 2 m Durchmesser und 2V* m Höhe, in wdchem bequem 3 Personen Platz finden. Das Obeiücht gibt hinreichende Beleuchtung, ein Fenster an der Seite dient zur Beobachtung der Kranken und du an die Kammer angeschraubter Kasten mit doppeltem luftdichten Verschluss vermittelt den Verkehr nach Aussen, ermöglicht z. B. das Hineinreichen von Erfrischungen, Zeitungen et«. Ausserdem befindet sich ein Krahnen

in de» unteren Hälfte der Glocke, an welchem' ein Gumroischlauch

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X. HospHiler.

mit einer Waldenbuigischen Maske befestigt ist, iiiu dadurch den Patienten, welchen das Ansathmen in verdünnter Luft verordnet ist, dieses zu ermöglichen.

Für Erw&rmung and Abkühlung der Luft nach Bedfirfhiss ist Soige getragen. Bevor die Lnft in den Apparat eintritt, durchströmt sie eine didite Baumwollenschicht, wodurch etwaige Unreinigkeiten, wie kleine Staubtheile, zurüclq^ehalten werden, so dass die Luft nur in vollkommen reinem Zustande eintreten kann. Ein Manometer zeigt * die Höhe des Luftdruckes an und ein Sicherheitsvratü verhindert dens(>11)on, über das gewünschte Maass hinanszucrchen.

Eine Looomobile sotzt eine doppelt wirkoiido LufTpnnipo in Be- wegimf?, welche ein vollkoniinen ausreichendes (|nnntnni Luft dem Patienten liefert. Die rationelle Wirkunjf dieser Methode erhellt aus der Thatsache, dass man in die Luftröhre und ihre Wrzi^'eiprnntren, wie auch in jedes einzelne Lnngenhläschen direct nur durch Luit ankduinien kann. Durch das Einatluuen der verdiclitcten Luft init«'r dem Drucke einer hallifu Atniosjihiire führen wir den LunLjtn iiitlit nur eine rjrös.sere Men»^e v(tn Saiii rstuff zu, sondern contrahiri'ii zu- gleich dndurdi die erweilcrteu Hhitt^t t iisst« auf der Schh-iiuhaut.

Am hestcu heweisen es die <;uten Erfolge bei einer lieihe v<ui Uespirationskrankheiten, welclie mau durch diese Behuudlun^8\vei.se erzielt.

Ausser den acuten und clinuiisclien ( ';it;ii i luMi sind das Enipliys«>in, der Keuclihusteu und besonders die plcm it is< heu Exsudate die iiaupt- sächlichstt!n Behan(nnn<jsf»t»jecte dieser Methode, ebenso .sind bei der Anaemie durch die grüs.sere Zufuhr siinerstofflialtif^er Luft und durch den angere^teren Stoffweehsd vielfach günstige Ergebnisse erzidt worden.

Die Zahl der in der Anstalt behandelten Kranken belief sich bis zum l. Mai 1881 auf 602.

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I

XL KRANKENPFLEGE.

V

89. AUME.VKKZTM Von Dr. A. MARX.

Die schon im Mittelalter dahier bestehenden Hotipitaler nahmen arme Kranke unentgeltlich anf nnd lieferten solchen aosserhalb des Spitals Nahrung nnd Kleidung (Erieok, Bflrgerth. S. 86 und 91), Es bestanden Lopitc für Leute, flie des Alters oder der Krankheit halber sich <inil ihre Familien nicht ernähren konnten, und fSr Frauen, die Kindhetterinnen waren ofler ihrer Entbindung entgegen- sahen (jßbendas. 8. 104); auch wurden Spenden in der Ht>/.ahlui^ von Arzneien und der Fürsori^f f'iir ein geringes ärztliches Honorar gegeben (Ebendas. S. 105). Die H«'ckarden mussten hei jcflcin, der es verhiu^te. unentgeltliche Krankenpflef^e leisten (Kl)»'n(l. S. 12H). Di»' Studtärzte hatten Kranke in der Stadt unentgeltlich /u be- handeln; doch sind hierunter wohl nur die im städtischen Dienst er- krankten An^rt'stoilten zn versti'hen (Ehendiis. S. 8, Kote 10).

Später wurden die Arnieukrankeu aut Kosten di-s Kastenamts behandelt. In Lkusnkt.'s Chronik. II. 2. S. ."iU ist bemerkt. da!<s ann<» 1H7') die Inhaber der fünf Ai>nth''ken sich erboten, ein jeder jälu'licii für ri. 1<H» Medicamente (»der S|>i'(iTei»'n für die Hausarnien im Ka.st.en etc. liefern zu wollen , \\a.> an^i iiomnien wurde. Ein Bericht des Kastenamtes von 17<>1 ( xMKii»iNt;KU, S. 100) spncht von »G4 Kninken, so tln ils im löblichen Hospital, theils ausserhalb dem- selben vor liechnuii>; des Kastenamts kuriret, ohne eine grosse An- zahl, so mit Arzney versehen worden.« An 42 sind Wiesbadener ' Cnrzettel gegeben worden. Der Armenarzt dieses Amts war zi^jleich Arzt des Kastenhospitals (Irrenhauses). Der älteste anf dem Archiv vorhandene Staatskalender von 1736 ftthrt Jon. Michael Büttner als Armenarzt auf.

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I

:)S8 XI. Krankenpfiego.

Im Jahre 1737 heust es dann, Kastenamts - Medici seien sämmtliche Herren Physid.

Im Jahre 1812 Terpflichtete die primatische R^erang die 12 jüngsten Aerzte zu unentgeltlicher Behandlung der kranken Armen unter Auüncht eines der Stadtphysid (Stbiokbb, Geschichte der Heilkunde S. 171).

Die unter Fürst Primas 1809 geschaffene Armencommission flbemahm die Ffirsorge för die Armenkranken, bis sie .181d dem »allgeiiieinen Almosenknston « ( Ven'inijjfun«; der allgemeinen Ariuen- coniiui>«.sion mit dein bfirgerliclifii Aliuosenkasten, siehe oben S. 27M) zugewiesen wiirdo (Auszug Prot, des j^rossen l?:iths vom De- cember 1818). Derselbe verausgabte 1819 für Gehalte der Aerzte- und Wundarzte fl. lür)(l, für Arzneien fl. 1.'>S1; für ausserordentliche Unterstützungen, Badebeitriige und Jkerdignngs - Kosten fl. 2171 (Meidinuek, S. 107).

Durch die Stiftunj^sordiiuufjf voui Deceuiher \^'-\'-\ wurde dem HosjiituI zum Heili«;eu (teist aiifjj»'<^el)eii. vom 1. .lauuar \>>'\-i ab. jalli'ii flen)ein<rt'ii in Frankfurt und SarlisiMihansen vrrlini-ir»?rtt»n I'ersituen. weiche nicht au lieisteskiaiikheiten u. dtrl. Ii'i<lrii un<l iiiclit in dsus Dr. SKNcKEXiir.Hii'.Mlie Iiiir<^ferli(>.spital aiif^feuoiiunen werden können, uuent<xeltli(h ärztliche, wunflärztliche und ar/.nc}-- liche \'eri»lleguug in ihrer Wohnung zu Theil werden zu ltt.s«en etc.«

2 und S).

Da.s Ptle(>;amt Ix'uiühte sich, diesen V erpflichtungen im weitr'sten Sinne nachzukonunen. Es wurden 7 Armenärzte und (/hirnrgen ernannt, und dieselben begannen am 1. Januar 1834 ihre Thätigkcit. vertheilt auf die 14 bestehenden Quartiere der Stadt.

Es waren dies die Doctoren Fresenius, PoNncK, Fabriciüs, Adolf Schmidt, Schilunq jun.. Lobst und MBaoENHOPSN und die Chirurgen Schmaus, Schneider und Janson. Heute sind von diesen noch am Leben die Doctoren Adolf Schmidt und Schilling, von allen hochgedirte Gollegen, die beide sdkon ihr 50jähriges Doctor- jubilaum gefeiert haben.

Die Chirui^n bekamen Oehalt, die meisten Aerzte damals noch nicht* Im Jahre 1847 wurde ein achter, 1855 ein neunter (der zweite für Sachsenhausen) und 1880 ein zehnter Armenarzt (für Bornlieim) angestellt. Der Qehalt eines jeden war inzwischen 1873 auf M. 900 festgesetzt worden.

Die folffende Tabelle zeit;t die Zahl der Kranken seit 1841 und die dem Hospital darans eut8tandcuen Kosten, sowie gleichzeitig

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89. AnneoAntte. 389 V :!)^^^^

fttr die letzten 24 Jahre die auf Koeten anderer Armenanstalten Yon Armenärzten Behandelten.

f 1 t

Auf Kosten

lies IIns])itals zum

Nii'der-

n»'Ulsrh-

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Kuthn-

Jahr 1

H(Mliil< ii (icist iJi'haiiilrlte

läudiüclic

reformirte

liäche

1 1

Zalii

Kosten |

Gemeinde ||Gememde

Gemeinde

1

1S41

988

fl. 5 292.47 kr. 1

1S42

896

» 4 661.55 »

ms

ms

» 5194.38 >

- *

1844

1174

» 6888. 7 »

1845

1097

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390 ^I* Krankenpflege.

Bei Cn'ining <l«'r Ict/teii AriiuMiHrzisk'lle seitens des PHe-ramU^s des H(tsj(itals /uiii lleili«;en (»ewt wurde den veriindt iten Zeiten ents|>reclieutl dif nereehtitrun«; der Hiilt'esiichenden erweitert, und es werden nun. aiissrr den scIkmi erwülmteii, alle Annen. «Iii- di'ii Unterstiit/nnixs\v(din>it/. hier lial>en. auf Kosten des Hospitals von dessen Anneiiärztfn l>fliandelt ; tür andere .\rine, die ebentulls von diesem lihernoninu'n werden nnissen, l»e/,alilt die Stiult <lie Arznei. Aus.ser der nothwrndi^fi-n iu/tliehen Heliainllunix werden den ent- sprechenden Kranken au» h reichlich Bilder im Hospitale selbst, sowie Badecuren in Wiesbuden und Nauheim (früher auch Scliwall)ach und Weilbacli) und Milchcuren bewilligt. Hierbei ist zu bemerken, du88 Gurkoaten flfar Bade- nnd BUlchkuren (ca. H. 4500 im Jahre 1880) weitaus Nicht -Alnnmen, d. h. solchen Bedürftigen, die nicht in armenanstlicher Behandlung standen, jedoch den ünterstfltasnngs* wohnsitK dahier hatten, zu gute kamen.

Die im Jahre 1.'>S:> liier ]irestifte(e niederländ isi he (lenieinde gewährt ihn n unbemittelten MitglitMlcrn freie ärztliclu' Behamllun«;. Bis 1S2:5 war kein Ar/t definitiv anp'stellt. Erst am 20. Februar lS2.*i l^e.seliah dies mit Dr. CHRISTIAN V.\LEMIN Mi LLKK. Der .Ar/t wird nach der Zahl der Besuche lionorirt. In der vorstellenden 'fal)elle fehlen leider die bctretfeiulen Zahlen der letzten Jahre. Nach authen- tischer Mittheiltmj^ sind es 40 50 nnl)»'mittelt»' Familien, die auf aruienärztliche Behamilung Ansprncli nuichen. Schon die Organisation der Gemeinde bedingt, das8 dieselben den Unterstützungswuhnsitz dahier haben.

Die im Jahre l.jöl dahier entstandene reformirtc Gemeinde »theilte ihren Hausarmen reichlich mit, auch «oj^ar, dass sie zuweilen Dortores und Barbiere vor ilire Krauken bezahlen« (Leusnek, Band I, anderes Buch. Cap. G, S. 20 et 8e<piu. DinS). Das PASyrAY'sehc Stipi'udiuni (Testament d. 20. März 177<) von Dr. med. V. I^asi^u ay et u.xor Ki.isAHKTn IIaiiki,, ^eb. Bkiim s, enWl'net am .April 17'.»."») bestimmte für einen Mediciner aus der deutsch- oder franziisi.sch- reformirten Gemeinde fl. <>00 jährlich auf i\ .Jahre nnd verpfliclitete die Nutzniesser dai^e<;en zur künftijjen unent<^eltlichen Beliandlmi^ der armen Gemeinde -Angehtiriu'en. Der erste Stipendiat war Fiiuistian Friedrich Sauer (1817—1823) nnd er ist der erste Armenarzt der Gemeinde gewesen. Seit neuerer Zeit ist ein solcher mit festem Gehalte ange-stellt. Die obige Tabelle gibt eine Uebersicht der Be- handelten. Der UnterstatEungswohnati ist nicht entscheidend.

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X9. Ameninte. 39 1

Die katholiücbe Arnienanstalt dahier (kathol. Almosen- kasini), eiitstniideu aiu dem vt>reini<(tcn katholisihen Amienfonds <1es Aliiioseiikasteiis und dem 150:t «^estifleteii jStipeudiam pttupanim,

hat seit 1S17 Armeniir/te. «^ewühiilich einen, aiisnahnmwciMe zwei, mit festem Gehalte angestellt. Anfan;;s l)etriijx dieser H. spütor fl. 75. Der erste Arzt war Dr. med. A <'i.i:mi:ns (ISIT J!»). Die Zahl der von ihm jälnlich Bt-handeltm lifti n;,' diirclischiiittlii h 74 7<> Kranke. Im Jalirc 1S;{1) sti«'<_r si»- auf Iiis, im Jahre is;{;i iuit" :{n7, sodass zeitweise /u ei Arr/tc auufstcllt waren. Dureh die Uel»ernahiiie der armenärztlichen Hehandhiii^' V(in Seiten des Plle^fandes (h-s Hospitals znm Heilij^en (leist naidi ih-r Stift niü/sordtnniii von l!^-'{;i veruiimii'rte sich die Zahl der dort llrdlesia heiiden, sochi.^s sie z. B. IS' 17 nur 158 betnifir. (Siehe auch MKiiUN(ii:i{, S. 122. die Autstelhinj; von 1834 1811 unter der Rubrik : ^Kranke wurden unterstützt.« ) Wie die obeiiHteheude Tubelle zeigt, hat sie sich in den letzten Jahren wieder bedeutend T«rmehrfc. UnterstötKimgaberechtigt sind alle An- gehörigen der hiesigen katholiachen Eirchengemeinde, welche einer ünterstötzung bedürftig und würdig stud. Der Unterstfiteungs- wohnaitas dahier ist dabei nicht entscheidend.

Die israelitische Gemeinde p'wiihrt seit dem 1. Januar 1S7!* armen ifidiseheu l'atieiden, welche sich au das israeliti.x he Genu'iude- liosjiital wenden, treir Ar/nei und, theils aml)ulatoris( he. Hehandlun«;. Die Zahl der in der Stadt Behandelten l)etru<j; unii'etTihr 17o iui Jahr. Hiner tler 1 lospitalärzte i'un;,nrt als Armenarzt. Der Lnterstützunga- wohnäitz dahier ist nicht ent^cheideud.

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392 Krankenpflege.

90. DIE ANSTALTEN FÜU KUANKENPFLEÜE.

Von Dr. E. &LVUCUS.

Im (Jaiizcn ln'stolien hier sie])iMi (yorponitioiini, dw sicli «ier Kninki'iijdli-;;»- widnicn : die I^Ht'|^rrinn»'n «l< s Vn t ins zur IM1»'jl(<' ver- wmidftcr 1111(1 «'rkrimkter Kn('<_nT. die •■vaiiLfrli.sc heu I )iac<Miiss('ii, <lit' 1 )iiHoiiissfii dry Met liudistni^^rrini'iiKl«' iJrliiaiiioii, das Scliw ott-niliaus Ik'thanitMi, dir BaniiluMv.i^ni Srliwesterii. di«' Franzi^ikiincrinnt'n mul die Bariiihtr/.iLrt'n lirüdfr. Die st'cli.s U't/.t'^t'naiiiitcn PHf<^«'V('ri'iiu' IuiIk'u c'iiu'U t(>iite.s.sioiudk'ii < liaiaUtt'r; duili Ijictfu a ii c Ii sie allen Leidenden ohne Unterschied der Religion ihre Hülfe.

A. PFLEOERINNENINSTITUT DES VEREINS ZUR PFLEGE IM FELDE VERWUNDETER UND ERKRANKTER KRIEGER.

Das PflejxeriiiiHMiinstitut des Vereins zur PHcgc im Fidde ver- wuiidclrr und erkiaiikti-r Krii'<^er hat die Aufgabe, wiilireud de.s Frietleus tii( litij^e, zuverliussige Wiirteriuuen auszubilden und für die Pflege Kranker aller Art zu verwenden, sie jedoch im Kriegs- lalle den Lazarethen zuzuweisen.

Die PHe^feriuueu irehfireii keinem Orden au, sie sind weltlich, stehen unter einer ertalireueu Oberin und iiuhen ihre .\usl>ilduug in guten Hospitälern erhalten. Ihr äiiasere« Zeichen ist das rotlie Kreuz im weissen Felde.

Die Griunlung des Vereins i'iillt in da.> dalir 18«)7 (s. nl>en No. S. Wälirend des Krieges 1870^71 waren in den Laza-

rethen aelit PHegeriuueu l»eseliäftigt.

Am 1. April 1S7^< wurde ein eigenes Haus, Kiiu igs wart erst nusse Nu. It), bezogen, das nicht bjos den Pflegerinnen zur VVohn.stiittc' dient, sondern auch ein Krankenpen.sionat enthält.

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90. Die Aaatalten fOx Krankenpflege.

398

Seit mehreren Jahren steht das Institat in Verbindung mit dem Bfirgerspital ; letzteres ist die Lehntatte für jOngere Pflegerinnen und eine Uebungsstatte ffir erfahrenere. Den technischen Unterricht fttr dieselben ertheilt in der Anstalt selbst Herr Dr. med. Hbinrich Schmidt.

Am £n<]i i|f s Jahres 1880 betrug die Zahl der äcliwe.stem ausser den beiden Oberinnen, von denen eine um Bürgerspitale func- tiouirt, 35. Die Beschäftijyunfr «lerselbeu erstreckte sich

im Jahre 1873 auf 8 595 Fflegtage

» » 1874 » 5 352 »

» ^ 1P75 » 5 048 »

» 1876 » 6 922 »

» 1877 » 8 689 »

» » 1878 ^ 0 155 »

» » 187!' » 11 50 J »

» 1880 V 1 1 7(10 »

Die Nuclilraj^e war so stark, dass 213 1 "Hegen niclit übernommen werden konnten. Aniii'n|tHege faml in 15 Fällen mit 211 Tagen statt. Im Krankeupensionat landen 28 Patienten Aut'uahme mit 1112 Pttegtagen.

Die Krankeiiptlfge erfolgt gegen einen Ersatz von 3 5 Mark für 24 Stunden. \ on llnbemittelten wird keine VergiitunLT lM';ins|»rticlit.

Die Aufnabnie in das Krankenpensionat erfolgt gegen Bezalilmig von 1 Mark und mehr pro Tag. unter Umständen auch unentgeltlich. Die Wahl des Arztes steht jedem Patienten frei.

B. EVANGELISCHE DIACÜNISSEN-ANSTALT.

Die Krankenpflege durch evangelische Diaoonissen wurde im .lalire 1861 begonnen. Die erst»'n Schwestern waren aus Karlsruhe berufen und nur für Anne bestimmt. Am 5. Januar 1866 wurden dem Diaconifwenverein die Rechte einer juristischen Person verliehen und hierautliin ein Haus in der (^uerBtra.sse erw(uben, in welchem ausser der Wohnung der Schwestern eine Krankenanstalt mit zehn Hetten errichtet wurde, die den ersteren Gelegenheit zur Aiisliildnng gewälirte. Sechs Betten waren fiir solche arme Patienten, die keinen Anspruch auf \ erjitiegung in den hiesigen Spitälern hatten.

Im Jahre 1S7<> ertolgte die Al)l)ertifuug der Karlsnilicr Schwestern. Es trat eine Olx'rin in die Jetzt >ell»stständig gewordene Anstalt ein. Die Kriegsjalu-e schaüteu in ilen Lazaiethen und im Hause vielfach

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394 XI. KmnkpnpfleKe.

Gelegenheit fOr die Diaconissen, Terwundete und erkrankte Soldaten zu verpflegen.

Im Jahre 1872 wurde mit dem Hau des neuen, an der EscherB- heiiuer Laiidstrasse gel^^nen Diiu-niiisHenhauses b^o^onneii, das am 24. Juni 1S74 Ix /ogcn wurde. Es ist von Myliis k Bluntschli erbaut und luit Raum für 50 Diaconiaaen und 40 Patienten.

Die Zahl der Sdiweskem bebrag Ende 1880 im Ganzen 53, darunter 30 Diacuniasen. Sie pflegten 1758 Fälle mit 26 631 Pflege- tagen, 1980 Nachtwachen und 22407 Besuchen.

In der Krankenabtheilung wurden 249 Kranke verpflegt mit 0935 Tagen und 457 Nachtwachen.

Die Aufnahme von Kranken in das Diaconissenham erfolgt ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses. Geistes- kranke, Wöchnerinnen, chronisch Unheilbare, Blattern-, KnUze- und Syphilisleidende sind angeschlossen.

Ffir die aufzunehmenden Kranken bestehen vier Glassen:

1. Kranke, die sich in erster C lasse verpflegen lassen, er- halten besondere Zimmer, fibemehmen aber die Kosten des Arztes, den sie jedoch sich uHihlen können, der Arznei, der WSsdie, sowie auch der Bäder noch besonders. Sie veigfiten fttr den Tag 5 Mark (in einigen bescheidener eingerichteten Zimmern 4 Hark).

2. In zweiter Classe haben die Kranken Ausnahmefalle vorbehalten kein besonderes, jedoch nur mit zwei, höchstens drei Kranken belegtes Zimmer, dagegen Hausarzt, Arznei, Vt^sche und Bäder fm, Sie vergOten fOr den Tag 2 Mark 50 Pf.

3. In der dritten Classe, in welcher ebenfalls üansarzt, Arznei, Wilsclic im»! Bäder frei gewährt werden, beträgt die Ver* gfltung fflr den Tag 1 Mark 40 IM'.

4. Die vierte Classe bilden ilie ohne Vergütung Verpflegten. Für diese sind bis jetzt a < Ii t Freiheiten aufgestellt.

Bei allen Krankheiten, die eine durchgreifende Reinigung oder Erneuerung des Bettes nöthig machen, sowie bei jedem iSterbel'alle, wird eine Eiitsc1i;idi^,ning für das IJeft in der ersten Classe mit M. 20, in der /weiten Classe mit M. 10, iu der dritten Classe mit M. 0 entrirlitet.

Die Iteerdiirnnirskosten eines iu der Anstalt Verstorbenen haben dessen .\ngeliöii;i:en zn tragen.

Die Verpllegung ausser der Anstalt erfolgt theils oliue, tbeils mit V ergütung, in letzterem Falle nach Belieben.

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90. Die Anstaltea für Kranken]»flege.

C. DIACOMSSEN-ANSTALT DKS 1U:TII ANIKN-VKh'KINS.

l)it' DiaconissiMianstalt «Ifs |{t tliaiiitMivt'n'in.s ( Mfih(i(Iistiiiii<'ii | wurclc im April IST») i;('^'rüiiili't iiihI mit drt'i Srlnvi-stcni t'rr»n'ni't. Sit' stellt uiitt-r der ( UMTaiilsicht fiiu-s Vorstantlfs, der in l'iaiikf iirt s«'int'n Sitz hat. In den ersten Jalir<'M wnnlen mehrere Scliw estern im Akadnuis« heil Krankenhaus in Heidell)«'!«; ans^ehihlet, seit drei Jahren in (h r Anstalt ((J rosser Kuriimurkt Nu. -1) selbst durch eigene Aerifite und die 01)erse]i\vester.

Im ersten Jahre wurden 40 zahlende Kranke und 21 arme verpflegt, im fünften 100 zulilende und 46 arme, bia Bnde 1880 im Ganzen 808 zahlende und 170 arme Patienten, zusammen 568. Die Zahlung beträgt 2 4 Mark pro Tag.

In dem Wohnhause der Schwestern fiwden auch Patienten Unter- kunft. In der nächsten Zeit steht der Bezug eines neuen GebSndes (mit Krankenpensionat) in Aussicht, da das alte aus hygienischen Gründen stationäre Kranke nicht mehr aufhinunt.

D. SCHWESTERNHAUS BETHANIEN.

Im Juni 1881 trat die seitherige Vorsteherin der vorgenannten Anstalt mit elf der älteren Schwestern aus und grflndete das Schwesternhaus Bethanien. Diese Schwestern übernehmen, wie seither, die Krankenpflege in der Stadt und nehmen in ihr käuflich erworbenes, zur Krankenaufhahme eingerichtetes Haus, Mittelweg No. 30, Patienten auf. Es steht jedem Arzte frei, chirurgische und innere Krunke zu mässigem Preise darin unterzubringen und zu be- handeln. Nur ansteckende Kranke sind ansgeschlossen.

E. BAHMHEKZIGE SCÜWEÖTEKN. Auf Ansuchen seitens der kaüiolischen Goneinde wurden im Jahre 1858 von der Filiale Wiesbaden die ersten Barmherzigen

Sehw. steril ( vAnne Dienstniägde Jesu Christif) nach hier zu ambulanter Krankenpflege ohne festes Doniicil abgesendet und waren unter dieser Form von 1 >^.'>s— 1859 drei Schwestern thätig. Wünsche wie Ansprüche an die I )i<Mistleistungen der Pflegerinnen mehrten sich nusch und als im Jahre 1860 zwei der Schwestern am Typhus erkrankten, wurden von dieser Zeit an sechs Schwestern dauernd in Frankfurt statioiiirt. Dieselben l>e7.()«;en hint«'r dem I,ämi!i< hen No. ü ihre erste Wohnung, beäteheud in zwei, später vier Ziuuiieru.

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396 Krankettpfl^.

Mit UnteistütxaDg des GemeinderorBtandes und einiger wohl- meinenden OOnner gelang es im August 1802, die Niederbuvsuug auf neun Schwestern zu erhöhen, zugleich ward durcii den katholischen

Gemeindevorstand eine neue Wohnung von fünf Ziiuniorn ffir di-n Aufenthalt der Schwestern «nuiethet. Im Jahre 18(>4 betrug die Zahl der Schwestern 15.

Im Marz 1860 erweiterte die Filiale abernuils ihre Käunilich- keiten und verlegte ilir Domicil nach dem grossen Kornniarkt Xo. 20, hestehiMid in sieben Zimmern mit dem nöth%en /ii)>fliör; Ende Juli desselben Jahres reisten vier der Schwestern zur IMl. ge verwundeter Krieger nach Undingen uinl iM iiiliu'^n'n ah und verblieben daselbst bis Anfang Septt iulM r in Thätigkeit: am 2.i. August verlangte man tiir eine der Baracken auf der PHngstweide Pflegerinnen und wurden am 24. zwei Schwestern zur Verfügung gestellt; dieselben versahen ilir Amt bis Ende November.

Durch die Einrichtung einer öifentlichen Gastwirths^haft in der Behausung auf dem grossen Kommarkt sahen sich die Schwest4*rn zu abermaligem Wohnungswechsel gezwungen und hatten nunmehr die Freude, in Folge eines denselben von befreundeter Seite zu- gewi<'s('uen Vermüclittiissj's im Betrage von fl. 15 <)()<> und unt^^r iortduui'ruder Mitliiilli' des katlidlischeu (Temeiudevorstaudes. in den B«'sitz einer eigeui'u Behausung zu gelangen, wcl<lie am Antust 1S08 bezogen ward. Es i.st dies das drrnialige I'ilialgel)iiuilf Mittel- weg No. 40; vi'rjtflegt wurden in demselben Jahre ^liVA Kranke mit 1280 Naelitwacheu ; unl)erück»ichtigt mussten 00 (Tcsuehe bleiben.

Die Zahl der Schwestern wurde auf 17 erhöht. .\m 10. Mai 1870 erhielt die Filiale ihre achtzehnte Schwester inid am 1. August de.s- selben Jahr«'s reisten drei derselben auf den Kriegsschau|ilatz ab und zwar in die La/.arctlic vor Metz. Am ^. AuLiiist iibcruahuu'U drei weitere Scliwi'stcrn liic IMlege von VerwniKlcten in der Klinik des ll( i rn Dr. BorKi;.\Mi:i.Mi;u, meist schwere opi'rative Fälle; gleichzeitig u iirdeii auf Verlangen sechs Schwestern für das Lazaretli im Waisen- iuuise abgegeben und verjjtlegten diescdbeu bis zum 20. August 116 Verwundete. Am 11. September übernahmen Schwestern die Pflege in den Baracken im Vaconh .s'scheu üarteu in Sachsenhau.seii und zwar acht Schwestern nebst zwei Postiilantinnen.

Ende Sej»teinber kehrten die Schwestern vom Schlaclitfelde nach hier zurück; an die BtK-KKNHKiMER'sche Khnik wurden noch zwei weitere Schwestern ubgegubeu.

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90. Pia Anstalten für Krank« ii]>il<-(;c. ii^7

Im Mu 1871 ward das Reservelaasaretii No. II. in SachsenhauMn au^ehoben, wodurch die Th&tigkeit der Schwestern daselbst beendigt, und kehrten dieselben nach der Filiale zurfick; de^l. verliessen am

1. August 1871 die Schwestern Ton hier die BocKBNHSiMER^sche Klinik.

Im Jahre 1873/74 erforderte die Typhusepidemie eine sehr an- strengende Thät^keit.

Wiederholt trat in diesen Jahren das Ansuchen heran zur Auf* nähme und Pflege in der Behausung der Schwestern; auf bei der Königlichen Behörde eingereichtes Gesuch wurde am 31. Mai 1878, unter Torgezeichneter Beschränkung bezGglich Raumes und Zahl, die entsprechende Bewilligung ertheilt; es wurden demgemSss vier Zimmer des ersten Stockwerkes zur Aufnahme von Kranken heigerichtet, jedoch mit Ausschluss aller Infectioiiskrankheiten. Am 24. Juni kamen die ersten Knmken und fast zur selben Zeit lius-sert^.' Herr Augenarzt Dr. Karl den Wunach, seine (>|)eratiTe Klinik der Pflege der Bunn- herjtigen Schwestern zu übergeben, was demselben auch bewilligt werden konnte. Am 15. Juli wurden die ersten Augeukranken auf- genommen. Es wurden im Jahre 1878 31 Kranke im Hause verpflegt, im Jahre 1879: HO.

Im April wurde die Zahl der Schwfstern auf 2'^ t-rhöht,

darunter jedodi zwei, welche in Folge körperlitheu Leidens nicht unter die Zahl der pfl^enden gerechnet werden können.

Im Jahre 1880 verpflegten die »Schwestern am Mittelw^ No. 46« im Bereiche unserer Stadt 497 Kranke, davon 80 in \hrer Behausung, einschliesslich der Augenkranken in der Klinik des Herrn Dr. Karl; die angefahrte Zahl setzte sich zusammen aus: 207 Katholiken,

2. '?S Protfstanten und 52 Israeliten. Die Verpflegungstage erreichen die Zahl von 71<>'?; die vollständigen Nachtwachen 2528; dass die katholischen Krankenpflegerorden, welcher Genossenschaft sie auch inuner angehören mögen, keinerlei Vergütung für ihre Dienstlfistnngen l)eaiis))ruchen, ist bekannt; fttr Verpflegung im Hause berechneu die Barmherzigen Schwestern auf gemeinsamem Zimmer, bei voUstündiger Verköstigung u. s. w. M. 2 und M. 1*50; doch vergüten manche Kranke nur 1 M., resp. 50 Pf.

Das Amt eines Ilausarztt s bekleidet seit Jahren Herr Dr. med. ROBERTH; den Patienten steht es frei, sich ihren Arzt zu wählen. Die Verwaltung und V(»rsteherschaft der Filiuh' steht unter einer, durch das Mutterhaus zu 'Dernbach bestimmten Oberin.

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398 Krankenfifloge.

Das damalige Gerade der Bannhendgen Schwestern hat im ersten Stock vier Krankenzimmer, davon zwei zn ausschliesslicher Benntzong des Herrn Dr. Karl, Operationszimmer, Krankenkfiche; der zweite Stock enthfilt die Schlafrftume der Schwestern und ein Keserrezimmer. In Folge der wachsenden Anspreche ist ein Neubau ins Auge gefasst.

F. (jlENOSSENSCilAKT DER AILMEN SCH WESTE UN VOM IIKILHJKN FKANZISKUS.

Di»' fJcuossonstliiilt »It-r Aniit-n .Sc,h\vest<'rn vrmi heilip-n Fniii- ziskns wiirdf /ii Aaclu'H im Jahro 1849 <i;('grün<lot. Niuh ihren Sturutt'M sind (lirsclhcn vt-rpflichtet /nr AiisiilMinp^ aller Werk«' fiiT christlirlicii Niirlistciilit'ht' iniii HariiilitT/iükcit . zu wclclK'n iliiU'M (iclt'Ljriiju'it !i''l»<»tt'n wird und nie im Stamlt' sind, l iiter diesen Werken stellen sie obenan die Pflege d«r ainirn Krankfii, auch der an se!h.stvers< huhh'ter, oder ansti'ckmder Kraiikhrit Lcidt-iidtMi. v<n"- zf.txlieli in deren Wohnungen, jrdoch auch in (drentliciu'ii AustaltiMi. In den Fällen, wo die bemittelten Kranken sich vergebens um under- seitige entsprechende Pflege bemühten, widmen sie sich auch ihrer Pflege und Au^irartung. Neben der Krankeni)flege und der Ffihmng der Krankenkfiche sorgen die Schwestern tmxsk fttr die Speisung gesunder Armen durdi Errichtung der Armenkfiche; sie besuchen die Armen in ihren Häusern, um ihre Noth und Bedürfnisse persön- lich kennen zu lernen, ihnen für die fehlende nSthigste Kleidung zn soigen, und nötibigen Falles selbst die un«dBssHche Hausarbdt f&r sie zu verrichten. An Orten, wo keine Zufluchtsstätten ftlr ver- wahrloste Mädchen oder Bfisserinnen sind, widmen sie sich ihrer Versoigung und Unterbringung, sowie sie sidi anch nicht der Pflege von Gefangenen und Sträflingen entziehen, wo sie dazu be- rufen werden.

Am 24. Mai 1875 trafen die ersten Schwestern hier an, denen spater weitere fol^n. Die Niederlassung wurde gegrfindet im Hause Ko. 12 Langestrasse. Durch Verftlgung des Gultusministeriums an Königliche Regierung am 29. April 1877 wurde aber die Nieder- lassung für aufgehist erklärt und im Juni 1877 mussten die Schwestern, die nacli d<Mn Inkrafttreten des Kloetergesetzes lüerher gesandt waren, die Stadt verlassen. Yoa di>n zuerst gekommenen war ab«r nur noch eine Schwester Iiier verbliehen, so dsiss sie acht Monate lang mit zwei Postulantimieu dos Haus aufrecht erhielt.

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90. Die Ansüilti n tiir KrankenpHcgc. 309

Am 21. December 1877 wurde die Rfldikehr der Schwestern wieder gestattet. Ihre Wirksamkeit in den drei seitdem verflosBenen Jahren wurde dahin ausgedehnt, dass sie

1. eine Armenkfiche errichteten, in welcher täglich 50 60 Portionen Suppe an gesunde Arme und in den Wintermonaien an arme Schulkinder 140 150 Portionen Terabreicht werden;

2. Krankenpflege flhemehmen in den Häusern der Pfleglinge. Ln Jahre 1880 wurden 315 Kranke verpflegt, und zwar 143

Katholiken, 154 Protestanten, 18 Israeliten, mit 1122 Nachtwachen. Die blossen Besuchspflegcn belaufen sich ebenfells auf eine hohe Zahl.

In der Niederlassung der Annen SchweMtern vom heil. Franziskus (Langestrasse No. 12) wird durch den iiu Februar 1879 in Thiitig- keit getretenen »Verein znr Pflege armer Kranken aller Confessionen«, dessen Vorstandsinitglieder den verschiedensten ReligionsbekenntnisBen angehiiren, Tag für Tag eine kräftige Kranken- kost, bestehend aus Suppe, Fleisch (Braten), GemQse oder Compot auf ärztliche Anordnung verabreicht. Im Jahre 1880 kamen 21 021 Portionen an 3602 Personen auf diese Weise zur Vertheilung. Weiter befindet sich bei diesen Schwestern das D^pöt des genannten Vereins ftlr die zur Krankenpflege ndthigen Utensilien (Bettung, Wasche, sonstige üntorstfitzungsmittel), welche an diejenigen Kranken ge- geben werden, die in ihren Familien und Wohnungen verpflegt werden. Die Errichtung eines Asyle» für si<dche arme Kranke, deren Aufnahme in die bestehenden Spitaler Hindemisse im Wege stehen, ist vom Verein in Aussicht genommen.

G. BABMHEBZIOE BRÜDER.

Die Barmherzigen Brttder wurden im Jahre 1868 von der Filiale zu Wiesbaden Mutterhaus Montabaur) hierher häufen. Sie wohntra in der Sch&fergasse. Im Honat Mai zogen vier Brfider ein, und Ende desselben Jahres war die Zahl auf sieben schon gesti^n; aber das Bedfirfoiss der Patienten wurde inmier grösser, und so wurde die Zahl der BrQder mit jedem Jahre vermehrt; dadurch wurde das BedUrfniss fOhlbar ein eignes Haus zu besiteen. Durch einen Aufruf in hiesiger Stadt, von vielen Aerztra nnterzeichnet, kamen ungefähr M. 10 000 ein, ein PfrOnder brachte M. 5000, dafttr wurde der Bau- platz gekauft. Am M. August 1871 wurde sodann der Grundstein zu dem jetzigen Bruderhuus«' mW Kapelle Unterer Atzemer No. 8 ge- legt und folgenden Jahr 1872 im Herbst von den BrQdem bezogen.

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400 * XI. Krankenpflege.

Das Capital zum Bau erhielien die Brfider theilweise zum mSasigen Zinsfuss von der katholischen Gemeinde, theüs vcun vei^ storbenen Herrn BrTZi, ein T])( il ist noch nicht abgetragen. Das Haus war nur für die Brfider bestiiumt; die8ell)en konnten aber nicht di'ni Andränge mancher ihrer Gönner widerstehen, um Piiticntcu ins liaus auf/nnehnieii. Uni dieses niö^licli /.u machen, wtirdcn die Dach'zinimer für die Brüder herjijerichtet, und so konnten dann zehn l*atient<'n auf"<^«'nonimen werden ohne Untem'hied der Confession. Besonders werden chroniHch Leidende, die in an(U»rn Spitälern nicht anff^enoniiiH ii werden oder nnffelieilt entlassen wurden, aufgenommen. Jeder Patient kann seinen Ar/t wälilm.

l)nr(li die \'i'rnielirnnn^ (h-r liniiler. dt n ii Zahl jet/t l<i, /.iiweih'ii 18 Ix'triigt, und (hirdi di<' inuiier mehr steit;en(]en Anfragen um Anl- nahnie von l'atienteii, hahen die Brüder anj^efan^en ein t;nt>si'res Haus nel)st Capelle zu haueu uu<l zwar tleni jetzigen j^e^j^enuhrr. djus im -luni uüi listen dahres zum Bewohnen fertig sein soll. In demselben krtniien »;e<;<'n 25 Kranke Aul'nahme finden.

Jvs wurden in der Stadt verptiegt:

187(>: Kid l'crsonen an 22«i«i Tagen und in 2r.92 Nächten,

1877: KU» » > li)|>7 » » > 2244 »

1878: Iti.'i » » 2(i84 * » » 3100 »

1879: 200 » » 3584 » » » 4511 »

1880: 202 > > 2900 » » » 4104 »

Es waren hiervon

1878: :M Katiioliken, 90 Protestanten, 39 Israeliten,

1879: 50 > III » 39 »

1880: 65 » 103 » 34 »

Im Hause wurden verjttle<;t:

1878: 14 Katiioliken, 7 Protestanten, Israeliten,

1870: 8 » 4 , ,

1880: 9 » 4 »

Die Aufnahme erfolgt gegen nissige Vergütung, mitunter auch gratis. Freibetten sind bis jetsst nicht gestiftet.

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XII. BEERDIÜUNGSVVEÖEN.

91. STANDESAMT UND LEICHENSCHAU.

Von I>r. jur. J. AUERBACH,

Bei der Schilderung unseres Beerdigungswesens darf eine kun&e Danstellung jener Functionen des Standesamtes, welche Torbereitend und fiberwachend jeder einzelnen Beerdigung vorherzugehen haben, um so weniger fehlen, als es sidi hier um eine specifisch Frank- furtische Einrichtung handelt, welche anderwärts kaum ihres Gleichen finden dürfte.

So oft ein Sterbfali eintritt, machen sich sofort wichtige In- teressen all<j^enieiner und priviitcr Natur geltend, deren Schutz und Wahrung durch *(esetzliclie ]it'>tiiiiiminfren und zwc( kiMitsprechende Einrichtungen eine HauptHuf^abe der Staats^r^walt bildet.

Vor aUem mnss in vollkonimenster, d. h. jeden Zweifel aus- «cldiessender Weise die Gewisslieit des einffetretenen Todes fest- jjestellt, der h^tztere in den Standesbüchern öll'eutlich bekundet und scbliesslicb die Leicbe l)estattet wi'rden. Es nulss ferner die narlilass- rei^nlireiide lieliürde, sowie (He ( )berv()nnuiidstliatt alsbabl von jedem Steibtilll KeniltMis.s erbaltell, Ulli eiltselieideii ZU krtiuieii, (»b und inwiel'eni der Nacblass im Iiileresse niiiideriiiliri<;er otb'r abwesender Erben sicher zu stellen ist. Eiidlieli i>t ikhIi der Staat als solcher bei allen SterbetTiIleii inteics.sirt l»ezfii;lirh rler Statistik, (b'r Erb- sehaltssteuer und lies Militiirwesens, sowie bei ileii Fällen jx<'waltsainen Todes, um ein etwa begangenes Verbrethen teststellen und ahnden zu können.

Den in die.ser Beziehung an die Staatsgewalt zu stellenden An- forderungen ist in unserer Stadt seit nunmehr 70 Jahren in vor- zOglicher Weise GenOge geschehen und ebensolange auch ist die

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402 Beerdignogswcsfii.

Standesbeamtniig mit der Feststellung der vorgenommenen Leichen- schau befasst.

In der reichsstiultis« hm Zeit wurden Yon den einzolnen Con- fcssioiicn keine TodteiibÜcher, HOiidern nur Bperdiininjjshficher ge- führt. un«l trat daher eine Thätigkeit der Kirchenbuchfiihrer nur nach bereits erfol^er Heerdij^ung ein. Erst verfCigte eine lliiths-

vernrdnnn^ fvom 2<). Mai), den Todestag in den Bficliern den Be- erdigungsta^ l>t'izut"n<;en, und 1797 eine ebensolche (vom JuHl zum ersteomale die Feststellung der Todesursachen zu statistischen Zweck »Ml.

Zur Geltuii;^s/eit iles tVau/iisiM licu lu'chts, ISll 1S14 (un- vollkommener Civilstand mit ohliufatniisclier ('umulation der hür^fer- lifhen und kinhiiehen Ehesehliessiui}^) war der ( 'ivilstandsheamte nach (^)de Livre I. Tit. II. Chap. 4, Art. 77 verj»tii( htet, sich durch eigene Besichtigung des Verstorbenen von dem Todestall persönlich zu vergewL*<sern. Doch hatte derselbe nach 110 .seiner Instruction nach UnLständen i;inen Arzt oder Wundarzt beizuziehen, was wohl in den meisten Fällen geschehen sein dürfte.

Hit der Einftthning der Haupt-Kirehenbachf&hmng (gemein- samer Civilstand aUer Gonfessionen ohne Givilehe, von 1814 bis 1. Mai .1851) hörte diese persönliche Todtenschan des Standesbeamten auf, doch verlangte der Haupt-Kirchenbnchfahrer ärztliche, nach einem bestimmten Formular abzn&ssende Todesseheine. Diese Uebong fand gesetzliche Sanction in den Hedidnalordnongen von 1817 und 1841. Auch die llitwiikung der freiwilligen Gerichtsbarkeit wurde geregelt durch die Fiscalatsinstniction vom 8. September 1826.

Durch Gesetz »die Standesbnchffihrnng betreffend« vom 19. No- vember 1850, welches vom 1. Mai 1851 an den reinen Givüstand (mit obligatorisdier Civilelie) einführte, wurde bezüglich des Be- erdigungswesens die s( itherige, auf Gesetz imd Gebrauch blühende Praxis bestätigt und der {Staudesbucliführung diejenige Stellung angewiesen, welclie das seit 1. Januar 1876 an ihre Stelle getretene Königliche Standesamt noch heute einnimmt. Von den hier niniusa- gebenden l)eiden Paragraphen des erwähnten Gesetzes lautet der erstere:

»§ 19. Der Kintrag eines Todesfalles erfolgt auf das Zeugnis« eiiu's hier recipirten Arztes und in den Lanrl<^feiiieinden , in Er- inangeliMig eines Arzti>s. anC «las Zeii«/niss eines verptlichteirn Leiclien- beschauers. Hei dem Toile unehelit her Kinder nnd "wenn der Hin- geschiedene eines gewaltsamen Todes ge.st*)rl>en i.st, .stellt ein l'hysicui» das Zeugniss aus.«

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91. Standeeaint und Leichenschau. 40;3

Bemerkenswerth ist hier vor Allem, dass der Eintrag in das Standesbach erst erfolgen durfte, wenn der Tod durch die ärztliche Leichenschau festgestellt war, eine unzweifelhaft richtige und sach- gemSsse Bestimmung, welche jedoch das Gesetz Ober die Beurkundung des Personenstandes Tom 6. Februar 1875 nicht aufgenommen hat, indem es Tielmehr den Eintrag der SterbefäUe auf einfache Anzeige hin TerfDgt

Was nun 'He Leichenschau selbst l)etriffl, so wird dieselbe noch heute- ganz nach den Gnindsät/.iMi <4;eli!iii<I]ial)t, welche der Stadt- physicufl Dr. Mappbs im Jahresbericht über die Verwaltung des hiesigen Medicinalwesens, Jahrgang 1857 S. 74, wie folgt erschöpfend daigeleirt hat :

»Die Todtenschan geschieht nicht durch besonders dazu be- stellte Medicinalpersonen. sondern in der Hegel durch den im hiesigen Staate aiit<;eiioniini'iu'ii Ar/,t. welcher den Verstorltenen im Li'l)en be- haiidclt hat: er stellt niicli vorheriger genauer Untersiu iuuiir des Leichnams «len TcMltenseliein nacli dem vom Sanit;its;iiiit c -^r^rclM-nen Formular aus. Ergibt si< h bei dieser rntersncliimg nur einio-i-r \'er- dacht auf einen gewaltsamen Tod, so nni>s dem l'oli/.eianite sofort Anzeige gemacht werden. War der Verstorl>ene von keinem oder von einem auswärtigen Ar/te Ijeliandelt worden, so kann nur ein l'hysicus den Todesschein ausstellen : auf den Dörfern sind in un- bedenklichen Fällen die Landchirurgen hierzu ermächtigt. Die Beerdigung darf erst nach Ablauf von 3 Nächten nach dem Tode stattfinden; soll sie frfiher geschehen, so mnss die Erlanbniss des Polizeiamtes eingeholt werden, welches sie ertheilt bei bescheinigt-er, ungewöhnlich stark Toigeschrittener Faulniss, bd Zerschmetterung des Körpers und nach LeichenÖffiiungen, welche aber erst 12 Stunden nach dem Tode gemacht werden dörfen. Fehlt es an passendem Räume zur Anfbewahrui^ der Leiche bis zur Beerdigung, so be- stehen auf den B^bnissplätzen der Stadt Leichenhauser, in welche die Leiche schon 6 Stunden nach dem Tode gebracht werden kann, um bis zur eingetretenen Faulniss aufbewahrt zu werden. Die Todessdieine Aber uneheliche Kinder dürfen ausschliesslich nur von einem Physicns ausgestellt werden, und zwar in der Stadt vom Stadtaocoucheiir, auf dem Lande von dem die Geschäfte daselbst bes(»rgenden Physicus; sie haben die Todesnrsaclie möglichst zu er- forschen und wenn «e zur Vermuthung Grund haben, dsvss nach- lässige IMlege oder sonstige Verwahrlosung den Tod verschuldet hat, mfissen sie den betreltendcn Behörden Anzeige davon machen.«

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XII. B^M^igniigswesen.

Ueber das Beerdif^ungaweaen verfflgt der andere der beiden enrähnten Paragraphen den Gesetzes Tom 19. Novonber 1850, wie folgt:

»§ 22. Kein Verstorbener darf ohne schrifllichen Krlüiibniss- flchein der Standesbnchfnlinin«^, welcher bei Todc.sfiilli'n in der Stadt von dem Fiscal sifjnirt wird (Instruction für den Fiscal vom 8. Sep- tember 1^2<'). '\). begraben oder zum Behufe auswärtiger Beerdigung weggebracht werden.

xJede üebertretunj( dieser Vorschritl ist der Poli/.eihrhörde s«)t'ort anzuzeigen und wird mit einer Geldstrafe von 20 bis 50 Gulden fOr jeden Schulditren <;«'uliii<lt't.«

Auf dies»' Weise wurde die StiUid^'sltiuht'iihriniL; dr.rdi das VtT- bot, ciiif Bt'erdiffun«; olmc ihre Krlaulniiss vor/.unelinu'U, und dif Feststrlluiitf der Vorlti'iliii'^uii^'i'n liir rlir letzten' in erster Linie zum Scliut/.e der Kin|ian;4s unserer DarsteDiin;; erwiilmteu wicliti^eii Interessen beruien und an die Spitze unseres Heerdi,t;un|j'swesens j^estellt. so dass der Kirchen- und Friedliotscctiuinissiun ledij^^licli die rein technische Austüliruug der von der Stundesbehürde zugehusseneii Beerdigungen verblieb.

Die Standesbuchführung kam ihrer Verpflichtung durch Ein- haltung des folgenden Verfahrens nach:

üeber jede Steibfallsanzeige wurde das gesetzlich vorgeschriebene, die Personalien des Verstorbenen möglichst ToUstftndig enthaltende ProtoooU auf einem besonderen Bogen aufgenommen, welcher auf seiner zweiten und dritten Seite Formulare ftlr die von der Fried- ho&oommission, dem Fiscalat und dem Polizeiamt zu ertheilenden Vorlagebescheinigungen, sowie ein mit dem Aerztlichen Vereine vei^ einhartes ausf&hrliches Formular des arztlichen Todesscheines enthielt. Der Anzeigende wurde sodann angewiesen, dieses ProtocoU bei dein Fiscalat, der Friedhofscommission und im Falle gewaltsamen Todes oder angezeigter beschleunigter Beerdigung auch dem Polizeiamt vorzuzeigen, für die Ausfüllung des Todes-scheins durch den be- handelnden Arzt, eventuell 1 ir< li einen IMiysietis Sorfje zu trajjen, und endlich das ProtocoU wieder bei der Todtenbuchführung in Vor- lage zu l)ringen.

Die Friedhofscommission nahm von dem Sterhefall behufs der zu treffenden Anordnungen vorläufig Notiz, da.s Fiscalat aber vernahm den Anzeigendi'U, «'veiitutdl auch noch weitere Porson<'n über den Naclilass und die hinterblieixMien Erben zu Protnenll, ordnete auf Grund seiuer Instruction, falls dieses erforderlich eracliieu, die sofort

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91. Standesamt und Leichenarhao.

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zu vollzicliende Obsignation den Nachlaases an, that nöthigenfalla dif einli'itoiuU'ii S<lirltt*' zur nt'stt.*Ilung von VorturmdiTn und be- richtete in jedem Fulie an «lus luu lilitssreguliriuid«' ridit.

War nun <liis Prutocoll, mit den ertord» r!i( lieu Bescheinigungen niul doni Todessclu'ine versehen, zurüikgereicht, SO wurde di«' sclirift- iitln' liffi-digiingserliiuhniss der Friedhotkioniniission zngestrllt und der Sterbt'uU in das TndtiMil)U( Ii «'iii«;<>triig('ii. Die in Mouatsbänden ge8anuHc!t«'n I'rot'Mdllc hildni das Duplicat des Ictztt'ri'u.

All dirsriii V<'i tnlii'''ii wurde durch das I{('ii lisi;i'sr(/, vom <). Ft'bruiir 1S75 iui \\ t'srut li( li' ii iiiclits ^riimlcrt. l)a uämlirli durch (hisstdl»«- dir siidi aiit" die liCu la-iiM hau und lirt-rdi^tiu^ hi'/itdii'Uih'U iicstiuiniuu^^cn des Gesetzes vom lU. Noveiiiher isrid uicht hcriilirt wunhui, so giugeii die bezüglichen der Sfaude^hui hliihruiig zugewiesenen Functionen gleich (h-r Bewahruug und Kvi(h'uthaltung der vorhauiKiieii Kircluui- und Standesbüclier auf (hi.s Königiitlie Standesamt über, weldu's sich sofort augelegen sein Hess, dieselben in formeller Beziehung den Vorschrifken des neuen Gesetzes anzupassen. Die eingetretenen for- mellen Aenderungen sind fQr das Pablicum ohne Belang. An die Stelle des frflheren Protocolls tritt jetzt, da die Anzeige des Todes, wie bereits erwähnt, sofort in das Sterber^pster zn protooolliren ist, eine besonders anfisunehmende »Sterbfiillanzeige,« wdche nach Inhalt und Form dem froheren SterbeprotoeoU vollständig entspricht. Diese Sterb&llanzeigen werden ebenfalls in Monatslmnden gesammelt und bilden so ein werthyolles Triplikat des Stwberegisters ^odteubuchs). An die Stelle des Polizeiamts ist das Königliche Polizei -Prosidium getreten, pie Functionen des Fiscalats sind in Folge der neuen Ge- richtsorganisation auf das Secretariat des Königlichen Amtsgerichts II flbei^^^puigen.

Das Interesse de« Staates beziiiflii h der Statistik, der Erbschafts- steuer und des Militarwesens wird gewiilirt durch Einsendung von Zählkarten an diks Königliche Statistische Bureau zu Berlin, monat- licher Erbschatts-steuer - Todteuiisti'U au das Köuigli(he Erl»schat"ts- steuer-Amt zu Wiesl)aden und jiUirlicher Militär -Todteulisteu an das Königliche i'olizei - IVäsidium dahier.

Vom Jahre is.M au -^al» die Staudesl)uchl'iihrung jährlich St^ltis- tische Mittheiluu'O'ii iilicr den Civilstaud der Stadl I 'raukturt« heraus, s.'it jSdT that dies in gleicher, nur etwas erweiterter Weise das »Statiätisclie Amt.

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406 BeerdigungsweHen.

D2. FlÜEmiCEFE UND FUlbiUllüFÖCOMMliSSlUN. Von Dr. med. F. OULENSCULAGER.

FRIEDHCEFE UND LEICHENBLffiUSER.

Frankflirt benutzt gegenwärtig drei Friedhufe: nördlich der 8tu<lt den Frankfurter^ nordöstlich den Bornheimerf sfldlidi auf der Unken Mainseite den Sachsenhäuser Friedhof.

Der »Frankfurter Friedhofe halt gegenwärtig 72 Morgen, weit über das Doppelte der ursprfinglicben Anlage, deren nördliche Um- fasBungsmaner bei der Erweiterung zum grössten Theile belassen wurde und jetzt mitten im Friedhofe steht. Er liegt auf dem sanft ansteigenden Höhenzuge zwischen Nidda- und Mainthal (Eingangs- halle 396*4 Pariser Fuss über dem Nullpunkt des Amsterdamer Pegels) mit reizender Aussicht auf das Taunusgebiige, umgeben von einer 10 Fuss hohen Mauer. Er wurde im Jahre 1 828 fQr alle christlichen Confessionen eröffnet, nachdem sich dm Bedürfhiss einer neuen aii.si^erhalb der »Stadt geloj^^ noii Bej^räbiiissstUtto, we^eu ar<;er üeber- füllim^ des PelerskiiTlilKttea dringeudst geltend geniaclit hatte. Ein mit Uluieu bepflanzter Falirweg führt von der Stadt vor die ziiui Friedhofe j^ebörigen (iebüuliclikeiten /.u einem breiten Platze, welcher zu beiden Seiten mit Gesträuchen und Bäumen angepflaiizl ist. An (hm in Tenipelform, von vier Säulen getragene imposante IVrtjil. nach VV«'st4'ii und Osten ofl'en, schliessen sich nucli Süden die Widmung des Friedliot-Aut'seliers, nach Norden das Leichenliaus an. Jieide halien eine Kingangstluire, doch keine Fenster nach dem Platze und sind mit dem Eingänge <lurch Mallen verhundm, wrlrhc durch eint'ailfndi's Liclit, mit t'arhigt'Ui (Jlase verseluMi. erhellt werden. Das Li'ichenha'is enthält P> Zellen, in deren Mitte das Wächterzinuner sich helindel, von jenen durch hernn-tisdi geschhtssfiu' Fenster getrennt, durch welche die Zellen leicht zu übersehen sind. Die etwa 2<> l'uss hohen Zidh'u laufen iu Kuppeln aua, welche beliebig geöit'net inul ilurch wehhe die Dünste aufsteigen können. Von oben erleuchtet, küuuen sie vtin

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92. Friedhöfe und Friedhofscommission. 407

unten geheizt und mit warmer Luft versehen werden und haben

einen Liifbsugcaniil, der das ZustrSmen reiner Lufb ermfiglicht. Die

hier l)t'i<;»'.st«tzten Lficlifii auf i'ineni mit Rollen versehenen

Gestelle. Es ist eine Vorrichtiiug vorhanden, die Finger der Leiclien mit einem kouschen Fin«rerhiite zu versehen, weldier, durch eine Schnur mit einer Glocke verbunden, hei der geringsten Bewegung der Finger, jene über dem bezitterten Fenster der Zelle in Be- weifiuig setzt. An djus Zinnner des Wächters sdiliesst sich ' ein ^^'i(•dt'rht'lebungsziIunler und Ihnlestuhe au. Bis ji'tzt ertönte nur eimiial die (ilockf, ohne duss dies über das Zeichen einer Lebens- iiussrruii^ gewesen wäre. /erst-t/iiiif^t^Msc hatten niinilicli den Bauch <ler Leiche aufgetrieben iintl die Glocken hierdurch in Beweginig gesetzt. Die Einrichtung der Zellen als »geruchlose« hat sich im Uebrigen bewiilirt.

Di»' Verwalterwithiiung hat 5 Zininiei' nebst Znbelitir und ist feucht, wie das ganze Gebslude, an wehiieni man kein Dach sehen sidlte, weshalb der Band des letzteren unter die Aussennuiuer gdegt ist. Zwischen Mauer und Dach dringt denn auch iumier die Feuchtigkeit ein. Es sind daher auch die geeigneten Schritte im Gange, um demuilchst diesem Uebelstande abzuhelfen.

Das Innere des Friedhofes ist als englische Gartenanlage behandelt, von breiten Kieswegen durchschnitten, die zu den Familienb^^bnissen und Grfiften fahren. Die GrGfbe am Ostende des Friedhofes sind durch einen 625 Fuss langen Bogengang mit dnander verbunden, unter jedem Bogen liegt je eine Gruft. Davon stehen heute noch viele leer, Familiengrüfte werden sogar oft nicht mehr von ihren Eigenthfimem benutzt, sie lassen sich lieber in dem schönen Garten begraben, als daus sie in den Steiugrtiften langsam vermodern und Verweeungs- gerQchc verbreiten, die. namentlich wiUirend der Beisetzung neuer Leichen, von der Leichenbegleitung oft auf das Unangenehmste em- pfunden werden.

Der Begräbnissplat/ der IsraeUtischen Genu'inde strisst nat h Osten unmittelbar an die (Jrüfte an und sind die Gebänlichkeiten beider Friedhöfe nach den Plänen des Herrn Architecten Ivi Mi-fc erbaut.

Während die Familien -Begräbnissstätten und Kpitaphien sich nudir au die W'ege lunl Mauern scldiessen, sind die allgemeinen Be- gräbnissplätze in Iveihen. innner in geracU-r iürlitung angelegt, fi'ir Erwachsene und Kinih-r geschieih'U. Beim (iralien der (iräber trifft nniu eine :{ I Fuss tiefe linmusscilichte, dann Lelinihoden und unter diesem in verschiedener Tiele Kalkstein. Das Grundwasser steht munch-

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XII. Beerdigungswesen.

mal mir 5—6 Fuss tief und dalicr mitunter auf dem Boden der (iräl)»*r. Di« Verwesunj^ ist natürlich eine selir ▼erschiedene in diesem Boden, je nach Alter, Constitution und Todesursache der Verstorbenen, doch werden Ueberreste l)ei Exhumirun^cti kaum nu lir ^'cfiinden.

Hervorragendr Monumente hat tler Frankfurter FritMlhof wenige aufzuweisen, vor AUfu das Kurffirstlith Ilessisc-he, in Saiitlstein erbautv Mausoleum, in seinem Iiiihtu mit t'int'm Christus am Kreuze und zwei li<'<^eudeii Statm-ii viui Prolessor Z\VKUi;i:i: t;i'S(hnn"ickt. Von den (»riifti'u /.»'iclini'l sicli ilic von I^k i mm ann'scIh' ilincli Tiiouw \i,i»si;n'sc1u' Helit'fs aus und iiiaoclir s( lirup' Stiiturn /.leren die in dt-r Anlage lietriMidtTi Ii('^fräl)iiiss|iliit/,t', Ziuiit'ist sind h-tztere jedoch mit Kreuzen, Säiili'ii uml ( »ifliskfu <;('S( limiirkt , aus (h-n verscliiedeustcu Steiuarten «;euu-isselt. Die Zierde dvr Br^rübnissstätien hihh'U aht-r BhmifU uuil {^riim? Gesträuehe. Da es nicht gestattet wird, die (irahstiitten mit Steineinfu8.sungen zu umralimen, so sielit man die Grabstätten in einem schönen Garten stehen, denken Bhimenllor ein prachtvoller ist. Die Frankfurter sseichnen sich in der That durdi eine besondere Pietät aus, die Qräber ihrer Lieben zu sehmflcken, und so vet^üent der Frank- furter Friedhof auch den Namen einer blumengeschmückten Garten- anlage, mit Recht weithin berfihmt als einer der schönsten Friedhöfe Europa*s. Im Jahre 1829 wurden 955 Lmchen auf dem »Frankfurter Friedhofe« beerdigt, 1880: 1638, und zwar: a) in den Grflften 4, b) auf Epitaphienplätzen 255, c) in den Reihen der Erwachsenen 013, d) der Kinder 766. Beistellungen in dem Leichenhause fanden im Jahre 1880 statt a) auf ärztliche Anordnung 17, b) auf polizei- liche 0, c) auswärts Verstorbener 19.

Auf demselhcn Höhenzuge, wie der »Frankfurter Friedhof,« zwischen Nidda- und Mainfluss li»'gt weiter nach Osten, dielit l)ei der jetzigen Vorstadt Bornheim, der »Bornlit iiiier Friedhof.« Die Boden- verhältnLsse sind dieselben wie auf dein I' rankt Hri<'r l'riedhofe, nur tritt der Kalkfelsen an einer Stelle mehr zu Tage, djus Grumlwa.-üser steht kaum tiefer. Er umfasst .'»' 2 Morgen, von einer Mauer inn- gebeii. Sein Fiiit;aiit; liegt lOl Fuss über dem Nullpunkt des Amster- damer Pegels. Kill l>eiclienhaus l)esitzt die.^er l'Viedhof nicht, als snh lies wird ein ehemaliges (tarleiiliäus( heu beiiiitzt und reicht diis- sell)e auch ffir die luiclist selten vorkomiiieiide Beistelluug (im letzten Jahre drei) vctilig aus. Doch ist der Friedhof, ISfil eröffnet, bereit-^ filierfüllt, dessen Vergrtt.sserun«; nunmehr in Au.'^sicht genommen, und .s(dl die Erweiterung einfaili von einer Hecke umhegt werden. Die Anlage dieses - Friedhofes, wii- seine Aussclnnückung, ist iiljer-

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92. l'riiilliöfe und i-riiUhofät-omiiusNioti.

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haupt eine mehr ländlich einfache, doch sind auch hier Familien- hegri&bnisse vorhanden. Der Bomheimer Friedhof wurde April 1876 der Friedhoisconuniasion unterstellt und bis April 1877 landen 307 Beerdigungen statt, 1880: 35(5 und zwar wurden begraben a) auf Epitaphienplätasen 13, b) in den Reihen der Erwachsenen 105, c) in den Reihen der Kinder 238.

Der erste vor den Thoren der Stadt Frankfurt benutzte Friedhof war der alte Sachsenhauser, g^mrartlg auch bereits umbaut Ton Hausern. Er wurde, 5'/t Morgen gross, 1812 als BegrSbnissstatte für alle christlichen Confessiunen erofihet und bereits Ende 1867 wcf^eii UeberfUlIung gesthloss««!!. Derselbe wir«! j»'(/.t nur noch gjlrt- in risch unterhalten und wird deslmlh von der FriedhofscommisHion durch einen Aufneher fi) mm wacht. Sein Lei« lienhaus nebst Beamten- wohnung wurde in ein lietliaus umgewandelt.

Der neue Sachsenhäuser Friedhof, ea. 30 Morj^en haltend, liegt mit seinem Eingan«r 120 Fuss liher dem Nulli»unkt des Aiusterdanier Peirels. «rt'iniu s(i<ilicli vou Sathsenhausen. Dif Bodenverhältnisse sind hier insofern nnf^ünstitr ffir die Berrräbnissstätten, als der Kalkfels«Mi stt'Ili'iiweise fast zu Tii«,'e lie<;t iMid die Gräher oft tlieilweis«' in den- sellten eiiiLrelussen werden müssen. < iuellwasst r titulet sich erst hei 00 Fuss Tieti'. I)ie (Ji'liäidielilo'itrn di's Kriiijliof.s sind leitler l»is jetzt, we^^ren l «'lirisrliiritnnjL^ der hit-rfür hewi!Ii<;lfii ( reihte, !Uie]i «Ifiii ursprünj^lit lu ll Plan*- dfs Herrn Arehitrcten Likhlkin nieht znr Ans- fiihnmj; j?ek<»ninien. Didit an der Darmstädter Landstrasse, unterhalh der Sachsenhäuser \\ ai t»- ifele^en, sitnl sie von jener nach Westen durch einen anp'jitian/.t<'n Platz «geschieden. Zur [{echten des Ein- gangs hetindtjt sich die Heanitenwohnun^, zur Linken das Leichen- haus, beide ohne Fenster o<ler Eingangsthflren njich der Strassenseite, etwa 20 Fuss hoch, in ähnlichem Style, wie die des Frankfurter Friedhofes, aus Hausteinen von rothem ^mdstein aufgeführt. Die beiden Oelraiude sollten durch Bogengänge mit einer Begrubnisscapelle in der Mitte in Verbindung stehen, zu welcher auch bereits die Fundamente in der Erde liegen. Emstweilen geschieht dies nur durch ein Holzgitter. Nord> und SOdseite des Friedhofes sind von einer hohen Steinmauer eingefasst, die Ostseite wegen vorgesehener Ver- grösserung bis zum Hainerweg nur durch eine Bretterwand. Die ßeamtenwohnung ist für zwei Parteien mit drei und zwei Zimmern nebst Zubchßr fflr Bureau, Todtcngräberzinmier und Requisitenkammer eing«'ri(ditet. Das Tieichenhaus hat nach Norden ffinf sog. warme geraumige Einzeizellen zur Aufnahme der Leichen, deren Heizung und

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XU. BeerdigttDgswesen.

Ventilation hafc sich aber nicht bewahrt, denn bei starker Kälte nnd sie nnheizbar, und bei grosser Wärme kOnnen die Ausdfinstnngen nicht gehörig abxiehen, da dieselben keinen direeten Abssug haben, sondern nur durch je eine Oefüinng mit dem Divche in Verbindung stehen, unter welchem sich eine stu^uireudc Luitsilnclit hildefc, die a;is den Diichhiken kanm anssfröint. Dit-sc tiiiif Zellen werden durch Doppel- glustliüren von eiiiein VVärtei>aali getrennt, an welchen nach Osten i'iin' ZcUr für drei 8ilr<xe und die Küche stossen. Diese sog. kalte Z<'ll<- nlurch einen guten Oteu aber sehr leicht hei/])ar) kann nicht in B»'iiiit/.im«x ge/.oj^en werden, so lange nicht die Kapi-lh' «jehaut iafc. An deren .SteUe wurde nrmilich der anstoKsendc Sectioussaal als Ver- sannidun^slialle iVir die J^eidtragcnden einj^friclitct. Da <h'r Geruch der nehenan autj^n-hahrtcu Lciclicn al)cr in (licscni Saale l)einerkl)ar ist, niusste man die Benut/uuf; der kalten Zelle aiiij/etieii. für welche die (iestelle mit liernietiscli .scliliesseiiden (ilasdeckelu v(>r;j;e>elien waren, aher aucii niclit zur Austfiiirumr kamen. So wurde das uacli Süden jjfrleMcjif Ar/.tziuuner /.um Sections/.imnu'r um^t-waudelt. Neben diesem beiludet sich das lielel)uu<^s/.iunuer, auili fehlt die Kficlie nicht neben dem Kinj^auge, leider aber das Was.ser, welches für all«- diese lülume zu verscliiedentlielieu Zwecken vorge.sehen war. Durch dieses hätte man auch eine Berieselung der Leichen wälireud der hewnen Jahreszeit herbeifOhren und dadurch jeden Gemdi beentigen können. Allein der Druck der Quellwasserleitung rdcht nicht zur Bewässerung des Friedhofes aus. Die ganze Anlage dessdben, sowie die Ausschmückung der Gräber durch Private ist eine ein&chere, ak auf dem Frankfurter Friedhofe. Erwähnenswerthe Grabdenkmale gibt es hier nidbt, doch ist heryorzuheben, dass die 1870/71 dahier ▼erstorbenen französiachen Soldaten neben ihren deutschen Eri^s- kameraden auf diesem Friedhofe begraben liegen, und sind deren sammtliche Gräber durch eiserne Kreuze kenntlich. In das Leichen- haus dieses Friedhofes werden sämmtliche Fund- und Polizeileichen gebracht, sowie die L^^alsectionen in dem gut eingerichteten Sections- ziunuer voiLreiiommen (was früher im Heiligen-Geist-Hospittile ge.schali) und dadurch wird die Frequenz der Begräl)nisse auf diesem l'Viedhote wesentlich erhöht. Im Jahre 180<S fanden auf dem Sachsenhänser Friedhofe 234 Beerdigungen statt, 1880: 7;i(>, nämlich auf Epitiiphien- platzen 25, in den Heilieu der Erwaclisenen 403, der Kinder 'M)2. Im Leiclienhause wurden heigestellt auf ärztliche Anordnung eine Leiche, auf polizeiliche 70, von auswärts eine.

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92. Fri«db4fe und Friedhofeconunfawion.

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B£6KißBNlääWEä£N.

Die Friedhöfe haben a) allgemeine und b) eigenthümlich zvl er- werbende BegrSbniaratatten. Das zu allgemeinen BegrSbnittplätisen bestimmte Gelände enthalt solche inmitten der Friedhöfe a) ffir Er-

wiuliscnc vom 15. LeVMMisjiiliiv an, b) fOr Leichen j^rösserer und c) für Leichen kleinerer Kinder. Dieselben werden mit einem all.seitij^en Zwischenräume von 1 Fnss ~ <) 2s^ l m in ßeilien mit fortlaul'enden Nnniinem eingeiheilt nnd in dieser Folge ohne Unterbrechung /nr Beerdij^tuif? verwfiid< t. Die Wiederverwendung der allgemeinen Be- ^iUinissplätze ist nsuh Ablauf von 20 Jahren, vom Tage ihrer Ver- wendung gerechnet, /uliissig, Denksteine und sonstige nionnmentule Verzieriingt'n dieser Gräber sind, sedern sie einer Uiiiermauernng be- diirt'en, nicht zidilssig, und ist für den n (ln>ssf überhaupt ein be- stimmtes, uiclit zu übi-rsclireitendes Maa.v< gegeben. Zur eigentbüni- bchen Krwribuiig sind Begnlbiiissstiittcn sowohl für Einzelne, als auch ganze Familien bestinnnt inid zwar mit einem Fliuheugrhaite von (Juadratfuss 2'2«I8 (im für je ein (Jral>, theils a) freiliegende, oder 1>) an die Umfassungsmauern anstos.sende oder c) Grüfte. Diese Begräbnlssstätten werden gegen Legitimations - rrkumU'U verkauft, welche die Rechte und iMbcliten des Eigeuthnmserwerbers entliulti'U. Auf diesen Begrübnisi»stätten können Monumente, nach Vorlegiuig des Grundrisses und der Zeichnung, errichtet werden und sind mwh bestinunten Vorschriften zu fnndamentiren. Dieselben smd wie die Anpflanzungen in gutem Stande zu erhalten. Fflr letztere ist ein Verzeichniss der Gehölze und Zierstrauche vorhanden, welche auf den Gräbern oder Grubstötten angepflanzt werden dflrfen. Gesträuche sollen eine Höhe von 1 Vi m nicht fibersteigen, die Zweige dürfen nicht aber die Grenze des Platzes hinausragen. Die Eigenthfimer smd zur Unterhaltung der Begrobnissstatten in wfirdiger Weise vwpflichtet, sie können dieselben selbst besorgen oder Gärtner damit beauftragen, die hierfür sich durch L^timationskarten auszuweism halm. Das Recht uuf die Begräbnissstötte dauert so lange, als der Friedhof zum Begräbnissplatz dient. Sämmtliche Rechte und Befugniss«' einer Be- gräbnissstätte erlöschen, wenn die Eigenthümer nicht ihre Verpflich- tungen einhalten, und zwar nach Ablauf dreier .lahre, von dem Tage der seitens der Friedliofscommis.-sion erfolgten Mahnung. Dei: Erwerb eines abgesonderten (rrabes l)eträgt M. lUO, bei Begrübnissstätten un der Mauer M. 50 mehr für den laufenden Meter an der Mauerseite, und tür eine Grutt M. 2U0U. Die Wiederbenutzung derselben Gräber

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XII. Ikiprdigttngswcseii.

ist nach 20 Jahren gestattet. Ffir Leichen, gegen deren sofortige Bestattung Bedenken obwalten, ist eine Gruft reservirt, und können solche gegen Vergfltimg von M. 100 auf die Dauer eines .]:ilu^ beij^eset/.t werden. Die Frifdliöfe sind im Sommer von Morgens sechn ühr, im AVintcr mit THge8iinl)riuli i^eritTiict. Die Zeit der Schliessnnjüf wird durch Lünten einer Glocke bekannt j^ej^eben.

Das Begräbniss eines Verstorbenen wird dnreh das Actuuriut der Friedhofticonimis.sion auf Anzeige des Staiub-samtes und der Hint^T- bliebenen an^reordnet. Von einem eingetretenen Sterbetaile liat der hierzu Verptlicbtete dem Ötandesamte binnen '2 \ Stiiudm An/eige /.u marhen. Die Heerdigungszeit ist anf <lie Vnniiiftage lu-sc kränkt . Ans- naliinen liiervon initerliegen (b*r (Jriicliniiguiig der l*nH/,eil)t'hr)r(U'. Die Leiebt'ii dürfen auf keinen Fall vur Altlauf von drei Nächten und nur auf des betretteiitleu .\r/te,> pIlielilniässiMe IJesclieiiii^ung, das> an der Leielie nii/weifelliafte Zeielien <li's Todes vorbanden sind, beerdigt werden, ausgeuoninien, wenn dies im rilfeutliebeu (Jesundlieit.sinteres.se geboten erselieint, ferner, wenn <lie früliere Beerdigung wegen vor- gescliritteueni Verwesungs|)rocesse oder wegen Section auf ärztlichen Antrag von der INdizeibehrirdo gestattet worden ist. Ist es im In- teresse der Hinterldiebenen wiinschenswertb, so kann die Leiche nach 24 Stunden in den) Ltdchenhause beigesetzt werden. Ausser auf Wunsch der Hinterbliebenen kann die Leiche aus sanieren GrUndeh durch ärztliche und polizeiliche Weisung in dem Leichenhause bei- gestellt werden. Fundleichen werden Tor Ablauf yon 24 Stunden in dem Leichenhause .aufgenommen, andere Leichen nur nach polizeilicher Genehmigung. Der Eintritt in das Wfirterzimmer des Leichenhauses, von welchem die Leichen zu sehen sind, steht den Verwandten zu jeder 2^it zu. Dagegen ist der Zutritt zu der Leiche von der ErUiubniss des Friedhofeverwalters abhängig. Die Beerdigung der Leichen kann nur zu der festgesetzten Zeit vom Sterbehause oder, im Falle der Beisetzung der Leiche im Leichenhause, vom Friedhofsportale aus stattfinden. Jedes Grab muss 7 Fuss = 1*99 ni Lange, 3 Fuss = 0-85 m Breite und 6 Fuss = l'TOm Tiefe haben. Für die allgemeinen BegräbnisspUltze krumen nur Särge von Tannenholz, für die Grüfte nur solc he von Eichenholz oder Metall gestattet werden.

Die Stadt ist in fünf Bezirke eingetheilt und für jeden derseUien ein lieicJuMicommissär, ohne llück.sieht auf religifises Bekenntnis.-*, bestellt. Die Zahl der Leichenbegleiter und Todtengräber wird nach dem Ernie.ssen der Friedhofsconiuiissirm bestimmt. Alle dieNe lieaiiiteii tragen schwarze Hüte und Kleidung, versciiiedeu je nach ilirer Fuactiun.

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92. Friedhof«» lind FriodhoforommiMion.

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Leichenbegleiter und B^leitmannschaft stellen sich zur festgesetzten Stunde am Hause auf, die Todtengraber tragen den Sarg ans dem Zimmer und schieben denselben in den Loichenwagen ein. Den Zug eröflftiet der Kreuztrager (I. Claase mit zwi'i L(Mcli»'iib«'j?leiteni), dann folgt der LeicluMiwagen, hinter ilit st-m die Geistlichkeit und die Leid- tragenden, nach diesen <li«- L< irlf nlx oli II« t Letzteren scliliessen sich die Wagen an. Von dem rortul>- drs Friedhofes ans wird der Sarg zur nejrrUbiiissstätte auf einem Rollwagen gefahren, ausnafiiusweise nneh (rctrafren. Das Grab muss noch in G^enwart der Leidtragenden gefüllt werden.

Es hcstelien jt' nach den vcrseliij'dt'iit'ii Altrrsstiilou t'ünt' ver- wliiedHiM' Bc;^friiiiiiiss( lass<.'n hc/üj^lich Zaiilunj^ ik-r Bi'<^riihnisstax»'n. Zur Wahl (l<-r fünften (Masse sind nur diejeniLTen Personen here<h- tiifl, weh lie sitli nittnrisch in diirfti^reii \ erliältnissen helinden. Den milden »Stiftiini^en und der städt is« lieii Arnienitelu'irde steht das lun ht der .Stiftnn;;silassen für die auf ilire Kosten /n heer<li<;enden l'er- sollen zu. Für Militarpersoiu ii l>e>l.lit die so^. Militärciasse. Di«- Begrühni-sstaxen variiren liir Erwachsene v(»n M. lOO j)is M. 12. für die Stiftunf^scla.ssen von M. 8 bis M. (J. Die Militiirdasse zahlt M. 2\. Kinderleichen zahlen entsprechend dem Alter weni«^er hi.s zu M. 4 herab. Sie werden je nach der Grösse mittelst Trauerwagon oder in einer Tranerkutsche, bei der letzten Classe durch eine Tragfrau auf den Friedhof gebracht. Die Taxen fßr Begrabnisse bei Abholung der Leichen von ausserhalb sind entsprechend hoher. Neben der Taxe ist kein Trinkgeld zu entrichten.

FRIEDHOFSCOMMISSION. Die Kirch- und Friedho&oommission verdankt ursprfinglich ihre Entstehung dem Bedfirfnisse, die Verlegung und Erbauung des neuen Friedhofes von Frankfurt mit dessen Gebäulichkeiten in das WeiJc zu setzen. Zu diesem Zwecke wurde durch Beschlussnahme des Senates 1827 eine Commis.sion aus der Bfir^erschaft unter dem Namen Kirch- und Friedhofsconiniission ^n-wählt, weh her die Leitung und Erledigung aller hierher gehörij^en Angel^enheiten unter Oberaufsicht einer Senatscommission übertragen wurde. Die Kirch- und Friedhofs- commi.ssion erledif^te in einem Zeitraum V(»n 2V« .Jahren ihre Auf<;aV)e, und erhielt auch die von ihr entworfene neue Be«_rrähnissorilnnn«i die Heistinmiunix der verfassnuLr^niässiLTen Behörde. Die ( )heraulsi( ht liher alle Kirch- uiid Friedlitits- ile'^riiluiisssnelieii hatte verfassunj^sniässij^ die gemischte Kirchen- und «SchulcomniLssion, die Leitung aller auf Be-

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414 XII- BeerdiKungsiresen.

grabnisB Bezii«? habenden Ge«r<>nst}inde war der gesetzlich angeordneten Kirch- und Frit'dlinfsconiinission libertra^jfen. Die Kirch- und Fried- hofaoommiäsiun hatte jedocli jährlich über Einnahmen und Aust^ubeDf sowie auch jedesmal auf Erfordern ül)er den ihiu^^ ihrer Geschäfte an die gemisclitc Kirchen- und Schnlconimission Hcricht 7M erstatten.

Durch die Übereinstimmenden Beschlüsse des Ma<,nstrats und <h'r .Stadtverordneten -Vorsajunihin^ vom 8, resp. 16.Juni 11S7() wurden die älteren B»"stiinintni<;en durch nai lilol<^endes l{e<^nlativ, die ( )r<^ani.sMtion des He<ri-ül)niss\v('st'iis und die Aufsirlit libcr dir Kirch- und l-Viedhöfe betretfend, anflrfhnli.'ti : Die ResniMruii^ ricr das städtische Ht'<rrill»niss- wesen Ix'trrllcndt'U ( icschäfti' iiiid die Aufsicht über die Friedlird'e ist einer "(eniisciiten Deputation lilxTt ratfcu. u tdclie den Namen »Friedliofs- Comniission« fiilirt luid aus sirl)t'u Mit^^diederu l)esteht, uäiulich ••ineiu Ma<^istratsniit^liede. ciu^uu oder zwei Mitudiedcrn d(>r Stadtvcrordiu'teu- V'ersanuuluuj^ und vier oder füut stiiiiiul ;ihi<j^<'n Bür^t-ru. je uachdeni ihr ein oder zwei Mitglieder diu- Stadtverordneten -\'i'rsaiiiiiiliiiiL: an- gehören. Das MiigiiitratHmitglied wird von dem Hürgernu'ister ernannt und führt den Vorsitz, die übrigen sechs Mitglieder von der Stadt- verordneten-Versammlung, aus welchen der Magistrat den Stellvorbeter des Vorsitzenden ernennen kann. Die Wahl ertolgt auf sechs Jahre, die Ausscheidenden sind sofort wieder vi^dilbar. Die von der Stadt- verordnetenTersammlung gevi^hlten Mitglieder treten zur Hälfte nach drei Jahren aus, zunächst nadi dem Loos, dann nach dem Dienst- alter. Der Verwaltung der Friedhofscommisnon unterstehen die oben- genannten Friedhofe. Dieselben dienen ab allgemeine Begräbnissstatten ohne Rflcksicht auf das religiöse Glaubensbekenntniss. Hinsichtlich des bestehenden gesonderten B^^bnisswesens der israelitischen Gemeinde bleibt es bei den bisher bestehenden Einrichtungen.

Die Einnahmen aus dem der Friedhofscoinmission unterstehenden Bcgrubnisswesen ühersteij^en in «len letzten Jahren heträchtlicli die Anagaben für dasselbe. Im Jahre 1880 wurden M. ;)2 0(M> Uel)er- schussf^elder an die Stadt- resp. H echneiksKse ai^^^tdiefert. Es partici- piren also die israelitischen Mitbürger an der Wohithat von Ueber^ Schüssen, zu deren Erwerbung sie ni<-hts beitragen.

Die Aufsicht und Tnstandhaltun«; über die irärtuerischen Anlatfon ist neut«rdin<rs dem bewülirtcn Fuchmanne Herrn Studtgürtner Wkukr übertrugen wurden.

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Xlll. VETElilN^liVVESEN mD TlUEltSCHUTZ.

99. VETEBIN^RWESEN.

I

Von Prof. Dr. I.EONHARDT,

Voi» nut/ltiin-n Ilaiisthicri'n, di-iii'H di«' VrlvrinürtiKMlicin ihr

Interesse zuweiul»'t, niinint in Frankfurt a. M. das IM'erd die l>e- vorzugicste Stellung ein. In einer reichen Luxus- und GeHchilftssttidt ist Ata kanm anders za erwarten. Nächst dem Pferd ist der Hund das i)r(>t4><^arteste Hausthierf das sich der ganz besonderen Obsorge des hiesigen Thierschntzrereins zn erfreuen hat, fihnlich auch die Katze, während das Rind als Zucht- und Nntzthier (ebenso Schaf und Ziege) hier eine ganz untergeordnete Rolle spielt, seitdem die modernen Transportmittel die Zufuhr irischer Milch aus allen Hinmielsrichtnngen und weiter Feme in kürzester Frist ermöglichen.

Nach der zn Ende des Jahres 1880 nach den Bestimmungen des Viehseuchen-Gesetzes vorgenommenen amtlichen Z&hlung hat die Stadt Fmnkfurt a. M.-Sachsenhausen-Bomheim einen Besitzstand von 2984 l'ferden, 750 Einzelbesitzern gelKiri^', und S97 Stikk Kindvieh, 123 Besitzern jjehörig, anfeuweisen. Die Ziüil der Hunde hcträgt 3232, die mit M. 10 pro Jahr und Kopf besteuert sind. Die reinen Luxus-, Heit- und Efpiipngen -Pferde (circa 520 Stück) sind dem stadtischen Aerar steuerpflichtig mit M. 30 pro Jahr nnd Kopf.

Die allf?en«eine Hyf^iene kann, was Ftittemii'r, l'tle<^e und Be- handhin<; nnscn-r I lansthirrc l)etrilft, als eine vortn-ttlichc hc/ciclinct wt'rdfii: in I' littiTuni; wird hcsdiiders bei den schwert-n /n^iilfnlrn des (Jiitrii /.II viel t(<'Hiiin. di«- Tliifrc wcrd^'n t^t'radi»/n ülxMiiiilssijr ijiäätet, während die St]illh>'<riene bezüglich V entilation und SulubriUit

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Xlil. Votorinärwcscn und Thiorsrhiibs.

Miimlit's /II u iiiisrlicn ühri«; liisst. Viel»- Stallun<jjt']i lialn'ii irur keim' \'('iitilatio!i udrr ^iiid nur mit t'incin kleinen, unpniktisclu'ii Zuj^iocli verseilen, das die nehenansfeheiiden IMerde mehr dureh Erkältung,' schildi}^, als daas es Ventilation vermittelt: vornelunlicli a)»er ist <ler Stallboden fast überall zu tadtdn. der bei mangelhafter IMltisternng von faulig -zersetztem Harne durchtränkt, den Herd der Luftverderbniss und gelegentlidi den Cultnrboden Ton Erankliei^gifteD: typhuaer Gatarrhe, Typhus -Influenza, septischen Wundinfectionen, Anthrax, Rotz u. 8. w. abgibt. Wenn auch der Besitzer gerne eingesteht, dasB morgens beim Oeffnen d^ Thilre in seinem Pferdestall ein erslicken- dor Dunst herrscht, den kein Mensch auszuhalten vennag, für seine Pferde findet er das doch nicht nachtheilig. Dass der Oi^anismus zum Leh&i frische Luft braucht, wird wohl anerkannt, aber in praxi nicht gewürdigt. Die in den letzten Jahren wiederholt aufgetretenen Enzootieen Ton Typhus-Influenza, Rotz u. s. w. haben jedoch viele verstSnd^ Besitzer an%dclart und zu Reformen bekehrt.

Die häufigsten Särkrankungsformen bei Pferden sind Catarrhc der Respirationsorgane, Laryngitis, Bronchitis, Pneumonie, dann Ma^en- catarrlie und Rhennuitisnius; - ferner Erkrankungen der Extremi- täten, Lymphangitis, besonders aber Hut- und (lelenkleiden, in deren Aetiologie unseren Strassen durch ihre Unel)euheiten in F(dge wieder- holten Anfreissens, durch extravagante Wrtllmng ihre- Pfhusters, durch die Trambahnschienen ein nicht nnbedentemU^r Antheil zugeschrieben werden muss. Auch der Huf'beschlag hat seinen Antheil weniger durch die groben Feliler der dire(t4'n Verletzungen diinli Ver- nageln etc., als durch die l»ei jedem Heschlage sich wiederlmleiide irrationelle technische liehajidlung des l''usses. die durch vollständige Ignorirung und Missaclitung dtr anatomisch-physiologisciu'ii Verhält- nisse es mit der Zeit dazu bringt, dass das Pferd eine j>atliol'»gis(he 1 )ilV<inuität seines Hufes a((|uirirt, in Folge dessen es unheilbar, uu- braiubbar und werthlos wird.

Die Ihuub' lal)oriren vorwalteiul an INirasiteu: Ej)izoen und Ent«»- zoen, dann an Catarrhen der Jves|»irations(»rgane, besonders jnnjje Thiere, bei na.sskaltem Herbstwetter; an Blennorrhoe der Bindehaut mit ihren Folgen ; Magen- und Darmcatarrhen, Meningitis, Rheuma- tismen und Neuralgieen.

Die Zahl der Veterinäre, welche dem werth?ollen Hausthier- bestande Frankfurts ihre Fürsorge widmen, betragt 10, Ton denen ß als rein praktidrende, 2 als MilitSr-Thierärzte, 1 als Director des Zoologischen Gartens und f als staatlicher Sanitatsbeamter ihre

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98. V<'ti i iiiarwt'scu.

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Fancfckmeii ansfliben. Die Stellung des Yeteriiüln in Frankfurt a. M. ist fast in jeder Hinsicht eine zufriedenstellende. Die Besitzer scheuen im Allgemeinen kein Opfer bei Behandlung eines Patienten, be- sonders eines kranken Pferdes; doch sind sie manchmal den reellen üTztlichen Anordnui^en gegenüber zu wenig consequent, lassen sieb dazwischen oft yon unberufenen Personen einen Rath ertheilen, der weniger im supponirten Interesse, als in dem egoistischen des Ertheilers selbst abgegeben wird. Nur zu oft leidet die Behandlung eines Pferde- Patienten, die soigf filtige AusfQhrnng der ärztlichen Ordination Schiff- bruch an jenem schnöden Egoismus, der einen Incrativen Pferdehandel h<>rbeisehnend jeichten Herzons «las Lclx/n und die Brauchbarkeit eines Tbieres, das wei-thvolle Gut «los Hrsitzers, hinopfert.

Die Ve t »• r i n si r j) {) 1 i z «' i wird in Frankfurt naeli don B«- stimninni;<'n des I{eiclis-.S('U(li«'n<;('s('tz«'s <;(diandhaht un<l ruht in der Hand des Könif^Iichen Polizeipräsidiums, di'ssfu tiM huis( Iht iieanite der Königliche Kreisthierar/t ist. Ihre Hauptauf«(al>e besteht in dt?r wirksamen UuterdrfUkunf; und Tilf^un«; der Thierseuchen, dt'nMi das

lis^fcs. tz aufrührt: 1. Anthrax, 2. Wuth. 8. Kotzkrankheit (h's l'trrili--. 1. Aphthen - Scik Iu", 5. Kinderju'st. <>. Lunj^enseuchc, 7. Scliatpoi kt'ii. s. lirschälscuclu' drr IM't'rdi- uud Hindfr. !). Ifändc.

No. 1 l»is l incl. sind auf den Mruselii'u iih«'rti aj^'liaiT Snit lit'ii. ö l)is 51 ilat^i'^^t'ii nicht. Die vi'tt'rinärpoli/t'ilicht' H<'handiun^' »'iuer ji ilm dieser Hfutiie ist in ih'ui tJi'si'tz»' und in di-r dfuisi-ll)»'?! hritj;f<rrhi'ni'n Instruction so ausführlich uiul khir Itcsthriehen, das« .sich j»'der Laie ohne besondere Mühe oricutinn kann.

.\nthrax hat hierorts keinen Heiniathboden, «r kommt all- jährlich hikhHtens nur 1 bis 2 mal vor und zwar bei Kiudeni im Schlachtviehhofe, wekhe bereits inficirt hier eingefOhrt werden, auch bald nach Ankunft verenden.

Wuth ist seit ca. 4 5 Jahren hierorts nicht mehr consAatirt worden ; die prophylaktische Maassregel des Maulkorbzwangs und das W^iangen der herrenlosen Hunde auf der Strasse ist von ent- schiedenem Erfolg. Das Einfaogen geschieht allwöchentlich 2 mal mittelst Schlagnetz; die eingefangenen Thiere werden in einem be- quemen Kastenwagen (mit Zellen) zur Wasenmeisterei gebracht, hier intemirt and binnen 8 Tagen gegen 3 Mark Lös^ld und Erstattung der Futterkoeten auageliefert, oder getödtet.

Dil' Rotz k r a n k h ei t geht nie ganz ans; es liegt das Tor- nehndich in dem Charakter ihres Verlaufs; «Icnn occult lunj^en- rotsdge Pferde können monatelang unentdeckt bleiben und Dutzend

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I

418 Xni. Vc'terinärweBoii und Thiersrhatz.

Midere infidren, ohne nur Verdacht anf sich m Imken. Desr Hnidd mit alteren, viel schon (besonde» durch Eriegadienst) in der Welt hemiogescfaleiften Pferden, wie sie för Droschken- und Schifbdienst Terwendet werden, unterhält die Rotzseuche in Chrossstftdten und ▼ermittelt die Invasionen, so auch hier.

Die A ]) h t h (' n - Seil c h (' ist di»^ hierorts iini häufigsten vor- kommende Tliicrseuche ; sie erscheint fast jedes Jahr, sogar mehrmals im Tain- odrr herrscht in rontinno. Die aus Serbien, Polen nnd Korddeutschland einj^etührten Schweine sind die hanptsächlirhst^'n Verachlepper des Contugiums. Im Allj^emeinen wird die Aphthen- Senche wenipfer gefürchtet, denn der Mortnlitätsverlust ist gleich Xnll; dcM-h kiinn der "»konomische Schaden, der (hirch sie unter eiiu in Hf- stande von Melkthiereii angericlitff werflcii k;inn. ein gan/, horrciittT sein durch Vi-rhist der MiUh ffir die Daiiei- ilt-r ifaii/i-u Lai tations|H'i ii mIc. diu'cli Krkraiikmi«^^ und Venidiuif^ des Kuters, Abortus mit t'nlifcndcr Metritis, lu'ftigf cut/ündliche Krkrankuui^en der Fussenden, Aus- schuhen der Khiuen, sowie durch Na( liki ankheiten. hesoiuh^'s Periostitis und Ostt'oniyeiitis tibiae. Bfricbterstatter hat erst in (h^n let/,t«'ii 2 Jahren die Beohaditung niaclien können, dass nacli '/s bis ' j Jahr nach Abäolvirung der Seuche qu. Kühe an multipler Periostitis und Osteomyelitis der Röhrenknochen, besonders der Tibia erkrankten, die zu abscediren pflegt. Die Aphthen -Seudie gehört entschieden zu jenen Infectionskrankhaten, welche durch Absetzung von Depots in Periost, Knochen und Knochenmark nach unbestimmter Zeit infectiOse Periostitis, Ostitis und Osteomyelitis zu Teranlassen in| Stande ist; sie muss deshalb jenen Infectiotaskrankheiten, welche Lücke in der Aetiologie der infectiösen Osteomyelitis namhaft gemacht hat, noch angerdht werden. Zi^en erkranken besonders heftig an qn. Seuche und unterliegen derselben oft ; ihre Milch ist sehr intensiv wiriDsam, contagiös, und Kinder erkranken nach deren Qenuss, selbst der gekochten MiUh nicht niiudci lu ftig. Diese bisher unbekannte Thatsache ist für die är/thchen Kreise höclist heaclit»'nswertli ; manche Fälle von infectiöser Osteomyelitis infaiiiuiu, h«'sond«'rs der ärmeren Bevölkenmgsclasse, möchte darin ihre ätiologische Erklärung finden.

H i n d erpest i.st das unheimliche Gespenst, welches fortwiUir»'iid der deutschen Landwirthschaft von der russischen Grenze her dndit: der Frankfurter Scldachtviehliof kann innuer einen Inviisions])nnkt al)geben. weil Sclila< litvieh von der russischen (ircn/i' hierher kcunnit uiul die Inciihaiions/tit der Seuche eine längere sein kann, als die Reisezeit. Die Seuche wurde seit 1870^71 hier nicht constatirt.

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93. Vcterintrwesen. 419

Die LuDgensencbe herrschte in dem yerflosaeneu Jahre im Landbezirke der Stadt, in dem Dorfe Niedemrsel, und dedmürte den dortigen Viehstand; auch wurde die Seuche mehrmala im Schlacht- viehhof constntirt bei Thieren, welche aus Bayern (Franken) und aus dem Groedherzogthum Hessen stammten.

Die übrigen im Reichsgesetze genannton Seuchen sind seit den letzten Jehxen. hierorts muht zur Beobachtung gekommen, dagegen haben zwei in jenem Gesetze nicht au fgc fahrte Pferdeseucben grosse Bedeutimg erhmgt:

1. Eine contagiSse Hautkrankheit (Dermatitis pustulosa contagiosa), welche durch amerikanische Pferde aus Canada nach Engluid und von dorten auch nach Deutschland und nach hier ein- geschleppt wurde; sie ist hochgradig contagids; das Gontagium ist sehr resistent gegen fast alle Desinfectionsmittel, mit Ausnahme hoher Hitzegrade. Die Uebertragnngen finden durch Geschirr, Sattel und Decken statt. Ein Parasit konnte bis jetzt noch nicht angefunden werden.

2. Typhus und Tnfluen/u wurde bei B^nn dieses Jahres durch Handelspferde aus Fraiikn icli cin^'rsclili'jipt und durchwanderte hier, wie in vielen anderen Bezirken, besonders im Elsass, fiist ulle grösseren Pferdebestünde. Die Mortalität war zwar gerinjj. a))er der angerichtete ökoncunische S< haden gross. Tvi>hns-Influen7A des Pferdes ist auf den Mensclien ühertraj^bar, eine bis dato nicht bekannte Thatsache, die Beriehterstatter, von seinen Patienten inficirt, an sich selbst hat i)estätif;<'n sehen.

Beide Pt»Tdeseii(|ien sirul \ i t^'riiiärpoli/eiUch für dir Armee von bnber Wichtitfkeit, weil sie beide M;isst nrrkr;inkungen erzeugen und diu IM'erdc für einige Zeit unbruuciibar machen.

Die im Reichagesetze ▼<»rgescliriebene unschädliche Beseitigung der Gadaver eines an einer Seuche verendeten oder getSdteten Tbieres wird auf der speciell fÖr fraglichen Zweek ein<rerirhteteii Anstalt, der stadtischen Wasennieisterei, diin Ii Anwendung holier Hitze- grade, durch vollständiges Verkochen aller 'l'heile in Siedekeaseln bewirkt. Die Kcsiduen wandern in die Düngerfabrik. Der Wasen- nieister hat die Verpfliehtuni^, alle Thierendaver in der Stadt und in dem Stadtbezirke abzuholen und zu verarbeiten; als Hezahlnnt; hierfür bekommt or entweder das «ranze ('adaver mit Haut nnd Haaren zur Ansnutzun«^ «gratis, oih-r iM. !* von di-m Ki|j:»'ntbiimer. w.'iin (jiTsribe Haut, Haare und Fett zurückverlangt, oder wenn das Cadaver mit Ver-

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Xill. Veticriiiftrwescii und Tliiomliutz.

nichtaiig aller 'Hieile unsclddlich beseitigt werden musB. Pferdecadayer werden pro anno circa fdnf Procent des Pferdebestandes eingeliefert, circa die Hälfte der zehn Procent Abnntzong des Pferdebestandes, indem die anderen fQnf Procent, die unbrauchbar gewordenen Pferde, in die Pferdeschlachterei kommen. Im Terflossenen Jahre verarbeitete die Wasenmeisterei: 141 Pferde, davon 8 rotzige; 12 umgestandene Rinder, davon 1 Stflck mit Anthrax; 9 geschlachtete ungeniessbare Kinder ohne Hant; 12 Schweine, darunter 3 trichiiiiku«; 1 Schaf.

iän besonderes Gcwiclit lej^t die Veterinarpolizei auf eine wirk- sani<> allgemeine Prophylaxis ; /n «leni Zweik»' werden die hier al)<(eha]t4>nen Vieh- und Fferdemürkte und Thierschanen Veterinär- poii/cilicli überwacht.

Alljährlich zweimal, im Frühjahr und Herbst, Hndet ein Pferde- niarkt statt, der mit 10(Mi 1200 Pferden, je zur Hälfte von Liixus- iiiid Arbeitspferden, btfaiin'U wird. Veranstalter dicsi-s Marktes ist der hiesig«' Lundwirths< haftlit lu* N crein, welcher mit besoiidiTer \'(ir- liebe diesen l'ferdeniarkt als sein Schoosskiiid jtHetrt, leider dabei alu-r aticli aridere wichtii^e /wei;^e seines b'i'ssorts, l)esonders die Kilidvieli- niärkte, vollstiindi;^ vernarblässitxt. Mit jedem IMenleniarki ist eine Pfertb'prämiinmg und l*ferileverloosnii<i: verbunden, Institutionen, welche in der letzten Periode der ( iesciiäftMlosigkeit hauptsächlich djis Presti<(e des Marktes erhalten haben.

Der .S e Ii 1 a c h t V i e h ma r k t tindet allwöchentlirh zweimal statt. MontagH der Hauptmarkt mit einem Auftrieb von dnrchschnittlicli 800 Stack Orosshomvieh (ca. 20 Bullen, 380 Ochsen, 200 Kühe, 200 Rinder und Stiere), Donnerstags ein Nachmarkt mit ca. 80— lOOStOck.

Der mit dem Schlachtviehmarkt Montag» verbundene Zucht- viehmarkt hat als solcher wenig Bedeutung, denn durchschnittlich werden nur 40 50 Stfick Zuchtthiere auftrieben; da durch Zer- streuung dieser wenden Thiere in landwirthschafkliche Kreise leicht Seuchenverschleppungen stattfinden kdnnen, so soll er eingestellt, resp. abgelöst und isolirt in weiteren Termineta al^halten werden.

Die Jahresfrequenz des Schlachtviehmarktes bebrug 1880 : 22 819 Ochsen, 19174 Kfilie, Rinder und Stiere, 80 833 Kälber, 18 87U Hämmel, 37 087 Schweine, 0914 Ferkel. Mit dieser Schkchtwaare wird nicht allein Frankfurt a. M., sondern es werden zum Theil auch die nächstlie<;:enden Städte versorgt. Ausserdem beziehen Fninkfurter Mets^l^ wieder Schlachtvieh, welches vom Lande oder von den Bahn- höfen aus dir<'( t ins Schlachthaus «^elaiiLft und deshalb in derVielihof- Controle nicht inb^ritten ist. in den beiden städtischen ^Schlacht-

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9a. Veterinftrwesen.

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häuseni wurden 1980 geschlachtet: 11 500 Ochaen, 3700 Kfihe, 33000 Schweine, 40 000 Kälber, 22 000 Hümmel, 500 Lämmer, 300 Spanferkel.

Die Qualität des grossen Schlachtriehes ist je nach Alter, Race und nach der Mästung ausserordentlidi verschieden. Die vonOg- lichste Qualität liefert Schwaben, Franken, Yoigtbnd, die Paasaner und Casseler Gegend. Leider geliört nur der geringste Thml der 8<lil!U'litw:uire diesen TorzQglichen Qualitäten an, während der grössere Tlieil M iiulerwaare, wenn aucli gfinästfte. repnlsentirt. Frankfurt wird nämlich mit den in den Zuckerlabriken Sachsens geniilsteten Ochsen sozusagen fibei <i liwcnimt; es sind dies grosse, starkknochige, meist altere Thiere, die lange im Landwirtlisehat'tsdienste gearbeitet haben nnd die mit den Rückständen (h'r Hübenzuckerfabricjition ge- füttert nnd vollgoniüstct worden sind. Ihr Fleiscli ist in Folge dessen /.älie nnd faserig lunl hat «'in*'n unangriKliiiH-ii . widerlich sü.s.sen Geruch nnd (lesclnuack , t'))tMis(' die dav(»n hereitete Stippe. Die \\'iirttt'inlMTLr<'r Zuckcrfahrikcn schicken jüngere Tliiere, l)es.serer Iiace. die nicht gearbeitet haben; deren Fleis<h ist niclit so zn verwerfen.

Das v(try-ügliche Weidevieh Holsteins und l'rieslands tindet liier keinen Absatz, weil die durch die (irasfiitterung bedingte intensive (lelbfärbung des Fettes, womit ilas ganze Fleis<h durchwachsen, dein hiesigen Publicum nicht zusagt. Und doch .steht der Holsteinische Weideochse dem SücIiHischen »Zuckerochsen« weit voran.

An Rindern und Stieren vrird VorzOgliches von Franken geliefert ; es sind die eigelbfarbigen Thiere der sog. Scheinfeldter Race, die sehr gutes und zartes Fleisch geben. Hiemach löst sich audi der scheinbare Widen^mch, dass man Rindfleisch oft besser findet, als Ochsenfleisch, zumal wenn ein Sdieinfeldter Rind nnd ein Sächsischer Zuckerochse in Concurrenz sind.

Ausser dem in den städtischen Schlachthäusern gewonnenen Fleische wird in Frankfurt eine sehr grosse Quantität von aussen, leider confarollos, eingebrachten Fleisches verzehrt; femer noch das Fleisch, welches zwei in Sachsenhausen etablirte Ros^^schlächt-ereien liefern. In letzteren wurden l^>^o ge8chlachtet: auf der Fi.BS8*schen 627, auf der LiNnUBIMEii'schen Kh;, zusammen 7;i"t l'ferde.

Hie V(>rwaltnng und Beaufsichtigung der Schlachthäuser, die alltägliche Fleischlx'sclian wird von einem Sclilachthausverwalter nnd von einem Fleiscdibeschauer besorgt. Die ()})eraufsicht hat der Königliche Kreisthierarzt zu führen, der ausser l)ei den periodischen Kevisionen jedes geschlachtete Stück zu besichtigen un<l zu begiitaclit«'n bekommt, uu welchem der Fieiächbeschuuer irgend etwa» ab nicht

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Xlil. Vi'teriiiürwüüru iiiid Thierschutz.

normal zu beamitandeii hat, oder an welchem irgend ein Wahisehafts- fehler, oder endlich eine Senche zu consfcatiren lat. Die Kos»- sdilächtereien dagegen werden nur von dem Kreiathieranst be- aufsichtigt und Gonirolirt; hier wird jedes Thier Tor und nach dem Schlachten genau mit besonderer Rficksicht auf occnlte Rotzkrankheit untersucht.

Im Jahre 1880 wurden hier veterinärpolizeilich beanstandet: 196 Stack Rindvieh, die groasentheijs mit Perlsncht, theilweise mit Echinococcus und mit innerlich in Ahscesseii behaftet waren; darunter zwei Kälber, erst knapp drei Wochen alt. mit Perlsucht! Hiervon sind 9 StQck als vollkommen nn^eniessbar zur unschädliclien Be- 8eiti^nni«r jiuf die Wascnnieisterei verwiesen worden : von den übrigen wurde djw Fleisch der Viertel für geniessbar erklärt, die kranken Eingeweide aber gleichfalls der Wasenmeisterei überliei'ert. Ferner wurden ca. lOO Schweine mit Finnen und drei Schweine mit Trichinen (durch Privat-Trichinenschau) iH'haftft gefunden. Bei erstereii w iir<lf die VerwertliiMig des S)>ecks und de.s Scluual/es gestattet: Ix'i letzteren dagegen wurde al>sülute uiiscliiidliclie Beseitigung iles ganzen Caduver» auf der Wasenmeisterei durch vollständiges \ Crkociien l»e\virkt.

Auf der Fi.Kss'silieu Rosschlächt.<'rei wurde dieses Fnilijalir ein scheinbar vcdlkommeu gesundes Pferd geschlachtet; l)ei der Olidui tion fiind sidi o(cidter. chroiiischer Lungeurotz und liotzphagadaena der beiden .Stiunuliämler!

Sehr wichtig und beachtenswerth ist schliesslich noch die wieder- holt genuichte Beobuchtuug, da.ss die in dem Schlachthaushofe zu Bockenheim gehaltenen, dmn Fleischbeschauer geh«3rigen Hühner an Fhthins erkrankten und verendeten und bei der Obduction sich voll- konunen entwickelte Perlsncht zeigte. Es ist das ohne Zweifel eine Selbstinfection durch die als Nahrung angenommenen Abfölle von perlsüchtigen Kühen.

Trotz aller redlichen Bestrebungen und Maassnahmen seitens der Veterinärpolizei wird eine wirksame Gontrole in Schlachthaus und Viehhof und eine wttnschenswerthe R^lung des Fleischhandels ert«t dann ermOgUcht sein, wenn die alten absolut unzureichenden Localitäten durch zweckmässige neue ersetzt sein werden.

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94. Verein »mi Schutze der Thier».

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»4. VEUKIN ZUM 8CÜÜTZE DEU THi£iili:.

Von OlierlL'hror Dr. 11. NÄHERT.

Aul' Aiirc^ruii^ (It's i»mi.s.sis(lu'ii (ifsiiiKltscliat'ts.sccrctiirs Knatz wurdeu durch den Keducteur Ha.mmeran im Soiuiiifr 18 tl in liifsi^t'ii Blättern wiederholt Aufrufe erhusson, auch (Umii ßcispielt* Nüriilu'rgM und Mfinchens auch zu Frankfurt einen »Verein gegen Thierqualerei« zu bilden und am 18. November deaselben Jahreg hielt der Pfarrer KlRCUNEB vor den zum erstenmale zu diesem Zwecke Versammelten mit dl der ihm e^nen Warme und Feinheit die Eröffiiungsrede. Man wählte ihn zum Präsidenten und die Satzungen NUmbei^ den eigenen zu Grunde. Kibchnkr bekleidete dies Amt vier Jahre bis 1645, Pfarrer Fbesbnius bis 1847, Dr. med. Lucas bis 1849, Lehrer Kilzkb bis 1863, Pfarrer MiSRKER bis 1871, T. W. Bbrnhard, Director der Liebfrauenkirche, bis 1873, Dr. phil. G. Schneid&r bis 1877 und Kaufmann W. EdOCltT von 1878 an, wobei jedoch der jetzige Ehrenpräsident des Vereines, Ficus, wiederholt als Vice- Präsident alle Mnlirn dieses Amtes wirklich peinigen liatte.

Im ersten Jahrzelint seines Bestehens erfreute sich der Verein keiner grossen Theilnnlinie, ilcini l)ei seiner Gründung hatte er 120 Mitglieder und 1850 erst 131 und seine anfängliche lahreseinnalime von tl. 122. 9 kr. war nur um 53 kr. ge.stiegen. Im Jahre 1815 niuss es noch schlinmier gestanden liuben, denn der gesaninite VorstHiu] dankte ab und (h-r \'erein wäre aufgelöst worden, wenn ihn nicht die l>e<^t'islfniii!,' des Pfarrers l'itKSKNirs /usanunengehHlten hätte. In s»'iuer .Jahresrede 1S|7 iuus.ste dieser nocli <re<reii die Feinde der guten Sarlit' k:luii>feu, die den Verein für »e n 1 1) e h r 1 i e h , nutzlos und a 11 s tiissig« erklärten, ihn anklagten, der .Anneiiunterstützung Mitt<'l zu entziehen, und ihm i-ietheii, gegen Men.seheii«]uiUerei und SklaviTei zu wirken, natürlieh alles mit tl. 122 123, Aber Fui;.<i;niis' Stantihattigkeit . sowie die Liebe, Umsielit und der Eifer .seiner Nachfolger hüben Früchte getragen. Der Verein zählte 1879 schcm

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424 3U1I. Veterinärwewn und Thienchuts.

17G4 Mitglieder, di* M «USl uls lieitnlge zahlten, vrähreuU ihm im sell)en Jalire M. 104515 an Geschenken zuiloasen.

In demselben Mjiasse, \\no die Mittel des Vereins «jewacliseii sind^ hat sich aucli seine Wirksamkeit jx^^'st eifert. Ant'ünglich konnte der- selbe nichts thun, als Tliiers«hut/schritten anderer Vereine oder nn- ahhanj[^ger Schriftsteller aiikaiilen und vertheilen, aher nicht an die lleran^gabe eigener Werke denken, wie das dnrch Herrn Eckert veranlasste, bis jetzt wold noch einzig dastehenib': v-f )ieliterisclies nnd Thatsächliclies ans (b-r Tliierwelt.« ( h'ranktnrt, bei.J. Manbacli \ l 'nnip.)

Während die ersten Bitten des \ ereins um geset/liihe Unter- stützung seines Strebens beim Frankturter Senate unbeachtet ))hebeu un<l erst spätere Schrilte Berücksichtigung fanden, so stehen ihm jetzt (n'ineinde-, Stuuts- und Heichsgesetze nnd -Behörden hültVeicii zur Seite. Und während er sich .sonst begnügen musste, den betreüendeii IVdizeibeamten für jede Anzeige einer ürausamkeit gegen Thiere eine Belohnung zu geben, besitsEt er jetzt vier eigene, besoldete, ron der Polizei bevollmächtigte Aufteher und sind noch neunzehn Freunde fttr ihn ti^tig, nämlich fünf als Thierschntzinspectoien auf den grösseren Bahnhöfen, acht in den Bezirken der Stadt und sechs auf nächst- gelegenen Dörfern. 1846 wnrde znm erstenmale ein Einzlerknedit wegen IGsshandlung eines Pferdes bestraft, 1878 aber 78 Personen mit M. 1*50 bis H. 15 oder entsprechender Haft.

Im Jahre 1849 kam man zuerst auf den herrlichen Gedanken, Dienendm, welche ihre Fjorde gut bdiandelten, ein kleines Geld- geschenk zu machen nnd bedachte damals drei Kärrcherknechte da- mit, die von ihren Herren für desselben würdig erklärt worden waren. Dann veranlasste m;in auch die Droschkenkutscher, durch Abstimmung diejein'gen ihrer Uollegen zu bezeichnen, welche aus deni.selben Grunde Belohnung verdienten. Beide Einrichtungen haben sich glänzend be- währt und tiuden jährlich Anwendung. So wurden im Jahre 1880 circti M. 700 an Kufescher, Fuhrkuechte und Thierwärter vertheilt.

.\us Obigem geht hervor, wie der Verein .seine Thätigkeit immer mehr ausilelmt. Am meisten hat wohl das Zugvieh da<lurrli gewonnen: beim Ti"ans|inrte des Schlachtviehes nnd (iellüLfels ist noch viel zu llinn, noch mehr aber in den Scblacldhiiusern. luihrend ist es geradezu, wie jetzt die Dorfkimler <les Taunus ninl ( )den\val(les auf unsere Veranla.ssung und unter AnCsiclit und Jicitung treÜlicher Lehrer die Nester .schützen, die sie sun.st ausliuben.

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XIV. WISSENSCHAFTLICHE mD UEAIEIN^ÜTZIÜE VEliElJNE UND INSTITUTE.

95. DR. SENCKENBEBG'SCHES MEDICINISCHES INSTITUT.

Von Dr. MülUTZ SCHMIDT.

T)i<'scs iiacli (lein (iiiiiKli'r «^fiiaiinti' Institut l)il<let einen Theil seiner Stit'tnniifrii und /war den Theil, welchem Sknckknueku vor- wiop^end >fiu Interesse /u'^eweiiilet, da er mit llftlit Jiuiialnn, dass <ler üUri^e Theil der Stit'tun^'. Hospital und IMrtindnerwesrn, sich der (jiMist der Einwohner Franklurtii mehr zu erfreuen hubeu würde (vgl. S. 2ti4 und S.

Er bestimmte diesem, den medicinischen Wissenschaften p^e- widiueten Institut zwei Drittel der Zinsen des Stift ungsvermögens und begann zunächst mit dem Bau der dafür besiinmiten Gebuulich- keiten, dem chemischen Laboratorimn, der Anatiomie und dem 6e- w&chshause, sowie mit der AnIf^3fe des botanischen Gartens.

Das Institut und das lios])ital befinden sich auf dem Grund und Boden des früher von STETZENBACU*achen Lust- und Bleichgartens. (S. umstehenden Fhui, Tafel 20.)

Das medicinische Institut entwickelte sich nach dem Tode des Stifters sehr langsam. Zunächst musste es von 1773 ab fttr 9 Jahre auf die ihm zukommenden zwei Drittel der Zinsen des Stiftungs- fonds Terzichten zur FOrderui^if des Baues des Hospitals.

Im Jahre 1782 erhielt es den ersten Zuwachs durch Testament des Stiftsarztes Dr. J. J. Rbiciiard. Kr vermachte ilim eine Summe von fl. 1<M)0, von d«'ren Zinsen v«)rziiglich botanische Werke für die Bibliotliek angeschafH wenh'n sollten. Weitere Vermächtnisse erhielt es 1807 von Dr. ü. Ph. Leuü, 1849 von Dr. C. K Nbsff, 1877 von

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426 ^IV« Wissensdiaftliche and gemeinnfltsige Vereine und Institute.

Apotheker Friedukii Mkyeu. 1870 ttbergaheii die Mitglieder der Wittwenkasse des Frunktiirter Gollegii niedici, welche 1820 gcf^rrmdet worden war, ihr f\. :!n (MX) betrübendes Vermfigen dem Institute mit der Vcriillirlitmi»;, das Capital mit 5°/o zu verzinsen und den Ertrag in lie berechtigten Wittwen so lange auszuzahlen, bis die letzte der.scU)en verstorben sei. Nachher werden die Zinsen den wissen* schaftlichen Zwecken zu Gute kommen.

Die an dem medicinischen Institute aiiLffstclitfu Arr/te waren bis 184Ü die so<fi'nanntcii Stii'isär/.te. unverlirirathrte Aerzte, welclicii ausser der li('li:tiidlnu<r der Kiaukeu im H<)s}Mtale die Veriifliclituu<i oldaij. die Ixitanischcn \ (irlcsuiiLreu zu halten. Es waren dies die I)oct<uen ui. d. .1. .1. Hkiciiaui. 177:J -1782, G. Ph. Lkmr bis 1S07, .J. C. Vakhkmuai'I' bis lso8, B. lluTii bis 18U9, C. H. Grasemann bis 181'), C. E. Neeff bis 1840.

Im .lahre 18.51 wurde denselben die Ver[)Hiclitung, botanische Vorlesungen zu halten, abgenommen und Dr. J. B. G. W. Fresenius zuerst damit betraut, welchem ebenso wie dem Docenten der Anatomie Dr. G. LuCAB bei Gelegenbeit des lOOjilhrigen Jubiläums der Stiftung seitens des Frankfurter Senates der Professortitel ertheilt wurde. Nach seinem Tode wurde Dr. phil. H. Th. Gbtlbr daftlr angestellt.

Im Jahre 1813 nnter der Herrschaft des FOrstprimas Dalbeiui hielt das Lyceum Carolinum seine Conferenzen in den Stifti^ebauden und nahm die von demselben g^rfindete medidnisch-chinugiache Specialschule von November 1812 bis Ende 1813 die Lehranstalten des Instituts in Anspruch. Hit dem Ende d&t Franzoaenherrschaft endet auch die Wirk.sanikeit dieser Einrichtungen.

Ein c h e m isches Labe r a t () r i u m befand sich anfsuigs neben dem (Jralie .Sk.n'ckkn'ükru's an der Westseite des botanischen Gartens. Bei Gelegenheit des Haues des Museunis der SKN'rKENBBRG'scIien Natiir- forachenden Ges«dlscliat"t wurde es niederg»degt. Dafür fibernahin die genannte Gesellsciuift die Verpflichtung fttr immer dem Institute ^en Hörsaal und ein cliemiscbes Lal)oratorinnj einzuräumen, welche seit vielen Jahren dem IMiysikalisclien Ver«'in fiberla.ssen sind.

Das medicinisclH" Institut liesoldct ausserdem aus einem von Hhinkkii Myi.HS daffir Ljest il'tcten ('a))italt' d'Mi Docenten, WfKher im .Aiilti HLre der Sen< Ki:.\ni;iui'scheu Naturlorschendeu Gescllscball VorlesiMi^en iilier Z<M)]o<^ie hält.

I'eruer ist dasselbe heniteu, durch ein dazu deputirtes MitjL^lied der Administrati<ui l)ei der Vertheilung des Stiehrl - Preises mit- zuwirken, an welcher au.s.serdem die SENCKENDERu'sche Naturl'oi-scheude

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I

Uö. Dt. äunckeuberg'si lies medicium'beü lustitut. 427

üi'sollsclüirt iiinl il»'r Afiztlirlu' Vj'rt'iii diircli ji- zwi'i liicrzu erwählt)' Deputirte sicli betheiligeii. Dieser von dein verstorln-nen HotViith Dr. med. 8. V. Stiebel bei Gelegenheit seines füul'zij^ühri^en L)(h tor- jitbilanms 1865 gestiftele im Betrüge vou fl. 300 wird alle

▼ier Jahre im Hai für die beste Arbeit aus dem Gebiete der Ent- wicklungsgeschichte oder der Kinderkrankheiten vertheilt, welche innerhalb dieser Zeit zur Veröffentlichung ^^elangt ist.

Als A u 8 1 a 1 1 e u des lu e d i c i u i s c h e n Instituts bestehen jetzt :

A. OlE ANATOMIE.

Das Anatomiegebäude wurde in seinem unteren Tlieile von Senckenbbro selbst 1708 erbaut, doch nicht vollendet. Sein 1776

erfolgter Tod hruchte ihn als erste Leiche in seine Anatomie.

Nachdem im Juhre 1770 die innere Einrichtung Tollendet war, wurden /tniächst his ITtMi von Dr. Si<ii5MUND MCULER Vorlesungen Aber Anatomie darin gehalten, ihm folgten die Doctoren Tahor, Riese, Beiirkndp, 17!»:{— 1SH>. 1797 wurde auf Antrag' \d- miniHtrators Dr. Altknfkluer von der Adnunistration hesclilossen, dass auf der Anatomi«' unentgeltlich V^»rlesnngen gehalten werden uml \Viin<lär/teii Anlciiung /.iini Seciren gegel)en werde. Es wurde Dr. ]ii:iii;i'M)S hifitiir ;iii'_''''-^ti'llt iiiul (hirch den Senior chirnrLronini IV\i;uht ilni I5arl»ier!^escllcii belohlen, die \'orlesungeii zu he.suclieu. Damit uar ein Lehrstulil tur Anatomie geschatten. Der Nachfolger von Bi:iiiu;ni».< war Dr. ('lun/.srn.M.Mi his ISJR, r)r. Mai-pes his 1815, Dr. Heinhkmi Hoifmanx bis 1851, seitdem ist Professor Dr. LucAE Lehrer der .\natomie.

Es werden jetzt jährlich im Sonnuer und Winter Vorlesungen rdjer Anatomie, solche über vergleichende Anatomie und Präparir- Ubungen gehalten. Die Oesellschaft des Zoologischen Gartens liefert die Cadaver der eingegangenen Thiere in höchst dankehswerther Weise an die Anatomie, wo dieselben i^räparirt und scelettirt werden. Audi ist die vergleichende anatomische Sammlung durch Schenkungen der Gesellschaft des Zooli^pschen Gartens eine hervorragend reiche geworden.

Das Gebäude der Anatomie mit dem darauf befindlidien Sensen- mann stand, wie es der Stifter erbaut, bis in das Jahr 1853, in welchem Jahre ein Umbau desselben mit VergrOsserung onabweislich wurde. Der frühere Hörsaal, der bis in die Kuppel ging, wurde in der Hrdie getheilt und dadurch ein fttr die Knochensammlung geeigneter Saal

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428 ^iV- Wisseuäcliartlulu' luid geineiimUtxiße Vereine und Institute.

gewonnen und durch Aufbau der beiden Flügel noch weitere Sa^e zur Unterbringung der Sammlungen.

Im ErdgeechoM befinden neh in der Mitte der HSrsaal, linln die Arbeitszimmer des Docenten und rechts der PjApariniaal , sowie die Küche.

Aus dem amphitheatraliiichen Hörsaale fühi eu Treppen rechts und links zn den Sammlungen, von welchen ein Theil ancb in der oberen Oallerie des Hörsaales in Glasschranken aufbewahrt wird.

Die Siiimnlunj^ von normal - aiiiitoiiiisrlu'u \uu\ patholofxischeu Pritparaten, welche «Uus Uehäudo enthält, kann jedcnt'alls eine sehr reichhaltige genannt werden. Namentlich ist die osteologische Ab- theilung bedentendf insbesondere durch Schenkungen aus der Samm- lung des berühmten Samübl Thomas von Ssmmbrrino.

B. DER BOTANISCHE GAUTEN-

Der botanische Garten wurde im Jahre 1774 von dem seit 1767 im Dienste SBNCKENBBita^s stehenden Stift^;artner Bäuhbrth angelegt, 1799 durch Niederlegung der Zwingmauer an der Stelle der jetzigen Gebäude der SBNCKBNBBRO*schen Natnrforschenden Gesellschaft er- weitert. Durch die Bauten der Gesellschaft und die an die Stadt im Jahre 1866 erfolj^ten TenirnMl)tretun^en verlor er an seiner Aus- dt'lmiinj^, wot'fir -rit dein Jahre l!^?.") Ersatz |_ri's(li:ifl> wiird»' durcli liin/.u/ieiiun^ des Terrains zMÖschen dem Neubau des Hospitals und der Bleichstrasse.

Das von dem Stifter bereits 17^^ erhaiite Gewäclishaus wurde ein Jahrhundert hindurch benutzt: in\ Jahre 1S< IS wurde der Neubau aut'<^^>f'fi]irt. Es bestellt aus einem Kalt-, dem Warmhause und einer Abtheüung für Wasserpflanzen.

Bis 18 IG war Bäu.merth Stiftsbotanikus, nach ihm bis 1817 ISERMANN, bis 1827 Hkckku, bis 187(5 Oiilku; nach dessen Tode wurde Dr. Gkyler, der Lehrer für Botanik, welcher das j^anze Jahr hiiKlurch seine Vorträge im Hörsaal des Bibliothekgebäudes hält, zun Director des botanischen (SaiHtens ernannt.

An »h r Westseite des botanischen Gartens ruhen in einer von ihm selbst erbauten Gruft die Gebeine SENCKKXBERti'.«, während an drr Wand des Neubaues der SENCKENBKn«; 'scheu Natnrforschenden (lesrll- schaft das l'ortraituiedaillon seines Hnulers, des k. k. österreichischen Uofraths ilEiNRicu Cuiusxian vom Sk^ckembsru sich befindet.

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95. Dr. Si'iiikonlM'rg svhcs iiicduinist lu'» Institut. 429

C. BIBLIOTUEK.

Die sehr reichhaltige Bibliothek befand sich neit dem Tode des Stifters in einem Nebenhause des StiftsgelMiudes bis zum Jahre 186(i, in welchem Jahre der Neubau des jetzigen Bibliothekgeb&udes begonnen wurde. Er wurde nach den Planen des Herrn Arcbi- tecten Mylius erbaut und 18C7 bei Gelegenheit des ffinfzigjährigen Hrstrhi ns (lor SKNCKBNBBRü^schen Naturforscheuden Oesellschaft feiei^ lieh seiinT lirstiiiiinunp^ (iltri ^l lifji.

Diin-li VitiiiIk htnis.se und Aukäufe, naiiKMitlich uns den Zinsen des liBIcilAKD'.Hcheu Capitals, war die ursprünj^lielu' Hibliothek zwar s. lir vergrössrrt worden, den wichtigsten Zeitabschnitt ihrer Entwickbiiig bildet aber (h*r Ab.schluss der Vertriij^e mit «h'r SENCKKXBERcVlieu Natiirforsclicnden rjesellschaft 1S2'», mit dem Fhysikalisi lien A'erein 1><1<», dem Arr/tlirhi-n Vm-in IS l.'» und dt-m Verein ITir Geo<rra|)hie und Statistik l^^.'iO, wiiuarh dii- drnsfllM'n «feliitrigt-n Miiihi'rsainndnii;L,'«'n mit der (b-s na'ilicini.M lieii Instituts zu i- i u r r Hil»li(»thek vereinigt wuiib'H, welche alle (icliictr der Xal nru is>eiis( hart(.'n und gesammtiMi Me<lirin unit'asst und (b reii Benutzung aUeii Mitgliedern genannter Vereine freisteht. Die vereinigten Bibliotheken l)ilden jetzt eine stattliche Saniuibing von ca. :?(> 000 Bäntb-n, dieselbe ist an den Wochentagen von 12 -1 I hr, Montags und Freitags von 11 1 I hr den Mitgliedern der genannten Vereine geötihet.

Die Aufsicht fiber die Bibliothek wurde bis 1840 Ton dem Stiftsarzte gefQhrt und nach der Zeit von freiwilligen Bibliothekaren^ den Henen DDr. med. Reiss, Fiedler, FABRicms, Stavdinuer, Eisbr, Kloss, Behaohbl, Bittel, FRE8ENn7s, LuoAB, Stricker, Kxoblacch.

Seit 1840 wurde die Aufsicht zweien mit Gehalt angestellten Bibliothekaren Qbertragen. Als solche waren seitdem thatig die Herren Doctoren Fresenius, Knoblauch, Bagob, Stricker, Schwbnck, die letzteren beiden sind gegenwärtig noch in Function.

Der Neubau enthalt fn seinem Parterrestock einen grosseren und kleineren Hörsaal, sowie die Arbeitszimmer des Directors des botanischen Garten.s. Im ersten Stock ist dtw Zimmer der Biblio- theknre, ein Lesezimmer, sowie ein Verbindungsbau nach dem Mn.stMim für die Kartenaammlung des Verein.s für (ie()graj)liie und Statistik. Der übrige llanm wird durch die eigentlidie Büchersammlung ein- genommen, welche zwei Stockwerke erfordert.

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430 XIV. Wisaenichaftlicbe und gemeinnlltoige Vereine und Institute.

96. iBRZTLICHBR VEREIN.

Von Dr. K. MARCUS,

d. Z. Vur.itseBdrro.

Der AiT/tliclu' Voroin wurde am Novt'inhor 184') ins Lcbni jyonifpii, <l(»rli lässt sich dt^rsclbe «»ij,nMitlirh si lioii auf «Iiis Jahr lS:i7 zuriicklülirt'M mui seine ersten Antange reitriien n(>ch um fast 20 Jahre weiter zurück. Im Jahre 1819 vereinigten sich 0 damals junge Aerzte zn einem »ärztlichen Ki^zchen«, mit dem Zwecke, durch «gegenseitige lüttheUungen fiber ihre Stndien und Beobach- tungen sidi unter einander wissenschafUich zu f5rdem. Etwa zehn Jahre spater hatte sich ein zweites und 1834 ein drittes Kränzchen zn gleichem Zwecke gebildet und am 5. September 1837 vereinigten sich die 19 Mitglieder dieser 3 Kranzchen zu einer gemeinschaft- lichen Zusammenlnmft, zum Zwecke der Unterhaltung und Fördenmg freundschaftlicher VerhaltnÜBse sowie der g^ienseitigen Anregungen und Weiterbildung durch Mittheilungen und Beqirechungen fiber Gegenstände der ärztlichen Wksoisdiaft und Kunst Die so ge- gründete Vereinigung knni regelmässig an einem bestimintiMi Tage zusammen, hatte ihren Vorsitzenden und Schriftführer und bestimmte, ohne sich jetzt bereits bindende Satzungen .aufzuerlegen, dass die zu machenden MitÜieilungen eine vor/u<rs\vf>i-i> prakti^dir Richtung haben sollten, sowie ferner, das>! jedesmal der herrschende Genius epidemicus besonders beachtet und besprochen werden sollte.

Xaclidem diese Vereinigung in solcher Weise (J Jahre lang bcstaiuh^n hatte, beantragte Dr. G. Spiess in der 46. Sitiung am 3. Juni 1845, in Zukunft die wissenschaftlichen Sitzung^ von den geselligen zu trennen, ffir erstere eine häufigere regelmässige Wieder- kelir in Aussicht zu nehmen und so einen »Aerztliclieii Verein«« zu gifindeTi. dem dann auch die z;ihb*eiclien ainh-ren liiesigen Aerzte beitreten kiHiiiteii. Der Antrag fand iillseit i;/c Ziistiiiiiiiiiiig und am 3. November 1845 liielt der mit Mitgliedern neu gegründete

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96. Amtlicher Verein.

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Verein im Vereinslocalo des SENCKENBKRcj'schpn medicüiiflchen In- stitutes, an das er .sich en^ an.schloHs, seine erste Sitzung unter dem Vorsitz von Dr. Mappes, der für das erste Jahr zum Präsidenten

gewilhlt wurde.

Von den Gründern sind z. Z. noch am Leben die II*>rren Doc- toren Adolf Schmidt, Gboro Yarrentrapp, Heinrich Hoffmann

und Eduard Schilling.

Der Verein nahm an Mitglicderzahl stetig zu und ^hlte am 1. Januar 1S,91 122 Mit<,dieder, und zwar 86 ordentliche und 36 ausserordentliche Mitglieder.

Zweck des Vereins ist: gegenseitige wissenschaftliche Anregung

und Relelirnn<;, Forderung eines collegialen Lebens unter den Aerzten Frankfurts und Wahrung der Standesinteressen.

Dieser Zweck soll in r^elmSasigcn, alle 14 Tage (Montags) von 5 7 Uhr im grossen Hörsaale der SBNCKBNBERO^schen Bibliothek stati;- findenden ZusammenkQnften durch Mittheilungen und Besprechungen erzielt werden.

Bis zum Jahre 1858 war die Aufnahme neuer Mitglieder ab- hängig von einer Abstimmung sammtlicher Mitglieder, von denen der

iKMi Auf/unehniende mindestens drei Viertel fOr sich haben muaste. Im .l:ilirt' 1808 hob man diese Beschränkung auf in der Ansicht, dass der V^tcIu nunnudir gokräfti«(t j^eniig sei, um hei di r Aufnahme neuer Mitglieder weniger :lnL'stli( h s*>in /.u brauchen und man stellte es jedem hier rer ipirtni Ar/.lc tVfi, Mitijflicd zu werden, .letzt kann wirkliches (ordentliches) MitLrlied des X'ereins jeder hier wohn- hatte approhirti' Ar/.t auf einfache schriftliche Anmeldung beim \'orstaii(lr liiu - werden ; der Heitrag betrügt jiilirlich M. 2.'>. Als a u s s e r II r (1 e 11 1 1 i (■ h e (nicht beitrugspfbi litige . aber auch nii ht stiiimiberechd^rte) Mitglieder werilen aufgcnoiiiiiieii : 1. Answiirtige Aerzte. hiesige Zalmiir/.te, Tliienlr/.te. 2. Xaturfor.'icher von Fach. KhreuniitgHeder besitzt der \'erein nuht.

Der Vorstand be<t<'ht aus zwei Vorstehern, zwei Schriftführern und ilrei Aus,schiis.NnntL;li*'dern. Zur He<,nita( litmig wii litiger wisscn- schattlicher Fragen werden Ueri( hterstatter nder Ansscbüsse ernannt.

In (ienieinschaft mit dem Skn( Ki-..Mii:i;i;"s( hen niedicinischen Institute, der SKNt"KENnER(j'sch«'n Natnrforschenden (lesellsebaft, dem Physikalischen und Vereine fiir rjeo^rrapliie und Statistik unterhält der Aerztliche Verein die an niedi* inischer Fachliti ratur sehr reiche Dr. SENCKENBERo'sche Bibliothek (s. oben S. 42U).

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432 XIY. Wisscnsrhaftlichp and gerocinnfitsigo Vcrrine und Institute.

Im Jahre 1854 rief der AerzUiche Verein^ nm mit den Callegen der Umgegend in nähere Beziehung zu treten, den Congress HitteK rheinischer Aerzte ins Leben, der alljährlich im Frühjahre ab- wechselnd in den verschiedenen Städten zu einer wissenschaftlichen und geselligen Veroiiii^tm^ znsaninit'titrcfciKl inni sich tillmälig aus- dehnend, nunmehr die Aor/ti> sämmtlichor bfimclibarton Stiidte und Orte von Marburg h'\s iJeidelborg und Mannheim. wi<- von Hanau bis Wiesbaden und Mainz in nähere auch persönliche Verbindung gebracht liat.

Seit dem .lulire 1857 wird alljährlich von dem Verein ein ».lahresheric ht über die Verwaltnn«? d<'s Mcdiciiialwesens. die K ran keiiiinstalten und die öffentlichen ^icsiunllieits- vt'r hältnisse der Stadt Frankfurt a. M.« (.1. l). S.w VAi\..v.yuK]i'> Verlag') lieraus<^e<;cl)rn, /.um Zweck«' der Saunuliini; fiiu's wfddlx-ar- l>eiteten är/.tli( li-statist is( ln-n Materials iiiul ilrr l''r>nl«'ruiiL;- di-r iirzt- liclien Statistik iil»eriiaupt sowie (h'r Fr»rd»'ruutf dt-r r)t}i'iitli( lu-u (Je- siindheit-sidle^e, wie es in (h'r Vorrede <h*s «'rstcn liaudes heisst. In diesem Jahre ist der XXIV. Hand (Jahrj^an«; 1 SSU) der dahresherielite erschienen. Die Redaction hesor<;t eine Ijesondere Cuiuiuissioii, zu den Kosten gibt die Stadt M. 1000 per Jahr.

Unter Mitwirkung des Aerztlichen Vereins wurden ^:ebildet: der Mikroskopische Verein, der Aerztliche Rechtsschutzrerein, der Ami- liche Pensions- und Hfll&rerein.

Unser Verein ist dem »Deutschen Aerztevereinshundc beigetreten und hat im Jahre 1876 die »Aerztekammer des Regierungs- bezirkes Wiesbaden« ins Leben rufen helfen. Letztere besteht aus Abgeordneten der Aerztevereine des RegierungsbeziTkes, sie bildet ein Organ für Berathnng und Beschlussfassnng Ober alle gemeinsamen StMides- und Sanitäts -Angelegenheiten und erstrebt staatliche An- erkenn um;, sowie Sitz und Stimme in dem bei der R^erung ein- zurichtenden Medidnal -Ausschüsse.

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97. Hikroikopischer Verein.

433

97. MIKROSKOPISCHER VEREIN.

Von Dr. ADOLF SCHMIDT.

Das Mikroskop trat erst ^ej^eii die Mitte unseres Jahrhunderte in den Kreis ,ler wissenschaftlichen Mittel für die Forachuug der

^^esaiuuiten Naturwissenscluift. ()b«(leich auf den Universitäten in frühen-n Zeiten noch keine Ciirsiis ühcr Mikroskopie gehalten wurden, l)es('liiifti<i^ten sich docli hier Kinzeliie wisscnscliaftlich mit diesem Instriiiiieiit. s<» unter amlereii Dr. Kiiksknu s, Kloss und A. SniMlDT, und nia( htei) Al)hundiungeu über botanische und zoologische (iegeu- stände bekannt.

Als Dr. Mkitknuklmkü. weicher sidi citri*"; in mikroskopischen 'iirsen mit dieseni Jnstiuiiieiitc beschäl tii(t hutte, von Universität /iirückkam , liielt iN-rselbe auf vielt'uches N erlangeii im Somnu^r 18')4 einen Cursus ül»er Hist<do^ie mit Demonstrationen und brachte dadurch Alle, welche sich hier für mikroskopische Untersucliun^ea interessirien, in Vereinigung. Der Gedanke einer BUdung eines Mikroekopiachen Vereins wurde dadurch angeregt und derselbe am 28. Februar 1855 gegrOndet. Als Zweck des Vereins wurde in den Statuten hingestellt: die Förderung der mikroskopischen Studien im weitesten Sinne und die Erleiditemng des Verkehrs aller Derer, die sich mit solchen Arbeiten beschäftigten. Es wurde bestimmt, einen Vorsitasenden und einen Schriftftthrer jedes Jahr zu wählen und aUe 14 Tage eine Sitzung zu halten. Der Verein trat wie die anderen naturwissenschaftlichen Vereine als Glied in die Kette der das ScNCKBNBBBO^sche medicinische Institut umgebenden Voreine und wurde dasselbe auch als dinstige Erbin eingesetzt.

Folgende 21 Mitglieder waren die Gründer: DDr. CRAILSHEIM, Frbsenu s, FrxcK, Getz, Schöff von Heyden, 11. Ib'i i MANx, Kloss, LouL'v L, Luga, Mettenhelmeii, H. von Metbr, Apotheker Mkvhr, G. I'as.-^avant, Schiff. A. Schmidt, Sömmerrinc, bayerischer Militär- Arzt Siein, Spiess I., Stieüel L, Stiebbl 11., VVallacu.

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484 XIV. Wisacosohüftlicbi' and gcnieiiiDflUifre Vereine und Institute.

Die Mitgliederzahl stieg bis auf 34 und beträgt jetzt 25, von denen eine Anzahl die Sitzungen regelniäsdg besucht.

Als erster Vorsitzender wurde Dr. METTENnKiMKii gewählt imd blieb es bis zu seinem Wegzuge nach Schwerin im Jahre 18(>1; ihm folgte Dr. Adolf Schmidt bis 1880, dann Dr. Loretz bis 1881 und jetzt I)r. Kloss. Als Schrittführer fiingirten der Reihe nacii die DDr. A. Schmidt. Oi t/,, Scuckllbs, Eisbr, Spieks II., Lorey II., Lobetz, Juno - Makcu.a n d.

Nach GrOnduiiff des Vereins g'inj^ man eifrij^st an die Arljeit; «lie Sit/ini«;en wurden rt'f,'t'hii:issi^' alle I I Ta<;e von 4 (! Uhr gehalten. Anfänglich waren botanische und zoolo<(isclie Vorträ;^e sehr häufig und heliebt, aber nach ib-m Toil«- von Dr. FliFSKNU S und St liötV von Hi;vr>KN fehlten mehr oder weniger die \ ertreter der Naturwisseiiscliaflen, un«l da immer die gn'isste Anzahl der Mitglieder Aerzte waren, m) ttat nach und nach die patlitdogische Anatomie mehr in den Vordergrund. Ausser Vorträgen und Demonstrationen der Mitglieder, hatten wir auch das Vergnügi-n, häufig Interessantes von Professoren zu httren, unter weichem manches Neues, damals noch nicht Hekainite war.

Anfangs brachten die einzelnen Mitglieder zu ihren Demon- strationen ihre eigenen Mikroskope mit; dieses zeigte sich bald als un- zweckmässig und wir bekamen durch Kauf und Erbschaft (F. Meter) nach und nach fünf Mibroskope (zwei von Haatnack, eins von Kellnbr in Wetzlar, eins von Mbbz in MOnchen, dazu ein GuNDLACH*sches ObjectiT, eins Ton ENaBLHARDT & Hbrsold in Braunfels), dann ein Praparirmilgxwkop von Zsis in Jena, zwei Polanutionsapparate von Hartxaok und em Mikrospektroekop von Browning in London. NatOrüch legten wir auch eine Sammlung mikroskopischer Pmparate an, in welcher sich viel recht Interessantes findet; jedoch sind die IMvatsammlungen einzelner Mitglieder noch bedeutender.

Eine kleine Bibliothek durfte nicht fehlen; dasWerthvoUste davon ist das QHartefiy Journal «/' microscopical scinicc und Schultzens Archiv.

Es kam der 28. Febnmr 1880 herbei und wurde an die.sem Tage das 25jahrige Bestehen des Vi'reins gefeiert, zu welcher Feier Dr. Mettexhei.mkh zu unserer Freude eigens VOn Schwerin hierher kam.

Das 2r)jährige Bestehen des Vereins zeigt, dass die bei der Gründung aufgestellten Zwecke erfüllt wurden und hoffentlich wird er noch lange fortbestehen.

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98. Verein fOr Geographie und Statistik.

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98. VEREIN FOR GEOGRAPHIE ÜND STATISTIK.

Vou Scualor Dr. von üVEM.

Anj^oro<xt durch ilic in Privatkreiseii von l)r. (J. L. KiuiXiK <:i'lialtt'iiL'n V'ortrii«^*' aus dmi <J<'l>ii'tt' der Cieo^ruphie und Etlino- j^'ra|diie und auf Kinlailiin^ des Kart<i}^ra}dirii Air(irsT Ravi:n.<ti:in traten um 2. Juni iS;;»'» cim' Anzahl Milnncr aus ^fhdirten und kaurniiinnisrht'ii Krcist-n /.nsaninit'n, um t'iut'u :^(J eo^ r a p Ii i s t Ii e n Verein« zu ji:riinil<'ii. Die am 1>. l)eieml)er 18;5<) angenommeneu Stututen l)ezeielinelen als Zweck des Vereins »die Förderung und Ver- breitung der Geographie und der ihr verwandten A\'is.senschat'ten« ; als Mittel hierzu heahsiehtigte er einest heils eine Sammlung von Büch»'rn, Landkarten und anderen auf diese WisHeuschaften bezüglichen Gegen- stunden anzulegen und zu Termehren, die Mit-glieder so gemein- schaftlichem Ideenaustausche und zur Verfolgung der Entwicklang der Geographie, Ethnographie und Astronomie zu Teranbssen und wissen- schaftliche Arbeiten nach KrSften zn unterstatzen ; andemtheils hatte er sich mit besonderer Beziehung auf die Bedfirfiusse des Handela- standes zur Aufgabe gemacht, sowohl in n^ehuaasigen Versammlungen die Hitglieder von neuen Entdeckungen und Forsdrangen in Kennt- niss zu setzen und spedell Gegenstande jener Wissensfächer be- lehrend behandeln zu lassen, ab auch für das gebildete Publicum durch Vorlesungen Gelegenheit zu grfindlicher Belehrung zn ge- währen.

Schon der erste Jahresbericht konnte 101 wirkliche und 5 corre- spondirende Mitglieder, und eine Einnahme von fl. 563. 24 kr., reich- liche wcrthvolle Anschaifungen und Geschenke, danuiter ein Relief des Bemer Oberlan<les, verzeichnen und über sieben \'orträge, meist physBBdi-geographischen Inhalts, berichten. Mit dem Winter 1838/39 begannen die auch dem griisseren PubUcum zugänglichen Vorlesungs- Curse mit Vorträgen von Dr. Kijkck und von Dr. Kiciiknmkistkk. Auch wurde das erste lieft btutiätisch - geographischer Arbeiten

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430 Wiasensrliaftlirhe und gemvinnfiteigc Vereine und Institute.

unter dem Titel: »Mittheilungen aber physisch -geo- graphische und statistische Verhalt)) issc von Frank- furt a. M. von de») Geographischen Verein daselbst. Fi-aukfurt 1839, in 4"« )))it Beiträgen von Kuik<sk, Mey nnd Steitz htMati-uiMrcben. Ei)) zwcitfs Mvi'i folgte 1840, ein drittes 1841, nachdem si( h /ai (h'vvn ßia)-ln>ituug ein besonderes statistisches Coniite gebildet \ndtv. Das Jahr IS'M> gewann dem Vereine auch das erste Ehrenniit<xlied in der Person des grossen deutschen Geographen

AI« hu Juhre 1841 der Gedanke (h r Kn ii litiiiiLT eines (icltändes ant' dem FelillH'rLjt' als Ziiniiclitsstäit«' und Kuln'nuDki für Taumis- wa)iderer und Natiirtrciiiuh' im Krt-ist« ilw 1 5iir^'<'rscliat"t a)i^er<'j^ Wurth', t-rkaiiiitt' der ^ e)"t'i)i in (hfst'ni Voriialx-n «'ine niclit n)i- wcscntlichc F(">i-dt'niiitx für wissciiscliaftiii lu* Hfoharhi iiii;_rfii und Ar- l»t'ite)), wi'nn auf (hf^rni trij^(»)<»netrischt'n I laujitpuiiktt' this ]>r- ahsiditi;^''ti' ( iiliämlc so ('in<;eri<'l)tt't wih'de, dass es )i)it mt'ti'ont- K»}jis(lu'ii uud \ i riiu'ssun;,'sinstrum('))tt'n atjs^^crüstct \vür(h'. l)«'r Ve)vin )iahm di».' Vorht'ri'itujij^iMi für diesen Zweck in flie lia)id u))d ein heso)iderer Ans.sclui.ss leitete die Geld.sam)nln))ge)) , Vhitwerfnn'^ der Baupläne, den Grunderwerb u. s. w. Erst am 20. Juni 1850 konnte nadi vielfachen Schwierigkdten der Gmndatan su dem Thurme und Zaflnehtsluiuse gelegt und im Jahre 1860 dasselbe der Benutzung übergeben werden, nachdem von dem Vereine mit dem Uebemehmer gewisse, die Verwendung für wissenschaftliche Zwecke sichernde und den Betrieb der Wirthschaft controlirende Verab- redungen getroffen waren. Auch die Vei^rOsserung des Hauses und Erhöhung des Thurmes im Jahre 1871 vermittelte der gedachte Vereins-Ausschuss.

Durch vielfache werthvolle Geschenke und durch Austausch mit anderen Vereinen hat sich inzwischen die Bibliothek reichlich ver- mehrt; ihre Benutzung zu erleichtem, wurde sie mit derjenigen des SENCKKNBKiUJ'schen )nedicinischen Instituts, der Xatnrf( »-sehenden Gesellschaft, des Physikalischen und Aov.tli« lien Voeins dun Ii V'e)i)*aj^ von) 1(). Januar 1850 verei))i^t nnd dadurch den Mitgliedern die Theilnalmie a)i einem bedeute)iden , wissenschaftliclu')i und wohl- geordneten Material, das aus den verschiedenen i5a)n)nluni^en in der SENCKKNUElurmhen Hibüothek sich nnn zusammenfand, o-ötinet.

Hin neues belebe)ides Eleuieuf «rewann der Verein durch seine Uiuwaiulhnig in de)) 1' r a n k t ii r t e r \ereiu i'iir (t e o tr r a j> h i e uud Statistik«. Wie schou oben berichtet, war der Verein von

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9K. Vor<>in für G<*n|irui>hit< und Statistik.

Anfang an bestrebt gewesen, durch statutiache Arbeiten eine genauere Kenntniss unnerer Stadt und ihres Gebiets anzubahnen. Die nach und nach auch in DeutschUnd zur Anerkennung gelangte Wichtigkeit der Statistik als einer Hfilfewinsienschaftf welche auf alle öffentlichen Ver- hSltnisse einen unberechenbaren Einflnss Qbt und deren Werth auch in unserem damaligen kleinen Staate sich Geltung yerschaflfte, hatte eine Anzahl hiesiger Bürger, vorzugsweise auf Anregung des Herrn Dr. Gbobg Yarrcntrapp yeranlasst, einen Statistischen Verein zu grflnden, der die Bearbeitung der vaterstädtischon Statistik unter» nehmen sollt*'. Um jedoch Hin«* Zersplitterimg der Kräfte zu verhindern, hatten sich dit'sc HeiTen mit <1<mii Vorstand«' <les Geo^aphischen Vereins duhin vereinigt, das» 'Ii*- ( Erfindung eines be8<:>n(leren Statistis<})en Vert'iiis unterl)leiben solli wenn der Geographische Verein eini' st^itistiscln' Srction begründe iiinl seine Statuten zwe<kentsprecliend ubündcre. Letzteres ^'■•■^rliali dnreh die am 17. Mai I8r)4 an- genonnnenen neuen Statuten, dnnli welche der Verein für Geo- «fnijdiie und Statistik in zwei Al>tlieilnn^<*n. eine i^eo^rrapliisclie und »'ine statistische /erfüllt, di-veii jtMlc eiin-n N'nrstand von tiiiil arl)eiten<len Mit^'^Iiedein hat; diese ijeideji \ (»rstäiide l»ilden den ( ie>aini)itvi>rstan<l. in weil lieiu \'<)rsitz und .Schriittüliruug zwischen den Abtheiiuugen jälirli(h wechseln.

Die statistische Ahtiieihmi; begann alsliald ihre Thätif^keit durch Ankuiiptiiu«; renfer Vi'rl)indun^^'n mit den stutistischi'u Hehrmlen und V'ereinen des In- und Auslands und mit Vorhereitun^O'ii für statistische AuHbeutung der Volkszählung von IS.").'», die unter Theilnahme des Vereins vorzunehnieu vorgeiM:hliigen wurde. Kam dieste Theilnahme an^ damals nicht zur AnsfQhrung, so waren doch diese Arbeiten in- sofern fruchtbar, dass fDr die Zählung von 1858 der städtischen Be- hörde ein ausfOhrliches Gutachten Ober die vorzugsweise dabei zu erforschenden Momente und die richtigen Mittel zur Gewinnung zuverlässiger Angaben fibergeben und von ihr berücksichtigt wurde. Als Ergebnisse der nach dem zugänglich gewordenen officiellen Material eifrig betriebenen Bearbeitungen erschienen seit 1858 die »Beitrage zur Statistik der freien Stadt Frankfurt, heratu^egeben von der statistischen Abtheilung des Frankfurter Ver- eins fnr Geographie und Statistikc Bedeutungsroll und von dem Verein als eine Am-rkcnnung des Werthes statistischer Forschungen und als Stützpunkt für «eine Arbeiten freudig begrfi.sst, war die am 18. .Tnli 1S(;,'> von dem Senate vollzogene Krriditnng eines Statistischen Amtes und die Ernennung des verdienstvollen Dr. phil. G. A. Burnitz

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438 XIY. Wissenschaftliclie und Remeinnfitsige Veroine und Institute.

zum Vorsteher desselben. Die statistische Abtheilimg ▼«rstöndigte sich TOD nun an mit dem Statistischen Amte über die Veröffent^ lichong fernerer Arbeiten. Diese Wirksamkeit der statistischen Section war anch der Anlass, dass durch Senatsbeschluss vom 31. Mai 1859 dem Vereine ein jährlicher Zoschuss ron fl. 500 ans der Stadtkasse bewilligt und seither, je nach dem Fortgang der Veröffentlichungen, welche er erleichtem sollte, (jetzt mit M. U>00) erneuert worden ist. Mit dieser Unterstützung^ ward es möglich, dii? statistischen Beitrage jetzt bis 7M\n Si lilnsse des III. Bandes (von je G Heften) fort/nsrtzen, unt^^T thatkrüftiger Mitwirkung des städtischen Statistisclien Amts.

Schon im Juhre 1X4') 40 war, um gemäss der in den Stututen vorgesehenen Aufgabe »die Mit«(litil<'r von neuen Entdeckungen und Forschungen in Kenntniss zu halten", durch Dr. Heyden, und später durch Oberlehrer l)r. Alt;. Fin<;i;k ZiMtweisc <'iii Fcherblick über die neuesten <ieo<^ra]iliis(hen Entdecktm^cu den Mitgliedern vorgetragen worden, während von 1S<).') an Handelsk.iiinuer-.SecreUir (ii.oc.Ar sich der Aul"<^al)e unterzn^r, jdanniässiu' alljährlich Vorträge Uber die neuesten Fortschritte der i; e «> «r r a p Ii i s c h e u Wissenschaften zu lullten, einer Aufgabe, welciie derselbe bis zu seinem Tt»de in musterhafter, allgemein hier und auswärts in wissen- schaftlichen Kreisen anerkannter Weise durt hführte. Auf Anre<;nn<r von Glogau war sodann am 24. Juni l^^diJ die allmonatliche AV)- haltung wis.se n sch aft Ii che r Sitzungen im W'interhalbjahre ver- abredet worden; Mittheilungen über Correspondenzen und Einlaufe, Berichte anwesender Mitglieder oder OSste Ober eigene Reisen oder ihnen zugegangene geographische Nadirichten, Anzeigen nener literarischer Facherscheinungen, Berichte fiber die neuesten Verhand- lungen anderer Geographischen Gesellschaften und ErSrterungen wissenschaftlicher Fragen sollten sie beschäftigen ; mit welchem gOn- stigen Erfolge dies geschah, zeigen die Jahresberichte von 1870 1880 und die fimmdliche Aufoahme, welche dieselben bei anderen Vereinen nnseres Fachs fluiden.

Bei den Terh&ltnissmässig geringen Mitteln des Vereins konnte dieUnterstfitznng wissenschaftlicher Arbeiten und Er- forsch ungsreisen nicht in ani^hemd gleichem Maasntabe, wie von anderen Schwesteigesellschaftcn erfolgen. Doch war es möglich, die Unternehmungen Tdeodor von Hiirci.ix's und Carl Maucii's, sowie die deutsche Ritter -Stiftung und die zweite deutsche Polar- Expedition von Oberlientenant Pavi h und Lieutenant Wkyprecht und deren österreichisch - ungarische Polarreise, theils aus Vereins-

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9H. Verein fOr (iengraphie and Statistik. 439

Ifitteln, theils durch Tom Vereine angeregte Görnitz- Sammlungen lebhaft zu unterstützen.

Die Betheiligung an der 1872 in Berlin begründeten »Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Afrikasc konnte der Verein zu seinem Bedauern nicht fortsetzen; di^i^c^n nahm derselbe Theil an der von der Berliner Gesellschsift ffir Erdkunde 1879 veranstalteten Feier zur Erinnenmff des 100jährigen Geburtstages Carl Rittee'8 und der «lalM'i gestifteten Marmorhfiste «Irsistlhfii , sowie ISSO an der von siuiiuitliclien <^eo<^rii})}iisc)u'n (it>sflls(-liat'teu Deutschlands zu Ehren Nord e u s k i ö 1 d ^s dargebrachten Mt daille.

Die StatntiMi des Vereins wurden in <!• r ^i'ueralversamrahmg vom !>. Ot tulu r 1S7S «'iuer Uevision und neuen lietlaction unterzoffen; im VVe.s«>ntli( h('n wimlcu die seit 1^54 jjelt«'nd«'n rtninflla<f(Mi ln'il»t'halt<'n.

Der Verein /äliltr im luclnnm^sjalir 1S71>,S<I an wirklichen Mitjjfliedern .'W'.>, iui corresiioiiilireiiileii an Ehr(Miniif_rli<<lt'ru 0 (Carl Wkvi'Kki 11 i . ,1. v<»\ P.\vi:it, Dr. Eiti AUi» |{i !M'KLI,, Dr. Gi stav NAciiTKiAL, Freiherr Fkiu». von IiK imioFKN, H(»trath Dr. Gkiuiaui» RllohFs). Er hat nach einem Z«'itranni von ntin 40 Jahren aus einem kh'in*'n Anfange nn lir Incah-r liedenl 11111; sicli zu einer Ge- sellschaft lieran<;ehihh't. wrli lic. sie ist (he (hittälteste (leut,s<he Geographische nun Ankmijirim^'sjuinkte zu (h-n ( Jeoj^raphisohen Vereinen l)euts<lihin<ls nud Euroj);i.s gewonnen hat, in h-hhattera wissenschaftlichen Tauschverkehr luit denselben steht und die be- deutendsten unter den neueren Erforschem und Keimenden zu Mit- theilungen fiber ihre Entdeckungen und 6eobachtun<;eu heranziehen konnte. Die Ausdehnung, musterhafte Einrichtung und Unterhaltung des Tauschverkehrs, namentlich in statistischer Beziehung, sowie die rege Thatigkeit auf statistischem Felde verdankt der Verein hanpt- üblich der Fflrsoi^e des seit langen Jahren den Vorsitz in der statistischen Abtheiiung fahrenden Herrn Geh. Sanitatsrath Dr. Georu Varrentrapp; jene lebhaftere Verbindung mit den Männern der neueren Forschungen und die regere wissenschaftliche Richtung dem seit 1863 im Vorstande thStig gewesenen, leider zu frfih am 19. August 1878 verstorbenen Vorsitzenden der geographischen Ab- theilung, HeiNRicH Glooaü.

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440 ' Wisscnscliaftlicbe und gemcinnt^txigc Yerpinc und Institute.

99. SENCKKNliKUG'scHK NATURFüUSClIlJNUE

GESELLSCHAFr.

Von I>r. HEINRICH SCHMIDT.

Als nach den Freiheitskri^n Frankfurt aeine Selbständigkeit wieder erlangt hatte, trat eine Schaffensfreudigkeit für grosse und edle Dinge in unserer Bürgerschaft zu Tage, wie sie wohl kaum je zuYor eiiebt worden war. In dieser Zeit des Aufathmens nach langem Drucke wurde das Yersorgungshans g^Qndet, der Bau der Stadtbibliothek begonnen, das herrliche STjmsL^sche Kunstinstitut gestiftet. Es wurde auch der mehrere Jahre hindurch seinem Zwecke entfremdete Botiuiische Garten trotz spärlicher Geldmittel den An- fordenmgen der Wissenschaft eni<?prechend neu angelegt und mit selti'iicn Gewächsen bereichert. Dius ullgoincine Vorstiindniss für die Bedeutung dor Niitnrwissensrlmft trat aber besonders glänzend lu-nroF durcli di«' 1^17 orfolgte Gründung der SbN0KENDER»j '.sehen Natur- iorschenden Gesellschai't. Sechzehn Männer, verschiedenen Lebens- stellungen angeliörig, traten zusammen, »imi des edlen Senckenbewj Lifldingsstifiuug. das nu'diciniscln' Institut, don Ansprüchen der Zeit gcniiuss uut'zuriclittMi und wieder /.utu Mitieljuniktc alles natur- wisseuscliat'tlichi'U Strfln'us unserer Stadt /u iii;i«-lieuc: . Die Anregung zu sdlrlieni \'orgeheii Verdankte die kleine Sclüiar ileiu dauuiligen Lectnr der Anatdinie. dem unvergesslicheu Dr. uied. Jac. ( 'kkt/schmau.

Im Septeuil)er 1 817 hatte dieser der Stit'tuugsadniiuistration eine austulirliche Denksdiritt überreicht, in wtdeluT der (iründuugsgeilanke einer luiturtorschenden (iesfdisclial't, deren Zweek uml l'jiuri* lituugen entwiekelt waren. Am 22. November tand die cunstituirende, dit* erste, Sitzung unserer Gesellschaft statt, die Senckenberi* zu Ehren sich als >SENCKEiiBBRG*8che< bezeichnete. 1818 erweiterten die ur- sprOnglichen Stifter ihren Kreis um weitere 16 Ifönner, von denen die meisten hohen Ansehens in der Wissenschaft und in der Ge- sellschaft sich erfreuten. Bereits am 29. April 1818 wliess die

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99. Sonrkenherg'sche Natiirfonrhendp Gospllsrhaft.

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Gesellschaft einen Aufruf an »Fronkfori» verehrtes Pablicumc. Nachdem im Eingänge dieser Schrift gesagt ist, bei allem Schönen und Vortrefflichenf das die Vaterstadt besitze, fehle nur eins: »Wir haben den Wissenschaften der Natur noch keine öffentliche Huldi- gung dargebracht« , wandet sich der Aufruf in Betreif der Erbauung eines natnrhistorischeu Museums »an diejenigen verehrliclien Mitlifirfrcr unserer t"rei»'ii Stadt, welchen die Gunst d«'s Sdiirk-talg die Mitt«! und den Willen verliehen hat, um anerkannt nützlichen und noih- wendi^jen Zwecken aufzuhelfen, um Entwürfe, die zum Seifen der Menschheit im Alljrenieinen gereichen, mit erfolgreichem Naclulrucke zu unterstützen«. Unterzeichnet ist dieses Schriftstück von den heid«'n Directoren, Dr. med. NKriu iu; und Dr. meil. ( 'kktzsciim,\U und den beiden Secret!Ir»'ii Oberlieuteiiant von HkviiKN un<l Dr. med. Hi>:i;nkh. Sein Mrfolt;- Will- ein in jeder l»e/ieliiiiiir < rtieiilirher. Die ersten ge- dnukteii St;iliitrii /ei^eu das Datum 1.'). (>(t(»lH-r und tragen

ebenfalls die soeben gi naimten rntersehriften. Im Jahre IS I.'» erwarb die (ieselfschaft die llecliti- einer juristiscbrn Person und wurde in dieser Eigenschaft 1^07 durch landesherrlic he N'erfiiguug bestätigt.

Mehrmals sind die Satzungen der Gesellschaft Aenderungen. inul zwar theilweisc recht weitgehenden, unterworfen worden, 1826, 1840, 1841, 1858, 1807. Von ihren Besfcimmnngen hebe ich Folgendes als besonders erw3hn«uwerth henror. Der Zweck der Qesellschaft ist gegenseitige Belehrung und Förderung der Katurkunde im All- gemeinen und besonders in hiesiger Stadt, sowie Sammlung diesem Zwecke dienlicher Gegenstande. Die Gesellschaft entwickelt ihre Thätigkeit im engsten Anschlüsse an diejenige des medicinischen Instituts der Dr. SsKCKENBERO^schen Stiftung, deren Wappen auch das ihrige ist Falls die Gesellschaft rechtlich zu ezistiren aufhören sollte, ist genanntes Institut, welchem auch jetzt schon das Ober- eigenthum Aber ffimmÜiche ihr zugehörigen und auch' in Zukunft zu erwerbenden Gegenstände fibertragen ist, der Erbe ihres ganzen Be- sitzthums und zwar mit unbeschrankter Dispositionsltefugniss.

Die nun folgend«' Darstellung soll den gegenwärtigen Verwaltung»- modus und «h-n Thätigkeitskreia der SENCKKxnEKu'sdien NatuHbrschen- den Gesellschaft mit den nöthigen statistischen und historischen Er- gänzungen zur Anvdiauung bringen.

Die Mitglieder der (b sellschaft sind entweder hie.«?ige oder aus- wurtige. Die hiesigen /ei lallen in arbeitende (wirkliche) und hMliglich beitragende (Ehren-) Mitglieder. Sie entrichten jährlich M. 20 als Beitrag (mit Ausnahme der auHScrurdeutlicheu Ehreumitglieder). Die

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442 XIT. WisseiMchafUiche und gemoinnAteigo Vpreine und Institute.

answartigeii werden als correspondirende Hilglieder bezeichnet und in ihre Reihe tritt jedes arbeitende Mitglied, welches Frankfiirt danernd TerlSast, Über. Abgesehen Ton den lediglich beitragenden Mitgliedern, Uber deren Eintritt die Direction entadieidct, findet fiber jedes neu aufzunehmende Mitglied auf einen seitens der Direction in einer Yerwaltnngssitzung gemachten Vorsclilng hin in der nSchsi- folgenden Vf>rwaltnn«;ssitzimg eine geheime Abstimnninjjf der An- wesenden statt. Eine besondere, erst 1S4^5 otlirirll einffel'ührte Reihe bilden die ewigen Mitglieder, weiche dor Gj-sellschaft fin (^ipital zugewiesen haben, dessen Zinsen dem Jahresbeiträge gleichkommen (früher fl. 400, jetzt M. 50()). Ihre Namen sind in der Eingan<rsh:ille des Museums mit pobleiien Uiichstul>en in schwarze MarniortalV'ln eingeschriel)en. Endlich initss noch cnviihnt wcnh-n, dass in neiu'ster Zeit in j^anz sclti'iH'n Källoii Er\v;lhliingeu zu currespondireuden Ehrcn- mitgli<'di'rn statti;t't'unilen halM ii.'i

Die ,Iahrt'slM'ri( ht«' füliren gegenwärtig in scclis Kategorieeii die Namen der Mit|,dit'ih'r auf:

1. der Stifter, Mit|rlie(ier der Jahre 1817 und ISIS. :{2 an der Zahl, von d»'nen nur der viel gefeierte, hoch verdien te Dr. RÜPPKLL noch lebt;

2. ewi^e Mitfrlieder (17);

3. hiesige Mit<(Ucder des laufenden Jahres, wirkliche und bei- tragende (Ehren-) Mit«^lieder (gegenwärtig 478);

4. nen eingetretene Mit<^Mieder des letzten Jahres (G);

5. ausserordentUche Ehrenmitglieder (3);

6. correspondurende Mitglieder (170).

Durch die Mitgliedschaft werden folgende Rechte erworben:

1. das natnrhistorisdie Museum zu besuchen und FVemde dnznf&hren,

2. allen von der Gesellschaft veranstalteten Vorlesungen und wissen- schaftlichen Si^ngen beizuwohnen, 3. die vereinigten Sbmoebnbbro*- schen Bibliotheken (s. oben S. 429) zu benutzen.

Die Direction der Oesellschaft bilden vier Mifgliedar: ein erster Director, ein zweiter Director (sog. wissenschaftlicher), dem die Ober- anfticht ther die Sammlungen zusteht; ein erster und ein zweiter SdiriftfBhrer. Die Kassengesdiilfte besorgen zwei von der Genenü- Versammlung alljährlich erwählte und stets wieder wählbare Kassirer, deren einer beitra«;oii(l(s Miti^liod rlor SKNCKENBEUrtVhen Natur- forschenden Geselischaft, der andere aber stets kaufmännisches Mit- gUed der Dr. SBNCKBNBBRO^achen Stiftungs -Administration sein muss. ') Die ari»elt«iideii, eomapondlrendea md •mMrordeatllelMB Mitglieds erhaltra IMpIvme.

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99. Senckenborg'sche Nftturforsohondc Gesellsrhaft

443

Die GeseDschftft hSlt folgende Siteiuigen (Vemmmlangen) ab: 1. VerwaliimgBritKtmgen, welchen nur wirkUche und correspondirende Mitglieder anwohnen können; 2. wiseenmliaftliche Siteongen fttr alle Mitglieder, etwa sieben bis acht im Laufe des Winters; 3. die Oeneral- versanimlnng fttr alle Mitglieder; 4. die öffentliche Versammlnng zur Jahresfeier, das Maifest, frfiher am Stiftangstage, g^^wSrtig stets Ende Mai abgehalten, zu welchem sammtliche hier anwesende und viele correspondirende Mitglieder, die beiden BOrgermeister (persönlich), sowie eine Anzahl hiesiger und auswärtiger naturwiwtenschaftlicher Ge- 8ellHchaft<?n seitena der Direction pinjjeladon werden. In die.s«^r Vit- sannulung erstattvt ein Director ein<^o}n'iideu Bericht über den Zustand der Gesellschaft, nachdem zuvor ein wissenschaftlidnT, aber gemein- ▼erslAndlicher Vortrag gehalten worden ist. Die Fe8tsitzung findet an einem Sonnta^je von 11 1 Uhr statt; am Nachmittaffe folj?t ein Essen. Das erste Festmnlil wurde im Weidenbusch am 22. Novendier 1821 abgehalten, die tollenden .Jahrzehnte hindurch auf dem Ober- forsthause, in jüngster Zeit im ZoidogischtMi n;irt*Mi. Für das Maifrst ist noch zu Recht bestehend eine hi& ins Einzelne gehende alte Festnrdnung.

Die im Mnscuiusgcbiinde aufgestellt«', di«' tlrei Natiirrriclic um- fassende Sammlung ist gegenwärtig in 1.') jSt'( ti<uit'u t'ingrf lu'ilt, w«'lrh«'n 14 Sectionäre vorstnlifn (für vrrgb'icbendt' Anatomi«', Sängcthifre, V^">g•d. l{i'|itilicu und Am|thil)i('n , Fische, Iiiscctfii davon Lcpi- dnptcrcn als brsondtMv Abtheilung . Cmstacoeu, Wi ic htliicif. nirdi-re riucre, l'haufrogamen. Krvjdogaint'M, Mineralien, Zoopalai'tmtxdogie, IMiytopalaeontologie, Geologie). Der ethnogra|diische Theil, welcher auch die änsaerst werthvollen ägyptischen, von Dr. RüPPELL ge- sammelten und geschenkten StQcke enthalt, ist bis anf die Rassen- schSdel, zwei Mumien und die ethnologischen BOsten in das sISdtiache Museum und zwar als Geschenk der Gesellschaft flbergeftthrt worden.

Was nun die Geschichte der in der ganzen Welt rühmlichst bekannten Sammlungen betrifft, so bildeten den Anfang derselben die ▼on Sbnckbnbrru hinterlassenen Mineralien und Versteinemngen, sowie die von Dr. Rüppell geschenkte Collection Mineralien. Durch Ankauf der ausgezeichneten Yogelsammlung des Hofraths Meyer in Offenbach, ' welche fl. 6000 kostete (5000 aus freiwilligen Beitragen, 1000 indurect ▼on Dr. ROppbll) wurde mit der Fauna ein bedeutsamer Anfang gemacht. In seinen wesentlidien Tlieilen allerding« ist das Mu-ü um durch Schenkungen entstanden, von denen seither und gewiss für alle Zeiten diejenigen unseres RüPPELL in allererster Reihe stehen, nicht

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444 WissMisrhaftlichp und gomeinnOtsige Vcreino und Institiiti».

nur an Umfang, sondern auch an Werfch. Viele Unica hat das Museum gerade von ihm erhalten, und durch Verwerihun^ uml Äustiunch seiner Doubletfcen mit. ilcn Mns«'»'n von Lcydcn. London, Paris, Wien, Petersburg mnl München sind wcrüivollc IlcnMclicnnipMi in diisselhe gekommen. In den ersten Jahrzehnten (l«'.s Bestehens der (losdlsolialt »erffiUte eine allgemeine Begeisterung für (la.s unternommene Werk die ganze Bfirgerschaft ; wer eine Sammlung bemss, sie hin, dem gemeinsamen Besitzthnm pfrösseren Werth zu verleihen«. Audi heute noch, wie vor .lalnzohnten. ertrciit sich die Ges(dlscliat"t zalihcicher Zinvciidiiiii/cn von OUjccton seitens ilu'cr MitLflieder, der Kiiiwohner F rankfurts und «i'an/. Iie^iuflers iler in iilleii Ländern dt-r Krde anzn- trellendeii S(>lnu' dieser Stadt. I""eriier ist der Taiisc liverkehr ein Üei&sig benutztes Mittel zur Bereicherung der Sainnilun^'en.

Die nietliodische Er\v«'iterun<; h'tzt^^'rer durch Kaut geschieht, wie der Tausch, (hn'( h die Sectionäre, (h'ren jedem tih- seine Al)tiieilinij/ eine kleine Sinnnie ailjiihrhch fiherwiesen wird, wiilirend «grosse An- kiiuie der ( iieneiniii<^un<x der Verwaltnn}?ssitznn^ unterbreitet werden müssen. Ahe neu un<rekonnnenen Ohjette werden alshahl sorjifialti^ von hiesigen oder auswärtigen Autoritäten he.sümnit und zur Schaustellung oder sonstigen Verwendung hergerkhtHi. üeber den Zustand, be- ziehungsweise die VergrSssemng ihrer Abtheilungen erstatten die Sectioidbre alljährlich Bericht an die Direction.

Sämmtliche Objecte werden in sehr sragfSltige, nach bestunmten Systemen geordnete Kataloge mit Kamen, Synonymen, Geschlechts- angäbe und Fnndort eingetragen. Ldder hat der hohe Herstellungs- preis den Druck eines Generalkatalogs bisher unmöglich gemadit.

Die Naturalien dienen, soweit sie nicht der Conservimng halber in Kasten verschlossen sind, der öffentlichen Schaustellung f&r Jeder- mann dreimal wöchentlich, Mittwoch 3 5 und Freitag und Sonntag 11 1 Uhr. Ihre Eitiqnetten trarren deutliche wissenschaftliche Kamen, die Anpihe des Fundortes, sowie den Namen des Gehers. Ihre wifweii- schaftliche BonQtKnng ist an ^ewis^se, t'fir jeden Fachmann h'icht erfQllbare Bedingungen peknüplt. Zum Zerlegen sein- werthv(dier oder nur als Unica vorhandener Tiiiere oder zum Zerschlagen eben- solcher Steine ist der Sectionär in der Lage, die Genehmigung der Verwaltungssitzung einholen zu nn'iasen. Maass^ehend in dieser Be- ziehnnj? ist eine bereits 184.'» gedruckte Vorschrift über das Ordnen und Erhalten der .Sanuulun«;en.

Die fortwährende Beaufsiclitiifnui; der Samnduni; sowie des Oo- bäudes int zwei von der Gesellschutt be.soldeteu Custodea anvertraut,

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99. ScnckvnbergVhe Naturforsrhende Gesellschaft.

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ehrend die Arbeit der Sectionare gratis geleistet wird. Die Gnstoden besorgen das Stopfen, Au&tellen, Gooserviren imd Skelettiren. Zur Honorirung dieser Stelle hatte Heinrich Htlius in Mailand bereits 1845 ein Capital von 10 000 Gulden geschenkt.

Diis Museumsgebtludc verflankt ciiifr zweimaligen wesentlichen Erweitern 11 LT meinen jetzij^en Umfang. Der Gninilstein zu dem mit Portal i^tMchmückten Theil war am 1«). April 1820 gelegt worden und Hchon am 22. Nov» ml . i 1821 hatte die t. it rlithe Eröttnung stattgefunden. Der Bau, dtirchaus auf dem Grund und Boden der Dr. SEXCKKNBERcj'schen Stiftung aufgeführt, cr»chien bald nicht ge- räumig genug und es wurde 1S.{(( auf Stiftungsgclände da.s grosse Oe- bäude, welches der Blcitii8tra.s8e entlang liiiitt imd mit dem iliteren durch einen ZwisriiciiWiin verbunden i.st, aiit'u""lülirt. Acht Siile und ein ZiniiniT sind mit Xiitiiralien <;»'füllt ; sieben Zinnn<'r dienen als Arbeits- räumc liir dir Stctionilre, zwei tiir die ("ustodeii, eins f(1r die Ver- wultiuig.<>it/uugeu und <leii Mikroskopischen \ i'ifiii. eins /in* Anl- bewalirnug der Douldetten. Vnsserdeiu bcniU/.t der IMiysikali.sche Verein drei «^rosse Räume und ein Zimmer im Eril^es<]u)ss des Neu- buues lind im dritten Stock zwei Arbeitszimnu'r. Versidu'rt sind die Sammlungen, S< iiriiiike und sonstigen Eiiu-iciitungen der Sknckkniikk«!'- üchun Natiirfcuschendeu Ge.sellschait für M. 239 500, die Bibliothek fQr M. HO 500, diui Museumsgehäude für M. 147 000.

Die sehr reichhaltige BQcheraammiung, für welche bereits 1820 Dr. med. Mappbs, damaliger erater Secretär, einen Katalog augelegt hatte, ist seit 1825 mit der Bibliothek der Dr. SsNCKENBBita^achen Stiftimg vereinigt aufgestellt, während das Eigenthumsrecht für ihren Anthei) der Naturfor»chenden Gesellschaft allein zusteht. Vermehrt wird dieselbe durch Kauf und durch Tausch, letzteres, indem wissen- schaftliche Gesellschaften auf der ganzen Erde g^en die Abhand- lungen der SBMCKENBEBO^schen Naturforschenden (Gesellschaft ihre Publicationen schicken. (Gegenirörtig Tauschverkehr mit 188 Gesell- schaften.) Da seit 1842 die Stadtbibliothek den Ankauf naturwissen- schaftlicher Werke sistirt hat, so ist der SENCKENBBRO^scihen Natur- forschenden Gesellschaft die Aufgabe geworden, die betrelBPende Fach- literatur anzuschaffen.

Was die literarische Thätigkeit der SüxrKENBElUJ'schen Natur- fnrs( lieuden Gesellschaft betriltl, so veröffentlichte diese Arbeiten ihrer Jditgiieder zuerst in Li'.omiakd's Zeitsrhrift und dann in der Isis. Darauf «'rschienen 1>^2<> die zoologischen Ergebnisse der

KüPPELJL'scheu Ueise iu 20 ilelteu und danacli das bekannte Museum

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446 XIV* Wissenanhaftliche und KemeiiinfltsiKC Verpine nnd Institute.

Soiekenbei^lpanuiD, entiialtend wissenachaftliche Aoft&tze aus dem Gebiete der beschreibenden Natmueecluchte, 1833 1839, in drei Bünden. Erst, 1854 wurden die Abhandlungen begonnen, Ton

denen jetzt der elfte Band v«>IIt'ii<lt't vorliegt. Seit 1868 erbielteu auch die Ju)in>sbenchte eine wissenschait liehe Bedeutung durc^ die in ihnen veröffentlichten zahlreichen üriginalarbeiten.

Die öfi'eutlicheu Lehrvortrilge Über Natm«xeschichte wurden Im-- ponnen 182(», nacluh'ni der Senat eine jährliche Subvention bewilli^'t hatte, welche mit Unterbrechungen nnd in verschiedener Höhe bis jetzt zur Anszahlun}? »(ekoininen ist. (le^enwürtig werden dieselben von drei DiK-eiiten abi^ehalteii und zwar über höhere Tiiiere, fiber niedere Thiere uud iilier d:i.s ilrittr Kdch (Botaiiik liisst das inedi- cinische Institut lesen). Uut'!itt;<'Itli( hm Zutritt liahiui alle Mitglieder, sünnutliche Lehrer l'rauktints uud der 1 ui<^egcnd, tjowie die SchUler der oberen (Massen drr ludieren Sclmlru.

Eine erfn-uli« hr Th;iti;^^keit wurde der SKNCKKNBKRrt'scheu Natur- lorsdieudeu üesells* liatt durcli den bei der l'<'ier des t'üiil"zi}:yähri«;en Ductorjubiiäunis Sa.mi i.l Thomas von S'KMMEi;uiNci\s 1828 jrestit'tet4'n S<KMMEKRINU-Preis, dessen Zuerkiumung jedes vierte Jahr ihr obliegt. Bestimmt für eine ausgezeichnete physiologische Arbeit im weitesten Sinne, kam er 1837 zum erstennude und bis jetzt überhuupt zwölf- mal sor Yertheilung. Er besteht in einer Geldsumme (H. 500) und einer silbemen Denkmflnze. Der bei Gelegenhdt des Tibdbhavn- Jubiläums 1852 gestiftete TiEOSHANN-Preis ist in allen Einzelhdten dem yorigen genau nachgebildet. Er wurde bis jetzt zweimal, zum erstenmale 1875, zuerkannt. Ein dritter wShrend des JubilSnms des Geheimen Hofraths Stisbbl in Anregung gebrachter Preis, der SriBBBL-Preis, gestiftet für emen wesentlichen Fortschritt darstellende Arbeiten im Gebiete der Entwicklnngiqgeschichte nnd der Kinder- heilkunde, wird Ton einer Gommisrion erthdlt, dwen Mitglieder die SBMCKBNBBRo*8che Naturforschonde Gesellschaft und der Aerztliche Verein wählt und welcher ein Mitglied der Stifhings-Administration pnisldirt. Er besteht in einer Geldsumme (fl. 300).

Von hervorragender Bedentnng für die wissenschaftlichen Be- strebungen der Gesellschaft und besonders auch für ihre Sammlungen ist in neuester Zeit die im Jahre 1870 gegründete RürpRLL- Stiftung geworden. In Erinnerung an die vor 50 Jahren crfohj^te (Jrundstein- legung des Museumagel^udes und zu Ehren des gefeiertsten Mehrers und Förderers der Sammlungen wurde diese Stiftung zur Vcransbiltun^ uaturwisseuschaftUcher lieiseu in das Leben gerufen, nachdem die

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U9. Senrkenberg'whe Naturfonchende Gesellschaft. 447

SsNCKENBEBQ'ache Naturfonchende Gesellschaft bereits 1821- Mitglied des Essliiiger Reisevereins nnd von 1825 1832 Theilnehmerin an dem ScuwEXGGER'scheii Verein zur FOrdenuig natnnrisseiisohaftlicber

Reisen gewesen war. Das jetzige durch freiwillige Beitriige aufge- brachte Capital der UüFi'KLL-Stiftung in der Höhe von M. 35 573, flas uiiari<^reifbar i^^t, wird satzuii'^sj^eujilss von der SENCKBNBBRQ*8chen Naturforschenden G<'s< llscluiffc verwaltet, aber in strenger Trennung von deren eiji^enen Geldern. Nach den Statuten der Ki ppell -Stiftung wählt die SKSCKEXRKRcs'sche Naturforschende GeselKschaft den Reisen- den und genehmi«^t dessen Plau. Zur Theihuihnie an den dem Reisenden zu stellenden hesontleren Aut'ji^aben lädt .sie Vertreter des Geo^rapliiscli - statistisrlien sowie des Physikalischen N'ereins, ferner »Icr l'aliiiciiuartrn -Gesellschaft und der Neuen Zoolnj^nschen (le.st'Ilseliat't f)nliiiin''siu;is>i<; ein. Abijesehell von den (ie<reiistänileii, welclie Jeilcr (lieser ^'e^^'iMe etwa für sich bestellt hatt<', ^eheu alle natiu-\vi>seiischaftlielieii Objecte in den Besitz der Si;N(_'KKNBKK<i'sclien Naturfoi>>cliendeu (Jesellscliaft über. Währeufl die wissensebaftliche \'erwertliun}jf dem II eisenden freigestellt ist, ist er verptliclitet, in einer wissenschaftlichen Sitzun«r eingehenden Bericht zu erstatten. Bis jetzt sind drei Reisen ausgeführt worden, für die erste (Nordwest- Afrika) hatte das ewige Mitglied Fiukdricu Kkefp be.sonders i\. 1000 ge.spendet. Der vierte Reisende ist gegenwärtig unterwegs. (Spanien und Nord -Afrika.)

Die SENCKBNBEitG*sche Katorfinnehoada Gesellschaft, henorge- gangen aus dem naturwissenflchaftlichen Yerst&ndntBse und dem Ge- meinsinn der Frankfurter Bürgerschaft, erfreut sich auch in jetziger Zeit, trotzdem dass im Vergleiche mit frOheren Jahrzehnton so zahl- reiche wichtige Neuschöpfungen die öffentlicbe Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, noch der allgemeinen Gunst. Als ein Zeicben derselben mögen neben ihrer stattlichen Mitgliederzahl und den stetigen Zuwendungen an Naturalien noch die RAPP*sche Stiftung und die gro8saH%e Schenkung der Frau Loüisb Gräfin BosB, geb. Grofin RfeicnBNBACB-LESsoNiTZ, besonders angeftihrt werden.

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448 XIV. Wissenschaftliche und gcmeinnützigp Vereine and Institute.

100. PHYSIKALISCHER VEREIN. .

Von Dr. TU. PETliiiläEN.

Der Physikiilkche Verein, ein in soinor Art seltenes Institut, rührt aus einer Zeit her, in der es mit Aiisnaliiiif dvr Universitäten selbst in «^rrtsseren deiitsilien Slädtei) an Anstalten zur PMejre jiliysikalisch- clieniisclien Wissens iiocli fehlte. Wolil hatte .Si:.vrK l'M'.Kl!*: . der .S< liiipter umfassender Anstalten für I\rank«'ii|it1ei.'t' und lifsclireiluMide NuturwissenschaftiM» in Frankfurt a. M., auch die I^tiege der IMiysik un<l Cliemie in seinen Plan mit aufiienommen , aber diese Fächer luMssti-n anläü^^s iinlx-riaksiditi^t lileihrn, auch l)ei (h'r 1S17 erf()l<^t*.'ii (jründiuij^ der SKNCKKNDElKi'schen Naturforsclienden Uesellsdiaft.

Bald kam jediKh J. X. Al15P:rt, Besitzer eines Geschiitts mit physikalischen luul chemisclu'U A|iparaten, vielseitigen W linschcu (ludureh entgegen, dass er seine Ajjparate gegen eine Vergütung au besiinunten Tagen für Vortrage und Versuche aberlieas, worauf die Bildung des Vereins selbcit anmitfcelbar folgte. Am 24. November 1824 hielt Dr. Nbeff, Stiftearzt am SENCKENBERO^schen Kranken- hanse, die ErÖflbmigHrede im jungen Verein, der nach dem ersten gedruckten Beridit von April 1826 schon 173 Mitglieder zählte.

Die Vereinsthtttigkeit wuchs mm zusehends und 1831 erschien ein »Jahrbuch zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse« (es wurde nicht fortgesetzt); indessen erschwerte die zu schnelle jährliche Wiederwahl des Vorstandes Manches, während sich anderer- seits das Fehlen einer systematischen Lehrthätigkeit mehr und mehr f&hlbar machte.

Eine Abänderung der Wahlordnung erfolgte 1833. Der Vorstand

bestund nunmehr uns sechs Mitgliedern. Alljährlich scheiden zwei Mitglieder nach dem Dienstalter aus, ohne ffir das niichste Jahr wieder wählbar zu sein: zur Ergänzung werden der Generalver- sammlung vier Namen in Vorschlag gehraclit, von denen zwei durch Stimnienmclirheit erwälilt werden. Der Jahresheitrag wurde auf 10 UulUou Icätgesctzt; er beträgt gegenwärtig 18 Mark.

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100. PhyaikaliMülier Vm-in.

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Als erster Lehrer wurde aaf Albertus Vorschlag G. Wiebbl aus Wertheim angestellt und bald darauf am 7. August 1834 mit der Stiftungs-Administration ein Vertrag al^eschlossen, demzufolge dem Verein im naturhistoTiBchen Museum ein Hörsaal mit Laboratorium und einigen anderen Räumlichkeiten zur Benutzung zufiel. Wiebel, eisffiDDi Rufe nach Aai^u in der Schweiz folgend, verzichtete bereits im Februar 1835 auf das übernommene Amt. Auf Empfdilnng ScnwEi<}<!KR's in Halle berief nmn dafür flen junpjeii Chemiker Jti KOLPH B<KTT6ER, Welcher dann wälirtml des langen Zritriinnis von 4(3 Jahren bis zu seinem am 29. Aj^ril 1881 erfolirteu Al)l«'hen dem Verein getreulich zur Seite «gestanden und /u dessen Gedeihen und Kiihme nach Innen und nath Aussen vornehmlich p^ewirkt hat. Durch klaren und allj/eniein verständlichen Vortraff, durch Sicherheit und Elcj^anz der \'crsuche, scm-ie durch stets anrej^endes. liebcnswürdityes W esen ha\ H'Kttim k in der hingen Reihe von Jahren seine Znhürcr immer gleichiuüssi^'- zu ^■es•^^>h^ ^'ewus^f.

Am 20. Mai js;;»; frati-n neue Statuten in Kraft, nachdem kurz vorher zum erstemuiil ein jiilirlicher Zuschuss von H. loou von Seiten der Shult l»e\\ illi;^t WdrdeM war. l)ie,st'r letzteren LTeLreiniUcr Verplhi ll- tete sich dap'j^en der \'ereiii zur unnnterhnn henen Hesetzun;^^ eines Lehrstuhls »Icr IMivsik und Chemie, zur unent<i4'ltli( hen ZulassiMi<r der JSchüler der ersten Clas.se des (rymnasiums, der Mnsterschule und der fibripen offenthchen Schulen zu den Vorträgen «der zu be.sonderen Vorträgen fOr diese Schfiler, sowie femer dazu, erforderlichen Falls die städtischen Behörden mit Untetsuchungen, Berichten und Gutachten aus den Gebieten der Physik und Chemie unentgeltlich zu bedienen. Im Jahre 1842 erfolgte sodann dn neues Uebereinkonmien mit der SENCKBNBBRG^schen Naturforschenden Gesellschaft fiber die Räumlich- keiten des Vereins im Museumsgebände.

Die chemischen und physikalischen Vorträge versah BasTTasR von 1835 1860 allein; von dieson Jahre an wurde die Physik den erweiterten Beddrfhissen entsprechend jfingeren Kräften flbertragen. Professor F. EiSENLOBR in Heidelberg« £. Abbe aus Eisenach, nach- mals Professor in Jeiui, und J. J. Oppkl, Profe.s.sor am hiesigen Gym- nasium, versahen die Stelle zeitweilig in den nächsten .laliren, <lann von 18<;4— (58 F. KoiiLRAUSCIIf f(e«:^enwärtif? Professor in VVOnsburg, dem wieder W. A. Nippoldt aus Hinteln nachfolgte, der his zu »einem Uebertritt in die I*raxis IST!) als DociMit des Vereins funL'irte. Kr wurde neuerdings tlurch G. Krkbs, Oberlehrer an der Muxternchulef ersetzt.

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450 "XIV. WissenachafUichc und gemcinnQtxigc Vereine und Institut«.

Die jährlich gednickk'ii Vereinsbericlit«' führoii vt»ii 1830 «in den Titel »Jahresbericht«. Sic enthalten iVw \vicliti«xsten V( r< iiisan<x»'le}^n- heiten, Vortrüge, grössere und kleinere wissenschaftliche Al)han<llun«;en, denen sich ferner zahlreiche nieteontlr »fische Arbeiten und Tulit'llen, Auf/eic)iniingeii über den Stand des rund wiissers und )di:iunl(><risoho Beobachtungen anreihen, in welcher letzteren Hinsicht die Thätigkeit der Herren G. L. Khikuk, C. B. Gkkiss und .1. Zn:i;i,i:ii hervorzuheben ist. Eine grosse MeiM_re ei<_rener Untersiichiiiigeii und Notizeu. zum Theil von weittnii^^Mider rtcdeuiuiig, hat nainetitlic Ii Ho/rxiiKU in den Vereinsscliritten nieilergelegt. Kluer Ahhaudhiug iiher 'relejdi«uiie durch den galvanisriieu Strom von I'. l{i:is, der «ladunli Eutth-cker des Telejdiojis ^'ewordeii, sei noch l»es(»uders Krwiilinunu' -^^ethan.

l)en metenr(tln'ns( heu Arbeiten widmete der Verein von Antau«i an seine A ninn-rksundveit und bestellt für diesen Zweig seiner Thiitig- keit ein besonderes » Meteon dogisi lies Comite«. Der Verein besitzt alle Instrumente einer meteorologischen Station erster Ordnung und ver- kehrt regelniäsäig mit der meteorologiHcheD Centralstelle in Berlin nnd mit der Dedtsehen Seewarte in Hamburg. Auf Grundhige der täglich einlaufenden Originaltelegramme stellt der Vereinsdocent Dr. Krebs neuerdings die tägliche Wetterprognose fOr die »Frankfurter Zeitnngc.

Auch auf astronomischem Oebiet wurde von der »Astronomischen Section« emsig gearbeitet, zuerst durch den Terstorbenen Arzt J. B. LoRBT seit 1839, welcher sich unter Anderem mit der Begulimng der Thurmuhren, der Höhe des Paulsthnrmes fiber dem Meere und der Aufetellung eines Meridianzeichens beschäftigte. Seit 1860 wird die städtische Normalohr durch den Verein regulirt. Stombeobachtungen waren immer bei den Ycreinsmitgliedern beliebt, die IMtigkeit der astroncunischen Section in dieser Kiditung ist neuerdings besonders lebhaft geworden, nachdem sieh Vereinsmitglieder selbst grosse, kost- bare Fernrohre angeschalft haben, wjus deren Eifer sieherlich bcthätigt.

Als besonders yerdienstvoiler Vorsitzenden des Vorstiinde« während einer Keilie von Jahren sei der Herren hr. med. Wallach. Amts- gerichtsrath Dr. Flkck und Dr. J. Lqiw k irediu-ht. Auf Grundlage der Statuten vom ^. März 1876 wurden dem Vereine mit landes- herrlicher Geneluuiguug vom 17. dnli dessell)en Jahres di»' Recht»« einer juristisclien Person ertheilt. Die Zahl der Mitglieder betragt gegen wiirtig ungefälir 'XiO.

Die werthvolle Vereinshihlidthek ist seit 1S4() vertragsgemilss mit der Bibliothek der SKNrKKNUKit(i"s(hen Stiftimgs- Adniinistrati«m und der Si^NCKENUUUU 'sehen Nuturforschenden Gesellschatt vereinigt.

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loa Phydikalisrher Voroio. 451

Dag physikalieche Cabinet and das chemiache Laboratorium de» Vereins bergen eine grosso Menge von Apparaten und Präparaten;

Jeiiler j;cnri<;t der vorhandene liauni nirlit zu oini<(ernia.i.ssen zweck- nuLssi«ifi'r Anfstrlliuij^, wie nl)er))aii|it di«- Hiimiie des Vereins für die Zwecke desselben viel zu klein sind und den \\ nus( Ii inuner drin<;euder erscheinen lassen, duss der Verein sein eigenes Geluiiide für seine \'or- trujje, praktischen ArUeiten und Saniniluii<;en besitzen nii^e. Uierilir sind aber leider noch zu geringe Mitttd vorhanden und einige dem Verein seit seiner (iründung zug«'flossene Leijate und Sehenklingen, unter weichen des \\. HiF"ii;irs(hen Veniiächtiiisses zu '^e<lenken ist, nit-ht ausreirheiid. lUeibeii indessen die Hüri^er-^rlijilt uiul die stäiltiseheri Meljcirdeii (h'ni \'ereiiie ^n'iiisfii; «/estininit iiiul erlialteii iliui \\ (•hlwolleu iMid Anerkeuuun;;, was h'tzter«' neuerdiiiij"- dnrcli die cjewälirte Snb- veution von M. '.\7>^H) jM*n l!>^^^l>^2 bellirit iLiteii. si» Werden die Wünsche des IMiysikaliscIieu Verein^ di ii Aiitoiflei iiutren der \\ isseiivK linit und den Heilürfnisseu ih'r Stadt gemäss hotlentiicii in nicht alkul'erner Zeit in Krt'iillnii«^ <;elieii.

lui Vorstand fnii<_riren ^fe^ejiwärtii,' die Herren: I)r. Pktf.üskn, Vorsitzender, (J. |{an,-\. N'orstandsstellvert reter . Dr. von |'i;it/s( iik. ('assi«'r, II. MiLANi, Scliritttiihrer, Dr. med. C. Louey und Oberlehrer Dr. Sem TZ.

Der Ije( tionsjilan war im Wintersemester ISS^o Sl der fcdgende: Montag und Dienstag, Abends von 7 8 Uhr: Expurimcatakhemie.

Professor Dr. U<KTT<iKU.

Mittwoc Ii, Nachniittag.s von 4 5 Uhr: Astronomische Geographie.

Dr. Kkkijs.

Donnerstag. Abends von (> 7 Uhr: Organische Theuiie. Dr. KuEn.«!. Freitag, Al»eiuls vou 7 8 Uhr: Magnetismus und Electricität. Dr. KuEiis.

öanistag, Al>ends von 7 8 ülir: Mitt heihingen und Hi'spri'chungen über neuere Entdeckungen und Beobachtungen im Gebiete der Physik und Chemie.

Sonntags, Abends ynn 7 8 ühr, wnrden die seit mehreren Jahren zwischen Keujahr nnd Ostern eingefOhrten nnd sehr beifallig aufgenommenen populären Vorlesungen fortgesetzt und hierzu, wie auch zu den Samstagabenden mehrmals auswürtige Gelehrte herangezogen.

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«

4o2 3Ciy. WisseuBchaftliche und gemeinnautge Vereine and Institute.

101. chemische: UKiSKLLöCHAFT.

Von Dr. TU. I'KIEUSEN.

has licdürtnisM einer j^rössereii Aii/.alil ( lifiiii^tlier l'ucli^enosseii 1 raiikl iu ts iiinl iler ^^rosseii i hemischeii Fal)rikeu in «ler niiclisteii Umgebung, zeitwei.se zu.suninienzukominon, sich über Tjigosfiragen in der so rauch vornnschreitenden ckeiuischen Wissenschaft und Industrie zu unterhalten, Änsichtra ftammtatiBoheii und bei dies» Gelegenheit Vorti^fe und Mittheilungen über chemische and verwandte natnr- wissenachaftlidie Gegenstände entgegen zu nehmen, veranlasste die Bildnng dieser Geselhichaft am 2. November 1869.

Die Vereinigungen waren Anfangs ganz freie, welche dnmal im Monat stattfinden. Am 7. November 1872 constituirte sich die Ge- sellschaft fester auf Grund einfacher Statuten. Ein Prisident und ein Schriftführer, welche jährlich neu zu wählen, aber wieder v^ählbar sind, besorgen die Geschäfte. Die Herren Dr. Th. PfeTEBSBN und Dr. Julius Zibulbb versahen diese Aemter seither fortUufend. Der Beib^ der Mitglieder wird von Jahr zu Jnhr festgesetzt.

In den wit l!^7i! in der »Roseiuiu« al)ixebaltenen AVrsainmlungen werden tlieniische, pliysikalische, mineralogi.sclio und andere der Cbeinie verwandte Gegenstände, namentlich Neuigkeiten auf diesen G*'bieten behandelt: ferner kommen die wielitigsten Kaolizeitscbriften und andere Dnickäuchen zur A'orlage und ßesprecliung. Die (iesellschaft Hess kürzlich einen Hericbt über ihre seitherige Thäti^keit er.^elieinen.

An Ehrentagen befreundeter und hucliang^'si'hener Gelehrten, wie

.\. \V. HuF.MANN. H. KUKSKNII S, F. WtElI I.KH . G. A. SiMKSS. Iv l'l l'l'HI.I,. 1{. li<KTT«iKH bracllte <lie Gesrllscliaft (hMlsrlhcii /riclien ihrer \ erehruilg

dar. wie sie undeicrscits aiicli das Andiiikcn \ enlicn^^tvuH.-r Dahin- ge.schiedeuer lileibeud zu siciieru durcii iieiträge torderu half.

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l<h!. Verein für nftturwissensclwftlirhe Unterlialtung.

102. VEREIN FÜR NATURWISSENSCHAFTLICHE

UNTEBHALTÜNG.

' Von Dr. FRIEDRICH KINKELIN.

Dem Bedürfnisse zu entsprechen, durch mtiudliche Unterhaliung mit Gleichgesinnten Tiber die Naturwissensclniften im Allgemeinen imd ülter (leren verschiedene Fächer im Besonderen sowohl die eijjenen Kniiitiiissc zu ht'i'eicliern . als nnch den Sinn für ein Ljriinflliches Stiulium der N;it urwisscnsc liaft zu fordern und zu verl>reiteu, ver- einijften sieli Aufanus IS,'»!I die lleneu V. Dkkin. 1.. < Jiii:MMi:i:s.

n. F. HkVNKMANN. Ai,KXAN1)I:K VnX lln.MKVKU und V.TWaltcr (i. (i.

.MriiMc; zu einem Verein, der jetzt nach 22 Juhreu nahezu üO Mit- glieder zählt.

Die Z\\e(ke diesi's »W-reines für naturwist^entichuftliche Unter- lialtnn<(^ wer(leii zu i-rreiclien tfesncht:

1. Durch wtK lH utli( Ii <'iunuili<jfe Zusuniinenknnft der Mitglieder im Verein.slocal. Dadurch, das« die einzelnen Mitglieder »ich vertichiedenen Zweigen specieller widmen und so durch Vor- trüge oder Mitfcheilimgen Aber Originalbeobochtnngeu von grösserem oder kleinerem Umfange, duTeh Referate Aber neue literarische Eracheinungen etc. den anderen Mitgliedern Ge- l^enheit geben, auch mit den Gebieten im Zusammenliang zu bleiben, welche sie »pedell nicht betreiben, wird der Verein zn einem Theile obiger Tendenz gerecht.

2. Durch Ezcursionen in der weiter oder enger gezogenen Um- gebung Frankfurts. Jedes andere als naturwissenschaftliche ' Thema ist ausgeschlossen.

Den Vorstand des Vereins bildet der Präsident und der proto- collirende Secretär mit je einem Stellvertreter und dem K'assirer.

Die Befähignng zur Aufnahme in den Verein ist dinili ilie He- mdiäftigniig mit einem s])eciellen naturwisHenschaftiicheu Fache oder mit der Natur im Allgemeinen g^eben.

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4.J-1 WiasoDadiaftlicbe und gemeinnatsige Vereine und Institute.

So ist eine Vereinigung von Ifönnern, jung und alt, entstanden, die entweder die Beecliiiftigung mit den Natnrwissenachaften zu ihrem Beruf»- oder Fachstudium gemacht haben od«r wenigstens demselben ihr Interesse widmen; alle Berufsarten sind daher vertreten: Privat- gelehrte, Lehrer, Handwerker, Gärtner, Aenste, Apotheker, Offidere, Kanfleute, Beamte n. A.

Von herrorrageiiden Mitgliedern, die nicht mehr unter den Lebenden mnd, sind hauptsächlich /n nennen: C Fhllkbb, Dr. Haac VON HrTKNisKuc, Schöff Dr. Carl von Heyden, Dr.MAKDNER, Apotlieker Dr. Mbiku, Dr. Hermann von Meyer, Stiftshutiinicus Ohlbr, Dr. med. PoNFicK, l'rof. Dr. Schmidt und L«'linM- \\ F. Schmitz.

Von früheren, nun auswärts lebenden Mitgliedern nennen wir: VioW Dr. A.<KKNASV in Heidrlherf^f, Pfarn r Raiice in Friedrichsdorf, Prof. Dr. JiuTsciiLi in l^ idrlhi rtr, C. Diktzk in Raden - Hadcn , I*r(»f'. Dr. Freiherr vo\ I'iut.x ii in Halle, L)r. Ur-nii-Acii in Ihmfxkonif, Major VON HoMEYKU in W ieslnuien, Olteiielnvr Dr. Hornstkin in (.'iLSHel, Fr. .I.knnikk in Main/. Landes-^reoloj; Dr. C. Kocil in Wies- baden, Medieinalratli Dr. Mktthnmki.mkk in Sdiwt'rin, Dr. O. Mkvkr in Berlin, l'rol". r)r. J. .1. Rhin in Marburg, Anton ScilALU) in Regensbin-}j[, J. D. Wrttkuhan in Fn'ilnir«^.

Der Verein ist gleichsam zur l[(rber«;e geworden für diireb- reisfiide oder zeitweilijx sich hier aufhalti-nde Naturforsciier. Hier Wohnende können jedoeh nur dreimal als GiLste eingeführt werden.

Wenn der hier thätige Samraelsinu nicht ziuu kleinsten Theile der im Verein und durch den Verein gewordenen Anregung 7m danken ist, so bentet doch derTerem keine Sammlungen, auch keine Bibllotihek, hat sich audi stets gegen Anträge, welche die Publication von Original- mittheilungen vom Vereine aus anstrebten, ablehnend verhalten. Der Verein ist insofern ganz und gar ein Privatverein, der principiell nicht an die Oeflfentlichkeit tritt, somit durch diese Mittheilungen sich Kum erstenmale untreu geworden ist

Nach dem Muster des Frankfurter Vereins haben sich eine ganze Reihe ahnlicher Vereine in anderen Siädten gebildet, z. B. in Offen- bach, Wiesbaden, Hambui^, Cassel, Stuttgart, Darmstadt.

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103. Neue Zoologische Gesellschaft

455

103. NEUE ZOOLOGISCHE GESELLSCHAFT.

Von Dr. MAX S>CIlMli>T,

%

Durch (lif Bt-iiiiilmii^'i'u »'inii;fr Tliicrfmiiule wurde ih-r zoolo- gisclu' fJart«'ii ins Lfhcn ^fiutfii uml am S. Aii<^iist 1858 er('ill'iH't. Man hatt43 ilin mit finom Actirncapital von H. lOOOOO auf einem geniie- theten GruudHtUck au der Bix^kenheinier Lundstrasue gewissermaassen versuchsweise errichtet, ah&t der gün.^ti<^e Eriulg des Unternehmens liess bald daran denken, demselben auf einem anderen Platze eine dauernde Stätte zu sichern. Im Winter 1872 wurde die »Pfingst- weide«, fftr diesen Zweck der mit einem Actiencapital von fl. 500 000 gegründeten »Neuen Zoologischen Gesellschaft« fflr 99 Jahre aberwiesen. Das Capital wurde später auf fl. 600 000 (M. 1 260 000) erhöht und ausserdem Prioritäten im Betrag von H. 900000 aus- gegeben, an denen sich die Stadt mit M. 350 000 betheiligte.

Am 3. März 1873 geschah auf dem neuen Platz der erste Spatenstich, am 0. Februar 1874 konnte mit der Uebersiedelung der Thiere binnen werden, welche am 9. April beendet war. Am 29. Wktz wurde der neue Garten eröffnet.

Bei den Bauten und Anlagen ist neben der Zweckmässigkeit, besonders auf gefallige Anordnung und AnsfQhmng ROcksicht ge- nommen worden. Die Tliierbehaiisungen sind in umfassender Weise ventUirt und werden im Winter durch Wasserheizungen erwärmt, deren Feneningen von den Thierbehältem ganz getrennt, unterirdisch angole<;t sind.

Kine selir ergieln'ge Brunnenanlage hefert das Wasser, welches inittel.st DiimiH'kraft in das Hochreservoir gehohen wird. Eine durch Gurten und (trlriliiliehkeiten verzweigte Köhrenleitung gestattet mit Hülfe zalilreieher Hydranten die gründlielie Bewässerung der Anlagen und Ueiiiiguntr dt-r Tliierlteliälti r. |)em Teich wird durch das l'unijj- werk stt'ts trii>clieä Wiuiäer 2ugetülirt. Behul'» Kutwüüiicrung stehen

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45C ^Vi88CIUch«fl]u'll«' und gemeinufitxige Vereine und InsUtule.

<Jarteii und GelnUult' mit «len stinl tischen ('aiiillcn in V^erbijuinn^. FutUTinaj^Hzin, AVfrkstüttt'n und Giirtnerei bcHudeu sich auaserhaib des Giirtnis und sind von diesem durch die Stnisse getrennt.

Selhstrcdcnd wird der Erhaltiinf; der Thiere die ^rösste Sorj^t'alt gewidmet und die Leh«'iis(hiuer unserer l'H<';.^liu<;«' ist in eh-r iJet^el eine dciufutsprcchend laui^'-. Hin Pavian ln'tiudet sieh seit nielir als 17 .Jahren iui (iartcu. aiuli rc luihcn 1 1 Jahre <;elel)t; i-iii \\ Oudiat

Hirsche 17, Antil«ij»fu 1(>, llauhv liif»'! und PaiiaLfirn iilicr 2<>. iMVUrrfVesser ühfr 1.» Jalu'e u. s. \v. Mit \ enufiduutr all/nuMiissfr Ivüustliclier W iiriue in di'ii Thierhäuseru, iur)^M(li>t «^ründiiclu'r \ fn- tilation dersellx-n, Haltung nuinclier tropischen Tliiere. z. H. l'apa- •Xeien zu jeder dahrrszeit in utl'ener \'«di»'rt' sind sehr «^inistij^e Kr- t'iihruugen ^enniclit worden, welclie in Fachkreisen Anerkennung und Nachahmung fanden.

Die Verwendung der Fut^rstoffe nnterli^ einer genanen Con- trole, wobei sich bezfiglich der Art, Menge und Kosten des Futt«r- bedarfs der einzelnen Exemplare intereeeante statistische Momente eigeben haben. Die äussemten Grenzen bilden in dieser Hinsicht einerseits die Nahrung des indischen Elephanten, deren tägliches Ge- wicht 77 Pfund betragt und welche sich zu 4 M. 32' 1 Pf. berechnet, und andererseits diejenige der kleineren Finkenarten, welche ein Gewicht von 10*4 Gramm und einen Werth von 0*37 Pf. hat.

Die Sammlung umfasst durchschnittlich 130u 1500 Exemplare, welche 250 300 verschiedenen Arten angehören und einen Geld- wertii von M. 1300i)0— 140 000 reprSsentiren. Die jährliche Sterb- lichkeit heziif'ert sich auf 5 15 ^/o des gesammten Thierwerthes ; der Durchschnitt der letzten 6 Jahre ergab 9^/».

Nächst dem Hamburger Thi« i>(arten ist der hiesi«re das einzige dieser In;»titute in Deutschland, welches seinen Besuchern in einem grosseren Aquarium die Heol>>ichtung von Seethieren ermöglicht. Von ilen 14 geräumigen Behältern sind 2 mit Siisswiwser, 12 mit künstlich bereitetem Seewasser tifeffillt. Die Thiere fühlen sich in letzten'ui sichtlicli w<dil uml ein«- <4rütwe Zahl vou Fischen lebt seit Fertijjfstellung im Juni 1S77 darin.

Seit IS.')!) iril)t die Gesellschaft eine Monatssclirift >l)er Zoolo- loixisi lie (iarteu( heraus, das eiuzii,^' Or^an dieser Art. welches luiupt- sächlich die Lebensüus.serun^en und llaltungswcise der Thiere be- handelt.

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104. Uesellachiift zur Befönlerting nablicher KOnste eU*.

457

104. GESELLSCHAFT ZUR BEFÖRDERUNG NÜTZfJCHEU KÜNSTE

UNI) DVAIKN IIÜLFS-WISSHXSCHAFTEN. (POLYTECHNISCHE GESELLSCHAFT.)

Von Seiuitor Dr. VOH OVEN,

d. S. PiMdwiw.

Mit dem n«'<fiiiii der neuen staatlichen Ent\vicklun<^, welche nach Heendi^nntr der Freiheitskrif<;e iiherall in I )eutsclihiiid <xn>Hse Ilollininj^en und leljhutte iief^'sanikeit im (iflentlic hen Lrltcn licrvor- ^ernfen hatte, <^ab sich anch liier in !''rankfnrt a. M . l)ald der l)rang kund, für da.s neue Genieiuwest ii tlmtkrilttii; in gemeinsamer W irksam- keit einzustehen und zur ITirderung von dessen \V<ddstantl nacli Kräften mitzuwirken. Friniiert man sich, dass damals eine Junge Industrie in Deutschland emporstrebte und nach Mittehi ihrer hcinlerung suchte, duss die 181(> eingetretene Hundel.skri.sis in England und die dadurch herroigerufene ' Entwerthung vieler Fabrikute im Bunde mit der Miaseiiite abor den Nothruf nach einer Beihülfe fttr die Oewerb- thatigkeit, fttr ibre Belebung und fOr eine tOditige Vorbildung zu technischen Zwecken und fOr Belehrung auf diesem Oebiete fiberall verstärken half; so wird es begreiflich, dass in einer Handelsstadt wie Frankfurt a. M. jener Drang nach Vereinsthätigkeit zuerst und Yor allen andern sich der besseren BegrOndung und Förderung der Gewerbthätigkeit zuwendete.

Eine Anzahl Männer verschiedenen Berufe traten im November 1816 zusammen, um in einem Öffentlichen, von dem Professor Rath .J, H. MoR. Poppe verfas.sten Aufrufe zur Gründung einer »Frunk- t'urtischen T* o 1 y t e c h n i s c h e n Gesellschaft« einzuladen. Nach diesem Aufrufe soll die Gesellschaft »haupt.siichlich die Vervoll- kommnung der Gewerbe und die Bearbeitung und Ausbreitung ihrer Hülfswis-senschiiften zum Zweck haben, und die Erreichung dieser Zwecke befördern: a) durch Anwendung aller zu Gebote

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458 Wissenschaftliche und gemeinnatsige Vereine und Institute.

stehenden Mittel, um erprobte Erfindungen und Verbesaeningen auf vaterländischen Boden zu verpflanzen und zn verbreiten ; vornehmlich

b) durch kräftige. Aufmunterung zu neuen Verbesserungen und Er- findungen, z. B. durch Ausstellung vorzflglich gelungener Kunst- erzeugnisse, belobende Anzeige der Künstler, Fabrikanten und Hand- werker, welche ▼(Hrzfigliche Proben ihres Kunstfleisses und ihrer Geschicklichkeit ultgele^, femer nfit/liclic Verbesserungen eingeführt odiT seihst neue Erfindunjjen ^emaclit liahen. auch wenn »'^ ilie Kräfte uiöfjlith machen, durch elireuvolle lielohnun^ derselben;

c) durch Vorträge, theils im Zirkel der Gesellschaft, theils durch öffentliclie.«:

Die Autiordening erhielt 2'A Unt**rschriflen, denen sich hahl weitere 8 anschlössen. Diese 31 Mitglieder hieltt'u eine erste Gencral- versanmiliiiiL^ am 2I<. November 181^ /.um Kntwurte von yati:ui)^en al) und ('<iiistituirten sich in einer zweiten \'ersanunlnnf^ am 1. De- cenilitT iSir» als »F ra n k tu r t i sc Ii e Ci e s e 1 1 s c h a tt zur lie- tTi r d e r II 11 ;X der nützliciien Künste und d »' r sie ver- e<lcln(leii W i s s e u s c Ii a tt e n welciu-r Namen später in den jetzigen überging, durch Wahl eines pr <> o n i r e n d e u Secretilrs als Vorsitzenden in der Person des luiths Poitk. und von vier Assistenten, zwei für das n a t u r Ii i s t o r i s c h e und zwei tür diuä technische Fach, und begannen ihre Thätigkeit in wöchent- lichen Versaiimilungen mit Vortrügen und Mittkeilungen fiber wiasen- sdiaftHche Fcfrtsdbritte und Entdeckungen, während zugleich Ver- bindungen mit älteren gleidtstrebenden Gesellschaftelh DeutscfakindB (ia Hamburg, Lfibeck, Hänchen, Wfirzbuig, Basel, im Aaigan u. a.) und mit den bedeutenden Ifönnem der Technologie als oorrespon- direnden Mitgliedern angeknfipft, auch Untersudiungen Aber den Zustand der deutschen Industrie und die zu deren Wiedomnpor- blfihen förderlichen Wege angebahnt wurden.

Als erstes Ehrenmitglied wurde unser grosser Landamann CKbthb (3. September 1817) ernannt. Unter den ersten wirklichen Mitgliedern zählte auch Freiherr von Stein.

So in anregend lebhafter Thätigkeit fGr grössere Ziele die Naturforsdn iirl«' Section schied schon 1818 als Si:NCKENDEiia*8che Naturt'orschende Gesellschaft aus erkannte man bald, dass zu- nächst für die Vaterstiult die Grundlagen für eine tüchtige Vor- bildung und Fortbildung des Gewerbestandes, der Handwerker ge- wonnen werden müssten ; es war dies zu jener Zeit um so wichtiger, als einerseits das Volksschulwesen dahier noch seiner Entwicklung

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104. Geaollscliaft snr Bef&rderimg nOtslicher KOnste etc. 459

harrte, andereradts ein starr afageschloflsenes Zanffcwesen eine die Handwerksroutine flberBchreitende Bildung erschwerte.

Es wurde am 9. November 1817 die »freie« Sonntagsschule für Handwerker erSflihet, auf Grund der von DiBSTRRWia,

TuKoDuu Fkiedlbbbn und Poppe geniacliten Vorschlage*) und damit die Üalin betreten, welche die Gesellschaft seitdem mit Vorliebe und Opferfreudigkeit bis zum heutigen Tage verfolgt und davon reichen Se^en geemtei hat. Die Schule erweiterte sich 1825 durch abeuilliche Unterweisung in mathematischen und technischen Fächern, aus welchem Tiiterrichte 1828 eine systematisch organisirte Abend- sclinle (auch Al)t'n<l^'*"wt'rbeschule genannt) entstand. Während die Siniitat^ssihule uiciir ilcii Clianikter einer Elementarschule mit Zeichen- cljuison anualini. <xab die Abeiul^'e\vt'r)M's<)nil(' einen vcdlstäudigeu Cursus im FreiliaiidzeichufU und an liitectonist lit-u Zci< hnen in drei (■lassiMi, in Cieomctrir. Ali,'i'hra, l'liysik; au dfu Sonutai^v()rmitta;jt'ii und im AN'iuter au d»Mi Wnclu'utap'U n ilitf sich da für Baiihaud- wt'rkt-r i'iiu" Bau/rirlifnclasst- (sogcnauntc Ta^/.ci(ht'ucla.ss(') an:^) es wurden L e s c a b »• n d <■ für G e w e r s «<; c h ü 1 f e u und Lehr- linrre in den Souuta^nibemlstunden eingerichtet, au welchen den- selben Gele«(enheit ^um Lesen nützlicher und practischer \Verke ans der Gesellschaftsbibliothek und zum Anhören populärer V^urträge technisdieu oder allgemein bildenden Inhalts gegeben wurden. Nur mit grossen Opfern an Zeit und Geld, seitens einzelner Mitglieder, weldie anfanglich den Unterricht unentgeltlich selbst flbemommen hatten (wie Diesterwbo, Poppb, Kibcunbr, Prof. Miltenberq, Thilo, A. WcBHLER n. A.) und BeitrSge sn emem Schulfonds steuerten, wie Moritz von Bbthmann, Prkun u. A., liess sich dieses Schulwesen entwickeln.

Die jährlichen Prebvertheilnngen wurden nach und nach wahre Feste der Bflrgerschaft, besonders als sie spater als Jahresfeste der Gesellschaft gefeiert und mit der Preisvertheilung an wfirdige Dienst- boten verbunden wurden.

Im Mai 1852 ward unter Beibehaltung der Ab«'ud( lassen, diesen Unterrichtsanstaltcn eine neue, die Gewerbeschule, liin/.iii,'efü<xt mit der erweiterten Auf<fabe, juu<;e Leute, die sich deu llaud- werken und Gewerben oder dem Handel widmen, in deu für ihren

*) fitadruett 1b: .Ueber den Zw«ek und die Binrieblunir guter LehnuittaRen fSr

Handwerker. Kk-ino Ueitrnjjo zur VcTliosscniiivr ilcr tocliniscben KQnato in Deut^fhland, veraniaast durch die Stiftung dur freien HunntaKüacliulu für Hamiworkcr cu IrraiUtfurt a. M. 1817. Sauerländer.**

•) V^. 8t»tal«n der SeHolwuuMen der GeaeUMbaft eto. vom Jahre ita.

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4G0 ^IV. WisseDSfbaftlirhe und gemeinnflUige Vereine und Inslitute.

Beruf unentbehrliclieii Unterrichtsfächern soweit zu unterweisen, dass sie in eine polytechnische Schule fibertreten können; um letzteres Ziel zu erreichen, ward diese in den folgenden Jahren in eine höhere Gewerbeschule umgebildet

Unter kraftiger finanzieller Unterstützung des Handelsstandes entstand 1862 eine bes^mdere Handelsschule in zwei Parallel- alitheilungOl mit je drei ('lassen unter Leitung' des Directors Roniuicil, welche vor/uf^sweist' für den Haudelsstiind uarli einem speciell hierauf berechneten Li lnplan vor/nliereiten hatte. Die Theilnahnie für die höhere (tewerlieschuh' und die Handelsschule war eine lebhafte; jene zählte lH(;;i schon 113, diese U2 Schtiler, unter welchen letzteren zwei Drittel Nieht-Fninkt'urter und Ausländer. Zur weiteren Ausbildtnis; ffir Schüler heidt'r Anstalten nacli vulh'ndeteiu ('urse war in der Akudejuie für Handel und Gewerbe (IHfl;} lS(i(i) dureli Heiw(ilnniii<r von \ i>rträ<;en über sj)rarhlit lie. etliis( he, fadi- und naturwissenschaftliche Fächer Geleirenlu'it ^rej^ebcn und verliältnissniässig «^ut benutzt (THi bis 90 Zula'ireri, weiiicjer jedinh von den früheren Schulan^<'lir)ri<;eii. In h'ücksicht auf letzteren Uiustaud wurde die Akademie 1800 wieder autigej^eben.

Der Unis<lnvun<; der Nerhältnissi- im Jahre 18(U), welcher namentlich im Hinblick auf die Berechtigung zum Freiwilligeudienste für die Frequenz der höheren Schulen vom grössten Einfluas war, drängte schon seit I8tf7 za einer aUmlUq^en Umbildung der beiden höheren Unterrichtsanstalten durch Anfügung von Yorclassen und Er- weiterung der Lduraufgabe in den vermehrten höheren Classen, und führte endlidi 1870 zur Errichtung der Wöhlerschule, welche 1871 unter Director Fb. M. Th. Krbyssio^s Leitung auch die höhere Gewerbe- und Handelsschule in sich aufnahm und auf den Standpunkt einer Realschule I. Ordnung gebracht, einem fthlbaren Bedürfhiss im hiesigen Schulwesen s. Z. abhelfen und als eine EigBnsni^ des städtischen Schulwesens angesehen werden konnte.

Die Stadt hatte, die Wichtif^keit des gewerblichen Schulwesms der Gesellschaft anerkennend, derselben von 1854 1864 einen Bei- trag von fl. 2500, von 1805—1872 einen solchen von fl. 6500, und für die Jahre \S7li 1875 einen s<dchen von M. 10 000 bewilligt. Dtjch waren die Opfer der Gesellschaft ffir die Schulen b^reiflicher Weise noch bedeutender und Hessen sicii auf die Dauer von ihr nicht durchffihren, da ii<'r Aufwand für die Schulen mit deren Aiisbildun^ von Jahr zu Jahr zumduneu lunssten. Am 1. April 187*5 trat deshalb die (icseiitichaft diese ächuleu mit dem bisherigen iScliul- und Gesell-

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104. OraelWhaft xitr B4»fiVn1oniii|E nOUlirher Knmte vir. 461

sdiaftsgebäude an die Stadt ab; nur die Sonntag»- nnd Abendschule blieben ihr noch nnd wurden 1880 an die vom Mitteldeutschen Kunsfc- gewerbeyorein errichteten technischen Lehranstalten angeschlossen.

An diese Schilderung des Schulwesens der OesellAhaft, dessen Entwicklung von der Frage Ober geeignete Schulräiune beeinflusst war, knüpft sich wohl am einfachsten eine kurze Anj?abe an über (He Räumlichkeiten, welche die Gesellschaft /,ur V'ert'iigun«; hatte. Autiinglich dienten ein erst im Junghofe, dann im Maulbeerhofe ge- miethetes Local der Cifsrllscliaft, die Räume der Weissfrauenschule der Sonntagsschule: von 1822 au da.s .SAURRL^RNDER'sche Neheuhaus in der kleinen Sandgasse der Gesellschaft und Sparkasse; narhdeni der Erwerb eines eigenen Hauses gescheitert, ward 1^27 der Ober- stock des Katliarinejiklosters an der /eil inil säiimitliciien Anstalten bezöget) ujid liliel» ihre Heimstätte Iiis z ir Erbauung des Hauses in der Junghidstrasse, am l<i. Februar 18b2. Nach Uebergabe dieses Hauses mit den S<,huleu au die Stadt wair die (iesellsihaft noch einige Jahre als Mietlierin in ilem^elbeii. Mit l.Octolier 1^7S erwarb sie da.s jetzige (Jesellsc liait>iiaus Neue Mainzerstrasse No. ;>.'» von dem St.kuki, 'seilen Kunstinstitute und bez(»g es im Ajiril 1S71» mit ihren sJiniiiit Iii In n Instituten und dem neu angeschlossenen 'Mitteldeutschen Kuustgewerljeverein« .

Wie mit den Schulanstalten die Geseikchaft dem Gewerbestande mit Hül&mitteln ssur tfichtigen technischen AnsMldung entgegen- kommen wollte, so lag ihr anch bald nach ihrer Grfindnng am Herzen, demselben und der gesammten Einwohnerschaft einen mora- lischen Anhalt zur Erweckung des Fleisses und der Sparsamkeit zn geben, indem sie am 12. Juni 1822 die Sparkasse und am 1. Januar 1826 die Ersparnngsanstalt eröffnete, erstere be- stimmt zur Einlage und Verzinsung ersparter Betrage, letztere zur allmSligen Ansammlung eines kleinen Capitals durch wöchentliche, bei jedem Einleger zn erhebende verzinsliche BeitrSge. Durch Senats- beschluss vom 4. Marz 1822 wurde »der Gesellschaft Gberhissen, mch dem vorgel^^n Entwurf zu Statuten oder nach anderen von ihr jedes- mal zn verfassenden Statuten eine zinstragende Sparkasse zu errichten und derselben zu diesem Hehuf die gebotene Erlaubnis.s ertheilt, auf den Namen der Sjiarkas-^e fJelder auf hiesige Insätze anzulegen«, und «'lienso wurde durch S«*natsbeschluss vom 0. December 1825 hinsichtlich der Ersparnngsanstalt der Heifall des Senats zu erkennen gegeben mit Billigung der 1824 detinitiv angenommenen Statuten der Sparkasse.

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462 XIY. Wiflsenschaftlichc und gi*iilciimfltzi|ee Vminp und Institute.

Bei ilirt-r Gründniifjr, welche Vielen wegen (l»*r üliernoniiiK'non Verantwortlichkeit bedenklich gewesen, hatte eine Anzahl Mit^^liedcr

fl.4120 in Actien und ein Mit,/Iii (| fl, (iO(K) in einer Hypothek

als GarantiefonrLs zusaninien^o l. n^t. der später bis auf der Anstalt als Reservcfniids geschenkte fl. 4!l l. 4!) kr. zurückhezahlt wurde. Zur Sicherheit der Einleger wurde ein Reservefonds durch Ansaninilinig der aus einem hrdiercii Zinsfnss der ati^idegten Ca|Mtali<'n i^cpMi den für die Einleger bt'stinniiti'ii Ziiisinss. nach Al)7.nix allrr auf dif Hc- trei])ung <les lirsi liüttos zu ver\v»'udenden Unkoston, entsjfringt iidt'n Erträgnisse gcliililrt ; die Ilrdie dt*s Zinsfnsses ffir die Einh'giT war anfänglicli "/(., von 1S28 an 2'/a °/" l)ei Einlagen ülu-r tl. ÖOO, von IS:}.') an üherliaupt 2'/« «l'äter wieder 3"/o 3'/3"/o und der- malen ist tT 3^/i "/<>.

Die Ix'idt'n »Sparanst^ilten nalniK ii, wie anliegende Tal)elle zeigt, in bedeutendem Maasse zu, uneraclitet mehr wie einnuil in den allgemeinen tinanziellen Krisen ihre Soliditlit auf harte Proben ge- stellt worden war.

Die Beschlflase, welehe durch die GeneralTenanunlaog vom 27. Juli 1847, 19. Decembcr 1868 und 14. März 1878 aber die Resenrefonds gefaast wurden, sicherten der Gesellachaft eine Bethei- ligung an demen Zinsen; die §§ 8 11 der neuen Statuten vom Jahre 1847 bestimmen nämlich, dass der Reservefonds zwar in seinem Gapitale unantastbar bleiben soll; so lange aber der Reservefonds nicht unter 8*/o des Einlegercapitals betvagt und insoweit derselbe durch die nachstehenden Zahlungen ni«^t unter die 8^/« herabgedrQckt wird, werden aUJahrlich zu gemeinnützig«! Zwecken an die Oesell- schaftscasse die Zinsen des Reservefonds nach don den fiinl^m gewahrten Zinsfus.se und die Hälfte des Heinertrages des laufenden Geschäfisjahrs abgefülirh Die Capitalien werden auf erst<* Hypo- theken, deutsche und Frankfurter Obligationen, im besehrankten Ibasse auch auf guten Disconto angelet

Die Sparkas.se ist zur Aufnahme irgttid eines Anlehens nicht verpflichtet: ein Einleger kann während eines der sechs Ziele nicht über M. 2<M)(>, während eines Jahrs niclit über M. TyiHH) und ilberhaupt nicht über M. IIHHIO finlcLfcii. l{ii(kzabliuii;<'n erfolgen bei B«'trä<ren nlier M. 2U() nur unt vorgäiigigc vierwik ln-ntlicbe Kiindignug. inner- halb eines Ziels nicht über M. KHM). Verwaltet wird die SpiirkjLss<' durch eine von der Gesellschaft aus ihren Mitgliedein gewählten Direetion mit einem Geschäftsführer und dem nöthigeu Beumten- persuual.

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104. tioscllschaft zur Hoföriloruiif? nützliclier Knnsto eU".

403

Ucb ersieht Ober rlen Umsatz der Sparkasse

von 1823—1880.

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4()-t XIY. Wisscnsrhaftliclic iinil fjcinoinnütziirt' Von-ino uml Institut«'.

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Mit dem Jahre 18;^1 ward die Section zur Belcirderung der Garten- und V c 1 d l) u 11 - C u 1 1 u r gej^riindet, Ihre Thätijjfkeit er- streckt« sich zuerst auf Versuche zur Anpflanzung von Maulbeerl)äunien für Seidenhau, erweiterte sich aber buhl durch die Veranstiiltung jährlicher Bhimen- und Pflanzen -AussteUungen, deren erste 1835 stjittfand; durch Herau.sgabe einer Zeitschrift und regelniilssige Ver- siininilungen der Gärtner und Gart4*nfreun(U* u. s. w. Da die hier- durch gegebene Anregung so erfolgreich gewirkt hatte, dass die Aufgabe der Section durch mehrere selbststiindige FachgeselLschafton ((iartenbange-sellschaft Flora, Gartenbauverein , landwirtlLschaftliclier Verein) au.sreichend erfüllt wurde, verzichtete die Gesellschaft al.s solche seit 1859 auf eine weit4're Betheiligung an diesem Fliehe.

Schon im folgenden Jahre 18;V2 trat das Institut zur BefiJrde- ning der Sittlichkeit und des Wohlverhaltens unt4;r der dienenden ('la.sse in den Kreis der Ge.sellschaftsinstitute ein und begann mit einer I'reisvertheilung an sechs über iil Jahre in einem und dem- sjelben Dien.ste stehende Dienstboten. Als Verein zum NVohl der

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104. Gesellschaft zur RcfArdcning nQUlicber KAnate fte.

405

dienenden Classe seit 1835 oiy^isirt, blfihi dasselbe noch fort. Sein Zweck wurde mit Unter»tfltznng freiwillig Beitragender theils durch Preis- und Ansstenenrertheihmgen, theüs durch Errichtung einer Zufluchtsstätte för dienstsuchende weibliche Dienstboten und Nach- weisnng von Dienststellen zu erreichen gesucht; die Bildung eines ^'ersorglmgsfonds fÜr dienstnnföhig gewordene Personen ist jetzt eine llaiij)t}uif<;al)e; auf die Zufluchtsstätte welche die Gesellschaft in einem hi' i /.II ^'ekaiitTen Hause seit 2. Deceuiber 1853 unterhalten hatte, ist im Jahre 1880 des «jreringen Zuspruchs wejfen von-rst v. r/ichtet worden.

Die am 28. April 1837 als Unterricht^sanstalt und im Jahre 1S4;J zugleich zn einer Beschäftigtingsanstalt erweiterte H 1 i n d e n a n s t alt ') war und ist noch eine der mit treu(li<4« iu Eifer von der Genellschaft geplie<^ten und siiliventionirten Anstiilti ii.

Um das Intrn'ssc an der Stf?n><ri-a|dii«'. dcrtMi Studium hier ein- zuführen und anzureihen schon einige dahre vorlicr die Scrtion des (Jt'WcrlM'Vt'reins sich l)emüht hatte, iiudir zu Ixdehm, nahm die Ue- scllscliat't im Jahre 1S()2 den S t c ii << ^ ra ji h i sc h c u Verein unter ihre Institute auf. Uuterrichtsciirsc und r«'huiii;sahi-ii(l<', Aiisamiiihiiiff einer hereits n ii lihcihuhtfu Fachhihliothek . llnaus^alte der l'raiik- furter Steno^ra]diischen Zeitung, Besprecluingen u. s. w, dienen zur ßetorderun«; und \ erbreit un«; der GAnKLSUinujKH'schen Methode.

Wie Ein^angN dieses Aufsjitzes erwähnt, hatte die Wirksamkeit der Gesellschaft auf dem gewerbficken und technischen Felde pro- grannugeinäss begonnen. Diese Richtung war wahrend der bisher geschilderten Entwicklung der Bildungs- und Hfilisanstalten nicht verlassen worden. Man hatte schon 1816 20 Versuche mit Oelgas- beleuchtung, bald darauf mit Verbessemng der Oefen und Steinkohlen- heizung gemacht; 1826 und 1827 wurden Kunst- und Gewerbe- Ausstellungen, insbesondere auch von Kunstwerken älterer und neuerer hiesiger KOnstler, 1835 und 1846 aber in ausgedehnterem Umfange für Frankfurter Gewerbe-Erzengnisse und Fabrikate mit Zuerkennung von Preisen nnd Verioosnngen veranstaltet. Die Idee der Ausstidlung von 1835 hatte die Organisation eines besoi)deren Instituts zur Folge, des 0 e w e r h e v e r e i n s regelmässige technische Vorlesiin<,'en nnd Znsaninienktinfte zur Vorlage neuer Erfindungen unter Professor BonTCBR's Mitwirk iinj^. Sammlungen von Modellen nnd Zeitschriiten, Ausstelliin«;eu und Pretsaiistfcii reihen für Lehrlingsarheiten waren die Mittel, durch \v(d« he er seine Aufgal)e zu erlTdIen suchte. Die städti- schen Bühördtiu holten sein Gutuchten bei PaUiutgesuchcn ein.

t) Siehe olwn M«. 41 R. »t n*.

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406 Wiasensrhaftlirbe und gem^innOtzige Vereine und Institute.

Der Gewerbeverein, Ycreiiugt mit dem inzwMchen entstandenen VoIkswirthflchafUichen Vereine, bildete von nun an den Verein fflr Volkswirthschaft und Gewerbe. Die praktische Aufgabe desselben Obemahm der seit 1^^72 lM'i;r, tretene Techniscli«' Verein mit beson(1er^< < ontribiiirenden Mitgliedern und t'ntwickelte unter Subvention der Gesellsi liiilt seither eine sclir «'rfn-u liehe und unregende Wirksiuuk«'it zur Verl)reitun^ t<M linis( her KtMiiitnisse und Gewerbe. Die im Jahre 1802 im Kreise «U-r (iesellachai't hervorgeniftMu ii und ge- pflogenen Benithungen fllu-r Gründting einer zum Vortiieil <l« s kleinen Gewerbes bestimmten e w er In- k a ss e hattt'u zu dem Entsehluase, diese Anstalt selhststiiiiili«^ uml getrennt liiu/.uslellen, geliilirt.

In <lieser t;e\verl»li( lieM IJiclitiiii;^ konnte die (iesellsehatt den in der Neuzeit aut knnstjffwerlilirlit'm (iehiele sicli re«renden Bt-<trehun<;eii nicht fern bleiben. Man veniKM-lite. als nach Aussfliciiluii"!' tler von ihr «jes-tifteten hiilieren Schulen man freiere Hand hatte, iler rrber- /eu<;im;£ Hann» zu ;^ebeiK ilass dieses (iebiet so recht der in's]»niii^lii lien Auf<rabe der (iesells« halt entspreche, welche ja nicht etwa I'abrik- industrie und Maschinenwesen allein, sondern von Anfan<r das Hand- werk als Kunsthandwerk auf höheren Standpunkt ijringen wollte. In Verfolg dieses (Jedsiukens war von der Gesellschaft der erste Impul.s zn der im Sommer 1875 abgehaltenen historischen Ausstellung kunstgewerblicher Erzengnisse ausgegangen nnd deren Aus- führung thatkiaftig unterstfltzt worden. Die Errichtung eines Kunst- gewerbemuseums nnd einer kunstgewerblichen Schule wurde durch Einholung eines Gutachtens auswärtiger Autoritäten und durch Ent- sendung einer Gommission zur Einsichtnahme auswärts bestehender Anstalten dieser Art vorbereitet, und auf Grund dieser Enqudte entr- stand 1877 der Mitteldeutsche Kunstgewerbeverein, der am 14. HSrz 1878 der Gesellschaft als Section angeschlossen wurde. Die Gesellschaft war im Stande, ihm eine angemessene Subvention, ausreichende Räumlichkeiten für die permanente KnnstaussteUung nnd Bibliothek, endlich ein vortrefflich geeignetes Schnllocal fitlr die Kunst- gewerbeschu 1 e in ihrem neuen GesellschatlLshause zu bi<>ten.

Die Kunstgewerbeschule begann am 15. October 1879 mit «>iner Vorschule in zwei Classenstnfen und einer Sonnta<r8- und Abend- abtheihmg; sie wurde im Ot tober 1880 durch Erö£Fhung der drei I'ac h cl a ssen enveitert. Die erste Classe ist für Schreiner, Tape- zierer, Metalltechuiker, Keramiker, Gold- und Siiberschniiede; die zweite für die auf <leni (Jebiete der (ira|)hik thäti;i;en Kunsthandwerker, Stott- und Tapefceuzeicliner, Decorationsmaier etc. ; die dritte für Büd-

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104. Oesellwhaft snr Beförderung natslirher Kanst«' etr. 407

imuer, Stuckatirer, Modellirer fOr Quss- nnd Edelmetalle bestimmt.

Der Unterricht umfasst einerseits den eifjent liehen, auf die Beddrt- nisse der t'in/.flnen Berufsurten eingeliendeii Facliimterricht, anderer- seits in »(uuhinirtcn ('hissen allgemeinen Unterricht in t]* r architec- tonisdien Formenh'hre, Figurenzeiclinen, Styllehre, ModelUren und riirl)enlehre unter Leitnnjjf des Uirectorf LrTIIMEli. Kiii offener Zeiclinensaal gil)t den Kunxtindustriellen Gelej^enheit. ihre Kiitw iirfc der Diirdisiclit des Directors vorzulegen und .sicli knnsttechiiiiichen Ifath von deniselhen ertheiJen zu lassen, i'reisausschreihen für Schdler- arl)eiten nnd tiir Arbeiten von Han<hverkslfliiliiii."'n iih"r k)inst- terlmische Antgahen schliessfu sich an. Die Sc hiiler/ahl lietriig jSSO l)is y.u ir».'). Die jteriManrnte Kiinst^cufihe-Anssti-Ihing war von 2H| Ausstellern im .laliir ISSIt (im N'orjahre 27.'») hescliirkt nnd V(»n r»r)2U Eintrittsgeld zahlenden UrMu hern die Mitglieder der (Jestdl- schaft und di'> Vereins nicht niitlM'recinn't t'reijnentirt. \ erloosungen von K im^lgewerhe- l'rodiu ten, sowie freier Verkauf von solchen sind mit der Aussti-Ilung verhnnden.

Auch die selltst.stiindige Erwerbsfähigkeit und technische Vor- hihlung de« weiblichen Geschlechts, deren Wichtigkeit in der Neuzeit innner gröHseren Werth gewinnt, hat die Gesellschiit nicht nnbeachtet lassen wollen. Durch eine besondere Commission fßr Förderung und Hebung der Frauenarbeit hat sie seit 1877 die Ziele des Franen- bildungsvereins zn nnterstfitzen und mit jahrlichen Gddzuschflssen and theüweiser üeberlaflsnng ihres Locals zn erleichtem gesucht.

Zum Schlüsse haben wir hier jetzt nur noch zweier Institute zu gedenken, welche zur Unterfftütznng ihrer Pflegbefohlenen in ihrem Boreich wirksam sind. Es sind dies die WtRiiLER-Stiftung und die 0<EKTtiBN*8che Stiftung.

Die W(EHLBR-Stiftung wurde 1845 bei Gelegenheit des 25jahrigon AmtsjubilSums des Präsidenten A.Wcbhler zu de»Men ehren- dem Andenken aus freiwilligen Beitragen gegründ -f. um tfirlitigen Schülern der Gesellschafts-Schulanstalten, Sr.iui. ii liii-^iLTi-r Angehörigen ohne linterst hi d dt - Glaubens, welche sich dem Gewerbs- oder llandelsfache oder der höheren Technik widmen, die ihnen ans eigenen Mitteln versagte nöthige Indu rf Ausbildung, Fürsorge und l'eber- wachunsT zu «'ewiihren : sie hat seit ihrer Constitnirnn«; am Itj. März 184G einer lu'ihe strei»samer Jünglinge eine snlclu' Bcihülte geboten, djuss diesrlben einen zwei- bis dreijährigen ('nrsiis aut" einer jioly- tecliiiischen liehranstalt besiulien inid sjiäti'r ciiif gute Strllung als Architeeten und als Bau- t)der Msisthineu -Ingenieure einnehmen

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468 XIY. Wiasensrhaftlichp ond gememoQtiige Vereine und Institute.

konnten. Ihr Capital bcstriigt jetzt M. 7700, seit 1877 bezieht sie eine Subvention ans der GesellschaftskaMe Ton M. 1000—2000.

Die im Jahre 1799 von G. A. Ccbktoen als Zeichniin^s-Tiustitut

gegHlnrleto, am 20. Fel)niar 1801 vom Sonnte beatriti^'tf Anstalt zur Verbreitnnpf des Gt'schniacks ninl Kiinst<^ot'ülils unter den der Zi-ichcn- kiinst hedflrftig<Mi l'roi'essionisten hatte aus Jahresbeiträgen und Ge- srl riik.>u einen Fonds' erworben , nm welchem nnheniittelten , hier douiiüilirenden Jünglin«;en, welche sich der Kunst oder einer Pro- fession widmen, nnent^t-ltlither Zeiclien-Untemcht versehaftl wurde, I'iilF.iPF Ukinuich Flf.ck. der grosse VVohlthiiter (l<'r ^Vaisen, stiftete hierzu 1H13 eiiifii w<it<>ren Beitrat?, um die Zahl «Kt Scliüler zn vernielirtMi und den Zrii hmlclirer und einen teclnuiloirisclien Lelirer zu hnnoriri'u. Stalt dfs früher hcstandenen hcsoiulfmi rnfi'rriclits hatt<'n di*' Dirfctdri ii srhon seit IS.'iO ilm' Zr>i^liii;jft' der (i<'\\ erlM'schuh' nlterwiesen. Im l'ebnuir 1881 ühertrahfu difscllMMi ihr Capit^il von M. lOOOO als »(i. A. Co'-N'T(n-;N"s( ht" und Vu. H. l-'LKCK'sche Stift ujig (vormals Zeichuungsinstitut)« der (iescllschaft. welche aus demselhi'ii an der Kunst^^ewerbeschule eine entsprechende Zahl von Freistellen stiftungsgemüss geschaffen hat.

Die Leitung der Geschäfte der Gesellschaft ist (den zuletzt 1860 reyidirten Statuten gemäss) einem engeren Ansschnsse, bestehend aus dem Pi^denten, vier Assistenten, einem Gassirer und Bibliothelsir und dem Vorsitzenden eines jeden Instituts, unter Gontrole der General- versammlungen anvertraut, welche letztere fiber die Wahlen, das jähr- liche Budget, die Rechnnngsabnahme und wichtigere obligatorische Acte entscheiden. Ausserdem wird jedes Institut von besonderen Vorstanden und Durectionen, deren Mitglieder die Generalversammlung wählt, verwaltet Die Zahl der Mitglieder betrng Ende 1880 375 wirkliche und 12 Ehrenmitglieder.

Die Gesellschaft hat die gemeinnützige Tendenz in den oben dar- gelegten Bcstrehungt n auf gewerblichem und pfidagogischem Gebiete nun seit (io Jahren beharrlich verfolgt und war ausserdem stets bereit, auch blos humanitären Aufgaben für dius Wohl der Vaterstadt entgegen- ziikommen. Wir dürfen wohl mit dem Wunsche schliessen. dass sie auch fernerhin die Theilnahme in der lUirgerschaft und durch diese ermuthigt, die Möglichkeit zu ihal kräftiger und besounener Fort- iii hruug und weiterer Entwicklung der von ihr erwählten Ziele be- halten möge.

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XV. HEILPERSONAL.

105. SKIZZE DER ENTWICKLUNG HER

WISSENSCHAFTLICHEN MEDICIN IN FUANKFUUT.

. Von Dr. med. WILHELM STRICKEa

Sowohl die Enge des uns zugewiesenen Raumes, als die wenigen uns erhaltenen Nachrichten nöthigen uns, in der Darstellung unseres Themas uns fflr die ältere Zeit auf eine mehr chronologische Auf- zahlung zu beschranken. Die am Fusse aufgeführten Werke bieten eine ansfnhrüchere Behandlung des Gegenstandes.^)

Der erste Arzt wird 1280 in Frankfurt erwähnt; er war ein Geistlicher, Jacobus. 1302 wird die erste Hebamme, 1343 die erste Apotheke erwähnt. 1348 wird der erste Stadtarzt, Meister Johann, angestellt; er fungirt bis 1355. 1306 kommt <l«'r . rsf< ludeu- ar/t vor, Mfisf i r Jacob. l)^6(i winl der erste Zahnar/t ( »Zäliiiebredier«) erwähnt, l '.sl k<imnit der erste wissenschaftliche Apotlieker vor mit dem Titrl »M< ister«. 1:^!^!» wird der erste Stein-, Bruch- und Hoden- s( liiiciiler erwähnt, 1^394 der erste Au;^enur/t. wird (h-r erste

jCidische Stadtjirzt SalmoN (Sakumon) Pi.KTScil angestellt. 1 lOl Datnm des (nocli vorhandenen) Dienstbriel'es des ersten Stadtwiin«lar/,tt's TlKixuiru DiuuKi,. 11:52: Johann K'kyku aus Anu)rl>arh, IVülierer Leiliarzt (h's Kurfürsten von Main/, wird als des liatlics Ar/t und Astridojrus an«;i'st('llt. 1 ir»(i: Die »•r>tt' Stadt liflianun»- wird aufgestellt. 1 I<»1 : Errichtung einer Stadtapotlieke unter KahoI'I s Khkmkii und Eintuhrunt; einer .A|Mitliekertaxe, der ältesten bekannten. (Znuäelist folgen Ileidelherg U71, Paris 14^4, Berlin 1488, Halle 140;i.) 1402:

'i Ofschichte der Hcilkiiiuli- und der viTwandtcn Wisscnwhafton in der Stailt Kpiink- Airt «.M. Mach den Quellen bearbeitet ron l>r. Wilb. Rtr Icker. Krankfurt a.M. 1M7. Deutsches Itürgerthaai im Mtttelaltor, von Btadtarebivar Prof. Dr. Krlegk. Frankftvt a.lL 1M8. Virekow'« Arcbiv Bd. 45.

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XV. llcilpuräonat.

Aerztliche Beunfeichtigiiiig der ApoÜieken angeorduet. 1463: Zwei Stadthebaminen angestellt 1477 : Die (noch bestehende, aber jetzt verle«^e) Schwanenapotheke errichtet. 1479: Vier Stadthebanimen angentellt 1488: Fünf Stadthebammen angeKtellt. 1400: Zwei Stadi- ärzte. 1491 : Prüfung der Hebammen durch die Stadtarzte angeordnet. 1491 : Erster Thierarzt enrahnt.

Noch im letzten Jahrhundert des Mittelalters waren in Deutsch- land die Aerzte wenig zahlreich und besonders spät scheinen die Frankfurter SOhne sich dem Studium der Heilkunde zugewendet zu haben. Im 15. Jahrhundert waren, wie es scheint, alle christlichen A* r/I<- Frankfurto, mit Au.siuihnic von Chnkad von Sachsbkhausen und JoUANN BOSL, von Geburt Nicht -1- ranktnrt ' r

Von einem Exanx-ti rlcn-r, die «uh hier als Acrztc niederlassen woIUi'ii, wsir keine Uede. Erst 1500 koniiut vor, dass ein von Würz- l»iir^' hierher üherj^esiedelter Arzt selbst das Anerbieten machte, sich (liir( Ii die .Stadtärzte prüfen zu la.ssen, sowie, das>< man einem anderen fremden Arzte ans Hiu ksieht anf seine vor|?ele<jften Papiere das Examen erlicss. Eine ärztliche Taxe /n erlassen, wurde öfters angen-^'t . es hliel) je(|(Kii hei dem hlixvt ii AKrsatz«'. Nur das \v;ird I U I festifrsrt/.t. dass ein Arzt für das besehen des Wassers mehr nicht als zwölf lielh-r fordern sollr.

Atuh Heilkiin~.tlpr ohne wissenscliaftlichc lUldnng wnrden ge- diddt't, wenn man auch ciiunal einen solchen aus der Stadt wies. 14 IS wird sogar ein /liclitiger officiell als ein Arzt he/eichnet und aucli 14!M) gal) si< h ein Scharfricliter mit dem Heilen von K raukheitiMi ah. Es konnuen auch Aerztuinen nicht selten vor, und zwar sowohl christ- liche als jüdische, zuerst l;{iio, nnd nicht etwa blos als Hebammen oder für Behandlung von Frauen- und Kinderkrankheiten, sondern die Tochter des verstorbenen Arztes Haks des Wolffes erhielt 1394 zwei- mal eine Bezahlung für das Heilen von Söldnern, welche im städtischen Dienst verwundet worden waren. Bezeichnend fOr die Stellung der ' Aerzte im bürgerlichen Leben ist der Umstand, dass 1454 ein wissen- schafüich gebildeter Arzt, Heinrich Lose von Glipeig, welcher als Stadtarzt angestellt und vorher Arzt des Erzbischofs von Trier ge- wesen war, in seinem Hanse Bier verzapfte.

Von den wissenschaftlich bedeutenden Aerzten in Frankfurt am Anlange des Mittelalters war keiner aus dieser Stadt gebürtig. Es waren dies: Johann Wonnki ke, genannt Johann von Ci'BE (Kaub), MSI— 1.'>()3 Stadtanzt in Fr.iukturt, Verfasser des zuerst 11S4 ge- druckten, in unzähligen Aui^beu aller Sprachen verbreiteten Uerbariiut

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105. Skisse der Eutwirkloiig der wisaensrhaftl. Medicin in Franlcflirt. 47 1

oder llorius sanitjitis*); ferner ErciiAim s Roisslin (Rhodion), Stadt- arzt vcm 1517 bis zu seinem Tode 15'J(), dt r W-rlasser des ersten Biiclies. worin die j^elnirtsliülflieheii Lehren zu einem (larizen zn- .suiMincMi^»'.slrllt wjiren und wtdrhes el)»'nt':ills grosse \'erl)rfitniiy in versrliifthMUMi S|u"a< lit'n fand, l- riilirr ist er mit seinem ^Icicliiiaiiii^eu Soliut'. drni \ i'itassi r des K räut«'rlMi()is, Stadtar/.t löi? Itis zu seinem TfMle l.'i.'):) oder lö.')!, zusanuni'n<^e\vorten W(»rdeu."") Endlich Adam LnNU'HKi .- ( Lhnitzki; ). ^feltoreu 7M Marl)nr^ 102^, Stadtarzt in Frank- furt ir.öl seinem Tode l.^sii.-') Kr war eheiifalls Vertiujser eines helielden K räuterlMiclis und l'athe ih'r L<»niceia hiniiaei.

Die älteste Medieinah ertassiuiLT von l'raukt'iirt im lieutif^eu Sinne wurde 104^ von Kaiser Karl \ . aiit dem Keiclistaj; zu Auj^shur«^ l)e- stutigt und IÖ41) unter dem Titel: IJetonnation oder erneuerte Ord- nung, die l'tle<re der (Jesumllieit Ix'trefteud, uehst einer Apotiiekertaxe puhlicirt. Eine neue') tnit in Kraft 1577 unter Kaiser Rudolf 11., ▼erfusj^t von Dr. Joacuih Strüppk (Struppius, geboren 1530 zu GrOnberg in Hessen, Physicus in Frankfurt 1563 1575, gestorben 1600 in Dannstadt). Dieser Mediciiialordnung war eine ärztliche Taxe be^i^egeben, die Zahl der Physici war auf drei festgesetzt.

Aus dieser Zeit ist tod Frankfurter Aerzten, welche Wissen- schaftliches leisteten, nur der einzige, ans Frankfurt gebartige Peter Uffenbach anzufahren, proin. 1597, Physicus in douselben Jahre, gestorben 1636, welcher die Werke Ton> Abibbosius Parbus, Jon. Tagault, Fabr. Hildanüs und vielen anderen Chirurgen in einer lateinischen kritischen Ausgabe 1610 herausgab. Die Zahl der Aerzte war sehr gering, besonders zu Pestzeiten; während der Epidmuie von 1574 war Adam Lonicbrus der einzige christliche Arzt; 1630 betrug ihre Zahl zehn.

Katte Frankfurt im sechszehnten und im Anfang des siebenzehnten Jahrhundert.s, wenn auch nicht durch hervorraj^ende Leistun<^en, doch receptiv an den Fortschritten der Naturwissenschaften theil^euonunen, welche die Medicin aus einer dognmtisclieii I.ehre zu einer Wissen- schaft umgestalteten, so kann man sich den Zustand der deutschen Medicin in der zweiten Hälfte des siehenzehnten .lahrhunderts nicht heüloä genug denken. Geistige und materielle Verkommenheit trafen

0 Ueber fliB: Stricker fm ArebW fRr FnaMatB Oflsobletate und Kirait. Haft 7.

Krioirk <>. )>' I*'.

*) Stricker, Uescbichto der UviikunUo in t'raakftirt 8.317.

*) Einer Ihlmhen Angnhe der B»ogr«iMt wWrerxfOr folgend, habe ich (QeMhiebte der lleilkunilo S. '••'•■A twu-h scinm s>.)iti SladUir^t antrrlülirt, was biemit berlobtlzt wtfd. *) Abgedruckt .Stricker » Ui-acbicbte der Ucilkundo 8.38.

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XT. tleilperaonal.

zusamiuen. Die thfolojtfisirendc Richtiintr <1»'r Zt it ilnickte auch der Medicin ein dogmatisches Gepnlge auf. Die Rolle, welche die Aerzie bei den Hexenprocessen spielten, /' {«rte, wie ti4>f' das Natursiudium gesunken war. Die Rohheit des deutschen Studenieniebens war damals auf den höchsten Grad ji(estie<;en. ') Der mit einer rein philologischen, angeh-riitcn Hihlung ausgestattete, an Selbstdenken nicht gewöhnte Student fand auf den Hochschulen nur die dürftigste Anleitung zur Ausliilduiig in praktischer Anatomie niul Botanik. Der tiefe Ver- m<»gensverfall der deutsrheii Städte, der eigi'nt Hellen Träger (l«'r('uhur, durch die endlosen Kriege des .lahrhiiiiderts und die fast ausscliliesx- liche Richtung der l''iirsteu auf leereu Prunk nach ileiu Vorhilde des fran/.i'isisc hen Hofes herauhte die ruiversitiiten der Mittel zu genügen- der \'erniehrung der Lehranstalten und Hess die Städte von Kranken- häusern zur l"ortl)ihHing der Medieiner zu einer Zeit entljlös.st, als Frankreich, Holland, ItaHcn und Kugiaiul .schon zahlreiche Anstalten der Art hesasseu. Unter diesen Zuständen litten am meisten die Chirurgie und die Geburtshiilfe und erst die französische Regierung hak die Strassbuiger Schule der GeburishOlfe gegründet, welche später so wohlthätig auf Deutschland zurückwirkte (1728).

Ein Beleg des eben skizzirten Zustandes ist die Schrift eines Mannes von solcher Vielseitigkeit, dass er neben medicinischen Schriften auch fiber das Postrecht schrieb und kaiserlicher Gensor wurde, daneben auch in griechischen, franzSsischen, italienischen und deutschen Ge- dichten sich versuchte, nämlich Ludwig von Hcbrniok (1600 1667), Dr. jnr., med. et phflos.', in dessen 932 Seiten (^arto zahlender Schrift: »WOxg- Engel. Von der Pestilestz Kamen, Eigenschaft, Ursachen, Zeichen etc.« (Frankfiirt 1644) sich auch nicht die geringste Erfahrnng oder eigene BemerkTing über die Pest-Epidemieen findet, welche er seihst als Physicus in Frankfurt (1635—1643) erlebt, wrdirend sie mit der wüstesten zusamuieugelesenen Gelehrsamkeit erfüllt ist.*)

Der oben geschilderte traurige Zustand der Chirurgie in Deut,sch- land dauerte noch bis in die Mitte des achtzehnten Jahrhundert«. Auch der Maiui, welcher in der deutschen Chirurgie Epoche nnuhtr, üherhaujit der berühmteste Arzt, welchen Frankfurt hervorgebracht, LoHi.N/ Hkisi i k (gehören Hi>^.'>. gestorben 17öS), vertlankt seine theo- retiselie (uid |iraktis( he IHlduug <i;rr)ssteiitheils dem .Vusland: der Hoch- schule zu Lejdeii mit Kuvscii, Aluims und B(£11uaavk, und dem

■> J.ILBftfta, GfoiiiriH der 0«MUetate d«r Medletn. Stnttgark ist«, s. U6 ff.

■) rctii r lliirii i);k iniim- AMiariilhiiii; ; V i rchov's AroklT B4i.41. ArcUv IQr PfMdl» tartB liL'MliK'lite iinit Kuiiat. Nviie FuIk^- IV. itHiJ.

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105. Skkse der Entwicklung der wisBenscbiiftl. Medidn in Frankfurt 473

Kriegsdienst \nn i\vn In »lllimlisch-englischen Truppen. Hai dieser Mann, dossori Handbücher der (Jhiriirgie und Anatomie auf ein Mensclien- ulter hin europäische Geltnn«^ erlangten, Frankfurt nur durch die Geburt und erste Bildung angehiirt, so hat dagegen JoilANN PllllillT HriKic.KAVi: ') der jüngere (geborrii zu Damistadt 17f><', 172 t bis zu sciiKMu Tode ITTT) Arzt in Frankfurt) die eii<istt'ii Be/.ieliuui^eu zu unst-rer Stadt ilurcb dcu »Tstcn Versucb einer Toj)(»gru|)hit' und Statistik derst'Ibrn. Dii- T^uivcrsitiitcn Deutschlands während seiner Studienzeit f;e\v;ilirtt'u kaum fine bessere Vorbereitunjj zur niedicinischen Praxis, als die wiir, welche wir tfir eine frühere Periode zu schildern ver- sucht Iniben. Als BrR(;«iHAVK zu Osteni 1721 nach Halle kam, um ih n Ix riihuiten FiaKi>Kieil H<»FF.MANN zu luiren. Iirachte dieser von lit j^nun des Soinmerseinestrrs bis zum Jidi in Karlsbad zu als con- sultirender Arzt der reichen Kurgilste. Auf einer der besuchtesten und bedeutendsten deutschen Universitäten, in Prag, wurden zu Anfang des achtasehnien Jahrhunderts in 22 Jahrea nur zwtA bis drei Sectionen vorgenommen und der grosse Kaller bekannte, in den siebssehn Jahren, da er die Professur der Chirurgie bekleidete, keine Operation an Lebenden Tollzogen zu haben, weil er zu schaden f&rchtete (niiuis ne nocerem verites). Die erste deutsche praktische Anstalt fQr Ge- burtshfilfe wurde 1751 in Gdttingen errichtet Als BuRaaiuvB 1721 nach Frankfurt zurfickkehrte, musste er sich sagen, dass er yielerlei Ansichten nnd philosophische Speculationen hatte aussprechen hdren, dsss er aber noch ganz unfähig zur Behandlung der Kranken sei. Obgleich er noch drei Jahre zu Hause unter Leitung seines Vaters, eines Arztes, sich dem Studium widmete und erst 1724 zu Leyden bei B<ERHAAVB promoTirte, so blieb ihm doch ein theoretischer Zug eingeprSgt.

Als ein Zeichen der Zeit ist es zu betrachten, dass der 26j8hrige Jüngling es unternehmen konnte, ein Lezicon medicum universale allein zu verfassen. Dasselbe scdlte auf 600 Bogen Polio die gesamnite Medicin mit Einschluss der Phvsik, Chemie, Botanik und AnatDUiie begreifen und »'iuf ijunze Bibliothek uiutassen. Natürlich wurde der Umfang weit Überschritten und nachdem die Buchstaben A und B auf 220 Bogen erschienen waren (177:^), entstand Streit mit dem Verleger und das Werk stockte. Verdienstlicher und noch heute in- teressant ist seine oben schon erwälinte, im Titel dem berühmten Werke des Hifpocrates sich anschliessende Schrift: de aere, aquis et

■i imht niir(ri;rav(> v.Ttti. iikm'pc (^harsktarlMfic to der Alls«Balä«D DMtMhMi HosrHiiltiu und in Virohow'a Aruliiv U«L&1.

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.i74 XV. Heilperaoiuil.

lods nrbis Francofnrtanae ad Moennin commentatio (17M), welches die Grundlage bildet zu dem 20 Jahre später erschienenen Budie von Dr. JoHANK Adolf Bburbnds (1740 181 1) : Der Einwohner in Frank- furt a. M. in Absicht auf seine Fruchtbarkeit, Hortalitat und Gesund- heit geschildert (1771).

BuBOGBAVB vftüc Arzt im GsTHB^sdien Haus; noch zwei andere Aerzte, sehr verschiedenen Charakters, spielen ihre RoUe in G<KniR*8 lA-ltm.s^e.schichte. Der eine war Johann Frikdk. Metz, prelioivn 1724 in Tübinj^en, von 1765 bis zu seinem Tode 17S2 Arzt in Frankfurt, G<ethb'8 Arzt während seines Auienthalts in Frankfurt 17G!)'); der andere der witzige Dr. Johann Christian Euhmann, geboren 1749 zu Stnissburg, 1779 1821 Arzt in Frankfurt, gestorben 1827 zu Speyer,") dessen Satyre: »(leheinie Instruction des verstorbejiciiWund- 'arztes H. W. D. für seine (.'ollegen bei Lciclien, Lei<-lienr)tinuiiLr<'n. SterV)et5illen etc.« ein klares Lirht vt rlin'itet über das VerhültnisH zwischen Acrzteii und Wuinliir/.ten jener Zeit.

Wie EllUMANN von der (Tren/e des ileiitselieii S])riiell^ebietes, aber ans dem Norden, kam ein anderer Mann nach Frankfurt, welelier, wenn anrh nicht im Ciebiete der wisseuschaftliclien Medicin, dmli in (h in (lehiete der Wissenseliaften, weh lie »ler Heilkunde zur Grundlage dienen, sich nnsterbliehen Huhm erwdrUen Init. Wir meinen Sami ki, Thomas S(EMMKH1UN<; geboren 17').') zu Thorn, welcher auf dem l niwege Uber Cassel (177Vr) und Mainz (1784) 17U2 nach Frankfurt kam und 1795 in duä CoUegium der Aerzte aiifgenommeu wurde. Nachdem er 1805—1820 in Manchen gelebt, kehrte er 1820 nach Frankfurt zurOck, wo 1828 sein SOjähriges Doctoijubilinm fieierlieh b^angen und durch Stiftung des SsMHBRRiNO^schea Preises fftr Physiologie yerewigt wurde, ffier starb er am 2. IßLrz 1830.

Audi Karl Wenzel, welcher als Leibarzt des Ffirsten Primas des llheinbundes, späteren Grosshenuigs von Frankfurt, und als Director der Ton ihm errichteten medidnischen Specialschule eine so wichtige Rolle spielte, war nicht in Frankfurt, sondern 1769 in Mainz geboren. 1798 Hess er sich in Frankfurt als Arzt nieder und wurde nach Wiederherstellung der reichsstfidtiscbai Stadtrerfiissung 1824 Stadtaccouchenr, starb aber schon 1827^). Edüabd von Sibbolo

') Aus meinem Loben, achtes Buch.

*)W. Stricker, BMtriffesor iriHiobenCiiltarfeMltfehite. rrukftnrtiM».— Vtreliow^ Arehiv r\i\. so, b. iss.

») W. Stricker: Samuel TIioihhh Soemrao rr 1 , Ncujahrsblntt des Vereins für f>MObichte und Altcrtliumbkunde. I rnnkfurt l>^tii.

*y Seine Soluriflen «. bei Stricker, Oeeobickie der Ueiikuide da in FraaU. mi, 8. M6.

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105. Skizze der Entwicklung der wissenschaftL Hedidn in Frankfurt. 475

erwähnt Um in tieiner Geschichte der Geburtahülfe als den ersten Arzt, welcher in Deutschland (1804) die Operation der kflnstlichen Früh- geburt unternahm. Ausser seinen gebnrtshülflichen Schriften Jiat Wrnzel auch mehrere Werke über Himkrankheiten verfiiunt.

Den Stempel der natorphiloeophischen Periode, in weldie seine medidnische Ausbildung fiel, trug Salomom Friedrich Stocbbi.'), ge- boren 1792 zu Frankfurt, gestorben daselbst 1808, welcher, durch lebhafte Phantasie auf manchen Gebieten der Wissenschaft irre geführt, zuletzt in der Pflege der Kiiidfiln ilkniifle ein seinem wolilwollenden Genifith nnd beweglichen Geist gleicli entsprechendes Ziel fand und durch .Stiftung eines Preises für Physiologie und Kinderheilkunde über seinen Tod hinaus zum Fortscliritt der Wissenschaft beigetragen hat.

Von »ehr verschiedenem Charakter war der um zelm Julire jüngere GrsTAV Adolf Spiess, geb. 1802 in Duisburg, doch seit 1813 in Krunkfurt erzogen, gestorl>en in Frankfurt 187r>. Neben einer anw- gedehnteu är/tlichen und gemeiunüt/igeii Thütigkeit, neben manchen Scliriften zur (lescliiclite der Meiliein und /.ur 1 'hysiologie luit er das grosse Werk der Patholugisclien IMiysioI()t,fie -) uns überliefert.

Wir sind /uiu Sc hlüsse unserer Skizze gelangt, welclie sich nur auf Verstorbene beschränkt, und schon deshall) inivollständig ist, w«'il uns d«'r Kaum nidit verg^inni war, für jede Periode eine Charakteristik der Heilkunde als Hintergrund zu geben, aus welchem die geschil- derten Persönlichkeiten sich hervorheben.

Aber whon ans den liier gegebenen Andeutungen geht die Wichtigkeit des wissenschaftlichen Austausches hervor. Die isolirte Handelsstadt - konnte nicht zu allen Zeiten den wissenschafUiehen Nachwuchs selbst erzeugen , daher TerhaltnissmBssig zahlreiche Ans> lander unter den Celebritäten des iSntlichen Standes. Auf der anderen Seite hat Frankfurt, besonders seit der Blüthe und Entwicklung der SEifCKENBSBa^schen Stiftungen, zahlreiche lHuiner von Bedeutung im Oebiete der Medicin und Naturwissenschaften an auswärtige Städte abgegeben; ihr Yerzeichniss haben wir an anderer SteUe zusammen- gestellt (s. Mittheilungen an die Mitglieder des Frankfurter Vereins fQr Geschichte nnd Alterthumskunde. IV. 161).

1) steh« P. Sttcbel'i Ch«r«1rteristlk von Dr. W. 8triek«r, TIrohov'i Arohiv

B. 47. R. 3U.

*) Frankfürt 18&T. Drei AbthüiiuugeD.

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XV. Heilpenonal.

106. iEJiZTE, OUlUUKaEN, UEBAMM£N, APOTHEKER.

Von Krcispliysicus Dr. KLOSS.

MEDK'IXALIilvAMTK.

Unter th'iii jt'Wt'ilij^t'ii xwcitcii Jiürirt'riiu istcr zw tVaiizrKsisclieii Zt'itrii PriilVctrii stand i'in ('ulk'irinin viui Afiv.ti-ii. Dieses war zu- sainnit'ii^esf't/t aus einem Pliysicus |»rim}irius, zwei l'liysieis ordinariis, •'ineni IMiysicus extraordinariiis. Bei ausserordentliclieii Füllen wurde der Stadtaeciiuelieur oder <'iner der iiitesten A}»otlieker oder eiui'^e i^e- schworene W undärzte zu;^ez()j^en. E.s liestaTul eine Me(lieinal<inlnun<^; die ülteste ilatirt von 1541), wurde lOül alt^eiindert, 1701) mit einer neueu Accuucheur- und llebainmenordnung versehen.

Itii Jahre 1811 erfahr die Medicinulürduung unter der Fürstlich Primatischen Regierung eine vollständige Umarbeitung und 1817 eine Redaction nadi Maassgabe der republikanischen Verfassung Frankfurts. Nach der letzten Medidnalordnung der freien Stadt Frankfurt von 1841 lählte zu dem aus vier Mitgliedern bestehenden Fhyaicat der Stadt- accoucheur. Die Mitglieder des Physicats waren Bdaitzer des von dem jüngeren Bfiigermeister verwaltet«! Sanifftts-Amtes mit berathender Stimme.

Di^ Gompetenz des Saniföts-Amtes erstreckte sich, soweit es nicht die Civil- oder Griminalrechtspfl^ oder die Polizeiverwaltung anging, auf das gesammte Medicinalwesen hiesiger Stadt und deren Gebiet. Es hatte die unmittelbare Aufsicht und Strafgewalt in medidBisdi-

polizeiiiclier Hinsicht (Iber alle Personen, welche sich mit der AiisQbung der Heilkunde oder eines der dazu dienenden Geschäfte hefassten, ferner die Aufsicht über alle die öfientliche GesundheitspHege, die Krankenpflege etc. I)etretlenden Einrichtungen und Anstalten.

Dem Physicat lag ob: Die Prüfung aller dieijialpersonon, Begutachtung der allgemein sjinitätspolizeilichen ständigen oder tem- porären Maassregeln und Einriclitiingcn etc. Die IMiysiei wurden einzeln oder collcgialiscU von den Uericlit»- und Verwaltungsbehörden

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106. Acrzlo, Chirurfren, Holianimcn, Apntli(>k<T.

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herangezogen. Einer derselben besorgte die Geschäfte in der Stadt, ein «iderer auf dem Lande, ein dritter war Phymcatswundarzt, der vierte Stadtaccouchenr. Einem derselben übertrug der Senat un- mittelbar die ärztliche Behandlung in den (Gefängnissen.

Alsbald nach der Annexion Frankfurts (1866) wurde der jfingere Bürgermeister beauftragt, das Sanitäts-Amt weiter zu verwalten. Da die Competenzen desselben mit den, dem Königlichen Polizeiprasidiuni ebenfalls flbertn^nen Befugnissen in mehrfachen Punkten zusammen- getroffen waren, wurden S))slter die Paratn'uplien der Medicinalordnnn«?, welche die AnsRhiin«:^ staatlicher Hechte betrafen, aufgehoben. Die Physici wurden der Regierung unterstellt und anitirten nach der bis- herigen Eintheilung weiter. Nik lidcni einer derselben in Folge von Pensionirnng. ein :n i ^ rer durch Tod al»;;«'i;angen war, wurden 1874 dif zwei nbri<,'l)l«'il)t'uilen als Kreispliysikt r, iler eine als Folizeiphysiciis, der anilere als (icri<lits])hvsicus eingestellt. E.s wurde ein Krei.s- wundarzt ernannt, welcher |)<dizeiär/.tHrh«> und gerichtsär/.tliche Ge- schäft«' tlit'ils stt'llvt'rtrftriid, thrils coilfgialiscli zu verseilen hat. Die jet/.i'j-eii drei Me«li( iuallteaiüten sind in die l'tlichten und Hechte der i'reuä.sischeu Medicinulbuaniteu eingewiesen.

iERZTE.

Zn der freien Praxis in der innerlichen TTeilkunst gehörte, wie üherhaujit zur Au.shildung eines das Medi( inalwesen hetretteiideii lierut'es, die t]rwerhung des Bürgerrechtes, der Nachweis wissen- Hchaftlicher Bildung, daw Doctordiploni, die Vorlage einer Inaugural- Dissertation und die Tor dem Sanitats-Amto bestandene Prüfung.

Ffir die Wundnrzneiknniit, Gebnrtshfilfe, Augeno])erationen mmsAe eine besondere Prüfung abgelegt werden. Ueber die temporäre Zu- lassung auswärtiger Medicinalpersonen, consultirender Aerzte, reisender Bruchschneider, Steinschneider, Augenoperateure enthalten die älteren Hedicinulordnungen einschränkende Bestimmungen.

Den Rechten der hier redpirten Aerzte, wozu auch der, den Wundärzten, Barbieren und Apothekern ebenfalls gewährte, aber später wieder aufgehobene Vorzug bei Nachlass- und Goncurssachen gehörte, standen ausser den allgemeinen ärztlichen Pflichten die besondere Ver- pflichtung an das Gemeinwesen gegenüber, Amn die Tierzehn jüngsten Aer/te in dfu vierzehn .Stadt(|uartieren die Armen unentgeltli( Ii zu bebandeln hatten, in der Medicinalordnung von 1S17 fiel diese Be- stininuing weg und es wurde, wie auch in der Medicinalordnung von 1841, nur aufredit erhalten, dass der Arzt ohne hinreichenden Grund

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XV. Heilpenonal.

bei Tag und bei Nacht Niemanden seine Hfilfe verweigern dOrfe, dam er bei Erkrankung, Keiaen etc. Vorsorge för Stellyertretung zu treffen habe; femer, dem VerhSltniaa eines kleinen Gebietes gemäss, dass die jüngeren Aentte bei Epidemieen sich im Öffentlichen Dienste müssen

verwenden lassen . duss zu Zeiten allgemeiner Noth kein Arzt ohne ausdrückliclic Erluubniss des Sanitäts- Amtes die Stadt verlassen dürfe.

Bis in die vierziger Jahre ist in den Staatskalendern ein Arzt für die Dorfscliaften erwülmt. StMtdeni haben einzelne Aerzte in dieser oder jener Lanilffenieinde ihren Wohnsitz «renoninien.

In der Medicinalordnung von 1811 ist auch die wissensehal'tliche Weiterhildnn^ der Aerzte vorgesehen, indem in § 25 allen Aerzt<»n .insdrikklicli aiif^e^eben wird, soviel es nur ihre Patienten und ilire ül)ri^en dringenden (Jeschäft»' erlanhen. hei den im SKNrKKXFiEUc'schen Stift zu haltenden, schon von ilciii Stifter zur Betordei iing der Arzuei- kunde getorilcrtt'ii Zusainineiikfint'tt'n zn erscheinen etc.

In den li- tii'tfenden Kcich-«- und Staiitskiilendrrii sind sännutliche bis lS()<j in l^'nuikfurt zur l'raxis licrci iili<.(ti'n .Meilici recepti nanihal't gemacht. Unter iliesm waren in den letzten Deceimien 10. initnuter 15—2(1 (18nS) auswärts. Die Zahl der ins<;»'saninit namiiatt iremachten war ITtil 18, bewegte sich vor hundert Jahren um 25, betrug, aus- wärts wohnende iubegritfen, 1809 cji. 40, 1825 50, 1828 60, l.s;}.s 70, 1848 90, 1856 100. Die im Jalire 1808 von dem Referenten ge- machte Au&tellung ergab fttr Stadt und Land numerisch 118. Davon gehen ab 20 hier berechtigte, aber auswärts wohnende, verbleibt pro 1868 eine Präsenz von 98.

Von da ab beginnt eine starke Fluctuation im Zu-^und Abgang. 33 Aerzte des froheren Frankfurts sind gestorben; 96 neu zugezogen. Unter diesen haben 40 Frankfurt wieder verhissen, 2 sind gestorben.

Der Schluss von 1880 beziffert sich insgesammt auf 123 An- wesende. Die thatafichliche Zunahme betragt demnach 25. Die Ver- storbenen waren zum grösseren Theil altere CoIlc|^n. Der Zuwachs sind meist jüngere oder noch m rüstigstem Mannesalter stehende Aerzte.

WUNDiEKZTE.

In früherer Zeit waren die Wundärzte, Barbierermeister und Bader nicht streng von einander getrennt. Sie ])ildeten eine Gewerbe-Innung mit Geschworenen, Statuten, einem Vermögen und hatten Stipendien zu vergeben. Eine Zahl von Wundärzten war zugleic h im Besitz einer Barbiergerechtigkeit. Mehreren Wundärzten auf dem Lande war nach bestandener Prüfung gestattet, leichte Fülle von inneren Krankheiten

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106. Aente, Chirargen, HebamniMi, Apotheker. 479

zu behandeln and eine kleine Hauaapotiheke zu halten. Den Hedicis receptis war die Ansfibnng der Wundarzneikanst nach besonderer, darfiber abgelegter Prüfung ebenfalls gestattet. Die Vereinigung der Wundarzneikunst mit d<>r innoron Heilkunde ist in der Medicinal-

OFfliiini^' von 1817 ^^c^etziich noch nidit ausgesprochen, dagegen be- reits «Ii»' Unterscheidung von Wundür/tm »Tster und zweiter Clasae angebahnt. Seit 1841 wurde dif erste Classe in ihren erworbenen Rechten belassen, es wurden aber keine neuen Mitglieder mehr creirt. Bis zum Jahre 186f) waren von den 27 Wundärzten erster Tlasse nur noch zwei fibrig. Die W iindilrzte zweiter ('lasse erhielten die He- zeichnnn«; Assistenzchirurgen und niusuteu im ik^itz einer vacant gewordenen Barl»iertrere<]iti<;keit sein.

Eine jalirelanjjre Fehde üImt die (ie.scliät'ts<i^ren7.e der Rarhiere lind Friseure land in den sechziger Jahren durch Ablösung der Ueul- gcrechti<;keiten ilir Ende.

Die Zahl der Assistenzchirur<;en war im Jahre 18 |:', 1 |. im Julire l^'ti*) 27, wuchs his ^egen I880 anl" circa ein lialljes lliiinlert. Sie werden s»'it einigen Jalin n Ii iler vor dem Fiiysicus hestandenen l'nit'nng v(ni der Köuigücliea Ivegieruug mit der iiczeichuuug lieil- diener conce.ssionirt.

Vom Jahre 1842 an war es einer Anzahl Frauen gestattet, einige Qesctöfte der kleinen Chinirgie bei weiblidien Individuen und Kindern zu Terrichten. Seit 1866 sind solche Functionen in die Hände der nunmehr in ständiger Zunahme begriffenen Hebammen fibergegangen.

Seit 70 Jahren haben sich mehrere Wund&rzte ganz spedell mit der Zahnarzneiknnde besd^lft^ Es sind jetzt deren 14, denen sich noch einige Zahntechniker zugesellen.

HEBAMMEN.

Die Hebammen rangirten vormals unter der Bezeichnung Matter, Hebammen, Beilauferinnen. Ihre Zahl war seit 1841 auf zwölf christ- liche und zwei jüdische festgesetzt. Diese numerische Beschrankung wurde durch ih n henierkenswerthen Umstand nicht empfunden, dass der steigende Zuwaclis von jüngeren .\erzten sich mehr luid mehr mit der praktischen Geburtshnlt'e hofasste. Auf das Gehiet Frankfurts an«;e\vies. n. hesorgten sie hei den .Annen unentgeltlich auch die ge- wöhnlichen Entbindungen, hliehen hei dem Fach in Uehung und bahnten sich einen Weg in die i*raxi.s. Ks wurde hei Bemittelten und nnht VVcdilhahenden Hrauch, einen Ar/t zu der Entbindung auch ohne Hebamme zuzuziehen.

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480 XV. Iloiliiorsonal.

Nach 1866 fielen die seit 1841 gejsogenen Schranken. Von 1870 an ist unter forti^hrend fluctnirendem Zugang und Wiederahgang der in ihren Erwartungen Getauschten die Zahl der Hehammen, die nun- mehr auf Chrund der in auswärtigen Lehranstalten erworbenen PH&fnngs- atteste sich nicderliessen, im Jahre 1880 auf 61 gestiegen.

Obgleich die Medicinaterdnnng von 1817 der Hebammen auf dem Lande gar nicht erwähnt und nok-he in den damaligen Staatskalendem nicht verzeichnet sind, so geht doch aus splltereii Jahrgängen hervor, dass in den damals noch wenig bevölkerten Landgemeinden angestellte Hebammen gewesen sind.

AlWTIEKEN.

Von den 14 im Krt isc l-'raiikturt betindlicben Apotheken waren ans frfihi'ren Zeiton ffinf ]irivili'<_rirt :

1537 wird der 8c hwaueuapotheke iji einer Urkunde er- wähnt. Seit

1629 datiren die Hirsch- und die Engel apothekc ihre Urkunden: seit

1050 die Ai»othek(' /um weissen Einhorn; seit

1()(»7 die K o p t u ]i o t Ii e k e. Eine veriins-serliche und vererbliche, auf bestimmte Zeit (30 Jahre) lautende Concession wurde ^e^en Zahlung erw<Mrben:

1783 ffir die Apotheke zum Frankfurter Adler,

1795 > » » zur BrAcke,

1826 » * * zur Kose,

1828 » > » zum Löwen,

1832 > » »zu Sachsenhausen,

1838 » » »zu Bonames,

1855 > > »zur Gottes Gnade,

1859 » » » zu Bornheim. Seit 1866 müssen bei eintretendem Ablauf der Conoesnon oder beim Besitzwechsel die seitherigen oder neuen Inhaber um eine Personalconcession einkoninien, die überhaupt hei jedem Uebergang einer Apotheke in andere Hand nunmehr erforderlich ist.

Im Jahre 1876 wurde von der Königlichen Regiernng die Qötheapotheke concessionirt.

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107. Aerstlirhe Wittwen^Kaiwe.

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107. iERZTLTCHE WITTWEN-KASSE.

Von Dr. J. DE BARY.

Am 1. Miii IS20 als Wittwenkasso <h's Collej^ii moHici ^ojyrfindet, Hin 1. Mai rcortraiiisirt mi»l »Wittwonksisso dor Aorzto rler tVoien

SUtIt Frankfurt« Ix iKinitt. niiiuut die Anstalt seit 1. Mai 1870 keine neuen MitplitMlcr im lir auf.

Die Aiirt'^iHi}^ zur firi'nulunf; i'inor Wittwi'iikassc 'j;\u<^ am IT). März in oincr Sitzun!.f des nur ans drii Acrzti'ti chrisHicln-n

(JlanlxMis Iti'sft'ln'iidi'u roUcfrü mt'dici von I)r. NF.rnru«i ans; dii-srlhc constitnirtr su li am 1. Mai di's Jalircs Il^2'> aiit (irnnd di'r Wittwcn- ka.sscn-Ordnnn^ drr W iener Aer/to nachgL'ljildcter Satzun^^en. Ein Antra«; des Dr. NKriu ui:, an( h die Aerzte jüdischen G'lanl»ens zur Theilnalime aufzufordern, fand keine Annahme. Bei der Stiftung heiheiligten sich ;U Aerzte. Eine Anziihl derselben machte zur ßegrandung eines Capitalfonds (Geldgeschenke. Der Mjtgliederbetfarag ward auf fl. 15 (H. 25*71) bestimint, ferner eine BünstandsgebOlir von fl.30 (M. 51*52) erhoben. Die so geefiiDiaelten Betrage bildeten den Capitalsfcock, dessen Verwaltung, sowie auch die Bnchftihmng, vom 1. Mai 1821 ab dem Hospitalmeister des Dr. SENCKBNBBBO^schen BUrgerhoepitales gegen eine Vergütung von fl. 22 (M. 37*71) jihrlich fibertragen wurde.

Im Jahre 1823 ward beschlossen die Einstandsgebfibr nicht mehr auf einmal; sondern in drei jahrlichen Raten zu erheben. Mehrfache Eingaben an den Senat, Bestätigung da* Statuten betreffend, wurden abschU^f^^ bescliieden. Die ernte Auszahlung eines Wittwengehaltes mit fl. 50 (M. Sr,-71) erfol^rte ]927; von drei b.'nMl.tigteii Wittwen h'isteten zwei Verzicht auf den Kmpfang. Diese X'erzichth'istung war 1)01 beiden nur eine Vornl)er«j;elH'iide, in .späteren .laliren nahmen .sie die Beträfje ent<;e«r<'n. ward der Hetra«; (entsprecliend (h'm

vermehrten ('a].italfond8) auf fl. 75 (M. 13Ü-28), 1835 auf fl. 100 (M. 171-42) erhöht.

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482 XV. Heilperaonal.

Mit dem 1. Mai 1830 traten die nach «miumii Entwürfe de» Dr. LoREY geiindi'itrn Statuten in Kraft; dicscHxMi Mii lt.Mi nnrer- "iiulcrt 1>is iuit du- im Jahre 1847 statt dor Einstjind^rL'ljiihr von il. ao (M..ji :>:i) .•iMjr.'t'nhrtc EinsrhnMlMvreVtühr von H. 15 (M. 77-14) für die Frau Ix'i drr Vfrliciratliun«; eines Mitgliedes in Kraft 1»!.'^ zinii Schlüsse diT Mit^lieileranfiialinie (ls7(>): sie bilden in der H;iii|»t- s:u lie die ( iriiiidlaife des mit der Dr. Sknckenbeku 'scheu Stiftung ubgescldosseiien \ ertra^j^es.

Das CttlleLriiiMi iiH'dii Hill liatt«' aiit^eliört /.u bestellen, somit war die Rerecht ij^nmj^' <ler rhciliialiiueii von Aer/teii jüilischen (i]aub«Mis selbstverständlich. Auf vielfaclien Wunsch ward jednch der Passus »oluM- Unterschied der Religion« ausdrücklich dem betreüeuden l'ara- graphon beigefügt.

Der we.seutliche Inhalt der Statuten ist:

Das Capital wird vermehrt durch die Zinsen desselben, die Mitgliederbdträge, Kinstand^lder (später EinschreibegubCÜir für die Fniuen), etwaige Geschenke und Vermachtniss«. Ein Arzt, der nicht binnen des ersten Jahres nach erfolgter Aufnahme unter die Zahl der Aerzte beitritt, hat bei sp&terem Beitritte für jedes der drei ersten Jahre das Dreifache des jährlichen Beitrages, för jedes der drei folgenden das Vier&che u. s. w. zu entrichten.

Auch diese revidirten Statuten fanden trotz mehrfach, zuletzt 1854 nachgesuchter Genehmigung nie die Bestätigung des Senates, ebenso ward ein Gesuch um Erlaubniss, das Vermögen hypothekarisch anlegen zu dflrfen, abschlSgig beschieden.

Die Theilnahme an dem Unternehmen war nie eine lebhafte, geacbweitife denn allgemeine. 1840 betrug die Mitgliederzahl 38 bei 75 Aerzten, 1867 48 bei fjtst 100 Aerzten.

Am 1. Mai 1H.'}9 betrug <las Vennönren H. MOOt» (M. 24 000), 1845 (nach 2.'»jiihrigem Bestehen) fl. 19 08b. 4.'. kr. (M. :U 2<;2 0!)). 18.^.^ fl. 25 000 (M. 42 757 14), 1870 (öchluss der Mitgliedeiaufnahme) fl. 32 '•V.)2. 51 kr. (M. 55 531-5!)).

Der lietnig ciiu-s Wittwen^cduiltcs (dessen Maximum auf fl. 500 ~ M. 8571 4 statuteiigruülss festgesetzt ist) sti^ 1846 auf tl. 140 (M. 241), 1858 auf fl. 150 (M. 257 11).

Vom 1. Mai 1827 (erste Auszahlung) bis zum 1. Mai 1881 wurden im (ianzen fl. 54 8.50 = M. 171'48 ansg(>/alilt. In diesem Zeitraum zählte der Verein 28 beie( ht i«;te Wittwen, von welchen eine ein iiir alleuuil Verzicht leistete, somit empHngcu 22 Wittwen Pension. Die grösste Zahl der Wittwen eines Jahres betrug Ii im Jahn' 18G8.

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107. Acrztlicbe Wiuweu-Kuääe. 483

Die politistlit'ii Eivi<;iiis.He des Jahres 186(') l»nicliteii iiir die Kol^e wesentliche Aeiuleninj^eii in «leni ärztlichen Fersonulhestunde. Jeder Arzt konnte sich von nnn ab <lanerud oder vorübergehend uiederlu88eii, seinen Beitritt alt oder jung zur Wittwenkasse ei> wirken. Die Erwägunji?, diiss ganz neue VerhSltoiaee axuh zeitg^nSflse Aenderung der Satzungen erfcurderten, fand in der Jahreenrenammlung 1868 Aosdmck. Es ward eine Conunission ernannt zur PrQfung der Sachlage und Vorlage geeigneter VorschlSge. Nachdem mancherlei Anti^ge berathen waren« fand am 1. Mai 1870 der Antrag der Commisfdon, von nun ab keine neuen IGlglieder mehr aufeunehmen und einen Vertrag mit der Dr. SBKCKBNBBBo'schen Stiftung ab- zuschliessen, einstimmige Annahme. Zu der Sitzung waren fast aUe Mitglieder erschienen.

Der wesentliche Inhalt des Vertrages ist: Von dem VermOgen der Wittwenkasse kommen fl. 30 000 (M. 51 428*57) als bleibendes Kigenthum an das niedicinische Institut; aus dem Reste wird ein lu'servefonds gebildet; die Verzinsun<( di-s (';i|»it4ils jji's( hiebt zn o^'/o; tVw Zinsen werden zu gleichen Thcilt-n jährlich an die berechtigten Wittwen vertheilt; über H. 500 (M. 8ü7'41) kann jedoch ein Antheil nie lietmgeii ; der Mininialbetnig eines solchen ist auf fl. 150 (M.2r)7"14) Icstgesetzt; für den l'all, dass die Zinsen nicht ausreichen, ist der lieservefonds, sei es durch seine Zinsen, sei es durch Angreifen seines Cajiitalstitckes in Ansjuncli zu nehmen. Um Gleichheit in den Aiispn'ichcn älterer und jün^^'t'rer Mitglieder herzustellen, haben nach dem Jahre ISöO eingetretene Mitgheder so lange den Juhresheitrag mit tl. 15 (M.'2.')'71) /II zahlen, bis sie zwanzig Jahre l)eigetragen haben. (Die .Mitglie(h'r/.ahl am 1. Mai ISTO war 25, die Zalil der noch beiti;ig>|itlii btigen IS; am 1. Mai l^iSl sind noch tiinl' Mitglieder Ix itragspriichtig. ) Xiu h Al)h'beii der k'tzten berechtigten Wittwen sind die Erträgnisse nur im Interesse des mediciuischen Institutes y.u verwerthen.

Iiis zur entlgültigen Auflösinig hat ein aus fünf Mitgliedern ))e- stehender Ausschuss der Wittweukasscnmitglieder die Rechnungsablage jährlidi am 1. Mai m prOfen.

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XV. Ueilpcrüuuul.

108. JSRZTLIGHER PENSIONS- ÜND UÜLFSVBliEIN.

Vou Dr. J. DE HARY.

Gegrüiuk't Hin 4. Nnvciiilx'r 1S7<), hut dt^r VL'rein »Ilmi Zweck, seinen Mit^^licdcrn in l''iillt'n von AUfr, Krunklu'it oder nnvcrst hulclft«-!! rn};lückt«iullt'n oder /.wcitcns deren VVittwen nnd Waism unter gleicher Voraussetzung dini li jülirlielie Pemiuiieu o<ler eiuuiulige Bv- willigun<; Unterstützuni^ zu tri w iiliren.

Zur MitLrlit'dsi liiitt Kereclitiuft i>t jeder approbirte Arzt, der Mit- glied — ordentliches oder ausx rordentliches - des liiesijijen Aerztlichen Vereiiu's ist. Der Heitritt ujmss innerliall) Jahresfrist vom Ta<;e der Autuahme in den Aerztlichen Verein erfolgen, nach etwaiger AuflÖHung des Aerztlichen Vereines vom Tage der Niederlassung ab. Im FaJle genügend nachgewiesener Rechtfertigung der Versäumniss, können Mitglieder des Aerztlichen Vereines ausnahmsweise, auf einstimmigen Beschliiss des VorBtande.s, später beitreten unter Nachzahlung silmmt- licher seit Gründung des Pensümsrereins (oder eventuell seit der Aufnahme) falliger JahresbeitrSge. Freiwillig aus dem Aerztlichen Vereine ausgetretene oder von hier verzogene lütglieder behalten, wenn de dem Aerztlichen Vereine acht Jahre angehört haben, ihre Rechte so lange, als regehnassige Entrichtung des Jahresbeitrages erfolget.

Der Mitgliedschaft verlustig macht einjährige Saumigkeit in der Entrichtung des Jahresbeitrages nach drdmaliger Mahnung, ebenso Ausschluss au8 dem Aerztlichen Verein.

Der Jahre.s))eitrag betragt (bis auf Weiteres) M. 20 ; einmalige Zahlung von mindestens M. 500 befreit von der Zahlung der Jahres- beiträge.

Das Verrniigen zerfällt in den Capitalfonds und den Verwendharen Fond«. Der Capitalfonds ist nach (h'u für Mündelgelder gültigen VoHKliriften anzule<ren : dii' diHi)oniheln Gelder bei der hiesigen Spar- kasse oder in guteu Discoutowechseln.

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108. Aentlicher Pendons- und HftlftTereiiL

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Der Capitalfonds wird gebildet: aas mindestons einem Drittel der MitgliederbeitrSge, den zur ewigen Mitgliedschaft berechiigeDdeii Zahlungen, Geschenken im Betrage von M. 800, sofern von dem Geber nicht anderweitig bestimmt wird, etwaigen Zinsen des ver- wendbaren Fonds, etwa nicht besinnen Unterstfifasung^geldem.

In den yerwendbaren Fonds fliessen: die Zinsen des Capital- fonds, zwei Drittel der Miigliederbeitrage, Geschenke (unter M. 300).

Die Geschäfte führt ein aus fünf Uitgliedem bestehender Vor- stand ; derselbe ist der General versumrnlung verantwortlich.

Bei der Stiftung de.s ^^•n•ill(^s betheiligteu sicli 75 Mitglieder. Am ^U. Mar/ 1881 zählte derselbe 74 Mitglieder und ein ewiges Mitglied; das \'i'rni<">geii betrug an diesem Tage ungeiahr M. 1 1 200.

Bis 2um Ül. Mäns, 1881 waren drei Gesuche an den Vorstand gelangt: eines, um eine einmalige Unterstützung, konnte von dem Vorstjuuh' als niclit genügend begründet, weiterer Berücksichtigung nicht oin|it"ohh'n werden; das zweite die Bittt* einer Wittwe um Beihiilt't' zur Fir/.i«'hun<; ihres Solines schfint, da auf die Antwort di's V<ir.stande.s nichts weiter criulgtc, zuriU k^czogcu zu srin. In

th'ittcu Falle war der junge Verein in der Lage, seine Tliätigl<eit zum cr.stt'U Male zu entfalten durch (irwährung einer Pension von M. ;5<H) jährlich auf fünf Jahre an die W ittuc eines mit Hinter- lassim;^' mehrerer Kinder in jungen Jaiiren vei-sturbeueu, aligemein geachteten Culiegeu.

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YeraeichnisB der Mitarbeiter.

VEUZEICHNISS DER MITARBEITER.

1. ALTSCHin«, G., Dr. med.« prakt Arzt: S. 364.

•2. Al Kin'.ACir. .los.'|.h, Dr. jur., StaiulrslM'anitrr : S. JOI.

It.KKWALD, II., Dr., Dirc. tor «Irr israrlitis. lu'ii lU-alsrhul«' : S. lö»'», 227.

4. DE IJARY, Jiicol), Dr. med., prakt. Arzt: S. 2Uö, :iOt>, -iHl, 4i^.

h. UKllNKE, ü., Stadtbaurath: S. 170.

6. BOCKENHEIMER, H., Dr. med., prakt. Ani: 8. 374.

7. CA HL. AuKUist. Dr. med., Au-rn n zt: S. lUS, :5S2.

8. ( NYltlM, Kiliiard. Dr. jur., Ki'«htsaiiwalt : S. C6.

9. ( NYIUM, Victor, Dr. med., i)rakt. Arzt: S. 118.

10. DIEIIL, Curl, Dr. jur., Laiidgerichtsrath : 8. 231.

11. EBNER, Hermann, Dr. jur., Rechtsanwalt: S. 149.

KHLKKS, R., Dr., Pfarrer und CoiisistoriaJrath: S. 23&, 310, 316.

l;;. KKSTEH. Adolf. Dr. jur., Rechtsanwalt: S. .'{05.

U. KLK< K, Albert, Dr. jur., Amtsfrcri. litsr.itli : S. 308.

15. tUE.SENIUS, Philiiip, Dr. pbil., Apiuiieker: S. ll.'i.

16. GETZ, Max, Dr. med., Sanitätsrath: 8. 371.

17. V. GUAITA, Max, Kaufmann: S. 295.

18. V. IIARNIEK, Adolf, Dr. jur . Ri eblsanwalt : S. 02, 2^9.

19. V. HAKNIKK. Eduard. iM jm . R.Tlitsanwalt : S. 282,

20. ILELiiEEliD, Job. ( hristupii, Kuulmanii: S. 218.

21. HERXHEIMER, 8., Dr. med., prakt Arzt: S. 388.

22. HIRSCH, Dr., Director d. Realschule d. Israelit. ReHgionsRcseUschaft: S. 18».

23. HOFFMANN, lleinrirli, Dr. med., Geh. Sanitätarath: S. 383.

24. IIOLTIIDF, Carl. Stadtrath: S. 'X>, luT, 200.

25. IIUMSEII, Ciustav, Dr. jur., Rechtsanwalt: S. 220.

26. KINKELIN, FHedrich, Dr. phil., Lehrer: S. 45a

27. KIRCHHEIM, Simon, Dr. med., prakt Arst: S. 300, 360.

28. KLOSS, n., Dr. med., Sanitätsrath, KroisphysicuS: 8. 476.

29. KNOI'F, Ludwif.', Dr. jur., Stadtratli : S. 77.

30. KUCll, Dr., Lumlesgeolug zu Wiesbaden ; ti. 4.

31. KRÜGER, G., Dr. med., Angenarst: S. 195.

32. LEONHARDT, Dr., Prof., Kgl. Krmsthierarst: 8. 415. m. EETDIIKCKER, Carl, Pfarrer: S. 298, 299, 3»J7.

31. LINCKER, P., Dr. jur., AmtsRerichtsrath : S. 2S1.

35. LlNi>LPiY, William 11., C hofiugeuieur des Canall)aubur(>au8: Ö. 1, 81.

36. MARCUS, K., Dr. med., prakt Arst: S. 133, 341, 349, 392, 430.

37. MARX, August, Dr. med., prakt Arst: & 887.

38. MATTI, Alexander, Dr. jur., Rechtsanwalt: S. 68.

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Veneirbniss der Mitarliciter. 4^7

39. MIQUEL, .1., Dr. jur., OberbOrpcrmoiater : S. V.

10. M(Ufl{. ,1. .1., Dr., Rcctnr der Katliarinonscliulo : S. 278.

11. NAHKllT. Hcinricli, Dr. pliil., ()l)orIclirfr : S. 42.1

42. V. OUEUNBEiÜi, Carl, Dr. pliil., Dirtulor des Statistiscbeii Amtes: S. W.

43. OHLENSCHLAGER, F., Dr. med., prakt Alst: S. 408.

44. OPPKI., ( arl, Dr. phil., Lehrer emer.: S. 267.

4r.. V. OVEN. Dr., Senator. Stndtrath : S 125, 243, 435, 457.

Ki. V. I'.\NDKi:, K.. Dr. im d.. HotVatl. . S. ;;.s.-.

47. l'A?>SAVAM, U., Dr. iikmI.. SaniüiUirath, prakt. Arzt. 8. ;J77.

48. PETERSEM, C. TH., Dr Chemiker: S. 448, 452.

49. PI EFFERKOIIN, Rudolph, r)r. jur., Rechtsanwalt: S. 358. r>0. PON'KICK, Otto. Dr. jtir.. Rechtsanwalt: S. 140.

r»l. HIESSKK. .Taeol», Dr. jur., lierlitsanwalt : S. 228.

ä2. ROTH, Ik'iurich, Dr. raeil., prakt. Arxt: S, '668.

53. RÜQEMER, Gustav, Städtischer Bauinspector: S. III, 158.

54. SCHLOSSER, Gustav, Pfarrer: S. 239.

.V.. SCHMIDT, Adolf, Dr. med., prakt. Ar/t. S. 4:{.{.

5(5. SCllMlD'r, lliinrich, Dr. med., jirakt. Arzt: S. 44ü.

57. SCIIMIJ' i , .Max, Dr. lueil. vet.. Direetor des Znolngisclien (iartens: .S. 4.Vi.

58. SCHMIDT, MoriU, Dr. med., prakt Arxt: S. 294, 328, 425.

59. SCHMIEDEN, C, Kgl. Oberstaatsanwalt: S. 141.

60. SCHRÄDER, G., Dr. jur., LandRericht^^ratli : S. 229.

Gl. SPI?:SS, Alexander, Dr. med., Sanitätsrath, prakt Arrt: S. 9, 17, 28.

62. STAHL, Carl, Dr. med., prakt. Arzt: S. 3K4.

63. STEFFAN, Philipp, Dr. med., Augenarzt: S. 192, 380.

64. STIEBEL, Friedrich Jul., Dr. med., prakt Arzt: S. 213« 216, :m. 60. STRICKER, Wilhelm, Dr. med., prakt. Arzt: S. 4<i9.

m. VEITH, fJeorp, Dr. i^hil., Ue. tur der Arnshurgcrschule: S. 200.

G7. WEIiER, Job. Heinrich, Kaufmann: S. 315.

68. WERNE^ Joseph, Dr. phil., Lehrer: S. 225.

69. WIDMANN, B., Rector der Rosenberger Einigungsschale: S. 312, 314.

70. WIESNER, C.eorp. Dr. med., prakt Arzt: S. 821.

71. WIIJUJAND. L., Dr. med.. Kniswimdiirzt: S. 71, 173.

72. WI NDEIILICH, Carl, Recbneibeamter : S. 211. TS. ZIEGLER, Julius, Dr. pbil., Chemiker: 8. 13.

Ferner :

74. Diae«)nie tlcr deutsiheu evanpelisrii-reformirten Gemeinde: S. 280. 7r». Kpl. INili/eipräsidium : S. 121, Vid.

7G. l'tlepamt des Allgemeinen Almosenkastcns : S. 269.

77. Pflegamt des Almoscnkastcns der israelitischen Gemeinde: 8. 287.

75. IMIegamt des St. Kiitharinen- und \V< issfrau< nstiftes: S. :{0:{.

79. Vorstand der Niederländischen Gemeinde Augsburgiscber Confcssion : S. 223.

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Verxeicliniss der Tafeln.

V£BZEIGHNISS DER TAFELN.

Solu

Tafel 1. llöhonvt rluiltnisse des Bodens nat h einer Reliefkarte 2

» n. Kleines Haus der GcmeinnOtzigen Baugescllschaft . 64

» in. Grosser Bau der Gemeinnfitzigen BangesellBchafIt . 64

» TV. PUmskiise der Frankfurter Siel-Anlage 82

» T. Frankfurter QaeUwasBerleitung 102

» YI. Der neue Viehhof und Schlachthof 114

> YU. Wallschale .164

> Vm. OitendBchale 168

> DL Elisabethensehttle 172

» X. Wfihlerachule 172

» XI. Bealschnle der israelititchen Rcligionsgesellsrhafl . 190

» Xn. Blindenschrift 284

» Xm. Hospitol anm Heiligen Geist 824

» XIV. Dr. Sencfcenberg'sches B&rgerhospital 380

» XV. Anstalt ftsr Irre und Epileptische 338

» XVI. Städtisches allgemeines Krankenhaus 346

» XVII. Clementine -Mftdrhcn- Spital 356

> XVIII. Isnu'litisches Gemeindehospitiil . 362

» XIX. Dr. Bockenheimer's Chirurgische Klinik .... '374

» XX. Senckenbergiannm ^ 426.

Dio Rämmtlichen Pläne von (]f>bSnlichkeiten (\VuttnhnuM>r, Scholen and HotpItiUer) aind genaa in gleichem MnaamUbe ousgcrabrt, i : 300, mit tintiger AonainM der wAnMalt für Im and BpiiepHsolie'* (8. sss), «nkte aar halb •0 froM Ist, 1 : «M.

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