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feine 28e5ett(«tt9 für uttfen Seif.

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liffiefm 4lmmnnuef, ^tcxf^txxn von fettetet,

St)(^of üon 3Kain$.

creditj i^iiorviairh Jesus &st ^ihus ^ei. 1 Joürv. 5^ 5.

Verlag bön ^^tang Ättd^l^eim. 18 6 9.

if>nf)^i nifinmnnllK'

t)rucf üon J^raiij Sau Jen.

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®eite I. 2Ba§ bermoc? bie nicnfd^HcfjC 33ernunft qu§ fic^ felbft, au^ i^rer eigenen 9?ntiir, nur i^rcn nntür[id)en ilräften imb ^ä^i^feiten

überlaffen ? 4

11. %ot)Ux fommt bie 5ßcrniinft olme .Cffenbarung, cf;ne ©uabe, ol^ne 9(utorität, nur ifjren natürlidien itrnften üOerlajfen? äBaö l)at fie in biefem 3^M'ta^iJ>^ o^i^^ ben natürlidicn 2ßQf;rf;citen gemadjt, bie

©Ott i^r nnuertraut ^at? 10

in. §at benn ®ott ju ben SJienfd^en 0e[prcd)cn, fo bo^ fie feine (Stimme bi3ren fonntcn? Siebet er and) je^t nocf) fo UcrneFjinUd), fo beftimmt SU un^3, bn^ n)ir mit uoUer ©eiui^fjeit, ntd)t irre ju gelten, unö feinen ^Ißorten anuertrauen tonnen? 17

IV. 2lUe gelangt ber 3)tenfd? 5um S3efi^ ber ioa^n-en 2d}xe (l{)xi]ü, jur nngetrübten Äenntni^ ber uns in ßbriftuä angebotenen §ei(äiDa^»rj Reiten? 2)er ^rotcftnnt antiüortet: ^urd; bie ^orfcBung in ber ^eiligen ©d)rift; ber i^at^^oH! antivcrtct : 2^urcl^ baä nnfeF;(bare Se^ramt ber Siivd)Q nnb bie innere @nabe. 2Ber l^at ^ed)t in biefer U)id)tigen, entfc^eibenben ^yrage? 27

V. 3)tvo Sel^iramt ber 5livd;e in ber a^oftolifd^eii 3t^it nnb in ben folgen^ ben ^af;rf;unberten 42

VI, Sie gragc alter 3?^-agen: 2Baf;v^eit ober Sceptici^niuö? ... CO Vli. ©egenftanb unb ©renken beö unfefjtbaren Sefjramteö ber Äird;e . 70 VIII. Crgane be§ nnfefjlbaren :?e^ramteö ber Äirdbe 82

IX. Xk nltgemeinen (Soiicilien in ber .^irc^e 9.5

X. 'Xk Slufgabcn be§ beHorfte^enbcn (^oncilg 105

XI. Sie «orurtbeile 119

XU. ©d^lu^: ^Mii*tf» 127

^ie beuorfte^eube allgemeine ^ivi^enoerfQmmlimß ift ol)ne graeifel baS lüid^tigfte ©reignife unferer geit. 3^ielleic^t fönnen wir fie ba^5 größte ©reignife biefe» Sa^i^'^ii^^bert^ nennen, wenig- ften§ unter ben aufbauenben, \)a bie anbern mel;r grog raoren im Dlieberrei^en.

3Sor allem muffen mir in biefer ^^erfammlung aller 33ifd)öfe ber §t\xä)e ein Sßerf ber göttlii^en ^orfelfiung erfennen, meldte bie Äir(^e unb bie 2Be(t 5U i^rer ^eftimmung leitet, nnb nid^t ein bloßes 3)]enfd^enmerf, 2öer von bem ©lauben erfüKt ift, ba^ ber l)eitige ©eift^bie iürc^e @otte;S regiert, fann barüber ni(^t groeifel^aft fein, bafj fo midjtige unb tiefeingreifenbe ©reigniffe im ^ehen ber ^ird;e von iljm l)er!ommen. ^olc^e gügungen ber SSorfe^ung hnikn aber barauf l^in, bafe ein TDicl)tiger ^enbepnn!t, eine entfc^eibenbe Gpod^e in ber @efd)i(^te ber ^ird^e ©otte^ unb ber 9Jlenfd^l)eit eingetreten ift.

ßine folc^e Qeit mar ba§ ä^^^^^^^^-* ^^^ ^ieformation. 5lucl) bamalS mürbe eine allgemeine i!ir(^ent)evfammluni] abgel)alten. ($i§ mar eine ©nabe, bie ©ott ben 9}lenfd)en anbot. ift un= bered;enbar, mag fie geroirft l)aben mürbe, menn bie 9)Ienfd)en fie im üollen Umfange benügt ptten ; menn alle ©lieber ber .tirdie bie Seftimmungen jener ^irc^enüerfammlung über bie mat)re Üieformation tjollsogen, menn alle toon il)r getrennten ©lieber bie Gntfd^eibungen biefer 5?erfammlnng über ben mat)ren ©lauben bemütljig angenommen Imtten; ift basL um fo unberechenbarer, je größer unb fegenSreid^er auä) je^t f(^on bie 2öir!ungen biefer ^irdjenoerfammlung gemefen finb.

eine fold^e mid^tige, entfd;eibenbe :^e\t in noc^ größerem Umfange roie jene, ift unfer 3eitalter, ha^ 3eitalter ber Sf^eoolution,

x>. ftetteler, baß attgemelne Qondl. 1

_ 0

beg 91ieberreigen^, ber attgemeinen ^erftörung he^ (3ukn lüie bc» Söfen. ©Ott lf)at biefe^ S^^ftörimg^raer! o!)ne Sroeifel befe^db p= öeloffen, tüeil mit bem ©uten ha§< ^5fe t)ielfac^ fo rerraad^fen xmb Derfc^lungen war, bog biefe^ o!)ne jeneg nic^t metjr ^erftört TOerben fonnte. Unb in biefer 3^it üerfammelt nun ber ©eift ©otteg, ber bie ^ircfie regiert, lieber raie Dor breit)nnbert S^^Ji^en ba^ aKGcmeine ßoncit, biefen l^öi^ften ©eridjtMjof ber äßaljrl^eit auf ©rben. 5Da§ (^oncil n)irb ni($t^ 9^eue§ lel;ren. ©^ rcirb baffelbe au^fpredien, n)a§ bie ^iri^e ©otte^ feit ad)t§el)nf)unbert 3at)renber 9J^enfd)f)eit Derfünbigt Ijat. (^^ roirb i^r mit anbern Sßorten mieber bie eine 2öa!)rl;eit gurufen , bie jebe^ neue Qa^r- ^unbert betätigen mufe, bafe nur in (5l;riftu^ unb in feiner ^\x6)e für ba^ 9}lenfd)engefd)led)t §ei( in pnben ift. 60 l^at bie Äiri^en- üerfammlung von Orient gefpro($en unb bie großen ©reigniffe in ber Sßett, bie gtoifi^en bamal§ unb je^t liegen, finb nur neue 5ri^at[a(^en unb neue Belege für biefe Sßa^rl^eit. ©0 wirb anä) ba§ !ünftige (äondl ber Söelt gurufen, 't)a^ nur in 6l)riftug unb feiner ^ir(^e geil ift. (Ein groge^ (Eieignife, eine gro§e ©nabe! ^iellei(^t foH, ha ba^ 3^^^^^^^^ ^^^ S^^f^örung mit feinem 2öer!e offenbar balb bem (£'nbe fic^ pneigt, nun lieber eine Q^it be§ Slufbaueng auf bem alten, von (Fl)rifiu§ ein für üUe- mal gelegten gunbamente beginnen. 3)lö(Jte bie SSelt biefe ©nabe erfennen unb benügen, mö(^te fie er!ennen, xva§> il)r roalir^ l)aft gum geile gereid^t!

^iefe^ mistige ßreigni^, raeldje^ ung beuorfteljt, motten mir gum ©egenftanb einer ncilieren Betrachtung mad;en, um bejfen Bebeutung ri^tig gu er!ennen, um nn§> auf baffelbe x)oräubereiten nnb unfere ^flid)ten il)m gegenüber §u erfütten.

©in attgemeineö (Eoncil ift eine SSerfammlung atter 33i)d^öfe ber ^ird)e, al» 9fta(i)folger ber ^Ipoftel, unter hem SSorfige be^ ^apfte^, aU ^Radjfolger be^ l)eiligen $etru^, um über bie mi(itigfien 2lngelegenl)eiten ber ^ir$e ©otte^ gu beratljen. ©^ ^ ift bie feierlic^fte 2lrt, mie bie ^ird^e ©otte^ auf (Erben ha^ roi^tigfte il)rer Slemter, iljr Sel)ramt ixht. 5Da^ Dreif adje 2lmt, meldje^ (El)riftug felbft auf (Erben Dermaltete, ba^ Mjramt, ba^ ^riefteramt unb ba^ girtenamt, l)at mit feinem SLobe nid)t Quf= gel)ört. ^r übt fort bi^ pm (Enbe ber SCage in unb burd) bie Äirc^e. 5Da§ Mjxami bilbet aber gemiffermafeen bie ©runb= tage ber anbern Slemter, ba mir biefe nur burd) jiene^3 fennen

3

lernen; nnb infofeni ift e§> "oa^^ Sßidjtigfte. ^uri^ \)a§> Qe^xami wirb ber größte ©$ag auf ©rbcn, loeldjen ©ott in hen geoffen^ {»arten 3Sal)rIjeiten un§ gefc^enft ()at, he\mä)i unb ben)a!)rt ^a§ ift ba^ göttlidje S)epofitum , von beni ber 2(pofte( rebet, wenn er an ^imotljeug fd^reibt: „0 %moi^eib$, beroa(;re ba^ §in = t erlegte, weife §urücf bic l^eiUofen SBortneuerungen unb ©egenfäge ber fätfd^lid) fogenannten 2ßiffenfd;aft, ju mld)e.n einige fic§ befennen unb x)om ©tauben abgefommen finb *).'' 2let)nlic^ fagt er im ^weiten 53rief an benfelben: „2öa^^ bu ge= iyöxt t)aft von mir burd) üiele 3^119^"/ ^^^6 rertrane 3Ut)erläffigen ' SDZenfdjen an, meiere tüd^tig fein roerben, aud; Slnbere p (eljrenV ^Diefe §interlage göttlidier, geoffenbarter 2öal)rt)eiten foll ba§ Setjr- amt auf ©rben gegen bie Eingriffe jenes ©eifteS bewachen, bcn ber öeilanb „ben Sügner'' unb „'tjtn SSater ber Süge^)" nennt. S)ie feierltd)fte <oanbIung biefeS Ijeiligen 2Imte§ ift aber ber ^n^= fprud^ einer allgemeinen ^ird^enuerfammlung.

Um aber bie ^ebeutung beS !ird)Iid;en Seljramte» mit bem göttli(^en Sluftrage, bie geoffenbarten Sßal^rl^eiten rein unb ungetrübt gu betüaljren , richtig ju lüürbigen, muffen mir not^menbig etmaS meiter greifen unb ba» Sebürfuig ber Offenbarung, bie llnfäl)ig!eit be» menfd)licben ©eifteS, ol^ne fie fein tieffteS SSerlangen nad) ^Baljrijeit voUfornmen ju befriebigen, in§ 3(uge faffen unb sugleid; ermägen, mie ot)ne bie (Stiftung eines unfet)Ibaren £el)ramteS eine geoffenbarte Söaljrljeit fi(J nic^t unperfälfdjt auf ©rben erbauen !ann. ^aS 5I(Ie§ liängt inner-- tid) gufammen unb muf3 im 3^^f^i^^^^^i^'E)ö^^Ö^ ermogen merben, um bie ^ebeutung eines fotc^en S^organgeS in ber ^ird^e rid)tig gu beurt^eilen.

1) I. %m. G, 20 f. 2) II. 2'ini. 2, 2. 3) :^ol). 8, 44.

1*

I.

iUae mxmao, hh tnntfdjli^c Öenimift am fidj relb|l, aus il)m- flgenrn ttatui% luir iijrcn imtürlidjcn Gräften nnö läljigknten

übeiiaffftt?

„(Eö ri^ fic^ loö ein (Stein ücm ^erge, nidtt burdb ^en[d^entiänbe, unb er ftie^ m bie §-ü^e ber S3ilb* faule . . . unb gerfcftmetterte fie ; . . . ber (Stein aber njorb §u einem gro^n Serge unb erfüllte W ganje erbe." S)an. 2, 34 f.

IRit biefer gvagc muffen rair begiunett. $511 i^r liegt bie ^oraiu^fe^img atter DffenBanmg. 2öer über fie unflar ift, fann roeber ben @runb ber Offenbarung, nod) aud) bie Bebeiitung unb 9lotl)n)enbig!eit eine^ gijttlidjen Se{)ramte^ begreifen.

^e^üglid^ biefer grage ift ber mcnfc^lic^e @eift in gmei ent= gegengefe^te 3rrtl)ünter üerfaüen, lueldje glei^üerberbli(^ geworben finb. SDer eine biefer Qrrttjümer l)ai bie 9tec^te ber menfd)Ii(^en Vernunft beeinträd)tigt, ber onbere bagegen f)at fie übertrieben, ^ie .^Irdje ober, inbem fie beibe 3^'ttl)ümfr nerrneibet unb un^3 baburd) vov "ben unfeligen folgen berfelben beraaljrt, gibt un$ aud) Ijier wie immer eine ftare, beftimmte ^Introort, bie fomof)! burc^ unfer eigene^ ^emufjtfein al^ burd^ bie gan^e ©efd^ic^te ber 3Jlenfd)^eit beftätigt mirb.

Qenen gegenüber, bie ba^ ^e^t ber menfd)li(^en ^'ernunft uerfennen unb beeinträdjtigen, le^rt bie tircl^e, ba§ auä) in bem je^igen 3^P«"^^ "^^i' Men]d) oI)ne §ilfe ber übernatürli($en Offenbarung unb ©nabe ^) im «Staube fei, Sßaljrljeiten, meldje @ott

1) 2Öir bcmevten oiiöbrütf(id), bafj mir unter ber Offenbarung in biefer 9l6{)anbhing immer bie übernatürl icbe Offenbarung verftef^en; alfo nic^t bie natiirlicbe Offenbarung, ioeber bie in unferer S3ernunft unb unferem

unb bie Migioii in ber uatürli($eu Drbnumj ber ^inge be= treffen, gn erfennen nnb beßöleic^en fittlicf; o^nte .ganbhincjen gn uoHbringcn. ®{e J^ird;e ift alfo weit t)ax)on entfernt, bie 'Jiec^te ber ii.^ernnnft anc^ in beut je^ioen, gefallenen ,3nftanb be^ S)lenfcf;en gn üerfümmern. S)iefelbe ^iri^e, bie fo oft (jefd^mäljt wirb, aU ob fie ^int3e leljre, hie ber ^ernnnft entgegen finb, l)at Dielnieljr bie 9^ed)te ber ^ernnnft ben Srrle^ren be^ fec^i§= je^nten 3at)rf)nnbert!§ gegenüber uertl)eibigt.

^emn gegenüber aber, bie mit ebenfo großem Unrei^te bie 5ie(^te ber bfofeen ^öernunft nnb bie natürlichen gätjigfeiten beiS menfdjlic^en ^eifte^ übertrieben i)abm, lel)rt bie <^ird^e, \)ai mit einer übernatürlichen Offenbarnng nnb ©nabe in boppelter ^in^ fi^t bebürfen.

©rften^ 5ur ©rreic^nng nnferer übernatürlid^en Seftimmnng. ^enn ift eine @rnnb(el)re beiS (^^riftentl)nm§ , ba§ @ott ben 9)knfcl)en §u einer über baffen bloig natürliche ^raft erl)abenert, gn einer übernatürlichen SBeftimmnng erfcl^affen l)abe. 6c^on vex= möge feiner T)ernünftigen SRatnr ift ber 9}ienf($ ein (Sbenbilb (Sottet, ba^n beftimmt, @ott gn erfennen nnb unlieben; aber ben bloßen ^raffen feiner D^atnr überlaffen !ann er @ott nnr in einer feljr nnüoüfommenen 2Beife erfennen nnb lieben, ^er blo§ natura lid^e 9}ienfd} fann nämlid^ (5^ott nur an^3 ben @efd)öpfen erfennen, inbem er von ber ©röge unb ©d^önljeit ber ficbtbaren ©efc^öpfe auf ©Ott, bereu unfidjtbaren Urljeber, fdjlieBt. ,,^enn ba^ Un- fidjtbare an il)m ifl feit ©ridjaffung ber )Bdt in ben erfd}affenen S)ingen crfennbar unb fii^tbar, nämlid) feine eroige ^'raft unb ©ottljeit, fo ba^ fie (bie i^n nic^t erfennen) feine ©ntfdjulbig^ ung baben ^)." Wein biefe ©rfenntniB ift nur fel)r un-- üollfonimen ; benn ©ott ift !)od) erljabcn über alle feine SOBerfe. Unb baffelbe, lua^ uon biefer blo^ natürlidjen (SrfenntniB ©ottes^, gilt and) von ber blo» natürlid;en 3]erel)rung unb Siebe ®otte^.

©etviffen, noc^ andj bie äufiere Dtfenbaruixi? @ottes in ber firfit6areu 2Belt, fonbern bie Dffenbavung bes alten unb neuen SBunbeä, luoburd^ fid^ Öctt in übernatüvlirf^er Steife ben 5Jcenfci)cn !unb genmcljt l)at. llnkv über* natürlidjer Önabe, von ber l^ier bie -Webe ift, verftef)en wir aber al(e jene innern (äahm, lüelcfie @ctt un§ nac^ ber S?cf)re bec-> (£f)riftentf;uin$ um ber 2?erbienfte Gfjrifti loiKen )penbet, um unfern Oicift ,^u erleud)ten unb unfern WtUen aum ©uten tücf^tig ju machen. 1) mm. 1, 20.

~ 6

2Bof)l evfeitnt fd;ou bie b(o§e Vernunft; bafs roiv bem (jvofeen unb güttGcn llrljeber luifere^ ®a(ein§ (^f)rfiu"d)t, ^anfbarfeit unb Siebe fd)nlbig unb baß n)ir t)crpf(id)tet finb, baf^ \)on nnferem 6d)öpfer in unfer ©eroiffen gefi^riebene Sittengefeg §u beobad)ten. 2(llein bafe n)ir §u einer roeit innigeren ©emeinfdjaft mit ©ott berufen finb, al^ jene ift, bie in ber blo§ natürlichen ^rfenntnijä unb Siebe ©ottes befielt, ba§ oermag bie ntenfd)lid)e Vernunft qu§> fic^ felbft m6)i äu erfennen unb nod) t>ie( weniger vermag ber 3Jienf(J qu§ eigener ^raft in einer fold)en übernatürlichen Seben^^gemeinfdjaft mit ®ott fid) gu erljeben. S)a5u bebarf er einer übernatürlidjen Offenbar^ ung unb einer übernatürlid;en @nabe, burc^ meldje ©ott fid) jum 3Jienfcl^en l^erabläfet unb ben 9)Zenfdjen ^u fid) erl;ebt. Unb biefe^ ift e^^ t)or altem , roa^ ung ber @laube leljrt. @r leiert un^, bafe bie eraige unb feiige 2Infd)aunng unb ber ^efi^ (Sottet bie über- natürlidje ^eftimmung ift, mo^u un§> @ott an§> übergroßer Siebe berufen Ijat; unb bag mir, um biefe unfere übernatürliche ^e= fiimmung ju eifennen unb gu erreidjen, ber göttli(^en Dffenbarung unb ©nabe unbebingt bebürfen.

Mein nid)t nur au§ biefem, atterbing^ erften unb t)ornel)m^ ften ©runbe i(l bie übernatürlidje Offenbarung unb ©nabe bem DJlenfc^en not^menbig, fonbern er bebarf berfelben, menigften§ in feinem jetzigen 3"f^^^^^/ ß^*^ \^^^ '^^^h ^^ ^^i^^ F^ts natür-- lic^e Söa^rljeit, namentlid) jene natürlid)e ©otteC^erfenntniß, meldje fd;on §ur natürlid}en ©ntmicfelung unb (^üte eine^ vernünftigen ©ef(Söpfe§ geljört , Doüftänbig unb ol)ne 3rr= tljum unb gi^eifel ^gu erlangen unb in beroaljrcn, foroie ha^ natürlidje Sittengefe^ roEftänbig unb mie ߧ> fein .foß, gu erfüEen. Unb l)ierauf raoUen mir ^undcbft unfere Slufmer!:: famfeit richten , ba eg ben ^erirrungen unferer 3^^^ gegenüber t)or attem mid)tig ift p ö^^G^" / ^^6 ol)ne ^ilfe ber ©nabe unb Offenbarung bie ?Dienfd}l)eit nic^ einmal iljre natütlidje Stürbe gu bemal)ren im ©tanbe ift. (S§> Ijanbelt fid; alfo in biefer Untere fu(^ung um bie grage, raa» bie menfc^lidje Vernunft lebiglid) innerl)alb ber ©renken ber natürlidjen religiofen unb fittliij^en Söalirljeit vermag, woä) gang abgefeljen von ben übernalürlidjen unb geljeimnif^DolIen 3öa(jrl)eiten be§ (Efjriftentljumö.

3rt biefer .^infic^t leljrt alfo bie ^irdje, bafs bie menfd)lid)e 3Sernunft groar natürlidje 3Bal)rl)eiten er!ennen !ann, bafe fie aber in iljrem icljigen ^^f^^^^^ ^^^^ "^^!)^

^ 7

o^m S3ei]^ilfe ber Offenbanutö uub @uabe im 6tanbe ifl , au(^ nur bie natürlid;en ^ernunftiualjrlieiten üottftänbiij uub o()ue 33ci' mifc^ung Dielfältiger 3trtt)ümer uub 3^^i^^ 3" erfenneu. 5Diefc 5Iuffaffuug ber ^ir$e tritt bem ^^ernuuftftolse be§ 3}leuf(^eu euti! Oegeu unb (jängt gufammen mit i^er Se!)re üon ber ©e^ bred)li^feit ber men(d^li(^eu 3Ratur unb i^rer iu golge be§ ©ünbeu= fallet eingetretenen S^roäi^uug uub S[?erberbni6. ^^r ©rüäruug biefer Sluffaffuug raolleu rair bie Söorte be§ l^eiligen %^oma^ Dou 51 quin aufüljren: „3m 3^tft^^^ ^^^ gefallenen Statur ift ba§ Vermögen be§ 3}Zenft^en mid; bejüglid) beffen Derminbert, raaS er an uub für fid^ feiner 9latur naä) rermag , fo bag er ui(^t mef)r olle^ 3^atürlic^=©ute burd^ feine uatürlii^e ^raft t)o(Ibringett !ouu. 2BeiI aber bie menfcljli($e S^latur burd^ bie 6üube uid^t fo gän^Uc^ i^erborbeu ift, baß fte baburd; aUe§> 9^atürli($=(^uten be= raubt wäre, fo vermag ber 9}^enf(^ avLä) im gefallenen 3iiftö^^^ huxä) bie ^raft feiner 9latur eingelne^ ©ute §u t)olIbringeu, . . . m(!^t aber alles @ute, ha^ feiner Statur entfpric^t . . roie aud^ ber !rau!e 3)^enf^ nod^ im ©taube ift, fid^ an^ eigener ^raft gu bewegen, nid^t aber alle ^eroegungeu ebenfo raie ein gefuuber 3Jlenfd^ ror^unefjmen, bi§ er burd) §itfe eiue^ Heilmitteln raieber feine tiolle ©efunbl^eit erlangt l^at^." ^iefe§ ^ilb bei l;ei(igen XI) 0 mal ift fel)r gutreffeub unb belel)renb. ^er Traufe l)at bie Erinnerung an feinen gefunben 3"f^^"^- ^i^^ f^^"^ !rau!e 9latur verlangt barnac^, bal gu tljun unb gu mirfen, roo^u er in ber (^efunbljeit im Staube ift , aber er vermag el jegt uid^t, weil er franf ift, unb er bebarf ber §ilfe einel §eilmittell, um wieber ha^ ^u i?ermögeu, wal er früljer an^ fi(^ allein t)er= mod)te. ©anj fo ift mit bem 3}^eutc^en in feinem ie^igen3u- ftaube. ßr ift fran! unb liilflbebürftig aud) bem Reifte na^; uub bal ift bie söerblenbung bei ©toljel uub bei §oc^mut()l, bag er biefc feine ^ranfljeit unb gilflbebürftigfeit nid)t erfennen mag. ^ie Äranftjeit feiner ^Sernunft ift eine gewiffe .^^erfinfterung, bie in gotge ber ©ünbe bei il)m eingetreten ift. ®ie ^an!{)eit feinel äöiüenl ift bie ©(^wäd^ung beffelben, eine gewiffe D^nmad^t im ©Uten, an weld^er er gu feiner Qual leibet, ^n^ in biefem ^uftanbe ift il)m bal 53ewu6tfein beffen, wo§u er urfprünglid^ feiner ^'latur

1) Summa theol. I. II. q. 109 a. 2.

naä) beftimmt unb befäEngt loar, ja anä) ein tf)eilit)etfe$ SSewufet- fein felbft jener übernatürlid^en ©naben nnb ©aben, bie i()m @ott nrfpriingüd) oerliel^en t)atte, geblieben. 2öa§ er aber im ijcfnnben äuftanbe rermod^te , fann er jegt nur bur(ä^ ein Heilmittel , rvtU c^e^ ©Ott i[jm anbietet. 6tatt aber biefen 3"^^"^ i^ ^emut^ anjuerfennen, empört fid^ ber 3J^enfc^ in feinem @tol§ gegen biefe göttliche $ilfe; unb barau§ entfielen bann jene kämpfe beiS menfd):^ \i<S)Ctt ©eiftey , jene§ Sluffteigen nnh ^lieberfiulen , jeueö unüber= minbli($e ^Ringen na(§ Söaljrljeit, "dou ber er fi$ ni(^t trennen fann, meil er \iä) üon feiner dlatnx nidjt trennen fann; unb boc^ raieber biefe» Unvermögen, aUe jene 2Sal)rl)eiten 3U erfaffen, nac^ benen er l)ungert, meil er fidj ber Heilmittel nid)t bebienen mitl/ bie @ott il)m bietet.

®iefe beiben ßel)rfä|e ber Äir(^e t)on bem 35ermögen ber SSer= nunft, natürliche 2öal)rl)eiten über bie ^efiimmung nnb bie ^flid^ten beg 9}^enf4en §u erfennen, unb bo^ mieber oon bem Unvermögen berfelben S^ernunft, and5 nur alle natürli-i^en 2öa^rljeiten genügenb p erfaffen, finben ibre üoHe Q3eftätigung in ber Sßeltgefc^idite. ^lur mit biefer (£infid)t mirb bie ©efc^id)te ber 3Jlenfd)l)eit flar unb üerftänblid'. 3)aburd) allein erffären ftd) biefe fonft gan§ unbegreif- lid^en SÖiberfprüdje, bie mir überall mal)rne^men, bie ficb immer me- berl)olen, forool^l im ©anjen, mie im Seben jebeg einzelnen SJleufc^en. 3)er3}lenfd) Ijat and) no($ anbere kämpfe; er fämpft ni^^t allein um bie 2öa^rl)eit. (Sr fämpft an$ um fein täglich 35rob, er fämpft um bie töglid^eu ^ebürfniffe feinet S)afein§, er fämpft gemifferma^en einen töglidben ^ampf um ^eben unb 5tob» @r fämpft ferner gegen bie SeiDenfdjaften unb llntevbrüdungen feiner SD^itmenfiJen, er fämpft mit ber ganzen «Si^mere ber 93Merie, bie il;n erbrüden mill; unbtro^ aller biefer fd)roeren kämpfe ift ein ^ampf, ber if)n mel)r befd^äftigt, mie baö Mel: ber j!ampf um bie 2Bal)rljeit, bie mie ein Si^tfunfcn feinen ©eift immer mieber über bie 3)iateric er^ f)ebt, Slber fid) felbft überlaffen, fämpft er nidjt um ^u fiegen; ift ein '^offnunglofer ^ampf, unb ber ©eift erl)ebt fi(^ nur, um balb mieber in Srrt^um nnb gmeifel jebcr Slrt ^urüdjnfallen.

^icfe ^eljre ber ^ixäie von ben ©renjen ber fic^ felbft über* laffenen SSernunft o^ne Isoliere §ilfe berül^rt eUn bie ©egenroart in einem no(^ nie bageroefenen Umfange. ®a liegt and) ber ^e- rüljrungepunft jroifd^en bem allgemeinen ß^oncil unb ben 3iiftänben unferer Qe\t 3Roc^ nie ift bie von jeber 5lutorität lo;?gelöft«

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metifc^lid^e 'Vernunft mit ^öfjeten Slnfprüc^en, mit ijröBerem 6tol5 auf (getreten, no(^ nie ^ot fte über fol$e SJiittel §u üerfügen ge= ))aht 2)ie 2Belt liegt gleid^fam aufgebedt oor i()ren Slugen, 6d^u(en unb 53ilbuTt9imittel ader 5Irt fielen ii)r jur 3Serfügung, fie tann burd) bie treffe täglich ba^ ganje benfenbe Wlen\ä)en' gefd)led)t um i^ren £ef)rfiut)I üerfammelu. Unb meiere» ©rgebnife fe^en wir öor Singen? 3Rie-]^at eg eine größere Uneinigfeit ber ©eifter gegeben, nie eine tiefere Spaltung über bie grage: „2Ba^ ift äßa^rl)eit?" nie fo große, fo weit greifenbe, alle^5 jerfegenbe unb untergrabenbe Srrtljümer, raie gerabe je^t. ^iefe 2[öelt roill nun dJott burd^ bie ©timme beg t)on i|m felbft geftifteten Se^r- amte§ baran erinnern, baß bie 3]ernunft ber 3J^enfd^en groar gum §üd}ften berufen ift, baß fie aber feiner ;Oeitung bebarf, wenn fie il)r 3^^^ erieii$en will; unb ha^ fie o^ne biefelbe immer raieber in ©efa|r ift, bobenlofer Unüernunft anheimzufallen, eine 33eute beS Sügengeifte^S 5U merben.

3n bem ^ropljeten S)aniel feigen mir bie großen 2Beltreid)e mie eine große ^ilbfäule auiS @olb , aul ©ilber, an§> ©rj unb %^ün, bie fid} pm 6d)reden unb (Srftaunen ber 3JIenfd;en erl)ebt. S)a löft fi^ ein ^tm o^ne 9}lenfi$enl)anb uon einem ^oljen JBerge ab unb ftürjt auf bie ^ilbfäute unb jermalmt fie in Staub, baß ber ^inb fie raegmeljt. S)er ©tein aber mirb ju einem ^erge, ber bie @rbe anfüHt. ©0 ift eg gefommen. Me jene Söeltreic^e finb fpurlo^ jertrümmert. ^er Stein aber, ber t)om .<Qimmel Ijerabgelommen, ift jum ©dftein geworben, auf bem fi(^ baS 9^ci(^ @otte» aufgebaut l)at , meli^e^ bie 2ßelt erfüßt. So gel)t and) mit ben Jöerfen be^ ftol^en 3)^enfc^engeifte^v ber au^ fid) mib feinen eigenen Gräften ben Sau ber 2ßal)rljeit aufführen miü. 9i^ie 3Sicte l)aben fd)on c^ehaut oor unb nac^ ei)riftu^ b\$ auf ben l)eutigen ^ag! 2Bie ?.^iele l>iben geglaubt, oljne (5;i)riftu^ ben Tempel ber ^iöabrljeit aufführen ^u fönnen; unb raie fielen ift fd)on gef^eljen, roa§ jener ^.Hlbfäule roiberfal)ren ift! Unb fo wirb e^ fortgel)en, bie bie 3}lenfc^en anfangen, an ber ^aiib ber göttlid)en Offenbarung nn^ bc^ üon ©ott gegrünbeten Se()v-' amte§ ^u bauen. 33i^ bal;in wirb immer raiebii biefer Stein, ber oom §immel gefommen , if)re Sügenfijfteme zertrümmern , fo baß ber 3öinb fömmt unb fie raie Staub l^inroegfegt, unb man ben Drt !aum mel)r finbet, rao fie in ftoljer Selbftuerblenbung i|re Tempel ber 58ernunft aufgefül^rt Ratten.

II.

Uo\)i\\ hontmt Me Örnimift oljttc (öfffitbaning, dljttc (ötiaDe,

öljne Autorität, itiir iijrnt itatitiitd)nt ^väfkn übfrlafTfu? ÖJa«

Ijttt fie in Mfffm iiiftaitbe aus ^rn natiirlid)ftt iDal)rl)fttrn

öemrtd)t, Me ®ott iijr aiiücrtraut ijat?

„ßr üer[c^it)enbete feine §ibe ... unb narf)bem er Qlle§ rer5e]^rt ^atte , . . fing er an junger ^u teiben." 2i\c. 15, 13 f.

5er ^vopljet 3faia§ geißt mt5 am (fnbe ber STage ba^ $QU^ be^ ^errn auf bem ©ipfel ber Q3ert3e im 2Inöefi*t üder 3^i3(!er ber ^rbe; raie bie ^iDÜer 511 i()m f)inftvümen imb §11 einanberfprcdjen: „kommet mib laffet iuk^ Ijinanöe^en jum ^erge be§ §crru unb ^um .gaufe be^ @otte§ Sacob^o; er luirb un§ let)reu feine SEege unb wir raoHen raanbeln auf feinen ^faben." ,,^Qnn", fäljrt er fort, „toirb er richten bie Golfer unb riele ilRationen gurecltraeifen, unb fie werben i^re 6d)n)erter in ^flug-- f(Jaaren umfi^mieben unb il^re Sanken in 6i(^eln; nic^t mel^r tt)irb ^ol! gegen ^olf ba^ ©djroert erljeben, nid)t mel)r lüerben fie ft(^ üben §uni Kriege. So fomrnet iljr t)ont §aufe Qacob unb la&t unö raanbeln im ^idjte bec^ ^errn^)." 2)0^ ift eine troftreid^e 2^er= Ijeigung: troftreid; für un§ alle, bie wir bie erfjabene 2öaljrl)eit Don ber Sintjeit be^ 5Utenfdjengef($(edjte§ tief in unfrer 6ecle cnipfinben. 2öenn auä) bie 3iiftänbc in ber ©egenroart mä) rceit t)on biefem ^ilbe be§ JyriebenS entfernt finb unb bie 3er= fplitterung unter ben 3}?eufdjeu woä) fo meit gebieljen ift, fo mirb unb foll fie bennod) in (Erfüllung ge!)en. ^ieUcidjt ftel)en mir unbemugt fd)on mitten in einer ^emegung, bie nad; biefem ^kk l)infü^rt.

1) öf. 2, 3-5.

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^Oi%\\ aber müifen bie 3}tenfd)en \\6) wieber, mt in biejeu Söorteu be^5 ^^^ropljcten l^eigt, t)on ©ott beleljreu laffen unb „in bem ßidjte be§ ^errii roanbern," in jenem i^id)te, n)eld)e§ ron feiner übernatürlidjen iDffenbarnnij imb bem üon il)m 9eiiirün= beten £e{)ramte au«i]el)t. Dbne biefe Seituncj ge!)! bie menfd)Iid)e i^ernnnft in bie grre, äl)nli($ mt ba^ ^fuge oljne Sid)t feinen ^ienft nidjt erfüllt, @o grog bie gö!)ig!eit be^ menfd)Iid)en ©cifte^ in @rforfd)ung ber emigen SSa^rl^ieit ift, menn er fid) t)on @ott erleud)ten unb fnf)ren lä^t, fo ol)nmn(^tic3 wirb berfelbe, raenn er fic^ Jior$ uon ©ott abwenbet unb fi^ felbft geniitjen luill. 2öie ©Ott in ber nbernatürlid^en Dffenbaruncj einen ©c^q^ Don 2Bat)rl)eilen Ijinterlegt %q^\, tüeld)en, lüie lüir faljen, ber Stpoftel '^aulu^ aliS ein S^epofitum bctrad;tet, ba» bie ^irdje treu beiöaljren foU, fo \)qX er (^w^) jebem 3Jlenfd)en in ben natürlidjen gäl)iö!eiten feiner 33ernunft ein folc^eg S)epofitum anvertraut. 6r foll e0 bewai)ren, aber nid}t mie einen (S(^a| iiergraben, fon= bem baburc^ 3^"?^" tjeiftiger (grfenntuife gciüinnen. 2öa^ Ijaben aber bie 3}?enfc^en, n)el(^c fi(^ t)on ü^ott unb feiner Cffenbaruucj abgeiuenbct Ijaben, mit biefem (Sd)al3 natürlidier ©rfenntnife angc= fangen'-? (iienaubaffelbe,n)a§ berüerlorene So^n bei (Eoango(ium§ mit bem Grbtl^eil, melcfieg er Dom 3>ater empfangen (jatte, getljon ^at. €ie f)aben itjrc gciftige §ö^^ t)erfd)n)enbel ; unb nacl)bein fie afiel üerfc^menbct Ratten, finb fie in geiflige ."pungerionott) gerat!)en. S)at)in !ommt bie 3Sernunft, bie fid) t)on ©Ott nic^t belet)ren laffen mift. 2Bir motten biefe Dtmmadjt ber fid) felbft überlaffenen 5>ernunft in einigen 3^9^^^ "^^^^ ^"'^ Sluge faffen, um bie 9iotf)menbigfeit einer göttlid;en Leitung bei menfdjtic^en ©eifte^ ^u erfennen.

£'ie t)öd;fte natüilid)e gäliigfeit beio ©eiftel ift bie ber (fr- tenntniB ©ottel. Sitten anbre, foioo(;l auf bem ©ebiete beS @r= tenneniS mie bes ^ri^\)Z\\^:> , Ijängt von i(jr ab. Qe reiner bie ©otte^^= erlenntniö in einem 9}?enfc5en unb in einem ^solfe, befto l)öl)er fteljt ber 9}lenfdj, \io,^ 3^ol!; je trüber bie ©otteicerfenntnif^, befto niebriger fteljen fie. 2öal \\Q,i nun im ganzen ^scrlaufe ber ©e^ fd)ic^te be;3 3)^enfc^engefd)led;te» , foraeit fie wwy:^ bvfanut ift , bie menfd^lidie ^^ernunft (\-\x^:) ber ©ottelerfcnntnife gemadjt , mo fie nid)t üon ber Offenbarung geleitet mar? ^ie ©efc^id)te antwortet barauf mit ben ^Ijatfac^en atter ©räuel be5 @öl3en= bienftel vcc^ roljer unb feiner ©ottelleugnung in alter unb neuer ^i\i,

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mit allen ©rniebrigunoien be§ 9)tenfd)enöefd)le($te^ , lueld^e au^ biefeu ^^erirrungen be^ ©eilte Ijeroorijegaiti^en ftnb. 6ie be-- ftätigt bie Söovte be^ Ijeüigen $aulu^: „5Ra(^bcm fie ©Ott erfannt l)atten , ^aben fie iE)n nid^t al^ @ott i?er^errlid)t no$ if)m ®an! gefacht, fonbern fie luiirben nid^tig in ifjren @e= banfen unb \{)t unDerftänbigeö ^ev^ ift finfter getüorben, S^beni fie fic^ für 2öei)e an^gaben, finb fie ^T^oren geraorben. ©ie üer- raed^felten bie igerrlidjfeit be^ nnoergänglidjen (3oik§> mit einem ©leidjbirDe mn einem Dergänglicbcn 9Jtenf(^en, von 3Süge(n unb anberen ^iiieven. ©egt^alb gab fie ©ott ben ©eliiften if)re^ ^erjen» prei^, ber UnlanterMt, bag fie enteljrten x^xe Mbev a)x fid) felbcr; fie, meldte bie 2öal)rl)eit @otte^ mit ber ßüge oer- tQuf^ten unb rielme^r bem ©efc^öpfe ^^ere^rung unb ^ienft er= miefen aU bem 6d)öpfer, meld^er gebenebeiet ift in @tt)ig= feit^." 3^^^!^ 3^9 ^^^f^^ 33i(be§ ift in Erfüllung gegangen big auf ben l)eutigen ^ag an aMx 3)lenfc^en unb 33ö(fern, bie fi(^ von ber Leitung ©otte§ unb feiner Offenbarung abgemen^ bet t)aben. Sie roerben „nidjtig in x^xzn ©ebanfen," ,, finfter in i^ren unt)erftänbigen §er§en/' „fie finb 3:;tjoren, ba fie fid) für Seife l^alten/' 3n il)rcr 6e(6ftt)ergötterung rerjued^feln )k „bie §errlid)!eit be§ unoergänglic^en ©ottes" balb mit fid^, balb mit ber tobten DJkterie, unb ^ur Strafe fallen, fie i()ren ßüften an^ {)eim unb cnteljren i(;re eigenen Leiber. 3öörtlid), bud)ftäblic^ get)t bas zi{ie§> fort unb fort in Grfüttung.

^on ber ®ottc§er!enntniB Ijängen aber alle anberen ©r- fenntniffe be§ menfdilidjen ©eiftea ab, menigfien^ alle jene, bie bie ]^öf)eren unb tieferen gntereffen bei menfd)tid^en @eifte§ he- rüljren. Jßenn baljer ber ©eift in feiner 5Xbroenbung t)on ber göttüd^en Offenbarung in feiner ©otte§er!enntni§ getrübt ober oerfiu^ ftert mirb, fo fättt auc^ ein B6)atkn auf aEe anbern ©rfenntniffe.

Wi ber ©ottelerfenntnife \:)äni]t ,3unäd)ft innig bie eelbft^ ert'enntnif3 gufammen , bie nad) i^r ha3> l}oct)fte ^ebürfniJ3 ber 6eete ift. Qe reiner bie ©ottelerfenntnife, befto reiner bie <Belb\'U errenntniä unb umge!et)rt. ^eibe taffen fid) von cinanber nic^t trennen, metl ber ajienfd) von ©ott erfd)affcn ift, aßel oon il)m empfangen l)ai unb aU gciftigel 2(bbilb oon ©ott ficb unb feine 2Bürbe nur in biefem emigen Urbitbe t)erftet)en fann. 3öa>$ ^at

1) Möm. l, 21 ff.

Is- abel: bie^ßernunft auö ber imtürlii^en (gelbfterfenntnife gemalt, wo fie ]\6) üon ber ööttlii^en Seitung abgewenbet Ifiat? Sie l)at w\6)t nur bie voal^xe ©elbfterfenntmfe, tuelc^e ber 2lug^ ÖQUcj^punft ber xüal)xtn 2öeisl)eit ift, bie ©rfenntnife i^reg ^er= ^ältniffe^ 511 (Sott, it)rer SBürbe unb it)rer roa^iren ^eftimm= ung verloren, fonbern fie l)ai ber ©eele ftatt ber loaliren 6elbfterfenntnig einen blinben, jänfteren, raalinfinnigen 6toI§ wnb §o(i)niutf) eingepflanzt unb fie bann gu einer Wienerin unb ©cla=: Diu biefeg finfteren ©eifte^ gemadit. ©ie l^at bie ©eele an wahrer ©elbfterfcnntnife fo arm gemad;t, bafe fie eublid^ fid) felbft, il)r Seben, il^re Unfterb(id;)!eit leugnet, bafe fie fid; ber t)cr= nunftlofen Tlakxk unb bem oernunftlofen ^^iere gleidiftellt. „3"^eg fie jagen, fie feien 2öeife, finb fie Stl^oren geraor-- ben/' Sie „entel)ren" nid)t nur, wie ber Ijeilige $aului3 fagt, „il)ren £eib," fie entel)ren i^ren©eift; unb biefe @ntel)rung l)alten fie für ii)xen 9iul)m. S)ie ginfterniB t)erl)errli(^t bie ginfternife aU ba^ Sidjt. 20ie fie l)in unb l^er getrieben werben, inbem fie balb @ö|en bieuen, balb ©ott leugnen, fo fc^roanfen fie audj in ber i2e(bfter!enntniB, inbem fie balb ilire 5>ernunft i)er= gi)ttern, balb iljr S)afein leugnen.

3}?it ber (Selbfterfenntnife fdiiuinbet benn auc^ bie ^ruber^ liebe, bie red)te ß'infii^t üon bem innigen ^ruberbanbe, ba§ iing mit ben 3Jtitmenf(^en tjerbinbet, unb üon ben Regierungen, bie au0 bemfelben l;ert)orgel)en. ^ie D^ädjfienliebe berul)t auf ber 6elbfter!enntni^ , mie bie ©elbfterfenntni^ auf ber roal)ren ©otte§er!enntni6 ruljt. S^on bie ßeljre ber Dffenbarung, bafe mir 3)tenfd^en alle ber <Secle nai^ S3ilber ©otteS finb, biefelben <gtammeltern l^aben unb baburdj trüber finb, ift Don unbered)en- barem ©influ^ für alle Regieliungen ber 3}lenfd;en untereinan^ ber, mie bie Seugnung berfelben in biefer §infic^t t)on un= bered)enbarem (Schaben ift. (S^ ift graar au^ ein natürlidje^ @efe^ be» menfdjlidjen ©eifte^: 2öag bu mä)t miöft, ba^ bir gef($el;e, ba^ tl)ue and) beinem 9iäd)ften nid)t. Slber biefe^ @efe| mu§ §ugleid), um mirffam ^u merben, von ber maleren @otte§? unb 6elbfter!enntni^ getragen merben. «Eonft mirb e§> feinen ©influg auf ba^ 2tUn üben. Ser SJ^enfd) mirb üiclmel^r balb ba^in fommen, fein ^erliältnig ju ben 3}litmenfdjen nid^t mel;r nad^ biefem ^ernunftgefefee, fonDern nadj bem unerfättli^en ©eifte ber ©elbftfuc^t einjuri^ten. 2öa^ aber bie fid^ (elbft überlaffene

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menfd)li(^e 3]eruunft au§ ber 9iäd)ftenl{ebe madjt, ba§ feigen Tüir an fo fielen ©rfdjeinungen ber ©egenroart.

2öa§ l^at fie ferner au^^ "om nntürlid^en C^kimblagen ber bürgerlid^en ©efeflfdjQft getuad)t? ^uä) biefe entfpringen au^ ©Ott. Slffe», tüa^ 511m @ebetf)en ber bürgerlidjen ©efellfc^aft ge- fc^iel)t, (jat nur in Ujm feine ©runblage. 2(nf biefer ©runblage rnljt bag 9ied)t unb bie Slutorität, ba^ @efe^, bie Pflege ber ©erec^tigMt, bie ^f(id)t be^ ©e!)orfam§. 3a bac^ gnnge 3)afein be§ ©taate§ Ijat feine fittlic^e ©runblage nur in ber Uebcr^eug- nng, hoi er nid)t eine töißfürlid^e meufc^Iidje ßrfinbnng, fonbern eine von ©ott gewollte (Einrichtung ift, bie rair bejs^ialb eljren muffen, weil ®ott e^ raiH. 2öa§ Ijat ber menfd)Iid)e @eift, dou jeber (jöljeren Seitung lo^gefagt, von allen biefen natürlidjenStüöen ber bürgerlid)en ©efeEf($aft nod; übrig gelaffen? ©r Ijat fie, eine naä) ber anbern angenagt nnb unterraüt)lt ; er Ijat fie alle befc^äbigt. S)arau^ entfleljt biefe t)oll!ommene politifc^e HngewiB'- tjeit, in ber fi($ bie moberne @efeflf($aft befinbet; unh wenn bie ftaatlidje Drbnnng no(^ befteljt, fo Derbanfen loir 'oa^^ niäjt jenem ©eifte, ber fid) von ber göttlii^en Offenbarung getrennt Ijat unb fid) gebärbet, al^ ob er bie ftaatlidje Drbnung äufammenljielte, fonbern mir oerbanfen e^ x)ielmel)r im- graben ©egentl)eil jener ©efinnung, bie im birecten SBiberfprud) ju biefem (^n}ie nod) in bem c^riftlid)en ^ol!e fortmirft. S)ie ganje moberne 6taat^3roei0= (jeit mürbe ni(^t im ©tanbe fein, bie bürgerlidie Drbnung nur auf fur^e Qdt vov htn tiefften @rf($ütterungen ju beraa(;ren, menn nii^t ber (^riftlid;e ©eift fte fdjü^te, x)on bem fie fid; ab-- geroenbet !)at.

2lel)nli(^ fte^t e§> au(^ mit ben natürlichen ©runblagen ber gamitie. ®a§ geiftige unb leibliche ^"ßoljl be^3 Tten\^en Ijängt meljr mie von aUem Slnbern, üon bem ©ebeiljen ber gamilie ab., StUeg roa^ fie befd^äbigt, befdiäbigt ben 3}Jenfc6en am Siefften. 2111er gortfdjritt nü^t bem nid)te^, ber in ber gamilie an £^eib ober ©eele verpefiet ift. ^ie natürlichen ©runblagen. ber gamilie finb biefelben, meiere aud^ hnxä) bie übernatürliche Offenbarung al^ fol(^e bejeidjuet finb. Sßie wenig ift aber bie von berDffen= barung getrennte Vernunft im 6tanbe gemefen, fie gum geile ber SJlenfc^en aufredjt 5U erl)alten. 3m |)eibentljume naijm vielmelir bie ä^^fiörung aller natürlid;en ©runblagen ber gamilie mit allen entfet.lid)en golgen biefer 3^^'ftörung ganj im

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3Serl)ältni6 ber roadifenben geiftigen ^ilbung in unb in gang ä^inlid^er S[ßei{e arbeitet auä) jefet lieber ber ^eibnifc^e ©eift unferer ^age baran, biefe l^eiHgfte Btätk, rco aüe {jeiligen unb ^o^en Sntereffen ber 3}ienf(^l[)eit gepflegt raerben, §u bef^äbigen. 2öenn nid)t bie gi)ttlid;e Dffenbarung bie Tten\ä)tn jc^ü^te, fo raürben TOir bie ^erraüfiungen be§ alten $eibentl)um;3 im Familienleben n)ieber!el)ren fel)en. Sitte angebli(^e ionmanität mürbe bie 9}?enfd)en nic^t \ä)ix^en gegen bie SjRaä)t ber Seibenfc^aften, bie fic^ ba gel= tenb mad^en fönnen.

SSie aber bie von ber Offenbarung getrennte Vernunft aEe biefe natürlidjen 2öal)rl)eiten üergeubet ^nt, fo mai^t fie äljnlid^ auä) mit ben*übernatürlid)en 2Sal)rljeiteu ber Dffenbarung. Sind) biefe fann fie ni^t lauter unb ungefdjmälert erl)alten oljue l)öl;ere §ilfe; aud) biefe uerfc^menbet fie nad; unb nad) bi^ gur legten diriftlic^en Sel;re unb bi^ §um legten Sud^flaben ber ^eiligen (Sdfirift, mie un^ \>a§> bie ©efd)i(ite ber von ber Äirdje (^etx^nnten Ijinreii^enb beraiefen l)at. ^oä) barauf tommen mir fpäter gurüd.

SJon biefem ©efe| mad^en nur jene natürlii^en ^enntniffe einiger 3}Za§en eine 2lu5nal)me,bie fic^ ganj auf ber Oberfläche ber natürlichen ©rfd^einungen Ijalten unb bem ©eifte be§ 3JJenf(^en auf bie l)öd;= ften unb mid;tigften gragen , auf ba§ „SBo^er'' unb „2Bol)in" feine Slntroort geben. 55or allem ift e^ jener ^l)eil be§ natür= lidjen Seben^, ber \iä) lebiglii^ nad) med^anifd^en ©efe^en richtet, na(5 ben ©efe^en, bie für bie 3}iaterie von ©ott gegeben finb, ber bann nod^ bem menfc&li(^en ©eifte jugänglic^ ift. ^ie blogc SBiffenfd^aft biefer ©efe|e fann aber ben 3Jienfd)engeift ebenfomenig befriebigen, mie bie 3)^aterie felbft, unb ber ©ögenbienft mit ber= felben ift nur raieber eine anbere gorm für ben (^ö^enbienft ber 3Jlaterie.

^ie Vernunft aber, bie e^ t)erfc^mäl)t , fid) von bem über= natürlichen Sid)te erleud^ten su laffen, mirb niC^t nur bie natürlichen ^enntniffe, bie ©ott i^r ant)ertraut Ijat, meljr ober weniger verlieren, unb an ben Isolieren geiftigen ©ütern mie ber t)erlorene ©ol)n junger leiben; fie mirb no$ übers bieg einem anberen ©eifte bienftbar merben, fie mirb oft bal)in fommen, alle il)re pl)ig!eiten , atte il)re ^enntniffe im ©ienfte ber Süge unb be^ ^öfen in t)ermenben. 2Bie l^äufig ift ba^ ber g'all in unferen ^agen ! 3e l)öl)er bie &ahm be§ ©eifle» finb,

IG

bie ©Ott ber 9Kenf${)eit cerliel^en ^at, befto t)erberbli(^er rairfen fie, raenn fie nid)t me^r @ott bienen. ®ie Vernunft fül)rt unter @otte0 Leitung gur etoigen Söal^r^eit; raenn fie aber fidö üon ©ott obroenbet, bann wirb fie eine 3^erf ü^rerin , rael^e bie 9}len)$en t)om Söege ber 2ÖQ!)rl)eit ableitet. 3)a§ finbet aber in ber au^- gejeid^netften 35?eife jegt ftatt. 5öie wirb biefeg ^öd)fte SSermögen ber 6eele mi^braut^t! 2öie rairb e^ benu|t, um bie 3)ien' fd^en irre ju fü()ren unb gu Derberben! 3Beld) ein furd)tbare$ (Softem r)on 2nq, unb ^rug l)at fi^ bieffr (jimmlifc^en ^ahe ber SSernunft unb ber SBiffenfd^aft bemäd^tigt! ^abei wurzelt in ber ©eele ber 3Jlenfd^en ha^ S3etDufetfein, baft bie 5Ber= nunft ber 3Bal)rl^eit bienen foK , fo tief, "i^a^ ein großer %i)e\i berfelben biefe^^ ^rugfpiel mit ber Sßa^r^eit niä)t erfennt, unb biefeg Vertrauen ^ur Vernunft ift bann für fie ein neue§ TOttel be^ ^etrugC^ $Die Vernunft, pon ©ott bcflimmt, ber SBa^r^eit 5u bienen, lüirb bann eine Wienerin beg ©elbeio, ber ©e- n)innfu(^t unb oller Qntereffen , bie ha§> ©elb befriebigen fann. ^a§> ift nur gu l^äufig ber 3^ftö^^ i^^^^ ^nteßigenj in unferen ^agen, bie fo ftolg einljerf^reitet unb ber Söelt t)erfünbet, ba§ fie i^r £i(^t bringe unb "oa^ fie nur bem ßid)te biene. 6ie lügt unb betrügt. Qn iljrem Kampfe gegen ba^ ©Ijriftent^um bient fie nidjt ber Söaljrlieit, fonbern bem ©elbe; fie erfd^öpft atte 3Jiittel be§ ©eifteg gur ^erfül)rung ber 9)lenfd^en in biefem ©elberroerbe. ©in großer ^Ijeil ber ©rgeugniffe ber mobernen Literatur, mit iljren @ottlofig!eiten unb i^ren entfepd;en (Sit- tenlofigleiten ift gemeiner ©elbermerb. £)iefe erljabene l^imm-- lifd^e (^ahe, bie gntelligenj, bie ben 3Jlenfd^en erljeben fott bi^ gn ben emigen Si^träumen, mo ©ott tl;ront um bort niebergufinfen anb anzubeten, mu§ !^ier auf ©rben fo üielfad; in biefem teuf^ lifd;en ©efci^äft ber ^erfül^rung unb ©ntfittlid^ung ber 9Jienf$en menfd^lid^er ^o^ljeit unb ^^ermorfenl^eit bienen. 5Dat)in fommt bie SSernunft ol)ne Offenbarung, ol)ne ©nabe, ol)ne 2tutorität. 60 arm wirb fie, n)enn fie in ftoljer lleberl)ebung nii^t auf ©otte^ 6timme Ijören mill. Statt bie 3}ienfc^en gu i^ereinen unb fie vereint nad^ jenem ^erge ^otteä ju füljren , non meld;em ber ^ropl)et rebet, ftatt fljuen jenen feiigen grieben gn bringen, trennt fie bann bie 3Jlenf(^en, fül)rt fie ah von ©ott unb mad^t aug bem 2eUn ber ^Henfd^en einen nie enbenben Äampf ber ^elbftfud^t unb ber 6innlid^!eit,

III.

£)ai hm\ (5att }\i htn MUnfdjtn gcfprodjen, fo 5aß pe fchte

«Stimme Ijörni konntfii? Kfkt er awd) jr^t itod) ("o tjenicl)m-

lid), fo bfftimmt }\\ «tiö, mir mit uollcr ©emißljeit, md)t

irre ^u geilen, nns feinen IDorten annertranen können?

„3u oielen 3)JaIen iinb in oielerlci SEeifen l^at cinft @ctt 511 bcn SJätern burcf} bie ^ropl^eten gerebet; jule^t in bicffti tragen t;Qt er 311 un§ bur* ben ©o^m gerebet; irelcfien er 3uni ©rben über 2lire§ gefegt, burd; 'melden er auc^ bie Sßelten gemac&t r;at.'"' §e6r. 1, 2.

^uf bicfc gvagen fönnen mir nur uon ber ©ef(3^i(^te eine 2Intn)ort crljalten.

1. 2ÖQ§ faßt un§> barübcrbie erfie ©efc^idjte be^ Wniä)en' o,^\ä)kä)ie§> vox beni SünbenfaHe ?

©Ott felbft rcbet bort mit ben 9)kni(^cn. @r ükiiie^ fie nid)t au^fditie^lii^ bem ^idjte it)rer ^^evnunft. Dbn)o!)l er it)nen Qujger ben natürlii^en g^äliigfeiten be^ ©eifte^ noi^ übernatüiiid;e geiftige ®aben gcfpenbet liatte unb obiuol)! jene natürUd)en ^aben nod) iMjt burd) bie (Siiubc beeinträchtigt waren bennoc^ rebete er mit if)nen. ßr felbft \QQnetc [ie unb fenbete i^nen bamit bie 9öttli(^e §ilfe , um ha^» gu t)o(Ibnngen , um5 er iljuen befel^ten luoUte; er felbft übertrug iljucn bann bie §crrfc^aft über bie 9tatur unb über oHe (i)efd)i3pfe^); er gab iljncn felbft ein ©ebot, ein äu^ere^ pofitiüe^^), obmol)! er iljnen and) ein innere;^ fd^on in bie Seele gefi^rieben batte, ha§> allgemeine Sittengefe^. 2)iefe5 QUBere ©ebot foHte il)ren ©eljorfam prüfen; fie füllten baburd) bie iljnen übertragene §errfd)aft über bie gefammte 9?atur nur in ber Untermerfung unter feine Dber^errf(^aft üben lernen.

1) I. üßof. 1, 28-30. 2) 1. mol 2, 16 f. p. Rette l et, bag attgemeinc Couctt.

^ 18 --^

^al äußere ©cfej foHte fie and) ha^xn er^ietien, bap fie ba« innere @efe| gleid^faE^ aU ©otte^ ©ejeg erfännten unb nid)t i^rem eigenen SöiHen jufdjdeben. ©ott felbft legte enblid) fdjon bamaB bie ©runblagen ber gamilie unb gab il)r, raeit fie raieber bie ©runbloge aller anbevn menydjlidjen ^erbinbungen werben foUte, i\)x n)unberbareg ©runböcfe|, ha^ and) l^eute imerjdjüttert fort= beftel)t. ©Ott rcbete aber nid;t nur Einmal ^u bem 9J^enf(^en, fonbern er Der!el)rte fo (iebeocE mit biefem ©efdjöpfe, raeldjeg er nad) feinem ßbenbilb erid)Qffen ^atk , bQ§ er un§ in ber ^eiligen 6d)rift mie ein ^ater roanbelnb im ^arabiefe bargeflellt roirbi). 2ßir ^inber ber Offenbarung fonnen un§ über eine 1oId)e 6pra($e md)t luunbern, ba ja ©Ott auc^ in bem je^itjen Suftanbe, roo ba§ TOiebeiljergeftcHt unb üoUenbet werben foH, roa^ wir im ^arabie;? befaßen unb burc^ bie 6ünbe ijerloren ^ahen, in bem ©eljeimniB feiner £^iebe, bem allerl)eiliv3ften 6acra= mente unter un§ looljnt; unb ba mx ferner raiffcn, ba§ e^ unfere ©nbbeftimmung ift, ewig @ott ju fi^auen. ß» be^ meift aber, wie ba^ Sieben ©ottc^ gu ben 3}lcnfd;en , wie ber SSerfel^r ©otte-S mit ben äRcnji^en fo gan§ gu feinem oäterlidien ^slane gehört. Un^ erf<^eint ein 31tbcn ©otte» mit un^ nur be6> (;Qlb oft fo fremb, weil un» burd) bie (Biinhe ber ^t'üante fo fremD geworben ift, wie innig wir @ott angel^ören.

2. 2Ba§ fagt un§ barüber bie ©efc^id;te be.§ alten 8unbe^, bie 3ßit ber SSorbereitnng auf 'iitn fommenben ©ilö[er, bie Qeii ber SSorbilber t)on bem 3fieid;c ©oite§, ha^ jener auf ©rben fiiften wollte?

®er Slpoftcl ^auluiS fa§t bie ganje ©efd;id)te be^ alten Sunbe» in ben SBorten sufammen: „Qn oiclen 9}ialen unb in vielerlei Söeifen Ijat einft ©ott gu ben ^NÖtcrn huxd) bie ^roplieten gerebet^)." 5Daö ift bie ^ebeutung, ba§ bie ganje ©efdjid)te be^ alten 33unbeg : „üeus loquens patribus in prophetis ©ott mit ben 3)lenf(^en rebenb burd) bie $ropl;eten." 5Dcr 3^^^^ ^'^^^ bie 3)Zenfc^en wieber ju fid) äurüd ju fül)ren, ben ©eift be^ 3)^enfd;en §u feiner ©rfenntnife, ha^ ^exh ^^^ 3Jlenid;en ju feiner Siebe. ^a!§ \\t and) ber Qwed ber ganzen Grlöfung, wäl)renb ba5 ganje 55erberben ber 6ünbe in bem ©egentljeil beftel)t; in

1) 1. ÜJiof. 3, 8. - 2) ^ihx. 1, 1.

-lo- ben 3]erirrmi9eu bei ©eifiel, bev ®ott tiid^t meljr erfennt unb bamit auf alle 3rrroege ber Süge gerätl), in ben 5>enrrungen bei .gerjenc, ba§ ©ott m(f)t nielir liebt. 5l(§ @ott bef^loifen liatte, aüe bie[e, wie uenrrte od^afe von bem rechten 2i5ege abgeit)i(^enen Menfd^eufeelen iinb 3}tenid;enliev5en lyieber auf beni reiften Söege 5u bem einen 3^^^^ 5^^^' ßrfemitnife ber einen unb ^öd)ften 2öa^r= l)eit, 5ur Siebe he§> einen unb Ijödiften ©ute» Ijin^ufü^ren, ba er= fannte er in feinet* göttlichen Sßeielieit ein Mittel unb biel wav : Dens loquens patribus. Crc felbft rebete in ben 3}len|($en.

^Ibcc ein llnterfc^ieb wat 3raif(^en bem kleben ©otte!^ mit ben 3}Ienfd^en im "^arabiefe unb im alten 53unbe. 3m ^arabiefe rebete er felbft iin'o unmittelbar mit htn 3)tenf(f;en; fpäter rebete er „bur*^ bie ^ropt)eteu'' gu iljnen. 5Dafür fönnen rair unl meljrere förünbe hmhn. Grftene waren bie 9)tenfdjen unroiirbig, in ilirem iegigen S^^f^^"^ ^«^ ^Ingefidjt ^>ottel gu f($auen; fie foüten ja baju erft luiebcr vorbereitet luerben. 3^^^^^^"^ ^^^^ lag in biefem 5>erfal)ren ber gi^ttlidjen 5?orfel}ung ^ugleii^ ba» roaljre Heilmittel, um "iini 3Jienfd;eu burc^ htn ©lauben gu fic^ ^nrüdjufüljren. Unb enblid; brittenS war ber alte ^^unb roie ein Statten be)3 neuen ^unbe§ , wie ein 6d)atten von jenem ^^er- fel^r ©ottel mit bem 9)leufc^cn, ber im neuen ^unbe roieber ein- treten foUte.

(S'in anfd)auli(^el ^ilb uon biefem dU'om ©otte» burd) 3Henfc^en gu ben 3)ienf(^en im alten Sunbe gibt un^Seuemiag, wo er erjäijlt, mie er üon ©Ott in biefem Slmte berufen mürbe. ©Ott rebete gu \i)m: „(El;e ic^ bi(^ bilbete im 3)lutterleibe, l^abe id) bid; gefannt unb elje hn l)en)orgingeft au§> bem S($oo6e, l)abe i^ bi^ geljeiligt unb aU ^ropljeten für hie ^öikt bid; gefegt." SeremiaiS gerietl; barüber in gro^e 5lngft unb antwortete : „5ldv §err unb ©ott ! (Sielje i6) meiB nid)t ^u rebcn ; 't^mn ein Änabe bin iä)." $[)a fprad; ©ott gu il)m: „Sage nic^t: ,@in ^nabe bin id^/ benn ju allem, mo^u id) bi^ fcnbe, follft bu gel)en, unb alle» j^mal, wa§> immer id; bir auftragen werbe, follft bu reben. gürdjte bid) nid)t cor il)nen; \)enn mit bir bin i^, bid; ^u erretten." ©amit aber begnügte fid; ©ott no(^ nic^t; er wollte feinem Wiener unb -^ropl;eten anä) nod; eine Ijö^ere ©nabe jur Erfüllung biefe;^ Ijeiligen Slmteä mittljeilen. ßr ^redte baljer feine §anb aul, berüljrte feinen 3}lunb unb fprai^ ju il)m: „6iel;e, \6) lege meine Söorte in bcinen 3}hinb; i^ I)abe bid^

2*

___ 20

\)euk befteßt über bie ^>ölfer imb über bie ^ömgrei^e, um aus- zurotten unb 5u jerftören, . . um ju bauen unb ^u pftauoen')." 3n bicfer äöeife alfo rebele ®ott im alten ^m'^e gu h^n 3}lenfd)en. iix mä^tc nd) h>r^n feine Wiener au^^] er wax mit ilt)nen mit feiner ®m\)C, er gab i(;nen if)re (Beübung; er rüftete fie an^ mit einer entfpredjenben .^raft; er haü^xU in übernatürli(5er 2ßeife iljren 3]iunb unb legte feine 3Sorte in il)ren 3}lnnb. S)arum war basd, iüqc^ fie rebeten, @otte^ SSort, unb @ott felbft rebete burd; fie ^u hen SJZenfdjen.

SBeldje 2öir!ung aber biefe!§ Tteben @otte^ gum Qubenüolfe Ijatte; erfennen mir, roenn mir einen ^lid auf bie ©ef^id^te biefe» ^olfe!« unb auf bie aller §eibnif(^en 53i3ller mcrfen unb hahci nur ba» (Sine in 33etrad)t ^ieljen, cor meldten dJraneln be§ ©ij^enbienfteic bie ^n'oen baburd; bemaljrt mürben, 'Oa^ (3ott burd; biefea Sieben if)nen ben ©lanben an ben einen maljren ^ott erljielt.

3. ^a§> fagt un^ barübec (Sljriftu-o felbft?

^a§> gange 2ehm Qefu ift eine Slntmort auf biefe grage. ^er Slpoftel 'X^ a u l n §> fa^t in ben 5Boi1en jufammen : „S^^^^l^ i^ biefen ^agen l)at @ott gu xuk^ \)nvd) feinen ©oljn gerebet, meti^en er 5um ©rben über 5I(le^ gefegt, burc^ melden er and; bie SBelten ge- mad)t l}ai, raeldjer ber ^Ibglan^ feiner *gerrlid)feit unb ba.^3 ©benbilb feines SBefenS ift unb bur^ baS SBort feiner ^raft aEeS trägt ')." S}aS ift alfo ber Untcrfdjieb gmifdjen bem alten unb bem neuen ^unbe, gmifc^en bem ^Jteben ©otteS bort unb ^ier. S)ümaliS fprad; er hnxd) bie ^]3ropl)eten , jel^t rebet er \)nxd) feinen ©olju, mcld)er ber Slbglan^ feiner §errli(^feit unb ba» ©benbilb jetneS ^JöefenS ift; rceldier mit iljm ein unb biefelbe emige göttlid;e Statur unb 2öefcnl^eit befifet; meld^er, mie baS ßoncil dou S^icäa fagt, „@ott oon (^ott, £id)t üom 2id)te, wai)xcx ©Ott Dom maljren ß)otte, gezeugt ^ ni^t gemadjt , bem ^ater mefenSglei^ ift/' Seist rebct alfo ©ott felbft unmittelbar 5u ben 3}ienfc^en, aber in menfd)lid)er ©eftalt; ber ©ott5 9}tenf d) ift unfer ;^el;rer um mill burd) fein 'iöort unS 3)ienfd)en , nn- fern ©eift, unfer ^er^ füljreu unb leiten. 3e^t rebet ^u unS bie ouf (j'rben erfc^ienene 5l^al;rl)eit: „Qd^ bin ... bie 2öa^rl)eit '0 ;"

1) ^erern, 1, 5-10.- 8) §ebr. 1, 1-3. -- 3) ^o^. 14, 6.

- 21 -

ba§ auf (grben erfd^ienene £id;t: „Qcf; bin ba§ ßi$t bei* 2Bctt<)." ©Qtt^ foIgert(^ttg erinnert benn ancCi ber 5lpofteI ^anlu§ an bie groge iiserantiüortung , )t)el(^e wir auf un§ laben, wenn mir un§ Don (Sf)riftn§ unb feinem Sßort nic^t leiten laffen. 3^a$bem er nämlid) barnnf ^ingeraiefen, baß biefeg ^eben ©otte§ ju nn^ in feinem eigenen ©ol)ne nod; t)iel glaubroürbiger fei, al^ rcenn er felbft einen ©ngel von feinem 3::i)rone al^ 33oten ju un§ gef($ic!t l)ätte, !ommt er ju bem 6d;luffe: „^arum muffen wir um fo meljr an bem Ijalten, ma^ mir (uon il)m) geljört Ijaben; benn raenn ba§ hmä) Gngel üerfünbete Söort \ä)on guüerläffig ift unb jebe Ueberfd^reitung unb jeber Ungeljorfnm bie geredete S^ergeltung empfangen hat, me merben mir entf(icl)en, menn mir fo großes geil Dernai^Iäffigen ^j !" ,,^arnm, ruft er enblic^ au§, l)cilige trüber, DJJitgenoffen be-S Ijimmlifdjen ^erufe^v ^jöbet ^ä)t auf Q^f^iiu, ben ©efanbten unb .&ol)cnpriefter unfere» ^efennt- uiffe§3)/'

3n meld^er 2(rt aber ber ©otju ©otte)§ gn ben Wlen]d)ai rebete, baoon mollen mir nur ein febr be§eid)nenbe§ ^eifpiel an^ füliren. lieber ben ©inbrud , meli^en bie ^ergprebigt auf bie 3ul)örer mad)te, er^^ätjlt nämlidö ber l)eiligc 5lpoftel 3Jiattl)äu§: „Unb e^ gefd^ab, aU QefuS biefe ^eben beenbet l)atte, erftaunten bie 6c^aaren ob feiner Seljre." SBorin Ijatte biefe§ ©rftaunen feinen (5)runb ? ßtma in ber ©rljabenl^eit ber vorgetragenen 2e^i reu? S^ein , menigften§ nidjt l)auptfä(^li(§. ©er 5lpoftel gibt einen anbern @runb an: „©enn er leljrte fie mie (Siner, ber 3}lac^t l)at, unb nidjt mie ihre ©djriftgeleljrten unb ^Ijari^ fäer^)." @o lehrte ber Sobn @otte§ , fo rebete ©ott burd^ il)n 3U ben ^enfdf)en. (Seine Seljren roaren überaus rer^« nünftig, überaui^ menfdjenfreunblid) , überaus liebeooll; aber er ftügte fid) nid}t auf 3}lenfd)enmei5l)eit, auf (Sefc^idtid)!eit ber 9tebe, auf ^ernunftbemeife, um bie SJlenfc^en jum Glauben ju filieren, fonbern er rebete ^u i^nen al§ il^r @olt unb §err unb verlangte von feinen 3^^örern befeljalb Untermerfung unter feine SBorte; er verlangte ©lauben von iljuen , raeil er , bie eroige 2Eal)rl)eit, gu tl)nen rebete, unb meit fein 55ernunftbemei§ fo ber SSernunft entfpredienb ift aB ber, baf? bie 3Sernnnft be^ SJ^enfc^en fid^

1) ^0^. 8, 12. 2) .s>br. 2, 1 ff. 3] .t>eljr. 3, 1. 4) 5}Jcitt]^.

28 f.

22

©Ott, wenn et rebet, mitevraerfen muß. ^r rebete gu tljnen be^- l)Qlb löte ©incr, „ber 'Ma6)t Ijai/' Xaxa\\\ be^teljt fic§ auä), rua6 ber 3lpoftel $quIu§ oon bem Glauben fa^t: „^ie 2:i5affcn iin= fereö ^anipfe^ finb ni$t fleifd^ltdi, jonbern mädjtig burd) ®ott, . . . inbcm toir 3]eriumft)djlüffe bavnieberraevfen unb alle §ol)eit, toel^e fid^ erl^ebt tüiber bie @r!enntni6 ©otte^, unb öcfaittjcn nel)men ithm SSerfianb §um ©el^orfam 6f)rifti^)." 60 l)ai @ott in feinem 6ol^ne gu ben 9)len|d}en oefpro^en unb fo IjaUn bie 9}^enf$ert fein SBort ouföenommen. ^Il^S (Einer, „ber ^aä)i Ijat/' ^ai er SU il;ncn gerebet unb weil fie biefe Wlaä)t in itjm erfannten, be&= l^olb f)Qbcn fie i^ren 3^erftanb ^um ©eljorfam gegen ©^riftu§ ge- fangen gegeben.

4. 2ßa0 fagt enblic^ über bie aufgeftettte gtage bie tir(^e eörifli?

Sie antwortet, baB d^^riftu^ ibr (In Seljramt übertragen !^at, ba6 fie felbft auf (grben „eine ©äule unb ©runbuefte ber 2BaI)rf)eit ifi^);" 't^a)^ ßfjrifiue bur(^ fie gu ben 3}^enf(^en rebet bi0 an ba5 ©nbe ber 23elt.

^a wir biefe0 Dieben ©otte^ gu ben 3}^enfd)en burd^ feine ^iri^e mn Derfd^iebenen Seiten betrad^ten nuiffcn, fo befd^rän!en wir uns in biefcm Stbfdjuitte barauf, nur bie ßinfegung eines fold^en £ef)ramteS , burd^ weld^eS ©ott p ben 9Jtenfd)en rebet, ins Sluge ju faffen.

©Ott hat im ^arabiefe gu ben 3)2enfd^en gefproc^en; ©ott l^at im alten ^unbe ^u ben 3Jlenfd}en gefpro$en; ©ott Ijat enb= lic^ in unb burd^ feinen Soljn ^u ben 3)lenfd^en gerebet, um fie 5U leiten unb gu füf)ren. Sollte ba auf einmal bie lebenbige Stimme ©otteS auf (Srben yerftummen unb ein tobteS ^nä) beffen Stelle einnel^men? SoUte r>on ba an aßeS fc^weigen un'o jebeS göttUd^e £el)ramt auf()ören? SoHtcn bie Sdjatten im Seljramte beS alten S3unbeS !^öl)er ftel^en, als bie SBirflidjfeit im neuen ^unbe? Sollte bort ein Mann im 9iamen ®otte;5 leliren, beffen Sippen ©Ott mit feiner ßanb berülirte unb in beffen 3}Iunb er fein lebenbigeS 2Bort legte, unb bagegen l^ier nur mebr ein ges fd)riebeneS Pergament, ein gebrudteS ^^apier baS Drgan ©otteS fein? Unm6glid()! Qm neuen ^unbe, im i^leid^e ß^rifti auf ßrben, in biefer ^irc|e beS lebenbigen ©otteS, ba muffen alle

1) 2. C^ev. 10, 4 f. 2; 1. Ximot^. 3, 15.

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S?orbilber be0 alten Sunbe^ üerrcirflici^t fein, ha mag eine lebenbige Stimme ertönen , buri^ bie ®ott gu un§ rebet unb groar bentlii^er, beftimmter wie im alten SSuiibe. S)a mu§ eine lebenbiije Stimme forttönen, bnr^ bie ber lebenbige ©f)rifluS üerneljmbav jn nn0 fpridjt; eine lebenbige Stimme , bie immer im 5Ramen ©otte^ nnjmeifelliaft antwortet , menn bie getrübte, tjerirrte, in galjGofen ^rngfd}lüffen uermicfelte SSernnnft ber ^Jlen^ fd}en nad^ allen 35erirrnngcn immer mieber von S^enem fragt: Quid est veritas, 2öa§ ift 2Bal)rl)eit? Unb in ber ^l;at, eine fol(^e Stimme gibt anf (£rben fo geraife, mie bie SBortc Sefn geroife finb. §immel unb ©vbe werben oergelien, aber feine SBorte unb feine S^erljeiBungen werben nid^t üerge^^en. Seber neue geitabf^nitt unb jebc!§ fommcnbe ©efd)le(5t mufe S^i^9"^& geben ron ber Erfüllung aller feiner Söorte.

©r Ijat gu ben Slpcfteln gefagt: „©eljet l)in unb (eieret alle Golfer!*' $Da§ ifi ber 5luftrag , ba§ ift ha^» 2d)xamt Ueberau§ mcr!würbig finb aber bie SBorte, welcfee ber ©infe^ung bicfe^ £eljramte§ ijoraulgeljen unb \\)x folgen, guerft beutet gefu^ l)in auf bie S?cllma($t, mit ber er felbft gele!)rt unb in ber er and) Sel)rer auf ßrben beftcHen !ann. ^eg^alb fagt er: „3Jlir ift alle ©ewalt gegeben im §immel unb auf (^rben." ^a fprac^ er and) wieber Söorte wie ©iner, „ber maä)t l)aV' unb wie feiner auf (^rben cor ober na6) i^m reben fonnte. Unb nac^bem er bann in biefer göttlid;en SSollmai^t iljuen befohlen l)atte , alle ^^ölfer au lehren, fälirt er fort: „Sie^e, i^ bin bei eu(^ alle ^age bi§ gum (Snbe ber Sßelt^/' §ier [td)t Me§ auf einer £inie: bie 'Ma6)t, mit ber er Sluftrag ertlieilt , ber 5luftrag felbft unb bie ^auer beffelben. 2lIIc§ ift l^ier göttlich, 9Bir liaben alfo ein üon ©ott gegrünbeteS fie^r^ amt; ein Seljramt, ha§> für alle SSölfer unb für alle Reiten fort* befte^en fod; ein Sel)ramt, bem ber 33eiftanb ©otteS U§> an'5 ©übe ber SSelt üerljeiBen ift. 3n biefem Seljramte rebet alfo wol)rl)aftig Gliriftu^J, ©ott felbft, fort unb fort gu ben gjlenfc^en unb wir Ijören &otk§> Stimme, wenn wir bie Stimme biefe§ Se^ramteS Ijören. Qn biefem Seljramte ift me^r al^3 Seremia^, beffen 3Jlunb ©ott berül^rte unb in ben er feine Söortc legte 2).

1) maiif). 28, 18—20.

2) Um 99?t^öerftäubn{ffe üöer baS SBerJ^ältni^ te§ atten ^ropj^eten-- t^um§ unb be§ Se^ramtcö ber ^irc^e ju befeitigen, bemer!en TOtOa^ bie

24 -

3Jlit ber SSeftätißung biefel göttlichen Seljvamte^ raoHte er ober auc^ fein ganjeg ©rlöfung^roer! auf ©rben befi^Iiegen, benn alle§ wirb ja t)on bemfelben getragen unb o^ne ba^felbe rairb aEe§, et;riftu^ felbft, un§ ungewiß nnb feine ganje Se^re uwS unilax unb unbeftimmt. ^aljer fpra(^ er gu bcn SIpofteln un^ mittelbar t)or ber §tmmelfaf)rt: „®e^et ^in in bie gange SBelt unb prebiget ba§ ©oangeliunt aller Kreatur! SBer glaubt (ndmlid) ma^ iljr prebigt) unb getauft ift, rairb feiig werben; wer aber nic^t glaubt, wirb oer-- bamntt werben... Unb ber §err 3efu§ warb, nai^bem er gu i^nen gerebet l^atte, l)inauf genommen in ben gimmel unb fi^et gnr Sftei^ten ©otte^^).'' Sßel($ ein Sluftrag, md6) ein er= !)abene§ Slmt, ba§ er ben 5lpopeln übertrug ! (Eie f ollen ge^en ,;in bie gange Sßelt/' „prebigen allen Kreaturen." 2öel(^ eine furd)tbare ^e!räftigung ber Slutorität biefe^ Sel)ramte«, inbem er t)on ber gläubigen 2lnnal)me ber prebigt ber 2lpoftel bie 6elig!eit unb bie SSerbammung alVl)ängig ma$te! S^ad^bem er mit biefem Sluftrage allen SJlenfdjen, bie bur^ feine £el)re feiig werben foHten, bie 33er!ünbigung feiner 2Borte in un^ getrübter 9^einl)eit gefiltert Ijatte, fuljr er gegen ^immel unb fi^et gur 9te(^ten ©otte^, um von bort au§ mit göttlicher SJlai^t bie (Erfüllung ber Sßorte gu bef(^ü^en, welche er auf ©rben ge= fpro^en l^atte.

®a^er fonnte auä) ber göttli(^e §eilanb fd^on frül)er gu ben 5lpofteln fagen: „2öer eu(^ Ijört, l)ört mic^, unb wer eud^ t)er= a^iet, üerai^tet m\^. 2ßer aber miij rerad^tet, Derad^tet ben, ber mii^ gefanbt ^at^); unb begüglid^ ber ^ird^e: „2ßer auf bie ^ird^e nid)t l)ört, ber fei bir wie ber geibe unb offentlid^e 6ünber3)/' ©old^e ^n^fprüd^e laffen fic^ nur erllären im ^in- blitf auf ein von il)m gu grünbenbe^ Se'^ramt, bem er nidf)t nur göttlid^en Sluftrag, fonbern and^ göttlichen ^eiftanb gewdlirte.

Cffenboruiig in ©^riftitö erfüllt unb aBo[efci^toffen tft unb bal;et btc Ätrd^c nid^t roic bie alten ^ropfjeten neue Cffenbarunj^en üerüinben tann. ©ie Ue« Überlegenheit be§ fird^lid^en £el>ramtcö befte^t al[o barin, ba^ bie Offenbarung in (Ei^riftuS biel l^ö^er fielet, a(§ bie in ben ^propl^eten, unb ba^ baö Sel^r: amt ber ^ird^e nic^t wie baä ber ^ro^^eten für ein einjige^ SSol!, fonbern für alle ajienfd^en unb für aUe S^iien beftimmt ift.

1) 3Rarf. 16, 15 f. 19. 2) Suf. 10, 16. 8) a«attlj. 13, 17.

20

3Rad) bcn Söorten, bie er bei (^infet^imo be§ Sc^ramte^S öefprodjcn l)at, ifl je^t ooHfommen liav, wie er fagen fontite: „5öer eu(^ l^ört, Ijört midj; rcer eud) t)erad)tet, mxaä)id mid}/' beim in bcm Mjramte ber ^ir(^e, roclt^e^ üou i^m getragen tüirb, rebet ja Gf)riftu^3 raa^r^jaft gu ben 3}lenfd^en unb ^raar aUe i^age bi0 an0 ©nbe ber SBett.

5ra aber alle 9]^enf(^en bem Qrrtbum imtertrorfen finb, unb 3}?enf(5en bie Präger unb 33er!ünb{ger feinet irrttjumSlofen gött- \xö)cn Sßorte^ fein follten, fo ntu^te Sf)riftu§ bafür forgen, bag bnr(5 biefe Präger feinet 2Borte§ feine Seljre mä)t entfteEt wer- ben fonnte. ^a§> t^at er snnäd)ft bnrc^ bie 3^erf)ci^ung feinet SBeiftanbe§ bi0 an ba§ ©nbe ber SBelt. ßr wollte aber nod) in einer anbern Söeife ba§ Sel)ramt feiner ^ird)e üor Srrt^um be= n)al)ren. S^arnm fprad; er jn ben 5lpofteln: „3d) werbe ben Später hiikn nnb er wirb end^ einen anbern ^röfter geben, ba^ mit er bei cnä) bleibe ewigli(^: ben @eift ber Söal^rljeit, wcldjen bie SBelt nid)t empfangen fann, weil fie il^n m^t fielet nnb il)n nid)t fennt. 3l)r aber !ennet iljn, weil er M end; bleiben nnb in ^u6) fein wirb^)" nnb gleid) baranf: ,;^er ^eilige @ei(l, weld^en ber ^ater fenben wirb in meinem Flamen, er wirb end) alles leliren nnb en^ aUeS nal)elegen , wa§ \ä) en(5 je gefagt l)abe2)/' SSo^l finb 3Jlenfc^en, bie baS £el)ramt in ber ^irdje beforgen, aber nidjt fie finb e§, fonbern e§> ift ber göttlid^e ^ei^ ftanb Sefn ei)rifti, eS ift ber göttlid^e ^eiftanb beS l^eiligen ©eifteS, beS ©eifteS ber Sßalirljeit, anf ben wir üertranen, mnn wir nnfern 55erftanb bent ©lanben gefangen geben.

©0 fonnte benn and; enblidj bor $ei(anb Don feiner £ird^e fagen, bag fie anf einen %d§> gebant fei nnb bag bie Pforten ber ,gölle fie ni$t überwältigen würben 3) ^ie ^>forten ber §ölle, bie nn» 3}^enf(^en, nnfern @eift, nnfere erljabenfte gäl)ig!eit, bie Söaljrljeit jn erfennen, bebroljen, finb bie 9Jtad^t ber Süge. SldeS anbere Hebel anf ßiben äme ni^t in 33etra(^t, voenn bie Süge nicbt wäre, biefe §ölle in ber ©eele beS Wien-' f(!§en, bie 3Scrfinfternng feinet ®eiftc§. 3ßeld)e Wlad)t Ijat bie Süge auf ©rben! 2llle^ wirb uon i£)r angenagt, felbft bie jartefte ^flanje im ©eifte be§ ^inbe^. 51lle», alle§ unterliegt biefer §ötlen= mad)t, nur ein§ nid)t , biefeS göttlid)e Sel)ramt ber .^irdje , ba§

1) ;3;crj. 14, 16 f. 2} 3:orj. u, 2G. 3) maiü). IG, 18.

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imtiier urtüerrüd bar , unerf(^ütterlt(^ baffelüe bleibt unb ba§= felbe Icljit.

2)a§ ift Qlfo bie 2lntn)ort auf nnfere grage. @d)on im ^arabieje l)at ®ott 511 beii SJ^enfi^en oe[prod)en unb iljre ^er= nunft geleitet; in hm ^^rop^eten be§ alten S3unbe§ Ijat er gu bem au^ern)äl}(ten 5>oIfe öeyprü'i)en unb e^ baburd) mx ben ©räuelu ber ^^crirrungen beC^ @öl3enbienfte^> bema^rt; in (El)riftu§ ift ©Ott felbft er|d)ienen unb hat unmittelbar ba^ 3J^enfc^en= aef(^lc(^t angerebet, um alle €ieelen unb alle öerjen, bie auf ßvben guten SBiUen^ waren , micber auf ben roaljren 2Beg gu (Sott bin^uleiten unb burdj (Eljriftu» leljrt er in bem göttUi^en Sel^ramte ber jlirc^e fort unb fort bie SJlenfc^en bi^ an t>a^ ©übe bcr STage.

golge, 0 menfd)li($e «Seele, biefer Stimme ®otte§ , bie gu bir rebet, menn bu nii^t alle ^age beineö irbifd)en SDafeinö eine ^cnte be§ ämeifel^ unb enbli^ für emig ein 9iaub bc^ Sügen- geifte^^ raerben millft.

IV.

ß)tr öflancit brr Jtnifri) ^ntn jBclil} ^fr lüaljrfn £fljre €l)ri|lt, ^ur iittgctrilbtnt :^rnitttttfi ^cr nm in Cljiifluö ttitgcbotnirn |ftls- ttialjrl)ntnt? Dn* |)rotfflant ntttiuortct: Mvd] Me iFürfdjung ttt In Ijftlifjfn 5d)rtft; bn* :ßatljolili aittiuortet: Durd) ks unfdjlbarc £fljramt kr äxxd^ itiib Me imtrrc 0^a^c. tPer l)at ftfdjt in hhfn ujidjtignt, nttCd)nl)fitkn /rage?

„3o fcnnnt olfo bcr ©tctube rom §ören, ba§ £>örcn abev üon ber ^rfbi.9t be§ SBortcä ß^riftt."

9fii3m. 10, 17.

Öfie tt)ir in nnferer Unterfui^iunß lueiterfi^reiten unb ba5 ßeljramt ber ^irdE)e, beffen Stiftung bur(^ ß^riftn^ wir snlegt betrautet ()aben, nun aud) in feiner iBertmiilii^ung in ber ©e- f(^id)te in5 Singe f äffen, muffen wir bie oben aufgeftellte gtage beantworten, ^iefe ^Beantwortung wirb un? tiefer in bie Se^ beutung unb ba0 redete 33erftänbni§ be5 !ird;lid}en Seljramtel einfül)ren.

i. 2öa^ fagt über biefe entf(^eibenbe ^rage bie ^eilige Sd^rift felbft, jene I)eilige llrhmbe, weldje wir mit ben ^roteftanten aU göttU^e Duette ber Offenbarung vereljren; weld^e bie ^>ro- teftanten fognr aU bie einzige Quelle berfetben unb aU ben au^^ fdjliepc^en ©runb ifjrer Seljre betrachten? ß^viftu^ wollte, ba§ feine ;^eljre „allen Golfern/' „allen Stationen /' „afier Krea- tur/' „bi^3 an§ @nbe ber Söelt" ungetrübt !unb werben follte. ^a§ ift un3weifelf)aft. ©r mu^te jur (Srrei(^ung biefer 5lbfid)t geeignete 9)tittel anwenben, ba er felbft balb bie 2Belt t)erlaffen wottte. 2Seld)e§ SJlittel ^at er nun na^ bem Seugniffe ber I;ei:= ligen ©d)rift felbft gewäljlt, bamit feine M)xe allen be!annt werbe bi^ in bie fpäteften 3al)tl;unberte , bamit fein Sid)t aüen unge^ trübt leuchte?

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^iefe5 üort eijrifiu^ getüäfilte MM fjaben wir bereite !ennen gelernt, g^ ift bas t)on i()m eingefeMe 2el)xamt (E§> ift ber t)onUjm ben 2lpofte(n gegebene ^efel)l: ,,Se:^ret alle Mfer ^)/' „prebtget ba^ ©oangclinm allen (Bt\6)ö\)U\\z)" „hk^ ar\§> @nbe ber Söelt^)." Sluöer biefem flnben rair fein anberee üon (£ljriftu^ für bie SSerbreitnng feiner Seljre exmäl)lie§> 3JJittel. ßr rebet immer nur von ber ^rebigt feiner £el)re, um fie ju tjerbreiten, namentlich finbet fic^ in allen feinen di^\)en unb Slnorbnungen nie eine 5lnbeutung baüon, baß er fi($ ba^u nu(^ einer ©(^rift be= bienen merbe. Qx Ijat felbft nur geprebigt unb nie gefc^rieben. ©r l^at ben 5(pofteln nur befoljlen ^u prebigen unb nie, feine Sel)re nieber^ufcfireiben. Mt feine 5lpoftcl Ijaben befilialb au6) \f)X ganges 2ehen gur Verbreitung ber ßel)re Sefu mit ^^rebi-- gen §ugebrad)t, aber nid^t alle 2lpoftel, nid^t einmal bie Wle^x^^aijl von ibnen Ijaimi gefdjrieben. Didier Ijätten alle SSorte Qefu in Erfüllung geljen fönncn, raenn aud) üon ben 5lpofteln !ein ein^i^ gejo 2öort niebergefd^ rieben morben märe. -

©anj fo mie fein $err unb Seljrmeifter rebet anä) ber Slpoftel ^auluS nad) bem S^^Ö^^f^ berfelben beiligen 6(^rift von bem Se^ramt al§ 9)iittel, moburi^ .bie Seljre 3efu au\ ber ©rbe verbreitet unb ber Glauben gegrünbet merben foll. Sßir !önneu mb$ nid)t üerfagen , aUiS ben v'ickn ^mei ,3^wgniffe be§ lieiligen ^^aulu^ im 3itfnmmenl)ange anjufiil;ren, um un§ flar gu machen, in roeld^cr ^ebeutung er 'oa^» Se^ramtber ^irc^e auffaßte.

SDie erfte bcle'^renbe Stelle l)ierüber finben mir im Srief an \)k 9tömer*). ©r ftettt ^ier ben 6afe t)orau»: ,,3eber, ber ben IRamen beS <Qerrn anruft, mirb feiig merben/' ©r meint l^ier benfclbeu Dramen, von bem er fagt: „3m Diamcn Qefu fo([ jebes ^nie fid) beugen im .Fimmel, auf ßrben unb unter ber ßrbe, unb jebe Sun^e foll befennen, ba^ ber «gerr QefuS G[)riftu§ in ber §errli($feit ©otteS beä Vaters ift-^)/' 2öie fommon mir aber ju biefer ©rlenntniB 3efu, um il)n bergeftalt anzubeten unb babur^ feiig gu merben? darauf gibt ber Slpoftel eine entfdjeibenbe 5lntmort in einer ')iei()c von (Edjlugfolgerungen, inbem er fagt: „5Bie merbon fie nun ben anrufen, an ben fie

1) maitf). 28, 11). 2) mavi, 16, 15. 3) matih. 26, 20. 4) dVöm. 10, 13—17. - 5) %mnvv- 2, 10 f.

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md)t glauben ? Dber tüie raerben fie an ben glauben, t)on rael^em fie nid)t gcijört {)aben? 2Bie aber werben fie l;ören o^m einen ^rebiger? Unb rcie fönnen fie prebigen, wenn fie nii^t gefanbt werben?" S)arau^ 5iel)t er bann hen 6d)IuB: „^o fommt alfo ber ©laube t)oni §i)ren, ba§ §örcn aber von bcr ^^rebigt be§ 2Borte§ dljrifti ^)." 3n biefer ©d^lugfolgerung ^.ängt alles feft gufammen wie bie ©lieber einer ^ette. 21>ir l;aben Ijier fein loögeriffene^ Söort be^5 5lpoftell üor un^ , fonbern einen abgef^lloffenen ©ebanfen, wo ein ©lieb ba^ anbere ftü^t unh er* Hart, ©r will \)a§> Wiid angeben, wobnri^ wir gum ©lauben an 6l)riftUtf fommen, nad)bem er ^uerft au§gefpro($en \)at, ha^ wir nur bur^ (Eljriftu^ unb babur$, bafs wir iljn anUten, feiig werben fönnen. Sjiefc 2lnbetung ift aber, fäljrt er fort, unmi)g= lid) ol;ne @laube; ber ©laube unmögli^ oljue ^rebigt; bie ^re= bigt aber unniögli^ oljue red)tmö§ige Senbnng. S^arau'S bann bcr ©d)luf5: ^er ©laube alfo fommt t)om ^i)ren, 'tfa'^ £)ören aber burdj bie ^Nrebigt unb §war burd) bie red^tntä^ige ^rebigt beiS SBorte^ ^Ijrifti. €ü flar war ber Slpoftel bariiber, bafe bag rec^tmäBige ßcljramt baiS waljre 93tittcl gur ^egrünbung be§ wahren unb rechten ©lauben^3 fei.

5Die anbere ©teile entneljmen wir an^^ bem ^rief an bie epl)efier. ©ie begreift faft baS gange vierte Kapitel unb erfaßt ba§ fird;lid)e Seljramt in feiner tiefften Sebeutung 5ur ^egrnnbung unb ©rljaltung ber Ginljeit be^ ©eifte^ in ber ^ir^e unb §ur Stbwenbung aller Spaltungen. 2Bir wollen uerfudjen, bie ©runb= gebanfen biefer gaug üom ©eiftc ©otteg burdjweljten Stelle fur^ wk-- bergugeben. SDer Slpoftel ermaljut 3uerft bie bortigen (^l;riften, „i^re» Serufe^ würbig gu wanbeln," „mit aßer ©emutl) unb ©anftmutl), mit ©ebulb cinanber in Siebe ju ertragen" unb fo „bie (Sinigfeit beö ©eifte^ burc^ bai3 ^anb beo g-rieben§ 3U eiftalten." 2Iuf biefe „Ginigfeit be§ ©elftes" in ber c^riftlid)cn jürc^e ift nun bcr ©ebanfe be^ 2lpoftel§ l;ier üor allem geri(^tet. S^arin fiubet er insbefonbcve ha^ „beruf^würbige SÖanbeln" be^5 (Ei)x\]Un. Gr beginnt bal)er fofort alle jene ©naben , wetdjc wir im ßl)riften= tl)um empfangen unb welche biefe „(Sinigfeit bciS ©eifteö'^ he- grünben, auf^ugälilen. „(2in Seib unb (Sin ©eift," „(gine $off'

1) Mm. 10, 13 ff.

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nung" imb ©in ^eruf, „ein «gerr, (Sin ©(auSe, (^ine ^aufe, (Ein ©Ott unb ^atev oller, bec ha ift über alte unb burc^ oIIe§ iniö in nn^ allen" ba» finb bie großen %[td, bie öro^en ©rnnb^ lagen ber dMjtit be^ ©eifie^ im (S[jnftentl)um. ^ann gel^t ber älpoftcl ba5U über , baä Wiiid anjugeben , luoburd) unter un$ 3J?en]d;en biefe (Einheit be§ ©eiftes begrünbet n)irb. (Er eiinnert bc6l)alb baran, bafe ,,einem ^c\)en unter un§ (^nabe üerlieljen ift mä) bem a}iaf3e, wk ^xi]tu^% fie gegeben Ijüt;" unb roelije (^nabengaben er Ijier meint, erflärt erfofort, inbem er fortfaf)rt: „Unb er felbft l)ai einige gu 2lpofteIn, einige aber gu ^rop!)eten, einige ju ©oangeliften, einige aber gu §irten unb Seljrern üerorb- uet.'' ^oierauf gibt er auc-brücflii^ bie ^e)limmiing biefer (Sin= rid)tung, biefer Seftellung von Wirten unb £ef)rcrn an^ ©ie foflen bienen „jur ^^oflenbung ber ^eiligen, gum S)ienft be^ Stmte^, für bie (Srbaunng be^ Seibe^ gl)rifti, big mir alle gufammen ge= langen §ur ©inl)eit be^ (5^iauben!3 unb ber ^rfenntnife beg 6o^ne§ ©otteg." 2Bie ift ba^ 2(lleg jo erljaben, fo tief, fo göttlich ! 5Der Slpoftel fä^rt bann fort, biefcn (^ebanfen uäljer ju beleu(^ten. ^urc§ biefe einrid;tnng, biefeg £el)r= unb |)irtenamt werben mir innerli^ bemaljrt Dor all' hm unfeligen ©^manfungen, meieren fonfi unfer @eift liingegeben ift , „bamit mir mä)t me^r ^inber feien, bie §in= unb Ijerflutljcn unb von jebem Söinbe ber Seigre um^er getrieben meiben burc^ bie ©d)alf^eit ber 3}ienf'i^en, burd) Slrglift in Qjerfüljrung jum Srrtljum, fonbern bai3 mir 3Bal)r^eit üben in 2kbe unh guneljmen in aKen binden in i^m, ber ba^ §aupt ift, eijriftuS; burdj meld)en ber ganje £eib ^ufammengefügt unb üerbunben mirb unb mittelft aller Sanbe ber S)ienftleiftung nad; ber einem jeben ©liebe gugemeffenen 2Sir!famfeit fein ^ad)Ui)mn erhält §ur Erbauung feiner felbft in Siebe/' tiefer erl)abenen (Einl)eit beg ©eifte» in ber i^ird^e unter bem einen ^au\)ie 3[efu)S (Eljriftu^, ber felbjl alte ©lieber äufammen- l)ält, aber nur „na(^ ber einem jeben ©liebe gugemeffenen 2Birffam!eit ," ftellt er bann baö ^ilb ber geiftigen Hneinigfeit unb ginfterni^ jener Söelt gegenüber, meldje an biefem gbtt= liefen ^ebtn in (Eljriftnö feinen Slntljcil Ijat, bereu 5(nl)änger „roanbeln in ber ^itelfcit il)reö ©inne», bereu ^erftanb mit ginfterniB oerbunfelt ift, bie entfrembet finb bem 2chm ©otte^ wegen ber Unmiffenljeit, bie in iljnen ift mcgen ber 33linbl)eit ilires ^ergen^, bie in 35er§meiflnng fic^ ber 2Bol)lluft ergaben, un=

erfättUi^ in ^erübmu] aller UnjuditO." ^a§ ift bie 5lntn)ort be§ f)eiliijen ^rpofteU über ba§ 9)]tttel, woburc^ (S^riftu^ bie (rin^ ^ett beo ©elftem imb bie @i!enntui6 feiner roaljreu £e()re in ber e^riften^eit erljält. ©^ ift bie J^irdje; c5 ift jene ^ird)e, bie ber lebenbige Seib ^xi\i\ felbft ift, in roddjtv (Et)riflu^ roirft hnx^ eigene ööttlicl)e ^rnft, in roeld^er er aber nnr wirft in iinb burdj ben DrganiÄmn^ mittetft ber 2Ibftufnng ber üerfd^iebenen ©lieber, rceldie er in iljm ßetjrünbet Ijat. Qn biefen ^bftnfnngen unb ©liebernngen be^ geljeimnifeüoHen £'eibe5 eijrifti Q^ijöxt aber ba0 2lmt ber STpoftcI, ber £Mrtcn unh Seljrer. 2i'ie t)olI, lebenbiß unb göttlich ift bicfe^ 3Jattel jnr (^rl)altung ber Scijre 3efu anf (^rbeu! Me nüd;tern, arm unb leer, raenn wir biefem lebenbi^ gen Drgani§imi§ ein tobtet ^iv5) aB Wdikl ^n biefem Qxotd entgegenfteHen !

©0 antn3ortet bie t)eilige Sdjrift felbft auf bie aufgefteHte (Streitfrage jiDifc^en ^atl)oli!en unb ^rotcftanten. 6ie antroor= tei m^: S^ic^t iä) hin baö von Gljriftuy gerüäblte TOttel, um allen 3}lenfd)en jum SSefitie ber raaljren Seljre Sefu ßfirifti ju üerljelfcn, fonbern haS» Sebrarut in ber Äirc^c ift biefe^^ TOttel. (?!§ bleibt überaus ben!raürbig, ba^ ber ^roteftanti^muS ni^t im ©taube ift, ben erften ©ruubfa^ feinet Seljrgebäube^ , baB bie {)eilige Schrift bie einzige üuette ber Seigre Qefu fei, au^ ber Ijeiligen «Schrift ju beiueifen; unb baß be^ljalb biefer erfte ©runb= fa|, auf bem alleS ruljt unb auf ''i)eM aüe§> anfommt, einen un* lösbaren SBiberfpruc^ mit bem ganzen ^rincip bc;3 ^^roteftanti^^ mu» enthält.

2. SS>a5 fagt aber bie tird;e felbft über ba^ mitkl, U^ (li)xxfiu^ gewählt I;at, um feine £el;re allen 3}2enfc^en jngönglid) §u mad)en.

Sßir tüüüen iljre 5tntn)ort bem i!ated)i0mu§ eutneljuien, bem Se^rbud) für ba^ S3olf. 'Sie trägt in biefer einfad)en gorm am ©inleui^tenbften ben Gljarafter il)rer Sßa^rljeit. Tiaö) ber 2e\)xe über bie l)eilige Sd)r[ft al^ ber einen CueHe ber Offenbarung, fäljrt ber ^atedjiömu^ fort:

//Sft c^ 9niug, wenn wir nur ba^ glauben, was in ber l)eiUgen ©d)rift fieljt? 9]ein ; wir muffen ebenfo bie Grblelire ober Ueberlieferung glauben, b. Ij. jene geoffenbarten 3öal)rl)eitcn,

1) epM. 4, 1-19.

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löeld^e bie ^[poftel groar geprebigt, aber niä)i lüebergejd^rieben baben. ^arum erniQl)nte ber Ijellige ^aulii^ fdjon bie erften (Sf^riften: ,60 fielet beim feft, 53niber, uub l)altet aubenXXeber= liefecungen, bie iljr erlernt 'i^aU, c§> fei burd; SBort ober bur(^ Sörief von nn^3'i)/' @r fäljrt fort:

„QaUn benn bie 5Ipoftel nid^t alle Seigren Qefu anfge- fdjrieben? SRein ; bie SIpoftel Ijaben raeber alle ^l;aten nodj alle Seljicn 3efn anfgefi^rieben. ,3efH» l)at nod; viele anbere 3eid)en oor hzn Slugen feiner Sünger getljan, raelc^e nid;t in biefcm^u^e gefc^rieben finb''^)/'

„2öarum Ijaben bie 2lpoftel nidjt aüe :^el)ren Qefn anfgc= fd^ricben? Söeil Qefn^ woHte, baJ3 feine Bkligion fid; burd) bie ^rebigt verbreite unb fortpflanze: barum fprai^ er gn fei= nen Slpofteln : ,^srebigt Da^3 Goangelinni atteii @efd;opfen ^y unb ,Ser eu(^ ^ijrt, ber Ijort mid;^).' S)arnm fagt anä) ber l^eilige $aulu^: ,S)er ©laube fouimt vom 5Mjören, ba§ 2lnl)ören aber von ber ^rebigt be» SBorte^S (Sljrifti^).' W^^mn ber §eilanb ivoßtc, "^a^ feine £el;re blo,§ burd) 33ibcUefen fic^ verbreite xinb erljalte, raarum fc^rieb er benn nldjt fclbft? umrum gab er feinen ^pofteln nic^t "oen 2Iuftrag jufdjreiben? roarum fd;neben fie erft fpät unb nur gelegentUd) ? ivurum nldjt ade? nic^t einmal bie meiften? warum Ijat er fclbft £eijrmeiftor in ber i!ird;c aufge- fteHt^)? ivarum gebot eu nidjt, Icfeu 3U lernen? Unb wie !onn= tenbenn, wie ber ^eilige 9 cen au^^ bezeugt, mcljrere d;riftli(5e ^öU ferfd)aften befteljen , mcldje bie Ijciligen 6djriften nid)t einmal befafeen?"

„'^\i eg alfo nid)t genug, ivenn mir uniS bloy an bie 33ibel Ijalten? 3icin; mir muffen andj bie hxtljolifdje Grblcljre an= neljmen; benn e^ fteljt nidjt in beriBibel: erften^?, meld)ev bie ädjten 33üd}er ber Ijeiligcn 6i^rift finb; unb jmeiten^, meld)e6 bie redjte Slu^legung berfelbcn ift; brittenS finb auc^ md;t alle GKaubenoartifel unb 65cbote oollftänbig barin entljalten, 5. 33. von ber giltigen 5taufe ber ^inber, von ber geiet be^5 6onn= tagiS anstatt be^ Sabbat^^ u. f. m/'

„'^a^^ muj3 bemnac^ ber l'atljolifdje ^x\\i überljaupt glau= hen"^, ©r muf5 alle^ glauben, maa ©ott geoffenbart Ijat unb

1) 11. ^^cff. 2, 14. - 2) Oo^. 20, 30. - 3) maxi. 16, 15. -- 4) Su!. 10, 16. 5) 910m. 10, 17. 6) I. 5^ov. 12. (Jpl;. 4.

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bie !atljoIiI($e ^ir(^e gu ßlauben DorfteEt, mag baffelüe in bet lieiligen (Sd^vift ent!)alten fein ober nid)t."

;,2ÖQrum ift e^ notljwenbig , bofe bie fat^lif($e Äir^c un^ bie geoffeiibarten 2öal)rl)eiten Dorftelle? ~ SSeil wir mir biird) bie !atljülif(^e ^irdje iinfet)lbar roiffen !önnen, roa^ @ott geoffenbart l^at."

®er 9iad)brucf in bie[er SIntmort liegt gang anf bem Söörtdjen „unfeljlbar ;" benn ha^^ ift bie groge grage, ni^t Uo§> ob ©Ott §u ben 9}lenfd;en gefprcc^en liat, loag wir mit ben gläubigen ^roteftanten gemeinfdjaftlidj anneljmen, fonbern ob wir aud) ein fid;ercg, ja ein unfel)lbare^ 3Jlittel, alfo ein ni($t blo0 natürlidje^, fonbern iibernQtürlidjc§ 5IRittel l)aben, um ha^ raaS ©Ott gefpro($en liat, in erfal;ren. $Der ^atedji^mu^ fäl)rt fort:

„Söarum fönnen luir nur bur($ bie !atljolifd)e ^xx6)e un^ feljibar miffen, was> ©Ott geoffenbaret Ijat? SBeil mir er* ftena nur oon ber fatljolifc^en ilird^e bie 6(^rift-- unb ©rblel^re Ijaben, loelc^e bie göttU(^en Dffenbarungen entölt, unb ixoeU tenS burc^' fie allein ben waljren ©inn ber 6d;rift' unb ©rb? lel)re kennen lernen i)."

„5ßarum Ijeifet ba^ firdjli(^e £el;ramt unfel;lbar? SBeit e5 burc^ hen ^eiftanb be^ Ijeiligen ©eifteil meber in fetner ©lau* ben^^ nodö <Sittenlel)re irren !ann."

„^on mem Ijabeu mir bie SSerfidjerung , ba& ba§ !ir(^li4e £el)ramt nid)t irren !ann? ^on (El)riftu^ felbft, ber unS bie breifa^e ^erljei^ung gegeben Ijat: erften», bafe ;,er bei il^m (bem £el)ramte) fein merbe alle ^agc bis an'^^ (^nhe berSßelt^);" gm ei teil», ha^ „ber ©eift ber 2öal)rljeit bei bemfelben bleiben merbe in @n)ig!eit ^j /' brittenS, bafi „bie ^ird)e niemals von ber §ölle überioäüiget merben mirb^)." 2Ber bemna(^ beljauptct, bie !atl)olifd)e Äird)e fei im ^serlaufe ber Seit in S^^t^^m ver* fallen, ber läftert ©ott, als Ijabe er gegen feine auSbrüdlid^e ^erljeigung gugelaffen, baB bie .^ird^e oom ©eifte ber ßüge unb fomit von ber §ölle überroältiget mürbe."

„5öie mirb bie ^ird^e tljrer Unfel)lbar!eit megen t)om i)^U ligen ^auluS genannt? ©ie mirb „bie ©äule unb ©runboefte ber SSai^rl^eit^)'' genannt '5)/'

]) iTatf)oI{fd}cu Ji^atec^iSmug füv bas 33i§t^um SDidnj, ©. 52—54. 2) maiü). 28, 20. 3) ^o^. 14, 10. 17. 4) 2)iatt^. 16, 18. 5) 1. 2:imot^. 3, 15. 6) 21. a. D. ©. 92 f.

». bettele V, ba3 ciügemciuc eoncit. 3

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„^lU'f aljo SRiemanb bie <B6)xi't ober (^rble[;re bem Sinne ber !at!^o(if(f)en ^irc^e 5un)iber auSleöen? 9Mn; benn ba^ l)ie6e Schrift nnb ©rbtebre befier r)erfte{)en rooHen , aU ber l)eu Hge ®eift, roeldier bie ^irc|e in ben raa^ren Sinn berfelben einführt"

,,Qft aber hu IjeiUge Schrift nic^t tiax unb für Qebermann Derftänblicl^ ? SRein; benn bie l^eilige Schrift ift ein öottlic^eg nnb c^elieimni^üotte^ 8u<^, „raorin mancl)e§ fd^irer gu oerfteljen ift, raelcije^ imgeletirte unb Iei($tfinnige 3)tenfc^en ju il^rem eigenen ^erberben miöbeuten ^)/'

„3Bag l^at bie Äird)e über ha§> 33ibeIIefen in ber 3SoI!§= fpradje x)erorbnet? (£*rften^, bQ§ man bie ba§u nötljige ^enntni§ unb grömmigfeit befil5en foll ; ^lueitenö, h(i\} bie Heberfe^ung mit Ürd^lid^er ©utljeiBung unb mit bemä^rten Erläuterungen Der- feigen fein foff. ^urci) biefc meife SInorbnung mill bie ^irc^e ben ©laubigen ^v>ite^ Sßort MueemegS t)orentl)aIten, ba fie uid)tÖ felinlic^er münKbt, a^3 ha^ aKe baffclbe raiffen unb be!)eräigen; i()re ^Äh\iä:)t ift nur, fie uor uerfälfi^ten Bibeln, bie oft llnraiffen- hm abfiditlic^ angeboten roerben , unb i?or irriger Sluslegnng, vox Secten unh Spaltungen ^u bemaljren^)/'

So beleljrt ber t'at^olifi^e j^atei^i^mu^ ba^ !atl)olifc^e §8ol! über bie beiben Quellen, an^$ benen wir bie Se^re S^f« f^^öpfen, unb über bie Stellung be^ Hrd)lic^en :^ebramte'S gu benfelben. SBir xooUm fein Söort beifügen, ba [)ier a(Ie§ fo !(ar, fo ein= ^aä) , fo folgerichtig ''ift , bafe eine ©rüärung nur hen ^n^aii ntxhunMn !cnute.

3. 9Bir muffen aber aud) unfere ^^ernunft über unferc Streitfrage bc^üglid) bc5 WitUU , um ^um ^e[\^ ber n)al)ren Seigre Qeju 5U kommen, befragen. 2luc^ fie bc^,eugt, bag raenn ^§> einmal (5)ottc^^ S[ßiüe luar, fid) ben Wlm^d)en auf übernatür- lidje Söeife §u offenbaren, alfo anber^ unb »oüfommener aU bur^ bie ^^ernunft allein, ein üielbeutige^ 33ud^ unmöglid^ Präger biefer Offenbarung fein fann. ^a§ an^uncljmen , ift in ooHem SBiberfprU!^ mit bem aKein benfbaren Qwcd einer fold;en Dffen= barung 3).

1) 9. ^et. 3, 16. 2) 2(. a. D. 'S. 54 f.

3) e. 3J?ürjIcr'ä @i?nöoü( §. 36: „©fflcnfä^c in bcv £e^rc t)on ber i^trctic," mo Hefe ©ebanfen roeltcr entiinc!ett finb. 3Ctte unfere :2efer,

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S)ie öläubtöen ^votefianten nnb lüiv 5!at^oli!en finb barin einig, bag bie ^eilige 6$nft (Sottet SSort ift , ©ottes; iintrüg= lid^el 3öort. S)ie tieilige 6cf)rift ift alfo an fic^ irrt^umslol roie ©Ott felbft. ^abur(^ aber finb roir nicfit irrt^um^frei. S)a§ raerben wir erft, raenn roir \>a§> irrt!)um^lofe SBort @otte§ auc6 unr)erfälfd)t unb rein, o^ne ^eimi|(Jmtg üon Qrrttiümern, in unS aufnel)men. ^efi^en rair nun ein folciie^ 9Jlittel , um ha^ irr^ t^umelofe 5öort ©otte§ aud^ irrtljum^lo^ in unferen ©eift auf^^ gun«^men? S)a§ ift bie entfd^eibenbe grage; benn roa§ nü^t mir perfönli(^ alle Offenbarung, menn iä) fein unfe^ilbarejS 3Äittel l^abe, fte mir anzueignen? menn iä) nur mit bem graeifel befi^en fann, ob i($ auc^ rein, lauter unb malir in meiner @eele trage?

2öie lautet nun bie 2tntioort auf biefe entf(^eibenbe grage?

«Sie lautet: 3a, wenn mir ein göttlid^e^, unfel)lbare!§ Sel^r- amt l)aben, mie bie fatbolifd^e ^ird)e le^rt; fie lautet: 9^ ein, xotnn mir bie ^eilige ©d^rift allein befi^en, mie bie ^roteftanten bel)aupten.

5Die l)eilige 6c^rift allein ol^ne untrügli^e ©rllärung ilireS 3nl)altea ift offenbar Im Tlittd, um über il)ren Sn^alt mit 2lu§fc^lu6 jeben 3^ßif^i^ o^^roi^ 5U merben. 6ie ift gunäc^ft ein ftumme§ nrto tobtel 33ud^, Rapier unb gebrudte ^u^\tahen, bie erft @eift unb Zehen bekommen burd^ bie Deutung, bie unfer ©eift i^nen gibt. SBenn nun mein @eift bej biefer Deutung ganj auf fid^ angeroiefen ift, mie lann biefer bem ^rrt^um untermor- fene ©eift mir bie oolle ©eroiBljcit bieten, bafe er fid^ bei 5Deut= ung ber Söorte ber ©d^rift nic^t irrt, bag er bie unfel^I- bare 2öal)r]^eit auc^ mir unfel)l6ar barfteHt? Hnmöglid^I ©in bem S^rttjum unterroorfencr ©eift fann nimmermel)r ein irr^ tl)um§lofer 5(u^5leger be^ QuljalteS ber gött(id)en Offenbarung fein, hiergegen finb nur viex 3lugf(üd)te möglid^. (^ntmeber

bie 5D^öl^ler'§ 6bjnBo(i! nicBt fcnnen, möd^ten wir rcd^t bringenb Bitten, biefe§ in feiner 5{rt einzige ^Buclj gu Icfcn, \a ^u ftubiren. SBir !önnen nur mit 2)an!bQrfeit baran benfen, iraä ioir bie[em Suc^e, n)e(cf)eS nix bei feinem erften ©rfd^einen roiebcrl^olt pelcfen ^a&cn, ccrbanfen. SJJic^t nur XJ^cotogen, fonbern aKe, h?elrf)c tiefer cirtbringen Wolkn in ba§ SBerftänbni^ ber ©egen* fä^e 3it)ifc^en Äatt^olüen unb ^roteftanten, foUten ftc^ mit bem ^n^alU be3* felben genau belannt mad^en.

3*

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mau Tuug Qunel)inen, 't^a^ @ott ben irrtl^um^fäljigen ©eift be» (Sin- §elnen bei biefem (^e|d)äfte ber Slu^^legung ber l^etiigeu 6i.^nft üor Sri'tijum hmal)xt 5Dann nimmt man aber saljttofe SBuuber an, um einem Söunber, uämlid; ber göttUdjeu Seituug be^ Seljramte^ ber c^ir(5e ju entgeljcn. ^Danu müßten ferner audj alle SDknfc^en in ber Siusleguni] be§ 3Sortei3 @otte^ übereinftimiuen, raeil ja berfelbe Qöttlidje @eift allen bafjelbc faßen müßte, mae offenbar nid)t ber gall ift. Ober man muß anneljmen, baß bie Ijeiligc 6c5rift fo flar fei, 'aa^ fic unmotjUd; auber^ aU bem einen ridiUgen 6inne nad) oerftanbeu merben fönne; n)a§ ebenfo in 2öiberfprud) mit ber äT^rfUdjfeit \id)t unb im Slngefii^t ber saljUofen uor^an= benen ^Spaltungen über biefcn einen ri^tigen 6inn fein üernünf= tiger Menfd; betjaupten fann. ~ Ober man muß fi(^ inconfequent werben unb, nac^bem man unter mn ^ormaube, ha^ bie lieilige ©d)rift bie einzige ClueHe beg ©laubenl fei, ha^ Se^ramt ber Äirc^e geleugnet i)at, nun bodj mieber dn Seljramt mit ©pmbolen unb 33e!euntnißfdjriften neben ber l)eiligeu Bä)xi\t gu §ilfe neh- men, um fid) gegen bie miüfüilic^en Deutungen berfelbeu gu wehren, ^^a^o ift bie große Qnconfequeng be^ gläubigen ^rote= ftanti^mu». Ober cublidj man muß barau wer^iueifeln, ha§> un^ trüglic^e 2öort ©otte)3 fid) in einer untrüglichen SBeife aneignen gu t'önnen. ®amit ift aber ber allein benfbare Qmed ber Offene barung aufgegeben. ®enn ma^ faun e^ mir nii^en, mmn gmar (SJott gu ben SReufdjen gefpro(^en Ijat, um fie x)om ä^^^^f^^ ä^t befreien unb i^nen bie ©emißljeit ber äöaljrljeit gu geben, wenn meine 6eele aber fein Wättd befi^t, um mir biefe 2öal)rl)eit an- jueignen, nnh wenn fie beßbalb üerurtbeilt ift, trog bem 6pre(^en @otte» , im 3^^^^^^ / biefer tiefftcn Oual ber 6eele, fortzuleben.

2Öir mollen baffelbe von einer anbereu 6eile betrad^- ten , um nod^ tiefer in ba^ ^erftdubniß ber 2Bal)rl)eit ein= anbringen, baß bie l;eilige 6d^rift allein üon einem meifen ©otte uid)t gum Vermittler ber göttlid^en Offenbarung beftimmt fein fonnte.

@ott Ijat fein uuenblii^e^ 3Sefen in breifadjer SSeife ben 3)len]d)en gu erfennen gegeben. (Srften^ burd^ bie fid;tbare Söelt. 3n biefer §infi^t fagt ber Slpoftel ^ au lug: „5Da§ lln= fid)tbare an if)m ift feit ©rfc^affuug ber SBclt in ben erfd^affenen fingen erfennbar unb fid)tbar, nämlic^ feine emige ^raft imb

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©ottfteit*)." 3meitcn^ l^at (l)Ott fid) beit 9JJerif$en offenbart in übernatürlid}er Söeife. ®a^ ift jene Dffenbarunß, n)eld)e ber 5(pofteI $aulu§ be^eidjnet al0 ,,©ott rebenb in nnfereu Spätem in ben $roplieten, ^wT^ffet in biefen Zagten burd^ feinen 6o^n2)/' ©ublid; brittenö offenbart fid) ©ott in un§, in nn^ ferem ©eifte , bnrc§ bie natürlid^en gälji gleiten nnferer @ee(e, hnxä) ba§ ©eiüiffen, bie ^ernnnft. ^iefe innere Dffenbarnng ©otte§ I)at aber eine boppelte 5lnfgabe: fie ift erften^ eine xoa\)xe Offenbarung in un^, ein S^wgnifi nnferer ©eele für ®ott; fie ift §raeiten§ ba» Organ, 't}a§> SSerfjeng , rcobnrd; rair bie ändere, natürliche wie übernatüvlidje Offenbarung ©otte0 in un§ anfneljnien. Sind) 'ük übernatürlidje Offenbarung, au^ bie 6tintnie ©otte», hie un§> anrebet, t)at feinen anberen Sßeg jur ©eele, aU bie SSernunft be^ 9}^enf(^en. ©o ^at (^Sott eingerichtet; an biefeg ©efeg I)at er fic^ fclbft gebunben. ^aburc^ entfte^t nun bie große €djiüierig!eit für bie untrüglii^e 2IufnaI)me einer gött= lidjen Offenbarung, ^icfe» Organ, biefe^ SSerf^eug, n)eld)e$ bie äußere Offenbarung aufnimmt unb nnferer ©eele vermittelt, nn- ferer ©eete zuträgt, ift nid)t unfelilbar, untrüglich, fonbern viel- me!)r in I}ot)em ©rabe bem 3^^if^^ ^^^"^ "^^^ Srrt^um au^gefe^t, namentlid) in ben |öd6ften unb tiefften gragen ber Seele.

®a§ ift ber S^^ft^^^^ nnferer 6eele , ber S^ftc^nb , in roel= 6)zm wir nn§> befinben, menn ©ott fic^ unB offenbart. SDenfen wir nun wieber an bie aufgefteUte ?^rage, um fie Ijier im tiefften ©runbe nnferer ©eele ^u entfd^eiben. 2öir I)aben gefragt: 2ßie gelangt ber 9J^enfd) 5um ungetrübten ^efig ber Scljre Qefu? ^er ^roteftant fagt : ®ur(5 bie 5^orf(^ung in ber lieiligen @d;rift ; ber ^at^olü: ^nxä) ba§ unfehlbare Seljramt ber ^iri^e unb bie innere ©nabe. 2Ber fyxt 3lcd;t ? Söclc^e 2(ntwort fann ber ©eele ©eroiBljeit bringen über ben 33efi§ ber geoffenbarten Sßal)rl)eit?

Offenbar nidjt W proteftantifdje 5lntwort. ^\n fel)lbare§ Organ !ann o^ne §ilfe nid)t ba^ 3Jiittel fein , um etma^ an fic^ Unfel)lbare§ , an ft($ SSoHfommeneg, in bemfelben S^ftfinb gu vermitteln. '^Sla^en wir un^ bie <Baä)e burd; einige Sei= fpiele !lar.

>[)en!en wir unio ben Sf^otenteyt tine^ überaus Dollfommenen ^Conftüdes. Wla^ bie Harmonie, bie in biefen ^Rotenjeid^en angc*

1) mm. 1, 20. 3) §ebr. 1,

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beutet ifl, an [\ä) no^ fo tJoHenbet unb Ijerrlid^ fein, wenn unS nur ein fi^le^teö, fel^lerl^afte^ Qnftrument gur SSerfüguug fie^t, fo wirb e^ nie gelingen, biefelBe rein nnb in i^rer gangen 6d)öns l^eit gut ^arftettnng gu bringen. 2öet nun hk ^öne i)'6xi, bie baS falfc^e Snftrument ^ert)orbringt , tuirb nimmermehr ein 35er- pänbnig erlangen oon ber @rl)a6enl)eit be^ 3Jlufi!ftücfe§, raeld^e^ in ben 3^oten entljalten ift. (^an^ baffelbe gilt oon ber Deutung ber l^eiligen S^rift nad^ ber Seljre be§ $roteftanti§mu§. Qfn einem ä^n[icf)en ^er^ältnig wie bie 9Joten gur 3}^eiobie, ftel)en bie gebrucften SBorte gu bem geiftigen, göttli(^en Qn^alt ber ^ei- ligen ©4rift. ^^enn nun ber 3}ien|c^ nur ein fd)raad)eg, bem Srrtl^um untermorfene^ Qnftrument befigt, um biefen göttlichen 3nl^alt gu erl)eben, fo ift ba^, wa§> er gerainnt, fo roenig baffelbe, n)a§ in jenen SBorten liegt, al§ bie ^öne beg fd)led;ten Qnftrus mente§ pfammenfallen mit ber Harmonie, bie in htn 3^oten entljalten ift. "^ex confequente ^roteftant l)at alfo feine ©ett)i6= l^eit bafür, bafe feine Slnfic^t ron bem c^riftlidjen ©lauben mit ber £el)re Qefu gufammenfäHt, unb fann fie nic^t l)aben.

3^oc^ ein anbere^ ^eifptel, meli^e^ ber geiftigen ^l)ätig!eit ber ©eele nal)e fte^t, meil eg 'oa^ natnrlidie S3ilb beS geiftigen (5r!ennen^ ift, nämlii^ bie ©e^lraft unfere^ 2luge0. Sie rul}t auf ä^nli(^en @efe|en wie ha^ Seijen unfere0 ©eifte;^. Mac^ es no4 fo mele rt<^tbare ^inge geben, fie finb jebem t)on u n § nur fii^ts bar burd^ unfer 5luge, wie ai\6) bie geiftigen 5Dtnge unä nur fi(^tbar finb burd^ unfere Vernunft, ©iefe bem 2luge felbjl an^aftenbe eigene ©eblraft !ann aber auc^ pcrme^rt werben, fo ba§ ba^ ^uge nn ^öljere^ Seljüermögen erl)ält, al^ e^, auf fi($ angewiefen, beft^t; e§> fann burd) gnflrumente weit über feine natürlid^en Gräfte \)\mu§> rerf^ärft werben. So j. ^. ift ba§ unbewaffnete Sluge aü^^u fd&wa^, um bie ^eobafttungen am geftirnten Himmelsgewölbe mit ber Sid^erlieit anjuftellen, weldje erforbert ift, um ein Softem t)on @efe(3en für bie ^Bewegung ber iQimmelSförper , worin eben bie 2Biffenfd;aft ber Sternfnnbe he- fte^t, aufjuftellen unb §u üert^eibigen. 3n ber ^^at üer= ban!t ja bie Slftronomie 'ocn größten STlieil il)reS Ijeutigen gortfc^ritteS ben Derbefferten Qnftrumenten. Sol^e 3)littel, bie Sel)!raft gu erl)5l)en, finb jwar an fid) natürlid)e SJlittel, bem 5luge gegenüber finb fie aber cUva^ 2lel)nli(^eS , wie bie übernatürlichen ©rfenntnifemittel, woburi^ ber ©eift be§ 3}ienf(Jen

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über feine natürlii^en 5!räfte erhoben wirb, ber ^^ernunft gegen* über. S)a§ Sfuge bleibt aber immer für beu 3)knfcöen baS Organ aUe^ 6e(;en§, roenn t^ aud) bur(^ fofd^c dJliüd Derf^ctrft Würben ift. Söenn befe^alb ba§ Slucje felbft fc^abljaft ift, fo be^ !ommt ber 93^enf<^ nie ein objectio ric^tige^ 53ilb uon ben fid^tbaren ^Dingen. <So ift aud) mit ber Offenbarung xmb bem Reifte ber 9J?enf$en. D^ne aüen ^^^^^^f^^ ift ^^^ ^eilige @(^rift ©otteö Söort, o^ne allen ,3"^^^^^ ^ft 'i>kk^ ?ßort eroig roal^r unb unfehlbar. §at aber ber 93ienf(^, um biefe gottli(J)e 3Sa()rljeit innerli^ ju fc^anen unb fi^ babufrf) anzueignen, km anbcre§ Wliitd, aU biefeS fd)tt)ad)e 5Iuge ber 5>ernunft, bann muft er immer in 3^^if^^ bleiben, bann fanu er nie (^eioif^beit l)aDen, bag ha^, v)a^ er innerlich fd)aut, mit ber göttlid)en Söaljrbeit übereinftimmt. 3öir n)ieberl)olen : ^er ^^rotcftant muf5 emig gmeifeln, wenn er con= fequent fein miOf.

20ie gan§ anber^, wenn mir biefvi^age, mie ber 3}Jenfd^ jum nntrfigli(^en ^efi^ ber ßelire 3^fH gelangt, mä) ber fat^olif(^en Sel)re beantworten. 6ie fagt un^ , baö jum ^ianUn erftenS bie innere @nabe , ^weitene eine nntrüglid; ri(^tige äußere $DarfteIIung ber ©fauben^wabrlieit erforbert wirb. Qene foll bie 'Vernunft erften» v>on i^rer (5d)wäd)e befreien, 5weiten§ i§re (^rfenntni^fraft in übernatürlicher SSeife erljeben unb erleuchten jur Slufna^me üöernatürli(^er 3öaörl)eiten. So wirb bie Ver- nunft geeignet^ ein ^nftrument für has> Sßort ©ottel p fein; fo ift fie befä()igt, ba§ wag i^r aufaerlid) geboten wirb, innerlich rein unb unoerfälf($t bar^uftellen. Slber ha§ genügt no($ nicl^t allein, um bie Seiire Qefu untrüglich §u befugen. DRad^bem burd) bie ®nabe bie Seele 5ur iunerli^en 5lufnabme ber 9öal)rl)eit befdl)igt ift, muB aiiä) ie^t bie M)re 3efu in ooRer Skinl^eit, wie fie 3efng felbft gelel)rt l)at, bem ^iluge ber Seele Dorgeljalten werben, ©a^ aber gef(^iel)t buri^ 'oa§> unfel)lbare Sel)ramt. 2luf biefem 2öege fann bie Seele oon allem ^mex\d befreit werben unb §um froren , glüclfeligen C^Jlauben, ^um truglofen 53efi^ ber M)re 3efu gelangen.

SDa^ antwortet bie SSernunft. Sie fann nic^t a priori fagen, ba^ @ott fi(^ geoffenbart Ijat ©a^ fann fie nur al§ eine ^l)atfa(^e erfaffen unb au^erbem bie 9]üfoüi^feit, 3)l5gli(^!eit, ge- wiffermafeen bie DIotljwenbigfeit ber Offenbarung naÄweifen; fie !ann un^ aber fagen, bafe" wenn \\ä) (55ott geoffenbaret l)at, um

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bic 9)lenf(^ett t)om 3rrt!)UTiie gu befreien, er ii)mn. auä) ein fic^ereS WiiUl geben mu^te, bie Dffenbarung irrtl^umsfrei pnben §u fönnen; fte fann \m§> fagen, bo^ bie SInnciljme be^ ©egent^ieil^, ba^ bie Offenbarung ©otteS o'&ne ein fol(i)e§ 93httet, ein SÖiber- fpru(5 gegen bie SSei^tjeit @otte§ wäre; [ie fann nn0 enbli^ fagen, ba§ nur ba^ 3}iittel, weldje^ bie fatljolifdje ^ir(^e gu be- fi^en bel^auptet, raa^rljaft beut graede ber Offenbarung, bem 3u:: ftanbe ber 6eele unb bem ^ebürfniffe ber 3)^enf(^!)eit enlfpridjt.

4. 2Ba0 fagt enbM) bie ©rfalf)rung ber legten brei Qal^r^ l^unberte fiber unfere grage? 2öa5 l)at bie SSernunft ol)ne £ei)rautorität aib^ ber ^eiligen 6($rift unb i^rem gcttlid^en Sn^^ l)alte gema(^t? |iat fte biefelbe treu aU ©otte^ Söort beroal)rt? Sft bie I;eilige ©(^rift, nur it)r überlaffen, ein Wttel geworben, um bie 2lbfi(^t Qefu, 'oa^ aEe 3]ölfer unb alle @ef(5le(^ter bie £el)re Qefu ungetrübt f ernten lernen foUten, ju erreichen, um aHe 9Jlenfc^en in ber @inl)eit biefe^ glüdfeligen Glaubens gu üer^ einigen? Söenn je eine ^l)atfac^e burd^ bie (Sreigniffe ber ©e^ f(^i($te feftgeftettt roorben ift, fo ift e^ bie, bafs biefe beiben Qmde bur(^ bie Seigre be^ ^roteftanti^mu^ nid;t erreidjt tt)orben finb.

^ie fti^ felbft überlaffene 35ernunft 1)ai bie göttli^en Ur^ funben be§ (i^ljriftent^umg mh il;ren Qn^alt nidjt treu bemalirt unb ni$t von ©efd^lec^t gu ©efd)lee^t U^ gottlid;e 2lnfel)en biefer ^ü^er unb il)ren gottlit^en 3nl)alt allen Golfern gugetragen, fie l^at melmeljr ebenfo gemacht, lüie mit ben natürlid;en t)on ©Ott i^r anoertrauten 2öal;rl)eiten. Sie !)at biefe§ göttliche (Srbc ni$t bem 3]^enfdjengef($le(^te erl^alten , fonbern mal)rl)aft tjcrf^menbet. 3n raeld^em 3uftanbe befomnten jc^t bie Wlen\^en, unfere geitgenoffen, unfere 9lad)fommen biefe§ göttlidje (^rbe ! ^^om 3n)eifel innerlid^ unb au^erlii^ angenagt unb scrfreffen, unfähig, einen großen, meltüberrainbenben, feften ©laubcn in hm Seelen ber mcn\^tn SU begrfinben. Mn ^ä), \a feine Seite ja faft feilten mdy^ ^iabzn "i^at bie gmeifelnbe ^ritif unr)erfel)rt gelaffen. ^a<% gilt nod) me^r üon ; bem 3nl)alte. ^eine £el)re ift oerfi^ont geblieben, guerft Ijat man unterfd)ieben groifdjen mefentlic^en unb unroefentlidjen Sei;-- ren unb bamit einen beliebigen ^Ijeil befeitigt ; bann Ijatman untcr= fdjieben gmif^en ber Se^re ber erften unb ber fpäteren 3al^r= l^unberte unb bamit abermals gang nad) 2öillfür entfernt, ma§ man wollte ; enblid) i(l man in^ ittnerfte $eiligtl)um be^ eijriften= t^um0 eingebrungen unb l)at felbft bie ©ottljeit ^xi\n unb bie

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©ettltd)feit feinet Söortc^ mit frecher mitjeilitjer §aub nnßefaftcf; jn, rüa§> baö ©ntfepi^fte ift, bur($ biefe l^eiliöe €djrift oI}ne Seljt^ nutorilät ift baljin öcfommcn, baf3 ade M)xm, tucldje tiac^ ber ^arfteHun^ be§ (jeiliijen 2lpofteI^5 So^anne^^) gerabe baS 2öe[en be§ 3lntic[)riftentf)um^ au^mac^en, jcljt unter beut @($eine bc§ fSljnftcnlljUTnel cuf treten. 51lle^, ma^je berSüöcngeift ^um tanipf gegen ba§ $Reid) ©otte§ auf ©rben au^gefprodjen l}at, wirb je^t ([\i§> ber (jeilicjen 6djrift, bie ber 3öil(!ür, ber fubjectit)cn S)cutung fd^ul5lü^ übergeben ift, unter bem Bäjme be^ SBorte» ©otteS felbft geleljvt. Qn biefem guftanbe befinbet fic^ bie gotttidje llr= !unbe be§ (E^riftum^. <^o innerlich unb äußerlich gerriffen, ent- ftellt, foH \ie in bem ^er^en ber Ijeranmad^fenben Generationen jenen d}rift(idjen ©tauben grünben, ber bie 2[öelt umgeftaltet. D (Sott, xük wäre bog möglid)! SSenn e^ fein anbere^ SJ^ittel für ba§ ©t)riftent!)U]n gäbe alg biefeS, bann wäre mit bem (EIjriften= tljum unb mit ber Seljre Qefu gu ©nbe. ^er meltüberminbenbe ©laube, biefer Gbriftenglaube , ber mit greube für feine lieber^ geugung in bcn Sob gebt, fann nidjt in ben ^ergen gepflanzt merben, mit biefem an fid) fo t)od)f)eiIigen ^U(^e, ba§ aber biy pm legten ©ebanfen r>om ä^ö^if^^t angenagt unb angefreffen gu bem ^erjen be^ ^olfe§ unb vox allem ber Qugenb gelangt.

S)ie ftdj felbft überlaffene 55ernunft ala ^Trägerin ber ^ei- ligen B^xilt l)at ebenfo menig, mie fie bie llrfuuben felbft treu bemaljren fonnte, ha^ anbere Qld ber ©rlofung, bie ^Bereinigung unb 5.'erbinbung ber 3)Ienf4en gu erreidjen üermo^t. ^\u6) ba^ befunben bie 3uftänbe unfcrcr Q^\t ^er ^roteftanti^mu^ fjai feine ßinljeit, fo meit fie nodj beftcljt, nid)t,mie e^fein fottte,bcr innernUebereinftimm= ung in ben ^IBaljrljeiten bog d;riftlic^en Glaubend, fonbern ben l)iftori= f^en SScrbänbeu, bie nod) geblieben finb, unb namentlid} bem barauS noc^ fortbefte^enben ftaatli($en (^influffe. 5u ucrbanfen. 2öo bie= fer megfällt, mirb ba^3 SSort öotte§ nid;t meljr ein ^iubemittel, fonbern ein 3}^ittel enblofer 3erfplittcruug, mie ba^ bie saljdofeu Beeten, bie allein in 2lmerifa bcfte^cn, funbgeben.

©0 bcftätigt alfo and) bie ßrfa^rung ber Icl^^ten breiljunbert 3alf)re in iljren belTagen^inertljen $)lefultaten , bafs bie Ijeilige S^rift allein unb ol)ne Sel)rautorität nid;t ba§ 9Jlittel fein fann, um untrüglid) unb gemig gum 53eft^e ber maljren Seljre Q e f u unb ber üon il)m ben 9}?enfd)en bargebotenen .<geil^?mal;rl)eiten ^u gelangen.

1) 1. ^c^. -2, 22; 4, 3; II. ^of). 7.

Y.

Daß fflirontt htt ^nö^t in htx npopolirciifn Mi ml tit kn folgctibrtt 3ttl)rl)un5ntfn.

„5(Is biefe nun bem §errn ben T^ciltgen ^ienfl bcv-- rid)teten unb fafteten/f|)rad) ber Ijctlige @eift ju i^nen : @onbert mir ab ben ©aulu§ unb SBarnabas §u bem äBerff, n^o§u i*fte aufgenommen ßabe. 2Uö- bann fafteten unb beteten fie unb legten il^nen bte ^änbe auf unb liefen fte giel^en. 55)iefe nun au^-. gefanbt "ocm heiligen ©eifte, sogen nac^ ©eleucia." 9l^oftelgefd;. 13, 2 ff.

Wiix fy\bm hie ©infe^ttng ettieS Seljvaniteg biird^ ©^riftu^ heixadjkt. mav bie le|te X\)at ^eim^ ^ertüeiten^ auf ^rben, weil e^ ba§ 3}tittel fein follte, um feine Seigre Bis an baS (Snbe ber Sßelt allen 33öl!ern ungetrübt gu erhalten. 2Bir liaben bann 3ur notieren ^egrünbung unb (^inft($t in biefe ^Beranftaltuuß Qefu gefeljen, ha^ bie l)eilige Urfunbe ber ^!)riften|eit, bie l^eiliae 6(^rift atfein, mä)t, rok hie ^roteftanten lel)ven, ein für biefen Qxücd geeigneteig SOlittel fein !onnte. 2öir muffen ie|t betracfjten, wie fic^ biefe ©inrid)tunß ß^rifti in ben erften ^eiUn be« ©firiften- t()umS t)ern)ir!(i(^t ftat. ^ie SBorte Qefu maren ein ©enfförnlein, ba§ er auÄfäete unb mcl^e^ luai^fen foff. ^a§ äöa^fen biefeS ©enfförn(ein<o ber (Sinfe^unö^iuorte bei ßetiramte^ muffen wir fe^t prüfen, namentlich mie gleid) im 5Infange in ber apofto= lifd^en geit unb ben erften 3nt)rl)uuberten ba5 lebenbige ^erou^t^ fein üor^anben mar, bag ine Setjre Sefu huxö) bie im 5luftrag unb in ber ^^ottm.a^t Qe\u geübte ^rebitjt fi(^ in ber ganzen 2öelt verbreiten follte.

1 . ^iefel ^emuf3tfein erfüllte gan^ bie Slpoftel , mie uujS bie 2(poftelgefd)ic!)te erjäljlt. 3l)r gan^e^ 2öir!en beraeift, ba^ fte von ber Uebergeugung burdjbrungen maren , mit ber göttlirf^en ©enbung beauftragt ju fein, bie Seljre ^e'ju aUen 3}?enfd^en

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tuxä) ^Prcbiijt ju t)er!ünbeit. ^a^5 nerljältnifeniöfeig 2Benti3e, tüwS ©inige von i^nen fc^vieben, war nur ein 2(ct ber Hebung i^reS ^rebigtamte^. ^ie ^rebtLjt ift iljr götÜic^esJ Slmt , ba§ 5Rieber^ fd^reiben einicjer :2e^ren nur eine befonbere §Irt unb SBeife, i()r ^rebigtamt ju üben. ^a§> war in ber apoftolifd)en 3^^^ , ba0 ift noci) ^eute \>a^ 3Serf)ältni§ ber f)etiigen ©^rift gum Sebramte ber tir«^e. ^a§ ^e^ramt ift gleii) einem (ebenbigen Strome ber geoffenbarten 2öa()rl)eit, ber feinen Sauf nimmt Don ben 2ßorten Sefu: „ßefiret/' „prebiget" „bi^ an ba§ (gnbe berSBelt!" unb üon ber ©egemoart 3efu mit) ber ^raft be§ l^eiiigen ©eifteS getragen, fid^ burrf) alk ^riftlidjen geilen ergießt. £ie i)^U lige €c^rift bagegen geprt in biefe^ Seljramt aU ein mcfent^ lid)er ^eftanbtf)eil beffclben, weldjer non biefcm lebenbigen ©trome nie getrennt werben barf.

2ll5 Slpoftel, ©enbboten, TOffionäre felien mir jene 9}Mnner t)on ^fjriftu^ berufen, bie iljm für biefen Qvoed bienen föHten *). ^ÄU 2(poftel, ^rebiger treten fie nuf, na^bem fie »om Ijeiligen ©eifte gnr S>ollbringung ibref^ ^rebigeramtc^ geftärft morben waren -). @leic^ am ^spngfttage tritt "»^'etmio mit hen ©rftlingen bei ürctilidjen ^^rebigovamteg auf, Me jene S^riften, weldje bie erfte (^riftlidje ©emeinbe in Serufalem bilbeten unb ba§ ^orbilb aller d^riftlic^en ©emelnben geworben finb, fie fiub ber Seiire 3e(n gewonnen bur(^ ba^ ^rebigeramt, lange beüor ein ein^ige^ äöort ber l)eiligen 6(^rift be^ neuen ^nnbe^ niebergef(|rieben war. i^or ©erid)t geftellt ]inb befragt: ,,^aben wir eu6) nic^t ftrenge geboten, nic^t meljr ju teljren in biefem Slawen? Unb fiebe, iljr i^abt 3eru?alem angefüllt mit eurer Se^re unb wollet ha§> ^tut bie(e§ 9}^enf(^en über nM bringen'' antworteten ^etru§ unb bie Slpoftel im 53ewuf;tfein il)rer göttlidben 6enbung: „Man muB t^)Ott met)r geljori^en aU ben ^13Zenf^en. ©er Ö)ott unferer SSäter ftatS^l^^ auferwedt, ben il)r an§ ^Jol^ gt'l)ängt unb getöbtet l)abt. 3l)n \)at ©Ott jum gürften unb .geilanb erl)öl)t. Unb 3^'^tgen biefer !J)irtge finb wir unb ber l)eilige ©eift, ben @ott allen, wellte il)m gel^orc^en, t)erliel)en ^at^)."

2luf biefen ©brentitel, 3lpoftel, ^rebiger bor Seigre (El)rifti SU fein, berufen fid) bie 5lpofteIfürften in iljren Briefen. „^auluS, 3)iener 3efu (El)rifti, berufener 5lpoftel, au0erwäl)U für

1) 2Rattl^. 10, 2. 2) Slpoftg. 2, 14—40. 3) 5(voft0. 5, 28-32.

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bog (foangelium &otks>" ift ber ^cQxnn bc§ ^rief£§ an bie 9?ömciO. (rbcnfo itetmt er ftdj in bem cvften Briefe an bie (Sorintliei*: „^saulnS, berufener 5!poftel 3efu Görifti bur^ @ot!e^ äöillcn, ...anbie .^ird;e @otte§, bie gu (Eoxmii) ifl'). Qn bem graeiten: ,,^s au I n§, SIpoPel Qefu ßljrifti burd) ben SöiKen ©otte;?, an bie ^ird^e ©otte^ ^u (Eoxmti'^)/' ^n bie ©alater: ,,^aulu§, 2lpo|leI nidjt :3on 3}lenfd)en , noi^ hnx^ einen >menf$en, fonbern burd^ S^fi^^ Cvf)riftu§ unb ©ott ben 5Bater, ber iljn auferwedt f)at von ben lobten ^)" n. f. vo. in berfelben SSeife foft in jebem feiner Briefe. 60 f^reibt ber I;ei< lige 5^etru^: „^etru^, Slpoflel 3efu Gf)rifti5);" „Simon $etru§, S)iener unb 2tpoftel 3efu e^rifti^)/'

(^in lebenbigeiS ^ilb biefe^ 3lpoftolate^, raoburij bie Slpoftel gußleid) Seuöen für S^riRuö waren, entwirft aud) ber ljei= IW So^anne^ in feinem erften Briefe: „5öa§ üom ^n- fange an n)ar,.nia§ rair geijört, roa§> wir mit unfern klugen gefeFien, ma^ mir gef($aut unb unfere §änbe berüt)rt Ijaben von bem 29orte bc^ Seben^, benn ba§ fieben f)ai \iä) geoffenbart unb mir l)oben c-5 gefeiten utib geben S^^ö^^^fe baüon unb oerfünbigen mä) bae ewige £eben, weld^eö bei bem SSater war unb unl erfi^ienen ift wa§ wir gefet)en unb gehört traben, DerMnbigen wir cnd), bamit an'd) iljr ©emeinfi^aft mit un§ i)abet^)/'

^er ©otteebienft ber erften (i^iiriften beftanb aber barin bag olle, bie ba^ SSort ber 5Ipoftel annahmen unb getauft waren, „be()arrten in ber Seigre ber 51pofiel, in ber ©emeinf(^aft ber S3robbred^ung unb im ©ebete^)." ^iefe brei ^aufenb burc^ bie erfte ^^^rebigt be^ Ijeiligen ^ etr u ^ be!ef)rten (^^^riften ful)ren alfo fort fic^ Don hen SIpofteln belehren §u laffen, fie feierten mit il^nen 't)a§> Ijeilige Opfer besS neuen ^unbeS unb beteten mit iljnen. ®er 2(pofteP4?aulu^ fagt be^jalb auc^ feine f$riftli(^en ^el^ren in ber (^rmaljunng gufammen: „©teilet benn fep, trüber, unb Ijaltet on ben Ueberlieferungen , bie iljr erlernt \)ahet , fei burd) 2ßort ober burd) einen 33rief von uns-*).'' Utib er ermaljut ben Slimot{)eu§,ni$t nur felbft bie i^m anoertraute .^interlage treu 5u bewahren, fonbern and) anbere geeignete 3Jidnner für biefe§

1) möm. \, 1. 2j I. (iox. ], \l ~ 3) II. Sor. 1, 1. 4) &al 1. 1. 5) 1. ^etr. 1, 1. 6) U. gJetr. 1, 1. 7) I. ^o(\ 1, 1 f. 8) Hpoftg. 2, 42. 9) H. 2:^fff. 2, 14.

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opoftoUfdje S(mt nii^5un)äl)leii. „©o fei nun ftarf, mein 6o^n, burd^ bie ©nabe, bie in ^!)nfio 3efu ift, iinb mag bu geljört l)a]i öon mir, unter m\en SniQen , ha^ üertrane äuoerläffigen 9JJenid}en an, n)eld}e tüi^titj finb, md) anbere 3U teljrenO-"

^ie ganje 2lpofle{ije[d)id;te , bieje^ ööttUd^e ^ocument über bie SBegrünbnng be^ C^riftentl)unu3 naä) bein ^obe nnb ber 2Inf- erfte^ung Seju, fteüt m\§> aU einsige^ 3}tittel ber ^.Verbreitung ber Se^re 3e[u ot)ne irgenb raeldje SluSnol^me, nnr bie ^Nrebigt feiner Sefire bar ; ^ie ift eine fortgefe^te ^eriuirflii^ung be§ ^efel)le§ Qefn: Docete, praedicate!

2. ©in {)öÄ;ft bebeutungSüoHer 2Ict beg d;riftli($en Set)r= amte^ in ber opofiolifd;en Qeit tritt nn§ aber in bem apofto= lifdjen ©oncil ju gernfalem entgegen. S)ie 5(püftel wie i^re 9iad;fülger , foöten ifjr 5lmt , raelc^e^ fie über bie ganje 3öelt gerflreute, nid;t »ereinjelt üben, nidjt jeber für fid). ®ie Ü\xd)c, vodd)e bie 2lufga6e l)aik, alle 3Jienf($eu in ber (lin(;eit be^ ©lan= ben§ §u vereinigen, mu^te felbft and; in i(jrer S^erfaffung biefe ßin^eit barfteUen. Ueberbiefe mar §TOar baö ßeljramt ber ^irdje unfehlbar, aber nid;t alle S^ad^folger ber ^Ipoftel, nic^t ade Seljrer ber Äirt^e maren nnfeljlbar. ®er (Sinjelne nimmt nnr ^f)eil an ber llnfel)lbarfeit ber ^irc^e burd; feine innere T^erbinbung mit iljr, mit bem ©eifte ber 2öal;rl;eit, ber in i[;r mo^nt luxh Ueibt ©^ fonnten baljer 6treitig!eiten über bie Sebre 3efu ni^^t aus- bleiben; unb ber göttlidfje ©tifter ber ^[\:d)e muffte für bie @r? Ijaltung ber (Sinl;eit, für bie ©ntfdjeibung biefer Streitigfeiten feiner Rixd)z eine entfpredjenbe ßinridjtung geben. ®a5 ift nun gefd^eljen, tI)eiB burdj ben 5]orrang be§ l). ^etrui^, tf)eil§ bur(^ bie allgemeine ^ird^enüerfammlung. ®ie erfte unb bie ©runb- läge aller fpäteren ift ba^ merfimirbige apoftolif c!^e ßoncil. Sßir finben barin, ba§ in bem 2©orte ©otte^ nietergelegte ^or^ bilb aller fpäteren allgemeinen (Soncillen , mir möd^ten faft fagen, roenn ber ^ilusbrud nidjt ju profan märe, bie in ber Ijeiligen 6d)rift entljaltene ©ef^äft^^orbnung für alle (Soncilien.

^aului§, obgleich uon ©ott felbft jum 5tpoftolate berufen, er{)ielt bennod) feine befonbere 6enbung gugleid; mit 33arna- ha§> hnxd) eine feierlid;e 2öeil;e unb §änbeauflegung. „2llebann

1) i(. %'m. 2, 1 f.

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fajleten fie unb beteten \mh legten i^nen bie öönbe auf unb liegen fie iie\)en^)," 80 „au^gefanbt üom l^ieiligen Reifte 2)'' gelten fie auf i^xe erfte SJ^iffion^reife. 5IU fie bann nai^ 2(n= tiod^ien jurüdgefeirt waren, wo bie ©emeinbc I)aupt]äcl)lic^ au^ Sl^riften beftanb, bie au§ bem ^eibent^um Ijerübergefommen roaren, ba lamm ©inige au§> ^uhäa , alfo Suben , bie in 3eru= folem ober ber Umgegenb ß^riften geworben waren , t)ielleid)t früt)ere ^^^f)ari)äer , nnb ki)ikr\ , M^ bie (Efiriften au§ bem §eibent]^ume fid) gleid)fall§ \>zn jübifdjen (Ecrcmonien nnter- werfen nmfeten. „^enn iljr euc^ nid;t befd^neiben laffet na(^ bem^raud)e be§ 3)Zofe§, fo fönnt \{)x ni(^t ba^^eil erlangen •'^)." ^aulu!^ \xn\i ^CLixidha^ wiberf pradjen iljnen mit großer @nt= f(^icbenl)eit , unb fo entfianb ein ernfter 6treit. ^xm wichtigere grage !onnte für m ^ird}e unb il)re ganje ä^^^iiJ^ft «i<^t auf- geworfen werben, ^er alte unb ber neue ^unb l)ingen auf ba^ gnnigfte gufammen. ^eibe waren Offenbarungen beffelben ©otte^, %\^t\h eine^ (5)otte^reid)e^ , üereint m bem einen (^runb- unb (Sdftein Qefu^ (Slirifiu?. ®a f($ien auf ber einen 6eite, ba|3 bie l^eiligften ©ebräud^e be^ alten ^unbe§ notljwenbig fort^ befteljen müßten, um auij jeben Schein 5U permeiben, aliS ob ber neue S3unb t)on bem alten getrennt fei, aU ob ber neue S3unb gewiffermapen bie Sflein^eit unb 3Bal)rl)eit ber Offenbarungen be§ ölten 33unbe5 befireite. 5Xuf ber aw^^tin ©eite wäre baburd^ aber bie ^ir^e (S^rifti, bie ooll ©eift unb 2öal)rljeit fein foüte, nid^t nur an ba§ Qoi^ aller Seremonialgefe^e be^5 alten 33unbe^ gebun= ben, fonbern a-a^j in aUe ptjarifäifdjen Einbiegungen berfelben, in d^t iljre geifttöbtenben 2leu§erlii^!eiten t)erwidelt worben. S)er neue SBunb \)äiiz bann nie aB ba^ 9iei(5 ber SSalirljeit fic^ entfalten unb über bie gange ©rbe fic^ verbreiten lönnen. S)er Streit um bie §Befd)neibung bejog fic^ felbftüerftänblid) auf ba§ gan^e (5eremonial= gefe^, oon bem bie ^efd)neibung bie ©runblage war. 2öa§ gefd^al; nun in biefer gefalirüolten Sage für bie zltn erft entftanbene junge (E^riftengemeinbe, weld;e gan^ geeignet war, einen ^ampf aiif Seben unb2;ob jwif^en ben ©Triften aVi^ bem 3ubentl)um unb au0 bem $eibentl)um §u yeranlaffen ; wa§ gefdial) , um biefe bebenllidje grage §u entf (Reiben? 2)a0 3Jlittel ift ebenfo belel)renb, wie ber

1) STHtftg. 13, 3. 2) 91. a. O. 4. 3) %y>o\U\g,. 15, i.

47 -

©rfolö entj^eiDenb. „Man befd^to^, bafe $aulu^ unb S3arna^ ba^ unb cinii]e anbere au^ ben Ucbrigen l^inaufgögen gu beu Slpofteln unb ^^reSbijtern in gerufalem biefer grage raegenO." ^ie?e§ 3}Ztttel, beu ©treit beijutegen unb borüber pr ©ntfd^eib^ ung gu kommen , rautbe von allen fo f e^r al^ "oa^ ridjtige er^ fannt, ha^ felbft ^aulu§, n^eld^er an Slnfeljen feinem nac^* ftanb unb fo oft fid; barauf berief, baß er ron d^ftriftu.^ ,,be^ rufener Slpoiler' fei, fic^ fofort bereit fanb , bie 9li(^tig!eit feiner £ef)re bem Urt^eil ber in 3erufalem üerfammelten 2lpofiel 5U unterraerfen. Dh in ben erften ©(^riftengemeinben über biefe 2lrt, Streitfragen ju entfdjeiben, eine münblic^e UeberIieferungt)on bem §errn felbft yorl^anben war, ift ni^^t in entfc^eiben. SebenfattS er!annten Mc burc^ ben ©eift, ber bie ^irc^e leitet, übereinflimmenb barin ha§ reditc 3Kittel, um bie ©treitigfeit beizulegen, ^lui^in Qerufalem war man nidjt im 9}linbeften gmeifell^aft, ma^ §u ge? fd;el)en l)abe, um bie (ginljeit ber Mjre in ben d^riftlic^en ©emeinben §u erl^alten. 5ll§ bie Slbgefanbten bort angefommen waren, „muxhen fie ron ber ©emeinbe unb üon ben Ipopcln unb $re^bt)tern empf-angen/' ^ladjbem biefe t)ann \\)x Slnliegen geprt Ratten, unb an&j bort „einige au§> ber <5ecte ber ^^ariföer , meld;e ben ©lauben angenommen ^aikn/' bie 3Rotl)n)enbig!eit be§ jübi^ f(^en ©eremonialgefe^e^ behaupteten, mar man gleid^ einig über ba§ ein^u^altenbe 3Serfal)ren. „®a rerfammelten fi(^ bie 5Ipofiel unb ^resbxjter, biefe 6a^e su prüfen 2)." 3n biefer ^erfammlung mürben nun guerft „rielc gemeinfc^aft^ li(^e llnterfud)ungen gepflogen/' SS)iefe 9Borte finb ^ä)^ be^ mer!en§mertl) unb belel)renb über bie 2lrt unb Söeife ber llebtmg be§ ^öc^ßen 5lcte5 ber firjjlid^en Sel^rautorität. Ob- gleid) nämlic^ nie ein 3}lenfd) nac^ ßlirifiuS eine l)öl)ere £el)rgemalt befeffen l)atte, al^ bie Slpoilel unb oor Mem ^etru«, fo traten fte nid)t fofort mit einer ©ntfc^eibung auf, fonbern ließen „Diele gemeinfi^aftlic^e Unterfuc^ungen" oorl)ergel^en, um avL^ aüe menfd)li(^en TOttel jur i^larftellung ber gragc ^u erfc^öpfen. ®a^ ift bie ^orfi^rift geblieben für bie 5lu§übung ber unfeljlbaren Sel)rautorität in ber ^ird)e, beren 2lu5= fprüdie nur erfolgen, nac^bem alle natürlid^en unb menf(^li$en 3Jlittel äur ©rgrünbung ber fragen uorauSgegangen finb. ^ann

1) 5(. a. O. 2. 2) SßfrS 0.

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filier trat $etrul auf. @r berief \id) guerft auf feinen befon= beren £e!)rbenif für ble Reiben: „'^i^v rciffet, bog ©ott t)or langer 3^^^ ^^^^^ ^^^^^ ^"^ ern)äl)lt tiat, bag bie Reiben biird; meinen 3Jluub \)a§> Sßort be^ Güangeliumg pren unb glauben foUen^)/' S)ann erinnert er baran, ha^ ©ott felbft f(^on biefe grage eigent(i<^ entfi^icben Ijahc, ha er ja ben Reiben, mlä)e im ßtjiiftentfjume aufgenommen feien , bereit» gan^ biefelben ©naben gefpenbet Ijabe , namentlid; hen l^eiligen ©eift , mie aud) ben 9^i(i^tf)eiben. Unb fo gibt er benn feine ©rftärung: bag ben Reiben biefe§ 3od; nidjt auf ben Fladen gelegt raerben bürfe, inbem nidjt Ijieburi^, fonbern burd) bie ©nabe be^ i^^rrn Qefu (El)rifti Reiben unb ^nhen bie Selig!eit erlangten. Mit biefen SBorten be§ Ijeiligen $etr uS mar bie gan^e Streitfrage gelöft unb ben (Sinbrud berfdben gibt bie Ijeilige ©^rift trog ber üorlier- gegangenen lebl)aften S^erljaublung mit benSßorten: „®afd)mieg bie ganje 3}knge" ein bcbeutung^rolle» Qdä^en ber Slutorität be» Ijeiügen ^setrui?. 31 un traten ^arnaba^ unb ^ au lu^ auf unb eräätjlten, „roeldje grofse Qdd)cn unb Söunber (Sott bur(^ fie unter ben Reiben getljan^)." 5Caburc^ moHten fie offenbar beftä^ tigen, ma^ ber lieilige^^etruÄ über bie SSirfung ber ©nabe unter Un Reiben oljne ^^eobad)tung be§ ßeremonialgefege^ gefügt l;atte. gum Sc^tu§ erljob fid) ber 33ifd)of üon Qerufalem, ber Ijeilige 5lpoftel Sacobus; iljm, aU bem ^ifdjof ber ©emeinbe, bie faft nur au^ gubeni^riften b^iianh , !am gu , am^ noc§ über biefe grage ^u reben. (Sr beftätigte Im SluiSfprud; be^ Ijeiligen ^etru^, inbem er auf bie ^roplje^eiljungen be^üglic^ ber S3erufung ber Reiben Ijinmie^, unb fteEte gum Slbfdjlufe ber SSerlianblungen '^tw SCutrag, \\\ biefem '6mxt ein ©i$rei:= ben an bie (Eljriftengemeinben gu SIntiodjien ^u richten, ^as; mürbe einftimrnig angenommen. 3)ian bef(jloJ3 , ben Slbgefanb^ ten Don 3lntiod;ien gmei Slbgefanbte Don Serufalem gur ^e^ glaubigung ber Slntroort mitzugeben. ,3^re ©ntfd^eibung gaben fie in einem edjrciben mit ber Ueberfdjrift: „^ie ^Ipoftel unb ^re^bijter entbieten aU trüber benen, bie gu Slntioc^ien unb in €i)rien unb in (Eiliclen finb, ben ©rübern au» ben $ei^ \iin iljren ©rufe-^).'' ®ann fagen fie üon jenen Subenc^riften, meld;e oon Subäa nac^ 2(ntiod)ien gekommen unb ben ©treit

1) 91 a. D. '^. 7. - 2} ii?. 1^.

- 3) ;«. 2:

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über bie ^Sefdjueibunß juerft angefangen \)aiien: „Wa Ijabcn ge* f)ört, bafj dnmge, loel^e üon un§ ausgegangen ftnb, eud^ beun; ru^iget I)aben bur($ if;re Dieben unb eure ©emüttjer üerroirrt l)ahe\\, benen nur feinen 5Iuftrag gegeben t)atten." ®iefe 22orte ber l)eiHgen SSerfammlung finb in boppclter §infic^t bemer!en»roert^. <Bk geigen erften^, raie pr Hebung beS Sel^ramte» bie „@enb = ung" notl)Tt)enbig ift; graeiten^ wie uu§ ber ^Inmafeung beS Seljramt» ot)ne (Beübung bie ^rrle^re entfiele. £)ie (^nU fd)eibung felbft beginnen fie mit ben überaus ben!rmicbigen2ö orten: „(fa Ijat bem fjeiligen ©eift unb un^^ gefallen, tnä) roeiter feine Saft aufzulegen, aU biefe not^roenbigcn ©tücfe, ba^ i()r en6) entl)altet von ben ©öfeenopfern, vom 33(ute unb von bem ßrftidlen unb t)on ber lln5udjt ')." ^ie §eibenc^riften würben alfo auf ber einen (Seite von ber ^eobadjtung bcS jübifd)en 6eremo= nialgefe^e^^ gmar entbunbcn, auf ber anbern (Seite aber Derpftid)tet, fi(^ auc^ von aßen ljcibnifd;en G^räueln be;3 @ö|enbienfte» doII= ftänbig ju entl)alten. £)ie Stbgefanbtcn jogen nun nad; 2lntio= d;ien (;inab, „üerfammelten bie gan5e ©emeinbe unb übergaben ben S3rief/' beffen 3nl)alt alle „mit greube unb ^r oft erfüllte^)." 3Bie in Qerufalem , fo mar alfo anä) in 2lntiod;ien mit biefer (Sntfd^eibung beS apoftülifL^^en (5oncil;o bie Streitfrage üoHfommen beenbet, unb ftatt ber UneiniglVit !el)rte miebcr triebe unb ^roft il)nen ein.

^a f)aben mir baS erfte ßoncil, bie ßJrunblage unb ba§ SSorbitb aller fpätercn. gragt man un^ : „%k roirb bie beoor= |iel)enbe aUgemeine ^ird^enoerfammlung abgel;alten merben V fo fönnen mir feine erfd^öpfenbere 5lntmort geben, alö bie: ©erabc fo mie biefe§ crfte apoflolifdje Goncil. T)a feljen mir baS üon ©Ott gefegte mitkl um ba-5 ^öd;fte &nt ber Iir(^e, baS göttlidje (Siegel iljrcr göttlid)en 2tb!unft, bie (Eintjeit in ber 2Bal)rl)eit gu maljren ; bie „unitas Spiritus in vinculo pacis bie @inl;eit bei @eiftei§ im ^anbe be» griebenl ^)." ®a fel)eu mir bie erfte Spaltung, bie erfte @efal)r, bie ßinljeit in ber iungen 6l)rifiengemeinbe gu 3er- rei^en; ein S^^orbilb jener inneren c^ämpfe, roeldiebaS (if;riftentl)um im Saufe ber 3al)rl)unberte tiefer befc^äbigen fotlte, aU bie btutigften ^Verfolgungen. ®a fel)en mir in 5lntiod)ien mie in Serufalem Dolle einftimmigfeit über \>a^ Heilmittel ber Spaltungen: bie

1) 21. n. D. 28 f. 2) ^. 30. f. 3) ß^^ef. 4, 3. ». Rettet er, ba8 aügemelne doncil.

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^Urjammlung ber reditmä^igen 35orfte()ev ber ^ird&e. ^a fef)en mir einen ^ a u In » unh einen 33arnaba§ i^re Sel)re biefer Autorität uub @ntfd)eibung ol)ne ade SBiberrebe nntev= werfen. 5Da jeljen mk bie 2lpofteI uub ^$re0bi;ter gufammen^ treten, um burd^ eiugetienbe ^erat^ung alle menfd;(id;en WMd 5ur Sluffläruug ber (Streitfrage gu erfi$öpfen. ^a feigen loir ^Jßetru» an ber Spi^e biefer ^'erfammlung, unb bei atter grei^eit ber ©rörteruntj ^at feine Stimme ein eutfdjeibeubeS lXebergeroid)t. 2)a feigen mir eine (rntfd^eibuntj mit bem voUen ^Beroufetfein, \>a§> Drgan be-o ()cilißen ©eifteg §u fein; mit bem Semugtfein, ba6f^ in biefer ^erfammlun^ ba^ Söort Qefu ß1)rifti evfüHe: ^3^ mitt ben ^ater hxikn unb er mirb eud) einen anbern^röfter geben, bamit er emig bei md) bleibe, "t^cn 6)eift ber 2öal)rl^eit^);" „er wirb md) attesa leljren unb eud; an aüe^ erinnern, maS \d) md) gefagt l)abe^)/' ^a feljen mir enblid), mie bie erften (Sl)riften ben Slu^fprud) \)Qx> unfehlbaren Seljramteig mie ben ^u^fprn^ ©otteio felbft anneljnieu.

©0 finb alle (^iurid^tungen ber ^irdje (Sljrifti, meldje fpäter eine fo ßro^e Entfaltung ncl;men follten, mie ^eime fdjon in ben erften Slnfängen ber J^irdje entljalten. Mex> roa^ m§> bie ©efc^idjte unb alle ^üd)er unb Slbljanblungen über bie allgemeinen ßoncilien lel)^ ren, ba» fpre^en biefe ©runb^üge bcö apoftolifc^en Soncil^ nad; ben Sßorten ber l^eiligcn Sdjrift fdjon flar unb beutlid; au^^. Sößie bamaliS bie ^poftcl, fo treten jel^t iljre 9]ad)folger ^ufammen. ^iBie bamal^3 '^,Utru;5, fo ftel)t je|t fein 9tad)folger an ber 6pi|3e. 3Bie bamalig ber Ijeilige @eift burd) biefe Ijeilige ^^erfammlung rebetc, fo lebet aud) je^t ber l)eiltge ©eift burd; 't^a^ allgemeine (£oncil. Unb mie bamal^o alle menfc^lidjeu Miiid ^uerft erfdjöpft mürben, um bie gragen flar gu fteEen, fo mirb e§> and) je^t fein.

®ie Autorität ber attgemeinen (^oncilien l)at beg^alb aud^ auf Erben felbft bei jenen gro^e^ 2(nfe§en bel)alten, meld)e uic^t me^r unter bem ^orfits be^ l> $etru§ in einer ^eratl;ung sufammentreten fönnen , raeil fie \id) t)on biefem Einl;eit§vun!te ber ^ird^e getrennt \)dben. ^ S)a6 ein allgemeine^ Eoncil ba!§ 3le(^t ber ©ntf^eibung in ©lauben^ftreitigfeiten befi^t, ift ein £el)rfag/ ber nod) bie ^ir^e be^ Drient^ unb be^ DccibentsS miteinanber vereinigt, ber in ber anglicanifc^en ^ird)e nod) grofee^

1) ^0^. 14, IG. 2) ^o\). 14, 26.

51

2lnfe()en l)Qt , ben uiele ^roteftanten um fo tüenii^er gans Der- raerfen, aU auä) bie crften ^fteformatoren fid) otifäuölid) auf benfelben beriefen. Um fo bemerfeueroertljer ift esS, bafe feine d;riftlic^e ©emeinfd^aft auäer ber römifc^eu !att)olitd)en Äiri^e biefe ©inndjtung au§ ber erften Qpoftolifc^en 3eit nod^ befi^t; bafe feine nur baran benfen fann, eine ö!iimemfd)e €t)uobe §u berufen; um fo bemerfeuiSroert^er , bafe bagegeu ber 9ia(^f olger be)§ ^eiligen ^ e t r u ^ feinen 5lnftanb nimmt, bie tjan^e diriftlidje 2ßelt bap einjulaben, um in berfelben ^eife Dor biefer apoftoli|d;en 3]erfammlung bie ©treitigfeiten in ber 6l)riftent)eit ^ur ßntfdjeibung 5U bringen, wie e^ bie erften ß^ljriften im ^oncil ju Serufalem getl}an ^aben.

3. 2Bie aber in ber apoftolif d)en gßit ha^ St^ramt ber iürdje bie £e§re Qefu verbreitete unb bie 6treitigfeiten, erleuchtet x)om l;eiligen ©eift, unfehlbar entfd;ieb, fo blieb aud) in ben fpä- tern Qa^r^unberten.

Sßaio ber (^eift, meld^er gegen (Eliiiftu^ fämpft, bamaU in Sln- tio^ien i;)erfud)te, Spaltungen im Glauben Ijeroorgurufen , ba^ „eine |>er§" unb bie „eine ©cele" in ber d)riftlid;en ©emeinbe gu gerrei^en, follte fort unb fort ber eigentlidje Äampf gegen bag Dletc^ ber 2öal)r^eit werben. 60 gleid; in ben erften 3al)rl)unberten. 2ßie jene 3}Jänner auä ^iMa irrige ßeljren au^ bem 3ubentl)um in bie ^ir$e ß^rifti l)inein tragen moEten, fo oerfud^ten balD anbere au0 bem $eibentl)um 3i*ftl)ümer ciu^ ber l;eibnifc^en^l)iloiopl)ie unb Sßeltanfd^auung in ber ^irc^e ©()rifti geltenb 3U machen. ^a5 fonnte bamaU ebenfo toenig ausbleiben , raie je^t unb ju aEen Q^ikn, ^a§ 3Jiaterial, am roeldiem bie ^ir(^e baS Üieidi ©otteö unb ber SBaljrlieit aufbaut, entnimmt fie ja fort unb fort ber 2©elt; eS finb bie 3)^enfi^en mit aEen 3rrt^ümetn, meldte fie au^o ber iebeSmaligen 3^i<^^t""9 i^ f^d) aufgenommen Ijaben; unb fo merben biefe 3rrtl)ümer immer fid) bemül;en, in ba§ Se^r^ gebäube ber d)riftlidjen 2öal)rt)eit einzubringen. ®er SIpoftel t)er= gleid^t bie 3}lenfc^en , foroeit fie uod) nidjt üom ©eifte (Elirijii burd)brungen finb , mit bem milben Del5n)eig , roeldjer auf ß;i)riftu§ ben göttlichen Delbaum gepflanzt merben foE^). @l)e gelingt, bie 9Zatur be;o alten DelaroeigeiS umsugeftalten , fud^t biefer felbft bie S'^atur be^ göttlid^en Delbaume^ jn oerberben.

1) mm. 11, 17 ff.

yi

So ba§ bamalige §eibentl)um mit aüen leinen 2lnfid)teu , tnit feinen feinen, mannicjalHßen pljitofopfiifc^en Spftemen.

9Iur ein roefentlidjer llnterfdiieb in 5>ergleid) jum goitalter ber 2lpofiel war eingetreten. S)ie Sipoftel lebten nidfjt mel)r. Dagegen l)atkn einige von xijncn nnb iljre erfien 6djüler einige 6d)riften ^interlaffen , tljeil^^ Gr^ölilungen au!3 bem Seben 3efu nnb ben erften Qlnfängen ber .^irc^e, tfjeilc^ S3riefe an ©emeinben nnb •Schüler, uieldje nun aU Ifoftbare ^>ermäd)tniffe ber 2(poftel aU- ntälig gefannnelt nnb in grcßem 2lnfel)cn geljalten wnrben. <Bie bilben bie ^üc^er be^o neuen S:efta]nentev. Söeldje ^ebentnng fie ()atten/ ob fie aU (Eingebungen beso l;eiligen ©eifte§ in betrad}ten feien, äljulid) raie bie ^üdjer bc§ alten 3::cftamente0 , barüber fagten biefc ^üd}er felbft mit 2lu^?nal)me be§ ^u$e§ ber gel)ei= men Cffenbarnng nidjtxv 2Öeld)en 5öertl) fie alfo l^atten, meldjen ©rab t)on ©laubmürbigfeit , meldte ^ü($er baju gelji^rten, ba§ olle0 raupten bie S^riften nur burc^ Die lebenbige Strabition, über- rüad)i burd^ ba^ lebenbige Seljramt ber ^ir($e. ©benfo erfldrte and) biefe^ £el;ramt hen magren Einn biefer ©djriften, wie benn über^ '^anpt bie S^riften felbft nur einem ^l^eil ber (5l)riften gugäng-- li(^ maren nnb bie 3Raffe be^^ djiifili^en 5[?olfe§ nur burd^ ^er- mittelung be§ Sebramte^ ber ^irdje mit bem 3nl)alte biefer ©d^riften be!annt mürbe, ^a^ lebenbige, von ß^l)riftn^ eingefe^te Se^ramt unb bie Ijeiligen ©d^riften geljörten baljer mefentlid) gufammen nn\> le^tere maren nur fd)riftlid)e g5ttlid;e llrfnnben be§ lebenbigen :^el)ramte^^.

S)iefe§ 3>erl)ältni6 gmifdjen bcnt göttlid;en Seljramte nnb ben gi3ttli($en llrfnnben be§ Gl)riftentl)nm^ jerrig ^iin gemaltfam jener @eift ber Spaltung unb ber ^rilebre, melc^er öie g5ttlid)e Sel)re Qefu nad) menid}lid;en 93teinungen umgeftalten moHte. ©r nal)m bie Urhmben ber ^irc^e, ftül3te fid) auf bay 2(nfel)en, TOeld)e^ fie nur burd) bie ^irdje aU öotte§ 2i?ort befoßen, ri§ fie aber loö von bem lebenbigen ©eifte , meieren bie i'lirdic al? bleibenbe (^abe gu il^rem ^erftänbniffe erljalten Ijattc unb legte feinen ©eift unb feine ©ebanfen in W gormen be§ göttlid)en S[ßorte§. So ift geblieben oon ben erften 3al)rl)unberten bi§ l)eute; fo finb alle Qrrleliren unb ©lauben»fpaltungen oline 9ln^5' na^me entftanben. i^iele finb in bem ^nHjume befangen, al§ ob bei \}cn ©lauben^fpaltungen ber legten 3al)rl;unberte juerft biefer ©egenfaj pifdjen ber Ijeiligen Sd;rift aU einziger ©lauben^quelle,

~ 53

Iebtglt(^ t)on bem ^riüatgeift ittterprelirt, imb ber t\x6)lx^en von bcm Seljramte öetraijeucn ^rabitiou c^eltcub (3^"w^t lüorben fei. fRx^t^ ift unri^liijer. ©auj berfdbe &eo,en\a^, ber l)eutc 5tt)tfd^eu ber fatljolifdjen ^ix6)c imb aüni c^riftlidjen S3efennt- niffen, tueldje nur bie ()eilu3e 6(^rift aU dniio^e ©laubenö^ quelle ouerfenuen , befielet , hc^iaM\) ö^h^ genau fo in ben erflen 3al)rl)unberten. Sllle alten Qrrle^rer beriefen fidj gerabc fo raie t)or brei 3al)r^unbcrten bie Sleforniatoren immer unb immer auf bie Ijeilige 6d)rift. 6eit bem brüten 3aljrl;unbert ift feine 3rrlel)re anber^ entflanben. Unb ebenfo beriefen fid^ alle S3erl^eibiger hcs> fatl)olifdjen ©laubene bamal^ aan^ fo auf ba^ ßel)r= ,amt ber ^iri^e, auf bie üri^jlidje ^rabition, mie e^ in 'oen le|tett brei Qaljrljiuibertcn bie ^^ertlieibiger bor ^irdje getl;an l^aben. S)ie Orogen 'Apologeten ber erften d^riftlid)en 3^it, meld)c auä) bie gläubigen ^roteftanten al§ bie ^^ertljcibiger ber maljren Seljre Qefu aiierfennen, bebienen fid) berfelben ©rünbe, bereu fic^ l;eute noi^ bie fatljoUfdje ^.irdje bebient. £ie r.uelle aller 3rr« tl)ümer ift im Saufe aller (^riftlid;en 3al)rl)unberte bie ^eilige 6d)rift, oom 9}tenf(^engeift , rom ^^rioatgeift interpretirt ; bie Quelle aller d)riftlid)en 2Bal)rl)eit bie Ijeilige ©dirift, Dom Ijeiltgen Reifte im Seljramte ber .^ird)e interpretirt. ,ß^% ijat bem Ijeiligen ©eift xmh uuic gefallen '' ba» ift unb bleibt bie einzige üon ®ott gefegte, roal^re Sluslegerin beg SSorte^ ®otte§.

2öir motten l)ierüber no($ gmei geioid^tige g^'i^ö^iff^ anfül;^ reu , ha§> eine auf fatljolifc^er 6eite , baö anbere von einem ^roteftanten.

5D Ölung er ^ao^t über bie @lauben^ftreitig!eiten ber erften Qaljrljunberte :

„Tiefe ^atl)olicität bei @ laube nl ober baö ^rincip ber ^rabitiou mar nun, meldje^ bie ^äter all ben ftärfflen unb attcin fd^ou pöllig auereidjenben 33eroeil für bie 3öal)rl)eit ber ^ird)enlel)re ben §äretifern entgegenl^elten. 3nbem fie näm- ü^ bie 2Bai;ngebilbe berfelben befiritten unb bie Sebre ber ^^ird^c gegen il)re Singriffe rert^eibigten , erfannten fie, 'tia^ eS Smar Ijeilfam unb notljroenbig fei, jeben einzelnen S^rtl^i^m ju miberlegen , jeben fpeciellen ©inmurf 5U beantroorten , jebe SSer= bre^ung einer S^riftftette ju rügen, bog aber biefcl 3?erfaljren attein feinelioegl binreidje, bie .^ird)c fieser 5U [teilen, bie 6d)ir)an!enben im ©laubcn ju bcfeftigen, bie buri^ bie ^unftgriffe

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«nb 6öpl)i§men ber §äreti!er irregeleiteten 3urü(J§ufü!)ren ; fte fallen, bog eine aEgemeine, iinfe{)Ibare (Slaubeii^regel aufgeftellt werben muffe, mittele wctdjer jeber SRcnfi^ in jebem Momente, oI)ne in bie ^injelnlieiten ber (S^ontroperfe einguge()en, bie ää)k ßet)re (S^^rifii unb ber 5Ipoftel t)on bcn unäc^ten n)in!ürli(^en SJleinungen ber .göretüer unterfd;eiben unb ba§ ju ©laubenbe mit irrt{)um?4ofer ©id^erl)eit ergreifen !önne. ^iefe ®laiibeng= regel mar gegeben in ber allgemeinen immermafirenben Ueber^ lieferung, meldte mä)i§> anbre^ ift, al§> ber !atI;olif$e ©laube in feinem Urfprunge unb feiner gortpflangung aufgefaßt. Me SSäter beriefen fid) gegen bie ^äretüer auf biefe 3:;rQbition, ober mnö baffelbe ift, fie geigten bie 9]otI)meitbig!eit, ber^irdje unb \l)x allein {niä)t fi^ ober einem anbern 3nbit)ibuum) ju glauben. Qmi von xißxen aber, Qrenäu^ unb ^ertuHian, PeUten bag ^rincip ber ^rabition au^fü^rlid) bar unb mad^ten gegen bie §ärefien il)rer geit aUe bie Folgerungen geltenb, tt)eld^e fid) notljmenbig au6 bemfelben ergaben, unb bie,-n)ie baö ^rincip felbft, iugleic^ für alle Reiten giltig finb. ®er erfte i^at in feinem 2öer!e gegen bie ©noftifer, ber Slnbere in einer eignen ©dirift, welker er Den au§ ber Sprad^e be)§ römifc^en 9^e$t§ entlelinten STitel Praescriptiones gab^. Qlire S)arftellung be^ ^rincip^ unb feiner golgen lögt fic^ in folgenben Qno^en jufammenfaffen.

1) 1)ie ^ird^e Ijat ba^ (s;i)ariema ber 3Saljrl)eit aU eine emig fortbauernbe (S^nabengabe empfangen ; bie 2Ipoftel l)aben mie in einer reidjen 33orratl)^!ammer iljre ?el)re in ber ^ir^e voH^ ftänbig niebergelegt, unb nur bei il)r ift fie bal^er gu finben. SSie aber bie gefammte tirc^e in bem ^efi^e ber apoftolifdjen 2ßal)rl)eit ift, fo ift e!o ouä) jebe einzelne ^iri^e ober ©emeinbe al^ ©lieb be0 grof^en @an§en unb fo lange fie in ber organifd^en ^[^erbinbung mit bem (fangen bleibt.

2) ^ie Slpoftel üben unb lel)ren fort in iljren 9kd)folgern, ben ^ifd)öfen; biefe finb, mag bie 5lpoftel maren, Organe ju= gleid^ unb 2ööd)ter, ^emal^rer be^ ©laubeng, ber apoftolifd^en Üeberlieferung. ^a in ben ^irc^cn eine ununterbrod)ene 2luf-

1) „Praescriptio r^ei^t ein ^icd^tegrunb, burd^ Jüefrfien ber ^roceffirenben ^nrtei, o^ne ba^ man fid^ auf bie Unterfurfiung ber einzelnen ÄlagepunJte einautaffen traucbte , gteic^ luni vorn l^erein baS ffied)i ju nagen aDge-- f^rod^en h?erben foH."

55

^eiuanberfoltje dou ^ifd;öfeii, bte mit einem 3(poftet ober einem t)on einem Slpoftel ©ingefe^ten begonnen ijat, befteljt, fo ift bnrd^ bieie ^eifienfolge andj bie nnnnterbvod;ene g^ortpfianpng be§ 6lQuben§ uon (^ef(^lc(^t jn (3c)d)M}t, fo wie i^n bie SIpoftel mitoet^eilt Ijabcn, ücrbürcjt; bie Se^ve ber 5lpoftel ift alfo ni(^t etma^ ^engangcnei? , \x>a§> erft mieber gefndjt nnb ^iftorifd) ober fritif^ auegemittelt werben mü^te, fonbern etmag SebenbigeiS, jebem SJlomente oortjunben nnb gegenioärtig.

3) Sßenn 3n)eifel ober Streitigfeiten entfte!)en, bann Ijaben bie apoftolifc^en 6tQmm= ober 9}?utterfird)en (ecolesiae matrices), raeldje unmittelbar von ben SIpofteln geftiftet morben finb, eine entfdjeibenbe Stimme, Dorsiiglid) aber bie 9i.ömifd)e, mit melier alle im ©lanbcn übereinftimmen muffen. 3^^'^^^* P"^ ^^^^^^ "^^^ fpater entftanbenen .^irdjen apoftolifd), burd^ mittelbare 2lb= ftammung nnb bnrdj bie ß^leid^ljeit ber Seigre (pro consanguini- tate doctrinae); aber bei biefen S^oi^terürdjen finbet immer ein ^er^ältnig ber Unterorbnnng gegen bie 33Zntterfirc^en, befonberö gegen bie 9iömif(^e, ftatt.

4) Qu bem Streite mit ben §äretitern, meldie bie ürc^lic^e 5Intorität nnb "Irabition Dermerfen nnb fid) auf bie Ijeilige Sd)rift berufen, wirb ^mar bie Sd^rift dou ber ^rabition unter= fd}icben; aber fie gehört al§ ^l)eil 5ur lird)lid)en ^rabition nnb ift mefentliij (Sin§ mit berfelben. (S^3 ift alfo (Sin (goan= gelium, ba§ gefc^riebene nnb ba^ lebcnbigc, ftet» oerfünbigte; jene^ barf nidjt oon biefem lo^geriffen merben, ba aU an ftc& tobter S3nd)ftabe ber 3lu§legnng nnb Deutung bcbarf, meiere nur mittelft beiS lebenbigen, in ber ^tirdjc fteto forttönenben 2Öorte§ ber llcbcrlieferung gcfd;el)en !ann. 5Da ferner bie miinb- lidje 5t;rabition fd)on ba mar vov ben erften Hrfunben ber ge:= f(^riebenen ^rabition, b. l). uor ber beiligen Sd)rift, ba biefe erft au^ jener gejc^öpft ift, fo ift bie münblid;e lleberlieferung (bie ober immer von einem ,3eitabfd)nitte jum anbern gngleid) aui^ eine gefd;rieben-e mirb) ooUftänbiger aU bie S(^rift. ^ie §äreti!er nun, wel^t fid^ von bem lebenbigen ©oangelinm ber ^rabition lo^gefagt Ijaben, nnb für meld)e bal)er bie l^eilige S(^rift nic^t gel;ört, tonnen nid)t jur 53erufnng auf biefelbe ju= gelaffen werben; benn fel)lt il)nen ber Sd;lüf]et 3um ^tx-- ftänbniffe ber S^rift.

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5) %a bie ^ir$e nidjt oI)ne ben @(aukn, ber ©laube m6)t ol)ne bie ftete 3tetn[)eit uub 2(ed;t^eit ber UeberliefenmQ bc^^ fte{)cn famt, fo fle^t bieie mxicv ber unmittelbaren Seitun 13 be5 ber Rixö)e oerljei^enen unb n)ir!li($ gegebenen ^eifteg ber 2öal)r= Ijcit. ^ie ßrljaltung ber reinen apoftolifd)en i^el^re ift alfo md)t nur »erbürgt buri^ bav !ird)li($e Qnftitut beö @pi|fopat«, fonbern aud) burd) bie nie auf^örenbe Ginmirfung be§ göttli(^en @eifte§ in ber Äird)e; unb bie ^ird^e ift bemnad) gegen jebcn 3rrti)um gefid;ert einmal burc§ bie ftete gortbauer be^o 2Ipoftolat§ ober bie ununterbro($ne Succeffion rei^tmä^ig orbinirter ^ifd)ofe, unb bann bur(^ ben i(}r inn)o!)nenben göttUdjen ©eift, von rael- djem fie, mie au§ einer immerbar ftrbmenben QueEe \\)xt\i ©tauben in jebem 3J?oment iljre^ ^afein^ empfängt. 60 ftef)en etjriftu^ unb ber f)eilige ©eift in fteter TOttljeilung unb @emein= fd)aft mit ber £ird)e unb bur»^ fie mit jebem ßinjclnen. 5lud) barum alfo tann bie Ijeilige ©dirift nur in ber ^ird)e rid)tig erHärt unb Derilanbcn merben, rceil nur ber ^ir(Je jener ©eift tnmoljnt, melc^er bie (Schrift felber eingegeben ^aV)."

©an5 äl)nlid) fprii^t fid) Seffing^) in^^e^ug aufbieprotc= ftantif^e ©lauben^regel an§, bag bie ^eilige 6(f;rift bie aue= fi^liefelic^e üueße ber Sef)re Qefu fei. Qu feinem bcfannten 6treitc mit bem gauptpaftor ©oe^e in Hamburg t)ertl)eibigte Seffing unter anberen folgenbe ©äge:

„2lud; mar bie ^Religion, efje eine ^ibel mar."

„^a^ (E^riftentt)um mar, e^c ©üangeliften unb SIpoftel ge= ((^rieben f)atten. Q:^ t)er{ief eine geraume 3eit, e()e ber erfte j)on ilinen fdirieb; unb eine fe^r beträ(^t(id)e, elje ber ganje Ganon in Staube fam."

„e§ mag alfo ron biefen Schriften nod) fo oiel abljangcn: fo !ann boc^ unmöglich bie gange 2öal)r^eit ber c^riftlic^en iHe^^ ligion auf if)nen berufen.''

,,2ßar ein geitraum, in melc^em fie (bie c6riftlid;e '^c^ ligion) bereite fo ausgebreitet mar, in me(d)em fie fid) bereits fo

1) Dr. 2) ö l n n g e r , ^^nnbburf) ber tfjviftticfien Äirc^cn.ieid)lcl;tc. ^an'ii^' l^ut 183B. 33b. 1. §. 26.

2) £effing toar freitic^ nirfit gläubig unb fanf, luie feine Briefe über 3lai^an ben 2Bcifen bnvt^un, au^ ben Stanbinmft bc§ inilgärcn ^nb![forcii= tigmuä gurütf; ba§ beeinträchtigt aber bie 3^icf}tig!eit feiner vJ^i^ofop^itfcben unb ^iftcrifrfien Äritif in biefcv Badje offenbar nicfit.

t)ieler Seelen kmäd^ttriet Ijaite mtb in nield^em gleii^iooljl no(^ fein ^iK^ftabe an§> bem von Hjx auföejeicfjnet raar, ma^ bi5 auf ung ße!ommen ift: fo nmfe e^ anä) inö(](i(^ fein, ba§ aÜeS, n)a§ bie (^üQnßcliften unb 3(poftel gefd^rieben f)aben, raiebcrnm verloren gtentje nub bic von iljnen geleljvte 9le(igion boÄ beftünbe*)."

5.^ort feinem ©egner onfoeforbert , fid^ p erüären, raaä er unter „ber (^riftlicl^en Steligion" üerftelje, rae^e beftel)en fönne, „wenn auä) bie Sibel üößiöt üerloren öi^nge, wenn fie fdöon längft üer(oren gegangen wäre, loenn fie niemati^ geroefen wäre" antwortete Seffing, bag er nntcr ber d)riftU(^en 'Migion „alle btejenigen ©lauben^Mjren üerftelje, welche in ben 6i)mboli§ ber erften üier ^al^rl^nnberte ber d^riftlid^en £ir($e entl)alten finb." ^i(uf (55runb biefer ©rflnrung fteUt er bann folgenbe (Söge auf :

„%ex Inbegriff jener ®laubenc>be!enntniffe fieigt bei bcu älteften 53Ötern Regula fidel/'

„®iefe Eegula fidei ift nid;t au^ 'om @d)riften be» neuen ^eftament^ gebogen."

„^iefe Regula fidei mar, d)c noä) ein einjige^ 35uc^ be5 neuen 5teftament^ eyiftirte."

„TOt biefer Regula fidei Ijaben fic^ ni($t alleitt bie erften (Sf)riften bei Sebjeiten ber 5(poftel begnügt: fonbern anä) bie nad)foIgenben 6[)riften ber ganzen erften mer 3[a()rl)unberte ^aben fie für roflfommen Ijinlänglic^ gum (£l;riftentl^ume gel)alten."

„®iefe Regula fidei alfo ift ber %eU, auf meldten bie ^ird^e 6t)riftt erbauet morben, unb nid)t bie Sd^rift/'

„^k d^riftlidje 9fletigion ift in "om erften uier 3a!)rl)un^ berten au§^ ben (gdjriften beö neuen ^eftamentiS nie ermiefen, fonbern (jöd)ften^ nur beiläufig erläutert unb beftätiget morben."

„'5)er 33emei^, baß bie Slpoftel unb ßoangeliften il)re 6d)riften in ber 2lbfid^t gefc^rieben, bag bic djriftlid&e 9teligion ganj unb xjoflftänbig barau^ gebogen unb ermiefen roerben lönne, ift nid)t gu fül)ren/'

,,^er 33emeil, ha^ ber beiltge ©eift burd) feine Leitung bennod^, felbft ol)ue bie 5lbftd}t ber Si^riftfteller, fo georbnet unb öcranftaltet , ift nod) weniger ^u fül)ren."

1) £cffing§ fämmtt. 3Ber!e. Serliu 18(30. e. 143—148.

o8

„^n^ niä)t einmal aU autljentifd^er (Kommentar ber ge^ fornrnten Kegula fidei ftnb bie 6($riften ber 5lpoftel in 'om erften 3a!)rljunberten Uixofi)Ut lüorben,"

„Hub bog war eben ber ©runb, roanim bie ältefte St\xä)e nie erlauben troUte, baf3 fid^ bie le^er auf bie Schrift beriefen. S)ag raar ehtn ber ©runb, warum fie burd)au» mit feinem ^eger an^ ber 6d)rift ftreiten wollte^)/'

3m weiteren Verlaufe ber ßontroDerfe erHärte Seffiug „runb Ijerau^, "oa^ ei ni(^t maljr fei, ba^ alle 2e):)xtx ber c^riftli^en ^ird)e, oljne llnterfd)ieb ber üerfc&iebenen Parteien, bie S3iBel für ben einigen fielirgrunb ber djriftlic^en Religion Ijal- ten/' $Diefe ^eljauptung liatte ihm nämlicl) fein Gegner aU einen „üon aUen vernünftigen (Sf)riften , oon aUen Seigrem ber d)rifllid)en Äirdie" angenommenen, „feinem gmeifel unterworfenen ©runbfa^" entgegen gehalten.

Unter 2lnberem weift bann Sejfing auf bie ®efd)id]te bei erften ©oncili oon 5^icäa l^in, wo bie rerfammelten ^ifdjöfe in i^rem SSerfaljren gegen bie Slrianer fidi auf einen gan§ an- bereu Seljrgrunb fteEteu, weli^en Seffing in folgenbe @ä|e jufammenfagt:

„^er @ieg ber l;eiligen Schrift über bie ^e^erei ober bie ^raft ber l)eiligeu €c^rift in 33eftimmung ber ^ed^tgläulng!eit l)ai iiä) auf bem ^^icöifc^en ^oncilio nur fdjledjt erwiefen. ^uxä) bie Bä)x\\t ift auf bemfelben fdjledjterbingi nidjtiS au^gemadjt worben/'

,,.3a, ben red;tgläubigen ^^ätern !am ei im geringften nid)t ein, iljreii Sel)rfa| au§ ber 6d)rift auä) nur erweifen gu wollen. @ie flauen bloi bie ^erablaffung, auf bie ©i^riftftellen , weldje bie 5(rianer bagegen anfülirten, übel unb böfe ju antworten."

„©ie gaben il)ren Sel)rfa| für feine 3Bal)rl)eit an^ , bie in ber @(^rift flar unb beutli$ entljalten fei, fonbern für eine 2öal)r6eit, bie fi$ t)on ^l)rifto unmittelbar l)erfc^reibc unb iljuen Don §8ater auf Botyx treulid) überliefert worben."

„Sie erwiefen alfo nur, ba§ bie ©^rift biefen Ueberlie= ferungen niä)i wiberfpred^e."

„Unb ber G^ebraud), ben fie \om^ von ber 6d)vift machten, war ein ganj anbrer, aU ber, ben man uni neuerer geit auf-

1) 21. a. 0. e. 239-243.

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gebrungen Ijat; raeld^em gu golgc na^ bem gar mä)i gefragt wirb, roaS unö überliefert raorben, fonbern aus ber einzigen 6(^rift unmittelbar beftimmt roirb, wa^ uns Ijätte überliefert werben f ollen."

,,6ottte bie Ueberlieferung gar ni(f)t mit in SÄnfd^lag !om= men: fo müßte man beljaupten, bafe jeber vernünftige 3}^ann, ol^ne im geringften eUva§i oon bem (s;i)riftentl)ume gu miffen, baS gange 6l)riftentl)um auS ben neuteftamentlid^en ©c^riften einzig unb allein gieljen unb abfonbern fönne; unb baran peifle i^ fel^r."

„@($abe, 'oa^ baoon feine @rfal)rung gemad;t werben fann, inbem n)ol)l fdfiraerlid) ein vernünftiger SJlann §u hen neutefta^ mentli^en 6(^riften !ommen bürfte, ol^ne baS ©^riftentl)um t)or= l)er §u fennen; unb bie ^unft, es wieber §u vergeffen, wenn er gu biefer vermeinten einigen Duelle nun felbft fommt, no($ foll erfunben werben*)-"

1) 91. a. D. ^. 245—25!,

VI.

Die irratje aller iragcn: äDaljdjctt ökr ^cepticiömuö?

„3ßüQ t[t Sßo^rl^eit?" 3ot>. 18, 38.

^tleia Ijängt alfo baüon ab, ob \ene§> Söort ber ^Ipoftel auf t{)rem ^oncil: „Q^'ö Ijat bem fieilicjcn ©eift mib iin§ öefallen" aud) jefet ncd) roatjr ift, ob aud) je|t nod; ber Ijeiütje ©eift burd) bie Äirdie über ben rcaljren Qnljalt ber Scl;re ^efii un= trüglid) cntjd)eibet, ob ein unfeljlbare^ Seliramt ber ^ir(%e gibt. Jl^eun e^3 !einel gibt, bann finb aUe Streitfracjcn über ben lüabren 3n(jalt ber Dffenbarnng unlösbar, ^r^tr muffen bann barauf oeräid)ten, ben ©inn berSef)re Qefu untrüglid; auf^ufin^ ben. ^a§ liei&t aber ben (Eceptici^mu^v bie Seigre, eg gebe gar feine fidlere SBaljrljeit unh aUe§> fei ^roeifel^aft, auf \)a§> (SfiriftenKjuni anroenben. S)ann muffen mir aber aud) barauf oerjid^ten, felbft über bie legten natürlichen ^aljrtjciten üolle, truglofe @emi§()eit gu finben, bann bleibt bie gragc : ,,5[öa§ ift 3Baljrljcit?'' unge= lüft auf ©rben, bann bleibt ber B^^if^^t ^'^^ nnfclige Soo^ be§ 2Jlenf($engefd)Iedjt§ , bann fällt ber menfd)lid)e ©eift and) auf biefem (^chkte bem 8ceptici§mu§ onf)eim,

1. O^ne unfe()lbare M)rautorität gibt Cy fein 'Mittel, um bie Streitigfeiten in ber G(;riften()eit über bie Se^re gefu gur Gntfd;eibung §u bringen; fein 9}littel, je mieber bie @lau= ben''einl)eit f)er§ufte[Ien.

2)a§ fann uidjt beftritten nn\) mufe oon aiien, bie eine tiefere Ginfid;t in bie @ef^id}te ber ^Haubeneftreitigfeiten baben, zugegeben merben. 5(ud) bie ^rütfftanten muffen anerfen= neu , bag nad^ t>cn ©rfaljiungen ber lobten brei 3al)rf)unberte iebe Hoffnung eitel ift, burd^ geleierte Sluylegung ber Ijeiügen 6(^rift bie Streitigfeiteit unter ben (Stjriften über bie ma^re Sel)re Qefu beizulegen unb fo eine ^sereinigung ^ergufteHen. ^a§

Ol

ift ahex für jebc^^ Gfiriflett^er^ ein tvofttofer, unerträgli^Jer (53c= banfe ; bae muB iebem ^roteftanten, ber (Ei)riftu^^ liebt, bie grac^e nahelegen, ob bcnn md)t 6f}viftu§ ben 3JJenfd)en ein anbere^ SJiittel öCijeben \)at, um bie ©laubene^einl)eit ju ben)al;ren.

e^riftnio ift mit ber erflärten 5lbfi(^t aufgetreten, alle SJJenfdjen in ber 9BaI)r!)eit unb in ber Siebe §u üereinüjen, unb ^mar in fi(^, in feiner ^^^erfon, in feiner flöttlidjen unb menfd)- lid)en 5Ratur. 2öie er in ber 9J?enfd}merbung bie menfdjlid)e DIatur, bie er angenommen, mit fid) üereinigt t)at, fo mitt er in ber ganzen SBirffamfeit feiner c^iri^e jeben einzelnen 3}^enf d^en mieber mit feiner 9}^enfd)Ijeit unb baburd; mit feiner ©ottljeit Dereinigen, ^o , oXl 9)littelpun!t ron allem, tritt er auf : ,,3c& i^in ber ma^re SBeinftod;" „bleibet in mir unb \^ in eui^I" „3d^) bin ber 2©einfiocf, i()r feib bie Sfteben; raer in mir bleibt unb id) in ibm, ber bringt Diele grudjt^." „3<^ bin bie Sliif- erftel;ung unb ba§ Seben ; roer ^x^. mid) glaubt, mirb leben, felbft menn er geftorben ift, unb jeber ber ba lebt unb (\xi m^ glaubt, ber mirb ni(^t fierben in @tt)ig!eit. ©laubft bu ba§?" ^Hiartba antraortete : „Qa, §err ! \^ glaube, \io!^ bu (5l)riftu0 ber ®ol)n be§ lebenbigen ©otteg bift, ber in bie SBelt gefommen ift^)." 5l(Ie§ bejielit er auf fii^ , auf feine ^erfon. Gt felbft ift bie ©runblage be§ $riftlid;en Sel)r=, Sebenö= unb Siebe^©ebäubel. 35>er i^n er!ennt, erfenntburc^ il)n alle 2öal)rljeit, mer il)n liebt, liebt in iljm unb burd^ il)nalle;o ^5ute. 2)arum belobt er ben ©laubenbe^ $etru^ unb be§ 5ll|omaö an feine ©ottl)eit; barum TOill er mel)r geliebt fein, al5 3^ater, 3)tutter \\^ .tinb. <So einigte er in fi($, in feiner ^^erfon feine jünger unb befiegelte biefe 6inig= ung burd^ jeneg 3lbenbmaljl, melc^eg iljnen in bem maleren ©e- nu6 feine» Seibeio unb ^lute» eine ganj übernatürlid)e maljrl^atte Bereinigung mit il^m oerliel). ®iird) bie (Scnbung be!3 Ijeiligen @eifte§ erl;ielt bann biefe Ginljeit il)re Botlenbung, ba biefer eroige, göttlidjc ©eift, ber 3Sater unb €ol)n in eroiger Siebe vereint, nun and) feinen 2Bol)nfig in ben ^er^en ber ©r= Ibften nel)men unb \i(x^ tiefinneilidjfte ^rincip il)rer @inl)eit roerben rooHte.

Um aber jn biefer Ginljeit in 6l)riftul gu gelangen, bebarf ber 9)ienfd) einer fo reinen, lebenbigen unb ungetrübten ßr!ennt=

1) ^0^. 15, 1. 4-5. 2) ^ol;. II, 25 ff.

62 -~

ni^ ber ^erfon Qcf u, wk bie 2lpoftel fie Cjatten. ^enn e^ geiiört 5um SSefen ber geiftigen Statur, bofe fie burd^ @r!ennen unb Siebe mit einem Slnbern geeinigt unb üerbunben merbe. ^a§> ©rfennen ift aber roieber bie Orunblage ber Siebe. SBir lönmn 3eful nid^t naä) feinem S3efel)le über aUeg lieben, xoenn mir i^n nid^t juerft aU über aEeS lieben^raürbig erfannt ^aUn. Um jebod; gu biefer ©rfenntnife Qefu gu gelangen unb burd) biefe (£r!ennt- uiB unb Siebe in iljm mit allen SHiti^riften in ber „©inl^eit be^ ©eifteiS" unb bur«^ ha^ „^anb be§ grieben^'' geeinigt ^u merben, muffen mir mit roller 5!(ar^eit miffen, roer er ift, raa^ er roill. Qebe tlngemifel)eit, jebe lln!larl)eit, jeber S^Jeifel über bie ^er= fon.Qefu gerftört in i^rer ©runblage bie (5inl)eit ber ß^riften^eit, meil biefe einzig unb allein auf ber ^eifon (El)rifti unb in ber S3erbinbung mit il)r berul)t.

2)iefer fefte, !lare ©laube an 3efu§, an feine ©ott^eit, feine Se^re, feine ®nabe, ber bie 3Jlenf(^cn fo innig mit 6l)riftu^ x)erbinbet , ba§ baburd; ^inmieber bie fo üerbunbenen 3Jlen= fd^en ©in ^erj unb (Sine Seele merben, fefet aber eine göttlid^e Se^rautorität t)orau§; eine Slutoritöt, bie be^^alb, meil fie gött= lid;er ©infefeung ift, mit berfelben 6i(j^erl)eit bie @r!enntni§ Qefu »ermittelt, mie fie bie Slpoftel burd^ ben Umgang mit 3efu^ erl)ielten; fe|t eine ^ixä)e rorau^ mit berfelben göttlid)en ^c^ glaubigung, mie ߣ)riftuS fie an fi^ trug unb fie in feinem Seben, in feinen 2ßunbern, in feiner übernatürlidjen ©rfd^einung hm 3Jlenfd;en offenbarte, ^ie Äird^e ift befe^alb nid^t nur, wie mir f^e biMjcr betrad^tet Ijaben, eine Seljrerin ber Seljre 3efu, au^geftattet mit ber Unfel)lbarfeit, um biefen göttlid^en <5(li)a^ ungetrübt allen 9}Zenfc^en jujutragen; fie ift nod^ me^r, fie ift gugleid; eine immer fortlebenbe, ben ß;^ara!ter göttlid;er S9eglaubigung an fid^ tragenbe 3^wgin t)on bem Seben, ben SBunbern, ber 2luferftel)ung , ber ©ottl^eit 3efu. ^al)er bag tiefe SBort be^ l^eiligen 5luguftinu§: „^6) mürbe bem ©oangelium nid;t glauben , xoenn mid^ nid;t bie Slutori- tät ber Äird^e baju beftimmte 0-" 5Dal)er aber auä) bie (Sr= fd^einung, bag, rao ber ©influfe ber .^irdje fd)roinbet unb bie Sel)rautorität ber ^ird^e t)ermorfen rairb, bie ©inl)eit be^

1) Contr. epist. Manirh. (Fundam.) c. 5. edit. Migne tom. 8. p. 176.

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©Iauben§ mel)r unb meljr Derloren ßeljt, bi^a man enbUc^ felbft an if)rer 3)^öglidi!ett üergweifelt.

®a§ beiueift ber gläubige ^roteftanti^muiS. 3Ba^ an leben-- bigem (Etji'ifteuglauben nod) Dor^anben ift im proteftantifdien )l>ol!e, baic t)erban!t lebiglii^ bem fat^oUfdien ©laubeii^princip, ha§> im ^roteftantiemu^ nocl) mä($tig fortraivft, ber Slutovitdt unb bcr Ambition in ben gamilien unb ber ^rebigt. 5DQg be= weift bie gried)ifd)e Üix6)e. 2öa0 bort an lebenbigem (E^riften- glauben no(^ übrig ift, t)erban!en fie ber Slutorität, bem Sel^r^ amte. ^a§ bemeift oor allem bie fatljolifd^e ^ird)e mit il^rer maljren Seljrautoritdt, rce^e rui)t auf bem gunbamente ber Slpoftel. 5Da!3 beroeift enblii^ jene Ü^ic^tung im $roteftanti§= mu^^ , meldte fid^ von aller £et)rautorität lo^gefo^t unb rein auf ba§ proteftantifije $rincip ber inbioibueEen $yorfd)ung in ber (jeiligen 6d)rift fi(5 gefteüt l^at. ^iefe§ göttliche S3u(5 mirb bann ni$t eine Cueße ber (Sinigung, fonbern ber Spaltung; ber menfc^lic^e @eift gibt feinen 3rrtt)ümern unb Irrwegen ben 6(^ein einer ^ö^eren ^eredjtigung unb gerrt fo lange an bem SBuc^ftaben, bi^> er enblti^ bie @öttli(^!eit ber ^eiligen Urfunbe felbft leugnet. Sleljnlid) rcie ber SJlaterialii^mug ben @eift im 3Jlenfc^en leugnet, weil er i^n nid^t fie^t, fo leugnet biefe 3^id^t= ung §ule|t auc^ ben ©eift ©otte^ in bem gefd^riebenen 2öortc ®otte§. ^a» le|te 6tabium ber SSerirrung ift "oann enblid^ ein ©oangelium, eine ^irdje, ein (El)ri)tent^um mit ^^er^id^t^ leifluug auf jebeS gemeinfd;aftlid^e ©laubensbefenntniß. ®a§ ift bie mobernjle entmicflung im fogenannten ^roteftanten^ oerein; ein 2luf geben jeber d;riftli(^en 2öal;rl;eit unter bem edieine, 'oa^ ha§> bie malere ^ird^e eijrifti fei. Söeld^ eine «erirrungl Söelc^ eine Um!el)r be^ ei)riftent^umg ! SBeld^ eine 2:äufc^ung be^ d^riftüdjen ^olfeö! 3mar fagt man, bag man bem einzelnen ben (S)lauben nid^t uerroe^re, aber bie 2lnfid)t ©injelner maä)t Mne religiöfe (^emeinfd^aft an^; ba§u mufe bie SSerbinbuug al§ folc^e oon einem gemein(c&aftlid[)en ^efenntnig getragen fein, (^im befenntni&lofe SSerbinbung ift feine re= ligiöfe 5,^erbinbung , Mne ^ird;e, feine d;riftlid^e ^ird^c, fonbern ein 6pottbilb berfelben. (So roeit fül)rt bie letzte Gonfequeuj besS „5öorte!§ ©otteS" o^ne 5lutorität; ha§> ift ber ©cepticiSmuS im ei)riftentl)um unter bem ©c^ein be^ (i;i)riftentl):im§; bie D^egation ber ^ird^e unter bem ©d^ein einer d)riftlid§en Äird^e; baig ift

04

bic ^ergtüeiflumj bei men)d;[id^en ©eiftel an ber d)riftli(^en 2öo!)r^eit.

2Benn e^ bal^er fein dou ©Ott gefe^te^ SeE)ramt gibt, burd) roel^el rair gum ^eft|e bei: n)al)ren Sel;re 3efu gelangen, bann muffen roir folglid^ auf alle l)eiligen, I)oI)en Sbeale be^- (5t)rifteu= tt)um» verjiditen; bann bleibt Spaltung in ber ß'l)riften^eit bi§ au» Gnbe unb fie wirb immer meiter, immer tiefer, immer allge= meiner ; bann ift ha^» cor iinum et anima una für immer i)on ber (Erbe üerfc^rounben.

Wö6)kn bod) alle, bie (El^riftul lieben, babei aber felbft \)a^ TDon ©Ott gur §ütung ber d)riftli($en 3.lVil)rl)at gefegte fiel)r- amt üerroerfen, beben!en, bafj erfteny ii)r eigener GVlaube nid)t bie maljre, göttUdje ©runblage Ijat; bajs ^loeiten^ fie fid^ ba= burd) 5aljllofer ©naben bei (I^riftentl)umi-3 berauben unb \>a^ fie ~b ritten 5 einer ©eiftesrii^tung angeboren, bie 'ba^^ (El)rifientl)um un= auefpred)li(^ üerroüftet unb fie fid) felbft oorunferem ^errn unb 3}^ei- fter S^iuS (i;i)riftu» 5um ?0^itfd)ulbigen biefer ^erraüftung ma^en.

erften»: 3i)r Glaube l^at ntd)t bie ma^re ©runblage. Wlaw fann nidjt baö ©lieb einer Mk gerreifjen unb biefen dli^ baburd) Ijeilen, baß man an bem einen @nbe t)iele neue klinge an* fegt, ^ie Sänge be» einen önbe» eifert nidjt tien 6(^aben. 60 !ann ber ^roteftanti^muS nid)t burd) bie feit ber Spaltung abge= laufene Bteilje von Sauren hm 9Uf5 auc^füüen, ben er burd; bie S^renn= ung Donber ^ird)e (E^rifti l)eroorgerufen l)at. ®ie apoftolif^e ^ette, in ber fidj bie red)tmäBige 6enbung , bie 5>orimad;t , "t^a^» 2lmt üon (£ljriftu§ Ijer fortpflanst, ift unb bleibt gerriffen unb !ann burd) nic^t^ gel)eilt tuerben. ©» ift fein 2luftrög ba unb feine 3Sollmad)t.

3 m e i te n ^^ : 6ie berauben fid) un^äljUgcr ©naben. 'änd) jene apoftolifd)e ^ük, in ber fid) bie übernatürlid^en ©naben fortpflanzen, ift, üon ber ^aufe abgelesen, für fie gerriffen: bie jaframentale ©nabenfette. S5^ie fein Sel)ramt ha ift, fo ift feine Wla6)t ba, ben Meufd^en übernatürliche ©naben 5U fpeuben. ©^ ift feine 6ünbenuergebung ba, ift feine ^ollmad)t ba, ha^ allerl)eiligfte 6aframent bei Slltarl giltig ju üermalten, unb baljer feine maf)re ©egenmart Qefu 6l)rifti im Saframent.

S)rittenl: ©ie felbft müd)en fid) ju ©enoffen einer Sfli^tung, bie fie fo tief betlagen, meil fie nod^ an (5l)riftul glauben, ß^riftu» lieben unb in il)m il)r einjigel §eil finben. (So lange fie bie von ^Ijriftul eingefegte Se^rautorität vtx-

^ 65 -

werfen, tragen fie im ©rnnbe bie 3Jiitfc^ulb unb bie SJUtoer^ antroortUc^feit für jene unfelige gerfe^ung unb ^lufTöfung im ef)riftentl)um, raelije wir t?or Slugeu '^o.htw unb roeld^e im ©runbe eine totale Seugnung be^ großen @e{)eimniffe§ göttUd^er ^x- barmung in ber SJIenfd^raerbung be^ 6oI;ne» ©otte^ ifi

2. S)ieSeugnung einer uon ©ott eingefe^ten Sel^rautorität für bie unüerfälfd^te Q3en)al;rung ber Sel;re 3efu füf)rt aber fc^liegUii) nic£)t nur gur 33er5n)eif[ung an jeber objectiü fieberen ©rfenntnig ^riftUd^er S©al)rl^eiten , guni d)riftli(^en (Sceptici^= mu^, fonbern aud^ jur ^^er§n)eiflung (\xi ber ^JJöglic^feit einer objectio roaljren unb begljalb roßfontmen fid)ern @r!ennt= nig ber ^öd)ften 3]ernunftmaljr^eiten. ©ie mad^t aße^ ©r- fennen be^ 3)knfd)en über l^ö^ere unb tiefere gragen §u einem relatioen 3}leinen; fie fü()rt batjin, ba^ ber 3JIenfd^ auf bie grage: Söa^ ift SSaljrljeit? antiüortet: 2öir n)iffen e^ nid^t; n3ir roiffen rooljl, bag wir in un5 ein ©eelenrermögen t)aben, meld^eiS nad) SSaljrljeit I)ungert unb bürftet, wir wiffen \od^\, ba6 fein S3ebürfni§ ber Dktur fo gro^ ift, aU ba§ ^e* bürfnig nac^ 2öa^rl)eit unb bennod^ gibt e^ !eine fid;ere 2öaf)r= t)eit für un§ 3JJenfd^en. ®a^ ift bie Sftücüe'^r gum ljeibnif($en ©ceptici^mu^ am Gnbe ber öielen c^riftli^en '^(x):jx^i\x[\>txit , '^k l^inter un§ liegen.

tiefer Suftanb ift in ber %\)o,i eingetreten. S)a^ ift t)ielfa(^ ber 3wftanb be^ menfd)lidf)en ©eifte^ in ber ©egen= wart, nad^bem er ftd^ üon ber göttlidjen £e!)rautorität , Don jener forttönenbcn Stimme @otte§ lo^gemad^t Ijat. ^eibe @r= f($einungen ftammen aui§ berfelben Quelle; bort \ia^ 33er^ gierten auf eine objectio ridjtige unb begfjalb allgemein gil= tige ©rfaffung ber Sel)re Qcfu, Ijier ein ^^erjid^teu auf eine objectio ridjtige unb befeljalb allgemein giltige ßrfaffung ber !)öl)eren 35ernunftwal)rl)eiten. daraus entfpringt bann Ijier wie bort bie tief in bie (^eifter unfere^ Qaljrliunbert^ eingebrungene 2ln= fd;auung, \^o.'^ in \)txi l)ö duften gragen, dou benen bie (ix- fenntnife unb bie (Srrei(5ung unferer ^eftimmung abljängt, jebe 3}ieinung gleid; beredjtigt fei. SSoljl fennt ba^ ei)riftentl)um unb bie SSernunft ben ©runbfa| an, baß ber 3J?enfd), ber einem unoerfd^ul- beten 3rrtl)um rebli(^ l)ulbigt, feine ^Verantwortung für ilju trägt unb bafe wenn er nad; bemfelben Ijanbelt, iljn leine 6djulb

». Rette I et, tag aügemcine ßoncit. 5

~ 60

trifft, ^orau^ aber bie gol9erunt3 gielien , 'oai jebe fubjectbe 2lnfid)t gleid) gut fei, auf gleidjeo 9Ied)t 2lnfprud) l)abe, ift nidjt mei)x eine golßerung au§ ber eben be5ei($neten 2Bat)rt)eit, fonbern eine 2lnfid)t, lüeld^e in ber ^er^iüeiflung an einer bfeibenben ob- jectiüen Söaljrljeit ober rcenigfteng Sföaljvljeit^evfenntnife für un» 3)^enfc^en iljren ©runb Ijat.

^iefe ©eifte^rid^tnng nun, bie \)a§> (i(;ara!teriftif(^e nnferer 3eit ift unb auf bem ©elnete ber natürlid)en SBnI;rl)eit ebenfo an einer fi(^ern 2öat)rt)citöer!enntni^ Deräraeifelt roie bie t)orl)er ge- fd)ilberte auf bem ©ebiete ber (^riftüd)en 'löatirtjeit, Ijat ä^n- i\6) n)ie le^tere im ^roteftantenuerein, and) eine ^erbinbung in bem :^0i3ent)ereine, in bem gveimaurertljume, foiüeit nämli(^ bas- felbe in bem ßemöfinlidjcn Sogenleben ben 3}Iitgliebern fnnb roirb. ©ans ^^^ ^^^ ^roteftanteuüerein ein 3]erein angeblich für ßl)riften ift, o^ne nur eine einzige (^riftlii^c 2öal)rljeit gur SSebingung ber 3Jlitgliebfd;aft ^u machen, gan^ fo n)i(l ber 9}laurerbunb ein ^er=^ ein affer 9)ienfdjen fein ^ur Pflege be^ l^umaniemuCv aUe§> ©nten unb ^djönen in ber SJtenfdjljeit, oljne nur eine einzige Ijö^ere ^ernunftmaljrbeit über 't)m malfiren (l^runb be^ ©uten unb (Sd)ö= nen feft^uljalten. ©er $roteflantent)erein mit feiner 5ßoI!ö!tr(^e ift ein SSerein pon Sljriften, mo jcber über (E^riftu^, ß;f)riftent{)um, (Etjriftenleljre, ßf)riftengnabe benfen !ann , rt)a§ er miE; alfo ein angeblid) djriftlic^er i^erein, oI)ne ba^ ein d)rift(id)er ©ebanfe bie STtitglieber Dereinigt ein SBiberfprud) in fid) fclbft. €o ift bie Soge ein SSerein, ber 'i:>tn 3}lenf($en gu feinem ]E)öd)ften meufd^en- roürbigen ©afein, jur Ijödjften fittlic^en Sßürbe erljeben n)iff, ofjne anä) nur bie not^roenbigfte ©runblage aller 6ittlid;!eit, ben ©lauben an einen perfönlidjen (^oti von ben TOtgliebern in forbern ^). Uebrigen^ finb beibe Vereine naf)e nevmanbt: ber ^roteftanteuDerein, ber organifirte d;riftlid;e ScepticiiC^mu,«, ba^5 greimaurertljum ber organifirte ^^ernunftfceptici^mu^S beim ber ScepticienuijS ift

1) ^ic brci öi'o|3cn SJhitterlogeii itt 33erliii galten nccl) [djcinbar ba§ dn-iftlidjc ^riuciv fc[t, b. f}. bie 33ebinguni], baf] ein 3)Jitgricb (Sfjrift fein muffe. 2;iefe 2lnfcrbening ift a&cr in ber lleOunii gang liur!iuuv?tco gelüor- ben unb faft in aikn Sogen aufgegeben. eiefteBt and) mit ben „alten ^flid): ten" gana im 2Biberfv>nid;) unb ift nuv fpäter eingefüf^rt. Siebe hierüber bie i^reimaui'erfd;rift Satomia, ^^b. 2G. S. 1 ff.

07

überall berfelbe. ^eibe rcben t)on (^(jviftii^, ß^riftentljum, ^ird^e, ©Ott, Steügion, ^^ot^iöetibüjfdt berfelben , in fllcid) über- f(^tx)änßli($er SBeife, beibe geljen aber baüon au^, baß man t)on aUcn biefen Ijerrlic^en ^iiu]en eUn md)i§> ©eraiffe^ raiffen fönne. ^a§ aber eine ^Idjtung ror S)inoen, raeld^e fo ungeraig finb, ba§ jebe 2lnfi(^t über fie gleid) gut ift, gu bebeuten Ijat, üerftet)t fii^ Don felbft. 53eibe 3]creine arbeiten bat)er au«^ für einan- ber. ^er ^roteftantenucrein mit feinem $roje!te einer 5>ol!§s !ir($c ift eine ©ytenfion ber Soge in^ d;riftUt^ proteftanlifd)e Sßol!; eine ^orljalle für jene, beren gu^befleibung gu fdjmugig ift , um in bie geraeif)ten 9täume ber Sogen ein§ntreten ; er ift ber mit bem Sd^eine ber d)riftlid)en ^irt^e §ugebedte , unter i()m üerftedte Q.serfud^, ba^ gläubige proteftantifd^e SSolf unter bie §anb ber Soge gu bringen, ^aljer ftcl)en aud) Sogenbrüber überall an ber ©pi|e ber 53en)egnng jur ©rünbung ber neuen ^o[Ut\xä)e. ©ine SJlijfion von (El)riftu^3 !)aben fie ba^u gemife nid;t, ob fie eine TOffion ber Soge baju Ijaben, fteljt ba^in.

Uebrigen» !ann unl biefe SSer^meiflung be» fit^ felbft über- laffenen menfd)lic^en ©eifte^o, aEgemein giltig unb objectio üoHs fommen ridjtig bie Seigre Qefu unb bie Ijö^ern ^Senunft^roa^r- l)eiten über ©ott, Urfprung unb 3^^'^ ^^^ 3Jlenf^en erfennen ju fönnen, nii^t überrafd;en. ©^ liegt tl)r t)ielmel)r eine relatioe 9lott)n)enbig]feit gu ©runbe unb fie fonnte and) j[e|t erft in biefer SluÄbeljuung ben ©eift ber 3Jlenfd)en erfaffen. ©er 3Jieufd)engeift toar im Slltertljume hti feinen gorfi^ungen nie ganj frei üon jeber Seitung. @r ftanb üielmeljr unter jal)(lofen bered)tigten unb unbered)tigten beftimmenben ©inflüffen. ©ie uralten ^rabitionen bCiS 2}^enfrJ^engefdjlec^te^3, bie Staatlreligionen unb ha^ ©taatjS- wefen, W 3Jleinung ber 3Sorfal)ren übkn auf ben ©ebanfenfrei;! ber 3}tenf(^en hen tiefeingreifenbften (Hinflug. S)a§ mar feljr ua= türlid), ha ja ha§> ganje 3Jlcnf(^engefc^led)t, je nü^er feinem Urfprunge ftanb, bie ©inbrüde jener Slutorität in fid; tragen mu^te, bie e§> burd^ il)re 2lllmacl)t au§ bem 9ti(^t§ in§ ©afein gerufen {)atte. @rft ßljriftu^ l)ai ben mcnfd^lid^en ©eift von a\itn falfd)en Slutoritäten befreit; freilid^ nur in ber 2lbfid^t, um if)n ber maliren, göttlid^en Slutorität ganj §u unterroerfen. "^enn nun biefer ^hnfcliengeift, ber uon feiner ©efd)id)te, feiner ^rabi= tiort, feinem 2lnfel)en ber 58oreItern mel)r getragen ift, ber feinen 6tols barin fe^t, nii^t^ mel)r al§ Slutorität gelten gu laffen, fid^

68 ~-

au$ von biefer ßöttltd&en 5lutorität tu (E^riftu§ lo^madjt, fo fann eg nur gu leid)t gefd^e^eu, ba& er enblid^ bei ber ^ergmeifluug an ber 3Jtö9lid;!eit einer bur($au^ fiebern ©rfenntnife ber ^ö^ern 2öa{)rl)eit anlangt.

S)er nienfd^lii^e ©eift gang auf fid; angeraiefen, ift nnb bleibt jroar befäl^igt, SBar^l^eit ju erfenuen, nnb er verliert befeljalb nie ganj biefeö ^eraufetfein; er ift aber and) bem grrttium un= terroorfen. ßr fann \iä) n\d)t üer^e^len, raie Diele 3}iitmenf($en von feinen '^n\id)kn, mögen biefe nod) fo reblidö fein, abroeii^eu. Sßie leidet fann il)u ha in hen Ijödjften nnb loidjtigften gragen ber graeifel befi^leic^en, ber ©ebanfe : Qft ha§> raaljr, raa^ 'i)n benfft, !5nnte e^ nid)t auber^ fein? gerner ift ber nienf(^(ic^e ©eift nid^t ber abfolute ©eift, nid^t ber ©eift, ber an unb au§ fic^ eroig ber^ felbe ift, eroig unb unronnbelbar bie 2ßal)rl)eit erfennt. 2Bie oft ha^ gegen roirb ber 3)ienfd; baran erinnert, bQ§ fein teufen an unb an§> fid^ fel}r Ijinfcidig ift; roie oft fiel)t er felbft im ^^erlaufe be^ eigenen Seben^ feine Segriffe, mit benen er bie ^ingc f äffen roill , fid) änbern; roie oft finbet er, ha^ biefe Segriffe, bie gorm feiner ©ebanfen üon 'ücn S)ingen, nid;t objectii) rid^tig, ha^ fie §u flein ot>er in roeit ober gar unoernünftig roaren, bajß itjuen 3}lomente fehlten, bie ju bem 3Befen ber ^inge geljörten. Unfer ganje» 2cben ift ja ein Sftingen nac^ biefen objectio rid)tigen Segriffen, ^enn nun ber menfdjlic^e ©eift babei gan§ fidj fclbft iiberlaffen ift , roie feiten roirb e^ bann in ber Sage fein, mit jroeifedofer ©eroiglieit fagen gu fönnen: Qdö befi^e j[egt bie 2öal)rl)eit, roie fie an fid) ift, roie fie für mid^ unb für alle ift, roie fie eroig bleiben roirb. ^a^ ift faft unmöglid^ für ben gan§ fid) felbft überlaffenen 9Jlenfc^engeiit. Söie fe^r ift er bann ber ©efaljr au^gefel^t, ba§ nad) langem vergeblichen Sftingen jeneö fd)redlid;e ©djidfal aud; iljn treffe, roeld)e^ un^ ber Slpoflel ^aulu§ üon jenen Reiben fd^ilbert, bereu „Ser* ftaub mit ginfterniB t)erbuu!elt ift," „bie eutfrembet finb bem 2ehcn @otte§ burd) Unroiffenljeit, bie blinb finb in iljrem gergen unb enblid^ in ber Ser^roeiflung an ber 2Bal)rl)eit fid; allen Süften be^ Seben^ l^ingeben^)."

<So notljroenbig bebarf ber Wlcn\d) einer göttlichen Leitung auf bem Sßege gur 2[i5aljr]^eit , fo tief entfprid^t bie £e^re ber d;rift*

1) epl^ef. 4, 18. 19.

69 -.

Ii$en ^ir$e Don il^rer unfeljlbaren Sc^irautorität bem imierften SBebürfni^ ber Bede be^ SJJenfc^en, ^a0 ift 't)a^ „©ntroeber Ober" für ben 3}tcnfc5en9eifi :

©ntroeber er folgt ber ©timme (Sf)rifti, bie gu il)m rebet. ^ann rcirb er felbft ben grieben firtben, oon £{$t ju 2\^t, t)on ©eimfeljeit §u ©eraiglieit f ortfi^reiten , in jene glüdfelioe geiftige SSerbinbnng eintreten , bie fo ijiele ©eelen bnr($ alle d;rifilid^en 3Ql^rl;unberte anf Grben nnb im gimmel mit (S!)riftn§ cerbinbet, bi§ er felbft gnr eroigen 2lnf(^auung be§ eroigen Sid^te^ gelangt;

Dber er folgt nur fid; nnb bem £id)te feiner SSernunft. ^ann roirb i^n ber 3"^eifel verfolgen nnb raftlo^ treiben bis ans ßnbe feines ©afeinS ; bann roivb er t)on einer 3)kinung jur anberen roie Dom Sßirbelroinbe uml)ergetrieBen roerben; bann roirb er in ber ^erjroeiflung an ber SSa^rf^eit unb an feinem (Seifte, an aUcn Ijöl^eren ^'i^een, fic^ blinblingSin bie 9)laterie ftür^en; bann roirb er alle geijligen 33anbe gerreifeen, roelc^e iljn mit anberen 9}lenf(^en vereinigen nnb enblid^ ein Sltom unter rielen anberen Sltomen werben, bie alte üereingelt auf eigenen Qrrroegen roanbelm

3e meljr biefer ©eij^ beS ScepticiSmnS, ber S^erjroeiflung an l)öl)erer 2öal;rl)eitoer!enntnig in nnferen ^agen zugenommen I)at, befto roeniger !önnen roir uns rounbern, ba§ ©ott roieber in an^erorbentli($er 2ßeife gu ben SJJenfc^en reben roiH, um fie üon biefen Qrrroegen äurüd^ufül^ren.

VII.

®f$rn|latt?) ititb ffirenjcn bcs ttttfel)ll)arrn £fl)raittteö ber Ätrd)e.

„©Ott ter §crr bracMe l^crüor . . bcn 33aum be§ 2e6en§ in ber STcitte beö ^arabie|e§ unb ben 93oum bei- (Srfenntni^ be^ ©utcn unb beä Sbfen xmb ein ^lu^ ging auä com Drte ber SBonne, um baä ^arabieä gu beitJäffern." 1. 3?Jof. 2, 9 f.

§ie tjcilioe €d)rift kßinttt bie ©efdjiditc ber 9)lenfd)I)eit mit bctn irbifdjen ^^arabiefe. 6ie ie\o,t ur\§> in bemfelben einen „^Qum be§ SebenS'' unb einen „33aum ber ©ifenntnife be^ ©uten imb SBöfen^).'' ^urc^ ben ©cnuß t)Dm S3annte bes Sebens^ fol(= ten bie 3Jienf$cn ba§ Seben fid) beraaljren. ©ie bnrften aber » nur fo lange t)on bemfelben effen unb baburc^ ba§ Seben, n)eld)e^ nuS einer übernatürlidjen ©emeinfdjaft mit ©ott, bem emigen Seben unb ber alleinigen üuelle alle.^^ Sebcn§ cntfpringt, aU fie im ©e^orfam gegen ©ott fid) erl)ieltcn. Wdt bem Ungel)ovfam marb ber 3Jlenf$ au§> bem ^arabiefe vertrieben, „bamit er ni$t me()r uel)men fönne oon bem ^aume be^ ßebene unb effe unb lebe 2).''' 5)enn er mar je^t bem ^obe, ber Trennung üon @ott verfallen. Sieben bem 33aume be§ SebenS unb ber ©ilountnift feljen mir bann no(^ bcn Strom, ber von bem Orte ber SBonne au»gel)t, „um ba§ ^arabie^ 5U boraaffern ^)/'

2öie bie göttlid)e Offenbarung aber mit bem 2lnfang ber irbifd)en Sjinge beginnt, fo fdjliefjt fie mit bem ©nbe bcrfelben, mo fie in bie ®roig!eit übergeljen. 2öie ba!)er bie erften ^üd^er üom irbifd^en ^arabiefe reben, fo reben bie legten '^üd)er ber l)eili= gen 6d)rift com eraigen $arabiefe, üon bem jene« nur ein ^or= bilb mar. SDaburc^ eilcuneu mir nun mit tJoHer Älarl^eit ben

1) 1. 2«of. 2, 9. 2) 1. 3)?of. 3, 22. 3) 1. 3}?of. 2, 10.

71

waljren erijabenen 6iun jeuer Ssorbilbcr im erften ^arabiefe. ®a ^eigt Ulli ber Ijeilige QoIjauueS „beu neuen §immel unb bie neue ßube, bie Ijeilige <Bia\)t, bal neue Qerufalem/' ,,bQ§ 3elt @ottey bei ben 3JJenfd;en, wo er bei iljuen raofjut unb fie fein ^ol! finb, unb @ott felbft mit iljuen i()r @ott ifl unb jeg= Iid)e ^fjräne von i^ren Singen txoänet^)/' S)ort ift er bol 5llpl;a unb bal Dmega, ber Slnfang unb t)ay ßnbe. @r gibt bort bem ^ürftenben au^ ber üuefle be§ Söafferl beio Seben^^). ^ort ift bie .gerrlicbfeit ©otteg unb ha^^ Sendeten berfelben ift, wie bal Sidjt fid) bricht in ber ^arbe aller ßbelfteine nnh ^xiy- ftatte^). U]ib einen 3:;empel fa^ er nid^t, benn ber §err ©ott, ber 2lllmäd)tige i\i ii)x Tempel unb ba§ £amm. Unb bie Stabt bebarf nid^t ber ©onne unb bei 93Zonbel , bog fie iljr Ieud;ten, benn bie §errlid)feit ©ottel erleuchtet fie unb iljr Sic^t ift bal £amm^). S)ann fiel)t ber ^eilige Soljannel einen ^trorn le= benbigen Söafferl. (Er ift IjcE rcie^njftall unb er geljt an^^ von bem %f)xom ©ottel unb bei Sammel. 2ln biefem 6trome fte{)t luieber wie im ^oraDiefe ber SBaum bei Sebenl, unb bie 33lätter 'i)c<^ 33aumcl finb gur Heiligung ber Golfer. Unter biefen fte^t ber ^fjron ©ottel unb bei £ammel unb fie finb feine Wiener. Unb fie feljen fein 2(ngefid;t unb tragen feinen 'Ramcn auf il;rer @tirne. Unb ^lad)t ift nidjt meljr, unb nur me()r £i($t, bal von ©ott fetbft aulftraljlt, unh fie [)errfi$en mit if)m von ©roigfeit ju (£-rüig!eit5). ^a§> ift bal ^immlifdje ^arabiel. öier finb aile Silber unb 3Sorbilber in ber 3^atur unb Offenbarung im alten unb neuen Sunbe oeridirounben. ®a ift ©ott allel; ba ift !ein 3^^t, Mn Tempel, ba ift fein ^arabiel , ba ift fein Sidjt unb fein Sßaffer, ba ift fein jörob unb feine Ütaljrung, ba finb nfle 3<^^^^i^/ ö^fß Sd;atten, alle Silber üerfatlen, ba i]t nur bal eroige Sendeten ©ottel unb bei Sammel unb bie eroige @ommu= uion ber ©efdjöpfe in ber STlieilnaljme am Scben ©ottel felbft. 3»t)if d;en jenem erften ^arabiel, von bem 3}^ofel er^älilt, unb biefem legten eroigen, von bem ber I)eilige 3 o Ij a n n e I rebet, fte^t ber alte unb ber neue ^unb; ber alte all @d;atten bei neuen, roie biefer roieber in geroiffem Sinuc @d;atten bei eroigen ^unbel im §immel ift. 3Bir fonnen unl baljer nid;t

1) Dn'enö. 21, 1—4. -2) 31 a. C. «cr§ 6. o) 2(. a.D. SBer§ 11. 4) 3(. a. C. 3^er§ 22—23. 5) Cffenl). 22, 1—5.

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wunbern, mnn wir au$ in biefer Qäi bcr SSorbereitung auf baö ewige ^arabieS in ber ^irdje ©otte§ göttlid^e Snftitutionen finben, bie m^ il)rem SS^efen unb iljver ^ebeuturtg ganj mit jenen S3ilbern im ^arabiefe unb i^rer (Erfüllung im eimgen 2ehen 3U= fammcnf aßen. 2tu$ bie ^ird)e ©otte^ auf ©rben tjat ben £eben§= bäum im aller!)eiligflen Slltarfacramente, beffen gvuc^t mir effen, unb baburdö ernige^ 2thm unb Heiligung erlangen. Sluc^ bie ^irc^e ©otteiS 't}ai itjren ©trom lebenbigen 333affer^, ber t)on bem ^^rone ©otte^ unb be^^ Samme^ au^ge!)t unb in ben fieben Sacramenlen fic^ über bie ©eclen ergiefst, Sind) bie ^ird}e ©otteS l§at il)ren SBaum ber ©rfenntnife in bem Sel)ramte ber ^ird^e. Sßer fi($ i^m untermirft, erf)alt gutritt §um Seben^buum, mer ii^ il)m nidjt unterwirft, barf and; bie grudjt be§ Lebensbaumes ni$t genießen. 2Bie an bem S3aume ber ßr!enntni6 baS ©utc unb äöfe offenbar mürbe burd; @eI)orfam ober Ungel^orfam, fo wirb auc§ an biefem kannte ber ©rfenntnife, an biefcm göttlid^en ßeljr- amte baS ©ute unb Söfe in unS offenbar, je nad)bem mir unS i^m im ©eljorjam unterwerfen, ober in ©mpörung unb ©tolj beS ©eifteS nn^ bagegen aufleljuen.

Qe wichtiger aber biefer @eI)orfam gegen bie ^irdje ift, je fdjwerer bem 3}lenf($en fällt, feinen geiftigen ©tolj, weld^er fid), wie ber 5lpofteI fagt, gegen bie ©rfenntnig (3oik§> erliebt^, ju überwinben unb ben 35erfianb im ©eljorfam gegen ß^firiftuS ge# fangen p geben, befto not()wenbiger ift cS, oon bem Umfang biefer göttli$en Seljrgewalt einen wahren entlpred)enben begriff gu l)aben unb aEe irrigen 3]orftelIungen fern p galten, ^nä) l[)ier fönnen wir baS Sföort beS gerrn anwenben, bag fein Qod^ fü6 unb feine SBürbe leii^t ift 2). Söenn bennod^ 3)ielen ber ©e* ban!e unerträglii^ ift, it)ren ^erftanb (Et)riftu5 unb feiner ^irc^e gefangen p geben, fo fommt eS nid;t feiten bal)er, weil fie von bem Umfange ber Sel)rgewalt ber ^irc^e gan^ irrige ^Begriffe l)aben. ©S ift ba^er wid;tig, i^ren waljren ©egenftanb wie il)re ©renken genau gu fennen unb ju wiffen, welcl)e SluSfprüdje ber Äird^e wir als 2IuSfprü(^e il)rer unfel)lbaren ße^rautorität aner- !ennen muffen.

2)ie ^irdie Ijat als bie üon G^riftuS gegrünbete Slnftalt, um feine £el)re ungetrübt unb rein bis an baS (^n'i)e ber 2öelt

1) II. eor. 10, 5. 23 maii^. 11, 30.

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atten SSöÜern gu t)er!ünben, eine breifad)e Slufgak er^altctt. ©ie ift bie von ©^riftiig kftelltc 3^"9^^ f^i"^^ Sel)re, fie tft bie von i{)m befteHte ^^id^tevin über ben n)al)ren 2^i\)a[t feiner £ef)re, fie ift eriblii^ bie Setjrerin feiner gött(i$en Se^re. ^iefe breifai^e 2lufgQbe geigt itnS md) ben (SJegenflanb unb bie ©renken i^ver Seljrantoritat. 2Bir muffen fie nnter biefem @efi(^t^pun!te nö^er Mxaä)Un, felbft auf bie ©efQ!)r l^in, einiges §u Wieb erholen, roa^ mx bereits angebeutet l^aben.

<Sie ift erftenS bie t)on S^riftuS befteUte g^itgin feiner 2e1)xe unb foll als fotd^e t»on berfelben a\i(n 3}?enf($en bis in ben fpöteften ®efd)Ie($tern mit berfelben Sic^erljeit unb ©ewifetjeit .^unbe geben, wie eS bamalS gefc§ef)en, als ©l)riftuS felbft fie üerüinbete. S)er ^eilanb fagt über ben Qwed feiner ©rfc^einung auf ©rben: „^a^n bin \ä) geboren unb baju in bie 2öelt gefommen, um von ber SBalirljeit 3ß"9"i6 abzulegen. 2öer immer ouS ber ^a^x- Ijeit ift, ^ört meine stimme ^)." ©r ift ein »oHgiltiger 3^"Öß für bie Sßaljrlieit. ba er ja als @ott bie 2öal;rl)eit felbft unb ein emiger 3^^9^ ^^^ göttli(^en SebenS in ber allerl;eiligften ^rei* faltigfeit ift. 5lber maS ^tk unS allen, bie mir ni(^t mit iljm gelebt, nic^t i^n , biefen ©otteSfoljn, gefeljen nnb gcljört I)aben, bief eS 3^"9"i6 Ö^^ii^t, menn mir nur fold^e S^n^^n fein er Sel)re l)ätten, bie mie alle 2Jienfd)en an fid^ bemQrrt^ume unter= roorfen mären. (Sine ^laä)x\ä)i, meldte mir gebrai^t mirb, l)at, fie mag an fid^ nnb i^rem tlrfprunge na^ no(^ fo gut bezeugt fein, für mi$ bod; nur bie ©laubroürbigfeit beS legten Sen^zn , ber fie mir bringt. 3ft biefer bem ^rrtl^um unterroorfen ober felbft un^ glaubroürbig, fo bleibt fie mir ungeroig, fie mag in il^rem Ux= fprung no(^ fo gemig fein. SBenn bal^er baS ^^«gnig 3 e f u ©Ijrifti für bie Sßatirljeit aller fpäter lebenben SJ^enfdjen nid^t mieber oerloren gel)en ober menigftenS gan^ nnfid}er werben foHte, eine 2lnnal)me, meldte eine übernatürliche Offenbarung gmecfloS unb folglidf) unoernünftig madjcn mürbe, fo mußte er für alle fpätere Qdkn S^^Ö^^ ^it einer öl)nlid)en ©laubroürbigfeit , mie er fie felbft als ©ott=9}^enfc^ l)atte, für feine ßel)re auffteden. ®aS maren unb finb aber bie 2lpoftel unb bie „auf bem gunba-- m ente ber SlpofteP)" in ununterbvodjenem gufammenl^ange, mie ein ©tein beS ©ebäubeS ben anbern trägt, auferbaute apoftolifd;e

1) Sol^. 18, 37. 2) e^rjef. 2, 20.

74 -

^ird^e, wel6)e ß^riftu^ felbft wie bajo ^oupt bie ©Heber sufnm= inenljolt i), unb in raeld^er ber ©eift ber 2öat)rlje{t (jegenroärtio ift, um fie „alle^ gulelfiren unb an a Heg 3U erinnern 2)/' raaö Gljriftuö gelehrt l)at. 5I(^ S^i^ö^^ ^^^^ f^i^^i^ S^^^i^ß w«b feinem SOöer!e l)at er feine SIpoftel in bemfelben feierlidjen 3Ingenblicfe beftctft, aU er bieSBelt üerloffen raoflte, unb iljuen nodi ple|t ben Sluftracj n)iebert)olt, feine £eJ)re allen ©efdjöpfen ^u t)er!ünben. 3nbem er auf bie ^'erljoigung Ijinroie^, me\ä)e er il)nen vor feinem Seiben gegeben, fprad) er : „3f)r werbet bie ^raft be§ fjeilißen ©eifte^, ber auf eud) !)erabfommen mirb, empfangen, unb iljr raerbet mir 3eugen fein in Qerufalem unh in ganj 3ubäa unb 6amaria unb bi§ an Ue ©renken ber ©rbe 3)/' ©nio mar bie 3(u^3rüftuiig, bie armatura Dei^), mie ber ^Ipoftel fie nennt, für ba^ 5IpüftoIat, unb ba§ mar ber luftrag, bie ©enbung : bie Slu^rüftung, ber l)eilige ©eift felbft mit feiner göttlidjen Straft; ber Stuftrag: ,,^[)x foat mir Senge fein." €0 ift e^ , fo bleibt e§, üon feiner <oimmel= fal^rt h\§> gu feiner Sßieberfunft. ^x§> baljin ift bie £ir($e, mit il)rem gunbamente, ben Slpofteln, auf ©rben bie Qeno^in Sefu. 2ßag (£[}.riftu§ burd) feine ©ottljeit mar, alfo aug fid) felbft, S^uc^e ber eroigen 2öal)rl)eit, ift bie 5lird)e, fo meit fie an§> 3}^enfd)en befte^t, nidjt au§ fid), fonbern burd& bie Straft 3efu (S^rifti; unb roie (E^riftu^ St'Wflnife ablegt von fid) felbft, fo legt bie Slirdje 3^i^Ö^^^6 ^^ ^o" ß^riftu^. 21B 3^^!^^^ (Sljrifti traten bie Slpoftel gleid) nad) bem erften ^fingftfefie auf. „liefen 3efu§ '{)at ©Ott aufermedt; befe finb mir alle Sengen^)." ®a§ mieberljolt Der l)eilige $etru§, fo oft er öffentlid) rcbet: „^2öir finb 3^"9^^^ ^0^1 allem, ma§ er im Sanbe ber S^^^en unb in Serufalem getrau ^at*^)." 2ln bie ©teile be§ ^errätl)er^ 3uba^ mirb 3)lattl;ciu§ gcmäljlt, bamit er mit ben Slpofteln ein S^'wge ber 2luferftel)ung ^efu'') fei. ®iefe§ S^^^n^ife Ijaben bie3lpoftcl fortgefe^t in ber ^ird^e burd; (Ijre 3tad)folger bi^ Ijeute. ^äe Äirc^e aber, inbem fie S^^^P^fe Ö^'^'*^ ^^n 3efu^3, feinem Scben, feinem 3:^obe, feiner Sluferftel^ung, !ann immer mie bie 5lpoftel fagen: „5öa!§ mir geljört, roa^o mir mit unfern Slugen

1) ©pM- 4, 15 f. 2) So^- 14, 20. 3) 5(poftcr(i. 1, 8. 4) ep^cf. 0, 11. - 5) 2lpL>ftcIg. 2, 32; l^gl. 3, 15. (>) 2lVo[tcl9. 10, 39. wnb 5, 32. 7) 3(poftfl9 1, 22.

<0

gefeljen , wa§> . . . unfere gäiibe hmi^xi I)akn , . . baö be^ geiujen unb t)er!ütiben wir cu^ ^) " €ie ift biefelbe in iljrem Slnfanije unb Ijeute; fie ift ber leknbige Seib (Et)rifti, fie ift in i()rem Slnfange ^nräeit ber 2(pofte( 3^"9i^ ^^^ Sebenl, bergim- melfalirt Qefu ßcircfcn, wie fie einft S^^Ö^" ff^^^^^* 2Sieber!unft fein rairb. (Sie begeuöt allen ^sölfern, iua§ fie felbft non Jjefu^ gefeljen i^at. SSenn aber (^f)riftu5 felbft feine ©(anbraürbigfeit bnr(^ (Srfüüuno aller ^roplje^eiljungen be§ alten ^unbe§ unb burd) 2Bnnber, jule^t burc^ feine Sluferfte^nng beftätiöt l^at, fo trägt aud) bie J!ird}e in iljrem ^efteljcn feit ac^tjeljnljunbert 3al)ren, in iljrem raunberbaren Seben, baS eine offenbare (Erfüllung aller ^erljeif^ungen Sefn ift, ha§> überatt ©otte§!raft unb G)otte0= iDirfen be!unbct unb and) bie SBunber 3 ein in bem 3Bir!en ber «geiligen burdj aöe Sabr^unberte fortfe^t, in il^ren üier großen 3)ler!malen ber (Sinljeit, 5Illgemeinl)eit , Slpofto- licität unb ^eiligfeit ha§> Ijödjfte unb übernatürlidje Siegel ber ©laubraürbigfeit an ficb. 9iid)t von einem tobten Su^ftaben wirb auf ©rben ba§ :^eben bes ©ottmcnMjen bezeugt, fonberu tion ber ^lirdje, bie ba^> Siegel ber ©öttlidjfeit an fid) trägt.

■5)ie ^irdje ift g weitend bie t)on (EliriftUiS beftellte dlid)- teriu über bie n)al)re Seiire ^c]vl bei eintretenben Streitige feiten, über il)ren 3nl)alt unb Sinn. ^a§> ift eine notl)men= bige golg<> ber eben befprod^enen 3Sollmad^t. 2lUnnt bie Äircbe allen SJfenfc^en eine beglaubigte ScuQxn ber maljren Sel)re 3efu fein fon, fo mufe fie audi bei entftel)enben Streiti;.]feiten über Sinn unb 3nl}alt biefer Sel)re eine üon ßljriftu^ beftellte 91id)= terin iein. ^er göttlid^e $eilanb, iDeldjer irollte, bafe feine £el)re alleu 3)lenfd;en unb 33öl!ern bi» an ba^ ©nbe ber 5\>elt i)er= lünbct mcrben foQte, mu^te §ngleid), n)eld)e ©efal)r leine ßeljre uor allem bebroljte. Sd;on an fid) max ber Diatur ber ^inge nadj nnmöglid), baf3 über feine Seljre, ba fie für bie fernften 3al)rl)unberte unb für alle ^^ölfer mit ben uerfc^icbenflen "än^ fiepten, Spradben, Gegriffen beftimmt mar, im ßaufe ber Qdi nidjt bie oerfdjiebenften Slnfidjten entfleljen mürben. 2öo finbet fic^ ein 58uc^, uor.taufenb Qaljren gefdjrieben, unter einem an^ bereu ^olfe mit anberen Sitten, in einer fremben Sprad^e, ba^ nid)t äu ben t)erfd)iebenften ^ilu^legungen Slnlag gibt. 2)a$u

1) 1. ^0^. 1, 1-3,

76 -.

tarn, bng er ba§ ^d^ ber Sßa!)r]^eit im Kampfe öegen ben ßücieiigeift grihiben trollte, mib raie !ann hk fiüge bie Sßaljrl^eit QTiber^ üU burd^ ©ntfteHuttg befämpfen. ©nblii^ raoHte er burd^ feine Seigre ba^ ^öfe, bie ©ünbe, bie Seibenfc^aften be3 ntenfclj^ liefen .gerjen^ überrainben, unb atte biefe böfen 9ftid;tun9ert be§ 3)tenfd;enl;ergen0 mußten ^Buubeggenoffen beS SügengeifteS Tücrben, um bie ßel)re S^fi^ ^od; i(jrem 6intie au^ul^i gen. ©egraegen marnte ber §eilanb fo bringenb mx ben falfd^^n ^ropl^eten, rael^^e auftreten mürben i). 2Bie i)ätte er feine Se^re o^ne ]f){nrei($enbe§ @d;ugmittel gegen atte biefe ©e^ faljren einer ©ntfleüung (äffen fönnen, o^ne ef> ben DJlenfd^en, für bie fie beftimmt mar, unmöglid^ gu mad^en, fie §u finben. ^t^raten boc^ f(^on IUI g,e\t ber SIpoftel Qrrlcljrer auf, meiere bie ©runbs lagen ber c^riftliijen Söa^rl^eit gu erf($üttem bro()ten; unb fo ift geblieben bnrd) alle Sabrljunberte. ^on ben erften ^eiUn an erfannten bie dl^riften in ber ^Serfälfd^ung ber reinen Seigre 3 efu eine f^merere SSerfoIgung ber ^irc^e, al§ fclbft bie blutigen maren. 9^ur bie ^ird)e bema()rt ba^ göttlid^e ÜJlittel gur ^nU fd)eibung biefer (Spaltungen. 2öer biefe^ 3JJittel nidjt aner= fennt, ber mu§ nid;t nur für ft($ barauf üerjid^ten, unter bem Söiberftreit galiUofer 6treittg!eiten über bie Sel)re 3efu, mit ©i(5erl;eit hk maljre p finben, er mu^ auc§ gugeben, bafe (5;i)riftuö felbft huxä) feine ©inrid)tung bem 3}^enfd}en unmöglid) ge= ma6)t l)a5e, feine maljre £el)re mit üoUer ©eroiglieit ^gu er- fennen. T)tefe§ 9}tittel ift aber fein anbere^ al0 ba§ bei bem erften Streite auf bem apoftolifd^en (Eoncil angeroanbte: bie ©ntl(5eibung be§ l)eiligen @eifte§ burcj 'oa^ in ber ^ir$e gegrünbete 2lpoftolat. ©er Slpoftel ^aulu^ fagt üon hen d^riftlii^en 3öa^rl)eiten , bie er t)er!ünbete: „9Jleine 9iebe unb meine ^rebigt beftanb nid)t in überrebenben SBorten menf^li($er 2Beic^l)eit; fonbern in (?rmeifung von @eift unb ^raft, bamit euer ©laube nitjt auf 9)knfc^enuiei5l)eit berul)e, fonbern auf ©otte^ ^raft. 3nbeg lel)ren mir boi^ SBeieljeit bei ben 53oIIfommenen, abn nidjt 23ei§^eit biefer 2öelt, nodj ber (SJrofeen biefer 3öelt, bie in nidjte merben, fonbern mir leljvcu ©otte§ 2Beiöl)eit, bie im (S^el)eimniffe verborgen mar, meldte ©ott Dor aller Qdt ju unserer .fierrlii^leit beftimmt l^at^)." ®araug jie^t bann ber

1) ^aiif). 1, 15. 2) 1. (Sor. 2, 4—7.

77

Slpoftel eine roidjtige golgening: „2ßer oon ben Wlen\6)zn m\% wag be§ äTcenfdjen ift, al§ nur ber @nft be» 3Jienf$en, ber in iF)m felbft ift? <Bo erfennt aud) feiner, raas ©otteiS ift, al^ nur ber ©eift ©otte^. 3öir aber Ijaben nic^t ben ©eift biefer äöelt empfanöen, fonbern hm @eift, ber au§> ©ott ift, bamit loir wiffen, xoa§> von ©Ott un^ getjeben i)V)". ^amit ift ein für QÜetnal im tiefflen ©runbe bie llnmöglid)!eit für ben SJlenfd^en nai^geroiefen , über bie Set)re .Qefu unb ii)xen Ijö^e- ren übernotürlidjen Sinn nüt rein natürli^en Wittdn in^ Dieine gu fomnien. 9^ur wo ber ©eift ©otte^ ift, fann über ben ©tun biefer Seljre entfdjieben raerben. §ier begegnet un0 baffelbe SSerpItnig. Sßie eine übernatürlidje %l)ai^aä)i il;rc übernatürlii^e ©etüißljeit nur beiüaljvt burc^ einen Q^n^m, ber eine f)ö^ere, qI^ blos menfdjlic^e Beglaubigung ^at, fo !ann über ben roaljxen 6inn einer göttlidjen Offenbarung nur eine l)öt)ere, von ©ott felbft in übernatürlicher 3Beife geleitete Sel)rautorität ßntfd)eibung geben. ®er f\^ felbft überlaffene 3Jlenfc^engeift fann ebenfo wenig barüber entfd^eiben, raie ein ©efd)öpf nieberer Drbnung über baiS, raa^ bie Vernunft be^g 2}ien[d;en forbert.

S)ie Äird^e ift b ritten^ Dermöge \i)xe^ £el)ramte^ bie von 6l)riftug beftettte Se^rerin ber Söaljrljeit. ,,Sel)ret alle ^^ölfer^)," „prebiget "oa^i (Suangelium aßen ©efc^öpfen •^)/' ©ie ^at bie allein legitime ©enbung gum 2lpoftolate, im ©rofeen unb im kleinen, in ber ^Verbreitung be^ ßl)riftent^um§ unter aßen Golfern, mie im Unterricht be^ diriftli^en 3Sol!e§ felbft. D^ur fie l;at bie 3}lijfion von (Sl^riftuS unb begt^alb nur fie eine red)tma6ige 3)tiffion. 3Son aU^n Slnbern, bie oljne biefe 9)Jiffion lel)ren, gilt, rva§> bie ^Ipojlel auf beut apoftolif($en (Soncil an jene 3ubend)riften nad) 2lntiod)ien f($rieben, meldje bie ba^: malige Streitfrage üeranlafet Ijatten: „^ir l)aben geljört, bafe Einige, ■rr)eld)e von un^ ausgegangen finb, eud) hnxä) iljue £e§ren beunrul)igt unb eure ©eifter tjenoirrt Ijaben; benen mir aber feinen Stuf trag gegeben l)atten^)."

Slu^ biefer breifadjen Slufgabe bei unfeljlbaren Sel;ramtcg ber Äird^e ergeben fid) nun m^ bie ©renjen ber II n-

1) Sr. a. D. 3Jer§ 11. f. - 2) üTatt^. 28, 29. - 3J maxt IG, 15. 4) 2(^^D[terg. 15, 24.

78

fe^lbar!eit ber ^irdje t)on felbft. SBir f äffen fie in brei ®runbfä|en ^ufammen.

(Srfteng: ^er auefd)lie6(id)e ©egenftanb ber Unfe{)lbav!eit ber .^ird}e ift alfo bie übernatürlid^e Dffenbavnnt], in^befonbere bie Se[)re Qefu, bie geoffenbarte ©lauben§= unb 6ittenlef)re. ®ap geljört, raeil fonft bie .^irc^e biefe iljre ^lufgabc, bie 2eE)re Qefu rein unb unuerfalfd^t §u erhalten, nid^t erfüllen fönnte, not!)n)enbig auä) bie ßntfdjeibung barüber, ob ft(^ eine foId)e ©ntftcHung ber Seljre Qefu nnrüid^ in einem beftimmten Se^r- fi)ftem üorfinbet ^). darüber Ijinaul gel)! aber nid^t bie Un- fc^lbar!eit ber ^irdje, ©in treue» ilinb ber ^ir$e n)irb ^raar Se^ren, welche in ber jlirdje ein gro^c^ Slnfeljen Ijaben üon 3}Mnnern , au^geseidjuet burc^ SiÖei^ljeit unb §ei(ig!eit , wx^ getragen unb uon ber ^\xä)e nidjt nur lange geit gebul= bet, fonbern geförbert raorben finb, aud) bann fel;r in ©l)ren l)alten, wenn fie fid) über ©egenftänbe verbreiten, bie nii^t juni 3nl)alt ber gbttlid)en Offenbarung geijören unb ba§ um fo mc^v, je inniger fie mit ber Offenbarung ^ufammcn l)ängen. 2Ber baoon überzeugt ift, bafs ber lieitige ©eift bie ^ird^e leitet, wirb fdjioer anneljmen, ba§ Seljren, raeldie ein grogeg Slnfel^en in ber ^ird)e lange Qni genießen, oljue ©runb fein follten. (Sr TOirb fie bal)er nur nad) ber reifften Prüfung unb in 5!?olge ^raingenber ©rünbe üerruerfen. ^t\x\ac^ anbere» aber ift biefe ©efinnung, meldte ben §od;mut^ au^f^liegt, unb eixoa^ anbere^ bie ^f(id)t ber Unterraerfung unter bal unfel;lbare Seljramt ber ^ixä)e. 5I:iefe erftredt fid; nur auf bie ß^lauben§= unb ©itten^^ leljre ber übernatürlichen Offenbarung. 2)arau^ ergibt fid; aber, toie fel)r Qene im 3rrtl)um finb, raeldje meinen, bie ^ird)e Tonne unfer freiet ®en!en beliebig befdjränlen unb nadj Sßillfür alle» S)en!bare iljrem unfeljlbaren Seljramte unterwerfen, ^ie geoffen^^ barteu 2öal)rl)eiten bilben nur einen 2::()eil t)on bem Slllen, maö ber üllenfdjengeift 5U ben!en unb p erforfd)Crt uermag. ©ie finb nur wie ©runbpfeiler , auf meld;e ber Wlcn\ä) ben 33au ber (Srfenntnig auffüljren foll; fie finb oon @ott erridjtete ©äulen auf bem SBege be§ menfd;lid)en 2ehtn^, meldte il)m bie Srrmege,

1) Xk fogenannteu bootnQtifdjen 2^at[ad)cn. ©onft wäre jebcc ^vvt Ief;rer im ©tanbe, bie ©ntfdjeibung ber Äird}e immer burc^ bie $8er;viu^tung Abauipenben, bie Äird^e f)aU ihn ni*t ridjtig ijevftanben.

bie imx ^erberben, unb beii raa^ren Söeg, TOeld^cr pm ^^ben füijrt, ^eii^en. greiüd^ fteljen fie mit onbern ^aijX'- l)eiten in innerer ^.^erbinbnng , luw ber ß^rift, rcelcfier in ber ^ir^e bie Slnftalt @otte§ er!ennt, bel^ält begljalb niä^t bie ^rei- Ijeit, anf anberen Gebieten be» menf($li(^en ©rfennen<5 mit ]id) felbft nnb mit ben göttlicljen Dffenbarnnö^lel^ren in SSiberfprnd) gu treten. ^a§ ift aber feine Hemmung üernünftiger grei()eit, jonbern mir eine 5lner!ennung be^ auä) üim ber S^ernnnft geforberten 6a|e!o, ha^ eine 2[ßa{)rl)eit einer anberen 2öa!)rl^eit nic^t nnber= fpred^en fann^). ^ie geoffenbarten ©lauben^mafirljeiten Ijemmen nidjt ha^ SDenfen, fonbern geben, meit fie Sid)t unb 2ehm finb , bemfelben rietmeljr feine (jödifte ^raft. ®aö bezeugt ge= rabe aud^ bie lefete ^eriobe be§ 3)littelalter5. Sßenn ber Glaube bie geiftige J!raft unb Energie ber 3}ienfd)en läi)mte, bann l)ätte boc^ am @nbe be^ ^Tüttelalter^, biefem g^^^^^ter be§ ©lauben^, eine geiftige Setfjargie t)orI)anben fein muffen, bie allen geiftigen Sluffd^rcung xierijinbert l^äüe. ^al gerabe @egentf)eil mar ber galL ©elbft noc^ 'Da^ ©nbe be^ Mittelalter^ mar bie Qeii einer großen geiftigen grij'die unb Seraegung. ^ie ©rünbung jal;lreid)er Uniüerfitäten mit itjren angefüttten §örfäälen, mit i^rer 33egeifterung für bie 2Biffenf^aft; felbft ber .^umani^^ mu§, meld)er in fur^er QQ\t eine Steilje t)on Scannern l)ert)or= rief, bie \\ä) ber alten flaffifdjen gormen ber 6pra(^e unb ber Slunft mit einer 3}leifierfdjaft bebienten, bie ben SJleiftern be§ §eibentl)um!3 nid)t nac^fteljt, finb beffen geugen. greilid; fdjraoll biefe geiftige Strömung fo l)oc^ an, baj3 fie bie ^ämme burd)= bradj, bie ©ott iljr gefegt Ijat, unb baburd; \tatt fegen^reidj, t)erberbli(5 mürbe. 6ie jeigt aber, bafe bie eraigen 2öaf)rl)eiten, wddje ba§ unfel)lbare Sel^ramt ber ^ird;e \)ükt , ein Ijeilige^, göttlid)exv geiftige^ geuer finb, melc^e^ ben ©eift ber 2Renf$en ni^t tobtet, fonbern i^n entflammt im etreben nad) (gr!enntni§ unb 2öal)rl)eit. 3meiten§: 9^idjt alle^, ma§ in ber ^ird;e auc^ dou ®enen, meiere eine (Senbung gum Seljramt l)aben, gelel;rt mirb, fällt unter ben 33egriff ber unfeljlbaren Slu^fprüd^e ber ^ird)e, fonbern nur jene (^ntfd^eibungen über "om roal)ren 3nl)alt ber Offenbarung, roeldje fid^ anä) i^rer gorm nadj aU bogmatifd;e Sluöfprüd^e ber

1) 58(^1. 3Köl;tevö Sbrndoli! §. 3G.

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^xx^t !unb o,thtX[, 5)iefc Seftimmung ber ©renken be^ un^ fef)tbaren Mjtamte^ ber ^ird^e ift oon ^o^er Söid^tigfeit. ^ie ^ir(^e äugert it)r £el^r = 2lpoftolüt in ber mannigfaltigften gorm. ^alb üU \\t es burd^ ben cinfad^en ^riefter, balb bur(^ ben ^if($of, balb bur($ ben $apft; balb fd^riftlii^, balb münbli($. ©elbft jene ©lieber ber ^ir^e, raelc^c nlcl)t bur(5 bie SKeil^e am Slpoftolate unmittelbar Slntl^eil l)aben, fönnen in einem geioiffen ^erl)ältni^ Drgane ber le^renben tird^e fein. 60 raar eS oft bei ^eiligen ber gall. ^a entfteljt alfo bie grage : Söelc^e ftnb jene SluSfprüi^e, benen rcir imio qI» ©rflärungen ber unfel)lbaren £el)r= autorität unterroerfen muffen? 5)iefegrage ift um fo roid^tiger, ba eS feine anbere gibt, bei xotl^tx "t^a^ §öd)fte im 3i}lenf(^en, feine SSernunft, meljr betljeiligt luäre. ^ie menfd)lid)e Vernunft, baS §ö(^fte, ^eiliöfte, ©rljabenfte ber mentdyiicl;en ^jiatur, baS Sid^t feiner ©eele, raoburd; biefe für "^a^ ^\6:)i unb beffen eraige Quelle empfänglid^ ift, \^Q.i jiöci ©efa^ren. Einmal falfd^e Slutoritäten, bie in ba§ G^iftige ^eili^tljum beS 33^eufd;en einbringen unb bort baS Sidjt Derbunleln; sioeiteuy eine unbered^tigte Hnabliängigfeit, tooburc^ bie ©eele unoermerft roieber galjßofe falfdje Slutoritäten ber mujeorbneten ©elbfi^ 3Selt= unb 6innen=£iebe in fid^ sulägt, rcäljrenb fie <^\(x\xhi, §errin gu fein. 3i^"^^tten biefer beiben ©e-- fal)ren betoegt fic^ bie innerfte ©efc|i(^te ber 3}tenfd^l)eit. Sßenn ba^er ßl)riftuö in ber ^ird^e bem 3Jlenfd^en jum ^^)u%t ö^Ö^" biefe ©efaljren eine n)al)re 2lutorität iy.'ithm wollte, fo rooHte er jugleic^ bie ^Jlenfi^en fid;er ftellen, bamit unter biefem Scheine uid)t toieber falfd;e Slutoritäten fid) bem Reifte ber 2)lenfd^en auf= brängen fonnten. 9]i(^t atte Slcte ber Organe ber Selirgeraalt ber ^ird)e finb baljer 2lcte il)re§ unfel)lbaren Seljramte», fonbern nur jene, bie fiel) als (Sntfd)eibuugen über \>n\ 3nljalt ber Dffen= barung in ber redeten gönn !unb geben. 2lnbere 2luSfprüd)e ber Seljrer ber Äird^e oljue eine fold;e gorm, weldje bie Slbfic^t einer Sel;rentfdjeibung lunbgibt, faEen ni(^t unter ^^nx begriff ber un= feljlbaren SluSfprüc^e beS SeljramteS. 5DaS gilt avi6) Don päpft= lid^en ßrlaffen, mögen \xt an fic§, ba fie uom Dberl;aupte ber Mrd;e auSgel)en, no(^ fo bcleljrenb, uod^ fo e'^rmürbig fein; baS gilt bon politif d)en Sleu^erungen, welche in il)nen entljalten finb unb tjielfad) mit ber jebeSmaligen SBeltlage jufammenl^ängen ; baS gilt t)on t)ielen Slnorbnungen beS lanonifd^en Üied^teS. 3Bir finben bort überall 5BeiSl)eit, 33elel)vung; loir finb, fo loeit fie

8i

ba0 9fled)t ber ^{v(^e bilben, ©eI;orfam fc^ulbig, el wäre aber überall» irrig, fie alle al» SIcte ber unfeljlbaren ^irdje an^ufe^en,

dritten ^: ©elbft bie unfehlbaren 2lug[prüd;e ber üixä)e finb aber für xm§> nnb. bie 3)ienfc^l)eit ni$t fo fertig unb abgefdiloffen, ba^ nid)t and) l)ier ein gortfi^ritt mög= lid^ roäre. Slde 6ittengefefee ber ß^riftenljeit finb aU 2lu^- brud beä ewigen göttlichen ©efel3e^ unraanbelbar, in §infi($t auf ba§ Seben be§ einjeluen 3)lenfd;en unb aüer gefeüidjaftli^en ^anbe feinet Sufammenleben^ finb fie aber einer Entfaltung fäl;ig, bie fid) im t)orau0 ni(^t berechnen lägt. @o finb aii^ aUe ®lauben^raal)rl)eiten al§ Slu^brud ber ewigen göttlid^en 2Baljrl)eit unraanbelbar, in §infic^t auf unferen @eift unb auf bie roiffenfd^aftlic^e ©rfaffuitg berfelben fönnen fie aber raad^fen, mel)r unb me^x, bi^ fie in§ eroige (5d;auen übergel)en. ^a^ ift ber n)al)re befeligenbe gortfc^ritt: bie götttid^en\^eime , n)eld;e (Sott in feinem ©efe^^e unb feiner ©lauben^lel^re uiebergelegt ^at, immer mel^r im 2ehen be0 Einjelnen unb atter menf(^U($en Sn* ftitutionen §u entfalten,

^a§ ift alfo bie ©renje be» unfeljlbareu Seljramte^; e^ erftredt fic^ erften^^ nur auf ben ^rei^ ber offenbarten ©laubenS^ unb Sittenleljre, in^befonbere auf bie Seljre Qe f u ; ^weiteniS nur auf jene 2(u$fprüd)e ber tirdje, TOeld)e fid^ al^ bogmatifd)e (gnt= fd;eibungen über bie ©lauben^- unb (Sittenlel)re für aße !unb geben, ^ritteng au^ bejügli(^ biefer er!lärten ©laubenB^ unb 6itten= leiere finbet !ein 6till)lanb ftatt, fonbern il)re SInroenbung auf bag 2tUn be§ ©injelnen unb ber ©efeEfc^aft, wie and) bie gct= füge ©rfaffung berfelben unb bie ©infid^t in iljren 3ufammen^ang mit allen anberen übernatürlid)en un'i) natürlid)en 2öal;rl)eiten lägt einen gortfd)ritt §u, ber nic^t eljer ein iEnhe l;at, bi^ mir ftatt beS @efe^e§ ©otte§ mxh feiner Offenbarung (Sott felbft befi^en unb f(^auen merben.

(So feljen mir in biefer Seljre uon ber Unfeljlbarfeit ber ^ird^e auf ber einen 6eite bie greil)eit beiS (Seiftet ooüfommen geroalirt, unb auf ber anberen «Seite biefe greil;eit fo befd^ränft, raie e^ ba^ Söefen ber menfd)lid^en 5't*ßi^)ßit fcll^ft erforbert, wenn fie nid^t ftd^ felbft burd^ 6d;rau!enlbfig!eit gerftoren mill. (Sine munberbare Sßeiöljeit (Sottet in ber Seitung feine» ©efd^öpfe^, ha^ in greil)eit unb bod^ wieber in red^ter ^efd;rän!ung nur feine SSoUenbung erreid^t 33eibe0 ift i^m gleid^ not^roenbig.

». Jlettetet, taS «trgemeine ßPiKil. " Q

vni.

Organe ^es «ttffljlbarfn ffl)ramteö öer £trd)e.

„Xn bift betrug (ber ^elö) unb auf biefen Reifen Wiü id^ meine Äird^e hamn unb bie Pforten ber <Qötte foKen fte nid^t überwältigen."

«DMtt^. 16, 18.

^ac^bem wir ben ©egenftanb imb bie ©renken ber Un« felf)Ibar!eit ber ^irdje fcnnen (jelernt ^aben, muffen roir p ben Organen übergel^en, rccburd) fie il^r 2t^xami, üjr Slpoftolat übt.

^ur(^ wen bet^ätigt bie ^ird^e if)r Sel^ramt? Qn roeli^em 58eri)ättnif3 fiel)! bie Se^rgeraalt ber 33iftf)öfe, beg ^apfteg, ber ßoncilien? Sßelc^e 6telle nimmt im 2lpoftolate ber $apft ein? 3ft ber ^apft unfeljlbar? @te!)t ein allgemeine^ Soncil über bem ^apft?

®iefe gragen muffen mir beantworten, raenn mir ein rec^te^ S^erjiänbni^ von biefem göttlii^en Sorredjte ber 5!ird)e, il)rer Un- fe^lbarfeit gewinnen motten.

5Dag bie Mrc^e aU „Corpus Christi Seib ßfirifti/' mie ber Slpoftcl fie fo oft nennt, nnfeljlbar fein mng, üerftel)t fid; eigentli(5 ebenfo x)on felbft, al§ 'üa'^ atte ©lieber biefem Seibe^ an fi(5 fel)lbar, bem 3rrt^um unterworfen finb. 3Sir bebürfen ba^er vor aUem einer näljeren ©infidjt, mie biefe^ ©öttlit^e an ber £irc^e, meld^em attein bie ©igenfd)aft ber Unfel;lbar!eit an fi(^ §u!ömmt; mie ß^riftu^, ber mit feiner göttlid;en ^raft in biefem Seibe gegenwärtig ift unb bie 3}^enfd;en aU ©lieber vereint unb \i^ einpflanzt; wie ber l)eilige ©eift, ber ©eift ber 2öat)r^eit, welcher in xl)X wolf)nt, \iä) buri^ menfc^lic^e Drgane !unb gibt, o'^ne von ber menfd)lid;en 3rrtl)um^fäl)ig!eit berüljrt ju merben. (i;i)viftug, ba^ ercige B(a)t, lägt fein Sidjt lend^ten, aber burd) irbif^e 3Jiittel; wie gefd^ie^t e^ ba, ha^ bie ^lar^eit

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be^ göttlichen Si(^te5 nid)t burc^ bieje beeinträditigt wirb? ^uri^ welche @tnri($tmigen l^at (Et)nftu§ bafür geforgt?

1. 2ln ber Unfe^lbarfeit ber ^\xä)e erlangt fc^on jeber toal^re ©!)rift einen geraiffen 2lntl^eil unb iwax in bem Umfange, aU er bnrd; bie öugere ^f)ätig!eit ber Bixä)e , mit ber er ju= nädjft in ^e^ieljung !ommt, in bie innere ©emeinfd;aft mit ber ©eele ber tiri^e eintritt. ®ie 6eete ber ^ird^e beftet)t erften^ in jenen übernatürlii^en ©aben, welche ber (Ef)rift in ber ^irc^e empfängt, nämli(j^ bie 6eiligmad)enbe @nabe, rcoburd) er über feine natürlii^en gäl;ig!eiten Ijinan^ in einen l)b^eren 3^^^"^ ^^- i)oben mirb. 6ie ftnb eine l)immlifd)e 3^9^^^ h^^ 3^atur. ®ie natürlichen ©aben finb eine erfte @abe, bie ©ott un§> gegeben ^aXf bie übernatürlid^en eine ^roeite ®abe um be^ ^erbienfteä (E^rifti mitten. S)ie ©eele ber ^ird)e befteljt ferner in bem ber ©eele bur(^ jene (3ahen üerliel^enen Ijöljeren 2ehen für ©ott, mel$e5 fid^ burc& ©laube, Hoffnung unb Siebe üott§ie!)t. ©ie beftel)t enbli^ britten^ in bem 2ehen in ßfirifto unb im l^eiligen ©eifle f elbft ; benn hie innigfte perfönlidie 3]erbinbung ber ©laubigen mit (Eliriftuö aU ©lieber feinet £eibe0 unb mit bem l)eiligen ©eift aU Stempel, in melden er mo^nt, um un§ gu lebenbigen unb croigen Stempeln feiner göttlichen §errli($!eit §u geftalten, ift ja bie l^ö^fte SBeftimmung ber ^irc^e. Qe tiefer ber ©eift nun eingebt in biefe^ innere ©nabenleben, in biefe (Seele ber ^ird^e, befto melir Slnt^eil erlangt er an bem göttlichen Qnl^alt beffelben, befto me^r wirb er t)om ©eifte ber 2Ba^rl)eit erfüttt unb in einem ge- miffen 5ßerl)ältni6 unfeljlbar. ©old^e ©Triften !önnen bann aud^ an ber £el)rtl)ätig!eit ber ^ird^e, ol;ne befonbere orbentlid^e 6enbung, tiefeingreifenbeu 2lntl)eil erlangen. SSiele finb in biefer Söeife groge £el)rer in ber ^irc^e, Seigrer ber £el)rer ge« geworben, üor attem in jener SBei^ljeit be^ l)öl)eren diriftlic^en Seben^, mel^e ber Ijeilige ©eift hen 6eelen unmittelbar mit- tljeilt. ®iefe (El)riften finb aber nid)t bie orbentlic^en Drgane be^ SCpoftolat^ in ber ^ir^e.

2. Drbentli<§e Drgane be§ unfel)tbaren M)tamU§> ber ^ird^c finb erfteng atte ron il;r beftettten, burd^ bie l;eiligen 233ei()en ba^u auggerüfteten Seljrer ber geoff enbarten 2Baljrl)eit, in^befonbere alfo jene ^riefter, meld;e in jeber einzelnen ©emeinbe bie beftettten £el)rer ber ^irt^e finb. ©ie finb graar nid^t perfönlid^ irrtl)um§lo5 bei ^erfünbigung ber £el)re 3efu; bei ber munberbaren ©inrid^t-

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ung ber ^ir$e, rao berfelbe ©eift ber 2öa!)rf)eit, ber bie ^ird^e leitet, aiicf; in ben Seelen ber ©in^elnen wol^nt, wo ein einiget tiefet ^erftänbniB ber Seljre 3efu ben ganzen Körper ber ^trd)e burd^bringt, wo ba^ ganje (^riftlid^e 5]oI! Don bem (i^ebanfen erfiittt ift, bog ber Seljrer nic^t feine Se!)re, fonbern (Ef)rifti imb ber .^iri^e £eljre oerüinben nuife, rao enblid^ bie ^irdje felbft barüber load^t, 'oa^ bie göttlid^e §interlage be§ ©lauben^ iin= t)erfef)rt bleibe, entfteljt jebod; lelbft bei Hebung biefe» ße^ramtl eine (Stetigfeit, eine <Biä)exl)dt, eine ©inftimmigfeit, bie überaß ben eiiarafter einer nnfeljlbaren 2öal)r^eit, bie burd) alle biefe Drgane fpridjt, an fi($ trägt.

3. Drgane be» nnfeljlbaren Sel)ramte§ finb bann in l)o- t)erer Stufe bie ^ifd^öfe ber ^ird^e. 5lll 5Ra(^folger ber 2lpoftel nehmen fie eine anbere Stelle gum nnfel)lbaren Seljramt ber ^irc^e ein, aU jene l^elirer ber erften Stufe. Sie laben iwax anä^ nid;t bie perii)nlid)e Xlnfel)lbar!eit, wie bie Slpoftel fie nad; bem ©lau^- ben ber ^ir(^e Ratten ; fie finb aber für il)re ^iöcefe bie befteHten Slpoftcl ber ^irc|e, mit einer äl)nlid)en 3Sollma(^t von d^riftu^ au^s gerüftet, raie bie Slpoftel; fie finb be»l)alb wie jene bie £e|rer, bie 3^W9^^/ ^^^ 9flid)ter ber Se^re Qefu für il)re ^iöcefe, fo lange fie in SSereinigung mit bem gefammten Slpoftolate unb mit beffen Dberl)aupte, bem 3^a(^f olger be^ Ijeiligen ^etru^ ftel)en.

4. 2lbermal§ ein l)ö|ere» Organ beg nnfeljlbaren Sel)r= amteg ber ^irc^e ift ber ^^apft. 2ll§ 9lad^folger beg l)eiligen $etru0 nimmt er gu bemfelben eine anbere Stette ein rcie bie übrigen ^ifdjöfe. Um biefeg mid^tige Q^eri^ältni^ gmifd^en bem Sel^ramte beg ^apfteg unb bem Seljramte ber S3ifd^öfe !lar gu machen, woHen mir un§> ber Söorte eine0 Slnberen bebienen:

„SBoUen mir hen bemunbernngsmürbigen ^lan ber ^ir($e, il^rc SSerfaffung, bie Drbnung iljrer ^ierard^ie unb iljrer Wiener lennen lernen unb bie Slrt nub SSeife, mie il^r £el)ramt immer beftel)en mirb, nnb ''t>a§> iljr anucrtraute (^lauben^^gut ftet^ foll rein nnb nnt)erfäli(^t überliefert unb erl)alten raerben; fo muffen mir bag Sllle^ entnel)men an^ ben Sßorten Qefn ©Ijrifti felbft, meld;er ber göttliche ©rünber nnb 33aumeifter ber ^irc^e ift.

J8etrad)ten mir nun feine nn^ gemad^ten ^erlieifeungen. Sllle feine Siöorte muffen für alle 3^iten fi($ beiualjrlieiten nnb erfüllen, benn finb 2ßorte ©otte§: ,,§immel unb (Srbe raerben oerge^en, aber meine ^orte merben nic^t t)ergel)en.'' 2Bir öffnen bai3

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6t)ani3eltum mib fittben, bafe 3efu^ (Eljriftu^, rto^bem er gmölf 2lpoftel gu feiner ^Mc^folge berufen unb au^exxüälß, an ben ©r- ften berfelben, roeld^em er ben S^amen ^etrul gegeben, bie SSorte gerichtet: „®u bift $etru§ nnb auf biefen gelfen voxK iä) meine ^ird^e bauen unb bie Pforten ber §ölle foden fie mä)i über- wältigen. Unb ic§ ipill bir bie ©djiüffel be§ §intmelrei($g ge^ ben. We^, waö bu auf (Srben binben rairft, n^irb aud) im Fimmel gebunben fein: unb alle^, voa§> bu auf ©rben löfen wirft, mirb auä) im §immel gelöfet fein/' (Bin anberea 3}?al fpric^t er gu if)m: „3$ f)abe für bid^ gebetet, ba§ bein ©laube nic^t manfe, unb bu, einft belehrt, befeftige beine SBrüber." Unb mieberum: „Söeibe meine Sämmer! SBeibe meine 6(^afel'' 60 fpr adj ©briftu^ in Gegenwart ber übrigen 2lpoftel gu ^etru§ allein.

gerner finben mir, mie ^^riftu0 au$ gu \)m 5lpofteIn ^etru§, ber bereite ^nm Oberhaupt unb ©runbftein be^ \i^U baren ©ebäube^ ber ^ird)e, §um Qnfeaber ber ©d^lüffelgemalt unb §um ^irten ber gangen §eerbe (S^rifti ernannt mar, mit einbegriffen gefpro(^en l)at: „2Bie mid) ber SSater gefanbt l)at, fo fenbe iä) eud), D^^el^met l)in ben l)eiligen ©eift! Sßa5 il)r auf (Srben binben merbet, ba§ mirb an<5) gebunben fein im ^immel, unb mag \t)x auf ©rben löfen merbet, mirb and) ge^ löfet fein im §imme[/' gerner: „©eljet in alle Söelt, lel)ret unb taufet alle 3Söl!er, lel)ret fie alleg l)alten, ma§> xd) end) ge^ boten l^abe/' Sßieberum: „^er l^eilige @eift mirb eu^ alle 2ßal)r^eit lel)ren." ©ublic^ Derljie^ er allen feinen 95eiftanb mit ben Sßorten: „Unb fiel)e, \d) bin M end) alle ^age bi^ an'^ ©nbe ber SBelt/'

Sllle biefe 5au§fprüd;e ^efu ^xi]ii muffen in Erfüllung gelten gu allen geiten unb in ber 2lrt unb Sßeife, mie er fie getljan. ^^ mug bemnad), ma^ er gu ^etru^ allein gefproi^en ^at, and) für $etru^ allein in (Erfüllung gel)en; unb wa^ er gefagt ^at gu allen 5lpofteln in^gefammt, mug gleidjer:^ meife erfüllt merben für alle Slpoftel in^gefammt. 5llle feine Slusfprüdje unb jeber berfelben muffen erfüllt merben. ßrfaffcn mir bieg rcoljl; nic^t ein %1i)eil nur mufe erfüllt werben, fonbern bag ©ange. S)ie ©rfüflung eine» STl^eil» muß ganj ftimmen ju ber Erfüllung beg anbern ^IjeiU unb aller sufammengenommen.

^emül^en mir un§, gang burc^brungen gu merben von biefen

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2Bal)rf)eiten ; fui^en tüir aEe biefe Slu^fprüd^e uiib ^^erl^eigungen fiets por Stugen §u {)Qben unb bem ©eifte gegenwärtig gu er= Italien; mä)t§> havon möge un^ entgelten. 6e^en ratr nun, n)el= 6)tn 5luff(^lu6 rair au§ il)nen gewinnen fönnen, um un§ eine DoHfommene Qbee Dom ^lane unb ron ber ^erfaffnng ber ^ird^e ju bitben.

^ä) fel)e ein ßoßegium von groölf SIpofteln; ic^ fef)e ein Oberl;Qupt, erraäp qI§ ©runbftein, auf ben ba^ ftdjtbare (^e^- bäube ber ^ir(^e gebaut ift. Qc^ fet)e, ba^ biefem gunbamentc unb bem ganzen ©ebäube eine geftigfeit ift t)erl^eigen roorben, ttjiber tt)eld)e bie Pforten ber .göHe nic^t^ vermögen werben; bafe biefem Dberljaupte bie ©(^(üffel be§ ^immelreid^^ gegeben finb mit einer Doüfommenen Mad)t, ^u binben unb gu löfen, unb ba biefe SJIac^t rerlieljen ift ©inem allein unb von berfelben ni(^t0 aufgenommen ift, fo finb felbft bie Ipoftel il)r unterge^ orbnet. ^ä) fel^e, 'oa^ 3efu§ ©liriftu» für biefem Dberl)aupt ge= betet l^at, bamit fein ©taube nid)t manle; ba§ er i^m ben 5luf= trag gegeben, feine 33rüber §u ftär!en, unb i^n befteHt !^at aU ^ n girten feiner @(^afe unb Summer, b. i. feiner ganzen §eerbe, worunter auc^ bie Slpoftel mit einbegriffen finb. 5Dag finb bie 5lugfprüd)e unb ^erl)ei6ungen , bie fid) auf bag gunbament, auf ba§ fi^tbare Dberljaupt ber ^irdje, auf ben §irten ber ganzen §eerbe bestellen.

SDa aber biefe §eerbe fid^ ausbreiten foHte über bie ganje SBelt, fo l;at QefuS ß:i)riftug au^ nod) anbere §irten befteUt, bie Slpoftel nämlid), unb iä^ fel)e, ha^ ber $err and) biefen 3^er= l^eif3ungen gegeben t^at Um nun ben $lan S^fu ©l)rifti in feiner ganzen ^oUftänbigfeit gu erfaffen, ift e§> notl)menbig, l)ier ha^ Slugenmer! üorsüglid) auf jroei fünfte gu richten; erftenS barf \6) nid)t oergeffen, bafe ber $err nic^t 5U ben 2Ipofteln obgefonbert Don ^etruS gefprod)en l^at, b. i. p hm 2(po= fteln, aU getrennt dou bemienigen, ber bereits ju tl)rem ^irten, ju ilirem Dberl)aupte unb jum gunbamente beS ganzen @ebäu= beS ber ^ird^e ernannt mar; ^meitenS aber bafi burd) biefe ben gefammten 2lpofteln ^^etruS mit einbegriffen gettianen 3Serl)ei6ungen burd)auS biejenigen nid^t fönnen oernidötet werben, bie bem ^etruS allein fdjon gegeben finb. Qd^ fe'^e bemnad^, wie QefuS ^tiriftuS rebenb ju ben Dcvfammelten 5lpofteln, unter benen aud^ ^etruS gegenwärtig war, ju i^nen fprad): baf? wie

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i^n ber 58ater gefanbt f^abe, alfo anä) er fte fenbe; bu§ er il^nert ben l^eüigen ©eift gebe unb bie 3Jiad)t §u binben unb gu (Öfen; ba§ er i^nen befaljl, §u ge^ien in alle Söett, gn prebigen nnb gn taufen, inbem er if)nen t)er!)ieg ben ^eiftanb be^ Ijeüigen ©eifte^, raie aud), bag er felbft bei il;nen bleiben würbe bi5 anä ©nbe ber Seiten.

®a fef)en wir bie an bie Slpoftel gerichteten 2lu§fprü$e nnb ^ßerl^eigungen, unb iä) jiel^e an^ benfelben, gentäg ber oben gemad^ten beiben Semerhmgen, biefe iwd Folgerungen:

1) Sitte biefe S^'erljeigungen finb aud) bem Slpoftel ^etru§, bem Kollegium ber Slpoftel aber finb fie al0 t)ereint ntit betrug gegeben.

2) 5Durc^ zhen biefe ^erljeiBungen werben jene anbern, bie bem ^etrn^ attein gemad)t finb, bur(|au§ ni(^t aufge« l)oben.

©^ wirb bemnac^ betrug in notliraenbiger golgerung

um ni^tg weniger verbleiben: ba§ Dberljaupt, ber ©runbs ftein be§ ®ebäube§, ber ^irt ber ©d^afe unh ber Sämmer, felbft ber 5lpoftel, enblii^ ber gangen §eerbe; um nid^t§ roeniger roirb er l)aben bie 6c()lüffel be0 $immelrei(^^ mit jener ooEen Wta^t in binben nnb p löfen, ber bie 5lpoftel glei^faH^ untergeorbnet finb; er rairb zhen fo nod^ au^gerüftet fein mit jener @abe be^ ©lauben^, ber in iljm nie raan!en rairb, unb mit ber Slutorität, feine 33rüber gu ftär!en.

33i0 l)ierl)er fd^eint mir ber $lan vortrefflich; märe aber biefeiS ©ebäube ein ^Jtenfc^emoerl, bann fönnte id^ bie unoer^ meiblidjen golgen oon ©d^mad^ljeit unb Unbeftanb befürd^ten. 3d^ müßte ber ^eforgnife 9taum geben, bag einmal biefeg gun= bament man!e, unb fielje '^a e^ ftürgt ba5 ganje ©ebäube; bafe "Die (Steine vom gunbameute fid^ trennen, unb e^ erfolgt ber 9ftuin be^ .gaufe^; bag ber §irt ficf) oerirre, unb er fül)rt bie §eerbe §u tobbringenben S^öeiben unb Slbgrünben; baß bie ©d^afe bie (Stimme be§ ^irten nid)t mel)r l)ören, unb fie^e ba

3]ern)irrung unb Sluflößung aller Drbnung unter ber ^eerbe; befürd)ten müßte id) enblic^, baß einerfeit^ ba» Dberl)aupt ber 5lpoftel im ©lauben manfe, ober anbererfeit^ bie Slpoftel bie 2lu- torität be§ Dberl)aupte5 nid^t adjten; ha^ 'oa^ ^an^t vom Seibe ficf) trenna unb ber Seib vom Raupte unb fielje ba eS gel)t atteg ju ©runbe ba0 öaupt unb ber £eib.

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(lö finb aber biefe Söeforgniffe in imferem gaffe nur nt$i ttge ©c§re(ibilber. SDie B\xä)e ift fein 3Jlcnfd^enroer!, fie ift ©otte^^roer! unb ©ott l^at fold^e 5Iugfprü(^e gettjan unb fol(^e ^erl^ei^ungen gegeben, bie feinen ^an raiber äffe berartige ©e= faljren fidlem unb be^djirmen. (^v felbft '^at ben gel^ erraä^lt, Quf ben ev feine ^irdjc gegrünbet, unb mit jener geftigfeit fie begabt, ba§ W Pforten ber §öffe fie nientaU überwältigen roer^^ ben. ©r felbft ^ai gebetet, bafe ber ©lanbe be» ^etruB nie- mals wank; hen 5Ipofteln in^gefammt l^ot er ben ^eiftanb be^ l)eiligen ©eifte^ ^er^eifeen, unb ba^ er felbft il)nen bleiben würbe bi^ an^ @nbe ber 3^^^^'!^; ^^b loem biefe ^erl)eigungen nod^ nid;t pir Döffigften Q3erul)igung genügen, ber beben!e, raie bet §err gleid^faff^ gefagt l)at: ba^ feine Schafe Igoren werben bie ©timme be§ ^irten nnb bafj nur @in 6d;afftaff unb ßin §irt fein wirb; ber bebenlfe, wie nad; bem legten 2lbenbmal)l, ba^ er -mit feinen Slpofteln Ijielt, nad) jener gärtlidjen unb bemunberung^mürbigen 91ebe, bie ber Ijeilige Qo^anne^ Qufge^ geidjuet unb bie mau gleidjfam "oa^ ^eftament Qefu (El)rifti nennen mö(^te; ber Woente, fage id^, ha^ jener göttliche Sel)rer einige 2lugenblicfe vox feinem Reiben ju feinem eroigen S3ater flehte für bie ^ird)e, für äffe Slpoftel, für äffe, 't)k an i^n glau-- ben mürben; ha^ er geffeljt Ijat: „'oa^ äffe @in^ feien, roie hn SSafcr in mir bift unb i^ in bir bin, bamit au^ fie in un^ (gin§ feien, .. bamit fie ©iuiS feien, mie au^ mir (^in^ finb/' ^a^ finb bie 2tuefprüd^e unb SSerljeißungen , bie htn ^eftanb, bie gortbauer unb ©inl^eit ber ^ird^e verbürgen.

3$ fel)e nun bie berounberung^roürbige (Sinridjtung unb ben göttlidjen $lan biefe^ ©ebäube» in feiner ©anjlieit unb SSoff- ftänbigl'eit ; iä) faffe nieber unb htte an bie äöeiM)eit ©otte^ in ber ©eftaltuug feiner ^irc^e, unb e^ fd;imnben äffe gurd;t, äffe 3roeifel, ^eben!ü$!eiten unb fragen.

2ln bie 6teffe beg Ijeiligen ^etrul brauche ic^ je^t nur feinen 5Rad)folger, htn ^^apft ju fe^en unb an bie 6teffe be^ mit ^etru^ vereinigten (Soffegium^ ber 5lpoftel bie @c|ammtl)eit ber Sifd)bfe ber !atl)olifdjen ^ixä)e, fie mögen, nun bei il^ren ^^eerben roeilen ober im ©oncil Derfammelt fein, jebo(^ ftetä in S3er= einigung mit bem ^apfte, unb ic^ finbe in biefem 33ilbe ganj benfelben ^lan, biefelbe gorm ber ^erfaffung, ber g^erard^ie, Sflegierung unb be^ Seljramt^ ber ^ird^e roieber.

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2ßenn tc^ nun Don biefem ©efic^t^pnnft am unb mit jener ©efinnung, wie ein Gljrift fie fjoben fofl, bie ^ir^enge^ fddtd^te lefe, imax ni(^t in Slutoren, roel^e biefelbe gur 3?ert^ei= bigung befonberer ^J^einungen, in benen fic befangen raoren, ge^ jd^rieben ^ahm, jonbern fie lefe in !ir($li(5en 3)^onuntenten ober in t)orurtljeillfreien @ef(^i(^t§forf($ern, bann wirb mir bie für ein gläubige^ ©erg fo füge S3erul)igung §u ^^eil, mal^rsuneljmen, roie ba§ 2Ber! ©otteö fi(^ erfüllt, alle feine SSer^eigungen fi^ ben)al)rl^eiten imb jebeS feiner Sßorte auf ba§ ©enauefte ein^ trifft, „gimmel unb ©rbe merben Derge^en, meine SBorte aber merben nid&t t)ergel)en/'

2öol)l ftoge i$ auf ^ärefien, auf ©(^i^men, auf SSerroir- rungen unb SSerfolgungen , anä) ift 'oa^ M^^ roirflic^ t)orl)ergc= fagt; aber id^ finbe jugleii^, mie bie ^ird^e bie Qrrtpmer, bie ^äretüer, W ©djiematifer t)on fi($ aueflößt unb ftet^ uner^ f(^ütterlid; auf bem gelfen verbleibt, auf welchen fie gegrünbet ift; finbe fiet^ ben 9]ad;f olger ^etri an il)rer 6pi|e; ftets ben ©lauben $etri, ber niemals manft; bie übrigen §irten mit $etru^ tjereint unb bie ganje §eerbe, bie nur ©inen 6($afPalI bilbet unter ©inem Ritten ^)."

SBir f (fließen un^ biefer ganzen ^arftellung an unb glau- ben, baf3 fie eben fo rein unb unbefangen ben ©ebanfen ber SBorte ber Ijeiligen 6(^rift au^brüdt, mie fie ber Stellung be5 $apftt^um0 in ber ©ef(^id;te bi0 auf bie ©egenroart entfpric^t Söenn in ben erften 3al)r^unberten ber Primat nic^t immer mit berfelben @ntf($ieben^eit in ben ^orbergrunb tritt, mie in ber l^eiligen ©c^rift felbft unb in ben fpäteren 3al)r^unberten, fo liegt bas barin, meil bie ^ir^e nai^ ben SSorten be^ göttlid^en §ci- lanbe^ in i^rem ©ntftel)en unb 3Bacl)fen „gleid^ ift einem 6enf= !orn, meld^e^ ein 9JJenf($ genommen unb auf feinen 2lcler gefäet ^at; felbe§ ift groar fleiner al^ alle 6amen, roenn aber Ijeran- gema^fen, . . wirb e^ ein SSaum, fo "oa^ bie 33ögel he^ §immeB fommen unb roo^mn in feinen ^roeigcn^)/' 60 ift au^ ber Ijeilige Drgani^mu^ ber lird^e @otte^ meljr unb melir offenbar geworben unb l^at fic^ nac^ bem Pane entroicfelt, ben mir in

1) Söriefe beo ©avb. Sitta übet bie fog. bier 2(ttifcl be8 ^leruä Don ^ranfreicfi. 2)eu[c^ 3J?ünfter 1844. 6. 88—95. 9Bir !önnen biefeä Dortteffrid^e S3uc^ nidjt genug empfe^ren. 2) SKatt^. 13, 31 f.

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bem SSorte ©otte§ fo beutlid^ üorgegeti^net feiert, Seber einjelne Sug bte[es gottUd^en 39aupIaTi^ ber Söorte Qefu entfpvid^t in roflenbeter Streue ber Jat^oUfdjen ^ird^e, wie mx fie vox un§ fe^en. ^aS ift überaus wunberbar unb ber Unglaube fann unmöglid^ bie ^vaft be§ Seraeife^ für bie ©ottlid^feit ber ^ir$e rerfennen, n)el($er bortn beftel)t, bafe i^r Stifter x^x mit wenigen SKorten eine 33erfaffung gegeben i)at, welche no($ in hen fpäteften 3a^r* ^unberten in i^rer ganzen ^raftunb ^oHenbung f ortbauert unb eine ^eis>lie\t fuub gibt, bie jebe^ l)inäu!ommenbe 3al)r!)unbert nur beftätigtO.

2ßenn aber alle 35erl)ei6ungen, rceld^e ef)riflug ben 2lpofteln gegeben l)at, fon)o!)l jene, bie er bem ^^5etru§ allein, al^ auc^ jene, bie er i^m mit ben übrigen SIpofteln ^ufammen gab, gleid)^ mä^ig im Primate mie im ^poftolatc in Erfüllung gel;en muffen, fo ift faum 5u benfen , bag ber ^apft, menn er aU D^adifolger be§ l)eiligen $etru^ t)on feinen 5.^ttmad)ten ©ebrauc^ mad)t; menn er in golge be^ Sefe^leg : „2öeibe meine Sämmer, meibe meine ©d^afe') !'' ferner: „3(^ i)abe für bic^ gebeten, bafe bein ©laube nid)t manfe, unb roenn hu einft bc!e!)rt bift, fo ftär!e beine trüber 3)," l^anbelt, babei felbft bem Qrrt^um verfallen unb bie §eerbe ßfjrifti roie feine trüber irre füljren !onnte ; e^ ift nidjt §u benfen , bafe ber gel^, auf ben bie ^ird^e aU Se{)ranftalt ber 2öal)r^eit gegrünbet ift, gegen ben bie Tlaä)t be§ ßügengeifte^ nichts vermag, felbft bem ^rrt^ume foHte oerfaHen fonnen.

§ier ftel)en mir aber fd)on mitten in ber Streitfrage Don ber Unfel)Ibar!eit be^ ^apfte^, unb ha bie ^ird}e fie nid^t als ©lauben^fa^ entfd;ieben ^at, fo loollen mir un^3 barauf befd)räu= !en, 3}ligoerftänbmffe ^u befeitigen, inbem mir fie !(ar unb ein- fad^ barlegen unb genau angeben, meldte SDleinungen nad^ ber fie'^re ber bemäf^rteften ^Ijeologen geftattet finb unb meldte nidE)t. Biv föuiien Ijierüber üier 5lnfid}ten unterfd^eiben*).

1) 93e!anntnc& leugnet ein ^fjeil bor ^prcteftanten, tine ueuertingö ber ^ofprebiger unb ®enerat:©upetintenbent 2Ö. C^offmann in feinet ©c^rtft : „®eut[d;ranb einft unb jc^t," baj^ Gf;riftuä feiner 5lird)e dm SScrfaffung gegeben l^abe. 3)aS beioeift aber nur, lüie auc^ bie üarften Söorte :3 e f u nid)t mcl^v feine Slbfic^t gegen bie SEßilt!ür ber ^riüatau§(egung ^u fcfiü^en i?ermögen. ^eine Seigre be§ (Sf)riftent^umö ift beutlidjer in bem 2Bortc ©otteg auSgefprorfien alö bie, bo^ er bie 2l|)oftel unb ihre Dfac^folger jur Seitung ber ^irrf^e berufen Ijnt.

2) ^ol^. 21, 15—17. 3) £ul. 22, 32,

4) (:r. Biliar min. de Rom. PontiC. üb. IV. r. 2.

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^ie erfle 5lnfic^t bef)aiiptet, ber $apft !önne au^ bann wenn er mit einem allgemeinen ©oncil eine ©ntfd^eibnng über ben ©lanb^n gibt, felbft in 3rrte!)ren fallen nnb §ärefie lehren. ®iefe 5lnfid)t leugnet überl)aupt bie Unfehlbarst ber ^ird^e unb mirb von benen aufoeftellt, meldte auger ber ^irdje fielen, ©in ^atI)oli!, rceld^er i^x iiulbigt, gel^ört innerlid) nid)t mel^r ber Äird^e an unb ift üon iljr aulgefdiieben.

®ie ^roeite Slnfid^t lel)rt, ber $apft fönne au^ aU $apftO felbft in einer 2xxh\)xe befangen fein unb 2lnberen eine ^xxk^xe leljren, wenn er außer einem allgemeinen ßoncil eine @utf($eib< ung über geoffenbarte ®Iauben»= nnb 6ittenlel;ren trifft, ^on biefer 2lnfi(^t fagt (Earbinal Sellarmin, bag fie nic^t förmlid^ pretifc^ fei, meil bie ^ir(^e no6) jene in il)rem 6($o^e bulbe, meli^e i!)r anpngen, fie fd^ein^ aber bnr($au§ irrig nnb ftelje ber §ärefte na^e'^).

®ie b ritte 3rnfid)t ge^t, mie 33 eil ar min fagt, in ba§ onbere ©ytrem über unb behauptet, ber ^apft fi)nne nie unb in feiner Söeife einer 3rrlel)re verfallen, no($ eine fotd&e öffent= lid)lel)ren, foofter, aud^ allein, etma§> entf (Reibet, ^ellarmin fagt t)on biefer Slnfid^t, baß ft(^ für biefelben groar ©rünbe an* fül^ren liegen, fie feien aber nid)t geroig.

^ie t)ierte 2lufi(^t enbli(5 lägt bie grage unerörtert, ob ber $apft in ®laubenfa(^en perfönlii^ irren !önne ober niä)t, unb befd)rän!t fic^ barauf 5U bel)aupten, bag, roenn ber $apft über ©lanben§fad)en für bie gan§e Rixä^e eine feierliche @ntf(5eibung gibt, biefe @ntf(5eibung nidjt l)Qretifc§, nid^t irrig fein fönne. ^iefe Slnfidit nennt ^ellarmin „bie aEgemeinfte faft aüer Äat^o- lifen," hk fic^erfte unb jene, roeld^e er t)ertl)eibigen roill.

®ie brei legten Slnfic^ten finb alfo naö) S3ellarmtn inner- balb ber i!ird)e nod^ Snläffig, b. l> man fann fie bel^aupten, ol)ne

1) ^^er 2lu§bruc! ,Japft ar§ ^a|3ft" bebeutet folc^e päpftlid^e Äunb« gebungen, bei benen er olö Oberf;au|)t unb Sekret ber ©efammtürd^e auftritt. ^l)mn gegenüber fielen [ofc^e, bie feinem ^ßribatleben angel^i^ren ober bei benen er nirf)t al^ Se^rer unb ^idjkv über ©laubenöroa^rl^eiten für bie ganje ^ird^e auftritt.

2) Um biefe 2lu§brüc!e ju unterfcbeiben, bemcrfen loir , baB ^äretifc^ nur fotd^e 9lnfid^ten über gecffenbnrte 2öal^r^eiten finb, loeld^e einer ausbrüds lid^ erftärten @taubcn§roafjrl^eit tüiberfprec^en unb rcelc^e bie 5?irc^e bei benen nid^t bulbet, bie ifjr angehören lüoUen. ©§ fann bal^er ettüa^ an fi* irrij fein, ber ^rrrefjre ncif)e fte^en, ol^ne förmtirf»e §ärefie 3U fein.

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t)Ott ber ^ir^e Qu§gefcE)Ioffen gu werben, ^a mir nii§ aber bcr legten Slnfidjt entf($ieben anfdiüegen, roeldje 55eUarniin hk communissima fere omuium catholicorum nennt nnb bie cer- tissima , fo ift eg notljrcenbig, noc^ nal)er gu beftimmen, voa^ [xe mä)t enthält nnb n)Q§ fie entl)ä(t.

6ie entl)ält erften0 nidjt bie 3}leinnng, bafe ber ^apft über- Ijanpt ivrljum^Iog fei, oud^ bejüßlid) ber S)in9e, roeld^e ni$t gur rffenbarnng geljören. ^ag raäre ^f)orl)eit nnb ift noc^ nie von einem £atI}oIi!en beI)Qnptet roorben.

Bie entölt peiten^ au^ nii^t bie SJ?einnng, ba^ ber ^aiß^ in @laubengfad)en für feine ^erfon ni$t irren fönne. hierüber fagtSellarmin an berfelben Stelle : „Wt ^at^olüen ftimmen mit hen 3^rtel;rern barin überein , ... ha^ ber ^apfl al^ ^l)eoIog (Doctor privatus) anifi in allgemeinen JJragen über ©lanben^s nnb Sittenlehren an^ UnfenntniB irren fönne, mie ani^ M anbern ^^eologen t)or!ommt."

©ie entl^ält britten^ nid^t bie ^eljanptung, ha^ alle 3}leinnng§s än§ernngen ber ^äpfle in S3nIIen nnb 33ret)en nnfel)lbar nnb beg^ megen irreformabel feien. 3^ W\n ^el^anptnng neigt bie britte ber obenangefüI;rten 2lnfid)ten. ^aljer ift eg änroellen gef($el)en, jeben ©ag eineg päpftli^en 2lu^f($reiben^, beffen 6inn ganj oon 3eit' un'b Socaberljältniffen abijtng, aU unfeljibare 5ln!cfprü$c geltenb ju mai^en nnb allgemein angnmenben , raa§ mir nic^t billigen !önnen. (itwa§> 5lnbere§ ift e§> bagegen, ob nid^t ßr= flärnngen be^ ^apfte^, felbft roenn fie nic^t 'oen d^axaitn einer allgemeinen binbenben ©ntfi^eibnng über -ben ©lanben an fid^ tragen, bi§ ^n ilirer 5lbänberung befolgt merben muffen, nid)t meil fie nnfel)lbar finb, fonbern meil fie t)on bem an^geljen, ber über bie ©inl)eit ber ^ird^e gn \m<^en nnb fie gn leiten l^at, ma^ mir nnbeben!lid^ gugeben.

Sie entljält Dielmel)r mir bie 33el)anptnng einer befd^ränften Unfe^lbarfeit, inbem fie annimmt, ba^, rcenn ber ^apft als £berl)aupt ber ^irc^e über bie geoffenbartc 3Bal;rl)eit einen 2ln§fprnd^ tl)nt, um baburd^ bie gange ^ird;e ju oerpflid^ten , in biefem Slu^fprud) feine ^rrleljre entt)alten fein fönne. 6old^e SluSfprüd^e fegen immer gugleid) eine Jyorm t)orau§, moburd^ fie fidö S^bem uubesmeifelt als^ eine ©ntfdjeibung über eine be- ftimmt begrenzte Streitfrage in ©lauben^fadien funbgeben.

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5Die jo begrenzte unb beftimmte Srrtiiutn^lofigfeit be^ ^apfteS ge^t aber au» bcn 35erl^eigungen (ilrifti für $etru§, wdä)e voxx betrad^tet f;aben, Tüie un§ fdieint, utijraeifel^aft ^erüor.

5. 3n l^ödjfter 6tufe finb enblid^ Organe be0 unfehlbaren Sef)ramte^ ber Mr(!)e bie allgemeinen ^oncilien.

Wlan l)ai bie grage aufgeworfen, ob ein attgemeine^ (Eoncil über bem ^apfte ftelje, ober umge!el)rt. ^bgefel;en aber ron 3?iten einer jn)eifelt)aften $apftn)al)l ift biefe grage ganj unjuläffig, raie jene raäre, ob beim erften apoftolif($en (Eoncil ^ e t r u s über ober un^ ter bemfelben geftanben ^ahe. ©in (Eoncil ol)ne ober gar gegen hen red;tmägigen $apft ift fein allgemeine^ ßoncil mit hcn 5?olI> machten beffclben. ©§ läfet fid) fogar nad^ ben 5Serl)eiBungen ß;i)rifti ber gall gar nid^t ben!en, ba^ auf ber einen ©eite ber gmeifeüo^ red^tmägige $apft, auf ber anberen ber gefammte (Spi^copat, auf einem (Soncil t)erfammelt, fid^ gegenüber ftänben. "^ann märe ja bie Äirc^e in ber 3Serfaffung gerftört, rceli^e iljr (I'l)riftu§ gegeben l)at.

(Ein allgemeines ßoncil aber, bei meld)em ber ^apft ent= roeber felbft ober burd^ feinen Slbgefanbten ben SSorfig fül)rt, roie ^ e t r u S auf jenem 2lpoftelconcil, ift ber f eierlic^fte unb ent= fc^eibenbfte 2lct beS apoftolifi^en SeljramteS, baS glorreid)fte 3^"9' ni6 für \)k raal;re Sel)re ^ef u, bie Ijöt^fte 2lutorität, burd^ meldte ber f)eilige ©eift, ber ©eift ber 2Bal)r^eit §u hen SJ^enfdjen rebet. 3n biefer @inrid)tung be§ !ird^li(^en Sel)ramte§ muffen mir aber bie SBeiS^eit unb ©üte ©otteiS bemunbern. S)ie ©in^ l)eit ber £ird)e unb bie forttt)äl)renbe Üieinerljaltung ber Sel)re 3efu forberte ein Slmt in ber ^irdie mie ba§ bc^ l;eiligen ^etruS. S)ennoc^ roottte @ott, ha^ aud^ biefeS l)eilige 2lmt, meil einem fd)n)ad)en 3)^enfd^en übertragen mürbe, in einer SBeife geübt merbe, meldte ben menfd)lid^en ^erl)ältniffen mög- lid^ft augemeffen fei. ^ie Unfel)lbarfeit ber ^ird^e, bie eine göttliche ©abe ift, follte gugleid^, um eS un-3 SJ^eufd^en leidster 5U mad^en, il)r gu folgeit, unb xim bie Sträger berfelben in ber ^emut^, in ber (grfenntnig iljrer 9^id)tig!eit gu erl;alten, mit einer gorm umgeben merben, bie aud; mcnfdj)lid; hk l)öd^fte ©idf)erl)eit ber 2Bal^rl)eit bietet. S)aö gefc^ieljt aber burd^ bie Seratl;ung im Goncil. ©anj mie in ber natürlid^en Drbnung ber (Segen ©otteS bie menfd^lid^e ^l)ätig!eit nid^t auSfd^liegt, fo fd^lie^en bie übernatürlid^en (3ahcn ber ^ird;e bei ber ^er=

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ülTibtgurtg ber 2Bal£)rIjeit nx^t bie natürliijen Wliikl iljxcx ©r- forf(^ung au^. ^uxä) bie Slpoftel in Qerufalem wollte ber ^eilige ©eift fprei^en, benno$ aber berietl;en fte in menfc^li(^er Söeife, el^e fie befi^Ioffen. SDort waren bie Häupter ber 2lpoftel o^ne Sraeifel perfönli(5 unfel)lbar, bennoc^entic^ieb nic^t ^^Petru^, nid^t ^aulu0 allein, fonbern bie gange S^erfammlung antwor^ tete: „©5 l^at bem ][)eiligen ©eifte unb un^ gefallen." ©o ge* f(^ie^t es anc§ jegt nod^ in ber ^ird^e auf ben allgemeinen Son^ cilien. Sa felbft in ben feltenen gätten, in raeld^en ber ^apft üon feiner ^öd^ften 3SoIIma(^t aufeer ben Soncilien ©ebraui^ mad^t, ^anbelt er nx^t getrennt t)on ber ^ird;e unb bem ©pi^copate. ©r fpridEit x)ielme^r in folc^en pllen ha^ SSeiüufetfein ber gangen Äird^e au^, nad^bem er norl^er aUe menfi^lic^en Mittel gur @r^ forfc^ung ber SBa^r^eit erfd)5pft unb nid&t feiten einen großen 5r^eil ber Sif(^ofe felbft über i^re 3}leinung gu '^at^e gebogen Ijat.

IX.

Die ailgmeitien Concilien in ber Mtd^t,

„®enn f)ai betn fjeiligen ©eifte unb unö gefallen, eud^ !eine n^eitere Saft aufzulegen, al§ biefe not^« njenbigen ©tüöe/ 2l^ofterg. 15, 28.

^ir ge^en je|t bagu über, einen furjen Ueberblid über bie aßgemeinen ßoncilien gu geben, ha if)V Eingreifen in bie ©e^ ^ö)\ä)k ber Äird^e un§ gugleic^ ben fi($erften 51nl)alt gibt, um bie ^ebeutung bei nädjften ß;oncill für bie gufunft gu beurtljeilen.

©0 furg Quc^ biefe Ueberfid)t fein mug, fo rairb fie bo(5 §raei groge n)e(tgefc|i(^tli($e ^l^atfud^en üollftänbig !lar machen, ba§ nämlid; erfteng bal ganje ^ehen ber ^irdje ein ununter^ broi^ener ^ampf mit ben mö^tigften geinben ift, namentlid^ mit fteti neu fid) erl^ebenben, na<^ unb nai^ aHe Söal^rl^eiten bei (£^riftent{)uml, ja bal ef)riftent^um felbft in feinen gunbamenten angreifenben Qrrleljren; ba^ graeitenl bie allgemeinen ßoncilien ju üUen Seiten bie ]^auptfäd)Iid^ften 3}littel geraefen finb, mobur(^ bie offenbarte Sßafirljeit in il)rer ganzen ^oüftänbigfeit unb 3ftein= i)eit gegen alle jene Qrrtljümer, unb bie ^irc^e unb ß(;riftenljeit gegen atte jene geinbe fiegreid; nertljeibigt raurbe.

5Dreil)unbert Qaljre lang l^atte ha^ §eibentt)um Dergeblidj fic^ abgemü!)t, burd^ meltlii^e ©ewalt unb blutige ^Verfolgungen bal ßliriftentl^um aul^urotten. S)al ^lut ber SJZartprer biente nur ba§u, ha^ ©ljriftentl)um um fo meljr auljubreiten unb gu befefligen. 5D er Eintritt Eonftantin'l bei Großen in bie^ird^e befiegelte enblid; bie Sefeljrung bei römifc^en SBeltreidjel. "^a^ §eibentl)um ging unter; bem (E^riftentljum geljörte üon nun an bie S^^iii^ft« ®ßt Söiberfadier ßl^rifti gab fid; aber nid^t über^ munben, fonbern änberte nur feine ^ampfelmeife. 5Durd^ bie folgenben Dier Söljtljunberte erl^ob fid; eine fur($tbare 3rrlel;re

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m^ ber auberen, um mit ben ©runbraatirl^eiten be§ (J^riften- t^um^ btefeg felbft t)on 3nnen §erau§ ju jerftören.

$Dte erfte grofee Srrleljte, ber 2lriani^mu§ (fo genantit t)on ifirem Stifter, bem SlIeranbrinifcEien ^riefter Slriu^) war fofort gegen jene 2öa!)r^eit geridjtet, auf ber alle 2Ba^rt)eit unb äffe ©nabe bei ^F)riftentl;um0 berulEit, nämlic^ gegen bie @ott = Jieit 3efu eiirifti unb baburc^ auä} gegen ba^ ©e^eimni^ ber afferl^eiligften $Dreifatttg!eit. 2lr in 1 letjrte nämlid), ber eingeborene ©oljn ©ottel, b.al Söort, ba§ t)on Slnfang an wax unb bur($ bal 2llle^ erfc^affen ift^, feinid^t im raal^ren unb eigentlii^en, fonbern nur in einem uneigentlid^en ©inne ©ott; beim and) ber ©o{)n ©ottel fei ein ©efd^öpf an§> nid^tl; groar fei er 'oa§> erfte unb {)ö(ifte unter ollen @efd;öpfen unb burc^ x[)n l)abe ©ott, mie burd) ein SSerf^eug aUeg ^tnbere erf (Raffen ; aber göttlidjen SBefenl unb emig, wie ber 3?ater, fei er nic^t, fonbern nur megen feiner l)oI)en ©igenfd^aften unb STugenben oon ©ott mit bem göttlidjen 5Ramen unb göttlit^en @l)ren gefd)müdt. ^iefe 3rrlel}re mar um fo gefä^rlid^er, ha 2lriug fie mit groger ^unft p verbergen unb fid^ ben 2lnfd;ein ju geben wu^te, aU ob aud) er ßl)riftum al§ ©Ott anbetete, ßr gemann ^aljllofe 5lnl^änger, barunter felbft ^riefter unb Sifd^öfe.

5Da üerfammelte fid^ unter bem 5]orfi|5e ber Slbgefanbten unb (Stellvertreter bei ^apftel Silvefter I. unb unter hem ©c^uge bei ^aiferl ^onftantin im 3al)re 325 ju '^xcäa in Meinafien bal erfte allgemeine (Eoncil. ©l maren 318 SBifd^öfe Dereinigt unb nie I;at bie ©rbe eine (jeiligere unb el)rn)ürbigere ^erfammlung gefeljen; eine beträd)tlid)e 3^^^^ berfelben trug in tiefen 3Rarben unb cerftümmelten (^liebem nod) bie ©puren bei 3}Jartt)riuml an fid), bal fte in ber t)orl^ergegangenen legten ^t)riftent)erfolgung erbulbet. ^iefe Ijeilige ^ir($ent)erfammlung fprad^ nun in feierlid)fter SBeife ben alten, ererbten, maljren (^l)riften= glauben ani, ben (Glauben, ben bie Slpoftel allen Golfern gepre^ bigt, für ben bie 3Jlartt)rer geblutet, ber bie SBelt überrounben: „^ir glauben an QefuI ß;i)riftul, ben ©ingeborenen ©ol)n ©ottel, ber ha ift mal^rer ®ott Dom maleren ©Ott, gegeugt von ©roigfeit unb nid^t erfd^affen, ßinel Sßefenl mit bem S8ater." Unb mod^ten nun aud^ bie

1) ^of). 1, 1-3.

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SIrianer Tiöd) bur^ mel)r olö ein Saljvfjunbert ben ^ampf öcgen biefcio ©laubensbefenntttife mit Sift imb ©cmalt fovt[c|rn, nioditen fie felbft ben <So(jn nnb 9kd)folcier G^onftantin\^ beö ©rofeen für fid) gerainnen unb auf einige geit bnrcl) bie ^ilfe ber raelt= liefen Gewalt bie Ijdbe 2öeU mit fid) fortreiten ; bQ§ (SIanben§= befenntni^ be^ (iioncily üon 9]icäa blieb bie galjne , um bie üUe raat)ren nnb treuen (5l)riftcn fid) faminelten, el befiegte ben 2lrianig= muö nnb l)eute, nad)bem bie leiste ©pur biefcr einft gewaltigen 3rrlel)re feit niel)r aU einem 3al)rtaufenb Derfdjraunbcu ift, ertönt in jeber ^leiligen 33ieffe roie ein ^vinmpljlieb ha§> ©lauben§befennt= nife be^ aEgcmeinen Goncil^ von '^Ikäa nnb rairb uon öden, bie an ßljriftuio glauben, aU ber unfoljlbare ^luebrud beö ädjten nnb unt)erfälfd;ten ßljriftenglauben^ oereljrt.

©c^on im ^al)xe 3S1 nnitbe ein ^raeite^ oll gemeine 3 ßioncil in (Eonftantinopel geljalten gegen ben S^'leljrer SJiaces boniU)§, rael($er bie ©ottl)eit be§ l)eiligen ©eifteö leugnete.

60 ranrbe bie groge ©rmibraaljrtieit bes (El)rifieutl)nmg, auf ber alle anbeten Söaljrlieiten berul)en, W^ ncimlid; ber ©ol)n unb ber l)eilige ©eift mit bem ^ater ber (Eine raaljrc ©ott finb ober ber ©lauben»artilel üon ber aEerljciligften 5i)reifaltig!eit burc^ bie beiben erften allgemeinen ßoncilien fiegreid; gegen 9u'uer- ung unb Qrrtljum uertljeibigt. 2lber f<$on erl)oben fid; anberc md)t minber gefä^rlid;e 3^^"^^^)^^^^ / ^^^ l^^^^ ^^^4^ ^i^ ©ottljeit be§ SoljneiS angriffen, aber in^gefammt barauf abhielten, bie 2Bal)rl)eit feiner 3Jienfd;n)erbnng balb in biefer , baibin jener Sßeife gu üerfälfdjen nnb §n jerftören.

5f^eftoriu§, ^atriard; uon ßonftantinopel , leugnete jene raunberbare unb über alle unfere begriffe innige Bereinigung ber menf(^lid^en mit ber göttlidjen 91atur in ber ^erfon beg gi3ttUd)en Soljue», vermöge raeldjer in (El)riftu» graar jraei 'Jiaturen fiub, bie göttlidje nnb bie meufdjlidje, aber nur ©ine gi3ttli($e ^erfon unb nur Sin eijriftu;o ift, raaljrer ©ott unb waljxcx 3JJenfd^ pgleidj. @r leljrte nämlid), in bem SJlenfdjen Qefu^ l)abe ber 6ol)n ©otte^ nur gerooljnt, äljnlid) raenn auc^ oollfommener, raie ©Ott in ber ©eele eine§ jeben 9}tenfd)cn raoljut, ber im (£tanbe ber ©nabe \iä) bcfinbet. ©r Icbrte baljer eiucn boppelten (vl)iiftu^, einen göttli(^en unb einen menfd)lid)en unb alfo nid)t nur imei D^iaturen, fonbern and) §raei ^erfonen in ßljriftu^,

tt. Jtettcler, ba« aifgcmeiuc GoiicU. 7

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3JJer!it)ürbig ift f)ierbet, ta^ Bereite in jener alten QeW ber Sügengeift feinen Eingriff auf ß^riftu^ unter einem, mit fd)ein= l)eili(jer S^eretjrung gegen ben ©oI;n @otte^ üerljüHten Singriff gegen ben l^öd;ften ^orjug ber aUerfeligften Smigfrau 3}laria gu oerbergen fudjte, nämlic^) gegen iljren Spanien nnb il)re Söürbe aU 3)ktter (^otte§, @otte;§=@ebärerin. ®a 9ieftoriu§ nämlii^ leugnete, ba6 ber von DJZatia feiner 3}lenfc^l)eit nac^ geborene ß^riftu^ perfönlid; unb n)al)rl)aft ber eingeborene 6ol)n ©otteö fei, unb if)n nur für einen 3)lenfd)en bielt, in n)eld;em ha§> emige Söort nur wie in einem Tempel iDoljnte, fo bel)auptete er, man bürfe 3)laria nid)t ©otte^gebärerin , fonbern nur ^Ijriftu^gebärcrin nennen, dimx fo nterfroürbig ift aber auc^ , ba& gerabe biefer Eingriff gegen bie Ijeilige 3JJutter ©otte§ guerft feine Qrrle^re burc^ 'om fid^ erljebenben allgemeinen llnmitten be§ gläubigen ^olfe^ an^ ^age^^lid^t brad;te.

(B^ mar t)a§ allgemeine (^oucil von ©pljefu^ unter ^apft eöleftin L, mcld;e^ im 3al)re 431 bie ^rrleljre be^ 9leftoriu0, bie bag „grofee ©el)eimniJ3 ber (^ottfeligMt 0/' bie waljre 3)Ienfd;merbung be^ ©oljney (3otk§> t)erni($tete , feierli(5 »ermarf unb äugleid) jum 3ubel be^ gläubigen ^ol!e)S erklärte, baJB bie allerfeligfte 3ungfrau äJ^aria mie btjaljer, fo au($ alleaeit 3Jiutter ©otteg unb ©otte^gebärerin gu nennen unb al^ fold)e in SBal^rl^eit gu befennen |ei.

3uglei(^ beftätigte biefe» allgemeine (^oncil bie burd) eine ^leilje t)on ^articularfijuoben bereit» au»gefpro(^ene ^erurtljeilung ber 3rrlel)re be^ ^elagiug, roeldje in berfelben 3^it, roo 9^e = ftoriu^ bie 9}ienfd;tDerbung ©otte§ im 3Jtorgenlanbe angriff, im Slbenblanbe eine anbere ©runbmal)rl)eit be^ (E[)riftentl)um§ leug= nete, nämlid) bie 2Bal)rl)eit, ba§ 'i)a^ ganje ?3tenfd;engefd)lei^t burc^ ben 6ünbenfa(l feinet 6tammt)ater» ber urfprünglid^en @ered^tig= feit beraubt, fünbl)aft unb bal;er erlöfung^bebürftig gemorben ift un'o ha]^ mir nur burd; bie ©nabe (?l)rifti unfere ^efe^rung beginnen, fie Dollenben, barin bel)arren, ba0 gi3ttlid)e ®efe| er= füllen unb un§> he§> emigen Scben§ mürbig mad)en tonnen.

2lber nod; mar ber i!rei» ber 3rrtl)ümer, meldje fid; gegen ßl;riftu§ erl;oben, ni(^t erfd)öpft. Söäljrenb bie ©inen bie 3rr- tl)ümer be^ 9]eftoriani2!mu§ erneuerten, traten 5al)lreid;e 3rrle(;rer

1) I. Xim. 3, IG.

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in t)erfd)iebencn formen auf, n)eld;e untec bem 6d)eme einer falfcTjcn 55römnüci!eit ben Unterjc&ieb ber beiben ^Raturen unb namentlich bie 5ßaf)rljeit bor ntenf(i)lidjen 3^atur in ^x\^io leng^ ncten, inbem fie Iel)rten, bag in 6()riftu^, wie nur ©ine gbtt^ Uc^e ^erfon , fo aud) nur ©ine 9]atur fei , weil bie menfi^Iii^e Dktur burd) il)re SSereinipnß mit ber göttlidjen t)on biejer fo 5U fagen t)erfd;lungen unb in fie üevmanbelt morben fei. (S§ maren neue aliöemcine (FonciUen bas (Eoncil oon ©(lalce- bon (451) unb ba^ graeite unb britte (Eoncil üon Sonftan- tinopet (553 unb 680) unb unfüi]lid)e 9M{)en unb ilämpfe notljiücnbig, um ba^ ß(;riftentl)um getjen alle biefe l)eillofen SSer-- fälfd}uni]en ju fc^ü^en. Wld)x aU einmal jc^ien e^, al§ ob bie Öütllidje 2Bal)rl)eit in bem ©eraüljle mcnfdjlid;er 3rrtl)ümer unb fieibenfd;aften untertjel)en muffe; aber bie ber £ird;e geöcbene 3]er= {lei^ung: „bie Pforten ber §ölle raerben fie nic^t übermältiöen^)" ging allezeit in Erfüllung unb alle S3(enbmer!e falfd^er 2öiffen= fd;aft unb fectirerifd)er ©djmärmerei yeifdjioanben enblid) Dor bem Ilaren Sid}te be^ cinfad)en fatl)oliid;en ©lauben§, mie er bur(^ bie pon ^tjriftu§ gefegte unb t)om Ijeiligen ©eifte verbeiftanbete leljrenbe ^ird)c auf ben allgemeinen Goncilien Derüinbigt raurbe. Unb mie hmn überljaupt ba^ 33ö[e, obrooljl e^ an fid^ nur üerberbli^ ift, ple^tbennoc^ burd) @otte^ ^ovfel)ung bem (3\ikn bienen mu^, fo brad)ten aud) biefe großen kämpfe mit ben Qrr- lel)ren einen großen unb bleibenben ^eiuinn. 3Ri(^t nur rourbe babur^ bie fiegenbe ^laä)t ber fatljolifd^en 2öal;rljeit unb bie Dl)n^ ma^i avi6) ber mäd;tigften 3rrtl)ümer offenbar, fonbern e5 mur^ ben and) burd; bie !ir(^lid)en £el;rentfd)eibungen unb burc^ bie Slrbeiten unb 2öer!e ber )ßertl;eibiger bc;3 fatljolifdjen ©laubenS, jener großen unb Ijeiligen 3}Mnner, meldje W ßljriften^eit unter bem Dcamen „^irdjenoäter" oereljrt, ber unenblidje innere dldd)' tl)um ber c^riftlidjen Seljre immer flarer belendjtet unb Ijerrlid^er entfaltet. 6o üoUftänbig mar ber 6ieg be^ ©lauben^S, baß auf 3al)rl)unberte l)in feine Srrleljre mel;r 2i5ur§el faßte, unb e!3 !onnte fic^ nun ungeftört, in bem :^id)te unb ber ßinl)eit bc5 maleren ®lau= ben^, bie au§ htn STrümmern be^ 9lomerrei($e» unb au^% bem ßljao^ ber 5?bl!ermanberung roie eine neue ©d;i)pfung Ijeroorgegangene europäi((^e SSölferfamilie, unb in unb mit il)r jene grofee

1) Tlaiib. 10, 18.

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c^riftlidjc Siüilifation \\ä) entmiäcln , bie I)eute iioc^, tro^ aller Störungen, bic SBelt l)el)errfd)t unb begliidt nnb von beren grüc^ten felbft bicjentgen leben, raeld;e ba§ Seben^^princip «nferer ©efittung , ha§> ^xifi^nt^um gu gerftören fachen.

SlHein aud) jeneS d)rift(id) germanifdje DJttttelalter , n)el(^e» Stiele au§ ^Norurtljeit unb Stbneigung gec^en bie fatfjolifdje ^ircfte f(^mäf)en unh veva6)Un, Slnbere aber über ©ebüE)r erljeben, mar für baf> ei)riftentl)um unb bie ^irdje reid; an @efaf)ren unb kämpfen.

^§> raaren l)aupt]äd)Iid) fünf groge Uebel, weldje im3JJitte(= alter bie dljriftenljeit befdjtibigten.

S)a§ erfte unb gröf^te von allen, beffen traurige folgen mt l^^uie nod) betueinen muffen, war ba§ griediifdje ©d)i§ma, raoburcl) bie im SlUertljum fo glorreichen unb I)eiligen ^ir^en bc§ 3JJorgenIanbe^ von ber !atl)oIifd)en ßin^eit losgeriffen mürben.

^a0 gmeite mar ber 3Jiu]^amebani^mu§, ber ba^ d)rift= li(^e 3Jlorgenlanb cermüftete, in einem großen Stlieile beffelben ba^ (i;^riftentl)um m't att feinen Segnungen ausrottete unb 3at)r!)unberte l^inburi^ mit furi^tbarer ©eraalt and; ha^ diriftlidje Slbenblanb bebrängte, um ifyn baffelbe ©d)idial gu bereiten.

S)a§ britte groge Hebel mar ba§ ^eflreben djriftlic^er 5!aifer unb Könige, bie ^ird)e il)rer öerrfd)aft §u untermerfen unb il)ren gmeden bienftbar §u machen unb bie barauS lierüorge^enben traurigen unb Derberblidjen kämpfe gmifi^en ^aifertl)um unb ^apfttljum, gmifc^en meltlic^er unb geiftlidjer ßJemalt,

S)a§ vierte Hebel mar baS 2Iuffommen gefäl)rlid;er, f dimär- merifi^er ©eften, meldie bie ©runblagen ber c^riftlidien unb äugleid^ ber gefeüfdjaftlidien Drbnung untergruben.

SDaju fam enbli(^ gegen ha§ ©nbe bie^r ^^eriobe ha^ gro^e abenblänbif(^e Bä)i^ma, jene fd}redlid)e Qtit, in meld;er baS l^öd)fte Dberl)irtcnamt, ba§ SljriftuS ^ur 33eraa^rung ber ©in= l^eit eingelegt Ijatte, fetbft ^u einem 2lula(3 beö Sroiefpalte^" mürbe, mo bem redjtmäfeigen ^apfte ©egenpäpfte gegenüber ftanben unb bie ^ermirrung in ber G:t)riftenl)cit fo grofe mar , baß man üielfad^ nic^t mel)r mußte, auf welcher Seite ber red)tmäJ3ige ^apft fid; fanb.

©emiß maren baS große Hebel, unermeßlid;e öefaljren, benen jebel bloße 3}^enfd)enmerf Ijätte unterliegen muffen. Slber bie ^irc^e @otte§ unterlag nid)t, fonbern fiegte, menn anä) mit fd)meren SSnnben, über ade bicfe geinbe, unb mieber maren c§> vox adem

101

bie aHgemeinen (SoncUien, hnx^ roetd^e fie i^re g5ttlid&e ©enbung erfüllte unb beiüäljrte. 2luf bem oierteu allgemeinen (Eoncil von ©onftontinopel (869) war ba^ gvied)ifd)e Sd^i^ma in feinem Url)e6er ^ l) otiu^ üerurtljeilt raorben ; auf bem jnjeitcn allgemeinen (^oncil Don Spon (1274) unb bem attgemeinen Soneil üon glorenj (1439) rourbe bie 3Siebert)ereinigung ber @rie(^en mit ber allgemeinen i^ird)e tljeil^ roirtlid) t)ottbrad;t, tljeilio roenigften^ für eine beffere 3u!unft vorbereitet.

5Durc^ bie gleidifall^ auf ber ^artüularfijuobe üon (Sler- mont unb auf ben allgemeinen Goncilien t)om Sa t er an (1123) unb von Stion (1245) geförberten ^reugjüge mnrbe bie 33Ia(^t be§ S^lam gebro^en unb bie ©l)riftenl)eit gefräftigt unb gel)oben, raenn auä) il)r näc^ftcg 3^^^/ ^i^ Befreiung be;* Ijeitigen ©rabe§ auy ber §anb ber Ungläubigen nidjt bleibenb erreidit mürbe.

®urdj bie allgemeinen ßoncilien vom 2at^xan (1123) unb t)on St)on (1245) mürben tljeiU bie ©runblagen maljrer (Sintrad^t §mifd;en ^Irdje unb ©taat befeftigt, iije'iU bie greil)eit ber £ird)e gegen bie Slcrgerniffe ber raeltlid^en ©eroalt pertl)eibigt. ^ie rerberblid^en Qrrle^ren be^ 3}Uttelalterg mürben auf bem britten unb vierten Sateran^Goncil (1179 unb 1215) i^erur- t^eilt. ^a^3 grof3e abenblänbifd;e ©d^i^ma aber fanb auf bem eoncil §u eonftan^ (1414—1418) fein @nbe.

5lm 6djluffe beö 3Jiittelaltcr§ , unmittelbar uor bem ^n^- brücke ber Sfleformation , fteljt noc^ ba§ fünfte ßateranem fifi^e (Soncil (1512— 1517), \deiä)e^^ bereite ein Uebel befämpfte, baig erft in unferer 3^it inx xjoHen ©ntraidelung !ant. mar bamalö ha§> Qnialtu ber f. g. Sknaiffance ; ein franfljafter (^ntljufiaemu^ für bie anti!'l}eibnifdje ilimft unb Siteratur ^atie bie ©elfter ergriffen unh manche (55elel)rte!t bal)in gefül)rt, ha)^ fie, bie 2Bege ber d^riftlii^en 2ßei^l)eit üeradjtenb, in 3rrtl)ümer verfielen, über meldte felbft bie beffern l)äbnifd)en ^$£)ilofopl)en erl)aben maren. Sie leugneten bie Unfterblidjfeit ber Seele unb üerfielen tljeilmcife in ganj materialiftifd)e Sel)ren. 3Bcil aber bamal^^ bie 2Belt ^an! ber 2(utorität unb @inl)eit ber ^irc^e nod^burd^ unb burd) d^riftlid) mar, felbft biefe neul^eibnifc^en ©eleljrten fid) rül)mten, treue ©öljue ber ^irdje ju fein, fo fud)ten fie beibe^ miteinanber gu üereinigen : ba^ (£l)riftentl)um unb tl)re melir aU l)eibnifd)e ^l)ilo= fopl)ie. gu biefem 3mecfe [teilten fie bie Sel)auptnng auf, ^^ilo- fop^ie unb ©laube feien fo abfolut unab(;ängig oon einanber,

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bag eine p5ilofop!)if$e 53el)auptun9 raaljr fein fönne, wenn fie anä) mit ber (^[aubcnlrüntjrljeit in 2öiberfprucf) ftel^e. (^egen biefc, eben fo unoernünftiöe aU gottlofe £el;re fprad^ nun biefeg allgemeine (^oncil bie alte SBal)rl;eit au§, ba^ nieunb nimmei' ein 2öiber)pru$ beftelien fann smifc^en ^.^crnunft nnb ©(auben, 5n)if(^en maljrer $l)i(ofop(jie unb mal^rer 'Xi)eolog,\e, nnb ba6 bafjer jebe£el)re, meldte mit ber üon@ott geoffenbarten SBaljr^eit in 2öiber= fprnc^ fteljt, nie unb nimmer eine miffenfc^aftlidie 2öal)r!)eit, fonbern nur ein Qrrtl^nm unb eine Unraal^r^eit fein !ann.

2öir fommen enblidj gu bem legten allgemeinen (Soncil, bem üon 5i;rient (1545—1563), auf ha§> feit brei ^aljr^unbertcn be^ reita bie gan^e !atl)olif(^e Gljriftenljeit aU auf ben 6tern be§ ©lanben^ unb bie &li^t)d)nur be^ 2ehen§> in allen 2lnliegen unb kämpfen ber DMigion Ijinbliilt, mie \>a§ djriftlid^e 2lltertl;um auf ba§ erfte Ü^oncil t)on WKäa Ijlnjublicfen gemofmt mar.

©§ mar biefe§ (Eoncil berufen, um bie gröfste unb f(^mer5= li^fte SÖBunbe gu »l^eilen, meld;e ber ^ir$e, bicfem geiftigen £eibe Qefu (El)rifti, im ganzen langen 33erlaufe ber ©ef(^i$te jemals gefi^lagen morben mar. ©in grofser unb überau» ebler ^^eil be0 (^riftlic^en 5Xbenblanbe» Ijatte fi(^ von ber !atl)olif(5en S?ird)e lo^geriffen unb betra^tete nun biefe 3}lutter aller djriftlid^en 9^a= tionen aU ein entartetet ^eidj be^ Slberglauben^ nnb ^er= berben§, ben D^^a^folger $etri aber, harn ^Ijriftu^ \)a§ Dber= l)irtenamt über feine Äir^e auüertrant l^aik, aU ben 2lnti(^rift. ^ie neue Se^re l)ielt ben ©lauben an ben breieinigen ©Ott unb an 3efu§S^riftu§, ben 6ol)n ©ottel nnb einzigen ©rlöfer ber 3}Jenf(^l)eit feft, aber fie mar, t)ielfac^ ol)ne bafe iljre llrbeber e5 erfannten, gegen bie ^ird^e, ben geiftigen Seib ß^ljrifti, gegen ha§> Sßer! be§ ^eiligen ©eifte^ in ber ^irdje unb in ben (Seelen gc^ rtd^tet. 6ie leugnete ba^ fird)li($e Seliramt, inbem fie an bie 6telle ber unfel)lbaren !ir(^(id;en 5lutorität bie ^riuat=5Iu§legnng ber l)eiligen ©c^rift fe|te. ©ie leugnete ba§ ^rieftertl)um unb feine ^Soran^^efeung, ba§ immenralirenbe Opfer be» neuen 33unbe5 unb gerftörte baburd) baSjenige, roa§ feit ber 2lpoftel3eit ben lern unb 3}^ittelpun!t beio d^riftlii^en @otte^5bienftc§ bildete. 6ie jerftörte ben, aUm ^ebürfniffen ber Seele entgegenlommenben Organismus ber ficben l)eiligen 6a!ramente unb leugnete nament= li(^ jenes ©aiframent, melc^eS für bie Heiligung ber ©eele praf- lif(^ ba$ tpid^tigfte ift, ba^ l;eilige 6a!rament ber ^ufee. 6ie

103 -r

leugnete bie freie 9)?itn)ir!utiö be» meiifd^U^en SSilleit^ mit bet ©iiabe unb bie S'Jotl^roenbiöfeit bev Siebe unb ber outen Sßerfe ^um §eil, iubem fie ju unserer Sftedjtfertigung unb Seligfeit nid^tg für notfiroenbig er!lärte,. aU ben ©lauben ötlein, nömli(^ ben ©tauben, ba& un§ um Gfjrifti miffen unfere <2ünben nidjt zugerechnet merben. ©ie leugnete enblid^ ben lebenbigen gu- famment)ang jroifd^en ^ie^feit§ unb ^enfeitö, inbem fie eine§= tl)eil§ bie (Stattt)aftig!eit be» ©ebete^ für bie Slbgeftorbenen unb beffen 35orau§fe|ung, bie ©yiftenj einer ^uge unb Üieinigung \xa^ bem ^obe, unb anberntljeilg bie gürbitte ber ^eiligen für un^ t)er= warf. Hub alle biefe Söal^rljeiten unb ©nabenmittel be^ ^^riften- tljum^ befämpfte man, inbem man he't^auifikk , bafe buri^ biefe !at^ o(ifc§en Se^ren unb Einrichtungen bie ß!)re ßtirifti a\§> bc5 einzigen Erlofer^ ber 3}lenfc()en bceinträdjtigt unb an bie ©teHe be§ (Sotte^merfe^ ber ©rlöfung SJlenfc^enrcer! unb menfdjlic^e 6elbftgered)tigfeit gefegt merbe: aU ob ha§> fir(^Ii(^e 2e\)xamt einen anbern :^wed ^tte aU ben, bac^ 2öort ®otte§ unb bie Offenbarung ß()rifti rein gu beroal^ren; aU ob bie ^riefter tima^ anbereS mären al§> „Wiener (Etirifti unb ©penber feiner ©el^eimniffei);'' aU ob 'i)a§> (^eilige SJ^egopfer dvoa^2 Slnbere^ märe, aU bie ^e= ftänbige S3ergegenmärtigung unb 3Ser!)err(i(^ung be§ ^reuge^- opfert, biefer einzigen DueKe unfere§ §eile§ ; aU ob bie ^eiligen 6a!ramente nid)t oon (Et)riftu0 eingefe^t mären, um un§> feine mannigfaltigen ©naben unb ©aben, unferen ^ebürfniffen unb unfercr menfc^lidien Df^atur entfpred^enb , mit^utljeilen ; al§ ob unfere ©ered)tig!eit unb unfere guten Sßerfe eiroa^ anbere» mären al5 bie gru(^t ber ©nabe Qefu ßlirifti unb aU ob bie mer!= t^ätige Siebe oom redjtfertigenben ©lauben getrennt merben !önnte; aU ob enbli(^ alle unfere gürbitten für bie 5I6geftorbenen unb alle gürbitten ber ,§eiligen für un^ nid^t oon (Eliriftug allein il)re ^raft empfingen unb aU ob fie in einem "^anberen ' iJiamen gef(^el)en, al^ allein im Dramen ^e^n.

W biefen traurigen 3rrtl)ümern unb 3J?i^üerftänbniffen gegenüber Ijat ba^ allgemeine (Soncil uon Orient bie alte fatljolifi^e £el)re in allen jenen Seljrpunf ten , meld;e angegriffen ober mi^oerftanben maren, mit rounberbarer ^raft unb J^lar=

) 1. eor. 1, 1.

104

l^eit bargeleßt ; !)at aber auc^ ju ßlei^er Seit buri^ feine ]^errli(!)eu ^ef^lüffe über bie ^ircf)euüerbeffci*un(] jene 3JiiBbräuc^e befeitigt, bie nid;t burd) ©diilb ber c^ivd)e unb iijxet M)xe, fon- bern burc5^ 6d)ulb ber DJIcnfdjen in bie (^(jviftentjeit einijebrunc^en waren unb §um St^eil bie .^lrd;enfpaltuni] Deranla^t f)atten unb namentlich Urfadje maren , bog \o mandje gut gefinnte 33Mnner oon benx ©trome ber ^eroegung mit fortgeiiffen mürben. 3mar erreidjte bie ilird)ent)eifammlung von S^^rient ben 3^^^"^ nic^t, raoäu fie ^auptfäd)lidj Dcrjammelt roorben mar, nämlid; bie ©paltung §u (jeiten unb Die (Getrennten mit ber ,!^ird)e in t)er= följnen. 5Iber Don i()r an begann in ber !atf)olif($en ^ird}e felbft eine ^errlidje @dfte^= unb Sebeuv-erneuerung, eine grojäe 3}^enge Ijeiliger ä)iänner füljrten burd) i^r 2eUn unb Sßirfen ben ^e-- mei§, ba6 bie vid angeHagte ^ird)e bennod) bie I) eil ige ^ird)e nidjt blo§ {)ci§e, fonbern au($ mirflid) fei. Qu bem ^la^c üU burd) ha^» 53emüf}en großer $äpfte unb frommer Sifc^öfe bie ^e= fdilüffe 'be» ßoncils oon S^rient au^5gefü(jrt mürben , erblühte in @eiftlid)!eit unb ^ol! ein neue^5 Scbeii beg ©laubeng unb ber ^ugenb. S)ie diriftlidie SÖiffenfdjaft nal)m einen mädjtigen Sluffdjraung. Qn 'i^en nod^ Ijeibnifc^en Säubern feierte bie ^ird)e große 6iege unb breitete ba§ 9^eid) (5l)rifti meit über feine bi§- ^erigen @ren5en an^, 2lud) auf 3]iele unter ben Getrennten übte ba§ (Eoncil ron 3:;rient unb bie von il)m auicge^enbe gebend? erneuerung in ber fatljolijc^en Äirdje mm\ Ijeiljamcn Einfluß ; Derfölinte 53iele mit bei ^ird)e unb befeftigte in nid)t Sßenigen ber ebelften ©elfter bie ©rfenutniß , baß bie 3:;rennung ein großem Uebel unb bie 3öieberoereinigung ein mit aller ^raft ^u erftreben= beg l)ol)eg unb notl)menbtge!o Qki fei.

X.

jDie Aufgaben ks bctJorftrljenliftt ÖLondl^.

^a fagte ^efuö ju itjncn: §abt if>r niemals in bcr ©cf^rift gelefen: „ber ©tein, ben bie Sauleute bcr* toorfen f^aben, ber ift 5um (Sdftein geioorben. S3om §errn ift biefeö gefc^e^cn unb eS tft raunberbar in unferen SCugen.'' 2Katt^. 21, 42.

Peutc fte^ea n)ir am 33orabenbe eine§ neuen allgemeinen ßoncii^, unb e^ rairft fi($ nn^ ganj natürlid^ bie graße auf, n)cld;e^ benn bie 3iTt()ümer feien, bencn eg bie gottgeoffenbarte unb oon ben Slpoftcln l;er überlieferte SBaljrljeit entgegenftellen, roel(f}c^3 bie Uebel, bie e^5 be!ämpfen, bie Heilmittel, bie auiuenben mecbe. 5Diefe grage fann nur ba^ Goncil felbft uuic beantmorten unb e5 ift unftattl)aft, ben @rleucl)tungen unb gül)ruiigen be« l)eiligen (Seiftet x)or5ugreifen. 2Bol)l aber ift erlaubt unb nü^lid; , burc^ eine ^etrad^tung ber gegenwärtigen Sage ber ßljriftenljeit , ber ilirc^e unb ber 3Belt un§ einiger- majen bie @igentljümlicl)!eit unb bie ©röfee ber Slufgaben !(ar ju machen, raeldje bie i!ird)e ©otteiS in ber Söeltperiobe, meldjer wir angeliüren, ju löfen l)at.

äöenn mir unfere 3^^^ wit ben früljeren 3al)rf)unberten nergleidjen , big Ijinauf ju jenem 3^^lp^"^^/ ^o 'oa^» erfle attge= meine Goncil bie ooübradjte ^eleljrung ber alten ^eibnifd;en 2Belt güm ei)riftentl)um befiegelte, fo fäüt un^ fofort ©in groger IXnterfdjieb in'ö Singe.

2)ie 3rrtl)ümer, mit benen frül)er bie ^ird^e ^u fämpfen l^atte, raaren fämmtlii^ 3rrtl)ümer im ©lauben, tljeilmeife ^er- fälfc^ungen unb 33er!ümmerungen ber offenbarten 2öal;rl)eit als fold)er. ^i)xt Url)eber unb Slnljänger erfannten fämmllic^ bie Offenbarung beS alten unb neuen ^unbe^ als göttlich an; iftr gel)ler lag nur barin, baß fie biefelbc balD in biefem, balb in jenem fünfte nic^t nad) ber einl)elligen Seljre ber 5?äter, nad^

~ 106

ber 9li(^tf$mir be§ ürd^Ud&en ße^rantte^ unb beS überlieferten ©lauben.?^ fonbern nad; i()rem eißenen (Sinne auslegten. ^al;er lam e^ anä), bog alle 3rrlel)rer ber frül^eren galjrljunberte in t)ielen, oft in ben meiften 6tücfen mit ber fatfjolifd^en £ef)re übercinftimmten nnb nur in geroiffen fünften t)on iljr abroid^en.

3n nnferer Söeltperiobe bagegen ift ber groge, bie 2öelt bel)errfd^enbe Si^^t^^nt, mit bem \)a§> ©(jriftentljum ringt unb hen lu übcrrainben berufen ift, ein ganj anberer, ift bie grunbs fagtid^e Seugnung jeber übernatürlichen Offenbarung unb folglich (lu^ jeber übernatürliij^en ^eil^orbnung, fo mie aller ber TOttel, bie gur S3eroal^rung unb 9Jlittl;eilung ber göttli^en Offenbarung bienen, alfo ber Ijeiligen 6c^rift al§ 2öarte§ ©otte§ gerabe fo, mie eine0 tjon ©ott eingefe|ten unb üerbeiftanbeten ürd^lic^en Seljramte^.

®a biefer @runbirrtl;um unferer Seit aUe^ Uebernatürlic^e leugnet unb nid^t^ al^o rcal)r unb mirüidj aner!ennt, aU einzig unb allein bie Statur unb bie Dkturorbnung , fo !ann man il;n am begeid^nenbften mit bem S^^amen 9Uturali§mu§ nennen, ober aui$ 9tationali§mn^, meil er nämlii^ bem ent^ fpred)enb lel)rt, bafe feine anbere Duelle ber 2öal)rljeit für un§ 3Jlenf$en gebe , al-S lebiglid; bie menf$lid;e 3Sernunft, iljr gorfd)en unb ^Denfen, rüa§> f^liefelic^ gur ^Zaturoergötterung unb ^ernunftoergötterung fül)rt. tiefem jebe offenbarte ^teligion, in^be^ fonbere ba§ (E(jriftentl;um in ber Söurgel gerftörenben unb fomit im eigentlid)en ©inne antidnnftli($en 3rrtl)um gegenüber Ijat alfo bie ^ix^e in nnferer 3^it t)or altem bie 2öal)rl)eit gu üerll)eibigen, bafe ber SJlenfd^ nic^t bloj^e^ S^aturmefen unb t>on @ott nidjt lebiglic^ baju beftimmt fei, buri^ ben @ebrau($ feiner natura liä^en Gräfte eine gemiffe natürliche SSolIfommenl)eit unb ©lüd^^ felig!eit gu erreid)en, fonbern ba^ ©ott urfprüngli(5 unb ein f\Jr aUemal bie 3Jlenfc^en §u einer übernatürlii^en Seftimmung er- Ijoben, eine übcrnntüvlidje (Eeligfeit il)m al§ Sof)n feiner ^reue rer^eigen, iinh bem entfprec^enb and) feinem ©eifte noc^ eine l)öl)ere ©rfeuntniBquelle, aU bie rein natürlid)cn ©r!ennt= nißqueHen finb, in ber übernatürlidjen Offenbarung eröffnet, unb fomit auf ber (^runblage ber ^Ratur unb natürlichen Orbnung eine, bie 5Ratur t)or S^erberbni^ ben)al)renbe unb übernatürli(^ t)erüoll!ommnenbe, übernatürlid^e Orbnung erri(^tet \)at, mie ba§ 2llle§ f(^on oben näl)er eri^rtert rourbe.

107

Mein bie Seugttung ber übernatürlichen Dffenbarnng ift nnr bie eine ©eite ber großen inteUectuellen 3?evirrnnß nnfere^ 3citalter^^ 2öie rair oben bereits gefeljcn f)aben, fäUt ber SOkn- fcftengeift, wenn er bie §ilfe, bie ©Ott i{)m bnrc^ bie übernatür- li(f)e Offenbarung anbietet , ftolj guvüiJroeift , um (ebiglid) feine eigenen Sl^ege gu geljen, ben größten unb traurigften 33erirrungen awä) auf bent ©ebiete ber blofeen 5ßernunft imb ber natürli$en Söa^rljeiten an[)eim. Qene brei großen ^Sernunftroaljrlieiten , auf benen foroo^l bie Sßiirbe beS SJlenfcfjen als ber 33eftanb ber menfdjtid^en (^efeEfd^aft , raorauf dleä)t, greitjeit unb ©ittli(^!eit unb jebe voa\)xe 3(utorität beruljen , nämlic^ : bie @r!enntnif5 beS perfönlid;en unb lebenbigen ©otteS; bie ©rfenntni^ ber in ber ©eiftigfeit, grei()eit unb lXnfterblid)!eit beftelienben natürlichen @ottebenbilbli(^!eit unferer ©eele; bie (^rfenntnife beS ©ittenge- fe|e.§ aU einer in ©otteS §eiligfeit unb ©erei^tigfeit gegrünbc^ ten unraanbelbaren, üon jeber 9JJenfc^enn)i(l!ür unabijängigen ^ei- ligen Drbnung, werben bann uerbunfelt imb ungeljeure Qrrtljümer treten an bie ©teile.

^ie ß^orruption biefer großen 3]ernunftma!)rl)eiten ift aber eine üollenbete ^^atfadje in ber moberneu Sßelt. ^J^a^bem üon © p i n 0 § a bis § e g e l ber ^ a n 1 1) ei S m u S in ber ^Ijilofopljie ge^ I)errf(5t Ijatte, ift ber3)Ute rialiSmuS bie f)errf($enbe Qrrlcljve unferer geit geworben, biefe niebrigfte 3^orm beS 2ltl)eiSmuS, biefe tieffie ©tufe ber 58eritrung, gu weli^er ber mcnfd)li($e ©eift in Seiten einer falfd)en, jur S3arberci prücüeljrenben Hebercultur ljerunterfin!t. ,,©» gebe feinen ©ott. ©S gebe !eine ©eele. @S gebe ni$ts, als bie !örperlid)en ©toffe unb bie ber SRatur iune= woljnenben pl)r) füalif d;en unb c^emifd)en Gräfte. ©S fei bal)er eine 5^äufd^ung, wenn wir unfer $Denfen unb SßoHen für etwas ©eiftiges Ijalten. teufen unb SBoHen fei etwas rein !Örpetlid;eS, baS ©rjeugnife t)on ©el)irntl)ätigfeiten , bie ebenfo pbtjfifdj uotl)= wenbig wirfcn, wie bie ^^ätigfeiten ber ßingeweibe." tiefes finb bie ^auptleljren beS 3)laterialiSniuS , uuD ber $antl)ei?muS, biefe feinere, aber bereits überlebte gorm beS 2ltl)eiSnniS , läuft in ben praftifdien ßrgebniffen ganj auf baffelbe l)inauS. SDie pra!tif(^en golgen unb Seljren biefer ©otteSleugnung, ber materiali^ fiifd^en, wie ber pantljeiftifc^en, finb aber nidjt minber nerberb^ li(^ wie bie Seljre fetbft üerabfdjeuungSmürbig.

©ibt es nämlid) feinen ©Ott, fo ift jebc 9kligion ein

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2Ba^n; benn bie Sfleligion ift ©otte^öeretjnmg. SDanu ift olfo bie DMigion nidjt bto^ iiberftüffig, fonbent fd)äblid) mib ber ^ort^ fc^ritt ber SOtenf(^E)eit mag barauf l)inaibeiten, bie ^k^IiQion immer melir üerfdjminben gu maäjen unb aug ben bitten unb bem Serou^tfein be§ ^^oI!e§ au^^jnrotten. ^urau^ er!(ärt fid) aud) jener tiefe §q6, von bem bie SInljänger biefer 2e^xm gegen ba§ e()ri)lentl)nm unb vox aüem gegen bie fatljoUfdje ^ird^e, biefe ftartfte 6tü|e ber 9ieIigion, erfüßt fiub unb raomit fie, mcnn möglid;, t)a§ gange ^olf erfüllen motten.

§aben wir ferner feine unfterblic^e 6ee(e, feinen immote^ rieflen ©eift, bann finb au^ alle ^ötjeren, geiftigen ^been unb Qntereffen ein 3Ba^n; bann fann ber gange gwcd be» menfd}Iidjen Seben^ fein anberer fein, al§> ba^ irbifc^e Sßoljtfein, ber irbifd^e ©enug, unb bc ber ©enufe bur($ ben ^efi§ bebingt ift, (Srgeugung unb Erwerbung matericCer ©üter. dloä) mef)r; ift alle§ nur 3Jlaterie unb geftaltet fid) unfer Seben nad; materietten unb barum mit blinber D^otfjraenbigfeit wirfcnbcn ©efegen, bann gibt feine greif)eit be^ Söiüen^, im raaljren 6inne be« 2öorte;5, unb befe^alb auc^ feine ütiMje SSerantmortlic^feit, feinen roefentlic^en Unterfd)ieb groifdjen bem fittlic^ ©uten unb r^m fittlid^ Söfen.

©ibt e^ aber feine fittli^e greil)eit unb fein ©ittengefe^, bann gibt eg aud; fein dM)t, biefeg 2öort in feiner n)af)ren S3e= beutung genommen, feine unmanbelbare von ber ©eroalt unb 'oen bloßen %i)at'\ad)cn unab()ängige ©erei^tigfeit ; an bie Stelle be§ 9fled^te§ treten bie S:l)atfadjen, an bie eteHc ber ©erec^tigfeit tritt bie ©eroalt. 2Bie in ber materiellen äßelt bie ftärferen Gräfte unb bie größeren SJlaffen bal, roa^ fi^roäd^er ift, germalmen unb fid; unterroerfen, fo ift e§> bann anä) in ber menfd;li^en ©eiell= fc^aft: il)r ©efcg ift nidjt jeneg ©efe| ber ©eredjtigfeit, ba^ aud^ ben S^roäd^ften gegen hen ©tärfften fc^ütjt unb, roenn felbft auf ©rben bie ©eroalt obfiegt, hoä) gulelt burc^ ben eroigen Südö- ter SSoEftredung finbet fonbern ha§> bie ©efeUfdjaft bel)errfd)enbe ©efeg ift ha§> düd)i be^ Stärferen ; mag nun biefe (Stärfe auf H^) 6d)roert ober auf ba§ ©elb ober auf ßift unb ^lugl)eit ober auf alk§> btefeg gugleidf) fiel) grünben. ©o roie bemnad^ ber 2ItI)ei^= mu^ ber ^obfeinb ber Dfleligion ift, fo ift bie atljeiftifdje ©itten? unb 9^edl)t§lef)re, bie üielmel)r bie £eugnung aller 6ittlid)feit unb aHe^ dle6)k§> ift, bie geinbin ber gangen gefellfdjaftlid)en Drb= nung, bie fol($en Sel)ren gegenüber nid)t einen Slngenblid fort-

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Befte!)en löniite, tuenn nic^t bie auf 'i)a§> (S^riftentljum gebaute ge^ fdjidjtlidje Drbnung unb ba§ d;rift(id)e ^en)u§tfein be§ 3SoI!e^ SBiberftanb leiftete.

@i6t e^ feine fittlic^e greil^^it unb fein Sittengcfeg, bann ^ertf^t aber nic^t nur in ber bürgerlid^en Drbnung ba§ 9icd)t beg ©tärferen, fonbern auc^ in allen perfönli(^en S3e3ief)ungen ber 3}^enfd;en unter einanber, bann Ijat bie 9iä($ftenliebe feinen ©inn ttteljr, bann ift 'ba^» 3)ätleiben mit ber 5Rot!) ol^ne 5Sernunft unb ©runb, bann ift ber ©ine gum ©lenb, ber Slnbere jum ©e= nuffe naturnottiwenbig beftimmt, bann liggt c^ in ber 9Mur ber S)inge, bafe ber eine ^Ijeil ber 2}lenfd)en ben anbern aU 2ßer!- 5eug gebraudjt, um ilju für biefen ©enug auszubeuten unb il^n ol)ne SD^itleib in ^totl) unb @(enb gu ®runb getien lägt, raenn er biefem Qxved h\§> §ur legten (Sridjöpfung gcbient ^at

®ie ^irc^^e l)at boljer in unfern %ag,en nicfit nur, mie in ben früljeren 3al^rf)unberten , ben 53erui, bie £el)ren ber Offen* barung gegen Srrleljren gu fdjügen, fonbern fie Ijat t)ielmel)r bie überaus erljabene 2lufgabe, bie SSernunft felbft unb bie grogen SSernunfttt)al)rl)eiten, bie natürlii^e ©ittlidjfeit, ha^ natürlid)e ^e6)t, bie erften ©runblagen ber menfdjlidjen ©efeEfd^aft gegen bie Sin- griffe beS ©eifteS, ber von ©ott abgefallen ift, gu t)ert{)eibigen. ©ine größere unb glorreichere Slufgabe ^at bie ^irc^e ©otteS nod^ nie geljabt, wie in unfern Zaij^en, 6ie ift nid)t nur ber gels, auf bem baS ©l)riftentl)um rul)t, um gegen bie Pforten ber §ölle gu f(^ü|en; fie ift and; ber %eU, auf bem bie gan^e natürli(Je Drbnung xnlji, um fie gegen biefelben feinblid)en SJZäc^te §u üer- t^eibigen. 60 erfüllt fi^, maS fdjcn t)or graeiljunbert ^al^ren ber groge beutfc^e Pjilofopl) fieibnig üortjer fa^, bag Reiten fommen mürben , rao bie ^ird)e nid)t fomoljl \)tn ©lauben , aU vklmeljx bie SSevnunft gegen bie Eingriffe bei Unglauben» rcerbe in Dertl)eibtgen Ijaben unb bafe bie legte .^rrlelire ber Slt^eiS* mu§ fein merbe. S^iefe 3sit ift offenbar gefommen.

Um aber bie übernatürlid)c unb bie natürlidje SBal^r? ]E)eit in il)rer 5lnmenbung aufS menfdjlid;e Mmi gegen bie S[>erfälfd)ungen be» naturaliftifc^en g^^^Ö^^P^^ l^ üerttjeibigen, !ann fid^ bie ^ird)e nii^t bamit begnügen , jene SBaljrljeiten bloS auSpfpre(^en , fie mug t)ielmel)r auf beren lebenbige ^er- mirflidjung im 2ehen ber 3J^enfc^^eit unb bamit auf alle jene grogen gragen eingeljen, um meiere fic^ im innerften ©runbe alle

HO -

ll'ämpfe ber ©egenraart bre(;en. ©ie wirb baljer naä) ber 9li$tfd;mir , ber erüitjen 2Ba()rI;eit au§ipre($en muffen, in lüel^em ^serljäUmife ba§ S^viftentljum unb bie^irdje ^ur 2ötffenf d^aft imb6$u(e, §urgQmilieimb@[je,§um6taate mib ber ©efellfdjaft ftef)t

S)enn baraiif ift ber ^(an be§ Sügent3eifte^, ber imfre ^niee t)or ber Diatur flatt vor beni einen uiaf)ren (3oii bengen raiff, geviditet, bie Söiffenfdjaft, bie 6c^ule , bie gamilie, bie ©(je, ben Btaat, bie @efellfd)aft vom (E()riftent^um unb bann t}on jeber Dteligion gn emancipiren nnb fid^ felbft l)öriß gu niad)en, nm fo hnxä) äöiffenfdjQft, 6d)ule, 6fat§geiua(t, ja fo^ar burd^ bie gamüie ben ©ö^enbienft ber 9?atnr gnr 3ßeltreli(]ton jn erljeben. baljer jenc^ allgemeine gelbgefd^rei nnferer 3eit anf 3::rennnng ber Söiffenfd^aft Dom ß^lanben, ^rennnng ber 6c^nle üon ber ^ird)e, Trennung be!3 ©taate^ Don ber ^irije, ^rennnng ber ©(je üon ber tird^e! (Getrennt fott werben, \va§> ©ott ijerbnnben i)at, ma^, feit ©Ott bie 2ße(t erfc^affen (jat, x)er()unben lüar nnb üerbnnben bleiben mng , menn nidjt bie 3}^enfdjen bem fiügengeift nnb hem ^erberben an^tim fallen jt)onen.

S)a§ ift aber ber Q\mä biefer 3eitridjtnng, bnrd) bicfe Trenn- ung bie ©ntcl)riftli(^nng be§ 3>olfex^ allmälig aber fidjer Ijerbei^nfülj^ ren. ^nrc^ biefe 5:rennnng foll nämlidj bem ß(jriftent(jnme aller Seben^boben entzogen nnb e^ babnrdj gnm Slbfterben gebrad^t werben. ®a» ©(jriftentljnm ift lüejentlidj baju beftimmt , mie Wn gangen äJienfd^en in all feinen Gräften nnb 5t(jätig!eiten, fo and) bie gange SJknf^^^eit in air i()ren gefeüfdjaftlidjen ©liebernngen nnb £eben»änßernngen gn bnrdjbringen , gn reinigen, gu t)erebeln unb gn Ijeiligen. S)e|3l)al6 cergleidjt e^ fein göttlidjer ©tifter mit bem ©anerteig, ber bie gange 3}taffe be^ 9Jleljle§ bnrd^fänert. 2)a0 große 2öer! ©ottc§ in ber Söeltgefi^ii^te, ber maljre G)Ott= gewollte gortfc^ritt ift bie immer rollfommenere ^X'erdjdftlidjnng ber 3}ienfdj(jeit. ©o lange in ben erften djriftlidjen 3al)r= l)nnberten nur bie ©ingclnen gläubig marcn nnb iljre 9leligion in iljren §ergen, in bem Qnnern i()rer Käufer, in ben ^ata!om= ben verbergen mußten, mäljrenb ba§ gange öffentlidje unb gefeilt fdjaftlid^e Seben, SiffenfdE)aft unb ^unft, ©d^ule nnb ©rgieljung, ^taat nnb ©efeUfdjaft (jeibnifdj blieben, war eben bie 3Belt unb bie 3}^enfd^l)eit nodj ljeibnif(^ nnb nidjt djriftlidj. ©Ijriftlid^ würbe fie chtn in bem Tla^c, aU nidjt blo» ©ingelne burdj ha^ ©Ijri- ftentljum geljeiligt nnb gerettet, fonbern aU bie menfdjlidje ©e^

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feUfdjaft ielbft mit bem $rift(i($en ©elfte erfüttt roiirbe. ^afe foldje^ immer mel}r iinb mel^r gef(^el)e, bafe bie imc^riftlii^en Elemente, b. !). Unroa^rl)eit, llugcredjtigfeit ;mb ©elbftfuc^t, in ber menf^lidjen ©efetlfc^Qft immer meljr überrounbeu imb bie ©eftalt ber ©ejcUfd^aft bem ©eifte be§ (Eljriftentl^iime^ immer (:ileid)förmiger merbe, ba§ ift unb bleibt baC^3i^^ oto @ef($id)te, bQ!^ ift ba§ 3beal, welchem ©olt bie 3Jienfdjl)eit immer meljr luib meljr sufüljren mid. S)a5 gerabe ©egentl)eil ftrebt nun jener ©eift an, ber ha beftänbig : Trennung, irennnng ! ruft, mäljrenb ber dln\ ©otte^ unb ber 5Huf ber Siebe auf Bereinigung unb Bcrf()l)nung geridjtet ift. SDa e^ aber nod) nidjt auc^fül)rbai' erj^eint, ben ©lauben mit cinemmal an§> ben ^erjen ber 3Jiittionen lu reiben ober mie einften» im alten 91 om ba§ (i;ijriftentl)um ielbj^ gu profcribiren , fo fott eiS menigften^ x)orerft meljr unb me^r au§> bem ^ehen üerbrängt, in bie x)ier 3}lauern ber Äird)en, in bie ©ubjectiuität ber ©injelnen eingefd^loffen werben. 3)abei unterläßt man nid^t, hm Sdjein gu verbreiten, al§ ob biefe S^rennung im gntereffe be^ n)al)ren gortfdjritt^, ber SSiffen^ fdjaft, ber greiljeit notljroenbig fei, mäljrenb ba» gerabe @egen- tl)eil maljr ift, unb oljne 9teligion unb (El)riftentljum üielmeljr atter gortfd^ritt, alle malire Sßiffenfd^aft unb greiljeit, alie§ ma^re ©lud ber S35lfer xmmögli»^ ift, meil ba0 5ltte^ nur in ainb burdj ©ott errungen werben !ann.

Sene 2öi]jenfd)aft oljne ©Ott ift feine^ireg^ bie ma^re Söiffen- fc^aft. 6ie ift nid^t bie Sßiffenfd^aft, bie mit 9teblid;feit nad) 2ßaljrl)eit forfdjt, befelialb aber cin^ bie Sc^ranfen unb bie ©ebrcd)lidj!eit ber menfdjlid^en 5^ernunft anerfennt unb bie Ijödjfie 2Öal)rljeit l^eilig l)ält ; fie ift ni$t bie SSiffenfd^üft , meldje bur$ bie 6i(^er= unb Marftellung ber natürlichen Sßaljrljeiten bie Borl)aEe bilbet gu ber un^^ burc^ ©ott gefd)entten ljöl)eren über= natürlidjen äÖeigl)eit ; bie 2öiffenfc^aft , meiere bie' ^^atfad^e ber Dffenbarung, bie ®öttli(^!eit be^ Sljriftent^umjo unb bie göttlidje Stiftung ber Äirc^e bur(^ oernünftige unb gefd^idjtlidje ©rünbc beweift unb an ber §anb unb im Sichte be^ ©lauben§ mel^r unb meljr ba^ ^Serftänbni^ ber offenbarten Söaljrljeiten uii» erfd^lie^t : fonbern e^ ift eine SBiffenfd^af t , bie oon üorn^erein mit ebenfo unroiffenfc^aftlid^er aU x)orurtl)eil^t)olIer 2öill!ürlid)!eit jebe Offen- barung leugnet unb aUeS Uebernatürlid)e für Sßaljn erHärt, bie aber audj befe^allv weil fie fidj t)on ©ott unb ©otteC^ Offen-

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barung gefüifenttid^ obicenbet, rettung^Sloö allen, and) ben id}limm^ ften ^Serirrungen be§ gefattenen 2)ienfd)engeifte§ bem ^ei^titu^, bem ^antf)ei0mug, bem SOhterialienmg anl)eimf ällt ; ift jene 2öiffenfd)aft, n)eld;e f(^on ha§> apoftolifd;e 3Sort i) mit fo einf'^nei-- benber 2öa^r{)eit fennseic^net ,. raenn e^fpric^t: „€ie Iciftern, wa§> fie nid)t t)erftel;en (nämlii^ aUe^ Uebernatiirüd^e unb ©öttlit^e); baö aber, ma§> fie pon DIatur, raie bie üernunfttofen ^l;iere (nämlid^ hmd) bie 8inne nnb burd^ eine 2Biffen(d)aft, bie feine 2isa!)rl)eit§quette ancrfennt al» bie 6inn2 allein) raiffen, gereidjt il)nen gnm 3Serb erben (weil fie el gu ,i()rem unb Slnbever intettectueHem unb fittlidjen ^erberben miB6raud;en)/' ©^ ift bal)cr eine 23if|enfdjaft, bie bent ß;()riftentl)um nidjt unparteiifc^ , fonbern feinblid; gegenüberfte^t. ^iefe 2Bif)enfd}aft mitt ba^er bie (Sdiule nur befe^alb von ber ^ird^e , unb ben (Staat von ber Dleligion trennen, um beibe, ©(^ule unb Btaat ju be^eirfd)en unb mit i^rem ©eifte ^u burdjbringen; um in ben 6d)ulen unb £e!^ranftalten oon ben |üd)fteu bi^ gu t^en niebrigften 'iia^^ !)eran-' mad^fenbe @eid)Ied^t , vor allem aber bie l^errfc^enben unb ton= angebenben klaffen ber ©efeüidjaft, jene bie aU ^Beamte unb aU SSolf^Dertreter ben <Btaat , hk ©emeinben, bie gefammte ©efell= fd^aft Derroalten, leiten unb umgeftalten werben, nad) iljren ©runbfä^en gu unterrid)ten unb gu erjieljen unb fo einen (Einfluß ouf ba§ öffentU{$e, gefettfijaftüdje unb priDate Seben au^^uüben, raie \l)n m bicfem Umfange ha^ (E()viftent{)um nie geübt unb bie ^'ir^e nie in 2lnfprud) genommen "i^at

^enn ß^riftenttjum unb ^ird^e a^ten grunbfä^Iic^ bie natürlidje unb red^tmä^ige grei(;eit, mie be§ 3Jfenf$en, fo bea ©taateg unb ber ©efettfcbaft , bagegen biefe ©eifteeridjtung famt- !eine (Bdjxanhn, vox benen fie fülle fielet, am menigften a6)td fie ba^ d{ed)t unb bie gi^ei^eit be§ d;riftlic^en ©emiffenö unb ber d^riftlid)en jürdje. ^enn a[§> oberftcS ^rincip, al§ ben Stnfang unb ba^ ßnbe il)rer poIitifd;=focialen 2e()re ftellt fie ja ben 6a^ auf, bafe ber Staat nid;t etwa blo^ ber ©d^ü^er, fonbern ber alleinige unb unumid)rän!te Urljeber be§ Died^te^ fei, unb jmar fo, ha^ aber aud) nur ba^ Siedet fein fott, ma^ ber Biaat üerorbnet, b. l). mal

1} ^ub. 4, 10.

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Sette lüollen unb befcä^Iiegen, bie fa!tif(5 bie Staatsgewalt in ^än«^ ben Ijaben ober fie beeinfluffen. S)araui§ folgt bann, ba^ bie einzelnen , bie gamilien , bie focialen ^örperfc^aften, unb barin vor allem bie ^ird^e nur infofern Siechte '^abe , aU biefer <Btaat fie i^nen 5uer!ennt, unb nur fo lange er pe i^nen äuerfennt, unb bafe jebe ©eltenbmad^ung eine^ eigenen, roenn aud^ no(5 fo leiligen d\eä)k§> gegenüber bem Staate unb feinem ab? foluten SBillen aU (Empörung unb §0($t)erratl) gilt.

©^ braucht bal^er biefer Staat nur gu befijliefeen, bie Schulen foHen confeffion^lol, b, ^. oljue jegliche pofitioe Migion unb hk Altern foHen angehalten fein, i^re ^inber in biefe Sj^ulen §u fc^iden fo iji \>a^ mefentlii^fte (Slternred^t x)erni(^tet unb bie (^riftli^en ©Item muffen jufel^en, raie il)re ^inber un(^riftli$ in ben Sd^ulen erlogen werben. Unb wenn ber (Btaai erflärt , nur bie ß^iüilel^e fei giltig, fo l)at bie (^riftli($e @l)e, obwohl feit 3al)rl^unberten t)oEbere(^tigt, aufgehört, in ber ©efellfd^aft unb im öffentli^en 2zhm ©eltung gu befi^en. Unb berfelbe Btaai brandet nur ba§ ©efe^ ju mad)en : ha§> !löfterli($e ^ehen ift v^xhokn, bie S3ifd^öfe unb ®ei^ liefen fönnen nur mit Staatggenel)migung gemeil^t unb angeftettt werben, fo ift ber" innerfte ßeben^nero ber ^iri^e gelähmt unb biefe mu§ in ftummem @el)orfam gufeljen, wie ha^ Seben l^o^erer SSoEfommenlieit in il;r unterbrücft , wie ein göttlicher Söeruf in üielen ßl)riftenfeelen erfticft, wie ber ©piScopat unb ber (Sleru§ f^ftematifd^ rerberbt wirb unb ift nur coniequent, wenn biefer moberne Staat fi(^ eine§ ^age0 berei^tigt glaubt, wie er bereits in feinem blutbefCccftenUrfprunge im 3al)re 1793 in grau!« rei(^ wirflid^ getl)an l)at, ju becretiren, bie Uebung ber !atl)olifc§en ^Religion fei tjerboten, ja ber ©laube an (Boit unb beffen Slnbetung unterfagt.

^aö ift bie Sage ber ^inge in ber mobernen SSelt, biefeS finb bie SluSgangS- unb 3iß^pun!te jener Bewegung, wel^e in un- erljörtem 3JliPraud) beS l)eiligen 9kmen§ ber grei^eit eine freie SBiffenfd^aft, eine freie Schule, einen freien Staat anftrebt, bereu angebliche grei^eit aber nichts ift aU eine red^tlofe Empörung gegen Wn lebenbigen ©ott, al§ bie Befreiung oon ben ©efefeen ber 2Bal)r^eit ber ©ere(5tig!eit, ber Dieligion, um bie 3Jlenf(^en ber ^ned^tfc^aft aller ßeibenf^aften unb aller 2BiIIfür unb jeglichem ©goiSmuS ju überliefern, um fie Don einem Slbgrunb beS 3$erberben§ in ben anberen gu ftürgen, um bur^ \)^n <Btaat ben SXbfall ber 3)ienfd^5

». Rettelet, ba8 attflcmeine Öoneil. g

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^eit t)on ©Ott unb bie ©elbfioergöttenm^ ber 5)^enfd;()eit ju DoEürincjen. ©anj ber ^lan ber alten (Sd^lange: „3l)r luerbet wie ©Ott \m^y

. "2öa^ rairb bie ^irdje 3efu Sl^rifti biefem oI;nmä(^tiöen Unter- nel)men ber ^o^tjeit nnb 53erblenbung gegenüber tl)nn? Sie toirb im3Ramen nnb in ber l^raft beg aEmädjtigen ©otte^ ben Unter- neljmnngen be^ Sügengeifte^ gegenüber bie eiuigen 2öaf)rl}eiten ber Vernunft nnb be^ 6fjriftent[>nmg ber 2öelt Derlünben.

^er.Sßiffenfdjaft rairb fie fagen: ®n l)aft einen l^o[;en ^e-- tuf nnb hu bebarfft einer großen grei^eit, bie id) bir im noüften 3Jia6e geioäljre , weil @ott fie bir gen)äl)rt ^at $Dn foßft jnr S^ereblnng nnb jnm 9tn^en be;? ganzen 3}lenfd^engefd)led)tey bie 2öa[)rl;eit erforfi^en nnb tel^ren, fo wät fie ber inenfd;Iid}eit SSernnnft jugänglid; ift. Slber chm raeil bein Qkl bie ^a^r- {)eit ift, l^aft hu über bie 3SafjrI)eit fclbft feine ©en^alt, fonbern foüft iijre ^Dienerin fein. @ott aber ift bie ^öd)fte 2öal;rljeit nnb wenn ©ott felbft §n ber 9}lenfd)I)eit gerebet , fo mnfet hu in ®e= nmtl) Dor @ott nnb feiner SSaljrtjdt bi($ bengen; fonft rairft hu, inbem bn ©ott glei(^ fein nnb befeljalb feinen ©ott nnb fein ©otte^'SBort über bir anerfennen raißft, rettnng^Io^ bem Sügen= geifte verfallen. Söiltft bn bal)er in beinern berei^tigten nnb ^od;^ l^erjigen Streben, bie 3Bal)rl)eit gn erforfd^en, nid;t anf 2lbn)ege unb in bie tieften Slbgrünbe gerat{)en, fo barfft bn jenen Ijimm- Ufi^en ^olarftern einer unfehlbaren Söaljrljeit, ben ©ott in feiner Offenbarung ber 3Jienfd)ljeit gegeben Ijat, ni($t t)erad^ten unb nu^ bem Singe verlieren. SBillft hu bic^ aber no(5 l)öl)er erl^eben, üU hu auf ben Stufen ber ©efd;öpfe hux^ eigene ^raft gu ge^ langen vermagft, raiU)^ bu jene übernatürlid^en 2öal)rl;eiten er- fennen, bie gnle^t allein im Staube finb bie großen gragen ber 3}icnf(^l)eit §u löfen , fo mu^t hu üom göttlidjen ©lanben bid; leiten laffen unb mußt glauben, um §u erfennen. S)ie SBiffenfdjaft ift ba0 2Berf ber menf^Uc^en ^crnnnft, unb and) bie menfd)li$e ^er^^ nunft unb fie t)or allem bebarf be§ ©rlöfer^, unb nur burd; il;n fann fie ^ur üollcn 2ßal)rl)eit gelangen , nur in il;m leben unb 2iihen verbreiten.

5Die Schule mirb bie ^irc^e jurufen: ^u bift i)'C^ä)\t eljrmür* big unb^eineiS ber foftbarften ©üter ber 3)^enfd)l)cit. ^^ fegne

1) 1. 3Jtof. 3, 5.

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uub crmuntere bid^; jebe äd^te ^ilbung iflüom ß;^riftent^um ge- bißiöt unb ein ©ercinn für'^ ß{)riftentlf)um. 3ßiEft bu aber TOo^r- l^aft eine ©rjiefierin ber 3J?enj'c^{)eit fein, iljc juut §eile unb ni$t ^unt 3Serberben, fo barfft bn von bem Sef)rmeifter otter 3)Zenf$en, ß()riftu^ beni §errn, bii^ nid)t losfagen» 2öo(Iteft bu !)ingegen bie Ijeranroai^fenbe !l}?en[d}ljcit anftatt für (II)riftu§, für ba§ Un- d)riftentl)um er3ie^en, fo raäro ba§ bcr Ijödjfte unter aUtn greüeln, wellte g^eo^m @ott, oeßen bie gamilie, öegen bie 9Jlenfd;^eit be- gautjen luerben !onnen.

2)cm Staate rolrb bie ^irdje fagen : ^u bift mit ber I)ö(^)1ten ir- bifd^en Majeftät befteibet, unbmie (E^riftu^3, mein§err unb 9^id)ter, bem ^aifer o^ab, ma» be§ ^aifer§ ift, fo crfenne and) iä) bi$ an im 58olI=^ ma§e aEer bir üon ©ott üerlicljenen d1ed)k unb ©emalten. ^u trägft ba» ©diracrt, um t)ie 9Iedjte ^IUer, ^umeift ber ©i^wad^en unb 2öel)rlofen 5U fdjü^en unb bie greoler gu ftrafen, bu befi^eft bie gütte irbifd^er (^üter unb ©eiyalten, um bie gemeinfnme 2Öol)lfal[)rt gu förbern- 2lber bu bift nid)t ©ott unb barfft bic^ nidjt fegen an bie ©teile @otte§. ^u bift üielmeljr ©otte» Wiener gur ßanbl)abung ber ©eredjtigfeit. ^ie ©efege ber Söaljrljeit unb ber ©erei^tigfeit, bie er felbft in ha^$ ©eiDiffen be» 3JJenfc^en ge- fc^rieben, ^a\t bu junäc^ft §ur 31id)t{d^nur beiner ©efeße unb affer beiuer ganblungen su nebmen; dmi befeljalb ^laft bu su fc^ü|en iebe^5 rooijlermorbene 9fled)t, unb foffft nid)t beutjen, um einen fd)einbaren Dingen ju erreid;en. ^aju ift jeber @taat,,felbft ber Ijeibnifdtie, "üerpfüdjtet.

$Die Staaten ber cioilifirten 3öelt finb aber feine l^eibnifd^en Staaten. Europa oor 2(IIem ift (^riftlid; burd^ ©otteiS affmädjtige §anb unb ©nabe, burd) ba^ 33lut oon üiel STaufenb 3Jlartt)rern, burd; bie 5lrbeit uub ba§ 2ehen t)on me^r aU fünfzig (Generationen.

S)ie 3Sol!er ©uropa^ finb feine Ijeibnifd;en 3Sölfer. ®ie ^ird^e mirb baf)er ber 'Btaat^malt fagcn: ^u f)aft nid^t ba§ '^ed)t, baö dt)rift(id)e 5ßolf wie ein Ijeibnifd;e0 5U be^anbeln^ noc^ roeniger mie ein 3Solf otjue Üleligion. ^^nn bu and) äffen bie greil)eit ber rcligiofen Ueber^eugung geroäfjrft, ja fclbft bie greiljeit, gottlob 3U fein, fo ^aft bu nid)t \)a^% Siecht, ber ©ottlofen wegen and^ ba§ gan^e Sßolf wie ein gottlofe^ gu beljanbeln. ®u Ijaft W ^füdjt, hie Ükligion beine^ d;riftlic^en 3SoIfe^ gu e()ren, bie Äird^e gu fc^ügen unb nidjt nur felbft in ben meltlid^en Slngelegen- Ijeiten bie natürildje ©ered^tigfeit malten gu laffen, fonbern

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au^ bem $riftli$en ©elfle ben gebil^renben ®inftu§ ^n geftatten. SBenn bageöen bie ©taatSgeraalt \i^ jum SBetJjeuge eines bem ei)nfient^um unb ber ^ird^e feinbfeligen ©eifieS , fclbft big jur Sßerle|ung ber natürlid^en ©eredötigfeit l^ergeben toürbe fo ift bttS ni^t erlaubt imb ifi jeber ß^rift, raie t)iel me^r bie ^ir$c e^rifti tjerpflic^tet, @ott mel^r 511 geI;or(5en, aU ben 9Jlenf(5en, «nb !ann folijer gret)el nur gum S5erberBen berer gereii^en, bie il^n üben: benn an^ hm üönigen unb 58öl^ern, ben Staaten unb S^eic^en gilt bü0 SSort beä Slpoftelfürfien: bieg follt t^r iDiffen, ba§ anä) eu6) in feinem anberen Dramen §eil gegeben ift, al§ allein im S^amen Qefu (E^rifti^).

S)en Sfteic^en mxxh fte fagen: ©ott J^at bie ©üter biefer SBelt für alle OJlenfc^en beflimmt unb m6)t bloS für eu($. (Sott will, ba6 alle ^enfd^en an i^nen in einem gemiffen Umfang Slntl^eil l^aben. 3§r feib ni$t unbefd)rän!te ©igent^ümer, fonbern SSertoalter ber irbif(§en ©üter. 3^r jeib bal^er t)erpflic&' Ut, euere armen 3Jiitbrüber p lieben, i^nen einen red^tmäfeigen ^erbienft p geroä^ren unb i^nen nac^ beftem SSermögen gu §ilfe ju eilen, ^cnn i^r baS nic^t tl^ut, töenn i'^r pielme^r euere (Süter nur ha^u hmüi^et , um euere ©lüdfeligfeit im ©enuffe ber irbifd;en ßüfte ju finben, euere 2)Zitmenf^en lebigli($ gu 2Ber!|eugen jur Sßermel^rung euerem D^lei^t^umS §u machen: fo begebt il^r ein 3Serbre$en gegen @ott unh ein ^erbrei^en an ber Tlen\ä)f l^eit, bie il)r enttoürbigt.

S)en Firmen rcirb fie fagen: ©eib gufrieben mit bem ©taube, morin ©ott eu($ gefegt ^at, begebt !eine llngere$tig!eit iinb (^emaltt^at, murret nxä)t gegen (Sott unb ©otteS Drbnung unb erfennet üor allem felbft , baß bie Söürbe unb bie ©lücf- feligfeit beg 3Jlenfd^en nid^t in ^teic^tl^um unb in irbifc^en (Se= nüffen befte^t, fonbern in ber Sßürbe unb bem ©lüde, bie mir burd^ bie 3^ad^folge S^rifii erlangen, ber obrool^l er (Sotteö ©o§n mar, ben 9leid^t^um t)er[($mä^t, bie 2lrmut§ ermä^lt ^ot.

Sßie aber bie ^ir($e auf ber einen 6eite alle uatürlicJ^en unb übernatürlid^en (Süter ber a)^enf(5l)eit gegen bie Singriffe be§ ©eifteö be§ SlbfaÄS t?on (Sott unb feiner Orbnung oertljeibigen mufe, fo mu{5 fie au^ inöbefonbere bie grei^eit fidj er!ämpfen, bie fie bebarf, um i^re göttlid&e ©enöung gu erfüllen.

1) Slpoftg. 4, IJJ.

117

©ie tüirb ba^er im tJoHfien Umfang bte ^rei^eit in 2lnfprud) nelfimen, bte (5ripli(^e 2öal)r^eit ju rerfünbigen unb ju lef)ren, nid^t etvoa Uo§> burd^ ^rebtgt unb ©^rifienlef)re, fonbern in jeber SOBeife, bie ha red^tmagig unb würbig ifl, t)or 2IIIcm burd) bie Pflege ber JBiffenfi^aft unb hnxä) bie freie ^enu^ung ber treffe, ©ie n)irb in 5Infpru(5 nel;men ha§> 'äeä^t, i^re ^riefter pm $rie= fiert^um, il^re Jünber für ba§ ^l^rifient!)um p er§iel)en unb par ni(^t ua^ bem 3)fia§e, welches eine migtroutfi^e ober feinbfelige ©taatSgeroalt i^r guniigt, fonbern in bem ganjen Umfang, rote eS in ber 3^atur ber ©ad^e Uegt

Sie roirb in Slnfprud^ nel^men bie ^rei^eit, i^xe ©iener^ t)or alletn bie S3if{^öfe nai^ bem Wla^e i^rer SSürbigfeit unb Slü(5tig!eit unb ol^ne frembartige ©inflüffe p mahlen unb ein* pfe^en.

<Sie mirb für i^re ©öl^ne unb ^öc^ter \)a§> l^eiligfle unter allen 9J?enfc^en= unb (5:^rifienre($ten proftamiren, bie greitjeit, im ©taube ber et)angelif(5en §8ollfommenf)eit , na^ bem ^eifpiel ber ^eiligen unb nac^ ber SSorf($rift ber ^trd^e, roie im (^ingelnen, fo aud^ in ©emeinfd^aft p leben unb p mirfen.

©ie n)irb ba^ l^eilige ^e^t pdj) magren, ®uU^ p if)m, offe SBerfe ber d^rifllii^en Sarml^er^igfeit p üben, im SDienfle be^ 9^äd;ften fid^ p opfern, unb wirb mit ©ntrüflung jene uu'- erträglid^e ^t^prannei von fi^ llogen, meiere un^ ^inbern mill, um e^rifti SBillen unb nad^ ^fjrifti Sßorbilb ^uU§> p tl^un.

§ßor allem aber mirb bie ^ird^e in unferer Qeit, wo iljxe Slufgabe größer unb fd;n)ieriger, unb mo bie 3Belt feinbfeliger ift aU je pt)or, barnad^ mit aEer Äraft l^inftreben, il^re 3JJitgIieber unb pmal il^re getoäl^Iten ^Diener unb ^riefter, bie beg ^olfeö güljrer unb 55orbilb in ber S^ad^folge Sefu^^rifli fein follen, gu (jeiligen unb §u einer großen ^oHfommenl^eit gu erl^cben unb beg- Ijalb alles p befeitigen , ma§ ber Entfaltung ber d^riftlid^en unb priefterlid^en STugenben im SOßege ftel^en fann.

Unb gerabe l^ierauf follen wir mit ber ^ird^e aU* unfere Hoffnung fegen. 3e me^r bie Äird^e pd^ l^eiligt, mirb jmar bie SSut^f) ber §ölle gegen fte entbrennen, aber biefe Söutl; mirb anä) um fo ol£)nmäd^tiger merbett, bie .gerben ber 3}lenfd^en aber werben t)on ber ©nabe ©otteS bewegt unb burd^ baS gegebene ^eifpiel angezogen, ftd^ ber J^irc^e juroenben.

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Söenn batjer bie ^irc^e SlHel aufbietet, um mit ber ©nabe ©otte^ bie 2Balji1)eit d^Ijrifti ju tierüiubißen, bie greiljeit ber ^ird&e §u rcrtljeibiöen, bie (Sfirifteutieit in ^aupt unb ©liebem §u ^cili:; gen, bann !ann fie aud) mit ö^öjserem Vertrauen \iä) an jene efjriften menben, bie uicijt burc^ if)re eigene unb nid;t burd; un= fere (Sdjulb, fonbern hwxä) (Sd^ulb längft Derganßener Seiten von ber (^\ni)^\t ber ^ird)e getrennt finb, um fie mit innigfter Siebe aufsuforbern, surüd^nfeliren gur üerlaffenen ©in^eit. Xiefer 3fluf ber Siebe mirb fi(J um fo mäd)tiger crmeifen, je !(arer jebem Unbefangenen einleudjten muB, \)ai bie ©in'^eit ba§ !öniglid)e 'Mexlmal ber 23a{)rljeit , bie innerfte ^raft be5 (Itjriftentljume» ift unb baf? bie SBiebevIjerfiettung ber ©inljeit, aber quc^ fie aEein, ben Sieg be§ G^riftent^ume» über bie Söelt unfel)lbar gur golge l;aben mirb unb bamit \men grieben, jene Erneuerung unb jene SBo{)lfaf)rt , meldie bie SJIenfdjljeit fdjon auf (^rben bur<^ (s;{)riftu§ \)m Sßelterlöfcr erlangen foll unb nur burd^ ifin erlan= gen !ann.

Unb gerabe je rafdjer unb fur(^tbarer fii^ bie (Eonfequenjen be§ 5lbfaIIe^ Don ©(;riftu§ unb feiner 5lirdje entroicteln, um fo nätjer fleljen mir jenem großen, von ©otte^ SSeisFieit unb ©nabe !)erbeigefüörten Söenbepunfte ber Seiten , wo bie '3}Jenfdj[)eit im ©rofeen unb ©anjen micber er!ennt, ha^ ber Stein, ben bie ftclgen unb tl^örid^ten 53auteute üermorfen l)aben, nämlid^e^riftu0, benno($ Don ©ott gum ©runb= unb (g(fftein gemacht ift, auf bem 2(Ile^ rul[)t.

XI.

Bie Öorurlljeile.

„?ß rufet Qirc§, h?a§ gut tft ßel^attet." I. 2;^eff. 5, 21.

5i(^t nur ba§ ß^riftentl^um, fonbern aud) f$on bte Stimme iinferer S[>ernunft forbert, baß wir 3}?eiifd)en in allem SSaljren unb ©Uten einig feien unb un^ getjenfeitig in Siebe jur @r^ rei(^ung biefer I)ol)en S^dc, von benen unfer ©lud abljöngt, unter« ftü^en. ^tatt beffen feigen wir bie 3}?cnfd)en auf atten ßeben^= gebieten in hcn erbittertften kämpfen befangen, aU ob ©treit unb IXneinigfeit 'oa^ ©diidfal unb bie SSeftimmung be§ Wlcn\^en^ gef($(edjteg xü'dxe. ©inen raefentlidjen Slntljeil an ber 33itter!eit unb SRefuItatlofigfeit biefer kämpfe I;aben neben ben Seiben- fd^aften \)k beftel^enben ^orurtljeile, bie unriijligen Slnfid^ten über bie 3}^einung ber ©egner. 2Jlan fann faft nie eine ber großen ©ontrouerfen, lüeld^e unter hm 3)Zenf($en t)er!)anbe(t werben unb fie geiftig fpalten , verfolgen, o^ne auf unrit^tige ^orau^fe|ungen, irrige Urtljeile, Uebertreibungen ober ^erfleinerungen gu fto^en, raeldje bod^ notliraenbig befeitigt fein muffen, ef)e eine S]erftän= bigung mkß^ ift. 2öir fe^en \)a§> faft in allen Organen täglid^ oor Stugen, in meieren bie t)erfd)iebenen Parteien i^re 5lnftd^ten geltenb mai^en. ^ie meifien von i^nm fämpfen fo, aU ob ato Söaljre, Mehlige unb (^ute auf iljrer Seite, atte0 Unmalire, Hn^ red)te unb ^öfe auf (Seiten ber ©egner liege. 2luf fold^en 2Bcgen ift ein Dtefultat, ha§> bie Streitenben in ber 2Bal^rl)eit einigt, nid^t möglich-

®ag gilt nun an^ namentlid) ron ben großen religiöfen Streitfragen, ^a entftel^en ^orurt^eile um fo leid;ter unb rair^en um fo oerberblic^cr, je tiefer gerabe fie bie menf($lid)e Seele be= rül^ren. Sie bilben fid^ in^befonbere in folgen 3ßitabf($nitten, rao bie geiftige 2lufregung unb Seibenfc^aft am l^eftigften tft.

120 -

eine fol(^e Seit war bie geit ber ©laubett^fpaltitng. 2Bir fitib mä) weit havon entfernt, alle bie ^orurtljeile, n)eI(J^e ftd) bamalS me ^o^e 53erge graifi^en ben 6treitenben auftürmten, n)e99e= räumt in ^aben. SSir ftnb aber in eine 3eit eingetreten, mo, mir möchten fagen, bie 5lcten über bie ©rünbe ber Spaltung wie über il^r ^Refultat, reribirt werben, um gu ermeffen, ob biefelben in Söal^rl^eit befleißen unb au^ }e|t no(^ t)orl)anben finb. 5Diefe 9li(^tung ber Qeii, mel(^e gmar je^t noi^ me^r in anbern Sän^ bern aU in S)eutf$lanb auftritt, \i^ aber auc^ hei m§> f(^on geigt unb immer mächtiger werben wirb, ifi überaus erfreulich- 6ie ift bie Morgenrötfee bejo griebeng , ber erfie SSorläufer ber ^Bereinigung. ^\^t^ ift unbere(^tigter, al^ eine Spaltung, ^ren= nung wegen ^orurtl)eiIen , wegen unrid^tiger SSorau0fe|ungen. 6ie muffen mit vereinten Gräften überwunben werben. 5Daran muffen wir alle arbeiten auf allen ©eiten. <Dag ift eine gorbe^ rung ber Sßabr^eit: eine objectit) richtige ^Darlegung aller wir!= U(^en ©egenfä^e, na^ (Entfernung atter ©ntfiellungen , wel(^e i^nen bie ßeibenfd^aft beg ilampfeS unb SSorurt{)eiIe gegeben l^aben.

3n biefer S^id^tung i)ahen wir ^atl^olüen eine große ^luf- gäbe, inbem wir bie Seigren unferer Äir^e mit 9lüdfid^t anfalle »or^anbenen 3)^i§beutungen fo barfteHen, ba§ fie mögli(5ft rein unb !lar pr Slnfc^auung !ommen. ^a§ wollten bie einfid^tigflen 3Jiänner, ba^ wollte namentlii^ ^öffnet in feiner berühmten „Darlegung ber (Jripi^en Seigre/' ba§ wollte auä) in unfern ^agen SDlö^ler in feiner „6t)mboli!/ ^ier ^ahen wir no$ Wlan^e§> wieber gut ju machen, ^er DrbenSmann unb $uma= nift £ippu§ Slureliug 33ranboIini fteUte für öen rid)tigen Slu^brud bie 3flegel auf : „^an mug ft(5 bemühen, bafe ber Sefer ober 3u^örer nic^t nur unfere JReben oerfle^en fann, fonbern baß er fie nid^t miBoerfle^en !ann, felbft wenn er wollte 0." Seiber gibt man$e firi^lii^e ©(^riftfteHer, bie im @cgen- t^eil es gewiffermagen barauf anlegen, fic^ fo au^^ubrüäen, \>a^ §war ein richtiges ^Serflänbniß mögli^ ijl, mißüerftanbli^e

1) Danda igitiir opera est, ut lector atque auditor non modo poasit nostram orationem intelligere, sed ut 7ioti possit eaiii, etiam si velit. 7i07i intelligere. Lippi Aurel. Brandolini Oratio de Passione Domini ad Alexan- drum VI. Pontif. Max. habita. ^erauggegeben bon H, Bone. Mainz, 1869. pag. 36.

121

Sluffaffunnen aber no$ nä!)er liegen. ^a§ ift geraig fe^r oer* !el)rt. ift gegen bie 2öa§rl)eit unb gegen bie Siebe ge= fel^lt. 2)iefe forbern nid^t nur, ha^ eine raalire Deutung möglich bleibt, fonbern »erlangen, ba^ jebe unrid^tige S)eu= tung möglid^ft au^gef(^loffen fei. ^ine fol($e 2lu§bru(f^raeife fann naä) !einer (Seite bereiä^tigt fein, ©ewig gibt e^ eine Sprache beö ^ger^en^, bie il^r 9le$t l)at, um fo mel)r, ba un§ ja bie 9leligion fo riefe ©egenftänbe Uekt, bie alle ©efül)le unfere^ §er§enS in Slnfprud^ nehmen. 2lber aui$ btefe ©pradie mu^ fid^ jener Siegel unterroerfen, roenn fie ni(^t ba§ ©egentl^eil oon bem förbern wiH, roaS fie eigentli(5 be^roecft. SSenn roir 3J?ig' üerfiänbniffe unb 5?orurtl)eile anregen, fo förbern wir ni$t bie SSerel;rung beffen, n)a§ wir preifen, fonbern ^inbern fie. ^a§ finbet namentlid^ Slnraenbung auf alte ßontroöer^lel^ren üon ber SSerel^rung ber geiligen, ber S3erel)rung ber 3Jlutter @otte§, von bem Primat be§ ^apfte^ 2C. 2C.. ^ie 2Bürbe ber 3Jlutter ©otteg ftel)t fo ^06), bafe !eine menfd^lid^e 3wnge im ©tanbe ifl, Tie angemeffen ju preifen; bennod^ fann e^ auä) Ijier eine 2luS^ brudSroeife. geben, bie unri(^tige 3Sorftettungen unb SSorurtl^eile Ijeroorruft unb rael^e wir begl)alb üermeiben muffen, wenn mir nid^t gegen ben @eift ber 2ßaljrl)eit unb ber ßiebe lianbeln motten.

©ine fold^eßeljre nun, über meldte fel^r t)iele 3JJigt)erftänbniffe beftel^en, ift bie über H§> Sel^ramt ber ^ir$e, roel^e mir bi^l)er bel^anbelt l^aben, unb in SSerbinbung bamit über bie 6tettung ber !at^olif(^en 55riefter in ber ^ird^e.

SBegüglic^ be§ fiel)ramte5 beftelit namentlid^ ein boppelte^ S3orurtl)eil, inbem e^ auf ber einen <Beite feinem ©egenflanbe nad^ aU ein unbefd^ränte ^e6)t gu leieren aufgefaßt mirb, unb in golge beffen auf ber anbern ©eite ebenfo alä eine unbefd^ränfte ^flid^t, fid^ bemfelben gu untermerfen. Söir Ijaben bie 3rrig!eit biefcr Slnfd^auung nad&gemiefen. ®ie ©d^ran!e, meldte bem menfc^lid^en ©eifte auflegt, ^t nid^t roeiter, al^ bie Se^re Sefu eiirifti felbft. Sdai aber atte, meldte an bie ©ottl;eit 3efu ©l^rifli glauben, il^re SSernunft feiner Sel;re unter= werfen, ift eine notl^menbige golge biefe^ ©laubenS.

S)agegen fd^eint angemeffen, bem anbern SSorurtl)eile be-- güglid^ be§ 5träger§ biefe^ Sel)ramte§ nod^ ein 2öort ju roibmen. S)affelbe beftelit namentlid^ in ber 5lnf^auung, baß bie !atl)olifd|e ßel^re üon bem ^rieftert^um bie ©tettung (E^rifti al§ be5 einjigen

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©rlöferS unb 9}?ittter§ her 9JJenfd)l^ett beeintrödjtige imb "oa^ (^rifl^ lic^e 53ol! von ber unmittelbaren 35erbinbung mit ©^riftuS bem ©rlöfer obl^alte , mäl^renb bie proteftantifi^e £ef)re ben SBorjug hkte, hen (Ei)xx\ten in bie unmittelbare SSerbinbung mit bem @r- löfer gu fe|en. SSie weit biefe§ ^orurtl;eil öel)t, barüber motten n)ir einen Mann reben laffen, rccl(^er bemfelben ben fi^ärfjien 5lu0brudf gegeben. 2öir finben bei il)m folgenbe 6ä|e :

^3nbem 91 om einen Statthalter an ß^rifli ftatt auf ©r^ ben eingefegt Ijat, fo Ijat e§> bamit pgleidj erklärt, ba§ (Sljriftu^ feine ^ird^e auf (^rben nid^t felbft regiere. ©^ f)at an Ue ©tette ber göttli^en eine menfd)li(^e 9iegierung^gemalt in ber ^irc^e ein: geri($tet; Ijat bamit ^l)riftu^, ben Sol^n ©otteg, in ber ^ird^e I)inter ben ^apfl, ben SDIenfi^en surüdgeftettt."

„3(^ bin geroig nic^t I)art, menn ii^ fage: bie f($mere 6(^ulb, mel($e auf ber römifi^en Iir(^e laf^et, beftel)t gerabe barin, bag fie 3^fw§ (Sljriftu^ gurüdgeftettt unb ha^^ emige §eil von seitlichen Kreaturen abl)ängig gemacht l^at, rcä^renb baffelbe hoä) nur Don ©ott unb bem menfdjgemorbeuen ®ol)ne ©otte§ !ommen !ann."

„®ie römif(^e ^ird^e l)at in Se^re unb d^ultu» uid^tl unter- laffen, um biefe (^riftlii^en Snbiribuen, bie fogenannten Saien, fo t)iel al§ möglii^ üon ber ©emeinf(Jaft mit il^rem §eilanbe ab^u^ löfen. ®iefe§ SSerfa'^ren ^ängt auf«S ©enauefte mit il)rem gangen !unftrei(j^en €t)ft?m gufammen. S)iefer ^ird)e ift es nämlic^ im tiefften ©runbe liberott um bie (Sl)re bei 3JJenf(5en unb ni($t um bie ©Ijre (5)ottel, um bie ^^er'^errlidjung ber §ierar(^ie unb nic^t um bie ^Serljerrlidjung ^Ijrifti gu tl)un."

,,@l (nämli($ ba§ 6t)ftem ber fatljolifdjen ^ird^e) mad^t im ©runbe bal (Seelenlieil von SQ^enfdien unb nid^t von @ott, von menfd;lic^er 3}iitmir!ung unb menfd)lid^cm %^nn unb nid^t von göttlicher ßinmirfung unb göttlid^er ©nabe abl)ängig/'

„gulegt ift bod) nur $apft , S3if$of ober ^riefter unb immer roieber ber ^riefter, bem atte Maä)t unb atte (£l)re gufättt. 9^ur bem ^riefter ift e§> möglich gu bemirfen, bag bie irbifd^en iSubftanjen fid^ in ben l)imnilifd)en Seib (El;rifli üermanbeln 2c. ic."

„2öenn (S^^riftul miiHi(^ ein göttlidjel 5öefen ift, mofür il^n bie römifc^e ^ird)e ja anä) erflärt, fo !ann er unmöglid^ auf bie 2lu§übung feiner Sftegierungigemalt in ber ^ixä)t ju ©unften

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eine^ tjereinselten fünbioen 9}lenf$en ücrji^tet ^kit. ^ie römif^e Se!)re fd^Itegt l)ier einen inneren 2öibcrfprn(^ in \iä)/'

„@i5t e^ benn eine bürf tigere ^orfteHnng von bem cgeilanb ber 2öelt aU bie, bog man fid) feinem ^Ijrone niijt einmal nat)en barf? eine t)er!el)rtere oon bem WxtiUx iwi\^en @ott unb ben g}lenf(Jen aU ble , ba|3 man nl^t 'onxä) il;n , fonbern Hxä) ^JRebenperfonen bie SSermittlung bei @ott finben muffe?"

®a§ finb nun eben fo piele ^ornrtl)ei(e gegen bie Seigre ber to$e, aU Sßorte; SJligoerftänbniffe , xüd^e au^ einer 2In- fc^auung Ijerporgelien , bie mit ben !at^o(if($en 2lnf(^auungen nic^t§ 3U f^un l)aben. ©» mirb nid;! fd^roer fein , ba§ na$' guroeifen.

^ie ^roteftanten nehmen mit nn§ qu(^ ben alten ^unb aU eine göttlidje Dffenbarung an. 6ie erfennen be6l)al5 mit un§ an, bag ^ott in bemfelben ben Stamm Seoi §um ^rieftertljum befteßt l;at, bag er i^m 3>o[lma(^ten übertrug, bie er allein, aber nur in feinem DIamen üben burfte, nid)t für fi<^, fonbern für (^ott unb für ha§, 3?oI!. §at ©ott etwa befe^alb felbft ni$t regiert im alten ^unbe? ^am e^ befe^alb im alten 33unbe nid^t auf bie (Sl)re ©otte^ an'^ 2ßar baburi^ an bie 6telle ber göttlidien eine menfd)li(^e Slegicrung^gemalt angeorbnet? S)a^ mirb gcmi^ Diiemanb beljaupten.

(S^riftug l)at ol)ne S^^^f^'^ ^^^ 5lpofteln ^ottma^ten über- tragen, raeldie bie übrigen (^l)riften nidöt mit iljnen tl)ei(ten. @r l)at bem ^etru^ gefagt: „^ir übergebe x6) bie 6d)lüffel be^ §immelreid)e5i)." ^Darauf bejielit e^ fi(^ au(5, menn bie ^a^ tl)oli!en ben 9lad)folger ^etri ben ^tait'{)altex (E^rifti auf ©rben nennen. @r ^ai il)m ferner gefagt: „5öeibe meine Sämmer, meibe meine ©djafe^}.^' Hnmögli($ !ann man annel)men, bag er biefe 3?oIIma(^t allen (Sl)riften gegeben Ijabe, bae^ ja ein Unfinn märe, menn er allen bie 6(^lüffel be§ |)immelreid^^, allen \)en 5luftrag gegeben l)ätte, feine Sd)afe gu meiöen. (E^ mar alfo jebenfallä eine befonbere '^oümaä)t für $etru5, roa§ anerlannt merben mufj , raenn man auc^ leugnet , ba§ biefe 5^offmad^t auf feine 3fla(^folger übergegangen ift. §at nun ßl)riftu5 baburd^ aufge- ge'^ört, felbft gu regieren, meil er biefe 5)oflma$t bem $etru!§ übertragen l)at? $at er baburi^ ben ©ol^n ©ottel, \xä) felbft,

1) 2KQtt^. 16, 19. 2} ^0^. 21, 15 f.

124 -

lf)tnter ben 9Jlenf(^en, ben ^etru§, sutMgeflellt? §at er ba^ bur(5 auf feine ©eronlt gu ©unften eine^ einzelnen fünbigen 3Renf(5en t)er§ic^tet? Dber ift er babur(^ fogar mit feiner eigenen ßebre, bag er ber «Sol^n @otte§ fei, in 30ßiberfpru($ geratf)en? ^at enblid^ ©f)riftu§, inbem er ^etru§ bie ©(^lüffel be^ §immel= rei(^ö übergab, inbem er i^n beauftragte, feine §eerbe ju meiben, bie SJlenfi^en abgehalten, ft(^ feinem Xlirone gu naiven ober f)at er gar angeorbnet, bog man fi(^ m$t mel)r bur(^ il)n, fonbern nur burd^ 5Rebenperfonen an ©ott menben !önne? ©a§ OTe^ mirb fein t)erftänbiger Sljrift bel^aupten. @r mirb üielmel^r eine fold^e 2luffaffung aU ein unbegreifli$e0 TOgoerftänbnig ber ^n^ orbnung ^efu jurüdroeifen. ©r mirb e^ faum fürmöglid^ l)alten, bag man bie SSoEmad^t, bie 3 e f u ^ ben Slpofteln gab, in feinem 3^a= men unb Sluftrag feine geerbe ju roeiben, fo auffaffen fönnte, aU ob baburc^ ber <Bo^n @otte§ auf feine eigene Tla^i t)er5i(^tet l)abe. ©ben fo grog ift aber bag TOBoerftänbnig, n)enn man bie Seljre ber !at]^olif$en Äird^e, meldte in biefer ^infid^t nur barin beftet)t, bag bie ^ottmad^ten, welche (S^riftu^ feinen 3IpofteIn übertragen, auf feine D^ai^folger übergegangen feien, nun fo auffaßt, al^ ob befelialb (El^riftuS nid^t me!)r bie ^\xä)e regiere , aU ob baburc^ (E{)riftu§ l^inter SJZenfd^en jurüdgefe^t mürbe.

2öir !önnen biefe grage bei jeber ^Sottmac^t, bie (S^riftuJ ben Slpofteln übertragen, it)ieberl)olen. 60 fprad^ g- 33. ber §eilanb §u i^nen: „3Bie mic^ ber ^ater gefanbt l)at, fo fenbe iäj eud^^);'' einen attgemeineren Stuftrag , eine größere SSoHmad^t lonnte er tt)a!)rli$ ben Slpofteln nid^t geben. 2öie unau^fpred^Ud^ i^nä)t märe bie S3eljauptung, bafe biefer 5luftrag mit berSBürbe (Eljrifti, mit feiner ß^re, mit feiner Sftegierungggemalt im Söiberfpruc^ fte^e, baß baburd^ ba^^ol! üon ßljriftuö abgelialten morben feil Unb bod^ müßte ha^ 2lKe^ bel^auptet werben, menn man mit ©runb ber !at^olifd)en ^ird^e unb il^rem $rieftertl)um bie er- mäl)nten SSormürfe mad^en fönnte.

S)iefe 3}Jißt)erftänbniffe über bie malere S3ebeutung ber Seigre ber 5lir(^e t)om ^rieftertl)um merben unö aber nod^ einleud&ten^ ber unb bie 2e\)xe felbft mirb baburd^ eine neue 33eftätig= ung pnben, menn mir jum ^djlu^ nod^ einen S3Iidf werfen auf bie Slrt unb SBeife, mie ©Ott überl)aupt an6) außer ber ^ird^e

1) ^oJ}. 20, 21.

125

unb bem ß^riftcntt)um bie 3Jlenj(^en leitet. 2öir erfennen barau^^ toie ber göttlii^e ^lan ber Seitung ber 3Kenf{^en überatt berjelbe ift

6d)on in ber gamilie finben rair eine ganj äl;nlid^e Orb^ nung, wie in ber ^ircje; eine älinlid^e Leitung (Sottet, nämlid^ beö einen 3}knfc^en bnr(^ ben anbern ; be^ einen, ber im Dramen ©otte^ eine geroiffe ©eraalt übt, be0 anbern, ber im dUmm ©otte^ fi(^ biefer Seitnng unterwirft; unb aüe SSorroürfe, bie in ben oben angeführten ©teilen ber !atl)olif(^en Äird^e gemad^t werben, würben f(^on bie gamilie treffen, wenn fie überl)aupt begrünbet unb nid^t abfolut gel^altlo^ wären. SBenn @ott 'om ißater in ber gamilie al^ feinen ©tettoertreter beftellt l)at, fo \)ai er bamit nid^tö feiner 3Jlajeflät Unwürbige^ getl)an ; fo §at er bamit gewi§ nid;t feiner göttlid;en ^aä)t unb (Ei)xe entfagt ; fo l)at er bamit gewi§ nic^t fic^ felbft Ijinter bie SJlenfd^en gurüdgefe^t; fo ^at er bamit gewife ni($t ben 35ater gwifd^en fid^ unb bie ^inber ge^ fteßt, fo bafe jefet bie iütiber nid)t melir gum l)immlifc^en ^ater felbft Swgcing ptten; fonbcrn e0 ift überall unb in allen ^un!s ien ba^ gcrabe ©egentl)eil ber gall. Qnbem bie ^inber um ©otte^ SBillen bem ^ater folgen, f ollen fie gur SSerel)rung unb äum ©el)orfam gegen (^ott ]^ingefül)rt werben; unb inbem ber ^ater bie ^flid^t Ijat, §u feinen ^inbern von ©ott §u reben unb il^nen gu fagen, bag er ber fid^tbare ©teHüertreter be^ einigen, unfii^tbaren ©otte^ fei, foHen bie ^inber nid^t vom antritt p ©Ott abgeljalten, fonbern i^re bergen follen §u ©ott ^im gefül)rt werben. Söenn ber 3Sater bem Äinbe 'otn 2Beg weift, auf bem e^ ©Ott finbet, fo wirb ber ^ater nid^t ein ^ßermittler gwif^en bem ^inbe unb ©ott, ber ben unmittelbaren 5ßer!el)r be« ^inbe^ mit ©ott l)inbert, fonbern er wirb ein üon ©ott befteHter Reifer, bamit bie 6eele be^ ^inbe^ ©ott um fo leichter unb fid;erer finben !ann.

(Sine äljnlid^e Drbnung finben loir aud^ in ber üon ©ott gewollten (Einrichtung ber bürgerlid;eu ©efellfd;aft. Qu ber waljren Sluffaffung ruljt alle iljre Slutorität unb aller ©eljorfam auf ©ott. S)er Slpoftel fagt : „(S0 gibt feine ©ewalt, außer oon ©ott ; bie aber befleißen, finb tjon ©ott gefe(5t ^y Sebiglid) barauf ruijt bie ©e^: wiffenöpflid^t be^ ©eljorfam^. ©o Ijaben wir alfo aud; Ijier in bie= fer tjielglieberigen Drbnung lauter Präger einer göttlid^en ©ewalt in

1) 3iömer 13, 1.

126

ben uerf^iebenften Functionen, in ber ^iegierunö^^eraalt, in ber rid)- terlidjen ©ewalt 2c. zc. SSenn bie ^Sorroürfe, bie oben ber ^irdje gemadjt raurben, begrünbet raären, fo würbe ba3 5l(Ie^ fid; auc^ auf biefem-^ebiete ujieberljolen; bann lf)ätte ©ott burd; biefe gange (^inridjtung ber bürgerlid;en @efell)($aft feiner ©t)re aU 6d)öpfer unb §crr entfagt , fi(^ 3Jienf(^en untergeorbnet ; bann rcäre er mit fic^ felbft in Sßiberfprudj geratljen; bann {)ätte er atte biefe Wlen\ä)en, bie jur bürgerli($en ©efellfd^aft ge()ören, baburd^ von fid^ au^gefd^Ioffen u. f, ra,, raie all bie ^orroürfe Ijeifjen. Dffens bar ift ba5 Mt^ nid;t ber %aU. Slud; bie bürgerlid;e ©efeUfc^aft foH t)ielme()r gur @(;re @ottC)o gereii^en unb jeber ber in becfelben eine 3}lad)t üU , foll anerfennen, baß er nid;t» a(^ ein Wie- ner beg 2lIIerl)ödjften ift^.

9}lit allen biefen natiivlidjen ßinddjtungen @otte§ für ben 3}lenfdjen ftel)t nun aui^ bie übernatürliche in ber ilir($e ©otte^ in üoßfoinmener Harmonie unb Uebereinftimmung. 2ßie @ott fi^^ in ber gamilie tmb ber ©efellfd;aft ber 2}lenfd)en bebient, um bie 9J^enfd)en gu leiten, fo bebient fic^ eijfiftue au6) in feiner ^ir$e ber 3}^enfdjen , um bie Gljriften ju leiten. Unb raie in jenen natürlichen Drbnungen biefe (Sinrid)tung nidjt ber 2öürbe unb ber ßljre ©otte^ entgegenfleljt , fo aud) ni^t in ber ^irdje. greilid) !ann bort raie l)ier ber SDiener ©otteic feine Stellung uerfennen unb ba^, roa0 ilju nur ^ur ©emutl; antreiben follte unh ju großer gurdjt, inbem er an bie 9le(^enfd^aft beulet, bie er ^u geben Ijat, ^ur ^^e- friebigung feinet ^^od)mut(;e§ mißbraud)en. ®a§ liegt aber ni(^t in ber göttlichen Einrichtung, fonbern in bem unfeligen 3}ZiBbraud) berfelben, ber \a leiber überatt möglich ift, rao freie 3}^enfc^en be- ftettt finb, um ©otteö @a$e §u oertreten.

Sitte jene ^orioüvfe finb alfo buri^au^S nur 3}Ußoerftänbniffe über ba^ Söefen be^ Sel;ramte§ unb be§ ^rieftertljume^ , raeld;e lebigli(^ in S>orurtljeilen iljren @runb l^aben.

1) 2)affelße gilt bei eiiicv bloä untüvlicfu'u Sluffafjimg beä ©taateä. ^eber ^xrrfdfier , ieber ©taat ift angeiuiefen, feine StaatC^j^cioalt burd^ ^Beamte ju üben, ©ntfaot er babuvd^^ feiner 3Bürbe? feiner 9Ka*t? ©tefft er fid) bobiird) hinter feine ^Beamten? ©eniefjt ber einzelne Staatsangehörige nicbt mebr felbft bie 33ortf;eite bcä ©taate^ , fonbern nur burc^ ^ßermitttung ber SSeamten 2C.?

XII.

„53ittet, jo rcirb eucf; gegeöeit roerben."

3naiii). 7, 7. „Söa'^rUd^, roa^rlid) jag' id} eud^: 2öenn if;r beit S3ater in meinem 5?amen nm etmaö bitten raerbet, fo h)irb er euc^ geben." ^o^. 16, 23.

^ir !önnen unfere Slbljanbtung nid)t beffer befc^liegeu, al^ mit bem lebete, iDelc^ee Qefu^ am ©nbe feiner Slbfd^iebe^^ rebe von feinen Süngern in bem Stucjenbliiie t)erncl)tete, aU er fi(^ feinen geinben §nr ^arbringnng beso Opfert für bie ©rlöfung ber gangen 2Belt übergeben rcollte. ©» entljält bie lyöä)\k unb feierlid;fie S3eftätigung , für alle^ bi!3()er über U^ £e(;ramt ber Äir$e unb bie Slufgabe be^ fünftigen (EonciB ©efagte.

„34 ^abe i^nen bein Sßort gegeben unb bie Söelt l)at fie geljQ^t, meil fie nidjt t)on ber SBelt finb, fowie aud^ i^ ni(^t üon ber Söelt bin. ^ä) bitte ni$t, bog bu fie von ber 3^elt l)inn)egneljmeft, fonbern bafe bu fie vox bem S3öfen beraaljreft. ©ie finb ni(^t von ber 2öelt, foraie aud^ ic^ nidjt t)on ber Sßelt bin. ^eilige fie in ber 2Bal)r{)eitI bein ^ort ift Sßa^r^eit. eo mie bu mid) in bie SSelt gef anbt Ijaft, fenbe and) id) fie in bie Söelt unb für fie ^eilige id; mid; f eiber, bamit and) fie in ber Sßal;r!)eit gef)eiliget feien, '^od) nid;t für fie bitte id; aEein, fon-- bem aud; für bie, meld;e hnxd) if)r 3i'ort an mid; glauben werben, bamit alle ©ing feien, fomie H, 3Sater, in mir unb id) in bir, bamit and) fie in nn§> ßin§ feien, bamit bie 2öelt glaube, ba^ bu mid; gefanbt l;aft. Unb id; l)abe bie ^errlic^feit, bie bu mir gegeben l^aft, and) il;nen gegeben, bamit fie ©insS feien, roie aud; mirßing finb: i^ in il)nen unbbu in mir, bamit fie oollfommen ein0 feien; bamit bie Söelt er!enne, ba§ H mid; gefanbt

- 128

unb fte Qcliebt l)a% fotoie bu mii^ geliebt. Sater, bte bu mir gegeben l^aft, raiQ i($, bag, roo id^ bin, aud^ fie feien, bamit fie meine §errli(^!eit fd^auen, bie bu mir gegeben, meil bu mid^ ge- liebt l)aft, e^e bie SKelt gegrünbet mar. ©ered^ter 58ater! bie Sßelt l)at bid^ nic^t er!annt ; \^ aber l^abe bii^ erfannt unb biefe l)aben erfannt, bafe \)n mi^ gefanbt l)aft; unb id^ l^abe il)nen beinen 3^amen !unb gegeben unb id^ raerbe i^n funb geben, ba^ mit bie £iebe, mit raelc^er bu mid^ geliebt, in il^nen fei unb ic^ in il)nen^)."

2öenn man bebenft, wa^ Qefu^ hi§> §u biefer 6tunbe für bie Slpoftel getrau '{)atk, fo ift unmöglid^ anjuneljmen, bafe ba§ 2llle§ nur für fie, nur für bie ^auer i^re§ Sebeng, l;auptfäd^^' lid^ nur be^lialb gef$el)en fei, bamit fie einige ©djriften tjerfafe- ten unb 'üa^ bann mit il)rem Seben il)re Beübung, i|r ^eruf für feine ^ird^e aufl)ören foHe. Sllle^ trägt t)ielmel)r offenbar ben (Sl)ara!tcr einer bleibenben gürforge für feine ^ir($e an fii^, einer gürforge, meldte fortbefteljen follte, fo lange mie bie ^ird^e felbft. darauf beutete bie fo feierlid^e Slu^roa^l unb ^Berufung ber Stpoflel, barauf bie befonbere ©r§iel)ung unb Slu^bilbung, meld)e er iljucn burd^ einen breijälirigen vertrauten Umgang für i^ren Seruf gab; barauf alle SoHmad^ten, mel(^e er il)nen über= trug, alle ^efel)le unb 2luf träge bi§ gu feiner Himmelfahrt. Söie jene 2Borte: „Qd^ bin hei en^ alle ^age big an§> ßnbe ber SBelt^)" auSbrüdlid^ erllären, ba§ bie (Sinrid^tung, meldte er in ben Slpofteln grünben rcoüte, ni($t für bie $Dauer il)reg ßeben^, fonbern für bie 5Dauer ber ^irdje auf ©rben bered^net mar, fo trägt aud^ jebe^ Söort ber Ijeiligen ©d^rift, ba^ x)on htn Slpofteln l)an= belt, biefen ©eift an fid^. 3efug fal) in ben Slpofteln ba0 2lpoftolat unb im Slpoftolat bie bleibenbe gürforge für bie die- gierung feiner ^ird)e, für bie ßrljaltung unb ^Serbreitung feiner £el)re, für bie Slu^fpenbung feiner (^nabenmittel.

3n biefem ©eifte Mek aud^^efnö jegt in bem l)od^feier= lidjen 2lugenblid für feine Slpoftel. @r Ijatte foeben ba^ 2lbenb= maljl eingefe^t unb il)nen 'oa^' „^rob ©otteä" gegeben, „mcldje^ Dom §immel Ijerab geftiegen unb ber ^Mt 'iia^^ Seben gibt 3)/' ©r mar im S3egriffe, jenen Seiben»roeg anzutreten, meld^er mit bem Dpfertobe für biefelbe SBelt auf bem ßabarienberge enben

1) :3or;. 17, 14— 2G. 2) 3Katt^. 28, 20. 3) ^ol). G, 33.

129

foHte. 3n biefem Slugenblide ftanben bie Slnliegen aUex 9}ienf(5en cor feinem göttltd)en ©eifte, niä)t Uo§> bie ber Slpoftel. Qn i^nen fa^ er nur feine Wiener, rael^e bie (Knaben feineiS Dpfer^ tobeg b\§> am @nbe ber 2Belt tf^n QJienfc^en au^fpenben follten. 60 Mete er je^t: Q(^ ^ahe i^nen bein 2Bort gegeben. 2Ba^ er barunter cerftanb, ^atte er !urj uor^er ncilier qu§= gefpro($en: ®ie Söorte, bie bu mir gegeben, ^abe id^ il^ neu gegeben^). SBo^u er i^nen aber ba§ Söort, n)el(i)e» er t)om 3Sater empfangen, übergeben, ba^ Ijatte er iljnen bereite oft gefagt, unb er moöte tljnen bi^ §ur §immelfa{)rt raiebertjolen: Se!)ret aHe^öl!erI ^aum f)atte aber ber §eilanb baran gebad)t, bajs er it)nen biefe^ Si^ort feinet 3Saterl, um e§> ber Söelt gu oertünbigen, anuertraut ^ahe , '^a gebeult er aucf) he§> Söiberftanbel , ben bie SBelt ber 5lnna!)me beffelben entgegeufteEen roerbe, unb be^ §affe^, meld^er begfialb feine SIpoftel unb bas ßel;ramt feiner £ird^e treffen merbe: $Die 2Belt ^at fie gel^ia^t. @o oft t)atte er t)on bieiem gafe gefprod;en, hen fie feinetroegen gu erbulben \)ahen würben, unb ber @eban!e an biefen §a^ lag in biefem 3lugenblic!e n)ol)l nalje, ba er wenige Stunben fpäter benfelben an fid) felbft in ber furdjtbarften 2öeife empfinben foHte, unb fein liebeootte^ ^erg begljalb um fo meljr geftimmt raar , wo er an bie ©enbung be^ Slpoftolat^ H6)te , aud^ an ben 2lntl)ei( %\\ benfen , ben bie Slpoftel unb ifire 3flac^fo(ger biefeg 2(mtei3 megen an bem §affe ber Sßelt gu tragen ^)aiexi würben 2),

1) ^0^. 6, 8.

2) 2)erfe(6e 3)iann, ber fic| in feinen S8orurtf;ci(en ju ber 93el^auptimg l^inrei^en (ie^: „^ie[cr 5lircl)e (nämÜd) ber römifcI;=!atl^oIifd}en) ift im tief? ften ©runbe überaU iim ^\t ©^ce be§ 3JJenfd;en, unb nid}t um bie ß^re @ottc§, um bie $8er^errlid}ung (S(;ri[ti %\\ t^un," ift in neuerer ^eit %m% üon bem einen ©ebanten erfüllt : „®ic Erneuerung bcö (s:r;riftent{)umö w.yx% auö bem iüeltlid)en (Sutturleben fjerüorroad;fon." 3luf biefen ©a^ rebucirt fid) für i^n ba§ gefammte e^riftentf)um. Unfere 2efer mögen erlvägen, töo ba§ ©tre^ ben nac^ mcnfd}lid)er ®^rc mol^t am meiften l^erDortritt, auf ©eiten einer Äirc^e, tveldie noc| freute tr»egen i^rer Streue gegen bi# fiel^re ^efu ben §a^ ber äßelt trägt, ober bei biefen fertnlen Sd;meidj[crn beö äBeltgeifteä. Sßenn rcir 3JJenfd)engunft fucbten, bann mürben mir baö Goangcüum (S^^rifti <x\i bie ^ageömcinungen lierratl)en; bann mürbe \\\\^ balb fo oicl 9JJenfcl^en- el^re ju ^f;ei( merben, ba^ man barübcr mof)l gar mand^en ber bermaligen ^ro^leten beg „lüeltlic^en ©uUurIeben§" balb «ergeffen mürbe.

». Rettet er, ba« aügemelne (Joncil. 9

130

hierauf betet nun ber ^eilonb für bie Slpoftel unb für alle, roeldje nad; iljnen ha§> SBort feinet SSater§ ber SSelt r)er!ünben foEten ; unb ba^ , um raa» er für fie bittet, ftet)t rateber mit x^xem Sel)rQmte, mit biefer (genbuuö in inniöfter ^crbinbung: geilige fie in ber 2BQl)rl)eitl bein Sßort ift 2öal)r^eit. ®ie £el;re, raeli^e er com Spater empfangen unb bem 5lpofto= lote übergeben , ift fd)led)t^in bie Söal^rljeit. '^axin liegt SlUe^. Qn biefem Söorte tritt roieber ba§ ©runbroefen beö ©rlöfung§= voexh^ l^erpor, meli^e^ ber Sügengeift in unferer geit bem (E^riftent^um xauUn mbd)U, nämlid^ : ein :2et)rgebäube ber 2SQl^r= Ijcit 5U fein, ^aum l)Qt aUx ber §ei(anb l)teran geba<^t, fo rebet er gleid^ mieber von ber 3J^iffion, n)eld)e er iljnen in ^ejug auf biefe 2öat)rl)eit übertragen ^atl 2öie bu mid; in bie SBelt gefanbt l^aft, fo fenbe auc^ i^ fie in bie SBelt. ^a§ ift bie grofee ©enbung ber 5lpoftel unb be^ 2lpoflolate^ in ber ^ird)e; ba^ eine überaus feierli($e ^eftätigung berfelben. 2öie märe möglid), ^ier nur an bie ^erfon ber Slpoftel gu benfenl SBie bu mid; in bie 2Belt geianbt ^aft, fo fenbe auä) iä) fie in bie SBelt; raie bu mir bein SBort gegeben l)aft, um e^ in ber Söelt ju t)er!ünben, fo gebe xä) iljuen baffelbe 2Bort in berfelben Slbfidjt ; mie mid) bie SBelt befemegen Ijafet, U§> fie ^um ©lauben fommt unb bann il)ren Qa^ in Siebe oerroanbtit, fo mirb fie eud) l;af)en ; unb mie id) eü6) mit biefem 2luftrage auiofenbe, fo follt and) i^r mieber anbere auefenben mit bemfelben Sluftrage. ©o ift e^ in ber !atljolif(^en Äird)e geblieben in ununterbrochener 9ieil)enfolge von hm Slpofteln bi§ ^mtc; ha§> ift bie ^rieftermeitje in ber fatl)oli= fc^en ^ird)e; eine immer fortgeljenbe Befüllung ber 2ßorte: 2ßie mxd) ber^ater gefanbt Ijat, fo fenbe id) eud> 60 finben wir überatt eine üoHenbete ©in^eit unb Uebereinftimmung §n)i)d)en benSßorten Qefu unb ber ßetjre iiiib ben ©inridjtungen ber^ird;e.

ßr gebeult aber in biejem l)ol)eiipriefterlic^en (3chcte n\d)t nur ber 6enbung, roeldje er hen Slpofteln in ^e^ug auf bie 2öal^rl)eit gegeben Ijatte; er gebeult aud; ber mit biefem 2lmte »erbunbenen 6tanbe^pf{id)t ; er gebeult ber mefentlidiften ^e- bingung, um biefe^ 2lmt ber 2öal)rl)eit ju erfüllen, ^eferoegen betet er: geilige fie in ber SBaljrljeit! Sefu^ fpric^t Ijier jmei midjtige 2öal;rl)eiten au!3: (Srften^, bafe bie ©runblage, bie duelle aüer Heiligung hk 2öaljrl;eit ift, nnh gmar feine

131

SSal^rfieit, bie Sßal^rljeit, wel^c er t)er!ünbet I)at unb n)el(^e bie 51 po fiel t)er!ünben foUen; ^raeiteng, ba§ bie 3Ser!ünbiger ber 2ön!)rf)eit Dor ädern nadj §eilitjMt ftreben, lf)ct(ig roerben foßen. S3eibe§ ift ßleid^ it)id)ttg. geiUg fein Ijn^t ©ntt gefällig fein. Wlan tann alfo nicftt gottgefäflig fein of)ne 2öa^rl)eit. ^an !ann ber eroir^en 2Bal)r!)eit nid^t gefntten, oljne jene 2öal)rt)eit, bie er bur$ Sefug unb bie SIpoftet ber 2öelt gibt. Um biefer eraigen 2öa[)rl)eit i,u gefallen, mnß bie 2Ba^rl)eit au^ in unferer ©eele fein; unb jemebr biefe 2öa(}r!)eit unfere Seele gan§ buri^- bringt, um fo gottgefiilltger raerben wir. SBeil aber bie SBa^r^ l^eit Queue ader §ciUg!cit ift, fo folgt barau§, ba^ ber SIpoftel, ber Präger biefer l)eiligenben SBabrljeit, felbft l)eilig fein mug. ®e6l)Qlb rougte ber §ettanb für feine ^tpoftel in biefem erl)abe= nen ^(ugeriblide um nicbt ,g)öl)erel §u hittm, aU: 1^ eilige fic; l^eilige biefe meine Senbboten in ber 2Bal)rfteit, meiere fie in beinern unb in meinem Dramen ber 2öelt T)er!ünben fetten!

SBeil aber ber (55eift, ber bamaU in QefuS UUie, qu$ bie ^irdie leitet, fo !önnen mir o^ne 53^benfen be{)aupten, bag ber (^egenftanb biefe^ feierlicben (3ehete§> beg §eitanbe^ aud^ bie !)öcl)fte Slufgabe be§ ß^onciB ift: <o eilige fie in ber ^a^x- l)eitl ^eilige bie .öirten unb £el)rer beiner 5?{r4e! 3a, mir nehmen nid^t ben alterminbeften 2lnftanb in bel^aupten, ba6 ba§ bet)orftel)enbe ßoncil genau in bemfelben SJlafee mäd)tig in bie gufunft eingreifen rairb, aU e^ einen mäd^tigen Qmpul^ gur Heiligung ber Olpoftel ber ^irc^e unb atter, bie am SCpoftolate S(ntl)eil nebmen, geraäbren mirb. Mc^t, mie ^iele glauben, bie 5lUeIl)eit unb 9Reul)eit ber 33efd)lüffe wirb über bie 33ebeutung be^ ßoncilg für bie !ommenben 3al)rbunberte cntfd^eiben, fonbern il)re S^^^^^tt^^feigi^eit , um ba§ 2lpoftolat §u l)eiligen; um bie ^inberniffe gu befeitigen, bie biefer §eiligung entgegenftel)en ; um bie WlWtd aufjufinben, bie fie förbern ; um unl)eilige 3J?iet^linge, wdä)e ber feinbfelige Söeltgeift ber ^irdje aufbringen miß, üon aUm ^ird^enftetten f ern^ul;alten , meldte im S^Iamen 3efu t)er^ maltet werben; um gel)eiligten Wienern (Sl)rifti Ue 5lemter ber ^ird§e ju übertragen. ®afür betet S^fi^^/ ^^Wr Ijat er inS- befonbere fein .^reujeC^opfer bargebrad^t: Unb für fie l)eiligc id) mid) felber, bamit aud) fie in ber 2öal)rl^eit ge= lieiligt feien, ^afür mu§ ba^ (Soncil 6orge tragen, bamit eg mie Qefu^ gefinnt fei.

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^ber Qefu^ Ijat 'oa§> 3(poftoIat in feiner ühdje md)t tm^ gefegt gum 33eften ber Slpoftel unb für fie allein, fonbern für alle 3}knfd)en, für W er fein Slnt rergiefien roodte, bamit fie feiig würben. '^a§> SIpofloIat raar nid)t ba§ g^xd, fonbern nnr ein 9}litteL $Da§ Qxd ift hk ©eele jebe» einzelnen 3J?enf(^tn; bie gange Rix6)c mit aEen iljren @inrid)tungen ift für bie ein^ gelne ©eele ba. Qebe d^^riftenfeele !ann mit aller S[öal)r§eit fagen: 60 forgt Qefu^ für mi(^ in feiner göttlichen Siebe, ha^ er bie ^'irc^e für mic^ eingerichtet nnb in berfelben ^apft, S3ifd)öfe unb ^riefter §um ^ienfte meiner 6eele beftimmt Ijat. ^arurn gel)t 3efn§ t)on ben 5lpofleln gu allen (s;(jriften über unb fäl)rt fort: ^oä) nidjt für fie bitte iä) allein, fonbern au6) für bie, meldte burc^ i^r Söort an mxd) glauben mer« ben, bamit alle (Bxn§> feien, raie bu SSater in mir unb x6) in bir, bamit au(^ fie in un§ @in§ feien. Qu biefen Sßorten liegt nun 'oa^ eigentli^e 3i^l be§ ganzen (El)riften= tl)um§ t)or un^ ^). ®em foE aEe^ bicnen, bafür ift aEe§ ba, Slpoftolat, ©enbung, ©otte^ 3Bort, ©alramente, ©otle^bienft u* f. ro.: aEe0 ba^ foE bie aJienfd)en einen; einen in ber Söalir^j l^eit unb ber ^ugenb; einen in ber innigften, fefteften Siebe; einen in ©o'tt felbft, ber emigen 2Bal)rl)eit, ber emigen ?iebe, ber emigen ©lücffeligfeit , bem eroigen ßeben; einen fo, ba§ aüe @in^ finb, mie ber SSater im ©o^ne unb ber 6ol^n im 3Sater. ^ie ^äter erinnern baran, ha^ ber §eilanb Ux biefen mnnber^ baren 3lu^fprüd)en mol)l in^befonbere an jenee „^rob ©otteö" bad)te, oon melc^em ber 2lpoftel fagt : „©in S3rob, ©in Seib finb mir SSiele, mir SIEe, bie mir üon bem einen 33robe effen^)." 6ie fagen, bafe, mie ber 3Sater mit bem ©ol)ne in berfelben göttUdien Statur unb 2öefenl)eit geeinigt fei, fo auc^ bie Slpoftel unb aEe ©laubigen untereinanber nerbunben mürben in ber SBefenljeit ber men((^lid)en unb göttlid^en ^atnx ©l)rifti, meldte mir in ber

Ij 2Kan i)ergreicl^e bamit, Um ben Bi§ gum äu>3^rften ©egenfa^ gctrie-- benen M^aU oon ber göttlichen Seigre beS ©l^riftent^umg, ber in unfern ^agen unter bem Steine beö (S^riftentl^umS auftritt, ju ernennen, iüieber bie vox-- l^er citirten SBorte: „^ic (Erneuerung be§ G^riftent^umä mu^ au§ bem ttelt^ licfjen (Kulturleben ^erooriyad^fen." 2ßelcf)e geiftige Slrmutl;, meldte trcftlofe S3erfla(^ung unb Seerl^eit im SSergleid^ mit ber gi3ttUd)cn ^^ütte unb Xiefe ber ^riftlic^en 2ßar;r^eit! 2) I. (5or. 10, 17.

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l)eüicjen ©ud^artflie empfangen i). 3n ber %i)at tann man an ber ^Sejieljnni] biefer Sßorte Qefu auf bo§ aUer^eiligfte Ittar^^ faframent um fo meniger §meifeln, raenn man gugleic^ kben!t, bag er ja unmittelbar t)or biefem ©ebet ba^ aller^eiligfte Slltarfaframent eingefe^t f)atie, unb bag befeljalb feine ganjc Seele no(^ roH war t)on bem großen ©etieimniß ber Siebe, voel6)e§» in bemfelben erfüllt morben war. 5Die Kommunion ift aber nur bie SSoHenbung biefer Einigung, mä^renb aHe Se^ren unb ©naben ber ^ir^e baffelbe 3iel ^aben : alle 3Jlenfc^en eins 5U machen in ei)riftuS unb in ©Ott.

^iefe l)ö4fte 33eftimmung beS (S^riftent^umS in bem ©ebete 3efu !ann bal)er au^ nur ber ivoeik allgemeine Qmä be§ !ünftigen ß^oncil^ fein. mirb alle SJlittet unb 2öege auffu^en, welche bie ^irc^e mit !Hücfftd)t auf bie 3Serl)ältniffe ber ©egen= wart bietet, um biefe§ 3^^"^ i^ erreichen ; um bie 3}lenf(5en , mie fie @inen Urfprung unb ©ine Q3eflimmung , mie fie alle ©inen Sßater im^immel l)aben, wie für alle ein unb baffelbe malir, ein unb baffelbe gut ift, gum maliren grieben, gur raaliren ©in^eit in (5;i)riftu§ in fül)ren. 3ßel(^ ein l)o|e§, glü(f feligeS , menf(^enfreunb= li(5e§ giel 1 2öir fönnen bie 2öege, meli^e ba§ ©oncil l)iefür ein^ f^lagen mirb , m6)i nöl)er be^ei^nen , ba biefe vor allem vom l^eiligen ©eifte il)m werben gegeigt mcrben; mir fönnen aber au(^ in biefer §infid)t auSfprec^en, baß "oa^» ©oncilin bem 9Jla6e für bie Su'fw^ft fegenSreic^ fein mirb, als eS auc^ für biefen graeiten Qmed bie beften TOttel finben wirb.

Heiligung beS 5lpoftolateS, ©inigung aller 3Jienf(^en in ©Ott unb in 3efuS baS mar ber ©egenftanb biefeS )^o^en ^^Me^ Qefu, meldieS er im 5lngefi(^te beS ÄreujeS oerrii^tete ; baS ift unb bleibt bie ^eftimmung ber ^ix^^ ©liriftt; baS ift bie 2luf= gäbe beS nä(5ften ©oncilS.

3ur @rrei(^ung biefer l)ol)en Slufgabe fönnen aber alle unfere lieben Sefer, bereu §ergen geraiß l)0(^ fd)lagen in bem feljufü^tigen SSerlangen, baß biefe giele burd^ baS ©oncil geförbert werben möd;ten, fel)r mirffam mitroirfen. ^ie TOttel bagu finb Derfd^ieben nad^ ber Stellung, bie uns (Sl)riftuS am £eibe ber ^iriiie angemiefen l)at. Slber ^roei 3Jlittel fönnen unb follen mir alle anmenben.

1) Cf. Coniel. a Lapid, comin, in Joan. 17, U,

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uttleve Heiligung unb unfer ©ekt. ^op follen no^ biefe ©i;lu6tüorte unfere Sefer aufforbern. D möd^te fid) über bte gnti^e 2ßelt ein beiUöer ®ebet^3eifer verbreiten! 9jjö(j^ten aUe ^ricfter in iljren ©emeinben, alle 3Säter unb TOitter in i()ren ganülien, alle frommen Se^rer unb Sef)rerinuen in iljren Spulen, nlle Drbenc^leute in i^ren Käufern, olle frommen ßüiriften in if)rem Söirfu gl!reife mitmirfen, um biefen ©eift be^ ©ebeteö in allen ©cmeinben, allen gamilien, aikn 6$uten, allen Drben^- l^äufevn, ollcn Seben^freifen tägli«^ anzuregen. D möd)te biefer ©eift beö (3ehtte^ n)a(^fen unb raad^fen, je nä!)er bie Qdi biefer !)eiltgen ^Nerfammlung l^eranrücft unh mit bcr größten ^nbrunft fortbauern, menn bie SSer^nblungen felbft ftattfinben. 3Röd^te W gan§e ©l)ciften^eit bann vereint mit i!)rem §o!)enpriefter ^^f beten: „§ci(ige beine ^riefter, bamit fie roürbige 2Ber!§euge beincr S[bfid)ten werben; vereinige un^ 3Jlenfc&en, bie mir jegt fo mcit von einanber getrennt finb, in ©inem ©tauben unb ©iner £iebe, bamit alle (Sin^ feien, roie bu im 33ater unb ber 55ater in S)ir. 6enbe au§ ben ©eift ber 2öal)r{)eit, bamit er bie £ügen aus unfein gerben verbanne, unb ben ©eift ber Siebe, bamit er un§ mit ber n)a!)ren ©otteSliebe unb 5^äd)ftenliebe erfülle. SDiöd^ten enbli^ alle mit biefen ©ebeten perfönlid^e Heiligung ver- binben, l^eilige (5;ommunionen aufopfern, l&eilige 3Jleffen anbören, Opfer ber S^äcöftenliebe barbringen; mi3c^ten enblid^ felbft bie Traufen auf il^rem ©(^mergenSbette il)re Seiben mit bem Opfer 3efu vereint für biefen groed barbringen. 3eful l)at gefagt: „53ittet unb i^r merbet empfangen.'' „^a^xli^, roa^rlic^, fage i(^ eu$r menn iljr ben 3Sater in meinem 9^amen um etroaS bitten werbet, fo mirb er euc§ geben 0-" 2BeI$eS SSertrauen !önnen mir ba ju einem (^^htk ^aben , bei melc^em mir unfer ©ebet ganj mit feinem ^thek vereinigen.

1) ^0^. 16, 24; 23.

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