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Dentsche

Miiitärärztliche Zeitschrift.

Herausgegeben

von

Dr. B. l^euthold, und Dr. O. Itenhartz,

Generalarzt, Stabsarzt.

17. Jahrgang.

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i

Berlin 1888.

Ernst Siegfried Mittler und Sohn

Königliche Hofbuchhandlung Kochstruse 68—70.

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CATALOGUEO

MAY 7 1908

E. H. B.

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Inhalt des siebzehnten Jahrgangs (1888).*)

I. Ori^nal-Abhandlangen nnd Berichte.

8eiU

Vntenachungen über die Brauchbarkeit porüa-wasserdiebt gemachter Kleider- stoffe für die Militärbckleiduug. Von Stabsarzt Dr. A. Hill er , . . . 1

Zwei Fälle von Gclcnkmans des Kniegelenkes. Mitgetheilt von Stabsarzt

Dr. Pfahl 29

Nachtrag zn den Beiträgen zur T^phus-Aetiologie ans Bayern. Jahrgang 1887,

S. 278 283. Von Stabsarzt Dr. Rahts 33

Die Entzündung der peripheren Nerven (Polyneuritis Neuritis multiplex),

deren Pathologie und Behandlung. Mit einer Tafel. Von E. Leyden 49. 100

Selbstverstümmelung durch Durchbohrung des Trommelfells. Von Dr. Justyn

Karlinski, k. k. Oberarzt 66

Kaiser Wilhelm f 97

Zum Gedächtniss des Generalarztes Dr, HugoBerthold 97

Ein Fall von Epilepsie, komplizirt durch Tetanie. Von Assistenzarzt

Dr. Herhold 127

Mittheilungen aus dem Garnison-Lazareth zu Hannover. Von Oberstabsarzt

Dr. Schaper 145

1. Statistik und Aetiologie des akuten Gelenkrheumatismus.

2. Ueber Antifebrin 160

Die neue Infektionskrankheit Weil's in der Armee. Von Stabsarzt

Dr. H ü e b e r 165

Eine Epidemie von fieberhafter Gelbsucht. Von Oberstabsarzt Dr. Kirchner 193 Ein Fall von fieberhaftem Ikterus. Beitrag zur Kenntniss der neuen Infektions- krankheit Weil's. Von Oberstabsarzt Dr. Schaper 202

Sarkomatüse Neubildung in den Fisteln einer 15 Jahre lang bestehenden

Schusswunde mit Retention der Kugel. Von Dr. Krevet 241

Zur Kasuistik des epileptischen Schlafes. Von Stabsarzt Dr. Uibeleisen . 248 Schwere Contusio bulbi mit günstigem Ausgang. Von Stabsarzt Dr. Kirchner 262

Kaiser Friedrich f 289

Einige Bemerkungen über das Auftreten der Endocarditis. Von Oscar

Fraentzel 291

*) Ausführliche Sach- und Personal-Register am Schlüsse des VI. und XII. Jahr- gangs.— Der Roth'sche Jahresbericht hat eigenes Register.

De' '"I

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IV

Seit«

Das erste Obdach des Eriegsverwundeten. Vortrag, gehalten in der

miUtärSrztlichen GcselUchalt zu Berlin am 21. November 1887 von

Dr. H. F. Nicolai. Mit drei Tafeln 302

lieber den antiseptischen Werth des Creolins und Bemerkungen über die Gift- wirkung antiseptischcr Mittel. \'on Stabsarzt Dr. Behring 337

Ueber die blutige Naht bei granulirenden Wunden. Von Stabsarzt

Dr. Wutzdorff 349

Kasuistische Mittheilungen. Von Oberstabsarzt Dr. Meisner 352

1. Der sogenannte entzündliche Plattfuss (Tarsalgie des adoleseents).

2. Zerrung der Biceps-Sehue.

Die militärärztlichen Fortbildungskurse für das XII. (Königlich Sächsische) Armeekorps im Winterhalbjahr 1887/88. Von Generalarzt 1. Kl.

Dr. W. Roth 357

Aus dem Garnisoulazareth Altona. Typhus abdominalis mit Ikterus. Von

Oberstabsarzt Dr. Pfuhl 385

Zur militärärztlichen Kasuistik . . . . ' 433

1. Fall von Beckenfraktur.

2. Fall von doppeltseitigem Muskcibruch der Adduktoren der Ober- schenkel.

3. Zwei Fälle von Verrenkungen der Zehen.

Von Stabsarzt Dr. Styx (Höxter).

Zur Behandlung der Querbrücbe der Kniescheibe. Von Stabsarzt Dr. Poch-

hammer 442

Fall von Epilepsie, Erslickungsanfall, Tracheotomia superior. Mitgethcilt von

Stabsarzt Dr. Glasmacher 447

Krampfadern als Gründe der Unbrauchbarkeit bei Militärpflichtigen und Soldaten. Beurtheilung hinsichtlich der Dienstbeschädigung. Von Stabs- arzt Dr. Nenmann 4C5. 520

Zur Kasuistik der Bicepssebnen-Zeming. Von Stabsarzt Dr. Sommerbrodt 495 Der Herbstkursus in Berlin 1888. Ein Erinneningsblatt von einem Theil-

nehmer 497

Zum 12. Dezember. Dienstjubiläum Sr. Excellenz v. Lauer 513

Einige Bemerkungen zur Heilbarkeit der Hcinien v. Stabsarzt Di. Villaret . 532

Ueber Schirmbetten und Freiluftlazarcthe von Oberstabsarzt Fort .... 539

n. Referate und Kritiken.

Goldschei der, Alfred: Eine neue Methode der Temperatursinnprüfung . 35

•Tahresbcricht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikro- organismen, umfassend Bakterien, Pilze und Protozoen. Von Dr. Baum- garten 36

, Ueber Mikroorganismen im Konjunktivalsack.“ Von A. Eugen Fick . . 36

.Die Laryngitis haemorrhagica.* Von Dr. P. Strübing 38

Untersuchungen und Vorschriften über die Desinfektion der Hände des Arztes.

Von Professor P. Fürbringer 39

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V

8«it«

Zar Ealtwawerbehandlung des Typhus. 1. J. A. Gläser, Bericht über die TempeniturTerhältnisse in 200 tödtlich verlaufenen Typhusfällen, nebst einigen ketzerischen Bemerkungen über Antipyrese. 2. Port, lieber die

Abnahme der Typhussterblicbkeil 73

Hygienische Instruktion für die nach Afrika bestimmten italienischen Truppen, vom Sanitätsgencralmajor Machiavelli, Vorsitzenden des obersten Militär-Gesundheits-Kathes. Im Anszuge mitgetheilt von Oberstabsarzt

Körting 77

Kriegs-Etappen-Ordnung vom 3. September 1887 82

Dietz, Geistesstörungen in der Armee im Frieden und Krieg 84

Kompendium der allgemeinen Chirurgie, sowie der Operationslehre. Von

Dr, ArnoKrOche 87

Ueber Beziehungen der Faulniss zu den Infektionskrankheiten. Von Ferdinand

Hüppe 88

lieber eyklisehe Albuminurie. Von Dr. G. Klempercr (Berlin) 89

l'eher den tuberkulösen Himabscess. Von Professor A. Fraenkel .... 89

Mittbeilungen aus der chirnrgischen Klinik des Herrn Geh. Kaths Bardelebcn.

Von Stabsarzt Dr. A. Koehler.

A. Die Hemiotomien des Jahres 1883 90

B. Ueber 24 seit dem Jahre 1876 ausgeführte Kropfexstirpationen . 91

Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten. Zusammengestellt von

W. Behrens 92

Sypliilis in ihrer Rückwirkung auf die Berufs-Armee im Frieden und im Kriege und die Möglichkeit ihrer thunlichsten Eindämmung. V'on Dr. A. Zemanek,

k. k. Regimentsarzt 92

Anleitung für die erste Hülfe bei Erkrankungen und Verletzungen an Bord in Ermangelung ärztlichen Beistandes. Von Dr. Alexius Uhlik,

k. k. Linienschiflsarzt 93

Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71. Dritten Bandes specieller Theil I, III A: Verwundungen des Kopfes und des

Rumpfes 131. 180. 228

Fünfter Band III C: Kasuistik der grösseren Operationen 231

Krankenträger-Ordnung 134

Bericht über die Thätigkeit der zur Erforschung der Cholera im Jahre 1883 nach Egypten und Indien entsandten Kommission, unter Mitwirkung von Dr. R, Koch, Geh. Med.- Rath, bearbeitet von Dr. G. Gaffky, Kaiserl.

Regierungsrath 137

Prof. Dr. Ritter von Mosetig - Moorhof. Vorlesungen über Kriegs- chirurgie 140

Ueber die Wirksamkeit des Jodoforms auf Infektionsmikroorganismen. Von

Au g. Kunz 185

Dr. Maximilian Schaechter, Operateur der I. chiriirg. Universitätsklinik

zu Budapest. Anleitung zur Wundbehandlung 186

Die praktische Bedeutung der sekundären WundnahL Von Prof. Dr. Helferich 188

Mittheilungen aus dem Kölner Bürger-Hospital. Von Oberarzt Professor

Dr. Bardenheuer 189

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VI

SoiU

Bsroffio. Diagnosi medico-Iegale militare della amauroii e dell' amblyopia

monocalaro 192

Vom 17. Kongreaa der Deutachen GeaelUchaft für Chirurgie. Berlin, 4. bin

7. April 1888 207

Der 7. Kongresa für innere Medizin in Wieabaden 222

Dr. A. Koehler, Stabsarzt. Bericht über die ohimrgiache Klinik dea Geh.*

Ratha Bardeleben pro 1885 233

Beiträge zur Beurtbeilung dea Nntzena der Schutzpockenimpfang nebst Mit- theilungen über Maaasregeln zur Beschaffung untadeliger Thieriympho. Bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitaamte. Mit sechs Tafeln .... 236 Handbuch der Kriegshcilkunde. Bearbeitet von Oberstlieutenant Dr. U. Bircher 269

Flashar, Die Verwaltung des Gamison-Lazareths 274

Stadstiscber Sanitätsbericht über die Kaiserlich Deutsche Marine für den Zeit- raum vom 1. April 1885 bis 31. März 1887 276

Vorlesungen über Akiurgte von Dr. B. tr. Langenbeck. Heraasgegeben von

Prof. Gluck 283

Lehrbuch der Physiologie für akademiache Vorlesungen und zum Selbststudium. Begründet von Rud. Wagner, neu herausgegeben ron Dr. A. Gruen-

hagen, siebente Auflage 283

A. Zemanek, Zusammenstellung und Kritik der wichtigsten Publikationen in der Impffrage mit besonderer Berücksichtigung der militärischen Ver- hältnisse 284

H. FrSlich, Geschichte des KSniglich Sächsischen Sanitätskorps 284

Bakteriologische Diagnostik. Von James Eiaenberg 285

Dr. F. Eckliind, Hygiene der Turnsäle 285

Dr. F. Eckland, Considirations pratiques sur l'hygiene de ja peau . . . . 286

Topographisclie Anatomie des menschlichen Orbilalinhalts in Tafeln von

Dr. mcd. Otto Lange 287

Oberstabsarzt Dr. Koehler, Ein seltener Fall von Spondylitis deformans . 287 Stabsarzt Dr. E. Angerstein und Oberlehrer G. Eckier, Haus4xymnaslik

für Gesunde und Kranke 288

Handbuch der Ohrenheilkunde fürAerzte und Studirende. Von Dr. Wilhelm

Kirchner 319

Eiektrodiagnostik und Elektrotherapie einschliesslich der physikalischen Pro- pädeutik für praktische Aerzte. Von Regimentsarzt Dr. Rudolf

Lewandowski 319

Krieg im Winter, Sonnenstich 320

Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen, in Einzelabhand-

lungcn. Von Dr. G. Neumayer 322

Jahrbuch für praktische Aerzte. Von Dr. Paul Guttmann 323

E. Leyden, lieber Herzaffektionen bei der tabes dorsalis 323

E. Leyden, Beitrag zur I.ehre von der Lokalisation im Gehirn 324

H. Nothnagel und B. Naunyn, lieber die Lokalisation der Gehimkrank-

heiten 324

Dr. Hermann Oppenheim, lieber das Wesen und den nosologischen Charakter der sich nach Eisenbahnunfällen entwickelnden Erkrankungen des Nervensystems 327

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VII

S«ite

Dr. Hermann Oppenheim, Ueber OlWendegeneration bei Atheromatose

der basalen Himarterien 327

Prof. Dr. L. Brieger, Zur Kenntniss der Stoffwechselprodakte des Cholera-

bazillns 328

Dr. Emil Rotter, Die persönliche Feldansriistung des deatscben Offiziers,

Sanitätsoffiziers und MUitärbeamten 328

R. T. Krafft-Ebing, Lehrbuch der Psychiatrie 367

Dr. George Meyer, Ans der städtischen Franen-Siechenanstalt zu Berlin.

Untersnchnngen über das Kniephänomen 368

Dr. Herrmann Oppenheim, Zur Pathologie der disseminirten Sklerose . 369 Dr. Herrmann Oppenheim, Die oscillirende Hemianopsia bitemporalis als

Kriterium der basalen Himsyphilis 369

Die Therapie der Phthisis. Von Dr. P. Dettweiler und Dr. F. Penzoldt 370 Lebrbnch der pathologischen Mykologie. Von Dr. P. Banmgarten . . . 373 Prof. Dr. Theodor Kocher in Bern, Eine einfache Methode zur Erzielung

sicherer Asepsis 375

Dr. W. Kleinwächter, Die Amputationen und Exartikulationen imAugnsta-

Hospital in den Jahren 1871 1885 377

Dr. Rudolf Gerstacker, Stabsarzt, Ueber den Tod durch Gewehrschuss-

wunden in gerichtsärztlicber Beziehung 378

Stabsarzt t. Hase in Hannorer, Transport Verwundeter auf Bauemwagen . 378 Dr. Tibnrtius, Leitfaden für den Unterricht in der Familien-Krankenpflege 379 R. Gerstacker, Die historische Entwickelung und hygienische Bedeutung

der Reraccination 379

Ergebnisse einer Statistik der Pockentodesfälle im Deutschen Reich für das

Jahr 1886. Von Stabsarzt Dr. Rahts 379

Traite de Chirurgie de guerre par E. Deforme 451

Die Chirurgie des Pankreas, gestützt auf Versuche nnd klinische Beobachtnngen.

Von Nikolaus Senn 454

L. Brieger, Beitrag zur Kenntniss der Erkrankung der Himoberfläche . . 457 Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikro- organismen, umfassend Bakterien, Filze und Protozoen. Von Dr. P. B a n m -

garten 457

Die neueren Arzneimittel. Von Dr. Bernhard Fischer 468

Hermann Lenbartz, Leipzig, Experimentelle Beiträge zur Kenntniss der

Vergiftung durch chlorsaure Salze 459

Ueber die toxischen Wirkungen des Zinns mit besonderer Berücksichtigung der durch den Gebrauch verzinnter Konservenbüchsen der Gesundheit drohenden Gefahren. Von Dr. Emil Meyer und Dr. Guido Bodländer . . . 460 Klinische Studien aus der hydriatischen Abtheilung der allgemeinen Poliklinik

in Wien. Herausgegeben von Prof. Dr. Winternitz 461

Zur Iridotomia extraocnlaris. Von Prof. Dr. Schoeler 463

Der Militärarzt im Felde. Von Dr. W. Derblich 503

Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie, nach dem heutigen Standpunkte der

Wissenschaft. Von Prof. H. Fischer 504

Zur Schnhfrage. Von Prof. Hermann von Meyer 506

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VIII

Seite

Dr. Vortter, Zur operativen Behandlung des Priapismus 508

Späte Extraktion von Geschossen aus Gesichtsknochen 550

Sir William Mac Co rmac, Bauchschnitt bei intraperitonealen Verletzungen 552

O. Vierordt, Diagnostik der inneren Krankheiten 555

Behring, Stabsarzt, Antiseptischer Werth der Silberlfisung 550

M, Bernhardt, Klinischer Beitrag zur Innervation der Blase, des Mastdarnis

und der Gesohlechtsfunktion 557

V. Fleischl, Praktische Verwendbarkeit des Haemometers 558

III. Hittlieilangen.

Ans dem Inhalte der Archives de medecine et de pharmacie militaires . 41. 329

Die chirurgische Behandlung der LymphdrSsenabscesse. Von Dr. Stocqnart 46

Erkrankungen der Uro-Gcnitalwege 47

Ein sanitärer Vorschlag für die Exerzirplätze, . besonders der Kavallerie ... 47

Imprägniren des Fussbodens mit Thecr 47

Die F^Iastizität von Kautschukgeräthen wieder herzustellen 48

Dr. Paul Börner's Reichs-Medizinal-Kalender für Deutschland auf das

Jahr 1888 48

Keimfreie Flüssigkeiten zu Einspritzungen 48

Zu dem Artikel: Neue Erfahrungen über die Ventilation der Krankenwaggons

in Heft XII. 1887 48

Berliner militärärztliche Gesellschaft. Sitzungsberichte. Geissler: Stauungs- papille nach Kopfrose, Leyden: Ceber die Entzündung der peripheren Nerven, Sommerbrodt: Demonstration und Geschichte eines Myeloidsarkoms der Tibia, Herrlich: Fall von Tremor, Nicolai: Erfahrung beim Impf- geschäft, Reger: Mittheilung über gelungene photographische Aufnahmen von Gewehrgesebossen im Fluge, Martins: Lähmungen und Kon-

trakturen 93. 141. 237

Kameradschaftlicher Verein der Sanitätsoffiziere des Reserve-Landwehr-Regi-

ments (I. Berlin) No. 35. Petri, transportable Lazarethbaracke . 95. 240

Bernhard von Langcnbeck's Portrait 96

Der 17. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin . . . 144

Verbandpäckchen in Japan vor ca. 1000 Jahren 240

Die 61. Versammlung Naturforscher und Aerzte in Köln . . . 288. 463. 509

Die durch das Geschoss des Lebelgc wehre erzeugten Verwundungen .... 335

Das neue Verbandpäckchen der österreichischen Armee 336

Das 42. Semester der ehemaligen Studirenden der militärärztlichen Bildungs-

Anstalten 336

Sanitäts-Offizier-Gesellschaft zu Dresden. Sitzungen im Jahre 1887 .... 381 Staderini: H subllmato corrosivo nella cura della congiuntivite granulosa . 384

Vortrag über Hitzschlag etc. Von Stabsarzt Dr. A. Ui Iler 384

Brandau J. V., Hyperhidrosis pedum 558

Kalender für 1889 559

T. Lauer -Kommers 560

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IX

IV. Allerhöchste Kabinets- Ordres, Ministerial-Verfflgnngen and General -Rapporte.

Amtliehps Beiblatt.

. Seite

Personal- Veränderuogen im Sanitäts-Korps . 6. 14. 24. 33. 41. 56. 68.

75. 82. 91. 101. 108

Ordensverleihungen 10. 18. 26. 37. 46. 62. 80. 86. 96. 111

Familiennachrichten 11. 19. 27. 37. 46. 63. 71. 80. 86. 98. 111

General-Rapporte 11. 19. 27. 38. 64. 72. 86. 87. 98. 99. 112

Ausbildung freiwilliger Krankenpfleger in Gamison-Lazarethen 1

Beschaffung des Unterricbtsbuches derselben für die Unterrichtenden .... 22

Ersatz von Geräthen des Lozarcth-Hanshaltes aus Zinn 2

Geräthe-Ausstattung der Offizier- etc. Krankenstuben 3

Verrechnung der Kosten für das Lüften und Ansklopfen wollener Decken in

den Lazarethen 5

Besetzung von Freistellen in Pforta 5. 55. 107

Betriebsunfälle bei der Seeschifffahrt 5

Naebweisung der Höchstpreise für das ärztliche Sauitätsmaterial 13

Lazarethgehülfen - Unterricht, Besehaff'nng der anatomi.«clien Wandtafeln von

Dr. Fiedler, Vertheilung Ksmarch'scber Samaritertafeln 13

Wittwen- und Waiscngeld-Beiträge bei Beförderungen und während der Probe-

dieustleistung 14

Gesetz über den Erlass derselben 31

Temperatnrtafeln 21

Henneberg'scbe Desinfektoren, verbesserte Einrichtung derselben .... 21

Gesetz, betreflfend Aenderungen der Wehrpflicht, Ausfühmngsbestimmungen 22 23

Krankenträger-Ordnung, Versendung 23

Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71,

Versendung des dritten und fünften Bandes 23

Duchseber'sche Diffcrential-Hebelpressen betreff'end 29

Verbandmittel-Niederlage in der Nähe der Gefahrorte bei Artillerie-Depots,

Laboratorien und dergl 29

Massage, Unterweisung der Sanitäisoffiziere in derselben 30

Pharmakopoe: Vorschläge zur Bearbeitung derselben 31

Weinbedarf-Beschaffung für Gamison-Lazarethe 31

Drillich-Stoffproben- Versendung 39

Baugelder- Verrechnung 39

Apothekengeräthe-Bescbaff'ung 40

Geschäftsbetrieb bei den Gamison-Lazarethen, Beschränkung des Büreaudieustes 40 Lazareth-Bibliotheken, Beschaffung der Unteroffizier-Zeitung für dieselben . . 41

Karbolsäure-Lieferung dureh die chemische Fabrik auf Aktien (Schering) . . 41

Lazarethaufnahme inaktiver Mannschaften 41

Brillen-Beschaffung für Leute mit Astigmatismus 47

Kontrolvermerk des Chefarztes auf den Kraiikenjournaleu 47

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X

Seite

Ziiriickbefördcnmg der Hinterbliebenen im Auslande angcstellter Beamten etc. 48

Verordnung zu dem Gesetze über die Kriegsleistungcn -48

Krankenpflege an Bord 53

Leibbinden-Vernusgabung in den Tropen \ < 55

Gefütterte Krankenhosen C5

Zeugnisse für denUche Militärpflichtige in Japan 65

Aidegen hoher Stiefel seitens der Offiziere der Fusstruppen 66

Aerztliehe Ausrüstung an Bord 66

Anstellung verabschiedeter Offiziere als Lazarethbeamtc 67

Wegfall der KrankenlOhnung für Militär-Gefangene des Unteroffizierstandes . 67

Besehaffuiig eines Messinstrumentes zur Prüfung von Alkohol 73

Döckcr'sche Lazarcthbarackc ; Anlage des Klosetraumes, 73

Kosten-Verrechnung für beschafite Baracken 89

Chromsäure gegen Fussschweiss 74

Apothekengeräthe- etc. Beschallung 81

Kriegs-Sanitäts-Ordnung; Tekturen-Versand 81

Sanitäts-Detachement, Ausrüstungs-Nachweisung 8'2

Krankenthermometer, Aiehung derselben 89

Apotheker des Beurlaiibtenstandes, Termin für Befördemngs-Vorsehläge etc. . 90

Entia.s.sungsanzug für Militärkrankenwärter 90

Bewerber-Verzeichnisse der Militäranwärter 91

Dienstjnbiläiim Sr. Execllcnz v. Lauer hetrefTend 103

Gensdarmcn-Untersuchung etc. durch Militärärzte 105

Dienstanweisung für Marineärzte, Aenderung 105

Beleuchtung der Lazarethe bei Festlicbkeiten 106

Meldung beurlaubter Offiziere in Berlin 106

Konstabler-Anstellung in Hamburg 107

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Deutsche

MonatHcb mcbeint «io Heft roo mind«Ht«ni 3 Drockbopes; daza «in ^Aatlicbe« B«ibUU**, D«r Z«il*cbrift wird du Werk: nJabre«b«richt bb«r dt« ForUrhritt« aaf dem G«bi«t« de« MiUtkr- S4iiit&t*>We«i«as^, benoK^ei^ebAn Toro Generalarzt Dr. Roth, onentgeltlieh beig^e^eben. BeaiellaoK oehmen alle Postämter ood Bttthhandlaiigen an. Preis des Jahrgangs 15 Uaik.

XVII. Jahrgang.

1888.

Heft 1.

rntersnchnn^en lU»fr die Branobliarkeit porös -wasserdicht ^'emaehter Kleiderstoffe für die Militärbekleidnn?.

Von

Dr. A. Hiller,

im 2. Scbles»eb«D 6rrna<]i.r.K.-rnment Ko. II luul Priratilozeiit .n der CnirorfitAt Bresl.ii,

Das Bestreben des Menschen, sich vor Durchnässuny! zn schützen, ist nralt. Die nackten Bewohner der heissen Zone flüchten bei Regen- güssen unter das schützende Laubdach der Bäume oder verkriechen sich in ihrer Hütte. Der bekleidete Mensch der gemässigten Zone erfand den Regenschirm, eine getreue Nachbildung des um Jahrtausende älteren Sonnenschirms, und bis auf den heutigen Tag ist der Regenschirm der ständige Begleiter des Kulturmenschen zur Regenzeit geblieben. Erst das letzte Jahrhundert suchte dieses lästige Geräth entbehrlich zu machen, indem man die Kleider selbst wasserdicht herstellte durch Tränken oder Ueberziehen mit gewissen für Wasser undurchlässigen Stoffen (Gummi, Theer, W'achs, Harz, Leinöl). Die Wirksamkeit solcher Regeiiröcke und Regenmäntel ist in der That eine vollkommene und die Kunst ihrer Her- stellung gegenwärtig eine weit vorgeschrittene. Allein Wissenschaft und Erfahrung stehen dieser Neuerung ablehnend gegenüber. Die gleichzeitige Behinderung der Hautausdünstung des Körpers macht das längere Tragen eines Gummirockes für das Wohlbefinden unerträglich und für die Gesund- heit nachtheilig.

Diese Nachtheile scheint ein Verfahren zu umgehen, welches seit etwa zwei Dezennien bekannt geworden ist und von Jahr zu Jahr mehr Anhänger

1

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2

findet. Dies Verfahren besieht darin, das Oewehe der Kleider mit ge- wissen, in Lösung befindlichen Stoffen zu dnrchtränken (imprägniren), welche sich beim Trocknen auf der Faser des Gewebes niederschlagen und dem Gewebe wasserfeindlicbe Eigenschaften verleihen, ohne seine Durchgängigkeit für Luft zu beeinträchtigen. Das Verfahren würde, wenn seine Voraussetzungen sich bestätigen, einen ausserordentlichen Fortschritt in der Bekleidungskunst bedeuten; ja, es würde das Prinzip der wasser- dichten Kleider überhaupt erst lebensfähig machen. Zwar liegen bereits zahlreiche günstige Urtheile über die Brauchbarkeit solcher „porös- wasserdichten“ Kleider, namentlich aus Offizierkreisen, vor, doch fehlt bis jetzt jeder genauere wissenschaftliche Anhalt für die Beurtheilung des Werthes dieses Verfahrens. Da die Gesundheitspflege unseres Heeres ein sehr lebhaftes Interesse daran hat, den Soldaten vor Durchnässungen zu schützen, so habe ich die Brauchbarkeit der neuen Methode für die Armeebekleidung im letzten Sommer einer Untersuchung unterzogen.

Als brauchbar für die Militärbekleidung betrachte ich den Kleider- stoff, wenn durch die Imprägnirung mit wasserabhaltenden Stoffen weder seine Durchgängigkeit für Luft, noch seine Farbe und seine Festigkeit beeinträchtigt werden, und andererseits seine Fähigkeit, Wasser (Regen) abzubalten, für das Bedürfniss unseres Klimas ausreichend ist.

1. Die Durchgängigkeit wasserdicht gemachter Kleiderstoffe

für Luft.

Die Methode, welcher ich mich bediente, ist dieselbe, welche von Pettenkofer*) früher zu gleichen Untersuchungen angewendet bat. Es wurden kreisrunde Stücke der zu untersuchenden Stoffe vor die Mündung eines weiten Glasrohrs luftdicht aufgesetzt. Mittels eines Gasometers wurde sodann unter gleichmässigem Druck Luft durch das Glasrohr getrieben. Die Menge Luft, welche in einer bestimmten Zeit durch das Rohr hindurchging, gab den Maassstab ab für die Durch- gängigkeit des Stoffes für Luft.

Als Glasrohr benutzte ich der zweckraässigeren Form wegen eine konische Glasflasche ohne Boden; letzterer wurde ersetzt durch die Stoffprobe. Die von Luft durchströmte Fläche derselben betrug 36,4 qcm. Um ein Aufblähen des Stoffes beim Versuch, wodurch seine Permeabilität wesentlich verändert wird, zu verhüten, legte ich die Stoffproben zwischen zwei ebenso grosse Platten aus feinmaschigem Drahtsieb und band sie dann

*) M. von Pettenkofer: Ueber die Piinktiuii der Kleider. Zeitschrift für Biologie, Band I, S. UH). 1SÜ5.

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3

mittels einer Gummibinde aoi den durch einen Kautschnkring geglätteten Rand des Glases fest. Durch Eontrolversnche wurde vorher ermittelt, dass diese Art des Verschlusses am Rande absolut luftdicht war. Der kleine Gasometer, welchen ich mir für diese Versuche anfertigen liess, fasste ungefähr 50 Liter Luft. Er trieb die Luft mit gleich- mässiger Geschwindigkeit unter geringem Drucke (= 2,8 cm Wasser- säule) zunächst durch eine Gasuhr,*) an welcher die innerhalb einer bestimmten Zeit hindurchgegangenen Luftmengen direkt abgelesen werden konnten. Von der Gasuhr ging die Luft durch einen Schlauch in das konisch erweiterte Glasrohr und von hier mit verminderter Geschwindig- keit durch das Tuch hindurch.

Zur Prüfung benutzte ich theils Tnchproben, welche ich von der be- kannten „Fabrik porös-wasserdichter Stoffe“ von F. Falkenburg in Magdeburg bezogen hatte, theils Stoffproben aus dem hiesigen Königlichen Montirungs-Depot, welche ich selbst wasserdicht gemacht habe. Stets wurden imprägnirle und nicht imprägnirte Proben miteinander in Vergleich gezogen. Im Durchschnitt wurde für jede Bestimmung das Mittel aus 3 bis 6 gut übereinstimmenden Versuchen genommen. Versuche mit auffällig abweichenden Resultaten blieben unberücksichtigt. Für die Zusammenstellung wurden die Resultate auf einheitliches Maass (1 qm) und gleiche Zeitdauer (1 Sekunde) umgerechnet.

Es gingen durch 1 qm Stoff in 1 Sekunde hindurch .... Liter Luft a. Stoffe aus der Fabrik von F. Falkenbnrg.

Bezeichnung des Stoffes

Nicht

imprägnirt

Imprägnirt

1

Differenz

Schwarzgranes Manteltuch (Liefertuch)

54,77

52,98

1,79

Sommertuch zu Offizier-Paletots

63,45

56,22

-7,23

Ganztnch

desgleichen

60,49

57,16

3,33

Doeskin

desgleichen

48,41

44,33

- 4,08

*) Diese Gasahr wnrde mir von der Gasmesserfabrik von Jul. Pintseh in Breslau für diese Versuclie bereitwilligst zur Verfügung gestellt und von dem

1*

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4

b. Stoffe aus dem Moctirungsdepot. (Von mir imprägnirt.)

Bezeichnung des Stoffes

Nicht

imprägnirt

1 Imprägnirt

i

j Differenz

Graues Manteltuch . für Mannschaften

54,:w

52,72

1

1 1,58

1

Blaues Waffenrocktuch desgleichen

58,62 ,

1

55,09

i - 3,53

Hosentuch

desgleichen

1

52,18

47,67

4,51

Graues Manteltuch aus der Regiments-Handwerkstätte

64,59

56,95

7,64

Die imprägnirten Stofle zeigen demnach durchweg eine Abnahme der Durchgängigkeit für Luft; doch ist dieselbe verbältnissmässig sehr gering. Sie schwankt zwischen 3 pCt. und 11 pCt. der in der Zeiteinheit hindurch gehenden Luft. Es lässt sich hieraus der Schluss ziehen, dass die Imprägnirung des Mantel-, Waffenrock-, Hosen- und Offizier-Paletottuches mit wasserabhaltenden Stoffen kein wesentliches Hindorniss für die Hautausdünstung des Körpers abgiebt.

Verglichen untereinander, zeigen die Resultate einige Verschiedenheiten. Die grösste Abnahme der Durchgängigkeit wurde gefunden bei den ursprünglich durchgängigsten TuchstoiTen (Soramertuch und Manteltuch aus der Regiments-Handwerkstätte), die geringste beim Manteltuch für Mannschaften sowohl aus Magdeburg, als auch aus dem Montirungsdepot, während die übrigen, durchweg kräftigen Tuchstoffe sich nahezu gleich verhalten. Zur Erklärung dieser Verschiedenheiten ist in Betracht zu ziehen, dass die Stoffe nach erfolgter Imprägnation gewöhnlich mit einem Bügeleisen geglättet oder gerollt werden, um dem Tuch wieder Glanz

Gesihäftsführer derselben, Herrn Breuer in meiner Gegenwart vorher auf ihre richtige Gangart nach dem für die Aiehuiig vorgesehrieheiien Verfahren geprüft. l)ie grösste gefundene Dift'erenz im Gange Itetrug 1 Liter pro 100 Liter Luft oder 1 p('t., war also im Verliältiiiss zu den gebräiiehlicheu (Jastiiessern sehr gering.

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5

(Appretur) zu verleiben. Dadurch wird gleichzeitig auch die Dichtigkeit des Tucbgewebes verändert und zwar bei den lockeren Geweben in stärkerem Masse als bei den dichten.

Sehr auffällig ist der Unterschied in der Durchlässigkeit zwischen dem (nicht imprägnirten) Manteltuch für Mannschaften ans dem Montirnngs- depot und demjenigen aus der Regiments-llandwerkstätte. Auch änsserlich war dieser Unterschied leicht wahrnehmbar; hielt man das Tuch zwischen den Händen ansgespannt vor beide Augen und sah nun nach dem Fenster bin, so erschien das letztere Manteltuch wie mit zahlreichen feinen Nadelstichen besetzt und deutlich durchscheinend, während das erstere vollkommen undurchsichtig war. Offenbar bestehen also wesentliche Unterschiede in der Dichtigkeit der verschiedenen Liefertuebe, selbst einer und derselben Gattung, welche auf die Brauchbarkeit derselben nicht ohne Einfluss sind.

Diese Wahrnehmung veranlasste mich, in einer besonderen Versuchsreihe

2. die Durchgängigkeit sämmtlicber prenssischen Militär- Bekleidungsstoffe für Luft

einer genaueren Prüfung zu uoterzieben. Diese Untersuchung erschien um so wünsebenswerther, als eine derartige Prüfung bisher meines Wissens nicht ausgefübrt worden ist. Die Methode war die oben an- gegebene. Sämmtlicbe Stoffe wurden mir in den erforderlichen kleinen Abschnitten vom hiesigen Montirungsdeput zur Verfügung gestellt. Die Tuebstoffe der Firma F. Falkeuburg wurden hiermit in Vergleich ge- zogen. — Um gleichzeitig den Einfluss der Durchnässung (Kegen) auf die Durchgängigkeit für Luft festzustellen, wurden die Stoffproben zum grösseren Tbeil im trocknen und im nassen /.ustande geprüft. Die Durchnässung wurde in der Weise ausgefübrt, dass die Stoffproben </i 1 Stunde lang auf Wasser gelegt wurden, bis sie untersanken. Kurz vor dem Versuch wurden sie mittels einer Pinzette herausgehobeu und so lange senkrecht schwebend erhalten, bis kein Wasser mehr abtropfle. Bei einigen Tuchproben gelang die Durchtränkung nicht vollständig, wahrscheinlich wegen zu starker Appretur; die Resultate mit diesen Proben blieben daher unberücksichtigt.

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Es gingen durch 1 qm Stoffe in 1 Sekunde hindurch (Liter Luft):

No.

Bezeichnung des Stoffes

Trocken

Nass

Differenz

1

Sommertnch zu Offizier-Paletots

63,5

miss-

laogeo

j: tc o u

2

Oanztuch,

desgleichen

60,5

do.

M U

a

3

Doeskin,

desgleichen

48,4

2,9

45,5

4

Schwarzgraues Manteltuch (Liefertuch)

54,8

14,9

40,1

9

«8

5

Manteltuch für Mannschaften

.54,3

4,6

49,7

0)

u

CQ

6

Waffenrocktuch

58,6

5,3

53,3

9

N

7

Hosentuch

52,2

9,2

43,0

0 CU o;

Q

1

8

Baumwollen-Röper für Unterhosen (festes Gewehe)

53,8

4,8

49,0

bC

9

9

9

Baumwollen-Kalikot für Unterhosen (leichtes Gewebe)

63,1

6,0

57,4

C

C

s

g

10

Segelleinewand, jetzt zu Hosen, früher Fntterleinewand

57,0

20,7

37,3

0>

'O

11

Hemden-Kalikot

29,3

7,3

- 22,0

9

12

Drillich für Mannschaften

34,3

13,7

-20,6

13

Drillich für Offiziere

55,9

«s

o

14

Flanell.

69,7

0>

15

Barchend, zu Fusslappen

68,5

w

*S

Im

16

Wollen-Trikot zu Unterjacken

73,7

c

<

17

Wollener Strumpf, neu

67,2

18

Wollener Strumpf, ult

77,2

^ DIgitized by Go

1

7

Setzt man, nm die Resultate besser vergleichen zu können, die Durchgängigkeit des Flanells 100, so erhält man für die übrigen Stoffe im trockenen Zustande folgende Verhähnisszahlen:

Wollener Strumpf (alt) .... 111,

Wollen-Trikot 105,

Flanell 100,

Barchend 98,

Wollener Strumpf, neu .... 96, Sommertuch zu Offizier-Paletots 91, Kalikot zu Unterhosen .... 91, Ganztucb zu Offizier- Paletots 87, Waffenrocktuch für Mann-

schaften 84,

Segelleinewand 82,

Offizier-Drillich 80,

Manteltuch für Mannschaften

(Magdeburg) 79,

Manteltuch, desgl. (Breslau) . 78,

Baumwollen- Köper zu Unter- hosen 77,

Hosentuch für Mannschaften . 7.5, Doeskin, zu Offizier-Paletots 62, Drillich für Mannschaften . . 49, Hemden-Kalikot 42.

Man sieht hieraus, dass die wollenen Kleiderstoffe der Ausdünstung des Körpers ein weit geringeres Hinderniss entgegensetzen, als die baum- wollenen und leinenen. Die Unterschiede zwischen den Stoffen derselben Kategorie, z. B. den Tuchen und den baumwollenen Stoffen, sind offenbar im Wesentlichen durch die verschiedene Dichtigkeit des Gewebes bedingt. Sehr auffallend in dieser Beziehung ist die geringe Durch- lässigkeit des Soldatenhemdes (42) gegenüber einem Flanellhemde (100), ferner der Unterschied zwischen einem wollenen Strumpf (96 111), einem Fusslappen aus Barchend (98) und einem solchen aus Hemden- leinewand (42), endlich der Unterschied in der Durchlässigkeit zwischen einer wollenen Trikot-Unterhose (105) und einer Köper-Unterhose (77). Bei den Tuchgeweben, welche zur Herstellung der Oberkleidung (Rock, Hose, Mantel) dienen, sind die Unterschiede nicht so bedeutend; bei den Mannscbaftstnchen liegen sie innerhalb der Grenzen von 84 (Waffenrock) und 7.5 (Hose), bei den Offizier-Paletot Stoffen schwanken sie zwischen Sommertucb (91) und Doeskin (62). Ein Sommer-Paletot aus genanntem Stoff würde also in der That ein ziemlich luftiges Kleidungsstück sein, wenn er nicht noch gefüttert wäre ; durch die Fütterung mit einem festen baumwollenen oder andersartigen Gewebe (77 resp. 82) verliert seine Durchlässigkeit für Luft und Wasserdampf (Schweiss) sehr beträchtlich, ja wird minimal. Dieser Einfluss der verschiedenen Dichtigkeit macht sich nicht bloss auf den Gaswechsel der Körperoberfläche (Haut- ansdünstung, Hantathmung), sondern auch auf die Wärmeabgabe der

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8

Haat in empfindlicher Weise geltend. Ich habe schon früher'^) diesen Einflnss in einer Reihe von Versuchen genauer nachgewiesen.

Da die Durchgängigkeit eines Gewebes für Luft (Porosität) abhängig ist von der Anaahl, der Weite und der Länge der Poren bezw. von der Länge des io den Poren zurückzulegeoden Weges, so kommt für die verschiedene Permeabilität der Kleiderstoffe nicht bloss die Dichtigkeit des Gewebes, sondern auch die Dicke der Gewebsschicht in Betracht. Dieselbe lässt sich nur schwer direkt an den Geweben messen. Ich habe daher einen Maassstab dafür zu gewinnen gesucht durch Bestimmung des Gewichts der einzelnen Stoffe. Gleichzeitig hiermit verband ich eine Untersuchung ihrer Aufnahmefähigkeit für Wasser (Absorptions- fähigkeit) bezw. ihrer wasserhaltenden Kraft, indem ich diejenige Wassermenge ermittelte, welche gleich grosse Stücke der Zeuge von be- stimmtem Gewicht nach vollständiger Durchnässung in sich zurück- znhalten vermochten.

Die Grösse der Stücke betrug 40,72 qcm; es waren kreisrunde Stücke, welche mit einem scharfen cylindrischen Instrument von 7,2 cm Durchmesser herausgcscblagen wurden. Sie wurden nach der ersten Wägung auf Wasser von ■+- 12® R. gelegt, bis sie untersanken, alsdann mit einer Pinzette herausgeboben, so lange freischwebend erhalten bis kein Wasser mehr abtropftc, und abermals gewogen. Die Temperatur des Zimmers betrog + 16° R.

Die Resultate sind folgende:

Bezugs- quelle 1

No.

Bezeichnung des Stoffes

Gewicht

Trocken

g

[Gewicht

Nass

g

1

Aufge- nommenes W asser g

1

Manteltuch für Mannschaften (Liefertnch)

1

2,49 !

t

5,43

2,94

0 u

-o g ö q?

2

Doeskin zu Offizier-Paletots

2,43

7,46

5,03

< s

Cbi

a

3

Ganzlucb,

desgleichen

1,565

Nicht vollständig durchnässt

4

Sommertuch,

desgleichen

1,285

1

2,86

1,575

*) Deutsche Mililärärztlichc Zeitschrift, 1885, Heft 7 und 8, und 1886, Heft 9; Abkühlungsversuche,

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9

»

00 9 g 1

No.

Bezeichnung des Stoffes

I

Gewicht

Trocken

g

Gewicht

Nass

g

Aufge-

nommenes

Wasser

g

s

«s

*3

4?

u

ffl

a

**

o

a

«

Q

m

U

a

s

u

’S

a

c

s

5

Mantelluch für Mannschaften

2,36

i

: 5,70

3,34

6

Maiiteltnch,

desgleichen

2,21

4,80

2,59

7

Waffenrocktuch

2,04

7,42

5,38

8

Hosentuch

2,28

6,105

3,83

9

Baumwollen-Köper zu Unterhosen

1,0

2,82

1

1,82

10

Baumwollen-Kalikot,

desgleichen

0,82

2,11

1,29

11

Segelleinewand

1,62

3,16

1,54

12

Hemden-Kalikot

0,74

2,06

1,32

13

Drillich für Mannschaften

1,6

3,78

2,13

£

14

Drillich für Offizier -Röcke

1,21

j 2,32

1,11

15

Barchend zu Fusslappen

1,54

1 7,05

!

5,51

o

«

9

Xi

V

w

*S

fe

•o

o

<

16

Wollen-Trikot zu Unterkleidern

0,97

1

' 3,97

1

3,00

17

Flanell

1,35

I 5,76

4,41

18

Wollener Strumpf, neu

2,12

9,26

7,14

19

W'ollener Strumpf, alt

1,96

8,76

6,80

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10

Ein Ueberblick über die Gewichte der trockenen Stoffe lehrt, dass die obige Voraaseetzang von der Uebereinstimmong des Gewichte mit der Dicke der Zengstoffe im Allgemeinen zutrifft, insofern die dickeren Wollstoffe, insbesondere die Tnche, durchweg ein grösseres Gewicht haben, als die dünneren Banmwollenstoffe. Da dieses Gewicht als ein Ansdruck des in der Flächeneinheit (40,72 qcm) enthaltenen Rohmaterials (Wolle bezw. Baumwolle) gelten kann, so lasse ich mit Rücksicht auf die praktische Benutzung solcher Bestimmnngen für Korps-Bekleidungsämter bei der Kontrole von Lieferungen von Bekleidnngsstoffen eine nochmalige Zusammenstellung dieser Gewichte, geordnet nach den Stoffarten und be- zogen auf eine Flächeneinheit von 1 qm, folgen. Die zweite Zahlenreihe enthält wiederum das Gewicht des Wassers, welches 1 qm Stoff auf- nehmen kann.

a. Feste wollene Gewebe (Tnche) zu Oberkleidern.

enthält

kann anf-

1 qm

Manteltnch für Mannschaften

Wolle

nehmen Wasser

(Magdeburg)

611 g . .

720 g.

Doeskin

596 - . .

. . . . 1235 -

Manteltnch (Depot)

580 - . .

.... 820 -

Hosentnch für Mannschaften

560 - . .

.... 940 -

Manteltnch (andere Qualität)

543 - . .

.... 636 -

Waffenrocktncb

500 - . .

.... 1321 -

Oanztnch für Offiziere ....

384 - . .

. . . . 7

Sommertuch für Offiziere. . .

315 - . .

.... 387 -

Die feineren Tncbgewebe (Waffenrock, Doeskin) haben somit die grösste Aufnahmefähigkeit für Wasser, näcbstdem das Hosentuch.

b. Lockere wollene Gewebe zu Unterkleidern.

enthält

nimmt

1 qm

Wolle

Wasser auf

Wollener Strumpf (nen) .

. 520 g . .

1753 g.

Wollener Strumpf (alt). .

. 481 - . .

. . . . 1670 -

Barcbend zn Fnsslappen .

. 378 - . .

. . . . 1353 -

Flanell

. . 331 - . .

.... 1083 -

Trikot-Unterhemd

. 238 - . .

. . . . 737 -

Bei diesen Stoffen deckt sich

durchweg das

grössere Gewicht mit

der grösseren Absorptionsfähigkeit

für Wasser.

Letztere übertrifft die

Absorptionsfähigkeit der Tuche um

ein Bedeutendes (etwa das Doppelte),

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11

diej«oige der baamwolleneD Gewebe om mehr als das Dreifache. Die sor Fassbekleidnng dieneeden Gewebe dieser Groppe eignen sich dem- nach ▼orsnglich lor Anfsangung des Schweisses, besiUen ausserdem eine grosse Elastisität nnd Weichheit.

c. Banrowollene Gewebe so Unterkleidern.

enthält nimmt

1 qm Baomwolle Wasser aof

Köper so Unterhosen 246 g 447 g,

Kalikot, desgl 201 - 317

Hemden-Kalikot 182 - 324 -

d. Leinene (hänfene) Gewebe so Sommerkleidern.

1 qm

enthält

Hanf

nimmt Wasser auf

Drillich für Mannschaften .

. 405 g . .

. . . . 523 g.

, . 400 - . . ,

. . . . 378 -

Drillich für Offiziere . . . .

. 297 - . . .

, . . . 272 -

Diese Ergebnisse erweisen Ton Nenem die grossen Vorsäge des wollenen Hemdes vor dem leinenen and baomwollenen. Das preossiscbe Soldatenbemd (Kalikot) besitst von allen nntersochten Bekleidongsstoffen die geringste Durchlässigkeit für Luft (42, gegen Flanell 1(X)), seist also der Haotansdönstung des Körpers ein relaUr grosses Hinderniss entgegen. Es vermag bei geringerem Gewicht (182 g pro qm, gegen 331 g Flanell) noch nicht ein Drittheil soviel Schweiss aofzonehmen wie ein Flanell- hemd und steht letzterem an Elastizität und Weichheit bedeutend nach. Dazu kommt, dass Wolle die Wärme viel schlechter leitet als Leinen oder Baumwolle, mithin als Kleidungsstück io den kühleren Jahres- zeiten den Körper wärmer hält als diese, in den wärmeren hingegen trotzdem die Abkühlung des Körpers durch gesteigerte Schweissverdunstong nicht hindert; und endlich dass, wie von Pettenkofer nachgewiesen hat, diese Schweissverdunstong bei stark erhitztem Körper im wollenen Hemd in viel milderem nnd für den Körper gefahrloserem Grade vor sich geht, insofern die Wolle zwar sehr viel mehr Wasser in sich anfnehmen kann als Leinewand, aber das Wasser (Schweiss) langsamer aufnimmt und langsamer wieder (durch Verdunstung) abgiebt, mithin eine all- zu plötzliche Abkühlung des erhitzten Körpers (Erkältung) verhütet

Wollene Hemden, welche die deutsche Marine schon seit Dezennien besitzt nnd wohl niemals wieder mit den leinenen vertauschen wird, sind zwar erheblich tbeurer als die baumwollenen Kalikot- Hemden,

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]2

kHein die Mehrkosten, welche ihre Einführung in die Armee erfordert, werden reichlich anfgewogen durch die alljährlichen Ersparnisse an Lazarethverpflegungs- und Invaliden-Pensionskosten und viel mehr noch durch die Ersparnisse an Gesundheit und Leben von Hunderten von Soldaten.

3. Die Durchgängigkeit wasserdicht gemachter Kleiderstoffe

für W asser.

Die Methode der Untersuchung war eine zweifache.

a. In der ersten Reihe wurden die zu prüfenden Stoffe einem künstlich erzeugten Regen von verschiedener Stärke mehrere Stunden hindurch ansgesetzt und die Zeit beobachtet, nach Ablauf welcher der Regen die Stoffe durchdrang. Es wurde Regen in 3 Stärken angewendet:

1) feiner Sprühregen,

2) gewöhnlicher Landregen, mittelstark,

3) Gewitterregen (Platzregen).

Den Sprühregen erzeugte ich durch einen Zerstänbungsapparat (Spray), wie er für chirurgische Zwecke gebraucht wird. Die beiden anderen Regensorten worden mittelst des Pumpwerks eines Zimmer- Dooebe- Apparates hergestellt, indem das Wasser durch zwei Brausen von entsprechender Lochgrösse hindurch gepresst wurde. Der direkte, senkrechte Auffall des Regens auf die Tuchproben, ähnlich wie bei der Kopfbrause, bewährte sich nicht; er war im Vergleich mit dem natürlichen Regen viel zu stark, einer Traufe gleich. Besser gelang die Nachahmung, wenn das Wasser ans der Brause horizontal im Bogen, ähnlich wie bei der Gartenspritze, über die Tuchstücke geworfen wurde; die Wasser* tropfen fielen auch hier immer noch sehr dicht und massenhaft nieder, stärker als beim Naturregen, ähnelten aber doch dem natürlichen Regen- fall weit mehr.

Die zu prüfenden Tucbstöcke wurden in ca. 2 Meter Entfernung vom Doucheapparat io einer Badewanne über Querstäbe gehängt und von '/, zu '/« Stunde auf Durchnässung geprüft. Stets wurden im- prägnirte und nicht imprägnirte Tnchproben mit einander in Vergleich gezogen. Die Dauer des Regenfalles betrug fast in allen Versuchen 2 Stunden, nur in einem Versuche mit Landregen 2i/, Stunde. Um das Hindnrchdringen des Wassers leichter erkennen zu können, legte ich unter jedes Tuch ein kleineres Stück trockenen, mit .Methylenblau schwach gefärbten Fliesspapiers, welches die hindorchdringende Feuchtigkeit begierig aufsog und durch stärkere Bläuung anzeigte. Abgesehen von einigen Unregelmässigkeiten in der Beregnung die im Centrum des

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13

Rpgengebietes hangendeD Stoffe bekamen gewöhnlich mehr Regen ala die peripheren waren die Resultate doch im Allgemeinen befriedigende. Ich habe sie in nachfolgender Tabelle cnsammengestellt: 0 = nicht dnrchgeregnet.

Bezugs-

quelle

Bezeichnung des Stoffs

Ob

imprägnirt oder nicht

I.

Sprühregen von 2 Std. ! Dauer

II. j

Landregen von 2 bis 2'/. Std.

Dauer

III.

Platzregen von Std. Dauer

Von der Firma F. Falkenbnrg in Magdeburg.

Manteltucb | für Mann- schaften. 1 (Liefertuch.)

Nicht

imprägnirt.

0

Nach 1 1'/. Std. ! durch.

Nach 'A Std. durch.

Imprägnirt.

0

1

0 i

0

Sommertnch für Offizier- 1 Paletots.

1 Nicht imprägnirt.

Einzelne

Wasser-

flecken.

Nach 'A Std. vollständig durch.

Nach 'A Std. durch.

Imprägnirt.

0

Nach 1 Std.

durch.

Nach '/« Std. durch.

Ganztuch

I für Offizier-

1

Paletots.

Nicht

imprägnirt.

0

Nach j

V. Std. ;

durch.

Nach ’A Std. durch.

Imprägnirt.

0

0

Einzelne

Wasserflecken.

j Doeskin, desgl.

1 Nicht imprägnirt.

0

Nach 1 Std. I durch.

1

1 Nach 'A Std. durch.

1

Imprägnirt.

0

0

0

Aus dem Montirungs-Depot. Von mir imprägnirt.

Manteltucb 1 für Mann- schaften.

Nicht

imprägnirt.

0

Nach 1 Std. durch.

Nach 'A Std. durch.

Imprägnirt.

0

0

0

1

1 Manteltucb 1 für Mann- ! schäften.

' (andere Quali- tät, 8. oben.)

1

Nicht

imprägnirt.

0

Nach V4 Std.

durch.

Nach ’A Std. durch.

1

' Imprägnirt.

i

0

0

1 Nach <A Std. durch.

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14

Bezugs-

quelle

Bezeichnung des Stoffes

Ob

imprägnirt oder nicht

I.

Sprühregen von 2 Std. Dauer

n.

1 Landregen 1 von 2 bis 1 2'/, Std.

! Dauer

III.

Platzregen von V> Std. Dauer

Aus dem Montirungs-Depot. Von mir imprägnirt.

Waffenrock-

tuch.

Nicht

imprägnirt.

0

Nach

V. Std.

durch.

Nach '/< Std. durch.

Imprägnirt.

0

1

1 Ö

Beil. Einzelne Wasserflecken. Bei 2. und 3. = 0.

Hoeentuch.

Nicht

imprägnirt.

0

Nach V. Std. durch.

Nach '/> Std. durch.

Imprägnirt.

0

0

0

Dorch diese Ergebnisse ist nberzeagend nachgewiesen, dass es in derThat gelingt, dichtere Tucb ge webe durch Imprägnation mit gewissen Stoffen in solchem Orade „wasserdicht“ so machen, dass sie einen fast unnnterbrochenen, mittelstarken Land- regen von 2‘/tStündiger Däner aashalten, ohne durchnässt zu werden. Diese Eigenschaft zeigten alle von mir antersuchten , gut imprägnirten Tuchstoffe für Mantel, Waffenrock und Hose der Mann- schaften und für Paletots der Offiziere, mit Ausnahme des leichten und auch schon für Luft in höherem Orade durchgängigen Sommertnchs für Offiziere. Anstatt sich für Regentage im Sommer einen besonderen, wasserdicht gemachten „Sommer- Paletot“ anznschaffen, kann ich daher nur empfehlen, sich Mütze, Waffenrock und Hose „wasserdicht“ machen zu lassen. Schon äusserlich war die Wirkung des Imprägnireus nach beendetem Versuch an den Tuchen deutlich zu erkennen, insofern dieselben in der Regel nur an den fest aufliegenden Stellen ober- flächlich durchnässt, dagegen an den herabhängenden Theilen nur dicht mit kleinen Wassertropfen durchsetzt oder bedeckt waren, welche sich grösstentheils wieder abschütteln Hessen.

Feiner Sprühregen blieb auch auf die nicht impräguirten Stoffe, wiederum mit Ausnahme des Sommertuches, wirkungslos. Grober Platz- regen hingegen überwand die wasserabhaltende Kraft der dünneren

*) Es wurden drei nach verschiedenen Methoden imprägnirtc Waffenrooktnehe auf diese Weise geprüft.

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imprägnirten Tuchstoffe (Ganz-Tuch für Offiziere, Waffenrock, leichteres Manteltuch) durchschnittlich noch ■/< stündiger Dauer. Nur die dickeren Tuchgewebe (Doeskin, gutes Manteltuch, Hosentnch) boten auch für gröberen Regen '/> Stunde lang wirksamen Widerstand dar.

Dieses letztere Ergebniss erscheint unserer landläufigen Vorstellung von der durchdringenden Wirkung des natürlichen Gewitter - Regens befremdlich. Zur Erklärung diene folgendes : beim natürlichen Regen fallen die Tropfen ans beträchtlicher Höhe und dementsprechend mit grosser Geschwindigkeit auf die Kleider nieder, haben also eine viel grössere durchschlagende Kraft; der künstliche Regen in meinen Ver- suchen zeichnete sich zwar durch grössere Massenhaftigkeit (Dichtigkeit) ans, jedoch fielen die Tropfen nur aus geringer Höhe (von kaum 1 m) auf die Tuchstücke hernieder. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Versuchen fast durchweg um ganz neue Tuchstücke bandflte, welche an und für sich schon in Folge der Appretur und des Reicbtbums an Wolle, wie man sich leicht durch den Versuch (Besprengen mit Wasser) überzeugen kann, Wasser schwer annebmen. Ein guter neuer Doeskin-Paletot hält daher schon ohne Imprägnation einen mittel- starken Landregen über 1 Stunde lang ab. Gewöhnlich trägt man aber, wenn es regnet, nicht den neuen, sondern einen alten, abgetragenen Paletot.

Diese Erwägungen Hessen es wünschenswerth erscheinen, die Durchgängigkeit der imprägnirten Kleiderstoffe für Wasser noch durch eine andere, unzweideutige Methode zu prüfen.

b. Die Filtrirmethode. Die zu untersuchenden Tuchstücke, 0,3 bis 0,5 m im Quadrat gross, worden locker über grosse cylindrische Einmachegläser mit umgebogenem Rand festgebunden, so dass die Mitte des Tuches, io das Glas hineingestülpt, eine trichterförmige Molde von bestimmter Tiefe bildete, in welche nun vorsichtig Wasser hioein- gegossen wurde. Die Höbe dieser Wassersäule an der tiefsten Stelle betrug 6 bis 8 cm. Es wurde non beobachtet, wie lange die Tochmulde diese Wassersäule zu tragen vermochte, ohne auch nur einen Tropfen Wasser hindnrchzulassen.

Diese ausserordentlich einfache Methode, die von Jedem leicht nacbgemacbt werden kann, ergab sehr zuverlässige und hinsichtlich der Wirksamkeit der imprägnirten Stoffe geradezu überraschende Resultate. Schon beim Eingiessen des Wassers erkennt man deutlich die wasserabbaltende Eigenschaft der imprägnirten Tuchstoffe, indem die einzelnen Wassertropfen wie Quecksilberkogeln über das Tuch hinweg- rollen, ohne es zu beuetzen, und zwischen Tuch und Wasserkegel eine

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16

Luftscbicbt besteben lassen, welche den Grund des Wassers silberbell glänzend erscheinen lässt. Erst nach einiger Zeit gelingt es dem Drucke des Wassers, an den jtiefsten Stellen die Luft zu verdrängen und in die oberflächlichen Schichten des Tuches einzndringen; das Tuch erscheint nun an diesen Stellen schwarz. Bei den nicht imprägnirten Stoffen, wenn sie neu sind und Appretur haben, sieht man anfänglich Aehnlicbes; doch verschwindet hier der Silberspiegel im Wassergrunde viel schneller. Bei den imprägnirten Stoffen ist die Oberfläche des Wassers am Rande deutlich konvex, geradeso wie Quecksilber in einem Glasgefäss, bei den nicht imprägnirten Stoffen verflacht sich der konvexe Meniskus am Rande sehr bald und wird dann konkav, geradeso wie beim Wasser in einem Glase.

Die Resultate der Prüfung habe ich in nachfolgender Uebersicht zu- sammengestellt. Die Höbe der Wassersäule bezeichnet nicht das Maximum des Wasserdruckes, welchen ein imprägnirtes Tucbstück tragen kann, ohne zu durchnässen, sondern nur den im V'ersnch verwendeten Wasserdruck.

Bezugs-

quelle

Bezeichnung des Stoffes

Ob

imprägnirt

Höbe

des

W asser- drnckes cm

Durchgängigkeit des Tuchfilters

Aus der Fabrik von F. Falkenbnrg in Magdeburg. '

Manteltuch für Mannschaften (Liefertueb)

Nicht

imprägnirt

6,0

Nach 20 Min. der erste Tropfen. Nach 1 Std. entleert

Imprägnirt

6,4

Nach 24 Std. noch unverändert

Sommertnch für Offizier- Paletots

Nicht

imprägnirt

6,3

Nach Vt Std. deutliches Abtropfen. Nach b Std. fast entleert*)

Imprägnirt

6,8

Nach 1'/, Std. beginnt Abtropfen. Nach 5 Std. vollständig entleert

Ganztneh,

desgl.

Nicht

imprägnirt

6,3

Nach 20 Min. der erste Tropfen. Nach 2 Std. ganz leer

Imprägnirt

7,2

Nach 24 Std. noch unverändert

Doeskin, desgl.

Nicht

imprägnirt

7,4

Nach 10 Min. der erste Tropfen. Nach 1 '/, Std. entleert

Imprägnirt

8,0

Nach 24 (resp. 36 ) Std. noch unverändert

•) Das Sonimertuch hatte ziemlich starke Appretur. Beim Trocknen des durchnässten Tuches blieb auf der Oberfläche, besonders am Runde des Wassers, eine deutliche Leimkrnste sichtbar.

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17

Bezugs-

quelle

Bezeichnung des Stoffes

Ob

imprägnirt

Höhe

des

Wasser-

druckes

cm

Durchgängigkeit des Tuchfilters

Aus dem HontirongS' Depot. Von mir imprägnirt.

Manteltuch für Mannschaften

Nicht

imprägnirt

6,0

Nach 15 Mio. der erste Tropfen. Nach 1 Std. leer

Imprägnirt

6,0

Nach 24 Std. noch unverändert

Manteltuch für Mannschaften (andere Qualität)

Nicht

imprägnirt

6,2

Nach 10 Min. der erste Tropfen. Nach */4 Std. vollständig entleert

Imprägnirt

6,5

Nach 24 Std. noch unverändert

Waffenrocktnch für Mannschaften

Nicht

imprägnirt

7,0

1

Nach 20 Min. der erste Tropfen. Nach 2 Std. entleert

Imprägnirt

7,0

Nach 24 Std. noch unverändert

Hosentuch für Mannschaften

Nicht

imprägnirt

7,3

Nach 15 Min der erste Tropfen. Nach l>/i Std. leer

Imprägnirt

7,8

Nach 24 Std. noch unverändert

Im Allgemeinen entsprechen also diese Resultate denjenigen der Regen Versuche. Mit Ausnahme des dünnen Sommertnches haben sämmtliche imprägnirten Tachstoffe den Druck einer Wassersäule von 6,0 8,0cm Höhe 24Stunden lang getragen, ohne einen Tropfen Wassers hindurcbzulassen.

Die Beweiskraft dieser Versuche gewinnt dadurch noch an Be- dentnng, dass in ihnen das Tuchgewebe durch den Druck des Wasser- kegels eine erhöhte Spannung und Dehnung erleidet, welche dem Hin- durcbdringen von Wasser durch die Poren erfahrungsgemäss günstig ist Nach Analogie dieser Versuche kann man also einen wasserdicht gemachten Mantel im Felde oder Manöver ganz gut als Wasserbecken zum Waschen benutzen. Ja, es kann eine mit wasserdicht gemachten Hosen bekleidete Kompagnie, wofern die Schuhe wasserdicht und die

2

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Hosen ober den Knöcheln zngescbnürt sind, in voller kriegsmässiger Aasrüstnng bis über die Kniee durch einen Bach hindarchwaten, ohne nasse Fasse za bekommen.

Die Versache lehren aber auch weiterhin, dass nur die dichteren Tachgewebe sich zur Imprägnirang mit wasserabhaltenden Stoffen eignen, dass hingegen hei dünneren and leichteren Stoffen (Sommertuchen) das Verfahren sich als unwirksam oder doch nicht ausreichend wirksam erweist. Von Zivilkleider- stoffen würden daher nur die Winter- Paletotstoffe und die dichteren Tnche (Buckskins) zum Wasserdichtmachen geeignet sein, die meisten Sommerstoffe hingegen nicht

Welche Vorzüge eine wasserdichte und gleichzeitig die Hant- ausdünstungen des Körpers nicht hindernde Oberkleidung für die Gesundheitspflege des Soldaten besitzt, bedarf keiner weiteren Begründung. Nächst der Annehmlichkeit, welche das Trockenerhalten des eigenen Körpers bei andauerndem Aufenthalt im Regen oder in feuchter Luft für unser Hantgcfühl hat, ist namentlich hoch anzuschlagen die Ver- meidung der nicht geringen Zahl derjenigen alljährlichen Krankheits- fKlle in unserer Armee, welche als die Folge von Durchnässnngen des Körpers auf Märschen, bei Felddienstübungen, beim Exerzieren, im Biwak u. s. w. anzuseben sind und so häufig zu danernden Störungen der Gesundheit bezw. zur Invalidität führen. Es gehören dahin viele Fälle von akutem und chronischem Gelenkrheumatismus (mit Ilerz- affektionen), von chronischem Muskelrbenmatismus, von Entzündungen der Nieren, von Entzündungen des Brustfells und der Athmungsorgane, von Blasenkatarrh u. A.

Aber noch in einer anderen Beziehung verdienen wasserdicht gemachte Kleidungsstücke vor der gewöhnlichen Kleidung den Vorzug. Nicht imprägnirte Kleider sind nicht bloss durchlässig für Regen, sondern sie saugen sich gleichzeitig mit Wasser voll und werden dadurch fast undurchlässig für Luft, wie ich bereits im Abschnitt 2 für die einzelnen Stoffe genauer nachgewiesen habe. Sie hindern in diesem Zustande die Hautausdünstung des Körpers in mehr oder minder beträchtlichem Grade, ähnlich wie ein impermeabler Gummianzug, und üben damit eine hemmende Wirkung auf die sezernirende Thätigkeit der Sebweissdrüsen aus, was erfahrungsgemäss von nachtheiligen Folgen für die Gesundheit, insbesondere für die Thätigkeit der Nieren, begleitet ist Bekanntlich spielt in der Aetiologie der chronischen Nierenentzündungen (Morbus Brightii) die andauernde Behinderung der Wasseraussebeidnng durch die

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Bt>suf^0quello

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Haut, X. B. beim Äafenthalt in einer mit Feuchtigkeit gesättigten Lnft, io feuchten Wohnungen, in feuchtem Klima (Holland), eine wichtige, ja wohl die wichtigste Rolle.

Um festcnstellen, in welchem Grade die Imprägnirnng mit wasser- abbaltenden Stoffen die Kleidung vor Durchnässung und Impermeabilität schützt, habe ich die Wasseraufnahmefähigkeit der imprägnirten Stoffe in einer besonderen Versuchsreihe genauer untersucht 4. Die Aufsaugungsfähigkeit wasserdicht gemachter Kleider- stoffe für Wasser und ihre Durchgängigkeit für Loft im

nassen Zustande.

Zum Zwecke der Aufsaugung von Wasser wurden die Tocbstücke, wie schon früher bei den ähnlichen Versuchen des Abschnitts 2, auf eine Wasserfläche von Zimmertemperatur geworfen und hier 1 l'/t Stunden liegen gelassen. Hatten sie sich vollgesogen, so sanken sie unter, and zwar um so früher, je schneller die Vollsaugung erfolgte^ War die Anfsaagang aber eine unvollständige, und blieb noch eine hinreichende Menge Lnft in den Poren des Tuches zurück, so blieben sie schwimmen oder sanken nur theilweise unter. Das letztere Verhalten zeigten sämmtliche imprägnirten Tnchstoffe, ausser ihnen aber einige der nicht imprägnirten Tuche, z. B. Sommertuch uud Ganztuch aus Magdeburg, letztere wohl in Folge stärkerer Appretur, welche, wie ich bereits im vorigen Abschnitt erwähnte, bei ganz neuen Tuchen die W'asseranfnahme erschwert. Ich konnte daher Stoffe der letzteren Art zur Bestimmung der Aufsaugungsfähigkeit für Wasser nicht verwerthen. Im Uebrigen waren die Methoden die früher beschriebenen.

a. Anfsaugung von Wasser. (Temp. -I- 13® R.)

40,72 qcm Tuch. Gewicht in Grammen.

Bezeichnung des Stoffes.

Manteltuch für Mannschaften

Sommertnch für Offizier-Paletots

Ganztuch für Offizier- Paletots

Doeskin

Nicht imprägnirt

00 ^ 8

2 = p

Imprägnirt

® S I merkungen.

<C I 8 E ^

^ < => v: \ ^ c>

2,57 I 3,70 1,13

1,285, ? ? 1,29 2,51 i 1 22

1,16.') ? I ? 1,63 2,89 ; 1,26

2,43 7,46 I 5,03 2,505 3,66 i 1,15

Die nicht iin- prl^irten Pro- ben fiogen sich nicht voll, blie- ben «cbHim-

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20

Bezugsquelle

Bezeichnung des Stoffes.

Nicht imprägnirt

Imprägnirt

Be-

merknngen.

a

V

o

o

u

H

Ä

CR

s s «

's B i

c

Trocken

Nass

•fs S

Vom Montirungs- Depot, von mir imprägnirt

Graues Manteltuch für Mannschaften

2,36

5,70

3,34

2,51

*4,16

1,65

Manteltnch anderer Qualität

2,21

4,80

2,59

2,42

4,34

1,92

Sehr weHporiees Tot'b, nahm her, selbitt im- prttipiirt. relativ viel Wasser auf.

Waffenrocktuch, Tmprägn. a.

2,04

7,42

5,38

2,12

3,315

1,20

Waffenrocktuch, Imprägn. b.

2,04

7,42

5,38

2,11

3,21

1,10

Hosentuch

2,28

6,105

3,83

2,51

3,61

1,10

Die Menge des von den imprägnirten Stoffen anfgenommenen Wassers ist, wie man sieht, eine auffallend gleicbmässige, während sie bei den nicht imprägnirten Stoffen ziemlich erheblich Tariirt. Man kann darans schliessen, dass das Wasser yon den imprägnirten Stoffen nicht aufge- sogen ist, sondern nur ihrer Oberfläche anhaftet, was auch durch den Augenschein bestätigt wird. Da stets beide Flächen des Tuches benetzt wurden, so ist diese Wassermenge ungefähr doppelt so gross als diejenige, welche beim Regen den Kleidern anhaften würde. Ungeachtet dessen ist doch die von den nicht imprägnirten Tuchstoffen aufgenommene Wassermenge um das 2- bis 4</ifsche grösser.

b. Durchgängigkeit der nassen Stoffe für Lnft.

Es gingen durch 1 qm Stoff . . . Liter Luft in 1 Sekunde

(2} m

«C—

5 §

Bezeichnung des Stoffes

Nicht imprägnirt

Imprägnirt

C

tL

Mauteituch für Mannschaften

14,9

39,8

O S

x> a ü

Sommertuch für Offiziere

? (s. oben)

49,1

M tt

Ganztuch für Offiziere

? desgl.

36,6

Doeskin für Offiziere

2,9

38,0

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21

1

S 0) M s

Bezeichnung des Stoffes

Nicht imprägnirt

Imprägnirt

Montirungs - Depot.

Manteltuch für Mannschaften

4,6

47,0

Waffenrocktuch, Impr. a.

5,3

46,8

Waffenrocktncb, Impr. b.

5,3

34,3

Hosentnch für Mannschaften

9,2

49,3

Darcb diese Ergebnisse wird also die obige Voraossetzang vollkommea bestätigt. Während Darchnässnng die Permeabilität der nicht imprägnirten Stoffe für Luft auf ein Minimum berabdrückt, wird bei den imprägnirten Stoffen durch Benetzung die Durch- gängigkeit zwar deutlich vermindert, aber doch in keiner den Or- ganismus schädigenden d. b. die Hautausdünstungen wesentlich hemmenden Weise beeinträchtigt.

5. Die Theorie der Wirkung des Imprägnirens.

Mikroskopische Beobachtungen des Verhaltens der imprägnirten Stoffe gegen Wasser führten mich bald zur Erklärung der Wirkungsweise des Verfahrens.

Ohne Wasser ist das imprägnirte Gewebe von dem nicht imprägnirten mikroskopisch nicht zu unterscheiden. Setzt man Wasser hinzu, so sieht man massenhaft Luftblasen, oft von beträchtlicher Grösse, im Gewebe eiogeschlossen und dem Druck des Wassers bezw. des Deckgläschens wider- stehen. Lässt man von einer Seite her Wasser gegen das Gewebe an- dringen, so sieht man, wie es am Rande des Tuches halt macht, in einzelne Zwischenräume und Lücken Fortsätze bineinschiebt, aber fast niemals das Gewebe bezw. die Fasern selbst berührt. Isolirt man die Gewebs- fasern durch Zerzupfen des Tuches und lässt nun Wasser einwirken, so erhält man ein zierliches mikroskopisches Bild : alle Fasern erscheinen in glänzende Perlenscbnüre nmgewandelt, durchzogen von schwarzen Fäden, Zahlreiche Luftbläscben verschiedener Grösse umgeben dicht gedrängt die einzelne schwarze Faser und haften so fest an derselben, dass weder der Strom des hindurcbgesogenen Wassers, noch die durch den Druck

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des Deckglases hervorgerufenen Bewegungen sie abzulösen vermögen. Ganz anders das nicht imprägnirte Tuch. Hier dringt das Wasser, namentlich unter Anwendung mechanischer Einwirkungen, ziemlich leicht in das Gewebe ein; die einzelnen Fasern benetzen sich mit dem Wasser und halten keine Luftblasen zurück.

Die Deutung dieser Beobachtungen ist sofort klar. Durch die Im- prägnation haben die Wollfasern ihre mechanischen Affinitätsverhältnisse zum Wasser und zur Luft geändert. Die Adhäsion der Wollfaser zum Wasser ist vermindert und zwar in solchem Grade, dass die an und für sich geringe Kohäsion der W'assertheilcben untereinander durch sie nicht überwunden wird. Es ist vielmehr andererseits die Adhäsion der Wollfaser zur Luft stärker geworden, so dass weder die Gegenwart des Wassers an und für sich, noch auch die gleichzeitige Anwendung mechanischen Druckes genügt, die Luft von der Oberfläche der Faser zu verdrängen. Nach dem Ergcbiiiss der Filtrirversuche des Abschnitts 3 reicht selbst der Druck einer Wassersäule von 8 cm bei dichtem Tuch- gewebe noch nicht hin, diesen Widerstand zu überwinden.

Die Affinitätsverhältnisse zwischen dem Tuch und dem Wasser sind somit ähnliche geworden, wie zwischen Glas und Quecksilber, wie zwischen einer fettigen Substanz und Wasser oder, noch zutreffender, wie zwischen den Federn einer Ente und dem Wasser, auf welchem sie schwimmt. Eine Ente wird bekanntlich niemals nass im Wasser, ebenso wenig wie alle anderen Wasservögel. Taucht die Ente unter das Wasser, so laufen beim Wiederanfrichten die Wassertropfen schnell vom Gefieder ab, wie Quecksilber von einer Glasplatte und wie Wasser von einer Fettflächc. Und doch ist weder das Gefieder der Ente, noch die Faser des imprägnirten Tuches fettig. Taucht man ein Stück imprSgnirten Tuches in Wasser ein, so erscheint die Oberfläche des Wassers am Rande des Tuches eingezogen und konvex abgerundet, wie wenn man Glas in Quecksilber cintaucht; zieht man das Tuchstück wieder heraus, so ist es kaum benetzt vom Wasser, und die wenigen anbängenden Wasser- tropfen lassen sich leicht abscbütteln. Beim nicht imprägnirten Tuch sieht man, wenn es neu ist (Appretur), anfangs Aehnliches, doch geht der konvexe Rand des Wassers allmälig in einen horizontalen und schliesslich konkaven Meniskus über. Der Silberspiegel am Bodeu des Wassers bei den Filtrirversuchen (Abschnitt 3) beruht ebenfalls auf der Anwesenheit einer Schicht Luft, welche von der Oberfläche des Tuches zäh fest- gehalten wird.

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Durch diese Eigenschaft der imprägnirten Wollfaser wird es nun auch Tollkommen verständlich, warum das Wasser in einem solchen Tncbgewebe nicht anfsteigen kann, oder, wie wir gewöhnlich sagen, von einem solchen Tuche nicht anfgesogen wird. Denken wir uns die Poren eines Tnchgewebes als glatte, geradverlaufende Kapillnr- röbrchen, so verhält sich das Wasser in diesen Röhrchen genau so, wie Quecksilber in einem Glasrohr, d. h. es bildet eine konvexe Oberfläche, welche keine Tendern hat in die Höhe zu steigen, da die Kohäsion des Wassers grösser ist als die Adhäsion desselben zur Wand bezw. zur im- prägnirten Faser. Ist das Röhrchen von Glas, so bildet das Wasser be- kanntlich einen konkaven Meniskus; die Adhäsion des Wassers an die Glaswand ist stärker als die Kohäsion ; durch kontinuirliches Zusammen- fliessen der erhobenen Randschicbten steigt das Wasser in die Höhe (Kapillarität). Auf diesem Vorgänge beruht bekanntlich die Erscheinung des Anfsaugens von Wasser durch einen Schwamm, durch gewöhnliches Tnchgewebe und andere poröse Körper.

In einem imprägnirten Tuche haben also die Poren in Folge ver- minderter oder aufgehobener Adhäsion zwischen Wollfaser und Wasser die Eigenschaft der Kapillarität verloren. Dem Hineindringen des Wassers wird ausserdem noch dadurch ein Widerstand entgegengesetzt, dass die Poren nicht glatt und gerade verlaufend sind, sondern rauh, sehr ungleich weit und mannigfach verschlungen, so dass die Bewegung des Wassers in ihnen gehemmt wird durch Reibung. Dieser Umstand erklärt es, dass dicht gewebte und sehr dicke Tuche die stärkste wasser- abbaltende Kraft durch die Imprägnirung erlangen, während umgekehrt bei weitporigen, locker gewebten und dünnen Tucbstoffen die wasser- abhaltende Wirkung der Imprägnation nur eine geringe ist.

6. Die Methoden der Imprägnation.

Die bisherigen Methoden der Imprägnation sind rein empirisch gefunden und stammen von der Färberei her. Das Wesen derselben besteht darin, dass man auf den Fasern des Gewebes festhaftende Niederschläge erzeugt von Stoffen, welche in Wasser un- löslich sind und eine geringe Affinität (Adhäsion) zum Wasser haben. Zn dem Zweck wird das Gewebe mit der Auflösung eber in Wasser löslichen Substanz behandelt, aus welcher Lösung als- dann entweder durch die Flächenwirkung der Gespinnstfasern beim Trocknen oder durch Hinzufügung einer zweiten Substanz der fragliche unlösliche Körper als festhaftender Niederschlag auf der Faser sich abscheidet

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Unter den mannigfacben löslichen, snr Brsengong nnlöslicber Niederschläge geeigneten Sabstanien haben die stärkste mechanische Affinität znm organischen Oewebe die sauren Salze der Thonerde (Alaun, essigsanre Thonerde nnd phosphorsaure Thonerde), welche auch als , Beizen* in der Färberei zur Erzeugung festhaftender (d. i. wasch- echter) Farbenniederschläge die ausgedehnteste Anwendung finden. In einem mit einer heissen Alaunlösnng getränkten (gebeizten) Oewebe z. B. haftet das Thonerdesalz so fest, dass es selbst durch wiederholtes Spulen in Wasser nicht gelingt, die letzten Spuren von Alaun ans dem- selben zu entfernen. Die Niederschläge aus diesen Salzen werden auf zweifache Weise erzeugt.

Bei Anwendung von Alaun als Beize lässt man nachher eine Seifenlösnng einwirkeo. Es bildet sich auf der Faser ein weisser oder grauer Niederschlag yon Thonerdeseife (stearinsanrem und palmitinsaurem Alumininmoxyd), welcher in Wasser vollständig un- löslich ist und sehr fest haftet. Die Reduktion der essigsanren Thon erde zu unlöslichen Verbindungen dagegen wird, ohne fremde Zusätze, ganz allein durch die Kontaktwirkung der Oewebsfasern beim Verdunsten bewirkt Das saure Tbonerdesalz wird dabei durch Ab- spaltung von Essigsäure, welche in die Luft entweicht, in eine basische und in Wasser unlösliche essigsanre Tbonerde verwandelt, welche zu- gleich die Adhitsion der Oewebsfaser zum Wasser vermindert, ohne ihre Elastizität und Festigkeit zu beeinträchtigen. Dieses Verfahren ist zum Wasserdichtmachen gegenwärtig das gebräuchlichste und bei den farbigen Tuchen ausschliesslich angewendete. Lässt man diese Reduktion beim Trocknen in der Wärme (über 30° R.) vor sich gehen, so erfolgt die Umwandlung nicht in der angegebenen Weise, sondern es wird die essigsanre Tbonerde vollständig zerlegt in Aceton, Kohlensäure nnd Tbonerde (Alnminiumoxyd), welche letztere als staubiges Pulver im Gewebe zurückbleibt.

(C, H, Al 0, + 3 (C, H, 0) -1- 3 C 0,.

(Essigsanre Thonerde) (Aceton).

Dieselbe Zerlegung findet bekanntlich bei der trockenen Destillation essigsaurer Salze statt. Höhere Wärmegrade sind daher bei der Im- pragiiirnng zum Zwecke des Wasserdichtmachens zu vermeiden.

Die hier dargelegten Grundzüge bilden das Wesentliche bei allen bisher angewendeten und weiter unten beschriebenen Methoden. Die

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Abweichnngen, welche einzelne Fabrikanten darin zur Anwendung bringen nnd gewöhnlich als gFabrikgeheimniaa“ betrachten, sind, soweit oir bekannt, anwesentlich nnd berühren das Prinzip der Methode nicht.

a. Die Imprägnation wollener Gewebe (Tuche).

K. Aeltere Methode. Die Stoffe werden zuerst in einer 2 prozentigen Alaun - lösung bis zum Sieden erhitzt, dann ausgerungen nnd noch 10 15 Minuten lang in einer gleichfalls heissen, klaren Auflösung von weisser Natronseife 2 3 **/o gelassen. Alsdann werden sie heransgenommen , in Wasser gespölt, ausgerungen and znm Trocknen aufgehängt. Nach dem Trocknen rollt oder bügelt man sie wieder glatt

Für Kleidertnche ist dies Verfahren nicht zu empfehlen. Waffenrocktucb und Manteltuch, welches ich auf diese Weise imprägnirte, wurde grau durch die ein- gelagerten feinen Niederschläge (Thonerdeseife) und war fettig (seifig) anzufühlen. Aber dieses Tuch hielt vorzüglich Wasser abl Ich möchte das Verfahren daher znm Wasserdichtmachen von Pferdedecken empfehlen.

ß. Modifikation dieses Verfahrens. Man bestreicht das Gewebe auf der Rückseite (!) mit der nachfolgenden heissen Lösung mittels einer Bürste und lässt (s trocknen. Alsdann bürstet man das Gewebe gegen den Strich und glättet es wieder mit einer in reines Wasser getauchten Bürste, um ihm den Glanz zu nehmen. Die Lösung ist folgende ; 15 g Hausenblase in 1 1 Wasser, 30 g Alaun in II Wasser und 30 g Seife in l/zl Wasser; jede Lösung wird für sich bereitet, klar filtrirt und dann mit den übrigen gemischt. Das Gemisch wird znm Sieden erhitzt nnd heiss aufgetragen.

Das Verfahren ist nicht brauchbar. Schon beim Sieden des Gemisches wird da grösste Theil des Alauns und der Seife zersetzt. Der Niederschlag bildet sich also nicht erst auf der Faser und haftet in Folge dessen auf derselben nur sehr lose. Das stark trübe Gemisch erstarrt beim Trocknen zu einer grauen Kruste, welche erst durch Zerreiben locker gemacht werden muss und gleichzeitig die Durch- lässigkeit des Gewebes für Luft beinträchtigt.

Y- Die Imprägnation mit reiner Lösung von essigsaurer Thonerde. Man dnrchtränkt das Tuchgewebe mit einer heissen Lösung von essigsaurer Thonerde 1 **/(), entweder indem man es t/s Stunde lang in einer solchen Lösung kocht, oder indem man eine kochende Lösung auf das Tuch bis zur vollständigen Ourchtränkung aufträgt. Das erstere Verfahren ist wirksamer und empfiehlt sich für noch nicht verarbeitete Militärtuche. Das letztere Verfahren ist nur bei bereits fertigen Kleidungstücken anznwenden. Man breitet im letzteren Falle die Kleidungsstücke auf einen Tisch ans; während der Eine die heisse Lösung mittels einer weichen Bürste oder noch besser mit einer feinlöcherigen Giesskanne gleich- mässig auf dem Tuche rertheilt , sucht der Andere durch beständiges Klopfen der benäsiten Stellen mit den flachen Händen die Flüssigkeit in das Innere des Gewebes hineinzupressen. Dies muss so oft wiederholt werden, als bis das Gewebe in seiner ganzen Dicke mit der Lösung durchtränkt ist, wozu nach meiner Er- fahrung eine etwa dreimalige Berieselung derselben Fläche erforderlich isL Als- dann hängt man die durchnässten Stücke in gut ventilirten Räumen zum Trocknen auf. Das Trocknen muss so lange dauern, bis das Tuch nicht mehr sauer (nach

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entweichender hissigeäure) riecht. Krst wenn keine Essigeüure mehr entweiclit und das Tuch genichlos ist, ist der Redoktionsprozess als beendet anzuseheii. Nach dem Trocknen muss das Tuch gerollt oder mit einem Bügeleisen geglättet werden, um ihm wieder Ansehen zu geben.

Dieses Verfahren eignet sich für alle farbigen Militär- und Civil- Tuchstoffe, da es die Farbe, die Festigkeit und Elastizität des Gewebes nicht merklich verändert und hinsichtlich der wasserabhaltenden Kraft dem Bedürfnisse unseres Klimas im Allgemeinen genügt.

Die Lösung darf nicht lange vorrälhig gehalten werden, da sich das Salz schon spontan unter dem Einfluss der Ziiunierwärme langsam zersetzt. Am besten wird die Lösung jedesmal frisch bereitet und zwar auf folgende Weise: Man löst getrennt 20 g krystallisirten Alaun auf 1 I Wasser und 26 g Bleizuckcr auf 1 I Wasser, mischt beide Lösungen, lässt den unter Umschüttcln sich bilden- den weissen Niederschlag von schwefelsaurem Blei sich absetzen und liltiirt die darüber stehende Lösung. Das Filtrat ist eine ziemlich reine, annähernd 1 prozentige Lösung von essigsaurer Thonerde.*)

In grösseren Städten bekommt man eine konzentrirte Lösung von essigsaurer Thonerde von ca. 8<’/o (Liquor Aluminis aeetici) vorräthig zu kaufen, man hat dann nur nölhig, diese Lösung mit der 6 7 fachen Menge Regen-, Fluss- oder destillirten Wassers zu verdünnen.

(I. Als sehr zweckmässig habe ich es gefunden, die zuvor mit essigsaurer Thon- erde imprägiiirten Gewebe nachher noch mit einer dünnen Leimlösung zu tränken, als welche sich am besten eine Auflösung von guter, glashellcr Gelatine 1:400 Wasser eignet, weniger eine klare Hausenblasenlösung 1:600. Die Lösung wird gleichfalls heiss auf das Tuch aufgetragen, jedoch nur ober- flächlich, so dass letzteres nur damit benetzt ist. Das Tuch wird dann wieder zum Trocknen aufgehängt und zum Schluss gerollt oder gebügelt. Es bekommt danach einen schönen Glanz, wie neues Tuch mit guter Appretur, und hält vorzüglich W'asser ab. Sehr lockeres, durchsichtiges Manteltuch, welches nach Imprägnation mit essigsaurer Thunerde allein noch Wasser bei ä,ä cm Druck leicht hindurchlies.s, hielt nach nachträglicher Durchtränkung mit Gclatine- lösung eine Wassersäule von 6,0 cm volle 24 Stunden ab (vergl. die Tabellen des Abschnitts 3).

Noch zahlreiche andere Imprägnatiunsmittel habe ich versucht (Alaun, A. mit Kalk Wasser, A. mit Soda, Thonerdenatron, Aluminiumoxydhydrat, phosphorsaure Thonerdc u. A.). Keins von ihnen hat sich bewährt. Die Imprägnation mit essig- saurer Thonerde (mit oder ohne Gelatine) ist für alle wollenen Gewebe die wirk- samste und zugleich einfachste, auch relativ billig.

•) Anmerkung: Obige Gewichtsverhältnisse habe ich aus den Atomgewichten

Ka)

beider Salze berechnet. Alann = Al l Os -4- 24 nq., I Mol. wiegt 921, . 3 K.

4 SOi )

Bleizucker = (Cs Hs f>z)z Pb 3 aq., 1 Mol. wiegt 40ö K. Zur Bildung von

AI 1

essigsaurer Thonerde ~ (Cj O)« ) erforderlich 3 Moleküle Blei-

zucker und 1 Moleküi Alaun = 1215 Th. Bleizucker -f- 9‘-l Th. Alaun, oder 1,3 + 1,0.

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Ich habe Dachfolgend den Preis berechnet, welchen die Impräg- nation der Mannschafts - Mäntel eines Bataillons (600 Mann) kosten würde:

Zur Imprägnation eines Mantels sind erforderlich 5 1 Lösung von essigsaurer Thonerde 1%, mithin pro Bataillon 3(XX) 1, enthaltend 30 kg essigsaurer Thonerde. Zur Bereitung dieser letzteren sind er- forderlich 30 kg Alaun und 39 kg Bleizucker (Bleiacetat); diese kosten (gegenwärtig) 30 x 0,30 Mk. 39 X 0,60 Mk. = 9 + 23,4 = 32,4 Mark. Dazu kommen pro Mantel 2 1 Oelatinelösung ’/« Vo, pro Bataillon 1200 1 = 3,0 kg Gelatine = 9,90 Mark. In Summa 42,30 Mark. Truppen in grösseren Städten würden am besten tbun, sich die Lösung von essigsaurer Thonerde 1 ”ja fertig von der Apotheke oder einer chemischen Fabrik liefern zu lassen. Truppen, welche über eine Wasch- küche verfügen, würden am einfachsten und wirksamsten die Mäntel, nach Ablösung der Knöpfe, direkt in die Kessel mit siedender Lösung eintancben und etwa 10 Minuten darin kochen lassen. Das Trocknen geschieht am besten auf einem luftigen Bodenraum. Nach dem Trocknen müssen die Mäntel gerollt oder besser gebügelt werden.

Bei allgemeiner Einführung wasserdichter Kleidungsstücke in die Armee würde es sich empfehlen, das Tuch noch vor der Verarbeitung, am besten im Korps-Bekleidungsamt, welches hierzu mit entsprechenden Einrichtungen zu versehen wäre, imprägniren zu lassen. Nicht bloss der Mantel, sondern auch die Mütze, der Waffenrock und die Hose des Soldaten würden, am ihn vor Durchnässnng zu schützen, wasserdicht zu machen sein. Nur für Reithosen ist das Verfahren erfabrnngsgemäss nicht ausreichend; die Kniee werden in Folge der Spannung der Hose ziemlich leicht durchnässt. Reiter bedürfen daher znm Schatze der Kniee bei stärkerem oder anhaltendem Regen des Mantels.

b. Die Imprägnation grobleinener und hänfener Gewebe.

Um Zelt- and Segelleine wand, Wagendecken, Scboberpläne n. dergl. Stoffe wasserdicht zu machen, bedient man sich ähnlicher Methoden, welche jedoch weniger Rücksicht auf Farbe und Aussehen nehmen. Da es sich auch hier in der Regel um sehr dicht gewebte, relativ derbe Stoffe handelt , welche für Luft nicht durchgängiger sind als Mantel- oder Waffenrocktnch (s. die Tabelle im Abschnitt 2), so gelingt ihre Impräg- nirnng auch leicht und vollständig. Die Fabrikanten machen ausgedehnten Gebrauch davon. Fast auf jeder gewerblichen und landwirthscbaftlichen Ausstellung sieht man Stoffe dieser Art ausgestellt.

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a. Aeltere Methode. Man tränkt das Gewebe mit einer heissen Alaun- ISsung 5^/o (Beize) und trägt dann mittels Pinsels eine Aiiflüsnng von Kolopho- ninmseife and weisser Kernseife ää 1:30 Wasser anf. (1Tb. Kolopboniom wird mit 1 Th. kryst. Soda in 10 Th. Wasser gekocht, die sich bildende Seife mit Vs Theil Kochsalz abgeschieden.) Alsdann spült man den Stoff in Wasser aus, trocknet nnd rollt ihn.

Das Verfahren ist für grobe Stoffe (Schoberpläne u. A.) sehr brauchbar. Der Stoff fühlt sich aber fettig (seifig) an.

Es giebt mehrere Variationen dieser Methode. Anstatt Alaun wird als Beize auch Kupfervitriol, chromsaures Kali, Eisenoxydsalze gebraucht.

Die Imprägnation mit essigsaurer Thonerde 2^/o allein (genan wie oben) findet gegenwärtig vielfach Anwendung, namentlich bei Zelt- nnd Segelleinewand, bei Jagdanzügen daraus, bei Leinenstoffen zu häuslichen und ge- werblichen Zwecken. Vielleicht bewährt sich auch hier die nachträgliche Imbibition mit GelatinelSsung 1 : 400.

y. Beizung mit heisser Alaunlüsung 2Vo, 13 Minuten lang; darnach Spülen in Wasser. Darauf Eintauchen in eine heisse Auflösung von Katron- seife 3Vo, 13 Minuten lang. Alsdann wieder Spülen in reinem Wasser; Trocknen; Rollen.

Diese Methode ist nach meinen Versuchen weitaus die beste dieser Gattung. So behandelte Segelleinewand ist in Farbe, Konsistenz und Aussehen von gewöhnlicher, nicht imprägnirter Leinewand nicht zu unterscheiden, bei sorgfältiger Spülung frei von fettigem Gefühl, und dabei vorzüglich wasserdicht. Ich kann diese Methode zum Wasserdicbtmachen von Offizier- und Mannschafiszelten, von Windschirmen, von Brotbeuteln, von Küchen- und Arbeitsanzügen, von Jagd- und Feuerwehr-Anzügen, vou Schober-Plänen and dergl. nur warm empfehlen.

Die DrillicbkleiduDgsBtncke des Soldaten (Rock, Jacke, Hose) wasser- dicht za maclien, ist nicht rathsam, wiewohl die Imprägnation der neuen Drillichsachen, im Hinblick anf ihre relativ geringe Durch- lässigkeit für Luft, sicherlich sehr wirksam sein würde. Aber diese Wirksamkeit würde mit jeder Seifenwäsche erheblich abnehmen.

Von praktischer Wichtigkeit ist es, zu wissen, wie lange ein nach obiger Methode wasserdicht gemachtes Militärtnch seine Wirksamkeit behält.

Eine bestimmte Antwort auf diese Frage lässt sich zur Zeit noch nicht geben. Auf Grund der Analogie mit den echt gefärbten Tuchen lässt sich annehmen, dass ein imprägnirter Waffenrock die auf seinen Fasern im Entstebungsmomente niedergeschlagene, wasserabhaltende Substanz ungefähr eben so lange festhalten wird, wie den durch analogen Vorgang niedergeschlagenen Farbstoff, z. B. Indigo. Nach den Mittheilungen von Offizieren, welche sich im Besitze von imprägnirten Paletots befinden, hat sich die Wasserdichtigkeit mehrere Jahre hindurch vollkommen erhalten. Ich selbst besitze einen solchen Paletot, welcher im Sommer 1878

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mit essigsaorer Tbonerde impräguirt worden ist; ich habe ihn bis 1882 nnr wenig nnd von 1883 ab in jedem Manöver getragen. Diesen Paletot bängte ich am 24. Mai v, Js. anf dem platten Dache eines niedrigen Hauses während eines nnunterbrochenen, meist feinen Landregens aasgebreitet über die Pässe eines umgekehrten Lehnstuhls. Nach diesem iständigen Regen war das Unterfutter und die Innenfläche des Tuches in dem 8Jabre alten Paletot noch ganz trocken. An der äussern Fläche waren die oberflächlichen Schichten des Tuches durchnässt, an den abhängigen Theilen sogar bis zu erheblicher Tiefe. Nirgends aber war das Wasser nach innen hindurch gedrungen.

Wir stehen hier offenbar erst am Anfänge der Erkenntniss. Nach- dem nun aber das Wesen der Wirksamkeit des Wasserdichtmacbens von Kleiderstoffen erschlossen worden ist, dürfen wir hoffen, dass die rastlos tbätige chemische Technologie uns in nicht zu ferner Zeit Stoffe und Methoden kennen lehren wird, welche die bisherigen an Wirksamkeit noch übertreffen. Als das Ideal aller dieser Bestrebungen möchte ich bezeichnen, die äussere Kleidung des Menschen in demselben Grade wasserabhaltend zu machen, wie es das Gefieder der Ente ist

Zwei Fälle von Gelenkmaas des Kniegelenkes.

Mitgetheilt von

Stabsarzt Dr. Pfahl in Zabem i. EU.

Als ich im November 1883 den ersten der beiden Krankheitsfälle, über welche ich an dieser Stelle berichten will, beobachtete, bot derselbe für mich deshalb ein besonderes Interesse, weil ich bis dahin noch niemals Gelegenheit gehabt hatte, eine Gelenkmaas anders als aus Büchern nnd pathologisch -anatomischen Sammlungen kennen zu lernen. Vor wenigen Monaten kam mir in meiner kleinen Garnison die zweite Erkrankung dieser Art zu Gesicht, und ich musste unwillkürlich an die „Duplizität der Fälle“ denken; in meiner bisherigen Meinung von der relativen Selten- heit dieser Vorkommnisse wurde ich jedoch stutzig, ich sah mich daher in der Litteratur um, fand indessen meine Annahme durch eine Bemerkung Billroth's,'*^) dass die Gelenkkörper „überhaupt änsserst selten, vielleicht

*} Billrotb, Allgeni. Chirurg. Pathologie u. Therapie, III. Auflage, Seite 55b.

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die eelteoste Gelenkkrankbeit“ seien, bestätigt. Dieser Umstand sowie namentlich der äusserst günstige Heilnngsverlanf nach der operativen Entfcrnnng der Gelenkkörper veranlassen mich zur Veröffentlichnng meiner beiden Beobachtungen.

In der vorantiseptischen Zeit, wo man die Eröffnung der grösseren Gelenke als einen gefährlichen, oft zu Vereiterung des Gelenkes, ja selbst zu Pyämie nnd anderen tUdtlichen Wundkrankheiten führenden Eingriff scheute, haben sich die Militärärzte mit Recht nur bei zwingender Nothwendigkeit zur Eröffnung des Kniegelenkes verstanden. Aber auch heutzutage sind es noch oft genug Gründe äusserer Natur, welche in der militärärztlicben Praxis von nicht strikte gebotenen opera* tiven Eingriffen abhalten. Werden jedoch dem Patienten die Vortheile, welche er von einer Operation zu erwarten hat, genügend klar gemacht, so wird er sich um so eher dazu entschliessen, als ja jetzt fast stets die Versicherung hinzugefügt werden kann, dass eine Lebensgefahr mit der Operation nicht verbunden. Auf diese Weise werden gewiss in Zu- kunft manche Leute dem Dienst erhalten bleiben, die früher als unbrauch- bar entlassen und denen auch meist Invalidenbenefizien zugebilligt werden mussten. Meine beiden Kranken waren mit der Operation nicht nur einverstanden, trotzdem sie Versorgungsanspräche hätten geltend machen können, sondern sie wünschten auf die Versicherung, dass die Beseitigung ihres Uebels gefahrlos sei, dringend dieselbe.

1) Der Jäger M. ging am 3. Februar 1885 zum ersten Male dem Lazareth zu; er diente im 2. Jahre. Früher war er angeblich stets gesund gewesen, namentlich batte er nie an Schmerzen im rechten Knie gelitten. Am 1. 2. war er beim Springen über das Schnnrspranggestell binge- scfalagen nnd hatte gleich darauf Schmerzen am rechten Knie verspürt, besonders nach aussen von der Kniescheibe. Der Umfang des rechten Kniegelenks betrug 1’/, cm mehr wie links, die Kniescheibe war abge- hoben. Schmerzhaftigkeit bei Druck massig, heftig beim Versuch das Knie zu beugen an dessen äusserer Seite. Nach 4 Tagen waren unter Anwendung von Kälte und Druckverbänden die Schmerzen und nach weiteren 8 Tagen auch die Anschwellung geschwunden. Patient wurde am 7. 3. anscheinend völlig geheilt entlassen. Am 24. 4. wurde er zum zweiten Male in das Lazareth aufgenommen; 2 Tage vorher waren nach Ausführung des Ilocbsprnngs Schmerzen im rechten Knie aufgetreten^ die sich bei dem darauf folgenden Exerzieren noch gesteigert hatten. Das Kniegelenk war von Neuem angeschwollen nnd besonders beim Dnrchdröcken klagte M. über Schmerzen in der Tiefe des Gelenks.

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Nach wcDigen Tagen hatten sich diese Erscheinnngen wieder verloren, der Kranke wurde jedoch noch längere Zeit, bis som 25. 5., im Lazareth behalten. Er that dann wieder allen Dienst, ohne am Knie irgend etwas zu verspüren. Am 21. 11. stolperte er in dem mit Steinplatten beleg- ten Flur der Kaserne über einen Koblenkasten, wobei er mit dem rechten Knie auf den Boden schlag. Sofort stellten sich Schmerzen ein und bei der Lasaretbanfnahme am 22. 11. betrag der Umfang des Gelenks 2 cm mehr wie der des linken. Vier Tage später, wo das Knie um 1 cm abge- scbwollen war, fühlte ich an der äusseren Seite desselben einen beweg- lichen harten Körper, der sich nach allen Richtungen bin verschieben Hess, sowohl unter die Kniescheibe wie auch auf deren innere Seite. M. glaubte, dass er schon seit einigen Monaten eine der Grösse dieses Körpers entsprechende Anschwellnng, die jetzt verschwunden, an der äusseren Seite des Gelenks, etwa in der Höhe des unteren Randes der Kniescheibe gefühlt, die dort festgesessen und ihm niemals Unbequemlichkeiten ver- ursacht habe. Die Beschwerden, welche der Gelenkkörper machte, waren die für dieses Leiden charakteristischen ; fast Null bei ruhiger Lage, ein Gefühl von Spannung beim Geben und gelegentlich Auftreten von heftigerem Schmerz bei Einklemmung des Körpers zwischen den Knochen des Gelenks.

Am 19. 12. wurde die Gelenkmaus entfernt. Die Eröffnung des Gelenks erfolgte selbstredend unter peinlicher Beobachtung der Antiseptik ohne Chloroform und zwar an dessen äusserer Seite; ich folgte dabei den genauen Anweisungen von Koenig'**'). Nachdem die Haut etwas nach der Kniescheibe hin verzogen war, wurde auf dem Condylus ext. eine von oben nach unten verlaufende 4 cm lange Inzision über der gut fixirten Gelenkmaus durch die Haut und eine etwas kleinere durch die Kapsel gemacht. Die Blutung war unbedeutend. Der Gelenkkörper wurde durch leichten Druck entfernt, die Wundränder durch 3 tiefgreifende, auch die Kapsel wunde scbliessende Seiden- und 3 oberflächliche Katgut- fäden genau vereinigt. Darüber Karbolspiritusjute-Verband. Die Gelenk- maus stellte sich als ein etwas unregelmässig geformter, knorpelbarter, fast 2>/> cm langer, 1,6 cm breiter 0,7 cm dicker Körper dar, dessen eine Fläche glänzend weiss und spiegelglatt, während die andere etwas rauh war. Der Verband blieb 6 Tage liegen, da weder Fieber noch Schmerzen aufiraten. Alsdann wurden die Nähte entfernt, die Wunde war völlig geheilt. Das Gelenk zeigte jedoch eine geringe Schwellung, die sich in-

*) Koenig, Sperielle Chirurgie, 111. Band, Seite 477, 3. Auflage.

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dessen nach wenigen Tagen völlig verlor. Am 14. 1. 1886 verliess Pa- tient das Bett und am 23. 1. das Lasareth. Er hat später nie mehr über Beschwerden am Knie su klagen gehabt nnd ist im vorigen Herbst sur Reserve entlassen worden.

2) Der am 1. 1. d. J. ins Lazareth aufgenommene Jäger W. hatte am 30. 12. 86 beim Ausfuhren der Wendung „links um* im Marscbiren einen heftigen Schmerz im linken Knie verspürt, welcher sich am folgen- den Tage so steigerte, dass W. sich krank melden musste. Er gab zu- nächst an, dass er noch nie krank gewesen, insbesondere, dass er nie am linken Knie gelitten; erst durch eingehenderes Befragen liess sich feststellen, dass er vor 8 Jahren einmal auf das Knie gefallen, und dass dasselbe danach etwa 14 Tage lang angeschwollen nnd schmerzhaft ge- wesen sei. Bei der Lazaretbanfnahme war das Oelenk bei Druck nnd bei Bewegungen schmerzhaft, besonders an seiner inneren Seite, die An- schwellung eine mässige. Die Schmerzhaftigkeit verlor sich rasch, lang- samer die Schwellung; ein Gefühl von Steifigkeit nnd Spannung bestand noch, als ich am 30. 1. bei einer gelegentlichen Betastung an der inneren Seite des Gelenks einen barten Körper fühlte, der sich nach allen Rich- tungen hin nnd her bewegen nnd sich unter die Kniescheibe verschieben liess. Niemals jedoch wurde derselbe an der äusseren Seite der Knie- scheibe bemerkt, auch gelang es nie, denselben durch Druck hier zum Vorschein zu bringen; wohl aber war derselbe öfter Tage lang in der Tiefe des Gelenks verschwunden nnd erschien erst wieder, wenn Patient umherging. Die Beschwerden waren ähnliche wie in dem vorhin ge- schilderten Falle. Die Entfernung wurde am 2. 3. durch Eröffnung der Gelenkkapsel auf dem Condylns int. vorgenommen. Der Haut- schnitt batte eine LÄnge von 4 cm, die Kapselwnnde wurde etwas mehr als halb so gross angelegt; eine spritzende Arterie musste unterbunden werden. Es gelang leicht, den Körper mit der Pinzette zu extrahiren Die Kapselwunde wurde durch 5 Katgutfäden, darüber die Hautwunde durch 6 Seidenfäden exakt geschlossen. Mit einem antiseptischen Ver- bände versehen, wurde das Knie in der Drahthose festgestellt. Der Ge- lenkkörper erwies sich von ovaler, etwas unregelmässiger Gestalt, 2,8 cm lang, 1,9 breit nnd 0,7 cm dick. An dem einen Ende befand sich ein 6 mm langes, schmales knorpeliges Anhängsel. Die eine Fläche desselben erschien glatt, die andere mehr rauh. Die Heilung war eine völlig ungestörte. Nach 6 Tagen entfernte ich den Verband und die Seiden- fäden; bei Lösung der obersten Naht entleerten sich ein paar kleine Blutgerinnsel nnd wenig blutig - wässrige Flüssigkeit; der übrige Theil

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der Wände war geheilt, das Gelenk weder empfindlich, noch im Gering- sten angeschwollen. Der zweite Verband blieb 8 Tage liegen. Ende des Monats war Patient ansser Bett, alle Bewegungen des Gelenks waren vollkommen frei, die Narbe beweglich. W. ist inzwischen ans dem La* zareth entlassen und thnt wieder allen Dienst.

Nachtrag zu Seite 278—283. 1887.

Nachdem meine Bemerkungen im Heft 7 dieser Zeitschrift zu gewissen, die Typhnsverbreitnng betreffenden Deduktionen ans den Kriegs- erfahrungen der Jahre 1870 und 1871 Herrn Geheimen Rath von Pettenkofer zu einer Entgegnung in einem Hefte seines Archivs für Hygiene (Bd. VII, S. 80, 81) Anlass gegeben haben, sind mir seitens der verebrlichen Redaktion znr Reproduktion dieser Einwurfe und zugleich zu wenigen sachlichen Worten der Vertheidignng einige Zeilen zur Disposition gestellt.

1) Den von mir dem Generalberichte über die Sanitätsverwaltung im Königreiche Bayern entnommenen Zahlen über die höbe Typhns- sterblicbkeit in der Zivilbevölkerung Bayerns während des Jahres 1871 wird entgegengehalten, dass hierbei die Zahl der in ihre Heimath evaknirten, an Typhus verstorbenen bayerischen Militär-Personen mit- eingerechnet sei, dass sogar die vom Typhus stark heimgesuchten Kriegsgefangenen jene Zahlen beeinflnsst hätten.

Wie die beamteten bayerischen Zivilärzte, auf deren Mittheilnngen der angezogene Generalbericht fasst, dazu gekommen sein sollen, bei ihren Zablenangaben aktive Soldaten und Kriegsgefangene einzurechnen, ist schwer begreiflich. Kranke Militärpersonen gehören in die Armee- rapporte, auch wenn sie in heimathlichen Lazarethen an Typhus sterben, und gar französische Kriegsgefangene zur Zivilbevölkerung eines deutschen Staates zu rechnen, ist mindestens ungewöhnlich. Die bayerischen Medizinalbeamten hätten sich, wenn der mir gemachte Einwand znträfe, durch Mitanfhahme solcher Todten in ihre Sterblichkeitsstatistik und in die Prozentberechnnngen ohne ausdrückliche Bemerkung einer argen statistischen Sünde schuldig gemacht. Die Vertheidignng gegen solchen Vorwurf muss ich den Veranstaltern des bayerischen Generalberichts überlassen, deren Verfasser leider nicht mehr unter den Lebenden weilt;

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meioeraeite bemerke ich Dar, dass eine derartige Vertheidignng aas dem sonstigen Inhalte der Oeneralbericbte keine grosse Schwierigkeiten bieten durfte.

2) Mein Hinweis darauf, dass bei der grossen Dürftigkeit statistischer Angaben für die ZiTÜbevölkernng Deutschlands aus dem Jahre 1871 lokale Tjphusepidemien , welche durch Einschleppung des Typhnskeims seitens kranker Soldaten bedingt waren, nicht zur allgemeinen Eenntniss der Aerzte gekommen seien, soll entkräftet werden durch die Ent- gegnung, dass selbst in der Türkei solche Epidemien nicht unbemerkt blieben.

Bei aller Hochachtung vor der Autorität, die Solches behauptet, wird der kundige Leser doch sein leises Bedenken hegen, ob nicht der derzeitige Stand der türkischen Medizinalstatistik etwas zu hoch taxirt ist.

3) Nach Anführung zweier deutschen Städte, München und Hamburg, in denen nach 1871 zeitweise eine höhere Typhussterblichkeit als im Kriegsjahre herrschte welche Möglichkeit ich gewiss nie in Zweifel gezogen habe , benutzt Herr Geh. Rath von Pettenkofer mein Citat von Martins über den Grundwasserstand in München dazu, um meine Anschauungen über Grandwasserverhältnisse zu tadeln.

Abgesehen von diesen Anschauungen, über die ich Belehrungen von so maassgebender Seite gern entgegennebme, muss ich allerdings zugestehen, dass dies Citat nnnöthig war, denn das Interesse an den Grandwasserschwankungen bei jeder Verbreitung des Abdominaltyphus ist in ärztlichen Kreisen erheblich gesunken, seitdem Wernich nnd namentlich Pistor (in ihren Generalberichten über das öffentliche Gesundheitswesen Berlins pro 1881 1885) unzweideutig bewiesen haben, dass in Berlin schon seit vielen Jahren eine Abhängigkeit der Typhns- verbreitung oder der Typhussterblichkeit vom jeweiligen Grundwasser- stande keineswegs zutrifft Dennoch halte ich im Hinblick auf solche Publikationen, wie z. B. die im Archiv für Hygiene (Bd. VI, S. 257 302) mitgetheilte Studie (in welcher die bezüglichen Berliner Verhältnisse im Gegensatz zu Pistor’s etc. Berechnungen benutzt werden), einen gelegent- lichen Hinweis auf statistische Ergebnisse wie die von Wern ich und Pistor nicht für überflüssig. Sicherlich aber hätte ich das Citat von Martins in meinem Referate fortgelassen, wenn ich geahnt hätte, dass ich damit an gewichtiger Stelle so argen Anstoss erregen würde.

Berlin, Mitte August 1887. Dr. Rahts,

Königl. Prenssischer Stabsarzt.

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Referate nad Kritiken.

Alfred Ooldscheider: Eine nene Methode der Temperatur* sinnpröfang. Westphal’s Archiv Bd. XVIII. Heft S. Mit vier lithographirten Tafeln.

Die von dem Verfaaaer ermittelte Exiatenz getrennter Sinneaapparate io der Haut aowie die von ihm featgeatellten Thataachen bezüglich der Erregbarkeit nnd Topographie deraelben aind von anaachlaggebender Bedeotnng für die Benrtbeilnog pathologiacher Verbältniaae nnd machen ea znm Erforderniaa, nnaere Präfnngametboden auf dem Gebiete der Senaibilität im Sinne der von dem Antor ermittelten Geaetze, aoweit aie denaelben nicht achon Rechnung tragen, umzugeatalten.

In der vorliegenden Abhandlnng batVerf. nun aelbat eine auf aeinen Beobachtungen baairende nene Methode der Temperatnrainnprnfung entworfen, die auf dem Prinzip beruht, die abaolnte Temprratnr- empfindlichkeit für Kälte und Wärme der in Frage kommenden Tcrraina der Hantoberfläcbe durch Vergleich mit der Empfindnngagröaae normaler Hantpartien von bekannter Empfindungawertbigkeit zn beatimmen. £a werden alao die lokalenDifferenzeninderAnlagedeaTemperatur- ainnaznrRichtacbnnr der Prüfung genommen. Zn dieaem Bebufe aind anf der Hantoberfläcbe einzelne Felder gegeneinanderjabgegrenzt, die nach der Wertbigkeit der daselbst waltenden Temperatnrempfindlictikeit mit Ziffern (Stnfen) von 1 8 für den Wärme-, von 1 12 für den Kälteainn bezeichnet aind. Die Berechtigung für diese Art der Bestimmnng ist gegeben durch die Tbatsacbe, dass diese topographischen Abstufungen eine genügende Konstanz bei den verschiedenen Menachen zeigen.

Nach den Ausführnngen des Verfassers bestehen nun die diagnosti- schen Merkmale der Herabsetzung der Empfindlichkeit (Hyperästhesie) darin, dass einmal die Stnfen der betroffenen Region eine Verschiebung gegenüber den normalen äquivalenten Stellen anderer Regionen erkennen lassen und dass andererseits die innerhalb des Terrains selbst sonst vorhandenen Abstufungen mehr oder weniger verwischt werden. Die Schwierigkeiten, welche der Methode anbaften, werden von dem Autor selbst genügend gewürdigt nnd die Tragweite derselben erörtert. Er hebt besonders hervor die Ermüdung der Hautstellen durch wiederholte Reizung sowie die durch Abkühlung bedingte Abnahme der Sensibilität, die ganz entsprechende Zustände des Temperatursions bervorrufen kann, wie sie durch pathologische Verhältnisse bedingt werden. Am Schlüsse weist G. auf die dem Kliniker wohl genügend bekannte Tbatsacbe hin, dass die Störungen des Temperatursinns nicht bloss als „rara avis** Vor- kommen, sondern als ein integrirender Bestandtheil der Veränderungen der Hautsensibilität erscheinen.

In einem Referate können nur die Prinzipien der Methode gekenn- zeichnet werden ; wer sich genauer unterrichten will, ist auf die Original- arbeit mit den beigegebenen Tafeln zu verweisen; dass die Methode auf einem grossen Fortschritte in der Erkenntniss physiologischer Thatsachen beruht, ist zweifellos; ob sie aber in ihrem jetzigen Ausbau auf dem Gebiete der klinischen Untersuchung zur Herrschaft gelangen wird, lässt sich noch nicht übersehen.

Oppenheim.

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Jahr esbericht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikroorganismen, amfassend Bakterien, Pilze and Protozoen. Von Dr. Baumgarten, Professor an der Universität Königsberg. Zweiter Jahrgang 1^6. Braunschweig, Harald Brahn, Verlagsbachhandlang für Naturwissenschaft und Medizin.

B. hat im zweiten Jahrgang seines Jahresberichts nicht nur das dem ersten Bande allseitig entgegengebrachte Wohlwollen voll und ganz gerechtfertigt, sondern die von dem Werke gehegten Erwartungen sogar noch übertroffen. Schon der Umfang des Bandes 458 gegen 192 Seiten im vorigen Jahre spricht deutlich genug für die Reich* haltigkeit desselben. Hierzu kommt, dass der Verf. sich fast durchweg an die Originale selbst halten konnte und dass er die von der Kritik hervorgehobenen Mängel der ersten Jabreszusammenstellung nach Kräften beseitigt bat.

Der Plan der Arbeit und die Anordnung des überreichen Stoffs sind dieselben geblieben, wie im ersten Bande. Auch die im vorigen Jahre bereits an dieser Stelle rühmend hervorgehobenen kritischen Bemerkungen und Zusätze des Verf. finden wir erfreulicherweise, und zwar in erheblich vermehrter Zahl und derselben Sacbgemässheit, wieder, wie früher. Wir möchten dieselben als einen geradezu integrirenden Bestandtheil auch in künftigen Jahrgängen nicht vermissen.

Neu hinzugekommen ist der Abschnitt „allgemeine Mikrobienlebre“, welcher die Referate über Arbeiten allgemeineren Inhalts, deren Unter- bringung in anderen Kapiteln auf Schwierigkeiten stiess, umfasst.

Den Schluss bildet die „allgemeine Methodik, Desinfektionslehre und Technisches“ (Mittbeilungen über neue Apparate, neue Kultur- methoden, Photographie von Bakterien, Desinfektion n. s. w.).

Ausser den betreffenden Leistungen des Jahres 1886 haben noch einige unberücksichtigt gebliebene Erzeugnisse des Vorjahrs, sowie vor Allem auch ein Tbeil der wichtigeren Arbeiten des Jahres 1887 in der diesmaligen Zusammenstellung Aufnahme gefunden.

Einer besonderen nochmaligen Empfehlung des Werkes bedarf es nach Alledem nicht Schliesslich möchte Kef. nicht unterlassen, den Vorf. bezüglich der Färbbarkeit der Tuberkelbazillen (S. 195) mit ein- fachen verdünnten wässrigen oder alkoholischen Farbstoff- lösungen (Fuchsin, Methylviolet) auf die bezüglichen Mittbeilungen in dieser Zeitschrift, Jahrgang 1884, Heft 3, sowie 1886, Heft 1, aufmerksam zu machen.

Pfuhl (Trier),

„Ueber Mikroorganismen im Konjunktivalsack“. Von A. Engen Fick, Privatdozent in Zürich. Verlag von J. F. Bergmann, Wies- baden 1887.

F. stellt sich die Aufgabe, diejenigen Augenkrankheiten kurz zu besprechen, deren Aetiologie spezifischen Mikroorganismen zugescbrieben wird und zwar beschränkt er sich auf die Krankheiten der Konjunktiva, Cornea, Thränenwege und der Lider, worüber er eigene Untersuchungen angestellt hat.

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Im ersten Theil bespricht er die bexöglichen mykotischen Krank- heiten nach der gegenwärtigen Litteratnr. Für die Blennorrhoea scheint der Gonococcns Neisser nach den Untersnchnngen von Bockhardt and Bnmm erwiesen. Für das Trachom ist die Frage noch nicht abschliessend beantwortet Der von Knschbert und Neisser als Xerosebazillns angesprocbene Mikroorganismus scheint nach Anderer Untersnchnng nicht spezifisch zu sein, Für Tuberkulose und Lupus conjunctivae ist durch den von verschiedenen Seiten erbrachten Befund des Tuberkulose-Bazillus dieser als Erzeuger zu betrachten. Bei der Conjunctivitis acuta sind verschiedene Spaltpilze beschuldigt, doch ist über den ursächlichen Zusammenhang derselben und der betreffenden Krankheit noch nichts ermittelt. Die mykotische Natur der Conjuncti- vitis crouposa und Conjunctivitis diphtheritica wird allgemein als selbstverständlich betrachtet, doch ist bei der gewaltigen Schwierigkeit der Untersuchung gerade dieser Krankheit eine Uebereinstimmnng über die wichtigsten Fragen noch nicht erzielt. Zunächst bat die allgemeine Pathologie erst das Verständniss der Diphtherie überhaupt völlig zu erscbliessen. Die Frage nach den Erregern der ekzematösen Conjuncti- vitis bleibt, trotz der Arbeiten von Oifford, der mit seinen Rein- kulturen beim Kaninchenange keine Phlyctaenen erzeugen konnte, eine offene. Ueber den spezifischen Mikroorganismus des ulcus corneae serpens herrscht trotz vielfacher Untersuchungen noch keine bestimmte Klarheit. Sicher ist nur, dass es erzeugt wird durch Einimpfung septischer Substanzen und durch bestimmte Bakterienarten (z. B. durch die Spielarten des Staphylococcus pyogenes) und auch durch Schimmel- pilze. — Ueber Betbeiligung von Mikroorganismen bei Erkrankungen der Tbränenwege und Lider haben die bisherigen Untersuchungen auch Doch kein allgemein zu acceptirendes Resultat ergeben.

Im nächsten Abschnitt Kommt Verfasser zu seinen eigenen Unter- suchungen.

Er stellt sich zunächst die Aufgabe, die Bakterien kennen zu lernen, die im normalen Konjunktivalsack als „harmlose Schmarotzer“ weilen und die auf verschiedene Weise dahin gelangen können (durch die Aussenlnft, Waschwasser, Taschentuch, Finger etc., auch aus der Nasen- höhle durch die Tbränenwege). Das Material zu diesen Untersuchungen stellten die Pfründner des Juliusspitals zu Würzburg, wo auch am Institut des Professor Michel diese Arbeiten vorgenommen wurden. Untersucht wurden 85 Bindehäute bei 57 Personen, darunter waren nur 6 ohne Mikroorganismen -Befund. Es wurden zunächst in bekannter Weise von dem Konjnnktivalsekret Deckgläschen-Trocken prÜparate an- gefertigt und mit Metbylviolet gefärbt, sodann wurden Plattenkultnren angelegt, zu denen drei verschiedene Nährböden verwandt wurden:

1) Fleischdekokt-Pepton-Agar,

2) Fleischdekokt-Pepton-Gelatine,

3) Blutserum-Agar.

Näcbstdem wurde noch das Gedeihen der gefundenen Mikroorganismen auf gekochten Kartoffeln untersucht und Impfungen von Reinkulturen in die Kaninchen-Cornea gemacht

Untersuchungs-Resultate:

F. fand sechs Bazillus -Arten , von denen zwei pathogen waren, vier Kokken-Arten mit einer pathogenen (Staphylococcus pyogenes aureus). Bei fünf anderen Mikroben-Arten war die Herkunft aus dem Konjunk-

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ti valsack nicht einwandsfrei, so dass sie nicht weiter verfolgt worden. Sieben der anfgesäblten Bakterien>Arten sind von gesunden und pathologischen Konjunktiven gezüchtet, also höchst wahrscheinlich Schmarotzer ohne spezifische Wirkung.

Bei der Xerosis conjunctivae berichtet Verfasser, nach kritischer Beleuchtung der bislang darüber erschienenen Arbeiten, über einen Fall von Hemeralopie, den er bei einem fünQührigen Knaben zu untersuchen Gelegenheit hatte. Hiernach neigt er Bezold's Auffassung (1874) zu, dass unter mannigfachen Umständen (schlechte Ernährung, entkräftende Krankheiten) ein harmloser und häufiger Schmarotzer der Bindehaut sich auf der Conjunctiva bulbi des Lidspaltes so stark vermehrt, dass er mit blossem Auge erkennbare weiss- graue, fettig glänzende Schüppchen bildet, ohne sonstige Störungen irgendwelcher Art zu verursachen.

In Bezug auf die Details der Untersuchungsergebnisse muss auf das Original verwiesen werden.

Schliesslich erwähnt F. der von ihm gemachten Beobachtung, dass die Menge der Bakterien eines Sekretes mit der Bösartigkeit der resp. Erkrankung sehr häufig im umgekehrten Verhältniss steht.

Zur leichteren Orientirnng theilt F. die Mikroorganismen des Konjunktivalsackes folgendermaassen ein:

1) in solche, die, auf gesunde unversehrte Konjunktivs gebracht, sich vermehren und eine spezifische Erkrankung herbeiführen (Oonococcns und Trachomcoccus),

2) in solche, die im Bindehautsack, nur unter besonderen Umständen, etwa bei Epitbeldefekten , sich einznnisten vermögen und dann gleichfalls eine spezifische Erkrankung erzeugen (Bazillus tuberculosis),

3) in solche, die auf gesunder sowohl, als pathologischer Konjunk- tivs zwar wachsen, trotzdem aber keine pathologischen Prozesse auslösen („Loftstäbcben“; Neisser's Xerose-Bazillos),

4) in solche, die sich im Bindehautsack nicht vermehren können und früher oder später durch den Thränenstrom fortgeschwemmt werden.

Um den Ring der vorstehenden Untersuchungen zu schliessen, hätte noch erübrigt, bei den als pathogen befundenen Organismen durch pathologisch-anatomische Untersuchungen der infizirten Corneae nacb- zuweisen, dass auch nur der infizirende Spaltpilz darin vorhanden war, resp. ihn wieder aus dem Erkrankungsherd ids Reinkultur zu züchten.

Steinberg.

„Die Laryngitis haemorrbagica“ von Dr. P. Strübing, Privat- dozent in Greifswald. (Verl. v. Bergmann, Wiesbaden 1886.)

Strübing versteht unter Laryngitis baemorrhagica einen mit Scbleimbaotblntnngen einhergehenden Katarrh des Larynx. Die Berech- tigung, dieser Krankbeitsform eine Sonderstellung in dem breiten Rahmen der Laryngitis acuta zu geben, etwa analog dem Krankheitsbilde des Pseudocroup, sieht er In dem Umstande, dass die Schleimhaotblntungen bei ihr in oder auf der unverletzten nicht nlcerirten Schleimhaut auftreten. Conseqnenterweise scbliesst er die Fälle, in welchen aus einem Ulcus bei gleichzeitiger Laryngitis Blutungen erfolgen, aus, ebenso die Fälle von sogenannter Laryngitis sicca, bei denen es in Folge von Borken-

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bildang za EoDtianitätstreDDaDgen der Schleimbant kommt, und die Fille, in denen ohne bestehenden KsUrrh die Blntnngen darch eine plötzliche gewaltsame Anstrengnng der Stimme entstehen.

An der Hand einer eigenen Beobachtung and von fünf in der Litteratnr genaaer beschriebenen and mehrerer kürzer erwähnten Fälle bespricht Ströbing zunächst die Symptome der Krankheit, Nachdem eine aknte oder eine exacerbirende chronische Laryngitis einige 2ieit bestanden, treten Haemorrhagien hinzn. Dieselben werden meist durch forcirte Exspirationsbewegungen bervorgerafen , können jedoch anch bei fast völliger Robe des Kranken entstehen. Die Blutungen erfolgen ent- weder anf die Oberfläche der Schleimhaut, das häufigere Vorkommniss, oder in das submncöse Gewebe resp. die Schleimbant. Die Grösse der Blutung ist nicht abhängig von der Intensität des Katarrhs. Je nach der durch Schwellung des Gewebes plus Blutung bedingten Stenosirnng kommt es zu dyspnoischen Zuständen. Gefahrdrohend werden diese meist während der Nacht. Die Blutgerinnsel haften fest in den Falten und Unebenheiten der geschwollenen Schleimhaut. Einmalige Blutungen können relativ bedentende Mengen, bis zn einem Tassenkopf, Blut liefern. Die Expektoration dieses flüssigen nicht mit Luft gemiscbteu Blutes geschieht leicht. Ueber die Quelle der Blutung giebt die laryngoskopische Untersuchung Aufschluss. Die Blutung erfolgt per Rbexis. Die selteneren Blutungen in die Schleimhaut oder das submucöse Gewebe sind bei geringer Grösse der Schwellung und der Blutung bedeutungslos. Bei stärkerer Blutung und Schwellung kann es zu blutigem Larynxödem kommen, wie in zwei kurz angeführten Fällen die Autopsie bestätigte.

Hinsichtlich der Aetiologie der Krankheit hält Ströbing wenigstens für die schwereren Fälle die von den anderen Autoren gegebene Erklärung, dass die Blutungen hervorgemfen werden durch die Steigerung des Blut- drucks in den Oefässen während der forcirten Exspiration beim Hasten, nicht für ausreichend. Man müsse eine Alteration der Gefässwandnng annebmen, die vorübergehend oder dauernd vorhanden sein könne und in letzterem Falle es erklärlich mache, dass eine recidivirende Laryngitis wieder als hämorrhagische auftrete.

Für die Behandlung verwirft Ströbing im Prinzip jeden Eingriff, der eine, wenn anch nur geringe, mechanische Reizung der Schleimhaut setze, ohne leugnen zu wollen, dass vorsichtige Pinselungen mit Arg. nitr. von kunstgeübter Hand nicht anch zum Ziel führen Könnten. Er empfiehlt häufig zu wiederholende Inhalationen tbeils lösender, theils adstrinnrender Mittel. Dabei Aufenthalt in gleichmSssig temperirter Luft, Vermeidnng lauten Sprechens, bei heftigem Hasten Narkotika, und Ableitungen anf den Darm.

Eventuell in schweren Fällen Tracheotomie.

Landgraf.

Untersuchungen und Vorschriften über die Desinfektion der Hände des Arztes von Professor P. Fürbringer, Direktor am Berliner Krankenbaase Friedricbshain. Wiesbaden, Bergmann, 1888. 55 Seiten.

Verf. ist auf Grund eingehender bakterioskopiscber Versuche zu Resultaten gelangt, welche die über den gleichen Gegenstand pnblizirten Erfahrungen Kümmell’s (C. Bl. f. Chir. 1886 No. 17 und D. med.

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Wochenachr. 1886 No. 32) in werthToller Weise ergänzen. Er bat in dem Alkohol dasjenige Glied in der Reihe der Reinigungsmittel festgestellt, welches hervorragend geeignet ist, die für eine wirkliche Desinfektion der Hände (bezw. des zu operirenden Theiles) unbedingt erforderliche Adhäsion zwischen Epidermis und antiseptiscber Lösung in kurzer Zeit und ohne Schädigung der Haut zu bewerkstelligen. Während Kumm eil zur Desinfektion der Hände eine energische Behandlung mit Seife und 5 proz. Karbolsäure von mindestens 7 Minuten Dauer fordert, erreicht F. bei Einschaltung von Alkohol die vollständige Keimfreiheit der Hände innerhalb 3 Minuten. Das Verfahren ist Folgendes:

1) Die Nägel werden auf trockenem Wege von sichtbarem Schmutze befreit.

2) Die Hände 1 Minute lang mit Seife und sehr warmem Wasser gründlich abgebnrstet, insbesondere die Unternagelränme bearbeitet,

3) dann 1 Minute lang in Alkohol (80 %) gewaschen und sofort, vor dessen Abdnnsten,

4) mit 2 o/oo Snblimatlösung 1 Minute lang gründlich bearbeitet

Als Vorzüge dieser Methode bezeichnet F. Sicherheit der Desinfektion,

Zeitersparniss und Schonung der Hände.

Ref. kann dies nach eigner Erfahrung am Hamburger Franenvereins- hospital vollauf bestätigen. Trotz häufigster Bearbeitung der Hände in der beschriebenen Weise hat er seit Einführung der Alkoholwascbung nicht mehr unter der empfindlichen Schrundenbildung zu leiden, welche vordem von einer gründlichen Desinfektion der Hände, namentlich in der kalten Jahreszeit, unzertrennlich war.

Die bei dieser Gelegenheit an Stelle der Karbollbsnng empfohlene Snblimatlösung bat den Herrn Verf. gleichzeitig veranlasst. Versuche mitzntheilen, die er, tbeilweise schon in Jena, über den Einfluss der im Brunnenwasser enthaltenen Bicarbonate der alkalischen Erden auf Queck- silberchlorid gemacht hat. Eine schwerwiegende Frage, wenn man nur bedenkt, in welchem Maasse wir im Kriege von der Verwendung nicht- destillirten Wassers zur Herstellung von Snblimatlösnngen abhängig sein werden. Das Resultat F.’s ist überraschend genug. Bei der Lösung von IgSnblimatin 11 harten Brunnenwassers fallen über 0,8 g der Zersetzung anheim, es resultirt alsbald nach der Berei- tung nicht eine 1 Voo, sondern eine 0,2°/«) Lösung! Ein bald anftretendes braunes Sediment von Hydrargyritetraoxychlorid kennzeichnet die Umwandlung. Kochen beseitigt die Erden nur, wenn es mindestens 2 Stunden fortgesetzt wird; dagegen ist dasselbe Resultat durch Zusatz von Säuren zu erreichen, welche fähig sind, die kohlensauren Salze zn zersetzen, ohne auf das Sublimat Einfluss zn üben. Auf 1 1 Brunnen- wasser von 0,2 Kalkgehalt war zur Erhaltung der vollen Snblimatwirkung

nöthig ein Zusatz von :

Acid. snlpb. pur. Ph. G 0,37 g

hydrochlor. pur. Ph. G 1,04 g

nitric. pur. Ph. G 1,50 g

salicylic 0,99 g

acetic. Ph. G 0,45 g

Acetum Ph. G 7,15 g

In abgerundeten Zahlen wäre also einem Liter Sublimat- Brunnen- wasser 1 g Salicylsäure oder 0,5 g Essigsäure zuzufügen, um Lösungen zn erhalten, welche nach des Verf.'s Prüfung noch nach Monaten einer

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mit deatillirtem Wasser bereiteten 1 °/o« Soblimatlösong gleichwerthig bleiben.

Da sich beide Säoren in den Feld-Etats befinden, die q. Zusätze auch fir Wnnden dnrcbans nnbedenklicb sind, so ist die Berücksichtigung dieser Forschungsergebnisse den Militärärzten dringend zu empfehlen.

Sckliesslich mag nicht unerwähnt gelassen werden, dass es dem Bednrfniss des Praktikers entgegeukommen wurde, wenn es gelänge, durch itechauische Kompression ans Sublimat und Acid. salicyl. aa 1,0 Tablettea für je 1 1 antiseptiscbcr Lösung herzustellen nach Art der bereits bekannten Snblimatkochsalztabletten.

Körtiug.

Nittheilnngen.

Ans den Inhalte der Archives de medecine et de pharmacie militaires. Juni bis November 1887.

Band IX. Heft 6. S. 451. De l'acces pernicienz apoplecti- forme avec et par hömorrhagie cerdbrale par Blanc.

Ein Fall von tödtlicher Hirnapoplexie im Verfolge schwerer Malaria- infektion giebt Veranlassung, in einer ausführlichen Studie die klinischen und pathologisch anatomischen Erscheinungen dieser Zufälle zu unter- suchen. Ans den Folgernngen interessircn die nachstehenden: Treten bei Malaria äussere Blutungen wiederholt auf, so wird man an die Möglichkät einer Hirnblutung denken und die Prognose vorsichtig stellen müssen. 2s kommen im Oehirn sowohl Herdblntnngen wie Kongestiv- Zustände Tor. Während des apoplektischen Anfalles ist die Temperatur in der Rtgel eine mittlere; sie erreicht weder die Höhe des Fieber- anfalles, loch die Tiefe des ihm folgenden Abfalles. Anatomisch fehlt MelanämU und Melanose der Organe fast nie. Erstere kann makroskopisch mit parenchymatöser Entzündung verwechselt werden; die stets vor- handenen miliaren Blntnngsherde sichern die Diagnose. Selten, aber konstatirt, sind grössere Parenchymblutungen in Unterleibsorganen. Die Hirnblutung sitzt im Gegensatz zur primären Apoplexie fast immer in der Binde, sogar mit Vorliebe in den Meningen; ihr klinisches Bild wird in diesen Fällen durch Konvulsionen und Kontrakturen gekenn- zeichnet.

Banj X. S. 21. De l’Antipyrine dans les formes continnes de l’intoxication malarienne par Antony. 9 Beobachtungen, in denen sick das Antipyrin sowohl anfangs wie im kachektischen Stadium von Malariafällen als zweckdienlich erwies, in denen Chinin erfolglos gegeben war. Die Einzelgabe überstieg 1,5 nicht.

S. 81 und 187. Relation medico-chirnrgicale de la Campagne du Snd-Oranais en 1881 1882 par Delmas. Der Feldzog ist charakterisirt durch grosse Anstrengungen in einem wasserarmen Gebirgsgelände, in welchem der Sommer glühende Hitze, der Winter

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»asserordeotliche Eälte(;rade zu ertragen zwang. Dem entspricht die Erkranknngsziffer des 10000 Mann starken Exp^itionscorps:

Erkrankungen 13 226 1322,6 o/oo E.

Verwundungen 106 = 10,6 “/oa -

Tod an Erankheiten . . . 643 = 64,3 ®/« -

Tod vor dem Feinde . . . 122 = 12,2 »/o» -

Selbstmorde 35 = 3,5 ®/oo -

Unter den Erkrankungen stehen die Infektionskrankheiten obenan und zwar

Abdominaltyphns . . . 1847 Fälle mit 472 Todten. 25 ®/»

andere akute Exantheme 37 - - 1

akute Tuberkulose ... 9 - 3

Die Typhusepidemie, über welche wir bereits nach einer Arbeit von Czernicki (S. 375 des Jahrgangs 1884 der Zeitschrift) kurz berichtet haben, war besonders mörderisch durch die klimatischen Umstände und den Mangel an Pflegepersonal. Der Einzelfall kennzeichnet« sich von vornherein durch grösste Adynamie, durch das Hervortreten der Oehim- erscbeinnngen (mit häufiger Selbstmordneigung), durch stark ausgeprägte Unterleibssymptome und durch Unregelmässigkeit im Gange des Fiebers. Partielle Gangrän war nicht selten, plötzlicher Tod durch Herzlähmung ohne Vorboten wurde siebenmal beobachtet. Die Behandlung musste hygienisch expektstiv bleiben. Bäder konnten kaum gegeben werden, denn es fehlte an Wasser. Chinin, Ssdicyl' und Carbolsäure erwiesen sich durch starke Beeinträchtigung der Herz- und Verdaunngsthätigkeit direkt schädlich.

Unter den anderen Erkrankungen verdienen, als für Algier besonders bemerkenswerth, 50 Fälle von Erfrierung Erwähnung; sielen davon führten zum Verlost einzelner Zehenglieder.

Die Eriegsverletznngen, unter denen sich nur 10 Schufsfraktnren befanden, bieten kein besonderes Interesse. Wie in allen Feldzögen gegen nncivilisirte Völkerschaften, war auch hier das Verhiltniss der Todten mit 122 gegenüber 106 Verwundeten ein besonders hohes.

S. 161. Notes sur les effets de la Melinite par Tachard. Am 10. März 1887 explodirte im Laboratorium zu Beifort ohne äussere Veranlassung eine Melinitbombe, durch welche 17 Artilleristen getroffen wurden. Hiervon waren 5 sofort todt, 4 starben in den nächstec Stunden, 2 an sekundären Eomplikationen, 6 worden bergestellt. Da in kcmmenden Eriegen mit Verletzungen durch brisante Sprengstoffe zu rechnen sein wird, so interessiren die allgemeinen, bei dieser Gelegenheit gemachten und grösstentheils anatomisch festgestellten Beobachtungen ganz besonders. Das gusseiserne Geschoss war in zahllose Sprengstücke von kleinstem Umfange, bis zu Sandkorngrösse, zerschellt In Folge dessen zeigten sich die getroffenen Weicbtheile mit ganz engen, tiefgehenden Wond- kanälen vollkommen durchsetzt Die Haut machte an solchen Stellen den Eindruck der Tättowining. Auf die Enochen übte die ungeheuere Gewalt eine ganz lokale Wirkung aus. Der getroffene Theil war

fänzlich zermaJmt, nirgends aber erstreckten sich Fissuren von der Irochstelle nach oben oder unten. Alle Verwundeten zeigten eine hoch- gradige Erschütterung des Nervensystems, ein gelblich fahles Aussehen und abundante Blutungen.

Die Prognose dieser Verletzungen wird in allen Fällen eine änsserst zweifelhafte, in der Therapie dem Streben nach Erhaltung getroffener Glieder eine enge Grenze gezogen sein.

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8. 177. Contribation a r^tnde da diagoostic de la fai blesse de constitDtioo an point de vne dn recrotement militaire. Deax Doaveaax eignes confirmatife par DapoDcbel.

Verf. siebt in dem abnormen Tiefstand der Herzspitze bei jnngen Leuten im militärpflichtigen Alter das Zeichen für eine Entwickelung des Herzens, welche der Gesammtentwickelung des Körpers Torangeeilt ist, also eine relative Hypertrophie darstellt. Man wü^e vielleicht besser sagen: Der Körper ist zu schwach im Verhältniss zu seinem Herzen. Ein zweites Zeichen ist die verlängerte Exspiration der Lungenspitzen, vorab der rechten. Verf. denkt hier keineswegs sofort an drohende Tuberkulose, sondern sieht in jenem Phänomen nnr ein Minus an Elastizität des Thorax, welches durch allgemeine Körperschwäche bedingt wird. Ohne beiden Anzeichen für sich allein einen entscheidenden Werth beizumessen, glaubt Verf. aus seinen Untersuchungen schliessen zu dürfen, dass sie im Stande sein werden, das Urtheil „zu schwach“ in gewissen Fällen zu stützen, in denen der sonstige Anschein Zweifel lassen könnte.

S. 246. Relation d’une epidömie de Pneumonies; Amiens Janvier Mars 1887, par Manier. Vom 9. Januar bis 11. März 1887 gingen vom 8. Jäger-Bataillon bei einer Kopfstärke von rund Ö30 Mann 19 Pneumonien zu, von denen 4 tödtlich endeten. 2 Fälle waren abortiv, am 3. Tage beendet. Bei den übrigen war 11 mal die rechte, 4 mal die linke, 2 mal die rechte und linke Lunge befallen. Beide Doppel- pneumonien starben. Uns interessirt vor Anderem die Frage nach der Aetiologie. Ueberanstrengung, Bodeninfektion, Einfluss der Verpflegung waren anszuscbliessen; „Erkältung“ bot sich angesichts der Jahreszeit und der besonders zugigen Lage des Exerzirplatzes als naheliegendes Moment. Allein Verf. fragt mit Recht, ob man diesem Umstande die ihm von der klassischen Schale zugeschriebene Rolle belassen dürfe, wenn man erwäge, dass 1) der Platz für die Garnison stets derselbe war, in anderen Jahren aber, und gegenüber den gleichzeitig dort übenden anderen Trappen auch 1887, solch deletären Einfluss nicht zeigte; dass 2) mehrere Leute des Bataillons erkrankten, welche nicht mit exerzirt hatten; dass endlich 3) keiner der Erkrankten den stets plötzlichen Ansbruch der Pneumonie auf eine bestimmte Erkältung zu beziehen im Stande war. Nichtsdestoweniger bleibt es anfiallend, dass die Epidemie mit Vor- herrschen von N.- und O.-Wind einsetzte, mit dem Eintritt von W.-Wind verschwand. Ohne dass die parasitäre Theorie eine volle Erklärung gestattet, scheinen dem Verf. folgende Umstände für sie zu sprechen: 1) Das plötzliche Auftreten der verbältnissmässig bedeutenden Anzahl von Erkrankungen in einer Zeit, die in den Vorjahren fast frei davon war. 2) Der klinische Verlauf, welcher durch die ausnahmslos beobach- teten starken Himerscheinungen und die gleicbmässige Betheilignng des Verdanungstraktes (trockene Zunge, Meteorismus , Diarrhöe) an das allgemeine Bild der Infektion erinnerte. 3) Die ungewöhnliche Schwere der Krankheit und 4) die bei der Autopsie der vier Gestorbenen konstante Leber- und Milzschwellung. Welcher Art letztere war, wird nicht erwähnt, anf Kokken wurde nicht untersucht.

8. ^1. Re CU eil des traveaux du Comite consultatif d'bygihne publique et des actes officiels de l’administration sanitaire. t. XVI. annee 1886. Referat. Bericht Brouardel's über eine anssergewöbnlicbe schwere Impfschädigung. Am 13. März 188Ö impfte

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ein Arst in Agprieres 42 Kinder. Am folgenden Tage waren 6 todt, die sämmtlichen anderen schwer erkrankt Die ersten &scheinnngen waren 9 10 Stunden nach der Impfnng anfgetreten, das Fieber 18 Standen danach; es dauerte bei den Geheilten 2 4 Tage, and war von Erbrechen nnd Durchfall, in einigen Fällen von Konvulsionen begleitet Der Her* gang wurde folgendermaaseen ergründet. Es war zuerst ein Kind mit animaler Lymphe bekannten Ursprunges geimpft. Dasselbe zeigte normale Pusteln. Von diesem Kinde impfte derselbe Arzt 20 andere mit gutem Erfolge, nur bestand ein wenig Erythem an den Impfstellen nnd leichtes Vaccinefieber. Eines dieser Kinder diente der dritten Weiter- impfung als Lympbquelle. Bei dreien der hiervon Geimpften waren schon ernstere Störungen nacbznweisen , höheres Fieber nnd vorzeitige Pustel* entwickelung mit phlegmonöser Entzündung. Trotzdem Weiterimpfang von einem so erkrankten Kinde, als deren Erfolg bei zwei Impflingen die ebengeschilderten Erscheinungen in erhöhtem Maasse zur Beobachtung kamen. Von diesen beiden Kindern veranlasste bei der fünften Weiterimpfung auf 42 andere eines jene unseligen Schädigungen. Selbige stellen somit eine Steigerung der Virulenz im dritten Gliede dar, wenn als erstes die Abimpfung bezeichnet wird, bei der eine bereits nicht mehr normale Pustel die Lymphe gab.

Die Erkrankungen verliefen unter dem Bilde der akuten Septichämie, genau so, wie solche experimentell an Tbieren durch Impfung hervor* gerufen zu werden pfl^t. Der Grund ist durch die Untersuchung nicht aufgedeckt worden. Die erste animale Lymphe war offenbar unver- dächtig; ebenso die Lanzette, denn bei der vorletzten nnd vorvorletzten, nicht mehr normalen Impfung waren die erkrankten Kinder die letzt* geimpften. Berichterstatter ist mit Recht trotz des negativen Unter- suchungeergebnisses der Ansicht, dass die offene Besprechung solcher Vorkommnisse nur nützlich sein kann. Militärärztlicn haben sie ein unbestreitbares Interesse, indem sie zur Vorsicht in denjenigen Fällen mahnen, in welchen man noch auf die Impfung von Arm zu Arm zurückgreifen muss.

S. 315. Anestbösie locale dans l’extraction dentaire par Bontemps. Referat. Der Bart des Zahnschlüssels wird mit WMte gepolstert, welche durch ein Stückchen Mull festgehalten wird. Dies Polster wird mit 2 3 Tropfen Chloroform getränkt; jeder Schmerz beim Ansetzen des Instrumentes soll aasbleiben. Ein einfacher Kunstgriff, der zu versuchen wäre.

Le Congres d’bygiene et de Demographie de Vienne p. M M. Richard et Longnet. Band X S. 47Ö.

Die Arbeit beginnt mit einer Betrachtung über dieErgänznng und Organisation des österreichisch -ungarischen militärärztlichen Korps. Die beklagenswertbe Aufhebung des Josephinums hat den Ersatz immer schwieriger gestaltet; Verabschiedung Aelterer ist daher sehr schwer; infolge dessen stagnirt das Avancement in der Hauptmannscharge rund 18 Jahre (in Preussen zur Zeit 23 Jahre).

Fortbildungskurse in unserem Sinne sind in Oesterreich nicht üblich, alljährlich werden jedoch 18 Oberärzte oder jüngere Regiments- ärzte auf 1, höchstens 2 Jahre an die Kliniken verschiedener UniversitSten kommandirt. Diese Herren geben dann einen Stamm von Instruktoren

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für die Aercte ihrer OarniaoneD. Eine gnte Schale fär die DienstpraxU bildet Bosoien, von dem französischeD Autor mit Algier in Vergleich gestellt. Die Militärärzte bleiben dort 3Vt Jahre. Sie haben in der öffentlichen wie gerichtlichen Medizin, nicht minder in der privaten Thätigkeit einen hervorragenden Platz and dadurch vorzügliche Gelegenheit, lieh för selbstitändige Aufgaben in der Heimatb vorzubereiten.

Von hohem Interesse sind die Aeusserungen über die Aussteliung des

Ereussischen Kriegsministeriums , zumal die Herren Richard und longuet nicht nur referiren, sondern auch kritisiren. Unser Bandagen- tornister hat ihren ungetheilten Beifall; ebenso die Lazarethgehülfentasche. „II serait difficile de reunir sous nn plus petit volume une plus grande variätd de medicaments, et mieux choisis parmi ceuz qui peuvent repondre aux besoins urgents du Soldat etc.“ Auch der Kasten für die Antiseptika beim Sanitätsdetachement gefällt; nicht aber der Batteriemedisin- k asten, an welchem sie die Unmasse von Medikamenten tadeln. Neu war in der preussischen Abtheilung ein Wasserbett für den Eisenbahntransport einzelner Schwerverletzter. Die Verf. halten dasselbe für zu schwer, ausserdem für anzweckmässig, sehen es auch nur als einen Versuch an, der durch die Luftbetten bereits überholt ist. Letztere bestehen im Wesentlichen aus einzelnen mit Luft zu füllenden Säcken oder ScblSucben, welche zweckmässig untereinander sowie mit ihrer Unterlage zu verbinden sind und in sehr vollkommener Weise die senk- rechten wie wagereebten Stösse des Waggons pariren sollen. Komplizirtheit und theurer Preis lassen auch diese Betten vorläufig nur als Versuche auf dem Wege weiterer Vereinfachung erscheinen. Von den preussischen Baracken war die Döcker'scbe neuen Modells und die eiserne Orove’scbe ausgestellt. Die Verf. haben sich augenscheinlich bemüht, die sich zum Theil entgegenstehenden Urtbeile der in Wien anwesenden preussischen Militkrärzte gründlich zu erfahren und kommen schliesslich dabin, den Döcker’scben Typus als einen für Improvisationen ausser- ordentlich nützlichen anzusehen, und dessen Vorrätbighaltung im Frieden als eine weise Maassregel zu betrachten. Ref. tritt dieser Ansicht nach den bisherigen Erfahrungen mit den in Altona neuerdings errichteten Baracken gern bei.

Die Betrachtung über das österreich-ungarische Rothe Kreuz und die Wiener freiwillige Rettnngsgesellschaft bietet nichts Neues für den, der die Berliner Hygiene-Aasstcllung 1883 besucht hat.

Aus dem Friedenslazaretbdienst in Wien interessirt die That- sache, dass auch dort die Typhen durchaus mit kalten Bädern behandelt werden. Die Verpfiegung der Kranken erfolgt nicht mehr in eigener Regie, sondern durch Unternehmer. Dies System bat zu lebhaften Klagen Veranlassung gegeben, so dass Rückkehr zur Selbstver- waltung gewünscht wird, ln den Verwaltungsvorscbriften, der Rechnungs- legung etc. der Lazaretbe haben die Verf. dieselbe Schwerfälligkeit ge- funden, wie in Frankreich. Wir in Prenssen können ebenfalls damit dienen I Volle Vemrtheilung findet die Dreiköpfigkeit der Lazaretbleitnng; die Theilung der Autorität zieht selbstverständlich immerwährende Konflikte nach sich, denen kein noch so bestimmtes Reglement ab- helfen kann.

Was über die Desinfektion in Lazarethen mitgetbeilt ist, interessirt nur insofern, als die Versammlung in Wien die in der französischen Armee noch ziemlich allgemein empfohlene Verwendung gasförmiger Mittel, vorab der schwefligen Säure, für unnütz erklärt bat.

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Ads der Besicbtigang der Wiener Kasernen interessirt besonders die Bemerkung über das Seltenerwerden des Typbns mit den allgemeinen hygienischen Verbessernngen, zn denen namentlich auch die Versorgung mit besserem Trinkwasser gehört Die Herren Verf. hüten sich, auf letzteres Moment ein bestimmendes Gewicht zu legen, und mit Recht; Altona bietet ein Beispiel, wie eine ganz neue, mit gutem Wasser und allen gesundheitlichen Vorkehrungen ausgestattete, sauber gehaltene Kaserne zn einem Typhnsherde werden kann. Da ist noch Vieles unerforscht

Die Kleidung der österreichischen Truppen gefiel; wir nehmen übrigens das Lob gern an, welches bei dieser Gelegenheit den auf der Reise in München und Constanz gesehenen deutschen Soldaten hinsichtlich der Sauberkeit und Straffheit ihrer Erscheinung gespendet wird.

lieber die Impfung in der Armee erfahren wir, dass die Lymphe auf ca. 20 Centimes für den Kopf kommt Das Impfreglement (s. Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1886 S. 406) wird besprochen. Ein Gesetz ist in Vorbereitung, welches die Impfung auch im Civil obligatorisch machen soll, und es besteht die Absicht, bei dieser Gelegenheit ein Staats-lmpf- Institut zn gründen, dem auch die Aufgabe Zufällen würde, den Bedarf der Armee zu decken.

Schliesslich werden die beiden Resolutionen angeführt, welche der Kongress hinsichtlich der Ilundswuthimpfnngen gefasst bat; 1) Todes- fälle nach der Impfung sind bis jetzt stets auf Rechnung des Bisses ge- kommen, nicht auf solche der Impfung. 2) Es ist zweckentsprechend, Mannschaften, welche von verdächtigen Hunden gebissen sind, der Präventivimpfung zu unterziehen.

Streng wissenschaftlich und doch unterhaltend geschrieben, mit eleganter Ausdrucks weise, lesen sich die besprochenen Mittheilungen sehr angenehm. Wir sind dankbar, von den Verfassern so viel Interessantes aus dem Militär-Sanitäts wesen unserer österreichisch-ungarischen Freunde gehört zn haben. Körting.

Die chirurgische Behandlung der Lymphdrüsenabscesse. Von Dr. Stocquart. Brüssel. Sep. Abdruck ans Monatshefte für prakt. Dermatologie. 1886 No. 5.

Die Vortbeile der bisher bei der Behandlung von Lymphdrüsen- abscessen geübten Methoden Einstich mit spitzem Bistouri, Einstich einer lanzettförmigen Nadel mit nachfolgender Einführung eines stumpfen Hoblstilets sind bekannt. Beide Methoden haben aber auch ihre Nachtheile; sichtbare, oft recht unangenehme Narbenbildnng im ersten, Verlangsamung der Heilung im zweiten Falle. Verf. empfiehlt nun folgende Methode, die er erprobt und für gut befunden hat Der Eiter wird mittelst solcher Instrumente entleert, die den Kranken nicht erschrecken; die Operation ist einfach, wenig schmerzhaft, fuhrt rasche Heilung herbei und binterlässt keine Narben. Erforderlich sind zwei Instrumente; eine kleine Hohlnadel und ein schmales zweischneidiges Bistouri mit Knopf. Der Abscess wird mit der Nadel punktirt und kann dann je nach Befinden mit dem geknöpften, sehr schmalen (2 mm) Messer erweitert werden., Es würde sich in der militärärztlichen Praxis ein Versuch wohl empfehlen.

Breitung.

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Gegen die Erkranknogen der Uro-Oenitalwege empfiehlt Sanne in der therap. QeselUchaft von Paris (15. März 1886) Kava.

Es reizt weder Magen noch Darm, wirkt schnell und sicher. Verf. heilte chronische Blasenkatarrhe, die jeder Behandlung getrotzt hatten, in wenigen Tagen, desgL chronische Blennorrhöen. Bei akuter Gonorrhöe hörten Schmerzen und Ausfluss sehr bald auf und hatte die Anwendung selbst gleich im Anfang der Krankheit gar keine üblen Nebenwirkungen. Es wurde angewendet ein eztract. aqna-alcobolic. und wurden ^ Centigramm bis 1 Gramm innerhalb 24 Stunden verab- reicht in allmäliger Steigerung.

Breitung.

Ein sanitärer Vorschlag für die Exerzirplätze, besonders der Cavallerie. Mil. Wochenbl. 1886 No. 59.

Verf. wünscht zur Benutzung bei etwaigen Unglücksfällen in den nächstgelegenen Ortschaften solcher Exerzirplätze, die weit von der Garnison entfernt sind, einen Rettungskasten aufgestellt zu sehen, der das nöthige Material enthalten soll, um einen Transportverband auch für schwerere Verletzungen anzulegen. Dass hierbei auf das fachtechnisch gebildete Sanitätspersonal und nicht auf „Samariter* aus der Truppe reflektirt wird, zeugt von sachkundiger Beurtheilong der Verhältnisse. Im Uebrigen können wir uns auf diese Andeutung beschränken, da das Mil. Wochenblatt unseren Lesern ausnahmslos zugänglich ist.

Imprägniren des Fussbodens mit Theer.

Luft- und wasserdichte Herstellung der Fussböden zur Verhütung von Infektion der Zwischendecken ist eine der berechtigtsten Forderungen der Hygiene. Ihre Erfüllung ist bei Unbescbränktheit der Mittel auf ver- schiedenen Wegen möglich. Schwierig wird die Sache, wenn man billig bauen muss oder grössere vorhandene Fussböden schnell in einen hygienisch sichereren Zustand versetzen soll. In dieser Hinsicht erfordern die Versuche des österreichischen Regimentsarztes Dr. Schaffer die Auf- merksamkeit der Militärverwaltung. Er imprägnirte Kasernenfussböden mit Steinkoblentbeer, der durch Erwärmen soweit verflüssigt wird, dass er gut streichfähig ist. Man benöthigt für je 10 qm eines Bodens aus weichen Brettern 1 kg. Das Trocknen währt 2 3 Tage, der Theer-

femcb verliert sich bald. Die Kosten betrugen in Wien 5 fl. für 100 kg.

ünmalige Erneuerung des Anstriches im Jahre genügte zur Instandhaltung des Fussbodens; bei Neubauten wird man allerdings auch die untere Seite der Bretter streichen. Der Anstrich bewährte sich nach dem kompetenten Urtheil der betr. Truppenkommandeure zur Verhütung von Staub, Beseitigung des Ungeziefers und Erhaltung der Fussböden sehr gut, die Reinigung war durch feuchtes Wischen leicht zu erzielen, der Geruch belästigte die Insassen nicht (? Ref). Diesen Vortheilen gegen- über dürfte die düstere Farbe des Anstrichs kein Hinderniss für dessen Verwendung sein. Gesdhts. Ing. 1886. S. 434. .

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Die Elastizität von Eantschakgeräthen wiederherzustellen.

Es ist bekannt, dass Kautschnk, wenn er trocknet, brüchig wird, was ihn meist zn seiner Bestimmung untauglich macht Um ihm seine ursprünglichen Eigenschaften wiederzugeben genügt es, ihn einer Hitze von 50— 60 ° anszusetzen , indem man ihn gleichzeitig dem Einfluss ammoniakhaltiger Dämpfe unterwirft Im Reichs-Gesundheitsamt ist seiner- zeit dasselbe durch wiederholtes Einlegen der Schläuche etc. in 5 6 pro- zentige warme Lösungen von Liqn. Ammon, caust erreicht worden.

In einem sehr stattlichen Bande ist zn Ende des Jahres 1887 der II. Theil von Dr. Paul Börner's Reichs - Medizinal- Kalender für Deutschland auf das Jahr 1888, herausgegeben von S. Outtmann, erschienen. Anordnung des Inhalts wie im Vorjahre.

Von dem Apothekenbesitzer G. Marpmann in Gross- Neuhausen (Sachsen - Weimar) wurden der Redaktion Proben „keimfreier“ („bei niederer Temperatur sterilisirter“) Flüssigkeiten zn Einspritzungen ein- gesandt, welche, in „bestimmten Konzentrationen dargestellt, luftdicht in kleine Olascylinder von 4 5 cm Länge eingeschmolzen sind“. Je 12 Röhrchen sind in festen Pappetuis von 12 cm Länge, 6'/« cm Breite und etwas mehr als 1 cm Höbe untergebracht , in denen sie bequem und sicher mitgefübrt werden können.

Für jede Injektion ist ein Röhrchen erforderlich ; der Preis für 12 Röhrchen beträgt 2—3 Jt.; 100 Morphium-Injektionen von 1—2 ®/o kosten 12 JL

Das Probeschäcbtelchen enthält ausser Morphium noch Cocain, Strychnin, Apomorphin, Jodoform und Sublimat, letzteres mit 1,0 Sub- stanz und bestimmt zur Vermischung auch event. mit Brunnenwasser, was ohne Nachtheile geschehen kann, „weil die Zersetzung durch Carbonate durch die Lösung des Sublimates aufgehoben wird“.

Versuche mit den Injektionen erscheinen empfehlenswertb.

Zn dem Artikel: Neue Erfahrungen über die Ventilation der Krankenwaggons in Heft XII vorigen Jahrgangs, S. 522, letzter Ab- satz, ersucht der Herr Verfasser behufs schärferer Präzisirnng seiner Vor- schläge noch hinzuzufugen*. für den Abgang und für die Zufuhr (sc. „räumlich möglichst getrennte Oeffnnngen in den Wagen anzobringen“).

Die Red.

Otdrmcki ia der KuaifL Hofbachdruckerei von E. 8. MittlerASobn, Berlin SW., Koehstr. 68— 70„

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Dentsche '

Militärärztliche Zeitschrift.

Redactlon: i

Dr. 3». Generalarzt, | ff S 2

Berlin. Tnnbenetranse 5, < _ * ®

o. Dr. 0. Stabsarzt, | Königliche

BerUn, Kilwr Fnni Gr«n»dior-Pl»li U/12. ? Kochstruse 68-70.

Moutlicb embeint ein Heft vod mindesteos 3 Dnickbogea; dun ein „Amtliches Beiblatt“. Der Zeitschrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gebiete des Uilit&r- Saaittte-Weseos“, beraoagegeben Tom Generalarzt Pr. Roth« nnontgeltlich beigegeben. BesteUnng nehmen alle Poetlnter and Bnchhandlnngen an. Preis des Jahrgangs 15 Mark.

XVll. Jahrgang;. 1888. Heft 2.

Verlag:

tUfbr & ^o9tt,

Hofbuchhandlung,

Die Entzündung der peripheren Nerven

(Polyneuritis Neuritis multiplex),

deren Pathologie und Behandlung.

Mit einer Tafel.

Vorgetragen in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin

von V

E. Leyden.

I. Vortrag

am 21. Oktober 1887.

Wer einen Blick auf die Entwickelung der Nervenpatbologie in den letzten 30 Jahren zuruckwirft, wird nicht umhin können, überrascht zu sein von der totalen Umgestaltung, welche sich seither vollzogen bat. Das ganze Gebiet ist einer neuen, fruchtbaren Bearbeitung unterworfen worden, eine Reihe von wichtigen Entdeckungen sind gemacht, neue Krank- heiten beschrieben, und die früher nnr oberflächlich bekannten Prozesse auf das Genaueste studirt worden. Der Umfang nnd Inhalt der Nerven- krankheiten hat sich um ein Vielfaches vergrössert. Wer dies anerkennt, wird nicht in den Vorwurf einstimmen, dass die innere Medizin in dem letzten Jahrhundert fast gar keine Fortschritte gemacht hat; für den- jenigen, der sehen will, sind die Fortschritte augenfällig. Eher vielleicht könnte ein ähnlicher Vorwurf nach der Richtung berechtigt sein, dass das ärztliche Können mit dem Wissen nicht gleichen Schritt gehalten habe. Man könnte sagen, dass die moderne Forschung mehr die „Wissen- sebaft“ gefördert und weniger daran gedacht hat, dass die Medizin auch

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eineKanst ist and ein Können verlangt Aber wir dürfen auch diesen Vorwarf mit dem wohlbekannten Erfahrungssatze zaröckweisen , dass das Erkennen einer Krankheit schon die halbe Kor derselben ist. Ich erlaube mir, diese allgemeinen Bemerkungen voraasznschicken , weil sie durch diejenige Krankheit, über welche ich heute vorzutragen gedenke, in augenfälliger Weise erläutert werden.

Unter den vielen neuerkannten Nervenkrankheiten ist die multiple Neuritis eine der jüngsten. Wenn ich mir erlauben darf, meine Arbeit über Neuritis und Poliomyelitis'^) als den Zeitpunkt zu bezeichnen, womit die multiple Neuritis als eine selbstständige, klinisch wohicbarakterisirte Krankheitsform eingeführt ist, so datirt diese selbstständige Existenz erst seit dem Jahre 1879. Seitdem ist nun aber eine grosse Anzahl von Beobachtungen und eine Fülle von Arbeiten über denselben Gegenstand zu Tage gefördert, so dass dieses^, zuerst so kleine Gebiet

beute bereits einen ziemlf^'^^^racbuicm^ulHf^ annimmt, der Art, dass ich fast fürchten JI^W, Ibrc~6i^uld zu mllkokauchen, wenn ich aus- führlich in die Besprechung f^^j^yEl^z^^^p^'n ^^ben wollte. Wenn schon durch diese schnuV Entwickelung alleir)||dj|h multiple Neuritis ein erhöhtes Interesse in Ans^ira^ nimmt, s(^tl)^t sie es gewiss nicht minder dadurch, dass wir hier mit'‘'€Ufitt^lftfli§---Äuf die Leistungen der ärzt- lichen Kunst zurückblicken dürfen, welche schöne Heilungsresultate za verzeichnen bat.

Das Krankheitsbild, unter welchem die multiple Neuritis auftritt, ist ein eigenthümliches und beachtenswerthes. Dasselbe unterscheidet sich wesentlich von den seit langer Zeit bekannten peripheren Lähmungen einzelner Nerven und Muskeln dadurch, dass die Lähmungen der multiplen Neuritis vielfache sind, vornehmlich die Extremitäten betreflfen -»■ diese meist doppelseitig , und endlich noch dadurch , dass diese Lähmungen in der Mehrzahl der Fälle zu Muskelatrophie führen.

Dieses Symptomenbild schliesst sich vielmehr an den Typus der spinalen Erkrankungen an, und ist früher zweifellos zu den Rücken- markserscheinungen gezählt worden. Denn dass analoge Krankheitsfälle schon früher beobachtet sind, kann nicht wohl zweifelhaft sein; nur war ihre Symptomatologie unsicher, ihre nosologische Deutung unklar. Jene Fälle, welche man als rheumatische Extremitätenlähmnng oder als Refrigerationslähmung bezeichnete, sind grösstentheils hierher zu rechnen. Besonders aber von Bedeutung für uns ist die zuerst von Duchenne

•) Zeitschrift für klinische Medizin Bd. I. S. 387 43-t.

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als akute oder subakote allgemeine spinale Paralyse beschriebene und später als Poliomyelitis acuta s. subacuta bezeichnete Krankheit. Die Beziehung derselben zur multiplen Neuritis bildet ein besonders interessantes Kapitel in der modernen Nervenpathologie, so dass wir glauben, mit einigen Worten näher darauf eingehen zu sollen. Bereits Ch. Bell hatte die Aufmerksamkeit auf gewisse Krankheitsformen gelenkt, welche früher zu den Lähmungen gerechnet wurden, welche sich aber durch einen auffälligen Schwund zahlreicher Muskeln anszeichneten. Auch Romberg bat ähnliche Krankheitsfälle gesehen und beschrieben. Indessen erst durch die bekannte ausführliche Bearbeitung von Aran und Duchenne wurde die progressive Muskelatropbie zu einem woblcbarakterisirten klinischen Krankheitstypus. Freilich fehlte der Nachweis einer pathologisch -anatomischen Läsion, welche Klarheit über die Natur dieser Krankheit verbreitete; man zählte sie bald zu den peripheren, myopathischen, bald zu den sympathischen, bald zu den spinalen Erkrankungen. Ebenso erging es der zweiten typischen Form der atrophischen Lähmung, der Kinderlähmung, deren klassische Be- schreibung durch Heine in Stuttgart gegeben wurde and welche auch bald zu den peripheren, bald zu den spinalen Formen gerechnet wurde.

In diese Unsicherheit und Unklarheit wurde nun zu Ende der 60er Jahre unerwartet Licht gebracht durch die schönen Beobachtungen und Entdeckungen, welche wir im Wesentlichen Cbarcot und seinen Schülern zu danken haben: sie gipfelten in der Tbatsache, dass jenen amyotrophischen Lähmungen eine ausgesprochene Atrophie der grossen mnltipolaren Ganglienzellen io den grauen Vorderhörnern des Rücken- marks zu Grunde liegt. Anknüpfend an die früheren Untersuchungen von Waller formnlirte Cbarcot die physiologische Bedeutung dieser Entdeckungen dahin, dass jene mnltipolaren Ganglienzellen als das trophische Centrnm für die Muskeln und motorischen Nerven zu betrachten seien, und dass der pathologischen Atrophie dieses Centrums auch die Atrophie der betreffenden Muskeln folge. Bei der progressiven Muskelatropbie ergaben die Untersuchungen eine mehr oder minder gleichmässig durch das ganze Rückenmark verbreitete Atrophie jener Zellen, häufig mit einer Degeneration der Pyramidenseitenstrangbabnen verbunden (amyotrophisebe Lateralski erose). Die atrophische Kinderlähmung setzt nicht diffuse Veränderungen , sondern kleine sklerotische Herde in der Cervikal- und Lendenaiischwellung (Tafel Fig. 1), in welcher ebenfalls die Ganglienzellen zu Grunde gehen. Zu diesen zwei wohl charakterisirten Typen der atrophischen Rückenmarkslähmungen kam nun noch ein dritter,

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nicht 80 scharf charakterisirt and nicht so sicher fundirt, nämlich die bereits oben erwähnte atrophische Lähmung der Erwachsenen, von Duchenne zuerst symptomatisch beschrieben, dann von Duchenne und Joffroy in die Gruppe der spinalen amyotrophischen Lähmungen hineingezogen und als Poliomyelitis (Tephromyelitis) acuta und subacuta bezeichnet. So bereitwillig vom ärztlichen Publikum diese von dem berühmten Autor gegebene Deutung der Krankheit anfgenommen wurde, so Hessen doch Leichenbefunde, welche den sicheren Beweis für die Richtigkeit der mit so grosser Sicherheit aufgestellten Hypothese lieferten, zu lange auf sich warten. Im Oegentheil, es kamen Beobachtungen zur Kenntniss, welche einen ganz andern Oedankengang eröffneten. Schon in meiner Arbeit über die atrophische Kinderlähmung (1875) konnte ich die Be- merkung nicht unterdrücken, dass mir ein Theil der Symptome auf peripheren Nervenerkrankungen zu beruhen schien. Ebenso führte ich in meiner Klinik der Rückenmarkskrankbeiten aus, dass viele Lähmungen nach akuten Krankheiten den Charakter , peripherer Prozesse tragen; überdies hatte ich einige Fälle von Neuritis mit verbreiteten Lähmungen und Mnskelatrophien beobachtet. Ferner wurde man jetzt auf die interessanten Mittheilungen von Dumünil*) aufmerksam, welcher in mehreren Fällen von ausgebreiteter atrophischer Lähmung durch eine äusserst scharfsinnige klinische Analyse den Nachweis geführt hatte, dass es sich dabei um eine periphere Neuritis handeln müsse. Endlich kamen Beobachtungen von Eisenlohr u. A. hinzu, welche in einzelnen Fällen atrophischer Lähmungen p. m. das Rückenmark intakt, dagegen die Nerven atrophisch fanden. Auch über die Blei lähmnng entwickelte sich nun eine Diskussion: die Einen sprachen sie als eine periphere (nenritisebe), die Andern als eine spinale (poliomyelitische) Affektion an. Uebereinstimmend ergaben die Untersuchungen starke Atrophie in den peripheren Nerven- ästen, welche zu den gelähmten und atrophischen Muskeln führten (Fig. 3). Die meisten Autoren traten der Anschauung der peripheren, nenritischen Natur bei, indessen hatte docli auch der gegentheilige Standpunkt gewichtige Vertreter.

Im Flusse dieser Diskussionen haben meine Untersuchungen und De- duktionen, welche ich im Jahre 1879/80 in zwei Arbeiten niederlegte (Ueber einen Fall von multipler Neuritis: Charite - Analen 1880 8.206 und Ueber Poliomyelitis und Neuritis: Zeitschrift für klin. Medizin 1880

Band I S. 387 ff.) in gewissem Sinne eine entscheidende Bedeutung ge-

*) Gar. hebdum. 1864 u. 1866.

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habt, insofern sie das klinische Bild der maltiplen Neuritis zum ersten Male mit Sicherheit formolirten und dasselbe durch unzweifelhafte anatomische Untersuchungen begründeten. Die multiple Neuritis ist seit dieser Zeit als eine selbstständige Erankheitsform anerkannt. Gleichzeitig ergab es sich, dass die Mehrzahl jener Fälle, welche von Duchenne als Paralysie antdrienre spinale beschrieben waren, hierher gerechnet werden mussten.

Die beiden von mir beobachteten Fälle boten ein sehr überein- stimmendes Krankheitsbild dar; sie betrafen Junge Männer, welche unter fieberhaften Symptomen erkrankten und bei denen sich unter grosser Schmerzhaftigkeit eine Lähmung der vier Extremitäten entwickelte. Die Lähmung war am intensivsten an den Fingern, sie war geringer an der Hand, nahm weiter aufwärts am Vorderarm noch mehr ab und erreichte kaum die Schulter. An den unteren Extremitäten war das Bild ein analoges, d. b. die stärkste Lähmung bestand an Fuss und Zehen, dann am Unter- schenkel, — die geringste Lähmung war am Oberschenkel ausgebildet. Die afficirten Extremitäten lagen fast vollkommen regungslos da und konnten nur in den Schultern und Hüften ein wenig bewegt werden; die Oliedmaassen waren geschwellt, und in dem einen Falle bestand beträcht- liches Oedem. Die Kranken hatten sehr schmerzhafte Empfindungen, reissende Schmerzen, welche sich nach dem Ende der Extremität bin steigerten und mit einem Gefühl von Kriebeln verbunden waren. Auch die Haut war ausserordentlich empfindlich, im Uebrigen bestanden keine Erscheinungen, welche mit spinaler Lähmung übereinstimmten. Die Sphinkteren waren frei, es trat kein Dekubitus auf, auch Kopf und Augen blieben frei, so dass man schon durch die Anordnung der Symptome auf die peripheren Nerven bingewiesen wurde. Die Muskeln der affizirten Gliedmaasseu waren welk, auf Druck ausserordentlich empfindlich und boten bei der elektrischen Prüfung eine Veränderung der Erregbarkeit dar, wie sie den peripheren Lähmungen an-

gehört. Die elektrische Erregbarkeit war im Ganzen herabgesetzt, an den atrophischen Muskeln wurde Entartungsreaktion konstatirt. Der Verlauf war nicht ungünstig. In dem ersten Falle trat tbeilweise Heilung ein; die Beine worden vollständig wieder hergestellt; an den Annen zeigte die Lähmung nur eine geringe Besserung, sie blieb bestehen und hatte in ihrem Typus Aehiilichkeit mit der Bleilähmong. Dieser Patient ging nach Verlauf eines Jahres an Nierenschrnmpfnng zu Grande. Auch der zweite Patient starb nicht an der Lähmung, sondern an einem inter- knrrirendcn Typhus. Die Autopsie des ersten Falles ergab die folgenden

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erwähnenswertben Resolute: entsprechend der Verbreitong der Moskel- atrophie an den Vorderarmen Hess sich in den Nerven eine deotliche intensive Atrophie wabrnebmen. Die einzelnen Nervenbündel enthielten zom grössten Tbeile ganz atrophische Nervenfasern, so dass sie sich mit Karmin fast vollkommen roth färbten und nur noch sehr wenige mark- haltige Fasern umschlossen; die Nervenscheide dieser Bündel war etwas verdickt, wellig znsammengezogen; von Kernwncherung keine Spur. Makroskopisch hatte der Nerv kaum ein abnormes Ansehen, namentlich keine Schwellung oder auffällige Verfärbung. Ala deutliches Zeichen einer voraufgegangenen Entzündung durfte indessen die Ablagerung ziemlich reichlichen gelbbraunen Pigments angesehen werden, welches die Gefässe in dem interneurotiscben Fettgewebe umgab, offenbar das Residuum voranfgegangener Hämorrhagieen. Diese Degeneration der Nervenfasern bestand am stärksten in der Höbe des Ellbogengelenks; weiter hinauf bekamen die Fasern bald ein besseres Aussehen, und der Acbselböhleonerv Hess eine Abweichung vom normalen Verhalten nicht mehr erkennen. Die Nerven der unteren Extremitäten zeigten sich normal, desgleichen bot das Rückenmark trotz genauester Untersuchung nichts Abnormes.

Noch interessanter war das Ergebniss der Untersuchung des zweiten Falles; dieser Pat. war in einem viel früheren SUdium der Krankheit gestorben: bei ihm ergab die Untersuchung sehr intensive Erkrankung der peripheren Nerven an den oberen und unteren Extremitäten (Fig. 4 und ö). Am grössten waren die Veränderungen in der Nähe des Ellbogen- und Kniegelenks; sie nahmen nach oben hin schnell ab. ln dem Nerven- plexus fand sich nichts Abnormes, und ebenso war das Rückenmark voll- kommen gesund. Es wurden mikroskopische Schnitte für verschiedene Vergrössernugeu angefertigt: die kleinsten Vergrösserungen zeigten gefleckte Beschaffenheit der Nervenbündel, wie sie für atrophische Prozesse charak- teristisch ist; bei stärkerer Vergrösserung nahm man noch deutlicher wahr, dass zwischen den markhaltigen Nervenfasern zahlreiche atrophische gelegen waren. Daneben war sehr bemerkenswertb eine Infiltration der Nervenscheide (Fig. 4), bestehend in einer ziemlich breiten Zone, welche die Scheide vom Nerven gleichsam abgehoben batte (Fig. 4 A). Die Nervenbündel selbst, durch diese Exsudation gleichsam komprimirt, er- schienen bei kleiner Vergrösserung anffäUig fleckig, bei stärkerer und an Znpfpräparaten Hess sich eine sehr starke Degeneration der Nervenfasern nachweisen (Fig. 5), an den einzelnen Stellen von verschiedener In- tensität: theils sah mau fettig degenerirte Nervenfasern, theils ver- breiterte, gequollene, glasige, körnige, theils sehr schmale, blasse, gänz-

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lieh tnarklose. Zwischen diesen Nervenfasern war eine Proliferation von Kernen in oder zwischen den Nervenscheiden nicht sicher nachweisbar, nnr nm die kleinen arteriellen Blatgefässe fand sich gewöhnlich eine zeitige Infiltration der Adventitia. Am auffälligsten war die reichliche Zetlenproduktion in dem verbreiterten Raume zwischen Nerv und Nerven- scheide; derselbe war mit zahlreichen runden oder länglichen, zum Theil gelbkömig punktirten Zellen erfüllt, am deutlichsten ebenfalls in der Gegend der arteriellen Gefässe.

Diese auffällige neuritisebe Erkrankung war am stärksten in den Nervenstämmen der Arme in Höbe der Ellbogen, an den üntere>ftremi- täten in der Gegend des Knies, vorzüglich im N. peroneus ausgeprägt. Nach der Peripherie hin nahm die Intensität des Prozesses, vornehmlich die zeitige Infiltration, ab; schneller noch verringerte sich die ganze Er- krankung nach oben zu: hier hatten die gesammten Nerven alsbald ihr normales Aussehen.

Die Untersuchung des Rückenmarks fiel vollkommen negativ aus.

Es hatte sich also in entschiedenster Weise als anatomische Grund- lage der Krankheit eine multiple degenerative Neuritis ergeben, welche die Nerven der vier Extremitäten ergriffen, aber sich vorzüglich auf die Gegend der Ellbogen und Kniegelenke beschränkt batte. In ihrem histo- logischen Befunde erschien diese Neuritis sehr eigenartig und erinnerte mich an eine bis dabin nnr wenig beachtete sehr interessante Beobachtung von Eichhorst (Virchow, Archiv Band 69, 1876, S. 265), welche der Autor als Neuritis acutissima progressiva bezeichnet und mit der akuten aufsteigenden Landry’scben Paralyse vergleicht. In diesem Falle hatte sich bei einer bejahrten Frau unter lebhaften Schmerzen eine aasgebreitete Lähmung entwickelt, die Extremitäten, und auch die Angen- muskeln betreffend; der Tod trat in wenigen Tagen ein. Eichhorst fand p. m. in grosser Ausdehnung eine degenerative Erkrankung zahl- reicher peripherer Nerven, welche mit dem geschilderten Befunde meines zweiten Falles auffällig übereinstimmt.

Durch diese Beobachtungen war festgestellt, dass Krankheitsfälle, welche unter dem bisher als Poliomyelitis bezeichneten Bilde aufgetreten waren, sich als eine multiple Neuritis erwiesen. Ich durfte die Ver- mnthung ansspreeben, dass die Mehrzahl der Fälle von akuter und sub- akuter (atrophischer) Paralyse der Erwachsenen auf eine gleiche multiple Neuritis zurückzufuhren sein würden , obwohl ich gleichzeitig eine Ein- schränkung dieser Ansicht machte und die Möglichkeit zuliess, dass auch eine gleichzeitige Betheiligung des Rückenmarks (sc. seiner grauen Sub-

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stanz) Vorkommen möge. Denn in Wirklichkeit bestehen absolute Schranken in der Verbreitung pathologischer Prozesse nicht, und es ist nicht einzusehen, warum zwischen den Erkrankungen des Rückenmarks und der peripheren Nerven ein absoluter Gegensatz existiren sollte. Eis scheint durchaus möglich, dass sich beiderlei Prozesse kombiniren, wie ich es für die atrophische Kinderlähmung vermutbete. Das Gleiche scheint auch für unsere Fälle stattzuhaben. Diese Einschränkung machte ich schon in meiner ersten Arbeit, bewogen nicht nur durch eine gewisse Vorsicht, sondern auch durch die direkte Beobachtung, wonach neuritiscbe Pro- zesse sich mit Rückenmarkskraiikbeiten verbinden können. Ich habe die Genugthuung, dass II. Oppenheim meine Ansicht kürzlich bestätigt hat; er beschreibt eine älmliche Beobachtung, bei welcher sich neben peripherer Neuritis auch ein kleiner Herd im Rückenmark fand (Tafel Fig. 2), aber was Oppenheim ebenfalls deduzirt dieser kleine Herd kann unmöglich für die verbreiteten atrophischen Lähmungen allein verantwortlich gemacht werden.

Man wird zugestehen, dass das Ergebniss dieser Untersuchungen befriedigender war, wie die frühere Auffassung der Krankheit als Rückenmarksaffektion, denn es stand mit den am Krankenbette beob- achteten Symptomen und dem V'erlaufe derselben besser in Einklang. Die klinische Erfahrung lehrte, dass diese Lähmungsformen, so schwer sie zuerst erscheinen, im Ganzen eine gute Prognose geben und unter günstigen Verhältnissen nach Wochen oder Monaten in Heilung über- gehen können, auch wenn eine deutliche Muskelatropbie bestanden hatte. Dieser Verlauf Hess sich bei einer Krankheit des , Rückenmarks, bei welcher noch gar die Ganglienzellen der grauen Substanz zur Atrophie gekommen waren, nur schwer begreifen, denn die Regenerationskraft des Rückenmarks resp. die der Ganglienzellen ist, soweit uns bisher bekannt, eine sehr beschränkte. Dagegen ist es ebenso bekannt, dass die Regene- rationskraft der peripheren Nerven eine ausserordentlich energische ist, wie uns jeder Durchschneidungsversuch am Nerven lehrt. Daher ist es auch leicht verständlich, dass eine Krankheitsursache, welche nur periphere Nervenfasern zur Atrophie bringt, keine irreparablen Folgen setzt. Sobald die Krankbeits - Ursache eliminirt ist, regeneriren sich die degenerirten Nerven mit ihrer energischen Lebenskraft und kommen, ebenso wie die Lähmung, zur Heilung.

An meine Arbeiten haben sich seither eine grosse Anzahl werth- voller Untersuchungen über denselben Gegenstand angescblossen , sowohl klinische, wie pathologisch-anatomische. Im Interesse der Kürze muss ich

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es mir versagen, auf die einzelnen einzageben; nur auf eine Arbeit möchte ich binweisen, die mir in pathologiscb-anatomiscber Beziehung be- sonders interessant and wichtig erschienen ist, ich meine die Unter- suchongen von Paul Meyer in Strassbarg (Virchow’s Archiv Band 85 S. 181 225) über einen Fall von verbreiteter schwerer diphtheritischer Läbmnng, in welchem Veränderungen an den peripheren motorischen Nervenstämmen nachgewiesen worden, welche mit den meinigen genau nbereinstimmten.

In Bezug auf das klinische Krankheitsbild im Allgemeinen habe ich nur wenig hinzuzusetzen, da die wesentlichsten Symptome bereits oben bei dem Berichte über die beiden Krankheitsfälle vorweggenommen sind. Beide entsprechen den typischen Fällen in den regelmässigsten Symptomen. Die Entwickelung der motorischen und sensibeln Symptome zeigt sich dort in ganz typischer Weise. Ich möchte indessen noch besonders auf die Symptome der sensiblen Sphäre hinweisen, da sie mir gerade für die Natur der Neuritis und für die Diagnose von Be- deutung zu sein scheinen. Die Schmerzhaftigkeit der Nerven und Muskeln entspricht durchaus den entzündlichen Prozessen; auch die Zeichen sub- jektiver Hyperästhesie fehlen nicht; es bestehen schiessende, brennende, schneidende Schmerzen, welche sich bei jeder Bewegung steigern; gegen die Finger und Zehen hin besteht Taubheit des Gefühls und eine oft schmerzhafte Empfindung des Eingeschlafenseius, welche an die be- kannten Druckerscbeinungen der Nerven erinnert; auch die Nerveustkmme selbst weiter oben sind auf Druck sehr empfindlich; hieran schliessen sich trophische und vasomotorische Symptome, namentlich das mitunter sehr stark ausgesprochene schmerzhafte Oedem.

Neben diesen regelmässigen und typischen Symptomen sind noch einige seltenere zu erwähnen. Als solche nenne ich die Betheiligung des N. facialis, sodann die Affektion der Äugenmnskeln, Stra- bismus, Nystagmus, Pupillenerweiterung und selbst Papillenstarre ist beobachtet. Ferner kann ich bemerken, dass zuweilen auch Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktionen Vorkommen, welche der Krankheit noch mehr Uebereinstimmung mit Rückenmarkskrankheiten geben. Es scheint indessen, dass es sich auch hierbei um eine periphere Affektion der Schlidssmuskeln resp. deren Nerven handelt, wenigstens verliefen die zwei Fälle, in denen ich diese Komplikation beobachtete, ganz typisch zur Heilung, ohne Residuen zu hinterlassen. Als weitere Komplikationen sind zu erwähnen: Delirien, Anfregungszustände, Schlaflosigkeit, wobei auch der Alkohol-Delirien und Psychosen zu gedenken ist. Bemerkens-

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werth ist die Komplikation von Seiten des Herzens; Palpitationen, er- höhte Pulsfrequenz, Beklemmungen und Zeichen von Herzschwäche sind mehrfach beobachtet. Am bekanntesten ist diese Komplikation bei der Lähmung nach Diphtherie, leicht erklärlich bei der alkoholischen Form der Neuritis, aber sie kommt auch io anderen spontanen Fällen vor und ist besonders bei der Kak-ke (Beri-beri) bervorgeboben.

Die Entwickelung der Krankheit ist akut oder subakut. Io den ersten Tagen (bei subakuten Fällen) zeigt sich eine auffällige fort- schreitende Ermüdung der Muskeln mit abnormer Empfindlichkeit, dann treten deutliche Läbmuogserscheinungen auf. Zuerst können die Zehen und Finger nicht bewegt werden, dann schreitet die Lähmung immer weiter. Dieser Fortschritt ist oft ein sehr schneller: von den Zehen gebt die Lähmung auf die Füsse und Schenkel, dann auf die Arme und selbst Schulterrauskeln über analog der anfsteigenden Landry’schen Paralyse. Ohne Zweifel ist diese erste Periode der fortschreitenden Entwickelung mit Lebensgefahr verbunden, sie bat etwas sehr Beun- ruhigendes und Bedrohliches; wir können nicht sicher voraussehen, wann der Prozess zum Stehen kommen wird. Der Fall von Eichborst zeigt, wie das Leben bedroht ist, und wie wir io der ersten Periode den Fort- schritt der Krankheit nicht in unserer Gewalt haben. Sobald jedoch der Prozess still steht, atbmen wir auf, wir wissen nun, dass die Krankheit eine periphere Lähmung ist, und dass die Therapie bei einer solchen für die Mehrzahl der Fälle einen guten Ausgang verbürgen kann; nicht nur für das Leben, auch für die vollkommene Heilung ist die Prognose keine ungünstige. Im Ganzen gelten hier dieselben Grundsätze der Prognose wie für andere periphere Lähmungen, besonders die Facialis- paralyse, und werden wir sie hauptsächlich aus dem elektrischen Ver- halten der gelähmten Muskeln entnehmen. Die zahlreichen und sorgfältigen Beobachtungen bei Facialisparalyse geben eine grosse Sicherheit für die prognostische Beurtheilung auch dieser Fälle analoger peripherer Lähmungen.

Was Verlauf und Dauer der Krankheit betrifft, so ist beides sehr wechselnd. Es giebt Fälle von sehr akutem Verlaufe: nicht nur die schnell tödtlicben pernieiösen, sondern auch solche mit schnell eiiitretender Genesung; hier>ron sab ich einen Fall, welcher bei dem Gebrauch von Natr. salicyl. in 8 Tagen geheilt wurde. In der Mehrzahl der Fälle ist jedoch die Krankheit keine so schnelle, sie erstreckt sich auf Wochen und Monate. In diesem Verlaufe kann man drei Stadien unterscheiden: 1) das der fortschreitenden Muskellähmung, 2) das des Stillstandes

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and 3) das der Regeneration. Die Däner der Stadien ist nach der Schwere der Krankheit sehr Terschieden. In der Regel umfasst der Ab- lauf mehrere Moante; aber auch nach der im Wesentlichen erreichten Herstellung persistiren häufig noch einige markante Symptome, e. B. leichte Ermüdbarkeit, abnorme Sensationen, Herzklopfen, Nervosität, und es vergebt häufig Jabr und Tag, ehe der Fat. vollkommen hergestellt ist; das Wiedererscheinen der Sehnenreflexe lässt oft Jahre lang auf sich warten.

Mitunter ist der Verlauf der Krankheit exquisit chronisch. Die be- kanntesten und vollständigsten Fälle der Art sind die schönen Beobach- tungen von Dnmönil in Rouen. Der Verlauf dieser Fälle erstreckte sich über mehrere Jahre und war durch abwechselnde Heilungen und Rückfälle gekennzeichnet.

Neben diesen typischen Fällen von multipler Neuritis sehen wir auch atypische, unregelmässige Formen auftreten, unter ganz analogen Ursachen und Symptomen, z. B. sekundär nach akuten Krankheiten oder spontan nach Erkältungen. Diese Formen, auf eins oder nur wenige Nervengebiete beschränkt, weichen vom Typus der Lähmung wesentlich ab und lassen eine zusammenfassende Schilderung nicht w'ohl zu; sie werden nach denselben Prinzipien beurtheilt und behandelt, wie die typischen Formen.

Was die Aetiologie der Krankheit betrifft, so sind meine Unter- suchungen von der spontanen oder rheumatischen Form ausgegangen, ich habe aber gleichzeitig die akuten Infektionskrankheiten, die Syphilis und den Alkoholismus als ursächliche Momente genannt, auch dieBleilähmug bin- zugezogen. Seither haben sich die Beobachtungen bedeutend gehäuft, nnd eine grosse Zahl ätiologischer Momente ist nachgewiesen. Die speziellere Betrachtung erfordert eine Eintheilung in Gruppen. Indem ich diese übersichtliche Eintheilung hier anschliesse, behalte ich mir mit Ihrer gütigen Einwilligung vor, in einem späteren Vortrage auf die einzelnen Gruppen und Formen etwas näher einzugeben. Ich unterscheide folgende 5 Gruppen:

1) Die infektiöse Form.

2) Die toxische Form: Blei, Alkohol, Arsen, Phosphor.

3) Die spontane Form: Rheuma und Ueberanstrengnng.

4) Die atrophische (dyskrasischc, kachektische) Form.

5) Die sensible Form: Neuritis der peripheren sensiblen Nerven, Pseudotabes oder Nervotabes peripherica.

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Gehen wir nnn anf die Therapie der Krankheit ein, so erinnere ich daran, dasa ich bereits Eingangs meines Vortrages hervorhob: die multiple Nenritis ist eine Krankheit, bei welcher der Arzt mit Be- friedignng auf seine Leistungen sehen kann. Nnr in den seltensten Fällen wird das Leben bedroht, selten auch bleiben Residuen zu- rück, bestehend in unheilbaren Muskelatrophien und Kontrakturen; die grösste Mehrzahl der Fälle wird vollkommen geheilt.

Freilich lässt es sich nicht leugnen, dass an den günstigen Heil* resultaten die aktive Therapie nur in bescheidenem Maasse betheiligt ist. Die Medikamente, welche uns zur Bekämpfung dieser Krankheit zu Ge- bote stehen, sind nur gering an Zahl, und ihre Heilwirkung ist keines- wegs eine sehr zuverlässige. Selbst die Elektrizität, deren wir in dieser Krankheit nicht entbehren können, findet nur in eingeschränktem Maasse Anwendung und vermag nicht den Krankbeitsverlanf in ent- scheidender Weise zu beeinflussen. Gelegentlich bietet die ätiologische und sjmptomatologische Behandlung wichtige Indikationen, auf welche wir noch zurückkommen.

Derjenige Heilplan, welcher sich als der richtige bewährt bat, ist ein hygienisch exspektativer. Die Erfahrung bat gelehrt, dass bei dieser Krankheit, wie bei vielen anderen, ein unruhiges hastiges Eingreifen nur Schaden bringt, indem es die vorhandenen, in der Entwickelnng be- griffenen Reizungen und Degenerationen zu steigern droht. Namentlich ist ira Anfänge der Krankheit die frühzeitige Anwendung der Elektrizität, wozu die Aerzte häufig geneigt sind, ein entschiedener Fehler, und ich kann es nur als eine sehr vortheilhafte Einrichtung der Natur bezeichnen, wenn die gewöhnlich vorhandene lebhafte Schmerzhaftigkeit Jede einiger- maassen ergiebige elektrische Behandlung unmöglich macht. Dasselbe ist von der Massage und Muskelübung zu sagen: sie sind im Anfänge schädlich und verbieten sich meist in Folge der Schmerzhaftigkeit von selbst. Auch in Bezog auf die Muskelthätigkeit werden oft Fehler ge- macht, man lässt die Patienten mit ihren schwachen Muskeln omhergehen, um sie durch Ucbnng zu stärken; aber nicht zum Segen der Kranken, denn die entzündeten Muskeln bedürfen durchaus der Ruhe und Schonung.

1) Unter den Medikamenten, W’elche in dieser Krankheit von Nntzen sind, nenne ich in erster Linie die Salicyl säure bezw. dasNatronsali- cylicum, welches gerade im Beginne der Krankheit oft Erleichterung bringt und unter Umständen selbst eine coupirende Heilwirkung entfaltet. Namentlich bei der rheumatischen Form wirkt dies Mittel meist günstig; in vielen Fällen aber lässt es uns leider auch in Stich und äussert

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weder anf die Schmerzen noch auf den Erankheitsverlauf die geringste Wirkung.

An dieses Medikament schliessen sich die analogen Mittel der Neu' zeit an, das Antipyrin und Antifebrin. Beide werden um so mehr indizirt sein, als sie nach G. See eine günstige Wirkung auf neuralgische Schmerzen ausüben. Ich selbst habe noch keine Gelegenheit gehabt, sie in Fällen von multipler Neuritis anznwenden, zweifele aber nicht, dass sie eine ähnliche, vielleicht noch bessere Wirkung haben werden, als das erstgenannte Medikament. Als spezifische Mittel, von denen ein Conpiren der Krankheit erwartet werden darf, sind sie nicht wohl zu betrachten.

An anderen wirksamen Mitteln für unsere Krankheit sind wir nicht reich: Jodkali, Bromkali event. Colchicum sind nach allgemeinen thera- peutischen Grundsätzen indizirt, versprechen jedoch kaum wesentliche Erfolge. Somit ist unser Heilplan zum wesentlichen Tbeile anf die- jenigen Heilpotenzen und Methoden angewiesen, welche die exspekta- tive Methode oder, wie sie beute vielfach genannt wird, die hygienische Therapie liefert. Die Medikamente spielen dabei nnr eine nebensäch- liche Rolle, der wesentliche Plan der Therapie basirt anf der Fürsorge für die günstigsten Verhältnisse des natürlichen Krankheitsverlaufes. Die- jenigen Heilpotenzen, welche hierfür in erster Linie in Betracht kommen, sind zwei der wichtigsten, auf welchen die hygienische Therapie über- haupt basirt, die Ruhe, i. e. Bettruhe, und die Diät

Manche von Ihnen, m. H. Kollegen, werden von dieser meiner Dar- stellung wenig befriedigt sein und es nicht als einen Glanzpunkt der ärztlichen Kunst betrachten, wenn wir auf diese hygienische Methode angewiesen sind, ohne die Macht eines spezifischen scharf eingreifenden Mittels zn besitzen. Aber ich bitte Sie, sich zu vergegenwärtigen, dass die Aufgabe der ärztlichen Kunst nur allgemein dahin definirt werden darf, dass sie den Patienten, dessen Leben und Gesundheit durch den Angriff der Krankheit geRlhrdet ist, mit denjenigen Mitteln, welche durch die Erfahrung als die besten erkannt sind, schützt und wo möglich zur völligen Gesundheit zurückführt. Es ist eine unberechtigte dogmatische Einseitigkeit, zu verlangen, dass die Heilung gerade nur auf dem einen, allein seligmacbenden Wege der aktiven Therapie, durch Medikamente, geschehen soll. Wenn der andere Weg schneller und sicherer zum Ziele führt, so ist er auch der bessere. Der Arzt, welcher sein Heil ausschliesslich auf Medikamente baut, wird sich oft genug getäuscht finden. Die Methode der hygienischen Therapie findet

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nicht nur in Frankreich, sondern auch bei uns mehr und mehr An- erkennung und richtige Würdigung. Sie stellt sich freilich nicht die Aufgabe, die Krankheit selbst zu bekämpfen, sondern das erkrankte In- dividuum zu schützen, seine Resistenzfähigkeit gegen die Krankheit zu erhoben und ihm damit zum Siege zu verhelfen. Die Bedeutung und Wirksamkeit dieser Heilmethode wird Jedem in überraschender Weise ein- leuchten, der sich mit ihrer Methode und ihren Leistungen genügend bekannt gemacht bat. Der Thatendurst unserer durch die Erfolge der Chirurgie verwöhnten Zeit bat diese Methode, welche in der internen Therapie eine so grosse und erfolgreiche Rolle spielt, in den Schatten gestellt und auch hier einen Thatendrang gezeitigt, welcher häufig zu kritik- loser Anwendung zahlloser Medikamente führt, während die einfachsten Regeln der Hygiene und Diät vernachlässigt werden. So sehr man heute gewohnt ist, alles Heil von Medikamenten zu erwarten, so sehr man geneigt ist, auf die hygienische Therapie berabzuseben, so wäre doch derjenige sehr im Irrthum befangen, welcher meinte, dass diese eine leichtere Aufgabe sei. Im Gegeutheil ist beute nichts leichter und bequemer, als wenn der Arzt sich darauf beschränkt, seinen Kranken ein Rezept von zweifelhafter Wirkung zu verschreiben. Dagegen erfordert die Durchführung der hygienischen Therapie die äusserate Umsicht, Sorgfalt und Pünktlichkeit. Man wird die Schwierigkeit nicht unter- schätzen, welche mit der Durchführung einer bestimmten Diät und welche mit der Verordnung der Bettruhe verbunden ist.

2) Die Bedeutung der Ruhe als Heilmittel ist in neuester Zeit wiederum durch das bekannte, aber meiner Ansicht nach noch immer nicht genügend gewürdigte Weir-Mitchell’sche Heilverfahren in ihr altes Recht eingesetzt. Wer sich die Mühe giebt, objektiv zu beobachten, wird sich leicht von der grossen Wirksamkeit dieser Heilpotenz in den verschiedensten Krankbeitszuständen überzeugen können. Bei richtiger Indikation kann sie durch Nichts ersetzt werden, und das Verkennen dieser Indikation stellt den ganzen Kurerfolg in Frage. Dieser Fall trifft bei unserer Krankheit in vollem Maasse ein. Ruhe der affizirten Muskeln, in der Mehrzahl der Fälle Bettruhe, ist die erste und wichtigste Indikation. So leicht es erscheint, die Verordnung zu treffen, so schwer ist es häufig, sie mit der erforderlichen Strenge und Konsequenz durcbznfübren. Es giebt vielleicht keine schwierigere Aufgabe für den Arzt, als die Ungeduld seiner Patienten zu zügeln, welche den Heilnngs- prozess zu stören droht und die schon erreichten Heilerfolge in Frage stellt. Ein an eifrige Thätigkeit gewöhnter Patient ist ebenso schwer

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in Rabe tu halten, wie ein stupider, bei welchem Gründe and Autorität nichts ausrichten. Beide können sich von der Bedeutung der Ruhe keine Vorstellung machen und betrachten sie kaum als Heilmittel. Der Arzt ist häufig genöthigt, Medikamente zu verordnen, welche an sich über- flüssig sind, aber den Ideen der Kranken entsprechen und dadurch helfen, das Hauptziel, die Ruhe des Patienten, durchzusetzen. In der Tbat bedarf der Arzt der grössten Autorität, der Konsequenz und festen Ueberzeugung, um die erforderliche Bettruhe so lange durchzusetzen, als sie nothwendig ist. Der Arzt darf sich auch der Aufgabe nicht ent- ziehen, seinen Patienten die Ausführung der Verordnungen zu erleichtern, ihren Math, ihre Geduld, ihre Ausdauer zu stärken, bis sie die Krankheit überwanden haben.

Die Erfahrung bei unserer Krankheit lehrt, dass fast ausnahmslos die Neuritis und die davon abhängigen Zustände von Lähmung und Degeneration in den Muskeln am besten und schnellsten verlaufen, wenn man die erkrankten Organe durch Ruhe schont und von Reizungen fern hält. Nur selten erreicht bei einer solchen schonenden Behandlung die Muskeldegeiieration einen so hohen Grad, dass Entartnngsreaktion eintritt.

3) Gewöhnlich ist der Patient mit dieser zuwartenden, hygienischen Behandlung nicht zufrieden, und wir sehen uns schon um dieserhalb veranlasst, die elektrische Behandlung berbeizuziehen. Hierzu sind wir um so mehr berechtigt, als bei vorsichtiger Zurückhaltung ein Schaden nicht geschieht und als wir mit der Elektrizität ein Mittel in der Hand haben, den Zustand der Muskeln und Nerven, und den Ablauf der Stadien des degenerativen Prozesses zu kontrolliren. Dass diese Erkenntniss aber, selbst wenn man den direkten therapeutischen Werth der in Anwendung gezogenen Elektrizität nicht hoch schätzt, für das ärztliche Urtheil und damit für die Sicherheit der Prognose und der Therapie von grösster Bedeutung ist, bedarf keiner Auseinandersetzung. Aus diesen Gründen bediene ich mich auch vorzugsweise des konstanten Stromes, obgleich derselbe für den Patienten fast schmerzhafter ist als der induzirte. Der Fortschritt der Regeneration zur Heilung wird in der Wiederkehr der normalen Reaktions- verhältnisse sehr deutlich erkannt und methodisch verfolgt. Erst jetzt in der Periode der Regeneration wird die Prognose zuversichtlich, und wir dürfen nun dem Kranken von der verordneten strengen Ruhe Erleichterung ver- schaffen und allmählich von einem vorsichtigen Gebrauche der Muskeln zu methodischen Uebungen übergeben.

4) Hieran schliesst sich die Diät. Wenn im Anfänge unter dem Fieber und den Schmerzen der Appetit und die Ernährung stark gelitten

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haben, so ist weiterhin eine vorsichtige, gut roborirende Diät indieirt. Namentlich unterliegt es keinem Zweifel, dass in der zweiten Periode der Regeneration die Herstellung durch eine reichliche, nahrhafte Diät wesentlich gefördert wird und dass unter Zunahme der gesammten Körper- kraft auch die Kraft der erkrankten Muskeln und Nerven sich wiederfindet Uebrigeiis entspricht dieser Heilplan ganz den Oruudsätzen, welche Onbler, bekannt durch seine Arbeiten über die Lähmungen nach akuten Krankheiten, für die Behandlung dieser Affektionen anfstellte; sie heilen, wie er angiebt, am besten unter einem roborirenden Regime.

Es erübrigen noch einige Worte über die ätiologische und die symptomatische Behandlung.

5) Die ätiologische Behandlung ist für mehrere Formen wichtig und von Erfolg. Die rheumatischen Formen lassen am ehesten eine gute Wirkung der Salicylsäure (des Antipyrins) erwarten; die Bleilähmung erfordert ausser dem Schutze vor weiterer Einwirkung des Bleis die An- wendung von Schwefel und Jod; die alkoholische Lähmung erfordert die absolute Abstinenz, die syphilitische die spezifische Therapie und so fort. Ja wir können hierher auch rechnen, dass die kachektische und anämische Form die Behandlung dieser zu Grunde liegenden Diathesen in erster Linie erfordert.

6) Die symptomatische Therapie hat einige wichtige Indikationen zu erfüllen. Die wichtigste Indikation ist gegeben durch den Schmerz, welcher zuweilen so heftig und so anhaltend ist, dass die Patienten nngC' duldig und erschöpft werden. Der Schlaf ist verscheucht, der Appetit gestört, der moralische Muth gesunken. Die Situation kann auf solche Weise eine sehr ernste werden. Wir müssen und wir können die Narcotica anwenden, am besten Morphium, weil es sich am besten vertbeilen dosiren lässt. So leicht es non ist, Schmerzen, selbst ganz intensive Schmerzen, durch Morphium zu besänftigen, den Patienten das Gefühl der Erleichterung und den Schlaf zu verschaffen, so schwer ist es, dieser Indikation zu genügen, wenn der Schmerz anhaltend und heftig ist. Dann wirkt die das erste Mal dargereichte Morphium-Dosis zum zweiten Male nicht so gut, nicht so lange, und wir werden veranlasst, zu grösseren Dosen zu schreiten. So geht man auf abschüssiger Bahn der Morphium- sneht entgegen; nicht allein wird die Wirkung des Morphiums unsicher und kurzdauernd, sondern es gesellt sich eine allgemeine Hyperästhesie hinzu, bei welcher die Schmerzen immer heftiger werden. In solchen Fällen ist es Aufgabe des Arztes, ökonomisch zu sein und, ohne dem Patienten die Erleichterung durch Morphium zu entziehen, dennoch der Morphinmsucht vorzubeugen. Interkurrent können Mittel, wie Antipyrin,

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ADtifebrin, selbst Kokain angewandt werden, um den Morphinmgebrauch XU unterbrechen.

Von sehr sweifelhafter Wirkung auf die Schmerlen sind warme Bäder und Einreibungen, sie sind im Anfänge der Krankheit bei be> stehender Elyperästbesie eher geeignet, die Emp6ndlichkeit su steigern; schon die vielfache Bewegung der schmerzhaften Glieder steigert die Schmerzhaftigkeit. In solchen Fällen muss man davon Abstand nehmen, um allenfalls in den späteren Stadien der Krankheit wieder dazu überzugehen.

7) Der Vollständigkeit halber sei noch der Nachkur gedacht. Die Residuen der Krankheit ziehen sich zuweilen sehr in die Länge. Eine gewisse Schwäche der Muskeln, namentlich^ an den Beinen, bleibt für lange Zeit zurück und bedingt leichte Ermüdung beim Gehen. Der Kranke ist daher oft lange Zeit noch nicht im Stande, seiner gewöhnlichen Beschäftigung resp. seinem Erwerbe io gewohnter Weise nachzugehen.' Ebenso bleiben Parästbesien und Dysästhesien mitunter lange Z^it, bis Jahresfrist und noch länger, bestehen. Taubes Gefühl in den Füssen, den Zehen, den Hacken, Kriebeln, Kältegefühl etc. bestehen nicht selten lange fort. Ein Herr, den ich vor 2 Jahren wegen einer multiplen Neuritis behandelte, und der sich nach einem vier Monate langen Krankenlager gut erholt hatte, bot im vorigen Jahre, als er mich auf der Durchreise konsultirte, noch einige Symptome von Schwäche nnd Sensibilitätsslörungen, welche an Tabes erinnerten, in diesem Jahre eine lästige Empfindung von Kälte und Brennen am Perinaeum, welche sich gelegentlich mit einem Krampf des Sphincter resicae verband nnd Harn* bescbwerden verursachte.

Diese Verhältnisse bedingen die Nothwendigkeit von Nachkuren. Dieselben sollen, wie die Mehrzahl der Rekonvaleszentenknren, eine Kräftigung des Patienten im Allgemeinen im Auge haben: dnreh frische >. Loft, heitere Umgebnng, Entfernung von den Geschäften; ausserdem Bewegung mit Rohe abwechselnd, gute Diät. Ausser diesen allgemeinen Indikationen sind die bei Nervenkrankheiten mit Recht in hohem An- sehen stehenden indifferenten Thermen, wie Teplitz, Wiesbaden, Ragaz, Gastein, sowie die Sool- und Moorbäder (Rehme, Nauheim, Wiesbaden etc.) indizirt; in den späteren Stadien leisten die Kaltwasserkuren dnreh ihren erregenden stärkenden Einfluss gute Dienste. Dass diese Badekuren mit Elektrotherapie nnd Kinesotberapie (Massage und Gymnastik) verbunden werden können und sollen, bedarf kaum einer besonderen Erwähnung.

(Schluss folgt.)*)

*) Erklämng der Abbildungen S. 96. 5

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SelbstTerstttmmelang durch Dnrcbhohrnng des Trommelfells.

Von

Dr. Juttyn Karliniki,

k. k. Oberarzt

In seinem aasgezeichneten Stadium über „Simnlation and ihre Be- bandlung'‘ äussert sieb Herr Oberstabs- and Regimentsarzt Dr. E. Heller, dass die Verletzung des Trommelfells als Selbstverstümmelung sehr selten Torkomme. Allerdings dürfte die grosse Schmerzhaftigkeit eines solchen Eingriffes, die Schwierigkeit, durch den meistens etwas gekrümmten und durch Ohrenschmalz verunreinigten äusseren Oehörgang mit einem spitzigen, durch eine ungeübte Hand geführten Instrumente bis zu jener Membran hin zu gelangen, dessen Ursache sein.

Nachstehend will ich drei Fälle ans meiner bisherigen mililärärztlichen Praxis beschreiben, wo ich mit aller Sicherheit eine Selbstverstümmelnng durch Durchbohrung des Trommelfells vor mir zu haben glaube. Alle drei Fälle haben sich in kurzem Zeiträume bei Soldaten rumänischer Nationalität ereignet hei einer Nationalität, welche, was Simulation der Krankheiten, das Vorkommen wirklicher oder übertriebener Nostalgie und in Folge dessen Unlust zum Dienen, anbelangt, gewiss ihresgleichen sucht. Man denke sich einen Soldaten von meistens kräftiger Körper- beschaffenheit, dessen Intelligenz auf sehr niedriger Stufe steht, der sein Leben lang nur Schaf- oder Ochsenhirt war, dessen Leben in grenzen- loser Freiheit und Nichtsthun verflossen ist, versetzt plötzlich in fremde Gegenden, gezwungen zur Ordnung und Pflichterfüllung, wobei er sich seiner Lieblingsbeschäftigung „muncare'^ (Essen) und „dormire“ (Schlafen) nicht gänzlich ergeben kann, und man wird wohl nicht staunen, dass derselbe schon nach kurzer Zeit sich unglücklich fühlt und auf allerlei Mittel, durch welche er sich diesen lästigen Einflüssen entziehen könnte, denkt. Während meiner bisherigen Dienstzeit bin ich fast mit allen in der österreichischen Armee repräsentirten Nationalitäten in dienstlichem Kontakt gewesen, ich kann offen gestehen, dass, was die Hartnäckigkeit der zur Schau getragenen Simulationen anbelangt, die Rumänen die Meister sind. Während ein der Simulation überführter Soldat polnischer oder ungarischer Nationalität dieselbe in den meisten Fällen gleich nach

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der UeberfühniDg aafgiebt, während man bei Soldaten böbmiacber oder deatscher Nationalität vermöge ihrer Intelligenz auf Pflichtgefühl appelliren kann, steht man einem von Natur aus ungemein wehleidigen und zugleich verstockten Rumänen fast machtlos gegenüber, und Fälle, in welchen ein der Simulation öberführter Soldat, nachdem er die Erfolglosigkeit des Durchschwindelns eingesehen hat, einen Selbstmord- oder Selbst- verstümmelnngsversuch macht, sind gar nicht selten.

Ich will damit der rumänischen Nationalität gar nicht nahe treten, ich weiss aus eigener Erfahrung die Sparsamkeit und Ausdauer der zu dieser Nationalität gehörenden Soldaten zu würdigen und zu schätzen. Ich konstatire nur den Fakt, dass meiner Erfahrung nach dieselben zu den hartnäckigsten Simulanten gehören.

I. Infanterist G. M. reizte während einer Uebung den befehlenden Unteroffizier durch seine Unfolgsamkeit dermaassen, dass derselbe sich so weit vergase und ihm im Zorn einen Backenstreich auf die rechte Wange gab. Den nächsten Tag erschien Infanterist O. M. bei der Maroden- Visite mit der Angabe, seit der am gestrigen Tage erhaltenen Ohrfeige Ohrensausen, Stechen im linken Ohre und vollkommene Taubheit verspürt zu haben. Die vorgenommene Untersuchung ergab Folgendes: am Antitragus und Spina (crista) helicis des linkes Obres je ein ein- getrockneter 3—5 qmm grosser Blotschorf, nach dessen Wegnahme ein oberflächlicher Verlost der Epidermis zum Vorschein kommt. In dei Fossa conchae drei beinahe parallele, ebenfalls mit eingetrocknetem Blute bedeckte, gegen den Introitus meati auditorii externi sich hinziehende Ritze. Nach Vornahme der Ohraosspritznng, wobei grössere Mengen von Ohrenschmalz und Schmutz zum Vorschein kamen, ergiebt die Ohrenspiegel-Untcrsncbung ein vollkommen normales, intaktes, glänzendes Trommelfell, ebenso normalen äusseren Gehörgang, dessen äusserer Oeffnongsrand durch jene oben beschriebene Ilautritze tangirt ist. Genaue Untersuchung ergab keine Kommunikation zwischen dem mittleren und äusseren Obre, Mangel an Perforationsgeränscb, Knocbenleitong vorhanden, keine schmerzhaften Punkte an den Schädelknochen, die Eatheterisation der Tuba Enstaebii wie auch das Politzer'sche Verfahren gehen anstandslos vor sich. Die Herabsetzung des Gehörvermögens am linken Ohr bis zu 1 m für Flüstersprechen wurde durch Kontrolverfahren für unwahr erwiesen und der Patient nach Jodoform - Einstäubung der Haut- absebürfungen mit dem Bedeuten entlassen, dass in seinem Ohr nichts Krankhaftes nachzuweisen ist, dass die Ilaatabschürfnngen io keinem Zusammenhänge mit jener auf die rechte Wange erhaltenen Ohrfeige ge-

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nommen werden können, dass dieselben wahrscheinlich von ihm in boshafter Absicht selbst erzeugt worden sind. Der Patient schien mit diesem Ans- sprnche nicht zufrieden zu sein und versicherte hoch und theuer die Wahrheit seiner ersten Angaben. Derselbe wurde in den nächstfolgenden Tagen wiederum vorgeföhrt unter denselben Angaben, die jedesmal vor- genommene Untersuchung ergab die Verheilung der äusserst oberöächlichen Suhstanzverluste, dagegen Röthung und Schwellung der tieferen Partien des äusseren Gehörganges, ohne dass eine Injektion oder Röthung des Trommelfells oder eine Kontinultäistrennuog an demselben gefunden wurde. Der Patient wurde nochmals ermahnt und einprozentige Zinc. sulf. Lösung eingetränfelt. Am folgenden Tage (5. Tag nach der Ohrfeige) wurde ich in die Dislokation der Kompagnie, wo der Patient über heftige Kopf- und Ohrenschmerzen, über Ohrenduss und Sausen klagte, gerufen. Ich Hess denselben in meine nur einige Schritte entfernte Wohnung bringen und nahm eine Untersuchung vor, welche folgenden Befund ergab: Beim Ausspritzen des Obres kommen spärliche Eiterflecken und Epidermissebuppen zum Vorschein; der ganze äussere Gebbrgang gerötbet und geschwellt, einzelne Partien des Epithels weisslicb verfärbt, tbeils eingetrocknet, theils in Blasen gehoben, geätzt, lassen sich mittelst Watte und gekrümmter Pinzette entfernen; Trommelfell intakt und von vollkommen normalem Aussehen. Es unterlag für mich keinem Zweifel, dass hier eine künstliche Aetzung des äusseren Gehörganges stattfand und dass dieselbe durch die schwache Zinklösung nicht entstehen konnte, durfte ich annebmen, da ich die Lösung gleichzeitig bei einem anderen Patienten, der an einer Otitis externa und starker Lockerung des Gewebes litt, ohne dies jemals gesehen zu haben, angewendet batte. Eine Ver- wechselung der Medikamente ist io dem Falle vollkommen ausgeschlossen. Da mir die Dienstes -Entziehung des Mannes durch Ilinschicken ins Spital wegen einer so oberflächlichen Lädirung des äusseren Gebör- ganges unrathsam schien, habe ich dem Patienten kategorisch erklärt, dass ich von seinen Selbstverstümmelnngsversucben überzeugt bin und gedroht, bei Wiederholung derselben eine Strafanzeige machen zu müssen. In den Gehörgang wurde Jodoformglycerin eingeträufcit, und in 2 Tagen heilte der Prozess. An jenem Tage konnte die Untersuchung nur das normale Aussehen des Trommelfells und keine Spor von einer Mittel- ohraffektion konstatiren. Auf 10 Tage bekam ich den Patienten nicht zur Sicht; er wurde nämlich während meiner eintägigen Abwesenheit von dem mich vertretenden Kollegen mit Angenbindehaotkatarrh ins Troppeo-Spital geschickt, wo er, wie ich nachträglich erfahren habe.

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niemals aber Ohrenscbmerzen klagte. Als Rekonraleszent mir vorgefübrt, klagte er wieder über Obrenscbmerzea. Bei Ausspritzung des Ge'iör- gangcs kam unter Obrenscbmalz, Epidermisscbnppen und Eiterfetzen ein za einem ordinären Fbospbor-Zündbölzcben gehörendes Köpfchen zum Vorschein, über dessen Vorkommen ich nicht wenig erstaunt, der Patient bestürzt war. Die Spiegelnntersuchung ergab eine intensive Röthung and Schwellung des ganzen Trommelfells, in dem unteren äusseren Quadranten desselben eine mit stark injizirten Rändern umgebene, fast runde Oeffnung, ausserdem alle Symptome einer Mittelohrafifektion, wegen welcher der Patient ins Spital kam und der Vorfall zur Amtshandlung um- somehr übergeben werden musste, als die Zimmerkameraden von oft- maligem Bohren mit dem Finger in dem Ohre erzählten.

Dass im obigen Falle keine traumatische Ruptur des Trommelfells vorhanden war, konnte ich durch wenigstens 15 mal vorgenommene Spiegeluntersuchnng nachweisen dasselbe gilt auch für die traumatische Mittelohraffektion mit nachfolgendem Eiterdurchbrnch, da sonst die Zeichen der sich selbst langsam entwickelnden Affektion durch die an- gewandten Methoden entdeckt sein müssten. Dagegen spricht die Vor- gefundene Aetznng des äusseren Gebörganges, das anfgefundene Phospbor- Zündbölzchenköpfchen im Ohr und die offene Absicht, seinem Vorgesetzten za schaden, dafür, dass der Infanterist G. M. sich selbst die Durch- bohrung des Trommelfells hervorgerufen hat.

Von militärischen Simulanten wird meines Wissens Phosphor recht selten zu Selbstbescbädigungszwecken benutzt. Ein einziges Mal habe ich gesehen, dass ein mit chronischem Tripper behafteter Ulan, um die Sekretion zu erhalten und länger im Spital verbleiben ku können, nebst Reizung mit einem Strohhalme (ein recht beliebtes Mittel, um die Sekretion zu erhalten, besonders bei älteren „erfahrenen*^ Soldaten), wiederholt sich ein Phosphor-Zündhölzchen in die Harnröhre hineinführte.

Dass eine ursprünglich traumatische Fissur des Trommelfells beim Hinzntreten verschiedener Schädlichkeiten durch Eiterung und Entzündung nait der Zeit ihr spaltförmiges Aussehen verlieren und eine locbförmige Durchbohrung Vortäuschen kann, konnte ich vor kurzer Zeit bei einem bosnischen Hirtenknaben sehen. Derselbe war von einem Felsen herab- gestürzt und batte sich dabei mehrere Hautabschürfungen und Quetschungen sowie Nasen- und Ohrenbluten zugezogen. Bei der Untersuchung, zu welchem Zwecke erst immense Mengen von Schmutz und Ohrenschmalz entfernt werden mussten, wurde eine von oben innen nach unten aussen laufende spaltförmige Fissur mehr als der Hälfte des Trommelfells mit

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einigen punktförmigen Blutaustritten konstatirt. Unter Ruhe und antiseptischer Behandlung ging die Verheilung rasch vor sich, bis der Patient, eich schon ganz gesund fühlend, seiner Beschäftigung nacbging und in die gewohnte Unreinlichkeit verfiel. Nach etwa 2 Wochen präsentirte er sich mit einem ausgiebigen Ohrenfluss ; die Fissur war bis zu >/> verheilt, das untere Ende aber bedeutend erweitert, fast lochförmig, mit entzündlich gerötheten Rändern, dabei manifeste Mittelohraflfektion, die gewiss dadurch entstand, dass durch das unreine Verhalten binzu- tretender Staub und Schmutz der aseptischen Heilung der Fissur hinderlich wurde und, durch die Oefifnung in das Cavum tympani gerathend, dort die Entzündung hervorgerufen hat.

II. Infanterist Th. R, zngetheilt zur Assistenz der bosniscb-herzego- vinischen Gendarmerie, von sehr kräftiger Körperbeschaffenheit, legte schon nach kurzer Zeit Unlust zu dem schweren und verantwortlichen Oendarmendienst an den Tag. Er wurde mir öfters unter verschiedenen Vorwänden zur Maroden- Visite vorgeführt, ohne dass ich etwas Krankhaftes bei ihm nachweisen konnte. Im Juni 1. J. musste er durch einige Tage im Marodenzimmer wegen starker Conjunctivitis verbleiben, deren lang- samer Verlauf mir schon damals den Verdacht erweckte, dass der Prozess künstlich unterhalten und die Heilung verzögert wurde, ohne dass es mir gelang, dies nachzuweisen. Nach energischer Argcnt. nitr. Behandlung kam die Bindehaut-Entzündung zur Heilung, der Patient fing an über Ohrenstechen und Sausen zu klagen. Die vorgenommene Ohransspritznng förderte grosse Mengen von Ohrenschmalz und Schmutz zu Tage, und das Ohrensausen verschwand, nm nach 2 Tagen wiederzukehren. Da trotz der genauen Untersuchung kein Grund nacbgewiesen werden konnte, wurde der Patient strenge wegen oft wiederholten Marodirens verwarnt und mit einer Patrouille in den Dienst weggescbickt. Nach 5 Tagen meldete er sich wiederum unter Angabe starker Obrenschmerzen^ Taubheit, Brennen und Stechen in der Ohrgegend. Ich fand die linke Ohrmuschel geröthet und geschwellt, den äusseren Gebörgang stark an- geschwollen und für den dünnsten Obrtricbter unpassirbar. Die Aus- spritzung förderte einige weisse Schorfe, abgefallenes Epithel, Blut und Eiter, ausserdem einige weisse körnige Parti kelchen, welche in Berührung mit Wasser unter Gasentwickelung sich auflösten; es entstand deshalb sogleich bei mir der Verdacht, dass hier eine absichtliche Aetzung mit Kalk stattgefunden batte; einige noch nicht aufgelöste Körner wurden zur mikrochemischen Untersuchung aufgehoben. Da ich ohne den Obrtricbter durch das Vorhandensein des Perforationsgeräusches die Durchbohrung

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des Trommelfells nachweisen konnte, ohne deren Dimensionen und AuS' sehen konstatiren za können, ordnete ich kalte Umschläge an die Ohren- gegend an, welche durch den Leiteri'schen Wärmeregnlator durch mehrere Standen unterhalten wurden, tröpfelte Leinöl und Opiumtinktur ins Ohr und beschränkte mich auf das Beobachten des Verlaufes. Nach einem Tage konnte ich den Ohrtricbter anwenden, entdeckte, dass der äussere Gehörgang verbrannt, das Trommelfell stark gerötbet und injizirt war und im unteren äusseren Quadranten eine etwa 2 qmm grosse, mit einem blutigen Schorfe zum Tbeil bedeckte Perforation batte. Unter öfters des Tags wiederholten Einträufelungen von Jodoformgljcerin-Emnlaion und kalten Umschlägen ging der Heilungsprozess rasch vor sich, so dass schon am 3. Tage durch die Spiegeluntersnchung die beginnende Vernarbung der Perforation und Heilung der Aetzwunden konstatirt werden konnte. Am 10. Tage war der ganze Prozess nnter Hinterlassung einer strahligen Narbe am Trommelfell und mässiger Retraktion desselben abgelaufen. Die Funktion des Trommelfells blieb unversehrt, und da die mikro- chemische Untersnchnng das Vorhandensein von ungelöschtem Kalk bestätigte, unterlag es für mich keinem Zweifel, dass in diesem Falle die Aetzung des äusseren Gehörganges and die Perforation des Trommelfells durch Einführung des ungelöschten Kalkes und Zusatz von Wasser entstand. Der Fall wurde zur Amtshandlung abgetreten. Dass Trachom- Kranke zur Reizung der Angenbindehaut und Verlängerung ihres Spitals- anfenthaltes neben Tabak auch Kalk verwenden, konnte ich während meiner Dienstleistung im Garnisous-Spitale in Krakau und in Wien konstatiren.

III. Nach dem feldmässigen Schiessen im Sommer 1887 meldete Infanterist F. P. bei der Maroden -Visite, dass er während des Schnell- feuers plötzlich einen Knall im rechten Ohr verspürt habe und seit der Zeit Sausen im Ohr und vollkommene Taubheit empfinde. Eine Beratung des Trommelfells in Folge der starken Lufterschütterung im Gewehrfeuer schien mir umsomehr wahrscheinlich, da der Patient unaufgefordert das Perforationsgeränsch vordemonstrirte, ich unterzog ihn deshalb einer Ohrenspiegel'Untersucbung. Wie war ich aber enttäuscht, statt einer rissförmigen Ruptur ein ganz anderes Bild sehen zu müssen! Im oberen inneren Quadranten des Trommelfells, knapp vor dem Hammergriff, befindet sich ein Substanzverlust von l'/> mm Durchmesser mit theilweise nach innen eingestülpten Rändern, welcher die Kommunikation zwischen dem äusseren und inneren Ohr befördert; in dessen Umgebung befinden sich zwei kleine Blutextravasate und an dem inneren Rande des hier endigenden

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iassercn Oehörganges cwei faat parallele, seichte Sabstancverloste des Epithels, durch einen blutigen eingetrockneten Schorf bedeckt. Keine Spur von sonstiger Mittelohraffektion. Da ich zufällig einige Tage früher den- selben Mann unter yielen anderen zur Uebung im Ohrenspiegeln ver- wendet und ein vollkommen normales Verhalten des Trommelfells ver- zeichnet hatte, war mir dieses plötzliche Bersten des Trommelfells in Folge der Lufterschütterung verdächtig, ich konnte aber leider nur das Vorhandensein jener zwei Risse im äusseren Oehörgang als Verdacht erweckendes Moment betrachten. Die in Folge der Lufterschütterung entstandenen Trommelfellperforationen haben, was ihr Aussehen anbelangt, so wenig Charakteristisches an sich, dass sie nur im allerfrübesten Stadium von Durchbohrung in Folge Mittelobraffektion unterschieden werden können. Ich habe besonders bei jungen Leuten fast ebenso oft lochförmige Kontinuitäts-Trennungen in Folge eines Sturzes gesehen, wie spaltförmige Fissuren. Die Blntextravasate am Trommelfell haben ebenfalls nichts Charakteristisches an sich. Ich habe sie einigemal in Begleitung der Trommelfellrupturen und auch ohne dieselben beim plötzlichen Luftdruckwechsel gesehen. Die deutlich nach innen eingestülpten Ränder konnten ebensogut durch Eindringen eines spitzigen Gegen- standes wie durch die spätere Einziehung beim Wechsel der Druck- Verhältnisse in beiden Ohrpartien entstehen; nur das Vorhandensein jener Hantrisse im inneren Gehörgange lassen die Vermuthung zu, dass hier eine Selbstverstümmelung Platz gefunden hatte. Die sorgfältig gepflogene Untersuchung des Falles ergab doch, dass laut den Aussagen der Zimmerkameraden Infanterist P. P. ein im Uebrigen fleUsiger und selten marodirender Soldat sich öfters früher mit eingekrümmtem Drahte das angesammelte Ohrenschmalz entfernt batte und noch am Morgen vor dem feldmässigen Scbiessen ebenfalls im Ohr bohrend angetroffen wurde. Ob unter diese» Umständen eine Selbstverstümmelung anznnebmen ist, vermag ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Unter antiseptischer Behandlung heilte die Ruptur innerhalb einer Woche ohne Nacbtheil für die Funktion.

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Blockbaus Celebic in Bosnien im August 1887.

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Referate nnd Kritiken.

Zur Kaltwasserbehandlung des Typhus.

1. Gläser, J. A., Bericht über die Temperaturverhältnisse in 200 tödtlich verlaufenen Typhusfkllen , nebst einigen ketieriscben Bemerk nngen über Antipyrese. Deutsches Archiv für klinische Medizin. Bd. 41., Heft 1.

2. Port, lieber die Abnahme der Typhussterblichkeit. Münchener medizinische Wochenschrift. 1887. No. 30.

Die grossen Vorzüge der Kaltwasserbehandlung in fieberhaften Krankheiten und namentlich beim Abdominaltypbus und der unzweifel- hafte Segen, den sie gestiftet hat, sind gewiss von uns Militärärzten am dankbarsten und unumwundensten anerkannt worden. Um so mehr sind wir verpflichtet, von denjenigen Publikationen Kenntniss zu nehmen, ' welche den immer von Neuem auftaucbenden Versuchen, diese Methode in irgend einer bestimmten schematischen Form als die alleinselig- machende hinzustellen, ernste Bedenken entgegensetzen.

Gläser (1) geht von der Erwägung aus, wie die Kaltwasser- behandlung und die antipyretische Behandlung überhaupt mit der Voraussetzung stehe und falle, dass die Erhöhung der Körpertemperatur das wesentlich lebengefährdende Element des Abdomiualtyphus sei. Eine darauf hin vorgenommene sehr sorgfältige Durchsicht der Temperaturtabellen von 200 im Hamburger Allgemeinen Krankenbanse verstorbenen Typhuskranken zeigte nun, dass darunter erstens kein Fall enthalten war, welcher Temperaturmaxima aufwies, die nach den bisherigen Erfahrungen mit der Fortdauer des Lebens unvereinbar sind, sowie dass ferner unter 188 jener tödtlich verlaufenen Fälle, deren Beobachtung absolut einwandfrei ist, nur 15 sich finden, von welchen sich (unter Zugrundelegung einer von Wunderlich mitgetbeilten Durchschnitts- Kurve) behaupten Hesse, dass sie unter „hohen Temperaturen'^ verlaufen seien. Uebrigens sei die Grenze der mit der Fortdauer des Lebens noch vereinbar erachteten Temperaturen (43,8° C. nach Liebermeister) bei uns bisher sicher zu niedrig angenommen, da n. A. in der Lancet vom 6. März 1875 ein zur Genesung führender Fall von trau- matischer Myelitis mitgetheilt ist, in welchem die unter allen Kautelen ansgeführte Messung in der Achselhöhle wiederholt 49,9° C. (sic) auf- wies, während die Temperatur 7 Tage lang zwischen 45 und 47° C. schwankte nnd 7 Wochen lang nicht unter 42,1° C. fiel. Der Nachweis, dass die parenchymatöse Degeneration (zudem nach G. ein nicht allzuscbwerer und jedenfalls reparabler Zustand) Folge der hoben Temperaturen ist, sei ebenfalls bisher nicht geliefert, und der Begriff „feb^e Consumtion“ sei ebenso unsicher (Cohnheim).

O. weist hier noch auf die (im VI. Bande des Kriegssanitäts- Beriebtes übersichtlich znsammengestellten) Beobachtungen Strobe ’s und Fraentzel's bezüglich einer mit niedrigen Temperaturen und hoher

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Mortalität einherp;eheDden Form des Abdomioaltyphns hin, wendet sich dann gegen einige offenbare Tragscblüssc der fanatischen Verfechter der Kaltwasserbehandlung und erklärt schliesslich rundweg, dass er nicht an den Einfluss einer Methode glaube, deren Resultate zwischen 0% (Weidner und Brand) und 18,5®/o Mortalität (Leube) schwanken. Indem er hiernach die Sterblichkeitsziffer beim Abdominaltypbas im Wesentlichen von dem Charakter der jedesmaligen Epidemie abhängig erscheinen lässt, begegnet er sich mit denjenigen Anscbanungen, welche freilich (ans naheliegenden Gründen) nicht so prägnant und nicht so drastisch in dem Kapitel „typhöse Erkrankungen“ des Kriegs» Sanitäts* Berichtes zum Ausdruck gebracht worden sind und auf Grund deren daselbst ausgesprochen wird; „dass den deutschen Feldärzten die' Freiheit ihres therapeutischen Handelns anch fernerhin gewahrt bleiben müsse“. '^) Auch von der innerlichen Antipyrese will er nichts wissen und hält „im Allgemeinen die innere wie äussere Anti- pyrese in der Schablonenmanier, in welcher sie Brand, Vogl u. 8. w. anwenden, für verwerflich“, was ihn „natürlich nicht abhält, unter angemessenen Umständen ein Bad zu geben“. In diesen Schlussfolgerungen geht G., selbst wenn man sich ganz auf seinen Standpunkt stellen wollte, entschieden viel zu weit; denn man kann eine methodische Bäder- behandlung für sehr segensreich halten, ohne deren Hauptschwerpunkt in der Temperaturherabsetzung zu suchen.

Port (2) unterzieht die in der letzten Zeit so berühmt gewordene und namentlich von Brand mit Begeisterung zu Gunsten der „strikten“ Kaltwasserbehandlung ins Feld geßhrte Vogl 'sehe Statistik**) (die übrigens auch von dem vorigen Autor heftig angegriffen wird) einer sach- und ortskundigen Kritik, in welcher er nach weist, dass ein Theil der günstigen Behandlungsresnltate auf der von Vogl geleiteten I. Intern-Station des Münchener Garnisonlazareths ganz entschieden dem Zufall zu danken ist. Er verwahrt sich bei dieser Gelegenheit gegen die Behauptung, dass die notorische Abnahme der Typhustodesfälle in den Armeen und unter der Zivilbevölkerung erst seit der Einführung der Kaltwasserbehandlung datire nnd deshalb lediglich oder doch vorwiegend dieser zu danken sei. Hiergegen spreche schon die Lang- samkeit und vor allen Dingen die Stetigkeit dieser Erscheinung, deren Anfänge in der sehr weit zurückreichendeu Bayerischen Militär- statistik in der That schon am Ende der fünfziger Jahre sich erkennen lasse. Die Preussische Militärstatistik zeige ausserdem, dass mit der geringer werdenden Mortalität auch eine Abnahme der Morbidität parallel gehe, und dass beides mit einer Regelmässigkeit geschehe, welche auf irgend ein den menschlichen Maassnahmen sich völlig entziehendes Naturgesetz hindeute, wenn man auch der Verbesserung der hygienischen Verhältnisse einen gewissen Antheil werde zuerkennen müssen.

Ref. möchte demgegenüber nur hervorbeben, dass ein gewisser Ein- fluss des klinischen nnd therapeutischen Umschwnuges der sechziger Jahre auf die Typhusstatistik sich doch kaum wird ableugnen lassen. Denn das, was wir jetzt unter dem Begriffe des Abdominaltypbas

*) Kriegs-Sanitäts-Bericht 1870/71. Band VI. S. 336.

**) Deutsches Archiv fSr klinische Medizin. Band 36 und 37.

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vereinigen, dürfte doch wesentlich verschieden sein von dem, was vor Einführung der Tbermometrie so genannt wurde. Während man früher nur die ganz schweren Fälle als Typhus bezeichnete, die übrigen aber zur Febris gastrica (bezw. pituitosa) rechnete, lehrten die Temperatur* kurven, dass ein grosser Tbeil der letzteren Fälle recht eigentlich dem Typbus zugehöre. Und wer wollte leugnen, dass diese Verschiebung durch das unwillkürliche Bestreben, die inzwischen von Brand nnd Anderen veröffentlichten niedrigen Mortalitätsziifern gleichfalls zu erreichen, wesentlich befördert worden ist.

Um die hieraus sich ergebende Fehlerquelle thunlicbst auszuschliessen, empfiehlt eich ein Verfahren, welches der Kriegs -Sanitäts- Bericht schon aus anderen Gründen einschlagen musste: die Zusammenfassung der Rubriken Typhus abdominalis und Febris gastrica unserer Rapporte. Wendet man dieses Verfahren an, so kommt man, wie die nachstehende Tabelle*) zeigt, zu einem etwas anderen Resultate als Fort, dem nämlich, dass die .Mortalität der „typhösen Erkrankungen“ in Bezug auf die Zahl der Behandelten während der 3 Quinquennien von 1868 bis 1882/83 nahezu völlig konstant geblieben ist, dass demnach die Abnahme der- selben in Bezug auf die Kopfstärke lediglich der Verminderung der typhösen Krankheiten überhaupt zu danken ist. Der oben angedeutete Einfluss der Tbermometrie im Verein mit der Kaltwasserbehandlung spricht sich sehr deutlich in den Kolumnen 3, 6 und 9 aus; besonders schlagend ist die rapide Abnahme der gastrischen Fieber im 2. Quin- quenuium, während die absolute Ziffer des Ahdominaltypbus sogar zugenommen hat. Den Glanzpunkt der Tabelle bilden jedenfalls die Kolumnen 10 und 13, welche zeigen, dass sich die Zahl der in der Armee zur Behandlung gelangenden typhösen Erkrankungen in dem gedachten Zeitraum absolut um die Hälfte, im Verhältniss zur Kopf- stärke aber sogar um ’/i vermindert hat. Der einzige Einwurf, welcher (wie bereits der Kriegs-Sanitäts- Bericht hervorhebt) gegen diese Berechnung noch gemacht werden könnte, wäre der, dass sich in Folge der verbesserten Diagnostik vielleicht die untere Grenze der „typhösen Erkrankungen“ im Laufe der Zeit verschoben hätte, indem ein Theil der früher als Febris gastrica aufgefassten Krankbeitszustände später den einfachen Mageukatarrhen zugerechnet worden wäre.

Dann müsste sich aber eine allmälige Zunahme der Erkrankungen an akutem Magenkatarrh konstatiren lassen. Dies ist jedoch, wie aus Tabelle 2 bervorgeht, wenigstens während der letzten 2 Quinquennien, für welche eine solche Berechnung möglich war, nicht der Fall gewesen; vielmehr bat auch die Zahl der akuten Magenkatarrhe absolut und relativ abgenommen.

Wenn hierdurch die Zulässigkeit einer Zusammenziehung der Rubriken „Typhus abdominalis“ und „Febris gastrica“ zum Zweck statistischer Untersuchungen eine wesentliche Stütze erhält, so dürfte auf der anderen Seite ans den doch wesentlich abweichenden End- ergebnissen die Nothwendigkeit der Anwendung dieses Verfahrens, wo es überhaupt angängig ist, sei es auch nur der Kontrole halber, zur Genüge hervorgehen.

•) Cf. felgende Seite.

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*) Von 1872 ab cinwhlU-sglich dpa XUI. (Königlich Württenibcrgischen), während des Hap]iortjahres 1882/83 auch einschliesslich des XII. (Königlich Sächsischen) Armeekorps.

if) Al.s , Behandelte“ sind nur die in Zugang gekommenen Mannschaften aufgcführt; die kleinen Zahlen der bei Beginn jeder fünf- jährigen Periode in Bestund Verbliebenen haben auf die S’erhältiiigszahlen keinen Einfluss.

Tabelle I.

MorbiditSt und Mortalität an Abdominaltyphus und gastrischen Fiebern in der Preussischen Friedens-Armee')

während der Jahre 1868 bis 1882/83.

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Tabelle II.

MorbiditSt und Mortalität an akutem Magenkatarrh während der Rapportjahre 1873/74 bis 1882/83.

Zeitraum.

Durch-

schnitts-

Kopf-

stärke

der

Armee.

Be-

handelt sind (nur Zu- gangs- zahlen).

Ge-

stor-

ben

sind.

Von 100 Be- han- delten sind ge- storben.

Zahl

der

Behandelten auf 1000 der Durch- schnitts- Kopfstärke.

Zahl

der

Gestorbenen auf 1000 der Durch- schnitts- Kopfstärke.

Mittel der Jahre 1873/74 bis 1877/78

319131

139 54

4.2

0,03

4.3,7

0,013

Mittel der Jahre 1878/79 bis 1882/83

34.j 492

126 39

0,2

36,4

Sommer

•brodt.

Hygieoiscbe Instruktion für die nach Afrika bestimmten italienischen Truppen, vom Sanitätsgeneralmajor Macbia- velli, Vorsitzenden des obersten Militär-Gesundbeits-Ratbes.

Im Auszuge mitgctheilt von Oberstabsarzt KSrting.

Die Gazetta medica italiana-lombardia bringt in ihren No. 38—40 des Jahres 1887 die obige, offizielle Dienstanweisung, deren Wichtigkeit ihre Mittheilung ohne Weiteres rechtfertigt. Die Italiener sind hierin den Engländern gefolgt, die in ihrer mustergültigen hygienischen An- weisung für ihr Expeditions-Korps in Suakin 1883 (cf. deutsche militär- ärztliche Zeitschrift 1886 S. 3ö2) den Weg gezeigt haben, anf welchem wesentlich dazu beigetragen werden kann, Armeen im Felde soviel wie möglich vor Krankheiten zu bewahren.

I. Auswahl der Mannschaften. Die Berücksichtigung der ausserordenilicb heissen, und namentlich bei SO- nnd S-Wind drückend feuchten Lnft fordert, nur völlig gesunde Leute auszusuchen, die namentlich keinen Fehler der Atbmungs- und Kreislaufsorgane oder Angenkrankheiten haben. Leute, deren Körperbeschaffenbeit Zweifel verursacht, sollen vorerst in der tleimath nnter Beobachtung bleiben.

II. Bekleidung und Ausrüstung der Offiziere. Als Kopf- bedeckung wird ein Helm mit breitem Schirm und Nackenschleier empfohlen, wie er bei Europäern in den Trtjpen international ist. Der^ Kopf des Helmes soll so buch sein, dass man bei excessiver Hitze ein angefeuchtetes Taschentuch oder dergl. darin unterbringen kann. Zur Ver- meidung von Augenentzündnngen sind rauebgrane Schutzbrillen erforderlich,

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deren Form und Grösse das Sehorgan gleichzeitig vor dem Wästensande schützt. Der Anzug sei leicht, hell und weit, baumwollen ; zum Schutz in kühlen Nächten wollene Decken; gegen die Muskitos ein kapuzenartiger Mullscbleier; daneben Räucherungen mit Herba Pyrcthri rosei oder Ab- waschungen der exponirten Knrpertheile mit einer Abkochung desselben.

Die Füsse sind häufig zu waschen. Vor dem Marsche werden sie mit einer Mischung von .50 g Talg und 5 g Magnesia carbonica oder von Acid. salicyl. 10, Glycerin 26 g eingerieben. Nach Märschen er- weisen sich heisse Fussbäder als äusserst nützlich. Die niedrigen Stiefel sollen stark sein und nicht geschwärzt. Sie behalten ihre Geschmeidigkeit lange, wenn man Oberleder und Nähte häufig mit einem Lederfett bearbeitet, welches aus 100 g Schweineschmalz, 30 g Talg, 100 g Thran und 25 g Terpentin bereitet ist. Leinene Gamaschen, die au der äussern Seite geschnürt werden, sichern den Unterschenkel.

Ein wasserdichter Mantel ist sowohl bei Regengüssen, wie als Unterlage auf feuchtem Buden werthvoll.

Uuentbehrlicb ist das Zelt, und zwar ein konisches, geräumiges und möglichst wasserdichtes; für höchstens 3 Mann oder 2 Ofüziere. Die iu der Instruktion vollständig mitgctheilten Einrichtungserfordernisse dürfen wir wohl übergehen. Sie umfassen eine bedeutende Reihe von Gegenständen, welcher zwar angenehm sind, aber doch in das Gebiet eines Luxus gehören, der den Tross des Heeres ausserordentlich ver- mehren müsste, wenn er jedem Offizier gestattet würde. So z. B. das eiserne Klappbett, die Kautsebukbadewanne, die 4 Wascbschwämme, die Flasche mit Chinarindentinktur als Haar- und Zahnwasser und dergl. mehr. Auch die Bekleidung des Offiziers würde nach den Vorschlägen der Instruktion einen ansehnlichen Koffer erfordern. Ein Theil der Ober- nnd Unterkleidung soll übrigens für jeden Fall auch vom Offizier in einer Umhängetasche mitgefuhrt werden.

III. Bekleidung und Ausrüstung der Mannschaft. Erfordert wird ein leichter Hot mit breiter Krempe und Nackenschntz. Grane Blonse und Hose aus Baomwollenstoff. Wollene Leibbinde, Flanellbemd für die Nacht; für den Tug ein baumwollenes Wams, ein weisses weiches Baumwollenhalstuch, baumwollene Unterhosen, ein kurzer Tuchmantel. Alpenschnhe von ungeschwärztem Leder, dazu Gamaschen von Leinewand, endlich Fusssalbc. Wichtig ist ein Stück wasserdichten Stoffes von 2 m Länge, 1,2 m Breite, als Unterlage bei Nacht zur Abhaltung der Boden- feuchtigkeit, Im Brotbeutel sollen ein paar Socken, ein Handtuch, ein Flaoellbemd, ein Wams, ein Trinkbecher aus wasserdichtem Stoff und ein Taschenfilter Platz finden, um stets zur Hand zu sein. Der Filter- apparat besteht aus einem hölzernen Rohr mit Mundstück, an dessen anderem Ende ein kleiner Sack aus Haargewebe befestigt ist, der mit Koblenstückchen vegetabilischen oder animalen Ursprunges zu füllen wäre. Dies Filter soll zweifelhaftes Wasser in Geruch und Geschmack sicher reinigen, vorausgesetzt, dass die Kohle öfter erneut und das Instrument sauber gehalten wird. Ob letzteres im Felde regelmässig dnrcbznführen, wird bezweifelt wenn aber nicht, so dürfte ein solches Filter bald das Gegentheil von dem leisten, was cs soll.'^)

Zur Ausrüstung gehört ferner die eiserne Ration, ein Trinkgefäss aus Kautschuk, eine Seifendose und eine Staubbrille; auch werden Zelte für nothwendig gehalten.

*) Cf. Uffelmann. 4. Jahresbericht für Hygiene. 1887. S. 46.

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IV. EinscbiffoDg, Fahrt. Die Forderungen möglichet gerünmiger Iranaportdampfer mit auagiebigater Ventilation und peinlichster Reiolicbkeit bedürfen ala allgemeine und aelbatverständlicbe keiner oiberen Wiedergabe. Verf. verlangt namentlich auch für die Schlafstellen einen genügenden Luftkubua, sowie eine Anzahl auch am Tage benutzbarer Lageratellen für Seekranke. Alle, oder wenn das nicht gebt, wechselnd ein Tbeil der Mannschaften soll tagüber auf Deck sein, namentlich soll hier gespeist werden. Häufige Bäder sind erwünscht.

V. Ausschiffung und Wahl des Lagers. Gleich nach der Ankunft werden die Mannschaften noch einmal einer ärztlichen Unter- anchnng unterzogen. Kranke werden überhaupt nicht oder als letzte toagesebifft, um unter ärztlicher Obhut zu verbleiben.

Das Tropenklima, in welchem die Mannschaften sich nach der Aua- schiffnng befinden, wird zu willkürlichen Aenderungen der Bekleidung verleiten. Dies zu verhindern, muss Gegenstand besonderer Sorge sein.

Für das Lager ist ein trockener, wenig durchlässiger, leicht geneigter Boden zu wählen; möglichst entfernt von Sümpfen, aber mit gutem Wasser. In der Umgebung des Lagers sind nachts, bis gegen Tages- aabrueb grosse Feuer zu unterhalten, um die Morgennebel zu zerstreuen. Ein geräumiges Zelt oder eine Baracke ist zum Baden oder Waschen für die Mannschaften bestimmt, eine andere dient als Revierkrankenstube. Letztere ist doppelwandig herzustellen, um, wie Verf. glaubt, eine isolirende Luftschicht zwischen ihrem Innern und dem übrigen Lager in sichern.

VI. Trink Wasser Gutes Trinkwasser ist in den hier in Betracht kommenden Gegenden Afrikas selten, auch den Oasen ist nicht zu trauen, da sie oft stagnirendes Wasser enthalten und dann ein Herd der Malaria sein können. Man wird in solchen F'ällen die amerikanischen Röhrenbrunnen (Fat. Norton) und Destillirapparate zu Hülfe nehmen. Blosse Trübungen lassen sich durch das Filter bezw. durch Alaunzusatz rerbessern. Besonders ist auch Abkochen des Wassers zu empfehlen, und seine Verabreichung als Tbee- oder Kaffee-Anfgusss; ferner Zusatz von Citronensaft, Wein, Essig. Im Lager sind grössere Filter aus Fässern zu errichten; ihre Herstellung weicht nicht von den bekannten Modellen ab. Ist man zur genauen Eintheilung des verfügbaren Wassers genöthigt, so werden als Minimalsatz pro Kopf 5 1 gefordert; hierbei ist der Gesammtbedarf zum Trinken, Kochen und Waschen eingerechnet, auch ein im Tropenklima mit zu veranschlagender Verdampfungsverlust Wüeksichtigt. Bei unmittelbarer Benutzung stehenden Wassers ist übrigens auf die häufigen Blutegel zu achten.

VII. Speisen und Getränke. Die Einflüsse des erschöpfenden Klimas erfordern eine besonders gute und zweckmässige Natnralverpflegnng. Verf. empfiehlt zur Anregung des Appetits eine bedeutende Reihe von Gewürzen, wie Salz, FfeflFer, Zwiebeln, Lauch, Paprika, Safran, Senf etc. im Ganzen mehr als bei uns üblich. Ausserdem verlangt er gut ans- gebildete Köche unter einem erfahrenen Küchenchef und möglichst seltenen Wechsel in diesem Personal. Von animalen Nahrungsmitteln stehen Rind- und Schöpsenfleisch in erster Linie; Schweinefleisch ist in beisseo Klimaten ungesund, dagegen würde das allgemeine Vorurtheil gegen Pferdefleisch zu besiegen sein, wenn der Zufall dasselbe in guter B^chaffenheit liefert. Frischer Fisch kann bin und wieder für das Fleisch eintreten, doch muss dann die Ration um ■/• erhöht werden, um

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den minderen Nährwerth des Fischfleisches aoszoeleichen. Eier werden selbstredend willkommen sein; ebenso Milch. Von Vegetabilien stehen gut ausgebackenes Brot und Reis obenan, demnächst Erbsen, Bohnen und Kartoffeln. Letztere werden den Truppen am besten in Gestalt getrockneter Scheiben ans Italien nachgefübrt.

In Reserve stehen Konserven und Biscuit. Sie sollen Nothbehelfe bleiben, da ihr häufiger Gebrauch Magenkatarrh verursacht. Bisqnit wird geniessbarer, wenn man ihn anfeuchtet, salzt und für eine Stunde in feuchtes Linnen schlägt.

Grüne Gemüse können in die Mahlzeit angenehmen Wechsel bringen, sie sind auch in konservirter Gestalt zu empfehlen. Da der italienische Soldat ferner an Früchte gewöhnt ist, so muss auch deren Verabreichung im Auge behalten werden. Das nahe Aegypten wird Bananen, Datteln und Orangen liefern können, trockene Feigen sind uacbzusenden.

Südamerikaniscbem Brauch folgt Verf., wenn er ausser Kaffee, Thee und Wein auch das Kauen von Cocablättero empfiehlt. Prophylaktisch gegen Malaria und Skorbut kommt die Vertheilnng von China-Elixir und Rum mit Citroncnsaft in Betracht; dies soll jedoch dem Ermessen des Arztes Vorbehalten bleiben.

Als höchst nützlich wird endlich die Ausgabe von Eis empfohlen, um bei den Mahlzeiten die Getränke zu kühlen; nicht zum Gebrauch in den Zwischenzeiten.

VIII. Küchen und Backöfen müssen unter Dach gebracht werden, um vor Regen und Sonnenhitze geschützt zu sein. Für die Abfälle und die Asche sind eiserne Behälter bestimmt; ein grosses Filter dient für den Gebrauch der Küche allein und wird in deren Nachbarschaft er- richtet. Nach Erfahrungen in Italien unterliegt es keinen Bedenken, zum Backen des Brotes auch Seewasser zu verwenden. Das Kücben- geschirr ist von croaillirtem Eisen. Lässt es sich irgend machen, so würde eine besondere Baracke als Speisesaal vom hygienischen Stand- punkt zu begrüssen sein. Dieselbe könnte auch als Instruktionsraum dienen.

IX. Latrinen. Beseitigung der Abfälle. Tonnen auf Schub- karrengestellen in offenen Zelten, mit täglicher Abfuhr sind als das zweckmässigste Latrinensystem anzuseben. Die Desinfektion des Tonnen- inhaltes kann mit salzsaurem Eisenoxydul 174 g auf das kg, oder mit eisenhaltigem Alnminiumcblorid (Chloralum), 10 1 auf 100 kg Inhalt geschehen. 16 Tonnen für die Mannschaften und 6 für die Offiziere genügen für ein Bataillon. Ein besonderer, geschlossener, fahrbarer Behälter führt täglich die Lagerabfälle anderer Art ab. Dieselben werden am besten mit Petroleum getränkt und verbrannt.

X. XI. Schlachtvieh, Schlachterei. Der Platz für das Schlachtvieh wird 300 m vom Lager entfernt eingezäunt und womöglich theilweise eingedeckt. Peinliche Reinlichkeit ist auch hier Erforderniss, und unter Anderem durch tägliche Abfuhr des Mistes zu sichern. Nicht weit von dem Thierpark wird die Schlachterei in einer eigenen Baracke mit cementirtem Fussboden, grossen Fenstern und Jalousien eingerichtet Der Fussboden ist mit Rinnen versehen, weiche den Spülicht in Sammel- becken leiten, die ihrerseits regelmässig abgefahren werden. Auch die festen Abgänge müssen gewissenhaft entfernt werden. Für reichliche Wassermengen ist zu sorgen. Das nicht sofort zur Verausgabung kommende Fleisch muss kühl und vor Fliegen etc. sicher aufbewabrt werden.

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Xn. Last-, Reit- and Zugthiere. In ähnlicher Weiae, wie du Schlachtvieh, werden die Nutithiere untergebracht. Da diese zur Tiiuke geführt werden müssen, so sind Maalkörbe aus Haargewebe an- lafertigen nnd beim Tränken za benutzen, um das Verschlucken der sehr häufigen Blutegel zu verhüten. Geschirr, Sättel etc. werden in eioer besonderen Baracke untergebracht; ebenso das Kutter.

XIII. Militärische Uebungen. Unterhaltungen. Wäsche- reinigung. Da die Malaria ihre schädlichen Einflüsse io den ersten Morgen- und in den Abendstunden am schlimmsten entfaltet, so sind diese Standen von den Uebungen im Freien möglichst auszuschliessen. In den anderen Tagesstunden ist freilich an Sonnenstich und Hitzschlag zu denken. Mittags ist deshalb zu ruhen. Die Luft im Zelte kann durch Bespritzen der Wände mit Wasser ein wenig abgeküblt werden. Besser sind Pnnkas. Dieselben lassen sich durch einen mit Baumwollenstoff überzogenen Rahmen, der aufgebängt nnd durch Seile in Bewegung gesetzt wird, unschwer berrichten. Zur Erholung der Leute empfiehlt Verf. vor Allem eine gut aasgewählte Lektüre, namentlich patriotischen and kriegerischen Inhaltes. Für die Raucher ist Tabak zu liefern.

Der Wäsche- und Körperreinigung dient eine eigene Baracke. Die Soldaten werden eine Zerstreuung darin finden, sich mit der Pflege ihres Körpers und ihres Zeuges zu beschäftigen. (?)

XIV. Krankentransport. Die Bataillons- Packwagen können sehr gut zum Krankentransport benutzt werden, wenn ihr Deckplan etwas verbreitert und der Boden mit Matratzen belegt wird. Für kurze Transporte genügen die vorhandenen oder improvisirte Krankentragen.

XV. Revierkrankeostaben. Bei jedem Detachement mit eigenem Lager werden besondere Baracken zu diesem Zweck errichtet, und mit Tonnenlatrinen, einem grossen Filter und einem stets bewegten indischen Luftfäcber ausgestattet. Es werden nur Leichtkraoke behandelt, auch soll die prophylaktische Verabreichung von Chinin und Rom mit Citronensaft dort erfolgen. Der aufsiebtfübrende Sanitätsoffizier ist dafür verantwortlich, dass mit letzterem kein Missbrauch getrieben werde. Gesundbeitsrevisionen der Trappen werden übrigens nicht in der Revier- itobe vorgenommen.

XVI. Feldlazaretbe werden mindestens 500 m vom Lager entfernt stablirt. In ihnen kommen Schwerkranke zur Behandlung, welche nicht iofektiös sind. Ausstattung im Ganzen wie zu XV. Ein besonderes ooter dem Wind belegenes Zelt dient als Todtenkammer.

XVII. Schiffshospitäler werden 1) für Infektiöse, 2) für zu Beobachtende, 3) für Konvaleszenten vor ihrem Rücktransport nach Italien in Aussicht genommen. Näheres über ihre Einrichtung und Aus- stattung ist nicht mitgetheilt.

XVIII. Leichenbestattung. Die Beerdigung empfiehlt sich in Afrika nicht. Die unter der tropischen Hitze ausserordentlich schnelle Zersetzung der Leichen würde die Todtengräber ernstlich gefährden, auch würde eine selbst starke Schicht Sand den Fäulnissgasen nicht den Weg an die Luft versperren. Damit aber wäre unberechenbaren Ansteckungen Thor und Thür geöffnet. Es sollen daher fern vom Lager und unter der herrschenden Windrichtung zwei mit Pallisaden amscblossene Plätze abgetheilt werden, in deren einem die menschlichen, dem andern die Thierleichen zu verbrennen sind. Die Verbrennung Verstorbener Soldaten denkt eich Verf. folgendermaassen : Auf einem

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CemeDtfondament von 2 m Länge und 1'/, m Breite wird eine Schicht Kohlen auBgebreilet, denen theergetränktcs Werg in genügender Menge beigemiscbt ist. Der Kadaver wird mit Pech oder Harz reichlich bedeckt und dann in ein getheertes Tuch geschlagen. In diesem Zustande gelangt er auf den Scheiterhaufen, wird daselbst mit Kohle, Harz, Petroleum und Holz eingedeckt und angezündet. Die vollkommene Verbrennung zu Asche soll in wenigen Stunden vor sich gehen. Soll die Asche des Leichnams ohne Verunreinigungen bleiben, so wurde derselbe vor der Verbrennung in ein Tuch aus Asbestgewebe zu hüllen sein. Auf den ausgebrannten Scheiterhaufen können Grabdenkmäler aus Gement oder Kalk errichtet werden. Die Verbrennung von Tbier- leichen würde m. m. nach gleichen Grundsätzen erfolgen.

Eine Kritik der Direktiven Machia velli's lag im Allgemeinen nicht in der Absicht des Berichterstatters. Nur den letzten Vorschlag möchte derselbe für etwas phantastisch erklären. Man vergegenwärtige sicti nur die enormen Kosten und die ausserordentliche Arbeitslast, welche die Herbeiscbaifung der Massen von Brennmaterial und der Aufbau der Katafalke verursachen würden, wenn die Sterblichkeit nicht minimal bliebe. Bei alledem würde es, wie die Erfahrungen auf dem Scblachtfelde von Sedan 1870 gezeigt haben fraglich bleiben, ob die Verbrennung der Leichen auf diese Weise vollkommen zu erreichen ist.

Kriegs-Etappen-Ordnung vom 3. September 1887. E. S. Mittler und Sohn.

Vorliegende Ordnung umfasst die oberste Leitung des Etappenwesens, die Organisation desselben im Allgemeinen, die Thätigkeit der Etappen- Inspektion, die Einrichtung der Etappenorte und Kommandanturen, und endlich die gerichtlichen und Diszipliuar-Befugnisse der Etappenbehörden. Von fünf Anlagen enthält die zweite den für uns wichtigsten Theil des Ganzen: den lange erwarteten Organisationsplan der freiwilligen Krankenpflege im Kriege.

Das Sanitätswesen, welches den Schwerpunkt seiner stabileren Thätigkeit auf dem Kriegsschauplätze in dem Bereiche der Etappen hat, wird mittelbar von den meisten Bestimmungen der neuen Ordnung berührt. Deshalb ist die Kenntniss derselben als einer Ergänzung der Kriegs-Sanitäts-Ordnnng von den Militärärzten zu fordern. Unmittelbar handeln nur wenige Paragraphen vom Sanitätspersonal bezw, -Dienst.

So fasst §. 6 unter der Ueberschrift „Chef des Feld- Sanitäts- wes ens** die Thätigkeit und Befugniss dieser Centralstelle genauer zusammen, als es die hierdurch modifizirten §§. 19 und 141 t der Kriegs- Sanitäts- Ordnung thun. Neu ist die ausdrückliche Regelung der Ver- tretung des Chefs bis zu seiner Ernennung und für die Vorbereitungen im Frieden durch den Chef der preussischen Medizinal- Abtheilung; ein Vcrhältniss, welches faktisch auch schon bisher bestandeu haben dürfte. Absatz 5 des §. 6 enthält die kurzen Festsetzungen über die Spitze der freiwilligen Krankenpflege, wie sie in §§. 206 und 207 i der Kriegs- Sanitäts-Ordnung getrennt gegeben sind.

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§. 24 bandelt vom Etappen - Generalarzt. Ausser den in §. 101 Absatz ö, 2, 9, 7, 14, 13, 11 und 12 der Kriegs Sanitäts-Ordnung ihm beigelegteu Obliegenheiten ist durch die Kriegs- Etappen -Ordnung sein Einfluss auf die Ergänzung des Materials der etablirten Feldlazarethe, sowie auf die Rücksendung Geheilter und Invalider erweitert. (Absatz 8 des §. 24.) Die Sanitätsoffiziere, welche für die Leitung von Feldlazarethen in betracht kommen, werden dies beim Studium der §§. 82 i und 98 t resp. 63 3 der Kriegs-Sanitäts-Ordnung im Auge zu behalten haben.

Was für die Unterbringung und Verpflegung durchkommender Kranker an Etappen-Hauptorten unter Mitwirkung von Krankentransport- Kommissionen geschehen soll (Kriegs-Sanitäts-Ordnung §§. 128 T, 172), findet sich in §. 33 6 der Kriegs-Etappen-Ordnung kurz zusammengefasst, während §. 36 4 die Errichtung von Etappenlazaretben und von Leicht- kranken-Sammclsteilen an Land-Etappen im Sinne der §§. 104 und 103 der Kriegs-Sanitäts-Ordnung behandelt. Die Lazarethlokalitäten bestimmt (§. 37 4) der Kommandant, nöthigenfalls nach Anhörung des Arztes, ln §. 104 3 der Kriegs-Sanitäts-Ordnung fehlt das Wort „nöthigenfalls“, was zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten zu beachten bleibt.

Anlage II bringt in dem Organisationsplan der freiwilligen Krankenpflege einen Ausbau des Theil VI der Kriegs-Sanitäts- Ordnung von prinzipieller Bedeutung.^) Ein kurzer Auszug wird das zeigen.

Zugelassen sind die Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz und die Ritterorden , sofern sie sich den diesbezüglichen Anordnungen der Militärbehörde unbedingt unterwerfen. Sonstige Gesellschaften sind in der Regel ausgeschlossen. An der Spitze steht der Kaiserliche Kommissar and Militärinspekteur, ihm sind das Centralkomite der Vereine vom Rothen Kreuz und die Ordensvorstände unterstellt. Bereich der Wirksamkeit der freiwilligen Krankenpflege ist das Inland und das Etappen- gebiet, nur besondere Notbstände können die Verwendung von Forma- tionen derselben in der ersten Linie bedingen. Hierzu ist dann die Genehmigung des Oberkommandos erforderlich. Das Kriegsministerium hat sich schon für den Frieden die Kontrolle über den Bestand an Personal und Material der freiwilligen Pflege Vorbehalten.

Der Kaiserliche Kommissar leitet die freiwillige Krankenpflege auf dem Kriegsschauplätze. Er bat sich dauernd mit den Kriegsministerien and dem Chef des Feld- Sanitäts Wesens in Verbindung zu erhalten, um für seine Tbätigkeit die leitenden Gesichtspunkte zu gewinnen. Im In- lande wird er durch einen stellvertretenden Militär-Inspekteur vertreten. Organe bei der Feld- und Besatzungsarmee sind die Delegirten. Ihre Tbätigkeit erfolgt im innigsten Verein mit den leitenden Militärärzten, welchen in Bedürfnissfragen und sachlichen Beziehungen die Ent- -scheidung zustebt. Zur Etappen-Inspektion jeder Armee tritt ein Armee- Delegirter; Jedem Feldlazareth - Direktor ist ein Korps-; jeder Krankentransport-Kommission ein Etappen-Delegirter beigegeben. Auf den Sammelstationen fungiren Unterdelegirtc. Aehnlich schliessen sich im Bereiche der Besatzungsarmee jeder leitenden Instanz Delegirte an. Die Auswahl aller Delegirten trifft der Kaiserliche Kommissar, sie müssen vom Kriegsministerium bestätigt werden.

*) Der Leser wolle liierzii Jahrgang 1884 der Zeitschrift S. 518 vergleichen: Das französische Präsidialdekrct über den gleichen Gegenstand vom 3. Juli 1884.

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Das Pflegepersonal darf nur deutscher Nationalität sein. Inter* nationale Hülfe kann ausnahmsweise im Inlande mit besonderer Geneh- migung des Kriegsministeriums zugelassen werden. Die Auswahl und Annahme des Personales ist Sache der freiwilligen Krankenpflege, engagirte Aerzte bedürfen jedoch der kriegsministeriellen Bestätigung. Das gesammte Personal ist auf dem Kriegsschauplätze den Kriegsgesetzen und der Disziplinär- Strafordnung für das Heer unterworfen. Die Gliederung des Personales ist folgende: 1) Zur Unterstützung der Kriegslazaretbe wird für jedes Armeekorps ein Lazarethdetachement ge- bildet, dem u. A. auch Köche und Köchinnen angehören sollen. Zur Unterstützung des Krankentransportes, wie zur Besetzung von Verband- nnd Erfrisebungsstationen dient ein Begleitdetachement; während ein Transportdetacbement im Anschluss an die Trainkolonne des Lazareth- Reserve- Depots die Bestimmung erhält, die ' vorgeschobenen Lazarethe mit dem Etappen- Hauptort zu verbinden. Ein Depotdetachement end- lich unterstützt die Depotverwaltungen auf den Sammelstationen und sonstigen Etappen.

Ganz ähnlich ist das Personal im Inlande gegliedert. Auch hier Anden wir ein Lazaretb-, Transport- und Depot-Personal in Verbindung mit dem Reservelazareth-, dem inneren Transport- und dem Depotver- waltnngsdienst. Reservelazareth- und Festungs-Delegirte werden dem freiwilligen Personal dieses Dienstbereiches nach Bedarf vorgesetzt.

Enmich ist die Betheiligung der freiwilligen Krankenpflege an dem im Kriegsministerium vorbereiteten Central- Nachweise -Börean plan- mässig geregelt.

Dies die Grundzüge einer Organisation, welche den Worten des §. 206 der Kriegs -Sanitäts- Ordnung schwerwiegenden Nachdruck giebt. Gewissen internationalen Ideen des Rothen Kreuzes dürfte hiermit , wie seit 1884 in Frankreich, so nun auch in Deutschland für immer der Boden entzogen sein.

Körting.

Dietz, Geistesstörungen in der Armee im Frieden und Krieg.

Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie. 44. Bd.

Verfasser, zur Zeit Assistenzarzt an der Leipziger psychiatrischen Klinik und Württembergischer Landwehr-Assistenzarzt, hat obige Arbeit schon im Jahre 1886 verfasst und dieselbe, angeregt durch die ähnliche Veröffentlichung Sommer’s (vcrgl. diese Zeitschrift, XVI. Jahrgang, Seite 302) nachträglich dem Druck übergeben.

Mit vollem Rechte ist zur Begründung dieser Publikation bemerkt, dass die Benrtheilung der Geisteskrankheiten beim Militär ein ebenso wissenschaftliche^ Interesse für den Psychiater, als hervorragend praktisches für den Militärarzt darbicte.

Zunächst wird die allerdings ohne statistischen Nachweis wieder- holt bei ähnlichen Auseinandersetzungen angeführte Ansicht Esquirol’s und Anderer erwähnt, dass beim Militär psychische Erkrankungen häufiger seien, als beim Zivil; Dietz bemüht sich unter Zuhilfenahme der Selbstmordstatistik diese Angabe einigermaassen richtig zu stellen und kommt nach Beurtheilung aller einschlägigen Umstände zu dem Resultate, dass das Verhältniss der Geisteskranken, ans den

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Motiven des Selbstmordes berechnet, genau dasselbe sei im Zirilstande, wie beim Militär. Trotzdem nimmt derselbe im Qegen- utze za Sommer and Anderen an, dass der militärische Dienst der Entwickelung von Geisteskrankheiten sehr günstig sei, da die Armee gewissermaassen die gesundheitliche Elite des Volkes repräsentire, und deshalb Geisteskrankheiten bei derselben relativ häu6g''r seien; der Unterschied zwischen Kriegs- und Friedensdienst ist bei obiger Betrachtung unberücksichtigt geblieben.

Für die Erkrankungen im ersten Dienstjabre wird nun allerdings io weiterem Verlaufe zugegeben, dass weitaus in den meisten Fällen Prädisposition die Grundlage für die Psychose bilde, der militärische Dienst giebt demnach gewissermaassen den günstigen Nährboden für die bisher schlummernde Psychose ab dadurch wird die oben angeführte Behauptung bedeutend abgescbwächt.

Bei Bräprechang der Maassregeln zur Verhütung von Einstellung prädisponirter Individuen stimmt Verf. mit früheren Beobachtern darin überein, dass die theoretische Forderung, jede Anlage zu einer psychischen Störung solle vom Militärdienst befreien, praktisch nicht durcbgeführt werden kann, auch sei bei einer Musterung selbst ein zogezogener Irrenarzt nicht im Stande, versteckte geistige Störungen zu erkennen. Er verlangt hingegen vorherige anamnestischc Erhebungen TOD der Zivilbehörde, damit auf derartig belastete Leute der zuständige Truppenarzt besonders aufmerksam gemacht würde eine Maassregel, welche mau schon jetzt hie und da vorzufinden Gelegenheit hat ohne dass jedoch jeder Missbrauch von Seiten der Angehörigen zum Versuche der Militärbefreiung ausgeschlossen wäre. Referent bat selbst Auslassnngen von Lehrern, Geistlichen und Ortsbehörden in einem Falle gelesen, welche einstimmig ihre Verwunderung über die Eiostellnng eines von Kindheit anf beinahe blödsinnigen Mannes aus- sprachen, der Betreffende war zwar kein hervorragend geistig begabter Mensch, hat aber seine drei Jahre redlich als Soldat ohne irgend welche Störungen gedient, nachdem er allerdings in der Rekrutenausbildungs- periode einige Zamathungeu an die Geduld des Ansbildungepersonales gestellt hatte; hätte man dem eigenen Urtheile nicht mehr zagetraut, als den anamnestischen Erhebungen, so wäre der Mann und wie sich nachträglich auch herausstellte sehr mit Unrecht als dienstunbranch- bar entlassen worden.

Anlage zu Geistesstörung oder selbst erbliche Belastung darf, um sich eines banalen Ausdruckes zu bedienen, nicht bei den Haaren herbeigezogen werden, sonst kann es hier auch dem Militärärzte gehen, wie gerichtlichen Sachverständigen mit der Diagnose „moralisches Irre- sein“, von welcher Binswanger^) mit Recht sagt, „wir sind dem Zeit- punkte nahe gerückt, wo diese Begriffsbestimmung bei den Richtern gerade die entgegengesetzte Wirkung, als beabsichtigt, hervorrufen und das gerichtsärztliche Gutachten diskreditiren wird“.

Vorsicht ist gut in allen Dingen. Das Haupterforderniss wird sein und bleiben, dass jeder Militärarzt psychiatrisch gut ansgebildet werde, ein Erfordernlss, das sich von Jahr zu Jahr bessert.

Bei Beurtheilung der Kriegspsychosen, welchen die zweite

*) Ueber die Beziehungen des muralischen Irreseins zu der erblich dcgeneraliven Geistesstörung. Sanuulnug klinischer Vortrüge Nu. 299. 1897.

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Hälfte des Aufsatzes gewidmet ist, kommt erstens eine Summe aller schädigenden Momente, kurzweg als Kriegsslrapazen bezeichnet, in Betracht, zweitens mechanische und psychische Einflüsse, drittens Prä- disposition, letzterem Umstande allein werden aus einer Zusammen- stellung der bis jetzt erschienenen Publikationen bezw. der beschriebenen Fälle 41 pCt. aller Erkrankungen zugeschoben.

Nach den Erfahrungen des Feldzuges 1870/71 entwickelt sich durch die Eigenthümlicbkeiteu des Kriegslebeiis ein nenropatbischer Zustand auch bei psychisch Intakten mit sehr langsamem Verlaufe und erzeugt selbst wiederum Prädispositionen zu späterer psychischer Erkrankung; ira Kriege wirken dieselben ätiologischen Momente ein, wie im Frieden, nur unter günstigeren Bedingungen für ihre Wirksamkeit und in reicherem Maasse.

Der Aetiologie nach sind zu trennen die akut ini Felde aus- brechenden Psychosen und die später sich entwickelnden , ferner primär traumatisches Irrsein und sekundär-traumatisches, letzteres hat namentlich für Militärärzte ein praktisches Interesse wegen des mehr oder weniger schwierigen Nachweises des Zusammenhanges zwischen Trauma und Ausbruch der Geisteskrankheit, auch ist dasselbe viel häufiger, als das primäre.

Manchmal tritt nach scheinbar freien Intervallen die Psychose ohne Gelegenheitsursache auf, eine Thatsache, welche hauptsächlich für militärärztliche Gutachten von hervorragender Bedeutung ist, ebenso wichtig ist der Umstand, dass derartige Kranke Gehirnreizen irgend welcher Art, seien dieselben psychischer, sexueller oder alkoholischer Natur, viel zugänglicher sind; kommt hierzu noch die lange Dauer des Zwischenraumes, so ist es leicht erklärlich, dass derartige Fälle bei Beurtheilung etwaiger Invalidisirung zu den schwierigsten Entscheidungen des Arztes gehören.

Berücksichtigt werden muss und ausser Acht darf jedoch nicht gelassen werden, dass andererseits Angehörige nur zu leicht die Neigung besitzen, jedwede Beschädigung im Kriege als Ursache des später auf- getretenen Gehirnleidens anzusehen, nachträgliche Schädlichkeiten hin- gegen entweder zu ignoriren oder sogar zu verheimlichen; so sind Fälle bekannt geworden, in welchen der Ausbruch der Psychose erst 10 oder 12 Jahre nach dem vorausgegangenen Trauma erfolgte.

Nachdem die bezügliche Litteratur entsprechend berücksichtigt und ein Auszug aus dem Kapitol , Kriegspsychosen“ des deutschen Kriegs- sanitätsberiebtes 1870/71 beigefügt worden ist, wird aus dem Gesammt- resultate der Schluss gezogen, dass der Krieg den Geisteskrankheiten ein eigenes Gepräge verleihe, welches lediglich eine Wirkung der so- genannten Kriegsstrapazen sei, charaktorisirt durch ausgesprochene psychische Schwäche, frühzeitiges Auftreten derselben, ungünstige Pro- gnose nod häufigen Ausgang in progressive Paralyse; diese Wirkung tritt bei Belasteten früher ein, die Prognose verschlechtert sich mit der Länge der Zeit bis zum Ausbruche der Krankheit und bis zur Aufnahme des Erkrankten in Behandlung.

Die weitaus grösste Zahl geisteskranker Soldaten aus dem Felde fiel der allgemeinen Wirkung der Kriegsstrapazen zum Opfer.

Den Schluss bildet die Sorge für Unterbringung der Geisteskranken; dies sowohl, wie der gewiss berechtigte Wunsch nach Errichtung einer deutschen Militär- Irrenanstalt, wie es in England, Russland und Öester-

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reich schon längst der Fall ist, kann hier übergangen werden, da es mit dem oben schon angeführten Referate über Sommer’s Beiträge zur Kenntniss der Militärpsychosen übereinstimmt.

Verf. hat die wie dies schon die häufigen Veröfifentlicbnngen beurkunden psychiatrisch hochwichtige Frage der Geisteskrankheiten beim Militär sorgfältig studirt, die betreffende Litteratur mit in den Kreis seiner Beobachtung gezogen, das pro und contra der einzelnen sich gegenübersteheuden Ansichten wohl erwogen und sich sichtlich bemüht, aus den verschiedenen Meinungen ein selbstständiges, unparteiisches and nicht durch Vorurtheile getrübtes Unheil zu bilden, wofür dem- selben alle Anerkennung gebühren dürfte. Zu wünschen wäre nur, dass einmal eine auf genaue Berechnung basirte Statistik der Irren- anstalten über die wirkliche Zahl der geisteskranken Invaliden des Feldzuges 1870/71 znsammengestellt würde, damit endlich die angeblichen 2000deutschen geistigen Kriegsinvaliden Sch waab’s aus dem französischen Kriege nach einer einzigen Irrenanstalt (Werneck) approximativ berechnet, aus der Litteratur definitiv verschwinden möchten. C. Fr.

Kompendium der allgemeinen Chirurgie, sowie der Operations- lehre. Zum Gebrauch für Studirende und Aerzte (zugleich als erster Band zu Th. Schmidt’s spezieller Chirurgie dienend). Von Dr. med. Arno Kröche, prakt. Arzt und Dirigent der Heilanstalt Brunnthal-München. Zweite gänzlich umgearbeitete Auflage. Mit 24 Abbildungen. 8°. 442 Seiten. Leipzig, Verlag von Ambr. Abel. 1887.

In sechs Abtheilungen des 1. Theiks (allgemeine Chirurgie) handelt Verf. die örtlichen Störungen des Kreislaufes, die Entzündung, den Brand, die Verschwärung, das Trauma, die Neubildung und die für den Chirurgen wichtigsten Krankheiten und Anomalien einzelner Organe ab, in zwei Abtheiluugen des 2. Theiles die allgemeine Operationslebre einschl. Verbandlebre und die spezielle topographische Operationslehre.

Das kleine Handbuch zeichnet sich durch klare Darstellung und knappe Form aus. Diesem Umstande verdankt es wohl zumeist seine innerhalb kurzer Zeit entstandene 2. Auflage. Ein dringendes Bedürfniss für dasselbe lag im Hinblick auf die grosse Anzahl gleicher und ähnlicher vortrefilicher, meist jedoch ausführlicherer Werke kaum vor. Neues und Originelles bringt es nicht ; vielleicht nur das, dass es bei Schusswunden grösserer und komplizirter Gelenke dringend die Abnahme des Gliedes verlangt, wenn die aseptische Behandlung nicht exakt durchgeführt werden kann, oder wenn der Patient nicht gleich in geeignete Behandlung kam, sondern bereits mehrere Tage verstrichen sind; es möchte ihm schwer werden zu beweisen, dass sich während des letzten Krieges viele Hospitalvorstände in Deutschland, welche häufig nicht diagiiostizirte Gelenkschüsse von weither zuge.«chickt erhielten, darüber beklagt hätten; auch dürften selbst 'dürftige antiseptiscbe rcsp. sonstige Kautelen einen Unterschied in der Behandlung zwischen jetzt und früher gestatten. Die Begriffe virus und veneuum unterscheidet der Verf. nur dem Her- kommen gemäss, hofft aber diesen Unterschied mit den Fortschritten der bakteriologischen Forschung immer mehr verschwinden zu sehen; da kann er lauge warten! Schwieger.

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Ueber Beziehungen derFSnlniss zo den Infektionskrankheiten. Vortrag, gehalten in der dritten allgemeinen Sitzung der 60. Ver- sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte zu Wiesbaden am Ü4. September 1887 von Ferdinand Hueppe. Berlin 1887, Verlag von August Hirscbwald.

Verf. schildert im Eingänge seines Vortrages, wie schon von Alters her die Fäulniss zu den Infektionskrankheiten in Beziehung gesetzt worden sei, und wie man später erkannt habe, dass beide von dem Leben von Mikroorganismen abhängig seien. Er geht dann zu den neuen Forschungen auf dem Gebiete der Bakteriologie über, die namentlich durch Züchtungsversuche zo der Erkeontniss geführt hätten, dass eine ganze Reihe von pathogenen Bakterien ein saprophytisches Stadium be- sitzen, wie gewöhnlicbe Fäulnissorganisraen, dass ihr Parasitismus für die Arterbaltung nicht absolut nöthig, sondern etwas mehr Zufälliges oder Gelegentliches sei. Damit war der Beweis geliefert, dass die all- gemeine Grenze zwischen krankheitserregenden und nicht krankheits- erregenden Infektionserregern keine scharfe sei. Ferner wurde ermittelt, dass gewisse Bakterien im Körper nur wie gewöhnliche Fänlnissbakterien durch ihre giftigen Produkte wirken; damit musste also die schroffe Schranke zwischen Intoxikation durch Fäninissgift und der spezifischen Infektion fallen; es kann niemand die Fäulniss als mögliche Hulfsursache für Infektionskrankheiten bestreiten. Naegeli erklärt dies so, dass die echten endogenen Kontagienpilze schon in geringster Menge zur Infektion führten, die ektogenen Miasmen- und Fäninisspilze in der Regel nur die Kontagion vorbereiteten, indem sie den Körper schwächten. Aber in grösserer Menge könnten auch die Miasmenpilze und in noch grösserer auch die Fäolnisspilze direkt infiziren. Ausserdem nahm er das Ent- stehen der Kontagienpilze aus Miasmenpilzen und dieser wieder ans Fänl- nisspilzen als möglich an. Andererseits hatte Wernich darauf aufmerk- sam gemacht, dass auch die im Darmkanal stets vorhandenen, scheinbar ganz harmlosen Darmbakterien unter dem Einflüsse von Fänlnissprodukten sich schnell zu invasiven Krankheitserregern umbilden könnten. Die Vorstellung, dass es sich bei der Fäulniss um etwas Einheitliches handelt, kann nicht mehr gelten, denn es giebt nur eine Vielheit von heterogenen Fäulnissprozessen. Die Fäulnissorganismen haben sich in den ver- schiedenen Oertlicbkeiten als Theil der örtlichen Kryptogamenflora ent- wickelt; es giebt vielleicht überall vorkommende, aber sicher auch den Floren eigenthümliche, für die jeweilige Fäulniss spezifische Arten. Das konstante physiologische Merkmal aller ist die Eiweissspaltnng, und gerade die in der Anpassung an diese ausserhalb erworbenen Eigenschaften müssen als ächte Artmerkmale gelten. Für manche Arten stellen diese konstanten Eigenschaften zugleich, ohne jedes weitere Hinzuthun, einen minimalen Grad von pathogener Wirkung dar. Dies gilt nicht nur für die Erreger der verschiedenen Malariakrankheiten, sondern auch für die Spirochäten der asiatischen Cholera; ähnlich wie diese in Indien, ver- halten sich bei uns die anaerobiotischen Bakterien des Unterleibstyphus. Für viele Fälle decken sich demnach Fäulnissursacbe und Infektionsursache vollständig. Auch in prophylaktischer Beziehung lässt sich nachweisen, dass die Grenze zwischen Intoxikation durch Fäulnissgifte und der Infektion gefallen ist, dass die Quelle aller Infektionen in den Fäulnissprozessen liegt. Wir können nun zwar diese als nothwendiges Zwischenstadium

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xwischen Thier- nnd Pflanzenleben nicht beeeitigen, aber wir mäsaen sie aas nnserer nächsten Umgebang verbannen durch strengste Reinlichkeit. Durch diese Art der Bekämpfung der Infektionskrankheiten können wir die Sterblichkeit bedentend berabseUen und grossartige hygienische Er- folge ersielen. Rb.

Ueber cyklische Albuminurie. Von Dr. G. Kleinperer (Berlin).

(Separat - Abdruck ans der Zeitschrift für klinische Medizin, Bd. XII,

Heft 1 o. 2.)

Nachdem Lenbe die physiologische Albuminurie festgestellt, sind einschlägige Fälle in grösserer Anzahl mitgetheilt worden. Pavy machte auf den cykliscben Verlauf der Eiweüssausscbeidung aufmerksam und be- teichnete diese B^älle daher als cyklische Albuminurie. Verf. theilt nun nach kurzer Uebersicbt über die bisher veröffentlichten Fälle von Pavy, Nnorden nnd Bull einen eben solchen ausführlich mit, der während mehrerer Monate genau beobachtet und auch zu mannigfachen Versuchen benutzt wurde, um den Einfluss äusserer Verhältnisse auf die Eiweiss- aosscheidung festzustellen. Hierbei ergab sich Folgendes: Die cyklische Albuminurie ist ein wohlcbarakterisirtes Krankbeitsbild und befällt vor- logsweise junge Männer mit neurasthenischen Beschwerden. Gemeinsam ist bei allen Fällen das Fehlen des Eiweisses im Nacbtnrin. Bei Tage zeigt die Ausscheidung regelmässige Schwankungen , indem sie von Null bis zum Maximum ansteigt, um dann endgültig auf Null abzufallen, oder nach dem Nullpunkt ein zweites Maximum Abends zu erreichen. Keinen Einfluss auf dieselbe übt die Zeit der Nahrungsaufnahme und Zusammensetzung der Nahrung, dagegen um so stärkeren die Muskel- bewegung (durch absolute Ruhe im Bett lässt sich die Eiweissausscbeidung stets unterdrücken) nnd geistige Anstrengungen. Der Krankeitsverlanf ist stets ein chronischer, die Prognose ist nicht ungünstig. Die Behand- laug muss im Wesentlichen eine roborirende sein, da diese erfahrnngs- gemäss auch heilsam auf die Verminderung des Eiweisses binwirkt

Ueber den tuberkulösen Hirnabscess. Von Prof. A. Fraenkel. Separat-Abrnck aus der Deutschen medizinischen Wochenschrift 1887, No. 18. Berlin und Leipzig, Verlag von Georg Tbieme.

Verf. schildert einen Fall von tuberkulösem Hirnabscess, der dadurch sosgezeiebnet war, dass die eigentliche Natur des Abscesses bei der Sektion nicht erkannt wurde, da weder Reste käsigen resp. tuberkulösen Materials, noch auch io der dicken Balgmembran der Eitercyste Tuber- kelkuötcben bemerkbar waren. Erst die Untersuchung des Eiters ergab eine Unzahl von Tuberkelbazillen, dagegen keine der gewöhnlichen Eiter- mikrobien.

In der Epikrise fuhrt Verfasser ans, wie die Erankheitserscheinnngen im Leben auf einen cirknmskripten Krankheitsherd in der Gegend des hinteren Stirnlappens und der benachbarten Centralwindungen gedeutet, jedoch die Diagnose stets zwischen Tumor und Abscess geschwankt hätte. Bei der mikroskopischen Untersuebuog der Balgmembran habe sich die Orannlationsschicbt im buchstäblichsten Sinne durchsetzt von zahllosen

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Tuberkel bazillen gezeigt. Bezüglich der Frage nach der Entstehung des Abscesses neigt Verf. zu der Ansicht, dass die Tnberkelbazillen selbst für die Eiterung verantwortlich zu machen seien, und begründet dies da- mit, dass durch diese ja auch eitrige pleuritische Exsudate erzeugt werden könnten. Er glaubt daher, dass die bakterioskopisebe Untersuchung der Hirnabscesse manchen werthvollen Fingerzeig für die Aetiologie derselben und besonders auch für die Frage der primären Ilirntuberkulose er- geben werde. Rb.

Mittheilungen aus der chirurgischen Klinik des Herrn Geh. Rath Bardeleben. Von Stabsarzt Dr. A. Koehler. A. Die Herniotomien des Jahres 1885. Separat-Abdruck aus der Deutschen Zeitschrift für Chirurgie IV.

Zur Beobachtung kamen 30 Kranke mit Hernien, darunter ein 1 Tag altes Kind mit kindskopfgrossem Nabelbruch, in dem Leber und grosse Mengen Dünndarraschlingen lagen. Die übrigen 29 hatten 34 Hernien {22 Leisten-, 12 Schenkel - Hernien), die im Allgemeinen die bekannte Statistik der Unterleibsbrüche bestätigen. Die Kranken waren im Alter von 19 81 Jahren. Betreffs der Entstehung gab die Mehrzahl an, dass der schon lange bestehende Bruch nach äusserer Veranlassung mehr her- vorgetreten und nun schwer oder gar nicht zurückzubringen sei. Meist war die Bruchanlage auch auf der andern Seite vorhanden. Einlache, durch passendes Bruchband zu beseitigende Beschwerden kamen bei

2 Schenkel- und 11 Leisteiibrüchen vor. Die Taxis gelang in tiefer Narkose 12 Stunden bis 8 Tage nach angeblichem Beginn der Einklemmung bei 4 Leisten- und 1 Schenkelbruch, doch war stets grosse Vorsicht nöthig wegen der meist schon ausserhalb sehr energisch gemachten Ver- suche. Ging dabei der Bruch nicht leicht zurück, so wurde sofort operirt.

Die Herniotomie war IC Mal (7 Leisten-, 9 Schenkelbrüche) nöthig, wenige Stunden bis 5 Tage nach angeblichem Beginn der Einklemmung. Die grössere Zahl der Brüche war lange Jahre durch Bruchband leicht zurückgehaltcn worden mit Ausnahme von 2 Schenkelbrüchen bei Frauen. Unter den operirten Fällen, über die kurz einzeln berichtet wird, war ein Schenkelbrucb besonders bemerkenswertb durch Grösse und Inhalt: das entfernte Netzstück wog 257, der Bruchsack 50, das Brnchwasser ca. 250 g, die Geschwulst hatte also zusammen ca. 557 g Gewicht. Im Anschluss wird noch erwähnt ein durch Platzen eines Bauchbruchs (vor

3 Jahren Ovariotomie) entstandener Eiugeweidevorfall, der nach Reinigen und Zurückdrängen der 84 cm langen Dünndarmschlingcn, Anfrischen und Vernähen der Wände des Loches in den Bauchdecken heilte.

Bei den Herniotomien wurde als Inhalt des Brnch.sackes gefunden: nur Netz 4 mal (2 Leisten-, 2 Schenkelbrüche), nur Darm 8 mal (3 Leisten«, 5 Schcnkelbrüche), Darm und Netz 3 mal (2 Leisten- 1 Schenkelbruch), Bruchsack leer, mit Cysten besetzt 1 mal (Schenkel- bruch).

Der Bruchsack wurde immer geöffnet, an der Bruchpforte fixirt und entweder nach Abbinden mit dickem Katgut abgeschnitten oder die Oeff- nung durch Tabaksbeutelnaht geschlossen. Einmal verwuchs der Darm mit der Hautnarbe ohne nachfolgende Beschwerden. Die beiden Todes- fälle betrafen Frauen, bei denen vor der -4nfnahme zu heftige und an- haltende Taxisversuche stattgefundeu hatten. Bei beiden bestand Peri- tonitis, einmal wabrscbeinlich schon vor der Operation.

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B. üeber 24 seit dem Jahre 1876 ausgeführte Kropfexstir- pationen.

1) Von 1876—85 wurden 11 Kröpfe operirt, 6 mal durch Total-, 5 mal durch partielle Exstirpation ; unter letzteren keine, unter ersteren 2 Todesfälle (stmma carcinom. mit multipler Metastase und sehr grosser lymphatischer Gefässkropf (720 gr.) mit starker Veränderung der Luftröhre Wi gravida mens VII). Die Kranken waren 4 Männer (18 59 J.) und 7 Frauen (26—54 J.). Wenige stammen aus Kropfgegenden; 2 hatten mehrere Verwandte mit Kröpfen. Die 4 Total-Exstirpationen sind Jahre lang beobachtet und gesund geblieben. Die einzelnen Fälle werden zum Schluss kurz aufgefnhrt.

2) 1885 wurden 7 totale Kropfexstirpationen ausgeführt. Von diesen endeten 3, bei denen die Tracheotomie nöthig war, tödtlich, darunter 1 Sarkom der Schilddrüse, ein Beweis, wie sehr durch Lufiröhrenschnitt die Prognose verschlechtert wird, da eine ausreichende Antiseptik dabei unmöglich ist Sie darf daher nur im äussersten Nothfalle gemacht werden. Verf. gedenkt hier auch der temporären Kompression \Volffs, die seiner Ansicht nach höchstens bei einfachen Cystenkröpfen mit ge- ringer Blutung ausreichen kann, und die ausserdem durch die Möglichkeit des Lufteintritts in eine Vene bei Nachlass des Druckes sogar direkt gefährlich werden könnte. Die Exstirpation wurde mit einem senk- rechten Hautschnitt begonnen und ein oder zwei obere Scbrägschnitte zugefügt, um die oberen Zapfen der seitlichen Lappen und die oberen Scbilddrüsengefässe übersehen zu können. N. recurrens wird am besten geschont durch gründliche Isolirung der a. tbyreoid. inf. Ausgespült wurde mit Salicylborax oder 0,5 “/«« Subliniatlösiing. Weglassung des Drains wurde nicht gewagt trotz Verzögerung der Heilung. Ausschälung einzelner Knoten und partielle Exstirpation war in keinem Falle anwend- bar, doch sind Zeichen von Cachexia strumipriva (Myxödem) nicht auf- getreten. Dass der Grund dafür in dem jedesmaligen Zurückbleiben kleiner Schilddrüsen liegen solle, ist nach Verf. schwer anzunehmen. Da nun Myxödem auch nach elektrischer Zerstörung, sowie nach partieller Exstirpation beobachtet sei, so müsse man eben sagen, dass diese Frage noch unklar sei. Jedenfalls dürfe mau die Total-Exstirpation nicht mehr ans rein kosmetischen Gründen ausführen (empfohlen entweder partielle Ex- stirpation oder Jod innerlich und äusscrlich, doch keine Injektionen wegen der Erschwerung späterer Operation), sondern nur bei Indicatio vitalis oder bei Atbem- und Schlingbeschwerden durch anhaltendes schnelles Wachsen der Geschwulst.

3) 1886 wurden 2 Total-Exstirpationen mit Ausgang in Heilung, 1887 4 partielle mit gleichem Erfolge gemacht.

Von den 24 Exstirpationen waren 9 partiell, 15 total; von letzteren starben 5: 1 Karcinom, 1 Sarkom, 2 mit starken Veränderungen der Luftröhre, die deren Eröffnung nöthig machten, in Folge von Pneumonie 1 kurz nach der Operation (Ursache mangels der Sektion nicht auf- geklärt). Die übrigen sind Jahre lang beobachtet und gesund geblieben. Myxödem ist nicht aufgetreten. Kb.

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Tabellen cnm Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten. Za- sammengestellt von W. Behrens. Braunschweig, Harald Br ahn 1887. 76 Seiten.

Die Tabellen sind sehr geeignet und passend für den Arbeitstisch des Mikroskopikers im Laboratorium und im Studirzimmer. Man findet in ihnen schnell, was man sonst durch Nachschla^en in grösseren Werken der Physik, Chemie und mikroskopischen Technik mit Zeitaufwand cu- sammensuchen oder sich erst selbst berechnen muss. Beginnend mit der Vergleichung von verschiedenen Gewichten, Maassen und Thermometer- graden giebt Verf. in der Folge Uebersicht über Schmelz- und Siede- punkte einiger Stoffe, Eältemischungen, Umrechnungen von Aräometer- graden in spezifische Gewichte, über diese und die Prozentgehalte ver- schiedener Chemikalien, die Atomgewichte, die Löslichkeitsverhältnisse von ätherischen Gelen, Harzen und Balsamen, Tabellen über das Ver- halten der gebräuchlichen Anilinfarben, diese zumeist nach eigenen Ver- suchen, ferner über verschiedene einschlägige Punkte ans dem Gebiete der Optik. Die zweite Hälfte des Werkchens bringt Zusammenstellungen der gebräuchlichen Mittel zum Erhärten, Fixiren, Aufhellen, Einbetten u. 8. w. von mikroskopischen Präparaten und schliesst mit einer Auf- führung von mikroskopischen Reagentien, Färbe- und Imprägnations- mitteln, deren Zubereitung und Verwendung übersichtlich geordnet ist. Bei der Schilderung der zahlreichen Färbemethoden hätte die Gram'sche, diejenige mit Löffler’s starker alkalischer Methylenblaulösung und die Verwendung des Earbolfucbsin Berücksichtigung finden sollen; für eine folgende Auflage dürfte auch die Aufnahme des Kühne'scheu Färbe- verfahrens vortbeilhaft erscheinen. Heim.

Syphilis in ihrer Rückwirkung auf die Berufs -Armee im Frieden und im Kriege und die Möglichkeit ihrer thunlich- sten Eindämmung. Von Dr. A. Zemanek, k. k. Regimentsarzt. Wien 1887.

Der Verf. bespricht zunächst in einer 18 Seiten umfassenden Ein- leitung die Etymologie des Wortes Syphilis iptiia bezw. Hirt Syphilns), womit er alle ansteckenden Krankheiten der Genitalien zusammenfasst. Hierauf folgt eine knapp gehaltene Geschichte der Syphilis von der Zeit des Hippokrates bis heute.

Das Thema selbst behandelt der Verfasser in 53 Seiten unter An- fübrnng eines reichen statistischen Materials und vergleicht die syphi- litischen Erkrankungsverhältnisse der Heere fast aller Staaten Europas, wobei er zu dem Resultat kommt, dass die Syphilis seit den letzten 10 Jahren weitaus mehr Behandlungstage in Anspruch nimmt, als jede andere Krankheit, von allen Armeekrankheiten mithin dem Staate die meisten Kosten verursacht und der Armee die meisten Arbeitstage ent- zieht. Im Schluss skizzirt er erschöpfend die modernen Behandlun«- metboden der syphilitischen Krankheiten und plaidirt dringlichst tur möglichst strenge ärztliche Visitationen der Mannschaften, sowie der Prostitnirten. Herr manu.

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Anleitung für die erste Hülfe bei Erkrankungen und Ver- letzungen an Bord in Ermangelung ärztlichen Beistandes. Von Dr. Alexius Uhlik, k. k. LinienschifTsarzt. Wien 1887. Carl Gerold’s Sohn.

Das 15 Seiten umfassende Büchlein wird dem Seeoffizier in Er- mangelung ärztlicher Hülfe an Bord ein erwünschter Rathgeber bei der Behandlung von leichteren Erkrankungen und Verletzungen sein. Die TOD dem Verfasser für die Fahrzeuge angegebene ärztliche Ausrüstung ist eine reichhaltige und zweckentsprechende. v. Harhou.

MittheUnngen.

Berliner militärärztliche Gesellschaft.

Sitzung vom 21. Oktober 1887.

1. Herr Geissler: Stauungspapille nach Kopfrose.

Der Dragoner N. der 3. Eskadron 2. Garde- Dragoner-Regiments überstand ein Erysipelas faciei et capitis im Garnisonlazareth 2 zu Tempelhof, woselbst er vom 19. 8. bis 24. 9. 87 behandelt wurde.

Die Schwellung ging vom oberen Tbeil des Gesichtes zur behaarten Kopfhaut über und befiel die Augenlider, besonders das rechte in ziemlich starkem, wenn auch nicht übermässigem Grade. Nach der Entfieberung und dem Ablaufe des entzündlichen Prozesses, der kaum 6 Tage anhielt, blieben heftige Kopfschmerzen zurück, denen Bromkali keine Erleichterung brachte.

Nach 5 Tagen trat ein 2tägiger leichter Rückfall des E^sipelas anf.

Vier Wochen nach dem Beginn der Rose traten die Klagen über allgemeine Mattigkeit und Scbwindelgefübl in den Vordergrund unter gleichzeitiger Verstärkung der Kopfschmerzen. Die Beschwerden wurden auf die bestehende Anämie bezogen und Eisen mit geringem Elrfolge gereicht. Der Zustand blieb ein so geschwächter, dass ärztlicherseits eine 14 tägige Beurlaubung in die Heimatb beantragt wurde. Gut gekräftigt kehrte N. zurück und meldete sich 2 Tage darauf im Revier mit der Klage, dass er nicht mehr so gut sehen könne wie früher, namentlich sei am Rande des Gesichtsfeldes stets eiu schleierartiger Nebel.

Die Untersuchung ergab nur eine geringe Herabsetzung der Seh- schärfe; er las links Snellen 20 theilweise, rechts Sn 30, beides in 20 Fass. Farben werden richtig erkannt, das Gesichtsfeld ist durchaus nicht eingeschränkt

Die ziemlich weiten Papillen reagiren auf Lichteinfall ausser- ordentlich träge. Ophthalmoskopisch zeigt sich eine hochgradige Neuro- retinitis beiderseits. Die Papillen sind stark hjperämiscb, in ihren Grenzen vollständig verwischt, so dass man ihre Lage erst aus dem Verlaufe der grösseren Gefässe erschliessen muss. Letztere sind auf den Papillen selbst fast ganz verdeckt von dem stark geschwollenen Nervengewebe. Der Papillenkopf, deutlich erhaben über dem Niveau des Augenhinter- grundes, ergiebt eine Refraktion von -H während der übrige Theil emmetropisch ist

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Am linken Auge zeigt die temporale Hälfte der Papille viele grau- liche bis weissgraiilicbe Herde, die Reste früherer Blutungen, wie solche sich noch deutlich an einzelnen Stellen neben den grossen Gefässen finden. Im aufrechten Bilde bemerkt man radienförmig geordnet feine graue Striche und Punkte in der Netzhaut; am rechten Auge ziehen dieselben reiserförmig nach der macula lutea hin. Sonst ist die Gegend der macula lutea selbst beiderseits normal.

Das Allgemeinbefinden ist jetzt ein gutes. Hin und wieder treten leichte Kopfschmerzen und Scbwindelanfälle auf. Eiweiss im Urin wurde am Tage der Krankmeldung im Revier nachgewiesen, fehlt aber seitdem vollständig, ebenso wie jedwede morphologischen Elemente. Der Schädel ist nirgends druckempfindlich; Muskelkontraktionen werden durch Be- klopfen des ligam. patellare durchaus nicht ausgelöst. Bei geschlossenen Augen und nebeneinander gestellten Füssen schwankt der Kranke deutlich.

Eine Erklärung des Zusammenhanges zwischen dem erysipelatösen Prozess und dieser Papillitis lässt sich nicht sicher geben. Entweder kann man sich dieselbe durch eine vom Zentrum her fortgeleitete Peri- neuritis descendens entstanden denken, wie diese ihr, häufiges Auftreten bei Meningitis, besonders tuberculosa, und anderen Basilarprozcssen des Gehirns erklärt und durch Obduktion schon nachgewiesen ist, oder aber wahrscheinlicher kann man annehmen, dass der erysipelatöse Entzündnngsprozess durch das orbitale Zell- und Fettgewebe weiterkriecht. Vereiterung dieser Gewebe, sowie Gangrän der Lider sind nach Gesichts- rose mehrfach beobachtet. Bei den als Nachkrankbeit aufgetreteneu Erblindungen hat man als ophthalmoskopischen Befund bisher nur Seh- nervenatropbie gefunden und zwar schon sehr frühzeitig; v. Gräfe un- mittelbar nach der Abschwellung der ausserordentlich stark infiltrirtcn Lider. Inwieweit hier die Atrophie ciutreten wird , lässt sich noch nicht 'Voraussagen; doch ist die Vorhersage nicht unbedingt ungünstig, da bisher die Nervenfasern ihre Leitungsfäbigkeit nicht verloren haben. 2. Herr Leyden; Ueber die Entzündung der peripheren Nerven (neuritis multiplex etc.). (Der Vortrag gelangt in diesem and dem nächsten Hefte der Zeitschrift ausführlich zum Abdruck.)

3. Herr Sommerbrodt zeigt das obere Ende einer linken Tibia vor, welches äusserlich so wenig verändert ist, dass es Wunder nehmen würde zn hören, das Präparat sei durch Amputatio femoris gewonnen und habe den Anlass zu dieser Operation geboten. Der Knochen gehört einem Pionier der neuformirten 15. (König!. Sächsischen) Kompagnie des Eisenbahn-Regiments an, welcher seit April dieses Jahres ohne nach- weisbare Veranlassung Schmerzen unterhalb des linken Kniees empfand, die ihn beim Gehen hinderten und auch beim Sitzen störten (er war nur auf dem Kompagniebureau beschäftigt und that keinen äusseren Dienst).

Ende Juni erfolgte deshalb die Aufnahme in das Garnisonlazareth Tempelhof, wo bei völlig freiem Kniegelenk eine geringe Verdickung in der Gegend der Tibiaepiphyse konstatirt wird, die aber bei ruhiger Bettlage eher ab- als zunimmt. Das Hauptsymptom sind auch hier die Schmerzen, welche nur bei absoluter Ruhe und Hochlagerung des Gliedes nacblassen. Jodeinpinselungen, Eis, Streckverband sind ohne Erfolg, am besten wird Suspension vertragen. Fieber war nie vorhanden.

Mitte August wird an einer groschengrossen Stelle nach innen von der Tnberositas eine flache Hervorwölbung mit immer deutlicher werdender Pulsation bemerkbar. Zur endlichen Feststellung der Diagnose wird an

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dieser Stelle am 13. September eine ausgiebige Probe>Inzision unter antiseptiscben Kautelen vorgenommen, bei der das Messer sofort mehrere Centimcter tief in den völlig erweichten Knochen eindringt; die Pulsation röhrte von mehreren grossen ins Innere führenden Arterien her, welche unterbunden werden. Der jetzt ein- geföhrte Finger gelangt durch weiche markige Massen nahezu bis an die Hinterwand der Tibia; die mikroskopische Untersuchung ergiebt, dass diese Massen überwiegend ans kleinen Kund- und Spindelzellen bestehen, zwischen welche vielkernige Riesenzellen in beträchtlicher Anzahl ein- gesprengt sind. Diagnose: Myeloidsarkom.

Die nunmehr einzig indizirte Amputation ward (etwas oberhalb der Grenze zwiscfaeii unterem und mittlerem Drittel des Oberschenkels) mit Einwilligung des sehr verständigen Patienten schon am folgenden Tage vorgenommen, da die Schmerzen noch heftiger geworden sind und zugleich wohl in Folge der Aufnahme zertrümmerten Materials in die Blutbahn hohes Fieber (39,5) eingetreten ist. Die Operation verlief glatt, und die Heilung erfolgte im Wesentlichen durch erste Vereinigung; die Temperatur stieg nur noch zwei Mal über 39° C. und war vom 8. Tage ab normal.

Das der Gesellschaft vorgelegte, durch einen sagittalen Sägeschnitt erhaltene Präparat zeigt, dass die gesammte Epiphyse der Tibia, mit Ausnahme des hintersten Fünftels, in eine weiche, markähnliche, gelblich weisse, zum Thei^ mit Blutextravasateu, zum Theil mit grossen Öefäss- lakonen durchsetzte Neubildung verwandelt ist, weiche nach unten bereits in die Diapbyse bineinreiebt, nach oben noch gerade durch die Knorpel- schicht vom Gelenke getrennt wird.

Die Gelegenheit zur operativen Entfernung eines primären zentralen Knochensarkoms in einem so frühen St^ium noch ehe es zu einer eigentlichen Geschwulstbildung gekommen ist dürfte sich wohl nur selten, ausserhalb der Militürpraxis vielleicht überhaupt nicht, darbieten.*)

Kameradschaftlicher Verein der Sanitätsoffiziere desReserve-Landwehr- Regiments (1. Berlin) No. 35. Sitzung 10. 1. 88.

Nach einigen geschäftlichen Mittbeilungen hält Assist. -Arzt 1. Kl. der Res. Dr. Petri den angekündigten Vortrag über die transportable Lazarethbaracke. Nach einer Einleitung über die geschichtliche

*) Die Hauptarbeit über Sarkome der laiij'en Knochen, welche mir zur Zeit der obigen Demon.ttration leider noch nicht zur Verfügung stand, ist die von i^amael W. Gross: Sarcoma of the long bones; based upon a study of 1B5 ca.ses. American Journal of the medical scieuces. .luly 1879. Es sind darin 70 in der amerika- nischen. englischen und deutschen Littcralur mitgctbeilte Fälle von Kicsenzellensarkom berücksichtigt, aber nur von 51 ist Näheres über den Verlauf bekannt. Von diesen endeten 3 ohne Operation tödtlich, 48 mul wur<le amputirt oder (aus.sclilie.“8lieh an den Vorderarmknoehen) resezirt. Bei den 33 Patienten, welche die Operation über- ftanden, reicht 1 1 mal die Beobachtung nicht über 2 Monate nach dem Eingriff hinaus; schlie.sst man diese aus, so bleiben 22 länger beobachtete Patienten übrig, hei denen 5 mal (also in 22,7 pCt.) tödtliche Itezidivc aufiraten. Bei letzteren handelte es sich stets um Metastasen in den Bungen, 4 mal war zngleich örtliches Rezidiv vorhanden. Die Dauer des Besteheius der Geschwulst war auf die Malignität ohne Einfluss, dagegen schien eine durch Einlagerung von Kalksalzen und neugehildetem Knoclieiigewebe ausgezeichnete Form besonders bö.sarlig zu sein (7 Fälle mit 4 Rezidiven).

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Entwickelong präzisirt Redner an der Hand des für die Antwerpener Ansstellnng veröffentlicbten Programms und im Anschlüsse an das aber diese Ansstellnng veröffentlichte Werk; Die transportable Lazaretb- Baracke etc., beransgegeben von v. Langenbeck, v, Coler, Werner (Berlin 1886. Aug. Hirschwald) die Erfordernisse, welche an eine verwendbare Lazaretb -Baracke gestellt werden müssen. Leider ge- stattete die vorgeschrittene Zeit nicht, den interessanten Vortrag za Ende zn führen. Bei dem gemeinschaftlichen Abendessen begrüsste der Vor- sitzende Herr Wasserfuhr den Ehrengast des Vereins, Herrn General- arzt 1. Kl. Dr. V. Coler, welcher in warmen Worten seinen Dank anssprach und auf das Gedeihen des Vereins toastete. Als Gäste waren aus dem aktiven Sanitäts - Korps die Herren Stabsärzte Krocker and Werner, vom Bayerischen Sanitäts- Korps Herr Assist. -Arzt der Reserve Dr. Ziemer and vom Sächsischen Sanitäts-Korps Herr Assist-Arzt der Reserve Dr. v. Esmarch anwesend.

Im Kanst-Verlage von Albert Frisch (Berlin W, Lützowstr. 66) in welchem, wie wir nicht verfehlen za bemerken, anch die Tafeln za Heft 11/1886 und 2/1888 bergestellt sind ist nach einer Kreide- Zeichunng von Anton Hasslacher ein Lichtdruck - Portrait Bernhard von Langenbeck’s erschienen, dessen Beschaffung den Verehrern unsere verewigten Altmeisters nur angelegentlichst empfohlen werden kann.

Das vorzügliche, in jeder Beziehung wohlgelongene Portrait stellt B. von Langenbeck in Uniform dar, die Brust geschmückt mit den zahlreichen hoben, wohlverdienten Orden; es ist unterzeichnet mit dem bekannten charakteristischen Namenszage.

Der Preis von 3 Mark muss bei der vorzüglichen Ausführung als ein sehr billiger bezeichnet werden.

Erklärung der Abbildungen.

Fig. 1. Lendenanechwcllung bei einem Falle spinaler Kindcriälimung.

a a Pie sklerotischen (atrophischen) Herde der grauen VorderhSmer (Poliomyelitis).

Fig. 2 (nach H. Oppenheim). Lendenanschwellung bei einem Falle von multipler Neuritis mit einem sklerotischen Herde (a) im rechten grauen Vorderhome.

Fig. 3. Durchschnitt eines Astes des N. radialis bei einem Falle von Bleilähmung.

Atrophie. Der Durchschnitt der Nervenbündel ist ungleichmässig Seckig; die hellen Stellen durch Schwund des Nervenmarkes bedingt; die Nerven- scheide stark verdickt.

Fig. 4. Nervendurchschnitt bei subakuter multipler Neuritis. Der Querschnitt der Nervenbündel ist gefleckt in Folge ungleichmüssiger Atrophie und De- generation. Die Nervenscheide (V) ist durch eine breite, mit Zellen reichlich durchsetzte Zone (E) abgehoben. Um die Geffisse (A) reichliche Zellenwucherung.

Fig. 5. Längsschnitt eines degenerirten Nen’enzwciges hei Neuritis. Unglcich- mässige Atrophie und fettige Degeneration der einzelnen Nervenfasern; unter der Scheide (V) reichliche Proliferation von Kernen.

Gedruckt in der Königlichen Hofbncbdruckerei von £. S. Uittler ä Sohn, Berlin, Eochstr. 08 70.

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Im IWffl f

Die Tniuer})otseliatt, weldie am Mori;eii des 1). März die deutschen Lande durch II oi>- lind jedes deutsche Herz mit tiider Iraner ertnllte, hat unsere Leser län.ü’st auf anderen Wegen erreiclit. Xocli frisch aber Idntet die M unde, welche das Daliinscheiden des allgeliebten HeiTschers jedem Einzelnen geschlagen hat und unauslöschlich, wie die Liebe, welche den Lebenden umgab, ist der Schmerz um den Entschlalenen.

Neben dem Vater des Vaterlandes, dem gewaltigen, ruhmgekrönten Kriegs- und Friedenstursten, dem ehrfurchtgebietenden (Ireise ehrt das Sanitätskorjis in Kaiser Wilhelm seinen gnädigen Begründer und bewahrt in treuem, dankertÜlltem Herzen das Andenken an die Hnld seines unver- gessli(*hen erhabenen Stifters.

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Deutsche

Militärärztliche Zeitschrift.

Redieiion:

Dr. Generalarzt,

B«rlin, Tanbenstnsse 6,

□. Di-, (b. Stabsarzt,

Berlio, KaiMr Franx Oreoadior-PlaU U/12.

Verlag:

#. f. SRUlbr & 509», Königliche Hofbachhandlnng,

Berlin, Kochstraue

Monatlicb arfcbeint ein Heft Ton mindestens 3 Dnchbogen; dazu ein „Amtliches Beiblatt”. Der Zeitschrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gebiete des Uilltir- S«ttitats-Weeens‘*, heraosgegeben rom Generalarzt Dr. Roth, nnentgeltlich beigegeben. Bestellong nehmen alle PoetAmtor und Bnchhandlnngen an. Preis des Jahrgangs 15 Hark.

XVI 1. JahrganfT. 1888. Heft 3.

Zam Gedächtniss

des

Generalarztes Dr. Hugo Berthold.

Am Morgen des 2. Februar 1888 verbreitete sich in Hannover die Tranerkunde, der Generalarzt 1. Klasse und Korps -Arzt des 10. Armee’-Korps Dr. Bertbold sei plötzlich gestorbeul Diese Schreckensbotschaft traf die Gemüther der ihm Näberstebenden nm so schwerer, als der allseitig geliebte und verehrte Mann noch bis zum Tage vor seinem Tode anscheinend gesund sowohl in seinem Amte tbätig gewesen war, als auch iu der ihm eigenen wohlwollend heiteren Art sich im Kreise der ihm unterstellten Sanitätsoffiziere bewegt hatte.

Dr. Hugo Bertbold war am 4. Jani 1824 zu Gross-Lubbikow im Kreise Sternberg als Sohn des Hauptmanns a. D. Ernst Berthold geboren; er besuchte die Gymnasien in Frankfurt a. O. und Hirsch- berg i. Schl, und trat, nachdem er schon im Alter von 16 Jahren das Abitnrienten- Examen bestanden, als Eleve in das Friedrich- Wilbelms-Institut. Nach Beendigung der Stadien promovirte er im Sommer 1844, nnd am 1. Oktober wurde der erst 20jährige Doktor als Unterarzt in die Charite kommandirt, wo er sich durch sein vielseitiges Wissen und seine grosse Pflichttrene am Krankenbett ganz besonders das Wohlwollen des Chefs der damaligen lateinischen Klinik, des Geheimen Medizinalratbs und Professors, Generalarzt Dr. Wolff erwarb, zn welchem er bis zu dessen Tode in freundschaft-

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liehen Beziehungen gestanden bat Als äusseres Zeichen der ^Anerkennung seines vorzüglichen Fleisses und sittlichen Betragens“ erhielt er am 1. Mai 1845 die ErUnbniss zum Tragen des ^als Auszeichnung anzulegenden goldenen Portepees“. Vom 1. Oktober 1845 bis zum 1. Juni 1848 stand er als Kompagnie- Chirurg zuerst in Magdeburg, dann beim Kadetten- hanse in Berlin, in welcher Stellung er auch die ärztlichen Staatsprüfungen und zwar in allen Fächern mit dem Prädikat „sehr gut“ bestand. Am 1. Juni 1848 wurde B. als Oberarzt zum 1. Garde -Regiment z. F. versetzt Als in Potsdam damals die Cholera epidemisch auftrat, wurde Bertbold zum Allerhöchsten Dienst bei dom hocbseligen König Friedrich Wilhelm IV. auf Schloss Sanssouci kommandirt; seine Ruhe, das sichere und bestimmte, dabei bescheidene Auftreten und Eingreifen, als der König von leichten Verdauungsbesebwerden befallen wurde, die Bertbold beseitigen konnte, ehe einer der Leibärzte zur Stelle war, machten schon damals den König und seinen Leibarzt, den verstorbenen General- stabsarzt Dr. Grimm auf ihn aufmerksam, und wie Briefe von Grimm's Hand beweisen, erwarb er eich schnell dessen Gunst und Wertbsebätzung.

Vom 11. September 1849 bis zum 8. Juli 1854 stand Bertbold als Stabsarzt beim Friedrich Wilhelms-Institut, beim Invalidenbause und der Charitö und erhielt am 28. Juni 1852 einen Gmonatlichen Urlaub nach Oesterreich, Italien und Frankreich mit dem Aufträge, die Sanitäts- einrichtungen in Frankreich, besonders die kriegsmässige Ausstattung der Feldformationen, nach einem von Grimm's Hand aufgestellten Unter- snchungsplan eingehend zu studiren.

Am 8. Juli 1854 wurde Bertbold zum Stabs- und Garnisonarzt in Magdeburg ernannt, und so zu einer selbstständigen Stellung gelangt schloss er bald darauf den Ebebund mit Fräulein Elise Persius, Tochter des Ober-Hofbauratbs Persius in Potsdam, zu dessen Familie er schon während seines Kommandos nach Sanssouci in nähere Beziehung getreten war. Aus dieser Ehe erblühten ihm drei Söhne und eine Tochter; die ersteren batte der Verewigte das Glück, alle in angesehenen Stellungen im Heere oder in der Civilverwaltung zu sehen, während die Tochter, nach dem vor 8 Jahren erfolgten Ableben der Mutter, die treue Pflegerin des Vaters wurde.

In Magdeburg verlebte Bertbold in ungetrübtem häuslichen Glück eine lange Reihe arbeitsreicher Jahre, in denen seine dienstliche Tüchtigkeit durch die am 15. November 185G erfolgte Ernennung zum Oberstabsarzt in seiner bisherigen Stellung Anerkennung fand, während er durch seine Umsicht und Erfahrung am Krankenbett als einer der gesuchtesten Aerzte auch in der Civilbevölkerung Magdeburgs in hohem Ansehen stand. Nachdem er während des Feldzuges in Böhmen als Feldlazarethdirektor des 4. Armeekorps sich in hervorragender Weise

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bewährt batte, wurde er am ]. Dezember 1866, erst 42 Jahre alt, za der StelluDg des General- und Korps-Arztes des 10. Armee-Korps berufen, welche damals ganz besondere Schwierigkeiten darbot and einen Mann von grosser Umsicht und Tbatkraft erforderte. Im Feld- zuge 1870/71 in derselben Stelle, als Korps-Arzt des mobilen 10. Armee- Korps, machte er alle Gefechte, Schlachten und Belagerungen mit, in denen dieses betheiligt war. Unermüdlich sorgte er stets dafür, dass überall die rechte Hülfe am rechten Ort zur Stelle war, und stand dabei den jüngeren Sanitätsoffizieren in so kameradschaftlicher Weise in dienst- lichen and persönlichen Fragen zur Seite, dass nicht nur die aktiven Sanitätsoffiziere, sondern auch die grosse Zahl der nach dem Kriege in bürgerliche Verhältnisse zurückgetretenen Kollegen ihrem früheren Korps- General-Arzt stets ein dankbares Andenken bewahrt haben. Nach dem Friedensschluss war Berthold vorübergehend als Armee-Arzt nach Nancy kommandirt und kehrte dann in seine Friedensstellung nach 11 annover zurück, die er, am 28. Oktober 1880 zum Generalarzt 1. Klasse ernannt, bis zu seinem Tode inne gehabt bat; mit welcher Anerkennung, das beweist die 1881 erfolgte Verleihung des Kronen-Ordens 2. Klasse mit Schwertern am Ringe.

Einige Monate vor seinem Tode halte Berthold sich durch Sturz mit dem Pferde eine Verletzung zugezogen, welche ihn zwar vorüber- gehend durch heftige Schmerzen in der Herzgegend quälte, aber keines- wegs von der treuesten Erfüllung seiner Pflichten zurückhielt. Treu hat Berthold in der ehrenvollen Stellung, zu der er jung berufen, gewirkt bis zuletzt, so dass ihm in der vom Divisionspfarrer Delbrück gehaltenen Gedächtoissrede mit vollem Recht naebgerühmt werden konnte, er habe sich eine Krone der Ehren erworben im treuen Dienst. Mitten aus der Arbeit, die er grade am letzten Lebenstage mit besonderer Freude und Heiterkeit ausgeführt hatte, riss ihn der Tod. Wie gross in weiten Kreisen die Anerkennung der Verdienste des Verewigten gewesen, bewies das zahlreiche Leichengefolge, iu welchem ausser sämmt- lichen Sanitätsoffizieren Hannovers und der umliegenden Garnisonen die Spitzen der Militär- und Civilbehörden , ferner eine grosse Zahl von Civilärzten und sonstigen Verehrern des Entschlafenen vertreten waren.

Der Leichenzug bewegte sich von dem Sterbehause nach dem Bahn- hof, von wo die Ueberführung der Leiche auf den Friedhof in Potsdam erfolgte, entsprechend dem Wunsche des Verstorbenen, an der Seite seiner dort ruhenden Gemahlin bestattet zu werden. S.

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Die Entzündung der peripheren Nerven

(Polyneuritis Neuritis multiplex), deren Pathologie und Behandlung. Vorgetrsgen in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin

von

E. Leyden.

II. Vortrag

am 21. Dezember 18S7.

(Schluss.)

M. H.l In dem ersten Theile meines Vortrages über multiple Neu- ritis, den ich vor zwei Monaten an dieser Stelle zu halten die Ehre hatte, habe ich zunächst die geschichtliche Entwickelung unserer Kennt- nisse von dieser Krankheitsgruppe und dasjenige, was wir über die pathologische Anatomie derselben wissen, dargelegt. Ich versuchte sodann ein typisches Krankheitsbild zu zeichnen, an welches sich die Be- sprechung der Diagnose, der Prognose, des Verlaufes und der Behaudlung anscbloss. Schliesslich musste ich hervorheben, dass die multiple Neuritis in diesem Augenblicke nicht mehr eine einzige Krankheit, sondern eine Gruppe von Krankheiten darstellt, deren einzelne Formen in ihrem Typus zwar übereinstimmen, jedoch im Einzelnen viele Verschiedenheiten darbieten. Die genaue Kenntniss dieser Mannig- faltigkeit ist für das Verständniss, die prognostische Beurtheilung, sowie für die Behandlung des speziellen Falles oft von entscheidender Wichtigkeit.

Die Lehre von der multiplen Neuritis ist ebenso von wissenschaft- lichem Interesse, wie von praktischer Bedeutung. Wir haben die wichtige Tbatsacbe gewonnen, dass ein Theil derjenigen Krankheitsformen, welche den Typus spinaler Erkrankungen tragen, d. h. welche umfangreiche Lähmungen der Extremitäten, begleitet von Sensibilitälsstörungen und Muskelatropbien , setzen, nicht auf eine Läsion des Rückenmarks, sondern auf eine Erkrankung vielfacher peripherer Nerven znrückzu- führen ist. Wir haben das Vorkommen einer bemerkenswertheu Form der peripheren Nervenerkrankungen kennen gelernt, gleichzeitig damit aber auch die praktisch wichtige Einsicht erlangt, dass diese Krankheiten eine

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wesentlich bessere Prognose für die Erhaltang des Lebens und die völlige Ilerstellang zalassen , als sie bei der Annahme von Rückenmarks- erkranknngen gestattet wäre. Die Erkrankungen der peripheren Nerven eröffnen für eine erfolgreiche Behandlung bei weitem günstigere Aussichten.

Am Schlüsse meines ersten Vortrages habe ich eine übersichtliche Eintheiinng der verschiedenen Formen von multipler Nenritis gegeben, welche ich zunächst wiederhole, da wir heute näher in das Detail der- selben eintreten wollen:

1) Die infektiöse Form der m. N.: Lähmungen nach Diphtherie, Typhus und anderen infektiösen Krankheiten. Theorie der infektiösen m. N. Primäre infektiöse m. N. Beri-Beri-Krank- beit (Kakke). M. N. nach Syphilis und Tuberkulose.

« 2) Die toxische Form der m. N. : Bleilähmung, Arsenlähmung, Pbosphorlähmnng, Lähmungen nach Kohlenoxyd-, Schwefel- kohlenstoff-Vergiftung, Ergotismus, merknrielle Lähmungen, alko- holische Neuritis.

3) Die spontane m. N.; nach Ueberanstrengung, nach ungewöhn- lichen Erkältungen.

4) Die atrophische (dyskrasische, kachektiscbe) Form; nach Anämien (perniciöse Anäm.), Chlorose, Kachexie, Marasmus, Krebskachexie.

Diabetes (Tuberkulose, Kakke).

5) Die sensible Nenritis: Pseudotabes, Nervotabes peripherica.

a. Die sensible Form der multiplen Nenritis.

b. Die sensible Neuritis bei Tabes.

Sie ersehen aus dieser Uebersicht, dass wir es mit einer stattlichen An- zahl von Erkrankungen zu thun haben, welche bei aller Uebereinstimmung eine grosse Mannigfaltigkeit der Symptome und des Verlaufes darbieten.

Hierbei drängt sich aber fast von selbst die Frage auf, ob wir es in allen aufgezäblteu Fällen mit völlig gleichen Prozessen zu thun haben oder ob sich wesentliche Verschiedenheiten unter denselben dar- bieten.

Was den pathologisch-anatomischen Prozess betrifft, so liegt das Uebereinstimmende aller Fälle darin, dass sich an verschiedenen peri- pheren (grösseren oder kleineren) Nervenstäinraen degenerative Krank- heitsprozesse vorfinden, welche von einer Rückenmarkskrankheit ganz unabhängig sind; in der Regel sind auch die Rückenmarks wurzeln sowie die grossen Nervenstämme ganz frei, während sich erst in den kleineren vom Rückenmark entfernteren Zweigen die Erkrankung vorfiudet. Ist

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nun aber der hier etablirte Prozess in allen Fällen vollkommen der gleiche? Das ist, wie es scheint, nicht der Fall. In einzelnen Beob- achtungen, und hierher gehören gerade diejenigen, welche ich selbst publizirt habe, sowie auch der Fall von Eich borst, trägt der ana- tomische Prozess durchaus den Charakter des entzündlichen. Wir finden ausser den degenerativen Veränderungen der Nervenfasern reich- liche Proliferation von Zellen um die Gefässe sowie in der Nervenscheide, ja in dem einen Fall war eine Art Exsudation zwischen Nervenbündeln und deren Scheide vorhanden. In dem andern Falle gaben abgelagerte Pigmente den Beweis, dass ein hämorrhagischer Vorgang stattgefunden habe. Ein solches mikroskopisches Verhalten muss ohne Bedenken für den Beweis eines entzündlichen Prozesses angesehen werden, und wir können auch durch den Vergleich mit den vorangegangenen Krankheits- symptomen und deren entschieden irritativem Charakter die Ueberzeugung bestätigen, dass es sich um einen entzündlichen Prozess handelte.

Indessen in anderen Fällen lässt weder die anatomische Untersuchung der Nerven, noch der Charakter der Kraukheitssymptome auf einen echt entzündlichen Vorgang schliessen, es scheinen vielmehr passive (degenerativ-atrnphirende) Vorgänge stattzufinden. Die einzelnen Fasern der Nervenbündel und Nervenstämme zeigen sich mehr oder minder atrophisch degenerirt; sie sind schmal, marklos oder doch arm an Nerven- mark, das noch vorhandene bietet deutliche Zeichen des Zerfalles, der Zerklüftung, der fettigen Degeneration. Dagegen bestehen keine Zeichen früherer Kongestionen oder Ilämorrhagien, keine Zellenwucherung, keine Exsudation. Dementsprechend sind auch die vorangegangenen Symptome nnr passive, sie bestehen in Schwäche, Muskelschlaifheit, Muskelatrophie.

Schmerzen, Schwellungen etc. fehlen entweder ganz oder sind von untergeordneter Bedeutung.

Wir können also eine multiple Neuritis und eine multiple Nerven- degeneration oder Atrophie unterscheiden.

Da indessen beiderlei Prozesse weder anatomisch noch klinisch sympto- matisch scharf zu trennen sind, so dürfen wir auch die Fälle der multiplen Neuritis und Degeneration nicht dogmatisch von einander trennen, sondern müssen sie unter ein und demselben Krankheitstypns zusammenfassen. Aber nach einer anderen Richtung hin können wir die multiple Neuritis in zwei Gruppen trennen, sofern sie nämlich vor- herrschend resp. ausschliesslich die motorischen oder die sensiblen Nerven ergreift. Zwar findet auch hier keine ganz scharfe Trennung statt: meist sind beide Formen gemischt, dennoch ist die Unterscheidung ganz

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berechtigt. In der Mehrzahl der Fälle tritt die Betheiligung der moto- rischen Symptome entschieden in den Vordergrund, die sensiblen Symptome sind Nebensache; dann giebt es auch Fälle, wo die Affektion der motorischen Nerven in den Hintergrund tritt und die der sensiblen Hauptsache wird. Diese sensible Form trennt sich wieder in swei Gruppen, deren Unterscheidung von Bedeutung ist, nämlich die akute oder subakute Form, welche sich ihrem Wesen nach der typischen multiplen Neuritis anschliesst , nnd die chronisch - atrophische oder sklerotische Form, welche in naher Beziehung zur Tabes steht.

Die Unterscheidung der motorischen und der sensiblen multiplen Nen- ritis ist auch symptomatisch von Bedeutung. In der ersten (häufigsten) Form tritt die motorische Lähmung und Atrophie in den Vordergrund; dies ist die motorisch-paralytische oder amyotrophische Form der multiplen Neuritis. In der zweiten Form dagegen überwiegen die sensiblen Symptome, nnd die motorischen Störungen stellen sich nicht sowohl als Paralysen, sondern vielmehr als Ataxie dar; dies ist die sensible oder ataktische (tabische) Form der multiplen Neuritis, auch Psendotabes oder Nervotabes peripherica genannt. Auf diese auch in theoretischer Beziehung höchst inter- essante Unterscheidung haben wir noch später einzngehen; ich beschränke mich daher zunächst auf die gegebenen kurzen Andeutungen.

Wir müssen noch eine andere Krankheit in den Bereich unserer Erörterungen ziehen und deren Verhältniss zur multiplen Neuritis er- örtern, nämlich die akute aufsteigende oder Landry'sche Paralyse. Diese Krankheit besteht, wie bekannt, darin, dass eich in der Regel ohne deutliche Vorboten Schwächezustände der unteren Extremitäten entwickeln, von den Füssen resp. Unterschenkeln beginnend, welche schnell an Intensität zunebmen nnd sich gleichzeitig schnell aufsteigend verbreiten. Während die Lähmung an den Füssen und Unterschenkeln hochgradig wird, steigt sie gleichzeitig empor zu den Oberschenkeln, dem Abdomen, dem Thorax, ergreift die oberen Extremitäten und auch hier zuerst die Hände, darauf die Vorderarme, erst weiterhin Oberarme nnd* Schultern. Indem sie nunmehr die Muskeln des Halses, die Respirationsmuskeln, auch Gesicht, Zunge, Pharynx etc. ergreift, bedroht sie durch Respirationslähmnng das Leben. In der Mehrzahl der Fälle tritt der Tod nach kurzem Verlauf durch Erstickung (Respirationslähmung) ein, zuweilen bleibt die Krankheit stehen oder wird wieder rückgängig und kann vollkommen geheilt werden. Ueber die Natur und Bedeutung dieser Krankheit sind sehr verschiedene Meinungen geäussert, aber, da entscheidende Obduktionsbefunde sowie entscheidende Ergebnisse mikro-

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ekopischer Untersachaogen nicht vorliegen, so lässt sich anch heute ein definitives Urtheil noch nicht abgeben. Indessen seit der oben citirten Beobachtung von Eichborst ist die Ansicht begründet, dass diese Krankheit, wenigstens in einer Anzahl von Fällen, zur multiplen Neuritis zu zählen ist. Hierfür spricht anch der Umstand, dass die akute auf- steigende Paralyse trotz der Seltenheit ihres Auftretens doch dieselbe mannigfaltige Aetiologie hat, wie die multiple Neuritis: sie ist wie diese nach akuten Krankheiten (Pneumonie , Pocken , einen Fall nach Keuchhusten berichtet Moebius), sie ist spontan, sie ist nach Syphilis beobachtet worden; auch eine toxische Form giebt es, indem die Alkohollähmong io der Weise der akuten aufsteigenden Paralyse auftreten kann. Man bat sie ferner wegen ihrer Beziehung zu den akuten Krankheiten und wegen ihres pernieiösen Verlaufes zu den infektiösen Erkrankungsformen zählen wollen. Die Analogie mit der multiplen Nea- ritis ist also unverkennbar, dennoch dürfen wir nicht übersehen, dass beweisende Untersuchungen bis beute anssteben und dass Eichhorst's Fall in mancher Beziehung von dem typischen Bilde der aufsteigenden Paralyse abweicht. Ich selbst hatte, seit der Zeit meiner Arbeiten über multiple Neuritis, nur einmal Gelegenheit, einen Fall von akuter auf- steigender Paralyse zu sehen, derselbe verlief tödtlich. Trotz der sorg- fältigsten und konsequentesten Untersuchung p. m. habe ich ebenso- wenig in den Nervenstämmen wie im Rückenmark und in den Muskeln etwas Pathologisches nach weisen können. Das einzige, was anch in diesem Fall für einen peripheren Sitz (Neuritis) sprach, war der Um- stand, dass die Muskellähmung der Extremitäten eine schlaffe war, dass die Sehnenreflexe fehlten und dass an mehreren Muskeln ein elektrisches Verhalten nachweisbar war, welches sich bereits der Entartungsreaktion annäberte. Ich halte daher die Ansicht, dass die akute aufsteigende Paralyse zu der Groppe der Erkrankungen durch multiple Neuritis ge- hört, für wahrscheinlich aber noch keineswegs für erwiesen.

Indem wir nunmehr in die Spezialbetrachtong eingehen, beginnen wir mit der *

I. infektiösen Form der multiplen Neuritis.

Die ersten genauer untersuchten Fälle von multipler Neuritis und gerade die Fälle von Eichhorst und mir halten ein Krankbeitsbild und einen Krankbeitsverlauf dargeboten, wie er den akuten infektiösen Krank- heiten entspricht. Auch die japanische Kakke war bei der Aehnlicbkeit der Symptome von mehreren Seiten als eine infektiöse Krankheit an-

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gesprochen worden. Noch entschiedener wurde diese Auffassung durch den Nachweis gestutzt, dass Lähmungsformen nach akuten Krankheiten ebenfalls auf die anatomische Grundlage einer multiplen Neuritis znrück- zoführen seien. In dieser Beziehung waren die Untersuchungen von P. Meyer in Strasshurg von Bedeutung, welcher in einem Falle schwerer letal verlaufener Lähmung nach Diphtherie an den kleinen peripheren motorischen Nervenstämmen dieselben anatomischen Vorgänge nachwies, wie ich sie bei der multiplen Neuritis beschrieben batte, während das Rückenmark, die spinalen Wurzeln und die grossen Nervenstämme sich ganz intakt erwiesen. Nachdem dieser Beweis für die diphtheritische Lähmung geführt war, während gleichzeitig das Studium des elektrischen Verhaltens der Muskeln, sowie der Krankbeitsverlauf die Auffassung als multiple Neuritis bestätigten, so durfte man weiter schliessen, dass eine grosse Anzahl derjenigen Lähmungsformen, welche nach akuten Krank- heiten auftreten, ebenfalls in das Gebiet der multiplen Neuritis gehören. Die Analyse der Symptome, das Verhalten der Muskeln, die ziemlich häufige Atrophie derselben, insbesondere auch der Verlauf der meisten dieser Krankheitsformen, vervollständigen den Beweis, dass hier in der Mehrzahl der Fälle periphere neuritische Prozesse vorliegen. Indessen möchte ich mich doch gegen die Unterstellung eines dogmatischen Scheroatisirens verwahren und das Vorkommen spinaler Erkrankungen nach akuten Krankheiten keineswegs in Abrede stellen. In meiner Klinik der Rückenmarkskrankheiten (II a S. 237. ff.) habe ich den Lähmungen nach akuten Krankheiten ein eigenes ziemlich umfangreiches Kapitel gewidmet, dabei auch angegeben, dass einige Formen als spinale Erkrankungen angesehen werden müssen, während andere den Charakter peripherer neuritischer Prozesse tragen.

Die Kenntniss von den Lähmungen nach akuten Krankheiten ist viel älter, als die Kenntniss von der anatomischen Natur der ihnen zu Grunde liegenden Prozesse. Aber auch die Kenntniss dieser Lähmungen selbst ist nicht alt. Sie sind wohl früher nur als Schwächezustände an- gesehen worden oder ihr Zusammenhang mit einer vorangegangenen akuten Krankheit wurde nicht erkannt. Die am frühesten gekannte Läbmungsform dieser Groppe ist die zuerst von Mainganlt 1850 beschriebene, seitdem vielfach beobachtete und studirte diphtheritische Lähmung. Weiter- hin wurden die Lähmungen nach akuten Krankheiten von dem Französi- schen Kliniker Gubler (Archives generales 1860 1862) eingehend studirt and beschrieben, und sind seither auch von deutschen Autoren gründ- lichen Bearbeitungen unterworfen. Ich verweise betreffs der näheren

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EinzellieiteD auf das betreffeade Kapitel in meiner Klinik der Rücken- markskrankbeiten. Die Mannigfaltigkeit dieser Lähmungsformen ist eine sehr grosse. Obgleich sie im Ganzen unter sich viel Uebereinstimmung darbieten, zeigt doch jede der verschiedenen Infektionskranklieiten eine individnelle Verschiedenheit in der l'orm und dem Verlaufe der ihr nachfolgenden Lähmungen. Besonders zahlreich sind die Lähmnngsformen nachTypbns, nach Variola, nach Scharlach und Masern; auch nach Pneumonie nnd Pleuritis sind solche beobachtet, desgleichen nach Scpticämie und £ry- sipelas. Von der letzteren selteneren Form sah ich vor vier Jahren ein exquisites Beispiel bei einem 50jährigen Arzte, welcher sich bei einer Operation eine Verwundung zuzog, an die sich ein schweres Erysipel anschloss. Diesem folgte eine Lähmung beider N. peronaei mit leb- hafter Schmerzhaftigkeit nnd Muskelatrophie, ganz von dem Charakter der Lähmungen infolge von multipler Neuritis.

Dass ein grosser Theil der Lähmungen nach akuten Krankheiten zur multiplen Neuritis gerechnet werden muss, ist heute nicht mehr zweifelhaft. Die Analogie der Symptome und des Verlaufes, der direkte anatomische Nachweis bei der Diphtherie-Lähmung geben hierfür ge- nügenden Beweis. Der Verlauf der Lähmungen ist meist ein günstiger, und die Prinzipien der Behandlung, welche bereits Gubler anfgestellt bat und welche sich seither in der ärztlichen Erfahrung bewährten, sind die gleichen, welche ich oben für die multiple Neuritis entwickelt habe.

Die grösste Mehrzahl dieser Lähmungen gehört der motorischen Form der multiplen Neuritis an und führt zu Schwächezuständen, Para- lysen, Muskelatropbien. Aber auch die sensible Form ist nicht selten, es kommt zu Neuritiden mit heftigen Schmerzen, Dysaesthcsieen nnd auch zur Ataxie (Pscndotabes). Solche Ataxien sind nach Diphtherie, Pocken, Typhus mehrfach beobachtet und beschrieben (Eisenmanu, C. West- phal)und von mir als akute Ataxien bezeichnet worden (vergl. Klinik der Rückenmarkskrankheiten II. S. 203).

Wodurch sollen wir uns die Entstehung der multiplen Neuritis nach akuten Krankheiten bedingt denken ? Sollen wir annehmen, dass die pathogenen Mikroben sich auch in den Nerven resp. in deren Scheiden lokalisiren und hier zu Krankbeit.serscheinungen Anlass geben? Dies ist für die Lähmungen nach akuten Krankheiten sehr unwahrscheinlich, abgesehen davon, dass niemals der Nachweis von pathogenen Bakterien in den neuritischen Herden gelungen ist. Auch der Verlauf der Neuritis korrespondirt so wenig mit dem der Infektionskrankheit, dass eine gleiche Ursache kaum denkbar ist. V’iel wahrscheinlicher ist die Annahme,

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dass gewisse durch die Infektionskraukbeit gebildete giftige Sab- stanzen (Ptoroaine), wie solche überhaupt einen Theil der Krankbeits- symptome hervorrufen, auch die Ursache der multiplen Neuritis sind. Ich scbliesse mich in dieser Hinsicht ganz den Anscinandersetzongen an, welche Dr. Rosenheim*) kürzlich in einer hemerkenswerthen Arbeit über unsere Krankheit nicdergelegt hat: „Nicht ein organisirtes Virus, sondern die deletäre Wirkung chemischer Stoffe (Stoffwechselprodukte der Bakterien) ist die Ursache der infektiösen Form der multiplen Nea- ritis.* Ganz zutreffend ist der Vergleich mit der infektiösen Nephritis, welche Fürbringer bereits früher mit vollkommenem Rechte auf die chemische Wirkung gleicher Stoffwechselprodukte zurückgeführt hat.

Diese Auffassung findet auch noch darin eine Stütze, dass sie für die Entstehung der infektiösen multiplen Neuritis eine analoge Ursache annimmt, wie sie die toxische Form darbietet. Eine solche Analogie erleichtert das Verständniss der Erkrankung. Ja, auch die dritte Gruppe der kachektischen (anämischen) multiplen Neuritis lässt sich unschwer auf dasselbe Verbältniss, nämlich die Einwirkung einer schädlichen (toxischen) Substanz auf die Nerven zurückfübren, und wir gewinnen auf solche Weise eine klare und befriedigende Theorie aller Formen der mul- tiplen Neuritis. Wir dürfen uns den Vorgang derartig vorsteilen, dass sich die toxische Subslanz mit einer Substanz der peripheren Nerven ver- bindet und dadurch die trophische Degeneration oder den entzündlichen Reiz setzt. In einem Falle ist die einwirkende chemische Substanz ein Krank- heitsprodnkt (ein Ptomain), im andern Falle ein Metall, Alkohol u. dergl. Bei einer solchen Theorie ist es einerseits bemerkenswerth genug, au sehen, wie eine grosse Anzahl chemischer Stoffe, welche anscheinend sehr different sind, zu denselben Substanzen der peripheren Nerven Ver- wandtschaft zeigen und sie zersetzen, andererseits wie solche chemische Stoffe ausschliesslich oder doch wenigstens vorherrschend ihre Attraktion zu den peripheren Nerven zeigen. Dies deutet auf feine und doch wirkungsvolle Verschiedenheiten der chemischen Konstitution in den Nerven hin, welche unsere bisherigen chemischen Kenntnisse weit übertrifft. Ja, wenn wir weiter in Betracht ziehen, dass jede Infektionskrankheit trotz der generellen Uebereinstiramung der multiplen Neuritis doch grosse und beaebtungswerthe Differenzen der Lokalisation, der Symptome und des Verlaufes darbietet, so wird die Vorstellung von der Mannigfaltigkeit

•) Zur Kenntiiiss der akuten infektiüseii multiplen Neuritis. Areli. f. Psycli. XVIII. 3.

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der chemischen Konstitution sowohl der Ptomaine wie der einzelnen Nervenstämme noch erhöht. Das Gleiche gilt übrigens von der toxischen Nenritis, bei welcher ebenfalls jede Form eine wesentliche Verschieden- heit von den übrigen darbietet.

Im Anschluss an die infektiöse Nenritis müssen wir noch einige Fälle betrachten, welche eine kurze gesonderte Besprechung verdienen.

a. Die japanische Kakke oder Beri-beri, eine Krankheit, welche für uns infolge ihrer Bearbeitung durch deutsche Aerzte (Wernich, Balz, Scheube)^) und ihren Vergleich mit der multiplen Neuritis an Inter- esse gewonnen hat. Scheube und Balz haben auf die Aebnlicbkeit der Symptome, welche die Kakke mit der multiplen Neuritis darbietet, hingewiesen und bei der anatomischen Untersuchung p. m. die ent- sprechende Degeneration der Nerven gefunden. Die Krankheit tritt in grosser Verbreitung in Japan, China und den holländischen Kolonien anf, befällt hauptsächlich das männliche Geschlecht und wiederum vorzugs- weise Individuen im Jünglingsalter. Am stärksten ist die Krankheit im Juli, August und September und erreicht in Gefängnissen, Kasernen, Fabriken eine oft ansserordentlicbe Häufigkeit. Scheube unterscheidet a. eine leichte Form mit mässiger Schwäche der Beine, Oedemen, Herz- klopfen; diese Form geht nach mehreren Wochen "oder Monaten Ln Heilung über; b. eine atrophische Form mit Schwäche der Beine bis zur vollständigen Lähmung und Muskelatrophie. Dazu gesellt sich Lähmung der Arme, seltener der Zunge, des Gesichts etc. Diese Form kann durch Erschöpfung zum Tode führen oder gelangt erst nach lang- wierigem Verlaufe zur Heilung, c. Die hydropische oder hydropisch- atropbische Form. d. Die akute pernieiöse Form. Das Krankheitsbild hat grosse Aehnlickkeit mit dem der multiplen Neuritis und selbst mit dem der anfsteigenden Paralyse. Balz und Scheube fanden nun in der That die peripheren Nerven erkrankt, in einer Weise, welche der mul- tiplen Neuritis durchaus entspricht; das Rückenmark wurde intakt be- funden. Die Autoren bezeichnen demnach die Beri-beri-Krankheit als eine Nenritis multiplex subacuta endemica oder Panneuritis endemica und sprechen sie als eine infektiöse Krankheit an, obgleich es ihnen nicht gelungen ist, einen pathogenen Parasiten derselben zu finden. V'or 1'/, Jahren wurden von der holländischen Regierung die Herren Peckelhering und Winkler nach den Kolonien entsandt, nm die Krankheit, welche dort unter den Soldaten und den Eingeborenen sehr verderblich haust, zu

*) Die japanisclie Kakke. Deutsches Aroh. f. klin. Med. XXXI ii. XXXII.

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Stadireo. Der Bericht dieser Herren ist vor nicht langer Zeit publizirt. Sie erklären die Krankheit ebenfalls für eine mnltiple Neuritis, sie fanden in den peripheren Nerven degenerativc und regenerative Vorgänge, An- schwellnngen and Zellwacherungen in denselben, auch an den Herz- nerven fanden sie gleiche pathologische Veränderungen. Sie erklären sich für die infektiöse Natur der Krankheit and geben an, dass sie Stäbchen- und Diplokokken gefunden haben, von denen sie eine Form für die wirklichen Erreger der Krankheit halten; denn sie bewirkte, anf Kaninchen und Hunde übertragen, eine multiple Nervendegeneration. Eine Bestätigung dieser interessanten Befunde wird immerhin abznwarten sein, ehe man sie für völlig sicbergcstellt ansehcn kann. Neben dieser Auffassung findet jedenfalls von anderer Seite auch diejenige ihre Ver- treter, welche die Krankheit nicht für eine infektiöse, sondern für eine trophisch-degenerative hält. Der bölländische Vize-Quartiermeister in Sumatra van der Driesch hat eine Denkschrift über die Beri-beri- Krankheit verfasst, in welcher er den Genuss des unreifen und schlechten chinesischen Reises als Ursache derselben bezeichnet.

b. Wir haben noch in Bezug auf zwei infektiöse Krankheiten, welche sich von den akuten Infektionskrankheiten nicht unwesentlich unterscheiden, das Verhältniss zur multiplen Neuritis zu erörtern, näm- lich von der Syphilis und der Tuberkulose. Die Syphilis betreffend, so ist in den neueren Arbeiten über multiple Neuritis wenig von ihr die Rede, ich halte es aber nach meinen Erfahrungen nicht wohl für zweifel- haft, dass diese Krankheit eine multiple Neuritis hervorrufen kann. Neuralgien und Neuritis intolge von Syphilis sind ja ,kein seltenes Er- eigniss, selten aber ist' die Form der multiplen Neuritis. Einen ganz typischen Fall mit neuritischer Lähmung der Unterextremitäteu habe ich freilich nicht beobachtet, wohl aber einen Fall von amyotrophischer Neu- ritis beider Arme. Dieser Fall betraf einen blühenden jungen Mann, welcher seine Muskeln durch Hanteln zu üben gewohnt war, und welcher unter reisseuden Schmerzen eine läbmungsartige Schwäche der Arme mit deutlicher Atrophie und mit pathologischem V^erhalten der elektrischen Erscheinungen bekam. Als er mich konsultirte, hatte er gleichzeitig eine floride sekundäre Syphilis, auf welche ich auch die Neuritis bezog. Der Patient hatte das Hanteln seit Jahren und für seine Konstitution keineswegs im Uebermaasse geübt; ich sah daher die Muskelanstreugung nur als die eine von zwei Ursachen an. Patient hatte später schwere Form der Syphilis (Lebersyphilis) zn übersteben, ist aber schliesslich

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vollkommen sowohl von der Neuritis, wie von der konstitutionellen Syphilis hergestellt worden.*)

Was die Tuberkulose betrifift, so ist das Vorkommen der multiplen atrophischen Neuritis von mehreren Seiten hervorgehoben, auch ich habe einige vollkommen typische Fälle gesehen. Vaillard (Des nevrites peripheriqnes chez les tuhcrculeux. Revue d. Mäd. 1887) unterscheidet das Vorkommen einer symptomenlos verlaufenden Nervendegeneration und einer durch ausgedehnte atrophische Muskellähmnngen und sensible Formen mit Anaesthesien und Hyperaesthesien charakterisirten multiplen Neuritis. Sofern die Tuberkulose zu den Infektionskrankheiten gehört, rechnen diese Fülle auch zur infektiösen Form, indessen bin ich doch der Meinung, dass nicht sowohl ein von den Tuberkelbacillen produzirter chemischer Giftstoff, als vielmehr die der Pbthisis eigene Kachexie und Atrophie als die hauptsächlichste Ursache der Neuritis anzuprechen ist, dass diese Form daher richtiger zu der kachcktischen (marastischen) Form als zur infektiösen gezählt werden müsse.

II. Die toxische multiple Neuritis.

Die Thatsache, dass durch eine Anzahl von giftigen Substanzen beim Menschen Lähmungen hervorgerufen werden, ist eine lange bekannte. Nach den neuerdings gewonnenen Untersuchungen scheint es, dass die Mehrzahl dieser Lähmungen der multiplen Neuritis angehört. Wir be- gegnen auch hier einer grossen Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, welche derjenigen der infektiösen Neuritis nach akuten Krankheiten kaum nach- steht. Ebenso bemerkenswerth ist es, dass toxische Substanzen von sehr verschiedener chemischer Konstitution Lähmungsformen und neuriiischc Prozesse zu erzeugen vermögen, welche unter sich viel Analogie zeigen. Freilich bietet auch hier wieder jede Form der toxischen Lähmungen ihre Eigenart nach Lokalisation, Symptomen und Verlauf dar. Indem ich iro Folgenden die wichtigsten Formen und besonders diejenigen, welche durch neuere Untersuchungen in ein unerwartetes Licht gestellt sind, näher bespreche, betrachte ich es nicht als meine Aufgabe, eine voll- ständig erschöpfende Darstellung zu geben und verweise in dieser Be- ziehung auf das betreffende Kapitel: „Ueber Intoxikationslähmungen“ in meiner Klinik der Rnckenmarkskraiikheiten (Ila. S. 280 ff.).

•) Aelmliche Beobachtungen habe ich schon in meiner Klinik der Rückemnark.s- krankheiten II. S. 277 miigetheilt. Rodet heobaehtete einen Fall von progressiver Muskelatruphie, welchen er auf Byphilis ziirückfrilirt, da er durch Jodkali gebellt wurde.

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a. Die Bleilähmao); verdieot die erste Erwähnung, weil sie die älteste und am besten bekannte Form der Intoxikationslähmung ist und weil sich an sie viele bedeutungsvolle Diskussionen über das Kapitel der multiplen Neuritis angeschlossen haben.

Die Bleilähmnng ergreift, wie bekannt, mit ausgesprochener Vorliebe die Extensoren des Vorderarmes, fast immer beiderseitig, während die Supinatoren und der Änkonaeus frei bleiben. Die Paralj'se entwickelt sich fast immer ohne Schmerzen, hänfiger mit abnormen Sensationen. Die elektrische Erregbarkeit der aificirten Muskeln wird alsbald in merk- licher Weise verändert, es kommt zur Entartungsreaktion und schliesslich zum Erlöschen jeglicher Reaktion unter totaler absolut irreparabler Atrophie der Muskeln. Die anatomischen Untersuchungen, von denen gegenwärtig eine ziemlich grosse Zahl vorliegt, haben eine sehr ent- schiedene Atrophie der zu den gelähmten Muskeln gehörigen Nerven- stämme (Fig. 3), sowie Atrophie der Muskeln ergeben. Nach oben, d. h. nach dem Rückenmark zu, verschwindet die Atrophie der Nerven. Ob- gleich eine Zeit lang von mehreren Autoren die Meinung festgehalten wurde, dass auch die Bleilähmung eine spinale sei und zur Poliomyelitis gerechnet werden müsse, so dürfte gegenwärtig kein Zweifel darüber be- stehen, dass sie in ihrem eigentlichen Typus eine periphere atrophische Affektion sei. Die eigenthümlicbe und fast ausnahmslos ganz bestimmte Lokalisation ist insofern besonders interessant, als sie auf ebenso be- schränkte chemische Eigcnthümlichkeiten scbliessen lässt, von welchen wir uns kaum eine bestimmte Vorstellung machen können.

Nicht nur durch die ganz eigenthümlicbe Lokalisation, sondern auch durch die verbältnissmässig schnell eintretende absolut irreparable Degene- ration unterscheidet sich die Bleilähmung von fast allen Formen der multiplen Neuritis.

In seltenen Fällen tritt die Bleilähmnng in allgemeinerer Verbreitung auf, sie ergreift nicht nur die oberen, sondern auch die unteren Extremi- täten in dem entsprechenden (dem Peronaeus-) Gebiete. Sie hat alsdann eine grosse Aebnlichkeit mit dem gewöhnlichen Typus der multiplen Neuritis.

Auch noch weiter kann sich die Bleilähmung generalisiren, indem Schulter- und Rumpfmuskeln Theil nehmen. In solchen generalisirten Fällen sind auch im Rückenmark mehr oder minder erhebliche Alterationen gefunden worden, welche der Poliomyelitis entsprechen, so dass auch die Bleilähmung den Beweis liefert, wie zwischen den Affektionen der peri- pheren Nerven und denen des Rückenmarks keine absolute Grenze ge- zogen werden kann.

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Von einer genanen Besprecbang der Therapie der Bleilähmang dürfen wir wohl an dieser Stelle absehen, obgleich sie sich von der oben verceicbneten Therapie der mnltiplen Neuritis in vieler Beiiehnng unterscheidet. Ausser der elektrischen Behandlung kommt wesentlich die für die Bleiintoxikation überhaupt indizirte Therapie der Prophylaxe (Enthaltung der Schädlichkeit) sowie die Anwendung der Jodpräparate, des Schwefels und der Schwefelbäder in Betracht.

b. Die Phosphor- und Arsenläh mungen. Sowohl nach akuten wie chronischen Phosphor Vergiftungen sind Lähmungen beobachtet worden, doch liegen spezielle Untersuchungen über deren anatomische Natur nicht vor. In ihrem Typus schliessen sie sich den Arseniklähmnngen an, über welche wir reichlichere Erfahrungen und Untersuchungen besitzen.

Die Arsenik Vergiftungen sind schon seit langer Zeit bekannt (Zacchias 1600), sie ergreifen zuerst die unteren Extremitäten, gebeo aber auch auf die oberen über. Sie entwickeln sich unter Schmerzen und führen zu Taubheit und Muskelschwäche. Selten kommt es zu deut- licher Mnskelatrophie, häufiger wurde die elektro- muskuläre Erregbarkeit herabgesetzt gefunden. Neuerdings sind die Arsenlähmungen von Naunyn und von Dana'*'') genauer stndirl worden. Beide Autoren kommen zu dem Resultat, dass es sich um periphere neuritisebe Lähmungen handele, eine Ansicht, welcher ich bereits in meiner Klinik der Rückenmarkskrank- beiten II a. S. 296 Ausdruck gegeben habe. Dana bebt besonders die Betheiligung der sensiblen Nerven und der daraus resultirenden Form der Ataxie (Psendotabes) hervor.

c. AufdieLähmnngen nach Kohlenoxydvergiftung**;, Schwefel- kohlenstoff, Anilin Vergiftung, ebenso die nach Ergotismus ent- stehenden, von Tuczek in einer sehr interessanten Arbeit genauer studirten Läbmungsformen will ich nicht näher eingehen, da eine absolute Voll- ständigkeit der Besprechung nicht im Plane dieses Vortrages liegen kann.

Einige Worte über

d. die merkuriellen Lähmungen, über welche neuere Untersuchungen vorliegen. A. Letulle***) lenkt in einer bemerkenswertben Arbeit die

*) On psendotabes from arsenical poisoiiing witli a eonsideration of arsenieal parat jsis. Brain 1887,

•*) Von Interesse ist, dass M. Bernhardt bereits 1871 (Bert. Klin. Wochen- -sehrift No. 2) einen Fall von Schwefelkohlenstoff- Vergiftung mit hochgradiger Ataxie und erheblichen Sensibilitätöstömngen beschrieben hat. Neuerding.s berichtet« Mendel über mehrere Fälle solcher Vergiftungen mit Taubheit des Gefühls, Aiueiäeiikriechen und Steiflieit der Muskeln in verschiedenen Bezirken.

•*•) Recherches cliuiqucs et experimentales sur les piiralysies mercurielles. .\rch. de physiol. norm, et pathol. 1887.

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Aofmerkgamkeit aaf die TbaUacbe, dass, abgesehen von dein Tremor mercarialis, sowohl bei akuter wie bei chronischer Quecksilbervergiftung nicht selten Lähmungen Vorkommen. Diese Lähmungen sind schlaffe, selten totale, selten mit deutlicher Atrophie verbundene. Die Sehnenreflexe waren in einigen Fällen abgeschwächt, in anderen erhalten. Die elektrische Erregbarkeit gegen den f- wie den g-Strom war meist nicht verändert. Fast regelmässig bestanden Sensibilitätsstörnngon und zwar fleckweise (inselweise) Herabsetzung der Empfindung, an anderen Nerven gesteigerte Empfindung (Hyperästhesie, Hyperakusie, Hyperosmie). Experimentelle Untersuchungen ergaben ebenfalls infolge von Quecksilbereinwirkung Zerfall des Markes in den peripheren Nervenstämmen, welche jedoch nicht als entzündliche, sondern als degenerative anzuseben seien.'^)

Hieran scbliesse ich sogleich

e. einige Angaben über experimentelle Neuritis, welche durch zafällige oder experimentell intendirte subkutane Injektionen von toxischen Stoffen erzeugt wurden. Namentlich sind einige derartige Erfahrungen nach Injektionen von Aether beobachtet, ähnliche nach Injektionen von Chloroform, Alkohol, Ammoniak, Flumb. acet.

Pitres und Vaillard haben in einer kürzlich erschienenen Arbeit die durch Aetherinjektionen entstandene Neuritis einer besonderen Be- arbeitung unterzogen. Sie fanden, dass die Wirkung des Aethers auf den Nerven die gleiche ist, wie eine Durcbschneidung. Unterhalb der ge- getroffenen Stelle kommt es zu einer typischen Nervendegeneration und zwar vom 4. Tage ab. Die Wirkung des Aethers ist also die einer un- mittelbaren Nekrose an der betroffenen Stelle. Fälle von Neuritis nach Aetherinjektionen sind auch von Mendel, E. Remak u. A. mitgetheilt worden.

Wir kommen nun zur interessantesten Form der toxischen Neuritis, nämlich:

f. der Alkoholneuritis, über welche bereits eine eigene umfang- reiche Litteratur namentlich Deutscher, doch auch Englischer und Französi- •cher Arbeiten vorliegt.

Die paralytischen Äffektionen der Trinker sind leicht zu beobachten Qod daher auch lange bekannt. Da sie vorzugsweise die unteren Elx- tremitäten befallen, so war man geneigt, sie auf eine durch die Ein-

•) Ich habe zweimal nach lange fortgesetzten antisyphilltiscehn Hg -Kuren Herzbeschwerden (Palpitationen, Unregelmässigkeit des Pulses, Asthma) beobachtet, "hne physikalisch nachweisbare V'erändemug am Herzen.

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wirkoDg des Alkohols bedingte Affektion des Rückenmarks za beziehen, über deren anatomische Natar zunächst nichts Sicheres bekannt war. Da sowohl der akute wie chronische Alkobolismus leicht das Gehirn befällt, Delirien und sogar Dementia erzeugen kann, so lag es nahe, eine analoge Betheilignng des Rückenmarks und auch ähnliche anatomische Vorgänge anzunehmen, Velcbe tbeils in einer bloss funktionellen Störung ohne nachweisbare anatomische Läsion, theils in chronischer Meningitis ihren Ausdruck finden sollten. Bei dem Fehlen entscheidender anatomischer Untersuchungen blieb man zunächst auf die Symptomatologie beschränkt. In dem betreffenden Kapitel meiner Klinik der Rückenmarkskrankheiten II. S. 281 habe ich folgende Formen der Alkohol-Neurosen anfgestellt: 1) Den Tremor alcoholicus, über dessen physiologische Ursache nichts Bestimmtes zusagenist. 2) Die al koholische Faraplegie, eine mehr oder minder intensive motorische Paralyse der unteren Extremitäten. 3) Die Ataxie der Säufer, dem Symptomenbilde der Tabes dors. sehr ähnlich. 4) Die hyperästhetische Form des chronischen Alkobolismus (Lendet).

Ich schloss mich 1. c. der Ansicht Leudet’s an, dass es sich vermuth- licb um spinale Erkrankungen der Alkoholiker handelt und wiederum am wahrscheinlichsten um meningitiscbe Affektionen, indessen positive Be- obachtungen lagen nach dieser Richtung noch nicht vor. Seitdem ist im Anschluss an die Untersuchungen über multiple Neuritis das häufige Vor- kommen von Neuritis bei Alkoholisten erkannt worden, und es ist sehr wahrscheinlich, dass alle drei obigen Formen (denn vom Tremor alcoholicus muss hier abgesehen werden) auf Neuritis beruhen. Den beiden schon mehrfach besprochenen Formen der multiplen Neuritis, der paralytischen und der ataktischen Form, gesellt sich noch die hyperästhetische durch ausserordentliche Schmerzen bedingte Form hinzu.

Sehr daukenswerthe Untersuchungen über die Alkohol-Neuritis be- sitzen wir von Modi, H. Oppenheim, Lilienfeld, M. Bernhardt, R. Schulz, Loewenfeld, O. Fischer u. A., von englischen Autoren ist namentlich Dreschfeld in Manchester, von französischen Masins und Francotta zu nennen. Wie Oppenheim nach den Erfahrungen auf der Nervenklinik der Charite mittbeilt, trifft der Beginn der Alkohol- Neuritis häufig mit dem Ausbruch des Delirium tremens zusammen. Ausser dem Alkohol scheinen Gelegenheitsursachen mitzuwirken, die meisten Kranken schuldigen eine nachweisbare Erkältung als Ursache an. Immer sind die unteren Extremitäten ergriffen. Die Krankheit beginnt mit Schwäche, leichter Ermüdbarkeit; die Muskeln sind schlaff, die Sehnen-

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re£eze fehlen. Die Lähmung schreitet nun unaufhaltsam fort und er- reicht in der Regel einen so hohen Grad, dass die Patienten nur mit Mühe gehen oder stehen können. Nicht leicht steigert sich die Lähmung bis zur Tollständigen Bewegungslosigkeit. In dieser Zeit magern die teblaffun Muskeln ab und verlieren ihre normale elektrische Erreg- barkeit, fast niemals jedoch ist die Atrophie hochgradig, fast niemals kommt es zu hoher ausgesprochener Entartungsreaktion. In dieser Weise rerbarrt der Zustand Wochen und selbst Monate lang, dann treten all- milig Zeichen der Besserung ein und fast immer kommt es nach einer mehrere Monate langen Dauer zur vollkommenen Heilung. Die Therapie besteht vor allen Dingen in der Entziehung des Alkohols, in ruhiger Lage (oder Sitzen), reichlicher Ernährung und vorsichtiger Anwendung der Elektrotherapie. Uebung der Muskeln tritt entsprechend den oben entwickelten therapeutischen Grundsätzen erst im Rekonvaleszenz- Stadium ein. Da die Patienten, sobald sic hergestellt und der ärztlichen Aufsicht entwachsen sind, in der Mehrzahl der Fälle ihrem Gewobnheits- laster von Neuem verfallen, so kommen auch Rezidive der Lähmung ror, jedoch nach meinen Erfahrungen nicht so häufig, als man nach der Häufigkeit des Rückfalles zum Trinken erwarten sollte. Auch diese Re- zidive der Neuritis geben, soweit meine Erfahrungen bis jetzt reichen, keine ungünstigere Prognose als die erstmalige Affektion.

Von besonderem Interesse ist die ataktische Form des Alkobolis- mns, die Ataxie der Säufer, von welcher wir gegenwärtig nicht mehr zweifeln, dass sie ebenfalls auf einer Neuritis und zwar einer sensiblen beruht Indessen kommt sie fast nie isolirt vor, sondern in Verbindung mit der motorischen Form. Je weniger die motorische Paralyse hervor- tritt, je mehr die sensible entwickelt ist, desto deutlicher ist die Ataxie. Es ist sehr bemerkenswerth, dass diese Ataxie der Potatoren die aller- grösseste Aehnlichkeit bat mit der typischen Ataxie I. pr., der Tabes, so dass selbst der geübteste Diagnostiker eich irren würde, wenn er die Aetio- logie nicht kennt. Dieselbe Art der Funktionsstörung, dieselbe Ab- stumpfung des Gefühls, häufig eine Art von lancinirenden Schmerzen, die Sebnenreflexe fehlen, die Muskeln sind schlaff, bei geschlossenen Augen tritt Schwanken ein. Die oberen Extremitäten bleiben fast immer frei, dagegen treten an den Augen Symptome auf, welche ebenfalls der Tabes eutsprechen; Doppeltsehen, Pnpillcndifferenz, träge Reaktion, einmal so- gar Pupillenstarre und einmal Amblyopie. In der That ist die Aehnlich- keit der Symptome so gross, dass nur die Berücksichtigung der Aetio- logie znr richtigen Diagnose führt Diese aber ist um so wichtiger, als

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die Prognose der alkoholischen Ataxie eine verhältnissmässig günstige ist, sie geht nach mehrmonatlicbem Verlaufe der Regel nach in Genesung über, unter einer Therapie, welche den oben entwickelten Grundsätzen entspricht.

Die dritte Form, die hyperästhetische, gehört ebenfalls zur Neuritis. Die Schmerzen, welche gewöhnlich die Unterextremitäten er- greifen und vornehmlich in denselben lokalisirt bleiben, sind in diesen Fällen von besonderer Intensität und Hartnäckigkeit. Neben ihnen kann motorische Schwäche und Sensibilitätsstörung bestehen, indessen die excessive Schmerzhaftigkeit beherrscht die Scene derart, dass die anderen nicht so quälenden Symptome in den Hintergrund treten. Von dieser Form habe ich zwei Fälle beobachtet, der eine betraf einen Gastwirth aus Danzig, welcher einige Monate mit Remission und Exacerbation laborirte und schliesslich hergestellt wurde. Der zweite betraf eine Frau, welche dem Äbusus Spirituosorum in excessivem Maasse huldigte und von der Krankheit in ausserordentlich hohem Grade befallen wurde. Die Schmerzen, in den oberen wie unteren Extremitäten etablirt, waren von so enormer Heftigkeit, dass selbst die höchsten Dosen von Morphium und Chloral nur vorübergehende Linderung schafften. Patientin verliess später Berlin und soll nach nicht sehr langer Zeit an Erschöpfung za Grunde gegangen sein.*)

Ich füge noch die bemerkenswerthe Thatsache hinzu , dass die Alkoholneuritis nicht selten von Herzsymptomen begleitet ist: Tachy- cardie, Herzklopfen, Dyspnoe, Asthma, Herzschwäche. Dejörino wies in solchen Fällen einige Male Degeneration in den Nervenfasern des Vagus nach. Thomsen in einer soeben erschienenen Arbeit**) giebt an, dass er in einem Falle von Tachyeordie bei Alkoholneuritis die Vagus- kerne degenerirt gefunden habe, ebenso konstatirte er den nuclefiren Ursprung der Augenmuskellähmung bei Alkoholischen. Thomsen ver- tritt also den Standpunkt, dass auch die Alkobolnenritis nicht ohne Ausnahme auf die peripheren Nerven beschränkt ist , dass sie viel-

*) Ich schliesue hieran die Bemerkung, liaÄs man nicht mir bei der Alkohol- neuritis, sondern auch bei den anderen Neuritisformen wohl eine besondere hyper- Hsthetische Fonu uiilerseheideii konnte, nur sind solche Fülle selten. Kürzlich sah icii einen solchen bei einen Phthisiker, welcher keine sichtlichen motorischen Storungen, aber ausserordentlich heftige iieuritische Schmerzen an den Cuterxtremi- taten darbot. Auch bei Diabetes habe ich diese hyperästhetische Form beobachtet.

**) Zur Pathologie und Anatomie der akuten alkoholischen Augemuuskellähmung. Berl. klin. Woebenschr. 1888. No. 2.

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mehr auch auf das Rückenuiark (resp. Med. obig.) übergreifen kann (er fand Blutungen am hinteren Umfang des Rückenmarks). Die Herz- affektion, welche die Alkoholneuritis begleitet, scheint mir in zweierlei Beziehung interessant. Einmal weil auch andere Formen der multiplen Neuritis sich mit Herzaffektion kompliziren, namentlich die infektiöse multiple Neuritis (Herzaffektion nach Diphtherie von diphtberitischer Lähmung begleitet, Herzaffektion bei Eakke), so dass wir geneigt sein dürfen, auch in jenen Fällen eine ähnliche Ursache anzunehmen. Sodann ist daran zu erinnern, dass die Alkoholischen auch ohne gleichzeitige Neuritis von Herzaffektionen, zuweilen schweren Charakters, befallen werden, und dass auch für diese Fälle die Frage zu erörtern ist, ob und wann sie derjenigen Herzaffektion entsprechen, welche die Alkoholneuritis begleitet.

III. Die spontane oder primäre Form der multiplen Neuritis.

Die spontaneForm entwickelt sich ohne eine vorhergehende Krank- heit selbstständig, primär. Die gewöhnlichsten Ursachen sind Erkältungen oder Muskelüberanstrengnngen, häufig beide miteinander kombinirt. Ge- wöhnlich halten sie die Form der symmetrischen Lähmung aller vier Elxtremitäten inne, öfters sind die unteren, sehr selten die oberen allein befallen; häufig besteht, wenigstens eine Zeit lang, Fieber. Symptome und Verlauf entsprechen in hohem Grade dem im ersten Vortrage ver- zeichneten Typus des Krankheitsbildes. Am häufigsten ist die motorische resp. amyotrophische Form, doch habe ich auch mehr oder minder aus- gesprochene Uebergänge zur ataktischen Form gesehen.

Den ersten Fall der Art beobachtete ich im Jahre 1865 auf der medizinischen Klinik zu Königsberg; er betraf einen 25jährigen Barbier G., welcher zu Ende des Monats September eine Schwimmfahrt von Königs- berg den Pregel hinab zu dem eine Stunde abwärts liegenden Dorfe Holstein gemacht hatte. Schon nach wenigen Tagen trat Fieber mit Delirien auf, welches nach kurzem Verlaufe abfiel, nun aber stellte sich die Lähmung ein, ergriff beide Vorderarme und beide Unterschenkel, deren wegen er sich in die Klinik anfnehmen Hess. Ich betrachtete die Krankheit damals als myopathische Lähmung und exzidirte ein Stückchen des ge- lähmten Eztensor communis, fand jedoch nur eine leichte pnnktirtc Be- schaffenheit der Muskelfasern. Der Patient blieb ungebeilt, die Lähmung ging in absolute Atrophie der Muskeln über. Später zählte ich diesen Fall, der mich im hohen Maasse interessirte, zur Poliomyelitis, während ich ihn jetzt mit Sicherheit als multiple Nenritis auffasse. Einen ähn- lichen Fall jedoch zur Heilung gekommen sah ich kürzlich bei

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einem jangen Kaufmann , der im Rhein bei Strassburg bei Wasser- temperatur eine Stunde lang gebadet hatte, er wurde Ton einer allgemeinen Lähmung befallen, von welcher er nach drei Monate langem Kranken- lager vollkommen geheilt worden ist.

IV. Die atrophische (dystrophische), anämische, kachektische Form der multiplen Neuritis.

Diese Form ist bisher am wenigsten bekannt und studirt. Indessen ist doch die Beobachtung nicht neu, dass sich im Gefolge verschiedener chronischer, von tieferen Nutritionsstörungen begleiteter Krankheiten auch lähmungsartige Schwächeznstände der Muskeln, besonders in den unteren Extremitäten einstellen. Schon die ältere Pathologie beschreibt kachek- tische, anämische, chlorotische Lähmungen; sie stellen Schwächezustände dar, ähnlich etwa denen der Rekonvaleszenten nach schweren Krank- heiten, und sind wie diese zum Theil als einfache Schwächezustände der Muskeln gedeutet. Jedenfalls lagen keine Anhaltspunkte vor, sie für centrale, etwa vom Rückenmark ausgehende Prozesse zu betrachten. So wenig derartige Fälle scharf charakterisirt erscheinen, so hat man doch öfters Gelegenheit zu beobachten, dass marastische Kranke mitunter auffallend früh die Möglichkeit verlieren, zu gehen, zu stehen und selbst die Extremitäten zu bewegen. Diese Schwäche trifft zuerst meistens allein die Unterextremiiäten. Die Muskeln werden auffällig schlaff, mager, energielos. Nor mit Mühe vermag der Patient noch im Bett die Beine zu erheben, oder überhaupt sie zu bewegen. Beim Versuch, ihn auf die Beine zu stellen, knickt er sofort zusammen. Dabei bestehen zuweilen Schmerzen, selbst lebhafte, besonders nach den einigermaassen an- strengenden Bewegungen, die Sehnenreflexe bleiben fast immer erhalten, die elektro muskuläre Erregbarkeit ist häufig herabgesetzt, kaum je erloschen. Die betreffenden Patienten gehören häufiger dem weiblichen Geschlecht an, sind meist deutlich anämisch , aber nicht selten noch ziemlich fettreich. Am auffälligsten erschien mir diese , Läbmungsform in der Rekonvaleszenz von schweren Erschöpfongsneorosen und Anämien. Wenn die Patientinnen schon bei reichlicher Ernährung an Körperfülle zugenommen hatten, wenn die Färbung der Lippen, der Nägel, der Ohren schon erheblich an Farbe gewonnen hatte, und wenn man nun jetzt den Versuch machte, sie aufstehen zu lassen, so waren eie kaum im Stande zu sitzen, noch viel weniger zu stehen. Auch wenn man den Versuch mehrere Tage fortselzte, so knickten die Beine in den Knieen wie schwache Halme zusammen und die Patientinnen waren io Gefahr,

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unter Gefühlen der Synkope znsanimenzabrechen. Erst nach einer noch mehrere Wochen selbst Monate lang fortgesetzten roborirenden Behandlung and Ernährung erreicht man eine langsam fortschreitende Besserung und CTentnelle Heilung.

Form und Verlauf der Krankheit erinnern in hohem Maasse an die schweren, aber nicht zu auffälliger Atrophie fortschreitenden Lähmungen nach akuten Krankheiten.

Anatomische Untersuchungen über diese Form der multiplen Neuritis liegen bis jetzt nicht vor. Aber eine sehr willkommene Stütze für die eben gegebenen Beobachtungen ergeben die interessanten Unter- snchnngen von Oppenheim und Siemerling.'^) Diese Autoren nntersucbten , um die periphere Nervendegeneration bei Tabes dorsalis zn studiren, zum Vergleiche die peripheren Nerven bei einer Anzahl von Leichen, welche an den verschiedensten anderen Krankheiten gestorben waren. Sie fanden hierbei die sehr beachtenswerthe Tbatsache, dass alle Prozesse, welche mit einem schweren und langen Siecbtbum einher- gehen, gewöhnlich von einer oft recht beträchtlichen Alteration der Nerven begleitet sind. Solche peripheren Veränderungen fanden sie bei einfaeher Inanition, bei Marasmns senilis, Krebskacbexie, Alkoholismns, akuten Infektionskrankheiten.

Diese Untersuchungen geben eine anatomische Gmndlage für die Beobachtungen am Krankenbett.

Sehr bänfig beobachtet man solche läbmnngsartige Schwächezustände bei schweren Anämien und Chlorosen,'^*) ebenfalls bei der perniziösen Anämie. Die Muskeln werden schlaff, energielos, selbst wenn noch ein reichliches Fettpolster besteht; es kommt selbst zur deutlichen Muskel- atrophie und zur Herabsetzung der elektrischen Erregbarkeit. Solche Beobachtungen erinnern an das Verhalten der japanischen Kakke, welche ebenfalls zn nenritischen Lähmungen führt.

Aebnlicbe Zustände beobachtet man bei anämischen Greisen.** •••)^)

Zu diesen marastischen Formen von multipler Neuritis bin ich nun eher geneigt, die multiple Neuritis der Tuberkulösen zn rechnen, als zu den infektiösen.

*) Beiträge zur I’atliulogie der Tabes dorsalis und der pcri|dieren Nerven- erkrankung. Areh. f. Psycb. XVIII. 2.

•*) Vergl. Klin. d. Kückenmarkskr. If., S. 23: Die chlorotische Lähmung.

•••) Die progressive Muskelsehwäehe der Greise. Klin. d. Rückenniarkskr. II., .S. 49.

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Noch eine andere Form mnhipler nenritischer Lähmnngen rechne ich hierher, nämlich die Lähmnngen bei Diabetes. Mnskelschwäche, läbmnngsartige Zustände bei Diabetes, selbst aufsteigende Paralyse sind schon von Marshall beschrieben worden (Sur les Ilions cerebro-spinales consäeutives aux diabetes. Compt rend. LVIL); besonders hat Dickinson (Ueber die krankhafte Veränderung des Gehirns und Rückenmarks bei Diabetes. 1870) sich mit den nervösen Erscheinungen bei dieser Krankheit beschäftigt. Er sucht freilich die Ursache derselben in anatomischen Lä- sionen der Med. oblong, im Bereich des vierten Ventrikels, wie für ihn überhaupt der Diabetes eine Krankheit des Nervensystems ist. In dem letzten Jahrzehnt ist auf die Häufigkeit nervöser Erscheinungen bei Dia- betes mehrfach hingewiesen worden. Veit machte auf die Häufigkeit von Neuralgien (Ischias, Tic douloureux) bei Diabetes aufmerksam. Auer- bach veröffentlichte 1885 im Deutschen Archiv für klinische Medizin einen Aufsatz: Ueber das Verbältniss der Diabetes mellitus zu Affektionen des Nervensystems. Althaos in London war einer der Ersten, welcher darauf hinwies, dass die Sensibilitätsstörnngen bei Diabetes grosse Ueber- einstimmuDg mit dem Bilde der Tabes zeigten. Raven machte auf den Verlust des Kniephänomens aufmerksam (Disappearence and retnm of Knee-jerk in Diabetes. Brit. med, Journ. 1887). Ziemssen theilte in der Münchener medizinischen Wochenschrift 1885 Fälle von ausgesprochener Neuritis bei Diabetes mit. Endlich bat Hoesselin theils in der Münchener Wochenschrift 1886, theils in dem Aerztlichen Bericht über seine Privat- heilaustalt wertbvolle Mittheilungen über diesen Gegenstand gegeben.

Die lähmungsartigen Zustände, welche den Diabetes begleiten können, haben grosse Aehnlichkeit mit denen nach chronischem Alkoholimna. Man kann auch hier drei Formen unterscheiden: 1) Die hyperästbetische oder neuralgische Form besteht in dem Auftreten mehr oder minder leb- hafter Schmerzen. Dieselben treten entweder io der Form von Neuralgien auf (Ischias, Trigeminus-Neuralgie etc.) oder nach der Art der multiplen Neuritis, indem sie an den Füssen, Unterschenkeln, zuweilen auch an den Händen io symmetrischer Weise erscheinen. Gewöhnlich gehen sie mit Schwächeznständen einher, indessen zuweilen tritt die Schmerzhaftigkeit, ebenso wie beim Alkoholismus ganz in den Vordergrund.

2) Die motorische, paralytische Form besteht in Schwäche der Unterextremitäten bis zur mehr oder minder ausgesprochenen Lähmung. Die Muskeln sind schlaff, dünn, die Sehnenreflexe fehlen, elektro-mnsku- läre Abnormitäten werden konstatirt. Auch diese motorische Form ist häufig von neuritischen Schmerzen begleitet.

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3) Endlich die ataktische Form, Pseudotabes der Diabetischen mit Sensibilitätsstörnngen, tanbem Gefühl, Pelzigsein in den Füssen, und weitergehenden Sensibilitätsstörungen, wobei die grobe Muskelkraft er- halten oder doch nicht wesentlich herabgesetzt ist. Sehnenreilexe anf- gehoben, keine Pupillenstarre.

Wir sind berechtigt, alle diese Zustände für nenritische zu halten, da die Symptome und der V'erlauf mit den bekannten Formen der Neu- ritis, besonders der alkoholischen Neuritis übereinstimmen. Ueberdiess haben die mehrfach angestellten Untersuchungen des Rückenmarks keine deutlichen Erkrankungen desselben ergeben.

Ich selbst habe ausser mehreren Fällen von diabetischer Muskel- scbwäche zwei sehr exquisite Fälle von multipler Neuritis beob- achtet. Den ersten sah ich bereits vor 10 Jahren bei einem 55jährigen Herrn aus Kurland, welcher an Diabetes massigen Grades litt. Er hatte, als ich ihn sah, nur 2 pCt. Zucker und befand sich in einem leidlichen Ernährungszustände. Unter lebhaften reissenden Schmerzen hatte sich eine Schwäche der Unterextremitäten entwickelt, so dass Patient ganz unfähig war, zu gehen. Ich erkannte schon damals die Krankheit als Neuritis und behandelte sie mit Opium, Elektrizität, Diät. Der Patient ist im Verlaufe eines Jahres ganz hergestellt, ich habe noch mehrere Jahre später von seinem guten Befinden Nachricht erhalten. Der zweite Fall war ein Gutsbesitzer aus Westpreussen, der seit mehreren Jahren an Diabetes massigen Grades litt (5 bis 1 pCt.), übrigens sehr gut ge- nährt nnd kräftig war. Er hatte mehrmals Carlsbad besucht. Vor drei Jahren kam er zu mir wegen häufiger und zum Theil sehr heftiger Schmerzen in den Unterextremitäten. Ich behandelte ihn hier 6 Wochen ohne sonderlichen Erfolg und sah ihn dann nicht wieder bis vor Kurzem. Er berichtete mir gegenwärtig, dass nach einiger Zeit die Schmerzen nach- Hessen, aber dafür eine grosse Schwäche der Extremitäten sich eingestellt habe. Er sei mittelst sehr strenger Diät behandelt, aber obgleich der Zucker längere Zeit ganz verschwunden war, habe die Schwäche sich nur vermehrt. Er sei über 20 Pfund abgemagert. Dann habe er von den strengen Regeln Abstand genommen und sich allmälig wieder erholt, gleichzeitig seien nnn die Muskelschwächc und die Schmerzen besser ge- worden, ohne jedoch schon ganz geheilt zu sein.

Ich glaube nach diesen Beobachtungen, dass man die diabetische Neuritis nicht ohne Weiteres von der Belastung des Blutes mit Zocker herleiten kann, denn sie entwickelt sich keineswegs am häufigsten bei den hochgradigen Formen der Diabetes, und die Intensität der Erscheinungen

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and des Verlaafes wird keineswegs nnmittelbar dadurch beeinflnsst, dass man den Zucker durch strenge Diät zum Verschwinden bringt Das Auftreten der Neuritis ist zwar an den Diabetes, aber ebenso wenig, wie die Lähmnngen nach akntcn Krankheiten, ansscbliesslich an die Fälle von grosser Intensität gebunden. *) Die meisten Aerzte stellen bezüglich der Therapie dieser Läbmnng die Indikation, dass der Znckergehalt des Harns möglichst schnell zum Verschwinden gebracht werde und es daher der strengsten diätetischen Maassregeln bedürfe. Indessen man täuscht sich, wenn man glaubt, dass hierdurch der Verlauf der Neuritis direkt beeinflusst wird. Ebenso wie sie sich bei Diabetikern mit geringem Zncker- gehalt entwickeln kann, ebenso besteht sie trotz des Verschwindens von Zucker fort, sie hat nun ihren eigenen gewöhnlich sehr schleppenden Verlauf. Dennoch ist die Prognose nicht ungünstig, Heilungen sind mehr- fach beobachtet, ebenso wie in den von mir behandelten Fällen. Ich bin indessen der Meinung, dass eine zweckmässige Diät, welche znr Kräftigung und Erholung der Patienten führt, ferner Rahe und Schonnng der affizirten Muskeln am meisten zur Herstellung beiträgt Die gal- vanische Behandlung ist, wie auch Hoesselin angiebt, von nntergeordneter Bedeutung.

Wir kommen nnn last not least zur letzten Form der multiplen Nenritis, der

IV. sensiblen oder ataktischen Form der multiplen Nenritis, der Nervotabes peripherica oder Pseudotabes,

deren Kenntniss, auch im Verhältniss zu dem jungen Alter der mnltiplen Neuritis überhaupt fast ganz neueren Datums ist Die hierher gehörigen Beobachtungen und Tbatsachen haben sowohl in praktischer wie in patho- logisch-physiologischer Beziehung eine grosse Bedeutung, and Sie werden es begreiflich finden, dass ich dieselben mit ganz besonderem Interesse verfolgt habe, da sie zu der Theorie der Ataxie resp. der Tabes in naher Beziehung stehen.

Sie wissen, m. II., dass ich seit meiner im Jahre 1863 erschienenen Monographie „Ueber die graue Degeneration der hintern Rückenmarks- stränge“ (Tabes dorsalis) die Theorie aufgestellt and vertreten habe, dass diese Krankheit in einer allmälig fortschreitenden Degeneration and Atrophie sensibler Leitungsfasern bestehe, und dass sie anatomisch sich

•) Amh Thomas in Kreitiiirg berichtet einen Fall von Polyneuritis bei einem Diabetiker, welcher nur Va l’Cl- Zucker hatte.

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saf die der Sensibilität dienenden Stränge im Rückenmark, sowie die der Sensibilität dienenden hinteren Rückenmarkswnrzeln erstrecke. Dos auffälligste und wichtigste Symptom der Krankheit, die Ataxie habe ich von dem Verlost an Sensibilität bergeleitet und mich bemüht, durch Untersuchungen an Kranken sowie durch experimentelle Forschungen den Beweis für die Richtigkeit meiner Theorie zu führen. Indessen, da es nicht möglich war, die Beweise bis zur Sicherheit einer mathematischen Formel zu führen, so bin ich meiner Theorie wegen vielfach angegriffen worden, habe mich aber niemals veranlasst gesehen, die Waffen zu strecken. Einen der heftigsten Angriffe erfuhr ich s. Z. von Dr. E. Cyon in Petersburg, welcher mir n. a. vorwarf, ich hätte die durch Nichts begründete Theorie anfgestellt, dass die Tabes in den peripheren Nerven beginne. Ich musste zu meiner Vertheidigung darlegen, dass ich diese Behauptung gar nicht aufgestellt hatte, aber sie lag in der That in der Konsequenz der von mir durchgeführten Anschauungen, und ich bedanre heute, dass ich diese Zumnthüng damals so bestimmt von mir abweisen musste. Nachdem die Diskussionen über die Theorie der Tabes in ein ruhiges Fahrwasser eingelenkt hatten, sind in den letzten Jahren That- sachen und Untersuchungen bekannt geworden, welche ich als wichtige und willkommene Bestätigung der von mir seit 1863 vertretenen Theorie der Tabes begrüsse. Im vorigen Semester hat Herr Stabsarzt Oold- scheider in dieser Gesellschaft seine sehr interessanten und ingeniösen Versuche vorgetragen, welche in das Gebiet der Ataxie fallen; er hat an seinen Fingern (Fingerspitzen) durch Benutzung des sekundären In- duktionsstromes eine Herabsetzung der sensiblen Leitung in den peripheren Nervenenden erzeugt, und unter Anwendung geeigneter Zeichenapparate nachgewiesen, dass die Wahrnehmung von passiven und aktiven Be- wegungen, sowie der Muskelsinn in einer W^eise abgeschwächt wurde, welche den bei Ataxie resp. Tabes beobachteten Phänomenen durchaus entspricht. Eis ist hier nicht der Ort, auf diese interessanten Untersuchungen, welche bereits gedruckt vorliegen, näher einzugehen.

Die zweite Reibe von Beobachtungen, welche ich als Bestätigung meiner Theorie von der Ataxie 1. pr. betrachte, sind die Beobachtungen über die sensible E'orm der multiplen Neuritis. Diese Form, hauptsäch- lich von französischen Autoren studirt, wird allgemein gleichzeitig als ataktische E'orm der multiplen Neuritis, als Pseudotabes oder Nervotabes peripb. bezeichnet, und das Auftreten atektischer Bewegungsstörungen, welches sie von der paralytischen Form wesentlich unterscheidet, auf die Be- theilignng der sensiblen Nerven znrüekgeführt. Dass hierbei eine scharfe

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Trennang zwischen motorischer and sensibler Form in der Regel nicht stattfindet, dass auch die Psendotabes häufig mit Mnskelschwäche verbanden ist, habe ich übrigens schon oben hervorgehoben.

Als derjenige Autor, welcher die meisten Verdienste um die Kennt- niss dieser sensiblen Neuritis bat, ist Dejärine zu bezeichnen.

Die multiple sensible Neuritis zerfällt in zwei Formen:

a. Die akute resp. subakute Form, welche sich der typischen mul- tiplen Neuritis anscbliesst und dieselbe häufig begleitet. Hierher gehören die Fälle von akuter Ataxie nach akuten Krankheiten, welche schon Eisenmann beschreibt und welcher wir oben bereits gedacht haben. Nach Diphtherie, Pocken, Typhus und anderen Infektionskrankheiten sind mehr oder minder deutliche Ataxieen beobachtet worden, häufig von Mnskelschwäche begleitet. Auch die übrigen Ursachen, welche wir für die typische (motorische) multiple Neuritis angeführt haben, treffen für diese akuteAtaxie zu. Die spontane multiple Neuritis kann sich mit Ataxie verbinden, unter den toxischen Formen haben wir nach Blei- vergiftung, nach Arsenikvergiftung, besonders aber nach chronischem Alkoholismus exquisite Ataxieen erwähnt, welche derTabes in hohem Grade ähnlich sind. Endlich haben wir unter der IV. Form, der kachektischen multiplen Neuritis vor allen Dingen den Diabetes mellitus als Ursache der Psendotabes kennen gelernt.'^)

Alle diese Fälle von Ataxie stimmen darin überein, dass sie mit Sensibilitätsstörungen, Pelzigsein, Schmerzen etc. verbanden sind, welche wir als die Ursache der Ataxie betrachten müssen.

Es gicbt, sagt Dejcrine,'*^'^) klinische Krankheitsbilder mit Störungen der Sensibilität und Motilität, welche der klassischen Tabes gleichen, bei welchen jedoch die Mednlla spinalis gesund ist, dagegen eine Läsion der peripheren Nerven als Ursache der Krankheitserscheinungen sich ergiebt.

Als die zweite Form der sensiblen multiplen Neuritis ist diejenige zu bezeichnen, welche zur typischen Tabes in naher Beziehung steht, welche, wie diese, meist chronisch ist und in einer sklerosirenden Atrophie

*) In der These von Leval-Piqueclief, Paris 18fi7, .De Pseudolabes“ ist noeh als eine besondere Form die neurastbenische Form. Tabes illiisoria, aiif- gestellt. Ich balle die Aiifslelbing dieser Form für ganz bereebtigl, möehle aber auf dieselbe hier nicht näher eingeben.

**) Sur le nervotabcs peripb^rique (alaxie lueumütuiru par nevrilis peripbcriqucs avec inlegrilc ahsolue des raeines poslerieiires, des ganglions spinaux ct de la moC-lle epiniere. Compt. rend. de I’Acad. 1883.)

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der peripheren sensiblen Nerven besteht Aach diese Form, erst seit einigen Jahren näher studirt, hat ein grosses Interesse, da bisher De- generationen der peripheren Nerven bei der Tabes wenig bekannt waren (ausser der Atrophie des Opticns).

Im Jahre 1879 nnd 1880 wies Pierret nach, dass bei Tabikern die spinalen and cerebralen sensiblen Nerven, ebenso wie der N. Opticns Sita peripherer Veränderungen sein könnten, welche ohne kontinairliche Beciebnng an der centralen (spinalen) A£fektion bestehen. Seine Unter- Buchnngen lehrten ihn, dass diese Läsionen nicht konstant Vorkommen und dass sie heilen könnten, namentlich nntcr dem Gebrauch von Thermen. Sodann pnblizirte D^jerine in dem Arch. d. physiologie et path. 1883 eine interessante Abhandlung, in welcher er der sensiblen peripheren Neuritis eine wichtige Rolle für die sensiblen und trophiscben Störungen in der Haut der Tabiscben zuscbreibt Er glaubt, dass sie unter den- jenigen Ursachen mitwirken, welche im zweiten Stadium der Tabes die Ataxie erzeugen. Döjerine untersuchte bei einer Frau, welche nach zehnjähriger Tabes gestorben war, die zu den anästhetischen Hautstellen gehörigen Nerven und fand dieselben hochgradig degenerirt. Diese De- generation stand mit der Degeneration der Spinalwurzeln weder im Ver- hältniss noch im kontinuirlichen Zusammenhänge. Auch die Atrophie des Opticus sei eine rein periphere.

Die Priorität für die Entdeckung dieser neuen Thatsacben kommt, wie Dejörine anerkennt, unserm verehrten Kollegen C. Westphal zu, welcher bereits 1878 Untersuchungen über die Degeneration peripherer sensibler Nerven bei Tabes publizirt hat. Eine Vervollständigung dieser Beobachtungen geben die kürzlich erschienenen sorgfältigen Untersuchungen ans der hiesigen Nervenklinik von Dr. Oppenheim und Dr. Siemerling. Sie fanden in der Mehrzahl der Fälle von typischer Tabes in den Ver- zweigungen der Ilautnerven so beträchtliche Alterationen, wie sie nur noch in Fällen von Neuritis gefunden werden. Die periphere Natur ergiebt sich daraus, dass die grösseren Nervenstämme sehr viel weniger an dieser Degeneration Theil nehmen, und dass die Rückenmarkser- krankung in keinem Verhältnisse zur Erkrankung der peripheren Nerven steht. Dennoch kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Ent- wickelung der Tabes aus einer peripheren Neuritis durch keine Thatsache sichergestellt erscheint.

Pitres und Vaillard haben in einem Aufsatz der Revue d. Mede- cine*) 1886 eine kritische Zusammenstellung aller bis dabin bekannt

Contribiitiiin a l'eeudc des ni-vrites periplieriqnes cliez leji tabetiques.

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gewordeoen BeobachtaDgen über periphere Neuritis bei Tabes gegeben und haben sieben eigene Beobachtungen hinzugefngt. Sie heben hervor, dass diese Alterationen allemal nur mikroskopische waren, häufiger an den kleineren Aesten als am Stamm der Nerven sich fanden. Die typischen Symptome der Tabes wollen die Autoren nicht hiervon herleiten, sondern nur die ungewöhnlichen i. e. nur die Plaques d’anesthesie, die trophi- schen Erscheinungen, Arthropathien, Enochenfrakturen etc. Pitres und Vaillard konstatirten bei Tabischen gelegentlich auch Erkrankungen der motorischen peripheren, ebenso der gemischten und der visce- ralen Nerven. Endlich scheint es auch möglich, dass zu Tabes eine mehr oder minder akute motorische Neuritis hinzutritt, welche wieder rückgängig werden kann. So berichtet Dejerine einen Fall von Para- plegie in Folge von peripherer Neuritis bei einem morphiumsüchtigen Tabiker,*)

Trotz aller dagegen vorgebrachten Bedenken legen die mitgetheilten Beobachtungen die Frage nahe, ob die Tabes einen peripheren Ursprung haben könne und ob sie zu einer gewissen Zeit ihrer Entwickelung, wo sie jedoch schon charakteristische Symptome darbietet, auf eine periphere Erkrankung beschränkt sein könne, frei von jeder Läsion des Rücken- marks.**) Diese Frage ist ebenso interessant in wissenschaftlicher Be- ziehung, wie sie praktisch wichtig ist. Denn wenn wir berechtigt sind an- zunehmen, dass periphere neuritische Prozesse viel leichter zur Heilung zu bringen sind, wie centrale (spinale), so muss es von grosser Bedeutung sein, wenn im Beginne der Tabes ein Stadium besteht, in welchem sie eine rein periphere Krankheit ist Wenn Pierret behauptet, dass die periphere Neuritis bei Tabes wieder geheilt werden könne, besonders durch den Ge- brauch von Thermalbädern, so klingt dies durchaus wahrscheinlich. Ebenso berechtigt ist die Frage, ob jene zwar nicht häufigen Fälle von angeblich ge- heilter Tabes, welche veröffentlicht wurden, diesem peripheren Stadium an- gehörten. Ja, auch die mechanische oder operative Behandlung würde eher eine Begründung finden können, wenn man ein solches Stadium der Tabes annehmen könnte. So sehr ich mich non auch der Ansicht zuneige, dass

*) Hieran sriilirsst sich noth die soeben erschienene Arbeit von Dr. Xonna Zur Kasuistik der Betlieiligung der peripberen Nerven bei Tabes dorsales. Areiiiv für Psyeh. XII S. 357.

**) Kür lien peripheren UrspruiiR der Tabes ist v. Keuz in Wildbad schon 18S4 (Krienmeyer s Cenlralblatt für Nervenheilkunde) eingetretca; er spricht hier die Ansicht aus, dass die Tabes in den peripheren Emlansbreittingen des Ple.vus piidendo-haemorrhodalis iliren Aiisj^ang nehme.

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die peripheren Degenerationen der sensiblen Nerven nichts Znfälliges sind, sondern dass sie auf eine von der Peripherie aus fortschreitende Ent- wickelnng der sklerotischen Degeneration hindeuten, so ist doch kaum aozunehmen, dass deutliche Symptome der Ataxie schon zu einer Zeit hervortreten dürften, wo der Prozess noch auf die Peripherie beschränkt ist. Für einzelne Fälle, wo die blitzartigen Schmerzen lange bestanden und erst nach Jahren zu den ersten Symptomen der entschiedenen Tabes führten, ist der Oedanke kaum abznweisen, dass der Prozess Jahre lang nor in der Peripherie der Nerven bestanden habe.

Fragen wir endlich noch, ob die akute Ataxie, d. h. die sensible Form der multiplen Neuritis in die chronisch-degenerative Form über- gehen, auf das Rückenmark übergreifen und damit zur typischen Tabes führen könne, so liegen auch hierfür noch keine Beweise vor, aber bei der Mannigfaltigkeit und den vielfachen Verkettungen der Erscheinungen werden weitere Beobachtungen auch auf diese Möglichkeit Rücksicht zu nehmen haben.

Ein Fall von Epilepsie, komplizirt durch Tetanie.

Von

Dr. Herhold, Assistenzarzt im 8. Westfal. Inf.-Kogt. No. 57 in Wesel.

Musketier L., im November 1885 eingestellt, hatte nach Angabe seiner Stubenkameraden Januar 1886 einen „Krampfanfall“ mit Bewusstseins- Verlust; eine 14 tägige Beobachtung auf Epilepsie im Lazaretb blieb resnltatlos, und tbat L. bis zum Dezember 1886 ohne weitere Krank- meldung Dienst, obschon er öfter allgemeine Krampfanfälle wie auch die später zu beschreibenden Fingerkrämpfe bekam. Im Dezember 1886 ging L. mit einer sehr starken Kontusion der linken Augengegend, welche er während eines Krampfanfalles erlitten, im Revier zu. Unwillkürlich übte ich in Erinnerung an zwei Fälle von Tetanie, die sich einige Monate vorher auf der inneren Abtbeilung unseres Lazaretbs befanden, leider aber ein wenig klares Bild genannter Krankheit boten und sich infolgedessen nicht zur Veröffentlichung eigneten, einen Druck auf die Gegend des Oberarms ans, wo das Armnervengefleebt und die art. brachialis dicht unter der Haut liegen, und konstatirte eine kurz darauf eintretende Steifheit und Krümmung der Finger an dem betreffenden Arme; L. wurde dem Lazareth überwiesen.

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Hier gab der sehr wenig intelligente Mann vorgescbichtlich an, dass elterlicherseits keinerlei Nerven- oder Geisteskrankheiten beständen, dass jedoch ein älterer Bruder in den Entwicklnngsjahren Krampfanfälle gehabt habe, welche später verschwunden sein sollen, und dass eine brustkranke Schwester an öfters nach Handarbeiten anftretenden Fingerkrämpfen leide. Er selbst habe in seinem 7. Lebensjahre einen schweren Typhus überstanden; seit seinem 16. Lebensjahre werde er häufig sowohl von Fingerkrämpfen, deren Eintreten namentlich durch Arbeiten im Freien bei nasskalter Witterung hervorgerufen werde, als auch von allgemeinen, mit Verlust des Bewusstseins eiohergehenden, und nach gemüthlichen Erregungen sich häufiger einstellenden Krampf- anfällen heimgesucht. Den Fingerkrämpfen ginge stets ein Gefühl von Kribbeln und Taubheit in den Fingerspitzen vorher.

Der kräftig, untersetzt gebaute und gut genährte Mann zeigt zu- nächst keine besonderen Anomalien; am linken Daumen befindet sich eine kleine nicht druckempfindliche Hautnarbe, die von einer im 10. Lebens- jahre acquirirten Messerscbnittwunde herrührt. Die Organe der Brust- und Bauchhöhle erscheinen intakt.

Zeichen einer gröberen Erkrankung des Ccntral-Nervensystems fehlen. Am linken Unterschenkel werden Knopf und Spitze einer Steck- nadel weniger deutlich unterschieden als rechterseits ; auch scheint hier der Drucksinn und das Gefühl für Temperaturunterschiede weniger deutlich ausgeprägt zu seiu. Während der Untersuchung stellten sich häufig fibrilläre Zuckungen in den Muskeln der Extremitäten und des Rumpfes ein. Die Untersuchung der motorischen Nerven mit dem faradischen Strome ergab eine deutliche Erhöhung der Erregbarkeit der Nerven an den oberen und unteren Extremitäten; an den nn. faciales war diese Uebererregbarkeit nicht vorhanden. Andere Nerven wurden, weil sie einer Untersuchung weniger zugänglich waren, nicht untersucht. Mit dem galvanischen Strome konstatirte ich ebenfalls eine deutliche Uebererregbarkeit an den motorischen Nerven der Extremitäten, sowohl für die Schliessungs- als auch für die Oefifnungszuckung: so erhielt ich z. B. bei Anwendung von zwanzig Elementen Schliessungszuckung und starke Oeffnungszuckung, während bei möglichst unter gleichen Verhältnissen augestellteu Farallelversuchen nur eine starke Schliessungszuckung und eine schwache Oeffnungszuckung eintrat. Zugleich war das rasche Ein- treten von Oeffnungszuckung bei L. bemerkenswerth. Dieselbe zeigte sich bei ihm im Gegensatz zum normalen Verhältniss bei Einschaltung von weniger Elementen, als es deren zum Hervorbringen einer Schliessnngs-

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Euckang bedarfte. Diese Versuche auf galvanische Uebererregbarkeit wurden nur auf die motorischen Nerven der Extremitäten und den n. facialis ausgedehnt; letzterer Nerv zeigte dabei eine erhöhte Erregbarkeit nicht.

Die mechanische Erregbarkeit der motorischen Nerven ist ebenfalls beträchtlich gesteigert, und ist diesmal der n. facialis nicht allein nicht ausgeschlossen, sondern zeigt sich die Uebererregbarkeit an > ihm am deutlichsten ausgeprägt: leichtes Beklopfen des Nerven mit dem Per- kussionsbammer rief sehr lebhafte Zuckungen in der Muskulatur der betreffenden Gesicbtshälfte hervor. Druck auf die arteria brachialis resp. auf das Oberarm-Nervengeflecht bedingt die unter dem Namen des Trousseau' sehen Phänomens bekannte Erscheinung: sehr schnell ein- tretendes Gefühl von Kribbeln und Tanbsein in den Fingerspitzen, dann starke Adduktion des Daumens und Beugung der stark aneinander gepressten, in den Phalangeal- Gelenken gestreckten Finger in den Metacarpopbalangeal- Gelenken. Gleichzeitig trat Flexion der Hand ein. Nach dem Aufhören des Druckes löste sich der Krampf innerhalb zweier Minuten, jedoch blieb noch eine gewisse Steifigkeit der Finger zurück. Dasselbe Experiment gelang am anderen Arm und an beiden unteren Extremitäten, an anderen Körperstellen versagte es. Druck auf die arteria und den n. cruralis löste eine Kontraktur der Zehen ans; die- selben wurden dabei krampfartig aneinander gepresst, die grosse Zehe lag unter den anderen; die Fnsssohle wurde infolge dessen ähnlich wie der Handteller ausgehöhlt, die Ferse etwas in die Höhe gezogen und dadurch eine pes-equinus -artige Stellung geschaffen.

Während der längeren Beobachtung im Lazareth wurde nur ein für Tetanie charakteristischer, ohne Bewnsstseinsverlnst einhergehender An- fall konstatirt; es ist dies erklärlich, da L. derartige Anfälle anscheinend spontan nur nach Arbeiten im Freien bei nasskalter Witterung beob- achtete, und derartige schädigende Momente im Lazareth eben fortfielen. Ein ^ veranlassendes Moment war übrigens hier nicht zu konstatiren. Nach Bestätigung seiner Mitkrankeu batte L. die Fingerkrämpfe in der vorher beschriebenen Weise fast 7 Stunden lang.

Typische An^le von Epilepsie hatte L. im Lazareth häufiger, ohne dass es möglich gewesen wäre, dieselben ärztlicherseits genauer zu beobachten. Einmal hinzngerufen, fand ich L. bewusstlos, ziemlich rnhig am Boden liegend; Gesiebt geröthet, Nase und Lippen cyanotisch, Pupillen weit und gegen Licbteinfall reaktionslos, Schaum vor dem Munde; nach dem Anfalle tiefer Schlaf. Wie aus den Angaben seiner

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Zimmergenössen za schliessen war, hatte L. klonische Krämpfe vor dem von mir beobachteten soporösen Stadium gehabt.

L. leidet also an Epilepsie and Tetanie. Die für letztere Krankheit charakteristischen Symptome: faradische, galvanische and mechanische üebererregbarkeit der Nerven, das Troasseaa'sche Phänomen, die gelegentlich auch spontan aaftretenden Kontrakturen der Finger, welche lediglich die Flexoren and Adduktoren ergreifen, sind in ausgeprägter Form vorhanden.

In Bezog auf die Entstehung beider Krankheiten haben wir zwei Momente ins Auge za fassen: die prädisponirenden and die occasionellen Ursachen. Erstere sind laut anamnestischer Angaben für die Epilepsie und Tetanie in erblicher (?) Belastung za suchen. Wenn L. auch nichts von Nervenkrankheiten seiner Eltern weiss, so spricht das Er- kranken mehrerer Geschwister an „Krämpfen“ dafür, dass irgendwo in der Ascendenz constitntionelle Neuropathien vorhanden gewesen sind. Bekanntlich ist es durchaus nichts Seltenes, dass hereditäre Krankheiten eine Generation verschonen, um in der darauf folgenden wieder deutlich anfzutreten.

Als occasionelle Ursache für die Tetanie kann der von L. über- standene Typhns ausgeschlossen werden, da der Zeitraum zwischen dieser Krankheit und dem ersten Auftreten der Fingerkrämpfe ein zu grosser ist. Ebenso wenig ist die am Daumen befindliche, oberflächliche und nicht druckempfindliche Narbe von Bedeutung. Es scheint vielmehr der durch nasskalte Witterung bedingte, die peripheren Nerven treffende Reiz auf dem Wege des Reflexes den Fingetkrampf ausznlösen und so- mit auch die occasionelle Ursache zu sein. Durch welches Moment die epileptischen Anfälle ansgelöst werden, lässt sich schwer erkennen. Am meisten Wahrscheinlichkeit haben in Bezug auf diesen Punkt die psychischen Erregungen. L. giebt selbst an, dass er seinen ersten An- fall im 16. Lebensjahre nach voraufgegangenem Aerger bekommen habe; während seiner Dienstzeit habe Schreck öfter den Krampf hervorgernfen. Entnzoa des Darmkanals waren bei L. nicht vorhanden.

Eine wesentliche Aenderung trat in dem Zustande des L. während seines Lazarethaufenthaltes trotz Behandlung mit Nervinis, Elektrizität und Bädern nicht ein. Zeitweise namentlich bei milder Witterung waren die für Tetanie charakteristischen Symptome etwas weniger deutlich ausgeprägt. Nachdem ein epileptischer Anfall ärztlicherseits konstatirt war, wurde L. nach Beilage IVb. 17 der Dienstanweisung vom S. April 1877 als für jetzt unbrauchbar zur Disposition der Ober- Ersatzbehörden entlassen.

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Referate nnd Kritiken.

Sanitätsbericbt über die deotscben Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71. Herausgegeben von der Mediz. Abtbl. des Preass. Kriegsministeriams unter Mitwirkung etc. III. Bd. Spez. Tbeil. 2. Kapitel. Verwundungen der Augen.

Das vorliegende Kapitel schliesst sich würdig den bisher veröfTent- licbten Theilen des monumentalen Werkes .an, ja im gewissen Sinne Dbertrifft es dieselben, indem ein bisher etwas vernachlässigtes Gebiet der Kriegschirurgie hier zum ersten Male anf der Grundlage eines gross- artigen Materials eine gesonderte und nmfassende Darstellung findet. Dass dieselbe keine erschöpfende sein kann, liegt in der Natur des Materials, doch verdient besonders bervorgchnben zu werden, dass das- selbe ungleich eingehender nnd wertbvoller ist, als irgend welche ans früheren Kriegen stammende Mittheilnngen und so aufs Nene Zeugniss ablegt nicht nur für die aufopferungsvolle und hingehende Thätigkeit der deutschen Sanitätsoffiziere im Felde, sondern auch für den wissenschaft- lichen Geist, in dem sie ihre Aufgabe erfassten. Es ist gewiss der höchsten Anerkennung werth, dass sie bei aller aufreibenden Thätigkeit am Krankenbette sich nicht nur der Mühe unterzogen, ihre Beobachtungen in den Krankenjonrnalen zu fixiren, sondern auch zeitraubende und schwierige ophthalmoskopische Untersuchungen anzustellen. Hiermit ist zugleich der im Berichte über den .Amerikanischen Rebellionskrieg gemachte Ausspruch, der Angenspiegel sei für den Kriegsgebrauch prakti.sch nutz- los, entschieden nnd endgültig widerlegt. Eine werthvolle Erweiterung findet das Material durch Benutzung der Ergebnisse späterer Unter- suchungen. welche behufs Feststellung von Invaliden - Ansprüchen erfolgt sind.

Die Verwertbnng dieses Materials, die Bearbeitung nnd Darstellung zeugen nicht nur von einem seltenen Fleiss, sondern bekunden eine Klar- heit des Unheils nnd eine Sicherheit der Kritik, welche ein, was syste- matische Gliedernng nnd harmonische Abrundung anbelangt, meisterhaftes Ganze geschaffen haben. Durch Heranziehung des bisher in der Litteratnr nicht benutzten Materials aus den früheren Kriegen bat das Kapitel eine Vervollständigung erfahren, welche es im besten Sinne zu einer Mono- graphie der Kriegsverletzungen des Sehorgans erhebt. Für alle künftigen Bearbeitnngen dieses Gegenstandes wird es daher die notbwendige Grund- lage bilden müssen. Aber auch der Friedensophtbalmologe findet hier eine Fülle unschätzbarer Beobachtungen und Erfahrungen niedergelegt, ln dieser Beziehnng sei besonders anf den Abschnitt über die sympathischen Angenerkrankungen bingewiesen.

Am besten werden wir über den Umfang und den Zweck, welchen der Berichterstatter im Auge hatte, durch eine kurze Vorbemerkung orientirt; „Der Bearbeitung der Augen Verletzungen ist ein allgemeinerer und umfassenderer Charakter als den übrigen Kapiteln dieses Bandes gi'geben worden, im Interesse der Förderung einer bisher noch wenig im Zn'ammenhange behandelten Disziplin: der Kriegschirurgie des Sehorgans.

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Kg bedarf zar Zeit keiner Erörterung mehr, dass innerhalb der Kriegs- chirnrgie überhaupt den Verwundungen der Äugen ein eigenartiger Platz gebührt: nöthiger ist es, zu betonen, dass gegenüber den Äugenverletznngen durch Unglückgfälle im Frieden den Verwundungen des Sehorgans durch Kriegswanen eine abweichende und selbstständige Bedeutung zukoramt. Die Eigenartigkeit der verwundenden Gewalten und ihrer Wirkungen, die andere Verwundungsentfernung, der mannigfaltige Wechsel der Stellung der Augen gegenüber der Angriffsrichtung. Alles dies bedingt die hervor- gehobene Selbstständigkeit des kriegschirnrgischen Gebiets, dessen Charakteristik vornehmlich auf Grund des aus dem Deutsch-Französischen Kriege vorliegenden Materials versucht werden soll.''

Das ganze Kapitel zer^llt in fünf Abschnitte. Der erste giebt eine allgemeine statistische und kasuistische Uebersicht der Augenverwundungen. Das Material aus dem Kriege 1870/7] erstreckt sich auf 860 Fälle von Verletzungen des Sehorgans durch KriegswaiTen, wobei indess die auf dem Schlacbtfelde Gefallenen ausser Betracht geblieben sind. Von sämmtlichen Verwundungen bilden dieselben 0,86%. Bezüglich der Art der Verletzung entfallen 96,2% auf Schuss, 9,8% auf Hieb und Stich. Weiterhin ergiebt sich, dass die Anschauung, als ob die unmittelbaren Kriegsverletzungen des Augapfels an dessen vorderem Umfange stets ohne Weiteres zum Verluste desselben führen müssten, nicht stichhaltig ist, indem im Ganzen nur 39,4% diesen Ansgang aufweisen. 298 Fälle oder 37,9“/o ergeben Störungen des Sehvermögens bei erhaltenem Augapfel, der Rest 22,5% betrifft Bewegongsstörnngen ohne Beeinträchtigung des Sehvermögens, Lidverletzungen und Sehstörungen ohne nähere Angabe. Bei der ganzen Berechnung sind 74 Fälle von Sehstörungen nach Ver- letzungen weit abgelegener Gegenden des Schädels und Gehirns ausser Betracht geblieben. Auf .3.3 grossen Quartseiten folgen dann die Kranken- geschichten für 247 Fälle der dnreh Verwundung erzeugten Affektionen des Sehorgans, übersichtlich in Tabellenform zusammengestellt, so dass man sich mit Leichtigkeit über Ort, Art und 2^it der Verwundung über- haupt, Art der Augenverletzung bezw. Sehstörung, Ausgang der Verletzung zu orientiren im Stande ist. Diese Zusammenstellung berücksichtigt ausschliesslich Verwundungen bei deutschen Heeresangehörigen und zwar lediglich durch Kriegswaffen bedingte.

Im zweiten Abschnitte wird eine Charakteristik der Augen- verwnndungen nach der Ursache der Verletzung gegeben. Ans dem interessanten Inhalte heben wir nur hervor, dass die Frage der so- genannten Luftstreifschüsse, bei welchen durch das blosse Vorbeifliegen eines Geschosses zerstörende Wirkungen auf das Sehorgan ausgeubt werden sollen, weder durch die Mittheilungen aus früheren Kriegen, noch durch die Erfahrungen des Deutsch-Französischen Krieges eine zweifel- freie Bestätigung erfährt. Die Annahme stützt sich in der Regel auf die Angaben der Verletzten. Bei näherer Betrachtung ist aber meist Explosionswirkung namentlich durch in der Nähe platzende Spreng- geschosse nicht auszuschliessen. Wiederholt handelte cs sich auch um wirkliche Berührung durch Streifschüsse, Splitter und dergleichen. In den übrig bleibenden Fällen erscheint die Annahme einer Beeinflussung des Geisteslebens gerechtfertigt, wie dies besonders durch einen von Szokalski berichteten Fall wahrscheinlich wird. Wir würden es dann mit einem ähnlichen Vorgang wie bei der Schrecklähmung zu thun haben.

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Der dritte Abschnitt behandelt die typischen Augenverwundungen im Allgemeinen, der vierte die Verwundungen und traumatischen Affektionen des Sehorgans nach der Art des Verletzungsvorganges und nach den betroffenen Geweben. Das reichhaltige Material ist hier ebenso eingehend und übersichtlich behandelt wie kritisch gesichtet. Von allen gewagten Schlussfolgerungen hält sich der Berichterstatter fern, alle weitergebenden Betrachtungen geben ein Zeugniss für das sichere Urtheil und die vorsichtige Kritik, welche ihn bei der Abfassung des ganzen Kapitels leiteten. Wir müssen uns leider versagen auf den Inhalt näher einzugehen und wollen hier nur noch auf den Tbeil, welcher die Affektionen des Sehnerven behandelt, besonders hinweisen. Derselbe bietet durch die zahlreichen und sorgfältigen ophthalmoskopischen Unter- suchungen, welche im späteren Verlaufe der Krankheit vorgenommen worden, ein besonders werthvolles Material. Es hat sich auch hier die häufig beobachtete Tbatsache konstatiren lassen, dass die schliesslicbe Sehnervenverfärbung sich in einzelnen Fällen erst nach Jahre langem Bestehen des Krankheitsvorganges heransstellte.

Der fünfte Abschnitt, welcher über die sympathischen Augen- erkrankungen handelt, bildet eigentlich eine Monographie für sich und rechtfertigt allein schon den hohen Werth, welchen wir dem ganzen Kapitel nicht bloss für die Kriegscbirurgie, sondern für die Augenheil- kunde überhaupt beilegen. Die Bedeutung, welche dieser Abschnitt für erstere hat, erhellt schon aus dem Umstande, dass die sympathischen Angenerkrankungen bisher nur einmal in der kriegschirnrgischen Statistik berücksichtigt „worden sind, nämlich in dem Berichte über den Nord- amerikanischen Rebellionskrieg, in welchem 41 Fälle mit sympathischer Erkrankung des unverletzt gebliebenen Auges unter 254 Fällen von 2^rstörunng eines Auges berechnet werden. Der vorliegenden Abhandlung liegt eine Kasuistik von 99 Fällen zu Grunde, welche, übersichtlich zusammengestellt, mit Leichtigkeit eine Orientimng über Art und Verlauf der Verwundung, späteren Zustand des verwundeten Auges, sympathische Erkrankung ermöglichen. Diese Zusammenstellung umfasst sämmtlicbe sympathische Erkrankungen, welche bei deutschen Verwundeten auf Verletzung des einen Auges durch Kriegswaffen gefolgt sind. Alle anderen Verletzungen, ebenso die von Mannschaften der französischen Armee blieben unberücksichtigt.

Es kann nicht der Zweck dieser kurzen Besprechung sein auf den reichen Inhalt näher einzugehen, wir begnügen uns auf die hohe Be- deutung dieses Abschnittes für die gesammte Augenheilkunde hinzu- weisen, indem wir uns der Hoffnung hingeben, hierdurch zu einem ein- gehenden Studium desselben anzuregen. Wir beschränken nns hier auf die Anführung der Schlusssätze, welche die Resultate der ganzen müh- seligen Untersuchung in prägnanter Form hinstellen:

1) Von den Schussverletzungen der Augen während des Feld- zuges 1870/71 haben diejenigen Affektionen, nach welchen crfabrnngs- gemäss sympathische Erkrankung des zweiten Auges häufiger aufzutreten pflegte die verschiedenen Formen von V'erlust und Schwund des Aug- apfels, cyclitische Prozesse, Fremdkörper , in 56,5 pCt. zu sympathischen Erscheinungen geführt.

2) An diesem Häufigkeitsverhältniss sind die vorgenannten Affektionen des verwundeten Auges, darunter auch die Fanophtbalmie io annähernd gleicher Weise betheiligt mit Ausnahme derjenigen Verletzungen,

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welche ohne beträchtliche Entzündanggerscheinungen znm langsamen Schwand des Augapfels geführt haben und für die sympathischen Alfektionen ein Prozentverb^tniss von nur 33,3 aufweisen. Verletzungen mit cyclitischen Erscheinungen haben etwas häufiger sympathische Erkrankungen und besonders häufig schwere Formen der letzteren verursacht.

3) Auch unmittelbare vollständige Zerstörung des Augapfels durch Schussverletzung führte bei 62,7 pCt. der Betroffenen zu sympathischer Erkrankung, in entschiedenem Gegensatz zu der kunstgerechten Entfernung des Augapfels durch Enukleation, nach deren frühzeitiger, d. b. vor der Entwickelung sympathischer Erscheinungen erfolgter Ausführung spätere sympathische Erkrankung des anderen Auges selten vorkommt. Nach Entwickelung sympathischer ErkrSnkung ist der Erfolg der Operation unberechenbar; mit Ausnahme eines einzigen Falles bat dieselbe nie zu dauernder Gesundheit des andern Auges geführt.

4) Trotz ihrer Häufigkeit ist der Charakter der sympathischen Erkrankungen ein durchaus milder gewesen. 51 pCl. sämmtlicher sympathischen Erkrankungen bestanden ausschliesslich in subjektiven Keizungserscheinungen ; höchstens 17,9 pCt. der in Betracht gezogenen Verletzungen haben wirklich entzündliche Vorgänge im zweiten Auge hervorgerufen.

5) Betreffs der Zeit des Beginns der ersten sympathischen Erscheinungen steht voran die zweite Hälfte des ersten Jahres, welcher sich zunächst die ersten, sodann die zweiten drei Monate nach der Verletzung anschliessen. Nicht unerheblich ist auch noch die Zahl der im zweiten und dritten Jahre Erkrankten.

6) Im Beginn aufgetretene subjektive Reizungsersebeinungen sind zum grössten Theile unverändert bestehen geblieben; Mittbeilungen über dauerndes, selbst über vorübergebendes Verschwinden derselben sind vereinzelt; dagegen ist später Komplikation mit Bindehantveränderungen 6 mal, mit entzündlichen Krankheitserscheinungen und Entartungs- vorgängen 14 mal (unter 71 Beobachtungen) berichtet worden.

So bildet auch dieses Kapitel einen weiteren Baustein zu dem Ehren- denkmal, welches sich das deutsche Sanitätsoffizierkorps in dem gross- artigen Werke über den Deutsch-Französischen Krieg gesetzt hat, und giebt ein neues Zeugniss ab für den hingebenden Eifer seiner Mitglieder im Dienste des Vaterlandes und der Wissenschaft.

Pusch (Berlin).

Krankenträger-Ordnung. Mit .36 Abbildungen im Text; 1()4 S. kl. Oktav. Berlin 1888 bei E. S. Mittler und Sohn, Königl. Hofbuch- handlung, SW. Koebstr. 68—70. Bei unmittelbarer Bestellung ans der Armee geheftet Preis 65 Pf., gebunden (Pappband mit Leinwand- rücken) 80 Pf.

ln rascher Aufeinanderfolge erscheinende V'^eröffentlichungen wir erinnern, abgesehen von dem Kriegs-Sanitäts-Bericht, von welchem jetzt eben wieder zwei stattliche Bände zur V'ersendung gelangen, an die im verfiossenen Jahre berausgegebenen Unterrichtsbücher für Lazarethgehülfen und freiwillige Krankenpfleger geben auch entfernter stehenden Kreisen Kunde von der rastlosen Thätigkeit und Fürsorge, welche an der Central-

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stelle herrscht, um dem verwundeten Kämpfer für König und Vaterland im Felde alles Dasjenige zu bieten, was die Erfahrung als zweckmässig erkannt bat.

Die neue Krankenträger Ordnung, welche durch Verfügung des Kriegsministerinms vom 27. Januar 1888 (A.-V.-BI. 1888 No. 2) an Stelle der „Instruktion für die Militärärzte zum Unterricht für Krankenträger'^ vom 25. Juni 1875 getreten ist, enthält alle einschlägigen Bestimmungen, welche früher in verschiedenen Instruktionen verstreut waren; sie präseutirt sich in dem bereits bekannten handlichen Formate des Unterricbtsbnches für freiwillige Krankenpfleger. Lehrer wie Schüler, welchen Letzteren auch die „Ordnung“ durch den Buchhandel zugänglich ist (ein nicht hoch genug anzuschlagender Vortheil), werden sicherlich diese Einrichtung mit Genugthuung begrüssen; das Format ist höchst praktisch.

Die Anordnung des Inhaltes ist eine wesentlich andere, als diejenige der alten Instruktion war. Alles Gute und Brauchbare der letzteren mit ihren Nachträgen ist selbstverständlich in die neue Ordnung übernommen, welche io fünfTbeilen: I. Die Eintbeilung und Bestimmung der Kranken- träger (§. 1 3), II. Die allgemeinen Bestimmungen über die Ausbildung (§. 4 12), III. Die nothwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Kranken- träger (§. 13 29), IV. Den Verwundeten-Transport im Felde (§. 30 53), ond V. Die besonderen Dienstleistungen der Krankenträger Begleitung grösserer Verwundeten - Transporte nnd Dienstleistung in Lazarethen (§.54 —55) behandelt. Als Beilagen (Seite 86 104) werden die be- kannte Vorschrift zur Herstellung von Stroh verbänden, das Aufschlagen des Verbindezeltes, das Herabnehmen und Verladen der leeren Kranken- tragen, endlich die Herrichtung von Leiterwagen zum Verwundeten- Transport nach norwegischer Art gegeben.

Die Ausbildung der Krankenträger, welche unter möglichster Ver- meidung von Fremdwörtern worin die Ordnung mit gutem Beispiele vor- angebt — dem Fassungsvermögen der Mannschaften anzupassen ist, zerfällt in den Unterricht nnd dieUebung. Als Richtschnur der Ausbildung gilt, dass die Krankenträger grundsätzlich bestimmt sind, die Ver- wundeten schleunigst der ärztlichen Hülfe, namentlich dem Hauptverbandplätze znznfübren nnd nur ganz ausnahmsweise (bei starken Blutungen oder bei der Unmöglichkeit eines Transportes ohne Stützverbaod, §. 20,<) selbst den Verwundeten die erste Hülfe leisten.

Der Unterricht findet in 20 Lehrstunden statt und wird in der Regel unter der oberen Leitung von Stabs- bezw. Oberstabsärzten, im Laufe des Winters von Assistenzärzten ertheilt. Die Zahl der Auszubildenden der Infanterie, Jäger ond Schützen bestimmt jedes Generalkommando alljährlich so, dass sein Bedarf an Hülfskrankenträgern wie an Kranken- trägern für die Sanitäts-Detachements durch die im aktiven Dienststande, wie im Benrlanbtenstande befindlichen Ansgebildeten gedeckt wird. Bei der Kavallerie, Fuss-Artillerie, den Pionieren und Eisenbahntruppen be- trägt die Zahl der alljährlich nur zu Hülfskrankenträgern Auszu- bildenden für jede Elskadron oder Kompagnie 4, bei der Feld-Artillerie für jede Batterie 2. Ausserdem nehmen an dem Unterricht die Hoboisten nnd Hülfshoboisten der Infanterie nnd die Hornisten der Jäger, Schützen und Pioniere des ersten Dienstjahres Theil, soweit sie körperlich zum Dienst als Krankenträger geeignet sind, endlich die Unterlazarethgebülfen und Lazaretbgehnlfeolebrlinge, während die älteren Gehülfen für die Verband-

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□bongen als Hülfsinstroktoren herangezogen werden können. Wieder- holungen des Unterrichts finden statt mit den im 3. Dieostjahre stehen- den Aasgebildeten, mit den bez. Hoboisten etc. des 2. nnd 3. Dienstjahres, sowie mit den zom ersten Male Aasgebildeten anmittelbar vor der Uebong. Als höchst zweckmässig in jeder Beziehung muss die Anordnong be- zeichnet werden, dass die zur Aasbildang kommandirten Unterofl^ere Tor jeder Lehrstande eine halbe Stande noch besonders nnterricbtet werden.

Für die 10 tägige Uebnng unter Leitung der Train-Bataillonskomman- denre bezw. eines Stabsof^iers der Infanterie wird angeordnet, dass zur Ueberwachnng des fachtechnischen Dienstes der Sanitätsoffiziere ein Divisionsarzt kommandirt wird. Sonst werden an Sanitätsoffizieren ausser einem Stabsarzte, welcher dem leitenden Stabsoffizier zar Seite steht, auf je 100 Mann 2 Assistenzärzte kommandirt, mit der Maassgabe jedoch, dass ein zweiter Assistenzarzt schon zulässig ist, sobald die Zahl der übenden Leute 50 übersteigt Alle diensttbnenden Offiziere sind während der Uebung oder wenigstens an den Tagen der Uebnng mit be- spannten Fahrzeugen im Gelände beritten zu machen. An 1 oder 2 Tagen findet eine Eisenbahnübnng mit Ein- und Ausladen der Verwundeten, sowie Herrichtnng der Güterwagen nach Hamburger und Orund'schem Systeme statt; auch werden unter Zuziehung der nicht unmittelbar bei der Krankenträgeransbildung betheiligten Sanitätsoffiziere, sowie der Militärapotheker der Garnison Packübungen an dem Materiale der Feld- Sanitätsformationen vorgenommen.

Als sehr angenehm wird es im Interesse der einheitlichen Aas- bildang empfanden werden, dass für alle einzelnen Verrichtungen ganz bestimmte Kommandos vorgeschrieben sind.

Die Krankenträgerübungen werden durch einen General besichtigt; der Besichtigung wohnt der Korpsarzt bei. Der General sowie der Korpsarzt reichen jeder für sich einen Bericht über ihre Wahrnehmungen an das Generalkommando ein.

Der Unterricht wird in dankenswerther Weise durch zweckmässig im Texte eingestreute Abbildungen über das Zudrücken der Schlagadern und das Anlegen der Tücher verbände erleichtert; übrigens sollen auch die Abbildungen des U. f. L. zur Erläuterung benutzt werden. Die Darstellung über die nothwendigste Hülfeleistung bei den wichtigsten Kriegsverletzungen und über die erste Hülfe bei plötzlicher Lebens- gefahr durch Unglücksfälle u. dergl. ist unter Vermeidung allen Beiwerks kurz, aber umfassend und klar. Eindringlich werden dem Krankenträger die Grundsätze der Antiseptik eingescharft: „Jede Unreinlichkeit, welche in eine Wunde kommt, kann dem Verwundeten das Leben kosten. Deshalb berühre der Krankenträger die Wunde nicht mit den Fingern oder etwa gar mit dem Taschentnche, dem Hemde des Verwundeten n. s. w., auch unterlasse er jedes Aus- wischen von Blut ans der Wunde, sowie die Entfernung von Fremdkörpern.'^ Das sind goldene Worte, durch deren Befolgung sicherlich manchem Soldaten das Leben erhalten bleiben wird.

Theil IV behandelt in 4 Kapiteln den Verwundetentransport im Felde, bis zum Wagenhalteplatz, auf den Krankenwagen, mittelst anderer Fuhrwerke und auf der Eisenbahn. Die Belehrung der Krankenträger über das Sanitätsdetachement, seine Eintheilung und seinen Aufmarsch, über das Aufschlagen der Verbindezelte und das Verfahren auf dem Wagen halteplatze, den Verwundetentransport auf den Krankenwagen,

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endlich über die Herrichtaog anderer Fuhrwerke und den Transport auf denselben ist während der Uehnng den Trainoffizieren überwiesen, während die Sanitätsoffiziere die Krankenträger über alle Maassnahmen Ton ihrer Ankunft bei dem Verwundeten an bis zu seiner Ueberführung auf den Wagenhalteplatz, ferner über den Transport auf der Eisenbahn za unterweisen haben. Zahlreiche (25) instruktive Figuren erläutern den Text und sind eine willkommene Beigabe.

Die Sprache der Krankenträger- Ordnung ist streng sachlich, mili- tärisch kurz nnd leicht verständlich. Wir zweifeln nicht, dass sie dazu beitragen wird, den Unterricht zu erleichtern und in den Krankenträgern das Bewusstsein zu erwecken und rege zu erhalten, dass sie sich die Liebe und den Dank ihrer leidenden Kameraden, wie die Anerkennung ihrer Vorgesetzten erwerben, wenn sie ihren schweren, aber segensreichen Beruf treu erfüllen. Ltz.

Bericht über die Thätigkeit der zur Erforschung der Cholera im Jahre 1883 nach Egjpten und Indien entsandten Kommission, unter Mitwirkung von Dr. R Koch, Geb. Med.- Rath, bearbeitet von Dr. 6. Oaffky, Kaiser!. Regiernngsrath. Mit Abbildungen im Text, 30 Tafeln nnd einem Titelbilde. Berlin, Verlag von J. Springer, 1^7.

Der vorliegende Bericht, eine detaillirte Darlegung der „gesammten Thätigkeit nnd Reiseerlebnisse“ der allbekannten, vielbewanderten und gefeierten „Cholerakommission“ unter Führung R. Koch's, ist ein Werk ersten Randes nnd steht in seiner Art geradezu einzig da. ln mnstergiltiger Darstellung wird ans eine Fülle der interessantesten and wichtigsten Einzelheiten betreffs der Verbreitungsweise und der ätiologischen Verhältnisse der Cholera überhaupt vorgeführt, sind die Mittel und Wege geschildert, auf denen es, unter Ueberwindung aller äusseren Schwierigkeiten gelangen ist, an der Hand einer vollendeten Technik den Erreger der gefürchteten Seuche anfzufinden.

Wir beschränken ans auf einen kurzen Auszug des überaus reichen Inhalts des Werkes und wollen nur bei einzelnen, besonders lehrreichen Kapiteln das Wichtigste hervorheben.

In der Einleitung wird zunächst die Veranlassung zur Entsendung einer deutschen Kommission zur Erforschung der Cholera im Jahre 1883, die Vorbereitung der Expedition nnd die Reise von Berlin bis Kairo besprochen. Darauf folgt eine Schilderung des Gesundheitszustandes Damiette's vor Ansbruch der Epidemie, der ersten Cholerafälle daselbst und des weiteren Verlaufs der Epidemie, sowie der während derselben getroffenen hygienischen Maassregeln und der möglichen Entstehnngs- weise der Seuche. Die nächsten Kapitel behandeln den weiteren Verlauf der Epidemie in Egypten nnd ihr Erlöschen, die Cholera in Kairo, in Alexandrien, Port Said, Ismailia und Suez, und bringen ver- gleichende Bemerkungen zu den bisherigen Cholera-Epidemien Egyptens, insbesondere den beiden letzten im Jahre 1863 und 1883.

Da es der Kommission nicht gelangen war, in Egypten ihre Auf- gabe völlig zu Ende zu führen, so beschloss dieselbe, das im Bereich des Gangesdelta, der eigentlichen Heimath der Cholera, gelegene Kalkutta als demnächstiges Arbeitsfeld zu wählen. Sie begab sich daher zunächst

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von Kairo über Igmailia und Suez nach Colombo. Anaführlicb werden hier die Quarantäneanatalten in Egypten und am Rothen Meere (and zwar die za Alexandrien, Damiette, Suez, £1 Tor, Bl Wedj and anf der Insel Kamaran) beschrieben. Das nächste Kapitel eines der interessantesten und lehrreichsten, da es ein am wenigsten bekanntes Qebiet betrifft, ist das über die Mckkapilger und die Cholera im Hedjaz. Die Mekka- pilger rekratiren eich aus der gesammlen mahamedanischen Welt and ihre Zahl beläuft sich znr Zeit der religiösen Feste in Mekka oft bis auf 100000 and mehr. Ein gutes Drittel derselben (darcbschuittlich 37 000) kommt auf dem Seewege and betritt meistens bei Djeddah das Land. Die am stärksten benutzte Lands trasse ist die von Damaskus herführende. Da nun, mit einer einzigen Ausnahme, bisher alle Cholera- Epidemien im Hedjaz znr Zeit der Pil^erzüge aufgetreten sind, so liegt die Annahme nahe, dass die Pilger den Infektionsstoff im- portirten und alsdann nach den verschiedensten Richtungen verschleppten. Disponirende Schädlichkeiten für die Krankheit sind in den körperlichen and geistigen Anstrengungen der Pilger, der mangelhaften, nngewojinten Ernährnng, dem Genuss verunreinigten Wassers u. s. w. genügend gegeben. Obwohl nun die von den Epidemien im Hedjaz drohende Gefahr dem Berichte nach stets eine sehr grosse ist, so tritt doch diese Gefahr vielleicht gegen diejenige wesentlich zurück, welche dadurch gegeben ist, dass die Eisenbahnverbindung zwischen dem endemischen Gebiete der Cholera mit den Ländern Europas (die Transkaspische Bahn hat bereits den Ama-Darja erreicht) eine immer direktere wird.

Nach einigen kurzen Mittheilungen über die Insel Ceylon und die ^gienischen Verhältnisse Colombos, sowie über die Reise nach Kalkutta, führt uns ein neues Kapitel die Thätigkeit der Kommission in dieser Stadt vor. Es wird in extenso das ganze Vorgehen, die mikro- skopischen Untersuchungen an Choleraleicben , das Kulturverfahren und die Thierexperimente abgehandelt, welche endlich dazu führten, in dem schon in Egypten beobachteten „Kommabacillus“ den tbatsäcblichen Cholerainfekiionsstoff zu erkennen. Schon damals wurden umfangreiche Studien über die Lebenseigenschaften und die Verbreitung dieses Mikro- organismus angestellt (der Bericht bringt ihre Ergebnisse) , . Und es gelang unter Anderem, in dem Wasser des Tanks von Saheb- Bagan, in dessen Umgebung eine Choleraepidemie herrschte, den betreffenden Bacillus aufzufinden. Der Tank, umgeben von etwa 40 Lehmhütten, diente zum Baden, zum Waschen der schmutzigen Wäsche, zur Entnahme des Trink- und Gebrauchswassers u. s. w. In seiner unmittelbaren Nähe befanden sich die höchst primitiven Aborte (halbzerbrochene, grosse irdene Töpfe, mit der unteren Hälfte in die Erde eingegraben, ohne jedwede Sitzvorrichtung). Bei einer Unter- suchung von 4 Proben des trüben, aber nicht übelriechenden Wassers wurden zweimal, bei einer 3 Tage später vorgenommenen Untersuchung von 7 Proben dreimal Cbolerabacillen nachgewiesen. Nach dem Erlöschen der Cholera in der Nachbarschaft des Tanks konnte nur noch in einer Wasserprobe eine einzige spezifische Kolonie anfgefunden werden.

Das folgende Kapitel: „Die Cholera in Kalkutta**, enthält eine Darstellung der Wasserversorgung, der Kanalisation und Cholera- mortalität dieser Stadt. Mit dem Jahre 1870, seit der Uebergabe der

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grosaen Wasaerleitung, deren Wasser sich chemisch and bakterioskopisch Ton guter Qualität erwies, ist eine entscheidende Aenderung in den Cboleraverbältnissen Kalkuttas eingetreteu. Plötzlich und dauernd sank nämlich die Cboleramortalität in der Stadt auf etwa ein Drittel der früheren herab, während ein ähnlicher Abfall in Bengalen überhaupt weder im Jahre 1870, noch später zu verzeichnen ist. Einen günstigen Einfluss der Kanalisation und der vermehrten Reinhaltung Kalkuttas auf die Cholerasterblicbkeit konnte die Kommission dagegen nicht nschweisen.

Das Fort William war in früheren Jahren in sehr hohem Grade von der Cholera beimgesucht. Seit 1865 ist dasselbe von der Seuche verschont, und zwar ebenfalls unmittelbar nach der Herstellung einer guten, von der der Stadt unabhängigen, Wasserversorgung der Trappen.

Das folgende Kapitel liefert weitere Belege für die fundamentale Bedeutung, welche der Wasserversorgung für die Choleraverhältniste, namentlich in den Orten Pondichcrry und Madras, sowie ferner in Nagpur und Guntur, beizumessen ist.

lieber das Vorkommen der Cholera auf den Kalischiffen, das Pilgerwesen und die Cholera in Indien belehren uns zwei weitere Abschnitte. Im Jahre 1872 trat die Cholera noch auf ca. '/i aller von Kalkutta auslaufenden Schilfe auf. Die seit 1874 bemerkbare, wesentliche Abnahme der Krankheit wird auf sanitäre Verbesserungen, namentlich auf die Versorgung der Schiffe mit gutem Trinkwasser, zurückgeführt.

Die Erörterung der Cboleraverhältnisse in dem Pilgerorte Pari gipfelt in dem Satze: dass dieselben, obwohl bisher vielfach als ein Beweis gegen die Verbreitung der Cholera durch den mensch- lichen Verkehr verwerthet, sich im Gegentheil bei genauerer Unter- suchung gerade als ein ausgezeichnetes Beispiel für den Einfluss des Verkehrs erweisen. Die Cholerafrequenz in Puri entspricht nämlich genau der Pilgerfrequenz, und selbst die meteorologischen Ein- flüsse (Regenzeit) treten dem mächtigen Faktor des menschlichen Ver- kehrs gegenüber in den Hintergrund.

Mit den Kapiteln; „von Kalkutta nach Bombay“, „die Cholera in Bombay“ und „von Bombay nach Berlin“ schliesst der Bericht.

Acht Anlagen (betreffend die Ausrüstung der Expedition, die Berichte über die Tbätigkcit der Kommission an das Staatsministerium, Dekret betreffend die Organisation des Conseil sanitaire, maritime et qnarantenaire, die Leprahospitäler zu Colombo, Madras und Kalkutta, Aufzeichnungen über die ausgefübrten Obduktionen von Choleraleicben, Beobachtungen über verschiedene andere Krankheiten in Egypten und Indien, Aufzeichnungen über einige von der Kommission besichtigte Trnppenkantonnements, Gefängnisse und Hospitäler, nebst Mittheilungen über Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera unter den Truppen in Indien und über die ärztliche Behandlung der Cholerakranken, Zusammen- stellung der durch die Entsendung der Kommission erwachsenen Kosten) bilden die Vervollständigung des Werkes.

Welche Fundgrube für das Studium nach Alledem der Bericht darstellt, bedarf keiner weiteren Hervorhebung.

Pfuhl (Trier).

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Prof. Dr. Ritter von Mogetig-Moorhof. Vorlegungen über Krieggcbirnrgie. Wien und Leipzig. Urban nnd Schwarzen- berg. 1887. S. 332. 1 Band.

Aug der Feder deg nicht nnr alg Chirurg, gondern auch in gpecie als Feldarzt bewährten Mogetig liegt ung eine in klarer, gefälliger Dar- gtellang, in knappen, kurzen Sätzen geschriebene, den umfangreichen Stoff in übersichtlicher Anordnung in Form von V'orlesnngen abhandelnde Kriegschirurgie vor. Dass sie nichts Obsoletes bringt, dass die neuesten Arbeiten auf dem eingcblägigen Gebiete der Chirurgie berücksichtigt nnd verwerthet sind, braucht als etwas Selbstverständliches nicht erst besonders hervorgeboben zu werden. Was das Buch so überaus werthvoll macht, so dass seine Anschaffung jedem Sanitätsoffizier nur auf das Wärmste anempfohlen werden kann, ist der aus der Auswahl der Materie, der Umgrenzung des Inhaltes sowohl als auch ans der Besprechung der ein- zelnen kriegschirnrgischen Thematen bervorlenchtende praktische Stand- punkt, welcher den Verfasser bei Abfassung des Werkes geleitet hat. Wollte man einen Vergleich ziehen mit einem schon in der Litteratur vorhandenen, das gleiche Gebiet behandelnden Buche, so wäre es der mit der jetzt veralteten, ihrer Zeit aber, weil praktisch brauchbar, sehr beliebten kriegschirurgiscben Technik von Landsberger. Mosetig giebt uns nicht ein Theorie und Praxis vollständig umfassendes Lehrbuch, wie etwa das zweibändige Fischer’sche, sondern einen kurzen, die Theorie nur, soweit sie für das praktische Handeln des Feldarztes in Frage kommt, berücksichtigenden Leitfaden der modernen Kriegschirurgie in die Hand. Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einer Reihe extemporirter freier Vorträge, welche M. vor einer Anzahl von seiner Krankenbausstation zu ihrer weiteren chirurgischen Ausbildung zugetheilter k. k. österreichischen Militärärzten theils am Krankenbette theils am Operationstische zu halten Veranlassung fand. Er hat sich für diese Vorträge von vornherein ganz bestimmte Grenzen gezogen: er berührt absichtlich nur bin nnd wieder flüchtig die chirurgische Uülfeleistung in derersten Linie i. e. auf dem Verbandplätze der Truppen, des Detachements, im Feldlazareth, scbliesst somit auch die Besprechung der verschiedenen Verwundeten-Transportmittel ans. Auch für sein spezielles Thema d. i. das chirurgische Wirken in den stabilen SanitStsanstalten (nach unserer Terminologie: stehende Kriegslazarethe, Reservelazarethe, Lazarethe in der Heimath) lehnt er die Schilderung und Erörterung der Unterbringungs- Örtlichkeiten (Zelt- und Barackeufrage) ab. Dieser engen Umgrenzung seiner Vortragstbemata (21 Vorlesungen) ist es zu danken, dass in einem so kompendiösen Werkchen grade die wichtigsten Kapitel der Kriegs- chirurgie ihre Besprechung finden. Die in dem Buche uns entgegen- tretende besondere Vorliebe für das Jodoform als Antiseptikum und für die auf dasselbe sich gründenden Verbandmethoden erscheint uns natürlich, ist doch der Verf. der Vater des Jodoform. Schon eher könnte man den Vorwurf erheben, dass bei dem Kapitel der Transfusion noch viel zu sehr der Bluttransfusion das Wort geredet wird und die doch zum Mindesten sehr berechtigten von von Bergmann in seiner Festschrift vom 2. 8. 1883 niedergelegten Einwände gegen dieses seiner Anschauung nach nicht bloss nutzlose, sondern geradezu gefahrvolle Operationsverfahren keine Erwähnung und Berücksichtigung ^et^unden haben. Der Standpunkt des Verf. der Mikroparasiten-Lebre gegenüber erscheint noch allzu skeptisch

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UDil allza weuig vertrauensvoll, äussert er sieb bezüglich der den Tetanus hervorrnfenden Noxe doch wie folgt: „Wir nehmen also einen typischen Stoff, ein spezifisches Gift als Ursache des Tetanus an, ohne uns weiter zu kümmern, ob er als Ptomain i. e. als Stoffwecbselprodukt spezifischer Mikrobien aufzufassen sei oder anders entstehe, „erfahren werden wir es doch kaum je“, und Seite 87 spricht er sich über die Aetiologie des Erv'sipel folgendermaassen aus: „Wir glauben ans den Unter- snehnngen von Febleisen zu wissen, dass das Wesen des Rothlaufes in der Einimpfung einer eigenen Kokkusart bestehe etc.“ „Der Kokkus lasst sich auf geeignetem Nährboden züchten und „soll“ die Impfung der Reinkultur stets wieder Erysipel herbeiführen.“ Wozu die Verdienste unserer jungen Doktrin und ihrer Vertreter schmälern wollen? Eher, könnte man meinen, wäre etwas mehr Skepsis am Platze einem so neuen Medikamente gegenüber wie dem Kokain. Denn ob die überaus warme Empfehlung (S. 105) dieses in seiner unter Umständen deletären Wirkung doch noch nicht genügend gekannten pharmazeutischen Präparates für im Felde ausznfübrende kleinere Operationen allerseits Billigung finden wird, erscheint zweifelhaft; sind doch erst neuerdings wieder einige Fälle von Intoxikation gerade bei Vornahme kleiner chirurgischer Hülfeleistungen bekannt geworden und dazu bei der vom Verf. empfohlenen Dosirung (5%). Cf. Deutsche med. Wochensebr. 1888, No. 1, Mittbeilung von Löbker.*)

Gegenüber den grossen, oben bereite hervorgehobenen Vorzügen des Buches fallen indess alle diese, zudem ja subjektiven Ausstellongen nicht ins Gewicht. Zweifellos ist dasselbe berufen, eine sicher von Vielen empfundene Lücke auf dem Büchermärkte auszufüllen, da kriegsebirnr- gische, dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft angepasste Ab- handlungen, wie Verf. mit Recht im Vorwort hervorhebt, fehlen.

Die Ausstattung (Druck, Papier, Einband) ist, wie bei der rühmlichst bekannten Verlagsbuchhandlung nicht anders zu erwarten ist, eine über jeden Tadel erhabene. Ein den Schloss bildendes alphabetisches Inhalts- verzeichniss erleichtert das Anfsnehen der im Einzelnen interessirenden Abhandlungen. Goerlitz.

Mittheiinngen.

Berliner militärärztlichc Gesellschaft.

Das diesjährige, in der gewohnten, liebgewordenen Weise am 2<). Februar durch ein Diner im Hotel Imperial begangene Stiftungsfest der Gesellschaft unterschied eich von den früheren Veranstaltungen nicht nur durch die grosse, nie bisher erreichte Zahl [137] einheimischer und auswärtiger Theilnehmer, sondern erhielt auch eine besondere Weihe dadurch, dass Se. Excellenz der Herr Kriegsminister in Begleitung seines Adjutanten, des Herrn Baron von Ardenne, desgleichen der Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements, Se. Excellenz Herr Generallieutenant

*) Die stylistisch sonst formvollendete, anziehende, in keiner Weise er- müdende .Schrcibwei.se de.s Verf. wird bwinträchtigt durch die grosse Zahl eigen- artiger. einem Nicht - Oesterreieher zum 't'hcil fremder, zum Theil .sehr unschön klingender Fremdwörter, wie: teniporisiren, Operationsbrankard, Watta, fuschen,

Innokuität, mutiliren, das (juale, regardiren u. a. m. Wir in Deutschland sind glücklicherweise in der Sprachreinigung etwas weiter.

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von Hänisch auf Bitte Sr. Excellenz des Herrn Generalstabsarztes der Armee dem Sanitäts-Offizierkorps die Ehre erwiesen, in dessen Mitte zu erscheinen. Verschiedene Preussische Sanitätsoffiziere waren aus aus- wärtigen Garnisonen herbeigeeilt; die Grüsse des Königlich Sächsischen Sanitäts-Offizierkorps überbrachte der Generalarzt 1. Klasse Dr. Roth in Begleitung des Stabsarztes Dr. Schill und des Assistenzarztes 2. Klasse Dr. Somroerei; auch die seit längerer Zeit zum Stadium Deutscher militärärztlicher Einrichtungen in Berlin sich aufhaltenden Kaiserlich Japanischen Sanitätsoffiziere; Generalarzt Jshiguro, die Stabsärzte Taniguti und Mori, hatten der an sie ergangenen Ein- ladung entsprochen. Die Universität and der Lehrkörper der medizinisch- chirurgischen Akademie für das Militär war durch Mitglieder der Gesellschaft (die Generalärzte ä la suite des Sanitätskorps, Geheimrath Dr. Bardel eben nnd Geheimrath Dr. Koch, desgleichen der Generalarzt Professor Dr. Leuthold and Oberstabsarzt 1. Klasse Professor Dr. Fraentzel), das Reichsgesundbeitsamt durch seinen Direktor Herrn Geheimrath Köhler als Gast und den Stabsarzt der Reserve, Regierungsrath Dr. Gaffky als Mitglied der Gesellschaft vertreten. Schreiben und Telegramme des Königlich Bayerischeu Generalstabsarztes Dr. Ritter von Lotzbeck, des Königlich Württembergischen Generalarztes Dr. von Fichte und des Königlich Bayerischen Generalarztes 1. Klasse Dr. Mohr gaben der geistigen Antheilnahme der süddeutschen Kameraden herzlichen Ausdruck.

Die Reibe der Tischreden eröffnete Se. Excellenz der Herr General- stabsarzt der Armee durch einen Toast auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers und Königs unter Erinnerung an das Leid, welches zur Zeit auf dem Kaiserhause und auf allen Deutschen Herzen lastet. Den unten ausführlich wiedergegebenen zweiten Toast des Herrn Generalstabsarztes der Armee auf Se. Excellenz den Herrn Kriegsministcr als Kurator der militärärztlichen Bildungsanstalten erwiderte der Herr Minister durch einen warm empfundenen Trinksprach auf den Chef der Medizinal- Abtheilung seines Ministeriums und Generalstabsarzt der Armee Excellenz von Lauer. Nachdem sodann der Generalarzt 1. Klasse Dr. Wegner die Gäste im Namen der Gesellschaft begrüsst, der Direktor des Reichs- gesnndheitsamtes, Geheimrath Köhler, die Gäste aufgefordert hatte, aaf das Gedeihen der Gesellschaft zu trinken, folgte eine schwungvolle Rede des Generalarztes 1. Klasse Dr. Roth auf das Preussische Sanitätskorps. Beredte Worte des Generalarztes 1. Klasse ä la suite Dr. Bardeleben über die ineinander greifende Wirksamkeit der Armee und des Sanitätskorps der Armee im Felde veranlassten Se. Excellenz den Herrn Kriegsministcr zu einem weiteren zündenden Hoch auf die Deutsche medizinische Wissenschaft. Den Schluss des eigentlichen Festes bildete wie üblich eine launige Rede des Oberstabsarztes 1. Klasse Dr. Nöhte, welche das noch lange währende zwanglosere Zusammen- sein einleitete. Spät am Abend traf eine „von Bergmann, Schräder, ßramann'^ Unterzeichnete Dresche ein; dieselbe überbraebte der Gesellschaft die Grüsse der (Genannten aus San Remo, wohin die geheimen Gedanken wohl aller Festtheilnehmer auch während der Fest- freude unausgesetzt gerichtet waren.

Der oben erwähnte Toast Sr. Excellenz des Herrn Generalstabs- arztes der Armee lautete etwa wie folgt:

„Meine Herren! Unter den vielen hier anwesenden schönen Männern finde ich nehmen Sie es mir nicht übel doch keinen, auf welchen

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isaa aDweuden könate, was von Alciüiades berichtet wird, dass er bei Weitem der Schönste seiner Zeit gewesen (multo formosissimns snae aetotis), aber andererseits anch keinen, auf welchen die homerische Beschreibong des Tbersites passt, die darauf hinauslänft, dass derselbe sh der hässlichste Mann vor Ilion gekommen (oVo/«rio{ oVijp tl/id ’fXi'or Dieser allgemeine Eindruck vereinigt sich mit dem Ergebniss der Betrachtung einzelner Theile, z. B. der Nasen, zur Herstellung eines Paradigma der Aristotelischen Lehre von der richtigen Mitte. Ich sehe keine von ihnen (nämlich von den Nasen), welche durch das Zuviel, durch Debertreibnng (vncpßaXif, Arist.) oder durch das Zuwenig, durch Beschränkt- heit (euXritßif) das Maass überschreitet, ln ihrer Oesammtheit stehen sie :i: in der richtigen Mitte (jurnür^;). Dies ist ein typisches Bild für alle menschlichen Verhältnisse und Bestrebungen.

Die i'negßoXij schafft nichts Dauerndes; sie schiesst immer über das Ziel hinaus und stiftet manchen Schaden. Doch sollen einige Philosophen der Ansicht sein, dass bei einem Glase recht guten Weines, so vom ^altbewährten Bacchusscbatz, der lieblich duftet'^, wie es bei Euripides heisst, ein kleines Hyperbelchen weniger bedenklich sei.

Die txXttipii schleppt sich lückenhaft erfolglos hin.

In dem Reiche der Mitte (.urou'njf) aber dem ohne Zopf wurzelt and gedeiht alles Richtige und Tüchtige, das Gute, das Schöne (xorlde xäya»iy), das Wesen, das dauernd Brauchbare, die fruchtbringende Forschung; aus ihm stammen auch die Männer, von denen Plinins sagt: «Ich halte diejenigen für beglückt, welchen es durch Geschenk der Götter gegeben ist, entweder Beschreibens werthes zu thun, oder Lesens- werthes zu schreiben (aut facere scribenda aut scribere legenda); für die Beglücktesten aber diejenigen, denen Beides zu Tbeil wurde.

M. H! Wir feiern heute das Stiftungsfest unserer militärärztlichen Gesellschaft und wünschen ihr ferneres Gedeihen in der Richtung ernsten wissenschaftlichen Strebens und freundlich heiterer Kameradschaft. Mit QDserer Gesellschaft aufs Engste verbunden sind die mililärärztlichen Bildungsanstalten, nicht bloss durch das äusserliche Band der Personal- noion, insofern das Ehrenpräsidinm der einen und die Direktion der andern in meiner Person Zusammentreffen: Der Zusammenhang ist viel- mehr ein weit innigerer, ich möchte sagen ein genetiscUer. Die inilitärärztlichen Bildungsanstalten Sind die wesentliche Pflanzstätte für die Sanitätsoffiziere der Preussischen Armee und somit auch für die Mitglieder dieser Gesellschaft. Weitaus die Mehrzahl von uns, die wir hier versammelt sind, verdanken ihre Ausbildung diesen Anstalten als einer wirklichen, sorgsamen alma mater. Es ist daher wohl am Platze, Wenn wir denselben eine fernere erfreuliche Entwickelung wünschen. Mögen, wie bisher, in ihrem Lehrkörper immer recht viele von den oben bezeicbneten Plinianischen Glücklichen sich befinden und möge unter , den Lernenden es niemals an einer grösseren Zahl Solcher fehlen, welchen Deornm munere die Anlage gegeben ist, sich zu dergleichen Männern zu entwickeln. Wir schliessen in unsere guten Wünsche anch alle Diejenigen ein, welche wir als Freunde und Gönner dieser Anstalten lietrachten dürfen: an ihrer Spitze den hohen Kurator derselben, Se. Excellenz den Herrn Kriegsminister, welcher unsere Gesellschaft durch seine heutige Anwesenheit aufs Höchste ehrt und uns alle zum lebhaftesten Danke verpflichtet, den thätigen, wohlwollenden Förderer des .Militär- Medizinal Wesens und des Sanitätskorps. Se. Excellenz der Herr Kriegsminister lebe hoch!“

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Beriebti^n^.

Im Heft I, Seite 26, Zeile 12 von oben lies anstatt 26 g Bleiiueker 32 g.

K*1

Id der Anmerkung miisj die Formel für Alaun heii>sen: Al'< ; Og 24 ai|. = 948.6,

4SOsj

für essigsaiire Thonerde (noniralcs AlnminiiimaeetaO = AI,. (Cs Hs 0,)e. Zur Bildung dieser letzteren sind erforderlich 1 Th. Alaun auf 1,6 Th. Bleizucker, wenn die Zersetzung gegenseitig eine vollständige sein soll. (V'ergl. R. von Wagner, Handb. der ehern. Technologie. XII. Anfl. Leipzig, 1886. S. 368.) Der offizi- nellc Liquor Aluminii acetici, welcher in den Apotlieken vorräthig ist, enthält nach der Ph. Germ. ed. II nicht das neutrale Salz, sondern 7,5 8®/o Aluminium- Subacetat (AI,. (OH),. (C, Hs 0,)i). ist jedoch zum Wasserdichtinachen brauchbar.

A. H.

Der 17. Kongress der Deutschen Gesellschaft fürChirnrgie findet vom 4. 7. April er. in Berlin statt.

Die Begrüssnng der zum Kongresse sich versammelnden Mitglieder findet am 3. April, Abends von 9 Uhr ab im HOtel du Nord (Unter den Linden 35) statt.

Dem Kongress geht voraus am 3. April, Abends 7 Uhr im Saale der Philharmonie (SW. Bernburger Str. 22a/23, nabe dem Anhalter Bahnhöfe) ein gemeinsames von der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der Berliner medizinischen (^Seilschaft beschlossene

Todtenfeier für Bernhard von Langenbeck.

(Anzug: Frack und weisse Binde, bezw. Uniform).

Wir verfehlen nicht, auf die Wichtigkeit der unter dem II. Dezember 1887 (Amtliches Beiblatt S. 13 d. Jahrgangs) versandten „Nachweisung der für das ärztliche Sanitätsmaterial der Armee zahlbaren Höchstpreise (Preisverzeichniss) 1888“ noch besonders binznweisen, da dieselbe eine wesentliche und angenehme Erläuterung zu Beilage 5 K.-S.-O. darstellt. Exemplare der Nachweisung befinden sich bei den Lazaretben.

<r4^<tnlcki in 4«r Königlichen llofhnchilrnckerei von E. 8. Mittler n. Sohn in Berlin, Kochatr. 68—70.

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Deutsche

Militärärztliche Zeitschrift.

Radacilon:

Dr. 3t. Generalarzt,

Berlin, Tanbeo^tnAse 5,

D. Dr. Stabsarzt,

Berlin, Kaisar Fmnx Grenndier-PUtz U/12.

Varlag:

f. snUibr & $«9a,

Königliche Hofbuchhandlung,

Berlin, KoehiftreitHe 68^70.

Monntlicli encheint ein Hefl Ton mindesten« 3 Druckbogen; dnzn ein ,Jimilich«« Beiblatt**. Der Zeiteckrifl wird da« Werk: „Jahreibericht hber die ForUchritt« aof dem Gebiet« de« Uilitir« ättitlU>Wcae&i**, heranige^ben vom Generalarzt Dr. Both, onentgeltlich beigegeben. BesteUaDg nehmen alle Poetlroter und Bochhandlongen an. Preii des Jahrgang« 16 Mark.

.WIl. Jahrgan". 1888. Hoft 4.

Mlttheilangen*) ans dem Garnison-Lazareth zn Hannover.

Von

Oberstabsarzt Dr. Schaper,

Begiment&arxt de» Braondchwetgischen Infanterie'KegimectH No. 92.

I.

Zar Statistik and Aetiologie des akuteu Gele Dkrheamatismas.

Während der 14 Jabre, welche ich in der Garnison Hannover ge- standen habe, ist mir je länger desto mehr anfgefallen, dass die Zahl der Erkrankungen an akutem Gelenkrheumatismus in fortwährender Zn- sabme begriffen ist, und diese Beobachtung erschien mir um so bemerkens- werther, als nach den kriegsministeriellen Berichten über die Gesundheits- rerbältnisse der Armee auch für diese dieselbe Tbatsache festgestellt ist. In den letzten Jahren ist in jenen Berichten wiederholt darauf hin- gewiesen, welche hohe Bedentung der akute Gelenkrheumatismus für die Armee habe, weniger wegen der dadurch verursachten Todesfälle, als wegen der von Jahr zu Jahr steigenden Zahl der Erkrankungen und der darans resnltirenden Dienslunbranchharkeit wegen Herzfehlern. Während im Berichtsjahr 1873/74 die Erkrankungsziffer 5,3°/oo, in dem folgenden Quinqnennium 6,2 betrug (Armee - Bericht 1879/80 und 1880/81 S. 36), stieg sie 1879/80 auf 6,9, 1880/81 auf 7,2, 1881/82 auf 8,3, und das

*) Nach ciuem in der militärärztliehen Gesellschaft zu Hannover gehaltenen Vortrage.

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X. Armee-Korps nahm mit 10,7 %o die zweite Stelle unter den sämmt- licben Armee-Korps ein (Armee-Bericht 1881/82 S. 32).

Um diese Verhältnisse anch für die Garnison Hannover genauer festzustellen, habe ich die Journale aller seit dem 1. April 1875 (bis zum 1. April 1887) in das Lazareth aufgenommenen 476 Erkrankungen an Gelenkrheumatismus einer genauen Durchsicht unterworfen und nach Aussoheidung von 5.5 Fällen, in denen es sich nur um monartikuläre, in wenigen Tagen fieberlos verlaufene Schwellungen nach leichten Traumen, und nicht um infektiöse Erkrankungen handelte, 421 Fälle zu der folgenden Arbeit benutzt.

In der folgenden Tabelle sind die einzelnen Erkranknngszahlen nach Monaten und Jahren eingetragen, ferner die V'^erhältnisszahlen der jährlichen Erkrankungen auf 1000 Mann der Kopfstärke (K) der Garnison berechnet, und ebenso die durchschnittlichen Erkrankungszahlen der einzelnen Monate überhaupt, und sodann auch auf 10 (XX) Mann der Kopfstärke berechnet. Die Resultate aus diesen Berechnungen habe ich dann durch einige Kurven zu veranschaulichen gesucht, auf welchen anch die Erkrankungen an den übrigen inneren Krankheiten berücksichtigt sind. Auf Tafel I habe ich 3 Kurven zusammengestellt, um 1) das Ver- hältniss der Erkrankungen an inneren Krankheiten überhaupt auf 100 Mann der Garnisonstärke berechnet zu zeigen; 2) das Verhältniss der rheumatoiden Erkrankungen zur Garnisonstärke auf 1000 Mann be- rechnet; 3) das Frozentverbältniss der akuten Gelenkrheumatismen zu der Morbiditätszahl im Ganzen. Die drei Kurven zeigen sehr deutlich, dass die Erkrankungszahl an inneren Krankheiten etwas auf und nieder ge- schwankt hat, ohne jedoch im Laufe des Beobachtungscyklus der 12 Jahre wirklich zu steigen, während sich die Erkrankungszififer an akutem Gelenkrheumatismus ganz bedeutend gehoben hat, und zwar noch mehr, als es nach den obigen Zahlen der Armee-Berichte für diese festgestellt ist, denn sie ist von 1,7 auf 11,1 °/oo gestiegen, und dementsprechend bat sich auch das Verhältniss der Rbeumarthritisfrequenz zur Morbiditätszabl der inneren Krankheiten im Ganzen zu Ungunsten der ersteren geändert, welche sich von 2,2 auf 9,2 °/o gehoben hat.

Auf der zweiten Tafel habe ich die monatlichen Erkrankungszifferu für die Garnison Hannover im Durchschnitt des zwölfjährigen Beob- achtungscyklus 1875/87 durch eine in unterbrochener Linie gezeichnete Kurve zu veranschaulichen gesucht, und hiermit eine in fortlaufender Linie gehaltene Kurve zusammengestellt, welche dem Armee - Bericht für 1881/82 entnommen ist und die Monats - Erkrankungsziffer für die

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i

I

Ännee im Darcbschnitt der 4 Jahre 1878/82 zeigt. Die dritte in pnoktirter Linie gezeichnete, nnr über */« Tafel ansgedehnte Kurve zeigt die monatliche Poljarthritisfreqnenz der Armee im Kriege 1870/71

Jahr

Januar

U

m

o

w

£

März

April 1

Juni

August j

September j

Oktober

November

U

B

0)

N

o;

a

Summa

®/oo K-

1875

4

1

3

0

0

0

0

2

2

12

1,7

1876

2

1

2

5

1

0

1

0

0

0

0

0

12

1.7

1877

ü

4

0

6

2

4

2

2

2

1

0

4

26

3,8

1878

2

2

5

1

1

1

0

1

1

0

0

1

15

2,6

1879

1

7

6

6

4

5

1

4

1

0

4

>

4v)

6,9

1880

5

5

2

7

4

1

2

1

1

2

3

0

33

5,7

1881

7

3

10

7

6

4

7

4

1

1

0

53

9,2

1882

2

3

10

7

1

1

.

3

3

47

8,1

1883

5

7

2

1

1

3

2

1

0

1

2

5

.30

5,2

1884

4

4

5

8

6

7

4

3

0

0

0

4

45

7,8

1885

4

4

0

0

2

3

2

2

2

2

4

2

27

4.7

1886

1

5

10

10

8

4

4

4

2

7

<

64

11,1

1887

3

4

10

17

Summa

36

49

55

60

46

42

30

23

11

n

23

29

421

Quartal

140

168

69

(3Ö8)

(113)

Mod. Mittel

3

4,4

4,6

5,0|3,8'3,.')

2,5 1,9 0,9 1,4 1, 8^2,4

*/*o« K.

5,3

7,7 8,o[8,7j6,6

6,0

4.3j.3,3 1,5 2,4 3,l

4,2

Dich dem neuerdings erschienenen, alle Gesnndheitsverhältnisse der Armee in erschöpfender Weise berücksichtigenden Bericht des Kriegs* ministerinms. Endlich befindet sich anf der Tafel noch ein kurzer dicker Strich in den Monaten Jannar und Februar, welcher die Rhenmarthritis-

10»

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frequenz der nur für diese Monate zar Vernichtnog der Armee des Generals Bonrbaki gebildeten Südarmee, unter dem Befehl der Generale T. Mantenffel und y. Werder, yeranschaulichen soll.

Tafel I.

Yerbältniss der Erkrankongen an akotem Gelenkrbenmatismns znr Garnison-Kopfstärke 1876—1886 anf 1000 Mann der Iststärke berechnet.

Verhältniss der Erkrankungen an inneren Krankheiten zu der

Eopfstärke der Garnison Hannover in den Jahren 1876—1886 auf 100 Mann der Iststärke berechnet.

Verhältniss der Erkrankungen an akotem Gelenkrheumatismus auf

1000 Mann der Iststärke berechnet.

Prozentrerhältniss der Erkrankungen an akutem Gelenkrheumatis- mus zu den Erkrankungsziffem an inneren Krankheiten im All- gemeinen auf 1000 Mann der Iststärke berechnet.

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5 7

6 5 4 3 2 1

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Unter Zugrundelegung des Kalenderjahres.

Auf die Kriegskurven komme ich später zurück; zunächst möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Friedensknrven lenken, welche eine

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Tafel II.

MonaU-ErkraDkangsziffern an akatem OelenkrhentnatiBmas im Durchtchnitt der 4 Jahre 1878 1882 für die Armee und 1875—1887 für Hannover auf 1000 Mann der Istatärke. (Berichtajahr vom 1. IV. 31. III.)

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Armee.

Hannover.

Armee-Feldzug 1870 1871. Süd-Armee 1870/71.

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ganz aofTallende Uebereinstimmang zeigen, und es ist dies um so be- merkenswerther, als diesen Kurven ein aosserordentlicb grosses statistisches Material za Grande liegt: der Armee-Karve 9599, beiden Kurven za> sammen also, nach Abzag der in jener bereits enthaltenen 140 Er- krankangen der Garnison Hannover in den Berichtsjahren 1878/82, 9880 Fälle.

Durch dieses ausserordentlich grosse statistische Material erhält die Uebereinstimmung beider Kurven eine um so höhere Bedeutung, als in den aus Zivil -Krankenhäusern und nach anderen statistischen Angaben veröffentlichten Zusammenstellangen eine ähnliche Uebereinstimmung durchaus nicht ersichtlich ist. (Vergl. Hirsch, Zur Statistik des akuten Gelenkrheumatismus. Wiesbaden 1885. S. 7 ff.)

In den zitirten Armee-Berichten ist das regelmässige Ansteigen der Erkrankungszablen von Januar bis März, bezw. April, in erster Linie auf die ungünstigen Witternngs Verhältnisse dieser Jahreszeit zurückgeführt, und Erkältung bei feucht kalter Luft als wesentlichstes ätiologisches Moment aufgestellt, was wohl den bisher am meisten unter uns ver- breiteten Anschauungen entspricht Nach den neuerdings über die Be- ziehungen zwischen akutem Gelenkrheumatismus und den meteorologischen Verhältnissen von Gabbett (On the seasons of the year and the preva- lence of acute Rbeumatisme. Lancet Octb. 1883, 20/27), Edlefsen (Zur Statistik und Aetiologie des akuteu Gelenkrheumatismus, VI. Kon- gress für innere Medizin 1885), Hirsch (I. c.) veröffentlichten Unter- suchungen wird man aber in dieser Form die Witternngsverhältnisse nicht mehr für die Entstehung des akuten Gelenkrheumatismus verant- wortlich machen dürfen, und bezüglich der Erkältung als ätiologischen Momentes ist der Standpunkt, welchen man heutigen Tages dieser Frage gegenüber einnehmen muss, durch Gerhardt (Deutsche Mediz. Wochen- schrift 1886, No. 33) und Immermann (D. M. W. 1886, No. 41) klar gelegt.

Was die meteorologischen Verhältnisse betrifft, so konnte Gabbett unter Benutzung eines statistischen Materials von 2000 Fällen einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Erkrankungen und feucht- kalter Witterung nicht konstatiren; er fand im Gegensatz zu unseren militärärztlicben Kurven die grösste Zahl der Erkrankungen in der Zeit vom Juni bis Januar, die kleinste in den Monaten Februar bis Mai.

Edlefsen fand, dass erhebliches Sinken der Niederschlagsmengen die Entstehung des akuten Gelenkrheumatismus begünstigt, Steigen der Niederschläge bei relativ hoher mittlerer Temperatur sie vermindert;

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weniger ist letzteres bei relativ niedriger Temperatnr der Fall, während die absolote Höhe der mittleren Temperatnr und die Temperatnr- Schwankongen für sich allein keinen wesentlichen Einflnss auf die Ent- stehung des akuten Geienkrheumatismus zu haben scheinen.

Hirsch hat für die Jahre 1876/84 die auf der Würzburger Klinik behandelten Fälle nach Monaten und Jahren zusammengestellt und zieht aus dem Vergleich mit den meteorologischen Beobachtungen das Resultat, dass der Höhe der monatlichen Niederschläge und der monatlichen mittleren Temperaturen die Rheumarthritisfrequenz umgekehrt proportional sei, dass man aber die Wirkung der meteorologischen Einflüsse immer erst nach mehreren Wochen wahrnehme. Auch für die Garnison Hannover hat Dr. Hirsch als damaliger Assistent auf der inneren Station des Lazareths die meteorologischen ßeohachtungen für die Jahre 1875/87 in Kurven dargestellt, es haben sich jedoch aus dem Ver- gleich mit den monatlichen Erkranknngszahlen keine für den zwölf- jährigen Cyklus allgemein gültigen Momente feststellen lassen; wohl aber konnte für einzelne Monate, welche erheblich von dem Mittel der Erkrankungszififern abwichen, wiederholt nachgewiesen werden, dass diesen Monaten solche vorausgegangeu waren, in denen bei relativ niedriger Temperatnr die Höhe der Niederschläge erheblich gesunken war und umgekehrt, was von einer Vermehrung bezw. Verminderung der Kranken- sahl gefolgt war.

Je mehr die Ansicht allgemeine Geltung gewinnt, dass der akuteGelenk- rbeumatiamns eine Infektionskrankheit ist, um so mehr wird man nach Edlefsen’s Vorgang den zwischen dieser Krankheit und der Boden- beschaffenheit, besonders den Grund wasser- Verhältnissen etwa bestehenden Beziehungen nachforschen müssen, und da ist bemerkenswert!!, dass solche Beziehungen für das letzte Jahr in Hannover wohl nachweisbar sind, während für die früheren Jahre die Grundwasscr - Beobachtungen zu unvollständig waren, als dass sie hätten verwerthet werden können. Dem Sinken des Gmndwassers im ersten Vierteljahr 1886 entsprach ein Ansteigen der Erkrankungszahl im Februar, und dem tiefsten Stande des Gmndwassers im März der höchste, das für Hannover berechnete Mittel um das Doppelte übersteigende Stand der Krankbeitsfrequenz im März und April mit je 10 Erkrankungen; mit dem Steigen des Gmndwassers sank die Zahl der Erkrankungen, ohne freilich in irgend einem Monat auf die Durchschnittszahl zurückzugehen, und nach dem abermaligen Sinken des Grnndwasserstandes in der zweiten Hälfte des Sommers wies der Oktober, dessen Mittelzahl 1,4 beträgt, 7 Erkrankungen auf, zu der-

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selben Zeit, als sich in der Garnison nach längerer Panse wieder Typhns und Scharlachfieber teigten, nnd in der Zivilbevölkernng die Scbarlach- epidemie ihren Höhepunkt erreichte.

Diese auf das letzte Jahr beschränkte Beobachtung würde mit den von Edlefsen (1. c. S. 339 ff.) gefundenen ätiologischen Beziehungen zwischen den Bodenverhältnissen und der Entstehnng des akuten Gelenk' rheumatismus öbereinstimmen, und so würde sich zum Theil die höchst auffallende Zunahme des. letzteren in der Garnison Hannover aus der er- heblichen Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit der Stadt erklären.

Was nun ferner die Erkältungen als häufigste Gelegenbeitsnrsache des akuten Gelenkrheumatismus betrifft, so ist wohl nie erwiesen, dass derselbe dadurch allein entstanden wäre, ohne dass andere, wichtigere Momente dabei mitgesprochen hätten, nnd ich stimme Immermann (1. c.) ganz bei, wenn er mit der Behauptung auf Zustimmung rechnen zu dürfen glaubt, dass abgesehen von anderen Uebeln auch allerlei schmerzhafte Affektionen des Bewegungsapparates , ferner manche Neur- algieen , ferner Lähmungen motorischer Nerven, namentlich des Facialis durch plötzliche Abkühlung des betreffenden Rörpertheils, vor Allem bei schwitzender und erhitzter Körperoberfläche wirklich entstehen können; man sollte aber nur dann von Erkältung reden, wenn wirklich ein solches Ereigniss in der Anamnese des Falles mit gröblicher Evidenz nach- gewiesen werden könnte, nicht aber in jedem ätiologisch unklaren Falle. Nicht selten kann man ja Erkältungen mit voller Bestimmtheit nach- weisen, aber sie bilden dann immer nur ein Glied in der Kette mehrerer Schädlichkeiten, wie dies Senator (v. Ziemssen's Handbuch XIII, I, S. 24) an treffenden Beispielen von 2 Knaben schildert, deren einer nach heftiger Prügelei, um nicht vom Lehrer bemerkt so werden, sich rasch in die übergegossene Dinte setzt, der andere auf dem Heimwege vom Turnen von einem Platzregen überrascht wird; Beide erkrankten am Tage nach der Erkältung nnd Dnrchnässung.

Ich hatte kürzlich einen jungen Theologen auf seine Dienstonbranch- barkeit zu untersuchen, bei dem ich eine Mitralinsuffizienz fand nnd auf näheres Nachforschen erfuhr, dass dieselbe von einem vor 4 Jahren überstandenen Gelenkrheumatismus herrührte, der unmittelbar nach einer anstrengenden Gebirgstour, auf welcher der junge Mann sich erhitzt im Walde in feuchtes Moos gelegt hatte, entstanden war. Beiläufig will ich erwähnen, dass der Mann mir noch sagte, er werde nie vergessen, wie schnell ihn ein Aderlass von seinen Herzbeschwerden befreit habe, gegen die vorher der Gebrauch von Eis und Digitalis völlig wirkungslos gewesen wäre.

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Im letzten Herbst erkrankte ein Soldat in der Weise, dass er am Schloss einer sehr anstrengenden Felddienstäbnng sich schnell an einer sumpfigen Stelle des Exerzirplatzes zur Uebnng des Zielens in liegender Haltung hatte zu Boden werfen müssen; am Nachmittag desselben Tages erkrankten zuerst die unmittelbar durchnässten und abgekühlten Gelenke.

Aehnlicbe Fälle werden Ihnen gewiss häufig genug vorgekommen sein, das Primäre ist aber dabei offenbar immer eine grosse körperliche Anstrengung, welche besonders auch an die Leistungsfähigkeit des Herzens und der Gelenke gesteigerte Anforderungen stellte; der Inhalt der Gelenke erleidet aber dabei nicht unerhebliche Veränderungen. Frerichs hat zncrst nacbgewiesen, dass nach starker Bewegung die Menge der Synovia abnimmt, während sie dabei zugleich dickflüssiger und reicher an mor- photiscben Bestandtfaeilen wird als in der Ruhe; In der Synovia eines anf die Weide getriebenen Ochsen fand Frerichs (Wagner’s Hand- wörterbuch der Physiologie III, S. 463. Kühne, Physiolog. Chemie S. 388. Vergl. Ziemssen's Handbuch, Senator I. c. S. 31) 94% Wasser, während diejenige eines Stallocbsen 96 enthielt; letztere hatte 0,2% Mncin, 1,5 Eiweiss, 1,0 Asche, erstere, bei gleichem Gehalt an Aschebestand- theilen 0,5% Mucic, 3,5 Eiweiss. Bei Körperbewegung nähert sich die Synovia in ihrem Eiweissgehalt also mehr und mehr dem Blutserum, von dem wir durch Bo mm 's Arbeiten wissen, dass es einen sehr guten Nährboden abgiebt für Mikrobien, welche der Polyarthritis sehr ähnliche Krankheitsznstände hervorzurufen 'vermögen, nämlich die Gonokokken. (Bnmm, Menschliches Blutserum als Nährboden für pathogene Mikro- organismen. Ferner: B. Der Mikroorganismus der gonorrhoischen

Scbleimhauterkrankongen. S. Baum garten, Jahresbericht I, 181, 11 84 ff.)

Mit dem physiologischen Befund nach körperlichen Anstrengungen hat der pathologische, durch Sektionen konstatirte (vergl. Senator 1. c. S. 40) insofern Aehnlichkeit, als die in den Gelenkhöhlen gefundene, alkalisch reagirende Flüssigkeit ebenfalls reich an Eiweissstoffen ist, und in neuester Zeit ist es ja Guttmann (Zur Aetiologie des akuten Gelenk- rheumatismus und seiner Komplikationen. Deutsche Medizin. Wochen- schrift 1886, 46) gelungen, in einem Falle von schwerer Polyarthritis, die mit fibrinös-eitriger Perikarditis und Abscessen in den Nieren und der Brustmusknlatur komplizirt war, nicht nur ans dem Perikardialexsndat, sondern auch aus dem serös-fibrinösen Gelenkinbalt den Staphylokokkus aureus in primärer Reinkultur zu züchten. Baumgarten macht in dem Referat über Guttmann’s Vortrag darauf aufmerksam, dass Leyden

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in der an den Vortrag sich anscbliesaenden Diekasaion bemerkt habe, dass auf seiner Klinik 'wiederholt bakterioskopiacbe Untersncbongen vorgenommen seien ohne entscbeidendes positives Resultat; Leyden möchte daher die Fälle, in denen wirklich pyogene Kokken gefunden sind, nicht zu den reinen Formen der Polyartbritis rheumatica acuta zählen, während Baumgarten der auch von Outtmann ausgesprochenen Ansicht ist, dass die phlogogenen Mikroorganismen nicht nothweudig in die Exsudate überzutreten brauchen, sondern in den Oelenkmembranen, in denen sie sich ansiedeln und vermehren, haften bleiben können.

Mit dem Nachweis pathogener Mikroorganismen im Gelenkinbalt bei akutem Gelenkrheumatismus ist es also ebenso gegangen, wie mit dem Nachweis der Gonokokken in gonorrhoisch infizirten Gelenken; erst nach langen vergeblichen Versuchen sind von verschiedenen Forschern Gonokokken in den Punktionsflüssigkeiten gefunden, und besonders be- richtete Löwenstein in der Diskussion, welche sich an den erwähnten Vortrag Gerhardt’s in der Berliner medizinischen Gesellschaft anschloss, dass in dem Inhalt eines 3 Wochen nach der primären Infektion ver- eiterten und deshalb resezirten Hüftgelenks massenhafte Gonokokken gefunden worden sind.

Die verschiedenen Untersnchnngsresnltate sind wohl in beiden Krankheiten bedingt durch den verschiedenen Grad der Infektion in Folge der bald grösseren, bald geringeren Menge und dementsprechend ver- schiedenen Entwickelung der pathogenen Mikroorganismen; ähnlich, wie experimentell von mehreren Forschern, Wyssokowitsch, Weicbsel- baum, Orth n. A., sowohl die verruköse, als auch die ulceröse Form der Endokarditis durch den Staphylokokkus aureus erzeugt ist, welcher aber nachher konstant nur bei der ulcerösen Form gefunden wurde; nach Fraenkel und Saenger muss das Nicbtvorbandensein in den Produkten der verrukösen Form auf ein Zugrnndegehen der infizirenden Mikrobien bezogen werden, deren Menge eben in dieser Form sehr gering sei.

Die Tbatsache, welche wir den erwähnten Untersuchungen ver- danken, ist diese, dass unter Umständen die Synovia eine zu der Ent- wickelung pathogener Organismen mehr oder weniger geeignete Nähr- flüssigkeit darstellt, von denen Staphylokokken und Gonokokken darin nachgewiesen sind; das klinische Bild, unter welchem dann die Krankheit verläuft, bängt von der Art und Menge, sowie von der Lokali- sation der Krankheitserreger ab; ausserdem sprechen dabei gewiss oft verschiedene Kombinationen von Mikroorganismen mit. Zunächst bat der Nachweis des Staphylokokkus aureus in polyarthritisch erkrankten Ge-

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lenken in Verbindnog init den erwähnten experinaentellen Arbeiten über Endokarditis grössere Klarheit in den bisher dankein Zasammenhang der beiden den akuten Oelenkrheamatismas haaptsächlich charakterisirenden Affektionen gebracht, and ferner wird es dadurch erklärlich, waram so bänfig Grelenkrbeamatismos im Anschluss an irgend welche Eiterungs- Torgänge auflritt Im Oarnisonlazareth habe ^ich 6 mal Oelenkrbeuma- tismus nach follikulärer Mandelentzüadung beobachtet, einmal nach abscedirender Parotitis, 4 mal nach Furunkeln in nächster Nähe der Hüft* und Kniegelenke, einmal nach bubo inguinalis, einmal nach akuter Bronchitis mit ungewöhnlich reichlichem schleimig* eitrigen Äuswurf, worin massenhafte Kokken Terschiedener Art, besonders auch Strepto- kokken nachgewiesen wurden. Die häufige Kombination des Gelenk- rhenmatismus mit follikulären Mandelentzündungen ist schon in früheren Jahren von verschiedenen Seiten hervorgehoben, besonders auch von englischen Aerzten ; Stewart und Fowler (Armee-Bericht 1881/82, 33) wollten sogar bei 80 <>/o aller Erkrankungen Amygdalitis gefunden haben, während sie nach Mittheiinngen aus dem Strassburger Garnisonlaiareth and meinen eigenen Beobachtungen etwa bei 12°/o der Fälle vorkommt und im letzten Jahre bei 5 o/a den Ausgangspunkt der Erkrankung bildete. Dass auch ohne Eiterungsprosesse die Mandeln die Einfallspforte für das pathogene Mikrobion im Gelenkrheumatismus bilden können, erscheint ganz erklärlich, seitdem wir aus Fraenkel’s Untersuchungen (Berliner Klin. Wochenschr. 1886, 17, 18) wissen, dass der Staphylokokkus aureus and albus nicht nur die Hauptmasse der bakteriellen Bestandtheile des tonsillaren Exsudates bilden, sondern auch als Bewohner des normalen Pharynxsekretes nachgewiesen sind. Wenn etwa von hier aus in den Organismus eingedrungene Mikrobien in ein Gelenk gelangen, so werden sie bei intakten örtlichen Verhältnissen, normalem Stoffwechsel, normalem Blut, normalen Girkulalionsverbältnissen entweder rasch daraus entfernt werden und weiterhin zu Grande gehen, oder sie mögen anch in einer Oelenkfalte liegen bleiben, ohne Schaden anzurichten, bis die örtlichen Verhältnisse einmal ihrer Entwicklung günstig sind. Hier würden dann alle diejenigen Momente in Wirksamkeit treten, welche im Stande sind, einmal die Konzentration der Synovia zu erhöhen, dann aber den Ab- fluss der konzentrirten Synovia zu verlangsamen und die Energie des Stoffwechsels auch in den die Kapsel umgebenden Gelenktbeilen herab- susetzen; zu ersteren gehören in erster Reihe körperliche Anstrengungen, SU letzteren Durcbnässungen und Erkältungen, weit häufiger sind aber wohl kleine Verletzungen, Stösse, Quetschungen n. dgl. verantwortlich

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zo machen, welche oft fast nnhemerkt bleiben. Die Krankheit würde dann nicht sowohl durch die Gegenwart der niederen Organismen be- dingt, als vielmehr das Resultat aus bestimmten pathologischen Ver- änderungen des Körpers und der Wirkung der auf dem kranken Boden wuchernden fremden Organismen sein.

Bei den militärischen Uebungen aller Truppengattungen werden die Beine am meisten angestrengt und gewiss auch am häufigsten gequetscht und gestossen, daher beginnt der Gelenkrheumatismus am häufigsten in den Gelenken der Untereztremitäten, Der Einfluss des verschiedenen Gebrauchs der Gelenke ist von älteren und neueren Forschern wiederholt betont, neuerdings wieder von Gerhardt, welcher (I, c.) öfters den ansnabmsweisen Beginn der Krankheit in den Gelenken der oberen Extremitäten auf vorwiegende Anstrengung gerade dieser Gelenke mit Sicherheit zurückfübren konnte.

Nach Lebert beginnen Vi aller Erkrankungen in den Gelenken der Untereztremitäten, nach Gerhardt’s Beobachtungen in Würzburg 73,5 o/o , nach den Kranken - Journalen des Garnison - Lazareths in Hannover sogar 76 o/g. Die Monatsknrven (S, 149) zeigen nun ihre Höbe im März und April, also in den Monaten, in welchen verhältnisa- mässig die grössten Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Gelenke gestellt werden, denn in den Monaten Februar bis April folgen rasch aufeinander die Besichtigungen der Rekruten, Kompagnien, Schwadronen n, s. w. Die dabei am meisten angestrengten Mannschaften des 1. Dienstjabres liefern auch stets das stärkste Kontingent zu den in Rede stehenden Erkrankungen, im letzten Jahre 1886/87: <59,7 o/o. Schon die ersten militärischen Uebungen des langsamen Schritts ermüden die betreffenden Gelenke in hohem Grade und können so heftige Schmerzen hervorrnfen, dass manche Rekruten laute Schmerzensänssernngen zu unter- drücken nicht im Stande sind; alltäglich erfahren wir ja dasselbe, wenn nach längerer Panse irgend welche gymnastischen Uebungen anfgenommen werden: danach schmerzen anfänglich nicht nur die Muskeln, sondern besonders auch die Gelenke. Mit der zunehmenden Uebnng steigert sich die Kraft der Gelenke, die Elastizität ihrer Bänder, so dass sie allmälig die daran gestellten höheren Anforderungen zu bewältigen vermögen, so lange relativ günstige Zirkulationsverbältnisse einen genügend raschen Abfluss der konzentrirten Synovia gewährleisten; wo dies aber nicht der Fall ist, wird es um so eher zu polyartbritischen Erkrankungen kommen können, wenn es sich um Leute handelt, welche früher bereits daran ge- litten haben, in deren Gelenken also wahrscheinlich Keime zurückgeblieben

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waren, deren Entwicklung unsere heutigen Heilmittel verhindert hatten, die aber nun bei günstigen örtlichen Verhältnissen von Neuem wuchern.

Im letzten Beobachtungsjahre handelte es sich in 24 °/o der Erkrankungen om Leute, welche kürzere oder längere Zeit vor der Einstellung an Polyarthritis acuta gelitten hatten, ein Prozentsatz, welcher in früheren Jahren nie erreicht ist und beweist, dass die Zunahme der Erkrankungs- zabl nicht etwa auf die Militärbevölkerung beschränkt ist, sondern sich in ähnlicher Weise auch in der Zivilbevölkerung geltend macht. Für die Mannschaften, welche schon früher an Gelenkrhenmatismns gelitten haben, würde nach Edlefsen’s Beobachtungen (1. c. S. 339 ff.) als weiteres schädliches Moment hinzukommen, dass sich in den meisten , Kasernen Wohnungen finden, in denen wiederholt derartige Erkrankungen vorgekommen sind, und auch die zunehmende Infektion des Bodens würde für die Garnison Hannover zu berücksichtigen sein.

Verfolgen wir die Monatsknrven weiter, so sehen wir mit dem Monat April einen Abfall eintreten bis zum September, und dem entspricht eine Periode verhältnissmässiger Ruhe nach Beendigung der Vorstellungen, während die späteren Debungen, besonders in den Manövern mit der ganz veränderten, stets Anregung und Abwechselung bietenden Lebensweise mehr den .Körper im Allgemeinen ermüden, als dass sie besonders hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Gelenke stellten. Mit der Einstellung der Rekruten beginnt dann die Mouatsknrve wieder zu steigen.

Für die auffallende Uebereinstimmung der beiden Friedensknrven glaube ich den Hauptgrund um so mehr in den eben geschilderten, aus der Gleichheit der Uehnngsperioden in der ganzen Armee resnltirenden Momenten suchen zu müssen, als die Kriegskurven gerade das entgegen- gesetzte Verhalten zeigen: die Armeekurve steigt vom Juli bis September, hält sich während des letzten Quartals 1870 ungefähr auf gleicher Höhe und beginnt mit dem Januar stetig zu sinken; ganz besonders bemerkens- werth erscheint mir aber die Kurve für die Südarraee, welche von 5,2 im Januar auf 2,9 im Februar fällt. Die gegenüber der Armeekurve hohe Erkrankungsziffer im Januar, die niedrige im Februar glaube ich auf die ganz ausserordentlichen, kaum je von einer anderen Armee unter gleich erschwerenden Umständen ansgefübrten Marschleistungen im Januar, auf die dadurch verursachten Ueberanstrengnngen und kleine unbeachtete Verletzungen der Gelenke zurückfübren zu müssen; denn die anderen Infektionskrankheiten nahmen im Februar nicht nur nicht ab, sondern ihre Zahl steigerte sich noch erheblich, von 10,5 °/o« im Januar

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anf 14,9 im Februar, während die gewöhnlich anf Erkältungen bezogenen Krankheiten der Athmnngsorgane zwar etwas abnahmen, aber keines- wegs in gleichem Maasse wie die Gelenkrheumatismen.

Bezüglich der einzelnen Rrankbeitserscheinnngen will ich nur statistisch erwähnen, dass bei 91 Kranken => 21,6 % Herz an der Erkrankung Theil nahm; im letzten Jahre war die Zahl etwas höher, nämlich 27,4 ‘/o, und ebenso war die Zahl derjenigen Leute etwas grösser, welche wegen zurückgebliebenen Herzfehlers entlassen werden mussten: 12 </• gegen 10,4 für den ganzen zwölQährigen Beobachtungscyklus.

Bemerkenswertb erscheint noch, dass im letzten Jahre bei 4 frischen ^ Fällen, in denen gleich nach der Aufnahme Endokarditis konstatirt wurde, diese als das erste Symptom der das Leiden cbarakterisirenden Trias angesprocben werden musste. Bezüglich des Fiebers ist mir in den letzten Jahren anfgefallen, dass die Zahl derjenigen Fälle in der Zu- nahme begriffen ist, in welchen dasselbe nur spurenweise anftritt oder auch ganz fehlt; die Oelenkaffektion verläuft in diesen Fällen von vorn- herein torpide, und es entwickelt sich gewöhnlich bald eine hochgradige und nur sehr langsam zu beseitigende Anämie. Immermann bat in dem erwähnten Vortrag auf derartige Krankheitsformen besonders aufmerksam gemacht und die Ansicht ausgesprochen, dass ihr Auftreten in den Handbüchern nicht genug gewürdigt sei; es scheint mir dies eben darin seinen Grund zu haben, dass diese Fälle erst neuerdings zahlreicher aufgetreten sind, und ich lasse dahingestellt, ob unsere heutige Therapie, welche die Entwickelung des Krankbeitskeimes verhindert, ohne ihn je- doch abzutödten, dabei von Einfluss ist, oder ob es sich um einen Wechsel des Krankheitsgenius handelt.

Bei zwei im letzten Jahre in dieser Form Erkrankten entwickelten sich schon in der 3.-4. Krankheitswoche psychische Störungen in Form hochgradiger Melancholie, die in einem Fall zu hartnäckiger Nahrungs- verweigerung führte und von mir im Wesentlichen anf die ganz extreme Anämie bezogen wurde. Der von Tüngel iu den Schmerzen und der Schlaflosigkeit gesuchte Grund zu geistigen Störungen konnte höchstens im Beginn der Erkrankungen als begünstigendes Moment angesprocben werden, denn die überhaupt nur mässigen Schmerzen waren schon nach den ersten Tagen fast ganz geschwunden, ebenso die Schlaflosigkeit, aber die starke Schwellung besonders der Fuss-, Hand- und Fingergelenke blieb in beiden Fällen Monate lang bestehen, und noch weit länger zeigte die Haut ein wachsartig bleiches Aussehen.

Trotz oft sehr bedrohlicher Erscheinungen verliefen die Erkrankungen

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des letzten Jahres bei Anwendnng der gewöhnlichen Mittel: Rnhigstellnng der Gelenke, Salizyl-Priparaten , Antipyrin, dann Bädern, geeigneter Gymnastik und Massage, alle günstig; von sämmtlichen 421 Kranken ilarben 3 = 0,7 “/o.

Fasse ich knri das Endergebniss der im Vorhergehenden nieder* gelegten Erfahrungen zusammen, so geht daraus hervor, dass

1) Die für die Armee festgestellte Thatsache der Zunahme der Erkrankungen an Gelenkrheumatismus für die Garnison Hannover in besonders hohem Maasse zutrifft.

2) Die zunehmende Zahl der Erkrankungen bei Leuten, welche vor der Einstellung schon an Gelenkrheumatismus gelitten haben liefert den Beweis, dass die steigende Rhenmartbritisfreqnenz in der Armee in erster Linie auf die in der ganzen Bevölkerung sich mehrende Erkrankungszahl zurückzuführen ist.

3) Der akute Gelenkrheumatismus ist eine Infektionskrankheit: für die Entwickelung seiner Krankheitskeime, von denen bisher Gnttmann den Staphylococcns aureus nachgewiesen hat, ist für die Garnison Hannover die zunehmende Infektion des Bodens und im letzten Jahre (1886) besonders der wiederholt abnorm niedrige Grundwasserstand von wesentlichster Bedeutung; während

4) als weiteres ätiologisches Moment (Edlefsen) für die ad 2 er* wähnten Erkrankungen zu berücksichtigen ist, dass in der weit- aus grössten Zahl unserer Kasernen Fälle von Gelenkrheumatismus früher vorgekommen sind.

5) Allgemein gütige Beziehungen zwischen der Erkrankungszahl und den Witterungsverhältnissen haben sich io der Garnison Hannover nicht nach weisen lassen; nur in einzelnen Monaten, welche eine ungewöhnlich hohe oder niedrige Krankheitsfreqnenz zeigten, konnten solche im Sinne Edlefsen’s und Hirsch's konstatirt werden.

6) Die auffallende Uebereinstimmung der monatlichen Friedenskurven für die Armee und die Garnison Hannover deutet darauf hin, dass derselben die gleiche Ursache zu Grunde liegt, welche ich in der Gleichheit der Uebungsperioden suche; von entscheidender Bedeutung scheint hier der Gebrauch und die damit verbundenen kleinen, gewöhnlich unbeachtet bleibenden Verletzungen der Gelenke so sein, was durch die ganz besonders hohe Ziffer der zuerst befallenen Gelenke der Unterextremitätea (76 °/a) bestätigt wird.

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Nachdem festgeatellt ist, dass die in steter Zunahme begriffenen Erkrankungen an Gelenkrheumatismus eine Gefahr für die Schlagfertigkeit unserer Armee einschliessen, wird es unsere nächste Aufgabe sein müssen, dieser Gefahr vorzubeugen, zunächst durch Zurückstellung solcher Rekruten, welche auf Grund eines Physikatsattestes nachweisen, dass sie in den letzten Jahren wiederholt an Gelenkrheumatismus gelitten haben, wenn auch keine anatomischen Veränderungen davon an den Gelenken zurückgeblieben sind. Ferner würde es sich empfehlen, diejenigen Rekruten, bei welchen sich schon im Beginn der Ausbildnngsperiode heftigere Oelenkschmerzen zeigen, einer besonderen ärztlichen Eontrole zu unterstellen, ohne sie dabei dem Dienste zu entziehen, nnd Maass* regeln zur Kräftigung ihrer Gelenke anzuordnen, wie spirituöse Waschungen, aktiv-passive Gymnastik mit zweckentsprechender Massage. Leute, welche eine Erkrankung an Gelenkrheumatismus überstanden, müssten bei günstigen häuslichen Verhältnissen vor der Aufnahme des Dienstes längere Zeit beurlaubt und später nicht in den früheren Quartieren, sondern io anderen, bisher von derartigen Erkrankungen freien Räumen einquartiert werden. Endlich würde es sich empfehlen, Leute, welche mehr als zwei Erkrankungen im Laufe eines Jahres dnrch- gemacht, auch ohne nachweisbare anatomische Veränderungen an den Gelenken ala zeitig unbrauchbar zu entlassen.

II.

üeber Antifebrin.

Ich erwähnte schon gelegentlich der Besprechung des Einflusses der Bodenbescbaffenbeit auf die Erkrankungszabl an Rheumatismen, dass sich im Sommer 1886 gleichzeitig mit dem abnormen Sinken des Grund- Wasserstandes nach längerer Panse wieder Erkrankungen an Unterleibs- typhus in der Garnison Hannover zeigten. Gleich die ersten Fälle ver- liefen unter sehr schweren Erscheinungen, und die bald erfolgende Erkrankung von vier l.>azarethgehülfeu, welche ausschliesslich mit der Pflege der Typhen betraut gewesen waren, lieferte den Beweis, dass es sich um ein ungewöhnlich infektiöses Krankheitsvirus handelte; ich verliess daher die 'bislang von mir angewandte Therapie, welche gani den von Fraentzel (Deutsche Militärärztliche Zeitschrift XV, S. 117 ff.) vertretenen Grundsätzen entsprach, und wandte gleich nach den ersten, so sehr günstig lautenden Veröffentlichungen von Cahn nnd Hepp das Antifebrin an, und zwar ausnahmslos mit so guten Erfolgen, dass ich es

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dann auch bei allen möglichen anderen Krankheiten erprobte. Im Gaoaen habe ich es angewandt bei 79 Patienten, von denen litten an

1) Masern 4

2) Scharlachfieber 14

3) Unterleibstyphus 12

4) Lnngenentzöndnng 32

5) Bnutfellentzöndung 2

6) Akut. Bronchialkatarrh 7

7) Tnherknlose der Langen 2

8) Drüsen 1

9) Aknt Oelenkrhenmatismus 5

10) Perityphlitis 1

11) Nenralg. N. supraorbiu . . . . . . . 1

. Zusammen 79

Die Wirkungen des Anlifebrin waren bezüglich der Herabsetzung der erhöhten Körperwärme in allen Fällen dieselben, im Uebrigen waren sie aber bei den verschiedenen Krankheiten sehr verschieden; am glänzendsten bewährte eich das Mittel bei den Typhen, hier stimmten meine Beobachtnogen mit den von Cabn und Hepp (Berl. Klinische Wocbenschr. 1887, No. 1 und 2) sowie von Faust (Deutsche Medizinische Wochenschr. 1887, No. 16, 17) veröffentlichten Erfahrungen ungefähr überein, während ich bei anderen Krankheiten, besonders bei denjenigen der Atbmongsorgane weniger gute, zum Theil sogar schlechte Erfolge von dem Mittel sah.

Die chemischen Eigenschaften des Antifebrin sind in den erwähnten Arbeiten ausführlich klar gelegt; nach seiner Zusammensetzung war nun zwar ein einleuchtender Orund für eine vortheilhaftere Wirkung gegen- über dem Antipyrin nicht vorhanden, aber nach der vielfach gemachten Erfahrung des ungünstigen Einflusses des letzteren auf die Verdaunngs- organe, welche sich mir noch kurz vor Anwendung des Antifebrin bei einem schweren Typhus bestätigte, Hess mir gerade die Beobachtung, dass Antifebrin auf die Verdauungsorgane ohne Wirkung sei, dasselbe im Typhus besonders empfehleoswerth erscheinen, um so mehr, als ihm auch die von Fraentzel mit Recht (1. c. S. 123) hervorgehobene üble Wirkung anderer Antipyretica auf den Puls zu fehlen schien. Die ausnahmslos bei allen Typben beobachteten Wirkungen waren folgende:

1) Das Allgemeinbefinden hob sich in ganz auffallender Weise; ja bei frischen Fällen, in denen das Mittel gleich vom Beginn der Aufnahme gegeben werden konnte, blieb es während des ganzen Verlaufes so günstig,

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dan«, wie auch mehrfach yon Kollegen dnrch den Angenschein bestätigt wurde, den Kranken die schwere Krankheit trotz wochenlanger Morgen* temperaturen von 39—40,5° nicht anzusehen war. 2) Das Sensorinm blieb frei, die Kopfschmerzen schwanden, was für manche Kranke, besonders zwei sehr schwer erkrankte Lszarethgehülfen von so grosser Krleichterung war, dass sie selbst immer wieder um das Mittel baten. 3) Bin anderer Grund, warum dies öfters geschah, war dieser, dass es fast stets ruhigen Schlaf machte, und zwar nicht nur in der Zeit der febris continua, sondern auch später, als des Fiebers wegen seine Darreichung gar nicht mehr nöthig gewesen wäre. 4) Die Temperatur wurde stets nach halben oder ganzen Grammdosen auf oder unter die Norm herabgesetzt, und zwar erreichte sie den tiefsten Stand erst allmälig nach 3—5 Stunden, um dann in der Regel etwas schneller auf die frühere Höhe, mitunter auch noch darüber hinaus zu steigen. 5) Mit ganz seltenen Ausnahmen ging korrespondirend mit der Temperatur die Puls- frequenz herab, zugleich hob sich die Spannung des Arterienrohrs. 6) Das Anstrocknen und Rissigwerden der Schleimhäute der Mundhöhle, der Zunge und Lippen blieb aus. 7) Auf den lokalen Krankheitsprozess batte das Ahtifebrin keinen direkten Einfluss, andererseits fehlten alle üblen Nebenwirkungen auf die Verdauungsorgane. 8) Einen Einfluss auf die Nieren habe ich nicht beobachtet. 9) Die oft ziemlich starke Schweiss- entwickelnng und die geringe Cyanose waren bei den Typhen nie lästig. Kollapserscheinungen sind in keinem Fall eingetreten.

Unter den geschilderten Wirkungen des Antifebrin hebe ich diejenige auf den Puls, und den Mangel einer solchen auf die Yerdauungsorgane ganz besonders hervor; leider habe ich die erstere nicht dnrch sphygmographische Kurven veranschaulichen können, aber die sowohl auf der inneren, als auch auf der äusseren Station, wo Stabsarzt Dr. Richter das Mittel in mehreren Fällen von Erysipelas anwandte, sorgfältig geführten Temperatur* und Pnlskurven haben übereinstimmend mit den Kurven von Cahn, Hepp und Faust, entgegen den Behauptungen Fränkel's (Deutsche Med. Wochenschr. 1886, No. 43, 44), bewiesen, dass der günstige Einfluss des Mittels auf den Puls von hoher Bedeutung ist. Den eben erwähnten Momenten messe ich auch hauptsächlich die auf- fallende Hebung des Allgemeinbefindens bei, welche ich bei Aufzählung meiner Beobachtungen an die Spitze gestellt habe, weil sie als erster sichtbarer Erfolg imponirt und für den ganzen Krankheitsverlanf das Wichtigste bleibt.

Was die Anwendung des Mittels betrifft, so ist zunächst zu

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beröckeichtigeo, wie Cahn und Hepp schon angegeben haben, dass die Wirkung individuell sehr verschieden ist; ich habe ferner beobachtet, dass vrenn das Antifebrin sich von vornherein anhaltend und intensiv wirksam erwies, der ganze Krankheitsverlauf ein leichterer war, so dass es zugleich einen Maassstab für den Grad der 'Infektion abgab. Im Beginn der Erkrankungen waren kleine Gaben von 0,25 stets unwirksam, io der Regel mussten Grammdosen gegeben werden; der Versuch, durch wiederholt gereichte halbe Grammdosen, bis zu 3,0 in 12 Stunden, die Temperatur dauernd niedrig zu erhalten, batte nicht den erwünschten Erfolg: die Wirkung auf Temperatur und Puls war eine sehr unvollkommene, es trat stärkere Cyanose auf, nnd auch das Sensorinm blieb benommen, so dass ich bald zu den grösseren, 1 2 Mal in 24 Stunden gereichten Orammdosen zurückkebrte. Das Gesammtverfahren bestand darin, dass bei Morgen temperatnren über 39,0° zuerst ein Bad von 26° gegeben nnd so weit abgeküblt wurde, bis die Temperatur unter 38° sank; sobald sie dann wieder über 39° gestiegen war, wurde 1,0 Antifebrin gegeben, nnd diese Dosis musste in der Regel Nachmittags zwischen 4 nnd 6 Uhr wiederholt werden; erreichte die Morgentemperatnr nicht 39°, so wurde das Bad weggelassen nnd nur morgens nnd abends 0,5 1,0 Antifebrin gegeben. Die Wirkung dieses Verfahrens war wie erwähnt eine ausnahms- los günstige, nnd den besten Beweis für den auch dem Laien imponirenden Erfolg hatte ich darin, dass die vier bei der Pflege erkrankten Lazareth- gehülfen dasselbe mit ganz unerschütterlichem Vertrauen bei sich selbst angewandt wünschten. Das Pulver wurde entweder in Portwein gereicht, oder in Oblate, nnd dann wurde Portwein nachgetrunken.

Wenn ich hiermit im Wesentlichen auch nichts Neues biete, sondern nur die Beobachtungen von Cahn, Hepp, Faust u. A. bestätige, so erscheint mir doch wegen des immer von Neuem ausbrecbenden Kampfes für die ELsdtwasserbehandlung als einziges Heil im Typhus die Ver- öffentlichung der Erfolge unseres Verfahrens um so mehr angebracht, als wir darin für den Fall eines Krieges ein vortreffliches Hülfsmittel haben werden. Im Garnison-Lazareth zu Hannover ist in früheren Jahren die Brandt'sche Methode genau nach dessen Vorschrift mit wechselndem Erfolge angewandt, aber auch in günstig verlaufenen Fällen habeich nie eio Krankheitsbild gesehen, wie hei dem oben geschilderten Heilverfahren, durch welches das Allgemeinbefinden in einer Weise gehoben wird, dass man kanm je den Eindruck bekommt, einen schwer Kranken vor sich zu haben. Selbst wenn die Kaltwasserbehandlung des Typhus allgemein als die beste anerkannt wäre, so würde uns dies meines Erachtens nicht

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der Pflicht überhebeo, auch andere als gut erprobte Heilmethoden in den Garnison -Lazaretben durch« die Erfahrung am Krankenbett kennen so lernen, da wir im Kriege ja nur ganz ausnahmsweise in der Lage sind, eine methodische Kaltwasserbehandlung anwenden zu können.

Bei Masern und Scharlach, auch bei Erysipel (vergl. S. 162) wirkte das Antifebrin nicht minder günstig, und ich darf erwähnen, dass ich von den Kollegen, welche es auf meine Empfehlung in der während des vorigen Winters in Hannover herrschenden Scbarlachepidemie bei Kindern in ausgedehnterer Weise anznwenden Gelegenheit hatten, gehört habe, dass sie mit der Wirkung nur zufrieden sein konnten.

Weniger guten Erfolg hatte ich bei akuten Gelenkrheumatismen und konnte namentlich einen ähnlich günstigen Einfluss, wie wir ihn den Salizylpräparaten und dem Antipyrin verdanken, nicht wahrnehmen.

Ungünstig waren meine Erfahrungen bei Longenkrankheiten, sowohl Lungen* und Brustfellentzündungen, als auch tuberkulösen Leiden. Besonders bei Pnenmonieen blich die Wirkung aui Herz und Arterien- rohr aus, die bei Typhen bedeutungslose Cyanose machte sich oft in fataler Weise bemerkbar, während das Sensorium in manchen Fällen benommen, der Schlaf unruhiger wurde, was Alles darauf hindeutet, dass die schon durch das Lungenleiden an sich erheblich behinderte Befreiung des Blutes von Kohlensäure hier durch das Antifebrin noch weiter ungünstig beeinflusst wird, wShrend die Wirkung auf die Temperatur nicht ansbleibt. Bei tuberkulösen Leiden sowohl der Lungen als der Drüsen trat die schwcisslreibende Wirkung in störender Weise zu Tage, sobald nur einigermaassen erfolgreiche Dosen gereicht worden.

Ganz besondere erfolgrei ch erwies sich das Antifebrin auch in dem einen Fall von Sopraorbitalneuralgie; während ich es also hier, ferner bei den akuten Infektionskrankheiten, in erster Linie bei dem Unterleibs- typhus unbedingt empfehlen würde, halte ich bei seiner Anwendung in Lungenkrankheiten grosse Vorsicht für geboten.

Braunsebweig, im November 1887.

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Die neue Infektionskrankheit Weil’s in der Armee.

Von

Stabsarzt Dr. HUeber in Ulm.

Profeaaor Dr. A. Weil (Heidelberg Dorpat) hat 1886 im 39. Band dea ,Dent8cben Archivs für klinische Mediiin** über „eine eigentbümliche, mit Milztnmor, Ikterns and Nephritis einhergehende aknte Infektions- krankheit“ eingehend berichtet, eine Krankheit, welche ganz auffallend von dem klinischen Bilde der bekannten Infektionskrankheiten abwich, völlig eigenartig verlief and bisher noch nicht geschildert warde, allem Anscheine nach ein morhos sai generis, eine neue Infektionskrankheit!

Weil hofft von seiner Veröffentlichung, dass dieselbe za weiteren Forschungen nnd Mittheilnngen den Anstoss geben möchte.

Zwei der Weil'schen Fälle waren von Friedreich heohachtet (Sommer 1870), zwei von ihm selbst (1882) als Leiter der medizinischen Klinik zu Heidelberg.

1) Kaufmann £., 23 Jahre alt, schon früher an Gelenkrheumatismus und lleotyphus behandelt, erkrankte am 18. 6. 1870 mit Leibweh, Durchfall, grosse^ Müdigkeit, heftigen Glieder- und Mnskelschmerzen, Appetitlosigkeit, Durst und am folgenden Tage hinzutretender gelblicher Färbung von Haut und Augen. 20. 6.: Hobes Fieber, starker Ikterus; vergrösserte druckempfindliche Leber, vergrösserte Milz. 21. 6.: Kopf- schmerz; Erbrechen; dunkler eiweissreicher Harn. 22. 6.: Gefärbter Stuhl bei Zunahme des Ikterus, weissbelegte Zunge. 24. 6. (6. Tag): Abfall des Fiebers, Zurückgeben sämmtlicber genannter Krankheits- erscbeinungen. Am 26. 6.: Neuerdings Fieber mit Erbrechen n. s. w., bis 2. Juli. Ungestörte Rekonvaleszenz bei ungewöhnlichem Hunger- gefühl. — 20. 7.; Geheilt entlassen.

2) Kellner M., 22 Jahre alt, bisher stets gesund, erkrankte plötzlich am 8. 7. 1670 mit Schmerzen auf der Brust, im Kreuz, in der Muskulatur der Schenkel und Waden. Appetitmangel, Durst, intensives Krankheits- gefühl, heftiger Schwindel, dünner Stuhl. Am 11. 7. (4. Tag): Auf- nahme in die Klinik: Temperatur 39, 0** ; Puls 112, Zunge belegt; Glieder auf Druck empfindlich. 12. 7: Leichter Ikterus: eingenommener Kopf; Delirien; trockene Zunge, vergrösserte druckempfindliche Leber; trüber, eiweisshaltiger Harn. 13. und 14. 7. : Zunahme der Gelbsucht und der

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geoannten Symptome; Deliriea cur Nacbueit; vergrösserte Milc; trockene Zunge; Erbrechen; Ausleerungen zum TheiL konsistent und gallig. 15. und 16. 7.: Leichtes Fieber, fleckige Rothe am Rumpf und im Gesicht.

17. bis 22. 7.: Fieberfrei; objektives und subjektives Wohlbefinden.

22. bis 26. 7.: (16. bis 19. Tag) wieder allmäliges staffelformiges Ansteigen des Fiebers, jedoch ohne besondere subjektive Beschwerden.

Bei der Entlassung (4. 8. 29. Tag) noch Sporen von Ikterus bei auffallend schlechtem, blassem Aussehen und bedeutender Abmagerung.

3) Dr. Fr., 23 Jahre alt, io letzter Zeit an Magen- Darmkatarrh gelitten und geistig überarbeitet, erkrankte am 8. 6. 1882 mit Fieber, starkem Kopfweb, Schwindel, Appetitlosigkeit, Erbrechen, unruhigem Schlaf und Durchfall. Am 10. *6. 1882 in die Klinik aufgenommen: Klagen über starke Hinfälligkeit, Schwäche und Schwindel; leichte Gelbsucht, vergrösserte, druckempfindliche Leber, vergrösserte Müs; belegte Zunge; Temperatur 40,0°; trüber eiweissreicher Harn. 11. 6.; Delirien des Nachts; Zunahme des Ikterus. 14. 6.; Rückgang der Leberscbwellung und Albuminurie. 15. 6.; Kopf frei; Wohlbefinden; fieberfrei. Vom 18. bis 23. Krankheitstage wieder Fieberbewegongen, ohne sonstige Krankheitserscbeinungen. Wegen Iridocyclitis verlegt.

4) Soldat W., 23 Jahre alt, erkrankte am 8. 7. 1882 plötzlich mit

Frieren, Kopfschmerz, Schwindel, Abgescblagenbeit, Appetitlosigkeit, Durchfall. Tags darauf Eintritt in die Klinik; Temperatur 39,7°, Puls 104; Zunge belegt, Leib aufgetrieben, Müz vergrössert, Urin trübe und eiweissreich, enthält hyaline und epitheliale Cylinder und rotbe und weisse Blutkörperchen. 12. 7.: Angehaltener Stuhl, unruhiger Schlaf, leichter Ikterus, sehr grosse Milzdämpfung. 13. 7.: Zunahme von Ikterus und Albuminurie, andauernder Kopfschmerz und Schwindel, kein Stuhlgang, mittleres abendliches Fieber. 14. 7.; Roseolaflecke;

Temperatur M. 37,8 A. 39,2°. Vom 15. 7. ab (8. Tag) rasche Ab- nahme sämmtlicber Erscheinungen; vom 17. 7. ab (10. Tag) dauernd fieberfrei. 20. 7.; Verschwinden des Ikterus. Entlassen am

20. September.

Ich füge hinzu Weil's eigene Rekapitulation in gekürztem Auszug;

,In diesen 4 übereinstimmenden Fällen bandelt es sich um akut fieberhafte, mit schweren, nervösen Erscheinungen, ausser- dem mit Schwellung der Milz und Leber, Ikterus, nephritiscben Symptomen einhergehende Erkrankungen, die aber nach ver- bältnissmässig kurzer Dauer des schweren Krankbeitsbil des einen raschen günstigen Verlauf nahmen. Aetiologie fehlt, die

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Kranken standen im kräftigsten Mannesalter und erkrankten sämmtlich in der heissen Jahreszeit Der Beginn der Krankheit war ein plötzlicher, ohne Prodromi; Fieber, Appetitlosigkeit, Durst, äusserste Mattigkeit uod Abgescblagenbeit, Schmerzen in Rücken und Gliedmaassen, Kopfschmerz, Schwindel, Neigung zu Somnolenz, schlechter Schlaf, meist schmerzlose Durchfälle. Weiterhin (3. bis 5. Tag) ausser hohem Fieber, grosser Hinfälligkeit und sehr entwickelten Cerebralerscbeinnngen: Ikterns, schmerzhafte Leberschwellnng, Milzvergrössernng, Zeichen einer Nephritis acuta, Störungen seitens des Digestionsapparats. Am 5. bis 8. Tage; Wendung zum Bessern unter allmäligem Fieberabfall; Schwinden des Ikterns u. s. w. Dann meist Störung der Apyrexie durch erneutes Fieber von 5 bis 6 tägiger Dauer, bei sonst verhältnissmässig objektivem wie subjektivem Wohlbefinden. Weiterhin langsame Rekonvaleszenz, trotz der im Ganzen kurzen Dauer der fieberhaften Erkrankung; allmälige Erholung der in Kräftezustand und Ernährung stark hernntergekommenen Kranken.“

Goldschmidt (Nürnberg) berichtet im Deutschen Archiv f. Kl. M. 40. Band Seite 238 ff. über einen am 13. 11. 1883 ins Krankenhaus trans- ferirten 34jährigen Taglöbner, der vor 5 Tagen bei der Arbeit plötzlich bewusstlos und im Anschluss hieran schwer krank wurde. Hauptklagen Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen, Appetitmangel, Durchfall, Erbrechen. Bei der Aufnahme: Fieber, beschleunigter Puls, belegte, trockene Zunge, ausgesprochene Gelbsucht; vergrösserte, druckempfindliche Leber. Weiterhin starke Milzschwellung, Drnckempfindlichkeit der Nierengegend, Erbrechen, ungefärbter Stuhl, spärlicher eiweisshaltiger Urin (der mit Kurzstäbcben dicht besetzte Cylinder zeigte). Am 10. Tage der Erkrankung; Abfall des Fiebers, wieder gefärbter Stuhlgang u. s. w., jedoch noch Fortbestehen des Ikterus. Vom 22. bis 30. 11. Rezidiv: hohes Fieber mit tiefen Morgenremissionen bei sonst befriedigendem subjektivem wie objektivem Befinden. Sehr langsame Rekonvaleszenz unter sehr verzögertem Schwinden der ikterischen Verfärbung.

Eine hiermit übereinstimmende Krankheitsschilderung gab Aufrecht (Magdeburg) unter der Bezeichnung „Acute Parenchymatöse“ Seite 619 ff. des 40. Bandes genannten Archivs. Der erstere seiner beiden Fälle, ein 33jähriger phthisischer Arbeiter, erkrankte am 22. Tage seines Lazarethaufentbaltes (Dezember) plötzlich mit hohem Fieber (wozu sich nach 3 Tagen Ikterns nebst Albuminurie gesellte) und starb am 11. Tage unter Hinzntritt von Erbrechen, Somnolenz und Anurie. Die Sektion ergab ausser dem phtbisischen Lungenbefund; vergrösserte Milz, schlaffe, trübe, hämorrhagische Nieren und eine kleine, schlaffe, blasse Leber.

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Oer 2. Fall Aufrecht's betraf eioen bis dahin völlig gesnnden, 46 Jahre alten, den besseren Ständen angehörigen Mann, der mit den Erscheionngen eines „aknten Magenkatarrhs*^ (Febrnar 1877) erkrankte, wosn sich am 4. Tage leichter ,Ikterns“ gesellte; bei grosser Hinfälligkeit nnd Absonderung eines äusserst spärlichen, eiweissreichen Urins erfolgte der Tod unter urämischen Konvalsionen am 7. Tage der Krankheit. Die Sektion ergab fettiggelb aassehende Herzmuskulatur; vergrösserte, trübgelbe Leber und geschwollene, trübe, blassgelbe Nieren, welche beiden letzteren bei der mikroskopischen Untersuchung (statt die vermutheten Fetttropfen zu zeigen) vollständig mit gleicbmässig grossen dunklen Körnchen (Mikrokokken) durchsetzt waren. Weil diese Erkrankung gleichzeitig die lebenswichtigsten parenchymatösen Organe (Leber, Nieren, Herzmuskel) befiel, nannte sie Aufrecht „acute Parenchymatöse“.

Seite 621 ff. des gleichen Bandes beschreibt im Anschluss hieran E. Wagner (Leipzig) zwei weitere Fälle von „fieberhaftem Ikterus (Weil)“, welche im Jahre 1886 binnen 3 Tagen seinem Spital zugingen, ohne vor der Aufnahme ins Krankenhaus in irgend welcher Verbindung gestanden zu haben. Beide hatten hohes Fieher, mässigen Ikterus und heftige Muskelschmerzen, besonders in den Waden. Der eine derselben zeigte überdies Albuminurie, Herpes labialis und Nasenbluten.

Der 1. Fall Wagner's (ein 20jähriger Barbier) erkrankte plbtzlich (September 1886) beim Aufwachen mit mässigem Frost und folgendem Schweisse, mit Kopfschmerz, Schwindel und Appetitlosigkeit; weiterhin zeigten sich grosse Schwäche, Schlaflosigkeit, stetes Scbwindelgefuhl und Stahlverstopfung, wozu sich am 3. Tage unter hohem Fieber (.39,6°) nnd beschleunigtem Puls (136) leichter Ikterus gesellte, bei schwach vergrösserter Milz und Drnckempfindlicbkeit der Extremitäten, besonders der Beine; Husten mit Auswurf; Harn nicht ikterisch, ohne Eiweiss. Unter Abfall der hohen Temperatur besserte sich das Allgemeinbefinden, schliesslich auch die auffallend starke Muskelschwäche, so dass Patient 19 Tage nach Beginn der Krankheit als geheilt entlassen werden konnte.

Der 2. Fall Wagner's betraf einen 23jährigen Postboten, der (September) nach einem Nachtdienst (wobei er eine Zeitlang auf Fellen geschlafen hatte) plötzlich mit „Kopfschmerz, starkem Schwindel nnd heftigen Schmerzen in den Beinen* erkrankte. Am 3. Tage leichter Ikterus, Herpes labialis, reissende Wadenschmerzen, völlige Appetitlosigkeit und Albuminurie bei hohem Fieber (über 40,0°) nnd sehr beschleunigtem Puls (134); weiterhin Zunahme des Ikterus, Nasenbluten und schleimige gallenarme Stühle. Entlassung 16 Tage nach Beginn der Krankheit.

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Diese etwas weite Einleitang (resp. diesen Litteraturausweis) halte kh nicht allein deshalb für erforderlich, weil bei dem heutigen reichen Markt an Novitäten die betreffenden Mittheilnngen sich der Kenntniss oder Erinnerung des Einielnen mehr oder weniger enttogen haben dürften, sondern besonders auch wegen der hierdurch ermöglichten Vergleichung der einzelnen Krankheitsbilder genannter Autoren mit den von mir im Sommer 1887 zu Ulm beobachteten 4 ähnlichen Fällen. Was bei diesen Kranken zuerst meine Aufmerksamkeit erregte, war, aufrichtig gesagt, keineswegs die Suche nach Neuem, sondern zunächst die Ver- legenheit, die zu beschreibenden Fälle in unserer militärärztlichen Erankheitsübersicht nnterznbringen, da sie ebensowenig unter No. 10 (Gastrisches Fieber), als unter No. 95 (Katarrhalische Gelbsucht) passten, denn der gewöhnliche Ikterus verläuft ja fast nie mit hohem Fieber, Pnlsbescbleunigung, zeigt überdies den hier fehlenden schwarzgrünen Drin u. s. w. Weiterhin erschien der Ikterus hier erst am 3. bis 7. Tage der Erkrankung, konnte also nicht das ursächliche Krankheitsmoment bilden, sondern musste lediglich als Begleiterscheinung einer schweren Allgemeinerkrankung anfgefasst werden, so dass sich sogar der Gedanke au haematogenen Ikterus, an Blutdissolution anfdrängte, eine Deutung, die schon der verstorbene Niemeyer (8. Äufl. I, 682) dem Gallenfieber, biliösen Typhoid der früheren Autoren, gab. Leider weist nun die exakte klinische Beobachtung meiner Kranken manche Lücken auf, allein diese Fälle waren eben nicht von Anfang an zur Veröffentlichung bestimmt, der erste Fall betraf mich bloss in meiner Eigenschaft als Truppenarzt, und die drei weiteren fielen in eine Periode des hohen Krankenstandes und in eine Zeit, wo sämmtliche Hölfsärzte der Garnison in den Herbstübungen ausmarscbirt waren, und ich selbst, ausser meiner bisherigen Station, noch die Abtheilung der innerlich Kranken für den abwesenden Ordinarius mit zu versehen hatte. Dies zur Entgegnung auf berechtigte kritische Bemängelungen klinischer Unterlassungssünden. Trotzdem glaube ich so viele verlässige Daten gesammelt zu haben, um nicht nur einen Vergleich meiner Fälle mit den oben angeführten er- möglichen, sondern auch um den Kollegen ein nicht zu verkennendes Bild dieser neuen Krankheit entwerfen zu können, falls dieselbe an 'anderen Orten weiterhin auftanchen sollte, was ja keineswegs auszu- schliessen sein dürfte; und schliesslich besteht ja auch eine gewisse moralische Verpflichtung für den Einzelnen, sein Scherflein zu der Fundamentirung eines neuen Baues beizutragen.

1. Fall; Pionier J. (1. Dienstjahr, Zivilberuf Weingärtner) erkrankte

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plötzlich am 14. Juli 1887 (einem heissen Tage) nach der Rückkehr von dem etwa Vi Stunden entfernten Schiessplatz in die Kaserne, Bastion 24 (Defensiv-Kasematte) 1. Stock, Zimmer 17, mit Schaudern, Mattigkeit, Kopfweh, Kreuzschmerzen, Hitze, hohem Fieber (40,5°) und beschleunigtem, schwachem Puls. Am folgenden Tage dem Garnisonlazareth überwiesen, zeigte J. starke Cyanose des Gesichts, trockene Zunge, fuliginöaen Belag auf Lippen und Zahnfleisch, grosse Somnolenz und gab nur auf lautes wiederholtes Befragen langsam und verwirrt Antwort. Temperatur 40,5°; Puls 110; Respiration 20. Unterleib etwas aufgetrieben; derselbe, sowie die Gegend der unteren Wirbelsäule auffallend druckempfindlich; träge Pupillar-Reaktion. Am 3. Tage (16. 7.) trat zu den sehr heftigen Kopfschmerzen leichte Nackenstarre und Kieferklemme hinzu, so dass die bisher dunkle Krankheit sich als Meningitis zu entpuppen schien, zumal der Stuhl angebalten, und das Sensorium etwas benommen war. Am 17, und 18. Juli Erbrechen der gereichten Medikamente (Chinin, Antipyrin). Am 20. Juli (dem 7. Krankheitstage) trat unter Nachlass der Nackenstarre und Kopfschmerzen ein intensiver Ikterus auf, mit nachweisbarer Lebervergrösserung; der Urin zeigte sich frei von Gallen- farbstoff, enthielt hingegen reichliches Eiweiss. Unter Zunahme des Ikterus zeigten sich (24. 7.) am ganzen Rumpf zahlreiche punktförmige Petechien. Das hohe Fieber, das io den ersten Tagen mit Chinin und Antipyrin bekämpft wurde (so dass die resp. Temperaturkurve nichts Charakteristisches bieteu kann), verlor sich nach 6 Tagen, stellte sich aber vom 26. 7. bis 1. 8. wieder in geringerem Grade ein (leichtes Rezidiv). Der Ikterus Hess bald an Intensität nach, zeigte sich aber noch wochenlang durch gelbe Sklera und blasse gelbliche Hautfarbe. Während der langsamen Rekonvaleszenz: Gliederschwäche, Blutleere, Ohnmacbtsanwandlungen bei raschem Bücken. Nach 42 Lazareth- behsndlungs - Tagen geheilt (in dreiwöchentlichen Erholungsurlaub) entlassen.

2) Pionier D. (1. Dienstjahr, Zivilbcruf Bäcker) erkrankte am 10. 8. 87 in der Kaserne (Bastion 21, 1. Stock, Zimmer 17) plötzlich aus unbekannter Ursache mit Kopfweb, Schwindel, allgemeiner Ab- geschlagenheit, Gliederweh, Hitze, Appetitmsngel und hohem Fieber (39,9°) und wurde Tags darauf (11. 8.) ins Garnisonlazareth verbracht. Daselbst: Temperatur 39,5°, Puls 95, Respiration 24. Röthung und Schwellung von Mandeln und Gaumenbögen. 12. 8.: Schmerzen in Gliedern und Gelenken; weissbelegte Zunge, etwas Eiweiss im Urin. In der folgenden Nacht heftige Wadenscbmerzen, katarrhalische Erscheinungen der unteren

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LangeopartieeD; aDgebaltener Stahl; Stechen in beiden Rippenweichen.

Am 15. 8. (6. Erkrankangstag) : AaegeBprocbener Ikterus; dabei grosse Mattigkeit and Wadenschmerzen; Kopf angeblich frei. Am folgenden Tag; Erbrechen; Zunahme der Gelbsucht; Oeffoung (auf EinlauO dünn* breiig, hellgrau. Am 18. 8.: Abfall des Fiebers, hingegen Klagen über Schlaflosigkeit, sowie Schmerzen und Spannen in den Beinen. Hoch- gradige Gelbsacht. Leber und Milz vergrössert; Urin rothbraun (nicht eehwarzgrnn !), ei weisshaltig. Zunge grau mit rothem Rand, trocken, etwas klebrig. 20. 8.: Bröckliger, grünbraoner Stuhl, deshalb am 22. 8.: Calomel, worauf reichliche breiige, grünliche Ausleerungen, mit blutigem Schleim durchsetzt Sehr langsame Genesung unter allmäligem Schwinden der grossen Muskelschwäche und der ikteriscben Hautfärbung.

Am 7. 9. (nach 27 Lazarethbebandlungs-Tagen) mit noch merklicher Abmagerung und leicht gelblicher Hautverfärbung als geheilt (in vier- wücbentlichen Erholungsurlaub) entlassen.

3) Dragoner K. (1. Dienstjahr, Zivilberuf Bauer) erkrankte plötzlich (Zeugbauskaserne 1. Stock, Zimmer 4) am 10. 8. 87 mit Schmerzen in allen Gliedern, Appetitmangel, starker Hitze und Kopfweb. Am folgenden Morgen fiel K., beim Versuch, das Bett zu verlassen, ohnmächtig zu Boden. Bei der Aufnahme ins Lazaretb (11. 8. 87): Temperatur 40,0°; Puls 115; Respiration 24. Heftiger Durchfall seit einigen Tagen; Gurren im Unterleib; Röthung von Rachen und Gaumen. Die dick weiss- belegte Zunge zeigt Eindrücke der Zähne. 12. 8.: Klagen über un- bestimmte Schmerzen in den Gliedmaassen. 14. 8.: Leicht ikterische Hautfarbe; dickweisser Zungenbelag; grosser Durst. Lungen und Unterleib bieten nichts Abnormes. Grosses Mattigkeitsgefübl; hohes Fieber (39° bis 40,0°) mit morgendlichen Remissionen. 15. 8.: Uebligkeit, Wadenschmerzen. 16. 8.: Klagen über Bangigkeit und Uebligkeit bei Nacht und über grosses Scbwächegefühl. Weicher, breiiger, hellgrauer Stuhl. Rothbrauner eiweissbaitiger Urin. 18. 8.: Zunahme der Gelbsucht (Kanariengelb!). 20. 8.: Kompakte geformte hellgraue Aus- leerungen mit weisslichen häutigen Fetzen bedeckt. Zunahme des Appetits; keine besonderen Beschwerden mehr. Vom 24. 8. an Normal- temperatur (das Fieber schwankte bei starken Morgenremissionen seit 15. 8. zwischen 38,0 und 39,6°, zu letzterer Höhe am 21. 8. unvermnthet wieder ansteigend). 23. 8.: Urin immer gelbbraun, jetzt eiweissfrei. Die weissfetzigen Beimengungen des schleimigen, breiigen Stuhls ver- lieren sich allmälig auf Darreichung von Calomel. 25. 8.: Objektives and subjektives Wohlbefinden, manifestirt dnrch nunmehr wieder heiteren

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Gesicbtsaosdnick. Laogsame OenesDog bei gutem Appetit, normaler Verdauung und allmäligem langsamem Schwinden der Gelbsucht. Am 15. 9. (nach 35 Lazarethbehandlongs-Tagen) geheilt entlassen.

4) Grenadier Sch. (1. Dienstjahr, Zivilberuf Verwaltnngskandidat), von etwas schwächlichem Körperbau und ziemlicher Magerkeit, aber bisher immer gesund, kasernirt Wilhelmsburg (Defensivkasematte), Erd- geschoss, Zimmer 116, erkrankte plötzlich am 9. 8. 1887 ans unbekannter Ursache mit heftigem Frieren und allgemeiner Abgeschlagenheit. Tags darauf starke Schlingbeschwerden, Hitze, Husten, Brustschmerzen und Durchfall. Am 11. 8. ins Lazareth verbracht: Temperatur 38,5°, Puls 100, Respiration 24. Dick weissbelegte Zunge, starke Röthnng von Rachen und weichem Gaumen, foetor ex ore; keine nachweisbare Milzvergrösserung. 12. 8, . Klagt über Brustschmerzen bei tieferem Athmen (Lungenbefund negativ); trockene heisse Haut; vollständiger Appetitmangel; heftiges Kopfweh; hohes Fieber (39 bis 40,0°), des Morgens wie des Abends; Pols 110 bis 120; vom 14. 8. an morgendliche Remissionen; vom 18. 8. ab: normale Temperatur. 13. 8.: Grosse Schwäche und hochgradiges Mattigkeitsgefübl; Zunge scbmutziggran belegt; im rotbbraunen Urin reichlich Eiweiss; Brustschmerzen. 15. 8.: Ikterische Hautfarbe, Klagen über Schwerathmigkeit; heftiger Durst, starkes Kopfweh, Gliederschmerzen, angehaltener Stuhl. 16. 8: Zu- nahme der Gelbsucht; Zunge gelblich belegt mit rothem Rand. Klagen über heftiges Kopfweh; mehrmaliges Erbrechen; Schlaflosigkeit; diffuse Erschütterung der Herzgegend ; Stuhl theils breiig, theils geformt, letzterer weisslicbgran (wie Hundekoth); Urin rothbraun. 18. 8.; Schwinden des Ikterus, Abfall des Fiebers; Kopf nunmehr frei, Appetit fehlt noch. 20. 8.: Stuhl breiig, geformt, braungrün. 21. 8.: Oberfläche des geformten graubraunen Stuhles rüthlicb und gelblich gefleckt (Blot u. s. w.). 28. 8.; Wieder Kopfschmerz, Hitze, Abnahme des Appetits, Fieber zwischen 38° und 39,0° (Rezidiv!). 30. 8.: Wieder Normal- Temperatur; Zunge reiner; Kopf frei; Stuhl angebalten. Nunmehr langsame Rekonvaleszenz, ohne besondere weitere Störung bei allmäligem Schwinden der Mattigkeit und des grossen Scbwächegefübls. Am 22. 9. 87 (nach 41 Lazarethbehandlungs-Tagen) als „geheilt“ in drei- wöchentlichen Erholungsurlaub entlassen.

Während der Abfassung dieser Arbeit tbeilte mir zufällig Stabs- arzt a. D, Dr. Lebsanft mit, dass er vor zwei Jahren, als ordinirender Arzt der Inneren Station des Gamisoulazareths Ulm, drei ähnliche Fälle beobachtet habe. In dem mir freundlicbst überlassenen Konzept des

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StaiioDsberichts für das Rapportjahr 1885/86 schreibt der Oenaoote wörtlich :

,Id der Reihe der 30 gastrischen Fieber des Rapportjahres sind 3 Fälle anfgefuhrt, welche mit Ikterns komplizirt waren nnd bei denen die Diagnose febris recnrrens, bezw. biliöses Typhoid, gerechtfertigt erscheinen würde, wenn diese Krankheit in hiesiger Garnison schon eiamal beobachtet worden wäre.“

Die (von mir noch gekürzten) im Anschlnss gegebenen drei Kranken- geschichten seines Berichtes lauten :

1) Pionier R. (3. Dienstjabr; Fabrikarbeiter; kasernirt Bastion 24, 2. Stock, Zimmer 13) erkrankte plötzlich am 16. 6. 1885 (angeblich nach Geonss schlechten Trinkwassers ansserhalb der Kaserne) mit Frost, Schwindel, Kopfschmerz, Appetitlosigkeit, Brechneigung und angehaltenem Stuhl. Bei der Aufnahme ins Lazareth am 17. 6.: Hohes Fieber (41,0°), Pols 100; stark belegte Zunge; Druckempfindlichkeit des Bauches. 18. 6 : Auf Calomel dünne Stühle; Nackensteifigkeit; Druckempfindlicbkeit der Kniekehlen. Temperatur 39,0°. 20. 6.: Zunahme des Kopfwehs und der Wadenscbmerzen; Schwinden der Nackensteife, aber grosse Empfindlichkeit der Lendengegend (beim Aufrichten n. s. w.); mehr- maliges Nasenbluten; Urin eiweissfrei; Milzschwellung; dickbelegte Zunge: Temperatur M. 39,1° A. 40,0°. 21. 6.; Ikterus der Haut und Con- jooetira bnlbi: heller Koth; massiges Fieber (38,0°). 22. und 23. 6.: graobranner Koth, dunkler Urin, Abfall des Fiebers. 24. 6.; Fieberfrei. 25. 6.: Unter Frost wieder hohes Fieber (40,3°), Husten mit Auswurf, Milzvergrösserung; dabei nur massiges Kopfweh mit, Schwindel; dünner gelber Stuhl. 27. 6.: Schlaflosigkeit; etwas Blut im Auswurf; Herpes labialis; 2 dünne gefärbte Stühle; neuerdings Kopfweh, Schwindel, Wadenschmerzen; Abnahme der Gelbsucht; hellrothbranner Urin; Milz- tomor; Leber kaum vergrössert. Temperatur 39,7°, Puls 102. Im Blut keine Spirillen zu finden. 28. 6. bis 2. 7.: Status idem; dabei mehrmals Nasenbluten; konsistenter schwärzlicber Stuhl (Blutbei- mengung?); Urin nicht ikterisch (bei Fortbestehen der Gelbsucht); blut- haltiger Auswurf (bei negativem Lnngenbefund). Allabendlich 39° bis 10,0°. _ 3. 7.: Allmäliger Fieberabfall unter Auftreten von Schweiss; Milz wird kleiner; Ikterus noch vorhanden. Auf der Bauchhant einige kleinere Petechien; dünne, braune Ausleerungen. 4. 7.: Normale Temperatur; konsistenter brauner Stuhl. 6. 7.: Objektives und

■objektives Wohlbefinden; immer noch Milzschwellung; Gelbsucht kaum noch sichtbar. Weiterhin sichtliche Erholung. 1.8. Geheilt entlassen (15 Lazarethbehandlungstage).

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2) Pionier H. (1. Dienätjabr, Gärtner; kasernirt Bastion 24,

2. Stock, Zimmer 7), am 18. 6. 1885 plötzlich aus unbekannter Ursache mit Frost, Hitze, Kopfweh, Mattigkeit, Seitenstechen links und Erbrechen erkrankt. Bei der Aufnahme ins Lazareth am 19. 6.: Stark geröthetes Gesiebt und reichliche Schweissbildung, weissbelegte Zunge, auffallend rother Rachen; angebaltener Stuhl; Temperatur 38,7°. 20. 6.: Un- ruhiger Schlaf, Delirien; wiederholtes Erbrechen mit Blntbeimengnng; Appetitlosigkeit; Temperatur 39,6. 21. 6.: Auf kalte Bäder etwas Nachlass des Fiebers (38,8°) und etliche Stunden Schlaf; Gesicht (trotz Eisbeutel) noch auffallend rotb. Klagen über Kopfschmerz und Schwindel. Im spärlichen Auswurf einige Mal dunkles Blut. Druckempfindlicbkeit der Magengrube. Vergrösserte Milzdämpfung. Rötbung des Rachens. 22. bis 25. 6.: Status idem; starker Durst; Bluthusten (ohne nach- weisbaren Ursprung). Zunge trocken, rissig, etwas bräunlich. Abend- temperaturen zwischen 39° und 40,0°. 26. 6.: Leichter Ikterus. 27. 6. :i Fieberabfall (ohne Schweiss); blutiger Auswurf; dunkler, gallen- farbstoffbaltigcr Urin. 28. 6.: Apyrexie; Milztumor; Leber nicht nach- weisbar Tergrössert; Fortbestehen des Ikterus; Koth nicht entfärbt.

3. 7.: Ausser leichtem Ikterus nnd angehaltenem Stuhl subjektives und objektives Wohlbefinden. Langsame Rekonvaleszenz. 6. 8.: Geheilt entlassen (nach 48 Lazarethbehandlungs-Tagen).

3) Grenadier St. (2. Dienstjahr; Bauer; kasernirt Wilbelmsburg 2. Stock, Zimmer 2) erkrankte plötzlich ohne bekannte Ursache am 6. 7. 85 unter Schweissausbruch mit Kopfweh, Schwindel, Schwäche- gefübl, Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit nnd Uebligkeit. Am 7. 7, ins Lazareth verbracht: Schlaflosigkeit, schweres Krankheitsgefühl; Temperatur 39,0°. 8. 7.; Heftiges Kopfweb, Scbwindelgefnbl, Gliederschmerzen; Appetitmangel; belegte Zunge; ein dünner Stuhl; Temperatur 39,7°; objektiv nichts Pathologisches aufzufinden. 9. 7.:

Stark geröthetes Gesicht; Temperatur M. 39,0° A. 39,4°. 10. 7.; Anhaltende Verstopfung, weshalb Calomel gereicht; Erbrechen eines Spulwurmes. Herpes labialis. Röthung des weichen Gaumens mit Schlingbeschwerden. Temperatur M. 39,2 A. 39,4°. 11. 7.: Dick- belegte Zunge, Durchfall. 12. 7.: Wiederholtes Erbrechen (enthielt 5 Tage zuvor gegessenes Fleisch); allmäliger Fieberabfall (ohne Schweiss). 13. 7.; Auftreten von Ikterus. 14. 7.: Apyrexie; starke Gelbfärbung von Haut und Augen; zahlreiche Petechien auf Brust und Bauch; wiederholtes bluthaltiges Erbrechen; hochgradige Apathie: ver- grösserte Milzdämpfung; Leber nicht nachweisbar vergrössert; Zunge

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schwärzlich helegt. 15. 7.: Milztumor; angehaltener Stuhl; grosse Mattigkeit; Brennen beim Uriniren. 16. 7.: Auf Ol. Ricini mehr* mals braun gefärbte Ausleerungen; Milzvergrösserung; Auftreten neuer Petechien. 17. bis 20. 7.: Status idem; befriedigendes Befinden; Ab- nahme des Ikterus und des Milztumors; anhaltende Apyrexie. 21. 7. Abends; Schüttelfrost mit plötzlicher Temperatursteigerung. 23. 7.: Heftiger Kopfschmerz; anhaltend hohes Fieber (39,0 bis 40,0°), trotz Chinin. 24. 7.: Harn wieder stärker ikteriscb; Haut-Ikterns scheinbar unverändert; Leber nicht nachweisbar vergrössert. Temperatur M. 38,4

A. 39,4°. 25. und 26. 7.: Wiederholtes Nasenbluten; neuerdings Gliederschmerzen; Zunahme der Milzdämpfung. Abendtemperator 39,4°.

27. 7.; Schwinden von Ikterus und Gliederschmerzen; Zunge feucht und fast rein; Ausleerungen braun gefärbt. Temperatur M. 38,0° A. 39,2°. 28. 7.: Subjektives Wohlbefinden; allmäliger Fieberabfall (ohne Schweiss). In den folgenden Tagen langsames Zurückgehen der Milzscbwellung. Zunahme des Kräfteznstandes. Am 21. 8. (nach 45 Lazarethbebandlungstagen) als geheilt (in mehrwöchentlichen Erholungs- urlaub) entlassen.

Die im Sommer 1887 von mir beobachteten 4 Fälle zeichnen sich sämmtlich gleich den drei Fällen Lebsanft’s vom Sommer 1885 durch die Schwere des gesammten Krankheitsbildes aus, besonders wenn man in Betracht zieht, dass die Betroffenen der Blüthe des Mannesalters angehörten und bis zu ihrer plötzlichen Erkrankung vollkommen gesund und kräftig waren. Meine 4 Fälle gehörten sämmtlich dem 1. Dienstjabr an, eine Bestätigung der wichtigen Rolle, welche die individuelle Disposition beim Zustandekommen einer jeden Infektionskrankheit spielt, denn die Mannschaften des 1. Dienstjahres haben sich den spezifischen Schädlich- keiten des militärischen Dienstes (als deren hauptsächlichste mir das Einathmen unreiner Loft zur Nachtzeit gilt) noch nicht vollständig aogepasst. Interessant ist, dass die geschilderten Erkrankungen (wenigstens die 4 Fälle Weil's, die 4 Hüeber's und die 3 Lebsanft’s) auf die beisse Jahreszeit fielen (die 2 Fälle Wagner’s auf September), was möglicherweise damit zu erklären ist, dass der ursächliche spezifische Infektionsstoff (Mikroorganismus) bei seiner Entwickelung an das Herrschen einer hohen Aussentemperatnr gebunden ist (analog Cholera, Gelb- fieber u. s. w.).

Nach der vorstehenden Schilderung der bis jetzt beobachteten Er- krankungen erübrigt es noch, eine kurze Betrachtung der einzelnen

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Krankheitssymptome aoiureihen. Deren erstes ond aaffsllendstes is jedenfalls der Fieberverlanf. Die von mir beschriebenen 7 neaen Br* kranknngen batten eine dnrchscbnittliche Fieberdaner von 8 Tagen; 4 derselben hatten hierzn noch ein Rezidiv. Eine Ansnahme hiervon machte No, 3 mit einer primären 14 tägigen Fieberdaner, doch kann man (wie Weil bei seinen 4 Kranken) ancb hier nach der Beschaffenheit der Fieberkurve recht wohl annehmen, dass der zweite Fieberanfall sich unmittelbar an den noch nicht völlig abgelaofenen ersten anreihte (Nach* schnb). Sämmtiicbe 7 Mann gaben eine plötzliche Erkrankung unter Frost n. s. w. an und wurden alsbald dem Lazareth überwiesen, woselbst durchgängig eine sehr hohe Temperatur konstatirt wurde; hieraus lässt sich wohl der Schloss ziehen, dass das Fieber rasch zu bedeutender Höhe anstieg. Abweichend von Weil’s Fällen, der ein fastigiom vermisst, hielt sich bei meinen Kranken das Fieber mehrfach einige Tage hindurch auf sehr grosser Höhe (39° bis 41,0°), fing dann aber bald allmälig ond staffelförmig zu sinken an, mit bedeutenden Morgenremissionen (lytische Defervescenz), wobei, wie bei Weil, die Morgen- nnd Abendtemperator des folgenden Tages stets um ein Gewisses (>/>° bis 1°) niedriger war, als die des vorhergegangenen. Schweisse, wie sie für das Recurrens charakteristisch sind, fehlten beim Fieberabfall meiner 7 Fälle durch* gebende (mit alleiniger Ansnahme des Rezidivs bei No. 1 Lebsanft’e). Bei dem bis zu einem gewissen Grade für die geschilderte neue Krankheit charakteristischen Rezidiv nach vorhergegangener mehrtägiger Apyrexie waren jedoch, im Gegensatz zum ersten Fieberanfall, die Abendtemperatnren stets niedriger, die Morgeoremissionen ausgeprägter und die weiteren subjektiven wie objektiven Begleiterscheinungen meist nur mehr schwach angedeutet oder fehlten gänzlich. Das fieberfreie Intervall der 4 Fälle mit Rezidiv (unter 7) schwankte zwischen 1 und 10 Tagen ond betrog im Durchschnitt 6 Tage; das Rezidiv selbst dauerte *2 bis 8 Tage, im Durchschnitt 6 Tage. Die Pulsfrequenz ging auch bei meinen Fällen parallel mit der Höhe der Temperatur und schwankte im Anfang der Erkrankung zwischen lOO nnd 120. Weil's Kurven sind Seite 218, 39. Band des Deutschen Archivs zu finden. Meine eigenen Kurven können leider keinen Anspruch auf Originalität erheben, weil das Fieber in seinem natürlichen Verlauf mehrfach durch gereichte Antipyretica oder Bäder beeinflusst wurde. Sehr ausgeprägt waren in sämratlichen bis jetzt beobachteten Fällen die Gehirn- erscheinungen; Kopfschmerz, Schwindel, unruhiger Schlaf, Delirien, Somnolenz (Erbrechen?) nnd grosse Hinfälligkeit, besonders in der ersten

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Zeit der Erkrankang. Der nie fehlende Ikterns mit mehr oder weniger nachweisbarer Leberschwellung war in meinen 4 Fällen sehr intensiv and ging nnr einmal (Grenadier Sch.) verhältnissmässig bald zorück; sein Auftreten fiel, was sehr charakteristisch, nie mit dem Beginn der Erkrankang zasaromeu, sondern traf aaf den 5. bis 7. Tag, ähnlich wie bei den anderen Berichterstattern. Auffallend und abweichend vom Bild der gewöhnlichen katarrhalischen Oelbsncht war die fehlende Fnls* Verlangsamung, die keineswegs schwarzgröne, sondern mehr rothbraune Verfärbung des Urins (Bierfarbe) und die (wie aus den Kranken- geschichten zu ersehen) sehr unregelmässige, oft von Tag zu Tag wechselnde Entfärbung der Stähle (haematogener Ikterus?). Eine genaue regelmässig wiederholte physikalische Diagnostik und chemisch- mikroskopische Untersuchung war in meinen 4 Fällen, wie schon oben erwähnt, leider durch die Ungunst der äusseren Verhältnisse ausgeschlossen; doch finden sich immerhin in den resp. Journalblättern vielfache Notizen, besonders was die Störungen des Digestionsapparats (Appetitmangel, belegte Zunge, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung u. s. w.) anbelangt. Dass, wie Weil glaubt, das häufige Erbrechen dem gereichten Calomel ausschliesslich zuzuschreiben wäre, konnte ich nicht finden. Kennzeichnend für die Krankheit als solche ist, meiner Ansicht nach, wohl auch der häufige Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung, sowohl im Beginn, als auch im weiteren Verlauf. Der Harn meiner 4 Fälle war, wie bei denen Weil's, stets trübe, schmutzigroth, eiweissbaltig, Herz, Lungen und Luftröhren zeigten (gleichfalls wie bei Weil) keine nennenswerthe, physikalisch nachweisbare Betheiligung an der Erkrankang, obwohl gerade diese Organe, bei dem dunklen Symptomenkomplex, behufs Fest- stellung der Diagnose, wiederholt und eingehend untersucht wurden. Die Hantaflfektionen : Roseola, Petechien, Herpes labialis, waren nicht konstant. Für ein ganz charakteristisches Kennzeichen der geschilderten Krankheit halte ich hingegen die Muskelschmerzen, insbesondere der Waden. Auch möchte ich auf ein weiteres Merkmal dieser Krankheit, ^das Weil nicht als solches herrorhebt, noch besonders aufmerksam machen : es ist die akut-entzündliche Affektion der gesummten Schleimhaut auf der Höhe des Krankheitsprozesses, manifestirt durch die auffallende Röthung von Rachen und Gaumen, durch das häufige Nasenbluten, durch Blntbeimengung im Answarf, Erbrochenen, selbst im Kotb, wahrscheinlich auch im Urin, Erscheinungen, welche im Vergleich mit anderen Infektions- krankheiten and in Berücksichtigung des raschen, verhältnissmässig knrzen Fieberverlaufs den Rückschluss auf einen äusserst giftigen Infektionsträger nahe legen.

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Der VersDch, die in Vorstehendein beschriebene Krankheit za deuten und in einer der bisherigen Krankheitsgruppen unterznbringon , macht wie Weil des Näheren ausfuhrt erhebliche Schwierigkeiten; da« ganze Bild ist so charakteristisch, dass es nicht wohl als Modifikation, Variation oder Komplikation einer der bekannten Infektionskrankheiten (z. B. des Typhus) betrachtet werden kann, es ist zweifellos eine neue Krankheit, welche in keinen der bisherigen Rahmen passt. Betrachten wir die ähnlichen Krankheitsprozesse, so ist vorerst die akute gelbe Leberatrophie aaszaschliessen , in Anbetracht des plötzlichen Einsetzens der schweren Krankheitserscheinungen bei unseren Kranken und in An- betracht der Beschaffenheit des Fiebers, ganz abgesehen von dem bei der akuten Leberatrophie fast ausnahmslos letalen Ausgang. Die ganze Art des Krankheitsbeginns der geschilderten Fälle, die subjektiven Symptome sowohl, wie die weiterhin anftretenden objektiv nachweisbaren Erkrankungen der verschiedenen lebenswichtigen Organe deuten wie Weil bemerkt auf eine allgemeine Erkrankung hin, auf eine gleichzeitig auf den Oesammtorganismus heftig einwirkende Schädlichkeit, d. h. auf eine Infektionskrankheit Nahe liegt es zwar, an febris recurrens zu denken, in Berücksichtigung der bei der Mehrzahl der Fälle durch einen fieber- freien Zwischenraum getrennten Temperatursteigernng, aber gegen diese Annahme spricht das sporadische Auftreten, gar manches Abweichende im Symptomenkomplex, der nicht plötzliche, nicht von Schweissen begleitete Fieberabfall n. s. w. Uebrigens war das von Weil vermisste Fastigium in der Fieberkurve in meinen Fällen mehrfach nicht zu ver- kennen, während Weil stets nur den absteigenden Tbeil der Kurve zu sehen bekam (wohl in Folge des spätem Zugangs seiner Kranken?). Eine noch grössere Aehnlichkeit als im Recurrens findet Weil im biliösen Typhoid Oriesinger's (das jedoch nichts mit dem Typhus gemein habe, sondern eine schwerere Form von Recurrens in Anlehnung an das Gelbfieber darstelle), allein es finden sich auch hier wieder sehr scharfe Differenzen im klinischen Bilde.

Alle diese Krankheiten; Recurrens, Gelbfieber und biliöses Typhoid pfiegen aber nur epidemisch anfzutreten, während die von mir in vor- stehender Arbeit gesammelten, bisher veröffentlichten Fälle ausschliess- lich isolirt zur Beobachtung kamen (die Fälle 1 und 2 Lebsanft’s stammten zwar aus der gleichen Kompagnie, aber aus verschiedenen, nicht einmal aneinander stossenden Zimmern) und nirgends die Ver- breitung von einem Erkrankten auf andere nacbgewiesen werden konnte. Betrachtete man diese neue Krankheit ätiologisch als einen mit Ikterus

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Dod Nephritis komplizirten Abdominaltyphas, so würde sie sich (Weil) all , einheimisches biliöses Typhoid" zom Abdominaltyphas verhalten wie Griesinger's biliöses Typhoid zum einfachen febris recurrensl Aber ähnliche Erscheinnngen heim Abdominaltyphas pflegen erfahrungs- gemäss meist tödtlich za enden, während die geschilderten Fälle einen immerhin raschen' Aasgang in Genesung nahmen, überdies auch der gleichzeitig auftretende Ikterus mit Nephritis noch in die 1. Woche fiel, im Gegensatz za der ähnlichen Typhus-Komplikation. Gegen die An- nahme eines Abortivtyphns sprechen von vornherein die häufigen Rezidive, ganz abgesehen von dem. inneren Widersprach, bei leichter Infektion mit typhösem Gift (Abortiv-Typhus) gerade ein so schweres Rrankheitsbild, eine so hochgradige frühzeitige und gleichzeitige Ein- wirkung dieses Giftes auf die lebenswichtigsten Organe anzunehmen.

Wenn nun auch ähnliche Fälle bisher noch von keinem weiteren ■Schriftsteller''^) erwähnt wurden, so kann allerdings der strikte Beweis der spezifischen Eigenart der geschilderten Krankheit trotz des wohl charakterisirten Krankheitsbildes (bei Fehlen von Aetiologie, epide- mischem Auftreten und Kontagiosität) erst durch das Beibringen des anatomischen Befundes und das Auffinden des spezifischen Krankheits- erregers als vollständig erbracht angesehen werden, denn die Sympto- matologie als solche genügt nicht zom Ziehen einer scharfen Grenze, zumal die typischen Krankheitsfälle in praxi nicht so häufig wie in den Lehrbüchern zu sein pflegen. Weil erklärt seinen fieberhaften Ikterus einstweilen als eine akute Infektionskrankheit mit charakteristischem Fieberverlauf, mit gleichzeitigem, sofort vom Beginn des Leidens an nach- weisbarem Erkranken von Milz, Leber und Nieren neben schweren Allgemeinerscheinungen und gleichwohl völlig eigenartigem raschen günstigen Ausgang. Hierbei seien sämmtlicbe Veränderungen und Störungen im Krankbeitsverlauf anfzufassen als Wirkung der die spezifische Infektion verursachenden Mikroorganismen und der von ihnen aasgeschiedenen chemischreizenden Substanzen, wodurch die trübe Schwellung der Organe (parenchymatöse Degeneration) bedingt werde. So verlege z. B. die trübe Schwellung der Leberzellen (deren höherer Grad zum Icterus gravis führen kann) die kleineren Gallengänge und iühre hierdurch zom Resorptions-lkterus, wobei jedoch diese und die anderen anatomischen Veränderungen (in den Nieren u. s. w.), in An- betracht der Fähigkeit zur raschen Rückbildung, keine besonders hoch- gradigen sein können.

•) Cf. nächstes Heft dieser Zeitschrift. l‘J*

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Diese neue Krankheit, deren Taufe Weil zwar ablehnt, die aber doch einen Namen haben muss, soll sie weiter verfolgt werden, und die deshalb bis auf Weiteres „fieberhafter Ikterus Weil“ heissen mag, bildet seiner Ansicht nach mit der idiopathischen akuten I^beratrophie, mit febris recurrens, Gelbem Fieber und biliösem Typhoid (Griesinger) gleichsam eine Verwandtschaftsgroppe, und es lässt sich wohl annebmen, dass deren Infektionsträger möglicherweise je nach den gebotenen äusseren Verhältnissen (zeitliche und örtliche Disposition Fetten kofer's) variirt, wie ja auch praktische Erfahrung und Statistik zeigen, dass z. B. unser endemischer Abdominaltyphus zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Verhältnissen mit sehr verschiedener Bösartigkeit und sehr verschiedener Mortalität anfzutreten vermag. Der Genius epidemicns ist, wie die Geschichte der Medizin lehrt, ein wechselnder: alte Krankheiten verschwinden und sterben ans (Fest n. s. w.), neue Seuchen tauchen auf und gewinnen mit den Jahren an Boden (Cholera n. s. w.). Warum sollte in unserem Jahrhundert des Dampfes und des gesteigerten Verkehrs nicht einmal ein ans fremden Landen ein- geschleppter Kokkos sich durch Anpassung das mitteleuropäische Bürger- recht erwerben?

Die Hoffnung Weil’s, durch seine Arbeit Anstoss zu weiteren Mit- theilungen zu geben, hat mich zu dieser Zusammenstellung veranlasst, und die Aufmerksamkeit der Kollegen auf diesen nunmehr genau be- schriebenen, neuen, unliebsamen Gast zu lenken, ist Zweck dieser Zeilen.

Ulm, Oktober 1887.

Referate und Kritiken.

Sanitätsbericht über die Deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71. Heransgegeben von der Militär - Medizinal- Abtheilung des Königlich Frenssischen Kriegsministerinms unter Mit- wirkung der entsprechenden Königlich Bayerischen, Königlich Sächsischen und Königlich W ürttembergiseben Behörden. Dritten Bandes spezieller Tbeil, Erste Abtheilung, III. Chirurgischer Theil: A. Verwundungen desKopfes*) and Rumpfes. Mit 3 Lichtdrncktafeln und 3 Zeichnungen im Text Berlin, E. S. Mittler & Sohn. 1888.**)

Der dritte Band des oben genannten Werkes, welcher nach dem im Vorwort zum ersten Bande mitgetbeilten Flaue die „Verwundungen durch

•) Vergl. hierzu Jas Referat über die Verwundungen der Augen iui laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift S. 131 ff.

**) cf. A.-V.-Bl. No. 3, Berlin 14. 2. »8, J. N. 1398/88. M. A. (Aintl. Bei- blatt .S. 23).

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Rriegswaffen*^ amfassen soll, hat, wie die neueste Veröffentlichung zeigt, in nicht weniger als drei Bände zerlegt werden müssen, von denen einer den allgemeinen kriegschirurgischen Betrachtungen Vorbehalten ist, während zwei andere durch die Verwundungen der einzelnen Körper- gegenden ansgefüllt werden.

Der umfassende Charakter der Bearbeitung geht aus dem kurzen Vor- wort hervor, welches der vorliegenden Ersten Abtheilung des speziellen Theils (Verwundungen des Kopfes und Rumpfes) vorangeschickt ist. Danach beruht dieselbe zwar gleich allen anderen Tbeilen des Berichtes überwiegend auf der. Akten der auf dem Titelblatt genannten Deutschen Centralbehörden, es sind jedoch auch sorgfältig die bisher er- schienenen Veröffentlichungen berücksichtigt worden. Insbesondere um- fasst die Statistik der einzelnen Kapitel ausserdem Aktenmateriale alle zur Kenntniss der Bearbeiter gekommenen Mittbeilungen ans einzelnen Lazarethen oder dem Beobachtungskreise einzelner kriegschirurgiscber Schriftsteller, soweit dabei Doppel^hlungen mit Sicherheit ausgeschlossen werden konnten. Dass die so ermittelte Oesammtübersicht in vielen Einzelheiten von dem ans sehr viel kleineren Zusammenstellungen ge- wonnenen Bilde abweicht, ist selbstverständlich.

In der Kasuistik sind bereits veröffentlichte Kfankengeschichten nur soweit wiedergegeben, als sic durch Zusätze aus den Akten mit aus- giebiger Benutzung derjenigen über die Invaliden ergänzt werden konnten oder von besonderem Interesse für die Bearbeitung erschienene Neben den Verwundungen durch Kriegswaffeu sind mechanische Verletzungen (durch Hufschlag, Sturz n. s. w.) gelegentlich mit berücksichtigt worden, auch die an französischen Kriegsgefangenen gemachten Beobachtungen sind zur Bereicherung der Kasuistik mit heran- gezogen, die eigentliche kriegschirnrgische Statistik aber ist der Ver- gleicbsfäbigkeit halber überall auf die Deutschen Heeresangehörigen be- schränkt gehlieben.

Das ungeheure Quellenmaterial ist in allen Abschnitten des Werkes übersichtlich geordnet und kritisch beleuchtet. Verschiedene Kapitel stellen wiederum, wie in den früher erschienenen Bänden, umfassende Monographien dar, deren Studium für künftige einschlägige Arbeiten gänzlich unentbehrlich sein wird. Nicht möglich erscheint es, ans dem über- reich Oebotenen alles Interessante in dem Rahmen eines Referates nnter- znbringen, es kann nur ein Versuch gemacht werden, einiges Hauptsächliche bervorznheben.

Insgesammt wurden während des Krieges 1870/71 116 821 Deutsche Heeresangebörige (98 "/o durch Geschoss, 2"/o durch blanke Waffen) ver- wundet: 17 25.') «= 14,8 "/o fielen auf dem Schlachtfelde, 99 566 = 85,2 »/o gingen in ärztliche Behandlung über; in Lazaretbpflege gelangten 92 164 Verwundete, von denen 11023 starben, während 88 543 geheilt (bezw. als invalide entlassen) wurden.

Die Einleitung beschältet sich mit der Vertheilung dieser gewaltigen Zahlen auf die einzelnen Körpergegenden und Vergleichung derselben mit Angaben ans früheren Kriegen nach den verschiedensten Gesichts- punkten. Ans den kleinen Zahlen, welche unter den auf dem Schlacht- felde Gefallenen auf die Wunden der Gliedmaassen entfallen (0,8°/o auf solche der oberen, 1,8 "/o auf solche der unteren Gliedmaassen), wird unter Hinweis darauf, dass ein Theil dieser Verwundeten sicher dem Schock erlag, gefolgert, dass die Gefahr der Verblutung auf dem Scblacbtfelde,

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mindesteDS soweit Wunden der Oliedmasssen in Betracht kommen, viel geringer ist als hier und da angenommen wird. Von hohem Interesse ist der anf einem ganz neuen Gedanken bernhende Nachweis, dass die Vertheilnng der Wunden der einzelnen Körpertheile in der That genau der Treffflsche dieser Theile entspricht. So oft dies auch früher schon behauptet worden ist, so konnte doch bisher der Beweis dafür nicht er> bracht werden, weil man unter Trefffläche lediglich die wirkliche Fläche der Glieder in irgend einer bestimmten Stellung verstand. Die Richtigkeit des Gedankens springt in die Augen, dass als Trefffläche der Gliedmaassen diejenigen Ebenen angesehen werden müssen, welche der Weite ihrer gewöhnlichen Bewegungen entsprechen.

Die einzelnen Kapitel beginnen mit allgemeinen Bemerkungen über einschlägige siatistiscne Verhältnisse, zum Theil auch mit anatomisch- physiologischen Erörterungen. Trotz des hohen Interesses, welches die I klare und sorgsame Statistik bietet, müssen wir es uns versagen, über dieselbe an dieser Stelle zu berichten: gerade durch die Sorgfalt der Be- arbeitung, welche genugsam bereits durch die früher erschienenen Bände des Berichtes bekannt geworden ist, werden der Zahlen für ein Referat zu viele; wir wollen nur in Kürze erwähnen, dass den vielseitigsten Be- dürfnissen Rechnung getragen ist, dass die Zahlen trotz ihrer .Menge nicht ermüden, sondern sicherlich überall mit Interesse nacbgesehen werden, sie sind eben ein verarbeiteter Theil des Ganzen.

Das erste Kapitel behandelt die Verwundungen des Kopfes (S. 13-156).

Bei Besprechung der verwundenden Gewalten wird zunächst an einer Reihe von Beispielen gezeigt, wie schwer, ja wie unmöglich es durch die Vervollkommnung der Artillerie-Spreuggeschosse häufig geworden ist, za entscheiden, ob eine Wunde durch Gewehr- oder Artilleriefeoer hervor- gebracht wurde. Es folgen interessante Erörterungen (wie überall, mit Krankengeschichten belegt) über die Rolle, welche der Luft nach Art fortgeschleoderter Körper (indirekter Geschosse) unter Umständen zu- fällt. „Damit soll“ wie es wörtlich in dem Berichte heisst „keines- wegs die abgethane Lehre von den Luftstreifschüssen wieder auferweckt werden, wie schon daraus hervorgeht, dass cs sich bei den in Rede stehenden Fällen meist nicht um vorbeifliegende, sondern um in der Nähe explodirende Geschosse bandelt.“ Unter Hinweis auf die Friedens- Beobachtougen anf Artillerie-Schiessplätzen wird dargelegt, dass die Kraft von Luftwellen bei Geschoss-Explosionen jedenfalls ausreicbt, um wenigstens den feingebauten, daher wenig widerstandsfähigen Sinnes- organen wirkliche Verletzungen zuzufügcn.'*) Eine andere Reihe von Beispielen erläutert den äusserst problematischen Werth, welchen der Helm als Schutzwaffe gegenüber den heutigen Projektilen besitzt.'*^*') Mit Recht wird die Bedeutung der natürlichen Oeffnungcn am Kopfe für die Diagnose der Scbnssverletznngen nachdrücklich hervorgehoben: in 44 sicheren Beobachtungen hatte das kleine Kaliber der modernen Geschosse den Ein- oder Austritt durch Mund oder Nase ermöglicht!

•) In dem 2. Kapitel (AuKeiivcrwiimliingen) winl dieser (iegenstand ebenfalls erörtert. (.Siehe Heft 3 des laufenden .lahrgangs dieser Zeitsehrifl, S. 132.)

**) Dem 5. Kapitel fV’erwiindnngen der Brust) ist eine Zeichnung eines auf der Wartburg aufbewahrten Küra.sses beigefügt, dessen beide Platten von einem Chasseputgeschuss glatt durchschlagen worden sind.

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Bei den Vcrwondungen des Schädels (2. Abschnitt) werden in eingehender Weise die Verletzungen der Weichtheile, der Knochen und endlich des Gehirns gesondert betrachtet; daran scbliessen sich die Komplikationen and Folgezastände nach Schädelverletzangen. Ale bemerkenswertb heben wir vor Allem hervor den Abschnitt Qher die Gehirn Verletzungen im Hinblick auf das Interesse, welches gerade diesem Gegenstände gegenwärtig in so reichem Maasse zugewendet wird. Vortreff- lich gelangen ist die Darstellung der Gehirnerschütterung und -Quetschung, sowie des Gehimdruckes, welcher sich würdig diejenige der unmittel- baren Gehirnverletzung anschliesst. In der Kasuistik über die letztere bieten 2 Fälle (S. 84 87) ganz merkwürdige Beispiele von der Toleranz des Gehirns; trotz ausgedehntester Zerstörung und jahrelanger An- wesenheit von Fremdkörpern blieb jahrelang nicht nur das Leben erhalten, sondern auch die Hirnthätigkeit verhältnissmässig unversehrt. Insgesammt sind übrigens 8 Fälle von Heilung nach direkter Gehirn- verletEuag bekannt geworden ! Die Kasuistik des ganzen Abschnittes ist vorzüglich geordnet and eine so reichhaltige, dass kaum ein Leser etwas ihn vorwiegend Interessirendes vergeblich suchen dürfte.

Bei den Verwundungen des Gesichts (3. Abschnitt, S. 127 156) beschränkt die Bearbeitung sich auf eine ausführliche Statistik und sorg- same Ordnung der ebenfalls lehrreichen Kasuistik, welche wiederum die Weichtheil- und Knochenverletzungen gesondert aufführt; die weitere Eintheilung der letzteren gebt sowohl von anatomischen als chirurgischen Gesichtspunkten aus. Zahlreiche Hinweise machen es dem Leser leicht. Gesuchtes aufznfinden. Eine beigegebene Tafel veranschaulicht in 6 Lichtdruckbildern das vorzügliche Endergebniss eines unter schwierigen Verhältnissen unternommenen Versuches, eine arge Entstellung des Gesichtes durch plastische Operation zu vermindern.

Ueber das 2. Kapitel, welches in umfassendster monographischer Darstellung die Verwundungen der Augen behandelt, ist bereits im 3. Heft des laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift (S. 131 ff.) aus- führlich berichtet.

Drittes Kapitel (S. 268 344): Verwundungen der Wirbelsäule. In dem schon vor längerer Zeit (1885) erschienenen 7. Bande des Berichtes sind im 2. Abschnitt des 4. Kapitels zahlreiche Beobachtungen zusammengetragen, welche sich auf „nervöse Störungen nach Verletzungen der Wirbelsäule und des Rückenmarkes*^ beziehen. In einer Anmerkung wurde dort auf das zu erwartende Kapitel „Verwundungen der Wirbel- säule“ im 3. Bande verwiesen. Eis durfte hierin die Verheissnng eines die Kasuistik erläuternden Textes gefunden werden, welcher gerade wegen der trefflichen Beleuchtung, die verschiedenen sonstigen Affektionen des Nervensystems zu Theil geworden war, zunächst schmerzlich vermisst wurde. Diese Verheissnng ist nunmehr in würdigster Weise erfüllt. Zum Theil unter Hinweis auf die erwähnte Kasuistik im 7. Bande, zum Theil auf Grund zahlreicher neu eingefügter Beobachtungen werden nach allgemeineren Ausführungen über die eigenartigen anatomischen Verhältnisse der in Betracht kommenden Körpergegend, sowie über die Häufigkeit und Gefährlichkeit der Wunden der Wirbelsäule überhaupt die einzelnen Verwundungsarten und ihre klinischen Erscheinungen hauptsächlich im Anschluss an die Verletzungen des HalstheÜes besprochen. Von den gesammten 367 bekannt gewordenen Verwundungen der Wirbelsäule bei Deutschen mit 231 = 63,0 *>/« Todesfällen kamen auf

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den beweglichen Theil 2b9 Verwundungen mil 1 96 = fi7,6 "/o Tode»- fallen und zwar

auf den Haletbeil 93 Verwundungen mit 57 = 6l,3”/o Todealällen

- Brnsttheil 134 - - 95 = 70,9 -

- Lendentbeil 62 - - 44 =71,0 -

ausserdem auf das

Kreuzbein 78 - - 35 = 44,9 -

Im Allgemeinen richtet sich die Vorhersage bei Wunden der Wirbelsäule hauptsächlich nach der Betheiligung des Markes. Wenn des Weiteren im Text hinzugefügt wird, dass die Beschädigung des Markes uro so lebensgefährlicher sei, an je höher gelegener Stelle die- selbe Btattflnde, so scheint Dies allerdings zunächst mit obigen Zahlen nicht in Uebereinstimmnng zu stehen. Der scheinbare Widerspruch findet jedoch seine Lösung einmal darin, dass muthmaasslich ein grösserer Theil der am Halsmark Verletzten todt auf dem Schlachtfelde geblieben ist, sodann in der Tbatsache, dass in Folge der anatomischen Verhält- nisse Wundkrankheiten unter den am Brust- und Lendentheil Ver- letzten verderblicher gehaust haben. Mit Recht weist der Bericht darauf hin, dass der entscheidende Einfluss der Mark Verletzung voraussichtlich in Zukunft stärker hervortreten werde. Jedenfalls können Funktions- störungen der Nervencentren im Halsmark augenblicklichen Tod znr Folge haben. Der sofortige Tod bei manchen Schössen in das Brust- oder Lendenmark erklärt sich nach Meinung des Berichtes, abgesehen vom Schock, am ungezwungensten durch eine Fernwirkung der auf- treffenden Gewalt; Erschütterung oder Quetschung des Hirns, des ver- längerten Markes oder Halsmarkes. Selbstverständlich ist im Uebrigen überall der Grad der Mark Verletzung entscheidend.

Die motorischen und sensiblen Lähmungen und Reizerscheinnngen, Störungen der Harnentleerung, des Scblnckens, der Athembewegungec, der Sprache, des Wärmehaushalts, der Blutbeweguug, desgleichen die Hirnerscheinnngen werden an der Hand der Kasuistik und unter Bezug- nahme auf die wichtigsten einschlägigen litterarischen Veröffentlichungen besprochen. Hinsichtlich der Häufigkeit des Druckbrandes sei hier noch erwähnt, dass bei 53 in die Kasuistik aufgenommenen Beschädigungen der Halswirbelsäule 6, bei 66 der Hrustwirbelsäule 16, bei 30 der Lenden- wirbelsäule llmal Druckbrand verzeichnet ist. Die Anschauung Brodie's, nach welchem diese Komplikation um so eher eintritt, eine je höher gelegene Stelle des Rückenmarks von der Verletzong betroffen war, wird danach durch die Feldzugsbeobachtungen nicht bestätigt

Das vierte Kapitel (S. .345—389) berichtet über die Verwun- dungen des Halses, die in der Zahl von 17(X) = 2,1 "/oo der Durch- scbnittskopfstärke zur Behandlung gelangten. Der Schwerpunkt ist auf die Darstellung der Halswunden mit gleichzeitiger Verletzung lebens- wichtiger Organe: des Kehlkopfes, der Speiseröhre, der grossen Gefässe und der Nervenstämme gelegt, welche durch eine, bO Beobachtungen umfassende kasuistische Lebersicht gestützt wird. Nachdrücklich wird die hohe Bedeutung der prophylaktischen Tracheotomie bei allen Verwundungen des Kehlkopfes und der Luftröhre hervorgehoben; dieselbe wird auch da als erforderlich hingestellt, wo noch keine Erscheinungen von Athmungsbehindernng vorhanden sind und die Richtung des Sebnss- kanals (zumal bei blinden Schusskanälen) es nur wahrscheinlich mucht, dass eine Kehlkopfverletzung stattgefnnden hat. Nicht rasch

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genag kann nnter solchen Umatänden, wie der Bericht dsrlegt, die Operation aasgeföhrt werden. «Eia kann danach nicht zweifelhaft sein“, heisst PS wörtlich, «dass die Tracheotomie za denjenigen Operationen za rechnen ist, denen die Kriegssanitätsordnang (§. 29, 4) schon auf den Trnppenverbandplätzen ein Recht eingeräumt bat.“ Im Kriege 1870/71 wurde der BingrifF bei Deutschen Verwundeten 14 mal (d. h. im Ganzen za selten and mehrfach erst zu spät) vorgenoromen, nur 5 mal mit günstigem Erfolge. Betreffs der interessanten, zaro Tbeil höchst merk- würdigen Kasuistik müssen wir auf das Original verweisen. Hier sei Dor noch erwähnt, dass 2 mal über ein Darchscblüpfen der Kogel zwischen Speiseröhre und Luftröhre ohne Verletzung dieser Organe be- richtet ist. (Fortsetzung folgt.)

lieber die Wirksamkeit des Jodoforms auf Infebtionsniikro- organismen. Inaag. Diss. von Aag. Konz. (Enthalten in den «Beiträgen znr pathologischen Anatomie und Physiologie“, 2. Band, 2. Heft. Arbeiten aus dem pathologischen Institute zu Königsberg i. Pr. Heransgegeben von Dr. E. Neumann und Dr. P. Baumgarten. 1887. Verlag von G. Fischer, Jena.)

Nach eingehendem Studium der neuen Litteratnr über das Jodoform macht K. den Versuch, durch sehr geschickt angeordnete Tbierinfektionen ein entscheidendes Urtheil über die antibakterielle Wirkung dieses Mittels herbeizuführen. Angeregt wurde K. zu diesen Versuchen durch das Ex- periment von Baumgarten, der bei Meerschweinchen durch subkutane Applikation von Taberkelbacillenreinkultar mit der 40 fachen Jodo- formmenge stets lokale, wie allgemeine Tuberkulose mit derselben Schnelligkeit bervorrnfen konnte, wie bei den Kontrolthieren durch Impfung nicht jodoformirter Tuberkelbacillen.

K. setzte diese Untersuchungen unter Baarogarteii's Aegide fort und dehnte sie auch noch auf folgende Mikroorganismen aus:

1) Milzbrandbacillen.

2) Kaninchenseptichämiebacillen.

3) Staphylococcus aureus pyogenes.

4) Rotzbacillen.

5) Fäulnissbakterien.

Der Infektionsmodus bestand in dem Zusammenbringen einer innigen Mischung von Jodoform und den betreffenden Mikroorganismen mit dem tbierischen Gewebe durch Anlegung von Hanttaschen, die danach mittelst Knopfnaht geschlossen wurden. Auf die sehr sorgfältig ausgeführten Versuche, denen stets Konirolversuche gegenübergestellt wurden, kann hieb nicht des Näheren eingegangen werden. Bei Mäusen zeigte sich eine Idiosynkrasie gegen Jodoform, indem sie schon 10—12 Stunden nach Einimpfung reinen J.s in die Scbwanzwurzel ohne eine bei der Sektion nachweisbare Todesursache starben. Es wurden demnach Kaninchen und Meerschweinchen zu den 27 angestellten, verschieden modifizirten Ver- suchen verwendet.

K. kommt zu folgenden Resultaten:

Trotz der von Behring (Ueber Jodoform und Acetylen. Deutsche medizin. Wochenscbr. 1887, No. 20) angenommenen jodabspaltenden Kraft des lebenden Gewebes und seiner Säfte und trotz der von

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de Rayter (Zur Jodoformfrage. Archiv f. klin. Chir. Bd. XXV. 1887) gefnndenen Eiter - Ptomaine, durch welche aus dem Jodoform Jod leb- haft abgespalten wurde, BedingongeD, die in K.'s Versuchen durch 8ein^ Anordnung in günstiger Weise vorhanden waren, zeigte sich kein wesentlich störender Einflnss des Jodoforms auf die Entwickelung des Staphylo- coccns aureus, die Abszessbildung wird nicht verhindert. Der Staphylo- coccus wurde in mehreren Fällen aus dem Wundsekret wieder heraus- gezüchtet.

Die tödtliche Infektion mit Milzbrand und Kaninchenseptichämie wurde durch das Miuel nicht verhindert, nur etwas verzögert. Beide Bacillen- arten zeigten in der Jodoformmasse trotz tagelangen Liegens in der Hant- lasche bei der mikroskopischen üntersuchnng ein normales morpho- logisches Verhalten, auch hatten sie in den angelegten Kulturen nichts von ihrer Wachsthnmsfähigkeit eingebüsst. Ebensowenig konnte das Jodoform die Infektion mit Rotz verhüten, die Bacillen wurden morpho- logisch und biologisch nicht alterirt. Im Einklang mit den Beobachtungen von Banmgarten Hess sich ein spezifischer Einfluss des Jodoforms auf den Tuberkelbacillus nicht erkennen. In keinem Versuche konnte dadurch lokale, sowie allgemeine Tuberkulose verhindert werden. Als Erklärung für die von Chirurgen (Bruns und Nauwerk) beschriebenen Heilerfolge mit Jodoform bei tuberkulösen Affektionen (besonders Abszessen) nimmt K. eine „Umstimmung des Gewebes^ an, die nach Marchand darin be- steht, dass durch das Mittel die Bildung von Riesenzellen verhindert wird, die Auswanderung der weissen Blutkörperchen aber zunimmt

Zn einem eigentbümlicbeu Ergebniss kommt K. in Bezug auf die Wirksamkeit des Mittels gegenüber den Fänlnissbakterien. Im Knltur- glas mit faulendem Eiter wurden diese Bakterien in ihrer Lebensfähig- keit nicht gestört, in den Jodoformtaschen verschwanden sie sehr bald; im ersten Falle waren für sie als Saprophyten die Ernährungsverhältnisse bessere, als in den Hauttaschen, wo ausserdem noch dem lebenden Ge- webe ein direkt schädlicher Einflnss zuzuschreiben ist, da bekanntlich Fänlnissbakterien iro Thierkörper sehr leicht untergehen. Das Jodoform wäre demnach als ein Antisapropbyticum zu bezeichnen. Der Chirurg vermag also durch Behandlung fauliger Wunden mit Jodoform nicht der Gefahr der Infektion mit spezifisch pathogenen Mikroorganismen vor- zubeugen. septische Intoxikation kann verhütet werden, die

septische Infektion aber nicht“ Steinberg.

Dr. Maximilian Schaechter, Operateur der I. cbirurg. Universitätsklinik zu Budapest. Anleitung zur Wundbehandlung. Wiesbaden 1H87. J38 S.

Es könnte fast scheinen, dass bei der bereits schon so reichen Litteratur über die Antisepsis in der Wundbehandlung es heutigen Tages ein müssiges Unternehmen ist, eben diesen Gegenstand einer ausführlichen wissenschaftlichen Erörterung zu unterziehen. Und doch wird Jeder, der das vorliegende Buch gelesen, es mit Befriedigung ans der Hand legen, weniger, weil er viele neue, ihm bisher noch unbekannte wissenschaftliche Erfabrungsthatsachen und Forschungsergebnisse sich zu eigen gemacht hat, sondern hauptsächlich wegen der lebhaften, das Interesse des Lesers stets wach erhaltenden eigenartigen Darstellung, welche sich nicht bloss

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saazeiebnet durch nüchtern-skeptische Urtheile über die antiseptische Wundbehandlung, ihre verschiedenen Methoden und die durch sie erreichten nnd erreichbaren Resnltate, sondern auch reich ist an anregenden, fmcht- baren Gedanken über so manche zur Zeit noch ungelöste mit derWnnd- beilnng und -Behandlung im Zusammenhang stehende Frage. Ganz besonders zeichnet sich hierdurch der erste Theil des Buches aus. Beispiels- weise findet in dem Kapitel über das Wesen der Sepsis die Frage: ,In welcher Beziehung stehen die Mikroorganismen zu den septischen Wunden?“ eine eingehende, die Ergebnisse der neueren Arbeiten streng kritisch verwerthende Besprechung, deren Endresultat dabin zusammen- gefasst wird: „Es giebt keine Mikroorganismenart, welche ausschliesslich nnr bei septischer Wunderkrankong vorkime, es giebt keinen Mikro- organismus, der, rein gezüchtet und auf Thiere geimpft, sämmtliche Symptome der Sepsis hervorzubringen im Stande wäre, es giebt keine septische W nnderkrankung des Menschen , bei welcher nnr eine Art der Mikroorganismen zu finden wäre.“ Man sieht, der Verfasser giebt mehr, als der Titel des Boches verspricht: sein erster Theil (64 Seiten) bandelt „über die Arten der Wnndbeiinng und deren Hindernisse“. Erst im zweiten wird der eigentlichen Aufgabe näher getreten, es werden anf 66 Seiten „die Verhältnisse der Wundbeilong und die Aufgaben der Wundbehandlung“ besprochen. Im dritten werden „die Antiseptika und die mit denselben verbundenen Wondbehandlnngsmaterialien und anti- septischen Wundbehandlungsmetboden“ abgehandelt. Es folgt im vierten die ., Anwendung der verschiedenen Wundbehandlungsmaterialien und Wundbehandlungsmetboden bei den Wunden verschiedener Körpertbeile und den verschiedenen Arten der Verwundungen“. Den Schluss bildet (h. Theil) ein Anhang über die „Wundbehandlung an der I. chirurgischen Universitätsklinik zu Budapest“.

Der antiseptischen Wundbehandlung in der Kriegscbirurgie dies dürfte besonders interessiren ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Grundsätze, nach welchen Verf. dieselbe gebandbabt wissen will, treffen wohl nirgends anf Widerspruch. Leitendes Motiv ist „das anf die Ver- hinderung der Infektion gerichtete gewissenhafte Streben, das auch hier io der erreichbaren grössten Reinlichkeit und in der rationellen An- wendung der Antiseptika zum Ausdruck gelangt“. Kein übereiltes und übereifriges Untersuchen der Wunden auf dem Verbandplätze, eingreifende Operationen möglichst erst in den Spitälern. „Als Wnndbehandlungs- methode eignet sich für die Kriegscbirurgie die antiseptische Okklusion. Sie gewährt den verbältnissmässig sichersten Schutz gegen die Infektion; je früher sie der Wunde zu theil wird, desto günstiger der Heilungsver- lanf. Diese frühe antiseptische Okklusion strebt auch die Institution der Verbandpäckchen an.“ Befremdend ist die Unentschiedenheit der Stellung- nahme des Verfs. letzterem gegenüber. Während er dasselbe in Ueber- einstimmnng mit einer Reibe von Autoren prinzipiell verwirft, acceptirt er es schliesslich doch mit der Motivirong, es sei doch besser als Nichts. Ganz gerechtfertigt erscheint seine Zurückweisung des Vorschlags Fischer’s, der in der Kriegscbirurgie eine gewisse genau umschriebene und scbablonisirte Wundbebandinngs- nnd Verbandsmethode für zweckmässig erachtet, „weil bei der Mannigfaltigkeit der Fälle allgemein gültige Regeln aofzostellen überhaupt nnmöglich ist, nnd weil dies einerseits die Ver- werthnng der individuellen Erfahrung beschränkt und andererseits das Gefühl der persönlichen Verantwortlichkeit verringert“.

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Die in einer „Uebersicht“ am Schlüsse des Buches angefährten Sätze werden wie viele der im fortlaufenden Text angeführten Ansichten des Verfs. (beispielsweise die über die Erfolglosigkeit des Jodoforms gegen osteomyelitische, kariöse Erkrankungen der Knochen sowie gegen fungose d. h. tuberkulöse Entartung der Weichtbeile) meist auf Zustimmung rechnen können, da sie hei gleichzeitiger, maassvoller Beurthcilung der Anschauungen Anderer von der strengen gesunden Kritik Zeugniss ab- legen, mit welcher der Verf. auf Grund einer reichen Erfahrung und einer jahrelangen Betbätigung als Chirurg das heranshebt, was ihm als das Wichtigste und Werthvollste bei der Anwendung des antiseptischen Wund- verfahrens erscheint. „Es giebt kein allgemein gutes, in allen Phasen der Wundbehandlung und bei wie immer gearteter und geformter Wunde mit gleich gutem Erfolge anwendbares Antiseptikum; es giebt keine in allen Fällen sich gleich gut bewährende Wnndbehandlnngsmethode etc." „Das Antiseptikum, mag es Karbol oder Jodoform oder Sublimat sein, tritt in den Hintergrund, und die Technik: die Haemostase, die Vereinigung der Wundflächen, die Drainage und das Anlegen des Verbandes lösen den grössten Theil der Aufgabe. Dies ist der Schlüssel zu den mit ver- schiedenen Mitteln erzielten guten Erfolgen.“ „Einen Faktor jedoch kann kein Mittel und keine Methode entbehrlich machen, ja alle Mittel und Methoden können nur mit Hülfe dieses Faktors reüssiren, und dieser Faktor ist die Reinlichkeit.“

So können wir denn dem Buche eine gute Aufnahme, auch speziell in den militärärztlichen Kreisen, Voraussagen. Viel des Belehrenden, noch mehr aber des zum Nachdenken Anregenden. Görlitz.

Münchener Medizinische Wochenschrift. Separatabdruck aus No. 21, Jahrgang 1887. Aus der chirurgischen Klinik zu Greifswald. Die praktische Bedeutung der sekundären Wundnaht. Von Prof. Dr. Helferich.

Kocher wies zuerst nach, dass, wenn die Wunde in den ersten 24 Stunden mit Wismuthkrüllgaze anstamponirt werde, nachher dieselbe ohne Drain völlig geschlossen werden könne und meist anstandslos heile. Bergmann hob hervor, dass man bei Höhleownnden der Gefahr einer Wundinfektion entgehen könne, wenn man die Wunde zunächst offen lasse und mit lockeren Jodoformgazetampons fülle; entferne man diese nach 2 Tagen, so könne man die Wunde mit gutem Erfolge wie eine frische durch die Naht scbliessen. Er nimmt die Sekundärnaht jetzt nach vorhergehender Jodoformtamponade vor, meist 2, längstens 6 Tage nach der Operation 1) bei tuberkulösen Affektionen, besonders bei Gelenk- resektionen, 2) bei Wunden, namentlich Höblenwnnden , in denen völlige Blutstillung nicht möglich und Störung der Wnndheilung nach primärer Naht zu befürchten wäre. Verf. empfiehlt sie ebenfalls 1) nach operativen Eingriffen wegen septischer Lokalaffektionen in entzündetem oder doch verdächtigem Gewebe. Der Zeitpunkt für die Nabtanlegung hängt hier ab vom Fortbestehen des Fiebers. Verf. warnt vor frühzeitigem Verschluss selbst bei günstigem Zustande der Wunde. Er wendet auch bei der Sekundärnabt stets Drains an. Er zieht diese Naht auch in Gebrauch zur Heilung von Abszessen, eitrigen Scbleimbeutelentzündnngen n. s. w. Bezüglich der Technik des Verfahrens bemerkt er, dass in der Zeit

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xwMcheD Operation nnd Naht ein trockener, autiaeptiscber, leicht auf- saogender Verband benutzt werden kann, wenn der Eingriff in normalem Gewebe geschehen; bei entzündetem empfiehlt er Behandlung mit feuchten, desinfizirenden Verbänden, z. ß. mit täglich erneuerten, in Sprozentige •seigsanre Tbonerde getauchten Kompressen. Der erste Verband nach der Naht soll möglichst 8—10 Tage liegen; zur Vermeidung des Durch- schneidens der Nähte kann man die Wnndrereinigung noch durch Heft- pflasterstreifen (amerikao. Heftpflaster in heisser Karbollösung rasch des- infizirt) unterstützen. 2) Bei Operationen wegen tuberkulöser Prozesse. Verf. ist geneigt, die lokale Jodoformwirkung bei der provisorischen Tamponade mit Jodoformgaze in solchen Fällen als eine spezifische an- zoseben. Die Wnndfläche erfährt inzwischen Veränderungen im Sinne einer beginnenden Granulation. Bei Kniegelenksresektionen möchte Verf. die sekundäre Naht nicht später als 2 Tage nach der Operation angelegt wissen, da sonst durch die sich vordrängenden Weicbtbeile eine Adaptirung sehr erschwert wird. Bei tuberkulösen Knochenoperationen empfiehlt Verf. den Knochen mit Silk zu bedecken, da die Jodoformgaze sich sonst zu sehr mit jenem verfilzt. 3) Bei Höblenwunden und bei grösseren Ampu- tationen, wenn nicht Zeit zu exakter Blutstillung ist, z. B. im Kriege. 4) Bei Operationen am After und den Harnwegen oder in nächster Nähe dieser Theile. Verf. scbliesst damit, dass die Sekundärnaht in jedem Stadium der Wundheiinng ausführbar sei, wenn nur die Wunde antiseptisch sei; bisweilen sei dazu die Narkose uneotbebrlicb, z. B. bei Hüftgelenk- resektionen. Rh.

.Mittheilungen ans dem Kölner Bnrgerhospital. Heransgegeben vom Oberarzt Prof. Ür. Bardenheuer.

a. Erstes Heft: Osteoplastische Resektion des Manubrium sterni. Mit 10 Tafeln in Lichtdruck. Köln und Leipzig. Druck und Verlag von Albert Ase. 1886. 79 Seiten.

Die Resektion des Manubrium sterni dient entweder zur Entfernung des erkrankten Manubrium resp. der anschliessenden Brustwand oder znr Er- möglicbnng der Ausführung anderer Operationen (präliminzure Resektion). Für dieselbe stellt er folgende Indikationen auf: 1) Zur Ermöglichung der Unterbindung der a. anonyma und subclavia und der a. carotis intra tboracem linkerseits. Diese kann nuthwendig werden a) behufs Stillung einer peripheren Blutung der a. subclavia nnd carotis in Folge Verletzung der- selben. Die lokale Unterbindung, die immer zuerst zu versncbeii ist, kann sehr schwierig, ja bisweilen selbst unmöglich sein. In solchen Fällen räth Verf. zunächst nach Resektion des Brustbeins central eine provisorische Ligatur anzulegen und dann die lokale Blutstillung vor- zunehmen, nnd nur, wenn sie auch dann noch misslingt, definitiv die centrale Unterbindung auszufübren. Die gegen die provisorische Ligatur zu machenden Einwände widerlegt Verf. ausführlich; er bespricht dann die Ursachen der bisherigen schlechten Erfolge bei der centralen Unterbindung und glaubt, dass sich diese vermeiden lassen, die Nachblutungen durch gleichzeitige Unterbindung der benachbarten Oefässe a. vertebralis und truncns tbyreocervicalis, die Gefahr der Sepsis nnd Gangrän durch gründliche Desinfektion der primären Wundböhle und Ausstopfung mit Tbymol- gaze zur Sicherung des Sekretabflusses, die Verletzung der der Ligatur-

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stelle benachbarten wichtigen Gebilde (Venen, Nerven, Pleura, Lunge etc.) durch genügende Freilegung des Operationsgebietes, b) Behufs Heilung eines Aneurysma traomaticum et spurium. Die Gründe sind im Wesent- lichen die eben angegebenen, c) Behufs Heilung einer absichtlich während der Operation herbeigeführten, resp. wahrscheinlich herbeisuführenden Verletzung der grossen Hals- und Brustgefasse, wenn sie von Geschwülsten ganz umwachsen sind.

2) Zur Blosslegung und Entfernung der hinter dem roanubrium sterni gelagerten Geschwülste. Verf. hält die Eröffnung des mediastinum anticnm für absolut gefahrlos, wenn man nur für guten Abfluss des Sekretes sorgt. Oie Verletzung der Pleura lässt sich nach ihm meist umgehen und ist nicht gefährlich, wenn man die Oeffnnng nur gleich verschliesst, die Wunde mit Thymolgaze völlig ausstopft und den Verband 8 12 Tage liegen lässt. 3) Zur retrosternalen Tracheotomie bei inoperablen, ma- lignen Tumoren der Schilddrüse. 4) Zur Blosslegnng eines retroster- nalen Abszesses. Meist handelt es sich hier um Senkungsabszesse, die von der Schilddrüse oder von eitrigen Prozessen am Kehlkopfe und Zungenbein ansgehen, indem der Eiter sich in dem lockern Zellgewebe hinter dem tiefen Blatt der fascia profunda nach unten senkt und sich in dem mediastinum anticnm oder posticum anstaut Bisweilen kommt es znm Durchbruch durch einen Rippenzwischenraum oder durch die fascia profunda nach aussen. •'>) Zur Entfernung der selbsterkrankten Brustwand entweder in Folge der Entwickelung einer Neubildung oder eines ent- zündlichen Prozesses (Karies); bei Karies tritt Heilung nur dann ein, wenn der ganze knöcherne Tbeil, soweit das Periost durch Eiter ab- gehoben ist, entfernt wird.

Verf. geht dann über zur Ausführung der Operation und zwar 1) zur präliminaren Resektion des Brustbeins behufs Unterbindung der a. ano- nyma. Er schildert hier zuerst die anatomischen Verhältnisse, die Schwierigkeiten der Operation, die früheren Operationsmethoden (Graefe, Pirogoff, Mott), die er zugleich kritisch beleuchtet, und giebt dann die Technik seines Verfahrens (s. Original). Im Anschluss erwähnt er noch einen glücklich verlaufenen Fall von Unterbindung der v. anonyma. An zweiter Stelle bespricht er in derselben Weise wie ad 1 die Unter- bindung in der ersten Portion der Bubclavia mit Resektion des Sterno- clavicnlargelenks sowie fünf von ihm operirte Fälle, von denen 2 gestorben sind. Drittens schildert er 4 Fälle (1 gestorben), wo er die Resektion des Brustbeins ausgefübrt bat, zur Freilegung eines retrosternalen Abszesses.

Zuletzt wendet er sich zur Entfernung des kariösen Sternociavlcular- gelenks und des kariösen Sternums selbst unter kurzer Besprechung der bezüglichen Fälle. Daran schliesst er eine Kritik der Operation, in der er sich bemüht, die dagegen zu machenden Einwände ausführlich zu widerlegen. Die Nachbehandlung besteht selbstverständlich in korrekter Durchführung der Antisepsis und regelrechter Ableitung des Sekrets durch Ansstopfnng der Wnndhöhle mit Tbymolgaze. Wird dann nach 8 Tagen der Verband gewechselt, so ist die ganze Wunde schon mit Granulationen bedeckt. Mit Verkleinerung der Wundhöhle verringert sich durch gegenseitige Annäherung der Schlüsselbeine und Kippen der Breitendurchmesser der Brust bedeutend, die Schultern verschieben sich, es entsteht Kyphose resp. Skoliose. Bei Erhaltung des Periosts ersetzt sich Brust- und Schlüsselbein in verjüngtem Maassstabe wieder und bildet sich zwischen ihnen auch ein neues Gelenk. Znm Schluss spricht Verf. noch

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über die Bezeichnung ^oeteoplastische Resektion“ des Brustbeins, zu deren Begriff die Wiedereinpflanznng des resezirten Knochens gehören würde. Verf. selbst hat die Operation in dieser Weise noch nicht ansgefübrt, Terspricht sich aber gewisse Vortbeile davon, wenn auch die Nach- behandlung sehr erschwert würde, und schlägt ein neues Verfahren zur Ausfübrnng derselben vor.

b. Zweites Heft: Die Querexzision der Fusswurzelknochen. Von Dr. J. Schmidt. Mit 4 Tafeln in Lichtdruck. 35 Seiten.

Bardenbeuer übt diesVerfabren bei Karies derTarsal- und Metatarsal- koochen seit 1882, da die Auslöstelung und subperiostale Resektion oft siebt ansreicbe, indem der krankhafte Prozess trotzdem weiter schreite, die Amputation aber die Gehfähigkeit zu sehr beeinträchtige. Denn diese werde um so schlechter, je mehr vom Fnsse, von den Zehen ab ge- rechnet, amputirt werde. Da nnn meist von der Karies nur die kleineren Fosswurzelkuocben ergriffen werden, so bleibe bei Erhaltung der Zehen eine grössere Fläche zum Auftreten übrig, der Gang daher ein besserer. Den von Hüter gemachten Ein wand, dass durch die Resektion der Fusswurzelknochen die Tragfähigkeit des Fusses zu sehr beeinträchtigt werde, hält Verf. für nicht begründet, da dem Wegfall des Fussgewölbes dadurch Rechnung gelrageu werden könne, dass der noch stebengebliebene vordere Skelettheil mit dem hintern in eine feste, womöglich knöcherne Vereinigung gebracht werde, so dass Jener mit diesem einen der Fusssohle zngewendeten stumpfen Winkel bildet. Bei Besprechung der Litteratur erwähnt Verf., dass früher auch andere Chirurgen (Mikulicz, Nenber, Kappeier) schon ein ähnliches aber nicht so vollkommenes Operationsverfabren anwandten. Barden- beuer führt zuerst einen Schnitt quer oder im Bogen über den Fuss- rücken bis auf den Knochen, entsprechend dem Sitze der Erkrankung, meist von der Basis des 1. bis zu der des 5. Metatarsalknocbens resp. um- gekehrt; von den Endpunkten dieses dann noch Schnitte an den Fuss- rändern nach hinten behufs Ablösung der Weichtheile, event. verlängert er an einem Fnssende den Schnitt nach vorn, um vordere Tbeile noch rese- ziren zu können, nicht an beiden, um Absterben des vorderen Lappens zu vermeiden. Wenn möglich, werden die zum Hallux führenden Sehnen dabei geschont. Die Stümpfe der durchschnittenen Strecksehnen treten bei Adaptirung der beiden Fnsstheile genügend hervor, um sie aneinander legen zu können; eine Nabt ist deshalb nicht nötbig. Nach ausreichender Ablösung der Lappen von den Knochen werden diese durch Säge oder Meissei abgetrennt nnd von der Fusssohle abgelöst. Die Sägefläcben sollen parallel oder höchstens schwach divergent sein. Gelenkflächen bleiben nicht stehen, sondern es ist besser, stets den Knochen anzufrischen. Zuletzt werden die Weichtheile von den Granulationsmassen gereinigt, die Blutung gestillt nnd entweder die Wunde mit Tbymol- oder Jodoform- gaze ausgestopft und später erst beide Fnsstheile aneinander gedrängt und genäht oder sofort genäht und drainirt. Der Verlauf ist meist völlig reaktionslos; nach 2 3 Wochen konnte der vordere Fusstbeil gut bewegt werden, nach 1 Monat war die Heilung meist beendet. Ist die Verbindung zu locker oder schlecht, dann Gypsverband, mit dem die Kranken event. hemmgehen können. Für das spätere Geben ist das Tragen eines Platt- fusssebubes sehr nützlich. Die Verbindung zwischen vorderem und hinterem Fusstbeil geschieht durch Bildung eines neuen Gelenks. Es folgen

uy vioogle

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dann die Krankengeschichten von 17 Fällen, deren Endresnltate durch Bilder veranschaulicht werden. Den Schloss bildet eine kurze Epikrise, nach der unter den Operirten 6 Kinder, 11 Erwachsene waren. 12 von diesen wurden durch die Operation direkt geheilt (3 starben später an Tuberkulose), in 3 Fällen waren Nacbresektionen nötbig (bei 2 Kranken 2 mal), in 1 t'all erfolgte Heilung erst nach der Amputation, ein Fall, in dem die Amputation verweigert wurde, endete tödtliob. Verf. glaubt, dass die erzielten Resultate für ausgedehnte Anwendung der Methode sprächen; selbst bei nicht zu vorgeschrittener Lungenschwindsucht sei sie nicht eingreifender als die Amputation, die dann immer noch möglich sei. In einem Anhang erwähnt Verf. noch kurz einen Fall, bei dem die Operation mit gutem Erfolge zur Deckung eines grossen llautdefekts vorgenonimen wurde. Rb.

Baroffio. Diagnosi medico - legale militare della amaui^osi e deir amblyopia monoculare. Oiornale medico del R. esercito e della R. marina. Anno XXXV. N. 8. Agosto 1887.

Zur Feststellung von Simulation einseitiger Blindheit oder Schwach- sichtigkeit schlägt B. ein durch Einfachheit sich anszeichnendes Ver- fahren vor, wobei er an das Ei des Colombos erinnert Eine Brille, deren eines Glas plan, deren anderes eine Konvex- oder eine Konkavlinse (von 3 4 Dioptrien) ist, wird so aufgesetzt, dass die Linse dem gesunden Auge entspricht. Wenn non der Mann mit dem Konvexglas in der Ferne oder mit dem Konkavglas in der Nähe deutlich zu sehen angiebt, so ist es sicher, dass er dies mit dem angeblich schwachsichtigen Auge thot. Ametropie erfordert natürlich entsprechende Berücksichtigung. Dasselbe erreicht man, wenn in das gesunde Auge Eserin oder Atropin eingeträufelt wird, wobei Refraktionsanomalien die gleichzeitig Anwendung des korrigirenden Glases erfordern. (Nach Lage der Bestimmungen über Militärdienstbrauchbarkeit bat die Feststellung des Grades der Schwach- sichtigkeit auf dem schlechteren Auge in der italienischen Armee eine hervorstechendere Bedeutung als bei uns. Ref.) Kern.

Ovdrttckt in d«r K6aiflichen Hof hDchdmckvrvi von E. S. Mittler ä Sobn, Kocbiftr. 48^70«

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Deutsche

Miiitärärztliche Zeitschrift.

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Dr. Jl. Generalarit,

Berlin, TMben»tr«ßsa 6,

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e. pitibt & $e9n,

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Konztlich «ncbeint ein Heft ron mindestens 3 Druckbogen; dazu ein „AmtUcbee Beiblatt^. Der ZeiUchrift wird dne Werk; „Jabreiberieht über die Forticbritte anf dem Gebiete de« MiliUr- Saaitlti-Weaeni**, berausgegeben toid Generalarzt Dr. Rotb, nnentgeltUch beigegeben. Bestellung nehmen alle Postlmter und Buehbandlungen an. Preis des Jahrgangs Hark.

XVII. Jahrgang. 1888. Heft 5.

Eine Epidemie von fieberhafter Gelbsucht.

Von

Oberstabsarat Dr. Kircbner in Breslau.

Im Tergangenen Jahre berichtete Prof. Weil in Heidelberg über 4 Fälle von fieberhafter Gelbsacht, welche im Jahre 1870 und 1882 auf der dortigen Klinik beobachtet worden waren, and deren Krankheitsbild für eine akate Infektion sprach, aber von dem der bekannten Infektions- krankheiten so sehr abwicb, dass die Vermuthang gerechtfertigt erschien, es handele sich am eine völlig eigenartige, bisher nicht geschilderte Krankheitsspezies (Deutsches Archiv fnr klin. Medizin Bd. 39, S. 209).

Seitdem sind ein ebensolcher Fall aus dem Krankenhause zu Nürn- berg und je zwei von Aufrecht in Magdeburg und £. Wagner ver- öffentlicht worden. Ersterer bezeichnet die Krankheit vorläufig als akute Parenchymatöse, letzterer als einheimisches biliöses Typhoid (ibid. Bd. 40, S. 238, 618 und 628). Alle diese Fälle waren durchaus sporadisch.

Während dieses Sommers habe ich Gelegenheit gehabt, eine kleine Epidemie von 8 Fällen dieser Krankheit im hiesigen Garnison -Lazareth 10 beobachten, die ich bei dem grossen Interesse derselben nachstehend mittbeile.

1) Unteroffizier Kr. (51. Regt.) fühlte sich seit Mitte Juli unwohl, litt an Kopfschmerz, Nasenbluten, Appetitlosigkeit, Mattigkeit. Ende Jnli wurde der Stahl unregelmässig, häufiger. Am 2. August trat plötzlich starke Verschliramerang ein mit heftigem Kopfschmerz und grosser

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Schwäche. Bei der Lazarethaafnahme am 3. Auguat batte Patient fahles blasses Aussehen, fühlte sich sehr matt, klagte über starke Kopfscbmenen, Hitze und ziehende Schmerzen in allen Gliedern, besonders in den Waden, die gegen Palpation sehr empfindlich sind. Zunge katarrhalisch belegt. Puls frequent, leicht unterdrückbar. T. 39,9.

4. August. Wenig unruhiger Schlaf, Zustand unverändert, die •Muskelscbmerzen haben zngenommeu. T. 38,4 39,7. P. 100 108. Ord.: Laues Bad. Acid. mur.

5. August. Dasselbe Befinden. Beginnende ikterische Färbung der Haut, besonders der Sklera. Leber auf Druck empfindlich, Perknssions- grenzen natürlich, ebenso die der Milz. Geringer Broncbialkatarrh. T. 38,1 40,0. Ord.: Natr. salic., Bad.

6. August. Ikterus sehr vermehrt. Urin rötblich trübe, gallenfarbstoff' haltig,obne Eiweiss. Subjektives Befinden wenig besser. T. 39,0 39,5. Bad.

7. August. Hautfarbe tief citronengelb. Urin stark galleufarbetofiTbaltig. Starkes Nasenbluten durch Tamponade gestillt. Stuhlgang seit zwei Tagen sistirt. T. 38,4 39,2. Ord.; Inf. rhoi.

8. August. Ruhige Nacht, Gliederschmerzen mässig. Stuhl thon- farben. Herpes labial. T. 37,1 38,3. Ord.: Chin. mit Acid. mnr.

10. August. Beginnende Rekonvaleszenz. T. 36,6.

20. August. Wohlbefinden. Ikterus fast ganz verschwunden.

30. August Geheilt entlassen.

2) Gren. Br. (10. Regt.) erkrankte am 30. Juli Nachmittag plötzlich mit Frost, Hitze und Kopfschmerz. Bei der Aufnahme am 31. Juli war die Zunge stark belegt, sonst keine Veränderung. T. 39,2.

1. August. Grosse Schwäche, Muskelschmerz, besonders der Waden bei Berührung. Nasenbluten. Leichter Husten mit geringem schaumigen Auswnrf. T. 39,4 38,4. Ord.: Inf. Ipecac.

2. August. Schlaf und etwas Schweiss. Leichter Ikterus der Sklera. Reg. epigastr. auf Druck empfindlich. Leber nicht vergrössert, Milz wenig. T. 37,3.

3. August. Deutlicher Ikterus. Stuhl fest, thonfarben. Deutliche Milzvergrösserung. Urin gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweiss. Muskel* schmerzen au den Beinen, Appetitlosigkeit, Schwäcbegefühl dauern an. T. 36,8 37,2. Ord.; Tr. rhei. vin.

5. August. Fieberfrei. Grosses Schwächegefühl.

6. August. Starke Wadenschmerzen. Epigastr. druckempfindlich. Milz reicht bis zum untern Rippenbogen. Ikterus hochgradig. T. 37,7 38.

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7. Aagast. Seit gestern wieder fieberfrei und beginnendes Wohl- befinden. Urin bierbraun, stark gallenfarbstofifbaltig. Stuhl tboiifarben.

15. August. Zunehmendes Wohlbefinden. Hautfarbe und Urin heller, Stuhl gelblich.

2. September. Gesund entlassen.

3) Gren. Kr. (11. Kegt.) erkrankte ohne erkennbare Ursache am '2. August unter starkem Kopfschmerz, Schwindel, Appetitlosigkeit und zeigte bei der Aufnahme am 3. August starken Kollapsus. Puls sehr frequent, kaum fühlbar. T. 40,4. Ord.; Kühles Bad. Wein.

4. August. Zunge belegt, Leibschmerzeu und breiige Durchfälle. T. 39,4—40,4. Kalom., Eis.

5. August. Grosse Schwäche, Kopf- und Gliederschmerzen. Geringer Broncbialkatarrh. Beginnende ikterische Hautfärbung. Kalomelstüble. T. 39,4—39,8.

6. August. Ikterus vermehrt. Urin gallenfarbstoiThaltig, ohne Eiweiss.

7. August. Subjektives Befinden unverändert. Starker Ikterus. Lebergegend schmerzhaft. Milz nicht vergrossert. Thonfarbige Stühle. Cbin. mit Acid. mur.

8. August Starkes Nasenbluten durch Tamponade gestillt Kollapsus. Leber einen Finger breit nach unten vergrossert. Haut mahagonifarben. T. 37,2—38.

11. August. Stark ikterische Erscheinungen. Fieberfrei.

20. August. Stuhl gefärbt. Urin natürlich.

4. September. Gesund entlassen.

4) Gren. H. (11. Regt.) erkrankte plötzlich am 8. August mit Frost, Hitze, Kopf- und Kreuzschmerzen, Druck und Völle in der Magengegend. Bei der Aufnahme am 10. August bestand äusserste Schwäche, lebhafte Gliederschmerzen besonders der Waden und Unterarme. Zunge belegt. Extremitäten kühl, [Puls klein und häufig. Stuhl angehalten. Organe der Brust und des Unterleibes ohne nachweisbare Veränderung. T. 39,5. Ord.: Chin. mit Acid. mur.

11. August Stuhl natürlich. Urin röthlich trübe, sedimentirend. Leber auf Druck empfindlich, nicht vergrössert, auch nicht die Milz. T. 37,4-38,4.

12. August Allgemeinbefinden besser. Muskelschmerzeu sehr stark. Allgemeine Gelbsucht.

13. August Starke Gelbsucht. Im Urin viel Gallcnfarbstoff, kein Eiweiss. Leber* und Milzgrenzen natürlich. T. 36,6 38,0.

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14. Angnst. Grosse Schwäche. Lebergegeod empfindlich. Milz

etwas vergrössert. T. 36 38,2.

15. August. Zustand unverändert. T. 37,2 38,0.

16. August. Stuhl fest, thonfarben. Urin bierbrann. T. 36,8 37,8.

17. August. Herpes lab. Lebergegend noch wenig empfindlich.

Fieberfrei. Tr. rhei. vin.

19. August. Beginnendes Wohlbefinden. Stuhl thonfarben. Milt vergrössert bis zum untern Rippenbogen und anf Drnck empfindlich. Hautjucken.

26. August. Gelbsucht beseitigt. Rasche Rekonvaleszenz.

6. September. Gesund entlassen.

5) Füs. J. (10. Regt.) erkrankte am 10. August plötzlich mit Kopf- schmerz, Schwindel, starkem Frost, Gliederschmerzen, Durchfall und grossem Schwächegeföhl. Bei der Aufnahme am 11. August ist der Kranke äusserst schwach und kollabirt, die Gesichtsfarbe bleich, die Augen eingesunken. Haut kühl. Puls kaum fühlbar, 120 p. M. Zuufe belegt, Magen- und Lebergegend anf Druck empfindlich. Leber und Milz nicht vergrössert. Geringer Husten mit schaumigem Auswvf. T. 39,2. Ord. ; Kognakwasser. Chin. mit Säure.

12. August. Unterleib, Lenden, Extremitäten äusserst empfindlich. Beginnende gelbliche Hautfärbnng. Nach der Morgen- und Mittagsuppe Erbrechen. Ein dünner gelblicher Stuhl. T. 36,8 37,2. P. 80.

13. August. Früh Erbrechen. Ausserordentliche Schwäche. Gelb- sacht hat bedeutend zugenommen. Urin reich an GallenfarbstoEf. Die Schmerzen, besonders der Extremitäten, unverändert. Drei thonfarben« dünne Stühle. T. 36,8 37,0. P. 64, klein.

14. August. Haut mahagonifarben. Nasenbluten. T. 36,8 37,4. P. 70.

15. August. Urin bierbrann, stark gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweia«. Leber empfindlich, Vergrössernng nicht bestimmt nachweisbar. Keine Milzscbwcllung. T. 38,2. Ord.: Salzsäure.

16. August. Der Kranke ist soporös und schläft viel. Schnaerzen im Unterleib und Gliedmaassen unverändert. Vermehrte thonfarben« Stühle. T. 37,2 37,8. Warmes Bad mit kalter Begiessnng.

17. August. T. 37,2—38,2. Keine Veränderung. Bad mit Begiessong.

18. August. Ein Exanthem am ganzen Körper, welches nur du Gesicht frei lässt und von oben nach unten fortschreitet: linsengroue, rosarotbe Flecke, die zum Theil zusammenfliessen, auf Druck verschwinden. Allgemeinbefinden unverändert. T. 38,0—38,6.

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19. Angast Exanthem vermehrt Gelbsacht anverändert Im Urin neben reichlichem OalleDfarbstoff etwas Eiweiss nnd einzelne gelbliche bjaline Cyliuder. Stahl breiig, thonfarben. T. 38,0 39,4.

30. Angnst Ansscblag fast überall znsammengeflossen. Kopf- and Gliederschmerzen. Schwäche nnverändert. T. 38,9 39,2. Ord.: Chin. Lanes Bad.

21. Angnst Allgemeinbefinden besser, Aasschlag blasst ab. Gelb- sucht anverändert. T. 38,2 38,4.

23. Angnst Linksseitige Parotitis. Milz nicht vergrössert Leber auf Drnck empfindlich. Stahl thonfarben, sonst natürlich. T. 38,4—38,8. P. 88.

24. Angnst Aasschlag verschwanden. Leichte Hantabschilfernng. Grosse Schwäche. T. 39,0.

25. Angust. Parotitis'nimmt zn, Gelbsncbt ab. T. 39,2 39,0.

26. Angust Rechtsseitige Parotitis. Urin sehr reichlich. Sensorium frei. T. 39,6—40,0. P. 120, klein.

28. Angnst Flnktnation in der linken Parotis. Inzision entleert dicken gelben Eiter. T. 39,2 39,4.

30. Angnst. Reichliche Eiterentleernng dnrcb Inzision ans der rechts- seitigen Parotis, Gelbsncbt rückgängig, T. 39,0 39,6.

6. September. Starke Eitemng. Langsamer Fieberabfall.

15. September. Fieberfrei.

27. September. In Genesung.

6) Train-Gem. J. erkrankte plötzlich am 15. Angust unter Frost, Fieber, Kopf- und Halsschmerzen, Nasenbluten. Bei der Aufnahme am

16. August besteht doppelseitige Mandelentzündung. T. 38,9 40,0.

17. August Grosses Schwächegefühl. Heiserkeit. T. 39,0—39,8.

18. August Beginnende Gelbsucht Urin rötblicb- trübe, ohne Ei- weisa. T. 38,8 39,6. Ord.; Acid. mur.

19. Angust. Allgemeinbefinden besser. Mandelentzündung rück- gä.ngig. Vermehrte Gelbsucht Milz und Leber nicht vergrössert. Ham in natürlicher Menge, gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweiss. Nasenbluten. T. 38,1—39,0.

21. Angnst. Starke Gelbsucht. Nasenbluten. Erbrechen. Grosse Schwäche. T. 38,5—38,0.

23. Angnst. Urin hoch ikterisch. Stahl thonfarben. T. 37,5.

24. Angust. Fieberfrei. Leber nicht vergrössert Milz geschwellt. Ord.: Tr. rhei vin.

26. August Milz reicht bis zum Rippenrand. Gelbsucht in Abnahme.

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28. Aagnst. Stuhl natürlich.

20. September. Gesund entlassen.

7) Gefr. D. (11. Regt.) erkrankte am 16. August plötzlich mit Frost, Kopfschmerz und grossem Scbwächegefübl. Appetitlosigkeit. Durchfall. Bei der Aufnahme am 18- August war die Zunge belegt, Magengegend auf Druck empfindlich, ebenso die Unterschenkel. Sonst keine Ver- änderung. T. 38,2 38,6. Ord.: Kalomel.

19. August Erbrechen von saurem Mageninhalt, dünne gelbliche Stühle. T. 37,9—39,0.

20. August. Heftige Gliederschmerzen. Milz vergrössert T. 38,8— 39,6.

21. August. Grosse Schwäche. Beginnende Gelbsucht T. 37,4— 38,2. Ord.: Chin. and Säure.

23. August. Starke Gelbsucht Urin deutlich gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweiss, 2300 g, sauer. Subjektives Befinden besser. T. 37,9 .39,0.

24. August. Hautjucken. Thoniger Stuhl. Nasenbluten. Keine Milz- oderLebervergrösserung oder Empfindlichkeit daselbst T. 37,0 39,2. P. 60.

25. August Fieberfrei. Gelbsucht unverändert.

4. September. Haut noch schwach gelblich. Stuhl und Urin natürlich.

6. September. Geheilt entlassen.

8) Gren. S. (11. Regt.) erkrankte am 18. August plötzlich mit Kopfschmerz, Frost und grossem Schwäcbegefühl. Stuhl vermehrt. Bei der Aufuabme an demselben Tage bestand Appetitlosigkeit, belegte Zunge, Schmerzhaftigkeit der Magengegend, geringer Bronchialkatarrh mit schaumigem Auswurf ohne besonderen Charakter. T. 40,4.

20. Angast. Diffuse mittelblasige Rasselgeräusche. T. 39,4—39,6. P. 94, klein. Ord.: Inf. digit. mit Liq. ammon. anis.

21. August. Gelb gefärbte Durchfälle. Muskelschmerzen der Beine. Leicht gelbliche Hautfärbung.

22. August. Deutliche Gelbsucht. Stuhl schwach thonfarben. Urin röthlich, gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweiss. Milz und Leber nicht ver- grössert und nicht empfindlich. Allgemeinbefinden besser. T. 38,6— 39,0.

24. August. Schleimiges Erbrechen von saurer Reaktion. Bronchial- katarrh beseitigt. T. 37,6 38,8.

25. August. Starke Gelbsucht. Urin 1700 ccm, Spez. Gew. 1012, kirschroth, deutlich gallenfarbstoffbaltig. Stuhl thonfarben. T. 37,4 37,6.

26. August. Rekonvaleszent.

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5. September. Stahl and Urin natürlich. Wohlbefinden.

16. September. Geheilt entlassen.

Diese acht Krankheitsfälle bieten ein einheitliches klinisches Bild, dessen Haaptcharakter akute fieberhafte Gelbsucht ist. Die Krankheit trat plötzlich ein mit Frost, Kopfschmerz, Schwindel and grossem Schwäcbegefnhl. Nur im Fall No. 1 ging 14 tägiges Unwohl- sein Toraos mit Kopfschmerz, Appetitlosigkeit, Mattigkeit, Nasenbluten. Das Fieber erreichte binnen 24 Standen seine höchste Höhe bis 40 ° und darüber, am sogleich wieder stafleiförmig rasch abzafallen innerhalb 2 5 Tagen. Stärkere Schweissbildung fehlte dabei. Nach 1—2 fieber- freien Tagen trat in sechs Fällen erneutes kurzes Ansteigen der Tem- peratur ein, das einmal mit Hautansschlag resp. Parotitis zasammenfiel, zweimal nach Gebrauch Ton Kalomel. Dieses erneute Fieber erreichte jedoch niemals die Anfangstemperatur.

Die Palsfreqaenz entsprach im Allgemeinen anfangs der Höhe der Temperatur, um sich in den nächsten Tagen rasch zu rerringern und mit Beginn der Gelbsucht in auffallende Verlangsamung überzugehen. In der ersten Periode war die Pulswelle meist schwach und leicht zu unterdrücken, in der zweiten mehr voll und kräftig.

Die Gelbsucht war in sämmtlichen Fällen hochgradig, in einigen bis zur Mabagonifärbung der Haut; dabei war der Urin stark galleufarh- stoffbaltig und der Stuhl vollkommen thonfarben. Die Gelbsucht trat mit beginnendem Fieberabfall hervor und war in 3 4 Wochen ver- schwunden.

Nebst Fieber und Gelbsucht waren die Gehirnerscheinnngen sehr ausgeprägt: Kopfschmerz, Schwindel, wenig und unruhiger Schlaf, grosse Hinfälligkeit, Neigung zur Somnolenz. Diese Erscheinungen gingen mit Abfall des Fiebers meist rasch zurück.

Bei beginnender Krankheit entstand häufig geringer Bronchial- katarrb ohne charakteristischen Auswurf. Verhältnissmässig oft und heftig traten in der Fieberperiode Blutungen aus der Nase ein.

Im Verdanungsapparate war die Zunge belegt, am Rande roth, zuweilen trocken. Appetitlosigkeit und Erbrechen. Der Stuhl war theils natürlich, theils durchfällig, ohne Charakteristisches und bald vor- übergehend. Dabei bestanden oft massige Schmerzen und Druck- empfindlichkeit des Leibes. Leber und Milz waren wiederholt geschwellt und druckempfindlich. Der Urin war reichlich, von mässigem spezifi- schen Gewicht; nur in einem Falle enthielt er mit Beginn eines Haut- ausscblags etwas Eiweiss und einige hyaline Cylinder. Dieser Ausschlag

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zeigte im Allgemeinen den Charakter ^er Roseola, die allmälig vielfach konflairte. Wiederholt erschien mit eintretender Entfieberung Herpes lahialis. Allgemein war die Silage über Maskelschmerzen der Lenden, Arme, Beine, besonders der Waden, znmal bei Druck, ohne wahrnehmbare Veränderung dieser Theile.

In einem Falle trat doppelseitige eitrige Parotitis hinzu, ein Fall begann mit Mandelentzündung.

Alle Erkrankten waren junge kräftige Leute von gesunder Körper- beschaffenheit.

Keiner wusste eine bestimmte Schädlichkeit als mnthmaassliche Ur- sache anzugebeu, doch wollten einige dem Baden in der Oder Schuld geben. Sechs resp. sieben gehörten den drei Infanterie- Regimentern hiesiger Garnison an in ziemlich gleichmässiger Betheilignng, einer dem Train. Die beiden Artillerie - Abtheilungen und das Leib - Kürassier - Regiment blieben verschont, obgleich erstere in demselben Kasernenkomplex wohnen, wie der Train, 1. Bataillon 51. Infanterie-, und Füsilier- Bataillon 11. Grenadier - Regiments. Das 1. und 2. Bataillon 11. Regiments und des 10. Regiments liegen in zwei getrennten Kasernements. Ein Mann des letzteren vom Füsilier-Bataillon (Fall No. 5, der besonders schwer ver- lieO war 24 Stunden vor seiner Erkrankung aus seiner Garnison Frei- bnrg i. Scbles. in den hiesigen Untersucbungsarrest übergeführt worden.

Lage und Beschaffenheit der Kasernements im Allgemeinen und der einzelnen Quartiere lassen eine Ursache der in Rede stehenden Er- krankungen nicht erkennen. Ebensowenig die Ernährung und sonstigen Lebensverhältnisse. Vergiftung ist ausgeschlossen. Wasser hatte Fall No. 5 in Breslau noch nicht getrunken.

Alle Erkrankungen fielen in ziemlich gleichmässiger Vertheilnng in die Zeit vom 30. Juli bis 18. August. Zu dieser Zeit übt die Infanterie meist Aussendienst, welcher bei den grossen Entfernungen hier besonders anstrengend ist, und der Umstand, dass Kavallerie und Artillerie ver- schont blieben, könnte an einen Zusammenhang dieser Anstrengungen mit den Erkrankungen denken lassen.

Der Monat Juli war andauernd und zunehmend heiss. Ende des Monats erreichte die Temperatur im Schatten 33,6° C., um im Beginn des August wieder erheblich abzufallen. Dabei herrschte im Juli vorwiegend Süd- und Südwestwind. Aetiologisch drängt sich diese exzessive Sommer- hitze als eine Schädlichkeit, der alle Erkrankten ausgesetzt waren, am meisten in den Vordergrund.

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Id der Civilbevölkerang sind keine ähnlichen Krankheitsfälle hier bekannt geworden, bestimmt nicht vorgekommen in der Universitäts- klinik und Poliklinik. Unter der Garnison traten seit Beginn des Früh- jahrs kapilläre Bronchitis and katarrhalische Longenentzündong (Bronchopnenmonie) in grösserer Anzahl anf ; akute Infektionskrankheiten im engeren Sinne, besonders Typhns, fehlten.

Et kann nicht zweifelhaft sein, dass die in Rede stehende Krankheit za der Groppe der akuten Infektionskrankheiten gehört Ausser dem klinischen Bilde spricht dafür besonders das epidemische Auftreten.

Weit schwieriger ist bei dem .Mangel anatomischer Befunde und spezifischer Krankheiterreger zu bestimmen, welche Stellung dieser Krankheit unter den akuten Infektionskrankheiten anzuweisen sei.

Wiederholte Untersuchungen von Blutproben zeigten dieselben frei TOD spezifischen Organismen, speziell waren keine Spirochäten darin anfzofinden. Ebenso waren Urin und Longenauswnrf frei von spezifischen Gebilden.

Von den epidemisch auftretenden, mit Gelbsucht verlaufenden akuten Infektionskrankheiten ist Febris recurrens durch das Fehlen von Spiro- chäten ausgeschlossen. Dasselbe gilt von dem biliösen Typhoid, sofern sein von Griesinger gegebenes Bild mit Rücklauffieber identisch ist. Andererseits bietet das biliöse Typhoid rein symptomatisch die aller- grösste Aehnlichkeit mit dem Gelbfieber, und in dieser Beziehung wüsste ich keinen wesentlichen Unterschied zwischen diesem und den hier be- obachteten Krankheitsfällen anfzofinden. Beide Krankheitsbilder gleichen sich bis ins Einzelne und sind sich auch ätiologisch ähnlich. Sie er- scheinen symptomatisch nur dem Grade nach unterschieden, und ich würde vorläufig keinen Anstoss nehmen, die in Rede stehende Krankheit als einheimisches Gelbfieber zu bezeichnen, bis es gelingt, die Krankheitserreger dieser nnd ähnlicher infektiösen Gelbsüchten aufzu- finden und damit ihre genauere Gruppirung zu begründen.

Breslau, Oktober 1888.

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Ein Fall von fleberhaftom Ikterns.

Beitrag cur Keuntoiss der neuen Infektionskrankheit Weil's.

Von

Oberstabsarzt Dr. Schaper, Braunschweig.

Im August dieses Jahres ging der inneren Station des hiesigen Gamison-Laxareths ein Krankheitsfall zu, welcher in seinem Verlaufe mit der von Weil im 39. Bande des deutschen Archivs für klinische Medizin geschilderten lofektionskrankheit so auffallend nbereinstimmtc, dass ich ihn dem Wunsche Weil's gemäss der Oeffentlichkeit übergebe.

W. J., Regt. No. 92, 22 Jahre alt, bisher ganz gesund, erkrankte am 6. August nach dem Baden ganz plötzlich mit Leibschmerzen und Uebelkoit, wozu sich Tags darauf noch Kopfschmerzen, Schmerzen im Rücken und in den Gliedern, allgemeines Krankheitsgefühl hinzngesellten ; am 8. August, dem III. Krankheitstage, wurde er in das Lazareth auf- genomroen und an diesem Tage folgender Status praesens aufgezeichnet;

Kräftig gebauter Mann, welcher auf den ersten Anblick den Ein- druck eines schwer Kranken macht; er liegt mit den Zeichen äusserster Schwäche und Hinfälligkeit in ansgestreckter Rückenlage im Bett, klagt über heftige Schmerzen im Kopf, im Rücken, ganz besonders im unteren Tbeile desselben, in den Muskeln der Gliedmaassen, namentlich in den Waden, welche so empfindlich sind, dass Pat. bei leisem Druck auf dieselben zusammenzuckt; er klagt ferner über Eingenommenheit des Kopfes, Appetitlosigkeit, Durst, allgemeine Abgeschlagenheit.

Die Untersuchung crgiebt hohes Fieber (40,2; 112; 32 Abd. 40,5; 118; 32); die Haut ist trocken; Zunge dick weiss belegt, Bauch auf- getrieben, sehr druckempfindlich, besonders in der Lebergegend; wegen des hochgradigen Meteorismus sind die Grenzen der Leber und Milz nicht genau festzustellen. Beim Versuch des Aufrichtens, was nur mit doppelter Hülfe möglich ist, klagt Pat. über sehr heftige Schmerzen im Kreuz, die Nierengegend ist beiderseits auf Druck in hohem Grade empfindlich; in den Longen ist nichts Abnormes zu konstatiren, ebenso- wenig am Herzen; Arterien weit, von geringer Spannung, Pulswelle von mittlerer Höhe, dikrot. Seit vier Tagen ist kein Stuhl erfolgt. Ord. Flüssige Diät; Eisblase auf den Kopf, Hydropatbische Umschläge auf den Unterleib; Eingiessung; Acid. muriat.

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9. Aagust, IV. Tag. M. 38,4; 116; 28. Abd. .39,5; 108; 40.

Nach nnnibiger Nacht sind Schwindel and Eingenommenheit des

Kopfes heute stärker; die Sclerae leicht gelblich gefärbt; nach der Ein- giessnng ist ein gallig gefärbter Stnhl erfolgt; Kopf- and Mnskel- scbmerxen unverändert, Krencscbmerren etwas geringer, die Druck- empfindlichkeit des meteoristisch aufgetriebenen Bauches, namentlich in der Gegend des linken Leberlappens, noch gesteigert; Leber- und Milz- scb Wellung nicht deutlich nachweisbar.

10. August, V. Tag. M. 38,3; 100; 28. Abd. 39,5; 104; 32.

Intensiver allgemeiner Ikterus, über den ganzen Rumpf verbreitet

zahlreiche Petechien. Eingenommenheit des Kopfes nach unruhig durch- schlafener Nacht stärker als gestern, Augenbindebäute lebhaft injizirt; die Drnckempfindlicbkeit der Lebergegend bat noch zugenommen, ein- mal galliges Erbrechen, Leib noch aufgetrieben, Leber- und Milz- schwellung nicht mit Bestimmtheit nachweisbar; der sehr reichlich gelassene Urin ist dunkelbraun, enthält viel Eiweiss und GallenfarbstofT; ein grauer harter Stuhl.

11. August, VI. Tag. M. 38,2; 108; 24. Abd. 38,8; 92; 26.

Schlaf noch ziemlich unruhig, Eingenommenheit des Kopfes geringer,

Allgemeinbefinden besser, die Schmerzen haben überall nachgelassen, der Leib ist nieht mehr aufgetrieben, weich, mässige Schwellung der Milz und Leber nachweisbar, letztere überragt den Rippenrand in der Brustwarzenlinie um 1 cm. Nachts ist eine starke Blutung aus dem rechten Nasenloch erfolgt, Pat. hustet ziemlich viel, der sehr reichliche Auswurf ist schleimig, enthält viel Blut. Die Untersuchung der Lungen, bei welcher sich J. allein und ohne Schmerzen aufrichtet, ergiebt sowohl vorn als hinten überall Pfeifen und Schnarren, bei vesikulärem Athem- geräusch. Urin und Stuhl in Menge und Beschaffenheit wie gestern. Ord. Nat. sulf. und Nat. bicarb.

12. August, VII. Tag. M. 38,1; 80; 24. Abd. 39,4; 72; 24.

Nach ruhig durchschlafener Nacht ist das Allgemeinbefinden besser,

alle Krankbeitsersebeinungen haben sich bedeutend vermindert, namentlich ist auch die Leberschwelluog zurückgegangen; Nasenbluten ist nicht wieder aufgetreten, der an Menge sehr viel geringere schleimige Aus- wurf ist trotzdem mit frischem Blut vermischt; der Urin ist sehr reichlich, ikterisch gefärbt und enthält noch viel Eiweiss; ein breiiger lehm- farbener Stuhl.

13. August, VIII. Tag. M. 37,4; .52; 20. Abd. 38,0; 66; 20.

Fortschreitende Besserung; Ikterus sichtlich geringer, der Appetit

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beginnt zurückznkebren; in den Langen ist nichts mehr nachznweisen, Pat. hastet nar noch ganz wenig rein schleimige Massen aus.

Vom 14. bis zam 22. Aagust war Pat. vollkommen fieberfrei, sein Allgemeinbefinden hob sich schnell, die gelbe Farbe der Haut schwand fast vollständig, nur die Sclerae blieben gelb gefärbt; Leber- and Milz- Schwellung nicht mehr vorhanden; der Eiweissgehalt des Urins schwand ebenfalls, während Gallenfarbstoffe andaaernd darin nachweisbar waren; vom 20. Aagust (XV. Tag) an war der Stuhl wieder gallig gefärbt

23. August, XVIII. Tag. M. 38,2; 72; 22. Abd. 40,0; 76; 28.

Morgens klagt Pat. über Schwindel, Kopfschmerz und erneutes

allgemeines Eraukbeitsgefübl; Nachmittags tritt ein Schüttelfrost ein, worauf die Temperatur wieder auf 40,0 steigt; die gelbe Farbe der Haut ist wieder stärker sichtbar, Pat klagt über heftige Leberschmerzen. Ord. wie früher.

24. August, XIX. Tag. M. 38,6; 60; 20, - Abd. 39,3; 68; 24.

Nach sehr unruhigem, von lebhaften Delirien nnterbrochenem Schlaf

ist Pat. sehr benommen; Ikterus stärker, einmal galliges Erbrechen; Zunge dick belegt, die auf Druck sehr empfindliche Leber geschwollen, die absolute Dämpfung misst in der Parasternallinie 15, in der Brust* warzenlinie 16 cm; der sehr reichlich gelassene Urin dunkelbraun, ikterisch gefärbt, aber eiweissfrei; ein brauner Stuhl.

25. August, XX. Tag. M. 37,6; 72; 20. Abd. 38.6; 64; 24.

Nach ruhiger Nacht sind sowohl die allgemeinen als die örtlichen

Erscheinungen zurückgegangen, und nachdem am 26. August, dem XXI. Krankbeitstage, die definitive Entfieberung erfolgt ist, erholt Pat. sich so rasch, dass er am 28. September nach etwas über sieben- wöchentlicher Krankheit geheilt entlassen werden kann.

Fassen wir die geschilderten Krankheitserscheinungen kurz zu- sammen, so bandelt es sich um eine schwere, bei vorher ganz gesundem, kräftigem Manne plötzlich eiosetzende, mit hohem Fieber, schweren nervösen Ersebeinnngen, Ikterus, mehrfachen Blutungen, Leber- und Milzschwellung, Eiweissharn verlaufende Allgcmeinerkrankung, deren bedrohliche Symptome rasch schwinden; nach neuntägiger Fieberpause tritt am XVIII. Krankheitstage ein Rückfall ein, schon am XXI. Krankbeits- tage definitive Entfieberung, welcher eine ungestörte Genesung folgt, und nachdem Pat. im Oktober noch auf vier Wochen in die Heimath beurlaubt war, hat er sich jetzt (Anfang Dezember) in dem Grade erholt, dass er blühender und kräftiger ist, als vor seiner Erkrankung.

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Das geschilderte Krankheitsbild entspricht, wie ich oben bereits erwähnte, der von Weil 1. c. und nach ihm von Goldschmidt, Aufrecht, Wagner und Roth im 40. and 41. Bande des genannten Archivs beschriebenen Infektionskrankheit, unterscheidet sich von allen anderen Fällen aber dadurch , dass die Krankheit mit mehrfachen Blutungen (Petechien, Nasenbluten, blutiger Auswurf) verbunden war, so dass anfänglich die Aehnlichkeit mit den der akuten gelben Leber- atrophie angebörenden Symptomen noch grösser war, als in den Fällen von Weil und Roth, und ich demgemäss bei der ersten Erkrankung zunächst mehr an eine abortive Form der akuten Leberatrophie dachte, bis dann durch den weiteren Verlauf und besonders durch den charakteristischen Rückfall sichergestellt werden konnte, dass es sich um dieselbe Infektion handeln musste, wie in den Weil’schen Fällen. Das Fehlen einer hämorrhagischen Diatbese ist von Weil besonders zum Unterschied von der akuten Atrophie bervorgeboben. Der oben geschilderte Fall liefert aber den Beweis, dass auch bei der in Rede stehenden Infektionskrankheit Hämorrhagieen Vorkommen können; im dritten Fall Weil’s waren vereinzelte etwa kleinkreuzergrosse rothe Flecke auf der Haut vorhanden, im vierten Fall fand sich am Rumpf und im Gesicht eine fleckige Röthe, so dass also Ausscheidungen nach der Haut auch in diesen Fällen konstatirt waren, denen gegenüber die Petechien und die Blutungen ans den Schleimhäuten der Nase und Lnftröbrenäste in meinem Fall nur eine hochgradigere Infektion kenn- zeichnen würden.

Besonders charakteristisch war auch in meinem Fall der Verlauf des Fiebers, welches rasch zu bedeutender Höbe anstieg, kein Fastigium zeigte, und staffelförmig abfiel; die fieberfreie Zeit war etwas länger, als sonst beobachtet wurde, indessen war in den früher beschriebenen Fällen die Dauer dieser Zeit ganz verschieden, von 1 8 Tagen schwankend. Auch die Pulskurve ist beachtenswerth , weil sie nach Auftreten des Ikterus von der Temperaturkurve erheblich abweicht, während die Respirationskurve der letzteren entsprechen würde (s. die beiliegende Kurve).

Die nervösen Krankheitssymptome, die Erscbeinnngen von Seiten der Leber, Milz und Nieren sind dieselben, wie Weil sie beschrieben hat, und ich möchte schliesslich noch darauf aufmerksam machen, dass der Beginn der Erkrankung unmittelbar nach dem Baden erfolgte, während Weil in seinem zweiten Fall eine Durchnässnng als Krankheits- ursache angiebt; wahrscheinlich bat unser Kranker das infektiöse Virns

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yijiiu, Lhargt' u. rrugpcntlu-il: W, J. Muskclicr. liraunschw. l.-R. No. 92. Alter: 22. Zugang: 8. 87. Krankheit: Hilioses Typhoid.

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beim Baden verschluckt, nnd wenn auch sonst infektiöse Krankheiten in der hiesigen Garnison infolge des Badens gar nicht vorgekommen sind, so darf doch nicht nnberöcksichtigt bleiben, dass die Ocker auch ober- halb Brannschweigs durch Fabrikabfälle und dgl. schon verunreinigt ist. Ebenso wie bei Weil’s, Goldschmidt's, Wagner’s und Roth’s Kranken erfolgte die Erkrankung hier in der heissen Jahreszeit.

In den Krankheitsgruppen unseres Rapportschenias würde sich die geschilderte Infektionskrankheit am besten unter No. 39, „Andere all- gemeine Erkrankungen^ verzeichnen lassen, da die verschiedensten Organe sich io ganz gleicher Weise an der Erkrankung betheiligten und dadurch eben das Bild der allgemeinen Infektion bewirkt wnrde. Weil nnd Wagner halten für möglich, die Fälle als Abortivtyphen mit Ikterus nnd Nephritis anzusehen, aber Weil sagt gleichzeitig, dass es etwas Gezwungenes bat, gerade bei leichter Infektion mit typhösem Gifte eine so hochgradige Einwirkung des letzteren auf Leber und Nieren an- zunebmen, und in meinem Falle würden weder die Darmerscheinungen noch die Uämorrhagieen sich dadurch erklären lassen. Auch für die Bezeichnung des Leidens als „einheimisches biliöses Typhoid“ liegen bisher keine genügenden Anbaltspnnkte vor, ich habe daher in der Ueberschrift meinen Fall, ebenso wie Wagner es gethan hat, als „fieberhaften Ikterns“ bezeichnet, wodurch schon angedentet ist, dass es sich um eine Infektion handelt, deren nähere Natur wir freilich erst durch den Nachweis der spezifischen Ursache werden erkennen können.

Referate nnd Kritiken.

Vom 17. Kongress der Deutschen fiesellschaft fiir Chirurgie.

Berlin 4. 7. April 1888.

Würdig nnd erhebend wurden die diesjährigen Verhandlungen am Abend des 3. April durch die Tudtenfeier für B. von Langenbeck eingeleitet. Wohl selten mag das Andenken an einen berühmten Arzt in einer gleich grossartigen Weise gefeiert sein, wie es hier geschehen. Der stattliche in reicher, der Feier entsprechender Art geschmückte Saal der Philharmonie war bis auf die letzten Plätze gefüllt; voll Wehmuth nnd Stolz hafteten die Blicke der zahlreich von Nah und Fern erschienenen Angehörigen des grossen Todten, der hervorragenden Gäste von denen wir besonders Seine Königl. Hoheit, den Grossherzog von Baden, mehrere Minister, sowie hochgestellte Militärs und Civilbeamte hervor- beben — und der ganzen Trauer-Versammlung auf der Marmorbüste des Entschlafenen, welche den hochverehrten Altmeister der Deutschen Chirurgie

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in seiner Uniform als Generalarzt darstellte, in der Uniform, welche er oft und eeme trog nnd „die er ehrte, wie sie ihn“. Dass die militär- ärztliche Uniform neben vielen anderen ganz besonders zahlreich vertreten war, bedarf besonderer Erwähnung nicht; hervorgehoben sei es indessen, dass auch diejenigen hervorragenden Universitätslehrer, welche k la suite des Sanitätskorps stehen oder demselben in anderer Weise angehören, fast sämmtlich in Uniform erschienen waren.

Nach feierlichem Tranergesange Mendelssohn op. 116 entrollte Gebeimrath v. Bergmann in der Uniform als Generalarzt in meisterhafter längerer Rede ein Lebensbild seines grossen Vorgängers im Amte.

„B. von Laogenbeck gehörte zwar nicht zu jenen Denkern nnd Entdeckern, welche durch neue Ideen neue geistige Bewegnngen schufen und ungeahnte Schätze des Wissens erschlossen, aber bahnbrechend und bestimmend wurde er den Deutschen Aerzten nnd Chirurgen. Er drückte der vaterländischen Chirurgie ein eigenartiges Gepräge auf nnd zeichnete ihr eine besondere Richtung vor. Sein Verdienst ist es, dass die Deutschen Chirurgen mehr als ebenbürtig ihren Nachbarn geworden sind; dadurch, dass er sich auf streng naturwissenschaftlichen Boden stellte, wurde er zum Vorbilde einer chirurgischen Schule, die von jedem ihrer Jünger verlangt, dass er im Mikroskopiren wohl geschnlt und mit den experimentellen Untersuchungsmetboden des Physiologen vertrant sein muss, ehe er sich der chirurgischen Beobachtung nnd der operativen Kunst zuwendet

Als erstes und vornehmstes Merkmal der modernen Deutschen Chirurgie sehe ich die Entwickelung ihrer Schule an, welche der Privatdozent der Physiologie nnd Pathologie Lan|;enbeck genommen bat; von der Physiologie zur Chirurgie, von dem Mikroskope zum Resektionsmesser. Darin liegt die Bürgschaft für die Erhaltung der Chirurgie auf wissenschaftlichem Boden. Nicht braucht der deutsche Chirurg, wie es anderweitig üblich, die Hülfe des Anatomen in Anspruch zu nehmen, um z. B. eine elastische Faser oder eine Epitbelialzelle im Sputum zu erkennen.

Die zweite Eigenthümlichkeit der Deutschen Chirurgie, welche ich versuche auf Langenbeck zurückzuführen, ist die Er- öffnung neuer Operationsgebiete, gegründet auf wissenschaftlicher, alles regulirender und den Uebergriff von vornherein aosschliessender Basis, vereint mit Kühnheit des Vorgehens und dem Streben, die Grenzen der Chirurgie immer weiter zu stecken, das sind die lang dauernden nnd lange nachwirkenden Impulse, welche Langenbeck der Deutschen Chirurgie gegeben und hinterlassen hat.

Als dritten Charakterzng verdankt eie dem Vorgehen Langen- beck’s ihre Beziehungen zur Kriegschirurgie und dem Sanitäts- wesen unserer Armee. Auf den Schauplätzen der Schleswig-Holstein- schen Kriege gewann der jugendliche Professor der Chirurgie im Fluge die hohe Anerkennung der prenssischen Militärärzte, derer, die heute es sich zu besonderem Ruhme rechnen nnd voll Stolz bekennen, dass er mit ganzem Herzen nnd mit voller Kraft einer der Ihrigen gewesen ist. 1864 konsnltirender Chirurg nnd Generalarzt, seit 1865 Mitglied des Sanitäts- korps hat Langenbeck die eine grosse, aber echt Deutsche Auf- gabe erfüllt, das gesammte ärztliche Wissen im Frieden, wie im Kriege den Lebensverhältnissen der Armee dienstbar zu machen. Germania armis pariter ac literis paratal

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Langeubeck's Herz war mit Preussens, Deatechlands Heere ver- wacbseD ; den Verwundeten war er ein Retter und Helfer, den Aerzten ein Freand und Führer.

Auf seine so grosse und ernste Pflichttreue, auf den tiefen idealen Sinn und das doch so schlicht und einfach angelegte Gemnth gründet sich Langenbeck’s Begabung zum akademischen Lehramt. Erwirkte nicht durch den Glanz, sondern durch den Ernst seiner Rede, denn das Gemeine entweihte seine Lippen nicht. Seine Natur, die den Stempel der Wahrheit in sich trug, wirkte anregend auf Alle, die ihm nahe kamen; nie scheute er sich, seine Schüler neben seinen chirurgischen Grossthaten seine Fehler sehen zu lassen. Indem er sie anwies, dieselben zu verstehen und zu durchschauen, lehrte er sie am allerbesten. Selten sah man Würde und Ruhe mit so viel warmem, ja lebhaftem Interesse gepaart, welches der Meister dem schüchternen Jünger entgegenbrachte, Wohlwollend und freundlich im Geiste und Herzen, anmutbig und (ein, doch dabei auch herzlich in der Form, erfreute er stets, wohin er kam. Er gehörte zu den gottbegnadeten Menschen, die ohne gerade jeden Augenblick etwas Besonderes zu sagen, oder zu tbun, schon allein durch ihre Gegenwart befriedigend und erfreuend auf jeden Kreis wirken, in welchen sie gerade bineintreten.

ln das letzte Quinquennium seiner akademischen und klinischen Thätigkeit fällt die Wiederherstellung seines Kaiserlichen Herrn von der Verwundung durch die Hund eines ruchlosen Verbrechers. Langen- beck hat durch diese Heilung von Preussens Volke die Schmach der Blutschuld am gesalbten Haupte seines Königs abgewandt und allein hierdurch schon seinen Namen jedem Deutsch fühlenden Herzen unver- gesslich und theuer gemacht.“

„Was recht geschafft, was freudig Du gethan.

Was Edles Du gedacht, wird nie vergehen.

Die Saat wird einst als Ernte auferstehen.

Dem Reich der Ewigkeit gehört sie an.“

Das Danklied zu Gott (J. Haydn) „Du bist's, dem Ruhm und Ehre gebühret“ schloss die erhebende Feier.

4. April.

Herr Koenig (Göttingen) erörtert die Prognose der Karzinome.

Die Operation der Karzinome ist seit Einführung der Antiseptik iusofern eine erheblich bessere geworden, als Todesfälle in Folge der Operation wenigstens an solchen Stellen, welche die Durchführung der Antiseptik gestatten zu den Seltenheiten gehören; es gilt dies leider nicht io demselben Maasse von den Operationen, welche wie am Oberkiefer, After und dergl. eine freie Handhabung der Antiseptik nicht gestatten.

Bei der Frage der Heilung der Karzinome ist zwischen zeitlicher und dauernder Heilung zu unterscheiden. Die letztere kann zur Zeit nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden, auch wenn bereits ein freier Zeitraum von vielleicht 3 Jahren verflossen ist. Das Eintreten der Rückfälle kann man sich am ungezwungensten durch die Annahme „ruhender Keime“ erklären (Tuberkulose), welche gelegentlich plötzlich direkt von der Narbe aus oder von infizirten Drüsen aus ihre unheilvolle

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Wirkung entfalten. K. beleuchtet seine Satze durch einschlägige persön- liche Erfahrungen.

Bei der grossen Gefährlichkeit der Operation des Mastdarmkrehses, welche im günstigsten Falle fast immer einen Krüppel setzt, empfiehlt Redner dringlichst für diese Form des Karzimons die Kolotomie, welche ungleich bessere allgemeine und besonders funktionelle Resultate ergebe, als die schwere verstümmelnde Operation an Ort und Stelle.

In der Diskussion schliesst sich E. Hahn (Berlin) der Koenig’schen Empfehlung der Kolotomie an und hebt die Zweckmässigkeit seines Ver- fahrens, das centrale und periphere Darmende gesondert einzunäben, her- vor, da man so im Stande sei, das periphere Ende durchznspülen. Gussenbauer (Prag) greift die Ansicht Koenig’s über das Eintreten der Rezidive durch Selbstimpfung von den „ruhenden Keimen'^ an und glaubt, dass es sich bei Spätrezidiven um eine neue Infektion bandele. Bardenbeuer (Köln) und v. Bergmann (Berlin) beben ihre verhältniss- mässig günstigen Mortalitätsziffern in Folge der Rektaloperationen her- vor; durch Schaffung einer grossen äusseren Wunde, sorgfältigste Blut- stillung und Jodoformtamponade ezielte Letzterer besonders günstige Resultate (nur ca. 8<>/o Todte in Folge der Operation).

Petersen (Kiel) beobachtete in den letzten Monaten eine eigen- tbümliche dem berpes tonsnrans ähnliche Hautaffektion, welche er eitrige d urchlöc bernd e Hautentzündung nennt. Es bilden sich bei der- selben an verschiedenen Körperstellen, besonders im Gesichte und im Bereiche der behaarten Kopfhaut kleine rolhe leicht vorragende Stellen, welche sich allmälig vergrössern und gleichzeitig mit gelben Borken bedecken ; entfernt man die letzteren, so wird die oberste Epidermis- schicht mit abgezogen, andernfalls bilden sich subepidermoidale Eitcr- bläscben mit kleinen rothen, nicht blutenden Substanzverlusten. Der Prozess dehnt sich unregelmässig aus; die Haare verkleben mit den gelben Borken, werden jedoch nicht brüchig. Im weiteren Verlaufe wird die durchlöcherte Kopfhaut eitrig unterminirt, und sieht man auf Druck Eiter ans den feinen Löchern hervorquellen. P. glaubt, dass es sich um eine Mischinfektion der Art handele, dass ein übrigens nicht nach- gewiesener Pilz den Boden für das Eindringen des Staphylokokkus be- reite; die bezüglichen Pilz-Untersuchungen wurden von Fischer (Kiel) angestellt. Therapeutisch empfiehlt P. breite Spaltung der unterminirten Haut und energische Anwendung des Löffels in der Narkose.

Stcinthal (Heidelberg) berichtet über chirurgische Behandlung ulceröser Perforativ - Peritonitis im Anschlüsse an drei auf der Czerny’schen Klinik beobachtete, tödtlich verlaufene Fälle. Er betont die Wichtigkeit einer exakten Diagnose, wodurch allein es möglich sei, rasch und zweckmässig chirurgische Hülfe zu leisten; es war dies in seinen Fällen nur einmal möglich. In der Diskussion erklärt Lauen- stein (Hamburg) eine ausreichende Desinfektion der Bauchhöhle für un- möglich; die allein denkbare Ausspülung sei durchaus unzureichend, be- sonders unzugänglich sei die Gegend zwischen Zwerchfell und Leber und Milz. In d en kasuistischen Mittheilnugen der anderen Redner wurde be- sonders die Schwierigkeit einer genauen Diagnose hervorgehoben, zu deren Sicherung Sonnenburg (Berlin) Inzision bis auf das Bauchfell empfahl.

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2. Sitzungstag, 5. April 1888.

Brieger (Berlin) demonstrirt die Wirkung dreier Toxieii ( Ptomaine) *). Br. erinnert an die Arbeiten v. Bergmann'g über das Sepsin und die wichtigen Untersuchungen Nencki's und reicht nach einigen allgemeinen Bemerkungen über die Darstellungsmetbode die von ihm in Oold-, Platin- und Pikrinsäure Verbindungen gewonnenen Ptomaine herum. An 3 Kaninchen zeigt sodann der Vortragende die Wirkung des von ihm dargestellten Tetanotoxin, durch welches rasch die charakteristischen Anfälle von Starrkrampf mit folgendem Tod aasgelöst worden, sodann des Nenrin (den Ammoniumbasen aogehörig), welches starken Speichelfluss, Kespirations- und Cirkulationsstörungen, unwillkürlichen Urin- and Stahlabgang bedingt, bis nnter klonischen Konvulsionen der Tod erfolgte, endlich des Methylotoxin, des Produktes einer Krankheit der Miesmuscheln.

Die dem Kurare ähnliche Wirkung dieses Körpers veranlasste Br. zu einschlägigen therapeutischen Versuchen, und wenn diese auch bislang zu sicheren Erfolgen nicht geführt haben, so erscheint ihm doch die Hoffnung wohl berechtigt, dass auf diesem Wege auch praktische, d. h. therapeutisch verwerthbare Resultate in der Folge gewonnen werden.

Fischer (Breslau) stellt einige trepanirte Kranke vor. Ein Mann von 47 Jahren wurde nach einer schweren Kopfverletzung bemiplegiscb; die Lähmung besserte eich im Laufe der Zeit, indessen stellten sich bald bei dem hereditär nicht belasteten Manne epileptische Anfälle ein, welche immer häufiger anftraten. Die Konvulsionen begannen an der gelähmten Seite und griffen weiterhin auf die andere Seite über. F. trepanirte im Dezember 1887 in der Gegend der vorderen Centralwindung und fand die tabula int. zerschellt und deprimirt, das Gehirn ohne Pulsation. Die de- primirten Stücke wurden entfernt, worauf sich alsbald wieder Pulsation des Gehirns zeigte; seit der Operation sind keine Anfälle mehr aufgetreten, auch ist die Lähmung in vorzüglicher Weise zurückgegangeu.

2) Eine 33jährig;e Frau litt seit längerer Zeit an otitis supp., in Folge deren sich Ijabmungserscheinungen und Bewnsstseinsverlust ein- stellten. Trepanation hinter dem Ohre im Januar er. und Auffinden des vermutheten Hirnabszesaes, nach dessen Entleerung sehr bald das Be- wusstsein nnd das Sprachvermögen wiederkehrten; zurückgeblieben ist lediglich eine Facialis -Parese, welche alle Charaktere einer peripheren Lähmung zeigt.

3) Knabe mit schwerem, durch stumpfe Gewalt verursachten Schädel- broeb, starke Fissurirung und Depression mit Oehirnquetschung; 7 Tage nach der Operation kehren Bewusstsein und Sprache wieder, völlige Wiederherstellung.

Tbiem (Cottbus), Verrenkung des Unterkiefers nach hinten. Tb. hatte 7 mal bei ö weiblichen Kranken Gelegenheit, dieses seltene, in der Litteratur kaum berücksichtigte und wenig gekannte Leiden zu beobachten. Das Zustandekommen der Verrenknng wird durch eine Konfiguration der Gelenkgegend ermöglicht, welche beim Manne eine wesentlich andere als beim Weibe ist; bei ersterem trennt ein« verbältniss- mässig hohe Leiste die Gelenkgrube von einer nach hinten von derselben

•) cf. Referat: Diese Zeitsclirift 1887, S. 283 288.

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gelegenen Vertiefung, welche Th. fossa tympunico - stylo - niastoideu zu nennen rorschlägt und in welche hinein der Gelenkkopf luxirt wird. Beim weiblichen Schädel demonstrirt an guten Präparaten ist diese f. tymp.-8t.-ma8t. verhältnissmässig gross und der trennende Vorsprung niedrig; hierdurch wird es bedingt, dass reine Luxationen wohl beitn Weibe, jedoch nicht beim Manne Vorkommen können. Der Mechanismas der Luxation vollzieht sich im wesentlichen durch einen plötzlichen Krampf des m. temporalis, dessen hintere Fasern ein Uebergewicht über die nach oben und vorn wirkenden kontrahirten mm. pterygoidei und masseter erhalten. Bei einer 65 jährigen Frau kam die Luxation bei starkem Gähnen zu Stande (3 mal beobachtet), an einer andern Frau ge- legentlich des Herabdrückens der Zunge bei einer ärztlichen Untersuchung: ein plötzliches Schliessen des Mundes, und der Kiefer stand unbeweglich ; gewaltsame Oeffnuog des Mondes führte sofort zur Reposition. In den anderen 3 Fällen trat die Luxation plötzlich in der Nacht ein unter leb- haften Schmerzen. Th. ist geneigt, hier eine myositis rheumatica m. temporal, anzunebmen.

Küster (Berlin), Ueber Ankylose des Kiefergelenks. K. stellt 4 Patienten vor, welche er vor längerer Zeit mit zum Theil recht gutem, zum Theil mit ungenügendem dauernden Erfolge operirt hatte. Gemein- sam ist allen die Kleinheit des Unterkiefers, wodurch das eigentbümliclie Bild des Vogelgesichts entsteht; hierfür kann nicht ohne Weiteres eine Inaktivitätsatrophie als Grund angenommen werden, da in einem Falle die Kleinheit angeboren war, in anderen aber die ungleiche Atrophie, welche letztere keineswegs immer auf der leidenden Seite besteht, dagegen spricht. K. neigt deshalb mehr der Annahme einer Innervationsstörung als Erklärung hierfür zu.

Die Anl^lose kommt zu Stande bei Erkrankungen des Knochens (Frakturen, Osteomyelitis), nach eitrigen Ohrenentzündungen, besonders im Gefolge von Infektionskrankheiten, endlich nach rheumatischen (arthritis def., auch tuberculos.) Gelenkleiden; sie ist entweder eine feste knöcherne oder theilweise, durch Knorpelschwund und weitere nicht knöcherne Verwachsungen bedingte. K. macht 1 l'/icm nach vorn vom Kieferwinkel eine senkrechte 2 cm lange Inzision und dringt unter sorg- fältigster Schonung der Nerven, des Periostes u. s. w. nach oben gegen die Gelenkgegend hin vor, welche auf diese Weise ziemlich leicht dem Hohlmeissel zugänglich wird. Auch bei den natürlich schwerer zu operirenden knöchernen Ankylosen bat er keine Scbädelperforation zu beklagen gehabt und war im Stande, ausgiebiger zu operiren, als es bei der Koenig'schen Methode (Fortnahme des Gelenkkopfes) möglich ist, und dadurch bessere Resultate (keine Lähmungen, grössere Beweglichkeit) zu erzielen; allerdings schütze sein Operationsverfahren nicht vor Rück- fällen, wie einer seiner Patienten, bei dem cs sich wabrscbeinlicb um Narbenkontraktur handelt, zeigt, aber für diese Rückfälle dürfte zum Theil wohl die Nachbehandlung, die ein fleissige Uebung erheischt, ver- antwortlich zu machen sein.

In der Diskussion spricht Koenig (Göttingen) zu Gunsten seiner späterhin etwas veränderten Methode, welche er für knöcherne Ankylosen beibehalten will, während er die Vorzüge des K.’schon Verfahrens bei den nicht knöchernen Verwachsungen anerkennt. Rose (Berlin) berichtet über einen Fall von Ankylose, bedingt durch übermässiges Wachsthum des Kronenfortsatzes, welches zur Resektion des Jochbogens Veranlassung gab.

DiQÜLiCeO uy CniO^lt

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V. Berf;nianD (Riga) Btellt einen Patienten vor, bei welchem vor 3 Jahren die Totalexstirpation des Kehlkopfes wegen Krebs (Diagnose mikroskopisch gesichert) ansgeföhrt worden und welcher bis jetzt reaidivfrei geblieben ist. Das Lumen des Kehlkopfes war fast völlig aosgefollt, erhebliche Dyspnoe, Tracheotomie io einem Erstickaiigsaofalle; totale Entferonng des Kehlkopfes mit Epiglottis; Naht, Jodoformgaze- Tamponade, Ernährung mittelst Schinndsoude. Glatte Heilung. Ein Sprechapparat konnte nicht angebracht werden; Put. trägt eine ver- längerte Kanüle mit oberer Oeffnnng, welche letztere beim Essen ver- schlossen wird, er kann sich zur Noth jedoch ohne Stimme ver- ständlich machen.

Hahn (Berlin) berichtet über 24 Larynx- Operationen, welche er seit gemacht hat. Unter vier grösseren Operationen bei Larynx-Stenosen hatte er keinen Todesfall zu beklagen, auch waren die Endresultate zu- friedenstellend; 20 mal operirte er bei Kehlkopfgeschwülsten (Karzinom nnd Sarkom), davon starben 7 an den Folgen der Operation, 6 an Re- zidiven bezw. anderweitigen Erkrankungen.

Helferich (Greifswald). Geheilter Fall von schwerer trauma- tischer Epi physeulösung am oberen Ilomcruseude.

Ein 16 jähriger Knabe batte sich durch Fall auf die rechte Schulter einen Epipbysenbruch des oberen Humerusendes zngezngen mit starker Dislokation des unteren Fragments nach oben innen; da alle Versuche der Reposition misslangen, breite Inzision, welche auf eine mit Blut gefüllte Höhle führte; auch jetzt gelang die Reposition nur mühsam, nachdem das obere Fragment kräftig nach oben nnd der Spalt, durch welchen die Diapbyse sich dislozirt hatte, auseinandergezogen war. Die Fragmente wurden jetzt durch Pfriemen , welche einige Tage liegen blieben miteinander vereinigt. Die Heilung erfolgte rasch und ohne jede Störung; das Resultat ist ein vorzügliches (nach ca. Jahren); die Nach- behandlung bestand in Anwendung der Elektrizität und Massage. H. empfiehlt sein Verfuhren, welches keineswegs immer grössere nnd tiefe Inzisionen erfordere, für alle die Fälle, bei denen ans irgend einem Grunde die Reposition gebrochener Knoebentheile nicht zu erreichen, bezw. zu erhalten sei.

Bruns (Tübingen) berichtet über zwei ähnliche Fälle, in welchen er wegen der erheblichen, durch Schiefheilung bedingten, funktionellen Störung zur Resektion schreiten musste; sodann Wölfler (Graz) über einen einschlägigen Fall, bei welchem nach Spaltung der Gelenkkapsel die Re- position des luxirten Kopfes ohne Resektion gelang.

Petersen (Kiel). Vorstellung eines Falles von ischämischer Mnskellähmnug.

Das 4 Va jährige Mädchen erlitt durch Fall eine komplizirte Ober- armfraktur, welche unter Mooskissen -Verband in 6 Wochen verheilte. Der Arm wurde jetzt iin Ellbogengelenk gebeugt gehalten, welches nur wenig ausgiebige Bewegungen gestattete, die Finger konnten nicht ge- streckt werden; gleichzeitig war die Sensibilität bis zum Ellbogen er- heblich beeinträchtigt, so dass stärkste faradische Ströme ohne Schmerz ertragen wurden. Nach einer Inzision in der Ellbogengegend fand P. den n. medianus an einer Stelle etwas eingeschuürt, die art. brachialis nach abwärts in einen dünnen Strang verwandelt; die mikroskopische ünter- sochung ergab fibröse Veränderung der Muskulatur (Lesser). Die

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weitere Behandlung (Massage nnd Elektrizität) brachte nur eine geringe Bessernng zu Stande.

In der Diskussion betont Koeni^ (Oöttingen) den Werth der Elektrizität und Massage gegenüber Kol liker (Leipzig), welcher nach Beobachtung zweier Fälle ischämischer Muskellähmnng geneigt ist, die Möglichkeit einer Verbesserung der Lähmung durch Nachbehandlung auszuschliessen. Wagner (Eönigshntte) glaubt, dass es sieb bei den meisten Fällen von Lähmungen im Gefolge von Frakturen gar nicht um ischämische Lähmungen handele, sondern um eine Neuritis, welche letztere F. für seinen Fall jedenfalls nicht geneigt ist, anzunebmen.

V. Bergmann (Berlin) stellt einen Mann vor, bei welchem vor 4 Jahren eine ausgedehnte Darmresektion wegen Krebs gemacht wurde. Ein Rezidiv ist bisher nicht aufgetreten, das Allgemeinbefinden ein gutes.

In der Nachmittagssitzung (Aula der Universität) spricht

Lauenstein (Hamburg) über Heilung der Wunden unter dem feuchten Blntschorfe auf Grund der Erfahrungen, welche er in den letzten 2 Jahren bei 74 grösseren Operationen gewonnen hat. Nur in 10 Fällen versagte die Methode, in allen übrigen war der Erfolg ein aus- gezeichneter. — Nicht empfehlenswerth ist das Verfahren, wenn Heilung per primam angestrebt wird, wenn die sekundäre Naht ausgefubrt werden soll oder die Tamponade zweckmässiger erscheint, z. B. Rektnm- operation etc.; ausgeschlossen ist es natürlich bei Inzisionen wegen Phlegmone oder bei Senkungsabszessen o. dergl.

Ganz besonders geeignet für die Behandlung unter dem feuchten Blotschorfe sind dagegen die Verletzungen des Kopfes, der Hände ins- besondere der Sehnen , die partiellen Resektionen und überhaupt die Operationen an den Knochen, auch diejenigen der tuberkulösen Herde, endlich gewisse plastische Operationen. L. verwahrt sich ausdrücklich gegen die event. Unterschiebung, als könnten derartige Verletzungen nicht auch unter jedem andern antiseptischen Verbände heilen, hält aber die Schede’sche Methode bei allen einschlägigen Fällen, bei denen es sich um Defekte bandelt, deshalb für besser, weil man Heilung unter einem Verbände erzielen könne. Todesfälle hatte L. bei Ausübung des Verfahrens nicht zu beklagen: 2 mal trat Erysipelas auf, wohl eine Folge mangelhafter Asepsis; in den anderen Misserfolgen, zum Theil nach Nekrosen, traten keine stürmischen Erscheinungen ein. Haupterforderniss für ein gutes Resultat ist ausser peinlichster Antiseptik, wobei Vortragender bemerkt, dass er kein sterilisirtes Verbandmaterial hatte, nach der Operation Ruhe, welche für die Organisation des Blutgerinnsels unent- behrlich erscheint. L. lässt nach sorgfältiger Blutstillung, um Nach- blutungen zu vermeiden, die entstandenen Höhlen möglichst voll Blut laufen, drainirt nicht, legt auch keinen komprimirenden Verband an.

In der Diskussion sprechen sich Rydygier (Krakau) und Länderer (Leipzig) abfällig über das ganze Verfahren aus; Ersterer hält das Blut- koagnlum für einen gefährlichen Nährboden, Letzterer lediglich für einen Fremdkörper, welcher in keiner Weise sich an der Organisation betheilige, sondern eher die Wundheilung als solche verzögere; die vorzüglichen Resultate bei Anwendung der Schede'scben Methode seien lediglich eine Folge exaktester Antiseptik. Mikulicz (Königsberg) berichtet

DiQÜuceu uy

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kare über seine Resultate nach Schede's Methode: 8G Heilungen unter 45 Fällen. Nenber (Kiel) erkennt im Allgemeinen die Vorzüge der Scbede’scben Methode an, welche übrigens sich nur dadurch von der seinigen unterscheide, dass Schede für den Abfluss des zuviel ergossenen Blutes den höchsten Theil der Wunde wähle, während er selbst den niedrigsten Punkt sich aussuche, mithin mit kleinem Blutkoagulum arbeite, Schede mit grossem. Drainage wende er bei Qeschwulstoperatiouen und Osteotomien ebenfalls nicht an. Die Methode der Blutfnllung von Knochenhöblen hat N. bereits 1870 auf der Esm arch’schcn Klinik ver- sucht, dieselbe aber verlassen; bei Nekrotomien hält er das Verfahren nach seinen Beobachtungen für direkt gefährlich. Schede selbst ist fortgesetzt mit seinen Resultaten sehr zufrieden; in manchen Fällen von Nekrotomien kann man allerdings die Methode nicht anwenden, weil es unmöglich ist, rein zu operiren; hervorragende Erfolge werden bei den Verletzungen mit Blosslegung der Sehnen gewonnen. Im Uehrigen ist er lediglich ein Feind der übermässigen Kompression, und das Einzige, was er erreichen will, ist eine völlige Ausfüllung der Wuudböble mit einem Blutkoagulum.

Schleich glaubt nach bezüglichen Experimenten, dass es sich bei der Schede’schen Methode um Vorgänge handelt, analog denjenigen bei der subkutanen Frakturenheilung; dass der Hauptwerth in einer Wundheiinng ohne Sekretion besteht die hei anderer Behandlung nicht zu vermeiden ist: das Blut wirkt in den günstigen Fällen wie eine poröse organische Masse.

Wölfler (Graz), lieber die Technik und den Werth von Schleimbaut-Uebertragungen.

Abgesehen von den Schleimhaut Uebertragungen, welche von Ophthalmologen versucht wurden, sind derartige Heilversuche bisher nicht veröfifentlicht worden. W. kam bei 3 Fällen von Harnröhren- striktur auf den Gedanken, Schleimhaut zu übertrugen, welche ihm über- reichlich bei Frauen mit prolapsns Uteri zur Verfügung stand. W. ent- fernte das Narbengewebe und tapezirte die Wunde mit 1 2 cm langen Stücken Schleimhaut aus, welche er nach Thierscb’er Methode ab- getragen hatte und nicht zu vernähen brauchte. Nach 3 Tagen fand sich eine grauliche, etwas schmierige Masse an der Operalionsstclle, welche wieder nach 3 Tagen wie mit einem Schleier überzogen aussah; 3 Tage hernach war die SN'undfläche glatt und glänzend. Der eine Pat. konnte 2 Jahre nach der Operation gut in dickem Strahle uriniren; ein anderer verstarb 6 Monate nach der Operation an interkurrenter Krankheit: an der Harnröhre desselben war das Lumen völlig gut hergestellt, und konnte die Grenze zwischen alter und neuer Schleimhaut erst daran erkannt werden, dass nach längerem Liegen in Alkohol die neue Schleimhaut etwas blasser wegen des Gcfässmangels geworden war. Nach einer Karzinom-Operation am innern Augenwinkel wurde der Defekt mit Schleimhaut vom prolabirten After eines Kindes erfolgreich austapezirt; bei einer ausgedehnten Nasenoperation transplantirte er die Schleimhaut eines amputirten Uterus mit demselben Erfolge.

Angeregt durch die günstigen Resultate versuebteW. Transplantationen von Thier-Schleimhäuten; des Froschmagens, der Kaninchenblase, eines Taubenniagens. Er warnt vor übereilten HoiTnungen, zumal er nicht in der Lage war, genügende histologische Untersuchungen, mit denen er

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noch beschäftigt ist, anzustellen. Nur das ist sicher: man kann ebenso gut Schleimhaut, wie gewöhnliche Haut übertragen; was aus den trans* plantirten Stücken im Kampfe um das Dasein mit ihrer Umgebung wird, ist vor der Hand nicht zu bestimmen; aller Wahrscheinlichkeit nach werden die übertragenen Stücke, umgrenzt von anderer Schleimhaut, eher ihren Schleimhautcharakter wahren können, als wenn sie von Haut umgeben sind, wo sie ihren Charakter zumeist zu verlieren scheinen.

Anknüpfend bemerkt Thiersch unter warmer Anerkennung der Versuche W.’s, dass sich gelegentlich leider nicht der Charakter traus- plantirter Stücke in fremder Umgebung ändere; einem vor langen (21) Jahren Operirten wächst noch immer der Bart im Innern des Mundes von dem am Gaumen eingeheilten Wangenstücke herab allerdings vielleicht, weil die ganze Dicke der Haut verwandt war. Sodann b^ richtigt er eine irrthümliche Auffassung von früher, dass weisse Haut, auf Neger übertragen, weise bleibe und umgekehrt: Stabsarzt Karg fand, dass Wanderzellen unter und in dem rete Malpighi des Negers, beladen mit Pigment erscheinen und in dem transplantirten weisseo Stücke ihr Pigment absetzen; wo die „Kohlenwagen“ hernach blieben, konnte nicht beobachtet werden; im andern Falle wird Negerhaut so lange schwarz bei einem Weissen bleiben, bis das Pigment des Stückes verbraucht ist.

6. April. Königliche Klinik.

Nach einigen Demonstrationen von Rhinoplastik durch Israel (Berlin) und Helferich (Greifswald) berichtet Wehr (Lemberg) über Impfungen von Karzinomstückeben von Hund auf Hund. Nach seinen Untersuchungen bildeten sich nach etwa 8 Tagen kleine Knote'n, die sich langsam ver- grösserten, um später wieder spurlos zu verschwinden. Bardeleben und V. Bergmann (Berlin) äussern ihre gewichtigen Bedenken.

Thiersch (Leipzig) und Rehn (Frankfurt a. M.) berichten über Versuche mit Intubation des Kehlkopfes nach O’Dwyer. Die Einführung von Dauerkanülen in den Kehlkopf anstatt der Tracheotomie ist neuerdings wieder verbessert von Amerika empfohlen, nachdem diese Methode früher bereits (1858) in der Pariser Akademie als un- geeignet bezeichnet und verlassen war.

Ein sehr günstiger Bericht über 806 Fälle mit 27^ pCt. Heilungen veranlasste Th., die Methode bei 32 Kranken zu prüfen, was er vielleicht unterlassen hätte, wenn er vorher gewusst, welche Arbeit und Noth da- mit verknüpft war. (Demonstration des Instrumentariums.) Von den .32 Diphtheritiskranken wurde im weiteren V'erlaufe die Tracheotomie doch bei 18 Patienten noch erforderlich, und nur 3 bei denen es ohne Tracheotomie abging und die zu den leichteren Erkrankungen gehörten, genasen. Th. glaubt, dass an diesem schlechten Erfolge die Schwere der diphtherischen Erkrankungen in Leipzig wohl die Hauptschuld trage, bei denen es selten ohne ernste Komplikationen abgehe. Die Kanüle, no- gefähr in ihrer Form der Glottisspalte entsprechend, wird befestigt au einem Führungsstabe eingeführt, so zwar, dass eine überstehende obere Ringplatte auf den Stimmbändern ruht und ein Herabgleiten der Kanüle, welche bis in die Trachea reicht, verhindert. Tb. ist zu folgendem Resultate bisher gelangt:

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1) bei starker MembraDbildang wird man selten ohne Tracbeotnmie anskommen, weil stärkere Membranen das enge Lumen der Kanäle nicht passiren;

2) bei Schwellung des Kehldeckels und der Schleimhaut unterhalb des Kehlkopfs kann die Intubation Nichts helfen; so dass also eigentlich nur die Falle für die Intnbation geeignet erscheinen, bei denen die eben angeführten Punkte nicht beobachtet werden.

AlsznmTheil rechtbedenkliche Unzuträglichkeiten führtTh. das häufige Verschlucken beim Essen (Schluckpnenmonie, Verweigerung der Nahrung) und die gelegentlich erhebliche Schmerzhaftigkeit an; im Allgemeinen werden zwar grössere Veränderungen nicht gesetzt, es kommt jedoch aacb zu tiefem Dekubitus; ab nnd an wird die Kanüle ansgehnstet mit nachfolgender Expektoration grösserer Membranen. Nach Allem ist die Intubation immerhin ein Verfahren, welches eine Prüfung verdient, zumal wenn es gelingen sollte, das Instrumentarium zu verbessern; die unaus- gesetzt nöthige ärztliche Ueberwachung der intubirten Patienten muss allerdings stattfinden können.

Rehn erklärt sich durchaus einverstanden mit den Sätzen Th’s.; er hat die Intnbation in 14 Fällen gemacht, bei welchen sechsmal die Tracheotomie nöthig wurde, Heilungen erzielte er drei. R. hebt besonders das erschwerte Schlucken hervor, welches ihn zu Nährkljstieren bz. zur Anwendung der Scblnndsonde veranlasste; zweimal wurde die Kanüle verschluckt, ging jedoch ohne Nachtheil per anum ab; die gangränösen Formen der Diphtherie kontraindiciren nach ihm die Intubation.

Nachdem Th. noch .ganz besonders anf grösste Vorsicht bei der Einführung aufmerksam gemacht hat, um Scblcimhautvcrletznngen mit ihren Gefahren zu vermeiden, erwähnt Rose (Berlin), dass die Intubation auch früher in Deutschland bereits geübt sei nnd dass er aus Amerika einen DDgünstigeren Bericht als Thiersch erhalten habe; er selbst übt stets die Tracheotomie und ist im Stande über etwa 2000 Tracheotomien be- richten zu können, er erzielte 27,, pCt. sicher konstatirte, bz. 28,, pCt. Qosichere Heilungen; viele seiner Kranken gingen nachträglich aber an Komplikationen zu Grande.

Thiersch stellt zwei Personen vor, welchen er grössere Hant- slücke nach seiner Methode überpflanzt bat. Die Resultate sind vorzügliche. Socin (Basel) hat das Thiersch’e Verfahren etwas ab- geändert: er nimmt recht grosse (20 cm lange und 4 bis 5 cm breite) Lappen nnd legt ihre Ränder etwas übereinander, um möglichst die narbigen Zusammenziebungen zu vermeiden nnd die Resultate kosmetischer zn gestalten ; die Lappen gewinnt er durch die Schneide eines grossen Mikrotoms. Th. erkennt dies Verfahren gerne als eine Verbesserung an.

Völker (Braunschweig) zeigt einen Gypsabguss der unteren Femur-Epiphyse, an deren innerem Gelenkknorren eine Grube sich befand, in die eine bohnengrosse Gelenkmaos hiiieinpasste, Ein vorher gesunder Mann stürzte während einer Reserveübnng beim Laufen nnd schlag mit dem Knie gegen das Gewehr; Ohnmacht, zwei Tage revierkrank; nenn Wochen später wurde die Diagnose auf Gelenkmaus gestellt, welche jedoch ärztlicherseits nicht deutlich gefühlt werden konnte. Etwa ein Vierteljahr nach dem Unfälle Eröffnung des Gelenks, wobei es nur ganz znfällig gelang, die Gelenkmaus, welche in ihrer oben beschriebenen

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Hoble lag und gar nicht über das Niveau des Gulenkknorpels hervorragte, aufzufiuden ; auf leichten seitlichen Druck sprang dieselbe hervor. Die Heilung erfolgte ohne alle Störung.

Helfericb (Greifswald) hat in einigen Fällen den oberen Theil der Symphyse etwa bis zur Hälfte entfernt, ohne dass die betreffenden Patienten späterhin Stbrungen ihrer Gehfäbigkeit davon hatten. Er empfiehlt dies Verfahren bei solchen Operationen an der Hlasc, welche einen recht breiten Einblick in das Operationsgebiet wün.schenswerth erscheinen lassen und bei welchen die einfache Anfüllung des Mastdarms zur Hebung und Hervordräugung der Blase nicht ausreicbt.

Lanenstein (Hamburg) wendet bei der Behandlung der Frakturen des Ellenbogengelcnks nicht mehr die fast allgemein empfohlene Beugung im Ellenbogen an, sondern fixirt den Arm stets und mit bestem Erfolge anfänglich gestreckt. Veranlasst wurde er hierzu vor etwa sechs Jahren durch die post mortem Untersuchung eines in Beugung ankylosirten Elleiibogengelenks, welches er nach der alten Methode mit anfänglicher Beugung behandelt hatte. In Streckung sei die Koaptation der Fragmente auch bei den T-Brücheti ungleich besser möglich, als in Beugestellung, wo eine geringe Ilotation im Gelenke sofort die richtige Lagerung verändere und zur Schief heiinng (cubitns varus und valgus) führen könne. Koenig (Göttingen) wendet ebenfalls häufig die Strecksteilung an, welche jedoch exakt nur in der Klinik, nicht ambulant angewendet werden kann. Wagner (Königshütte) und Sonnenburg (Berlin) halten es nicht für richtig, schematisch vorzugeben, man muss unbedingt iudividualisiren; Barden heuer (Köln) empfiehlt neben der erforderlichen Adaptation der Fragmente in der Längsrichtung (durch Extenslou) auch die ebenso noth- wendige in der Quere zu berücksichtigen.

Nachmittags, in der Aula der Universität.

Rosenbach (Göttingen): Ueber Eiterbildung durch chemische Agentien.

Durch die Arbeiten von Scheuerlen, Klemperer u. A. war die Ansicht verbreitet, dass weder chemische noch thermische Agentien im Stande seien, Eiterung hervorzurufen, dass Eiterung vielmehr stets nur durch den Einfluss von Bakterien entstehe. Während der Nachprüfung dieser für R. nicht recht glaubhaften Resultate erschienen die gegentbeiligen von Gravitz und de Bary. R. benutzte bei seinen Untersuchungen lediglich Quecksilber, dessen energische Wirkung auf thierisches Gewebe ihm von anderen Arbeiten bekannt war; er wandte es bei Hunden an, denen er '1 bis 8 g Hg unter allen Käutelen subkutan injizirte, stets mit dem Resultate: Entzündnng und Eiterung olinc Mikroorganismen, sobald die eingefuhrten Röhrchen zerbrochen waren und Hg seine Ein- wirknng entfalten konnte. Die ersteren Experimentatoren haben deu Fehler begangen, Resultate, welche sie bei einer, bz. gewissen Thier- arten (Kaninchen, Raiten, Meerschweinchen) gewonnen batten, ohne Weiteres zu verallgemeinern.

Uebrigens ist die Frage der Möglichkeit einer Eitererregung durch chemische Agentien von keiner prinzipiellen Bedeutung mehr, nachdem durch neuere Untersuchungen festgestellt ist, dass die Ptomaine, die chemisch darstellbaren Produkte der Schaffungskraft der Bakterien, im Stande sind, Eiterung zu erregen.

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Scbimmelbagcb (Halle): lieber die Tbrombose.

Durch Deuere Forschaugen ist es bekannt, dass der marantische Tbrom- bas der Hirnsinns weiss ist und dass es sich hierbei nicht et\ra um die Ent- färbnng eines anfänglich rotben Thrombus, bezw. einfache Blutgerinnung handelt (Zahn). Iro Verein mit Eberth untersuchte S. die bezüglichen Anfangsvorgänge unter dem Mikroskope. Als Resultat ergab es sieb, daas bei der Thrombenbildung (Druck bezw. Verletzung der Oefässe) die Hauptrolle den Blutplättchen zukommt, welche sich rasch an der insultirten Stelle des Gefässes ansammeln und einen weissen Thrombus bilden; dieser besteht anfangs ausschliesslich aus diesen Plättchen und enthält erst weiterhin auch Leukocyten und Pibrinfäden. Das Fibrin ist bei dem ersten Verschlüsse einer Aderwunde ohne jede Bedeutung, in älteren Thromben (2. bis 3. Tag) durchzieht es in balkenförmigen Formationen den Pfropf; die Lenkoevten kann man mit Lastwagen (Thiersch) ver- gleichen, welche die Trümmerhaufen hinwegschaffen und für den Aufbau des Thrombus am unwesentlichsten erscheinen. Aus dieser Art des Thrombenaufbaues, nicht aus den korpuskularen Elementen des Blutes, sondern aus den Blutplättchen, folgt auch, dass die Bildung und Ver- grösserung sich nicht in stagnirendem, sondern nur in strömendem Blute vollzieht, da nur so es möglich ist, weiteres Material heranzusebaffen. Uebrigens muss man hierbei auch die Art des Strömens in den Gefässen berücksichtigen: die Blutkörperchen iliessen sämmtlich in der Axe der Gefässe und sind von einer Zone Plasma umgeben, welche letztere die Körperchen gleichsam schützt; stösst der Strom auf ein Hindemiss oder verlangsamt er sich allmälig, dann vermögen die Blutplättchen sich an der Gefässwand festzusetzen, und die Thrombenbildung ist im Gange.

7. April. Königliche Klinik.

von Wahl (Dorpat) spricht lieber Frakturen der Schädelbasis unter Demonstration einer reichhaltigen prächtigen Sammlung. In Betraff der Theorie über das Zustandekommen sei auf den Vortrag in den Volk- mann’scben Heften No. 228 lieber Fraktur der Schädelbasis verwiesen.

Schlange (Berlin) zeigt Durchschnitte gefrorener Leichen in der Medianlinie, vorzüglich geeignet zur Darstellung der durch Prostata-Hypertrophie gesetzten anatomischen Veränderungen an der Blase und Harnröhre. Bei der starken Verlängerung und fast rechtwinkeligen Knickung der letzteren durch die Prostata- Geschwulst warnt er vor Versuchen, die Blase derartiger Personen mit Metallkatbeter zu entleeren, da hierdurch fast stets Verletzungen gesetzt werden müssten. Hiergegen wendet sich energisch Koenig (Göttingen), welcher hervor- bebt, dass er nach Roser’s Beispiel immer die dicksten silbernen Katheter mit langem Schnabel und flacher Krümmung in solchen Fällen gebrauche und für die zweckmässigsten halten müsse; gelegentliche Schwierigkeiten der Einführung beseitige er durch Spaltung des orißc. ext. urethr.; es sei ihm nur ein einziges Mal nicht geglückt, in die Blase zu gelangen; es komme hinzu, dass man die Bougies nicht so exakt reinigen könne, und ihm sei eine eventuelle kleine Verletzung lieber als Sepsis. Seiner Auffassung scbliesst sich Küster (Berlin) durchaus an; v. Bergmann spricht zu Gunsten des dicken elastischen Bougies, welches sich ebenso gut desinfiziren lasse, wie Jedes Drainrohr. Socin (Basel) betont, dass vor Allem nothwendig sei, in solchen Fällen einen recht

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dicken Katheter anza wenden; hei dem Gebrauclie silberner Sonden ist es durcbans erforderlich, den Kranken mit dem Becken hoch za lagern; für gewöhnlich benutzt er weiche (No. 30 Charriere) Katheter, ebenso wie Thier sch, welchen schon die Rücksicht aaf den Patienten hierzu veranlasst

Waldeyer (Berlin) demonstrirt anatomische Präparate der vorderen Blasenwand und des Beckenausganges.

Langenbuch (Berlin) batte ihm ein Operationsverfahren gezeigt, durch das er die Blase unter der Symphyse erreichte, ohne eine Ver- letzung der Gefässe zu machen. W. hat daraufhin das vorliegende In- jektionspräparat angefertigt und empfiehlt die Methode zur Prüfung. Zur Vermeidung einer sehr bedenklichen Verletzung des plexus puden- dalis u. der vena dors. penis räth W., auf diesen Theilen ein dünnes Blatt der Fascie liegen zu lassen, welche in die fascia pelvis übergeht; erforderlich sei es auch, sich strenge in der Medianlinie zu halten, da der Plexus zu beiden Seiten der Blase liege.

Neuber (Kiel) übt die sectio alta seit etwa 6 Jahren in zwei Zeiten und empfiehlt sein Verfahren zur Vermeidung von Urinfiltrationen angelegentlichst. Er durcbtrennt durch 6 bis 8 cm langen Schnitt die Baachdecke in der Medianlinie bis auf die vordere Blasenwand, durch welche er Seidennähte legt, deren Enden er am Unterleibe befestigt; nach b bis 8 Tagen wird der Wnndtampon entfernt und die mit den Fäden angezogene Blasenwand bequem in der Mittellinie inzidirt. Nach Ent- fernung des Steins etc. werden die Fäden zur Anlegung der Blasennaht benutzt. König (Göttingen) spricht zu Gunsten der llelferich’schen Methode, welche er einmal, ebenso wie TTendelenbnrg, zur Heilung einer Blasenscbeidenfistel versucht bat, Rosenbach zur Entfernung eines grossen Steins. Trendelenburg hält, ebenso wie v. Bergmann, die gewöbnlirhe sectio alta für die einfachste und ungefährlichste Operation; beide haben keine Misserfolge davon gesehen: Ersterer räth bei der Operation die Ilochlagerung des Beckens an.

Stabsarzt Alberti (Potsdam) stellt einen von ihm durch Radikal- operation geheilten Fall von Meningocele vor; v. Bergmann (Berlin) zwei geheilte Fälle von Encephalocele.

Stabsarzt Alb. Köhler (Berlin) eine Schussverletzung des n. opticus zwischen foramen optic. und bulbus durch ein Revolvergeschoss; gleich- zeitig berichtet er über einen entsprechenden Fall, wo die Spitze eines Sonnenschirmes den Opticus verletzt batte; in beiden Fällen trat sofort Blindheit ein; im ersteren folgte eine deutliche Sehnervenatrophie.

Sonnonburg (Berlin) berichtet unter Vorstellung des Kranken über eine Patellarfrak tur, welche 1884 zuerst ligamentös geheilt, durch einen erneuten Sturz wieder entstanden war. Der weite Abstand der Fragmente gestattete nicht die einfache Naht; S. machte deshalb mit sehr gutem Er- folge von dem v. Bergm ann’schen Rathe der Abmeisselung der Tube- rositas tibiae Gebrauch; S. räth, von der Tuberositas nicht zu viel abzu- meisseln, da sonst leicht störende Gelenkveränderungen entstehen könnten.

Küster (Berlin): Bei einem I8jäbrigen Gymnasiasten batte sich ein Aneurysma trauroat. art. poplit. gebildet und zwar veranlasst durch ein Oslcophyt an der hinteren Wand der Tibia, welches die Arterie

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dnrchgerieben hatte. Nach Exstirpation des verletzten Arterienstnckes erfolgte glatte Heilung.

Rosenberger (Würzburg): Ueber eine eigenartige Erkrankung des condylus intern, femoris.

Es bandelte sich um ein 26jähriges Mädchen, welches Anfang 1886 mit Schmerzen im Knie erkrankte; Jodpinselungen, auch Karbolinjectionen blieben ohne Erfolg, die Schmerzen wurden excessiv, so dass Patientin die anfänglich verweigerte Operation verlangte; diese wurde Dezember 1886 ansgeführt. Nach Inzision floss bernsteingelbe Flüssigkeit ab; condyl. int. völlig geschwunden und durch weiche Massen ersetzt, Knochen rauh, der Knorpelüberzug erhalten. Ausschabung der weichen Massen, deren Untersuchung Riesen- und Spindelzellen ergab. Der Heilungsverlauf war ein günstiger: jetzt, nach 17 Monaten, kann Patientin recht gut gehen. Esmarcb (Kiel) und v. Bergmann haben derartige Affectionen gesehen; es hat sich wohl um ein relativ gutartiges centrales Riesenzellensarkom gehandelt.

Köster (Berlin): Demonstration der Präparate hämorrhagischer Sarkome von 38- bezw. Sbjährigen Männern mit eigenartigem Verlaufe.

Bernays (St. Louis) macht eine kurze Mittbeilung über .3 Fälle von Kontinuitätsunterbindung der art. Vertebralis bei Epilepsie. Alexander machte auf Veranlassung von Jackson bei 21 Epi- leptikern die Unterbindung der vertebralis und erzielte angeblich 3 Hei- lungen, 9 Besserungen des Zustandes. H. operirte Kinder von 14 und 16 Jahren und ein Mädchen von 20 Jahren. Der angenblickliche Erfolg war gut, jedoch traten alsbald die Anfälle wieder auf, und werde er jetzt die schwierige und gefährliche (wegen der Venenplexus, etc. -Pleura) Operation nicht wieder machen. Bemerkenswerth war, dass sofort nach der Unterbindung der Puls enorm frequent, jedoch nach etwa 14 Tagen wieder normal wurde.

Graser (Erlangen) empfiehlt für die Klumpfnssbehandlung das Verfahren der Heincken'schen Klinik: kräftiges Redressement, Gyps- rerband, keine Operation. Die guten Resultate entschädigen für die ge- legentlich lange Dauer der Behandlung. Beely (Berlin) hält die lang- dauernde Immobilisirung durch feste Verbände für gefährlich und gebraucht deshalb Apparate Demonstration orthopädischer Apparate, welche dem Kranken Bewegungen gestatten. Petersen (Kiel) räth zur Vor- sicht in der Prognose: er sah selbst dann noch Klumpfüsse rückfällig werden, wenn inzwischen infolge der Behiindlnng ein Plattfuss sich aus- gebildet hatte. Hahn (Berlin) macht frühzeitig die Tcnotomie der Achillessehne und gebraucht mit bestem Erfolge einfache Maschinen.

Zum Schlüsse spricht Walzberg (.Minden) über Dammbildung, dar- auf Schluss des Kongresses.

Anm.: Die Rede v. Bergmann’s bei der Langenbeck-Feier ist in vornehmer Ausstattung bei August Hirschwald, Berlin, er- schienen; wir machen besonders auf die werthvollen den Text erläuternden Anmerkungen anfnierksam.

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Der 7. Kongress für innere Medizin, welcher vom 9. bis 12. April d. J. unter dem Vorsitz von Prof. Leube in Wiesbaden tagte, bot in Referaten und Vorträgen so viel Wissenswerthes, dass es bei der Lnmöglicbkeit, Alles zu bringeo schwer hält, eine Auswahl im Sinne des Leserkreises dieser Zeitschrift zu treffen.

lieber dasThema„Die chronischen Herzmuskel -Erkrankungen und ihre Behandlung“ hatten Oertel (.München) und Lichtheim (Bern) das Referat übernommen, doch gestaltete sich letzteres mehr als eine Darlegung bezw. Kritik der Verwendbarkeit des Gerte l'scben diätetisch-mechanischen Heilverfahrens bei Herzkrankheiten überhaupt. Nachdem Oertel einen Abriss seines bekannten Ver- fahrens gegeben und dasselbe begründet hatte, sprach sich Lichtheim dahin aus, dass dasselbe zwar in manchen Fällen besonders bei Fett- herz üppig lebender Menschen, auch zur symptomatischen Behandlung der Oedeme gut zu verwerthen, dass aber seine die Herzwand dehnende Wirkung bei Degeneration der letzteren zu fürchten und die Anwendung des ganzen Verfahrens stark einzuschränken sei. Für die Zulässigkeit desselben gebe der Grad der vorhandenen Athemnoth einen gewissen praktischen Anhalt. Allerdings sei der Werth des Verfahrens nicht allein nach theoretischen Erwägungen, sondern auch auf Grund seiner Resultate zu beurtheilen, doch wären letztere noch nicht in genügender Zahl veröffentlicht und zum Theil nicht günstig. Die arzneiliche Behandlungder Herzmuskel-Erkrankungen, fand nur kurze Berücksichtigung ; von den Konkurrenten der Digitalis wurden nur Coffein und Strophantns als manchmal mit Vortheil verwendbar bezeichnet, Kalomel gegen den Hydrops. Der Korreferent fasste seine Ansicht dahin zusammen, dass bei der Behandlung der Herzkrankheiten der arzneilichen Methode nach wie vor die erste Stelle einzuräumen sei. Die in der Dis- kussion laut werdenden Ansichten neigten der Lichtbeim’schen Auf- fassung zu. Schott (Nauheim) gedachte der Bebandlungsweise mit warmen Bädern, Gymnastik und lokaler Hitze-Applikation. Edlefsen (Kiel) erinnerte an den Nutzen des Eisens, das er oft in Verbindung mit Kampher verwendet.

lieber das Thema: „Der Weingeist als Heilmittel“ referirte Binz (Bonn) vom physiologischen Standpunkte aus und wandte sich gegen die in neuester Zeit laut gewordenen Stimmen, welche die Er- scheinungen nach Alkohol-Gebrauch nicht als Zeichen einer Erregung sondern einer Lähmung des Central- Nervensystems deuten. Die Ergebnisse der Untersuchungen von Parkes, dass bei Gesunden nach Zuführung von Alkohol die Pulszahl steigt und die Zusammenziehnngen des Herzens rascher und energischer von statten gehen, konnte Binz auch durch Versuche an Hunden erhalten, die er durch Vergiftung mit Morphium und Blutentziehung in künstlichen Kollaps versetzt hatte. Ausserdem fand er, dass die Luftmenge, welche die Lungen in bestimmter Zeit passirte, nach Zuführung von Weingeist durchschnittlich um 6“/« zunahm (nach Zunz sogar um 9 <*/o). Die Erscheinungen der rascheren und energischeren Herzbewegungen würden sich allerdings auch lediglich

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aus der Erweiterang der arteriellen Bahnen erklären, doch sei kein Beweis erbracht, dass der Alkohol nur eine derartige Wirkung auf die Blutgefässe habe, abgesehen davon, dass schon ein rascheres Ourch- strömen des Blutes durch die Gewebe als erregender Vorgang aufgefasst werden müsste. Auch wird die Magenverdauung durch kleinere Gaben Alkohol nicht ungünstig beeinflusst, wie die Versuche von Claude Bernard an Hunden zeigen und wie wohl Jeder an sich selbst bei Magen- verstimmungen erfahren hat. Der Nähr- (Spar-) Werth des Wein- geistes ist ' unbestreitbar. Nach den Versuchen von Binz werden von dem eingeföhrten Alkohol beim Menschen etwa 3 "/o durch Nieren, Haut und Lungen ausgesebieden, der Rest wird im Körper verbrannt. Du nun nach anderen Versuchen die Sauerstoffaufnahme bei Zuführung von Alkohol sich kaum ändert, so geht ^oraus hervor, dass der letztere für andere Körperbestandtheile als Brennmaterial eingetreten ist. Auch ist allgemein anerkannt, dass bei Weingeistaufnahme in müssiger Menge die Zerfallsprodukte der Eiweisskörper im Urin siuken. Die Thatsache, dass Alkohol ,die Körpertemperatur berabsetzt, scheint im Widerspruch mit der Annahme zu stehen, dass er ein Nlihrmittel sei, doch findet ersteres nnr nach grossen Gaben statt; andere lassen die Temperatur unverändert. Referent schloss seine durch vorgezeigte Tabellen vielfach unterstützten Ausführungen mit dem Ausspruch, dass der Alkohol stets eine Wohlthat für die Kranken bleiben würde. Ganz in dem- selben Sinne behandelte der Korreferent v. Jaksch cGraz) die Heil- wirkungen der verschiedenen zur Anwendung kommenden Formen des Alkohols vom klinischen Standpunkte aus. Die erregenden Wirkungen seien unbestreitbar bei drohendem oder eingelretenem Kollaps, doch sei es nicht nöthig, ihn bei allen an akuten fieberhaften Krankheiten Leidenden anzuwenden, auch sei er ein wichtiges Sparmittel für die Körperbestandtheile. Bei gewissen Krankheiten, z. B. der Diphtherie, bei Typhus und septischen Prozessen sei er besonders zu empfehlen. Die Verdauung werde, das Fehlen von erheblichen Magenläsionen voraus- gesetzt — nicht ungünstig beeinflusst; bei manchen Formen von Nerven- leiden sei die hypnotische Wirkung gut zu verwerthen. In der auf die Referate folgenden längeren Diskussion betonte Erb (Heidelberg), dass man auch an die möglicherweise eintretenden üblen Nach- wirkungen des Alkohols denken müsse, nervöse Verstimmung bei zarten, nicht daran gewöhnten Kranken (Frauen, Kindern), Reizung der krankhaft affizirten Organe bei der Ausscheidung, Gewöhnung an den Alkohol-Genuss, Gewebsveränderungen (ähnlich wie bei Alkoholisten) nach längerem medikamentösen Gebrauch, z. B. bei Phthise. Gegenüber Merke (Nürnberg), welcher gefunden hat, dass jüngere Aerzte geneigt sind, bei allen fiebernden Kranken ohne Auswahl Alkohol anzuwenden, und die klinischen Lehrer dem zu steuern bittet, bemerkt Nothnagel (Wien), dass wohl von allen Klinikern gelehrt werde, bei der Verordnung von Alkohol zu individualisiren. v. Jürgensen (Tübingen) hat die von Erb befürchteten Wirkungen des Alkohols bei verständiger Anwendung nie gesehen, hält sie für unwahrscheinlich zumul Genesene vielfach Widerwillen gegen die vorher als Medikament genossenen schweren Getränke äussern und empfiehlt Anwendung des Alkohols schon in früheren Stadien der Krankheit, um dem Kollaps vorziibeugen. Löwenthal (Lausanne) spricht sich gegen den Gebrauch des Alkohols

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bei Neurasthenie aus, die dadurch nur verschlimmert werde. Rühle (Bonn) erinnert an die Heilwirkungen desWeingeistes bei Herzkrankheiten, besonders den entzündlichen Entartungen der Herzmuskulatur.

lieber Verhütung und Behandlung der asiatischen

Cholera“ referirten A. Pfeiffer (Wiesbaden) und Catani (Neapel). Ersterer behandelte die Maassregeln zur Verhütung der Krankheit und theilte sie in solche, welche in ihrem Heimatbslande Indien selbst, besonders auch in Bezug auf den Schiffsverkehr nach dem Anslande hin, und in solche, welche im eigenen Lande vom Staat und vom Einzelnen getroffen werden müssten. Nach kurzem historischen Rückblick bis zur Koch 'sehen Entdeckung des Cholerabacillus und einer knapp gehaltenen Darlegung der gegensätzlichen ätiologischen Auffassung der Cholera seitens der Kontagionisten und Lokalisten brachte er vom Standpankt der ersteren aus io seiner Ausführung eine Zusunimeusielluug der all- genaein bekannten Maassregeln und Vorschriften, ohne neue Gesichts- punkte zu eröffnen. lieber die Behandlung der Cholera referirte Catani (Neapel). Nach der Koch’schen Entdeckung ist anzunebmen, dass die Gefahr der Krankheit von den Oholerabacillen her droht, welche durch ihre Entwickelung im Darm letzteren reizen und Wasserverlusi des Körpers und ßluteindickung herbeiführen und in manchen Fällen ein spezifisches Gift, ein Ptomain erzeugen. Für letztere Annahme sprechen die beobachteten rasch tödtlichen Fälle ohne vorhergegangenen Wasser- verlust. Der Tod kann durch eine von beiden Ursachen oder auch durch beide vereint verursacht werden. Das Heilverfahren muss alsti bestrebt sein: 1) die Entwickelung der Bacillen im Darm zu hemmen, 2) den von ihnen (direkt oder indirekt) erzeugten Giftstoff unschädlich zu machen, 3) die Blutcindickung und Wasserverarmung der Gewebe zu beseitigen. Da die vom Munde aus beigebrachten Heilmittel bald wieder entleert werden, griff Catani zur Euteroelyse. Eine Tannin- lösung von 5 20g auf l'/i 2 Liter Wasser von ca. 40° C. (meist mit 20 Tropfen Tinct. Opii) bringt er durch Eingiessung io den Mastdarm mit Ueberwindung der Bauhin’schen Klappe bis io den Dünndarm. Nachdem er die Beobachtung gemacht, dass in Italien die Arbeiter in Lohgerbereien verschont blieben, in anderen Gerbereien aber von der Krankheit befallen wurden, stellte er durch Versuche die den Parasiten verderbliche Wirkung des Tannin fest. Bei seinem Verfahren ist ausser- dem die adstringirende Eigenschaft des letzteren nützlich; der Darminhalt wird leicht angesäuert und zum ungünstigen Nährboden gemacht, der Körper durch die heisse Eingiessung erwärmt. Auch das zweite Ziel der Behandlung, die Unschädlichmachung der Ptomaine, wird durch das Verfahren mit Erfolg angestrebt. Spritzte Catani Hunden sterilisirle Pepton -Fleischbrühe, welche unschädlich gemachte Cholerabacillen ent- hielt, in die Bauchhöhle, so erkrankten sie unter Cholera-ähnlichen Erscheinungen, blieben aber gesund, wenn ebensolche Flüssigkeit ein- gespritzt wurde, die mit schwacher Tanninlösung versetzt war (ebenso auch wenn sterilisirte Pepton-Fleischbrühe ohne Cholerabacillen benutzt wurde). Zur Beseitigung des Wasserverlustes der Gevyebe empfiehlt er die von ihm angewandte Hy podermocly se, Einführung grösserer Mengen einer auf ca. 40° C. erhitzten Lösung von 3 Theilen Natrium carbon., und 4 Theilen Natrium chlorat. auf KXK) Wasser. Geeignet als Ort der Einführung (durch Irrigator) seien die Unterbanchgegend,

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Scbeukel, Glotaeen, nur die Ualsj^egend sei zu meiden wegen oft eiii- tretender Erstickungs* Zufälle. Die Catani'schen Bebandlungsweison (je nach dem Stadium der Krankheit wurden eine oder beide zugleich angewendet) haben allerdings erst in einigen hundert Fällen ' ziemlich gute Resultate ergeben, von schwereren wurden 61 °/s geheilt, 39 ®/o starben.

Nach Schluss des io lliessendem Deutsch vorgetragenen mit sehr lebhaftem Beifall aufgenommenen Referates verlas der Vorsitzende ein Schreiben v. Pettenkofer’s, in welchem derselbe seine bekannte Stellung zur Aetiologie der Cholera nochmals io kurzen Sätzen zu- sammenfasste und eine Entgegnung auf den Koch’-Gaff ky’schen Bericht der Cholerakommission in Aegypten durch die Presse in nahe Aussicht stellte. In der sich anschliessenden Diskussion warnten Büchner (München) und später auch Hüppe (Wiesbaden) davor, den Faktoren, welche ausser den Cbolerabacilleu zum Erzeugen der Epidemie nötbig sind, zu wenig Gewicht beizulegen. Verschiedene aus den Bacillen gewonnene Ptomaine bezw. Toxine wurden vorgezeigt.

Liebreich (Berlin) hat durch sehr zahlreiche Versuche festgestellt, dass viele der verschiedenartigsten organischen und anorganischen Sub- stanzen, z. B. Salmiak, Napellin, Hydrochinon, Antipyrin, Terpentin, Kamillenöl, sogar destillirtes Wasser, Thieren unter die Haut gespritzt eine oft Stunden lang anhaltende lokale Anästhesie der Haut erzeugen, oft auch solche der Hornhaut bei lokaler Einwirkung. Salmiakeinspritzung wurde beim Menschen naebgeprüft, sie erregte starkes, anhaltendes Brennen bei Aufhebung der Empfindlichkeit der Nervenenden. (Anaesthesia dolorosa.) Die Hoffnung, die anästbesirende Wirkung des einen oder andern Mittels für therapeutische Zwecke nutzbar zu machen, sei trotz des wenig ergiebigen Resultates seiner Untersuchungen bezüglich Art der Wirkung, Zusammenhang der einzelnen Stoffe n. s. w. nicht aufzugeben. Ein Tbeil der Versuche wurde an Kaninchen demonstrirt.

Leyden (Berlin) zeigteeine Dauerkanüle vor, welche nach Abreisseu der Fäden 10 Monate lang in der durch Krebs verengten Speiseröhre einer Frau gelegen hatte. Letztere starb an anderer Krankheit und die Obduktion stellte fest, dass die Kanüle keinerlei üblen Einfluss auf die Neubildung (Verschwärung u. dgl.) gehabt batte, letztere war sogar nur wenig gewachsen. ln der Diskussion betonte Leyden, dass die Kanüle langsam, nach vorangegangener oft an mehreren Tagen wieder- holter Einführung der Scblundsonde an ihren Ort gebracht werden müsse; ein etwaiges Hinabfallen in den Magen habe nichts Bedenkliches. Jaworski (Krakau) hat (soweit den Worten des schwer verständ- lichen Redners zu folgen möglich war), um die lästigen aus dem Mund des Patienten hängenden Fäden zu vermeiden, die innere Kanülenwand mit einer Furche versehen lassen, in welche nach Einfübren der Sonde zwei sich spreizende Schenkel der letzteren eingreifen und so ein Heraus- zieben der Kanüle ermöglichen.

Cornet (Berlin) stellte Untersuchungen über die Verbreitung der Tuberkelbacillen in der Weise an, dass er mit einem sterilisirten Schwamm den Staub von der W'and des Zimmers, der Möbel u. s. w. in Räumen, wo Tuberkulöse sich aufgebalten hatten, an solchen Stellen abwisebte, die mit den Sputis nicht direkt io Verbitidung gekommen sein

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konnten, (z. B. an der Ziminerdeuke). Der Suliwainniinb»lt wurde dann unter entsprechenden Vorsichtsmaassregelii in sterilisirter Bouillon auf- gelöst und Meerschweinchen in die Bauchhöhle eingespritzt. Zur Vor- sicht — um anderweite Infektion auszuschliessen wurden frische Thiere gewählt, welche schon getödtet wurden, ehe noch die Erscheinungen der Tuherknlose anderwärts als in der Bauchhöhle zu Tage getreten .sein konnten. Er untersuchte so 21 Krankensäle in 7 Berliner Hospitälern, 15 davon lieferten ein Tuberkulose erzeugendes Material. Verwendet wurden 94 Thiere, 52 davon starben unmittelbar bezw. sehr bald nach der Injektion, von den übrigen 42 wurden 20 tuberkulös, 22 blieben gesund. Auch bei der Untersuchung des Scbwarominhalts ans Brivat- wohnungen von Schwindsüchtigen erzielte er 20 mal positiven Erfolg und zwar fast stets dann, wenn die Kranken eingestanden, nicht nur in das SpeigefäsB, sondern auch auf den Boden oder ins Taschentuch gespuckt zu haben. Kontrollprüfungen, welche mit Staub aus chirurgischen Krankensälen oder Zimmern Gesunder angestellt wurden, Hessen die Versuchsthiere gesund. Im Ganzen hat Cornet (die Zahlen können keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit machen) .311 Thiere mit Lösungen geimpft, welche Staub aus Aufentbaltsräumen Tuberkulöser enthielten; von den Tbieren gingen 167 rasch an den Folgen des Ein- griffs zu Grunde, von den übrigen 144 wurden 59 tuberkulös, 85 blieben gesund. 75 Thiere wurden mit Staublösungen aus den Wohnurgen Gesunder geimpft, alle, welche nicht an den unmittelbaren Folgen des Eingriffs starben, blieben gesund. Staub von dem Arbeitstisch des Vor- tragenden, wo er seit Jahren aber unter entsprechenden Vorsichts- maassregeln mit Tuberkel-Bacillen enthaltendem Material sich beschäftigt hat Hess bei Versuchen damit die Thiere gesund.

Cornet bat noch sehr zahlreiche Versuche angestellt, ob durch Einführung von Medikamenten, wie Sublimat, Tannin, Menthol, Kreosot u. 8. w., in den Thierkörper in grossen eben noch ertragenen Mengen die thieriseben Gewebe sich zu ungünstigem Nährboden für die Tuberkel- Bacillen machen Hessen, es ist dies jedoch nicht gelungen. Die Arbeit des Vortragenden soll demnächst in einer wissenschaftlichen Zeitschrift in ausführlicher Form veröflFentlicht werden.

Bnchner (München) sprach „über den experimentellen Nach - weis der Aufnahme von Infektionserregern ans der Athem- luft“. Er zerstäubte trocknen mit Milzbrandsporen vermischten Staub und mit Milzbrandstäbchen gemengte Flüssigkeiten und Hess sie von Thieren einatbroen. Er bediente sich dazu eines Sprays mit einer Vorlage, aus der um Durchnässung der Thiere zu verhüten die letzteren nur ein feiner Nebel durch ein Glasrohr erreichte. Ebenso wurden Versuche mit den Infektionsträgern des Rotzes, der Hübnercholera, des Schweine- rothlaufs, der Mäuseseptikämie angestellt und es wurden zugleich eine Reihe von Thieren mit den Infcktionsstolfcn gefüttert Von 140 Meer- schweinchen, Kaninchen, Mäusen, welche inbalirt hatten, waren 96 in 2 4 Tagen todt, von 79 gefütterten starben überhaupt 7. Bei der Obduktion der durch Milzbrandsporen zu Grunde gegaegenen zeigten sich die Longen äusserlicb unverändert, doch waren Milzbrandbacillen in der Longe sowohl mikroskopisch als durch Kultur nachzuweisen und zwar war 23 '/• Std. nach der Inhalation schon Ilineinwachsen der Stäbchen in die Capillaren zu sehen. Die auf nassem Wege inhalirten

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Milzbrandstäbchen erzeugten entzündliche Veränderungen der Lungen und wucherten lebhaft, riefen aber geringere Allgemeininfektion hervor, 80 dass also der Reizzustand der Lunge ihrem Durchtritt dnrch die Blutgefässwand hinderlich zu sein schien. Zu letzterem erschienen besonders die „Blutparasiten‘‘ (die sich im Blut vermehren) geeignet, Typhus-, auch Tuberkel- und Cholera-Bacillen sind keine solche, daher die Misserfolge Flügge’s bei Einspritzungen von Typhusbacillen in die Ijuftröhre von Tbieren.

Dehio (Dorpat) schlägt behufs einer „physikalischen Dia- gnostik der mechanischen Insuffizienz des Magens** vor, den nüchternen Magen mit bestimmten Quantitäten Wasser nach und nach anznfüllen (durch Trinken) und die allmälige Vergrösserung desselben perkutorisch festzustellen. Die untere Dämpfungsgrenze des gesunden •Magens erreicht nur selten die Nabelhöhe, bei Atonie der Magenwand, muskulärer Insuffizienz, rückt die untere Dämpfungsgrenze sehr rasch nach unten und reicht bald über den Nabel hinaus, bei wirklicher (dauernder) Ektasie, wo auch der leere Magen wie ein schlaffer Beutel herunter hängt, erscheint die durch das eingeführte Wasser ver- ursachte Dämpfung sofort an der tiefsten Stelle. Das Verfahren sei der Ausdehnung des Magens dnrch Kohlensäure-Entwickelung vorzuziehen, da es eine differentielle Diagnose zwischen muskulärer Insuffizienz und Ektasie ermögliche, während die Kohlensäure-Anwendung bei beiden Krankbeitszuständen das gleiche Bild gebe.

Finkler (Bonn), davon ausgehend, dass ein noch genaueres Studium der einzelnen Formen der Lungenentzü ndung nöthig sei, um über ihren einheitlichen (^baraktec ins Klare zu kommeu, schildert eine Reihe von ihm beobachteter Fälle von infektiöser Pneumonie, welche bei geringen Luugenerscheinungen unter dem Bilde eines Abdominal-Typbus verliefen, zum Theil nach 4 Wochen ohne weitere Komplikationen tndtlicb endeten und bei der Obduktion keinerlei Darmerkrankung, aber die anatomischen Zeichen einer kroupösen tbeils mehr frischen, theils abgelaufenen Pneu- monie wabrnehmen Hessen. Von Mikrobien waren aus dem Lungen- gewebe Staphylococcus aureus und ein Streptococcus erhältlich. Er- krankung anderer Organe war nicht vorhanden.

A. Pfeiffer (Wiesbaden) zeigte üppig wachsende T ab er k el- Bacillen. Kulturen, die in Blutserum mit Zusatz von 6 8 Tropfen sterilisirten Glycerins gezüchtet waren. Die Erstarrung des Nährbodens wird durch den Zusatz nicht gehindert.

Catani (Neapel) sprach über „Fortpflanzung des Wuthgiftes längs der Nerven“. Er spritzte starkes (fixes) Virus der Tollwuth z. B. in den linken Ischiadicus von Thieren; wurde das Rückenmark durchschnitten, so erwies sich später dasselbe nur unterhalb der Schnittstelle bei Weiterimpfungen (unter die Dura) infektiös, eigenthüm- licber Weise auch der rechte (unverletzte) Ischiadicus, das Gift verbreitet sich also anscheinend nicht nur in centripetaler, sondern auch in um- gekehrter Richtung. Catani glaubt, dass sich das Wutbgift, welches durch Biss eingeführt wurde, meist durch die Nervenbahnen nach dem Gehirn verbreite, durch das Gefässsystem vielleicht nur in den Fällen mit kurzer Inkubation. Catani hält sein Verfahren geeignet für die physiologische Nachprüfung der Wirksamkeit der Pasteur’scheii Schutzimpfung.

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In der letzten, am 12. April abgehaltenen, Sitzung wurde ala Ort für den nächsten Kongress wiederum Wi^baden gewählt, obwohl von Seiten des Geschäfts -Komitees Berlin vorgeschlagen war. Da sich die Zahl der Vorträge von Jahr zu Jahr steigert, ist in Aussicht genommen, nur 2 Tage für die Referate zu bestimmen. Als Themata für letztere waren vorgescblagen : von Curschmann (IlambDrg) „die Behandlung des Ileus“. „Angina pectoris“, von Nothnagel (Wien) „Pathologie und Therapie der Gicht.“

Diederich (Wiesbaden).

Sanitätsbericht über die Deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71. Hcrausgegeben von der Militär - Medizinal- Abtheilung des Königlich Preussiseben Kriegsministeriums unter Mit- wirkung der entsprechenden Königlich Bayerischen, Königlich Sächsischen und Königlich Württembergiseben Behörden. Dritten Bandes spezieller Theil, Erste Abtheilung, III. Chirurgischer Theil: A. Verwundungen des Kopfes*) und Rumpfes. Mit 3 Lichtdrucktafeln und 3 Zeichnungen im Text. Berlin, E. S. Mittler & Sohn. 1888.**)

(Schluss.)

Das fünfte Kapitel (S. 390— .557) ist den Verwundungen der Brost gewidmet.

In ärztliche Behandlung gelangten insgesammt 9460 Deutsche mit Wunden an Brost und Rücken (ansschl. Schulter), von denen 2035 21,5 ■’/o starben. Dieses Sterblicbkeitsverbältniss bleibt nicht unerheblich hinter dem ans 6 grösseren Kriegen berechneten Durchschnitt von 25,7°/o zurück, übertrifFt jedoch das im Amerikanischen Kriege ermittelte um ein Weniges. Der Bericht erinnert hier und an anderen Stellen an die Ausführungen im II. Bande, woselbst dargelegt ist, dass eine verbesserte erste Hülfe die Sterblichkeit in den Lazarethen nothwendig scheinbar vermehren muss.

In den dem ersten Abschnitte eingefügten statistischen Uebersichten sind 6434 Brustwunden mit 1778 Todesfällen und 3789 Scbulterwunden mit 1291 Todesfällen (zusammen also 10 223 Verwundungen mit 2069 Todesfällen) mannigfach groppirt.

Die den 'folgenden Abschnitten ein verleibte Kasuistik bildet eine nicht leicht zu erschöpfende Fundgrube für alle einschlägigen Verhält- nisse. Systematisch behandelt die unserer Meinung nach zu den ge- lungensten Theilen des Berichtes gehörige Bearbeitung der Brustver- wuvdungen in Abschnitt 2 die Quetschungen und Erschütterungen ohne äussere Wunden bezw. die Verletzungen der Weichtheile ohne Eröffnung der Brusthöhle, in Abschnitt 3 die Verletzungen des knöchernen (^> rüstes ohne Eröffnnng der Brusthöhle, im 4. die durchbohrenden Brust-

*) Vergl. hierzu eins Referat über die Verwundungen der .\ugeii im laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift 8. 131 ff.

**) cf. A.-V.-Bl. No. 3, Berlin 14. •>. 88, J. N. 1398/88. .M. A. (Aintl. Bei- blatt S. 23).

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«nnden ohne and mit Verletzung des knöchernen Gerüstes. Jeder dieser Abschnitte, insbesondere jedoch der .3. und 4., erscheint gleich bedeutend dnreh das grossartige Quellenmaterial , wie durch die einsichtsvolle tiearbeitung. Auf mehr als 450 Einzelbeobachtongen vermag sich allein die Besprechung der durchbohrenden ßrnstwunden zu stützen; nicht wenige dieser Fälle konnten durch eine lange Reihe von Jahren verfolgt werden ; bäofig war es angängig, das Ergebniss genauer Autopsien zu berück- sichtigen! — Als Unterlage und Beweismaterial für die in den Ab- schnitten 2 und 3 gezogenen Schlüsse dienen 163 Krankengeschichten!

Von besonderem militärärztlichen Interesse erscheinen die Erörterungen über die Kontnsionspneumonie, welche seitens der Feldärzte nur bei- läufige Erwähnung gefunden bat, „inöglichervveise deswegen, weil sie in allen wesentlichen Tbeilen mit der genuinen Lungenentzündung über- einstimmt“, oder aber „weil die Feldärzte einen unmittelbaren Zusammen- hang zwischen der mechanischen Verletzung und der Longenerkrankung Dicht anerkannten“. Nimmt man die Entstehnng durch Quetschung an, so beläuft sich die Häufigkeit der sekundären Lungenentzündung bei 491 (!) Brustkorbersebütternngen ohne äussere Wunde auf 1,8 ° o.

Gleich im Anschlüsse hieran sei erwähnt, dass in einem Anhänge zu dem in Rede stehenden Kapitel der Frage des Zusammenhanges zwischen Tuberkulose und Brnstwonden, d. i. der Frage, inwieweit durch- bohrende und nicht durchbohrende Brostwunden eine Disposition zur Erkrankung an Tuberkulose zu schaffen vermögen, vorsichtig näher ge- treten wird. Mit Recht ist hervorgehoben, dass zur Klärung dieser An- Itelegenheit eine „genaue Kenntniss von der Herkunft und dem Vorleben des Kranken, von dem Zustande der Lungen unmittelbar vor der Verwundung, desgleichen von der Beschäftigung, dem Lebenswandel, den gesundheits- schädigenden Einflüssen nach derselben unentbehrlich“ ist. Das Kriegs- material lässt trotz seiner Massenhaftigkeit in dieser Beziehung vielfach im Stich, und selbst von einer umfassenden Invaliden-Statistik kann wohl Auskunft darüber erwartet werden, wie oft auf Brustverletzungen schliesslich Tuberkulose gefolgt ist, aber höchstens beschränkter Aufschluss über den inneren Zusanimenbang zwischen beiden Vorgängen. Die spärlichen Angaben (17) über Tuberkulose in den 384 mitgetbeilten Krankengeschichten Solcher, welche nicht der Brustwnnde erlegen sind, der fast gänzliche Mangel anderer sicherer Nachrichten über traumatische Pbthisis nach Verletzungen der Brust durch Kriegs Waffen, die ausdrück- liche Angabe im Amerikanischen Bericht, dass keine Krankengeschichte und kein Sektionsbefnnd aus dem Rebellionskriege eine Beziehung zwischen Verwundungen der Brust und wahrer tuberkulöser Schwindsucht erkennen lasse, gestatten übrigens immerhin den Schluss, dass Verwundungen der Lunge viel seltener eine tuberkulöse Disposition hervorrofen, als vielfach angenommen werden mag.

Gleichzeitige Verletzungen des knöchernen Gerüstes des Brustkorbes haben bei durchbohrenden Brnstwonden die Vorhersage nur wenig ver- schlechtert. Auf 290 sichere derartige Beobachtungen entfielen 165 56,9'’/i> Todesfälle, auf 1135 durchbohrende Brnstwunden ohne Knochen- betheiligong 598 =52,7%. Die Kleinheit des Chassepotgeschosses, welches leicht zwischen den Rippen dorchschlüpfte, erklärt die verhältnissmässig kleine Zahl der mit Knochenverletzung komplizirten Wunden der in Rede stehenden Art.

ln Betreff der Herz wunden, Verwundungen beider Longen, des

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Langeo Vorfalls, des Ilaotemphysenis bei Brustwundeii und anderer be- gleitender Umstände muss wiederum auf das Original verwiesen werden.

Operationen nach ßrustwunden sind entsprechend der damaligen Anschauung über die Gefährlichkeit der Eröffnung der Brusthöhle nur selten gemacht worden: abgesehen von 14 Unterbindungen grosser Ge- fässstämme mit 11 Todesfällen konnten nur Berichte über Thoraco- centesen zusammengustellt werden, von denen 22 einen günstigen Verlauf nahmen.

In gleich würdiger Weise stellt sich das 6. Kapitel, Verwundungen des Unterleibs (S. 558 652), dar, welches statistisch über 5743 Fälle mit 1475 Todten berichtet.

Mehr als die leichte Zugänglichkeit der Baueborgane für die von Aussen kommenden Gewalten prägen 3 anatomische Eigentbümlicbkeiten : der ausserordentliche Gefässreichthum, der ungewöhnliche Nervenreich- tbum, endlich der Charakter des Bauchfells, den Verletzungen der Bauch- höhle den Stempel besonderer Gefährlichkeit auf. Hinzu kommt, dass der flüssige Darminhalt als eine mehr oder weniger in Zersetzung und Fäulniss begriffene Masse anzuseben ist, in welcher Ptomaine (Briegcr) von starker und rascher Giftwirkung reichlich enthalten sind. Diese letzteren Verhältnisse finden durch die Kriegsbeobaebtungen rein zahlen- mässig eine gute Beleuchtung, indem 57,2 sämmtlicber Todesfälle an durchbohrenden Unterleibswunden auf die ersten 3 Tage nach der Ver- wundung entfallen! Mit Recht warnt der Bericht aus diesem Grunde davor, allzu weitgehende Hoffnungen bezüglich der künftigen Behandlung von Unterleibswunden an die antiseptiseben Methoden zu knüpfen.

Als günstiger Umstand wirkt allerdings die grosse Plastizität des Bauchfells, welcher die im 3. Abschnitte über durchbohrende Unterleiba- wunden aufgefübrten überraschend zahlreichen Heilungen von Darm- sebüesen (26 unter 59 sicheren, ausführlicher mitgetheilten Beobachtungen) zuzuschreiben sind.

Die eben erwähnte Kasuistik der Darmsebüsse und deren Besprechung darf vielleicht als der Glanzpunkt des Kapitels bezeichnet werden. Auch jeder andere Unterabschnitt aber ist reich an neuen, werthvolleu Mittbeilungen. So werden unter den Verwundungen der Harnblase allein 15 Kraukengeschiebten zum ersten Mal veröffentlicht, welche also auch in der seiner Zeit von Bartels veranstalteten Zusammenstellung fehlen. Die schon bekannte Krankengeschichte eines derartig Verwundeten, bei welchem Wilms 1879 die blumenkoblartig mit Harnsalzen bedeckte Chassepotkugel entfernte, ist durch Zusätze und Abbildungen des Fremd- körpers bereichert. Von reinen Bauch feil wunden (ohne Verletzung anderer innerer Organe) werden verhältnissmässig zahlreiche Beispiele beigebracht.

Das Haupteintheilungsprinzip ist von der Verletzung des Bauchfells hergenommen. Unter den Unterleibswunden ohne Eröffnung des Banch- fellsacks (2. Absehnitt) werden die blossen Quetschungen und Weichtheil- wunden, die Verletzungen der Geschlechtstheile, der Beckenknocheii und der ausserhalb des ßauchfellsacks gelegenen Organe besprochen; unter den mit Eröffnung des Bauchfellsacks einhergegangenen (durch- bohrenden) Unterleibswunden (3. Abschnitt) die reinen Baucbfellwundeii und die Verletzungen der innerhalb des Bauchfellsacks gelsgenen Organe.

Verletzungen mit gleichzeitiger Eröffnung der Brust- und Bauch- höhle (4. Abschnitt) kamen 66 Mal zur Beobachtung mit 75,7 «/o Todes-

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filleo. Ueber 27 Verwundete liegen genauere Nachricbten vor, von denen 5, ein gewiss erfreuliches Ergebniss, geheilt wurden; es befinden sich unter denselben 2 mal Verletzungen der Leber, 1 mal des Dickdarms. 2 mal anscheinend nur des Bauchfells. Einer von den Geheilten erlag nach etwa 7>/i Jahren der Darmeinklemmung durch den zurückgebliebenen Zwerchfellspalt, ein bemerkenswerthes Beispiel für die von Pirogoff angegebene Art des Heilnngsvorganges bei Zwercbfellwuoden.

Im Anhang zum 6. Kapitel werden die widerspruchsvollen An- sichten neuerer Chirurgen über die operative und nicbtoperative Behandlung der durchbohrenden Unterleibswnnden, insbesondere der Darmschnsswunden ohne Darmvorfall, nebeueinandergestellt. Aus den im Vorangegangenen mitgetheilten Krankengeschichten wird der Schluss gezogeu, dass bis auf Weiteres im Felde bei derartigen Verwundungen im Allgemeinen eine zuwartende antise Pt ische Behandlungs- methode mit Darreichung grosser Dosen von Opium in Ver- bindung mit fast völliger Nahrungsentziehung, subkutanen Morpbinm- Einspritzungen und geeigneter Lagerung die empfehlenswertheste sei.

Erwähnung verdient schliesslich, dass das bereits in den zuletzt erschienenen Bänden des Kriegs-Sanitätsberichtes stufenweise zu Tage getretene Bestreben, anch die deutsche medizinische Sprache von der Belastung mit entbehrlichen, lediglich auf Gewohnheit und Bequemlichkeit zurückzuführenden Fremdwörtern zu befreien, in dem vorliegenden III. Bande einen sehr vollständigen Sieg über alle theils wirklich, theils scheinbar entgegenstehenden Schwierigkeiten davon getragen bat. Die angenehme Empfindung, welche sich des Lesers dieses Bandes bemächtigt, beruht nicht zum kleinsten Theil auf der entschiedenen, gleichwohl jede Gewaltsamkeit weislich vermeidenden Sprachreinigung. Bei dem immer weitere Kreise ergreifenden Gefühl für die Ausdrucksfähigkeit der, deutschen Sprache, ihre Würde und Schönheit, darf gehofift werden, dass das in grossem Stil gegebene Beispiel nicht ohne Folgen für die medizinische Ausdrucksweise bleiben und wesentlich dazu beitragen wird, dass bald auch manches heut noch unvermeidlich erscheinende, im Bericht daher zunächst wohl mit Absicht beibehaltene Fremdwort ver- schwindet.

Desselben Werkes fünfter Band. III. C. Kasuistik der im Kriege gegen Frankreich 1870/71 nach Verwundung durch Kriegswaffen auf Verbandplätzen oder in Lazaretheu der Deutschen Heere ausgeführten grösseren Operationen in tabellarischer Anordnung. Berlin, E. S. Mittler und Sohn. 18.84.

Der Inhalt des fünften Bandes des Gesammtwerkes wird durch den Titel in aller wünsebenswertben Vollständigkeit ausgesprochen. Hinzu- zafügen bleibt nur, dass wie im Vorwort bemerkt wird auch die Wenigen Aufnahme gefunden haben, welche nach Operation durch Französische Aerzte in Deutschen Lazaretben verpflegt worden sind. Diese gewaltige Kasuistik umfasst alle diejenigen grösseren Operationen au Deutschen und Franzosen, über welche die Feldzugs- Akten ein- gehendere Berichte oder doch mindestens die zur Feststellung der Persönlichkeit des Operirten unerlässlichen Angaben enthalten. Ent- sprechend den im ganzen Bericht maassgebend gebliebenen Grundsätzen

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sind MittheiluDgen , welche der letzteren Forderung nicht genügen, unberücksichtigt geblieben.

In Folge des Umstandes, dass in den Berichten der Feldärzte ebenso wie in der gedruckten Litteratur die Personen-Vermerke häufig fehlen, mussten viele an sich wertbvolle Beschreibungen und Sektionsberiebte unbenutzt gelassen werden, weil trotz aller darauf verwandten Mühe es nicht mehr gelang, mit Sicherheit festzustcllen, auf welchen der Operirten sie sich beziehen. Häufig konnte aus diesem Grunde in dem vorliegenden Bande neben dem Namen, der Art und dem Tage der Verletzung nnr etwa noch die Art und der Tag der Operation, sowie der Ausgang vermerkt werden.

Im Interesse einer der Wahrheit möglichst nahe kommenden Statistik kann dem eingescblagenen Verfahren nur voll zngestimint werden. Allerdings bleibt dabei die Möglichkeit bestehen, dass auch die blosse Zahl der Operirten sich vielleicht um ein Geringes kleiner dar- stellt als der Wirklichkeit entspricht, obwohl die namentlichen Listen der Operirten, welche vorschriftsgemäss den Monatsberichten der Lazaretbe beizufügeo waren, eine annähernde Vollständigkeit hinsichtlich der grösseren Eingriffe gewährleisten; andererseits ist auf dem gewählten Wege und nur auf diesem jede Doppelzählung mit Sicherheit auszuschliessen. Für Kriegs- und Friedens-Berichterstattungen, desgleichen für litterarische V'eröffentlichnngen aber erwächst daraus eine dringliche Mahnung, jeden Verwundeten oder Kranken auch bei scheinbar minder wichtigem Anlass grundsätzlich stets so genau zu bezeichnen, dass derselbe für künftige Zusammeostcllnngen deutlich erkennbar und unter- scheidbar wird.*) Es erscheint dies ebenso sehr als eine Pflicht gegen- über der Wissenschaft als eine gebotene Rücksicht gegenüber Denjenigen, welche sich der Zusammenfassung von Einzelarbeiten unterziehen. Welcher unendliche, verdriessliche und schliesslich oft erfolglose Auf- wand von Zeit und Mühe dazu gehört, um nach längerer Zeit das anfangs so bctniem sich darbietende, zur Vermeidung von Doppelrecbnungen unerlässlich Nothwendige zu ermitteln, wird Jeder bestätigen, der auch nur auf einem beschränkten Gebiete einmal unternommen hat. zerstreute kasuistische Mittheilungen zu einem Ganzen zu vereinigen.

Die im vorliegenden Bande mitgetheilten Operationen sind: dio Gliedabsetzungen, die Gelenk- Aussägungen, die Aussägungen im Verlaufo der OTOSsen Röhrenknochen, die Kiefer-Aussägungen, die Trepanationen der Bcbädelknochen, einige andere Eingriffe an Knochen und Gelenken, die Unterbindungen grösserer Schlagadern, die Transfusionen, die Nerven- Ausschneidungen, die plastischen Operationen am Gesicht, die Eröffnungen der Luftwege, die Eröffnungen des Brustfellraums, die Operationen am Bauch, an den Geschlechtstheilen, endlich diejenigen an den Augen und Augenlidern.

*) Der vollen Namensnennung, welche den .Sanitätsoffizieren hei privaten Veröffentlichungen amtlichen Materials aus naheliegenden Gründen untersagt ist, bedarf es dazu oflenhar nicht. Die AnfaiigBhuehataben des Vor- und Zunamens werden in Verbindung mit anderen Angaben (Truppentheil , Charge, Dalum und Art der Verwundung oder Krkrankung u. s. w.) ausnahmslos zur Krreiehung des oben angedeuteten Zweckes genügen. Ein Itlii'k in medizinische Zeitschriften aber lehrt, wie häufig jede derartige Bezeichnung der Person mangelt, welche ,dcr Kall“ betrifft.

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Zar weiteren Andeutung der Fülle des Gebotenen diene noch die Angabe, dass der (allerdings weitaus umfangreichste) Abschnitt, welcher sich auf Amputationen am Oberschenkel bezieht, abgesehen von einigen Nachträgen nicht weniger als 1436 Beobachtungen (1076 Deutsche, 360 in Dentschen Sanitälsanstalten behandelte Franzosen) umfasst.

Die Krankengeschichten sind innerhalb jedes dieser Hauptabschnitte zunächst nach Deutschen nnd Franzosen gesondert; in jeder dieser Unter- abtheilnngen weiterhin nach Geheilten nnd Gestorbenen, endlich in jeder der letzteren Groppen alphabetisch nach dem Zunamen des Verwundeten.

Von allen oben erwähnten Operationen haben bisher nur die Ge- lenk-Aussägungen durch die bekannten Veröffentlichungen von Ernesti, Dominik, v. Scheven, Deininger, Heinzei, Grossheim in früheren Jahrgängen dieser Zeitschrift, schliesslich durch das verdienstvolle Werk von Gurlt eine Zusammenfassung erfahren. Auch letzteres ist in einer, dem Gesammtplane des vorliegenden Bandes entsprechenden Weise be- nutzt worden; eine mässige Zahl von Gelenk-Aossägnngen (meist tüdtlich verlaufene F'älle), welche selbst bei Gurlt noch fehlen, ist besonders kenntlich gemacht.

Ans dem Titel geht hervor, dass der erst jetzt ansgegebene fünfte Band schon im Jahre 1884 seinen Abschluss und seine Druckherstellung erfahren hat Der Grund für die geübte Zurückhaltung darf wohl mit Recht darin gesucht werden, dass dieser Theil des Berichtes ausschliess- lich Material enthält, dessen statistische Verwerthuog nnd sonstige Erläuterung dem lil. Bande Vorbehalten geblieben ist Im Vorwort zu der vorliegenden Kasuistik 6ndet sich ein ausdrücklicher Hinweis auf eine „Statistik der grösseren Operationen“ im III. Bande, welche vermuthlich in dem noch ausstehenden „Allgemeinen Theil“ des letzteren erwartet werden darf. Erläuterungen zu den Operationen an Brost, Bauch und an den Augen &ndcn sich bereits in den betreffenden Kapiteln der soeben erschienenen, oben besprochenen ersten Abtheilung des Speziellen Tbeils des III. Bandes (Verwundungen des Kopfes und Rumpfes).

Der hier in Rede stehende fünfte Band gewährt mehr als andere einen Einblick in die Werkstatt der verdienstvollen Verfasser des Gesammtwerkes und lässt die trockene Mühe ungefähr ermessen, welche aolgewandt werden muss, bevor der Leser durch die geistvolle und gefmlige Darstellung, au welche der Text des Berichtes uns gewöhnt hat, zugleich belehrt und gefesselt werden kann.

Red.

Dr. A. Koehler, Stabsarzt. Bericht über die chirurgische Klinik des Geh. Rath Bardeleben pro 188.5. Separat-Abdrnck aus den Charite-Annalen, XII. Jahrgang. Berlin 1887. 144 Seiten.

Der an werth vollen Beobachtungen reiche, mit grossem Fleisse und besonders daukenswerther Benutzung nnd Angabe der einschlägigen Litteratur gearbeitete Bericht bespricht in der Einleitung die auf der Bardeleben’schen Klinik zur Zeit gchandhabte Methode der anti- septischen Wundbehandlung und führt die Resultate an, welche die mit einigen neueren Antisepticis (Chinojodin, Jodol) im Berichtsjahre an-

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gustellteu Vereuche ergeben haben. In dem darauf folgenden Abschnitte Verbrennungen und Anätzungen werden 3 dnreb (zu konzentrirte) Karbollösung (ohne Rezept) entstandene Anätzungen in ihrem Verlaufe und Ausgange beschrieben (in einem Falle [7.5 jähriger] Lisfranc'sche Ex- artikulation, Tod). Mit bestem Erfolge wurde bei Verbrennungen von der Uebergiessung mit 2 prozentiger Arg. nitr.- Lösung und nachfolgender Watte- ein wickelung Gebrauch gemacht. LeichtereBrfrierungen wurden nachvor- ansgegangener Reinigung mit Sublimatlösung durch Aufstreichen von Frost- collodiura (Ol. Ricini 1, Res. Tcrebinth. .5, Collod. 100) in 8—14 Tagen zur Heilung gebracht. Alle anderen chirurgischen Krankheiten und Verletzungen werden regionär (in 9 Abschnitten) abgehandelt. Unter den Kopfverletzungen interessirt insbesondere ein genau mitgetbeilter Fall von Komminutiv-Fraktur der Schädelbasis wegen der während des kurzen Krankheitsverlaufes Tod in 4 Tugen beobachteten nn- koordinirten Augenbewegungen und des ophthalmoskopischen Befundes (keine Stauungspapille trotz Meningitis an der Basis, im Gegentheil Anämie). Ebenfalls wegen seines ophthalmoskopischen Befundes (an- fangs normal, nach 3 Wochen Atrophie) bemerkenswerth ist eine Ver- letzung des Sehnerven (Stoss mit der Spitze eines Sonnenschirms in die rechte Orbita). Die genaue Beschreibung siehe diese Zeitschrift 1886; Koehler, über Augenverletzungen bei Kopfverletzten. Bei den (Je- schwülsten des Halses wird die auf extralaryngealem Wege bei herab- hängendem Kopfe erfolgreich ausgeführte Exstirpation eines fibrösen Kehlkopfpolypen beschrieben. Von 7 totalen Kropfexstirpationen endeten 3 letal (2 mal starke Veränderungen an der Luftröhre, Pneumonie, 1 mal Str. sarcomat. mit Metastasen).

Die Besprechung eines anfänglich durch Unterbindung geheilten, schliesslich aber doch noch tödlich geendeten Falles von Aneurysm. trnnc. anonym, veranlasst Verf. darauf hiozuweisen, dass die Lumina der mit Katgut unterbundenen Gefässe vollständig wieder bergestellt waren. Der Abschnitt JV (Wirbelsäule) führt auf: 3 Kontusionen (nur bei ruhiger Rückenlage keine Schmerzen, keine Sensibilitätsstörung, Urin- und Stnhlentleerung normal, Beine können von der Unterlage abgehoben werden), eine luxat. vertebr. cerv. IV. und V. (Tod in 14 Tagen, be- merkenswerth sind die Temperaturschwankungen: bei der Aufnahme 34,3 (im Rektum!), l'A Tage später 40,0, dabei kein einleitender Frost, kein Hitzegefübl, keine Pulsbeschleunignng), eine fractura vertebr. dors. IV (tödtlicb), eine^ Scbussverletzung am Halse, bei welcher die Kugel von der Seite her an Gefässen und Nerven vorbei in einen Wirbelkörper ein- itedrungen zu sein schien, keine Symptome einer Rückenmarksverletzung Heilung nach 4'/j Monaten. Abschnitt V (Brust und Rücken) berichtet von einer Kontusions-Pneumonie, einem Ilaemopneumothorax ohne nach- weisbare Rippenfraktur. 3 Scbussverletzungen der Brust verliefen ohne Suchen und Sundiren auf Kosten der Verletzten zur event. Vervollstän- digung der Diagnose fast reaktionslus. Unter den subpektoralen Abszessen ist einer seiner Aetiologie wegen (Lymphangitis in Folge Hundebisses in die rechte Hand) von Interesse. Von 2 Empyemen heilte eins spontan nach Entleerung des Eiters durch Husten. Geschwülste kamen 22 mal zur Behandlung: unter 4 gutartigen 1 Echinokokkus unter dem pektoral. major; von 17 Karzinomen der Mamma wurden 10 operirt (bei den zum ersten Mal Operirten immer Freilegung und Ausräumung der Achselhöhle). Bei der in der letzten Zeit wieder lebhafter gewordenen Diskussion über

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Bebsndluug des Ileus und der diffusen akuten Peritonitis ist von den ver- schiedensten Seiten die Schwierigkeit der Diagnose sowohl wie des Ent- scheides darüber, ob operativ vorzugehen sei oder nicht, betont worden. Abschnitt VI (Unterleib) bringt einige Fälle, welche dies Beides sowohl als auch die ganz besonderen Schwierigkeiten ins rechte Licht setzen, mit denen die Antiseptik bei der Behandlung der akuten diffussen jauchig- eitrigen Bauchfellentzündung zu kämpfen hat. Von den zur Heilung gebrachten Striktnren erforderte eine mit Phlegmone koroplizirte gleich- zeitig die Uretbrotomia int. und ext. Ungewöhnlich war bei einem F'all von umfangreichem Blasenkrebs die erst 4 Wochen vor der Auf- nahme bemerkte Hämaturie sowie die Besserung, welche nach der Urethrot. ext. mit stumpfer Erweiterung des Blasenhalses eintrat. In Abschnitt VII (Becken- und Lumbalgegend) wird als von besonderem Interesse hervorgehoben ein Fall von Verletzung der ven, femoral. comm. bei der Drüseuexstirpation. Doppelte Unterbindung und Durebsebneidung, Heilung in 4 Monaten. Aus der reichen F'ölle kasuistischen Materials, weiches bei VIII. und IX. (Extremitäten) znsammengetragen ist, kann nur Weniges beransgegriffen werden. In 2 Fällen von Durebsebneidung der Extensorensebnen am Handrücken wurde mit bestem Erfolge die Sehneunaht gemacht, in einem dritten wurden die durchschnittenen dehnen des flex. sublim, und zugleich der durchschnittene n. median, mit Wieder- herstellung der Funktion durch die Naht vereinigt. Ein mit Eröffnung des Gelenks komplizirter rechtsseitiger Olekranonbroch heilte nach Re- sektion des Olekranon reaktionslos unter Tamponade und nachberigem einfachen antiseptischen Verbände. Nach 2‘/r Monaten vollständig brauch- bares Gelenk. Ausserordentlich günstig ist das Resultat der 5 wegen fnngöser Entzündung ausgeführten Ellenbogenresektionen: 4 Heilungen mit guter Gebrauebsfäbigkeit. Nur in einem F'alle von traumatischem Haemarthos (unter 38 Kontusionen) musste das Kniegelenk eröffnet und ansgespült werden. Die fraetnra patellae erforderte nur 1 mal die Er- öffnung des Gelenks und die Knochennaht, sonst gelang es immer durch Heftpflasterkompression den Bluterguss zum Schwinden, die Fragmente aneinander zu bringen, ln einem F'alle wurde ein gefensterter Gyps- verband angelegt, und, während die Fragmente aneinander gehalten worden, wurde das F'enster mit Gyps ausgegossen und so das Ans- einanderweichen der Bruchstücke verhindert. Ein Ilygrom der bursa praepatell. wurde durch Exstirpation des verdickten Sackes zur Heilung gebracht. Von 4 tuberknlösen Kniegelenkserkrankungen des Kindes- alters heilte eine durch Inzision und Ausspülung in l’/,, 3 nach Resektion in 4 12 Monaten (mit Ankylose und brauchbarem Bein). In einem Fall von tnmor alb. mit Osteomyelitis femoris führte Resektion mit Aus- räamnng der Markböhle des Femur in ihrer ganzen Länge (33 cm) mittelst scharfen Löffels zur Heilung. Gegenüber anderen Beobachtungen kam es bei keiner der wegen tuberkulöser Lokalerkrankung ausgeführten Operationen zu einer Generalisation der Tuberkulose durch Inokulation der Wunde. Die bei Kindern ausgefübrte Hüftgelenksresektion (G) batte ein sehr günstiges Resultat: 5 Heilungen. Bei genu valgum wurde 1 mal am Oberschenkel, 1 mal am Unterschenkel die keilförmige Exzision, in 2 Fällen die Ogston’sche Operation gemacht; letztere ergab gute Beweglichkeit und Stellung des Beins, während in Fall 1 geringe Beweg- lichkeit, aber gute Stellung erreicht wurde. In Chloroform - Narkose

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ereigneten sich 2 Todesfälle (der eine betraf ein dekrepides Indindnom, der andere einen Potator).

Interesse bieten noch die beiden am Schluss detaillirt beschriebenen Fälle von Actinomycosis, von denen einer tödtlich ablief, der andere zur Heilung kam. G.

Beiträge zur Beurtheilung des Nutzens der Scbntzpocken- impfung nebst Mittbeilnngen über Maassregeln zur Beschaffung un- tadeliger TbierWmphe. Bearbeitet im Kaiserlichen Oesundheitsamte. Mit 6 Tafeln. Berlin, Verlag von Julius Springer, 1888. 4. 192 S.

Die vorliegende Denkschrift ist hervorgernfen dnreh einen Beschloss der Petitionskommission des Deutschen Reichstages vom 23. März 1886, welche das Ergebniss der im Reichs - Gesundbeitsamte eingeleiteteu statistischen Ermittelungen über den Nutzen der Schntzpockenimpfong, insbesondere der Bearbeitung von Ur-Pockenlisten, ebenso die Maassregeln, welche zur Beschaffung untadeliger tbieriseber Lymphe ergriffen sind, kennen zu lernen wünschte.

Das in Rede stehende Werk, welches unter den zahlreichen Schriften neuesten Datums über den nämlichen Gegenstand einen der ersten Plätze beanspruchen darf, trägt den beregten Wünschen der Reichstags- Kommission in ausgiebiger Weise Rechnung, indem zunächst die schon im Jahre 1883 im Kaiserlichen Gesundbeitsamte zur Veranschaulichung der Wirkung des Reichs-Impfgesetzes entworfenen Tafeln nochmals mit ErgUnzungen und Erlänternngen, auch unter Hinzufügong der den Tafeln zu Grunde liegenden Tabellen, vorgeführt werden. Es folgen die Er- gebnisse einer Statistik der Pockentodesfülle im Deutschen Reiche für das Jahr 1886, die Besprechung der während des Jahres 1886 in mehreren Staaten des Deutschen Reiches vorgekommenen Erkrankungen an den Pocken, eine Darlegung des Einflusses der Schotzpockenimpfong auf die Pockensterblichkeit in Schweden, eine Erörterung des Impfwesens in den nenn älteren Provinzen Prensseus bis zum Jahre 1874 nnd in der König- lich Preussischen Armee, die Ergebnisse der Bearbeitung sogenannter Ur - Pockcnlisten , endlich Mittbeilnngen über die Maassregeln zur Be- schaffung untadeliger Thierlymphe und über die Zunahme der Verwendung von Thierlymphe bei den im Deutschen Reiche ausgeführten öffentlichen Impfungen.

Der Werth der Militär - Statistik gerade für die Frage der Schutz- kraft der Pockenimpfung ist längst allseitig anerkannt. So bilden auch in dem vorliegenden Werk die auf den Friedens - Sanitätsberichten der Armee nnd dem sechsten Bande des Kriegs-Sanitätsberichtes für 1870/71 fassenden Darlegungen nicht den am wenigsten beweiskräftigen Tbeil der überall fesselnden Ausführungen.

Gegenüber dem vielfachen Hinweis der Impfgegner auf die so- genannten „Ur-Pockenlisten“ ist die Thatsache von besonderem Interesse, dass die mühselige Prüfung dieses Materials durch die bewährten Kräfte des Reichs - Gesundheitsamtes die grobe Mangelhaftigkeit and Unzuver- lässigkeit der Listen dargethan bat. Die Ergebnisse der Bearbeitung derselben, welche von impfgegneriseber Seite als hauptsächlich ent- scheidend hingestellt wurden, sind im übrigen mit folgenden Worten zn- sammengefasst :

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.Die Ur - Pockealigten sind nicht geeignet, die anf Erfahrung und WisseDRchaft begründete Ueberzeugung, dass die Impfung einen beträcht- lichen Schutz gegen das Erkranken und Sterben an Pocken gewährt, zu erschüttern, dienen vielmehr zur Verstärkung derselben; sie be- stätigen ferner den Erfabrungssatz, dass das einmalige Uebersteben der Pocken mit seltenen Ausnahmen gegen eine neue Erkrankung an den- selben schützt.“

Wer mit der impfgegnerischen Litteratur auch nur oberflächlich be- kannt ist, weiss, dass dieselbe auf dem Gegentheile wissenschaftlicher Anschauung und wissenschaftlichen Verfahrens beruht, daher nicht wissen- schaftlich bekämpft werden kann. Mit Recht hält sich dem entsprechend die Darstellung der Denkschrift von jedem Streite fern, begnügt sich viel- mehr mit ruhiger objektiver Entwickelung und Erläuterung der Ziffern. Da wir die grosse Mehrzahl der eigentlichen Impfgegner für unbelehrbar halten, glauben wir auch nicht an eine Bekehrung derselben. Aber angesichts der immer erneuten Versuche, an dem Reichs - Impfgesetze, der grossartigsten Maassuahme, welche die öffentliche Gesund- heitspflege zu verzeichnen hat, zu rütteln, muss jede Arbeit als dem öffentlichen Interesse im höchsten Maasse dienend bezeichnet werden, welche dazu beiträgt, das Bewusstsein der Wohltbat, welche der Nation durch jenes Gesetz zu Tbeil geworden ist, bei den Aerzten zu befestigen und in immer weitere nicht-ärztliche Kreise hineinzutragen.

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Mittheilongen.

Berliner militärärztlichc Gesellschaft.

Sitzung vom 21. November 1887.

Nachdem der bisherige Vorstand durch Akklamation für das nächste Jahr von Neuem gewählt ist, spricht Herr Herrlich über einen Fall von Tremor, Herr Nicolai über das erste Obdach des Kriegsverwundeten. Beide Vorträge sollen in dieser Zeitschrift ausführlich mitgetheilt werden.

Sitzung vom 21. Dezember 1887.

1) Herr Nicolai theilt folgende Beobachtung mit: Am 17. No- vember 1887 wurde ein Soldat geimpft, wobei einige Blottröpfchen auf die Oberfläche der Haut traten. Um dieselben schneller zum Eintrocknen zu bringen, stellte der Mann sich an den gebeizten Ofen. Dort wurde der- selbe von einer Ohnmacht befallen; der Arm erlitt dabei durch Berührung mit der Ofenfläche eine Verbrennung 1. und 2. Grades. Verband mit Borsalbe, Ung. parafflni mit Sublimat, später Berieselung. Nach 12 bis 14 Tagen traten an den Impfstellen Schwellung und Wucherung der Cutis auf; es bildeten sich zweifellose Pusteln ohne Epidermis, keine Blasen, sondern pülpige, schwammige Protuberanzen. Der Vortragende

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äus8ert die V crmulbuog, dass die Organismeo, auf denen die Wirksamkeit der Lymphe beruht, bei der Verbrennung der Haut vielleicht (nach Ana- logie des Leiden fr OS t’ sehen Versuches) durch einen Dampfwall ge- schützt worden seien; jedenfalls sei übrigens ihre Entwickelung bedeutend verlangsamt worden.

2) Herr Leyden schliesst seinen in der Oktober-Sitzung begonnenen V' ortrag über die Entzündung der peripheren Nerven. (Derselbe ist io Heft 2 und 3 des laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift abgedruckt.)

3) Herr Reger macht Mittheilung über io jüngster Zeit ge- lungene photographische Aufnahmen von Gewehrgeschossen im Fluge bei .“iOO m Geschwindigkeit (Prof. Mach in Prag und Prof. Salcber in Fiume) unter Vorzeigung von Originalaufnabmen auf Glas und photo- graphirter Ansichten. Dieselben, durch den elektrischen Funken einer Flaschenbatterie mittelst der „Schlierenmetbode'* auf gewöhnlichen Trockenplatten fixirt, wozu vielleicht 'h oooooo Sekunde verwandt ist zeigen das Geschoss in voller Schärfe mit einem Mantel verdichteter Duft umgeben in Form eines Hyperbelastes, dessen Scheitel vor der Geschoss- ^itze und dessen Axe in der Flugbahn liegt. Von der Peripherie der Geschossbasis aus sich schräg nach hinten aussen ziehende scharfe Linien begrenzen die abfliessende Luftwelle und schliessen einen kegelförmigen luftleeren resp. stark luftverdünnten Raum zwischen sich ein, in welchem Wölkchen wahrscheinlich die in diesen luftleeren Raum naebstürzeude und dadurch erwärmte Luft sichtbar sind. Das ganze Bild gleicht genau demjenigen, welches ein schnellfahrendes SchilT ini Wasser erzeugt. Die Dicke der komprimirten Luftschicht vor der Spitze des Geschosses variirt je nach der Gestalt desselben und dessen Geschwindigkeit zwischen 2 4 mm. Sichtbar wird der Vorgang erat bei Geschwindigkeiten von über 340 m, also bei solchen, welche die Schallgeschwindigkeit über- treffen.

Wennschon Prof. Mach selbst nach einer brieflichen Mittbeilung an den Vortragenden die Wirkung dieser verdichteten Luftwelle, welche er vor dem Geschosse in den Körper eintreten las.oen will, bei dem Zustande- kommen der Schusswunden speziell der explosionsartigen Zerstörungen bei den Nahschüssen, in den Hintergrund treten lässt gegenüberden mächtigen Vorgängen, welche die neueren Experimente als Wirkung des hydraulischen Drucks unwiderleglich festgcstellt haben, so haben doch andere Kommentatoren kühn behauptet und diese Erklärung hat durch mehrere grosse politische und andere Zeitschriften eine sehr grosse Verbreitung gefunden , dass die beregte Wirkung nur die der vor dem Geschosse in den Körper gelangenden, sich daselbst erwärmenden und nun zerstörend wirkenden Luft sei.

Wegen des „semperaliquid haeret“ dürfte es vielleicht angezeigt sein, das Grundlose der Theorie kurz klarzulegen.

Bekanntlich ist diese nicht neu; Morin und Meltens stellten sie zu- erst auf, Busch nahm sie auf, verwarf sie aber später. Vor allen lässt Neodörfer io seiner „modernen Chirurgie iu Theorie und Praxis“ einen auf 2'/j Atmosph. komprimirten, auf ca. 90“ R. erwärmten Lufteylinder von 60 90 m Länge vor dem Geschosse cindringen. Das blosse Be- trachten der Photographie widerlegt ihn am besten. Dass das Hioein- dringen eines so winzigen Cylinders kompriniirtor Luft von doch höchstens kalibercutsprechender Gruiiddäche und einigen Millimetern Höhe vor dem Geschosse in den Körper falls ein solches überhaupt möglich wäre.

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keine wesentliche Wirkung hervorbringen kann, ist wohl klar. In- dessen ist es undenkbar, dass dieser Fall eintreten könnte. Soll die Loft Tor dem Geschosse eindringen, so muss sie bis sur Dichtigkeit eines festen Körpers znsammengepresst sein, was niemals eintreten wird. Da aber mit der Zunahme der Dichtigkeit auch die Elastizität der Luft zunimmt, so wird beim Treffen auf Widerstand die so überaus labile Luft nach allen Seiten ausweichen.

Abgesehen von dieser physikalischen Nothwendigkeit, abgesehen da- von, dass die Lehre von der hydraulischen Druckwirkung bei den Schuss- wunden theoretisch und praktisch bestens fundirt ist, ist der Vortragende in der Lage, mehrfache direkte Beweise aus den Ergebnissen seiner Schiessversucbe mittheilen zu können, welche absolut die Theorie von der Wirkung vor dem Geschoss eindringender Luft widerlegen;

1) Fehlen von Imbibition mit Luft in den Geweben und in der Um- gebung des Zerstörungsberdes.

2) Auftreten von Druckerscheinungen nur im Knochen, während die vor demselben gelegenen Weichtheile keine solchen zeigen (z. H. bei Weichblei 100 200 m).

3) Verschieden grosse Zerstörung bei Geschossen gleichen Kalibers, gleichen Gewichtes, gleicher Form, gleicher Geschwindigkeit, aber ver- schiedenen Stauch ungsvermögens, während doch in allen Fällen dieselbe die gleiche sein müsste, da doch immer ein gleich grosser Lufteylinder io den Körper hineingelangen müsste.

4) Beweise, dass bei den Schüssen auf wasscrgefüllte Blechbüchsen

ans verzinntem Eisenblech bei denen die hintere Wand vom Ge- schosse gar nicht berührt wird, da sie durch den hydraulischen Druck bereits zum Klaffen gebracht ist, ehe das Geschoss dieselbe erreicht:

a. Spuren von Verzinnung an den Kupfergeschossen.

b. Aufsitzen des runden Stückchens Blech aus dem Einsebusse auf der Spitze resp. der vorderen Fläche des gestauchten Geschosses durch Einstanzung. (Der V'ortragende legt hierfür beweisende Geschosse vor.)

!)) Auftreten der explosiven Wirkung bis zu 200 m Geschwindigkeit in den fast flüssigen resp. flüssigkeitgefüllten Organen, während die Welle der komprimirten Luft nur bei Geschwindigkeiten über 340 m auftritt.

Da alle Anwesenden vollkommen von der Haltlosigkeit dieser „Luft “- Theorie überzeugt waren, so fand hierüber eine Diskussion nicht statt. Herr Geh. Rath Leyden brachte aber die Rede auf die sogenannten „Lnftstreifsebüsse'^, welche durch die Photograrome eine gewisse Stütze erhielten. Der Vortragende verneinte die Möglichkeit der Ent- stehung solcher bei den Kleingewehrprojektilen, gab aber immerhin zu, dass durch Vorbeisausen von Geschossen mit so grosser Geschwindigkeit dicht vor den Augen resp. Obren durch psychischen Einfluss eine ge- wisse Schädigung der Funktion eintreten könne.

Stabsarzt Krocker erklärte dann, dass nach den Erfahrungen des letzten Krieges „Luristreifscbüsse“ bei grobem Geschosse als bestehend angenommen werden müssten. Trotz fehlender äusserer Verletzungen seien Leute umgefallen resp. hätten schwerwiegende Störungen des Nerven- systems davongetragen. SVievicl dabei von der Wirkung auf den wirk- lichen Luftdruck, wieviel auf das psychische Moment komme, Hesse sich natürlich nicht unterscheiden. Dass der Druck komprimirter

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Luft allein ausreicbe, wichtige Folgen nach sich zu ziehen, lehrten ja doch unsere Artillerie-Schiessplätze, wo öfter Zerstörungen des Trommel- felles vorkämen.

Sitzung vom 20. Januar 1888.

Nachdem über die diesjährige Feier des Stiftungsfestes der Gesell- schaft (siehe Heft .3 des laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift) Beschloss gefasst worden ist, spricht Herr Martins über , Lähmungen und Kon- trakturen“. Der Vortrag soll in dieser Zeitschrift ausführlich veröffent- licht werden.

Unter zahlreicher Betheiligung fand am 28. April er. seitens des Kameradschaftlichen Vereins der Sanitäts - Offiziere des Land webr-Regiments-Bezirks (.Berlin ein gemeinschaftliches Abendessen statt, zu welchem als Ehrengäste des Vereins die Herren Generalärzte Roth (Dresden) und v. Bergmann (Berlin) erschienen waren. In warmen Worten begrüsste der Vorsitzende, G.-A. d. L. Wasserfuhr, die Ehrengäste, welche sich in anerkennendster Weise über die Bestrebungen und Erfolge des Vereins äusserten und auf sein Ge- deihen und das Wohl seines Begründers und Vorsitzenden toasteten. Der Abend verlief in der gemüthlichsten Weise und hat sicher dazu bei- getragen, die Interessen des Vereins, das Gefühl kameradschaftlicher Zusammengehörigkeit zu fördern.

Dass die Ausstattung der Soldaten mit Verbandmaterial zur ersten Hülfe, wie bei uns mit Verbandpäckchen, keineswegs eine Errungenschaft der Neuzeit ist, vielmehr gegen KK)0 Jahre zurückreicht, wurde mir von dem z. Z. sich in Berlin aufhaltenden japanischen Generalarzt Ishigur» mitgetheilt. Derselbe, mit Abfassung einer Geschichte der japanischen Militär-Medizin beschäftigt, fand im Kapitel der Heeresorganisation einer vor 1152 Jahren verfassten japanischen Gesetzsammlung (Engishiki) die Vorschrift, „einem jeden Krieger sei ein Stück Leinwand mit Sensöku (d. h. Tausend- Wundpflaster) mit auf den Weg zu geben“.

Ishiguro vermuihet, dass dies Verfahren lange schon geübt worden ist, bevor es in die Gesetzsammlung Aufnahme fand.

Scheibe.

(Ifünickt in der KGnif’iiclien Honmchdrockervi von K. B. Midier a. Solin in Ilorlin, Koebhtr.

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Deutsche

Militärärztliche Zeitschrift.

Redaction:

Dr. Jt. Generalarzt,

T*ob«iutn»« 6,

n. Dr. Stobsarzt,

Bvlin. K&iMr Fnois Gr«nftdier>PUtt 11/12.

Verlag:

f. $. SBfUbt & ^#5», Königliche Hofbachhandlang,

Berlin, Kochetnsee 68—70.

Honntlich ereebeint ein Heft ron mindeetena 8 Druckbogen; dazu ein ,^mtlichee Beiblatt**. Der Zeitecbriit wird daa Werk: „Jahreabericht über die Portachritte anf dem Gebiete dea Milit&r- Banitita-Weaens**, beranagegeben Tom Generalarzt Dr. Botb, onentgeltlich beigegeben. ßeateUnog nebmeo alle Poattmier and Bachbandlnngen an. Preia dea Jahrgänge 15 Hark.

XVII. Jahrgang. 1888. Heft 6.

Sarkomatöse Neubildung in den Fisteln einer 15 Jabre lang bestehenden Schusswunde mit Retention der Kugel.

Von

Dr. Krevot, Mühlhausen i. Th.

Georg Friedr. August A. aas Körner, während des Feldzuges 1870/71 bei der 1. Kompagnie des Infanterie -Regiments No. 95, wurde am 12. Januar 1871 bei Le Maus verwundet. Er erhielt auf hoher Strasse von untenstehenden Franktireurs einen Schoss vorn oben in die rechte Brostseite. Wichtigere Theile waren nicht verletzt, so dass im Lazareth nur ein Verband angelegt wurde; nach der Kugel wurde nicht gesucht. Der rechte Oberarm blieb unbeweglich. Am 19. Februar wurde ein Abszess an demselben in Wetzlar geöffnet. Von da kam Patient nach Aachen, im September wurde er als Ganz- Invalide nach Hause ent- lassen. Sein Zustand war in den folgenden Jahren ein leidlicher, die Wauden eiterten wenig; bin and wieder brach an Brost, Arm und Schalter rechterseits ein kleiner Eiterherd anf, Schmerzen waren inter- mittirend. Im Jahre 1878 wurde ärztlicherseits an der inneren Seite des Oberarmes and unterhalb der rechten Brustwarze inzidirt nnd viel Eiter entleert, dabei auch nach der Kugel gesncht, aber vergeblich. So war das Befinden in den 15 Jahren gewesen, Patient verband sich selbst, Salbe and Karbolwasser genügten. Die Eiterung war abwechselnd stärker nnd schwächer. Im September 1886 zeigte sich in der rechten Achsel-

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höhle an einer lange schon bestehenden Fistel ein Gewächs wie wildes Fleisch; der dortige Arct ätcte es wiederholt, aber ohne Erfolg. Viel* mehr wurde die Wacherang znsehends grösser; da Patient fieberte and yon Kräften kam, wurde ich mitzugezogen. Am 6. November nahm ich den ersten operativen Eingriff vor; Patient bot damals folgenden Zn- Btand dar;

Er ist 43 Jahr alt, von grossem starken Körperbau; die Haut ist schmatzigbraun, fahl, auf dem Rücken weissgefleckt. Reichliches Fett- polster, am auffallendsten am Bauch entwickelt. Die Schleimhäute sind sehr blass; an den inneren Organen nichts Abnormes. Es besteht mittleres Fieber, der Puls ist klein und beschleunigt; der Kranke matt und schwach trotz aller Körperfülle. Der rechte Oberarm, Schalter und Brust haben Narben. Zwei Finger breit innen und unterhalb vom verdickten pro- cessus coracoideuB liegt die Schussöffnung; sie hat schlecht granulireude Ränder und ist für eine dicke Sonde durchgängig, welche unter dem pectoralis major hindurch zur Achselhöhle herausführt. Auf der Brust sind in der Gegend der 3. und 5. Rippe am Ansatz des Brustbeins zwei Fisteln mit flachen, hinfälligen Granulationen; dieselben kommuniziren ebenfalls mit der Schusswunde. In der ' Achselhöhle befindet sich nah am vorderen Rande eine Geschwulst, die fast fingerdick über das Niveau der Haut hervorragt, von ungefähr 12 cm Länge und 9 cm Breite. Die Oberfläche derselben ist ulcerirt, mit schmierig eitrigem Sekret bedeckt, von unregelmässiger, höckeriger Gestalt; es lassen sich mit den Fingern ohne besondere Gewalt und ohne jede erwähnenswerthe Blutung grosse Stücke einer auffallend trockenen, bröcklichen Masse wie Pilztheile heraus- schälen. An den Rändern geht der Tumor diffus in die stark verdickte und geröthete Haut über. Ebenso wenig wie an der Peripherie ist die Geschwulst in der Tiefe scharf abgegrenzt; sie reicht in das Unterhaut- zellgewebe hinein und ist nicht von den Granulationen der Fistelgäage zu sondern. Es lassen sich deren zwei in den Wucherungen aufflndeD, wovon der eine, wie schon erwähnt, unter dem pectoralis major zur Schussöffnung verläuft und ist die Haut in ganzer Ausdehnung darüber hart und schmerzhaft. Wie weit diese Veränderung der Haut als in- filtrirte Randzone der Geschwulst, wie weit als Phlegmone aufzufassen ist, bedingt durch Eiterverhaltung in den Fisteln, lässt sich nicht fest- stellen. Der andere Fistelgang führt nach der costalen Seite des Schulterblattes und endet blind auf dem subscapularis. Nirgends in der Nachbarschaft ist Drüsenanschwellung zu finden; das Scbultergelenk ist nicht geschwollen noch schmerzhaft, die Muskulatur daselbst geschwunden.

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Der Oberarm ist unbeweglich, Vorderarm und Hand frei in der Be- wegung. Es besteht keine Innervations - noch Zirkulationsstörung, nur die Gegend an und über dem Ellbogen ist leicht ödematös. Von der Kugel ist nichts zu entdecken.

Die Aufgabe der Therapie war demnach: die Neubildung zu ent- fernen, die Engel zu finden und die Fisteln zum Verheilen zu bringen. Die Wucherungen hatten dem Aetzen widerstanden, sie waren in den 2 Monaten bedeutend gewachsen. Die Schnelligkeit des Wachsens sprach für ihre Bösartigkeit und somitjfür die sofortige operative Beseitigung. In der Narkose wird die Geschwulst in der Achselhöhle mit Scbeere und Messer abgetragen, die beiden Fistelgänge ausgekratzt und drainirt und der Paquelin auf den Boden der Wunde aufgesetzt. Auf der Brost, wo sich der ganze pectoralis major unterminirt zeigt, werden die Fisteln erweitert, mit dem scharfen Löffel die Höhle gereinigt und Drains durch- gezogen. Die Engel wird dabei nicht gefunden. Patient wird von dem dortigen Arzt regelmässig verbunden. Am 26. November sah ich den Kranken wieder: die Fisteln auf der Brust haben gutes Aussehen, ihre Sekretion versiegt, so dass die Drains entfernt werden konnten. Die Gegend zwischen processns coracoideus und Achselhöhle ist wenig empfindlich und dementsprechend ist das Fieber bis auf geringe abend- liche Steigerung verschwunden. Dagegen zeigt sich in der Achselhöhle keine Tendenz zur Heilung. Die morschen Wucherungen sind wieder- gekehrt und haben sich an der Peripherie noch weiter ansgebreitet. Die Wnndfläche bildet eine hellrothe, feucbtglatte Decke, die leicht dem scharfen Löffel weicht. Ans den beiden Fisteln der Achsel lassen sich grössere Massen ausschaben, sie sind weiter geworden und die hintere lässt sich höher hinauf auf dem subscapnlaris verfolgen. An der innerei) Seite des Oberarmes, die das Dacb der Höhle bildet, greift die Neu- bildung in das intermnsknläre Bindegewebe hinein. Es wird überall in der Tiefe mit scharfem Löffel und Paquelin ansgeränmt und der infiltrirte Hautrand rings weggescbnitten. Darauf untersuchte ich den Kranken am 8. Dezember, und bei der diesmal vorgenommenen Operation es ist wieder ein lokales Rezidiv vorhanden gelinget es, die Kugel zu finden und anszuziehen. Ich finde die Fisteln über der Brust geschlossen und die Schnssöffnung am processns cor. dem Verheilen nab, aber desto schlimmer sieht es in der Achsel ans. Die Geschwürfläche nimmt die ganze Achselhöhle ein. Die gesammte Fascienschicht ist von der Neu- bildung durchdrungen und wird entfernt, so dass die Muskulatur der Brust und der Schulter blossliegt Dabei wird ein Gang entdeckt, der

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auf dem serratos anticos major nach unten zieht, und in dessen Ende unter dem vorderen Rande des latissimns dorsi steckt die KugeL Die- selbe wird dnrcb äusseren Schnitt extrahirt. Sie ist stark verbogen, zackig, wiegt 15 g, augenscheinlich eine Minie-Kngel. Doch auch diese Operation vermochte nicht das Weiterschreiten des Tumors aufznhalten, wie die Besichtigung am 3. Januar 1887 ergab. Ich versuchte noch zweimal der Wucherungen Herr zu werden, doch vergeblich, sie breiteten sich stetig weiter ans. Dabei wurde Patient immer schwächer and anämischer; an den Fussen traten Oedeme auf. Nach jedem operativen Eingriff fühlte er sich sehr angegriffen, das Chloroform vertrag er schlecht, es bestand danach regelmässig ein paar Tage hindurch starker Kollaps. Anfang März sah Herr Professor Oberst den Kranken and rietb von jeder weiteren operativen Vornahme ab. In dieser Zeit reicht das Gewächs weit über den Raum der Achselhöhle. Bei jeder Operation war in der Peripherie infiltrirte Haut abgetragen worden and immer batte die Neubildung darauf neues Terrain ergriffen. Sie erstreckt sich nach vorn über den vorderen Rand der Achselhöhle auf die angrenzende Haut der Brust; nach hinten liegt die Mosknlatar am äusseren Rande des Scbnlterblattes frei, nach oben gebt die Geschwulst auf der Innen- seite des Oberarmes ein Stück abwärts, sie reicht in das intermaskniäre Bindegewebe und umgreift aufwärts die grossen Gefässe. Blnt ist bis- her dem Sekret wenig beigemiscbt gewesen, doch ist jederzeit eine Blutong ans grösseren Gefässen zu besorgen. Nach nuten ist der Tumor auf der seitlichen Brustwand, deren Mnsknlatnr bloss liegt, bis über die Extraktionsöffnnng der Kogel herabgewachsen, die im Dezember noch 10 cm von der unteren Hantgrenze entfernt gelegen war. Die Tiefe der Höhle schliesst zwischen Brust und medialem Rande des Schulterblattes ab, alles ansgefüllt mit bröcklicben Wucherungen; die Oberfläche ist uneben, die Ränder wulstig verdickt, die umgebende Haut stellenweis bis über 2 Finger breit livid und hart. Ein dem Rande entnommenes Gewebsstück hat auf dem Durcbscfanitt ein blassröthliches Ansehen, jedoch sind auch hier schon in den tieferen Geschwnlsttheilen gelbe, trockene, verkäste Partien zu bemerken. Mikroskopisch finden sich nach Bericht des Herrn Professor Oberst in einem sehr spärlichen and zarten, bindegewebigen Retikulum kleine, mit ein oder mehreren Kernen und feinkörnigem Protoplasma versehene Randzellen; Gefässe spärlich, ansserordentlicb dünnwandig. Hier und da findet sich zwischen den Zellen, dieselben anseinanderdrängend, freie Blutung, die indessen nirgends eine nennenswerthe Ausdehnung annimmt In den gelblichen.

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trockeDen Partien des Tumors ist von einer Struktnr überhaupt nichts mehr nachxnweisen nekrotische, zum Theil feinkörnige, in den mit Alauncarmin behandelten Präparaten ungefärbte Maasen, in denen hier und da noch kleine Rnndzellen zu erkennen sind. Es handelt sich so- mit zweifellos um ein sehr zellenreiches Rnndzellen-Sarkom mit aasgedehnten Verkäsungen.

Patient wurde seitdem regelmässig weiter verbunden. Gegen die zerklüfteten, schnell wachsenden und zerfallenden Massen erwies der antiseptische Verband sich ohnmächtig. Eiterretention und Phlegmone stellten sich wieder ein. Der Oberarm schwoll stärker an, die Fisteln anf der Brust brachen ebenfalls wieder auf, die Wucherungen drängten znr SchussöfiPnung hervor. Bei der profusen Sekretion der grossen Wandfläche war der Säfteverlost enorm. Der Allgemeinzostand ver- schlechterte sich zusehends, während das Fettpolster immerhin noch beträchtlich blieb. Der Urin enthielt Eiweiss. Nachdem der Tumor sich stetig weiter vergrössert hatte, ging der Kranke unter fortwährendem Fieber in den ersten Tagen des April marastiach zu Grande. Sektion warde nicht gestattet

Dass der Patient der Nenbildung erlag, war die Folge ihrer Malignität Von den Sarkomen sind die zellreichen und von diesen wieder die kleinzelligen die gefährlichsten, weil ihnen der stärkste Proliferationstrieb innewohnt Die Kleinheit der Zelle gilt als Beweis für die Schnelligkeit ihrer Bildung. Ebenso sind die umfang- reichen Nekrosen in der Nenbildong gerade den rapid wachsenden eigenthümlich, sie entstehen, wenn die Gefässentwickelnng nicht Schritt hsdten kann, mit dem Zellenwachsthum (Ackermann, Samml. klinischer Vorträge, 233 34). Ist dadurch der verhängnissvolle Charakter der Geschwulst gekennzeichnet, so kommen weiter die lokalen Verhältnisse in Betracht Das Sarkom fand in der geiäss- and bindegewebsreichen Gegend der Achselhöhle den günstigsten Ort zu reichlicher Ernährung und schrankenloser Ausbreitung; wir wissen, dass nächst der Art and Natar der Zelle der Blutreichtbnm des Matterbodens von bestimmendem Einfluss auf das Wacbsthum der Geschwulst ist. Und wenn die zell- reichen Sarkome schon durch die Art ihres Wachsthums Substitution ein diffuses Uebergeben in die Umgebung zeigen und dadurch schwer abgrenzbar sind, so walteten hier in diesem Falle noch besonders schwierige Umstände ob, die es anmöglich machten, die Grenzen der Geschwulst sofort zu bestimmen. Die in der Tiefe ulcerirte Achselhöhle war dem Auge schwer zugänglich, da der Oberarm nur durch Mit-

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bewegoDg des Scbniterblattes von der Brast zu entfernen war. Die Nea- bildung war an dem Ansfuhrungsgange alter Fisteln entstanden, von denen die eine mit einer Eiterböhle in Verbindung stand, die von der Acbselböble bis zum Brustbein reichte. In der Tiefe Hess sich nicht feststellen, wo das Sarkom aufbörte und die Granulation anfing, noch war aussen auf der Haut die Phlegmone von den peripheren Ausläufern der Geschwulst zu unterscheiden. Erst ans dem verschiedenen Erfolg der Operation wurde es klar, dass die längs des Schulterblattes ver- laufende Fistel durchweg sarkomatös war, dagegen die unter dem pectoralis major hinziehende nur im unteren Theile zum Bereich des Tumors gehörte. Aber selbst mit der Erkenntniss der Grenzen der

Geschwulst war noch nicht die Möglichkeit gewonnen zu ihrer radikalen Entfernung, sie scheiterte an den lokalen Verhältnissen. Das Sarkom führte innerhalb 7 Monate den Tod des Individuums herbei. Aus der Litteratur ist es bekannt, dass das Sarkom in noch kürzerer Zeit, in 4 5 Monaten, tödtlicb verlaufen kann. So erwähnt Scbnchardt (Samml. klin. Vorträge, 257) 2 Fälle ans v. Volkmann’s Klinik, die, in direktem Anschluss an eine äussere Verletzung entstanden, in solch rapider Weise das Leben vernichteten, in dem eie nach jeder Operation rezidivirten und unter allgemeinen Metastasen das Ende herbeiführten. Ob es in dem von mir beschriebenen Falle zur Metastasenbildnng in inneren Organen gekommen war, muss unentschieden bleiben, da keine Sektion stattfand.

Das Interesse des Falles aber, welches denselben mittheilenswerth erscheinen lässt, liegt darin, dass sich das Sarkom an den Fisteln einer 15 Jahre alten Schusswunde entwickelte. Die Kogel war in der Zeit nicht eztrahirt worden; ob und wie weit der in der Wunde zurückgebliebene Fremdkörper durch andauernde Reizung zur Sarkombildnng Veranlassung gab, diese Frage führt uns auf das dunkele Gebiet der Aetiologie der Geschwülste. Von den Carcinomen ist es bekannt, dass sie sich häufig auf chronisch entzündlichem Boden (alten Unterschenkelgeschwüren, Nekrosenfisteln, Brandnarben, Lupus u. s. w.) entwickeln, ja dass an- scheinend bisweilen rein änsserliche Ursachen ihrer Entstehung zu Grunde liegen (Schornsteinfegerkrebs, Paraffinkrebs). Und so hat man ans der Erfahrung den Satz aufgestellt, dass wiederholte, an sich mässige Reize die Gelegenheitsnrsache für Krebsbildung ansmachen. Von den Sarkomen ist dieser Hergang viel seltener beobachtet; Birch- Hirschfeld erwähnt (Lehrbuch der pathol. Anatomie), dass sie in Narben und Frak torstellen Vorkommen; weit mehr sind dagegen Fälle in der Litteratur verzeichnet.

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wo sie nach einem einmaligen, heftig einwirkenden Tranma, in nn- mittelbarem Anschlnss an einen Stoss oder Fall entstanden sind. Unser Fall würde sn den wenigen gehören, wo ein chronischer Reisznstand die Sarkombildnng begünstigte. Denn die Kngel hatte, indem sie Eiterung and Fistelbildnng vernrsachte, eine andanernde Irritation anter- balten. Ob sie dadurch, dass sie ihren Platz unter dem pectoralis major, wo sie bis dahin gesteckt haben soll, verliess, den Anstoss zur Oeschwulst- bildung gab, erscheint sehr fraglich, da die Wanderung der Kugel ebenso gut als Folge der durch die Neubildung bedingten Auflockerung aofgefasst werden kann. Jedenfalls entspricht es der modernen Auf- fassung, wenn wir in Anbetracht, dass Sarkome in der Achselhöhle selten sind, die jahrelange Anwesenheit des Fremdkörpers in der Wunde als sogenannte Oelegenheitsursache für die Sarkombildnng ansprechen, ohne damit die Möglichkeit des rein znfilligen Zusammentreffens beider Umstände ganz in Abrede zu stellen. Im Gegensatz zu der Auffassung, die dem Trauma einen wichtigen Einfluss auf die Oeschwnlstbildung sn- erkennt, bat Cohnheim die HTpothese aufgestellt, dass alle Geschwulst aus überscbüssigen embryonalen Zellen hervorgehe. Diese Hypothese ist nicht allgemein haltbar und von dem Antor selbst zur Lehre von der potentiellen Anlage nmgeändert worden, die sich wieder der alten An- schauung von der Prädisposition und Erblichkeit nähert Heutzutage neigen Chirurgen wie Pathologen der Auffassung zu, dass zweierlei Um- stände die Geschwulstbildung bestimmen: die Anlage, die angeboren oder auch erworben sein kann, und der äussere Anstoss, der Reis, der die Anlage zur Entfaltung bringt und den Ort der Geschwulst bestimmt Da die Anlage sich bisher dem Mikroskop verschlossen hält, auch die Wesenheit der Geschwulst, ihr ezcessives und atypisches Wachsthnm, ihre Verschiedenartigkeit, warum in dem einem Falle epithel-, im anderen bindegewebsartige Wucherung, uns noch völlig räthselhaft bleibt, so sind wir zur Zeit darauf angewiesen zu versuchen, dnrch fleissiges Beobachten der äusseren Umstände dem inneren Verständnisse näher zu kommen. Wir sammeln Material und so mag auch dieser Krankheits- fall als Beitrag zur Kasuistik der Gelegenheitsnrsachen dienen. Für die Praxis aber würde eich noch eine wichtige Folgerung ergeben. Ist nach unseren jetzigen Anschauungen das Zurückbleiben der Kngel als der Reiz anzusehen, der die schlummernde Anlage zur Geschwulstbildung weckte, so steht der Tod des Patienten in Beziehung zu der einstigen Kriegs- verletzung. Dieser Zusammenhang würde selbst bei der etwaigen An- nahme eines infektiösen Ursprunges des Sarkoms bestehen bleiben;

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ich denke dabei weniger an den Carcinombacillns (Schearlen, Freire, Schill), als an den Umstand, dass Geschwülste, die man früher zu den Sarkomen rechnete (Perlsacht, Aktinomjkose), jetzt als infektiöse erkannt sind. In diesem Falle würde die Kogel durch die Fisteln die Eingangspforten für die Infektion geschaffen und so ebenfalls die Gelegenbeitsarsacbe für die Nenbildnng abgegeben haben. Die Erwägung dieser Umstände wird das kriegscbirurgische Handeln beeinflussen: die Möglichkeit der späteren Entstehung einer bösartigen Geschwulst in der Schusswunde wird als eine Indikation mehr zur frühzeitigen Heraus- nahme des Geschosses gelten.

Zar Rasoistik des epileptischen Schlafes.

Von

Dt. UibeleUsn.

SUbs- tmd Bit&iUoiuarzt im k, Bajer. 2. Jägor-BaUillon.

Die Seltenheit dieser Znstflnde, welche jedoch unter Umständen in gerichtsärztlicher Beziehung von grosser Wichtigkeit sein können, dürfte die Veröffentlichung des nachstehenden Gutachtens rechtfertigen.

Auf Requisition des Staatsanwaltschaftsvertreters des Militär-Unter- gerichts der Königl. Kommandantur Aschaffenbnrg gebe ich hinsichtlich der Frage, ob der Jäger Friedrich G., geboren am 21. Oktober 1864 zu Heidelberg, Verwaltungsbezirk daselbst im Grossherzogthum Baden, katholisch, ein Schuster, am 7. November 1885 in den aktiven Dienst getreten als ansgebobener Ersatzrekrut des Bezirkes Schweinfurt (Land), mit einer aktiven Dienstzeit von 2 Jahren und 4 Monaten, an Anfällen von krankhafter Schlafsucht leidet, auf Grund der anliegenden dienst- lichen Erhebungen und persönlicher Untersuchung nachstehendes Gut- achten ab:

I. Die Tbatsacben, welche obige Requisition veranlasst haben, sind folgende :

Jäger G. war am 2'J. November 1887 Abends 10 Uhr als NachU posten im sogenannten Holzhofe aufgezogen. Dieser Holzhof stösst an die Nordostseite der hiesigen Kaserne. Das Schilderhaus steht im Hinter-

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gronde eines etwa 3 m breiten and 30 Schritt langen Ganges, welcher SD der einen (nordöstlichen) Seite von einem etwa ■/> m breiten Rasen- streifen eingefasst and von einem Zanne begrenzt ist Jenseits des Schilderbaases wird der Gang so eng, dass er eben einem Manne Raum ZDm Durchgänge bietet. Die visitirende Patrouille traf den G. zwischen ll'/> and 12 Uhr schlafend an and zwar in folgender Situation;

G. lag rollständig mit Helm and Mantel bekleidet in dem erwähnten Gange and zwar im vorderen weiteren Tbeile desselben, welcher von der Goldbacherstrasse aus gut eingesehen werden kann, nar etwa 16 Schritte von letzterer entfernt, etwas nach rechts von der Mitte gegen den Zaan za auf dem Bauche. Ueber die sonstige Lage des Körpers geben die Zeagenaossagen etwas aaseinander; während ein Mitglied der Patrouille dieselbe bestand ans einem Sergeanten and zwei Jägern aogiebt, 6. habe das eine Bein krampfhaft beraafgezogen, das andere aosgestreckt gehabt, die Hände unter dem Bauche, sagt der andere Jäger (E.) ans, G. sei gerade aasgestreckt auf Gesicht and Baach ge- legen, was auch der fahrende Sergeant im Allgemeinen bestätigt. Das Gewehr fand sich in der Nähe an den Gartenzaan gelehnt. Die Stelle, wo G. lag, war schmutzig und nass es hatte in den letzten Tagen geregnet , fast ohne Rasen, and daher zam Schlafen nicht günstig, während weiter hinten am Schilderbaaae viel bessere Gelegenheit zam Schlafen gewesen wäre. Der erste Eindruck, den die Visitirenden empfingen, war der, dass sie einen Todten vor sich hätten. Denn ihrer Erfahmng nach pflegen sich Soldaten, die schlafen wollen, aaf den Rücken tn legen, schon des Helmes wegen, weil die Ranpe hierbei als Eopf- Doterlage dient. In Folge dessen berührte ihn der die Patronille führende Sergeant nicht, sondern rief ihn nar an, worauf er gleich anfsprang, sein Gewehr ergriff and nach kurzem Erschrecken sein volles Bewasstsein erlangt hatte. Er rief; „O Jesns, Maria and Joseph! Herr Sergeant, lassen Sie mich gehen!“ Weiter bat er den Sergeanten, ihn doch nicht ni melden, and fügte später noch hinzu, er sei schon einmal wegen eines gleichen Vergebens (Schlafen aaf Posten) bestraft worden and würde diesmal wohl noch strengere Strafe erhalten. Von einem krankhaften Anfall sagte er nichts; den beiden Jägern der Visitirpatroaille weniger dem Sergeanten fiel es jedoch anf, dass G. krankhaft blass anssab, wie Einer, der nnwohl ist. Für genauere Beobachtangen, z. B. ob das Ge- sicht mit Schmatz oder Schweiss bedeckt war, fehlte das genügende Licht, wenn anch die Nacht sonst relativ hell and znr Erkennung gröberer Gegenstände wohl geeignet war (in der folgenden Nacht war Vollmond).

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Erst am andern Tage machte O. seinem Kompagnie -Chef ond dann dem Garnisonältesten gegenüber die Angabe, dass er einen krankhaften Anfall mit Bewusstseinsstörung gehabt habe, und solche Anfälle schon mehrmals bei ihm anfgetreten seien.

In Folge dessen stellte die Kompagnie weitere Nachforschungen an and es ergab sich, dass in der That einmal sn Anfang Norember folgende Beobachtung gemacht war:

Jäger S. Bass eines Nachmittags auf dem Aborte und zwar auf dem dritten Sitze, wo er weder selbst gegen die Thüre sehen, noch ron einem Eintretenden bemerkt werden konnte. Er hörte nur, dass Jemand ein- trat and gleich darauf ein Oeränsch, als ob der Betreffende zu Fall käme Er eilte hinzu und sab den O. bewusstlos in halbsitzender, halbliegender Stellung nach rechts an die Wand gelehnt, durch welche er am TÖlligen Umfallen gebindert wurde. S. richtete ihn mühsam auf und lehnte ihn gegen die Ecke, wobei er ihn beim Namen rief. Aber es dauerte mehrere Minuten, bis das Bewnsstsein znrückkehrte, und zwar erfolgte dies unter einem tiefen Seufzer. Dann schaute G. dem S. noch kurze Zeit einige Sekunden ins Gesicht, ohne zu sprechen (Halbbewnsstsein), und sagte endlich auf dessen Frage, was denn mit ihm gewesen sei: ,Las8 mich g^ben, das war so ein Anfall, wie ich schon öfters gehabt habe.‘‘ So- wohl während des Anfalles von Bewusstlosigkeit als auch unmittelbar nach demselben sah G. auffallend blass aus und schwitzte heftig, besonders im Gesicht, so dass S. ihm den Schweiss abtrocknen musste, was G. nach der Rückkehr des Bewusstseins auch selbst that. Er war dann voll- ständig wie früher, heiter, lachte, klagte auch nicht über Müdigkeit, Kopfschmerz, Schwindel und dergl. Der ganze Anfall hatte nur einige Minuten gedauert. Ueber die früheren Anfälle äusserte er sich nicht weiter.

Ein dritter Vorfall war folgender:

Am 20. Juli 1887 zog G. Nachts 12 Uhr auf Posten, und zwar am Schlosse, wo er etwa 5 Minuten nach 12 Uhr ankam; 20 Minuten nach 12 Uhr, also nur eine Viertelstunde später, traf ihn eine Visitirpatronille schlafend an. Er lag auf dem Rücken, halb unter einem Busche, das Gewehr im Arm. Die visitirenden Leute mussten ihn mehrmals mit dem Fasse austossen, bis er erwachte. Er sprang dann auf, nahm dsm Ge- wehr auf, war auf barsches Anfahren sofort bei Bewusstsein und bat des führenden Sergeanten, ihn nicht zu melden, er könne nichts dafür, sei sehr müde gewesen. Ob er blasses Gesicht, Schweissbildnng, stiere Augen n. dergl. batte, können die Zeugen nicht angeben, da die Nacht sehr dunkel war, so dass sie längere Zeit nach ihm suchen mussten,

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bis sie ibn fanden, nnd schliesslich nnr durch seine belle Drillichbose sof die Stelle, y>o er lag, aafmerksam gemacht worden.

Im Allgemeinen hatten die Zeugen den Eindruck bekommen, dass es sich um einen normalen Schlaf gebandeK habe, nnr fiel ihnen auf, dass O. schon gleich im Anfang des Wachestchens vom Schlaf über- mannt nnd dass er durch das Geräusch ihrer Schritte anf dem Pflaster and das laute Sprechen nicht erweckt worden war, während doch ein auf Posten Schlafender nur unruhigen leisen Schlaf zu haben pflegt

Dies sind die drei Vorfälle, welche während der Hilitärdienstzeit des 6. derselbe diente im dritten Jahre beobachtet wurden.

II. Es bandelt sich non um Entscheidung der Frage:

Fallen alle drei, und speziell der am 29. November in das Gebiet des Krankhaften, Unverschuldeten , oder hat sich G. wiederholt einer schweren Pflichtverletzung durch Schlafen auf Posten schuldig gemacht?

Zur Entscheidung dieser Frage ist es nothwendig, alle Momente heranznzieben, welche die wissenschaftliche Erfahrung an die Hand giebt, und speziell das Vorleben und die Familienverbältnisse des G. so- wie seine körperliche und geistige Beschaffenheit soweit als möglich zu beleuchten.

Die Familienverbältnisse des G. sind die traurigsten und ungünstig- sten, die man sich denken kann. Er ist ein uneheliches Kind nnd kennt seinen Vater nicht, auch nicht die Eltern seiner Matter. Als er 4 oder 5 Jahre alt war, heirathete seine Matter, die von Heidelberg nach Landau in die Pfsdz verzogen war, einen Tagelöhner G., welcher ihren unehe- lichen Sohn adoptirte, seine väterlichen Pflichten jedoch in Form einer beispiellosen Rohheit und Gransamkeit aasübte. Er misshandelte den Sohn G. fortgesetzt derartig, dass dieser oft davonlief und aus Furcht vor weiteren Misshandlungen mehrere Tage nnd Nächte ausser dem Hause zubrachte, ja oft bei bitterer Kälte im Freien übernachtete, ehe er sich wieder nach Hanse getraute. G. giebt glaubwürdig an, dass ibn sein Stiefvater nicht bloss häufig auf den Kopf geschlagen, sondern oft an den Ohren gepackt und mit dem Kopfe gegen die Decke geschleudert habe. Dass diese Angaben nicht übertrieben sind, beweisen nicht bloss die jetzt noch sichtbaren Sparen dieser Misshandlungen in Form von Narben im Gesichte des G., sondern vor Allem auch die Tbatsache, dass sein Stiefvater, der Tagelöhner G., wegen fortgesetzter „unmenschlicher Missbandlongen“ eines anderen Sohnes zu fünf Jahren Zuchthaus ver- ortheilt wurde, welche er zur Zeit verbüsst Der jüngere Stiefbruder des G. befindet sich jetzt als geisteskrank in der Pfälzischen Kreis-Irren-

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anstalt, and swar iat dessen Krankheit nach der Ansicht des Eönigl. Landgerichtsarztes za Laudan und nach dem Gatachten der Kreis-Irren- anstalt KUngenmänster lediglich Folge jener Misshandlungen. Eine ^here- ditäre psychopathische Beanlagangf ist nach dem gerichtsärztlichen Gut- achten für den Jäger Friedrich G. nicht nachzuweisen.

Die Mutter giebt an, sie habe an letzterem, so lange er zu Hause war, „weder Schwiudelanfälle, Bewusstlosigkeit noch sonstige Störungen” wabrgenommen. Auch seien ausser dem Irrsinn des obengenannten Sohnes bis jetzt in der Familie keine nervösen Erkrankungen irgend welcher Art vorgekommen. Mit dem leiblichen Vater ihres Sohnes Friedrich sei sie nicht blutsverwandt Diese Konstadrung erschien wichtig, da unter den Ursachen der Epilepsie Blutsverwandtschaft an- geführt wird, ebenso Trunkenheit des Vaters während des Zengungsaktes (Strümpell, Krankheiten des Nervensystems, 3. Auflage 1886 8. 421). Auch der letztere Umstand wird von der Matter negirt. Geistige Ab- normität der Matter ist nicht nachgewiesen, über den Vater ist nichts Näheres bekannt

Was nun die körperliche und geistige Beschaffenheit des An- geschnldigten selbst betrifft, so haben wiederholte Untersuchungen und Beobachtungen desselben er wurde zu diesem Behufe auf einige Tage in das Lazareth aufgenommen Folgendes ergeben.

G. ist von schlankem, proportionirtem Körperbau, 168,5 cm gross, ziemlich schlechtem Ernährungszustaude , geringem Fettpolster der Haut, mittelkräftiger Muskulatur, von ziemlich blasser Gesichtsfarbe, die einen leichten Stich ins Gyanotische hat; die Hände werden bei ihm leicht blaurotb bis über die Handgelenke hinauf, und zwar schon bei geringer Kälteeinwirkung, wenn er nur einige Minuten bei einer Anssentemperatur von -f- 1 bis 2 ° R. ausserhalb des warmen Zimmers verweilt An der rechten Hand treten dabei einige ziegelrothe Flecken und Streifen auf, ganz wie in dem Falle von epileptischer Schlafsucht, welchen Mendel in der Deutschen medizinischen Wochenschrift 1880 No. 20 veröffentlicht hat. Auf Druck entfärbt sich die Haut vollständig und es dauert ziem- lich lange, über eine Minute, bis die blaurothe Färbung sich wieder herstellt

In der Kopfbildung ist nichts Abnormes nachzuweisen, nur ist der Hinterkopf etwas abgeflacht, der Kopfumfang über die Stirne gemessen beträgt 53, über Kinn und Scheitelwirbel 60 cm. Der Schädel erscheint demnach in seinem Höhendnrchmesser ziemlich lang, jedoch innerhalb der normalen Grenzen. Beide Gesichtsbälften sind gleich; weder Ohren-

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floss Docb Darmparaeiten sind nachsDweisen. An der Zange keine Ver- leuoDgen. Papillen ciemlich eng, normal reagirend. Keine Spur von Syphilis, will aach nie infizirt gewesen sein. 2^itweises Onaniren wird za- gegeben. Ueber der linken Aagenbraae findet sieb eine 2 cm lange nicht Terwaebsene Narbe, ferner 2 cm über der rechten Aagenbraae eine kleine roodliche, nicht verwachsene Narbe, etwa wie von einem Blntegelbiss, and eine dritte ganz ähnliche an der Nasenwurzel. Diese Narben röhren nach seiner Angabe von den Misshandlnngen seitens seines Stiefvaters her. Anf dem behaarten Schädel sind keine Narben za finden, vielleicht wegen des ziemlich dichten Haarwuchses, auch am übrigen Körper nirgends nennens- werthe Narben. Die Halswirbel sind nicht schmerzhaft bei Druck, der Brostomfang beträgt 81 91 cm, Lungen and Herz ohne nachweisbare Veränderungen, ebenso die Verdaaungsorgane. Motilität and Sensibilität der Extremitäten, Cremaster- and Sehnenreflexe normal, ebenso die gal- vanische and faradische Erregbarkeit der Nerven and Muskeln. Dem- nach zeigt O. körperlich keinerlei auffallende Abnormitäten, ausser der gesteigerten vasomotorischen Erregbarkeit der Extremitäten und der leicht cyanotischen Färbung des Gesiebtes.

In der psychischen Sphäre ist bei G. lediglich ein etwas düsterer, melancholischer Gesichtsausdruck bemerkenswerth, welcher übrigens aas den trüben Eindrücken seiner Jagend sich leicht erklärt. Im Uebrigen sind keinerlei Störungen der Intelligenz, des Gedächtnisses, keine ge- müthlicben Perversitäten nachzuweisen. Das Zeagniss der Kompagnie lautet: „Besitzt ganz gute Anlagen, ist auch gewandt and aasrichtsam, doch oberflächlich und leichtsinnig.“ Von seinen Kameraden worden niemals geistige Abnormitäten an ihm beobachtet, auch keine besonderen exzessiven Neigpingen.

Die an ihn gestellten Fragen beantwortet G. prompt and richtig and zeigt dabei gute Anffassaog, treaes Gedächtnisa and eine gut entwickelte Intelligenz, sowie keinerlei Neigung zu Uebertreibung oder Entstellung von Tbatsachen, er macht keine Versuche zur Beschönigung seines Ver- haltens, sondern antwortet anscheinend vollkommen wahrheitsgemäss and verlässig; selbst ihm günstig scheinende Suggestivfragen verneint er, wenn sie nicht zotrefien.

Ueber die oben erwähnten Vorfälle befragt, giebt er Folgendes an:

Als er im Jali vorigen Jahres auf Nachtposten gezogen war, sei ihm plötzlich „unwohl“ geworden, er habe sich nieder gesetzt and sei ein- geschlafen. Ueber die Art dieses „Unwohlseins“ näher befragt, giebt er an: Als er auf Posten zog, sei er noch ganz wohl gewesen; kurze Zeit dar-

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nach habe er leichten Kopfschmera nnd Schwindel, sowie ein Gefühl von schmerzhaften] Druck ^hinter den Augen“ (in beiden Stirnlappen) ver- spürt; er sei dann gegen die Kapelle zugegangen und habe plötzlich das Bewusstsein verloren.

Beim Postenstehen im November (HolzhoO sei es ihm gegen ll</i oder 11 Uhr ebenfalls plötzlich unwohl geworden, eine Art Schwindel habe ihn ergriffen nnd dann habe er das Bewusstsein verloren. Dass er das Gewehr zuvor weggestellt habe, erinnert er sich nicht.

Aehnlich war es mit dem Vorfall auf dem Abtritt

Ausser den erwähnten drei Anfällen könne er sich nur noch eines vierten erinnern, welchen er, soweit er sich entsinne, im Jahre 1884 dnrchgemacht habe. Er sei damals bei einem Schuhmacher in Wipfeld bei Schweinfort im Dienst gewesen nnd habe eines Vormittags mit beim Dreschen geholfen. Da sei es ihm plötzlich unwohl (schwindlig) ge- worden, so dass er die Arbeit verlassen und in das Haus gehen musste. In der Werkstatt habe er dann einen Anfall von Bewusstlosigkeit gehabt

Diese Angabe wird durch amtliche Erhebungen bestätigt Der da- malige Dienstherr des G. giebt an, dieser sei anscheinend gesund ge- wesen, als er sich damals (im Jahre 1885 kurz nach der Ernte) an der Arbeit des Dreschens auf einer Dampfdreschmaschine betbeiligte. Kaum hatte er die Arbeit begonnen, so wurde er plötzlich unwohl und musste sich nach Hanse begeben. Ale dann der Dienstherr nach Verlauf einer Stunde nach Hanse kam, sass G. ganz bleich auf einem Stuhl in der Werkstätte, nnd es sei demselben unmöglich gewesen, die Schuster- arbeit zu verrichten; er, der Dienstherr, habe ihn hierauf veranlasst, sich zu Bett zu begeben, was er auch getban habe. Er sei dann bis zum folgenden Mittag liegen geblieben. Die Ehefrau des Dienstherrn sagte dasselbe ans.

Weiterer als der vier genannten Anfälle kann sich G. nicht erinnern, namentlich nicht, dass er in der Jugend schon daran gelitten habe. Ala Ursache bezeichnet er die Misshandlungen seines Stiefvaters nnd die Er- kältungen, welchen er sich bei dem Uebernachten im Freien ans Furcht vor seinem Stiefvater ansgesetzt habe.

Dem Eintritt der Anfälle sei in der Regel ein kurzes „Unwohlsein“, welches er schwer schildern könne, eine Art von Schwindel und leichtem Kopfschmerz von nur einigen Minuten Dauer, voraugegangen, nach den Anfällen sei er rasch wieder wie früher gewesen, höchstens habe er einige Minuten sich noch matt gefohlt. (Bei dem Anfälle in Wipfeld hat aber diese Mattigkeitsperiode offenbar länger gedauert, wie aus den Angaben des Dienstherrn hervorgeht.)

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Im ersten Augenblick nach der Wiederkehr des Bewusstseins habe er bei den Anfällen im Juli and November das Qeföhl des Elrschreckens ftehabt

Seinen Kameraden and den beiden Visitirpatronillen gegenüber habe er nichts von diesen krankhaften Anfällen verlauten lassen, weil er „in der Kompagnie nicht darum angesehen sein wollte“. Dagegen habe er schon nach dem Anfalle im Joli bei der Vorstellang vor dem Herrn Oamisonältesten plötzliches „Unwohlsein“ als Ursache seines Schlafens auf Posten angegeben, es sei aber darauf kein Gewicht gelegt worden.

Das sind abo die Erhebungen, welche gesammelt werden konnten. Wenn auch dieselben in mancher Hinsicht nnvolbtändig sind nament- lich wegen der mangelnden Anskonft über die geistige Beschaffenheit des Vaters , so lassen sie doch ein genügendes Bild über das Vorleben des Beschuldigten gewinnen. Als nicht unwichtig ist noch beizufügen, dass O. längere Zeit ein unstätes Wanderleben geführt hat. Nach seiner Angabe zog er vom 8. bis zum 12. Lebendjahre mit „Spiellenten“, d. h. fahrenden Leuten, auf Jahrmärkten herum (mit einem Kasperltheater 0. dergl.), war dann kurze Zeit zu Hause, kam mit 12V> Jahren in eine Erziehungsanstalt in Speyer, wo er Schulunterricht genoss und das Schahmacherhandwerk erlernte. In dieser Anstalt war er „vom 14. März 1877 hb 21. Oktober 1880“. Dann trat er in Landau bei einem Schuster in die Lehre und zog im März 1881 in die Fremde. Er wechselte sehr häufig seine Meister und Aufenthaltsorte, war in Schwan- beim zwischen Frankfurt und Mainz, Bieberach, Weissenan (bei Mainz), Momenbeim (Hessen), Bodenheim, Kitzingen, Wipfeld (bei Schweinfnrt), selten länger als ein Jahr bei ein und demselben Meister, gewöhnlich nur ein halbes bis einige Monate. Ob dieser häufige Wechsel Folge eines ihm im Blute steckenden nnstäten Wandertriebes bezw. seiner Er- ziehung ist, oder ob dies, wie er angiebt, bei Schuhmachern die Regel sei, da das Bedürfnies nach Arbeitern ein sehr wechselndes sei, lasse ich dahin gestellt.

Soviel ist also konetatirt, dass G. bereits vor seinem Einrücken zum Militärdienste einmal einen Anfall von plötzlich und ohne nachweisbare Veranlassung eintretender Bewusstlosigkeit mit nachfolgender Blässe des Gesichts und länger dauernder Mattigkeit erlitt, dieser Anfall war ein- geleitet von einem kurzen Unwohlsein (Schwindel) und zeigt demnach die Merkmale eines epileptischen Anfalles, wenn auch während der Periode der Bewusstlosigkeit selbst keine Zeugen zugegen waren, daher dahin gestellt bleiben muss, ob er mit klonischen und tonischen Zuckungen

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(Krämpfen) einber^ing, was übrigens nscb Analogie der genauer bei ibm beobachteten Anfälle nnwabrscbeinlicb ist.

Besonders wichtig erscheint mir der Anfall lu Anfang November vorigen Jahres auf dem Aborte, weil er von Anfang bis zum Ende von einem zuverlässigen und unbefangenen Zeugen beobachtet ist und gewisse Erscheinungen zeigte, welche jede Simnlation ausscbliesaen. Ich meine namentlich die Blässendes Gesichts nnd die profusen Schweisse, welche mit dem Wiederkehren des Bewusstseins anftraten und, wie sie einerseits für epileptische Anfälle charakteristisch sind, andererseits absolut nicht simnlirt werden können. Die Krämpfe des typischen epileptischen An- falles waren auch in diesem Falle nicht vorhanden, dagegen das charak- teristische tiefe Aufseufzen beim Erwachen.

Dieser Anfall liefert nach meiner Ansicht den untrüglichen Beweis, dass O. an der sogenannten Epilepsia mitior (Petit mal der Franzosen), d. h. der leichteren Form der Epilepsie leidet, welche ohne motorische Reizerscheinungen (Krämpfe) verläuft nnd zuweilen nur durch rasch vor- übergehenden Schwindel, eine leichte Ohnmachtsanwandlnng oder kurzen Bewusstseinsverlnst, zuweilen auch durch „plötzliches Einschlafen* sich kennzeichnet (Strümpell, Krankheiten des Nervensystems, 3. Auf- lage S. 426 ff., Enlenbnrg, Real - Encyklopädie, 2. Auflage 6. Band, S. 425 ff.). Fälle der letzteren Art sind von Westphal („Eigenthüm- liche, mit Schlaf verbundene AnfSlle", Archiv für Psychiatrie VII, 631; Fischer, „Epileptoide Schlafzustände“, ebendaselbst VIII, 200; Siemens, „Zur Lehre vom epileptischen Schlaff, ebendaselbst IX, 72 und Mendel, „Ueber Anfälle von Einschlafen“, Deutsche medizinische Wochenschrift 1880, No. 20) beobachtet und beschrieben worden.

Nach meiner festen Ueberzeugung gehören die beiden Fälle von Einschlafen auf Posten, welche bei G. beobachtet wurden, in dieselbe Kategorie, d. h. ich halte dieses Einschlafen für eine krankhafte, durch einen epileptischen Anfall (Petit mal) verursachte Erscheinung, welcher er ohne sein Verschulden unterlag.

Zur Motivirung dieser meiner Annahme ist es nothwendig, die Gründe, welche dafür nnd welche dagegen sprechen, hier kurz znsammen- znstellen.

Für meine Annahme spricht Folgendes:

1) Wir haben es bei G. mit einem Individuum zu tbnn, welches als uneheliches Kind in den ungünstigsten Verhältnissen aufgewachsen, in früher Jugend durch einen unglaublich rohen Stiefvater fortgesetzt miss- handelt nnd dadurch mit Furcht und Schrecken erfüllt wurde. Der

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mdanchoHsche Oesichtsaosdrack des ADgescholdigten ist mit Wahr- scbeialichkeit auf diese entsetzlichen Eindrücke seiner Jugendzeit zurück- zofähren. Dass solche depressiven Geznüthsaffekte und besonders Furcht nnd Schrecken unter den Ursachen der Epilepsie eine wichtige Rolle spielen, ist allgemein anerkannt (Eulenburg a. a. 0. S. 415). Ausserdem auch unzureichende schlechte Ernährung von Jugend auf (ebendaselbst S. 412), welches Moment sicherlich bei 6. unter den geschilderten Verhältnissen ohne Weiteres als zweifellos vorhanden he> leichnet werden kann und auch in seiner jetzigen Körperkonstitution noch Dachzuweisen ist

2) G. ist von gesteigerter vasomotorischer Erregbarkeit, welche sich io den oben geschilderten Erscheinungen an seinen Händen nnd der leichten Cjanose des Gesichts zu erkennen giebt und mit dem von Mendel veröfiFentlichten Falle von epileptischer Schlafsucht übereinstimmt

3) Es sind bei G. zwei Anfälle beobachtet (in Wipfeld im Jahre 1885 und hier im November 1887 auf dem Aborte), welche charakteristische Merkmale der Epilepsie erkennen Hessen nnd eine Simulation ausschliessen.

4) Die beiden Fälle von Schlafen auf Posten zeigten gewisse Eigen- tbümlicbkeiten, welche seihst den einfachen, ungeschulten Beobachtern, wie es die Mannschaften der betreffenden Visitirpatrouillen waren, anf- fielen and in ihnen den Gedanken erweckten, dass es sich hier nicht um gewöhnlichen Schlaf, sondern nm eine Art von „Unwohlsein“ handele, d. b. dass sie krankhafter Natur seien, und zwar fiel ihnen

a. bei dem Vorfall vom 29. November auf, dass G. auf Gesicht nnd Bauch lag, nnd zwar an einer Stelle, welche bei der mondhellen Nacht schon von der Strasse aus eingesehen werden konnte, welche ferner schmntzig, nass, fast ohne Rasen und daher zum Schlafen nicht günstig war; ferner dass G. im Gesicht, als er sich erhob, krankhaft blass aassah;

b. bei dem Vorfall im Jnli v. Js., dass G. schon zu Anfang des Wachestebens vom Schlaf übermannt worden war.

Beide Male war der Schlaf für einen in dieser Situation, d, h. im Freien auf Nachtposten Befindlichen auffallend fest; denn wenn auch G. beim Rütteln bezw. Anrufen gleich erwachte was der Annahme eines epileptischen Schlafes nicht widerspricht, wie die in der Litteratur an- geführten Fälle zeigen , so wäre doch ein per nefas Eingescblafener vermnthlicb schon durch den Schritt der Visitirpatronille auf dem Pflaster erweckt worden.

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Gegen die Annahme eines krankhaften (epileptischen) Schlafanfallea scheint zunächst Folgendes zu sprechen:

1) Das G. im Holzhof vor dem Einschlafen das Gewehr noch sorg* ^Itig an die Wand gelehnt hatte. Mir scheint dies jedoch kein Gegen- beweis zu sein, sondern im Gegentbeil fnr meine Annahme eines krank- haften Anfalles zn sprechen. Denn wenn G. absichtlich schlafen wollte, so hätte er viel wahrscheinlicher das Gewehr im Arm behalten, nm beim etwaigen Nahen einer Visitirpatrouille es gleich bei der Hand so haben und nicht erst darnach greifen oder suchen zn müssen. Ergiebt glanbwnrdig an, dass er nichts von dem Wegstellen des Gewehres weiss. Dasselbe fällt demnach schon in den Zustand des schwindenden Bewusstseins und ist analog dem instinktiven Aufziehen der Uhr bei Schlaftrunkenen vor dem Niederlegen bei bereits mangelndem Bewusstsein. Siemens hat in seiner geistvollen Arbeit über den „epileptischen Schlaf die durchgehende Ana- logie desselben mit dem gewöbnlichen Schlaf nachgewiesen (a. a. O.).

2) Dass G. seinen Kameraden gegenüber weder unmittelbar beim Erwachen noch nachher etwas davon sagte, dass er an solchen krank- haften Anfällen leide. Dies stimmt aber ganz mit dem sonstigen Ver- halten Epileptischer überein, welche sich bekanntlich scheuen, ihrer Krankheit Erwähnung sn thnn, vielmehr dieselbe möglichst geheim zu halten suchen. Es ist dies ja auch vollkommen erklärlich und in der menschlichen Natur begründet. G. hat mir gegenüber sein diesbezügliches Verhalten auch ganz richtig und glaubwürdig motivirt, seinen Vor- gesetzten gegenüber bat er aber die krankhafte Natur der genannten Scblafanfälle ganz korrekt angegeben. Der Visitirpatrouille gegenüber batte er keine Veranlassung, sein epileptisches Leiden zn erwähnen, da er wohl wusste, dass der Entscheid über seine Bestrafung der Königl. Kommandantur znstehe.

Bei dem Anfalle auf dem Aborte hat er übrigens io der ersten Ueber- raschnng beim Erwachen auf das Befragen des Zengen S. erwidert, dass er solche Anfälle schon öfters gehabt habe.

3) Es könnte Bedenken erregen, dass Heredität, Syphilis, Alkoholis- mns und Traumen, welche bei der Entstehung der Epilepsie eine so her- vorragende Rolle spielen, in unserem Falle nicht nachznweisen sind. Hierzu ist aber zu bemerken, dass wir über seinen Vater überhaupt nichts Näheres wissen, und daher möglicherweise der fehlende Nachweis über hereditäre Beanlagung nur unserer Unkenntniss zuzuschreiben ist. Ferner haben wir gesehen, dass G. in seiner Jugend fortgesetzt den gröbsten Misshandlungen ausgesetzt war, welche sich sehr häufig gegen

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«eioeD Kopf richteten and Gehirnerschötterangen zur Folge haben mussten. Unter den Ursachen der Epilepsie werden nun aber „vornehmlich Kopf- rerletcnngen nnd Kopferschüttemngen** aafgeföbrt, welche „nicht an- mittelbar mittelst anatomisch fassbarer Schädel- resp. Hirnläsionen'‘ tu wbken brauchen (Enlenbarg, a. a. O. S. 414). Noch ein anderes ätiologisches Moment der Epilepsie, nämlich Furcht und Schrecken, haben wir ebenfalls in seiner Jagend wiederholt und in starkem Maasse anf ihn einwirken sehen.

Man könnte nun aber fragen: Warum ist dann die Epilepsie nicht schon im Eindesalter bei ihm aasgebrochen, sondern erst so lange Zeit nach den einwirkenden Ursachen? Der erste nachgewiesene Anfall ist ja erst im Jahre 1885, also im 21. Lebensjahre, bei ihm aufgetreten. Eis ist nun aber bekannt, dass in einer Reibe von Fällen erst mit oder nach dem Eintritte der Pubertät die Epilepsie zum Ausbruche kommt, und man ninamt an, dass dies mit den allgemeinen Veränderungen im Nerven- leben zusammenbängt, welche sich an diesen physiologischen Vorgang knüpfeo. Man kann vielleicht auch die Verlangsamung des Stoffwechsels und der Herzaktion, die Abnahme der Innervations-Energie, welche in dem genannten Alter sich einstellt, in einen gewissen Zusammenhang mit dem ersten Auftreten der Epilepsie bringen, insofern als die Elastizität und Widerstandsfähigkeit der Nervencentren ebenso wie der übrigen Organe offenbar schon in dieser Periode eine gewisse Einbusse erleidet, wie ja auch z. B. der Ausbruch der Lungenschwindsucht ebenfalls in diese Periode zu fallen pflegt, obwohl die Tuberkel - Bacillen oft schon lange vorher im Organismus sich eingenistet und die Erscheinungen der Skrofu- löse erzeugt hatten.

4) Auffallend könnte es ferner erscheinen, dass O. gerade auf Nacbt- posten zweimal solche Anfälle bekommen hat, während er ausserdem überhaupt nur zweimal, und zwar bei Tage, daran litt. Wir sehen den ersten Anfall etwa im September 1885; dann eine fast zweijährige Pause, dann drei Anfälle im Zeitraum vom Juli bis Ende November 1887 auf- treten. Diese Art des Verlaufes ist jedoch bei der Epilepsie sehr häufig. (Strümpell a. a. O. S. 428: „Sehr häufig beobachtet man gewisse Schwankungen des Verlaufes, so dass die Krankheit Perioden mit häufiger wiederkehrenden Anfällen zeigt, auf welche dann wieder längere anfalls- freie Pansen folgen“, nnd umgekehrt.) Wir wissen ferner, dass das häufigere und seltenere Auftreten der epileptischen Anfälle zuweilen mit gewissen äusseren Einflüssen zusammenbängt, und dass hierbei psychische Erregungen, körperliche U eberanstrengnngen

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o. dergl. „fast immer einen merklichen schädlichen Einfluss“ ansüben (Strümpell, a. a. O.). Es ist nun nicht zn verkennen, dass bei nacht* lichem Wachestehen diese Bedingungen gegeben sind, dass anfangs eine gewisse Erregung und Anspannung aller Sinne eintreten wird, wo- rauf gegen Ende der Wache eine gewisse Abspannung and Uebermüdang folgt. Hieraus erklärt sich vielleicht, dass in dem einen Falle (im Joli) zu Anfang der Wache, im anderen (November) gegen Ende derselben der Anfall eintrat. Ferner kommt noch die Einwirkung der Kälte hinzu, welche bei O., wie wir gesehen haben, gewisse vasomotorische Störungen hervorruflt, die für die Entstehung des epileptischen Anfalles von Wichtig- keit sind. Warum freilich bei O. diese Einwirkungen sich nur im Jnli und November 1887 geltend machten, während er doch vorher und nachher auch zu öfteren Malen auf Nachtposten war, ohne zn erkranken, dies ent- zieht sich unserer Erkenntniss, stimmt jedoch mit der oben erwähnten Thatsache der periodenweisen Häufung der Anfälle überein.

Für den Fall in Wipfeld lässt sich vielleicht die ungewohnte Arbeit sm der Dreschmaschine einigermaassen verantwortlich machen, während für den auf dem Aborte zn Anfang November 1887 eben wieder die Periode grösserer Häufigkeit herangezogen] werden muss; denn G. war ja vorher unzählige Male auf dem Abort, ohne daselbst etwa in Folge des intensiven die Nerven reizenden Geruches einen Anfall zu bekommen.

Fassen wir also nochmals die Momente zusammen, welche speziell das Schlafen auf Posten am 29. November v. Js. als ein ungewolltes, durch Krankheit veranlasstes wahrscheinlich machen, so sind dies folgende :

Hätte O. absichtlich schlafen wollen, so hätte er sicherlich nicht den vorderen Theil des Ganges gewählt, wo er von einer visitirenden Patrouille sofort gesehen werden musste, ja in der mondhellen Nacht sogar schon von der Strasse aus gesehen werden konnte, sondern er hätte eich in den hinteren engeren Theil des Ganges begeben , wo nicht bloss das Schlafen wegen dichteren Rasens bequemer, sondern auch sicherer war, da er nicht sofort gesehen werden und erwarten konnte, durch das Geräusch der Schritte im vorderen Gange erweckt zu werden und noch rechtzeitig anfspringen zu können. Zu diesem Behnfe hätte er auch jedenfalls das Gewehr im Arme behalten, um gleich bereit zu sein.

Er hätte sich ferner voraussichtlich nicht auf Gesicht und Bauch gelegt, in welcher Lage er der Aussenwelt viel mehr entrückt war, sondern in die gewöhnliche Lage schlafender Soldaten auf den Rücken, um so mehr als der Boden damals schmutzig und nass war und daher nicht zum Aufdrücken des Gesichts einlnd. Der relativ feste Schlaf in dieser

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SitnatioD spricht ebenfalls für das Krankhafte derselben. Denn eine marscbirende Patronille wird in stiller Nacht von einem auf dem Boden Liegenden nnd leise Schlafenden leicht schon ans einiger Entfernnng wabrgenommen nnd diesen in den meisten Fällen wenigstens in nächster Nähe dnrch das blosse Oeränsch der Schritte znm Erwachen zn bringen.

Für die krankhafte Natnr des Schlafes spricht ferner noch die von zwei Zengen bemerkte krankhafte Blässe des Gesichts des G., welche sich ebenso bei dem Anfalle anf dem Aborte zn Anfang November des- selben Jabres gezeigt batte.

Weiter ist noch zn bemerken, dass bei epileptischen Anfällen die Kranken meistens vornüber fallen (Strümpell, S. 245), was mit der Lage, in der G. gefunden wurde, übereinstimmt.

Bei dem Anfalle, welchen G. im Juli 1887 anf Nachtposten hatte, lag er allerdings auf dem Rücken, was ja ebenfalls, wenn auch seltener, bei Epilepsie vorkommt; jener Anfall zeigt überhaupt mehr Analogie mit einem normalen Schlafe, obgleich ich auch ihn ans oben erwähnten Gründen für einen krankhaften halte. Bei diesem scheint G. sich bei bereits zn Anfang der Wacbel eintretender überwältigender Müdig- keit noch halb instinktiv nnd bei bereits schwindendem Bewusstsein eine günstigere Stelle zum Niederlegen ansgesncht zu haben.

Ferner stimmt die Schildemng, welche G. von den einzelnen Fällen giebt, and speziell auch von dem am 29. November, das vorhergehende kurze „Unwohlsein“ (Schwindel nnd Kopfschmerz), das plötzliche Ein- treten von Bewnsstlosigkeit, die nachfolgende kurze Mattigkeit ohne Er- innerung an den eigentlichen Anfall genau mit dem Bilde der Epilepsia mitior überein, wie es die wissenschaftliche Erfahrnng lehrt. Erfindung oder znfSllige Kenntniss dieser Erscheinnngen lässt sich wohl mit Sicher- heit ansschliessen.

Endlich ist bervorznheben, dass G. weit davon entfernt ist, ans seinem Leiden Kapital zn schlagen, nm sich durch Betonung desselben rein zu waschen nnd straflos aaszugehen, und das spricht entschieden wieder zu seinen Gunsten. Die gewonnene Kenntniss seines Leidens war vielmehr nur durch eingehende mühsame Fragestellung und Re- cherchen zu erzielen, während ein Simulant mit grosser Zungengeläufig- keit und Redeschwall dasselbe möglichst phantastisch zu schildern und breitzutreten versucht haben würde.

Ans diesen Gründen und nach genauer Erwägung des Für nnd Wider in der vorwürfigen Frage gelange ich zn dem

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Schlass-Gotachten:

„Der Untersuchte, Jäger Friedrich G., leidet an Epilepsia mitior, d. h. Fallsucht milderen Grades ohne Krämpfe, wovon bisher vier An- fälle bei ihm beobachtet wurden. Das Schlafen auf Posten im Juli 1887 und desgleichen im November 1887 wurde höchst wahrscheinlich durch je einen Anfall dieser Krankheit verursacht.“

Aschaffenburg, März 1888.

Schwere Contasio bulbi mit gftnstigem Ausgang.*)

Von

Stabsarzt Dr. Kirchner (Rastatt).

Meine Herren! Ich gestotte mir. Ihnen hier einen im Herbst 1886 eingestellten Füsilier vorzustellen, welcher am rechten Ange einen höchst interessanten Befund darbietet.

Rechtes Ange, vergrössert (schematisch).

Gleich auf den ersten Blick bemerken wir an diesem Ange in der lateralen Hälfte der Regenbogenhaut, vorzugsweise dem nntern Quadranten angehörig, eine dreieckige schwarze Stelle: Die Basis des Dreiecks ist die entsprechende Stelle des Hornhantrandes, die dieser Basis gegenüber- liegende Spitze zeigt nach der Pupille. Die Schwärze dieses Dreiecks ist von derselben dunkeln Klarheit, wie die des normalen Pupillargebiets, das Dreieck bedeutet daher einen Defekt in der Regenbogenhaut an dieser Stelle. In diesem Defekt bemerken wir bei genauerem Zusehen

*) Nach einem in der militärärztlichen Geselischaft zu Hannover im Januar 1887 gehaltenen Vorträge.

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Mbon mit blossem Aage nach der Spitze des Dreiecks zu eine matte, grtae, mit dem Hornbautrande parallellaufeode Linie, an welche sich eine den Raum bis zur Spitze ansfnllende, noch etwas matter graue Fläche anschliesst. Dieses kleine maltgraue Dreieck, welches in dem grösseren schwarzen liegt, ist offenbar ein kleiner kataraktöser Linsen- zosschnitt, die graue Linie ein Stuck Linsenrand. Die Pupille erscheint io der Richtung von rechts oben nach links unten schrägoval, und zwar ist dieses Oval insofern unregelmässig, als der nach rechts unten, somit nach der Spitze des dreieckigen Regenbogenhantdefekts zu, belegene Eorvenabschnitt nach dem Zentrum des Ovals zu abgeplattet ist, also mehr geradlinig erscheint, der nach links oben liegende Abschnitt da- gegen mehr halbkreisförmig ist, also dem Rund der normalen Pupille entspricht. Betrachten wir die Regenbogenhaut etwas genauer, so zeigt sie sich, besonders in dem schmalen Abschnitt zwischen Pupillarrand and Spitze des Defekts, deutlich zirkulär gefältelt. Diese Falten werden nach dem oberen und unteren Regenbogenhantrande zu niedriger und sind in der medialen Irishälfte völlig verstrichen. In dieser ist die radiäre Streifung der Iris deutlich ausgesprochen, während in der lateralen Hälfte diese Streifung weit weniger deutlich 'ist. Um ein triviales Bild zu ge- brauchen, gleicht diese zirkuläre Fältelung der Regenbogenhaut dem Faltenwurf, welcher entsteht, wenn der untere Rand des Umhangs eines weiblichen Gewands nach einer höher befindlichen Rosette oder Schleife XD aufgeschnrzt, und so ein Ausschnitt in diesem Umhang her- gestellt wird.

Die Papille reagirt auf Lichtreiz sehr gut, der dreieckige Defekt bleibt unbeweglich.

Lassen wir den Mann rasche Bewegungen des Bulbus nach rechts oder links ansfnbren, so bemerken wir deutliches Irisschlottern, be- sonders in der Defektgegend. In dieser scheint die um ihre vertikale Axe pendelnde Linse die in wellenförmige Bewegungen versetzte Regen- bogenhant stärker vorzuwölben als medianwärts.

Bei fokaler Beleuchtung erscheint der kleine kataraktöse Linsen- sektor in dem der Spitze des Defekts zngelegenen Abschnitt desselben sehr scharf begrenzt besonders der Linsenrand tritt sehr deutlich hervor und von hellgrauer Farbe. An der Basis des Defekts am Hornbautrande, da wo sonst die Iris inserirt, bemerken wir einige kleine fetzige oder zackige dunkelbraune bis schwarze Prominenzen, sonst ist io dem Zwischenraum zwischen Basis des Defekts und Linsenrand, speziell io grösserer Tiefe, nichts zu bemerken. Bei fokaler Beleuchtung des

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Papillargebiets finden sich in der im Uebrigen klaren Linsensobetans einige schmale horizontal verlanfende grane Streifen, die von rechts her kommend bis etwas über das Linsenzentrum nach links ziehen. Sie sind offenbar die Aasläufer der nach dem rechten Linsenrand zu befindlichen absoluten kataraktösen Trübung.

Ophthalmoskopisch ist das Pupillargebiet sehr gut zn durch- leuchten, nur die vorhererwäbnten Kataraktausläufer erscheinen als schwarze Striche. Die Spitze des Defekts, da wo der kataraktöse Linsenabscbnitt liegt, erscheint völlig dunkel, dagegen kann man zwischen der Basis des Defekts and dem Linsenrande bequem in den Glaskörper- raum hineinleucbten, besonders beim Blick nach rechts: Dieser Abschnitt (b in der Figur) erscheint dann als hellrothes Segment. Vom Corpus ciliare ist nichts zu sehen. Der Augenbintergrund ist normal, die Papille scharf, nur in ihren lateralen (i. n. B. medialen) Partien leicht verwaschen, offenbar infolge der kataraktösen, das Pupillargebiet zum Theil durchziehenden Linsentrübungen; die Intervaskularränme sind stark pigmentirt. Ausserdem finden sich einige leichtbeweglicbe Glaskörper- trübungen.

Aeusserlich ist am Bulbus, an Cornea, Eonjunktiva oder Sklera keine Narbe, noch sonst etwas Pathologisches zu entdecken.

Die Tension des Bulbus ist rechts etwas geringer als links.

Die Untersuchung des Refraktionszastandes und der Seh- schärfe des rechten Auges ergiebt:

R '/i4 oder 2,75 D, S = "/»

Vti oder 3,5 D, 0,8 in 35 cm etwas mühsam L ES = 1.

Ophthalmoskopisch ist das linke Auge normal, die Intervasknlar- räume ebenfalls stark pigmentirt.

Anamnestisch Hess sich Folgendes feststellen. Als der Vorgestellte ungefähr drei Jahre alt war, erhielt er von einem älteren Knaben beim Ballspiel aus Unvorsichtigkeit mit einem Knüppel einen Schlag in das rechte Auge. Dasselbe soll sehr schlecht ausgesehen haben, so dass es der hinzugezogene Arzt herausnebmen wollte. Die Eltern gingen jedoch hierauf nicht ein, und nach fünf bis sechs Wochen war das Auge frei von Entzündung und ging allmählich in den jetzigen Zustand über.

M. II. I Die durch das Trauma im Moment des Schlages gegen das rechte Auge an diesem gesetzten Veränderungen waren meiner Ansicht nach folgende: 1) Partielle Irisruptur mit der Ausdehnung derselben ent- sprechender Zertrümmerung des Corpus ciliare; 2) partielle Ruptur der

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ZoQola Zinnii; 3) Ruptur der Linsenkapsel. Letztere batte sehr bald die bestehende Katarakt zur Folge.

Der von mir oben so bezeichnete Irisdefekt ist nur ein scheinbarer. Tbatsäcblich batte das Trauma eine Irisruptnr zur Folge und zwar eine Ablösung des Ciliarrandes der Iris von seiner Insertion am Homhant- rande und dem Corpus ciliare an der Stelle, wo sich die Basis des schwarzen Dreiecks befindet. Vielleicht durch den im Gefolge der Iris* mptnr auftretenden Bluterguss wurde der abgelöste Ciliarrand pupillar* wärts verschoben, die im Anschluss an das Trauma sich einstellende adhäsive (fibrinöse) Iritis bewirkte eine Verklebung dieses CUiarrand- Stückes mit der vorderen Linsenfläche, mit der Resorption des Blutergusses löste sich die hintere Synechie nicht, durch die Retraktion des an die Stelle des fibrinösen Exsudats tretenden Bindegewebes wurde die Mitte des abgelösten Ciliarrandes noch mehr pupillarwärts verzogen, und so entstand das jetzige Bild. Die ganze Breite der Iris ist an der Ruptnr- stelle auf die Entfernung zwischen der Spitze bezw. den dort zusammen- stossenden Seiten des schwarzen Dreiecks und dem der Dreieckspitze gegenüberliegenden Pupillarrande zusammengescboben, daher die Fältelung m diesem Irisabschnitt. Diese in der Spitze zusammenstossenden Seiten ' des Dreiecks sind der abgelöste Ciliarrand.

Der durch die Irisruptur hervorgerufene Bluterguss war gewiss nicht unbedeutend. Denn da der Rest bis über den Aequator des Auges nach oben reichte, so musste die fast genau im Aequator verlaufende laterale Art. ciliaris post, longa selbst oder jedenfalls deren unterer Ast dnrch- riuen sein.'*'') Ohne Zweifel füllte der Bluterguss die vordere Kammer ganz ans, wahrscheinlich fand auch eine mehr oder minder erhebliche Durchtränknng des Glaskörpers mit Blut durch den Zonulariss und den mit diesem zusammen sicher eingetretenen Riss der Hyaloidea hindurch statt. Denn die vorhandenen Glaskörpertrübungen lassen sich wohl am leichtesten als Residuen von Blutungen anffassen, da keine chorioidealen Veränderungen nachweisbar sind. Die leichte Beweglichkeit dieser Trübungen lässt auf eine wenn auch nur partielle Verflüssigung des Glas- körpers schliessen.

Das Corpus ciliare- ist an der Rnptnrstelle völlig geschwunden; auch bei scharfem Rechtssehen lässt sich von den Ciliarfortsätzen nichts entdecken, wenn man nicht die obenerwähnten kleinen zackigen Pro-

*) Die Theilung dieser Art. in einen oberen und unteren Ast findet bereits statt, ehe sie den ClUarrand der Iris erreicht.

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mioenzen, die ebensogot als Irisreste angesprochen werden können, für Reste der Ciliarfortsätze halten will. Durch das Tranma war das Corpus ciliare an der Rnpturstelle offenbar völlig zerrissen nnd zertrnmniert, seine Reste worden später resorbirt oder atrophirten soweit, dass nichts Charakteristisches von ihm mehr sichtbar ist.

Dass mit der Zertrnmmemng des Corpus ciliare an der Irisrnptor- stelle auch die Linse ihre normale Befestigung in dieser Gegend ein- gebüsst haben musste, kann an sich schon keinem Zweifel unterliegen. Entweder war die Zonnla intakt geblieben nnd mit Theilen des Corpus ciliare von ihrer Befestigungsstelle an letzterem losgetrennt, oder sie war selbst zerrissen. Wahrscheinlich das Letztere, da ja der Schlag auch auf die Linse wirkte, nicht allein auf die Ansatzstelle der Regenbogenhaut an die Hornhaut. Die Folgen dieser partiellen Zonnlarnptnr, die natnr- gemäss nicht heilen konnte, sehen wir in dem Irisscblottern nnd meiner Ansicht nach in der Myopie des rechten Anges. Dieselbe beruht sehr wahrscheinlich nur auf einer stärkeren Wölbung der Linse, d. b. einer Verlängerung des sagittalen Linsendnrchmessers gegen den des linken emmetropiscben Anges unter gleichzeitiger Verkleinerung des vertikalen nnd transversalen Durchmessers. Gegen eine angeborene oder erworbene Myopie in Folge von Verlängerung der Sebaxe spricht der Angenspiegel- befund, der keine Spur eines Skleralstreifs anfweist. Das Vorhandensein von E mit voller Sehschärfe auf dem linken Auge, die fast volle Seh- schärfe auf dem rechten, die gewiss nur durch die kataraktösen Trübungen im Pnpillargebiet verringert ist, der beiderseits gleiche Befund am Angenhintergmnd lassen annehmen, dass das rechte Auge ein von Geburt emmetropisches mit voller Sehschärfe war gleich dem linken nnd dass seine Sebaxe noch jetzt die Länge derjenigen des emmetropiscben linken Auges hat Die Myopie ist in Folge des Traumas dadurch ent- standen, dass in Folge der Zerreissnng der Zonnla auf der rechten Seite ihre elastische Zngwirknug auf die Linsenperipherie auf dieser Seite anfhörte, die Linse in ihrer Gestaltung nur mehr durch ihre eigene Elastizität beeinflusst wurde, unter deren Wirkung die Linse das Bestreben bat, sich der Kugelgestalt zu nähern, daher ihr sagittaler Durchmesser znnebmen, die beiden anderen abnebmen mussten. Dass übrigens die rechte vordere Linsenfläche tbatsächlich stärker konvex ist als die linke, konnte ich direkt nach weisen durch die Beobachtung der Reflexbildchen: das rechtseitige ist kleiner als das linkseitige.

Auffallend könnte es erscheinen, dass wir trotz des zweifellosen Vorhandenseins einer 21onularnptnr keine Ortsverändemng (Luxation) der

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Liese finden, dieselbe bst anscheinend ihre Lage in der tellerförmigen Grabe völlig beibehalten. Dies hat offenbar seinen Grand in der hinteren Synechie. Der abgelöste, in seiner Mitte winkelige geknickte Irisrand, der an der vorderen Linsenfläche nahe ihrem lateralen Rande festhaftet, ersetzt in gewisser Weise an der Rupturstelle die Zonola, ohne natürlich die Linse völlig fbtiren cn können.

Die durch das Traama verursachte Katarakt betrifft nur die rechte Hälfte der Linse und ist absolut nur in ihrem äussersten rechten Ab- schnitt, wie wir dies in dem im Irisdefekt zu sehenden Keilchen erkennen. Von dieser kleinen absoluten Trübung strahlen einige striebförmige nach dem Linsenzentrum zu aus. Die Katarakt kann nur eingetreten sein in Folge eines Einrisses der Linsenkapsel, wahrscheinlich am lateralen Linsenrande, indem hart an diesem vielleicht stellenweise die Zonula ab- und gleichzeitig die Linsenkapsel einriss. Gemeinhin ist die Folge solcher Verletzung der Linsenkapsel Trübung und Quellung der Linsensubstanz, dieselbe quillt aus der Rissstelle heraus, wird allmählich resorbirt, es folgt weitere Linsensubstanz nach, die Linse schrumpft mehr und mehr. Meistens, besonders bei jugendlichen Individuen wie in unserem Fall, tritt auf diese Weise eine Trübung der ganzen Linse ein mit mehr oder minder erheblichem Anstritt von Linsensubstanz in die vordere Kammer und Resorption daselbst, wie wir diesen Vorgang von der Diszision her kennen. Im vorliegenden Fall ist jedoch offenbar nicht die mindeste Verkleinerung der Linse eingetreten. Dies bat meiner Meinung nach seinen Grund darin, dass erstens vielleicht der Kapselriss nur klein war, und zweitens, nachdem derselbe entstanden, allerdings durch Imbibition der ihm zunächst liegenden Linsensubstanz eine Trübung derselben auftrat, ihr Austritt in die vordere Kammer aber in Folge des dort im Anschluss an den Irisriss aufgetretenen Blutergusses, der einen nicht unbedeutenden Druck auf die Linse ausüben musste, nicht erfolgen konnte. Aus eben diesem Grande trat offenbar rasch Verklebung und definitiver Schluss der Kapselwuiide ein, so dass die Linse auch nicht den mindesten quantitativen Verlust an ihrer Substanz erlitt Nur so konnte eine so vorzügliche Sehschärfe erhalten bleiben.

Dem vorliegenden Befunde nach, m. H., ist anzunehmen, dass der Schlag mit dem Knüppel direkt gegen den Bulbus, nicht etwa gleich-

*} Die sehr seltene traumatische Katarakt ohne Kapselriss ist für den vor- liegenden Fall wegen der Schwere der Verletzung und der gleichzeitigen Zonula- ruptor nicht anzunehmen.

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zeitig gegen die Augenhöblenränder erfolgte; io letzterem Fzlle bitte nicht eine so schwere Balbnsverletzang stattfinden können. Wahrscheinlich traf das vordere Ende des Knüppels mit seinem Rande gerade aaf den lateralen Hornhantraod anf ond bewirkte so die vorliegenden Ver- letzungen. Ob and inwieweit die Konjanktiva, Sklera oder Cornea verletzt gewesen sind, dafür lässt sich jetzt kein Anbaltspnnkt mehr finden. Eine Narbe oder sonstige pathologische Beschaffenheit lasst sich an diesen Theilen nicht konstatiren.

Die Dienstbranchbarkeit des Mannes anlangend, so liegt kein Oitmd vor, aus welchem dieselbe bezweifelt werden könnte. Als ich den Mann vierzehn Tage nach seiner Einstellung wiedersab, bemerkte ich aUerding* eine geringe perikorneale Injektion am rechten Auge, und er klagte damals, dass er beim Kommando „Augen rechts“ oder „Augen links* einen leichten Schmerz um dieses Auge empfinde. Dieses war indess nur eine vorübergebende Reizerscheinung in Folge der ungewohnten rackweisen Kopfbewegungen, bei denen die in ungewöhnlich heftige Schwingungen versetzte Linse auf Iris und Corpus ciliare stärker als sonst zerrend einwirkte. Nach Verlauf von weiteren vierzehn Tagen war von irgend welchen Reizerscheinungen nichts mehr zu sehen, und der Mann hatte nicht die geringsten Klagen mehr. Auch heute besteht dieser reizlose Zustand weiter. Wir haben es hier offenbar mit einem schon längst konsolidirten Zustande zu thnn; der Mann bat nach Heilung der Verletzung nie cyklitische Reizerscheinungen gehabt und wird voraus- sichtlich, nachdem sich sein Cvealtrakt an die ihm neuen dem Militär- dienste eigenen Bewegungen gewöhnt hat, auch weiterhin keine solchen Reizerscheinungen bekommen.

Fälle wie der vorliegende gehören durchaus nicht zu den häufigen Vorkommnissen. Einfache Iridodialjsen kommen in Folge von Contusio bolbi öfter vor, dagegen bezeichnet Becker*) Fälle von Liosenkapsel- zerrcissung in Folge einer solchen Verletzung als sehr selten. Freilich ist dieselbe auch im vorliegenden Falle nicht erwiesen, sondern nur mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Ganz besonders bemerkenswerth ist die vorzügliche Erhaltung der Sehschärfe. Ich finde hierüber in der mir zu Gebote stehenden Litteratur keine Angaben, indess ist die Seh- schärfe meist bei derartigen Verletzungen schon durch die in Folge der

*) G rarfe-Saemisch, Handbuch der gesammten Angenbeilkiinde, V. S. 181

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ZerreiMoni; der Zoonla eingetretene Sabluxation der Linse sehr beeinträchtigt.

Der Ort der Verletcang ist der für Eontnsionsverletiongen des Bolbos gewöhnliche, im lateralen nntem Quadranten.

Referate und Kritiken.

Handbuch der Eriegsheilk unde. Für die schweizerischen Sanitäts- Offiziere bearbeitet von Oberstlieutenant Dr. H. Bircher, Divisions- Arzt, Dozent für Chirurgie an der Universität Bern. Benno Schwabe, Basel. 1886.

Auch die Schweiz bereitet sich, wenigstens in Bezug auf das Sanitäts- wesen, für einen zukünftigen Erieg vor, wie der Titel obenbenannten Werkes bezeugt.

Dasselbe zerfällt in drei Tbeile, von welchen der erste von der Organisation des schweizerischen Sanitätswesens in der vergangenen und in der jetzigen Zeit bandelt, allerdings ist diese Organisation, wie die Vorrede belehrt, theil weise noch prinzipiell io Entwürfen festgesetzt; nichts desto weniger ist gerade dieser Theil für uns von grösserem Interesse und fordert zu einem Vergleiche mit unseren Einrichtungen heraus.

Von dem historischen Abschnitte, mit dem 15. Jahrhundert beginnend, ist nur kurz zu erwähnen, dass die Bezeichnung «Sanitätsoffizier'^ in der Schweiz im Jahre 1862 eingeführt worden ist, nachdem schon zwei Jahre vorher die letzte Unterordnung des Sanitätswesens unter die Intendantur entfernt wurde.

Die jüngste Reorganisation der Heereseintheilung wird auf die Erfahrungen des Erieges 1870/71 zurückgeführt; es wurde eine eigene Truppengattung, die Sanitätstruppe genannt, errichtet, die Oberleitung des gesammten Sanitätsdienstes im Frieden bat der Oberfeldarzt, nnter dem Militärdepartement stehend, im Eriege der Armeearzt; den Transportdienst leitet der Oberetappenarzt; der Chef des Spital- dienstes und derjenige des Hülfsvereinswesens stehen nnter dem Ober- feldarzt.

Bei der Division wird der Sanitätsdienst vom Divisionsarzt geleitet, unter welchem das gesammte Sanitätspersonal und das Feld- lazareth stehen; im Frieden dem Oberfeldarzt untergeordnet, besorgt derselbe die Rekmtirnng, führt die Eontrole über das Sanitätspersonal, ernennt die Unteroffiziere, sein Stellvertreter ist der Eommandant des Feldlazarethes, Feldlazarethcbef genannt, welcher im Frieden das Material des Feldlazarethes zu inspiziren bat, dieser wieder besitzt einen Stellvertreter bei der Division.

Die subalternen Militärärzte (Hauptlente, Oberlientenants) sind den Truppen und den Sanitätsanstalten zngetheilt.

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Die Militärapotheker (gleichfalls Sanitätsoffiziere) verwalten das Material der Sanitätsanstalten während des Dienstes.

Die Mannschaft gehört entweder zu den Trnppentheilen oder zn den Sanitätsanstalten.

Der Krankenwärter (nnseren Lazarethgehilfen entsprechend) hat eine sogenannte Bulge, in welcher sich die Verbandgegenstände befinden; dieselbe muss ziemlich gross sein, da sich allein 12 Verband- tücher, ein Verbaudbecken, eine Blendlaterne n. s. w. in ihr befinden, sowie eine Wasserflasche, die Krankenträger eine Verbandtascbe, die Unteroffiziere ausserdem noch ein Rufborn; jeder Arzt muss sein eigenes chirurgisches Tascbenetui haben, diejenigen bei der Truppe erhalten eine Arzttasche.

Jedes Feldlazareth, deren die Schweiz 8 bat, besteht aus dem Stabe, dessen Chef ein Militärarzt im Majorsrang ist und als Adjutanten den Arzt des Trainbataillons besitzt, 5 Ambnlancen, jede wiederum mit einem Chef (Militärarzt im Hauptmannsrange) und drei Aerzten, einem Verwaltungsoffizier und einem Apotheker u. s. w., der Fnhrwerkskolonne, welche ans 2 Materialreservefourgons, 12 Requisitions- wagen für Verwnndetentransport, 5 Fourgons, 5 Blessirten wagen, 7 Froviantwagen, 7 Gepäckwagen, darunter 2 mit angehängien Fahr- kücben, besteht, und der vom Landwebrtrainbataillon gelieferten Bespannung; das ganze Feldlazareth bat 19 Reitpferde, 108 Zugpferde und 88 Fuhr- werke — eine etwas sehr lan^e Wageuburg, deren Vorwärtskommen nicht sehr leicht sein dürfte, übrigens kann jede der fünf Ambulancen auch für sich verwendet werden und ist derartig eingerichtet, dass sie sowohl einen Hauptverbandplatz als ein Feldspital errichten kann.

Ausserdem ist noch das Material für zwei Ambulancen, für den Gebirgskrieg eingerichtet, mit Tragbahren, Krankenschlitten, einem Zelte und 8 Sanmthieren, vorhanden.

Der Transportdienst wird durch 5 Transportkolonnen und 3 Sanitätszüge, die unter dem Oberetappeuarzte stehen, vollzogen; der Dienst in denselben wird ebenso wie in den stehenden Spitälern von der Landwehr, event. von der freiwilligen Hülfe besorgt.

Sämmtliche Sanitätstrnppen einschliesslich Landwehr bestehen aus 859 Offizieren, 6155 Mannschaften; die freiwillige Hülfe hat eich der offiziellen zn unterordnen und erhält einen Sanitätsstabsoffizier als Chef.

Die Behandlung und Verpflegung der Verwundeten soll in drei Hülfslinien, Truppenverbandplatz, Hauptverbandplatz und Spital, geschehen.

Ob dieses Ineinanderfügen von Sanitätsdetachements und Feld- lazarethen in eine einzige Formation eine praktische ist, muss erst die Erfahrung im Kriege zeigen, jedenfalls ist hervorzuheben, dass zu den Ambulancen (nnseren Sanitätsdetachements entsprechend) kein Offizier kommandirt ist, sondern nur Sanitätsoffiziere; die höchste militärische Charge beim Feldlazaretbstab ist ein Feldweibel und der gehört auch der Sanitätstruppe an.

Der trnppenärztliche Dienst. Beim Aufmärsche zum Gefecht tritt das Sanitätspersonal hinter der Fenerlinie zusammen und etablirt den Truppenverbandplatz, bei jeder Kompagnie etc. bleibt nur ein Krankenwärter.

Im Gegensätze zu unserer Organisation marschirt kein Arzt mit der Truppe in das Gefecht und trotzdem Sanitätshauptmann, Oberstlientenant n. s. w.?

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Dass vor der Erricbtang des Verbandplatfes, die entweder anf Befebl des Vorgesetzten oder von dem gradältesten Sanitätsoffizier geacbiebt, ein Tbeil der Mannscbaft in nabe gelegene Dörfer geschickt werden soll zum Reqniriren von Material, sowie Brfriscbnngsmitteln nnd Wein, erscheint doch mehr als bedenklich und erinnert etwas an die Zeiten des dreissigjährigen Krieges.

Der Truppenverbandplatz soll höchstens ein Kilometer hinter der Fenerlinie sein nnd zwar in gedeckter Stellung abseits von der Rnckzugs- linie; eingetheilt wird derselbe in eine Dntersncbungsstelle, Verband- nnd Operationsetelle, Lagerstätte der zu Transporti renden und der Marsch- fähigen nnd Lagerstätte der Hoffnungslosen. Die Krankenträger, welche den Transport vom Schlachtfeld zum Truppenverbandplatz aasführen, haben sich nm die Wauden nicht zu kümmern and dieselben unter keinen Umständen zu berühren (Errungenschaft der Antiseptik), lebensgefährliche Blutungen erhalten einen aseptischen Tampon aaf- gedrückt.

Niemals darf auf dem Truppenverbandplatz die Ilaoptaufgabe, das Sammeln und Sortiren der Verwundeten, ausser Acht gelassen werden; vom Truppenverbandplatz wird nach dem Haaptverbandplatz evakuirt, als Grundsatz steht fest, dass das Truppensanitätspersonal mit seinem Material den Tr^peobewegungen folgt; vom Truppenverbandplatz wird nötbigen Falles Personal an den Haaptverbandplatz abgegeben.

Auf ersterem soll nur bei drohender Lebensgefahr operirt werden, auf letzterem auch zur Durchführung der Antiseptik und zum Erlangen der Transportfähigkeit, allerdings nur bei genügender Zeit und genügendem Personal.

Die Thätigkeit des Feldlazareth- und Ambalancendienstes besteht in vorübergebender Verwendung als Feldspitäler, Absondernngs- bäuser, Etappenspitäler oder Kantonnementskrankenhäoser, auf dem Marsche sollen die Ambulaocen auch die Marscbunfäbigen mit sich führen, event. soll eine solche in einer Ortschaft zu diesem Zwecke Zurückbleiben dies scheint uns doch eine Vergeudung des Personals und Materials zu sein. Die Hauptthätigkeit ist jedoch, die Kranken und Verwundeten zu übernehmen, zu pflegen nnd nach erlangter Transport- fähigkeit an die stehenden Spitäler abzugeben. Als erster Grundsatz gilt, stets nur so viele Theile in Thätigkeit zu setzen, als absolut noth- wendig ist, und den Rest als Reserve zu behalten.

Während des Gefechtes werden einzelne Ambulancen als Haupt- verbandplätze etablirt, den Befehl hierzu giebt der Divisionsarzt oder der Feldlazarethchef. Der Haaptverbandplatz gliedert sich in eine Empfangsstelle mit Diagnosen- und Rapportunterabtbeilnng, in eine cbirnrgiscbe Hülfsstelle mit Verband- und Operationsabtheilung anf letzterer nur Vornahme der zur Transportfähigkeit der Verwundeten nötbigen Operationen eine Verpflegsstelle mit Küche und Vorlege- abtheilung, ein Feldspital für nicht Transportable, eine Lagerstätte für Transportable nnd zwar sitzend und liegend zu Transportirende, einen Raum für Marschfäbige und eine Lagerstätte für Hoffnungslose wahrhaftig ein etwas sehr compendiöser und komplizirter Apparat, der hoffentlich im Felde ebenso funktionirt, wie auf dem grünen Tisch. Ein Vergleich mit unserer Empfangs-, Verband- und Operationsabtheilung liegt hier nahe.

Merkwürdig nimmt es sich in einer Organisation der freien Schweiz,

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dem Eldorado aller missvergongten Umstarzeleroente, ans, dass auf dem Verbandplätze fnr den Polizeidienst (wörtlich so zu lesen) leicht verwundete Unteroffiziere bestimmt werden sollen, auch soll jede der vielen, oben angeführten, Stellen einen Posten zur Wache erhalten, von wem, wird nicht gesagt.

Als zweite Aufgabe des Feldlazareths ist die Etablirung der Feld- spitäler angeführt, welche vom Divisionsarzt oder event. vom Feldlazaretb- chef angeordnet wird, dieselben sollen unter gewissen Bedingungen aus dem Hauptverbandplatz direkt bervorgehen.

Transportdienst, Der Transport der Verwundeten vom Schlacht- felde zum Truppenverbandplatz geschieht durch Feldtragbahren and improvisirte Tragbahren, von da zum Hauptverbandplatz durch Blessirten- wagen, den bergerichteten Gepäck- und Proviantwagen der Ambalancen und den requirirten Fuhrwerken des Feldlazarethes, von da durch die Transportkolonnen, Sanitätszüge event. Dampfschiffe und für kürzere Strecken auch durch die Transportfuhrwerke der Feldlazaretbe in die stehenden Spitäler. Der Transportdienst steht unter dem Oberetappen- kommandanten, welchem der Oberetappenarzt beigegeben is^ die letzte Etappenstation hinter der Armee heisst Endetappe, dazu kommt noch eine Marschetappe zwischen letzterer und der Eisenbahnstation; eine Vermischung von Kranken und Verwundeten soll strengstens vermieden werden (ob wohl immer durchführbar?, selbstverständlich mit ansteckenden Krankheiten Behaftete ausgenommen). Die vom Verbandplatz zu Evakuireuden sollen eine Diagnosentafel oder einen Krankenpass besitzen (dass dürfen allerdings nicht viel Verwundete sein, weun Jedem noch ein Pass ausgestellt werden kann). Dazu kommen noch Etappenspitäler, gewissermaassen als Rubepunkte im Transport zu vorübergehender Aufnahme von Kranken und Verwundeten, und Erfrischungsstationen, von der freiwilligen Hülfe errichtet.

Stehende Militärspitäler werden nur im Kriege aus bereits bestehenden Gebäuden eingefübrt, dazu kommen Absonderungshäuser, Zelte und Baracken; der Dienst ist durch ein Reglement bestimmt, das Material lagert tbeilweise in den Magazinen, das Personal wird ans der Landwehr oder der freiwilligen Hülfe entnommen. Bei der mit Ab- bildungen versehenen Beschreibung der Baracken ist die bei uns theil- weise eingeführte transportable Docker 'sehe Lazaretbbaracke noch nicht berücksichtigt.

Den Schluss dieses Theiles bildet ein historischer Abschnitt über die Genfer Konvention und das rothe und das weisse Kreuz.

Wir vermissen in dem ganzen Abschnitte Einrichtungen, welche unserem Kriegslazarethpersonal, Lazarethreservedepot und unserer Krankentransportkommission entsprächen.

Der zweite, bei weitem umfangreichere kriegschirurgische Theil des Baches enthält die Verletzungen durch Schusswaffen und kann nur kurz an dieser Stelle abgehandelt werden.

Die allgemeine Unterabtbeilnng bespricht das Entstehen und die Arten der Schnssverletzungen , die Deformirung der Geschosse unter Berücksichtigung der neuesten Erfahrungen sowie eigener Versuche des Verfassers hierüber, die hydraulische Pressung, die Statistik der Schuss- verletzungen, die Diagnose und allgemeine Prognose derselben; diesem schliesst sich die allgemeine 'Wundbehandlung an, zunächst in ihrer historischen Entwickelung vom Anfang des 16. Jahrhunderts an bis auf

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die neaeete Zeit; der antiseptischen Wandbehandlnng ist ein besonderes Kapitel gewidmet, aus demselben ersehen wir, dass auch in der Schweiz wie bei uns das Feldsanitätsmaterial zur Dnrchfährung der Antisepsis amgestaltet ist, auch hier soll die Methode derselben dem Chefarzt aoheimgestellt sein, der Grundsatz aber bleiben, doch soll auch die offene Wundbehandlung nicht ganz aus der Kriegschirurgie nach dem Verfasser verbannt sein, so bei profusen Eiterungen, ausgedehnten Nekrosen and Phlegmonen u. s. w.

Die Vertheiluug von Verbandzeug an die Trappen (unser Verband* päckchen im linken Vorderschoss des Waffenrockes zwischen Futter und Tuch eingenäbt) findet in der Schweiz grundsätzlich nicht statt; so- genannte Verbandpatronen befinden sich zum Gebrauch für das Sanitäts- personal in den Verbandtaschen, Sanitätstornistern n. s. w., dieselbe eotbält eine zweiköpfige Gazebinde, 5 g 10 prozentige Borwatte und eine Sicherheitsnadel; ausserdem ist hauptsächlich in den Sanitätskisten noch Jodoform vorräthig, welches der Verfasser, gestützt auf Mosetig’s An- gaben, warm empfiehlt, in den Ambulancen befinden sich Karbolsäure, Borsäure, Sublimat, bypermangansaures Kali nebst den nötbigen Gerätben, ferner für Lagerung der Glieder Spreukissen, Holz- und Pappschieuen, Siebdraht, Sch nyder'sche Tucbscbienen, Gips, Eisendraht

Als Anhang ist eine kurze Operationslebre der Amputationen and Exartiknlationen mit Zeichnungen beigegeben, welche sich naturgemäss Dar auf das Allernothwendigste erstrecken kann.

Im Speziellen sind dann aufgezählt die Schassverletznngen der Weichtheile (Haut, Bindegewebe, Muskeln) nach Arten, Diagnose, Prognose, Verlauf und Therapie, dann folgen diejenigen der Knochen oud Knorpel nach Kontusionen, blinden Scbusskanälen, einfachen Frakturen, Fissuren, Locbschüssen eiugetheilt mit entsprechender Behandlung im Feld und im Spital, begleitet von vielen erläuternden Zeichnungen, ferner die Gelenk Verletzungen nebst Resektionsmetboden der einzelnen Gelenke und Lagerungsapparaten ; die Verletzungen der platten Knochen (Schädel, Becken etc.), die Schusswunden des Herzens und der Gefässe nebst Methoden der Blutstillung (Digitalkompression der verschiedenen Arterien), die Scbussverletzungen des Centralnervensystems und zwar des Gehirns nebst Folgezuständen (Meningitis, Gehirnabszess, Gehirnvorfall, Hirndrock) und Therapie, des Rückenmarkes und des peripherischen Nervensystems die Verletzungen des Auges, welche in unserem Kriegs -Sanitäts- Bericht eine so hervorragende Bearbeitung gefunden haben, sind nur wenig berücksichtigt ; den Schluss bilden die Verletzungen des Brustkorbes, der Respirationsorgane und diejenigen der Bauch- und Beckeuhöhle nebst ihren Eingeweiden, bei den Darm- sebusswonden findet man eine genaue Angabe der verschiedenen Darin- nähte nach Lembert, Jobert, Czerny.

Den letzten Abschnitt bilden die Komplikationen des Wundverlanfes, zunächst äussere Verhältnisse wie Ermüdungszustände, Gemüthsstimmung, Nationalität und Klima, dann Hinzugesellung innerer Krankheiten, als Rohr, Typhus, Cholera, Scharlach, Lues, Alkoholismus, endlich die accidenteÜen Wundkrankbeiten, einfaches Wandfieber, Hospitalgangrän, Phlegmone, Erysipelas, Septhaemie, Pyobaemie und Tetanus.

Der dritte Theil endlich berührt nur ganz kurz auf 7 Seiten die Vetletzungen durch blanke Waffen; diese stiefmütterliche Behandlung derselben wird von dem Verfasser auf das Prävaliren der Schuss-

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Verletzungen znrückgeführt, eo dass die Kriegscbirnrgie ebenso gut die Lebre von den Scbussverletzungen genannt werden könnte; ganz so wegwerfend darf man nach den statistischen Erbebangen nnseres Kriegs- SanitätS'Bericbtes von den Verletzungen durch blanke Waffen denn doch nicht sprechen, indem sich unter den in ärztlicher Behandlung Oewesenen des Krieges 1870/71 immerhin 551 Fälle von Hiebwunden and 1245 Fälle von Stichwunden, darunter 650 durch Bajonette verursacht, welche meistenlheils keine unbedeutenden Verletzungen sind, befanden.

Druck und Papier des Werkes sind recht gut, hingegen lassen die zahlreichen im Texte enthaltenen zinkolithographischen Abbildungen, für deren Beschaffung dem hoben Bandesrath noch besonders vom Verfasser gedankt wird. Manches zu wünschen übrig.

C. Fr. (Heidelberg).

Flashar, Die Verwaltung des Garnison Lazareths. Berlin.

Julius Springer. 1888. Oktav. 122 S.

Seit über Jahresfrist veröffentlicht Oberstabsarzt Dr. Frölich- Leipzig in der Vierteljahrsscbrift für gerichtliche Medizin und öffent- liches Sanitätswesen unter dem Titel „Der Friedensdienst des Chefarztes“ Auszüge aus dem Friedenslazarethreglement nebst Nachträgen and sonstigen Verfügungen, sowie seine Erfahrungen als Chefarzt des Gami- sonlazaretbes Leipzig; diesen periodischen Veröffentlichungen reiht sich unter obigem Titel in Form eines Leitfadens eine ähnliche Arbeit des preussischen Stabsarztes Flashar an.

Da es schon längst kein Geheimniss mehr ist, dass seit einer Reihe von Jahren nonum prematur in annom an der Centralstelle eine Neubearbeitung des veralteten Friedenslazaretbreglements vom Jahre 1852 ausgefeilt wird, da ferner wiederholt Verfügungen darauf bingewiesen haben und auch schon die Bezeichnung „Friedens-Sanitäts-Ordnung“ er- wähnt wird, erscheint es immerhin zweifelhaft, ob der gegenwärtige Zeit- punkt gerade für derartige litterariscbe Leistungen glücklich gewählt ist.

Jedenfalls aber ist letztgenannte Arbeit eine ungemein fleissige und verhältnissmässig kurz abgefasste Zusammenstellung, welche für junge Chefärzte das Epitheton „jung“ nicht ausschliesslich dem Lebensalter nach verstanden sehr gut zu benutzen sein dürfte. Wenn Referent in einigen Punkten anderer Meinung ist, auch Einzelnes richtig zu stellen hat, so möge der Verfasser dies nicht als Liebelwollen gegen das ganze Werk anffassen.

Der I. Theil beschäftigt sich mit der administrativen Verwaltung, fügt eine Eintheilung der betreffenden Behörden bei, bezeichnet die Pflichten des Chefarztes im Allgemeinen, giebt dann Aufschlüsse über die Kontrole des Personals, des Materials und des Krankenpflegedienstes, sowie über den schriftlichen Dienstverkebr.

Der II. umfangreichere Theil bezweckt dem Militärärzte das Ver- ständniss für die ökonomische Verwaltung des Lazareths zu erleichtern und umfasst in genauester Weise selbst die Einzelheiten des Rechnungs- wesens in seiner ganzen Mannigfaltigkeit, er handelt zunächst von der Kassenverwaltnng, der Buchführung der Kassenbücher und der Geld- rechnungslegung, ferner von der Verwaltung des Materials, im Speziellen der Lazaretbgrundstücke, des Inventarinms, der Nabrungsbedürfnisse, der

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Feaernngs-, Erleachtongs- und Reinigung» - Materialien und der Druck- sacben, endlich von der Verwaltung des Personals im Allgemeinen und im Besonderen; vorzugsweise dürfte dieser Tbeil vielen Kollegen, welche noch nicht so genau in die engeren Geheimnisse der gewaltigen Ver- wsltnngsmaschine eingedrungen sind, recht willkommen sein.

Wohl nnr in Folge langjähriger Gewohnheit und als lapsus calami mag es verzeihlich erscheinen, dass in dem Buche die oberste Behörde der Lazarethe noch mit der früheren Bezeichnung Militär- Medizinal- Abtheilnng“, welcher Titel bekanntlich schon seit dem 1. Oktober 1886 etwas kürzer geworden ist, wiederholt angeführt wird.

Inwieweit das Oekonomie - Departement hier hingegen fehlt merkwürdigerweise das Beiwort „Militär“, welches doch letztere Behörde zu beanspruchen hat auch jetzt noch als Centralverwaltungsbehörde für die Garnisonlazarethe ressortmässig betheiligt ist, kann diesseits nicht übersehen werden, jedenfalls aber ist die namentlich bei Lazaretbnen- baaten sehr rege ressortmässige Betheiligung der Bauabtheilung des Kriegsministerinms unerwähnt geblieben.

Der Chefarzt soll durch Frontmachenlasscn der militärischen Kranken- wärter ihr Ajustement (warum nicht deutsche Bezeichnung?) prüfen; dieses erscheint doch bedenklich, da der Militärarzt zu dieser Form des militärischen Grusses durchaus nicht berechtigt ist, denn nur der Nach- satz der Verfügung vom 3. März 1874, durch welche das Frontmachen der Unterärzte und einjährig-freiwilligen Aerzte ebenfalls als nicht vor- schriftsmässig bezeichnet wurde, ist durch die Verfügung vom 10. Februar 1885 wieder aufgehoben worden, während der Vordersatz, dass das Frontmachen als Ehrenbezeugung den Sanitätsoffizieren nicht gebühre, nach wie vor in Kraft geblieben ist.

Mit der Auffassung des Verfassers über die dienstlichen Beziehungen zwischen Chefarzt und ordinirenden Aerzten kann sich Referent gleich- falls nicht einverstanden erklären, da dieselbe dem Chefarzt eine weiter- gehende Befugniss einräumen würde, als nach den gegenwärtig herrschen- den Bestimmungen vorgesehen ist, so solle sich u. A. die Frage, wann ein Geheilter zu entlassen sei, am häufigsten zur Konsultirung des Chef- arztes eignen; nach diesseitiger Ansicht liegt jedoch dies ausschliesslich in dem Ermessen des ordinirenden Arztes und ausserhalb der Berechtigung des Chefarztes, so dass letzterer auch nicht das Recht besitzen durfte, über den Zustand des zu Entlassenden es ist nicht etwa der Anzug gemeint vorher sich zu überzeugen, wie dies der Verfasser meint; es darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Chefarzt im Sinne des §. 14 der Bestimmungen betreffend die Einführung von Chefärzten in den Friedenslazarethen zu Konsultationen nur kommen kann, wenn ihn die ordinirenden Aerzte dazu auffordern. Es kann ja sein, dass die neue Ordnung hierin Aenderungen bringt, aber vorläufig dürfte noch einzig und allein der ordinirende Arzt zu entscheiden haben, wann ein Mann als geheilt ans dem Lazareth bezw. aus der ärztlichen Behandlung zu entlassen ist

Seit geraumer Zeit wird von den militärischen Behörden auf Ver- minderung des Schreibwesens hingewirkt, die Verwaltungsbehörden allerdings können sich nur schwer von dem Wüste der vielfach unnöthigen Schreiberei trennen.

Doch ench des Schreibens ja befleisst Als diktirt' euch der Heilig’ Geist I

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Jeder, aach der des Schreibens nicht ungewohnte Chefarzt seufzt unter dem Drucke des ungemein schwerfälligen Rechnung- und Schreibwesens und sieht mit boflfnnngsvoller Sehnsucht der Zukunftsansgabe der Friedens- SanitätS'Ordnuug entgegen, aber dem Verfasser obigen Leitfadens scheint noch immer viel zu wenig in diesem Punkte geleistet zu werden, denn er verlangt ausser dem Bestehenden noch ein Lazareth-Befeblsboch , ein Kontrolbuch, eine Eommandirliste, eine Strafliste, eine Liste für die Personalien der Lazaretbgebülfen mit entsprechender Führung der Kon- dnite, eine tägliche Krankenübersiebt, ein Verzeiebniss der Diensl- reglements, der Krankenbücher n. s. w. Herr, beschütze mich vor meinen Freunden I

Nicht nur in einzelnen Änsnahmefällen ist auf Wunsch der Anver- wandten eine Leichenöffnung zu unterlassen, wie Verf. behauptet, sondern nach einer Allerhöchsten Eabinets-Ordre in allen Fällen, in welchen dies die Verwandten verlangen.

Bei dem Abschnitte über die militärischen Krankenwärter vermisst man die Angabe, dass dieselben im Gegensätze zu früher vorher ein Jahr bei der Infanterie gedient haben müssen, ehe sie den Lazarethen überwiesen werden. Seite 117 steht sogar zu lesen, dass die Kranken- wärter bei der Einstellung aus eigenen oder Gemeindemitteln 2 Hemden und 1 Paar Stiefel mit zum Lazareth bringen müssen (?).

Wenn auch nicht direkt zur Verwaltung gehörend, hätte doch viel- leicht neben manchem Anderen auch die innere und äussere Ausstattung eines modernen, neu errichteten Garnisonlazarethes, bestehend in Doppel- fenstern, Jalousien, Tonnensystem, Desinfektionsapparaten, Wasserleitung, Gasbeleuchtung, Belegen der Korridore mit Kokosmatten n. s. w., wenigstens kurz erwähnt werden können.

Zum Schlosse noch Eins: das Lazarethreglement, schon die Bezeich- nung weist darauf hin, wimmelt leider noch von allen möglichen Fremd- wörtern, während glücklicherweise alle neueren Ordnungen diese Klippe nach Möglichkeit zu vermeiden bestrebt sind; wie viele Lazaretbinspek- toren mögen schon mit ihrer Zunge über die verschiedenen Justifikatorien, Viktoalien -Einnahme- Manuale u. s. w. gestolpert sein, warum dies auch noch uunöthig in einem derartigen Buche vermehren.

Die Ausstattung ist recht gut, das Buch handlich, das Papier und der Druck für ein Nachschlagebuch entsprechend. Der Preis beträgt 1 Mk. 60 Pf. C. Fröhlich (Heidelberg).

Statistischer Sanitätsber iebt über die Kaiserlich Deutsche Marine für den Zeitraum vom 1. April 1885 bis 31. März 1887. (Beilage zum Marineverurdnungsblatt No. 4 für 1888.)

Der vorliegende Bericht erstreckt sich wie der letzt-vorhergegangene über einen zweijährigen Zeitraum und schliesst sich diesem in seiner Anordnung völlig an. Im I. Theil wird die Kränklichkeit, der Abgang durch Dienstnnbrauchbarkeit und Invalidität, sowie die Sterblichkeit im Allgemeinen erörtert, im II. Theil werden die Krankheitsverhältnisse auf den verschiedenen Schiffsstationen im Auslände, in der Heimath und bei den Marinetbeilen am Lande im Einzelnen besprochen und im III. Theil folgen tabellarische Krankheitsübersichten.

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Die wichtigsten Zahlen der Krankenbewegnng ergeben sich ans der folgenden Zosammenstellnng:

An Bord der Schiffe in

Im

O

a

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An Land

Ueberhaupt in der Marine

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1

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heimischen

Gewässern

B««tzung»- p885/8fil ■irte aafZeitJ /Mann

rttttiirt ll 886/87 J

194

228

424

428

1808

1774

560

60

2402

1783

2185

3144

6640

6766

14213

14183

£mkenzugang{|**^'*®}o/oo

1345,4

1535,1

978,8

1502,»

888,8

870,9

701,8 1473.8 95O.0 1130,7

895,7

868,9

1079,2

990,0

HiH

1097.4

1023.4

Aigang »'co

gestorben |

. 1 1883 '86

evakuirt | jggg^j,^

1144.4

1311.4

170,1

197,4

922,*

1446,3

2,4

2,3

25,9

44,4

804,8

776,*

71,8

80,0

541,1 900, 0 1,8

114,3

16,7

1401,3

102.3,0

2,1

5,1

4.5,4

70,1.

643.0

623.0 1,0

246.7

236.7

1034,3

987,4

4,4

4,7

21,7

17,3

985,7

903,4

2,7

.3,3

72,4

84,1

tm Bestand /1885/861p. terblieben 11886/87/

30,9 26, .1

28,3

9,3

12,*

13,0

44,8

33,3,

25,0 1 32,5.

5,0

9,3

17,9

16,4

57,8 50, 6

36,8

32,7

Der Oesammt-Krankenzngang hatte gegen das Vorjahr im 1. Berichtjahr nm 63, < ®/oo »'cti vermehrt, im ‘2. nm 74,o ®/oo abgenommen. An Bord batte eine Abnahme des Krankenzoganges im 1. Jahre nm 66,s, im 2. nm 89,* V«« stattgefnnden , an Land aber war im 1. Jahre eine Zunahme am 200,i °/o«i ^i»^ Abnahme um 58,* °/o« eingetreten.

Die durchschnittliche Behandlnngsdauer stellte sich 1885/86 im Ganzen anf ll,t und 1886/87 auf 12,sl^ge. Im ersten Jahr war sie an Bord und an Land gleich lang, im zweiten an Bord etwas kürzer.

Der tägliche Krankenstand im Ganzen 1885/86 36,!^ °/o<> 1886/87 38,< ®/oo war an Bord um 3,o bezw. lJ®/oo höher als am Lande. Am höchsten war er auf den Schiffen der Ostasiatischen Station, wo er 56,* bezw. 73,» »/o« betrog.

Von den Scbiffskranken wurde im 1. Berichtjahr etwa der achte, im 2. etwa der fünfzehnte Theil auf Krankenkost verpflegt.

Unter den allgemeinen Erkrankungen (13(),s bezw. 99,r °/oo) waren die eigentlichen akuten Infektionskrankheiten mit 99,» bezw. 66,4 °/oo vertreten. Am häufigsten kamen unter ihnen die Malaria fi eher vor (93,» bezw. 55,*®/oo), welche vorwiegend im Auslande sich zeigten und anf den Schiffen in Afrika den höchsten Zugang, nämlich 375,» bezw. 294,4 “/oo erreichten. Von remittirenden Fiebern wurden 1885/87 an Bord im Ausland 220 Fälle beobachtet und zwar 7 mit 1 Todesfall auf den Schiffen in Ostasien, 89 mit günstigem Ansgang in der Südsee und 124 mit 8 Todesfällen in Afrika. Abdominalty phns kam mit 63 Erkrankungs- und 6 Todesfällen vor; 34 derselben entfielen auf den

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Krenzer „Naatilus" in Ostasien, 5 auf den Aviso „Loreley“ im Mittel- meer und 1 auf das Kanonenboot „Hyäne“ in der Südsee; auf den Schiffen in der Ileimatb und am Lande gingen 22 vereinzelte Fälle za. Ruhr zeigte sich in beiden Jahren mit 22 sporadischen Erkranknt^en and zwar bis auf 1 Fall, welcher in der Heimath zuging, aber in Ost- asien entstanden war, ansschliesslich an Bord im Auslände. Mit Tod endete nur 1 Fall in der Südsee. Asiatische Cholera trat im Herbst 1886 in 9 Fällen auf und zwar mit 1 auf „Nautilns“ in Nagasaki, mit einer Epidemie von 8 Erkrankungs- und 3 Todesfällen anf „Carola“ im Woosung. Epidemische Genickstarre zeigte sich an Land and auf den Schiffen in der Heimath mit 18 Fällen, von welchen 6 zam Tode führten. Akute Exantheme worden überwiegend an Land beobachtet (6 Scharlach- und 26 Masemfälle); an Bord gingen 4 Scharlach- nnd 11 Masern-Erkrankungen zu, aber nur in je 1 Fall hatte die An- steckung im Aaslande stattgefunden; alle übrigen stammten aus der Heimath. Skorbut blieb auf 4 vereinzelte Fälle auf Schiffen im Auslände und 1 am Lande beschränkt Von Hitzschlag wurden 40 Mann befallen und zwar 34 au Bord im Ausland, von welchen 2 starben, und 6 auf Schiffen in heimischen Gewässern. An Trichi- nose erkrankten 5 Leute von „Olga“. Akuter Gelenkrheumatismus war 1885/86 an Land and auf den Schiffen im Ausland gleich häufig, 1886/87 auf letzteren häufiger als am Lande; aber in beiden Bericht- jahren betrug der Zugang anf den Schiffen in der Heimath etwa das Doppelte des Zugangs am Lande.

Krankheiten derAtbmungsorgane 98, t bezw. 91,so/„„ waren, wie schon seit einer Reibe von Jahren, am Lande weit überwiegend und namentlich auf den Schiffen in tropischen Gegenden sehr wenig zahlreich.

Die Krankheiten der Ernährungsorgane beliefen sich 1885/86 auf I84,s, 1886/87 auf 170,8 »/o»; sie waren am Lande (221, s bezw. 192,7 ®/oo) häufiger als an Bord im Ausland (147,7 bezw. 157,3 <>/„<,) und als auf den Schiffen in der Heimath (162, s bezw. 14I,s°/o«). Schliesst man aber die Mandelentzündungen, welche eigentlich den Krankheiten der ' Athmungsorgane zuzurechnen wären, aus, so ändert sich dieses Verhältniss von Grund aus: dann stellen sich einem Zugang von 79, t bezw. 89.S “/oo am Lande, 102, o bezw. 111,3 «jao an Bord im Anslande und 52,6 bezw. 62,3 »/oo auf den Schiffen in der Heimath gegenüber. Die alte Erfahrung, dass akute und chronische Katarrhe des Magens und Darms an Bord im Auslände erheblich häufiger sich zeigen wie auf den Schiffen in der Heimath und am Lande, wurde auch dieses Mal wieder bestätigt gefunden.

Venerische Leiden, in beiden Jahren je 107,7 ®/oo betragend, waren am zahlreichsten in Ostasien (283,s bezw. 245,6 »/oo), wo hierdurch täglich 14 bezw. 15,9 »/oo der Iststärke dem Dienst entzogen wurden; am Lande betrug der Zugang 87, a bezw. 101,6 »/oo und der tägliche Kranken- stand 5,5 bezw. 7,3 »/oo.

Die mechanischen Verletzungen beliefen sich 1885/86 auf 234,6 und 1886/87 auf 230,8 »/oo. ln der Häufigkeit bestand kein wesentlicher Unterschied zwischen den Schiffen und den Marinetbeilen am Lande, aber die schweren Verletzungen waren an Bord zahlreicher als am Lande, z. B. kamen von 175 Knocbenbrüchen und Verrenkungen 115 au Bord und nur 60 am Lande vor.

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Von den Terschiedenen Besatsangskategorien der Schiffe hatte, wie froher, das Matrosenpersonal den höchsten Zugang, demnächst folgte das Maschinenpersonal; den niedrigsten Zugang hatten die Schiffsjungen, Handwerker und Seesoldaten. Die Offiziere etc. standen in der Mitte.

Als dienstunbranchbar wurden in beiden Jahren zusammen- genommen 405 Mann (14,2°/oo) entlassen und zwar 224 (7,9 °/oo) entweder sofort nach der Einstellung oder innerhalb der nächsten 3 Monate. Den häufigsten Anlass zur Dienstnnbraucbbarkeit gaben wie in früheren Jahren Leiden der Augen und der Bewegungsorgane ab.

Als halbinvalide kamen 83 Mann (3,o »/o,) und als ganzinvalide 99 Mann (3,s «/««) zur Entlassung. Den häufigsten Anlass zur Invalidität gaben Leiden der Bewegungsorgane und Eingeweidebruche. Die Invalidität war 115 mal durch äussere, 27 mal durch innere Dienst- bescbädignng und 40 mal nach vieljähriger Dienstzeit entstanden.

Die Zahl der Todesfälle belief sich auf 157 (5,5<>/(>o), von denen 71 (4,7 o/oo) an Bord und 86 (6,'* “/w) am Lande verkamen. An Bord endeten SjOO/oo durch Krankheit und 1,7 »/so durch Unglücksfall, während an Land hfiofoo durch Krankheit, 0,7 <>/ou durch Selbstmord und ebenso viele durch Unglücksfall ihr Leben verloren. Die Sterblichkeit durch Unglücksfall war demnach an Bord, diejenige durch Krankheit an Land grösser. Von den Krankheiten waren Lungenschwindsucht (.34 mal) und Lungen- und Brustfellentzündung (16 mal) die häufigste Todesursache; von diesen 50 Todesfällen kamen 37 am Lande und 13 an Bord vor. Dagegen ereigneten sich sämmtliche Todesfälle durch Malaria (9) an Bord im Anslande, auch die Todesfälle an Cholera, Ruhr und Ilitzschlag kamen ausschliesslich an Bord vor. Durch Selbstmord starben 9 Mann und zwar sämmtlich am Lande, durch Unglücksfall endlich 35 und zwar 25 an Bord und 10 am Lande. Ausserdem gehört hierher aber noch der Verlost, welcher durch den Untergang der Krenzerkorvette Aogusta“ Anfang Juni 1885 in einem Cyklon im Golf von Aden entstand und 223 Mann (15,7 o/oo) betrug.

Von den speziellen Krankbeitsverhältnissen auf den einzelnen Schiffen und am Lande, die im II. Theil ausführlich besprochen werden, kann hier nur Folgendes andeutungsweise erwähnt werden.

In Ostasien befanden sich 3 Schiffe mit 471 auf Zeit reduzirt 422 Mann Besatzung. Der Krankenzugang betrug 605 Mann (1433,7 o/oo), Ton welchen 3 (7,i o/oo) starben. An Abdominaltyphns erkrankten 34 Leute von „Nautilus“, von welchen 1 starb. Im 1. Berichtjahr kamen 2 vereinzelte Typhen vor, im 2. entstand eine Epidemie von 32 Fällen. Ausgangspunkt für diese Epidemie war ein Handwerker, welcher wahrscheinlich in Tschifu oder Shanghai sich angesteckt hatte. Da eine Ausschiffung nicht angängig war, so wurde der Kranke, so lange das Wetter günstig, klar und trocken war, auf dem Stormdeck hinter einem Segeltuch verschlag abgesondert, als aber regnerisches und stürmisches Wetter eintrat, musste er 2 Tage lang vorn im Zwischendeck unter- gebracbt werden, bis er unmittelbar nach dem Einlaufen in Nagasaki dem Landlazareth übergeben werden konnte. Dort starb er nach 3 Tagen und die Leichenöffnung bestätigte die Diagnose vollkommen; 7 Tage nach der Ankunft in Nagasaki erkrankten gleichzeitig 13 Leute und in den folgenden 3 Wochen in allmählicher Abnahme noch weitere 18 Mann an Unterleibstyphus und zwar vom seemännischen Personal 21 (27 o/o), vom Maschinenpersonal 6 (33 o/«) und vom Handwerkerpersonal 5

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(50 "/o). Offiziere and Deckoffiziere blieben verschont; Heizer und Hand- werker waren am frühesten and schwersten befallen. Man hatte deshalb die Bilge als den Herd der Krankheit im Verdacht, um so mehr als dieselbe wegen Unzugängigkeit der Reinigung grosse Schwierigkeiten machte und damals starken Schwefelwasserstoffgeruch entwickelte. Indessen bestand der üble Bilgegerncb auch zu anderen Zeiten, ohne dass Typbus sich zeigte, und es ist viel wahrscheinlicher, dass aus den Entleerungen jenes ersten Typbuskranken die Typhnskeime trotz aller getroffenen Vorsichtsmaassregeln in das Schiff und zwar in das Zwischen- deck, den Schlaf- und Wohnraum der Mannschaft, hineingelangt sind. Von den 32 Fällen waren 18 leicht, 5 mittelschwer, 9 schwer. Bei 24 derselben wurde im Beginn an zwei aufeinanderfolgenden Tagen l,o bis l,s g Kalomel gegeben und der Berichterstatter gewann den Eindruck, als ob der Verlauf dadurch abgekürzt und gemildert worden sei. Malariafieber wurden bei 59 Mann mit 1 Todesfall beobachtet; sie röhrten vorwiegend aus l'schifu, Shanghai und Nagasaki her und fielen fast stets in die heisse Jahreszeit. Ruhr blieb auf 2 vereinzelte Fälle beschränkt, welche nach Ausschiffung günstig verliefen. Asiatische Cholera befiel 1 Mann von „Nautilus“ im Oktober 1886 in Nagasaki, wo damals diese Krankheit stark verbreitet war; derselbe hatte bereits das Reaktionsstadium erreicht, als er dem Cholerahospital an Land übergeben wurde, und kehrte nach 4 Tagen geheilt von dort an Bord zurück.

Im Marine-Lnzareth zu Yokohama wurden 140 Kranke mit 3588 Bebandlungstagen verpflegt: 16 gehörten deutschen, 6 russischen und 5 italienischen Kriegsschiffen an, ausserdem wurden 28 Angehörige des Deutschen Reiches, 10 Asiaten und 74 Zivilisten fremder Nationen behandelt.

Die 5 in der Südsee befindlichen Schiffe batten eine Besatzung von 1060 auf Zeit reduzirt von 852 Köpfen. Eis erkrankten 1046 Mann (1227,7 ®/(io), von welchen 4 (4,7 o/oo) starben. An Malaria kamen 120 Neu- Erkrankungen und 71 Rückfälle zur Behandlung, worunter bei 106 der Fieberverlauf remittirend war. Am häufigsten stammte diese Krank- heit aus Mauritius, aus Apia und von dem Bismarck- Archipel her. Aus letzterem und zwar von But-But an der Ostküstc Neu- Mecklenburgs rührten 23 Malariainfektionen auf „Adler“ her; 21 davon betrafen Leute des 34 Köpfe starken Laudnngskorps, welches zur Bestrafung von Ein- geborenen ausgeschifft war, bei regnerischem ungünstigem Wetter an- strengende Märsche längs der aus Korallen bestehenden Küste zu machen gehabt und 6 bezw. 2 Nächte an Land zugebracht batte. Von der ganzen übrigen Besatzung wurden damals nnr 2 Leute von Wechselfieber ergriffen, von welchen 1 ein Brandungsboot von But-But an Bord geholt und 1 eine Nacht im Dampfkutter dort an Land zngebracht batte. Die Inkubationszeit betrug zwischen 16 und 30 Tage. Ruhr zeigte sich in 10 vereinzelten E'ällen, von welchen 1 auf Albatross, der aus Apia stammte, am 7. Krankbeitstage zum Tode führte. In den Kämpfen, welche „Albatross“ im Frühjahr 1886 mit den Eingeborenen von Nen- Pommern und Neu-Mecklenburg zu bestehen hatte, kamen 3 Schuss- wunden und 3 Stichwunden durch Speere vor, welche sofort mit Jodoform und trockener Sublimatwatte verbunden wurden. Das Verbandwasser zur Reinigung dieser Wunden war durch Eingiessen stärkerer Sublimat- lösung in die Milch frisch aufgebrochener Kokosnüsse hergestellt worden. Die Heilung ging überall ohne Fieber und mit ganz spärlicher Ab- sonderung von Statten.

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Aaf der amerikaniBchen Station befanden sich 9 Schiffe mit 3948 anf Zeit rednzirt 3582 Mann Besatzung. Der Krankenzugang betmg hier 3130 Mann (873,s “/oo) , von welchen 7 (1,* ®/oo) starben. Septicämie mit tödtiicbem Ausgang am 8. Krankbeitstage nahm bei 1 Matrosen von ^Prinz Adalbert“ ihren Ursprung von Ausschlagsborken an Kinn nnd Mundwinkel; dort bildete sich unter hohem Fieber eine brettbarte blanrothe Anschwellung. Durch tiefe Einschnitte wurde aus derselben nur wenig Eiter entleert nnd der Prozess nicht anfgebalten. Malariafieber kamen in 70 Fällen vor, welche zum Theil aus der Heimath, namentlich ans Wilhelmshaven, zum Theil von den westindischen Inseln herrübrten und meistens leicht und schnell verliefen. Rnhr stammte in 2 gleichzeitigen schweren und langwierigen Fällen anf , Stein“ und „Moltke“ aus La Ouayra, wo Rnhr unter der Bevölkerung nicht selten war; 2 später aufgetretene Rnhrfliile anf «Mnsquito“ nnd „Prinz Adalbert“ verliefen leichter. Die Schiffe verbrachten den Sommer (durchschnittliche Temperatur: 9 16° C.) in heimischen Gewässern und den Winter (durch- sebnittlicbe Temperatur: 21 26° C.) in tropischen Gegenden. Dem- entsprechend kamen einerseits im Sommer 1.57, im Winter 63 Mandel- entzündungen, andererseits im Sommer 30 und im Winter 90 akute Darmkatarrhe in Zugang, weil Erkältungen und Durcbnässungen im rauheren heimischen Klima überwiegend Mandelentzündungen, in den Tropen dagegen Durchfälle verursachen. Als Ursache von 25 im Lazareth nnd 17 ohne Dienstbefreinng im Dezember 1886 anf „Prinz Adalbert“ behandelten Durchfällen wurde mangelhafte Beschaffenheit des an Bord destillirten Wassers gefunden, dessen Kocbsalzgebalt in dem mit Filtrirvorrichtnng versehenen Trink wasserkasten in der Batterie sonst 3,s 4,6 Theile anf 100 000 Theile Wasser betragen batte, damals aber anf 42,i gestiegen war. Von den Wasserkasten der Last hatten nur 2 einen Kochsalzgehalt innerhalb der gestatteten Grenzen, bei 2 betrog derselbe 10, bei 5 zwischen 16 und 1()4 Theilen. Hierdurch war Beimischung von Seewasser zum Destillat erwiesen. Seitdem unter schärferer Aufsicht das destillirte Wasser dauernd gut blieb, hörten auch die Durchfälle anf.

Im Mittelmeer waren 2 Schiffe mit 620 anf Zeit rednzirt 620 Mann Besatzung stationirt. Hier erkrankten 425 Mann (68.5, s o/o«), Tou welchen 3 (4,s »/oo) Starben. Unterleibstyphus ergriff auf „Loreley“ im Winter 1885 in Konstantinopel 5 Personen, von welchen 1 infolge einer Darmblutung starb. Die Krankheit ist dort alljährlich im Winter sehr häufig.

Die meisten Schiffe befanden sich auf der afrikanischen Station, nämlich 13 mit zusammen 4864 auf Zeit rednzirt 4185 Köpfen Besatzung. Der Krankenzugang betrug hier 5496 Mann (1313,2 »/oo), von welchen 27 (6,4 »/oo) und zwar 20 durch Krankheit und 7 durch Verunglückung starben. Am zahlreichsten waren die Allgemein- Erkrankongen (379,4 »/oo), von welchen “/,o Malarialeiden waren. Die Zahl derselben betrug 1885/86 902 Fälle (375,5»/oo) und 1886/87 525 Fälle (294,4 »/oo) mit einer durchschnittlichen Bebandlnngsdauer von 8,s bezw. 12,0 Tagen. An der Westküste waren die Fieber zahlreicher, schwerer and hartnäckiger als an der Ostküste. Am meisten betroffen waren die beiden Schiffe, welche ihren ständigen Aufenthalt im Kamerunfluss nur selten und auf kurze Zeit unterbrachen: die Zahl der Wechselfieber erreichte im 1. Jahre auf „Habicht“ die Höhe von 1596,8 »/oo, anf „Cyclop“

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soxar TOD 1918,0 »/«o, im 2. Jahre stellte sie sich etwas niedriger. Die Rückfälle waren fast doppelt so zahlreich wie die Nen-Erkranknogen. Anf Bismarck fielen von 56 Malaria-Neoerkrankungen, welche 1885/86 beobachtet worden, anf den viermonatlicben Aufenthalt in Kamerun von April bis Juli 44 mit 141 Rückfallen, dagegen anf die übrigen 8 Monate nur 12 mit 2 Rückfällen; ausserdem betrafen noch 50 Rück- fälle Leute, welche im Jahre zuvor schon in Kamerun erkrankt waren. Zwar nahmen an der westafrikaniscben Küste 5 Malariafälle tödtlichen Ausgang, aber im Allgemeinen waren dort von Anfang an schwere Erkrankungen selten und nur von der Häufigkeit der Rezidive und von den damit verbundenen Störungen im Bereich der Verdaunngsorgane, vom Krüfteverfall und der mangelhaften ßlutbereitnng drohte Gefahr, um so mehr, als die Schwierigkeiten einer geeigneten Ernährung und Pflege, namentlich auf kleineren Schiffen, keineswegs immer zu überwinden sind. Wie gross dieser Einfluss im Laufe der Zeit wird, ergiebt sich daraus, dass auf „Cyclop*^ die durchschnittliche Bebandlungsdauer der Malariafälle im 2. Jahre bei der alten Besatzung, welche im November abgelöst wurde, 27</< Tage, bei der neuen dagegen nur 5'/i Tage betrug; auf „Habicht“ war der Unterschied nicht ganz so gross, da die betrefiPenden Zahlen hier 10,r und 4,i Behandlungstage aosmacbten. An der Oslküste Afrikas entstanden an dem Hanptanfenthaltsorte der Scbifie, in Sansibar, nur wenige leichte Fieber; einzelne Schiffe blieben dort sogar völlig frei von Malaria. Wenn der Zugang eine grössere Höhe erreichte, so war dies meistens die Folge von Besuchen ungesunder Plätze des Festlandes, von Bootsfahrten und Jagdpartien in sumpfigen Flussmündungen und von ähnlichen Veranlassungen.

Im 2. Bericbtjahr wurde auf Anordnung des Generalarztes der Marine anf einer Anzahl von Scbiflen Arsenik zur Verhütung von Malaria in der von Tommasi-Crudeli angewandten Weise mit allmählich steigenden Gaben von Fowler’scher Lösung versucht und zwar von dem Zeitpunkt an, wo die Besatzung entweder ganz oder theil weise abgelöst wurde. Bis jetzt Hess sich aus diesen Versuchen, welche weiter fort- gesetzt werden, nur der Eindruck gewinnen, als ob bei den mit Arsenik behandelten Leuten zwar nicht die Zahl der Malaria -Erkrankungen gemindert, wohl aber Form und Verlauf derselben gemildert worden wäre.

Von asiatischer Cholera mit 8 Erkrankungen und 3 Todesfällen wurde „Carola“ im September 1886 im Woosungflusse befallen; in dem naben Shanghai herrschte die Krankheit Hitzschlag kam in 27 Fällen, wovon 2 mit Tod endeten, zur Beobachtung; 11 derselben traten an einem Tage anf „Carola“ im Rothen Meer bei 33 bis 34° Lufttemperatur und Windstille anf; sonst wurden überwiegend Heizer bei angestrengter Arbeit vor den Feuern betroffen. Bei einer Schiessubung auf „Elisabeth“ worden durch eine im Rohr platzende Granate 2 Seekadetten und 8 Matrosen verwundet; von letzteren starb 1, bei welchem die Ab- setzung eines Oberarms, des andern Vorderarms und eines Oberschenkels nöthig und ferner das Gesicht zerrissen und das Becken gebrochen war, nach 5 Stunden.

In den heimischen Gewässern befand sich eine grosse Zahl von Schiffen, meist zu Uebongszwecken, im Dienst; die Besatzung der- selben betrog 106(10 auf Zeit reduzirt 5329 Köpfe. Es erkrankten hiervon 4678 Mann (877,8 ®/oo), von welchen 27 (5 ®/»o) starben. Am häufigsten waren mechanische Verletzungen.

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Die an Land befindlichen Marinetbeile hatten eine Darchschnitts- »tirke von 6703 Mann. Im Ganzen wurden in beiden Jahren 14213 Mann (1060,2 o/oo) behandelt, von welchen 86 (6,4 °/oo) starben. Im 1. Jahr war die Ostsee-Station, im 2. die Nordsee-Station stärker betroffen. Die Allgemein-Erkrankungen waren zwar in beiden Jahren bei der Nordsee- Station noch immer häufiger als bei der Ostsee-Station, aber der Unter- schied verringert sich von Jahr zu Jahr (1885/86 80,s : 40,8 ®/oo; 1886/87 58,1 : 39,0 Voo). Diese Besserung hängt mit der stetigen Abnahme der Wecbselfieber- Erkrankungen in Wilhelmshaven zusammen, welche seit einer Reibe von Jahren vorhanden, auch in den beiden letzten weitere Fortschritte auf 50,2 bezw. 26,« "/oo gemacht hat. Ol obig.

Vorlesungen über Akiurgie von Dr. B. v. Langenbeck. Mit

Benutzung hinterlassener Manuskripte heransgegehen von Prof. Gluck.

Berlin 1888.

Wer sich noch des Enthusiasmus erinnert, mit dem jeder Student ond mancher alte Herr sich zu diesen Vorlesungen des verewigten liebenswürdigen Lehrers drängte, so dass das Auditorium die Hörer nie fassen konnte, der wird Gluck dankbar sein, dass er sich der Mühe nnterzogen bat, mit Hülfe von Manuskripten Langenbeck's und Steno- grammen eines Schülers, sowie aus eigener Erinnerung als klinischer Assistent dieses Werk als einen Denkstein an den grossen Chirurgen der Nachwelt zu überliefern. Der Herausgeber sagt in der Vorrede: „mögen in den akiurgischen Vorlesungen manche Lehren sich ausgesprochen finden, die nicht eigentlich modern und unseren heutigen Ansichten ab- solut entsprechend genannt werden können“, die Abschnitte über Plastik und Resektionen werden immer klassisch bleiben. Mehr denn für jede andere Kunst gilt für die unsere das Dichterwort: Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Nene, weitere Gesichts- punkte sind uns eröffnet durch geniale Entdeckungen und emsige Arbeit der jüngsten Zeit, aber ein steter sicherer Fortschritt ist doch erst dann möglich, wenn man den Standpunkt kennt, auf dem die Besten ihrer Zeit gestanden. Und grade die nunmehr publizirten Vorlesungen bilden di« einzige Quelle, aus der man das Material für ein Oesammtbild des grossen Chirurgen und Lehrers schöpfen kann. Ti mann.

Lehrbuch der Physiologie für akademische Vorlesungen und zum Selbststudium. Begründet von Rud. Wagner, neu herausgegeben von Dr. A. Gruenbagen, Professur der medizinischen Physik au der Universität zu Königsberg i. Pr. 7. Auflage mit 285 in den Text eingedruckten Holzschnitten. Verlag von Leopold Voss.

Mit der 13. Lieferung (zu je 10 Bogen) liegt der Schluss des Werkes vor, welches seiner Aufgabe, in knapper Weise alles durch exakte For- schuDgen in dem weiten Gebiete Sicbergestellte zu bringen, in vor- trefiflicber Weise gerecht geworden ist. Die Darstellung ist eine sehr präzise und anregende und dürfte dem Werke manche Freunde gewinnen auch in solchen Kreisen, welche das Studium der Physiologie lediglich aus Interesse für die Lebeusvorgänge im menschlichen Körper betreiben.

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Sehr erleichternd fnr das Stndiam sind die sahireichen in den Text ein- gedrnckten schematischen Abhildangen nnd die Anordnung, dass ein' gehendere, hezw. erläuternde Betrachtungen über einzelne Vorgänge in Kleindruck zwischen den Text eingeschaltet sind. Als ein besonderer Vorzug erscheinen die zumeist recht ausführlichen Litteratnrangabeo.

Ein genaues Sachregister (61 Seiten) befindet sich am ScUnsse der 13. Lieferung. Lue.

A. Zemanek. Zusammenstellung und Kritik der wichtigsten Publikationen in der Impffrage mit besonderer Berncksichtignng der militärischen Verhältnisse. Wien, Verlag von Moritz Perles, 1887.

8. 84 S.

Dem schon durch andere militärstatistische Arbeiten bekannten Ver- fasser ist die Oenngtbnnng zu Theil geworden, dass obige Arbeit nicht nur vom K. K. Militär-Saoitäts-Komit4 mit einem Preise gekrönt, sondern auch Anlass zur Binführnng der Zwangsimpfung hezw. Wiederimpfung (und zwar thnnlichst mit thierischer Lymphe) der Rekruten in der österreichisch - ungarischen Armee geworden ist Wir freuen uns der letzteren Thatsache und gönnen dem fleissigen Verfasser von Herzen die verliehene Medaille. Der Hanpttrumpf, welchen derselbe ansspielt, ist die bekannte Pocken Freiheit der Prenssischen Armee, welche sich namentlich im Deutsch - Französischen Kriege so glänzend gezeigt hat Leider war ihm bei Abfassung der Arbeit der sechste Band des Krieg»- SanitSts-Bericbtes für 1870/71 anscheinend nicht zugänglich, welcher ihn noch weit nachdrücklicher unterstützt hätte, als die Friedensberichte nnd Gnttstadt’s verdienstliche Arbeit über die Pockenepidemie in Preussen 1870 72 es zu thnn vermochten. Die Znsammeustellnog der haupt- sächlichsten, von impfgegnerischer Seite in verschiedenen Ländern ge- machten Einwände ist nicht ohne Verdienst nnd Interesse; auch halten j

wir es für richtig, dass nur einigermaassen erörternngswürdige und er- |

örterungstähige Aeusserungen gegen die Impfung vorgefübrt werden, wenngleich die impfgegnerische Litteratur dadurch in einem viel zu günstigen Liebte erscheint. Neues Material zur Beleuchtung des (iegenstandes enthält die iStbrift nicht. Den höchst anfechtbaren Hin- weis auf die angebliche „genaueste Analogie'^ zwischen der bewährten , Scbntzpocken -Impfung und der fragwürdigen Pasteur’schen Wntbgifi- ! Impfung hätten wir dem Verf. gern erlassen.

H. Frölich, Geschichte des Königl. Sächsischen Sanitätskorps.

Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel, 1888. 8. 148 S. (Preis 4 Mk.)

Das obige neueste Werk des bekannten, unermüdlichen Verfassers zahlreicher, für die Geschichte des Militär -Medizinalwesens bedeutsamer Schriften wird zunächst von dem Königl. Sächsischen Sanitätskorps mit begründetem Danke entgegengenommen werden. Aber auch ausserhalb dieses engeren Kreises der Nächstbetheiligten verdient die sorgsame, an- geuebm zu lesende Arbeit Interesse nnd Schätzung, sowohl deshalb, weil

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die WandlangeD, welche iDnerhalb der kleineren Genaeinscbaft sieb voll- togen haben, in vieler Beziehong in grösseren Verhältnissen sich wieder- spiegeln, als wegen der eingefneten Bilder ans dem Feld -Sanitätsdienste. So muss es insbesondere dem Verf., dessen aosgebreitete Eenntniss der älteren militärärztlichen Litieratnr wohl unerreicht dastebt, zum Verdienet angerechnet werden, den Bericht Rascbig's (später Generalstabsarzt) über die Sächsischen Feldspitäler während des Rhein-Feldzuges 1793—96 weiteren Kreisen zugänglich gemacht zu haben. Die eindrucksvolle Schilderung des Senchen-Elends zur Zeit der Befreiungskriege, manche mühsam zusammengetragene Bemerkung ans Eriegswerken früherer Jahr- hunderte, desgleichen die Mittheilungen über das Königl. Sächsische Collegium medico - cbimrgicum (1748 1814) und die Königl. Sächsische Chirurgisch - medizinische Akademie (1815 1861) seien der Beachtung aller Sanitäts-Offiziere empfohlen.

Bakteriologische Diagnostik. Hülfstabellen zum praktischen Arbeiten von James Eisenberg, Dr. med. n. phil. 2. Auflage. Ver- lag von Leopold Voss, Hamborg und Leipzig 1888.

Verf. hat den wie das rasche Erscheinen der 2. Auflage bestätigt erfolgreichen Versuch gemacht, übersichtliche kurze Tabellen aofzu- stellen, an der Hand deren es Jedem ermöglicht sein soll, sich über das Wesen der einzelnen Organismen schnell zu unterrichten und ev. nach dem entworfenen Schema weitere Aufzeichnungen vorznnebmen. In der neuen Auflage fanden verschiedene Bemerkungen, welche seitens der Kritik über die erste gemacht waren, gebührende Verwerthnng, insbesondere solche des hochverdienten Baumgarten und des verstorbenen Fried- länder. — Die Tabellen sind unter reicher Berücksichtigung von Litteratnrangaben und des umfassenden Flügge'seben Werkes «Die Mikroorganismen“ znsammengestellt und enthalten Aufschlüsse über 138 wichtigere, genauer studirte Organismen, Aufschlüsse, welche vielfach durch direkte Angaben der betr. Autoren an Bedeutung gewinnen.

Die Ausstattung des Werkes, dessen BeschafTung jedem auf diesem Gebiete Arbeitenden auf das Dringendste empfohlen werden kann , ist eine ganz vorzügliche. Ltz.

Dr. F. Ecklnnd (Stockholm), Hygiene der Turnsäle. Journal d'bygiene, 12. April 1888, Ko. 603.

In einem kurzen Aufsatze lenkt der bekannte Hygieniker die Auf- merksamkeit auf den Staub unserer Turnsäle, welchen er als unangenehm und g^efäbrlich bezeichnet.

Gemeiniglich werden die Schüler etc. ohne vorhergehende Unter- suchung zu den Turnübungen herangezogen; der Auswurf der gelegentlich unter den Gebenden befindlichen Schwindsüchtigen trocknet am Boden, so dass die in dem Auswnrfe enthaltenen Mikroben mit dem Staube emporgewirbelt werden und ihre schädigende Wirksamkeit entfalten können. Dass dies letztere in der Tbat häufig geschieht, glaubt E. nach seinen Beobachtungen behaupten zu können.

Um diese Gefahr nach Möglichkeit zu beseitigen, macht £. Vor- schläge, welche in der Theorie wohl schwerlich auf Widerspruch stossen

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and überall da, in ihren Orandzügen wenigstens, befolgt werden dürften, wo die Geldmittel es gestatten.

Die Dielnng sei eine doppelte, völlig fagenfreie und von dem Boden durch eine andurchläesige Aspbaltschicht getrennt; der Tbeeranstrich der Dielen muss 3 4 mal jährlich erneut werden, am dieselben haltbar za machen, leicht reinigen und desinfiziren zu können; eine tägliche feuchte (ev. mit WasserdampO Reinigung des Fussbodens, sowie der mit Oelanstrich und Firniss versehenen Wände und Decke ist dabei er- forderlich. — Die Temperatur soll ca. 15° (C. oder R.?) betragen und die Luft (deren Austrocknung und nachherige Anfeuchtung, wenn möglich, empfohlen wird) weder zu feucht noch zu trocken (ca. 50— 70®/o) sein; eine Lüftung durch Fensteröffnen ist unstatthaft, da hierdurch die Gefahr von Erkältungen der erhitzten Turner gesetzt wird; zum Aus- und Ankleiden erscheinen 2 Vorzimmer erforderlich, da die liebenden nur mit besondern Turn-Anzügen und -Schuhen den Saal betreten sollen; wünscbenswerth ist ein ganz besonderes, gut bezahltes Wartepersonal.

Daher: Personen, mit Schwindsucht oder anderen ansteckenden Krank- heiten behaftet, dürfen am Turnunterrichte nicht theilnehmen, auch Trinker, Raucher und Schlemmer wegen ihrer Disposition zu Er- krankungen an Phthisis nicht als Lehrer verwandt werden. Die Letzteren sind alle 3 Jahre auf ihren Gesundheitszustand hin zu untersuchen.

Ltz.

Dr. Fr. Eck 1 und, Stockholm. Considörations pratiques sur l’hygiene de la peau. L’hygiöne pratique No. 313. 22. Januar 1888.

Verf. beginnt eine Reibe von Aufsätzen mit einer Betrachtung der militärischen Fussbekleidung, welche neuerdings wohl verbessert, aber noch lange nicht zu wünschenswerther Vervollkommnung gediehen sei.

In erster Linie hebt er das überaus häufige Missverhältniss zwischen Sohle und Oberleder hervor, durch welches gar oft der Fuss in übelster Weise cingepresst werde; ganz besonders mache sich dieses Moment in den Biwaks geltend, wo unter dem Einilasse der strahlenden Wärme der Feuer das Leder sieb zusammenziebe und der Blut -Kreislauf erst recht in dem sich gleichzeitig ausdehuenden Fasse, ja bis zur Gangrän behindert werde. Sodann betont er die Nothwendigkeit, die Nähte zwischen Sohle and Oberleder so anzolegen, dass sie „absolument impenötrables anx baetöries“ werden, weil der Fuss des marschierenden Soldaten wie der Kolben einer Säugpumpe wirke, wodurch ein undichter Stiefel sehr bald eine Ablagerangsstätte aller möglichen schädlichen Keime werde.*)

Zum Schlüsse plädirt Ecklund für eine tägliche Fasswaschung des Soldaten, welcher täglich reine, wohl desinfizirte und reichlich mit Tannin, Salicyl- oder Borsäure etc. imprägnirte Strümpfe anziehen soll. Mit der Aufsicht hierüber will er die Truppen-Lazarethgebilfen betrauen, denen er auch die Sorge für die allabendliche Wäsche der Strümpfe der Soldaten (blancbissage des bas des troapiers) auferlegen möchte!

Theoretisch vielleicht sehr schön, ob aber praktisch durchführbar?

Ltz.

•) cf. diese Zeitschrift, Jahrgang 1887 S. 524 531.

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Topographische Anatomie des menschlichen Orbitalinhalts io Tafeln von Dr. med. Otto Lange, Augenarzt in Brannschweig, früher Assistenzarzt an der Angenheilanstalt in St. Petersburg. Brannschweig, Harald Brnhn. 1887. Preis 10 Mark.

Der Mangel an verwendbaren Frontalabschnitten des Orbital- iohaltes abgesehen von den in der Merkel’scben topographischen Anatomie befindlichen sind Frontalansicbten nur über den vordersten, den Bnlbns enthaltenden Theil der Orbita veröffentlicht hat den Verf. veranlasst, diese Lücke auszofüllen. Auf 9 prächtig ausgeführten Tafeln bietet L. 10 Dnrchschnitte des Orbitalinhaltes, vom for. opticnm an bis durch den hinteren Bulbus- Abschnitt, gezeichnet mit Benutzung der Laterna magica bei öfacher Vergrössernng. Verf. wünscht, dass seine Arbeit zur exakteren klinischen Benrtheilnng der verschiedensten Orbitalerkranknngen, Tumoren, Aneurysmen n. s. w. beitragen möge; dass er dies wirklich und in hervorragender Weise gethan, lehrt ein Blick anf die Tafeln.

Oer Preis mnss bei der vortrefflichen Ausstattung als ein recht massiger bezeichnet werden. Ltz.

Oberstabsarzt Dr. Koehler. Ein seltener Fall von Spondylitis deformans. (Sonder-Abdruck aus den Cbarit6-Annalen, XII. Jahrg.)

Verf. beobachtete auf der äusseren Station der Charite einen 61jährigen Patienten mit folgeudem Symptomencomplex: starke Ab- magerung, Muskelschwund besonders auffällig am Kücken, kraftlose Zuckuogeo der Rückenmnskulatur bei Anwendung stärkster Ströme, Nackenmnskulatur brettartig hart. Pat. ist nicht im Stande, den Kopf willkürlich vom Kopfkissen zu erheben, auch passiv gelingt dies nicht, ohne dass man gleichzeitig den ganzen Rumpf hebt Mässige Skoliose des Brusttheils der Wirbelsäule, keine Deformität, keine Druck- empfindlicbkeit an den Wirbeln. Beugung und Rotation des Kopfes in minimalstem Maasse ausführbar. Vom Schlunde aus fühlt man bohnengrosse, knochenharte, unregelmässig geformte An- schwellungen der Wirbelkörper. An der Sympbysis sacro-iliaca knochenharte, zackige Auftreibungen. Die Condyli beider Femora nngleicbmässig geschwollen, die Kniegelenke, ebenso rechtes Hüftgelenk nur unter starkem Krachen beweglich, linkes Hüftgelenk vollkommen ankylotisch. Während tiefer Narkose wird Pat nacheinander so gelagert, dass 1) der Kopf- und Halstheil, 2) der Brust- und Lendentheil der Wirbelsäule über den Tischrand binausragen: die ganze Wirbel- säule inkl. Kopf hängt frei, starr wie ein Brett, in der Luft. Diagnose: Totale Ankylose der ganzen Wirbelsäule vom Kreuzbein bis zum Kopf in Folge von Wirbelgicht oder Spondylitis deformans.

Bei Erörterung der Aetiologie der Erkrankung kommt Verf. unter Heranziehung dessen, was Bardeleben und Braun hierüber änssem, za der Ansicht, dass in vorliegendem Falle es sich um eine typische Ar- thritis deformans der Wirbelsäule und der grossen Oelenke handele.

- G.

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£. Angerstein, Dr. med., Stabsarzt a. D. and O. Eckler, Oberlehrer.

Hans- Gymnastik für Gesunde and Kranke. Berlin 1887.

Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin.

Das vorliegende Bach zeichnet sich durch klare, leicht verständliche Beschreibung der einzelnen Uebnngen, welche durch recht gut aus* \ geführte Zeichnungen noch des Näheren veranschaulicht werden , aus, dürfte somit auf das Beste, seinem Zweck, selbstständig von Laien gebraucht zu werden, entsprechen. Der Haupt werth der Uebungen wird mit Recht in der Erhaltung and Kräftigung der Gesundheit, in der Bewahrung vor Erkrankung gesucht, wenn man auch in einzelnen Krankheitsfällen, wie Schwäche der Athmungsorgane, Unterleibsstockungeo, . Fettleibigkeit sich von ihnen Nutzen versprechen darf. Ueber ihre Zu- lässigkeit bei einer ernsteren Störung der Gesundheit bat der vorher um Rath zu befragende Arzt zu entscheiden. Dieser doppelten Aufgabe entsprechend sind die Uebnngen für Gesunde sowie für Kranke gesondert abgebandelt und durch Uebungsbeispiele erläutert Eine dem Buch bei- gegebene Tafel stellt übersichtlich alle im Texte enthaltenen Abbildungen zusammen. G.

MittheUnngen.

Bei der 61. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, welche vom 18. bis 23. September d. J. in Köln statt- findet, wird sich eine Sektion für das Militär-Sanitätswesen bilden.

Einführender wird Oberstabsarzt 1. Klasse Dr. Neumann, Schriftführer Stabsarzt Dr. Glasmacher in Köln sein.

Bericlitignng

ZU Autoreferat S. 238 240 dieses Jahrgangs. S. 238 Zeile 12/13 von oben lies photolithographirU^r statt photographirter u. Zeile 9 von unten Melsens statt Meltens. Seite 239 bei Absatz 4 ist hinter ,ehe das Geschoss dieselbe erreicht' zu setzen: «die Geschosse das Metall der Büchsen am Eiuscbusse direkt berührt haben**. R.

U»drackt in U«r K6nigL Hof locLdmckerei von £. S. Uittl«r4 Sohn, Borlio SW., Kochntr. 70.

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Deutsche

Militärärztliche Zeitschrift.

Radietlen:

Dr. 3U Generalarzt,

Berlin« Tubenetnwe

a. Dr. ,j(K9at|, Stabsarzt,

Berlin, Enieer Fnnz Qrentdier-Platz 11/12.

Vtrlag:

9. $. A

Königliche Hofbachhandlnng,

Berlin, Kochsirasse 68—70.

lIoDatlicb emcheint ein Heft von mindeetens 3 Druckbogen; dazu ein «Amtliche« Beiblatt**. Der ZeiUcbrift wird daa Werk; «Jahreabericht fiber die Fortachritte anf dem Oebiete de« Uilitir- Sanitit«>Wes«n«**« heranagegeben vom Oeneralarct Dr. Roth, nnentgeltlich beigegeben, ßestelinng nehmen alle Postimter und Bncbhandlnogen an. Freie de« Jahrgangs 15 Hark.

XVll. Jahrgang.

1888.

Heft 7.

Kaiser Friedrich f.

In dem Charakter einer Monatsschrift liegt es unabänderlich begründet, dass in einer solchen der eingreifendsten Zeitereignisse unter Umständen erst spät gedacht werden kann. Wochen schon sind vergangen, seit die vorausgesehene, darum jedoch nicht minder erschütternde Kunde von dem Ableben des gekrönten Dulders durch die deutschen Lande gegangen ist. Aber die Liebe, welche der verewigte Monarch während der kuraeii Spanne Zeit seines Herrscherthums und durch viele vorangegangene Jahre in alle Herzen gesät hat, ist zu nachhaltig aufgegangen, als dass nicht jetzt noch das Bedürfniss bestehen sollte, davon Zeugniss abzulegen. Das Sanitätskorps umfasst noch zahkeiche Mitglieder, denen es vergönnt war, unter dem Befehl und unter den Augen des dahin- geschiedeneu Helden auf den böhmischen und französischen Schlacht- feldern zu wirken; noch Mancher darf mit Rührung und Stolz anerkennender Worte aus dem Munde des ruhmgekrönten Feldherrn gedenken und Jeder war gewöhnt, in ihm ebenso wie in Kaiser

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Wilhelm ein Vorbild der Pflichttreue, des Hochsinns, jeder soldatischen und jeder menschlichen Tugend zu erblicken. Und wie sollte schliesslich die traurige Geschichte seiner Leiden in den Herzen der Mitglieder des Sanitätskorps nicht zwiefach tönenden Wiederhall erwecken!

Noch steht die Armee, das deutsche Volk, die zivilisirte Welt unter dem ergreifenden Eindruck der Ereignisse vom 9. März und 15. Juni. Reiner, der dieselben mit durchlebt hat, kann sie jemals vergessen, so wenig, wie die Tage von Königgrätz, Wörth und Sedan. UnauslöschUch bleibt die ehrwürdige Gestalt des einen, die ritterliche des andern grossen Todten zugleich mit den Ehrfurcht und Liebe erweckenden hohen Eigenschaften Beider dem Gedächtnisse eingegraben und weit über das Grab hinaus leben und wirken sie fort durch die anfeuernde Kraft ihres Beispiels!

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Einige Bemerknngen über das Aaftreten der Endocarditis.

Von

Oscar Fraentzel.

Ich habe es immer am zweckmissigsten gefunden, die Endocarditis, je nachdem sie za anserer klinischen Wahrnehmung gelangt, in drei grosse Krankheitsgruppen zu theilen: 1. in die Endocarditis maligna, ulcerosa, bacterica, die schwere Infektionskrankheit, welche uns schon zu einer Zeit bekannt war, in welcher unsere Kenntniss über die durch Mikro- organismen erzeugten Krankheiten noch in den Windeln lag; 2. in die Endocarditis simplex, bei welcher zuerst an den Rlappenapparaten mehr oder weniger ernste Entzündungen nicht infektiöser Natur zur Entwickelung kommen und sogenannte Klappenfehler im Gefolge haben, sei es, dass diese Entzündungen vorher intakte Klappen ergreifen, sei es, dass sie recurrirende Entzündnugen sind, und 3. in die Endocarditis secundaria der alteren Individnen, bei denen zunächst eine Arteriosklerose in der Intima der Aorta sich entwickelt und allmälig sich nach dem Herzen hin verbreitend als Endocarditis auf die Intima der Klappenapparate übergeht So entstehen mehr oder weniger schwere Veränderungen am Endocard der Aortenklappen oder auch, während letztere nnr ganz leicht affixirt bleiben, an dem der mitralis. Eine 4. Gruppe, die an- geborenen Herzfehler, welche durch während des fötalen Lebens ver- laufene Endocarditis veranlasst sind, kann hier wohl zweckmässig ansser Betracht bleiben.

Die erste Form der Endocarditis, die man wohl am richtigsten als die „maligne** bezeichnet, ist schon zu einer Zeit, wo die Bakterien- kunde und -Lehre in den ersten An^gen vorhanden war, als eine durch Bakterieninvasion auf die Herzklappen bedingte anerkannt worden. Mit dem Fortschreiten der Bakterienkunde sind unsere Auffassungen sicherere und sicherere geworden und haben weitere Anerkennung unter den Aerzten gefunden, obgleich uns noch heute eine Reihe von Thatsachen fehlt, welche zur festen Begründung einer durch Bakterien erzeugten Krankheit nothwendig sind. Welche Organismen die Krankheit erzeugen, ist uns noch heute nicht bekannt; und es knüpft sich gerade

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an diese Frage eine so grosse Zahl weiterer Erörternngen , welche ans mehr und mehr noch in eine terra incognita fuhren. Gehen wir einfach darauf znrnck, wer nns die besten klinischen Bilder dieser Krankheit gezeichnet hat, so mnss ich zn meinem Erstaunen die Tbai- sache hervorheben, dass nicht einem einzelnen Antor das Verdienst ge- bührt, mit scharfen nnd markigen Zügen das Krankheitsbild gezeichnet zn haben, sondern erst allmälig sind von Chirurgen, Klinikern und pathologischen Anatomen einzelne Beiträge zusammengetragen. Unter allen diesen ist vielleicht die von Litten in den Charitd -Annalen gelieferte Darstellung die beste nnd vollständigste. Aber schon lange vorher, schon im Jahre 1860, war ich, damals als Unterarzt auf der Tranbe'schen Klinik beschäftigt, im Stande, die Diagnose einer solchen malignen oder, wie man zn sagen pflegte, einer nlcerösen Endocarditis zu stellen. Meist gesellt sich die Affektion zu chirurgischen Erkrankungen, den sogenannten pyämischen Affektionen, wo sich infektiöse Embolie von den Wnndflächen ablösen, in die Zirkulation gelangen, da oder dort wieder festhaften und weiter wuchern, oder sie erscheint bei der phlebitiscben Form des Puerperalfiebers, wo ja ähnliche Vorgänge von den Uterusvenen ans znr Entwickelung kommen. Mit diesen Erkrankungen Hand in Hand gehend sehen wir nicht selten eine maligne Endocarditis frisch entstehen. Dieselbe zeigt öfters sehr ausgedehnte Ulcerationen, grössere ulceröse Flächen nnd offenbar von hier ausgehende maligne Embolien mit ihren Folgeerscheinungen. Bald lernte man auch andere Ausgangspunkte der Emboli kennen, welche sich mit solcher malignen Endocarditis komplizirten , so z. B. die Caries anris internae, die Pylephlcbitis und andere änsserst seltene chirurgische Affektionen. So habe ich einmal einen Prostata-Abszess mit jauchiger Thrombose der dort gelegenen Venenstämme als Ausgangs- punkt der Pyämie und der concomittirenden Endocarditis gesehen.

In verhältnissmässig seltenen Fällen tritt nun diese Endocarditis ohne alle Komplikationen selbstständig auf. Das Krankheitsbild ähnelt io vielen Fällen einem Ileotyphns. Meist wird der Kranke ohne bekannte Veranlassung und oft ohne anßnglichen Schüttelfrost fieberhaft affizirL Das Fieber steigt langsam höher, bis dann und wann heftige unregel- mässige Frostanfälle eintreten. Es machen sich häufig täglich zunehmende gastrische Störungen bemerkbar, das Sensorinm wird mehr nnd mehr benommen, ein Milztnmor ist deutlich nachweisbar, auf der Haut machen sich mehr oder weniger deutlich Hantembolien , namentlich in der Brust- und Bauchgegend, bemerkbar, die verhältnissmässig leicht von den

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Rogeolaflecken des Ileotyphng nnterschieden werden können. Dae Herz zeigt sich ganz allmälig vergrössert, bald nach linke, bald nach rechts, bald gleicbmässig nach beiden Seiten. Dabei hört man da oder dort deutliche Geräosche, die in der Regel die Diagnose eines Klappenfehlers ermöglichen. Freilich sind manchmal die Oeränscbe so dumpf, so wechselnd, dass eine bestimmte Klappenfehler-Diagnose nicht möglich ist, andererseits muss man Terhältnissmässig nicht selten auf Klappen- affektionen am rechten Herzen znrückschliessen. Während letztere doch Mnst im Extranterinleben zn den grössten Seltenheiten gehören, kommen sie bei Endocarditis maligna verhältnissmässig hänfig vor. Hand in Hand damit gehen weitere sekundäre Erkrankungen: durch infektiöse Embolie bedingte Brandherde in den Longen, jauchige pleuritiscbe Exsudate, Pyopneumotborax etc.

Das charakteristiscbte aller Symptome, welches wir bei der Pyämie, der uterinen Phlebitis, der Caries auris internae, der Pylepblebitis und der selbstständig anftretenden Endocarditis maligna beobachten, ist das Auftreten unregelmässiger von Traube schon als erratisch bezeich- oeter Schüttelfröste.

Das Auftreten von Schüttelfrösten überhaupt bildet, wie bekannt, immer ein Zeichen ernster Bedeutung. Ein Schüttelfrost leitet ja eine Reihe von akuten Krankheiten ein, und namentlich solche akuten Krankheiten, welche durch eine Infektion mit Mikroorganismen bedingt sind, wie dies die Pneumonie, die Febris recurrens und andere Krankheiten beweisen. Dieser Schüttelfrost bleibt als initialer ein einmaliger; tritt er mehrmals anf, so schliessen wir daraus ohne Weiteres, dass eine besonders ernste Komplikation vorhanden sein mnss, nnd zwar wahr- scheinlich eine Komplikation mit einer Krankheit, bei der infektiöse Thrombusmassen als Emboli in die Zirkulation gelangen. Man mnss allerdings bei den wiederkehrenden Frostanfällen noch berücksichtigen, dass dieselben nur dann eine wesentliche diagnostische Bedeutung haben, wenn die Patienten beim ersten Auftreten des Schüttelfrostes das Bett aofgesncbt haben and nicht wieder anfgestanden sind. Denn es ist ja eine wohlbekannte Erfabmng, dass selbst mässig fiebernde Kranke, selbst Menschen mit einem einfachen Schnnpfenfieber, wenn sie nicht ins Bette gehn , wiederholt von neuen leichten Frostanfällen heimgesucht werden, bis entweder das Fieber ganz verschwindet oder sie dauernd ans Bett gefesselt werden.

Im Gegensatz zn den einfachen initialen Schüttelfrösten sind wir Beil langer Zeit an die Beobachtung regelmässig in Intervallen wieder-

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kehrender sogenannter typischer Schüttelfröste gewöhnt. Dieselben betrachten wir, naögen sie als Febris intermittens qnotidiana, tertiana oder qnartana, anteponens oder postponens, Simplex oder dnplex auf- treten, als Zeichen einer Malariainfektion. Aber wir wissen, dass derartig regelmässig auftretende Scbütteliröste in Form einer Febris qnotidiana manchmal auch ohne jede Spur von Malariainfektion sich seigen können. Am häufigsten sehen wir diese Form des Fiebefs bei nicht klaren internen Eiterungen erscheinen und hier in erster Linie bei der Langen' tuberkulöse. In vielen derartigen Fällen wird die Diagnose verfehlt, weil man zu wenig Werth legt auf dos Fehlen der Milzanschwellung, und man andererseits eine genaue Untersuchung der Lungen vernachlässigt. Wenn nun gar die Darreichung einiger Dosen Chinin die Fieberanfälle für einige Tage verhindert, dann glaubt man, dass die Diagnose der Malaria- infektion sicher festgestellt ist, und erkennt seinen Irrthum oft erst spät, nicht selten zu spät, um noch erfolgreich gegen das Langenleiden einzugreifen. Wie häufig sieht man, namentlich in Malariagegenden dass sich fiebernde Schwindsüchtige immer wieder bei Eintritt des Fiebers mit dem Gedanken trösten, sie litten unter Malariaeinflüsseo, während sie ihre Lungen gesund wähnen. Aber auch weniger ernste Erkrankungen imponiren uns zuweilen als Malariaintermittens. Manchmal sind es einfache Magenkatarrhe, welche mit täglichen Froetanfällen einhergehen. Folgt man nun dem Rath der alten Aerzte, bei jeder Malariaintermittens, ehe man zum Gebrauch des Chinins übergeht, die Unsanberkeiten, die Sordes ans den ersten Wegen durch ein Brechmittel zu entfernen, so sieht man oft die angebliche Malariaintermittens geheilt werden, ehe das Chinin in Gebrauch gezogen ist.

Ganz anders dagegen gestalten sich die FrostanHUle, welche bei den verschiedenen oben erwähnten Krankheiten aaftreten, und bald mit, bald ohne Endocarditis maligna verlaufen. Ebenso erscheinen die Frost- anfälle bei der malignen Endocarditis, die ohne Komplikationen zar Beobachtung gelangt.

Für alle diese Fälle sind die zn unregelmässigen Zeiten auftretenden Schüttelfröste charakteristisch. Wenn also z. B. ein solcher Schüttel- frost mit nachfolgender Hitze und Schweiss an einem Tage zweimal, dann mehrere Tage gar nicht, dann wieder ein paar Tage lang täglich einmal u. s. w. auftritt, dann muss man sagen, hier werden infektiöse Stoffe in die Zirkulation geführt. Ein Irrthnm in der Diagnose ist kaum möglich, wenn man sich bewusst bleibt, dass die erratischen Fröste für die eben erwähnten Krankheitsgruppen charakteristisch sind, and niemals.

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«eoigstena in unseren Landen, bei der Malariaintermittens gefunden werden, sobald man nicht das Krankheitsbild durch vorher gereichte grössere Chinindosen alterirt hat. Es wird immer noch dann und wann die Diagnose einer Malariaintermittens trotz solcher nnregelmüssigen Frastanfälle gestellt, und immer noch erweisen sich solche ärztlichen Fehler als verhängnissvoll, weil leider die Anschauung unter den Aerzten noch nicht allgemein anerkannt ist, dass unregelmässige Fröste nichts mit der Malaria zu thnn haben. Letztere können allerdings auch bei Vorhandensein von Nieren* und Gallensteinen auftreten. Die Diagnose ist hier eher verhältnissmässig nicht schwer. Kann man diese Erkrankungen ausschliessen, dann müssen die Fröste durch das Eintreten infektiöser Massen in die Zirkulation veranlasst sein. Man iDius jetzt Zusehen: woher stammen diese Massen? besteht irgend ein chirurgisches Leiden? wie verhält sich der Uterus? das Ohr? die Leber? ood schliesslich das Herz? Oft findet man dann neben anderen Organen das Herz affizirt. ln anderen Füllen ist letzteres allein erkrankt Nor ganz ausnahmsweise fehlen bei Affektionen des Endo- cardinms direkte Zeichen, welche auf die Erkrankung hindeuten. Der Verlauf der ELrankheit ist in der Regel sehr stürmisch. Die schwersten Cerebralerscbeinnngen treten so in den Vordergrund, dass die Symptome am Herzen, die Haute mbolieen, die Milzschwellong, die event gleichzeitige Nierenerkrankung wenig beachtet werden. Zuweilen sieht man furibonde Delirien mit der Endocarditis ulcerosa Hand in Hand gehen und in wenigen Tagen den Tod veranlassen, so dass es den Anschein gewinnen kann, als wenn ein Fall von sogenanntem Hirnrheumatismus vorliege, lod erst die Autopsie lehrt, dass nicht, wie bei letzterem, der makro- ikopische Befund am Herzen negativ ist, sondern schwere ulceröse Veränderungen am Endocard vorhanden sind.

Zuweilen verläuft die Krankheit aber ancb anfangs nur sehr langsam ent allmälig führen die unregelmässigen Frostanfälle zur Diagnose. Der Tod erfolgt dann erst nach einigen, selbst vielen Monaten. Hier kilft man sich im Anfang off mit eigentbümlichen Diagnosen durch, Dater denen der Name der cryptogenetischen Septicopyämie in der letzten Zeit eine gewisse Beliebtheit gewonnen hat.

Dass alle diese Fälle von Endocarditis ulcerosa durch Bakterien- ioTznonen hervorgemfen werden, ist, wie gesagt, schon seit ungefähr % Jahren angenommen. Es wurde aber schon damals nach Erklärungen dafür gesucht, wie bei der nur auf das Endocard beschränkten Er- krankung die Bakterien in die Zirkulation hinein gelangen kbnnten,

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während ja dies bei den anderen Fallen ganz klar erscheint. Man musste die Ansicht schon zu jener Zeit für richtig anerkennen, dass durch gewisse oft ganz anbemerkt gebliebene kleine Risse in der Hant oder in irgend einer Schleimhaut die Mikroorganismen in den Körper und schliesslich in die Zirkulation eindringen, hier sich weiter entwickeln und schliesslich das schwere Krankheitsbild, von dem wir eben gesprochen haben, in die Erscheinung treten lassen.

Ueber die Morphologie der Bakterien, welche die Bndocarditis ulcerosa erzeugen, wissen wir bis jetzt nur wenig und dieses Wenige ist auch noch zweifelhaft. Die meisten bakteriologischen Dntersneher nehmen an, dass es verschieden gestaltete Organismen wären, welche die Krankheit erzeugen könnten.

Bei dieser ulcerösen Form der Bndocarditis sieht es von vornherein so aus, als ob unsere Therapie ganz machtlos wäre. Trotsdem kann man dies bei reichlicher Erfahrung nicht zugeben. In einzelnen aller- dings seltenen Fällen, namentlich wenn die Bndocarditis ulcerosa sich mit der phlebitischen Form des Puerperalfiebers komplizirt batte, habe ich von grossen Dosen Alkohol, Cognac, Sherry, Portwein u. s. w. in Verbindung mit mehreren täglich gereichten Gaben von einem halben Gramm Chininum muriatienm entschiedene Erfolge gesehen, meist dauerte es allerdings Wochen und Monate, ehe die erratischen Schüttelfröste ganz verschwanden und ehe man wirklich sagen konnte, der Kranke wäre geheilt.

Bei der zweiten Form der Bndocarditis werden entweder die vorher intakten Klappenapparate von einer Entzündung ergriffen oder die Entzündung entwickelt sich an vorher schon entzündet gewesenen Klappen als eine reknrrirende. Die Summe der hier in Betracht kommenden Krankheitsersebeinungen ist eine viel weniger schwere, der Charakter einer Infektionskrankheit wird für gewöhnlich ganz vermisst und manch- mal nur ganz zufällig das Vorhandensein der fi[rankheit entdeckt. Früher glaubte man, dass das Auftreten dieser Bndocarditis mit dem Elrscheinen der Polyarthritis rhenmatica in direktem Zusammenhang stehe. Man hatte sich lange mit dem Gedanken getragen, dass bei dieser Krankheit eine materia peccans im Blute kreise, die, in die Gelenke ausgeschieden, den Gelenkrheumatismus erzeuge, die aber, wenn sie in das Endocard, das Pericard, die Pleura abgesondert würde, eine Entzündung dieser Theile bervorriefe. Man glaubte eine Zeit lang, dass die Milchsäure diese materia peccans bildete. Damit stimmten vortrefflich die Experimente von Richardson, der, wenn er Hunden grössere Quantitäten Milchsäure in

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die JagnlarTeDen spritste, zaoächst bei diesen Händen Anschwellungen sn den Gelenken der Extremitäten und dann, wenn er die Tbiere nach Monaten tödtete, die exquisiteste Endocarditis an den Klappen- apparaten fand. Ans diesen Experimenten glaubte sich Richard son zu dem Schluss berechtigt, dass die Milchsäure Gelenkrheumatismus und Endocarditis erzeuge. Bei genauerer Prüfung der Experimente fand man aber, dass erstens immer diejenigen Gelenke schwollen, mit denen die Hunde auf das Experimentirbrett angebunden waren, während die übrigen Gelenke intakt blieben; zweitens stellte es sich heraus, dass eigentlich sämmtliche Hunde in nicht mehr jugendlichem Alter an Endocarditis und dadurch Teranlassten Herzklappenfehlern leiden. Letztere Tbatsacbe war mir, als sie gegen Richardson eingewendet wurde, noch nicht genügend be- kannt, ich stellte sie daher den zahlreichen meine Vorlesungen besuchen- den Herren Kollegen von der Tbierarzneischule zur Diskussion und fand sie von allen Seiten bestätigt. Damit fällt natürlich die Beweiskraft der Richardson’schen Experimente in nichts zusammen, aber nicht die Meinung, dass bei dem Gelenkrheumatismus eine materia peccans im Blote vorhanden ist. Traube fand in den sechziger Jahren, als er die sogenannte Davies'sche Methode, welche sich in England bei der Be- handlung des akuten Gelenkrheumatismus einen gewissen Ruf verschafft batte, in Deutschland anwandte, sich durch seine therapeutischen Er- folge ebenfalls zu der Annahme gedrängt, dass hier eine schädliche Substanz im Blot vorhanden sein müsse. Die Davies’sche Methode besteht bekanntlich darin, dass um die erkrankten Gelenke Abends mehrere querfingerbreite Streifen von spanisch Fliegenpflaster gelegt werden, während man gleichzeitig eine genügende Morphiumeinspritzung macht, um die entstehenden Schmerzen zu beseitigen. Am nächsten Morgen werden die entstandenen Blasen anfgestochen , die abgehobene Haut abgeschnitten, bis zum Abend warme Umschläge auf die wunden Stellen gemacht, und dann am Abend ein einfacher Heilverband an- gelegt. Traube behauptete non, dass hier beim Gelenkrheumatismus das Fieber einerseits dadurch hervorgerufen werde, dass eine materia peccans im Blute kreist und dass andererseits dieselbe materia, in die Gelenke ausgeschieden , dort Entzündung und Fieber hervorriefe. Den aus- gezeichnetsten Erfolg hatte die Davies’sche Methode, wenn die Gelenk- affektion eine ganz exquisite war. Hier war nach Traube 's Ansicht die materia peccans ganz ans dem Blute verschwunden und in die Gelenke abgeschieden. Deswegen hatte die ausschliessliche Behandlung der Ge- lenke einen absoluten Heilerfolg, ln einer zweiten Reibe von Fällen,

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wo nur eine wesentliche Besserung der Oelenkaffektionen und eine er- hebliche Herabeettnng des Fiebers festsostellen war, mnsste die materia peccans erst theilweise in die Gelenke abgeschieden sein und das Fieber zom Theil durch die Erkrankung der Gelenke, zum Theil durch die im Blute noch zirkulirende materia peccans gedeutet werden. Die Gelenkaffektion wurde durch die Vesicatore günstig beeinflusst In der dritten Reihe von Fällen endlich, in welcher die Gelenkaffektiou nur sehr wenig angedeutet ist und das Fieber wohl wesentlich durch die im Blote befindliche materia peccans erklärt werden muss, prallt die Methode ganz ab.

Aber sehr bald änderten sich unsere Anschauungen über den akuten Gelenkrheumatismus mehr und mehr. Schon im Jahre 1865 erklärte Lange in Kopenhagen, dass der akute Gelenkrheumatismus ganz un- abhängig von bestimmten Witterungseinflüssen epi- und endemisch auf- trete, und diese Behauptung konnte nur von allen Seiten mit dem Fort- schreiten unserer Kenntnisse bestätigt werden. Allmälig gelangte noan zu der Ueberzeogung, dass auch der akute Gelenkrheumatismus in die Kategorie der durch Mikroorganismen erzeugten Krankheiten gehöre. Man hat zwar den betreffenden Organismus noch nicht bestimmt nach- gewiesen, und es mag ja immer noch zweifelhaft bleiben, ob dies jemals geschehen wird, trotzdem kann meiner Ansicht nach nicht abgeleoguet werden, dass der akute Gelenkrheumatismus eine durch Mikroben erzeugte Krankheit ist

Andererseits haben wir im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht, dass das Auftreten dieser einfachen Endocarditis durchaus nicht immer an den akuten Gelenkrheumatismus gebunden ist, sie begleitet nicht selten Pocken, Scharlach, Masern, Erythema nodosum, Angina, dann Diphtherie, Pneumonie, also eine Reihe von Krankheiten, bei denen man heut zu Tage gewisse Organismen als Krankheitserreger ansehen muss, aber auch einzelne Krankheiten, wie die Pleuritis, bei welchen die event Mitbetheiligung von Mikroorganismen zu ihrer Entstehung doch sehr zweifelhaft ist

Schliesslich sehen wir zuweilen die einfache Endocarditis als selbst- ständige Krankheit auftreten ohne jede Komplikation mit anderen Krank- heiten. Man hat ja gerade von dieser Endocarditis behauptet, dass ihr alle vier Kardinalsymptome der Entzündung fehlten. Aber schon vor mehr als 28 Jahren bin ich bei meinem Doktorexamen mit einem meiner hochverehrten Lehrer in Bezog auf diesen Punkt in Disharmonie gerathen, denn nach meinen auf der Traube 'sehen

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Klinik gesammelteD, damals ja noch sehr geringeD ErfahrangeD wnsste ich, dass bei der Krankheit Ja natürlich der Tumor und der Rubor fehlte, «her der Dolor und der Calor vorhanden wären. Im Laufe der Jahre (^machte Beobachtungen haben mich ein bestimmtes Krankbeitsbild für diese selbstständige Endocarditis gewinnen lassen: Schmerzen in der Herzgegend und unter dem Brustbein, geringe Fieberbewegungen (37,8 bis 38,5 C.), erhöhte Pulsfrequenz (80 120), erhöhte Athemfreqnenz (24 40), dabei starke Dyspnoe, zuweilen auch Orthopnoe. Diese selbst- ständige Endocarditis steht demnach in gewisser Analogie zu der malignen Endocarditis ohne Komplikation.

Da non schon bei dem Rheumatismus articolorom acutus und bei den verschiedenen anderen mit Mikroorganismen in Verbindung stehenden Krankheiten und im Vergleich mit der malignen Form der Oedanke nabe liegt, dass bei dieser ganzen Groppe der Endocarditis Mikroben dem Prozesse zn Grunde liegen, sind in den letzten Jahren von verschiedenen Seiten darauf hingerichtete Untersuchungen angestellt worden.

Das Resultat derselben ist im Grossen und Ganzen folgendes:

In der grössten Mehrzahl sind Mikroorganismen in den endocarditi- ichen Vegetationen nachgewiesen worden und diese Mikroorganismen haben »ehr verschiedene Gestalt.

Wir werden nun deswegen einerseits nicht Unrecht thon, zu schliessen, dass die Mikroben wohl immer vorhanden sein werden, namentlich wenn wir bedenken, wie schwierig derartige Untersuchungen sind, wieviel dabei auf Zufälligkeiten ankommt und wie wir oft diese endocarditischen Vegetationen erst nach jahrelangem Bestehen zur genaueren Prüfung bekommen, wo daun die früher vorhanden gewesenen Mikroben auch verschwunden sein können. Der in der bei weitem grössten Mehrzahl der Fälle gelungene Nachweis der Mikroorganismen rechtfertigt wohl diesen meinen für die Gesammtheit gezogenen Schluss. Andererseits muss man mit Be- stimmtheit sagen, dass morphologisch verschieden gestaltete Organismen die Krankheit erzeugen können. Darüber, ob jede verschiedene Infektions- krankheit einen besonderen Organismus bat, welcher die Endocarditis bewirkt, können wir bei unserm jetzigen Stande des bakteriologischen Wissens nichts sagen. Ebensowenig darüber, ob unter Umständen dieser einfachen Endocarditis und jener malignen derselbe Mikroorganismus zu Grunde liegt. Die Möglichkeit können wir durchaus nicht bestreiten, denn es liegen mancherlei klinische Beobachtungen vor, wie z. B. die in jüngster Zeit von A. Fränkel in den Charite - Annalen mitgetheilte, wo unter dem bilde der malignen Endocarditis aufgetretene Krankheitsfälle allmälig

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den Charakter der einfachen Endocarditis annahmen und unter Zurück- bleiben eines einfachen Herzklappenfeblers ans der Behandlung der be- treffenden Aerzte geschieden sind.

In Bezug auf diese Fragen haben die Bakteriologen noch viel Klar- heit zu schaffen; es ist aber bei dem rüstigen Portscbreiten dieser Herren in Bezog auf die in Betracht kommenden Fragen zu hoffen, dass wir bald weitere wesentliche Fortschritte zu konstatiren haben werden.

Fragen wir schliesslich, was wir heut zu Tage therapeutisch bei der Endocarditis vorzonehmen haben, so ist natürlich in erster Linie an Mittel zu denken, die einer Weiterwirkong der hier in Betracht kommenden Bakterien Einhalt tbon. Da aber unsere Kenntnisse, wie eben dargelegt, in Bezog auf die Bakterien selbst noch sehr lückenhafte sind, so werden vorläufig auch noch unsere therapeutischen Hoffnungen sehr gering sein.

Im Grossen und Ganzen wird man sich auf die Exspektative beschränken müssen. Die in früheren Zeiten vielfach gerühmte Qoecksilberbebandlung habe ich in verhältnissmässig vielen Fällen und mit Ausdauer angewendet, ohne sie besonders rühmen zu können. Dass ohne alle Therapie eine Reihe von Klappenfehlern heilen kann, ist eine allbekannte Tbatsache. Selten geschieht dies in der Weise, dass die auf das Endocard gesetzten Wncbernngen allmälig durch den Blutstrom weggeführt und an unschuldigen Stellen des Organismus abgelagert werden. Viel häufiger erweitert sich die eine oder die andere Klappe in ganz auffälliger Weise und deckt dadurch ganz allmälig den durch Retraktion einer anderen Klappe berbeigeiührten Snbstanzverlnst.

Die dritte Form der Endocarditis ist diejenige, welche sekundär die Herzklappen ergreift, nachdem vorher schon kürzere oder längere Zeit an der Intima der Aorta entzündliche Prozesse zur Entwickelung ge- kommen sind. Die Elndartritis deformans greift dann langssun auf das Endocard über, vermittelt eine losnfficienz der Aortenklappen durch Retraktion, durch Verdickung und andere Veränderungen dieser oder jener Klappe, oder es kommt durch Auflagerungen am Klappenapparat zur Stenose des Ostium arteriosum. Ein anderes Mal bleibt der Aorten- klappenapparat ganz intakt, dagegen entwickelt sich ein zu Klappen- erkrankungen führender Prozess am Ostium venosum sinistrnm. Am rechten Herzen kommen derartige Erkrankungen fast gar nicht vor. Von Mikroorganismen ist hier selbstverständlich nicht die Rede.

Wir sehen diese Klappenerkrankungen im höheren Lebensalter an Menschen erscheinen , die früher ein Master von Leistungsfähigkeit und

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Kraft waren, so z. B. bei Offizieren, alten in der Landwirthschaft er- granten and körperlich viel bewährten Männern.

Ganz allmälig beginnen solche Leute darüber za klagen, dass sie leicht knrzathmig werden, dass ihnen grössere Gänge za Fass schwer fallen; beim Reiten vermeiden sie das Traben, lieben nur den Galopp and den Schritt, allmälig müssen sie auf jede Bewegang za Pferde verzichten. Schliesslich wird es klar und ist bei genauer Untersncbong sicher fest- znstellen, dass ein Herzklappenfehler vorliegt.

In früherer Zeit, wo man die Entstehnng der Endocarditis anf die hier geschilderte Weise noch nicht kannte, sachte man immer die Dia- gnose in Frage za stellen, weil solche Menschen keinen Gelen krhenmatis- mas überstanden hätten, aber allmälig hat sich doch immer mehr and mehr die Ansicht Bahn gebrochen, dass anter den alten Leuten ein grosser Theil durch Herzerkrankangen za Grande geht und von diesen Herzkranken ein Theil durch Klappenfehler stirbt, welche ihren Ausgang von einer Endartritis deformans aus nehmen, ein anderer Theil durch sogenannte idiopathische Herzerkrankangen das Lpben beschliesst

Die hier erwähnten Thatsachen kommen um so deutlicher zum Be- wusstsein, wenn man das Material der Siechenhänser ansieht und namentlich durch sorgfältig gemachte Autopsien ausnutzt. Da sehen wir manchen Kranken, der kurzathmig wird, angeblich wegen Alters- schwäche, später hindert ihn die Altersschwäche Treppen zu steigen, er bekommt allmälig Oedeme an den Unterschenkeln und gebt schliesslich an Altersschwäche zu Grande. Eine genaue Sektion lässt diese Alters- schwäche als ein ausgesprochenes Herzleiden erkennen.

Anf welche Punkte müssen wir bei solchen Erkrankungen besonders therapeutisch achten?

Zunächst ist darauf zu sehen, dass der einzelne Mensch schon in jungen Jahren vermeidet, unregelmässig zu leben, namentlich viel zu trinken, denn wir wissen ja, dass bei einem abnsus spirituosorum schon in den dreissiger Jahren Arteriosklerose und sekundäre Klappenfehler ent- stehen können. Früher dachte man, dass nur der Schnaps derartige nach- theilige Folgen hätte. Wer aber in Weinländern gelebt bat, wird auch nicht geneigt sein, den Wein als ätiologisches Moment anszuscbliessen, und das Uebermaass des Biertrinkens, namentlich des Trinkens von schweren Bieren, wie es in den letzten Jahren in Norddeutschland immer mehr und mehr Mode geworden ist, wird uns auch in Bezug auf dieses Genuss- mittel immer mehr und mehr den Schaden des Uebermaasses klar machen.

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Ist der Klappenfehler einmal gebildet, dann mnss man die Energie des Herzmuskels möglichst zn erhalten suchen, um eine Kompensation recht lange zn ermöglichen.

Wir haben nun seit langer Zeit erfahren, dass die Kraft jedes quer- gestreiften Muskels, also auch des Herzmuskels, erlahmt, wenn der Muskel nicht in der nöthigen Debung erhalten wird. Deswegen müssen wir solche Herzkranke nicht in ihre Zimmer einsperren, sondern sich regel- mässig bewegen lassen, nur darf diese Bewegung nicht zn anstrengend sein. Im Grossen und Ganzen wird es sich daher nicht empfehlen, solche Kranke viel Treppen oder Berge steigen zn lassen. Methoden, wie die von Oertel angegebene, werden nur in seltenen Fällen keinen Miss- erfolg erzielen. Es wird für solche Kranke immer geboten sein, mög- lichst niedrig, womöglich zn ebener Erde zn wohnen, imWinter im sonnigen, im Sommer io schattigen Zimmern; auf die Auswahl einer leichten nnd doch kräftigen Diät muss man Werth legen, Alkoholika nicht ganz entziehen, aber nur geringe Mengen Wein und Bier reichen, und auch die geistigen nnd körperlichen Beschäftigungen auf ein mittleres Maass rednziren. Wenn man in dieser Weise einen bereits entstandenen Klappenfehler therapeutisch beeinflusst, dann werden wir oft jahrelang den Kranken in leidlicher Gesundheit und arbeitsfähig in seinem Amte erhalten. Natür- lich darf ein solcher Mensch nicht verlangen, Reitergeneral oder Leiter einer grossen Staats- oder Privatverwaltung zu bleiben. Bei derartigen Beschäftigungen werden sehr bald Kompensationsstörungeu beginnen und den Anfang vom Ende einleiten.

Das erste Obdach des Kriegsverwundeten.

V o r 1 1- a g .

gehalten in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin am 21. November 1887

Ton

Dr. H. F. Nicolai.

SUbturxt im Eisenbibn-R^giintint.

(Mit 3 Tafeln.)

Die taktischen Gründe, wfilche ein Biwakiren von Truppen erheischen, sind in der letzten Zeit immer mehr eingeschränkt worden nnd somit dürfte für einen zukünftigen Feldzng die Häufigkeit des Biwaks sich fast

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nor nach den äusseren Verhältnissen, nach der OrSsse nnd Dichtigkeit der Ortschaften, hier und da vielleicht noch nach den besonderen Eigenthömlichkeiten des Geländes richten. Immerhin jedoch lässt sich das Biwak nicht abschaffen, ja es kann nnd wird in dännbewohnten Gegenden, wenn auch in Bezng anf den Lagerplatz wechselnd, doch oft für längere Reihen von Tagen die einzig erübrigende Art der Unter- kanfl sein.

Das Biwak gilt somit in Dentschland nur für einen unvermeidlichen, auf das Nothwendigste einsnschränkenden Behelf nnd nicht, wie bei manchen anderen Armeen, für eine stabile Formation. Diesem Zustande ist wohl auch einzig nnd allein der Umstand znznschreiben, dass in der deutschen Armee bis jetzt die dem Soldaten für das Biwak gebotenen Schutzmittel sich ebenfalls auf dem Standpunkte des änssersten Notb- behelfes befinden. Der deutsche Soldat ist infolge dessen in seinen An- sprüchen an die Ausstattung seines Biwaks durchaus nicht verwöhnt; während andere Armeen längst mit einem nach nnseren Begriffen umfangreichen Comfort für das Marschbiwak ansgestattet sind, baut sich heute noch der deutsche Soldat aus Stroh wenn er welches hat einen nothdürftigen Windschirm um das Lagerfeuer nnd streckt die müden Glieder anf die magere Strohschüttnng in gott- nnd dienstergebener Resigpiation. Wenn nun auch die jetzige Anffassung über die militärische Nothwendigkeit der Biwaks selbst dort das Beziehen von Quartieren (Alarmqnartier, Ortsbiwak) gestattet, wo früher Biwaks vorgeschrieben oder üblich waren, so werden doch immer diejenigen Truppen biwakiren müssen, welche in den überfüllten Ortschaften kein Unterkommen mehr finden. Nicht die Avantgarden werden biwakiren, aber die Gros, und zwar diejenigen Tbeile derselben am meisten, welche sich der Queue zunächst befinden: die Sanitätstrnppen und die Kolonnen. Und doch ist der Sanitätssoldat der Ruhe ebensosehr bedürftig, wie der Kämpfer in Reib nnd Glied, denn die Anforderungen, welche an seine physische nnd moralische Leistungsfähigkeit gestellt werden, sind durchaus nicht geringer anznschlagen. Ein müder, erschöpfter nnd hungriger Kranken- träger kann seiner schweren Bestimmung nur schlecht dienen. Ober- stabsarzt Dr. Port hat gewiss mit Recht den Ausspruch gethan: „yfnB man den Krankenträgern giebt, kommt den Verwundeten zu gute“. Aber hieran ist auch gar kein Zweifel, es sind eben nur die äusseren natürlichen Verhältnisse, welche die Sanitäts-Detachements und die denselben folgenden Feldlazarethe zwingen, mehr als andere Truppen im Freien zu nächtigen. heisst es dann beim Befehlsempfang

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mit frenndlich tröstender Apostrophe, „Sie haben ja Zelte Damit sind die Verbindezelte gemeint, welche man vielleicht, wenn der Boden fest genug, das Wetter nicht zu windig and es überhaopt noch nicht za spät in der Nacht ist, für die Offiziere und Beamten anfschlagen kann. Aber welchen Nutzen haben die Krankenträger davon?! Ja, wenn wir Zelte hätten! Auch an diesen würde sich der Port’sche Spruch bewähren. Den Krankenträgern gäbe man sie, aber den Verwundeten kämen sie zn gute!

Dass es nothwendig wird, für die Verwundeten auf dem Verband- plätze Obdachvorrichtungen zu errichten, geht aus der Thatsache hervor, dass bei grossen Schlachten immer eine grosse Anzahl Verwundeter längere Zeit im Freien aasharren muss, ehe sie verbunden und fort- traosportirt werden können.

Dieselben Gründe, welche die Trappen zum Biwakiren zwingen, bedingen auch die Nothwendigkeit, den Verbandplatz theilweise oder ganz im Freien aufznscblagen. Und wer hätte sich da nicht im Kriege 1870/71, welcher doch ein reiches, dichtbewohntes Land znm Schauplätze batte, einmal in der Lage befunden, bedauern zu müssen, dass er seinen Verwundeten kein schützendes Obdach zu verschaffen vermochte. Oberstabsarzt Dr. Port beschreibt in seinem Aufsätze über die „Selbstherstellung von Unterkunftsräumen für Kriegsverwundete'‘ Heft 2, 1887 der Deutschen militärärztlichen Zeitschrift eine solche Situation und knüpft daran die Bemerkung, „es scheine fast, als ob man allerseits von dem Versuche der Lösung dieser wirklich schwierigen Aufgabe in stummer Resignation zurückgetreten sei“.

Im deutsch -französischen Kriege trat der Mangel an vorbereiteten Mitteln zur ersten Beherbergung der Verwundeten oftmals recht fühlbar auf. Um nnr ein Beispiel anzufübren, erinnere ich an die Tage von Weissenburg und Wörth.*) Beim Forsthause Haardt (1. S. D. XI. A. C.) mussten die Verwundeten bei Unzulänglichkeit der Räumlichkeiten trotz der ungünstigen Witterung zumeist unter freiem Himmel gelagert werden. Auch bei Görsdorf (Wörtb) wurden die Verwundeten zunächst im Freien gelagert and später, als die Temperatur recht fühlbar sank, mussten, nachdem alle Wohngebäude, Schale und Kirche mit Verwundeten angefüllt waren, die sänimtlichen Scheunen belegt werden. An' dem Hülfsplatze am Sauerbach hei Görsdorf,

*) Kriegx-Ssnitäts-Bericlit. Bd. I. S. 94 ff.

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welcher nur durch einige Weidenbäume nothdörftig geschützt war, mussten viele Verwundete einen Theil der Nacht im Freien znbringen.

In Spachbach, Eisasshansen, Günstedt waren die sämmtlicheii Geblude io Beschlag genommen und diese selbst waren so zerschossen, dass sie vor dem strömenden Regen kaum Schutz gewährten. Die Lagerung im Freien, so bitter sie auch war, konnte nicht vermieden werden. Schliesslich wurden auf dem Bahnhofe von Wörth ans Latten und Hopfenstangen von den nahen Feldern Baracken zu je 25 Betten errichtet. Wie unzureichend selbst eine mit Ortschaften dicht besäete Gegend, wie die von Wörth, gegenüber der Anzahl der unterzubringenden Verwundeten ist, leuchtet ein, wenn man die Grösse der zu über- windenden Arbeit, die Zahl der hülfesuchenden Verwundeten in Betracht zieht. So z. B. betrugen die Verluste an Todten und Verwundeten bei Weissenbnrg 91 Offiziere 1460 Mann bei Wörth 490 - 10153

581 Offiziere 11613 Mann Somme 12 194 Mann,

7.0 deren ärztlicher Verpflegung 13 Sanitäts-Detachements und 7'/> Feld- lazarethe mit 129 etatsmässigcn Aerzten (1 Arzt auf 100 Verwundete) zur Verfügung waren.

Ehe wir uns nun an die praktische Ueberlegung begeben, wie wir am besten der Nothwendigkeit, die Kriegsverwundeten mit einem schützen- den Obdach zu versehen, gerecht werden können, dürfte es am Platze sein, sich bei denjenigen Armeen, welche in der letzten Zeit in der Lage waren Erfahrungen in dieser Richtung zu machen, nach den Ergebnissen dieser letzteren umzusehen.

Die Engländer führen konische Zelte mit, welche bei Zo- sammenstössen mit dem Feinde, wenn auch wegen ihrer schlechten Ventilation nicht gerade sehr gute, aber immerhin doch nicht, von der Hand zu weisende Unterkunft darbieten. Besser ist das englische Marquisenzelt, welches dem deutschen Lazarethzelte ähnlich konstruirt ist und im Sudan gute Dienste geleistet hat. Solche umfangreiche ' Obdachmittel erfordern jedoch einen besonderen Tross, welcher nicht immer in der Nähe der kämpfenden Truppe mitgeführt werden kann, ja meist so weit zurückgelasseu werden muss, dass eine Verwerthong seiner Ladung während und kurz nach der Schlacht unmöglich ist.

Hau müsste sonst besondere Kolonnen errichten, welche mit Zeltmaterial folgen und nach Abgabe desselben den Abschnb der Verwundeten vom Schlachtfelde nach den Lazarethen zu bewerkstelligen hätten. So

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wänscheoswertb eine solche Einrichtnng snch wäre, so dürfte doch die Armeeleitung einer Vermehrong der Kriegstrains nnr schwerlich geneigt sein.

* Die Franzosen brachten in Tonkin ihre Verwondeten im Delta zumeist in den Hätten der Eingeborenen und in den Pagoden onter, in den höher gelegenen Landstrichen in Bambushütten, welche die Kulis sehr geschickt herzuricbten verstanden und welche gegen die Oktober- sonne sowohl, als auch gegen die Witterangsnnbilden des Februar und März guten Schutz gewährten.'’*')

Wo sie mit Gepäck in den Kampf zogen, bedienten sich die Franzosen, wenn sie verwundet auf dem Schlachtfelde lagen, auch schon im Jahre 1870/71 gern ihrer Marschzelte. Auch die grossen französischeo Lagerzelte (tente Harabout), von konischer Form mit Ventiladons- öfifnnng an der Spitze, leisteten in verschiedenen Feldzügen gute Dienste. Für sie trifft das über die englischen Zelte Gesagte zu.

Auch die Italiener bedienten sich in Abessinien, wie Pauars berichtet,'’*') in dem Lager -Lazareth bei Massauah zuerst der konischen Zelte; später worden dieselben durch Baracken ersetzt. Jetzt besitzen die Italiener theil weise Tollet’sche Baracken, theil weise besondere Tropenbaracken aus doppelter Leinwand und Holzgerüst.

Einen gewissen Vortheil geniessen die Verwondeten derjenigen Armeen, welche mit Marscbzelten aosgestattet sind, für den Fall, da« sie mit Gepäck in den Kampf gezogen sind. Wenn es auch nur der Theil eines Zeltes ist, welchen der einzelne Mann bei sich führt, so kilnnen doch ans mehreren solchen Theilen immer kleine Schutzdächer hergestellt werden. Ja im Nothfalle kann sich der Verwundete nnr mit seinem Zelttheil bedecken und sich so vor der änssersten Wiltenings* unbill schützen.

Die russische Armee ist mit Marschzelten nach Art der französischen tentes d'abri ansgestattet. Ein solches Marschzelt besteht ans 4 zusammen- knöpfbaren Stücken zu zwei Arschin (1,.5 m) ins Geviert nebst den nothwendigen zusammenlegbaren Stäben, Schnüren und Giebelstücken. Jeder Soldat trägt seinen Zeltantheil, ein kleines Bündel, auf dem Tornister. Das anfgestellte Zelt bat eine Länge von 2,85 m, eine Breite von 1,95 m und eine Höhe von 1,06 m. In einem solchen 2^1te sollen C Mann liegen, doch ziehen es die Soldaten häufig vor, zu Dreien in einem halben Zelte zu lagern. Ein französisches Harschzelt wiegt 1,5 kg.

*) Rotb, Jahresberiulit pro I88C.

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dn roasiflchea etwas mehr. Dasselbe wird in 15 Minaten aafgestellt and gestattet allerlei Modifikationen in der Anfstellnng. Aach dem einzelnen abseits gerathenen Soldaten kann sein Zelttheil sehr zn statten kommen, wie vorher bemerkt wnrde.

Das Offizierzelt ist ebenso eingerichtet, nnr grösser (6 Arschin ^ 4,26 m lang, 3'/i A. breit, 2'/> A.= 1,77 m hoch).

Nach dem Zeugnisse rassischer Aerzte (Golden berg,*) Oeltowsky) bewähren sich diese Zelte sehr gnt, doch stagnirt die Loft leicht in denselben and bei Sonnenhitze steigt die Temperatnr nicht selten bis auf 40° R. (Bulgarien), so dass man dann vorziebt, die Zelte nur ein- seitig als Schirm aafzastellen. Gegen Regen schätzen dieselben vor- föglich, wenn derselbe nicht za plötzlich nillt, so dass die Fasern des Gewebes Zeit haben sich vollznsaugen. Platzregen dringt in Form eines feinen Staubregens durch, namentlich wenn die Zelte vorher sehr losgetrocknet waren.

Ein Uebelstand ist die Niedrigkeit and Enge des Zeltes. Am schlimmsten macht sich dies bei schlechtem Wetter fühlbar, wenn die Soldaten Gepäck und Waffen mit hineinnehmen and mehr auf den Aufenthalt innerhalb des Zeltes angewiesen sind. Aufrecht sitzen kann man nur nnter dem First. „Für den Winter leiden sie an denselben Mängeln, wie eine Sommerkleidang“, schreibt Korpsarzt Geltowsky: Sie sind kalt, zugig, eng, der Hann schleppt Schmatz und Nässe hinein, so dass man sich im Kriege 1877/78 vor der Nasskalte und vor dem Winde kaum zu bergen wusste und schliesslich seine Zuflucht za allen den Nothbehelfen nehmen musste, von denen die wichtigeren weiterhin betprochen werden sollen.

Diese Uebelstände machen sich natnrgemäss mehr fühlbar bei längerem Aufenthalt an derselben Stelle als im Marschbiwak. Für onsere Zwecke und Verhältnisse brauchen wir jedoch ein mitznführendes Obdachroittel nnr für den Platzwechsel und bei Standlagern nnr so lange, bis darcb andere, nmfangreichere Mittel für ein besseres Obdach gesorgt ist.

Eis würde ans also mit einem solchen Zelte, womöglich ohne die sogeführten Mängel der rassisch -französischen, recht gut gedient sein; wir würden dasselbe bei Marschbiwaks für die Krankenträger and während, sowie nach dem (^fecht so lange für die Verwandeten gebraachen, als diese obdachlos sind. Aach für die Verwandeten soll es

•) Wojenno sau. Djelo 1881. Ventilation der Zelte.

Goldenberg; Unsere Zelte. Geltowsky;

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ja nar ein yorübergehendes Unterkommen sein. Einige Vorschläge über die Eonstraktion solcher Unterkanftsräame werde ich mir die Ehre geben später Ihrer Benrtheilang za anterbreiten. Zunächst möchte ich noch weiter aasfahren, in welcher Weise bei den Rassen auf Grund dieses Marscbzeltes gegenüber den Unbilden der Witterung sich ein förmliches System von Biwakanlagen herausbildete, welches, je nach der Dauer und der Oertlichkeit in verschiedenartiger Weise angewendet, den Soldaten zu einem warmen Quartier verhalf und das auch für unsere Zwecke manches Bemerkenswerthe bietet.

In dem russischen militärärztlichen Wochenblatte „Wojenno sanitarnoe D51o“ pro 1881 beschreiben Geltowsky und Goldenberg in mehreren Aufsätzen die russischen Zelteinrichtungen von 1877/78.

Die Marschzelte erwiesen sich nach diesen Autoren nicht als ein genügender Schatz gegen die Unbilden eines bulgarischen Winters. Bereits im Angnst 1877 fror man des Nachts in denselben. Der September war windig, regnerisch and zeitweise zeigte sich Schnee. Das Leben in den Zelten wurde fast anerträglich. Die Leute schleppten Nässe and Schmutz mit hinein. Die nassen Stiefel und Mäntel durch- nässten die ohnedies schon feuchten, kleinen Feldbetten, von Entkleiden konnte keine Rede sein, ja selbst zum Trocknen der Kleider fehlte es an Gelegenheit. Die durchnässten Soldaten hatten die ganze Nacht nor mit der Kälte und dem Winde zu kämpfen und des Morgens musste der von Nässe und Frost erstarrte Mann wieder hinaus in den Regen and Morast (Geltowsky). Hier, als es kaum noch aaszuhalten war, wurden die sonst so wenig zu eigener Initiative geneigten Leute auch schliesslich findig, energisch und beweglich. Einige machten aus Stroh Windschirme andere bedeckten die Zelte mit Stroh oder Maisstengeln, doch hielten die Zelte häufig diese Last nicht ans. Ein guter, dichter Zeltstoff und das Umgeben des Zeltes mit einem Graben vermag zwar die Nässe einigermaassen hintanzubalten , gegen die Kälte aber ist der Insasse immer noch nicht geschätzt.

„Da also auf der Erde keines Bleibens mehr war“, schreibt Goldenberg, „so musste man sich in dieselbe verkriechen, d. h. man kam zu einer eigenartigen Anlage, den Erdhütten“. Die Entwickelung dieser Erdhütten lässt deutlich mehrere Stadien erkennen, deren erstes durch das „Grabenzelt“ (semljanka-palatka) dargestellt wird. Es wurde eine Grube entsprechend der Grundfläche des Zeltes in einer Tiefe von 0,75 bis 1,5 m aasgeworfen und das Zelt als Dach darüber gespannt. Einige Stufen an einer Giebelseite bildeten den Eingang. In

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der gegenöberliegenden Seite wurde eine kaminartige Höhle aasgestochen and von derselben ein senkrechter Schacht anf die Erdoberfläche geführt. Damit dieser besser zog, wurde die Oefihnng mit einem Schornstein ron Rasen oder Erde versehen. Wenn der Frost nicht zu heftig war oder der Regen nicht zu reichlich fiel, boten diese Grabenzelte leidlichen Schatz, aber der Wind drang immer noch hinein und bei strenger Kälte fror man immer noch.

Man ging tiefer in die Erde und schuf, um die Wärme mehr zasammenzuhalten, einen Plafond, indem man die Grube mit Maisstengeln bedeckte und das Zelt als Dach darüber spannte. Dieses selbst sachte man durch Bedeckung mit Maisstengeln oder Stroh gegen Dnrchnässnng zu verwahren.

Je nach den zu Gebote stehenden Mitteln und nach der Oertlichkeit waren diese Grabenzelte verschieden. Die gprösste Mannigfaltigkeit zeigten diejenigen der Offiziere. Manche verstanden sich darauf, ihre Hütten nicht nur behaglich zu gestalten, sondern dieselben sogar mit einem gewissen Comfort ausznstatten. Die Eingänge wurden mit Thüren versehen oder mit Decken verhängt. In manchen Hütten konnte man bequem stehen, in vielen fanden mehrere Personen ausreichend Platz.

Die Werthschätzung dieser Art Obdach hängt namentlich von den gegebenen Bodenverhältnissen ab. Am besten eignet sich lehmiger Boden. Wenn dann die Heizvorrichtung gut angelegt und kein Mangel an Brennmaterial ist, so trocknen die Wände, werden hart und stürzen nicht ein. Ausserdem kann man solche Erdgrube vor dem Beziehen, um sie auszutrocknen, mit Stroh oder Reisig etc. anfüllen und aasbrennen, wodurch die Wand in Ziegelmasse verwandelt wird. In Bulgarien bewährten sie sich sehr gut, waren trocken und bequem, die Luft stets rein, da man sie durch Aufheben der Zeltdecke oder auch durch blosses Oeffnen der Thüre lüften konnte.

Nach diesen Erfahrungen ging man weiter und gelangte zu der Anlage der „Grabenhütten“ (Zemljanki-schalaschi), d. h. anstatt sich des Zeltes als Dach zu bedienen, baute man ein solches aus Sparren, welche man mit einer Schicht Reisig oder Maisstroh überzog und dann mit Erde bedeckte. Man war nun nicht mehr an die Grösse der Zelt- bodenfläche gebunden und konnte die Erdhütten je nach dem vorhandenen Bedachungsmaterial in verschiedener Grösse anlegen. Man schachtete die Grube in der gewünschten Grösse und Tiefe aus und liess au einer Seite eine Erhöhung des Bodens stehen, welche als Lagerpritsche diente. In den Ecken und längs der Wand wurden Pfosten eingerammt, auf

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welchen eine Eappenschwelle befestigt wnrde, worauf die Sparren aaflagen; darauf kam dann die vorherbezeichnete Bedeckung. Man brachte sogar Fenster mit Oelpapierscheiben und Thören ans Knüppel* rahmen mit Maisstrohbezog an. Die Heizung geschah wie in den Ornbenzelten. Es gab solche Erdhütten bis zu 3 und mehr SaZen

(• 6,4 m) Länge und 1 bis 2 SazCn (= 2,14—4,3 m) Breite, je nach der Länge des vorhandenen Bcdacbongsmateriales. Die Höhe erreichte meist in der Mitte 3 Arschin (2,13 m). Die Hütten der 2. Infanterie-Division nahmen jede 30 .öO Mann auf.

Diese Art Obdach bewährte sich in jeder Hinsicht gut; natürlich konnten nur solche Truppen davon Gebrauch machen, welche lange Zeit an derselben Stelle zu verbleiben hatten.

Eine dritte Art waren die überirdischen, eigentlichen Erdhütten, deren Wände aus übereiiiandergelegten Rasenstreifen aufgebaut wurden. Die Bedachung war wie bei den vorigen. Sie waren kühler als die Unterirdischen, dafür aber die Luft in denselben besser. Die Feuchtigkeit in denselben hing von den Bodenverhältnissen ab. Hatte man Heiz- material genug, so trockneten sie bald. Vor Plewna auf dem harten Kalkboden leisteten sie sehr gute Dienste.

Alle diese Obdacharten haben den gemeinsamen Fehler, dass sic bei stärkeren Regengüssen dnrcbweichen, was unter Umständen selbst ihren Bestand bedroht. Abbülfe kann geschaffen werden, indem man die Eck- pfosten gut io der Erde befestigt, das Dach an den Seiten etwas über- stehen lässt und die auf dasselbe aufgeschicbtete Erde mit dem Spaten gut glättet. Um die Hütte herum muss ein guter Graben gezogen werden. Die innere Einrichtung richtet sich nach den Bewohnern. In Bulgarien sah es in denselben, nach dem Zeugnisse Goldenberg's, wegen der Indolenz der Soldaten, sowie häufig wegen der Unsauberkeit derselben wenig anziehend aus. Besonders in den kleineren Hütten, in welchen keine Pritsche angelegt war, so dass die Leute ihr Lager auf der platten Erde hatten und auf dem Lagerstroh mit ihren schmutzigen, nassen Stiefeln herumtraten, bis es sich in einen]^düngerartigen Detritus verwandelte, war es nicht schön und auch die Luft infolge dessen nicht sehr gut. Allein dies sind Uebelstände, welche durch eine fleissige Aufsicht fern gehalten werden können.

Die Konstruktion der russischen Hospitalzelte ist derjenigen des prenssischen Lazaretbzeltes sehr ähnlich und bietet uns daher weder selbst noch in denjenigen Modifikationen und Improvisationen, welche eine Wiederholung des Originaltypus bezwecken, etwas besonders

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BemerkeDSwerthes. Die in dieser Hinsicht im rnssiscb'tnrkischen Kriege gemscbten Erfabmngen laufen darauf hinaus, dass ein solches grosses Zelt vor allen Dingen ein starkes Gerüst haben und gut anfgestellt werden muss, damit es die noth wendige Widerstandskraft gegen Sturm (Schipka) und gegen Schnee (Simnitsa [Pirogow]) besitzt. Interessant ist die Improvisation der Beheizung, wie sie im russisch-türkischen Feldzuge bewerkstelligt wurde.

Die türkischen, runden Zelte wurden gern über einer kreisförmigen Grube von etwa 1 m Tiefe anfgestellt und wie die Grnbenzelte geheizt Vor den Eingang der Hospitalzelte stellte man einen Windschirm nach Art eines Tambours.

Eine höchst originelle Art der Heizung war folgende auch von Pirogow beschriebene und gelobte Anlage.

In der Mitte des Zeltes wurde eine tiefe Grube ansgeworfen und mit Kalk- oder Lehmsteinen oder, wenn solche zu haben waren, mit Ziegelsteinen ansgemanert, jedoch so, dass die Feuerung tiefer kam als der Boden des Zeltes. Nach oben wurde dann die Grube zngewölbt. Von dem Fenerranme wurde in der Längsrichtung dicht auf der Erde eine Röhre ans demselben Material gezogen, welche ausserhalb des Zeltes mit einem kurzen Knie vertikal endigte. Der Ofen heizt vor- züglich, hat nur den Nachtheil, dass die Herstellung ziemlich lange Zeit in Anspruch nimmt und dass die Kalksteine oder der Lehm so lange einen unangenehmen Dunst von sich geben, bis sie trocken sind.

In der Ukraine bauen die Landleute in ihren Hütten ähnliche Oefen überirdisch. Eine Art umgestülpter Korb ans Weidengeflecht wird mit Lehm überzogen, ebenso ein Zngrobr hergestellt, welches in dem Haus- flnr endigt. Beim Heizen brennt das Geflecht ans und der hartgebrannte Lehm behält die ursprüngliche Form.

Im letzten Sommer sab ich bei Herrn Oberstabsarzt Dr. Port in München einen ebensolchen Ofen, welcher gut brannte und sehr schnell heiss wurde.

Einen für uns interessanteren Gegenstand bilden die im russisch- türkischen Kriege zu einem besonderen Typus entwickelten Hütten oder Baracken ans Matten und Flechtwerk, als deren Prototyp die von Goldenberg näher beschriebene Anlage bei der Station Frateschti gelten kann.

Eine Art Vogelbauer ans einem hölzernen Gkrippe wird mit Matten oder Flechtwerk ein- oder zweischichtig überzogen und mit ebensolcher Thür und Fenstern versehen. Im Inneren standen eiserne Oefen. Die

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erste Hätte dieser Art war von den Aerzten der Evaknationsstation io Fratescbti konstmirt worden und nach diesem Master entstand alsbald eine förmliche kleine Mattenstadt, in welcher Aerzte und Kranke ihr Unterkommen fanden. Später konnte man auf der ganzen Linie der Evakuationsstationen Baracken dieser Art sehen. Ihre Werthschätzung beruht namentlich in der Billigkeit und leichten Beschaffung des Materiales, der leichten Herstellung, guter Ventilirbarkeit, Reinlichkeit, gutem Schutz und Wohnlichkeit Ein Mangel ist, dass man ununterbrochen heizen muss, da sonst die Temperatur schnell fällt. Auf die Wände musste man sehr achten, da sich in denselben leicht Ungeziefer einnistete. Auch das Feuer erheischte eine stete, aufmerksame Ueberwachung. Aerzte, welche lange in diesen Hätten zu wohnen hatten, waren mit denselben sehr zufrieden. Nach den wirklichen Baracken nnd den etatsmässigen Lazarethzelten hält Goldenberg diese Art des Obdachs fär die praktischste von allen Kriegsimprovisationen.

In dieselbe Kategorie fallen die im Uebrigen ebenso konstruirten Hätten ans Maisstroh. Die Wände und das Dach werden mit nn- entblätterten Maisstengeln äberzogen, indem man dieselben entweder als Geflecht oder bändelweise geordnet aneinanderfägt. Damit die Wand gleicbmässig mit Blättern bedeckt wird, lässt man die Stengel ab> wechselnd mit der Spitze nach oben und nach unten verlanfcn. Ihr Vor- zug besteht in Mais bauenden Gegenden in der Billigkeit und leichten Beschaffung des Materiales.

Aehnlich worden auch Hätten aus Faschinen hergestellt, welche mit einem Ende in einen Graben gestellt wurden, den man nachher zuwarf nnd feststampfte, während die anderen Enden an dem Geräsl befestigt wurden. Das obere Ende der Faschinen wurde auch oft äber einem Spreizrahmeu mit der gegenäberliegenden Reibe nach Art eines gothiscben Spitzbogens oder wie Tollet'sche Baracken zusammen- gezogen und verbunden, so dass Seitenwand und Dach aus einem Stück waren. Dann baute man eine zweite Reihe Faschinen ringsherum und legte über das Ganze eine besondere Dachlage. Sie boten hinreichend Schatz vor Wind und Regen; wie sie sich im Winter bewähren, darüber fehlt es meinem Gewährsmanne an Erfahrung. Man baute solche Hüttea nicht nur für Kranke, sondern auch als Aufenthaltsort für Mannschaften, als Speise- und Tbeehäuser.

Gute Dienste leisteten nach dem Zeugnisse J. N. Pirogows noch die kirgisischen Filzjurten (Orenburger Jurten) nnd die ebenfalls leicht herstellbaren Johnson'scben Zeltbaracken aus mit Leinwand über-

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BpaoDten lasammenfügbaren Rahmen ond Pappdach. Aus denselben war das Qoarantaine-Lazareth bei Odessa bergestellt.

Herr Oberstabsarzt Dr. Port beschreibt in Heft 3 pro 1887 der Deotschen Militärärztlichen Zeitschrift ein Zelt znr ersten Beherbergung von Kriegsverwundeten.

Als Grundsätze für die Beschaffenheit von Nothschntzdächern stellt Oberstabsarzt Dr. Port auf: erstens, dass sie noch am Tage der Schlacht znr Aufstellung kommen können, ond zweitens, dass dieselben von primitiver, anspruchsloser Beschaffenheit und wegen der Angriffe des Windes nicht höher sein dürfen, als dass die Verwundeten aufrecht darunter sitzen können. Für Aerzte und Pflegepersonal brauchen sie nicht zugänglich zu bein, da die Pflege bei geeigneter Stellung der Krankenlager von aussen her erfolgen könne.

Das Zelt, dessen Aufstellung indessen nach der Beschreibung, selbst wenn es vollständig vorbereitet ist, 20 Minuten erfordern dürfte, hat eine Bodenfläche von 5 m Länge, 2,5 m Breite und eine Firsthöhe von 1,5 m. Dasselbe erfordert einen Zeitplan von 5 m Länge und 4 m Breite = 20 qm, nebst den nothwendigen Giebelstücken, sowie eine Leine von 54 m Länge, 3 Giebelstangen von 1,75 und eine zweitheilige First' Stange von 5 m.

Das Zelt soll 4 Verwundete, welche auf den Tragen von den Giebelseiten eingeschoben werden, aufnehmen.

Dasselbe ist gewiss sehr sturmsicher und wetterfest, allein ich glaube dem von mir besonders hoch verehrten Autor nicht zu nahe zu treten, wenn ich der Meinung Ausdruck gebe, dass, abgesehen von der Umständlichkeit der Aufstellung, die Unzugänglichkeit der Verwundeten eine nicht unbedenkliche Unbequemlichkeit ist, sowie auch, dass ein solches Zelt die vorher von den russischen Marschzelten beschriebenen Uebelstände nicht vermeidet.

Ich glaube daher, dass es gut sein wird, bevor man irgend einer Konstruktion das Wort redet, die Grundsätze, nach denen eine solche sich zu richten hätte, etwas ausführlicher aufzustellen.

1) Entsprechend den Verhältnissen des Verbandplatzes handelt cs sich nicht um ein Unterkommen für längere Zeit, sondern nur für so lange, als die Verwundeten am Platze bleiben, bezw. so lange, als noch Verwundete obdachlos sind. Es wird also unter diesen Schutzdächern ein steter Wechsel der Insassen stattfinden. Auch erfordert die Beobachtung der Verwundung eine stete Möglichkeit der Ueberwachung durch Augenschein.

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Die Schntzdächer mässen daher dem SaDitätspersonal zagänglich sein.

2) Ebenso wie die Verbindezelte, mässen anch die Schntzdächer leicht anfstellbar und ebenso leicht abznreissen sein.

Wird ein Verbandplatz weiter vorwärts geschoben, so wird man an dem neuen Etablirongsorto wieder ebenso viele obdachlose Verwundete finden als am vorherigen Platze und daher in die Notbwendigkeit versetzt sein, die Schntzdächer ebenfalls weiter nach vorwärts zu sebafifeo. Man wird daher beim Rücktransport der Verwundeten immer zuerst die Schntzdächer frei zu machen haben, oder man mnss solche von dem ablösenden Feldlazareth einstweilen übernehmen.

Die Schutzdächer müssen daher leicht beweglich sein.

3) Eine naturgemässe Forderung ist, dass bei der Verwendung einer gegebenen Menge Materiales eine möglichst grosse Anzahl von Verwundeten untergebraebt werden kann.

4) Dieselben müssen, um in Massen mitgeführt werden zu können, leicht an Gewicht und nicht zu kostspielig sein;

5) Schutz gegen Regen und Sonnenschein, Wind und Kälte bieten und endlich

6) womöglich den Krankenträgern als Marschzelte dienen können.

Mit Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte glaube ich ein Zelt zur Prüfung auf seine Brauchbarkeit empfehlen zu können, welches ich selbst in nunmehr 5 Manövern, in 15 Biwaks benutzt und wochenlang in meinem Garten in Freiburg aufgestellt gelassen habe, ohne dass dasselbe jemals umgeworfen worden wäre. Auch von Seiten der Offiziere, welche oftmals mit mir unter demselben den Abend verbracht haben, fand dasselbe nngetheilten Beifall.

Dasselbe unterscheidet sich, wie das hier aufgestellte Modell zeigt (Tafel), von anderen dachförmigen Zelten nur dadurch, dass die Stirnseite keinen Schlitz als Eingang hat, sondern dass beide Stirnseiten auf einer Seite an die eine Dachfläche angenäht sind, während die andere Dachfläche mit den Stirnseiten durch Schnallen verbunden wird.

Das Gerüst besteht aus zwei Giebelstangcn und einer Firststange, sämmtlich zweitbeilig und mittelst Gasrohrhülsen zusammenznstecken.

Die eine Dachseite ist somit frei beweglich und kann zu beliebiger Höhe aufgehoben und über zwei senkrechte Stangen gespannt werden, so dass ein einerseits offener, andererseits mit einem geschlossenen Grund versehener Schirm entsteht.

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Das Zelt würde für Mannschaften, mit einer Giebelbasis Ton 2 m and einer Höhe von 1,80 m ansgestattet, bei einer Länge von 3 m genügend Raum bieten für 4 Kranke mit 75 cm oder für 5 mit 60 cm Ranmbreite. Die Verwundeten werden der Quere nach gelagert.

Die Aufstellung des Zeltes ist sehr einfach und in wenigen Minuten zu bewerkstelligen. Man orientirt dasselbe so, dass die feststehende Breitseite dem Winde zugewandt wird. Nachdem der Zeitplan mit der linken Seite nach oben ansgebreitet ist, legt man die Firststange auf die Firstnaht, steckt die Spitzen der Seitenstangen durch die Löcher in den Enden der Firststange und in dem Zeltplane. Nun zieht man die bewegliche Breitseite über die Firststange zurück (wie beim Verbinde- zeit) und stellt das Zelt auf den erwählten Platz. Darauf werden über die aus den Oiebelspitzen hervorragenden Dorne der Seitenstangen die Sturmleinen geschlungen und in nicht zu grosser Entfernung je zwei an jedem Giebel festgepflockt. Dann pflockt man die drei fest- stehenden Seiten fest und spannt die freie Breitseite über zwei senk- rechte Stangen, welche an den Ecken untergestellt werden, mittelst zweier Leinen fest. Das Zelt wird nun mit einem Graben umgeben und die ausgegrabene Erde als Wall an die Zeltwand angeworfen. Den jeweiligen Verhältnissen entsprechend kann man den Erdboden im Inneren zum Schutz gegen das Wasser noch etwas erhöhen, oder zum Schutz gegen die Kälte vertiefen.

Zur grösseren Stnrmsicberbeit kann mau noch eine dritte Stütz- Stange, unter der Mitte des Firstes schräg an die Hinterwand angelegt, unterstellen.

Je nach Gefallen kann man die freie Breitseite hoch oder niedrig stellen oder auch das Zelt scbliessen. Die Seitenscblitze gewährleisten eine gute Ventilation, ohne Zugluft zu veranlassen, und die Verwundeten sind von allen Seiten zugänglich.

Die Kranken sind gegen Regen nnd Sonnenstrahlen geschützt.

Die Fläche einer jeden Breitseite beträgt bei einer Zelthöbe von 1,80 m, einer' Giebelbasis von 2 m und einer Länge von 3 m 2,06 X 3 = 6,18 qm, also doppelt = 12,36 qm Fläche. Jede Giebelwand misst 2x0,9 = 1,8 qm nnd doppelt = 3,6; die ganze Fläche des Zeit- planes somit 15,96 qm, worunter ganz bequem 5 Kranke Platz finden.

Das Port’sche Nothschntzdach bat eine Oberfläche von 20 qm, die Oiebelwände je 1,85 X 2 = 3,7, total also 23,7 qm und nimmt nur 4 Kranke auf.

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Mein Zelt bietet daber eine Ersparniss von ’/> des Materiales and gewährt 20 % mehr Verwundeten Raum.

Ich führe bei dem Zelte ein Beil znm Einschlagen and event Zn- haaen von Pflöcken mit, sowie einen Strohsack aus ganz leichter Sack- leinwand. Derselbe bietet den Vortbeil, dass das Strohlager besser znsammenhält, und gewährleistet auch grössere Fenersicherheit. Die Mitführang eines solchen in der Grösse der Belegfläche würde sich sehr empfehlen. Dies böte ansserdem die Möglichkeit, bei Vorwärtsbewegungen das Stroh anf den zam Ver wundsten transport requirirten Landwagen mitzunehmen und so gleich wieder ein gutes Lager für die Verwaudeten zur Hand zu haben.

Um einer noch grösseren Zahl von Verwundeten mit möglichst geringem Aufwands an Material und Arbeitskräften ein Unterkommen zu verschaffen, Hesse sich auch folgende zweite Konstruktion in Er- wägung ziehen.

Dieselbe hat die Zeltdächer der Lebküchler auf den Märkten in Oesterreich zum Vorbilde.

Vier Stangen von je 3 m Länge werden mit den gleichnamigen Enden so übereinander gelegt, dass immer die nachfolgende auf der vorhergehenden ruht und so die Form eines Kreuzes entsteht. Dann tritt ein Mann an die Kreuzung und hebt dieselbe bis zu seiner Brust- höhe auf; ein Zweiter schlingt um die Kreuzung einen Strick in der Form eines Kranzes, so dass die Enden in demselben hängen. Die Stangen bilden nun eine vierseitige Pyramide, welche sich in sich selber trägt. Ein Nagel an jedem Stangenende verhindert ein Rutschen des Strickbundes. Von dem Letzteren lässt man ein Ende von etwa 4 m Länge senkrecht herunterhängen eine zentrale Sturmleine. Jetzt deckt man über dieses Gerüst einen Plan von Segeltuch, zusammen- geuähten Woilachs oder dergl., welcher die Form der vierseitigen Pyramide wiederholt, also in der Mitte der seitlichen Dreiecke eine Einschlagnaht besitzen muss, und befestigt die vier Ecken an den freien Stangenenden. Nun ist das Zelt, oder vielmehr der Schirm, fertig.

Derselbe kann von 4 Mann an den erwählten Platz gebracht werden, und wird dort mit einer Seite in einen flachen Graben gestellt, während die entgegengesetzte Seite auf zwei senkrecht stehende Stützstangen in beliebiger Höhe befestigt wird. Nun würde das Dach immer noch nicht im Stande sein, einem Windstosse zu widerstehen. Zu diesem Zwecke verankert man dasselbe mittelst der in der Mitte herabbängenden Leine an einem starken Astpflocke, welchen man etwas vor die Senk-

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rechte io der Richtung auf den Eingang einschlägt Je straffer man die Leine anzieht, desto mehr spannt sich das Zeltdach und desto fester steht dasselbe. Das Dach ist infolge seiner gewölbeartigen Form gegen von hinten kommende Windstösse sehr widerstandsfähig, solange die anfstehenden Stangenenden nicht nach vorn geschoben werden. Hieran hindert der Rand des Grabens, in welchem dieselben stehen. Zur grösseren Sicherheit kann man die beiden aufsitzenden Stangenenden mit einer kurzen Schlaufe versehen und diese anpflocken. Um auch gegen unerwartetes Umschlagen des Windes das Zelt wird stets mit dem Rücken gegen den Wind gestellt sicher zu sein, kann man auch an den vorderen Enden Sturmleinen befestigen.

Noch weniger Mühe macht das Anfstellen des Daches, wenn man anstatt des Strickbundes an der Stangenkreuznng sich eines Hülsenkreuzes bedient, welches ans in der Mitte platt geschlagenen und mit einem Loche versehenen kurzen Enden Gasrohr hergestellt werden kann. Durch das Loch wird, indem man die beiden entsprechend auf die Fläche gekrümmten Doppelhülsen über Kreuz aufeinanderlegt, eine Schraube gesteckt und mit einer Flügelmutter befestigt. In die offenen Enden der Hülse steckt man die Stangenenden.

Will man für die Bedeckung des Daches Stroh oder Reisig verwenden, so müssen, um die Spannung in dem Dache herznstellen, die peripheren Enden der Stangen mit einer Leine Fonragirleine verbunden werden. Die Seitendreiecke werden dann mit konzentrisch verlaufenden Stricken oder Stäben bezogen und auf diesen das Deckmaterial befestigt. Strohmatten lassen sich wie Stoff anfspannen.

Wenn man Zeit genug hat, oder die Verwundeten längere Zeit unter den Dächern verweilen sollen, kann man diese Dächer zur Herstellung von Grnbenzelten nach der russischen Art verwenden: Eine Grube von 1 m Tiefe, die ausgeworfene Erde zu einem Walle auf dem Rande aofgeschichtet, das Dach darüber gestellt und an allen 4 Ecken verankert. Den Eingang kann man mit einer Thür oder einem Vorhang aus einer Pferdedecke oder ans einem Woilach, Mantel oder dergl. versehen. Selbst eine Heizvorriebtung , ein Kamin mit Schlot, lässt sich in kurzer Zeit herstellen.

Auch bei flacher Aufstellung, wenn nur das Dach mit einem Erd* walle umgeben ist, wird dasselbe genügend Schutz gewähren.

Durch höheres oder tieferes Anfstellen der vorderen Enden kann man den Verhältnissen der Witterung, Regen, Wind, Sonnenschein und Hitze, Rechnung tragen. Die Verwundeten sind leicht zugänglich, die

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Zelte kÖDDen mit grösster Leichtigkeit aafgestellt und abgerissen, nach jeder Richtung mit geringer Mühe verstellt nnd übertragen werden.

Wenn die Stangen 3 m lang sind, so ist die Basis der Seiten- dreiecke 4 m, die bedeckte Bodenfläche somit 16 qm, woranf 8 Verwundete reichlich Raum finden.

Die Fläche eines jeden Dreieckes beträgt 4,52 qm, die 4 Flächen somit 18,08 qm für 6 8 Kranke. Beide Arten , sowohl die vorhin demonstrirten Zelte als auch die Schirmdäcber, würden auch für die Krankenträger als Marschzelte verwendet werden können.

Wenn ein Sanitäts-Detachement auf jeden Krankentransportwagen 4 solcher Schirmdficher oder Zelte verladen würde, so wäre dies ein Belastnngszuwachs von nur 1 bis 1,2 Centner; die Zeitpläne könnten in den Wagen, die Stangen obenauf Platz finden. Im Augenblicke der Etablirung des Verbandplatzes würden die Zelte abgeladen und auf- gestellt werden, was, wenn sämmtliche Mannschaften sich daran betheiligen würden, etwa 20 Minuten in Anspruch nehmen dürfte. Da- mit wäre für eine kaum in Betracht kommende Verzögerung ein an- endlicher Vortheil für die Verwendeten gewonnen. Unter den so vorhandenen 32 Schirmen könnten zu gleicher Zeit 200 250 Mann Obdach finden.

Auch die Feldlaiaretbe könnten vielleicht eine Anzahl solcher Schirme mit sich führen.

Man kann endlich anch Schutzdächer improvisiren, wenn man nur über genügende Mengen von Decken, Mänteln oder sonstigen Gegen- ständen, welche eine ausznbreitende Fläche darstellen, verfügt. Aus Mänteln kann man solche Flächen herstellen, wenn man mehrere der- selben, immer die Knopflöcher des einen an die Knöpfe des anderen, aneinander knöpft.

Eine Anzahl Latten an eine Wand schräg angelehnt und mit solchen Decken behängen; niedrige Dächer ans Latten oder Brettern mit Stroh- bündeln überzogen und was dergleichen Nothbehelle mehr sind, werden in Ermangelung eines Besseren immerhin ihre Dienste leisten. Das Einfachste ist immer das Beete.

Wie sich der Einzelne, auf Selbsthülfe angewiesen, helfen wird, ist Sache der Umsicht nnd der raschen Benntznng der gegebenen Hülfs- mittel auf Grund von Sachkenntniss und Erfahrung, die aber auch auf diesem Gebiete nur durch Uebung im Frieden gewonnen werden kann.

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Referate and Kritiken.

Handbacb der Ohrenbeilkande für Aerzte und Studirende von Dr. Wilbelm Kirchner, Dozent der Obrenbeilknnde an der Königl. Universität in Würzborg. II. Auflage. Berlin. Verlag von Friedrich Wrede. 1888. Preis 4,60 Mk.

Wie in der ersten Auflage des vorliegenden Handbuches, das in dieser Zeitschrift 1885 Heft 11 bereits besprochen wurde, werden auch in der soeben erschienenen zweiten die Krankheiten des Ohres in kurzer, aber Tollkommen erschöpfender Darstellung in fliessender, anregender Diktion behandelt. Die rasche Folge der zweiten Auflage ist der beste Beweis, dass die Absicht des Verfassers, besonders den Aerzten ein praktisches Handbuch für die Behandlung der so wichtigen Erkrankungen des Ohres tu bieten, vollkommen erreicht wurde. Dieser Absicht entsprechend finden wir alle Details und Streitfragen über Anatomie und Physiologie nur auf das praktisch Wichtigste beschränkt, während das Hauptgewicht auf eine möglichst ausführliche und gründliche Darstellung der Therapie gelegt wird.

Ein näheres Eingehen auf den reichen Inhalt des Buches würde zu weit führen und es sei daher nur noch hervorgeboben , dass auch den Verletzungen des Trommelfells, den Simulationen, dem wichtigen Kapitel der Fremdkörper eine besondere Berücksichtigung gewidmet ist

Die Ausstattung des Boches ist wie in der ersten Auflage eine sehr gute, sehr übersichtlich bezüglich der Eintheiluog des Stoffes, ferner finden wir auf die 218 Seiten Text 42 ausgezeichnete Holzschnitte sehr instrnktiv vertheilt.

Dr. Krampf (Würzborg).

Elektrodiagnostik und Elektrotherapie einschliesslich der physikalischen Propädeutik für praktische Aerzte von Reg.- Arzt Dr. Rndolf Lewandowski, k. k. Professor in Wien. Mit 170 Illustrationen. Wien und Leipzig. Urban und Schwarzen- berg. 1887. 440 Seiten.

Verf. theilt sein Werk in drei Theile: Physikalische Propädeutik, Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. Der erste Tbeil enthält in ein- facher und klarer Darstellung, ohne besondere physikalische Kenntniss voranszusetzen , die Omndlehren der Elektropbysik, soweit sie für den praktischen Arzt zum Verständniss und Gebrauch der elektro-mediziniscben Apparate notbwendig sind. Eingeflochten sind hier sehr dankenswerthe praktische Winke über die Wahl und Handhabung der zu ärztlichen Zwecken verwendbaren elektrischen Apparate. Der zweite Theil behandelt laoäcbst in ähnlicher Weise die Grnndzüge der Elektropbysiologie, der eine genaue Darstellung der motorischen Punkte sich anschliesst, und geht dann zur Elektropathologie über, in der erst die elektrodiagnostischen

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Methoden nnd nachher vorzngsweise die Veränderungen der normalen elektrischen Erregbarkeit der motorischen Nerven und der Muskeln, sowie der sensiblen Nerven ausführlich besprochen werden. Die Elektropatbo- logie der Sinnesorgane und des Zentralnervensystems wird, als noch zo wenig Feststehendes enthaltend, nur kurz berührt. Im Anschluss wird nach der Verwendung des elektrischen Lichts zu Heilzwecken der medi- zinischen Mikrotelepbonapparate nnd des Thermo-Elektroskops Erwähunng gethan. Der dritte Tbeil zerfällt in die allgemeine und die spezielle Elektrotherapie. In jener werden sämmtliche elektro-therapeutischen Methoden einschliesslich der Metallo- und Magnetotherapie, sowie der Galvanokaustik einzeln nach ihren Wirkungen nnd Indikationen ein- gehend erläutert. In dem speziellen Tbeil werden zunächst die vorzugs- weise mit Elektrizität erfolgreich behandelten Krankheiten gruppenweise znsammengefasst und für jede einzelne die entsprechenden Behandlungs- methoden angegeben. Doch bat sich Verf. nicht allein auf das Gebiet der Neuropathologie beschränkt, sondern anch die geeigneten Fälle ans allen anderen Disziplinen (Chirurgie, Geburtshülfe, Augen-, Obren-, Kehlkopf- Krankheiten u. s. w.) zur Besprechung berangezogen. Den Schluss bildet ein sorgfältig bearbeitetes Sach- und Namenregister. Nicht minder verdienen volle Anerkennung die zahlreichen in den Text eingefügten vortrefflichen Abbildungen, die das Verständniss überall wesentlich fördern helfen. Das Buch bietet also dem praktischen Arzte, der sich mit Elektrotherapie beschäftigen will oder mnss, eine änsserst vollständige nnd übersichtliche Zusammenstellung alles dessen, was ihm in dieser Hinsicht zu wissen nothwendig und nützlich ist, und kann ihm daher mit Recht bestens empfohlen werden. Rb.

Organ der militär-wissenschaftlichen Vereine. Bd. 24. Heft 1.

Bd. 25. Heft 1 und 3. 1887.

I. Der Krieg im Winter. Vortrag von Oberstlientenant

Llmansky.

Ehedem ruhten die Waffen im Winter, die Truppen bezogen in besonders ausgesuchten Gegenden Quartiere. Die französische Revolution mit ihren Kriegen brachte auch in diese bequeme Gemächlichkeit Wandel. Von non an galt das Prinzip, den Gegner mit Aufbietung aller Kräfte, ohne Rücksicht auf die Jahreszeit, niederzowerfen und zum Frieden zn zwingen. Das erfordert unter Umständen Riesenopfer, wie Smolensk nnd Berezina, Sebastopol und die Balkanpässe beweisen. Aber der Neuzeit sind durch die Technik die Mittel zum Schutz und zugleich die Kräfte vervielfältigt. In drei Richtungen muss eine vorsorgliche Heeresleitung Schutz zu schaffen suchen gegen die Gefahren eines Winterfeldznges: 1) in zweckentsprechender Bekleidung; 2) kräftiger Nahrung; 3) im Unterstand während der Ruhe.

Für die richtige Verwendung der zur Verfügung gestellten Gegen- stände mnss vor Allem der Truppen -Offizier sorgen. Der Soldat verfällt bei anhaltenden Strapazen nnd Entbehrungen leicht in Apathie. Der Offizier muss daher dauernd 1) die Bekleionng überwachen, für

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BeonUang von Ohrenklappen, wollenen Socken nnd Handschnhen sorgen; 2) möglichst häufiges Abkochen ermöglichen, Genuss von Alkohol beschränken, von Kaffee nnd Tbee begünstigen; 3) auch bei unmittel- barer Fühlung mit dem Feinde die Truppen unter Dach nnd Fach zu bringen suchen. Bei der grossen Defensivkraft der heutigen Infanterie- waffen ist eine Ueberrnmpelnng nicht zu befürchten. Sind keine Ortschaften für die Unterkunft vorhanden, dann muss wenigstens auf Hätten oder Scbntzscbirme Bedacht genommen werden und vor Allem für Beschaffung von hinreichendem Fenernngsmaterial. Vedetten und Schildwachen müssen rechtzeitig abgelöst werden. gOer Kommandant soll von der Mehrzahl seiner Leute etwas weniger erwarten, als er selbst zu ertragen im Stande ist* Der Offizier muss sich aber auch selbst gesund erhalten. Gute Jucbtenstiefel, Wollwäscbe nnd Socken, ein Halstuch, Pelzbandschnbe, Leibbinde, eine Lagermütze nnd Decke müssen seine Friedens-Ausrüstung ereänzen.

Eine besondere Abhärtung im Frieden erscheint dem Redner nicht Dothwendig. Sie ergiebt sich durch den Dienst von selbst Dem Sanitäts-Offizier ist in diesem zeitgemässen Drama keine Rolle zngetbeilt

II. Ueber Antisepsis im Felde, Vortrag von Oberstabsarzt

Dr. Zinner.

III. Der Sonnenstich. Vortrag vom Regimentsarzt Dr. Jacoby.

Beide Vorträge bezwecken einem militärischen Zubörerkreise in populärer Form die grosse Bedeutnng ihres Gegenstandes für die Hygiene des Soldaten vor Augen zu führen.

Dr. Zinner betont besonders, dass der Sanitätssoldat und jeder, der kein aseptisches Verbandmaterial in Händen hat, die Wunde „allein lassen* soll, und zitirt zum Schluss aus einem Vortrage des General- stabsarztes Podratzky: „Dieser Antrag (sc. des rothen Kreuzes, den Regierungen die obligatorische Einführung der Antisepsis im Felde zu empfehlen) kommt um Vieles zu spät, bei uns in Oesterreich -Ungarn sowohl, als bei allen Militärstaaten Europas. Wir haben längst die SDsreichendste Vorsorge getroffen, dass die antiseptische Wundbehandlung ron den Hülfsplätzen angefangen, bis in die fernsten Spitäler des Hinterlandes durchgefuhrt werden könne. Die Prinzipien der Antisepsis sind längst ein Gemeingut aller Militärärzte geworden, nnd sie darin mehr und mehr zu vervollkommnen, ist das beständige Bestreben der Heeresleitung.“

Jacoby folgt in seinen theoretischen Deduktionen den An- Khanongen von Dr. F. Müller, die in dieser Zeitschrift (Jahrgang 1887, S. 452) von Hiller mit Recht angegriffen sind. Schon das Subsumiren ton Insolation, lokomotorischem und statischem Hitzschlag unter den einen Begriff; „Sonnenstich“ kann nur dazn beitragen, den Laien zu verwirren. Timann.

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Anleitung zu wiBsenschaftlicben Beobachtungen anf Reisen, in Einzelabhandlungen. Herausgegeben vonDr. 6. Nenmayer, Direktor der Deutschen Seewarte. 2. völlig nnigearbeitete und vermehrte Auflage. In 2 Bänden. Berlin bei Oppenheim 1888.

Bei der hervorragenden Betheilignng von Angehörigen der Armee an wissenschaftlichen Forschungsreisen, welche theils als Vorläufer, theils als Folgen der kolonialen Bestrebungen Deutschlands ansgefübrt und geplant werden, ist es der Redaktion eine angenehme Pflicht, auf ein Werk aufmerksam zu machen, dessen Studium bei der Vorbereitung xu solchen Elxpeditionen nicht übersehen werden darf. Für unseren Leser- kreis gewinnt dasselbe noch dadurch ein besonderes Interesse, dass Militärärzte von jeher gern Theilnehmer wissenschaftlicher Reisen gewesen sind: ich erinnere an Nachtigal, Link, Falkenstein, Wolf, Pauli. Ferner dadurch, dass den Marineärzten anf ihren zahlreichen Dienstreisen, sowie während des Aufenthaltes auf auswärtigen Stationen Gelegenheit zu wissenschaftlichen Beobachtungen und Erfahrungen gewährt ist, zu deren Ordnung und fnichtbarer Verwerthnng ihnen eine Anleitung wie die vorliegende nur willkommen sein kann. Die Zusammensetzung d^ Werkes aus Einzelabhandlnugen, welche der Feder der kompetentesten Bearbeiter entstammen, bürgt dafür, dass dem Suchenden in gedrängter Form die Summe dessen geboten wird, was dem heutigen Standpunkt des betreffenden Faches entspricht

Selbstredend kann es nicht die Aufgabe des Arztes sein, Beobachtungen in sämmtlichen Gebieten anznstellen, welche hier in Frage kommen. So enthält der I. Band die geographische Ortsbestimmung, topographische Aufnahme, Geologie, Erdmagnetismus, Meteorologie, Astronomie, Hydro- graphie und das Verkehrsleben der Völker. Der II. Band: die Landeskunde, Statistik, Heilkunde, Landwirthschaft, Botanik, Anthropologie (Virchow), Ethnographie (Bastian), Linguistik, Zoologie, mikroskopische und photo- graphische Technik (Fritsch). Die Aufführung der Kapitel zeigt, dass beide Bände dem Charakter nach verschieden angelegt sind, indem jener die allgemeinen, namentlich physikalischen Fächer, dieser diejenigen Beobachtungsreihen behandelt, welche die Erde als einen belebten und bewohnten Organismus kennzeichnen. Für den Mediziner, der sich an Forschungsreisen betheiligt, werden die Kapitel des II. Bandes fast aus- nahmslos Interesse bieten; ans denen des ersten Bandes wohl haupt- sächlich die Meteorologie und die Beobachtungen des Verkebrslebens.

Es ist für den Umfang eines Referates nicht möglich, anf Einzelheiten näher einzngehen, doch wird es als natürlich angesehen werden, wenn Ref. als Arzt das Kapitel über Heilkunde wenigstens streift. Ans der Feder des wohlbekannten Hygienikers Prof. Gärtner in Jena, der während seiner Beschäftigung als Stabsarzt der Marine auf umfangreichen Reisen Gelegenheit gefunden hat, die einschlägigen Verhältnisse fremder Völker und Zonen gründlich kennen zu lernen bietet dies Kapitel eine Reihe werthvoller Winke, von denen manche schon für Beobachtungen in der Heimath nutzbringend verwendet werden können. Verf. lenkt die Aufmerksamkeit zunächst anf anatomische, physiologische und pharma- kologische Beobachtungen; geht dann kurz auf die geographische Ver- breitung und Aetiologie der nicht infektiösen Krankheiten und der Haut- krankheiten über, um io dem für uns wichtigsten Tbeile seiner Arbeit die Infektionskrankheiten zu behandeln. Die Kenntniss der modernen

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Untersucbangsmethoden ist fär diese Stodieo nnerlässlich. Bin etwas zu kurz gerathener Hinweis anf Luft-, Wasser- und Bodenuntersuchungen, sowie ein Programm für die Gesammtanlage der medizinischen Be- obachtnngen schliessen das interessante Kapitel. Körting.

Jahrbuch für praktische Aerzte. Unter .Mitwirkung von Fach- gelehrten herausgegeben von Dr. Paul Outtmann. X. Band. Bericht über das Jahr 1886. Berlin, Hirschwald 1887.

Je mehr die Spezialisirnng innerhalb des weiten Reiches unserer Wissenschaft zur Noth Wendigkeit geworden ist, desto dringender wird der Wunsch nach übersichtlichen Zusammenstellungen des auf den Einzelgebieten alljährlich Geleisteten, zumal bei dem Militärarzt, welcher dienstlich verpflichtet ist, vorkominenden Falles auf allen Gebieten nicht nur theoretisch zu Hause zu sein, sondern auch praktisch zu handeln.

Nun giebt es Ja in Deutschland bereits genug derartige ,Jahr- bücher“, aber gerade die älteren und bewährteren haben durch das sonst recht anerkennenswerthe Streben nach Vollständigkeit allmälig ein immer unhandlicher werdendes Format angenommen und laufen überdies Gefahr, durch die Ueberfülle des Gebotenen ihren Zweck zu verfehlen.

Demgegenüber zeichnet sich das vorliegende Werk dadurch aus, dass es in einem Oktavband von 800 Seiten l^iglich praktisch Wichtiges enthält, wobei der ausländischen Litteratur das gleiche Recht eingeräumt wird, wie der einheimischen. Die Mitarbeiter, welche wohl absichtlich nur zu einem geringen Theil den eigentlichen Professorenkreisen ent- nommen sind, stehen offenbar mitten im praktischen Leben und haben daher auch diu Auswahl in glücklichster Weise getroffeu, ohne übrigens das Material so knapp zu bemessen, dass es nicht auch für litterarische Arbeiten eine genügende Grundlage zu bieten im Stande wäre.

Der Umstand, dass das Jahrbuch trotz einer scharfen Konkurrenz bereits den X. Jahrgang erreicht hat, dürfte allein schon für seine praktische Brauchbarkeit sprechen.

Sommerbrodt.

B. Leyden. Ueber Herzaffektionen bei der tabes dorsalis.

(Separatabdruck aus dem Centralbl. für klin. Medizin, 1887, No. 1.)

Während der innere Zusammenhang der ausser von Leyden auch von Anderen (O. Berger, O. Rosen bach) bei Tabischen beobachteten Klappenfehler (meist Insuffizienz der Aortenklappen) mit der Rücken- markskrankbeit fraglich erscheint, sind die bisher allerdings nur selten im Verlaufe der Tabes beobachteten Herzanfälle als Tbeilerscbeinung der Krankheit, analog den gastrischen, Laryngo- und Broncho-Krisen , auf- zufassen. Sie charakterisiren sich durch anfallsweise auftretende Beklemmung mit Angstgefühl und in der Herzgegend empfundene, nicht selten in den linken Arm ansstrahlende Schmerzen. Sie ähneln offenbar der angina pectoris und können daher auf eine neuralgische betheiligung des n. vagns bezogen werden.

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Die Untersucbangen von Oppenheim, welcher diesen Nerven in einem von heftigen gastrischen Krisen begleiteten Falle deutlich atropbirt fand, lassen die Vermathnng zu, dass Degeneration der Vagnsfasern nicht nur gastrische Krisen, sondern auch Herzznfälle hervorzurufen im Stande ist. Die vier genau mitgetheilten Fälle Lejden's sind dadurch ausgezeichnet, dass die Herzznßlle unabhängig von gastrischen Krisen auftraten. O.

E. Leyden. Beitrag zur Lehre von der Lokalisation im Gehirn.

Separatabdruck ans der Deutschen medizin. Wochenschrift 1887 No. 47.

Berlin und Leipzig 1887.

L. bespricht in einem im Verein für innere Medizin gehaltenen Vor- trage zwei auf seiner Klinik beobachtete Krankheitsfälle, welche verwerthet werden können für die Lehre von der Lokalisation im Gehirn. Bei dem ersten Patienten ergab die nach der ersten Aufnahme (Anfang 1886) vor- genommene Untersuchung beim Fehlen jeder Motilitäts- und Sensibilitäts- störnng eine nicht ganz komplete Hemianopsia homonym, sinistra; bei der zweiten Aufnahme (Mai 1^6) linksseitige Hemiplegie; Gesichtsfeld- prüfung bei dem benommenen Zustande des Pat. nicht möglich, opbthalm. deutliche nenritis opt. Die Diagnose des lokalen Sitzes des Leidens ist intra vitam nicht gestellt wurden. Die Sektion ergab einen , Tumor im Occipitallappen (sc. rechten, Ref.) , welcher einen grossen Theil des Hinterbau^appens und zwar wesentlich den basalen Theil einnimmt, so dass die Konvexitätsgroppe frei bleibt. Er durchsetzt die Mark- sobstanz und dringt von der basalen Fläche, sowohl medianwärts, wie basalwärts in die Kinde ein - Der zweite Fall gehört zur Groppe der Läsionen der motorischen Riodenzentren. Die Diagnose intra vitam lautete: Tumor in sulco centrali, sie basirte auf folgenden klinischen Er- scheinungen: linksseitige Hemiplegie, vom Bein anf die obere Extremität fortschreitend, klonische Zuckungen in den gelähmten Extremitäten, schliesslich epileptischer Anfall (Rindenepilepsie), vorübergehende Hemi- anopsie. Die Autopsie ergab einen Tumor im mittleren Theile der vorderen Zentralwindung. G.

H. Nothnagel und B. Naunyn. Ueberdie Lokalisation derGebirn- krankheiten. Mit 2 Doppeltafeln. Separatabdrnck ans den Ver- handlungen des VI. Kongresses für innere Medizin zu Wiesbaden 1887. Wiesbaden. Verlag von Bergmann. 1887. 56 S.

Wie im Allgemeinen die Referate über die anf den Kongressen für innere Medizin verhandelten Themata die beste Orientirung darüber geben, wie weit die zur Verhandlung und Diskussion gebrachten Fragen zur Zeit gefördert und abgeklärt sind, so finden wir auch in den beiden uns vorliegenden Referaten die Summe alles dessen zusammengestellt, was wir augenblicklich in der Lehre von der Lokalisation der Gebirn- krankheiten als gesicherten, wissenschaftlichen Besitz ansehen dürfen.

Beide Referenten halten sich in ausschliesslicher Berücksichtigung der Rindenerkrankungen und unter Anwendung der Methode der kleinsten Herde, d. h, möglichst eng umschriebener Läsionen, nur an das, was

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durch die Beobscbtang am kranken menschlichen Gehirn, durch die klinische and pathologisch-anatomische üntersnchnng bisher festgestellt werden konnte. Durch Erkrankungen der Hirnoberfläche traten nach Nothnagel ein: I. Störungen des Gesichtssinnes, sich äussemd in 1) Hemianopsie (—Blindheit in den homonymen, meist lateralen Gesichts- feldpartien), 2) vollständige Blindheit (—doppelseitige Hemianopsie zu- folge doppelseitiger Herde), 3) Seelenblindheit (verschieden von Wort- blindheit, diese kann bestehen, ohne dass gleichzeitig erstere vorhanden ist), d. h. die Aufnahme der Lichteindrücke als solcher besteht fort, nur vermag der Kranke die Retinaleindrücke nicht mehr zu deuten, da er der optischen Erinnerungsbilder verlustig gegangen ist, 4) Farbenblindheit (einige Male neben Seelenblindheit ermittelt), 5) subjektiven Licht- erscheinungen undballacinatorischenGesichtsvorstellnngen (Effekt irritativer Vorgänge in denjenigen Rindengebieten, deren andersartige Erkrankung sonst Hemianopsie und Seelenblindheit bedingt). Das Auftreten der genannten Sehstörungen als dauernde Ausfallserscheinungen ist aus- schliesslich an Erkrankung des Occipitallappens gebunden; Hemianopsie wird hervorgerufen durch umschriebene Herde des cuneus und der ersten Occipital Windung, da diese das optische Wabmebmungszentmm enthalten, Erkrankung der übrigen Occipitalrinde führt, da in ihr das optische Er- innerungsfeld liegt, zur Seelenblindheit.

II. Motorische Störungen als Folge von Läsionen der gyri cen- trales und des lobulos paracentralis ; (vom Medianspalt nach der Basis fortschreitend folgt auf das Feld für die obere Extremität das für die untere, darauf das für den facialis und bypoglossus, vom Paracentral- läppchen scheinen obere und untere Extremitäten gelähmt werden zu können). Die Vorstellung von der Lagerung des gelähmten Gliedes bleibt bei Rindenhemiplegie erhalten.

III. Lähmungen des sogenannten Mnskelsinnes (ohne gleich- zeitige motorische Lähmung). Die Atuie bedingt nicht gleichzeitig Störung der Hantsensibilität. Das Rindenfeld für den Mnskelsinn liegt im Scheitellappen.

IV. Sensibilitätsstörnngen (Ilypaesthesie, Hyperaesthesic). Viele der kortikalen Paralysen sind von solchen begleitet, dabei kann der Mnskelsinn intakt sein. Als Rindenfeld haben vielleicht die Parietal- windungen zu gelten.

Naunyn bespricht in seinem Korreferat die Lokalisation der sphatiscben Störungen in der Grossbirnrinde. Da maassgebende Autoren in wichtigen Punkten dieser Lehre im Gegensatz zu einander stehen, ihre weitere Entwickelung seit Wer nicke von sehr gewichtiger Seite (Kussmaul) angefochten wird, hat sich N. die Aufgabe gestellt, aus dem schon vorhandenen Material brauchbarer Sektionsfälle zu ent- scheiden, ob den apbatischen Störungen regelmässig die Läsion bestimmter Hirntheile zu Grande liegt, und welche Theile dies sind. Bei ausschliess- licher Berücksichtigung solcher Fälle, in denen Läsionen in den Gross- birnwindungen selbst oder in den diesen unmittelbar unterliegenden Tbeilen der Markstrahlung Vorlagen, findet er, dass drei grosse Gruppen von Apbasien zu unterscheiden sind: 1) motorische oder ataktische Apb. (die Kranken sind unfähig, die Worte zu bilden, eine Lähmung der Sprachmuskeln ist selbstverständlich ausgeschlossen); 2) sensorische Aph. oder Aph. mit Worttaubheit (trotz erhaltener Hörfähigkeit ist das Ver-

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ständniss für gesprochene Worte and Laote gestört); 3) unbestimmte Aph. (sie umfasst diejenigen Fälle, in welchen eine Störung wie ad 1 und 2 nicht vorliegt; sie sind unter sich sehr verschieden, einzelne sind Paraphasien [Verwechselung von Worten oder Silben], andere sind Am> nesien [Verlust des Wortgedächtnisses], andere endlich sind Grashey- sche Apbasien [die Dauer der Sinneseindröcke ist vermindert]).

N. hat aus der Oesammt-Litteratnr 71 Fälle (24 motorische, 18 sen- sorische [mit Worttaubheit], 36 unbestimmte 8 zählen doppelt) zu- sammenstellen können, bei welchen einerseits der Sektionsbefund brauch- bar war und andererseits die Krankheitsgeschichte wenigstens ausreicbte. zu bestimmen, welcher der 3 Gruppen sie angehörten. Erst das ein- gehendere Studium des Materials hat ihn von seiner früheren Abneigung, verschiedene Formen der Aphasie und eine über Brojca hinansgehende Lokalisation anzuerkenneo, abgebracht.

Das Ergebniss seiner Untersuchungen hat er in der Weise ver- wertbet, dass er in gleich grosse Quadrate einer schematischen Him- oberfläcben-Zeichnung die Nummern der betreffenden Fälle die mo- torische Aph. roth, die sensorische (akustische) blau, die unbestimmte schwarz eintrug, so dass sofort der Sitz der Läsion in den einzelnen Krankheitsfällen in die Augen fällt; fast alle derselben besetzen mehrere, manche sehr viele Quadrate. Schon der einfache Ueberblick über Tafel 1 zeigt die Lokalisation der motorischen Aphasie in der Gegend der Broca- schen Windung, der sensorischen in der Gegend des Schläfenlappens; die unbestimmten Aph. erscheinen zunächst über den ganzen Rand der fossa Sylvii zerstreut, am dichtesten stehen die schwarzen Zahlen indess eben- falls in der Gegend der unteren Stirn- und oberen Schläfenwindung. Auf einer zweiten dem Referat beigegebenen Tafel sind die Rindenfelder für die 3 Groppen in roth, blau, schwarz veranschaulicht. N. ist dabei so verfahren, dass er in Tafel 1 diejenigen Quadrate aufsuchte, welche besetzt sein müssen, damit alle Fälle von Aph. der betreffenden Form mit ihren Läsionen vertreten sind. Die so gewonnenen Bezirke stellen das Rindenfeld für die Aphasie dar. Es ergab sich, dass unter den 24 Fällen motorischer Aphasie sich kein einziger fand, bei welchem nicht die Broca'sche Windung und unter den 18 von sensorischer Aph. kein einziger, in welchem nicht die Wernicke’sche Windung verletzt war. Die Broca'sche und Wernicke'scbe Lehre finden somit ihre Bestätigung. Auch die Mehrzahl der unbestimmten Apbasien beruht auf Läsion der genannten beiden Windungen: 58 <’/s entfallen auf beide Rindenfelder, 30 o/o auf das Rindenfeld der motorischen, 33 «/o auf das der sensorischen Aph. allein. Für die Hälfte des Restes (etwa 40<>/o) ergiebt sich ein drittes Rindenfeld, nämlich da, wo der gyrus angularis in den Hinter- hanptslappen übergeht, nabe der Stelle für Hemianopsie oder Wortblind- beit. Das letzte Fünftel der unbestimmten Apbasien vertbeilt sich auf die Insel, den gyr. front. II, den gyr. snpramargin., d. b. auf die der Broca- schen und Wernicke'schen Windung sehr nahe gelegenen Stellen der Hirnoberfläche.

Den Schluss des Referates von N. bildet eine Zusammenstellnng der aus der Litteratur gesammelten 71 Fälle von den für die Lehre der Lokali- sation verwerthbaren Apbasien. G.

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Dr. Oppenheim. lieber das Wesen and den nosologischen Charakter der sich nach Eisenbabnunfällen entwickelnden Erkrankungen des Nervensystems. (Sep.-Abdr. ans Berliner irstlichee Korrespondensblatt. 1887. No. 5.)

Erichsen vertritt die Aaffassnng, dass der nach Eisenbahnanfällen sich entwickelnde manni^ache Symptomenkomplex seine Grundlage hat in roeningo-myelitischen Prozessen. Auch die Hirnsymptome sieht er als den Effekt eines vom Rückenmark auf das Gehirn sich fortpflanzenden Entzündungsvorganges an. Leyden und Erb tbeilen im Wesentlichen seinen Standpunkt, nur legen sie einen grösseren Werth auf das Moment des Shocks. Westphal spricht in vielen Fällen zerstreute myelitiscbe und encepbalitiscbe Herde für die Grundlage der Krankheitserscbeinungen an. Erst Rigler lenkte die Aufmerksamkeit auf die begleitenden eigen- thümlicben psychischen Anomalien hin, welche er unter dem Namen Siderodromophobie zusammenfasst und als Spinalirritation verbunden mit allgemeiner hysterischer Verstimmung definirt. Moeli betont, dass für einzelne Fälle die Bezeichnung Railway-spi ne unzutreffend sei, da die Symptome auf eine Seelenstöruug, auf eine Erkrankung des Gehirns hin- weisen. Walton gebt in dieser Anschauung noch weiter, er bezieht alle Symptome auf einen cerebralen Sitz der Krankheit und nennt dieselbe Railway-brain. Ihm scbliesst sich Page an, der die Aflektion als trau- matische Neurasthenie bezeichnet. Charcot endlich ist der Ansicht, dass die Railway-spine sich mit dem Begriff der Hysterie decke, ohne jedoch dem traumatischen Irresein jede Bedeutung abzusprechen; er sieht indess nicht in dem Trauma an sich, sondern in dem psychischen Shock, in dem Schreck das wesentliche ätiologische Agens.

Dem gegenüber hat sich bei Oppenheim auf Grund der Beobachtung zahlreicher Krankheitsfälle folgende Auffassung heransgebildet: Nur in einer Minderzahl von Fällen liegen materielle Veränderungen des centralen Nervensystems vor. Myelitis, Meningomyelitis spielen kaum eine Rolle, während Spinalblutnng, Erscbeinnngeii der Tabes, der Poliomyelitis nie- mals, an multiple Sklerose erinnernde Krankheitsbilder nur einige Male von ihm gesehen worden sind.

In den meisten Fällen ist nach O. die Krankheit als traumatische Psychose, traumatische Neurose oder Neuropsychose aufzufassen, entstanden entweder durch den psychischen Schreck allein (Charcot) oder in Ver- bindung mit der körperlichen Erschütterung. Das Trauma ruft oft erst durch Vermittelung der Psyche Lähmungserscbeinungen hervor. In vielen Fällen ist der Alkoholismus ein kunknrrirendes Moment für die Entstehung des Leidens. Auffallend häufig sind nervöse Herzbeschwerden, die sich später zu einem organischen Herzleiden (Dilatation beider Ventrikel) entwickeln können. G.

Dr. Herrn. Oppenheim: lieber Olivendegeneration bei Athero- matbose der basalen Hirnarterien. (Separatabdruck aus der Berl. klin. Wochenschr., 1887, No. 34.)

Den in der Litteratnr bereits niedergelegten Beobachtungen über Druckatropbie einzelner Tbeile des Hirns durch Anen^smen von Hirn- arterien (Lebert), speziell den über Drnckschwund in Folge Erweiterung der vertebralis und basilaris (Crnveilbier, Griesinger, Moeser)

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fügt O. drei neue hinza. Es war stets die Olive betroffen. Das Nene seiner Beobachtungen liegt darin, dass die StruktnrverSndernngen, welche durch' die atheromatös entartete und erweiterte vertebralis hervorgebracbt werden, manchmal erst durch eine genaue histologische Untersnchung festgestellt werden k5nnen. Nur in einem der drei Fälle konnte schon makroskopisch ans einer sichtbaren Depression auf eine Atrophie der Olive geschlossen werden. Im ersten und zweitenFalle hatten im Leben schwere bulbäre Symptome bestanden, im dritten, welcher auch anatomisch die ge- ringsten Veränderungen zeigte, waren erst in der letzten Zeit vor dem Tode Artikulations- und Deglntitionsbeschwerden hervorgetreten.

Prof. Dr. L. Brieger. Zur Eenntniss der Stoffwechselprod nkte des Cholerabazilins. (Sep.-Abdr. aus Berlin, klin. Wochenschrift. 1887. No. 44.)

Die schon in seiner ersten Publikation von Koch geänsserte An- sicht, dass die dem Choleraprozess eigenartigen Erscheinungen von giftigen Stoffwechselprodukten herrnhren, führten zu Versuchen, das wirksame Prinzip der Cholerabazillen zu isoliren: Pouchet und Villiers fanden ein die Herzthätigkeit schwächendes und schliesslich lähmendes, Nicati und Rietsch ein krampferregendes und temperaturhcrabsetzendes. Kleb 8 und Lange endlich neuerdings ein in geringer Dosis Mnskel- zittern, in grösserer Gabe heftige allgemeine Krämpfe und den Tod herbeiführendes Toxin.

Brieger fand ausser einem rothen und blauen Farbstoff, welche der Einwirkung von durch den Cholerabazilins prodnzirten Nitriten auf Indol ihre Entstehung verdanken (cf. Nachtrag), 1) Ptomaine, wie sie bei jedem Fänlnissprozess Vorkommen: Cadaverin, Putrescin, Cholin, 2) spezifische, allerdings nur in Spuren zu gewinnende Toxine: ei'SteDS ein möglicherweise dem Trimethylendiamin sehr nahe stehendes Diamin, zweitens ein bis dahin unbekanntes Toxin, welches, subkutan eingespritzt, Mäuse in einen lähmungsartigen Zustand versetzt, die Respiration und die Herzaktion verlangsamt, die Temperatur herabsetzt und schliesslich in 12 bis 24 Stunden den Tod herbeifuhrt.

- G.

Dr. Emil Rotter, Stabsarzt des Königl. Bayer. Inf.-Leibregts. Die persönliche Feldausrüstung des deutschen Offiziers, Sanitätsoffiziers und Militär beamten. 2. Anfl. München 1887. 15 Seiten.

Verf. hat sich der dankenswerthen Mühe unterzogen, das, was der Offizier, Sanitätsoffizier und Militärbeamte im Kriege nothwendig mit sich führen muss, übersichtlich geordnet zuaammenzustellen. Er ist dabei sehr gründlich zu Werke gegangen, es ist nicht das Geringste, auf den ersten Blick manchmal sorgar unwesentlich Erscheinende, vergessen. Er unterscheidet: I) was man bei sich bezw. umgehängt trägt, II) was an dem Sattel an- bezw. in dem Tornister unter- gebracht ist, III) was von dem Bedienten zu tragen, IV) was im Koffer mitzunehmen ist. Im Einzelnen wird der Eine dies, der Andere Jenes

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für Eberflässig halten, bezw. vermissen, was er fSr seinen Bedarf für Qoth wendig hält; speziell dürfte die angeführte medikamentöse Aus- stattung des Arztes nicht überall Billigung finden. Indessen sind dies subjektive Ansichten, welche dem praktischen Werthe der Arbeit, einen Anhalt für die zweckraässigste Feldausrüstung zu geben, keinen Ab- bruch thnn. Wir können die Beschaffung der Anleitung auch für das Manöver nur dringlichst empfehlen.

Goerlitz.

SlktheilnogeB.

Ans dem Inhalt der Archives de medecine et de pharmacie militaires. Band XI. Januar bis Juni 1888.

ä. 1. Train sanitaire permanent No. 1 de la Compagnie des cbemins de fer de l’Onest, par Ameline, Ingönienr etc. et Granjux, Med. maj. 1 cl.'^'')

Die Mehrzahl der bekannten Lazarethzüge sind eigens für den Zweck des Verwundetentransportes konstrnirt und können im Frieden nicht zu anderen Zwecken benutzt werden. Sie sind thener, verrotten leicht in den Magazinen und gewähren daher keine Sicherheit sofortiger Oebrauchs- fähigkeit im Falle eines Krieges. Die französische Heeresverwaltung wünschte diese Missstände zu vermeiden und berief daher 188ü eine Kom- mission, der die Aufgabe gestellt wurde, das russische, deutsche, öster- reichische sowie verschiedene französischerseits vorgeschlagene Systeme zu probiren und danach das beste festznstellen. Die Kommission bestand onter dem Vorsitz eines Sous-Intendanten ans 2 Militärärzten nnd machte mit den verschieden eingerichteten Waggons eine Reihe von Fahrten zwischen Paris nnd Brest mit 45 60 km Schnelligkeit in der Stunde. 39 Mann verschiedener Waffengattungen waren zu dem Versuch komman- dirt. Der vorliegende Bericht beschreibt die versuchten Systeme und bildet sie auf einer Reihe sorgfältig ansgeführter Tafeln ab. Br ist da- durch besonders lehrreich. Kein System befriedigte. Dem deutschen wird speziell der meines Erachtens rein theoretische Vorwurf gemacht, dass es schwierig einznrichten nnd auf einen bestimmten, nicht überall vorhandenen Wagentypus zngeschnitten sei. Ausserdem schützt es zu wenig vor horizontalen und vertikalen Scbwanknngeu , wird leicht be- schädigt nnd sichert die Tragen nicht vor häufigem Fallen (? Ref.)

Am 17. Juni 1881 wurde deshalb die genannte Eisenbahngesellschaft ersucht, im Vereine mit einer anderen Kommission eine allseitig genügende Konstruktion festznstellen. Die in Folge dessen vorgenommenen Versuche

*) Cf. Deutsche militärärztl. Zeitscbr. 1886, S. 32.

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und Erwägnngen danerten mehrere Jahre; erst im November 1884 wurde ein Programm vorgelegt, welches die Billigung der obersten Militär- Eisenbahn -Behörde erhielt. Die wichtigsten Punkte desselben waren folgende :

1) Keine Aufhängung von Tragen genügt für weitere Entfernnugen. Die snr Verminderung der Fahr-Erscbütterungen erforderliche Elasticität muss vielmehr in erster Linie durch die Aufhängung des Waggons selbst bewerkstelligt werden.*)

2) Auf den Wagen sollen nicht mehr wie 8 Verwundete gerechnet nnd so gelagert werden, dass sie sieb bequem aufrichten können und der Arst sie verbinden kann, ohne in zu lästiger Körperhaltung verharren zu müssen.

3) Kommunikation zwischen den Wagen,

4) Ventilation und Erleuchtung,

5) Heizung bieten nichts Bemerkenswerthes.

6) Der Fussboden ist mit Linoleum zu belegen, sowohl aus Rein- lichkeitsrücksicbten, als um die Spalten im Boden zu verdecken.

Das Programm umfasst ausserdem die Einrichtung der nicht für Verwundete bestimmten Wagen nnd bietet hier manche interessanten Einzelheiten, die aus Raummangel im Referat übergangen werden.

Bis zum Juli 1887 wurde nach den skizzirten Gesichtspunkten und mit Hülfe von 60CKK) Fr., die seitens des Kriegsministeriums hierzu be- willigt waren, von der Compagnie de l’Ooest ein Lazaretbzug anfgestellt, der folgende Zusammensetzung bot:

Am Anfang nnd Ende ein Vorraths- bezw. Wäsche-Wagen ohne Verbindung mit den anderen.

Dazwischen 21 kommunizirende Wagen, sämmtlich aus Güterwagen hergestellt, in dieser Zahl 16 Krankenwagen. Bei diesen, wie bei den Wagen für das Personal wurden die gewöhnlichen, in den Grenzen von 8,8 cm spielenden Federe durch solche von 9 cm Spielraum ersetzt. Die Kommunikation zwischen den Wagen war durch Stirnthüren mit Fall- brücken gesichert, im Uebrigen blieben für den ärztlichen und administra- tiven Hauptverkehr an den Aufenthaltsorten die Thüren der Längsseiten in Benutzung.

Ventilation und Erleuchtung geschieht durch eine grosse Laterne auf der Mitte des Waggons, deren vier Seiten mit Glasjalousieen versehen sind; ferner dnreh Jalousie-Einsätze in den Stirn- und Längsthüren.

Im Wagenboden ist eine Klappe angebracht, durch welche Abgänge entfernt werden können.

Die Heizung wird durch kleine eiserne Mantelöfen vermittelt, welche reine Luft unter dem Wagen aiisaugen und an den Innenraum abgebeu. Da sie ihren Platz vor den Läiigstbnren haben, so ist auf Vorkehrungen Bedacht genommen, welche gestatten, sie auf die entgegengesetze Lang- seite zu setzen, wenn dies beim Einladen etc. erforderlich wird. Eine Einrichtung, die man nicht als sehr vollkommen erachten kann.

Jeder Wagen trägt aussen ein weisses Schild mit dem Genfer Kreuz und der Bezeichnung des Zuges. In der Friedensbenutzung als Güter- wagen trägt jenes Schild die Worte: „Ne doit pas sortir du reseau Ouest*.

•) Ein Prinzip, welches in Doutsehlanil seit langem bekannt und für die Aptining von Güterwagen /.um Verwundetentransport in Gebrauch ist. Unsre.s Wissens zuerst von Schmidt in Ludwigshafen vorgeschlageu.

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Dies erlaobt im Mobilmachaogsfalle, die designirten Wagen sehr schnell za vereinigen.

In den Krankenwagen weicht die Unterbringung der Lagerstellen völlig von jeder bisher bekannten Konstruktion ab. Es ruhen nämlich je 2 Tragen übereinander in einem Gerüst, dessen Füsse frei auf dem Wagenboden und zwar auf mehrfachen Lagen von Teppichplüsch stehen, der Erschütterungen besser abbalten soll, als Kautschoklager und federnde Füsse. Die Gerüste mit je 2 Tragen sind frei beweglich und bieten so den Vorzug, dass der Arzt unter Umständen von jeder Seite an die Lager- stätten berangelangen kann. Die Bettstatt besteht aus einem 19.5 cm langen, 6G,5 cm breiten Holzrabmen, der mit gekreuzten Gurten bespannt ist und an seinen (senkrecht gestellten) Längeträgern je 2 kräftige Seil- griffe, sowie Oesen zum Anstecken einer kleinen Tischplatte trägt. Die Befestigung der Betttragen in den Gerüsten ist keine federnde. Das eigentliche Lager wird durch eine Wollmatratze von 175 cm Länge, 75 cm Breite, ein Kopfkissen, 2 Decken und die nöthige Wäsche gebildet. Zwischen den Gerüsten sind an der Waggondecke Netze angebracht, welche zur Aufnahme der Kleidungsstücke und Tornister der Leute dienen.

Die Arzt-, Verwaltungs-, Küchen- etc. Wagen bieten keine prinzipiellen Abweichungen bekannter Typen.

Am 4. Juli 1887 wurde der Lazaretbzug zwischen Paris und Havre probirt. Mödecin Major Granjnx war Chefarzt, 30Infirmiers verrichteten den Dienst der Krankenträger, 88 Infanteristen stellten die Verwundeten dar. Das Ein- und Ausladen geschah durch die Tbüren an den Längs- seiten; die Betttrage war hierzu herausgebracht, Umladung im Wagen also vermieden. Lagerung, Ventilation und Erleuchtung erwiesen sich als vollkommen, die Vertheilnng des Eissens, namentlich der flüssigen Nahrungs- mittel, ging während der Fahrt nicht so glatt von statten, wie auf den Halten.

In Frankreich wird der beschriebene Lazaretbzug als ein bedeutender Fortschritt gegenüber anders gebränchlicben Konstruktionen angesehen. Die Erschütterungen während der E'abrt waren zwar nicht völlig auf- gehoben; dies zu erreichen, wird aber nach den grundlegenden Versuchen für unmöglich erklärt.

8. 71. Les militaires alienös k l’asile de Marseille, par Aulin.

Am häufigsten wurde bei Soldaten Scbwermnth mit Stupor beobachtet, oft war Alkobolismus als ursächliches Moment festznstellen. Geistige Schwäche trat besonders bei Militärsträflingen in den Vordergrund. Ihr Vorhandensein Hess sich nicht selten bis über den Beginn der Geistes- krankheit hinaus verfolgen. Paralyse war bei Gemeinen selten, dominirte dagegen bei Offizieren; auch bei diesen wurde der Einfluss des Miss- brauches geistiger Getränke verhältnissmässig häufig erwiesen.

S. 77. L’hopital militaire de Varsovie. Eine neue Ilospital- einrichtung in alten Gebäuden, mit Zelten und Baracken für den Sommer- gebraucb. Im Frieden auf 900 Kranke berechnet, soll es im Kriege bis zu 2000 anfnehmen können. Besondere Räume sind bestimmt 1) für kranke Offiziere; 2) für Geisteskranke; 3) für Offiziersdamen, welche dort umsonst verpflegt werden und sogar Entbindungen abwarten können. Die Damen liegen zu 3 bis 4 in einem Zimmer. Den Pflegedienst ver- sehen 22 Laiendamen vom rothen Kreuz. Diese Vereinigung ergänzt

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sich aas jangen Frauen und Mädchen, welche 6 Jahre hintereinander medizinischen und chirurgischen Uebnngen obliegen und die Aerxte nicht allein unterstützen, sondern sogar vertreten sollen sicherlich eine der wunderlichsten Blüthen, die der Sport der weiblichen Krankenpflege ge- trieben hat! Im Kriege sollen diese weiblichen Medicochirurgen haupt- sächlich zur Anleitung freiwilliger Pflegerinnen dienen. |

S. 240. Cystite simulee, par Dumas. Militärsträfling, wegen ^ Blutharnens ins Lazaretb genommen. Urin leicht blutig, ohne sonstige Beimischungen als einen schleimigen Satz. Im Verlauf der Beobachtung ergab sich, dass Patient täglich Blut vom Zahnfleisch durch einen in seinem Besitz befindlichen elastischen Katheter in seine Harnblase einblies. 1 Die Entdeckung wurde durch Katheterismus herbeigeföhrt. !

S. 264. Procädä pour reconnaitre la Simulation de 1' Amau- rose et de 1' Amblyopie monoculaires, par Michand. Rothe Schrift auf weissem Papier wird durch ein rothes Glas nicht gesehen. Bringt man bei behaupteter einseitiger Blindheit oder Sehschwäche ein rothes Glas vor das gesunde Auge und lässt rothe Schrift betrachten, so ist die- selbe im Falle ihrer Entzifferung durch das angeblich amblyopische Auge | gesehen. Um dem Einwand zuvorzukommen, dass überhanpt nichts geseheu wird, und die Aufmerksamkeit des zu Prüfenden von demllotb der Schrift abzulenken, hat Verf. mehrfarbige Buchstaben derart zusammengestellt, dass | nach Ausfall der rothen Scbrifttheile ein anderes Wort entsteht, als mit denselben. Ein deutsches Beispiel: Wird in dem Wort FELLE das F und, soweit erforderlich, der untere'.Qnerstrich des ersten L zinnoberrotb dargestellt, der übrige Theil des Wortes aber in schwarz, grün, blau, braun (nicht gelb), so erscheint dem gesunden Auge durch ein rothes Glas das Wort EILK Liest der Untersuchte „FELLE“, so kann dies nur mit dem andern, angeblich amaurotischen oder amblyopischen Auge geschehen sein. Für Analphabeten treten mehrfarbige Punktgruppeu au die Stelle der Buchstaben; durch die Grössen-Abstufong der letztereu lässt sich bei der Prüfung gleichzeitig ein Schluss auf die Sehschärfe des angeblich minderwertbigen Auges machen. Die Täuschung des Unter- suchten wird noch vollständiger, wenn man ihm gleichzeitig ein grüne« |

Glas vor das angeblich schlechte Auge hält. Das Farbennnterscheiaungs- | vermögen des letzteren hört dann völlig auf; sieht das Auge, so wird ' Alles angegeben, was auf der Probetafel steht; sieht es nicht, so bleiben die rothen Zeichen verschwiegen. Dann liest eben nur das gesunde Auge, j und diesem verschwinden durch das rothe Glas die rothen Schrifttbeile. |

S. 38 und 467. Des pansements cn Chirurgie d'armde, par Redon.

Eine ausführliche, höchst leseiiswerthe Studie über den antiseptiscbeu I Verband im Feldlazareth und Sanitätsdetachement, sowie über die Ver- sorgung in der ersten Linie, in specie über das Verbandpäckchen. Beide« Fragen, die in der französischen Armee noch nicht endgültig regle- mentarisch gelöst sind.

Für den Verband auf dem Hauptverbandplatz und im Feldlazareth | ist, um nicht Zeit zu verlieren, die Mitnahme fertig präformirter Ver- bände unbedingtes Erforderniss. Dieselben sollen nach einem einbeii- | liehen Modell gemacht sein, sicher antiseptisch wirken und ein besonder«

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grosses Absorptioosvermögen für Flüssigkeiten besitzen.'* **)'') Ferner ist zn verlangen ein sicherer Wnndabschluss, eine schmiegsame impermeable Schicht, geringes Voinmen bei genügendem Umfange, leichte Verwendbarkeit, Transportfäbigkeit und geringer Preis. Diesen 10 Forderungen genügt nach der Ansicht des Herrn Verf. von den bekannten bezw. in Armeen eingefübrten Verbänden keiner, wohl aber der von ihm in Vorschlag gebrachte Kriegsverband. Derselbe besteht ans einer komprimirten und mit Sublimat getränkten Toi^latte von 1.0 cm im Quadrat bei 1 cm Dicke. Eine ihrer Flächen ist mit Sublimatmnll überzogen, die andere mit un- durchlässigem Stoff, der den Rand etwas überragt Die Platten werden zu 20 und 40 Stück übereinanderliegend verpackt, jede von der andern durch ein Blatt Sublimatpapier getrennt Die Packete ihrerseits sind in undurchlässiges Papier eingeschlagen und nochmals konmrimirt, so -dass 1. B. 40 Verbände einen Würfel von 30 cm Länge und Breite bei 15 cm Höhe darstellen. Jede Platte soll für einen Verband mittleren Umfanges genügen, die Vereinigung mehrerer für grosse Wunden bietet keine Schwierigkeiten. Die Applikation ist trocken gedacht, die Entfernung durch den der Wunde zunächst anliegenden Sublimatmnll leicht und voll- kommen. Der Preis stellt sich im Grossen für die Platte auf noch nicht 10 Centimes.

Interessanter für uns ist der zweite Theil der Abhandlung Redon’s, welcher das Verbandpäckchen des Soldaten behandelt. Zunächst werden alle Gründe aulgezäblt und bestritten, welche gegen die Mitgabe des Päckchens geltend gemacht worden sind.*'*'^)

Diese Gründe sind folgende:

1) Das Päckchen ist für den Mann mali ominis', weil es ihn für einen Zustand vorbereiten soll, an den er nicht gern denkt.

2) Es wird zn Allem andern eher verwandt werden, als zn seinem eigentlichen Zweck.

3) Es ist nicht voranszusetzen , dass der verwundete Soldat im Gefecht die Ueberlegung bat, an seinen Verband durch eigene Kraft zn denken.

4) Die Verzögerung des ersten Verbandes bis zur Ankunft auf dem Verbandplätze hat um so weniger etwas zu bedeuten, als wir dies bei Verletzungen im bürgerlichen Leben ohne Schaden für die Wunde all- täglich sehen.

5) Zwei Drittel der Verwundeten sind im Stande, sich selbst zum Arzt zn begeben, bedürfen also keiner Selbsthülfe.

6) Der Verwundete wird seine Wunde beschmutzen, wenn er sie mit den eigenen, niemals sauberen Händen anrübrt.

7) Die Krankenträger sollen nur ganz ausnahmsweise Verbände an- legen und führen dazu geeignetes Material mit sich.

8) Ein durch den Verwundeten selbst angelegter Verband wird nie ordenüich sitzen;

9) kann daher gefährlich sein.

10) Das Päckchen ist eine vermeidbare Mehrbelastung des Mannes;

*) Bekanntlich auch Langenbuch's Forderung nach den Erfahrungen iui setbisch-bulgarischen Kriege, cf. Deutsche militärärztl. Zeitschr. 1887. S. 340.

**) Wer »ich fOr die Frage näher interessirt, findet eie in unsrer Ze itechrift mehrfach gewürdigt. .So 1886 S. 45 und 399; 188C S. 125, 291 und 355; 1887 S. 14Ü.

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11) ausserdem, wie aas den früheren Ein würfen erhellt, eine Ver- geadang von Staatsmitteln.

12) Anch der Vorschlag, das Material für mehrere Leate durch einen fortbringen za lassen, ist unpraktisch, weil dann die Gefahr drohend wäre, dass dasselbe im Moment des Gebraacbes nicht zur Stelle ist.

Gründe für das Verbandpäckchen:

1) Dringlichkeit der Hülfe in gewissen Fällen, besonders bei Blatangen oder grosser Schmerzhaftigkeit der Wunde an der Luft.

2) Unvermeidliche Verzögerung des ersten ordentlichen Verbandes durch technische Kräfte.

3) Abwesenheit von Sanitätspersonal bei kleinen Unternehmungen, Patronillengängen etc. Grade hier wird nicht sowohl die eigene Verband- thätigkeit der Verwundeten, als besonders die Hülfe der Kameraden (Samariterinstraktion für Offiziere and Mannschaften) and der Hülfs- krankenträger in Änspracb genommen werden.

4) Unvermeidlicher Mangel an Verbandmaterial in der ersten Linie bei namhaftem Zasammenstromen von Verwundeten.

5) Zeit-, Platz- and Personalersparniss , welche den schwerer Ver- wundeten zu gute kommen würde.

6) Erleichterung des Dienstes für den Militärarzt, der ein gewisses Quantum von Verbandstoffen überall findet.

7) Verminderung des Trosses beim Heere durch Einzelvertbeilnng eines in seiner Gesammtheit grossen Materiales. '’‘^)

8) Die Meinung kriegserfahrener Militärärzte.

Wird Sorge getragen, dass das Päckchen genügendes Material für einen mittleren Wandverband enthält, seine antiseptiscbe Beschaffenheit sicher bewahrt und zuvörderst durch den Arzt angewandt werden soll, so dürfte nach Verf. die Beibehaltung bezw. Einführung desselben nirgends mehr Widerspruch begegnen.

Das Verbandpäckchen der deutschen Kriegs-Sanitäts-Ordnung erfüllt nach Ansicht des Verf. seinen Zweck sehr ungenügend, weil es keinen ordentlich aufsaugenden Bestandtheil enthält und unzureichend verschlossen ist. Redon bringt ein Modell in Vorschlag, welches ans einer der oben beschriebenen Torfplatten von 14 cm Länge, 12 cm Breite, 1 cm Dicke besteht. Dazu kommt eine Sublimatmallkompresse, eine 3,5 m lange, 5 cm breite Binde von appretirter Sublimatgaze und eine Sicherheitsnadel. Alles in Pergamentpapier geschlagen und in ein Stück wasserdichten Stoffes ein- geklebt. Durch letztere Hülle läuft ein Faden, mittels dessen sie schnell anfgerissen werden kann. Das Päckchen kostet 33 Centimes.

Der Raum verbot leider, auf die interessanten Ausführungen Redon 's auch kritisch einzugehen, obgleich meines Erachtens die Ein wände Delorme's und Nimier’s gegen das Verbandpäckchen, denen ich beistimme, keineswegs widerlegt sind. Immerhin sind die Studien des Verf. sehr wichtig. Die Frage nach der Verwendung von Verbandstoffen, welche stärker auf- saugen als Mull und namentlich Watte, ist nach den neuesten Erfahrungen eine recht wichtige geworden. Es wird in späteren Feldzügen eine dankens- werthe Aufgabe der freiwilligen Hülfstbatigkeit sein, durch derartiges Material die Feldärzte wirksam zu unterstützen. Körting.

*) Vetgl. Deutsche militärSrztl. Zeitschr. 1881 S. 373 in der Arbeit des Referenten über Erankcnträgerausbildung.

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Die darch das Geschoss des Lebelgewehres erzeagten Ver- woDdnngeD.

In der Sitzung der Pariser Akademie der Medizin vom 29. Mai d. Js. berichtete Delorme auf Grund zahlreicher Versuche, dass, abgesehen von unwesentlichen und nebensächlichen Unterschieden, das 8 mm Geschoss des Lebelgewebrs ähnliche Wirkungen wie das 11 mm Gewehr erzeuge. Ein- und AusschussöfFhungen der Weicbtheilschüsse bieten die gewöhnlichen charakteristischen Anzeichen dar. Die Ein- schussöffnung wird mit abnehmender Geschwindigkeit des Geschosses kleiner, mit zunehmender Geschwindigkeit grösser. Der Durchmesser der Ausschnssöffnung ist etwas grösser als der der Einschussöffnung. Auf Entfernungen, die 300m nicht übersteigen, besonders aber auf eine Entfernung von 200 m und noch weniger, kann man explosive Wirkungen beobachten ; an den Knochen konstatirt man sämmtliche typische Verletzungen, wie sie das Geschoss des Grasgewebres erzeugt; aber entgegengesetzt der beim Grasgewebr gemachten Beobachtung sieht man, dass diese Schussfrakturen schlechterdings nicht mehr durch das direkte Anftreffen des Geschosses voll auf den Knochen entstanden sind; viel- mehr sind die Frakturen durch tangential den Knochen treffende Geschosse erzeugt. Da die Geschosse von 8 mm sich bei diesem Auf- treffen nicht deformiren, wie das bei den Geschossen des Grasgewebres der Fall war, so können weder die Dimensionen noch das sonstige Aussehen der Ansschussöffnangen als Stützpunkte für die Diagnose einer solchen Schussfraktnr dienen, znmal letztere häufig ohne Dislokation von Knochensplittern Vorkommen.

Die kurzen Knochen werden durch das neue Geschoss durchschlagen, gefurcht, ausgezackt wie durch das alte; in gleicher Weise zeigen die platten Knochen die gleichen Verletzungen wie früher.

Um die Durchschlagskraft des 8 mm Geschosses kennen zu lernen, wurden hintereinander drei Geschosse mit voller Ladung gegen eine 65 cm im Durchmesser haltende Pappel abgefeuert (Distanz?). Die erste Kugel blieb im Baum stecken, die beiden anderen darcbschlugen den Stamm. Unmittelbar nach dem Einschlagen des ersten im Stamm steckenbleibenden Geschosses bemerkte man ans der Einschussöffnung das Hervortreten und ^ringen von grossen Luftblasen, was bei den Scbnsskanälen der die Pappel durchschlagen habenden Geschosse nicht bemerkt wurde. Diese Luftentwickelung scheint darauf hinzudenten, dass das erste Geschoss eine gewisse Luftmenge vor sich her getrieben batte (und in den Stamm hinein? Das ist wohl nicht gut denkbar! Vor allen Dingen scheint hieraus hervorzugehen, dass das 8 mm Geschoss härter bleibt wie das frühere, womit seine knochenzerschmetternde Kraft zunehmen müsste. Es stimmt das mit der Thatsache, dass schon tan^ntial den Knochen treffende Geschosse Schnssfraktnren erzeugen. Ref.)

(Nach Sem.-Med. No. 22.) Villaret.

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Das ueae Verbandpäckchen der österreichischen Armee ist 7 cm lang, 3 breit. Es enthält in Pergamentpapier: eine Jodoform-Moll- kompresse von 15 an 20 cm; eine Kalikotkompresse; eine anfgeroUte 2 m lange Binde mit Sicherheitsnadel, 4 g entfettete Watte und ein Stack undarchlässigen Stoffes. Das Gewicht beträgt etwa 25 g. Körting.

Inmitten der vielen Kongresse mit mehr oder weniger motivirtem Vordergründe und der immer mehr sich geltendmachenden ,KoDgre« müdigkeit“ war es wirklich eine herz- und geisterfrischende Erscheinang, wie io den an das Pfingstfest anschliessenden Tagen in Berlin eia „Kongress*^ zusammentrat, welcher nar sich selbst Zweck war and keinen anderen, aber auch keinen geringeren Grund hatte, als die Pflege und Wiederauffrischung alter Freundschaft und Kameradschaft, deren Band vor nunmehr 20 Jahren die Mitglieder desselben umschlossen hatte. Das nunmehr 42, Semester der ehemaligen Stndirenden der militär- ärztlichen Bildungsanstalten, soweit dieselben in die Armee über. gegangen sind, hatte sich versammelt, um sein 20jähriges Studien- Jubiläam zu feiern. Auf Einladung der drei in Berlin stehenden Stabsärzte Timann, Werner und Nicolai waren von den 16 Mitgliedern des Semesters 11 am 22. Mai erschienen.

Die Begrüssung in einem besonderen Zimmer des bekannten Bier- hanses Siechen, diese Freude des Wiedersehens lässt sich kaum be- schreiben! Theilweise ans weiter Ferne, von Strassbnrg i. E. (St.-A. Wald), Jena (Prof. Gaertner), Gleiwitz (Kr.-W.-A. Hoppe), Rügen ^r. A. Dr. Meyer), Flensburg (Kr.-Phys. Barnick), Janer (St.-A. Kiesewetter), Zelle (St.-A. Hüsker), von den Näheren, aus Spandau (St.-A. Ruprecht) und anderen Orten waren die Kollegen und Jugend- freunde erschienen. Welch ein Wiedersehen! Vor ^ Jahren junge Studenten mit frohem Sinn und leichter Tasche, jetzt gereifte Männer, mitten im Leben stehend, in Amt und Würden, ehrbare Philister. Aber das Herz war noch ebenso jung wie damals, als im Jahre 1867 das liebe alte Haus in der Friedrichstrasse sie in seine ehrwürdigen Hallen auf- nahml

Am zweiten Kongresstage wurde beim Frühschoppen eine Photogr^hie anfgenommen (in situ), am Nachmittage vereinte ein gemeinsames Fest- mahl die alten Kameraden. Am dritten Tage wurde zum Schlüsse der Feier eine gemeinsame Partie mit den anwesenden Gattinnen und mit alten Freunden des Semesters unternommen, welche in heiterster Stimmung verlief und mit dem allseitigen Wunsche endete, dass zur Feier des 50. Semesters wieder eine ebensolche Zusammenkunft veranstaltet werden möge.

Dieser Wunsch wurde zum einzigen Beschluss erhoben und wir wollen hoffen, dass auch zu dieser Feier die sämmtlichen Mitglieder des Semesters in der Lage sind, zu erscheinen. N.

Utfdnickt in der Königlichen Hofbachdmckerfi von E. S. Mittler Jt Sohn, Berlin, Eochetr 68—70.

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Deutsche

Militärärztliche Zeitschrift.

R«d*ction:

Dr. 91. Generalarzt,

Berlin, Tnabenstrasee 6,

n. Dr. e^rnfai#, Stabsarzt,

Berlin, KeUer Frans Grefisdier-Platz 11/12.

MonatUcb enckeint ein Heft ron mindeeteoe 3 Druckbogen; dazu ein MAmtlichee Beiblatt**. Der ZeiUehrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte aof dem Gebiet« dee MiliUr* Saaitlte-Weeena**, heransgegeben vom Generalarzt Dr. Roth, nnentgeltlich beigegeben. Bestellnng nehmen alle Posttmter ond Bnchbandlongen an. Preis des Jahrgangs 16 MarL

XVII. Jahrgang. 1888. Heft 8.

Verlag:

f. §. ^mitr & Königliche Hofbnchhandlnng,

Berlin, Kochstnsee 68— 70.

lieber den antiseptischen Werth des Creolins nnd Bemerkungen über die Giftwirknng antiseptischer Mittel.

Von

Stabsarzt Dr. Behring.

(Ans dem pharmakologischen Institut der Universität Bonn.)

Das Creolin vereinigt nach Angabe kompetenter Untersacher zwei Eigenschaften, welche bisher bei einem Mittel noch nicht zusammen gefunden sind; es soll ein Antiseptikum und Desinfiziens ersten Ranges nnd dabei absolnt ungiftig sein.

Nach E. V. Esmarch*) übertrifft das Creolin die Karbolsäure an desinfizirender Wirksamkeit, und nnr in künstlichen Faulflüssigkeiten fand er die letztere überlegen. Eisenberg**) bestätigte die Angaben von Esmarch nnd hob noch besonders die sehr bedeutende entwickelungs- bemmende Wirkung des Creolins hervor. Dieselbe sei gegenüber den Milcbrandorganismen schon bei 1 : 15 000 zn beobachten.

Auf Ornnd dieser Angaben und auf Grund des Nachweises der Ungiftigkeit des Creolins durch Fröhner***) ist dasselbe auch für die Wandbehandlnng und für die interne Therapie warm empfohlen worden.

*) E. V. Esmarch .Das Creolin“. Ceotralblatt für Bakteriologie und l’arasitenkunde. 1887. II. Band, No. 10 und 11.

*•) James Eiseiiberg: Wiener medizin. Woebenschrift. 1888. No. 17, 18 und 19. .Ueber die desinfizirendc Wirkung und praktische Anweudungsweise des Creolins“.

*•*) Prof. Fröhner: „Ueber das Creolin“. Arch. für wissensehaftl. u. prakt. Thierheilkunde 1887 No. H, und „Lcbrbucb der tliierärzll. Arzneimittellehre“. 1888.

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Die Richtigkeit aller jener Angaben ist nicht za bezweifeln, and trotzdem könnte es ein folgenschwerer Trrtharo werden, wenn man sich aaf die desinfizirenden und antiseptischen Eigenschaften des Creolins auch für solche Verhältnisse verlassen wollte, wie sie z. B. in der Waudbehandlnng vorliegen.

Alle jene Zahlen, welche den hohen antiseptischen Werth des Creolins illastriren sollen, gelten nämlich nur für solche Fälle, in denen das Creolin in einem eiweissfreien Medium zur Wirkang gelangt.

Es treffen ja für einzelne Mittel, wie für die Karbolsäure, die Grenz- werthe für die antiseptische Leistangsfähigkeit in eiweisshaltigen and eiweissfreien Nährböden nahe zusammen; für die meisten Antiseptika haben sich jedoch sehr beträchtliche Unterschiede in dieser Beziehung heraasgestellt; ich habe z. B. für das Sublimat gefunden, dass die entwickelungshemmende Fähigkeit desselben im Blatseram etwa 40 mal geringer ist,'’*') als in Peptongelatine and in Boailion, in welchen Nähr- Substraten bekanntlich keine durch Hitze koagulirbaren Eiweisskörper vorhanden sind, and habe ganz besonders auch darauf bingewiesen, dass diese Verringerang der entwickelangshemmenden Wirkang nicht etwa auf die Unlöslichkeit des Sublimats im Blatseram and auf die Bildung von Niederschlägen zorückzuführen sei.

Es lag nan nahe, zu untersuchen, welches der antiseptische Werth des Creolins in eiweisshaltigen Flüssigkeiten ist, speziell in Flüssigkeiten von der Zusammensetzaug des Blutserums, des Blotes and der Wundsekrete.

Eine besondere Veranlassung zu einer solchen Untersuchung ergab sich noch aus dem Umstande, dass in jüngster Zeit auch in den Garnisonlazarethen das Creolin ausgedehnte Anwendung findet, and dass ich bei Verwendung eines aus der Verbandmittelreserve in Cobleuz bezogenen Präparats Ursache fand , Zweifel an der gerühmten Des- infektionskraft des Creolins za hegen. .

Zar schnellen Orientirang über den Grad der entwickelungs- hemmenden Eigenschaften antiseptischer Mittel im Blatseram hat sich mir diejenige Untersuchungsmethode am meisten bewährt, welche ich in meiner Arbeit ,Der antiseptische Werth der Silberlösangen u. s. w.“'**) genau beschrieben habe, and welche darin besteht, dass Seidenfädchen,

•) Behring: Dentsche medizin. Wochenschrift. 1887. No. 37 und 38.

**) Behring: Deutsche nicdiziii. Wochenschrift. 1887. No. 37 und 38.

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aa welchen Milzbrandbazillen und Sporen, sowie andere Mikroorganismen aogetrockoet sind, auf Deckgläschen gebracht werden, dass dann ein Tröpfchen Blutserum, welches einen bestimmten Prozentgehalt des zu Qutersuchenden antiseptiscben Mittels enthält, mit einer Platinöse hinzu- gefügt wird, und dass nun im bohlen Objektträger beobachtet wird, ob and event. wie schnell von den Seidenfäden aus ein Wachsthum erfolgt

Für das Creolin gestaltete sich die Untersuchung in folgender Weise: Von einer 2prozentigen Creolin-Emulsion setzt« ich genau so viel zu sterilem Blutserum in Reagensgläsern hinzu, dass das Blutserum den gewünschten Prozentgehalt an Creolin erhielt, und brachte dann eine Platinöse voll von der Blutserum-Creolinlösung auf mit Milzbrand- sporen-Seidenßdchen beschickte Deckgläschen. Von den stärkeren Verdünnnngen, die ich anfangs prüfte, musste ich bis auf 1 : 400 steigen, ehe sich eine bemerkbare Entwickelungsbemmung zeigte, während eine solche in meiner Bouillon schon bei 1 : 5000, ja bei noch geringerem Creolingehalt begann; Wachsthumsaufhebung trat erst bei 1 : 150 bis 1 : 175 im Blutserum ein.

Gleichzeitig in derselben Weise ansgeführte Versuche mit Karbol- säure ergaben, dass dieselbe im Blutserum bei 1 : 850 sehr beträchtlich die Entwickelung hemmte und bei 1 : 600 das Wachsthum aufhob.

Um dem Einwand zu begegnen, dass das Resultat, wie ich es bei der Beobachtung in hohlen Objektträgern bekommen habe, Fehler- qnellen einschliesse, habe ich dann die Untersuchung ganz ebenso eingerichtet, wie sie R. Koch*) für die Karbolsäure beschrieben hat; es wurden Ubrschälchen mit Creolin-Blutserum verschiedener Konzentration beschickt und mit Milzbrandsporen tragenden Seidenfäden infizirt.

Hier war makroskopisch hei einem Gehalt von 1 g Creolin in 500 ccm Blutsernm deutliche Entwickelungshemmung zu bemerken, und bei 1 ; 200 konnte makroskopisch überhaupt kein Wachsthum erkannt werden. Die mikroskopische Untersuchung zeigte aber, dass bei 1:200 ein dichtes Milzbrandfadengeflecht den Seidenfaden einhüllte; das Resultat war demnach übereinstimmend mit dem an hohlen Objekt- trägern gewonnenen.

In Reagensgläsem fand ich bei 1:200 auch mikroskopisch kein Wachsthum; als ich nun der Ursache dieser Differenz nachforschte.

■•) K. Koch: „lieber Desinfcktiou“. Bd. I, S. *244.

Mitth. aus dem Reichsgesundlieitsamt.

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xei(;te sich, dass in der nnteren Blatserumschicht im Reagensglas, in welcher sich der Seidenfaden befand, das Creolin in reichlicherer Menge vorhanden war, als in der oberen; and als ich die obere Schicht in einem anderen Qlase nntersnchte, erfolgte noch reichlichere Ent- wickelung, als in den Uhrscbälchen.

Gegenüber dem Stapbylococcns aareos ist die entwickelangs- hemmende and wachsthumsaufhebende Kraft noch geringer.

Die desinfizirenden Wirkungen des Creolins prüfte ich nach der- selben Untersuchungsweise, welche ich meiner Arbeit*) „Ueber Qneck- silbersablimat in eiweisshaltigen Flüssigkeiten“ eingehend beschrieben habe. In einer 1 prozentigen and 2 prozentigen Creolin -Blutserum- miscbung waren in 10 Minuten Staphylokokken und selbst die viel empfindlicheren Milzbrandbazillen nicht getödtet worden.

Durch 5 prozentiges Blutserum-Creolin werden Milzbrandsporen nicht beeinflusst.

Eis verdient noch hervorgehoben zu werden, dass das Creolin im Blutserum etwa 10 mal löslicher ist, als in Bouillon, und dass somit die so geringe antiseptische Leistangsfähigkeit nicht etwa anf die Bildung von Niederschlägen znrückzuführen ist.

Ich komme demnach zu dem Resultat, dass in eiweisshaltigen E'lüssigkeiten von ähnlicher Zusammensetzung, wie Blutsernro, das Creolin ein minderwerthiges Antiseptikum ist and etwa 3 bis 4 mal weniger leistet als die Karbolsäure.

Im Uebrigen liegt es mir fern, die günstigen Heilwirkungen zu bezweifeln, die seitens guter Beobachter vom Creolin berichtet sind, aber es scheint mir mindestens fraglich, ob die Annahme noch zu Recht bestehen darf, dass diese Heilwirkungen durch bakterientödtende und entwickelungshemmende Fähigkeiten dieses Mittels zu erklären sind, wenn ich berücksichtige, dass im Organismus nicht Nährsubstrate von der Zusammensetzung der Bouillon und Peptongelatine vorhanden sind, ausser etwa im Urin.

Von Versnchsresnltaten, welche für die Wundbehandlung von Interesse sein dürften, führe ich noch folgende an:

Bei einem Panaritinm des Daumens hatte sich ein bohnengrosses, reichlich mit Eiter darchtränktes, nekrotisches Gewebsstück so voll-

*) Buhriii);: Centralblatt für Bakteriologie und Parasiteiikunde. ISSä.

No. 1 und 2.

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sündig von der Umgebong losgelöst, dass ich dasselbe ohne Blatung mit der Pinzette wegnehmen konnte. Die mikroskopische Untersuchung ergab das Vorhandensein einer massigen Anzahl von Staphylokokken im Deckglaspräparat

Dieses Oewebsstück zerschnitt ich in drei gleiche Theile. Einer derselben wurde 8 Minuten lang in 2'/i prozentige Blutserum •Creolin- mischung gel^t, der zweite ebensolange in 2 prozentige wässerige Creolin-Emnlsion. Beide wurden dann mit sterilisirtem Wasser abgespült.

Die drei Stücke wurden nnnmehr mit ausgeglühten Instrumenten zerfetzt, in Peptongelatine in Reagensgläsern gebracht, die Fetzen sorg- fältig mit einer dicken Platinnadel in der Gelatine verrieben, und schliesslich wurde die Gelatine in Petr i'sche Doppelschalen I, II und III ausgeschüttet

In I (nicht mit Creolin behandeltes Stück) wuchsen ausser unzähligen Stapbylokokkenkolonien auch andere Organismen, die wahrscheinlich von der Oberfläche des nekrotischen Gewebsstückes, an welche sie von aussen gelangt waren, herstammten.

ln II (aus Creolin -Blntserum) waren fast ansschliesslich Staphylo- kokken in reichlicher Anzahl gewachsen.

Auch in III gelangten allerdings wenig zahlreich Staphylo- kokken zur Entwickelung. Es ist bemerkenswerth, dass die nicht pathogenen Organismen, die jedenfalls als Fänlnissorganismen anznsehen sind, früher zu Grunde gingen, als die Staphylokokken. Hatte doch V. Esmarch*) gefunden, dass das Creolin diesen gegenüber unwirksamer ist, als gegenüber den pathogenen Organismen und speziell auch gegen- über den Staphylokokken.

Ich bin nun nicht bloss auf Grund dieses Versuchs, sondern nach durch andere Beobachtungen zu der Ansicht gelangt, dass eine derartige, von v. Esmarch angenommene Spezialenergie dem Creolin nicht znkommt, und dass die Beobachtung E.'s in anderer Weise zu erklären ist

E. prüfte die Wirkung des Creolins auf pathogene Organismen in dünner Bouillon, auf Fänlnissorganismen dagegen in einer Flüssigkeit, welche „ans Eoth, ansgepresstem Fleisch n. s. w. und Wasser im Verhältniss von 1 : IO** bestand. Diese Flüssigkeit war demnach eiweisshaltig, und an einer solchen hat E. gefunden, dass ein Gehalt

*) E. T. Esmarch: ,Das Creolin*. Centralblatt für Bakteriologie und

Parasitenkunde. 1887. II. Band. No. 10 und 11.

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von '/> % Creolin, also 1:200, nicht zur Wachsthamsaafhebung genagte, während ein gleicher Gehalt an Earbolsänre dazu führte, dass die Faol- flüssigkeit steril wurde.

Nach den früheren Auseinandersetzungen sehe ich in diesem Yersuchsresultat E.'s eine Bestätigung meiner eigenen Beobachtungen.

Dass 2 prozentige wässerige Creolin-Emulsion auch nicht im Stande ist, flüssigen Eiter zu desinfiziren, beweist folgende Versuchsreihe.

Bei einem Patienten mit Phlegmone der grossen linken 2^he und des Fussrückens war an einer Stelle Fluktuation zu fühlen. Es wurden zn- nächst 24 Stunden lang mit 2 prozentiger Karbolsäure Umschläge gemacht, dann inzidirt und ein grosser Tropfen dickflüssigen Eiters in ein sterili- sirtes Reagensglas entleert.

In dieses Glas wurden eine Stande später 10 ccm 2 prozentige wässerige Creolin-Emulsion hineingegossen. Der Eitertropfen vertheilte sich nicht in der Flüssigkeit, sondern blieb zusammengeballt; er wurde l5Minntec lang in der Creolin-Emulsion gelassen.

Darauf wurde der Eiter zunächst mit sterilem Blutserum abgespült, dann in ein Reagensglas mit 15 ccm sterilisirtem Wasser gebracht und mit diesem energisch geschüttelt. Das Wasser wurde hierbei milchig trüb durch Creolin.

Nunmehr stellte ich folgende Versuche an:

1) Das zum Äbspülen benutzte Blutserum wurde im Reagensglsc in den Brütschrank gestellt.

2) Von dem Spülwasser wurden 5 Platinösen mit Näbrgelatiof vermischt und davon eine Platte gegossen.

3) Der aus dem Wasser herausgenommene Eiter, wurde an der Wand eines flüssige Nährgelatine enthaltenden Glases flüchtig verriebcD und dann wieder herausgenommen. Die an der Glaswand zurück- gebliebenen kaum sichtbaren Eitertheilchen wurden in der Gelatine durch Hin- und Herneigen des Glases anfgeschwemmt, dann mit 5 Oeses dieser Mischung ein zweites Reagensglas mit flüssiger Gelatine geimpft. Aus beiden Gläsern wurde die Gelatine io Petri’sche Doppelschalen I und II gegossen.

Nach 2 mal 24 Standen war das Resultat folgendes:

1) Im Blutserum war reichliche Kokkenentwickelung eingetreten.

2) Die Platte mit 5 Oesen Spülwasser war steril geblieben.

3) In der Petri’schen Doppelschale I waren überaus reichlich kleinste, bei schwacher Vergrösserung rund und gelblich aassehende Kolonien

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gewachsen; an einem anf die Gelatine aufgelegten Deckglas blieben sehr viele Kolonien in Form kleinster Pünktchen haften; dieselben erwiesen sich bei starker mikroskopischer Vergrösserung als ans- schliesslich ans Kokken bestehend, welche die Grösse nnd Anordnung der Staphylokokken bcsassen.

In der Schale II waren noch sehr sahlreichc, etwas grössere Kolonien gewachsen. 24 Stunden später wurde eine der Kolonien aus Schale II mit einer Platinnadel herausgehoben nnd damit eine Gelatine- Stichknltnr angelegt.

Nach 3 Tagen zeigte sich in dieser die charakteristische Ent- wickelung von Staphylokokkus aureus.

4) Auf dem erstarrtem Blutserum wuchs Staphylokokkus aureus.

Es ist danach kein Zweifel, dass eine 2 prozentige wässerige Creolin- Emulsion nicht im Stande ist, bei 15 Minuten dauernder Einwirkung die Staphylokokken im Eiter zu tödten.

Geber die Giftwirkung antiseptischer MitteL

Anf Gmnd von Untersuchungen, welche ich im Laufe des letzten Jahres über die Wirkung antiseptischer Mittel auf den gesunden und infizirten Thierorganismns in sehr grosser Zahl angestellt habe, glaube ich, dass wir das Problem „Infektionskrankheiten abortiv zu heilen“ mit Leichtigkeit lösen könnten, wenn wir ein Mittel fänden, welches für Verhältnisse, wie sie im thierischen Körper vorliegen, ein hervor- ragendes Desinfiziens nnd dabei absolut ungiftig wäre Eigenschaften, welche dem Creolin allgemein zugeschrieben werden.

Schon durch das bisher Gesagte glaube ich bewiesen zu haben, dass leider auch das Creolin dies nicht leistet.

Aber ich glaube im Folgenden auch zeigen zu können, dass es mit der „absoluten Ungiftigkeit“ des Creolins ein eigenes Ding ist.

Ich fand nämlich nach systematisch durchgefuhrten Versuchen, dass ein beinahe gesetzmässiges Verhältniss besteht zwischen der antiseptischen Wirkung eines Mittels und seiner Giftwirknng für den thierischen Organismus, wenn ich als Maass der antiseptischen Wirkung die Auf- hebung des Wachsthnms von Milzbrandorganismen im Blutserum aonahm.

Ich stellte die wachsthnmsanfhebende Wirkung im hohlen Objekt- träger fest, nnd wenn ich nun beispielsweise gefunden batte, dass ein Mittel im Verhältniss von 1 ; 6000 diese Wirkung besass, so injizirte ich dasselbe gelöst subkutan in einer solchen Menge, dass auf 1000 g

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Körpergewicht von Kaninchen nnd Maasen 1 g des Hitteb kam and fand dann in der Regel, dass diese Dosis tödtlich wirkte, während nennenswerth darunterliegende Dosen den Tod der Thiere nicht cor Folge hatten. Mit anderen Worten: Auf das Körpergewicht der Kaninchen und Mäuse bezogen erwiesen sich antiseptische Mittel als tödtlich wirkend in Gfach geringerer Dosis alt diejenige, welche nöthig war, um im gleichen Gewicht Blot* Serum das Wachsthum von Milzbrandhakterieo aufzuheben.

In dieser Weise habe ich u. A. untersucht lösliche Salze von Silber, Quecksilber, Platin, Gold, Eisen; ferner arsenige Säure, Jod- trichlorid und andere Jodverbindungen, B'luor in Form eines antiseptiseh ausserordentlich wirksamen Doppelsalzes von Fluorantimon nnd Fluor- natrium, welches zum Zweck des Beizens in der Färbetecboik im Grosses dargestellt wird; und ich habe nur selten erhebliche Abweichungen nach oben oder unten von dem genannten Verhältniss gefunden.

Nun sind freilich die übergrosse Mehrzahl der bisher von mir untersuchten Mittel anorganischer Natur, und es ist mir selbst fraglich, ob für organische Antiseptika ein gleiches Verhältniss besteht. Bisher aber fand ich es auch bei den untersuchten organischen Körpern.

An dieser Stelle will ich nur die wichtigsten und am genauestes untersuchten Antiseptika aufführen.

Für die Karbolsäure kommt man nach obiger Rechnung, da die- selbe nach meiner Beobachtung im bohlen Objektträger bei 1 ; 600 das

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Wachsthum aufhebt, also bei ca. 1,7:1000 zu der Zahl -^ = nicht ganz

0,3 g pro Kilo Thier, nnd ich finde in der That in Uebereinstimmnug mit Riedel^), dass dies eine tödtliche Dosis der Karbolsäure bei subkutaner Injektion ist.

Für das Quecksilber fand ich, dass dasselbe bei 1 : 8000 bis 1 : 10 000 das Wachsthum aufhebt, also bei ca. 0,1: 1000, was nach der Rechnung als tödtlich wirkende Dosis 0,017 pro Kilo Kaninchen ergeben wü^d^ Nun findet Riedel,*^) dass auf je 10 g Kaninchen 0,000096 Sublimai subkutan injizirt noch nicht tödtlich wirken, dass aber bei 0,00015 bif 0,00017 die Thiere nach 2 bis 3 Tagen sterben; pro Kilo Thier erhalten

*) O. Riedel: .Versuche über die desiufizirenden und antiseptischen Eigen- schaften des Jodtrichlorids, wie über dessen Giftigkeit*. Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte. 1887. S. 481 u. 482.

♦*) O. Riedel: 1. c. S. 480.

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wir danach als tödtliche Dosis 0,015 bis 0,017, also ziemlich genan die darch Rechnung gefundene Zahl.

Fnr Jodtrichlorid fand ich Wachsthnmsanfbebung der Milzbrand- bazillen bei 1:3000; die tödtliche Dosis nach der Rechnung wäre danach ca. 0,055 pro Kilo Thier; Riedel'^) fand, dass bei 0,046 pro Kilo ein Kaninchen nach 10 Tagen starb; und man siebt, dass auch hier die Zahlen gut übereinstimmen, wenn berücksichtigt wird, dass die sicher tödtliche Dosis wie ich in eigenen Versuchen fand etwas höher liegt

Im Laufe der Zeit ist mir das Anffinden der giftigen Dosis dadurch ansserordentlich erleichtert worden, dass ich vorerst die wachsthums- aufbebende Wirkung feststellte und danach die zu wählende Dosis zur subkutanen Injektion für Tbiere bestimmte.

Wenden wir nun diese Rechnung auch für das Creolin an, so bekommen wir als sicher wachstbumsanfhebende Wirkung 1 : 150 = 6,6 ; 1000, danach als giftige Dosis pro Kilo Thier ca. 1,1 g, in welcher Menge in der Tbat auch die Oiftwirknng des Mittels eintritt Man begreift leicht, dass sich in Verdünnungen mit Wasser die Injektion kaum ausführen lässt wegen der zu grossen Snbstanzmenge; ich habe dann konzentrirte ölige Lösung gewählt, schliesslich aber das reine Creolin.

Neudörfer'’*’*) hat gefunden, dass bei direkter Injektion in die Blotbahn das Creolin tödtliche Giftwirknng äossert bei 0,5 g pro Kilo Thier, und es würde das gut mit meiner Rechnung übereinstimmen, da intravenös injizirte Medikamente in geringerer Dosis wirksam sind, als bei subkutaner Injektion. Nun bat Fröhner'*'** ***)) den Einwand gemacht, dass es sich dabei um eine mechanische Wirkung bandle, welche sich auch durch andere, sonst indifferente Emulsionen, z. B. Milch, erreichen lasse. Fröhner berücksichtigt dabei aber nicht, dass das Creolin im Blot löslich ist, und bis auf Weiteres muss ich annebmen, dass die von Neudörfer beobachteten Intoxikationserscheinungen nicht notb- wendig im Sinne von Fröhner ansgelegt werden müssen.

Im Einzelnen ergaben meine Thierversuche Folgendes.

*) O. Riedel: I. c. S. 479.

**) Ign. NendSrfer: Internat, klin. Rundjichaa. 1888. No. 12.

***) E. Fröhner: , Bemerkungen Ober die Ungiftigkeit des Creolin.“ Internat, klin. Rundschau. IVien 1888. No. 20.

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Die akate Creoliovergiftang.

Als ich Tcrsuchte festznstellen , ob aach das Creolin Giftwirknog aoszoäbcn vermag, durfte ich nach den vorher mitgetheilten Erfahrungen eine solche erst bei einer Dosis von ca. 1,0 g pro Kilo Thier erwarten.

Bei Mäusen, an welchen ich die Versuche zuerst machte, konnte ich mich in der That leicht davon überzeugen, dass die berechnete Dosis von ca. 0,025 g Creolin für dieselben ein tödtlicbes Gift ist , wenn es in einer zur Resorption möglichst geeigneten Form subkutan injizirt wird.

Als solche darf noch am ehesten eine Lösung von Kreolin in er- wärmtem Ricinnsöl betrachtet werden. In der Kälte erstarren lOprozentige nnd 20 prozentige Lösungen zu einer festen Masse, die erst durch Er- wärmen wieder flüssig wird. Als Ersatz des Ricinusöls kann auch raffl- nirtes, sogenanntes abgezogenes Rüböl genommen werden.

Man kann die Giftwirkung auch mit Blntserum-Creolin nnd mit wässerigen Emulsionen in der angegebenen Dosis erreichen, wenn nur für eine genügende Vertheilung unter der Haut gesorgt wird.

Am besten zur Demonstration eignet sich aber die Injektion von unverdünntem Creolin, wenn dasselbe in einer Dosis von 0,05 g und darüber eingespritzt wird. Durch diese Creolindosis werden Mäuse in ganz kurzer Zeit getödtet. Schon 5 bis 10 Minuten nach der Injektiou werden sie unruhig, zucken oft zusammen nnd zeigen zitternde Bewegung des ganzen Körpers. Legt man sie dann auf die Seite, so gerathen die Extremitäten in heftige zitternde Bewegung; zuerst sind die Thiere noch im Stande, sich wieder anfzurichten, bald aber bleiben sie dauernd auf der Seite liegen, nnd unter fortwährenden klonischen Krämpfen der Glieder sterben sie in der Regel nach 1 bis 2 Stunden.

Bei der Sektion findet man als regelmässige krankhafte Verändemug Ueberfüllung der Lungen mit Blut. Von dem Creolin bildet ein erheb- licher Rest, mindestens die Hälfte der Einspritzung, eine schmierige, schmutzig braune Schicht, nach deren Entfernung von Anätznng oder von weitergehenden Veränderungen nichts zu erkennen ist.'’^)

Bei jungen Meerschweinchen habe ich mit Creolinlösnngen durch In- jektion von 0,35 g auf 225 g Körpergewicht und 0,5 g auf 400 g ganz ähnliche Erscheinungen bervorrufen können. Die Krämpfe traten jedoch erst nach mehreren Stunden auf; der Tod der Thiere erfolgte nach 12

*) Auch beim Menschen findet eine eigentliche Anätzung durch unverdünntes Creolin an granulirenden Wunden z. B. nicht statt, und es ist sehr merkwürdig, dass die Patienten angeben, dass sie durch reines Creolin weniger Wundschmetz empfinden, als bei ' bis 2 prozentiger Emulsion.

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beiw. 24 Standen. Aach hier waren die Langen das am auiTälligsten veränderte Organ.

Bei Kaninchen, von denen ich nur grössere Thiere znr Verfngang hatte, bedarf es schon so grosser Sabstanzmengen verdünnten Creolins, dass in Folge dieses Umstandes eine Vergiftung dnrch einmalige subkutane Injektion kaum aasfübrbar ist.

Die Resorption von reinem Creolin erfolgt aber, wie man sich bei der Sektion überzeugen kann, ausserordentlich langsam.

Um jedoch mich davon zu überzeugen, dass auch Kaninchen unter den charakteristischen Vergiftungserscbeinungen in kurzer Zeit sterben, habe ich schliesslich bei einem Kaninchen von 1700 g an mehreren Stellen gleichzeitig Injektionen in einer Oesammtmenge von 4,0 g gemacht, um dem Creolin eine grosse Resorptionsfläche darzubieten; das Thier ging unter ähnlichen Erscheinungen wie Mäuse und Meerschweinchen nach 20 Standen zu Grunde, und bei der Sektion fand ich noch mindestens die Hälfte des Creolins, zum Theil in flüssiger Form unter der Haut liegend.

Bei Meerschweinchen und Kaninchen habe ich anch die Körper- temperatnr gemessen und gefunden, dass durch vergiftende Dosen die Temperatur ausserordentlich niedrig wird.

Das Creolin erzeugt aber ausser dieser akuten Vergiftung noch ein Krankheitsbild, welches wesentlich anders aassieht.

Bei solchen Kaninchen, welche nicht tödtlich wirkende Creolindosen erhalten batten, stieg auffallenderweise die Körpertemperatur. Die Thiere sahen zuerst struppig und krank ans; wenn dann aber mit den Injektionen anfgebört wurde, erholten sie sich wieder vollständig.

Solch ein Thier, welches mehrere Tage hintereinander kein Creolin mehr erhalten hatte, infizirte ich mit sehr virulentem Milzbrand und in* jizirte nun gleichzeitig wieder Creolin, um die etwaige Einwirkung auf den Verlauf der Milzbranderkrankang zu beobachten; als nun das Ver* snchstbier an Milzbrand zn Grunde gegangen war, fand ich bei der Sektion blutigen Urin in der Blase und die Nieren im Zustande exquisiter parenchymatöser Nephritis.

Diese Beobachtung veranlasste mich, den Einfluss des Creolins auf die Nieren bei Kaninchen genauer zu studireu. Ueber die Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen will ich an dieser Stelle nur das berichten, dass Creolin, wenn es in einer Dosis von 0,5 g pro Kilo Thier täglich injizirt wird, nach mehreren Tagen eiweisshaltigen Urin

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macht. Bei fortgesetzten Creolingaben magern die Tbiere aosserordentlich stark ab and gehen ohne Krampferscbeinangen zn Grande.

Von dem Sektionsbefnnde ist bei dieser snbakuten oder chronischen Form der Greolinvergiftang besonders die Nierenerkranknng hervor- zaheben.

Gelegentlich dieser Versncbe konnte ich auch feststellen, dass eine Desinfektion des Darminhalts bei diesen krank- machenden Creolingaben nicht erreicht wird; anch vom Magen aus vermag Creolin nicht den Darminbalt zn desinfiziren.

Auf Grund der mitgetbeilten Versuche komme ich schliesslich in folgendem Resum6.

I. Zur Orientirnng über den antiseptischen Werth eines Mittels, welches in der Wundbehandlung Verwendung finden soll, ist die Prüfnng seiner entwickelnngshemmenden und bakterientödtenden Fähigkeit in einem ei weisshaltigen Nährsubstrat zu fordern.

II. In eiweisshaltigen Flüssigkeiten hat das Creolin sehr viel geringere antiseptische Wirkung als in eiweissfi~eien; in eiweissbaltigem Nährsubstrat leistet es 3 bis 4 mal weniger als die Karbolsäure.

III. Zur Desinfektion von infizirten Wanden, bezw. von Wand- flüssigkeiten und Eiter, erweist sich 2 prozentige wässerige Creolin- Emulsion als ganz ungenügend.

IV. Creolin ruft bei Mäusen und Meerschweinchen, subkutan injizirt, charakteristische Giftwirkungen hervor; die tödtliche Dosis ist etwa 4 mal grösser, als bei der Karbolsäure.

V. Auf den antiseptiscben Werth im Blutserum und Blut bezogen ist für kleinere Thiere die relative Giftigkeit des Creolins, der Karbol- säure, des Sublimats etc. ungefähr gleich gross.

VI. Für grössere Thiere ist es schwer, in kürzerer Zeit die tödtliche Creolin -Dosis subkutan beizubringen. Das Creolin wird schnell wieder ausgescbieden und darf bei vorübergehendem Gebrauch für grössere Thiere als ungiftig angesehen werden.

VII. Bei fortgesetztem Gebrauch des Creolins ist auch für grössere Thiere und für den Menschen die Gefahr der Erkrankung nicht aos- zuschliessen; und es empfiehlt sich, bei ausgedehnterer längerer An- wendung dieses Mittels regelmüssige Hamuntersuchungen vorzunehmen.

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Leber die blutige Naht bei j^annlirenden Wanden.

V'oii

Dr. Wutzdorff,

Stabsarzt im l. Hessisrhen InH-Rrgt. No. 81.

Dem lebhaften Wonsche des Cbirargen, granalirende Wundfläcben, wie sie c. B. bei sobkataner Phlegmone, bei Karbunkeln, Faronkeln u. A. Dach der Inzision und nach Ablanf des eigentlichen Krankheitsprozesses sich bilden, möglichst schnell zur Vemarbnng zu bringen, entspricht die Zahl der hierfür Torgeschlagenen Mittel, and dieser wiederum die Un- zulänglichkeit ihrer Wirksamkeit. Unter dem antiseptischen Verbände, unter welchem, und dank welchem das ursprüngliche Leiden alsbald seinen Abschluss findet, wachsen die Granulationen empor, sie füllen bald die Wundhöble aus und überschreiten alsdann, wenn nicht im günstigsten Falle noch Schorfheilnng eintritt, das Niveau der Haut. Trotz An- wendung des scharfen Löffels, des Aetzstiftes, der Ilöllensteinsalbe u. A. m. benarbt die Wandfläche sich so langsam, dass namentlich die Geduld des Militärarztes, welcher naturgemäss seine Patienten möglichst bald dem Dienste zurückzngeben bestrebt ist, hart auf die Probe gestellt wird. Doch nicht genug. Die nach wochenlangem Bemühen erzielte breite, dnnkel- rothe Narbe bricht oft wieder auf, weil sich unter der jungen Epidermis blutig -seröse Flüssigkeit angesammelt hat; und dabei hat man, um dies zu verhüten, den Kranken der Vorsicht halber noch einige Tage lang nach der vermeintlichen Heilung im Bett verweilen lassen. Wer hätte dies nicht zur Genüge erfahren!

Anlässlich einer Kopfwunde, welche ich etwa 14 Tage nach ihrer Entstehung mit bestem Erfolge genäht hatte, und aufgemuntert durch die schnelle Heilung einer sekundären Naht, mit welcher eine grössere Uperationswnnde nach Entfernung der durch die Operation nothwendig gewordenen Tampons vereinigt worden war, beschloss ich, auch grana- lirende Wunden nach genügender Auskratzung mit dem scharfen Löffel und nach gründlichster Desinfektion zu nähen. Der Erfolg war sowohl bezüglich der Heilnngsdaner, als auch betreffs der Narbenbeschaffenheit für mich ein so zufriedenstellender, dass ich das Verfahren der weiteren Prüfung nur empfehlen kann. Wanden, welche sonst nach ihrer Länge und Breite erst in vier oder noch mehr Wochen zu' vernarben Aussicht

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hatten, heilten ansnahmslos in etwa einer Woche und mit ganz schmaler Narbe. Störungen des Wundverlaufes sind bisher nicht vorgekommen, abgesehen von leichten Eiterungen aus einzelnen Stiebkanälen, die meistens nur spärlich, einmal einem kleinen Abszesse ähnlich waren, aber stets nach einem, höchstens nach zwei Tagen versiegten, ohne weitern Schaden angerichtet zu haben.

Im Folgenden will ich eine kurze Schilderung des Krankheitsverlaufes der in obiger Weise von mir, bisher behandelten Fälle geben:

1. Friedrich F., am 4/1. 88 wegen Zellgewebsentzöndang im unteren Drittel des rechten Unterschenkels aufgenommen. Eine 6 cm lange Inzision entleert dicken Eiter. Snblimatmullverband. Am 9/1. 88 ist der Grund der Wunde mit guten Granulationen bedeckt; die Wunde wird ausgelöffelt, mit 1 o/«a Snblimatlösung gründlich desiufizirt und durch vier Seidennähte vereinigt Snblimatmullverband. Am 15/1. werden die Nähte entfernt; die Wunde ist strichförmig und ohne Spur von Eiterung vernarbt Entlassung erst am 2.5/1., weil das von der Zell- gewebsentzündung zurückgebliebene kollaterale Oedem einen früheren Wiederantritt des Dienstes verhinderte.

2. Johannes Sch., am 31/12. 87 wegen eines Karbunkels im Nacken aufgenommen. Eis werden zwei Längsschnitte angelegt; die Haut zeigt sich in Handtellergrösse abgelöst Nachdem sich die nekrotischen Gewebsfetzen sämmtlich abgestossen haben, die Hautbrucke zwischen den beiden Inzisionen mit der Unterlage verwachsen ist, werden die bis zu 1,5 cm breiten Granulationsstreifen am 13/1. 88 ausgelöffelt und die Wunde mit 6 bezw. 3 Nähten vereinigt. Snblimatmullverband. Am 23/1. Entfernung der Nähte; die kleinere Inzisionswunde ist geheilt; die grössere ist an einzelnen stecknadelkopfgrossen Stellen noch offen ; einige Stichkanäle eitern ein wenig. Am 29/1. wird Sch. mit zwei glatten linearen Narben (5 bezw. 3 cm lang) als geheilt entlassen.

3. Jakob L., am 12/1. 88 wegen eines Karbunkels im Nacken aaf- genommen. Durch eine 4,5 cm lange Inzision wird die infiltrirte Stelle gespalten. Bis zum 19/1. haben sich alle abgestorbenen Gewebstheile abgestossen, die Höhle granulirt gut, daher Auslöffelung und Vereinigung der Inzisionswunde durch 6 Nähte; vorher noch wird an der Peripherie der grossen Wundhöhle eine 3 cm lange Gegenöffnung angelegt und auch von hier aus die Höhle gehörig ausgeräomt; schliesslich wird auch diese Wunde mittelst 3 Nähte geschlossen. Am 24/1. werden die Nähte entfernt; die Wunden sind ohne jede Sekretion und ohne Eiterung aus den Stich- kanälen vernarbt. Am 28/1. Entlassung des Patienten mit zwei glatten strichfürmigen Narben von 3 bezw. 5 6 cm Länge.

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4. Jakob R., am 20/1. 88 wegen eines Karbunkels im Nacken auf* genommen. Sofortige 5 cm lange Inzision. Am 27/1. werden nach obigem Verfahren 6 Nähte angelegt Snblimatmnllverband. Am 1/2. werden die Nähte entfernt; geringe Eiterung ans den Stichkanälen; die Wunde ist fest vernarbt bis auf eine oberflächliche, 2 cm lange und 2 mm breite Stelle, welche sehr wenig Wundsekret liefert. Am 2/2. findet eine Eiterung ans den Stichkanälen nicht mehr statt; die wunde Stelle heilt unter dem Schorfe. Am 11/2. Entlassung als geheilt; Narbe 5 cm laug und schmal.

5. Raimund K., am 29/1. 88 wegen eines grossen Karbunkels im Nacken anfgenommen. Inzision 7 cm lang. Am 3/2. ist bereits die An- legung von 7 Nähten möglich, welche am 8/2. entfernt werden: die Wunde ist strichförmig vernarbt; ans einzelnen Stichkanälen entleert sich theils etwas Blut, theils seröse Flüssigkeit, theils etwas Eiter. Am folgenden Tage keine Absonderung mehr ans den Stichkanälen. Am 11/2. wird K. als geheilt entlassen mit einer 6’/i cm langen, feinen Narbe.

6. Heinrich H., am 25/1. 88 wegen eines Furunkels am Halse auf- genonamen. Inzision und am 29/1. Wiedervereinigung durch 4 Nähte. Am 3/2. ist die Wunde verheilt; eitrig-blutige Absonderung ans den Stichkanälen, welche bis zum 5/2. vollkommen geschwunden ist Narbe 4 cm lang.

7. Franz R., am 25/1. 88 wegen zweier Furunkel an Stirn bezw. Nacken anfgenommen. Inzision und am 28/1. Wiedervereinigung durch je 4 Nähte. Entfernung der letzteren am 2/2. Wunden strichförmig und fest vernarbt; geringe Eiterung ans einzelnen Stichkanälen. Am 3/2. keine Absonderung mehr. Narbe an der Stirn über 2 cm lang, im Nacken 3 cm.

8. Carl P., am 22/1. wegen sehr heftiger Zellgewebsentzündung auf dem rechten Fussrücken aufgenommen. Die Inzision, welche nachträglich Doch bat verlängert werden müssen, erreicht schliesslich eine Ausdehnung von 8cm. Am 28/1. starkes, über den ganzen Fussrücken verbreitetes Sublimatekzem. Am 31/1. wird die Wunde durch 6 Nähte wieder ver- einigt; wegen des Ekzems sehr vorsichtige Wnnddesinfektion (mit Sub- limat); Jodoform und Sublimatwatte, kein Snblimatmnll. Am 7/2. werden die Nähte entfernt; die Wunde ist verheilt, nur fehlt noch in etwa 2 mm Breite die oberflächliche Vernarbung an einzelnen Stellen. Heilung der letzteren unter dem Schorf bis zum 12/2.; Narbe 7 cm lang und schmal.

9. Wilhelm H., am 22/1. 88 wegen Zellgewebsentzündung in der rechten Kniekehle anfgenommen. Mittelst 2 Inzisionen wird die eiternde

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Höhle geöffnet. Am 31/1. Anlegung von je 4 Nähten, die am 5. bexw. 7/2. entfernt werden. Die Wanden sind in ihrer gansen Aasdehnung mit Ausnahme von ganz vereinzelten Stellen mit einander verklebt; letztere sind unter dem Schorf bis 12/2. gleichfalls geheilt. Narben je 4,5 cm lang und schmal.

Beispiele der angeführten Art mehren sich von Tag zu Tag, nach- dem ich obige Behandlnngsweise der granulirenden Wanden in jedem einschlägigen Krankheitsfalle anwende. Doch glaube ich, solcher vor- läufig nicht mehr zu bedürfen.

Ich bin der Meinung, dass bereits die oben kurz berührten 9 Eranken- gescbicbten keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die blutige Naht bei granulirenden Wunden ebensoviel leistet wie bei frischen Wanden, vorausgesetzt, dass man die Verhältnisse der ersteren durch Entfernung schwammiger Oranulationen und durch die Wunddesinfektion denjenigen der letzteren möglichst nahe bringt. Alsdann gleichen sich auch der Wund verlauf und die Heilung, bezüglich ihrer Dauer und ihres Resultates, einer schmalen, strich förmigen Narbe.

Februar 1888.

Kasuistische Mittheilnn^en.

Von

Oberstabsarzt Pr. Meisner in Rendsburg.

1. Der sogenannte entzündliche Plattfass (Tarsalgie des adolesceuts).

Anfang Oktober 18 . . meldete sich ein junger Mann, der eben das 20. Lebensjahr erreicht hatte und bis dahin Kutscher war, zum drei- jährig-freiwilligen Eintritt in ein Feld- Artillerie-Regiment Er gab damals an, vollständig gesund gewesen zu sein, bis auf eine Quetschung des linken Fasses durch ein darüber rollendes Fass, die indessen keine weiteren Folgen hinterlassen habe. Bei der Untersuchung wurde ausser einer etwas zarten Körperkonstitution beiderseits ein leichter Grad von unausgebildetem Plattfass gefunden, links mehr wie rechts, und der Untersuchte demgemäss eingestellt

Seine erste Ausbildung war vorwiegend auf das Reiten gerichtet erst später, gegen Mitte November nach Einstellung der Elekruten, bestand

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der Dieost haoptsächlicb im Exerziren za Faaa and damit anch in einer iDigiebigen Anwendnng des langsamen Schrittes.

Während bis dahin von dem Untersuchten niemals Klagen laut ge- worden waren, begannen jetzt Schmerzen im linken Mittelfass aafzntreten, die schliesslich so heftig worden, dass er hinkte. Die Untersachang er- gab keine Veränderung; die Abdrücke beider Fasse Hessen nach wie vor die Kontoren des unaasgebildeten Plattfasses erkennen. Nachdem der X. mehrere Wochen im Lazareth im Gipsverband gelegen, hatten sich die sobjektiven Beschwerden, auch beim gewöhnlichen Gehen, verloren, lodess mit der weiteren militärischen Aasbildang im Exerziren zu Fass kehrten dieselben in der alten Weise wieder and eine nochmalige Lazarethbebandlang war erforderlich.

Deber die Entstehung seines Leidens befragt, bezog der X. dasselbe jetzt in einem vollständigen Gewirr von Widersprüchen bald auf die schon erwähnte Qaetschung des linken Fusses, bald auf eine Ver- stanchung desselben bei einem Sprang vom Kutscherbock beides vor seiner Einstellang , bald auf einen Starz vom Pferde, bald auf einen Fall mit einem Querbaum beim Aufräumen von Turngeräthen beides nach seiner Einstellang , indem er das eine Mal angab, dass er seit jener Verletzung niemals habe ordentlich auftreten können, und das andere Mal behauptete, dass er vor seiner Einstellang vollständig gesund ge- wesen sei.

Eine sehr genaue Beobachtung des X., auch nach seiner Entlassung ans dem Lazareth, konnte den Erweis von Simulation nicht erbringen, anch lagen die persönlichen Verhältnisse des X. so, dass eine solche von romherein auszuschliessen war.

Der objektive Befand ergab nach wie vor, dass, links mehr als rechts, das Köpfchen des Kahnbeins etwas stark unter dem inneren Knöchel hervortrat, dass Beugung und Streckung vollständig frei, Pro- nnd Supination etwas behindert waren und dass beim gewöhnlichen Stehen und Geben der innere Fassrand weder rechts noch links die Erde berührte.

Da ich nnnmebr auch auf weiteres Befragen erfuhr, dass der X. seit Miner Entlassung aus der Schule bei Gelegenheit des Beladens von Frsebtwagen sehr häufig schwere Lasten gehoben batte, so kam ich zu üer Annahme, dass es sich um einen entzündlichen Plattfass (Tarsalgie de« adolescents), wie ihn Lücke in den Volkmann’schen Heften I, 35, beschreibt, bandeln müsse, ohne indessen sogleich die von jenem Autor beschriebenen charakteristischen objektiven Symptome finden zu können.

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Analog jenem von Lücke erwähnten Fall, in welchem er bei einer jangen Dame durch Zunahme der Belastung der Füsse in Folge von Korpulent das Leiden entstehen sah, entschloss ich mich non wegen des geringen Körpergewichtes des X. eine künstliche Mehrbelastung der einzelnen Füsse durch längeres Stehen auf einem Fusse eintreten zu lassen.

Während nun der rechte Foss seine Gestalt nicht wahrnehmbar veränderte, sank im Verlaufe von etwa 5 Minuten der benetzte linke Fass in seiner ganzen Breite auf den Erdboden und hinterliess dort den Abdruck des ausgebildeteu Plattfnsses; Figur b auf Seite 1119 des 2. Bandes von König’s Chirurgie ging gewissermaassen in Figur c über.

Das eingeforderte Gutachten lautete nunmehr unter Anführung des Befundes:

Der Unterzeichnete kann keiner der von dem X. angegebenen Ver- letzungen einen Einfluss auf die linksseitige Plattfüssigkeit zusprecheu, da auch rechts annähernd dieselbe Deformität des Fusses vorhanden ist; vielmehr handelt es sich hier um ein Leiden, welches aus der etwas zarten Kürperkonstitution des X. und der frühzeitigen häufigen Belastung der Füsse durch das Heben schwerer Lasten in der Wachsthumsperiode als sogenannter entzündlicher Plattfuss (Tarsalgie des adolescents) seinen Ursprung genommen bat und in einer Erschlaffung der die Knochen des Fussgewölbes verbindenden Bänder besteht. Der X. ist demnach, da zur Beseitigung dieses Leidens längere Zeit erforderlich ist, nach Anlage 3 der R.-0. für jetzt unbraoebbar zum Militärdienst.

Erst fünf Jahre später kam ein zweiter Fall dieser im Allgemeinen wohl nicht häufigen Krankheit zu meiner Beobachtung. Derselbe betraf einen Rekruten, welcher mit der Bezeichnung: , Breitfass, besonders rechts“ zur Einstellung gelangte. Der X. war zwar ein kräftig gebauter Mensch, indessen von ausgesprochen skropholüsem Habitus. Die erste Rekrutenzeit, in welcher vorwiegend geturnt wurde, überstand er ohne Beschwerden; als indessen das Fussexerziren und der langsame Schritt häufiger geübt wurden, stellten sich auch bei ihm, und zwar ebenfalls im linken Fuss, Schmerzen ein, die ihm diesen Dienst unmöglich machten. Eine kurz dauernde Schonung von diesem Dienstzweige schuf anch hier Besserung, indess ebenfalls nicht von Bestand. Die beigegebene Abbildung zeigt das Verhalten der Füsse, sie ist die direkte Verkleinerung der Ab- drücke der geschwärzten Füsse mittelst des Storchschnabels.

Auch hier war das Leiden in der Wachsthumsperiode entstanden, in welcher der X. als Kaufmannslebrling häufig schwere Säcke zu tragen

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batte. Das von der Militärbehörde eingeforderte Oatachten lautete wie oben. Beiden wurde empfohlen, das Leiden durch den Gebrauch einer federnden Sohle zu beseitigen.

Stellung auf dem linken ^ein. Natürliche Stellung auf beiden Beinen.

Linker PotiB. Linker Pa.<u. K«cht«r Fiue.

Zu der Beurtheilung dieses Zustandes ist indessen die Beobachtung einiger Kautelen erforderlich. Zunächst muss das Kippen des Fusses beim einbeinigen Stehen dadurch vermieden werden, dass man den zu Unter- suchenden das im Knie gebeugte Bein hart an dem Standbein nach hinten heben lässt, auch ein leichtes Anhalten mit den Händen an eine Stuhl- lehne gestattet. Dann aber erhält man auch annähernd ähnliche differente Abdrucke desselben Fusses bei gleichzeitig bestehendem un ausgebildeten Plattfuss und X-Bein, besonders auf einer Seite, wie es bei den meisten Tischlern vorkommt. Hierbei wird der Richtungsfehler des Beines heim gewöhnlichen Gehen sehr häufig durch Einwärtsstellung des Fusses korrigirt. Der Fuss lässt dann in dieser natürlichen Stellung den Ab- druck des leichten Plattfusses zurück, während er bei der militärischen Auawärtsstellung der Füsse unter dem Einfluss des Richtungsfehlers des Beines mit seinem innern Rande dem Erdboden mehr genähert wird. Indessen die dadurch entstehenden Unterschiede sind niemals so erheblich wie bei dem entzündlichen Plattfuss, und die daraus entspringenden Be- schwerden meistens durch die Gewöhnung zu überwinden.

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2. ZerrDog der BicepS'Sehne.

Vor mehreren Jahren entkorkte ich mit aller Kraftanstrengnng eine sehr fest verkorkte Flasche, nm einer ohnmächtigen Patientin Wein ein- zuflössen. Einige Tage darauf verspürte ich eigen auf die Stelle des Bolcus bicipitalis lokalisirteu Schmerz am rechten Oberarm, der bei Druck znnabm und das Erheben des Armes besonders beim militärischen Grosse sehr erschwerte. Diese Erscheinungen steigerten sich in wenigen Tagen zu den heftigsten Schmerzen bei der geringsten Bewegung und dem voll- ständigen Unvermögen, den Arm zu bewegen. Da auch das blosse Hängen des Armes sehr schmerzhaft war, trug und unterstützte ich den- selben mit der linken Hand, bis eine angelegte Mitelle diese Unter- stützung ersetzte. Eis und Blutegel und, da auch an akuten RheumaUs- mus gedacht wurde, Salicyl brachten mir nicht die geringste Besserung. Erst als mir der ganze Arm in Mitellenstellung an den Brustkorb gegipst wurde, besserte sich der Zustand von Tag zu Tag, so dass nach etwa Tagen der Verband abgenommen und allmälig und vorsichtig der Arm wieder ohne Schmerz gehoben werden konnte. Weitere 8 Tage brachten mir die vollständige Gebranchsfähigkeit desselben.

Auch hier vergingen Jahre, ehe die ebenfalls wohl seltene Krank- heit wieder in meine Behandlung kam; indessen jetzt innerhalb einer Woche in merkwürdiger DuplizitJ^'. Der eine Fall betraf einen Offizier, der ein eifriger Turner mit Hantel und Trapez war und der angab, schon früher dasselbe Leiden in geringerem Grade gehabt zu haben, das damals als Rheumatismus ohne Erfolg mit grossen Mengen von Salicyl behandelt worden sei; der andere einen Beamten, der auf der Jagd auf den vor- gebaltenen Arm gestürzt war; hier links, dort rechts. Bei beiden tbat der Gipsverhand in gleich überraschender Weise seine Schuldigkeit.

Es ist zu bemerken, dass die Diagnose dadurch erschwert wird, dass die Ursache, wahrscheinlich doch wohl Hyperextension des Biceps, mehrere Tage vor den ersten Anfängen der Beschwerden wirksam ist und von den Patienten selber wegen ihrer Geringfügigkeit nur wenig beachtet wird. Indessen die Symptome dieser Affektionen sind so charakteristisch, dass, wenn man sie einmal kennen gelernt bat, sie auch keinen Zweifel an der Natur des Leidens lassen. Das Tragen des Armes mit der andern Hand, als ob es sich um eine Verrenkung oder gar nm einen Enochcnbrnch handele, die Unmöglichkeit, den Arm, be- sonders nach vorn zum militärischen Grosse, zu heben, der lediglich auf dem sulcus fixirte Schmerz bei Bewegung und Druck schliessen bei dem

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gleichzeitigen Fehlen jeglicher Deformität and Geachwalst des Gelenkes eine verbreitete tranmakische oder rheamatische Entzändaog oder sonstige Verletzang desselben aas.

Zar Technik des Gipsverbandes möchte ich noch bemerken, dass man denselben so anlegt, dass man Schulter and Ellenbogen durch ein Wattepolster schätzt and zweckmässig auch einen Bausch hydrophiler oder noch besser aatiseptischer Watte zur Aufnahme and Desodorisirung des Schweisses in die Achselhöhle schiebt nnd dann mit der losen Ein* wickelnng mit nassen, breiten, angegipsten Gazebinden beginnt. Schob laf die erste Lage derselben wird von einem Gehülfen ein dünner Gips* brei verrieben, während man fortfährt, weitere Gazeschicbten, stets unter weiterer Aaftragnng von Gipsbrei, etwa 4 6 an der Zahl, herzastellen. Diese Gipsverbände haben den Vorzug grosser Elastizität, so dass man sie, selbst wenn sie ganz erstarrt sind, noch unter der gesunden Schalter anfscbneiden, abnehmen and zum Schnüren herrichten lassen kann. Ich habe sie auch am Fass-, Knie- und Ellenbogen-Gelenk mit Erfolg an- gelegt and würde kein Bedenken tragen, sie auch bei Skoliose oder Rippenbrach am Thorax anzulegen, am den Trikotstoff, der nicht über- all za haben and recht theuer ist, entbehren zu können.

Die militärärztlichen Fortbildanpkurse für das XII. (Königlich Sächsische) Armeekorps im >Yinterhaibjahr 1887/88.

Von

Dr. W. Roth,

Qeoer&lant ]. Kl. Diid Kor|>sant des XIL (Eönigl. Sachs.) Armeekorps.

Das XII. (Königl. Sächs.) Armeekorps besitzt seit 1871 die Ein- richtang der Fortbildnngsknrse, über welche in dieser Zeitschrift laufend berichtet worden ist. Die ursprüngliche Einrichtung derselben ist nicht wesentlich verändert worden. Lebrgegenstände bilden pathologische Sektionen, Operalionsknrse, innere Militär - Medizin and Diagnostik, bakteriologische Untersachangen, Augen- and Obrenuntersachungen, Militär-Gesundheitspflege praktisch und theoretisch, Militär-Medizinal-Ver- fassung, praktischer Lazarethdienst, Traindienst and Reiten. Die Theil- nehmer waren hauptsächlich Stabsärzte, Assistenzärzte, Unterärzte und eiojährig - freiwillige Aerzte, nur 1876 and 1881 nahmen Je 10 resp.

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7 Oberstabsärzte von Oktober bis Weihnachten an den Kursen Theil. Die Zeitdauer dieser Kurse ist nur insofern abgeändert worden, als die- selben bis zum Jahre 1884 von Milte Oktober bis Mitte Februar dauerten, seitdem aber für die von auswärts kommandirten Sanitätsoffiziere nur bis Weihnachten währten und die praktischen Uebungen nach Weihnachten nur für die in Dresden stehenden Aerzte fortgesetzt wurden.

Seit Oktober 1887 ist non in den Fortbildnngsknrsen eine wesentliche prinzipielle Veränderung eingetreten, für welche der äussere ^nstoss durch die Nothwendigkeit der Wiederholung eines Oberstabsarztkurses gegeben war. Es ist nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine sach- liche Trennung in den Kursen für Oberstabsärzte und solchen für die übrigen Sanitätsoffiziere, Unter- nhd einjährigen Aerzte erfolgL Die Kurse für die Letzteren finden von Mitte Oktober bis Weihnachten statt, und daran schliesst sich vom 10. Januar bis 1. Februar ein Kurs für Oberstabsärzte bezw. Stabsärzte, die für chefärztliche Stellungen bei der Mobilmachung designirt sind, und einer wesentlich anderen, unten ge- nauer zu besprechenden Fortbildung bedürfen.

I. Der Fortbildungsknrsns für Stabs- und Assistenzärzte, Unterärzte und einjährig- frei willige Aerzte vom 17. Oktober bis 21. Dezember 1887.

Zn diesem Kurse (dem 17.) waren 7 Stabsärzte, 6 Assistenzärzte 2. Kl., 3 Unterärzte und 6 einjährig-freiwillige Aerzte befehligt. Ausser diesen nahmen noch 3 Assistenzärzte 1. Kl. des Beurlaubtenstandes während einer dreiwöchentlichen Dienstleistung behufs Erlangung der Qualifikation zum Stabsarzt der Reserve an den Vorlesungen und Operationsübungen TheU.

Im Lehrpersonal ist die Veränderung eingetreten, dass Stabsarzt Ileymann unter Assistenz von Stabsarzt Gräfe an Stelle des zum Oberstabsarzt 2. Kl. beförderten und versetzten Stabsarztes Fischer der Unterricht über Augenuntersnchungen übertragen ist. Die Lehrgegen- stände sind dieselben, wie im vorigen Jahre.

Professor Neelsen leitete die pathologisch - anatomischen Uebungen. Im Ganzen wurden 18 Vorträge gehalten; dieselben be- zogen sich zum Theil auf die technische Ausführung gerichtlicher Sektionen, wobei 14 Brustsektionen , 11 Bauchsektionen und 6 Gehirn- sektionen von den Knrstheilnehmern ansgeführt wurden. Zum andern Theil bildete die allgemeine nnd spezielle Pathologie den Inhalt der Vorträge und es konnten alle wichtigeren Kapitel derselben unter De-

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moosCratiou erkrankter Organe von 96 frischen Leichen, sowie einer grösseren Zahl mikroskopischer Präparate und einiger Spirituspräparate berücksichtigt werden.

Id dem von Stabsarzt Seile abgebaltenen Operationskursus wurden in 3G Stunden an 12 Leichen 904 Operationen ausgeführt. Sodann wurden einige ausgewählte Kapitel der Kriegschirurgie, insbesondere die autiseptische Wnudbehaudlung auf dem Schlachtfelde und im Feldlazareth uod die konservativ -operative Richtung der heutigen Feldcbirurgie ein- gehend behandelt und zahlreiche kriegschirurgischc Apparate und Verband- Uteosilien demonstrirt.

Den Unterricht über Augenuntersuchungen gab Stabsarzt Ileymann unter Assistenz von Stabsarzt Gräfe. Derselbe umfasste in 15 Stunden theils theoretische Vorträge, tbeils Uebungen in der ob- jektiven Bestimmung der Refraktion, Sehschärfe-, Farbensinn-Prüfungen sowie Liebtsinn- und Gesichtsfeld-Messungen. Daneben wurde über Er- kennung, Verlauf und Behandlung zahlreicher äusserer und innere Augen- krankbeiten gesprochen, ini Anschluss an Krankenvorstellungen, die, soweit der Bestand der Augenstation des Garuison-Lazarethes geeignete Fälle nicht darbot, in der Augenabtheilung des Krankenhauses der hiesigen Diakonissen-Anstalt angesehen wurden.

Die Ohrenuntersuchungen leitete Oberstabsarzt 1. Kl. Becker. Id 17 Vorlesungen und Uebungen wurden 123 Mann untersucht, welche an 156 Aifektionen litten. Die Untersuchungen erstreckten sich unter Demonstration von Präparaten und Abbildungen auf normale und patho- logische Trommelfelle in Verbindung mit genauen Beschreibungen des Befundes und Nacbzeichnen desselben. Daneben wurden die Affektionen des Mittelohres nach Diagnose und Therapie besprochen und therapeutische Vornahmen in den Kursstunden ausgeführt. So wurden Prüfungen des Gehörs vorgenummen, sowie die Methoden zur Erkennung von Simulanten nod die maassgebenden Bestimmungen der R. O. und der Dienstanweisung bezüglich der Beurtheilung der Schwerhörigkeit in Rücksicht auf Militär- Dieustßihigkeit besprochen.

Ueber innere Militärmedizin hielt Oberstabsarzt 1. Kl. Stecher 10 Vorlesungen und behandelte die Krankheiten des Herzens in der Armee mit Vorstellung von 5 Fällen, die Aneurysmen unter Vorstellung von 1 Aneurysma der Art. subclavia sinistra, die Anwendung und Wirkung der Slrophantus - Samen, den Unterleibstyphus unter Berück- sichtigung der Massenbebandlung nebst Krankenvorstellung und in gleicher Weise die infektiösen Lungenentzündungen. Sodann besprach derselbe

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die ZerreissoDg des Masc. rect. abdom. nnd ihre Bedeotung för den Militärdienst; die Unterleibsentzändongen nnd Affektionen der Regio iliaca dextra nebst Krankenvorstellung and den gegenwärtigen Standpunkt der Cholerabehandlung.

Der vom Stabsarzt Balmer abgehaltene Kursus über innere Diagnostik berücksichtigte hauptsächlich den allgemeinen Theil der- selben. Die Vorträge über Blut, Sputum, Harn, Fäces und Parasiten waren mit Demonstrationen und mikroskopischen und chemischen Unter- suchungen verbanden. Namentlich wurde der Nachweis der Tuberkel- Bacillen durch häufig vorgenommene Untersuchungen geübt.

In den Vorträgen über Militärgesnndheitspflege behandelte Generalarzt 1. Kl. Roth das Wasser, die Beschaffenheit und Gestaltang des Bodens und seinen Einfluss auf die Gesundheit, die Wohnungshygiene mit besonderer Berücksichtigung der Kasernen, Lager und Kranken- häuser.

Gleichzeitig wurden, wie im Vorjahre, eine Reihe hygienisch inter- essanter Gebäude und Anstalten besichtigt, darunter mehrere Kasernen, die Städtischen Wasserwerke, das Dresdener Hoftheater, das Zellen- gefängniss, die Droguen - Appretur - Anstalt von Gehe db Co., die Gas- anstalt in Dresden-Neustadt, die Militär-Waschanstalt, Militär - Bäckerei, Montirungsdepot sowie das Stadtkrankenhaus zu Dresden -Friedrichstadt.

An mehreren Nachmittagen fanden Besichtigungen des Garniaon- Lazarethes statt, und im Anschluss daran Vorträge von Oberstabsarzt 1. El. Klien über die Anlage, Einrichtung und Dienstbetrieb desselben, sowie das darin enthaltene Material für Feldausrüstungen.

Ueber hygienische Chemie hielt Oberstabsarzt 2. Kl. Helbig

9 Vorlesungen im Wesentlichen über dieselben Themata, wie in früheren Jahren. Im Anschluss daran fanden 17 Uebungen zu je zwei Standen

10 hygienischer Chemie statt, die namentlich Luft- und Wasserunter- suchungen zum Gegenstände hatten.

In den bakteriologischen Demonstrationen hielt Stabsarzt Schill 9 Vorträge über Geschichte der Bakterienkunde, Systematik, Biologie der Mikroorganismen und über Nachweisung der Bakterien durch Färbung, Züchtung und Impfung sowie über einige Infektions- krankheiten.

In den Vorträgen über Militär - Sanitäts wesen sprach Stabsarzt Müller über die Organisation des Heeres-Sanitätswesens im Kriege und im Frieden in den europäischen Grossstaaten mit besonderer Berück- sichtigung der Kriegs -Sanitäts -Ordnung. Eingehend besprochen wurde

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fenier die Kriegs- Etappen-Ordoang vom 3. September 1887 mit dem der- selbeo aDgefögten Organisationsplan der freiwilligen Krankenpflege im Kriege, sowie die Genfer Konvention. (Diese Vorträge ober Militär- Sanitätswesen werden nicht nnr während der Knrsperiode, sondern auch im Sommer für sämmtliche einjährig-freiwillige nnd Unterärzte gehalten, eine Einrichtnng, die gegenüber einer Instraktion in den einzelnen Trnppen- theilen entschieden Vorzüge bat)

Der Unterricht im Traindienst nnd Reiten wurde von Premier- lieatenant Eccarius und Lieutenant Georgi des Train-Bataillons No. 12 gegeben. Reitnnterricht erhielten 10 Militärärzte in 39 Stunden 5 mal wöchentlich; an den Vorträgen über Traindienst, einmal wöchentlich, nahmen alle zum Kursus kommandirten Sanitätsofflziere und einjährig- freiwilligen Aerzte Theil.

II. Der Fortbildnngskursus für Oberstabsärzte vom 11. Januar bis 1. Februar 1888.

Die Thatsache, dass bisher den zu den Königl. Preussiscben nnd König!. Sächsischen Fortbildungskursen kommandirten Oberstabsärzten dieselben Gegenstände, wie den Aerzten der unteren Rangstufen gelehrt worden, entspricht nicht den an die verschiedene Thätigkeit derselben im Kriege gestellten Anforderungen. Wenn es auch unbedingt den Ober- stabsärzten möglich sein muss, in diesen Kursen den Fortschritten der ärztlichen Wissenschaft zu folgen, so erfordert doch andererseits die Thätigkeit leitender Aerzte, welche in der Hauptsache aus dieser Charge entnommen werden, eine Summe von Kenntnissen, wie sie nnr militär- ärztliche Korse bieten können.

Diese Betrachtungen führen dazu, Kurse für Oberstabsärzte anders gestaltet zu wünschen als die für Stabsärzte und andere jüngere Aerzte. Diese Auffassung ist bereits in anderen Deutschen Kontingenten ebenfalls getheilt worden, speziell in der Königl. Bayerischen Armee, woselbst seit dem Jahre 1880 sehr eingehende Instruktionsknrse für Oberstabs- nnd Stabsärzte im Traindienst während drei Wochen abgehalten werden. Alle hierauf bezüglichen Unterlagen wurden dem Verfasser seitens des Königl. Bayer. Kriegsministeriums und des Herrn Generalstabsarztes v. Lotzbeck unter Vermittelung des Königl. Sächs. Kriegsministeriums zur Verfügung gestellt.

Diese Kurse umfassen die Mobilmachung, Aufstellung und Führung von Feldlazarethen nnd Sanitätsdetachements sowohl mit Rücksicht auf alle Verhältnisse derselben als Kolonnen wie der technischen Verwendung

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derselben, wobei den sämmtlichen kommandirten Sanitätsoffizieren Reit- unterricht crtbeilt wird. Diese mit dem besten Erfolge ertheilten In- struktionskurse in der Königl. Bayer. Armee gaben den Anstoss zu einer ähnlichen Einrichtung für das Königl. Sächsische Sanitätskorps, welche in diesem Jahre zum ersten Male ins Leben trat An derselben nahmen Theil: der Korps-Generalarzt, 8 Oberstabsärzte 1. Kl., darunter 3 Divisions- ärzte, und 2 Oberstabsärzte 2. Kl., von denen 3 Oberstabsärzte 1. Kl. und 1 Oberstabsarzt 2. Kl. von ausserhalb nach Dresden kommandirt waren.

Der nebenstehende Stundenplan setzt sich ans wissenschaftlichen Gegen- ständen (Operationsübnngen, Sektionsübungen und bakteriologischen De- monstrationen), sowie aus rein praktischen (Traindienst, Mobilmachnng eines Feldlazarethes, Vorträgen über Feldfnnktionen, Kartenlesen und Kriegsspiel) zusammen.

Die pathologischen Sektionen fanden unter Leitung des Professors Neelsen an dem reichen Material des Sladtkrankenhauses in fünf Doppelstunden mit Rücksicht auf die Technik gerichtlicher Ob- duktionen statt.

In den Operations-Kursen unter Leitung des Stabsarztes Seile sind in sechs Doppelstunden 201 Operationen ansgeführt. Gleichzeitig wurde die Behandlung der Gewehrschosswunden eingehend besprochen, wobei auch die Bedeutung der kleinkalibrigen Geschosse unter Vor- zeigung der dahin gehörigen Projektile und des komprimirten Pulvere vom militär-chirurgischen Standpunkt erläutert werden konnte.

Die bakteriologischen Vorträge durch Stabsarzt Schill be- handelten in fünf Stunden die Desinfektion, den Nachweis der Bakterien durch F'ärbung, das Koch’sche Kultur verfahren und gaben zum Schluss einen Ueberblick über die sicher auf Mikroorganismen beruhenden Krankheiten.

Die praktischen Fächer waren in diesen Kurs mit besonderer Rücksicht auf die Thätigkeit leitender Sanitätsoffiziere eingefügt. Im Vordergründe stand hier die dienstliche Aufgabe des Chefarztes, welcher die Vorträge über Traindienst, die Mobilmachnng eines F'eldlazareths und theilweise auch das Kartenlesen gewidmet waren.

Der Train dienst, vorgetragen von Major Rosenmüller vom Königl. Säcbs. Train -Bataillon No. 12, wurde nach dem Gesichtspunkt behandelt, was für den Chefarzt eines Feldlazareths bei der Mobil- machung und der ThUtigkeit eines Feldlazareths von Wichtigkeit ist. Hier- zu wurde der Gegenstand io 11 Vorträge getheilt.

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Sit andeu -Plan

des oberslabBärztlichen FortbildungRkursus zu Dresden

vom 11. bis 31. Januar 1888.

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1) KeDDtnisB nod Benrtheilaog des Pferdes. Besprechang der Qualifikation als Reit- oder Zagpferde, der Pferdewartung ond Fütterung.

2) Zusammenstellong der Pferde eines Feldlazaretbs (dazu 20 Pferde vorgeführt). Anleitaog zur Durchsicht und Prüfung der Pferde and zur Taxirung des Pferdealters. Besprechung des Hufheschlags.

3) Die hauptsächlichsten Pferdckrankheiten und ihre Behandlang. Besichtigung der Bekleidungs- und Oeschirrkammern für die Feldlazarethe.

4) Kenntniss der Zäumung, Sattelung und Beschirrung; Verpassen von Kummeten und Sätteln, ausgeführt an Pferden. Verpassen und Zu* sammenstellen der einzelnen Geschirrtheile, erläutert durch Zusammen- setzen von Geschirren.

5) Vorbereitung der Geschirrtheile etc. zum Gebrauch. Behandlang und Eonservirung des Materials an Bekleidung, Beschirrung und Kriegs- fabrzengen.

6) Besichtigung der Kriegsfahrzenge eines Feldlazaretbs und An- weisung zu ihrer Beladung.

7) Erklärung der Konstruktion der Kriegsfahrzeuge; ihre Behand- lung, Eonservirung und Beladung. Herstellnngsarbeiten an Fahrzeugen und Geschirren.

8) Zäumen, Satteln, Schirren, An- und Abspannen (praktisch vor- gefübrt). Packordnung, erläutert an vorgeführtem Gepäck für Fahrer vom Sattel und vom Bock, wie für anberittene Pferdewärter.

9) Vortrag über Marschordnung und Marschdisziplin, über Verhalten im Quartier und im Biwak unter Bezugnahme auf die einschlägigen Bestimmungen der F.-D.-O.

10) Einrichten des Biwaks eines Feldlazaretbs (praktisch auf der Reitbahn).

11) Ueberblick über die Arbeiten eines Kolonnenführers während einer Mobilmachung und Besprechung der Kolonnenführung im Felde.

Letztere Besprechung erfolgte an der Hand eines Terminkalenders; es wurden die täglichen Arbeiten, die allgemeine Organisirung des Dienstes, die Fassungen im Arsenal, Lazarethdepot und Proviantamte, die Behandlung und Eintbeilung der Mannschaften, der Verpflegungs- modos bei einer Mobilmachung, die Zusammensetzung und die Pflichtoi der Eassen-Eommission und die Einrichtung des Traindienstes bei einem Feldlazaretb besprochen. Hierbei wurde besonders darauf hingewiesen, wie von der persönlichen Wirksamkeit und Geschicklichkeit des Chef- arztes, von seinem festen Willen hauptsächlich die Gestaltung seiner Kolonne zu einem mit beendeter Mobilmachung sofort brauchbaren zu- '

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verlänig arbeitenden Tmppenkörper abhängig ist, nnd wie die Mobil- macbang der Prüfstein seiner organisatorischen Fähigkeiten bleibt.

Neben diesen höchst werthrollen VortrSgen and praktischen De- monstrationen konnte leider kein Reit-Unterricht ertheilt werden, da die Zeitdazn za kurz war; trotz alledem mnss dies angestrebt werden, da ein wesentlicher Theil der Leistnngsfahigkeit eines Chefarztes, wie aller im Felde verwendeten Aerzte davon abhängt, dass er im Reiten geübt ist.

An den Vortrag über Traindienst schloss sich die praktische Uebung in der Mobilmachung eines Feldlazareths unter Leitung des Ober- stabsarztes 1. Kl. Elien. Es waren hierzu fünf Vormittage angesetzt, , in welchen folgendes Programm ausgeführt wurde.

1) Vortrag über die Organisation der Feldlazaretbe und die Aufgaben des Chefarztes im Besonderen.

2) Besichtigung des Lazarethdepots mit der vorschriftsmässigen Ans- stattong der Sanitätsformationen.

3) Besprechung nnd Vorführung der Kriegsfahrzenge der SanitSts- formationen durch den Major Rosen müller.

4) Formation des etatsmässigen Sanitätspersonals eines Feldlazareths and Beladung der Fahrzeuge.

6) Aufstellung des ganzen Feldlazareths mit vorschriftsmässig be- spannten Wagen und Trainmannschaften io Marschordnung. Entladung der Wagen.

Diese Eintheilung hat sich sehr gut bewährt; zu einer anderen Jahreszeit würde zweckmässig ein Uebnngsmarsch und eine Etablirung des Feldlazareths sich mit derselben haben verbinden lassen, wie dies io den bayerischen Kursen geschieht.

Zum Kartenlesen waren 5 Stunden angesetzt, in welchen der Hanptmann Pfeil, kommandirt zur Ingenieur - Abtheilong des General- Stabes, die Anforderungen an eine Kriegskarte erläuterte nnd einen kurzen geschichtlichen Rückblick über die Entwickelung des Kartenwesens ODter spezieller Berücksichtigung der Herausbildung der Karte des Deutschen Reiches 1:100 OCX) gab, unter Vorlage der alten Sächsischen Meilenkarte im Original sowie deren Photographie und der Oberreit- Khen Karte. Sodann wurde an der Hand dieser, sowie der Aeqnidistanten- karte in 1 : 25 000 die Theorie der Bergzeichnung mit den verschiedenen Strichmanieren und unter Vorführung einer Sektion der Reliefkarte er- iäntert. Hieran schloss sich eine Vorlegung der Maassstäbe und Signa- len unter Betrachtung der deutschen, österreichischen, französischen ■tod rassischen Generalstabskarte. Auf jeder dieser Karten erfolgte die

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Lösang einer kleinen, theils erfundenen, tbeils dena Sanitäts-Bericht über die Deutschen Heere im Kriege 1870 entliehenen Aufgabe, welche die Ausnutzung des Eartenlesens für die Ausführung von Eriegsmärschen zu zeigen bestimmt war. Diese Vorträge fanden das lebhafteste Interesse und wurden von allen Theilnehmern als eine wichtige praktische Be- reicherung der Fortbildungskurse begrüsst

Die Vorträge über Feldfunktionen, unter Leitung des Korps- Generalarztes Roth, gingen von der Voraussetzung ans, dass jeder der Theilnehmer die Aufgaben einer Feldstellung im Mobilmachungsfalle am , besten sich klar machen könnte, wenn er an der Hand seines Mobil- machungskalenders, der K.-S.-O. und Etappenordnung sich über die ihm im Felde obliegenden Pflichten ausznsprechen hätte, womöglich sollte die eigene Stelle des Vortragenden dafür in Betracht kommen. Der Vollständigkeit wegen wurden zur Erweiterung des Ueberblicks alle leitenden Funktionen der K.-S.-O. mit besprochen.

An die Vorträge schloss sich sodann eine freie Diskussion, so dass jeder seine Erfahrungen und Ansichten zum Ausdruck bringen konnte. Es wurden auf diese Weise behandelt: die Tbätigkeit des Feld-Sanitäts- chefs, der Armee-Generalärzte, der Korps-Generalärzte, der Divisionsärzte und Chefärzte der Lazarethe, der Etappen-Generalärzte, der Feldlazareth- direktoren, der Chefärzte der Krankentransport-Kommission und der stell- vertretenden Korpsärzte.

Den Schluss bildete eine Darlegung der jetzigen Bestimmungen über die freiwillige Krankenpflege.

Diese Besprechungen haben sich als ungemein nützlich erwiesen, indem sie ausser einer genauen Bekanntschaft mit dem Gegenstände einen anregenden Austausch zwischen den einzelnen Theilnehmern des Kursus berbeiführten und hierdurch eine Anzahl recht wichtiger Erfahrungen jedes Theilnehmers zum Ausdruck kommen liessen. Es ist zu wünschen, dass in künftigen derartigen Kursen eine grössere Anzahl von Stunden für diesen Zweck angesetzt wird.

Um endlich die Tbätigkeit der leitenden Aerzte im Ernstfälle zu illustriren, fand an zwei Abenden unter bereitwilliger Leitung des Majors Trefurth vom Kriegsministerium Kriegsspiel statt.

Der erste Abend batte die Darstellung der ärztlichen Tbätigkeit bei einer Division zum Gegenstände und zwar bezog sich dieselbe sowohl auf die leitende Tbätigkeit des Divisionsarztes wie die Bildung der Truppenverbandplätze und die Verwendung des Sauitäts- Detachements nebst zwei der Divison attachirten Feldlazarethen. Der andere Abend

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illastrirte den Wirkungskreis des Korps -Generalarztes bei einer Armee TOD drei Armeekorps mit den auf die weitere Evakuation bezüglichen Maassnahmen. Auch diese Uebungen erwiesen sich höchst lehrreich, wo- iD besonders die klare Weise, in welcher der Leiter des Kriegsspiels die einzelnen Gefechtsmomente zum Ausdruck zu bringen verstand, beitrag.

Der Gesammteindruck dieses oberstabsärztlichen Kursus ist der ge- wesen, dass er einem wirklich vorhandenen dringenden Bedürfniss im Interesse der Armee abznhelfen geeignet ist. Vielleicht würde eine etwas längere Dauer den Nutzen desselben noch wesentlich erhöhen, anch eine andere Jahreszeit würde den praktischen Uebungen förderlich sein, was im diesseitigen Armeekorps indessen durch die Verbindung mit den Operationsknrsen zur Zeit praktisch nicht angängig ist, wie schon oben erwähnt.

Dem König]. Kriegsministerium, welches alle für die Fortbildungs- kurse nöthigen Anträge, namentlich auch die Kommandirnng von Lehrern ans dem Offizierkorps, auf das Bereitwilligste genehmigte, muss auch hier wieder, wie in früheren Jahren, der wärmste Dank ausgesprochen werden. Die Kurse sind für alle Theilnehmer nicht nur eine momentan wissen- schaftlich anregende und so die Leistungsfähigkeit des Einzelnen erhöhende Einrichtung, eie führen auch vermöge des Sanitätsoffizier - Kasinos die Theilnehmer gesellig zusammen und fördern damit nahe kameradschaft- liche Beziehungen, die auf dem Boden gemeinsamer Arbeit einen dauernden Werth behalten.

Referate nnd Kritiken.

R. V. Krafft-Ebing. Lehrbuch der Psychiatrie. Auf klinischer Grundlage für praktische Aerzte und Studirende. Dritte uragearbeitete Anflage. Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke. 1888. 8. 734 S.

Das Lehrbuch von v. Krafft-Ebing ist seit Jahren der am meisten in Anspruch genommene und bewährteste Rathgeber der Sanitäts-Offiziere auf dem schwierigen Gebiete der Beurtheilung krank- hafter oder zweifelhafter Geisteszustände. Die neue Auflage desselben wird daher um so lieber gesehen werden, als dieselbe sich zwar im Ganzen von der früheren nur wenig, im Einzelnen aber vielfach vortheil- haft unterscheidet. Trotz der Aufnahme einer Anzahl neuer Kranken- geschichten und der Erweiterung einzelner Kapitel ist der Umfang des ^'erkes nur um wenige Seiten gewachsen. Sehr wesentliche Umarbeitung

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and Bereicberang mit den Ergebnissea der neaesten Untersnchaogeo »af dem Gebiete der Hirn-Anatomie nnd Psjsiolog^e bat der erste AWbnitt (Einfnbmng in das Stndinm der Psycbiatrie) erfahren, desgleichen die Darstellung der Störungen des Gedächtnisses, der Anomalien des Gescblechtstriebes, der Sinnestänschnngen ; minder umfassende, aber ebenfalls bedeutsame Aendernngen machen sich bemerkbar in dem Ab- schnitt „Ursachen des Irreseins“, sowie in der Beschreibung einzelner Krankheitsbilder (Stupidität, Paranoia, Dipsomanie, Paralyse, moralisches Irresein). In der Klassifikation der Erkranknngsformen sind, abweichend von der früheren Eintbeilung, „Ans konstitutionellen Neurosen entstandene Geisteskrankheit“ nnd „Chronische Intoxikationen (Alkoholismns und Morphinismus)“ in besondere Gruppen zusammengefasst; die Kapitel, welche sich mit dem „Irresein auf nenrastbenischer Grundlage“ and mit „Morphinismus“ beschäftigen, sind überhaupt neu hinzngelügt.

Wir zweifeln nicht, dass die hohe Schätzung, welche dem trefflichen Werke allgemein zn Theil geworden ist, durch die angedentete An- passung an neueste Forschungen noch vermehrt werden wird; jedenfalls sei dasselbe dem Sanitäts-Öffizierkorps verdientermaassen von Nenem znm Stadium und Nachschlagen angelegentlich empfohlen.

Beim Dnrchlesen derjenigen Seiten, welche eich mit den Einflüssen von Kriegen anf das Seelenleben beziehen, ist ans anfgefallen, dass das Kapitel „Kriegs-Psychosen“ im siebenteri Bande des Kriegs-Saniläts- Bericbts anscheinnnd noch nicht znr Kenntniss des Verfassers gelangt ist

Dr. George Meyer. Ans der städtischen Franen-Siecbenanstalt zn Berlin. Untersuchungen über das Kniephänomen. (Separat- abdrnck ans der Berl. klin. Wochenschr. 1888, No. 2.)

Verf. unterzog sich auf Veranlassung Ewald' s der Mühe, bei den vielfach an Affektionen des Zentralnervensystems leidenden Patientinnen der städtischen Frauen - Siecbenanstalt eine genaue Untersucbnng der Sehnenreflexe vorzunebmen. Er bediente sich hierbei der einfachen Per- kussion aus freier Hand mit dem Perkussionsbammer. Zumeist worden halbseitig gelähmte Kranke zur Prüfung verwandt. Es handelte sich darum 1. in der gewöhnlichen Weise durch Beobachtung mit dem blossen Ange die Stärke des Kniephänomens festzustellen, 2. unter Benotznng des Lassar - Heller’schen Messinstrumentes (Berl. klin. Wochenschrift 1886 No. 52) den Ausschlag des Beins aufzuzeichnen. Es ergab sich, 1. dass das Kniephänomen auf der gelähmten Körperseite meist gegen die gesunde verstärkt war, 2. dass die Intensität des Patellarreflexes nicht der Extensität desselben zu entsprechen braucht. Das Bein kann sehr schnell und kräftig vorgeschleudert werden, so dass man den Eindruck eines verstärkten Reflexes bekommt, und doch ist die Ans- dehnung der Kurve am Apparat eine sehr geringe. Es folgen am Schloss die Resultate der Prüfung bei Anwendung von Physostigmin. Die Intensität des Kniephänomens nahm fast stets nach der Physostigmin- injektion ab, während bezüglich der Einwirkung des Medikaments anf die Extensität etwas Gesetzmässiges sich nicht feststellen Hess.

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Dr. HermaDD Oppenheim. Zur Pathologie der disseminirten Skleroae. (Sepkratabdrack ans der Berlin, klin. Wochenscbr., 1887, No. 48.)

Verf. macht auf einige bisher nicht genügend herrorgebobene Eigen- tbSmiicbkeiten im Erankbeitsbilde and Yerlaufe der multiplen Herd- sklerose unter Anführung einschlägiger Fälle und Demonstration der zu- gehörigen anatomischen Präparate aufmerksam. Die Krankheit verläuft weit häufiger, als man im Allgemeinen annimmt, unter den Symptomen der spastischen Spinalparalyse. Gesichert wird hier die Diagnose durch die ophthalmoskopisch und perimetrisch nachweisbare (Atrophie der äusseren Pupillenbälften, konzentrische Einengung des Gesichtsfeldes) Optikus-Erkrankung. Verf. bespricht des Weiteren einen sehr seltenen Fall, in welchem die Rücken niarkssymptome die der transversalen Myelitis I waren (ein Herd durchsetzte den ganzen Querschnitt).

I Die Krankheit befällt nicht ausschliesslich Erwachsene. O. hat eioigemale bei Kindern von 4 7 Jahren, 2 mal bei Knaben von 12 bis I I3 Jahren die unanfechtbare Diagnose stellen können. Des Oefteren kann man die Herdsklerose der Erwachsenen in ihren Uranfängen bis in die ! früheste Kindheit zurück verfolgen, gewöhnlich greifen nur einzelne Symptome so weit zurück. Der Verlauf ist ein sehr verschiedener; i einmal schleichend, dann aber binnen weniger Jahre zum Tode führend, ein ander Mal reicht der Beginn unübersehbar weit zurück, die Krankheit macht während eines Dezenniums keine erheblichen Fortschritte; eine j dritte Verlaufsweise endlich ist die apoplektiforme: die Hirnsyraptome . entwickeln sich unter dem Bilde apoplektiformer wiederholter Anfälle, i die Rückenmarkssymptome unter dem der akutesten Myelitis. Wieder in anderen Fällen sind die verschiedenen Krankheitssymptome gekenn- zeichnet durch die akute Entwickelung und die Flüchtigkeit ihres Bestehens.

Fälle, die ohne Anomalie der Sensibilität verlaufen, sind sehr selten (im Gegensatz zu den Lehrbüchern, vergl. Strümpei); meist bandelt es sich um temporäre, fiüchtige Anästhesien. Die Lähmungs- eracheinungen treten häufig apoplektiform auf, um bald wieder zu ver- schwinden; so entwickelt sich nicht bloss eine zeitweilige Hemi- oder Faraparese, es können auch einzelne Nerven (Facialis-, Stimmband-, Peroneus-Lähmung) plötzlich gelähmt werden.

Die Verscbiedenartigkeit des klinischen Verlaufes erklärt sich aus den anatomischen Befunden; einmal tritt Gefässwucherung mit Wand- verdickung in den Vordergrund, ein anderes Mal mehr parenchymatöse I Degenerationen u. 8. w., hinzu kommt, dass die Herde nicht nur in ver- schiedenen Stadien der Entwickelung angetroffen werden, sondern auch ) oft das Produkt ganz verschiedener Vorgänge, akutester Myelitis bezw. I Encephalitis circumscripta, oder eines schleichenden Prozesses darstellen.

Dr. Hermann Oppenheim. Die oscillirende Hemianopsia bi- temporalis als Kriterium der basalen Hirnsyphilis. Vortrag, gehalten in der Gesellschaft der Charite - Aerzte am 30. Juni 1887. (Separatabdruck ans der Berl. klin. Wochenscbr. 1887, No. 36.)

0. bespricht die Geschichte eines Kranken, welcher an Kopf- schmerzen, zeitweisem Erbrechen, vorübergehend auftretendem Doppeltsehen, Abnahme der Sehkraft, starkem Dnrstgefühl litt, und

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bei welchem die perimetrische Pröfang einen beiderseitigen nnvollstÄndigen Gesichtsfelddefekt temporalerseits nachwies. In ^lehnung an einen anderen Fall, bei welchem das überaus wechselnde Verhalten der (gleichfalls bitemporalen) Hemianopsie sich als charakteristisch für die Diagnose der basalen Ilirnsyphilis erwiesen hatte, stellte O. bei dem vor- gestellten Kranken die Diagnose auf eine gummöse Neubildung zwischen Chiasma und Schädelbasis; der Erfolg der Therapie erwies die ßerecbtignng seiner Annahme (3, U Jodkali am Tage). Vortragender hält sich auf Grund dieser beiden und noch vier weiterer, im letzten Jahre beobachteter (zur Autopsie gelangter) Fälle für berechtigt, in der Ilemianopsia bitemporalis fugax ein werthvolles diagnostisches Kriterium für die am Chiasma lokali- sirte Ines cerebri zu sehen.

Die beigefügten perimetriseben Aufnahmen des Gesichtsfeldes beider besprochenen Falle veranschaulichen die interessanten Ansfuhrnngen.

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Die Therapie der Phthisis. Von Dr. P. Dettweiler und Dr.

F. Penzoldt. Separatabdruck ans den „Verhandlungen des VI. Kon- gresses für innere Medizin zu Wiesbaden. 1887“. Wiesbaden 1887.

49 Seiten.

Für die vorjährigen Verhandlungen des VI. Kongresses für innere Medizin hatte der bekannte Dirigent der Falkensteiner Heilanstalt für Lungenkranke Dr. Dettweiler das Referat, Professor Penzoldt das Korreferat über die zur Zeit geltenden Grundsätze für die Behandlung der Lungenschwindsucht übernommen. Die von ihnen vertretenen An- schauungen stimmen in allen wesentlichen Punkten miteinander überein. Dettweiler’s Darlegungen sind eine ziemlich genaue Wiedergabe der in seinem (1884 in 2. Auflage erschienenen) Buche „Die Behandlung der Lungenschwindsucht in geschlossenen Heilanstalten“ aufgestellten thera- peutischen Maximen und Vorschriften. Begreiflicherweise vertritt er der Behandlung in offenen Kurorten gegenüber die Anstaltstberapie. Sie begreift in sich: 1. die psychische Erziehung des Kranken, welche auf Grund einer gewissen schonungsvollen Aufklärung über den Krankheitsznstand eine richtige Lebensführung anstrebt. 2. Den speziellen Kurplan. Dieser umfasst a) Rathschlüge bezüglich des Luftgenusses, an welchen sich der Kranke erst allmälig gewöhnen muss, der aber als wichtigster Heilfaktor unter steter ärztlicher Ueberwaebung in möglichst ausgiebigstem Maasse zu gewähren ist (Dauerluftkur). Das beste Mittel für die Ge- wöhnung ist, den Kranken liegend an die Luft zu bringen (gedeckte, vorn offene Hallen, Veranden), b) auf Abhärtung gerichtete Maass- nahmen, um so den Phthisiker zu befähigen, rasch eintretende Wärme- und Feuebtigkeitssebwaukungen schadlos zu ertragen und sich so vor Erkältung, welcher D. eine sehr hohe Bedeutung für Lungenkranke bei- misst, zu schützen (Mahnung zur Vorsicht beim Luftgenuss, rechtzeitige Beachtung stärkerer Abkühlung, lokale [trockene, feuchte] Frottirnngen und Knetungen, Bewegung, Aenderung in der Bekleidung, der Tageszeit angemessene Temperatur beim Ankleiden und Zubettgehen, Hintenau- haltung und Bekämpfung stärkerer Schweissbildung durch Wäschewechsel und Abreibung bis zur Hautröthe ohne Entblö.ssung), c) Berücksichtigung und sofortige Beseitigung jeder noch so leichten (Schnupfen) Er-

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kältang durch Diaphorese, um ernsten erfabrungsgemäss sich leicht aus- bildenden Prozessen (kapillare Bronchitis, lobulöse Eatarrhalpneunnonie) Torzobeugeo: „für meine Person bin ich geneigt, diesem penibelen Vor- beugungs verfahren den Hauptantheil bei unseren Erfolgen in Falkenstein tozuschreiben“, d) grösste Sorgfalt bei Auswahl einer richtigen, genügend darchlässigen Bekleidung, e) richtig geleitete, die Schwächen und Launen des Magens beim Einzelnen berücksichtigende Ernährung; kleine häufige Mahlzeiten, wenn möglich viel Fett und Kohlehydrate, reiche Auswahl, häufiger Wechsel, überraschende Speisekarte, ernsthaftes Zureden bei Unlust zum Essen. Der für die Ernährung und den Stoff- wechsel so wichtige Alkohol ist in der Therapie als ein Medikament in behandeln; durch kleine, dafür lieber häufige Gaben suche man jede Rauschwirkung zu vermeiden. Besonderer Werth wird dem reinen Kognak zugemessen (ausser dem Tischwein 2stündlich einige Theelöffel bis Zu 60g pro 24''), Q Behandlung des Fiebers je nach Lage des Falles: beim ersten Ausbruch absolute Bettruhe, diaphoretisches Ver- fahren, Eisbeutel, Abwaschungen; tritt nach Ablauf einer Woche kein Abfall ein, dann dauernde Ruhe an freier, reiner, kühler Luft, Ueber- emäbrung.

Einer mässigen Verwendung der Antipyretica zur Niederhaltnng illzuboher Temperaturen (Feststellung der so oft unregelmässigen Fieber- kurve durch öftere Messungen) redet D. das Wort: „Gelingt es, den Kranken an oder wenig über 38° zu halten, so ist die Euphorie eine inffaliende, der Appetit hebt sich, vor allem ist der Schlaf unvergleichlich viel besser. Eine Dosis Antipyrin (in Sa.: 2—4 g), Thallin oder Antifebrin (0,25 0,50) ist das unschätzbarste Schlafmittel.“ Die den Abfall der Temperatur einleitenden Schweisse suche man durch Ab- reibungen. Agaricin (0,01), Atropin, Salicylstreupulver, Salicylsäurespiritus unschädlich zu machen, dag Gleiche gilt von den lästigen Nacht- und Morgensebweissen. Gegen das durch stärkere Zerfallsprozesse bervorgernfene Fieber sind unter Umständen auch desinfizirende In- halationen (permanente Zufuhr von Karbol, Kreosot, 01. Pini mittelst der Feldbausch'schen Nasal -Inspiratoren) in Anwendung zu ziehen. Bei Rehlkopf-Ulcerationen ist Kokain unentbehrlich; ebenso wohlthätig wirkt es bei heftigem trockenen Kitzelhusten, einer der häufigsten Ursachen von Würgen und Erbrechen. Die letzte therapeutische Anweisung ist die über eine zweckmässige Ausführung der Athemgymnastik, der Oeh- und Steigübungen.

Der Verf. schliesst mit dem beherzigeuswerthen, an den Genesenen sich wendenden Rath, sich nie für gesund zu halten, sondern gerade so wie der geheilte Diabetiker, der geheilte Nerven- und Gehirnkranke für (inen so zu sagen unter polizeilicher Kontrole Entlassenen. Das End- ergebniss des Referates gipfelt in dem trostreichen, einer langjährigen Erfahrung abgewonnenen Satze :

aOeheilt in diesem Sinne kann der Phthisiker werden, daran ist gar kein Zweifel.“

Mit dem Schlusssatz Dettweiler’s: „die Lungenschwindsucht kann heilen“ beginnt Penzoldt sein Korreferat. Zum Beweise führt er die wweilen bei Sektionen an anderen Krankheiten verstorbener Individuen u> den Lungenspitzen aufgefnndenen Bindegewebs -Indurationen mit oder ohne Käseknoten oder Verkalkung an. Sodann wendet er sich der Frage

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der Verhätnog der Krankheit za. Dieselbe kann anf zwei Wegen angestrebt werden: 1. Vernichtung oder Beschränknng der

Tnberkelbacillen. Vor allem ist es die Aufgabe des Arztes, auf die Gefahren intimen Verkehrs mit Schwindsüchtigen aufmerksam zu machen (sexueller Verkehr, Verbot des Ileiratbens Tuberkulöser, Isolirnng der Kranken in eigens dazu erbauten Phtbisishospitälern). Die vom perl- süchtigen Rindvieh drohende Infektionsgefahr erfordert schärfste Ueberwacbung des lebenden V'iehes, Entfernung, womöglich Vernicbtnag der kranken Thiere, genaueste Kontrole des Schlachtviehes und Fleisches. 2. Verhinderung der Ansiedelung der Infektionserreger in der Lunge. Vor allem sind die Disponirten und unter ihnen ganz be- sonders die Individuen mit ererbter Anlage zu schützen: das Stillen seitens tuberkulöser Mütter, das Küssen, Znsammenschlafen etc. soll streng untersagt werden. Hauptgewicht ist auf die Kräftigung der Resistenz zu legen: überreichliche Ernährung durch überwiegende Fleischkost, Abhärtung der Haut, kräftige Ausbildung von Muskeln, Lunge und Herz, Schutz der Athmnngsorgane vor Staub u. s. w., zweck- mässige Wahl des Berufs (Landwirth, Förster, Seemann).

Die eigentliche kurative Therapie der Phthise hat zur Vor- aussetzung die Mitwirkung des über seine Krankheit in schonender Weise unterrichteten Patienten. Unter den Kurmitteln steht obenan die frische, reine, d. h. von mechanischen and chemischen Ver- unreinigungen, von pathogenen, den Zerfall des pbthisischen Lungen- gewebes begünstigenden Spaltpilzen freie Luft immuner oder solcher Orte, wo schon viele Lungenkranke gebessert worden sind. Nächst der Luftbehaudlung ist von höchstem Werth eine rationelle Ernährung: bei normaler Verdannngstbätigkeit möglichst reichliche gemischte, eiweiss- und fettreiche, leicht verdauliche, häufig dar- gereichte Nahrung, Alkohol. Ein drittes wichtiges Moment ist in ihrer maass- vollen Ausführung ärztlich überwachte Körperbewegung, bei schwereren Kranken passive Bewegung und Massage, methodische tiefe Einathmung. Demnächst ist der Hautpflege Sorgfalt zuzuwenden (Abhärtung durch Frottiruugen). Die am besten aus leichtem Wollenstoflf gewählte Kleidung sei der wechselnden Temperatur angepasst. Endlich suche der Arzt psychisch (ermuthigend, erheiternd, in Schranken haltend) auf den Kranken eiuzuwirken.

Die beste Garantie für die Durchführung der geforderten Maass- regeln bietet die Krankenhausbehandlung, möglichst am im- munen Orte. Für die Armen unter den Schwindsüchtigen ist die Gründung von Phtbisishospitälern, womöglich in immunen nnd heilsamen Klimaten, eine herbeizusehnende Wohlthat.

Die medikamentöse Behandlung steht hinter der hygienischen an Wirksamkeit zurück, sie ist meist eine symptomatische: Morphin zur Bekämpfung des Hustenreizes, der Dyspnoe, des Schmerzes, Ein- athmung von Terpentin-Dämpfen und zerstäubten Tannin-Lösungen zwecks der Desinfektion und der Sekretionsverminderung, von Salzlösungen zwecks der Expektoration. Haemoptoe erfordert absolute Bettruhe, Eisapplikation, Morphium in wiederholten kleinen Dosen. Gegen das Fieber kommen zweckmässig in Anwendung kalte Abreibungen, Anti- pyrin und Antifebrin in vorsichtigen, aber ausreichenden Gaben. Von den bisher in der Absicht spezifisch einznwirken versuchten Mitteln (Kreosot, Arsenik) hat sich keines dauernd bewährt, ebensowenig erwies

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sieb die lahalation antiparasitärer Medikamente (Phenol, SalicylsSare, Jodoform) erfolgreich. Von der Lungenebirurgie ist aur Zeit ebenfalls nichts zu erwarten.

Trotz des vielen Negati/en, das er nussprechen musste, betont Referent zum Schluss, dass ein Fortschritt, ein langsam sich vollziehender Umschwung in der Phthisistherapie nicht zu verkennen sei.

G.

Lehrbuch der pathologischen Mykologie. Vorlesungen für Aerzte ond Studirende von N. P. Baumgarten, a. o. Professor an der Universität Königsberg. Zweite Hälfte, erster Halbband. Hraunschweig. H. Bruhn. löS7.

Dem Drängen einer nicht unerheblichen Zahl von Käufern des ersten Theiles folgend, lässt die Verlagsbuchhandlung den zweiten, speziellen Theil des B.’schen Werkes bereits tbeilweise erscheinen, ob- wohl derselbe noch nicht vollendet ist. Wenn daher der uns vorliegende llalbband auch mitten in einem Abschnitt abbricht, so sind wir der Huchhandlung doch zu Dank verpflichtet dafür, dass sie uns in den Stand setzt, wenigstens einen Theil dieses entschieden bedeutenden Werkes schon jetzt kennen zu lernen.

Die Vorzüge und Fehler des allgemeinen Theiles finden wir in dem speziellen wieder: dieselbe lebendige und warme Darstellung, welche die Begeisterung des Verfassers für die noch so junge und doch schon so entwickelte bakteriologische Wissenschaft bekundet; dieselbe Gründlich- keit in der Verwerthung der Quellen und in der Wiedergabe der Litteratur, welche uns so recht zum Bewusstsein bringt, eine wie grosse Zabl tüchtiger Forscher mit wahrem Bienenfleisse und mit glänzenden Erfolgen auf unserem Gebiete thätig sind. Aber auch dieselbe Schwer- fälligkeit der Sprache fällt uns auf, die sich in der Einkapselung von Sätzen und der Bildung zuweilen übermässig langer Perioden gefällt, ond die das Verständniss entschieden erschwert. Ist die vom V'erfasser beliebte Form der Vorlesung, zumal bei einem so wenig konsolidirten Stoffe, wie die Bakteriologie es noch ist, unzweifelhaft ein Vorzug, so würde man diese Form doch glücklicher durchgeführt nennen können, wenn die Vorlesungen kürzer wären und nicht, wie z. B. die achte, bis zu einer Länge von 176 Seiten anschwöllen.

Eine weitere Eigenschaft des Werkes, und dies ist ein Vorzug und ein Fehler zugleich, ist die durchweg sich bemerkbar machende Betonung der subjektiven Ansichten und Auffassungen des Verfassers, ein Umstand, durch den die Lektüre des Werkes an Interesse entschieden gewinnt, wodurch der objektive Werth desselben als Lehrbuch indessen einigen Abbruch erleidet. Jedenfalls setzt es eine so gründliche Durchbildung und eine solche Reife des Urtheils voraus, dass es wohl nur von dem Arzt und nicht vom Studenten mit Vortheil durebgearbeitet werden wird. Ist ja ohnehin die Bakteriologie bis jetzt wenigstens eine Domaine der auf das Staatsexamen folgenden Semester.

Der uns vorliegende Halbband enthält auf 398 Seiten die achte und den grösseren Theil der neunten Vorlesung. Nach einer kurzen Ein- leitung, in welcher die pathogenen Organismen in drei Klassen Blut-, Gewebs- und Blut- und Gewebsparasiten getheilt werden, werden in

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der achten Vorlesang die pathogenen Kokken besprochen: 1) die Kokken des Erysipels, welche mit dem Streptokokkns pyogenes idenlifizirt werdeo; 2) die verschiedenen von Friedländer, A. Frankel, Artigalos und Fane als Erzeuger der fibrinösen Pneumonie augespmcbenea Kapsel-Kokken, von denen allein der FraukeTsche als solcher vom Verfasser anerkannt wird; 3) der Gonokokkus Neisser’s, einer der „bestbewieeenen Repräsentanten mikroparasitärer Krankheitserreger des Menschengeschlechts“; 4) die pyogenen Kokken, und zwar der Staphylokokkus pyogenes aureus, der ausser der Eiterung die Endokarditis, die Osteomyelitis und die Pyaemie zu erregen im Stande, ferner die ic ihren Wirkungen von ihm nicht verschiedenen Staphylokokki p. atbci und citreus sowie die seltenen St. cerens albus und flavus. sodann dir Varietäten des Streptokokkns pyogenes, die mehr flächenhaft sich ans- breitende Eiterungen erzeugen, die Verfasser jedoch auch als Erreger der Rachendiphtherie angesprochen wissen will, „ohne die ätiologische Bedeutung der später zu besprechenden Klebs-Löffler'scben Diphtherie- hazillen für diese Krankheit zu unterschätzen“.

Im Anschlüsse an die Eiterkokken finden eine kurze Besprechung der Mikrokokkus pyogenes tennis Rosenbacb’s, die von R. Koch in seiner epochemachenden Schrift über die Wundinfektionskrankbeiten bekannt gegebenen Kokkenarten, nämlich der Kokkus der progressiven Abszessbildung bei Kaninchen, der Kokkus der Kaninchen -Pyaemie and der Kokkus der progressiven Oewebsuekrose der Mäuse, sowie endlich mehrere Septicaemie-Kokken, als welche der Fränkel’sche Pnennionie- kokkus, die Kokken der Mäuse-Septicaemie und der Oaffky’scbe Mikro- kokkus tetragenus angeführt werden.

Eingehender werden 5) die Trachomkokken behandelt und vom Verfasser wohl mit Recht mit einem Fragezeichen versehen, da die bezüglichen Arbeiten Sattler's und Michel’s als abschliessend nicbi zu erachten sind. Es folgen 6) die Kokken des Mykodesmoids der Pferde (Johne), 7) die Kokken der Pseudotuberkulose des Meer- schweinchens, 8) die Kokken der „progressiven Granulombildnng der Tbiere“, 9) die Kokken der Krankheit der Graupapageien, 10) Kokkes- befunde bei Granuloma fungoides, Orientbeule, H odgin 'scher Krankhei', Diphtherie, Keuchhusten, Coryza, Influenza, Masern und Scharlach, akuter gelber Leberatrophie, Gelbfieber, Haemopbilia Neonatorum. Variola, Varizellen, Pemphigus acutus, Syphilis, Ulcus molle, Lyssi, „Perlicbe“, Area Celsi, Maul- und Klauenseuche sowie Rinderpest endlich 11) Kokken als Erreger epidemischer Erkrankungen von Insekteo, in erster Linie der „Schlafsucht“ der Seidenraupen.

Die neunte Vorlesung ist der Besprechung der pathogenen Bazilleo gewidmet. Den Reigen eröffnet mit Recht 1) der Milzbrandbazillus, der zuerst von Rayer 1851 gesehene, „historisch ruhmreichste Vertreter der pathogenen Bakterien“. Es folgen 2) die Bazillen des malignen Oedemi (Koch); 3) die Bazilleo des Rauschbrandes; 4) die Bazillen des Schweioerothlaufs, welche zusammen mit den ihnen so ähnlichen BaziUeo der Mäuse-Septicaemie besprochen werden, ohne dass jedoch die Frage ihrer Identität entschieden wird; 5) folgt eine mehr kursorisebe Erörterung der Bazillen der Rinderseuche, der septischen Plenrupneumoaie der Kälber, Wildseuche, Schweineseuebe, Hübnercholera, KaoinebeD- Septicaemie, sowie der Bazillus pyogenes foetidus; der Bedeutang der betreffenden Krankheiten entsprechend eingehend ist die Würdigung

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6) de« Typhös- und 7) des Toberkelbazillos, mitten in dessen Besprechung das Werk endigt.

Genaoer anf die Einzelheiten einzugeheu muss Ref. sich versagen. Die Reichhaltigkeit des Inhalts gebt aus dem Vorstehenden zur Genüge hervor. Tritt, wie bei dem Verfasser nicht anders zu erwarten, die pathologisch-anatomische Seite der Behandlung in den Vordergrund, so finden doch auch die hygienischen Fragen volle Würdigung, und das biologische und kulturelle Verhalten der Organismen eingehende Schilderung.

Mehrmals findet sich Gelegenheit, des Pasteur 'sehen Schutz- impfungs-Verfahrens zu gedenken, so beim Milzbrand, dem Sebweiue- rothlauf, der Hühnercholera; nach Ansicht des Verfassers ist „dessen hoher wissenschaftlicher Werth für alle Zeiten als gesichert zu betrachten“, dessen praktische Anwendbarkeit indessen nach den Kocb’schen Unter- suchungen zur Zeit noch zweifelhaft.

Die Metschnikoff’sche Phagocytentheorie will Verf. unter keinen Umständen gelten lassen. Da seine eigenen Argumente gegen dieselbe die Frage für oder wider nicht entscheiden, so befremdet die bei zahl- reichen Gelegenheiten aufgenommene Polemik ein wenig durch ihre Entschiedenheit.

Beim Milzbrand, dann auch beim Typhus kommt Verf. auf die von V. Buhl und von v. Pettenkofer aofgestellte Boden- und Grundwasser- theorie zu sprechen, die ja durch die Entdeckung organisirter Krankheits- keime und deren Lebensprozesse einen so schweren Stoss erlitten hat.

Bei der Tuberkulose verdient die Ansicht des Verfassers über den Weg der Infektion bervorgeboben zu werden, welche dahin geht, dass die Tnberkelbazillen keineswegs „hauptsächlich oder auch nur einiger- maassen häufig durch die Luft wirksam übertragen werden“, dass viel- mehr die Ansteckung entweder durch die Nahrung (bazillenbaltige Milch) oder durch Vererbung resp. intrauterine Infektion erfolgt. Ob die weitere Bearbeitung dieser ihrer Lüsung noch harrenden Frage die Ansicht des Verfassers bestätigen wird, möchte Ref. doch etwas zweifel- haft erscheinen.

Das vortrefflich ausgestattete und mit schönen Abbildungen versehene Werk empfiehlt sich selbst zu fleissigem Studium.

M. Kirchner (Berlin).

Prof. Dr. Theodor Kocher in Bern. Eine einfache Methode zur Erzielung sicherer Asepsis. Separatabdrnck aus dem Korrespon- denz-Blatt für Schweizer Aerzte, Jahrgang XVllI (1888).

Io vorliegendem Aufsatze plaidirt K. in erster Linie für das Fort- lassen des Katgut aus dem Material zur antiseptischen Wundbehandlung, weil „es Katgut im Handel giebt, welches in einer Weise infektiös ist und in einer Form bergestellt wird, dass unsere besten Antiseptika die vollkommene Sterilisirung nicht zu Wege zu bringen vermögen“. Zum Belege hierfür bringt er zwei Zusammenstellungen aus den Operationstabellen seiner Klinik aus zwei aufeinanderfolgenden Zeiträumen, in deren einem znmeist Katgut, in deren anderem ausschliesslich Seide zur Verwendung kam. Unter den 31 Operationen der Katgutzeit haben 22 Fälle, bei welchen der den Verhältnissen nach vollberechtigte Versuch einer Prima-

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Heilung gemacht wurde, zweifellose Infektionen durcbgemacht, in Form tbeils einfacher, theils jauchiger Abszesse oder umschriebener Phl^monen und diffuser nekrotisirender Vereiterungen. Einmal kam es sogar zum exitus letalis. In den Fällen, wo Seide zur Nabt, Katgut zur Unter- bindung verwendet worden war, kam es zu tadelloser prima intentio, mehrere Tage später aber traten lokale Entzündungserscbeinnngen in der Tiefe mit Schwellung, Druckempfindlichkeit und Fieber auf. War auch zur Naht Katgut gebraucht worden, so eiterten die Stiebkanäle, und es kam von hier aus zu entzündlichen Schwellungen und dipbthe- ritischen Belägen. Dem gegenüber trat in allen unter den 62 üperatinnsfällen der Seidezeit, bei welchen eine Primabeilung über- haupt in Frage kam, die tadelloseste Heilung der Wunden, eine unmittel- bare Verklebung bei den ausgedehntesten Verletzungen ein und dies unter Beibehaltung derselben Aussenverbältnisse, desselben Lokales mit seinen Einrichtungen, desselben chirurgischen Personals, derselben Wnod- bebandlungsstoffe und derselben Antiseptika mit der einzigen Aenderung, dass Katgut wegblieb und Seide allein zu Suturen und Ligaturen ver- wendet wurde.

Die Blutstillung bewirkt K. durch Ligatur der grösseren, Torsion der kleineren Gefässe (mittelst modi&zirter Köberle-, Pean-, Bill- rotb’scher Arterienzangen).

Von den Schwämmen verlangt K. nicht, dass sie desinfiziren, sondern nur, dass sie nicht infiziren (Reinigung derselben mit Seife und warmem Wasser, Aufbewahrung in 5 prozentiger Karbollösung; vor der Operation werden sie durch eine Rollpressmascbine fest ausgepresst).

Zur Desinfektion der Hände hält er, entgegen Fürbringer und Kümmel, blosses Abbürsten mit Seife und Wasser und unmittelbare Desinfektion mit 1 ojm Sublimatlösung für ausreichend.

Zum Wundverschluss wird die fortlaufende Kürsebnernabt empfohlen. Da, wo sich Höblenbildung nicht vermeiden lässt, werden ausnahmslos Olasdrains benutzt.

Von den Antisepticis und antiseptischen Verbandstoffen hält K. das Jodoform und die Jodoformgaze für zu kostspielig und nur wertbvoll für Dauerverbände. Diese sind aber zur Erzielung einer prima intentio nicht nothwendig, da diese schon in sehr früher Zeit keines anti- septischen Verbandes mehr bedarf, da aber, wo Drains 8 14 Tage liegen bleiben, ist von einer Heilung durch erste Verklebung keine Rede mehr. Dagegen erkennt er dem Jodoform und anderen Dauer-Antisepticis ihren Werth zu für diejenigen Fälle, in denen die Wunde schon eitert oder nicht ganz geschlossen werden kann oder nachträglicher Infektion aus- gesetzt ist.

Zusammenfassend erklärt K. als Hauptsache für die Wund- behandlung, für eine ideale Antisepsis, die Sterilisation'**') der Wunden entsprechend der Sterilisation anderer Nährböden. O.

•) D. h. gründliche primäre Desinfektion der Wunde. Was nachher darauf kommt, ist weniger wichtig, am besten ein aufsaugender, die Verdunstung begünstigen- der Verbandstoff. Kocher nimmt Waldwolle. Die Abhandlung ist deshalb von besonderem Werth, weil sie der Praxis der verschwenderischen Applikation von Verbandmaterial steuert und die Behandlung auf einfache Grundsätze zurückiuhrt.

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Dr. W. Kleinwächter. Die Amputationen and Ezartikulationen im AugnBta-Hospital in den Jahren 1871 1885. Bin Bild der Entwickelung der Wundbehandlungemethoden. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. E. KÜBter. Leipzig. 1887. 104 S.

Die fleiBBige BtatistiBche Arbeit beBpricbt die ReBnltate der ver- schiedenen neueren Wundbehandlungsmethoden innerhalb einer einzelnen OperationBgrnppe einen seit der vorantineptiBchen Zeit bin jetzt unter dernelben Leitung Btehenden KrankenbauBes und giebt durch die vergleicbs- weise GegenüberBtellung eine kritisch geschriebene Geschichte der Fortschritte der modernen Wundbehandlung. Daran schliesst sich die Besprechung einer Reibe von Fragen, welche sich ans dem gewaltigen Umschwünge, den die antiseptiscbe Wundbehandlung in der Chirurgie hervorgerufen hat, ergeben: inwieweit der Zeitpunkt der Amputation, das Alter, der Zustand des Patienten, die Veranlassung zur Operation, die Operationstecbnik die Heilerfolge beeinflussen.

Da im Einzelnen auf den Inhalt der Arbeit nicht eingegangen werden kann, so seien die wesentlichen Ergebnisse heransgeboben.

Obgleich die Resultate der vorantiseptischen Zeit im Augusta- Hospital (1871 74: Charpie-Deckverband nnd offene Wundbehandlung) gegenüber denen anderer Hospitäler und Kliniken ausserordentlich gute waren, so fällt doch der Fortschritt seit Einführung der antiseptischen Wundbehandlung (1875; typischer Lister seit 1879; Sublim., Jodof., .Mooskissenverband seit 1883) recht in die Augen: dort eine Mortalität von 13,04 “/o bezw. 72,7 “/o (unkomplizirte komplizirte Fälle), hier 3,2 o/o bezw. 38,7 ”/o; Heilung per primam dort 13,0 »/o, hier 61,7 »/o.

Ein Vergleich der Erfolge der antiseptischen Zeiträume unter- einander ergiebt, dass Sublimat und Jodoform*, die Anlegung aus- trocknender Dauerverbände zu bevorzugen sind. Diese Methode übertrifft bei unkomplizirten Fällen mit 70 % Primär-Heilungen die Erfolge der typischen Lister-Behandlung noch nm 5 die der voraufgehenden Zeit- räume (cf. oben) um 20 %. Bezüglich der Mortalität hat sie das von Billroth erwünschte Ziel der antiseptischen Wundbehandlung, an den Folgen der Operation keinen der einfachen Fälle mehr zu verlieren, erreicht. Auch empfiehlt sich diese Wundbehandlungsmetbode als die billigste. Während der Jahresbetrag pro Patient 1878 sich noch auf 10 Mk. 99'/i Pf. stellt, beträgt derselbe von 1883 an nur noch 4 Mk. und etliche Pfennige.

Ausgang nnd Verlauf der Amputationen hängt bei unkomplizirten Formen im Wesentlichen von der Wundbehandlung und von der Möglichkeit, aseptische, lebensfähige Wundflächen zu erhalten, ab. Alter und Allgemeinzustand üben gar keinen Einfluss darauf aus, die Wahl der Amputationsstelle bedingt keinen wesentlichen Unterschied in demselben. Der alte Satz: „Je höher die Amputation, desto grösser die Gefahr" gilt nur noch für die Ezartikulationen des Oberschenkels und Oberarmes, indess auch nur in ganz beschränktem Maasse. Die wegen Erkrankungen ausgeführten Amputationen geben im All- gemeinen bessere Resultate als die primär-traumatischen.

Ein genaues Verzeichniss der von 1871 1885 im Augusta- Hospital susgeführten typischen Amputationen und Ezartikulationen (im Ganzen 177 Fälle) nebst Angabe des Krankheitsverlaufes in jedem einzelnen Falle bescbliesst die an gut gesichtetem, nach einheitlichen Gesichts- punkten geordnetem Material reiche Arbeit. G.

Di.

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Dr. Rudolf Gerstacker, Stabsarzt, lieber den Tod durch Oewehr- scbusswunden in gerichtsärztlicher Beziehung. Sonderabdmck aus der , Zeitschrift für Heilkunde'*. Bd. VIII. Prag. 1887.

, Die recht lesenswerthe, die einschlägige Litteratur erschöpfende, dabei übersichtlich angeordnete Arbeit behandelt: 1) die Mechanik und Charakteristik der Oewehrschusswunden, 2) die Art des Todes nach derartigen Verletzungen, 3) die Schlussfolgerungen, welche für die Stellung des Thäters aus den Wnndverhältuissen sich ableiten lassen, 4) die Anhaltspunkte, die sich aus der Gestalt der Wunde, der Lage des Erschossenen, gewinnen lassen für die Beurtheilung seiner Haltung im Momente der Exekution, 5) die muthmaassliche Berechnung der Ent- fernung, aus welcher geschossen wurde, 6) die Frage nach der Zeit der Verletzung, 7) die Momente, die für Mord oder Selbstmord sprechen.

Ans dem Rcsumö der Arbeit mögen folgende Sätze, als auch noch in anderer als gerichlsärztlicher Beziehung von Interesse, hier Platz finden: „Die Zerstörungen eines Schusses ä bout portant kann jede Waffe mit jedem Projektile, sogar mit dem blossen Pfropfen hervorbringen. Hydraulische Wirkungen sind Eigentbümlichkeiten moderner Präzisions- gewehre, ältere Waffen vermögen sie nur in unmittelbarster Nähe der Mündung zu erzeugen. Bei allen übrigen Schusswunden bietet die verschiedene Propulsionskraft des Geschosses und die daher resultirende verschiedene Tragweite und Auftreffgeschwindigkeit die Kriterien für die Beurtheilung der Waffe. Aus der Grösse der Einschussöffnung und des Schusskanales ist nur mit Vorsicht auf die Gestalt der Kogel zu schliessen'*. „Die Ermittelung der Schussrichtung beruht auf der Distinktion von Einschuss- und Aosscbnssöffnung. Es giebt gar kein einzelnes, nur der einen oder der anderen zukommendes Kennzeichen, durch eine Summe von Merkmalen ist ihre Unterscheidung jedoch ermöglicht'*. „Eine der Wahrheit sich nähernde Schätzung der Schussweite ist vom Bekanntsein des Gewehres, der Pnlverladung und der Projektile abhängig". G.

Stabsarzt v. Hase in Hannover: Transport Verwundeter auf

Banernwagen. (Illustrirte Monatsschrift der ärztlichen Polytechnik. X. Jahrgang. 1888. 4. Heft. 8. 75 80.)

Verf. empfiehlt, die Merke’sche Tragbahre (mit y*förmig gebogenen Pederfüssen) mit Flügel- oder Klemmschrauben auf Unterlegelatten zu befestigen, welche sich über breite wie schmale Wagen in querer Richtung legen lassen und nur mit Hanfschnüren festgebunden zu werden brauchen, so dass ein Bretterboden zur Aufstellung entbehrlich wird. Wegen des hohen Gewichtes der Merke'scben Trage (36 Pfund) will v. H. die gewöhnlichen Holme durch solche aus Bambusrohr ersetzt wissen.

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Dr. Tiburtius. Leitfaden für den Unterricht in der Familieu- Kran kenpflege. E. S. Mittler und Sohn, Kgl. Hofbachhandlung, Berlin SW, Kochstr. 68 70.

Verf. ist durch die alltägliche Erfahrung, „dass von im Uebrigen ganz vernünftigen, selbst gebildeten Laien in der Krankenpflege ihrer Angehörigen ein durchaus gefährlicher Unsinn“ vielfach verübt wird, zur Veröffentlichung seines Leitfadens veranlasst worden. Derselbe soll dem sachverständigen Lehrer ein Gerüst bieten, welches er seinen Vorträgen zu Grande legen und mit den nöthigen Erläuterungen bekleiden mag; dem lernenden Laien soll er zur Auffrischung des in den bezüglichen Vorträgen Gelernten im Gedächtnisse dienen. Verf. löst seine Aufgabe mit Geschick; mag man auch hier und da mit dem Gebotenen nicht ganz einverstanden sein, der Gesammteiudruck des Büchleins ist ein dnrchaus guter. Vor Allem glauben wir nicht, dass durch den Leitfaden irgend wie eine gefährliche Pfuscherei angeregt und befördert wird; ein Blick auf die Uebersicht der Krankheilszeichen, welche die Zuziehung eines Arztes bedingen, zeigt ausser Anderem dies zur Genüge.

Im Interesse der behandelnden Aerzte, der Pflegenden, sowie vor Allem der Kranken selbst wünschen wir dem Büchlein die weiteste Verbreitung. Ltz.

R. Gerstacker, Die historische Ent w ickelung und hygienische Bedeutung der Revaccination. Separat'Abdruck aus der Deutschen Vierteljabresschrift für öffentliche Gesundheitspflege, 20. Band, 1. Heft. Braunschweig, Verlag von Friedrich Vieweg u. Sohn, 1888. 29 S.

.Aus der gesammten Impffrage ist in der vorliegenden Abhandlung, wie der Titel besagt, die Frage der Wiederimpfung heransgenommen und in ansprechender Weise erörtert. Die einleitende Uebersicht über die historische Entwickelung der Wiederimpfung zeichnet sich durch strenge Festhaltung des leicht zu weiteren Ausführungen verleitenden Themas und durch Eleganz der Darstellung aus. Ira Weiteren wird die Nothwendigkeit und der Segen der Wiederimpfung an der Hand der wichtigsten einschlägigen Veröffentlichungen, insbesondere unter ausgiebiger Benutzung des 6. Bandes des Kriegs-Sanitäts-Beriebtes für 1870/71 für Jeden, der nicht zu den grundsätzlichen Impfgegnern gehört, überzeugend dargetban.

Ergebnisse einer Statistik der Pockentodesfälle im Deutschen Reich für das Jahr 1886. Berichterstatter: Stabsarzt Dr. Rabts. Sonderabdruck aus „Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte.“

Das Material für die vorliegende Arbeit ist gewonnen aus den für das Jahr 1886 aus sämmtlichen Deutschen Bundesstaaten und aus Elsass- Lothringen dem Kaiserlichen Gesundbeitsamte zugegangenen Meldekarten über Todesfälle an Pocken. Die Gesammtsumme derselben beträgt 15.ö (3,3 auf eine Million Einwohner). Von ihnen entfallen mehr als 2 Dritt- theile (110) auf die Grenzbezirke des Reichs, so dass für das Binnen- land nur 45 übrig bleiben.

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Nur iu 10 Bezirken und Orten wurde ein zeitliches und rännilicbe: Zusammenfällen mehrerer Pockentodesfülle beobachtet, während sie io allen übrigen vereinzelt blieben. Ergo: Der ein geschleppte Ao- Bteckungsstoff hat nieistentheils eine für das Pockengift sehr nnempfüngliche Bevölkerung vorgefunden.

Etwa 40 "/o der an Pocken verstorbenen Personen hatten das erste Lebensjahr noch nicht vollendet, standen somit, weil aller Wahrscheinlich- keit nach zum grössten Theile noch ungeimpft, noch nicht unter dem Einflüsse des Impfschutzes.

Die statistische Uebersicht von 58 ausserhalb Preussens im Deutschen Reiche vorgekommenen Pockentodesfällen ist um deswillen von ganz be- sonderem Interesse, als sie über die Herkunft und über den Impfzustaod der verstorbenen Pockenkranken Aufschluss giebt. Von ihnen entfallen nämlich 12 auf das Lebensalter vom 2. bis 2.5. Lebensjahre. Diese bei dem in Deutschland bestehenden Impfungs* und Wiederimpfungszwange auf- fallende Erscheinung findet ihre Erklärung darin, dass in G Fällen nn- geimpfte Ausländer betroffen waren, und dass unter den übrigeu 6 sich 2 noch ungeimpfte Kinder im 13. Lebensmonate befunden haben. Vom 13. Lebensmonate bis zum 12. Lebensjahre, d. h. in der Periode zwischen Impfung und Wiederimpfung, ist nur ein einziges Kind, vom 12. bis 22. Lebern- jahre, d. i. innerhalb des auf die Wiederimpfung folgenden Dezeuniums ebenfalls nur eine Person, ein 12 jähriges noch nicht wiedergeimpfte» Kind, gestorben. Da fast die Hälfte aller Lebenden auf die .Altersklassen von 0 22 Jahren entfällt, *8o erhellt hieraus der Schutz vor tödtlicher Erkrankung an Pocken, welchen die gesetzliche Impfung und Wieder- impfung bis zum 22. Lebensjahre gewähren.

Der letzte (5.) Abschnitt der Arbeit giebt eine tabellarische Ver- gleichung der Pocken-Mortalitätsziflfer der Gesammtheit Deutscher grosser Städte (193) mit der ausländischer Städtegrnppen. Der Vergleich falb sehr zu üngunsten letzterer aus. Es hatten nämlich die Städte Oesterreichs das 81 fache, die Ungarns das G07 fache (1), die der Schweiz das 54 fache, die Belgiens das 48 fache der Pockensterblichkeit der Dentschen Städte. Bekanntlich besteht in Oesterreich, Ungarn, in der Schweiz und in Belgien kein allgemeiner gesetzlicher Impfzwang.

Die Arbeit hat selbstverständlich nicht die Absicht, Propaganda fär eine gute Sache zu machen, sie giebt auf Grund amtlichen i. e. absolut zuverlässigen Materials eine objektiv-nüchterne Darlegung der währeail eines Jahres festgestellten Mortalität an Pocken im Deutschen Reich« und vergleicht hiermit zum Schluss die in Staaten ohne Impfzwang ge- wonnenen Zahlenergebnisse. Ueberzeugender konnte die mühevolle Arbeit nicht ausfallen: ob sich wohl endlich einmal die bekannten Verfeebter gegentbeiliger Ansicht, die Gegner des gesetzlichen Impfzwanges, über zeugen lassen werden?

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Mittheilnngen.

Saoitäts-Offizier-Oesellschaft zn Dresden.

1. (172.) Sitzung.

Donnerstag, am 20. Januar 1887.

Oberstabsarzt Dr. Helbig: Bericht nber die 13. Versammlung des

Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege.

Nachdem Redner zunächst einen in der Ausstellung der 59. Ver- sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte zn Berlin vorhandenen Raomwinkelmesser, nach Weber's Angabe von Heydrich io Breslau konstrnirt, beschrieben, giebt er den angekündigten Bericht, der sich auch nach stenographischen Grundlagen im 1. Hefte des 19. Bandes der Deutschen Vierteljahresschrift für öffentliche Gesundheitspflege befindet. Im Anschlüsse daran schildert Redner noch die Wasserversorgung und .\bfallbeseitignng Breslaus.

2. (173.) Sitzung.

Donnerstag, den 17. Februar 1887.

Stabsarzt Dr. Schill: Die Ausrüstung des Sanitäts- Offiziers im Felde.

Der Vortragende bespricht in der Einleitung die dem Feldarzte zum Transport seiner Ausrüstung zur Verfügung stehenden Mittel. Diese sind:

a) Der Packwagen der Sanitätsdetachements nnd Feldlazarethe oder der Raum über der Vorderachse des Truppen-Medizinwageos,

b) das Reitpferd,

c) die eigene Person,

d) der unberittene Pferdewärter.

Nach Erwähnung der die Feldansrüstnng des Offiziers behandelnden Broschüren (Memmingen, v. Egidy, Rotter) und der empfohlenen ärztlichen Taschen (Flashar, Frölich, Pöscbke) geht Redner zur Schilderung der von ihm empfeblenswerth erachteten Ausrüstung über. Als Regel beachte man, dass nur ganz neue Sachen mitzunehmen iind, dass man sich der Wollwäsche bediene. Darauf folgt eine detaillirte Angabe der noihwendigen Kleider. Utensilien u. s. w. und der Art ihrer Dnterbringnng, sowie die Vorlegung einer Instrumenten- und Verband- tssche; letztere bat ein Gewicht von noch nicht 9(X)g. Am Schluss wird die Nothwendigkeit der Mitführung möglichst vieler Nahrungsmittel in kompakter Form (Cervelatwurst, gestossener Zwieback in Pergament- darm, Kaffee nnd Thee) betont.

3. (174.) Sitzung.

Donnerstag!, den 17. März 1887.

AMistenzarzt Dr. Lübbert: Der Sanitätsdienst in der Französischen Armee.

Nach einigen einleitenden Worten über die historische Entwickelung des Sanitätsdienstes in der französischen Armee seit Ambroise Pare be- «pricht der Vortragende die Verhältnisse, wie sie durch das Gesetz vom 16. März 1882 gestaltet wurden, auf Grund dreier Prinzipien:

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1. Die Unterordnang der Vcrwaltnng ODter die Kommando-Behörde,

2. die Unabhängigkeit des Sanitätsdienstes gegenüber der Verwaltung, und

3. die Einrichtung einer selbstständigen Kontrolbehörde.

Nach Hervorhebung der Rangstellung der französischen Sanitäts- offiziere wird die Leitung des Sanitätsdienstes und die Ergänzung des militärärztlicben Korps dnrch die militärärztlicbe Schule des Val-de-gräce auseinandergesetzt. Einer Besprechung des Truppendienstes im Krieg und Frieden scbliessen sich Referate über die Iiistruktionsbücher der Lazaretbgebülfen und Krankenträger an, und wird im Folgenden die Art und Weise erörtert, nach der die Sanitätsinstitutionen im Felde Ver- wendung finden, entsprechend dem Reglement über den Sanitätsdienst der französischen Armee im Felde vom 25. August 1884.

4. (175.) Sitzung.

Donnerstag, den 21. April 1887.

Stabsarzt Dr. Schill: Referat über den 6. Band des Sanitäts- Berichtes von 1870/71 : Die Seuchen bei den Deutschen Heeren im Kriege gegen Frankreich 1870/71.

5. (176.) Sitzung.

Donnerstag, den 26. Mai 1887.

Stabsarzt Dr. Evers: Referat über den Sanitäts -Bericht über die Deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71, 2. Band. (II. Statistischer Theil.)

6. (177.) Sitzung.

Donnerstag, den 16. Juni 1887.

Stabsarzt Dr. Seile; Bericht über den diesjährigen Kongress deutscher Chirurgen in Berlin.

Redner referirt im Besonderen über Madelung's Vortrag über „innere Darmeinklemmnng, Peritonitis und Darmperforation vom operativen Standpunkte“, über Kümmel’s Thema: „Laparotomie bei Bauchfell- Tuberkulose“, über Helferich's Vorschläge zur künstlichen Vermehrung der Kuocbenneubildnng bei schlecht konsoTidirten Frakturen n. s. w. und über die publizirten neuen Untersuchungen, Wirksamkeit des Jodoforms betreffend. Am Schlosse demonstrirte der Vortragende zahlreiche vom Hofratb Stelzner auf operativem Wege aus Magen und Darm entfernte Fremdkörper.

7. (178.) Sitzung.

Donnerstag, den 21. Juli 1887.

Stabsarzt Dr. Balmer: Mittheilnngen über den Kongress für innere Medizin zu Wiesbaden.

In diesem Vortrage finden folgende Gegenstände eingehende Be- sprechung: Lokalisation der Oehirnkrankheiten, Therapie der Phthise, Behandlung der Neuralgien mittelst Kataphorese , Behandlung von Emphysem und Asthma mittelst des Zoberbier'schen Athemstubles.

8. (179.) Sitzung.

Donerstag, den 20. Oktober 1887.

Generalarzt 1. Kl. Dr. Roth: Uebersicht über die wichtigsten Er- scheinungen auf dem Gebiete des Militär-Sanitätswesens im Jahre 1886. Redner schickt seinem Vortrage eine Uebersicht über das Wirken des verstorbenen Professors, Wirklichen Geheimen Rathes, Excellenz und

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Generalarztes ä la suite des Sanitäts - Offizier - Korps v. Langenbeck roraos. Die Anwesenden erbeben sich hierauf in ehrender Erinnerung an den Verstorbenen von ihren Sitzen.

In der angekündigten Uebersicht giebt der Vortragende zahlreiche Daten ans dem 2. Bande des Sanitäts Berichtes über die Deutschen Heere im Kriege 1870/71 und bespricht auch den 6. Band desselben Berichtes. Im Weiteren folgen Mittbeilungen über den Sanitätsdienst im Donau * Feldzüge ans dem russisch türkischen Kriege, im serbisch- bulgarischen Fddzuge, im Kriege der Franzosen in Tonking.

9. (180.) Sitzung.

Donnerstag, den 17. November 1887.

Oberstabsarzt Dr. Helbig: Vorweisung einer neuen Pulsionslampe mit Erläuterung.

Stabsarzt Dr. Müller: Erinnerungen an die Oeneralstabsübungsreise 1887.

Stabsarzt Dr. Müller hebt die Bedeutung hervor, welche die Heran- ziehung des Sanitätskorps zur Lösung einer sonst nur bevorzugten Truppen- offizieren zugestandenen Aufgabe für den Sanitätsdienst bat, und schildert zunächst die Einrichtungen und den Verlauf der Uebungsreise im All- gemeinen, sowie die hierzu für ihn nothwendig gewordenen Vorbereitungen, welche nicht nur in theoretischer Vorbildung bestanden; Hebungen im Kartenlesen, Croquiren und Orientirung im unbekannten Terrain gingen der Reise voraus.

Ein detaillirtes Bild seiner Thätigkeit entwirft der Vortragende an der Hand zweier ihm gestellter Aufgaben. Der Kern der einen Aufgabe lag in der Entscheidung der Frage, ob in dem betreffenden Falle und zwar während eines supponirten Waffenstillstandes Feldlazarethe etablirt werden sollten oder nicht; die andere Aufgabe beschäftigte sich mit der Regelung des Sanitätsdienstes während eines Gefechtes.

10. (181.) Sitzung.

Donnerstag, den 15. Dezember 1887. Korpsetabsapotbcker Schneider: Neuigkeiten von der Ausstellung zu Wiesbaden 1887.

Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Becker: Einige otiatrische Mittbeilungen von der Naturforscher-Versammlung zu Wiesbaden 1887.

Korpsstabsapotheker Schneider besprach die auf genannter Aus- stellung zur Anschauung gebrachten wichtigsten Erscheinungen auf dem Gebiete neuer Drognen und Pflanzenstoffe, neuer Medikamente und pharmazeutischer Präparate, Verbandstoffe nud Reaktionen, wobei eine Anzahl von Präparaten zur Demonstration gelangte.

Oberstabsarzt Becker entwirft zunächst eine Schilderung der von Guye „Aprosexie“ genannten Kränkelt, die, besonders im jugendlichen Alter vorkommend, sich dadurch charakterisirt, dass die betreffenden Patienten nicht fähig sind, ihre Aufmerksamkeit' auf einen bestimmten Punkt zu richten.

Die Erklärung hierfür sucht Ouye in einer Retentions- Erschöpfung des Gehirns in Folge verhinderten Lymphabflusses aus demselben, der seinen Grnnd io ad^enoiden Geschwülsten in der Nase und im Nasen-

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racbenranm hat. Die Entfernoog der krankhaften Vegetationen wird ein- gehend besprochen. Schliesslich demonstrirt der Vortragende noch einen elektrischen Beleuchtongsapparat, der, anf der Stirn befestigt, besonders bei operativen Eingriffen im Kehlkopf seinen Zweck voll erfüllen wird.

(

Staderini: II snblimato corrosivonellacnradellaconginntivite grannlosa. (II Morgagni. Anno XXIX. Giugno 1887.)

Im Anschluss an die im Jahre 1880 erfolgten Publikationen von Gnaita und von Debenedetti berichtet St. über weitere Beobachtungen in der An- wendung des Sublimats bei der Behandlung der Conjunctivitis grannlosa und bestätigt die glänzenden Resultate dieser von Gnaita empfohlenen Be- handlungsweise. Das Sublimat sei in allen Formen und Stadien nützlich, es sei insbesondere das spezifische Heilmittel des Trachoms; die Wirkung sei eine antiseptische, gegen die Infektionskeime gerichtete, sie erfolge ansserordentlicb rasch, sicher und vollständig nnd gewährleiste das gänzliche Verschwinden der Granulationen. Die Behandlung besteht in täglichen Pinselungen der Conj. palp. mit einer Lösung von 1 ; 400 (ev. 1 : 30ü oder 1 : 5U0), neben Irrigationen des Auges mit einer lauen Lösung von 1 : 7CXX) (alle zwei Tage einmal wiederholt). Nur bei akut entzündlichen Symptomen mit starker eitriger Sekretion sei Arg. nitr. vorzuziehen, anfangs allein, später abwechselnd mit Sublimat, schliesslich letzteres allein. Kern.

Im verflossenen Jahre hielt unser geschätzter Mitarbeiter, Stabsarzt Dr. A. Hiller vor dem Offizierkorps seines Regiments einen Vortrag über Hitzschlag etc., welcher, in einem Beihefte*) des Militär-Wochen- blatts 1887 veröffentlicht, eine vorzügliche, gemeinverständliche Dar- stellung der Ursachen, des Symptomenkomplexes und der Verhütung dieser unheilvollen Erkrankung bietet.

Kurz nach der Veröffentlichung erschien mit Erlaubniss des Ver- fassers eine von Lieutenant D. Jung, attachirt dem belgischen Kriegs- ministerinm, besorgte Uebersetznng des Vortrags, 'Welche in den maass- gebenden belgischen nnd französischen Blättern höchste Anerkennung gefunden bat.

Vor uns liegen die Augnst-Ansgaben (1887) von La Belgique militaire (Organe de la defense Nationale), S 156 157 und Archives mensuelles de medecine et de Chirurgie pratiques, S. 221 222, in welchen rühmend die lichtvolle, auch dem Laien verständliche Darstellung hervor- gehoben nnd betont wird, dass der Vortrag H.’s viele wichtige, bisher nicht bekannte Betrachtungen über das Wesen etc. des Hitzscblags enthält nnd dass die vom Vortragenden angegebenen Modifikationen der Militär-Bekleidung die grösste Aufmerksamkeit aller Betbeiligten verdienen.

Ltz.

*) No. 5, bei E. S. Mittler & Sohn, Preis Mk. ,50.

(tedinckt in der Könii^lichon Ilorbnchdrackerei Ton E. S. Mittler A Solin, Berlin , Kochstr. 66—10.

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Dentsche

Militärärztliche Zeitschrift

Redaction:

Dr. 91. Generalarzt,

Berlin, Tnobenstrattse 6,

a. Dr. c^rn9ot^> Stabsarzt,

Berlin, Kaiear Franz Grenadier-Platz 11/12.

Verlag:

f. $. aBtUfcr & f ep«,

Königliche Hofbnchhandlong,

Berlin« Kochütrafiee 68^70.

MeaaUirh eracheint ein Beft ron znindeetena 3 Druckbogen; dazn ein „Amtlichea Beiblatt“. Der ZeitMbrifl irird das Werk: „Jahresbericht ftber die Fortschritte auf dem Gebiete des Militir- Saa)tIts«Wesens“, heraasgegeben Tom Generalarzt Dr. Roth, nneotgeltlich beigegebon. ßestellnng nehmen alle Postlroter nnd Bncbhandlnngen an. Preis des Jahrgangs 16 Mark.

XVII. Jahrgang. 1888. Heft 9 u. 10.

Ans dem tiamisonlazareth Altona.

Typhtis abdominalis mit Ikterus.

Von

Oberatabsarzt Dr. Pfuhl.

Der Sommer 1885 gab Gelegenheit zur Beobachtung einer Typhus- epidemie im 1. Thüringischen Infanterie-Regiment No. 31, welche nach verschiedenen Richtungen hin Belehrung zu bieten im Stande ist. Ich habe daher geglaubt, gerade in unserer Zeitschrift eine Besprechung jener üassenerkrankang eintreten lassen zu sollen, zugleich in der Hoffouug, dass sich an dieselbe vielleicht von anderer Seite einschlägliche Mit- tbeilungen oder Erörternngen anknüpfen dürften, welche zur Klärung noch dunkler Punkte, oder Richtigstellung irrthümlicher Auffassungen meinerseits dienen könnten.

Das Hauptinteresse der Epidemie bezieht sich auf zwei Momente; nämlich erstens die Entstehungsweise der Erkrankungen und zweitens eine wichtige Komplikation, den Ikterus.

Das Regiment No. 31, welches ini vorigen Jahrzehnt, als der grösste Theil desselben in alten, noch ans dänischen Zeiten stammenden, mitten 'n der Stadt in engen, winkeligen Strassen gelegenen Kasernements ontergebracht war, unr wenig nnter typhösen Erkrankungen zu leiden batte, weist seit Beginn der achtziger Jahre, nach dem Bezieheu der drei neuen Kasernen 1880, bezw. 1882 und 1883, einen ziemlich hohen jähr-

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liehen Zugang an Abdominaltyphns auf. Ja in den letzten Jahren hat sich sogar ein immer grösseres Anwachsen dieser Krankheit im Regi- ment bemerklich gemacht. (In den 14 Jahren vom 1. April 1873 bis 1887 gingen vom Regiment 211 Fälle zu, von denen 13 tödtlich verlaufen sind.)

Die Ursachen dieser eigenthümlichen Verhältnisse sind bisher nn- aufgeklärt geblieben, und alle bezüglichen Deutnngsversuche liegen fast gänzlich auf dem Gebiete der reinen Hypothese. Indess mag schon hier vorweg bemerkt werden, dass, wie weiter nnten ausführlicher zu be- sprechen, der Typhus auch unter der Zivilbevölkerung Hamburg-Altonas, ans bisher unbekannten Gründen, in letzter Zeit immer mehr um sich gegriffen, ja einen epidemischen Charakter angenommen hat. Ob der interessante „Beitrag zur Aetiologie des Abdominaltyphus“ von Stabsarzt Gel au (Heft 6 des Jahrgangs 1887 dieser Zeitschrift) wenn er auch hinsichtlich der Zivilbevölkerung aus nahelicgcuden Gründen weniger vou Belang sein dürfte, vielleicht geeignet ist, für die fraglichen ur- sächlichen Verhältnisse im Regiment No. 31 einen Fingerzeig zu geben, lasse ich dahingestellt. Möglich ist es immerhin, dass auch hier der Typhuskeim nicht in erster Linie in den Kasernements selbst, sowie deren Untergründe nnd nächster Umgebung zu suchen ist, sondern der Bekleidung der Mannschaften bezw. den Montirungsstücken selbst- verständlich den getragenen. anhaftet, von welchen aus er immer wieder (beim Klopfen, Bürsten u. s. w.) von Neuem in den Wohnräumen aus- gestrent wird. Das Trinkwasser, welches ans der städtischen Wasser- leitung entnommen wird, besitzt und besass speziell im Sommer 1885, wie durch zahlreiche bakterioskopische Untersuchungen meinerseits fest- gestellt ist (s. diese Zeitschrift 1886, Heft 1) eine vorzügliche Qualität und kann mit ziemlicher Sicherheit als schädigendes Moment ausgeschlossen werden.*) Freilich haben auch die im Herbst 1886 vorgenommenen bakteriologischen Untersuchungen der Beinkleider nnd Unterbeinkleider

*) Wenn Simmonds das epideiniselic Auftreten des Typhus unter der Ziril- bcTölkerung Altonas darauf zurüekführt-n zu können glaiiht (Deutsche Vierteljahres- Schrift für öffentliche Gesundheitspflege. Ilund XVIII, Heft 4), dass dieselbe ihr Wasser, ebenso wie die Hamburger, aus der Elbe bezieht, so Übersicht er eben, dass das Altonaer Elbwasser in vorzüglichen Filterwerken der Reinigung unterworfen wird, was bedauerlicherweise in Hamburg nicht geschieht. Ohne W’eiteres aber annchmen, da.ss die unter sachkundiger Aufsicht und Kontrolle arbeitenden Wasserwerke Altonas den Typhusbazillen den freien Durchtritt durch die Filter gestatten, heisst doch nur, die z. Z. besten aller bygienisehen Ein- richtungen zur Herstellung tadellosen Trink wasssers für grosse Städte auf Gruiul

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erkrankter Mannschaften auf Typhnsbazillen zu keinem positiven Er- gebniss geführt. Dieselben sind indess noch nicht zahlreich genug, um ein bestimmtes Urtheil in der fraglichen Richtung zu gestatten.*)

Im Winter 1884/8.5 hatten sich die typhösen Erkrankungen im .^1. Regiment in verhältnissmässig engen Grenzen gehalten, indem im Ganzen nur 10 Fälle zngingen; nnd zwar 1 im November, 4 im Dezember 1884, 1 im Januar nnd 4 im März 1885. Das Sommersemester 1885 setzte im April und Mai mit je 4 Fällen ein. Scheinbar ohne jede äussere Veranlassnng erhob sich indess die Erkrankungszahl im Juni auf das Doppelte (8 Zugänge bis 28. Juni). Nach einer siebentägigen Pause schnellte plötzlich die Morbiditätsziffer im Juli weiter rapide in die Hohe and erreichte die stattliche Zahl von 26 Zugängen, welchen sich im .^ngust noch weitere 15 Fälle anschlossen. Von da ab erlosch die Massenerkrankung ebenso plötzlich, wie sie begonnen hatte. Dieselbe umfasste also in den drei genannten Monaten im Ganzen 49 Fälle.

Die beifolgende Tabelle bezw. Kurven machen die betreffenden Ver- hältnisse im Halbjahr deutlich.

Was nun die Beschaffenheit der 49 KrankheitsfSlle betrifft, so ge- hörten der schweren, ausgesprochenen Form des Typhus ab- dominalis mit allen charakteristischen Erscheinungen desselben an: 10 Fälle (No. 11 der Krankheitsnbersicht). Es folgten 15 weniger aus- gesprochene, unter „gastrisches Fieber“ (No. 10) geführte Zugänge. Nebenher gingen noch 24, unter dem Bilde eines fieberhaften Magen- Darmkatarrhs einsetzende, abortive Erkranknngsformen (No. 81/85), velche in so charakteristischer Weise anftraten und verliefen, dass sie anzweifelhaft auf dieselbe Entstebnngsursache zurückgefnhrt werden mossten.

einer blossen , Möglichkeit“ hin diskreditircii. Und dass Sinimonds im Grunde genommen dies selbst nicht will, geht aus den Schlussausführungen seiner Arbeit terror, in welchen er sowohl für die grüsstmögliche Fernhaltimg von Ver- nnreinigungen, als auch die Filtration des Elbwassers im Grossen für die Stadt Hamburg ausdrücklich eintritt.

*) Die betreffenden Untersuchungen geschahen in folgender Weise: Mit

ttwiler Schere wurden schmutzige resp. mit Kothmassen verunreinigte Stellen der f«-iis8gegend der betreffenden Kleidungsstücke entfernt und theils in sterilem Wasser »nigenommen, theils in steriler Schule fein pulverisirt. Aus beiden Proben wurden alsdann in bekannter Weise Gelatineplatten hcrgcstellt, welche uusuaiimslos ver- Kliiedene, indess immerhin nur wenige llukterienarten (Kokken und Bazillen) ent- biellen, aber niemals Xypbusbazilleu erkeuueu liesscu.

25*

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Typhus im Sommer 16S5.

Datum.

April

Mai

Jani

Juli

August

September

SoniK

1.

4

4

2.

1

1

3.

2

i

4.

1

'

1

5.

1

1

4

i

6.

1

2

3

7.

1

3

. 4

8.

2

1

3

9.

3

3

10.

1

1

i

11.

2

i

12.

1

1

13.

1

1

14.

1

2

3

15.

1

1

18.

1

1

17.

1

1

18.

1

1

i

19.

-

20.

1

1

21.

4

4

22.

1

l

23.

1

1 _

24.

- _

2ü.

1

1 ^

2G.

-

27.

- _

28.

1

1

1

1

4

29.

1

1 _

30.

1

1_

31.

2

.Summe

8

2G

15

57

8 49

67

Digitizc

389

Typhus im Sommer 1885.

2. Typhui (No. 11 der KrankheitsDbersicht) o o

3. Gattrieche* Fieber (No. 10 - - )

4. Magendarmkaiarrhe (No. 81/85 - - )

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390

Auf das I, Bataillon entfallen im Ganzen 14, auf das II. 21, anf das Füsilier- Bat. 14 Zugänge. Von ansgesprochenem Typhus gehürten 4 dem I., 5 dem II. und 1 dem Füsilier-Bat. an, während von gastrischem Fieber 7 dem I., 3 dem II. uud 5 dem Füsilier-Bat. zufallen. Von den Abortivformen kommen auf das I. Bat. 3, auf das II. Bat. 13, auf das Füsilier-Bat. 8 Fälle.

Die einzelnen Compagnien sind folgendermaassen betheiligt :

Typhus

Gastrisches Fieber

Magenkatarrh

1. Comp. =

1

Mann,

= 0 Mann,

= 2 Mann,

2.

=

2

-

= 2

-

= 0

-

3.

=

0

-

= 4

-

= 1

-

4.

=

1

-

= 1

-

= 0

-

5.

* s=:

0

-

= 0

-

= 4

-

6.

==

3

-

= 0

-

= 3

-

7.

=

1

-

= 1

-

= 3

-

8.

=

1

-

= 2

-

= 3

-

9.

=

0

-

= 2

-

= 4

-

10

=

1

-

= 1

-

= 1

-

11.

- =

0

-

= 1

-

= 1

-

12.

0

-

= 1

= 2

-

10 Mann

15 Mann

24 Mann

Wie die Kurve lehrt, traten fast alle schweren Erkrankungen im Jnli und Augnst auf: nämlich von Typhus 10 (Juli 6), von gastrischem Fieber 15 (Juli 10), während von den leichten Formen 8 dem Juni and 10 bezw. 6 dem Jnli und Augnst angehörten.

Der Verlauf der einzelnen Erkrankungen wich bei der Mehrzahl der Fälle im Allgemeinen von dem gewöhnlichen nicht ab und endete, mit Ausnahme eines einzigen, mit dem Tode abgegangenen Falles, mit völliger Wiederherstellung der Kranken. Bei einer Anzahl von Patienten jedoch nahm die Krankheit ein ganz eigenthümliches Gepräge an; es stellte sich nämlich frühzeitig ein mehr oder weniger intensiver Ikterus von ver- schieden langer Dauer ein. Auf diese Fälle non, 9 an der Zahl, kou-

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391

sentrirt sich, wie gesagt, das Interesse der Epidemie und ich lasse die- selben daher im möglichster Kürze nach den Journalblättern and Privat- Dotizen, nnd zwar in der Reihenfolge ihres Zugangs, hier folgen;

1. Musketier W. der 3. Comp., 6. 7. 85 zugegangen, 7. 8. 85 ent- lassen. (Mittelschwerer Fall.)

Anamnese: Am 5. 7. in der Kaserne No. III, Stube 151, mit Kopf- schmerz, Schwindel, Frost und Hitze erkrankt, am 6. krank gemeldet und dem Lazareth überwiesen. Hat vom 21. Juni bis 5. Jnli gebadet

Status praesens bei der Aufnahme: Klagen über grosse

Schwäche, Schwindel, Ilinterbauptskopfschmcrz und Appetitmangel. Zunge stark belegt, an der Spitze roth, trocken. Tympauie. Bauchdecken ziemlich stark gespannt. Milzdämpfung vergrössert, reicht bis zur vorderen Axillarlinie. Ueber beiden Lungen hinten trockenes Rasseln, keine Dämpfung. Am Herzen keine Abnormitäten. Temp. 39,G, Puls 96. Radialis mittelweit, Pulswelle schwach dikrot, mittelboch. Spannung gering. Stuhl angeblich diarrhöiscb.

Diät: Milch, Bouillon, Wein. Innerlich Acid. muriat Bad von 16°, sowie Temp. 39,5 im Rektnm (Tag nnd Nacht).

7. Juli. Klagen über Husten [und stärkere Kopfschmerzen, sowie Schmerzen im Halse. Racbengebilde stark geröthet nnd mässig ge- schwollen. Alhmungsgeräuscb R. II. U. verschärft vesikulär, Rasseln wie gestern. Milzdämpfnng noch mehr vergrössert. Temp. 39,4 bis 40,1, Puls 90 bis 104.

8. 7. Temp. 38,3, Puls 80. Abdomen auf Druck überall empfindlich, Zunge unverändert, nur etwas feuchter; zwei dünne, hellbraune Stühle. Temp. 38,7, Puls 86.

9. 7. Die Farbe der Haut zeigt ein gelbliches Kolorit, auch die Konjunktiven leicht ikterisch; Stuhl breiig, gelbbraun; Urin dunkelgelb, klar, spez. Gew. 1019, Menge 1200 ccm. Temp. 38,7 bis 38,9, Puls 82 bis 83, leicht dikrot.

10. 7. Ikterus hat bedeutend zugenommen; Urin braungelb mit einem Stich ins grünliche (schwache Gallenfarbstoffreaktion), spez. Gew. 1020. Ord.: Infusum rad. Rhei. mit Natr. bicarb. Temp. 38,8, Puls 75. Stuhl graugelb, dickbreiig.

12. 7. Temp. seit gestern bedeutend gesunken: Abends 38,3, Puls 56. Allgemeinbefinden besser, hin und wieder etwas Hautjucken. Temp. 37,2. Puls 48. Abends 37,3, P. 50.

16. 7. Der Ikterus hat abgenommen, Allgemeinbefinden gut. Temp. normal. Puls 50.

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392

7. 8. Nachdem W. sich seit Mitte Juli gut befanden und der Ikterus mit seinen Begleiterscheinungen völlig geschwunden ist, wird derselbe geheilt entlassen.

2. Musketier L. der 8. Comp., 9. 7. zagegangen, 9. 8. 85 entlassen. (Mittelschwerer Fall.)

Anamnese: L. erkrankte angeblich am 8. 7. nach dem Baden mit Frost, nachfolgender Hitze, Kopf- und Halsschmerzen; will vor 2 Jahren kaltes Fieber gehabt haben. Kaserne II, Stube 64.

Status praesens bei der Aufnahme: Rachengebilde geröthet,

Mandeln geschwollen. Unter dem rechten Unterkieferrand diffuse Schwellung der Weichtheile. Zunge stark weiss belegt, Bauch nicht anf- getrieben. Milzdämpfong vergrössert; in den Langen nichts Abnormes, ebensowenig am Herzen. Temp. 40,0, Puls 100. Ord.: flüssige Diät, Gurgeln mit Kal. chloric. 15,0 : .500,0, Eispillen, ein Gramm Chinin.

10. 7. Zustand unverändert. Temp. 39,4, Puls 96, leicht dikrot. Abends Temp. 40,3, Puls 120. Radialis eng, Welle niedrig, sehr geringe Spannung.

11. 7. Heut Morgen Nasenbluten, Diarrhöe (5 Stähle). Temp. 38,0, Puls 96; sonst wie gestern. Abends 39,6, Puls 104.

12. 7. Auch heute wieder sehr starkes Nasenbluten, welches erst auf vordere Tamponade des rechten Nasenlochs zum Stehen kam. Temp. 40,3, Puls 100. Antipyrin, wonach die Temperatur auf 38,1 heruntergeht. Pols 96.

13. 7. Leicht ikteriscbe Färbung der Haut und Konjunktiven. Leberdämpfung nicht vergrössert. Auf dem Abdomen einige Roseola- flecke. Stuhl graubraun, dickbreiig. Urin 1600 ccm, spez. Gew. 1010, schwache Gallenfarbstoffreaktion. Temp. 38,8, Puls 86. Abends 38,6, Puls 80.

15. 7. Ikterus unverändert. Allgemeinbefinden etwas besser. Temp. 38,6, Puls 75. Abends 38,1, Puls 71. Stuhl fast thonfarben, dickbreiig.

17. 7. Stat. idem. Temp. 37,.5, Puls 70.

18. 7. Ikterus deutlich schwächer geworden. Temp. und Puls normal, Urin frei von Gallenfarbstoff.

25. 7. Ikterus verschwunden, Allgemeinbefinden gut. Pat. ausser Bett.

9. 8. Nachdem die Rekonvaleszenz ungestört fortgeschritten, wird L. zur Beurlaubung ins Revier entlassen.

3. Füsilier G. der 10. Comp., am 9. 7. zngegangen, am 22. 8. 85 entlassen. (Mittelschwerer Fall.)

Anamnese: G. will schon längere Zeit nach dem Bade Kopf-

Diniu, .id i)y Giioglc

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acbmerxen gehabt haben. Am 8. 7. werden dieselben nach dem Bade sehr heftig. Es stellte sich mehrmals Frost and am Nachmittag in der [nstmktion Schwindel und Hitze ein. Am 9. 7. krank gemeldet (hat vom 25. Juni bis 8. Jnli gebadet). Kaserne II, Stabe 70.

Status praesens bei der Aufnahme: Zunge belegt, Rachengebild« gerötbet, leicht geschwollen; Bauch flach, weich, nicht druckempfindlich. Milzdämpfung kaum vergrössert. Ueber den Lungen normaler Schall, hinten beiderseits spärliche Rhonchi. Herztöne laut und rein. Temp. 40,2, Puls 96. Angeblich Diarrhöe.

10. 7. Schlechter Schlaf, sonst im Wesentlichen derselbe Zustand. Temp. 38,9, Puls 80. Abends 39,2, Puls 86. Acid. muriat., flüssige Diät.

11. 7. Milzdämpfung vergrössert, Klagen über Brust- und Hals- scbmerzen. Objektiv keine weiteren Veränderungen. Temp. 39,.5, Pnls 90.

12. 7. Haut und Konjunktiven ikterisch gefärbt. Leber- dämpfnng von der 5. Rippe bis einen Finger breit über den Rippenrand reichend (in der Parasternallinie) ; Organ druckempfindlich. Urin bräun- lich grün, ohne Eiweiss, spez. Gewicht 1009, Temp. 38,1, Puls 82. Drei dünne Stühle von graubrauner Farbe.

13. 7. Die Temperatur ist mit der zunehmenden ikterischen Hant- färbung gesunken, 36,9, Puls 70. Allgemeinbefinden gut. Urin wie gestern. Stuhl ebenfalls.

16. 7. Klagen über Hautjucken und grosse Mattigkeit.i Temp.

normal. Puls 60. Infus. Rbei mit Natron bicarb.

18. 7. Zustand fieberfrei geblieben. Noch immer grosse Hinfällig- keit. Sonst keine Veränderung. Stuhl hellbraun, fest.

25. 7. Appetit gut. Urin dunkelgelb, ohne deutliche Gallenfarb- Btoffreaktion.

3. 8. Patient ausser Bett; Allgemeinbefinden gut.

13. 8. Rekonvaleszenz ungestört fortgeschritten , doch besteht noch immer ein gewisser Grad von Gelbsucht.

18. 8. Erste Form bei sehr gutem Allgemeinbefinden. Sklera

noch leicht ikterisch.

22. 8. Ins Revier zur Beurlaubung entlassen.

4. Füsilier D., der 11. Comp. Am 10. 7. zugegangen, 15. 10. 8.5 entlassen. (Mittelschwerer Fall.)

Anamnese: Angeblich am 10. 7. beim Gewehrputzen mit Schwindel, Frost und nachfolgender Hitze erkrankt. Meldete sich am Mittag revier- krank und wurde sofort ins Lazareth überführt. Ursache der Erkrankung oobekannt (hat 4 Wochen gebadet). Kaserne 11, Stube 56.

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Status praesens bei der Aufnahme: Zunge intensiv belegt, Heiserkeit. Racbenscbleimhaut dunkelroth, feucht Bauchdecken etwas gespannt. Milz nicht deutlich vergrössert, desgl. die Leber. Seit 2 Tagen Durchfall. Temp. 4Ü,3, Puls 96. Ueher den Lungen keine Dämpfung, einige Rhoncbi. Ilerzdämpfung von normalem Umfang. Töne etwas schwach, aber rein. Ord.; Acid. muriat. 1,0:180,0.

13. 7. Nachdem sich am 11. und 12. der Zustand nicht verändert hatte, findet sich heute leichter Ikterus. (Temp. am 11. 7. 39,2, P. 96, Abends 40,1, P. 118. Am 12. 7. 38,6, P. 92, Abends 39,1, P. 96.) Leberdämpfung reicht von der 5. Rippe in der Parasternallinie bis 2 cm über den Rippenrand; Organ nicht druckempfindlich. Milz bis über die vordere Axiilarlinie, nicht zu fühlen. Einige Roseolaflecke auf dem Ab- domen. Im Urin geringe Mengen Eiweiss. Ausser einigen Rund- zelleu und frischen Nierenepithelien, keine Formbestandtheile. Stuhl hellbraun, dünnbreiig. Temp. 38,3 bis 38,9, Puls 80 bis 86.

14. und 15. 7. Keine Veränderung. Temp. zwischen 38,3 und 39,5. Radialis mittelweit, Welle niedrig, nicht deutlich dikrot, geringe Spannung, 80 bis 90 Schläge. Stühle gelbbräunlich.

16. 7. Der Ikterus hat bedeutend zngenommen. D. fühlt sich sehr matt, doch ist das Fieber gesunken: Temp. 38,0 bis 38,2, Puls 60 bis 70. Urin braungelb, spez. Gew. 1012; etwas Eiweiss; einige hyaline Cylinder neben wenig veränderten Nierenepithelien, vereinzelte Rundzellen. Stuhl unverändert, hell.

18.7. Seit gestern Morgen ist D. fieberfrei; er bekommt Appetit. Puls 48.

26. 7. Subjektives Wohlbefinden, nur etwas Mattigkeit.

13. 8. Rekonvaleszenz ungestört fortgeschritten, doch besteht noch immer etwas Ikterus.

20. 8. Die Sklera und der weiche Gaumen noch leicht ikterisch. Stuhl gut gefärbt, Urin hellgelb. Pat. erholt sich nur langsam. Mattigkeits- gefühl besteht fort. Vegetative Funktionen sonst in Ordnung. Gegen Ende August beginnt ein starkes Ausfallen der Haare.

19. 9. Pat. sehr anämisch; es besteht nahezu Kahlköpfigkeit. Ord.; Tinct. ferri pomat., 3 mal täglich 15 Tropfen.

15. 10. Eisen bis jetzt fortgebraucht, doch sieht Pat. immer noch anämisch aus. Kräfte- und Ernährungszustand indess befriedigend, daher geheilt entlassen.

5. Musketier St. der 6. Comp. 15. 7. zugegangen, 14. 8. 85 ent- lassen. (Mittelscbwerer Fall.)

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Anamnese; Erkrankte am 13. 7. mit Kopf- nud Krencschmerzen, Appetitlosigkeit nnd Hitze, meldete sich 15. 7. krank nnd wurde sofort ins Lazareth anfgenommen (bat 3 Wochen gebadet). Kaserne I, Stube 114.

Status praesens bei der Aufnahme: Zunge belegt, Leib druck- empfindlich, überall Gurren. Keine Roseola. Milzdämpfung vergrössert. Ueber den Lungen hinten stellenweis verschärftes Vesikulärathmen, etwas Pfeifen und Schnurren. Am Herzen keine krankhaften Veränderungen. Temp. 40,0, Puls 116. Ord.: Flüssige Diät Oleum Ricini, dann Acid. mur., zweistündlich.

16. nnd 17. 7. Keine Veränderung. Mehrere dünne Stühle von hellbrauner Farbe. Urin ohne Albernen. (16. 7.: Temp. 39,6, Abends 40,3; P. 100 bis 118. 17. 7.: Temp. 39,9, Abends 41,0; P. 106 bis 128.)

18. 7. Unruhige Nacht Sensorium benommen, Milzdämpfung bis etwas über die vordere Acbsellinie, Organ nicht palpabel. Urin ohne Eiweiss, spez. Gew. 1015. Drei dünne Stühle. Temp. 38,9 bis 39,7. Puls 90 bis 96.

19. 7. Die Haut hat eine ikterische Färbung. Sensorium frei. Leber 1 bis 2 cm unter dem Rippenbogen fühlbar, etwas druckempfindlich. Temp. 38,6 bis 38,8. Puls 80 bis 90.

20. 7. Pat. ist fieberfrei. Urin gelbbrännlich , spez. Gew. 1010, 1200 ccm in 24 Stunden. Kein Eiweiss.

26. 7. Fieberfrei geblieben. Appetit beginnt sich einznstellen. Stuhl dickbreiig, hellbraun, 2 mal täglich. Urin in den letzten Tagen zwischen 1009 bis 1012 spez. Gew., Menge ca. 1400.

14. 8. Die Rekonvalescenz ist ungestört fortgeschritten, St. sieht gut aus nnd wird zur Beurlaubung ins Revier entlassen.

6. Füsilier H. der 12. Comp. Am 22. 7. zngegangen, am 14. 8. 85 entlassen. (Mittelschwerer Fall.)

Anamnese: H., der am 17. 7. mit dem Schwimmen fertig geworden, leidet schon seit ca. 14 Tagen an zeitweiligen Durchfällen. In den letzten 3 Tagen will er mehrmals Frost nnd Hitze mit nachfolgendem Schweiss gehabt haben. Am 21. krank gemeldet, am 22. 7. ins Lazareth anfgenommen. Kaserne II, Stube 185.

Status praesens bei der Aufnahme: Temp. 39,0, Puls 96. Zunge belegt Milz vergrössert. Druck in der Milzgegend unter dem Rippen- raod sehr empfindlich, Milz nicht zu fühlen. Hinten über beiden Longen trockenes Rasseln und verschärftes Vesikulärathmen. Herz ohne Abnormitäten. Ord.: Flüssige Kost Inf. Ipecacuanh. 0,5 : 200,0, Syr. simpl. 10,0 2 stündlich 1 Esslöffel. Bad von 18 ° bei Temp. 39,5 im Rectnm.

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23. 7. Wenig Schlaf, unangenehrae Träume. Schmers in der Mili- gegend geringer. Sonst stat. idem. Temp. 38,6 bis 39,3, Puls 86 bis 90.

24. nnd 23. 7. Im Wesentlichen derselbe Zustand. Fieber Abends bis 39,6.

26.7. Schlaf unruhig. I.«icbter allgemeiner Ikteriis. Temp. 39,4, Puls 92. 5 dünne, hellbraune Stühle. Urin dunkelgelb, ohne Eiweiss.

30. 7. Das Fieber, welches zwischen 39,0 und 40,0 geschwankt, ist seit 28. 7. beruntergegangen; gestern Abend Temp. 38,0. Heute Morgen ist Pat fieberfrei. Puls 48. Durchfälle haben aufgehört, täg- lich ein geformter, hellbrauner Stubl.

2.8. In den letzten Tagen sehr starker anhaltender Sch weiss. IlantHirbaog noch ikterisch. Stühle beinahe thonfarben, fest

14. 8. Gutes Allgemeinbefinden, objektiv nichts Krankhaftes nach- weisbar. Zur Beurlaubung entlassen.

7. Musketier D. 2. Comp. Am 25. 7. zugegangen, am 13. 9. 85 geheilt entlassen. (Schwerer Fall.)

Anamnese: Erkrankte am 25. 7., unmittelbar nach dem Bataillons- exerziren mit Kopf- und Nackenschmurzen und grosser Schläfrigkeit Er meldete sich am selben Tage revierkrank nnd wurde sofort dem Lazareth überwiesen. (Hat vom 1. bis 24. Juli gebadet.) Kaserne III, Stube 116.

Status praesens bei der Anfnabme: D. liegt mit geschlossenen Augen da, öffnet dieselben jedoch auf Anrufen nnd giebt verständige Antworten, um aber dann wieder in den somnolenten Zustand zu ver- fallen. Bewegungen des Kopfes werden ausgeführt, sind aber angeblich schmerzhaft Erbrechen war nicht vorhanden. Pupillen gleich weit, träge reagirend. Bauchdecken etwas gespannt, nicht druckempfindlich. Milz vergrössert. Lungen ohne Dämpfung, hinten wenige Rhonchi. Spitzenstoss des Herzens im 5. I. C. R., nicht verbreitert, nur etwas höher als gewöhnlich. Der erste Ton war etwas dumpf, die übrigen laut und rein. Zweiter Pulmonalton etwas stark accentuirt. Temp. 40,0, Puls 120, nicht dikrot, etwas celer, mittelhocb, mittlere Spannung. Ord.: Milch, Bouillon. Acid. mur. Eisblase auf den Kopf.

26. 7. Gestern zweimal galliges Erbrechen. Es besteht eine gewisse Steifigkeit der Nacken m uskulatnr, aktive und passive Bewegungen sind schmerzhaft. Ueberhäupt verzieht der Kranke bei jeder Bewegung das Gesicht, weil durch dieselben die Kopf- und Nackenschmerzen ge- steigert würden. Lähmungen oder Kontrakturen bestehen nicht, dagegen leichter Tremor der Hände.

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Baach und Brust sind mit ca. linsengrossen, rothen, im Niveau der Haut liegendeu, Flecken bedeckt, welche auf Fingerdruck nicht gani verschwinden.

Bauch etwas eingesunken. Sensorium ist frei, doch besteht die Schläfrigkeit noch fort.

Temp. 39,5, Puls 120, Rad. ziemlich eng, Welle niedrig, ohne Irre- gularität, sehr geringe Spannung. Respiration 20. Ord.: Eisblase in den Nacken und auf den Kopf. 1 TheelöfFel Carlsbader Salz. Temp. Abends 40,9, Puls 126. Herztöne schwach, aber rein.

27. 7. Kein Schlaf, beängstigende Träume. Sensibilität vollkommen erhalten, aber nicht gesteigert Klagen über Halsschmerzen. Druck unmittelbar unter dem rechten Unterkiefer winkel sehr empfindlich; eine Drüse daselbst stark angeschwollen. Racbengebilde dunkelroth, ödematös geschwollen. Stimme heiser. Temp. 39,6 bis 40,3, Puls 96 bis 116. Im Urin kein Eiweiss.

28. 7. Fast gar kein Schlaf. Sensorium vollständig frei. Klagen über heftige Schmerzen im Kopf, Nacken und allen Gliedern. Sensibilität der Haut in der Gegend des Nackens bedeutend erhöht Man fühlt unter dem rechten Unterkieferwinkel deutlich einen festen, ca. 6cm langen Strang, welcher sich vor dem Sternocleidomastoideus in die Tiefe senkt (Thromben in der vena jugularis?). Druck auf denselben ist äusserst schmerzhaft Stauungsersebeinungen fehlen. (Ausfluss aus den Obren bat nie bestanden.)

Arme und Beine können nur mit Anstrengung ein wenig bewegt werden, doch scheinen eigentliche Lähmungen zu fehlen. Die linke Papille ist etwas weiter als die rechte. Reaktion sonst wie bei der Auf- nahme. Bauch kahnförmig eingesunken, einmal Erbrechen. Temp. 40,3, Puls 138, kaum fühlbar, irregulär. Abends Temp. 40,8, Puls 132.

30. 7. Seit gestern ist ein intensiver Ikterus der Haut und Konjunktiven aufgetreten. Hand in Hand damit ging ein Sinken des Fiebers: Gestern Temp. 38,6 bis 38,8, Puls 116; heut Temp. 37,7. Sensorium vollständig frei. D. klagt jetzt hauptsächlich über Schmerzen in der Magen- und Lebergegend. Kopf- und Nackenschmerzen, sowie die Nackensteifigkeit verschwunden. Leib noch kabnförmig eingezogeii, last bretthart. (Während der Visite tritt einmaliges Erbrechen ein.) Die Leber überragt den Rippenrand um 2 Querfingcr und ist auf Druck sehr empfindlich. Milzdänipfnng unverändert gross, Organ nicht palpabel. Puls noch sehr frequent, 120. Am Herzen und den Lungen nichts Ab- normes nachweisbar. Urin bierbraun, trübe, deutliche Gallenfarbstoflf- reaktion. Kein Eiweiss. Spez. Gew. 1016.

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31. 7. Klagen beziehen sich heute nnr anf Leibschmerzen, die nicht nur auf die Lebergegend beschränkt sind. Schlaf war etwas besser. Pols bedeutend kräftiger, doch noch immer sehr frequent, 120. Herztöne rein, Temperatur normal geblieben, Urin wie gestern, viel Sediment, spez. Gew. 1020.

1. 8. Leibschmerzen geringer, D. klagt nur über grosse Schwäche. Puls bei Temp. 37,6=114; Arterie eng, Welle niedrig, etwas ungleich, Spannung gering. Ikterus bat noch an Intensität zngenommen, so dass besonders die Konjunktiven grün gefärbt sind. Stuhl besteht ans festen, trockenen, thonfarbenen Bröckeln. Im Urin reichlich Gallcnfarb* Stoff, sowie Gallensäuren mittelst Reaktion nachweisbar. Viel roth-gelbes Sediment, kein Albnmen. Spez. Gew. 1018.

2. 8. Ziemlich gute Nacht, subjektives Befinden besser. Die Leib- schmerzen beschränken sich jetzt auf die Gegend des unteren Leber- randes. Puls heut 78, Arterie über mittelweit, Welle mittelboch, lang- sam, Spannung besser.

7. 8. Schlaf dauernd gut, keine Klagen mehr. Ikterus im Abnehmen begriffen. Appetit gesteigert.

17. 8. Ikterus hat bedeutend abgenommen, das subjektive Befinden sehr gut.

20. 8. Sklera nnd Gaumen noch deutlich ikteriscb. Stnhl andauernd normal gefärbt. Urin desgleichen. Pat. seit 2 Tagen ausser Bett.

30. 8. Zunehmende Kräftigung, vegetative Funktionen in bester Ordnung.

13. 9. Rekonvaleszenz hat ihren ungestörten Fortgang genommen, so dass Pat bei gutem Kräfte- und Ernährungszustand entlassen werden kann.

8. Musketier Sch. der 3. Comp. Am 5. 8. zugegangen, am 15. 10. 85 entlassen. (Mittelschwerer Fall.)

Anamnese: Erkrankte am 3. 8., nachdem er vor 14 Tagen mit dem Baden fertig geworden war, er hat übrigens nur 8 Tage gebadet, da er stets heftige Kopfschmerzen danach bekam mit Frost Hitze, Kopfschmerzen und allgemeiner Schwäche. Frost und Hitze wieder- holten sich am 4.; am 5. meldete sich Sch. krank und kam an dem- selben Tage ins Lazaretb. Kaserne III, Stube 207.

Status praesens bei der Aufnahme: Zunge belegt, Milz- dämpfung wegen ziemlich starker Tympanie nicht zu bestimmen. Bauch nirgends druckempfindlich. In den Lungen wenige Rhonchi, sonst nichts Abnormes. Herz ohne Veränderung, Töne rein, nirgends ver-

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stärkt. Tenp. 39,2, Pols 86. Stuhl angeblich diarrhöiscb. Ord.: Acid. mor. zweistündlich.

6. 8. Stat. idem. Temp. 39,3 bis 39,8, Puls 86 bis 92, Zwei dünne hellbraune Stühle.

7.8. Beginnender Ikterus. Dreimaliges Erbrechen. Ueber beiden Lungen hinten lauter Schall, stellenweise verschärftes, vesikuläres Athmungsgeräusch und diffuses, trockenes Rasseln. Temp. 38,9, Puls 88.

8. 8. Ikterus intensiver geworden. Hand io Hand damit Sinken der Temperatur und des Pulses; Gestern Abend 37,9, heut Morgen 37,2, Pols 68. Indess besteht die Brechneigung fort, so dass fast alles Genossene, auch die Getränke, wieder entleert wird. Urin gelbbraun, ohne Eiweiss, spez. Gew. 1010, Menge 1400 ccm. Ord.: Eisstückchen und Tinct. Opii. Zwei dünnbreiige, ziemlich belle Stühle.

9. und 10. 8. Erbrechen hat sich nur noch am 9. zweimal wieder- holt, seitdem nicht mehr. Sonst keine Veränderung. Zustand fieberlos. Puls zwischen 58 und 68.

11. 8. Zunahme des Ikterus. Starkes Nasenbluten. Urin trübe, stark sedimentierend, 1800 ccm, spez. Gew. 1014, eiweissfrei* Stuhl fest, graogelb.

13. 8. Weitere Zunahme des Ikterus. Geringes Nasenbluten heute Morgen. In den Konjunktiven einzelne, Stecknadelkopf- bis fast iiosengrosse Hämorrbagien. Puls andauernd sehr niedrig, 48 bis 56. Urin 1900, spez. Gew. 1013, trübe; Spuren von Albumen, einzelne Cjlinder, einige Rundzellen und gut erhaltene Nierenepithelien.

15. 8. Abermaliges, weniger reichliches Nasenbluten. Sonst keine Veränderung. Kein Stuhl. Urin wie am 13. 8.

18. 8. Nasenbluten seit 15. 8. nicht wiedergekehrt. Haut goldgelb gefärbt. Auf Eingiessung ist fester, theils entfärbter, theils brauner Stuhl erfolgt. Urin bierbraun, Spuren von Eiweiss, einzelne Epithel- cylioder und mehr oder minder verfettete Nierenepithelien. Pols 60, Welle mittelhocb, Spannung gut.

19. 8. Heute einmaliges Erbrechen, angeblich nach dem Ein- nehmen.

22. 8. Erbrechen hat sich nicht wiederholt, dagegen klagt Pat. heute über grosse Lichtscheu. Die Untersuchung (Stabsarzt Dr. Seiler- heck) ergiebt eine doppelseitige Iridochorioiditis. Ord.: Atropin- eintränfclnng zweistündlich. Pat. wird zur kombinirten Station verlegt.

24. 8. Geringe Glaskörpertrübung beider Augen.

29. 8. Keine Lichtscheu mehr, Sehschärfe normal.

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5. 9. Gates Allgemcinbefindea. Ikterische Färbung nimmt deutlich ab.

15. 9. Bei ruhigem Fortgang der Rekonvaleszenz bat sich starkes Ausfallen der Haare eingestellt.

21. 9. Kräfte- und Ernährungszustand wesentlich gebessert. Kopf ziemlich kahl. Ikterische Hautfärbung kaum noch wahrnehmbar.

15. 10. Pat. geheilt ins Revier entlassen.

9. Musketier H. der 2. Comp. Am 1. 8. aufgenommen, am 20. 10. 85 entlassen. (Schwerer Fall.)

Anamnese: H., welcher erst am 30. Juli mit dem Schwimmeu fertig geworden war, erkrankte am 1. August auf dem Schiessstand mit Frösteln, Hitze, Kopf- und Leibschmerzen. Er wurde noch am Abeuii des 1. 8. ins Lazareth überführt Ursache der Erkrankung unbekannt- Kaserne III, Stube 167.

Status praesens bei der Aufnahme: Zunge intensiv belegt. Abdomen etwas aufgetrieben. Milzdämpfung vergrössert, Diarrhöe. Temp. 39,0. Puls 80. An Lungen und Herz nichts Abnormes, doch nnd die Herztöne etwas dumpf und schwach wahrnehmbar, nur der zweite Pulmonalton lauter.

Am 2. und 3. 8. Keine nennenswerthe Veränderung. Temp. 39,1 bis 39,9 resp. 39,3 bis 40,8. P. zwischen 90 und 100.

4. 8. Gesichtsfarbe leicht ikterisch. Starker Foetor ex ore. Stuhl dünnflüssig, braun. Urin dunkelgelb, ohne Eiweiss. Temp. 36,9 bis 39,7. Puls 84 bis 96.

5. 8. Der Ikterus hat bedeutend an Intensität zugenommec, erstreckt sich über den ganzen Körper und die Konjunktiven. Baocb- decken ziemlich stark gespannt. Leberdämpfung beginnt mit der 4., wird intensiv an der 5. Rippe und reicht ca. 2 Finger breit über den Rippenrand. Organ etwas druckempfindlich. Statt des Spitzenstosses systolische Erhebungen im 4. und 5. Interkostalraum. Herzdämpfnog am linken Brustbeinrande von der .3. bis 6. Rippe, von der linken Mamillarlinie bis zum rechten Sternalrand. Töne dumpf, sehr leUe, doch kein eigentliches Geräusch. Zweiter Pulmonalton verstärkt. Puls 96, etwas unregelmässig. Rad. kaum mittelweit, Welle niedrig, ungleich, etwas celer, Spannung gering. Temp. 38,7 bis 39,1.

6. 8. Stat. idem. Drei dünne, hellbräunliche Stühle, Urin gelb- bräunlich, Schaum grünlich. Temp. 38,0 bis 38,1. Puls 92 bis 96.

7. 8. Ikterus noch stärker geworden. Temper, '.tur aber gleichzeitig heruntergegangen: heute Morgen 37,4. Grosses Schwächegefühl; Herztöne noch immer sehr leise; Puls 86 bis 90. Welle sehr niedrig.

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SpannDOg minimal. Urin fast bierbrann, viel Sediment, kein Eiweiss. Spea. Gew. 1015.

8. 8. H. wurde in der Nacht von plötzlichem Blntbrechen befallen. £a soll dabei ca. '/i Liter theils geronnenen, theils flüssigen Blotes von hellrotber Farbe entleert worden sein. Heute hat der Ikterus noch mehr an Intensität zugenommen, so dass die Färbung zwischen gelbgrnn und mahagonibraun schwankt. Augen eingesunken, dunkel halonirt. Temp. 37,0, Puls 78; seine sonstigen Qualitäten wie gestern. Schwächegefühl hat noch zugenommen.

Auf Brust und Bauch zahlreiche Stecknadelkopf- bis hirse- korngrosse Hämorrhagien. Lebergegend spontan und auf Druck schmerzhaft; Milzdämpfung bis etwas über die vordere Achsellinie, Organ nicht zu fühlen. Am Morgen ein Stuhl, welcher nur aus ca. Liter dunkelem, geronnenem Blute bestand. Ord,: Eisblase auf das Epigastrium, Eispillen, Opiumtinktur 2,0 : 200,0, zweistündlich 1 Esslöffel.

9. 8. Urin enthält kein, bezw. nur Spuren von Eiweiss, doch finden sich mikroskopisch zahlreiche frische resp. wenig veränderte rothe Blutkörperchen und einzelne Fettkörnchenzellen, indess keine Cylinder. Gestern Nachmittag noch ein Stuhlgang, welcher lediglich aus ca. 300 g theils flüssigen, theils geronnenen, dunklen Blutes bestand. Blutbrechen ist nicht wieder dagewesen, auch kein Nasenbluten. Puls hat sich etwas gehoben.

10. 8. Subjektives Befinden bis auf grosse Schwäche ziemlich gut. Puls kräftiger, 75. Herztöne etwas lauter. Der Ikterus hat noch mehr zugenommen. Erbrechen und blutiger Stuhlgang haben sich nicht wiederholt. Im Urin heute nach längerem Stehen ein geringer, flockiger Eiweissniederschlag; es finden sich einzelne breite, hyaline Cylinder mit verfetteten Nierenepithelien und Fettdetritus, einige Rundzellen. Menge 1900, Spez. Gew. 1012.

11. 8. Puls 68, von guter Beschaffenheit

12. 8. Auch in den Konjunktiven finden sich beut kleine Hämorrhagien. Sonst derselbe Zustand.

14. 8. Der Ikterus hat bereits an Intensität abgenommen; Haut- farbe quittengelb; subjektives Befinden gut, H. bekommt Appetit Puls nicht über 60.

30. 8. Ikterus hat sehr erheblich abgenommen, doch besteht starkes Hautjucken, welches durch ein warmes Bad beseitigt wird. Appetit gut. Pat täglich einige Stunden ausser Bett.

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5. 9. In letzter Nacht schlechter Schlaf, Klagen über Leibschinerzen. Objektiv ausser belegter Znnge nichts Abnormes nachweisbar. Temp. 38,8, Abds. 40,1. Ord.: Kalte Umschläge aufs Abdomen.

7. 9. Befinden etwas besser. Temp. 38,3 bis 39,1. Seit 5. 9. kein Stnhl. 01. Ricini.

15. 9. Nach mehrmaligen reichlichen Stnhlentleemngen nnd lediglich flüssiger Diät ist Fat. heut fieberfrei. Appetit kehrt wieder, Zunge fast rein.

25. 9. Zustand andauernd gut geblieben.

12. 10. Pat. fühlt sich noch schwach und sieht sehr anämisch us, im Uebrigen ist das Allgemeinbefinden gut.

20. 10. H. wird zur weiteren Erholung 4 Wochen in die Heimath beurlaubt.

Der einzige Todesfall im Semester betrifft den Musketier L. der 2. Comp. (Kaserne III, Stnbe 63), dessen Krankheitsgeschichte hier kurz angeschlossen werden mfige:

L., ein schwächlicher, abgemagerter Mann, ging, nachdem er am 31. 7. mit dem Schwimmen fertig geworden war, am 1. August zu mit stark belegter Zunge, Diarrhöe, Kopfschmerz und Temp. 40,3, Pols 120, klein. Wegen starken Meteorismos Milzdämpfung nicht genau abzugrenzen. In beiden Lungen keine Dämpfung, hinten trockenes Rasseln. Unter ziemlich gleicbbleibenden hohen Temperaturen, zwischen 40,0 bis 41,0 und sehr frequentem, stark dikrotem, niedrigen Pulse, stellt sich am 5. August Somnolenz ein. Milz jetzt deutlich vergrössert, auf dem Abdomen einzelne Roseolaflecken. In den nächsten Tagen Zunahme der Benommenheit; Roseolen werden sehr zahlreich; Pols immer kleiner, Atbmung stertorös. Starkes Zittern der Znnge und Glieder, Sprache lallend. Unfreiwillige Entleerungen. Nach ausgiebigem Gebrauch von Wein, Kampber, Aether u. s. w. geringe Besserung.

Am 8. 8. tritt quälender Husten auf. Ueber den Longen beiderseits reichliches trockenes Rasseln, hinten leicht gedämpft-tympanitischer Schall, Athmen verschärft, vesikulär; kein Auswurf. Diese Erscheinungen blieben in den nächsten Tagen fast nnverändert bestehen; die Temperatur- kurve zeigte eine fortdauernd hohe Kontinua von 40,5 bis 41,0.

Am 13. 8. im Urin reichlich Eiweiss, hyaline Cylinder und weisse Blutkörperchen. Expektoration sehr schwierig, Sputum zäh, stark eitrig. Dyspnoe nimmt zu. Hochgradiger Meteorismos, starke Diarrhöe (Bismuth. sobnitric. 0,3, Pulv. gummös. 0,5, 3 mal täglich). Unter Zunahme der Athemnoth und Herzschwäche erfolgt 18. 8. der

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Exittu letalis. Die Sektion wurde von den Angehörigen nicht gestattet.

Wenn wir ans nnnmehr ansere Epidemie etwas näher ansehen, so atossen wir zunächst betreffs der Frage nach den Entstehangs- arsachen derselben auf nicht geringe Schwierigkeiten.

Wie oben erwähnt, herrscht der Typhus in dem genannten Truppen- theil endemisch; man könnte also, wie das ja anderweitig oft genug beobachtet ist, an eine einfache Steigerung der Frequenz denken, bedingt durch das einmal vorhandene Krankheitsgift. Hiergegen spricht aber zunächst der Umstand, dass gerade diese Zunahme in eine Jahreszeit fällt, welche erfahrnngsgemäss im Allgemeinen die niedrigste Erkrankungs- ziffer anfzuweisen pflegt, während das eigentliche Anschwellen der typhösen Erkrankungen Ja in der Regel den Herbstmonaten angehört. Ferner aber deutet die ganze Art, sowie die näheren Umstände des Auftretens der fraglichen Massenerkrankung auf ein anderes, neu binzngekommenes, schädigendes Moment bin. Die Hauptzogänge im Juli und August nämlich vertheilen sich auf eine relativ ganz kurze Zeit, indem von sämmtlichen 49 in Frage kommenden Fällen 41 inner- halb 24 Tagen auftraten. Von diesen entfallen wiedernm, wie die Tabelle ergiebt, je 4 Zugänge auf 3 und je 3 auf 2 Tage. Weiter aber muss betont werden, dass auch im Regiment 31 regelmässig die grösste Typhnsfrequenz in den Herbst und Winter gefallen war und eine so hohe Morbiditätsziffer innerhalb so enger zeitlicher Grenzen bis dahin überhaupt niemals erreicht hatte. Auch bot der Verlauf der Epidemie selbst, und zwar speziell das Auftreten von Ikterus bei den oben beschriebenen Fällen, Merkmale dar, welche auf ein besonderes, allen gemeinsames Entstehnngsmoment hinweisen. Eigenthümlich und besonders hervorzuheben ist in dieser Hinsicht, dass die Epidemie sofort erlosch, als das Regiment zum Manöver ansrückte und das Baden resp. Schwimmen aufhörte.

Der letzte Zugang nämlich fällt auf den 8. August, den letzten Schwimmtag. Am 12. August verliess der Trnppemheil die Garnison und fortan kamen, auch während der ganzen Herbstübungen, keine Erkrankungen mit ähnlichem Verlauf und ähnlichen Symptomen wieder vor. Am 18. 9. kehrte das Regiment in die Garnison zurück, blieb bis zum 20. Oktober verschont und hatte erst am 21. Oktober die erste Neuerkrankung an typischem Abdominal- typhus. Von da ab stellte sich das gewohnte Verhältniss im Laufe des Winters 1885/86 wieder her.

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Von der öberwiegenden Mehrzahl der Erkrankten steht fest (nach den eigenen Aassagen der auf der Station behandelten Leute selbst tod 85 bis 87°/o), dass sie gebadet resp. mehr oder weniger lange Schwimmunterricht genossen hatten; und zwar die schwereren, sowie die oben aufgefübrten, Fälle ansnahmlos, ehe die Krankheit zum Ausbruch kam. Bei vielen stellte sich gleich nach dem Bade Unwohlsein und Frost ein; und die meisten gaben noch besonders an, schon vor ihrer Erkrankung unmittelbar nach dem jedes- maligen Baden, von Uebelkeit und Erbrechen, Kopfschmerz und Diarrhöe befallen worden zu sein. Eine bedeutende Erhöhung der Krankheitsziffer machte sich ferner gegen das Ende der Badezeit geltend, besonders nahmen, wie schon angedeutet, die schwereren Fälle in dieser Zeit erheblich zu (cf. Tabelle und Kurven).

Was das prozentuarische Verhältniss der Erkrankungen betrifft, so hatten an dem Baden resp. Schwimmen, welches am 5. Jnni begonnen hatte, Theil genommen:

vom I. Bat. 9 Schwimmlehrer, 117 Schüler II. - 9 - 119

- Füs.- - 9 - 92

in Summa: 27 Schwimmlehrer, 328 Schüler,

gleich 355 Manu.

Von diesen sind erkrankt im Juni, Juli uud August zusammen 49 Mann = 13,8 "/oj von welchen wiederum 9 Mann, also 2,5 “/o der Gesammtsummc und 18,3 % der Erkrankten von Gelbsucht befallen wurden.

Unter diesen Umständen musste sich naturgemäss die Vermutbung bei uns immer mehr befestigen, dass möglicherweise im Bade selbst, bezw. in dem zum Bade benutzten Wasser ein ätiologisches Moment für die Entstehung der Massenerkrankung anzunehmen oder za suchen sei.

Um diese Vermuthuug dem Uneingeweihten gegenüber zu begründen, bin ich gezwungen, einen kurzen, orientirenden Blick auf die damals vom 31. Regt, benutzte Badeanstalt zu werfen.

Dieselbe, einem Privatmanne W. gehörig, liegt einige Hundert Meter unterhalb der westlichen Grenze Altonas, dicht am rechten Ufer der Elbe und wird auch von der Zivilbevölkerung stark besucht. Sie stellt eines der bekannten, auf verankerten Tonnen schwimmenden Holzbassins dar, mit einer Wasserliefe von 5 Fuss und festem Holzboden. Die grössere Hälfte ist für Erwachsene, die kleinere für Kinder bestimmt. Etwa

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20m oberhalb derselben liegt die städtische Gasanstalt, deren Ab- wässer sich in die Elbe ergiessen. Da ferner beide Städte Altona nnd Hamborg an demselben Ufer elbaufwärts gelegen sind, so ist die Folge, dass auch die sämmtlichen Effluvien dieser oberhalb der Schwimm- anstalt in die Elbe gelangen. Von der Hamburger Grenze ab, zwischen dem Altonaer Fischmarkt nnd der Badeanstalt, münden auf Altouaer Terrain allein 6 Siele, 2 grosse, das Grenz- nnd Parallelsiel, welches letztere den grössten Antheil der Abwässer Altonas aufnimmt, und 4 kleinere, das letzte ca. 500 m von der Anstalt entfernt. Die ganze Entfernung vom ersten, dem Grenzsiel, ab, beträgt ca. 1200 m. Auch die benachbarte Stadt Ottensen betbeiligt sich mit einigen in die Elbe mundenden Abzngskanälen. Zu den Effluvien der Kanalisation kommen SOU noch ungezählte Abwässer von Fabriken und Speichern aller Art, sowie, was wohl zu beachten ist, von zahlreichen Schiffen aus aller möglichen Herren Länder.

Von dem Grade der Verunreinigung des Elbwassers im Bereich der betreffenden Städte kann man sich hiernach ungefähr eine Vorstellung machen. Und diese Verhältnisse werden durch den Umstand komplizirt, d. h. erschwert, dass nicht etwa, wie bei anderen Städten, ein glatter, fortdauernder Abfluss der Wassermassen stattfindet, sondern im Gegen- theil, durch die herrschenden Ebbe- und Flutbströmungen bedingt, nicht bloss eine mehr oder minder lange dauernde Stagnation, sondern viel- mehr sogar eine Anfwärtsstauung des Wassers von weiter abwärts gelegenen Ortschaften her stattfindet. Diese Fluthrnckstauung geht, wie von bantechnischer Seite festgestellt ist, so weit, dass sie sich sogar bis einige Kilometer oberhalb Hamburgs zu erkennen giebt.

Dass aber das zum Baden in der betreffenden Anstalt benutzte Wasser erst recht unrein, ja geradezu unappetitlich sein wird, ist der Oertlicbkeit entsprechend von vornherein klar, und ich habe mich selbst mehrmals hiervon überzeugen können. Es finden sich nicht bloss die verschiedenartigsten faulenden, mehr oder minder groben, pflanzlichen und thierischen Abfälle, nein sehr häufig auch menschliche Fäkal- massen in dem Badewasser vor.

Nun liegt aber die Frage sehr nahe: Wie hat sich denn in früheren Jahren der schädigende Einfluss besagter Bade- anstalt auf die Mannschaften des Regts. 31 kundgegeben? Warum sind nicht schon eher ähnliche Epidemien aufgetreten, und wie stellt sich endlich das Morbiditäts-Verhältuiss unter den die Anstalt gleich- falls benutzenden Zivilpersonen dar?

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Um die letzte Frage gleich vorweg za erledigen, so maas gesagt werden, dass die bezüglichen Anfragen und Nachforschangen wie voo vornherein voranszasetzen war, und bei einer grossen, über 100 000 Ein- wohner zählenden Stadt, wie Altona auch nicht Wunder nehmen kann äusserst unbefriedigende Resultate ergeben haben. Der Hauptsacbe nach Hess sich eben nur ganz allgemein ermitteln, dass in der fraglichen Zeit (vom 2. Quartal 1885 ab) sich wohl auch unter der Zivilbevölkerung der Stadt eine Steigerung der typhösen Krankheiten bemerklich gemacht habe (die Gesammtsumme derselben beträgt 1884: 276, 1885: 432); voo einer Vermehrung mit Ikterus einhergehender Erkrankungen, oder des: Auftreten von den unseren ähnlichen Leiden der Verdannngsorgane da- gegen war nichts Sicheres festzustellen.

Vergleicht man hiermit die Verhältnisse in der Nachbarstadt Hamburg, so begegnet man folgenden eigentbümlichen Morbiditätazifiem.

Während in dem fünfjährigen Zeitraum von 1879 bis einschl. 1883 verbältnissmässig nur wenig typhöse Krankheiten beobachtet worden waren (nach einer Berechnung aus den Zahlen des ofßziellen Berichts über die medizinische Statistik des Hamburgischen Staates jährlich in Durchschnitt » 537 Fälle), so machte sich bereits 1884 eine er- hebliche Steigerung derselben bemerkbar und erreichte die Höhe von 1255 Zugängen, also über das Doppelte des früheren Jahres- durchschnitts. Im Jahre 1885 trat eine weitere, noch stärkere Zu- nahme der bezüglichen Erkrankungen auf, indem im Ganzen 2310 Fälle gemeldet wurden. Diese Zahl ist grösser, als irgend eine io den vorhergehenden 14 Jahren I (Der höchste Zugang 1300, fällt anf das Jahr 1872, der niedrigste = 598, auf das Jahr 1879.) Die Er- krankungen vertheilten sich 1885 der Zeit nach so, dass die Zugangs- ziffer im 1. Halbjahr ca. 25 pro Woche betrug; dann trat etwa mit der 28. Woche eine rapide, stetige Steigerung ein, bis sich im Herbst bis zum Schluss des Jahres eine Typhusepidemie von ca. 100 Erkrankungen in der Woche aosbildete.

Dass übrigens die eigentliche Zunahme des Typhus schon vor der 28. Woche ihren Anfang hatte, und sich bereits in der 21. und 22. Woche zu erkennen giebt, geht aus einem Blick auf das Verhalten anderer akuter Krankheiten der Verdauungsorgane 1885 unzweideutig hervor. Wir sehen z. B., dass die unter „Durchfall und Brechdurchfall“ auf- geführten Krankheiten schon im Juni eine stetige Steigerung erfahren haben. Unter diesen aber wird sich abgesehen von der gewiss nicht kleinen Zahl unangemeldet gebliebener bezüglicher Fälle

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bestimmt eine gewisse Quote von „Magendarmkatarrhen" befanden haben, welche dem Typhasgift ihre Entstehung verdankte und daher, wie in unserer Epidemie, auch unter dieser Erankheitsform ihre Verrechnung hätte finden müssen.

Bezüglich der ursächlichen Verhältnisse dieses epidemischen An- wachsens des Typhus in den fraglichen Jahren möge auch der interessante Umstand nicht unerwähnt bleiben, dass dasselbe mit einer, durch den Eintritt Hamburgs in den Zollverein bedingten Reihe mächtiger baulicher Umwälzungen zusammenfällt. „Ganze Stadtviertel sind in den letzten Jahren niedergerissen worden, Dämme wurden auf- geschüttet, breite Kanille angelegt und alle diese grossartigen Auf- grabnngen und Aufschüttungen sind sämmtlich am Ufer der Elbe und, was noch besonders betont werden muss, in der Nachbarschaft unserer Scböpfstellen (der Wasserleitung. Der Verf.) ausgefübrt worden. Welche Unmassen Verunreinigungen, zumal beim Durchstich des früher dicht bevölkerten Viertels, mögen bei diesen Arbeiten in die Elbe gelangt seinl" (Simmonds 1. c. S. 543.)

In diesen Verhältnissen nun dürfte der Schlüssel für die Beantwortung auch der jersten der obigen Fragen liegen: In früheren Jahren war in Folge der geringen Häufigkeit des Typhus unter der Zivilbevölkerung Hamburgs auch das Elbwasser relativ wenig infizirt, daher zu einer Steigerung der gleichartigen Erkrankungen unter den badenden Mann- schaften des 31. Regiments wenig Gelegenheit gegeben. Dies Verhältniss änderte sich sofort, als mit dem Entstehen einer immer mehr überband- □ehmenden Epidemie seit 1884 von oberhalb der Badeanstalt her eine starke Verseuchung des Elbstroms eingetreten war. Man kann sich in der That kaum eine promptere Beziehung zwischen Ursache und Wirkung in sanitären Dingen denken, als sie in unserer Epidemie gegeben ist. Denn ich brauche hier wohl nicht erst auf die neueren bakteriologischen Errungenschaften ausdrücklich hinzuweisen, welche die längst vermnthete und vielfach ausgesprochene Gefährlich- keit der Typhnsdejektionen betreffs der Weiterverbreitung der Krankheit zur Evidenz erhoben haben. Es gelingt eben bei Aufwendung einiger Zeit und Mühe unschwer, in den Stuhlgängen der meisten Typhus- kranken den spezifischen Bazillus nachzuweisen.

Was den Modus der Infektion selbst anlangt, so liegt es wohl am nächsten, an eine direkte Einverleibung des Krankheitskeimes durch gelegentliches Hinunterschlacken von Wasser beim Schwimmen, Tauchen u. s. w. zu denken. Für diese Annahme scheinen

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swei sehr interessante Typhnsfälle zn sprechen, welche erst im Garnison- Lazareth Harburg, dann hier behandelt worden nnd in ätiologischer Beziehung mit den in Rede stehenden sehr viele Aehnlichkeit darbietea Es handelt sich hier nm zwei Patienten vom Königl. Sächsischen Pionier-Bataillon No. 12, welche beide zu der am 23. Juli 1885 begonnenen Pioniernbnng nach Harbnrg gekommen waren. Beide gaben an, dass weder in ihrem Quartier in Moorbnrg bei Harburg, noch in der Nähe desselben gleichzeitig irgend welche Krankheiten vorhanden gewesen wären; dass sie aber sowohl in ihrem Quartier in Moorbnrg, als auch vorher während der 13 tägigen Wasserfahrt zu Kahn von Dresden hier- hier, stets das Wasser aus der Elbe geschöpft und getrunken hätten. Der erste Mann kam am 4. 8., der zweite am 6. 8, also 28 resp. 30 Tage nach dem Verlasssen der Garnison, in Zugang. In diesen Fällen darf man wohl mit ziemlicher Sicherheit dsis infizirte Elbwasser als Ursache der Erkrankung ansehen.

Selbstverständlich ist es sowohl während der Epidemie, als auch nach dem Erlöschen derselben eine unserer Hauptaufgaben gewesen, das Wasser in der vielgenannten Schwimmanstalt einer Prüfung nach bakteriologischen Grundsätzen zu unterwerfen nnd im Besonderen den Nachweis von dem Vorhandensein des Typhusbazillus in demselben zu erbringen.

Es würde zu weit führen, wenn ich die zahlreichen, hierher ge- hörigen Untersuchungen in ihren Einzelheiten aufführen wollte; ich muss mich vielmehr mit der Wiedergabe des allgemeinen Ganges und der wichtigsten Resultate derselben begnügen.

Die Wasserproben wurden mittelst sterilisirter, etwa 200 g fassender Flaschen mit weitem Halse und eingeschliffenem Glasstöpsel, auf welche eine gut passende, sterilisirte Gummikappe aufgesetzt war, und zwar stets arn frühen Morgen zwischen 6 und 8 Uhr, bei einer Wassertemperator zwischen 8 und 11° R., entnommen. Die Proben glichen sich alle ziemlich genau; Das Wasser war stets trübe, von schmutzig graugelber Farbe und enthielt sehr zahlreiche, verschieden grosse, bräunliche Flocken, Krümel und Fäden. Der Geruch war mehr oder minder stark faulig nnd glich dem eines schmutzigen Rinnsteins. In mehreren Proben fanden sich einzelne lebende Exemplare von Daphnia polex.

Die Aussaat des Wassers erfolgte regelmässig zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags am Tage der Entnahme. Schon bei direkter Unter- suchung desselben wurden stets zahlreiche, verschiedenartige Mikro-

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Organismen, speziell mehrere Bazillenarten von wechselnden Grössen- rerbältnissen, und pflanzliche Abfälle gefunden.

Die ersten Gelatineplatten ans nnrerdünnten Wasserproben ergaben aber eine so kolossale Yeranreinigung und wurden bei Zimmertemperatur unter Entwickelung eines penetranten Fäulnissgestanks in 2 mal 24 Stunden so total verflüssigt, dass sofort zu starken Verdünnungen geschritten «erden musste (zuletzt 1 Tropfen Elbwasser auf 10 ccm sterilen Wassers, und hiervon Platten zn je 10,5 und 1 Tropfen), ehe es gelang, sowohl die Keimzahl für den Cubikcentimeter zu bestimmen, als auch die Isolirung der einzelnen Mikroorganismen vorzunebmen.

Es fanden sich schliesslich in 1 ccm durchschnittlich etwa 600 000 bis 600000 entwickelnngsfähige Keime, darunter der Mehrzahl nach ver- flüssigende Bazillen, im Wesentlichen vier Arten. Von nicht ver- flüssigenden konnten drei Arten festgestellt werden, von denen eine sowohl in den Plattenkultnren, als auch, was von besonderer Wichtig- keit ist, weil es bei nicht ganz methodischer Untersuchung immerhin SU Täuschungen Veranlassung geben kann, auf Kartoffel scheiben ein den T3rphusbazillen ausserordentlich ähnliches Verbalten- za erkennen gab. Auf letzteren nämlich stellte die Kultur nach mehreren Tagen einen kaum sichtbaren, leicht feuchten, hell- grauen, geruchlosen Rasen dar, welcher ohne Weiteres von dem des Tjpbusbazillus durch nichts zu unterscheiden war. Das einzige, aller- dings sofort den Ansschlag gebende Merkmal war die fehlende Beweglichkeit jenes im Gegensatz zu dem, bekanntlich mit überaus leb- haftem Lokomotionsvermögen begabten Bazillus des Abdominaltyphus. Auch eine anaerobe Stäbchenform Hess sich ermitteln, welche unter den Glimmerplättchen (andere bezügliche Apparate standen mir damals noch nicht zu Gebote) die Gelatine unter gleichzeitiger Entwickelung eines, den charakteristischen Geruch des Schwefelwasserstoffs darbietenden Gases langsam verflüssigten. Agar- Agar -Platten, in gleicher Weise behandelt, leigten ebenfalls Gasbildung von sehr unangenehmem, aber nicht deutlich charakterisirtem Geruch. Der Bazillus war klein und dick und mit ab- gerundeten Enden und träger Eigenbewegung versehen.

Von Mikrokokkenarten waren nur zwei festznstellen, welche beide den Nährboden nicht verflüssigten und sich morphologisch namentlich durch ihre Grösse unterschieden. Die eine Art bestand aus sehr kleinen Individuen; beide gehörten der Klasse der Traubenkokken an. Im Uebrigen boten iie nichts Bemerkenswerthes dar.

Der Typhnsbazillus dagegen konnte, trotz des sorgfältigsten,

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eifrigsten Sacbens, in keiner der Wasserproben anfgefanden werden. Wie nmständlich und zeitraubend gerade derartige Feststellungen sind, weiss nur der Eingeweihte richtig zu benrtheilen und beweist die That- sacbe, dass soweit ich die Litteratur zu übersehen vermag bis jetzt (August 1887) nur drei Autoren in der glücklichen Lage gewesen sind, den fraglichen Bazillus mit Sicherheit in Wasserarten nacbznweisen. 1. fand Moers bei der Untersuchung dreier Brunnen, in deren Umgebung wiederholt Tjphnserkranknngen (Mülheim am Rhein) vorgekommen waren, in einem Falle Typbnsbazillen; 2. gelang dieser Nachweis Michael in einem typhusverdächtigen Wasser in Grossburgk i. S., dessen chemische Untersuchung zu einer Beanstandung hygieniscberseits keine Veranlassung gegeben batte. 3. Endlich hat Beumer neuerdings in einem Brunnen des Gutes Wackerow bei Greifswald, woselbst seit einer Reibe von Jahren, in einer sonst fast typbnsfreien Gegend, Typbnsfälle anfgetreten, waren, den spezifischen Bazillus festgestellt. 4. Als nicht sicher bewiesen anznsehen ist der Fsdl Galbucci, weil die Prüfung der verdächtigen Bazillen auf Eartoffelscbnitten unterlassen wurde.'"')

Es erübrigt noch, mit einigen Worten des Morbiditätsverbältnisses der 3 Bataillone des 31. Regiments untereinander zu gedenken. Während nämlich das I. und Füs.-Bat. nur je 14 Erkrankungen anfweisen, lieferte das II. Bataillon auffälligerweise deren 21. Bei genauerer Prüfung dieser Differenz fand sich, dass das II. Bataillon ausser der allen gemein- samen, noch einer besonderen Schädlichkeit unterworfen gewesen war.

Die Mannschaften des I. und Füs.-Bats. hatten eich nämlich auf den Genuss des ihnen angewiesenen Leitungswassers in der Kaserne be- schränkt, wogegen die Kranken des II. Bataillons eingestandenermaassen und zwar dem Verbote zuwider, ihr Trink wasser griisstentheils aus den verdächtigen Brunnen No. 1 und 2 am Ost- und Wesiflügel der Kaserne I entnommen hatten ans welchen besonderen Gründen, bat sich nicht anfklären lassen. Das Wasser dieser Brunnen soll nach eigener Aussage der Leute trübe ausgesehen und einen schlechten Geschmack gehabt haben. Nach der am 17. Juni 1885 vorgenommenen chemischen Untersuchung enthielt dasselbe iu 100 000 Theilen:

*) Deutsche med. 'Wochenschrift No. 28, 1887, woselbst sich stich die fibrigen hczQglichen Litteraturangaben finden.

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an organischen Substanzen . .

. 6,49 bezw.

7,0

- Salpetersäure

. 0,0

0,0

- salpetriger Säure . . . .

, 0,0

Grenze

- Ammoniak

. 8,0

4,0

- Chlor

. 3,19 -

3,55

Oie bakterioekopiecbe Untersuchung im August 1885 ergab eine äusserst hochgradige Verunreinigung beider Bronnen, Das Wasser war stark getrübt, graogelblich gefärbt und enthielt eine grosse Menge SDSpendirter Partikelchen. Der Geruch war deutlich faulig, an Schwefel- wasserstofif erinnernd. Der Geschmack bitterlich-fade. Der Cubikcentimeter der betreffenden Proben enthielt je viele Hunderttansende entwickelungs- fähiger Keime und die Gelatineplatten wurden regelmässig in 2 Tagen unter geradezu aashaftem Gestank verflüssigt Unter den gefundenen Bakterienarten worden indessen stets bekannte pathogene Arten be- stimmt vermisst

In Folge dieser ätiologischen Ermittelungen erging an das Regiment No. 31 das Verbot der ferneren Benutzung der W.’schen Bade- anstalt in Altona.

Der Erfolg dieser Maassregel dürfte sich in dem Ausbleiben ähnlicher Massenerkrankungen während der Sommermonate sowohl des Jahres 1886, als auch 1887 zu erkennen geben. Ja, das laufende Halb- jahr (1887) weist sogar eine so geringe Erkrankongsziffer an Typhus auf (bis 1. August 6 Fälle), dass die Möglichkeit der völligen Beseitigung der Krankheit im genannten Truppentheil nicht ausgeschlossen erscheint Vielleicht dürfte zur Erreichung dieses Zieles eine gründliche systematische Desinfektion aller Kasernen -Utensilien, nebst Fenstern, Fussböden, Decken und Wänden (durch Waschen mit 5 prozentiger Karbollösung bezw. Abreiben letzterer mit frischem Brot)'*^), sowie, was ich besonders betone, auch sämmtlicher Bekleid ungs- und Ausrüstungsstücke des Regiments lezierer natürlich, die Leder- sachen ausgenommen, nach den modernen Prinzipien mit ICK) grädigem, strömenden Dampf am meisten geeignet seien.

*) Esmarch, Der Keimgcljalt der Wände und ihre Desinfektion (Zeitschrift für Hygiene, II. Baud, 3. Heft 1887, Seite 491).

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Noch grösseren Schwierigkeiten als bei der Ermittelnng der ätiologischen Verhältnisse der Epidemie im Allgemeinen begegnen wir gegenüber dem Versuche einer befriedigenden Dentnng und Er- klärnng der symptomatologischen Besonderheiten der anf-

gefnhrten Krankheitsfälle.

Wenn wir die Einzelerkranknngen einheitlich zusammenfassen , so sehen wir zunächst, dass dieselben einander auffällig gleichen und scheinbar nur graduelle Unterschiede erkennen lassen. Wir haben eine akute Krankheit vor uns, welche im Wesentlichen folgende charakteristische Erscheinungen darbietet;

1. Meist plötzlicher Beginn, mit Ausnahme des Falles 6, bei welchem angeblich schon 14 Tage vor Eintritt der Fröste zeitweilige Durchfälle bestanden haben sollen.

2. Ausgesprochene Hirnerscheinnngen, bestehend in starkem Kopfschmerz, Schwindel, Schläfrigkeit; mehrmals Nackenschmerzen; Schlaflosigkeit, beängstigende Träume.

3. Hohes Fieber mit von vornherein deutlicher Herzschwäche (frequenter Puls meist über 1(X) , enge Arterie, niedrige, oft stark dikrote Welle, geringe Spannung.) Die Temperatur setzt mit hoben Ziffern ein (die niedrigste 39,0), hält sich nur 2 bis 3 Tage so, um sehr rasch, und zwar staffelförmig, herunter zu gehen; oder zeigt von Anfang an eine ausgesprochene Tendenz zum Abfall. Nur ein Fall macht eine Ausnahme, und zwar No. 6, bei welchem sich das Fieber fünf volle Tage hindurch zwischen 38,3 und 40,0 hielt. Der Abfall tritt ausnahmslos gleichzeitig oder wenigstens unmittelbar, d. h. 1 bis 2 Tage nach dem Oelbwerden der Haut ein. Das Bemerkens* wertheste hierbei ist, dass mit der Ueberschwemmung des Blutes und der Gewebssäfte mit den Oallenbestandtheilen beide Fieberkomponenten gleichmässig, ich möchte sagen in geradezu kritischer Weise, betroffen werden: es fällt die Temperatur und der Puls gleichzeitig und stetig ab. Die Fieberkurven sind io 8 Fällen ziemlich gleich (Fall 6 zeigt, wie gesagt, ein fünftägiges Fastigium) und hauptsächlich nur durch die Höhe der Anfangstemperaturen, weniger durch die Dauer des Abfalls selbst, von einander abweichend.

Der Wichtigkeit der Sache wegen lasse ich dieselben sämmtlich hier folgen:

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Temperatur. Puls.

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Temperatur ' Puls

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Temperatur. Puls.

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Id Kurve VII tritt der Parallelismus cwischen Temperatur und Puls Dicht so deutlich hervor, wie io deo ührigeo Fälleo. Dieser zeichoete sich aber vod vorobereio durch sehr hochgradige Herzschwäche aus.

4. Grosse Hiofälligkeit uod starkes Sch wächegefübl, neben heftigen Glieder- und Muskelschmerzen, welche in Fall 7 (Nacken- steifigkeit, eingezogenes Abdomen) so hochgradig wurden, dass an das Bestehen resp. den Beginn einer Meningitis gedacht wurde.

5. Gleich bei Beginn oder bald nachher Störungen von Seiten der Yerdauungsorgane (Appetitlosigkeit, starke Schwellung und Röthung der Rachenschleimbaut, Erbrechen und Diarrhöen).

6. Die Milz ist regelmässig vergrössert, doch in keinem Falle fühl- bar. In Fall 6 war der Druck in der Milzgegend unter dem Rippenrande einige Tage hindurch sehr empfindlich.

7. Nach wenigen Tagen, meist schon in der ersten Krankheits- woche, rascher Eintritt von allgemeinem Ikterus: im ersten Falle am 4. Tage, im zweiten am 6., im dritten am 5., im vierten am 4., im fünften am 6., im sechsten am 7., im siebenten am 5., im achten am 4. und im neunten am 5. Tage. Die Leber ist zugleich vergrössert, palpabel und in mehreren Fällen ziemlich schmerzhaft auf Druck.

8. Der Urin zeigt im Allgemeinen durchschnittlich eine mittlere Menge und ein ebensolches spezifisches Gewicht. Er enthält in allen Fällen, mit Eintritt des Ikterus, Gallenfarbstoff, mehrmals in grossen Mengen, sowie in den schwereren Fällen Gallensäuren. Er weist durchweg eine starke Absonderung von Uraten auf und in 3 Fällen die Produkte einer Nephritis: Eiweiss, hyaline Cylinder, Nierenepithelien und rothe und weisse Blutkörperchen.

9. In den Lungen nichts Krankhaftes, oder doch nur die Er- scheinungen des mässigen Katarrhs; am Herzen keine anatomischen Veränderungen.

10. An der Haut zeigten sich einige Male deutliche Roseolen, so wie mehr oder minder ausgedehnte Petechien. Einmal, Fall 6, wurde in der zweiten Woche starker, mehrere Tage anhaltender Sebweiss beobachtet.

11. In drei Fällen (No. 2, 8 und 9) ausgesprochene Neigung zu abundanten Blutungen (Nasenbluten, Blutbrechen, blutige Stühle).

12. Bei Fall B trat in der Rekonvaleszenz eine beiderseitige Iridochorioiditis auf.

Sämmtliche Fälle gehen nach dem Temperaturabfall gleich- mässig in die Rekonvaleszenz über, und zwar in durchschnittlich

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8 Wochen. Diese Terhältnissmässig iange Däner erklärt sich dadurch, dass bei 3 Fällen (4, 8 und 9) in Folge von hochgradiger Anämie, bezw. Komplikationen, die Rekonvaleszenz ungewöhnlich protrahirt verlief. Bei den 6 übrigen Fällen betrug die Behandlnngsdauer durchschnittlich nur 4'/> Wochen.

Beim Ueberblicken die'ses Syroptomenkomplexes könnten Bedenken anftauchen, ob es sich überhaupt um Abdominaltyphns und nicht viel- mehr um eine Krankheit besonderer Art gehandelt habe. Jedenfalls stimmt die Mehrzahl der Symptome nur wenig mit dem Bilde des gewöhnlichen Ileotyphns überein.

Wenn man nun das geschilderte Krankheitsbild mit bekannten, unter ähnlichen Erscheinungen verlanfenden Krankheitsformen vergleicht, 80 ist es nicht leicht, dasselbe zu rubriziren.

Von einem einfachen Stauungsikterns, bedingt durch einen Katarrh der oberen Darmabscbnitte, oder der Gallengänge selbst, kann schon in Anbetracht des hohen Fiebers und der übrigen schweren Er- scheinungen keine Rede sein, wenn auch nicht zu leugnen ist, dass alle Fälle die exquisitesten Symptome eines solchen darboten. Um einen, etwa durch den hohen Konzentrationsgrad der Gallenbestandtheile, speziell der Gallensäuren, im Blut herbeigeführten cholämischen Zustand, welcher namentlich die Hirnerscheinungen, sowie die hämor- rhagische Diathese bedingt haben könnte, kann es sich ebensowenig ge- handelt haben. Denn die Besserung des Allgemeinbefindens trat ja ein- mal bald nach Beginn des Ikterus auf, und dieser war ferner, wenn auch mehrmals sehr hochgradig, doch von einer verhaltnissmassig nur kurzen Dauer.

Die schnelle Vergrösserung und bei den schwereren Fällen recht hochgradige Schmerzhaftigkeit der Leber, der Milztumor, die Nephritis D. 8. w. lassen dagegen eine gewisse Aehnlicbkeit mit der akuten gelben Leberatrophie erkennen. Allein auch mit dieser sind unsere Erkrankungen nicht in völlige Ucbereinsiimmung zu bringen. Es spricht dagegen 1. der plötzliche Beginn derselben mit hohen Temperaturen und schweren Allgemeinerscheinungen; 2., was die Hauptsache ist, der Um- stand, dass wir keinen Patienten verloren haben. Auch konnte im Urin unserer Kranken, selbst wenn wir eine leichtere Form des fraglichen Leidens aunehmen wollten, weder Leucin noch Tyrosin nacbgewiesen werden; 3. ist endlich die akute Leberatrophie eine seltene und meines Wissens auch niemals in epidemischer Weise auftretende Krankheit.

Es bleiben hiernach zum Vergleich mit den vorliegenden Fällen nur

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Doch folgende, gelegentlich mit Ikterus einhergehende Infektionskrankheiten übrig: die Rekurrens, das biliöse Typhoid, das gelbe Fieber und pyämische oder septicämiscbe Infektionen. Lässt sich mit einer dieser Krankbeitsformen die unsrige identiiiziren? Ich glaube nein. >

>

Rekurrens ist ohne Weiteres, und zwar aus dem Grunde mit Sicherheit auszuschliessen, als in dem Blute unserer Kranken in keinem Falle Spirochäten gefunden werden konnten. Diese wären uns, bei der relativen Leichtigkeit ihres Nachweises, gewiss um so weniger entgangen, als sämmtliche Fälle im fieberhaften Stadium in Behandlung kanaen. Auch ging die Krankheit gleichmässig in Heilung über, und eine noch* malige Temperatorsteigerung nach einmaligem Eintritt der EntBeberong wurde in 8 Fällen nicht beobachtet. Bei Fall 9, welcher am 6. August zum ersten Male normale Temperaturen zeigte und in nächster Zeit behielt, stellte sich zwar, während Patient bereits über 8 Tage ausser Bett war, am 5. September, also nach einer Pause von 30 Tagen, von Neuem Fieber ein. Da indess gleichzeitig Appetitlosigkeit, Leib- schmerz und Stuhlverstopfung bestand und das F^‘ber nach Gebrauch von Ol. ricini nach einigen Tagen verschwand, so wird diese Exacerbation wohl lediglich als sekundärer Natur, bedingt durch eine neuerliche Darm* reizung und nicht als ein eigentliches Rezidiv, im Sinne etwa eines zweiten Rekurrensanfalles, aufzufassen sein. Aus diesem Grunde ist auch in Kurve IX diese spätere Temperaturerhebung nicht eingetragen.

Auch von dem Vorhandensein von gelbem Fieber kann wohl in Anbetracht der Bcnignität unserer Fälle und besonders des nie fehlenden Milztumors mit ziemlicher Bestimmtheit abgesehen werden. Es müsste denn abermals zu der nichts beweisenden Annahme einer abortiven Form auch dieser Krankheit gegriffen werden, wofür um so weniger Grund vorlag, als weder zur Zeit der Epidemie, noch in vorher- gehenden Jahren irgend ein als gelbes Fieber zu deutender Krankheits- fall weder unter der Civilbevölkerung Hamburg-Altonas, noch auf einem der in den Häfen liegenden Schiffe vorgekommen war.

Ebenso steht es, und zwar hauptsächlich aus dem ersten der oben- genannten Gründe und dem schnellen Eintritt der Gelbsucht in unseren Fällen, mit der Annahme einer pyämischen oder septicämischen Allgemein- erkrankung.

Am meisten Aehnlichkeit oder Verwandtschaft würde noch zwischen dem biliösen Typhoid und den vorliegenden Erkrankungen bestehen.

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Griesinger'g Fälle*) wenigstens bieten, insbesondere in ätiologischer Beziehnng, recht gleichartige Verhältnisse dar. Auch hier handelte es sich hanptsächlicb nna „die Einwirkung von Feuchtigkeit'^, verbunden mit „öfteren Erkältungen** und den „Genuss schlechten Trinkwassers“, sowie, was für unsere Epidemie ja allerdings wegfällt, „Lnftverderbniss in den Schlafräumen“. Das Hauptkontingent zu den Erkrankungen stellten Soldaten der Arbeiterdivision (es ist von Aegypten die Rede). „Das Trinkwasser dieser Arbeiter kam ausschliesslich aus einem tiefen Brunnen und war, wie Alles, was aus Brunnen dieser Stadt (Cairo) kommt, von bitterem und fadem Geschmack; der Schöpfplatz um den Brunnen war zu einer in der Sonne gähreuden, schlammigen Pfütze geworden, enthielt den Ablauf der hier vorgenommenen Waschungen und deutliche Zeichen von Verunreinigung mit Exkrementen; das Schlamra- wasser dieser Pfütze rieselte und tropfte beständig wieder in den Bronnen herunter.“

Griesinger nun spricht allerdings sein biliöses Typhoid worin ihm viele Autoren beistimmen als eine schwere Rekurrensform an. Damit würde aber jene Aehnlicbkeit wiederum eine geringere d. h. lediglich klinische, bezw. pathologisch - anatomische sein; denn unsere Tage verlangen stets in letzter Instanz bei Krankheiten vor- liegender Art den Nachweis der spezifischen veranlassenden El emente. Daher ist diese Frage eben z. Z. noch eine offene und wird sie bleiben, so lange nicht in beiden Erkrankungen dieselbe Spirillenart mit Sicherheit und völlig einwandfrei fest- gestellt ist. Nun haben freilich bereits Heidenreich, Münch und Maczntkowsky vor längerer Zeit und neuerdings Lübimoff**) Spirillen in dem Blute von an Typhus biliosus Erkrankten gefunden; ja Maczntkowsky ist es sogar gelungen, durch Ueberimpfen des Blutes eines Kranken mit biliösem Typhoid gewöhnliche Rekurrens zu erzeugen. Indess spricht sich doch auch Lübimoff und man kann ihm hierin nur Recht geben hinsichtlich der Identität beider Krankheiten sehr vorsichtig ans und vertritt lediglich den Standpunkt Griesingers, indem er beide Krankheiten nur für sehr nahe verwandt erklärt.***)

•) Gesammelte Abhandlungen. IF. Bd. 1872. S. 511 u. f.

**) Virchow’s Archiv. Bd. 98. 1884. S. IGO u. s. w. Es finden sich da-

Klbst auch die I..itteraturangabcn bezüglich der drei anderen genannten Autoren.

”*) In einem unlängst erschienenen Aufsatz: „Ueber das hiliuse Typhoid“

(Demsclie med. Wochenschrift, No. 4, 5 und G, 1888) änssert sich Kartulis Ale.xandrien) über die Natur dieser Krankheit folgendermaassen: „Vnser biliöses

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Bei Durchsicht der neueren, mir zugänglichen Litteratur hinsichtlich etwaiger, den unseren gleicher oder ähnlicher Erkrankungen hat sich im Allgemeinen nur wenig brauchbares Material ergeben.

Die ausführlichste, alle einschläglichen Verhältnisse am gründlichsten erörternde Arbeit ist die von Weil*): „Ueber eine eigenthümliche, mit Milztumor, Ikterus und Nephritis einhergehende, akute Infektions- krankheit"

Weil beschreibt 4 Fälle, welche mit den schwereren der oben mit- getheilten eine so merkwürdige Uebereinstimmung zeigen, dass man sie ohne Weiteres für dieselbe Krankheit halten könnte. In dem Weil'schen Falle Dr. Fr. stellte sich in der Rekonvaleszenz sogar ein ähnliches Augenleiden ein, wie bei unserem Kranken No. 8 (Mnsk. Sch.), dort eine Iridocyclitis, hier eine Iridochorioiditis. Und doch widerspricht jener Annahme scheinbar ein wesentlicher Umstand. Die Weil'schen Fälle kamen nämlich im Verlaufe von 12 Jahren völlig isolirt zur Beobachtung. Es liess sich in keinem Falle weder ein Zusammenhang mit anderen ähnlichen Erkrankungen nachweisen, noch verbreitete sich die Krankheit von den Befallenen aus auf andere Individuen. Die ersten beiden Fälle traten 9 Jahre vor, die letzten beiden 3 Jahre nach einer kleinen Rekurrensepidemie auf, welche 1879 in Heidelberg geherrscht hatte und von Friedreich**) beschrieben ist. Muss man bei dem Auftretender unseren auf eine gemeinsame Ursache schliessen, so ist dies bei den Weil’schen Fällen, ans demselben Grunde, nicht

durchaus notbwendig.

Auch weichen die bezüglichen beiderseitigen Kurven deutlich von einander ab. Bei Weil blieb nur ein Kranker dauernd fieberfrei, während bei den drei übrigen, nach einem fieberfreien Intervall von 1 bis 7 tägiger Dauer, erneutes Fieber auftrat. Es handelt sich hier also um wohl

charakterisirte Rezidive, welche in 2 Fällen 6 Tage, im dritten eben- falls 6 Tage, und zwar hier bei gleichzeitigen, noch länger auftretenden

Typhi>i<l aber bat mit Ueiurrciis nichts gemein; denn abgesehen davon, dass das Fieber im ersteren keinen Hriekf.ill zeigt, kommen die Spirochätespirillen i“ Blute der an biliösem Typhoid erkrankten Personen niemals vor. Es bleibt slso auzunehmen, dass bei sogenanntem biliösen Typhoid ausserhalb Kgypten.s, wo Spirillen im Blute vorgefunden sind, es sieb um echten Ueeurrens mit ikterisehen Symptomen handelte. Damit aber soll uiehl gesagt sein, dass die Krankheit nur in Egypten auftrete.“

*) Demsehes Archiv für klinische Medizin. Bii. 39. 188G. S- 209.

Deutsches Archiv für klinische Medizin. Bd. 25. 1880. S. 518.

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leichten Abendsteigerungen, dauerten. In unseren Fällen ist, wie wir gesehen haben, von einem solchen Verhalten nicht die Rede; die Deferveszenr vollzog sich vielmehr durchweg in .5 bis 6 Tagen gleich- mässig und ohne die Spur einer Unterbrechung. Ob dieses Verhältniss nun lediglich auf einen rein graduellen Unterschied zwischen beiden Arten von Erkrankungen hinausläuft, will ich unerörtert lassen.

Was den Ikterus anlangt, so war er in den Weil 'sehen Fällen „kein sehr hochgradiger", während bei den unseren gerade das Um- gekehrte stattfand: bei Fall 9 schwankte die Hautfarbe sogar zwischen olivengrün und mahagonibraun. Auch verschwand die Gelbfärbung bei jenen durchschnittlich in kürzerer Zeit, als bei unseren, besonders den schwereren Fällen. Gallenbestandtheile, speziell Gallenfarbstofife, fanden sich im Harn in drei der Weil'schon, bei uns in sämmtlichen Fällen, wenn auch in den vier leichtesten nur spurenweise, mehr oder weniger lange.

Unsere Kranken gingen ausnahmslos mit Durchfällen zu, mehrere hatten sogar schon einige Zeit vorher daran gelitten. Bei Weil sind spontane Diarrhöen in 3 Fällen notirt, bei einem Kranken war dagegen von vornherein Neigung zur Obstipation vorhanden. In einem Falle waren die Stühle entfärbt, was bei uns in der Mehrzahl in mehr oder minder ausgesprochener Weise vorkam.

Während Weil im Harn seiner Kranken konstant beträchtliche Mengen Eiweiss fand, gelang dies nur bei dreien unserer Fälle (4, 8 und 9). Sonst stimmen die Befunde beiderseits ziemlich genau überein.

Endlich differiren unsere Fälle von jenen noch durch die aus- gesprochene Neigung zu abundanten Blutungen, welche Weil gänzlich vermisste. (Nur in Falll, Dr. Fr., einmal Nachts „etwas Nasenbluten“.)

Eine gewisse Beziehung zu den Weil’schen und den unseren, lassen zwei von Chauffard*) beschriebene Ikterusfälle erkennen. Beide Patienten zeigten anfangs ziemlich hochgradig gestörtes Allgemeinbefinden nnd Fieber; der eine auch von Anfang an, lange vor Ausbruch des Ikterus, Albuminurie. Mit Beginn der Gelbsucht trat eine Entleerung grosser Urin- nnd gleichzeitig auch grosser Harnstofifmengen ein, so dass Chauffard von einer eigentlichen „Harnkrise“ spricht. Diese Aus- scheidungen hielten einige Tage an , um dann rasch zur Norm zurück-

*) Revue de medecine. 1886. 1. (Referat in Fortschritte der Medizin III.

1885. S. 183.)

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zukehren. Mit Beendigung der Urinkride trat Besserung des Allgemein- befindens ein.

Es schliesst sich hieran die Beobachtung von Mathien*). Anch hier Fieber, von der initialen Höbe allmälig absinkend, nach 4 Tagen rezidivirend, staifelfnrmig wieder ansteigend und lytisch znni zweiten Male heruntergehend. Die Fieberkurven haben bei beiden Autoren die grösste Aehnlichkeit. Dabei bei Matbieu ebenfalls Ikterus, schwere Cerebralsymptome, Milztumor und Albuminurie. Der mikroskopische Harnbefund ist nicht mitgetheilt. Die Stühle des Matbieu'schen Patienten waren während /des Ikterus entfärbt und Nasenbluten und Ileocoecalschmerz vorhanden. Die Besserung wurde durch das Absinken des Fiebers und durch ein markirtes Ansteigen der Urinmenge ein- geleitet. Im Gegensatz zu den Weil 'sehen und unseren Fällen konnte Matbieu keine Lebervergrösscrung nachweisen.

Weil bespricht in sehr ausführlicher Weise die verwandtschaftlichen Beziehungen seiner Fälle mit den bekannten, oben angeführten Infektionskrankheiten und kommt zu dem Schlüsse, dass es sich möglicherweise um eine Kraukheit sui generis bandele, deren spezifische Ursachen noch unbekannt seien. Indess giebt er auch zu, dass man die Krankheit als eine besondere Form des Abdominaltypbus, als Abortivtypbus mit Ikterus und Nephritis auüassen könne- Matbieu lässt diese Frage ebenfalls unentschieden, ist aber gleichfalls geneigt, die Krankheit als Ileotypbus zu registriren.

Chauffard glaubt seine Fälle wegen ihres cyklischen Verlaufs als Allgemeinkrankheit des Organismus auflfassen zu müssen. Er denkt dabei weniger an die Einwirkung einer infektiösen Ursache, als an das Vorhandensein abnormer spezifischer Zersetzungsprodukte im Magen und Darmkanal und an die von hier ausgegangene Resorption toxischer Substanzen und deren Einwirkung auf Leber und Gallenwege, sowie auf den übrigen Organismus.

Gehen wir nunmehr über zu der Häufigkeit des Auftretens von Ikterus, speziell im Verlaufe von Typbusepidemien, so stimmen alle Autoren darin überein, dass dasselbe ein sehr seltenes sei.

Gleichwohl ist diese Kombination, wie Weil sagt, ,von hervor- ragenden Pathologen eingehend gewürdigt und ausserdem durch eine ziemlich umfangreiche Kasuistik erhärtet“.

■*) Revue de medecine. 188G. VII. (Referat in Fortscliritto der Medizin. Y. 1887. S. 26.)

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Lieberme iater*) führt folgende Zahlen an: Unter 1420 Fällen des Baseler Spitals ist 26 mal Ikterus notirt, 14 mal bei Männern, 12 mal bei Weibern. Hoffmann fand unter 250 Sektionen in 10 Fällen stark ansgeprägten Ikterus. Griesinger beobachtete unter 600 Er- krankungen 10 mal Ikterus.

Letzterer Autor**) erwähnt von Ikterus formen bei Ileotyphus folgende: 1. einen schon frühzeitig auftretenden, leicht vorübergehenden, auf den Krankbeitsverlauf einflusslosen, höchst wahrscheinlich katarrhalischen; 2. Ikterus als Theilerscheinung ausgesprochener Pyämie oder Septicämie in der zweiten Periode der Krankheit; 3. kommt, und zwar ebenfalls erst in der zweiten Periode des Typhus, ein Ikterus mit Schwellung und Empfindlichkeit der Leber, schweren Nervenerscheinungen mit Prostration und gewöhnlich tödtlichem Ausgang zur Beobachtung. Dabei wird, wie sonst beim Ikterus gravis, anatomisch die Leber bald vergrössert, bald verkleinert, ferner Milztnmor, Ekcbymosen, akute Er- krankung der Nieren gefunden. Griesinger hat indess auch von dieser Ikternsform zwei in Genesung endende Fälle beobachtet, beide während eines Typhusrezidivs am 15, und 11. Tage; 4. rasch vorübergehender Ikterus in der dritten oder vierten Krankheitswoche mit leichter Empfindlichkeit und Schwellung der Leber, ohne erschwerenden Ein- fluss auf den Krankheitsverlauf.

Liebermeister erklärt den im Verlauf des Typhus auftretenden Ikterus in manchen Fällen für einen katarrhalischen, in vielen anderen aber für einen hämatogenen. Denn in diesen Fällen besteht gewöhnlich eine besonders starke Degeneration der Leberzellen, mit entsprechender Beeinträchtigung der Funktionen der Leber, von welchen, ähnlich wie bei der akuten gelben Leberatrophie, der Ikterus abznleiten ist. Unter Umständen hat demnach der Ikterus eine schlimme pro- gnostische Bedeutung, indem er den Verdacht einer weit vorgeschrittenen Degeneration der Leber begründet; namentlich dann, wenn der Ikterus aof der Höhe der Krankheit bei einem schweren Falle auftritt, wenn weder Entfärbung der Stuhlgänge, noch andere Umstände dafür sprechen, dass er als katarrhalischer oder überhaupt als Stauungsikterus gedeutet werden kann, und wenn gleichzeitig vorhandene Albuminurie, Herz-

*) Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie von v. Ziemssen. Bd. II. I. Thcil. 1876.

*•) Virchow spezielle Pathologie und Therapie. Bd. II, 2. 1864 und Weil (1. c. S. 227).

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schwäche u. s. w. auf Torgeschritteue parenchymatöse Degeneration anderer Organe hinweisen. Uebrigens hat Liebermeister auch schon in leichten oder abortiven ITällen Ikterus auftreten sehen.

Wir stehen wieder vor der speziellen Frage: Waren unsere Fälle Abdominaltyphen? Wenn ja, können wir sie, und zwar in welche der von Griesinger und Lieberroeister aufgestellten Kategorien von Ikterus unterbringen?

Wie endlich haben wir nns überhaupt diese Komplikation patho* genetisch zu denken?

Wir sind zunächst mit Weil einverstanden, wenn er sowohl den Beginn, als auch besonders den Fieberverlauf seiner Fälle als mit einer grossen Zahl von Abortivtyphen für völlig überein- stimmend erklärt. Die unseren bieten diese Uebereinstimmung insofern io noch höherem Grade bezw. noch reinerer Form dar, als sie eine zweite Temperatursteigerung, ein Rezidiv, durchaus vermissen lassen. Merkwürdig bleibt hierbei allerdings immer, dass Temperatur- abfall und Ikterns völlig synchron verliefen. Ob man geradezu an ein ursächliches Verhältniss dieser Erscheinungen denken soll, vielleicht in dem Sinne, dass die Galle im Blut und den Körpersäften eine ab- schwücbende, oder gar tödtende Einwirkung auf die fiebererregenden Potenzen ausgeübt habe, oder aber vielmehr die Entfieberung lediglich der Ausdruck des Ueberganges der Krankheit io Heilung gewesen ist, mag dahin gestellt bleiben. Uebrigens repräsentiren auch anscheinend die Fälle 4, 8 und 9 gleich den Weil’schen ausgesprochene Typen des von diesem Autor (1. c. p. 231) in der Liiteratur vermissten Verhält- nisses: nämlich des gleichzeitigen, frühzeitigen Auftretens von Ikterus und Nephritis bei Abortivtyphus. Allerdings liegen ja in unseren Fällen zwischen Beginn der Gelbfärbung der Haut und Nach- weis des Albumens u. s. w. im Urin einige Tage. Doch ist dies wohl mehr eine Schuld der Untersuchung selbst, welche nicht in allen 9 Fällen täglich vorgenommen wurde. Möglich, dass eben sonst die nephritischen Produkte viel früher konstatirt worden wären.

Das Auftreten unserer Erkrankungen ferner im Verlauf einer Typhusepidemie lässt sie nur noch mehr als durch dieselbe Noxe entstanden erscheinen. Die Identität mit den gleichzeitigen klassischen Typhusformen würde znr Evidenz erhoben worden sein, wenn wir in den Dejektionen unserer Kranken den Typhusbazillus nachgewiesen hätten. Abgesehen aber von der Ungunst der Verhältnisse, d. h. dem schnellen, gehäuften Zugang der Kranken und der raschen Entfiebernng

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derselben, welche den bezüglichen umständlichen bakteriologischen Untersuchungen einfach unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen- setzten, mnsB es noch ausserdem als im höchsten Grade unwahrscheinlich bingestellt werden, ob es in den leichteren Formen der Krankheit je möglich sein wird, den spezifischen Bazillus überhaupt anfzufinden. Denn in diesen dürfte es im Wesentlichen über eine Schwellung und Infiltration der Lympbapparate im Darm nicht, oder nur wenig hinaus- kommen, und freie Typhusbazillen im Darmluinen demgemäss nicht vorhanden sein, welche mittelst der Stuhlgänge entleert werden könnten. Dies ist eben nur bei ausgesprochener Geschwürsbildung, wie wir sie von den typischen Formen der Krankheit kennen, möglich, wo die aus- gestossenen nekrotischen resp. geschwürigen Massen, besonders der Peyer’schen Haufen, den Träger der Bazillen darstellen. In zwei Fällen (8 und 9) hatten jedenfalls die bakteriologischen Untersuchungen der Dejektionen nur ein negatives Erge’bniss. Auch von Blut- uutersuebuogen hielten uns bezügliche frühere, stets resultatlose Bemühungen zurück. Mit wie grossem Recht, haben die späteren gleich negativen Erfolge aller Autoren Nenhaus^) ausgenommen bewiesen.

Aber selbst wenn uns der fragliche Nachweis in sämmtlichen Fällen gelungen wäre, würden wir hinsichtlich des Verständnisses des gleich- zeitigen Ikterus um nichts gefördert sein. Denn zu dem Bilde des lleotyphus gehört derselbe schlechterdings nicht, das beweist schon das numerische V'erbältniss seines Vorkommens. Meiner Meinung uach haben daher Klassifikationen, wie die von Griesinger und Liebermeister, im Wesentlichen nur einen deskriptiven resp. klinischen Werth und lassen die (ätiologische) Wesenheit der jedesmaligen Gelb- sucht im Ganzen recht unberührt.

Von unseren Fällen würden wir vielleicht nur No. 1, 3, 5 und 6 Zur ersten Kategorie der genannten Autoren rechnen können. Die übrigen repräsentiren ein entschieden schwereres, wenn auch sonst gleichartiges Krankheitsbild und könnten also unter No. 3 Griesingers zusammengefasst werden. Aber auch sie kommen nicht in einem ."päteren, speziell dem zweiten Stadium des Typhus, wie besonders Griesinger will, vor, sondern stehen zeitlich auf derselben Stufe wie die erstgenannten Fälle. Und auch Liebermeister betont, dass der in prognostischer Beziehung ungünstige Ikterns in der Regel der Höhe des

*) Berliner klinische Wochenschrift. 1886. No. 6 und 24.

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typhösen Leidens, and zwar der schwereren Form desselben, zn- komme.

Meiner Meinung nach ist jede Form von Ikterns (der hepatogene wie der baematogene bezw. anhepatogcne) , mag sie nnn in einem Stadium des Ileotyphus Vorkommen, in welchem sie wolle, der Ansdmck einer bestimmten Sonder- oder Mischinfektion resp. Intoxikation, bedingt durch eine bisher noch nicht festgestellte Schädlichkeit, wahr- scheinlich bakterieller Art. Demnach stelle ich diese Komplikation genau auf dieselbe Stufe, wie so viele andere, den Typhus mehr oder minder regelmässig resp. häufig begleitende: also z. B. die Pnenmonie, die eitrige Pleuritis und Meningitis, die Parotitis, die phlegmonösen Prozesse der tieferen Rachengebilde u. 8. w. Wie man bei diesen Prozessen bisher stets besondere Mikroben, and zwar hauptsächlich Kokkenarten (Brieger,*) FrSnkel und Simmonds,**) Seitz***) und Andere; ich selbst in pnenmonischen Herden nur Kokken, entweder nur eine kleine Art allein, oder eine kleine und eine ziemlich grosse zusammen) aber niemals den Typhusbazillns als erregende Ursache gefunden bat, ebensowenig kann ich dem letzteren dio Fähigkeit zusprechen, Ikterus zu erzeugen. Hierfür sprechen zunächst die dem fraglichen Mikroben völlig abgehenden primäre, lokale Ent- zündung and Eiterung erregenden Eigenschaften, welche im Darm und den Unterleibsdrüsen doch sicherlich nie fehlen würden und im Thierexperiment stets vermisst werden. Ferner wird diese Ansicht gestützt durch die regelmässigen Befunde der Typhusleber. Wohl keinem Beobachter nämlich werden bei der bakterioskopischen Unter- suchung gefärbter Lebersebnitte neben einer mehr oder minder hoch- gradigen körnigen Beschaffenheit der Leberzellen (trübe Schwellung) jene bereits vielfach beschriebenen Veränderungen, und zwar eine mehr oder weniger deutliche und ausgedehnte, kleinzellige Infiltration des Bindegewebes, sowie jene seltsamen, gewöhnlich nahezu kreisrunden, inmitten der Leberläppchen gelegenen, als Lymphome bezeichneten Bildungen entgangen sein. Wenn man diese Herde nun, zu denen noch eine grosse Anzahl lediglich Reste von Leberzellen, oder verändertes Lebergewebe darstellende Partieen hinzukommen (welche wohl alle insgesammt ursprünglich als koagulations-nekrotisebe Gewebsabschnitte

*) Zeitschrift für klinische Medizin. Bd. XI. S. 264.

•*) Die ätiologische Bedeutung des Typliusbazillus. 1886. S. 21 u. f. und Zeitschrift für Hygiene. II. Bd., 1. Heft. 1887. S. 142 u. f.

*♦♦) Bakteriologische Studien zur Typhus-Aetiologie. 1886. S. 22 u. f.

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mit deren Folgezuständen zu beachten sind) wenn man, sage ich, alle diese, in Snmma den Untergang grosser Mengen von Leber- substanz hedentenden Veränderungen sieht, so findet man es kaum begreiflich, dass zu dem Bilde des Äbdominaltjphus nicht regel- mässig „OelbsDcbt“ gehört. Denn hier haben wir doch scheinbar Alles Das, oder wenigstens genug von Dem, was wir für das Zustande- kommen der „gelben Atrophie“, sei es auch nur niederer Grad derselben, für nothwendig halten zu sollen glauben. Es muss also nothwendiger- weise zum gewöhnlichen, so zu sagen „normalen“ Typhnsbazillus und dessen spezifischen Wirkungen (denn auch die regelmässigen, toxischen Produkte desselben machen es nicht) noch ein Plus hinzukommen, wenn wir im gegebenen Falle „Gelbsucht“ eintreten sehen sollen. Dass diese nene, sei es nun infektiöse oder rein toxische, Schädlichkeit einen ver- schiedenen Grad von Intensität besitzen wird, scheint bereits aus dem klinischen Bilde obiger Fälle hervorzngehen und würde den Eigen- schaften anderer, belebter sowohl wie unbelebter, Krankheitserreger nur entsprechen.

Dass übrigens in unseren Fällen Gelegenheit genug zu einer der- artigen bakteriellen Mischinfektion oder komplizirenden Darm- reizung gegeben war, kann aus dem Resultat der bakteriologischen Wassernntersucbungen unschwer entnommen werden. Wenn wir auch im Allgemeinen die nachtheiligen Wirkungen der gewöhnlichen „Sapro- pbjten“ auf den Verdauungskanal und dessen Inhalt noch wenig kennen, so wissen wir doch, dass einer grossen Zahl derselben, ganz allgemein ausgedrückt, ein äusserst intensives, spezifisches Zersetzungsvermögen gegenüber todten und unter Umständen ancb lebenden Substraten zu- kommt (fakultativer Parasitismus!). Es liegt also nichts näher, als die ■Möglichkeit, dass irgend welche, bisher noch unbekannte Stoffwecbsel- produkte, vielleicht der Reibe der Alkaloide bezw. Ptomalne angehörig, sei es rein örtlich, sei es vom Blute aus, Wirkungen äussern, welche an sich eigenartige Veränderungen setzen (Polycholie, schwere Störung oder Aufhebung der Leberfunktiou u. dergl.), oder aber, im Sinne der Symbiose oder Metabiose, als präparatorisebe oder prädisponireude Schädlichkeiten dem eigentlichen Krankheitserreger den Boden ebnen, oder zu einer be- sonders intensiven Kraftentwickolung befähigen. Welcher der gefundenen obigen Bakterienarten ich eine solche Thätigkeit zuschreiben möchte, lasse ich, angesichts des Fehlens von Thierversueben, dahingestellt.

Indess bedarf es im gegebenen Falle durchaus nicht nothwendig der Annahme eines contagium vivum zur Erklärung des Ikterus; es können

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vielmehr auch grob chemische Wirkungen in Frage kommen. Wenn man sich erinnert, dass zu den Abfallsstoffen der Gasanstalten neben verschiedenen Kohlenwasserstoffen Ammoniak- und Schwefelver- bindungen in Menge gehören, so liegt es gar nicht so fern, unter Be- rücksichtigung der lokalen Verhältnisse der W.'schen Badeanstalt an rein ätzende, mindestens aber stark irritirende Einwirkungen zn denken, welche die Verdannngsorgane der Badenden beim zufälligen, wiederholten Wasser- schlucken getroffen und eine Gastroenteritis im Gefolge gehabt haben. Ja wir können noch weiter gehen und Einflüsse beschuldigen, welche nach Art gewisser Gifte {ich denke namentlich an Phosphor, Arsen- wasserstoff, Phenol und Gifischwämme) tbätig gewesen sind, d. b. einen schnellen und ausgedehnten Untergang von rothen Blutkörperchen znr Folge gehabt haben (Cythaemolyse), um im Verein mit dem Typhus- bazillns ein Krankheitsbild wie in unseren Fällen zn erzeugen. Die bei vielen der Kranken aufgetretene Uebelkeit und das Erbrechen bald nach dem Bade würden deutlich genug für beide Eventualitäten sprechen.

Wenn ich nach alledem mein Urtheil über die während der Typhus- erkrankungen im Sommer 1885 aufgetretenen Fälle von Ikterus zusamroen- fasse, so würde dasselbe folgendermaassen lauten:

1. Die betreffenden Erkrankungen gehören der Abortivform des Abdominal typhus »n.

2. Der im Verlaufe derselben beobachtete Ikterus verdankt seine Entstehung nicht dem typhösen Krankbeitsgift als solchem, sondern einer anderen, nicht ermittelten, spezifischen Schädlichkeit, gehört also in das Gebiet der sogenannten „Mischinfektionen“.

Zukünftigen Beobachtungen, speziell der bakteriologischen Unter- suchung von Leichentheilen in den unseren gleichenden Fällen, muss es Vorbehalten bleiben, Klarheit in die fraglichen Verhältnisse zn bringen. Insbesondere wird es darauf ankommen, das Wesen, also eventuell die morphologischen und biologischen Eigentbümlichkeiten jenes hypothetischen Ikteruserregers festzustellen und vor Allem zu ermitteln, ob demselben in der That dem Typhusbazillus antagonistisch wirkende Eigen- schaften innewobnen, welche es vermögen, das Kraokbeitsbild gänzlich nmzuändern oder die Krankeit doch jso abzukürzen, dass ans einer legalen eine rudimentäre, abortive Form derselben hergcstellt wird.

Ick kann das Thema nicht verlassen, ohne mit einigen Worten meinen Standpunkt hinsichtlich der Therapie des Typbus abdominalis zu kennzeichnen.

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Bekanotlich ist im letzten Dezenniam die Behandlung des Typhus, welche in den sechziger und siebziger Jahren zu einem gewissen Ab- schluss gelangt zu sein schien, wieder in starkes Schwanken gerathen: Die bydriatische und antipyretische (medikamentös - sympto- matische) Methode stehen einander wieder schroffer gegenüber, denn je zuvor. Meinen Erfahrungen nach, welche, entsprechend den hiesigen Verhältnissen (ich meine die Städte Harburg, Hamburg und Altona) gerade bezüglich der fraglichen Erankbeitsformeu keine ganz geringen sind, muss ich diese Thatsache als einen therapeutischen Rückschritt be- klagen. Denn der Grad von Sicherheit, welcher dem Praktiker durch die Methode Brand in der Bekämptung des Unterleibstyphus gegeben war, ist nun abermals in das Gegentheil verwandelt; ja, man laugt bereits, unter Berufung auf einzelne Autoritäten, an vielen Stellen an, eine bisher vorzügliche Waffe als stumpf und unbrauchbar anzusehen und in die Autiquitätenkammer „zu dem Uebrigen“ zu legen. Und doch leistet die systematische Wasserbehandlung noch immer das, was wir ihr früher verdankt haben und was sie stets leisten wird, wenn mau sie nur richtig und konsequent anwendet. Jedenfalls ist sie unbedingt zur Zeit noch immer, speziell für die militärärztliche Praxis, die beste, d. h. diejenige, welche die Krankheit subjektiv und objektiv am Wesentlichsten in günstiger Richtung zu beeinflussen ver- mag; Das Erankbeitsbild wird gegen diesen Satz giebt es keinen Widerspruch ein völlig anderes, durchweg leichteres, und die Mortalität (ich denke hier natürlich nur an die schwereren Formen mit dem bekannten Symptomenkomplex) hält sich in engen Grenzen. Ich stehe also hier ganz auf dem Standpunkt von Brand und Ober- stabsarzt Vogel'’^) in München, welchen auch, allerdings in etwas modi- fizirier Form, Oberstabsarzt Fraentzel*) **') vertritt, und bringe daher bei meinen Typhuskrauken durchweg folgendes Verfahren in Anwendung: Alle 3 Stunden ein Vollbad von 15 bis 18° R. (je nach der Konstitution der Kranken) von 15 .Minuten Dauer, Tag und Nacht hindurch, solange die Temperatur im Rektum 39,5 erreicht. Dabei nur flüssige Diät: Milch, Bouillon und Portwein. Bei allen Kranken ausserdem innerlich Acid. muriat., zweistündlich, hauptsächlich

*) lieber Typhustherapie im Mriiubener Garuisoiilazaretb. Ilcutsclie» Archiv für kliiii.«elie Medizin, Bd. XXXVI, Heft 5 u. 6. Bd. XXXVII, Heft 1 u. 2, eine Arbeit, deren Studium besonders den jüngeren Militärärzten niebt dringend genug empfohlen werden kann.

•*) Diese Zeitschrift 1886, No. 3.

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des psychischen Eindrncks wegen, den jede Medikation, namentlich auf den weniger gebildeten Patienten macht. Die Badewannen stehen, mit eioem Laken zugedeckt, stets im Typhuszimmer bereit; das Wasser wird nur im Winter entsprechend tomperirt und nur jeden Tag einmal erneuert.

So sind auch im Wesentlichen die oben beschriebenen Erkrankua^eu behandelt und aus diesem Grande bei den einzelnen Kratikengeschicbtec die Angaben über Bäder, deren Temperatur, Anzahl u. 8. w. nicht auf- geführt worden.

Ich habe es nur ganz ausnahmsweise nöthig gehabt, über die dritte Krankbeitswocbe hinaus zu baden und mich andauernd einer sehr genügen Mortalität erfreut. (In der Epidemie 1885 gleich 4'’/o der schwerer.. 2"/o der Gesamraterkrankungen.) Unangenehme Nebenwirkungen oder gefahrdrohende Ereignisse sind mir bei dieser Bäderbehandlung nie zu Gesicht gekommen.

V'on den innerlichen A ntipy reticis, speziell dem Chinin, Naphthalin, Natron salicylicum und Antipyrin habe ich dagegen, betrefft des Verlaufs und Ausgangs der Krankheit, auch nicht das mindeti« Gute gesehen, wohl aber ab und zu, besonders nach den letzten beiden Mitteln, Kollapszustände, Erbrechen, starken Kopfschmerz und Aehnlicbei Der Typhus erschien eben wieder als solcher, wie wir ihn Tor der Wasserbehandlung allgemein kannten, d. b. als eine mit Umnebelun'i der Sinne bczw. Betäubung einhergeheude, fieberhafte Krank- heit von mehrwöcbeutlicber Dauer! Auch wurde die Behandlung»- zeit im Ganzen nicht etwa durch die innerliche Therapie herabgesetzt im Gegentheil erlangten die bydriatisch behandelten Leute ccteris paribus durchschnittlich viel eher ihre Kräfte und ihr Körpergewicli! wieder. Für den Militärarzt im Besonderen gewiss kein zu uuter- sebätzendes Moment.

Auch dem neuerdings wieder in den Vordergrund getretenen Kalonrl kann ich zum Mindesten nichts Hervorragendes nachrühmen. Es ist gewiss rationell, den Darm bei einer beginnenden fieberhaften Krankheit zoent zu evakuiren; aber warum man sich hierzu gerade eines zweisebneidigea Instruments bedienen soll, sehe ich nicht recht ein. Das kann auch mit Ol. Ricini (eventuell in Kapseln), oder einer Eingiessung prompt ued gefahrlos erreicht werden.

Wenn wir unsere Patienten in Behandlung bekommen, ist, mit oar ganz seltenen Ausnahmen, das Prodromalstadium der Krankheit vorüber; wir haben bereits die Wirkungen der Infektion oder, wenn m»“ lieber will, der Intoxikation vor uns. Die spezifischen Bazillen, resp.

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deren Sporen, oder sonstigen Dsnerformen, sind längst vom Lymph* ipparate des Darms ans in der Milz, Leber u. s. w. deponirt. Das beweisen wenigstens die Thierversuche für das fragliche Krankheits- stadinm und die postmortale bakteriologische Untersuchung von Milz, Leber, Nieren u. s. w. für den menschlichen Typhus. Was soll also die etwa beabsichtigte „lokale Wirkung“ des im Organismus ans dem Ealomel abgespaltenen Sublimats? Denn an eine bakterientödtende Allgem ein w irkung des Letzteren wird doch angesichts so homöo- pathischer Dosen, wie sie hier nur in Frage kommen können, im Ernste Niemand denken. Der Typhusbazillus ist eben zur Zeit für keins der aus bekannten innerlichen Medikamente im lebenden menschlichen Organismus angreifbar. Und ein Spezifikum gegen die Krankheit, im Sinne des Chinins, der Salicylsäure und des Quecksilbers bei der Malaria, dem Gelenkrheumatismus und der Syphilis, gehört noch immer zu den frommen Wünschen. Die ätzenden, resp. nekrotisirenden Wirkungen dagegen auf die Darmschleimhaut (abgesehen von dem so oft eintretenden Erbrechen), welche ich mehrmals nach Kalomelgebrauch in Form dipbtheritischer Veränderungen, besonders auf der Höhe der Schleimbantfalten im Ilenm, bei Sektionen gesehen, bei anderen Medi- kationen dagegen niemals gefunden habe, lassen mich das genannte Medikament beim Typhus geradezu perhorresziren. Meiner Ueberzeugung nach beruhen die so oft gerühmten Prohibitiv- oder Abortiv- Wirknngen des Ealomels eben zum grössten Theil auf Täuschungen, im Wesentlichen bedingt durch die relative Gutartigkeit der bezüglichen Krankheitsfälle.

Hinsichtlich des in jüngster Zeit gerade beim Abdominaltyphus viel- zeitig gerühmten Antifebrins besitze ich noch keine genügend zahlreichen Erfahrungen, um ein bestimmtes Urtheil abgeben zu können.

Dezember 1887.

Nachtrag:-

In der vorstehenden Arbeit, welche bereits im Sommer 1887 an- gefertigt und zum Abschluss gekommen war, konnten ans verschiedenen ansseren Gründen die einschlägigen Veröffentlichungen von Hüeber, Kirchner und Schaper (No. 4 und 5 des laufenden Jahrgangs dieser Zeitschrift) eine Berücksichtigung nicht mehr finden.

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Es ist mir indess nicht zweifelhaft, dass aach die mitgetheilten Fälle der genannten Antoron eine ähnliche Deutung zulassen, wie die unseren; und zwar nm so mehr, als sie vor Allem hinsichtlich des zeitlichen Auftretens (Juni, Juli und August kurz nacheinander) genau mit letzteren übereinstimraen. Die drei Lebsanft'schen Fälle kamen sogar in einer Reibe von 30 gastrischen Fiebern im Sommer 1885 vor. Auch ätiologisch scheint eine merkwürdige Aehnlichkeit, besonders zwischen einem Theil der Kirchner’schen und dem Schaper’schen Falle, mit den unseren vorhanden zu sein: Von ersteren gaben einige dem Baden in der Oder Schuld an ihrer Erkrankung, und der Schaper’scbe Patient wurde ebenfalls ganz plötzlich nach dem Baden von Leib- schmerzen und Uebelkeit befallen. Auch ein Kranker bei Lebsanft führte sein Leiden auf den Genuss schlechten Trinkwassers zurück.

Ans dem bisher vorliegenden, rein klinischen Material (die beiden Anfrecht’schen Fälle No. 4 dieser Zeitschrift Seite 167 und 168 können ebenfalls, abgesehen von der nicht feststehenden Identität der- selben mit den nicht tödtlich verlaufenen, bei dem Fehlen einer metho- dischen bakteriologischen Untersuchung (Kulturverfahren !) von Leichen- theilen nicht als zweifellos beweiskräftig angesehen werden) eine völlig neue Krankheit herzuleiten, scheint mir unbedingt ein verfrühtes Beginnen.

Mag man indess von der in Rede stehenden Krankheitsform denken wie man wolle, so tritt doch jedenfalls angesichts des höchst auffälligen mehrfachen Erscheinens derselben in der Armee bei ganz verschiedenen Truppenkörpern und in weit von einander entfernten Garnisonen inner- halb der letzten Sommerbalbjahre, an uns die dringende Mahnung heran, vor Allem der ätiologischen Seite der Frage unsere gespannteste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Unter all den verschiedenen, hierbei in Rechnung kommenden .Möglichkeiten weisen aber die geschilderten Krank- heitsfälle in erster Linie auf das von den Truppen im Sommer benutzte Badewasser hin. Dieses also wird unbedingt einer regelmässigen bakteriologisch-chemischen Kontrolle und Ueberwachung bedürfen, wenn wir abgesehen wie gesagt von eventuellen Leichenuntersuchungen einerseits den Krankheitserregern an sich auf die Spur kommen and andererseits dem Neuauftreten und immerhin möglichen Weiterverbreiten bezw. Einuisten (Endemischwerden) der fraglichen Krankheitsform be- gegnen wollen.

Dass demgemäss bei Neoanlage von Militärschwimm- und Bade- anstalten oder Mitbenutzung gleichartiger Privatanlageu seitens der

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Trappen nnsere prophylaktischen Bestrebangen vor allen Dingen, und vielleicht mehr als bisher geschehen, auf die Nachbarschaft von Fabriken (Färbereien, Gasanstalten, chemischen Fabriken und dergl.), peren Abfälle in das zu benutzende Wasser gelungen können, sowie namentlich auf die eventuelle Fernhaltnng von Ca nalisationsab wässern, Rücksicht zu nehmen haben werden, bedarf wohl keiner besonderen Hervorhebung.

Trier, Mai 1888. '

Zur militärärztlichen Rasnistik.

Im Folgenden berichte ich über einige Fälle von Verletzungen, welche tbeils wegen der Seltenheit ihres Vorkommens, theils aber auch wegen der Eigentbümlicbkeit ihres Verlaufes von besonderem Interesse sind.

1. Fall von Beckenfraktnr.

Der im zweiten Dienstjahre stehende Füsilier P. war am 24. 12. 1884 mit Schmerzen an der linken Seite des Afters erkrankt, wo eine sich allmälig entwickelnde Geschwulst ihn veranlasste, sich am 7. 1. 1885 krank zn melden. Es fand sich ein links neben dem anus gelegener, mit dem Mastdarm nicht kommnnizirender, kaum wallnussgrosser Abszess, der gespalten wurde. Als die Abszesshöhle sich nicht schliessen wollte, wurde in der Annahme, dass ein paraprostatischer Abszess vorläge, der zur Bildung einer fistnla ani incompleta externa geführt hätte, die Sphincterotomie gemacht. Trotzdem wucherten aber in der Folge blasse, schlaffe Granulationen empor und die Wundränder zeigten sich anhaltend geröthet und infiltrirt, ohne dass hierdurch das Allgemein- befinden wesentlich getrübt worden wäre. Man fand dabei das os sacrum mehr als gewöhnlich mit seinem linken seitlichen Abschnitt nach vorn stehend, seine hintere Fläche, namentlich nach der synchondrosis sacro- iliaca sinistra hin verdickt, aufgetrieben und bei Druck schmerzhaft; anch die vordere Fläche des Kreuzbeines zeigte sich bei der Untersuchung vom Mastdarm her in der Richtung von links nach rechts convex und anscheinend nach links hin verbreitert. Von der linken synchondrosis sacro-iliaca her, deren vordere Fläche bei der Berührung ausserordentlich empfindlich war, fühlte man einen mehr als daumendicken und ziemlich

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festen Gewebsstrang nach der linken änsseren Umgrenznng des Mast- darmes herabsteigen, und eine durch die äussere FistelöflFnung eio* geführte Zinnsonde konnte in diesem Gewebsstrang ca. 22 cm nach oben vorgeschoben werden, wo sie in der Gegend der linken seitlichen Partie des Kreuzbeines auf rauben Knochen stiess. Ausserdem zeigte sich der linke horizontale Scbambeinast auf seiner vorderen und oberen Fläche im Vergleich zum rechten verdickt

P., der bisher eine Entstehungsursachc für die anfängliche An- schwellung neben dem Mastdarm nicht angeben konnte, war schon wiederholt über etwa erlittene Verletzungen befragt worden, als er endlich berichtete, dass er als Ackerknecht 7 Wochen vor seiner Ein- stellung in das Heer also ca. 1 Jahr 5 Monate vor seiner Krank- meldung — von der Deichsel eines beladenen Düngerwagens, auf welcher sitzend er die Pferde lenkte, beim Fahren herabgefallen sei, und während er mit dem Bauche auf dem Erdboden lag, sei der Wagen mit einem Rade von links her auf die Gegend seines Kreuzbeines hinanfgefabren. Obwohl er in dieser peinlichen Situation fürchterliche Schmerzen empfunden und namentlich nicht hätte atbmen können, sei es ihm doch gelungen, die Pferde zum Stehen zu bringen, so dass das Rad des Wagens „etwa 1 2 Minuten* lang auf seinem Kreuzbeine gestanden hätte. Der hinzugekommene Oberknecht Hess nach kurzem Besinnen die Pferde anziehen, wodurch das Rad von der Kreuzbeingegend und zwar anf deren rechter Seite wieder herabgeglitten sei. Ausser Stande, sich zn erheben und zn gehen, sei er einige Stunden darauf zn einem Schäfer gebracht worden, welcher bemerkt haben soll, dass die Gegend zn beiden Seiten der Schamhaare blauschwarz gefärbt gewesen sei. Ob Damm- gegend oder Hodensack eine ähnliche Färbung gezeigt hätten, entsano P. sich nicht mehr, jedoch gab er mit Bestimmtheit an, dass Urin- nnd Darmentleernng bald nach der Verletzung und auch in der Folge stets ohne Besonderheit vor sich gegangen sei. Nachdem der Schäfer um den Leib Binden gelegt, sei P. nur 5 Wochen bettlägerig gewesen nnd hätte sich darauf noch ca. 14 Tage, weil er Schmerzen im Kreuz beim Geben und Bücken empfunden, von schwerer Arbeit fembalten müssen. Nach seinem Eintritt in das Heer aber waren seine Beschwerden so gering gewesen, dass er namentlich die ganze Rekruten- Ansbildnngs- periode ohne Unterbrechung durch Krankheit dnrchmachen konnte; nur seit den letzten 6 Monaten vor seiner Krankmeldung hatte er beim Marscbiren und bei den Uebungen am Schnursprnnggestell Schmerzen in der Gegend des Kreuzbeines empfunden. Als die oben beschriebene

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Oeschwolst am After aafgetreten, meldete er sich zam ersten Male in seiner Dienstzeit krank.

Der weitere Verlauf des Falles ergab, dass bald mehr, bald weniger eiterige Absonderung aus dem neben dem Mastdarme gelegenen Kanäle erfolgte und dass bei sonst dauernd gutem Ernährungszustände nur zeit- weise über Schmerzen beim Geben und Stehen in der Gegend der linken sjncbondrosis sacro-iliaca geklagt wnrde; in diesem Zustande kam P. als dienstunbrauchbar zur Entlassung.

Höchst wahrscheinlich bat es sich in dem vorliegenden Falle um eine Beckenringfraktnr gebandelt, bei welcher das Kreuzbein aus seiner Verbindung mit dem linken Darmbein gelöst und wie die Verdickung des linken horizontalen Schambeinastes sowie die blanschwarze Färbung in der Nähe der Schambaare gleich nach der Verletzung andeuten such an der vorderen Wand der linken Beckenhälfte Kontinuitäts- Trennungen eingetreten waren, obwohl der letzteren Annahme das Bedenken entgegenstebt, dass Störungen beim Harnlassen nicht vor- handen gewesen sind, welche doch häufig derartige Verletzungen begleiten und die schwere Bedeutung derselben bedingen.

Aber selbst wenn wir auch den Bruch des horizontalen Schambein- astes als erwiesen nicht ansehen, da die Verdickung desselben ja auch aaf einfach periosteale, durch das Trauma hervorgerufene Auflagerungen znrückgeföbrt werden könnte, so lässt sich doch ans der Verdickung and der Dislokation des Kreuzbeines nach vorn die Annahme mit liemlicber Gewissheit herleiten, dass eine Trennung des Zusammen- hanges von Kreuzbein und linkem Darmbein in der geschilderten Weise beim Auffahren des Rades auf die Krenzbeingegend stattgefunden hat, wobei wir uns den Entstehnngs- Mechanismus dieses Bruches durch Losreissen der synchondrosis sacro-iliaca höchst wahrscheinlich vom Darmbein im Moment der Verletzung ebenso erklären möchten, wie viele Bruche in der unteren Epiphyse des Radius durch Abreissen des Ligamentum carpi volare proprium hervorgerufen werden.

Schwieriger ist die Aetiologie der Eiterung festznstellen , welche erst fast l‘/> Jahr nach geschehener Verletzung neben dem anus zum Vorschein kam, nachdem sie links am Mastdarm entlang einen Kanal sich gebildet hatte, welcher nach oben in der Gegend des linken seitlichen Abschnittes auf der Vorderfläche des Kreuzbeines auf rauben, blossliegenden Knochen führte. Da ursprünglich die Trennung zwischen Kreuzbein und linkem Darmbein eine, wie angenommen werden muss, sobkntane gewesen ist, welche an sich eine Neigung zur Eiterung nicht

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besass, so lässt sich zur Erklärung der letzteren nach den beatigen pathologisch - mykologischen Anschanangen über die Entstehang der Eiternng'^) nur die Möglichkeit in's Aage fassen, dass bei mangelhafter Koaptation der getrennten Tbeile in Folge von unzweckmässigem Verhalten des Verletzten, dem sachverständige Hülfe ja nicht za Theil geworden war, Mikroorganismen ans dem Mastdarme zwischen die Brach- fläcben gelangt sind and hier ostitische und periostitische Eiter- Frodnktion bewirkt haben. Der Umstand, dass die materiellen Veränderungen auf der vorderen Fläche des Kreuzbeines an einer Stelle wesentlich nachweisbar waren, welche nach der anatomischen Lage des Mastdarmes eine derartige Invasion von Mikroorganismen besonders begünstigten, scheint diese Annahme nicht unwesentlich zu stützen. Nachdem der Senkungsabszess aber gebildet war, trat er erst nach Jahr und Tag links neben dem Mastdarm unter der äusseren Haut zum Vot^ schein, da er auf diesem Wege die mannigfachen, sich ihm in Faszien und Muskeln darbictenden Hindernisse des kleinen Beckens nur schwer und sehr allmälig durchbrechen konnte, wie dies auch aus der verhältoiss- mässig dicken und festen Beschaffenheit der Wände des neben dem Mastdarm gelegenen Kanals gefolgert werden muss.

Nach seinem Verlauf vermehrt dieser Fall nicht nur die Zahl der- jenigen ähnlichen Verletzungen, welche die relativ günstige Prognose der Beckenbrüche bezüglich der Erhaltung des Lebens beweisen, sondern er zeigt auch noch ferner, dass die bedeutungsvollen Störungen, die man von jeder mangelhaften Wiedervereinigung einer getrennten sjnchondrosis sacro-iliaca für die ganze Mechanik des Stehens und Gehens a priori erwarten sollte, sich nicht immer und zu jeder Zeit in erheblichem Maassstabe bemerkbar machen, denn unser Patient hatte bis zum Durchbruche des Senkungsabszesses mehr als l'/i Jahr jeglichen Dienst in der Truppe gethan. Freilich soll damit nicht gesagt sein, dass der verhältnissmässig günstige Zustand für alle Zeiten erhalten bleiben wird. Sätte-Verlust durch die anhaltende Eiterung sowie weitere lokale Destruktions-Vorgänge am Kreuz- und Darmbein, die nur schwierig einer zweckmässigen und erfolgreichen Behandlung zugängig gemacht werden können, werden gewiss weiterhin ernste Gefahren für den Patienten mit sich bringen.

Ituunigarten. Lelirlmcli der patliolog. Mykologie. 1 Bd. 1888. S. 205 »• ff

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2. Fall voD doppeltseitigem Muskelbruch der Adduktoren der Oberschenkel.

Der durch seine Seltenheit henierkenswerthe Krankheitsfall ereignete sich bei dem wohlgebauten, gesunden und kräftigen Trompeter S., welcher io 9. Jahre diente.

Derselbe empfand, als er beim Reiten in der Abtbeiluug wiederholt mit einem schwierig zu reitenden Pferde über die Hürde sprang, wäbreud des Sprunges plötzlich einen heftigen Schmerz ira oberen Drittel der Innenfläche beider Oberschenkel, als ob hier Etwas geplatzt wäre und nun durch den I^ss sich eine weiche Masse hindurch drängte. Als ich den Verletzten bald darauf sah, zeigten beide Oberschenkel im oberen Abschnitte ihrer Innenfläche ira Bereiche der Adduktoren-Gruppe je eine länglich-ovale, bei der Berührung nur wenig schmerzhafte Geschwulst, welche dicht unterhalb des Dammes begann und deren senkrechter sowie grösster sagittaler Durchmesser rechts 8 und 5 cm, links 11 und 7 cm betrog. Während die rechte Geschwulst stärker als die linke gewölbt war, fühlten sich beide weich und glatt an, und Haut und Fettpolster waren in gewöhnlicher Weise über ihnen verschieblich. Nur an der vorderen Seite der Geschwulst des rechten Oberschenkels Hess sich ein hinter ihr, anscheinend der fascia lata angehörender, etwa federkiel dicker Strang fühlen, welcher gleichsam als starre Wand in die weiche Geschwulst hineinragte, indem diese sich über den Strang nach vorn etwas hinüberlagerte. Sobald S. die Adduktoren der Oberschenkel an- spannte, zeigten beide Geschwülste vermehrte Wölbung und steinharte Konsistenz, um beim Eintritt der Erscblafifung der genannten Muskeln wiederum den ursprünglichen Zustand darzubieten, in welchem man sie durch Druck mit den Fingern gleichwie eine bewegliche Bruchmasse durch Reposition zum fast völligen Verschwinden bringen konnte. Als- dann Hess sich im Bereich der reponirten Geschwulst Haut und Fett- polster ca. 2 bis 3 cm tief in eine Von weicher, nur wenig empfindlicher ■Masse aasgefüllte Höhlung hineindrücken, welche von glatten, mehr oder weniger scharfen Rändern, die der fascia lata angehörten, eingeschlossen wurde. Von diesen Rändern zeigte sich nur der vordere der am rechten Oberschenkel vorhandenen Höhlung mehr rundlich und dick.

Die hierdurch bedingten Störungen bestanden in den ersten 6 Wochen nach der Verletzung in Schmerzen beim Gehen und Stehen im Bereich der Adduktoren; später blieb nur ein Gefühl von Schwäche )o den unteren Gliedmaassen beim Gehen zurück.

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Dass es sich im vorliegenden Falle am Maskelbröcbe in der Groppe der Adduktoren beider Oberschenkel bandelte, welche durch Oeffnuogen der fascia lata hindurchgetreten waren, folgert ans der Beschaffenheit der Geschwülste, über welchen Fettpolster und Haut frei verschieblich waren, aus dem Uebergang der anfänglich weichen in die feste und harte Konsistenz bei der Kontraktion der Adduktoren sowie daraus, dass die weichen prolabirten Geschwülste nach dem Erschlaffen der genannten Muskelgruppe in eine dem Gebiet der Adduktoren an- gehörende Höhlung hineingedrückt und damit sum fast völligen Ver- schwinden gebracht werden konnten.

Nach dem Sitz der Geschwülste musste angenommen werden, dass dieselben wesentlich dem M. adductor longus und dem nach hinten von diesem gelegenen M. gracilis angehörten, welche beide in dem bezeichneten Abschnitte der Oberschenkel ja auch unter normalen Verhältnissen dicht unter der fascia lata gelegen sind; jedoch konnte selbst nicht einmal in der breiteren und umfangreicheren Bmchmasse des linken Oberschenkels durch das Gefühl die Abgrenzung beider Muskeln mit Sicherheit festgestellt werden, wie auch ein bestimmtes Urtbeil dar- über zu gewinnen nicht möglich war, ob nur die genannten Muskeln oder ob auch noch Theile der tiefer gelegenen Hm. adductor brevis und magnus die Bruchgcschwulst zusammensetzten.

Bemerkenswerth war die Entstehung dieser Brüche an zwei symmetrischen Stellen der Oberschenkel. Indem wir für die Erklärung derselben nicht unerwähnt lassen möchten, dass die Ruptur der fascia lata in einem Bezirke erfolgte, wo sie gegenüber ihren Abschnitten an der vorderen und äusseren Seite der Oberschenkel schon an sich eine geringere Festigkeit darbietet, machen wir für die Verletzung der fascia selber eine verstärkte und aussergewöhnlich heftige Aktion der Adduktoren verantwortlich. Der Sitz des Reiters beim Springen des Pferdes nimmt die Adduktoren nicht nur zum kraftvollen Andrücken der Oberschenkel an das Pferd in Anspruch, sondern es müssen diese Muskeln ausserdem auch noch bei fixirten Schenkeln zum Anfricbten und Vornüberbengen des Oberkörpers während des Sprunges des Pferdes beitragen. Berücksichtigt man neben der dünnen Beschaffenheit der fascia lata an der bezeichneten Stelle diese doppelte Aufgabe, welche die Adduktoren beider Oberschenkel in dem vorliegenden Falle wieder- holt und in schneller Aufeinanderfolge zu erfüllen batten, so wird mt» es erklärlich finden, dass auch bei einem kräftigen und gesunden Macoe die fascia lata durch das mehrmalige, anhaltende und kräftige Andräogeo

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der anter ihr gelegenen Maskein endlich gesprengt and so ein Maskel- bmch an jedem Oberschenkel bervorgerafen wurde.

Die Behandlang sachte bei ruhiger Lage durch Flanell- später durch Gammi-Binden die Muskelbrüche dauernd reponirt zn erhalten, was jedoch nnr bis za einem gewissen Grade gelang. Von einem operativen Eingriff wurde Abstand genommen, weil ein solcher kaum einen besseren Znstand schaffen konnte, als er sich ohne denselben darstellte, denn eine Operation hätte doch nar nach breiter Spaltung von Haat and Fett- polster vornehmlich in dem Versuch der Wiedervereinigung des Risses in der fascia lata bestehen können. Diesen Versuch musste man aber bei der Ausdehnung der Verletzung und der anatomischen Beschaffenheit der fascia lata an den betreffenden Stellen als ziemlich aussichtslos bezeichnen, so dass von der Operation nur eine ausgedehnte Narben- bildung zu erwarten gewesen wäre, welche leicht bedeutendere und im Voraus nicht zu übersehende funktionelle Störungen für den Gebrauch der Gliedmaassen hätte bedingen können.

3. Zwei Fälle von Verrenkungen der Zehen, a) Verrenkung des Zehen - Mittelfnssgelenkes der linken zweiten Zehe.

Der Musketier G., zur Disposition des Regiments entlassen, war Anfangs März 1687 von einem Haftritt derart getroffen worden, dass der Vorderstollen des Hufeisens auf die Rückenfläche des Zehen -Mittelfuss- gelenkes der linken zweiten Zehe aufgeschlagen war. Bei seiner Wiedereinziebung zum aktiven Dienst fand man am 3. April desselben Jahres die Basis der Grundpbalanx der linken zweiten Zehe etwa bis zur Hälfte ihres vertikalen Durchmessers nach oben vorspringend, während das unter der Zehe befindliche Sohlenpolster flacher und das Grundglied der Zehe um Etwas gegen den rechten Fass verkürzt erschien. Durch Zug an der im Zeben-Mittelfussgelenk plantarflektirten Zehe und gleichzeitigen Druck auf das vorstehende Ende ihres Grund- gliedes Hess sich letzteres mit knurbscbendem Geräusch in seine gewöhnliche Stellung bringen, das ganze Zeben-Mittelfussgelenk zeigte sich aber jetzt im Vergleich zum rechten verdickt und ziemlich schmerz- haft bei der Berührung. Warden die Zehen des linken Fasses nun wieder gebeugt, so trat alsbald unter Schmerzen das Grundglied der zweiten Zehe gegen den Mittelfussknochen in der früheren Art nach oben vor und es wurde zugleich ein, anscheinend namentlich hinter und unter dem inneren Knöchel fühlbares knarrendes Geräusch wabr- genommen.

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Beim Gehen und Stehen wurde die Berührung des Bodens mit den Zehen vermieden und der linke Fuss wesentlich nur mit der Ferse und dem äusseren Fussrand aufgesetzt.

b) Verrenkung des Zehen- Mittel fnssgelenkes der linken grossen Zehe.

Bei dem nnausgebildeten Musketier O. zeigte sich am linken Fusse ein deutliches Vorspringen des Köpfchens vom ersten Mittelfussknocben nach oben, während die Gelenkfläche des Grundgliedes der grossen Zehe um ca. 5,0 6,0 mm nach unten dislozirt war. Der Grosszeben- bullen war zugleich flacher und kleiner als der der rechten Seite und die Haut des ersteren Hess schwielige Beschaffenheit kaum erkennen. Die Zehe selbst stand iu leichter Plantarflexion, bot aber bezüglich ihrer Länge im Wesentlichen keinen Unterschied gegenüber der rechten dar. Trotz der weichen Beschaffenheit des Grosszehenballens konnte man die Plantarseite am Köpfchen des ersten Mittelfussknochens von der Fusssoble aus nur sehr undeutlich und anscheinend höher stehend als am rechten Fuss fühlen, während das metatarsale Ende der Basalpbalanx hier sehr viel deutlicher nachweisbar war. Durch Zug an der Zehe und gleichzeitigen Druck auf die plantarwärts vorspringende Basis ihrer Grundphalanx Hess sich das Vorspringen der letzteren zom Verschwinden bringen, worauf das Zehen -Mittelfussgelenk gegenüber dem rechten sich verdickt und jetzt auch bei stärkerem Drucke schmerz- haft erwies. Beim Nachlass der drückenden und ziehenden Ein- wirkungen auf das Gelenk trat alsbald die frühere Difformität wieder hervor. Das ganze linke Bein war bis zu 2 cm schwächer und die Muskulatur schlaffer als am rechten. Beim Gehen und Stehen berührte der linke Grosszehenballen nicht den Erdboden.

Ueber den Ursprung dieser Verletzung konnte O. nur angeben, dass er in seinem 5. Lebensjahre „ein Malheur“ am linken Fuss erlitten hätte.

Beide Verrenkungen, namentlich aber wohl die der zweiten Zehe, sind sehr seltene Verletzungen.*) Bei der im ersten Falle beschriebenen Luxation der zweiten Zehe war die luxirte Gelenkfläcbe nach oben dislozirt und es bestand als Komplikation Tendovaginitis crepitans an den Sehnen des M. flexor digitorum communis longus, welche wohl gleich- zeitig mit der Gelenkverletzung hervorgerufen war und durch die letzterer folgenden entzündlichen Vorgänge am Gelenke unterhalten wurde.

•) Künig. Spezielle Chirurgie. 1. Aufl. II. Baud. S. 1073.

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Während diese anvollkommene Luxation der zweiten Zehe eine, wie aus der Anamnese hervorging, verhältnissmässig frische und durch direkte Gewalteinwirkung entstandene Verletzung war, stellt der zweite io ätiologischer Hinsicht unklare Fall eine bereits mehrere Jahre bestehende unvollkommene Verrenkung der linken grossen Zehe dar, welche nach der Beschaffenheit der Haut am Orosszehenballen sowie nach der Umfangsabnahme des ganzen Gliedes eine gewisse funktionelle Störung des letzteren bedingt hatte. Von der grösseren Zahl der bereits beobachteten Fälle dieser Art unterscheidet sich der beschriebene insofern, als die luxirte GclenkBüche nicht nach oben, sondern nach unten hin dislozirt war. Aus dieser Dislokation wäre a priori ein gewisser Grad von Dorsalilexiou der Zehe zu erwarten gewesen; dass statt derselben Plantarflexion vorhanden war, hat wohl seinen Grund in einem mit der Zeit permanent gewordenen kontrakturartigen Zustande der Flexoren, durch welchen das schmerzhafte Aufsetzen des verletzten Gelenkes auf den Erdboden beim Gehen und Stehen vermieden werden sollte. Die Art und der Grad der Dislokation erklärt auch das Gelingen der Reposition selbst bei so langer Dauer der Verletzung gegenüber den Schwierigkeiten, denen die Einrichtung der kompleten Luxation nach oben in den beobachteten Fällen*) begegnet ist; denn während in letzteren das Hinderuiss zum Theil darin beruhte, dass die Grund- phalanx das Köpfchen des Metatarsalknochens vollkommen verlassen und nach oben auf den Metatarsus hinauf sich verschoben hatte, befanden sich in dem beschriebenen Falle beide Gelenkilächen noch bis zu einem gewissen Grade in Berührung und zugleich waren trotz der schon Jahre lang vorhandenen Verletzung deformireud-arthritische Veränderungen an den Gelenken jedenfalls nur in verhältnissmässig geringer Ausdehnung zur Entwicklung gekommen.

Stabsarzt Dr. Styx (Höxter).

*) König, 1. c.

Digitir"' '''no-J-

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Zur Behandlung der Unerbrüche der Kniescheibe.

Von

Stubsarat Dr. Pochhammer (Stralsund).

Als einen Beitrag znr Frage der Behandlnng der Eniescheibenbrnche möchte icb mir erlauben den nacbstebenden Fall von Querbrucb der Kniescheibe, den icb vor zwei Jahren za beobachten Gelegenheit batte, mitzutheilen.

Der Füsilier W., welcher an einer Verstauchang im linken Knie- gelenk mehrere Wochen im Lazareth behandelt and am 24. Februar 18Ü6 als geheilt aas demselben entlassen worden war, glitt am Tage nach seiner Entlassang auf einer glatten, mit Eis bedeckten Stelle der Strasse aas nnd fiel sehr heftig mit dem linken Knie auf das Steinpflaster. Mit grosser Mühe vermochte er sich aufzuraifen und mit Unterstütznog mehrerer Kameraden die nahe gelegene Kaserne za erreichen, von wo er mit Tragekorb nach dem Lazareth gebracht wurde. Als icb ihn drei Standen später sah, fand ich das Kniegelenk sehr beträchtlich an- geschwollen und von einem Blutergasse in ungewöhnlichem Grade aus- gedehnt. Das Gelenk bot einen 7 bis 8 cm stärkeren Umfang als das gesunde Kniegelenk dar, und bei der prallen Schwellung der Gelenk- kapsel war es unmöglich, die Kniescheibe nnd die Kondylen des Oberschenkel- and Schienbeines darchzufühlen; dem entsprechend konnte die Diagnose zunächst nur aaf eine sehr starke Blntung in die Gelenk- höhle aus nnbekanntcr Ursache gestellt werden, wenngleich die grosse Schmerzhaftigkeit and die ungewöhnlich starke Blutung von vornherein eine Knocbenläsion wahrscheinlich machten. Am folgenden Tage gelang cs, am oberen Umfange der Geschwulst, ungefähr in der Gegend der oberen Grenze des Recessus, einen beweglichen knochenharten Körper zu fühlen, der sich alsbald bei genauerer Untersnehang als das obere, von der Sehne des Quadriceps stark in die Höbe gezogene Fragment der qaer darchgebrochenen Kniescheibe erwies. In den nächsten Tagen nahm die pralle Beschaffenheit der Anschwellung etwas ab, das noch immer stark aufgetriebene Gelenk zeigte dentliche Fluktuation, and man war nan im Stande die Gelenkenden der Knochen und anch das untere kleine Fragment der Kniescheibe durchzufühlen. Die sehr bedeutende Diastase der Brachenden betrug gegen 7 cm und

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durch Herabziehen des oberen Endes gelang es nur, dieselben bis auf ca. 4 cm einander zu nähern. Die Extremität war gleich nach der Auf- nahme des Kranken in eine Drahthose gelegt und das Kniegelenk mit einer Eiskappe bedeckt worden; hierdurch wurde es zwar erreicht, dass die Schmerzhaftigkeit abnahm, aber eine ziemlich starke Allgemein- reaktioD gegen das erlittene Trauma machte sich insofern geltend, als schon am zweiten Bebandlungstage Fieber und häufiges Frösteln ein- traten und die Temperatur allabendlich auf 39° und darüber stieg. Unter diesen Umständen handelte es sich darum, festznstellen, nach welchem Plane der recht ungünstige Verhältnisse darbietende Qner- bruch der Kniescheibe weiter zu behandeln sei. Die ältere Methode der einfachen Koaptation der Brochenden durch Bandagen erschien von vornherein aussichtslos, da, wie bereits erwähnt, die Brechenden sich nur bis auf 4 cm einander nähern Hessen. Auch eine vorgängige Pnnktion des Gelenkes zur Entleerung des ergossenen Blotes bot keine besonderen Vortheile, da die Heransbefördernng so grosser geronnener Blut- massen durch eine einfache Pnnktionsöffnung nicht möglich erschien nnd sich bei einer unvollständigen Entleerung der Gelenkhöhle eine vollkommene Annäherung der Bruchenden nicht erwarten Hess. Unter diesen Umständen wurde beschlossen, die knöcherne Naht der Knie- scheibe zu machen, und am 9. März wurde die Operation in der folgenden Weise ansgeführt In tiefer Chloroformnarkose wurde das Kniegelenk durch einen nach unten konvexen Querschnitt zwischen den Bruchenden der Kniescheibe breit eröffnet, und hierdurch eine mässige Menge dunklen flüssigen Blutes und sehr reichliche Kruormassen entleert Die Bruchenden der Kniescheibe waren, wie eine Messung ergab, 7 cm auseinandergewichen, es bestand ein Sc^rägbrueb, und die Bruchlinie verlief schräg von vorn oben nach unten hinten. Das obere Bruchende zeigte sich ungefähr dreimal so gross als das untere, welches von sehr weicher Beschaffenheit war und von welchem mehrere Knochen- stückeben von der Grösse einer Erbse abgesplittert waren und nur noch eine ganz lose Vereinigung mit dem fibrösen Ueberzug der Patella zeigten. Diese Knochentrümmer worden entfernt, alsdann die vordere Fläche der Brnchenden nicht ohne gewisse Schwierigkeiten freigelegt, und hierauf in jedes der Bruchenden, unter Vermeidung des Knorpel- Überzuges, je zwei Löcher mittelst eines Drillbohrers eingebohrt Durch je zwei gegenüberliegende Löcher wurde ein mittelstarker, vorher geglühter Eisendraht hindurchgeführt, das obere Bruchende stark herabgezogen und an das untere angefügt und schliesslich die

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auf der vorderen Fläche der Kniescheibe zasammengedrehten Drähte knrz abgeschnitten. Obgleich sich der Kranke in tiefster Narkose befand, so bedurfte es doch eines recht kräftigen Zuges, um die Brucbenden an- einander zu bringen, und auch nach vollendeter Knochennaht war die Spannung des Ligatnentnm patellae nnd der Sehne des Quadriceps eine nicht unbeträchtliche. Darauf wurden die Weicbtheile nnd die Haut- wunde genäht, in beide Wnndwinkel ein kurzes Drainrohr gelegt und ein antiseptiscber Verband gemacht; die Extremität wurde sodann io eine Drabtbose gelagert und zur Entspannnng der Muskulatur des- Oberschenkels auf eine schiefe Ebene gelegt. Das Fieber schwand unmittelbar nach der Operation nnd kehrte auch im weiteren Krankheits- verlaufe nicht wieder. Bei dem acht Tage später vorgenommenen ersten Verbandwechsel war die Hautwunde bis auf die Wundwinkel per priraam verheilt; die Drains wurden beransgelassen und der Verband in der angegebenen Weise erneuert. Eine Verzögerung erfuhr die vollständige Schliessung der Gelenk wunde dadurch, dass ziemlich genau vier Wochen nach der Operation sich ein kleines nekrotisches, wahr- scheinlich von dem unteren weichen Brocbcnde der Kniescheibe her- stammendes Knochenstückeben abstiess. Nach ferneren zwei Wochen war die Gelenkwunde definitiv verheilt und waren die beiden Bruch- endeo der Kniescheibe wieder zu einem Knocbenstücke fest mitein- ander verschmolzen. Es begannen nun die ersten Gehversuche, anfangs mit Hülfe zweier Krücken, dann mit zwei Stöcken, bald ohne alle Unterstützung, auch worden täglich passive Bewegungen im Knie- gelenke vorgenommen. Die Beweglichkeit war anfänglich eine sehr geringe und betrug nicht mehr als 10 Grad; bei der am 1. Juli erfolgenden Entlassung aus dem Lazareth batte sich die aktive Beweglichkeit bis 30, die passive bis 33 Grad gesteigert. Das Kniegelenk war von fast normaler Konfiguration, die Streckmuskulator des Oberschenkels hatte an der gut konsolidirten Kniescheibe wieder einen festen sicheren Angriffspunkt gewonnen, und innerhalb des angegebenen Ezkursions- winkels erfolgten die Bewegungen prompt und gleichmässig wie in einem normalen straffen Cbarniergeleuke. Der Gang war sicher und unter- schied sich bei gewöhnlicher Geschwindigkeit nicht von dem Gange eines ganz Gesunden. Der Mann wurde als dienstunbrauebbar ein- gegeben und kurze Zeit darauf aus dem Militärdienst entlassen. Seit dieser Zeit hat sich die aktive Beweglichkeit bis 50° gesteigert, der Mann bat eine Stellung im äusseren Eisenbahndienst angenommen und ist im Stande, dieselbe vollständig auszufüllen und weite Strecken zu Fass zorückzulegen.

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In Bezog aof die Entsteh6ng des Leidens and die Schwere der VerleUoDg scheint mir die kürze Zeit vorangegangene Distorsiou in dem linken Kniegelenke von besonderer Bedeutung zu sein. W. hatte sich eine Yerstaucbnng in diesem Gelenke mit deutlichem Ergüsse in die Gelenkkapsel zngezogen und war hieran mehrere Wochen im Lazareth behandelt worden. An dem Tage nach seiner Entlassung gleitet er auf der Strasse aus und bricht sich angeblich die linke Kniescheibe dadurch, dass er mit dem linken Knie auf das Steinpflaster ßllt. Wahrscheinlich ist aber auch in diesem Falle der Mechanismus der Fraktur der gewöhnlich beobachtete gewesen, dass nämlich W. das ins Schwanken gerathene Gleichgewicht seines Körpers durch starke plötzliche An- spannung der Streckmuskulatur beider Oberschenkel zu erhalten suchte und das hierbei die in ihrer Konsistenz und Kohäsion veränderte linke Kniescheibe sich der plötzlichen ruckweisen Kontraktion des Quadriceps nicht gewachsen zeigte und quer durcbgerissen wurde. Der hiernach eintretende Fall auf die Kniee, der natorgemäss folgen musste, wurde fälschlicherweise von W. als die Ursache der ganzen Verletzung gedeutet Für dieses Sachverhältniss spricht nicht allein der Umstand, dass die Merkmale einer stattgefundenen stärkeren Quetschung des linken Kniegelenkes wie Hautabschürfungen oder Einrisse der Haut voll- ständig fehlten, sondern es sprechen auch hierfür die bei der Eröffnung des Kniegelenkes Vorgefundene weiche Konsistenz der Bruchenden, namentlich die fast bröcklich zu nennende Beschaffenheit des unteren Segmentes an der Bruchfläche und die vollständige Ablösung mehrerer kleiner Knochenfragmente von demselben. So hochgradige Veränderungen erklären sich schwer durch einen einfachen Fall auf das Knie ans geringer Höbe, aber sie stehen vollständig im Einklänge mit der Auf- fassung, dass nach einem mehrere Wochen andauernden, durch eine Verstauchung angeregten entzündlichen Prozess im Kniegelenke eine gewisse Sprödigkeit und Brüchigkeit der Kniescheibe zurückgeblieben war und dass diese letztere bei einem sehr gewaltsamen Zuge unter gleichzeitiger Splitterung anseinanderbarst. In gleicher Weise erklärt sich auch das ungewöhnlich starke Anseinanderweicben der Brnchenden sehr gut aus der vorangegangenen Distorsion, da durch diese jedenfalls gewisse Kapseltheile verletzt waren, aber die frisch verheilte Kapsel- wnnde gegen einen neuen Insult eine abgeschwächte Widerstands- fähigkeit zeigte and nun die Kapsel sehr weit einreissen konnte.

In Bezog aof die Ausführung der Operation möchte ich noch bemerken, dass es mir bei der sehr starken Diastase der Bruchenden

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der Eniescbeibe gewagt erschien, Katgut cam Nähen anzn wenden, da eine tu frühzeitige Resorption desselben den Erfolg des ganzen Ein- griffes in Frage stellen massle. Thatsächlich ist ja in den meisten veröffentlichten Fällen Eatgut zur Naht der Eniescheibe gewählt worden und hat auch für den erstrebten Zweck vollkonamen genügt. Aber ich glaube, dass ich in einem ähnlich ungünstigen Falle, wie der geschilderte es war, doch wieder zum Eisendraht greifen würde, da der Zeitpunkt, bis zu dem das Eatgut voraussichtlich resorbirt sein wird, sich bisher nicht mit absoluter Sicherheit berechnen lässt. Ausserdem hat das Zurückbleiben eines aseptischen geglühten Eisendrahtes in dem genähten Enochen in der Regel keinerlei Nachtheile; auch in dem vorliegenden Falle sind weder unmittelbar noch längere Zeit nach der Operation irgend welche Reizerscheinnngen in Folge des Zurückbleibens des Eisen- drahtes beobachtet worden.

List er nahm gegen Ende der siebziger Jahre Veranlassung, auf die oft recht ungenügenden Heilresultate der Qnerbrüche der Eniescbeibe bio- zuweisen und unter Mittheilung mehrerer einschlägiger Fälle die knöcherne Naht der Patella als die typische Behandlungsmethode dieser Enochenbrüche zu empfehlen. Diese Empfehlnng scheint mir in ihrer Allgemeinheit zu weit zu gehen; denn in den leichteren Fällen, in welchen der fibröse Ueberzug der Patella gar nicht oder nur unvoll- ständig zerrissen und keine oder nur eine geringe Dislokation der Brach- enden eingetreten ist, wird man durch zweckmässige Bandagen sowie durch Lagerung der Extremität auf ein planum inclinatum recht gute therapeutische Resultate erzielen. Auch in den mit stärkerem Blutergüsse in die Gelenkhöble und massiger Dislokation der Enochenfragmente ver- bundenen Fällen wird man durch die von Volkmann und Schede empfohlene Punktion des Gelenkes und möglichste Entleerung des er- gossenen Blutes die Verhältnisse dergestalt bessern können, dass nun eine mehr oder weniger vollständige Eoaptation der Brnchcnden gelingt. Aber in allen schwereren Fällen, bei welchen mit dem Bruche der Eniescheibe auch die Gelenkkapsel weit eingerissen und das obere Brach- ende sehr stark in die Höhe gezogen ist, bei welchen ferner das Gelenk von Blutextravasaten prall aasgefüllt und traumatische Gelenkentzündung mit hohem Fieber eingetreten ist, wird man mit der Enocbennaht die relativ besten Heilerfolge erzielen und die vonLister in die Praxis eio- geführto Behandlung der Eniescheibenbrüche als einen wirklichen Fort- schritt der Therapie begrüssen müssen.

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Fall Ton Epilepsie, Ersticknngsanfall, Traeheotemia snperior.

Mitgctheilt von

Dr. Glasmacher,

aUbsantt des II. Eataillons 3. WeatlSUfichen Infanterio-Keffimenta No. 16.

Am 13. September 1887 bezog das II. und IV. Bataillon des 3. West- fälischen Infanterie-Regiments No. 16 Vorposten-Biwak bei Marienbanm, etwa 1 Stande von Xanten gelegen. Die Anstrengungen des Manövers waren bei günstigem Wetter gering gewesen. Bei Znbereitnng der Mittagskost war mir der Gefreite H., welcher als Hülfsschreiber zum Bataillonsstabe kommandirt war, behülflich gewesen. Als ich nach dem Essen im Zelte mit Umkleiden beschäftigt war, hörte ich plötzlich, dass dringend nach mir verlangt wurde; ich stürzte hinaus und fand den Gefreiten El. bewnsstlos mit hochgradig blauem Gesichte auf dem Boden liegend; es folgten noch einige Zuckungen der Gliedmaassen und noch wenige Versuche, mit geöffnetem Munde zu athmen. Der ganze Mund war mit Speisen gefüllt; von diesen räumte ich so viel, wie möglich, mit dem Finger bis zum Kehlkopfeingang vorgehend, ans, musste aber nach zweimaligem Eingehen, da mein Finger zwischen den Zähnen ein- geklemmt wurde, von weiteren Versuchen, ein etwa vorhandenes Hinderniss zu beseitigen, Abstand nehmen. Die Zähne waren fest auf- einander geklemmt, und es war unmöglich, dieselben zu öffnen. Durch Hin- und Ilerschieben des Kehlkopfes, sowie durch die Versuche der künstlichen Athmnng, die ich mit Hülfe einiger Soldaten machte, wurde nichts erreicht. Das Bild, welches der Kranke bot, war das eines Menschen, der in kürzester Zeit an Erstickung zu Grande gehen wird; Gesicht blan, ohne Lebenszeichen, Pupillen ohne Reaktion, Blick stier, leblos. Puls kaum fühlbar, Glieder und Rumpf schlaff daliegend. In diesem kritischen Momente entschloss ich mich, ohne Assistenz von Lazarethgehülfen des Bataillons und des Stabsarztes des andern Bataillons die bestehende, hochgradige Erstickungsgefahr durch Er- öffnung der Luftröhre zu beseitigen. Da mein Bursche die Satteltaschcn, in denen mein Taschenbesteck und Verbandzeug sich befanden, noch nicht, wie ihm befohlen war, zum Zelte gebracht hatte, war ich gezwungen, mit einem Federmesser, welches mir auf Verlangen aus dem Kreise der Umgebenden gereicht wurde, zu operiren. Der schlaffe Oberkörper des

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Krauken wurde so weit sufgerichtet , dass der Nacken über mein gebeugtes Knie zu liegen kam, der Kopf wnrde zurückgebogen , tod einem Soldaten fixirt; mit der linken Hand stellte ich den Keblkopf fest und stach mit dem Federmesser unter dem Ringknorpel ein, direkt durch Haut, Muskulatur und Luftröhre durchgehend; die Wunde erweiterte ich auf 2 bis 2 '/2 cm, musste nun, da ich keine Instrumente, keine Nadel etc., nichts zur Fixirung und zum Klaffen der Trachealwunde hatte, wieder ans der Wunde, ans der ein Strom dunkeln Blutes quoll, herausgebeo, um die Oeffnung in der Luftröhre durch eingelegten Finger zu erweitern. Ich vernahm jetzt erst deutlich, dass Luft in die Luftröhre einströmte; in diesem Augenblicke kamen die Lazarethgehülfen hinzu, welche sofort auf mein Gcheiss mit Einleitung der künstlichen Atbmnng begannen. Bei jedem Ausatbmungsdruck wurde dunkles Blut ans der Luftröhre hinausgeschleodert. Die Blutung, die zur Hauptsache aus dem obem Wundwinkel kam, wurde durch scharfes Einhaken des linken Zeige- fingers und Gegendruck des Daumens gelindert. Erst nach etwa 5 Minuten begann der Patient selbst einige Athembewegnngen zu machen, welche aber so flach und wenig ausgiebig waren, dass sie durch direkten Druck aufs Zwerchfell unterstützt werden mussten. Patient kam noch nicht zum Bewusstsein, sondern bekam bei stierem Blicke und reaktions- loser Pupille Krämpfe, warf sich sinnlos umher und geberdete sich so ungestüm, dass es bei Aufwendung aller Kräfte der Nächstknieenden nicht möglich war, ihn so weit zu bändigen, dass mein Finger in der Trachealwunde bleiben konnte. Bei einem Versuche, dem Körper eine erträgliche Lage auf Stroh zu geben, stellte sich reichliches Erbrechen von Speisemassen ein. Die Athmnng wurde dadurch bedeutend freier und es zeigte sich bald, dass ein V'erschluss der Wunde mit antiseptisebem Verbandmaterial die Respiration nicht hinderte. Die Krämpfe Hessen nach etwa 10 Minuten vollständig nach, und das Bewusstsein kehrte nach Vi Stunde langsam wieder. Die Hautwunde wurde mit einer Nabt geschlossen, ein antiseptischer Verband angelegt, und der Patient io das nächste Krankenhaus nach Xanten transportirt. Als ich nach 2 Tagen den Patienten besuchte, war die Wunde äusserlich schon vollkommen verheilt Patient erzählte mir, dass er in frühester Jugend und auch später in Zwischenräumen von mehreren Jahren Krampfanfälle mit Auf- hebung des Bewusstseins gehabt habe. In seinen Ueberweisnngspapiereu stand verzeichnet: nSoll an Krämpfen leiden, nicht konstatirt*'.

Im Sommer dieses Jahres batte der Patient einen OhnmachU- anfall gehabt, der sehr schnell vorübergegangen war. Die sofortige Auf-

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oibme ins Lazareth und die beim Trnppentheile angestellten Recherchen gaben über die Natur des Anfalles keine Gewissheit. Mit Bezug auf den Ersticknngsanfall erzählte Patient, dass er sich schon am Morgen sicht wohl gefühlt, er habe wegen Appetitmangels wenig gegessen und bald anfgehört; während des Essens sei er nicht bewusstlos geworden. Für diese Angabe spricht der Umstand, dass das Kochgeschirr bei dem Anfälle neben ihm stand. Es durfte demnach darüber wohl kein Zweifel sein, dass der Gefreite direkt nach dem Essen einen epileptischen Anfall bekam, und das Hineingelangen von Speisen in den Kehlkopf nicht auf dem direkten Wege stattfand, sondern in der Weise wie Koenig, Lehrbuch der speziellen Chirurgie Seite .547, schildert: , Bewusstlose Menschen, z. B. trunkene, betäubte, durch Chloroform narkotisirte, bekommen, während sie auf dem Rücken liegen, Erbrechen. Meist halten sie dabei die Zähne fest geschlossen und so sammeln sich grosse Mengen von Speisen oberhalb der Glottis an, welche entweder einfach durch mechanischen Druck bei mangelnden ReSexbewegungen von Seiten der Glottis die letztere verschlossen halten, oder die Glottis eröffnet sich, und bei einem jetzt folgenden inspiratorischen Akt werden grosse Mengen des Breies in den Kehlkopf aufgenommen.“ Für mich war es für das künftige Handeln bestimmend, dass ich in dem Munde des Patienten, der für kurze Zeit geöffnet war, Speisetheile bemerkte, für den möglichen Zusammenhang mit Epilepsie hatte ich keine Anhalta- ponkte. Es bestand ein hochgradiges inspiratorisches Hinderniss ent- weder am Eingänge zum Kehlkopfe oder in demselben resp. in der Luft- röhre, welches entweder beseitigt oder umgangen werden musste, sollte Patient nicht in kürzester Zeit zu Grunde gehen. Das möglichst tiefe Eingehen mit dem Finger gegen den Kehlkopfeingang war das Nächst- liegende; als dieses aber nach Ausränmen einiger Speisetheile ohne Erfolg blieb, und der Yerscblnss des Mundes einen weitern Versuch vereitelte, blieb mir unter den geschilderten Verhältnissen nichts anderes übrig, als das Hinderniss für die Athmnng durch Eröffnung der Luft- röhre zu umgehen. Wäre eine Schlundsonde oder ein elastischer Katheter zur Stelle gewesen, so hätte man noch den Versuch machen können, durch Einführung derselben durch den respiratorischen Nasen- gang etwaige Hindernisse in der Nähe des Kehlkopfes zu lockern. Das Gleiche sucht Czerny zu erreichen (Handbuch der chirurgischen Technik von Dr. Albert R. v. Mosetig-Moorhof), indem er den Kehlkopf von aussen her stark nach vorne zieht. Mosetig fügt hinzu; «Nur wenn der V'erunglückte schon asphyktisch, und kein noch so

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geringer Zeitverlust mehr zulässig ist, soll rasch zur Eröffnung der Luftröhre geschritten werden. Das beste Verfahren ist dann die Laiyngo- tomie, weil sie am raschesten ansgefuhrt werden kann.'‘ An einer andern Stelle sagt er über solche Operation: „Die Laryngotomie wird als die einfachste und am leichtesten durchzuführende Methode erscheinen; ihr zunächst reiht sich die Tracheotomia snperior und die Laryngo- Tracheotomie an. Wenn ein asphyktisches Individuum vorliegt und die grösste Eile noth thut, so wird man stets zwischen beiden wählen und bei mangelhafter Assistenz der absoluten Eröffnung des Ligamentum conicnm den Vorzug geben. Man sticht das Spitzbistouri in senkrechter Richtung durch Deckschichten und Lig. conicnm in die Kehlkopfböble, sofort schneidet man sägend nach oben zu, und lässt rasch zwei stumpfe Haken in die Wunde gleiten. Da hierbei die Arteria crico- tbyreoidea mitverletzt werden kann und deren Sicherung, ausser durch perkutane Umstechung, unmöglich ist, so muss man dafür sorgen, dass der Wundspalt von der nachträglich eingelegten Kanüle vollends aus- gefüllt werde und sie als Tampon wirke.“ Morell Mackenzie „die Krankheit des Halses und der Nase“ schlägt bei Fällen von plötzlicher Erstickungsgefahr ebenfalls die Laryngotomie vor: „Schnitt in Median- linie 2,5 cm lang in der Mitte des Schildknorpels beginnend, dann Er- üffnnng des Ligamentum conoideum durch Querschnitt, der, wenn es uoth- wendig ist, nach beiden Seiten verlängert werden muss, so dass eine kreuzweise Inzision resnltirt.“

In dem Augenblicke der Gefahr, wo jede Sekunde entscheidend für das Leben des Patienten und das Gelingen eines operativen Eingriffes sein musste, war ich mir der Schwierigkeit des Unternehmens, ohne Assistenz, ohne Instrumentarium auf nacktem Felde zu operiren, wohl bewusst. Ich überlegte mir, dass bei dem Fehlen einer Kanüle und sonstiger Hülfsmittel, vermittelst deren die Wnnde klaffend erhalten werden konnte, die blosse Durchschneidung des Ligamentum conoideum zur Einführung eines Fingers unzureichend sein musste, eine Spaltung des Ringknorpels, sowie ebenso des Schildknorpels (letzteres auch wegen der möglichen Blutung) durch die zweifelhafte Schärfe des Messers erschwert sein könnte, und wählte deshalb zum Einschnitte die Stelle unter dem Ringknorpel, welche nach Palpation frei von Drüsensubstanz zu liegen schien (Tracheotomia superior). Der Gefreite H. ist wegen konstatirter Epilepsie als dienstunbranchbar entlassen worden.

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Referate nnd Kritiken.

Traitd de Chirurgie de gnerre par E. Delorme, M6d. maj. de 1. cl., Prof, de clinique cbirurgicale et de blessures de guerre an Val de Grüce. Toniel. Ilistoire de la Chirurgie militaire fran^aise; Plaies par armes ä feu des parties molles. 668 S., !)3 Fig. Paris 1888. Felix Alcan.

Ein gross angelegtes Werk, welches freilich in Deutschland kaum «ehr bekannt werden dürfte, ln erster Linie für den französischen Leser berechnet, wahrt es den nationalen Standpunkt in Anlage und Durch- führung, ohne die wichtigsten Erscheinungen der nicht-französischen kriegscbirurgischeu Litteratur einige ausgenommen ans den Augen zu lassen.

Das Interesse des Lesers wird zunächst und ganz hervorragend auf das historische Gebiet geführt; eine Anordnung, für die es unter deutschen Lehrbüchern kein Analogon giebt. Der bei weitem grösste Theil des vorliegenden Bandes ist der Entwickelungsgeschichte der französischen Eriegscbirnrgie gewidmet und zwar in Form biographischer Abhandlungen über die grossen Meister des Fachs, von Ambroise Pare bis auf unsere Tage. Indem Verf. den Lebensgang dieser Männer nnd ihre Mitwirkung an den kriegerischen Ereignissen ihrer Zeit ausführlich und zum Theil nach neuen Quellen darstellt, führt er zugleich die Erscheinungsformen vor Augen, welche die Kriegschirurgie in jeder Epoche dargeboten hat. Die Geschichte dieser Wissenschaft ist stets ein Stück der Kriegsgeschichte. Verf. hat es vortrefflich verstanden, den Leser chirurgisch durch die lauge Reihe von Feldzügen zu führen, welche Frankreich im Laufe der letzten drei Jahrhunderte unternommen hat. Diese Anordnung wie die fesselnde Sprache machen die Lektüre anziehend, namentlich für die Landsleute des Verfassers, denen erhebende Beispiele zur Nacheiferung gezeigt werden.

Die uns bekannter gewordenen französischen Kriegscbirurgen ge- hören vornehmlich dem 19. Jahrhundert an. Ihr erster und bedeutendster Vertreter ist der ältere Larrey, dessen Memoiren bei uns volle Würdigung gefunden haben. F'reilich hält manches Legendenhafte in ihnen vor der nüchternen Kritik nicht Stich, obwohl Verf. in dem sehr aosführlichen Abschnitt über L. dergleichen als Tbatsacbe aiiführt.'tt')

Aus der neuen bezw. neuesten Zeit begegnet uns die sympathische Gestalt Chenu's. Seine Wirksamkeit erstreckt sich über die sämmtlichen Kriege des zweiten Kaiserreiches; sie gipfelt in seiner Thätigkeit während des Feldzuges von 1870/71. Was Verf. über diesen’ Krieg mittbeilt, an Welchem er selbst theilgenommen, basirt fast ausnahmslos auf französi-

*) So S. 170, Anmerkung 1, nach der es den Anschein gewinnt, als oh erst Larrey während des Waffenstillstandes zu Dresden 1813 den sächsischen Chirurgen •isa zweizeitigen Zirkelschnitt und die Grundhegrifl’e über Blutstillung bei Anipu- tatioaen beigebracht hätte.

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sehen Quellen. Deutsche Arbeiten sind für das Wissenschaftliche hier und da benutzt, die allerreichste und maassgebendste, der amtliche Kriegs- SanitätS'Bericbt, jedoch gar nicht. Er wird nur als eins der statistisebea Werke beiläufig und mit unvollständiger Bezeichnung aufgezäblt (S. Ml). Delorme’s Zablenangaben stammen, soweit deutschen Ursprungs, sämmtlich aus Engel, der doch durch den K.-S.-B. längst berichtigt ist. Schwerer wiegt die gänzliche Vernachlässigung dieser wichtigsten Quelle bei den rein wissenschaftlichen Theilen, wie z. B. in der Besprechung der nervösen Nachkrankheiten nach Schnssverletznngen. Der V'orwurf der Unvollständigkeit kann dem Verf. hierin nicht erspart werden, zumal ihm eines der an die französische Regierung gehenden Exemplare des Berichtes doch wohl zur Verfügung gestanden haben würde.

Aus einem Abschnitt, der die auf französischer Seite gemachten Er- fahrungen von 1870/71 zusammenfasst, ersehen wir, dass auch dort von Lister's Entdeckung noch nicht Gebrauch gemacht wurde. Gnerin's Watteverband wird als Vorläufer der Antiseptik gefeiert. In einer An- merkung dieses Abschnittes beklagt es Verf., dass die deutschen Militär- behörden das Verbleiben der französischen Militärärzte bei ihren Ver- wundeten erschwert hätten. Ref. hat unmittelbar nach den grössten Aktionen oft genug französische Verwundete in Menge versorgt, jedoch nie einen französischen Militärarzt bei ihnen getroffen; wohl aber hat er es in den späteren Phasen des Krieges miterlebt, dass deutsche Militär- ärzte, welche bei ihren Verwundeten geblieben waren, von den französischen Militärbehörden unter sehr unwürdiger Behandlung durch halb Frankreich geschleppt wurden, um endlich in Italien über die Grenze gebracht zu werden. Solche Dinge, in denen ja doch jede Partei bei ihrer Ansicht bleibt, werden in wissenschaftlichen Werken besser nicht aufgewärmt. Mit mehr Befriedigung registriren wir einen Satz, welcher die Thätigkeit des rotben Kreuzes in einer Armee ebarakterisirt, die sich auf ihre staatlichen Einrichtungen nicht verlassen konnte. Delormc sagt Seite 358:

„Nous devons nous arrdter au röle jone par la Societe inter- nationale et faire voir, en empruntant nos doenments ä celui- 1& mdme, qui contribua ä l'organiser, que les Services qu'elle a rendus, ont ete bien loin d'atteindre Tetendue de ses promesses. La gnerre de 1870/71 a demontre, qu’elle ötait incapable d’assurer les Services de premiere ligne et que pour Ini permettre de remplir un röle effectif aux armöes, il ctait indispensable, de snbordonner ses agents actifs ä rantoritö militaire et au corps de santö militaire.“

Das ist gottlob durch das französische Feld - Sanitätsreglement vom 25. August 1884 und die deutsche Kriegs - Etappen - Ordnung vom 3. September 1887 gründlich geschehen.

Nur mit einem kleinen Theile des vorliegenden Bandes tritt D. in die kriegsebirurgisebe Lehre ein. Ein interessantes Kapitel über die gebräuchlichen Waffen leitet sie ein. Wir finden eine durch viele Ab- bildungen erläuterte Beschreibung der Hieb-, Stich- und Schusswaffen einschl. feiner und grober Geschosse bei der französischen, wie den hauptsächlichsten anderen Armeen. Betreffs der deutschen Armee ist der inzwischen thatsächlichen Einführung des Repetirgewehrs nicht gedacht. Eine Vergleichung der modernen Schusswaffen zeigt nicht nur für die Gewehre, sondern auch für Geschütze bezw. deren Geschosse in Form,

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KoDstraktioD, ADfangsgescbwiadigkeit, Rasanz etc. nur wenig von ein- ander abweichende Typen bei den verschiedenen Armeen, so dass jetzt auch im pathologischen Effekt eine Gleichheit erzielt sein dürfte, wie solche seit der allgemeinen Verbreitnng des glatten Geschützes und des Steinschloss- oder des Perknssionsgewehres nicht mehr dagewesen ist. Die Wirkungsweise der verschiedenen Waffen auf den Körper ist aus- führlich, aber mehr referirend als kritisch dargentellt. Dass bei der Lehre von der hydraulischen Pressung die grundlegenden Untersuchungen Reger's and der 4. Band des K.-S.-B. nicht erwähnt werden, ist zu bedauern; wenngleich ich D. darin beistimme, dass zu einer Zeit die Schätzung der hydraulischen Pressung zur Erklärung der zertrümmernden Wirkung der Nahschüsse übertrieben worden ist.

Zu dem eigentlich praktischen Theil kommt D. mit dem Kapitel von den unmittelbaren Wundkomplikationen. Dasselbe beginnt mit den Ver- letzungen der Blutgefässe. Ein grosses kasuistisches Material ist hier verarbeitet; sehr schöne Abbildungen in zinkographischer Wiedergabe von Zeichnungen und Präparaten erläutern sowohl die pathologischen Verhältnisse wie die Enebeiresen, namentlich die verschiedenen Blut- stillungsmethoden, welche für die Feldpraxis vorläufig und endgültig in Betracht kommen. Der neueren Anschauung, Aufsuchung des Oe^sses am verletzten Ort gegenüber der früher vorzugsweise geübten Unter- bindung des Hauptstammes, ist genügend Rechnung getragen. Eine besondere Betrachtung ist der Synkope und akuten Anaemie nach grossen Blutverlusten gewidmet. liier findet die Transfusion ihre Besprechung, und zwar als eine gesicherte Errungenschaft der Kriegschirurgie. Die neueren Arbeiten über den wahren Werth, beziehentlich die Deutung des etwaigen Nutzens dieser Iteration sind nicht berücksichtigt. Im Gegen- theil wird sogar noch die Thierbluttransfusion als erlaubt bezeichnet und ihre Technik neben der von Mensch zu Mensch beschrieben. V'ergeblich sacht man dagegen eine Beschreibung der Mittel zur Erhöhung des durch akuten Blutverlust jäh herabgesetzten Blutdruckes, wie solches in der Kocbsalzinfnsion naebgewiesen ist.

Die Abhandlung über die Verletzung der Nerven und ihre unmittel- baren Folgen ist ebenfalls durch eine meist bisher nicht bekannte Kasuistik nnd sehr gute Abbildungen bereichert. In dem dann folgenden Kapitel von den Fremdkörpern vermisse ich bei der Frage der zu- lässigen oder gebotenen Extraktion die Beleuchtnug dieses Gegenstandes vom antiseptischen Standpunkte. D. nennt zwar die heutige Richtung im Allgemeinen eine abwartende, er führt aber nicht die Gründe an, welche diese Anschauung zur Zeit berechtigt erscheinen lassen.

Mit besonderem Interesse muss in jedem neueren kriegschirurgischen Lehrbuch die Frage der Wundbebandlnng verfolgt werden. Zumal seitdem die Antiseptik allgemein anerkannt nnd bei den Armeen ein- geführt ist. D. behandelt dieses Thema ziemlich kurz, namentlich fehlt eine Darstellung der Feldverbandmetboden, welche in den grossen Heeren Europas eingefuhrt sind. Die Kenntniss dieser Dinge ist, abgesehen vom wissenschaftlichen Interresse, für den französischen, deutschen, öster- reichischen, italienischen etc. Militärarzt auch praktisch wichtig, da keiner wissen kann, ob er nicht gelegentlich mit dem Material einer andern Armee zu arbeiten haben wird. Unrichtig ist es, wenn Verf. den deutschen Militärchirurgen noch heute Vorliebe für Juteverbände zu- ichreibt. Unbegreiflich auch deshalb, weil die neuere Gestaltung der

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Feldantiseptik im deotechen Heere seitens der französischen Archires de mödecine et de pharmacie militaires aufmerksam verfolgt und mehrfach besprochen worden ist. D. konnte wissen, dass die Jute bei uns ah* geschafft ist und nicht einmal zu Verbandzwecken anfgebraucbt wird. Ingleichen würde man gern an dieser Stelle des Werkes eine Würdigung der Verbandpäckchenfrage gesehen haben, in der Delorme oft und be- stimmt genug seinen ablehnenden Standpunkt betont hat, den Ref. theilt

Den Schluss des Bandes bildet die Besprechung der Komplikationen, welche sich an Schusswunden im Allgemeinen schliessen können. Hier finden entzündliche Vorgänge, Nachblutungen, Tetanus und sonstige nervöse Nacbkrankbeiten, zuletzt der Ilospitalbrand ihre Stelle, Trotz der antiseptischen Aera, in der wir leben, und unter deren Schutz sich künftige Kriege vollziehen dürften, hält Verf. das Auftreten entzündlicher Komplikationen wie des Hospitalbrandes nicht für gänzlich ausgeschlossen. Er fordert deshalb, dass sich der Studirende, der diese Dinge jetzt nicht mehr in den Kliniken kennen lernt, wenigstens theoretisch mit ihnen vertraut mache. Gewiss mit Recht. Langenbuch’s Erfahrungen in Serbien'*^) haben es bewiesen; und Umstände, welche D. als begünstigend aufführt; Fremdkörper in Wunden, Schwierigkeit nach grossen Schlachten alle Verwundeten rechtzeitig mit sicher antiseptischen Verbänden zu ver- sehen, Lockerung der Verbände auf Massentransporten, Erschütterungen auf Land wagen, Anhäufung vieler Verwundeter an Nothunterkünften etc. etc. werden auch in künftigen Kriegen das Auftreten von Komplikationen zu Anfang erleichtern, selbst wenn man die von D. noch angenommene besondere Disposition der Schusswunden zu solchen Prozessen nicht zu- giebt. Immerhin darf man heute die Erwartung aussprechen, dass man im Kriege bienen Kurzem solcher Komplikationen Herr werden wird, so dass es zu Epidemieen des Hospitalbrandes oder des akut pumlenten Oedems unseligen Angedenkens nicht mehr kommen dürfte.

Unter den weiteren Störungen des Wundverlaufes behandelt D. hier erst den Wundstarrkrampf und andere nervöse Nacbkrankbeiten. Dies Kapitel leidet noch mehr wie die früher erwähnten unter der Unbekanut- schaft des Verfs. mit dem Kriegs-Sanitäts-ßeriebt, dessen VII. Band für die Betrachtung der hierher gehörenden Affektionen von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Eine Gesammtwürdigung des hervorragenden Werkes bleibt bis zur Vollendung desselben Vorbehalten.

Körting.

Die Chirurgie des Pankreas, gestützt auf Versuche und klinische Beobachtungen, von Nikolaus Senn, Volkmano’s Sammlung klinischer Vorträge No. 313/314.

Verf. gewinnt die Grundlagen für eine rationelle chirurgische Be- handlung der häufigsten Verletzungen und Krankheiten des Pankreas auf Grund der von ihm angestellten Tbierversuche, durch welche er diejenigen chirurgischen Eingriffe methodisch geprüft hat, deren Indikationen er aus dem von ihm gesammelten und geordneten klinischen und patbologisch-

*) Ucutsche militärürztl. Zeitzehrift 1S86, S. 605.

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»DitomischeD Material folgert. Diese Aufgabe hat er mit grossem Ge- schick gelöst, wenn auch der bisher erreichte Effekt bezüglich einer praktischen Yerwerthang noch nicht als ein grosser angesehen werden kann. Denn die Hindernisse, welche sich lediglich wegen der anatomischen Lage des Pankreas dem Messer des Chirurgen bieten, sowie die Schwierig- keiten, welche einer trotz seiner eingehenden Zusammenstellungen noch keineswegs genugsam geklärten und gestützten Diagnosen-Stellung ent- gegentreten, beschränken das diesbezügliche Gebiet in hohem Grade. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, dass bei einem etwa gelegentlich einer Laparotomie gemachten Befunde einer Pankreas-Afifektion die Ver- werthang der Seon’schen Erfahrungen von der grössten Bedeutung sein würde.

Die 15 Abschnitte des Vortrages enthalten; 1. Vergleichende Anatomie des P., 2. Entwickelung, 3. Physiologie des P., 4. Thierversuche über das P., 5. Wunden des P., 6. Acute, 7. chronische Pankreatitis oder Sclerose des P., 8. Gangrän, 9. Abszess, 10. Haemorrhagie, 11. Cysten, 12. Geschwülste, 13. Tuberkulose, 14. Lipomatose, 15. Litbiasis des Pankreas. Zunächst betont der Verf. die wichtige Thatsache, dass bei den meisten Säugethieren noch ein zweiter dem Duodenum paralleler Tbeil, sowie zwei resp. mehrere Ausführungsgänge vorhanden sind, was bei allen denjenigen Versuchen zu berücksichtigen bleibt, welche nach einer Unterbindung des Ganges eine Abstanung des Drnsensekrets be- zwecken. — Bezüglich der Physiologie des Pankreas bieten die Be- trachtungen des Verf. nichts wesentlich Neues, er weist am Schlüsse des Abschnittes darauf hin, dass anhaltende unzureichende Verdauung und Assimilation stärke- und fetthaltiger Nahrungsmittel die Aufmerksamkeit des Arztes auf eine etwaige Pankreas-Erkrankung lenken und ihn ver- anlassen müsste, die Exkremente genau zu untersuchen. Die 43 an Hunden und Katzen angestellten Thierversuche gabeu folgende Resultate:

1. Eine vollständige Durchschneidung des P. ist, wenn die Blutung in geeigneter Weise vermieden wird, ungefährlich; das Lumen des ductus an der durchschnittenen Stelle stellt sich nicht wieder her. 2. Zer- reissang des Pankreas giebt keine tödtliche Blutung. 3. Zertrümmertes Pankreas-Gewebe wird schnell und vollständig vom Peritoneum resorbirt, sofern jede Infektion von aussen abgehalten wird. 4. Totale Exstir- pation des Pankreas ist stets tödtlicb in Folge der Verletzung oder des Absterbens des Duodenums. 5. Partielle Exstirpation, speziell des Kopfes, führt erst nach etwa 4 Wochen allmälig zum Tode in Folge von Marasmus, trotzdem kein P.-Saft in den Darm gelangt, wahr- scheinlich deshalb, weil das während dieser Zeit langsam degenerirende Drüsengewebe sein eigenes Sekret wieder aufsaugt, und weil dieser somit wieder in den Kreislauf eintretende Saft den nöthigen Einfluss auf die Verdauung so lange ausübt, bis eine völlige Drüsengewebs-Degeneration eingetreten ist. Jeder aus dem Zusammenhang mit dem Darm gelöste Theil des P. unterliegt unabänderlich der Rückbildung, und das Parenchym wird spätestens in 4 Wochen funktionsunfähig und verschwindet schliesslich. 6. Völliger Verschluss des Ausführungsganges ohne pathologische Ver- änderung im Drüsengewebe führt niemals zur Cystenbildung. Wohl tritt eine mässige Erweiterung des Ausführungsganges ein, indessen wird das Sekret wieder resorbirt, später atropbirt der abgeschnürte Theil des Drüsengewebes. Hieraus wird die praktisch wichtige Thatsache gefolgert, dass es bei Operationen am P. nicht wesentlich ist, die gut ernährten

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peripheren abgetrennten Theile der Drüse ans Furcht vor Retentions- cysten abzutragen, sondern es genügt, wenn sie ligirt ruhig an Ort und Stelle gelassen werden, wodurch natürlich der Eingriff wesentlich geringer wird. Dagegen sind ungenügend ernährte Theile des P. stets zu ent- fernen, da das Gewebe eine znr Fäulniss höchst geneigte Masse ist 7. Eine äussere Pankreasiistel sondert so lange (etwa 4 Wochen) ab, bis vollständige Degeneration des abgetrennten Drüsentheils eingetreten ist 8. Bei inneren Pankreasfisteln (Versenkung des abgetrennten Stückes in die Bauchhöhle) wird der Saft ohne Schaden vom Peritoneum resorbirt Bei dem Nichthineingelangen des Saftes in den Darm kann Leben uud Gesundheit längere Zeit ungestört bleiben.

Im folgenden (5.) Abschnitte werden 13*) Fälle von Pankreas-Ver- letzungen zusammengestcllt. Bezüglich der Behandlung schlägt der Verf. vor, die in Verbindung mit anderen Bauch-Eingeweiden erfolgten Kon- tusionen und Zerreissungen nach den Gesetzen der modernen Chirurgie vermittelst des Baucbscbnittes zu behandeln, den gequetschten Tbeil nach vorhergegangener doppelseitiger Unterbindung abzntragen, und wegen grosser Infektionsgefahr etwa vorhandene zertrümmerte Drüsenmassen gründlich aus der Bauchhöhle zu entfernen. Dagegen ist es nicht ohne Weiteres erlaubt, dun Pankreaskopf nebst Ansfübrungsgang total zn exstirpiren, sondern erscheint hier nötbigenfalls nur eine partielle Exstir- pation mit Erhaltung des Ausführungsgangs geboten. Bezüglich der Schossverletzungen und der Vorfälle des P. sowie ihrer Behandlung gilt das bisher hierüber Bekannte. Die folgenden Abschnitte 6 bis 15 geben Zusammenstellungen klinischer Beobachtungen entsprechend der oben ge- nannten Anordnung des Stoffes, auf welche genauer einzogeben uns der Raum verbietet. Die wesentlichen Resultate für eine hierbei in Frage kommende chirurgische Behandlung sind folgende:

1. Die Anlegung einer äusseren Pankreasfistel durch Baochschnitt ist bei Behandlung von Cysten, Abszessen, Gangrän und Blutung des Pankreas aus örtlichen Gründen angezeigt.

2. Der Bauchschnitt mit lumbaler Drainage ist in allen Fällen von Abszess oder Gangrän der Drüse angezeigt, in welchen die Anleguag einer vorderen Praukreasfistel unmöglich ist.

3. Das Durchlegcn von Drains von vorne nach hinten ist in allen Fällen von diffuser Eiterung im Retroperitonealranm angezeigt.

4. Wird der dnctus choledochns durch einen Pankreasstein kom- primirt oder verschlossen, und droht deshalb Cholaemie und Tod, so mnss das Konkrement entweder ins Duodenum gedrängt oder herans- gescbnitteu werden. Hierbei muss der hauptsächlichsten Gefahr, dem Ausfluss von Galle in die Bauchhöhle, durch vorausgescbickte Aspiration der ausgedehnten Gallenwege, genauen Verschluss der Drüsenwunde und völlige Ruhe der Verdanongsorgane während der Heilung vorgebengt werden.

Die Uebersetznng des ursprünglich vor der American Snrgical Association gehaltenen Vortrages ist von Dr. Lühe in fliessender Weise vorgenommen. Edler (Metz).

*) Dieselbe Zulil vergl. auch Langeiibcck's Archiv, Band XXXIV.

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L. Brieger, Beitrag zar Kenntniss der Erkrankung der Hirn- oberfläche. (Separat-Abdruck aus Berlin, klin. Wochenschr. 1887, No. 47.)

Br. geht in seinem im Verein für innere Medizin’ gehaltenen Vor- trage des Näheren auf einen auf der I. medizinischen Klinik der Charit^ beobachteten Fall von tumor cerebri ein, bei welchem schon intra vitam durch sorgfältige Analyse der klinischen Erscheinungen die Diagnose quoad locum affectionis gemacht werden konnte. Bei der 76jährigen Patientin bestanden bei Fehlen aller für die Annahme eines Tumor ver- werthbaren Allgemeinerscheinungen (Kopfschmerz, Schwindel. Erbrechen, Staunngspapille) Ausfallerscheinungen (Lähmung des linken Beines und Armes), welche auf eine Herderkrankuog in der Nähe der Centralfurcbe recbterseits schliessen Hessen. Zuckungen in den gelähmten Extremitäten, wie solche bei der grossen Mehrzahl der Hirntumoren nie auszubleiben pflegen, wurden niemals während des ganzen Krankbeitsverlaufes beobachtet. Durch Uebergreifen der lokalen Druckwirkung auf die linke Hemisphäre, welche sich, wie die Sektion erwies, anatomisch durch eine halbkuglige Depression kennzeichnete, kam es zu Parese des rechten Beines. In dieser paretischen Extremität traten später rasch an Intensität zunehmende Zuckungen auf. Acht Tage darauf wurde auch der bisher frei bewegliche Arm von diesen epileptischen Anfällen (Rindenepilepsie) er- griffen, 3 Tage später auch noch der Kopf. Der Tod erfolgte unter zunehmender Somnolenz. Die Sektion ergab ein Sarkom der pia mater und des cerebrum in der ersten und zweiten Stirnwindung recbterseits, soweit dieselben der vorderen Centralwindung benachbart sind, über- greifend auf einen Theil der vorderen und hinteren Centralwindung und das rechte Scheitelläppchen. Auf dem Frontaldurchscbnitt erwies sich der grösste Theil der Geschwulst als der Rinde angehörig. G.

Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikroorganismen, umfassend Bakterien, Pilze and Protozoen. Von Dr. P. Banmgarten, Prof, an der Universität Königsberg. III. Jahrgang, 1887. Braunschweig, Harald Brubn. Verlagsbuchhandlung für Naturwissenschaft und Medizin.

Soeben Anfang August gelangt der III. Jahrgang des berühmten „Banmgarten’schen Jabresberichis“ an die Oeffentlichkeit. Wenn es auch in der Natur aller derartigen Zusammeustellungen liegt, dass sie stets etwas verspätet erscheinen, so erregt doch der Grad von Fleiss und Schaffenskraft, welcher in dem vorliegenden Werke der Arbeit nur eines halben Jahres von Neuem zum Ausdruck gelangt, unsere höchste Bewunderung. Dass der vorliegende Bericht sich seinen beiden Vorgängern würdig anschliesst, bedarf keiner weiteren Hervorhebung. Ebensowenig kann es Aufgabe des Referenten sein, ein periodisches Werk, dessen Unentbehrlichkeit sowohl für den Spezialisten, als auch für das Gebiet der Gesammtmedizin längst endgültig feststebt, jedesmal mit einer neuen Anpreisung zu versehen: Wir begrüssen vielmehr den

Baumgarten'schen Bericht etwa wie ein alljährlich wiederkehrendes Festgeschenk.

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Der Bericht ist im Ganzen nach demselben Programm, wie seine Vorgänger, aasgearbeitet; nar sind die Referate noch strenger innerhalb der Grenzen des Gebiets der pathogenen Mikroorganismen gehalten und die in die Fflanzen-Pathologie einschlagenden Abhandlangen ein onverkennbarer Vorzog der diesmaligen Zasammenstellong g^< anberöcksichtigt gelassen. Trotz dieser „Einengung des Referirgebiets“ und trotz dem Wegfall eines Tbeiles der Arbeiten des Jahres 1887, welche bereits im vorjährigen Bericht besprochen wurden, hat der Um- fang des laufenden Jahrgangs wiederum um ein Beträchtliches gegen seine Vorgänger zugenommen ein sprechender Beweis für das mächtig fortschreitende Wacbsthum der bakteriologischen Wissenschaft. Das Litteraturverzeichniss des diesmaligen Berichts weist die Schlussziffer 817, gegenüber 535 Abhandlungen des Vorjahres aufi Mit vollem Recht betont der Verfasser in der Vorrede, dass dieser Umstand nur der Gesammtwissenschaft zu gute gekommen sei, indem alle Zweite der medizinischen Wissenschaften in ihrer Entwickelung durch die Verbmdung mit der Bakteriologie eine ausserordentliche Förderung erfahren hätten: Nicht allein die Aetiologie ist aufgeklärt worden, sondern auch das Studium der pathologischen Anatomie und speziell der Histologie hat durch die modernen bakteriologischen Ermittelungen einen ganz neuen Änstoss erhalten.

Hoffen wir daher, dass auch der folgende Jahrgang Zeugniss ab- legen werde von dem rüstigen Vorwärtsschreiten der Bakteriologie aaf den eingeschlagenen Bahnen und der quantitativen und qualitativen Zu- nahme des zu referirenden Materials.

Pfuhl (Trier).

Die neueren Arzneimittel. Für Apotheker, Aerzte und Drogisten bearbeitet von Dr. Bernhard Fischer, Assistent am Pharmakologischen Institut der Universität Berlin. Mit in den Text gedruckten Holz- schnitten. Zweite vermehrte Auflage. Verlag von Julius Springer Berlin. 230 Seiten.

Die überaus rasch eingetretene Noth Wendigkeit einer zweiten Auflage des Werkchens dessen Preis von 5 M. bei der vorzüglichen Ausstattung ein geringer ist, darf als ein Beweis dafür gellen, dass der Verf. einem wirklich vorhandenen Bedürfnisse genügt.

Die Vermehrung dieser Auflage um 42 Seiten ist zum Theil durch Umarbeitungen und Zusätze, zumeist jedoch durch Besprechung neu auf- genommener Mittel; Acetphenetidin, Amylenh^drat, Antithermin, Brom- äthyl, Quecksilber^henylate u. A. m. bedingt Den wichtigeren Arzneistoffen hat Verf. in dankenswerther Weise einige in der Praxis bewährte Arzneiformeln beigegeben, auch die Anwendung und Wirkung der einzelnen Mittel etwas ausführlicher behandelt Die Arbeit ist hier- durch um vieles nutzbarer für den praktischen Arzt geworden und wird diese Anordnung sicher dazu beizutragen, dem Werke noch mehr Freunde unter den Aerzten zu gewinnen, als es vielleicht bisher schon geschehen ist (Cf. 16. Jahrg. d. Z. Seite 496 499.) Ltz.

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Hermann Le nhartz. Leipzig. Experimentelle Beiträgezur Kennt- niss der Vergiflnng durch chlorsaure Salze. Sonderahdrnck.

In den letzten Jahren ist eine ziemlich grosse Zahl tödtlicher Vergiftungen durch chlorsanres Kali berichtet worden. Der klinische Verlauf der Krankheit, die demselben zu Grunde liegenden pathologisch- anatomischen Störungen fanden seitens der mit dieser Frage sich beschäftigenden Autoren eine verschiedene Auffassung. Marchand und Lenbartz glaubten die Todesursache in einer intra vitam sich ausbildenden Metbaemoglobinaemie finden zu müssen. Demgegenüber behauptete Stokvis, die Metbaemoglobinaemie ginge erst im absterben- den Blote vor sich, das Hauptgewicht wäre auf die Kali Wirkung zu legen; in der Leiche fänden sich Anätznngen der Magenschleimhaut, intensive und ausgedehnte Blutungen und Erscheinungen von Nephritis. Des Weiteren sprach er die Ansicht aus, die Vergiftungserscbeinungen bei innerlicher Darreichung von chlorsaorem und gewöhnlichem Koch- salz wären gleichartige. Grund genug für den Autor der vorliegenden Arbeit sich der Frage von Neuem und zwar diesmal experimentell zuzuwenden, wozu er noch besondere Auffbrderong fand durch einen io seiner Praxis selbst erlebten und in seinem Ablauf genauer beobachteten, durch Gurgeln mit einer Sprozentigen Lösung herbeigeführten Vergiftnngs- fall. Die chemische Seite der Frage ausser Acht lassend, war es Verfasser vor Allem darum zu thon, die spektroskopischen Veränderungen des Blutes während der Vergiftung genau zu kontrolliren und womöglich den unwiderleglichen Beweis zu führen, dass die Methaemoglobinbildung schon im lebenden Blute sich vollziehe. Gleichzeitig war zu erweisen, dass die Stokvis’sche Anschauung über die gleichartige Wirkung von NaClOj und NaCl un- richtig sei. Bei Anwendung von NaClOj statt KCIO3 war zugleich die Kaliwirknng ausgesclialtet. Verf. ist es geglückt, die von ihm angestrebten Beweise spektroskopisch zu erbringen. Verabreichung des Salzes per us, Versuchsobjekte: mit einer Ausnahme (Kaninchen) Hunde. Versuch I: Rasch hintereinander .3,7 Na CI Oj pro Kilo exitus S'/, Stunden später. Versuch II!: In 8 Stunden 3,1 Na CI O} pro Kilo in allmälig steigenden Tbeilgaben: exitus 2‘/3 Stunden nach letzter Dosis. Schon eine Stunde vor dem tödtlichen Ende Nachweis des Methaemoglobin-Streifens in entnommenen Blutproben. Keine Spur von Magen-Darmstörung, kein entzündlicher Vorgang in den Nieren. Versuch II: Der zu Versuch III verwandte Hund erhielt einige Tage vorher 5,2 pro Kilo Na CI in kurzer Zeit. Es traten nur vorübergehende lokale Störungen ein (öftere, meist rein wässerige Entleerungen mit Tenesmus), nach ca. 6 Standen wieder völliges Wohlbefinden. In Versuch IV wurde das lebende Blut (am rasirten Ohr) spektroskopisch untersucht: eine Stunde vor dem Tode Nachweis des Methaemoglobin-Streifens.

In Versuch V, VI und VII Verabreichung des NaClOj in kleinen, 2.0 nicht übersteigenden Tbeilgaben, keine Nahrung, nur geringe Wassermengen. Tod in allen 3 Fällen nach 3 bis 4 mal 24 (Die in gleichem Sinne von Anderen angestellten Versuche waren bis jetzt erfolglos geblieben.) Auch hier deutlich intra vitam nach- weisbare Metbaemoglobinaemie, dagegen niemals eine Spur einer entzündlichen Reizung oder gar Verschwärung und

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Hlotang im Magen-Darmkanal. Aas den letzten 3 Versuchen erhellt die grosse Gefahr, welche bei mangelnder Ernährung aus der Anwendung sonst vielleicht unschädlicher Dosen folgen kann: es bandelt sich um knmulirende Intoxikations-Wirkungen. Die meisten der bis jetzt beim Menschen zur Beobachtung gelangten Vergiftungsfälle betrafen Patienten mit heftiger Angina, denen die Schlingbeschwerden nur eine geringe Nabrungszufuhr gestatteten; die verschluckten Einzel- dosen waren klein, daher die Störung erst einige Tage nach Gebrauch des Mittels einsetzte, um nach Ablauf von weiteren 1 bis 3 Tagen zum Tode zu führen.

Der Verf. schliesst mit der Aufforderung, dem Publikum grössere Vorsicht bei der Anwendung der Chlorsäuren Salzlösungen einznschärfen, selbst aber die Verordnung derselben mehr einzuscbränken. In Fällen heftiger Angina, in denen die Nahrungszufnhr erheblich gestört ist, soll das Gurgeln mit chlorsanrer Salzlösung ganz unterbleiben.

Goerlitz (Wahlstatt).

Ueber die toxischen Wirkungen des Zinns mit besonderer Be- rücksichtigung der durch den Gebrauch verzinnter Konservenbüchsen der Gesundheit drohenden Gefahren. Von Dr. Emil Meyer, Privat- docenten, und Dr. Guido Bodländer, gewesenem Assistenten des Pharmakologischen lustituts in Bonn. Separatabdruck aus der Zeit- schrift für Hygiene. Zweiter Band. 1887.

Die Verf. batten schon in einer früheren Arbeit nachgewieson, dass die sehr verbreitete Ansicht, Zinn gebe nicht in den Inhalt der Kon- servenbüchsen über, unrichtig sei.

Sie stellten nnn eine neue Reihe eigener Versuche an, um zu prüfen, ob und in wie weit aus der Aufnahme des Zinns in den Säftekreislanf eine Schädigung der Gesundheit erwachsen könne. Sie bedienten sich hierzu des Weinsäuren Zinnoxydulnatrinms und des cssigsauren Zinn- triaetbyls, das sie den Versuchstbieren theils subkutan, theils per os bei- brachten. In einem Versuche wurde auch Zinnchlornr in Milch gereicht. Auf die Einzelheiten der Versuche kann hier nicht eingegangen, sondern nur das Schlussresultat angegeben werden: Nachdem der Nachweis ge- liefert, dass 1. das Zinn ein dem Organismus durchaus nicht indüTerentes Metall bildet, 2. durch die längere Zeit fortgesetzte Aufnahme selbst kleinster Mengen Zinn in den Säftekreislauf eine chronische Intoxikation erfolgen kann, 3. eine solche chronische Zinnvergiftung nur durch Anf- nähme des Zinns per os erfolgen kann, glauben Verf. die Frage, ob durch den Genuas zinnhaltiger Konserven, abgesehen von einer etwaigen Lokal Wirkung, eine Ällgemeinintoxikation, eine chronische Zinnvergiftang erfolgen könne, bejahen zu müssen. Wenn auch eine solche Gefahr fnr die Gesundheit nicht von dem zeitweisen Genuss von in verzinnten Büchsen aufbewahrten Nahrungsmitteln zu befürchten sei, so werde es doch nicht gleichgiltig sein, wenn zinnhaltige Konserven in grösserem Umfange zur Ernährung gelangen, wie auf grösseren Seereisen, anf längeren Expeditionen, bei Verpflegung der Truppen im Felde. Dass bisher sichere ärztliche Beobachtungen hierüber nicht vorliegen, beruht wohl darauf, dass man durch das Zinn veranlasste KrankbeitserscheiDUD- gen theils übersehen, theils falsch gedeutet habe, weil man dieses eben für unschädlich hielt. Freilich werden ja nicht alle in Büchsen auf-

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bewahrten Nahrungsmittel gleich schädlich sein, sondern nur die mit höherem Zinngehalt, also besonders saure Speisen, oder wo ein Zusatz Ton freier Säure gemacht sei, da Zinn schon durch verdünnte organische Säuren angegriffen und gelöst werde. Dies gelte auch von der Wein- säure, die zuletzt den Früchten und Gemüsen zur Feruhaltung der Spalt- pilze gern zngesetzt wird. Auch stärkerer Kochsalz- und Salpetergebalt, sowie stärkerer Zusatz von Alkalien werden höheren Zinngehalt bedingen. Leider lassen sich für längere Transporte die verzinnten Konserven- büchsen wegen ihrer vielfachen anderen Vorzüge bisher nicht entbehren, während sie im Haushalt durch solche aus Glas oder Steingut ersetzt werden können. Das über die Blechbüchsen Gesagte gelte natürlich auch für die Aufbewahrnng von Speisen und Getränken in zinnernen Gefässen überhaupt. Riebel.

Klinische Stadien aus der hydriatischen Abtheilung der allgemeinen Poliklinik in Wien. Herausgegeben von Prof. Dr. Wilhelm Winternitz. II. Heft. Zur Pathologie und Hydrotherapie der Langenphthise. Von Prof. Dr. Wilhelm Winternitz unter Mit- wirkung der Herren Dr. K. Pick, Dr. E. Loewy, Dr. Z. Utschik, Dr. L. Sebweinborg, Dr. Z. Pollak, Dr. A. Winternitz und Doctorand 0. Pospischil. Leipzig und W'ien. Toeplitz und Deuticke. 1887.

Von der wohl allgemein anerkannten Ansicht ausgehend, dass die Lungenschwindsucht zu ihrer Entwickelung erst einer gewissen Anpassung des Körpers bedürfe, wie sie namentlich durch schwächende Momente aller Art gegeben werde, und dass sie nicht selten zum Stillstand komme, wenn es gelänge, die Ernährung zu bessern und Zunahme des Körper- gewichts herbeizuführen, legt Verf. (W. Winternitz) in dem ersten Artikel das Hauptgewicht für die Prophylaxe und die Behandlung auf ein im Allgemeinen tonisirendes Verfahren. Leider werde hierbei der mächtig tonisirende Effekt einer rationellen Hydrotherapie viel zu wenig gewürdigt. Unbestritten werde die Hauptrolle bei Prophylaxe und Therapie der Phthise dem möglichst unbeschränkten Luftgenuss zuerkannt, ihr hauptsächlichstes Hemmniss aber bilde das oft freilich ganz reale Gespenst der Erkältung. Diese Kollisionsgefabr zu beseitigen, sei aber einer der wichtigsten Effekte einer rationellen und methodischen Wasser- kur. Denn indem sie die Reflexerregbarkeit der peripheren sensiblen Ilautnerven herabsetze, härte sie den Körper ab und mache ihn wider- standsfähiger gegen Erkältungen. Aber auch bei der sich entwickelnden und florirenden Phthise fallen der Wasserbehandlung wichtige Aufgaben zu. Es sei längst erwiesen, dass Entzündungsprodukte in Geweben, die eine geschwächte oder gehemmte Blutzirkulation darbieten, zu nekrobiotiseben Veränderungen neigen. Fast alle katarrhalischen und entzündlichen Longenerkrankungen aber führten aus mehrfachen Gründen zu mehr oder weniger grossen Zirkolationshindernissen, und gerade in der Zirkulationsschwäche in dem entzündlich gereizten Gewebe liege das begünstigende Moment für die Ansiedelung und Wucherung des Tuberkel- hazillus. Es müsse also der mit unabweisbarer Nothwendigkeit sich auf- drängenden geradezu kausalen Indikation Rechnung getragen werden, eine möglichst intensive aktive Fluxion, vermehrte Blutzufuhr und Blut- abfuhr in dem erkrankten oder bedrohten Organe hervorzurufen. Denn nur so könne entweder die lokale Ernährungsstörung beseitigt, eine

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restitutio ad integrum berbeigeföhrt oder wenigstens die Abgrenzung, der Zerfall, die Ausstossung des Krankhaften angebabnt werden. Diesen natürlicben Heilungsvorgang scheine aber gerade die Hydrotherapie wesentlich zu fördern. Dadurch, dass sie sucht, 1. die Herzaktion zu kräftigen, 2. den Gefässtonus zu erhöhen, 3. lokale Treibhausverhält- nisse in und über dem erkrankten Organe berzustellen (erzengt durch erregende BrusturoscblSge, deren feuchter Dunst und gleichmässige Wärme die organischen Vorgänge, ähnlich wie im Treibhanse, beeinflussen sollen), 3. den ganzen Organismus zu kräftigen und die Blntbescbaffen- heit zu beeinflussen. Die hydriatiscbe Behandlung der Lungenblutungen muss je nach der Natur derselben eine wesentlich symptomatische sein. Für die Behandlung des hektischen Fiebers bestehen die Aufgaben der Hydrotherapie 1. in Lösung der Wärmerctention, 2. in der Verhütung allzu hoher Fiebertemperaturen, 3. in der Bekämpfung der Schweisse. Ohne in Einzelheiten eingehcn zu wollen, sei hier nur erwähnt, dass Verf. für die schwereren Fülle besonders die feuchten Einpackungen mit darauf folgenden feuchten Abreibungen (15 bis 16°) oder kurze Regenbäder empfiehlt. In dem zweiten Artikel: Statistisches und Kasuistisches zur Hydrotherapie der Lungenphthise weisen Dr. Pick und Dr. Loewy, Assistenten von Winternitz, in dem Verhalten des Körpergewichts nach, dass der Hydrotherapie in der Behandlung jener Krankheit ein beaebtenswerther Platz gebührt. In einer grossen Anzahl von Ta- bellen werden die 169 seit dem Jahre 1874 der Winternitz’schen Heil- anstalt zugegangenen Lungenaffektionen einzeln aufgefnhrt Bei 76% der Kranken konnte eine Zunahme des Körpergewichts konstatirt werden. Da jedoch hieraus allein sich ein Maassstab für die Bedeutung der Hydrotherapie für die Schwindsochtsbehandlnng nicht ablciten lasse, in- dem bei den häufig durch verschiedene Umstände sehr stark Geschwächten auch das veränderte diätetische Regime im Vereine mit dem Aufenthalt im B'reien viel zur Gewichtszunahme beitrage, so wurden die mit hekti- schem Fieber verlaufenden Fälle besonders heransgehoben. Hierbei zeigte sich nun, dass von 58 derartigen Fällen bei 16, also 27%, ein länger dauernder Stillstand unter der Behandlung eingetreten war, ein Beweis, welch mächtiger Werth einer Steigerung und Veränderung der Haut- funktion und dem Einfluss auf die sensiblen peripherischen Hautnerven zugeschrieben werden müsse. Im dritten Artikel: Die hydriatische Technik bei der Lungenpbtbise giebt Dr. Utschik eine genauere Be- schreibung der hierbei vorzugsweise benutzten hydriatischen Prozeduren: der Abwaschung, der Brustumschläge, Kreuzbinden, der feuchten Ein- packung, der Abreibung und des Regenbades oder der Donche. Im vierten Artikel wird von den Assistenzärzten der hydriatischen Ab- theilung Dr. Schweinburg, Dr. Pollak und Dr. A. Winternitz auf Grund mehrerer Versuchsreihen, deren Einzelheiten in einer besonderen Tabelle aufgefübrt sind, das V'erhalten der Hauttemperatur unter ver- schiedenen Umschlägen erläutert. Im fünften Artikel: Analecta bespricht Doctorand Pospischil eine Arbeit des Prof. Achille de Giovanni in Padua; Beobachtungen über das Verhalten des Herzens bei der Lnngenphthise. Die daraus gezogenen Schlüsse sind im Wesentlichen folgende: Bei zur Phthise disponirten Individuen, wie bei solchen, wo die Krankheit schon ansgebroeben ist, herrscht im Gebiete der Pulmonalis ein grösserer Blut- druck. Die unregelmässige Entwickelung der Zirkulationeosgaue ist eine der disponirenden Ursachen für diese Krankheit und bedingt, wo sie

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schon aoSKebrocbeu ist, eine Yerschlimmerang des Verlaufes. Deshalb mnss bei j^em Phthisiker, besonders in den Anfangsstadien, stets das Herz nnd die Zirkulation genau untersucht werden. Für die Behandlung ergiebt sich daraus, dass die Kraft des liuken Ventrikels gestärkt und die nngleichmässige Blntvertheilnng durch Vermehrung mancher Se- kretionen, namentlich der Hautfunktion beeinflusst werden muss. Rb.

Zur Iridotomia extraocularis. Von Prof. Dr. Schoeler. (Separat- abdmck ans Berlin, klin. Wochenschr., 1887. No. 44.)

Das bis jetzt bei Ausführung der Iridotomie gehandhabte Operations- rerfahren (v. Graefe, Bowman, Wecker) ist nicht bloss technisch schwierig, sondern auch mit Gefahren (Linsenverletzung, Glaskürper- rerlust, Quetschung der Gewebe) verbunden, zudem giebt das längere Klaffen der Wnndränder sowie die Einführung von Instrumenten in die vordere Kammer immer der Besorgniss der septischen Infektion Kaum. Sch. schlägt darum eine andere Methode, durch Schnitt einen Spalt in der Iris herzustellen, vor. An einem in der Irisbreite des cocainisirtcn Auges mehr oder weniger medianwärts gelegenen Punkte der Cornea punktirt er diese mit spitzer Iridektomielanze (Breite: 3 bis 4, Länge & bis 8 mm); prolabirt die Iris, so wird der Vorfall mittels ungezähnter Pinzette angezogen und auf der Cornea (daher praecorneale oder extraocnlare Iridotomie) ausgebreitet. Durcbschneidung des Sphincter senkrecht auf den Faserverlauf mit im Knie gebogener Scheere. War die Iris nicht vorgefallen, so muss sie mit der in die Kammer eingeföhrten Pinzette hervorgezogen werden (dann ist der V'ortheil, welchen die Methode durch Vermeidung der Einführung von Instrumenten voraus haben soll, illusorisch. Ref.). Darauf Reposition der durchschnittenen Hälften mit Stilet. Eine Abart des Verfahrens ist die sogenannte Brücken Iridotomie, bei welcher zwischen den Hälften eine bröckenförmige Verbindung bestehen bleibt. Von dieser dem Ideal des stenopäischen Spaltes nahe kommenden (weil von annähernd parallelen Wandungen begrenzten) Irisspalte verspricht sich der .Autor Doch grösseren Erfolg für Besserung des Sehvermögens, ohne freilich bis jetzt über genügende Erfahrungen zu verfügen.

Für besonders geeignet hält er die Anwendung der extraocularen Iridotomie bei Scbicbtstaar, bei Leucoma adbaerens und ausgedehnten Hornhauttrübungen mit schmaler durchsichtiger Randpartie; hier ergab die Methode, vornehmlich für das Sehen in der Nähe, sehr zufrieden- stellende Resultate. Als Beleg wird eine Reibe Krankengeschichten mitgetheilt. G.

Slittheilnngen.

Programm (auszüglich) der 61. Versammlung deutscher Naturforscher nnd Aerzte zu Köln 1888.

Montag, den 17. September: Abends 8 Uhr: Gegenseitige Be-

grüssung der Gäste im Kasino am Augustinerplatze.

Dienstag, den 18. September: Vm. bis 12 Uhr: I. Allgemeine Sitzung im grossen Gürzenich-Saale; 12'/i Uhr: Einführung nnd Bildung

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der Abtbeilungen. Nm. 3 bis 5 Uhr: SiUung der Abtheilungen, ö Uhr: Besuch der Flora- Ausstellung und Fest in der Flora.

Mittwoch, den 19. September: Vm. 8 bis 1 Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. Nm. 2 bis ."> Uhr: Besichtigung der Krankenhäuser, des Huhenstaufenbades, der Wasserwerke, der Kanalisations-EinricbtungeD, des Domschatzes und der Domkapelle. 6 Uhr: Festessen im Gürzenich.

Donnerstag, den 20. September: Vm. 9 bis 1 Uhr: II. All-

gemeine Sitzung. Nm. 2 bis ä Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. 5. Uhr: Besuch des Zoologischen Gartens. 7. Uhr: Festvorstellnng im Theater.

Freitag, den 21. September: Vm. 8 bis 1 Uhr, Nm. 3bis5Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. 6 Uhr: Fest auf der Marienbnrg.

Samstag, den 22. September: Vm. 8 bis 12 Uhr: III. Allgemeine Sitzung. Nm. 3 bis 6 Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. Nm. 8 Uhr: Festtrunk der Stadt Köln im grossen Gürzenich-Saale.

Sonntag, den 23. September: Vm. 9 Uhr: Ausflug zu Schiff

nach dem Siebengebirge, Rückkunft Abends 9 Uhr.

Das Anmelde- und Auskunftsbürean wird vom I. bis 12. September die Mitglieder- und Theilnebmerkarten und, wenn erwünscht, auch die Karten für das Festessen am 19. September, letztere zum Preise von 5 Mark gegen Einsendung des Betrages übermitteln.

Vorausbesiellung der Wohnung ist den Mitgliedern und Tbeilnebmern der Versammlung dringend zu empfehlen.

Während der Dauer der Versammlung erscheint das Tageblatt, welches die Liste der Mitglieder und Theilnehmer nebst Angabe der Wohnung, die angekündigten Vorträge etc. sofort veröffentlicht.

Dahingegen ist es für zweckmässig erachtet worden, die Referate über die gehaltenen Vorträge erst spater, etwa nach 14 Tagen bis 3 Wochen im wissenschaftlichen Theile des Tageblattes nach den Ab- theilungeu geordnet zur Kenntniss der Theilnehmer zu bringen. Wir haben geglaubt, diese Anordnung im Interesse der korrekten Wiedergabe und der besseren Uebersicht der Vorträge treffen zu sollen.

Die Vorausbestellung von Legitimationskarten kann seitens der aus- wärtigen Mitglieder gegen Einsendung von 12 .Mark für die Mitgliedkarte und 6 Mark für die Damenkarte an den Vorsitzenden des Finanz- ausschusses, Herrn Banquier Moritz Seligmann, Kasinostrasse 12 und 14 erfolgen.

In dem Auskunftsbureau, Bahnhofstrasse 6, werden die Legitimations- karten nebst den Erkennungsscbleifen für die Mitglieder und deren Damen, die Festschrift sowie das Tageblatt etc. verausgabt; daselbst können auch die Karten für das Festessen, zum Theater und zu der Rbeinfabrt in Empfang genommen werden.

Es wird dringend gebeten, dass die Mitglieder und Theilnehmer ihre Namen, Titel, ihren Heimatbsort sowie die Adresse während des Aufenthaltes in Köln deutlich aufschreiben, da nur auf diese Weise eine korrekte Besorgung der Korrespondenz erwartet werden kann.

Abtheilung 25. Militär-Sanitäts wesen: Einführender; Ober-

stabsarzt Dr. Neumann; Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher, Köln. Real-Gymnasium: Tertia inf. b.

Uedrnckl in der KönigHchon Hofboebdrackerei von £. S. Mittler & SohOf Berlin, Eochstr.

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Deutsche

Militärärztiiche Zeitschrift.

Redaction:

Dr. Oeneralarit,

Bert in, Tnnb^nütru»« 6,

0. Dr. Stabsarzt,

Berlin, Kni«er Fmu Grenadier-Platz 11/12.

Monatlich encheint ein lieft von mindestena 3 Dmckb<^en; dazn ein „AmtHchea Beiblatt“. Der Zeitschrift wird da« Werk: H<^*hreabericht Aber die Forteebritt« auf dem Gebiete dea Militfcr- äanitlU-Weeens“, beranagegeben vonn Generalarzt Dr. Koth, nnentgelilich beigegeben. ßeateUnng nehmen alle Poetlroter and Bucbhandlnngen an. Preis dea Jahrgangs Hark.

XVll. Jahrgang. 1888. Heft 11.

Vsrlag:

f. $. & $oJ«,

Königliche Hofbnchhandlang,

Berlin« Kochatraaae 68^70.

Krampfadern als Erfinde der Unbraaehbarkeit bei Militärpflichtigen and Soldaten, ßenrtheiinng hinsichtlich der Dienstbeschädignng.

Von

Stabsarzt Dr. Neumann (Angermilnde).

Das Yenensystem des meoschlichen Körpers zeigt in seiner ganzen Verzweigung Neignng za Erweiternogen einzelner Stellen , grösserer Zweige oder ganzer Netze. Bald sind es die Blutadern der Körperober- fläche, bald die des Körperinnern, welche geschlängelt and gedehnt er- scheinen, bald beschränkt sich die Erweiterung auf ganz bestimmte omsebriebene Gefässgebiete, nnd unter diesen sind es besonders die Hämorrhoidalvenen, die Venen des Samenstranges and vor Allem das sich zur grossen Schenkelvene vereinigende Netzwerk der Venen der unteren Extremität, welche am häufigsten Varicenbildungen zeigen. Wenn auch bin und wieder Formen ausgedehnter Venenerweiternng an den oberen Extremitäten, an Baach, Brust etc. (caput mednsae) zur Beobachtung gekommen nnd mitgetheilt sind, wie der anf dem Chirurgen-Kongress 1879 von Schädel, der in der Zeitschrift für Chirurgie 1881 von Liodner beschriebene und andere, so ist die Anzahl derselben doch verschwindend klein im Vergleich zn den zahlreich vertretenen Fällen von Varicenbildungen an den nuteren Extremitäten, die wir als eigentliche Krampfadern zn bezeichnen pflegen.

Erstere haben bisher immer mehr als Seltenheiten gegolten, ihr verhältnissmässig seltenes Vorkommen hat die davon Befallenen (vergl. anch

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den io Band VII des Kriegs-Sanitätsberichts 1870/71 S. 71 erwähnten, mit capnt mednsae behafteten Invaliden Paul Jüch) mehrfach veran- lasst, „als wandelndes Demonstrationsobjekt“ aus ihrem Leiden Vortheil zu erlangen, ohne dass sie wesentlich durch die Venenveränderungen in ihrem Allgemeinbefinden gestört worden wären.

Wissenschaftlich von grossem Interesse, haben solche Fälle stets za lebhaften Verhandlungen unter den Chirurgen geführt, die allerdings meist ohne besonderen Erfolg endeten; zu einer so hohen allgemeinen praktischen Bedeutung, wie die in Unzahl immer wieder auftretenden, die Tbatkraft und das Wohlbefinden vieler Menschen in den besten Lebensjahren störenden Venenerweiternngen der unteren Extremitäten, haben sie nie gelangen können. Dem die heerpflicbtige Mannschaft musternden Militärärzte ist alljährlich genug Gelegenheit geboten, sich von dem häufigen Vorkommen des Leidens, selbst bei sonst kräftigen and gesunden Leuten, zu überzeugen, und die in den Jahren 1878 bis 18S2 laut Sanitätsbericht für die Königlich Preussische Armee (iukl. XIII. Korps) als dienstunbrauchbar, resp. Invalide wegen Krampfadern der unteren Extremitäten entlassenen 681 Mann legen beredtes Zeugniss von der grossen allgemeinen Wichtigkeit des die Leistungsfähigkeit des Menschen in so hohem Grade herabsetzenden Leidens ab. Den Erweiterungen der Blutadern der unteren Extremitäten stehen die der Venen des Samen- Stranges an Häufigkeit am nächsten. England (Gaujot, de l'^tiologie du varicocele. 1878) zählt in einer 10jährigen Rekrutirungsperiode 23,4 pro mille an Varicocele Erkrankte, und wenn Frankreich in derselben Zeit nur 1,6 pro mille zählt, so muss diese anffalleude Differenz wohl eher einer verschiedenen Auffassung der Grenze zwischen Normalem und Patho- logischem resp. des Begriffes der Dienstunbranchbarkeit zugeschrieben werden, als dass man ein so seltenes Vorkommen der Varicocele unter der militärpflichtigen Bevölkerung in Frankreich im Vergleich zu anderen Staaten annehmen k'dnnte. In der preussischen Armee sind in der oben erwähnten 4jährigen Periode 195 an Varicocele erkrankte Leute als dienst- unbrauchbar resp. invsdide entlassen worden.

Die Erweiterungen der Hämorrhoidalvenen spielen trotz ihres häufigen Vorkommens für die körperliche Leistungsfähigkeit sonst ge- sunder Menschen keine wesentliche Rolle, wie denn auch von 1878 bis 1882 in der preussischen Armee im Ganzen nur 14 Leute „grösserer leicht blutender Hämorrhoidalknoten“ wegen invalidisirt worden sind; übrigens alles Leute von mehr als zwölfjähriger Dienstzeit.

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r

, Unter normalen Verhältnissen steht dem gesammten Venenblote der , Qotern Gliedmaassen nur ein einziger Abflusskanal in das Becken zur I Verfügung, der Stamm der vena femoralis am ligamentum Poupartii. Dieser Satz ist durch die hervorragende Arbeit von W. Braune'^) mit Bestimmtheit erwiesen. Der Zusammenhang der Venen in der regio iiehiadica und obtnratoria batte in früherer Zeit zu der Annahme geführt, dass neben dem Stamme der Femoralis noch ein Neben-Krelslaof bestände, durch den das Blut der unteren Gliedmaassen der Iliaca zugeföhrt werden könnte, und die an der Leiche mehrfach vorgenommenen Injektions* versuche schienen diese Ansicht auch zu bestätigen.'^'’^) Die Fälle, wo nach Unterbindung der vena femoralis nicht nur Oedem sondern Gangrän der ganzen unteren Extremität eingetreteu war, führten dazu, dass man die Trennung der Schenkelvene als Grund zur Absetzung (Roux,Linhart) betrachtete.

Ja, Hyrtl soll noch seinen Studenten gesagt haben, dass die Ver- letzung der Schenkclvene und das Kopfabschneiden gleich gefährlich seien.

Gensoul hat dann bereits im Jahre 183G den Vorschlag gemacht, zur Regulirnng des Zu- und Abflusses des Blutes neben der Vene auch die Arterie zu unterbinden; B. v. Langenbeck zog es vor, an die ^ Vene überhaupt nicht, wohl aber, bei Verletzung der Vene, an die Arterie die Ligatur anzulegen, während Volkmann wiederum als eifriger ( Vertreter der Venenligatur auftrat***), weder die Thrombose und Embolie I noch die Gangrän fürchtend, nachdem er mehrfach nach Geschwulst- I Operationen, Exartiknlationen etc., theils von ihm selbst, theils von an- deren Chirurgen ausgeführt und beschrieben, vollkommene Heilung hatte eintreten sehen. So neigte man, trotz der durch die Injektionsversncbe TOD Sappey anscheinend bewiesenen gegentheiligen Ansicht, doch wieder ^ der Annahme zu, dass Kollateraläste für den Venenabfluss beständen, und die mit glücklichem Erfolg ansgeführten Unterbindungsversuche von Larrey und Malgaigne, sowie die Injektionen von Riebet und Nicaise sprachen von Neuem für das Vorhandensein ausreichender Anastomosen. Das Verdienst, der Lösung dieser Frage eine sichere anatomische Grundlage gegeben zu haben, gebührt jedenfalls W, Braune. Er wies nach:

1. „In die vena femoralis am ligam. Ponp. münden nicht nur sämmt- liehe Venen, die Blut von der arteria femoralis und ihren Aesten ge-

•) Die Oberzehcnkclvenc des Menschen. Leipzig 1871.

•*) König, Chirurgie, S. 915. Albert, Chirurgie IV., S. 539.

**•) Deutsche Klinik No. 49. 18tl8.

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sammelt haben, sondern auch eine Ansahl Venen, die von benachbarten Gefässprovincen herkommen und znm Theil sogar in peripherischer Richtung aus dem Rumpfe heraus cur Extremität gehen."

2. Von allen diesen Venen kommt für einen etwaigen Kollateralweg der Femoralis zur Iliaca hauptsächlich die vena circumflexa femoris interna in Betracht durch ihre Verbindung mit den im foramen obtnratoriuni liegenden Venen pubica, obturatoria und dorsalis penis (Luschka) und durch den Verbindnngsast mit den Ausläufern der vena glotaea in- ferior in der fossa trochanterica.

3. An ihrer Einmnndungsstelle findet sich entweder ein Klappen- ventil mit nach der Schenkelvene zufübrender Richtung oder die Ein- mündung selbst erfolgt in so schiefer Richtung, dass dadurch eine gleich- wirkende Ventileinrichtnng zu Stande kommt.

4. Beide Veutileinrichtungen werden erst bei starkem Druck des Veneninhalte insuffizient.

5. Durch obige Verbindung werden wohl zwei venöse Gefässzirkel zwischen der vena femoralis und iliaca, aber trotzdem kein Kollateralweg zum Stamme hergestellt, da die Verbindungsäste Klappen enthalten, die im unteren Ende gegen die Femoralis, im oberen gegen die Iliaca den Blutstrom richten und ein neutrales Mittelstück haben.

6. Nur der circulus obtnratorius kann in seltenen Fällen, wenn er kein Ausgangsventil hat, als venöser Kollateralstamm von der fossa ovalis ans zur vena iliaca funktioniren.

7. Am Oberschenkel, besonders in der Gegend der fossa ovalis und am Anfangsstück der vena femoralis in der Kniekehle, bilden die Knochen, Muskeln, Fascicn und Venen mit ihren Klappen einen Saug- und Druck- apparat, so dass die ganze Vene in einen Hobiranm gelagert ist, dessen Wandungen abwechselnd drückend und saugend das Blut nach aufwärts fortbewegen können.

8. Die Oberschenkelvene ist für gewöhnlich nur einfach, ebenso findet man einfache Venen fast stets, wo zwischen den Muskeln grössere mit Fett und Bindegewebe gefüllte Hohlräume liegen. Doppelt und gleichzeitig durch Anastomosen verbunden sind die Venen überall da, wo sie zwischen zwei aufeinander liegenden Muskeln verlaufen und somit durch die sich kontrahirenden Muskeln zusammengedrückt werden.

9. Bei Thrombose der Schenkeirene ist nicht immer das Venen- volnmen vollkommen verschlossen, sondern sehr häufig bestehen Lücken in dem Thrombus, die noch einen venösen Rückfluss ermöglichen.

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Mancher der Branne'acben Schlüsse aas seinen anatomisch und klinisch experimentellen Untersuchungen hat sich seitdem als falsch erwiesen.

So haben v. Bergmann und nach ihm Maas*) und H. Braun sich weiter mit der Frage beschäftigt und naebgewiesen, dass weder die Klappenricbtung noch die schiefe Einmündung der betreffenden Venenäste den Rückfluss des Blutes zu verhindern im Stande sind, wenn nur die Herzaktion eine kräftige ist. Einem Drucke von 180 mm Hg. gelingt es stets den Widerstand der in den Anastomosen befindlichen Klappen zu überwinden und nur io überaus wenigen Fällen wird auch durch höheren Druck, nach Unterbindung der vena femoralis, vom Schenkel in dos Becken kein Blut übergefübrt. Immerhin bleiben die Braune'schen Untersuchungen sehr werthvolle und bieten besonders für die uns be- schäftigende Frage der Entstehung der Varicen manchen Anhaltspunkt.

Die unter dem ligamentum Poupartii in das Becken einmündende Schenkelvene setzt sich zusammen aus hohen und tiefliegenden Venen. Die hoben, aus dem Venennetze des Fussrückens entstehend, vereinigen sich allmählich, an der Innenseite des Fasses über dem Knöchel auf- steigend, zur vena saphena magna, die an der Innenseite des Unter- schenkels, dann über den inneren Kondjlus verläuft und endlich in der fossa ovalis in die vena cruralis einmündet. Das am äusseren Fassrande gelegene Netz oberflächlicher Venen vereinigt sich zur vena saphena minor, die, um den äusseren Knöchel herumgehend, neben der Achilles- sehne aufsteigt und zwischen beiden Köpfen des gastroenemius verlaufend in die Kniekehle steigt, wo sie, die fascia poplitea durchbohrend, in die vena poplitea einmündet. Die vena poplitea, ans den tiefliegenden Venen des Unterschenkels, den tibiales snticae, posticae mit peroneae, plan- tares ex- und internae hervorgegangen, tritt dann als vena cruralis durch die Sehne des adductor magnus und mündet, nach Aufnahme ver- schiedener tiefer Venenäste am Oberschenkel and der vorerwähnten saphena magna, endlich in die Bauchhöhle. Wir wissen, dass die Cruralis, Poplitea und die Saphena fast stets durch einfache Stämme dar- gestellt werden, während die tiefliegenden anderen Venen des Unter- schenkels paarig vorzukommen pflegen, dass ferner die oberflächlichen Venen sowohl nntereinander durch ein Anastomosennetz mit breiten Maschen, als auch mit den tiefen Venen, besonders am Unterschenkel,

*) Zeitschrift für Chirurgie 1882. Die Zirkulation der unteren Extremität S. 197 bis 207.

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darcb zahlreiche Anastomosen in Verbindung stehen. Diese letzteren Anastomosen mit den tiefen Venen sind theils intra-, tbeils inter- muskuläre, das heisst, sie durchbohren die Muskeln oder bilden ohne dieses eine direkte Verbindung der einzelnen Venenstämme, weshalb man letztere als direkte, erstere als indirekte Anastomosen bezeichnet hat.

Französische Forscher'*'') haben zuerst sich eingehender mit der Anordnung der Venen und ihren Anastomosen beschäftigt, and ihnen ver- danken wir speziell auch einige, wenn auch nur wenige BestimmnngeD der Klappenrichtung in den Anastomosen, die für die Entstehung von Varicen manchen Anhaltspunkt geben, wenn auch die Eintheilung in die verschiedenen und genau abgegrenzten Systeme venöser Gefässe am Unterschenkel, wie sie von Sappey, le Dentu und anderen angegeben sind, sich in so strenger Begrenzung wohl kaum als Regel festhalten lassen wird. Jedenfalls wissen wir zunächst, um mit den Venen des Fasses zu beginnen, dass zwischen saphena interna und plantaris interna und eben so zwischen saphena externa und plantaris externa, also zwischen den tiefen und den oberflächlichen Venen des Fusses Anastomosen be- stehen, welche, rein interrauskulär, eine direkte Verbindung ermöglichen und mit je 1 bis 2 Klappenpaaren versehen sind. Die Klappen sind mit ihrem freien Ende gegen die Peripherie gerichtet, so dass eine Zirkulation nur aus der Tiefe in die Oberfläche stattfinden kann. Am Unterschenkel finden sich an der vorderen Fläche nur wenige Aeste, die vom ober- flächlichen Netz zur tibialis anterior verlaufen, theils als intermnsknläre, zwischen extensor digitorum communis und extensor hallucis longus ver- laufend, theils als intramuskuläre, die vordere Schenkelfläche durch- bohrend. In der hinteren Gegend bestehen direkte Anastomosen zwischen den beiden Saphenae einerseits und den Tibiales und Peroneae anderer- seits, ferner indirekte (intramuskuläre), welche auf ihrem Wege die Muskulatur durchbohren. Die ersteren, als zwei oder eine Vene, je nachdem sie aus den Aesten oder aus den Hauptstämmen kommen, die letzteren immer nur einzeln. In allen diesen Anastomosen der tiefen mit den oberflächlichen Venen sind die Klappen so angeordnet, dass der Blut- Strom gegen die Tiefe gerichtet ist.

Soviel zunächst über die Anastomosen zwischen oberflächlichen und tiefen Venen.

*) le Dentu, Reeherches anatomiijues sur les reines du pied et de la Jambe. These 1867 und Vcnieuil. Sappey, Anatomie descriptiro (augeiologie).

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Bezüglich der Aoastomoeen der tiefen Venen unter sich, so finden lieh zwischen den Begleitvenen der Arterien am Unterschenkel zahlreiche klappenlose Anastomosen, von denen le Den tu angiebt, dass sie, sobald sie rein intermnsknlär sind, also eine direkte Verbindnng darstellen, einen Bogen bilden, dessen Höhepunkt dicht vor der Einmündung in die andere Vene gelegen ist, dagegen ganz gerade verlaufen, wenn sie auf ihrem Wege den Muskel durchbohren. Ebenso zahlreiche Verbindungsäste finden sich zwischen tibiales ant. nnd posteriores and zwischen den Venen des Tarsus und den Peroneae Aeste, welche auf ihrem Wege das Skelett resp. die zwischen den Knochen liegenden Bandapparate durchbohren müssen.

Den Verlauf der intramuskulären Venen glaubt nun le Dentn be> soodei-s für den mnsc. gemellns und für den soleus genauer bestimmen zu können. Nach ihm trennen sich die die Arterienäste des musc. gemellns begleitenden beiden Venen in der Tiefe des Muskels sehr bald; während die eine sich in ihre Ursprungsästchen anflöst, verbindet sich die andere nnverästelt direkt mit einer von den oberflächlichen Venen kommenden Aosstomose.

Für den mnsc. soleus schildert er die Sache noch etwas komplizirter.

Von den, den Arterienast begleitenden und mit in den Muskel ein- driogenden beiden Venen nimmt die eine bald ihren Lauf nach oben, um mit einer darüber gelegenen Begleitvene eines anderen Arterienastes, welche von oben entgegenkommt, zu anastomosiren, die andere wendet sich nach unten, um mit einer Begleitvene eines darunter gelegenen Arterienastes, welcher sich wieder nach oben wendet, Verbindungen ein- zugehen. Die Begleitvenen einer Arterie kommnniziren ferner mitein* ander durch einen geraden Verbindungsast. Zwischen diesen Anastomosen and den Hanptvenenstämmen sind für jede Begleitvene zwei Klappen ge- lagert, welche den Blutstrom in den Anastomosen nach der Peripherie des Gliedes dirigiren. So kann also eventuell ein selbstständiger Kreis- lauf durch diese Anastomosen stattfinden. Endlich sprechen die fran- zösischen Forscher noch von venösen Gefässen, die sie als „cananx de suretö“ bezeichnen nnd welche gleichartig sind mit den früher von Sappej als „d'anastomoses par commnnication longitudinale** für die venae saphenae beschriebenen, deren gleichzeitiges Vorkommen für die anderen Venen des Unterschenkels Vernenil nachgewiesen hat. Sie verbinden ein oberes Stück mit dem darunter gelegenen derselben Vene und sind klappenlos, nnd le Den tu spricht ihnen die Bestimmung zu, den Druck in den verschiedenen Segmenten derselben Vene auszngleicben,

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wofür sich ein physikalischer Omnd allerdings nicht recht finden lässt. Sie scheinen übrigens identisch mit den als ,canaux de ddriration* be> zeichneten zn sein.

Nach den Cntersacbungen von Honz6 de I’Anlnoit^) besitzt die vena saphena magna eine sehr grosse Zahl von Klappen, von denen allein sieben anf das Oberschenkelstück fallen. Von diesen sieben sollen allerdings meist drei inkomplet sein, nnd zn diesen drei soll überans häufig die an der Einmündnngsstelle der Saphena in die Cruralis gelegene gehören**), woraus man das Entstehen der ampnllenartigen Erweiterung der saphena magna an der Einmündangsstelle, sowie das Entstehen der Saphena -Varicen überhaupt erklärt hat.

Histologisch bemerke ich noch, dass nach Soboroff***) bei den Venen der unteren Extremität in normalem Zustande der grosse Reich- thum an Muskelfasern in den Wandungen zwar allen Menschen gemeinsam ist, dass indessen die Stärke der Venen bei sonst gleichartigen Individuen doch ganz bedeutende Verschiedenheiten zeigt und dass vor allen Dingen die Wan- dung derselben Vene eines Individuums an verschiedenen Stellen sehr verschiedene Dickenverhältnisse aufweistf)

Der Blutkreislauf der unteren Extremität ist wie in allen anderen Körpergegenden zunächst zwar lediglich abhängig von der Herztbätigkeit, indessen ist zu beachten, dass dem Blutrückfluss, der an und für sich schon bei aufrechter Stellung durch die Schwere der Blutsäule wesentlich behindert ist, nur ein Kanal, die vena cruralis, offen steht. Die Wirkung der Schwere wird überwunden vor allem durch die Herztbätigkeit, die vis a tergo und mit ihr durch die aspiratorische Wirkung der Tborax- bewegungen; ferner sind es die zahlreichen Klappen der Venen, welche die Blotsäule stützen und fortbewegen helfen, und endlich tragen die oben erwähnten Sang- und Drockapparate in der Scbenkelbeoge nnd Kniekehle nicht wenig zur Blutbewegung bei. Zu diesen an und für sich schon gewaltigen Faktoren, welche der durch die Schwere bedingten Blutstauung entgegenwirken, kommt noch die Muskulatur der Extremität hinzu. Diese wirkt durch ihre Kontraktion wesentlich fördernd anf den Rückfluss

*) Paris, These de 1884.

*•) Rieh et, Anatomie medico-ehirurgicale 1887 und Forgoron,-Des dilataüoin anipiillaires de la saphenc 1881. These.

***) Untersuchungen überden Bau normaler und ektatischer Venen. Virchow'i Archiv 1872 S. 137 und 306. f) cfr. 1. c. S. 149.

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des Blotes ein, indem sie, die Venen komprimirend, das Blut in die durch die Elappenanordnung gegebene Richtung treibt, eine Bewegung, die am Foss noch durch das Auftreten, durch die bei der Berührung des Erd- bodens mit der Sohle eintretende mechanische Kompression der an der Ferse und Fusssoble in und unter dem Fettpolster gelegenen Venen, verstärkt wird. Am Fusse kann das Blut der durch das Auftreten und die Muskelkontraktion komprimirten tiefen Venen gemäss der oben- beschriebenen Elappenstellung nur in die Saphenae entweichen. In diese durch die Muskelkontraktionen beim Ansschreiten fortgetrieben, kann es weiter in die Saphenae, in die intermusknläreu und intramuskulären, zu den tiefen Venen führenden Anastomosen ansströmen. In den Saphenae wird das weitere Aufsteigen bald durch die die Blutsänle stützenden Klappen gesichert. Aus den tiefliegenden Venen des Unterschenkels bleibt dem Blote bei normaler Klappenbescbaffenheit der Anastomosen nur der eine Weg in die Poplitea aufwärts, eine Blutbewegung, die durch Muskelkontraktion, sowie durch die bei derselben in Kraft tretenden Saogapparate in der Kniekehle nur gefördert werden kann. Derselbe Saogapparat, am Oberschenkel gebildet durch die Fascien, Muskeln etc., sichert in Verbindung mit den Klappen der vena cruralis das Fort- Bcbreiten des Blutstroms in dieser. Somit wäre unter physiologischen Verhältnissen die Wirkung der Schwere vollkommen paralysirt, wenn nicht im Moment starker Muskelkontraktion doch gleichzeitig an be- stimmten Stellen, selbst unter normalen Verhältnissen, dem Blutstrome ein Hioderniss durch die Fascien-Aponeurosen und Muskelringe, Schlitze und Ränder geboten wäre, welche die Venenstämme zu passiren haben. Die Bedeutung dieser Verhältnisse für die Verlangsamung und Behinderung des Blotrückflusses ist für Verneuil eine so hohe, dass er die Ent- stehung der tiefliegenden Varicen wesentlich auf diese Einschnürung der Gefässe zorückführt. Auch spielt bei der Entstehung der Varicen der saphena magna unserer Ansicht nach der Durchtritt der Vene durch den Spalt der fascia cribrosa und das Reiten derselben auf dem proc. falci- formis in seinem unteren Theile eine mindestens ebensogrosse Rolle, wie die Insufflzienz der Klappen an der Einmündung. Wir werden auf diese Verhältnisse bei Besprechung der Saphenae-Varicen noch einmal zurückkommen.

Unter den allgemeinen Ursachen für die Entstehung der Varicen stellt B irch-Hirschfe Id'’^) die ererbte und angeborene Schwäche der Venenwand in die erste Reihe.

*) Patholog. Anatomie II. S. 109.

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Ebenso spricht Negretti*) von der Vererbnng des Leidens and auch Ganjot,**) welcher wanderbarerweise in der Varicocele den Be- ginn einer allgemeinen Varicosität erblickt, spricht der Vererbang eine sehr grosse Bedeutung für die Varicocele sowohl wie für die Varicen der unteren Extremitäten zu. Wir haben für diese Ansicht, die sich übrigens noch bei vielen anderen Autoren findet, einen Anhaltspunkt nicht finden können. Unter 860 Fällen von Varicenbildungen der unteren flxtremi- täten, welche uns ans der Armee zur Verfügung gestellt waren und Leute betrafen, die dieses Leidens wegen im Laufe der letzten 7 Jahre als dienstunbrauchbar bezw. als Invalide zur Entlassung gelangten, ist die Frage der etwaigen Vererbang nur dreimal beantwortet

Allerdings dürfte diese Frage bei Ausstellung der bezüglichen Atteste kaum berücksichtigt sein. Hit Sicherheit ergeben aber unsere Erhebungen, dass die Gaujot'sche Ansicht des Zusammenhangs der Varicocele mit der Varicenbildung im Allgemeinen der Grundlage entbehrt: unter den 860 Fällen waren nur .55 mit Varicocele komplizirt, Hämorrhoidalknoten gleichzeitig nur bei 9 vorhanden!

Der Ansicht der Vererbang der Varicen huldigen ferner vor Allem auch die Autoren, welche bei den Varicen den geschwulstartigen Charakter, die Aehnlichkeit mit den sonstigen Gefässgeschwülsten und Neubildungen betonen zu müssen glauben. Nachdem bereits Crn vei Ihier**'*^) die Varicen der Schamlippen der Frauen als varix serpentinus, Virchow,f) Alibertft) nnd andere die Hämorrhoidalvaricen als angioma anale, die Varicocele als angioma racemosum venosum bezeichnet haben, hat in letzter Zeit v. Lesserfff) nachzuweisen versucht, dass Krampfadern mit Knotenbildung lediglich auf Gefässwucherungen beruhen, und dass andere Ursachen, wie vor Allem Verschluss oder Verengerung der Venenstämme durch äussere oder innere Prozesse , einfache Stauung etc., niemals zu Knotenbildungen führen. Wenn, wie v. Lesser behauptet, die Form knotiger Venenkonvolute in Wahrheit nur da zur Beobachtung käme, wo auch sonst Gefässwucherungen und Neubildungen besonders zahlreich vorzukommen pflegen, und wenn die geschwulstartige Form der Varicen sich an den unteren Extremitäten wirklich nur da zeigte,

*) Contribuzione alla sludio rarici degli arti inferiuri. 1880.

**) G. Gaiijot, De l’etiologic du varicocele. 1878.

••*) Traite d'anatom. patholog.

+) GeschwilUte III. S. .135.

++) Nosologie naturelle, t+t) Virchow's Archiv 1885 Heft lU.

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wo die Venen dicht über den snbkntanen Lympbgefässen verlaufen, wie ja die Angiome meist an diesen Stellen sich finden, so wäre für die Frage der Vererbung wohl eher ein Anhaltspunkt geboten. Indessen gerade die grossen subkutanen Venen sollen nach v. Lesser, wenn auch erweitert, zunächst ihren normalen Verlauf und ihre Form beibehalten, während doch die Varicenbildung, wie sie im Verlaufe der vena saphena magna, besonders am Oberschenkel, vorkommt, häufig sehr starke Schlängelung mit Knotenbildnng zeigt und noch am ersten einen ge- schwulstartigen Charakter darbietet. Und hier liegen, wie bekannt, die Liymphdrnsen und Stränge nicht unter, sondern über der Vene.

Unsere bereits oben erwähnten drei Fälle von angeblicher Vererbung des Leidens betrafen Varicenbildung im Gebiete der saphena magna am Oberschenkel mit besonders starker Knotenbildnng und Schlängelung, so dass die Knoten in langer gewundener Kette in der Grösse von Hasel- nüssen über die Haut hervorragten. Einen diesen gleichen Fall haben wir seiner Zeit auf der chirurgischen Abtheilung der Charitö zu sehen Gelegenheit gehabt. Ein Mann in mittleren Jahren, der übrigens eines Lungenleidens wegen aufgenommen war, batte von Jugend auf eine längs des ganzen subkutanen Verlaufs der vena saphena interna auf- tretende Varikosität bemerkt, ohne dass an anderen Venen Erweite- rungen sichtbar waren. Die Knoten waren sehr zahlreich und überragten die Fläche der Haut bis zu Wallnussgrösse, geschlängelt an einander gereiht. Irgend weiche Unbequemlichkeiten hatte der Mann von diesem seinem Leiden angeblich bisher niemals verspürt.

Neben Alter und Geschlecht hat dann der Beruf für die Entstehung der Varicen immer eine grosse Rolle gespielt. Bäcker, Tischler etc., welche stehend zu arbeiten gezwungen sind, gelten im Allgemeinen als die Hauptrepräsentanten der Varicenerkranknngen.

Leider ist es uns nicht möglich gewesen, Einsicht in die Listen der zur Musterung gestellten Leute zu erhalten, dagegen stehen uns ans zwei Armee-Korps bei den wegen Krampfaderbildnngen entlassenen Unter- offizieren und Mannschaften auch die Angaben über den früheren Beruf zar Verfügung, und unter diesen sind fast alle Berufsarten vertreten, ohne dass sich ein besonderes Ueberwiegen einer bestimmten stehenden Be- schäftigung aus früherer Zeit unter den Erkrankten nachweisen Hesse. Puchelt*') erklärt das Vorkommen der Varicositäten durch konstitutio- nelles Ueberwiegen des Venensystems (Venosität), Pigeauz**) leitet sie von Anastomosen der Varicen mit Arterien ab, und Rima'’^^) spricht von

*) Das Vencnsystem in seinen krankhaften Verhältnissen. Leipzig 1843.

Rokitansky, patholug. Anatomie. II. S. 367.

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einer rücklänfigen Bewegung des Blntes ans der vena cruralis in die saphena, von der Leiste gegen den Fnss hinab.

Alle diese Ansichten haben kaum mehr als eine geschichtliche Be- deutung. In erster Linie ist es unserer Ansicht nach immer die Behiu- dernng des venösen Abflusses, welche die Varicenbildung veranlasst, eine Behinderung, die, wie aus den oben geschilderten anatomischen Ver- hältnissen hervorgeht, gerade im Gebiet der vena femoralis sehr leicht eintritt.

Der Blutabfluss kann behindert sein,

1. sobald ein die Wirkung der Schwere aufhebendes Mittel des Kreislaufs ausfällt, d. h. sobald die Klappen insuffizient werden, sobald die blattreibende Kontraktion der Muskeln geschwächt ist oder sobald die Thoraxbewegungen mit ihrer Saugkraft des Herzens für die Ueberwiudang der Schwere der Blntsäule insuffizient werden;

2. durch Hindernisse, welche auf den abführenden Gefässstamm komprimirend einwirken. Hierhin gehören Entzündungen in der Umgebung desselben, Geschwülste verschiedener Art und ferner auch die unter nor- malen Verhältnissen verengenden Muskelränder, Fascien etc.;

3. durch Thromben und entzündliche Prozesse an der Gefasswand selbst, die wir unter dem Namen Phlebitis und Endopblebitis zusammen- zufassen pflegen.

Die saugende Kraft des Thorax und speziell des rechten Herzens lässt nach, wie wir wissen, sobald krankhafte Veränderungen am Herzen oder den Lungen sich einstellen oder sobald die Herzthfitigkeit im Allge- meinen geschwächt wird oder bei gleichzeitiger Erkrankung der Unterleibs- organe abnorme Widerstände zu überwinden hat. So finden wir denn auch unter unseren 860 Fällen als ätiologisches Moment, besonders bei Leuten, die über 12 Jahre gedient, zum Theil eine 20jäbrige Dienstzeit hinter sich haben, chronische Langen- und Brouchialkatarrhe (3 mal), Emphysem der Lungen (7 mal), Herzfehler, Mitralinsuffizienz und Aorten- stenose (2 mal), chronische Mageokatarrhe und Leberschwellungen (4 mal), allgemeine Fettleibigkeit (3 mal), chronischen Gelenkrheumatismus (2mal) und verminderte Leistungsfähigkeit im Allgemeinen mit geschwächter nnd unregelmässiger Herzaktion, Atrophie der Muskulatur, Dünnheit der Venenhäute etc. (8 mal) vertreten.

ln allen diesen Fällen waren die Venen an den unteren Extremitäten so hochgradig, bald cylindriscb, bald knotenförmig erweitert, dass sie den Grund für die Dienstentlassung resp. Invalidisirung abgaben.

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Dass das langjährige Spielen von Blasinstrumenten Erweiterungen der snbkntanen Venen veranlassen kann, ist bekannt und aus der Ver- minderung der Saugkraft des emphysematosen Thorax leicht erklärlich, und so verfügen wir denn auch über mehrere Fälle der Art.

Sehr häufig ist uns von den Attestansstellern als Qrund für die Entstehung des Leidens einfach die langjährige Dienstzeit angegeben worden, und in der Tbat sind ja die Anforderungen, die der militärische Dienst an die Körperkraft im Allgemeinen, wie an die Thätigkeit ein- zelner inneren Organe, speziell der Longen und des Herzens stellt, der- artige, dass eine Abnutzung während längerer Dienstzeit wohl erklärlich ist, welche dann ohne äussere oder innere Zirkulationsbindernisse doch eine Stauung im Venenblutahfluss herbeiföhren kann; allerdings muss dann eine gewisse Schwäche der Venen wände sJs prädisponirendes Moment angenommen werden. Dieselbe Schwäche der Venen Wandungen und Ungleichheit in ihrer Dicke an verschiedenen Stellen (cfr. oben Soboroff) müssen wir auch in den Fällen annehmen, wo nach längerem Stillliegen, ohne dass die Herzkraft verringert oder die Venen etwa thrombosirt sind, sich Venenerweiternngen ausgebildet haben, wenn auch dem Fehlen der bluttreibenden Kontraktion der Muskeln bei den nach längerem Stillliegen sich entwickelnden Venenerweiterungen eine grosse Bedeutung zoznschreiben ist.

Ein hierauf bezüglicher Fall ist uns ans einem Feld - Artillerie- Regimente der Armee mitgetheilt worden, und da derselbe nicht auf Grund der Dienstbeschädignng, sondern der mehr als 8jährigen Dienst- zeit zur Entlassung kann und somit auch späterhin keine Erwähnung finden wird, wollen wir ihn hier kurz mittheilen: Der Trompeter K. stürzte am 18. Juli 1881 mit dem Pferde und zog sich dadurch eine Erschütterung der Wirbelsäule zu, die Schwäche und Tanbsein in den Beinen hinterliess, auf welche sehr bald „ohne äussere Beschädigung oder Thrombosirong der Venen, ohne dass eine länger anhaltende Muskel- läbmung des Schenkels mit ihrem nothwendig retardirenden Einfluss auf die Fortbewegung des Blutes in den venösen Oefassen nachgewiesen Verden konnte“ ausgedehnte Varicenbildungen an den unteren Extremi- täten folgten, welche die Entlassung des K. veranlassten.

Hier hat die durch die Erschütterung der Wirbelsäule veranlasste Lähmung der muskulösen Elemente der Gefässwandungen, die wir trotz der fehlenden Muskellähmung doch wohl anzunehmen gezwungen sind, za Erweiterungen an einzelnen dünneren oder in ihrer Lage beengten Stellen geführt und die dadurch bedingte Zerrung und Inaktivitälsatropbie

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der Klappen hat dann der weiteren Dilatation und Stauung Vorschub ge- leistet. — Der verminderten Saugkraft des Herzens bei gleichzeitiger Prädisposition der Venenwandungen zu Erweiterungen sind dann auch wohl alle die Fälle znznschreiben, wo oberflächliche Varicen in direktem Anschluss an anstrengende Märsche, längere Bergpartien etc. entstehen. Der ermüdende Marsch wirkt auch ermüdend auf die Herzlhätigkeit, der Blutabflnss ans den unteren Extremitäten wird trotz der kräftigen Muskel- aktion doch bei der gleichzeitig verminderten Saugkraft des Herzens ver- langsamt und erschwert. Fälle der Art sind uns ans der Armee mehr- fach mitgetheilt worden und Anden sich auch unter den ersten 18 der Dienstbeschädigungen verzeichnet.

Wir kommen bei der Besprechung der verschiedenen Formen der Varicen sowie bei Beurtheilung der Dienstbescbädigung noch einmal auf die Entstehung der oberflächlichen Erweiterungen nach starken Mnskel- anstrengungen zurück; es sei nur hier schon angedeutet, dass den ober- flächlichen oft tiefe Varicen vorangegangen sind.

Nur ein einziger Oefässstamm führt, wie wir gesehen haben, das Blut aus der unteren Extremität in das Becken zurück; eine direkte Kompression dieses Stammes am annnlns crnralis muss also nothwendig eine Stauung des Blutes herbeifübren. Dass dieser Stauung eine Aus- buchtung der Venenwandungen an verschiedenen Stellen folgen kann, ist nach der oben (Soboroff) beschriebenen Beschaffenheit der Venen- wandungen etc. wohl leicht erklärlich, wenn auch v. Lesser*) durch Tbierexperimente nacbznweisen versucht bat, dass die Wirkung des Verschlusses der vena femoralis sich nur in einer cylindrischen Er- weiterung sämmtlicber und besonders der oberflächlich gelegenen Venen- stämme äussert, eine knotige Erweiterung niemals zur Beobachtung käme.

Die Erfahrung lehrt, dass beim Menschen cylindrisebe und knotige Erweiterungen als direkte Folge einer Verengerung des ausführenden Stammes nebeneinander sehr häufig auftreten.

So verfügen wir über acht Fälle, wo nach Leistendrüsenentzündungen, Tripper- und syphilitischen Bubonen und Ausschälung der Drüsen Krampf- aderknoten zur Entlassung der Leute führten, nachdem der abführende Stamm bald durch Narbenbildung oder entzündliche Schwellung in der Umgebung, bald durch harte Drüsenpackete verengt oder längere Zeit hintereinander komprimirt war. Einmal führte Quetschung des Hodens

*) 1. c.

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und der Leistengegend nasser Varicocele auch noch Varicen an der ver- letzten Seite herbei. In fünf Fällen ferner übte das Bruchband bei luguinalhernien diesen Druck aus, und zweimal war es eine Schenkel- bernie, welche die Verengerung an dem abführenden Stamme berbei- fübrte. In allen diesen Fällen handelte es sich um Krampfaderknoten theils ohne, tbeils mit cylindriscber Erweiterung der Blutadern.

Erwähnen will ich an dieser Stelle auch noch des vereinzelt da- stehenden Falles, wo ein Mann wegen einer recbteeitigen Varicocele mit gleichzeitig bestehenden cylindrischen Erweiterungen der Blutadern der rechten unteren Extremität entlassen werden musste, nach Perityphlitis, welche ein deutlich nachweisbares Exsudat hinterlassen hatte. Leider gebt aus dem Attest nicht hervor, inwieweit die Krampfadern mit dem Exsudat in Beziehung zu bringen sind, doch scheint uns eine nahe Be- ziehung zwischen beiden bei dem vorher gesunden Manne wohl erklärlich. Auch Verstauchung des Hüftgelenkes mit grösserem Blutanstritt in die Umgebung wird vorgeschichtlich zweimal für die Krampfaderbildung an- gezogen, ferner Bruch beider Oberschenkelknochen mit massiger Callus- bildung und Quetschung der Oberscbenkelweichtheile durch grosse Ge- walteinwirkung je einmal. Nächst der Leistengegend ist es die Kniekehle, wo, wie wir gesehen haben, schon von Natur im Moment starker Muskelanstrengnng eine Verengerung des Venenstammes durch die eiu- klemmende Fascie und eine Hemmung des Blutrückflusses stattzufinden pflegt, eine Hemmung, die besonders wirksam wird, wenn noch die Um- gebung des Venenstammes bei Schwellung nach entzündlichen Vorgängen komprimirend einwirkt. Chronische Kniegeleukentzünduugen und Ver- stauchungen mit nachweislichen Residuen in der Umgebung des Gelenkes sind dann auch unter unseren Fällen siebenmal als Grund für die Ent- stehung von Varicen an den Unterschenkeln anfgeführt.

Hieran reiben sich vier Fälle von Distorsionen des Fussgelenkes, zwei Fälle von Erfrierung der Füsse, zwei Schass Verletzungen des Fusses and eine solche des Oberschenkels, denen Krampfaderbildungen in direkter Folge sich anschlossen. Zellgewebs- und Lymphgefässentzündungen mit den nachfolgenden und bleibenden Narben und Verwachsungen, aus inneren oder äusseren Ursachen entstanden, oft mit Phlebitis im Gefolge liefern, wie wir wissen, mit das häufigste Hinderniss für den Venen- kreislanf an der unteren Extremität. Besonders bei jüngeren Leuten sind die von Varicen umgebenen Hautnarben, die wir so häufig in grösserem Umfange bei Varicenbildungen antreffen, nicht die Folge varicöser Ge- schwüre, sondern in der grossen Mehrzahl der Fälle handelt es sich um

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änsaere Einflägse, Stiefeldrack, Hufschlag, KoDtasionen aller Art, welche nach Ablauf der durch sie bedingteu ZellgewebsentzünduDgen die Varicen erst entstehen Hessen.

In 10 unserer Fälle war auf solche äusseren Einflüsse hin entstandene Zell- und Lymphgefässentzündnng die direkte Veranlassung zur Ent- stehung der vordem auch nicht in Andeutungen vorhandenen Varicen; und weitere 22 Leute, die der Varicen wegen zur Entlassung kamen, zeigten Narben von früher überstandenen Entzündungen, die, bald mit dem Knochen verwachsen, bald weit in die Tiefe reichend, als Grand für die Entstehung der Varicen angesehen werden mussten.

Besondere Erwähuung verdient auch das Hinderniss, welches durch den sogenannten Plattfuss dem Venenblutkreislauf geboten ist. Schon bei normal gewölbtem Fusse veranlasst das Auftreten ein Entweichen des Blutes aus den tiefgelegenen Venen der Richtung der Klappen ent- sprechend in die Saphenae; um wie viel mehr müssen die letzteren be- lastet werden, wenn, wie es beim Plattfuss der Fall, die aponeorosis plantaris erschlafft, die Bänder gedehnt sind, der Druck des Auf- tretens auf die ganze Sohlenfläcbe vertheilt und gleichzeitig bei starker Kontraktion der Unterschenkelmuskeln ein Entweichen des Blutes in die tiefen Venen (der Klappenrichtnng gemäss) in hohem Grade erschwert ist. Da Leute mit ausgebildetem Plattfuss nicht zur Einstellung kommen, so ist das diesbezügliche Material in unserer Sammlung auch nicht reichhaltig. Immerhin finden wir’ aber achtmal Plattfuss mit Varicen komplizirt und ersteren als Grundursache für die Entstehung der letzteren aufgefübrt.

Gaujot*) rechnet zu den Ursachen für die Entstehung der Varicen wie der Varicocele bei Soldaten auch noch die Einengung des Leibes durch Kleidung und Lederzeug, sowie die allgemeine Belastung durch Gepäck und Waffen.**) Das häufige Vorkommen beider linkerseits, was er der Varicocele wie den Varicen gleichmässig zuspricht, erklärt er daraus, dass bei den meisten militärischen Anstrengungen die links- seitige Muskulatur in Kontraktionsstellnng immobilisirt werde, um als Stützpunkt zu dienen für die aktive Bewegung der rechten, freigelassenen Seite. Die dadurch bedingten wiederholten und andauernden Muskel- kontraktionen des Abdomens und der linken Seite sollen eine Stauung und Erweiterung der Venen, besonders der des Samenstranges, aber auch der Venen der linken unteren Extremität berbeiführen, wie denn

*) I. e.

**) Fall 10 der Dienstbeschüdigungeii.

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aach nach Ganjot Varicen wie Varicocele mehr links, Hernien, die durch denselben Mechanismas entstehen, mehr rechts Vorkommen. Nan steht ja in der That das vorwiegende Vorkommen der Varicocele auf der linken Seite fest, wie denn anch unter unseren mit Varicen kompli* zirten 55 Fällen 50 die linke Seite betreffen und unter den uns sonst aus der Armee mitgetheilten 160 Fällen von Varicocele 149 linksseitige, nnr 3 rechtsseitige (8 beiderseits) sind; indessen sollte man doch vor allen Dingen die anatomischen Verhältnisse berücksichtigen, die rechtwinkelige Einmündung der vena spermatica sinistra in die vena renalis, während rechts die Einmündung der vena spermatica in die Cava spitzwinkelig ist, den Druck, welchen die Samengefässe links durch die flexura sigmoidea erleiden, das tiefere Herabhängeu des linken Hodens an und für sich, ehe man die besonderen Eigenthümlichkeiten des aktiven Militärdienstes für die Entstehung des anch bei Nichtsoldaten meist links vorkommenden Leidens verantwortlich macht; besonders in dem Lebensalter, wo anch die Thätigkeit der samenhereitenden und zu- führenden Organe mit dem Erwachen des Geschlechtstriebes eine leb- haftere wird und grössere Blntzafnhr veranlasst Bezüglich des vor- wiegenden Vorkommens der Varicen linkerseits bei den Soldaten ist zunächst zu betonen, dass unter unseren oben erwähnten 55 Fällen von Varicocele nnr 18 mit linksseitigen, 31 mit beiderseitigen, 6 mit rechts- seitigen Varicen vergesellschaftet waren.

Für unsere sämmtlichen 860 Fälle von Varicen bei Soldaten stellen sich die Zahlen so, dass auf die linke Seite 281, auf die rechte l9l, und auf beide Seiten zugleich 388 entfallen. Die Vorliebe der linken Seite für die Erkrankung ist demnach doch wohl kaum eine so grosse, wie sie Ganjot glaubt annehmen zu müssen.

Immerhin wollen auch wir dem militärischen Rüstzeug etc. in Ver- bindung mit den militärischen Anstrengungen, dem vielen Aufrechtstehen, forcirten Märschen etc. nicht jede Bedeutung, besonders für die Ver- schlimmernng einer schon bestehenden Venenerweiterung absprechen, zumal erfahrnngsgemäss, wenigstens bei den mit Varicocele in den Dienst tretenden Leuten, das Leiden im Dienst gewöhnlich bald znnimmt. So wurden laut Statistischen Sanitätsberichts in den vier Jahren 1878 bis 1882 174 Mann, und zwar nach Anlage I zu § 7 d. R. O. Bachstabe r: 10, nach Anlage 4 zu § 9 d. R. O. sub 56: 142, und nach Anlage IVa d. D. A. sub 56: 22 als dienstunbrauchbar entlassen. Von den 142 bald nach der Einstellnng oder doch vor vollendeter Ausbildung Entlassenen hatten 129 das Leiden schon vor der Einstellung, und von den 22 bereits

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aasgebildeten Leuten 10, so dass die ersten 10 abgerechnet bei 139 von 164, also bei 84,75 pCt. der wegen Varicocele Entlassenen eine V'er- schlimmerung des Leidens während der Dienstzeit oder doch nach der Einstellung eintrat, wenn auch wohl ein grosser Theil jener 129 Mann gleich nach der Einstellung, noch bevor der Dienst etwaige schädliche Einflüsse äussern konnte, zur Entlassung gekommen ist. Jedenfalls er- sehen wir aus diesen Zahlen, dass die Einstellung der mit leichter Varicocele behafteten Militärpflichtigen einige Vorsicht erheischt.

Die den Blutkreislauf hemmende Wirkung der militärischen Kleidung finden wir bei unseren Soldaten nur in den auch aus anderen Gründen schon vielfach angefochtenen hohen Stiefeln der Kürassiere. Die beim Reiten in der Kniekehle sich bildende Falte, die vielfach zu Haut- entzündungen etc. Veranlassung zu geben pflegt, übt offenbar auch einen Druck auf die abführenden Gefässstämme ans, der bei der unter starker Muskelkontraktion schon an und für sich gerade in der Kniekehle be- hinderten Blutströmung recht bedeutungsvoll werden kann. Fall 24 unserer Dienstbeschädigungen giebt hierfür ein Beispiel.

Noch ein anderes ätiologisches Moment für die Varicenbildungen, welches besonders unter militärischen Verhältnissen wohl eine grosse Rolle spielen kann, wird von mehreren Autoren und besonders von Negretti*) als bisher immer noch nicht genug gewürdigt aufgeführt. Das ist für die Varicenbildung der unteren Extremitäten neben den äusseren Verletzungen und mechanischen Einflüssen, denen gerade die unteren Gliedmaassen, und zwar im militärischen Dienste mehr als unter anderen Verhältnissen ausgesetzt sind, und deren Häufigkeit oben bereits Erwähnung gefunden hat, auch aus der Zahl der Dienstbescbädignngen zur Genüge zu ersehen ist der Einfluss von Erkältungen, die ebenso wie die Kontusionen subakute und chronische Phlebitis hervorrnfen, welche dann mit allen ihren Folgezuständen und Ausgängen, wie Ver- engerung oder Dilatation der Venen, Auflagerung, Verdickung, Verfettung der Wandungen, Zerstörung der Klappen, Verkalkung etc., die Varicen entstehen lässt. Auch unter unseren Fällen finden sich mehrere, wo uns lediglich „Manöverdurchnässungen“ als Grund für die Entstehung des Leidens angegeben sind. Die Thätigkeit der Muskulatur trägt (vergl. oben) im Allgemeinen dazu bei, den Rückfluss des. Blotes in den Venen zu fördern; nur wenn die Kontraktion der Muskeln eine anhaltende, sehr energische ist, werden die abführenden Venenstämme durch Mnskel-

*) 1. c.

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and Fascienringe abgeschnürt, oder doch verengert. So iet der Druck, den die Aponeurose in der Kniekehle anf die EinmündnngBStelle der vena saphena posterior in die Poplitea, am Schenkelring auf die Ein- mündung der saphena magna in die vena cruralis ausnbt, in dieser Hinsicht von grosser Bedeutung.

Wie verhält es sich nun am Schenkel mit den intra- und inter- muskulären Venen, sobald die Muskulatur sich kontrahirt?

Dieselben, in der Tiefe «wischen und in den Muskelbänchen gelegen, mit ihren bald geraden, bald im Bogen verlaufenden Anastomosen, müsseu DOtbwendigerweise gezerrt und zusammengepresst werden. Die znsammen- gepressten Gefässe erhalten, der Klappenanordnuug gemäss, Blut von der Oberfläche her, das sie nicht anfzunehmen im Stande sind, es entsteht eine Stauung im Kreislauf, die sich in der dem Blutstrom entgegengesetzten Richtung fortpflanzt, und bei häufiger Wiederholung dieser Stauung an be- stimmter Stelle kommt es zu einer Erweiterung der Venen in der Tiefe die, sobald die Klappen insuffizient werden, sich in der Richtung nach der Oberfläche zu ansdehnt. Meist werden derartige Varicen in der Tiefe sieb langsam entwickeln, durch fortgesetzte energische Kontraktion der- selben Muskeln veranlasst, und sie werden für gewöhnlich erst zur KeDntniss des Patienten wie des Arztes kommen, wenn die Erweiterungen sieb bis an die Oberfläche ausgedehnt haben.

Indessen kann ein solcher tiefliegender Varix auch wohl plötzlich entstehen, wenn eine plötzliche besonders starke Anstrengung bestimmter Muskeln eine hochgradige Zerrung und Kompression und bei ununter- brochen weiterem Blutzufluss zu der gezerrten oder komprimirten Stelle eine besonders hohe Spannung daselbst berbeifuhrt. In letzterem Falle wird die Entstehung des Varix nicht ohne Schmerzempfindnng vor sich gehen.

Die plötzliche Blutstauung an umschriebener Stelle, die unmittelbar darauf folgende Dehnung und Zerrung der Oefässwand wird nun in der Thst häufig als ein plötzlich in der Tiefe auftretender Schmerz em- pfanden, auf den die Verletzten die weitere Entwickelung ihrer Krampf- adern zurückzuführen versuchen.

Dass bei Fehlen sonstiger Strömungshindernisse durch energische Muskelanstrengung am Schenkel zuerst oberflächliche Varicen entstehen, ist somit schon der Klappenrichtnng wegen ausgeschlossen. Nur in den Venen - Anastomosen des m. solens sind die Etappen nach der Peripherie bin gerichtet, hier wurde also eine Ueberfüllung oberflächlicher Venen bei Kontraktion des Muskels möglich sein. Allerdings wird man

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sehr bänfij; kaum in der Lage sein, die tiefliegenden Varicen, die doch unter solchen Umständen bei dem Bestehen von oberflächlichen stets schon vorher vorhanden waren, durchzufühlen. Indessen hat V erneuil*) doch einige Symptome tiefliegender Varicen hervorgehoben, die schon frühzeitig, bevor sich oberflächliche zeigen, für die Diagnose vervrerthbar sind und die auch wir, besonders nach Einstellung der Bekruten, hin und wieder von Nenem zu beobachten Gelegenheit hatten.

Nach längerem angestrengten Marschiren oder Äufrechtstehen klagen die betreffenden Patienten über ein Gefühl von Schwere und Vollsein in den Waden, von Stechen nnd Prickeln in der Tiefe wie anf der Ober- fläche und fast immer über das immer von Nenem wiederkebrende Gefühl von Eingeschlafensein der Beine. Während von äusseren Venen- erweiterungen nichts zu sehen ist, erscheint die Enöcbelgegend ge- wöhnlich ganz leicht ödematös und an dieser Stelle, wie in dem Knie- gelenk empfinden die Patienten dann anch ein Gefühl von Schwäche und leichter Schmerzhaftigkeit bei Bewegung. Alle diese Erscheinungen gehen bei horizontaler Lagerung und Einwickelnng des Gliedes zurück, wiederholen sich indessen nach neuen Anstrengungen, bis nach Ablauf längerer Zeit auch die Erweiterung der subkutanen Venen sichtbar wird. Zuweilen gelingt es schon frühzeitig, in der Tiefe feste Venenknoten durchznfühlen, nnd bei intramuskulären Venen bietet der Muskel nach VerneniTs Angabe dem tastenden Finger zuweilen das Gefühl dar, wie man es bei der Varicocele findet. Der erschlaffte Muskel ist von unebener Oberfläche und es gelingt, die in ihm liegenden Varicen, an- einandergereiht oder vereinzelt, als weich elastische Knoten innerhalb des Muskels abzugrenzen.

Als weiteres Symptom kommt hinzu der plötzlich anftretende und bei Horizontallagerung schwindende Schmerz , der besonders intensiv bei intramuskulären Varicen sein muss, da hier die erweiterten Venen nicht so auszuweichen vermögen, wie in dem lockeren Bindegewebe, ausser- dem aber auch häufig im Bogen um das erweiterte GeGiss herumgehen nnd so erst recht dem Druck eines Varix ausgesetzt sind. Anch die sogenannten Wadenkrämpfe, die krampfhaften Muskelkontraktionen nach Birch - Hirsch feld die Folge der gestörten Zirkulation im Muskel pflegen gerade bei intramuskulären Phlebektasien am stärksten zu sein. Wenn somit schon der Schmerz die intramuskulären Varicen häufig recht unerträglich macht, so ist ausserdem die Gefahr einer Beratung bei diesen ganz besonders gross.

*) cfr. S. 134 No. 10 der Litteratur.

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Während die intermusknlären Anastomosen der Venen meist im Bogen Tcrlanfen und ihnen somit in dem lockeren Zellgewebe die Mög- lichkeit gegeben ist, einem Muskeldruck zn weichen oder eine Zerrung aaszuhalten, dnrchschneiden die intramuskulären den Muskel in gerader Linie. Zieht letzterer sich zusammen, so erfährt die in ihm fest ein- gelagerte Vene, die der Kontraktion zn folgen gezwungen ist, eine Zerrung, die bei yaricöser Erweiterung leicht zu einer Zerreissnng mit allen ihren schweren Folgezuständen führen kann. Der bei einer solchen plötzlich anftretende heftige Schmerz, verbunden mit vollkommener Oe- branchsnnfäbigkeit des Gliedes, von den Franzosen als ^coup de fouet“ bezeichnet, ist in früheren Jahren bald auf Muskel-, bald auf Sehnen- zerreissungen zurückgeführt worden, bis Vernenil, gestützt auf mehrere schwere, tödtlich verlaufene und secirte Fälle die Zerreissnng tiefer Krampfadern als Grund für denselben nachwies.

Diese Behinderung im Venenkreislauf durch die Muskelkontraktionen mit der nachfolgenden Entwickelung tiefer Varicen spielt unserer Ansicht nach gerade im militärischen Leben eine gewaltige Rolle. Es wird Jeder gern zugeben, dass der Soldat, selbst wenn er vordem in der Heimath angestrengt zu arbeiten gewohnt war, doch an seine Muskulatur wesent- lich höhere Anforderungen zu stellen genöthigt ist als vordem, und dass er häufig in die Lage kommt, bestimmte Muskelgruppen plötzlich in energische Kontraktion versetzen zn müssen.

Wenn uns bei einer grossen Zahl unserer Krampfaderfälle ans der Armee bald „angestrengter Marsch im Manöver“, bald „Schenkelschluss bei fortgesetztem Reiten schwieriger Pferde“, bald „Heben schweren Ge- schützes“ als einzige Ursache für die Entstehung des Leidens angegeben wird, so können wir uns die Entwickelung der Krampfadern eben nur in der oben beschriebenen Weise denken und müssen annehmen, dass zu- oächst tiefe Varicen, dann erst im Lauf der Zeit oberflächliche ent- standen sind.

Uebrigens ist auch mehrfach angegeben worden, dass ein plötzlich bei irgend einer Uebung in der Tiefe der Weichtbeile aufgetretener Schmerz, das Zeichen für die plötzliche Dehnung der Gefflsswand an umschriebener Stelle, als Ausgangspunkt für das später zur Entwickelung gekommene Leiden von den Erkrankten betrachtet und festgehalten worden ist. Auch die Fälle, wo die Krampfadern infolge von Karrenschieben auf der Festung, oder stundenlangem Tragen starker Fallisaden entstanden sein sollen, gehören hierher.

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Inwieweit in jedem einselnen Falle schon tiefe Vsricen vor dem Eintritt bestanden haben, wird sich nur schwer entscheiden lasseu. Jedenfalls würde manche Invalidisirang sich vermeiden lassen, wenu jeder Mann, der gleich nach der Einstellung mit leichten Oedemen und den sonstigen oben genannten Anzeichen tiefer Varicen zur Revier- behandlung kommt, genau hierauf untersucht und eventuell entlassen würde, bevor die militärischen Verhältnisse für die Entstehung der bald folgenden oberflächlichen Venenerweiterungen verantwortlich gemacht werden oder gar auf eine dienstliche Veranlassung hin die Ruptur eines tiefen Variz erfolgt Ferner würde manche Streitigkeit über eine etwaige Dieustbeschädigung vermieden werden können, wenn man bei der all- jährlich wiederkehreuden Untersuchung der Kapitulanten allgemein auch auf die Veränderungen der tiefliegenden Venen Acht geben würde, deren knotige Beschaffenheit inner- oder ausserhalb des Muskels sich doch bin und wieder durchfühlen lässt

Zu diesen so verschiedenartigen Hindernissen im Venenblutrückflnss, für welche sich auch unter den hinten angeführten Dienstbeschädigungen Beispiele finden, kommt noch die Verstopfung eines Venenstammes durch den Thrombus als Ursache für die Entstehung von Varicen hinzu. Wir haben der Phlebitis und Thrombose in Verlauf von Zellgewebsentzün- dungen etc. schon oben Erwähnung gethan und wollen hier nur noch der Fälle gedenken, wo Thrombenbildung im Anschluss an fieberhafte Krankheiten den Ausgangspunkt für die Entwickelung der später zur Dienstunbrauchbarkeit führenden Varicen abgegeben hat Wir finden Fälle der Art unter den Dienstbeschädigungen; und auch unter den als dienstunbrauchbar Entlassenen finden sich mehrere, welche die Thrombose einem Abdominaltjpbns zu danken batten; selbst Varicenbildnng und zwar von sehr erheblicher Ausdehnung nach Thrombose infolge von ezanthematisebem Typhus ist unter unseren Fällen einmal zur Beob- achtung gekommen. Dass eine solche Verlegung eines Venenstammes gerade für die untere Extremität von grosser Bedeutung ist, liegt bei den überaus mangelhaften Abflnssverhältnissen des Vencnblutes auf der Hand. Selbst wenn, wie Braune angiebt, der Thrombus der Femoralis meist nicht vollkommen schliesst, sondern dem Blotrückfluss noch Kaum lässt, so möchte doch nach längeren fieberhaften Krankheiten die Herzkraft kaum ausreichen, um das Blut in genügender Menge durch die verengte Stelle zu treiben, noch viel weniger aber genügen, um den Widerstand der dem Blutrückfluss entgegenstehenden Klappen in den Anastomosen zu überwinden. Hat sich aber unter solchen Umständen

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im Laafe der Zeit erst eine Erweiterung der Venen gebildet, so wird bei der Zunahme der Erweiterung in der dem Blutstrom entgegen- gesetzten Richtung sehr bald die Insuffizienz der Klappen folgen und damit auch jede Möglichkeit des Schwindens der Varicen nach etwaigem Dnrchgängigwerden der thrombosirten Stelle ausgeschlossen sein,'* ••)^)

Die Zahl der Varicenfälle, bei denen kein Grund für die Entstehung angegeben werden konnte, ist indessen doch eine bei Weitem grössere. In allen diesen Fällen bleibt uns nur übrig, mit Birch-Hirscbfeld eine angeborene Schwäche der Venenwandnogen , wenn es sich um cylindrische Erweiterungen handelt, anzunehmen, oder mit Soboroff bei Krampfaderknoten die Ungleichheit der Stärke der Venenwand an verschiedenen Stellen für die Entstehung der Knuten verantwortlich zu machen. Im Uebrigen ist das besonders häufige Vorkommen solcher anscheinend grundloser Phlebektasien bei Männern gerade in der mitt- leren Lebensperiode allgemein anerkannt; bald gehen dieselben von den Stämmen aus und setzen sich von dort auf die Verzweigungen fort, bald beginnt die Entwickelung an den kleinsten Venenwurzeln und geht von dort auf die Stämme über; nach Hasse'^'^) ist indessen ersteres besonders bei Männern, letzteres bei Frauen der Fall. Dass an den unteren Ex- tremitäten subkutane, inter- und intramuskuläre Venen gleich häufig und oft unabhängig von einander erweitert sind, haben wir bereits gesehen, indessen müssen doch einzelne Venen als besonders bevorzugt in dieser Hinsicht betrachtet werden. Zu diesen gehört vor allen die vena saphena interna. Wird man auch der schon oben erwähnten ein- sebnürenden Wirkung des processns falciformis, dem Durchtritt der Vene durch die fascia cribrosa an der Stelle, wo auch der Schenkel- bruch durebtritt, und somit zu komprimiren oder zu verengen im Stande ist, den an der Mündungsstelle der Venen massenhaft vertretenen glan- dalis lymphaticis, der Dünnheit der fascia superficialis, wodurch den Wänden der Vene der rechte Halt fehlt,***) der häufig schon vorher vor- handenen Insuffizienz der Klappen an der Einmündungsstelle etc. ein wesentliches Verdienst für die Entstehung der ampullenartigen Er- weiterung zngestehen müssen, so ist damit doch keineswegs die stark geschlängelte und sackig ausgebnehtete Form erklärt, die gerade im

*) Für Krampfaderbildung nach Geschwülsten der Bauchhöhle (Druck auf die Iliaca) haben wir Beispiele aus der Armee nicht erhallen.

••) Spee. patholog. Anatomie.

***) Forgeron, Des dilatations ampullaires de la saphene ä son embouchure. Thbe 1881.

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Verlauf der saphena interna zur Beobachtung kommt Hier einfach cylindrisch oder spindelförmig erweitert mit hypertrophischer Wand und atrophischer, insuffizienter Klappe, dort stark verlängert und geschlängelt mit knotenförmigen Ausbuchtungen, die wiederum untereinander ver* schmolzen sind und fast den Ban des kavernösen Gewebes zeigen, bietet die Vene in ihrem Verlauf ein Bild aller Formen der Stammerweitemngen dar, mit Stasen, Thromben, Organisation der Gerinnsel, Schrumpfung der Knoten, Pblebolithbildung u. dergl. Gerade die auf den subkutanen Verlauf des Ilauptstammes der saphena interna beschränkten Phlebektasien sind trotz der geschwnlstartigen Knotenbildnngen, die oft die Grösse einer Wallnnss und darüber erreichen, meist vollkommen frei von den io der Umgebung der Knoten an anderen Stellen so häufig beobachteten Reiz* und Enczündongserscheinnngen : sie zeigen keine Neigung zu Phlebitis und Periphlebitis, zum Durchbruch oder zu jauchiger Erweichung der Thromben, sie sind nicht von Oedemen, Ekzemen und Verdickungen der Haut gefolgt, sondern häufig von früher Jugend an bestehend, noch bevor von einer besonderen stehenden Beschäftigung des Individuums die Rede sein konnte, sind sie, mit dem übrigen Körper allmählich wachsend, von den Trägem selbst höchstens als ein Curiosum, kaum aber als ein die körperliche Leistungsfähigkeit irgend wie beeinträchtigendes oder störendes Leiden empfunden worden. So verhielt es sich auch in dem oben erwähnten in der Charite beobachteten Falle; ein zweiter derartiger ist uns in der Praxis begegnet, wo die Schlängelung und Knotenbildung am Oberschenkel Stärke und Gestalt kindlicher Darmwindungen er- reichte und zu gleicher Zeit zahlreiche Lipome über die ganze Oberfläche vertheilt bestanden. Noch ein zweiter mit Lipombildung komplizirter derartiger Fall ist uns aus der Armee mitgetheilt worden.

Liegt non nicht bei dieser Form der Saphenenvaricen, wenn man das Fehlen aller Reizerscheinnngen in der Umgebung, das Fehlen jeder Zirkulationsstörung in der Extremität berücksichtigt, der Gedanke nahe, dass es sich hier um eine gutartige Neubildung, eine Hyperplasie der Elemente der Venenwandungen handelt?

Und ist dasselbe nicht anzunehmen bei den besonders auf dem Fass- rücken beobachteten, durch keinerlei Zirknlationshindernisse erklärten Wurzelerweiterungen, die oft von Handtellergrösse sich als dicht ver- zweigtes feinstes Venennetz in der Haut abheben? Während in letzterem Falle sich die Hauptstämme fast gar nicht an der Dilatation betheiligen, zeigen die feinsten Aeste ein dichtes Netzwerk kleinster Venen, die meist röthlich violett durch die Haut dorchschimmern, hin

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Dod wieder sich aber auch als dookelbraun, fast spezifisch aussehende Flecke (Ektasien kapillarer Venen) darstellen und ohne Trauma beob- achtet sind. Dass solche kapillaren Ektasien je die allgemeine Leistungs- fähigkeit des Trägers besonders behindert hätten, oder dass sie durch die sonst bei Varicen beobachteten, noch weiter zu erwähnenden Folge- xDStände bedeutungsvoll geworden wären, davon ist, soweit uns bekannt, bisher nirgend etwas erwähnt worden. Für diese Formen folgen wir gern der Ansicht v. Lesser’s,*) der die Varicen auf Neubildnng zn- röckznführen bestrebt ist.

Ueber das Vorkommen der Erweiternngsformen an den unteren Extremitäten lässt eich nur sagen, dass alle Formen, cylindriscbe und knotenförmige. Kapillar- und Stammektasien, oberflächliche und tiefe Varicen wohl an jeder beliebigen Stelle beobachtet sind, wenn auch einzelne an bestimmten Stellen zu den Seltenheiten gerechnet werden müssen. So sind uns z. B. „knotenförmige Ektasien auf der vorderen Schienbeinfläcbe und auf der Patella“, „ein Kranz von Knoten um die Patella herum“, „ringförmige Ausbreitung von Knoten um die Mitte des Oberschenkels hemm“, „feinstes Kapillarvenennetz in der Kniekehle und io der Leistenbeuge“ ans der Armee mitgetheilt worden, Formen, wie sie doch gewiss nicht häufig beobachtet werden. Dass der Sitz des Leidens für die Gebrauchsfähigkeit des Gliedes von grosser Bedeutung ist, liegt auf der Hand. Varicenknoten grösseren Umfanges auf dem Fussrücken oder in der Knöchelgegend machen den Fussdienst ebenso Domöglicb wie die an der Innenseite des Knies gelegenen, in der Armee überaus häufig konstatirten Krampfadern den Dienst zu Pferde, nnd tiefliegende Varicen lassen eine energische und immer wiederholte Muskel- kontraktion, wie sie der Militärdienst erfordert, überhaupt nicht zu, oder es entwickeln sich wenigstens sehr bald bei weiterem Fortschreiten der Dilatation nnd der daraus folgenden Insuffizienz der Klappen umfang- reiche cylindriscbe Erweiterungen der subkutanen Venen.

Wenn so an einzelnen Stellen, die im militärischen Leben dem Druck TOD aussen besonders ausgesetzt sind, Varicen immer Beschwerden ver- orsacben werden, so giebt es doch wiederam sehr umfangreiche Venen- erweiternngen, bei denen die Beschwerden in keinem Verhältniss zu der grossen Ausbreitung des Leidens stehen. Ebenso erfolgt keineswegs anf ein Zirkulationshinderniss bin immer eine Varicenentwickelung. Wir sehen in der Schwangerschaft bald Varicosi täten, bald Oedem, bald

•) I. c.

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beides entstehen , also als Folge des Hindernisses bald Ektasie, bald Transsndation , beides in seiner Entstehnng unerklärlich. Vielfach ebenso unerklärlich wie die Aetiologie sind die mannigfachen Beschwerdeo, Folgen und Ausgänge der Varicen. Die Wirkung der verlangsamteo Zirkulation auf die Gewebe zeigt sich an der Haut in ekzematöser Ent- zündung, oft recht quälender Art, in bräunlicher Pigmentimng und Hypertrophie des Zellgewebes und der Haut, bald mit, bald ohne Oedem. Dazu kommt das Gefühl von Ermüdung und Schwere, verbunden mit Schmerzen neuralgischer Art Die Haut büsst bald ihre Widerstands- fähigkeit gegen schädigende äussere Einflüsse ein, es kommen und geben Erysipele, Phlegmonen, Excoriationen und Geschwüre mit Entzündnog und Aufbruch der Knoten, Blutungen infolge von Atrophie der Varix- wand durch Druck nach Verwachsung mit der Haut oder durch Ver- dünnung der letzteren folgen bald und machen das Leben oft unerträg- lich. Alle diese Beschwerden fehlen in vielen Fällen recht ausgedehnter Venenerweiterungen und machen sich wiederum unverhältnissmässig stark bemerkbar bei anscheinend kleinen, vordem kaum beachteten Knoten und Strängen.

Wenn somit die Aetiologie unendlich vieler Formen von Varicen und die Folgezustände derselben bisher noch immer der Erklärung harren, und es noch nicht gelungen ist, das Fehlen aller Beschwerden hier, das starke Auftreten bestimmter Störungen dort, wissenschaftlich zu erklären, so sind die Versuche der Heilung der Varicositäten bisher noch bei weitem fruchtloser gewesen. Ans der geschilderten Entstehnng, Ver- breitung u. dergl. geht zur Genüge hervor, dass es weder den verschieden- artigsten Injektionen, sei es io die Vene selbst oder in deren Umgebung, nach der sorgfältigsten Isolirnng der Vene unter Einfluss der Loft gelingen wird, eine Verödung ausgebreiteter Varicositäten berbeiführen. Ebenso- wenig wird man durch stetige Einwickelungen das Leiden ganz beseitigen können, wenn auch manche Erleichterung dadurch erzielt werden wird. Die in den letzten Jahren so vielfach geübten und gepriesenen Excisionen grösserer Venenstücke und Knoten unter streng antiseptischen Kanteten, welche ja gewiss auf die Heilung torpider Unterschenkelgeschwüre nnd auf die Heilung lästiger chronischer Ekzeme von sehr segensreichem Einfluss sind, kommen für die Heilung von Varicen bei Soldaten, selbst wenn es sich nur um eine beschränkte Ausdehnung derselben haudelt, kaum in Betracht. Wird, was gewiss selten geschieht, einmal die Ein- willigung zu einer solchen Operation gegeben, so wird durch den Eingriff an die Stelle der vorher besonders behindernden Varicen eine Narbe

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gesetzt, die den Druck der Kleidung, der Stiefel beim Marschiren uud Reiten ebensowenig zu vertragen im Stande ist wie die vordem lästigen Krampfadern. Bezügliches Material steht uns allerdings ans der Armee nicht zur Verfügung bis auf einen Fall, den wir vor einigen Jahren in einem Artillerie-Regiment zn beobachten Gelegenheit hatten. Bin etwa 6 bis 8 cm langes Stück einer varicösen Vene, an der Innenseite des Unterschenkels dicht unter dem Knie gelegen, welches beim Reiten dem Träger grosse Beschwerden verursachte, wurde excidirt. Die Heilung ging ganz glatt von statten, indessen machte die Narbe später der bei jedem angestrengten Dienst infolge des Druckes auftretenden Reiz- erschelnungen wegen die Entlassung des Mannes notbwendig.

Die Rekrntirungsordnung rechnet zu den geringen körperlichen Fehlern, welche die Tauglichkeit im Allgemeinen nicht aufheben, unter Buchstabe s auch „einzelne Blutadern an den Beinen ohne Knotenbildnng“, spricht dagegen dauernde Untauglichkeit den Leuten zu, die mit (Anlage 4 sub 68) Blntaderknoten an den Beinen behaftet sind, „welche durch ihre weite Verbreitung oder Grösse oder schon durch ihre ungünstige Lage den Gebrauch der Extremitäten im Militärdienst stören“. Nächst dem Umfang, der mehr oder weniger starken Ausdehnung des Leidens über eine grössere Fläche der Extremitäten, ist also besonderes Gewicht gelegt auf die „Knotenbildnng“. Dasselbe finden wir bei der Beurtheilung der Unfähigkeit zur Fortsetzung des Garnison- bezw. Felddienstes bei militärisch ausgebildeten Mannschaften (Beilage IV sub 68 d. D. A.) betont. Wenn die Dienstanweisung vom 8. April 1877 in Beilage IVa sub 68 bei „stärkeren über einen grossen Theil der unteren Gliedmaassen verbreiteten cylindrischen Erweiterungen der Blutadern“ nur die Feld- dienstfähigkeit, nicht aber auch die Garnisondienstfäbigkeit aufhebt, so können wir darin nur eine Bestätigung unserer Ansicht erblicken, dass gerade Erweiterungen oberflächlicher subkutaner Venen, selbst wenn sic sehr verbreitet sind, unendlich viel weniger Beschwerden zu machen pflegen als selbst kleine, sei es tief, sei es oberflächlich gelegene Knoten, die sich nicht nur mit dem überaus heftigen krampfhaften Schmerz, sondern vor Allem auch mit den übelsten aller Folgeznstände der ^aricen, den varicösen Geschwüren und Fisteln, zu kompliziren pflegen. Dazu kommt, dass wir das Entstehen der cylindrischen Erweiterungen oberflächlicher Venen in vielen Fällen als einen Ausgleich der vorher durch tiefe Varicen gestörten Zirkulation betrachten müssen und er- fabrungsgcmäss eine Erleichterung der vorher vielleicht heftigen Be- schwerden erwarten können.

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Leute mit irgendwie erheblicher Knotenbildung werden wir jeden* falls ein für alle Male vom Militärdienst ansschliessen müssen. Zn Fass wie zn Pferde werden dieselben nicht nur von grossen Beschwerden besonders wenn es sich am tiefe Knoten handelt geplagt sein, sondern anhaltende starke Maskeikontraktion wird für sie auch die Gefahr der Berstang eines Knotens an der Oberfläche oder gar in der Tiefe be* dingen, ancb wenn die Knoten an Stellen liegen, wo sie keinem äosseren Druck aasgesetzt sind. Kann man bei subkutanen cylindrischen £r- weiternngen das gleichzeitige Bestehen tiefer Knoten, auf die wir be* sonders hinweisen zu müssen glauben, mit Bestimmtheit ansschliessen, so werden solche Militärpflichtige 'nur dann als dienstnnbrauchbar bezeichnet werden müssen, wenn sich das Bestehen eines äusseren oder inneren Hindernisses für den Venenblutabfluss nach weisen lässt.

Zur Benrtheilung der Frage, inwieweit eine dienstliche Veranlassong der Entstehung von Krampfadern zu Grande liegen und inwiefern das in leichtem Grade schon bestehende Leiden durch den Dienst in ein hochgradiges verwandelt werden kann, stehen uns 40 Fälle zur Ver- fügung.

Die ersten 16 haben das Gemeinsame, dass die dienstliche Ver- anlassung, welclie dem Leiden zu Grande liegen soll, in keinem der Fälle genau spezialisirt ist. „Dienstliche Anstrengungen, der mechanische Einfluss des anstrengenden und ermüdenden Marsches, Tarnen, Elzerziren und Marschübungen, Manöveranstrengungen und Märsche, Marschiren über einen steilen Berg, Beengung durch Kleider, Lederzeug und Gepäck bei anstrengendem Marsch das sind die einzigen Angaben, die uns als Grund für die Entstehung oder Verschlimmerung des Leidens geboten werden.

ln solchen Fällen müssen wir annehmen, dass entweder mit der gesammten Muskulatur auch das Herz erschlafft und ermüdet und infolge dessen nicht mehr im Stande ist, hinreichend saugend auf das Venenblot zu wirken oder dass es infolge wiederholter, starker Kontraktion be- stimmter Muskelgrnppen zur Bildung tiefer intra- oder intermusknlären Vsn-icen, denen erst später oberflächliche folgen, kommt.

In ersterem Falle werden die Venenerweiterungen der unteren Ex- tremitäten für gewöhnlich über grössere Bezirke verbreitet sein and mehr in Form cylindrischer Erweiterungen im Gebiet der subkutanen Venen auftreten, obwohl knotenförmige Erweiterungen bei bestehender Ungleichheit der Venenwand an verschiedenen Stellen auch hierbei nicht ausgeschlossen sind. Diese Ungleichheit sind wir, falls Knotenbildongen

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Torhandea sind, bei angeblicher Entetehnng der Varicen durch Ermiidang des Herzens stets ebenso anznnebmen gezwungen, wie wir bei cjlindrischen, aus derselben Ursache entstandenen Erweiterungen eine angeborene Schwäche der Yenenwandnngen voranssetzen müssen. Dazu kommt eine gewisse Neigung der Herzmusknlatnr zur Erschlaffung; denn unter den vielen beim Compagnie-Exerziren, Manövermarsch etc. denselben An- strengungen ansgesetzten Leuten wird nur einer oder der andere in seiner Herzthätigkeit so gescbwttcht, dass es zur Yaricenentwickelung kommt, während die Herzen aller übrigen ihre Saugkraft unverändert weiter ansüben. Dass nicht die Herzverändemng, das Ornndleiden, sondern eine Folge desselben die Ursache zur Dienstentlassung des Mannes abgiebt, hat darin seinen Grund, dass es selten möglich ist, eine Yeränderung am Herzen nachznweisen. Eine Hypertrophie des Herzens wird, wenn überhaupt, sich erst später einstellen und die Un- regelmässigkeiten in der Aktion und das Beängstignngsgefühl, als Folge der Ermattung des Herzmuskels, wird auch nur in den seltensten Fällen vorhanden sein. Nach Yernenirs Untersuchungen entstehen oberfläch- liche Yaricen stets nur im Anschluss an tiefgelegene, so dass letztere wohl ohne die ersteren, oberflächliche aber nie ohne das gleichzeitige Yor- bandensein von tiefen beobachtet werden. Wir haben uns also das Zustandekommen der subkutanen Yaricen infolge von Ermüdnng des Herzmuskels in der Weise zu denken, dass bei mangelhafter Saugkraft des Herzens eine Stauung des Yenenblntes z. B. in den in der Tiefe der Wade schon erweiterten Yenen stattfindet, und dass sich die Er- weiterung infolge der Stanuhg bei Kontraktion der Muskulatur in der dem Blutatrom entgegengesetzten Richtung unter allmählichem Insnffizient- werden der Klappen bis an die Oberfläche fortpflanzt. Warum sollten iodessen nicht auch einmal, die oben besprochene Neigung der Yenen- wandnngen zu Erweiterungen vorausgesetzt, oberflächliche Yaricen infolge solcher Stauung des Blutes primär entstehen?

Dass viele Leute mit tiefen Yaricen eingestellt werden, ist wohl sicher. Ebenso müssen wir zugeben, dass diese Leute, wenn sie den militärischen Strapazen nicht ausgesetzt worden wären, voraussichtlich kein Fortschreiten ihrer tiefen Yenenerweiterungen an die Oberfläche erfahren hätten; bestimmte Bernfsarten natürlich ausgenommen. Wir werden mithin, wenn Yenenerweiterungen in direktem Anschluss an eben anstrengenden Marsch etc. entstehen, mit vollem Recht „die be- sonderen Eigenthümlichkeiten des aktiven Militärdienstes“, wenn auch vielleicht nur selten für die Entstehung, so doch jedenfalls für die Yer-

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Bchlimmerung des Leidens verantwortlich machen können, ohne Röcksicbt darauf, dass die eigentlichen Beschwerden der tiefen Varicen, sobald die Erweiterung sich bis auf die subkutanen Venen ansdehnt, nachznlassen pflegen. Die so entstandene Dienstbeschädignng ist demnach, im Grunde genommen durch die Ermüdung des Herzmuskels bedingt, als eine innere anfzufassen. Unserer Ansicht nach gebührt der Ermüdung des Herzmuskels im militärischen Leben für die Frage der Dienstbescbädigong überhaupt eine grössere Beachtung, als ihr im Allgemeinen geschenkt wird. Manche der Fälle, in denen Rekruten einige Monate nach der Einstellung „nervösen Herzklopfens“ wegen als dienstunbranchbar ent- lassen werden, möchten doch vielleicht auf die Ermüdung des Herz- muskels durch den Dienst zurückznführen sein, und somit in der dienst- lichen üeberanstrengung ein „den militärischen Verhältnissen zur Last zu legendes Moment“, mithin eine Dienstbeschädignng, zu finden sein.

Dass wir der militärischen Kleidung, Rüstzeug und Gepäck'’*') keine besondere zirknlationshindernde Eigenschaft beimessen können, und dass die Vorliebe der linken Seite für Varicenerkranknngen die hiermit in Znsammenhang gebracht ist, sich nicht wohl anerkennen lässt, mithin auch für die Dienstbeschädignng nicht in Frage kommen kann, ist bereits oben erwähnt; auf den hohen Stiefel der Kürassiere kommen wir noch zurück.

Um innere Dienstbeschädigungen handelt es sich auch in Fall 39 und 40 unserer Zusammenstellung.

Im ersteren Fall gab ein Thrombus der vena femoralis das Zirkn- lationshinderniss ab; vorangegangen war ein nicht auf dienstliche Ur- sachen zurückzuführender Typhus abdominalis. Die Venenerweiternogen haben sich erst zu besonderer Höbe entwickelt und komplizirten sich mit Oedem, als bei Wiederaufnahme des Dienstes nach der Genesung bei aufrechter Stellung höhere Anforderungen an die Mnskelthätigkeit gestellt wurden.

Im zweiten Fall scheint der Typhus abdominalis, dem Phlebitis und Ektasien folgten , als epidemische Krankheit am Oamisonorte geherrscht zu haben und dies als innere Dienstbeschädignng betrachtet zu sein.

•) cfr. Fall 10.

**) Unter den ersten IG infolge «lienstlicher Anstrengnng entstandenen Varicen- erkrankungen finden sich 7 linksseitige.

(Schluss folgt.)

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Zar Kasaistik der Bicepssehnen-Zermag.

Von

Stabsarzt Dt. Sommerbrodt

Die Mittbeilang des Herrn Oberstabsarst Meisner im 8. Hefte des laofenden Jahrgangs dieser Zeitschrift (S. 356) erinnert mich an einen vor ca. 3 Jahren beobachteten Fall, welcher sich durch das ganz anf- fällige, übrigens mit Meisner's Schilderung völlig übereinstimmende Krankheitsbild sowie durch den Umstand meinem Gedächtniss eingeprägt bat, dass in keinem der gangbaren Lehrbücher auch nur eine Andeutung über den so charakteristischen Symptomenkoniplex zu finden war.

Ein überaus kräftiger und muskulöser Offizier des Eisenbahn-Regiments erwachte Nachts, wie er glaubt nach heftigem Umdrehen im Bett, mit intensivem Schmerz in der rechten Schulter und völliger Unfähigkeit den rechten Oberarm zu bewegen. Ich fand den kranken Arm dicht am Brustkorb anliegend; bei jeder Bewegung des Körpers wurde er mit der linken Hand unterstützt und thunlichst in seiner Lage erhalten. Aktive Bewegungen des Armes waren vollkommen unmöglich, und auch dem Untersucher gelang es nicht, denselben passiv auch nur einen Centimeter weit lateralwärts vom Oberkörper abzuheben, wobei sich allerdings nicht genau feststellen Hess, ob hier lediglich ein energischer Widerstand seitens der massigen Schultermnskulatur oder ein knöchernes Hinderniss vorlag. Gegen letzteres sprach freilich von vornherein die vollkommen unver- suderte Gestalt des Schnltergelenkes, dessen Betastung nur an einer ganz bestimmten Stelle, nämlich im Bereiche der Bicepssehncnfurcbe, hier aber ganz enorm schmerzhaft war.

Da es sich um den rechten Arm eines aktiven Offiziers handelte, so hielt ich den Fall für wichtig genug, um unter gütiger Assistenz meines damaligen Regimentsarztes die Diagnose unter Chloroform festznstellen. Es ergab sich hierbei die völlig freie Beweglichkeit des anscheinend absolut normalen Gelenks, welche mit der vor und nach der Narkose vorhandenen Funktionsstörung in seltsamster Weise contrastirte.

Gegen den nunmehr als Zerrung und entzündliche Reizung der Bicepssehne aufgefassten Zustand erwiesen sich auch in diesem Falle Blutegel und Eisblase vollkommen machtlos und ich hatte dem Patienten vorsichtige Massage in Aussicht gestellt, der er sich aber, offenbar aus Ab-

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neiguDg gegen eine noch weitere Steigerung des nnerträglichen Schmerzes, dnrch Aufkleben eines in einer befreundeten Familie seit Jahren bewährten Pflasters entzog. Meine gegen die eigenmächtige Behandlung einer an- scheinend so schweren und vielleicht für die Oebranchsfähigkeit des Armes verhängnissvollen AfFektion ausgesprochenen ernsten Bedenken wurden glücklicherweise sehr rasch widerlegt, denn das Pflaster half; d. h. unter einfacher Ruhigstellnng in einer Armbinde verschwanden Schmerz und Bewegnngshemmnng ganz allmählich und in kaum 14 Tagen war der Arm wieder völlig gebrauchsfähig. Der von Meisner empfohlene Gipsverband scheint also nicht absolut nothwendig zu sein, wenn er aoeh gewiss dem Rnhebedürfniss am sichersten Rechnung trägt

Diejenigen Quellen, in welchen ich damals nichts über den frag- lichen Gegenstand gefunden batte, waren Bardeleben's und Eönig’s Cbirnrgie, sowie Panl’s „Chirurgische Krankheiten der Bewegungsorgane*^, drei Bücher, in denen man sonst eigentlich „Alles“ findet Die infolge der Meisner'scben Veröfientlicbnng fortgesetzten Nachforschungen er- gaben, dass anch Billroth-Pitha die Angelegenheit mit Stillschweigen übergeht, und erst die Durchsicht einiger Dutzend Bände von Schmidt's Jahrbüchern brachte die gewünschte Aufklärung. Nach dem daselbst im Jahrgang 1867, Band 136, Seite 61 enthaltenen ansführlichen Referat über einen Aufsatz von Jarjavay in der Gazette hebdomadaire von 1867 (2. Serie, IV, No. 21, 23, 25) scheint die in Rede stehende Affektion früher allgemein als Luxation der Bicepssehne angesprochen worden zu sein, ohne dass sich jedoch die mitgetheilten Befunde mit dieser An- nahme vereinigen Hessen. Denn wie Jarjavay an der Hand der, übrigens spärlichen, einschlägigen älteren Litteratnr (Cooper, Bromfield, Monteggia) zeigt, fehlt darin regelmässig der objektive Nachweis einer Dislokation der Sehne. Er selbst theilt vier einschlägige Fälle mit, von denen einer genau dieselbe Aetiologie wie der von Meisner an sich selbst beobachtete (Entkorken einer Flasche) anfweist; in allen vier Fällen war der Arm heftig nach innen gedreht worden, wobei offenbar eine Luxation der intakt gebliebenen Sehne ohne grosse Nebenverletznngen kaum Vorkommen könne.^) Jarjavay behauptet nun, den fixen Schmerz

*) In einem von l’rince (St. Louis medical and surgical Journal 1S70) l>eschriebenen zweifellosen Falle von Verrenkung der Bicepssehne auf das Tuber- culum majus handelte ca sich dementsprechend inuthmaasslich um gleichzeitige Ab- reissuug der Muscnli supra- und infraspinatus infolge Einwirkung einer grossen Gew»*' (Ueberfahrenwerden durch einen tiastwagen).

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nicht im Verlaafe der Bicepssehne, sondern 2 cm weiter nach aussen konstatirt za haben, und glaubt das ganze Erankheitsbild durch die An- nahme einer entzündlichen Affektion des vom Deltoidens bedeckten, dicht unter dem Acromion gelegenen kleinen Schleimbeutels erklären zu können. Er theilt einen fünften Fall mit, in welchem er diesen Schleimbeutel mehrfach punktirte; gerade in diesem Falle handelte es sich aber um eine nicht unbedeutende entzündliche Anschwellung des Schultergelenks, welche in den vorher von ihm selbst beschriebenen sowie in meinem und Meisner’s Fällen völlig fehlte. Zudem war bei uns der Schmerz in der Tbat in der Bicepsfnrche lokalisirt, so dass man die Diagnose „Sehnen- zerrung“, zumal in Anbetracht der überall betonten Veranlassung durch eine heftige Bewegung, wohl wird aufrecht erhalten müssen.

Bei nochmaligem Nacbscblagen in König’s Chirurgie stellte sich übrigens heraus, dass dieser (Bd. II, S. 638) die Arbeit von Jarjavay in der That erwähnt, aber nur in Form eines kurzen objektiven Referats, so dass es scheinen will, als ob er selbst derartige Fälle nicht beobachtet habe; dieselben dürften demnach nicht allzu häufig sein.

Der Herbstknrsns in Berlin 1888.

Ein Erinnernngsblatt

von

einem Xhcilnchmer.

Wie alljährlich, so vereinigte auch im laufenden Jahre der Fort- bildungsknrsus eine grössere Anzahl von Stabsärzten der Armee und Marine zu Berlin. Das Programm der Kurse ist vor der Hand ein fest- stehendes. Es umfasst Operationsübungen, Vorlesungen mit Demon- strationen ans der Anatomie, innere Diagnostik, Augenspiegeluntersuchungcn und hygienische Arbeiten. Im Rahmen desselben bot der verflossene Kursus BO reichliche Anregung, zeigte nach verschiedenen Richtungen so viel Neues, förderte endlich so fruchtbringenden Gedankenaustausch Zwischen Lehrern und Theilnehmern einerseits, den letzteren unter sich andererseits, dass es mehr wie einem der kommandirt Gewesenen angenehm sein wird, seine Erinnerungen an die inhaltreichen drei Wochen

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fixirt ca sehen. Gleichseitig dürfte dieser oder jener von den andereii Kollegen hieraos gern entnehmen, dass and nach welchen Gesichtspnnkten eine Vorbereitung auf die Theilnabme an künftigen Korsen erspriesslich werden kann. Schliesslich ist es vielleicht der hohen Behörde, von welcher die Kurse eingerichtet sind, nicht unerwünscht, aas den ja leicht auf ihre Richtigkeit za prüfenden Aafzeichnangen Bericht über Punkte cn erhalten, deren Berücksichtigung der Erwägung werth erscheint, wenn das Endziel: möglichst allseitige Ausbildung des Militärarztes für seinen Kriegs- und Friedensdienst, immer vollständiger erreicht werden soll.

Das Tagewerk begann um 7 Uhr morgens mit zweistündigen Operationsübungen an der Leiche, unter Leitung des Geheimen Rathes V. Bergmann. Der gefeierte Lehrer gab in der ersten Stande mit einer kurzen Ansprache die Gesichtspunkte kund, nach welchen er die operative Ausbildung des Militärarztes geleitet wissen will: Gründliche Beherrschung der typischen Operationsmetboden , gestützt auf gensne Kenntniss der anatomischen Grundlagen. Nur derjenige Chirurg, welcher hierin völlig sicher ist, wird im vorkommenden Falle berechtigt sein, an den einzelnen Vorschriften Kritik zu üben und von der Freiheit der Abänderungen Gebrauch zu machen, die das antiseptische Verfahren mehr als früher gestattet. Wenn man erwägt, dass der Mehrzahl der Militärärzte erat im Kriege Gelegenheit gegeben wird, grössere Opera- tionen häufiger zu sehen und aaszuführen, so wird man jene Forderung als eine durchaus berechtigte und höchst beherzigenswertbe ansehen müssen. Sprach sich doch schon B. v. Langenbeck in ähnlichem Sinne ans.'’^) Herr v. Bergmann hielt während des ganzen Kursus daran fest, nur typische Operationen machen zu lassen. Bei diesen aber gab er so scharfe anatomische Anhaltspunkte für die Schnittrichtungen und so leicht fassliche Ausführungsbestimmungen, dass er des Dankes aller Hörer gewiss ist. Ich erinnere nur an die allgemeinen Vorschriften für die Kontinnitätsunterbindungen und für die Absetzung von Olied- maassen. Stets die antiseptische Nachbehandlung im Auge behaltend, zieht er die einfachsten Schnittfübrnngen, bei den Amputationen vor Allem den zweizeitigen Zirkelschnitt vor. Die Assistenz wurde bei jeder Operation mit aufgerufen und in ihrer zweckmässigen Anstellung kontrollirt. Hierdurch wurde erreicht, dass stets mindestens zwei Herren an der Ausführung einer Operation betheiligt waren, von deren Aus*

*) Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1887. S. 470.

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föhmog übrigens zahlreiche Zuschauer Nutzen zu ziehen suchten. Für die Vorbereitung wurde von Herrn v. B. der Leitfaden des Stabsarztes Dr. Rotter in München empfehlend erwähnt In der That entspricht du sorgsam gearbeitete Buch den Anforderungen; namentlich, wenn man sieh der kleinen Mühe unterzieht, die Abweichungen v. B.'s darin iD vermerken. Durch Handlichkeit und Richtigkeit empfiehlt es sich aoch für den Feldarzt mehr als manches grössere Lehrbuch. Eine sehr dankenswerthe Vertiefung gab Herr v. B. seinem Unterricht dadurch, dus er die Theilnehmer zweimal in die Klinik lud und ihnen dort an frisch gesetzten wie an vorhandenen, also bereits infizirten Wunden die Nutzanwendung des Vorgetragenen zeigte. Besonderes Interesse verdient das aseptische Verfahren bei frisch angelegten Wunden. Es ist in seiner heutigen Ausführung so erstaunlich einfach, dabei im Allgemeinen wenigstens in der Provinz noch so wenig bekannt, dass eine kurze Skizzirung Interesse finden dürfte. Grundsatz bleibt; Fernbaltung von iofektionskeimen unter Ausschluss chemischer Agenden, möglichste Beschränkung der Wundsekredon. Dies wird folgendermaassen zu erreichen gesucht: Verbandmull, Watte, Binden, Bett- und Krankenwäscbe, Röcke und Schürzen des ärztlichen und Warte- Personals werden täg- lich im Rietschel-Henneberg'schen Desinfektionsapparat durch strömenden Wasserdampf sterilisirt, obwohl die Behandlung von Wäsche etc. mit dem Bügeleisen schon in hohem Grade desinfizirend wirkt. Die Instru- mente liegen bis jetzt noch in Earbollösnng, da sie durch den Wasser- dampf mehr angegriffen werden, als durch diese. Hände und Arme des Personals sowie das Operationsfeld werden nach Fürbringer’s Methode desinfizirt, also mit Seife und heissem Wasser, Alkohol und Sublimatlösung hintereinander.^) Selbstverständlich gehört zu der sonstigen Vorbereitung der Patienten auch das warme Bad. Jedes Operationsfeld wird rasirt, wenn auch nur Lanugo und Hautschüppchen ID entfernen sind. Esmarch’sche Blutleere, wo angängig, aber ohne Anwendung der Bindeneinwickelung, die durch ein ein bis zwei Minuten währendes senkrechtes Erheben des Gliedes in milderer Form doch zweck- entsprechend ersetzt wird. Bei der Operation peinlichste Blutstillung; Ahtnpfen mit sterilisirten trocknen Mullbäuschen ; keine oder ganz geringe Spülung ans kleiner Glaskanne mit '/> °/m Sublimatlösung, die V. B. jedoch ebenfalls noch entbehren zu können hofft. Wir sahen die Radikaloperation einer kindskopfgrossen inkarzerirten Schenkelhernie

*) Ausführlich besprochen in der Zeitschrift 1888. S. 39.

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oliDe einen Tropfen Spülflüssigkeit sasführen; die Amputation eines Oberschenkels mit vielleicht 100 g derselben. Sorgfältige Naht unter OiTenhalten einer Drainöffnnng. Der erste Verband wird in der Regel nach swei his drei Tagen entfernt und nun erst durch einen Danerverband ersetzt, nachdem es feststeht, das Sepsis vermieden ist.

Anders bei infizirten Wunden. Hier tritt die Spülung und die Jodo- formtamponade in ihre Rechte. Von letzterer mit folgender Sekundär- naht wird ausgiebig Qebranch gemacht. Der eigentliche Verband besteht auch hier ans sterilisirten Mnllkompressen. Wenn ich recht verstanden habe, betragen die Kosten der jetzigen Verbandmetbode nur ein Fünftel des Preises der früheren mit imprägnirtem Material.

Selbstredend ist die v. B.’sche Methode der Wundbehandlnng nur da zu riskiren, wo ein durchaus zuverlässiges Assistenten- und Pflege- personal zur Verfügung steht. Trotzdem erscheinen die Resultate in der Berliner Klinik auffallend, wenn man erwägt, wie schwer ein Audito- rium mit zehn Sitzreihen sauber zu halten ist, namentlich, wenn es voo der ab- und znströmenden, von dranssen kommenden Menge der Zuhörer erfüllt wird. Die Luft über dem Operirten kann da nicht annähernd ao keimfrei sein, wie in den modernen Operationsränmen geschlossener Krankenhäuser.

Den chirurgischen Uebnngen folgten von 9 bis 11 Uhr anatomische Demonstrationen. In der ersten Zeit lehrte Prof. Hartmann über die topographischen Verhältnisse des Halses und der Extremitäten; später trug Qeh. Rath Prof. Waldeye r den Situs der Brust, des Bauches und der Schädelböhle vor. Die schönen Lehrmittel des anatomischen Institntes an Wachs- und Gipsmodellen, sowie Durchschnitten gefrorener Leichen kamen hierbei reichlich zur Anwendung. Namentlich erregten die His’schen Modelle des Situs der Brust-, Bauch- und Beckenhöhle all- gemeine Bewunderung. Es dürfte nicht leicht möglich sein, sich topo- graphisch-anatomische Vorträge in anziehenderer Form zu denken, als die des Herrn Wald ey er waren, dessen ungewöhnlich klare nnd fesselnde Darstellung durch die Beigabe meisterhaft entworfener Kreide- zeichnungen einen besonderen Reiz erhielt. Es dürfte nicht zu viel gesagt sein, wenn man behauptet, dass Manchem der Zuhörer hier zom ersten Male gewisse Verhältnisse am menschlichen Körper klar wurde», mit welchen man sieb, nach der mechanischen Einpaukung für das Staatsexamen, niemals enger befreundet hatte, weil man sie nicht verstand. Ich erinnere an die Fascien der hinteren Rauchwand, an die gegenseitigen Beziehungen der grossen drüsigen Organe des Oberbaacbes,

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an die Uraprangspnnkte der Hirnnerven und Anderes mehr. Auch in dieser Vorlesung wurde mehr als ein Punkt ron praktisch diagnostischer Wichtigkeit gestreift. So z. B. die Unfruchtbarkeit der Bemöbungen, die hintere Milzgrenze perkutorisch zu bestimmen, und Anderes mehr.

Die fünfte Arbeitsstunde führte die Kommandirten in die Cbaritö zu der Vorlesnng des Oberstabsarztes 1. Kl. Prof. Fraentzel. Derselbe brachte diesmal die idiopathischen Herzerkrankungen zur Darstellung. Eis kann nur dankbar anerkannt werden, dass ein Kapitel aus der Pathologie gewählt war, welches in seiner praktischen Bedeutung keinem der Uebrigen nacbstebt, in den Lehrbüchern aber noch stiel- mütterlich behandelt wird. Dasselbe hat auch militärärztlich ein hervorragendes Interesse, insofern die Herzerkrankungen durch Ueber- anstrengung hierher geboren. Sie wurden seitens des Herrn Vortragenden um so eingehender gewürdigt, als derselbe an der richtigen Erkennt- uiss nnd Würdigung dieser Formen wesentlichen Antheil gehabt hat. Es bleibt Vorbehalten, auf den vorgetragenen Gegenstand gelegentlich noch eingehender zurückznkommen. Die letzten Stunden benutzte Prof. Fraentzel dazu, seine Ansichten über die Therapie der Pnenmonie, Pleuritis und des Typhus auszusprechen. Den Lesern der Zeitschrift werden die früheren Mittheilungen E'raentzel’s*) im Oedächtoiss sein. Noch schärfer wie damals, warnte Fr. jetzt vor dem Missbrauch der Antipyrese, namentlich auch vor der schablonenmässigen Hydrotherapie des Typhus, wie solche aus der einseitigen Würdigung der Temperatur- steigerang als angeblich allein schädliches Moment sich entwickelt hatte. Jetzt, wo im Allgemeinen und namentlich nach dem Vorgänge der Hamburger mit ihrem gewaltigen Material eine grössere Mässigung Platz gegriffen bat, mag solche Warnung minder dringlich erscheinen. Eis bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass Prof. F r. schon zu einer Zeit gegen den Missbrauch der Bäder anftrat, in der ein Militärarzt in etlichen Gegenden noch Kopf und Kragen riskirte, wenn er einen Typbuskranken mit 40° liegen liess, anstatt ihn coup sur coup zu baden, um zuvörderst das Fieber berabzudrücken. Aus grosser praktischer Erfahrung geschöpft, werden F r’s. Vorlesungen immer zu dem Besten gehören, was im Kursus geboten wird.

Von 12 bis 1 Uhr worden in der Universitäts- Augenklinik unter Leitung Prof. Schweigger's Augenspiegelantersuchungen abgehalten.

*) DeuUcbe militärärztliohe Zeitschrift 1886, S. 117. 1887, S. 213. 1888

S. 291.

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Um 2 Uhr endlich versammelten sich die Theilnehmer im hygienischen Institut der Universität, um hier in die neueren ätiologischen Forschungen theoretisch und praktisch eingefnhrt zu werden. Im Auf- träge des Geh. Rathes Koch hielt Herr Stabsarzt Kirchner diesen Kursus ab. Seine Vorträge fanden ungetheilten Beifall. Vorzüglich vorbereitet und recht klar wiedergegeben, erreichten sie den beab- sichtigten Zweck in hohem Grade. Nicht zum Wenigsten soll hierbei der experimentellen Seite dieser Vorlesung gedacht werden. Die Anf- stellung von ausgezeichneten mikroskopischen Präparaten, die Vor- zeigung und Erläuterung von Modellen, Apparaten, Kulturen etc. trug wesentlich zum Verständniss der Vorlesung bei, in welcher Stabsarzt Kirchner allmälig die Ilauptrepräsentanten der Mikroorganismen nod ihre Untersuchungsmethoden vorstellte. Den etwa l'/i Stunden danemdeo Vorträgen schlossen sich praktische Uebuogen an, an denen sich die kommandirten Stabsärzte anfangs eifrig betheiligten. Wenn dieser Eifer im Laufe der 3 Wochen nachliess, so kann Niemand daraus ein Vorwurf gemacht werden. Denn eine acht- bis neunstündige, streng wissenschaftliche Thätigkeit ist zu anstrengend, um auf die Dauer mit gleichem Interesse durchgeführt zu werden; ausserdem gereicht die Verquickung des Kursus mit dem obermilitärärztlichen Examen ersterem nicht zum Vortheil. Ein grosser Theil der kommandirten Stabsärzte hatte beiden Bedingungen zu genügen und war naturgemäss durch die Sorge um eine Prüfung, von deren Ausfall die militärärztliche Existenz abhängen kann, tagelang so in Anspruch genommen, dass darunter der Fortgang der hygienischen Arbeiten leiden musste; zumal sie auf den Nachmittag fielen. Nach meinem Erachten würde die vom Staat aufgewandte Fürsorge mehr erreichen, wenn sie weniger verlangte. So etwa, wenn den Stabsärzten in der Hygiene nur eine Vor- lesung mit Demonstrationen gehalten, den Assistenzärzten aber, unter Wegfall der anatomischen und inneren Vorträge (ophthalmologische Kurse haben dieselben nicht) Gelegenheit gegeben würde, die Vormittags- stunden von 9 Uhr ab zu dem bakteriologischen Praktikum zu ver- wenden. Da alle Assistenzärzte des Dienststandes ein bis mehrere Male an den Provinzial-Kursen für die Aerzte des Beurlaubtenstandes tbeil- nehmen, so würde der Ausfall an Lehrstoff bei den Berliner Kursen keine Gefahr für die wissenschaftliche Fortbildung dieser Aerzte im Gefolge hkben.

Mit besonderem Dank bleiben die Theilnehmer Herrn Kollegen Kirchner für die Schlussdemonetrationen verbunden, welche derselbe

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im Hygiene'Museom Tornahm. Ebenso für den hochinteressanten, zosammenfassenden Rückblick am 11. Oktober, welchen er durch die Vorführung zahlreicher schöner Photogramme von Bakterien mittels des Scioptikons im wörtlichsten Sinne , erleuchtete“; endlich für die Mühe, der er sich unterzog, indem er am letzten Tage einen Theil der Herren durch die Anlagen der berliner Desinfektionsanstalt in der Reichenbergerstrasse führte.

Werfen wir einen Oesammtrückblick auf den Verlauf des Kursus, so kann nur mit lebhaftem Dank der Medizinalabtheilnng gedacht werden, durch deren Bemühungen die Feststellung eines so reichen Programmes ermöglicht worden ist Für die Durchführung aber gebührt allen Lehrern Anerkennung. Es wurde so viel geboten, dass die völlige Aufnahme innerhalb der gegebenen Zeit ausgeschlossen bleiben muss. Erst die ruhige Verarbeitung zu Hause kann es jedem Einzelnen er- möglichen, theoretisch und praktisch für seine Fortbildung die Summe dessen zu ziehen, was in Berlin angeregt wurde.

Eine nicht zu unterschätzende Seite dieser Vereinigung, wie aller früheren, war der kameradschaftliche Verkehr der Theilnehmer untereinander und mit den Lehrenden. Diese schöne Frucht des Kursus zeigte sich besonders in dem Abschiedsfest, welches am 12. Oktober die kommandirten Stabsärzte mit den Lehrern in froher Gemeinschaft lange zusammenhielt

Referate und Kritiken.

Der Militärarzt im Felde. Mit gleichmässiger Berücksichtigung der deutschen und österreichischen Vorschriften. Von Dr. W. Derblich, K. K. Oberstabsarzt 1. Kl. d. R. Wien und Leipzig. Urban und Schwarzenberg. 1888. Taschenformat 190 S. 3 Mk.

„Praevenire melius quam praeveniri.“ Von diesem Grundsatz aus- gehend hat Verf. unter dem Eindruck der kriegerischen Aussichten des Vorjahres im Verein deutscher Aerzte zu Prag Vorträge über Militär- Sanitätswe6en gehalten, welche er nunmehr in zusammenhängender Bearbeitung der Oeffentlicbkeit übergiebt Er will damit für jüngere Aerzte einen Leitfaden schaffen, nach welchem sie im Stande sein sollen, ihre Kenntnisse den besonderen Anforderungen des Dienstes in befriedigender Weise anznpassen. Gleichzeitig soll OilSzieren und Zivilärzteu ein Ein- blick in den bedeutungsvollen Wirkungskreis des Militärarztes im Felde gewährt werden. Möglichst streng den Dienstvorschriften folgend, ver-

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webt Verf, doch zahlreiche Erfahrungen aus seiner langen Dienstlaufbahn in die Darstellung, welche dadurch, sowie durch eine lebendige Schreib- weise einen gewissen Reiz erhält. Angesichts des deutsch-österreichischen Bündnisses hielt es Verf. ferner für angezeigt, auch die deutschen Ver- ordnungen zu berücksichtigen und theilweise aniuführen.

Der Inhalt des Büchleins behandelt eingangs die persönliche Mobili- sirung des Militärarztes, sodann in sieben Abschnitten sein Wirken in allen Zweigen des Dienstes bei den Truppen wie Sanitätsformationen. So wird dem jungen österreichischen Kollegen ein brauchbarer Rathgeber, dem deutschen eine vergleichende Reglementsstndie geboten, deren Lektüre zur Erweiterung der speziellen Fachkenntnisse und des Urtheils wohl empfohlen werden kann. Dies unbeschadet des Umstandes, dass Referent in seinen Anschauungen und Wünschen hinsichtlich der organisatoriscbeu Fortentwickelung des Sanitätskorps in mehreren wesentlichen Punkten von dem ab weicht, was Verf. als erstrebenswerth bezeichnet.

Körting.

Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie, nach dem heutigen

Standpunkte der Wissenschaft. Von Prof. H. Fischer, Geh.

Med.-Rath in Breslau. Verlag von Ferd. Enke. Stuttgart 1887.

Wir begrüssen das vorliegende Buch von H. Fischer, der einer der berufensten Lehrer der Chirurgie als Verfasser des klassischen Lehrbuchs der allgemeinen Kriegschirurgie und früher Einer der Unsrigen den Militärärzten besonders nahe steht, mit grosser Freude und mit berechtigtem Stolz über dies neue mustergültige und bedeutungs- volle Werk. Nachdem H. Fischer, dessen stannenerregende Gründlich- keit und Litteratnrkenntniss schon lange im Mnnde und in der Ueber- zengnng der Fachgenossen lebt, sich entschlossen, eine Allgemeine Chirurgie zu schreiben, war nur etwas Ausserordentliches zu erwarten, und eine solche ausserordentliche Leistung ist das vorliegende Werk. Man glaubt es dem Verfasser gerne, dass es die Frucht 21 jähriger akademischer Lehrthätigkeit, klinischer Erfahrung und dreijähriger zusammenstellender und aufbauender Arbeit ist. Nach der Vorrede wollte Verfasser ein Lehrbuch schreiben, welches nicht nur dem An- fänger Belehrung und Anregung zum weiteren Forschen, sondern auch dem schon geförderten Arzt eine bequeme Handhabe zum Nacbscblagen und zur Orientirung über den jeweiligen Stand der einzelnen Fragen bringt. Die Fülle des Gebotenen wird, glaube ich, für den Anfänger etwas erdrückend wirken, und wird derselbe der altbewährten, mehr elementaren Einführung in die Chirurgie, wie sie meine Zeitgenossen mit mir wohl durch die Billroth’sche allgemeine Chirurgie genossen haben, nicht ganz entbehren können. Aber das Fischer'sche Lehrbuch ist ein Nachschlagewerk in des Wortes bester Bedeutung und entbehrt doch nicht saebgemässer, kompendiöser Kürze, wo dieselbe am Platz ist. Wenn der Verfasser, wie er ausspricht, es anstrebte, in jedem Kapitel ' für sich eine znsammengedrängte Monographie zu bringen, so erhellt daraus die Grundrichtung des Werkes als eines gewissermaassen encyklo- pädischen. Ein eigenartiges Gepräge erhält ferner das Buch dadurch, dass ein grosses Stück der speciellen Chirurgie mit in den Rahmen der allgemeinen Chirurgie eingeßgt und vom Gesichtspunkt der letzteren

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dargestellt ist. Diese VerBchmeltong erweist sich als eine darchans naturgemässe and dem Lehrer erprobte. Man findet jedoch mehr als ,ab und zu“ einen Streifzag in das benachbarte Gebiet der speziellen Chirurgie, wie Verf. diese Seite seines Werkes aukündigt Man wird vielmehr anf Schritt und Tritt mit speziell chirurgischen Fragen be- schäftigt. Nach meiner Ansicht gereicht das nicht zum Schaden des Ganzen, sondern belebt und befruchtet die Lektüre besonders für den „geförderten'^ Arzt, dem sonst man wird mir zugeben das Lesen von dickleibigen Büchern eines rein theoretischen Lehrstoffes weniger anziehend zu sein pflegt. Die spezialisirende Richtung des Buches zeigt sich vor Allem auch in dem therapeutischen Tbeil, der, so sehr die all- gemeinen Grundsätze des chirurgischen Handelns an die Spitze gestellt sind, doch sehr in's Detail geht, und dabei durch die knappe, führende Kritik ausgezeichnet ist, welche das ganze Werk erfüllt. Da somit die allgemeine Chirurgie auf die breiteste Basis gestellt wurde, ist selbst- verständlich, dass alle Hülfswissenschafteo, Anatomie, Physiologie, Bakteriologie, und experimentelle Wissenschaften die ausgiebigste Bei- steuer liefern. Auch die Geschichte der Medizin kommt bezüglich des Entwickelungsganges chirurgischer Streit- und Lebensfragen zu ihrem Recht. Mit einer gewiesen Vorliebe sind an manchen Stellen, ent- sprechend der universellen Auffassung des Antors und dem heut zu Tage berechtigten Standpunkte der Chirurgie, die Beziehungen zur inneren Medizin gepflegt. Insbesondere sind es die Erkrankungen des Nerven- systems, welche diese Berührungspunkte abgeben. Für die erschöpfende und zusammenfassende Darstellung der nervösen Gelenkleiden, der neurotischen Gelenkaffektionen bei Tabes etc., der Gelenkneuralgie , hysterischen Gelenkaffektionen kann man dem Verf. besonders dankbar sein. Bei anderen Gelegenheiten gebt es ohne einige Ungleichmässig- keilen der StofiFbebandlung nicht ab. So finden sich die verschiedenen Formen der centralen (spinalen) und peripheren Lähmungen vielleicht etwas zu ausführlich besprochen, so sehr dieselben in ihren Folge- wirkungen am Körper das Auge und auch gelegentlich das praktische Interesse des Chirurgen beschäftigen mögen. Bei den Krankheiten der Muskeln sind auf mehreren Seiten die degenerativen Formen, die pro- gressive Muskelatropbie eingehend bis zur myopatbischen und nenropatbischen Entstebungstheorie, inclusive innerer und elektrischer Therapie abgehandelt, desgleichen die Pseudohypertropbie, auch die Thomeen’sche Krankheit. Daneben ist der Exerzirknocben mit vor- wiegend chirurgischem Interesse etwas kurz auf einer halben Seite und ohne Erörterung derTherapie besprochen. Unter den chirurgischen Krankheiten des Centralnervensystems haben u. A. die contusio cerebri, sowie Gebirndruck and Gehirnerschütterung eine ausserordentlich klare und eng znsammen- gefasste Darstellung erfahren, die Jedem willkommen sein wird, der einmal beim Nachscblagen an der Länge der dasselbe Thema behandelnden Ausführungen der neueren Lehrbücher der speziellen Chirurgie gescheitert ist. Wahre Glanzleistungen des Werkes sind die Kapitel über den antiseptischen Verband, S. 60 bis 92, sowie die Kapitel über Wund- infektionskrankheiten, S. 212 bis .107. Hier ist das Ideal der mono- graphischen Darstellung, welche sich harmonisch dem Ganzen einfügt, entschieden erfüllt. Im Uebrigen ist es aus naheliegenden Gründen kaum möglich, den Inhalt des Buches im Einzelnen zu referiren. Sehr ausführlich sind die Krankheiten der Knochen und Gelenke abgehandelt.

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Die Knochen* und Gelenktuberknlose füllt mit Recht den breitesten Raum aas. Hier ist das ungeheure Untersachnngs- und Fundmaterial der letzten 2 Jahrzehnte übersichtlich geordnet, kritisch gesichtet und nach thera- peutischen Ergebnissen verwerthet. Auffällig ist dem Leser gewesen, dass in dem Bncbe so wenig von Schnssverletzungen, Schnssfraktnren etc. die Rede ist. Es ist, als verwiese der Antor stillschweigend auf seine allgemeine Kriegscbirurgie. Kap. VIII Allgemeine Orthopädie, enthält im Wesentlichen die spezielle Pathologie und Therapie der Deformitäten des Fasses (Klnmpfuss, Plattfuss etc.), des genu valgnm, der Skoliose in durchaus lichtvoller, klärender Form. Das Schlusskapitel XI behandelt die Geschwülste. Die spezielle Gescbwulstlehre ist verhältnissmässig kurz gefasst. Dies mit Recht, da ein grosser Tbeil dessen, was sonst diesen Abschnitt der Lehrbücher über allgemeine Chirurgie anschwellen lässt, der pathologischen Anatomie angebört. Die Sprache des Lebrbncbes ist kurz, frisch und lebendig. Kurze Sätze illnstriren oft einen ganzen Gedankengang. Die Bezeichnung der Unterabtheilnngen der einzelnen Kapitel, welche neben der Eintheilnng in Paragraphen durch römische and arabische Zahlen, grosse und kleine Buchstaben, auch a ß y etc. geschieht, hat anscheinend etwas Gekünsteltes, erweist sich aber beim Lesen als durchaus praktisch, indem beim Rückblicken das Recapituliren und das AufBnden der leitenden Eintheilnng erleichtert wird. Die Ausstattung ist die von der Verlagsfirma bekannte mustergültige. Illustrationen (der Zahl nach 101) sind fast nnr insofern angewandt, als dieselben znr Veranschaulicbnng therapeutischer Maassnahmen dienen. Der An- fänger, anf welchen der Verf. bei der Schöpfung seines schönen Werkes ebenfalls gerücksichtigt hat, wird der Bilder zur Verdeutlichnng theoretischer Anseinandersetzungen schwerlich ganz entrathen können. Am Schluss können wir das Werk allen Faebgenossen anf das An- gelegentlichste empfehlen. Es wird sich in allen chirurgischen Tages- fragen als ein zuverlässiger Berather erweisen. H ch (Berlin).

Znr Schnhfrage. Von Prof. Hermann von Meyer in Zürich. Zeit- schrift für Hygiene. III. Bd., S. 487 bis 507.

Es sind jetzt 31 Jahre her, seit der hochverdiente Verf. mit seinem humoristischen Schriftchen nProcrustes ante portas'^ die so wichtige Frage einer rationellen Fnssbekleidnug in Anregung brachte. Man ist daher wohl berechtigt, sich, wie es der Verf. in dem vorliegenden Anf- satze gethan, die Frage vorznlegen, weshalb wohl seine theoretisch doch allseitig gebilligten Vorschläge es bislang nicht vermocht haben, sich den gebührenden Eingang in die Praxis zu verschaffen.

M. sacht die Schuld daran theils beim Publikum, theils bei den Technikern. Unter dem Publikum verhält eich die Mehrzahl überhaupt gleichgültig gegen die Sebuhfruge, Andere finden den Meyer’schen Stiefel wohl praktisch, aber nicht elegant genug, die Dritten endlich haben mit demselben einen Versneh gemacht, ihn jedoch bald aufgeben müssen, weil eie sich nicht wohl dabei befanden.

Die Schuhmacher ihrerseits lehnten aus Unverstand, Schlendrian, Böswilligkeit oder ans anderen Gründen jedes Eingehen auf M.'s Ideen ab oder, was noch schlimmer, sie kündigten unter dem Namen „rationeller

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Schuhe“ Fussbekleiduogen an, die diesen Namen nicht im Entferntesten verdienen, und brachten so das richtige Prinzip beim Pabliknm erst recht in Misskredit Liessen sie sich aber auch wirklich zur Herstellung von Scbnhwerk nach M.’s Angaben herbei, so machten sie dabei eine Reihe von Fehlern, welche der Verbreitung desselben hinderlich sein mussten.

In dem früher üblich gewesenen Schohw'erk war die Sohle symmetrisch nn> die Mittellinie, und das Oberleder so zugeschnitten, dass es seine grösste Höhe in der Mitte batte und nach vorn ganz flach auf die Sohle anslief. In derartigen Schuhen können die Zehen sich nicht frei vom Boden abwickeln, werden vielmehr nach der Mittellinie zusammengeqnetscht und erleiden im Laufe der Zeit Missgestaltungen tiefgreifender Art, die tu bekannt sind, um hier näher auf dieselben eingehen zu müssen.

Um den Zehen, besonders der für den Oeh-Akt wichtigsten grossen Zehe, freien Spielraum zu gewähren, muss die Fussbekleidnng über einer, unter dem Namen der Meyer'scben allbekannten Linie erbaut werden, welche von der Mitte der Ferse durch die Mitte des ersten Metatarsal* knochens nach vorn verläuft. Der Innenrand der Sohle muss dieser Linie parallel verlaufen, und das Oberleder muss genau über derselben seine grösste Höhe haben.

Die Fehler nun, welche die Schuhmacher bei der Herstellung natur- gemässer Stiefel zu machen pflegen, sind folgende drei:

1. Sie machen die Schuhe vom spitz. Da dieselben aber am Innen- rand gerade, am Anssenrand stark konvex sind, so erscheinen sie auffallend lang, ausserdem krumm und erregen die Spottinst des Publikums. Oder sie machen sie, wie es sich gehört, vorn breit, schneiden sie aber nach alter Gewohnheit so zu, dass die vorderen Ränder beider Schube in eine gerade Linie fallen; infolge dessen bildet die innere Ecke des vorderen Randes einen spitzen, die äussere einen stumpfen Winkel, und der Schuh erscheint wiederum krumm. Ein gefälliges Aussehen erhält dagegen der Meyer'sche Stiefel, wenn sein vorderer Rand senkrecht zur Meyer’scben Linie angefertigt wird.

2. Die Schuhmacher führen die für normale Füsse gegebenen Regeln schematisch durch, ohne den etwa schon vorhandenen Missbildungen an den Füssen ihrer Kunden gebührend Rechnung zu tragen. Ist es schon zu „Frostballen“, d. b. zur Abknickung der grossen Zehe nach aussen und entzündlicher Verdickung der Haut über dem ersten Metatarso- Pbalangeal- Gelenk gekommen, so nutzt keine noch so gewaltsame Auf- treibung des Oberleders an der Stelle des Frostballens, wie sie die Schuhmacher zu machen pflegen. Da hilft nur eine genügende Länge des Schuhes, welche der grossen Zehe auch dann genügenden Raum gewährt, wenn sie in ihre natürliche Lage zurückgekehrt ist. Um einen solchen Schuh machen zu können, muss der Schuhmacher die grosse Zehe in ihre natürliche Lage bringen, bevor er das Maass der Sohle nehmen will.

3. Die Schuhmacher pflegen zwar die Sohle richtig nach der Meyer'scben Linie zu schneiden, das Oberleder aber nicht selbst anszu- Bchneiden, sondern die ihnen fertig gelieferten, nach alter Manier sym- metrisch angefertigten Schäfte zu verwenden, die ihre grösste Höhe nicht über der Meyer'scben Linie, sondern über der Mittellinie des ITusses haben. Sie lassen sich zwar über dem Leisten mit Gewalt in die richtige Gestalt zwicken, gleiten aber im fertigen Stiefel in ihre alte Gestalt zu- rück und bedingen beim Tragen des Stiefels, dass der Fuss nach aussen

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geführt and am Kleiozehenrande gegen das Oberleder angedrückt wird. Ein Schuhmacher, der also wirklich rationelles Scbuhzeug liefern will, muss sich daher entschliessen, auch das Oberleder selbst zu schneiden.

Erst wenn die Schuhmacher gelernt haben werden, die angeführten Fehler zu vermeiden, werden sie dem rationellen Schubwerk Eingang beim Publikum verschaffen.

Bemerkens werth sind noch des Verfassers Ansichten über den Plattfass, welcher nicht durch Einsinken des Fus.^gewölbes zu Stande kommen soll, sondern durch eine Umlegung desselben, so zwar, dass dessen Scheitel nach innen umfällt, während die Stützpunkte nach aussen ratschen. Diese Missbildung, eine gewaltsame Pronation, ist M.’s Ansicht nach eine nothwendige Folge fehlerhaften Scbubwerks. Sie kann daher auch nicht, wie es gewöhnlich von Schuhmachern und Chirurgen geschieht, durch Einlegen einer starken Unterlage von innen her in die Fusshöhlnng and durch einen niedrigen Absatz bekämpft werden. Wirksam zur Verhütang bezw. Heilung des Plattfasses ist vielmehr nur ein richtig geschnittenes Oberleder, dessen Nutzeffekt man M.'s Erfahrungen nach noch dadurch erheblich steigern kann, dass man den Fersentheil der Sohle um ca. 1 cm vertieft, so zwar, dass die grösste Tiefe dieser Grube etwas nach innen von der Mitte der Ferse liegt. Ein ziemlich hoher Absatz, dessen vorderer Rand jedoch, ebenso wie derjenige der Sohle, auf der Meyer’schen Linie senkrecht stehen muss, hat sich M. gleichfalls bewährt.

Die Wichtigkeit der Schahfrage für die Schlagfertigkeit der Armee möge die Genauigkeit des Referates entschuldigen.

M. Kirchner (Berlin).

Dr. Vorster. Zur operativen Behandlung des Priapismns.

Separatabdruck aus : Deutsche Zeitschrift für Chirurgie.

Verf., Assistenzarzt am Diakonissenhanse Bethanien in Berlin, veröffent- licht zwei mit günstigem Erfolge zur operativen Behandlung (Prof. Rose) gekommene Fälle von Priapismus. Der eine der Patienten war Haemopbile, seine Aufnahme in das Hospital erfolgte wegen unstillbarer Epistaxis, welche zwar bald stand, aber bedrohliche Erscheinungen akuter Gebirn- anämie zurückliess; Kopfschmerzen, Erbrechen, hochgradige Schwäche im rechten Arm und Bein. Der Priapismus stellte sich ein im Anschluss an eine erschwerte Defäkation, dabei kam es gleichzeitig zu cerebralen Krankheitserscheinungen: Schlaflosigkeit, Kopf- und Nackenschmerzen, Abducensläbmung, Bewusstseinsstörung. Verf. ist demzufolge geneigt, den Priapismus durch eine in das Gehirn erfolgte Blutung, hervorgernfen durch die Anstrengungen bei der Defäkation, zu erklären. Alle thera- peutischen Maassnahmen (örtlich Kälte, innerlich Kampher, Morphinm, Chloral, Cbloroformnarkose; protrahirte lauwarme Bäder) erwiesen sich als erfolglos. Nach 32 tägiger Dauer der Erektion entschloss sich Rose trotz der bestehenden Haemopbilic zu einer Incision, um die in- zwischen zur Ausbildung gelangte (atrophische) Parapbimose zu heben; dreistündige Blutung nicht aus der Schnittwunde, sondern aus den Stieb- kanälen, danach allmäliger Rückgang des Priapismus, am vierten Tage post operationem vollständige Erschlaffung des Gliedes. Später Ent-

V .1 >i i'jk

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Wickelung ausgeeprocbener lienaler Leukaemie. Verf. hält, obgleich Litteratnrangaben über Koinzidenz von Lenkaeroie und Priapiemus vor* liegen, die Lenkaemie nicht für das ursächliche Moment des Priapismus, weil sie erst nachträglich (? Ref.) sich herausgebildet bat

Im zweiten Falle war der Priapismus bedingt durch einen naeh Trauma entstandenen Bluterguss in das rechte corpus cavernosum. Dieser druckte auf die durch die Wände der corpora cavernosa hindnrch- gehenden tv. profundae und führte so zur Stauung des venösen Blutes in den Schwellkörpern. Wegen der diagnostisch sichergestellten gleich- zeitigen Zerreissung der Harnröhre führte Rose die uretbrotomia externa aus, um die prall gespannte Blase zu entleeren. Dabei kam das sich in die Urethra vorwölbende Haematom zu Gesicht. Die Incision desselben führte bald zur Abschwellung des Gliedes. Heilung in sieben Wochen.

Es erwiesen sich somit heilsam in Fall 1 die Operation der Para- phimose, in Pall 2 die Incision eines circumscripten Blutergusses in das corp. cavern. dextrnm. G.

Dlittheilnngen.

.Natvirrorscher -Versa.minlung' in Köln.

Sektion für HilitSr-Sanitätswesen.

Sitzung am Montag den 17. September 12'/> Uhr.

Einführender: Oberstabsarzt Dr. Neumann.

Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher.

Die Sektion knnstitnirt sich und wählt zu ihrem Vorsitzenden Herrn Professor Dr. Roth, Generalarzt L Kl. des XII. (Königl. Sächsischen) Armeekorps. Frequenz: 12.

Sitzung am Mittwoch den 19. September ll’/i Uhr.

Vorsitzender: Generalarzt I. Kl. Dr. Roth.

Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher.

Vortrag: Professor Dr. v. Mnndy (Wien):

Ueber Jodoformverband im Frieden und im Kriege in der ersten Linie.

Ein Verband bei plötzlichen Unglücksfällen im Frieden und im Kriege muss antiseptisch sein. Ein Jodoformverbaud genügt den anti- septischen Kantelen, er ist leicht anzulegen, ist schmerzlindernd, blut- stillend und dauerhaft. Es wird der Vorschlag gemacht, der SanitSts- soldat möge im Frieden bei grösseren, plötzlichen Unglücksfällen zur Hülfeleistung herangezogen werden. Genügt der Jodoformverband im Frieden, wie dies durch zahllose B'älle bewiesen ist, so ist auch anzonehmen, dass er im Kriege in der ersten Linie gute Dienste leisten wird.

Generalarzt Dr. Roth ist der Ansicht, dass sich Jodoform wegen seines durchdringenden Geruches nicht eigne, in Verbandpäckchen dem Soldaten zum ersten Verbände mitgegeben zu werden.

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Vortrag von Stabgarst Dr. Olasmacher:

Extemporirte Tracheotomie.

Extemporirte Tracheotomie ist eine solche, welche bei höchster ErstickoDgsgefabr ohne präparatorische Freilegung des Kehlkopfes oder der Luftröhre in einem Zuge gemacht wird. Veranlassung giebt Verleguuf der Luftwege durch Haematom oder Emphysem nach Verwundungen im Munde und am Kehlkopfe, nach Bruch des Kehlkopfes und Zungenbeines, ferner durch aspirirte oder direkt verschluckte grössere Fremdkörper, meist durch kronpöse und diphtheritische Membranen. Eine weitere Ver> anlassung zur schleunigen Tracheotomie kann gehen plötzliche Asphyxie nach Anwendung von Chloroform und Einathmung von irrespirabelD Oasen. Das Krankheitsbild ist ein verschiedenes, je nach der die Asphyxie bewirkenden Ursache. Bevor man zur Operation achreitei, muss man den Mond und Rachen nntersncben, mit Finger oder Zange eingehen, Fremdkörper entfernen oder Schlnndsonde einföhreo. Wenn keine Besserung erzielt wird, muss der Kehlkopf kräftig hin und her geschoben werden, um etwaige Fremdkörper zu lockern. Bei höchster Oefabr ist die extemporirte Tracheotomie das ultimum remedinm.

Tracheotome sind höchst selten zur Stelle, zudem sind sie nnzweck- massig, wenn es sich gleichzeitig um Entfernung von Fremdklirpeit handelt, nnd wegen möglicher Mitverlelzung der hinteren Lnftröhrenwznd und der Speiseröhre, besonders bei Kindern, gefährlich. Bei Ausfuhroog der Tracheotomie en bloc ist bestimmend, ob eine Trachealkanüle icr Hand ist oder nicht. Ist eine solche zur Hand, so genügt ein Schaitt, welcher am oberen Rande des Ringknorpels beginnt, nicht bis zum Scbildknorpel reicht, um eine Blutung aus der Art. crico-tbyreod. so vermeiden, vom oberen Rande des Einschnittes zwei seitliche Incisiooen gemacht, so dass eine T förmige Wunde entsteht. Die Durchschneidong des Ringknorpels wird so zu umgehen sein. Ist keine Trachealkanüle zur Stelle, ebenso auch wenn es sich um Entfernung von Fremdkörpern handelt, ist die Tracheotomia snperior am zweckmässigsten und zwar in der Weise ausgefübrt, dass die seitlichen Luftröhrentheile direkt unter dem Ringknorpel durch den Daumen nnd Zeigefinger der linken Hand komprimirt nnd die vorderen bedeckenden Tbeile gespannt werden, dann Einschnitt 2'/9 cm lang; in diesen wird bei Blutung und wenn Nichts zur Stelle ist, nm die Wunde der Luftröhre klaffend zu erhalten, der rechte Zeigefinger eingelegt. Bei stärkerer Blutung in die Luftröhre ist das Ansaugen des Blutes durch einen Katheter empfeblenswertb, verbunden mit künstlicher Athmung. Bei weiterer Blutung ist dann Umstechung oder Unterbindung nothwendig. In dem Falle, dass sich vermntbeo lässt, selbst nach gehobener Asphyxie, es sei noch ein Fremdkörper in den Athmnngswcgen, muss die Wunde umsäumt werden, es darf keine Kanüle eingelegt werden, sondern durch Fäden, welche durch die Seiten- theile der Luftröhren wände gehen, wird ein stärkeres Klaffen dadurch hervorgebracbt, dass dieselben auf dem Nacken geknotet werden. Bei ruhiger Athmung kann die Trachealwnnde wieder durch Naht geschlossen werden. Kurz wird eines Falles Ewähnung gethan, welcher ans- führlich io der Deutschen militärärztlichen Zeitschrift S. 447 d. J. mit- getheUt worden ist.

Frequenz 25.

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Sitzang am 21. September ll</> Uhr.

Vorsitzender: Generalarzt I. Kl. Dr. Roth.

Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher.

Vortrag: Herr Generalarzt I. El. Dr. Roth:

Ueber die nenesten Leistongen anf dem Gebiete des Militär* Sanitätswesens im Jahre 1887.

Redner erwähnt zuerst den Sanitätsbericbt über den russisch* türkischen Krieg von Eoslow, welcher in seinem dritten Theile die Okkupation von Bulgarien und die kriegsgefangenen Türken behandelt; er weist auf die grossen Differenzen bin in der Angabe der Anzahl der kriegsgefangenen Türken; die Angaben schwanken zwischen 113 015 und 57 638. Die Sterblichkeit unter den gefangenen Türken beziffert sich anf 841 pro mille. Redner schildert alsdann die Gesnnd- beitsverbältnisse im Kriege Italiens gegen Abyssinien. Abjssinien ist sehr ungesund wegen schlechten Wassers, hoher Temperatur (32 bis 42° Celsius) hohen Feuchtigkeitsgehalts der Luft. Die erste Expedition zählte 4000 Mann, erwies sich als unzureichend; eine Kolonne, die Lebensmittel bringen sollte, wurde vollständig aufgerieben, zwei Aerzte (Gasparri, Feretti) fielen. Die folgende Expedition zählte 17 ÜOO Mann. Eine besondere Instruktion, betreffend die sanitären Maassnahmen bei der Truppe, wurde ausgearbeitet; die Bekleidung und Ausrüstung der Offiziere ist darin sehr reichhaltig; pro Kopf und Tag wurden 5 Liter Wasser gerechnet; vor Allem sollte für gute Köche gesorgt werden; als Latrinen sollten Tonnen dienen, welche in besondern Zelten anf Handkarren stehen sollten. Es waren Revierkrankenstuben vorgesehen; die Schwer* kranken sollten in Feldlazarethen und zwar in Doppelzelten Aufnahme finden: diese Feldlazaretbe sollten sich anf Schiffslazarethe stützen.

Die Leichen sollten durch Uebergiessen leicht brennbarer Flüssig- keiten und Anfschicbten von Holz verbrannt werden. Der Feldzug scheint noch nicht zu Ende zu sein, und finden diese Sanitätseinrichtungen noch Anwendung.

Redner schildert die im Kriege Frankreichs gegen Tonkin zu Tage getretenen, ungünstigen Verhältnisse. Das Klima ist tropisch, und durch die mit der Reiskultnr verbundenen, beständigen Ueberflnthnngen treten nach dem Sanitäts* Berichte des französischen Marinearztes Rey die perniziösesten Malariaerkranknngen (Waldfieber) anf. Cholera ist vollständig endemisch.

Ein Krieg der Engländer in Aegypten besteht nur noch in kleinen Elxpeditionen; die Engländer haben Detaileinricbtungen für den Sanitäts- dienst getroffen, die mustergültig genannt werden können, so bestehen z. B. in Abu Fatma sehr zweckmässig eingerichtete Baracken.

Redner bespricht weiter in hygienischer Beziehung den Krieg von Japan gegen Formosa 1884; das Heer war 5990 Mann stark; es bestanden dort ebenfalls sehr ungünstige Verhältnisse. Beriberi trat daselbst in bedeutender Ausdehnung anf; diese Krankheit sei den Erscheinungen nach als vasomotorische Neurose anzusehen, welche vielleicht durch mangelhafte Verpflegung entsteht, da nach dem Jahresberichte der »panischen Flotte durch Aenderung und Besserung der Kost bessere Verhältnisse herbeigefnhrt worden seien.

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Redner weist auf sanitäre Vorbereitungen hin, welche in Frue kommen bei einem eTentuellen Kriege Russlands gegen England; rar Russland sei bei einem solchen maassgebend die transkaspische Eisen* bahn, welche von Krassnowodsk nach Merw und von da nach Tarsh’oi bis zum Amu Darja führt Diese Bahn erleichtere in eminenter Weise die Anhäufung von Kriegsmaterial. Die Engländer würden sich stützen auf die Indus-Eisenbahn und die davon ausgehenden Zweigbahnen. Es würde ein Vordringen der Russen von Kandahar angenommen, wohin von Indien ans die Wege über Bolan und Harnai führen, während die Abwehr des Angriffes auf den Linien Kandahar Herat oder Kandahar- Kabul erfolgen würde. O’Farell giebt einen Mobilisirungsplan , nach welchem die englische Armee sich auf 26 284 Soldaten und einen Tross von 35 000 Mann beziffern würde. Als Transportmittel für Kranke und Verwundete würde man Kameele gebrauchen; die Krankenzabl würde sof 12 bis 14<*/o zu berechnen sein. Von Werken, welche über den Sanitäts- dienst erschienen sind, bespricht Redner zuerst das Werk des Franzosen Robert, welcher eine motivirte Sanitätsordnnng abgefasst hat. Ein ähnliches Werk sei in der deutschen Armee dringend erwünscht. Ein Aufsatz von Thurnwald handelt über Bekämpfung der Kriegsseuchen in einem Feldzüge jenseits der Karpathen. Podratzki verlege das Haupt- gewicht der Militärsanität in einem Znkunftsfeldznge auf eine Salubritäts- kommission hinter der Front Als eine vorzügliche Leistung znr ersten Hülfe wird hervorgehoben ein Werk von Fr oe lieh über Oebirgs- sanitätsdienst.

Redner kommt alsdann znr Besprechung der Einrichtungen zur Unterbringung von Kranken; er giebt der transportablen Doecker' sehen Baracke den Vorzug; dieselbe habe vor Allem einen guten Fussboden und sei leicht zu etabliren; die Wellblecbbaracken seien auch gut, doch lassen sie sich schwieriger aufstellen und leiden durch das Abbrechen.

In Betreff der Krackenhülfe bemerkt Redner, dass die freiwillige Krankenpflege auf der vorhandenen Basis der Einfügung in die amtliche Krankenpflege in ihrer Stellung präzisirt worden sei.

Der Redner hebt hervor, dass der Sanitätsdienst in Norwegen nach dem Prinzip der technischen Waffen eingerichtet sei, wie auch in Italien und der Schweiz.

In Russland seien in Organisation des Sanitätsdienstes keine Aendernngen anzuführen; als Fortschritt sei in Russland die Stiftung militärärztlicher Gesellschaften aufznfassen, welche unter Mitwirkung aller offlziellen Organe gestiftet sind und ein sehr reges Leben ent- wickeln. Die bisherigen Kurse znr Ausbildung von Frauen im Sanitäts- dienste, welche im Nikolai - Hospitale in Petersburg stattfauden, sind geschlossen.

Redner erwähnt zum Schlosse dankbar Bernhard v. Langenbeck’s, wegen seiner grossen Verdienste um das Militär-Sanitätswesen, als den- jenigen, welcher das Institut der konsultirenden Chirurgen in die Armee eiegeführt hat, und schliesst, da keine weiteren Vorträge angemeldet sind, die Sitzung der Sektion.

Frequenz: 28.

Glasmacher (Köln).

Gedruckt io der EOnigUebeD Hofbuchdmekerei von E. S. Mittler & SohU| Berlin, Kochstrasse 68—^70.

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Deutsche

Militärärztiiche Zeitschrift.

Redactlon:

Dr. Generalarzt,

B«rlin, XanbenstnsM 5,

n. Dr. Stabsarzt,

B«rUo, Kaiser Franz 6rensdier>PlaU 11/12.

V«rlig:

f. aBI«bt &

Königliche Hofbachhandlang,

Berlin, Kockstraase 68^70.

Moaitlich «ncheint ein Heft Ton mindestens 8 Dnickbogea; daxn ein „Amtlicbes Beiblatt**. Der Zeitschrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gebiete des Milit&r- SanitSto>Weeens**, herans|^egeben vom Generalarzt Dr. Roth, anentgeltlich beigegeben, ßesiellnng nehmen alle Foetlmter and Bachhandiangen an. Preis des Jahrgangs 15 Mark.

XVII. Jahrgang. 1888. Heft 12.

Zum IS. Dezember,

Einem Feste gelten diese Zeilen, einem Feste so selten und erlesen, wie das gesegnete Leben des Mannes, der dasselbe begeht.

Se. Excellenz der Generalstabsarzt der Armee und Chef des SanitStskorps Herr Dr. t. Lauer feiert am 12. Dezember sein GOjäbriges Militärdienst- Jubiläum. Unsere Zeitschrift kann bei solchem Anlass am wenigsten znräckbleiben in dem Ausdruck herzlicher Freude über diesen Tag nnd warmen Dankes für den allmächtigen Walter, der das Leben des Jnbilars so gnädig geschützt, der Gesammtbeit za Nutz so segensvoll emporgeführt hat.

60 Jahre: fürwahr eine gewaltige Zeit, hochragend über die Frist, die im Durchschnitt menschlichem Wirken gewährt wird, nabe hinan- reichend an die Grenze, von der das Bibelwort sagt, dass sie unserem Leben gesetzt sei!

„Und wenn es köstlich gewesen, so ist es Mühe and Arbeit gewesen“ auch das trifft zu. Ein Leben, reich an Glück and Erfolg, aber auch voll zielbewnssten Strebens, anstrengender Arbeit nnd ernster Ereignisse.

Möge es heute vergönnt sein, ein Bild desselben zn entrollen als bleibende Erinnernng an den festesfrohen Tag and als ein pietätvolles Blatt za der Geschichte des ausgezeichneten Mannes.

Als Sohn des Pfarrers Peter Christoph Laaer in Wetzlar am 10. Oktober 1808 geboren, erhielt der Jubilar in der Taufe die Namen Gnstav Johann Ludwig Christian Friedrich, besachte die

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Schale und das Gymnasiam seiner Vaterstadt, trat mit 16 Jahren za Ostern 1825 in das medizinisch-chirurgische Friedrich-Wilhelms-lostitat ein und studirte auf demselben bis Dezember 1828. Am 12. Dezember 1828 als Cbaritä'Cbirurg in die Armee getreten, wurde er am 1. April 183*1 ab Compagnie-Chirurg zum 11. Infanterie-Regiment nach Breslaa and von dort am 1. Mai 1833 zum 1. Garde-Regiment z. F. versetzt. Am 15. April 1830 erfolgte seine Promotion zum Doktor der Medizin; seine Dissertation (de sanguinis differentia in morbis) erschien im 18. Bande (S. 265) der I itterarischen Hecker’schen Annalen der gesammten Heil- kunde. Nachdem er die Staabprüfungen im Winter 1834/35 bestanden, erhielt er am 18. Januar 1838 die Approbation mit dem Prädikat .vor- züglich gut“. Inzwischen war er am 22. August 1836 als Pensionär- Arzt zum Friedrich - Wilhelms - Institut und 1836/37 behufs weiterer Ausbildung zum Allgemeinen Krankenbaase in Hamburg kommandirt, darauf am 6. April 1839 zum Stabsarzt am medizinisch- chirnrgisebeii Friedrich- Wilhelms-Institut ernannt worden, in welcher Eigenschaft es ihm im Jahre 1839 vergönnt war, aus Staatsmitteln eine-wissenscbafUiebe Reise nach Frankreich und Belgien zu unternehmen. In diese Zeit fällt, wie aus der beigefügten Uebersicht seiner litterarbchen Arbeiten hervor- gebt, eine Reihe chirurgisch -medizinischer Schriften, welche erkennen lassen, mit welchem Eifer der junge Militärarzt seine Aufgabe verfolgte und wie lebhaft er bemüht war, die damals noch weniger gekannte wissenschaftliche Tbätigkeit der besuchten fremden Länder den heimatb- lichen Fachgelehrten näher zu bringen, auch neue Methoden der Behand- lung, die er als erfolgreich kennen gelernt, bei uns einzubürgem.

Der 5. Januar 1843 brachte die Beförderung zum Regimentsarzt des 2. Dragoner-Regiments in Schwedt, aber schon der 29. August desselben Jahres die Versetzung zum Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment No. 1. Am 22. März 1859 erhielt v. Lauer als Oberstabs- und Regiments- arzt den Majorsrang, am 22. März 1861 den Charakter als Generalarzt. Am 19. Januar 1864 erfolgte seine Ernennung zum General- und Korps- arzt des Gardekorps. Als solchem wurde ihm am 18. Juni 1865 der Rang als Oberstlieutenant verliehen, am 22. August 1870 der Bang als Oberst, am 22. März 1877 als Generalmajor. Seit dem 13. Dezember 1879 wirkt der Jubilar als Generalstabsarzt der Armee, Chef des Sanitätskorpi und der Medizinal- Abtheiluug des Kriegsministeriums, sowie als Direktor der militärärztlicben Bildungsanstalten, und zwar seit dem 22. März 1881 mit dem Range als Generallientenant.

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Von wichtigeren VorkomniDiseen in dieser ruhmvollen Laufbahn sind zu erwähnen:

1848 Theilnahme am Kriege gegen Dänemark,

1849 desgl. an der Bekämpfang des Aufstandes io Dresden,

1866 Feldzug gegen Oesterreich (Schlacht bei Königgrätz),

1870/71 desgl. gegen Frankreich (Schlachten bei Oravelotte, Beaumont,

Sedan, Belagerung von Paris, Ausfallgefecht bei La Malmaison, Schlacht am Mont Valerien).

Während der beiden zuletzt genannten Feldzüge befand sich der Jubilar im grossen Hauptquartier Sr. Majestät des Kaisers nnd Königs Wilhelm 1.

1860, 1867 und 1872 war der damalige Regiments- hezw. General- arzt V. Lauer kommandirt als Mitglied der Kommissionen znr Berathung über ein neues Militär-Lazareth-Reglemeot und eine neue Militär-Phar- makopoe, nher die Reorganisation des Militär- Sanitätswesens nnd über Verbessernngen des Feld-Sanitätswesens.

In den April 1844 fällt das für seinen Lebensgang vielleicht ent- scheidendste Ereigniss: die Ernennung zum Leibarzt Sr. Königlichen Hoheit des damaligen Prinzen von Prensseu. Ununterbrochen hat seitdem Ezcellenz v. Lauer bei weiland Sr. Majestät dem Kaiser und König Wilhelm I., bei Sr. Majestät dem Kaiser und König Friedrich III., endlich bei des jetzt regierenden Kaisers nnd Königs Wilhelm II. Majestät die Stellung als Leibarzt innegehabt.

Aus dieser hochehrenvollen Vertrauensstellung, welche Se. Ezcellenz für immer mit der Geschichte seines Herrscherhauses und seines Landes in nnvergesslicher Zeit und mit den grossen Gestalten in der Umgebung des Heldenkaisers verknüpft hat, stammt eine Reihe Allerhöchster Gunst- und Gnadenbeweise, von denen ein Theil sich aus den Tagen der Verleihung unschwer erkennen lässt; hervorzoheben ist ausserdem, neben der grossen Zahl hoher Dekorationen, die am 1. Januar 1866 erfolgte Erhebung in den erblichen Adelstand ,in Rücksicht auf die langjährigen treuen Dienste um die Person des Kaisers und Königs sowie in Betracht der erfolgreichen Wirksamkeit in seiner amtlichen Stellung bei der Armee'^.

Am 12. Dezember 1878 beging Se. Ezcellenz sein 50jähriges Dienst- jubilänm, über dessen Verlauf diese Zeitschrift (Jahrgang 1878, Heft 12) eingehend berichtet bat.

Wie in dieser glänzenden militärischen Laufbahn war inzwischen V. Lauer auch io den Graden der Wissenschaft nnd als Beamter der civilärztlichen Verwaltung von Stofe zu Stufe emporgestiegen. 1845

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habilitirte er sich als Privatdozent an der Berliner Universität, erhielt 1S54 die Ernennnng znm ausserordentlichen Professor der medizinisch* chirnrgischen Akademie für das Militär, und 1880, nachdem er bereits 1847 Mitglied der Ober-Examinationskommission für das medizinische Staatsexamen geworden war, die Ernennnng znm ordentlichen Honorsr- professor der Universität Berlin.

Schon 1854 dnrch den Titel eines Geheimen Sanitätsrathes ausgezeichnet, wurde er am 29. April 1880 mit dem Charakter als Wirklicher Oebeimer Ober-Medizinalrath beliehen und erhielt damit zugleich den Rang eines Raths 1. Klasse nebst den Befugnissen eines Vortragenden Ratbes im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenheiteu.

Seit dem 11. März 1843 ist Se. Excellenz verheirathet mit Georgine, Tochter des Geheimen Kommerzienraths Wilhelm Ermeler zu Berlin. Ans dieser glücklichen Ehe entsprossen zwei Söhne und zwei Töchter. Eine der letzteren ist an den Königlichen Regierungspräsidenten und Kammerherrn v. Colmar verheirathet, während beide Söhne dem Eltem- paare früh entrissen wurden: der Eine fiel als Lieutenant im 1. Garde- Regiment zu Fnss am 18. August 1870 beim Sturm auf St. Privat; der Andere, demselben Regiments angehörig and zur Unteroffizierschule io Potsdam kommandirt, erlag vor wenigen Monaten einem tückischeu schleichenden Uebel. Es sollte dem sonst so reich gesegneten Vater nicht beschieden sein, den Namen, den er von schlichtem Anfänge za höchsten Ehren geführt hat, von Kind zu Kindeskind vererben zu könneo.

So bat dasselbe Jahr, welches sein Wirken dnrch die nur wenigen Sterblichen beschiedene Feier des 60jährigen Dienst-Jubiläums zu krönen bestimmt war, auch die denkbar grössten Schmerzen gezeitigt; erst mit dem ganzen Lande die Klage um den Hingang zweier unvergleichlicher Monarchen, denen menschlich nahe zu treten ihm wie Wenigen vergönnt war, sodann die herbe Trauer im eigenen Hause.

In ungebeugter Rüstigkeit und vollendeter geistiger Frische steht gleichwohl der Herr Jubilar heut vor unseren Augen, und dankbarer Ver- ehrung voll bewundern wir die Vielseitigkeit seines Wirkens.

Fast zwei Lustra hindurch hat Excellenz v. Lauer das Sanitäts- wesen der Armee und das Sanitätskorps geleitet. Mit hoher Befriedigung darf Se. Excellenz auf das stetig wachsende Vertrauen blicken, welches die Armee dem Sanitäts-Offizierkorps entgegenbringt, auf die Anerkennung, welche demselben in wissenschaftlichen Kreisen nicht vorentbalten wird, auf die Sorgfalt, mit welcher im Auslande die Einrichtungen des Preussisch-Deutschen Militär -Medizinalwesens studirt und nachgebildet

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werden. Das „Snam qnisqoe“, welches bei Uebernahme seines hohen Amtes der neue Chef als Ergänzung und nothwendiges Korrelat des ,Saom cnique*^ seinen Untergebenen zurief, ist von diesen im Sinne des Chefs verstanden, gewürdigt und niemals vergessen worden.

Für zwei Generationen war Se. Elxcellenz das VorbUd eines ausübenden Arztes.

Ein grosser Tbeil der heutigen Militärärzte hat in seiner Vorlesung über allgemeine Therapie seinen schlichten Grundsatz anssprechen hören: ^9e^antvety heisst dienen, der Arzt ist der Diener seiner Kranken*. Diesem Wort ist er treu gebliehen in seinem Wirken, das er trotz nm- fassender anderweiter Thätigkeit noch jetzt mit voller Hingebung am Krankenbette entfzJtet, ein echter menschenfreundlicher Arzt, getragen von der Freude über die erfüllte Pflicht, von der dankbaren Liebe in Palast und Hütte!

Und wer möchte nicht heissesten Dankes und bewundernder Ver- ehrung voll hinhlicken auf das schönste Blatt im Ruhmeskranze des erfolg- reichen Arztes, auf sein Wirken als Leibarzt unseres dahingesebiedenen grossen Kaisers I Was Excellenz v. Lauer mit nie ermüdender Sorge und mit beispiellosem Erfolge getban bat, um dieses kostbare Leben weit über die gewöhnliche Dauer hinaus zu erhalten, das sichert ihm für alle Zeit den Dank nnd die pietätvolle Anerkennung der Nation, macht seinen Namen schon allein zu einem gefeierten weit über die Grenzen des Vaterlandes.

Und nicht Wenigen ist er nahe getreten als Lehrer.

Das eingehende Wissen auf dem Gebiete der Chirurgie sowohl wie auf dem der Pathologie und Therapie, zu welchem sich bald ein stetig wachsender Schatz praktischer Erfahrung gesellte, drängte naturgemäss rar Mittheilniig desselben an Nachstrebende. Einige vor anderem Zubörerkreise in Vereinen gehaltene, der Oeffentlichkeit übergebene Vorträge (siche das Verzeichniss der Schriften) gewähren ein deutliches Bild der eindringlichen Weise, in welcher der Jubilar auch vor Studirenden die Gegenstände der Besprechung zn entwickeln und eigenartig zu beleuchten pflegte. In Vielen hat er dadurch das tiefere Verständniss für den Zusammenhang wissenschaftlicher Einzelheiten mit der gesammten Wissenschaft einerseits, mit dem praktischen Leben andererseits frühzeitig geweckt, die Neigung zu selbstständigem, znsammenfassendem Denken auf der sicheren Grundlage ansgebreiteter Kenntnisse gefördert, aagleich so Manchen als Examinator in der Staatsprüfung durch freundlich wohlmeinenden Ernst zur Anspannung der besten Kraft arlfogreich ermntbigt.

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So ist es dem hochverehrten Manne vergönnt gewesen, in überall hervorragender Stellnng auf einer ganzen Reihe von Gebieten eine Thatigkeit zn entfalten, von welcher jeder einzelne Zweig ein arbeits- vnlles Menschenleben auszufnllen ira Stande wäre, jederzeit eine Ver- körperung des Wortes: aliy aQi<ntvciy xai vntlQo^oy tfifuycu äiXuy !

Wie sollten nicht wir, denen die Früchte seines Thnns täglich zu Oute kommen, des heutigen Tages uns freuen, denselben als gemeinsames Fest begehen, den geistigen Inhalt desselben als allgemeine Angelegenheit des Sanitätskorps nns aneignen I

Aufrichtigen Dankes voll begrüsst das Sanitäts-Offizierkorps seinen all verehrten Chef als Vorbild dienstlichen Wirkens, wissenschaftlichen Strebens, nicht am wenigsten als fürsorglichen Vater seiner Dntergebenen, für welche das „Snum euique“ in der Leitung der Angelegenheiten des Sanitätskorps stets leicht erkennbar zn Tage getreten ist. Möge es dem Jubilar vergönnt sein, sich noch lange selbst davon zu überzeugen, wie innig das „Suum qnisque“ mit dem Denken aller Mitglieder des Korps verwachsen ist und wie feste Wurzeln in ihren Herzen die Ehrfurcht vor Dem geschlagen hat, welcher den inneren Zusammenhang jener beiden Devisen so nachdrücklich betont, jede einzelne derselben durch sein eigenes Beispiel ebenso leuchtend bethätigt hat wie den Wahlsprucb seines Wappens: Veritas et Constantia!

Verzeichniss der Schriften Sr. Exceiienz des Generaistabsarztes der Armee Dr. y. Lauer.

1830. Dissertation: „De sanguinis diiferentia in morbis“.

(Ueber die Verschiedenheit des Blutes in Krankheiten.)

Litterarische (Hecker'sche) Annalen der gcs. Heilkunde 1830. 18. Bd. S. 265.

Einige Betrachtungen, betreffend Weber’s Versuche über die Kraft, durch welche der Schetikelkopf in der Pfanne erhalten wird.

Hamb. Zeitschrift für die ges. Med. Bd. II. Heft 3. 1836. (Schmidt’s Jahrb. XII, 4.)

Referat über Baudens, Clinique des plaies par armes ä feu. Paris 1836.

In Hamburger Zeitschrift für die gesammte Medizin. 1837. S. 36 u. 169.

Referat über Mayor, Sur le Catheterisme simple et fored, et sur le Traitement des Retrecissements de l'Uretre et des Fistules nrinaires. Paris 1836.

In Hamburger Zeitschrift für die gesammte Medizin. 1837. S. 213.

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Referat über Mayor, Sar l’usage da fil en fer et du cotton en Chirurgie. Bemerkungen über die Anwendung des Matterspiegels und einige Verhält- nisse der weiblichen Genitalien.

Hamburger Zeitschrift für die gesamrate Medizin. 1838. Bd. IX. Heft 3.

Vier Fälle von Eclampsia parturientium et puerperarum mit glücklichem Ausgang.

Med. Zeitung 1842. No. 15 und 16.

Oertliche Anwendung des Caiomel gegen die Angenentzündung der Neu- geborenen.

Med. Zeitung 1842. No. 23.

Mittbeilnogen über die Medizinal-Verhältnisse und einige damit zusammen- hängende Gegenstände in Frankreich.

Magazin für die gesammte Heilkunde. 1842. 17. Band. Heft 1 und 2 und 1843, 18. Band. S. 96.

Beitrag zur Lehre von der Unterbindung und der Torsion der Arterien. Med. Zeitung 1844. No. 4.

Behandlung der Frostbeulen mit Argentum nitricum fusum.

Med. Zeitung 1845. No. 20. Auszug aus amtlichen Berichten. Halbseitige Lähmung, welche wahrscheinlich nicht vom Gehirn ausging.

Med. Zeitung 1847. No. 34. S. 164.

Beitrag zur Kenntniss der Tuberkeln des Bauchfells.

Med. Zeitung 1848. No. 26 und 27.

Mittheilung über die in den Militär- Lazarethen der Stadt Schleswig während des dänischen Feldzuges vorgenommenen wichtigeren Operationen.

Med. Zeitung 1849. No. 1 und 2.

Beitrag zur Kenntniss der Einwirkung des Chloroforms auf die Muskel- Kontraktion.

Med. Zeitung 1849. No. 18. S. 76. lieber die Ophthalmia granulosa.

Med. Zeitung 1851. No. 38 und 39. S. 177.

Roptur der Aorta.

Med. Zeitung 1854. No. 27. S. 132.

Der vorherrschende Charakter der Krankheiten der jetzigen Generation.

Vortrag im wissenschaftlichen Verein. Berlin 1862.

Gesundheit, Krankheit, Tod. Ein Vortrag. Berlin 1865.

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Krampfadern als GrUnde der (Jnbranchbarkeit bei Hilitarpfliehti^ei und Soldaten. Benrtheilnng hinsichtlich der DienstbeschädJ^iui;.

Von

Stabsarzt Dr. Neumtnn (Angermünde).

(Schloss.)

Nächst der Ermüdang des Herzens machten wir dann die energische plötzliche oder häufig wiederholte Kontraktion bestimmter Moskel- grappen für die Entstehung von Varicen infolge allgemeiner dienstlicber Anstrengungen bei unseren ersten 16 Fällen verantwortlich.

In diesen Fällen bestehen entweder schon intramuskuläre Erweite- rungen geringen Grades, die im Moment energischer MuskelkontraktioD schnell in der Richtung nach der Oberfläche zu auf weitere Oefiis- strecken nbergreifen oder es wird die (vorher normale) tiefe Vene erst durch die Muskelkontraktion an umschriebenen Stellen, wo sie gezerrt oder in ihrer Lage beengt wird, durch die plötzliche Blutstauung erweitert und ansgebnchtet

Beide Fälle bieten für die Diagnose grosse Schwierigkeiten dar ood man wird bei angeblicher Entstehung solcher infolge einer angestrengten Marschübung etc. nur dann eine, und zwar äussere, Dienstbeschädignng annehmen dürfen, wenn in direktem Anschluss an den anstrengendeo Marsch etc. sich die oben geschilderten Symptome der tiefen Varicen konstaliren lassen. Hierzu gehört vor allen Dingen die Angabe des plötzlich in der Tiefe empfundenen, von der gewaltsamen Dehnung der Ge^swand herrübrenden Schmerzes, der fast nie zu fehlen und meist noch in der Ruhe zunächst anznhalten pflegt, das Gefühl von Schwere im Gliede etc.

Immerhin werden solche Fälle als Folge allgemeiner dienstlicher Anstrengungen sehr selten und jeder einzelne verschieden zu benr- theilen sein.

Anders stellt sich die Sache für Entstehung und Verschlimmerung, d. h. weitere Verbreitung tiefer Varicen schon in den Fällen, wo die- selben während der Ausübung einer dienstlichen Handlung, bei der ohne weitere Ermüdung des Herzens bestimmte Muskelgruppen besonders is Aktion treten, entstehen. Fall 17 giebt nns ein Beispiel für die weitere Ver- breitung schon vorher vorhandener tiefer Varicen nach der Oberfläche zu

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infolge eines Sprunges über den Graben, nnd im Fall 18 ist die Erweiterung plötzlich beim Wassertragen entstanden. Im Fall 19 bat die starke Be- lastung des Trägers durch einen Holzklotz nnd die durch die Mnskel- koDtraktion bedingte Stauung des Blutes in einer schon erweiterten Vene sogar zur Ruptur der Varixwand an der Stelle der grössten Spanuung geführt.

Der kavalleristische Dienst ist es dann vor allen, der zu Varicen- bildungen durch Muskelkontraktion an den unteren Extremitäten Veran- lassung giebt. Der , Schluss“ beim Reiten, die immer wiederholte hoch- gradige Anstrengung der Ober- wie Unterschenkel - Muskulatur beim Zureiteo der Pferde kann sowohl tiefe Varicen entstehen, wie schon be- stehende sich weiter verbreiten lassen und somit eine Beschädigung herbeiführen (cfr. Fall 20 bis 28), die wohl jeder gern als äussere Dienst- beschädigung anerkennen wird, besonders wenn, wie bei den Kürassieren, noch die zirkulationshindernde Wirkung der Falte des hoben Stiefels in der Kniekehle (cfr. Fall 24) hinzukommt.

Nun zu den äusseren Beschädigungen durch „Stoss, Schlag, Sturz und andere Verletzungen“ dienstlicher Natur, die Krampfaderbildungen im Gefolge batten. Fall 29 bis 38 geben uns hierfür Beispiele verschie- denster Art. Wir haben oben unter den Entstehuugsursachen für Varicen auch der in diesen Fällen angegebenen verschiedenen Zirkulationshinder- nisse, Venenentzündungen etc. gedacht, so dass wir uns hier mit dem Hinweis auf den Inhalt des Ältestes begnügen können. Erwähnen wollen wir nur, dass in einzelnen der Fälle wohl eben so gut das primäre Leiden wie die sekundären Varicen den Grund für die Unbrauchbarkeit des Mannes abgeben konnten. Jedenfalls wird man die Dienstbesebädiguug in keinem der Fälle anzweifeln können. Zweifelhaft wird die Dienst- beschädignng nur dann sein, wenn die Varicen erst nach Ablauf längerer Zeit bei vielleicht gar nicht mehr im aktiven Dienst befindlichen Mann- schaften aufgetreten sind. Wenn wir auch anerkennen müssen, dass oberflächliche Venenerweiterungen sich oft erst später, nach der Ent- stehung von tiefen Varicen, einstellen, so wird es, wenn der angeblich früher im Dienst Verletzte in der Zwischenzeit schon seiner bürgerlichen Beschäftigung naebgegangen ist 22. 8. d. D. A.), doch meist sehr schwer sein, den Zusammenhang der subkutanen Varicen mit der an- geblich im Dienst entstandenen Verletzung nachzuweisen nnd wissen, schaftlich zu begründen.

Die genaue Untersuchung der zu Entlassenden auch auf etwaige tiefe Varicen hin nnd die Nachforschungen bei den früheren Vorgesetzten

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werden bei derartigen Ansprüchen allein eine richtige Benrtheilang des Falles sichern.

Was die Frage des Grades der Dienstnnbrauchbarkeit betrifft, so ist für die Beurtheilung desselben nicht nur die Lage, Form and Grösse der Varicen maassgehend, sondern vor allen die Folgeznstände and Kompli- kationen derselben, die wir oben besprochen haben, und auch die sab- jektiven Beschwerden. Wir wissen, dass sehr amfangreiche oberflächliche, cylindrische wie knotenförmige Varicen oft ohne alle Komplikationen, wie Ekzeme, Oedeme and Ulcerationen, lange Jahre bestehen können, and wir sehen wiederum sehr häufig kleine Knoten and wenig stark ent- wickelte Stränge schnell schwere Folgeznstände nach sich ziehen. Andererseits lehrt die Erfahrung, dass gerade tiefliegende, kaum erkenn- bare Knoten häufig die heftigsten Beschwerden machen, bevor die Er- weiterung sich auf die subkutanen Venen, an denen sie vielleicht sehr umfangreich anftritt, ausgedehnt hat Auch wird sich die Trennung von cylindrischen und knotenförmigen Erweiterungen, wie sie in Beilage IV der Dienstanweisung vom 8. April 1877 durchgeführt ist, nicht in jedem einzelnen Fall aufrecht erhalten lassen; beide werden oft nebeneinander Vorkommen. Trotzdem dürfte es nicht schwer fallen, den einzelnen Fall an der Hand der Dienstanweisung auf Halb- oder Ganzinvalidität hin zn prüfen.

Unter unseren 40 Fällen sind 25 Ganzinvalide, 14 Halhin valide, 1 unbestimmt.

Schwieriger dürfte es schon sein, die Dauer der Dienstunbranchbarkeit in dem einzelnen Fall zu bestimmen. Hier stehen wir vor der Frage: Sind Varicenbildungen an den unteren Extremitäten, welche aus irgend einem Grunde die Dienstunbrauchharkeit des Trägers veranlasst haben, überhaupt heilbar, oder lässt sich „eine Besserung durch Heilmittel und die Zeit mit Sicherheit ausschliessen ?“

Ueher die Bedeutung der operativen Eingriffe für die militärischea Verhältnisse bei umschriebenen Krampfaderbildnngen haben wir uns schon oben ausgesprochen.

Dass sonstige Heilmittel, auch die immer wiederholte Einwickelang nicht im Stande sein werden, eine definitive Beseitigung der Varicen herbeizuführen, liegt auf der Hand, wenn man berücksichtigt, dass doch in der grossen Mehrzahl der Fälle die Insuffizienz der Klappen der Er- weiterung auf dem Fasse folgt und somit einer der wichtigsten Faktoren für die Rückbewegung des Blutes, die Stütze der Blutsäule, der Damm gegen eine etwaige Blutstauung ein für alle Male aasgeschaltet wird.

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So lange die Fanktion der Klappen eine normale bleibt, ist, wenn die Erweiternng z. B. die Folge einer vornbergehenden Kompression irgend eines Venenstammes ist, nach Beseitigung des Zirkulationshindernisses anch wohl eine Heilung der Varicen möglich; doch dürften diese Fälle zu den allergrössten Seltenheiten gehören. Von einer Besserung des Leidens oder wenigstens der Beschwerden desselben können wir nnr dann sprechen, wenn die durch tiefliegende Varicen bedingte Stauung beim Fortscbreiten der Erweiterung auf die subkutanen Venen in ge- wissem Grade ansgeglichen wird, nnd mit dem Erscheinen eines umfang- reichen subkutanen Venennetzes, die vorher vielleicht sehr bedeutenden Beschwerden nachlassen. Demnach würde eine temporäre Invalidität nnr in seltenen Fällen anszusprechen sein. Unter unseren 40 Dienstbeschä- digungen sind 27 dauernde, 12 temporär Invalide (1 unbestimmt).

Inwieweit die Erwerbsfähigkeit der Ganzinvaliden durch das Leiden beeinträchtigt ist, anch das wird wiederum ganz von den Komplikationen der Varicen nnd von den subjektiven Beschwerden abhängig sein. Allge- meine Gesichtspunkte lassen sich unserer Ansicht nach hierfür nicht geben; sowohl die Grade wie die Dauer der Erwerbsunfähigkeit werden in jedem einzelnen Falle besonders entschieden werden müssen.

Zwei unserer Ganzinvalideu (19 und 20) sind für grösstentheils erwerbsunfähig, der eine temporär, der andere dauernd erklärt worden, die übrigen 22 (1 unbestimmt) sind als nnr theilweise erwerbsunfähig, nnd zwar 12 davon temporär, 10 auf die Dauer invalidisirt worden.

Dienstbeschädigungen.

1. Sergeant L., Dienstzeit vom 1. November 1876 bis 4. November 1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide. Inhalt des Attestes: Aeussere Dienstbeschädigung. Krampfadern am linken Unterschenkel, infolge einer anstrengenden Uebung am 29. Juni 1882 entstanden, zeigten sich unmittelbar nach derselben. Die Krampf- adern sind dem mechanischen Einflüsse des anstrengenden, ermüdenden Marsches zuznschreiben.

2. Musketier G., Dienstzeit vom 9. November 1881 bis 18. April

1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär theilweise erwerbs- unfähig, temporär ganzinvalide. Inhalt des Attestes: Die Verschlimme- rung der bei der Einstellung vorhandenen linksseitigen Krampfadern ist bedingt durch die militärdienstlichen schädlichen Einflüsse: Turnen,

Exerziren und vor Allem Marschübungen. (Zugleich links Varicocele.)

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S. Uoteroffiiier S., Dienstzeit vom 7. Novenaber 1876 bis 28. Aa|;ast 1881; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvslide. Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung. Während der Periode des Compagnieexerzirens im März 1881. Oberflächliche Krampf- adern am linken Unterschenkel.

4. Sergeant O., Dienstzeit vom 1. März 1871 bis 9. Juni 1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide und dauernd theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienstbeschä- dignng. Entstanden in der Zeit vom 1. Mai bis 24. Juni 1883 durch vielen und schweren Dienst. Das Leiden ist beiderseitig, besonders aber am linken Ober- und Unterschenkel vorhanden und es besteht ober der linken Wade besonders starke Knotenbildung. Am rechten Unterschenkel nur massig stark geschwollene Blutadern vorhanden.

5. Unteroffizier B., Dienstzeit vom 23. Dezember 1878 bis 4. Juli 1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dienstunbranchbar, nnd bat später Invalidenbenefizien erhalten. Inhalt des Attestes; Entstehung ev. Verschlimmerung durch den Dienst angenommen. Bei der Untersuchung zum Zweck der Kapitulation im Herbst 1883 keine Krampfadern. Während seiner Erkrankung an Gelenkrheumatismus vom 17, Januar bis 24. Fe- bruar 1884 wurden im Lazareth leichte Ausdehnungen der Venen an den Beinen gefunden. Anfang April wurden nach anstrengendem Dienst allgemeine Varicen an beiden Beinen gefunden, die bis zur Mitte des Oberschenkels binaufreichten und schnell Zunahmen. Kein Herzfehler.

6. Unteroffizier D., Dienstzeit vom 10. Oktober 1874 bis 20. Juli 1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide und dauernd theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienst- beschädigung: Infolge anstrengenden Marsches während der Herbst- Übungen am 9. September 1882 Blutaderknoten am linken Bein.

7. Unteroffizier H, Dienstzeit vom 3, Dezember 1877 bis 10. Juli 1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide, temporär theilweise erwerbsunrähig. Inhalt des Attestes: Entstehung cylindrisch erweiterter Blutadern und Knoten am rechten Unterschenkel durch Anstrengungen des Manövermarsebes am 18. September 1882.

8. Füsilier L., Dienstzeit vom 1(5. November 1880 bis 30. August

1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd balbinvalide. Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung. Anstrengung

beim Exerziren und Springen (durch Muskelkontraktion gehemmter

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Räckflnss des Veneoblates am Beine) als Ursache angenommen. Beider- seitige Krampfadern als Folge dieser Anstrengung am 26. Juli 1884.

9. Füsilier J., Dienstzeit vom 9. November 1884 bis 27. Jannar 1885; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als temporär balbinvalide. Inhalt des Ättestes: Aeussere Diens tbescbädigung. Varicen beider Unter- schenkel. Nachweislich durch den Dienst verschlimmert.

10. Gefreiter M., Dienstzeit vom 6. Dezember 1883 bis 21. Juli 1685; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide, dauernd theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Innere Dienstbeschä- digung. Anstrengung des Dienstes, besonders Marschiren mit Gepäck während der Dienstzeit. Die linksseitig anfgetretenen Krampfadern sind als direkte Folge der Beengung durch Kleider, Lederzeug, Gepäck bei anstrengenden Märschen, Felddienstöbnngen etc. aufzufassen.

11. Grenadier G., Dienstzeit vom 6.November 1883 bis 4. Oktober 1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide, temporär theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Die am linken Ober- and Unterschenkel entwickelten Varicen haben in der Anlage bereits bestanden und sind durch allmähliche Zunahme des Leidens infolge dienst- licher Anstrengungen zu ihrer jetzigen Höhe entwickelt.

12. Unteroffizier G., Dienstzeit vom 8. April 1877 bis 8. April 1881; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide, temporär theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Innere Beschädigung. Beiderseitige Krampfadern. Ist attestirt nach § 20 2 c. d. D. A.

13. Unteroffizier S., Dienstzeit vom 7. November 1876 bis 18. Juni 1883; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbin valide. Inhalt des Ältestes: Aensserliche Dienstbeschädignng. Weder bei der Einstellung noch bei der alljährlichen Untersuchung behufs Kapitulation sind Krampfadern gefunden worden. Dieselben sind plötzlich entstanden nach dem Compagnieexerziren im Frühjahr 1881 , nachdem heftige Schmerzen im rechten Unterschenkel vorangegangen waren. Krank- meldung am 14. Juni 1881. Darauf weitere Entwickelung der Varicen.

14. Sergeant L., Dienstzeit vom 11. Oktober 1870 bis 27. Juli 1879; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganzinvalide, dauernd theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ättestes: Aeussere Dienstbeschädigung. Marschiren über einen steilen Berg im Manöver 1876. Danach Ader- erweiternng konstatirt. Verschlimmerung beim Compagnieexerziren Frühjahr 1877. Krampfadern links.

15. Sergeant und Oberlazarethgehülfe E., Dienstzeit vom 23. Oktober 1874 bis 28. Oktober 1882; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als

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danernd ganziovalide und tbeilweise erwerbsuofähig. Inhalt des Ältestes; Aeussere Dienstbeschädigong. Krampfadern höheren Grades an der unteren Extremität infolge eines anstrengenden Marsches im Manörer am 22. August 1882.

16. Unteroffizier A., Dienstzeit vom 6. April 1876 bis 3. April 1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganzinvalide, dauernd tbeilweise erwerbsnofähig. Inhalt des Ältestes; Durch dienstliche Anstrengungen entstanden.

17. Sergeant F., Dienstzeit vom 16. Dezember 1869 bis 1. August 1878; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganziovalide, dauernd theil- weise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere Dienstbesebä- di gong. Nachdem zuvor schon längere Zeit hindurch schmerzhafte Empfindungen im linken Unterschenkel bestanden hatten, nach einem Sprung über den Graben beim Gefechtssebiessen Entwickelung ausge- dehnter Erweiterungen der Venen am linken Unterschenkel mit knoten- förmigen Ausbuchtungen.

18. Ulan L., Dienstzeit vom 1. Oktober 1878 bis 20. Dezember 1881; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als halbinvalide auf zwei Jahre. Inhalt des Ältestes; Aeussere Dienstbeschädigong. Beim Wasser- tragen am 29. November 1881. Entstehung starker cylindriseber und knotenförmiger Venenerweiterungen am Unterschenkel.

19. Gefreiter G., Dienstzeit vom 4. Dezember 1882 bis 26. Angust 1885; entlassen nach Beilage IVb No. 69 als temporär ganzinvalide, temporär grösstentbeils erwerbsunfähig (vorläufig auf ein Jahr). Inhalt des Ältestes; Aeussere Dienstbeschädigung. Infolge starker An- strengung am 7. Juli 1885 erfolgte beim Fortschaffen eines Holzklotzes eine erhebliche Blutung aus einer erweiterten Blutader am linken Unter- schenkel. An einzelnen Stellen der linken erweiterten vena saphena magna fühlte man härtere, griesig anzufühlende, linsengrosse Knötchen (V enensteinchen).

20. Sergeant T., Dienstzeit vom 5. November 1872 bis 7. Februar 1882; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganzinvalide, dauernd grösstentbeils erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere Dienst- beschädigong, welche sich ohne bestimmtes Datum im Laufe der Zeit durch den kavalleristischen Dienst, besonders das Reiten, geltend gemacht hat. Zweimal im Jahre 1881 an entzündlicher Verstopfung der Blutaderknoten der rechten Wade im Revier behandelt.

21. Sergeant W., Dienstzeit vom 27. November 1872 bis 9. Dezember 1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganziuvalide.

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Inhalt des Ältestes; Laat Dienstbeschädignngsattest von Seiten der Batterie als Folge des Reitens. Linksseitig.

22. Sergeant N., Dienstzeit vom 1. November 1875 bis 27. Oktober 1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide. Inhalt des Ältestes ; Aeussere Dienstbeschädignng, entstanden durch Reiten eines sehr schwierigen Pferdes im Jahr 1883. Beiderseitig.

23. Dragoner T., Dienstzeit vom 1. Oktober 1878 bis 13. August 1880; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide. Inhalt des Ältestes: Mit leichten Venenerweiterungen beiderseits eingestellt. Im Dienst verschlimmert.

24. Gefreiter L., Dienstzeit vom 1. Oktober 1877 bis 19. Juli 1882; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide, dauernd theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere Dienst- beschädigung. Andauerndes Reiten schwieriger Pferde unter Mitwirkung der hohen Stiefel. (Druck der Falte in der Kniekehle.)

25. Unteroffizier W., Dienstzeit vom 4. Dezember 1874 bis 5. Oktober 1879; entlassen nach Beilage IVb No. 69 als dauernd ganzinvalide, temporär theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere Dienstbeschädignng. Vor der Aushebung Narben von Unterschenkel- gesebwüren links, die von Verdickung des Zellgewebes mit Blutader- knoten umgeben sind. Am 20. Mai 1879 während des Remontereitens Durchsebenerung der Haut am linken Unterschenkel.

26. Unteroffizier M., Dienstzeit vom 10. November 1874 bis 10. No- vember 1879; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide, theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Angestrengtes Reiten im Sommer 1879. Varicen beiderseits.

27. Ulan A., Dienstzeit vom 1. Oktober 1880 bis 20. Juli 1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär (auf zwei Jahre) ganz- invalide und theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Anhaltendes Reiten eines heftigen und unbequemen Pferdes seit Herbst 1882 (kürzere Zeit) und seit Frühjahr 1883. Bedeutende Krampfadern mit Knoten- bildung am linken Beine.

28. Ulan H., Dienstzeit vom 1, Oktober 1882 bis 18. August 1885; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide, temporär theilweise erwerbsunfähig (auf ein Jahr). Inhalt des Ältestes: Oe- sammteinwirkung der anstrengenden Uebungen im Jahre 1885 (wieder- holt einwirkender Druck während anstrengenden Reitens). Varicen beiderseits mit beginnender Knotenbildung.

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29. Sergeant M., Dienstzeit vom 21. Januar 1874 bis 21. Jani 1882; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als danernd halbinralide. Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung. Ansgleitcn mit dem

rechten Fass bei einem Uebungsmarsch am 22. Mai 1880.

.30. Sergeant M., Dienstzeit vom 10. Oktober 1874 bis 27. Dezember 1882; entlassen nach Beilage IVb No. G8 als dauernd ganzinvalide, temporär (zwei Jahre) theilweise erwerbsunHihig. Inhalt des Attestes: Aeusscre Dienstbesebädignng. Verstauchung des rechten Fasses am 13. Juli 1881 durch Aasgleiten beim llerabsteigen von einem Wagen. Infolge dieser Verstanchung andauernde Schwäche im rechten Fass, nnd etwa ein Jahr nach der Besebädigang Auftreten starker Varicen am rechten Beine. Das beschädigte Fnssgelenk and seine Umgebang ist so hochgradig geschwollen, dass Befreiung des Patienten von allen Marschübungen nöthig ist und dass derselbe nur im inneren Dienst ver- wendbar ist.

31. Vizefeldwebel St., Dienstzeit vom 27. November 1872 bis 28. August 1883; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als danernd halb- invalide (theilweise erwerbsunfähig). Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung, entstanden am 18. April 1883 bei Ausöbang des Wachtdienstes durch Venenzerreissang am linken FossknöchcL Infolge dessen stärkere, über einen grossen Theil des linken Unter- schenkels verbreitete Krampfadern.

32. Sergeant W., Dienstzeit vom 1. Oktober 1876 bis 9. Dezember

1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganziuvalide, dauernd theil- weise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbe-

schädigung. Quetschung des linken Unterschenkels am 11. Juni 1881 durch Ilufscblag.

33. Unteroffizier E., Dienstzeit vom 9. Oktober 1880 bis 10. De- zember 1882; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd balbinvalide. (K. M. Verf. vom 25. Februar 1878.) Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung. Vor dem Eintritt einzelne Blutadern cylindriscb erweitert ohne Knotenbildnng. Darch Marschübung am 5. nnd 6. Sep- tember 1883 Zellgewebsentzündung am linken Unterschenkel. Hierdnrch entstand (nach Entscheidang des Korps-Oeneralarztes vom 3. November 1883) eine Verschlimmerung des Leidens.

34. Musketier V., Dienstzeit vom 6. November 1878 bis 20. Juli 1881; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als temporär halbinvalide. Inhalt des Attestes. Aenssere Dienstbeschädigung. Durch Knie- aufschwung beim Turnen am 6. Mai 1881.

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35. Unteroffizier G., Dienstzeit vom 1. Oktober 1879 bis 12. Jnni 1885; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide and tbeilweise erwerbsanfähig. Inhalt des Attestes: Aeossere Dienst- beschädigung. Am 16. Juli 1884 Sturz mit dem Pferde, so dass das rechte Bein unter das Pferd zu liegen kam. Darauf Venenentzündung des rechten Beins, die eine fnnfwöchentliche Lazarethbehandlnng noth- wendig machte. Im Anschluss daran Entwickelung von Blotaderknoten and Strängen mit gleichzeitiger Verdickung des rechten Beins um 4 cm.

36. Pionier F., Dienstzeit vom 8. November 1881 bis 13. Juli 1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide und theil- weise erwerbsanfähig. Inhalt des Attestes: Aeussere Dienstbe- schädigung. Bei der Einstellung unbedeutende Varicen ohne Knoten an beiden Unterschenkeln. Am 17. Januar 1883 Quetschung der Unter- schenkel durch einen Streckbalken. Es entwickelte sich eine linksseitige starke Venenentzündung nebst Verstopfung einer Blutader (Thrombose). Bis zum 19. Februar 1883 Lazareth-, dann 14 Tage Revierbehaodlung. Seit jener Zeit Krampfaderknoten und häufige teigige Anschwellung der Unterschenkel mit wiederholten Krämpfen der Wadenmuskeln.

37. Sergeant H., Dienstzeit vom 21. Oktober 1876 bis 7. März 1883; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide. Inhalt des Attestes: Aeussere Dienstbescbädignng. Im Oktober 1879 beim Sprung über den Kasten Quetschung der linken Leistengegend, infolge deren sich eine ausgedehnte Entzündung und Vereiterung der Lyraph- drüsen dieser Stelle entwickelte, welche eine fünfmonatliche Lazareth- behandlung nothwendig machte. Die in der Leistengegend zurück- gebliebenen geschwollenen Drüsen sowie die mit diesen verwachsenen Schnittnarben, anfangs bei jeder Anstrengung schmelzend, übten einen solchen Druck auf die abführende grosse Vene aus, dass sich zuerst erweiterte Blutadern am linken Unterschenkel entwickelten, die sich im Laufe der Jahre vergrösserten and zu denen sich auch solche am linken Oberschenkel gesellten.

38. Unteroffizier H., Dienstzeit vom 7. November 1878 bis 1. Juli 1882; entlassen nach Beilage IV'a No. 68 als dauernd halbinvalide. Inhalt des Attestes: Aeussere Dienstbeschädigung. Verstauchung des Fassgelenks am 20. März 1882. Darauf cylindrisebe Erweiterungen der Blutadern mit Geschwürsbildung.

39. Füsilier K., Dienstzeit vom 6. November 1880 bis 15. Juli 1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganziuvalide und temporär theilweise erwerbsanfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienstbe-

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Bcbädigung. Im Herbst 1881 Typhus abdominalis (dessen Entstehang ans dienstlichen Ursachen nicht nacbzuweisen war). In Anschluss daran Tbrombosis venae femoralis sinistrae, welche nicht wieder wegsaro wurde. Nach langwieriger Rekonvalescenz hat der p. K. erst vom November 1882 bis Mai 1883 praktischen Dienst gethan. Am 29. Mai Krank- meldung, da die durch die Anstrengungen des Dienstes erzeugte hoch- gradige Verschlimmerung der anfangs, d. h. nach der Thrombose ge- ringen Krampfadern bei starker Schwellung des ganzen Beines den Dienst unmöglich machten.

40. Jäger R., Dienstzeit vom 6. November 1883 bis 25. Juni 1885; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide, temporär theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienstbe- Bchädigung. Ende November 1883 Typhus abdominalis. Ende De- zember 1883 Phlebitis sinistra. Bald darauf Entwickelung von Krampf- adern am linken Bein.

Das Endergebniss der Arbeit fassen wir in folgenden Sätzen ta- sammen:

1. Ausser der Behinderung des venösen Abflusses ist für die Ent- stehung von Varicen an den unteren Extremitäten die angeborene Schwäche und Ungleichheit der Venenwandungen verantwortlich zu machen.

2. Tiefe Varicen sind ebenso häufig wie oberflächliche; erstere gehen sogar meist der Bildung oberflächlicher voraus.

3. Eine Vorliebe der linken Seite für die Erkrankung besteht nicht.

4. Ausser den Leuten mit umfangreichen, cylindrischen oder knoten- förmigen, oberflächlichen Varicen sind sämmtliche mit tiefen Krampfadern behafteten Leute, selbst wenn es sich nur um kleine Knoten handelt, vom Militärdienst auszusch Hessen.

6. Auf dienstliche Veranlassung hin können sowohl oberflächliche wie tiefe Varicen entstehen , letztere häufiger wie erstere. Ebenso muss die Möglichkeit der Verschlimmerung schon be- stehender (besonders tiefer) Varicen durch dienstliche Veran- lassung zugegeben werden.

6. Sowohl innere wie äussere Dienstbeschädigung ist bei Ent- stehung von Krampfadern denkbar.

7. Eine Beseitigung des Leidens durch Heilmittel oder die Zeit ist für gewöhnlich ausgeschlossen.

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Littcratur.

1. Statistischer Sanitätsbericht 1878 bis 1882.

2. Sanitätsbericht über die Deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich.

3. Gaujot, de l'ütiologie du varicocele 1878.

4. Branne, Wilhelm, Die Oberschenkelvcne des Menschen in anato- mischer und klinischer Beziehung. 1871.

5. Maas, Die Zirkulation der unteren Extremität, Zeitschrift für Chi- rurgie 1882, S. 197 bis 207.

6. Soboroff, S., Untersuchungen über den Ban normaler und ekta- tischer Venen, Virchow’s Archiv 1872, S. 137 und 306.

7. Puchelt, Das Venensystem in seinen krankhaften Verhältnissen.

8. Sappey, Anatomie descriptive.

9. LeDentu, Recherches anatomiques sur les veines du pied et de la jambe.

10. Verneuil, Ar., Note sur les varices profondes de la jambe envi- sagees au point de vne clinique; Symptomatologie, diagnostic et traitement de cette lesion, Gazette hebdomad. 1861, pag. 428 , 446, 477, 532.

11. Forgeron, De dilatations ampullaires de la saphene.

12. Negrelli, Contribuzioneallastudio delle varici degli arti inferior!. 1880.

13. Verneuil, Du siüge reel et primitif des varices de membres infö- rieurrs. Gazette medical 1855, pag. 524.

14. V. Besser, Ueber Varicen, Virchow’s Archiv, Band 100, 3. Heft, 1885.

15. Clary, Ruptures des varices profondes du membre inferienr.

16. Hasse, Spezielle pathologische Anatomie.

17. Rokitansky, Pathologische Anatomie, Band 2.

18. Birch'Hirschfeld, Pathologische Anatomie.

19. Lebert, Krankheiten der Blut- und Lymphgefässe, Virchow’s Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie V. 2, S. 573 bis 577 und S. 107.

20. Pitha und Billrotb, Chirurgie, Band 2, zweite Abtheilung.

21. Albert, Chirurgie, IV. Band.

22. Bardeleben, Chirurgie, 1871, II. S. 216 bis 257.

23. König, Chirurgie, S. 915, 919, 1029.

24. Virchow, Geschwülste, Band 3.

25. Sotniscbewsky, Staunngsödem, Virchow’s Archiv, Band 77, 1879.

26. Centralblatt für Chirurgie, Referate.

27. Verhandlungen der Cbirurgenkongresse.

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Einige Bemerkungen zur Frage der Heilbarkeit der Hernien.

VoD

Stabsarzt Dr. VillareL

Die Frage, in welcher Zeit eine Hernie geheilt werden könne, so dass weder eine Darmschlinge ans der Bauchhöhle heraustritt, noch der Betreffende eines Bruchbandes bedarf, ist von ganz besonderem Interesse für die Militärärzte. Einige eigene, weiter unten mitgetheilte Erlebnisse hatten mich bereits veranlasst, dieser Frage näher zu treten, als ich ia der Lancet vom 20. Februar 1887 folgenden, hier ansznglich mitgetheilten Fall las:

Dr. Velleman in Brüssel untersucht im Juni 1883 einen 18jährigen jungen Menschen, der über Schmerzen in der Leistengegend klagte. V. konstatirt eine sehr kleine Hernie (Hcrnia inguino-interstitialis), die reponirt und darauf durch ein Bruchband zurückgehalten wird. Vier Tage später bescheinigt V. diese Fakta auf Bitten der Mutter, weiss aber nicht wozu. Im August wird Dr. V. vor den Richter gefordert, da inzwischen der junge Mann roilitärärztlich untersucht war, an ihm kein Bruch gefunden wurde, und die untersuchenden Militärärzte das Attest V.'s für gefälscht erklärten, da es unmöglich sei, dass der Unter- suchte im voraufgegangenen Juni eine Hernie gehabt habe. V. constatirte selbst, dass der Mann jetzt keinen Bruch mehr hatte.

Die Anklage wurde erhoben, und der Staatsanwalt beantragte 5 Jahre Gefängniss für Velleman, der freigesprochen wurde. Ersterer legte Berufung ein, letzterer wurde endlich definitiv freigesprochen, da er folgende Gutachten beibrachte: ,1. Von Soupart, Professor der Chirurgie in Gent, der besonders sich mit dem Ausdruck „interstitialis'^ einverstanden erklärte und die Möglichkeit der Heilung eines Bruches in zwei bis drei Monaten durchaus aufrecht erhielt; 2. von Debaisieux, Professor der Chirurgie in Löwen (Louvain), der bestimmt erklärte, dass eine plötzliche, durch Körperanstrengung entstandene Hernie, die sofort in Behandlung genommen, d. h. sofort reponirt und zurückgehalten sei, recht gut in einigen Tagen oder Wochen definitiv heilen könne.

.Diesem Falle füge ich folgende selbst beobachtete hinzu:

Im' November 1886 erklärte ich einen am 1. Oktober desselben Jahres eingestellten Einjahrig-Freiwilligen wegen eines plötzlich entstandenen,

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S

V

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aber unzweifelhaften Leistenbrucbes für dienstunbrauchbar. Der Mann wurde als dienstunbrauchbar anerkannt und entlassen und am 24. Mai 1887 Buperrevidirt. Der snperrevidirende Arzt konnte keinen Bruch mehr kon- statiren. Der Mann wurde demgemäss sofort seinem Troppentheil zum Weiterdienen wieder zugeschickt, mir wieder vorgestellt, und auch ich konstatirte normale Verhältnisse an der Stelle des früheren Bruches. Der Mann hat seine Zeit ausgedient, jeden Dienst, auch ein Manöver, mit- gemacht, ohne von einem Leiden wieder heimgesucht worden zu sein. Von seiner Entlassung bis zur Superrevision trug er ein Bruchband, liess es aber vom Tage der Wiedereinstellung an fort, da er sagte, wenn er keinen Bruch habe, brauche er auch kein Bruchband zu tragen.

Wenn ich nun auch nicht einmal wegen dieser Sache befragt, geschweige denn unter Anklage gestellt worden bin, wie Dr. Veilem an, so batte doch dieser Vorgang meine Aufmerksamkeit in besonderer Weise auf die Hernien gelenkt, so dass ich analogen Fällen eine ganz besondere Aufmerksamkeit zuwandte. So konstatirte ich im vorigen Jahre bei dem Füsilier Pr., der beim Tragen einer schweren Last auf die Knie gefallen und sich aus dieser Lage ohne Unterstützung die mit den Händen festgehaltene Last dabei auf der Schulter (also starker Anstrengung der Bauchpresse) wieder erhoben batte, einen Leisten- brach. Ich meldete die Dienstonbrauebbarkeit des Mannes darauf bin an; den Bruch hatte ich sofort reponirt. Der Mann bekam ein Bruch- band. Ala ich nach etwa vier Tagen den Befehl zur Attestausstellung bekam, liess ich mir den Mann wieder vorführen und konnte keinen Bruch mehr konstatiren. Selbst bei forcirtem Hasten trat eine Darm- scblinge nicht einmal in den Leistenkanal. Der Bruch war also geheilt. Der Mann hat zwei Jahre gedient, ohne je wieder einen Bruch gehabt zu haben, ohne jemals überhaupt, sei es durch Schmerzen u. s. w. , wieder an den Bruch erinnert zu sein. Ein diagnostischer Irrthum ist absolut ausgeschlossen, da ausser mir zufällig noch zwei Kollegen den Bruch als solchen erkannt hatten. In den letzten Monaten habe ich zwei weitere dem eben erwähnten ganz und gar gleichende Fälle von Heilung einer Leistenhernie beobachtet. Da mir nun auch Kollegen mitgetheilt haben, u, a. kürzlich Stabsarzt Dr. Schwarze, Posen, ähnliche Beobachtungen gemacht zu haben, so muss es doch fraglich erscheinen, ob es richtig ist, dass jeder Mann, der plötzlich einen Bruch infolge einer ganz aussergewöhnlicben, nur durch besondere Verhältnisse hervor- gerufenen, also nur ausnahmsweise entwickelten Anstrengung der Bauch- presse bekommt, ohne Weiteres als mit einem Gebrechen behaftet

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angeßebcn wird, welches ihn lunäcbst unter die Klasse der körperlich minderwerthigen Leute einrechnet? (Selbstverständlich handelt es sich hier nur um militärische Gesichtspunkte.) Diese Frage würde sofort erledigt sein, wenn man erklären müsste: ein Mann, der ein Bruchband trägt, ist dadurch allein dienstunbrauchbar. Das ist aber keineswegs der Fall. Immer war in der preussiseben Armee ein bestehender Bruch ein Grund für die Untauglichkeitserklärnng eines noch nicht ansgehobeuea Mannes. Aber ein in der Dienstzeit erworbener Bruch war bis zom 2. April 1876 kein Entlassungsgrnnd. Erst au diesem Tage wurde die Verfügung erlassen, dass jede konstatirte Hernie den Besitzer für den Militärdienst unbrauchbar mache. Aber auch damals musste man schon eine Ausnahme machen, indem man die mit einem Bruchschaden behafteten Kapitulanten sehr gerechter Weise weiter dienen Hess, weil diese Leute doch zur Zeit ihres Kapitnlationsabschlusses keineswegs hatten vorsos- sehen können, dass ihr früher nicht beanstandetes Gebrechen auf eiomal als ihre Leistungsfähigkeit vermindernd oder gar anfbebend angesehen werden würde. Somit steht also fest, dass lange, lange Jahre hindurch in unserer Armee mit Bruchschäden behaftete und ein Bruchband tragende Leute nicht nur gedient haben, sondern auch im Dienste genügten.

Nichtsdestoweniger kann darüber kein Zweifel bestehen, dass Leute, welche einen ausgebildeten Bruch haben und auf das Tragen eines Bruchbandes angewiesen sind, für felddienstunfähig erachtet werden müssen. Im Felde kann z. B. ein Bruchband defekt werden, ohne dass ein Ersatz möglich ist, ohne Bruchband aber ist der Mann nicht leistungsfähig, also bedingt schon diese Möglichkeit allein die Felddienstunfähigkeit eines Bruebbaudträgers. Darin liegt aber auch nicht der Schwerpunkt der Frage. Dieser gipfelt darin: muss jeder junge Mann, welcher dnreh irgend eine plötzliche Anstrengung einen Bruch bekommen hat, sofort als dienst- unbrauchbar angesehen werden? Und an diese Frage knüpft sich sofort die zweite: welche Zeit könnte man wohl für ausreichend erachten, nm einen frisch entstandenen Bruch zur Heilung zu bringen? Letztere Frage wird n. a. auch durch folgende, sicher von jedem älteren Militärärzte öfter erlebte Thatsacbo illustrirt, dass sich bei der Musterung, besonders der Einjährigen, d. h. der Kinder ans den besseren Ständen, junge Leute mit einem Bruchbande vorstellen. Deutlich zeigt die Druckstelle, wo die Pelotte liegt, dass das Band lange Jahre getragen ist. Der Untersuchte giebt an, er habe seit der Kindheit einen Bruch und trage auch so lange ein Bruchband. Man findet einen völlig verschlossenen Leistenkaoal, stellt den Mann ein, und dieser dient ohne Beschwerde aber auch ohne Bruchband sein Jahr ab.

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Hieraas resaltirt, dass wir die 1. frisch entstandenen, und 2. die lange bestehenden und ein Brachband erfordernden Hernien von ein- ander za trennen haben.

Die erste Klasse von Leuten eine Zeit lang noch bei der Truppe zu behalten, um zu sehen, ob es sich um einen heilbaren oder um einen bleibenden Bruch handelt, könnte man schon verantworten, denn es giebt eine ausserordentlich grosse Anzahl von Leuten, welche den An- forderungen eines ausserordentlich schwere Arbeit verlangenden Civilberufes gerecht werden, obwohl sie mit einem Bruche behaftet sind und in Folge dessen ein Bruchband tragen müssen. Im Fall der Mobilmachung mossten allerdings solche Leute, falls sie sich noch so zu sagen in der Heiluogsperiodc ihres Bruches befänden, dem Ersatzbataillon überwiesen werden, sonst aber könnten dieselben mit gut verpasstem Bruchband allen Dienst mitmachen und wären höchstens von einigen Turnübungen za dispensiren, was ebensowenig ins Gewicht fiele, als das Ausschliessen eines mit Trommelfellperforation Behafteten vom Schwimmen, und dergl. Aebniicbes.

Eis käme hierbei nur noch darauf an, ungefähr zu wissen: io welcher Zeit kann ein frischer Bruch heilen und unter welchen Bedingungen? Denn wir erwähnten schon, dass wir uns nur mit den frisch entstan- standenen Hernien hier befassen können. Diese Frage der Zeit der Heil- barkeit einer Hernie ist nun aber eine noch offene; dass diese Heilbarkeit als durchaus möglich anerkannt ist, bat auch schon das Invaliden- Departement unseres Kriegsministeriums ausgesprochen, indem es zum Schluss einer Verfügung vom 30. Juni 1878 sagte: „Es empfiehlt eich, in der Regel die Anerkennung von Invalidität in Folge von Bruchschäden nicht von vornherein als eine dauernde eintreten zu lassen, vielmehr sie möglichst lange auf Zeit auszuspreeben, da erfahrungsraässig in manchen Fällen die Heilung von Bruchschäden und damit die Wiederkehr der Felddienstfähigkeit bei den Betreffenden stattfinden wird.“

Nun scheinen aber doch einige und nicht wenige Hernien in verliältnissmässig recht kurzer Zeit zu heilen, so dass zum Nutzen des Staates sowohl wie des Betreffenden eine Entlassung aus dem Armee- verbande, der dann doch eine Wiedereinstellung folgen würde, gar nicht lohnt.

Welche Art von Brüchen sind aber diese schnell heilenden? Ein Fingerzeig io dieser Richtung scheint mir folgender E'all zu sein: Mir wurde einst in Coblenz ein Offizieraspirant zur Untersuchung vorgefübrt. Ich erklärte ihn für brauchbar. Bei der Untersuchung war mir auf-

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gefallen, daas der rechte Leisteiikanal sehr weit war, and dass auch eine ausserordentlich weite Bruchpforte vorhanden war. Der junge Mann sagte auf Befragen, dass er von einem Bruch nichts wisse. Er wurde zur Einstellung in das Pionier- Bataillon nach M. geschickt Drei Tage darauf kam von dort die Nachricht, dass der X. bei der Untersuchung mit einem rechtsseitigen ausgebildeten äusseren Leistenbrnch behaftet befunden und in Folge dessen für dienstunbrauchbar erklärt worden sei. Selbstver- ständlicher Weise ging mir von der über dieses Resultat etwas ver- wunderten Pionier-Inspektion dieses Faktum zur Kenntnissnabme zu. Ich selbst war nicht weniger erstaunt, denn übersehen batte ich den Bruch bestimmt nicht. Er mnsste also in den verflossenen drei Tagen enstauden sein. Bei der Erinnerung an den weiten Leistenkanal und die weite Brachpforte konnte man sich denken, dass bei der bestehenden Brach- anlage auf der Reise beim mehrmaligen Einsteigen in Waggons, d. h. bei wiederholter lebhafterer Anstrengung der Baachpresse, der Bruch entstanden war. Hieraus möchte ich dann zunächst scbliessen, dass bei gewöhnlichem Anlass, jedenfalls nicht bei besonders grosser Anstrengung' sondern bei gewöhnlichen, häufiger und regelmässiger im Leben sich wiederholenden Körperbewegungen entstandene Brüche, noch dazu bei vorhandenem weiten Leistenkanal und offener Bruebpforte (Brachanlage), nicht zu denen gehören, denen eine rasche Heilbarkeit zu vindizireu ist. Ueberhaupt wird cs bei Beurtheilung der Heilungsfähigkeit neu entstandener Hernien wesentlich auf die Entstebnngsart ankommeu. Entstand der Bruch bei einer gewöhnlichen, häufig wiederkehrenden Körperbewegung, wird die Prognose, quoad Heilung, angünstig sein. Wurde im Oegentheil der Bruch erzeugt bei ganz aussergewöhnlicber Veranlassung also z. B. beim sich Erheben eines auf die Kniee gefallenen, eine schwere Last auf den Schaltern mit Hülfe der Hände (die also als Stütze nicht benutzt werden können) tragenden Mannes, so ist nach vollbrachter Reposition eine Heilung eher zu erwarten. Zweifellos weisen derartige Fälle wie die mitgetheilten darauf hin, dass wir auch bezüglich der Hernien in strengster Weise individualisiren müssen, dass keineswegs alle Leistenbrüchc von einem und demselben Oesiebtspunkte aus zu beurtheilen sind. Den neinerseits haben wir es zu thun mit Leuten, deren Bruchschäden Jahre lang existiren, die nur mit einem Bruchband die Leistungsfähigkeit erreichen, welche für den Erwerb ihres Lebens- unterhaltes uötbig ist, und andererseits haben wir Leute, bei denen durch eine einzige plötzliche Anstrengung ein Bruch hervortritt; dieser wird binnen kürzester Frist vom Arzte reponirt und durch ein Bruchband am

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Wiedererscheinen verhindert, so dass diese Leute, abgesehen von der nicht nennenswerthen Belästignng durch die Bandage, keine Beschwerden von diesem Bruche verspüren.

In folgenden Sätzen möchte ich das Resultat vorstehender Erwägungen susammenfassen :

1. Neu entstandene Hernien sind im Prinzip als heilbar anzusehen, jedenfalls sind sie nicht von vornherein den länger bestehenden Brüchen, welche nnr mittelst eines dauernd getragenen Bruchbandes zurückgehalten werden, gleichzustellen.

2. Die Prognose für die Heilbarkeit ist um so günstiger, je frischer die Hernie ist und um so weniger Zeit zwischen dem ersten Auftreten des Bruches und seiner Reposition und demnächstigen dauernden Zurück- haltung verstrichen ist.

3. Eine Hernie, welche bei einer nicht aussergewöhnlichen Anstrengung und bei einer öfter wiederkehrenden Körperbewegung oder -austrengung entstand, bietet weniger Aussicht auf Heilung als eine bei aussergewöhn- licber Kraftanstrengung und nur selten vorkommender Lage oder Haltung des Körpers entstandene.

4. Weiter Leistenkanal, offene Bruebpforte (Bruchanlage) verschlechtern die Prognose bezüglich der Heilbarkeit erheblich,

[). Mit Hernien behaftete Mannschaften sind erst dann vom Truppen- arzt als dienstunbrauchbar anzusehen, wenn eich nach einer je nach dem konkreten Falle verschiedenen Beobachtungszeit herausstellt, dass der Besitzer des Bruches durchaus ein Bruchband zu tragen gehalten ist, weil ohne ein solches der Broch stets rezidivirt.

Wie bedeutend die Zahl der alljährlich wegen Hernien aus der Armee ausscheidenden Unteroffiziere und Mannschaften ist, ergiebt sich aus folgender Uebersicht, welche die in Folge von Hernien, die durch eiu Bruchband zurückgehalten werden können, dienstnnbrauchbar und die in Folge eben solcher Hernien für halbinvalide erklärten Leute um- fasst. Leider lässt sich die Uebersicht nur bis 1882 geben. (Tabelle siehe umstehend.)

Wir sehen also, welch’ eine grosse Zahl von Leuten in Folge von Hernien der Armee verloren geht. Nehmen wir nur die ausgeb ildeten Dienstunbrauebbaren und die Halbinvaliden der letzten drei Jahre aus obiger Tabelle, da wir bei diesen a priori annehmeu können, dass der die Unbrauchbarkeit bezw. Invalidität bedingende Bruch während der Dienstzeit entstand, also ein frischer Bruch war, so gingen in diesem Zeitraum 1345 Mann, also fast ein halbes kriegsstarkes Regiment und

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4 vom Taosend, der Armee verloren, da gerade von diesen kaam einer wieder für dienstfähig erklärt wird. Rechnet man aber die nnaos- gebildeten Brochkranken dieser dreijährigen Periode noch hinio, nämlich 1441 Mann, so ergiebt sich eine Gesnmmtzahl von 2785 Mann, d. h. von je 10 000 Mann worden 84 in dieser dreijährigen Periode in Folge von Brachschäden nnbraochbar for den Königlichen Militärdienst.

Sehr erfreolich wäre es, wenn dorch obige Zeilen andere Eollegeo mit reicherer Erfahrong wie die meine sich zo weiteren Mittheilongen in dieser wichtigen Sache veranlasst sähen.

Zahl der Dienstnnbranchbarkeits* nnd Halbin validitäts- Erklärongen in Folge von Hernien, welche dorch ein Bruch- band zornckgebalten werden können, in der deotschen Armee in der Zeit vom 1. April 1873 bis 30. März 1882.

Zahl der durch Bruchschäden für dienstunbrauchbar Erklärten

Zahl der

in Folge

von Kruchschaden

Rapport-

Iststärke

davon

für h

alb-

der

a) ausgebildete

in va

lide

jahr

Armee

b) unausgebildete Leute

erklärten Lieute

absolute

»/oo

absolute

“/oo

absolute i

Zahl

Zahl

Zahl

1873/74

298 876

344

1,15

_

6

0,02

1874/75

311609

330

1,06

4

0,01

1875/76

327 594

351

1,07

5

0,01

Am

2. April 1876 wurde die neue Vorschrift betreffend

veränderte Bearthcilung der Leistenbrüche erlassen.

1876/77

330 646

728

2,20

284

0,86

1877/78

327 271

632

1,93

265

0,81

1878/79

327 298

588

1,80

a) 199

b) 389

a) 0,60

b) 1,20

274

0,84

1879/80

330 430

629

1,90

a) 168

b) 461

8) 0,51 b) 1,39

288

0,84

1880/81

331 747

614

1,94

a) 163

b) 481

8) 0,49 b) 1,45

261

0,78

1881/82

335 794

701

1,94

a) 202

b) 499

a) 0,54

b) 1,40

263

0,74

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lieber Schirmbetten und Freiluftlazarethe.

Von

Oberstabsarzt Port.

Nachdem jüngst in dieser Zeitschrift die Angelegenheit der Noth- Bchuttdächer durch Herrn Kollegen Nicolai in dankenswerther Weise wieder xur Sprache gebracht worden ist, möchte ich mir erlanben, über diesen Gegenstand einige weitere Betrachtongen anxnstellen.

Es ist längst allgemein anerkannt, dass zur Aufnahme der Ver- wundeten die auf den Kriegsschauplätzen TorUndlichen Gebäude allermeist unzureichend sind, dass daher Baracken und Zelte in entsprechender Menge zn Hülfe genommen werden müssen. Es ist auch selbstverständ- lich, dass Baracken und Zelte in der Regel nicht rasch genug zur Stelle geschafft werden können, und dass in der Zwischenzeit die Verwundeten unter Nothschutzdüchern untergebracht werden müssen, wie dies die Kriegs-Sanitätsordnnng ausdrücklich vorschreibt. Die Aufstellung von Nothschutzdäcbern bildet also eine ganz selbstständige, nach jeder Schlacht anftretende Kriegsaufgabe. Dieselben werden bisher nicht geliefert, sondern sollen durch Improvisation beschafft werden.

Um dieser Anforderung wirksam entsprechen zn können, müssen die Chefärzte der Feldlazarethe nicht erst im letzten Augenblick, sondern schon auf dem Vormarsch das hierzu dienliche Material sich zu ver- schaffen suchen und so weit als möglich schon unterwegs vorbereiten lassen. Die Nothschutzdächer müssen die sofortige Bergung der Ver- wundeten ermöglichen, sonst verfehlen sie ihren Zweck. Sie müssen schon möglichst fertig auf dem Scblachtfelde ankommen, so dass ihre Aufstellung unmittelbar erfolgen kann. Es wird sich dabei nur um die Anfertigung von niederen Leinwandzelten handeln können, wie eie von Nicolai und mir angegeben worden. Ich bemerke gleich von vorn- herein, dass ich keinen Anstand nehme, dem von Nicolai beschriebenen Notbzelt den Vorzug vor dem meinigen eiuzoräumen, denn es ist wie Alles, was uns dieser vielgewandte Kollege bietet, ein Muster von Ein- fachheit und Zweckmässigkeit.

Ich würde also bei Ausbruch eines Krieges den Lazareth- Chefärzten den Rath ertheilen zu müssen glauben, so frühzeitig wie möglich auf die Herstellung von Nicolai’schen Nothzelten Bedacht zu nehmen. Ich ver- hehle mir aber nicht, dass dieser Rath nur von den Allerwenigsten be-

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fol((t werden wnrde, ans dem einfachen Grunde, weil man sich von dea anfzuwendenden Bemühungen keinen Erfolg verspricht, wenn dieselben nicht von oben herab kräftige Unterstützung finden. Es hat diese Meinung auch in der That eine gewisse Berechtigung. Wie jeder andere Dienst, so muss auch der Improvisationsdienst organisirt sein. Um die viel- köpfige Schaar der Aerzte zu planmässigem Zusammenwirken nach einem bestimmten Ziele zu veranlassen, bedürfte es einer Instruktion, in welcher Zeichnung und Beschreibung des Nothzeltes gegeben ist, durch welche den Korps- und Divisionsärzten kräftigste Förderung der Herstellongs- arbeiten vorgeschrieben wird, und welche den Chefärzten die Befugniss ertheilt, zur Fortschaffung des unterwegs vorbereiteten Materials ein oder zwei requirirte Fuhrwerke bei ihren Lazarethen mitznführen.

Auf diese Weise wäre es meiner Meinung nach möglich, die recht- zeitige Bescbaflfung der Nothunterknnftsräume unter günstigen Verhält- nissen auf dem Improvisationswege sicher zu stellen. Ohne eine derartige Anleitung werden die Meisten sich an die Errichtung von Nothscbntz- dächern erst in dem Augenblick machen, wo dieselben bereits fertig auf- gestellt sein sollten. Man wird erst angesichts der Verwundeten aus zusammengesuchten Latten, Stangen oder Brettern ein paar nothdürftige Gerüste zusammensetzeu, unter denen nur ein verschwindender Bmcbtbeil der Verwundeten Platz finden kann, während die Mehrzahl derselben hülflos im Freien liegen bleiben muss. Es wird also gegen frühere Zeiten sich kein wesentlicher Fortschritt bemerkbar machen; es wird anch in Zukunft statt einer raschen und umfassenden Ilülfeleistung das Gegentheil davon stattfinden.

Nun entsteht aber noch eine smdere Frage, ob es denn überhaupt richtig ist, Bedürfnisse, wie es die Nothzelte sind, auf dem Improvisations- wege decken zu lassen. Ich bin gewiss der Letzte, der Improvisations- aufgaben ans dem Wege gebt; es wird mir ja sogar von vielen Kollegen der Vorwnrf gemacht, dass ich in der Bereitwilligkeit zu Improvisationen viel zu weit gehe und den Pflegern Leistungen znmntbe, mit denen sie verschont werden sollten. Wenn ich non die Ueberzeugung aossprechen muss, dass den Lazarethen mit der Selbstberstellung von Nothnuterknnfts- ränmen wirklich eine etwas grosse Zumutbung gemacht wird, und dass es besser wäre, derartige Artikel den Lazaretbärzten fertig in die Hände zu geben, so werde ich mich nicht dem Verdacht eines leichtfertigen Widerspruches gegen bestehende Bestimmungen aussetzen. Ich kann diese Ueberzeugung durch den woblkonstatirten enormen Aufwand von Zeit und Mühe begründen, der zur Herstellung einer grösseren Anzahl

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voD Nothzelten erforderlich ist. Um die Nothzelte anf dem Vormarsch fertig za stellen, würden die Arbeitskräfte der Lazarethe niemals aus- reichen; es müssten an den jeweiligen Einqnartierongsorten der Lazarethe Zivilarbeiter berangezogen werden, welche die ganzen Nächte darch- znarbeiten hätten, nnd diese pächtliche Zwangsarbeit müsste je nach der Zahl der aufcntrcibenden Arbeitskräfte unter Umständen Wochen lang fortgesetzt werden. Wenn die erste Schlacht nicht sehr frühzeitig ge- schlagen wird, so können die Nothzelte allerdings rechtzeitig fertig werden; aber wenn das Oegentheil der Fall ist, so wird trotz aller An- strengungen die Arbeit nicht zu erledigen sein.

Ich bin überhaupt der nnmaassgeblicben Meinung, dass alle Gegen- stände, welche in Massen verbraucht werden, grundsätzlich geliefert werden sollten. Die Improvisationstbätigkeit sollte nur zur Ausfüllung kleinerer Lücken in Anspruch genommen werden, und für Massenbedürf- nisse nur dann, wenn dieselben unvorhergesehen anftreten. In diese Kategorie gehören aber die Nothunterkunftsräume nicht; von ihnen weiss man, dass sie nach jeder Schlacht in grossen Mengen benöthigt sind; und daher möchte ich es für angezeigt halten, sie in die Zahl der regel- mässig zu liefernden Gegenstände anfzunehmen.

Wenn ich nun gefragt würde, ob ich für die von den Kriegsverwal- tungen oder Ilülfsvereinen etwa zu übernehmenden Lieferungen an Noth- schutzdächern auch das Nicolai’sche Nothzelt empfehlen würde wie für die Improvisationen, so würde ich entschieden mit Nein antworten. An Liefernngsgegenstände stelle ich ganz andere Ansprüche, als an Im- provisationsgegenstände. Bei den letzteren muss man über kleinere und oft selbst grössere Gebrechen mitunter ein Auge zndrücken; bei den im- provisirten Nothzelten muss man, wenn auch mit innerstem Widerstreben, die nicht genug zu verabscheuende Bodenlagerung mit in den Kauf nehmen. Bei den zu liefernden Nothschutzdächern wäre unbedingt die Verwendung regelrechter Betten ins Auge zu fassen.

Die Nothschutzdächer werden je nach der Jahreszeit und der Lage des Kriegsschauplatzes häufig nicht nur wenige Tage, sondern vielleicht eine Reihe von Wochen lang in Benutzung bleiben. Wenn die Ver- wundeten während dieser Zeit des regelrechten Bettes entbehren sollen, so verzichtet man des armseligen Obdaches halber auf einen Pflege- gegenstand, ohne den ein geordneter Krankendienst gar nicht zu denken ist. Nach dem Bett, dem wichtigsten aller Pflegeartikel, der dem Ver- wundeten nicht frühzeitig genug gereicht werden kann , muss eich das im Frieden vorbereitete Obdach nothwendig richten. Man braucht da

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nicht gleich an eigentliche Krankcncelte ca denken, die ja eben den Nachtheil haben, dass aie häufig nicht rasch genug cur Stelle geschafft werden können. Mit dem Bett verträgt sich ein anendlich viel ein- facheres Obdach, das einfachste, das überhaupt gedacht werden kann, nämlich für die obere Körperhälfte ein surückschlagbarer Schirm, wie er an Katschen und Kinderwagen sich findet, and eine Regendecke für die entere Körperhälfte. Ein solches Schirmbett ist Lager and Hans zugleich, and solche Betten, die überall im Freien anfgestellt werden können, würde ich zur Bereitstellung für den Kriegsfall anstatt der Noth* zelte empfehlen.

Dadurch erhöbt sich freilich der nrsprüngliche Anspruch, der nur auf die Lieferung von Nothscbatzdächern gerichtet war, um ein sehr Bedeutendes, allein ich glaube, dass der Wunsch der gleichzeitigen Lieferung von Betten durchaus nicht unbillig ist. Die Betten gehören eben wegen des ungehearen Bedarfes an solchen auch in die Gattung der zn liefernden, nicht der zur Improvisation geeigneten Gegenstände, and dies um so mehr, weil hier die Improvisationsarbeit nicht schon auf dem Vormarsch vorbereitet, sondern erst am Btablirungsorte begonnen werden kann. Es ist einleuchtend, dass nach Jeder Schlacht eine sehr beträchtliche Zeit bis zur Fertigstellang der erforderlichen Lagerstätten vergehen muss, and dass während dieser ganzen Zett der Dienstbetrieb in den Lazarethen ein höchst mangelhafter und beschwerlicher ist Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Mangel an Betten die hauptsächlichste Ursache der nach jeder Schlacht in den Lazarethen Platz greifenden Dienstbedrängniss and der damit verbundenen Ueberanstrengung des Pflegepersonals ist Die Periode der noch nicht ordnungsgemäss durch- geführten Lagerung der Verwundeten ist nicht nur für die letzteren, sondern auch ganz besonders für die Aerzte und ihre Gehülfen so über- aus peinlich, dass sich dieselben vor einer Ablösung des Lazarethos, welche die Aussicht auf eine demnächstige abermalige Etablirung er- öffnet, geradezu fürchten; sie verharren lieber viele Monate lang in un- unterbrochener Tbätigkeit, nur um sobald nicht wieder in die Lage zu kommen, die Etablirungsdrangsale durcbmachen zu müssen.

Um gleich von Anfang an Ordnung und Ruhe in den Lazaretbdienst zn bringen, giebt cs kein besseres Mittel, als rechtzeitige Lieferung von Betten. Wie der Aufbau einer Armee vom Magen, so wird der Aufbau der Kriegskrankenpflege vom Bett aus zu geschehen haben. Die Vor- räthe an Betten müssten so reichlich bemessen sein, dass auch bei ausser- gewöbnlich grossen Schlachten kein Mangel eintreten könnte. Die

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richtigen Grondsätze wären wohl die, dass cs Betten ohne Verwundete, aber niemals Verwundete ohne Betten geben dürfe; dass jeder Soldat, der wegen Krankheit oder Verwundung seine Waffe ablegt, sofort ein Bett dafür zu empfangen habe; dass der Sanitätsdienst als unzulänglich zu betrachten sei, wenn am Tage nach einer Schlacht noch Verwundete am Boden herumliegen.

In diesen Ansprüchen liegt durchaus nichts Unerhörtes und Unerfüll- bares. Bei der ersten Einrichtung der bayerischen Feldlazarethe, die noch in das Ende der fünfziger Jahre fiel, worden Betten als ein ganz selbstverständlicher Ansrüstongsgegenstand betrachtet; die Zahl derselben war sogar ziemlich reichlich bemessen. Damals konnte das erste Ge- schäft bei Etablirnng eines Lazareths in der Aufstellung von Betten be- stehen, es konnten gleich von Anfang an normale Lazarethverbältnisse geschaffen werden. Auf ähnliche Einrichtungen wird es nützlich sein zurückzukommen. Freilich waren die bayerischen Feldlazarethe sehr schwer beweglich. Es stellte sich als unthunlich heraus, die Betten auf Schritt und Tritt den Truppen naebzufahren. Sie mussten aus den Lazaretb wagen entfernt werden und, so lange als noch keine Lazareth- Reserve-Depots in Aussicht genommen waren, vorübergehend ganz ans der Feldausrüstung verschwinden. Aber zu einem dauernden Verzicht auf Lieferung der Betten liegt seit Schaffung von Lazareth-Reserve- Depots keine Nothwendigkeit mehr vor. In den letzteren können Betten in grossen Massen in nächster Nähe der operirenden Armeen bereit ge- halten und von hier ans den Lazarethen mit der erforderlichen Schnellig- keit zugeführl werden.

Wenn die Betten in der oben angedeuteten Weise mit Wetterschutz- Vorrichtungen versehen sind, so ergiebt sich, wenigstens in der günstigen Jahreszeit, eine solche Unabhängigkeit der Verwundeten von besseren Unterkunftsräumen, sowohl Häusern, als Baracken und Zelten, dass die Lazarethe überall im Freien sich einriebten können. Man wird sich einen passenden Platz mit möglichst festem Boden aussuchen, in dessen Nähe Wasser zu haben ist, und daselbst die Betten in regelmässigen Reihen, nach Stationen gesondert, aufstellen, mit solchem Zwischenräume zwischen den einzelnen Betten, dass man den letzteren je nach der Richtung des Windes oder dem Stande der Sonne jederzeit die geeignetste Stellung geben kann. Bei gänzlichem Mangel an Häusern wären einige Zelte für chirurgische Verrichtungen und zur Wohnung für die Aerzte, ferner eine Anzahl von Notbzelten für das Pflegepersonal erforderlich.

Wir wären auf diese Weise für die Zeit, die zwischen einer Schlacht

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und der Ankunft von Baracken verstreicht, zu einer eigenartigen Unter- bringung der Verwundeten, nämlich zu der Einrichtung von Preilnft- lazarethen gekommen, die in sanitärer und administrativer Beziehung manche ungeahnte Vortbeile bieten.

Dass die Verwundeten in den Freiluftlazarethen besser untergebracht sind, als in Bauernhäusern, Scheunen oder Ställen, wo es an Luft und Licht und an der nöthigen Zugänglichkeit zu den einzelnen Lagern fehlt, wo es schwer ist, über die auf zahlreiche kleine Räume vertheilten Pfleglinge die erforderliche Uebersicht zu gewinnen, und wo bei Ans- bruch eines Feuers fast Alles rettungslos verloren ist, kann nicht be- zweifelt werden.

Von Ueberfüllung kann in diesen Lazarethen niemals die Rede sein; im Freien kann man sich ja nach Belieben ansbreiten. Bei gehöriger Aufsicht wird eine Verunreinigung des Bodens schwerlich eintreten, und wenn dies etwa doch, besonders bei herrschenden Diarrhöen, mit der Zeit der Fall wäre, so entschliesst man sich eben zu der hier so leicht ausführbaren motio castrorum und zieht mit Sack und Pack una einige Hundert Schritte weiter. Ansteckung von Bett zu Bett lässt sich hier so vollständig ausschliessen, dass bei Ausbruch von ansteckenden Krank- heiten die Einrichtung von Freiluftlazarethen eigentlich das einzig richtige Anskunftsmittel zu sein scheint.

Es kommen also mit solchen Lazarethen eine ganze Reihe von Sorgen und Gefahren,' die sonst in Bezug auf die Unterbringung grosser Krankenmassen, auf Isolirung, auf Verhütung der Bildung von Krankheits- herden n. 8. w. bestanden, einfach in Wegfall. Der Sanitätsdienst ge- staltet sich nicht nur bei der Etablirung der Lazarethe, sondern auch weiterhin so einfach, dass man sich in der günstigen Jahreszeit mit der Uebcrsiedelung in Baracken wahrscheinlich nicht beeilen wird, um so weniger, als sich die Verwundeten und auch der grösste Theil der Innerlicbkranken im Freien jedenfalls viel behaglicher fühlen, als in der verbältnissmässig drückenden Luft der Baracken. Wenn nicht ausnahms- weise im Winter Krieg geführt wird, so können die Baracken ganz gelegentlich und allmälig auf den Kriegsschauplatz hinansgesebafft werden, man braucht sie auch nach ihrer Ankunft nicht mit übertriebener Hast aufzuschlagen, sondern kann eich hierzu, sowie zur Vorbereitung des Bodens, auf den sie gestellt werden sollen, alle wünschenswertbe Masse gönnen; überhaupt bleibt all das Rennen und Jagen, das unter anderen Verhältnissen den Kriegssanitätsdienst so aufreibend macht, den bc- tbeiligten Organen erspart.

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Damit sind aber die Vortheile, welche die Schirmbetten bieten, noch nicht erschöpft. Dieselben treten nämlich auch bei der Evakuation der Kranken noch ganz besonders hervor. Bei richtiger, d. h. bnhrenartiger Bauart können die Scbirmbetten den Kranken und Verwundeten beim Transport mitgegeben werden und machen auch hier die Sorge für Be- schafTung eines besonderen Obdaches überflüssig, das übrigens den Ver- wundeten neben dem gebotenen Schutze auch meist recht viel Belästigung verursacht. Die Scbirmbetten können auf jedem beliebigen offenen Fuhrwerk, auf jedem Karren oder Bauernwagen, auf den Wagen der flüchtigen Feldbahnen, auf offenen Eisenbabngüterwagen, auf dem Ver- deck von Schiffen ohne Weiteres untergebracht werden. Abgesehen von der verringerten Mühewaltung für die Besorger des Transportes muss es den Verwundeten jedenfalls eine grosse Wohlthat sein, wenn sie nicht in gedeckte Güterwagen oder in die unteren Räume von Schiffen ver- packt werden müssen, sondern überall Luft und Licht und Aussicht ge- messen können. Bei offenen Güterwagen wird sich ohne Schwierigkeit ein V'erkehr der Wärter zwischen den einzelnen Wagen während der Fahrt ermöglichen lassen, wodurch ein weiterer Missstand, der sonst der Benutzung von Eisenbabngüterwagen anhaftet, in Wegfall kommt.

Aus dem Angeführten ergiebt sich klar, dass die Ausstattung der Lazareth- Reserve- Depots mit Scbirmbetten nicht etwa ein Luxus, sondern ein Bedürfniss ist. Von den Kriegsverwaltungen wird man allerdings nach den sehr bedeutenden Opfern, die in jüngster Zeit für die Aus- rüstung der Armee mit antiseptischen Verbandmitteln gebracht wurden, die Ansführnng dieses Planes zunächst nicht erwarten dürfen; desto mehr eignet sich derselbe, von den Hülfsvereincn ins Auge gefasst zu werden. Diese sind ja darauf angewiesen, hauptsächlich solche Gegen- stände zu liefern, die der Staat ausnahmsweise nicht zu liefern beab- sichtigt. Unter diesen Gegenständen könnten sie schwerlich ein dank- bareres Objekt ihrer Fürsorge Anden, als das in Rede stehende. Wer den Verwundeten Betten und das erste Obdach liefert und dies mit solcher Raschheit thut, dass die Verwundeten unmittelbar nach der Schlacht darin untergebracht werden können, der greift an die Wurzel des Kriegs- elendes, unter dessen Bann die Verwundeten aller Völker und Zeiten bis auf den heutigen Tag standen. Wenn sich der Sicherstellung der anti- septischen Wundbehandlung, die durch den Staat erfolgt ist, die Sicher- stellung der Lagerstätten und des ersten Obdaches von Seite der Hülfs- vereine anschlösse, so würde für den Kriegssanitätsdienst ein neuer, glücklicherer Zeitabschnitt beginnen.

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Ich hatte ein Schirmbett für die bener in Brüssel beabsichtigte, aber Dicht KU Stande gekommene Ausstellung des rothen Kreuzes hergestellt. Bevor ich im Nacbstehendeu an die Beschreibung desselben gehe, möchte ich mir gestatten, die Eigenschaften, die ein Kriegsbett meiner Meinaog nach haben muss, im Allgemeinen zu entwickeln.

1) Ein Kriegsbett soll möglichst fest und unzerbrechlich sein. Leichtig- keit und Zierlichkeit sind bei einem Gebrauchsgegenstand , auf dem sich Lasten von l'/s bis 2 Centner in nicht immer sehr schonender Weise bewegen, kein Vorzug, sondern ein Fehler. Ein zierliches Feldbett ist so unpraktisch, wie ein zierliches Kriegsfahrzeug. Ob Eisen oder Holt zu wählen ist, ergiebt sich am einfachsten aus den Erfahrungen in den Friedenslazaretben. Die seit einiger Zeit eingeführten eisernen Bettstellen haben sich verbältnissmässig wenig widerstandsfähig gezeigt; obwohl sie kräftig gebaut sind, kommen Brüche und Verbiegungen häufig an den- selben vor, während die alten hölzernen Betten geradezu unverwüstlich waren. Man hat hier ähnliche Erfahrungen gemacht, wie mit den Wagen- rädern, wo man sich auch überzeugte, dass die hölzerne Nabe von allen bisher bekannten Einriebtungeu immer noch die beste und solideste ist Für die Bevorzugung des Holzes spricht auch die Erwägung, dass die Betten während der Friedenszeit schwerlich in genügender Menge vor- räthig gehalten werden können, und dass deshalb bei Ausbruch eines Krieges Massenfabrikation derselben Platz greifen muss. Die letztere kann wohl nur daun mit genügender Sicherheit und Raschheit durch- geführt werden, wenn ein Material gewählt wird, welches überall in Menge vorhanden ist und von gewöhnlichen Handwerkern mit dem ein- fachsten Handwerkszeug bearbeitet werden kann.

2) Das Kriegsbett soll der leichteren Transportirbarkeit halber bis zu einem gewissen Grade zusammenlegbar sein, darf aber keine losen, dem Verlust ausgesetzten Stücke enthalten. Vor übertriebener Künstelei ist jedoch dringend zu warnen. Man muss immer bedenken, dass jedes Cbarnier einen halben Bruch vorstellt. Wenn man an Charnieren nicht sparen wollte, so könnte man eiserne Betten herstellen, die sich auf ein sehr geringes Format Zusammenlegen lassen, aber solche Betten sind nicht kriegstüchtig.

3) Das Kriegsbett mnss mit Handgriffen versehen sein, damit die Kranken bei Feuers- oder Beschiessungsgefahr leicht in Sicherheit ge- bracht und damit sie sammt ihrem Lager auf Wagen verladen werden können, denn es ist als Grundsatz zu betrachten, dass die ELranken und

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Yerwandeten, wenn sie nicht sitiend trsnsportirt werden können, bei der Evakuation ihr Bett mitbekommen.

4) Das Eriegsbett darf nicht za breit sein, damit auf Bauernwagen in der Höhe der oberen Leiterbäume zwei and in jeder Bucht eines Eisenbahngnterwagens drei Betten nebeneinander Platz haben.

6) Das Eriegsbett soll so beschaffen sein, dass es leicht und gründ- lich desinfizirt werden kann.

Nach diesen Grundsätzen habe ich meinem Schirmbett folgende Ein- riehtang gegeben (s. Abbildung) :

Dasselbe besitzt hölzerne, aas einem Stück bestehende Tragstangen von 2,40 m Länge, 8 cm Höhe und 5 cm Breite. 30 cm einwärts der Enden sind die Tragstangen durch ebenso starke Qaerstangen von 47 cm Länge verbanden.

Die Füsse von derselben Holzstärke wie die Tragstangen haben 58 cm Höhe nnd drehen sich am zwei eiserne Achsen, die an der unteren Seite der Tragstangen angebracht sind. Die Füsse können an der Aussen- seite der Tragstangen in der Richtung gegen die Mitte der letzteren binanfgescblagen werden, wodurch eine fusslose Bahre von 66 cm Breite gebildet wird, wie sie zur Versendung der Lagerstätten und zur Ver- ladung der Verwundeten auf Wagen geeignet ist. Wenn die Füsse herab-

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geschlagen sind, so stellen sich dieselben za den Tragstangen in einen Winkel von 110®, wobei sie sich an eine von der Oberkante der Trag- stangen nach aassen vorragende Eisenplatte ansterameo. Durch Kettchen werden die F'üsse in dieser Lage festgebalten. Die za jedem Fosspaar gehörigen Fasse sind durch zwei eiserne Bänder miteinander verbanden.

Der von den Querstangen begrenzte, 1,80 m lange Zwischeoraam zwischen den Tragstangen ist oben von längs and quer verlaafenden Blechbändern überspannt. Auch an der unteren Seite der Tragslangeo befinden sich im mittleren Theil des Bettes eine Anzahl von queren Blechbändern. Der gegen das Kopf- und Fassende zu fehlende Theil des unteren Blecbstreifenüberzuges wird bei Hinaufscblagong der Fasse durch die Eisenbänder ergänzt, welche je zwei Füsse miteinander ver- binden. Wenn also die Fasse, wie dies z. B. bei der Aufbewahrung der Betten in den Depots der Fall ist, an die Seite der Tragstangen hinauf- geschlagen sind, so befindet sich innerhalb des Babrenrahmens ein all- seitig abgeschlossener Raum von der Höhe der Tragstangen, nämlich von 8 cm, in welchem die Bett- und Kranken- Ansrüstuogsgegenstände verpackt werden können.

Nahe der Mitte der Tragstangen ist jederseits an der Aussenseite derselben eine eiserne Hülse angebracht zum Einsetzen des Wetterdaches, welches aus drei mit Leinwand überspannten Reifen besteht, und welches bei 90 cm Höhe eine untere Breite von 80 cm hat. Durch eine rechts und links angebrachte Flügelscbraube kann das Wetterdach in beliebiger Stellung fixirt werden ; zum Aufspannen desselben dienen auch unter Umständen noch zwei zum Fassende des Beltes gehende Schnüre. Bei Regen Wetter soll das Dach die obere Körperbälfte des Kranken decken, während ein Stück starken wasserdichten Stoffes die untere Körperhälfte schützt. Die wasserdichte Decke bat an ihrem unteren Scbmolraude zwei Fenster, mittelst deren sie über die unteren Bahrengriffe gesteckt wird, so dass sie vom Wind nicht aufgehoben werden kann. Wenn das Kopfende des Bettes der Windseite zugekebrt wird, so bleibt der Kranke vor der Einwirkung des Regens vollkommen geschützt bei unbeschränktem Luftzutritt

Der Strohsack, an den das Kopfpolster festgenäbt ist, wird mit Riemen so an das Bettgestell befestigt, dass ein Abgleiten desselben un- möglich ist.

In dem bereits erwähnten Zwischenraum zwischen oberem und unterem Blechbandüberzug wird verpackt: 1. das Wetterdach; 2. die wasserdichte Decke; 3. der leere Strohsack; 4. zwei Leintücher; 5. zwei wollene

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Decken; 6. ein Hemd; 7. ein Paar Strümpfe; 8. eine Erankenjacke; 9. ein Handtuch; 10. ein Sacktuch. Wenn ein Bett aus dem Depot empfangen wird, so ist demselben also bereits Alles beigepackt, was zur Lager- und Krankenausstattung gehört Es braucht zur vollständigen Bereitstellung des Lagers nur noch der Strobsack gestopft zu werden.

Wenn das Bett aufgestellt und der Kranke darin nntergebracht ist, so können in dem freigewordenen Zwischenraum zwischen den beiden Blechbandlagen Bekleidungsstücke und sonstige Habseligkeiten des Kranken geborgen werden. Zur Unterbringung des Sacktuches, eines Buches and sonstiger kleiner Gegenstände dienen ferner zwei Taschen, die zu beiden Seiten des Kopfpolsters angebracht sind.

Das Bettgestell wiegt leer 26 Kilo, vollständig gepackt 37 Kilo.

Freiluftlazaretbe brauchen auch Freiluftküchen. Selbst wenn später die Baracken ankommen, wird es immer erwünscht sein, für die Küche keinen gedeckten Raum in Anspruch nehmen zu müssen. Eine Ein- richtung dieser Art ist die folgende;

A. Geräthschaften zum Sieden und Dünsten.

Ein cyliudrischer Kochkessel von Weissblecb, 40 cm hoch und 26 cm breit, mit gut scbliessendem Deckel, wird in einen oben und unten offenen Sch warzblechcy linder von 43cm Höhe und 31cm Breite, der als Ofen dient, auf einen abnehmbaren Rost gestellt. Die Heizung erfolgt theils durch einige unterhalb des Rostes angebrachte Oeffnungen im Ofen, theils dadurch, dass Reisigstäbe von oben her zwischen Kessel und Ofen ein- geschoben werden, so dass der Boden und die Wände des Kochkessels überall von der Flamme bestrichen werden. Wegen dieser allseitigen Erwärmung und weil der Ofen selbst bei starkem Winde das Feuer voll- kommen zusammenbält, kommt der Inhalt des Kessels sehr rasch zum Sieden. Damit die Speisen nicht aubrennen können, befindet sich ini Innern des Kochkessels auf niedrigen Füssen ein zweites Weissblecb- gefäss ohne Deckel, in welches das Fleisch und die Suppeneinlagen ge- bracht werden, während das zugegosseue Wasser noch über den Rand dieses zweiten Gefässes binaufreiebt. In diesem Apparat können 20 Por- tionen ä 1 Liter gekocht werden.

Wenn gedünstet werden soll, wird das innere Blechgefäss nach Füllung mit Fleisch ohne Wasserzusatz mit einem Deckel verschlossen und der Kochkessel nur so weit mit Wasser gefüllt, dass dasselbe beim Aufwallen den Rand des inneten Gefässes nicht erreichen kann.

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B. Oeräthschaften zum Braten.

Ein 23 cm hoher und 30 cm breiter Ofen von Schwarablech trägt anf seinem oberen Rande eine tiefe eiserne Pfanne, die mit zwei Band- grififen nnd einem öbergreifenden Deckel versehen ist.

Die Oeräthschaften zum Sieden nnd Braten lassen sich so ineinander hineinstecken, dass sie bei der Verpackung sämmtlich in dem grösseren Scbwarzblechofen nntergebracht werden können.

Noch eine weitere Vorrichtnng wäre für Freilnftlazarethe and über- haupt für jedes Lazareth erwünscht, nämlich ein Heisswasserapparat zu Verband- und Operationszwecken. Ich habe mir hierzu einen Satz von Weissblechgefässen machen lassen, von denen das grösste, als Koch- kessel dienende, 6 Liter fasst. Dieser Kochkessel wird in einen schwarz- blechernen, zerlegbaren Ofen anf beweglichen Rost gestellt. Die beiden Hälften des Ofens lassen sich bei der Verpackung so ineinander schieben, dass sie sich dem Kochkessel dicht anlegen, so dass der ganze Apparat sehr wenig Raum einnimmt. Durch die schon bei der Kücheneinrichtung erwähnte Art des Heizens mit Reisig kann man den Inhalt des Koch- kessels in 12 Minuten zum Sieden bringen. Es empfiehlt sich, im innersten Blecbgefässe eine Büchse mit Schmierseife unterzubriogen, durch welche die berussten Theile nach dem Gebrauche rasch gereinigt werden können.

Referate nnd Kritiken.

Aus der Sitzung der medizinischen Akademie zu Paris vom 9. Ok- tober 1888. (Aus Sem. möd.)

Zwei Fälle später Extraktion von Geschossen, welche in den Gesichtsknochen sitzen geblieben waren, mit einer zusätzlichen Bemerkung.

Herr Perrin: 1. Fall: Ein Marineoffizier wird 1884 verwandet Das Geschoss, angeblich ein Granatsplitter, zerstörte das rechte Auge und blieb in den Knochen des Gesichts stecken. Mehrere Monate später kam der Verwundete in Paris an; an der Stelle der Verwundung hatte sich eine Fistel gebildet. Letztere wurde mittelst Laminaria dilatirt, worauf es gelang, einige Korkstückchen, Tuchfetzen (wohl vom Pfropfen. Ref.) und eine abgeplattete nnd deformirte Revolverkugel zu extrahiren. 2. Fall; Ein Sekondlientenant wurde im Februar 1885 durch ein Geschoss am Kopfe verwandet: das Geschoss blieb in der Wunde stecken. Zwei Extraktionsversuche waren von keinem Erfolg gekrönt. Im November 1885 wurde der inzwischen nach Frankreich zurückgekommene Offizier

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im Val de Oräce aafgenommen. Unter dem linken nnteren Augenhöhlen* fand befand sich eine kleine, die Eintrittsstelle des Geschosses markirende Narbe. Das Geschoss hatte das Septum Narium durchschlagen und war tief in der rechten Maxilla snperior steckengeblieben. Aus dem Nstaenloch floss jauchiger Eiter. Eine Extraktion auf dem Wege durch die Nase war unmöglich. Chauvel löste, deu Schnitt in die rechte Nasen-Wangenfurcbe verlegend, die Nase ab und legte eine fest in die äussere Wand der rechten Fossa nasalis eingekeilte Kugel bloss, deren Entfernung nur mit grösster Schwierigkeit gelang.

Ans diesen beiden Fällen zieht Chauvel die praktische Schluss- folgerung, dass man in allen ähnlichen Fällen stecken- gebliebene Fremdkörper unmittelbar nach der Verwundung aufsuchen soll, weil I. dann die Extraktion immer möglich sein wird und 2. der Eingriff ohne Jede Gefahr ist, also spätere grössere Eingriffe, wie im 2. Fall, dem Verwundeten erspart bleiben. Ausnahmen von dieser Regel will Chauvel nur bei penetrirenden Schädelwunden und ebensolchen Brust- und Bauch wunden znlassen. In diesen Wunden steckengebliebene Fremdkörper sind auch nach Chauvel für den Arzt ein Noli me tangere!

Da Chauvel mit seinem Ausspruch der heutigen durch die Anti- septik so sehr begünstigten Richtung des Nichteingreifens bei Wunden, die das verwundende Geschoss noch beherbergen, entgegentritt, schien uns die Mittheilung obiger Fälle nicht ohne Interesse, um so mehr, als wir auch die Folgerung Chauvel’s in der von ihm angedeuteten All- gemeinheit nicht zugeben können. Folgender Fall sei zunächst deu Fällen Chauvel’s gegenüber gestellt. Major v. E. erhielt in der Schlacht bei Wörth einen Schuss links oben vorne unter der Schulter (keine penetrirende Brnstwunde). Das Geschoss riss die linke Ecke des Ordens- bleches ab und mit in die Wunde hinein. Die bald hernach vorgenomroene Extraktion des scharfkantigen Blcchstückes führte eine tödtliche Blutung herbei. In der Regel wird der Arzt bei Kriegs verwundeten im All- gemeinen wohl Schlüsse ziehen können auf die Art des verwundenden Projektils (eventuell aus den Löchern in der Kleidung, aus der Art der feindlichen Truppe etc.), sicher aber kann er in concreto nie angeben, welcher Art der in der Wunde steckende Fremdkörper ist, zumal die Angaben der Verwundeten selbst hierüber häufig ganz unzuverlässig sind. (S. Stastitischer Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege 1870/71 Band III A. Seite 15 und 16). Hieraus folgt, dass der Arzt nicht wissen kann, ob er es mit einem scharfkantigen, bei gewalt- samer Extraktion leicht neue Verletzungen setzenden deformirten Geschoss oder Fremdkörper zu thun haben wird, oder nicht.

Hieraus folgt aber zwingend, dass man auch nach frischer Verletzung einen nur mit Gewalt zu entfernenden Körper nnd im 2. Fall Chauvel’s ist doch sicher anzunehmen, dass das Geschoss vom ersten Augenblick an so fest in den Knochen eingekeilt war, wie dies später konstatirt wnrde ruhig an seiner Stelle belässt und die Entfernung für später sich vorbebält. .Mag diese Entfernung auch eine operative sein müssen, das Risiko ist für den Verwundeten doch das kleinere und das allein ist für den Arzt das entscheidende Moment. Eine gut durebgeführte antiseptisebe Behandlung ist freilich dabei Conditio sine qua non. Villaret.

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Sir William Mac Cormac. lieber den Baucbschnitt bei der Behandlung von intraperitonealen Verletznugen. Volkmann’s Samml. klin. Vortr. No. 316.

ln der vorliegenden Jahres-Festrede der Londoner medizinischen Gesellschaft (18d7) behandelt der Verf., dessen Name für die Würdigung des gewählten Siofifes unser grösstes Interesse erweckt, die oben erwähnte Operation, zu welcher man sich bisher nur selten früh genug entschliessen konnte, ln überzeugender Weise und mit aller Macht redet er diesem kühnen Eingriffe das Wort, „welcher, früh genug geübt, nur Gutes leisten muss und jedenfalls mehr Vortheil bringt als Harren und Hoffen auf Besserung, welche gewöhnlich nicht eintritt.'^ Es erhält der Baucbschnitt somit bei den oben genannten Verletzungen als einzig wirksame Therapie aus dem Munde des Vortragenden eine autoritative Sanktion, da bei der jetzigen Vervollkommnung der Chirurgie hierdurch wohl Rettung, keinen- falls aber eine Vergrössernng der trostlosen Lage des Verletzten zu erwarten ist.

Von allen Unterleibsorganeu werden die Därme am häufigsten von einer Verletzung betroffen, deshalb hält sich die Abhandlung vorzugsweise an die Besprechung der Darmverletzungen , während diejenigen der anderen Unterleihsorgane nur nebenbei eine kurze Erwähnung finden. Sie beginnt mit den „Schnitt- und Stichwunden der Bauebwand mit Verletzung namentlich der dünnen Därme. Messerstiche und Dolchstösse bei Schlägereien geben hierzu die häufigste Veranlassung. Selten prolabirt hierbei gleichzeitig das verletzte Eingeweide, wodurch die Diagnose sofort gestellt sein würde, und dennoch hängt bei dieseu Verletzungen Alles von der möglichst schnellen Diagnose ab. C. räth zunächst durch den ausgiebigsten Gebrauch der Sonde, nöthigenfalls nach gehöriger Erweiterung der Wunde, festznstellen, ob überhaupt die Bauchwand durchbohrt ist. Sobald man weiterhin unter gleichzeitiger W'ürdigung sonstiger Anhaltspunkte, wie Meteorismus, Emphysem der Wundumgebuug , stärkerer Blutung, als wie sie durch die Bauchwunde allein erklärlich ist, u. A., die Ueberzeugnng gewonnen hat, dass eio Darm verletzt ist, dann soll sofort der Baucbschnitt vorgenoromen uod hierauf die Durmnaht auf das Sorgfältigste ausgeführt werden. Die Anlegung eines künstlichen Afters allein würde .einen Heilungszweck nicht erfüllen, da ‘J9 mal unter 100 Fällen bereits Darminhalt iu die Bauchhöhle eingedrungen, und somit der Tod meist schon nach Stunden mit grosser Sicherheit zu erwarten steht. Selbst die allcrkleiusten Darmverletzungen müssen sorgfältig genäht werden, da sonst auch hier Kotbaustritt erfolgen würde. Früher wurden solche unter ’/* Durchmesser wohl als unschädlich bezeichnet. Die Ausführung der Darmuaht wird genau beschrieben und durch beigegebene Abbildungen und mehrere von Anderson gegebene anatomisebe Bemerknngen bezüg- lich des Verhaltens der Serosa in der Gegend der Mesenterialinsertion, sowie der Dicke der Muskularis bei den einzelnen Darmabsebuitten erläutert. Es wird nemlich am Gekrösrande des Darms durch das Aus- einanderweichen der beiden GekrÖsblätter ein dreieckiger mit Zellgewebe und Blutgefässen ausgefüllter Raum gebildet, an dessen Basis die Darm- wand selbst keinen serösen Ueberzug hat. Dieser Zwischenraum bat beim Krumm- und Leerdarm eine Breite von etwa '/< Zoll. Die Musku- laris verliert in der Richtung nach abwärts um '/» bis '/» ihrer Dicke,

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weshalb aach die Schwierigkeit und die Gefahr der Naht vom Magen nach abwärts wächst, Zur erfolgreichen Anlegung der bereits 1H26 von Lembert angegebenen Darmnaht gehören drei Bedingungen. Erstens müssen die serösen Flächen in gleicher Breite aneinander gelegt werden, zweitens darf die Schleimhaut des Darms nicht mitgefasst werden, und endlich muss die Operation so schnell wie möglich beendet werden. Bei kleineren Schnittwunden wird die niässig gekrümmte Nadel 1 bis 2 Linien, bei gequetschten Wundrändern bis 3'/j Linien vom Rande ein- resp. herausgeführt werden. Bei Längswunden sollen ferner einige Nähte noch über die W'uudwinkel hinaus angelegt werden. Die Zahl der Nähte soll sehr reichlich sein, aber die Fäden (feine karboli- sirte Seide) dürfen, um Gangrän zu vermeiden, nicht zu stark angezogen werden. Sie werden sodann kurz abgeschnitten und versenkt. Die genaueste Reinigung der Bauchhöhle (mit 3Yo Borlösung [38° C.]) und der Verschluss der Wunde bilden das Ende der Operation. 2. Die Schusswunden des Darmes kommen wegen ihrer enormen Mortalität nur wenig zu weiterer ärztlicher Behandlung. Am häufigsten findet sich der Krummdarm und dann meist mehrfach von der Kugel durch- bohrt. Die Erweiterung der Eingangsnifnung stellt auch hier in zweifel- haften Fällen zunächst die Thatsacbe der Perforation der Bauebwand fest. Meist sind es erhebliche Blutungen, welche io Verbindung mit dem Schock zur baldigsten Todesursache werden. Kotbaustritt erfolgt selten nach aussen, sondern fast immer in die Peritonealhöhle, da die Darm- schleimhaut, entgegen der bisherigen Anschauung, nicht einmal das Loch des kleinsten Projektils zu verstopfen im Stande ist. Die Blutungen stammen häufig nur aus kleinen Gefässen, und kommen vielfach zum Stehen, sobald durch den Bauchschnitt die Luft ausgiebig freien Zutritt hat und Gerinnung bervorruft. Grössere Gefässverletzungen können sofort geschlossen werden. Schon ans diesem Grunde liegt in der Bauchschnittoperation der einzig sichere Weg zur Erhaltung oder Ver- längerung des Lebens. „Jedenfalls wird der Verletzte hierdurch io eine weniger ernste Lage gebracht, als wenn man lediglich auf die Annahme hin, dass möglicherweise die Kugel die Unterleibsböble nur einfach durchquert habe, ihn den tödlichen Gefahren aussetzt, welche eine Ver- letzung des Darms oder seiner Gelässe mit sich bringt.“ Die Operation selbst kann nicht auf dem Scblachtfelde, sondern nur nach schleunigstem Transport iro nächstliegenden Feldlazaretb ausgefübrt werden, dort aber sofort. Der Einschnitt in der Mittellinie muss lang genug sein, um eine Uebersicht über die ganze Bauchhöhle zu gewähren und um die Hand des Operateurs zuzulassen. Mau lässt die sämmtlichen Darmtheile genau vom Coecum aus nach dem Magen bin durch d>e Finger gleiten. Alle blutenden Gefässe werden unterbunden, die Gerinnsel entfernt, und die vorgezogenen Eingeweide durch warme Verbandstoffe geschützt. Liegen mehrere Darmwuuden nebeneinander, so wird die ganze Stelle nach Ablösung vom Gekröse und Gefässunterbinduug herausgeschnitten.

Kotiiaustritt wird am besten durch Zusamme.ndrücken des Lumens mit den Fingern vermieden. Die hervorgewölbte Darmschleimbaut bleibt erhalten. Am besten beginnt man unter Berücksichtigung der oben gegebenen anatomischen Bemerkungen mit etwa drei Nähten am Gekrös- rande, die vierte am entgegengesetzten, die fünfte und sechste seitlich in der Mitte und die folgenden in den verbliebenen Zwischenräumen. Wird ein grösserer Darmtheil fortgeuommen, so ist es rathsam, die beiden

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Schnittflächen der Enden schräf; £u legen, so dass der Verlast nach dem Oekrösrande weniger beträgt als nach dem freien Rande za. Die Dickdarm wanden sind weniger gefahrdrohend, diejenigen des auf- and absteigenden weniger als die des queren Tbeils. Erstere eignen sich weniger für die Darmnaht als wie für die Anlegung einer Kolhfistel, welche später mechanisch zu scbliessen sein würde. Magenwunden der vorderen Fläche sind wiederholt mit gutem Erfolge genäht worden. Die übrigen Unterleibsorgane werden nur kurz besprochen, ohne dass wesentlich Neues erwähnt wird.

3. Subkutane Darmverletzungen haben keine direkt beweisenden Symptome, and beruht in diesem Mangel die grosse Schwierigkeit, eine Indikation für die Ausführung des Bauchschnittes zu finden. Von der grössten Bedeutung bleibt das ätiologische Moment, die Wucht der ein- wirkenden Ursache, ferner ein tiefer langdauernder Schock, die Beschaffenheit des Pulses, der plötzlich auftretende, auf Druck gesteigerte Schmerz zu einer Zeit, wo an eine Bauchfellentzündung noch nicht gedacht werden kann. Auch hier findet sich am häufigsten der Dünn- darm zerrissen, gewöhnlich dicht hinter der getroffenen Stelle der Bauch- wand. Da bisher bei abwartender Behandlung die Mortalität zu mehr als 96% berechnet ist, so dürfte dieselbe bei Ausführung des Baucbschnitts mindestens nicht grösser sein. Selbst durch den Versuchsbauchschnitt wird der Zustand nicht verschlechtert, dagegen die Heilnngschancen etwa nach erfolgreicher Blutstillung und Entfernung des verletzten Stückes erheblich grösser. Die Operation wird in derselben Weise wie bei deu offenen Verletznngeu ausgeiübrt.

An diese Erörterungen werden von dem üebersetzer (Dr. Tbamhayn) in den Vortrag zwei Fälle von subkutanen Blasenzerreissungen ein- geschaltet, welche von demselben Verfasser in der Lancet vom II. De- zember 1886 ausführlich geschildert sind. Beide Male waren es intra- peritoneale Blasenruptnren, welche nach Eröffnung der Bauchhöhle durch 12 bis 16 feine seidene Lembert'scbe Nähte geschlossen wurden und mit völliger Genesung endeten. Die sorgfältigste Ansführung der Nähte durch das seröse und Muskellagcr mit absoluter Vermeidung der Blasen- scbleimhant wird auch hier betont. C. schliesst seine bedentsameo Erörterungen mit der Erklärung, dass die Vorwärtsbewegung auf dem besprochenen Gebiete hauptsächlich den Militärärzten zu danken sei, denen er seine Anerkennung nicht versagt. Es folgt sodann auf mehreren Tafeln eine höchst interessante tabellarische Zusammenstellung derjenigen Fälle, im Ganzen 79, in welchen bei Organverletzungen inner- halb des Baachfellüberzuges der Baucbschnitt gemacht wurde, und zwar I. bei penetrirenden Stichwunden 18 Fälle, 10 mit günstigem, 8 mit tödtlichem Ausgange. II. bei penetrirenden Schusswunden 32 Fälle, hier- von 7 günstig, 24 tödtlich, I zweifelhaft verlaufen. III. 16 Fälle von intraperitonealen Blasen Verletzungen, und zwar 6 geheilt, 10 gestorben. IV. bei subcutanen Verletzungen innerhalb des Unterleibs 13 Fälle, welche sämmtlich einen ungünstigen Verlauf genommen haben. Von den dem Original beigegebenen 79 Abbildungen sind der Uebersetzung 10 beigefügL

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Diagnostik der inneren Krankheiten auf Grund der heutigen Untersuchungsmethoden. Ein Lehrbuch für Aerzte und Studireude von Dr. Oswald Vierordt, Privatdozent an der Universität Leipzig. Leipzig, Verlag von F. C. W, Vogel. 1888. Preis 10 Mark.

Mit Erfolg hat sich der Verf. bemüht, in seinem Buche nicht nur eine Schilderung der feineren Untersuchungsmethoden zu geben, sondern vor allem eine gründliche und klare Besprechung derjenigen Symptome za erbringen, welche wir ohne Hülfsmitlel durch den einfachen Gebrauch unserer Sinne wahrzunehmen vermögen. Nicht minder anerkennenswerth ist sein Bestreben, bei der Diagnose nie einzelne Kraukbeitszeichen, sondern stets den ganzen Organismus in das Auge zu fassen. Das bei Besprechung der an einzelnen Organen bervortretenden Erscheinungen häufige Hinweisen auf ähnliche oder gleichzeitig auftretende Symptome, welche in anderen Kapiteln beschrieben werden mussten, bewahrt dem Leser, weit davon entfernt, Verwirrung anzurichten, beständig die all- gemeine Uebersicht und schärft das Kombinationsvermögen des An- fängers. — Trotz seiner Knappheit im Ausdruck, seiner Kürze in der Darstellung hat es der Verf. erreicht, nicht in den trockenen Ton eines Repetitionsbuches zu verfallen, sondern stets das Interesse seines Lesers zu fesseln.

Während in den einleitenden Bemerkungen über die Anamnese mit Recht die Nothwendigkeit für den Anfänger her vorgehoben wird, sich in genauester Weise nicht nur über die Entstehung der vorliegenden Krank- heit, sondern auch über die Vorgeschichte des Kranken zu unterrichten, ist der über jene handelnde Theil hier etwas kurz gefasst, wohl in der Voraussetzung, dass erst die zunehmende Kenntniss der Krankheiten dem Lernenden die richtige Fragestellung ermöglichen werde.

Die Krankennntersuebung selbst wird in einem allgemeinen und einem speziellen Theil geschildert. Der erstere beschäftigt sich mit dem Myebiseben Verhalten des Kranken, der Bettlage, dem Körperbau, dem Ernährungszustand, der Haut- und der Körpertemperatur. Bei Besprechung der auf der Haut anftretenden Erscheinungen durfte ein genaueres Ein- gehen auf die Arten der Exantheme, insbesondere auf deren leichte Verwechselung mit den Folgen von Arzneimitteln, Insektenstichen und dergl. wohl am Platze gewesen sein. In dem Abschnitt: „Subnormale Temperaturen fand die Herabsetzung der Körperwärme bei Alkohol- Vergiftung keine Erwähnung.

Der spezielle Theil beginnt mit dem Kapitel über die Untersuchung des Rospirationsapparates. Bemerkenswerth ist hier die hohe Bedeutung, welche der Verf. der Grösse des epigastrischen Winkels zur Klärung des Verständnisses der einzelnen Thorax-Formen verleiht. Besondere Aner- kennung verdient die dringende Empfehlung einer möglichst grossen Vereinfachung in den Bezeichnungen verschiedener Abstufungen des gedämpften Pcrkussionsscballs. Dagegen hätten bei Besprechung der Probepunktion des Thorax die antiseptischen Vorsichtsmaassregeln vor deren Ausführung genauer angegeben werden können. Vorzüglich ist die kurze Darstellung der Untersuchung des Sputums.

Der nächste, vom Zirkulationsapparat bandelnde Abschnitt bringt unter anderem eine durch Klarheit und Uebersicbtlicbkeit ausgezeichnete Schilderung der Symptome bei Klappenfehlern. In beachtenswerther Weise ist hier die Verschiedenheit des Pulses für die Diiferentialdiagnose

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verwcrthet (Seite 210). Etwas knapp erscheint die Besprechung der Fiebergeräusche am Herzen (Seite 190), wenn man bedenkt, wie oft dieselben, namentlich beim akuten Gelenkrheumatismus, gar nicht hestehende Klappenfehler Vortäuschen.

In den beiden folgenden Kapiteln, welche die Untersuchung des Verdanuugs- und Harnapparates enthalten, haben eingehende und leicht fassliche Darstellungen der neuesten Resultate chemischer und mikro- skopischer Beobachtung Aufnahme gefunden. Leider finden sich über die Verschiedenheiten der Exsudate, Ecliinokokkusflüssigkeit u. s. w. iu chemischer Beziehung nur einige kurze Bemerkungen bei Besprechuug der Probepunktion der Pleura.

Besonders hervorgehoben zu werden verdient der sich mit dem Nervensystem beschäftigende Abschnitt des Lehrbuches. Wir finden hier ausführliche Beschreibungen aller einschlägigen Untersuchung>methoden und ihrer Erfolge unter beständiger Berücksichtigung der anatomischen Verhältnisse.

Im Anhang giebt der Verf. eine Anleitung zur Spiegeluntcrsuchung des Kehlkopfs und eine Uebersicht über Augenspiegelbefunde bei inneren Krankheiten.

Das Lehrbuch ist durch 15G Abbildungen zweckmässig ausgestattet Unter diesen sind namentlich die Zeichnungen der Eingeweidelage nach Weil-Lus ch ka, die Henle’schen Darstellungen der Sensibilitätsgebiete einzelner Nerven und die elektrischen Reizpunkte nach Erb belehrend und von Nutzen für das Verständniss.

Das handliche, nicht zu umfangreiche Buch (542 Seiten) dürfte nicht nur dem Studirenden als werthvolle Hülfe beim Lernen, sondern auch dem praktischen Arzt als interessante und anregende Lektüre za empfehlen sein.

Kühler (Berlin.)

Der antiseptische Werth der Silberlösungen und Behandlung von Milzbrand durch Silberlösungcn. V'on Stabsarzt Dr. Behring. Separatabdruck aus der Deutschen Medizinischen Wochenschrift. 1887. No. 37 und 38. Berlin und Leipzig. Verlag von Georg Thieme. 1887.

Bei Versuchen mit Pentamethylendiamin bemerkte Verf., dass die entwicklungshemmenden und bakterientödtenden Eigenschaften dieses Präparates ausschliesslich auf Rechnung der darin gelösten Silber- verbindung (Silberoxyd) zu setzen waren. Vergleichende Versuche mit Lösungen jenes Körpers, sowie von Silbernitrat und Sublimat zu- nächst an Nährlösungen, unter denen sich am besten flüssiges Rlul- serum eignete, ergaben, dass die Silberlösungen vom Sublimat ülierall da bedeutend übertroffen werden, wo wir es mit reichlichem Chlorgehalt zu thun haben, ferner da, wo Oberflächen zu desiufiziren sind, uid iu Flüssigkeiten von geringem Eiweissgehalt, während überall da, wo wir es mit dem Blute selbst oder mit Flüssigkeiten zu thun haben, die den Blute in ihrer Zusammensetzung mehr ähnlich sind, als künstliche Nährlösungen, das Silber in seinen Lösungen unter allen bisher geprüften nntiseptiseben Mitteln das leistungsfähigste ist und etwa 5 mal mehr leistet als Quecksilberchlorid. Da es Verf. bei Versuchen

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an mit Milzbrand vergifteten Tbieren ‘2 mal gelang, dorcli Einfübrang genügend grosser Mengen Silbers (‘2 3 Tage lang in einer Konzentration von 1:15 0CK)) in die Blotbahn, die Milzbrandbazillen za tödten and die Thiere am Leben za erhalten, so glaabt er, entgegen der Ansicht, eine Antisepsis im lebenden Körper sei bis jetzt noch unaasführbar, den Nachweis geführt za haben, dass eine so sicher bazilläre Infektions- krankheit wie der Milzbrand doch durch ein chemisches Agens günstig beeinflusst werden kann und zwar ausschliesslich durch direkte Ein- wirkung auf die Krankheitserreger, sowie gezeigt zu haben, dass anti- parasitäre Mittel im lebenden Oiganismus dieselbe Wirkung ausüben, wie aussrrhalb, so dass man Voraussagen kann, welche Mengen des Mittels nothwendig einverleibt werden müssen, um eine antibakterielle Wirkung auszuüben. Wenn er auch für die allgemeine Milzbrand- infektion davon keine praktisch verwerthbaren Resultate erwartet, da die erforderlichen Silbermengen meist eine dauernde Schädigung oder Ver- nichtung des Organismus herbeiführen werden, so zeigt er, dass doch lokale durch Mikroorganismen bedingte Erkrankungen günstig beeinflusst werden können. Zum Beweise führt er mehrere Fälle von auffallend schneller Heilung frischer Tripper durch Anwendung starkverdünnter alkalischer Silberlösungen an und glaubt auch die Rachendiphtherie als weiteres geeignetes Augriffsobjekt empfehlen zu können.

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Klin. Beitr. zur Lehre von der Innervation der Blase, des Mastdarms und der Geschlecbtsfnnktion (beim Manne) von Prof. Dr. M. Bernhardt. (Berl. klin. Wocbenschr. 1888, No. 32).

Verf. theilt den von ihm beobachteten Verlauf der Krankheit eines Maurers mit, bei welchem sich unmittelbar nach einem Sturz auf das Gesäss Harnverhaltung, iucoutiuentia alvi und absolute Anaestbesie der Haut an der inneren Seite der Hinterbacken, an der Hinterfläche der beiden oberen Drittel der Oberschenkel, am Damm, am Hodeusack und am ganzen Penis eingestellt hatten. Am ganzen übrigen Körper, ins- besondere in der Regio snprapubica nnd an den übrigen Stellen der Ober- schenkel blieb das Gefühl erhalten. Dagegen wurde gleich nach dem Fall, besonders bei aufrechter Körperhaltung, über Schmerzen in der Gegend vom 7. bis 12. Rückenwirbel geklagt, welche jedoch allmählich abnahmen und schliesslich ganz verscbwaiideu. Erectio, inimissio penis und ejaculatio seminis waren möglich; doch blieb der secernirte Samen in der Harn- röhre zurück und floss erst post cohabitationem langsam nnd tropfenweise ab. Die Reflexe, speziell der Cremaster-Reflex, blieben erhalten.

Es war somit das Innervationsgebiet des plex. pudend., des plex. coccyg. und des mit dem Nerv, perin. vom plex. pudend. anastoraosirenden Nerv, cutan. femor. post, durch das Trauma betroffen.

Nach Anführung ähnlicher von Thorbarn, Kirebhoff, Westphal und Rosenthal mitgetbeilter Fälle kommt Verf. auf Grund seiner Beobachtung zu dem Schlüsse, „dass die Blasenmustdarmfunktion ab- hängig zu machen ist von der normalen Beschaffenheit des untersten, unterhalb der Lendeuanschwellung gelegenen Rückenmarksabschnittes und der aus ihm ihren Ursprung nehmenden Nerven, dass eine isolirte

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Erkrankung dieses Nervengebietes (ohne den Sachverhalt verdunkelnde Begleiterscheinungen in Folge eines Traumas) möglich ist, dass die dem Erektions- und Ejakulatioosakt dienenden Nervenbahnen noch gesondert von denen verlaufen, welche die Blasen- und Mastdarmfunktion beherrschen, endlich, dass Potentia und Libido coeundi bestehen und doch wegen Lähmung der austreibenden Kräfte eine Impotentia generandi vorhanden sein kann.**

Kühler (Berlin).

üeber die praktische Verwendbarkeit des Haemometers von V. Fleischl. Von Dr. LudwigWick, k. k. Regimentsarzt. Separat- Abdruck ans der Allgemeinen Wiener mediz. Zeitung. 1887. No. 21, 22 und 23.

Verf. will durch seine Schrift auch die Militärärzte zu Cntersnchnngen mit jenem Instrument bei gesunden und kranken Soldaten anregen und hofft, dass sich dadurch nicht nur die Feststellung einer gewissen Norm des Haemoglobingehaltes eines gesunden Menschen in verschiedenen Altersstufen werde gewinnen lassen, sondern auch eine Grenze, unter der entweder schon entschieden Krankheit besteht oder doch gewisse Funktionsstörungen als Folge des geringen Haemoglobingehaltes. Er betont dabei noch, von wie grossem Werthe es wäre, wenn jenes Instrument sich als ein verlässliches Mittel zur Prüfung so komplizirter Verhältnisse, wie Konstitution und Dienstßhigkeit, erweisen würde.

(Separat -Abdruck aus den Medizinischen Jahrbüchern. Nene Folge Jahrgang 1887.) Rb.

Nittheilangen.

I. Ueber die habituelle Hyperhidrosis pedum. Eine hygienische Skizze von Dr. J. V. Brandau, prakt. Arzt in Lichtenan, Reg.-ßez. Kassel. Sonderabdruck aus , Deutsche Medizinal - Zeitung*' 1886 No. 68/69. Berlin 1888. Verlag von Eugen Grosser.

II. Ueber den Zusammenhang des Asthmas mit der habituellen Hyperhidrosis pedum. Von Dr. J. V. Brandau, prakt. Arzt in Lichtenan etc. Deutsche Medizinal-Zeitnng 1887 No. 69.

Die Veranlassung zu den vorliegenden Arbeiten gaben Versuche, welche der Verf. mit den verschiedensten bekannten Mitteln zur Be- seitigung seiner eigenen Hyperhidrosis pedam angestellt bat. Er glaubt ein wirksames Mittel io seinem „Liquor antibidrorhoicus*', einem in überschüssiger Salzsäure gelösten gechlorten Aether, gefunden zu haben. Die Erfolge, welche er mit der etwas umständlichen Anwendung dieses Mittels theils an sich, theils an Patienten seiner Praxis und der medizinischen Klinik zn Halle erreichte, veranlassten Herrn cand.

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med. Spener, weitere Versocbe damit anzustellen, deren Resultat er in seiner Dissertation „Die habituelle, lokale Hyperhidrosis, ihre Folgen und ihre Behandlung“ niedergelegt hat. In den von Spener mitgetbeilten 14 Fällen trat tbeils bedenteude Besserung, theils vollkommene Heilung des Leidens ein. Vorzügliche Resultate hat auch Herr Dr. Stohmann mit dem Liquor sowohl an sich, als an drei Patienten seiner Praxis erreicht. (Deutsche Medizinal-Zeitnng 1887 No. 87. S. 989.)

Brandau will nun nach der Beseitigung der Hyperhidrosis auch andere Krankbeitserscbeinungen haben schwinden sehen und sucht daher in seinen Arbeiten eine Erklärung hierfür zu geben. So soll die durch die fortwährende Verdunstung des im Uebermaasse secernirten Schweisses hervorgerufene Abkühlung des Körpers die Ursache von Schüttelfrösten, Rheumatismen, Neurosen und Katarrhen sein. Chronische Rhinitis und Pharyngitis hat Brandau nach Beseitigung von Hyperhidrosis wiederholt schnell verschwinden sehen, ja, er führt in seiner zweiten Arbeit drei Fälle an. in welchen nicht nur diese katarrhalischen Erscheinungen durch die Heilung der Hyperhidrosis zurückgingen, sondern auch asthmatische Anfälle ausblieben, welche anscheinend reflektorisch durch den Nasenkatarrh bervorgerufen worden waren.

Die durch den Reiz der Verdunstungskälte vermittelte Gefäss- kontraktion soll Migräne-Anfälle bewirken.

Endlich will Verf. durch Heilung der Hyperhidrosis chlorotische Erscheinungen beseitigt haben, ohne jedoch vor der Hand eine Erklärung hierfür zu finden.

Die von vielen Aerzten gefürchteten schädlichen Folgen einer Heilung der Hyperhidrosis pedum will Brandau niemals beobachtet haben.

Kalender für 1889.

1. Dr. Paul Börner's Reichs-Medizinal-Kalender für Deutschland auf das Jahr 1889. Herausgegeben vom Sanitätsrath Dr. S. Gntt- mann, Verlag von Georg Thieme^ Leipzig.

Erschienen ist der I. Theil: Geschäftliches Taschenbuch mit seinem bekannten reichhaltigen Inhalte und zwei Beiheften, deren eines (.56 Seiten) als neu die üblichen diätetischen und physikalisch-mechanischen Heilmethoden (S. R. Dr. Blaschko), die neueren Methoden der Diagnostik and Therapie der Magenkrankheiten (Dr. J. Boas), endlich therapeutische Notizen aus Dr. Lassar’s Klinik für Hautkrankheit und Syphilis bringt, während das andere: „Kurzgefasste Essays über wichtige Kapitel ans der medizinischen Praxis“ (122 S.*) die meisten der von früher her schon wohlbekannten, geschätzten Aufsätze enthält.

Der Supplementband (38 Bogen stark, käuflich für die Abnehmer des Kalenders zum Vorzugspreise von 5 Rm.) wird demnächst in gewohnter Weise erscheinen.

*) Für sich allein zum Preise von 80 Pf.

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3. Medizinal - Kalender für den Frenssischen Staat anf das Jahr 1889. Mit Genehmignnjij Sr. Excellenz des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal -Angelegenheiten und mit Be- nutzung der Ministcrial-Akten. Verlag von Aug. Ilirscbwald.

Erste Abtheilung: Geschäfts-Kalender Ileilapparat; Verordnungs- lehre — diagnostisches Nachschlagebuch von Dr. A. Wernich, Reg.- und Medizinal-Rath in Köslin.

Zweite Abtheilung: Verfügungen und Personalien des Civil- und Militär-Medizinal-Wesens in Preussen und in sämmtlichen weiteren deutschen Staaten mit alphabetischem Namen- Register.

Anordnung des reichen Inhaltes wie früher.

Als Supplement zu dem ermässigten Preise von M. I,b0 ist ange- kündigt: Wernich, Zusammenstellung der gültigen Medizinalgesetze Preussens. Mit besonderer Rücksicht auf die Reicbsgesetzgebung.

3. Taschen-Kalender (1889 II. Jahrgang) für die Aerzte des Deutschen Reiches. Herausgegeben von Lorenz, Prakt. Arzt (Militscb). Im Verlage des Berliner Lith. Instituts (Julius Moser, Pots- damerstrasse 110.)

Das Tageskalendarium nimmt den weitaus grössten Theil des kleinen Taschen-Kalenders ein, es zeigt eine wochenweise Anordnung, welche in übersichtlicher Weise die Eintragung der ärztlichen Besuche und dergl. gestattet.

Angebängt sind anf 65 Seiten in Kleindruck mit Inhalts-Verzeichniss zahlreiche kurze Bemerkungen über die häufigeren oder sofortige Hülfe erfordernden Krankheiten etc. Dosirung der Arzneimittel für Kinder etc. und andere den praktischen Arzt besonders interessirende Dinge.

Das kleine Büchlein kann und will nicht die bekannten Kalender grösseren Formats ersetzen, erscheint jedoch für den täglichen Gebrauch seiner Handlichkeit, auch seiner Anordnung wegen empfehlenswert b.

T. Lauer «Kommers.

Zur Feier des 60jährigen Militärdienst- Jubiläums Sr. Excellenz des Herrn General-Stabsarztes der Armee Dr. v. Lauer, ihres hochverehrten Direktors, veranstalten die Studirenden der MilitärärzUicben Bildungs- anstalten am 20. Dezember d. J., Abends 8 Uhr, im grossen Saale der Philharmonie einen Kommers, bei welchem zu erscheinen Sc. Excellenz zugesagt hat.

Wir bringen dies zur Kenntniss unserer Leser mit dem Bemerken, dass die Studirenden sich ganz besonders freuen würden, dabei möglichst viele Sanitätsoffiziere in ihrer Mitte zu sehen.

Gednickt in der KönigL Hofbaebdmekerei von E. 6. MittlerftSobn, Berlin 8W., Eochstr. 66—70.

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Amtliches Beiblatt

zur

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift

1888. Siebzehnter Jahrgang. M 1,

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 1.5. November 1887.

Dem Ccntral-Bureau wird auf das sehr gefällige Schreiben vom 25. Oktober d. .7. ganz ergebenst' erwidert, dass den darin gemachten Vorschlägen über die, Aus- bildung freiwilliger Krankenpfleger in den Garnison-Lazarethen um so bereitwilliger beigcireten werden kann, als dieselben im 'Wesentlichen mit den in dem diesseitigen .Schreiben vom 22. April 1886 No. 535/2 M. M. A. angedeuteten Gesichts- punkten übereinstimmen.

Es wird demzufolge Anweisung ertheilt werden, dass Aushildungskurse von vierteljährlicher Daper mit zweimal wöchentlich stattfindendem zweistündigem Unterricht in den Garnison-Lazarethen zu Berlin (Gamison-Lazarelh No. 1 in der Schanihorststrasse), Frankfurt a.O., Breslau, Liegnitz, Königsberg, Stettin, Magdeburg, Halle, Bonn, Göttingen, Cassel, Düsseldorf, Wesel, Posen, Münster, Hannover und Altona abgehaltcn werden dürfen, ohne dass die Theilnehmer in den Lazarethen wohnen' oder daselbst sonst verpflegt werden.

Marburg, welches von dem Central-Komite ebenfalls namhaft gemacht ist, kommt nicht in Betracht, weil daselbst ein eigenes Gamison-Lazareth nicht vor- handen ist, sondern die Militärkranken in der Universitätsklinik Aufnahme finden.

Die Vertreter der Genossenschaften, welche die Ausbildung von Krankenpflegern in einem der genannten Lazarethe wünschen, würden sich mit ihren Anträgen an den Korpsgeneralarzt des betreffenden Armeekorps zu wenden haben, welcher das Weitere im Einvernehmen mit der Korp.sintendantur veranlassen wird. Dabei würden dann auch entsprechende Vereinbarungen über die Zeit, in welcher der Unterricht von den damit beauftragten Sanitätsoffizieren zu ertheilen wäre, zu treffen sein.

Die anszubildenden Personen werden theoretischen und praktischen Unterricht im Krankenpflegedienste unter Zugrundelegung des Unterrichtsbuches für die frei- willige Krankenpflege erhalten und am Schlüsse des Kursus einer Prüfung unter- worfen werden.

Die in der Prüfung bestandenen Theilnehmer würden zu Wiederholungskursen, wie schon früher erwähnt, alle zwei bis drei Jahre zuzulassen sein, sofern sie nicht etwa in der Zwischenzeit im Krankenpflegedienst bei Civilkrankenhänsem u. s. v. Verwendung gefunden und ausreichende Unterweisung erhalten haben.

Dem Kaiserlichen Kommissar und Militär-Inspekteur der freiwilligen Kranken- pflege, Fürsten von Pless Durchlaucht ist hiervon gleichzeitig Kenntniss ge- geben worden.

An das Central-Komite der deutschen Vereine vom rothen Kreuz hier.

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Abschrift hierroD erhalten Euer Hochwohlgeboren znr gefälUgen Kenntnissnalime und mit dem Ersuchen, etwaigen Gesuchen der freiwilligen Krankenpdege um Ausbildung von freiwilligen Krankenpflegern in einem der vorgenannten Gamisun- Lazarethe Folge geben zu wollen.

Der Unterricht ist je nach der Anzahl dor Theilnebmer von einem oder mehreren, von Euer Hochwohlgeboren zu bestimmenden Sanitätsofflzieren zu den mit der betreffenden Genossenschaft zu vereinbarenden Zeiten in einem geeigneten Kaume des Gamison-Lazareths unter Zugrundelegung des Unterrichtsbiiches für die freiwillige Krankenpflege (Auszug aus dem Unterrichtsbuche für Lazaretbgehülfen) abzuhalten.

Die erforderlichen praktischen Unterweisungen kOnnen auf geeigneten Kranken- zimmern vorgeuommen und etwaiges Unterrichtsmaterial (Verbandmittel u. s. w.) nSthigenfalls leihweise aus der Verbandmittel-Rescrve oder den Lazarethbeständen entnommen werden.

Ueber das Ergebniss der nach Ablauf des ersten Unterrichtskurses mit den Theilnehmern vorzunehmenden Prüfung wird der näheren Berichterstattung Euer Hoch- wohlgeboren ergebenst entgegengesehen.

Dem Königlichen General-Kommando ist vom V'orstehenden im Vortragswege Kenntniss zu geben bezw. der Korpsintendantur entsprechende Mittheilong zu machen.

V. Lauer.

No. 1601/10. 87. M. A.

Kriegsministcrium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 28. November 1887.

Es wird aus sanitären Rücksichten für dringend wünschenswerth erachtet, dass diejenigen zinnernen Gerätlie im Lazareth-Haushalt, für welche beim Eintritt der Unbrauchbarkeit der Ersatz durch solche aus anderem Material (Glas, Porzellan, Fayence, Sanitätsgut, Zink u. s. w.) bereits allgemein genehmigt ist, baldmöglichst ausser Gebrauch gesetzt werden.

Die Königliche Intendantur wird demnach ergebenst ersucht, gefälligst zu veranlassen, dass von den Garnison-Lazarethen des dortseitigen Verwaltungs-Bezirks an Stelle etwa noch vorhandener derartiger Gerätbe aus Zinn auch vor dem Eintritt ihrer vollständigen Unbrauchbarkeit die bereits znr Ein- führung genehmigten entsprechenden Stücke anderen Materials insoweit beschafft werden, als die Kosten der Ersatziteschaffnngen ohne Inanspruchnahme besonderer Mittel aus dem Dispositionsfonds der König- lichen Intendantur bestritten werden können.

Die hiemacb ausser Gebrauch gestellten Gerätlie sind in der vortheilhaftesten Weise zu verwenden.

Dem Herrn Korpsarzt ist hiervon gefälligst Kenntniss zu geben.

V. Lauer.

•So. 481. 10. 87. M. A.

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Kripgsminist^rium. Berlin, den 23. November 1887.

GerSthe-Ansstattung derOffizier-Krankenstnben und der Lagerstellen für Portepee-Unteroffiziere in den Garnison-Lazarethen.

Die Ausstattnng der Offizier - Krankenstuben und der Lagerstellen für kranke Portepee-Unteroffiziere in den Garnison-Lazarethen ist durch Gewährung der in der nachfolgenden Nachweisnng aufgeführten Geräthe zu vervollständigen bz. zu ver- bessern.

Als Portepee-Unteroffiziere im Sinne dieser Verfügung sind die in der Nach- weisnng unter II aufgeführten Chargen zu verstehen.

Die Königlichen Korps-Intendanturen haben das Erforderliche wegen Ergänzung der bezeichneten Geräthe-Ausstattung nach Lage ihres bezüglichen Dispositionsfonds zu veranlassen.

Da besondere Zuschüsse diescrhalb nicht gewährt werden können, sind die Besebaflungen nöthigenfalls auf mehrere Jahre in der Weise zu vertheilen, dass die Grösse der Lazarethe bz. der Grad der Inanspruchnahme der betreffenden Kranken- stuben und Lagerstellen für die Reihenfolge entscheidet.

No. 790/9. 87. M. A. Bronsart v. Schellendorff.

Nachweisnng

der Geräthe, welche zur Verbesserung bz. Ergänzung der Ausstattung der Offizier- Krankenstuben und der Lagerstellen für erkrankte Portepee - Unteroffiziere in den Garnison-Lazarethen dienen sollen.

er.

Benennung der Geräthe.

Es sind zu gewähren;

I. Für Offizier-Krankenstuben.

1 Aschbecher

2 Ausgnsseimer von Porzellan

.3 Bettüberdecken, farbige, waschecht . . .

4 Bettvorleger

j Esslöffel von Neusilber oder Alfenide (an

Stelle der bisherigen von Britannia- Metall bz. Komposition).

6 Gardinen, Paar, einschliesslich Halter,

Quasten und Stangen (an Stelle der Gardinen in Form von Lambrequins).

7 Kommoden (in der für Offizierwohnnngen

in den Kasernen vorgeschriebenen Form).

8

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11

12

Krankentische, Mahagoni- (Nachttische) (in der Form der eichenholzartig gestrichenen Krankentische für Kranke).

Krankentische, verstellbare (Lesepulte) . .

Lampenschirme

Messer und Gabel von Neusilber oder Alfenide (an Stelle der bisherigen mit hölzernen Schalen).

Saucieren von Porzellan

1 für jede Lagerstelle. 1 dito

1 dito

1 dito

1 dito

1 für jedes Fenster.

1 für jede Offizier - Krankenstube, jedoch nur in dem Falte, da.ss letztere den erforderlichen Kaum zur Aufstellung bietet.

1 für jede Lagerstelle.

1 dito

1 für jede Lampe.

1 Messer und 1 Gabel für jede Lager- stelle.

1 für jede Lagerstclie.

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c

2:

Benennung der Gerätlie.

Es sind zu gewähren;

13 Servietten

14 Stühle (Rohr-) (an Stelle der bisher ge-

währten 2 Rohrstühle für jede Lagerstelle).

13

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18

Tablettes (Präsentirbretter)

Tablettes, kleine

Thcelöffel von Neusilber oder Alfenide (an Stelle der bisherigen von Zinn). Tischdecken, farbige

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Waschschüsseln von Fayence (bisher nur je eine für jede Offizier-Krankenstube).

6 für jede Offizier-Krankenstube.

4 für jede Offizier - Krankenstube, auch wenn dieselbe nur mit 1 Offi- zier belegt ist.

1 für jede Offizier-Krankenstube.

1 für jede Lagerstelle.

1 dito

1 für jede Offizier- Krankenstube bz.

jeden Tisch.

1 für jede Lagerstelle.

1

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II. Für die Lagerstellen erkrankter Oberfenerwerker, Feldwebel, Wachtmeister, Zahlmeisteraspirantcn mit Feldwebelrang, etats- mässigeruiidüberetatsmässigerPortcpeefähnrichejVizefeldwebelund Vizcwachlmeist er einschliesslich der Stabshoboisten, Stabs ho misten und .Stabstronipeter sowie Unterärzte, Rossärzte und Unterrossürzle.

Kommode aus kiehnenem Holze, braun ge- beizt und poürt.

Krankentisr.he in der bisherigen Form; ab<T braun gebeizt und polirt.

Lampe (Schirm-) wie für kasemirle Feld- webel etc.

Spiegel mit polirtem Holzrahmen ....

Stühle (Lehn-) mit Polster nnd Lederüberzug

Stühle (Rohr-) wie für kasemirte Feldwebel (an Stelle der Brettstühle).

Teller von Porzellan

Tische mit Schubkasten aus kiehnenem Holze, braun gebeizt und polirt. Tiinkgläser

Waschbecken von Fayence

Waschtoiletten aus kiehnenem Holze, braun gebeizt und polirt.

Wasserfiasche

1 für jede Stube, in welcher Portepee- Unteroffiziere untergebracht werden.

1 für jede Lagerstelle für Portepee- Unteroffiziere.

1 für jede Lagerstellc für Portepee- Unteroffiziere.

1 für jede .Stube, in welcher Portepee- Unteroffiziere untergebracht werden.

1 für jede Lagerstclle für Portepee- Unteroffiziere. Eine Beschaffung hat jedoch nur insoweit zu erfolgen, als die für die Garnison - Lazarethe bereits etatsmässigen Lehnstühle hierzu ohne Benachtheiligung der- jenigen Kranken, für welche sie n.ach der Verfügung vom 20. Sep- tember 1867 (II. Nachtrag z. F. L. R. ,S. 160) bestimmt sind, nicht ausreichen.

1 für jede Lagerstelle für Portepee- Unteroffiziere

2 für jede laigerstclle für Portepee- Unteroffiziere.

1 für jede Stube, in welcher l'ortcpee- Utiteroffiziere untergebracht werden.

1 für jede Lagerstclle für Portepee- Unteroffiziere.

I für jede Lagerstelle für Portepee- Unteroffiziere.

I für jede Stube, in welcher Portepee- Utiteniftizicre untergebraeht werden, zur ausschliesslichen Benutzung derselben.

I für jede Stube, in welcher Portepee- Unteroffiziere lagern.

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KriegaininiBterium.

Medizinal- Abtheilung.^

zu J. No. 1120/10. V. Abthl. Berlin, den 2. Dezember 1887.

Der Königlichen Intcndanhir wird auf den Randbericht vom 12. Oktober er. zur entsprechenden weiteren Veranlassung ergebenst erwiedert, dass die Kosten für das Lüften und Ausklopfen der wollenen Decken indenLazarethen sowie etwaige Ausgaben für Materialien zum Einsprengen der Decken bei dem Lazarethwirthschaftskosten- Fonds (Titel 12 des Kapitels 29) zu verrechnen sind.

V. Lauer.

No. 1043/10. 87. M. A.

A.-V.-Bl. No. 31.

Berlin den 22. Dezember 1887.

Besetzung einer Freistelle bei der Königlichen Landesschule Pforte.

Zn Ostern 1888 ist eine zur Verfügung des Kriegsministeriums stehende Frei- stelle bei der Königlichen Landesschule Pforta neu zu besetzen.

Etwaige Bewerbungen sind umgehend an die Infanterie-Abtheilung im Kriegs- ministerium (portofrei) einzureichen.

Hinsichtlich der beizufügenden Anmelde-Papiere wird auf den kriegsministeriellen Erlass vom 19. April d. J. (Armee-Verordnungs-BIalt S. 121) Bezug genommen.

Bronsart v. Schellendorff.

No. 5/12. 87. A. 2.

M.-V.-BI. No. 25.

Berlin, den 30. Dezember 1887.

Betriebsunfälle bei der Seeschifffahrt.

In Oemässheit Allerhöchster Verordnung vom 2G. Dezember 1887 (Reiebs- Gesetzblatt S. 537) tritt das Gesetz, betreffend die Unfallversicherung der Seeleute und anderer bei der Seeschifffahrt betheiligten Personen, vom 13. Juli 1887 mit dem 1. Januar 1888 seinem vollen Umfange nach in Kraft. Da durch dieses Gesetz der Seeschifffalirtsbetricb unter die reichsgesctzlicli der Unfallversicherung unterliegenden Betriebe uufgenommen worden ist, so tindet von dem letztgedachten Zeitpunkte ab das Gesetz, betreffend die Fürsorge für Beamte und Personen des Suldatenstandes in Folge von Betriebsunfällen, vom 15. März 1886 (M.-V.-Bl. 1886 S. 59 ff.) auf die Besatzungen S. M. Schiffe und Fahrzeuge Anwendung, soweit es sich um Unfälle handelt, welche mit dem ScliiffTahrtsbetrieb als solchem zusammen- liängen. Bei denjenigen an Bord S. M. .Schiffe und Fahrzeuge vorkommenden Unfällen, welche mit dem eigentlichen seemännischen Dienste nicht in Zusammen- hang stehen, bewendet es bei den allgemeinen Bestimmungen über Peusionirung und Versorgung von Angehörigen der Kaiserlichen Marine bezw. die Bewilligungen für deren Hinterbliebene.

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Die Augfrihrungsbeetimmungen vom lö.Mai 1887 zu dem Gesetz vom 15.Märt 1886 (M.-V'.-Bl. 1887 S. 89 ff.) finden auf die beim Seeschifffahrtsbetrieb vorkommenden Unfälle mit der Maassgabe Anwendung, dass die sofortige Untersuchung der Betriebs- unfälle und deren Wirkungen (A, 1) von dem betrefiTenden Schiffskommando zu veranlassen ist.

Der Chef der Admiralität.

J. 8549. V. Capri vi.

Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Prof. Dr. Koch, Oberstabsarzt 1. Kl. ä la suite des Sanitäts-Korp.«, zum Generalarzt 2. Kl., Dr. Jahn, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Tom 2. Pomm. Feld-Art.-Regt. No. 17, zum Oberstabsarzt 1. Kl., Dr. Nagel, Stabs- und Bats.-Arzt vom Küs.-Bat. 5. Pomm. Inf.-Regts. No. 42, zum Oberstabsarzt 2. KL und Regts.-Arzt des Rhein. Drag.-Regts. No. 5, Dr. Berckhau, Stabs- and Bats.-Arzt vom 2. Bat. 1. Nassau. Inf.-Regts. No. 87, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Niederschles. Keld-Art.-Rcgts. No. 5, Dr. Kannenberg, Stabs- arzt von der Unteroffizier-Schule in Marienwerder, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 5. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 41, Dr. Glubig, Marine-Stabsarzt von der 1. Matrosen-Div. zum Marine-Oberstabsarzt 2. Kl., vorläufig ohne Patent. Dr. Nietner, Assist.-Arzt 1. Kl., vom 1. Garde-Regt. z. F., tum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 5. Pomm. Inf.-Regts. No. 42, Dr. Schmidt, Assisu- Arzt 1. Kl., in der etatsmässigcn Stelle bei dem General- und Korps-Arzt des 6. Armee-Korps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 7. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 44, Dr. Schneider, Marine-AssisU-Arzt 1. Kl. von der 1. Matrosen-Div., zum Marine-Stabsarzt, vorläufig ohne Patent, befördert. Die Assist.- Aerzte 1. Kl. der Res.: Dr. Fischer vom 2. Bat. (Mühlhausen i. Tli.)

1. Thflring. Landw.-Regts. No. 31, Dr. Drever vom 2. Bat. (2. Braunschweig) Braunschweig. Landw.-Regts. No. 92, Dr. Finger vom 1. Bat. (Münsierberg) 4. Niederschles. Landw.-Regts. No. 51, Dr. Dyrenfurth vom 1. Bat. (Rawitsch) 4. Posen. Landw.-Regts. No. 69, zu Stabsärzten der Res. befördert. Die Assist.- Aerzte 1. Kl. der Landw. Dr. Bisentraut vom 2. Bat. (Naumburg) 4. Thüring. Landw.-Regts. No. 72, Dr. Sielaff vom 1. Bat. (Gotha) 6. Thüring. Landw.-Regts. No. 95, Dr. Sorge vom 2. Bat. (Gera) 7. Thüring. Landw.-Regts. No. 96, Pr. Kurr vom 1. Bat. (Schleswig) Schleswig. Landw.-Regts. No. 84, Dr. Hantel vom 2. Bat. (Marienburg) 8. Ostpreuss. Landw.-Regts. No. 45,

Dr. Weber vom 2. Bat. (Bonn) 2. Rhein. Landw.-Regts. No. 28, Dr. Ispert vom 2. Bat. (Gräfrath) 8. Westfäl. Landw.-Regts. No. 57, Dr. Buchholt r. vom 1. Bat. (Loetzen) 6. Ostpreuss. Landw.-Regts. No. 43, Dr. Emmerich, Dr. Steinbach, Dr. Hildebrand vom Res.-Landw.-Regt. (1. Berlin) No. 35, Dr. Querner vom 1. Bat. (Halbcrstadt) 3. Magdeburg. Landw.-Regts. No. 66, Dr. Frentrop vom 2. Bat. (Recklinghausen) 5. Westläl. Landw.-Regts. No. 53, zu Stabsärzten der Landw., Dr. Lotsch, Marine-Assist.-Arzt 2. Kl. von der 1. Matrosen-Div., Dr. Spiering Marine-Assist.-Arzt 2. Kl. von der

2. Matrosen-Div. zu Mari n e- Assi st.-A ersten 1. Kl., beide vorläufig ohne Patent,

befördert. Die Assist. -Aerzte 2. Kl. der Res: Hey er, vom 1. Bau (Thom)

8. Pomm. Landw.-Regts. No. 61, Dr. Klinkenberg vom I. Bat. (Aachen) 1. Rhein. Landw.-Regts. No. 25, Dr. Leyser vom 1. Bat. (Donaueschingen) 6. Bad. Landw.-Regts. No. 114, Dr. Strangmeier vom 2. Bat. (Lingen) Ostfries. Landw.-Regts. No. 78, Riese, Dr. Feld, Dr. Florschütz,

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Dr. Dantziger, Dr. Richter I. vum Res.-Landw.-Regt. (1. Berlin) No. 35,

Dr. ZeckenUurf vom Res.-Landw.-Bat. (Altona) No. 86, Dr. Harzmann vom 1. Bat. (Wesel) 6. Westfäl. Landw.-Regts. No. .53, Dr. Breit köpf vom

2. Bat. (Oels) 3. Niederschles. Landw..Regts. Nu. 50, Kriese vom 2. Bat. (Andernach) 7. Rhein. Landw.-Regts. No. 69, Dr. Chrzescihski vom 2. Bat. (Scbneidemühl) 3. Pomm. Landw.-Regts. No. 14, Dr. Sichert vom Res.-Landw.- Bat. (Frankfurt a. M.) No. 80, Dr. Gasters vom 1. Bat. (Anclam) 1. Pomm. Landw.-Regts. No. 2, Dr. Birkholz vom 2. Bat. (Pr. Holland) 7. Ostpreuss. Landw.-Regts. No. Dr. Mölle vom 2. Bat. (Iserlohn) 7. Westfal. Landw.- Regts. No. 56, Dr. Niessen vom Res.-Landw.-Bat (Hannover) No. 73,

Koch vom 1. Bat (Hildesheim) 3. Hannov. Landw.-Regts. Nu. 79,% Schölte vom 2. Bat. (Celle) 2. Hannov. Landw.-Regts. No. 77, zu Assist-Aerzten 1. Kl. der Res. befördert Die Assist-Aerzte 2. Kl. der Laiidw.: Dr. Zweiböhmer vom 2. Bat. (Recklinghausen) 5. Westfäl Landw.-Regts. No. 53,

Dr. Taenzer vom 2. Bat. (Teltow) 7. Brandenburg. Landw.-Regts. No. 60,

Dr. Spelthahn vom Res.-Landw.-Regt. (Cöln) No. 40, Dr. Kalm vom Res.-Landw.-Bat. (Hannover) No. 73, Dr. Wahrhausen vom 1. Bat (Hildesheim)

3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, Dr. Wiese vom 1. Bat. (Hamburg) 2. Hanseat. Landw.-Regts. No. 76, Schenck vom 2. Bat. (Karlsruhe) .3. Bad. Landw.-Regts. No. 111, zu Assist-Aerzten 1. Kl. der Landwehr befördert. Glendenberg, Assist-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom 2. Bat. (Bernbiirg) Anhalt Landw.-Regts. No. 93, zum Assist-Arzt 1. Kl. der Marine-Res. befördert. Die Unterärzte: Danne vom 2. Hannov. Drag.-Regt. No. 16, Dr. Eckert vom Gren.-Rcgt König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pomm.) No. 2, dieser unter Versetzung zum 2. Pomm. Feld- Art.- Regt. No. 17, B ü g e vom Rhein. Train-Bat. No. 8, zu Assist-Aerzten 2. Kl. befördert Die Unterärzte der Res.: Nickcll, Valentiui, Maschke vom Res.-Landw.-Bat (Königsberg) No. 33, Dr. Kruse, Dr. Goldschmidt vom 1. Bat. (Danzig) 8. Ostpreuss. Landw.-Regts. No. 45, Dr. Telscbow, Dr. Schultze, Dr. Klaatsch vom Res.-Landw.-Regt. (1. Berlin) No. 35, Dr. Lilie vom 2. Bat (Sondershausen) 3. Thüring. Laudw.- Ktgts. No. 71, Dr. Seupel vom 2. Bat (W'ohlau) 1. Schics. Landw.-Regts. No. 10, Dr. Berendes vom 2. Bat (Paderborn) 6. Westfäl. Landw.-Regts. No. 55, Dr. Beekmann vom 1. Bat (Wesel) 5. Westfäl. Landw.-Regts. No. 53, Dr. Mackenberg vom Res.-Landw.-Rggt. (1. Berlin) Nu. 35, Dr. Peerenboom vom 1. Bat. (Geldern) 4. Westfäl. Landw.-Regts. No. 17, Dr. Schüder vom 2. Bat. (Neu-Strelitz) 1. Grussherzogl. Mecklenburg. Landw.-Regts. No. 89, Berkhan vom 1. Bat. (Schleswig) Schleswig. Landw.-Regts. No. 84, Schmid- Monnard vom 1. Bat (Kiel) Holstein. Landw.-Regts. No. 85, Dr. Schirmeyer vom 2. Bat. (Güttingen) 3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, Dr. Stephani, Dr. Bügel, Pollitz, Dr. du Mesiiil vom Res.-Landw.-Bat. (Hannover) No. 73, Dr. Alt vom 1. Bat. (Giessen) 2. Grossherzogi. Hess. Landw.-Regts. No. 116, Schuberg vom 2. Bat. (Karlsruhe) 3. Bad. Landw.-Regts. Nu. 111, Dr. Gutmann vom Res^-Landw.-Bat. (Stettin) No. 34, zu Assist-Aerzten 2. Kl. der Res.,

Strucksberg, Unterarzt der Landw. vom 2. Bat (Dü.sseldorf) 4. Westfäl. Landw.-Regts. No. 17, zum Assist-Arzt 2. Kl. der Landw., befördert Die Unterärzte der Marine-Res.: Geerdts, Dr. v. Meyer, Dr. Lorenz, .Stemann, Dr. Wahiicau, Warnstedt, Niels Petersen I., Breunig, Dr. Matthias Petersen II. vom 1. Bat. (Kiel) Holstein. Landw.-Regts. No. 85, Witten vom 1. Bat. (1. Braunscliweig) Braunschweig. Landw.-Regts. No. 92, zu Assist.-Aerzten 2. KL der Marine-Res. befördert Dr. Eichbaum, Assist-Arzt 1. KL a. D., zuletzt vom Magdeburg. Feld-Art. -Regt. No. 4, in der Armee, und zwar als Assist-Arzt 1. Kl. bei dem Gren.-Regt. König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pomm.) No. 2, wiederangeslellt Dr. Müller, Oberstabsarzt 1. Kl. vum Invalidenhanse zu Berlin, als Chefarzt zum Garnisoii-Lozarelh I zu Berlin, Dr. Stricker, Oberstabsarzt 2. KL und Regts.-Arzt vom 4. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 5, znm Invalidenhause in Berlin. Dr. Hause, Oberstabsarzt 2. KL und Regts.-Arzt vom 1. Hess. Inf.-Regt No. 81, zum Kisenbahn-Regt. Dr. Herter, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Niederschles. Feld-Art.-Regt. No. 5, zum

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1. Hees- Inf.-Regt. No. 81, Dr. Strauss, Stabs- und Bats.-Arit vom Kös.-B»t. 7. Osfpreuss. Inf.-Rpgts. No. 44, zur l'nteroff.-Schule in Marienwerder, Wirti, Assisf.-Arzt 1. KI. vom 3. Rhein. Inf.-Regt. No. 29, zum Inf-Regt. No. 136, Pr. Galle, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Bad. Gren.-Regt. Kaiser Wilhelm Na. 110, zum Magdeburg. Feld-Art-Regt. No. 4, Pr. Grundies, Assist.-Arzt I. Kl. vom

2. Oberschics. Inf-Regt. No. 23, in die etatsmässigc Stelle bei dem General- und Korpsarzt des VI. Armee-Korps, versetzt. Pr. Kühne, Oberstabsarzt I. KI. und Regts.-Arzt vom Rhein. Prag.-Regt. No. 5, mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Pr. Mnsehold, Stabs- und Abtheil.-Arzt von der Reitenden Abtheil, des Magdeburg. Fcld-Art.-Regts. No. 4, mit Pension, der Abschied bewilligt. Pen Stabsärzten der Landw.: Pr. Hoffmann vom 1. Bat. (Bitterfeld) 4. Magdeburg. Landw. -Regts. No. 67, Pr. Kistner vom 2. Bat. (Hirschberg) 2. Niederschles. Landw.-Regts. No. 47, Pr. Klein vom Res. Land»’.- Regt. (Cöln) No. 40, Pr. Scheel vom 2. Bat. (Rostock) 2. Grosshcrzogl. Meeklenb. Landw.-Regts. No. 90, Pr. Minor vom 1. Bat. (Oberlahnstein'i

1. Nassau. Landw.-Regts. No. 87, Br. Wohlfarth vom Res.-Landw.-Bat (Frankfurt a. M.) No. 80, Pr. Terfloth vom 2. Bat. (Attendorn) 2. He«. Landw.-Regts. No. 82, diesem mit seiner bisherigen Uniform, Pr. Biskamp. Pr. iSchotten vom 2. Bat. (1. Cassel) 3. Hess. Landw.-Regts. No. 83, Pr. Lchnebach vom 1. Bat. (Her.sfeld) 2. Thüring. Landw.-Regts. No. 32, Pr. Strack, Hagedorn, Assist.-Aerzte 1. Kl. der Res. vom 1. Bat. (Hambnig

2. Hanseat. Landw.-Regts. No. 76, der Abschied bewilligt. Pen Assist- Aerzten 1. KI. der Landw.: Pr. Uhtlioff vom Res.-Landw.-Regt. (1. BetTml No. 35, Br. Kaufmann vom 1. Bat. (Aachen) 1. Rhein. Landw.-Regts. No. ß, Pr. Schmidt vom 1. Bat. (Schwerin) 1. Grossherzogi. Mecklenburg. Land* Regts. No. 89, Br. Müller vom 1. Bat. (Hildesheim) 3. Hannor. Landw.-Regts. No. 79, Pr. V. Holwedc, Pr. Fürbringer vom 1. Bat. (1. Braunschvteigi Braunschweig. Landw.-Regts. No. 92, Pr. Lindenborn vom 2. Bat. (Erbach i. 0)

3. Grossherzogi. Hess. Landw.-Regts. No. 117, Br. Schlesinger vom Res.- Landw.-Bat. (Frankfurt a. M.) No. 80, Pr. v. Kries vom 1. Bat. (Freiburg' 5. Bad. Landw.-Regts. No. 113, Pr. Pisque vom 2. Bat. (Altkirch) Ober- elsäss. Landw.-Regts. No. 131, Pr. Kuthe vom 1. Bat. (Aschersleben'; 2. Magdeburg. Landw.-Regts. No. 27, der Abschied bewilligt.

Berlin, den 22. Pezember 1887.

Ben 6. Pezember 1887. ^

Br. Hoesch, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. vom Res.-Landw.-Regt. (1. Berlin) Nu. 35, aus allen Militär-Verhältnissen entlassen.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat November 1887 eingetretenen Veränderungen.

Burch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Pen .31. Oktober 1887.

Br. Pautwiz, Unterarzt vom Schlesw. - Holstein. Prag.-Regt. No. 13, zum Inf-Regt.. No. 131 versetzt. ,

Ben 1. November 1887.

Kaiser, einjährig-freiwilliger Arzt vom 6. Bad. Inf-Regt. No. 114, »um Un arzt ernannt und mit Wahrnehmung einer bei diesem Regt, vakanten itjssist.-A stelle beauftragt.

Pen 2. November 1887.

Br.

Culm,

Unter-

.-Arzt-

Grflning, Unterarzt vom 3. Thüring. Inf.-Regt. Nu. 71 zum Ka'ilettenhaii>

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9

den 12. Noeenibcr 1887.

Dr. Leipol z, Unterarzt vom Gren.-Regt. Kronprinz (1. Ostprenss.) No. 1 zum 6. Uad. Inf.-Regt. No. 113, versetzt.

Den 22. November 1887.

Dr. Paiilun, Unterarzt vom 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14, Dr. Brecht, Unterarzt vom Feld-Art. -Regt. No. .31. Dr. Emmerling, Unterarzt vom 4. Gross - herzogl. Hess. Inf.-Regt. (Prinz Carl) No. 118, sämmtlieh mit Wahrnehmung je einer bei den betreffenden Truppeutheilen vakanten Assist. -Arztstelle beauftragt.

Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

' Den 22. November 188 7.

Dr. .Schröder, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Inf. - Leib -Regt., zur Kquitations An.stalt, Schlicht (Augsburg), Assist.-Arzt 1. Kl. von^ Benriaubtenstunde des .'«anitäts Korps, in den Friedensstand des 3. Inf.-Regts. Prinz Carl von Bayern, Dt. Pleycr, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Ulan.-Regt. König, zum Inf.-Leib-Regt., Seel, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 13. Inf.-Regt. Kai.«er Franz Joseph von Oesterreich, zum 2. Ulan.-Regt. König, versetzt. Dr. Maier, As.sist.-Arzt 1. Kl. von der Kquitations- Anstalt, zum Slab.s- und Bnls -Arzt im 16. Inf.-Regt. vacant König Alfons von .Spanien, Dr. Weh ner (Kissingen). Assist.-Arzt 1. Kl. iin Beurlaubten- stande, zum Stabsarzt ira Beurlaubtenstande, Dr. Bergmann, Assist.-Arzt 2. Kl. im 6. Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Prenssen, zum A.ssist.-Arzt 1. Kl., Ott (Weilheim), Dr. Rieder (MünehenI), Dr. Beisclc (München II), Dr. Link (Passau), Miller (Mindelheim), Dr. Klemm, Dr. Schmidt (Augsburg), Klein (Dillingen), Dr. Westphal, Dr. Seit I egten d a I (Hof), Dr. Wolfrora (Bayreuth), Dr. Rückert (Firlangen), Dr. Plattfaut, Dr. Mennen, Dr. Kluge (Kissingen), Dr. Rhein (Würzburg), Peters, Dr. Becker, Dr. Bunne, Rosengart, Dr. Bergeat, Lang (Asehaffenburg), Dr. Klockner (Kaiserslautern), Fergcr (Speyer), Dr. Marzolph, Dr. Krimke, Zahn, Beer (Landau), Assist.- Aerzte 2. Kl. des Beurlaubtcnstandes, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. des Beurlaubtenstandcs, Dr. Reuter, Unterarzt im 6. Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Preusseu, zum Assist.-Airzt 2. Kl., befördert.

Den 7. Dezember 1 887.

Meyer, Assist.-Arzt 1. Kl. des 4. Inf.-Regts. König Karl von Württemberg, auf Nacbsuchen der Absebied aus allen Militärverhältnissen ertbeilt.

Den 8. Dezember 188 7.

Dr. Kdelbrock (Aschaffenburg), Assist.-Arzt 2. Kl. des Beurlaubtenstandes, behufs Uebertritts in Königlich Preuss. Militärdienste, der Abschied bewilligt.

Durch Verfügung des K ri egsm in is t cri um s.

Einstein (Mönchen I), Unterarzt der Res., zum Unterarzt des Friedensstandes ira 18. Inf.-Regt. Prinz Ludwig Ferdinand ernannt und zugleich mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-Arztstelle beauftragt.

Veränderungeu ini Königlich Sächsischen Sanitäts-Koi’ps.

Allerliochster Beschlust) vom 1. Dezember 1887.

Dr. Wolf, Stabs- und Bats.-Arzt im 8. Inf.-Kegt. Prinz Johann Georg No. 107 zum auswärtigen Amte behufs Ausffihrung einer Forschungsreise in das Togo- gebiet — unter gleichzeitiger Stellung ä la suite des Sanitäta-Oflizier-Korps vom 1. Dezember d. J. ab auf zunächst 2 Jahre kommaudiit.

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Allerhöchster Beschluss vom 13. Dezember 1887.

Dr. Kaepplcr, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Hus.-Regts. Kron- prinz Friedrich Wilhelm des Deutschen Reiches und von Preussen No. 19, mit der gesetzlichen Pension und der Erlaiibniss zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen der erbetene Abschied bewilligt. Dr. Zocher, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 6. Inf.-Regts. No. 106, zum 1. Ulan.-Regt. No. 17 versetzt. Dr. Evers, Stabs- und Bats.-Arzt im Schützen- (Füs.) Regt. Prinz Georg No. 108, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 6. Inf.-Regtc No. 105 befördert. Dr. Graefe, Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Jager - Bats. No. 15, zum Schützen- (Füs.) Regt. Prinz Georg No. 108, Dr. Machate, Stab*- und Bats.-Arzt im 7. Inf. - Regt, Prinz Georg No. 106, zum 3. Jager - Bat. No. 15,

versetzt. Dr. Karg, Assist. -Arzt 1. Kl. im 10. Inf. -Regt No. 134, zum Stabs- und Bats. Arzt im 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, Dr. Kampf, Assist. - Arzt 1. Kl. im 2. Hus. Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm des Deutschen Reiches und von Preussen No. 19, zum Stabs- und Bats.-Arzt im 7. Inf.-Regt. Prinz Georg No. 106, Dr. v. Tischendorf, Assist.-Arzt 1. Kl. der Res. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw. - Regts. No. 106, zum .Stabsarzt der Res., Dr. Polster. Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. des 1. Bats. (Plauen) 5. I.andw.- Regts. No. 104, Dr. Möckel, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Land«.- Regts. No. 106, zu .Stabsärzten der Landw., befördert. Dr. Schmidt, Assist.-Arzt 1. Kl. im 1. Hus.-Regt Nu. 18, zum 2. Hus.-Regt. Kronprinz Friedrid Wilhelm des Deutschen Reiches und von Preussen No. 19 versetzt Dr. Schult, Unterarzt im Carabinier-Regt., zum Assist.-Arzt 2. Kl. im 1. Ulan.-Regt. No. 17, - Dr. Schmidt, Unterarzt der Res. des 2. Bats. (2. Dresden) 4. Landw.-Regts. No. 103,

Dr. Elssner, Dr. Hertzsch, Unterärzte der Res. des 1. Bats. (1. lycipziz' 7. Landw.-Regts. No. 106, zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Res., befördert

Durch Verfügung des Kriegsministeriums vom 19. November 18$T. Peschek, einjährig - freiwilliger Arzt des 1. Bats. 11. Inf.-Regts. No. 129 sl> Unterarzt des aktiven Dienststandes bei seinem Truppentheile unter Beauftragung mit Wahrnehmung der bei diesem Regt, vakanten AssisU-Arztstelle angestellt.

Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts- Korps.

Den 8. Dezember 1887.

Dr. Palm, Unterarzt <ier Res. im 2. Bat. (Ulm) 6. Landw. -Regt.«. No. 134, zum Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. ernannt. Dr. Süskind, Dr. Kreuser, .Stabs ärzte der I>andw. im 2. Bat. (Ludwigshurg) 3. Landw. - Regts. No. 121, Dr. Pnricclli, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. im Res.-Landw.-Bat. (.Stuttgart) No. 12", der Abschied bewilligt.

Ordensverleihungen.

Prell ssi 8 che.

Kön igl iche r K ro n en-Ord cn 3. Kl.:

Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Brunzlow zu Hamm i. W., bisher Rcgis.-Arn des Posen. Feld-Art.-Regts. No. 20. Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Käthe zu Frankfurt a. M., bisher Regts.-Arzt des 1. Hess. Hus.-Regts. No. 13-

Andere.

Affiliirtc silberne Verdienst - Medaille des Herzoglich Saebses- Erncstiiiischen Haus-Ordens.

Oberlazarethgehülfc Bernhardt iin 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96. Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Grossherioglich Badischen Ordens vom Zähriiiger Löwen:

.Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Stein berg im 4. Ostjireuss. Gren.-Regt. No. 5;

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Ritterkreuz zweiter Klasse des Herzoglich Sachsen-Krnestinischen Haus-Ordens:

Asaist.-Arzt 1. Kl. Dr. Raalznw im 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96;

Dem Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Davids, bisher Schiffsarzt an Bord S. M. Fahrzeugs .Loreley“ iu Constanlinupel, die Erlaubniss zur Anlegung des ihm verliehenen Grossherrlieh Türkischen Medschidje-Ordens vierter Klasse zu ertheileu.

Dem Stabsarzt Dr. Landgraf vom medizinisch - chinirgischen Friedrich Willielms- Institul, die Erlaubniss zur Anlegung der ihm aus Anlass des 50jährigen Regierungs- Jubiläums Ihrer Majestät der Königin von Grossbritannien und Irland verliehenen silbernen Medaille ertheilt.

Familien-Nachricbten.

Verlobungen: Dr. Pannwitz, Assist.-Arzt 1. Kl. im 1. Rhein. Inf.-Regt. No. 25, mit Frl. Marie Gundlaeh (Strassburg im Eisass). Dr. Sellerheck, Stabs- und Bats.-Arzt im 1. Thüring. Inf.-Regt. No. 31, mit Frl. Willeminc Blaauw (Altona). Dr. Josef Sandtner, Künigl. Bayer. Assist-Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Marie Picchler (l’arsberg Vilshofen). Dr. Lauff, Assist.-Arzt 1. Kl. Im Thüring. Ulan.-Regt No. 6, mit Frl. Martha Günther (Langensalza).

V erheirathet: Dr. Henry Menger. Stabsarzt der Landw., mit Frl. Magdaleue Knorre (Berlin Welzin bei Treptow an der Tollensc).

Geburten: (Sohn) Dr. Bäcker, Assist.-Arzt 1. Kl. beim Korpsarzt VIII. Armee- Korps (Ehrenbreitstein).

Todesfälle: Dr. Robert Pohl, Generalarzt a. D. (Wiesbaden). Dr. Uhl, Oberstabsarzt, Sohn Wilhelm Heinrich (Strassburg im Eisass). Dr. Georg Mayer, Stabs- und Bats.-Arzt des 4. Garde-Gren.-Regts. Königin (Wiesbaden).

General-Rapport

von den Kranken der Königlich Prengsiseben Armee, des XII. (Königlich Sächgischeu) und des XIII. (Königlich Wnrttembergigchen) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatznngs-Brigade pro Monat Oktober 1887.

1) Bestand am 30. September 1887 : 6 858 Mann und 38 Invaliden.

2) Zugang:

im Lazareth 6 678 Mann und 2 Invaliden, im Revier 10 215 - - 10 -

Summa I6 893 Mann und 12 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 23 751 Mann und 50 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke 7,l®/o und 17,9“/o.

3) Abgang:

geheilt ....

15 534 Mann, 12 Invaliden,

gestorben . . .

52 - -

invalide ....

2l9 -

dienstunbrauchbar

289 -

anderweitig . . .

538 - 2 -

Summa .

. 16 632 Mann, 14 Invaliden.

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4) Hiernach sind:

geheilt 65,4°/o der Kranken der Armee nnd 24,0"/o der erkrankten Invaliden,

gestorben der Kranken der Armee nnd “/o der erkrankten

Invaliden.

5) Mithin Bestand;

am 31. Oktober 1887 7 119 Mann nnd 36 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 2,1% and 12,9%.

Von diesem Krankenstände befanden sieb:

im Lazaretb 4 997 Mann und 4 Invaliden, im Revier 2 122 - - 32

Es sind also von 4.'>7 Kranken 298,9 geheilt, 1,0 gestorben, 4,2 als invalide, 5,6 als dienstunbrauchbar, 10,4 anderweitig abgegangen, 136,9 im Bestand geblieben.

Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an: Diphtheritis 1, Blutvergiftung 1, Unterleibstyphus 13, Ruhr 1, akuter Alkoholvergiftung 1, Bluifleckenkrankheit 1, Hirn- und Hirnhautleideo 2, Croup 1, Lungenentzündung 6, Lungenschwindsucht 9, Herzleiden 1, Venenentzündung 1, Darmverschlingung 2, Blinddarmentzündung 1, Bauchfellentzündung 2. Nierenleiden 3, Knoebenentzündung 1; an den Folgen einer Verunglückung: Hufscblag 1, Oberschenkelbruch durci Fall 1, Sturz in den Wallgraben im angetrunkenen Zustande 1 ; an des Folgen eines Selbstmordversuchs: Ersebiessen 1, Erhängen 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicber Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 20 Todesfälle vorgekomiaefi. davon 2 durch Krankheit, 2 durch Verunglückung, 16 durch Selbst- mord; so dass die Armee im Ganzen 72 Mann durch den Tod ver- loren bat.

Gedruckt in der KOuigUcheu Hof huchdruvkerei von E. ä. Hittier u. Sohn io Borlio, KochsU. A

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Amtliches Beiblatt

fur

Deutschen miiitärärztiichen Zeitschrift

1888, Siebzehnter Jahrgang. ^2.

Kriegsministerium.

Medizinal- Abtheilung. Berlin, den 11. Dezember 1887.

Der Königlichen Intendantur übersendet die Abtheilung znr geßlligen weiteren Veranlassung nachfolgend Exemplare von der

,Nachweisnng der für das ärztliche Sanitätsmaterial der Armee zahlbaren Höchstpreise (Preisverzeichniss) 1888“.

Die unterm 10. Februar 1877 No. 750/2. M. M. A. herausgegebene PreUnach- Weisung und die sonstigen Preisfestsetzungen, welche dem anliegenden Preisver- zeichniss widersprechen, werden hierdurch ausser Kraft gesetzt.

V. Lauer.

No. 506/12. 87. M. A.

Kriegsministerinm.

Medizinal -Abtheilung. Berlin, den 3. Januar 1888.

Um den Unterricht der Lazarethgehülfen, die Ausbildung der Krankenträger u. 8. w. durch Anschauungsmittel noch mehr zu fordern, als es bereits durch das Cnterrichtsbucb für Lazarethgehülfen geschehen, ist das Werk: Anatomische Wand- tafeln für den Schnlunlerricht von Dr. Fiedler beschafft worden, welches jedem Gamison-Lazareth in einem Exemplar (4 Blatt) überwiesen werden soll.

Euer Hochwohlgeboren werden ergebenst ersucht, gefälligst bis zum 20.Januarl888 hierher den Bedarf für das dortseitige Armeekorps unter namentlicher Aufführung der Lazarethe anzngeben.

Ausserdem werden Euer Hochwohlgeboren 3 Exemplare der Samaritertafeln von Esmarch (4 Blatt) zugehen, welche neben den obengenannten Fiedler'schen Tafeln die Oamison-Lazarethe am Sitze des Qeneralkommandos und der Divisionen erhalten sollen.

Die Vertheilung etwa öberschiessender Exemplare bleibt Euer Hochwohlgeboren überlassen, doch dürften damit vornehmlich diejenigen Garnison - Lazarethe, in denen freiwillige Krankenpfleger ausgebildet werden sollen, auszustatten sein.

Sämmtliche Tafeln sind bei den Lazarethen zn inventarisiren.

Das Gamison-Lazareth No. 1 hiersclbst wird die Tafeln seiner Zeit an die dortseitige Verbandmittelreserve senden.

Euer Hochwohlgeboren wollen hiervon dem Königlichen Generalkommando gefälligst Vortrag machen.

T, Lauer.

No. 218. 1. 88. M, A.

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A.-V.-Bl. No. 1.

Kriegsminbteriam. Berlin, den 31. Dezember 1887.

Wittwen- und Waisengeldbeiträge bei der Beförderung der Offiziere nnd während der Probedienstlcistung in Beamtenstellen.

Die Witt wen- und Waisengeldbeiträge der Offiziere sind schon während des «rsten Jahres nach der Beförderung in eine höhere Charge nach dem vollen pensions- fihigen Diensteinkommen dieser Charge zu bemessen. Die Spezialbestimmnng des §. C des Militär-Pensions-Gesetzes, nach welcher unter gewissen Voraussetzungen nicht das pensionsfähige Diensteinkommen derjenigen Charge, welche der betreffende Offizier bekleidet, sondern das pensionsfähige Einkommen einer anderen Charge bei Berechnung der Pension zu Grunde zu legen ist, ist für die Auslegung de« §. 4 des Reliktengesetzes ohne Einfluss.

Die zur Probedienstleistung in Beamtenstellen der Militärverwaltung heran- gezogenen Personen fallen lediglich dieses Verhältnisses wegen nnd so lange sie nicht etatsmissig angesteBt nnd aus der Stelle pensionsberechtigt sind, nicht unter das Gesetz vom 17. Juni 1887 ; sie haben deshalb auch keine Wittwen- nnd Waisen geldbeiträge zu entrichten.

Bronsart v. Schellendorffi

No. 672/9. 87. A. 6.

Personal -Veränderungen ira Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Befördert werden: Dr. Marqnard, Oberstabsarzt 2. El. und Regta-Arit vom 7. Ostpreuss. Inf.-Regt. No. 44, zum Oberstabsarzt 1. KI. Dr. Schüler, Stabs- und Bats.-Arzt vom 1. Bat. 4. Niederschles. Inf.-Regts. No. 51, zum Ober- stabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Ostpreuss. Ulan.-Regts. No. 8. Dr. Buch, Stabs- und Abtheil.-Arzt von der Reitenden Abtheilung des 1. Garde-Feld-Art.-Regts. zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Gamisonarzt in Danzig. Dr. Marsch, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Regt, der Gardes du Corps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 4. Bals. Hess. Füs.-Regts. No. 80. Dr. Spilling, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Magdeburg. Feld-Art.-Regt. No. 4, zum Stabs- nnd Bats.-Arzt des 2. Bats. 1. Nassau. Inf.-Regts. No. 87. Dr. Becker, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 4. Rhein. Infi-Regt. No. 30, rum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 1. Bad. Leib-Gren.-Regts. No. 109. Dr. Egger, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Grossberzogl. Hess. Drag.-Regt. (Leib-Drag.-Regt.) No. 24, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 7. Westßl. Inf.-Regts. No. 56. Dr. Fritz, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Garde-Jäger-Bat-, zum Stabs- und Abthcil.-Arit der Reitenden Abtheiinng des Magdeburg. Feld-Art.-Regts. No. 4. Dr. Dnvinsge. Assist.-Arzt 1. Kl. vom Bezirkskommando des Res.-Landw.-Regts. (2. Berlin) No. 35, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 4. Bats. 1. Posen. Inf.-Regts. No. 18. Dr. Lang- hoff, Assist,-Arzt 1. Kl. vom Kaiser Franz Garde-Gren.-Regt No. 2, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 4. Garde-Gren.-Regts. Königin. Die Assis t- Aerzte 2. Kl. der Res.; Dr. Richter II., Dr. Vorster, Dr. Klau, Dr. Wild, Dr. Nasse vom Res.-Landw.-Regt (1. Berlin) No. 35, Dr. Donitzky vom Res.-Landw.-Bat. (Hannover) No. 73, Dr. Thümmel vom Res.-Landw.-Bst. (Magdeburg) No. 36, Dr. Oehmke vom 1. Bat. (Dessau) Anhalt. Landw.-Regts. No. 93, Gorke vom 1. Bat. (Mflnsterberg) 4. Niederschles. Landw.-Regts. No. 51, Geist vom 1. Bat. (Darmstadt II) 3. Grossherzogi. Hess. Landw.*- Regts. No. 117, Eisfeld vom 1. Bat. (1. Braunsebweig) Braunsebweig. Landw.-

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Regts. No. 92, Dr. Rompe vom 2. Bat. (Mühlhausen i. Th.) 1. Thüring. Landw.-Regts. No. 31, Dr. Stauff vom Res.-Landw.-Regt. (Cöln) No. 40, Dr. Weg lau vom 2. Bat. (Recklinghausen) 5. Westfäl. Landw.-Regts. No. 53, Dr. Roth vom 2. Bat. (Weilbnrg) 2. Nassau. Landw.-Regts. No. 88, Dr. Herbst vom Res.-Landw.-Bat. (Königsberg) No. .33, Dr. Arntz vom 2. Bat. (Bielefeld)

2. WestfSl. Landw.-Regts. No. 15, Dr. Kayser vom 2. Bat. (Cöslin) 2. Pomm. Landw.-Regts. No. 9, Dr. Vieweger vom 1. Bat. (St. Wendel) 4. Rhein. Landw.-Regts. Nu. 30. zu Assist.- Aerzten 1. Kl. der Res. Die Assist- Aerzte 2. Kl. der Landw.; Dr. Miessner, Dr. Glugauer vom Res.-Landw.- Regt. (1. Berlin) No. 35, Dr. Ostertag vom 1. Bat. (Marburg) 1. Hess. Landw.- Regts. No. 81, Dr. Krhr. v. Babo vom 2. Bat. (Karlsruhe) 3. Bad. Landw.-Regts, No. 111, Dr. Herms vom 2. Bat. (Burg) 1. Magdeburg. Landw.-Regts. No. 26,

Dr. Feustell vom 1. Bat. (1. Brannschweig) Braunschweig. Landw.-Regts. No. 92, Dr. Garms vom 1. Bat. (Soest) 3. Westfäl. Landw.-Regts. No. 16, zu Assist.- Aerzten 1. KL der Landw. Die Unterärzte: Dr. Paulun vom 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14, unter Versetzung zur Marine, Dr. Seyffert vom 5. Rhein. Inf.-Regt. No. 65, unter Versetzung zum Rhein. KOr.-Regt. No. 8,

Dr. Emmerling vom 4. Grossherzogl. Hess. Inf.-Regt. (Prinz Carl) No. 118, unter Versetzung zum 1. Grossherzogl. Hess. Drag.-Regt. (Garde. Drag.-Regt.) No. 23, Dr. Brecht vom Feld-Art.-Regt. No. 31 unter Versetzung zum I. Garde- Regt. zu Fuss, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. Die Unterärzte der Res.: Dr. Fähndrich vom 1. Bat. (Frankfurt a. O.) 1. Brandenburg. Landw.-Regts. No. 8, Oestreicher vom 2. Bat. (Teltow) 7. Brandenburg. Landw.-Regts. No. 60, Dr. Schimmelbusch vom 2. Bat. (Halle) 2. Magdeburg. Landw.- Regts. No. 27, Dr. Ober vom Res.-Landw.-Bat. (Glugau) No. 37, Dr. Barthel, Dr. Goldfeld, Dr. Adler, Ittmann vom Hes.-Landw.-RagL (1. Breslau) No. 38,

Dr. Scheyer vom 1. Bat. (Gleiwitz) 3. Überschles. lAndw.-Regts. No. 62, Dr. Ullrich vom 2. Bat. (Samter) 1. Posen. Landw.-Regts. No. 18, Tenckhoff vom 1. Bat, (Freiburg) 5. Bad. Landw.-Regts. No. 113, Dr. Gödde vom 1. Bat. (Soest) 3. Westfäl. Landw.-Regts. No. 16, Dr. Neustadt vom 2. Bat. (Paderborn) 6. Westfäl. Landw.-Regts. No. 55, Dr. Paschen vom Res.-Landw.-Bat. (Barmen) No. 39, Dr. Longard vom 2. Bat. (Bonn) 2. Rhein. Landw.-Regts. No. 28, Dr. Recbtmann vom Res.-Landw.-Regt. (Cöln) No. 40, Dr. Sohnlzc-Berge vom 1. Bat. (Aachen) 1. Rhein. Landw.-Regts. No. 25, Dr. Bodet vom 2. Bat (Jülich) 5. Rhein. Landw.-Regts. No. 65, Dr. Wackerzapp vom 1. Bat (Neuss) 6. Rhein. Landw.-Regts. No. 68, Dr. Rüdiger vom 1. Bat (1. Trier) 8. Rhein. Landw.-Regts. No. 70, Dr. Rothenberg vom 1. Bat. (Hamburg) 2. Hanseat. Landw.-Regts. No. 76, Dr. Hönck vom Res.-Landw.-Bat (Altona) No. 86, Dr. Nicolaier vom 2. Bat (Göttingen) 3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, Grevemeyer vom 2. Bat. (Nienburg) 1. Hannov. Landw.-Regts. No. 74, Dr. Hillebrecht vom Res.-Landw.-Bat (Hannover) No. 73, Dr. Brackei vom

1. Bat. (Osnabrück) 1. Hannov. Landw.-Regts. No. 74, Dr. Günter vom 1. Bat. (Hildesbeim) 3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, Dr. Gesenius vom 1. Bat. (Weimar) 5. Thüring. Landw -Regts. No. 94, Dr. Heilbrun vom 2. Bat (1. Cassel)

3. Hess. Landw.-Regts. No. 83, Dr. Dedolph vom 2. Bat. (Göttingen) 3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, Dr. Cahen, Dr. Mayer vom Res.-Landw.-Bat. (Frankfurt a. M.) No. 80, Dr. Spies »om 2. Bat. (Stockaeh) 6. Bad. Landw.-Regts. Ro. 114, Dr. Burkarth vom 1. Bat (Freiburg) 5. Bad. Landw.-Regts. No. 113,

Keller vom 2. Bat. (Heidelberg) 2. Bad. Landw.-Regts. No. 110, Dr. Feld- hauBch vom Unterelsäss. Res.-Landw.-Bat (Strassburg) No. 98, zu AsslsL- Aerzten 2. Kl. der Res. Dr. Stölting, Unterarzt der Landw. vom Res.- Lindw.-Bat. (Hannover) No. 73, Dr. Longinus, Unterarzt der Landw. vom

2. Bat (Eupen) 1. Rhein. Landw.-Regts. No. 25, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Landw. Wicke, Stabsarzt ä la suite des Sanitätskorps, kommandirt zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt, ein Patent seiner Charge verliehen. Dr. Wallmüller, Oberstabsarzt 2. Kl. und Garnisonarzt in Danzig, als Regts.- Arzt zum 4. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 5, Dr. Benzler, Stabsarzt vom Kadettenhause zu Oranienstein, als Bats.-Arzt zum 3. Bat. des Hannov. Füs.-Regts.

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No. 73, Dr. Weitz, Subs- und Bsts.-Arzt rom Ffls.-Bat. 4. Niederzchles. Inf.- RegU. No. öl, zum 1. Bat. desselben Regts., Dr, Amende, Ktabsaizt vom medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut als Abtheil. -Arzt znr Reitenden Abtheilung des 1. Garde-Feld-Art.-Regts., Dr. Leu, Stabs- und Bats.-Arrt vom Ffls.-Bat. 2. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 27, zum medizinisch-chirurgischen Friedrich- Wilhelms-Institut, Dr. Vüllers, Stabs- und Bats.-Arzt vom Ffls.-Bat 7. WestfliL Inf.-Regts. No. 56, als Abtheil.-Arzt zur Reitenden Abtheilung des 1. Hannov. Feld- Art.-Regts. No. 10, Dr. Krause, Stabs- und Bats.-Arzt vom 4. Bat des Hess. Ffls.-Regts. No, 80, zum Kadettenhause in Uranienslein, Dr. Kretzschmar, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 1. Bad. Leib-Gren.-Regts. No. 109, zum Militär- Knaben-Erziehuugsinstitut in Annaburg, Dr. Kurth, Assist-Arzt 1. Kl. vom Ostfries. Inf.-Regt. No. 78, zum 2. Garde-Feld-Art.-Regt., Dr. Grassmann, Assist-Arzt 2. Kl. vom 1. Oberschles. Inf.-Regt. No. 22, zum Regt, der Gardes du Corps, versetzt. Dr. Metzner, Marine-Oberstabsarzt 1. Kl. und Marine- Stationsarzt der Marinestation der Nordsee, als Generalarzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Dr. Frankel, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Ostpreuss. Ulan.-Regt. No. 8, mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Dr. Berg, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 4. Brandenburg. Inf.-Regt No. 24 (Grossherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-.Schwerin), mit Pension,

Dr. Richter, Stabs- und Abtheil.-Arzt von der Reitenden Abtheilung des

1. Hannov. Feld-Art.-Regts. No. 10, als Oberstabsarzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Geseke, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. vom 2. Bat. (Cflslin)

2. Pomm. Landw.-Regts. No. 9, mit Pension, Dr. Albert, Stabsarzt der Landtr.- vom 1. Bat. (Kirn) 7. Rhein. Landw.-Regts. No. 69, Dr. Bayer, Stabsarzt der Landw. vom 2. Bat (Dortmund) 3. Westfal. Landw.-Regts. No. 16, Dr. Cuntz, Stabsarzt der Landw. vom 2. Bat. (Wiesbaden) 1. Nassau. Landw.-Regts. No. 87,

Dr. Krantwurst, Stabsarzt der Landw. vom 2. Bat (Ratibor) 1. Oberschles. Landw.-Regts. No. 22, der Abschied bewilligt. Dr. Wachsmann, Assist-Arzt 1. Kl. vom 4. Pomm. Inf.-Regt. No. 21, aus dem aktiven Sanitätskorps ausgeschieden und zu den Sanitätsof&ziereu der Landw. übergetreten.

Berlin, den 24. Januar 1888.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Dezember 1887 eingetretenen Veränderungen.

I. Durch Verfügung des Kriegsministeriums.

Den 23. November 1887.

Dr. Plagge, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 8. Rhein. Inf.-Regts. No. 70, von seinem Kommando als Assistent zum Hygienischen Institut der Universität Berlin entbunden. Dr. Kirchner, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 3. Thflring. Inf.-Regts. No. 71, als Assistent zum Hygienischen Institut der Universität Berlin bis auf Weiteres kommaudirt.

Den 3. Dezember 1887.

Dr. Weisser, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats, 2. Hanseat Inf.-Regts. No. 76, von seinem Kommando als Assistent zum Hygienischen Institut der Uni- versität Berlin entbunden. Dr. Pfeiffer, .Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. Inf.-Regts. No. 136, als Assistent zum Hygienischen Institut der Universität Berlin bis auf Weiteres kommandirt

Den 30. Dezember 1887.

Dr. Rieder, Assist. - Arzt 1. Kl. vom 5. Brandenburg. Iuf.-Rcgt No. 48, von seinem Kommando zum Kaiserlichen Gesundheitsamt entbunden. Dr. Schiller, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Garde-Feld-Art.-Regt., bis auf Weiteres zum Kaiserlichen Gesundheitsamt kommandirt.

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II. Durch VerfQgung des General -Stabsarztes der Armee.

Den 1. Dezember 1887.

Dr. Seyffert, Unterarzt vom 5. Rhein. Inf.-Regt. No. 65;

den 15. Dezember 1837.

Ahlemann, bisher einjährig - freiwilliger Arzt von der 1. Matrosendir., znm Unterarzt ernannt;

. den 27. Dezember 1887.

Dr. Bock, Unterarzt vom 4. Pomm. Inf.-Regt. No. 21, sämmtlich mit Wahmehmnng je einer bei den betreffenden Tmppentheilen bezw. bei der Kaiser- lichen Marine vakanten Assist.-Arztstelle beauftragt.

Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den 10. Januar 1838.

Rilling, Dr. Haverkamp, Konrad, Leiser, Rfilig (München I), Dr. Braune (Ansbach), Dr. Alberts, Dr. Anton (Würzbnrg), Schäfer (Speyer), Unterärzte der Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl. des Benriaubtenstandes befördert.

Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Koi’ps.

Allerhöchster Beschluss vom 23. Dezember 1887.

Dr. Jacobi, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. (Leib-) Gren.-Regts. No. 100, der Titel und Rang eines Königlichen Leibarztes verliehen.

Allerhöchster Beschluss vom 21. Januar 1888.

Dr. Lange, Stabs' und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103, zum Oberstabs- arzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Hus.-Regts. Kronprinz Friedrich Wilhelm des Deutschen. Reichs und von Preussen No. 19, Prof. Dr. Bardelcbcn, Stabsarzt der Res. des Bats. (Glauchau) 6. Landw.-Regts. No. 105, zum Oberstabsarzt 2. Kl. der Res., Dr. Hesse, Stabsarzt der Landw. des 2. Bats. (Schneeberg) 5. Landw.- Regts. No. 104, zum Oberstabsarzt 2. Kl. der Landw., Dr. Rudloff, Assist.- Arzt 1. Kl. des 2. Ulsn.-Regts. No. 18, zum Stabs- und Bats.-Arzt bei dem 4. Inf.-Regt. No. 103, Dr. Schmidt I., Assist.-Arzt 1. Kl. der Res. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106, zum Stabsarzt der Res., Günther, Unterarzt des 2. Gren.-Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm König von Preussen, Krumbholz, Unterarzt des 1. (Leib-) Gren.-Regts. No. 100, unter Versetzung zum 7. Inf.-Regt. Prinz Georg No. 106, Dr. Wagner, Unterarzt des 2. Jäg.-Bats. No. 13, unter Versetzung zum 9. Inf.-Regt. No. 133, zu Assist.-Aerzten

2. Kl., Glaeser und Dr. Böttger, Unterärzte der Res. des Res.-Landw.-Bats. (1. Dresden) No. 108, Dr. Clauss, Unterarzt der Res. des 2. Bats. (Zittau)

3. Landw.-Regts. No. 102, Dr. Obenaus, Unterarzt der Res. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106, Dr. Lufft, Unterarzt der Res. des Res.-Landw.-Bats. (1. Dresden) No. 108, Jähkel, Unterarzt der Res. des

1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res. befördert. Dr. Radestock, Assist.-Arzt I. Kl. des 5. Inf.-Regts. Prinz Friedrich August No. 104, unter Enthebung von seinem Kommando zum Stadtkrankenhause in Friedrichstadt-Dresden, zum 2. Ulan.-Regt. No. 18, Garnison Oeithain, versetzt. Dr. Geier, Assist.-Arzt 2. Kl. des Schützen- (Füs.-) Regts. Prinz Georg No. 108, aus dem aktiven Sanitäts-Korps ausgeschiedeu und zu den Sanitätsoffizieren der Res. öbergeführt. Dr. Friederich, charakt. Oberstabsarzt

2. Kl. z. D., in Genehmigung seines Gesuchs aus Allerhöchsten Kriegsdiensten unter Fortgewährung der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniss zum Forttragen der bisherigen Uniform mit Inaktivitätsabzeichen verabschiedet.

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Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts- Korps.

Den 8. Januar 1888.

Effinger, Dr. Habermaas, Unterärzte der Res. im Res.-Landw.-Bat (Stutt- gart) No. 127, zu Assist. - Aerzten 2. KI. der Res. ernannt. Dr. Reichmann, Stabsarzt der Landw. im 1. Bat. (Leonberg) 3. Landw. - Regts. No. 121, Dr. Paimer, Stabsarzt der Landw. im 2. Bat. (Biberach) 2. Landw. - Regts. No. 120, Dr. Teuffel, Assist.>Arzt 1. Kl. der Res. im 2. Bat. (Reutlingen) 1. Landw.- Regts. No. 119, der Abschied bewilligt.

Ordensverleihungen.

Frenssische.

Den Rothen Adler-Orden 3. KI. mit der Schleife;

Generalarzt 2. Kl. und Korpsarzt Dr. Strube vom VI. Armee-Korps.

Rother Adler-Orden 4. Kl.;

Stabsarzt ä la suite des Sächsischen Sanitäts-OfSzierkorps Dr. Wolf. Ober- stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Berkofsky vom Inf.-Regt. Print Friedrich Karl von Preussen (8. Brandenburg.) No. 64. Oberstabsant 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Lorenz vom 8. Pomm. Inf.-Regt. No. 61. Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Richter vom 3. Magdeburg. Inf- Regt. No. 66. Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Goetting rt«

1. Westfal. Hus.-Regt. No. 8. Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.- An: Dr. Claus vom 4. Rhein. Inf.-Regt. No. 30. Oberstabsarzt 2. Kl. Regts.-Arzt Dr. Haertel vom Westfül. Füs.-Regt. No. 37. Oberstabsint

2. KI. und Garnisonarzt Dr. Huyn zu Mainz. Oberstabsarzt 2. Kl. lad Regts.-Arzt Dr. Graf vom 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96, Oberstabssta 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Heimlich vom Drag.-Regt. Prinz Albreeht ton Preussen (Litthau.) No. 1. Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Senftleben vom 2. Schles. Gren.-Regt. No. 11. Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Mulnier vom 2. Hess. Inf.-Regt. No. 82. Stabsarzt der Landw. a. D. Dr. Marnn;, zuletzt vom 2. Bat. (Neu-Strelitz) 1. Grossherzoglich Mecklenb. Land».- Regts. No. 89.

Den Königlichen Kronen-Orden 3. Kl.:

Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Grossheim vom Kriegsministerium. Oberstabsant 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Kirchner vom Leib-Kör.-Regt. (Schles.) No. 1. Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Rothe vom Gren.-Regt. Priai Carl von Preus.sen (2. Brandenburg.) No. 12. Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Kohlhardt vom 1. Hannov. Drag.-Regt. No. 9.

Das Allgemeine Ehrenzeichen:

Oberlazarethgehfllfe Mühlhaus vom 4. Thüring Inf.-Regt. No. 72. Ober- lazarethgehülfe Beier vom 3. Oberschles. Inf.-Regt. No. 62. Oberlaiaretb- gehOlfe Janas vom Hannov. Jäg.-Bat. No. 10.

Andere.

Bayerischer Militär-Verdienst - Orden, aus der zweiten in die erste Klasse der Ritter befördert:

Oberstabsarzt 1. Kl. und Garn.-Arzt Dr. Neuhöfer bei der Kommandantur der Haupt- und Residenzstadt München. Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.- Arzt Dr. Albert bei der Kommandantur der Festung Germersheim. Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Wagner des 2. Inf.-Regts. Kron- prinz, Div.-Arzt der 1. Div.

Verdienst-Orden vom heiligen Michael 4. Kl.:

Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Kühbacher, Regts.-Arzt im 16. Inf.-Regt. vakant König Alfons von Spanien.

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Familien-N achrichten.

Verlobungen: Dr. Dieckmann, Stabsarzt bei dem König!, med.-chir. Friedrich' 'Wilhelms-Institut, mit Frl. Marie Thoms (Berlin— Neustrelitz). Dr. Krieger, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 6. Pomm. Inf. - Regts. No. 49, mit Frl. Julie Krieger (Gnesen Berlin). Dr. Heinrich Siemon, Assist.-Arzt 1. Kl. im 1. Westfil. Feld-Art -Regt. No. 7, mit Frl. Margarethe Richter (Wesel). Gehörten: (Sohn) Dr. Fricke, Stabs- und Bats.-Arzt im Oldenburg. Inf. -Regt No. 91. Dr. Arendt, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 6. Ostprenss. Inf.-Regts. No. 43.

Todesfälle: Dr. Haitwig Gribbohm, Stabsarzt der Landw. im 2. Bat (Rends- burg) Holstein. Landw.-Regts. No. 85 (Wiesbaden). Dr. Landruck, Assist- Arzt 1. Kl. der Landw. im 2. Bat. 6. Xhüring. Landw.-Regts. No. 95 (Berlin). Dr. Heinrich Stipanski, Oberstabsarzt a. D. (Zerbst).

General-Stabsarzt der Armee Dr. t. Lauer feiert am 12. Dezember 1888 sein sechzigjähriges Dienstjubiläum.

General-Rapport

von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich Sächsischen) nnd des XIII. (Königlich 'Wörttemberj^schen) Armee- Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatzongs-Brigade pro Monat November 1887.

1) Bestand am 31. Oktober 1887: 7 119 Mann und 36 Invaliden.

2) Zugang:

im Lazareth 12 151 Mann und Invaliden,

im Revier 15 848 - - 10

Summa 27 999 Mann nnd 10 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes nnd Zuganges 35 118 Mann nnd 46 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke 8,5% und 16,1%.

3) Abgang:

geheilt ....

. 22 420 Mann, 5 Invaliden,

gestorben . . .

57 - -

invalide ....

212 -

dienstuobranchbar

482 -

anderweitig . .

428 -

Summa .

. 23 599 Mann, 5 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 63,8% der Kranken der Armee nnd 10,9% der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,16% der Kranken der Armee und % der erkrankten Invaliden.

5) Mithin Bestand:

sm 30. November 1887 11519 Mann und 41 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 2,8% nnd 14,4%.

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazareth 7 874 Mann nnd 4 Invaliden, im Revier 3 646 - - 37

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Es sind also von 616 Kranken 393,3 geheilt, 1,0 gestorben, 3,7 als invalide, 8,5 als dienstonbraacbbar, 7,5 anderweitig abgegangen, 202,0 im Bestand geblieben.

Von den Oestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an: Diphtberitis 1, Blntvergiftung 2, Unterleibstjpbas 9, akatem Oelenk- rhenmatismos 1, Skorbut 1, Zuckerruhr 1, Epilepsie 1, Lungenent- zündung 12, Lungenschwindsucht 5, Brustfellentzündung 4, Herzleiden 2, Leberleiden 1, Banchfellentzündnng 4, Nierenleiden 6, Ohrenleiden 1; an den Folgen einer Verunglückung: Sturz in die Tiefe 1, Hofschlag 1, Schädelbrnch in Folge Schlägerei 1; an den Folgen eines Selbstmord- versuchs; Erscbiessen 1, Vergiftung 2.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 20 Todesfälle vorgekommen, davon 3 durch Krankheit, 1 durch Verunglückung, 16 durch Selbstmord; von den Invaliden: durch Krankheit 1; so dass die Armee im Ganzen 77 Mann und 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.

Nachträglich:

pro Oktober 1887: 1 Selbstmord durch Ertränken.

Oednickt ia der KüniglicUen Hofbachdruckerei von E. 8. Mittler a. Sohn in Borlia, KocktU; dd'-TO.

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Amtliches Beiblatt

zar

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift.

1888. Siebzehnter Jahrgang. M 8.

Kriegsminuteriam.

Medizinal AbtheiluDg. Berlin, den 18. Januar 1888.

Behufs Herbeiführung eines einheitlichen Verfahrens bei der Aufzeichnung der Temperatur-, Puls- u. s. w. Schwankungen in wichtigeren Krankheitsfällen sind fortan die von der Abtheilung entworfenen Fiebertabellen zu verwenden, von welchen Buer Hoch- wohlgeboren seitens des Korpsarztes des XL Armeekorps 35 Stück zur Vertheilung en die Gamison-Lazarethe als Muster für künftige Beschaffungen zugeben werden. Dieselben sind als Bestandtheil der Kranken-Journalblätter auzusehen und nach Bedarf auf Kosten des Medizinalfonds zu beschaffen.

Die Königliche Waisenhausbuchdrurkerei in Cassel hat sich bereit erklärt, 100 Stück dieser Tabellen für 80 Pfennige zu liefern. Dieser Preis darf auch bei anderweitigem Bezüge nicht überschritten werden.

Der Königlichen Intendantur wollen Euer Hochwohlgeboren hiervon gefälligst Kenntniss geben.

V. Lauer.

No. 1081/13. 87. M. A.

Kriegs ministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 20. Januar 1888.

In Verfolg der Verfügungen vom 7. Juni 1886 No. 212. 6. 86. M. A., und rom 7. April 1867 No. 109. 2. 87. M. A.*), werden die Intendanturen ergebenst benachrichtigt, dass die Fabrikanten Kietschel und Henneberg hierselbst den Uenneberg’schen Desinfektoren eine verbesserte Einrichtung gegeben haben, durch welche insbesondere die Erreichung eines über 100° C. hinausgehenden Dampf-Hitzegrades möglich gemacht ist, auch wird die Einmanerung der Feuerung künftig entbehrlich. Nach der von den Genannten ausgegebenen Preisliste No. 11 Werden die neuen Muster T. L und T. II. hinsichtlich der Grösse und Leistungs- fähigkeit ungefähr den früheren Mustern A. II. und A. III. entsprechen, sich aber im Preise billiger stellen (1250 Mk. und 1750 Mk.).

Ausserdem haben die genannten Fabrikanten unter Anwendung einer Des- infektionskammer von Holz anstatt von Eisen noch einen erheblich billigem Apparat hergestellt, welchen dieselben nach der Preisliste No. Ha als Muster T. o. für 600 Mk. liefern, für Gamison-Lazarethe indess in Erwartung eines umfang- teichem Bedarfs für 500 Mk. abgeben wollen. Hinsichtlich der Einrichtung und Leistungsfähigkeit soll dieser Apparat den in der Preisliste No. 11 aufgeführlen Apparaten gleichstehen. Diesseits findet sich Nichts dagegen zu erinnern, wenn für

*) cf. S. 44 ff. Amtliches Beiblatt Jahrg. 1887 d. Z.

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kleinere Lazsrethe an Stelle der in der Verfügung vum 7. April v. Js. vorgeeehenen einfachem Einrichtungen dieier Desinfektor T. o. bescbafil wird.

Ein für den Herrn Korpsarzt beetinmites Exemplar dieser Mittheiinng ist hier beigefügt,

T. Lauer.

No. 994. 12. 87. M. A. U. Angabe.

Eriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 4. Februar 1888.

Da die Uebungen von Mitgliedern der freiwilligen Krankenpflege in den Gamison-Lazarethen es haben nothwendig erscheinen lassen, dass den unterrichtenden SanitSts-Offlzieren das .Unterrichtsbuch für freiwillige Krankenpfleger* zur Hand ist, so ist diesseits eine Anzahl Exemplare desselben beschafft worden, von denen Euer Hochwohlgeboren 20 Stück seitens des Garaison-Lazareths No. 1 zugeheo werden. Dieselben sind bei dem Gamison-Lazareth am Sitze des Geueralkommandoi zu inventarisiren und leihweise an die mit dem betreffenden Unterricht beauftragten Sanitäts-Offiziere gegen Quittung zu verausgaben.

Dem Königlichen General-Kommando wollen Euer Hochwohlgeboren hierüber gefälligst Vortrag machen, auch der Königlichen Intendantur Kenntniss geben.

V. Lauer.

No. 226. 2. 88. M. A.

A.-V.-B1. No. 2.

Kriegsministerium. Berlin, den 14. Febraar 1888.

Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888 sowie vorläufige Ausfährungs- und militärische Ergänzungs- Bestimmungen zu demselben.

1) Der heutigen Nummer des Armee-Verordnungs-Blattes liegt in besonderer Anlage das

Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Febmar 1888 nebst vorläufigen AnsfÜhmngs- und militärischen Ergänzungs - Be- stimmungen zu demselben, bei.

2) Der unterm 27. Januar 1888 No. 480/1. 88. A. I. zur Versendung gelangte Entwurf des Gesetzes u. s. w. ist zu vernichten.

3) Die durch die vorläufigen Ausführuugs- und militärischen Ergänzungs- Bestimmungen vorgeschriebenen Formulare sind nach den vom Kriegs- ministerium genehmigten Proben in der Reichsdruckerei vorräthig. Letztere ist ermächtigt, den noch vorhandenen Bestand an Ueberweisungs- Nationalen für die verschiedenen Waffengattungen zunächst nocli auf- zubrauchen.

4) Besondere Abdrücke der Anlage sind bei der Königlichen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn, Berlin SW., Kochstrasse 68 70, auf direkte Bestellung zum Preise von 60 Pf. für das Exemplar zu haben.

Bronsart v. Schellendorff.

No. 211/2. 88. A. 1.

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A.-V.-BI. No. 2.

Kriegsminiaterium. Berlin, den 14. Februar 1888.

Ergänzungs-Bestimmungen des Chefs der Admiralität zu dem Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888. Den Königlichen Generalkommandos werden die von dem Chef der Admiralität zu dem Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888 erlassenen Ergänzungs-Bestimmungen behufs Vertheilung an diejenigen Stellen, welche von hier aus Exemplare der Marineordnung erhalten haben, mittelst Post- sendung zugeheii.

Bronsart r. Schellendorff.

No. 212/2. 88. A. 1.

A.-V.-BI. No. 2.

Kriegsministerium. Berlin, den 27. Januar 1888.

K rankenträger - Ordnung.

Oie Instruktion für die Militärärzte zum Unterricht der Krankenträger vom 2.i. Juni 1875 tritt ausser Kraft und wird durch die neubearbeitete Krankenträger- Ordnung ersetzt. Letztere wird den Kommandobehörden in der erforderlichen Anzahl von Exemplaren mit Verfheilungsplan unter Umschlag übersandt werden.

Die Krankenträger-Ordnung erscheint in dem Verlage der Königlichen Hof- hnchhandlung von E. S. Mittler und Sohn Berlin SW., Kochstrasse 68 70 und ist bei unmittelbarer Bestellung aus der Armee geheftet zum Preise von 65 Pf. und gebunden (Pappband mit Leinwandrücken) zum Preise von 80 Pf. für das Exemplar zu beziehen.

Bronsart v. Schellendorff.

No. 609/1. 88. M. A.

A.-V.-BI. No. 3.

Kriegsministerium. Berlin, den 14. Februar 1888.

Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71.

Der 3. Band (Spezieller Theil, I. Abtheiinng) sowie der 5. Band des Sanitäts- berichts über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71 werden nebst einem Vertheilungsplan mittelst Umschlags versandt werden.

Die vorerwähnten Bände sind bei der Königlichen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn, Berlin SW., Kochstrasse 68 70, zum Ladenpreise von 36 bezw. 40 Mk. käuflich.

Die Offiziere, Sanitätsoffiziere und Beamten des deutschen Heeres können dieselben durch Vermittelung der Medizinal-Abtheilung zum ermässigten Preise von 30 bezw. 32 Mk. beziehen.

Bronsart v. Schellendorff.

No. 1398/1. 88. M. A.

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Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Dr. Cammerer, Generalarzt 2. KI. und Korpearzt des IX. Annee-Korpg, znm Generalarzt 1. KI., Dr. Gähde, Oberatabsarzt 1. KI. und Gamitonarzt in Magdeburg, znm Generalarzt 2. KI. und Korpzarzt dez X. Armee-Korpa, Dr. Schnee, Azzizt.-ATZt 1. KI. vom 2. Hanzeat. Inf.-Regt. No. 76, zum Stabz- und Batz.-Arzt dez Füs.-Batz. 4. Rhein. Inf.-Regts. No. 30, Dr. Matz, Azzist.- Arzt 1. KI. Tom Garde-Huz.-Regt., zum Stabz- und Bats.-Arzt dez 3. Batz. 4. Bad. Inf.'Regtz. Prinz Wilhelm No. 112, Munter, Azaist.-Arzt 1. KI. rom 1. Garde- Regt. zu Fuaz, zum Stabz- und Batz.-Arzt dez Ffiz.-Bata. 2. Magdeburg. InC-Regtz. No. 27 befördert. Die Azsizt-Aerzte 2. KI. der Rez.: Dr. Schirmer vom Landw.-Batz.-Bezirk Weizzenfelz, Dr. Kalliefe vom Ijmdw.-Batz.-Bezirk Görlitz, Dr. Appuhn vom Landw.-Batz.-Bezirk Hannover, Dr. Dorn vom Landw.-Bata.-Bezirk I. Brannzchweig, Dr. Olzhanzen, Dntting, Srhönwilder vom Landw.-Batz.-Bezirk Hamburg, Dr. DDhrazen, Dr. Mozberg, Dr. Frinkel vom Landw.-Regtz.-Bezirk I. Berlin, Dr. Quetach vom Landw.-Batz.-Bezirk Altona, Dr. Ricger vom Landw.-Batz.-Bezirk Brieg, Dr. Loewenhardt vom Landw.-Regta.-^zirk I. Brezlan, Dr. Kapuate vom Landw.-Batz.-Beiirk Neizze, Dr. Stacke vom Landw.-Batz.-Bezirk Erfurt, Dr. Wroblewzki vom Landw.-Batz.-Bezirk Neutomizchel , Dr. Cajetan vom Landw.-Batz.-Bezirk Bonn, Dr. Killiau vom Landw.-Batz.-Bezirk Freiburg, Dr. Hoffmann vom Landw.-Batz.-Bezirk Weimar, Dr. Moog vom Landw.-Batz.-Bezirk Offen- burg, — Dr. Wanke vom Landw.-Bata.-Bezirk &hlawe, Prebel vom Land«.- Batz.-Bezirk Woldenberg, Dr. Gelpke vom Landw.-Batz.-Bezirk Karlsruhe, Dr. Howitz vom Landw.-Bata.-Bezirk Schivelbein, Dr. Haacke vom Landw.- Batz.-Bezirk Burg, zu Assist.- Aerzten 1. KI. der Res. befördert. Die Assist.-Aerzte 2. KI. der Landw.; Dr. Mahler vom Landw.-Bats.-Beiirk II. Brannzchweig, Dr. Decker vom Landw .-Batz.-Bezirk Bremen, Neisel- mann vom Landw.-Batz.-Bezirk Marienburg, Dr. Berendzen vom Landw.- Batz.-Bezirk Lübeck, Dr. Germer vom Landw.-Batz.-Bezirk Kirn, za Assizt.-Aerzten 1. Kl. der Landw., Dr. Biedermann, Aazizt-Arzt 2. Kl. der Marine -Res. vom Königl, Sachs. Landw. -Batz. -Bezirk Borna, zum AszizL-Arzt I. KI. der Marine-Res., Dr. Bock, Unterarzt vom 4. Pomm. InL-Regt. No. 21, unter Verzetznng zum Ostfriez. Inf.-Kegt. No. 78, Dr. Ipscher, Unterarzt vom 4. Brandenburg. Inf.-Regt. No. 24 (Grozzherzog Friedrich Franz II. von Mecklen- hurg-Schwerin), unter Versetzung znm Fusz - Art. - Regt. No. 10, zu Assist- Aerzten 2. Kl. ^ befördert. Die Unterärzte der Res.: Dr. Kunz, Dr. Engelien, Hohnfeldt vom Landw.-Batz.-Bezirk Königsberg, Weber vom Landw.-Batz.-Bezirk Gumbinnen, Haagen vom Landw.-Batz.-Bezirk Raztenburg, Dr. Plehn vom Landw.-Batz.-Bezirk Grandenz, v. Trnszczjrnski vom Landw.-Batz.-Bezirk Deotsch-Kylau, Dr. Hartwich vom Landw.-Batz.- Bezirk Marienburg, Dr. Dalmer rom Landw.-Batz.-Bezirk Stralsund, Dr. Dietrich vom Landw.-Bats.-Bezirk Brandenburg a. H., Dr. Jacoby, Dr. Bardeleben, Dr. Marquardt vom Landw. -^gts.- Bezirk I. Berlin, Dr. Bonde vom Landw.-Batz. -Bezirk Heidelberg, Dr. Nürnberg vom Landw.- Batz.-Bezirk Halle, Dr. Jacobi, Dr. Gramer vom Landw. -Regts.- Bezirk I. Breslau, Dr. Neuber vom Landw.-Batz.-Bezirk Gels, Dr. Löwenstein vom Landw.-Batz.-Bezirk Minden, Dr. Bartz, Dr. Baron vom Landw.-Bats.- Bezirk Jfliieh, Dr. Demmer vom Landw.-Bats.-Bezirk Neuwied, Dr. Rosen- thal vom Landw.-Bats.-Bezirk Hamburg, Dr. Oblsen, Dr. Elfeldt vom Landw.-Bats.-Bezirk Rostock, Dr. Juhl vom Landw.-Batz.-Bezirk Schlesvrig, Dr. Koch, Schliephake, Dr. Poppert vom Landw.-Batz.-Bezirk Giezaen, Kuhn vom Landw.-Batz.-Bezirk Herzfeld, Cahn vom Landw. -Bats. -Bezirk Mainz, zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Res., Hitzegrad, Friedrich, Martens, Unterärzte der Marine-Res. vom Landw.-Bats.-Bezirk Kiel, zu Assist-

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Aenten 3. Kl. der Marine-Ree., befördert. Dr. Wenzel, Marine-General- arzt 1. Kl., Dr. Buech, Oberatabearzt 1. Kl. nnd Regta.-Arzt vom 5. Bad. Inf.- Regt. No. 113, beauftrag! mit Wahrnehmung der diTisioniärztlicben Funktionen bei der 29. Dir., ein Patent ihrer Charge rerliehen. Schacht, Unterarzt der Marine-Ree. rom Landw.-Bata.-Bezirk Kiel, im aktiren Sanititakorps, und zwar unter Beförderung zum Marine -Auist.- Arzt 3. Kl., bei der Marine angeetellt. Dr. Edelbrock, Königl. Bajer. Aaeiet.-Arzt 2. Kl. a. D. im Landw.-Bate.-Bezirk I. Müneter, bisher Assisu-Arzt 2. Kl. der Res. rom Königl. Bayer. Landw.-Bat. Aschaffenborg, im Prenss. Sanitätskorpe, und zwar als Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. mit Patent rom 7. April 1886, angestellt Dr. Sommer, Stabsarzt vom medizinisch - chirurgischen Friedrich -Wilhelsss - Institut, zur Unteroff. - Schule in Potsdam, Dr. Go e bei, Stabsarzt Tom medizinisch chirurgischen Friedrich- Wilhelms-Institot als Bats.-Arzt zum Füs.-Bat 4. Niederschi. Inf.-Regts. No. öl, Dr. Hertel, Stabs- und Bats.-Arzt rom Ffis.-Bat. 4. Rhein. Inf.-Regts. No. 30, zum medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelnu-Institut, Dr. Hünermann, Assist.- Arzt 1. Kl. vom 2. Westfäl. Hus.-Regt. No. 11, zum 2. Hanseat Int-Regt No. 76, Dr. Machatins, Assist-Arzt 1. Kl. rom Kadettenhanse in Potsdam, zum Beziiks- kommando II. Berlin, Dr. Paalzow, Assist-Arzt 1. Kl. vom 7. Thüring. Inf.- Regt No. 96, zum Garde-Hns.-Regt , Dr. Wernicke, Assist-Arzt 1. KI. vom 1. Bad. Leib -Gren.- Regt. No. 109, in die etatsmäss. Stelle bei dem General- und Korpsarzt des XIV, Armee-Korps, Dr. Pretzsch, Assist-Arzt 1. Kl. vom 3. Magdeburg. Inf.-Regt No. 66, zum 4. Pomm. Inf.-Regt No. 21, Dr. Hoenow, Assist-Arzt 2. Kl. vom Fuss-Art.-Regt. No. 10, zum Kadettenhause in Potsdam, Dr. Appell US, Assist.-Arzt 2. KI. vom Leib-6ren.-Regt (1. Brandenburg.) No. 8, zum Kaiser Franz Garde-Gren.-Regt No. 2, versetzt Dr. Glozin, Stabs- nnd Bats.-Arzt vom 3. Bat 4. Bad. Inf.-Regts. Prinz Wilhelm No. 112, mit Pension und seiner bisher. Uniform, Dr. Gallenkamp, Stabsarzt von der Unteroff.- Schule in Potsdam, mit Pension, Dr. Bauer, Stabsarzt der Landw. vom Landw.- Bats.-Bezirk Stettin, mit seiner bisher. Uniform, Dr. Schnitze, Stabsarzt der Landw. vom Landw.-Regts.-Bezirk I. Berlin, mit seiner bisher. Uniform, Dr. Roth, Stabsarzt der Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk Gera, Dr. Hermanns, Stabs- arzt der Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk Eupen, letzterem als Oberstabsarzt 2. Kl. mit seiner bisher. Uniform, Dr. Scbroedter, AssisL-Arzt 1. KI. der Landw. vom I.mndw.-Bats.-Bezirk Naugard, Dr. Marcnse, Assist.-Arzt 1. KL der Landw. vom Landw. -Regts.-Bwirk I. Berlin, Goder, Assist.-Arzt 1. KI. der Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk St. Wendel, Dr. Diesterweg, Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk Weilburg, Dr. Mohr, Assist-Arzt 1. Kl. der Marine-Res. vom Königl. WürtSemberg. Landw.-Bats.-Bezirk Stuttgart, der Abschied bewilligt

Berlin, den 25. Februar 1888.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Januar 1888 eingetretenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums.

Den 27. Januar 1888.

Nuszkowski, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Obeneiiles. Inf.-Regt. Nn. 23, zur Dienstleistung bei der Kaiserlichen Marine kommandirt

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. Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den 7. Febrnar 1888.

Dr. Held, Sek. Lieut. des 2. Fuss-Art.-Regts. (Landw.), zum Assist.-Arzt 2. KI. des Beiirlaubtenstandei mit einem Patent vom 1. Dezember 1878 ernannt. T,räger, Unterarzt vom 16. Inf.-Kegt. vakant König Alfons von Spanien, im 13. Inf. - Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, Einstein, Unterarit im 18. Inf.-Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, zu Assist- Aerzten 2. KI., Dr. Mertsching, Dr. Hurtig, Finsterlin, Staudacher (München D> Simon (Bamberg), Dr. Schweitzer, Dr. Bootz (Würzburg), Dr. Hermann, (LandanX Unterärzte der Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl. des Beurlaubtenstandes, befördert

Den 14. Februar 1888.

Dr. De Ah na (Hof), Stabsarzt der Res., der Abschied bewilligt

Den 17. Februar 1888.

Dr. V. Kolb, Unterarzt im 4. Chev.-Regt. König, zum Assist-Arzt 2. Kl. befördert.

Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts- Korps.

Allerhöchster Beschluss vom 22. Februar 1888.

Dr. Lufft, Assist-Arzt 2. Kl. der Res. des Res. - Landw. - Bats. (1. Dresden) No. 108, im aktiven Saniläts-Ofhzier-Korps und zwar vom 1. März d. Ja. ab bei dem Carab.-Rcgt (Garnison Borna) angestellt Dr. Sinz, Dr. Reuter und Dr. Grosse, Unterärzte der Res. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106, zu Assist-Aerzten 2. Kl. der Res. befördert Dr. Sommerey, Assist-Arzt 2. Kl. des Schützen- (Füs.-) Regts. Prinz Georg No. 108, unter gleichzeitiger Kommandiiung als Hilfsarbeiter zur Sanitäts-Direktion, zum 4. Inf.-Regt. No. 103 versetzt. Dr. Gruschky, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D., unter Fortgcwähmng der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubuiss zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen, Dr. Lorrmann, Stabsarzt der Res. dos 2. Bats. (Zittau) 3. Landw.-Regts. No. 102 und Dr. Roth, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106 der erbetene Abschied bewilligt

Durch Verfügung des Kriegsministerinms.

Den 17. Februar 1888.

Dr. Burdach, Assist.-Arzt 1. Kl. des 11. Inf.-Regts. No. 139, an das Stadt- krankenbaus zu Friedrichstadt Dresden unter Enthebung von seinem bisherigen Kommando als Hilfsarbeiter bei der Sanitäts-Direktion vom 1. März d. Js. ab kommandirt

Allerhöchster Beschluss vom 5. Februar 1888.

Dr. Walther, Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. des 1. Bats. (Planen) 5. Landw.- Regts. No. 104, aus allen Militärverhältnissen entlassen.

Ordensverleihungen.

Preussisc he.

Den Königlichen Kronen-Orden 3. KI.:

Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Kühne zu Charlottenburg, bisher Regts.-Arzt des Rhein. Drag.-Regts. No. 5.

Andere.

Kommandeurkreuz 2. Kl. des Königlich Schwedischen Wasa-Ordens; Oberstabsarzt 1. KI. Dr. Grossheim im Kriegsministerinm.

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Familien -N aclirichten .

Verlobungen; Dr. Heinrich Schülein, KOnigl. Bayer. Agsist-Arzt 1. Kl. der Reg., mit Frl. Babette Besold (Fottenstein , Frank. Schweiz Pegnitz). Dr. Arthnr Ooebel, Stabgarzt bei dem KOnigl. med. chimrg. Friedrich-Wilhelms- Ingtitnt, mit Frl. Margarethe Hei ge (Berlin). Dr. Kubier, Aggist.-Arzt 2. Kl. im 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, mit Miss Dorette Elmira Malcolm (Freiburg i. Baden). Dr. Rudolf Witte, Stabsarzt der Landw., mit Frl. Emmi Preise (Berlin Conradswaldau in Schlesien).

Verheirathet: Dr. med. Theobald Meier, Agsist.-Arzt im KOnigl. Bayer. 4. Feld- Art.-Regt. KOnig (Augsburg). Georg Fischer, Assist-Arzt im KOnigl. Bayer. 3. Inf.-Kegt Prinz Carl von Bayern, mit Frl. Marie Kohlndorfer (Landshut Lindau). Dr. Emil Stark, Assist.-Arzt der Res., mit Frl. Bertha Brunotte (Fürth). Dr. OttoNenmann, Assist-Arzt im Westfälischen Füs.-Regt No. 37, mit Frl. Helene Lachmann (Krotoschin). Dr. Siems, Assist-Arzt 2. Kl. des 1. Feld-Art-Regts. No. 12, mit Frl. Olga Israel (Dresden).

Geburten: (Sohn) Dr. Hoepner, Assist-Arzt 1. Kl. im Feld-Art.-Regt. No. IS [General-Feldzeugmeister] (Frankfurt an der Oder). Dr. Witte, Assist-Arzt 1. Kl. am Festungsgeßngniss (Spandau). (Tochter) Dr. von Miel^cki, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 6. Thüring. Inf.-Kegts. No. 95 (Hildburghausen). Dr. Martins, Stabsarzt (Berlin). Dr. Muttray, Stabsarzt (Oldenburg).

Todesfälle: Dr. August Voelkel, Stabsarzt der Landw. a. D. (Berleburg). Dr. Berthold, KOnigl. Generalarzt 1. Kl. und Korpsarzt des X. Armee-Korps (Hannover). Dr. Friedrich Lotsch, Generalarzt a. D. (Berlin). Dr. GOtze, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. des 2. Bats. (Zittau) 3. Landw. - Regts. Nu. 102 (Leipzig).

General-Rapport

von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich Sichsischen) und des XIII. (Königlich Wärttember^ischen) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attaebirten Königlich Bayerischen Besatzungs-Brigade pro Monat Dezember 18S7.

1) Bestand am 30. November 1887 : 11 519 Mann u. 41 Invaliden.

2) Zugang:

iffl Lazaretb 10 136 Mann und 1 Invaliden, im Revier 16 509 - - 10 -

Summa 26 645 Mann und 11 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 38 164 Mann und 52 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke 9,1% und 18,6%.

3) Abgang:

geheilt 25 967 Mann, 16 Invaliden,

gestorben .... 74 -

invalide 220 -

dienstunbrauchbar . 643 -

anderweitig . . . 434 -

Summa

27 338 Mann, 16 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 68,1% der Kranken der Armee und 30,8% der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,19% der Kranken der Armee und % der erkrankten Invaliden.

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5) Mithin BesUnd:

am 31. Deaember 1887 10 826 Mann and 36 Invaliden,

in Proienten der Effektivstärke 2,6% and 12,9%.

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazareth 7 367 Mann and 3 Invaliden, im Revier 3 459 - 33

Eis sind also von 516 Kranken 351,1 geheilt, 1,0 gestorben, 3,0 als invalide, 8,7 als dienatnnbraacbbar, 5,9 anderweitig aJbgegangen, 146,3 im Bestände geblieben.

Von den Oestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an: Scharlach 1, Rose 1, Dipbtheritis 2, Blatvergiftang 1, Unterleibstjpbos 3, Blatfleckenkrankheit 1. Zackerrabr 1, Trichinose 1, Epilepsie 1, Hirn- and Hirnbaatleiden 2, Lnngenentzündung 21, Langenblatang 1, Lnngen- scbwindsacht 14, Bra8tfellentzöndang4, Herzleiden 2, Palsadergeschwalst 1, Lympbdrüsenentzundang 2, Magenblatang 1, Banchfellentzändong 3, Nieren- leiden 4, Ohrenleiden 1, Knochen- and &}Ocbenhaatentzändang 2; an den F'olgen einer Verunglöckang: Hofscblag 3, Sturz mit dem Pferde 1.

Mit Hinsurecbuang der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 16 Todesfälle vorgekommen, davon 4 durch Krankheit, 2 darob Verunglöckang, 10 durch Selbstmord; von den Invaliden : durch Krankheit 1 ; so dass die Armee im Ganzen 90 Mann and 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.

Nachträglich:

pro Oktober 1887: 1 VernnglSckung durch Ertrinken.

Utdrnckt in d«r Kßnif Heben Hofbocbdnickvrai Ton B. S. Mittler k Sobn, Berlin, Kocd»tr. 68~7<L

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Amtliches Beiblatt

sar

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift.

1888. Siebzehnter Jahrgang.

Berlin, den 18. Februar 1888.

In neuester Zeit sind die pharmaaeutischen Pressen nach dem Differential- Hebels^atem Patent Ducbseher in Aufnahme gekommen, und haben vielfach die gewöhnlichen Spindelpressen verdrängt, weil sie hei vurscliriftsmässig geringer Kruft- anwendung die Erzielung eines bedeutenden Drucks gestatte.], und Presstücher nicht erfordern. Dem gegenüber ist die Bauart der Duchseber'scben Pressen eine entsprechend zusammengesetztere und die Handhabung erfordert mehr Aufmerksamkeit, als diejenige der älteren Spindelpresseiu

Es liegt nun nicht in der diesseitigen Absicht, die Differential-Hebelpresse aus den Korps -Arznei -Reserven auszuschliessen. Demgemäss wird genehmigt, dass an Stelle der in Anlage 1 zur diesseitigen Verfügung vom 12. 12. 87. No. 64U. 12. 87. M. A. unter 1, A, 68 etatisirten Pressen mit Zinn -Einsatz Differential - Uebelpressen entsprechender Grösse beschafft werden dürfen, falls Euer Hochwuhlgeburen dies für zweckmässig erachtet.

Wo eine Presse mit Zinneinsatz bereits beschafft sein sollte, ist erst nach völligem Unbrauchbarwerden der Ersatz derselben durch eine Differential -Hebel- prease statthaft.

Im Anschluss hieran wird noch bemerkt, dass auf Seite 30 der Anlage 1 zur diesseitigen Verfügung vom 12. 12. 87. No. 646. 12. 87. M. A. unter No. 61 eine Flasche zu 260 ccm, und ein Pulverglas hat etatisirt werden sollen.

V. Lauer.

No. 442. 2. 88. M. A.

Berlin, den 22. Februar 1888.

Zur Anlegung des ersten Verbandes bei Verletzungen der Arbeiter und Arbeiterinnen bei den Artilleriedeputs, Laboratorien u. s. w. sollen, sofern das Bedürfniss dazu vorliegt, in der Nähe des Gefahrortes Verbandmittel niedergelegt werden, welche von den Garnisun-Lazaretheu auf Erfordern der Artilleriedeputs für dir Zeit des möglichen Bedarfs leihweise und unentgeltlich herzugebeu sind.

In der Regel werden für ein Laboratorium 20 Verbandpäckchen,

20 kleine dreieckige Verbandtücher,

6 kleine Pressstücke Sublimatwundwatle,

250 Sublimatmullkompressen,

20 mittlere Gazebinden und

5 Paar hölzerne Schienen mit Blechhülsen zum Zusammenfügeu,

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30

für ein Fort

10 Verbandpäckchen,

10 kleine dreieckige Verbandtücher und

2 Paar hölzerne Schieneti mit Blechhalsen zum ZusammenfQgen

genügen.

Euer Hochwohlgeboren wollen gefälligst dem KOoigliclien Generalkommando liierilber Vortrag halten und nach Einvernehmen mit der Korpsintendantur die betreffenden Garnisonlazarethe mit Anweisung versehen.

Die hölzernen Schienen sind den Lazarethen über ihren Etat von der Verband- mittelreserve zu überweisen.

V. Lauer.

No. 1268. I. 88. M. A.

Berlin, den 29. Februar 1888.

Die zahlreichen Veranlassungen, welche sich in der Militär-Krankenbebandlung für die Anwendung der Massage bieten und zu deren Verbreitung in den letzten Jahren geführt haben, Hessen zugleich vielhtch das Bedürfniss nach einer sich- geniässen Unterweisung darüber bei den Sanitäts-Offizieren hervortreten. Bisher ist eine solche nur einem kleinen Theil derselben zugänglich geworden, während eine allgemeinere Beherrschung der Grundsätze über die Benutzung dieses Heilverfahren» und seiner Technik für die Sanitäts-Offiziere um so mehr erwünscht ist, als ihnen bestimmnngsgeniäsB auch der Unterricht des unterstellten Ijizaretli-Gehülfen-Personals und die Uebung desselben in der Massage ziifällt.

Hierbei kommen vorwiegend die Assistenzärzte in Betracht. Es ist deshalb diesseits in Erwägung genommen worden, ob sich bei den Provinzial-Fortbildungs- kursen die Massage als Unterrichtsgegensland für die dazu konimandirten Assistcni- ärzte des Dieiuttstandes einfügen Hesse.

Es wird von den lokalen Verhältnissen abhängen, ob dieser Unterrichtsiweig einem hierfür geeigneten Obermi Htärarzt der Garnison, in welcher diese Kurse stattfinden, schon jetzt zu übertragen ist, oder ob nicht für den Anfang wenigsten» diu Mitwirkung des die OperationsObiingen leitenden Professors der Chirurgie in Anspruch zu nehmen sein mOi'hte. In letzterem Falle wollen Euer Hochwohlgeboreii Sich gefälligst mit dem betreffenden Herrn darüber in Verbindung setzen, ob und unter welchen näheren Bedingungen er das die.sseitige Vorhaben zu unterstützen in der Lage sein würde.

Einem gefälligen Bericht hierüber bezw. über das dort einzuschlagende Verfahren sieht die Abtheilung demnächst ergebenst entgegen.

Im Anschluss hieran wird das ergebene Ersuchen ausgesprochen, gefälligst darauf Bedacht zu nehmen, dass nach Heranbildung geeigneter Instruktoren die theoretisi'bc und praktische Unterweisung in der Massage bei den durch diesseitige Verfügung vom 17. April 1887 No. 752/4 M. A. angeordneten Uebnngskursen für Lazsreih- gebülfen eingeführt werde, unbeschadet der Verfolgung des gleichen Zieles bei dem regelmässigen Unterricht der Lazarethgehülfen in den einzelnen Garnisonen.

v. Lauer.

No. C5T. 1. 88. M. A.

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Berlin, den 8. März 1888.

Wie Euer Hochwohlf;eboren bekannt sein dürfte, hat der Direktor des Kaiser- lichen Gesundheitsaints in einer BekannunacbunK vom 7. November 1887 die Auf- forderung ergeben lassen, dass ibm Beobachtungen und Vorschläge, welche für die Arbeiten der ständigen Kommission zur Bearbeitung der Pharmakopoe forderlich sein könnten, von Fachmännern mitgetheilt werden möchten.

Um den der ständigen Kommission angehOrenden Mitgliedern der Militär- verwaltung auch die in den Lazarethen gemachten bezüglichen Krfahningen zu- gänglich zu machen, werden Euer Hochwohlgeboren ergebenst ersucht, entsprechende Berichte von den unterstellten Sanitäts-Offizieren gefälligst vierteüährlich einzufordern und gesammelt hierher vorzulegen.

L V.

V. Ooler.

No. »65. 3. 88. M. A.

Berlin, den 13. März 1888.

Von den Vorschlägen, welche in Folge des diesseitigen Erlasses vom 6- Oktober v. J.

No. 439/10. 87 M. A. seitens der einzelnen Intendanturen bezüglieh der vortheilhaften Beschaffung des Weinbedarfs für die Garnison-Lazarethe gemacht worden sind, erscheinen diejenigen beachtenswerth und auch ausführbar, welche sich auf eine Centralisation der Weinverdingung in der Art beziehen, dass die Lieferung des Bedarfs für den ganzen Korps-Bereich von einem Garnison-Lazareth ausgeboten und verdungen wird, die Lieferung selbst aber in Flaschen an die einzelnen Lazarethe mit der Verpflichtung erfolgt, dass nur volle bezw. halbe Liter- flaschen zur Anwendung kommen.

Der Königlichen Intendantur wird ergebenst anheimgestellt, ein solches Verfahren

sofern es nicht bereits geschehen bezw. soweit nicht bereits bestehende Vertrags- Verhältnisse entgegenstehen für das kommende Fitatsjahr einzuführen und zum 15. Februar 1889 Ober die dabei gewonnenen Erfahrungen zu berichten. Der dort- seitigen Erwägung nach Maassgabe der lokalen Verhältnisse bleibt es überlassen, ob die Maassnahmen für den ganzen Korps-Bereich einzuführen, oder etwa nur für einzelne solche kleineren I.Azarethe, für welche die WeinbeschaATong am Orte selbst Schwierigkeiten bet eitet.

Eine Abänderung des einfachen Wein-Portionssatzes wird diesseits nicht beabsichtigt.

Dem Herrn Korpsarzt ist hiervon Kenntniss zu geben.

I. V.

No. 672. 2. 88. M. A. v. Coler.

A.-V.-Bl. No. 10, 1888.

Gesetz, betreffend den Erlass der Wittwen- und Waisengeldbeiträge von Angehörigen der Reichs-Zivil Verwaltung, des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine. Vom 5. März 1888. (R.-G.-B1. S. 65.)

Wir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preussen etc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

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Artikel I.

Die Wittwen- und Waisengeldbeitrage, welche auf Grund des Geseties, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Rcicbsbeamten der Zirilrerwaltung, vom 30. April 1881 (Reichs - Gesetzbl. S. 85), sowie des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887 (Reichs-Geselzbl. S. 237) zu entrichten sind, werden, unbeschadet des an diese Verpflichtung geknüpften Anspruchs auf Witlwen- und Waisengeld, vtyn 1. April 1888 ab nicht erhoben.

Artikel II.

§. 1. Verzichte auf Wittwen- und Wafsengeld, welche auf Grund der §§. 23, 24 des Gesetzes vom 20. April 1881 oder der §§. 26, 27 des Gesetzes vom 17. Juni 1887 erklärt sind, dürfen bis zum 30. Juni 1888 einschliesslich widerrufen werden. Auf Rechtsnachfolger geht diese Befugniss nicht über.

Der Reichskanzler kann, soweit die dienstlichen Verhältnisse der Betheiligten es erfordern, die Frist angemessen verlängern.

§. 2. Der Widemifende hat denjenigen Betrag an Wittwen- und Waisengeld- heiträgen zur Reicbskasse nachzuentrichten, welcher ohne Erklärung des Verzichts von ihm hätte entrichtet werden müssen.

Die Tilgung dieser Schuld geschieht in Theilbcträgen von drei Prozent lic* Diensteinkommens, des Wartegeldes oder der Pension nach den für die Erhebung iler Wittwen- und Waisengcldbeiträge bestehenden Vorschriften mit der Maassgabe, dass es dem Beitragspflichtigen jederzeit freisteht, den Rest seiner Schuld zur Reichs- kasse zu zahlen.

Der nach dem Tode des Beitragspflichtigen etwa noch ungedeckte Betrag wird von den zunächst fälligen Katen des Wittwen- und Waisengeldes vorweg in Abzug gebracht.

§. 3. Mitgliedern einer der im §. 22 des Gesetzes vom 20. April 1881 und im 35 des Gesetzes vom 17. Juni 1887 bezeichncten Landesanstalten, welche gemäss §. 1 den Verzicht widerrufen und gleichzeitig aus der Landesanstalt ausscheiden, sind die an die letztere seit der Verzichtleistung entrichteten Beiträge auf die nach §. 2 zu machenden Nachzahlungen anzurechnen.

§. 4. Gehört der Widerrufende einer Militär-Wittwenkasse als Mitglied an, so ist die Erhöhung der von ihm hei der letzteren versicherten Pension nnznlissig und, soweit sie nach dem .30. Juni 1887 erfolgt ist, ohne Wirkung.

Ist nach den für eine Landesanstalt geltenden Normen die Höhe der Beitrags- pflicht, sowie der Wittwen- und Waisenpeusionen von Dienstzeit, Dienstrang oder Diensteinkommen abhängig, so werden für die fernere Beitragspflicht des Wider- nifenden zur Landesanstalt und Berechnung der von dieser zu leistenden Wittwen- und Waisenpensionen Dienstzeit, Dienstrang und Diensteinkommen nur insoweit in Ansatz gebracht, als sie am 1. Juli 1887 erreicht waren.

Artikel III.

Die Bestimmungen dieses Gesetzes kommen in Bayern nach Maassgabe des

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BSndniiMTertrag«s vom 23. November 1870 (Bundes -Gesetrbl. 1871 S. 9) inr^ An- wendung.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Berlin den ö. März 1888.

(L. S.) ITilhelm.

V. Boetticher.

Personal -Veränderungeo im Sanitäts-Korps

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Charlot tenb II rg, den 12. März 1888.

Dr. Schräder, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 3. Garde-Kegts. z. F., der Charakter als Generalarzt 2. Kl. verliehen.

Charl ottenbu rg, den 22. März 1888.

Dr. May 8, Assist. -Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw.-Bals.-Bczirk Heidelberg, aus allen Militär-Verhältnissen entlassen.

Charlottenburg, den 3. April*1888. '

Dr. Lorenz, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 8. Pumm. Inf.-Regt. No. 61, zum Oberstabsarzt 1. Kl., Dr. Schweiger, Stabs- und Bats.-Arzt vom Ffis.-Bat. b. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 41, zum Oberstabsarzt 2. KI. und Regts.- Arzt des Litthaii. Ulan.-Regts. No. 12, Dr. Ludewig, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs. - Bat. 4. Magdeburg. Inf. - Regts. No. 67, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Inf.-Regts. No. 131, Dr. Joetzc, Stabs- und Bats.-Arzt vom

1. Bat. 7. ThQring. Inf.-Regts. No. 96, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 3. Schles. Drag.-Regts. No. 15, Dr. Miinter, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs.-Bat. 3. Oberschles. Inf.-Regts. No. 62, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.- Arzt des Inf.-Regts. No. 137, Wirtz, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Inf.-Regt No. 136, zum .Stabs- und Bats.-Arzt des .3. Bats. dieses Regte., Dr. Grünert, Assist- Arzt 1. Kl. vom 2. Hannov. Ulan. - Regt. No. 14, zum Stabs- und Bats.-Arzt des

2. Bats. des Inf.-Regts. No. 97, Dr. Pauli, Assist-Arzt 1. Kl. vom Kaiser Alexander Garde - Gren. - Regt. No. 1, zum Stabs- und Bats. Arzt des Füs. Bats. I. Nassau. Inf.-Regts. No. 87, Dr. Pusch, Assist - Arzt 1. Kl. in der etats- uiässigen .Stelle bei dem General- und Korpsarzt des III. Armee-Korps, zum Stabs- uud Bats.-Arzt des Füs.-Bate. 5. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 41, Dr. Strauch, Asslst.-Arzt 1. Kl. vom Kaiser - Drag. - Regt. No. 8, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs. Bats. 3. Oberschles. Inf.-Regts. No. 62, Dr. Hampe, Assist-Arzt 1. Kl. von der vereinigten Art- und Ingen.-Schule, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats- 7. Thüring. Inf.-Regts. No. 96, Dr. Bürger, Marine-Assist.-Arzt 1. KI. von der I. Matrosendiv., zum Marine-Stabsarzt, vorläufig ohne Patent, Kaiser, Unterarzt vom 6. Bad. Inf.-Regt. No. 114, zum Assist.-Arzt 2. Kl. befördert Die Unterärzte der Res.: Dr. Schinke vom Landw.-Bats.-Bezirk Anclam, Dr. Schmalle vom Landw.- Bats. -Bezirk Landsberg a. W., Dr. Liebrecht vom Landw.-Regts.-Bezirk I. Berlin, Dr. Din k 1er vom Landw. -Bau. -Bezirk Gera, Dr. Roether vom Landw.-Bats.-Bezirk Rybnik, Dr. Kbeling vom Landw.- Bats.-Bezirk .Striegau, Brieger vom Landw.-Regts.-Bezirk I. Breslau, Ten- baum vom Landw.-Bats.-Bezirk I. Münster, Dr. Riffart vom Landw.-Bats.- Bezirk Weilburg, Dr. Koch vom Landw.-Regts.-Bezirk Cöln, Dr. Overhamm vom Landw.-Bats.-Bezirk Aachen, Dr. Heerlein, Dr. Hagemann vom Landw.- Bats.-Bezirk Bonn, Terbrüggen vom Landw.-Bats.-Bezirk II. Münster, Böwing vom Landw.-Bats.-Bezirk I. Braunschweig, Dr. Seelig vom Landw.- Bats.-Bezirk Hannover, Dr. Meyer vom Landw.-Bats.-Bezirk Osnabrück,

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Dr. Keilmann vom Ijandw.-Batt.-Bezirk Mainz, Dr. Hasa vom Landw.-Batz.- Bezirk Rendabarg, Dr. Boie vom Landw. - Bata. - Bezirk Kiel, Dr. Brauch vom Landw. - Bata. - Bezirk Straaaburg, zu Aaaiat. - Aerzten 2. Kl. der Rei. beffirdert. Dr. Lieber, Oberatabaarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt zu Straaaburg i. K.,

Dr. Kügler, Marine-Oberatabaarzt 2. Kl., ein Patent ihrer Charge ver- liehen. — Dr. Bäuerlein, Marine-Oberatabaarzt 1. Kl. von der 2. Matroaendiv. zum Slationaarzt der Marineatation der Nordace ernannt. Dr. Grändler, Ober- stabaarzt 2. Kl. und Regta.-Arzt vom Litthau. Ulan.-Regt. No. 12, zum Magdeburg. Kür.-Regt. No. 7, Dr. Kellermann, Oberatabaarzt 2. Kl. und Regta.-Arzt vom Int-Regt. No. 131, als Gam.-Arzt nach Magdeburg, Dr. Schultze, Stabs- und Bata.-Arzt vom Füa.-Bat. des Inf.-Regta. No. 132, zum 2. Bat. 1. Obersrblea. Inf.- Regts. No. 22, Dr. Schröder, Stabs- und Bata.-Arzt vom 2. Bat. 1. Oberschles. Inf.-Regta. No. 22, zum Föa.-Bat. des Inf.-Regta. No. 132, Dr. Gröbensrhütz, Stabs- und Bata.-Arzt vom Brandenburg. Jäger-Bat. No. 3, zum 1. Bat. des Gren.- Kegta. Prinz Karl von Preusaen (2. Brandenburg.) No. 12, Dr. Salzwedel, •Stabs- und Bata.-Arzt vom Föa.-Bat. 1. Nassau. Inf.-Regta. No. 87, zum mediziniach- chirurgiaehen Friedrich -Wilhelme- Institut, Dr. Pfeiffer, Stabs- und Bata.-Arzl vom 3. Bat. des Inf.-Regta. No. 136, zum Fils.-Bat. 4. Magdeburg. Inf.-Regta. No. 67,

Dr. He Im bo Id, Stabs- and Bata.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.-Regta. No. 97, zum Brandenburg. Jäger-Bat No. 3, Dr. Pannwitz, Aasiat.-Arzt l.KI. vom 1. Rhein. Inf.-Regt No. 23, zum Inf.-Regt. Nu. 132, Dr. Stolzenberg, Assist-Arzt l.KI. vom Ostpreusa. Drag.-Regt No. 10, zum Kaiser- Drag. -Regt No. 8, Dr. Hert- mann, Assist-Arzt 1. Kl. vom 2. Hess. Hus.-Regt. No. 14, zur vereinigten An.- iind Ingen.-.Schule, Dr. Körner, Assist-Arzt 1. Kl. vom Braunschweig. Int- Kegt. No. 92, zum Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt No. 1, Dr. Wassmund, Assist-Arzt 2. Kl. vom 3. Brandenburg. Inf.-Regt Nu. 20, io die etatamäsa. Stelle bei dem General- und Korpaarzt des III. Armee-Korps, Dr. Grosser, Assist- Arzt 2. Kl. vom Grossherzugl. Hess. Feld-Art-Regt. No. 25 (Grossherzogi. Art.- Korps), zum 2. Hess. Hus.-Regt. No. 14, Dr. Krüger, Assist-Arzt 2. Kl. vom Inf.-Regt. No. 132. zum 1. Rhein. Inf.-Regt No. 25, versetzt Dr. Schilling, Oberstabsarzt I. Kl. und Regta.-Arzt vom Magdeburg. Kür.-Regt No. 7, als Gen.- Arzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisher. Vniform, Dr. Jnzi, Obeiatabsar« I. Kl. und Regta.-Arzt vom Inf.-Regt. No. 137, mit Peiuiiun und seiner bisherigen Uniform, Dr. Busse, Stabs- und Bats.-Arzt vom I. Rat. des Gren.-Regta. Prinz Carl von Preusaen (2. Brandenburg.) No. 12, als Oberstabsarzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisher. Uuifurm, Belau, Assisi.-Arzt 1. Kl. von der 1. Provinzial- Invaliden-Kompagnie, als Stabsarzt mit Pension und seiner bisherigen Uniform, •Schirmer, Assist-Arzt l.KI. von der 2. Provinzial-Invaliden-Kompagnie, als Subs- arzt mit Pension, Dr. Da II mann, Stabsarzt der Res. vom Landw.-Bats. -Bezirk Frankfurt a. O., Dr. Stoevesandt, Stabsarzt der Landw. 1. Angebots vom Landw.-Bats.-Bezirk Bremen, diesem mit seiner bisher. Uniform, Dr. Hoppe, Assist- Arzt 1. Kl. der Landw. I. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bezirk Frankfurt a. 0.,

Dr. Fromme, Assist-Arzt 1. Kl. der I^ndw. 1. Aufgebots vom lasndw.-Bats.- Bezirk Bremen, der Abschied bewilligt Dr. Sarganek, Assist - Arzt 1. Kl. vom 1. Pomm. Feld -Art. -Regt. Nu. 2, aus dem aktiven Sanitätskorps aus- geschieden und zu den Sanitätsoffizieren der Res. ühergetreten.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps imMonat Februarund März 1888 eingetretenen Wränderungen.

Den 2. Februar 1888.

Lösener, einjährig -freiwilliger Arzt vom Garde- Jäger-Bat., zum Unterarzt ernannt und mit Wahrnehmung einer bei diesem Truppentheil vakanten Assist-Ant- stelle beauftragt.

Den 28. Februar 1888.

Heins, Unterarzt vom 3. Rhein. Inf.-Regt No. 29, mit Wahrnehmung einer hei diesem Truppentheil vakanten Assist-Arztstelle beauftragt.

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(Chef d. Adm. ». 8. 2. 88.)

Or. Kuntzen, Oberstabsarzt 2. Kl., nach RQckkehr S. M. S. .Stein* von diesem Schiffe ab- und als Oberarzt der II. Matrosendivision kommandiit.

(Chef d. Adm. v. 8. 2. 88 )

Schreuer, Stabsarzt, Anfang April er. von Lebe nach Wilhelmshaven, Dr. Kichter, Stabsarzt, gleichzeitig von Wilhelmshaven nach Lehe, Wefers Assisn-Arzt 1. Kl., nach Kflckkehr von S. M. S. .Gneiseuau* von Kiel nach. Friedrichsort, Dr. Bassenge, Assist.-Arzt I. Kl., von Friedrichsort nach Kiel

versetzt.

Kommandirungen S. M. Schiffe.

(Chef d. Adm. v. 27. 3. 88.)

Für .Niobe*: Dr. Schneider II., Stabsarzt; für .Nixe“: Dr. Rnnkwitz, Assist.-Arzt 1. Kl.: für .Victoria*: Dr. finge, Assist-Arzt 2. Kl.; für .Albatross*: Dr. Wilm, Assist. 2. Kl.; für .Pommerauia*: Schumann, Assist-Arzt 2. Kl.; für den Stab der Manüverilotte: Sander, Stabsarzt, als Geschw.-Arzt; für .Baden*: Sander, Stabsarzt, Dr. Fischer II., Assist.-Arzt 2. KI.; für .Bayern*: Schubert, Stabsarzt, Fischer I, Assist-Arzt 2. KI.; für .Kaiser*; Dr. Brnnhoff, Stabsarzt, Dr. Frentzel-Beyme, Assist-Arzt 2. Kl.;

für .Friedrich der Grosse“: Schreuer, Stabsarzt, Dr. Loewenhardt, Assist- Arzt 2. Kl.; für .Zielen“: Jahn, Assist-Arzt 2. Kl.; für den Stab des Schulgeschwaders: Dr. Globig, Oberstabsarzt 2. Kl., als Geschw.-Arzt; für -Stein“: Dr. Globig, Oberstabsarzt 2. Kl., Greifenhagen, Assist-Arzt 2. Kl.; für .Gneisenau“: Dr. Fritz, Stabsarzt, Dr. Erdmann, Assist-Arzt 2. Kl.: für .Moltke“: Dr. Düsterhoff, Stabsarzt, Dr. Griebsch, Assist-Arzt 2. Kl.; für .Prinz Adalbert*: Prinz, Stabsarzt, Dr. Kremkau, Assist.-Arzt 2. Kl.; für den Stab der Torpedoboots- Flottille: Dr. Arendt, Assist-Arzt 1. Kl., als Flottillen-Arzt; für .Blitz“: Dr. Arendt, Assist-Arzt 1. Kl.; für Torpedo- divisionsboot ,D l*: V. KOppeti, Assist-Arzt 2. Kl.; für Torpedodivisionsboot ,D 2“: Dr. Spiering, Assist-Arzt 1. Kl.; für .Leipzig“: Dr. Groppe, Stabs- arzt, Dr. Arimond, .Assist-Arzt 2. Kl.: für den Stab des Kreuzergeschwaders, Abgelöst: Dr. Diehl, Oberstabsarzt 2. Kl.; kommandirt: Dr. Gruppe, Stabsarzt, als (veschw.-Arzt; für .Carola“, an Bord kommandirt: Dr. Weiss, Stabsarzt;

für .Wolf*, ahgelüst: Dr. Di rksen I., Assist.-Arzt I. Kl.; an Bord kommandirt: Hohenberg, Assist.-Arzt 1. KI.; für .Möwe“, abgelüst: Dr. Koch, Assist- Arzt 1. KI.; an Bord kommandirt: Dr. Bassenge, Assist-Arzt 1, Kl.

Veränderungen im Königlich Bayerischen SanitÄts-Korps.

Den 8. März 1888.

Dr. Hartmann, Unterarzt im 16. Inf.-Regt. vakant König Alfons von Spanien, zum Assist-Arzt 2. Kl. befördert

Den 24. März 1888.

Wiederangestellt;

Im Lsndw.-Bats.-Bezirk Hof: den Stabsarzt Dr. Rinne, die Assis t.-Aerzte 1. Kl. Dr. Braun, Dr. Martin; im Landw.-Bats. -Bezirk Kitzingen: den Assist-Arzt 2. Kl. Hartig; im Landw.-Bats.-Bezirk Kitsingen; die Assist. - Aerzte 1. Kl. Dr, Langenkamp, Dr. Eschenburg, Dr. Börner, den Assist.- Arzt 2. Kl. Dr. Kode; im Landw.-Bats.-Bezirk Würzburg: die Assist- Aerzte 1. Kl. Dr. Nieberding, Dr. Müller, Dr. Wunderlich; im Landw.- Bats.-Bezirk Aschaffenburg: die Assist.- Aerzte 1. Kl. Dr. Grüdel, Dr. Holling, Dr. Kräh; in: Landw.-Bats.-Bezirk Kaiserslautern: den Stabsarzt Dr. Hendrichs, die Assist -Aerzte 1. KI. Dr. Kaulen, Dr. Diederichs, Dr. Held; im Landw.-Bats.-Bezirk Landau; den Assist-Arzt 1. KI. Dr. Straub; im Landw.- Bats.-Bezirk Zweibrüeken: die Assist.-Aerzte 1. Kl. Dr. Renner, Willigens,

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Ben 31. März 188B.

Wiederangestellt:

Im Landw.-Bats.-Bezirk I. München: die Assist.- Aerzte 1. Kl. Br. Frobe- nius, Br. Walther, Br. Panizza, den Assist.-Arzt i. Kl. Br. Prunhuber; im Landw.-Bats.-Bezirk II. München: den Assist.-Arzt 2. Kl. Br. Urlaub; im Landw.-Bats.-Bezirk Mindellieim: den Stabsarzt Br. Luchbrunner, den Assist.- Arzt 1. Kl. Br. Wille; im Landw.-Bats.-Bezirk Augsburg: den Assist. -Arzt l. Kl. List; im Landw.-Bats.-Bezirk Billingen: die Assist.- Aerzte 1. Kl. Br. Wezel, Br. Bnndschii; im Landw.-Bats.-Bezirk Ingobitadt: den Stabsarzt Br. Van sei uw.

Ben 1. April 1888.

Br. Vossschulte, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots (Kaiserslautern), der Abschied aus allen MilitirTerbältnissen ertheilt.

Burch V'erfügung des Kriegsministeriums.

Ben 5. März 1888.

Br. Hanf, Unterarzt der Kes., in den Friedensstand des 12. Inf.-Regts. Priiu Arnulf versetzt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist. -Arztstelle beauitrigt.

Ben 1. April 1888.

Bühm, einjährig-freiwilliger Arzt vom 1. Inf.-Regt. Kdnig, zum Unterarzt im 3. Chev.-Regt. Herzug Maximilian ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist.-Arztstelie beauftragt.

Veränderungen im Königlich Sächsischen Hanitäts- Korps.

Allerhöchster Beschluss vom 21. März 1888. '

Br. Wilke, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 4. Inf.-Regt No. 103, zum 1. Peld-Ait- Regt. No. 12, Br. Siems, Assist.-Arzt 2. RI. vom 1. Feld-Art-Regt. No. 18, zum 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, versetzt. Peschek, Unter- arzt vom 11. Inf.-Regt No. 139, unter Versetzung zum 5. Inf.-Regt Priiu Friedrich August No. 104, zum Assist.-Arzt 2. Kl., Br. Ludwig, Br. Hoffmann, Unter- ärzte der Res. vom Landw.-Bats.-Bezirk I. Bresden, zu Assist.-Aerzteu 2. Kl. der Res., befördert Br. Klinger, Stabsarzt der Res. a. B., in der Res. des Sanitäts-Uffizierkurps mit einem Patent vom 20. Februar 1879 £ wiederaugestellt.

Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanltäts-Korpa.

Ben 3. März 1888.

Br. Jäger, Stabsarzt im Inf.-Regt König W’ilhelm No. 124, kommaudirt zum Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin, auf ein weiteres Jahr in diesem Kommando- verhältnisse belassen.

Ben 10. März 1888.

Bie Unterärzte Br. Beck im Ulan.- Regt. König Wilhelm No. 20, Br. Heise ini 2. Brag.-Kegt. No. 2G, Br. Haasis im 4. Inf.-Regt No. 122, dieser unter Versetzung in das Inf.-Regt König Wilhelm No. 124 zu Assist.- Aerzteu 2. Kl. ernannt

Ben 31. März 1888.

Br. Reinhardt, Assist-Arzt 1. Kl. im Inf.-Regt. Kaiser Friedrich Köiüg von Preussen No. 125, in die etatsmässige Stelle beim Korps-Generalarzt versetzt

Ben 7. April 1888.

Br. Müller, Oberstabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt im Inf.-Regt Kaiser Wilheloi König von Preussen No. 120, mit Pension und mit der Erlaubniss zum Tragen der bisherigen Uniform der Abschied bewilligt.

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Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.

Den 14. Februar 1888.

Schoffer, einjährig -freiwilliger Arzt im 8. Inf.- Regt No. 12G, mit Wirkung vom 14. Kebruar d. J. ab zum Unterarzt des Friedensstandes in dem genannten Regiment ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-Arztstelle beauftragt.

Ordensverleihungen.

Preussische.

Kreuz der Grosskomthure des Königlichen Haus-Ordens von Hohen- zol lern:

Generalstabsarzt der Armee und Chef des Sanitätskorps, Wirkt. Geheimen Ober- Medizinalrath und Professor Dr. v. Lauer.

Kreuz der Komthure desselben Ordens:

Generalarzt 2. RI. und Regts.-Arzt des Garde-Kür.-Regta. Dr. Leuthold. Kreuz der Ritter desselben Ordens:

Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Ti mann vom Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt. No. 1.

Andere:

Kommandeurkreuz 2. KI. des Königlich Schwedischen Wasa-Ordens: Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Michel, Chefarzt des 2. Gam.-Lazareths für Berlin zu Tempelliof.

Familien-Nachrichten.

Verlobungen: Dr. Paul Seifert, Assi.st - Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Marie Hübler (Dresden). Dr. Felix Berthold, Assist. - Arzt 1. Kl. im Hannor. Train-Bat. No. 10, mit Frl. Bertha Meineke (Hannover). Dr. Benda, Stabs- und Bats.-Arzt im Garde-Füs.-Regt., mit Frl. Hanna Blew (Berlin Angermünde). Dr. Friedrich Bull er, Assist. -Arzt im KOnigl. Bayer. 3. Jäger-BaL, mit Frl. Josephine Ruppert (Eichstädt). Dr. Balmer, Stabsarzt in der KOnigl. Sächs. Sanitätsdirektion, mit Frl. Ida Werner (Dresden Leipzig).

Verheirathet: Dr. Pfuhl, Stabsarzt bei dem mediz.-chirurg. Friedrich -Wilhelms- Institut, mit Frl. Gertrud Koch (Berlin). Dr. Joseph Sandtner, KOnigl. Bayer. Assist. - Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Marie Piechler (Ottenburg). Dr. Eduard Richter, Assist.-Arzt im 3. Garde-UIan.-Regt., mit Frl. Ines Ebert (Potsdam Berlin).

Geburten: (Sohn) Dr. Demuth, Stabsarzt im Eisenbahn - Regt. (Berlin). (Tochter) Dr. Brodführer, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs. - Bats. 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96 (Rudolstadt).

Todesfälle: Dr. Berg, Oberstabsarzt a. D. (Neu - Ruppin). Dr. Heinrich Wächter, Marine - Stabsarzt a. D., Frau Maria Theresa, geb. d’ArauJo Nabuco (Maroim, Provinz Sergipe, Brasilien). Dr. Georg Müller, KOnigl. Bayer. Generalarzt 1. Kl. z. D. (München). Schlott, KOnigl. Sanitätsrath und Stabsarzt a. D. (Halle a. S.). Dr. Jacob Plien, Stabsarzt der Landw. a. D. (Süchteln). Dr. Georg Dietil, Kgl. Bayer. Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. a. D. (Kirchheimbolanden).

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General -Rapport

von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich Sächsischen) und des XIII. (Königlich Wörttembergischen) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatzongs-Brigade pro Monat Jannar 1888.

1) Bestand am 31. Dezember 1887 : 10 826 Mann n. 36 Invaliden

2) Zugang:

im Lnzareth 14 175 Mann und 1 Invaliden, im Revier 24 577 - - 10

Summa 38 752 Mann nnd 11 Invaliden.

Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 49 578 Mann und 47 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke ll,7®/o und 17,2“/o.

3)

geheilt ....

. 33 842

Mann,

10

Invaliden,

gestorben . . .

87

-

1

-

invalide ....

165

-

-

dienstunbranchbar

466

-

-

anderweitig . .

382

-

1

-

Summa .

. 34 942

Mann,

12

Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 68,3°/a der Kranken der Armee und 21, 3% der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,18’’/o der Kranken der Armee und 2,1% der erkrankten Invaliden.

5) Mithin Bestand:

am 31. Januar 1888 14 636 Mann nnd 35 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 3,5% und 12,8%.

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazareth 9 951 Mann und 2 Invaliden, im Revier 4 68.5 - - 33

Es sind also von 570 Kranken 389,1 geheilt, 1,0 gestorben, 1,9 als invalide, 5,4 als dienstnnbraucbbar, 4,4 anderweitig abgegangen, 168,2 im Bestände geblieben.

Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an: Rose 1, Diphtheritis 2, Karbunkel 1, Blutvergiftung 4, gastrischem Fieber 1, Unterleibstyphus 4, epidemischer Genickstarre 4, akutem Gelenk- rheumatismus 4, Blutarmuth 2, bösartigen Geschwülsten 1, Hirn- und Hirnbantleiden 3, Lungenentzündung 20, Lungenschwindsucht 18, Brustfell- entzündung 4, Herzleiden 7, Darmentzündung 3, Bauchfellentzündung 1, Nierenleiden 5, Ohrenleiden 1, Knocbenentzündung 1. Von den Invaliden: an Lungenentzündung 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzeu noch 25 Todesfälle vorgekommen, davon 3 durch Krankheit, 6 durch Verunglückung, 16 durch Selbstmord; von den Invaliden : durch Krankheit 1 ; so dass die Armee im Ganzeo 112 Mann und 2 Invaliden durch den Tod verloren hat.

Nachträglich:

pro November 1887: 1 Selbstmord durch Vergiftung.

Gddrackt in der Königlichen Uofbucbdruckerei von E. S. Mittler & Sohn, Berlin, Kochstruse SS— 10

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Amtliches Beiblatt

Enr

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift.

1888. Siebzehnter Jahrgang. M 5.

Berlin, den 13. März 1888.

In Verfolg der Verfügung vom 18. 5. 87 J. Na 750. M. A. werden der Königlichen Intendantur zum Anhalt bei künftigen Beschaffungen anbei:

.... Stoffproben von blau und weiss gestreiftem Drillich zu den KrankenrOcken und Krankenhosen in gekrumpfenem Zustande . > dergl. in nicht gekrumpfenem Zustande

ganz der unterm 20. 4. 85 J. No. 190/3. M. A. herausgegebenen Probe entsprechend, jedoch in der Küpe unzweifelhait echt, nur mit Indigo gefärbt, er- gebenst übersandt.

Die Vertheilung dieser Proben hat an die in der vorgedachten Verfügung vom 20. 4. 85 bezeichneten Empfangssielten stattznfinden. Die mit dieser Verfügung herausgegebenen Stoffproben treten ausser Kraft und sind nach Ablösung und Vernichtung der Bczeichuiingstafeln im Lazareth-Haushalt entsprechend zu ver- wenden.

Vorschriftsmässige Empfangs - Bescheinigung über die Probestücke ist der Intendantur des Gardekorps baldgefälligst zu übersenden.

I. V.

V. Cot er.

J. No. 323. 3. 88. M. A.

Berlin, den 21. März 1888.

Die von dem Militär -Oekonomie- Departement unterm 25. November v. Js., No. 799. 10. 87. B. 4., getroffenen abändemden Bestimmungen über die Geld- Anweisungen auf die unter einmaligen Ausgaben des Etats bewilligten Spezial-Bau- fonds finden vom Jahre 1888/89 ab auch im Lazareth-Verwaltungsbereich Anwendung, wobei aber im Besondern Folgendes zu beachten ist:

1) Für Bauten bei solchen Lazarethen , welche eine eigene Jahresrechnnng legen, dürfen nach Ablauf eines Etatsjahres für Rechnung desselben bis zum 1. Mai nur Anweisungen über solche Beträge erlassen werden, welche noch in der betreffenden Jahresrechnung des Lazareths zur Ver- einnahmung kommen (Verfügungen vom 18. November 1876 No. 202. 11. M. M. A. und vom 22. Dezember 1879 Nu. 866, 11. M. M. A.).

2) Die Mittheilung der Etats-Titel, Etats -Beträge etc. für die im Jahre 1888/89 im Gange befindlichen Lazarethbauten bleibt Vorbehalten. Hinsichtlich aller noch das Etatsjahr 1887/88 betreffenden, bis I. Mai d. Js. zu

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erlaMenden Anweisnngen verbleibt ee für den dieeeeitigen Geechältehereicb bei den bisherigen Bestinunnngen (Verfügung vom 13. Mörz 187R No. 919. 2. 76. M. M. A.), wonach die einstweilen vorschussweise anznweisenden Baugelder zur Erstattung hier anznmelden sind.

r. V.

V. Col er. V

No. 639/1. 88. M. A.

Berlin, den 24. März 1888.

Es wird darauf hingewirsen, dass bei allen Beschaffungen von Apotheken- geräthen , also auch bei den gemSss Verfügung vom 4. 2. 88 Geheim A. 7. 88 M. A. in Aussicht stehenden, zunächst die im Ko^sbezirk vorhandenen diesseitigen Dh- positionsbestände, sowie auch anderweitige etwa in den Gamisonlazarethen oder io Traindepot vorhandene verfügbare Bestände, soweit sie den Anforderungen ent- sprechen, heranzuziehen sind und wird, behufs besserer Uebersichtlichkeit, eine Vereinigung dieser Bestände im Gamisonlazareth am Sitze des Generalkommandoi anheimgestellt.

V. Lauer.

No. 653. 3. 88. M. A.

Berlin, den 38. März 1888.

Der Königlichen Intendantur wird auf den Bericht vom 11. Februar d. Jb. ergebdtist erwidert, dass sich diesseits Nichts dagegen zu erinnern findet, wenn die allgemeinen Verfügungen des Königlichen Militär-Oekonomie-Departements vom 28. Juli V. Js. No. 1201/6. B. 4. und 10. Dezember v. Js. 131. 11. B. 2. betreffend den Wirthschaftsbetrieb bei den Garnison- and Magazinverwaltungen, insbesondere die diesfälligen Weisungen für Beschränkung des BOreaudienstes zn Gunsten des äusseren Dienstes auch auf den Geschäftsbetrieb bei den Gamison- Lazarethen, sowie auf den Verkehr derselben mit den Intendanturen sinngemässe Anwendung finden.

Hierbei wird auch auf Absatz 3 des Erlasses vom 28. Juli v. Js. bezüglich der auf die Lazareth-Baulichkeiten zu richtenden Aufmerksamkeit zur Beachtung besonders hingewiesen.

Bezüglich der empfohlenen abgekürzten Formen für die Berichterstattung gilt es als selbstverständlich, dass dadurch die ausreichende Begründung solcher An- träge, welche Abweichungen von den Vorschriften bezwecken, nicht leiden darf

Schliesslich wird noch darauf aufmerksam gemacht, dass in den betreffenden Verfügungen der Intendanturen an die Lazarethe das dieserhalb vorher einzuholendc Einverständniss des Korpsarztes besonders zum Ausdruck zu bringen ist, damit auch der Dienstverkehr der Gamison-Lazaretbe mit diesem entsprechend vereinfacht wird.

An die Königliche Intendantur des XI. Armee-Korps zu Cassel. Abschrifi hiervon wird der Königlichen Intendantur zur gefälligen Kenntnissnahme und weiteren Veranlassung im Benehmen mit dem Herrn Korpsarzt ergebenst übersandt.

I. V. v. Co 1er.

J. No. 701/2. 88. M. A.

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Berlin, den 13. April 1888.

Die Königliche Intendantur wird unter Bezugnahme auf die an das General- kommando gerichteten Erlasse vom 3. 3. 88 No. 690. 2. A. 1. und vom 31. 3. 88 No. 596. 3. 88 A. 1. ergebenst ersucht, die Gamisonlazarethe des dortseitigen Verwaltungsbezirks bezüglich der für die Lazareth-Bibliotheken zur Beschaffung auszuwühlenden Bücher und Zeitschriften auf die in vorerwähnten Er- lassen empfohlene Unteroffizier-Zeitung bezw. das aus verschiedenen Nummern dieser Zeitung für die Armee hergestellte Gedenkblatt aufmerksam zu machen.

V. Lauer.

No. 419. 4. 88. M. A.

Berlin, den 16. April 1888.

Unter Bezugnahme auf die Verfügung vom 31. Juli 1876 No. 755. 7. 76. M. M. A. werden Euer Hochwohlgeboren ergebenst davon in Kenntniss gesetzt, dass die chemische Fabrik auf Aktien (vormals E. Schering) Berlin W. Fenn- strasse 11/13 jetzt im Stande ist, die sogenannte lOOprozentige Karbolsäure (Acidum carbolicum erudum Fh. O. II) zum Preise von 60 Mark für 100 kg ein- schliesslich Barrels oder Ballons frachtfrei einer jeden Deutschen Bahnstation zu liefern. /

In Zukunft werden dergleichen Mittheilungen von hier aus nicht mehr er- folgen, und ist die Beschaffung der rohen Karbolsäure zu zeitgemässen Preisen nach den allgemeinen Grundsätzen für die Arznei- Versorgung zu bewirken.

V. Lauer.

Ko. 1063. 3. 88. M. A.

' A.-V.-B1. No. 13, No. 93.

Kriegsministerium. Berlin, den 13. April 1888.

Lazarethaufnahme inaktiver Mannschaften.

Die Entscheidung auf etwaige Anträge wegen der Lazarethaufnahme inaktiver Mannschaften wird unter Aufhebung der entgegenstehenden Bestinunungen des all- gemeinen Erlasses vom 4. Mai 1872 No. 1451/3. 72. M. M. A. uneingeschränkt den Königlichen Generalkommandos hiermit übertragen. Indessen sind die in dem gedachten Erlasse angegebenen leitenden Gesichtspunkte für die diesfälligen Ent- scheidungen auch fernerhin als maassgebend anzusehen.

Brunsart v. Schellendorff.

No. 863/3. 88. M. A.

Personal -VeränderuDgen im Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Den 27. April 1888.

Dr. Kley, Oberstabsarzt 3. Kl. und Kegts.-Arzt vom 3. Hannov. Drag.-Regt. No. 16, zum Oberstabsarzt 1. Kl., Dr. Sellerbeck, Stabs- und Bats.-Arzt vom Bat. 1. Thfiring. Inf.-Regt No. 31, zum Oberstabsarzt 3. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 26, mit einem Patent vom 2. April 1888, Ur. Goldborn, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 3. Hannov. Inf.-Regts. No. 79, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 3. Rhein. Inf.-Regts. No. 29,

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Dr. Jonas, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs.-Bat. 2. Garde-Kegts. zu Fuas, unter vorläuliger Bclassung in seiner gegenwärtigen Stellung, zum Obeniabsarzt 2. Kl.,

Dr. Hellwig, Stabs- und Bats.-Arzt vom Niedersehlcs. Fion.-Bat. No. 5, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts. -Arzt des 6. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 43, Dr. Buchs, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs.-Bat. 3. Niedersehles. Inf.-Regts. No. 30, zum Oberstabsarzt 2. KI. und Regts.-Arzt des ü. Pomm. Inf.-Regts. No. 49, Dr. Wolff, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 1. Sehles. Gren.-Regts. No. 10, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Brandenburg. Inf.-Regts. No. 24 (Gross- herziig Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin), Dr. Bogge, Assist-Arzt

1. Kl. vom Invalidenhause zu Berlin, zum Stabs- und Bats.-Arzt de« Füs.-Bats. 3. Niedersehles. Inf.-Regts. No. 50, Dr. Kowalk, Assist-Arzt 1. Kl. in der etatsmäss. Stelle bei dem General- und Korpsarzt des II. Armeekorps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bats. Schien. Füs. -Regts. No. 38, Dr. Schwarze, Assist- Arzt 1. Kl. in der etatsmäss. Stelle bei dem Generad- und Korpsarzt des Garde- korps, zum Stabs- und Abtheil.-Arzt der I. Abtheilung des Posen. Feld- Art-Regts. No. 20, Dr. Schneider, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Neumärk. Drag.-Regt No. 3, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bats. Ostpreuss. Füs. -Regts. Nu. 33, Dr. Bücker, Assist-Arzt 1. Kl. in der etatsmäss. Stelle hei dem General- und Kuipsarzt des VIII. Armeekorps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 3. Hannov. Inf.-Regts. No. 79, Dr. Herrmann, Assist-Arzt 1. Kl. vom 7. Pomm. Inf.-Rcgt No. 54, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 8. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 45, Dr. Hahn, Unterarzt vom 1. Westfäl. Inf.-Regt Nu. 13, zum A^ist.-Arzt 2. Kl.,

Ahlemaun, Marine-Unterarzt von der 1. Matrosendiv., zum Marine-Assist-Arzi

2. Kl., befördert. Die Unterärzte der Res.: Goldstein vom Landw.- Bats.-Bez. Königsberg, Heidenreieh vom Landw.-Bats.-Bez. Insterburg, Dr. Konietzko rum Landw.-Bats.-Bez. Lötzen, Rusettenstein vom Landw.- Bats.-Bez. Stettin, Dr. Seeger vom Landw.-Bats.-Bez. Naumburg, Dr. Lands- berg vom Landw.-Bats.-Bez. Bernau, Nischkowsky vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Dr. Körber vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Dr. Schmalfust vom Landw.-Bats.-Bez. Düsseldorf, Dr. Lackmann vom Landw.-R^ts.-Ber Cöln, Dr. Nerger vom Landw.-Bats.-Bez. Rostock, Schmalmack vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, Dr. Becker vom Landw.-Bats.-Bez. II. Oldenburg,

Dr. Burhenne vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Dr. Büttner vom Landw.- Bats.-Bez. Eisenach, Dr. Hueter vom Landw.-Bats.-Bez. Marburg, Dr. Hecken- hayn vom Landw.-Bats.-Bez. Gotha, Dr. Baldus vom Landw.-Bats.-Bez. I. Cassel, Weinkanff vom I.,andw.-Bats.-Bez. Heidelberg, Griesenbeck vom Landw.-Bats.-Bez. Strassburg, Heraucourt vom Landw.-Bats.-Bez. Strassburg,

zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., Dr. Müller, Unterarzt der Landw. 1. Angebots vom Landw. - Bats. - Bezirk Kiel, zum Assistenz - Arzt 2. Kl. der Land- wehr 1. Aufgebots, befördert. Dr. Weiss, Dr. Nocht, Schubert, Dr. Renvers, 'Marine - Stabsärzte, ein Patent ihrer Charge verliehen. Lutz, Unterarzt der Res. vom I..andw. - Bats. - Bcz. Mainz, im aktiven Sanitätskorps und zwar unter Beförderung zum As8ist.-Arzt 2. Kl. bei dem Hess. Feld-Art--Regt. No. 11 angestellt. Dr. Wollenberg, Oberstabsarzt 1. Kl. und Garn. -Arzt zu Königsberg i. Pr., mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 1. Div. beauftragt. Dr. Schondorff, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 1. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 2G, zum 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14, Dr. Pfeiffer, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts. - Arzt vom Pomm. Füs.-Regt. No. 34, zum 3. Bad. Inf.-Regt No. 111, Dr. Boehr, Stabs- und Bats.-Arzt vom 3. Bat. Sehles. Füs.- Regts. No. 38, zum 2. Bat. 1. Sehles. Gren.-Regts. No. 10, Dr. Kaegler, Stabs- iind Ahtheil.-Arzt von der 1. Abtheil, des Posen. Feld-Art.-Regts. No. 20, als Bats.- Arzt zum Niedersehles. Pion.-Bat No. 5, Dr. Schönlein, Stabs- und Bats.-Arzt vom 3. Bat. Ostpreuss. Füs. - Regts. No. 33, zum 2. Bat 1. Thüring. Inf. - Regts. No. 31, Dr. Keitel, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Kaiser Franz Garde -Gren.- Regt Nu. 2, in die etatsmäss. Stelle bei dem General- und Korpsarzt des Gardekorps, Dr. Vollmer, Assist-Arzt 1. Kl. vom 8. Rhein. Inf.-Regt No. 70, zum 3. Branden- burg. Inf.-Regt. No. 20. Dr. Matthes, Assist-Arzt 1. Kl. vom 1. Hannov. Ulan.- Kegt. No. 13, zum 7. Thüring. Inf.-Regt Nu. 9G, Dr. Stern, Assist.-Arzt 2. Kl.

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vom Feld - Art. -Regt. No. 15, zum Invalidenhause in Berlin, versetzt. Dr. Weber, Oberstabsarzt 1. Kl. und Kegts.-Arzt vom 6. Ostpreuss. Iiif.-Uegt. No. 4d, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der I. Div., als Generularzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisher. Uniform, Dr. Schneider, Oberstabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Bad. Inf.-Regt. No. 111, mit Pension und seiner bisher. Uniform, Dr. Boether, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.- Arzt vom 3. Ponim. Inf. - Regt. No. 14, als Oberstabsarzt 1. Kl. mit Pension und seiner bisher. Uniform, Dr. Dilsterhoff, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.- Arzt vom 6. Porom. Inf. - Regt. No. 49, mit Pension und seiner bisher. Uniform, Dr. Riebau, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Rhein. Inf.-Regt. No. 29, mit Pension, Dr. Campe, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 8. Ostpreuss. Inf.- Regts. No. 45, mit Pension, Dr. Engelbrecht, Stabsarzt der Landw. 1. Auf- gebots vom Landw. - Bats. - Bez. Bartenstein, als Oberstabsarzt 2. Kl. mit seiner bis- her. Uniform, Dr. Saenger, Stabsarzt der Res. vom Land w.-Bats.-Bez. Weimar, mit seiner bisher. Uniform, Dr. Berner, Stabsarzt der Res. vom Landw.-Bats.- ' Bez. Neustrelitz, mit seiner bisher. Uniform, Dr. Wende, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots von demselben Landw.-Bats.-Bez., mit seiner bisher. Uniform, Dr. Mingrumm, Assist. - Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebou vom Landw.'- Bats.- Bez. Hamburg, der Abschied bewilligt. Ni,emann, Marine -Stabsarzt von der 2. Matrosendiv., als halbinvalido mit Pension aus dem aktiven Sanitüts- korps ausgeschieden und zu den .Sanitätsoffizieren der Seewehr 2. Aufgebots über- getreten.

Charlottenburg, den 10. April 1888.

Wicderangestellt:

Stabsarzt Dr- Toeplitz, zuletzt von der Res. des Res.-Landw.-Regts. (1. Breslau) No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Stabsarzt Dr. Lesser, zuletzt von der Landw. des Res.-Landw.-Regts. (1. Breslau) No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, charakteris. Stabsarzt Dr. Schäfer, zuletzt Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. vom Res. - Landw. - Regt. (1. Breslau) No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, charakteris. Stabsarzt Dr. Kratzert, zuletzt Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. vom 1. Bat. (Rybnik) 1. Oberschles. Landw.-Regts. No. 22, beim Landw.- Bats.-Bez. Rybnik, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Dyhrenfurth, zuletzt von der Res. des Res.-Landw.-Regts. (l. Breslau) No. 38, beim I-andw.-Re^.-Bez. I. Breslau, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Janike, zuletzt von der Landw. des Res.-Landw.-Regts. (1. Breslau) No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau.

Berlin, den 17. April 1838.

Wicderangestellt:

Dr. Koeniger, Marine - Assist. - Arzt 1. Kl. a. D., im Landw. - Bats. - Bez. I. Darmstadt, zuletzt von der Seewehr, Dr. Spenkuch, Marine - Assist. - Arzt

1. Kl. a. D., im Laudw. - Bats. - Bez. Mosbach, zuletzt von der Seewehr, Dr. Seidel, Mariue-Assist.-Arzt 1. Kl. a. D., im Landw. -Bats .-Bezirk I. Brauiuchweig, zuletzt von der Marine - Res., als Marine - Assist. - Aerzte 1. Kl. der Seewehr

2. Aufgebots.

Den 25. April 1888.

Wieder angest el It:

Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Erl er, zuletzt von der Res. des Landw.-Bats. Görlitz, heim Landw.-Bats.-Bez. Görlitz.

Den 1. Mai 1888.

Wiederangestellt:

Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Frantz, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Hu:g, beim Landw.-Bats.-Bez. Burg, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Wendel, zuletzt »Oll der Landw. des Landw.-Buts. Weimar, beim Landw. -Bats. -Bez. Magdeburg, Asskt.-Arzt 1. Kl. Dr. Marechaiix, zuletzt von der Landw. des Landw. -Bat.s. Magde-

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barg, (lesgl., A88ist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schede, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Asgist.-Arzt 1. Kl. Dr. Rausche, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Hennige, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist.-Arzt l.KI. Dr. Stühmer, zuletzt von der Landw. desselben Bats-, desgl. Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Philipp, zuletzt von der Res. des Laudw.-Bats. llalberstadt, beim Landw.-Bats.-Bez. Halberstadt, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Re lisch, zuletzt von der laindw. des Landw. -Bats. Halle, beim Landw.-Bats.-Bez. Halle, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. v. Hake, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Bitter- feld, beim Landw.-Bats.-Bez. Bitterfeld, Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Lesser, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., AssisL-Arzt 1. Kl. Dr. Oertmann, zu- letzt von der Landw. des Landw.-Bats. Torgau, beim Landw.-Bats.-Bez, Turgan, Stabsarzt Dr. WeihI, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Bemburg, beim Landw.-Bats.-Bez. Bemburg, Agsist.-Arzt 1. Kl. Dr. Ksleben, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Wiegand, zuletzt von der Res. des Landw.-Bats. Sangerhausen , beim I>andw.-Bat8. -Bez. Sangerhausen, A8’nst.-Arzt 1. Kl. Dr. Lotb, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Erfurt, beim Landw.-Bats.-Bez. Erfurt, Stabsarzt Dr. Stampf, zuletzt von der Landw: dl« Landw.-Bats. Weissenfcls, beim Landw.-Bats.-Bez. Weissenfels, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Kutsch bach, zuletzt von der Res. des Landw.-Bats. Altenburg, beim Landw.-Bats.-Bez. Altenburg, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Mandowski, zuletzt von der Landw. des Landw. - Bats. Gers, beim Landw.-Bats.-Bez. Gera.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat März 1888 eingetretenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Den G. März 1888.

Dr. Hahn, Unterarzt vom 1. Westfäl. Inf.-Rcgt No. 13,

den 15. März 1888.

Dr. Altmann, einjährig- freiwilliger Arzt vom Fuss-Art-Regt No. 10, unter Verretzung zum 4. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 67 zum Unterarzt ernannt,

den 18. März 1888.

<

Dr. Duden, einjährig-freiwilliger Arzt vom 2. Gardc-Regt. z. F. unter Vrr- setznng zum Westfäl. Drag.-Regt. No. 7 zum Unterarzt ernannt,

den 1». März 1888.

Dr. Eichel, Unterarzt vom 1. Posen. Inf.-Regt. No. 18, Huth, Unterarzt vom I. Westpreuss. Gren.-Regt. No. 6, sämmtlich mit Wajirnnh mu n|g je einer bei den betreffenden Truppentheilen vakanten Assist.- Arzistelle beau ft ra gt.

Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den 4. April 1888.

Dr. Fab er, Assist.-Arzt 2. Kl. des 3. Chev.-Regts. Herzog Maximilian, in den Beurlaubtenstand des Sanitätskorps versetzt.

Den 16. April 1888.

Silberstein, Unterarzt im 3. Inf.-Regt. Prinz Karl von Bayern, zum Assist.- Arzt 2. Kl., Dr. Valentin, Wagner, Dr. Pflüger, Dr. Freymadl, Dyese (1. München), Dr. Merkel (Nürnberg), Petzolt (Würzburg), Dr. Sick (Spey.-r), lloffmanii (Landau), Unterärzte der Res. zu Assist.-Aerzten 2. Kl. des Beurlautou- Standes. befördert.

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Veränderungen im Königlich Sächsischeii Sanitäts-Koqts.

Allerhöchster Beschluss vom 12. April 1888.

Auf Grund des Reichsgesetzes vom 11. Februar 1888, betr. Aenderungen der Wehrpflicht, wieder dienstpflichtig gewordene Sanitits-Offizierc a. D. mit Bclassung des alten Patentes wieder angestellt.

A. In der Reserve:

Stabsarzt Dr. Cahnheim im Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden.

B. In der Landwehr 1. Aufgebots: Vakat.

C. In der Landwehr 2. Aufgebots;'

Stabsarzt Dr. Hartung im Landw.-Bats.-Bez. Pirna, Assist. -Arzt I. Kl. Dr. Schneider im Landw.-Bats.-Bez. Zittau, Stabsarzt Dr. Stobbe im Landw.- Bats.-Bez. Bautzen, Stabsarzt Dr. Rasch im I.andw.-Bat8.-Bez. II. Dresden, die Stabsärzte Dr. Köstlin, Dr. Freytag und Dr. Meyburg, sowie die Assist.- Aerzte 1. Kl. Dr. Meunier und Dr. Weber im Landw.-Bats.-Bez. Plauen, Stabsarzt Dr. Becker im Landw.-Bats.-Bez. Schneeberg, die Stabsärzte Dr. V. Zimmermann, Dr. Böttger, Dr. Simon, Dr. Gnauck, Dr. Zinssmann, Dr. Troitzsch und Dr. Bertheau, sowie die Assist-Aerzte 1. Kl. Dr. Lüttich, Dr. Schettler und Dr. Schwabe im Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, Stabsarzt Dr. Sernau, sowie die Assist. - Aerzte 1. Kl. Dr. Weber und Bv. Rothe im I.andw.-Bats.-Bez. Borna, Stabsarzt Dr. Engel im Landw.-Bats.-Bez. Freiborg, Assist-Arzt 1. Kl. Rothe im Landw.-Bats.-Bez. Chemnitz, Stabsarzt Dr. Findeisen im Landw. - Bats. - Bez. Meissen, die Stabsärzte Dr. Reiche, Dr. Ritter, Dr. Heyde, Dr. Zumpe, Dr. Rau und Dr. Gast, die Assist.-Aerzte l.KI. Dr. Bertram, Dr. Schmaltz und Dr. Buch, Assist - Arzt 2. Kl. Dr. Riedel im Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden. <

Durch Verfügung des Kriegsministeriums.

Den 7. April 1888.

Haiigg, einjährig-freiwilliger Arzt des 2. Gren.-Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm, König von Prenssen, als Unterarzt des Aktivstandes bei diesem Regimente unter gleichzeitiger Beauftragung mit Wahrnehmung einer vakanten Assist. - Arztstelle angestellt.

Allerhöchster Beschluss vom 21. April 1888.

Dr. Wengler, Unterarzt der Res, vom Landw.-Bats.-Bez. Meissen, Müller und Kuntze, Unterärzte der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden, zu Assist- Aerzten 2. Kl. der Res. befördert. Dr. Meyer, Assist-Arzt 1. KI. der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, aus Allerhöchsten Kriegsdiensten behufs Ueberführung in den Landsturm 2. Aufgebots verabschiedet.

Veränderungen im Königlich Württembergi sehen Sanitäts- Korps.

Den 21. April 1888.

Wiederangestellt:

Im Landw.-Bats.-Bez. Calw: Dr. Nuding, Stabsarzt, zuletzt von der Landw.,

im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen; Dr. Willemer, Dr. Tenffel, Assist-Aerzte 1. Kl. zuletzt von der Res., im Landw.-Bats.-Bez. Stuttgart: Dr. Schlosser, Stabsarzt, zuletzt von der Res., Dr. Brudi, Dr. Wächter, Stabsärzte, Dr. Fick, Assist-Arzt 1. Kl., zuletzt von der Landw., im Landw.-Bats.-Bez. Leunberg: Or. Reichmann, Stabsarzt, zuletzt von der Landw., im Landw, Bats. . Bez. Ludwigsbnrg: Dr. Süskind, Dr. Kreuser, Stabsärzte, zuletzt von der Landw., im Landw.-Bats.-Bez. Gmünd: Dr. Wiedenmann, Stabsarzt, zuletzt von der Landw.,

im Landw.-Bats.-Bez. Ulm; Behrle, Dr. Brand, Stabsärzte, zuletzt von der Landw., im Landw.-Bats.-Bez. Bibcrach: Dr. Palmer, Stabsarzt, zuletzt von der Landw.

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46

Ordensverleihungen.

Preussisc he.

Königlicher Kronen-Orden 3. Kl.:

Oberstabsarxt 1. KI. a. D. Dr. Juzi, büher Regts.-Arzt des Inf.-Regbi. No. 137.

Andere:

Ritterkreuz 1. Kl. des Sächsischen Verdienst-Ordens:

Oberstabsarzt 2. KI. Dr. Fischer, Regts.-Arzt des 9. Inl-Regts. No. 139. Oberstabsarzt 2. Kl. Dr. Brause, Regts. - Arzt des 5. Int - Kegts. Prinz Friedrich August No. 104.

Ritterkreuz 1. KI. des Sächsischen Albrechts-Ordens:

Stabsarzt Dr. Mutze-Wobst, Bats.-Arzt im 9. Inf.-Regt. No. 133. Stabs- arzt Dr. Sussdorf vom Kadetten - Korps. Stabsarzt Dr. Schaffrath, Bats.-Arzt im 5. Inf. - Regt. Prinz Friedrich August No. 104. Stabsarzt Dr. Gräfe, Bats.-Arzt im Schützen- (Füs.-) Regt. Prinz Georg No. 108.

Ritterkreuz 2. Kl. desselben Ordens:

.Stabsarzt Dr. Trautschold, Bats.-Arzt im 5. Inf.-Regt. Prinz Friedrich August No. 104. Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Kockel vom 10. Inf.-Regt. No. 134. Assist. - Arzt 2. Kl. Goesmann vom 1. (Leib-) Gren. - Regt No. 100. Assist-Arzt 2. KI. Dr. Wagner vom 9. Inf.-Regt. No. 133.

Khren - Ritterkreuz 2. KI. des Grossherzoglich Oldenbiirgischen Haus- und Verdienst-Ordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig:

Oberstabsarzt 2. RI. Dr. Lindemann, Regts.-Arzt des Westfäl. Kür. - Regts. No. 4.

Fürstlich Waldeckisches MilitäV-Verdienstkreuz 3. KL:

Stabsarzt Dr. Brodführer im 7. Thflring. Inf.-Regt. No. 96.

Allgemeines Ehrenzeichen:

Oberlazarcthgeh. Schünke vom 9. Inf. - Regt. No. 133. Oberlazarethgeh. Vogel und Wagner vom 6. Inf.-Regt Prinz Friedrich August No. 104. Lazarethgeh. Jander vom 1. Ulan.-Regt No. 17. Lazarethgeh. Henniger vom Schützen- (Füs.-) Regt. Prinz Georg No. 108. Krankenwärter Ehrlich vom Gam.-Lazareth zu Zittau.

Familien-Nachrichten.

Verlobungen: Dr. Pani Goerlitz, Stabsarzt am Kadettenhause zu Wahlstatt, mit Frl. Helene Moser (Berlin). Dr. Otto Körner, Assist. - Arzt 1. KI. im Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt. No. I, mit Frl. Anna Lerche (Braun.schweig).

Dr. Balmer, Stabsarzt bei der Sanitäts - Direktion , mit Frl. Ida Werner (Leipzig). Dr. Machate, Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Jäger-Bats. No. 15. mit Frl. Martha Lindemann (Dresden).

Geburten: (Sohn) Dr. Kirchner, Stabs- und Bats.-Arzt im 3. ThOring. Inf.-Regt. No. 71 (Berlin). Stolze, Stabsarzt im Inf.-Regt. No. 93 (Bemburg). (l'ochter) Dr. Rath, Stabsarzt (Potsdam).

Todesfälle: Dr. v. Steinberg-Stirbs, Gen.-Arzt der Marine z. D. (Königsberg)

Dr. Galezowski, Stabsarzt a. D. (Düsseldorf).

tiedrnckt in der KSuigl. Uof bnchilruckerei von £.8. MittleraSohn, Berlin bW., Kochair. 68— 7S.

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Amtliches Beiblatt

zur

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift

1888. Siebzehnter Jahrgang. .A» 6.

Kriegsministeriiim.

Medizinal - Abiheiluiig. Berlin, den 21. April 1888.

Kuer Hochwohlgehuren thcilt die Abthriliing anliü<slieh einer hierher gelangten Anfrage Nachstehendes ergebenst mit:

1) Leute mit myopischem sowohl als hypermetropischem Astigmatismus sind hinsichtlich ihrer Dienstfähigkeit lediglich nach den das Sehvermögen be- treffenden Vorschriften in den Anlagen zur Rekrutirungs- Ordnung bezw. zur Dienstanweisung zu beurtheilen.

2) Entsprechende eylindrische Gläser dürfen in geeigneten Fällen ohne Weiteres beschafft werden, auch wenn die dadurch entstehenden Kosten den für gewöhnliche Brillen festgesetzten Preis überschreiten.

3) Der Einholung diesseitiger Genehmigung bedarf es hei solchen Be- schaffungen nicht.

V. Lauer.

An die Korps - Generalärzte des Gardekorps, des L, II., IV. XL, XIV. und XV. Armeekorps.

No. 725/4. 88. M. A.

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 23. April 1888.

Euer Hochwohlgehoren erwidert die Abtheilung auf das gefällige Schreiben vom 1. Februar d. Js. No. 470 ergebenst, dass bisher zwar durch den „Kontrol- vermerk des Chefarztes“ unter den Krankenjournalen gemäss der Verfügung vom 26. 6. 74, No. 864. 6. 74. M. M. A. nur die richtige Ablieferung des .Tuumai- blattes seitens der Stationen an das Lazareth bescheinigt wurde, dass es sich jedoch als wünschenswerth herausgestellt hat, von jetzt an diesen Kontrol vermerk auch auf die vorschriftsmässige Führung des Joumalblattes soweit sie die äussere Form betrifft auszudehnen.

Dagegen steht dem Chefarzt eine Einwirkung auf den sachlichen Inhalt des Joumalblattes nicht zu, da dieses ein Bild der Krankenbehandlung gehen soll, in welcher der ordinirende Arzt nach §. 13 al. 3 der Bestimmungen, betreffend die Einführung von Chefärzten in die Friedens - Lazarethe vom 24. 10. 72, durchaus selbstständig ist.

An den Königlichen Generalarzt 1. Kl. und Korpsarzt des III. Armeekorps Herrn Dr. V. Stuckrad, Hochwohlgeboren hier.

Abschrift hiervon nachrichtlich.

V. Lauer.

An die Königlichen Korpsärzte des Gardekorps, des I., II., IV. XL, XIV., und XV. Armeekorps.

No. 145. 2. 88. M. A.

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48

No. 11.

Gesetz, betreffend die ZnrOckbefOrdernng der Hinterbliebenen im Auslände angeatellter ßeichsbeamten und Personen des Soldaten. Standes. Vom 1. April 1888.

Wir Friedrich, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Pre usse n etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Artikel 1.

Die im §. 8 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate etc., vom 8. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 137) enthaltene Bestimmung, wonach die Familien der Berufskonsuln, wenn letztere während ihrer Amtsdauer sterben, auf Bundeskosten in die Heiraath zurückbefördert werden, wird auf die Hinter- bliebenen sämmtlicher aus der Reichskasse tesoldeten pensionsberecbtigten Reichs- beamten und Personen des Soldatenstandes, deren dienstlicher Wohnsitz sich im Auslande befindet, ausgedehnt.

Ausgenommen bleiben die Hinterbliebenen solcher Reichsbeamten, welche in Grenzorten oder in dem Zollgebiet angeschlossenen ausländischen GebietstheilcD angestellt sind,

Artikel 2.

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1888 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktm Kaiserlichen Insiegel,

Gegeben Charlottenburg, den 1. April 1888.

(L. S.) Friedrich.

Fürst von Bismarck.

A.-V.-Bl. No. 15.

Verordnung, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Aus- führnngsbestimmungen zu dem Gesetze über die Kriegsleistungen. Vom 14. April 1888.

Wir Friedrich, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preussen etc.

verordnen zur Ausführung des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 18TS (Reichs-Gesetzbl. S. 129) im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bnndesraths, was folgt:

Artikel I.

§. 1. Im Abschnitt I der Verordnung, betreffend die Ausführung des Gesetzes vom 13. Juni 1873 über die Kriegsleistungen, vom 1. April 1876 (Reichs -Gesetihl. S. 137) treten folgende Bestimmungen:

a. An die Stelle der Festsetzung unter Ziffer 3, l zu §. 10 des Gesetzes:

Die tägliche Feidmundportion (Feldkost), welche den mit Verpflegung Einquartierten Offizieren, Militärärzten im Offiziersrang und oberen Beamten, wie Mannschaften und Unterbeamten zu gewähren ist, beträgt'

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49

1)

750 Gramm

Brot;

2)

375

rohes Fleisch, fnsches oder gesalzenes, oder

200

geräuchertes Rind-, Schweine- oder Hammelfleisch. Speck, geräucherte Fleisch- oder Dauerwurst:

3)

125

Reis, Graupe oder Grütze, oder

250

Hülsenfrüchte oder Mehl, oder

1500

Kartoffeln ;

4)

25

Salz; sowie

5)

25

Kaffee in gebrannten Bohnen, oder

30

Kaffee in ungebrannten Bohnen.

Ausser der KaSeeportion hat der Kinquartierte Getränke nieht zu be- anspruchen.

Die Brotportion vertheilt sich glcichmässig auf die Morgen-, Mittags- und Abendkost. Als Morgenkost ist Kaffee oder eine Suppe, als Mittags- kost Fleisch und Gemflse, als Abendkost Gemüse zu verabreichen. Falls das Brot den Truppen aus den Magazinen geliefert wird, bat der Quartier- geber solches nicht zu verabreichen.

b. An die Stelle der Festsetzungen unter Ziffer 3, i, Absatz 1 und 2 zu §. 10 des Gesetzes;

Die Vergütung für Naturalverpflcgung erfolgt sowohl für Offiziere, Militärärzte im Offiziersrang und obere Baamte, als auch für Mami- schaften und Unterbeamte nach §. 9 No. 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Februar 1875. Danach beträgt die Vergütung für Naturalverpflegung

für den Kopf und Tag:

mit Brot ohne Brot

a. für die volle Tageskost ... 80 Pfennig, 65 Pfennig,

b. - Mittagskost ..... 40 - 35

c. - - Abendkost 25 - 20

d. - - Morgenkost 15 - 10

Wenn der Preis des Winterroggens nach dem Durchschnitt der November-Marktpreise in Berlin, München, Königsberg und Mannheim für 1000 Kilogramm mehr als 160 Mark beträgt, so wird im folgenden Jahre für je 10 Mark dieses Mehrbetrages die Vergütung der vollen Tages- kost mit Brot um 5 Pfennig bis zum Satze von einer Mark erhöht und tritt entsprechende Erhöhung der übrigen Sätze ein.

c. An die Stelle der Festsetzungen unter Ziffer 4,1 zu §.11 des Gesetzes: Die Fourage ist in guter Beschaffenheit und nach Gewicht zu ver- abreichen.

Der Tagesfouragesatz (schwere Kriegsration) für die Pferde der auf Märschen und in Kantonnirungen befindlichen Theile der bewaffneten Macht, einschliesslich des Heeresgefolges, beträgt zur Zeit:

6000 Gramm Hafer,

1500 - Heu,

1500 - Futterstroh,

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50

Die Dienstpferde des Regiments der Gudes da Corps erhalten sasser- dem eine Futterzulage von ÖOO Gramm Hafer und 1500 Gramm Heu für Pferd und Tag.

Rtwaige Aenderungen in den Bestimmungen über die Grösse und Zusammensetzung der Ration werden durch den Reichskanzler zur öffentlichen KenntnUs gebracht werden, d. An die Stelle der Festsetzungen unter Ziffer 5, S zu §. 13 des Gesetzes;

Fuhrwerke, welche roraussichtlich länger als 48 Stunden ron ihrer Heimath femgehalten werden, haben neben freiem Quartier auf der ihneu | vorzuschreibenden Ktappenstrasse , von dem auf die Gestellung folgenden ' Tage ab Anspruch auf freie Verpflegung für Führer und Zugthierc ohne '• Kürzung ihrer Fahrpreise, und zwar auch für die Rückfahrt, wenn sie nach der hierüber dem Führer von der entlassenden Behörde beziehungs- weise Truppe auszustellenden Bescheinigung nicht an demselben Tage heimzukehren vermögen, an welchem ihre Entlassung erfolgt ist. Zur |

freien Verpflegung des Führers gehört neben der Mundportion ein täglicher I

Baarzuschuss in Höhe der Gemeinenlöhnung der Infanterie. Vorspann- Vergütung sowie freies Quartier und Verpflegung für die Rückfahrt wird ihnen nur insoweit gewährt, als letztere ohne verschuldete Verzögerung bewerkstelligt worden ist.

§. 2. An die Stelle der Beilage A 3 zur Verordnung, betreffend die Ausführung des Gesetzes vom 14. Juni 1873 über die Kriegsleistungen, vom 1. April 1876 tntt das Muster einer Bescheinigung über empfangene Fouroge (cf. dieses).

Artikel II.

§. 1. Die Ziffer 3 in dem laut Verordnung vom 13. April 1882 (Reichs-Gesctibl.

S. 47) genehmigten Formular der Marschrouten für Kricgsvcrhiltnisse erhält folgende Fassung:

An Verpflegung für die Pferde nach Gewicht

(Zahl.)

(Zahl.)

j

Gramm Hafer,

Rationen ä (

Heu,

1

t

Zuschussrationen a l

[ - Heu.

§. 2. An die Stelle der Abschnitte B, C, D und E der , Bestimmungen* zu dem im §. 1 bezeichneten Marschroutenfonnular treten folgende Festsetzungen:

1. B. Mimdverpflegung.

Die Verpflegung der Truppen (einschliesslich des Heercsgefolges) auf dem Marsche, und zwar sowohl für die Marsch- und Ruhetage als auch für die auf dem Marsche eintretenden Aufenthaltstage, sowie io Kan- tonnirungen liegt nach Maassgabe des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (Reichs - Gesetzbl. S. 139) den Gemeinden und den Quaitiergebem ob.

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Der mit Verpflegung Einquartierte sowohl der Offizier, Arzt nnd Beamte, als auch der Soldat- hat sich in der Regel mit der Kost des Quartiergebers zu begnügen (§. 10 a. a. O.).

Die tigliche Feldmundportion (Feldkost), auf welche der Einquartierte Anspruch hat und welche ihm in gehöriger Zubereitung und in guter Beschaffenheit gewährt werden muss, besteht in:

1)

750 Gramm

Brot;

2)

375

rohes Fleisch, Arisches oder gesalzenes, oder

200

geräuchertes Rind-, Schweine- oder Hammelfleisch, Speck, geräucherte Fleisch- oder Dauerwurst;

3)

125

Reis, Graupe oder Grütze, oder

250

Hülsenfrüchte oder Mehl, oder

1500

Kartoffeln ;

*)

25

Salz; sowie

6)

25

Kaffee in gebrannten Bohnen, oder

30

Kaffee in ungebrannten Bohnen.

Ausser der Kaffeeportion hat der Einquartierte Getränke nicht zu be- anspruchen.

Die Brotportion rertheilt sich gleichmässig auf die Morgen-, Mittags- nnd Abendkost. Als Morgenkost ist Kaffee oder eine Suppe, als Mittags- kost Fleisch nnd Gemüse, als Abendkost Gemüse zu rerabreichen.

Erfolgt das Eintreffen im Quartier erst zur Abendzeit, so ist, sofern nicht laut der Marschroute nur Abendkost zu rerabreichen ist, die volle Tageskost mit Ausnahme der Frühstückspottion in einer Mahlzeit zu gewähren.

Falls den Truppen Brotgeld gewährt oder das Brot aus den Magazinen geliefert wird, hat der Quattiergeber solches nicht zu verabreichen.

2. C. Verpflegung der Pferde.

Die Fourage ist in guter Beschaffenheit und nach Gewicht zu ver- abreichen. Ist dieselbe im Gemeindebezirk nicht vorhanden, so muss der Bedarf von der Gemeinde durch Ankauf herbeigesebafft werden (§§. 3 und 11 a. a. 0. Art. I. §. 1 c der gegenwärtigen Verordnung und Abschn. 2 und 3 der Ziffer 4 der Ausführungsverordnung vom 1. April 1876, Reicbs-Gesetzbl. S. 137).

3. D. Oestellung von Vorspann, Wegweisern and Boten.

Die Gemeinden sind zur Ueberlassung der im Gemeindebezirk vor- handenen Transportmittel nnd Gespanne für militärische Zwecke und Stellung der in der Gemeinde anwesenden Mannschaften zum Dienst als Gespannführer, Wegweiser und Boten verpflichtet (§. 3 No. 3 des Gesetzes vom 13. Juni 1873).

Die Belastung der Fuhrwerke hat unter Beröcksichtignng der Be- schaffenheit der zurückznlegendcn Wege nnd der Gespanne stattzufinden. Sofern nicht anssergewOhnlicbe Verhältnisse ausnahmsweise etwas Anderes bedingen und sofern die Beschaffenheit der Gespanne und die Beschaffen- heit der zurückzulegenden Wege eine grössere Belastung nicht zulassen, hat

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ein einspänniges Fuhrwerk . . .

.

bis 600 Kilogramm,

ein zweispänniges Fuhrwerk . . .

. 600

- 1000

ein dreispänniges Fuhrwerk . . .

. 1000

- 1400

ein vierspänniges Fuhrwerk . . .

. 1400

- 1800

zu laden.

Fulirwerk mit anderer als Pferdebespannong darf nur da gestellt beziehungsweise in Anspruch genommen werden, wo Pferdegespanne nicht in genügender Anzahl vorhanden sind.

Fuhrwerke, welche voraussichtlich länger als 48 Stunden von ihrer Heimath fern gehalten werden, haben neben freiem Quartier auf der ihnen vorzuschreibenden Etappenstrasse, von dem auf die Glestellung folgenden Tage ab, Anspruch auf freie Verpflegung für Führer und Zug- thiere ohne Kürzung ihrer Fubrpreisc, und zwar auch für die Rückfahrt wenn sie nach der hierüber dem Führer von der entlassenden Behörde beziehungsweise Truppe auszustellenden Bescheinigung nicht an demselben Tage heimzukehren vermögen, an welchem ihre Entlassung erfolgt ist. Zur freien Verpflegung des Führers gehört neben der Mundportion ein täglicher Baarzuschuss in Höhe der Gemeinenlühnung der Infanterie. Vor- spannvergütung sowie freies Quartier und Verpflegung für die Rückfahrt wird ihnen nur insoweit gewährt, als letztere ohne verschuldete Ver- zögerung bewerkstelligt worden ist.

Ist der Kommandoführer genöthigt, Vorspann und Spanndienste auf eine voraussichtlich 48 Stunden übersteigende Zeitdauer oder auf un- bestimmte Zeit in Anspruch zu nehmen, so ist die Absicht einer solchen Inanspruchnahme in der Requisition auszusprechen; auch sind derartige Requisitionen, wenn irgend möglich, so zeitig zu erlassen, dass die vor dem Abgänge vorzunehmende Abschätzung von Zugthieren, Wagen und Geschirren ordnungsmässig ausgeführt werden kann.

Ist eine solche Abschätzung nicht möglich, so hat wenn die ob- waltenden Verhältnisse es gestatten das Marschkommando durch eine seinerseits zu bildende Kommission eine Taxe und Beschreibung der requirirten Zugthiere, Wagen und Geschirre aufzunehmen, welche bei der nachträglichen Werthsfeststellung im vorgeschriebenen Verfahren der Ab- schätzungskommission mit vorznlegen sind.

£!. Quittungaleistung und Liquldirimg;.

Ueber die seitens der Gemeinden etc. erfolgte Gewährung von Mund- verpflegung, Fourage und Vorspann, sowie an sonstigen Transportmitteln, an Wegweiser- und Botendiensten, Feuerungsmaterial und Lagerstroll werden von dem Kommandoführer Bescheinigungen ertheilt. Die Bei- lagen A 1, 3 und 5 der Ausführungsverordnung vom 1. April 1876 und die Beilage A 2 zu Artikel I §. 2 der gegenwärtigeu Verordnung finden hierbei hinsichts der verabreichten Mundverpflegung und Fourage, des gestellten Vorspanns, sowie des gelieferten Feuernngsmaterials und Lager- strohs Anwendung. Eine Baarzahlung zur Stelle findet bezüglich dieser Leistungen nicht statt.

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53

Die Liquidirung der VergütmigaangprQche und die Kealieirung hat nach Maawgabe der §§. 20 bis 22 des Gesetzes über die Kriegs- leishingen vom 13. Jnni 1873 und der bezüglichen Vorschriften der Ans- führungsrerordnung vom 1. April 1876 zu erfolgen.

Urkundlich unter Unserer Hüchsteigenhändigen Unterschrift und heigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Charlottenburg, den 14. April 1888.

(L. S.) Friedrieh.

V. Boetticher.

M.-V.-B1. No. 10. Berlin, den 8. Hai 1888.

Krankenpflege an Bord.

In Folge der Bestimmungen des Schiffsverpflegungs-Reglements vom 27. v. Mts. treten im Reglement über den Sanitätsdienst an Bord folgende Aendemngen ein:

1) Zusatz zu §. 59.

An Skorbutkranke kann die im §. 11, 9 des Schiffsverpflegungs- Reglements verordnete Limonade in doppelter Portion verabreicht werden. Vergl. §. 12 b der Instruktion für die Aerzte an Bord S. M. Schiffe über die Gesundlieitspflege an Bord Seite 423.

2) Im §. 60 Absatz 6 ist statt ,dem Zahlmeister* zu setzen: ,der Ver- pflegungs-Kommission*.

3) An Stelle von §. 60 Absatz 7 ist zu setzen:

Auf Schiffen mit weniger als 200 Mann Besatzung und bei Indienst- stellungen für heimische Gewässer unterbleibt die Mitnahme von Krankenproviant, wenn sich, was bei der Indienststellung anzustreben ist, eine Vereinbarung seitens des Schiffskommandos mit der Offizier- messe dahin treffen lässt, dass die Kranken gegen eine Vergütung in Höhe der halben Tafelgelder für den Kopf und Krankenverpflegungs- tag ans dieser Messe die Verpflegung, mit Ausschluss des Weines, erhalten.

In Ansnahmefällen kann auch auf grösseren für ausserheimische Gewässer in Dienst gestellten Schiffen, wenn der Schiffsarzt seine Zustimmung erklärt hat, mit Genehmigung des Stationschefs eine derartige Vereinbarung getroffen werden.

Sowohl das Schiffskommando auf Antrag des Arztes als auch die Offiziermesse ist berechtigt, die Vereinbarung jeder Zeit zu kündigen. Letztere bleibt in diesem Falle nur noch so lange in Kraft, bis das Schiff sich mit der nothwendigen Ausrüstung für die Krankenbeküstigung versehen hat.

Wein ist nach Bedarf gegen Erstatmng der Selbstkosten von der Offiziermesse zu entnehmen. Porter, Ale, Bairisches Bier und Schinken wird entweder in gleicher Weise von der Offiziermesse bezogen oder für den nächsten Bedarf in den einzelnen Häfen angekauft.

Die den Offlziermessen für entnommene Krankenkost gezahlte ^ Vergütung ist bei dem Etatstitel .Krankenpflege* zu verrechnen.

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4} An Stell« des §. 83 nebst Zusatz und Ergänzung tritt folgender neue Paragraph;

Aus den im §. 61 erwähnten Diät-Verordnungen Beilage L trägt der Arzt täglich die benüthigten Portionen Krankenproriant in die monatliche Zusammenstellung der Diät-Verordnungen Beilage M ein und fertigt am Monatsschluss aus diesen Eintragungen die auf der letzten Seite befindliche Berechnung der verbrauchten Lebens- mittel an. Der weitere Nachweis wird durch die von der Ver- pflegnngs- Kommission aufzustellende rierteljährliehe Krankenproviant- Kechnung Beilage MI geführt. Dieselbe wird am Schlüsse jeden Ealenderquartals, sowie nach der Ausserdienstatellung ab- geschlossen und mit den zugehörigen Einnahme-Nachweisungen, den monatlichen Zusammenstellungen der Diät- Verordnungen, den letzteres selbst und den sonstigen Bejägen der betrefi'enden Stationsiutendantur übersandt.

Die Stationsintendantur revidirt die Krankenproviant-Rechnung und sendet sie mit den Diät-Verordnungen an den betreffenden Marine-Stationsarzt zur ärztlich-technischen Prüfung, nach welcher sie mit den etwa gemachten Ausstellungen an die Stationsintendantur zurückgelaugt Letztere sorgt für die Erledigung dieser Ausstellungen, sowie ihrer eigenen Bemerkungen und nimmt die Krankenproviant- Rechnung mit Zubehör vorläufig in Verwahrung, um sie später mit der Jahresrechnnng der General-Miliiärkassc über den Krankenpflege- fonds (Kapitel Ö7 des Marine-Etats) dem Rechnungshöfe einzureichen.

Die Diät -Verordnungen, welche der Revision des Rechnungs- hofes in der Regel nicht unterliegen, sind von den Stationsintendanraren den Marinc-Iuizsrethen in Kiel bezw. Wilhelmshaven versiegelt in Aufbewahrung zu geben, damit sie erforderlicheo Falles dem Rechnungs- höfe auf Verlangen vorgelegt werden können.

In den Fällen, in welchen die Verpflegung der Schiffskranken aus den Offiziermeasen stattfindet §. 60 , ist über den Verbrauch des als Extradiät an die Kranken verabfolgten Weines keine besondere Verbrauchsnachweisung aufzustellen. Jedoch ist auf der Rechnung der Offlziermesse über die Entnahme des Weines eine Bemerkung über die Portionszahl, die Namen, die Krankheiten und die Krankheitsdauer der einzelnen damit Verpflegten zu machen.

Die Verfügungen vom 8. März 1878 Marinevorordnungsblatt Seite 45/47 und vom 21. Oktober 1881 Marineverordnungsblatt Seite 179 treten ausser Kraft.

Zu den vorstehenden Aenderungen unter No. I, 3 und 4 nebst Anlage werden Deckblätter ausgegeben werden. Die Berichtigung zu 2 ist handschriftlich vor- znnehmen.

Der Chef der Admiralität.

C. 2351. XI.

V. Caprivi.

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56

A.-V.-Bl. No. 16.

Krieggminiateriam. Berlin, den 13. Mai 1888.

Besetzung einer Freistelle bei der Königlichen Landesscbnle Pforta.

Zu Michaelis d. J., ist eine zur VerfSgung des Kriegsministeriums stehende Freistelle bei der Königlichen Landesschule Pforta neu zu besetzen.

Etwaige Bewerbungen sind bis zum 1. Juli d. J. an die Infanterie-Äbtheilung im Kriegsministerium (portofrei) einzusenden. Hinsichtlich der beizufOgenden Anmeldepapiere wird auf den kriegsministeriellen Erlass vom 19. April 1887 (Armee- Verordnungs-Blatt S. 121) Bezug genommen.

Es wird noch besonders darauf aufmerksam gemacht, dass die Aufnahme- Prüfung sich auch auf den Sommerkursus derjenigen Klasse, für welche die An- meldung erfolgt, zu erstrecken haben würde und dass Knaben mit mangelhaften Schulzeugnissen überhaupt nicht berücksichtigt werden können.

Bronsart v. Schellendorff.

No. 173/5. 88. A. 2.

M.-V.-B1. No. 11. Berlin, den 27. Mai 1888.

Leihbinden.

Ich bestimme unter Aufliebung der Verfügung vom 16. Februar 1887 C. 801. XI. Nachstehendes:

1) Auf der westafrikanischen Station sind, sobald die Schiffskommandos es für nothwendig erachten, von den Mannschaften wollene Leibbinden anzu legen.

2) Jeder Mann erhält beim Eintreffen auf der westafrikanischen Station 2 Leibbinden zum abwechselnden Tragen.

Es ist darauf zu halten, dass das Wechseln so oft als erforderlich geschieht, sowie dass die abgelegten Binden jedesmal sofort gewaschen bezw. getrocknet werden.

3) Die Leibbinden werden den Leuten unentgeltlich verabfolgt, nach Bedarf ergänzt und beim Verlassen der Station zum Aufträgen belassen. Die Ersatzbedürftigkeit der im Besitze der Mannschaft befindlichen Binden ist bei den regelmässigen Kleidermusterungen, gelegentlich welcher dieselben zu besichtigen sind, festzustellen.

4) Schiffe und Fahrzeuge, welche nach der westafrikanischeii Station ah- gehen, haben sich mit den erforderlichen Leibbinden auszurüsten. Die Bemessung des Ausrüstungsvorraths , auf welchen die etwa mit der Tropenansrüstung vergl. Verfügung vom 24. Juli 1885 Marine- verordnungsblatt S. 119/120 empfangenen Binden zunächst in Anrechnung kommen, ist den Schiffskommandos überlassen. Nach den bisherigen Erfahrungen beträgt der Jahresverbrauch an Leibbinden 200 bis 300<*/o der etatsmässigen Besatznngsstärke.

5) Die Ueberweisung des Bedarfs erfolgt auf Requisition der Schiffskommandos durch die Bekleidungsämter ohne Werthausgleich. Die Ergänzung des Vorraths im Auslande kann ebenfalls durch Heranziehung aus der

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Ueimath, oder je nach Umständen durch Anfertigung an Bord ans mit- genommenem weissen Moltong nnd weiss leinenem Bande bewerkstelligt werden.

6) Die Leibbinden werden wie die Tropenausrüstung an Bord als ausseretatsmässiges Inventar verwaltet und nachgewiesen. Die Kosten der Anfertigung bei den Bekleidnngsämtern bczw. an Bord fallen dem Kapitel 62 Titel 3 des Marine-Etats zur Last.

V crausgabungen an die Mannschaft sind durch V erbranchsbescheinigungen der Kommandanten zu belegen.

7} Beim Verlassen der westafrikanischen Station sind die Bestände an Leib- binden, soweit sie nicht zur weiteren Verwendung im Auslande für die Tropenausrüstung erforderlich, anderen auf der Station verbleibenden Schiffen zu überweisen.

Der Chef der Admiralität.

C. 2504. XI. V. Caprivi.

Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Befördert werden: Oberstabsarzt 2. Kl. und Kegts.-Arzt I)r. Haertel vom

1. Posen. Inf.-Regu No. 18, zum Oberstabsarzt 1. Kl.; Marine -Oberstabsarzt

2. Kl. Dr. Kuegler von der 2. Matrosen-Div., zum Marine-Oberstabsarzt 1. KL, vorläufig ohne Patent; Marine-Stabsarzt Dr. Groppe von der 2. Matrosen-Div., zum Marine -Oberstabsarzt 2. KI., vorläufig ohne Patent; die AssisL-Aerzte

2. Kl. Dr. Schwarzlose vom 1. Oberschles. Inf.-RegL No. 22, Dr. Walger vom

3. Hess. Inf.-Regt. No. 83, Seeliger vom Wcstprciiss. Feld-ArL-Regt. No. IG,

Fischer vom 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, Dr. Hagen von der Haupt- Kadetten-Anstalt, Rougemont vom Oberschles. Feld-ArL-Regt. No. 21, Dr. Hahn vom 4. Wostfäl. Inf.-RegL No. 17, Dr. Schiefer vom 5. Rhein. Inf.-RegL No. 65, Beckmann vom Pomm. Drag.-Regt. No. 11, Dr. Kremer vom Kür.-RegL Königin (Pomm.) No. 2, dieser unter Versetzung in die etats- mässige Stelle bei dem General- und Korpsarzt des 2. Armee-Korps, Dr. Baege vom 1. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 26, Dr. Arndt vom Ostprenss. Füs.-RegL No. 33, Dr. Uhl vom Brandenburg. Fuss-ArL-Regt. No. 3 (General-Feldzeug- meister), zu Assist- Aerzten 1. KL; die Unterärzte Dr. Oppermann vom 8. Ostpreuss. Inf.-RegL No. 45, Huth vom 1. Westpreuss. Gren.-Regt No. 6, dieser unter Versetzung zum 3. Posen. Inf.-RegL No. 58, Dr. Eichel vom 1. Posen. Inf.-Regt. No. 18, unter Versetzung zum 5. Pomm. Inf.-RegL No. 42, Dr. Heins vom 3. Rhein. Inf.-RegL No. 29, zu Assi st.-Aerzten 2. KL; die U nterärzte der Res. Russak und Toop vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg,

Blümcke vom Landw.-Bats.-Bez. Cöslin, Thormann vom Landw.-Bats.- Bez. Anclam, Paul vom Landw.-Bats.-Bez. Bromberg, Wolff vom Landw.- Regts.-Bez. L Berlin, Dr. Eichler vom Land w. - Bats. - Bez. Frankfurt a. O., Dr. Voegeding vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. Laehr vom Landw.- Bats.-Bez. Teltow, Dr. Fromm vom Landw.-Bats.-Bez. Soran, Dr. Körner vom Landw.-Bats.-Bez. Brandenburg a. H., Dr. Rosenthal vom Landw.-Regts.- Bez. I. Berlin, Dr. Krawezyfiski, Dr. May, Dr. Mertz vom Landw.-Regts.- Bez. I. Breslau, Dr. Biesing vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, Dr. Fisch vom

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Landw.-Regti.-Bez. I. Berlin, Dr. Adam, Dr. Seeligmann vom Landw.-Bata.- Bex. Hamburg, Dr. Clebsch vom Landw.-Bats.-Bes. Hannover, Dr. Rumpel vom Landw.-Bata.-Bez. Marbnrg, Dr. Lenne rt vom Landw.-Bata.-Bez. Erbach,

Clemens vom Landw.-Bata.-Bez. Weimar, Dr. Kehr vom Landw.-Bata.-Bez. Gotha, Dr. Knoblauch vom Landw.-Bata.-Bez. Frankfurt a. M., Rupp, Dr. Claessen, Wagner vom Landw.-Bata.-Bez. Straasburg, zu Aasist.- Aerzten 2. Kl. der Rea.; die Unterärzte der Marine-Ree.: Harttung Tom Landw.-Bata.-Bez. Frankfurt a. O., Dr. Bargum, Dr. Behrendt vom Landw.-Bata.-Bez. Kiel, zu Assiat-Aerzten 2. Kl. der Marine-Ree.; der Unterarzt der I^ndw. 1. Aufgebote Wörner vom Landw.-Bata.-Bez. Offenburg, zum Assiat.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots. Oberstabsarzt 1. Kl. und Regta.-Arzt Dr. Wolff vom 4. Oberscblea. Inf.-Regt. No. 63, beauftragt mit Wahr- nehmung der diviaionsärztlichen Funktionen bei der 12. Dir., sowie den Marine- Assist.-Aerzten 1. Kl. Dr. Ilse, Hohenberg, Dr. Lotsch, ein Patent ihrer Charge verliehen. A8Bist.-Arzt 2. Kl. Dr. Schultzen vom 6. Rhein. Inf.-Regt No. 68 wird in die etatamäaaige Stelle bei dem General- und Koipsarzt des 8. Armee-Korps versetzt Dem Assist-Arzt 2. Kl. Kloidt vom Hohenzollem. FSs.-Regt No. 40 wird zu dem ihm mittelst Ordre vom 22. November pr. behufs Wiederherstellung seiner Gesundheit bewilligten aechsmonatlichen Urlaub ein sechs- monatlicher Nachurlaub mit ganzem Gehalt nach GSrbersdorf bewilligt Der Ab- schied wird bewilligt: dem Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Wustandt vom 2. Magdeburg. Inf -Regt. No. 27, beauftragt mit Wahrnehmung der diviaions- ärztlichen hSinktionen bei der 7. Division, dem Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.- Arzt Dr. Krause vom Ulan.-Regt Kaiser Alexander III. von Rnasland (Westprenss.) No. 1 , beiden mit dem Charakter als Generalarzt 2. Kl., der gesetzlichen Pension und der Erlaubnisa zum Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete rorgeschriebenen Abzeichen; dem Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots Dr. Wilde vom Landw.-Bata.-Bez. Osterode mit dem Charakter als Oberstabsarzt 2. Kl. und der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeachriebenen Abzeichen; dem Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots Dr. Kleine vom Landw. -Bats.-Bez. Schweidnitz, unter Ertheilung der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen;

den Stabsärzten der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Hillefeld vom Landw.- Bata.-Bez. Lüneburg, Dr. Hopff vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, beiden mit der Krlaubniss zum Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vor- geschriebenen Abzeichen; dem Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots Dr. Käse- model vom Landw.-Bata.-Bez. Bitterfeld, dem Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw.

1. Aufgebots Dr. Wieger vom Landw.-Bata.-Bez. Straasburg, dem Assist.-Arzt

2. Kl. der Res. Dr. Krieger vom Landw.-Bats.-Bez. Fulda, dem Morine-Assist.- Arzt 2. Kl. Greifcnliagen von der 2. Matrosen-Div., letzterem behufs Nach- suclmng des Auswanderungs-Konsenses. Der Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Langen - mayr vom Füs.-Bat. des Inf.-Regts. No. 131 scheidet mit der gesetzlichen Pension aus. Der Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Rahts vom 2. Bat. des Kaiser Gren.-Regts. No. 1 scheidet ans dem aktiven Sanitäts- Korps ans und tritt zu den Sanitäts- offizieren der Res. über.

Berlin, den 30. Mai 1888.

Den 1. Mai 1888.

Wicdcrangestellt:

Stabsarzt Dr. Berthold, zuletzt von der Res. des Landw. -Bats. KSnigsberg, beim Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, Assist.-Arzt 1, Kl. Dr. Gentzen, zuletzt von der I.andw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Unterberger, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schröter, zuletzt von der Landw. des Landw. - Bats. - Bez. Danzig, beim Landw. - Bats. - Bez. Danzig, Assist.-Arzt 1, Kl. Dr, Bessau, zuletzt von der Landw. des Landw.- Bats. Marienburg, beim Landw.-Bats.-Bez. Marienburg, Stabsarzt Dr. Witte,

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znletxt Ton der Landv. des Londw.-Bats. Strslsund, beim Landw.-Bats.-Bez. Stral- sand, As8ist.-Aret 1. Kl. Dr. Lemcke, zuletzt von der Laudw. deeselbeo Baza., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Wegner, zuletzt tod der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Parsenow, zuletzt von der Landw. des Landw.- Bats. Stettin, beim Landw.-Bats.-Bez. Stettin, charakteris. Stabsarzt Dr. Aug- stein, zuletzt Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. des Landw.-Bats. Bromberg, beim Landw.-Bats.-Bez. Bromberg, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Kasemeyer, zuletat von der Landw. des Landw. - Bats. 1. Mflnster, beim Landw.-Bats.-Bez. I. Münster, Stabsarzt Dr. Schäfer, zuletzt von der I-andw. des Landw.-Bats. 2. Münster, beim Landw.-Bats.-Bez. II. Münster, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Flaskamp, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Wesel, beim Landw.-Bats.-Bez. Wesel, Aasisz.- Arzt 1. Kl. Dr. Sahlmen, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Bielefeld, beim Landw.-Bats.-Bez. Bielefeld, Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Roeper, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Paderborn, beim Landw.-Bats.-Bez. Paderborn, Stabs- arzt Dr. Lepper, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Dortmund, beim I^ndw. - Bats. - Bez. Dortmund, Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Lind, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Wortmann, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Graeve, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Bochum, beim Landw.-Bats.-Bez. Bochum, Assist- Arzt 1. Kl. Dr. Falckenberg, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgL, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Moeller, zuletzt von der Landw. des damaligen Landw.- Bats. Iserlohn, beim Landw.-Bats.-Bez. Hagen, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Vogt, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Mayer, zuletzt von der Landw. des Landw. - Bats. Düsseldorf, beim Landw. - Bats. - Bez. Düsseldorf, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Schultze, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist. -Atzt 1. Kl. Dr. Thomashoff, zuletzt von der Landw desselben Bats., desgl., Stabsarzt Dr. Klingholz, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Essen, beim Landw.-Bats.-Bez. Essen, Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Racine, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.. Assist Arzt 1. Kl. Dr. Büren, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Grafrath, beim Landw.-Bats.- Bez. Grafrath, Stabsarzt Dr. Sndhoff, zuletzt von der Landw. des Landw.- Bats. Barmen, beim Landw.-Bats.-Bez. Barmen, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Nieden, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Fricken- haus, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Stabsarzt Dr. Hommels- heim, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Aachen, beim Landw. - Bats. - Bez. Aachen, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. van Erckelens, zuletzt von der taindw. des- selben Bats., desgl. Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Compes, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Neuss, beim Landw.-Bats.-Bez. Neuss, Stabsarzt Dr. Vogel, zuletzt von der Landw. des Landw.-Regts. Cöln, beim Landw.-Rcgte.-Bez. Cöln, Stabsarzt Dr. Klein, zuletzt von der Landw. desselben Regts. , desgl., Assist- Arzt 1. Kl. Dr. Apfel, zuletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., Stabs- arzt Dr. Staub, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. St 'Wendel, beim Landw.-Bats.-Bez. St Wendel, Stabsarzt Dr. Ti Hessen, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Saarlouis, beim Landw.-Bats.-Bez. Saarlouis, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Schissei, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Stabsarzt Dr. Bayer, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Strassburg, beim Landw.-Bats.- Bez. Strassburg, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Metzenthin, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Strassbnrg, beim Land w. - Bats. - Bez. Strassburg, Assist -Arzt 1. Kl. Dr. Ungerer, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist.- Arzt 1. Kl. Dr. Jaeger, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Mülhausen i. E., beim Landw.-Bats.-Bez. Mülhausen i. E., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Disque, zu- letzt von der Landw. des Landw.-Bats. Altkirch, beim Landw.-Bats.-Bez. Altkirch.

Den 4. Mai 1888.

Wiederangestellt:

Stabsarzt Dr. Waitz, zuletzt von der Idindw. des Landw.-Bats. Hamburg, beim Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Stabsarzt Dr. Garvens, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Wiesinger, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist -Arzt 1. Kl. Dr. Prochownik, znletzt

Liy

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▼on der Landw. dewelben Bäte., deagl., Assist.-Aizt 1. Kl. Dr. Lsuensteiui coletzt TOD der Landtr. desselben Bats., desgl., ABsist.-Arzt 1. KI. Dr. Schmidti znletzt TOD der Landw. desselben Bats., desgl., Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Piza, zuletzt TOD der Landw. desselben Bats., desgl., Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Hage- dorn, znletzt Ton der Reserve desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Nebel, zulelzt Ton der Landw. desselben Bats., desgl., Assist. - Arzt. 1. Kl. Dr. Strack, zuletzt Ton der Res. desselben Bats., desgl., Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Oberg, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Schmidt, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Schwerin, beim Landw.- Bata.-Bez. Schwerin, Stabsarzt Dr. Soltsien, zuletzt Ton der Res. des Landw.- Bats. Altona, beim Landw.-Bats.-Bez. Altona, Assist-Arzt 2. KI. Raetber, zu- letzt von der Landw. des Landw.-Bats. Schwerin, desgl., Stabsarzt Dr. Weiss, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Heidelberg, beim Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Rüge, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Burck, zuletzt Tun der Landw. des Landw.- Bats. Bruchsal, beim Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, Stabsarzt Dr. Wilser, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Karlsruhe, beim Landw.-Bats.-Bez. Karlruhe, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. H offmann, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.,

Assist -Arzt 1. Kl. Dr. Schünemann, zuletzt von der Res. desselben Bats., desgl., Stabsarzt Dr. Knies, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Freiburg, beim Landw.-Bats.-Bez. Kreiburg, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. v. Kries, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Fischer, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Lbrrach, beim Landw.-Bats.-Bez. Lfirracb.

Den 11. Mai 1888.

Wiederangestellt;

Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Krause, zuletzt von der Res. des Landw.-Bats. Frankfurt a. O., beim Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. O., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Niclou, zuletzt von der Res. desselben Bats., desgl., Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Pelizaeus, zuletzt von der I,andw. des Landw.-Bats. Calau, beim Landw.- Bats.-Bez. Calau, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Behla, zuletzt von der Landw. des- selben Bats., desgl., charakteris. Stabsarzt Dr. Thiem, zuletzt Assist-Arzt 1. KI. der Landw. des Landw.-Bats. Cottbus, beim Landw.-Bats.-Bez. Cottbus, Assist- Arzt 1. Kl. Dr. Kuhnt, znletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Teltow, beim Landw.-Bats.-Bez. Teltow, Assist-Arzt 1. KI. Dr. Grochtmann, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Stabsarzt Dr. Jacobsthal, znletzt von der Res. des Landw.-Regts. 1. Berlin, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Stabsarzt Dr. Bernheim, zuletzt von der Res. desselben Regts., desgl., Stabsaizt Dr. Sefaoetz, zuletzt von der Landw. desselben Regts., desgl.., Assist -Arzt 1. KI. Dr. Riedel I., znletzt von der Landw. des damaligen Landw.-Regts. Berlin, desgl.,

Assist-Aizt 1. Kl. Dr. Peters, znletzt von der Landw. des Landw.-Regts. 1. Berlin, desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Boegehold, zuletzt von der Res. des- selben Regts., desgl.. Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Veit, zuletzt von der Res. desselben Regts., desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schmidt, znletzt von der Res. desselben Regts., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Saatz, zuletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., Assist -Arzt 1. Kl. Dr. Benary, zuletzt von der Res. desselben Regts., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Riedel II., zuletzt von der Landw. des damaligen Landw.-Regts. Berlin, desgl., Assist-Arzt 1. KI. Dr. Borcherdt, zu- letzt von der Res. des Landw.-Regts. 1. Berlin, desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Kossel, zuletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Michelet, znletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Uhthoff, znletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., Assist- Arzt 1. Kl. Dr. Lehr, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Wiesbaden, beim Landw.-Bats.-Bez. Wiesbaden, Stabsarzt Dr. Wohlfahrt, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Frankfurt a. M., beim Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M.

Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Bresgen, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.,

Assist.-Arzt 1. KI. Dr. Lange, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.

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Ä8(i8t,-Arzt 1. Kl. Dr. Sippel, zuletzt von der Landw. desselben Bats., deagl.,

Assist.'Arzt 1. Kl. Dr. Zeh, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., AssiBL-Arzt 1. Kl. Dr. Schlesinger, zuletzt von der Landw. desselben Bats-, desgl., Stabsarzt Dr. Eichenberg, zuletzt Bats.-Arzt des Küs.-Bats. 8. Rhein. Inf.-Regts. No. 70, beim Landw.-Bats.-Bez. I. Cassel, Stabsarzt Dr. Bislcamp, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. 1. Cassel, desgl., Stabsarzt Dr. Schotten, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schenk, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Weimar, beim Landw.-Bats.-Bez. Weimar,

charakteris. Stabsarzt Dr. Maurer, zuletzt Assist. - Arzt I. Kl. der Landw. des Landw.-Bats. Darmstadt I., beim Landw.-Bats.-Bez. I. Darmstadt, Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Stamm, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Giessen, beim Landw.- Bats.-Bez. Giessen, A88ist.-Arzt 1. Kl. Dr. Hofmeier, zuletzt von der Landw. des Landw.-Regts. 1. Berlin, desgl., Assi8t.-Aizt 1. KI. Dr. Lindenborn, zu- letzt von der Landw. des Landw. - Bats. Erbach i. O., beim Landw. - Bats. - Bez. Erbach, Stabsarzt Dr. Koenig, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Mainz, beim Landw.-Bats.-Bez. Mainz.

Den 16. Mai 1888.

Wiederangestellt;

Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Fürbringer, zuletzt von der liandw. des Landw.-Bats. I. Braunschweig, beim Landw, - Bats. - Bez. I. Braunschweig, Aasi8t.-Arzt 1. Kl. Dr. Focke, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Lingen, beim Landw.-Bats.- Bez. Lingen, Stabsarzt Dr. Schläger, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Hannover, beim Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Assist-Arzt 1. KI. Dr. Halle, zuletzt von der Landw. desselben Bats., dc.sgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Krab, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist- Arzt 1. Kl. Dr. Müller, zuletzt von der I-andw. des Landw.-Bats. Hildesheim, beim Landw.-Bats.-Bez. Hildesheim, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Wachsmuth, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Celle, beim Landw.-Bats.-Bez. Celle, Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Stein- meyer, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. I. Braunschweig, beim Landw.- Bats.-Bez. I. Braunschweig, Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. v. Holwede, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Henking, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. KI. Dr. Engel brecht, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Kleinau, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat April 1888 eingetretenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Den 10. April 1888.

Dr. Oppermann, Unterarzt vom 8. Ostpreuss. Inf. - Regt. No. 45, Dr. Barth, Unterarzt vom 1. Rhein. Inf.-Regt. No. 25, Dr. Koch, Unterarzt vom Gren.-Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm No. 11, sämmtlich mit Wahrnehmung je einer bei den betreffenden Truppentheilen vakanten Assist -Arztstelle beauftragt

Den 19. April 1888.

Schwehs, Assist.-Arzt 3. Kl. vom Schleswig-Holstein. Füs.-Regt No. 86, zur Dienstleistung bei der Kaiserl. Marine kommandirt.

Den 21. April 1888.

Dr. Gillet, Unterarzt vom 1. Rhein. Feld-Art.-Regt No. 8, mit Wahrnehmung einer bei diesem Truppentheil vakanten Assist-Arztstelle beaufiragt

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Den 26. April 1688.

Dr. Gerdeck, Unterarzt vom 4. Brandenburg. Inf.-Regt. No. 24 (Groeaberzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin; zum Inf.-Regt. No. 131 versetzt

(Chef d. Adm. v. 23. 5. 88.)

Dt. Dippe, Stabsarzt bisher zum Charite-Krankenhanse kommandirt, tritt mit dem 1. Oktober er. zur Marinestation der Ostsee zurück. Dr. Bornträger, Stabsarzt bisher zum Friedrich -Wilhelms - Institut kommandirt, mit dem gleichen Zeitpunkte der Charite überwiesen. Dr. Brandstaeter, Stabsarzt mit dem 1. Oktober er. zum Friedricb-Wilhelms-Institut kommandirt.

(Chef d. Adm. v. 25. 5. 88.)

Dr. Olsbausen, Assist. -Arzt 1. Kl., an Bord. S. M. S. „König Wilhelm“, Dr. Panlun, Assist-Arzt 2. Kl., an Bord S. M. S. „Irene“ kommandirt.

Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den 8. Mai 1888.

Dr. Scbmidtlein (Hof), Assist - Arzt 1. Kl. a. D., bei den Sanitätsoffizieren der Landw. 2. Aufgebots wiederangestellt.

Den 9. Mai 1888.

Dr. Josenhans (Augsburg), Wild (Hof), Dr. Hedrich, Kellner fWürzburg), Unterärzte der Kes., zu Assist-Aerzten 2. Kl. im Beurlaubtenstande befördert.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums.

Bischoff, einjährig-freiwilliger Arzt im 18. Inf.-Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, Kellermann, einjährig - freiwilliger Arzt im 9. Inf.-Regt. Wrede, Nagel, einjährig-freiwilliger Arzt vom 1. Inf.-Regt König, im 13. Inf.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, Stammler, einjährig-freiwilliger Arzt vom 9. Inf.-Regt Wrede, im 2. Chev. -Regt. Taxis, sämmtlicb unter Beauftragung mit Wahr- nehmung vakanter Assist.-Arztstellen, zu Unterärzten ernannt

Den 20. Mai 1888.

Dt. Falle r (Mindelheim), Stabsarzt von der Landw. 1. Aufgebots, Dr. Wetzel (Bamberg), Assist-Arzt 2. Kl. von der Landw. 1. Aufgebots, der Abschied bewilligt

VeränderuDgen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.

Allerhöchster Beschluss vom 20. Mai 1888.

Dr. Riedel, Assist -Arzt 2. Kl. der Landw. 2. Aufgebots des Landw. - Bats.- Bez. I. Dresden, zum Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, Dr. Koliath, Dr. Grünewald, Unterärzte der Res. des Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, zu Assist- Aerzten 2. Kl. der Res. befördert

Durch Verfügung des Kriegeministeriums.

Den 15. Mai 1888.

Körner, einjährig-freiwilliger Arzt des 7. Inf.-Regts. Prinz Georg No. 106, Müller, einjährig-freiwilliger Arzt des 2. Feld-Art-Regts. No. 28, als Unterärzte des Aktivstandes bei ihren Tmppentheilen unter gleichzeitiger Beauftragung mit Wahrnehmung vakanter Assist-Arztstellen angestellt

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Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.

Den 5. Mai 1888.

Dr. Hoffmann, Oberstabsarzt 2. KI. nnd Regts. - Arzt des 8. Inf. - Reg^. No. 126, unter Beförderung zum Oberstabsarzt 1. Kl., als Regts.-Arzt in das Inf.- Regt. Kaiser Wilhelm König von Preussen No. 120 versetzt Dr. Dotter, Staba- und Bats. - Arzt des Ffis. -Bats. Inf. -Regts. Kaiser Friedrich König von Preussen No. 125, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 8. Inf.-Regts. No. 126 be- fördert — Steiff, Stabsarzt ä la suite des Sanitätskorps, unter Entbindung von dem Kommando beim medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-lnstitnt, in das Sanitätskorps wieder einrangirt und zum Bats.-Arzt des Füs.-Bats. Inf.-Regts. Kaiser Friedrich König von Preussen No. 125 ernannt. Dr. Dietlen, Stabs- nnd Bats.- 'Arzt des Füs.-Bats. Gren.-Regts. König Karl No. 123, unter Stellung ä ta suite des Sanitätskorps, behufs Verwendung in einer Stabsarztstelle beim medizinisch- chirurgischen Friedrich-Wilhelms-lnstitnt, nach Preussen kommandirt. Dr. Find- eisen, Assist-Arzt 1. KI. der Landw. im Landw.-Bats.-Bez. Heilbronn, zum Stabs- arzt der Landw., Dr. Köstlin, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Ludwigsbnrg, Dr. Steinbrück, Assist. -Arzt 1. Kl. der Res. im Landw.-Bats. Bez. Reutlingen, zn Stabsärzten der Res., Dr. Pfeilsticker, Assist- Arzt 1. Kl. der Landw. im Landw.-Bats.-Bez. Hall, Dr. Ganpp, Assist-Arzt

1. Kl. der Landw. im Landw.-Bats.-Bez. Gmünd, zu Stabsärzten der Landw., Dr. Wörner, Assist.-Arzt 1. KI. der Res., im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, zum Stabsarzt der Res., Dr. Kleinmann, Assist - Arzt 1. Kl. im 4. Inf.-Regt No. 122, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. Gren.-Regts. König Karl No. 123, befördert. Die Assist. - Aerzte 2. KI. der Res.: Dr. Rödelheimer, Dr. Banr, im Landw.-Bats.-Bez. Ehingen, Dr. Bernhard, im I>andw.-Bats.-Bez. Stuttgart, Gajrler, im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, zn Assist - Aerzten 1. Kl. der Res., Dr. Neidert, Assist-Arzt 2. Kl. im Inf. - Regt. König Wilhelm No. 124, zum Assist. - Arzt I. Kl. befördert. Dr. Jäger, Unterarzt der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Stuttgart, Dr. Eiwert, Unterarzt der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, zu Assist - Aerzten

2. Kl. der Res. ernannt

Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.

Den 7. Mai 1888.

Dr. Frank, Unterarzt des aktiven Dienststandes im Inf.-Regt. Kaiser Friedrich König von Preussen No. 125, mit Wahrnehmung einer bei dem genannten Regt vakanten Assist.-Arztstelle beauftragt

Ordensverleihungen.

Preussische.

Rother Adler-Orden 2. Kl. mit Eichenlaub:

Dr. V. Stuckrad, Generalarzt 1. Kl. und Korpsarzt des III. Armee - Korps. Dr. Kuhn, Generalarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt der Gardes du Corps.

Derselbe Orden 3. Kl. mit der Schleife:

Dr. B ecker, Oberstabsarzt 1. Kl. nnd Regts.-Arzt des Thüring. Feld - Art- Regts. No. 19, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 8. Div. Dr. Neubanr, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Brandenburg. Drag. -Regts. No. 12.

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Derselbe Orden 4. Kl.:

Dr. Oiehl, Marine-Oberstabsarzt 2. Kl. Dr. Qlobig, Marine-Oberstabsarzt 2. Kl. Dr. Groos, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des Niederrhein. Füs.-Regts. No. 39. Dr. Jahn, Oberstabsarzt 1. KI. und Regts.-Arzt des 2. Ponini. Feld-Art.- Regts. No. 17. Dr. Kley, Oberstabsarzt 2. KI. und Regts.-Arzt des 2. Hannov. Drag.-Regts. Na. Iti, Dr. KShler, Oberstabs- arzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Garde-Regts. zu Fuss. Dr. Kuntzen, Marine -Oberstabsarzt 2. KI. Dr. s. Meyeren, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Thüring. Ulan. - Regt. No. 6, Dr. Varenhorst, Ober- stabsarzt 1. Kl. und Regts. - Arzt des 2. Hannov. Inf. - Regle. No. 77. Dr. Vater, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt von Spandau, Dr. Wilekens, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des l.Pomm. Ulan.-Regts. No. 4.

KSniglicher Kronen-Orden 2. Kl.;

Dr. Löwer, Generalarzt 2. Kl. und Korpsarzt des XI. Armee-Korps.

Derselbe Orden 3. KI.:

Dr. Becker, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Thüring. Inf.-Regts. No. 31. Dr. Becker, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 5. Rhein. Inf.-Regts. No. 66. Dr. Gutschow, Marine - Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Müller, Oberstabsarzt 1. Kl. und Chefarzt des Gam.-Lazareths I Berlin. Dr. Steinhausen, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Hess. Hus. - Regts. Nu. 13, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 21. Div. Dr. Viedebantt, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 7. Pomm. Inf.-Regts. No. 54.

.Allgemeines Ehrenzeichen:

Berghoff, Lazarethwärter beim Kadettenhause zu Beiisberg. Grüne, Ober- lazarethgeh. vom Anhalt. Inl-Regt. No. 93.

In den Adelsstand erhoben:

Dr. Wegner, Generalarzt.

Familien-Naclirichten.

Verlobungen: Dr. Kleinmann, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. Gren.-Regts. König Karl (5. Württemberg.) No. 123, mit Frl. Clara Beck (Heilbronn).

Verbindungen: Dr. Theodor Pleyer, Assist.-Arzt 2. Kl. im Künigl. Bayer. Inf.- Leib - Regt., mit Frl. Euphrosine Dorfner (Theuern). Dr. Carl Bossbach, Assist.-Arzt im Künigl. Bayer. 17. Inf. - Regt, ürff, mit F'rl. Magdalena Klee- berger (Speyer a. Rh. Germersheim). Dr. Rudolf Witte, Stabsarzt der Landw., mit Frl. Emmy Preise (Berlin Conradswaldaii).

Geburten: (Tochter) Dr. Timann, Stabsarzt (Berlin).

Todesfälle: Dr. Oskar Gallenkamp, Stabsarzt a. D. (Görlitz). Dr. Eduard August Remacly, Oberstabsarzt a. D., zuletzt im 5. Westfäl. Inf.-Regt. No. 53 (Schneidemühl). Dr. Boether, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. (Graudenz). Franz Träger, Assist-Arzt 2. Kl. im Künigl. Bayer. 13. Inf.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich (Kelheim). Dr. Kleinpaul, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. (Meissen). Hennicke, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. (Dresden). Dr. Gustav Weise, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. (Blasewitz). Dr. Nuding, Künigl. Württemberg. Stabsarzt der Landw. des Landw.-Bata.-Bez. Calw.

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General'Rapport

von den Kranken der Königlich Preueeischen Armee, des XII. (Königlich Sächsischen) und des XIll. (Königlich Württembergiscben) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps atUcbirten Königlich Bayerischen Besatzangs-Brigade pro Monat Februar 1888.

1) Bestand am 31. Januar 1888: 14 636 Mann und 35 Invaliden.

2) Zugang:

im Lazareth 12 687 Mann und 1 Invaliden, im Revier 23 385 - - 7 -

Summa 36 072 Mann und 8 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 50 708 Mann und 43 Invaliden in Prozenten der Effektivstärke 12,0<>/a und 15,4<>/s.

3) Abgang:

geheilt 33 671 Mann, 6 Invaliden,

gestorben .... 105 - 1 -

invalide 166 -

dienstunbranchbar . 372 -

anderweitig . . . . 420 -

Summa . . 34 734 Mann, 7 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 66,4<>/o der Kranken der Armee und ll,6<>/o der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,21% der Kranken der Armee und 2,3% der erkrankten Invaliden.

5) Mithin Bestand:

am 29. Februar 1888 15 974 Mann und 36 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 3,8% und 12,9%.

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazareth 10 584 Mann und 3 Invaliden, im Revier 5 390 - - 33

Es sind also von 483 Kranken 320,7 geheilt, 1,0 gestorben, 1,6 als invalide, 3,5 als dienstunbrauchbar, 4,0 anderweitig abgegangen, 152,2 im Bestände geblieben.

Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an: Scharlach 4, Masern 1, Rose 1, Unterleibstyphus 22, epidemischer Genick- starre 6, akutem Gelenkrheumatismus 1, anderen allgemeinen Erkran- kungen 1, Hirn- und Hirnhautleiden 3, Rückenmarksleiden 1, Krstokheiten des Stimmapparates 1, Lungenentzündung 27, Lungenschwindsucht 11, Brustfellentzündung 5, Krankheiten der Athmnn^rgane 1, Herzleiden 1, Magengeschwür 1, akutem Darmkatarrh 1, Blinddarmentzündung 1, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 2, Nierenleiden 5, Zellgewebsent- zündung 2, Knochenentzündnng 4, Kniegelenksentzündung 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs: Erschiessen 1. Von den Invsdiden: an akuter Alkoholvergiftung 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 16 Todesfälle vorgekommen, davon 5 durch Krankheit, 1 durch Verunglückung, 10 durch Selbst- mord; so dass die Armee im Ganzen 121 Mann und 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.

Nachträglich pro Januar d. J.: verstorben 1 Invalide.

Uedrackt ln der KOnigL Uofbnehdmckerei von £. 8. UittlerASohn, Berlin 8W^ Eockete.

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Amtliches Beiblatt

car

Deutschen militärSrztlichen Zeitschrift.

1888. Siebzehnter Jahrgang. M7.

Kriegsministcrium. Medizinal - Abtheiinng.

Berlin, den 30. Mai 1888.

Im Verfolg der Verfügung vom 12. 4. 88. J. No. 1288/3. M. A. wird der Königlichen Intendantur ergebenst mitgetheilt, dass die Herausgabe einer ge- fütterten Probe - Krankenhose zum Beschaffen von dergleichen Hosen für Peld- .Suniläts-Fonnationen nicht erforderlich erscheint.

Die für letztere bestimmten Hosen werden nach den Proben für gewöhnliche Krankenhosen gefertigt, jedoch durchweg mit gekmmpfenem Parchent gefüttert. Für die Qualität dieses Futters ist die aiisgegebene Parchentprobe für gefütterte Kranken rücke maassgebend.

Da nach der Verfügung vom 1. Februar 1877 A.-V.-Bl. No. 3 für 1887 gefütterte Krankenhosen bei den Friedens-Lazarethen in Wegfall gekommen sind, so kann eine Auffrischung der für Fe Id-Sanitäts- Formationen vorhandenen dergl. Hosen nur so lange stattlinden, als die Beistände bei den Friedens-Lazarethen noch nicht aiifgebraucht sind. Sofern späterhin die gefütterten Krankenhosen der Feld-Sanitäta-Formationen kriegsiinbrauchbar werden sollten, muss der Krsatz durch Xfubeschaffnng von dergl. Hosen bewirkt werden.

I. V.

No. 1G13/4. 88. M. A.

V. Coler.

A.-V.-Bl. No. 17.

Krmächtigung des Marincstabsarztes Dr. Kleffel in Yokohama zur Ausstellung von Zeugnissen für Deutsche Militärpflichtige in Japan.

Im Verfolg der Bekanntmachung vom 2G. Dezember 1884 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniss gebracht, dass dem Marinestabsarzt Dr. Kleffel in Yoko- hama, derzeitigem Chefarzt des dortigen Marine-Lazareths an Stelle des zu ander- weiter dienstlicher Verwendung abkommandirten Marine-Oberstabsarztes Dr. Kügler auf Gnind des §. 41 No. 2 und 3 Theil I der Wehrordnung vom 28. Sep- tember 1875 die Krraäelitigung zur Ausstellung der daseltst hezeiehneten Zeugnisse über die TJntauglichkeit bezw. bedingte Tauglichkeit derjenigen militärpflichtigen Dentschen, welche ihren dauernden Aufenthalt in Japan haben, mit der Maassgabe CTtheilt worden ist, dass es liei den bezüglichen Untersuchungen der unter No. 3 a. a. (). vorgeschriebenen Zuziehung eines Offiziers der Kaiserlichen Marino nicht bedarf.

Berlin, den 29. Mai 1888.

Der Reichskanzler.

In Vertretung.

V. Boetticher.

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A.-V.-B1. No. 17.

Anlegen hoher Stiefel eeitens der Offiiiere der Fasstruppen.

Ich bestimme, dass die berittenen Offiziere der Fnsstruppen bei jedem Dienst zn Pferde hohe Stiefel, wie für Dragoner Torgeschrieben, anzulegen haben. Auch soll den unberittenen Offizieren der Fnsstruppen das Anlegen solcher Stiefel (ohne Sporen) bei jedem Dienst gestattet sein, in welchem die Hosen von den Uann- schailen bestimmnngsgemäss in den Stiefeln getragen werden dürfen.

Schloss Friedrichskron, den 7. Juni 1888.

Friedrich.

Bronsartv. Schellendorff.

M.-V.-Bl. No. 13.

Berlin, den 9. Juni 1888.

Aerztliche Ausrüstung an Bord.

In den .Vorschriften für die ärztliche Ausrüstung S. M. Sehifie und Fahrzeuge‘ vom 18. Mai 1886 vergl. Marineverordnungsblatt 1886 S. 112 treten folgende Abänderungen ein:

(auszüglich)

3. Als §. 9 wird Folgendes zngefügt:

§. 9. Vorschriften betreffend die gute Erhaltung einiger Ausrüstungsgegcnstände.

1. Für gute Erhaltung der Gegenstände ans Gummi und gnmmirlen Stoffen ist an Bord in nachstehender Weise Sorge zu tragen:

a) Die Anfbewahnmg der Gegenstände aus Gummi, welche sich nicht im Gebrauch befinden, erfolgt in gut schliessenden Schub- fächern bezw. starken Holzkisten.

b) Am geeignetsten ist eine Temperatur nicht unter + 10° und nicht über 20° C.

c) Die einzelnen Gegenstände sind möglichst vor Druck und Ein- knickungen zu schützen. Luftkissen werden leicht aufgeblasen verstaut.

d) Wirksame Mittel, Gummisachen brauchbar zn erhalten, sind: Be- wegen der Gummimasse und Beseitigung etwa anhaftender Aus- schwitzungen; zu diesem Zwecke sind die Gegenstände monatlich mindestens 1 mal warm abzuwaschen und Stück für Stück ab- zutrocknen. Dem Waschwasser, welches nicht über 30° G. warm sein darf, ist etwas Seife beizumischen. Die Luftkissen sind vor dem Waschen aufznblasen.

e) Hart und brüchig gewordene Gegenstände von Gummi werden wieder weich und elastisch, wenn man sic 2 bis 3 Minuten lang in einer 5 bis 6 prozentigen wässerigen, auf 50 bis 60° C. er- wärmten Lösung von Ammoniak oder in einer 2 bis 3 prozentigen Lösung von Soda oder Pottasche von gleicher Temperatur knetet. Aufgerollte Binden müssen zuvor entrollt werden.

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2. Für das richtige Abwägen von Arzneistoffen, namentlich stark wirkender Art, ist die gute Erhaltung der Medizinalgewichte und Rezcptirwagen wichtig:

a) Das scharfe Putzen von Medizinalgewichten ist verboten; die Reinigung derselben beschränkt sich auf Abwischen des Staubes mittelst eines weichen leinenen Lappens bezw. auf Abwaschen mit reinem Wasser.

Wenn Gewichte ganz unansehnlich and durch Anhaften von Unreinlichkeit zu schwer geworden sind, findet eine kräftigere Reinigung statt, welche in dem Einlegen der Gewichte in Ammoniak auf einige Sekunden, in Abspfllen in reinem Wasser nnd Abreiben mit einem reinen Tuche bestehL

b) Die tbunlichst schonende Behandlung der Rezeptirwagen ist ge- boten. Das Putzen der Wagebalken, anf denen die Empfindlich- keit der Wagen beruht, ist überhaupt untersagt und ist dem Mechaniker zu überlassen. Bei den Tarirwagen dürfen die Schalen geputzt werden, da letztere durch Auflagen in das Gleich- gewicht gebracht werden können.

Der Chef der Admiralität.

G. 2947. V. CaprivL

A.-V.-Bl. No. 19.

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 9. Juni 1888.

Anstellung verabschiedeter Offiziere als Lazarethbeamte bezw. als Rendant beim medizinisch-chirurgischen Friedrich Wilhelms-Institut.

Die Bestimmungen Ober die Anstellung verabschiedeter Offiziere als Lazareth- beamte bezw. als Rendant beim medizinisch-chirurgischen Friedrich Wilhelms-Institut sind den Kommandobehörden , Bezirkskommandos, Intendanturen und Korpsärzten sowie dem Subdirektor des medizinisch - chirurgischen Friedrich Wilhelms - Instituts übersandt worden.

I. V.

V. Coler.

No. 91/6. 88. M. A.

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 16. Juni 1888.

Wegfall der Krankenlöhnung für Militär-Gefangene des Unteroffizierstandes.

Der auf Seite 173 der Fortsetzung der Abänderungs- bezw. Ergänzungs-Be- stimmungen zum Friedens-Lazareth-Reglement abgedruckte Erlass vom 20. Oktober 1879 No. 549/10. 79. M. M. A. , betreffend die Zuständigkeit der Krankenlöhnung für die Militär - Gefangenen des Unteroffizierstandes, ist durch die Bestimmung im §. 256 der Militär-Strafvollstreckungs -Vorschrift vom 9. Februar d. J. aufgehoben.

I. V.

No. 328/6. 88. M. A. v. Coler.

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Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps. Emeimungen, Befördeningen, Versetzungen.

Befördert werden: Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts. - Arzt Dr. Schmiedt vom 4. Magdeburg. Inf. - Regt. No. G7 zum Oberstabsarzt 1. Kl., Stabs- uud Bats.-Arzt Dr. Roeber vom Füs.-Bat. 3. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 66, zum Ober- stabsarzt 2. Kl. und Regts. - Arzt des 2. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 27, Stal>s- nnd Bats.-Arzt Dr. Prahl vom Füs.-Bat des Holstein. Inf. - Regts. No. 85, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Pomm. Füs.-Regts. No. 34, Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Ti mann vom Füs.-Bat des Kaiser Alexander Garde-Gren. -Regts. No. 1, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Lcib-Gardc-Hus.-Regts. ; die Assist- Aerzte 2. Kl. der Res.; Matzdorff vom Landw. - Bats. - Bez. Bernau, Dr. Edelbrock vom Landw. - Bats. - Bez. Recklinghausen, Dr. Wollermann vom Land w.-Bats. -Bez. Braunsberg, Dr. Schlange vom Landw.-Regts.-Bez. L Berlin,

Dr. Diekmann vom Landw. -Bats.-Bez. Neuss, Dr. Castenholz vom Landw.- Regts.-Bez. Cöln, Dr. Lehmann II. vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. Merz vom Landw.-Bats.-Bez. Freibnrg, Dr. Meyer vom Landw. - Bats. - Bez. Lüneburg, Dr. Schick vom Landw.-Bats.-Bez. Neuss, Dr. Rüdel vom Landw. - Regts. - Bez. I. Berlin, Zielitiski vom Landw. - Bats. - Bez. Könitz, Dr. Brumm vom Landw.-Bats.-Bez. Teltow, Dr. Reinke vom Landw.-Bats.- Bez. Schivelbein, Dr. Fleincr vom Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, Dr. Herrmaiin vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Scbörnich vom Landw.- Bats.-Bez. Ncuhaldensleben, Dr. Frey vom Landw.-Bats.-Bez. Stockach, Dr. Voss vom Landw.-Regts.-Bez. Cöln, Dr. Gross vom Landw.-Bats.-Bez. Hagen,

Dr. Harder vom Landw.-Bats.-Bez. Rendsburg, Dr. Bluth vom Landw.- Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. Poklatecki vom Landw.-Bats.-Bez. Dt Eylau, Dr. Ebcrle vom Landw.-Bats.-Bez. Freiburg, Dr, Lang vom Landw.-Bats.- Bez. Donaueschingen , Dr. Hoffmann vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, Dr. Deicke vom Landw.-Bats.-Bez. I. Braunschweig, Dr. Rosenberg vom Landw.- Bats.-Bez. Minden, Dr. Classen vom Landw. - Bats.-Bcz. II. Oldenburg, Dr. Badt vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. Sonntag vom Landw.-Bats.-Bez. Freiburg, Dr. Kühn vom Landw.-Bats.-Bez. Neustrelitz, Dr. Locherer vom Landw.-Bats.-Bez. Freiburg, Dr. Plinke vom Landw.-Bats.-Bez. Celle, Dr. Hoffmann vom Landw.-Bats.-Bez. Neuhaldensleben, Dr. Kirchner vom Landw.- Bats.-Bez. Erfurt, Dr. Brenssel vom Landw.-Bats.-Bez. I. Cassel, Dr. Ratz vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, Dr. Bock I. vom Landw.-Bats.-Bez. I. Berlin,

Dr. Hoffmann vom Landw.-Bats.-Bez. I. Trier, Dr. Finck vom Landw.- Bats.-Bez. Karlsruhe, Dr. Kirberger vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M.,

Dr. Reinecke vom Landw.-Bats.-Bez. Hildesheim, Dr. Orth vom Landw.- Bats.-Bez. Ratibor, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Res.; die Assist.- Anrzte 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Schroeder vom Landw.-Regts.- Bez. I. Berlin, Dr. Orth vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, Rosendorf vom Landw. - Bats. - Bez. Stade, Dr. F e I d m a n n vom Landw.-Bats.-Bez. Stettin, Dr. Welcher vom Landw.-Bats.-Bez. Gera zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots; die Unterärzte: Lösener vom Garde - Jäger - Bat.,

Dr. Koch vom Gren.-Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schics.) No. 11, Dr. Duden vom Westfäl. Drag.-Regt. No. 7, Dr. Nothnagel vom 3. Hcs.s. Inf -Regt. No. 83, Dr. Bartel vom 1. Badischen Feld - Artillerie - Regiment No. 14, Dr. Barth vom 1. Rlieinischcn Inf. - Regt. No. 25, letzterer unter gleichzeitiger Versetzung zum 4. Westfäl. Inf-Regt. No. 17, zu Assist.- Aerzten 2. Kl. Die Unterärzte der Res.: Dr. Cohn und Cohn vom Landw.-Kegts.-Bcz. I. Berlin, Dr. Schliep vom Landw.-Bats.-Bez. Stargard,

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Herbing vom Lamlw. -Bats.-Bez. L Braunschweig, Dr. Magnussen und Dr. Reiche vom Landw.-Regts.-Bcz. 1. Berlin, Dr. Eisenberg vom Landw.- Bats.-Bez. Teltow, Dr. Solecki vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Dr. Eisner vom Landw. - Bats. - Bez. Gleiwitz, ' Dr. Beckmann vom Landw.- Bats.-Bez. Essen, Dr. Fricdmaiin, Dr. Meyer und Dr. Sonder vom Landw.- Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Diederichs vom Landw.-Bats.-Bez. II. Braunschweig, Dr. Busse vom Landw.- Bats. -Baz. Hannover, Dr. Dommes vom Landw.- Bats.-Bez. II. Braunschweig, Dr. Kunze vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, Scbleussner vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Res. Die Unterärzte der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Semon vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, Dr. Sardemann vom Landw.- Bats.-Bez. Marburg, Dr. Tross vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots. Der Unterarzt der Res. Dr. Varenhorst vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover wird im aktiven Sanitäts- Korps und zwar unter Beförderung zum Assist- -Arzt 2. Kl. bei dem 1. Hannov. Feld- Art.-Regt. No. 10 angestellt. Der Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Richter vom 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66 wird, unter Verleihung des Charakters als Oberstabsarzt 1. Kl., mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 7. Div. beauftragt. Versetzt werden: Der Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Funcke vom Füs.-Bat. des Leib-Gren.-Regts. (1. Brandenburg.) No. 8 zum Füs.-Bat. des Kaiser Alexander Garde -Gren.-Regts. No. 1, der Marine-Stabsarzt Dr. Fischer von der 1. Matr.-Div. zur Armee und zwar als Bats.-Arzt zum Füs.-Bat. des Holstein. Inf.-Rcgts. No. 85, der Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Heidepriem vom 1. Hess. Hus.-Regt. No. 13 zum 4. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 5, der Assist.-Arzt 1. KI. Dr. Thomas vom 3. Posen. Inf.-Regt. No. 58 zum 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, der Assist-Arzt 2. Kl. Rochr vom 4. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 5. zum 8. Pomm. Inf.-Regt. No. 61, der Assist- Arzt 2. Kl. Dr. Jahn vom 8. Pomm. Inf.-Regt No. 61 zum Braunschweig. Inf.- Regt. No. 92, der Assistenz -Arzt 2. Kl. Nuszkowski vom 2. Oberschlosischen Infanterie - Regiment No. 23 zur Marine. Der Stabs- und Bataillons - Arzt Dr. Breitung vom 2. Bat. 6. Westfälischen Inf. - Regts. No. 55 ä la suite des Sanitäts-Korps gestellt. Der Abschied wird bewilligt: Dem Oberstabsarzt 1. Kl. und Regiments - Arzt Dr. Puhlmann vom Leib-Garde-Husaren-Regiment,

dem Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Heck vom Nenmärkischen Drag.-Regt. No. 3, beiden mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniss zum Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschricbenen Ab- zeichen, — dem Oberstabsarzt 2. Kl. der Landw. 1. Auijgebuts Dr. Freycr vom Landw.-Bats.-Bez. Naiigard, den Stabsärzten der Landw. 1. Aufgebots Dr. Wilke vom Landw.-Bats.-Bez. Gnesen, diesem mit der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen,

Dr. Dertz vom Landw.-Bats.-Bez. Brandenburg a. H., Dr. Broll vom Landw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, diesem mit der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgesehriebenen Abzeichen, Dr. Ziel vom Landw.-Bats.-Bez. Düsseldorf, Dr. Bachem vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, diesem mit dem Charakter als Oberstabsarzt 2. Kl., Dr. Kühne vom Landw.-Bats.-Bez. I- Braunschweig, Dr. Parnemann vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, letzUiren beiden mit der Erlaubniss zum Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Ver- abschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, dem Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots Dr. Hufer vom Laudw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., dem Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots Dr. Pahlke vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, diesem mit der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, den Assish-Aerzten 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots Dr. Laudowicz vom Landw.-Bats.-Bez. Gnesen, Dr. Luge vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M.

Potsdam den 10. Juli 1888.

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Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Mai 1888 eingetretenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Den 16. Mai 1888.

Dr. Gerdeck, Unterarzt vom Inf.-Regt. No. 131, Dr. Nothnagel, Unter- arzt vom 3. Hess. Inf.-Kegt. No. 83, Dr. Dautwiz, Unterarzt vom Inf.-Regt. No. 131, Dr. Bartel, Unterarzt vom 1. Bad. Feld- Art. -Regt. No. 14, Schelle, Unterarzt vom Inf.-Regt. Prinz Friedrich Karl von Preussen (8. Branden- burg.) No. 64;

Den 17. Mai 1888.

Dr. Seiffert, Unterarzt vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. 35;

Den 24. Mai 1888.

Dr. Kaotber, Unterarzt vom Hohenzollern. Füs.-Regt. No. 40;

Den 28. Mai 1888.

Dr. Metsch, Unterarzt vom 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, sämmtlich mit Wahrnehmung je einer bei den betreffenden Truppenthcilen vakanten Assist- Arztstelle beauftragt.

(Chef d. Adm. v. 15. 6. 88.)

Uthemann, Unterarzt, bisher zum Friedrich Wilhelms - Institut kommandiit, 4 nach Beendigung der medizinischen Staatsprüfung der Marinestation der Ostw überwiesen.

(Chef der Adm. v. 16. 6. 88.)

Dr. Bonte, Assist-Arzt 2. Kl., von Kiel nach Friedrichsort versetzt Dr. Nuszkowski, Assist-Arzt 2. KL, an Bord S. M. S. , Stein* kommandirt

(Chef d. Adm. v. 21. 6. 88.)

Dr. Thörner, Stabsarzt, an Bord S. M. Yacht .Hohenzollern* kommandirt (A. K. O. V. 21. 6. 88.)

Dr. Prior, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, ans allen Militär -Verhältnissen entlassen.

Yeränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den 9. Juni 1888.

Dr. Straub (Landau), Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, zum Stabsarzt, Dr. Hanf, Unterarzt im 12, InL-Rcgt Prinz Arnulf, zum Assist-Arzt 2. KL, Dr. Weismann, Dr. Sacki (I. München), Seherb (Hof), Dr. Simon (Erlangen), Dr. Krämer (Würzburg), Unterärzte der Res., zu Assist- Aerzteu 2. KL der Res., Dr. Limpert (Kissingen), Unterarzt der Landw. I. Aufgebots, zum Assist-Arzt 2. Kl., befördert

Den 12. Juni 1888.

Dr. Dietrich (Aschaffenburg), Assist-Arzt 1. KL a. D., bei den Sanitäts- offizieren der Landw. 2. Aufgebots wicderangestellt

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Den 19. Juni 1888.

Dr. Albert, Oberstabsarzt 1. Kl., Gamisonarzt bei der Kommandantur der Festung Germersheim, unter Verleihung des Charakters als Generalarzt 2. KI., mit Pension nnd mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt.

Den 26. J uni 1888.

Dr. Braun, Assist -Arzt 2. Kl. des 12. Inf. - Regts. Prinz Arnulf, auf Nach- suchen zn den Sanitätsof&zieren der Res. versetzt

Durch Verfügung des Kriegsministerioms.

BQx, einjährig - freiwilliger Arzt vom 2. Feld -Art. -Regt Horn, zum Unterarzt im 2. Schweren Reiter-Regt Kronprinz Erzherzog Rudolf von Oesterreich, unter Be- auftragung mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-Arztstelle, ernannt.

Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.

AllerhSchster Beschluss vom 21. Juni 1888.

Gebauer, Ludwig, Unterärzte der Res. des Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, Dr. Rieke, Unterarzt der Res. des Landw.-Bats.-Bez. Chemnitz, zn Assist-Aerzten 2. KI. der Res. befördert Dr. Buch, Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Auf- gebots des Iiandw.-Bats. -Bez. I. Dresden, zu den Sanitäts - Offizieren der I^andw. 1. Aufgebots dessellien Bezirks versetzt Dr. Koellner, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. des Landw.-Bats.-Bez. Pirna, wegen überkommener Diene tunfahigkeit aus Allerhöchsten Kriegsdiensten verabschiedet

Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts 'Korps.

Den 8. Juni 1888.

Dr. Mayer, Unterarzt der Res. im Landw.-Bals.-Bez. Ellwangen, zum Assist- Arzt 2. Kl. der Res., Dr. Frank, Unterarzt im Inf.-Regt Kaiser Friedrich König von Preussen Mo. 125, zum Assist-Arzt 2. Kl., Dr. Zeller, Unterarzt der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Ludwigsburg, zum Assist.-Arzt 2. Kl. der Res., Schoffer, Unterarzt im 8. Inf. -&gt. No. 126, zum Assist.-Arzt 2. Kl., Dr. Fischer, Unterarzt der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Lndwigsburg, zum Assist-Arzt 2. KL der Res., ernannt

Den 19. Juni 1888.

Dr. Schmidt, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt im Ulan.-Regt König Wilhelm No. 20, zum überzähl. Oberstabsarzt 1. Kl. befördert

Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.

Den 22. Juni 1888.

Dr. Widenmann, Unterarzt im Inf.-Regt Kaiser Wilhelm König von Preus.sen No. 120, mit Wahrnehmung einer bei dem genannten Regt, vakanten Assist. - Arzt- stelle beauftragt.

Familien -Nachrichten.

Verlobungen: Dr. med. H. Banke, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res., mit Frl. Ella Braune (Sonneberg in Thüringen Erfurt).

Verbindungen; Dr. Krieger, Stabs- und Bats.-Arzt mit Julie Krieger (Giiesen Berlin). Dr. Schrcyer, Assist-Arzt 1. Kl., mit Frl. Helene Stoltz (Brandenburg a. H. Berlin). Dr. Machate, Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Jäger-Bats. No. 15, mit Frl. Martha Lindemann (Dresden).

Todesfälle: Dr. BOttner-Wobst, Assist-Arzt I. Kl. der Res. des Landw.-Bats.- Bez. Zittau (Görbersdorf). Dr. med. Franz Kroeger, Assist-Arzt 1. Kl. der liandw. (Soest). Dr. Senftleben, Stabsarzt, Sohn Richard (Breslau).

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' General-Rapport

von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich Sächsischen) nnd des XIII. (Königlich Württembergischen) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatznngs-Brigade pro Monat Märe 1888.

1) Bestand am 29. Febrnar 1888; 15 974 Mann n. 36 Invaliden.

2) Zugang:

im Lazaretb 11 2ö8 Mann nnd Invaliden, im Revier 21 459 - - 1 1

Summa 32 717 Mann nnd 11 Invaliden. Mithin Snmma des Bestandes nnd Zuganges 48 691 Mann nnd 47 Invaliden, in Prozenten der EfTektivstärke 11,4% und 16,8%.

3) Abgang:

geheilt ....

37 027 Mann, 14 Invaliden,

gestorben . . .

109 - 1 -

invalide ....

184 - -

dienstunbrauchbar

414 - _

anderweitig . . .

448 - 3

Summa .

. 38 182 Mann, 18 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 76,0% der Kranken der Armee nnd 20,8% der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,22% der Kranken der Armee und 2,1% der erkrankten Invaliden.

5) Mithin Bestand;

am 31. März 1888 10 509 Mann nnd 29 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 2,5% nnd 10,4%

Von diesem Krankenstände befanden sich;

im Lazareth 7 789 Mann nnd 2 Invaliden, im Revier 2 720 - - 27

Es sind also von 447 Kranken 339,9 geheilt, 1,0 gestorben, 1,7 als invalide, 3,8 als dienstunbranchbar, 4,1 anderweitig abgegangen, 96,5 im Bestände geblieben.

Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an: Diphtheritis 1, Blutvergiftung 1, Unterleibstyphns 23, epidemischer (jenick- starre 1, akntem Gelenkrbenmatismns 1, Blntarmuth 2, Hirn- nnd Hirn- hautleiden 6, Nervenleiden 1, Lnngenentzöndung 24, Lnngenschwind- snebt 20, Brustfellentzündung?, Herzleiden 2, Magengeschwür 1, Gelbsucht 1, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 4, Nierenleiden 3, Harnleiden 1, Ührenleiden 1, Zellgewebsentzündung 2, Knochcnentzündnng 4. An den Folgen einer Verunglückung: Hufscblag 1. An den Folgen eines Selbst- mordversuchs: Erschiessen 1. Von den Invaliden: Leberleiden 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 30 TodesHille vorgekommen, davon 12 durch Verunglückung, 18 durch Selbstmord; so dass die Armee im Ganzen 139 Mann und 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.

Nachträglich pro Febrnar d. J.:

1 Selbstmord durch Erhängen.

Oednicki in der KünigL llof bocbdnickerei von E. S. MUtlerftSohn, Berlin SW^ Kochsti. 68—

I

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Amtliches Beiblatt

zur

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift. -

1888. Siebzehnter Jahrgang. ^8.

Kriegsminiatorium.

Medizinal - Alitheiluug.

Zn No. 1063. 6. 88. Abth. III. Berlin, den 18. .luni 1888.

Auf den gefälligen Antrag vom 12. d. Mta. wird die BoaehalTung eines geeigneten Mess-Inatrumcntes zur Prüfung von Alkohol für die Diapenair-Anstult des 2. Gamiaonlazuretba Berlin hierdureh genehmigt.

Mit RQckaiuht auf die nach Maasagabe der Bestimmung der Kaiserlichen Normal-Aiuhunga-Koniiuiasion vom 4. Mai 1888 zum 1. Oktober d. Ja. in Kraft tretenden Vorschriften für Messwerkzeuge weingeiatiger Flüssigkeiten erscheint die Niederlegung eines Alkoholometers nach Tralles nicht geeignet, vielmehr rmphehlt es sich, dafür die Beschaffung eines den obigen Vorschriften entsprechenden Thermo-Alkoholometers in Aussicht zu nehmen , dessen Alkoholometerskala An- gaben nicht unter 65 Prozent umfasst und nach Fflnftclprozcnten forlseh reitet, während die Thermometerskala in halbe Grade nach Celsius gctheilt ist

Der Königlichen Intendantur wird anheimgegeben, den Ankauf eines solchen Messwerkzeuges nach zuvoriger Rücksprache mit dem Haupt -Steuer- Amt herbei- zuführen.

Die Beschaffungskosten sind auf den laufenden Fonds für Apothekeugeräthe zu übernehmen.

An die Königliche Intendantur des Gardekorps hier.

Abschrift hiervon wird Euer Hochwohlgeboren zur gefälligen Kenntnissnahme und mit dem Hinznfügen ergebenst übersandt, dass ein gleiches Thermo- Alkoholo- meter an Stelle des nach Anlage 1, 1 B. unter 2 des Etats vom 12. 12. 87 Nu. 646. 12. 87 M. A. aufgeführten Alkoholometers nach Tralles für die Arznei- Reserven zu beschaffen sein wird.

' I. V.

V. Coler.

An sämmtliche Königliche Korps-Generalärzte.

No. 663. 6. 88 M. A.

Kriegsministerinm.

Medizinal Abtheilung. Berlin, den 30. Juni 1888.

In dem zufolge der Verfügung vom 10. 9. 87 J. No. 449. 9. 87 M. A. erstatteten Berichten über die Benutzung der Döcker'schcn Lazaivtbbaracken ist mehrfach die Art der Anlage des Klosetraumes bemängelt und die Anbringung eines verdeckten bezw. geschlossenen Verbindungsganges (eines Vorbaues u. s. w.)

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beantragt worden, um die Kranken bei Benutzung des Klosets vor Erkältung zu schützen.

Dem gegenüber wird bemerkt, dass ans hygienischen Gründen grundsätzlich daran festgehalien werden muss, das Kloset mit dem Krankenraum ausser Ver- bindung zu lassen.

Das Bedürfniss eines entspreclienden Schutzes der Klosetbesuchcr wird nur bei besonders kaltem ungünstigem Wetter also nur für kürzere Zeit hervor- treten und dürfte es ausführbar sein, sieh in solchen Fällen durch einen Stoff- vurbang (übergespannte Leinewand etc.), oder andere dergleichen provisorische Muassnabmen zu helfen. Ausserdem kann erforderlichen Falls die Dielung des Vorraums durch ein passendes Ansatzstück (ein leicht herstellbares Trittbrett) ver- breitert werden.

Derartige Verbesserungen können jedoch nur bei der Friedensbenutznng und im Kriege im Bedürfnissfalle aus bereiten Hülfsmittcln getroffen werden, ohne dass dadurch die ins Feld mitzunebmenden Konstruktionstheile vermehrt werden.

Euer Hochwühlgcburcn wird hiernach anheimgestellt, im Benehmen mit der hiervon benachrichtigten Intendantur nach Lage der Verhältnisse die entsprechenden Anordnungen zu treffen, soweit es sich um die Verwendung der Lazarethbaracken im Frieden handelt.

An sämmtliche Königliche Korpsärzte.

Abschrift.

I. V.

V. Coler.

An sämmtliche Königliche Intendanturen.

No. 481. 6. 88 M. A.

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 9. Juli 1888.

Von ärztlicher Seite ist hierher berichtet worden, dass zu dauernder Be- seitigung des Fussschweisses die Chromsäure ein sicheres, unbedenkliches und billiges Mittel sei, dessen Anwendung auch keine vorübergehende Dienststörung nothwendig mache.

Durch einmalige Bestreichung der Fusssoble und der Haut zwischen den Zehen mit Verbandwalte, welche mit Hülfe einer Komzange in eine lOprozentige Chromsänrelösung getaucht worden ist, soll eine sofortige Wirkung erzielt werden. Bei SchweissfOssen mittleren Grades genügen angeblich einige, in Zwischenräumen von 6 8 Wochen zu wiederholende derartige Bepinselungen, während höhere Grade in den ersten Monaten häufigere Anwendung des Mittels (alle 2 3 Wochen) erheischen. Bei wunden Füssen wird empfohlen zunächst einige Tage hinter- einander eine bprozentige Lösung zu benutzen und erst nach Wiederherstellung der Haut zu der stärkeren Lösung überzugehen. Zuweilen soll sich nach dem Gebrauch des Mittels , namentlich im Hochsommer, eine vermehrte Schweissabsondemng am ganzen Körper einstelleu, die indessen sclmu nach 1 2 Tagen sich ohne Nach- thcile wieder verliere.

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Euer Hochwohlgeboren werden ergebenst ersucht, hierBber dem Königlichen Generalkommando gefälligst Vortrag halten und bezügliche Versuche namentlich auch während der Herbstühnngen der Truppen in die Wege leiten zu wollen.

Einem Bericht über den Ausfall der Versuche wird zum 1. Februar 1889 ergebenst entgegengesehen.

I. V.

T. Coler.

An sämmtliche Königliche Korps-Generalärzte.

No. 443. 6. 88. M. A.

Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Befördert werden: Dr. Schellmann, Stabs- und Bats.-Arzt Tom Lcib-Füs.- Bat. 4. Grossherzogi. Hess. Inf. - Regts. (Prinz Carl) No. 118, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Kegts.-Arzt des 3. Rhein. Inf.-Regts. No. 29, I)r. Schnitze, Stabs- and Bats.-Arzt vom 3. Bat. des Magdeburg. Füs.-Regts. No. 36, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Ulan.-Regts. Kaiser Alexander III. von Russland (West- preuss.) No. 1, Dr. Stabbert, Stabsarzt vom Kadetteiihause zu Culm, zum Oberstabsarzt 2. KJ. und Regts.-Arzt des Nenmärk. Drag. - Regts. No. 3, Dr. Föhlisch, Assist. - Arzt 1. KI. vom 2. Bad. Drag. -Regt. No. 21, zum Stabs- und Bats. - Arzt des Leib - Füs. - Bats. 4. Grossherzogi. Hess. Inf. - Regts. (Prinz Carl) No. 118, Dr. Lasser, Assist. -Arzt 1. KI. in der etatsmäs.sigen Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des XV. Armee - Korp.s, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.- Bats. Inf.-Regts. No. 131, Dr. Ewermann, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Ostpreuss. Feld- Art. -Regt. No. 1 , zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. Gren. -Regts. König Friedrich III. (1. Ostpreuss.) No. 1, Dr. Krause, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Westpreuss. Kür. - Regt. No. 5, zum Stabs- und Abtheil. - Arzt der 2. Abtheil. 2. Brandenburg. Feld-Art.-Regts. No. 18 (Gcneral-Feldzeugmeister), Dr. Schiller Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Garde-Feld-Arb-Regt., zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. des Leib - Gren. - Regts. (1. Brandenburg.) No. 8, Dr. Klamrotli, Assist.-Arzt 1. Kl. in der etatsmässigen Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des XI. Armee-Korps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 4. Thüring. Inf.-Regts. No. 72, Dr. Kluge, Assist-Arzt 1. Kl. vom Hannov. Hus.-Regt No. 16, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bats. Magdeburg. Füs.-Regts. No. 36, Dr. Herr- mann, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Bezirkskommando I. Berlin, zum Stabs- und Bats.- Arzt des Füs.-Bats. 3. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 66, Dr. Runkwitz, Marine- Assist-Arzt 1. KI. von der 2. Matroseiidiv., zum Marine - Stabsarzt , vor- läufig ohne Patent, die Assist. - Aerzte 1. Kl. der Res.: Dr. Gottschau vom Landw.-Bats.-Bez. Gotha, Dr. Kahle vom Landw. - Bats. Bez. Danzig, Dr. Lerche vom Landw.-Bats.-Bez. Jauer, Dr. Lehmann vom Landw.-Bats.- Bez. Minden, Dr. Volkbauscn vom Landw.-Bats.-Bez. Detmold, Dr. Schultz II. vom Landw.-Bats.-Bez. Wesel, Dr. Steinmetz vom Landw.-Bats.- Bez. Colmar, Dr. Tiessen vom Landw.-Bats.-Bez. Marienburg, Dr. Dezes vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, Dr. Evers vom Landw.-Bats.-Bez. Wesel, Dr. Geiss vom Landw.-Bats.-Bez. Kim, Dr. Krause vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, Dr. Schlüter vom Landw.-Bats.-Bez. Woldenbcrg, Dr. Coranda vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, Hensel vom Landw.-Bats.-Bez. Stockacb, Dr. Poetschki vom Landw.-Bats.-Bez. Thom, Dr. Eisfeld vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, zu Stabsärzten der Res., die Assist.- Aerzte 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Wclcker vom Landw. -Bats.-

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Bez. Halle, Dr. KraiUhaiuier Tom Landw. - Bats. - Bei. Bruchsal, Dr’ Frflchtnicht vom Landw.-Bats.-Bcz. Bremen, We.ber vom Landw.-Bats.-Bez' Weilburg, Dr. Rittcrbnseh vom Landw.-Bais.-Bez. Hildesheim, Dr. Reinecke vom Landvr.-Bata.-Bez. Siegen, Dr. Mecke vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, Dr. Schomburg vom I.,andw.-Bats.-Bez. Gera, Dr. Dubuis vom Landw.-Bats.- Bez. Lützen, Dr. Trompetter vom Landw.-Bats.-Bez. Geldern, Dr. Riehn vom Landw.-Bats.-Bez. Hiblesbeiin, Dr. W i nd el schmi dt vom Landw.-Regts.- Bez. COln, Dr. Claus vom Landw.-Bats.-Bez. Wesel, Dr. Schmidt vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, Dr. Alexander vom Landw.-Bats.-Bez. C.Üslin. Dr. Kümmel vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Niesemann vom Landw.- Bat.s. - Bez. Barmen, Dr. Duis vom Landw.-Bats.-Bez. Aurich, Dr. Navo vom Landw.-Bats.-Bez. Glatz, Dr. Wodtke vom Landw.-Bats.-Bez. Marienburg,

Dr. Körner vom Landw.-Bats.-Bez. II. Breslau, Dr. v. Kicken vom Landw.- Bats.-Bez. Wesel, Dr. Tboma vom Landw.-Bats.-Bcz. Küpen, Dr. Neumann vom Landw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, Dr. Opielinski vom Landw.-Bats.-Bez. Schroda, Dr. Neussei vom Landw.-Bats.-Bez. Kirn, Dr. Pitschke vom Landw.-Bats.-Bez. Halle. Dr. Fr icke vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Dr. Ströbing vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, Janzer vom Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, Dr. Busolt vom Landw.-Bats.-Bez. Bitterfeld, Dr. Lew in vom Landw.-Kegts.-Bez. I. Berlin, Dr. Schultz vom Landw.-Bats.-Bez. Rostock, Dr. Nissen vom Landw.-Bats.-Bez. Magdeburg, Dr. Buschbeck vom Landw.- Bats.-Bez. Görlitz, Dr. Reiss vom Landw.-Bats.-Bez. Schneidemühl, Dr. l’eiss vom Landw.-Bats.-Bez. Neuwied, Dr. v. Blociszewski vom Ijandw.- Bats. - Bez. Ostrowo, Dr. Lorenczewski vom Landw.-Bats.-Bez. Cnstrin, Dr. Tils vom Landw.-Bats.-Bez. Diedenhofen, Dr. Born vom l^andw.-Bats.- Bez. Hannover, Dr. Lenhartz vom Landw.-Bats.-Bez. Biiterfeld, Dr. Keller- mann vom Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, Dr. Ruhlmann vom Landw.-Bats.-Ber. Strassbiirg, Dr. Wachenfeld vom Landw.-Bats.-Bez. Mainz, Dr. Gutsch vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, zn .Stabsärzten der Landw. 1. Auf- gebots, — Dr. Uilsmann, Assist. - Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, vom Landw.-Bats.-Bez. Meschede, zum Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots, die A88iat.-Acrzte 1. Kl. der Seewehr 1. Aufgebots: Dr. Drost vom Landw.- Bats. - Boz. Altona, Dr. Ciintz vom Landw. - Bats. - Bez. Wiesbaden, Dr, Markw ort vom Landw.-Bats.-Bez. Aachen, zu Stabsärzten der Seewehr

1. Aufgebots, Thalen, Marine-Assisb-Arzt 2. Kl. von der 2. Matrosendiv., Dr. Lange, Murine- Assisl.-Arzt 2. Kl. von der 1. Matrosendiv., zu Marine- Assist. -Aerzten I.Kl., vorläufig ohne Patent, die Marine-Assist. - Aerzte

2. Kl. der Res.: Dr. Kresin vom Landw.-Bats.-Bez. Danzig, Aue vom Landw.- Bats -Bez. Hildesheim, Neuinan n vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, Dr. Dom m er vom Landw.-Bats.-Bez. Marienburg, Dr. Lnnenborgvom Landw.-Bats.- Bez. Recklinghausen, Dr. Lüssem vom Landw.-Bats.-Bez. Neuwied, Dr.Mirbach vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, Dr. Greiff vom Landw.-Bats.-Bez. II. Münster,

Dr. Fleischhauer vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Knauer vom Landw.-Bats.-Bez. Weissenfcls, Dr. Oettinger vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg,

Weinert vom Landw.-Bats.-Bez. Muskau, Dr. Schmitz vom Landw.-Bats.- Bez. Bochum, Dr. Laffert vom Landw.-Bats.-Bez. Stargard, Dr. Müller vom Landw.-Bats.-Bez. •Sangerhansen , Dr. Denekc vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Neglein vom Landw.-Bats.-Bez. Kssen, Dr. Meridies vom Landw.-Bats.-Bez. Görlitz, Dr. Schlief vom Landw.-Bats.-Bez. Neutomischel,

Heidenhein vom Landw. Bats. -Bez. Teltow, Dr. Scliacfer vom Landw.- Rogts.-Bez. I. Berlin, Dr. Sepp vom Landw.-Bats.-Bez. Magdeburg, Dr. Stcniann vom Landw.-Bats.-Bez. II. Braun.sebweig, Dr. Wachsmuth vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, Dr. Gress vom Landw.-Bats.-Bez. Rastatt, Dr. Heptner vom Landw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, Dr. Schaeffer vom Landw. -Regts.- Bez I. Berlin, Dr. Polzin vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, Dr. Bissmeyer vom Landw.-Bats.-Bcz. Andernach, Dr. Buebholz vom Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, Ackermann vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, Dr. Giesler vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, Dr. Hesselbach vom Land w.-Bats.- Bez. Halle,

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Ejles vom Landw.-Bate.-Bcz. Düsseldorf, Dr. Drobnik vom Landw.-Bats.-Bez. KSnigsberg, Dr. Haag vom I,andw.-Bats.-Bez. Altona, Dr. Wallentin vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Dr. Scbleid vom Landw. - Bau.- Bez. Bruchsal,

Dr. Kornblum, Dr. Kleinwächter vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Dr. Uiddolscbulte vom Landw. - BaU. - Bez. Dortmund, Dr. Schmidt vom Landw.-Kegts.-Bezirk I. Berlin, Dr. Himsch vom Landw.-BaU.-Bcz. Hirschberg,

Dr. Schubert vom Landw.-BaU.-Bez. Glatz, Dr. Siemon vom Landw.-BaU.- Bez. Cottbus, Dr. Ruckert vom Landw.-Bats.-Bez. Arolsen, Dr. Fuchs vom Landw. - Regte. - Bez. I. Berlin, Dr. Boetticher vom Landw.-Bats.-Bez. Kuppin, Dr. Behnke vom Landw. - RegU. - Bez. I. Berlin, Dr. Knauf vom I>andw. - Bau. - Bez. Weimar, Dr. Keil vom Landw.-Bats.-Bez. Torgau, Hiemenz vom Landw.-BaU.-Bez. Andernach, Dr. Weiland vom Landw.-Bats.- Bez. Aschen, Dr. Pfeifer vom Landw.-BaU.-Bez. Weimar, Dr. Jordan ' vom Landw.-Bats.-Bez. Marienbnrg, Dr. Weiler vom Landw.-BaU.-Bez. Hamburg,

Dr. Diesing vom Landw.-Bats.-Bez. 1. Brannschweig, Löffler vom Landw.- Bats.-Bez. Naumburg, Dr. Schmidt vom Landw.-BaU.-Bez. Wohlan, Dr.

V. Lukowicz vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, Genrich vom Landw.-Bats.-Bez. Brandenburg a. H., Dr. Helming vom Landw. - Bats. - Bez. Recklinghausen,

Goehlich vom Landwehr - Bataillons-Bezirk Schweidnitz, v. Jagodziiiski vom Landwehr - Bataillons - Bezirk Gnescn, zu Assist. - Aerzten 1. Kl. der Reserve, Dr. Beyer, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. AufgeboU vom Landw.- BaU.-Bez. Gera, Dr. Burkhard, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Landw.

1. Aufgebots, Dr. Trainer, Assist.-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom Landw.- Bats.-Bez. Bochum, Dr. Höpfner, Assist.-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom Landw.-BaU.-Bez. Hamburg, zu Assist. - Aerzten 1. Kl. der Marine-Res.

Die Unterärzte: Dr. Rahnke vom 2. Ostpreuss. Greu. - Regt, No. .3,

Schelle vom Inf. -Regt. Prinz Friedrich Karl von Preussen (8. Brandenburg.) No. 64,

Dr. Seiffert vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. .35, Dr. Metsch vom

3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, dieser unter Versetzung zum 2. Magdeburg. Inf.- Regt. No. 27, Dr. Gillet vom 1. Rheiu. Feld-Art.-Regt. No. 8, Dr. Kaether vom HohenzoIIem. Füs.-Regt. No. 40, Dr. Gerdeck vom Inf.-Regt. No. 131,

Dr. Daiitwiz von demselben Regt., dieser unter Versetzung zum 1. Hannov. I>rag.-Regt. No. 9, Dr. Alt mann vom 4. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 67, zu Assist.-Aerzten 2. Kl., die Unterärzte der Res.: Neubauer, Baserin, Crüger vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, Dr. Mendel vom Landw.-Bats.- Bez. Stettin, Kuss vom Landw.-Bats.-Bez. Stargard, Dr. Buddeberg vom Landw.-Bats.-Bez. Bielefeld, Dr. Dunkelberg vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin,

Dr. Seyler vom Landw.-Bats.-Bez. Prcnzlau, Dr. .Schuster, Dr. Wagner vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. .laworowicz vom Landw.-Bats.-Bez. Neutomisehel, Dr. Katz vom Landw.-Bats.-Bez. Beuthen, Hoffinann vom Landw.-Bats.-Bez. Neutomisehel, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., die Unterärzte der Res.: Dr. Perls, Dr. Men de, Dr. Klinke vom Landw.- Regts.-Bez. I. Breslau, Dr. Hlubeck vom Ijjndw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, Dr. Ressemann vom Landw.-Bats.-Bez. Bssen, Dr. Bunsmann, Martini vom Landw.-Bats.-Bez. I. Münster, Dr. Wilmans vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg,

Frhr. v. Blomberg, Findeisen vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, Dr. Kigenbrodt vom l>andw. -Bats. -Bez. I. Darmstadt, Dr. Ritschel vom Landw.- Bats.-Bez. Freiburg, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., Dr. Jahlo- Dowski, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Schwerin, zum Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots. Dr. Blieduiig, Marine - Stabsarzt ein Patent seiner Charge verliehen. Dr. Wallis, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. Stralsund, im aktiven Sanilätskorps, und zwar als Assist.- Arzt 2. Kl. mit Patent vom 18. März 1887 bei dem 7. Ponun. Inf.-Regt. No. 54,

Dr. Peerenboom, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. Geldern, im aktiven Sanitätskorps , und zwar als Assist.-Arzt 2. Kl. mit Patent vom

4. August 1888 bei der Marine, angestellt. Dr. Lohriseh, .Stabs- und Abtheil. - Arzt von der 2. Abtbeilung 2. Brandenburg. Feld - Art. - Regts. No. 18

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(General-Fcidzeugmeister), znm Kadettenhausp in Culm, Dr. Koehlau, Staba- und Bats.-Arzt vom Fös.-Bat. 4. Thüring. Inf.-RegM. No. 72, lum 2. Bat. 6. West- fal. Inf. - Regt». No. 55, Dr. Pannwitz, Azsist - Arzt 1. Kl. vom Inf. - Regt. No. 132, in die etat«mä»sige Stelle bei dem Gen.- und Korpaarzt dea XV. Armee- Korps, Dr. Letz, Aaaist.-Arzt 1. KI. vom Nassau. Feld-Art.-Regt. No. 27, in die etatsmäs.sige Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des XI. Armee-Korps, Dr. Kubier, AssisL-Arzt 2. Kl. vom 5. Bad. Inf. -Regt. No. 113, zum Bez.-Kommando I. Berlin, Schweb», Asaist.-Arzt 2. Kl. vom Schleswig - Holatein. Füs. - Regt. No. 86, zur Marine, versetzt. Dr. Gloyer, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Schleswig. Inf.-Regt. No. 84, mit Pension, Dr. Schumann, Stabsarzt der Landw. 1. Auf- gebots vom Landw.-Bats.-Bez. Aschersleben, Dr. Rosenthal, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Tilsit, diesem mit seiner bisherigen Uniform, Dr. Breycr, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw. - Regt». - Bez. I. Breslau, Müller, Assist- Arzt 1. Kl. der Marine-Res. vom Landw.-Bats.-Bez. Giessen der Abschied bewilligt. Wefers, Marine-Assist-Arzt 1. Kl. von der 1. Matrosendiv., aus dem aktiven Sanitätskorps ausgesohieden und zu den Sanitäts-Offizieren der Res. der Armee Qbergctreten.

Potsdam, den 4. August 1888.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Juni 1888 eingetretenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Den 1. Juni 1888.

Dr. Kuhlmey, einjährig - freiwilliger Arzt vom 2. Garde - Drag. - Regt., unter Versetzung zum Nassau. Feld-Art-Regt. No. 27 zum Unterarzt ernannt;

den 9. Juni 1888.

Dr. Kuchendorf, einjährig -freiwilliger Arzt vom 4. Niederschle». Inf.-Regt. No. 51, zum Unterarzt ernannt;

den 11. Juni 1888.

Dr. Altgelt, Unterarzt vom 2. Hannov. Inf.-Regt. No. 77, Dr. v. Staden, Unterarzt vom Oldenburg. Inf.-Regt. No. 91;

den 14. Juni 1888.

Bormann, Unterarzt vom Inf.-Regt. Prinz Friedrich der Niederlande (2. Westfäl.) No. 15;

den 20. Juni 1888.

Dr. Schildener, Unterarzt vom 8. Westfäl. Inf.-Regt. No. 57, Gunder- loch, Unterarzt vom 3. Hannov. Inf.-Regt. No. 79, Dr. Rahnke, Untersrzt vom 2. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 3, Bauck, Unterarzt vom 3. Garde-Gren.- Regt. Königin Klisabeth;

den 21. Juni 1888.

Dr. Uthemann, Unterarzt von der Kaiserl. Marine;

den 23. Juni 1888.

Kröger, Unterarzt vom Anhalt. Inf.-Regt. No. 93, Dr. Löhr, Unterarzt vom Hannov. Füs. -Regt. No. 73;

den 27. Juni 1888.

Dr. Ockcl, Unterarzt vom Pomm. Füs.-Regt. No. 34;

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79

den 28. Juni 1888.

Dr. Merten, Unterarzt vom Magdeburg. Kür.-Regt. No. 7;

den 29. Juni 1888.

Dr. Weber, Unterarzt vom 2. Grossheizogl. Hess. Drag. - Regt. (Leib - Drag.- Regt.) No. 24, Ȋmmtlich mit Wahrnehmung je einer bei den betreffenden Truppentheilen bezw. bei der Kaiser). Marine vakanten Assist.'Arzt-Stelle beauftragt.

Potsdam, den 12. Juli 1888.

Dr. Koenig, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Qarde -Ulan.-Regts., der Charakter als Oberstabsarzt 1. Kl. verliehen.

Peterhof, den 22. Juli 1888.

Dr. Kraepelin, Assist.-Arzt 1. KI. a. D., zuletzt von der Landw. des 2. Rats. (Wohlau) 1. Schles. Landw.-Regts. No. 10, bei den Sanitätsoffizieren 2. Aufgebots des Lsndw.-Bats.-Bez. Wohlau wiederangestellt.

Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Durch Vertagung des Kriegsministeriums.

Dr. Dieudonne, Unterarzt der Res., zum Unterarzt des Friedensstandes im 1. Chev.-Regt. Kaiser Alexander von Russland ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist.-Arzt-Stelle beauftragt.

Den 4. Juli 1888.

Dr. Mannheimer, Königlich Preuss. Assist.- Arzt 1. KI. a. D., als Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots (Ansbach) angestellt.

Den 27. Juli 1888.

Dr. V. Varennes-Mondasse, Stabsarzt des 1&. Inf.-Regts. König Albert von Sachsen, mit Pension und mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt. Böhm, Unterarzt im 3. Chev.-Regt. Herzog Maximilian, znm Assist.-Arzt 2. Kl. befördert.

Veränderungen im Königlich Württembergiechen Sanitäts-Korps.

Den 6. Juli 1888.

Dr. Kloos, Unterarzt der Res. im Landw. - Bats. - Bez. Ellwangen, Dr. Finckh, Unterarzt der Bes. im Landw. -Bats.- Bez. Stuttgart, zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Res. ernannt.

Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.

Den 2C. Juni 1888.

Dr. Wendel, einjährig-freiwilliger Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 122, mit Wirkung vom 22. Mai d. J. znm Unterarzt des aktiven Dienststandes ernannt und vom 26. Juni ab mit Wahrnehmung einer bei dem genannten Regt, vakanten Assist.- Arzt-Stelle beauftragt.

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Ordensverleihungen.

Prenssische:

Stern und Kreuz der Comthnre des Königlichen Haus-Ordens von HohenzoUern:

Generalarzt 1, Kl., Geheimer Medizinalrath und Professor Dr. r. Bergmann zu Berlin.

Andc re;

Das Ritterkreuz 1. Kl. des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Haus- Ordens:

Stabs- und Bats.-Ärzt Dr. Qroschke im C. Thüring. Inf.-Regt. No. 95. Ritterkreuz des Königlich Norwegischen St. Olafs-Ordens:

Stabsarzt Dr. Löffler vom medizinisch-chirurgischen Friedrioh-Wilhelms-Institnt.

Kaiserlich Japan isclier Verdienst-Orden der aufgehenden Sonne 4. Kl.: Stabsarzt Dr. Scheibe im 1. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 26, kommandirt zur Medizinal-Abtbeilnng des Kriegsministeriums.

Familien -Nachrichten.

Verlobungen: Dr. Martin Siegfried, Stabsarzt im Leib - Gren.- Regt., mit Frl. Magarethe Riemer (Frankfurt a. O.). Dr. Otto Bungeroth, Stabs- und Bats.- Arzt im Niederrhein. Füs. - Regt. No. 39, mit Frl. Margarethe Mannesminn (Düsseldorf Remscheid - Bliedinghausen). Dr. Otto Biümcke, Assist. - Arzt; 2. Kl. der Res., mit Frl. Elsbeth Henning (Berlin).

Verbindungen: Dr. Dietrich, Assist. - Arzt 2. Kl. der Res., mit Frl. Gertrud Hahn (Schwedt a. O. Rüdersdorf bei Berlin).

Geburten: (Sohn) Stabsarzt Dr. Krause (Kadettenhaus Oranienstein). Dr.

Kapff, Stabsarzt a. D. (Schlettstadt). Dr. Krcyscrn, AssisL-Arzt 1. Kl. ün 4. Oberschles. Inf.-Regt. No. 63 (Ncisse).

Todesfälle; Dr. Hesse, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gamisonarzt, Sohn Gustav Adolf, cand. Juris (Cöln). Dr. Hugo Goldhorn, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt im H. Hannov. Inf.-Regt. No. 79 (Hildesheim). Dr. Franz Büttner, Generalarzt z. D. ^Berlin). Dr. Sebuchardt, Stabs- und Bats.-Arzt im Inf.- Regt. Nu. 98, Tochter Elli (Metz).

üedrackt in der Königl. Hof bnchdructerei von £. S. Mittler k Sohn, Berlin SW., Koebetr. C8 70.

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Amtliches Beiblatt

zur

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift

1888. Siebzehnter Jahrgang. ^ 9 u. 10.

KTiegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 16. Juli 1888.

Da zur Diirchfnbning des neuen Etats an Apothekengeräthen vom 12. De- zember 1887 No. 646/12. 87. M. A. besondere Mittel zur Zeit hier niebt verfügbar sind, so kümicn die erforderlichen Beschaffungen zunächst nur nach Maassgabe des dortseitigen Dtensiliengelder-Konds statttinden.

Es wird Wertb darauf gelegt, dass in erster Linie die Ausstattung der Korps- Arznei-Reserve und der Dispensir - Anstalt am Sitze des Generalkommandos zur Ausführung gelangt.

Ob nicht durch Umbezeichnung alter, bezw. in den dortseitigen Dispositions- beständen vorhandener Standgefässe sich wesentliche Ersparnisse erzielen lassen, wäre in Betracht zu ziehen.

Die seither im Gebrauche befindlichen Repositorien Arzneigerüste sind zunächst beizubehalten und würden Neubeschuffungen nur da zulässig sein, wenn die Umänderungen zu erhebliche Ko.sten verursachen oder aus anderen Gründen nicht durchführbar erscheinen sollten. Wegen der neuen Zeichnungen für diese Arzneigenlste sind die Verhandlungen noch niebt ganz abgeschlossen.

Auch die Beschaffung neuer Dampf- und Destillir-Apparatc kann nur allmälig nach Maassgabe der verfügbaren Mittel erfolgen.

Euer Hochwohlgeboren wollen das hiernach Erforderliche im Einvernehmen mit der Korps-Intendantur gefälligst in die Wege leiten.

Zum 15. April ist zu melden, welche Kosten für die weiteren Ergänzungen nach dem neuen Etat erforderlich werden und welcher Betrag hierfür im Korps- bezirk verfügbar ist.

I. V.

No. 999/5. 88. M. A. v. Coler.

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 28. Juli 1888.

Tekturen zur Kriegs-Sanitäts-Ordnung vom 10. Januar 1878. Beilage 6 Seite 405/445 Oekonomischer Etat nebst Packordnungen.

Beschreibung des Kranken- und Verbindezeltes nebst Abbildungen.

Die vorbezeichneten Nachträge sind im Verlage der Königlichen Hofbueb- handlung von E. S. Mittler & Sohn, Berlin SW., Kochstrasse 68 70, und zwar bei unmittelbarer Bestellung zum Preise von 45 Pf. für das Exemplar zu beziehen.

I. V.

V. Coler.

No. 1287/7. 88. M. A.

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Kriegsministerium. '

Allgemeines Kriegs-Departement. Berlin, den 27. Juli 1888.

Ansrüitangs-Nachweisniig für ein Sanitäls-Detaehemcnt Den Koromandobelirirden wird die vorbezeichnotc Ausrüstungs-Nai’hweisuiig, welche au Stelle der im Druckvorschriften-Etat unter A 3 No. 25 aufgeführten tritt, mit Vertheiluiigsplan unter Umschlag übersandt werden.

V. Blume.

No. 30/7. 88. A. 3.

Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Befördert werden: Dr. Leuchert, Assist.-ArU 2. Kl. vom 4. Bad. Inf.- Regt. Prinz Wilhelm No. 112, Dr. Kühler, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Bezirks- kommando I. Berlin, Dr. Roland, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Kadettenbause zn Plön, zu Assist.- Aerzten 1. Kl., Löchner, Assist.-Arzt 2. Kl. der I>andw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Torgau, zum Assist.-Arzt 1. Kl., Dr. Sander, Marine - Assist. - Arzt 1. Kl. von der 1. Matrusendiv., zum Marine- Stabdarzt, vorlüulig ohne Patent, Dr. Erdmann, Marine-Assist.-Arzt 2. KL von der 1. Matroseudiv., zum Marine-Assist.-Arzt 1. KL, vorläufig ohne Patent; die Unterärzte: Dr. Ockol vom Pomm. Küs.-Regt. No. 34, unter Versetzung zum Inf.-Regt. No. 129, Krüger vom Anhalt. Inf.-Regt. No. 93, unter Versetzung zum 1. Hessischen Hus. - Regt. No. 13, Dr. Merten vom Magdeburgisehen Kürassier-Regiment No. 7, unter Versetzung zum Infanterie-Regiment No. 128, Dr. Kuchendorf vom 4. Niederschlesischen Infanterie-Regiment No. 51, Bor- mann vom Inf.-Regt. Prinz Friedrich der Niederlande (2. Westfäl.) No. 15, dieser unter Versetzung zum Inf.-Regt. No. 132, Dr. Altgclt vom 2. Hanuov. Inf.- Regt. No. 77, Gunderloch vom 3. Hannov. Inf.-Regt. No. 79, dieser unter Versetzung zum 2. Bad. Gren.-Regt. Kaiser Wilhelm I. No. 110, Dr. v. Staden vom Oldeuburg. Inf.-Regt. No. 91, unter Versetzung zum Schleswig. Inf.-Regt. No. 84, Dr. Löhr vom Hannov. Ffls. -Regt. No. 73, unter Versetzung zum 1. Hannov. Ülan.-Regt No. 13, Dr. Weber vom 2. Grossherzogi. Hess. Drag.- Regt. (Lcih-Drag.-Regt.) No. 24, zu Assist. - Aerzten 2. KL, Dr. Uthemann, Marine-Unterarzt von der 1. Matrosendiv., Dr. Hoffmann, Marine - Unterarzt von der 2. Matrosendiv., z u Ma ri n e- AssisL -Aerzten 2. KL; die Unter- ärzte der Res.: Dr. Höniger vom Landw.-Bats.-Bez. Inowrazlaw, Dr. Westphal vom Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, Dr. Kreich vom Landw.-Regts.- Bez. I. Berlin, Rocco vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, Dr. Jadassohn von» Landw. - Regls. - Bez. I. Breslau, Dr. Pietrusky I., Dr. Pietrusky II. vom Landw.-Bats.-Bez. Striegau, Dr. Lasker vom Landw.-Bats.-Bez. Beuthen, Dr. van Perlstein, Dr. Sjüström vom Landw.-Bats.-Bez. Cöln, Dr. Pohl vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Jaspersen vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel,

Dr. Grüneberg, Dr. Hahn vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, Dr. Fallmeier vom Landw.-Bats.-Bez. Nienburg, Dr. Schmidt vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Dr. Leymann vom Landw.-Bats.-Bez. Arolsen, Dr. Durlach vom Landw.-Bals.-Bez. II. Brannsehweig, Bartikowski vom Landw.-Bats.-Bez. I. Oldenburg, Dr. Vogel vom Landw.-Bats.-Bez. Mainz, Wallot vom Landw.- Bats.-Bez. Worms, Breiderhoff, Dr. Meyer vom Landw.-Regts.-Bcz. I. Berlin,

Wenderoth vom Landw.-Bats.-Bez. L Cas.sel, Besser vom Landw.-Bats.- Bez. Freiburg, zu Assist.-Aerzteu 2. Kl. der Res., Steffan, Unterarzt der

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Landw. 1. Aufgebots vom Landw. - Bsts. - Bez. Heidelberg, zum Assist.-Arzt 2. Kl. Dr. Ernesti, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 1. Garde-Regt. zu Fuss, der Charakter als Oberstabsarzt I. KU verliehen. Dr. Heinzei, Oberstabsarzt

1. Kl. und Regts.-Arzt vom Hess. Fils.-Regt. No. 80, Dr. Augstein, Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Bromberg, Dr. Maurer, Stabs- arzt der Landw. 2. Aufgebots vom l..andw.-Bats.-Bez. I. Darmstadt, Dr. Thiem, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Cottbus, ein Latent ihrer Charge verliehen. Dr. Heraucourt, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. Strassburg, im aktiven Sanitätskorps, und zwar als Assist.-Arzt

2. Kl. mit einem Patent vom 25. August 1888 bei dem Fcld-Art.-Rcgt. No. 31, an- gestcUt Dr. Müller, Stabs- und Bats.-Arzt vom Garde-Füs-BaU 1. Grossherzogi. Hess. Int- (Leibgarde-) Regte. No. 115, zum 2. Bat. 4- Grossherzogl. Hess. Iiit- Regts. (Prinz Carl) No. 118, Dr. Weber, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 4. Westfäl. Int-Regt. No. 17, zum 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, versetzt. Dr. Kappesser, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 1. Grossherzogl. Hess. Drag.-Regt. (Garde- Drag.-Regt.) No. 23, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsürztlichen Funktionen bei der Grossherzogl. Hess. (25.) Div., als Generalarzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Dr. Kittel, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Tilsit, mit seiner bisherigen Uniform, der Abschied be- willigt — Dr. Oelkers, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat 4. Gro.ssberzogl. Hess. Inf. - Regts. (Prinz Carl) No. 118, mit Pension aiisgesehieden. Prof. Dr. Loeffler, Stabsarzt vom medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, aus dem aktiven Sanitätskorps ausgeschieden und zu den Sanitätsoffizieren der Res. über- getreten.

Berlin, den 25. August 1888.

Naebweisung der beim Sanitäts-Korps sonst eingetretenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Den 4. Juli 1888.

Dr. Ziemann, einjährig -freiwilliger Arzt vom Gren.-Regt. König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pomm.) No. 2, unter gleichzeitiger Versetzung zum 5. Pomm. Inf.-Regt No. 42 zum Unterarzt ernannt;

den 6. Juli 1888.

Dr. Hoffmann, Unterarzt von der KaiserL Marine;

den 14. Juli 1888.

Boeck, Unterarzt vom 5. Ostpreuss. Inf.-Regt No. 41, Dr. Barchewitz, Unterarzt vom 7. Pomm. Inf.-Regt No. 54, Gralow, Unterarzt vom König Wilhelm I. Gren.-Regt (2. Westpreuss.) No. 7;

den 16. Juli 1888.

Dr. Brunk, Unterarzt vom Niederschles. Feld-Art.-Regt No. 5;

den 17. Jnli 1888.

Reischauer, Unterarzt vom 6. Westfäl. Inf.-Regt No. 55, Dr. Ueuduck, Unterarzt vom 2. Hannov. Feld-Art-Regt. No. 26;

den 19. Juli 1888.

Dr. Esselbrügge, Unterarzt vom Niederrhein. Füs.-Regt. No. 39, Dr. Meyer, Unterarzt von der Kaiser!. Marine;

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den 25. Juli 1888.

Lorentz, Unterarzt vom Hiis.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich Küiiig von Ungarn (Schleswig-Holstein.) No. 16, Dr. Buschow, Unterarzt vom Col- herg. Gren.-Regt. (2. Pomm.) No. 9, Brinker, Unterarzt vom 8. Rhein. Inf.- Regt. No. 70, Dr. Münzer, Unterarzt vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. 33, Dr. Christoffers, Unterarzt vom Schles. Feld-Art. -Regt. No. 6;

den 28. Juli 1888.

Dr. Hofman, Unterarzt vom Garde-Fuss-Art.-Regt., Dr. Wimmer, Unter- arzt vom Magdeburg. Fiis.-Regt. No. 36, Dr. Strein, Unterarzt vom 1. Gross- herzogl. Hess. Inf.- (Leibgarde-) Regiment Nu. 115;

den 3. August 1888.

Dr. Priessnitz, einjährig -freiwilliger Arzt von der II. Matrosendiv. , zum Unterarzt ernannt, sämmtlich mit Wahrnehmung Je einer bei den betreffenden Truppentbeilen hezw. bei der Kaiserl. Marine vakanten Assist.-Arzt-Stelle beauftragt.

(Chef d. Adm. v. 10. 8. 88.)

Dr. Pecrenboom, Assist.-Arzt 2. Kl., der Marinestation der Nordsee zu- getbeilu

Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den 8. August 1888.

Dr. Pfaff, Assist.-Arzt 2. Kl. des 18. Inf.-Regts. Prinz Ludwig Ferdinand, auf Nachsucheii zu den Sanitätsoffizieren der Ros. versetzt.

Den 13. August 1888.

Dr. Neumayr, Ober-Stabsarzt 2. Kl. und Regts-Arzt vom 17. Inf.-Regt. Orff, als Gam.-Arzt zur Kommandantur der Festung Germersheim, Dr. Bergmüller, Stabs- und Bats.-Arzt vom 17. Inf.-Regt. Orff, zum 2. Pion.-Bat., Jacoby, Assist.- Arzt 2. Kl. vom 17. Lif.-Regt. Orff, zum 4. Inf.-Regt. König Karl von Württemberg, Ehehalt, A.ssist.-Arzt 2. Kl. vom 15. Infanterie-Regiment König Albert von Sachsen, zum 9. Inf.-Regt. Wrede, versetzt. Dr. Feuerbach, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Pion.-Bat., zum Ober- Stabsarzt 2. Kl. und Regts- Arzt im 17. Inf.-Regt. Orff, Dr. Patin, Assist.-Arzt I. KL vom 2. Feld-Art.- Rcgt, Hom, zum Stabs- und Bats.-Arzt im 13. Inf.-Regt. König Albert von Sachsen. Dr. Ludwig, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 9. Inf.-Regt. Wrede, zum Stabs- und Bats.- Arzt im 17. Inf.-Regt. Orff, Dr. Hoffmann (Augsburg), Dr. Küllikcr (Hof), Assist.-Aerzte 1. Kl. der Res., zu Stabsärzten der Res., Dr. Müller (Rosenheim), Dr. Henkel (Wasserburg), Dr. Ritter v. Dall’Armi, Dr. Brunner (I. München), Dr. Rott (Ingolstadt), Dr. Salecker (Hof), Dr. Richrath, Dr. Baumeister (Kaiserslautern), Assist. -Aerzte 1. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, zu Stabsärzten der Landw., Dr. Pleycr, Assist.-Arzt 2. Kl. im Inf.-Leib-Rcgt., Dr. Miller, Assist.-Arzt 2. Kl. im 6. Chev.-Regt. Grossfürst Constantiu Nieolajewitsch, zu AssisL- Aerzten 1. KL, Dr. Orth (I. München), Dr. Bachl (Vilshofen), Dr. Marzodko, Dr. Guttmann (llof), Dr. (Wiener (Ansbach), Dr. Graser (Erlangen), Dr. Bäudler (Bamberg), Dr. Willerding, Dr. Trier, Dr. Heyne, Dr. Buss, Dr. Carlsou (Kissingen), Dr. Ginlini (Würzbnrg), Steinhoff (Aschaffenhurg) , Dr. Lindner, Dr. Sturm, Dr. Fischer, Dr. Meyer (Kaisers- lautern), Dr. Pollack, Dr. Fischer (Speyer), Assist.-Aerzte 2. Kl. in der Res., zu AssisL -Aerzten 1. Kl. der Res., Dr. Held (I. München), Dr. Maul (Ingol- stadt), Francke (Würzbnrg), Dr. Stern (Aschaflenburg) , Dr. Sichert (Speyer), AssisL-Aerzte 2. KL in der Landw. 1. Aufgebots., Dr. Urlaub (IL München),

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Hsrtig (Kitzingen), Dr. Rode (Kissingen), Assist. -Aerzte 2. Kl. in der Landw, 2. Aufgebots, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Landw., Pürckhauer, Schnlze-Kump, Dr. Jäger, Dr. Enderlen, Martin, Dr. Elten, Einbaus, Israel, Dr. Deutschländer (I. München), Erhard (Dillingen), Schütz (Würz- burg), Unterärzte in der Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., befördert.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums.

Dr. Mchltrettcr, einjährig-freiwilliger Arzt Tom 9. Inf.-Regt Wrede, zum Unterarzt im 4. Inf.-Regt. König Karl von Württemberg ernannt und mit Wahr- nehmung einer vakanten Assist.-Arzt-Stelle beauftragt.

Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.

Den 10. August 1888.

Dr. Rudloff, Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103, zu den Sanitäts- offizieren der ReS. mit der Aussicht auf Wiedcranstellung im aktiven Sanitäts- Offizierkorps versetzt. Dr. Roescli, Assist.-Arzt 1. Kl. im Carabinier-Hcgt., zum Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103 befördert. Dr. Hesselbach, Assist-Arzt 1. Kl. im 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, zum Carabinier- Regt., Dr. Zimmer, Assist.-Arzt 1. Kl. im 3. Inf.-Regt. No. 102 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, zum 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, versetzt. Ilangg, Unterarzt im 2. Gren. - Regt No. 101 Kaiser Wilhelm König von Preussen, unter Versetzung zum Pion. - Bat. No. 12, zum Assist.-Arzt 2. Kl., Seile, Unterarzt der Res. vom Landw, - Bats. - Bez. I. Dresden, zum Assist. - Arzt 2. Kl. der Res., befördert.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums.

Den 26. August 1888.

Dr. Friedrich, einjährig -freiwilliger Arzt des 3. Jäger-Bats. No. 15, als Unterarzt des Aktivstandes bei dem 2. Gten.-Uegt. No. löl, unter Beauftragung mit Wahrnehmung der bei diesem Truppentheile vakanten assist. -ärztlichen Stelle vom 1. September er. ab augestellt.

Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.

Den 26. Juli 1888.

Dr. Müller, Assist.-Arzt 1. Kl. im Gren.-Regt. Königin Olga No. 119, in das Ulan.-Regt. König Karl No. 19 versetzt.

Den 6. August 1888.

Dr. Klopfer, Assist.-Arzt 1. Kl. im Gren.-Regt. Königin Olga No. 119, kommandirt zur Universität Tübingen, bis zum 31. März 1889 in diesem Kommando- verhältniss belassen.

Den 12. August 1888.

Dr. Widenmann, Unterarzt im Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Preussen No. 120, unter Versetzung in das Gren.-Regt. Königin Olga No. 119, zum Assist.- Arzt 2. Kl. ernannt.

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Ordensverleihungen.

Preussiach e:

Rother Adler-Orden 4. KI.:

Dr. lleutcl, Stabsarzt der Landw. zu Elbing.

Königlicher Kronen-Orden dritter Klasse:

Ober - Stabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Puhlmann zu Potsdam, bisher Regts.-A.rzt des Leib-Garde-Uua.-Regts.

Andere:

Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Grossherzoglich Badischen Ordens vom Zähringer Löwen:

Stabsarzt Wicke, ä la suite des Sanitätskorps und kommandirt zuin Aus- wärtigen Amte als Arzt des Togogebietes.

Fürstlich Reusaisches Ehrenkrenz 3. Kl.;

Ober-Stabsarzt a. D. Dr. Kidder (Bückeburg).

Familien -Nachrichten.

Verlobungen: Dr. Julius Kriese, Assisb-Arzt 1. Kl. d. Ree. mit Frl. Anna Kreuzburg (Ahrweiler).

•Verbindungen: Dr. Balmer, Stabsarzt, mit Frl. Ida Werner (Leipzig).

Geburten; (Sohn) Dr. Hecker, Stabsarzt (Düsscldorl). Dr. Schaffrath, Stabsarzt (Chemnitz). (Tochter) Dr. Heinrici, Stabsarzt (Krummhübel).

Todesfälle: Dr. Eduard Storch, Stabs- und Bats.-Aizt im Hohenzollern. Ffis.- Regt. No. 40 (Cöln). Dr. W’agner, Oberstabsarzt, Frau Eleonore, geb. Htrtb, (München). Dr. Friedrich Kremers, Generalarzt a. D. (Wiesbaden). Dr. Ilelbig, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D. (Dresden). Dr. Ferdinand Gronert, Generalarzt a. D. (Berlin). Dr. Hahn, Oberstabsarzt 1. Kl., Regts.-Arzt im Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt. No. 1, Tochter Ilse (Berlin). Dr. Karl Moritz Ziegler, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D. (Blasewitz).

General -Rapport

von den Kranken der Königlich Prensaiechen Armee, des XII. (Königlich Sächsischen) and des XIII. (Königlich Württembergiseben) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatznngs-Brigade pro Monat April 1888.

1) Bestand am 31. März 1888; 10 509 Mann and 29 Invaliden.

2) Zugang:

im Lazaretb 10 G84 Mann und 1 Invaliden, im Revier 19 214 - - 7 -

Summa 29 898 Mann and 8 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes and Zuganges 40 407 Mann and 37 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke 9,4°/o und 20,7%.

3) Abgang:

geheilt ....

26 896 Mann, 3 Invaliden,

gestorben . . .

94 - -

invalide ....

162 -

dienstanbraachbar

295 -

anderweitig . . .

407-11

Summa .

. 27 854 Mann, 14 Invaliden.

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4) Hiernach sind:

geheilt 66,6<>/o der Kranken der Armee und 8,1 % der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,23o/o der Kranken der Armee and % der erkrankten Invaliden.

5) Mithin Bestand:

am 30. April 1888 12 553 Mann and 23 Invaliden,

in Proaenten der E£Fektivstärke 2,9<>/« and 12,8‘’/o*

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazareth 8 627 Mann und 1 Invaliden, im Revier 3 926 - - 22

Es sind also von 430 Kranken 286,2 geheilt, 1,0 gestorben, 1,7 als invalide, 3,1 als dienstanbranchbar, 4,4 anderweitig abgegangen, 133,6 im Bestände geblieben.

Von den Gestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an: Rose 1, Diphtheritis 2, Eitervergiftung 1, Unterleibstyphns 5, epidemischer Genickstarre 5, akutem Gelenkrheumatismus 3, Blutkrankbeit 1, Zucker- rohr 1, Starrkrampf 1, Nervenleiden 2, Hirn- und Hirnhautleiden 8, Rückenmarksleiden 2, Kehlkopfkatarrh 1, Lungenentzündung 19, Lungen- blutung 2, Lungenschwindsucht 16, Brustfellentzündung 3, Herzleiden 2, Lymphdrüsenvereiterung 1, Darmentzündung 2, Leberleiden 1, Bauchfell- entzündung 7, Nierenleiden 1, Furunkel 1, Knochenentzündung 2, Knie- gelenksentzündung 1. An den Folgen einer Verunglückung: Erstochen durch Kameraden 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs: Erscbiessen 1, Phosphorvergiftung 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 23 Todesfälle vorgekommen, davon 8 durch Krankheit, 3 durch Verunglückung, 12 durch Selbst- mord; so dass die Armee im Ganzen 117 Mann durch den Tod verloren hat.

Nachträglich pro Januar d. J.:

1 Verunglückung durch Ertrinken.

General -Rapport

von den Kranken der Königlich Preussischen Armee, des XII. (Königlich Sächsischen) und des Xlll. (Königlich Wörttembergischen) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatzungs-Brigade pro Monat Mai 1888.

1) Bestand am 30. April 1888: 12 553 Mann und 23 Invaliden

2) Zugang:

im Lazareth 9 497 Mann und 2 Invaliden,

im Revier 16 400 - - 6 -

Summa 25 897 Mann und 8 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 38 450 Mann und 31 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke 9,0% uud 16,6%.

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88

3) Abgang:

geheilt ....

. 25 857 Mann,

9 Invaliden,

gestorben . . .

120 -

invalide ....

203 -

dienstunbranchbar

318 -

anderweitig . .

394 -

Summa .

. 26 892 Mann,

9 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt der Kranken der Armee und 2,9Vo der erkrankten

Invaliden,

gestorben 0,31<>/o der Ejtmken der Armee und »/o der erkrankten Invaliden.

5) Mitbin Bestand:

am 31. Mai 1888 11 558 Mann und 22 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 2,7°/o und 12,2'>/o.

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazaretb 7 818 Mann und 3 Invaliden, im Revier 3 740 - - 19

Es sind also von 321 Kranken 215,9 geheilt, 1,0 gestorben, 1,7 als invalide, 2,7 als dienstnnbrauchbar, 3,3 anderweitig abgegangen, 96,4 im Bestände geblieben.

Von den Gestorbenen der aktiven Truppen « haben gelitten an: Scharlach 2, Dipbtheritis 1, Blutvergiftung 3, Unterleibstyphus 9, epidemi- scher Genickstarre 2, akutem Gelenkrheumatismus 3, Blutarmuth 1, Hitzscblag 1, Darmtuberkulose 1, Hirn- und Hirnbautleiden 9, Kiicken- marksleiden 1, Lungenentzündung 36, Lungenschwindsucht 30, Brustfell- entzündung 5, Herzleiden 1, Mandelentzündung 1, Krebs der Speiseröhre 1, innerem Darmverschluss 1, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 3, Nieren- leiden 3, Blasenleiden 1, Zellgewebsentzündung 1. An den Folgen einer Verunglückung: Gebirnschlag durch Fall vom Schemel 1, Erschiessen ans Unvorsichtigkeit 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs: Er- bängeu 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 30 Todesfälle vorgekommen, davon 1 durch Krankheiten, 8 durch Verunglückung, 21 durch Selbstmord; so dass die Armee im Ganzen 149 Mann durch den Tod verloren hat.

Nachträglich pro April d. J.:

1 Mann an Lungenentzündung, 1 Mann an Brnstfellentzündnng; ferner:

1 Selbstmord durch Ertränken.

Gednickt io der Königlichen HofbucbUrnckerei von E. S. Mittler k Sohn, ßerlin, Kochbiruse 70.

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Amtliches Beiblatt

zur

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift

1888. Siebzehnter Jahrgang. ^11.

KriegsmiDistciium.

Medizinal - Abtbeilnng. Berlin, den 26. Juli 1888.

Krankenthermometcr.

Nach Mittheilung der l’hysikalisfh-technischen Reichsanstalt, Abtheilung II, vom 25. Mai d. J. werden in den von derselben ausgestellten Früfungsbescheini- gungen für ärztliche Thermometer die Prüfungsergebnisse auf das Gasthermometer bezogen, und es sind die Angaben des letzteren in Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad durchschnittlich 0,1 Grad niedriger als die Angaben desjenigen Normal- Thermometers, welches bei den früher von der Kaiserlichen Normal- Aichungs- Kommission ausgegebenen Prüfungsbesoheinigungen zu Grunde gelegen hat.

Um nun die für die Krankenbehandhing durchaus erforderliche Gleichheit der Thermometerangaben zn erzielen und um Schwierigkeiten bei der Neubeschaffung von Krankenthermometern zu vermeiden, wdrd Folgendes bestimmt:

Jede Korps-Vcrbandmittelreserve sendet sogleich ihr Normal-Thermometer der oben bezeichneten Rcicbsanstalt ein zur Bewirkung des Anschlusses an das Gasthermometer durch eine neue Vergleichung. Diese Vergleichung erfolgt gebührenfrei.

Sobald das Nomial-Thcrmometcr mit neuem Fehlerverzeichniss zurückgelangt ist, prüft die Verbandmitteircserve die Vergleichs-Thermometer sämmtlicher Garnison- Lazarethe und des Traindepots und stellt neue Fehlerverzeiehnisse ans.

Demnächst prüft jedes Gamison-Lazareth und Traindepot sämmtliche ihm gehörige Krankenthermometer nach dem Vergleichs-Thermometer.

Bei der Prüfung der Vergleichs-Thermometer und der Krankenthermomefer ist nach der Verfügung vom 28. 8. 83. No. 1499/6. M. M. A. zu verfahren.

Euer Hochwohlgeboren wollen gefälligst das Weitere den Lazarethen etc. gegen- über veranlassen und dafür Sorge tragen, dass s. Zeit allen behandelnden Militär- ärzten von der Aeuderung der Kraiikenthermometer Kenntniss gegeben wird.

Dem Traindepot gegenüber wird die Königliche Korps-Intendantur, welche Abschrift hiervon erhält, das Weitere veranlassen.

No. 1377/5. 88. M. A.

I. V.

v. Coler.

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 27. September 1888.

Zur Behebung vorgekommener Zweifel in Bezug auf die Verrechnung der Kosten für bewegliche Lazareth-Bnraeken (Döckersche u. s. w.) wird der Königlichen Intendantur Nachstehendes ergebenst mitgetheilt.

Die Kosten für derartige Baracken, wie solche von den Lieferanten fertig geliefert werden, sowie die Kosten der Versendung, der Aufstellung und der Unter-

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haltting sind wenn nicht ein anderer ausserordentlicher Fonds diesseits besonders bestimmt wird ans dem Utensiliengelder-Fonds (Titei 15 Kapitel 29) lu bestreiten. Dasselbe gilt für die Fussbüden, Welche als Zeltzubebür gleichzeitig von den Lieferanten mitbeschafft werden.

Etwa entstehende Kosten für Aufhöhung und Befestigung des Fussbodens, sowie für eine ausnahmsweise Untermauerung, ferner die Kosten für die anf^tellcndcn Oefen und für die Fussbüden, welche nicht mit den Baracken geliefert, sondern an Ort und Stelle beschafft werden, sind dagegen auf den Baufonds (Titel 16 Kapitel 29) zu übernehmen.

Falls von Vorstehendem seither in einzelnen Fällen etwa abweichend verfahren sein sollte, würde diesseits nichts dagegen zu erinnern sein, wenn von einer nach- träglichen Fonds -Ausgleichung Abstand genommen wird.

I. V.

V. Coler.

J. No. 1044/9. 88. M. A.

Kricgsministeriiim.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 16. Oktober 1888.

A.-V.-Bl. No. 27, Ko. 230.

Termin für die Befürderungs- bz. Verabschiedungs-Vorschläge von Apothekern des Beurlaubtenstandes.

Befürderungs- bz. Verabschiedungs-Vorschläge von Apothekern des Beurlaubten- standee sind in Zukunft nicht mehr monatlich, sondern vierteljährlich der Medizinal- Abthcilung vorzulcgen.

I. V.

V. Coler.

No. 851/10. 88. M. A.

Kriegsministerium.

Medizinal- Abtheilung. Berlin, den 18. Oktober 1888.

A.-V.-Bl. No. 27, No. 241.

Gewährung eines Entlassungsanzuges an Militärkrankenwärter.

Zur Behebung von Zweifeln wird darauf aufmerksam gemacht, dass für die Gewährung eines Entlassungsanziiges an Militärkrankcuwärter die Bestimmungen des §. 10 der Bekleidungs-Ordnung maassgebend sind.

I. V.

T. Coler.

1176/9. 88. M. A.

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Kricgsminitteriiun.

Aiutelhings-Abtheilong. Berlin, den 19. Oktober 1888.

A.-V.-B1. No. 27. No. 242.

Wiederbolnng derMeldungen der in den BewerberTerzeichniieen der Behörden snfgefQhrten Miiitüranwärter.

Unter Hinweis auf §. 15 der Ansteiinngsgrundsätze wird darauf aufmerksam gemacht, dass zur Vermeidung der Streichung der in den Bewerberrerzeichnissen der Behörden aufgefflhrten Miiit&ranwärtcr die Wiederhoiung der Meidung derseiben bis zum 1. Dezember d. J. bei der betreffenden Behörde eingeiien muss.

Krokisius.

Ko. 980/10. 88. C. 3.

Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps. Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Befördert werden; Dr. Niemeier, Oberstabsarzt 2. Ki. und Regts.-Arzt vom 1. Niederschics. Inf.-Regt. No. 46, zum Oberstabsarzt 1. Ki., Dr. v. Kranz, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 6. Bad. Inf.-Regt. Kaiser Friedrich III. No. 114, zum Oberstabsarzt 1. Ki., Dr. Grethe, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 1. Hannov. Feld-Art.-Regt. No. 10, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Garde-Füs.-Bats.

1. Grosshcrzogl. Hess. Inf. (Leibgarde-) Regts. No. 115, Dr. Schünfcld, Assist. Arzt 1. KI. vom Kadetteubause zu Wahlstatt, zum Stabs- und Bats.-Arzt des

2. Bats. Schles. Füs.-Regts. No. 38; die Assist.-Aerzte 2. Kl.: Dr. Stern vom Invalidenhause zu Berlin, Dr. Johannes vom 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14,

Dr. Loewe vom Schleswig. Feld-Art.-Regt. No. 9, Dr. Orassmann vom Regt, der Gurdes du Corps, Dr. Wilberg vom 1. Hess. Inf.-Regt. No. 81, Dr. Hoenow vom Kadettenhause zu Potsdam, Dr. Parthey in der etatsmäss. Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des X. Armee-Korps, Dr. Scbola vom 1. Schics. Greu.-Regt. No. 10, M üuek vom Westfal. Train-Bat. No. 7, Dr. Gerlach vom 1. Grossherzogi. Hess. Inf. (Leibgarde-) Regt. No. 115, Dr. Dunbar vom 1. Pomm. Feld-Art.-Regt. No. 2, Dr. Rotbamel vom Westfäl. Ulan. -Regt. No. 5, Dr. Uppen kamp vom 1. Westfäl. Hus.-Regt. No. 8, Dr. Thiele vom 2. Rhein. Hus.-Regt. No. 9, Dr. Nenmanu vom Westfil. Füs.-Regt. No. 37, Dr. Nickel vom 2. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 3,

Steuber vom Magdeburg. Train-Bat. No. 4, Dr. Fcstenberg vom 1. Nassau. Inf.-Regt. No. 87, Schmidt vom 3. Thüring. Inf.-Regt. No. 71, Roebr vom 8. Pomm. Inf.-Regt. No. 61, Dr. Reiubrecht vom Brandenburg. Hus.-Regt. (Zietensehe Husaren) No. 3, Dr. Paeprer vom Thüring. Hns.-Regt, No. 12, Kloidt vom Hobenzollern. Füs.-Regt. No. 40, Dr. Wassmund in der etatsmäss. Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des lU. Armee-Korps, Baebr vom 4. Posen. Inf.-Regt. No. 59, zu Assist-Aerzten 1. Kl.; Dr. Rüge, Marine-Assist.-Arzt 2. KI. von der 2. Matrosendiv., zum Marino-Assist.- Arzt 1. Kl.; die Unterärzte: Dr. Buschow vom Colberg. Gren.-Regt. (2. Pomm.) No. 9, Dr. Ziemann vom 5. Pomm. Inf.-Regt. No. 42, Dr. Münzer vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. 35, dieser unter Versetzung zum Westpreuss. Kür.-Regt. No 5, Dr. Cbristoffers vom Scbles. Feld-Art.-Regt. No. 6, unter Versetzung zum 2. Brandenburg. Ulan.-Regt. No. 11, Dr. Reischauer vom 6. Westfäl. Inf.-Regt. No. 55, Dr. Ksselbrügge vom Niederrhein. FQa.- Regt. No. 39, Dr. Lorentz vom Hus.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oester-

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reich K6nig von Ungarn (Schleswig-Holstein.) No. 16, Dr. Heuduclt TOm 2. HannoY. Feld-Art.-Kegt. No. 26, dieser unter Versetzung zum 3. Bad. Inf. -Regt. No. 111, Kublmey vom Nassau. Feld-Art.-Kegt. No. 27, zu Assisl.- Aerzten 2. Kl.; I>r. Meyer, Marine-Unterarzt von der 1. Matrosendiv., zum Marine-Assist-Arzt 2. Kl.; die Unterärzte der Kcs.: Dr. Foschmann vom Landw.-Bats.-Bez. Bartenstein, Dr. Aronson vom Landw.-Regts.-Bez. L Berlin,

Dr. Schmidt vom Landw.-Bats.-Bez. Schlawc, Dr. Besser vom Landw.- Bats.-Bez. Wohlau, Kann vom I-andw. - Regts. - Bez. I. Breslau, Stein von demselben Landw.-Regts.-Bez., Sennwitz vom Landw.-Bats.-Bez. Schweidnitz,

Dr. Staats vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, Dr. Starck vom Landw.-Regts.- Bez. Cöln, Dr. Kbcrmaier vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, Dr. Ricken vom Landw.-Bats.-Bez. Grafrath, Dr. Peeck vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, Jacobsen von demselben Landw.-Bats.-Bez., Dr. Bayer vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Lieben'ow vom Landw.-Bats.-Bez. Marburg, Dr. Wittich von demselben Landw.-Bats.-Bez., Dr. Fuchs vom Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res. Dr. Richter, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsürztl. Funktionen bei der 7. Division, Dr. .Spicring, Thalen, Dr. Lange, Dr. Krdmann, Marinc-Ass ist.- Aerzte 1. Kl., ein Patent ihrer Charge verliehen. Dr. Rath, Unterarzt der Res. vom Landw.-Bats.- Bez. Hannover, im aktiven Sanitätskorps, und zwar unter Beförderung zum Assist.- Arzt 2. Kl. bei dem Hannor. Füs.-Regt. No. 73, angestellt. Dr. Weichei, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Grosslierzogl. Hess. Drag.-Rcgt. (Leib- Drag.-Regt.) No. 24, mit Wabrnebmung der divisionsürztl. Funktionen bei der Grossberzogl. Hess. (25.) Div., Dr. Neubaur, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.- Arzt vom 2. Brandenburg. Drag.-Regt. No. 12, mit Wahrnehmung der divisiousärztl. Funktionen bei der 5. Div., beauftragt. Dr. Roland, Generalarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Leib -Gren. -Regt. (1. Brandenburg.) No. 8, unter Kntbindung von den divisionsürztl. Funktionen bei der 5. Div, und gleichzeitiger Beauftragung mit Wahrnehmung der divisionsürztl. Funktionen bei der lU. Div., als Gam.-Atzt nach Posen versetzL Dr. Schoenleben, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom Posen. Feld -Art. -Regt. No. 20, zum 2. Leib -Hus.- Regt. Kaiserin No. 2, Dr. Maedcr, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt in Posen, als Regts.-Arzt zum Posen. Feld-Art.-Kegt. No. 20, Dr. Rabenau, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.- Arzt vom 2. Grossberzogl. Mecklenburg. Drag.-Rcgt. No. 18, zum 1. Grossberzogl. Hess. Drag.-Regt. (Garde-Drag.-Regt.) No. 23, Dr. Voigt, Oberstabsarzt 1. KI. und Regts.-Arzt vom Pomm. Drag.-Regt. No. 11, unter Belassung in dem Ver- hällniss als mit Wahrnehmung der divisionsürztl. Funktionen bei der 4. Dir. beauftragt, zum Ncumärk. Drag.-Regt. No 3, Dr. Stabbert, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Ncumärk. Drag.-Regt. No. 3, zum Pomm. Drag.-Regt. No. 11, Dr. Wcstphal, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.-Regts. No. 136, zum medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, Dr. Lodder-. staedt, Stabsarzt vom medizinisch -chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, als Bats.-Arzt zum 2. Bat. des Hohenzollem. Füs.-Regts. No. 40, Dr. Goerne, Stabs- und •'Bats.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.-Regts. No. 137, zum medizinisch- chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, Dr. Schumburg, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 1. Bad. Lcib-Gren.-Rcgt. No. 100, mit dem 1. Oktober er. zur Unterofl'. V'or- schnle in Neu-Breisach, Dr. Haase, A.ssist.-Arzt 1. Kl. vom 3. Bad. Inf.-Regt. No. 111, zum 3. Bad. Drag.-Regt. Prinz Karl No. 22, Dr. Gossner, Assist.- Arzt 2. Kl. vom 3. Bad. Drag.-Regt. Prinz Karl No. 22, zum 2. Bad. Feld-Art.- Kegt. No. 30, Dr. F clmy, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Bad. Feld-Art.-Regt. No. 30, zum Kadettenhause in Beusberg, Dr. Schuster, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Posen. Feld-Art.-Regt. No. 20, zum Kadettenhause in Wahlstatt, Dr. Altgcit, Assist.- Arzt 2. Kl. vom 2. Hannov. Inf.-Regt. No. 77, zum 1. Garde- Regt, zu Fuss, Dr. Vollbrecht, Assist.-Arzt. 2. Kl. vom 1. Grossherzogi. Mecklenburg. Drag.- Rcgt. No. 17, zum Hannov. Hus.-Regt. No. 15, Dr. Bartel, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 1. Bad. Feld-Art.-Kegt. No. 14, zum 1. Bad. Leib -Gren. -Regt. No. 109, Kimmle, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Inf.-Regt. No. 137, zum Feld-Art.-Regt. No. 15,

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versetzt. Dr. Müller, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Leib- Hns.-Regt. Kaiserin No. 2 und beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztl. Funktionen bei der 10. Dir., als Gcn.-Arzt 2. KI. mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Dr. Nieter, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt in Neisse, mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Dr. Karpinski, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Garde-Gren.-Regt. Königin Elisabeth, mit Pension und seiner bisherigen Uniform, Dr. Schmidt, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Eisenbahn- Regt., mit Pension, Dr. Daniel ewicz, A8sist.-Arzt 1. Kl. der Res. vom Landw.- Bats.-Bez. Samter, der Abschied bewilligt. Dr. Doepner, Stabs- und Rats. -Arzt vom 2. Bat. Schles. Füs. -Regts. No. 38, als balbinvalidc mit Pension ans dem aktiven Sanitätskorps ausgeschieden und zu den Sanitätsoffizieren der Uandw. 2. Aufgebots fibergetreten. Dr. Jacobi, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Lcib- Kür.-Regt. (Schles.) No. 1, aus dem aktiven Sanitätskorps ausgesebieden und unter BeiÖrdening zum Assist-Arzt 1. Kl., zu den Sanitätsoffizieren der Res. übergetreten.

Potsdam, den 24. September 1888.

Pistoja, den 11. Oktober 1888.

Dr. Levinstein, Assist.-Arzt 2. KI. von der Landw. 1. Aufgebots des Landw.- Bats.-Bez. Weimar, aus allen Militärrerhältnissen entlassen.

Nachweisnng der beim Sanitäts-Korps sonst eingetrelenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Den 1. August 1888.

Dr. Eble, einjährig- freiwilliger Arzt vom 1. Rhein. Inf.-Regt. No. 25 zum Unterarzt ernannt und mit Wahrnehmung einer bei diesem Regt, vakanten Assist.- Ärzt-Stelle beauftragt.

Den 3. August 1888.

Die nachstehend aufgeffihrten bisherigen Studirenden der militärärztlichen Bildungsanstalten werden vom G. August d. J. ab zu Unterärzten ernannt und bei den genannten Trnppcntheilen augestellt, und zwar:

Dr. Drcnkhahn beim Holstein. Inf.-Regt. No. 85, Dr. Huber beim Inf.- Regt. No 132, Dr. Bussenius heim 1. Hannov. Inf.-Regt. No. 74, Dr. Diehl beim 2. Bad. Gren.-Hegt. Kaiser Wilhelm I. No. 110, Dr. Müller I. beim 3. Niedersehles. Inf.-Regt. No. 50, Müller II. beim 1. Posen. Inf.-Regt. No- 18,

Oertcl beim 3. Thüring. Inf.-Regt.; No. 71, Dr. H ammerschmidt beim Grcn.-Regt. König Friedrich 111. (1. Ostpreuss.) No. 1, Dr. Aschenbach beim 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96, v. Förster beim 4. Ostpreuss. Gren.-Rcgt. No. 5,

Dr. Knoch beim 2. Westfäl. Feld- Art. -Regt. No. 22, Hcllmann beim Inf.- Regt. No. 129, Behrendsen beim Grcn.-Regt. Prinz Carl von Preussen (2. Brandenburg.) No. 12.

Den 7. September 1888.

Dr. Leipolz, Unterarzt vom 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, mit Wahrnehmung der bei diesem Truppentheil vakanten Assistenzarztstelle beauftragt. Reich, einjährig -freiwilliger Arzt von der 2. Matrosen-Div., zum Unterarzt ernannt und mit Wahrnehmung einer bei derselben vakanten Assistcnzarztstelle beauftragt.

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Den 13. September 1888.

Dr. Stoldt, einjährig - freiwilliger Ant vom 3. Garde-Regt. m Fnaa unter gleicbzcitiger Versetzung zum Inf.-Regt. No. 137 zum Unterarzt ernannt und mit Wahrnehmung einer bei diesem Regiment vakanten Assistenzarxtstelle beanftragt.

(Chef d. Adm. v. 7. 9. 88.)

Ffir S. M. S. ,St08ch*: Dr. Globig, Oberstabsarzt 2. Kl.; Nnszkowski, Aaaist.-Arzt 2. Kl., fOr S. M. 8. , Charlotte*; Dr. Brunhoff, Stabsarzt; Dr. Kromkau, AssisL-Arzt 2. Kl., fürS. M. S. .Gneisenau*: Dr. Dreising, Stabaarst; Dr. Erdmann, Assist.-Arzt 1. Kl., für S. M. S. .Moltka*: Dr. Dippe, Stabsarzt; Dr. Griebecb, Assist.-Arzt 2. Kl., für S- M. Kreuzer .Habicht*: Dr. Dirksen U., As8ist..Arzt 1. Kl., für S. M. Kbt .Hyäne*: Bischof, Assist-Arzt 1. Kl., an Bord kommandirt

(Chef d. Adm. v. 18. 9. 88.)

Sander I., Stabsarzt, als Oberarzt zur I. Werftdivision kommandirt

Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den G. September 1888.

Dr. Ekl, Ober-Stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Cbev.-Regts. Kaiser Alexander von Russland und beauftragt mit Wahrnehmung der Funktion als Divisionsarzt der 3. Div., unter Verleihung des Charakters als Generalarzt 2. Kl. mit Pension und mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt.

Den 14. September 1888.

Dr. Ullmann, Ober -Stabsarzt 1. Kl. und Garn.-Arzt bei der Kommandantur Nürnberg, unter Verleihung des Charakters als Generalarzt 2. Kl., mit Pension und mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt Dr. Scheiding (Hof), Assist-Arzt 2, Kl. von der Imndw. 1. Aufgebots zur Res. des Saniiätskorpa versetzt

Den IG. September 1888.

Kellermann im 9. Inf.-Regt. Wrede, Nagel im 13. Inf.-Regt Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, B ischo ff im 18. Inf.-Regt Prinz Ludwig Ferdinand, Stammler vom 2. Chev.-Regt Taxis, im 2. Feld-Art.-Regt. Horn, Unterärzte, zu Assist-Aerzten 2. Kl. befördert

Den 7. Oktober 1888.

Dr. Freymadl (I. München), Assist-Arzt 2. Kl. der Res., behufs Uebertritts in das Sauitätskorps der Kaiserlichen Marine, der Abschied bewilligt

Durch Verfügung des Kriegsministeriums.

Held, einjährig-freiwilliger Arzt, zum Unterarzt im 11. Inf.-Regt von der Tann ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-Arzt-Stelle beauftragt. Korbachcr, einjährig-freiwilliger Arzt des 2. Inf.-Regts. Kronprinz, zum Unter- arzt im 2. Chev.-Regt. Taxis ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist- Arztstelle beauftragt

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Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.

Durch VerfSgung des Kriegs-Ministeriums TOB 12. September 1888.

Dr. Kampf, Stabsarzt des 7. Inf.-Regts. Prinz Georg No. 106, Dr. Meyer, Assist.-Arzt 1. Kl. des .3. Inf.-Regts. No. 102 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, von ihren Kommandos zur Universität Leipzig bezw, zum Stadtkrankenhause in Kriedrich- stadt-Dresden unter dem 30. September d. J. abgelSst. Dr. Kockel, Asslst.- Am 1. Kl. des 10. Inf.-Regts. No 134 zum Stadtkrankenhause in Friedrichstadt- Dreaden vom 1. Oktober d. J. ab kommandirt.

Den 16. September 1888.

Dr. Fichtner, Assist.-Arzt 1. Kl. des 2. Feld-Art.-Regts. No. 28, zum 2. Hus.- Regt. No. 19 (Garn. Lausigk), unter gleichzeitiger Entbindung von dem Kommando zur Universität Leipzig, Dr. Trenkicr, Assist.-Arzt l.Kl. des Fuss-Art.-Regt. No. 12, zum 9.Inf.-Regt. No. 133, Dr. Schmidt, Assist.-Arzt 1. Kl. des 2.Hus.-Regts. No. 19, zum 2. Feld-Art.-Regt. No. 28, unter gleichzeitiger Befehligung zur Universität Leipzig, versetzt. Dr. Siems, Assist. - Arzt 2. Kl. des 8. Inf.-Regts. Prinz Johann Georg No. 107, zum Assist.-Arzt 1. Kl. befördert. Die Assist. - Aerzte 2. Kl. der Res.; Dr. Stephan des Landw.-Bats.-Bezirks Pirna, Schwarzer, Seyffert, Monse des I.Andw. - Bats. - Bezirks Zittau, Dr. Stiehlor, Arens des Landw.-Bats.-Bezirks Bautzen, Dr. Schulze des Landw.-Bats.-Bezirks II. Dresden, Dr. Keil des Landw.-Bats.-Bezirks Plauen,

Dr. Edelmann, Dr. Leonhardt, Dr. Timpe des Landw.-Bats.-Bezirks Schnee- berg, — Dr. Mackenthun, Dr. Resch, Dr. Beneke, Dr. Feldmann, Dr. Flathc, Dr. Hofmann, Dr. Spalteholz, Dr. Nicolai, Dr. Bloos, Woerner, Dr. Geier, Dr. Manteuffel, Dr. Fischer, Dr. Obermann, v. Gostkowski, Lindner des Landw.-Bats.-Bezirks I. Leipzig, Dr. Herkner, Dr. Döring des Landw.- Bats.-Bezirks Borna, Dr. Schwarzbach des Landw.-Bats.-Bezirks Wurzen, Dr.Schmidt, Roch des Landw.-Bats.-Bezirks Annaberg, Dr. Feucht, Dr. Hauffe, Dr. Strcubel, Dr. Dürr des Laudw.-Bats.-Bezirks Chemnitz, Dr. Schiller des Landw.-Bats.-Bezirks Dübeln, Dr. Qnenzel des Landw.-Bats.-Bezirks Meissen,

Dr. Klopflcisch des Landw.-Bats.-Bezirks I. Dresden, zu A88ist.-Aerzten

I. Klasse der Reserve befördert. Die Assistenz - Aerzte 2. Klasse der Landwehr 1. Aufgebots: Dr. Petzholdt des Landwehr-Bataillons-Bezirks

II. Dresden, Dr. Glöckner, Dr. Weber des Landwehr-Bataillons-Bezirks I. Leipzig, Dr. Riedel des Landw.-Bats.-Bezirks Borna, Dr. Rauprich des Landw.-Bats.-Bezirks Wurzen, Dr. Praeger des Landw.-Bats.-Bezirks Chemnitz,

Dr. Koerner des Landw.-Bats.-Bezirks I. Dresden, zu Assist.-Aerzten

1. Kl. der Landw, 1. Aufgebots befördert. Kretzschmar, Assist.-Arzt

2. Kl. des Garde-Reiter-Regts., zum 7. Inf.-Regt. Prinz Georg No. 106, unter gleichzeitiger Befehligung zur Universität Leipzig, Günther, Assist. - Arzt 2. KI. des 2. Gren.-Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm König von Preussen, zum Garde -Reiter -Regt., Dr. Wagner, Assist.-Arzt 2. Kl. des 9. Inf.-Regts. No. 133, zum Fuss-Art.-Regt. No. 12, versetzt. Körner, Unterarzt des 7. Inf.-Regts. Prinz Georg No. 106, zum Assist.-Arzt 2. Kl. bei dem 4. Inf.-Regt. No. 103, Müller, Unterarzt des 2. Feld-Art.-Regts. No. 28, zum Assist.-Arzt 2. Kl. bei dem 1. Hus.-Regt. No. 18, Dr. Kobitzsch, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots des Landw.-Bats.-Bezirks Chemnitz, zum Assist.-Arzt 2. KL der Landw, 1. Aufgebots, befördert.

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Allerhöchster Beschluss vom 17. Oktober 1888,

Krctzschmar, Assist.-Arzt 2. Kl. des 7. Inf.-Regts. .Prinz Georg* No. 106, Dr. BOhringer, Assist.-Arzt 2. Kl. des 6. Inf.-Regts. No. 105, Dr. Sommerey, Assist-'Arzt 2. Kl. des 4. Inf.-Regts. No. 103, zu Assist.- Acrztcn 1. Kl.; Dr. Knauf, Dr. Risse, Assist.-Aerzte 2. Kl. der Res. des Landw.-Bats.-Bez. Planen, Dr. Einer t, Assist.-Arzt 2. KI. der Res. des Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden, zu Assist-Aerztcn 1. Kl. der Res. befördert. Dr. Schlesier, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Inf.-Regts. No. 103, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches unter Gewährung der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniss zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den vorgesehriebenen Abzeichon, sowie unter gleichzeitiger V'erlcihung des Ritterkreuzes 1. Kl. des Verdienstordens zur Disposition gestellt. Dr. Gelbke, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots, Dr, Pässler, Assist.-Arzt 1. Kl. der Res. des Landw.- Bats.-Bez. Borna, aus Allerhöchsten Kriegsdiensten verabschiedet.

Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.

Den 11. September 1888.

Käfer, Unterarzt der Ree. im Landw. -Bats.- Bezirk Hall, Dr. Oppel, Unterarzt der Res. im Landw. -Bats. -Bezirk Stuttgart, zu Assist. - Aerzten 2. Kl. der Res. befördert.

Den 8. Oktober 1888.

Dr. Wendel, Unterarzt im 4. Inf.-Regt. No. 122, zum Assist--Arzt 2. Kl. ernannt. Dr. Gärtner, Dr. CIcss, Assist.-Aerzte 2. Kl. der Res. im Landw.- Bats.-Bez. Stuttgart, Dr. Volz, Assist,- Arzt 2. Kl. der Res. im Landw.-Bats.- Bez. Ulm, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Res., Dr. Scheurlen, Assist.- Arzt 2. Kl. ä la suite des Sanitätskorps, zum Assist.-Arzt 1. Kl., befördert Dr. Wiedenmann, Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots im Landw.-Bats.-Bez. Gmünd, in die Landw. 1. Aufgebots zurückversetzt

Ordensverleihungen.

Preussischc:

Rother Adler-Orden dritter Klasse mit der Schleife:

Dr. Weydener, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom Brandenb. Kür.-Regt. (Kaiser Nicolaus I. von Russland) No. 6, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlicben Funktionen bei der 6. Div.

Rother Adler-Orden vierter Klasse:

Dr. Assmann, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Garde-Regts. zu Fuss. Dr. Lentz, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Brandenburg. Drag.-Regts. No. 2, Dr. Richter, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt . des Brandenb. Füs.-Regts. No. 35, Dr. Jaroseh, Oberstabsarzt 2. Kl.

. und Regts.-Arzt des 2. Brandenb. Ulan.-Regts. No. 11, Dr. Hering, Slabs-

und Bats.-Arzt vom Gren.-Regt. Prinz Carl von Preussen (2. Brandenburg.) No. 12, Sander I., Stabsarzt und Geschw.-Arzt.

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Königliclier Kronen-0 rdcn dritter Klasse:

Ober-Stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Rotbe des Mceklenburg. Fils.-Regts. No. 90. Dr. Horn, Oberstabsarzt 1. KI. und Regts.-Arzt des 1. Garde- Drag.-Regts.

Königlicher Kronen-Orde'n vierter Klasse:

Sehaller, Assist.-Arzt 1. Kl. a. D., zu Olvenstedt im Kreise Wolmirstedt.

Das Kreuz der Ritter des Königlichen Haus-Ordens von Hohenzollern:

Dr. Krautwurst, Generalarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Garde-Fils.-Regt., beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlicheii Funktionen bei der 1. Garde-Inf.-Div.

Andere:

Ritterkreuz des Ordens der Württembergiselien Krone:

Dr. Burk, Ober-Stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Feld-.Art.-Regts. No. 13.

Verdienst-Orden vom heiligen Michael zweiter Klasse:

General-Stabsarzt der Armee Dr. Ritter v. Lotzbeck.

Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Grossherzoglich Badischen Ordens vom Zähringer Löwen:

Dr. Gloxin, Stabsarzt a. D. zu Berlin.

Ritterkreuz erster Klasse des Grossherzoglich Hessischen Verdienst- Ordens Philipp des G rossmöthigen:

Dr. Martin, Stabsarzt vom 1. Inf.- (Leibgarde-) Regt, No. 115. Dr. Thörner, Stabsarzt und Schifisarzt S. M. Yacht »Hohenzollern“.

Comtburkreuz mit Stern des Grossherzoglich Sächsischen Ordens der Wachsamkeit oder vom weissen Falken:

Generalarzt I. Kl. Dr. v. Bergmann, a la suite des Sanitätskorps.

Kaiserlich Russischer St. Stanislaus-Orden zweiter Klasse mit dem Stern, Comthurkreuz erster Klasse des Königlich Schwedischen Wasa-Ordens, Comtburkreuz erster Klasse des Königlich Dänischen Danebrog-Ordens:

Dr. Leuthold, Leibarzt Sr. Majestät des Kaisers, Generalarzt 2. Kl. und Regts.- Arzt des Garde-Kür.-Regts.

Kaiserlich Russischer St. Stanislaus-Orden zweiter Klasse:

Dr. Thörner, Stabsarzt und Schifisarzt S. M. Yacht »Hohenzollern*.

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Familien -Nachrichten.

Verlobungen: Dr. Prüfer, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res., mit Frl. .\nna Grobe (Oberfrolina).

Verbindungen: Dr. Paul Seifert, Assist. -Arzt 1. Kl. der Re»., mit Frl. Marie Hübler (Dresden). Dr. Schwcndlcr, Assist. -Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Anna Simniig (Loschwitz). Dr. v. Mangoldt, Assist.-Arzt 1. KI. der Res., mit Frl. Anna Lampe (Leipzig). Dr. Winkler, As.«ist.-Arzt 1. Kl. der Landw., mit Frl. Charlotte Katliariiie Menrer (Dresden). Dr. Rabenhorst, Stabs- nnd Rats. -Arzt des 3. Rats. 3. Inf.-Regis. No. 102 «Prinz Regent Luitpold von Rayem“, mit Frl. Margarethe ROttiuher (Dresden).

Geburten: (Sohn) Dr. Dütsehke, Assist.-Arzt 1. Kl. im 2. Hannover, l’lanen- Regt. No. 14 (Falkenberg i. Lothr.). Dr. Landgraf, Stabsarzt am mediziniseh- chirurgischen Friedrieh-Wilhelms- Institut (Rerlin). Dr. Koehlau, .Stabsarzt (Dielefeld). Dr. Schucliardt, Stabs- und Rats. -Arzt im Inf.-Regt. No. 98 (Metz). (Tochter) Dr. Hahn, Ober -Stabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt des Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regts. No. 1 (Rerlin). Dr. Körner, .Stabs- und Rais.- Arzt des 1. Jäger-Rats. No. 12. Dr. Recker, Stabs- und Abtheil.- Arzt der 3. Abtheil. 2. Feld-Art. Regts. No. 28 (Pirna). Dr. Haase, Stabs- und Rats.- Arzt im 8. Inf.-Regt. «Prinz Johann Georg“ No. 107 (I.#ipzig).

Todesfälle: Dr. Hedinger, Generalarzt, Sohn Richard (Rerlin). Dr. Hermann Pohlenz, Sanitätsratli, Ober-Stabsarzt a. D. (Cottbus). Dr. Wilhelm Dietrich, Künigl. Dayer. Assi8t.-Arzt 1. Kl. (Malag,-!). Dr. Schieck, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots (auf einer Reise in Tyrol).

Geo eral-Rapport

von den Kranken der Königlich Preussischen Armee, des XII. (Königlich Sächsiscbcu) und des XIII. (Königlich Württemhergischen) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatzungs-Brigade pro Monat Juni 1888.

1) Bestand am 31. Mai 1888: 11 558 Mann und 22 Invaliden.

2) Zugang:

im Lazareth 1(3 284 Mann und 2 Invaliden, itn .Revier 17 772 - - 10

Sumina 28 05G Mann und 12 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 39G14 Mann und 34 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke 8,7«/<, und 16,7®/o.

3) Abgang:

geheilt ....

. 27 235

Mann,

8 Invaliden,

gestorben . . .

87

-

1

invalide ....

216

-

dienstunhrauchbar

.314

-

anderweitig. . .

592

-

3

Summa .

. 28 444 Mann,

12 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 68,8<’/o der Kranken der Armee und 23,5% der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,22% der Kranken der Armee und 2,9 % der erkrankten Invaliden.

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5) Mithin Bestand;

am 30. Juni 1888 11 170 Mann und 22 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 2,5% und 10,8%.

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazareth 7 745 Mann und 3 Invaliden, im Revier 3 4’J6 - 19

Es sind also von 455 Kranken 312,8 geheilt, 1,0 gestorben, 2,5 als invalide, 3,6 als dienstunbrancbbar, 6,8 anderweitig abgegangen, 128,3 im Bestände geblieben.

Von den Oestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an: Dipbtberitis 1, Unterleibstyphus 5, Hitzschlag 1, allgemeiner Fettsucht 1, akuter Miliartuberkulose 4, Lungenentzündung 24, Lungenschwindsucht 25, Brustfellentzündung 2, Hirn* und Hirnhautleiden 3, Herzleiden .3, Nieren- leiden 5, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 4, Zellgewebsentzündung 2. An den Folgen einer Verunglückung; Stichverlelznng des Magens (Schlägerei) 1, Gehirnblutung durch Fall 1, Sturz aus dem Fenster 1, Sturz beim Reiten 1, Schnssverletznng (Art unbekannt, XII. Armee- Korps) 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs: Nach Schussver- letzung 1. Von den Invaliden: an Krankheiten 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 63 Todesfälle vorgekommen, davon 6 durch Krankheit, 35 durch Verunglückung, 22 durch Selbst- mord; so dass die Armee im Ganzen 150 Mann nnd 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.

General-Rapport

von den Kranken der Königlich Preussischen Armee, des XII. (Königlich Sächsischen) und des XI 11. (Königlich Württembergischen) Armee-Korps, sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen Besatzungs-Brigade pro Monat Juli 1888.

1) Bestand am 30. Juni 1888: 11 170 Mann und 22 Invaliden

2) Zugang:

im Lazareth 9 679 Mann und 2 Invaliden,

im Revier 16 874 - - 5 -

Summa 26 553 Mann und 7 Invaliden. Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 37 723 Mann und 29 Invaliden, in Prozenten der Effektivstärke 8,6% und 13,5%.

3) Abgang:

geheilt ....

. 26 012

Mann,

6 Invaliden,

gestorben . . .

89

-

invalide ....

241

-

dienstunbrancbbar

285

-

anderweitig . .

548

-

2

Summa .

. 27 175

Mann,

8 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 69,0% der Kranken der Armee und 20,7% der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,24®/o der Kranken der Armee und % der erkrankten Invaliden.

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5) Mithin Bestand:

am 31. Juli 1888 10 548 Mann und 21 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke 2,4‘'/o nnd Von diesem Krankenstände befanden sich;

iro Lazareth 7 336 Mann nnd 4 Invaliden, im Revier 3 212 - - 17

Es sind also von 424 Kranken 292,3 geheilt, 1,0 gestorben, 2,7 ab invalide, 3,2 als dienstnnbranchbar, 6,2 anderweitig abgegangen, 118,6 im Bestände geblieben.

Von den Oestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an; Rose 1, Dipbtberitis 1, Unterleibstyphus 7, akutem Gelenkrhenma- tismus 2, Blutarmuth 2, bösartigen Oeschwülsten 1, anderen allgemeinen Erkrankungen 1, Hirn- und Hirnhautleiden 9, Langenentzündung 14. Lungenschwindsucht 26, Brustfellentzündung 8, Herzleiden 1, Magen* blutung 1, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 3, Krankheiten der Ernährungsorgane 1, Nierenleiden 3, Blasenkatarrh 1, konstitutioneller Syphilis 1. An den Folgen einer Verunglückung: Sturz mit dem Pferde 1, Sturz von der Höhe 1, Hufschlag 2, Erschiessen aus Unvorsichtigkeit 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicber Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 41 Todesfälle vorgekommea, davon 7 durch Krankheiten, 16 durch Verunglückung, 18 durch Selbstmord; so dass die Armee im Ganzen 130 Mann durch den Tod verloren hat.

Nachträglich pro Juni er. verstorben:

1 Mann an Lungenentzündung.

(Jtfdniekt in der Königlicboo Bofbachdrnckerei TOn E. S. Mittler k Sohn, Berlin, Kochttr.

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!N' achtrcigrlicli.

Befördert werden: Dr. Goetting» Oberstabsarzt 2. Kl. und Rogts.-Arzt vom

1. Westfäl. Hus.-Kcgt. No. 8 znm Oberstabsarzt 1. Kl., Dr. Jacobi, Stab»* und Babt.'Arzt vom 3. Bat. Hohenzoll. Füs.’Rcgts. No. 40 zum Oberstabsarzt 2. KL und Rcgts.-Arzt de» Inf.-Regts. No. 137, Dr. Pochhammer, Stabs- und Bat». -Arzt vom 1. Bat. 5. Pomm. Inf.-Regt». No. 42 zum Oberstabsarzt 2. KI. und Regt».-Arzt des 2. Grossherzogl. Mecklenburg. Drag.-Kegts. No. 18, Dr. Schuster, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.>Kegts. No. 98 zum Oberstabsarzt 2. KI. und Regts.-Arzt des Niederrhcin. Fus,-Regt8. No. 39, Dr. Scnftleben, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat, des Gren.-Regts. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schics.) No. 11 zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regt».-Arzt desselben Regts.. Dr. Riebe, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 4. Posen, Inf.-Regts. No, 59 zum Oberstabsarzt

2. KL und Regts.-Arzt des 2. Schles. Bus.-Regts. No. 6, Dr. Stahl, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. Braunsohweig. Inf.-Regts. No. 92 zum Oberstabsarzt 2. KL und Regts.-Arzt dos Leib -Gren.- Regts. (1. Brandenburg.) No. 8, die Assist- Aerzte 1. KL, Dr. Halm v. Dorsche vom Westpreuss. Kür.-Regt. No. 5 zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bat». Braunschweig. Inf.-Regtg. No. 92, Dr. Menzel vom Regt, der Gardes du Corps zum Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bat». Brandenburg. Fus.-Regts. No. 35, Dr. Korscli in der etatsinässigen Stelle bei dem Oeueral- und Koqisarzt des 1. Armeekorpt zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. des Inf.- Regts. No. 136, Dr. Wichura vom Schles. Ulan.-Regt. No. 2 zum Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bat». Hohenzoll. Fös.-Hegfs. No. 40, Dr. Lauff vom Thuring. Ulan.-Regt. No. 6 zum Stabs- und Bats.-Arzt des Fus. Bats. 1. Bad. Leib. -Gren.- Regts. No. 109, Dr. Blnmberg vom 5. WestfäL Inf.-Regt. No. 53 zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 2. Rhein. Inf.-Regts. No. 28, Dr. Goerlitz vom 4. Nicderschles. Inf.-Regt. No. 51 zum Stabs- und Bats -Arzt des 2. Bats. des Inf.- Regts. No. 137, Dr. Korbitz vom Milirär-Reit-Iiistitut zum Stabs- und Bats.- Arzt des 1. Bats. 5. Pnmm. Inf.-Regts. No. 42. Dr. Bramann, Assist.-Arzt 1. KL der Res. vom Laiulw.-Regts.-Bez. I. Berlin zum Stab.'jarzt der Res., die Assist. - Aerztü 2. Kl. der Res.: Dr. Düsterwald vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen,

Dr. Sperling vom Lamlw.-Regts.-Boz. 1. Berlin, Dr. Bernhard vom Landw.-Bats.-Bez. Brieg, Zdrulek vom Landw.-Bats.-Bez. Ryhnik, Braun vom Landw.-Bats.-Bez. Wetzlar, Dr. Cramer vom Laiulw'.-Bats.-Bczirk Lübeck,

Dr, Aye vom Landw.- Regts.- Bez. I. Berlin, Weng vom Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, Burgtorf vom Landw.-Bats.-Bez. II. Oldenburg, Dr. Fisebbein vom I^andw.-Bats.- Bcz. Dortmund, Dr. Löviuson vom Land w.- Regts.- Bez. I. Berlin, Funck vom Landw.-Bats.-Bez. Dt- Croue, Dr. Westendorf vom I>andw.- Bills.- Bez, Wismar, - Simons vom Laiidw.- Bats.- Bez. Andernach, Dr. Homeister vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Dr. Bu blitz vom Landw.- Bats.-Bez. Stolp, Dr. Langerhans vom Landw.- Regts.- Bez. I. Berlin, Dr. Steffen vom Landw.-Bats.-Bez. Kottbns, Dr Keil vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, Dr. Apolant vom Landw.-Bats.-Bez. Detmold, Dr. Messersebmidt vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, Dr. Franke vom Landw.-Bats.-Bez. Striegau,

Dr. Wachs ner vom Landw.-Bats.-Bez. Gleiwiiz, Dr. Kittsteiner vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., Dr. Hassenstein vom Landw'.- Bats.- Bez.

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Loetzen, Dr. Ott vom Lamlw.-Bats.-Bcz. I. Oldenburg, Dr. Vagedes vom I^andw.-Bats.-Bez. Barmen, Dr. Grobe vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, Dr. Jacobi vom Landw.-Bats.-Bez. Gera, Günter vom Landw.-Bats.-Bez. Hildesbeim, Dr. Poggendorff vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, Dr. Lehzen vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Dr. Gerhartz vom Landw.-Bats.-Bez. Köln,

Dr. Wagner vom Landw.-Bats.-Bez. Pr. Stargardt, Dr. Regge vom Landw.- Bats.-Bez. Gumbinnen, Dr. Gelpke vom Landw.-Bats.-Bez. Güttingen, Dr. Walter vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, Dr. Kriege vom Landw.-Bats.- Bez. Strassburg, Schuitz vom Laudw.-Bats.-Bez. Hamborg, Dr. Thormählen vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, Dr. Aly vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, Dr. Lorenz vom Landw.-Bats.-Bez. Mühlhausen i. Th., Dr. Beckmann vom Landw.-Bats.-Bez. I. Münster, Dr. Levy vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. Braun vom Landw.-Bats.-Bez. Osnabrück, Dr. Streicher vom Landw.- Bats.-Bez. Lörrach, Dr. Baumgarten vom Landw.-Bats.-Bez. Koblenz, Dr. Sauer vom Landw.-Bats.-Bez. Erfurt, Fischer vom Landw.-Bats.-Bez. Danzig, Dr. Zerrath vom Landw.-Bats.-Bez. Wehlau, Dr. Keller vom Landw.-Bats.-Bez. St. Wendel, Dr. Fassbender vom Landw.-Bats.-Bez. II. Münster, Dr. Guttenberg vom Landw.-Bats.-Bez. Rastatt, Dr. Gereon vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, Dr. Linke vom Landw.-Bats.-Bez. Görlitz,

Dr. Rennebaum vom Landw.-Bats.-Bez. Halberstadt, Dr. Israel vom Landw.-Bats.-Bez. I. Kassel, Dr. Bickel vom Landw.-Bats.-Bez. Wiesbaden, Dr. Weicrmiller vom Landw.-Bats.-Bez. Insterburg, Dr. Paschen vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Broll vom Landw.-Bats.-Bez. II. Breslau, Dr. Hillebrand vom Laudw.-Bats.-Bez. Düsseldorf, zu AssisL-Aerzten I. Kl. der Res.; die Assist.-Aerztc 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots; Dr. Wilhelm vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, Dr. Korth vom Landw.-Bats.- Bez. Rostock, Dr. Altmann vom Landw.-Bats.-Bez. Lüneburg, Dr. Polzin vom Landw.-Bats.-Bez. Hildesheim, Dr. Esmarch vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel,

zu Assist-Aerzten 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots; die Assist.-

Aerzte 2. Kl. der Marine-Res.; Tjarks vom Landw.-Bats.-Bez. Aurich, Dr. Marxsen vom Landw.-Bats.-Bez. Rendsburg, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Marine-Res.; Dr. Brunk, Unterarzt vom Niedersehles. Feld-Art.-Regt No. 5 zum As.sist.-Arzt 2. Kl.; die Unterärzte der Res.; Grünberg vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Dr. Piro vom Landw.-Bats.-Bez. I. Trier, Dr. Krabbel vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, Dr. Dabeistein vom Landw.-Bats.- Bez. Rostock, Dr. Schrooder vom Landw.-Bats.-Bez. Schwerin, Lauenstein vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Cohn vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, Dr. Wollheim de Fonseca vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, Schermer vom Landw.-Bats.-Bez. Freiburg, Eytel vom Landw.-Bats.-Bez. Strassbnrg, Dr. Kürbs vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, Dr. Lindemann vom Landw.- Bats.-Bez. Strassburg, zu Assist.- A erzten 2. Kl. der Res.; die Unter- ärzte der Marine-Res.: v. Herff vom Landw.-Bats.-Bez. I. Darmstadt,

Dr. Soreth vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., Dr. Rohwedder, Wittrock vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, Dr. Sauer vom Landw.-Bats.-Bez. Görlitz, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Marine-Res.; die Unterärzte der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Weinhold vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, Schnlze vom Landw.-Bats.-Bez. Hildesheim, Dr. Mittmann vom Landw.-Bats.-Bez. Brieg,

Dr. Holtermann, Unterarzt der Landw. 2. .\ufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Schwerin, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots; Dr. Ebmeier, Oberstabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Gardc-Ulan.-Regt. der Charakter als Generalarzt 2. Kl. verliehen. Dr. Krause, Marine - Stabsarzt ein Patent seiner Charge erhalten. Versetzt werden; Dr. Bahr, Oberstabs- arzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom Gren.-Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schles.) No. 11 zum Niedersehles. Feld-Art.-Regt. No. 5, Dr. Wolff, Oberstabsarzt 1. KI. und Regts.-.\rzt vom 4. Oberschles. Inf.-Regt. No. 63, unter Bela.ssung in dem Ver- bältniss als mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 12. Division beauftragt, in die Garnisonarztstelle zu Ncisse, Dr. Pflugmacher, Oberstabs- arzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Schles. Hus.-Regt. No. 6 zum 3. Garde-Gren.-

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Regt. Königin Elisabeth. Dr. Berckhan, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Niederschlcs. Feld-Art.-Regt. No 5 zum 4. Oberschles, Inf.-Regt. No. 03, Dr. Statz, Stabsarzt vom mediziniseh- chirurgischen Friedrich- Wilhelms-Institut als Bats.-Arzt zum 2. Bat. des Inf-Regts. No. 98, Dr. Flach, Stabs- und Bats.-Arzt vom 3. Bat. Brandenburg. Füs.-Regts. No. 35 zum 2. Bat. 4. Posen. Inf.-Regts. No. 59,

Dr. Loos, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs.-Bat. 1. Bad. Leib-Gren.-Rcgt. No. 109, zum 2. Bat. des Greu.-Rcgts. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schics.) No. II, Dr. Behring, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 2. Rheinischen Inf.-Regts. No. 28 zum medizinisch-chirurgischen Friedrichs-Wilhelms-Institut, Dr. Abesser, Assist. - Arzt 1. Kl. vom Schleswig- Holstein. Füs.-Regt. No. 86 zum ThOring. Ulan.- Regt. No. 6, Dr. Schumann, Assish-Arzt 1. Kl. vom 4. Garde -Gren.- Regt. KOnigin zum Regt, der Gardes du Corps, Dr. Müller, Assish-Arzt 1. Kl. vom Litthau. Ulan.-Rcgt. No. 12 in die etatsmässige Stelle bei dem General- und Korpsarzt des I. Armeekorps, Dr. Händel, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Anhalt Inf.-Regt. No. 93 zum Schleswig-Holstein. Füs.-Regt No. 86, Dr. Reinhardt, Assist-Arzt 1. Kl. vom Hannov. Füs.-Regt. No. 73 znm Militär-Reit-Institut Dr. Rahnke, Assist- Arzt 2. Kl. vom 2. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 3 zum Litthau. Ulan.-Regt. No. 12,

Dr. Lorentz, Assist.-Arzt 2. KI. vom Hus.-Regt Kaiser Franz Joseph von

Oesterreich, Künig von Ungarn (Schleswig-Holstein.) No. 16 zum Holstein. Inf.-Regt No. 85. Der Abschied bewilligt: Dr. Groos, Oberstabsarzt 1. Kl. und

Regts.-Arzt vom Niederrh. Füs.-Regt No. 39, Dr. Munter, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Inf.-Regt No. 137,- beiden mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniss znm Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen; Dr. Heidemann, Stabsarzt der Laudw. 1. Auf- gebots vom Landw.-Bats.-Bez. Nienburg.

Leipzig, den 31. Oktober 1888.

Wie wir soeben vernehmen, soll das Diner zur Feier des 60jährigen Dienstjubiläums Sr. Excellenz des Herrn General-Stabs- arztes der Armee v. Lauer nicht am Jubiläumstage (12. Dezember), sondern erst am 14. Dezember stattfinden.

Red.

Gidrackt in der KSniglichsn HofkachdraoVerci von E. S. Mittler k Sohn, Berlin, Eochstruse 68—70.

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Amtliches Beiblatt

zur

Deutschen militärärztlichen Zeitschrift

1888. Siebzehnter Jahrgang. M 12.

Kriegsministerium.

Medizinal -Abthcilung. Berlin, den 16. Oktober 1888.

Uebereinstimniend mit dem §. 4 des Gesetze» vom 27. März 1872, betreffend die Pensionirung der unmittelbaren Staatsbeamten (Preussische Gesctz-S. S. 268 bis 276) ist in der Anmerkung*) zu §.25 der Dienstanweisung vom 8. April 1877 zum Ausdruck gelangt, d.ass bei Gensdamien, sofern ihre Dienstunfähigkeit Folge des Friedcnsdienstes ist, die Bestimmungen des vorerwähnten Gesetzes Platz greifen, die für Soldaten gfiltigen Bestimmungen aber zur Anwendung kommen, sobald es sieh um Dienstunbrauchbarkeit diireh den Krieg handelt.

In der kriegsministeriellen Verfügung vom 22. November 1877 (S. 5 des 1. Nachtrages zur D. A.) ist ferner nochmals besonders ausgesprochen, dass die Untersuchung und Attestausstcllung bei Gensdarmen nur dann zum Dienste der Militärärzte gehöre, wenn es sich um solche Gensdarmen handelt, die ihre Invalidität auf eine Kriegsdienstbeschädigung zurilckführcn.

Wenn nun nach der auf §. 20 Absatz 2 des oben genannten Gesetzes gestützten Verfügung vom 9. April 1879 (S. 4 bis 5 des 2. Nachtrags zur D. A.) in ausnabmsweisen Fällen auf Antrag des Chefs der Landgensdarmeric seitens des Kriegsministeriums eine militärärztliche Untersuchung auch von solchen Gensdarmen veranlasst wird, welche ihre Dienstunfähigkeit mit dem Friedensdienst in Zusammenhang bringen, so ist das bezügliche Attest zwar als dienstliches nach Anleitung des §. 34 der Dienstanweisung abzufassen, in dem roilitäi ärztlichen Schlussurtheil genügt es aber, lediglich die Bestimmungen des §. 1 Absatz 1 und 2 des Gesetzes vom 27. März 1872 zu Grunde zu legen und kurz zum Ausdruck zu bringen, ob der Untersuchte zur ferneren Erfüllung des Gensdarmeriedienstes dauernd unfähig ist oder nicht.

Da bisher nicht von allen Attesfaussfellcm in dieser Weise verfahren worden ist, so werden Euer Hochwohlgeboren ergebenst ersucht, nach Vortrag bei dem Königlichen Generalkommando sämmtlichen Ihnen unterstellten Herren Sanitäts- offizieren von Vorstehendem gefälligst Kenntnis» zu geben.

No. 1040/8. 88. M. A.

I. V.

V. Co 1er.

M.-V.-Bl. No. 24, No. 190. Berlin, den 27. Oktober 1S88.

Aerztliches Attestwesen.

In der Dienstanweisung für Marineärzte zur Beurtheilung der Dienstfähigkeit etc. vom 10. April 1884 treten in der zweiten Anmerkung zum §. 20, 6 folgende Ab- änderungen ein ;

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1. Absatz 1 und 2 fallen fort; an deren Stelle tritt folgender Salz:

Die Entstehung eines Bruches oder richtiger das Hcraustreten eines solchen wird in der Regel durch äussere Dienstboschädigung rer- anlasst Die Entscheidung hierfiber wird sich leicht trefien lassen, wenn die veranlassende Ursache nach $. 20, 3 bis s technisch klar gelegt wird.

2. Im Absatz 3 fällt die Parenthese: ,(die beiläufig in der Regel einmalig nnd plötzlich einwirkt)* weg.

3. An Stelle von Absatz 4 tritt folgender Wortlaut:

Auch ist es nicht nothwendig, dass die Einwirkung nur einmalig und plötzlich erfolgt ist, vielmehr kann auch bei allmäliger und wieder- holter Einwirkung, z. B. auch dann, wenn durch das Blasen eines Instruments und dcrgl. das llervortretcn des Bruchs bewirkt ist, äussere Diensibeschädigung ungenommen werden, vorausgesetzt, dass die festgestellte Entstehungsursache überhaupt als Dienstbeschädigung naefagewiesen ist.

Für die unter 1 und 3 angegebenen Aenderungen werden Deckblätter heraus- gegeben. Die Berichtigung zu 2 ist handschriftlich vorzunehmen.

Der Chef der Admiralität.

Allerhöchst zur Stellvertretung kommandirt.

G. 5173. Graf von Monts.

Kriegsmiuisterium.

Medizinal -Abtheilnng. Berlin, den 31. Oktober 1888.

Es liegt Veranlassung vor, darauf aufmerksam zu machen, dass in sulchen Fällen, wo aus Anlass besonderer Festlichkeiten eine Beleuchtung der öfientlicben Gebäude für Rechnung der betreffenden Bedürfnissfonds allgemein genehmigt wird, die Militär-Lazarctbc zu den zu beleuchtenden Gebäuden wegen der daraus für die Kranken entstehenden Störungen in der Regel nicht zu rechnen sind.

Dem Königlichen Generalkommando bleibt indessen ganz ergebenst anbeim- gcstellt, hiervon abweichende Bestimmungen dann zu treffen, wenn besondere örtliche Verhältnisse (Lage des Gamison-Lazareths an einer Hauptstrasse nnd dergL) oder die im einzelnen Falle vorliegende Veranlassung solches angezeigt er- scheinen lassen.

V. Lauer.

No. 774/10. 88. M. A.

Kriegsministerinm.

Allgemeines Kriegs- Departement. Berlin, den 2. November 1888.

A.-V.-Bl. No. 28, No. 254.

Meldung nach Berlin beurlaubter Offiziere.

Im Anschluss an §. 27 der Garnisondicnst-Vorschrift vom 13. September 1888 hat das Gouvernement zu Berlin unterm 18. Oktober 1888 Folgendes be.stimmt:

„Nach Berlin beurlaubte Offiziere auswärtiger Garnisonen sind nur zu einmaliger persönlicher Meldung bei Gouverneur mid Komman-lant zu Beginn ihres Aufenthalts verpflichtet. Die Meldung i*

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unter allen Umständen in die in den Geschäftsräumen des Gouvernements und der Kommandantur ansliegenden Meldebücher unter Aufführung der Wohnung cinzutragen.*

Dies wird hierdurch mit dem Bemerken zur Kenntniss der Armee gebracht, dass im eigenen Interesse der betreffenden Offiziere deutliche Schrift, besonders des Namens, geboten ist.

V. Blume.

No. 595/10. 88. A. 2.

Kriegsministerium. Berlin, den 4. November 1888.

A.-V.-Bl. No. 28, No. 248.

Besetzung von zwei Freistellen bei der Königlichen Landesschule

Pforta.

Zu Ostern 1889 sind voraussichtlich zwei zur Verfügung des Kriegs- ministcriums stehende Freistellen bei der Königlichen Landesscbule Pforta neu zu besetzen.

Etwaige Bewerbungen sind bis zum 10. Januar k. J. an die Infanterie- Abtheilnng im Kriegsministerinm (portofrei) einzusenden.

Hinsichtlich der beizufügenden Anmeldepapiere wird auf den kriegsministeriellen Erlass vom 19. April 1887 (Armee- Verordnungs-Blatt Seite 121) Bezug genommen. Bronsart v. Schellendorff.

No. 686/10. 88. A. 2.

Kriegsministerium.

Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 5. November 1888.

Nach Maassgabe der Verfügung vom 26. Oktober 1868 No. 104/9. 68. M. M. A. würden im Febniar k J. wieder vollständige Gebäude - Nachweisungen der Gamison-Lazarethe cinzureichen sein. Den Königlichen Intendanturen wird ergebenst anheimgestellt, von der Neuaufstelluug derartiger Nachweisungen und von der Vorlegung derselben bis auf Weiteres abzusehen bezw. zu dem betreffenden Termine Veränderungs-Nachweisungen cinzureichen, da Anordnungen über die anderweitige Einrichtung der Gebäude-Nachweisungen in Aussicht stehen.

V. Lauer.

No. 93/11. 88. M. A.

Kriegsministerium.

Departement für das luvalidenwesen. Berlin, den 13. November 1888.

A.-V.-Bl. No. 28, No. 256.

Anstellung als Konstabler hei der Freien und Hansestadt Hamburg. Unter Bezugnahme auf die im Armee-Verordnungs-Blatt für 1888 Seite 154 veröffentlichte Bekanntmachung vom 9. Juli 1888 wird zur Kenntniss gebracht, dass fiirtan in das Konstablerkorps der Freien und Han.sestadt Hamburg nur die Einstellung von Unteroffizieren staitfinden wird, welche mindestens 9 Jahre im Heere oder iu der Marine aktiv gedient haben.

Die Anstcllungsgesuche von Unteroffizieren mit einer kürzeren Dienstzeit können daher nicht berücksichtigt werden.

V. Grolman.

No. 235/11. 88. C. 3.

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Personal -Veränderungen ira Sanitäts-Korps.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.

Berlin, den 20. November 1888.

Dr. Braehmer, Dr. Kleist, Stabsärzte der Landw. 1. Aofgebots vom Landw.-Rcgts.-Bez. I. Berlin, Dr. Kuestcr, Dr. Gnttmann, Stabsärzte der Landw. 2. Aufgebots vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, zu Oberstabsärzten 2. Kl. befördert. Die Assist. - Aerztc 2. Ki. der Res.: Dr. Gassen vom Landw. - Bats. - Bez. Stoekach, Schnitz vom Landw. - Bats. - Bez. Liegnitz, Dr. Robolski vom Landw.-Bats.-Bez. Lübeck, Dr. Wolff vom Landw.-Regts.- Bez. I. Berlin, Dr. Schüler vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, Dr. Neumann vom I.andw. - Bats. - Bez. Potsdam, Dr. ürtwciler vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, Dr. Hofmann vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, Dr. Krnmhoff vom Landw.-Bats.-Bez. Magdeburg, Dr. Lewy vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, Dr. Kellendonk vom Landw.-Bats.-Bez. Eupen, Dr. Sncll vom Landw.-Bats.- Bez. Stoekach, Dr. Falckenthal vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. Rosenthal, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.- Bez. Teltow, Dr. Winckler, Assist.-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom Landw.- Bats.-Bez. Bremen, zu Assist. - Aerzten 1. Kl., Dr. Friessnitz, Marine- Unterarzt von der 2. Matrosendiv., zum Marine-Assist.-Arzt 2. Kl., befördert.

Die Unterärzte der Res.: Sommerfeld, Korth, Dr. Schellong vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, Dr. Panek vom Landw.-Bats.-Bez. Neustadt, Dr. Lepere vom Landw.-Bats.-Bez. Hirschberg, Dr. Cohnstaedt vom Landw.- Bats.-Bez. Erfurt, Dr. Gottbrecht vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, Dr. Tiegs vom Landw.-Bats.-Bez. Drambnrg, Dr. Gottschalk vom Landw.- Bats.-Bez. Naugard, Heinrichsdorff vom Landw.-Bats.-Bez. Cöslin, Dr. Lobert vom Landw.-Regts.-Bez. 1. Berlin, Dr. Gramer vom Ijindw.-Bats.- Bez. Perlebcrg, Dr. Hopmann, Dr. Pütter, Dr. Runge, Dr. Schweitzer vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, Dr. Otto vom Landw.-Bats.-Bez. Neu- Jiaidenslcben, Dr. Niemann vom Landw.-Bats.-Bez. Bochum, Dr. Kramer vom Landw.-Bats.-Bez. Meschede, Dr. Drühe vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Jiinkermaun vom Landw.-Bats.-Bez. Geldern, Kayser vom Landw.- Bats.-Bez. Hamburg, Dr. Schellenbcrg vom Landw.-Bats.-Bez. Wiesbaden, Sattler vom Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, Dr. Mankicwicz vom Landw.- Bats.-Bez. Strassburg, Dr. Petersen, Unterarzt der Marine-Res. vom Landw.- Bats.-Bez. Kiel, Dr. Kromayer, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. -Bats. -Bez. Hagenau, zu Assist.-Aerzten 2. Kl., Dr. Willems, Unterarzt der Landw. 2. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, zum Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots mit einem Patent vom 24. September d. J., befördert. Dr. Frcymadl, Königl. Bayer. Assist.-Arzt 2. Kl. a. D., bisher von der Res. des Landw.-Bats.-Bez. I. München, im aktiven Sanitätskorps, und zwar als Assist. - Arzt 2. Kl. mit einem Patent vom 20. November 1888 bei der Marine angestellt. Dr. Eschie, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 6. Bad. Inf.-Regt. Kaiser Friedrich HI. No. 114, zum Kurmärk. Drag. - Regt. No. 14, Dr. Schreycr, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Brandenburg, Füs. -Regt, No. 3ö, zum Brandenburg. Kür.-Regt. (Kaiser Nicolaus I. von Russland) No. 6, versetzt. Dr. Idcler, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Teltow, als Oberstabsarzt 2. Kl. mit seiner bisherigen Uniform der Abschied bewilligt. Dr. Paul, Assist.-Arzf 2. Kl. vom 1. Po.sen. Inf.-Regt. No. 18, Dr. Danne, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Hannov. Drag. - Regt. No. 16, aus dem aktiven Sauitätskorps ausgeschieden und zu den Sanitätsoflizn. der Res. übergetreten.

(Chef d. Adm. v. 10. 11. 88.)

Dr. Rüge, Assist.-Arzt 1. Ki., an Bord S. M. Aviso , Pfeil“, Dr. Arendt, Assist.-Arzt 1. Kl., an Bord S. M. Kreuzer „Schwalbe“ kommandirt.

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Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Oktober d. J. eingetretenen Veränderungen.

Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.

Die nachstehend aufgeführten bisherigen Studirenden der militärärztliehen Uilduugsanstalten werden vom 1. Oktober d. J. ab zu Unterärzten ernannt und bei den genannten Truppentheileu angestellt und zwar: Doebbelin beim 2. Khein. Inf.-Rcgt. No. 28, Dr. Uormann beim Grossherzogi. Mecklenburg. Gren.-Regt. N’ü. 89, Dr. Slawyk beim 2. Oberschles. Inf.-Regt. No. 23, Dr. Haber- kamp beim 3. Rhein. Inf.-Regt. No. 29, Hoffmann beim Schleswig. Inf.-Regt. No. 84, Dr. Cornelius beim 7. Westfäl. Inf.-Regt. No. 66, Goronzek beim 6. 1‘omm. Inf.-Regt. No. 49, Dr. Schulz beim Feld-Art.-Regt. No. 31, Dr. Metzke beim 4. Grossherzogi. Hess. Inf.-Regt. (Prinz Karl) No. 118, Dr. Papenhausen beim 2. He.ss. Inf.-Regt. No. 82, Dr. Iltgon beim 4. Rhein. Inf.-Regt. No. 30, Dr. Volkmann beim 1. Wcstpreuss. Gren.-Regt. No. 6, Wiessner beim 1. Brandenburg. Feld-Art.-Regt. No. 3 (General- feldzcugmeister), Hinze beim 2. Bad. Feld-Art.-Regt. No. 30.

(A. K. O. V. 31. 10. 88.)

Dr. Krause, Stabsarzt, ein Patent seiner Charge erhalten. Tjarks, Dr. Marxen, Assist.-Aerzte 2. Kl. der Mariuereserve, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Marinereserve, v. Herff, Dr. Soreth, Dr. Rohwedder, Wittrock, Dr. Sauer, Uuter-Aerzte der Mariuereserve, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Marine- reserve — befördert.

Veräuderiuigen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.

Den 27. Oktober 1888.

Dr. Gassner, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 5. Inf.-Regt. Gross- herzog von Hessen, unter Beauflragung mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Fuuktion bei der 3. Div. und unter Verleihung eines Patents seiner Charge, zum 1. Chev.-Regt. Kaiser Alexander von Russland, Dr. Vocke, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Feld-Art.-Regt. Horn, unter Fortführung der divisionsärztlichen Geschäfte bei der 4. Dir., als Garn .-Arzt zur Kommandantur W’ürzburg, Dr. Moser, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 10. Inf.-Regt. Prinz Ludwig, zum 5. Inf.-Regt. Grossherzog von Hessen, Dr. Leitenstorfer, Stabsarzt, Gum. -Arzt bei der Kommandantur Würzburg, als Bats.-Arzt zum 9. Inf.-Regt. Wrede, Dr. Fruth, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 3. Feld - Art. - Regt. Königin Mutter, zum Generalkommando I. Armee-Korps, Dr. Zcitlcr, Assist.- Arzt 2. Kl. vom 2. Fuss- Art. -Regt. , zum 3. Feld-Art.-Regt. Königin Mutier, Rossbach, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 17. Inf.-Regt. Orff, zum 2. P'uss-Art.-Regt.,

versetzt. Dr. Krug, Stabs- und Abtheil. - Arzt vom 4. Feld - Art. - Regt. König, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt im 10 Inf.-Regt. Prinz Ludwig,

Dr. Lehrnbecher, Stabs- und Bats.-Arzt vom 9. Inf.-Regt. Wrede, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt im 2. Feld-Art.-Regt. Horn, befördert. Dr. Lösch, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Generalkommando I. Armee-Korps, zum Stabs- und Bats.-Arzt im 13. Inf.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, Dr. Fikentseber, Assist.-Arzt 1. Kl., zum Stabs- und Abtbeil.- Arzt im 4. Feld- Art. - Regt. König, Dr. Emmerich, Dr. Stumpf (I. Mönchen), Dr. Hug (Mindelheim), Dr. Hein lein (Nürnberg), Assist.-Aerzte 1. Kl. in der Res., Schlissleder (Wasserburg), Dr. Leibold, Dr. Dcrr (Kitzingen), Dr. Weber (Wörzburg), Dr. Haupt (Aschaffenhurg), Assist.-Aerzte 1. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, Dr. Hesse (Aschaflenburg), Dr. Renner (Zweibrncken), Assist.- Aerzte 1. Kl. in der Landw. 2. Aufgebots, zu Stabsärzten, Dr. Groll,

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AssisL-Arzt 2. Kl. im 6. Chev.-Regt. Grotafünt Constantin Nicolajewitach, Dr. Meier, im 4. Feld-Art.-Regt. König, Dr. Kuisl (Waaserbarg), Dr. Kuotzen, Dr. Issmer (I. München), Dr. Redenbacher, Dr. Niedermair (II. München), Dr. Steininger (Passau), Dr. Rapp, Dr. Schmid (Dillingen), Dr. Rauh (Ingolstadt), Dr. Raab, Dr. Dörfler (Günzenhausen), Rieger (Regensbnrg), Daumenlang (Neustadt a. WN.), Dr. Ebstein, Dr. Wulschner, Dr. Selig- mann, Schlamm, Dr. Müiichmeyer, Dr. Dietz (Hof), Dr. Landmann (Ansbach), Dr. Hermann (Erlangen), Dr. Schlutius, Dr. Juhl, Dr. Thomson, Dr. Mühl mann (Kissingen), Dr. Schmitt, Dr. Mayer (Wflrzbnrg), Dr. Koch, Dr. Creutz, Dr. Bonne (Aschaffenburg), Dr. Feibclmann, Dr. Könen (Kaiserslautern), Dr. Rendelhuber (Speyer), Sturm (Landau), Assist. -Aerzte 2. KI. in der Res., Dr. Höpfl (\Veilheim), Dr. Renner, Dr. Bonde (Hof), Dr. Lustig (Ansbach), Dr. Nöller, Schröder, Dr. Gottschal k (Aschaffenburg), Dr. Honcamp, Richter (Kaiserslautern), Dr. Cahn (Speyer), Dr. Wagen- hüuser, Dyck (Landau), Assist.-Aerzte 2. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, zu Assist.-Aerzten 1. Kl., Bü.x, Unterarzt vom 2. Schweren Reiter-Regt. Kronprinz Erzherzog Rudolf von Oesterreich, zum Assist.-Arzt 2. Kl. im 17. Inf.- Regt. Orff, Dr. Ikenberg, Dr. Wendland (Würzburg), Unt.-Aerzte in der Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl., befördert. Dr. Held, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 6. Chev.-Regt. Grossfflrst Constantin Nicolajewitsch, ein Patent seiner Charge verliehen. Dr. Russwurm, Oberstabsarzt 2. Ki. nnd Regts.-Arzt vom 6. Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Preussen, als Ober- stabsarzt 1. Kl. eharakterisirt.

Den 12. November 1888.

Einstein, Assist.-Arzt 2. Kl. des 18. Inf.-Regts. Prinz Ludwig Ferdinand, auf Nacheuchen zu den Sanitüts- Offizieren der Res. versetzt. Dr. Prinzing, Sing, Dr. Englberger, Dr. Lukas, Dr. Schmidt (I. München), Rosenfeld (Augs- burg), Dr. Hartenfeld (Ansbach), Thomsen (Würzburg), Dr. Reiter (Aschaffenhurg) , Zizold (Zweibrücken), Unterärzte, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res. befördert

Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums vom 14. November 1888.

Dr. Smitt, einjährig - freiwilliger Arzt des Schützen- (Ffis.-) Regts. , Prinz Georg“ No. 108, als Unt-Arzt des aktiven Dienststandes unter Beauftragung mit Wahrnehmung einer vakanten a^sistenzärztlichen Stelle bei diesem Regiment angestellt Allerhöchster Beschluss vom 20. November 1888.

Dr. Stecher, charukteris. Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Gren.- Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm König von Preussen, zum etatsmässigen Ober- stabsarzt 1. Kl. ernannt Dr. Reichel, Stabs- und Abtheil. -Arzt im 2. Feld- Art.-Regt. No. 28, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Inf.-Regts. No. 103 befördert Dr. Roesch, Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103, als Abtheil. -Arzt zur 3. Abtheil, des 2. Fcld-Art.-Regts. No. 28 (Garnison Pirna), Dr. Becker, Stabs- nnd Abtheil.-Arzt der 3. Abtheil, des 2. Feld-Art. -Regts. No. 28, zur 2. Abtheil, desselben Regiments (Garnison Freiberg), versetzt. Dr. Meyer, Assist.-Arzt 1. Kl. im 3. Inf.-Regt No. 102 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, zum Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt No. 103, Goes- mann, Assist-Arzt 2. Kl. im 1. (Leib-) Gren.-Rcgt No. 100, zum Assist.-Arzt 1. Kl., befördert. Die Assist.-Aerzte 2. Kl. der Res.: Dr. Seidel, Dr. Röstcl des Londw.-Bats.-Bez. Zittau, Gattermann des Landw.-Bats.-Bez. Plauen, Dr. Prüfer, Dr. Meyer des Landw.-Bats.-Bez. Chemnitz, Dr. Marschner, Dr. Dillner des Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden, Dr. Buch- heim des Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, zu A ss is t- Aerzten 1. Ki. der Res. befördert Die Unterärzte der Res.: Dr. Kandier des Landw.-

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Bat8. - Bez. Plauen, Dr. Schmorl, Dr. Roesgcr des Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, Dr. Freitag des Landw. - Bats. - Bez. Chemnitz, Dr. Ilberg, Dr. Kessler, Dr. Königsdörffcr, Dr. Gilbert des Landw. - Bats. - Bez. I. Dresden, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Kes. befördert.

Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.

Den 10. November 1888.

Dr. Tafel, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots im Landw. - Bats. - Bez. Ludwigsburg, zum Assist.-Arzt 2. Kl. der I.andw. 1. Aufgebots, Dr. Greeff, Unterarzt der Res. im Landw. - Bats. - Bez. Stuttgart, Dr. Höckel, Dr. Baur, Unterärzte der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Res., ernannt. Stegmeyer, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.- Arzt im Inf.-Regt. Kaiser Friedrich König von Preussen No. 125, zum überzähl. Oberstabsarzt 1. Kl., Dr. Al brecht, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. Grcn.- Regts. König Karl No. 123, Dr. Wegelin, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. Gren.-Regts. Königin Olga No. 119, Dr. Sperling, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 3. Inf. - Regts. No. 121, Dr. Bückling, Stabs- und Gam.-Arzt in Stuttgart, Dr. Koch, Stabs- und Gam.-Arzt in Ludwigsburg, zu über- zähl. Oberstabsärzten 2. Kl., befördert. Nies, Assist.-Arzt 1. Kl. im Gren.-Regt. König Karl No. 123, aiisgeschieden unter gleichzeitigem Uebertritt zu den beurlaubten Sanitätsoffizieren der Landw. 1. Aufgebote. Dr. Willemer, Dr. Teuffel, Assist.-Aerzte 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, in die Landw. 1. Aufgebots zurückversetzt.

Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.

Den 9. November 1888.

Dr. Fischer, einjährig-freiwilliger Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 122, zum Unt.- Arzt des aktiven Dienststandes ernannt und mit Wahrnehmung einer bei dem genannten Regt, vakanten Assist.-Arztstelle beauftragt.

Ordensverleihungen.

Preussische:

Königlicher Kronen-Orden zweiter Klasse:

Generalarzt a. D. Dr. Sebmundt zu Guhrau.

Familien -Nachrichten.

Verlobungen: Dr. Rückart, Assist.-Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Margarethe Reumuth (Glauchau). Dr. Hermann Uppenkamp, Assist.-Arzt 1. Kl. im Westiäl. Hus.-Regt. No. 8, mit Frl. Gertrud Hechel mann (Paderborn).

Verbindungen: Dr. Stiehler, Assist. - Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Gertrud Thiele (Döbeln).

Geburten: (Sohn) Dr. Wegelin, Stabsarzt (Stuttgart). Hans Buch, Ober- Slab.s- und Gam.-Arzt (Danzig). Dr. Kaehler, Stabsarzt der Landw. (Charlottenburg).

Todesfälle: Dr. med. Alexander Meyer, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Auf- gebots (Liebenwerda). Dr. Tietz, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D. (Dresden). Dr. med. Gustav Vollmer, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots (Bentschen). Dr. med. Max Heimbs, Assist.-Arzt 1. Kl. der. Landw. 1. Aufgebots (Königsberg i. Pr.). Dr. Anton Moser, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regls.-Arzt des 6. Bayer. Chev.-Regts. Krzherzog Albreebt von Oesterreich (Saargemünd). Dr. Hermann Lorent , Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots (St. Remo). Dr. Beyer, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots (Halle a. S.). Dr. Tutscliek, Königl. Bayer. Gen.-Arzt 2. Kl. und Leibarzt weiland Sr. Majestät des Königs Ludwig I. von Bayern (München),

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General-Rapport

von den Kranken der Königlich PrenssUchen Armee, dea XII. (KöniglioK Sächsischen) und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armee-Korp^ ; sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen i Besatzungs-Brigade pro Monat August 1888. I

1) Bestand am 31. Jnli 1888; 10 548 Mann und 21 InTalideaJ

2) Zugang:

im Lazareth 8 263 Mann und 1 Invaliden, im Revier 13 606 - - 3 -

Summa 21 869 Mann und 4 InvalidenJ

r“

Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 32 417 Mann nnd 25 Invaliden in Prozenten der Effektivstärke 7,5«/o nnd 12,2«/«.

3) Abgang:

geheilt ....

22 901 Mann, 2 Invaliden,

|;estorben . . .

79 - - -

invalide ....

227 -

dienstnnbrauchbar

273 -

anderweitig. . .

473 - 2 -

Summa .

. 23 953 Mann, 4 Invaliden.

4) Hiernach sind:

geheilt 7ü,6«/o der Kranken der Armee und 8,0®/« der erkrankten Invaliden,

gestorben 0,24«/o der Kranken der Armee nnd “/« der erkrankten Invaliden.

5) Mithin Bestand:

am 31. August 1888 8 464 Mann nnd 21 Invaliden,

in Prozenten der Effektivstärke l,9°/o und 10,2«/«.

Von diesem Krankenstände befanden sich:

im Lazareth 6 251 Mann nnd 3 Invaliden, im Revier 2 213 - - 18

Es sind also von 410 Kranken 289,6 geheilt, 1,0 gestorben, 2,9 als invalide, 3,5 als dienstunbraucbbar, 6,0 anderweitig abgegangen, 107,0 im Bestände geblieben.

Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an: Scharlach 1, Unterleibstyphus 21, akutem Gelenkrbeumatismns 1, Blutarmuth 1, Ilitzscblag 4, Epilepsie 1, Hirn- nnd Hirnbantleiden 3, Lungenentzündung 11, Lungenblntung 2, Lungenschwindsucht 14, Brust- fellentzündung ,5, Herzleiden 1, Magenkrebs 1, innerem Darmverschlnss 1, Darmentzündung 1, Leberleiden 1, Nierenleiden 2, Knocbenentzündung 2, Muskelrhenmatismus 1. An den Folgen einer Vernnglncknng: Ueber- fahren nach Sturz vom Wagen 1, Sturz beim Exerziren 1, Fall vom Querbaum beim ausserdienstlichen Turnen 1, Scbädelbruch durch einen Schlag gelegentlich eines Ueberfalls durch Civilisten 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs: Erstochen 1.

Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver- storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 33 Todesfälle vorgekommen, davon 1 durch Krankheit, 15 durch Verunglückung, 17 durch Selbstmord; So dass die Armee im Ganzen 112 Mann durch den Tod verloren hat.

OoJnJckt in der Kuniglicheii Hofbachdruckerei von E. S. Mittler & Sohn, Berlin, Kochstnsse 68—70.

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