u iM ul ” f RE zz ' us I E u Be LIEDER u 2 . Ä 5 fe ä DENKSCHRIFTEN DER KÖNIGLICHEN ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU MÜNCHEN. AQsAON, ir” 3 et 3; ee. an . HILLS ni “N Er EUR: Wii, £ - = y k ”b:: Vr 248, P ar a iv apa ZEN ARE IEE » 2 ar j f. AT TERR: 4 AN rt; & wi. >. rim a? Fr er I TER DENKSCHRIFTEN 2 ER A Ü Ar aeler. ik A ‚> A n. KÖNIGLICHEN! nische EN SORNTEN ZU MÜNCHEN FÜR DAS JAH ” ? { 8 o 8. Der AGERON, =Or9898 8 -— MÜNCHEN, auf Kosten der K. Akademie, 1809. z N — ee. NL SR. MAJESTAET ıN TIEFSTER EHRFURCHT GEWIDMET vosN DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN e ZU MÜNCHEN. \ i >—.2—.—.——.. 9 goo > sa en au u) ana ail.t, Geschichte der Akademie v. Jul... 1807 bis Ende des J. ı808. a, Constitulions- Urkunde, & x re 4 En“ p- =. b. Verzeichnifs der Mitglieder , 2 R 3 2 5 e p. XIX. "e. Personal der mit der kön. Akad. der PViss. verbundenen Insti- tute und der Administrations- Commissionen über dieselbe, p. XXVII d. Oeffentliche Versammlungen, DEOSSE BELA AE HERTZ 7 734 Bene KRRE e. Allgemeine Versammlungen, . . . 3 » . . p- XL. ” Philologisch - eo Ciabsa und ihr Attribut, das An- tiquarium, 5, h e E - - . s 2 p: L. g. Mathematisch-physikalische Classe und die ihr beygeordneten AUT an AR TE IE me ir ip: Li, h. Historische Classe und ihr Attribut, das IK. Münzkabinet, p- LXII. », ‚Kreisanfgähes us ug IN alina ein te N, Me NERV. k. Veränderungen im Personal, E A 3 - £ .. .. p. LXVI. u u y Ab- Abhandlungen Philologisch-philosophische Classe. Ueber die Erziehung der Griechen zur Sittlichkeit, Eine akademi- sche Rede von FRIEDR. JAcoBs, . F x € ı N p- Mathematisch-physicalische Classe. 1..8. Tu. Sömmerring, academicae Annotationes de cerebri admini- strationibus anatomieis vasorumque ejus habitu, - . P- 2. Bemerkungen über den Bau der Augen verschiedener Thiere, v. 3 Dr. I. A. Arzers in Bremen, & > . . . ; P- 3. Zwey-neue Pflanzengattungen, beschrieben vom Dir. Scanink, P- 4. Grimaldia, eine neue Pflanzengattung nebst Anmerkungen über Gattungsbildung und Artencharactere, v. Dir. SCHRANK, p. ker7 . Ueber die Gattungen der Brunia und Staavia, von D. Carı Lepw. Wiroenow in Berlin, Ze SHIRT EEE AN IRD 6b. Ueber den.sogenannten Alben in der Gegend von Erding, vom Commenthur Perzı, . - > - 5 ? B N P- 7. Ueber ein Fossil aus den Thonmergelflötzen bey Amberg, vom Comm. Prerzı, . ae s . : e 5 - P- 9. Ueber das Streichen und Fallen der Grundgebirgs- Schichten im Norden von Europa, v.J. F.L. Hausmann in Cassel, . P- 9. Beweis der Unzulänglichkeit des von Vauquelin vorgeschrie- benen Verfahrens, das Messing oder andere Verbindungen des Kupfers mit Zink auf dem nassen Pege zu zerlegen u.s. w., vom L. C. F, Bucuoız in Erfurt, Q . . P- ı0. Persuche und Bemerkungen -bey Gelegenheit einer ersten Mie- derholung von Davy's Versuchen über die Darstellung me- tallähnlicher Producte aus Kali und Natron durch den ne- gativen Pol der Vollaischen Säule, v. J. W. Rırrer, . P- 147 157 TR 11. Fernere Versuche und Bemerkungen über denselben Gegenstand, von J. W. Rurter, = > R » r R e ı2. Neue Versuche über den Einflufs des Galvanismus auf die Er- regbarkeit thierischer Nerven, vom J. W. Rırrer, . r ı3. Ist es erforderlich, eine nach andern als den allgemeinen Gra- vitations - Gesetzen wirkende anziehende Kraft anzuneh- men, um die Erscheinungen der Cohäsion zu erklären? vom Prof. G. G. Schmipr in Giefsen, r u ! - 14. Ueber Grey's Luftspiegel und einige verwandte Erscheinun- gen, vom Dir. Scurank in Landshut, ne. 0° 15. De altitudine speculae astronomicae regiae, quae prope Mona- chium est, supra mare internum, quam mille quingentis observationibus a se habitis atque ad calculos revocaltis mensus est C. F. SEYFFER, . L F - . ı6, Super löngitudine geographica speculae astronomicae regiae, quae Monachü est, ex occultationibus siderum inerran- tium a se observatis et ad calculos revocatis nunc primum le] ital ONOR R> SESHFRREETIN 3 ee N. Historische Classe. Versuch einer Geschichte des Königl. Münzkabinets in München, v. Franz Ign, Streger; nebst einem Anhang über zwölf seltene Münzen dieser Sammlung , mit Abbildung der- selben, . b a a N A > b R E nn On nun P- 179 P- 237 p- 3ı2 P- 341 p- 377 Ver- Verzeichnifß : "der n zu diesem Bande gehörenden zwölf Kupferplatten. Tab. I. zu der Abhandlung p. 80. 8 Tab. I. u — — 7%. Tab, II Tab. IV. u 0 — pP. 120. *) Tab. V Tab. VI Tab. VI u 0 — p15 Tab. VII. a Tab. IX. zu p. 157 Lab. X. u —- — [727 Tab. XI. zu — 0— D-23290. Tab. XU. zu .— 00 pP. 409. *) Im Text der Abhandlungen werden diese drey Kupferplatten als Tab. 1.2. u.3. an- geführt, so wie die folgenden drey als Tab. 4. 5. u. 3. — m \ = O0069090009000900009900990090900900 890 009009090 0 — Geschichte der Akademie vom Jul. ı807 bis Ende ı808. . l Die 1758 zu München errichtete Altademie der Wissenschaften Katte inter den Regierungen der Kurfürsten Maxımerıau JoserH II, Kırz, Tucopors und Maxmınsan Josern IV. fast fünfzig Jahre ge- dauert und war bey nur geringer Unterstützung von Seiten des Staates nicht unthätig für die Wissenschaften, so wie für den aus deren Pflege dem Vaterlande erwachsenden Ruhm gewesen, als in Folge der grofsen Weltbegebenheiten, von denen wir Zeugen wa- ren, unser verehrter Monareh, König Maxımırıav Josern, die Grän- zen seines Reichs erweiterte, und bald darauf, unter dem ı. May 1807, der zeitherigen Akademie eine Constitution ertheilte, die dem jetzigen Stande der Wissenschaften angemessen ist, und eine Aus- stattung, die mit jener Erweiterung des Staates im Verhältnisse steht. Die Schicksale und Arbeiten jener ältern Akademie bis auf das Jahr ı800 erzählt Westenrieders Geschichte derselben (1. Th. 1784 — II. Th. 1807.). Ihr ist einst ein Nachtrag zu wünschen, der den Zeitraum von ıg0ı bis 1806 umfasse, aus welchem in jene Geschichte nur Weniges aufgenommen ist. — Vom 27. July 807 a an, 1ER Geschichte, > an, wo die neue Constitutions - Urkunde der Akademie bekannt ge- macht und ın Thätigkeit gesetzt wurde, soll die Jahresgeschichte sich jedesmal vor dem jährlichen Bande der akademischen Denk- schriften finden. - Und so wird ‚die histerische Darstellung; vor ‚die- sem ersten, für das Jahr 1808 bestimmten Bande den Zain Seit der Erneuerung unseres Institutes (27. Jul. 1807) bis zu Ende des Jahres ı808 enthalten. ” > Die Constitutions - Urkunde ist die Basis der jetzigen Thä- tigkeit der Akademie ; sie muls ihrer Geschichte vorausgehen. Bey Erscheinung jenes organischen Gesetzes befanden sich darin mehrere Punkte, welche vorläufige Malsregeln anordneten und nun bereits erfüllt oder durch‘ spätere königliche Verordnungen schärfer bestimmt sind. Es folgt also hier die Constitutions - Urkunde mit Auslassung jener Punkte, und so, wie sie als ein bleibendes Ge- setz anzusehen ist; ferner das Verzeichnifs aller Mitglieder, welche zu Ende des J. ıg08 den Bestand der Akademie ausmachten; das Verzeichnis derer, welche die Administrations- Commissionen über die verschiedenen, der Verwaltung der Akademie anvertrauten Samm- lungen und Anstalten bildeten; und endlich des bey diesen Institu- ten angestellten Personals; woran sich dann die Geschichte der Akademie in dem benannten Zeitraum anlnüpft. a) Constitutions - Urkunde. ? Wir MaxımıLıan Josern, von Gottes Gnaden König von Baiern. Die Erfahrung aller Zeiten hat bewähret, dafs die Erhöhung des Wohlstandes eines Staates durch eine mannigfaltigere und vollkom- menere Geschichte. ıH menere Benützung der physischen Vortheile seines Bodens und sei- ner Lage, mit der geistigen Ausbildung seiner Einwohner immer gleichen Schritt gehalten hat, und die Zunahme dieses Wohlstandes immer von dem Grade abhieng, in welchem die Wissenschaften in einem solchen Staate betrieben, die Entdeckungen und Erfindungen der Vor - und Mitwelt von ihm der Aufmerksamkeit und Anwen- dung gewürdiget, und Veranlassungen und Antriebe gegeben wur- den zum Wetteifer, in solchen Bestrebungen gegen andere Staaten nicht zurückzubleiben. Von dieser Ueberzeugung geleitet, und zu diesem Zwecke haben unsere Regierungs - Vorfahren die Baierische Akademie der Wissenschaften gegründet, und ihre Emperbringung sich angelegen seyn lassen. Auch Wir wurden dadurch bewogen, ihr während Un- serer Regierung vielfache Beweise Unserer Aufmerksamkeit und glei- cher Absichten und Gesinnungen zu geben. Da aber sowohl die Fortschritte der Wissenschaften selbst seit der Errichtung der Akademie, als die gröfsere Ausdehnung Un- seres Reiches in den letzten Jahren, und das hieraus hervorgegan- gene Bedürfnis einer vielseitigeren Ausbildung, ein offenbares Mifs- verhältnifs zwischen dem Zwecke und den Mitteln des erwähnten Institutes hervorgebracht haben; so glauben Wir, Unsere Sorgfalt für die Vervollkommnung desselben und für die Beförderung der Wissenschaften und Künste überhaupt nicht besser an den Tag le- gen zu können, als indem Wir ihm nachstehende, sowohl seinem Stiftungszwecke, als den gegenwärtigen Verhältnissen angemessenere neue Einrichtung geben. » Wir IV | Geschichte, Wir verordnen demnach, wie folgt: I. Die Akademie der Wissenschaften gehört als eine Central- Anstalt Unserem Gesammtstaate an, und hat ihren Sitz in der Haupt- und Residenzstadt, U. Ihr nächster Zweck soll seyn, durch Nachdenken, Erfor- schungen, fortgesetzte Beobachtungen und andere Bemühungen ent- weder neue Resultate im Gebiete der Wissenschaften zu liefern, oder die alten ergiebiger zu machen, und sowohl jenen, als diesen zur Verbreitung des Wahren, Nützlichen und Schönen, Anwendung in. Unserem Reiche zu verschaffen. Zu diesem Zwecke soll eine Anzahl gelehrter und einsichts- voller Männer ihr Leben ausschliessend den wissenschaftlichen For- schungen widmen, — in eine Gesellschaft an einem Orte verbun- den, einander sich mittheilen, unterstützen und gegenseitig sich er- regen; damit im Reiche der Wahrheit und der Kenntnisse hervor- gebracht werde, was einzelne Kräfte, nähme man jede derselben auch als die möglich gröfste an, nie vermögen würden. N II. Wir wollen hiebei dern Forschungsgeiste durch bestimmte Weisungen keine Schranken setzen, und überhaupt den Zweck der Akademie nicht durch unmittelbare Anwendbarkeit der wissenschaft- lichen Uutersuchungen bedingen; jedoch ist diese davon keineswegs ausgeschlossen, und es sollen defshalb diejenigen Mitglieder, welche ihr Nachdenken mehr auf praktische Gegenstände, als auf theoreti- sche Untersuchungen gerichtet haben, ihre Kräfte und ihren Fleifs vorzüglich dem Vaterlande widmen, und diejenigen unter ihnen. wer- den Geschichte. „, Y den den grölsten Dank verdienen, welche die angemessensten Mit- tel, besonders zur Verbesserung der Agricultur, zur Belebung der Industrie, und vor allem zur Vertilgung der noch herrschenden, dem Kunstfleifse nachtheiligen Vorurtheile vorschlagen, und ihnen Eingang zu verschaffen trachten werden. «IV. Die wesentlichen Gegenstände der Akademie sind: ı. Philologie, alte und neue Litteratur, Philosophie im allgemeinen und höchsten Verstande, wo sie die Erforschung der Principien überall und nach allen Seiten hin zum Gegenstande hat; folg- lich Anfang, Mittel und Ende aller wissenschaftlichen Bildung , wie der theoretischen, so auch der praktischen, ja aller Gei« stescultur überhaupt ist. | 2. Mathematik, und sämtliche Naturwissenschaften in der weitesten Ausdehnung. 3. Geschichte in ihrem ganzen Umfange, mit ihren Hülfswissen- schaften. V. Nach diesen Hauptgegenständen theilt sich die Akademie in drey Classen. Die erste Classe wird nicht in besondere Sectio- nen abgetheiit, weil die darunter begriflenen Erkenntnifse sich ge- genseitig voraussetzen, und bedingen; — die zwey letzten Classen hingegen werden es zuträglich finden, sich weiter in Sectionen nach den Zeigen der einzelnen, hier mehr auseinander liegenden Wis- senschaften abzutheilen. Der historischen Classe liegt vorzüglich ob, die vaterländi- sche Geschichte, Geographie, Statistik , Archäologie u. s. f, zum be- son- VI .. Geschichte. sonderen Gegenstande ihrer Nachforschungen und Arbeiten zu machen. Sie soll sich daher vornehmlich damit beschäftigen, dafs sie alle darauf Bezug habende Denkmäler und Beiträge mit Fleiß und Kritik sammle, und aus denselben a. die Berichtigung und Ergänzung der Monumentorum boicorum, b. ein vollständiges geographisch -historisches Lexicon von Baiern, nebst andern historischen Sammlungen und Beiträgen, zu Stan- de bringe. Die Classe der Mathematik und Naturwissenschaften wird sich vorzüglich beschäftigen mit der Untersuchung der gesamten inländi- schen Production und Industrie, und mit Vervollkommnung derselben. VI. Die Akademie, als eine blos gelehrte Corporation, hat auf die Regierungsgeschäfte keinen unmittelbar leitenden oder un- mittelbar einwirkenden Einflufs. Sie wird jedoch dadurch in Verbindung mit, der Staatsyer- waltung gesetzt: a. Dafs sie verpflichtet ist, der Regierung jede neue Entdeckung mitzutheilen, die entweder eines ihrer Mitglieder, oder irgend ein auswärtiger Gelehrter gemacht hat, sobald sie glaubt, dafs die praktische Anwendung derselben zu irgend einem gemein- nützlichen Zwecke beförderlich seyn könne. b. Dafs die Regierung selbst über wissenschaftliche Gegenstände ihr Gutachten, so oft sie es angemessen findet, abfodert. vH. Geschichte Vu VII. Die Akademie setzt sich nicht nur mit den Akademien und gelehrten Instituten des Auslandes, sondern auch mit den vor- handenen gelehrten Anstalten in Unseren Erbstaaten in eine um« fassende literärische Verbindung. VII. Die Resultate über Forschungen , hat die Akademie in fortlaufenden Jahrbüchern dem Publicum vorzulegen. Aulserdem kann sie andere Ausarbeitungen nach eigenem "Gutfinden, in selbst gewählten periodischen Schriften, oder beson- deren Sammlungen unter ihrem Namen erscheinen lassen. Auch wird sie jährlich durch ein Programm die Gelehrten aller Länder zur Beantwortung aufzugebender Preisfragen einladen. IX. Das Personale der Akademie soll künftig bestehen: fi a. Aus einem Präsidenten. b. Einem beständigen General - Secretär. c. Olassen - Secretären. d. Ordentlichen, in München residirenden Mitgliedern. *) e. Ehren -Mitgliedern. f. Auswärtigen wirklichen Mitgliedern. g. Correspondenten, h. Adjuncten. i. Zöglingen. X. Der Präsident wird von Uns selbst ernannt. Wir werden Beer immer auf solche Mäuner Unsere erste Rücksicht nehmen, wel- *) Hierzu kommen noch durch eine spätere Kön. Verordnung ausserordentliche wirkliche Mitglieder in München, die sich zu keinen bestimmfen Arbeiten ver- bindlich machen, auf deren Beyhülfe aber in einzelnen Fällen zu rechnen ist. Vin Geschichte welche ein unbestrittenes literärisches Anschen, und anerkannte per- sönliche Würde für sich haben. Der Präsident wacht über die genaue Beobachtung der Ge- setze, und die Erfüllung der Pflichten ‘eines jeden Mitgliedes oder Angehörigen des Institutes. Er präsidirt in den allgemeinen Versammlungen ‚und, so, oft er es zuträglich findet, auch in den besonderen oder Qlassenver- sammlungen. Er kann aulserordentliche Versammlungen zusammen berufen. Er unterzeichnet alle Ausfertigungen, welche unter dem Namen der Akademie geschehen, so wie er auch alles eröffnet, und an die Behörde austheilt, was an die Akademie gerichtet ist. Ihm liegt insbesondere ob: a. für die Erhaltung der guten Ordnung , b. für die Erhaltung und Vervollkommung aller der Akademie beygegebenen Sammlungen und gewidmeten Anstalten, ec. für eine genaue Verwendung der für die Akademie bestimm- ten Gelder, nach denen unten vorkommenden näheren Vor- ‚schriften, zu. sorgen, d. am Schlufse des Jahres über den Zustand der Akademie im Allgemeinen, über die wichtigsten Arbeiten ihrer Mitglieder über alles, was in den Angelegenheiten des Institutes zu Un- serer unmittelbaren Kenntnifs sich eignet, Berichte an Uns zu erstatten. In Allem, was der Präsident zur Handhabung der Gesetze wand der guten Ordnung vorschreibt, werden ihm die Mitglieder der Ala- Geschichte. IX Akademie Folge leisten, ihm in solchen Weisungen nicht nur nicht widerstreben, sondern vielmehr ihrerseits mit zuvorkommendem Eifer auf den allgemeinen Zweck unter seiner Leitung hinarbeiten, Auf den Fall seiner Abwesenheit oder sonstigen Verhinde- rung übernimmt der General-Secretär einstweilen die Leitung der Geschäfte. „Vebrigens erwarten Wir von ihm, dafs er die ihm anvertraute Leitung stets in dem hohen und liberalen Geiste führen werde, wel- cher das Institut durchaus beleben soll, XI. Der General - Secretär wird von Uns selbst ernannt. Er contrasignirt die Ausfertigungen der Akademie. Siegel und Archiv sind in seiner Verwahrung. Er führt das Protocoll in den allgemei- nen Versammlungen. Er besorgt die Redaction der Jahrbücher der akademischen Arbeiten, verfafst ‚die biographischen Notizen, und in besondern Fällen die Ehren-Reden auf die der Akademie durch den Tod ent- rissenen Mitglieder. Er redigirt den Jahrsbericht und die übrigen allgemeinen Be- richte zur Regierung. Er verfertiget, mit Beihülfe der Classen - Secretäre, die Aus- züge aus den gekrönten Preisschriften, und liest sie in den öffentli- chen Versammlungen vor. Er verzeichnet alles, was zur fortlaufen- den Geschichte der Akademie gehört, und ist überhaupt unter der Oberleitung des Präsidenten ihr allgemeiner Geschäftsführer in al» lem, wo dieselbe als ein Gesamtes in Betracht kommt. b XU, }.‘ Geschichte, XII Die GClassen’- Secretäre werden von Uns selbst benannt. Sie vertreten die Stelle der ehemaligen Directoren, geben in Abwesenheit des Präsidenten und General - Secretärs die Gegenstän- de der Verhandlung in den Versammlungen ihrer Classen an, füh- ren das Protocoll, und besorgen die Ausfertigung der Beschlüsse, führen die Correspondenz der Classe, nehmen in Empfang, was be sonders an dieselbe gerichtet ist, und unterstützen den ri cretär vorbereitend in der Redaction der Jahrbücher. Ausserordentliche Versammlungen einer Classe werden von den Classen-Secretären dem Präsidenten und- dem General- Secre- tär, und von diesem allen Mitgliedern angezeigt. XI. Wir bestimmen zwar vorläufig, dafs künftig die Akade- mie ihre Mitglieder durch eigene Wahl, mit Vorbehalt Unserer jedes- maligen Bestätigung, zu ersetzen haben soll; dieses Wahlrecht soll aber erst: dann in Anwendung gebracht werden, wenn die Akademie vollständig eingerichtet, und mit hinreichenden eigenen Fonds ver- sehen seyn wird. *) Vorerst behalten Wir Uns sofort. die Ernennung, aller ordent- lichen Mitglieder vor, und erwarten über die feste Bestimmung ihrer Zahl, und der künftigen Wahlordnung ein Gutachten von dem Prä- sidenten der Akademie. Bis dahin werden wir Uns bey jeder Benennung neuer Mit- glieder durch das Organ des einschlägigen Ministeriums mit dem Prä- sidenten besonders berathen. In- *) Eine königliche Verordnung setzte unter d. 9. Jul. 1809 diese Wahlformen fest; sie werden in der Geschichte des eben genannten Jahres mitgetheilt werden. Geschichte, »4] Inzwischen setzen Wir fest: 2. Dals jeder, der als ordentliches Mitglied aufgenommen werden soll, der gelehrten Welt durch schrifistellerische Werke von anerkanntem Verdienste, oder durch wichtige Entdeckungen be- kannt, auch von ganz unbescholtenem Charakter seyn müsse. 2. Dafs Niemand, der sonst ein öffentliches Amt in irgend einem Fache des Staatsdienstes bekleidet, ordentliches, frequentiren- des Mitglied der Akademie seyn könne. Ausnahmen von dieser Verfügung können nur für. solche Staatsdiener eintreten ‚ welche nicht nur durch ihre unmittelbare praktische Beschäftigung zugleich zu beständigen theoretischen Erfor- schungen geführet, sondern auch durch die Art ihrer Amtsgeschäfte durchaus nicht gehindert sind, an den Verhandlungen und Arbei- ten der Akademie, nach der nun eingeführten Ordnung, Theil zu nehmen. XIV. Die Pflichten des ordentlichen Akademikers hegen un- mittelbar im Zwecke der Anstalt. Seine wesentliche Verbindlichkeit ist, mit aller Kraft für die Erweiterung und Vervollkommnung der Wis- senschaft, der er sich gewidmet hat, zu arbeiten. Der Präsident wird jedes Mitglied, das sich persönliche An- griffe, beleidigende Ausfälle gegen andere erlaubt, durch geeignete Erinnerungen in die Gränzen der Mäfsigung zurückweisen, und im Falle des Bedürfens durch Ahndungen dazu nöthigen. Er wird mit Strenge darüber wachen, dafs in allen Verhand- kungen der Akademie jener Geist der Heiterkeit und Ruhe ungestört walte, unter dessen Obhut die Wissenschaften am besten gedeihen. b° Uebri- Xu Geschichte, Uebrigens soll jedes Mitglied in der freyen Behauptung seiner Meinungen ungekränkt seyn, wobey man nur erwartet, dals es die- selben mit Bescheidenheit äufsere. iu XV. Auswärtige Mitglieder werden, wenn sie anwesend sind, wie Ehrenmitglieder behandelt, XVI. Die ordentlichen Mitglieder der Akademie, welche sich ihr ausschliefsend gewidmet haben, und nicht schon eine andere, nach obigen Bestimmungen mit einem Akademiker vereinbarliche, mit Einkünften versehene Stelle bekleiden, werden verhältnismäßig besoldet, und wenn ihnen von Uns kein höherer Charakter ertheilet worden ist, so geniefsen sie den Rang der höheren administrativen Stellen, und ihre Wittwen und Waisen werden nach der Pensions- Pragmatik behandelt, wenn bey ihrer Annahme nichts besonderes hierüber zu ihrem grölseren Vortheile bestimmt worden ist. XVII. Jedem Mitgliede stehet frey, die Akademie zu verlas- ' sen, Zur wirklichen Ausschliefsung aber wird Unsere ausdrückliche Sanction erfodert. XVM. Die Zöglinge sind der Akademie beygegeben, um von ihr in den verschiedenen wissenschaftlichen Fächern die vollen= detere Ausbildung zu erhalten. Jeder Zögling wird zu dem Ende einem der ordentlichen Mitglieder zur besonderen Leitung überge- ben, Die natürlichen Anlagen und schon erworbenen wissenschaft- lichen Kenntnisse, und die darauf gegründete freye Wahl bestimmen das Fach, dem jeder Zögling sich widmen wird. Die Geschichte. XII Die‘ nähere Bistimmung über die Art der Ausbildung wird bey jedem einzelnen dem Ermessen des Präsidenten, der die,einschlägis gen Classen darüber vernehmen wird, anheim gestellt, welcher hier- bey auf die Individualität cines jeden die geeignete Rücksicht neh- men we. 00. e” Die Zöglinge sollen nach dem Vorschlage der Akademie auch auf Reisen geschickt werden, und in diesem Falle werden die dafür erfoderlichen Kosten aus dem Fonds der Akademie bestritten. n. Zöglinge sollen aus Inländern (gewählt werden, welche durch Sittliches Betragen, Talente und wissenschaftliche Fortschritte sich ausgezeichnet haben. Ihre Aufnahme muls von Uns genehmi- get werden. XIX. Die geprüften, und nach dem Urtheile des Präsidenten und der einschlägigen Classe zu einem hinreichenden Grade von Voll- kommenheit- gebildeten Zöglinge werden mit Unserer Genehmigung zu Adjuncten befördert, welche als die eigentlichen Gehilfen der . Akademie anzuschen sind. Sie wohnen den Olassen-Versammlungen mit einer deliberativen Stimme bey, und-nehmen Antheil an allen Arbeiten der Akademie in dem Fache, dem sie sich gewidmet haben. Sie haben jährlich wenigstens zwey Abhandlungen zu liefern, und wenn sie auf diese Art fortgesetzte Beweise ihres Fortschreitens gegeben haben, so concurriren sie zu densLehrstellen auf Unseren Gymnasien, Lyceen und Universitäten, oder zu erledigten Stellen der Akademie; und es soll auch auf ihre Beförderung vorzügliche Rücksicht genommen werden, Nimmt im Gegentheile ihr Fleifs oder ihr XIV Geschichte. ihr Fortschreiten während der Probezeit ab, so kann auf ihre Ent- lassung bey Uns angetragen werden. | Es sollen auf den Etat Unserer Akademie verhältnilsmäfsige Gehalte für die Adjuneten sowohl, als für die Zöglinge in Vorschlag gebracht werden. Uebrigens sind die Adjuncten nach nothwendig aus Zöglingen zu wählen. n XX. Zu Ehrenmitgliedern werden solche einheimische oder auswärtige Individuen gewählt, ’ welche nach ihren Verhältnissen die Bedingungen zu ordentlichen Mitgliedern nicht erfüllen, aber sonst durch ihre Kenntnisse und ihre Liebe zu den Wissenschaften zur Be- förderung des Zweckes der Akademie beytragen können. Die Aka- demie legt ihnen keine Pflichten auf; aber es steht ihnen frey, mit Erlaubnifs des Vorstandes den Sitzungen beyzuwohnen, und Abhand- lungen vorzulesen, oder einzusenden, welche, wenn sie des Druckes würdig befunden werden, in den Acten der Akademie, oder in ir- gend eine andere akademische Sammlung aufzunehmen sind. Zu auswärtigen Mitgliedern und Correspondenten werden von den berühmtesten auswärtigen Gelehrten diejenigen auserschen, von welchen die Akademie durch eine solche Beygesellung sich eine gewisse Mitwirkung bey ihren Arbeiten versprechen kann. XXI. Alle Jahre" hält die Akademie an einem noch zu be- stimmenden Tage *) eine feyerliche Versammlung, zu welcher, nebst den *) Es ist dazu der Maximjlianstag, der ı2, October, von der Akademie festgesetz& worden, Geschichte. xy den ordentlichen Mitgliedern, nicht nur alle hier anwesenden Ehren- mitglieder, sondern auch alle ausgezeichneten Liebhaber und Be» ‘schützer der Wissenschaften eingeladen werden. In dieser Versammlung stattet der General-Secretär über die Arbeiten der Akademie während des verflossenen Jahres öffentlichen Bericht ab. Es werden ferner in dieser Versammlung die Auszüge aus den gekrönten Preisschriften beltannt gemacht, die Namen der . Gelehrten, welchen die Preise zuerkannt worden sind, und die neuen Preisfragen für das künftige Jahr proclamirt. Die Namen der Ge- lehrten, welche die Akademie im Laufe des Jahres sich beygesellet hat, werden ebenfalls angezeigt; auch einige biographische Notizen über diejenigen Mitglieder gegeben, welche der Tod ihr geraubt hat. Die Akademie behandelt überhaupt in allgemeinen Versamm- lungen, deren bis zu ihrer näheren Bestimmung wenigstens eine in ‘ jedem Monate gehalten werden soll, die Gegenstände, welche auf * das Ganze derselben Bezug haben.. Die besonderen Versammlungen der Classen und Sectionen sind vorzüglich zur Behandlung solcher wissenschaftlicher Gegen- stände bestimmt, welche einem besonderen Fache ausschliefsend angehören. XXH. Unter den Akademikern selbst hat keine Verschiedenheit des Ranges statt.- In den Versammlungen sitzen zur Rechten des Prä- sidenten die anwesenden Ehrenmitglieder, zur Linken der General- Secretär und die ordentlichen Mitglieder nach der Classenfolge. In der Olasse nehmen die Mitglieder nach dem Alter ihrer Aufnahme Platz. Uebri- xviI eich Uebrigens genielsen die Akademiker aufser ihren Wirisanb- lungen den ihnen oben zugesicherten Rang, und die damit verbun- denen Vorrechte; auch ist für das gesammte Personale der Akade- mie und der damit verbundenen Anstalten eine eigene Uniform be stimmt. *) 6. XXI. und XXIV. enthalten die Ernennung des damaligen Personals; ınan sehe es vollständiger aufgezählet in dem gleichfolgenden Abschnitte b. XXV. Wir setzen mit der Akademie in unmittelbare Ver- bindung: A. Unsere Hof- und Central - Bibliothek zu München. Das Naturalien - Kabinet. Das Kabinet der physikal. und mathematischen Instrumente. Das polytechnische Kabinet. B. C. D E. Das chemische Laboratorium. F. Das Münzkabinet und das Antiquarium, G; Das astronomische Observatorium. r Für *) Diese Uniform besteht, nach der darüber wnt. 19. Jun. 1807 erlassenen Vorschrift, in einem Kleid von dunkelblauem Tuche, mit kramoisinrothem Samtkragen, und einer reichen Goldstickerey von ineinander geschlungenen Eichenlaub und Lorbeer- zweigen; die Staatskleidung hat diese Stickerey durchaus; die kleine Uniform, auf dem Kragen, Aufschlägen und Taschenklappen; der Frak nur auf dem Kragen, Die Unterkleider sind von weilsem Tuche, ' S. Regierungshlait 1807 ‘ Nro. XXX, wo auch die Zeichnung der Stickerey zu finden ist. & Geschichte, Xyu Für einige noch fehlende Anstalten Yirnach dem Vorschla- ge der Akademie in der Folge gesorgt werden. *) Wir werden zu den ersten Vorstehern dieser Sammlungen und Anstalten allezeit solche Männer ernennen, welche die Eigen- schaften eines Akademikers in sich vereinigen, welshalb jeder erste Vorsteher derselben durch seine Stelle zugleich ordentliches Mit- glied .der Akademie ist, Die $$. XXVI. — XXXII. enthalten Vorschriften über Verwaltung der Bibliothek und der andern Sammlungeu , die sich mit den später hinzu gekommenen Bestimmun- gen, im akademischen Taschenbuche für ı809, p. 56 fl. finden. XXX. Der Präsident hat dafür Sorge zu tragen, dafs a. vor allem über alle Sammlungen vollständige Inventarien durch eigene Commissionen hergestellt werden. b. Von diesen Inventarien sollen vidimirte Abschriften zum Mini« sterium des Inneren eingesendet werden. n ce. Alles, was zu diesen Sammlungen jedes Jahr beygeschafft wird, muls fortsetzungsweise in den Inventarien nachgetragen werden, d. Jährlich ist vom Präsidenten selbst, mit Beyziehung des Gene- ral-Secretärs und eines Mitgliedes aus jeder Classe, eine durch- gängige Untersuchung sämtlicher, der Akademie untergebener Sammlungen und Anstalten vorzunehmen, und über deren Re- sultat Bericht an Uns zu erstatten. XXXIV. Mit Einfchlufs des Fonds der vormaligen Akademie der Wissenschaften zu Manheim, welchen Wir der hiesigen, worin € diese » #) Diese sind: der botanische Garten und die anatomische Anstalt, an deren: Her- stellung bereits gearbeites wird, XVIE Geschichte diese fortgesetzt wird, zugewiesen kaben, werden Wir einen hin- länglichen unabhängigen Fonds bestimmen, und bis dahin zur Bestrei- tung ihrer Bedürfnisse das Erfoderliche auf Unsere Central - Staats- Casse übernehmen. 3 (Die im XXXV. $. vorgeschriebene Art der Rechnungsablegung ist durch das spätere allerhöchste Dotations - Rescript auf andere und noch bestimmtere Weise festge- setzt worden.) XXXVI. Zum Local der Akademie und der damit verbunde- nen Anstalten bestimmen Wir das rormalige Jesuiten - oder Malthe- ser-Gebäude *). XXXVII. Wir wollen, dafs nach diesem neuen Grundplane die Akademie unverzüglich in Thätigkeit gesetzt werde; der Präsi- dent hat es sich sodann zur nächsten Angelegenheit zu machen, die hier noch unbestimmt gelassenen Puncte zu Unserer endlichen Ent- scheidung vorzubereiten. Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt München, am ersten Tage des Monats May, im eintauserd achthundert und sie-- benten Jahre, Unseres Reiches im zweyten. MAX JOSEPH. Freyherr v. Montgelas. Auf königlichen allerhöchsten Befehl von Krempelhuber. *) Der Bau im Innern des Gebäudes zum Vortheil der Bibliothek und der andern Sammlungen ist in dem Jahre ı808 beendet worden; durch einen neuen Anbau, der schon festgesetzt ist, wird der noch nöthige Raum gewonnen werden. b) Geschichte. XIX b) Mitglieder. Verzeichnifß aller sesidirenden, Ehren-, auswärtigen, und correspondirenden Mitglieder der K. Ak. d. Wiss. *) Der Könıe. A. Ordentliche, zu München residirende- Mitglieder. J acobi, Präsident. 1805. **) Schlichtegroll, General- Secretär. 1807. Philologisch - Philosophische Classe. (Seeret. u. Dir, Frhr. v. Aretin.) Frhr. v. Aretin 1799. Weiller 1806, Hardt 1799. Babo 1807. F. Baader ı$oı. Jacobs 1807. Schelling 1806. Mathematisch - Physicalische Classe, (Seer. u. Dir. Frhr. v. Moll.) Grünberger 1776, 1. Baader 1796. Imhof 1791. v. Riedl 1796, Güthe 1791. Flurl 1797. #) Durch eine allerhöchste Entschliefsung v. 19. März 1808 ist es uns vergönnt, den erhabenen Namen unseres Königs, der schon seit 1781 unter den Ehremmitglie- lern aufgeführt wurde, an die Spitze unseres Institutes, das Ihm sein neues Leben verdankt, setzen zu dürfen, 2#) Jahr der Aufnahme, so wie bey allen folgenden, 2 c XX Petzl ı80a. Schiegg ı803. Eilinger 1804. Seyffer 1804. Bitter 1804. Geschichte. Sömmerring 1803. Frhr. v. Moll 1802. Wiebeking ı8o7. Gehlen 1807. Historische Classe. (Seer. u. Dir, Westenrieder.) Westenrieder 1777. v. Krenner 178ı. v. Pallhausen 1799, Reinwald ı8oo. Streber ı803. Breyer 1806. Wolf 1806. B, Wirkliche aufserordentliche Mitglieder zu München. Niethammer I. Cl. 1908, Neumann Il. Cl, Bchunbsön.h GL Sckell IL CL €. Ehrenmitglieder. (Nach dem Jahr der Aufnahme.) Gr. v. Spreti 1759. Gr. v. Törring-Scefeld (Ant,) 1763. Gr. v. Morawitzky 1766. Gr. v. Larosee 1772. Frhr. v. Cronegg ı974. Gr. v. Törring - Guttenzell 1775- Herzog Wilhelm in Baiern, H. D. 1778. Schubauer 1780. Frhr. v. Stengel (St) in Bam- berg 1781. Frhr. v. Haefelin 1782. Frhr. v. Montgelas 1784. Gr. v. Auersperg in Passau. Ruedorfer. Frhr. v. Flachslanden. Frhr. v. Lilgenau. Gr. v. Rumford 1785. Bar. Banks in London. v. Obernberg 1788. Fürst- Geschichte, Fürstäbt v. St. Emmeran 1790 Frhr. v. Weichs ı795. Frhr. v. Schütz. Sutner.‘; 1 $S. K. H. der Kronprinz von Baiern 1799. Gr. v. Törring-Seefeld(Clem.) Lipowski. Kirschbaum 1800. Fessmair 1801. Praendl. Oeggl. Frhr. v. Stengel, (Georg.) Haberl (Fr. Xar.) v. Zentner. Wissmair 18032. Frhr! v. Frauenberg ı804. v. Branca. v. Mann, Samet. Denon in Paris 1808. Sr. HM. .d. Fürst Primas. Vogler in Darmstadt. Frhr. v. Hompesch ı807. Frhr. v. Aretin (A.) v. Stichaner._ Schenk. Frhr. v. Hartmann. Feuerbach. Ringel Pfeffel in Colmar 1308. Gr. v. Reigersberg. Cher. de Bray. Frhr. v. Werneck. Besnard. Fischer. Sambuga. Gr. v. Elking in Tyrol. D. Auswärtige Mitglieder *). (a. ordentliche, b. correspondirende.) _ Philologisch - Philosophische Classe. a. Baader in Ulm 1797. Böttiger in Dresden. Boutterweck in Göttingen. Bucher in Engelbrechtsmünster 1783» \ Degerando in Paris. Eichhorn in Göttingen. Eschen- *) Nach dem Alphabet, mit beygesetztem Jahre der Aufnahme; bey welchem Namen Sich kein Jahr findet, da ist ı808 zu verstehen. XXI Eschenburg in Braunschweig. Feder in Hannover. Fichte in Berlin, v. Gerstenberg in Altona. v. Göthe ir Weimar. Gregoire in Paris. Harles in Erlangen. Hartleben in Freyburg 1798. Henke in Helmstädt 1776. Hermanin Leipzig, Heyne in Göttingen. Jacobi in Freyburg. Rleuker in Aid. v. Köhler in St. Petersburg. Millin in Paris. Morellet in Paris. Neumann in Wien. Nicolai in Berlin 178:. Paulus in Nürnberg. Pestalezai in Yverdun. Platner in Leipzig. Reinhold ir Aiel, Schnurrer in Tübingen ıBor. Schütz in Halle, Suard in Paris. Sterzinger in Palermo 1780. Traiteur m Manheim, Geschichte, Visconti in Paris. Voss in Heidelberg. Weishaupt in Gotha. Wieland in Weimar: Wolf in Berlin. Zapf in Augsburg. Zoega in Rom. b. Creuzer in Heidelberg. Eichstädt in Jena. Fries in Heidelberg. Levezow in Berlin. Manso in Brefslau. Münter in Koppenhagen, v. Murr in Nürnberg. Reuss in Göttingen 1805. „ Schaeffer in Leipzig. Schlegel fA. W.) in Copet. Schleiermacher in Berlin. Spalding in Berlin. ‚Stieglitz in Leipzig. Tennemann in Marburg. Uhden in Berlin. Vanderbourg in Paris. Vater in Halle. Villers in Lübeck. Mathematisch - Physicaliscke Classe ı. Astronomie. a Beigel in Dresden ı78:. Bode in Berlin. Bouvard in Paris. Cagnoli in Verona. Clar- Geschichte. AXmU Triesnecker in Wien. Frhr. v. Zach in Eisenberz. Clarke in Paris. Heinrich in Regensburg 1789. Herschel in London. e IS Lagrange in Paris. Laplace in Paris. Maskelyne in Greenwich. Messier in Paris. Piazzı in Palermo. Barry in Mannheim. Gauss in Göttingen. Henry in Paris. Olbers in Bremen. Schrocter in Lilienthal. 2. Mathematik, Mechanik, Analysis. a. Carnot in Paris. Fuss in St. Petersburg. Klügel in Halle. Langsdorf (C. Cor.) in Heidel- berg. Mauduit in Paris. Monge in Paris. Prony in Paris. b. Daetzl in Landshut. Knogler in Ingolstadt. Le Sage in Paris. Magold in Landshut, 3. Physik. 0. Achard in Berlin ı778. Arbuthnot in Regensburg ı771. Cotte in Montmorency. Deluc in Paris. v. Humbold (A.) in Berlin. Jenner in London. Landriani in Wien. yan Marum in Harlem. de la Metherie in Paris, Pickl in Eichstädt. Reimarus in Hamburg. Volta in Pavia. Weber in Dillingen. Wehrs in Hannover, Weiss in Leipzig. b. Aldini zu Bologna 1804. Amoretti in Mailand. Assalini in Mailand. Biot in Paris. Brugmans in Leiden. Brunel in Beiers. _ Cadet de Vaux in Paris. Gareno in Wien ı800. Clad- XXIV Geschichte. . Chladni in Wittenberg 1804. Configliacchi in Pavia. Dalton in London. Erman in Berlin. Friedländer in Paris. Gay-Lussac in Paris. Gilbert in Halle. Gruner in Jena. Kries in Gotha. Larrey in Paris. Mayer in Göttingen. Parrot in Dorpat. Pfaff in Kiel. Pfaff in Dorpat. Pictet in Genf. Schmidt in Giefsen, Stahl in Landshut. Tilloch in London. Voigt in Jena, 4. Chemie. a. Berthallet in Paris. v. Crell in Helmstädt. Fourcroy in Paris, Gahn in Stockholm. Hatchet in London. Klaproth in Berlin. v. Mons ir Brüssel 1805. Proust in Muadrit. Vauquelin in Paris. Winterl in Pest. b. Berzelius in Stockholm. Bladgen in London. Brugnatelli in Pavia. Bucholz in Erfurt. Chenevixinr Paris. Collet-Descotils in Paris. Davy in London. Desormes ir Paris. Eckeberg in Stockholm. Giobert in Turin. Höpfner in Bern. Mojon in Genua. Morrechini in Rom. Nieholsen in London. Saussure in Paris. Vrolik in Leyden. Wollaston in London. 5. Allgemeine Naturgeschichte. a. Blumenbach in Göttingen, Kielmair in Tübingen. Pallas in Cherson. v. Schreber in Erlangen. Sparmann in Upsala. Succow in Heidelberg. Thunberg in Upsala. h. - Geschichte, b. Langsdorf iin St. Petersburg. XXV Link in Rostock. Tilesius in Petersburg. 6. Zoologie, Anatomie. a. Bonn in Amsterdam. Cuvier in Paris. "Fischer in Moskau. Geoffroy St. Hilaire in Paris. Lamark in Paris. Latreille in Paris. Moscati in Mailänd. Scarpa in Pavia. Walther in Berlin. Zimmermann in Braunschweig. b. Albers in Bremen. Bechstein in Meinungen. Cavolini in Neapel. Esper in Erlangen. Jlliger in Braunschweig.‘ Mascagni in Siena. Panzer in Hersbruck. Poli in Neapel. Walther in Landshut. 7. Botanik. Grimm in Gotha. Frhr. v. Jacquin (N.J.) in /Vien. Jussieu in Paris. Mutis in Madrit. Schrank in Landshut. Smith in London. Gr. v. Sternberg in Regensburg. Swartz in Upsala. Wildenow in Berlin. b. Bonpland in Paris. Descandolles in Paris. Gr.v. Hoffmannseggin Berlin. Huber in Ebersberg 1792. Frhr. v. Jacquin (J.F.) in Wien. Medicus in Landshut. Römer in Zürich. Roth in Bremen. Schwägrichen in Leipzig. . " Vaucher in Genf. XXVI Geschichte 8. Mineralogie. a. Faujas de St. Fond in Paris. Haüy in Paris. Werner in Freyberg. b. Buch, auf Reisen. Chierici aus Rom, auf Reisen. Ebel iin Frankfurt am Mayn. Gautieri in Novarra. Gillet- Laumont‘in Paris. - Gimbernat aus Spanien. Herrgen in Madrit. Hisinger in Stockholm, v. Hoff in Gotha. Karsten in Berlin. Lupin in Memmingen. Mohs in Wien. Nose in Elberfeld. v. Schlotheim in Gotha. - Schumacher in Koppenhagen. Wad in HKoppenhagen. Wagner in Schwatz. Historische Classe. a, Beck in Leipzig. Braun in Augsburg. v. Dohm in Cassel. Ebeling in Hamburgs. Gemeiner in Regensburg 1785. Heeren in Göttingen. Hegewisch in Kiel. v. Hellersberg in Landshut 1797- Koch in Strafsburg. Kornmann in Prüfening 1797. Mannert in Landshut. Meiners in Göttingen. Meusel in Erlangen. v. Müller in Cassel. Frhr. v. Schlieffen in Cassel. v. Schlözer in Göttingen 1769. v. Schultes in Coburg. v. Spittler in Stuiigard. Storch in St. Petersburg. Zirngiebl in Regensburg. b. Brandner in Passau 1802. v. Engel iin Wien.. Fischer in Ansbach 1803. Führer in Fürstenfeld 1796. Galletti in Gotha. Günther in Tegernsee. Holzinger in Wörth 1796. Hübner in Ingolstadt 1804. v. Klökl in Rosenheim ı801, Majer Geschichte, XXVU Majer in Schleiz 1802. Rid in Rottenbuch 1790. Mayer in Gelbelsee. Schwaiger in Rottenbuch 1784. Milbiller in Landshut. Stark in Regensburg. Moritz in Ensdorf. Stumpf jetzt in München. Nagel in Moosburg 1803. Ströber in Wolfartshausen 1792. Redenbacher ir Pappenheim. Winter in Landshut. Gr. v. Reisach in Augsburg. Zauner in Salzburg 1861. Gr. v. Reisach ir Monheim. E. Adjuncten, Waller ı$o7. F. Eieven.. ee SE EB Denn e. Personal der mit der Königl. Ak. d. Wiss. verbundenen Institute und der: Admini- strations- Commissionen über dieselben. kön. Central- Staats- Bibliothek. Christoph. Frhr. v. Aretin » D- Schmid, _ _Custos. rector. Schrettinger, — Hofr. Hamberger, Bibliothekar. Bhein, Unt. Custos. Rath Hardt, a; Schrankello, Secretär. — Scherer, | Unterbiblioth, Docen, Scripter, Bernhard, Custos. Roth — Rath Wigard — Vier Diener. * d: G Biblio- XXViI Geschichte. Bibliotheks- Admin, Commission. Der Präsident der K. Ak. d. Wis. Jacobs, I. Cl. Der Generalsecretär. Güthe, D. CL Die drey Classenseeretäre, *) Breyer, M.Cl. Weiller, L.C. Hamberger, Bibliothekar. Attribut der ersten Classe. Antiquarium, Conseryator: Jacobs. Administrutions- Commission. Der Secretär der ersten Classe. Der Conservyator. Weiller, als Mitglied derl. CL Attribute der zweyten Classe. I. Naturhistorische Apparate. a. Naturalien - Cabinet. Conservator: Petzl, ı Cabinetsdiener. - b. Botanischer Garten. Conseryator: Güthe. - ı Untergärtner. ec: Anatomisches Institut. Conservator: Sömmerring. *) Der Secrelär der ersten Classe ist jetzt zugleich Bibliothek - Direstor. Ad- Geschichte. XXIX Administrations-Commission der naturhistorischen Apparate. Der Secretär der zweyten Classe. Die drey Conseryatoren. Flurl, als Mitglied der Classe. II. Mathematisch- Physikalische Apparate. a. Matbematisch - Plrysikalisches Kabinet, Conseryator: Imhof. b. Polytechnisches Kabinet. Co J. Baader. nservatoren: Wiebeking. c.. Sternwarte. Conseryator: Seyffer. ı Diener. d. Chemisches Laboratorium, Conseryator: Gehlen. Administrations - Commission der mathematisch - physikalischen Apparate. Der Secretär der zweyten Classe. Die fünf Conservatoren. v. Riedl, als Mitglied der Classe. Attri- 3.0. Geschichte. Attribut der dritten Glasse. Munz- Cabinet. Conseryator: Streber., ı. Cabinetsdiener. ‚Administrations - Commission. Der Secretär der dritten Classe. Der Conseryator. v. Krenner, als Mitgl. d. DI. Cl. d. Oeffentliche Sitzungen. Die erneuerte Akademie wurde den 27. Julius 1807 in einer allge- meinen Sitzung eröffnet. Nach Verlesung der Constitutionsurkiunde und nachdem die anwesenden Mitglieder eidlich verpflichtet worden, sprach der Präsident „über den Geist und Zweck gelehrter Gesell- schaften” *), um, auf der neu eröffneten Laufbahn, das Ziel der Be- strebungen und Hoffnungen bestimmt zu bezeichnen. Es geschieht nur allzuleicht, dafs die Errichtung gelehrter Anstalten, wenn sie, von dem Staate sanetionirt und ausgestattet, die Augen des Publieum auf sich ziehn, dem Standpuncte eines jeden Beschauers gemäfs, die mannichfaltigsten Erwartungen erregt, und dafs die Ungeduld, diese zu befriedigen, die wissenschaftlichen Be- stre- *) München b. Fleischmann. 1807. 4. 785. un Kr 2 Geschichte, XXXI strebungen ihrer Mitglieder selbst von dem höchsten Ziele nach dem niedrigern ablenkt. Das gemeine Leben, die Handwerke und Künste, die mannichfaltigen Zweige der Staatswirthschaft stehen mit den Wissenschaften in einer nähern oder entferntern Berührung; und so erwartet gern ein jeder von einer Akademie der Wissenschaften zunächst einen günstigen Einfluls auf das, wovon er selbst zunächst Vortheil oder Schaden erfährt; nützliche Erfindungen, brauchbare Maschinen, heilsame Vorschläge zu Ersparnilsen und tausenderley anderes, was gut, nützlich und wünschenswerth ist. Aber das Gute ist doch nicht überall gut, das Wünschenwerthe in gewisser Absicht nicht das Vortrefliche überhaupt, und am wenigsten ein taugliches Ziel für die Wissenschaft. Wie die Tugend, so soll auch die Wis- senschaft ihren Zweck in sich selbst haben (S.7.); sie soll frey seyn und, ohne Streben nach aufsen, durch Selbstgenügsamkeit ihre eigenthümliche Würde und göttliche Abkunft beurkunden. Dieses ist so gewils, dafs in dem Augenblick, wo die Wissenschaft einem andern Zwecke dienstbar wird, der nicht aus dem ursprüng- lichen Triebe nach Erkenntnifs unmittelbar quillt, sie nicht nur ihre Würde verliert, sondern auch selbst für jene Zwecke versiegt, _Je- nes vergessen die Ganzirdischen gern, „die sich keines unmit- telbaren Triebes aufser jenem bewufst sind, den der Mensch mit den Thieren gemein hat; des Triebes nämlich zur Lust, zum Ver- gnügen, zum sinnlichen Lebensgenulfs ; denen also, was dieser Trieb bezweckt, als letzter und höchster Zweck allein vor Augen steht.” (S. 11.); aber das letztere sollten sie doch nicht übersehen, indem “sie practische Nützlichkeit, Handlangerey für das gemeine Leben und brauchbare Resultate verlangen. „Die Geschichte der Erfindungen be- XXXH Geschichte. beweist, dafs die wichtigsten und nützlichsten derselben, sich erst hintennach und unvermuthet‘ aus solchen Anstrengungen des Geistes ergeben haben, von denen gerade dieser Gewinn sich auf keine Weise ahnden liefs.” ($. ı2.) Das kostbare Erz der Wissenschaft wird aus den Tiefen des Geistes zu Tage gebracht, zu tausendfälti- gem Gebrauch, dem gemeinsten, wie dem. edelsten; aber indem es sich in dem geheimen Schoose der Natur erzeugt, gedenkt die schaf- fende Kraft keines Zweckes, als des der Befriedigung des schöpfe- rischen Triebes. Wollte daher eine Regierung, bey der förmlichen Errichtung von gelehrten Gesellschaften, die Bestrebungen derselben nur auf Nützlichkeit bedingen, oder sie durch blofs nationale und provinziale Zwecke beschränken, oder wollten die Mitglieder dersel- ben, unter der V oraussetzung einer solchen Absicht, über dem be- dingten Streben nach practischer Anwendung, das freye wissenschaft- liche Streben nach Erweiterung der Einsicht vergessen, und da als Handlanger dienen, wo sie als Architeeten gebieten könnten, so wür- de diefs nicht nur ein seimähliches Verkennen der Natur der Wis- senschaft, sondern ein unbesonnenes Zerstören der eigenen Zwecke seyn. ‘Wenn. daher eine grofsdenkende und weise Regierung Aka- demien stiftet, se kann sie dabey keine andere Absicht haben, als durch die Vereinigung zerstreuter Kräfte eine mächtiger wirkende Gesammtkraft zu bilden; die schnellste und mannichfaltigste Mitthei- lung neuer Ideen zu befördern; auch das fremdartig scheinende auf solche Weise in nähere Berührung zu bringen; die Einseitigkeit zw zerstören, und wissenschaftlichen Gemeingeist zu fördern. (S. 17.).. Gelingt es ihr, sich zu dieser Höhe und: in diesen reinen Aether zu, erheben, so wird ihr Daseyn schon, nicht blofs: dem Vokie, dem: sie Geschichte; AXXIH sie zunächst angehört, sondern der ganzen Menschheit heilsam und wohlthätig seyn; und, ohne dafs auch nur ein. einziges practisches Resultat ihrer Bemühungen da stünde, würde die Reinheit ihres Stre- bens, wie die belebenden Ausflüsse der Sonne, das Gedeihen aller Wissenschaft und jeder Vortreflichkeit fördern., Die Weltleute selbst im ausnehmenden Verstand, welche nichts seyn wollen als das, und sich von der Mühe wissenschaftlicher Anstrengungen zu retten glau- ben, wenn sie die Anwendbarkeit der Wissenschaft auf das Leben läugnen, auch diese würden einzeln ergriffen werden, und allmählig dem Wahne entsagen, der so gern theoretische Weisheit und prac- tische Untüchtigkeit paart, und wohl gar theoretische Seichtigkeit als das Unterpfand practischer Tauglichkeit aufstellen möchte. Wie die Weltleute der alten Zeit hierüber gedacht, wird in dem Fortgange gezeigt; zuerst bey den Griechen, dann auch bey den Rö- mern, deren wissenschaftliches Treiben doch, aus bekannten Gründen, vom Practischen ausging und sich immer wieder in das Practische ver- lor; vornehmlich von Julius Cäsar, wo es heißt: „Weil er mit phi- losophischem Blick den Zusammenhang der Zeiten zu erfassen und zu durchschauen verstand, wulste er die seine zu beherrschen. Wem das erste, die Sehkraft und die Sehübung zu einem solchen Blicke man- gelt, dem wird das letzte zuverläfsig nie gelingen; seine Zeit wird ihn übermannen, und ihn zu Spott machen mit allen seinen Anschlägen und Bemühungen, Nicht sehend was ist, wird‘ er mit grölster Klar- heit zu sehen glauben, was nicht ist; überall: wird er irren, wie in seinem Bangen, so in seinem Hoffen und Vertrauen. - Ein soleher kann alle SSrScHienNbüchen ‚„ vom Anfange der Welt an, gelesen ha- © ben, NXXIV Geschichte Bus ben und sie auswendig wissen; das große Buch der Welt blieb ihm unaufgethan. Er hat nicht erfahren, was jede Zeit eintreten liels an der Stelle, we sie eintrat; auch die gegenwärtige. Diese Einsicht, die das, was mit Nothwendigkeit und das, was mit Freiheit wirkt, mit klarer Unterscheidung zugleich umfafst, ist der philose- phische Geist selbst, der als ein Göttliches, allein wahrhaft Gewalt hat. Was blos als eine Folge der Zeiten da ist, wirket fort nothwen- dig und blind; sein Handeln ist ganz irdisch und lauter Kneehtschaft. Was mit Freiheit wirkt, unterbricht die Zeiten, verändert sie auf Jahrhunderte hinaus; erleuchtet, veredelt, befreit”. Indem der Redner die nächsten Zeiten mustert, wo die aus dem Chaos sich gestaltende Monarchie unter ihrem eisernen und im- mer bebenden Throne die seufzende Menschheit zertrat, thut er dar, dafs, wo noch ein reiner Funke in diesem umnachteten Zeitalter aufsprühte, oder wo noch ein Saamenkorn des Guten und Edeln keimte, es die Wissenschaft war, in deren Schoose es bewahrt wor- den. Einige bessere Regierungen verstatteten endlich der geängste- ten Menschheit freyer aufzuathmen, bis dieser neuen Morgenröthe der schönste Tag des römischen Reiches unter Marcus Aurelius aufging, auf dessen Throne sich die Macht mit der Weisheit um- schlang. Der Name Antonins erbte fort, aber seine Weisheit war mit ihm zu den Göttern übergangen; und nur Einer seiner Nachfol- ger strebte ihr nach. Schlimmere Zeiten folgten. Roheit mischte sich mit Versunkenheit; und die Barbarey, in dieser doppelten ‘Ge. stalt triumphirend, brachte einen von Menschen noch nicht erfahr- nen Zustand der Dinge hervor. Jahrhunderte lang kämpften nun die Geschichte XXXV die Elemente der menschlichen Gesellschaft, die sich in allen ihren Theilen neu gestaltete; und das erste Zeichen, dals die Fluth ge- fallen und der tobende Sturm beschwichtigt sey, war das neue Licht der Wissenschaften, das sich um den Thron Karls des Gros- sen zog. Düstre Zeiten folgten zwar; aber mitten in der Nacht leuchteten' helle Gestirne der Wissenschaft, und zeigten den: Pfad nach dem belohnenden Ufer. Die mächtige Anstrengung des Denk- vermögens durch das scholastische Studium bereitete die Befreyung des Geistes vor, und die Erweckung der alten Literatur in Italien vollendete sie. Da entstand’ fast zu gleicher Zeit an den Ufern des Arno jene in der Weltgeschichte berühmte platonisehe Academie durch Cosmus von Medieis; und in Deutschland die rheinische gelehrte Gesellschaft unter dem Schutze Johann von Dalburg's und anderer Edeln. „Die Begeisterung Italiens ging nach Deutsch- land über: doch mit dem Unterschiede, dafs, wie dort aus gelehrten Bürgern Fürsten geworden waren, hier aus Fürsten und Fürstenge- nossen Gelehrte, wenigstens Freunde, Liebhaber und Beförderer der Wissenschaften wurden”. (S. 40.) Mehrere der grofsen Männer je- ner Zeit lehrten nur vorübergehend auf hohen Schulen, und gehör- ten mehr den Geschäften und der grofsen Welt an. Durch sie fan- den die Wissenschaften Eingang bey den höhern Ständen, und sie ihrer Seits gewannen eine Geistesbildung, die nur im Verkehr mit der wirklichen Welt durch gegenseitigen Einflufs, durch Wirkung und Gegenwirkung gewonnen wird. „Ohne eine dieser ähnlichen Wechselwirkung gedeihen weder Wissenschaft noch Regiment. Den ‘wie wollte die Unwissenheit mit Welsheit regieren, oder ihre unweisen Zwecke auch nur mit Glück ausführen? Wie wollte sie bey An- 2} e*® sehn XXXVI Geschichte, sehn bleiben, ohne welches keine wahrhafte Herrschergewalt ist und dauert? Aber dagegen, wie wollten auch Wissenschaft und Weis heit ihre Würde und ikr Ansehr unmittelbar gewaltig und zu den machen, was sich allgemein als das Stärkere beweist? — Weder dieses noch jenes verträgt die menschliche Natur. Darum schmiege sich die Stärke der Weisheit an, die Weisheit der Stärke”, ». Nach: diesem historischen Ausflug, um den segensreichen Ein- uß der freyen Wissenschaft auf das Leben, auch in bedrängter und trüber Zeit, darzuthun, kehrt der Redner auf den ersten Ge- | genstand zurück, und zeigt aus der Natur des Menschen, als eines, seinen edelern Ansprüchen nach, jenseitigen Wesens, welche Art der Cultur- die beste und welches Zeitalter das eulüvirteste zu heis- sen verdiene, Dem gegenwärtigen wird ‚kein rühmendes Urtheil ge- sprochen. ‚Es liegt an schlimmen Uebeln krank, unter denen auch eine seichte Verachtung der Philosophie eine Rolle spielt, vor der ein eben so seichtes Anstaunen und Lobpreisen hergegangen war. Aber die Hoffnung schwindet nicht, und jedesmal noch sind Heroen der Humanität erschienen, wenn es die höchste Noth erfordert hat, Nach dem wie und wann unterlasse man zu forschen. Jeder thue nur an seinem Orte, was ihm der bessere, der zuverlälsige Geist in seinem Innern gebietet, gegen den keine Kraft besteht, welche sie auch sey; und wem könnte dieses mehr geziemen, als dem wissenschaft- lich Gebildeten? denn die Einsichtsvollsten sollen auch die Weisesten, die Unterrichtesten sollen auch die Besten und Edelsten seyn. So erregt die Erneuung eines alten Bundes der Humanität in dem Königreiche Baiern freudige Erwartungen eines Bessern unter dem Schutze „eines erha- Geschichte, XXXVU erhabenen Fürsten, den wir mit Entzücken und Triumph den Un- sern, mit vollem Herzen den König nennen”, und. seiner erleuch- teten Regierung. ‚Uns ist vergönnt, (so schliefst die Rede) frey zu reden von den Vorzügen, aber auch von den Gebrechen der Zeit. Was diese in Rücksicht auf Wissenschaft und Künste Köstliches und Tref- fliches hat, bietet uns in reichem Maafse eine Königliche Freygebig- keit dar. Dazu beyzutragen, dafs das Höchste, und ‚was der Zeit mangelt, herbeygeführt werde, soll das unverrückbare Ziel unserer eifrigsten Bestrebungen seyn”. Nach dieser Inauguration der Akademie wurde die erste öf- fentliche Versammlung am 28. Sept. ı807 gehalten, welcher unser Ehrenmitglied, der Kronprinz K. H., der so eben aus dem Felde zurückgekehrt war, beywohnte. Der Gen. Secretair las eine kurze Biographie des zuletzt verstorbenen Mitgliedes der Ak., Christian Friedr. Pfeffel's, geb. zu Colmar 1726, gest. zu Paris ı806, der in seinen frühern Jahren als Herzogl. Zweybrückischer Resident an dem kurfürstl. Hofe zu München, Director der historischen Classe der Akademie gewesen war, und sich um die baierische Geschicht- forschung Verdienste erworben hatte. — Dann las Hofrath Breyer, ord. Mitglied der historischen Classe, einen biographischen Aufsatz über den Vater der baierischen Geschichte, Johannes Aventin *). Der Präsident hatte die Versammlung mit einigen vorbereiten- den Worten eröffnet. „Einer ehrwürdigen Sitte getreu, sprach er, die hr, Diese beyden Vorlesungen erschienen unter dem Titel: „‚Erste öffentliche Sitzung: der K. Ak. d. Wiss. zu München, nach ihrer Erneuung. München, b. Lentncr. ıBo8, 8,” XXXYIO Geschichte die so alt ist, als Menschentugend und ihre Bewunderung, als Ver- gänglickeit des Lebens, und Unvergänglichkeit wohlerworbenen Ruhms — der Sitte, dem Andenken edler Menschen, die der Tod entführ- te, ein Zeiehen der Dankbarkeit zu setzen, md damit Nacheiferung zu erwecken: — getrew dieser Sitte, hat sich die königl. Akademie der Wissenschaften heute öffentlich versammelt. — Sie wird das Andenken eines vor Kurzem aus ihrer Witte verschwundenen ver- dienstrollen Mitgliedes, des allgemein verehrten Geschichtforschers Pfeffel feyern, — nieht mit schallender Lobrede, sondern durch einfache Erzählung dessen, was er gethan, damit es im Gedächtnils bleibe, — das Herz nicht blos bewegt, sondern mit dauerhaften Entschliefsungen erfüllt werde. — Sie wird hierauf ein viel älteres Grab bekränzen, das Grab des ehrwürdigen Aventins.. — Auch dies, alter Sitte folgend. — Jährlieh erneuerten die Griechen das. Andenken ihrer verstorbenen Edeln — nicht am Jahrestage ihres Todes; sondern dankbar am erfreulichen Tage ihrer Geburt, wo die Götier solchen. Mann der Erde geschenkt hatten. — In viel älterer, als der Zeit der Geschichte, zeigt Homer uns den Menelaos, wie er oft in seinen Pallast sich zurückzieht, die ıhm vor vielen Jahren entrissenen edeln Genossen von neuem beweint — bald aber wieder sich ermannt, zu frischerem Fortschritt in ehrenvollem Leben. _ So auch wir! Mögen die Worte der Männer, die jetzt reden werden, dem blühenden, schon jetzt mit schützendem Lorbeer bekränzten Kö- nigssohne gefallen, sein männliches Herz männlich rühren und erfreuen! mögen sie den Beyfall der hier anwesenden erhabenen und ehrwür- digen Staatsmänner sich erwerben ; mit Wohlwollen vernommen wer- den von allen! — Die Liebe, womit der Gebildete das Gebildete auf- Geschichte: XXXIX aufnimmt, ist der süfseste Lohn, welcher dem Bemühen des Gelehr- ten und des Künstlers werden kann”. — Am Schlufse der Biogra- phie Pfeffel's schlug der Präsident vor, den Bruder des Verstor- benen, den Dichter Conrad Gottl.-Pfeffel zu Colmar, zum Eh- renmitglied der Akademie zu ernennen , welches mit Bestätigung des Königs auch bald darauf geschah. Am ı2. Oct: ı807, dem Maximilianstage, erwähnte zum Ein- gang der Gen. Secretair der vielfältigen, schon in der kurzen Frist seit Wiederbelebung der Akademie, von Sr. Kön. Maj. erhaltenen Beweise ermunternder Aufmerksamkeit. Aufser mehreren Geschen- ken für die akademischen Sammlungen übertrug es der König der Akademie, den von der Regierung ausgesetzten Preis auf eine deut- sche Sprachlehre als einen akademischen bekannt zu machen und einst die eingelaufenen Schriften zu prüfen. ($S. Erste Olasse.) Es war ein Werk, das ehemals mehrere baierische Patrioten als wichtig für die vaterländische Geschichte begonnen hatten, die von Widmer ı784 angefangene Domus Wittelsbacensis numisma- tica, ins Stocken gerathen. Bey der geringen Unterstützung, die dergleichen Unternehmungen auf dem gewöhnlichen Wege des Buch- handels finden, würde diefs Werk unvollendet geblieben seyn. Der König, der durch eine grofsmüthige Uebereinkunft mit dem Verleger in den Besitz des Verlags getreten war, hat alle vorräthigen Exem- plare, uebst mehr als hundert dazu gehörigen, grölstentheils noch nicht XL Geschichte. . nicht abgedruckten Kupferplatten, der Ak. d. Wiss. zum Geschenke gemacht, so dals es unter diesen Umständen möglich wird, diefs vaterländische Werk durch Mitglieder der Ak, fortsetzen zu lassen. x Noch wurde die Hoffnung erwähnt, den botanischen Garten bald hergestellt zu sehen, da Se. Kön. Maj. dazu eine Wiese ge- schenkt hat. Hierauf las D. Schelling, ord. Mitgl. d. philol. philos. Clas- se, zur Feyer des Namenstages des Königes eine Rede über dus Ver- hältnifs der bildenden Künste zu der Natur *). In der öffentlichen Sitzung am 28. März 1808, in Gegenwart Sr. Kön. Hoheit des Kronprinzen, zur gewöhnlichen Feyer des Stif- tungstages gehalten, erwähnte der Gen. Secretair, es sey heute das funfzigste Mal, dafs die Akademie in dieser Absicht zusammenkomme. „Der Rückblick auf solch ein zurückgelegtes Stadium ist ernsthaft; die damals diesen Verein bildeten, sind dahin, und nur Eins unse- rer schätzbaren Ehrenmitglieder ist noch als Augenzeuge jener Zeit, jenes Tages übrig. Günstige und ungünstige Zeiten sind über diese wissenschaftliche Verbrüderung hingerollt ; ihre Geschichte ist erhe- bend und demüthigend zugleich. Sie hat geleistet, was sie unter «en gegebenen Umständen leisten konnte; manches Denkmal edlen Strebens hat sie auf ihrem semisekularischen Wege zurückgelassen ; noch *) Sie erschien gleich damals besonders gedrackt: München und Landshut, b. Krüll, 1807. 4. — und aufgenommen in „Schelling’s philosophische Schriften”. B. L 280g. 8, Geschichte. XLI noch mehr mag, wie von allem, was der Mensch mit Red)ichkeit schafft, in das Leben der Mitbürger übergegangen seyn und in man- cherley Verzweigurgen Gutes gewirkt haben. Aber fröhlichere Aus- sichten, grölsere Hoffnungen als je , eröffnen sich ihr für die zweyte Hälfte ihres Jahrhunderts. Noch ist das Jahr nicht vorüber, seit unser allverehrter König sie neu belebt, ihren Wirkungskreis erwei- tert hat ; seitdem ist keine Woche vergangen, in welcher sie nicht Erweise königlicher Huld empfangen hätte, in welcher nicht neue Hoffnungen für sie aufgeblüht wären; ihre Geschichte ist bis daher eine Aufzählung weise vertheilter Untertsützungen und Aufmunterun- gen einer erleuchteten preiswürdigen Regierung.” — Es wurde nun die königliche Entschliefsung (v. ıg. März d, J.) bekannt gemacht, nach welcher der Akademie die erhebende Auszeichnung verstattet wird, den Namen des Königes an der Spitze des Institutes nennen zu dürfen; worauf eine Anzahl von Ehren-, auswärtigen und corre- spondirenden Mitgliedern proclamirt wurde, zu deren Ernennung Sr. Königl. Majestät nach Antrag des Präsidenten, indem die Wahl- formen noch nicht festgesetzt waren, die Beystimmung gegeben hatte. Zur Feyer des Tages sprachen zwey Mitglieder der philolo- gisch -philosophischen Classe. Freyherr von Aretin, Secretair dieser Classe und Director der königl. Centralbibliothek, las eine. Abhandlung „über die frühe- sten universalhistorischen Folgen der Erfindung der Buchdrucker- kunst”, und legte zugleich den in der königl. Bibliothek entdeckten ältesten der bisher bekannten deutschen Drucke vor *). f f Dann *) Diese Abhandlung ist besonders erschienen, München, 1808. 4. 50$., mit dem voll- ständigen Fac simile jenes ältesten typographischen Denkmals in Steindruck. XLO Geschichte. " Dann hielt Hofr. Jacobs eine Rede „über die Erziehung der Griechen zur Sittlichkeit *). In der öffentlichen Sitzung zur Feyer des Maximilianstages, ı2. Oct. ı808, erstattete der Gen. Secretair den in der Constitut. Urkunde $. XXI. angeordneten öffentlichen Bericht über die Arbei- ten des verflossenen Jahres; er ist gedruckt worden und ihm wird künftighin jedes Jahr ein ähnlicher folgen **). . Hr. Jacobs hielt eine Rede ‚über einen Vorzug der grie- chischen Sprache in dem Gebrauche ihrer Mundarten ***). Künftighin werden in jedem Jahre gesetzmälsig zwey öffentli- che Versammlungen gehalten werden, die erste am 28. März, zur Stiftungsfeyer der Akademie; die zweyte am ı2. Octob., zur Foyer des Namenstages Sr. Majestät, unsers Königes. e. AU- *) Sie wurde nicht besonders gedruckt, und findet sich in diesem Bande der Denk- schriften. ’ ‘*#) Die Druckschriften, durch welche die Akademie das Publicum von ihren Arbei- ‘ten und Begegnissen in Kenntnifs setzt, sind demnach a) dieser eben erwähnte jährliche Bericht des Gen. Secretairs; b) die jährlichen Berichte der Glassen- Secretaire, zunächst bestimmt für die einheimischen und auswärtigen Mitglieder der Classe; c) das akademische Taschenbuch ; und d) die gedrängte Geschichte vor jedem Bande der Denkschriften. *#*) Besonders gedruckt, München, b. Fleischmann , 1808. 4. Geschichte. XLIH e. Allgemeine Versammlungen. Die allgemeinen Versammlungen, deren in der Regel monat- lich eine gehalten werden soll (s. Const. Urkunde, $. XXL), sind zu Verhandlung der Gegenstände bestimmt, die auf das Ganze der Aka- demie Bezug haben. In dem Zeitraum, von dem hier die Rede ist, wurden ihrer neun gehalten, da die Bau-Einrichtungen im Innern es verhinderten, dafs genau in jedem Monat eine derselben statt finden konnte. — Mit Ausnahme der Mittheilungen, welche aus den Pro- tocollen der drey Classen und über die einzelnen Attribute der- selben der versammelten Akademie gemacht wurden, sind hier als Gegenstände, die in den allgemeinen Versammlungen vorkommen, folgende anzuführen. In der am ıg. Aug. ı807 stellte Prof. Ritter der Akade- mie den Francesco Campetti, einen jungen Landmann aus Garg- nano am westlichen Ufer des Garda-Sees im Königreich Italien, vor, und las einen ausführlichen geschichtlichen Aufsatz, des Inhalts: „er sey zuerst durch seine physikalischen Correspondenten auf die un- gewöhnliche und erhöhte Reizbarkeit dieses Subjectes für verborge- nes Metall und Wasser aufmerksam gemacht worden; hierauf habe er sich an die königl. Regierung gewendet, mit Unterstützung der- selben die Reise nach Italien gemacht, den Campetti mit hieher genommen, und sich durch eine Reihe Versuche von der Wahrheit jener Behauptung überzeuget.” Er stellte nun diesen Campetti der königl. Ak. d. Wiss. vor, um das Factum seiner höhern Reiz- . barkeit zu constatiren, und ersuchte die Akademie, hiezu eine Com- mission zu ernennen. Eine solche wurde augestellt, bestehend aus £* den XLIV Geschichte. den Herren Akademikern Imhof, Güthe und Sömmering. — Wir reihen hier gleich die Erzählung desjenigen an, was in der allgem. Sitzung am 9. März ı808 und später in dieser Angelegenheit. gesche- hen. — Die Aufsätze, die hierauf Hr. Ritter in mehrern Sitzun- gen jener Commission vorlas, zählten die Bedingungen auf, unter welchen er die Versuche mit Campetti vor der Commission anzu- stellen bereit sey *). Diese Bedingungen waren gröfstentheils von der Art, dals es aulser den Gränzen der Commission und der Aka- demie lag, sie vermitteln zu können. Die Akademie zeigte dieses in einem gutachtlichen Präsidial-Bericht der höchsten Stelle an. Es kam hierauf (unter dem ı9. Febr. ı808) die königl. Entscheidung, „daß Hr, Ritter einen ausführlichen, alle mit Campetti privatim angestellten Versuche und deren Resultate vollständig und in Zusam- menhang beschreibenden Bericht an die Ak. d. Wiss. erstatten solle; die Akademie werde dann ermächtiget, jenen Bericht an mehrere auswärtige Akademieen, vorzüglich an die Institute von Paris und Mayland zu versenden, und deren Aeufserung zu erholen, in wie fern auch sie glauben, für dieses Phänomen jenen hohen Rang in der Reihe physikalischer Erscheinungen anerkennen zu müssen, den ihm der Akad. Ritter anweist.” — Diesen Bericht nun hat Herr Ritter bis daher an die Akademie noch nicht erstattet. Da Gam- petti so lange hier gewesen war, als Hr. Ritter, um die Versu- che mit ihm anzustellen und darüber berichten zu können, dessen Gegenwart nöthig fand, und da derselbe anfıng, kränklich zu wer- den und sich in seine Heimath zu sehnen, so reiste er im Monat Junius des J. 1808 wieder nach Hause, — Jener zu erwartende Be- richt - *) Hr. Prof. Ritter hat jene ausführlichen Aufsätze als Privatschrift drucken lassen, 1 Geschichte, r XLV nicht über diese Versuche, welche, wenn gleich durch Geld-Unter- stützungen theils unmittelbar von der königl. Regierung, theils spä- terhin aus dem alademischen Fond möglich gemacht, ganz als Pri- vatuntersuchungen des Hrn. Ritter anzusehen sind, wird sogleich, wie er an die Akademie gelangt, andern Akademieen und gelehrten Gesellschaften, und dem Publikum mitgetheilt werden. Am ı9. Sept. ı807 hielt der Präsident einen Vortrag an die Akademie, worin er die verschiedenen Classen aufforderte, über die Arbeiten jeder derselben und über deren Vertheilung unter einzelne Mitglieder Beschlülse zu fassen. Am 27. Nov. 1807. wurde der Hofrath Jacobs als Mitglied der ersten Classe eingeführt; ferner ein Comite für Untersuchung der Römisch- Baierischen Alterthümer ernennt. % Am ı1. Jan. 1808 Einführung des akademischen Chemikers , Dr. Gehlen als Mitglied der zweyten Classe; Beschluß, die fort- gesetzte Verbindung mit den zeitherigen Mitgliedern durch ein er- neutes Diplom zu bethätigen. Am 9. März wurden die neu abgefalsten Inventarien über alle akademische Sammlungen vorgelegt; und mehrere königl. Rescripte publieirt, worin die Organisation der Geschäftskreise der akademi- schen Secretariate und der Administrations-Commissionen die königl. Be- XLVI Geschichte. Bestätigung erhielten. (s. diese Theile der akademischen Verfassung im akadem. Taschenbuche f. 1809. p. 56 f}) In der allg. Sitzung am 6. ‚April 1808 wurde das königl. Dota- tions-Rescript vom 7. März publicirt. „In der vorigen allgemeinen Sitzung, sprach der Präsident, hatte ich die Ehre, Sie von wichti- gen Fortschritten zu einem festern Bestande unsrer gemeinschaftli- chen Sache zu unterrichten. Die Mehrzahl der verehrlichen Mitglie- der dieser Gesellschaft hat mir ihre Zufriedenheit über das zu:Stande Gekommene, besonders über die Art der Vereinigung zu einem Ge- meinwesen aller, der königl. Akademie untergebenen Anstalten und über die von Sr. Kön. Maj. genehmigten Gesetze: ihrer künftigen Ver- waltung, auf eine Weise zu erkennen gegeben, die meinen Muth er- höhen, meinen Eifer neu beleben mufste.” — „Die Mittel, das An- geordnete ungehemmt in Vollziehung zu setzen, und nach seinem ganzen Umfange auszuführen, waren auch damals von Sr. Kön. Maj. schon gewährt, aber noch nicht dem Präsidium dergestalt in die Hände gegeben, dafs es damit, sie öffentlich bekannt machend ‚ auf- treten durfte. Heute ‘ist ihm diefs vergönnt. Der Gen. Secretair wird Ihnen die an die kön. Ak. d. Wiss. erlassenen allergnädigsten Rescripte vorlesen. Sie werden hören, und dann aus vollem Her- zrn mit mir sprechen: Ehre dem reinen Willen ‚ Dank der Grolßs- muth unsers allgeliebten Königes ; Ehre der wahrhaft aufgeklärten Wissenschaftsliebe Seiner ersten Räthe, ihrer Standhaftigkeit, ihrem Muthe, ihrem grofsen und edlen Sinn! — Damit auch uns Ehre werde und Verdienst und Seegen der Nachkommen, lassen Sie uns zum Gedeihen dieses Königlichen, und im erhabenern Sinne vater- län- Geschichte XLVo ländischen Institutes, jeder an seiner Stelle redlich beytragen, was wir vermögen. Meine Kräfte, alle meine Tage und Stunden sind zeither diesem Institute gewidmet gewesen; sie sollen es ferner seyn. Mit herzlicher Freude über eine gleiche Gesinnung und Stim- mung erkenne ich die beharrliche und eifrige Mitwirkung derer in dieser Versammlung, die mit mir gleich lebhaft von der Idee ergrif- fen sind, dafs von dem Orte, wo wir hier stehen, etwas das Vater- land, die Wissenschaften, die Menschheit Förderndes und Erfreuen- ' des ausgehen könne, und dafs uns eine mächtige innere Stimme ge- beut, zu schaffen, dafs es auch wirklich hervorgehe.” In dem königl. Dotations-Rescript vom 7. März, das nun pu- blicirt wurde, ist der jährliche Etat der kön. Ak. d. Wiss. festge- setzt; die Gehalte des Personals werden unmittelbar bey der kön. Staatskasse erhoben; die für Vermehrung der kön. Bibliothek und der übrigen Sammlungen, für Druckschriften , Eleven und andere Ausgaben bestimmte Summe. hingegen wird in wöchentlichen Raten Ws durch das Gen. Secretariat der Akademie in Empfang genommen und von demselben jährlich verrechnet. Zwey Drittel der! gesamm- ten Dotation sind zur Vermehrung der kön. Sammlungen und zur Besoldung des dabey nöthigen Personals bestimmt; und selbst von dem einen Drittel, das auf die Akademie als solche trifft, kömmt indirect der gröfste Theil den Sammlungen und den andern mit der- selben in Verbindung gesetzten Instituten zu gut. Da zugleich ein anderes königl. Rescript vom 28. März die baldige Herstellung des chemischen Laboratoriums und des botani- schen XLVYIN Geschichte. schen Gartens, des anatomischen Theaters und der Sternwarte zu- sichert, und deren Herstellung für die nächste Zeit festsetzt — nur der Krieg hat einen Aufschub in die wirkliche Ausführung des Be- schlossenen gebracht — und da jene Attribute zunächst unter ‘der Aufsicht der mathem. physikalischen Classe stehen; so nahm der Secretair dieser Classe ‚ Geh. Rath Freyherr von Moll, das Wort, bezeugte, wie sehr sich die Classe beeifern werde, die Ausführung der edlen Absichten Sr. Maj. des Königs so viel an ihr liege, auf das Thätigste zu befördern, und trug darauf an, «) Sr. Kön. Maj. eine besondere Dankaddresse der Akademie zu überreichen, und die Erlaubnils zu erbitten, einst nach hergestellter innerer Einrich- tung des aktademischen Locals in dem Versammlungs-Saale der Ak. _ zugleich mit den Büsten der beyden erlauchten kurfürfll. Stifter der Akademieen zu München und Mannheim, auch die des weisesten Kö- niglichen Vereinigers beyder Institute und grofsmüthigen Erweiterers derselben in einer feyerlichen Sitzung aufstellen zu dürfen; b) in dem heutigen Protokolle der zweckmäfsigsten, edelmüthigen und be- harrlichen Unterstützung des Ministers des Innern auf die ehrenvoll- ste Weise zu erwähnen.” - Diese Propositionen wurden mit allge- meinem Beyfall aufgenommen und durch Acclamation in einen Be- schlufs der Akademie verwandelt. Bald darauf wurde die Dankaddresse ‚Sr. Maj. dem Könige überreicht, und die Akademie erhielt die erbetene Genehmigung. Die beschlossene dankbare Erwähnung der Unterstützung des Ministeriums findet sich im Protocolle auf folgende Weise ausge- drückt: Die Bewunderung der theilnehmenden Aufmerksamkeit des kön. Geschichte. XLIX kön. Ministers des Innern, Freyherrn von Mosrte&zas Excell., an allen akademischen Angelegenheiten, der schleunigen Prüfung ‘und thätigen Unterstützung jedes dieses Institut betreffenden Vorschlags, — eine Bewunderung, von welcher zeither die Geschäftsführer der kön. Ak. d. Wiss. als unmittelbare Zeugen, so oft schon durchdrun- gen waren, ‘— theilte sich durch Bekanntmachung der obigen zwey Rescripte allen Mitgliedern der Ak. d. Wiss. mit, da jene: königl. Entschlielsungen als das Resultat der thätigsten minifteriellen Mitwir- kung zu ‘unsern gemeinschaftlichen Angelegenheiten und der kräftig- sten Vertretung derselben bey der- geheiligten Person des jedes Gute und Rühmliche fördernden geliebten und verehrten Monarchen an- zusehen sind. Möge dieser erleuchtete Minister, dem das Vaterland in einer der wichtigsten Perioden so viel verdankt und den einst die Geschichte dieses Reiches noch ehren wird, in der laut geäus- serten Bewunderung und in dem Dank dieses Vereins wissenschaftli- cher Männer einige Belohnung finden, — in einem Dank, der nicht aus der Freude über persönlich erhaltene Vortheile stammt, sondern aus der Freude über das Gedeihen der Wissenschaften und über die steigende Ehre des Vaterlandes, und der im Gefühl dieser Rein- heit seines Ursprunges auch für spätere und bleibende Erinnerung in dieser amtlichen Nachricht von der heutigen Sitzung niedergelegt seyn will. Nachdem in dieser Sitzung noch das Vorzüglichste aus den zeitherigen Verhandlungen der einzelnen Classen und Commissionen war mitgetheilt worden, las das eben anwesende correspondirende Mitzlied der Akademie, Cons. Rath Redenbacher aus Pappen- g heim, L 5 Geschichte. heim, einen Aufsatz „über die Cultur und. den Zustand der alten Germanen” vor. Am 16.. Auguft wurde nach abgelegten Bericht von den, En in den Classen vorgekommenen,, Gegenständen über die Herausgabe des ersten Bandes der Denkschriften gehandelt, dann über die künf- tige Annahme von Eleven; die Ernennung einer Anzahl neuer aus- wärtiger Mitglieder ; und endlich wurden die Bücher und andere wissenschaftliche Gegenstände aufgezählt, welche als Geschenke an die Akademie gekommen waren. Den ı2. Nov. in der letzten allgemeinen Versammlung des Jahres ı808 hielt der Secretair der historischen Classe, Hr. Geistl. Rath Westenrieder, eine Denkrede auf den verstorbenen Hofge- richts- Kanzler ' Karl Albert von Vacchiery, ehemaliges Mitglied der Akademie und viele Jahre Director der historischen Classe *). ” £- Philologisch-philosophische Classe, und ihr Attribut, das Antiqwarium *). Es wurden der Classe mehrere wissenschaftliche Abhandlun- gen oder Prüfungen vorgelegt; von dem Freyherrn von Aretin, . Ideen *) Besonders gedruckt, München, bey Lindauer, 1808. 4. **) Vor den Classen und den ihrer speciellen Aufsicht übergebenen Sammlungen und Anstalten sollte hier der K. Bibliothek und der über sie gesetzten Admini- strations-Commission Erwähnung geschehen, indem die gesammte Akade- mie- Geschichte. LI Ideen über Pasigraphie, verbunden mit Würdigung der an die Aka- demie über diesen Gegenstand eingeschickten Aufsätze; — vom Hrn. Dir. Weiller, aufser einem kleinen Aufsatz über Pasigraphie, zwey philosophische Abhandlungen, über das Grundgebrechen der Schule und über das Wahrnehmungsvermögen, deren erste auf den Grund- wahn der Speculation, ihr ganzes Heil von den Begriffen zu erwar- ten, aufmerksam macht; die zweyte die Natur unsers \Wahrnehmens überhaupt berührt, vorzüglich aber die des höhern Wahrnehmungs- vermögens entwickelt, und gegen Zweifel rechtfertigt; — von Hrn. Scherer, kön. Unter-Bibliothekar, ein Aufsatz über Sprache und Sehrift in sieben Abhandlungen, worin nicht nur die physiologischen Gesetze des Sprechens entwickelt, sondern auch Untersuchungen über die Natur der Ur- und Stammsprachen angestellt werden *). Die mie an der Central-Bibliothek gleiches Interesse nimmt, und daher auch die Adiministrations- Commission über dieselbe aus Mitgliedern aller Classen zusam- mengesetzt ist. Allein die Fortschritte, welche die definitive Anordnung der Bi- bliothek in ihrem erweiterten Local machte, wurden in dem Jahre 1808 mehr vorbereitet als ausgeführt; die Erwähnung derselben ist daher in der Geschichte der Akademie für das künftige Jahr zu suchen. *) Aufser den oben erwähnten (S. XL. etc.) akademischen Druckschriften der HHrn. von Aretin, Schelling und Jacobs sind im Laufe des J. 1808 an schrift- stellerischen Arbeiten von residirenden Mitgliedern dieser Classe noch erschie- nen: Frbn. v. Aretin’s „Prodromus eines literärischen Handbuchs über die baierische Geschichte und Stätistik”; und von Hrn. Dir. Weiller „Ideen zur ‚Geschichte der Entwickelung des religiösen Glaubens”, so wie derselbe aufser seinen Directorial- und Lehrer-Geschäften in diesem Zeitraum von der Regierung zu mehrern ausführlichen Gutachten über den neuen Schulplan aufgefordert wur- de, — Von Hrn. Oberschulrath Niethammer erschien ‚‚der Streit des Huma- _ nismus und Philanthropinismus” und „über Pasigraphie” ete. g 2 A | - Geschichte.» Die Classe, für welche einst die Prüfung der eingesendeten, um den Preis für eine deutsche Sprachlehre werbenden Schriften besonders gehört, äufserte die einstimmige Meinung, dafs der Ter- min bis Ende des Jahres ı808- zu kurz angesetzt sey, und trug dar- auf an, ihn weiter hinauszurücken, welches auf gutachtlichen Be- richt von der höchsten Stelle genehmigt wurde. (s. unten: Preis.) Das Antiguarium, Attribut dieser Classe, konnte wegen bevorstehender Bauveränderungen im Local, von derselben noch nicht in Verwaltung genommen werden. Es ist indels durch die theils bey Rosenheim, theils in andern Theilen des Königreichs gefundenen Antiquitäten, namentlich durch die Pickl'sche Sammlung aus Eichstädt, und durch die Ausbeute, die Hr. Redenbacher gemacht hatte, mit interessanten Beyträgen vermehrt worden. Das Committe, das zur Untersuchung der vaterländischen Alterthümer bestimmt ist, verlor durch die Versetzung des Hrn. v. Stichaner als K. Gen. Kreis-Commissärs nach Pallau, eines ihrer thätigsten Mit- glieder. Von der Sammlung Römischer Alterthümer in Baiern, welche dieses Committ& herausgiebt, sind zwey Hefte erschienen, mit ı4 Abbildungen in Steindruck; zur allmäligen Fortsetzung liegen schon Materialien bereit. g. Mathemätisch-physikalische Classe und die ihr beygeordneten Attribute. Ueber die Arbeiten dieser Classe in den Jahren ı807 und ı808 giebt der erste gedruckte Bericht, redigirt von ‚dem Secretär der Geschichte, LI der Classe, nach chronologischer Ordnung vollständige Uebersicht; ihm wird am Schlufs jedes Jahres ein ähnlicher folgen. Hier das Wesentlichste daraus. Die Classe hielt in diesem Zeitraum achtzehn Sitzungen; die beyden Administrations-Commissionen über die mathem. physikali- schen und über die naturhistorischen Apparate jede vier, deren Pro- tocolle jedesmal der Classe vorgelegt wurden. Den 26. Nov. 1807 hörte die Classe das Gutachten des Hrn. G. R. Wiebeking über- einige von dem Bürger Geis vorgelegte Maschinen zum Einrammen der Pfähle; — des Hrn. Pr. Schiegg über Hrn. Hofr. Kausler's im K. Würtemberg „Abhandlung von der Nothwendigkeit und Wichtigkeit einer veränderten Lehrmethode der gewöhnlichen Rechenkunst und der Elementar- Algebra”; des Hrn. Ober-Bergrath, Jos. Baader, über ein von dem Mechaniker Mahl zu Pesth eingeschicktes Modell, eine Verbindung retrograder oder ruckweise hin- und hergehender Bewegung und Veränderung dersel- ben in eine Cirkelbewegung; — des Hrn. Medic. Rath Güthe über Mi Hrn. Dir. Schrank in Landshut Abhandlung von einer neuen Pilanzen -Gattüung Grimaldia. (Diese Abhandl. s. p. 99. dieses Ban- des, nebst den Kupferplatten Tab. IH. IV. V.y Den ı7. Dec. Ber. des Hrn. Can. Imhof über des Hrn. von Spaun Vorschläge zu einigen Versuchen in Bezug auf Newton’s Theorie des Lichtes. r Den LIV Geschichte. 5 Den ı8. Jän. 1808 Bericht über Hrn. Jos. Baader's Hydrometro- graph. — Hr. GR. Sömmerring theilte die Pendelrersuche des Hrn. v. Türk in Oldenburg mit. — In dieser Sitzung gaben noch die HHrn. Sömmerring und Gehlen der Classe aus erhaltenen Briefen- Nachricht von den Versuchen Davys über die Zersetzung der Alkalien. — Die HHrn. Imhof und Ritter wurden ersucht. diese wichtigen Versuche in der Classe zu wiederholen. Hr. Ritter brachte hiezu einen neuen galvanischen, mit Schüfseln zu bauenden Apparat in Vorschlag, welchen er auch am ı2. Febr. der Classe vor- legte. (s. Denkschriften p. 180.) Indessen fand derselbe die Bear- beitung der Schüfseln zu kostbar, und in ihrer Gestalt einen Anlafs zu einem schliefsenden Bogen für die Säule, wodurch sie viele Wirk- samkeit nach aufsen verliert. Es wurde somit die Anwendung hinläng- licher Trogapparate beschlossen. Zu dieser Wiederholung der Davy’- schen Versuche wurde der z4te Febr. bestimmt. Die metallisch-glän- zenden, weilsen, mit Wasser entzündbaren Kügelchen, auch dendri- tische Figuren stellten sich reichlich dar. Hr. Ritter las hierauf an diesem Tage in einer Sitzung der Classe einen Aufsatz: „Versu- che und Bemerkungen bey Gelegenheit einer ersten Wiederholung von Davy’s Versuchen” etc. und am 3ı. März als Fortsetzung: „Fe nere Versuche” etc. (s. beyde Abhandlungen in diesem Bande p. 179 und 201.) n > Am ı2. Febr. wurden des Hrn. y. Spaun „Ideen zu einigen Versuchen über die Destillation der Weine und anderer geistigen Flülsigkeiten vorgelegt. Geschichte, LV Hr. G.R, Sömmerring legte in dieser und der Sitzung am 23. Jun. des Hrn.Dr. Alber's in Bremen „Bemerkungen über den Bau der Augen verschiedener Thiere”, nebst treflichen Abbildungen vor. (s. diese Bemerkungen unten p. 8ı mit der dazu gehörigen Tab. II.) ‚Auch las derselbe einen Aufsatz vom Dr. Heinecken in Bre+ wen über ‚Versuche mit Alkalien durch die Voltaische Säule”; so wie den zo. April einen zweyten desselben Verfassers; die Resultate derselben zählt der Jahresbericht der Classe p. ı6 u. 2ı auf. Die Classe hörte hierauf einen Bericht der HHrn. Imhof u. Ritter über des Hrn. Dir. Schrank’s Abhandlung: „Grey's Luft- spiegel und einige verwandte Erscheinungen betreffend. (s. diese Abhandlung p. 298 dieses Bandes nebst Tab. XI.) Am 26. März eröffnete -die Administations - Commission der naturhistorischen Apparate ihre Sitzungen. Hr. M. Güthe legte die vom Hrn. Gartenintendanten Sckell besorgten Plane vor, und erstattete einen ausführlichen Bericht über die Anlage eines botani- schen Gartens. Am gı. März las Hr. Commenthur Petzl einen Aufsatz über den sogenannten Alben, eine Erdart bey Erding in Baiern, (s. p. 135 in diesem Bande) — und Hr. Seyffer berichtete über einen Aufsatz des Hrn. Bürmann in Mannheim unter der Aufschrift: „De- veloppement aux fonctions successives Fz—A-+B. fz+C. ? z+D. 8 24+E fiz, — u. Dr. Gehlen über den vom H. Forstmeister von Roth- “ LVI ? Geschichte. Rothhammer in Rosenheim eingesandten Syrup und Braititewein aus türkischem Weizen. Am ı6. April hielt die Administrations- Commission der ma- them. physikalischen Apparate ihre erste Sitzung, in: welcher die nö- thigen Einleitungen zum Bau eines analytisch- und technisch - chemi- schen Laboratoriums und einer Sternwarte geschahen. Am 23. Jun. hörte die Classe Berichte des Hrn. Dir. Fluri über des Hrn. Gubernialrath v. Marcher in Klagenfurt „Beyträge zur Eisenhüttenkunde”, und über Hrn. Berg-Comm. v. Lupin in Memmingen ‚Resume der auf verschiedenen Reisen in das schwäbi- sche Albgebirge gemachten geognostisch-mineralogischen Beobachtun- gen”; dann der HHrn. Imhof und Gehlen über die von dem Pap- pierfabrikanten Kag in Mühldorf der b. Regierung vorgelegten Stein- pappen zu Dachschindeln, Jalousieen, Ziegelplatten etc. Hag's Pro- ducte wurden nach einer sorgfältigen Prüfung derselben auf Feuer- beständigkeit, Wasserdichtigkeit und Festigkeit der Aufmerksamkeit der Regierung würdig gefunden > und Winke zu ihrer Verbesserung mitgetheilt. In der That hatten zwey solche Pappenschindeldächer bereits ein Jahr lang Regen und Schnee unbeschädigt ausgehalten. Am 13. Aug. berichtete Hr. Hofr. Seyffer über Matth. Leon- hard's „Abhandlung über die Messung des Kreises und die daraus folgende vollkommene Quadratur der Kreisfläche”, nebst dazu gehö- rigem Instrumente; — und über „Franz v. Holbnitzen’s aus Ofen hand- Geschichte, LVUI handschriftliche „praktische Anweisung zu den Hlafterrechnungen.” — Hr. M. R. Güthe über Hrn. Dir. Schrank’s in Landshut ‚Ab- handlung über zwey neue Pflanzengattungen, Patagonium u. Agri- colaea. (Diese Abhandlung s. p. 91.) Hr. Ritter las einen Aufsatz: „Neue Versuche über den Ein- Aufs des Galvanismus auf die Erregbarkeit thierischer Nerven”. (s. p- 257 dieses Bandes; dazu Tab. IX.) Hr. Leg: R. Seyffer legte in dieser und der folgenden Si. tzung zwey astronomische Aufsätze vor; den einen: „De altitudine speculae astronomicae regiae, quae prope Monachium est, supra mare internum, qua 1300 observationibus a se habitis et ad calcu- los reyocatis mensus est”; — den zweyten: „Super longitudine geo- graphica speculae astronomicae regiae ex occultationibus siderum in- errantium etc. (s. beyde p. 312 u. 34ı dieses Bandes.) Den 3. Sept. hörte die Classe Berichte der HHrn.. Güthe und Gehlen. über Hrn. Achard Expose des resultats de mes re- cherches suivies sur la fabrication du sucre de betterave”; des Hrn. Imhof über einen „Antrag, alle Kirchen und öffentliche Gebäude mit Blitzableitern zu versehen und dadurch auch die Hagelschäden zu vermindern”; — und ein Schreiben des Hrn. Hofr. Fischer in Moskau, in welchem unter andern interessanten Notitzen die Be- schreibung einer neuen Käfergattung Pelecotoma gegeben wird. h Am LVYIN Geschichte. Am 24. Sept. wurde über des Kunstschreiners Glink von Bur- gau Melskarren von den HHrn. y. Riedl, Schieg und Seyffer Bericht "erstattet. — Hr. G. R. Sömmerring theilte aus einem. Briefe des Hrn. Tilesius Nachrichten über das an der Lena im Eise entdeckte und von Adam'’s beschriebene Mamouth mit. Am ıo. Nov. wurde eine Abhandlung des Hrn. Hausmann in Braunschweig über „das Steigen und Fallen der Grundgebirgschich- ten im Norden von Europa” vorgelegt. (s. dieselbe p. 147 dieses Bandes.) Hr. M.R. Güthe berichtete über Hrn. Wildenow’s in Ber- lin „Abhandlung über die Gattungen Brunia und Staavia. ('s. p- 125 dieses Bandes.) Die HHrn. v. Riedl, Imhof und Seyffeg erstatteten ihre Berichte über einen aus dem Grofsherzogthum Baaden gekommenen Vorschlag zu einem allgemeinen Münzfufse und allgemeinen Maalsen und Gewichten. (s. Bericht der Classe p. 27.) Den 7. Dec. berichtete Hr. Güthe über des Hrn. Vaucher in Genf „Memoire sur la sere d’ Aout” — Hr. Sömmerring las academicas annotationes de cerebri administrationibus anatomicis va- sorumque ejus habitu. (s. p- 57 d. Bandes; dazu Tab. 1.) — Vor- gelegt wurde die Abhandlung des Hrn. Buchholz in Erfurt „über die Unzulänglichkeit und Unsicherheit des von Vauquelin vorge- schriebenen Verfahrens, das Messing oder andere Verbindungen des Kupfers Geschichte. LIX Kupfers mit Zink auf dem nassen Wege vermittelst der Abscheidung des Kupfers durch Zink zu zerlegen.” — Die HHrn. Imhof und Seyff Y in Nürnberg gröfsern Erdglobus ab; so wie (den ı7. Dec.) die HH. statteten einen günstigen Bericht über des Hrn. Franz Reinwald und Seyffer über v. Riedl’s hydrographische Karte von Baiern, Oberpfalz_etc. . Den 20. Dec. wurde ein Bericht der HHrn. Schrank und Tiedemann in Landshut über eine naturhistorische Reise durch Tirol nach Oberitalien gelesen, der aufser dem Naturgeschichtlichen noch viele interessante ökonomische und artistische Bemerkungen enthielt. Er wird in einem besondern Abdruck in das Publikum kommen. Hr. G. R. Mezler in Siegmaringen übergab „Ideen zur zweck- mäfsigen Anwendung der Witterungs-Beobachtungen auf die prakti- sche Heilkunde.” Sie wurden zur meteorologischen Commmission verwiesen *). Unter ®) Uebrigens haben sich mehrere Mitglieder der Classe aufser den akademischen Ar- beiten auch durch sonstige schriftstellerische Bemühungen thätig bezeigt. Hr. Oberst v. Riedl hat sein Vaterland mit einer hydrographischen Charte von Baiern, Oberpfalz, Neuburg, Pässau und Eichstädt beschenkt. 1 Ir. P. Ritter liefs das ıste St. des ıten B. seiner „‚neuen Beyträge zur 'nä- hern Kenntnifs des Galvanismus” drucken, und lieferte mehrere Aufsätze in das Gehlen’sche Journal der Chemie, “2 Hr. 6. R. Sömmerring gewann in diesen ı8 Monaten vier Preise, einen zu Berlin über den Bau der Lungen, einen zu Wien über die Krankheiten der Harn- hr? # LX Ä "Geschichte, Unter den mit dieser Classe verbundenen Attributen erhielten in dem J. ı808 die Sammlung der mathem. physikalischen Instru- mente und der Naturalien ansehnliche Vermehrungen. Die erstere durch Vereinigung ües von Riedl’schen Cabinets mit der akad. Samm- lung, durch Hinzukommen vieler Mefsinstrumente, eines Emeryschen Chronometers, und eines Magnetsteines von ungewöhnlicher Größse.— Die zweyte durch viele Geschenke Sr. K. Maj. an ausgestopften Thie- ren, und durch mineralogische Beyträge in- und auswärtiger Freunde der Natur, namentlich der HHrn Hausmann in Cassel, Chierici aus Rom, v. Helmreich in Salzburg und Hallein, Hertel in Augsburg, v. Musinan in Straubing, v. Moll, v.Flurl, v. Lupin. und v. Petzl. — Eine der wichtigsten und zwar vaterländischen- Bereicherungen geschah durch folgenden glücklichen Fund: In der Ge- Harnröhre und Harnblase, zwey zu Amsterdam über den Bau des Nabels und seiner Brüche, und über die Brüche, welche aufser den Leisten- Schenkel- und Nabelbrüchen in der Gegend des Unterleibs und Beckens vorkommen. Er gab zugleich seine Icones organi auditus, gustus und olfactus und seine Icones laryngis heraus. : Hr. G.|R. Wiebeking liefs den 5ten Band der „allgemeinen auf Geschichte und Erfahrung gegründeten theoretisch-praktischen Wasserbaukunst”, das ıte Heft seiner „Beyträge zur Wasser - Brücken - und Strassenbaukunde”, seine „‚theore- Pr tisch-practische Strassenbaukunde” und eine „‚Nachricht über die von ihm ge- machte Erfindung wohlfeiler und dauerhafter Brücken, welche in Baiern ausge- führt ist”, drucken. za Hr, D. Gehlen, welcher sich fast in jeder Sitzung durch interessante Mitthei- lungen aus seinem Briefwechsel um die Classe verdient gemacht hat, gab heraus den 5ten, 6ten und ten Band (welcher der ı3te der ganzen von ihm redigirteu Suite ist) des „‚Journals für Chemie, Physik und Mineralogie” und den 5ten Band des Jahrbuchs der Pharmacie, Frhr. v. Moll beendigte den 4ten Band seiner „Ephemeriden der Berg- und und Hüttenkunde”; setzte sie mit dem 5ten (dem ızten der ganzen Suite) fort und fieng die „‚neuen Jahrbücher der Berg- und Hüttenkunde” an. Geschichte, ZLXI Gegend von Burghausen wurden in einem Steinbruche, am Ufer der Salzach, zwey Elephantenzähne nebst einigen Knochen ausge- graben. Dieser Fundort ist nach den vom Kirchherrn Lechner mütgetheilten Nachrichten ein Tuflsteinbruch; die Schichtungen wech- seln in fast gleicher Mächtigkeit und in nachstehender Folge von oben herab, ı. Sandgrund, 2. Mergel, 3. Sand, 4. Mergel, 3. Flufssand, 6. einzelne Tuffstein-Trümmer,, 7., Mergel mit Flufssand, in unordentlicher Lagerung. Die Elephanten - Reste lagen in der Flufssandschicht (5.) in etwa 70° Tiefe und ı00° Entfernung vom Strome, 5— 6‘ weit voneinander; doch ragten auch einige Knochen aus dem Mergel (4.) hervor. Die durch Sorgfalt des Bürgermeisters Loferer in Burghausen und durch die Verwendung des Gen. Kreis-Kommissariats und des Landgerichts daselbst der akademischen Sammlung erhaltenen Stücke bestehen in zwey Stoßszähnen von zwey Elephanten, wovon besonders der eine schr alt seyn mufste, und einem rechten Schienbein, an dem die Epiphysis mit der Diaphysis noch nicht vereinigt ist; zwey andere gröfsere Knochen: sind nicht mehr bestimmbar. Mehrere grofse Fulsknochen, eine sehr ansehnli- che Rippe," ein Schulterblatt und einige kleinere Knochen sollen leider schon vertragen und zerstört worden seyn. Indessen hat die königl. Akademie eine Summe zu weiterer Nachgrabung unter der Leitung des Kirchherrn Lechner ausgesetzt. Sie übersandte dem Bürgermeister Loferer zum Beweise ihrer Dankbarkeit. für seine Sorgfalt ihren goldenen Jetton. LXU Geschicke h. Historische Classe, und das mit ihr verbundene K. Münrkabinet. Diese Classe hat in dem Zeitraum, von dem hier die Rede ist, sechszehn Sitzungen gehalten. Durch die Thätigkeit ihrer Mit- ° glieder erschienen mehrere literarische Arbeiten im Druck. Ein neuer Band historischer Abhandlungen kam ı807 heraus; eben so der $te 4 Y Band von Westenrieder’s Beyträgen zur vaterländischen Historie, Geographie, Statiftik ete., und der ı8te Band der Monumenta boica. Den 25. Sept. ı807 berichtete der Secret. d. Classe über _die- sen ıßten Band der Mon. B.; der Abdruck der in demselben ent- baltenen Urkunden ist mit viel gröfserer Sorgfalt, als bey den vori- gen Bänden, besorgt worden; alle Urkunden wurden vorher genau verglichen und vidimirt. — Den 8. Sept. 1808 las der Secretär der Classe seine „Betrachtungen über diesen Band” welche’ besonders ge- . druckt wurden, und se verdienen, neben dem Monumenten - Band selbst mit aufgehoben zu werden. Den 28. Nov. 1807 berichtete Hr. Geh. Staats - Archivar v. Pallhausen über zwey von Hrn. Prof. Bernhard Stark zu St. Emmeram in Regensburg eingesendete Abhandlungen: «) ‚über das Grabmal Herzog Heinrich L” (M.?); 5) „Heinrich Il, Herzog von Baiern, als-Kriegsgefangener zu Würzburg, nicht zu Utrecht.” Den 29. Dec. Antrag, die Sammlung von Bavaricis, welche der scel. Hofger. Kanzler von Vacchiery hinterlassen, zu kaufen. Auf Begutachtung der Classe ist dieser Ankauf geschehen. Es be- fand Geschichte. uXxın fand sich darunter eine Sammlung von Epithaphien in fünf Folio- Bänden, die Vacchiery schon seit 1779 unternommen hatte, in der Absicht, sie einst der Akademie gegen eine verhältnilsmäfsige Vergütung zu überlassen. Der erste Theil dieses Manuscripts führt den Titel: „Bavaria subterranea seu Epitaphia Boica, auctoritate sump- tibusque academicis collecta, suasu, opera, directione C. Alb. de Vaechiery in Castel nuoyo etc. in usum historiae biographicae ac genealogicae” — Da Hr. G. BR. Westenrieder mit Fortsetzung dieser Sammlung, eifrigst beschäftigt ist, so wird diefs Manuseript jetzt im Secretariat der histor. Classe aufbehalten; die übrigen Hand- schriften und Bücher aus der Vacchiery’schen Verlassenschaft sind aber zur kön. Bibliothek abgegeben "worden. Den 23. Febr. 1808 that Hr. G. R. v. Krenner einen aus- führlichen Vortrag über zweckmälsige Fortsetzung der Mon. Boic. — Hr. v. Pallhausen berichtete über des Hrn. geistl. R. Winter in Landshut ‚Revision der Kirchenräthe Bojoariens aus der Agilol- fingischen Periode”. Den 26. April berichtete Hr. Geist. R. Westenrieder über eine vom Hrn. Archivar Zirngiebl in Regensburg eingesendete Abhandlung : „Einige irrige Notizen in der Baierischen und Regens- burgischen Geschichte”, und den 27. May über, „Hrn. Pf. Holzinger’s Anmerkungen zu dem Stiftungs - und Bestätigungsbrief des ehemal. Klosters Schamhaup- “ ton.” LXIV Geschichte, ten”. — Hr. Franz Dionys Raithofer schickte sein mühsames Werk „Historisch - statistische Bibliothek von Baiern, oder systema- tisches Verzeichnifs aller derjenigen Schriften, ‘welche die Geogra- graphie, Genealogie, Alterthumskunde, Heraldık, Numismatik _ete. von Baiern, der Ob. Pfalz, Neuburg, Sulzbach u. Leuchtenberg be- treffen”, — in zwey geschriebenen Bänden an die Akademie, und überliefs ihr den Besitz und die Benutzung davon, Den 25. Jun. wurde der Plan zum XIXten Band der Monum. E Boica vorgelegt und genehmigt. Den 24. Jul. berichtete der Seer. d. Cl. und Hr. v. Pallhau« sen über eine eingesendete Abhandlung des Hrn. Zirngiebl „über einige ‘in der Stadt Regensburg sich befindende Römische Stein- schriften”. Den 27. Aug. Berichte über ,„Genealogia boica de ao. 1180 usque ad 1777, ex membranis et monumentis diplomaticis illustrata et collecta a Fr. Xav. Kaufinann. Mspt.” und über „Grundlinien zu einem neuen System der praktischen Diplomatik für Baiern”. Den 8: Nor. Es wurde dureh die Classe veranlafst, dafs dem Hrn. Franz Rid die nöthigen Urkunden zur Bearbeitung der Ge- schichte von Raitenbuch verabfolgt, und dem Cons. R. Schmidt in Ulm und dem Hrn. Plac. Braun in Augsburg der Gebrauch der Archive zu ihren geschichtlichen Arbeiten verftattet wurde. Den Geschichte. N. Den ı6. Dee. Auf Veranlassung der hies. K. Polizeydirection verfalste die Classe eine lateinische Inschrift für die aus der cessi- renden Kirche St. Sebastian in die Hauptlärche U. L. Fr. zu Mün- chen übersetzte Familien- Gruft der alten Grafen v. Wardenberg. — Hr. v. Pallhausen las eine kritische Abhandlung: „Die älteste geographische Notiz aus der Agilolfingischen Periode” *). Die in diesem Bande befindliche Geschichte des Attributs die- ser Clasge, des kön. Münzkabinets, die auch die neuern Vermeh- rungen desselben (p. 401 u. 2.) erwähnt, macht es unnöthig, hier noch besonders darüber etwas anzuführen. i. Preisaufgabe. n Die Aufgabe für das Jahr 1507 u. 8), deren schon oben (p. XXXIX.) Erwähnung geschehen, und die zunächst vom Ministerium des Innern der kön. Ak. d. Wiss. zur Publication übertragen wurde, for- derte a „Verfertigung einer, die bis jetzt bekannten übertreffenden deutschen Sprachlehre” auf, und setzte einen Preis von zweyhundert Karolin dafür aus. „Jeder Preiswerber hat nicht nur ein vollständi- ges, auf die Principien der allgemeinen philosophischen Sprachlehre *) Auch in dieser Classe waren mehrere Mitglieder, die HHrn. Westenrieder, v. Pallhausen, v‚Reinwald, mit andern schriftstellerischen Arbeiten beschäftigt; Prof, Wolf liefs am dritten Bande seiner Geschichte Kurf. Maximilian 1. dru- cken, und als ihn der Tod dieser Arbeit entrils, setzte sie Hofr, Breyer fort. i LXVI Geschichte. gegründetes, das ganze deutsche Sprachgebäude in allen seinen Thei- len umfassendes System der deutschen Sprachgesetzgebung aufzustel- len, sondern zugleich auch einen für den Schulgebrauch berechne- ten Auszug aus jenem grölsern Werke beyzufügen.” Der Termin wurde anfangs auf das Ende des J. 1808 gesetzt, nachher aber auf das Ende des Mon. August ı809 verlängert; der Ausspruch wird im März ı810 geschehen. Die Erwartung ging dahin, dafs sich die gelehrtesten Kenner: der Sprache um diesen Preis bewerben würden; indeßs ist auf den Fall, dafs dies nicht geschähe und vielleicht keine der einlaufen- den Schriften des Preises würdig erkannt werden sollte, dem Ver- fasser derjenigen Abhandlung, welche den eben ausgesprochenen Zwe- cken am nächsten kommen, oder vorzüglich viel Brauchbares für den praktischen Jugendunterricht enthalten wird, eine angemessene Re- - 5 mMuneration von 50— ı50 Dukaten zugesprochen worden. k. Veränderungen im Personal der Akademie. Die Akademie hat seit ihrer Erneuung bis zu Ende des Jahres 1808 eines .der residirenden ordentlichen, und fünf aus der Glasse der Ehren- und auswärtigen Mitglieder durch den Tod verloren: den Prof. Pet! Phil. Wolf, ordentliches’ Mitglied der historischen Classe, der sich mehr als Ein Verdienst um sein Vaterland und die Wissenschaften erworben hatte, und bey seinen frü- hen Tode die Achtung unsers ganzen Instituts mit sich nahm; den a wen Geschichte, LXVI den Hofgerichts- Kanzler v. Vacchiery, der in frühern Jahren ein fleifsiger Theilnehmer an den akademischen Arbeiten ge- wesen ist, dessen Andenken, wie erwähnt, Hr. Geistl. R, We- r stenrieder durch eine Denkrede feyerte; den Geist. R. Mederer in Ingolstadt, diesen ehrwürdigen For- scher der vaterländischen Geschichte, über den Hr. Geist. R. "Hübner eine kleine Gedächtnifsschrift herausgegeben; den Prälaten und Geistl. R. Hup fauer in Landshut, einen durch E Schicksale und literärische Thätigkeit ausgezeichneten Mann, dem Hr. Dir. Schrank in einer akademischen Rede, die ge- druckt worden ist, ein verdientes Denkmal setzte; den Reg. Rath Medicus in Mannheim, viele Jahre hindurch. den - thätigsten Theilnehmer und Leiter unsers dortigen Schwester- Instituts; seinem vielfachen wissenschaftlichen Verdienst‘ ein Andenken zu stiften, hat der Hr. Dir. Schrank über sich genommen ; . den Hofr. Bardili in Stuttgard; das Diplom, das diesen ernsten Forscher nach Wahrheit unserm Bunde zugesellte, traf ihn nicht mehr am Leben. Der Zuwachs an neuen Mitgliedern erhellet aus dem obigen }, Verzeichnilse p. XIX. ff. (vergl. die Note p. XX1.), indem die nach der Eröffnung der Akademie Hinzugekommenen durch die beyge- setzte Jahreszahl zu erkennen sind. LXVIN Geschichie, \ So verstrich das erste Jahr der erneuten Altademie der Wiss. zu München unter dem Bemühen der Mitglieder, dieses Institut in dem Sinn der preilswürdigen Regierung, die es neu belebte, seiner vollendeten Ausbildung entgegen zu führen. Durch den glücklichen, Gedanken, ' die Altademie zur Verwalterin der wissenschaftlichen Schätze des Königes zu machen, ist ihr eine ausgebreitetere ‚Wirk- samkeit angewiesen, als den mehrsten ihrer Schwestern. Diels macht in der ersten Zeit ihrer Thätigkeit vielfältige Anstrengung nöthig, die ‚nicht in das Auge fällt, aber von unerläfslicher Nothwendigkeit und von fortwirkendem Nutzen ist. Die folgenden Jahre mögen. die Früchte dieser stillen Aussaat zeigen, und so vielleicht die redlichen Bemü- hungen der Mitglieder mit der zunehmenden Anerkennung einsichts- voller Patrioten und auswärtiger Freunde der Wissenschaften be- lohnen! München, im Sept. 1809. Der Gen. Secretair der RK. Ak. d. Wiss. DENKR- ee DENKSCHRIFTEN DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN h ZU MÜNCHEN 2B.bens pDa/s' 7 am 5,1, 9808 CLASSE DER PHILOLOGIE UND PHILOSOPHIE. er ren Dir dee ara RE “ > ” ücht in EINETNTE > Dh 2 "REIT 1 : er. 80, 8.9 PS 9 7 9 8 9805 Ueber die Erziehung der Griechen zur Sittlichkeit. Burns akademische Rede : von Frıeprıcn Jauome As einstmals, wie die Alten erzählen 9, Pythagoras mit Leon, dem Fürsten der Phliasier, eine lange und geistreiche Unterredung ge- pflogen hatte, fragte ihn dieser, die Fülle seiner Kenntnisse und Einsichten bewundernd, welche Kunst er vornehmlich treibe? Wor- auf der Samische Weise antwortete, er treibe keine Kunst, sondern sey ein Weisheitsfreund. Als nun jener, über des Nahmens Neuheit verwundert, weiter gefragt, was er damit meyne? Habe er 3 eant- a) Diese Geschichte ist hier dem Cicero nacherzäblt, Tuscul. Disput. V. 3. welcher sich auf den Heraclides, einen Schüler des Plato (virum doctum inpri- mis), beruft. Dieser hatte sie in seiner Schrift #sgl ras Aarau (von einer Frau, die sieben Tage Jang im Seheintode zugebracht hatte) aufbewahrt. S. Diogen. Laert. Proem, $, ı3. und Menage $.®. f£. Die bestrittene Glaubwürdigkeit des Heraclides, in dessen Schriften viele kindische Mährchen vorkamen (Ci- cero de Nat. Deor. 1. ı3. Vergl., Meiner's Gesch. der Wissensch, I. Tb. 206, ff.) kömmt hier in keinen Betracht, da uns hier nicht die historische Zuverläfsig- keit der Geschichte und die Autorität der angeführten Personen, sondern der in ihr ausgesprochene Sinn kümmert, Doch wird sie auch von andern bestätigt. “ $. Menage.ad Diog. Laert. VIII. 8, $.352. Vergl. Valer. Max. VIII, 7. extr. 2. ı 2 4 geantwortet: Das Leben der Menschen scheine ihm dem Markte rer- gleichbar, der mit dem feyerlichsten Feste Griechenlands verbunden sey. Denn wie dort einige durch Körperkraft und Uebung nach dem Ruhme eines Kranzes trachteten; andere durch Aussicht auf Gewinn ' beym Kauf und Verkauf dahin gelockt würden; einige aber, welche die Edelsten wären, weder Beyiall noch Vortheil suchten, sondern nur die Bemühungen anderer aufmerksam beschauten; so wären die Menschen überhaupt in das Leben wie auf einen Markt versetzt, wo einige nach Ruhm, ‘andere nach Reichthum strebten; einige wenige. aber, alle andern Bestrebungen für nichts achtend, sich nur allein um die Betrachtung der Natur und ihres innern Wesens bekümmer- ten. Diese wären es, welche er Weisheitsfreunde, Philofophen, nenne. Und wie es dort das Edelste sey, ohne Rücksicht auf eigenen Gewinn, zu schauen, so sey auch in dem Leben die Betrachtung und Erkenntnils der Dinge, allen andern Bemühungen vorzuziehen. In diesem Urtheile eines der gröfsten und weisesten Männer des Alterthums über die Rangordnung der menschlichen Bestrebungen, welche in Griechenlands schönsten Zeiten vollkommen anerkannt und keinem Zweifel unterworfen war, zeigt sich ein schneidender Gegen- satz zwischen Hellenischer Denkungsart und den Gesinnungen minder * gebildeter Völker, Die letztern kehren diese Rangordnung um. Nur die erwerbende Indusirie, die ihren Blick auf die Erde geheftet, irdi- schen Stoff für irdische Zwecke verarbeitet, wollen sie als verdienstlich anerkennen; das freye Spiel, das seinen Lohn an dem höhergesteckten Ziele des Ruhmes sucht, werden sie vielleicht als einen Gegenstand der Unterhaltung, zwar nicht schätzen, aber doch dulden; den mülsig scheinenden Beschauer hingegen, der nur, was geschieht, und wie es geschieht, zu beobachten kam ‚ werden sie als ein parasitisches Glied des Staates kaum ertragen. Ganz gewils werden sie ein solches Be- schauen, höchstens vornehm, aber nicht edel finden; und da dieses Beywort auch der ersten Klasse versagt wird, der zweyten «ber auf keine Weise zugestanden werden kann, so wird sich bey ihnen für das Edle überhaupt keine Stelle finden. Nun \ 53 Nun aber kann kein Zweifel seyn, dafs ein Volk ganz vorzüg- lich auf den Ruhm der Bildung Anspruch machen dürfe, wenn es jedes freye und uneigennützige Streben nach dem 'Vortreflichen, weil es vortreflich, nach dem Schönen, weil es schön ist, nicht nur achtet, sondern es vorzugsweise, im Gegensatz eigennütziger Betriebsamkeit, für menschlich und edel hält, Bey keinem Volle der alten und neuen Welt ist diese Gesin- nung herrschender gewesen, bey keinem tritt sie in alten Einrichtungen, Festen, Gesetzen und Thaten so lebendig hervor, als bey dem Helie- nischen. Denn nicht blos prunkende Meinung war sie, sondern ein tief gewurzelter Glaube, welcher die ganze Hellenische Bildung durch- dringt, und ihr eben das charakteristische Siegel eines höhern Adels aufdrückt, Denn was verdient diesen Nahmen mehr, als der Zustand eines Gemüths, das von Liebe zu dem Schönen und Edeln durchdrun- gen, jeden andern Gegenftand menschlicher Neigungen, nur als noth- wendiges Bedürfnils bestehen ‚läfst; hoch aber nichts achtet, als was grols ist, und für grofs nichts hält, als was über das Irdische erhebt? . Ein Zustand des Gemüths, in welchem die Selbstsucht in der Begeiste- rung untergeht, und die Idee über jeden Andrang der Wirklichkeit obsiegt ? Und kann man an dem Daseyn dieses Geistes unter den Hel- lenen zweifeln, bey denen nicht nur die Beyspiele des Grofsen und Schönen, herrlicher Selbstopfer und rühmlicher Eintsagungen i in dich- ten Reihen gedrängt auftreten, sondern ganze Staaten, wie der Spar- tanische, auf den Glauben an die Macht der Idee gebaut, und die Freyheit durch das eherne Joch drückender Gesetze noch wohlfeil er- kauft schien? ‚ Dreist und ohne Bedenken darf man sich auf die Stimme der Geschichte berufen, und auf das Gefühl eines jeden, der die Thaten und Werke der Griechen nicht im Einzelnen, sondern im Ganzen und nach ihrem Geiste aufgefafst hat, dafs aus ihnen ein Anhauch schöner Sittlichkeit wehe, wie bey keinem andern Volke, und dafs. der magi- sche Glanz, der es seit so vielen Jahrhunderten umzicht, und sich durch 6 durch den Fortgang der Zeiten nicht vermindert sondern vermehrt, nichts anders sey, als der Abglanz einer veredelten und gereinigten Natur. Was man von den Königen der Inder behauptete, dafs sie um vieles grölser und vortreflicher wären, als ihre Unterthanen b), das kann auch von den Hellenen in Rücksicht auf andere Völker gesagt werden. Und wie, nach dem Glauben des Alterthums, die Götter aus der Masse der Menschen nur wenige auswählen, und ihres Unterrich- tes würdigen, und nur das Leben derer schmücken, die sie wahrhaft glücklich und göttlich machen wollen 9, so scheinen sie auch aus der Masse der Völker die Griechen erwählt zu haben, um sie, als ihre Be- günstigte, zu der Menschheit Muster zu machen. Denn auch noch jetzt, nach so vielen Umwandlungen der Zeiten und Völker, kann das Griechische Alterthum als ein Prototypus der Sittlichkeit betrachtet werden. Was möchte das jetzige Zeitalter trösten, wenn die Fäden, . die uns an das Alterthum knüpfen, zerschnitten, und das Andenken - an dasselbe in die Fluthen der Vergessenheit versenkt wäre? Wo möchten wir uns hinretten, um das Bild einer erhebenden Sittlichkeit in menschlichen und bürgerlichen Verhältnilsen grofs und rein zu finden, wenn dieser Olymp für uns ausgestorben, wenn diese Heroen der Menschheit für uns verschwunden wären, die nicht mühsame Er- zeugnilse des Begriffs, sondern einer schönen, kräftigen, gleichförmig entwickelten Natur waren? Wenn diese wunderbare Welt für uns ein- ftürzte, in der auch das Gröfste dennoch vollkommen natürlich und glaubhaft erscheint, weil alles darinne so hoch steht, und auch das Wunderbarste mit der Wirklichkeit zusammenfliefst 9? Wo nicht blofs der Einzelne, wie in dem dürftigen Leben der modernen Zeit, sondern ganze Völker zugleich, das Gemüth durch harmonisches Han- deln und freye und edle Thaten entzücken? . Wo die Sittlichkeit als Natur, : b) Sceylax in der Politik des Arifioteles VIE ı4. <) Plutarch. de Genio Socrat. T. U. S. 593. A.D. d) Wer die Gefchichte des Alterthums aus ihren Quellen kennen gelernt hat, nicht aus dürfligen Compendien, die auch das Größte klein zu machen, und das Höchlte herabzuwürdigen verfehen, oder aus geifilofen Weltgefchichten, deren Verfaller das 7 Natur, und die Natur als sittlich erscheint? Während in der Verwor- renheit des geg&nwärtigen Lebens fast immer nur einzelne Eigen- schaften des Menschen zur Bewunderung auffordern, und selten der Mensch; nur Tugenden uns erfreuen, aber selten die Tugend. Wenn nun hier gefragt wird, ‚was denn die neuen Völker , bey so vielfältigen Vortheilen, die ihnen der Fortgang der Zeit und der Erkenntniß, und die ungleich reichlichere Gelegenheit zum Lernen alles dessen, was gut und recht, schön und grofs, edel und vortreflich ist, endlich auch die Berichtigung so vieler auf die Sittlichkeit ein- flielsenden Vorstellungen von Gott und göttlichen Dingen, welche wir dem. Christenthume verdanken, unleugbar verschafft, dennoch, was die Ausübung betrifft, in einen so grofsen Nachtheil gegen. das Alter- thum setzt, so mag die Beantwortung dieser verwickelten Frage auf eine andere Zeit ausgesetzt bleiben; hier aber vielmehr erwogen wer- den, aus welchen Quellen eine Ueberlegenheit der Griechen, so wie in andern Dingen, so auch in der Sittlichkeit geflossen sey? Denn un- leugbar das volle Knäuel menfchlicher Gefchichten gähnend und feufzend abwickeln, dem wird, wenn er in die Gefchichte der neuen Welt übertritt, das Gefühl an- wandeln, als falle er im Traume aus dem Sternenhimmel auf den harten Boden, aus einer Titanen - und Götterwelt zu dem Pygmäengefchlechte an Okäa- nos ftrömenden Fluthen. Was auch in beyden Welten am ähnlichlten fcheint, wie verfchieden if es! Man felle nur den Alkibiades, wie er wirk- lich war, und wie ihn Thukydides, Plato und Plutarch darfellen, nicht wie ihn die Verfchrobenheit neuerer Romanenfchreiber entehrt hat, neben einen Lovelace, oder neben. welchen andern kräftigen Romanenhelden man will, und fehe, wie tief die Wagfchale des Alterthums üinkt. Ich erinnere mich hier eines franzöffchen Mahlers aus der erfien Hälfte des vorigen Jahrhunderts , wel- cher in einer Kunffchule zu, Paris gebildet, fich nie um die Alten und die An- tike bekümmert hatte. Zufällig kömmt ihm Dacier's Homer im die Hand. Er liest und liest ohne abzufetzen. Dann- kömmt er zu einer Freundin, und fagt: O meine Freundin, was if mir begegnet? Ich habe den Schlaf verloren. Der Homer läfst mir keine Ruhe. Da find Menfchen, denen wir Mipdene nicht bis an die Gürtel reichen! u , leugbar ist es ja doch, dafs der Unterricht zur Tugend, in so fern er in Worten besteht, bey den'.Griechen höchst mangelhaft war; und dafs ‘die mythische Religion dieses Volkes ©), weit entfernt den Begriff ” ar) der Sittlichkeit zu unterstützen, ihn vielmehr trübte und verwirrte. Diesen e) Dafs das Leben der Götter, fo wie: die alte Fabel es vorstellt, wüst und frech war, weils Jedermann, der auch 'sonft nichts von dem Alterthume weils, und nicht:nur die Väter der chriflichen Kirche‘ haben diefe, fchwache Seite des Hei- denthums häufig angegriffen, fondern auch Heiden felbfi, die das mürbe Idol der Volksreligion umftürzen wollten. Denn da war keine Unart, die nicht im - Olymp ein Mufter und Beyfpiel, gefunden hätte, und jeder, dem zu fündigen ge- küfete, konnte mit Chärea fagen, wenn jener [o that, qui templa coeli summa foritu concutit, Ego homuncio hoc non fererim? Terent. Eunuch.'IIL 5. 48. was denn auch-die Söphikik maäcker Alten zu lehren nicht unterließ, wie z.B. jener Bergen ruchlofer Lehrer in Ariftophanmes Wolken V. 1078. xes zn lei ig Yıra, vorile kender ieggen PER R2Z yag ör wuxns dus, mad" aursgsis weg 227 PR ws aus» üdiannzs Yen! ds vor Al’ emavsusynsin, 7 maneivos "ws Array Yenroc ferı za yvızırav. Fromme Heiden, welche die Volks- und Dichter - Religion von diefer ‚Anklage retten wollten, befanden ich dabey in keinem geringen 'Gedränge‘; und einige Alohen der Allegorie zu, die, dem homerifchen Proteus ähnlich, AlHes aus Al- lem machte, und das Schlimmfie auszudeuten und zu heiligen verftand; andere Aelen in den Garten. der Diehtlunft ein; -und-rotteten,aus, was ihnen Unkraut und-Gift fehien.., ‚Daher fagt. der framme und redliche Plutarc h T.1. S.1ı6.D. „Wena in Gedichten etwas Ungereimtes und Schlechtes von.den Göttern, oder den Dämonen, oder der Tugend gefagt wird, [o reilst das den, ‚der dies für Wahrheit nimmt, mit fort, und [eine Einficht wird verwirrt; aber wer immer die Täufchungen der Poelie lebendig vor Augen hat, und jedesmal zu ihr sagen kann: © täufchend Trugbild, 'ränkevoller als die Sphinz, warum runzellt du die Stirn, wen ‚du [cherzet? Warum giebk du dir’ das Anfehen einer Lelrerin, wenn du täufchen wiNt? — der wird weder Nachtheil davon haben, hoch etwas Yhörichtes glauben.” 4 Und weiterhin, nachdem er einiges Irrige von göttlichen Dingen" aus Dichtern'angeführt , Sagt er! „Gegen Tolche Dinge müffen wir uns gleich im Anfange dadurch rüfen, dafs wir.immer gedenken, die Diebtkunft küm- here ich nicht viel um Wahrheit; was,aber in, diefen Dingen wahr fey, werde ‚such, [elbft ;von denen nur-mit, Mühe ‚gefunden',, welche die, Erforfchung und Erkenntnis delelben zu ihrem eigenen Gelchäfte gemacht kaben” m L. w. ‚ 0) Diefen Knoten zu zerschneiden fällt nicht schwer, wenn man auf die Natur ‚gleichsam als auf eine launische Glücksgöttin,, und auf den leichtern, heitern Himmel von Griechenland hinweist. Zwar mußs aller- dings, wo die Sittlichkeit zu einem Gemeingute ganzer Völker aufblühen soll, die Natur ihre Gaben nicht mit stiefmütterlicher Kargheit geboten haben; in dem Saamenkiorn selbst muls gesunde Fülle und Kraft liegen, wenn die Blüthe sich voll und kräftig entwickeln soll; aber diese Gaben der Natur sind weder sittlich, noch das Gegentheil; dafs sie das eine oder das andere werden, ist. der Freyheit Werk. Herrlich hatte die Na- tur allerdings den Griechen begabt. In seinern ganzen Wesen herrschte eine Elasticität und Reizbarkeit, die fast allen Glauben übersteigt; eine Empfänglichkeit, welcher schöne T’reude am Leben und heiterer Froh- sinn entblühte; ein unbefangener Kindersinn voll Vertrauens und Glau- bens. Diese Eigenthümlichkeiten lagen so tief in der Hellenen inner- ster Natur, dafs keine Zeit und kein Wandel äufserer Umstände sie je ‚ganz vernichten Konnte; ja, man darf behaupien, dafs sie auch jetzt noch in den Bewohnern des alten Griechenlandes nicht gänzlich erloschen sind f}. Ihren schönsten und gröfsten Thaten, $o wie ihren schlimm- sten Vergehungen ist dieses hellenische Insiegel aufgeprägt;. und mit Unrecht zürnen die Geschichtschreiber über eine Brennbarkeit, aus . welcher eben sowohl verderbliche als wohlthätige Flammen aufloderten ; und über den #indersinn , der mit fröhlicher Unbesonnerheit in die Gefahr sich stürzt, rasch ergreift, schnell verwirft, leicht sündigt, noch leichter bereuet, mit selbstschadender Heftjgkeit zürnt,, und mit gleicher Heftigkeit liebt, das Spiel mit Ernst und das ernste Geschäft oft spie- : lend treibt. Vergebens zürnen sie ihm. Aus derselben Wurzel erwuchs ö nit $) Riedesel in seiner Reise nach der Levante sagt, rlechöntind gleiche einem Greise, der in seiner Jugend ein Held war, im Alter aber kindisch geworden , und von den Launen seiner Magd regiert wggde. Heroismus, Vaterlandsliebe und Seelenstärke sey erloschen, aber wohl finde man noch auf den Inseln, zu Athen und überhaupt fern vom Thron tind der Hauptstadt, lebendigen Geist, Scharfsinn,, zartes Gefühl, einen sichern Takt, einen gereinigten Geschmack und ı Krbanität. Aber es fehle ihnen an Thätigkeit, um ihre Talente zu entwickebu 2 10 mit dem Übel das Gut. Dieselbe Fruchtbarkeit des Bodens, welche den Schoos der Erde mit nährenden und duftenden Gewächsen bedeckt, er- zeugt auch das schädliche Unkraut in üppiger Fülle. Je gewaltiger aber die Kräfte der Natur bey diesem Volke wa- ren, desto wichtiger wird die Frage, wie denn die Verderblichkeit der rulkanischen Gewalt gehemmt, und wie die Flammen der blitzschwan- geren Wolken wohlthätig gemacht worden ? Was hat der wilden Kraft die erhabene Mäfsigung, der vollen Lebenslust die kalte Verachtung des Todes , dem blinden Naturtriebe die fromme , heilige Scheu so siegreich gegenüber gestellt? Voraus ist die Selbitbeherrschung her- vorgegangen, die hier eben im Gegensatz mit überfchwenglicher Kraft so herrlich strahlt? Diese Ehrfurcht gegen Gesetze, ‚ welche keine Strafe sanctionirt? Diese Bescheidenheit im Genuls bey so reicher Fülle und so mächtigen Antrieben? Diese Erhebung zum Idealischen bey so vielen Reizen der Wirklichkeit? Und wenn diels ohne Läste- rung nicht auch der blinden Natur beygelegt werden darf, was hat gerade bey diesem Volke die sittliche Freyheit so herrlich beflügelt, und ihr, ohne Verletzung der zartesten Ansprüche des Gefühls, einen so wunderbaren und Eure Sieg gewonnen? Wenn die Sittlichkeit der gesunde Zustand des innern Men- schen ist; Gesundheit aber in einer harmonischen Zusammenstimmung aller Kräfte besteht, so dafs also auch das Unfreye in dem Menschen, seine Triebe und Neigungen, dem freyen Prinzip in ihm, nicht etwa sclavisch gehorcht,, sondern von ihm durchdrungen , selbst den Cha- racter freyer Gesetzmälsigkeit annimmt so ist offenbar, dafs dieser harmonische Einklang nicht erzwungen, sondern gewonnen werden müfse. Sittlichkeit ist innere Schönheit; Schönheit aber ist, wie die Gunst, frey. Das Gesetz bildet den Knecht; der sittlicheMensch aber, das vollkommenste Kunstwerk seiner innern schaffenden Natur, setzt Freyheit voraus. Allerdings zwar schwebt über dem chaotischen Stoffe der mannichfaltigen Kräfte, Triebe und Neigungen, die das Gemüth des Wenschen erfüllen, der gebieterische Wille, einer Nemesis gleich, \ oder ı1 oder wie Gottes Geist, um den wilden Aufruhr der rohen Natur zu bän- digen, und, im Streit, der Majestät des Gesetzes einen unbedingten Ge- "horsam zu schaffen. Allerdings foll diese Macht den Aufstand der un- freyen Natur hemmen, oder sie in die verlassenen Schranken zurück- schrecken; aber wenn er es auch ift, der das aufgehobene Gleich- gewicht zurückführt, so ist er doch darum nicht der Schöpfer dessel- ben. So wie, der Meinung des Alterthums gemäfs, die -Verwirrung der gährenden Elemente‘ und ihre wilde Zwietracht , nicht durch ein gebieterisches Wort der Macht, sondern durch die.Kraft der Liebe oder des Eros gelöst und geordnet ward; so sind es auch in dem menschlichen Gemüthe die sanften Zügel der Schönheit, der Charitin- "nen und der Musen, welche die streitenden Kräfte lenken und vereini- gen; es ist der Anhauch der Liebe, der den verschlossenen und festen Keim des innern Ienschen zur Blüthe entfaltet und das Wunder eine Zusammenklanges wirkt, bey welchem alles Zufällige sich mit dem Princip der Nothwendigkeit durchdringt, das Nothwendige aber sich zur Gestalt der Freyheit vergöitert. Hieraus erhellt aber, dafs, wenn der Nensch zur Sittlichkeit gebildet werden soll, man vor allen Dingen suchen müfse, einen sol- chen Mittler zu gewinnen, der in seinem Innern die strenge Gottheit “ des gebieterischen Gesetzes mit der Schwackheit der sinnlichen Natur aussöhne; diese erhebe, reinige, veredle; jene durch Liebe mildere und besänftige. Jener Mittler aber ist kein anderer, als die Idee der Schönheit und Erhabenheit, als worinne sich die höhere und göttliche Natur dem Gemüth offenbaret ©). Nur um diese Sonne unsers innern "Himmels sammeln sich die Elemente unserer geistigen Welt zum gesetz- mäfsigen und freyen Tanze; von ihrer Wärme und ihrem Lichte durch- t Ü drungen, ‚ 5) Die Tugend kömmt von Gott, wie Plato sagt (Menex. Tom. II. p. 99.), und alles, worinn die göttliche Natur sich spiegelt, und kund thut, führt zu ihr hin. Dieses - aber geschieht am meifien in der vollendeten Schönheit. Durch sie wird die Idee der Gottheit in dem Gemüthe lebendig; und sie begeistert den Menschen, die höchste und vollkommenste Harmonie in sich selbst darzustelien. a2 12 drungen, regt und rerlJärt sich jeder "Trieb, und tritt, wenn es der That gilt, ‘wie der Sohn des Tydeus b, mit einem hintinhderä Glanze übergossen , Bewunder ung und nacheiferndeh Enthusiasmus entzün« - dend,. hervor, Belebend also mufs die sitllich- bildende Erziehung seyn, be- geisternd für die Ideen’des Schönen und Grofsen. Damit die wilde Kraft der Natur, damit der unbändige Trieb, der zügellose Wille, die “elbstsüchtige Eigenmacht sich beschränke, und frey in die Ordnung der ganzen innern Ökonomie des Geistes füge, mufs ihm die Idee ent- gegen treten, mächtiger als alles Irdische; denn sie ist göttlicher Ab- kunft, aber dem Gemüthe und der Neigung verwandt, sintemal sie mit dem Äther einer sinnlichen Gestalt umschleyert erscheint. Hier soll keine der unschätzbaren Kräfte der Natur verlohren gehen; aber ‚sie sollen zu kräftigerer Wirkung zusammengedrängt werden; sie sollen gereinigt werden, damit alles zusammenstimme mit dem göttlichen Theile unsers Wesens, und der innere Mensch sich zu einer Welt gc- stalte, in welcher die mannigfaltigsten Elemente, von dem Hauch und Licht des Göttlichen durchdrungen, zu ihm, als dem gemeinsamen Hit- telpunkt, frey sich neigen, und ein Ganzes der reinsten, heiligsten und entzückendsten Harmonie bilden ». Diese Wirkung nun wird schlechterdings verfehlt, diese innere, 5 5 2 sittliche Musik wird nie heryorgebracht, durch Begriff und Lehre, wenn auch h) Jetzo schmückt' Athene des Tydeus Sohn Diomedes Hoch mit Kraft und Entschlufs, damit vorfiralend aus allem Danaörvolk’ er erschien’, und herrlichen Ruhm sieh gewönne. Ihm auf dem Helm und dem Schild entflammte sie mächtig umlıet Glut: Aehnlich dem Glanzgestirne der Herbstnacht, welches am meisten’ Klar den Himmel durchstralt, in Okeanos Fluthen gebadet: Solche Gluth biefs jenem sie Haupt umflammen und Schultern. Dias V. 1-7, nach Voß. i) Diese Art der Erziehung kann’ nur bildend genannt werden; jede andere ist höchstens unterrichtend. Die Alten unterschieden beydes wohl. „Weilst du Bssgin kriien Isle ie re & ‚3 auch die vollständigste und gründlichste, sondern-durch solche Mittel, welche den Wenschen in seiner ganzen Natur ergreifen, anregen, in sich selbst zurückführen, und von sich selbst trennen, die ihn über sich er- heben, und in seine eigenen Tiefen treiben,. den engen Zauberkreis der Selbstsucht zerstören, und ibm die Gottheit in der verklärten Wenschheit zeigen. Sittlich erziehen heifst, eine freye, gleichförmige, und harmonische Entwicklung aller Kräfte des Gemüthes befördern N; “ unsittlich ist, was diese Harmonie stört. Eine jede Erziehung ist da- her tadelnswerth, in welche sich der leitende Verstand immer und im- mer eindrängt, und immer schaffen will, wo er nur wegschaffen sollte. Der Erzieher soll die Natur berathen, nicht bestimmen. Keine Erzie- hung ist liberal, die nicht den Geist frey zu machen sucht; illiberal aber und sündlich ist sie, wenn sie ihn tödtet, statt ihn zu beleben. Die Natur , welche keine Blüthe der andern gleich macht, vermehrt ihr Streben nach Mannichfaltigkeit, je höher sie aufsteigt; die höchste q Wan- du nicht,” Läßst Dio Chrysostomus (Orat. VI. S. 151.) den Diogenes z zum Alexander sagen, „‚dals es eine doppelte Erziehung giebt, eine dämonische und eine menschliche? Die dämonische ist groß, kräftig, urd sicher; die menschliche, klein, schwach, mannichfaltiger Gefahr und Täuschung ausge- setzt. — — — Und die Menge nennt auch diefs Bildung . . . und sie glaubt, wer die meisten Schriften kenne . , . und die meisten Bücher gelesen habe, sey der Weiseste und Gebildetste. Und doch, wenn sie auf Menschen dieser Klasse stoßen, die nichtswürdig, feig, geldgierig sind,’ erkemnen sie, dafs sol- che Bildung, wie der Mensch selbst, wenigen Werth habe” u. s. w. %) Als die Vernunftkritik, um das Gebiet des Erkennbaren zu bestimmen, die Kräfte des menschlichen Geistes mit großser Schärfe zerlogt und gefondert hatte, fin- gen viele ihrer Freunde und Jünger an, den menschlichen Geist als ein Aggre- gat einzelner Kräfte zu betrachten, die in dem Menschen eben so geschieden lä- gen, wie in dem Compendium,. die man alfo einzeln bilden, üben und vervoll- kommnen müsse, Und indem sie sich in Vorschlägen erfchöpften, die rechte Stufenleiter und Methode für jede zu finden, erstaunten sie oft, durch ihre Weisheit geblendet, dafs man bis dahin überhaupt nur von einer Sittenlehre,, und noch mehr, wie man von einer Erziehung zur Sittlichkeit habe sprechen können. Ja, es fehlte wenig, so hätte man die Möglichkeit und das Daseyn hitt- lich gebildeter Menschen vor den Entdeckungen der neuen Schule durchaus in Zweifel gesiellt. 14 > : Ku, Mannichfaltigkeit aber erreicht sie in der sittlichen Welt. Und es sollte nicht eine Sünde gegen die Natur seyn, diesem Streben entgegen zu arbeiten? es auf eine ertödende Einförmigkeit anzulegen? den krie- chenden Strauch und die empordringende Ceder unter Einem Maalse zu halten? Von dieser Sünde hat sich wohl kein Volk, das überhaupt an Erziehung glaubte, reiner erhalten, als die Griechen. “Reichlich mit allen Kräften zum Guten und Bösen begabt, dachten sie früh darauf die Heftigkeit der, Natur zu zügeln, und das Princip der Mälsigung, des Nicht-Zuviel. ward bald von ihnen als der Mittelpunkt der Sitt- k lichkeit anerkannt. Zu diesem zu gelangen, war das Bestreben ihrer Erziehung; wobey sie aber nie vergalsen, dafs man die überschweng- liche Fülle, ohne sie auszutrocknen, beschränken, und das Übermaals der Kraft, ohne sie zu lähmen, bändigen könne )). Abos “)) Wer sich ein wenig mit den Sitten der Hellenischen Nation bekannt gemacht hat, wird sich einer Menge von Einrichtungen und Sitten erinnern, die dahin abziel- ten, ie Gewalt des Stromes durch feste und sichere Ufer zu beschränken, und eben dadurch zu stärken. Diese Mittel waren meist sittlicher Art, fromme Scheu vor dem Alter, der gesetzlichen Autorität, dem Ansehen des Lehrers, der El- tern und der Obrigkeit. An den schönsten und edelsten Jünglingen wird ihre jungfräuliche Blödigkeit gerühmt; ‚wie sie mit gesenkten Blicken einhergingen, ihre Arme in den Mantel gewickelt, wortarm in Gegenwart älterer Männer ; errö- thend, wenn zu ihnen gefprochen ward. Und aus dieser blöden Jugend erwuch- sen die Männer, welche den Staat im Krieg und Frieden lenkten; die dem ein- heimischen Tyrannen und dem: auswärtigen Feinde kühn in die Augen sahen, und mit begeisternden Worten und Liedern die Menschheit entzückten. Denn jene Mittel drängten die Kraft in sich selbst zurück, und liefsen die Entwieklung des ‚Geistes frey, Unsere Erziehung thut meist-das Gegentheil, indem sie die waft nur immer in die Erscheinung zu rufen strebt, und ilire Entwicklung will- kübrlich regelt, Die Alten glaubten, Sokrates sey darum des dämonischen R Umgangs so vorzüglich gewürdiget worden, weil ihm von Jugend auf verstattet gewesen, frey wach dem Besten zu streben, und die ihm beywolnende Kraft zu entwickeln. (Platarch. T.U, 8.589. E.F.) Dieses kann auf alle grofse Men- schen angewendet werden. - Unsere gängelnde und, bey aller-Milde der Formen, Jlespotische Erziehung behandelt den Menschen , als ob seine Vollendung die einer u re tee : 15 Aber es soll hier nicht allein von der Erziehung gesprochen werden, welche die Alten der Jugend gaben, sondern wie sie über- haupt zu der eben so zarten als kräftigen Sittlichkeit gebildet wurden , die wir an ihnen bewundern, Denn die Jugendbildimg entsprang selbst aus der Quelle jener Sittlichkeit, und war eben sowehl eine Wirkung als ein Erhaltungsmittel derselben. Damit sich aber doch der Stoff in eine leichtere Ordnung füge, soll zuerst von den Eigenthümlichkeiten der hellenischen Jugenderziehung gesprochen werhen, und dann von den Quellen, aus denen die Erwachsenen ihre sittliche Bildung schöpften. Beschrieben ist diese Erziehung von vielen, auf die zu verwei- sen genug ist; hier wollen wir versuchen, ihren Geist nach den ange- deuteten Grundsätzen aufzufpühren. Es wird aber nicht unnütz seyn zu bemerken, dafs, ob hier gleich von hellenischer Bildung im Allge- meinen gesprochen werden soll, wir doch dabey vornehmlich unsere Blicke gen Attica richten, nicht allein weil wir dieses Land am voll- ständigsten kennen, sondern auch, weil das, was wir suchen, hier in seiner grölsten Vollendung erscheint ®), Kof einer Maschine sey, die sich bequem und zweckmäfsig handhaben läfst; die Alten wollten ihn zu einem Kunstwerke gebildet haben, das sich selbst schafft, Darum erheben sich unter uns nur Wenige zu der edeln Kunst, in dem Schauspiele dieses Lebens ir Werk mit freyer Gesetzmäßigkeit zu voll- bringen; obschon nur der ein Mensch zu heißsen verdient, der die ihm aufge gebene Rolle als ein Freyer spielt, und das Leben zu schaffen scheint, das er aus den Händen des Himmels empfängt. en) Doch meyne man nicht, dafs, weil in Attica die Kunst des Lebens zur höch- sten Virtuosität gebildet war, die andern Provinzen von Hellas der Kultur, ent- behrt hätten. Wenn es den Atheniensern erlaubt war, in dem Gefühle ihrer unbestrittenen Ueberlegenheit auf andere Staaten herabzusehen, so: haben wir darum kein Recht, uns eigenmächtig neben Athenienser zu setzen, und etwa auf Böotier hochmüthig herabzublicken. Die meisten von uns wären auch neben Böotiern nur Barbaren gewesen. Hier erhob der Helikon seine beschatteten Gipfel; und die Musen begegneten hier in den Haynen Aonien's dem Ascräischen Sänger, um ihn zu ihrem Priester zuweilen, „Von hier ar- schallten 16 Auf zwey Dinge war, bey mancher Verschiedenheit im Einzel- nen; die Erziehung der Hellenen im Ganzen gerichtet, auf Gymnastik und Musik ®.. Alles, was zur Bildung des Körpers gehörte, war unter der erstern begriffen; unter der zweyten, was den Geist zu bilden diente. Eine einseitige Erziehung wurde als unfrey verworfen; und selbst die Spartanische Zucht, so sehr sich zur ;Einseitigkeit neigend, verabsäumte doch die musikalische Bildung nicht. ‚So ward der Knabe - \ 4 von ‚schallten die Hymnen des Pindaros, um welche selbst Athen Böotien benei- dete, und die allein higreichen möchten, unser Urtheil über das Vaterland des direäischen Schwans bescheidner zu machen. Und wie viel setzt nicht die Bil- ’ dung “eines Mannes wie Epaminondas voraus, des weisesten Staatsführers, des beredtesten Reduers und-des erfahrensten Feldherru? und seines Freundes Pelopidas? und so vieler anderen Treflichen, die um diese beyden standen ?, (M. f. Pelopidas Leben im Plutarch.) Damit ‚aber noch deutlicher erhelle, dafs schöne Sıttlichkeit auch in Böotien einbeimisch war, will ich an die heilige Schaar erinnern, die aus 30c der edelsten Jünglinge, durch innige Freund- schaft verbunden, bestand, welche, dem Ausdrucke Plutarchs zufolge (vita Pelopid, #7.) in den siegreichen Schlachten der Thebäer gegen Lakedämons Uebermuth, „Hellas belehrte, dafs nielit der Eurotas allein tapfere Krieger her- "vorbringe, sondern dafs alle diejenigen ihren Feinden furchtbar sind, bey de- nen die Jugend gewohnt worden, sich des Schändlichen zu schämen, nach dem Rühmlichen mit Eifer zu trachten, und’ den Tadel'mehr au scheuen als die Ge- fahr”. Diese Schaar blieb unbesiegt bis zu dem Tage, wo die Freyheit von Hellas in der Schlacht hey Chäronea erstarb. Als Philippos das Schlachtfeld besuchte, wo die Dreyhundert in einem hohlen Wege lagen, von den Lanzen der Makeilonier durehbohrt, einer über dem andern, soll er ven Bewunderung ergriffen, und wicht ohne Thränen ausgerufen haben: Wehe dem, der von diesen Treflichen argwolnt; dafs sie etwas Schändliches gethan, oder geduldet haben! „> S. Platon. Criton, p. 50. D. Aleibiad. Ip. 106. E. Protagor. p. 312. A, ı3. de Rep. HI p. 403. C. D, Viel Trefliches’über die Verbindung der Gymnastik und Musik, 8. insbesondere de Rep. IR 'S!410. fl!, wo es unter andern, äls letztes Resultat der Untersuchung heifst: „„Wer also am schönsten 'mit der Musik die Gymnastik mischt , und am weisesten der Seele zuführt, den möchten wir wohl mit dem meisten Rechte den Musikalisehften und Harmonischfien nennen, weit. . mehr als den, welcher dieSehnen eines Eustraments in Uebereinstimmung bringt.” Verzl,. Goes Erziehuagswissenschaft nach den Grunds. der Er. u.R. 2.8. 72. fl. %»7 xen Kindheit'an,/und.so bald er der mütterlichen Sorge entwachsen r. war, au Leib und Geist bearbeitet, und ‚nach Einem Ziele gelenkt. Wie dieses geschehen, und wie auch die Gymnastik eine sittliche Rich- E tung. belkommen, verdient ein kurzes Verweilen. ; Vor allen Dingen muls man sich hüten, Gymnastik zu verwech- seln mit Athletik. Nur jene wurde für ein Bildungsmittel eines freyen “ Jünglings gehalten; die Athletik hingegen für ein Geschäft, das, einem 5 Haudwerke gleich, oft den Körper verbilde und das Gemüth wild. ma- F che. 0%) Während diese ein körperliches Geschäft bis zur höchsten Vollkommenheit, oft bis zum Wunderbaren, zu bringen suchte, wollte die Gymnastik jeden Theil des Leibes und das Ganze gleichförmig aus- bilden, seine Gesundheit fördern, ihn für jeden Gebrauch gewandt und füchtig, zugleich aber auch durch einen freyen , schönen und - edeln Anstand zu einem würdigen Symbol eines freyen und edeln Gei- . { + sies e ” © 0) Die Wirkung der einseitigen Athletil- berührt Plato mit wenigen Worten de Rep. II. p. 411. C.D, dafs sie die Wifsbegierde ersticke, den innern Sinn ertöde, taub und blind mache, und die Empfindungen weder nähre noch rei- nige, woraus denn Misologie (der Philologie entgegeugeletzt) und Amu- { sie hervorgehe. Andere haben sich ausführlicher gegen sie erklärt, Mit der aan größsten Heftigkeit Galenus-in Protrept. e. 9— 14. T.II. p. 9. fgg. ed. Chart. , : zu dessen Zeiten denn auch allerdings die alte Würde der Kampfspiele gänz- F , lich vernichtet war, Was aber dieser philosophische Arzt gegen die Athletik erinnert, — sich auf das Urtheil ‚des Euripides ftützend, der in seiner Jugend , selbst für diese Kunst erzegen, sie in seinen Tragödien häufig angriff — wen- det de Pauw (Recherches sur les Grecs T. I. 'S. 147. fyq.) fälschlich auf die Gymnastik an, die er die verderblichste aller Künste nennt. So urtheilte Aristoteles nicht, der doch die Athletik ebenfalls angreift. Polit. VIIL 4. Y A Auch ist es nicht erwiesen, was jener Gelehrte — der in seinem mislungenen 5 Werke meist auch das Wahre durch Uebertreibung verunstaltet — auf die-Aucto- : . rät des Isokrates behauptet, dafs nur Menschen aus dem schlechtesten Pö- bel und aus den unberülmtesten Winkeln Griechenlands diese Kunst (un si in- Br fäme metier, sagt P.) erlernt und getrieben hätten. Isokrates behauptet die- > „es nur von einigen der Athleten, 3 \ 18 stes machen. pP) Eis ist eine ganz irrige und falsch - beschränkte Vor- stellung, wenn man den Gebrauch dieser Übungen auf den Krieg be- zieht; dessen Mühseligkeiten zu ertragen sie freylich auch gewöhnte, aber nicht mehr als sie lehrte, sich in die Mufse des Friedens zu schi- cken. ® Denn das, was sie unabhängig von jedem Gebrauche beab- sichtigte, war, dem Geiste durch das Bewustseyn einer freyen und unbeschränkten Macht über den Leib, und der volliiommensten Ein- tracht des gebietenden und gehorchenden Theils, eine größsere und ihm angemelsene Ruhe zu verleihen, und in der äuisern Erscheinung die innere Harmonie darzustellen. Der Mangel derselben ward als das untrügliche Kennzeichen eines Barbaren und Unfreyen angesehen; entweder durch die Erscheinung einer ungemäfsigten und rohen HKör- perkraft ; oder durch schwächliche. Untüchtigkeit des Leibes, und dessen ängstlichen und unbehülilichen Ungehorsam. \ Indem nun ferner die aufblühende Jugend unter den Augen ihrer Pädagogen »), und der vom Staate selbst bestellten und beobachteten Übungsmeister ein mühsames, aber dabey erfreuliches Spiel, nach der streng- p) Die Nothwendigkeit bey der Uebung der einzelnen Theile auch auf das Ganze zu achten, haben unsere bessern Exereitienmeister nicht übersehen, Ein Tanzmei- ster, welcher nur an die Füße seiner Schüler denkt, verdient diesen Nahmen nicht. Wenn wir aber überhaupt unsre gymnastischen Uebungen — die sich doch wohl gröfßstentheils auf Tanzen, Fechten und Reiten beschränken — denn E was hier und da mehr gefchieht, kömmt noch nicht in Betracht — mit der Gym- nastik der Alten vergleichen, so bekommen wir auch hier einen Maalsstab, der, wenn er an das Alterthum gelegt wird, die moderne Zeit demüthigt. Jene füh- ren zu einem galanten und zierlichen Anstand; diese zur Kraft und Würde. Ihr Verhältnifs ist wie das der Helden des Operntheaters und der Heroen eines hellenischen Feldlagers. ‚® Lucian. de Gymn. $. 30. T. VII, $. 191. ed. Bip., in welcher Schrift über die poli- s tischen Wirkungen und Absichten der Gymnasien viel Trefliches gesagt wird. 1) r) Ueber die Wichtigkeit der Pädagogen in der Erziehung der Alten S. die Be- merkungen des geistreichen Arnd über Menschenbildung. I. Th. 5. 209, ) r 19 strengsten Methode und den bestimmtesten Regeln trieb, ward sie nicht nur gewöhnt, ‚sich mit Lust dem Gesetze zu fügen, sondern lernte, was noch herrlicher war, sich zu gewöhnen, bey äufserer Auflorde- zung zur Schaanlosigkeit, die heilige Scheu, die Quelle aller Sittlich- “keit, festgeschlossen, rein und unverletzt im Innern zu bewahren. Mit Unrecht hat also die ängstliche Ascetik der spätern Welt die Nackt- * heit der Hellenen in ihren Gymnasien gerügt, und da eine Quelle des schlimmsten Sittenverderbnisses -gefunden , ‘wo ursprünglich nur Un- "schuld und Sitte wohnte. 9 Nicht alles ist unsittlich zu nennen, was gegen unsre Sittsamkeit anstölst, die oft nur eine Hülle tiefer Verdor- benheit ist. Denn der Unschuld gerad entgegengesetzt ist jene falsche Schaam, aus.welcher die geheime Lüsternheit quillt, dieser verderb- liche und verschlossene Brand, der so viele Jugendblüthen zerstört, und oft ein ganzes Menschenleben zu grofsen und edeln Anstrengungen untüchtig gemacht hat. Wer aber war züchtiger als die hellenische Jugend in des Lebens gewöhnlichem Verkehr? Wo wurde die Un- schuld sorglicher bewahrt und die heilige Schaam weiser gepflegt? ! > Ohne \ s) Die 'Spartaner , obgleich das sittsamste Volk, scheuten sich dennoch nicht, bey den Leibesübungen zuerst sogar den Gürtel abzulegen, der vormals die Hüften der Athleten umhüllte. Thukyd. 1.6. Als Alexander nach Persien zog, voll grolser Hoffnungen, brachte er auf der Kiste von Troas den Göttern nud.He- roen des Landes Opfer , und von frommer Begeisterung hingerissen, feyerte er nackt einen Wettlauf um Achilleus Grab. Plutarch. Leben Alex. c. 15. t) Von der spartanischen Jugend sagt Xenophon de Rep. Laced. c. 3. $. 4. Lykur- gus. sey vor allem bemüht gewesen, il Sittsamkeit und Scheu einzuprägen. „Daher gebot er ihr auf der Strasse die Hände in dem Gewande zu halten, und still einherzugehen, und nicht umzuschauen, sondern nur vor die Fülse zu schn. Da zeigte sich denn, fährt der jungfräuliche Xenophon mit freudiger . Billigung fort, dafs das männliche Geschlecht auch in’ der Sittsamkeit kräftiger sey, als die weibliche Natur. Denn minder vernähme man: eine Stimme von Y ihnen, als von steinernen Bildern, und minder vermöchte man ihre Augen ab- zuwenden, als die Augen eherner Statuen; und sittsamer möchten sie scheinen i als Jungfrauen in ihren’ Gemächern.” Nicht weniger erust war die Zucht der atheni- 2 x 3 20 — r > n Ohne Arges trieben sie ihr erfrischendes Geschäft, von der eigen- thümlichen Würde schöner bekleidet, als von dichten Gewändern;_ und in kräftigen Anstrengungen begriffen, und von dem regen Streben nach Vorzug und Auszeichnung begeistert, waren sie in ihrer Nackt- heit hinlänglich gepanzert gegen den Gifthauch der Lust. So wirkte die Gymnastik sittlich wie die Kunst. Wie hier der irdische Stoff von der in ihm lebenden Idee durchdrungen, dem sinnlichen Auge, indem es ihn falst, zu verschwinden scheint, und nur die Idee in ihrer reinen Göttlichkeit dem Gemüthe bleibt; so sank auch hier die Lust an des Körpers flüchtigem Reiz in der begeisterten ig rühmlicher Zwecke zu Boden. Diese sittliche Wirkung der Gymnasien tönte durch das ganze Leben der Griechen fort, und weit entfernt Schulen der Schaamlosig- keit zu seyn, reinigten sie vielmehr Aug undSinn, und gewöhnten, die Schönheit nicht blofs zu unterscheiden, sondern zu ehren. Unter welchem Volke, um nur Eines anzuführen, hat die Kunst an männli- chen und weiblichen Körpern die Nacktheit mit gröfserer Keuschheit behandelt, und sich weiter von der niedrigen Lüsternheit entfernt, welche die neuere Kunst, wenn 'sie sich des Schleiers zu entledigen wagte, so häufig entwürdigt? — In diesen Schulen entzündete sich, fern von entehrendem Verdacht, die freye und zarte Freundschaft schöner Jünglinge, die. das Zeitalter der Heroenwelt ‚gleichsam fort- setzte, atheniensischen Jugend in den unverdorbenen Zeiten des Staats. Da vermie- den, wie Isokrates sagt, die Jünglinge nicht nur öffentliche Häuser , sondern scheutgn sich über den Markt zu gehn; und wenn es nicht vermieden werden konnte, thaten sie es mit grofser Sittsamkeit und Scheu. Alten Leuten zu wi- dersprechen oder sie zu schelten, hielten sie für das schändlichste. In einem Wirthshause zu essen und zu trinken, würde selbst einem Sclaven unziemlich geschienen haben. ‘Auch nach Würde strebten sie und enthielten sich aller Scur- rilität. Isokrates in Or. Areop. e.ı8. Ein lebendiges Bild der alten-Sittsam- keit und des jugendlichen Vebens, stellen die Wolken des Aristophanes auf V. 960 — 997. ein Stück, welchem durchaus das Lob der alten Zeit im Gegen- satze frevelhafler Neuerungen zum Grunde liegt. « ai gu) r . \ . - setzte, und eben sc eine Quelle als Wirkung der Tugend ward. u) Diese Art der Freundschaft, in welcher sich die zarteste Sinnlichkeit zu dem reinsten und edelsten Enthusiasmus läuterte, wurde von der Verfassung der hellenischen Welt so gebieterisch gefordert, daß sie, _ auch ohne alle Zeugnisse der Alten, dennioch als nothwendig"müfste vorausgesetzt werden. Allerdings zwar trat durch sie das weibliche Geschlecht etwas mehr in das Dunkel des Gynäceums zurück W ; aber wie konnte diefs überhaupt anders seyn in der Demokratie, die keine Weichlichkeit erträgt, sondern nur durch Männer, im grofsen Stile gebildet, blühn und gedeihen kann ? Wenn aber auch, wie in Sparta, die Weiber selbst zu diesem grolsen Stile gebildet wurden, — wodurch ihnen aber auch eingestandener Weise eine nicht gebührende Herr- ‚schaft zubereitet ward — so. blieb dennoch dem Manne, in dem Um-, triebe des öffentlichen Lebens, eine Sehnsucht nach freyer Liebe in dem Umgange mit einem schönen Freunde, den er mit den Flammen seines Enthusiasmus durchglühte, und in dessen aufblühender, durch . sein Bemühn veredelter Kraft er eine Fortsetzung und Verlängerung seiner eignen Blüthe liebte. Dafs diese, schöne und sittliche Liebe in einzelnen Wenschen verwilderte, ist eben so bekannt, als der Sache nicht nachtheilig. Weit öfter erscheint sie dagegen grofs, heilig und rein; eine Quelle der schönsten T’haten und der glorreichsten Opfer ; frey von aller Weichlichkeit; eine Mutter männlicher Stärke und vor- nemlich jener göttlichen Begeisterung, die das Gemüth mit grolsen Ge- danken befruchtet, Es ist ferner nicht unwichtig zu bemerken, dafs die Gymnasien, als eine Schule rühmlichen Weiteifers, den Ehrgeiz zu reinigen dien- ten. Den Wetteifer eben sowohl*zu beleben als zu mäfsigen, ist eine der schwersten Aufgaben der neuen Erziehungskunst; und es war die- ses Problem in der alten Welt von noch gröfserer Wichtigkeit, da den freyen u) $. Herders Ideen 3 Th. 213. $. Die Gymnasien waren die- Schulen ‚er Vater- . landsliebe, und darum den Tyrannen verhaßst. S. Athenaeus. XIM. S.602.D. v) M.f. hierüber Fr. Sc hlegel in den Griechen und Römern. $. 297: fl. 22 Zen % freyen Staaten alles daran lag, dafs nicht der schlimme und verderb-_ liche, sondern der edle und heilsame Ehrgeiz w unter den Bürgern Wurzel fasse. Nun ist aber jeder Ehrgeiz verderblich, der um etwas anders als um den Besitz und Ruhm der Vortrellichkeit streitet, oder diesen Ruhm durch Täuschung zu erbeuten sucht, Diese beyden Küip- pen drohen derjenigen Art des Wetteifers, die nur auf das Wissen ») gerichtet wird; als wobey keineswegs immer erkannt werden kann, eb der Kämpfende nach einem hohen oder niedrigen Ziele ringe, und we es geschehn mag, dals auch das ‘niedrige, durch allerley Trug ' und Nebel, in einer unverdienten Höhe erscheine. Wenn ‘daher unsere gelehrten Schulen oft einen Dunst der Eitelkeit und Prahlerey entwickeln, welcher wohl ein ganzes Leben hindurch den Sinn umdü-, „stert, so scheint dieses ein fast unrermeidliehes Uebel unserer Bildung zu seyn, welches da am höchsten steigt, wo der Erregung des Wett- eifers in noch unbefestigten Gemüthern, der meiste Vorschub gethan wird. Die Gymnasien der Alten hingegen waren eine Schule des offen- sten und aufrichtigsten Strebens; und so‘wie dieses auf etwas gerich- tet war, das an sich gut schien, freye Ausbildung der körperlichen Kraft, chne alle Rücksicht auf weitern Gebrauch oder künftigen Lohn, so war dabey auch keine Täuschung möglich, sondern der Kampf war ehrlich und der Sieg verdient. Wer nur darum lernt, um mehr als andre zu wissen, und dieses, um künftig einmal früher oder reichlicher als w) S. Hesiodos Tage und Werke V. ıı — 24. x) Es ist oft und viel gesagt worden, dafs es bey dem jugendlichen Unterrichte viel weniger auf das ankomme, was man lerne, als auf die Art, wie man es lerne. Dennoch macht man von dieser anerkannten Lehre wenig Gebrauch. Es giebt wenige Schulen, in denen nicht die Eitelkeit über die Wahrheit siegte, und-wo ınan nicht den gröfsten Werth auf die tode Maße des Wissens legte... Man möchte, dafs die Jugend alles lerne, was sich künftig zun Gebrauche anbieten könnte — in welehem Cyclus man denn äuch, wie Aritsoteles (Polit. VHL 5.) scherzend bemerkt, zur Kochkunst herabsteigen müßte — und da man die- ses nirgends erreicht, so begnügt man sich, wenigstens so viel zu lehren, als möglich, ohne sich weiter um die Früchte dieses mülsigen Lehrens zu kümmern, 23 als andre für seine Mühe belohnt zu werden, schreitet in dem Ganzen ‚seiner Bildung zurück; wer aber seine Kräfte auf die vorgeschriebene Weise stärkt, und seinen Leib gewandt und geschmeidig macht, in- dem er sich gegen andere versucht, der thut hier eben, was er in der Palästra thun soll; und jeder Sieg über einen Nebenbuhler ist ein Fort- schritt in der Art der Bildang, die hier alein gesucht wird und allein gewonnen werden kann. Die Verwandtschaft des Gegenstandes erinnert hier an die hei- ligen Kampfspiele, diese ächt hellenischen Institute, die, bey übriger Verschiedenheit, doch eben so wie die gymnastischen UVebungen, und, wegen der grolsen und begeisterten Theilnahme, die sie erregten, in einem noch höheren Grade, den Sinn für uneigennützige, ruhmvolle Anstrengungen und Opfer nährten. Um dieser Rücksicht willen waren jene Spiele heilig und verdienten es zu seyn. In ihnen glaubte man der Götter wahrhafte Gegenwart zu fühlen, die, um ihre eigne Feyer unter den Menschen zu verherrlichen, die Kämpfer des Kuhms mit ‚der unauslöschlichen Begeisterung erfüllten, die sie durch unsägliche Wühen und fast unglaubliche Anstrengungen in die Schranken führte, wo an dem Ziel ein schnell verwelkender Kranz der Lohn, oder viel- mehr nur das Symbol einer Belohnung war. Jedermann weils, wie hoch ein solcher Sieg, der doch zu nichts weiter führte, in den Augen des ganzen Volkes stand, und welchen Glanz er nicht nur über die Person des Siegers, sondern über alles verbreitete, was ihm angehör- te. An eine Rücksicht auf den Gebrauch im Kriege ist auch hier nicht zu denken, - Denn die Anwendbarkeit der Athletik auf den Krieg an- genommen, welche doch unbedeutend oder ganz nichtig war, wie sollte diese Rücksicht einen solchen Enthusiasmus entzündet haben, dafs man wähnte, die höchste Stufe irdischen Glücks sey von dem ‚Sieger erklimmt, und er habe zu sorgen, dafs er nicht schwindelnd der Wäfsigung vergesse und die Strafen der Nemesis reize? 7) Aus eıner y) Diese Warnung ist häufig in den Siegeslymnen des Pindaros.. Ihm ist der olym- pische Sieger Theron durch diesen Kranz zu den Säulen des Herakles gelangt, von 24 einer reinern Quelle also flols diese Begeisterung. Das hraftvolle, freye, uneigennützige und Gottbegüustigte Spiel war ihnen ein Sym- bol des Lebens grolser Menschen, welche ‚die lange und mühsame Bahn dorniger Pflichten durchlämpften, um an dem hochgesteckten, schwer errungenen Ziel sich des erquiekenden Anhauchs der geahn- deten Unsterblichkeit zu freuen. 2) x gu ? Um nun auch von der musicalischen Erziehung zu reden, die, wie schon gesagt, alles umfalste, was zur Eldung des Geistes erfor: T ? q derlich von wannen weiter zu gehen Sterblichen nicht vergönnt ist. Ol. IH. 77. f. Vergl. Nem. IIE 35. Ifthm. VII. 55. und Herders Ideen II. 29-8. a01. und 212. Schneider über Pindars Leben und Schriften. S. 67. Nachträge zu Sulzer I. Th, 60. ff. Bey der Würdigung dieser Kampfspiele darf man nicht. übersehen, dafs sie ein Band waren, welches die so mannichfaltig getheilten Stämme Griechenlands umschlang. Hier vergafsen sie, wie Isokrates (Pane- gyr- €. 12.) rühmt, ibre Feindschaften, um sich zu gemeinsamen Gebeten und Opfern zu vereinigen, alte Gastrechte zu erneuern, neue Bande zu Rau; und so Saaten des Wohlwollens für künftige Zeiten auszustreuen. Auch er- freuten sich auf gleiche Weise Kämpfer und Nichtkämpfer ; jene, indem sie ihr Glück vor den Augen von ganz Hellas zeigen, diese, indem sie die Kämpfen- den bewundern konnten,” 3) Das große und tiefe Gefühl der Hellenen für das, was in der Tugend unschätz- bar ist, zeigt sich wohl nirgends bedeutender, als in der Geringfügigkeit der Gaben, durch die,man Verdienste, nicht belohnen, sondern bezeich-. »en wollte. Was man für das Höchste und Herrlichste hielt, war ein Gegen- stand des Weltstreites, aber des Preis war nur ein Symbol, und dieses wurde Jen Göttern dargebracht. Wie Athen nach der Schlacht -bey Marathon dem Retter von ‚Griechenland Iolnte, ist aus dem Nepos bekannt, der hier, was “er sonst nieht häufig thut, dem hohen Sinne des Alterthums eine Bemerkung zollt. Auch im Sparta herrschte diese Einfachheit ; und die Sitten waren schon ausgeartet, als. man auf mehreres sann, S. Piutarch im Agesilaus. €.33.. Auch darf nicht übersehen werden, wie die Religion den Ehrgeiz zu mälsigen diente. Grofser Ruhm schien von den Göttern entsprangen und kehrte zu den Göttern zurück, Alle Ehrenzeichen verwändelten sich in Anathemata, und erhielten in den Tempeln das Andenken ihrer Veranlassung und die ge au die höhere Quelle alles Grofsen und Herrlichen., N 27 derlich schien, so will ich zuerst der Musik selbst erwähnen. Dafs diese Kunst nicht blofs ein Gegenstand, sondern ein Mittel der Erzich- ung sey, und die sittliche Bildung hemme oder befördere, wird in diesem Zeitalter wenig erwogen; ja, bey aller Verbreitung des Ge- schmacks an derselben, scheint sie doch den wenigsten würdig genug, ein Gegenstand der öffentlichen Aufmerksamkeit und der Gesetze zu seyn. Denn der neuern Welt ist die Musik — so wie auch andre Künste, die Musik aber vorzüglich — eine anständige Beschäftigung ireyer Wnfse, die theils wegen ihrer schwierigen Ausführung gefalle und Bewunderung errege, theils auch das Gemüth,, wie ein gesellschaft- liches Spiel, nur mannichfaltiger und zärter, anrege und belebe. Dals diese Anregung eine sittliche Wirkung haben, und dafs diese eben so heilsam als verderblich seyn könne, wird nicht in Betracht gezogen. Nun ist aber doch wohl unverkennbar, dafs dasjenige, was, ' recht getrieben, das ganze Gemüth auf das gewaltigste ergreift, eben- falls, bey einer. andern Anwendung, es herabziehn und erniedrigen könne. Es wird aber diese Kunst bey der jugendlichen Erziehung auf eine doppelte Weise gemisbraucht; einmal, indem man in ihr ein Ma- ximum der Künstlichkeit zu erreichen sucht, und, unbekümmert um Sinn urd Inhalt, nur Schwierigkeiten häuft, um darüber obzusiegen, wodurch diese bezaubernde Kusst den Künsten der Equilibristen ver- ähnlicht und zu einer Schule der Eitelkeit erniedrigt wird 9; zweytens aber, indem man sie allzuoft, von dem Geleite der Worte entbunden, au einem entnervenden Spiele unbestimmter Anmuth und Reize macht. Denn in ihrer freysten Gestalt führt diese wunderbare Kunst, durch die unendliche Fülle der Ideen, die sie gestaltios und unentwickelt in das Gemüth versenkt, unvermeidlich zu einer Melancholie, die wie- , derholt Li a) 50 nothwendig den Alten die Musik in der Erziehung schien, weil, wie Aristo- teles sagt, (Polit. VIII. 3.) der Mensch nicht blofs lernen solle, Geschäfte mit Geschicklichkeit zu treiben, sondern auch mit Anstand’ geschäftlos zu seyn, so wurden doch die, welche aus der Musik ein eignes Geschäft machten, und sie nieht mit andern Talenten begleiteten, den Handwerkern zugezählt. Polit, VUL 5. Vergl. Musewn der Alterthumswissenschaft. I. B. ı. $. 67. / 4 26 derholt genossen, durch ihre Anmuth und Süfsigkeit den Geist ent- mannt. b) Dem unbestimmten Sinn der Jugend aber mufs das’ Be- stimmteste geboten werden. Daher ihr keine Musik wahrhaft heilsam ist, als die, welche schöne und erhabne Worte vergeistert, und ge- haltvollen Gedanken ihre ätherischen Schwingen leiht. nt Ueber diese Grundsätze waren die Alten vollkommen einver- standen. Die Verbindung der Poesie mit der Musik, als einer freyen Heldenkunst, war ihnen aus den frühesten Zeiten vererbt worden. In dem Lager der Achäer, bey dem fernen Getöse der Schlacht, rührte der Sohn des Peleus die Saiten der Leyer; der ungestümste und feu- rigste aller Heroen pflegte der mildesten Kunst, und erleichterte sein bekimmertes Gemüth von den lastenden Fesseln des Unmuthes, in- dem er den Ruhm und die Thaten alter Heroen sang. Chiron, der untadliche Centauer, war auch ein Sänger, und die in seiner Ritter- schule gebildeten Heldensöhne lernten von ihm die erquickende Kunst. Aber überall; wo wir sie finden, steht sie im Bund mit der Poesie; oft auch knüpfien beyde zugleich den Knoten der Charitinnen um den verschwisterten Tanz. In dieser Gemeinschaft lenkte sie die Gemü- ther zu den höchsten Zielen und wirkte Wunder. Denn nicht erträumt sind die Sagen von einem thracischen Orpheus, einem Amphion und andern Sängern der grauen Vorwelt, die nicht durch eine unbegreif- liche Kunst, sondern durch ihren weisen Gebrauch die Gemüther des rohen Menschengeschlechtes bis in ihre innersten Tiefen erschütterten, und die Natur selbst, die ihre begeisterten Lieder wunderbar beseel- ten, vor den Augen der ergriffenen und staunenden Wenge zu beleben schienen. So wurde die Musik auch dem spätern Geschlechte ausge- händigt. Ihrer alten Gestalt getreu, blieb sie in den Schulen der Ju- gend %) Pllato, wo er von den sittlichen Kräften der Musik überhaupt spricht, übersieht nicht, daß ihr Uebermaß die Kraft des Gemüthes auflöse, seine Sehnen ab- stricke und es erschlaffe. de Rep. II. S. 411. a.b. Auch ohne diese und andre Autoritäten wird diese Bemerkung durch tausend Beyspiele täglich beltätigt, 37 „gend ernst und streng, und erschien in ihrer edlen Einfalt, mit ein- “fachen und begeisterten Worten alter Lieder verbunden, wie eine hei- lige Stimme der Vorwelt,. kräftig anregend, tief bewegend und durch hohe Rührung fiärkend. _ Alles war hier harmonisch und Eins. Das fromme und ernste Gedieht.bewegte sich in feyerlichen Rhythmen, und war mit der zarten Hülle einer ungekünstelten Melodie umschley- ert, die gleichsam nur mit wenigen bedeutenden Farben den kräftigen Umrils belebte. Nun ist aber wohl nicht zu zweifeln ‚ dafs eine Kunst das Gemüth reinigen könne, die sich seiner gänzlich bemächtigt, um es in den Aether der höhern Welt zu erheben, aus welcher die Gei- sterstimme der Musik herabzusäuseln scheint; damit aber das Gefühl’ nieht in einem unmännlichen und passiven Genulse zerrinney ihm zu- gleich durch das Medium der plastischen Poesie hohe Gestalten zeigt, in deren Beschauung der.Geist erstarke und sich mächtig fühle? Auch herrschte über diese Wirkung bey den Alten nur Ein Urtheil. Da es jedermann bekannt sey, sagt Aristoteles, dafs durch verschiedene Ar- ten der Musik die ganze Stimmung des Gemüthes verändert werde, so könne man auch nicht zweifeln, dafs Gesang und Rhythmus die Seele sittlich zu bilden vermöge. Auch scheine zwischen der Natur der Seele - und der Natur der Rhythmen und der Harmonie ‚eine innige Freund- schaft zu seyn; daher auch viele Philosophen behanptet hätten, die Seele sey entweder selbst Harmonie, oder enthalte Harmonie in sich. Und Plato behauptet in mehrern Stellen seinerWerke, dafs, indem Rhyth- mus und Harmonie tief in die Seele drängen und sie auf das gewalt- tigste ergriffen, sie Sittlichkeit und würdevollen Anstand herbeyführ- ten. Diesen Ideen ist es ganz gemäfs, wenn das Verderben der Sitten von der Nicht- Achtung dieser Grundsätze, und von der Ausartung der Musik das Sinken ganzer Völker abgeleitet wird, wie dieses von eini- gen geihan worden‘, die über allen Verdacht der Schwärmerey oder Paradoxiesucht erhaben sind. 9 ’ . Durch €) Jene Strenge findet man nicht blofs zu Sparta, wo Gesetz und Obrigkeit sorglich über die Erhaltung der alten, vom Staate gleichsam sancetionirten Musik wachte, A 2 - (S. 28 Durch diese Ansicht der Musik ward bestimmt, wie und auf welche Weise sie bey der Erziehung anzuwenden sey. ‘Das Bestre- ben, das überaus Künstliche hervorzubringen, wurde als unfrey ver- worfen. Nur so weit mülse sie gebildet werden, dafs man im Gesang‘ und Rhythmus das Schöne erkennen könne. Daher sey auch der Unterricht auf solchen Instrumenten zu tadeln, die eine allzu künst- liche Behandlung forderten ; weshalb die böotische Flöte keinen Bey- - Fall (S. Athen. XIV. S 632. F. 633. A. und XIV. S. 628. 8, Vergl.i Heinrich über den Streit der alten und neuen Musik in Griechenland, in dessen Epime- nides S. 170, ff.) sondern auch in Athen. Auch hier gebot ein eignes Gesetz jeder Art der Musik ihre bestunmte Anwendung, und das Collegium der Ago- notheten zog die Uebertreter zur Rechenschaft. Dafs man von dieser Strenge abgewichen, beklagt Plato de Legg. IH. S. 700. d. (T. VIH. S. 154. ff.), und nicht minder Aristophanes in den Wolken V. 965. fl. wo er, wie Plato, von Züchtigungen spricht, mit denen man die -Jugend gezügelt habe, wenn es ihr eiofiel, die Musik, dureh muthwillige Verkünstlungen, zu einem Gegen. stande der Ueppigkeit herabzuwürdigen, Auch andre Dichter berührten die Abweichung von der alten Strenge, und es hat sich beym Plutarch de Mu- sica S. 1141. d. ein merkwürdiges Beyspiel aus einer Comödie des Pherekra- tes erhalten, wo die gemishandelte, verwundete und gefolterte Musik laut über die Frevler klagt, die sie zu Grunde gerichtet hätten. $. Brunk’s Ari- stophanes T. IH. S. ı70. £ + Heinrich a. a. 0. S. 188, ff. und Wieland im Att. Mus. Il. 120. fl. Wer nun so, wie die alten Gesetzgeber, an die sittliche Kraft der Musik glaubte, konnte auch wohl, wie Polybius L. IV, 20. die Bildung eines ganzen Volkes yon seinem ernsten Studium dieser Kunst, und seine Entartung von ihrem Verfall ableiten. ° Auch ist die Behauptung dieses besonnenen Autors durch die raschen Gegenbehauptungen von de Pauw (Rech. sur les Grees. T. II. S. 133. fl.) keineswegs widerlegt. Dafs es aber auch in dem Altertiume Unglaubige gegeben, welche die Musik überhaupt für ein Werk täuschenden Truges erklärten, erhellt aus der Stelle des Polybius, der den Ephoros von Kumä als einen solchen nennt und bestreitet. Eine weit größere Menge stand auf Plato’s und Aristoteles Seite, und erkannte in der Musik ein sicheres Mittel, die Seele mit Rhythmus und Harmonie zu erfüllen, und ihr eine edle Haltung zu geben. ‚$. deRep. IL. S.ı4ı1. Vergl. DioChrysof£. Or. XNXIL. S. 681. ff. Or. XXXII. S.28. ed. Reisk. u. Ewers Fragm. der Ariliotel. Erziehungskunst $. 67, fl. 1 29 fall’ verdiene, welche noch überdiels nichts zur Bildung der. Seele beytrage, und ftatt eine sittliche Fassung zu erzeugen, vielmehr eine Störerin der Ruhe nnd Besonnenheit sey. Auch dürften bey dem jugendlichen Unterrichte nicht alle Rhythmen ohne Unterschied ver- stattet werden, sondern nur die, welehe die Leidenschaften reinig- ten; weshalb man denn auch der dorischen Tonart unter allen den Vorzug ertheilte, weil sie die Ruhe am vollkommensten ausdrüche, und am meisten den Character des Iuthes und der ilännlichkeit an sich trage. 4) Wenn diese und ähnliche Betrachtungen, die von den Alten mit der grölsten Ernsthaftigkeit, als über einen der wichtigsten Ge- genstände, angestellt zu werden pflegen, unserm Zeitalter entweder ganz fremd, oder gleichgültig sind, so beweist. dieses nicht etwa ihre Grundlosigkeit, sondern vielmehr, dafs wir in dem Gefühle des Sitt- lichen und Unsittlichen und in frommer Achtung desselben weit hin- ter den Alten zurückstehn. Voll des Wahns, durch Lehren und Pre- digen die Zwecke des Lebens und der Menschheit hinlänglich zu fördern, überlassen wir alles übrige der Laune des Zufalls, der denn auch nicht unterlassen hat, die Bildung der modernen Welt zu ei- nem Chaos der Willkühr und der feindseligsten Elemente zu machen, ‚Durch den öffentlichen ‚und fast allgerzeinen Gebrauch der künst- lichsten Musik ist ihre sittliche Wirkung in unserm Zeitalter fast gänzlich vernichtet worden. Denn da sie die Kenntnils der meisten, auch der musikalisch gebildeten Zuhörer grölstentheils übersteigt, so begnügen sich einige mit unmäfsiger Bewunderung der sich immer mehr überbietenden Fertigkeit, andere mit einem dumpfen Brüten über unbestimmten Gefühlen und sinnlichen Reizungen. . Je weiter nun die Kunst diese Richtung verfolgt, desto gröfser wird das Uebel und d) S. Plato de Republ. L. III. S. 28. ed. Bip. Nach demselben Schriftsteller hatten auch die Aegypter die Tonarten, welche die Jugend hören durfte, durch Ge- " setze vorgeschrieben. de Legg. I. 'S. 66. ed. Bip. Vergl. Aristoteles Po- lit. VIIL 6. 30 und‘desto häfslicher die Verworrenheit, aus welcher auch keine-an- dre Rettung zu erwarten steht, als ‘dafs der Misbrauch den höchsten. Gipfel ersteige und sich durch seinen Uebermuth selbst vernichte. Es ist nun zunächst von der Dichtkunst zu reden, welche un- ter den musikalischen Bildungsmitteln, neben der eigentlichen Musik, den ersten Platz behauptet. So wie diese Kunst in dem Jugendalter der aufstrebenden Griechenwelt am meisten gewirkt hat, die zarte Blüthe der Sittlichkeit hervorzulocken, so ist ihr auch in spätern Zei- ten ihre Kraft und Würde bey der Erziehung des jüngern Geschlechts ungekränkt erhalten worden. Ohne den Vorwurf einer Uebertreibung zu fürchten, darf man behaupten, ‚dafs die gröfsten Wohlthäter der Hellenen jene elassischen Dichter waren, die so früh, wie ein Wun- der der Natur, im Griechenland aufwuchsen, und. indem sie, selbst erleuchtet von Prometheus Feuer, die heilige Flamme zuerfi auf dem Altare der Humanität anzündeten, eine Reihe von Jahrhunderten mit wohlthätigem Lichte und Wärme erfüllten. Wie die Beschaffenheit des Himmels am frühen Morgen die Witterung des ganzen Tages zu bestimmen pflegt, so hat das Morgenroth des hellenischen Himmels — seine keroenzeit und die nächste Periode nach dieser — über die gan- ze Bildung dieses Volkes entschieden. Aus seinem grauen Alterthume strahlten ihm, durch einen Zeitraum vieler dunkeln Jahre, und eben darum nur deste herrlicher, von dem Nimbus der Heldenpoesie um- glänzt, die Thaten edler Vorfahren, und ein grofses, den Göttern ver- wandtes Geschlecht" Diese leuchtende, mit hohen Gestalten erfüllte Welt war die ihrige; es waren die Häupter ihrer Stämme, die Stif- ter ihrer Staaten, die Könige ihrer Städte, die sich in diesem Glan- ze bewegten, und mit vernemlicher Stimme jedes hellenische Herz zur Nachfolge aufriefen. Wit diesen Stimmen wurde die Scele des Knaben befreundet, so bald er in sich selbst zu erwachen begann; und wie. Homers Gedichte die Quellen aller griechischen Kunst wurden, se waren sie auch eine Schule der Sittlichkeit, in welcher die Jünglinge wie dieGreise lernten. Ein solches Buch hat kein anderes Volk beses- sen, gt sen, in welchem die Vollendung der Form mit dem Reichthum und der Herrlichkeit vaterländischen Stofles so wetteifert, dals es schwer ist zu sagen, ob die Alten mehr aus ihm gelernt, oder sich mehr durch ihn gebildet haben, Aus dieser Schule der Heidenpoesie, die auch den gar nicht unbedeutenden Vorzug einer alten, aber nicht reralteten, und gleichsam geheiligten Sprache besafs, brachte der Jüngling eine Götterwelt in das Leben; und wie Athene dem herrli- chen T'ydiden unsichtbar zur Seite steht und im Gewühle der Schlacht mit leichter Hand feindliche Geschofse ihm abwehrt, so giengen ihm jene hohen und ewiglebenden Gestalten zur Seite, um ihn in des Le- bens verworrenem und feindlichem Gedräng auf ihren Wolken zu ret- ten und einer höhern Welt zu sichern... So waren also die Götter, deren milder Verkehr das heroische Leben verschönert hatte, auch der spätern Zeit nicht entwichen ; ihre Gestalten umwandelten sie noch, und-ihre Stimmen tönten durch das Organ der Dichter, die nicht dem Volke allein, sondern auch den Weisesten und Besten für "heilige Dollmetscher der Unsterblichkeit galten. ©) r Von Demokritos behauptet dreist, Homer habe eine göttliche Natur empfangen, \ und nur durch diese sey er vermögend gewesen, so schöne und weise Ge- dichte zu verfertigen. Dio Chrys. Or. LIN. S. 247. In dem Sinne dieses Weisen sagt derselbe Redner $. 227. „unmöglich habe ohne ein göttliches Ge- schick eine so hohe, wundervolle und süfse Poesie entstelien können, die nicht nur Völker derselben Zunge und Sprache so lange Zeit'gefeßelt habe, sondern auch Barbaren.” Es war aber überhaupt eine anerkannte Wahrheit, dafs die Dichtkunst ein göttliche Kunst sey, die ohne Einflufs höherer Wesen gar nicht statt finde. Daher sagt Plato im Phaedr. S. 245. „Wer ohne den Wahnsion - der Musen zu den Thüren der Poesie komme, in dem Wahne, durch die Kunst ein tüchtiger Poet zu werden, der werde, so wie seine Poesie, durch die der Begeisterten vernichtet werden.” Aus dieser Meinung entsprang der alte Glau- 7 be, niemand sey den Musen abgeneigt, als die Feinde der Götter: Daher Pin- ; daros (Pyth. 1. 25.) sagt: Wen Zeus nicht liebe, der bebe vor der Pieriden Gesang zurück. Vergl. Plutarch. T.II. $. 1095.E, Amusie war also Gott- losigkeit, und Plato (deRep. IH, S.313.) schildert den &povrer und puroray " mit 32 Von dieser Seite betrachtet, wird der Gebrauch des Alterthums, die ältesten Dichter und den Homer insbesondere als ein Wittel der sittlichen Bildung zu nützen, auf das vollkommenste gerechtfertiget. Zwar kann nicht verborgen werden, dafs seine Gedichte, so wie die heiligen Schriften derHebräer, vieles enthalten, was eine Prüfung nach. strengen Grundfätzen nicht verträgt; und die Alten selbst sind hier- durch bisweilen irre geworden, wenn sie die begeisternde und ächt sittliche Wirkung der homerischen Poesie als eines Ganzen vergessend,, ihre Blicke zu scharf auf das Einzelne richteten. “Aber man ist doch wohl jetzt ganz einverstanden, dafs ein Gedicht am besten durch ‚das lehrt, was nicht bestimmt ist zu lehren; und dafs das weiseste nicht immer das sey, was von Weisheit überfliefst. Die wahre Weis- heit eines Gedichtes liegt in seinem Innersten, wie der Fruchtkeim in dem tiefsten Schoofse der zarten Blume den Augen verhüllt ; und seine Sittlichkeit ist der Abglanz der verklärten, in seinem Ganzen vollendeten Wienschheit. Aus dieser Quelle, und aus ihr allein ent- springt das sittliche Wohlgefallen an dem-Schönen eines jeden Kunst» werltes; und das Entzücken, mit welchem sein Anschaun das Gemüth durchdringt, was ist es anders, als die Freude über die göttliche Har- monie, Reinheit, Unschuld, Größe und Uneigennützigkeit, zu der sich die menschliche Natur zu erheben vermag? t) Dieser init chen den Farben, mit denen man Kyklopen, Kentauren und ähnliche der Humanität entfremdete Unholde schilderte, „daß er nur der Gewalt und Wildheit fröhne , dem Thiere gleich, und ohne Takt und Anmuth, in Unwis- senheit und Verkehrtheit das Leben dahinbrächte.” f) In diesem Sinne sagt Milton: „I was: confirmed in this opinion, that he who would zot be frustrate of his hope to write well hereafter in laudable tbings, ought himself to be a true poem; that is, a composition and pattern of the honourablest things; not presuming to sing high präises of heroie men, or famous cities , unless he have in hinself the experience and tie practice of all that which is praise worthy. 33 Dieser himmlische Acther einer zarten Sittlichkeit, mit grofser Kraft, ergreifender Wahrheit und tiefem Sinne gepaart, ist über die homerische und über die ganze hellenische Poesie ausgegossen. Obgleich ursprünglich ein Kind schöner und glücklicher Natur, erfüllt sie doch schon in diesem Ursprurge mit tiefer Bewunderung über die Mäfsig- keit, welche hier die überschwengliche Fülle des Stoffes beschränkt, und’ das schöne Gleichgewicht und die 'bewufstlöse Weisheit in dem Gemürthe der'begeisterten Sänger beurkundet. Das Gemüth aber, das sich in den Werken dieser Kunst spiegelte, warf seine Strahlen auch wiederum in die Seele der Zuhörer und Leser; und die göttliche Ruhe und das'höhe Leben, in welchem jene ihre Gebilde empfangen hatten, giengen’in’die Beschauenden über und erzeugten sich fort. ' So ist der sittliche Geist der alten Naturpoesie auch auf die folgenden Geschlech- ter übergegangen; und’ auch in den Zeiten, gesunkener Kraft, erhielt sich der zarte Sinn für das Sittliche in dem Urtheile und meist auch ın den Werken der Nation. Der gerühmte feine Geschmack der Grie- chen war nichts anders als ein zarter sittlicher Sinn. Daher fand sich in Athen, "als dem Wittelpunkt des Geschmacks, die höchste Blüthe desselben mit der Blüthe der Sitten zusammen, als auch die Poesie den Gipfel der Vollendung erstiegen hatte. Dieser Geschmack war also nicht angelernt, so wenig wie die Kunst einstudirt ; und nichts weniger als das Resultat theoretischer Einsichten, um die man sich noch wenig bekümmerte. ‘ Nur Einmal ist mn der Geschichte der Völ- ker diese Einheit, nur Einmal ist diese Harmonie zwisehem demLeben, der Kunst und den Sitten erschienen, nicht aber als ein Zufall, son- dern als das nothwendige Resultat der freyen Entwickelung eines glück- lich begabten, geistreichen und kräftigen Menschenstammes. ' Daher spiegelt sich für Augen, welche schen können, in dem Leben der Grie- ehen ihre Kunst, und in ihrer Kunst das Leben. Das eine entblüht dem andern, und schafft und bildet sich in gegenseitiger Wirksamkeit. Zwar können jlie Sitten einer Zeit ihren Einlluls auf die Kunst, als ein - > Ganzes betrachtet, nie ganz verlieren; aber oft kann der Künstler den Sitten voran eilen, indem er sich losreifst von den Wurzeln des wirk- 5 ” lichen 34 ae lichen Lebens, und‘ in'einer andern Welt, einem andern Zeitalter ein- heimisch macht. _WVer.sieht aber nicht ein, dafs hierdurch, die Wahr- heit ihrer Werke höchlich gefährdet, und hinwiederum durch den Mangel an Wahrheit ihr sittlicher Einflufs vermindert werde?- Denn dals die, alte Poesie die moderne an innerer Wahrheit bey ‚weitem‘ übertreife, ist auch. dem blödesten Auge. sichtbar. _ Und warum an- ders, als weil sie Menschen und Sitten nehmen durfie , wie,sie waren, ohne Travestirung in‘ ein fremdes liostum. . Und warum wirkte sie mächtiger ? Aus dem nemlichen Grunde. _ In ihr fand der Grieche immer, seine Welt, eine Welt, die ihn eben darum auf das mannich- faltigste anregte; und in dem poetischen Lichte, das sie umglänzte, zerflols doch nie die wahre Gestalt und der feste Umrils jener ächt hel- lenischen Natur. Wieviel. sind aber der Werke des schaffenden Gei- stes auf dem Gebiete der, neuern Kunst, von denen ein gleiches zu rühmen wäre? Sind nicht die meisten der Wiederschein einer frem- den Welt? Oft auch nur der Reflex des Wiederscheins, ja noch we- niger? ‘Und wie oft dringt in diese fremde, mühsam construirte Welt die häfsliche Ungestalt' der wirklichen übermächtig ein, wie etwa die repräsentirende Steifheit in die Römer- und Griechen- Welt der fran- zösischen Tragödie! Und wie die moderne bildende Kunst, um höhern Forderungen Genüge zu leisten, in der Darstellung des Wirklichen die Wahrheit verlassen, und bey dem Alterthum oder in der Fremde eine schöne Lüge erbetteln muls, oft mit Gefahr, .die ganze Individualität ihres Objectes zu verdüstern; so auch die Poesie, die eben darum ei- nen so unsichern und bestrittenen Stand hat, weil sie den wirklichen Boden zu betreten scheut, und auf dem erträumten nur eine schwan- kende Grundlage findet. 5) = Die 8) Aus diesem Grunde wendet sich in der neuen Welt die Poesie so oft von 'dem Ob- jecte auf das Subjeet um. Im der Kunst des Alterthums — und nicht in der Poesie allein — verlohr sich das Subject. Die Sache war es, die sie begei- . sterte, nicht der schnell verwelkende Kranz des augenblicklichen Beyfalls. In der Beschauung dessen, was das schaffende Gemüth produeirte, versank die Selbstsucht, die bey so vielen Werken uuserer Zeit die Stelle des Gemüths und j - 85 Die Stimme vaterländischer Poesie, die ‚ als eine milde und göttliche Lehrerinn, den Sinn der hellenischen Jugend für das Schön- ste und Höchste der Menschheit öffnete, verstummte auch deni er- wachsenen, Gesehlechte nicht. Und nicht in dem toden Buchstaben der Schrift 'eingekerkert ») erschien sie ihm ‚ als ein gelegentlicher . | Dh j Zeit- und der Begeisterung vertreten mufs, so dafs die meisten, was; sie auch immer schreiben mögen, nur ihre eignen Denkwürdigkeiten zu schreiben scheinen, Der Gipfel der Kunst, ist, wie der Gipfel des Montblanc, das Ziel der Eitel- keit, der Wifsbegierde und’ des uneigennützigen Strebens nach der Höhe des Himmels. "Der-Eitelkeit und Wißsbegierde genügt es nicht, ihn erklimmt zu ui haben; sie müssen zurück in. 'das Thal, um ihre That Kid %u Hrn! Dals Homer über sich selbst so siumm istz und weder seinen Nahnieh; noch‘ sein Vaterland ahnden läfst,. ist etwas besseres 'als blofse Bescheidenheit; es ist der iromme, einfache , kunstergebene und kunstfrohe Sinn , durch den er, dem Ausdrucke eines Alten zu Folge (Dio Chr. Or. LHI. $. 278.) wie ein Prophet - der Götter aus dem Inuersten des Heiligthums spricht. So sang er seine Hel- denwelt mit demselben großen Sinn, mit dem die Heroen selbst und alle grofsen Meuschen zu jeder Zeit gehandelt haben. - “ — Orlando a far P’opere virtuose ’ ‘ Piü' ch’ a narrarle' poi sempre era prono ; ni mai fü aleun de. swoi fatli espresso, Br . „ıse non quaudo ebbe testimoni appres3o; _ Ariosto Orlando fur, RER 4 h), Es ist/bekannt, dafs die Alten in ihren besten Zeiten nur wenig Jasen. Als sich die Bücher, und durch sie die mülsige Leserey vermehrte, starb die lebendige Kraft in ihnen aus, die früher durch mündliche Mittheilung erweckt worden ’ war, Es geschah, was, dem Zeugnifse des Plato zu Folge (Phaedrus S. 341. £. ed. ‚Heind. S. 274. f ed. Steph.) Thamus, ‘der ‚weise König der Aegypter, über des sinnreichen Theuth Erfindung ‚der, Buchstaben urtheilend, weissag- te: „Du bringst deinen Schülern den Wahn der Weisheit, nicht aber die Weis- beit selbst; sie werden vielkundig scheinen, wiewohl sie unkundig sind; und nicht Weise, sondern Scheinweise werden sie seyn.” Denn nicht das macht weise, was in den Menschen gelragen wird, sondern was_aus ihm lebendig quillt. Diese Quellen des Innern zu öffzen vermag weit mehr die Rede, als die tode Schrift. In der modernen Bildung ist beydes allzuweit getrennt, Wir - erwar- 2 5 er} 36 Zeitvertreib für leere Stunden, ‘sondern in den heiligsten Momenten des Lebens trat sie im festlichen Schmuck, meist vom Tanz und-T!on- kunst. begleitet, begeistert und begeisternd, zu ihm hin. Wie sie, die Tochter der Musen, aus der Gesellschaft der Götter unter die Sterblichen getreten war, so erschien sie auch immer fort am liebsten in der'Gemeinschalt der Götter, bey ihren heiligen Festen und Spie- len, und führte, indem sie den Nebel der Gegenwart theilte, die Bli- cke der Menschen zu einer höhern Welt hinauf. Die Liebe der Athe- näer zu den Schauspielen ist oft als ausschweifend und verderblich getadelt worden. Was sich aus öconomischen Gründen für diesen - Tadel sagen lasse, mag; auf sich beruhn; aber die Liebe zu einem so hohen. und ernsten Spiel als. die Tragödie war, möchte eher ein Lob als ein Tadel seyn. Hier oder nie ist die Bühne eine Schule gewesen; denn in seiner vollendeten Gestalt war das Trauerspiel ein Symbol menschlicher Sittlichkeit. In ihm vereinigte sich die reichste Fülle des Stoffs mit der weisesten Beschränkung, -und die freyste Natur war dem strengsten, Gesetz auf das innigste vermählt, Indem Kelche Melpome- nens mischt sie, was den Geist. stärken und mildern, 'erheben und. mälsigen kann; und indem sie ihm die Menschheit in ihrer höchsten Erhebung und in ihrer grölsten Abhängigkeit zeigt, zerstört sie die Willkühr der Selbstsucht, und reinigt das Gemüth, indem sie es bis in seine zartesten Fibern erschüttert. Immer zielie die alte Tragödie auf das Höchste hin, ohne schielende Zweydeutigkeit, und ohne einen Vertrag zu schliefsen mit der Verworrenheit der Welt. i) Hier wurde 7 ın a a ee erwarten alles von Büchern; aber der Enthusiasmus, den ein Buch erzeugt, erzeugt gewöhnlich nur wieder ein Buch. Und wie klein ist die Anzahl von Büchern, in denen auch nur diese Kraft lebt! i) Sie lehrte, worinne eben die naht Erziehung besteht, Lust uud Unlust zur rech- ten Zeit und’am rechten Orte zu fühlen. Aristot. Eth. L. I. 3. Jenes ist das Schöne und Grofse der Gesinnungen;; dieses das Gemeine und Niedrige. Wäh- rend das neuere Trauerspiel — noch mehr aber die sentimentale Komödie — beydes ohn’ Unterlafs vermischt, und dadurch das sittliche Gefühl auf eine ” ER straf- am be 7 in den mannichfaltigstert Beyspielen Furcht der. Götter, Scheu vor dem Uebermuth und thörichtem Selbstvertrauen gelehrt; und der Sturz und die Noth der Mächtigen und der Könige, war nicht etwa — wie manche in ihrer Gemeinheit wähnten — als ein Vergnügen für den demokratischen Pöbel gemeynt, sondern als ein Aufruf an die Starken und Stolzen zu weiser Mäfsigung, und als eine Aufforderung, durch Erkennung der engen Schranken menschlicher Willkühr, die unend- liche Kraft sittlicher Freyheit zu ehren, Die höchste Vollendung’ hat das griechische Trauerspiel in den Werken des Sophokles erhalten. So wie in den Tragödien des Aefchy- los durch ein unverhältnifsmälsiges Streben nach dem Gigantischen, . so wird beym Euripides das Gleichgewicht durch sein Streben nach mancherley Effect gestört. Bey ihm vermissen wir zuerst das schöne Selbstvergessen jener alten Dichter, die in die Beschauung ihrer poe- tischen Welt versunken, den Ansprüchen des, eignen Ich keine Stimme verstatten; und die Einmischung eigner Gefühle und Ansichten stört bey ihm jezuweilen die stille Gröfse und den ursprünglichen Adel der tragischen Bühne. Ob er schon bey jeder Gelegenheit, oft auch zur ungelegenen Zeit, Lehren ausstreut und überall von nützlicher Weis- heit überfliefst, so steht doch seine Poesie an ächter poetischer Weis- heit und an sittlicher Vollkommenheit der sophokleischen nach. Die Ueppigkeit des allzugehäuften Stofls, die Heftigkeit, mit welcher sich die Leidenschaften ergielsen, der Mangel an Mälsigung in Erregung schmelzender Gefühle, dieses und anderes ist nicht nur in ästhetischer Rücksicht tadelnswerth, sondern auch in sittlicher. Die Poesie wird unsittlich, sobald sie gemein wird. Es ist merkwürdig, dals die Ko- mödie es war, welche dieses Gebrechen der Euripideischen Manier aufdeckte, und ihren verderblichen Einfluls auf die Sitten rügte; und dals unter allen komischen Dichtern gerade der diesen Fehler am un- r erbitt- strafbare Weise verwirrt, steht beydes in der alten Tragödie in der gröfsten Klarheit, und wo etwa der Umrils schwankt und nebelt, kommt der reinigende Spiegel des Chores dem beschauenden Gemüthe zu Hülfe. 35 erbittlichsten firafte, dessen eigne Unsittlichkeit durch das gemeine Urtheil in den übelsten Ruf gebracht worden ist. M_ . / Indem nun hier von dem Einflulse der Poesie auf die Bildung der hellenischen Sitten gehandelt wird, darf die Komödie um defto weniger übergangen werden, da sie leicht als ein Beyspiel der gröfs- ten Unsittlichkeit, »icht blofs des Volkes, sondern der griechischen Poesie überhaupt unsern Behauptungen entgegengestellt werden könn- ic. Da aber das. ganze wunderbare Wesen dieser Gattung hier zu zergliedern der Raum nicht gestattet, so müssen wir uns begnügen, die Sittlichkeit dieser Diehtungsart, deren einziger vollständiger Re- präsentant für uns Aristophanes ist, durch einige Bemerkungen zu rechtfertigen. | Hier ist vor allen Dingen zu erwägen, dafs die alte Komödie, in bacchischer Trunkenheit empfangen, bestimmt war in dem Wahn- sinne des Dionysos den Muthwillen zu entfesseln, dessen Bedürfnifs tet in.den Innersten einer kräftigen Menschheit gegründet ist. Die Feste des Baechos, wie so manche, aus demselben Bedürfnifse ent- sprungene Feste des kräftigen Mittelalters, die in dem Schoofse der Kirche ohne Gefahr gepflegt wurden, verstatteten dem Menschen bis- weilen eine kurze Rast von dem drückender Joche, womit der Verstand ibn in: dem alltäglichen Leben belastet, und die ursprüngliche Frey- heit brach in der Gestalt einer muthwilligen, aber harmlosen Freude durch die willkührliehen Schranken, welche dieser besonnene Lehr- meister zur Erhaltung der Zucht und Ordnung überall errichtet hat. Indem x k) Ausführlicher ist dieser Gegenstand von mir in den Charakteren berühmter Dichter Th. 5. 8.335. ff. auseinaxdergesetzt worden? - 4) Das Bedürfnifs der menschlichen Natur, bisweilen die willkührlichen Schranken zu durchbrechen, thut sich in dem Scherze kund, der das Wirkliche mit einem‘ blofsen Scheine vertauscht. Wie aber jeder Trieb durch Theilnahme auf eine wunderbare Weise erhöht wird, so erlliegt auch der Scherz sein höchstes Ziel , nur Ü wa) # { 39 Indem sich nun die alte Gomödie dieses Triebes nach Ungebundenheit bemächtigt, reinigte sie ihn durch Poesie, indem sie den Schein an die Stelle der gemeinen Wirklichkeit setzt, und das Gesetzlose mit dem Gesetze vermählt. Dabey aber kann sie der Wirklichkeit nicht entbehren. Sie bedarf eines festen Bodens zum Auftritt; und von der derben Sinnlichkeit, ohne welche jener Huthwille sich gar nicht regen konnte, steigt sie zu ihrer poetischen Höhe auf. Die Sinnlich- keit selbst aber und der rohe Trieb wird gereinigt, — nicht durch Lehren, die an tauben Ohren* vorübergleiten — sondern durch die Auflösung seiner Erscheinungen in ein geistiges Spiel des Witzes, das, weit entfernt ihn zu nähren, ihn ableühlt. Daher ist die von Witz trunkene Muse des ‘Aristophanes mitten in den Umgebungen der Un- si keusch- 2 nur da, wo grofse Malsen von Menschen ihn theilen. Die alten Staaten, wel che jeden menschlichen Trieb als etwas heiliges achteten, unterstützten auch das Bedürfnifs der Völker sich zu freuen, d.h. sich von dem Bewulstseyn ei- nes äußern Zwanges befreyt, innerhalb der gesetzten Schranken zu bewegen, oder auch durch den scheinbaren Umsturz des Willkührlichen das Recht des Muth- willens geltend zu machen. Die Feste des Dionysos in Griechenland, die Sa- , turnalien in Rom, und ähnliche religiöse Einrichtungen, waren ursprünglich . nichts anders als Parodien des Ernstes, mit dem sich die willkührlichen Ein- richtungen der Menschen umschirmen, und gaben der sinnlichen Freyheit auf einige Augenblicke, unter der Sanction der Götter, die alles, was mensch- lich ist, schützen und lieben, ein Recht gegen die Willkühr und-Convenienz. Da gebot der Sclave dem Herrn, der Herr bediente den Sclaven und ertrug seinen Spott — wie denn auch in dem ernsten Rom der Soldat des triumphiren- den Feldherrn in lustigen Liedern spottete — und Götter und Menschen waren dem scherzenden Uebermnth Preis gegeben. Denn auch von den Göttern glaub- te man, dafs sie diesen Muthwillen, weil er eben von religiöser freudiger Be- geisterung zeugte, mit Wohlgefallen sähen, ‚und an der Kurzweil einen huma- nen Antheil nähmen. Jedermann weils, welche Rolle in Aristophanes Lust- spielen selbst den Göttern zugetheilt ist; und was diese zu dulden schienen, dazu konnten doch Menschen nicht scheel sehn. Diejenigen freylich, die in Modernität befangen, das einmal Bestehende und die Convenienz als das Höchste ehren, sehen hier nichts als Frevel; freyere Blicke schauen anders in diese lustige Welt. 3 ho Re: keuschheit züchtig; und mitten in dem scheinbaren Rausche des Wuthwillens zeigt sie auf ernstem Gesicht den tiefen Sinn ihres Spiels. Auch in dem bacchantischen Getümmel, das die Einbildungskraft des Dichters schaft, bewahrt er ein besonnenes Gemüth, in welchem ein tiefer Unwille über die Nichtswürdigkeit lodert, die sein Muth- wille dem. Gelächter und Hohn des Publikums Preis giebt. Dieser Unwille allein hätte nur poetische Satyren erzeugt; der Witz allein hätte nur auf der Oberfläche gespielt; aber indem hier beydes der ftammenden Begeisterung zur Nahrung dient, dringt es in die geheim- sten- Tiefen des Lebens ein. Wie in den bildenden Künsten die Wahrheit; so ist auch sinnliche Derbkeit nicht unsittlich, wenn sie Grundlage und Stoff poctischer Begeisterung wird; denn nur das ist es, was den thierischen Trieb allein so beschäftigt, dafs es den Geist zugleich gefangen nimmt; nicht aber was den Geist befreyt und aus den Banden des sinnlichen Triebes löfst. Die nackte Entschleyerung des Geschlechtstriebes in den Komödien des Aristophanes ist freylich für moderne Augen — die’ nicht leicht den Stoff über der Form ver- gessen — zu roh; aber ihm war sie als Ingredienz seiner komischen Welt unentbehrlich. Und nie hat er es auf Erregung der Lüstern- heit angelegt. Nun sind aber nicht die Dinge an sich schändlich, sondern der Gebrauch, den man ven ihnen macht, und ..die ver- 'schleyerten Gemählde vieler neuern Dichter, die, wenn sie Tugend und Sünde freundschaftlich gepaart, und den dünnen Schleyer des Anstandes über die thierische Roheit gebreitet haben, für züchtig gelten wollen, sind nicht nur viel tadelnswerther als Aristophanes geistreiche Rhyparographien, sondern recht eigentlich sittenlos. Auch bey heiligen Festen wurde die unverhüllte Natur von ehrbaren Ma- tronen umhergetragen, und dieses schien niemanden unsittlich; denn die Würde des Festes heiligte den Gegenständ, der durch das Me- &urn der Religion von dem innern Auge unschädlich angeschaut ward. So verwandelt und vergeistigt sich auch der Stof' der aristophani- schen Komödie durch die Kühnheit der Dichtung; und wie die Mäna- de in den unberechneten Bewegungen ihres Enthusiasmus nicht Be- gierden 43 'gierden entzündet, sondern Erstaunen erweckt, und syripathetische Begeisterung erregt, so auch die mänadische Muse dieses wunder- baren Dichters, dessen Gemüth einer der keuschesten Weisen des Alterthums, ‘der auch nicht sein Freund war, als ein ewiges und unvergängliches Heiligthum der Charitinnen preist. m) Wir sind durch die Poesie, als eines der Bildungsmittel der Ju- gend, allmählig aus der Schule in die Welt der Erwachsenen geführt worden; und es kömmt uns zu, noch dasjenige aufzusuchen, was hier, aulser dem erwähnten, gefunden wurde, um den Keim der-Sittlich- keit, welchen die erste Erziehung geöfnet hatte, zu bewahren und weiter zu entwickeln. Hier laden uns nun zuerst die Schulen der Philosophen in die Gärten des Akademus, oder an des Ilissus Ufer, und in die Hallen der Gymnasien ein, wo Jünglinge und Männer an dem Wunde der, Weisen hiengen, und gemeinschaftlich mit ihren oft jüngern Lehrern die Räthsel der Welt und ihres eignen Herzens zu lösen bemüht wa- ren. Was nun hier durch das Wort der Lehre und bestimmt aus- gesprochene Gesetze der Tugend habe geleistet werden können, ist zu erwähnen und anzupreisen nicht nöthig; die neuere Welt besitzt diese Gaben in gleichem Grade und reichlicher; aber warum sie nicht gleiches . m) Plato in einem Epigramm der griechischen Anthologie (Brunk Anal. T.1. S. 171.y Einstmals suchte der Grazien Chor ein nimmer zerstörbar Heiligthum, und es erkohr sich Aristophanes Brust. Ihm spricht dieses Antipater mit beystimmendem Gefühle nach: (Anal, Tl. S. 115.) ' Werke göttlichen Sinns, Aristophanes Lieder, Acharnä's Epheu schüttelt um euch säuselnd das grüne Gelock. Eure Blätter sind voll des Bromios; herrlich ertönt ihr, Und euch wählten zum Sitz furchtbare Grazien aus. Sey mir, muthiger Sänger, gegrüßt, du Mahler der Sitten, Fein in beilsendem Spott, witzig in lachendem Scherz, 6 { 4% gleiches wirke, oder warum die Schulen der Wissenschaft und Weis- heit des Alterthums ihre Jünger meist nicht blofs gelehrter, sondern * beßser entlielsen , — diese Frage kann nicht unberührt bleiben ®. Hier darf nun zuerst nicht vergessen werden, dafs manche Schulen der Phi- losophie eigentliche Bildungsschulen und Erziehungsinstitute für Er- wachsene waren, wie die desPythagoras, welcher nicht blofs lehrte, son- dern erzog. Dieses gilt aber, nur in einem geringeren Grade, auch von den meisten andern. Die Schüler waren nicht blofs Zuhörer, sondern Gesellschafter ihres Lehrers ; sie lebten mit ihm, und wurden durch ihn in die mehresten Verhältnifse des Lebens eingeführt. Auch hier wirkte das Beyspiel mehr als das Wort. Selten war einem Philoso- phen das Dunkel seines Hörsaals so werth, dafs er nicht auch mit sei- nen Mitbürgern häufig verkehrte; und da beydes, ihr Thun und ihre Lehre, öffentlich war, so war auch damit eine gröfsere Nothwendig- keit der Uebereinstiimmung zwischen beyden gegeben, durch welche ihr Leben lehrreich, und ihre Lehre belebter wurde °). So berührte der lebendige Verkehr zwischen dem Jünger und dem Meister in den verschiedenartigsten Verhältnissen das Gemüth auf die mannichfaltig- x ste n) Diese Frage ward auch schon in dem Alterthum aufgeworfen, als die Blüthe der Kraft vorüber war. Als man einst den Kleanthes fragie,' welcher um die ı25te Ol. lebte, warum in älterer Zeit, obgleich man nur wenig philosophirt, den- noch mehrere grolse Menschen sich ausgezeichnet hätten? antwortete er: Weil man damals die Sache trieb, jetzt nur das Wort. (Jo. Stobae. Flor. LXXX. S.473. ı2.) Und doch stand damals die Philosophie der Stoa in ihrer Kraft, deren Bestrebungen fast durchaus praetisch waren, und die vielleicht mehr , als irgend ein anderes System des Alterthums das Gemüth zu erheben vermochte. 0) Der Wahrheit gemäfs sagt Gray in einem Briefe an Mylord Orford (Works. T. V.) von den Philosophen des Alterthums: They did not then run away from society for fear of its temptations; they passed their days in the midst of it; conversation was their -businefs; they eultivated the arts of persuasion on purpose to show men, it was their interest; and that in many instances with succeßs, wich is not very strange; for they showd by their life, that their lessons were nol impra- eticable, and that pleasures were no temptations, but to such as wanted a clear + perception of ihe pains annexed to them. 43 ste Weise; und die also empfangenen Lehren geleiteten den Jüngling und den Wann, als wohlwollende Dämonen, durch das Labyrinth sei- ner bürgerlichen Verhältnifse. Da geschah es denn, dafs weise Män- ner, die ihren tiefen Glauben .an das Göttliche durch begeisterte Worte und ein heiliges Handeln offenbarten, ganze Geschlechte der mitlebenden Menschen, wie an Zeus‘ adamantenen Ketten emporho- ben; und dafs Jünglinge, Männer und Weiber, von frommer Begeifte- rung ergriffen, das Andenken und den Unterricht des, dämonischen Lehrers durch ein würdiges Leben ehrten. P). So ward, wenn schon nicht bey dem ganzen Volke, doch bey, den Edelsten und Besten, den Wängeln abgeholfen,, die in der Religion des Alterihums lagen. Dals die hellenische Religion in ih- ren einzelnen Elementen keine Muster der Sittlichkeit darbot, fällt in die Augen; doch haften alle sittlichen Gebrechen der Götter an ihrer Verkörperung. Nachdem die unbegränzte göttliche Natur ein- mal in den Schranken einer menschlichen Gestalt gefelselt war, schien ihre Göttlichkeit nur noch dadurch gerettet werden zu können, dafs man sie den Zwanggesetzen der Menschheit nicht unterwarf. Ihre überschwengliche Kraft mochte frey streben, was sie wollte und konnte; und nur diese Kraft ist es, die in den wunderbaren Fabeln von ihren Kämpfen und Liebschaften hervortreten soll. Dem kräfti- gen und noch rohen Geschlechte, .in dessen: Einbildungskraft sich jene Fabeln gestalteten, konnte es nicht in den Sinn kommen, die Last des Sittengesetzes diesen freyen Naturen aufzubürden, oder ihre Hand- p) Es ist genug, an die pythagoräisehen Frauen mit einem Worte zu erinnern. Aber auch an Plato’s Unterricht nahm Lasthenia, eine Hetäre aus Mantinea, Theil (Diog. .Laert. III. 46. IV. 2.), und eine andere Arcadidrin, Axiothea, warf, Be; nachdem sie einige der Gespräche Platos gelesen hatte, die weibliche Kleidung von sich, und besuchte die Schule. (Ebendas. III. 46.) Von mehreren führt, - dieses Menage zum Diogenes an $. ı55. Das heroische Beyspiel der Hip- 6% parchia aber, des-Krates Gattin, die aus Liebe zur Weisheit alles verliefs, ist durch Wieland auch den Ungelehrten bekannt geworden. 6: 4 Ro LT Handlungen nach dem Maafsstabe menschlicher Tugenden zu messen; so wie auch sie ihrer Seits weit entfernt waren, gleiche Ansprüche mit den Göttern zu machen und eine Sittenfreyheit zu fordern, die sie jenen, als ein Recht ihrer höhern und glücklichern Natur zuge- standen. Daher beschränkt sich die älte Religion auf die Anerken- nung der höhern Macht der Götter, deren Willen die menschliche Schwachheit unterworfen war; und da dieses Verhältnifs durch jede Art desUebermuths verletzt zu werden schien, am vollkommensten und reinsten aber in der freyen Beschränkung der eignen Kraft hervortrat, so entsprang hieraus die Idee von einem richterlichen Amte der Göt- ter, die den Uebermuth in jeder Gestalt bestraften und sich der be- scheidenen Mälsigung freuten. Wenn also auch die Idee der Gögter nicht zu Mustern der Heiligkeit taugte, so war sie doch tauglich, der Unsittlichkeit Schranken zu setzen. Aufserdem aber wirkte die Re- ligion, wenn wir ihre Ausübung betrachten, wie die Dichtkunst, auf das ganze Gemüth, belebend und erhebend durch innere poetische Fülle und äufsere Schönheit. .Ihr eigentlicher Mittelpunkt war Freude und Heiterkeit @, und ihre wirkende Kraft war desto mächtiger, da sie g) Diesem gemäfs sagt Plutarch (I. Th, S. 1101.D.): ‚Die Achtung gegen die Götter ist bey vielen Menschen mit Furcht gemischt, aber die Fülle der Hoff- nung und Freude hat doch die Oberhand. Denn kein Ort und keine Zeit ist so voll Freude und Genufs als die Tempel und Festtage; keine Schauspiele ange- nehmer, als die feyerlichen Umgänge, die Tänze und Opfer. Dann ist alle Traurigkeit, alle Niedergeschlagenheit, aller Mismuth verbannt: und wo man den Gott am meisten gegenwärtig glaubt, da wird Traurigkeit, Furcht und Sorge am meisten entfernt, und das Gemüth überläfst sich der Lust und dem Scherz. Bey Opfern und Festen fühlt nicht nur der Greis sich neu belebt, nicht nur der Arme und Privatmann, sondern selbst Sclaven und Knechte füh- len sich von Freude begeistert, Die Reichen und Könige feyern wohl auch Gastmähler und geben Cocagnen; aber die feyerlichen Opfer, wenn man sich der Gottheit mit dem Gedanken am meisten zu nähern glaubt, gewähren, mit den Gefüllen der Achtung und Ehrerbietung vereint, eine ganz ausgezeichnete Lust und Wonne.” So wie also in dem Leben der Götter ihre heitere Freude das Göttlichste war, so erweckte auch ihre Betrachtung Freyheit und lleiterkeit, Nicht 45 sie auf dem vaterländischen Boden erwachsen und überall mit dem eigenthümlichsten Leben seiner Bewohner durchflochten war. In al- len ihren Theilen war sie hellenisch und ächt national, und nur durch den Nimbus des Alterthums, aus dem sie hervorgetreten war, von der Wirklichkeit getrennt. Diese Götter, deren Abbildungen Tempel und Altäre schmückten, hatten in einer schönern Zeit unter " ihren Ahnen gewandelt; unter ihnen hatten sie geliebt und sich imenfch- lich erfreut; ihr Blut hatte sich mit den edelsten Geschlechtern ge- mischt; und noch spät erfreuten sie sich der Enkel, die solcher Ge- meinschaft entwachsen waren. Ihre Tempel erhoben sich an den Stellen, welche ihre Wunder geheiligt hatten; und ihre Feste feyer- ten nnd erhielten die Erinnerung an die Zeiten ihrer Gegenwart und Wirksamkeit unter dem begünstigten Volk. Ganz Hellas glich einem irdischen Olymp; und auf jedem Schritte begegneten der Einbildungs- kraft und den Augen des Wanderers die Gestalten der Himmlischen in mannichfaltiger Schönheit und Alter. Uralte Heiligthümer,, schauer- volle Hayne, heilige Quellen, düstre Grotten und wolkenumhüllte Ge- birge, wo sie ihre Tänze und Spiele feyerten, ruften ihn überall und ohn’ Unterlafs in ihre Gemeinschaft, und erfüllten ihn mit den Ge- danken, dafs sich die Menschen in diesen, den Göttern eignen Gren- zen schüchtern angebaut hätten, um sich ihrer _beglückenden Nähe freuen zu können. So wurde durch den heitern Verkehr mit selbstgeschaffnen Göt- tern die Einbildungskraft ohn’ Unterlafs poetisch bewegt, und die Idee ; des Nicht niedergeschlagen durch die Gegenwart des unendlichen Heiligen, erhob sich der Mensch vielmehr in der Gegenwart seinerGötter zurTheilnahme an ihrer eignen Freude, und genoß an ihrem Tische der Ambrosia des fröhlichsten Lebens. Aber ihnen-zur Seite setzte die Religion die heilige Scheu. Denn über dem Chore der Götter schwebte die dwıkle Idee des Schicksals, der Nemesis, der Adrastea, und der unversöhnlichen Eumeniden, die den Uebermüthigen, den Meineidigen, den Lästerer, den Verächter der Götter und der Menschen, ohne Schonung bis über die Grenzen des Lebens hinaus verfolgen. Ein großer Theil der alten Mythologie schärfte die Lehre ein: Difcite julütiam monili nec temnere divos. 46 des Göttlichen genährt *). Die Selbsucht niederzuschlagen, durch“ heilige Scheu vor der überall nahen Macht die rohe Natur zu bändi- gen, und durch erquickende Heiterkeit einem frommen Gemüthe zu lohnen und es über die Schranken der Gegenwart zu erheben, war auch diese mangelhafte Religion vollkommen geschickt. Und auch dadurch ward ihre Wirksamkeit vermehrt, dafs ihre Offenbarungen. nicht auf Eine Zeit beschränkt waren, und der Mund der Unsterbli- chen immerfort zu den Sterblichen sprach. Ihre Stimmen erfüllten die Welt, und wendeten sich an jedes stille Gemüth, das sie aufzu- nehmen fähig war. In Träumen, Vorbedeutungen und Ahndungen wurden sie vernommen, und aus dem heiligen Dunkel der Orakel schall- ten sie vernehmlich dem Volk, lehrend, ermahnend, schreckend. Denn ungereimt ist es und ein Ausspruch der Unwissenheit, bey die- sen Instituten nur an frommen Betrug zu denken, welcher erst dann einvifs, als der uralte Glaube erloschen war, und ihn zu beleben auch der Betrug nichts mehr half. Viele derselben, vielleicht die meisien, waren auf eine natürliche Beschaffenheit der Gegend gegründet, und eine r) Nicht zus dem Glauben an die Götter, sondern an das Göttliche entblühte den Alten die Religion und religiöse Sittlichkeit. Keine Gottheit stand vor ihnen als Muster und Leitstern; aber die göttliche Natur ward von ihnen in dem innersten Gemüth erkannt und geehrt, und da die religiösen Gefühle durch so viele Anläfse erregt wurden, so war auch für das Leben der Sittlichkeit gesorgt. Erst danı veräelen die Sitten der alten Welt, wie in der neuen, als an die Stelle religiöser Motive eine kalte Gesetzmälsigkeit trat, die bey jedem Anstofs einer sittlichen Wahl zu fragen gebot: was befiehlt das Gesetz? und als man, statt die Wurzel zu begielsen, aus welcher die Sittlichkeit in frischer Kraft er- ; wächst, die Zweige beschnitt und in willkührliche Formen zusammendrängte, Durch diese Methode, welche zu einer gewissen Zeit auch unsere Pädagogik befolgte, wurde das innere Leben ertödet, und alles wäre verdorrt, wäre nicht die christliche Religion der Menscheit zu Hülfe gekommen, und hätte sie nicht, au der Stelle der moralischen Rechner, ein neues Geschlecht von Helden des Glaubens erblühn lassen, wie die alte Religion Helden des Vaterlandes und der bürgerlichen Tugend erzeugte. ’ - Ar eine Wohlihat für die Nation, welche durch sie an die Ausübung der heiligsten Pflichten mit desto gröfserm Nachdruck erinnert wurde, je unmittelbarer diese, für göttlieh geachteten Erinnerungen in das Le- ben eingriffen s). Eine andere Art sittlicher Offenbarungen, die auf eine andere Weise die Gemüther der Hellenen sittlich anzuregen und zu bewegen diente, bot die bildende Kunst an. Aus der Religion war sie hervor- gegangen, und die Reinheit, Sittlichkeit und Würde, die in ihren Wer- ken strahlte, zeugte für den frommen Ursprung und führte den Be- schauer zu diesen Quellen zurück. Wenn man meynt, die grolse Ueberlegenheit der Hellenen in den bildenden Künsten von ihrer fei- nern Sinnlichkeit ableiten, und vornemlich die Darstellung des mensch- lichen Körpers aus den häufigen Gelegenheiten das Nackte zu sehn, erklären zu können, so sollte man doch nie vergessen, dafs feine Sinn- lichkeit für sich nur Wollust, das Studium des Naclkiten aber nur sinn- liche Wahrheit begründen könne. Aber nie, oder doch nur in ein- zelnen abschweifenden Erscheinungen ist die Kunst der Griechen wol- lüstig, immer ist sie unendlich mehr gewesen als sinnlich wahr. Ur- - sprünglich bestimmt den Himmel auf die Erde einzuführen, und den Wenschen das ersehnte, gefahrlose Anschauen der Unsterblichen zu verschaffen, war sie von ihrem ersten Ursprunge an rein und keusch, und auch in ihrer steifen Unvollkommenheit durch hohe Würde und stillen Ernst wahrhaft göttlich. Nur den Stoff, und die Gestaltung des todten Stofles lieh sie dem Irdischen ab; aber das Todte wurde von dem frommen Gemüthe des Schaffenden beseelt, und das Irdische durch die Kraft einer göttlichen Begeifterung geheiligt. Wachend und träumend sahen die Künstler die Gestalten der Götter; die Flammen ihrer An- dacht durchdrangen die Masse, und warfen über die unverhüllte Nackt- heit den mystischen Schleyer der Unschuld und Reinigkeit. Wie ihr Ur- s) S. Groddeck Comment. de oraculorum, quae Herodoti historiis continentur na- tura et indole. 1780. 48 Ursprung, so war auch die Wirkung dieser Bilder.- Wie vor der Ge- genwart der Götter selbst unreine Dämonen weichen, so wichen auch _ vor ihren Bildern unheilige Gedanken, und die Dämonen der sinnli- chen Knechtschaft nahten dem Gemüthe des Beschauenden nicht. So war die Wirkung jener hohen sitttichen Grazie, die aus dem Gemüthe des Künstlers in sein Werk übergieng. Vergebens sucht ihr diese Grazie in der Bildung und Zusammenfügung der Glieder; vergebens wähnt ihr sie aus der Vergleichung des Schönen und Schönern müh- sam herauszusammeln; nur in dem Heiligthume eines keuschen und harmonischen Gemüthes wird sie, wie die Göttin der Schönheit, aus des l{eeres reinem Krystall, empfangen, und tritt aus ihm in die Ge- stalt, geheimnifsvoll gebohren, wie alles Göttliche, und auf gleiche Weise geheimnifsvoll und harmonisch wirkend. ‚Dieselbe sittliche Grazie aber ist in gleichem Maafse über die hellenischen Werke der redenden Künste verbreitet, und durchdringt, bald mit mehr Ernst, bald mit mehr Anmuth vermählt, die classi- schen Schriften ihrer Geschichtschreiber,, Philosophen und Redner. Sie war die Bedingung jeder öflentlichen Erscheinung, und als durch die Gewalt äufserer Einflülse die Sitten der Nation ausgeartet waren, blieb doch der Anstand, das Symbol der Sittlichkeit, und selbst der zarte Sinn für das Schöne, Gute und Grofse, durch so viele classi- sche Wuster genährt und geübt, erhielt sich bis in die spätesten Zeiten. Nachdem wir die geistigen Quellen angezeigt haben, aus denen die sittliche Bildung der Hellenen geflossen ‚zu seyn scheint, wäre auch noch von den äulsern Mitteln zu reden, die in ihrer Lage und Verfassung auf die Erhaltung der sittlichen Bildung wirkten. Diese sollen aber nur mit wenigen Worten berührt werden. Zuerst wol- len wir an die Einfachheit des Lebens, der Bedürfnifse und Geschäfte des Alterthums ‘erinnern, wodurch nicht nur ein schlichter Sinn er- halten, sondern auch vieles Böse und viele Verworrenheit vermieden wurde. + PmuRE 49 wurde. , Auch.der unbemittelte Bürger ‚durfte doch nicht sein ganzes Leben und alle seine Kraft der mühsamen Erhaltung des Daseyns aufopfern, und gleichsam nur leben, um nicht zu sterben; und die Verwaltung eigner und ößentlicher Geschäfte entrifs keinem den Ge- »uls der Mufse so ganz, dafs er darüber sein höheres Leben verloh- ren hättet). Es war-gewifs Kein unbedeutender Grund der höhern Vortreflichkeit. .der griechischen Nation, ‚dafs der Staat auch seinen Verwaltern eine freyere Bewegung verstattete, und dals. die Rotation der Ehrenämter in das Leben der Bürger einen ‚erfreulichen Wechsel von Thätigkeit und-Mufse. brachte. Ferner war, der ‚gröfste Theil der Geschäfte, die das gemeine Leben forderte, nicht nur ‚eine Schule und Prüfung der Klugheit, sondern noch weit mehr. der Gerecktigkeit, der Uneigennützigkeit: und des Wohlwollens., „Die meisten waren so an. das Ganze geknüpft, dafs auch das Geringfügige durch die be- seelende Idee ‚des. ‚Ganzen veredelt ward W; und was der christli- sszcl 1838) Ma chen t) Nach Lykurgus Gesetzen wurde dem Manne eine anständige Mufse verstattet: die Jünglinge aber sollen immer geschäftig seyn, damit sie eben der Mulse sich würdig machten, (Xenoph. de Rep. Laced, 3. $. 3.4.) Und Aristoteles sagt: (Polit. VI. 3.) „Obgleich das Leben Geschäftigkeit und Mufse fordert, so ist doch die Mußse vorzuziehn, und das Ziel der Arbeit, ‘Nicht uw''während der- selben zu spielen; sonst mülste Spiel der Zweck des Lebens seyn, welches un- möglich ist; auch pafst das Spiel.mehr für die geschäftvolle Zeit. Denn der Arbeitende bedarf des Ausruhens; das Spiel aber jst um des Ausrubens willen da, und durch den Genufs, den es gewährt, schafft es der Seele Erholung. Die Mufse aber hat den Genuls in sich und die Eudämonie und das Leben in Selig- keit. Diels findet abar nicht bey dem Geschäftigen statt, sondern bey dem Un- beschäftigten.” Diesen Grundsätzen gemäls, die in dem Munde des arbeit- samsten aller griechischen Weisen ein ganz eigenthümliches Gewicht haben, giebt Aristoteles für dieMufse eigene Lehren und bestimmt ihr eigene Künste. Wie das Leben sich jetzt gestaltet bat, wird die Kunst, sich der Mufse auf eine edle Weise zu erfreuen, bald zu den verlohrnen gerechnet werden müssen, u) „Der Unterschied zwischen knechtischen und freyen Diensten besteht nicht in den Dingen, die man thut oder die zu thun geboten werden, sonderu in der Form 7 des 50 ß chen Welt die Religion leistet, 'auch niedrigen und 'gemeinen Dien« - sten den Stempel der Treyheit und 'Verdienstlichkeit aufzudrücken,| - das leistete den Alten die Idee der Vaterlandsliebe ‚deren. Belebung das vorzüglichste Bestreben der alten Gesetzgeber war. Diese Idee war ursprünglich‘ ebenfalls aus der Religion 'abgeleitet , wie dem überhaupt die Verfaffung und Gesetzgebung der alten Staaten durch- aus nach religiöser Heiligung strebte." In den llaynen von Delphi; aus dem Wunde des Loxias, empfieng Lykurgus die Idee der'sparta- nischen Verfassung; und die grölsten und weisesten Gesetzgeber des Altertkums lebten in der Gemeinschaft mit! den Unsterbliehen. Man denke hier nicht an unwürdigen Betrug. Jene Männer, die’von der’ hohen Würde ihres Berufes begeistert,’ nicht 'in den Werkfätten des kalten Verstandes, sondern in der Tiefe ihres’ reichen‘ Gemüthes die» Wittel fanden, ihrem Berufe Genüge zu thun), fühlten allerdings die Gottheit und hörten ihre Stimme in’ den 'Eingebungen : ihres eignen‘ Geistes. , Was Wunder, wenn die gemüthvolle Gesetzgebung auch fremde Gemüther ergriff? ,, wenn. sie, auch auf, die spätern Zeiten mit der Kraft einer Offenbarung ‚wirkte? wenn jede, Veränderung, mit heiliger Scheu unternommen? wenn ihr Umsturz als ein Frevel gegen Götter und Menschen verabscheut wurde ? Dieses ist mehr, als alle menschlicheSanctionen wirken: können. ‚Die Gesetze der neuen Welt können sich mit dem Schrecken der. Gewalt umgeben; sie können durch die Nützlichkeit ihrer Wirkungen gefallen; aber indem sie fast immer nur die Klugheit in Anspruch nehmen, ‘beschränken sie das Gemüth und verletzen oft den zarten Keim der Sittlichkeit. _Dage- gen führte die Gesetzgebung der Alten in das Land der Ideen. Den Gesetzen zu gehorchen, war nicht bloß nothwendig und klug, son- dern auch fromm; und was in unserer Zeit oft erkältet und oft er- bittert, ward in der alten Welt eine heilsame Flamme, welche die : Selbst- des Thuns. Auch ein Freyer kann Sclavendienste mit Anstand und Würde thun, so wie auf der andern Seite die schönsten Zwecke dureh einen unfreyen Sinn erniedrigt werden, $. Aristot. Polit. VII. 4. A a 4 un m ar 2 8 ; re 51 Selbstsucht reinigte. So erduldeten die Spartaner die gewaltige Last der Opfer , welche der Staat ihnen abforderte, und, von der Idee des Gesetzes. begeistert, brachten sie ihm selbst ihr Leben mit einer rührenden Freudigkeit dar W. Diese Flamme des Patriotismus aber brannte um: desto gewaltiger, je mehr sie durch -die enge Beschrän- kung der Staaten zusammengehalten wurde; und dafs sie nicht erlö- sche, dafür ward durch eine Menge öffentlicher Einrichtungen, Fey- erlichkeiten und Feste von der Geburt bis zum Tode gesorgt. So waren die alten Staaten recht eigentlich auf die Tugend gebaut, und der väterliche Sinn ihrer Gesetzgeber gab den Gemü- thern der Bürger eine entschiedene Richtung zu guten Sitten. Ueber- zeugt von der Untauglichkeit vieler Gesetze, und dafs man nicht die Hallen mit Gesetztafeln,, sondern die. Seele mit dem Bilde der Ge- rechtigkeit erfüllen mülste w, suchten sie die Bürger zu dem Gefühl ihrer Würde zu erheben, und hierdureh, nicht durch Strafen, gegen Fehler und Nichtswürdigkeit. zu schützen. Die Bejahrten wachten über die Jüngern, und selbst mit der Glorie einer verdienten Würde umgeben, leuchteten sie der Jugend auf der Bahn des Ruhmes und der Tugend vor; die Scheu, welche sie einflöfsten, zügelte den ju- gendlichen Uebermuth; ihre Warnungen belehrten den Fehlenden, und ihr Zuruf feuerte den Wuthigen an, unermüdlich nach dem Ziele zu ringen, wo sie selbst ihre Lorbeern gebrochen hatten. Die re- publicanische Freyheit, welche ohne strenge Sitten nicht erhalten werden kann, wurde durch eine solche Aufsicht, die nur väterlich war, nicht gekränkt; ja, diese gieng aus dem Geiste der alfen Ver- fassung nothwendig hervor. In mehrern Staaten wachten daher be- sondere v) Wer kennt nicht die Grabschrift jener Drophundent, die i#ren Führern im Leben und über das Grab folgten : Wanderer, kömmst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest Uns hier liegen geschn, wie das Gesetz es befahl. £ nach Schiller. w) Ausdruck des Isokrates im Areopag. ce. 16, 7 2 ad ER a sondere Obrigkeiten nicht blofs über”die Beobachtung der Gesetze, sondern auch über die Sitten; und es ist bekannt, dafs es in Athen zu den Pflichten des EN gehörte, die Lebensart der Bürger zu beobachten, und diejenigen, welche unziemlich lebten, vor ihr Tribunal zu ziehen »). Ein solches Gericht würde ohne alle Kraft, ja es würde eine neue Quelle des Sittenverderbnisses gewor- den seyn, wäre es mit einer andern Sanction bekleidet gewesen, als der Sanction der öffentlichen Meinung, die auf seine Tugend gegrün- det war. Diese war aber bey dem erwähnten Gerichte so entschie- den, dafs es ein allgemeiner Glaube war, kein Unwürdiger könne demselben beywohnen, und wenn ein solcher der strengen Prüfung, die seiner Aufnahme. vorausgieng, entschlüpft wäre, so würde ‘er durch die Gemeinschaft mit so treflichen und ‘gesitteten Männern in _kurzem gebessert und ihnen ähnlich werden Y). ‘ So wurde auch in dem bürgerlichen Leben das Gute mehr durch Beyspiel als Lehre, ‘mehr durch väterliches Einwirken‘, als durch Gesetz und Strafe hervorgebracht. So lange dieser Geist in Griechenland herrschte, und er ist nicht eher ganz erloschen, als bis die Einmischung der feindseligsten Gewalt die“innere Ordnung zerstörte, war die Jugend sittsam und nüchtern, und auch der beisere Theil- der Erwachsenen, bey aller Brennbarkeit des südlichen Charakters, mäfsig, edel und wohlwollend. u Wenn 3) Isokrates in Areopag. c. ı8. Diesem Gerichte waren auch die Sitten aller bey den Gymnasien angestellten Lehrer unterworfen. _Aeschin. in Axiocho, Opp- Platon. T. III, S.367. In dasselbe traten bekanntlich nur diejenigen Archonten ein, die in ihrer Amtsverwaltung erprobt worden (oi doxieer>iyris.). Auch die andern Verwalter des Staates wurden strengen Sittenprüfungen unterwörfen, um die Pfeiler der Verwaltung, welche auf der Tugend ruhten, hinlänglich zu sichern. Aeschin. Or. in Timarch. $. 277. in Ctesiph, S. 429. u. Harpocration in deriuactsis. , y) Isokvat. Or. Arcopag..c, ı5. 53 Wenn nun schon dem Leben der Neuern vieles ermangelt, was die Hellenen zu bilden diente, so dafs kaum zu erwarten steht, dafs je ein ganzes Volk sich zu gleichem Range erheben werde, so darf doch darum kein Einzelner verzagen, als ob er nicht für seine Perspn die Höhe erschwingen könnte, die er an den Heroen grie- chischer Tugend bewundert. Das Beyspiel der alten Welt, so wie jedes von Gröfse und Heldentugend, wo es sich auch finden mag, soll nicht niederschlagend wirken, sondern erweckend, damit wir in unsern eignen Busen schauen, und die in uns schlummernden Kräfte aufrufen, und an uns darstellen mögen, was uns in andern entzückt. Das Grofse und Edle ist nicht an Ein Land, noch an Ein Zeitalter geknüpft; es ist kein Boden, der es nicht trüge, und überall wartet das schwellende Saamenkorn nur auf den günstigen Strahl, der seine Keime hervorrufe. Was in dem Alterthum frey gedieh, kann auch noch jetzt, wenn schon bey geringerer Begünstigung, dennoch in einzelnen Erscheinungen wirklich werden; und wer in seiner Tiefe den lebendigen Funken prometheischen Feuers spürt, der sündigt, wenn er ihn nicht aus allen Kräften zur Flamme anfacht. Er sün- digt an sich und an dem mitlebenden Geschlecht. Auch noch jetzt wirkt, wie vormals, des Beyspiels begeisternde Kraft; und wie der Blitzstrahl überäll den verwandten Stoff aufsucht und ergreift, so geht auch die Flamme des Guten und Grofsen von einem verwand- ten Herzen zu dem andern, und schlägt, sich verbreitend, durch die Wittheilung herrlicher empor. So hat uns die Anwendung dieser Betrachtungen mitten in die neue Welt und in dieses Land geführt, dessen erfreuliche Hit- bürgerschaft durch die Gnade des weisesten und gütigsten Königs dem Redenden zu Theil geworden ist. Indem dieser hier zum Ersten- mal in der Gesellschaft der berühmtesten und verdienstvollsten Män- ner, und vor dem hohen und aufgeklärten Publikum dieser Königs- stadt zu reden die Ehre hat, kann er es seinem Herzen nicht ver- ‘ sagen, das Glück zu preisen, dessen er genielst, Zeuge des reinen und 54 und ruhmyollen - Strebens zu seyn, das dieses Land und den ediern Theil seiner Bewohner erfüllt, andern Völkern. Germaniens Muster und Beyspiel zu seyn. Hier, wo alles Gute, Große und Schöne mit solchem Eifer aufgesucht und mit so vieler'Gewissenhaf- tigkeit gepflegt wird, wo die Muster schöner ‚ erhabner und liebens- würdiger Tugend auf dem Throne sitzen ‚ wo die Besten den Thron umringen, wo Gerechtigkeit sich mit Milde, Macht mit Liebe und Güte umschlingt, wo die aufblickenden Augen des glücklichen Vol- kes über sich einen Sternen - Himmel leuchtender Beyspiele sehn; wo jede Kunst ihren Tempel, jede Wissenschaft ihre Altäre hat; hier darf das Aussterben alter, angestammter Tugenden nicht ge- fürchtet, hier darf das Aufblühn. neuer und herrlicher Saaten mit Gewisheit erwartet‘ werden. \ E „ DENKSCHRIFTEN DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU MÜNCHEN KV. IDA S® HAcH,arr9,0.f CLASSE DER MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN. u x a = Ä e » 7 Pr F a z F} Ä u: [2 u 0 k r f} . , h 1 £ f u ı& ’ i - a k - ‚ \ | - 2 R ß S. Tu. SoEMMERRING Academicae Annotationes de teterebri administrationibus anatomicis, vasorumque ejus habitu. En Gr: Cerebri fabricam omni profecto tempore physiolegorum diligentiam exercuilfe, adeo, ut mylieriorum ejus revelandorum caufa, non in una tantum methodo excolenda acquiefcerent, [ed in diverfisimis ad- miniftrationibus anatomicis omnem dexteritatem, fubtilitatem et afsi- duitatem adhiberent, hiftoria literaria abunde comprobatum habemus.— Nihilo fecius recentisfimo tempore homines, rerum anatomicarum pa- rum gnaros, modo hanc, modo illam, antecesloribus noftris notißsi- mam, ufitatisimamque cerebrum adminiftrandi methodum, contume- liofe rejectis fere omnibus aliis, pro nova habentes et inftar optimae admirantes videmus. Liceat ergo, Sodales illufirisfimi, interjectis nonnullis obferva» tionibus novis, difpicere viarum varietatem, quas inierunt phyliologi ad partium cerebri fabricam et ufum eruendum. Immerito certe accu- fari videbimus phyfiologorum prineipes, quod non ex omnj i parte deli- eatilsimum corporis animalis organon conlideraverint, 8 $. 2. 58 N. Omnes omnino anatomici inprimis cultro adoriebantur cerebrum, recens, nullo liquore peregrino imbutum, nulla praeparatione indura- tum, artiliciofe fecando ejus partes, non modo, ut vulgo in demonftra- tionibus publicis fieri folet, asfulatim a parte. superiori incipiendo, fed etiam inverfa directione procedendo ab inferiori nempe parte, a latere, a parte priori et pofteriori. Quae fane methodus neque contemnenda, neque relinquenda, fed nofiris etiam temporibus primo loco commen- danda videtur. Ea enim fola methodo, callide et [apienter adhibita, neque ulla alia ventriculorum, pororum, canalium, commillurarum, corporum firiatorum, colliculicorum oplicorum, arcuum, cornuum, cörporum. quadrigeminorum ‚; conarü, acervuli, fepti, fornicis, emi- nentiarum candicantium , infundibuli, hypophyfeos , reliquarumque omnium cerebri, cerebelli et medullae fpinalis partium naturalis fitus, vera magnitudo, folitus color, integer nexus, brevi, verus, confians et perpetuus habitus, prout et fibrarum fafciculorumque medullarium pofitura, directio et textura, fida narratione inprimis a cl. Reilio # exhibita, eruuntur. — Quo circa quam maxime diffentio ab illorum Opinione, qui, nefcio qua arrogantia ducti, hanc cerebri admini- firationem anatomicam necellariam non fupervyacäneam modo, [ed fere inutilem palam pronuntiantes eo usque procaciae procedunt, ut, in- epta fimilitudine, cerebri artificiofas fectiones cum rudi cafei, mallae anorgicae et homogenae, partitione comparare non erubelfcant. b) Ejusmodi autem contumeliis nequaquam methodi bonitas fufpecta red- ditur, fed profectoris hebetudo et imperitia tantummodo arguitur. \ $. 3 Vetuftiorum anatomicorum nonnulli cerebrum induratum digi- ts disjungendo vel difcerpendo invefügabant. "Tractuum enim cine- reorum, a) In F.A.C. Gren. Neues Journal der Physik, Erster Band. Leipzig 1795. pag. 96. b) Inter alios autores exemplum narrat I. B. Demangeon: Phyfiologie intelleetu- elle. Paris. 1806. Chap. 40, 59 reorum, fibrarumque medullarium directiones, divarieationes, conne= xiones, transitus, decuflationes intimas difcapediendo quafi demonftrare conabantur. Qua fane methodo, caute et prudenter adhibita, qua- ‘ rundam encephali partium, praecipue fibrarum medullarium et eine- rearum fafciculatus habitus, fafeiculata medullae spinalis textura rudi- ter quidem, fed fatis dilucide enodatur. IWinime vero noya haec eft methodus, ut illiterati quidam opinantur, cum ante.centum fere ah- hinc annos Frid. Ruyschium © de talıs disjunctionis abusu jamjam con- querentem invenimus, hifce verbis: „‚Reiieciendum quoque, inquit, „.quod nonnulli faeiunt, qui poft indurationem in fegmenta digitis di- „Aringunt cerebrum, quo facto firiae apparent, ficut in caleo non ad- „modum indurato et in partes dilacerato , easque nobis obtrudere co- „nantur pro tractibus cerebri.” Me ipfum etiam nullo tempore ab hac methodo alienum fuilfe, non folum ea declarant, quae jam ante triginta annos 4) de radicibus nervorum nude fub membrana vafculofa carrentibus et q. (.r. annotaveram, et poltmodum de medullae. cerebri fibrofa ftructura ©), de feparatione fibrarum fecundum longitudinem, quibus fornix conftruitur f), et de explicatione pedis hippocampi 8) expofueram, fed ea etiam, quae no- vilsime detegere mihi contigit. Poftquam enim in nervorum opticorum deeullatione eruenda tantopere defudaveram, ut dilfertationis meae de balı encephali {phus38, commentarii duo de decullatione neryorum opti- Fa ; corum c) Epiftola anatomica decima fexta. Amft. 1713. F d) Diff. de bafi encephali. Göttingae. 1778. $. 50. recufa in Ludwigii feriptorum neurologicorum minorum tomo fecundo. €) Deutsche Encyclopaedie. Francofurti, apud Varrentrapp et Wenner. 1786. Arti- culo: Gehirn. Hane cerebri anonymice editam defcriptionem addito meo no- mine recudi curavi Moguntiae. 1792, titule: Vom Hirn und Rückenmark. Pag: 73. $. 54. f) lc. $. 59. pag. 79. et Neurologiae Francofarti. 1800, $. 38. g) L-c. $.59. 8, 8ı. 5 2 60 REG Fo corum b), differtatio Noethigii i) et neurologia mea & teftanturz; die ı7. Maji demum anni IEDCCCVI animadverti, hanc neryorum opti- corum decullationem in quovis cerebro facillimo negotio demonftrari polle, ruditer tantummodo, partim cultri ope lecando, partim digitis difeerpendo hanc deeuflationis particulam, quam Floriani Caldanii figura 1) nitidilsime repraefentat, In gado morrhua neryos opticos non decuflari, coram video in egregiüs [peciminibus a Cl. Dre. Albers mihi mifüis. Hujus habitus ab- normis caulam aegre intelligo, ni forfan in densitate nervorum optico- rum huic pilei peculiari querenda ellet. In plerisque enim pileibus nervi optici tali modo plicati cernuntur, quali M. Malpighius m) illos e Xiphia pifce delineat; in ranis vero, lacertis, crocodilis, fer- pentibus, tefiudinibus, rajis, prouti in cyprino ido et cyprino orfo inter pifces, nervus opticus alter alterum fimili modo pertranfit, ac tendo mufculi perforantis tendinem mufculi perforati. In univerfum autem talı cerebri dilaceratione nihil omnino erui- tur, quod non pari dexteritate adhibita, aeque bene multoque nitidius cultro erui et demonfirari poßsit. — Plerarumque verum partium fupra recenfitarum, verbi caufa ventriculorum, commilfurarum , corporum firiatorum, colliculorum opticorum , arcuum, reliquorumque omnis forma fimul hac methodo deperditur, eoque magis, quia notum et, cerebrum inprimis humanum gravitate [ua [ponte planum fieri. Quare ferenda quidem, minime vero praeferenda videtur dilaceratio cerebri artificiofae illius fectioni. — In ufum vocanda, quemadmodum ante- cellores noftri ea utebantur, nullo modo vero anteponenda omni- bus aliis. + h) Hefsische Beyträge, 2 et 4. i) De decuflatione -nervorum opticorun. Moguntiae. 1786. recufa in Ludwigii Script. neurol. min. tomo primo, k) $. 154. 1) Opufeula anatomiea. Patavii. 1803. Tab. 2, Fig. 4. ın) Epiliola de cerebro, faepius recula, San 64 $- 4 Contra illos vero methodi, quam optimam censemus, difputare faperfedeo yituperatores, qui yel faneta fimplicitate feducti, vel hypo- thefium nimbo obnubilati, vel lucri caufa vaferrimi, neglecta onıni fingularum partium cerebri jufta et debita expolitione, abftracta prius et remota membrana valeulofa, digitis difirahendo, infirumentis ob- tufioribus diftringendo, et aquae alperfione macerando, gyros cere- bri, de cerehallo enim filent, defiruere nituntur, illamque ‚gyrorum deftructionem, explicationem cerebri ab ipfis appellatam, non modo pro re noya, [ed pro vera explicatione cerebri, firucturam ejus illn- firante venditant. — Veram quippe encephali cognitionem non una tantum led varia methodo allequendam , ipforum fomniüs ablolute contrariam, ficco pede tranfeunt. Non novam autem elle opinionem iftam de cerebri plicata fabrica, Jacobi Berengarii Carpenlis verba fatis, fupergque probant. „Anfractus cerebri, inquit 9, quos Avicenna commilluras „vocat, funt certe pliche feu plicature vel crilpitudines, quae „funt in parte exteriori fubftantiae cerebri, ficut funt plicaturae „et crilpitudines in veltibus fericeis, laneiset lineis, non totaliter ex- „tenfis, fed circumvolutis noftris corporibus, quando non [unt totali- „ter extenle, et ideo faciunt illas plicaturas — quarum aliquae „funt parvae, aliquae mediocres et aliquae magnae, et fimili modo „funt in cerebro plicature, quas plicaturas fequitur pia mater ad „intra eas.” Haec verba adeo luculenta videntur, ut nullo commen- tario egeant. $. 5 Jam dudum porro, ut fupra $. 2. innui, folliciti fuerunt Phy- ‚hologi de methodo, qua cerebri malla durior reddita, formam inter adminiftrationem anatomicam melius conleryaret “ adeo, ut in cam quaquaverlum commodius inquirere liceret, eaquae deflexio a forma z k natu- n) Commentaria fuper anatomia Mundini. Bononiae. 1521. pag. 431. 62 naturali arceretur ‚ quae alias imevitabili fere modo ab ejus mollitie tenerrimaque textura aa folet. » Hocce adminiculum Tpacus vini fortior reclihcatus dictus praelftat, vel liquor e fpiritus vini partibus quinque vel feptem cum acidı nitrofi parte una mixtus, quo encephalus per aliquot menfes fufpenfus tenetur. Akforpta enım per hofce liquores nimia humiditate e malfa cerebrali, corruptio non modo, in quam confeftim ruere folet, arcetur, fed fimul malla reliqua coagulata quali durior redditur. Neque haec methodus contemnenda, quoniam ea [ola commode formam partium cerebri exter- nam conseryamus, quae alıas deperditur, inprimis in maximo hominis encephalo ob mollitiem fubfidente; quum vero per aliquot menfes talı liquore encephalus feryatur, adeo indurefeit, ut pofimodam dilfectio- nem diu durantem et fubülilsimam admittat absque ullo deformitatis periculo. Wonendum tamen hac praeparatione, molem cerebri paulo con- trahi, membranam valculofam eralsiorem reddi, atque eam, quae a di- verlo colore aafcitur,, particularum cerebri differentiam tolli. Carendum etiam, ne fibrofus habitus, quem variae cerebri par- tes, vel ipfa cinerea fubftantia ‚ tali induratione induere folent, pro naturali kabeatar. Parimodo enim ac lens oculi viva vel integra et recens ab omni fiructura Abrofa abhorret, quae corruptione vel coa- gulatione vel induratione demum oriri folet, ut alio fufius expofui loco °), fibratus pari modo habitus a fübstantiae cinereae vivae et re- centis Aructura prorfus abhorret et induratione ifta demum oritur. Coaguli Iymphae enim non modo, led etiam ipfius fanguinis alio- rumque fuccorum et partium. corporis animalis ea natura, ut coagu- latione in fihras radiatas zeolithiformes abeant. Calculorum biliofo- rum, inprimis pellueidorum mallam, igne liquefactam , congelatione »n finilem radiatum zeolithiformem habitum abire, Delii pP) experi- mentis” ©) In explicaione tabulae quintae iconum mearum oculi. ?) De Cholelithis oblervationes ei experimenta. Erlangae. 1782. 4to. ” u mentis facillime repetendis et figuris ab ipfo exhibitis notilsimum ® . videtur. # 3 Quinimo menle Wartio hujus anni, olla hominis et animalium , adjuvante Cl. Collega Imhoff, radiorum lolis lente vitrea collectorum - vi, in malläm vitream vertendo, manifeftie animadverti, vitrum hocce i pari modo eryktallos quali ‚ zeolithiformes aflectare, vel microfcopio - hufteatum minerae. illi,fimile videri, quam Germani,gemeine Horn- 3 blende vocant. — Specimina hujus vitri zeolithiformis ex ofsibus j hominis, boyis et ebore nati, vobis, Sodales illuftrifsimi, propono, - -, Ad rem novam veftro fuffragio, veftraque autoritate confirmandam. $..6. Alüi viri cerebrum coctione in oleo induratum examinarunt; ca- lore 'enim, aufugiente humiditate, malla reliqua durior redditur, faci- lius tractatur, commodiusque feinditur. Hocce adminiculo eadem fere praeltare pollumus, quac de induratione per liquorcs varios attulimus. A er = i 7 4 Ali contraria fere. via in cerebrum conglaciatum,, vel gelu in- duratum inquifiverunt; frigore enim malla cerebri obrigefeens facilius absque deformitate tractatur et feinditur. — Particulae vero et fibrae fubtiliores gelu nimis violenter diftrahuntur, diftractaeque vel rumpun- tur vel franguntur. — Non mirum ergo, parum admodum nos inde profecille r). $. 8 Ali, antliae pneumaticae ope difcerimen quoddam [ubktantiam eineream inter et medullarem extricare tentarunt s). 9 gQ) Confer differtationem meam de concrementis biliofs. Traj, ad Moen. 1796. r) Conf. $. 14. differtationis meae de bafı encephali. — Üblerrationes eollegii pri- vati Amftelodamenfis. pag. 9. 1605. Fr. Gennari obfervationes de cerebro conglaciato. Parmae. 1782. Jof. et Car. Wenzel Prodromus eines Werkes über das Hirn. Frankfurt. 1806. $) Hugh. Smith. Inquiries into the laws of animal life," London. 1780. pag. 21. y air G..9 j dee ‘ Aliı machinarum electricarum ope diferimen fubfiantiam eine- ream inter et medullarem obfervarunt t), (. zo. Venio nune ad vaforum encephali in angiologiae compendio W a me deferiptorum confiderationem, quorum haec natura elle folet. Primo: fumma dignum attentione, truncos arteriarum cerebri quatuor, duas f[cilicet arterias carotides et duas vertebrales, per cana- les offeos ad cerebrum tendere, ita, ut hisce locis, ad contractionem - et dilatationem, [yftolen et diaftolen dietam, prorfus incapaces repe- periantur. Contractionem quippe arteriae impedit arcta ejus eohaefio eum periofteo, dilatationem vero olsis fubltantia rigida elalticitatis ex- pers. Hac ratione provifum eft, ut fanguinis riyus non fubfultans , fed: aequabilis ad encephalunr perveniat. — In,bobus vero, ovibus, ca- pris, alüsque animalibus reti mirabili praeditis, aliter fe res habet; nulla feilicet arteria per canalem. 'offeum vertebralem ad cerebrum du- citur, [ed ejus, loco arteriae ‚carotidis ramus per foramen breve in era- nii cayitatem penetrat. Parimodo etiam arteriae carotudis truncus ce- rebralis non per longum quemdam canalem ofleum, [ed per brevilli- mum foramen cranii ‚cavitatem intrat, et eodem loco ofsis bafilaris, quo arteria carolis cerebralis in homine flexa et olsi adfıa reperitur, in rete fie dietum mirabile folvitur iterumque absque ramis emilsis in unum truncum eoadunata, dura membrana fuperata, ad membranam vafeulofam, quo tendebat, modo egregie ab ill. A.BonnWw) et [ummo B. S. Albino ) deferipto pervenit. Parimodo arteria ophthalmica in !) Pickel experimenta phyhico medica, de electrieitate et calore animali. Wirce- burgi. 1778. pag. 53. u) in $. 123, conferendo cum Paragrapho 105. 117. 121. 125. fegg. et 245. * w) De continuationibus membranarum L, B. 1763. reeufa in fecundo tomo thelauri differtationum a cl. Ed. Sandifort editi. x) Annotationum academiearum — Libro ımo. Tab. zda. - er ie re ’ DK NE 4 65 in homine'per canalem offeum penetrans, in bore ad oculi bulbum tendens in rete mirabile folvitur et coadunatur , antequam in arte- rias ciliares dividitur. Hac ratione ergo, ni me omnia fallunt, retis mirabilis ope, eadem curfus fanguinis aequabilitas in certis brutorum generibus prae- ftatur, quae adfixionis ad canales olfeos ope in homine efhicitur. Spe- eimina talium retrium mirabilium , 'Sodales illuftrifsimi! coram videtis. i Deinde comparando quatuor truncos arteriarum cerebri cum truneis non modo arteriarum renalium, fed etiam thyreoidearum, ar- teriae profecto corpus thyreoideum yel renes adeuntes abfolute majo- res mihi videntur arterüs encephalum adeuntibus. Multoties omni di- ligentia hane rem examinavi, arteriasque menfuravi. Quae caufa elt, quare encephali malla parum fanguinolenta, ut vulgo notum eft, ap- pareat, Tertio: arteriae cerebri non [olum adeo fübtılibus conflruuntur ‚membranis, ut miufculofa tunica, carere credantur, fed etiam ıplı trun- euli, telae rarioris ope, adeo leyiter aflıxi partibus vicinis, ut nullibi aeque leviter aflıxi reperiantur. Quarto: arterias membranae vafculofae minime comitari venas focias, prouti, oculo excepto, in omnibus reliquis partibus corporis noftri reperimus, fed retis arterioli ramulos oppolita fere via ramulis retis venofi, occurrere. Quare ramuli, furculique arteriarum ence- phali fimili fiructura cum truneis, e quibus oriuntur, gaudent. Notis- fimum enim eft, duos arteriarum carotidum et duos arteriarum verte- bralium truncos nullis venis accumbentibus gaudere, fed valde diftan- tes, quinimo olsibus interpolitis, remotos elle a truncis venarum jugu- larıum refpondentium. “ Truneuli'porro venarum cerebralium, finus longitudinales et finus transverfos durae membranae fubeuntes a trun- _ eulis arteriarum in bafi encephali fitis tanto fane fpatio diftant, ut plane non intelligam, an majori spatio diftare pofsint. Simillimo gi ai modo 66 modo fubtilifsimae arteriae, a fubtilifsimis venis (quatenus quidem oculis eas allequi licet) diversa decurrentes via, in (quayis particula Teperiuntur. 2 Doiendum interim, ifta in tabulis hucdum exprella non repe- riri. Praeter oculum enim, in cujus tunica choroidea non folum rami venarum vorlicofi, a ramis arteriarum rectis ) facıle difüinguuntur, fed etiam iple truncus arteriae 'ophthalmicae a trunco venae ophthal- micae finum durae membranae, venarum encephali more, fubeunte, olleo canale remotus reperitur, nullam aliam corporis humani partem novi, cujus arteriae non venas prefle accumbentes habeant. Quinimo ipsa dura membrana, encephalo adeo propinqua et vicina, arterüis ta- men nutritur, ad quarum latera venae ita incedunt, ut fingulus (quis- que arteriae trunculus ‚medius inter duas venulas parallelas decurrat. Brevi: arteriis encephali et arteriis ophthalmicis, ex eadem quippe ar- teria carotide cerebrali progenitis hoc privum videtur, ut cum venis ipfis relpondentibus pari pallu, vel prello gradu non incedant. Quinto: Ipfa autem membrana vafculofa encephali hifce arterüs prouti et venis adeo referta et fiipata, ut totam fere ex illis confirui crederes, cerebrum et cerebellum non modo arcte obdueit, [ed intra fuleos encephali proceffus fie dietos, plicas potius dicendos demittit. Hos enim procellus membranae valeulofae, revera duplici lamina, vel duplicata membranae vafculofae prolongatione compolitos elle, cauta fulcorum cerebri et cerebelli recentis diductio luculentifsime demon- firat. Pluries, data opera, duplicem hancce procelfuum laminam, m hominum animaliumque, verbi caufa vitulorum, encephalis rimatus fum, adeo ut revera hos procellus non fimplici, fed duplici lamina demilla confirui audacter affırmare fufineam. In fuperficie externa encephali, ob vaforum fulcos transgredien- lium magnitudinem,, hae, laminae contiguae firmius cohaerere videntur, quam paulo profundius. _Quare diductionis ifius initium dexteritate junctam y) Confer tabulaı quintam meam iconum oculi humani, s Er * 1 67 junetam attentionem, vasorumque transgredientium dilfecetionem vel dilacerätionem requirit. Simul ac vero diductio, feliciter fuperata fu- perficie externa incepta eft, facillimo negotio absque cultri ope, [o- . lis digitis ad fundum plicae perfectamque ejus explicationem usque eontinuatur. Membrana igitur vafculofa cerebri arteriarum fuarum ramos undique versum in fubftantiam eineream, quam etiam corticalem vocare folent, tam in cerebro, quam in cerebello ablegat. Earum 'arteriarum rami minores, utpote propagines illius retis arteriofi, quod ex parte membranam valeulofam conftruere, vel nudis oculis cerni- mus, tam numerofi, tamque füpati et quodammodo paralleli confpi- eiuntur, ut membrana valculofa ipfa caute a fubftantia cinerea de- tracta, fi in aqua [ulpenla fluitans examinatur, ubivis hirfuta, pellis adinftar appareat. Monendum tamen yidetur, non omnia vafcula fubftantiae ci- nereae inhaerentia extrahi, fed permulta, ni forfan fubtiliorum plera- que abrumpi, et ei infixa remanere.. (Quod fi enim omnia valcula extrahi pollfent, multo adhuc copiofiora vel fiipatiora apparerent. — ‚ Ramulorum vero nonnulli, hinc inde ultra cineream cerebri fubftan- tiam procedentes, medullarem fubfiantiam adeunt, ibique in furculos arteriarum more diftribuuntur ; hae arteriolae medullam perreptan- tes, nullo modo adeo copiofae vel ftipatae reperiuntur, ac illae, quae in fubftantia cinerea diftribuuntur 2). Quamobrem medullae fectae fuperficies rariora tantummedo vaforum lumina oftendens, medullam ad illas corporis partes perti- nere demonftrat, quibus pauca et fubtilia vala profpiciunt. Ramu- lorum minorum plerique hirfutiam illam in fuperficie interna mem- branae vafculofae efficientes, propaginibus fuis fubtilifimis in fub- ftantia cinerea ita diftribuuntur, ut vix ultra illam in medullam ipfam prolongari, fed potius in venulas transeundo finiri videantur. Hae 9° venulae z) Confer tabulam, 63 - renulae e radiculis minimis obortae, mox in majores radices coale- fcentes, ad membranam valculolam »truneulis , fenfim fenfimque mag- nitudine aucüs,. perveniant, ibique in truncos coadunatae in finus durae membranae finiuntur; prouti oculis nudis in omni fere cerebri füperäicie cernuntur, 1 Iforum autem procelfuum tunicae vafculofae, utpote verarum plicarum , firiete fic appellandorum. explicatio facilius in cerebro, quam in cerebello peragitur. Etenim ı. hi procelfus tunicae valcu- lofae ad cerebellum pertinentes, ob gyrorum anguftiam, vel, quod eodem redit, ob fulcorum cerebelli prelsius fe infequentium propin- quitatem, in universum majorem fubtlitatem requirunt in explicando, quam procellus cerebri. 2. lidem proceflus, ratione habita hujus angufüiae, profundius intra cerebellum demittuntur, quam intra cere- brum (vide tabulam adjectam e.e.) 3. Denuo in alios minores pro- cellus vel plicas abeunt (in tabula f.f.). 4. Nonnullis cerebelli locis tertia vice plicas efformant, prouti alibi 2 delineavi. _Minime - ergo mirum, hos tunicae vafculofae procellus aegrius e cerebello, quam e cerebro extricari. 3. Ifii procellus vel plicae membranae valculo- fae nullibi, neque in cerebro, neque in cerebello ad medullam us- que attingendam perveniunt, fed ubivis in cinerea adhuc fubftantia terminantur, adeo, ut rite tantummodo fecto cerebro vel cerebello, id eft, verticaliter ad fulcum, ubivis plicae terminus, aequali diftan- tia a medulla, interjacente cinerea fubftantia, remotus reperiatur (in tabula e.e.) 6. Poft felicem vaforum encephali repletionem artificio- fam cum‘ fubtilifsima mafsa einnabarina, nudis jam oculis, difünctius vero microfcopio adjutis, in fubftantia cinerea multo copiofiores cer- nimus valorum ramulos, quam in fublftantia medullari, praecipue fi - encephali particula minutius luftranda, vernice e copal parato adeo imbuitur , ut humoris aufugientis loculamenta vernice occupentur. Yabulae hance rem illuftrantis archetypum, tali modo paratum, mi- erolcopio examinandum, Vobis, Collegae honoratilsimi! propono, ut veliro a) Vom Organ der Seele. Tabula ı. in regione inter Alpha et Omega. EEE TEN NE EFIEDERRTELEELEN he Anne 69 veftiro judicio iconi fides et dexteritati pietoris laudes conftent. 7. Hi denique ramuli fubltantiam einercam non modo paralleli penetrant, fed in ferpentinos etiam [urculos frequentilsimis anaftomofibus junctos dividuntur, prouti cl. Koeck fumma diligentia hanc valorum diftri- butionem in tabula adpofita exhibuit. N Phyfiologi minutifsimam cerebri fabricam cognofcere et eo us- que penetrare cupientes, quousque [enlibus, quavis arte adjutis, liceat, particulas cerebri varias mierofcopio fubjecerunt, ut magnitudine aucta ea oculis attingerent, quae visus etiam optimi aciem effugiunt. Hisce adminieulis invenire fiuduerunt, quodnam texturae dilerimen fubltan- tiam cineream inter et medullarem, fubllantiam intermediam inter et nigram, fibras cerebri inter et nervos intercedat. Summam eorum, quae inde didieimus, tradidi in $. 79. Neurologiae. + $. 12 Analyfın insuper chemicam adhibuerunt, ad examinandam cere- bri nervorumque mallam, et de elementis, quae inde eliciuntur , docte difputarunt, prouti in eodem opere, $. 82. expofui, quibus experi- menta, quae cl. Jo. Lud. Jordan b) et M&rat ©) in medium pro- tulerunt, adhuc addi oportet. Lumen ipfum diei in cerebri maflfam, quae in fpiritu vini hae- vens et in vitro inclufa ei exponitur, ita agere animadverti, ut albes- cat, dum mafla cerebri a lumine remota e fufco flaveleat. Chemicis liquoribus eineream cerebri fubftantiam nigrefcere, medullarem albam reftare, annotat Ch. Bell 4, Acidi muriatici oxygenati liquidi ope, jam intra octo horas indurefcere cerebrum, docet Ill. Fourcroy 9. |. 13. b) Disquißtio evietorum regni animalis ac vegetabilis elementorum. Götlingae 1709. ce) Mömoires de la Societe medicale d’emulation. Paris. Vol. VI. pag. 461. d) Anatomy. Vol. II. pag. 76. e) La medecine eclairce par les sciences physiques. 1791. Tom. 1. pag. 269. 70 $. 13. Cerebrum etiam in corruptionem abiens et diffluens fedulo obfervare non reformidarunt f), $. 14. Circa exficcationem et conferyationem encephali in liquoribus variis yaria etiam inftituerunt experimenta, ut quomodo [e gereret in iliis experimentis encephalus intelligerent. Sic coram videtis ence- phali partieulas pofi immifsionem in acido fulphuris exficcatas ex rubro nigrefcere, in acido nitri flavefcere, in acıdo lalis denigrari, in oleo tartari per deliquium autem perfecte exliccari, colore natu- rali parum mutato, in naphtha petrolei contrahi quali medullam, in naphtha vitrioli e contrario cineream fubltantiam. Novum hic quoddam phaenomenon, cafu ante aliquot menfes mihi oblatum, ad ulterius cognofcendam diferiminis naturam, quod fubltantiam eineream inter et medullarem intercedit, forfan non in- utile addere liceat. Notifsimum eft, cerebrum in f[piritu vini fortiori diutius fervatum, amiflo colore naturali, non amplius in corruptio- nem vergere, fed aöri expolitum, facile exficcari. Jam vero, fi talis encephalus perfecte exficcatus, oleo terebinthino communi inditur , fubltantia ejus einerea intra aliquot dierum fpatium magis fulca, quam medullaris evadit. Idem fere, fed multo longiori temporis inter- vallo, evenire folet, fi encephalus recens eidem oleo terebinthino committitur. Si vero particula cerebri et cerebelli, quae diutius in $piritu vini fervata fuerat, et in qua notabile coloris discrimen fub- ftantiam ceineream inter et medullarem vix fuperelle videtyr, refiduo olei terebinthini, balfami fpifsitudinem habenti (poft iteratam ejus deftillationem refianti) inditur, intra aliquot mensium fpatium, con- trario prorfus, fed fimul manifeftiore modo, discrimen fubftantiam eineream inter et medullarem prodit. Cinerea nimirum cerebri fub- ftantia non folum albefcit, [ed etiam opaca apparet, dum fubltantia medul- %) Coufer $. 80. Neurologiae meae. RZ." 2.2 De ie“ a .- . u, Ti medullaris non folum eolorem fulco brunum induit, fed etiam pellu- cida redditur, prouti coram videtis, Sodales illuftrilsimi! (electis in Ipeciminibus. Prius phaenomenon, feilicet fiecatam fubftantiam cineream oleo terebinthino communi inditam, profundius tinctam apparere medul- lari, facilem fatis explicationem admittere videtur. Cinerea quippe fubftantia, ut alio expofui loco 8), medullari humidior vel fucculen- tior, exficcatione magis condenfatur, eamque ob caulam etiam colo- rem profundiorem induit. Alterius phaenomeni caufa non aeque Ii- quet; forfan refiduum iHlud balfamicum olei terebinthini majori gau- det quantitate oxygenii, quam oleum terebinthinum commune; forlan parı modo fubltantia medullaris etiam- majori gaudet quantitate oxy- genit, quam Jubftantia cinerea. Ob aflinitatem ergo elementorum balfamicum illud oleum terebinthinum cum fubltantia medullari citius et arctius jungitur, quam cum fubftantia cinerea. In cerebro enim adelle oxygenium, inter alıa teftantur cl. Richerandi obfervationes, eo redeuntes: cerebrum elle mallam albuminolam concretam oxygenio. h). Si particula illa cerebri, quae corporibus quadrigeminis et thalamis conftat, diutius in [piritu vini fervata exliccatur, medulla alba et cinerea fubftantia profunde fufca redditur, quemadmodum in hoc fpeeimine diltincte cernitur. j $. 13. Phyfiologorum autem principes non hominum folummodo, fed etiam brutorum , quorumcunque vel in natura, vel in iconibus, vel in feriptis copia dabatur, cerebrum et nervos omni diligentia et fubtilitate rimati funt. Nominafle fufficiat praeter Th. Willisium, S. Col- g) Neurologiae $. 36. nota 6. h) ‚„‚Une masse albumineuse concrete par I’ oxygene.” — Memoires de la Socicte medicale d’ emulation, troisitme annee, "2 s S. Collins, fummum B. S. Albinum, Camperum et Dauben- tonium, inprimis Hallerum, Blumenbachium, Guvierum, Ebelium, Fischerum, Ludwigium, Monroum et Scarpam. — Hallerum enim, in opere immortali hiftoriam cerebri et nervorum tradentem, videmus incipere a fimplicilsimo, vel fi maryis, imperfec- ufsimo animali, gradatim procedere a magis, magisque perfectis, donec ad perfectifsimum anımal, hominem accedat. Varia feilicet in cerebris brutorum defiderantur; varia multo minora, quam in ho- mine; varıa e contrario multo majora; varıa difüncte cernuntur, quae in homine vel omnino latent, vel non absque difficultate de- monftrantur; varıa aliter conformata; varia addita et brutis priva vi- dentur. Quibus alio forfan loco fuhus pertractandis, hoc unum ad-, dere liceat, nos nimirum ad rationem phyficam reddendam, cur homo animi facultatibus omnia religua animalia fuperet? nulla alia via pervenire polfe, nifi comparando encephalum et neryos hominis cum encephalo et nervis brutorum i), $. 16. Cerebrum autem non modo yita defütutum fedulo examinari- mus, fed ad cerebri vivi etiam phaenomena confideranda animum adpulimus. Occafione enim oblata in hominibus vivis, vel capite, vel columna vertebrali W laefis aut vulneratis, circa irritabilitatem et fenfibilitatem cerebri experimenta infütuimus; .pulfus vel ictus arte- riarum cerebri vidimus !); calvariae fruftulo ablato,, cerebrum alter- natim tolli, vel inturgefcere et fubfidere; prello cerebro fomnum in- duci ebfervavrimus N), 2 $. 17. i) Tabula bafeos encephali. Francof. ad M. 1789. cap. ı. k) Conf. dillertationem meam: Bemerkungen über Verrenkung und Bruch des Rückgrates. Berlin. 1798. 1) Ant. Portal Cours d’Änatomie medicale. Paris. 1804. Vol. V. pag. 66. et Ri- ceherand Memoires de la Soeiete med. d’emulation, Troisieme annee pag. 210. m) L F. Blumenbach Infitutiones Phyfiologiae. Gött. 1798. $. 207. — et Por- tal sur la nature et le traitement de plusieures maladies, Paris 1800. Vol. I. pag. 248, cn Se Bee a 73 | $. ım. Ad functiones cerebri ulterius cognofcendas monfirorum, tam mortuorum, quam viventium confiderationem nullo modo neglexille phyfiologos, fatis inter alıa demonftrant deleriptiones innumerae exem- plorum illorum frequentilsimorum ®), quibus conltat, etiam toto ce- rebro et medulla Ipinali deficiente foetus non modo vegetos et pin- gues nafci, fed etiam natog vivere, vociferare et fugere, per aliquot horarum (patium ©), manifefto argumento: cerebrum et medullam fpinalem ne ad nervorum incrementum et nutrimentum quidem, ne- dum ad vitam alendam necellaria elle. Dum autem animadvertimus, in talibus monftris humanis, vel vere acephalis, vel cerebro defütutis, femper fimul renes fuccenturiatos [o- lito minores reperiri, nexus quidam obfcurus cerebrum inter et haec organa fulpicandus videtur. Memoratu etiam dignum, cl. Meckel p) annotalle, in brutis, v.c. felibus, fuibus et canibus cerebri defectui renum fuecenturiatorum magnitudinem non refpondere. Contrarium quodammodo, feilicet cerebri absque trunco exiften- tis exemplum habemus in unico illo monfiro bicipite Bengalenfi, a cl. Ev. Home deferipto et delineato ), cujus eranium in Joannis Hun- "teri mufeo Londini conferyatur, pueruli feilicet biennis caput, cui alterum inver[um infidet, $. 18. Cerebri praeterea morbis peremtorum corpora diligenter fatis fecuerunt medici non ignobiles, ut etiäm hac via, ad fabricam et ulum n) Satis frequenter ifla monfira oecurrere vel ex eo patet, quod ipfe quinque fpeci- mina pofsideam, f 0) Conf. egregiam monographiam Ed. Sandifort, defcriptio infantis cerebro de- ftituti. L.B. r784. exemplis a viro clarifsimo allegatis recentiora addidi in Ab- bildungen und Befchreibungen einiger Mifsgeburten. Francof. 1791. d p) Abhandlungen aus der menfchlichen und vergleichenden Anatomie, Halle 1806. in praefatione. “ D Philofophical Transactions for the Year. 1790. Vol: 80, pag. 295. ıo 74 . 'ufum cerebri nlterius cognolcendum, quantum liceret, conferrent, ut nimirum Comperirent, quodnam forfan morbi praegrefsi Iympto- ma e laelione ve! affectione hujus vel illius particulae cerebri deri= vari pollet. Quum, verbi caula, aniımadverterent, affectus alterius lateris corporis , oppolito cerebri latere laefo r) provenifle, non im- probabili inde conjeetura allequebantur, fibrarum cerebri decullatio- nem, quayis cerebri idonei lectione facile confirmandam. Simili oecafione adjuto, mihi ipfi contigit neryorum opticorum Hallero- et Morgagnio non modo prorfus incognitam, fed etiam improbabilem deculfationem detegere, licet, ut’ fapra |. 3. attuli, hodie facili jam negotio in quovis cerebro demonftrari polsit. Quum porro coecitatis caufam non modo in oculo et nervo optico male aflecto, [ed etiam in thalamo, five loco ab oculo remo- tilsimo invenimus, recte inde concludimus, thalamum ad visum con- ferre, finesque fire extremitates centrales nervorum opticorum reyera ad thalamos pertinere. Quam veritatem anatomicam nuperrime denegari latis profecto mirari nequeo. Antiquam ergo hanc veritatem, [eilicet, nervos opti- cos ad thalamos potius, quam ad corpora quadrigemina pertinere: no» .yis quibusdam in medium prolatis argumentis conlirmare conabor. Primo: Vince. Malacarne °) in infante oculis deficientibus nato, polt duos menfes mortuo, animadvertit bulbos oculi et nervos opti- cos non modo, fed etiam thalames deficientes. Deinde: nervi optici marcorem cum thalami manifefta immi- nutione conjunctum fuilfe, non folum mea, fed etiam Ackermanni, Billmanni, Cloffii, Ebeli, Michatlis, Rougemonti, prae- cipue vero Walteri, anatomiei praeltantilsimi, -auctoritate adeo com- ) Novißsimum exemplum debemus ill. Blumenbachio, Infitut. Phyfiolog. Göt- ing. 1798. $. 207. nota. s) Memoires de la Soeiete med. d’emulation. Cinquieme annee 1803. Paris. Cranium hujus infantis fervatur in collectione Acad. Tieinenfis. Pd ı ı BE Je - 75 comprobatum habemus !), ut exinde rite coneludere liceat,_ nervös opticos ad thalamos pertinere. Tertio: amaurofin a ventriculorum anteriorum (i. e. thalamo- rum) conglutinatione ortam annotaverat jam Bonet W, prouli_re- centifsimo tempore amaurofin a pellicula thalamos obvelante, oculis et reliquo eerebro integris annotavit Kruse”); ventriculo (i. e. tha- lamis) quodammodo turgefcente et membrana cralla et callofa ob- ducto, ex qua fubftantia fungofa ad infiar nucis majoris avellanae enata, antrorfum inclinante et ex parte cruciformi nervorum optico- rum conjunetioni iucumbente, coecitatem, nullo vitio in oculis ad- parente, obfervavit vir egregius Ph. Ad. Böhmer 9. Amaurofeos, longitudinis fingularis, et phthifeos oculi caufam invenit cl. Pro- ehaska») in tumore thalamum premente, corpora vero quadrige- mina, quae fimul delineat, morbofe affeeta fuille non memorat. Coe- eitatem a tumore neryorum opticorum exortui (i. e. thalamis) ineum- bente integris nervis optieis oblervavit F. Plate? 2). Coccitatem a thalamis firigofis obfervayit Morgagni 9. . Thalamum immmutum et collapfum junetum eum nervi optiei imminutione vidit incilor ac- euratilsimus P.F. Meckelb). Denique caecitatem a tumente. thala- mo merito derivat el. Ford o). Quarto: thalami alterius imminutionem junctam elle cum corporis quadrigemini, ifü thalamo vieini et ipfius conarii imminutione non 5 masıs t) Memoires de I’ Academie des feiences. Berlin. 1792. vel Abhandlungen der kö- nigl. Akad. der Wissenschaften zu Berlin, 1788 — 1789. pag- 6. obf. 2. et. a) Sepulcretum. pag. 331. Obf. x. F w) Apud Hufeland. Jeurnal der praktischen Arzneykunde. Tom. 3. pag. 483. x) Obferv, Anatomicarum rariorum. Hlalae. 1766. Obf, 3. y) Adnotationes acad. Falc, 3, Pragae, 1784. Tab. V. z) Apud Bonet in fepulchreto. pag. 329. a) De fedibus et caufis morborum. Epif- IX, art. 20, lib. 1. p- 74. b) In nota ad $. 509. verfionis meae germanicae phyliologiae Halleri. pag. 386. €) Medical communications. Vol. ı. 1784. d) Hanc conarii imminutionem obertam a laefone oculi primum detexi d. 4. Nov. 3807. Menachii „ et praeparata fervo liquore idonco. ı0 7 „5 magis mirum videtur, quam bulbi oculi imminutioni brevi tempore fupervenire etiam orbitae imminutionem. Coram video in cerebro ı rupicaprae, oyis et equi, unius oculı corruptione obortam elle non modo nervi optici ejus imminutionem ad decullationis locum usque, fed etiam ultra illum locum in oppolfito cerebri latere, extremitatis centralis nervi optiei, thalami, imo ob vieinitatem corporis quadri- gemini dimidiae partis conarii quoque imminutionem. Nonne quoti- die videmus, partis alicujus infigniter laefae cicatricem fieri non polle absque vicinarum partium deflexione a forma natural. Quo major laelio fuerit, eo major etiam ifia deflexio. Quantopere nonnunquam palpebram integram, per fe fanam, non modo fuo loco diftrahi, fed fimul imminui et deturpari videmus a cicatrice infigni genam foedan- te, quamvis vel ultra pollicem ab ipfa palpebra diftante. Quinto: fibras aliquas extremitatum centralium nervi optici interdum ad corpora quadrigemina üsque nos prolequi polle, neque novum, utpote tefübus hujus rei Ridleyo, Morgagnio, Wins- lowio et Zinnio, triginta ante annos ame allegatis ©), neque. ullo modo fufkciens ad dogma denegandum : nervos opticos ad thalamos pertinere. Sexto : Magnitudinem corporum quadrigeminorum in brutis re[pondere magnitudini neryorum opticorum, ex hypothefi nimis au- daci alleri, experientia me docuit. Magnus enim ifie error compa- ratione cerebri leporini cum canino facillime refutari poteft. Lepo- res nimirum et ipfi cuniculi abfolute majora, quam canes, habent eorpora quadrigemina anteriora, quamyis oculorum et nervorum op- !icorum -magnitudine canes multo fuperant lepores et cuniculos f). Septimo:: Simili hypothefi audaci affırmari audivimus, vala eerebri ductum fibrarum nervorum opticorum tali modo fequi, ut- origines earum e corporibus quadrigeminis prodant, fed longe aliter rem e) Dil. de bafßi encephali. Göttingae. 1778. 9.33. f) Data opera anno ı807 menfe Majo pluries in hance rem inquißvi, adeo, ne nullum mihi de ca re dubium fuperät. 1 77 rem inveni. Arteriolae enim, quae originibus nervi optici parallelae incedunt, vix ad corpora quadrigemina ramos ablegant, et fi able- garent, hi rami, quoad fibras nervorum opticorum transverfi, non paralleli decurrerent. Dolendum, ad hanc arteriarum diftributionem illuftrandam Halleri, Mayeri et Vicg d’ Azyrii icones non [uf- ficere. Sed haec hactenus. Morbi porro cerebri poft mortem invefligati circa fabricam et ufum ejus varia alia docuerunt. Quum enim animadrerterent Phy- fiologi, infignem encephali partem exoftofi 8), vel aliis tumoribus ce- dentem, eyanuille, vita nihilofecius fuperfüte, recte inde conclude- bant: Cerebrum ad yitam vegetabilem fuftentandam non omnino ne- cellarium elle. A comprelsione extremitatum centralium nervorum intra cra- nium abolitionem ejus fenfus obfervarunt, ad quem ifte neryus per- tineret, verbi caufa, anosmiam a tumore nervos olfactorios compri- mente »), furdidatem a comprefsione nervi auditorii intra cranium i), vocis laefionem a comprello nervo quinti paris »). Aceryulum vero, five lapillos glandulae pinealis minime alie- nationis mentis caufam elle, fed eam potius ad naturalem cerebri firueturam pertinere, multis argumentis in medium prolatis, demon- ‘ firare annilus fui *), nec modo viros illufires Portalium!), Vicq. 'd Azyrium m) et Blumenbachium ®, fed etiam omnes jam mecum confentire laetor phyfiologos coacvos. $. 19, g) Confr. M. Baillie Anatomie des krankhaften Baues des menschlichen Körpers. Berolini. 1794. pag. ultima. h) Mery Progres de la medecine. 1697.— L Loder Progr, de tumore fcirrhofo et organo olfactorio. Jena. 1799. j i) Sandifort Obf. anat, pathol. Lib. ı. cap. 9. c. fig. k) In duobus aegris. Prochaska adn. änat. fale. 3. pag. 207 et 3ıg. *) In Differtatione peculiari de acervulo cerebri, recufa in Ludwigii fel. feriptor neurol, Tom. 3. 1) In ipfo illo celeberrimo ingenio Pico de Mirandola acervulum adfuiffe anno- tat Anatomie medicale. Vol. IV. pag. 50. , -m) Blanches anatomiques, Planche 27. n) De generis humani varietate naliva. Göttingae. 1795. $. 16. et infitulionum Phy hologiae, Gött. 1798. |. 216. $. 29. | Brr, Ali, inter quos Arnemann ©) eminet, data opera, varias encephali-partes in brutis fülo adacto, vel alio infirumento faucia- runt, ut comperirent, quae inde motuum diverfitas in partibus cor- poris oriretur? Quo gradu partium cerebri lethale pericuhım differret? eujus infünetus vel adpetitus -deperditio, eujus fenfus immutatio vel abolitio hujus vel illius partieulae cerebralis irritationem vel abolitio- nem infequeretur? Quibus adminieulis fagax ac vigil femper natu- ra, ad removendas iftas cerebri affectiones uteretur? Quo denique modo in vulneribus iftis refareiendis natura procederet? (. 20. Noftris denique diebus, cerebrum non modo brutorum »), fed ipforum etiam hominum, vel laqueo fulpenforum ® vel capite plexo- zum r) crudelifsimis, me judice, experimentis, adfecerunt s), ut ni- mwirum, in capite ableillo oblervarent — — voltum ritalem, oculosque patenteis, Donee relliquias animai reddidit omneis t). $. 21. ©) Ueber die Regeneration der Nerven, und Versuche über das Gehirn und Rücken- mark. Tom. IL Gött. 1787. p) Gruitluisen über die Exifenz der Empfindung in den Köpfen und Rümpfes der Geköpften. Augsburg. 1808. q) F. Aldini Essai theorique et experimental sur le Galvanisme. Paris. 1804. x) Leveling in Neurologiae meae $. 332. pag. 40%. — O. F. Eloffius über die Enthauptung. Tübingen. 1791. — Ackerwann, Prof. Heidelbergenfis, in lit- teris ad me datis. — Wenzelii fratres in feripto peeuliari. Aldinil. ec. 6ruithuilen l.e. et &Wendt— über die Enthauptung im allgemeinen etc. Breslau. 1803. Ejusdem über die wahrscheinliche Fortdauer des Bewußstseyns in einem vom Rumpfe getrennten Kopfe. ibid. 1803. — W. G. Kelch über die Wirkungen der Electrieität durch Versuche mit dem Körper eines Eut- haupteten. Königsberg. 1803. | s) Autor appellationis: An alle Regierungen, wider die Anstellang marternder Ver- suche an den Köpfen der durchs Schwerdt Hingerichteten. Leips. 1808. aeque horrendum fupplicii genus preponit, Ä #) Lweretius_de nat. rer. Lib. HI. v. 65%. r 7% $.,21: Ingenue tamen fatendum, omnibus hisce cerebrum admini- firandi methodis, adminiculis et artificiis, quae ut vidimus, artificiofa fectione $. >. disjunctione $. 3. explicatione {. 4. induratione |. >. coctione $.6. congelatione (. 7. antlia pneumatica {. 8. machina elec- trica {. 9. injeetione {. 10. microfeopio {. 11. analyfı chemica |. ız. putredine |. 13. confervatione ({. 14. anatome comparata {. 15. phae- nomenis cerebri vivi |. ı6. monftris |. ı7. fectionibus pathologicis |. 18. vulnerationibus {. 19. experimentis in ipfo capite vivente abfcillo in- fütutis |. 20. nituntur, nos parum profecifle ad cognolcendum par- tium cerebri Kgbların ufum. Praeter thalamorum enim ufum ad perficiendum vifus fenfihn, nullius aliae particulae ufum, ne probabili quidem conjeetura huc- dum allecutos elle phyfiologos, mecum conlentit anatomicorum Pari- finorum ordo celeberimus W. Nam cerebellum memoriae infervire non magis compertum habemus, quam appetitus venerei organon elle. Commilfurarum ope partem cerebri dextram cum finiftra jungi, earum ergo ufum in hoc nexu verfari fatis patet; fed hoc cur potius, quam alio loco pofitae [int hae commilfurae, non aeque patet. Ventriculorum ope, in homine non modo, fed ipfis etiam in pifeibus fpatium, cerebri inter partes, halitu vel humore repletum parari, adeo ut nullo modo cerebri partes fuperiores inferioribus adaptentur, vel aliis verbis, lacunar ventriculorum fundo eorum ne- quaquam refpondere w), jam extra omnem dubitationis aleam pofitum videtur. Pluries data opera in hanc rem fedulo inquilivi,. et nuper in (plendido virorum, ingenio, doctrina, et omnis generis eruditione illuftrifsimorum confeflu demonftravi. Expli- u) Annates du Museum d’ histoire naturelle. IV. annee, V. Cahier. 65. de la collection. w) Vom «Organ der Seele. Königsberg. 1796. Explicatio Tabulae. Particula cerebelli infantis poft vaforum artificiofam repletionem, in vernice e refina copal parata, ita ficcata, ut humoris loco ifta vernice imbueretur, quo facto vala difünctius cernuntur. A. Magnitudo naturalis particulae, quae in altera figura 2gies dia- meitro aucta repraelentatur. a. Cinerea cerebelli fubftantia. b. Subftantia intermedia ceerebellı. c. Medullaris cerebelli fubftantia. d. e. f. Tunica vafculofa cerebelli. d. fuperficiem tegens. e. ful- co ab utroque latere plicae in modum demilla fe infinuans. f. fecunda vice parem plicam efformans. g. h. Arteriae Jumen, divifae in duos majores ramos, h. h. e qui- bus ramuli minores iterum, iterumque divili, ferpentini, adeo eopioli oriuntur, ut maxima pars fubftantiae cinereae valıs con- ftrui videatur. %. k. Ramuli ad medullam ablegati. Multo rariora vafa in me- dulla occurrere l[atis vel hac icone liquet. % 7 2 2 z ersiailbo, REN PIE: —SSDPPHOoOPPRAOPOOo OOo OOo on 1l. Bemerkungen über den Bau der Augen verschiedener Thiere. Von Dr. LA.ALBERS in Bremen. I» Bemerkungen über den Bau des Auges der Riesen- Schildkröte (Teftudo Mydas). f D:. Augenhöhlen, mit deren genauen Beschreibung ich mich hier nicht beschäftigen will, liegen nicht wagerecht, fondern laufen von hinten nach vorn schräg abwärts, so dafs der kleinere Augenwinkel beträchtlich höher liegt als der gröfsere. Dieselbe Richtung haben die Augenlieder, von denen das obere beym ersten Anblicke grölser zu seyn scheint als das untere, welches aber nicht der Fall ist. Der Grund davon ist, dafs aus dem obern Augenliede, besonders am Au- genhöhlen -Rande mehrere gröfsere und festere Schuppen sich befin- den, als am untern, welches sich daher leichter falten kann. Da dieses Thier, vermöge seines ganzen Baues,, seine Nahrung unstreitig leichter unterwärts als nach oben suchen kann, so erscheinet der Augapfel auch mehr abwärts gedrehet, zu welchem Ende auch die ebenge- nannte grölsere Beweglichkeit des untern Augenliedes erfordert wur- de, die man auch bey lebendigen Subjeeten wahrnimmt. Das obere 1 Augen- 82 Augenlied ist nur an seinem untersten Theile gefaltet; oberwärts hat es acht grofse und eben so viele kleinere Schuppen. Das untere Augenlied hingegen bildet, wenn das Auge geölinet, drey ziemlich großse Falten. Die Verbindungshaut erscheinet äts blafs - röthlich, und bildet die grofse Blinzhaut, welche von vorn nach hinten schräg abwärts läuft, und an ihrem untern Theile am breiteften ist. Ober- wärts, mehr nach dem Rande zu, bemerkt man deutliche Muskel- fasern in denselben, die, wenn diese Membran das Auge nicht be- deckt, schräg von oben. nach unten zu laufende Falten zeigt. Die 'Thränendrüse liegt ganz im hintern und innern Theile der Augen- höhle, und hat eine pyramidenförmige Gestalt, doch so, dafs die Basis derselben, mit welcher sie dicht am Augapfel liegt, concar ist. Sie ist auffallend grols, von braun - röthlicher Farbe, und besteht aus grölsern und kleinern Läppchen, wovon ein jedes beym Durch- schnitte, eine äufsere dunklere Rinden - Substanz, und eine innere hellere Mark - Substanz zeigt. Der Ausführungsgang ist nur kurz, aber ziemlich weit, und öffnet sich an der innern Seite des Augen- liedes, ganz nahe am hintern Augenwinkel. Diese Drüse sondert einen dicken zähen Schleim ab, der sich besonders an der innern Fläche des untern Augenliedes ansamnmel:. Von vorne betrachtet ist der Augapfel nur flach, der hintere Theil hingegen ist ziemlich stark gewölbt. Die derbe Haut ist sehr fest, und in der Mitte und nach dem grolsen Augenwinkel zu am dielisten. Man kann drey Lamellen an ihr unterscheiden, nämlich erstens eine äufsere hornartige wie bey vielen Vögeln, die im frischen Zustande ein dunkelblaues Ansehen hat. Die zweyte Lamelle ist eine zähe, dicke, bräunlichte Materie, von ganz eigener Beschaffenheit, welche sich leicht mit dem Messer ahkratzen läfst, und die verschiedene Stärke der festen Haut ver- ursacht. Die dritte innere Lamelle ist die sogenannte lamina fufea, die schr zart ist, und ein pechschwarzes Anfehen hat. Der vordere Theil der festen Haut ist mit einem Knochenringe umgeben, der wie bey E . Ban ne, a ne Me rn 2 03 bey den Vögeln aus mehreren einzelnen Theilen besteht. Bey dem von mir untersuchten Exemplare zählte ich zehn Schuppen, die aber keiner so grofsen Beweglichkeit wie bey den meisten Vögeln fähig zu seyn scheinen, ungeachtet jede Schuppe zwey Gelenkflächen hat, ‚ mit welchen sie auf der benachbarten ruht, Die Hornhaut ist eine dünne, etwas ovale, schwach gewölbte Membran, die sich in mehrere Lamellen zertheilen läfst, und bey ihrer Verbindung mit der festen Haut von einem dichten Zellgewebe, welches einen schwarzen Ring bildet, umgeben ist. f Die Gefäfshaut erscheint röthlich - schwarz, und ihre innere Fläche schillert nicht im mindesten. Der Faltenkranz besteht aus schwachen, eben nicht langen . Falten. Die vordere Fläche der Blendung ist silbergrau mit schwar- zen Punkten; die hintere ist hechtschwarz. Das Lichtloch ist rund. Die Markhaut ist breyartig, und hat nach dem Tode ein: gel- bes oder blau-röthliches Ansehen. ; Bey einigen Schildkröten. bilde- ten diese Farben schr schöne Wellen, bey andern hingegen mehr x . gerade laufende Streifen. Der dünne Sehenerre durchbohrt die feste Haut ganz excen- trisch an ihrem untern Ende. An der innern Seite des Augapfels bildet er eine kleine Hervorragung, von welcher die Markhaut seit- wärts abgeht ®. Bey einer achtzig Pfund schweren Schildkröte, de- ren Auge ich, unmittelbar nachdem man ihr den Kopf abgehauen, untersuchte , fand ich das mit einem gelben Saume umgebene Cen- tralloch. Als ich es nachher bey einem andern, gleichfalls eben geschlachteten Subjeete suchte, fand ich es nicht. Leider hatte ich _ seitdem keine Gelegenheit diese Untersuchungen weiter fortzusetzen, 1? und a) Cuvier Lecons d’anat. eonip. t. 2. p- 417- 8 — und bin daher his jetzt noch ungewils, ob meine erste Beobachtung richtig gewesen oder nicht. Die Linse ist nur klein, und an ihrer vordern Fläche mehr gewölbt, als an ihrer hintern. _ Die vordere Augenkammer enthält wegen der geringen Wöl- bung der Hornhaut nur sehr wenig Wasser. n Bemerkungen über den Bau des Auges des Kabeljaus (Gadus Morrhua.) De ganze hintere Theil des Augapfels ist mit einer grofsen Menge einer gallertartigen Materie umgeben, über welche die Augenmuskeln hinweglaufen. Die derbe Haut (Sclerotica) ist nach hinten am dick- sten, und bey ihrer Verbindung mit der Hornhaut am dünnsten; sie besteht aus zwey Lamellen, wovon die erste häutig, die zweyte hin- gegen hornartig oder knorplicht ist, und sich wiederum in mehrere Lamellen theilen läfst, wovon die letztere innere mit einer Wallrath- oder den concrementis olleis ähnlichen Materie, die man in den Arterien der Menschen trifft, mehr oder weniger ausgedehnt ist. Wenn man das Auge von hinten betrachtet, so sieht man mehrere grölsere oder kleinere Erhabenheiten, die an ihrer innern Seite Gru- ben bilden, die fets mit Wasser ausgefüllt sind, welches diese derbe Haut von der unter ihr liegenden Gefälshaut trennt. Die nur flach gewölbte Hornhaut hat zwey Haupt - Lamellen, wovon die äulserste eine Fortsetzung der Bindehaut, und letztere der. knorplichten Scle- rotica ist. Erstere ist nur dünn, letztere hingegen ziemlich stark, und läfst sich durch Maceration in Wasser in mehrere Blätter spal- ten, wodurch sich auch die sogenannte membrana humoris aquei deutlich darstellen läfst, Die 85 Die Gefäfshaut ist aus drey Lamellen zusammengesetzt; die erste, unmittelbar auf der derben Haut liegende und mit derselben durch Filamente stark befestigte, ist äufserst zart, silberfarbig, mit schwarzen Puncten (choroidea argentea), und läfst sich durch Mace- ration in zwey Blätter theilen. Wenn sie nach vorn bis zur Ver- einigung der starken Haut mit der Hornhaut gekommen, schlägt sie sich einwärts, wo wir sie als die zweyte Lamelle der Blendung (iris) erblicken. Die zweyte Lamelle der Gefälshaut ist die sogenannte vafculofa Halleri, deren Ursprung der wulstige Körper ist, wel- che den Sehenerven umgiebt, und der bey einigen Fischen eine mehr oder weniger kreisförmige Geftalt hat, doch nie einen völligen Cirkel Hildet, so wie er hingegen bey andern, und namentlich beym Ka- beljau, eine grofse Aehnlichkeit mit einem Hufeisen hat. Mehrere Zergliederer hielten denselben für einen Muskel, und suchten die sogenannten oculi mutationes internas b), wie man aus Hrn. Doctor Olbers ©) lehrreicher Differtation sieht, zum Theil daraus zu erklä- ren. Allein ich mufs offenherzig gestehen, dafs ich nie etwas mus- kulöses in denselben habe entdecken können, so wie ich auch der Meinung Guenellon’s ), Hovius’s © und Cuvier's f) in Rück- sicht seines drüsenartigen Baues nicht beypflichten kann, welcher letztere ihn übrigens meisterhaft bey verschiedenen Fischen beschrie- ben hat. So viele Mühe ich mir gewils auch gegeben, mir eine genaue und sichere Vorstellung von dem Bau dieses Theiles zu ver- schaffen, so hat es-mir bisher nicht gelingen wollen. Alles was ich bis jetzt darüber sagen kann, ist, dafs er bey einigen Fischen aus einem äulserst zarten blutreichen Zellgewebe zu bestehen scheine, bey b) Haller opera minora, Tom. 3. p. 250. Hunter Philofophical Transactions for the year 1796. Part. I. p. 23. c) De oculi mutationibus internis. Göttingae 1780. 4. \ d) Bayle's Nouvelles de la Republique des lettres vom März 1686. $. 326. e) Tractatus de eirculari humorum motu in oculis, Lugdun. Batavor. 1716. p. 72. fgq. Dieser nennt ihn eine glandula (ui generis, die von den Slandulis con- glomeratis et conglobatis der übrigen Thiere sehr verschieden ist, f) Lesons d’anatomie comparte, Tom.-2. p- 403. 86 bey andern hingegen mehr ‚ein Conyolut von Blutgefälsen 'bilde, so wie ich/in physiologischer Hinsieht ihn für eine Art von Bluthehälter ansehe, aus welchem die vafculofa Halleri entspringt. Ich werde indessen meine Untersuchungen fortsetzen, und das Resultat dersel- ben in. einer neuen Ausgabe der ‚vorher erwähnten Dissertation ‚des Hrn. ‚Doctor Olbers mittheilen. Die valculofa Halleri besteht: aus einer ‚unzähligen Menge von ‚Blutgefäfsen,, .die,;sich ‚allenthalben 'zu- ‚sammen münden, und; em wahres ‚Netz bilden, welches mit einem zarten, weilsen, undurchsichtigen Schleime bedeckt ist. ; Sie setzt sich. nicht blofs über. die erste,Lamelle bis zur Pupille fort, sondern schlägt sich über dieselbe auswärts; nach vorn hinweg, oder einzelne Gefälse derselben durchbohren- die silberfarbene‘ Lamelle der Blen- dung, und bilden nunndas. erste Blatt derselben. Man sieht dieses bey frischen Augen am dentlichsten, wo sie als eine röthliche Menr- bran mit.oft beträchtlich grofsen Blutgefäfsen erscheint, die sich auch, aber mit vieler. Mühe, als eine eigene Membran von der darunter liegenden silberfarbenen Lamelle der Blendung trennen läfst. Die‘ dritte Lamelle der Gefäfshaut ist die sogenannte Ruyschiana , welche mit dem pigmento nigre überzogen ist, das sich als eine zusammen- hängende Membran darstellen läfst, welche Bemerkung mir vom Hrn. geheimen Rathe von Sömmerring zuerst mitgetheilt worden. ‚Sie ‚erstreckt sich'bis zum Rande des Lichtiochs (Pupilla)., So besteht denn. die Blendung aus vier Blättern ; nämlich, das erste und zweyte kommen von der vasculofa Halleri; das dritte ist eine Fortsetzung der Choroidea ergentea , und das ‚hinterste eine solche der ebenge- nannten Ruyschiana. Die Markhaut läfsı sich leicht in zwey Lamel- len stheilen, von denen die innerste am festesten, die hinter ihr ge- legene mehr breyartig ist. Der Sehnnerre ist schr derb und leder- arug, und Herr geheimer Rath yon, Sömmerring schrieb mir, dals er ihn nie bey einem andern Fische so ‚beobachtet habe. _ Die wäs- serige Feuchtigkeit ist nur sehr gering, dagegen der Glaskörper schr grols. An der grofsen kugelgelförmigen’Crystallinse läfst sich durch Kunst der fibröse Bau deutlich darstellen. 62 n ee ” — nn - 87 % Bruchstücke aus der Zergliederung des Auges des Sprenkelfisches (Coryphaena Equiselis). D:e Sclerotica ist häutig wie bey den vierfüfsigen Thieren, und von silbergrauer Farbe. Nimmt man diese hinweg, so sieht man unter derselben drey grofse Knochenschuppen, die sich von der Hornhaut bis beynahe zum Sthenerven erstrechen, und wodurch der gröfseste Theil des Augapfels nun Iinöchern erscheint. Von vorn betrachtet, hat derselbe eine ovale Gestalt, doch so, dafs die nach dem grofsen ‚Augendeckel zugekehrte Be etwas mehr abgerundet ist. Die ‚ganze Vorderfläche ist platt und ‚eben; ‚die hintere. hingegen bildet mehrere Erhabenheiten, Vertiefungen und Binnen, , Beym grolsen Augenwinkel ist der Augapfel am dieksten, indem er nach dem klei- nen schräg abläuft. Von den drey Knochenblättern liegen zwey seitwärts, und machen sowohl die ganze Vorderfläche, als die Sei- tentheile, und zum Theil auch die Hinterfläche dieser knöchernen Einfafsung des Augapfels aus. Die Farbe derselben ist nicht gleich. Da wo sich die Hornhaut an denselben befestiget, bildet diese einen weilsen breiten Ring, an welchem hinterwärts ein etwas schmälerer stößst, der eine schwarzbläulichte Farbe haı. Die Textur. eines jeden dieser beyden Blätter ist verschieden, nach vorn nämlich an den beyden Ringen fester, hingegen nach hinten dünner und splittriger. Das nach dem großen Augenwinkel zu gelegene Stück ist kleiner, und erstreckt sich nicht so weit nach hinten; das Ende desselben ist ziemlich spitz, wodurch es einige Achnlichheit mit einem Blatte erhält. Das andere Seitenstück geht mehr hinterwärts, so dafs sein äulserstes, mit einem halbmondförmigen Ausschnitte vexschenes Ende an den Schenerven stößst? Das dritte hintere, mehr nach dem ‚gross, sen Augenwinkel zu gelegene Stück ist bey weitem grölser als die - beyden vorhergehenden; der Bau derselben ist viel dünner, und giebt dem leichtesten Drucke nach. _Man kann dieses Stück gleich- . sam als aus zwey Blättern zusammengesetzt ansehen, wenn das eine mit 88 ee er. mit seiner Spitze nach oben, das andere hingegen nach unten, bey- _de aber vorwärts gerichtet sind. In der Mitte nämlich hat dieses Stück 'einen grofsen Ausschnitt, der. mit dem vorher erwähnten Aus- schnitte des zweyten Seitenstückes ein beynahe rundes Loch bildet, welches mit der häutigen Sclerotica ausgefüllt ist, durch welche der dicke Sehenerve tritt, und zwar so, dafs er, wie ich schon vorher gesagt, unmittelbar an den halbmondförmigen Ausschnitt des zweyten Seitenstückes- stößst. Die beyden Seitenstücke sind nach oben und unten durch zwey perpendicular laufende Näthe vereinigt, so wie sie mit dem gleichsam zwischen den beyden ‘Seitenstücken eingeschobenen Hinterstücken ebenfalls durch Näthe verbunden sind. Die Länge des Augapfels beträgt von einem Augenwinkel zum andern ı Zoll 3 Linien, die vordere Höhe ı Zoll 4 Lin., die gröfseste Dicke am grolsen Augenwinkel ı Zoll o Lin. Der oben beschriebene Bau der Sclerotica ist gewils von dem gröfsesten Nutzen, indem sowohl durch die Verschiedenheit der Textur eines jeden einzelnen Seitenstückes, als auch vermöge der trefllichen Einrichtung, dafs das hintere Stück dünner ist als die bey- den seitwärts gelegenen, die Sclerotica durch die starken Augen- wmuskeln zusammengedrückt werden Kann, und so das Auge zu den sogenannten mutationibus internis geschickt wird. Die Hornhaut ist oval, wenig gewölbt, und bleibt noch fiets, ohnerachtet sie mehrere Jahre in Weingeist gelegen, durchsichtig. Die Blendung ist dunkelbraun, und das Lichtloch grofs und röllig rund. Von den sechs grofsen Augenmuskeln kann man eigentlich nur die beyden seitwärts liegenden gerade nennen, da die vier an- dern, am obern und untern Theile des Augapfels befindlichen sich durchkreutzen, so dafs die beyden untersten nach hinten, die bey- den obersten aber nach vorne gerichtet sind. Erklä-. ee ne Fig. un RIES u + Fig. Beewacup AR 89 Erklärung der Kupfertafel. ı. Der hintere Theil des nach der Achse halbirten Auges eines Tümmlers (Delphinus Phocaena); a. die Sclerotica, deren vorderer Theil sehr dünn ist; nach hin- ten wird sie dicker, so wie sie hingegen am Mittelpunkte sich wieder verschmälert; b. der Eintritt des Schenerven; c. zwey kleine Löcher zum Durchgange der Ciliar - Gefälse. d. trichterförmige Fortsetzung der derben Haut, welche e. eine Masse einschliefst, deren Natur mir bis jetzt unbekannt ist, und welche . der Sehenerre durchbohrt. Vordere Hälfte dieses senkrecht durchschnittenen Auges. . die Gefälshaut; >. die Blendung; . die transverse Pupille, durch welche man die Hornhaut er- blickt. E. 2 RR .b. Faltenlıranz der Gefälshaut; e d . 3. Das Auge der Riesenschildkröte (Teftudo Mydas), von vorn abgebildet, um die beyden Augenliedor, die Blinzhaut, einen Theil der Sclerotica, die Iris, die Pupille, die Thränendrüse, und die Mündung des Ausführungsganges, in weichem eine Bor- ste steckt, darzustellen. . 4. Vordere Hälfte eines senkrecht halbirten Auges dieses Thieres; . die Gefäfshaut; . der Faltenkranz ; . die Blendung; . das Lichtloch, Hintere Hälfte des senkrecht halbirten Auges; der Sehenerven; . die Hervorragung desselben an der innern hintern Fläche des Auges, von welcher die Markhaut seitwärts abgeht. 12 Fig. 6. „> ; Fig. 6. Diese Figur bildet den aus zehn Schuppen bestehenden Kno- chenring auf der derben Haut ruhend ab; Fig. Fig. Fig. die derbe Haut; der Knochenring; eine einzelne Schuppe, welche mit ihren beyden Gelenkflächen d. auf den Gelenkilächen e. der beyden benachbarten Schuppen ruhet, Der vordere Theil des Augapfels des Sprenkelfisches (Co- ryphaena Equifelis) ; a. die beyden seitwärts liegenden Knochenschuppen; . die obere Spitze der hintern Schuppe; . die nur schwach gewölbte Hornhaut, durch welche man die Blendung und die runde Pupille erblickt. Der hintere Theil desselben Auges. . Die beyden Seiten - Schuppen; . die hintere Schuppe ; . ein Stück der Sclerotica, welche den Ausschnitt dieses Stü- ckes ausfüllt; der Sehenerve. Das Auge des Kabeljaus von hinten; a. a. a. die vier Lappen der knorplichten Sclerotica; . ein Stück von der silberfarbnen Gefäfshaut, wo beyde La- mellen vereinigt sind; ai c. die oberste Lamelle derselben von‘ der darunter gelegenen (ar) . durch welche man die Blutgefäfse der vafculofa Haller: durchschimmern sieht, getrennt; . der Sehenerve; . der hufeisenförmige Körper; g. die Valculofa Halleri, welche aus ihm entspringt. / rclines e Hydae Defhin Ilcds FELL III Ve vı a d p sy. . en: en zur fees Gach BD We her er En ALBERS ICONES OCULORUM. ı. Zwey neue Pflanzengattungen, beschrieben ; 2 von Franz v. PAuLA ScHurRank. D:. Pflanzen, welche mich nöthigen, diese beyden Gattungen zu i bilden, sind schon eine geraume Zeit den Botanisten bekannt, aber unter ganz unrichtigen Namen in ihren Verzeichnifsen fortgeführet worden; die eine, weil sie in unsern Gärten nur gefüllt vorkömmt, und man verzweifelte, aus einer gefüllten Blüthe einen Gattungscha- rakter abzuziehen; die andere, weil sie mit bereits bestehenden Gattungen sehr in die Augen fallende Aehnlichkeiten hat, und man sich daher der genauern Untersuchung ihrer Fruchtungstheile über- hob. . Diese beyden Pflanzen sind ı. diejenige , welche zuerst Jac- quin, und nach ihm. Willdenow, unter dem Namen Hedysa- rum muricatum aufführten ‚ welche aber in verschiedenen Gärten unter dem Namen Aeschynomene patagonica vorkömmt. Von dieser will ich zuerst handeln. 2. Die zweyte ist, meines Wissens, noch gar nicht in das System aufgenommen worden; nur Wilde- now spricht davon im Vorbeygehen; sagt blofs: sie sey das nicht, wofür man sie angiebt; er könne aber, da sie nur gefüllt vorkömmt, nicht angeben, wohin sie eigentlich gehöre. Ich rede von dem klei- 2.7 nen 92 nen Bäumchen mit gefüllten Blüthen, das man in einigen Gärten Vol- kameria japonica, in andern, vielleicht etwas weniger fehler- haft, Volkameria fragrans nennt. Von dieser will ich zuletzt reden. I. Hedyfarum muricatum Jacgquvım. Ich erhielt die Saamen dieser Gattung unter dem Namen Aefchynomene patagonica, und säete sie unter demselben, mit dem Vorsatze, gleichwohl mit der Zeit zu untersuchen, wohin sie etwa gehören möchte, weil bey keinem mir bekannten Schrift- steller eine Pilanze unter diesem Namen vorkömmt. Der Kelch, welcher bey dieser Pflanze nicht zweylippig ist, brachte mich auf die Vermuthung, genauere Botanisten dürften sie wohl bey einer an- dern Gattung untergebracht haben. Die Gliederhülse, welche aus lauter linsenförmigen Gliedern besteht, liefs mich wohl vermutben, dals es ein Hedysarum seyn dürfte; ich wollte mich aber doch durch eine genauere Untersuchung der sämmtlichen Fruchtungstheile vorher von der Gattung versichern, ob ich recht vermuthet habe. Da fand ich nun folgenden ausführlichen Charakter; Keen: frey, kreiselförmig, fünfzähnig. - Bruxe: aus dem Blütheboden, eine Schmetterlingsblume. Fahne: grölser als die Flügel, sie umfassend, zurückgebogen, ausge- randet. Flügel: länglicht, stumpf. Schiffchen: sichelför- mig, spitzig, von unten herauf bis über die Hälfte zweytheilig. Srtauscerässe: aus dem Blütheboden. Träger: ıo, frey, auf- wärts gebogen, einander gleich. Beutel: einfach. Stemeen: Fruchtknoten: läuglicht. Griffel: fadenförmig, aufwärts gebogen. Narbe: tellerförmig; kaum breiter, als der Griffel. !rucat: eine mehrgliedrige Gliederhülse. Saunen: linsenförmig, beyderseits sehr conyex. 93 In der allgemeinen Sprache der Naturforscher : Caı. liber, turbinatus, quinquedentatus, Goa. ex receptaculo, papilionacea. Vexillum, alis majus, illas amplectens, reflexum, emarginatum. Alae oblongae, obtufae, Carina falcata, acuta, a balı ultra medium fifa, Sram. ex receptaculo. Filamenta ıo, libera, alcendentia ‚, acqua- la. Antherae fimplices. Pısrır. Ovarium oblongum. Stylus filiformis, alcendens. Stig- ma orbiculare, vix fiylo latius. Frucrus: Lomentum multiarticulatum. Seuınya: lenticularia, utringue valde convexa. Daraus geht dann hervor, dafs dieses Gewächs gar nicht in die Diadelphie, sondern in die Decandrie, in die Gesellschaft von So- phora gehöre, und noch vor dieser Gattung gesetzt werden mülse. Ich gebe ihr den Namen von ihrem Vaterlande, und nenne sie Patagonium. Ihr wesentlicher Charakter in dieser Klasse ist dann: Blume: Schmetterlingsblume. Schiffchen: vom Grunde bis über die Mitte gespalten. Gliederhülse. Cor. papilionacea. Carina a bafi ultra medium filfa., Lomentum. Ich kenne bisher nur eine Art dieser Gattung: Pıracosıum hedysaroides. 2. Hedysarum muricatum. Jacgq. collect. V. 147. = Jacgq. icon, rar. II, Tab. 568. Heimat: Patagonien. Ich glaube nicht, defswegen, dafs ich diese Gattung von He- _ dysarum abgesöndert, zu einer eigenen Gattung erhoben, und in ‚die zehnte Blssap gesetzt habe, einer Vertheidigung zu bedürfen, Mich 94 Mich schützt schon Linne€'s Vorgang. ÜCestrum sönderte er von. Lycium blofs derowegen ab, weil diels eine zweykammerige Beere, jenes nur eine einkammerige hat. Garidella trennte er von Ni- gella, weil es nur ıo Staubgefäfse hat: denn der andere Unter- schied, dafs es nur drey Griffel hat, ist von keiner Bedeutung; sonst dürfte auch N. orientalis nicht bey ihren Gespielinnen stehen. Dazu. kömmt noch, dafs bey dieser Pflanze, die uns beschäfüget, auch der Habitus nirgends recht hinpafst:. die Gliederhülse ist von Hedysarum, die Blätter wie bey Aefchynomene oder Ses- bania, und nun die Staubgefälse wie bey Anagyris. 2. Volkameria fragrans oder japonica der Gärtner. Es hat sich in den Gärten der Liebhaber ein Gewächs unter ‘dem Namen Vollkameria japonica (bey andern Gewächshänd- lern führt es den Trivialnamen fragrans) ziemlich gemein ge- macht. Es ist, nach Willdenow’s Vergleichungen *), von der wah- ren V. japonica sehr verschieden; aber weil es nur gefüllte Blü- then trägt, so war es ihm, wie er sagt, unmöglich, eine bestimmte Gattung herauszubringen. Ganz gewils hatte dieser Gelehrte Indivi- duen vor sich, welche nach dem Begriffe der Blumisten sehr voll- kommen, das ist, sehr gefüllt waren. Zum Glücke war die Natur bey derjenigen, welche in den botanischen Garten zu Landshut kam, weniger verkrüppelt;. es läfst sich mit einiger Anstrengung, und völlig ohne Dichtung, ihr Gattungscharakter noch gut genug ab- ziehen, so sehr, dafs fast nichts als die Angabe der Frucht fehlt. Man nimmt Nönkeh an den Blüthen einen Habitus wahr, wel- eher in der Monadelphia polyandria, und namentlich bey der Gattung Ketmia vorkömmt , woran auch der bey verschiedenen Blüthen vorkommende Griffel erinnert. Dieser Griffel ist etwas dick- licht, *) Spec. plant. T. IH. P. I. pag, 385. n. * 7. mu nn nn 95 licht, und säulenförmig, wenn er mit den Staubgefäßsen verglichen wird, und spaltet sich am Ende in mehrere spizige Stücke, welche zwar aneinander liegen, und nicht überhängen; auch gehen die Spal- ten nicht tief; vielfältig ist der Griffel selbst etwas gedrehet; aber dafür ist ja auch die ganze Blüthe verbildet; ich sah sogar eine Blüthe, in welcher der in der That an Länge zurückgebliebene Grif- fel deutlich tief- dreytheilig war, und mit Undeutlichkeit hätten sich noch wohl mehrere Stücke herausgrübeln lassen. Die fast in kei- ner Blüthe ganz ausgetilgten Staubgefälse sind sehr lang, und hierinn dürfte vielleicht nebst der Form der Blume allein eine Aehnlichkeit mit Volkameria seyn; allein offenbar haben die daran befestigten Beutel gelitten, und der Träger ist auf Kosten des Beutels mehr in die Höhe geschossen. Der Beutel selbst ist pfeilförmig, und die an ihm fortlaufende Trägerspitze bildet den Kiel seines Rückens. Ganz gewils waren mehrere Staubgefälse da; ich habe mehrmal vier deut- lich ausgesprochene Staubgefäßse gezählt, die mittels ihrer Träger und Beutel ganz genau den gewöhnlichen Staubgefälsen anderer Blü- then glichen, und gleichwohl waren noch viel mehrere verbildete in der Blüthe neben ihnen da ‚so dafs ich bis ı3 oder ı4 zählen konnte. Die Blume wird durch die Füllung nicht verändert, sondern die Staubgefälse bilden sich zu Blumenstücken um, was man sehr deut- lich sieht; nur sehr wenige, etwa ı — 3, nehmen die regelmäßsige Form eines Blumenstückes an; die übrigen sind mehr oder weniger verkrüppelt, und bey den meisten sitzt noch der Beutel, mehr oder weniger lang ausgezogen, aber immer sehr deutlich ausgesprochen, am Rande oder am Ende; es kommen sogar Stücke vor, bey wel- chen der Beutel an der Spitze seines grünen, deutlich ausgedrück- ten, nur verborgenen und verkürzten Trägers ansitzt; aber dieser Träger erhält einen breiten, sich am obern Ende rundenden Flügel von erröthend-weilser Farbe (der Farbe der Blume) an seiner einen Seite. Es “ 96 Es ist nun weiter nicht schwer, den Charakter der Gattung bis auf eime zicmliche Annäherung zur Vollkommenheit anzugeben. Hier ist mein Versuch: E Kerch: frey, trichterförmig ‚ gefärbt, fünfspaltig, die Stücke spitzig. Brume: aus dem Blütheboden, präsentrtellerförmig, Röhre: trichterförmig, länger als der Kelch. Rand: fünftheilig, die Stücke gerundet. Staussrrässe: aus dem Blumenrohre, mehr als zehn. Trä- ger: Tadenförmig,. Beutel: aus der Spitze, pfeilförmig, zweykammerig. Steureb: Fruchtknoien: eyförmig, Griffel: einfach, am. Ende gespalten. Narbe: . . . . (die Spitzen der Griffel- stücke ?) Frucat: . . . . (Kapsel?) Saamen: . 2. . (mehrere?) In der allgemeinen Sprache der Naturforscher: Car. liber, infundibuliformis , coloratus , quinquefidus, lacinis acultıs. Cor. ex receptaculo, hypocrateriformis. Tubus infundibulifor- mis, calyce longior. Limbus quinquepartitus : laciniis ro- tundatis. i Sram. ex tubo corollae, denis plura. Filamenta filiformia. Antherae ex apice, fagittatae, biloculares. Pıst. Ovarium ovatum. Stylus fimplex, apice fillus. Stig- ma... . (apices laciniarum fiyli?) Frucrvus:, . .° , (Capfula?) 1 Sem . .. 0... (plura?) Die 97 Die Pflanze wird daher in die cilfte Classe und in ihre erste Abtheilung *) gehören, und muls zunächst bey Styrax stehen, (welche Linn& und Schreber in diese Classe gesetzt haben), weil auch sie einige Anverwandtschaft mit Citrus hat, sogar den Ge- ruch der Blüthen nicht ausgenommen. Dieser Charakter, obgleich unvollständig, reicht vollkommen hin, die Pflanze in das System einzutragen: denn in der ganzen er- sten Abtheilung der Dodecandrie ist keine Gattung, welche folgende Eigenschaften hätte, die daher den wesentlichen Charakter der Gat- tung ausmachen: Kelch: frey, einblättrig, trichterförmig. Blume, präsen- tirtellerförmig: die Röhre viel länger als der Kelch. In der lateinischen Kunstsprache: Cal. liber, monophyllus, infundibuliformis. Cor. hypocra- teriformis: tubus calyce multo longior. Man darf wegen des ersten Anschens und eines gewilsen Ha- bitus nicht befürchten, dafs es sich, wenn ein ‚einfach blühendes In- dividuum aufgefunden werden sollte, ergeben dürfte, dafs die Pflanze in die Monadelphia polyandria gezogen werden müfßste. Bey den dahin gehörenden Gattungen kommen durchaus die Staubfäden aus dem Blütheboden, werden aber von einer Verdoppelung der Blume, die aus dem Grunde der Blumenblätter kömmt, weit hinauf umkleidet, wodurch ihre Röhrenform entsteht, weflswegen sie auch Gleditsch **) unrichtig unters eine Petalostemones gesetzt hat; bey der vorliegenden Gattung aber kommen sie aus dem Rohre, und zwar bald unter dem Schlunde hervor. ; Ich 5 *) Dodecandria monogynia. **) Syl. plant. a fiam. fitu. p. 233. 3 1} Ich gebe der Gattung den Namen Agricolaea, von Johann Agricola Ammonius, sonst auch Peuerle (Bäu- erlein) genannt, ehemahligem Professor der griechischen Sprache, dann der Arzneykunde zu Ingolstadt, welcher im J. 1370 geboh- ren ist und in seinem Leben sehr berühmt war. Man hat von ihm, aulser verschiedenen medicinischen Schriften, De Herbis, Verbis, etRebus, seu HerbariaeMedicinae Libri duo, Balileae, 1539, 8Y%, und wieder Ingolstadii 1541, 41% Da die Heimat unserer Pflanze unbekannt (ist indem sie zu- verläfsig Volkameria japonica nicht ist), so mag der andere Trivialname, ei A. Fragrans. & den sie auch verdient, ihr bleiben, 9) — )m—— v1. Greimardiı.a, eine neue Pflanzengattung, nebst Anmerkungen über Gattungsbildung und Artencharaktere, von Franzv. PAuLA ScHrRANK. Icn habe bereits im vorigen Jahre nach einem noch unbeschriebenen Gewächse, welches die Charaktere der Pentandristen und Diadelphi- sten in sich vereiniget, eine neue Gattung aufgestellt, welcher ich den Namen Grimaldia gegeben habe. Dieses Gewächs ist in Abys- sinien zu Hause, wird aber in Aegypten gebaut und gegen die dort herrschenden Augenkrankheiten angewendet, wie ich glaube, blofs mechanisch: denn ich kann mich nicht überzeugen, dafs diese Pflanze arzneyliche Kräfte besitze; aber da die Augenkrankheiten in Aegypten eigentlich Augenentzündungen sind, welche dem vielen Sande angeschuldet werden, den dort die Winde den Bewohnern in die Augen treiben, so bedienen sich, wie ich vermuthe, die Aegyp- tier der dünnen und äulserst glatten Saamen unsers Gewächses da- gegen, indem sie dieselben zwischen die Augenlieder stecken, da- *_ durch Thränen hervorlocken, mit welchen sie den Sand aus den “Augen spülen, und so von ihrem Uebel genesen, indem sie die Ur- sache wegräumen. 14° Ich 100 Ich habe zwar bereits im vorigen Jahre (1805) eine äusführliche Beschreibung des Charakters dieser neuen Gattung im ı2ten Stücke der botanischen Zeitung, welche zu Regensburg herauskömmt, gege- ben. Allein ein Charakter, welcher nach einer einzigen Art geformt ist, wird nicht leicht unverbesserlich seyn. Er ist eine logische Ab- straction von Eigenheiten, welche mehrern Arten zuliommen, oder zu- kommen können; aber diese mehrern Arten müssen eben nicht noth- wendig in allen Kleinigkeiten miteinander überstimmen. Eine Gat- tungsbeschreibung nach einer einzigen Art wird fast nothwendig den Fehler haben, dals sie zu bestimmt ist; sie wird vielleicht eine gute Beschreibung der vorliegenden Art, aber nicht der Gattung, keine Abstraction, seyn. Ich bin daher auch derMeinung, ein Gaitungs- charakter lasse sich wohl mit Worten angeben, aber schlechterdings nicht zeichnen, indem die Zeichnung bestimmte Formen entwerfen, jedem Dinge seine bestimmte Stelle anweisen, und alle Verhältnilse bestimmt angeben muls, was die Sprache zu thun gar nicht nöthig hat, indem sie dasjenige, was in den Arten schwankend ist, ver- schweigen, oder so unbestimmt auszudrücken vermag, als es der Re- dende oder Schreibende für gut findet. Linne hat seinen Charakter der Primelgattung von der Früh“ lingsprimel, welche ich in meiner BaierischenFlora*).P. hybri- da genannt habe, entilehnt; defswegen giebt er unter andern Kennzei- chen auch folgendes an: Tubus (corollae) eylindricus, lon- gitudine calycis, terminatus collo parvo hemisphaerice. Dieses Kennzeichen trifft bey der wirklichen Primula officinalis nicht überein. Bey dieser ist der walzenförmige Schlund wohl auch. aufgetrieben, aber nicht am Ende, sondern um seine Mitte, und wird nach dieser Stelle wieder dünn. Die Wahrheit ist, dafs die Röhre an der Stelle, wo die kurzen Staubgefäfse sitzen, aufgetrieben sey; aber diese Stelle ist nicht bey allen Primeln dieselbe. Es *, Num. 346. 101 "Es läfst sich nicht errathen, nach welchen Arten Linne seine Gattung Salvia gebildet habe. Er schreibt dem Kelche sehr klug ein Labium inferiusbidentatum zu, und sagt vom Labium [upe- rius nichts weiter, als dals es da sey. In der That ist die Oberlippe des Kelches bey verschiedenen Arten sehr verschieden; bey einigen in drey ziemlich lange Zähne gespalten, bey andern wohl auch noch dreyzähnig, aber so undeutlich, dafs man es erst nach genauer Be- sichtigung wahrnimmt, und ich kenne eine Art, bey welcher sie wirk- lich nur einzähnig ist. Von der Oberlippe der Blume sagt Linn & mit wenigerer Behutsamkeit: Labium superius compressum, incurvum; das leztere Kennzeichen ist gleichwohl bey einigen wenigen Arten nicht schr deutlich, nnd ich kenne eine Art, bey welcher das erstere fehlt; bey Salviabullata nämlich, welche ich der Freundschaft des Herrn Professors Mikan zu Prag verdanke, ist die Oberlippe gar zicht mehr zusammengedrückt ‚- als gerade so viel, als zur Helmform nothwen- dig ist. ri Das sind Kleinigkeiten, welche leicht zu verbessern sind. Man sage bey der Primelgattung: Tubus corollae ad locum stami- num ventricosus, und lasse bey der Salbeygattung die Beywörter inecurvum und compressum bey der Oberlippe der Blume weg, so wird alles passend. Aber kann das der Zeichner? Kann er eine . zergliederte Salbeyblüthe vorstellen, ohne die Verhältnifse der Ober- lippe zur Unterlippe, ohne den bestimmten Bau des untern Fortsazes der Träger, ohne eine bestimmte Stellung der kleinen, gewöhnlich un- fruchtbaren , Staubgefäfse zu zeichnen? Und gleichwohl wie viele Verschiedenheiten lassen uns die mancherley Arten dieser Gattung an diesen heilen nicht wahrnehmen! Aus diesen Betrachtungen fliefst sehr natürlich die Folgerung, ‚ein Gattungscharakter mülse wohl nach irgend einer dahin gehörigen Art entworfen, aber durch Vergleichung aller andern Arten, welche gleichfalls dem erwählten Systeme zufolge dahin gehören dürften, ver- bessert 102% = > „bessert werden: denn die Gattungen sind nicht in der Natur da; sie sind blofs logische Begriffe, die wir uns nach unsern individuellen Be- dürfnissen entwerfen; es ist daher schlechterdings unmöglich, ausführ- liche, oder auch nur wesentliche Charaktere so zu entwerfen, dafs die damit bezeichneten Gattungen in jedes andere System ohne Wi- derspruch palsten. So läfst sich schr leicht die linneische Gat- tung Polygonum in manches andere System, welches nicht ängst- lich zählt, aufnehmen; aber gerade in das Linne&ische palst sie so, wie sie ist, nicht, "Daraus folgt nun weiter, dafs ein Gattungscharakter zwar auf alle Arten passen mülse, aber keine beschreiben dürfe; ich darf nichts im Charakter lesen, was ich nicht bey jeder untergestellten Art ausgedrückt, bestimmt ausgedrückt, sähe; aber es ist nicht noth- wendig, dals alles dasjenige, was ich bey einzelnen Arten habe, auch im Gattungscharakter enthalten seyn mülse. Befolgt man diese Grundsätze, so wird man allerdings, und fast bey jeder neu hinzugekommenen Art, genöthiget, den Gattungs- charakter zu verbessern; aber dadurch wird er auch seiner Bestim- mung, die Gattung deutlich zu bezeichnen, immer näher gerückt, während er durch die Unterlassung dieser Verbesserung gerade um so viel zweckloser, also wirklich schlechter wird, je mehrere Arten der Gattung nach und nach untergestellt werden. So hat Linne den Charakter von Origanum nach dem Majoran unserer Gärten gebildet; allein dieser Charakter wird in den Stücken, in welchen dieser berühmte Mann das vorzüglichste Unterscheidungszeichen zu finden glaubte, schön bey der sonst so sehr ähnlichen Onitis schwan- kend, und ist bey dem gemeinen Wohlgemuth gar nicht vorhanden. Zwo Pflanzenarten, welche schon sonst bekannt waren, aber mit Gewalt in eine Gattung hinein gezwungen wurden, mit welcher sie in jedem Systeme unverträglich seyn mülsen, reihen sich schr natürlich unter meine Gattung Grimaldia, legen mir aber zugleich die 103 die Nothwendigkeit auf, den Gattungscharakter, welchen ich nach der einzigen mir damals bekannten Art viel zu bestimmt entworfen habe, etwas abzuändern. Er ist nun folgender: Grimaldia Kercn: frey, fünfblättrig: die Blättchen vertieft, lanzettförmig: ei- . nes oben, zwey an jeder Seite gepaart. Bıuue: frey, fünfblättrig, aus dem Blütheboden, mehr oder weniger unregelmäfsig: die Blumenblätter sich einander einwickelnd, | Stauscerässe: fünf, aus dem Blütheboden, vollkommen frey. | Träger fadenförmig, mehr oder weniger ungleich. Beutel: | länglicht, zweykammerig, an dem obern Ende mit einer klaffen- den Spalte über jeder Kammer. - Srenrer: Fruchtknoten: länglicht eyförmig. Griffel: rund- licht, am Ende abgestutzt, klaffend. Narbe: das klaffende En- de des Griftels. Frauc#t: eine Hülse ohne Scheidewände, zusammengedrückt, an dem obern Ende schief in eine Spitze, an dem untern schief in den Blüthenstiel sich hinüberziehend; mehrsaamig. Die Saa- men eyförmig, zusammengedrückt, glatt. In der allgemeinen Sprache der Naturgeschichte: Car. liber, pentaphyllus; foliolis concavis lanceolatis : uno. supremo, ad utrumque latus geminis. Cor. libera, pentapetala, ex receptaculo orta, plus minus irregula- laris: petalis fefe invicem involventibus. Sram. quinque, ex receptatulo, liberrima. Filam, filiformia, fub- inaequalia. Antherae oblongae, biloculares, loculamento quo- vis apice rima transverfa hiante. Pıst. 104 E Pısr. Ovarıum oblongo - ovatum. Stylus teres, apice- oblique truncatus hiansque. Stigma: apex liyli hians. Frucrus: Legumen absque diffepimentis, comprellum, apice ob- lique in acumen, bafı oblique in pedunculum inflesum, poly- fpermum. Semina ovata, comprella, glabra. Der wesentliche Charakter würde seyn: Grimaldia. Eine Hülse. FünfBlumenblätter. Der Kelch fünfblättrig. Die Beutel der Staubgefälse oben mit einer doppelten Querspalte. oder Legumen. Petala quinque. Cal. pentaphyllus: Antherae api- ce rima duplici hiantes. Clafs. V. Ord. 1. Diels ist der verbesserte Charakter meiner Grimaldia. Ich mufs aber hier die Veranlassung dieser Verbesserung genauer ange- ben, die Verbesserung selbst rechtfertigen, einige Ausdrücke in mei- ner Charakterbeschreibung ‚ welche nicht von allen Botanisten ge- braucht werden, besonders erklären, und dann auch etwas über den Namen der Gattung sagen. Diefs wird mir Gelegenheit geben, ver- schiedene Grundsätze der beschreibenden Botanik näher zu untersu- chen, und kritisch zu behandeln. 1. Herr Jomard, damals französischer Artillerie - Hauptmann, hatte aus der ägypüschen Expedition Saamen von einer Pflanze, wel- che dort Chichme& heifst, in Habbesch zu Hause seyn soll, und gegen die in Aegypten herrschenden Augenkrankheiten gebraucht wird, mit sich nach Europa gebracht, und die Güte gehabt, während er beym Mappirungswesen in Baiern angestellt war, mir eine nicht unbeträchtliche Menge davon zu übersenden. Die Saamen waren bereits etwas alt; ich hatte noch heinen Garten, keinen Treibkasten, und was ich vor meinem Fenster versuchte, war fruchtlos. Zum Glücke . ’ . BIO» t f u 105 ‚Glücke hatte ich den gröfssen Theil der Saamen noch zurückbehal- ten. Kaum konnte ich im vorigen Jahre (1803) in Jlem neuen bo- tanischen Garten das erste Mal ein Treibebett zurichten lassen, als die Saamen eingeweicht, und in Blumentöpfe gesteckt wurden, die man in den Treibekasten setzte. Mehrere Saamen keimten, starben aber bald wieder; nur zwey Pflanzen brachte ich auf. ‚ Sie lielsen mich durch ihren Bau vermuthen, dafs ich Diadelphisten vor mir habe. Aber wie staunte ich, als ich nur fünf Träger in der Blüthe, und diese vollkommen frey fand. Gleichwohl folgte dieser Blüthe eine Hülse, einer Wickenhülse ähnlich, nach. In der fünften Classe “des Linne giebt es bisher nur eine einzige Gattung, welche eben- falls eine Hülse, wie sie in der Diadelphie Sitte ist, bringt, Hum- boldtia; aber unter (diese Gattung palste gleichwohl meine Pflanze nicht. Ich erklärte sie demnach für eine eigene Gattung, beschrieb sie, und gab ihr Namen. , Im heurigen (1806) Frühlinge erhielt ich vom Herrn Profes- sor Nocca aus Pavia Hülsen von einer Cassia nictitans ere- eta, und von einer Cassia nictitans procumbens. Die Hül- sen sowohl als die Saamen sahen so sehr den Hülsen und Saamen meiner neuen Gattung ähnlich, dafs ich gleich anfänglich vermuthete, entweder meine neue Gattung mülste zur Cassia gezogen, oder die beyden Cassien für Gattungsgenossen meiner Grimaldia opifera ange- sehen werden. U. Cassia ist eine Gattung, wovon die neuern Botanisten nur wenige Arten lebendig zu sehen und zu vergleichen Gelegenheit „hatten. Aber schon diese wenigen Arten reichen hin, uns zu über- 4 zeugen, dafs diese Arten sich nicht wohl zusammen vertragen. Un- möglich kann Cassia Fistula, deren walzenförmige holzige Hülse sich nicht öffnet, nicht einmal eine Nath hat, und unter jedem Saa- men mit einer holzigen querliegenden Scheidewand durchzogen wird, # mit jener Pflanze, welche di Sennetblätter in unsere Apotheken lie- »4 fert, 106 fert, in einerley Gattung gehören. Diese hat noch wohl auch eine Hülse mit Scheidewänden; aber diese Scheidewände sind schwach, und, wie die ganze Hülse, blofs häutig ( die Sennetblätter selbst, welche man in unsern Apotheken hat), welswegen sie auch Gärt- ner *) von Gassia getrennt hat. Noch weit mehr entfernt sich von der einen wie von der andern Cassia nictitans, wie man gleich schen wird, wenn ich sie ausführlich beschreiben werde. Ich erkenne vollkommen den Grundsatz, dafs man die Gat- tungen nicht ohne Noth häufen söll. Aber dafür verlange ich auch, I dafs man keine sehr auszeichnende Erscheinung in einem Fruch- tungstheile übersehen, oder vernachläfsigen solle, nur um desto meh- rere Arten der errichteten Gattund unterzustellen; I. soll man kei- ne Art unter eine Gattung bringen, welche nicht wenigstens alles das in ihren Fruchtungstheilen deutlich, bestimmt und ungefoltert aufzuweisen vermag, was nothwendig, eben weil es sich so auszeich- net, in den wesentlichen Charakter aufgenommen werden mufste. Cassıa hat zehn Staubgefälse; davon sind die drey obern unfrucht- bar; die übrigen haben Beutel, welche ihren Blüthestaub durch klaf- fende Querspalten an ihrer Spitze von sich geben, fast wie bey S o- lanum; aber drey von diesen fruchtbaren Staubgefälsen sind gebo- gen, die vier übrigen gerade. Dieses Gebilde ist zu sonderbar, als dafs es nicht ganz, wie es ist, in den wesentlichen Charakter auf- genommen werden mülste. Aber sobald es da steht, paßst Cassia nietitans nicht mehr dahin: denn ich werde, nicht ermüden, diese Wahrheit zu wiederholen, bis sie allgemein anerkannt wird: die Systeme mit ihrem ganzen Gefolge von Abtheilungen, Unterabthei- lungen, Familien und Gattungen sind blofs zum Behufe unsers Ge- dächtnifses da, sind nicht in der Natur vorhanden; Erleichterung des Suchens vorher noch nicht geschener Naturkörper und der Wie- derlindung vergessener ist ihr Zweck; wo demnach dieser Zweck »icht erreicht wird, da ist das System fehlerhaft, und jeder, wel- N cher “) De fruct, et fem. IT. gen. 853. 107 eher diesen Fehler zu tigen unternimmt, beginnt eine dankverdie- nende Arbeit. Il. Frey nenne ich einen Kelch, welchen Linn& inferus nennt}. die entgegengesetzte Benennung ist angewachsen, nämlich an den Fruchtlinoten. Es giebt keinen Calyx superus; da, wo Linne sich dieses Ausdrucks bedient, ist der Kelch inferus, wie überall, aber nach der ganzen Länge des Fruchtlinotens mit demsel- ben verwachsen; dabey reicht er über diesen hinaus, und ist da frey. Linne sah diesen freyen Theil für den ganzen Kelch an, und nannte ihn daher superus. Germen ist in dem Sinne, in welchem Linne das Wort aimmt, nicht lateinisch; im guten Latein bedeutet es den Keim im Saamen, oder auch eine Knofpe. Ovarium drückt die Sache viel besser aus, ist ein gutes lateinisches Wort, und hier keine Meta- pher: denn im Fruchtknoten sind die Saamen wahre Eyer im Eyer- stocke; ihre Reifung ist eine Art von Bebrütung, wie bey den Eyern der Insekten, durch atmosphärische Wärme, und die vollendeten Saamen haben Analogie mit den Larven der Insekten. Frucht ist der Erfolg der Begattung, also bey den Pflanzen der $aame mit oder ohne Umhüllung, je nachdem es die Natur der Pflanze mit sich bringt; beym Günsel ist es der blofse Saame, beym Apielbaume der Saame mit seiner fleischigen Umhüllung; der Gar- tenbisang bringt abortive Früchte, weil er blofse Umhüllungen mit leeren Saamenhäuten trägt. IV. Meiner neuen Gattung habe ich den Namen Grimaldiä gegeben. Dieser Name ist in der Geschichte der Botanik rühmlichst bekannt. Die Marquisin Clälia Durazzo Grimaldi, eine geist- volle Dame zu Genua, unterhält einen ansehnlichen botanischen Garten, voll der seltensten Gewächse, bereichert ihn ohne Unter- 14° lafs , P} 108 lafs, und biethet mit seltner Grofsmuth den Botanisten, welche die Ehre haben, mit ihr in Briefwechsel zu stehen, alles dasjenige an, was sie doppelt besitzt. Und als im sechzehnten Jahrhunderte Mel- chior Wieland, ein Deutscher von Königsberg, bekannter un- ter dem Namen Guilandinus, einer der gröfsten und gelehrtesten Botanisten seiner Zeit, und wohl auch der nächst-folgenden Zeiten, auf seiner Reise aus dem Orient nach Portugall in die Algieri- sche Sklaverey verfiel, so war es wohl Gabriel Fallopia, wel- cher die Grolstuth "hatte, ihn loszuliaufen *); aber noch waren die ungeheuren Schulden, welche ihm die Kosten seiner Reise zugezo- gen hatten, unbezahlt. Er hatte gehofft, sie durch die gelehrten Schätze, dle er auf seinen Reisen gesammelt hatte, abtragen zu kön- nen; allein die giengen sämmtlich verlohren, als er bey Cagliari den Seeräubern in die Hände fiel. Er klagte, als er nach Genua kam, einem Edlen dieser Republik, Baptista Grimaldi, sein Un- glück, welcher sich alsobald mit noch einigen andern Edlen verband, and durch ein ansehnliches Geschenk auch dieses Unglück hob **). Bisher kenne ich nur drey Arten, welche in die neue Gat- tung gehören. Ich werde sie erst systematisch aufzählen, und dann jede umständlicher beschreiben. Grimaldia opifera. Die Blätter abgebrochen gefiedert; nur zwey Paar Blätt- chen. © Grimaldia opifera. Botan. Zeit. 1804. p. 187. In Habbesch zu Hausc. s assurgens. Der Stengel völlig einfach; krautartig, ziemlich auf- recht, zweyreihig beblättert: die Blätter abgebrochen gefiedert; eine gestielte Drüse auf dem Blattstiele. © Cassia *) Guiland. de Papyro p. ıır. **) Guiland. de Pap. dedicat: 109 Cassia nietitans erecta. Nocea in litt. Cassia nictitans. Willden. spec. Il. 5329. n. 58. decumbens. Der Stengel völlig einfach, krautartig, niederliegend, endlich aufstehend, zweyreihig beblättert; die Blätter abgebro- chen gefiedert; eine gestielte Drüse auf dem Blattstiele. ® Cassia nictitans procumbens. Nocea in hit. . Grimaldia opifera ’ .STENGEL: einen Fufs hoch und darüber, aufrecht, ästig, rundlicht, feinhaarig. Aesre: wechselseitig, wagrecht wegstehend, endlich aufstehend. BLaerter: wechselseitig, gestielt, geliedert, mit 2 Blätterpaaren oh- ne Endblättchen. Die Blattstiele eyförmig, vollkommen ganz, oder am obera Ende seicht ausgerandet, unten sehr fein- haarig. . BLATTANSAEZE: lanzettförmig, sehr klein. - Brumrtmey: aus den Enden, gestielt, in einer Traube, und einzeln aus den Blattwinkeln, überhangend. Meven: Fünfblättrig: die Blättchen lanzettförmig: eines oben, - zwey an jeder Seite, in der Blüthe meistens ineinander gescho- ben, dafs der Kelch dreyblättrig erscheint (in der heranwach- senden Frucht deutlicher getrennt ‚ endlich abfallend), untem einen Raum frey lassend, in welchem die untern BDO UNE frey zu sehen sind. Buvme: fünfbläurig. Die Blumenblätter ungleich, mit schr kur- zen Nägeln, keilförmig, am obern Ende gerundet; das oberstg etwas größser als die übrigen, die beyden untersten die klein- sten. Alle gelb. STAUB« 110 .,— Srauseerrässe: fünf, ungleich, kürzer als die Blume. Sremper: Fruchtknoten: eyförmig, feinzottig. Griffel: etwas gebogea. Narbe: das Ende des Griffels. Faucur: eine Hülse: zusammengedrückt, zweyklappig , mit dem erhärtenden Griffel gespitzt. Sıımen: 6—7, eyförmig, etwas ungleichseitig, linsenförmig - zusam- mengedrückt, stumpfspitzig, sehr glatt, glänzend, ’ Scurar: die vier Blättchen hängen herab, und decken sich zum Theile, so, dafs die untern die äufsern sind; dabey kehren alle Blättchen ihre Oberseiten einwärts, dafs man nur ihre Untersei- ten sieht. TU. Grimaldıa assurgens Sie kömmt in allen Stücken bis auf die geringste Kleinigkeit mit der folgenden Art überein, von welcher sie sich jedoch stand- haft durch die Art unterscheidet, wie sie ihren Stengel trägt. Er ist immer schief, 'niemal gerade aufgerichtet, und beugt sich oben etwas um, als wenn er überhangend werden wollte. Diese Stellung beobachtet er, die Pflanze mag sich im wachenden oder schlafenden Zustande befinden; nur wird in dem letztern die Krümmung deutli- cher. Bey den kleinern Individuen kömmt aus dieser Stellung se ziemlich ein hyperbolischer Schenkel heraus, der seine Apside an der Spitze der Pflanze hat; bey den gröfsern haben die Stengel mehr Festigkeit, werden unten gerader, ohne darum mehr aufgerich- zu seyn, aber neigen sich oben- wohl noch mehr über, als bey den kleinern. Dieses Hinüberneigen ist wohl auch bey der folgenden. Art nicht ganz ungewöhnlich, aber nichts weniger, als allen Stücken gemein. Die Hülse ist etwas zottig, aber die Saamen vollkommen glatt, genau wie bey der folgenden Art, aber nicht schwarz, son- dern hell gelbbraun. I, n. IM. Grimaldia decumbens. Sressen: spannenlang, darunter und darüber, vollkommen einfach, rundlicht, niederliegend, ohne doch, wenn er uicht seine ge- wöhnliche Größse übersteigt, die Erde selbst zu berühren, end- lich in seinen äulsern Fortsetzungen aufstehend. BıLaetteR: zweyreihig, wechselseitig (so dafs alle in einerley Flä- che sitzen), gestielt, gefiedert mit 8 bis ı2 Rlättchenpaaren ohne Endblättehen. Die Blättchen länglicht, sehr stumpf, mit. einer kurzen, schr feinen Granne, gegen das obere Ende spar- sam gefranset. Eine gestielte Drüse oben am Blattstiele von schwarzrother Farbe, und tellerförmigem Baue, mit einem Loche in der Mitte, aus welchem ein dicklichter wasserheller Tropfen hervortritt. Bıattansarze: lanzettförmig, sehr spitzig, aufgerichtet und ange- drückt.’ r Bıvrree: in einiger Entfernung höher, als der Blattwinkel, aus dem Stengel selbst hervorgehend, gestielt; die Blüthenstiele ein- zeln, meistens einblüthig, zuweilen doch auch zwey- und drey- blüthig. Kercn: frey, fünfblättrig: die Blättche n lanzettförmig, spitzig. Brume: aus dem Blütheboden, fünfblättrig; die Blumenblätter mit sehr kurzen Nägeln, ungleich; zwey eyförmig, zwey teller- förmig, und eines viel größser als die übrigen, gleichfalls teller- förmig (gelb). (Die Blumenblätter stellen gewilsermafsen eine Schmetterlingsblume vor, wovon das grofse die'Fahne, die an den Seiten die Flügel, und die beyden untersten das zweyblätt» rige Schiffehen vertreten). - StAUSGEFAESSE: aus dem Blütheboden. Träger: fünf, kurz, fast kegelförmig, an drey Seiten um den Fruchilinoten herumgestellt Beutel: gleichsam eine Fortsetzung der Träger, zween Säcke, nach der ganzen Länge mit einander verwachsen , etwas gebo- gen: \ 312 gen: jeder Sack oben mit einer Querfpalte. Außer diesen noch ein sechster Träger, aber sehr klein, und oben statt des Beutels mit einem kugelförmigen Knöpfchen an der Spitze, an der Rückenseite des Fruchtlinotens. Srenrer: Fruchtknoten: länglicht,, fast gefurcht, und streifen- weise behaart, verlängert in einen dünnen, sichelförmigen, ge- gen die ‚Staubbeutel geneigten, am Ende schief abgestutzten Griffel. Narbe: das abgestuzte Ende des Griffels. Faucar: eine einkammerige , zweyklappige, mehrsaamige, fast gleich- breite, zusammengedrückte Hülse; zwischen jeden zwey Saa- men eine äufserst schwache, schief querlaufende erhöhte Linie, die nichts weniger als eine ‚Scheidewand ist. Sıammn: breit eyförmig, stumpfspitzig, flachgedrückt, schwarz, stark glänzend, schlüpfrig. — Mir schien nur eime Saamenhaut da zu seyn. Die beyden Saamenlappen waren undurchsich- tig, fleischig, glatt, gelb (aber ich hatte die Saamen mit heis- sem Wasser gebrühet); an ihrer Spitze der Keim, gerade; sein Schnäbelchen kegelförmig, vom Mittelpunkte gerade abge- wandt. Anmerkungen. I. Art ist, was sich mit allen seinen Eigenschaf- ten standhaft fortpflanzt. Diese Regel giebt die Logik der Waturgeschichte an die Hand, daher sie auch von allen gründlichen Botanisten anerkannt wird. „Wir haben so viele Arten, sagt Lin- n€ *), als verschiedene Gebilde anfänglich aus der Hand des Schö- pfers hervorgegangen sind”; und er setzt gleich hinzu: „Diese Ge- bilde haben nachher mehrere andere nach den Gesetzen der Fort- pflanzung hervorgebracht; aber diese waren und blieben den Urfor- men immer ähnlich.” Etwas umständlicher drückt sich Christian Gott- *) Phil. botan. n. 157. y B u Te ET FT © 123 Gottlieb Ludwig aus *): „Die Achnlichkeit: vieler Individuen, sagt er, bildet eine Art, zuw.welcher alle diese Individuen gebracht werden können; weil aber niemal zween Körper sich in allen Stü- eken ähnlich (gleich) sind, so muls man die wesentlichen Kennzei- ‘chen von den zufälligen unterscheiden; zufällige Kennzeichen _sind übrigens diejenigen, welche von vorübergehenden Ursachen hervor- gebracht werden, und in einem Naturkörper nicht immer und stand- "Kaft da sind.” Das heifst also mit andern Worten: diejenigen. Indi- viduen, welche in allen Zuständen in gewilsen Kennzeichen immer und standhaft übereinkommen, gehören zu einerley Art. Was bey Ludwig die Dunkelheit verursachte, und ihn abhielt, die Regel so bestimmt auszudrücken, als ich gethan habe, daran war Schuld, dafs er bey seiner Abfalsung der Regeln einer Methode für die Naturge- schichte immer ein Auge auf das Mineralreich gerichtet hatte. Allein das Mineralreich ist mit den organischen Reichen incommensurabel, und darf niemal in Betrachtung kommen, wenn von organischen Kör- pern, als solchen, die Rede ist. Fast auf ähnliche Art, und aus derselben Ursache erklärt sich Erxleben über das, was man Art nennt **); „Man bemerkt leicht, ‘dafs mehrere einzelne Dinge unter- einander übereinkommen, und auf diese Weise eine Art ausmachen; sehr. oft leiden aber einzelne Körper durch eine zufällige Ursache eine Veränderung, so dafs sie sich von den übrigen ihrer Art bis- weilen. ziemlich stark unterscheiden, und diese nennt man Spielar- ten oder Abänderungen.” „Die in allen wesentlichen Eigenschaften und Theilen ähnlicher einzelnen Dinge rechnet man zu einer Art; die in gewilsen zufälligen Eigenschaften von andern ihrer Art abwei- chin, nennt man Spielarten oder Abänderungen.” Diels ist Les- ke’s Definition ***), \ A Un- *) Instit. regni veget. Edit. H. 66. 33. 34. 7 **) Anfangsgr. der NG. Erste Ausg. $. 22. — Dritte Ausg. $. 14 #**) Anfangsgr. der Naturg. $. 7. 13 214 Ungleich bestimmter drückt sich Lorenz Jussieu aust, „Man Kennt eine Art, indem sie durch eigene Kennzeichen be= stimmt wird, als eine Verbindung der allerähnlichsten Dinge, die immer untrennbar bleibt, und einfach nach einhelliger Meynung ‚vein- fach nach dem ersten deutlich ausgespröchenen Naturgesetze ; wel- ches da will, dafs alle diejenigen Individuen in eine Art gesammelt werden, welche sich nach allen Theilen höchst ähnlich sind, und sich durch alle Zeugungen immer gleich bleiben, so dafs, jedes Indi- viduum das wahre Ebenbild aller gewesenen, wirklich vorhandenen, und künftigen Individuen der Art ist *).” So definirt auch Fibig. Hier sind seine Worte **): „Solche Pflanzen, welche aus ihres Glei- chen entsprungen sind, immer wieder ihres Gleichen hervorbringen, und in den meisten und wesentlichen Eigenschaften mit einander übereinkommen, gehören nach dem Urtheile der meisten Pflanzen- forscher zu einer Art” Und Naumburg ***): „Dafs mehrere In- dividuen unter ein und demselben Begriff der Art gehören, erkennt man theils daraus, daß sie in allen ihren wesentlichen Merkmalen übereinkommen; nächst dem ist als ein hauptsächlichstes Hennzei- chen der Art diefs anzusehen, dafs aus demselben Saamen immer wiederum dieselben Individuen hervorgebracht werden.” Ganz nach, diesen Grundsätzen spricht auch Ventenat ****): „Im organischen Reich der Natur heifst man ein Individuum, das keines seines glei- chen hat, und sich dennoch dürch Saamen fortpflanzt, oder mehrere, die sich in allen Theilen vollkommen ähnlich sind, die von einem - in allen Theilen ähnlichen Individuum erzeugt, oder hervorgebracht sind, und die wieder solche hervorbringen oder erzeugen, eine Art.” Willdenow endlich sagt *****): „Man verlangt von einer Art, dafs sie aus Saamen immer dieselbe bleiben soll;” und wieder ******): E „Eine *) Praefat. ad Gen. plant. Edit. Tigur. XLIV. **) Einleit. in die Naturg. des Pflanzenr. (. 284- *##) Lehrbuch der rein. Bot. $. 192. ****) Anfangsgr. der Botan, S. 248. *=9, Grundrifs der Kräuterkunde. $. 123. FR) Das. (. ıd2. 31175 „Eine Art heifst jede einzelne unter einer Gattung stehende Pflanze, die aus dem Saamen gezogen immer dieselbe bleibt.” * Daraus fliefst nun der zweyte Grundsatz ‚ dafs man jedes Kennzeichen für wesentlich zu halten habe, welches durch alle Zeugungen standhaft fortgeerbt wird: denn eben diese standhafte Fortpflanzung ist ein Beweis, dafs dis Ursache davon tief in den Bau der Pflanze verwebt sey. Aber hier wünsche ich richtig verstanden zu werden. Ich kenne wohl Forterbungen vorübergehender Kennzeichen, die gar nicht wesentlich sind; der Blumenkohl wächst aus Blumenkohlsaamen, und der Kopfkohl aus Hopfkohlsaamen; gleichwohl sind Blumenkohl und Kopfkohl nichts weiter als blofse Spielarten des gemeinen Kohls, welcher in den so- genannten Schälken am nächsten seinem Urgebilde gleicht. _Aber ich weis auch, dafs man aus diesen Saamen weder unter allen Umstän- den, At kt selbst unter, wenigstens dem Anscheine nach, gleichen - Umständen allemal standhaft Blumenlichl oder Kopfkohl erhalte, Welcher Landmann kennt nicht die Schälke ? Die beyden letztern Grimaldien müfsen demnach ungeachtet ihrer überausgrofsen Gleichheit in allen übrigen Stücken als zwo ver- schiedene Arten betrachtet werden, weil sie die Stellungen ihrer Stengel durch alle Zeugungen und unter allen Umständen beybe- ‚ halten. II.-Ich habe den Trivialnamen procumbens, unter welchem ich die Saamen der leztern Art erhalten habe, in decumbens ab- geändert, weil ich dieses Wort für edler halte. Die Sache ist für sich eine baare Rleinigkeit; aber ich glaube, dafs man sich bey den Trivialnamen derjenigen Pflanzen, deren Gattungsname dem Anden- _ Ken verdienstvoller Personen geweihet ist, einer gewißsen Delicatelse bedienen sollte, welche die feine Yöhrelfläri fodert, und welche alle- mal so wohl thut. Carolinea princeps, Gustavia augusta, 15. wie ,ı6 wie passend sind diese Namen sowohl‘ für die Pflanzen, denen sie _ gegeben sind, als für die Personen, nach welchen die ' Gattungen genannt wurden, die Marggräfinn Carolita von Baaden, und König Gustaf IH. von Schweden. Aus dieser Ursache hat auch Decan- . dolle, als er Linnes Agave foetida zu einer eigenen Gattung erhob, die er dem borühmten Fourcroy: zu Ehren Furcroeäl nannte, den Trivialnamen in gigantea abgeändert, weil die Pflan- ze, wenn sie blüht, wirklich eine riesenmäßige Gröfßse ‘erhält, wel ches dann auch Anlafs giebt, dem grolsen Chemisten Fourcroy ein artiges Compliment zu machen. Ueberhaupt wünschte ich aus der Botanik alle die unschickli- chen, oder, mich richtiger auszudrücken, unartigen Benennungen weg. Cacalia, Sterculia, Vulvaria, wer übersetzt diese Na- men in seine Muttersprache, ohne zu erröthen? Den letztern Nä- men, welcher ein blofser Trivialname eines Chenopodium's ist, hat bereits Lamark in graveolens ebgeändert. Für die mittlere Benennung, wozu nur eine einzige, zuerst bekannt gewordene Art Veranlafsung war, könnte man die Benennung Firmiana, womit Scopoli den platanusblättrigen Baum diefer Gattung belegte, all- gemein annehmen; und für die erste Gattung, welche vielleicht oh- ne diefs noch wird in mehrere vertheilt erden müfsen, werden sich. ‚bessere und anständigere ig finden. ’ IM. Grimaldia decumbens schlief bey vollem Tage, während sie gezeichnet ward, mehrmal ein, und wachte wieder auf. Dieser Schlaf war mir merkwürdig, und ich schenkte ihm meine. ganze Aufmerksamkeit. Die Zeichnung srard an einem Oeden Fenster gemacht, das, einen Theil der Zeit hindurch, welche die Zeichnung foderte, vol- len Sonnenschein hatte; und so lange schlief die Pflanze nicht. Nach- dem aber die Sonne weg war, gerieth sie bald in einen gelinden, Schlaf, und wachte davon nach einiger Zeit wieder auf, was dem Zeich- rer term „Mi ". 7 Ze, ET nes bärtae ER NER ap Wong - 177 Zeichner viele Beschwerden machte, indem 'die Blättchen sowohl, als die ganze Pflanze ihre Stellungen nicht behielten, unter welchen er sie zuerst entworfen, und in der Folge auszumalen angefangen hatte. Er machte mich zuerst auf die Erscheinung ee ‚und ich gab nun genau auf die Umstände Acht. Es hatte sich ein Windchen 'erhoben,, welches aus Süd- ost kam, aber nicht genau seinen Strich hielt; es zog bald zum Fenster herein, bald gieng es vorbey. So oft es eine Zeit lang her- ein zog, gerieth meine Pflanze in Schlaf, und wenn es nun wieder eine Zeit lang vorbeygieng, wachte sie wieder auf. Als endlich der Zeichner den Bau der Blätter und des Blattstieles, um sie vergrös- sert zu zeichnen, studierte, zu diesem Ende ein Blatt, wie es am Stengel hieng, mit dem Zeigefinger gelinde stütste, und mit dem Daumen die Blättchen mehrmal auseinander hielt, auch verschiedent- lich darüber herführ, da schlief dieses Blatt vollends ein. Alle diese Erscheinungen bekräftigen die Theorie, welche ich vor vielen Jahren vom Schlafe der Pflanzen gegeben habe *), auf eine bewundernswürdige Art. Deutlich geht aus ihnen hervor, dafs er durch eine vorgegangene partielle stärkere Ausdünstung , und, was die Folge davon ist, ebenfalls partielle stärkere Abtrocknung bewirket werde. So oft das Gleichgewicht zwischen Ansaugung und Ausdünstung gehoben und mehr auf der Oberseite als Unterseite ge- stört ward, schlief die Pflanze. . Ehe ich in der Erklärung dieser Erscheinung weiter fortfahre, „mußs ich vorher eine genauere Beschreibung sowohl des ganzen Stan- ) des der Pflanze, als auch des Blätterbaues vorausgehen lassen. Die ‚ Blättehen haben ein äufserst kurzes Stielchen, das gewifsermafsen nichts weiter ist, als dasjenige Ding, was man bey Maschinen ei- ne -Nufs nennt. Diese Nuls ist rückwärts convex, auf der Ober- seite *) Vom Pflanzenschlafe , Ingolstadt, 1792 „So. r1$& seite des Blättchens ‚aber‘ kreisförmig ; das Blättchen selbst geht. an seinem vordern Rande um sie in einem Halbkreise herum ; mit seinem untern Rande aber liegt es nur auf dem Körperchen auf *). Alle Hauptgefäfse des Blättchens gehen von diesem physischen Punkt aus nach dem Umrifs hin. ‚Das. ist der Bau des Blättchens, Schläft es, so erhebt es sich schief aufwärts, und macht mit der Richtung des, gemeinschaftlichen, Blattstieles einen Winkel von etwa 300%. Das ganze Blatt steht, im wachenden Zustande fast unter einem rechten Winkel vom Stengel weg, macht aber, allemal im Schlafe einen stark spitzigen. Winkel mit ihm. Der Blattstiel selbst. ‚bleibt nicht gerade, sondern | nimmt eine mehr 'als sensenförmige Gestalt an. Der‘Sten- gel sogar neigt. sich mit seinem obern Ende, etwas zurück, was bey Grimaldia assurgens noch deutlicher. wird. Weit entfernt, die, unmittelbaren Triebfedern dieses ganzen Spieles haarklein) beschreiben und yorzeichnen zu wollen, glaube ich doch, die der Blättchen ziemlich deutlich gesehen zu haben. Das Körperchen, welches ich oben eine Nußs genannt habe, und wel- -ches von einem sehr lockern drüsenförmigen Baue ist, hat auf der ' Oberseite eine Kreisform, und ist mit den vorzüglichsten Gefälsen verbtinden, die von ihm, nieht wie Stralen aus einem Mittelpuncte, sondern wie Sectoren, ausgehen, und sich an den verschiedenen Punc- ten des Umrifses enden. Verliert nun diefe kleine Kreisfläche durch die Ausdünstung mehr Feuchtigkeit, als sie Zufluls erhält, so kriecht sie. enger zusammen; ihr kreisförmiges Feld verkleinert sich, die an ihm befestigten Gefäfsbündel erheben sich; aber da sie, durch die Blättchenfläche ungleichförmig. vertheilt ‚sind, so, geschieht, ihre Er- hebung nicht senkrecht, sondern schief; und damit auch aller Wi- derstand beseitiget werde, ist an ihrer innern Seite heine Blattsub- stanz angebracht. ü Wind- ») Tas. III. Fig. 2. . - zu ee 119 Windstöfse, das vielfälige Betasten mit der warmen Hand, und andere. ähnliche Dinge vermehren die Ausdünstung an- der ge- _ troffenen Stelle, ohne dadurch den Zufluls der nährenden Sälte zu befördern, weil sie entweder auf die ganze Pllanze nicht wirken kön- nen, wie das der Fall bey der Hand ist, oder wenn sie es können, wie ziehende Luft, diese Wirkung nieht wohlthäug ist,, die Säfte nicht erhebt, wie der wärmende Sonnenstral, sondern eher abkühlt und zurücktreten macht, _ IV. Noch mufs ich mich rechtfertigen, dafs ich bey Gri- matdia affurgens,: die ich doch selbst für Caffia nietitans meiner Vorgänger angegeben habe, den Trivialnamen nicht beybe- bielt. Ich glaube nämlich, dafs Caffia nictitans bey den ver- schiedenen Schriftsellern nicht immer einerley Pflanze bedeute, son- dern von den einen meine Grimaldia assurgens, von den an- dern meine G. decumbens darunter verstanden werde, je nach- dem ihnen die eine oder die andere bekannt’ ward. In diesem Falle denke ich mit Herrn Prof Hoppe schr gleichförmig *), dafs ein solcher Trivialname gänzlich gestrichen werden, und jede der aus- einander gesetzten Arten einen neuen, welcher keine Verwirrung ‚anzurichten vermögend ist, erhalten mülse **). Er- *) Botan. Taschenb. 1806. S. 130. #9) Der. Verfal. schrieb mir, seine Grimaldia.opifera (d. ii opem ferens; er wollte nicht offieinalis sagen ‚.‚weil'man mit diesem Worte den Nebenbegriff ei- { nes wahren Arzneymittels zu verbinden pflege, das unsere Constitution verändere, ‚die Saamen der Grimaldia aber seiner Meinung zu Eolge nur ein anechanisches Hülfsınittel seyen) mülse durchaus im Kasten gezogen werden; sie verlange näm- ‘ lich feuchte Wärme; in den Glashäusern und im Treibhause habe er sie nicht 5 #ortgebracht; dagegen sey sie im Treibkasten üppig gewachsen, und dann, wenn D kein Frost mehr zu fürchten war, im Topfe der freyen Luft ausgesetzt, gut fort- gekommen ; “auch die Marquisin Grimaldi, welcher. er diese Cultur empfohlen hatte , habe auf diesem Wege sehr schöne Pflanzen erhalten. Uebrigens. dürften hier ein Paar berichtigende Worte über die Synonymie der Caflia nietitans und & procumbens an ihrer Stelle seyn. Die (vermuthlich Druck-) Fehler in den m: Citaten der ältesten Ausgaben von Linne's Species plantarum sind zum Theile bis N +20 . Erklärung der Figuren e Tab. 1. Grimaldia opifera Fig. 1. Ein Ast der Gaimaldia in natürlicher Gröfßse. a. b. Ein Stück des Stengels, um die Stellung der Aeste noch mehr zu verdeutlichen. c. Ein. verblühter Blüthenstiel mit schon wachsender Hülse. Fig. 2. Ein schlafendes Blatt. Fig. 3. Der. Kelch. ‚Fig..4. Das oberste. Blumenblatt. Fig. 5., Die heyden Seitenblumenblätter. Fig. 6. Die beyden untersten Blumenblätter. » Fig. 7. Die Staubgefälse. Fig. 8. Der Stempel. Alle diese Stücke sind in ihrer natürlichen Gröfse gezeichnet. Tab. bis in die neuesten, selbst in die so hochverdienstliche unsers trefflichen Will- denow’s und in die perfon’sche Synopsis herübergegangen. Das irrige Citat aus Plukenet bey seiner Sena (nicht Senna) spuria Almag. p. 34ı und Phyto- graph. P. 3. (so müfste es eigentlich heifsen) t. 314. £.°3, wie in der afen Aus- gabe der linneischen Spec, plant. und“ im Hortus cliffort. steht, ist zwar verbes- sert. Aber in Rumph’s Herbar. amboin.. ist ‘die amoena moesta nicht auf der Sıten, sondern auf der 67ten Tafel des 6ten Theils f. 1. abgebildet. "Die Caflia procumbens sucht man umsonst im rıten B. der Comment. petropolit,; erst im ı2ten von '$. 288— 242 (so heifst es; nach $. 288 folgt S. 239 und so läuft es bis 262 fort, worauf erst wieier richtig S. 313 kömmt) ist sie von I. Amman beschrieben. Amman schweigt von der gestielten Drüse, zählte 13, anch wohl mehrere Blättchenpaare, sah auch rosenfarbige Biüthen und ı0 Staubgefäßse. Ob auch wohl Amman’s Caflia procumbens und Schrank's Grimaldia decumbens eine nnd dieselbe Pflauze sind? Das-Citat aus Petiver's hortus fiecus mufs man in Ray' Hiftoria plantarum T. 3. p. 243 suchen. . Seltsam-ist es, dafs weder Pro- sper Alpin noch Forskael von dem Cichme als einer ägyptischen Pflanze sad ihrem heilsamen Gebrauche Erwähnung thun- ” Molt, : krsgauzsog, ’ fl eo aaa ce» ‚7>e ale 5 auofadlo eppoundh, Tab. II. Grimaldia assurgense. Fig. ı. Die Pflanze in natürlicher Gröfse, jedoch ohne Wurzel. Der Zeichner hat eine der kleinern gewählt, weil sie .. eben eine offene Blüthe hatte. Es giebt aber Stücke, die fast noch’ einmal so lang werden, und diese hangen fast eben so stark rückwärts über, als die der, folgenden Art mit ihren Enden sich aufrichten, - Fig. 2. Ebendieselbe Pflanze schlafend. Fig 3. Eine Blüthe in natürlicher Gröfse. Sie öffnet sich nicht weiter, indem sich alle Blumenblät- ter übereinander rollen. Fig. 4. Der Kelch; er ist bey dieser Art fast ganz gelb, -a, In natürlicher Gröfse. Au Vergrölsert. ". bb. Die beyden untersten Kelchstücke. nn ‘Die beyden obern, etwas grölser als die untern, aber eben ‘= so gebaut, jedoch abwärts über die beyden Seitenblumenblät- ter hinabgesenkt. Das fünfte Kelchblatt, welches mitten zwi- schen dd inne steht, kürzer und schmäler ist, als die übri- gen, ist nicht gezeichnet, weil es zur Zeit der völlig aufge- schlossenen Blüthe schon abgefallen zu seyn pflegt. Fig. 5. Das oberste Blumenblatt, die Fable ’ wenn man will. a. In natürlicher- Gröfse. ! gern A. Vergröfsert. bb. Der Umea Nagel. de n Iıd.d Fig 2232 Fig. 6. Die kerac Seitenblumenblätter Rn Flügel). a. a. In natürlicher Gröfse, A.A. Vergrößsert. b,b,b,b. Der kurze Nagel. Fig. 7. Die beyden untersten Blumenblätter, welche das Schiffchen vorstellen; sie liegen ia der Blüthe übereinander, so dafs die Hälfte des andern gedeckt wird. Sie sind in der Blüthe die kleinsten, und ihr Nagel ist fast null. a.a. Ist natürliche Gröfßse. A.A. Vergröfserung. Diese Blumenblätier sind hier völlig ausgebreitet vorge- stellt, um, ihren’ Umrifs genau anzugeben: in der Natur sind sie übereinander eingerollt, so dals die ganze Blume eine hohle Walze, ‚oder übereinarder gerellte Blätter Papier vor- stellt. Sie sind übereinander gelegt, wodurch es ihnen möglich wird, ihre beyden Hälften zu entwickeln, wären sie neben- einander gestellt, so würden sich die beyden innern Hälften in ihrer Entwiekelung begegnet und eben dadureh in dieser ersten Lebensperiode, wo sie noch breyig waren, zusammen- gewachsen seyn, was dann ein Schiffchen gebildet. hätte; woraus folgt, dals wir alle Schmetterlingsblumen als fünfblätt- rig zu betrachten haben. Fig. 8. Die Staubgefäfse. E a. In natürlicher Größe. - A. Vergröfßsert, | c,c. Die Träger. d,d,d,d,d. Die Beutel. b,b,b,b,b,b,b,b,b,b. Die beyden klaffenden Querspalten. Fig. ze wmioyp of ’ yıu oYy H# Monza ann Ad Zr ZERHER Fig. 9. Der Stempel. a. In natürlicher Gröfse. A. Vergröfßsert. b. Der Fruchtboden. e, Der Griffel. . d. Die Narbe. Die Hülse ist, die Farbe ausgenommen, wie bey der fol- - genden Art. . Tab, III. Grimaldia decumbens. Fig. ı. Die Pflanze in natürlicher Gröfse, ohne Warzel, Man hat eine von den gröfsten vorgestellt; die kleinern richten. sich an der vordern Hälfte mehr auf. Man sieht- auch in dieser Figur den Stand, welchen die Hülsen in Hinsicht auf die Lage des Stengels beobachten, Fig. 2. Das unterste Stüek von einem Blatte, vergröfsert. Man be- merke an demselben die Richtung der Blättchengefälse , -@,a,a,a. dis kleine Scheibe am Grunde des Blättchens, von welcher umständlicher geredet ward; b. die gestielte Drüse, und auf ihr e: den Safttropfen, der zuweilen so grofs wird, dafs sein Inbe- griff die ganze Drüse übertrifft. Fre 3. Eine reife Hülse 4, von Aulsen, 1 . . A. von Innen, mit den Saamen, 16: Fig. Fig. 4. Ein einzelner Saame b. in natürlicher Grölse, B. vergrölsert. x. Der Ort, an dem die Nabelschnur befestiget ist. Fig. 5. Die beyden Saamenlappen: c,C. der eine, vom Keime getrennt 3 .d,D. der andere, mit noch aufsitzendem Keime, c,d. Ist natürlicher Größe. C,D. Vergröfserung. Ben nein win ” nn Br ach bsogunso Ti fzroazoy am 0» 720 ae — ; Ver Ueber die Gattungen Brunı a ,und..S ta a-w.a, von CAarı Lupwic WILLDENow. * D:e. an mannigfaltigen Gewächsen so reiche Spitze des südlichen Afrika bringt unter andern auch eine Gattung der ersten Ordnung der fünften Clafse ( Pentandria Monogynia) hervor, welcher Linn& den Namen Brunia ‚gab. Alle dahin gezogene Arten haben, wie andere dieser Himmelsgegend, die äufsere Form der Heidekräuter; aber ihr Blüthenbau ist schr davon verschieden. Mehrere von ihnen machen jetzo eine Zierde unserer Glashäuser aus, worinn sie beson- ders der feinen zierlichen Form ihrer zarten Blätter wegen, so wie wegen ihrer im Frühling sich ausbildenden Kugeln von Blumen, sehr “ gefallen. Die von Linne unter obiger Benennung gegründete Gat- tung ward durch den Herrn Doctor Dahl im Jahre ı787 genauer bestimmt und zwey Arten derselben zu einer besondern Gattung un- ter dem Namen Staavia getrennt. Von der letztern war der Gat- tungs-Charaktter ganz vollständig bekannt geworden; von der erstern, nemlich Brunia, fehlte die nähere Bestimmung der Frucht, die noch sehr zweifelhaft war; aber auch diels erfolgte ein Jahr nachher durch den um die genauere Kenntnils des Samens und der Früchte B- rühm- 126 rühmlichst bekannt gewordenen Doetor.Gärtner, so dafs in dieser Hinsicht jetzo kein Zweifel mehr obwaltet. Ich sammelte die mir bekannt gewordenen Arten Brunia und zählte deren achte, so wie von Staavia‘zwey in meiner. Ausgabe der Specierum plantarum auf. Nach dieser Zeit ist man nieht mülsig gewesen , die Erzeug- nilse jener Gegenden gründlicher zu erforschen, und es ist daher nicht zu verwundern, dafs durch die emsigen Bemühungen der Bo- taniker ihre'Zahl wieder einen nicht unbedeutenden Zuwachs erhalten hat. Viclleicht ist es den Freunden dieses Studiums nicht unange- nehm, wenn ich die bis dahin bekannt gewordenen Arten hier nä- her zu unterscheiden versuche, und mir die Ehre gebe, solche der‘ konizl. Academie vorzulegen, welche jedes Scherflein, was zur Er- weiterung der Wissenschaften gereicht, so wie jeden Beytrag zur gründlichern Erkenntnifs im weiten unabsehbaren Felde der Natur- kunde mit gütiger Nachsicht aufzunehmen geneigt ist, BRUNIA Flores aggregati. Filamenta unguibus petalorum inserti. Stigma bifidum. Drupa supera essucca bilocularis polysperma. Re- eeptaculum pilosum. - 1. Brunıa nodiflera. B. foliis trigonis incurvis acutis arete imbrieatis, capitulis in ra- mulis lateralibus terminalibus. Sp. pl. ed. W. ı. p. 1141. Rami subverticillat. Folia quinquefariam arcte imbricata bre- vissima glabra trigona acuta incurvata. Capitula globosa in apice ramulorum lateralium magnitudine cerasi minoris pubescentia. | Ich führe keinen weitern Schriftsteller an, weil alle Ci- tate meiner Ausgabe der Specierum plantarum dazu passen; auch sind die Abbildungen von u und Plukenet sehr kenntlich, 127 2. Bruns paleacea Tab. .z £. ı. h B. folüs trigonis rectis arcte imbricatis, capitulis terminalibus ' corymbosis paleaceis, paleis floribus longioribus. Sp. pl. ed. 5 We a. p- 11/2. Rami sparsi $ubverticilati. Folia subquinquefariam arcte .im- bricata breyissima glabra trigona recta apice obtusiuscula pun« cto fusco notata. Capitula subglobosa in apice omnium ramulorum corymbum formantia fere magnitudine praeceden- - is paleacea: Paleae, vel potius bracteae, subulatae acutae trigonae floribus longiores glabrae. a 07 WERDE WERE WE 2 Du a A * Ob gleich diese Art schon lange durch Beschreibungen bekannt ist; so fehlt es doch noch an einer kenntlichen Ab- bildung, die ich hier mittheile. Sie ist übrigens durch die spitzigen lang heryorstehenden bey den Blümchen eingefugten Nebenblätter sehr kenntlich und kann nicht leicht mit irgend einer andern Art verwechselt werden, du nn rn nn Fee 3. Bruwra deusta, Tab. 4. fig, 2. R. folüs elliptieis eonvexis ebtusis apiee sphacelatis arete imbri- catis subpubescentbus, capitulis subglobosis termiralibus. B. foliis trigonis glabris apice nigris, capitulis terminalibus. Thunb. prod. 1897. Rami paniculato-corymbosi pubescentes. Folia elliptica qua- drifariam arcte imbricata convexa obtusa brevissima apice spha- celata, juniora pubelcentia adulta fere glabra. Capitula in apice ramulorum magnitudine fructus Ribesii vel parum majo- ra obovato - subglobosa. Diese Art steht noch nicht in meiner Ausgabe der Spe- cierum plantarum ; sie ist späterhin durch den Ritter Thun- berg am angeführten Orte ganz kurz nur angedeutet wor- den. Er eignet ihr, wie den vorhergehenden, dreyeckige Blät- ter 128 ter zu, die sie aber nicht hat. . Ihre Blätter sind, wie auch die Figur a zeigt, nur convex, aber besonders dadurch merk- lich voice ‚ dafs sie eine schwarze Spitze haben. In der Jugend sind sie weißslich, wie die Zweige, durch feine anliegende Haare, die sich aber im Alter fast gänzlich ver-_ lieren und nur noch zuweilen 'an der Basis des Blatts gefun- den werden, Die gegebene Abbildung eines kleinon Zweiges wird sie kenntlich genug machen. N A. Bruvnıa microphylla. B. foliis ovato-trigonis carnosts glabris, capitulis terminalibus , ramis divaricatis- Thunb. prod. 187. 5. Baunıa laxa. B. fohis irigonis glabris, foribus spicatis glabris. Thunb. prod. 197. i Beide Arten sind noch nicht in meiner Ausgabe der Spe- eierum plantarum, weil sie nachher erst benannt wurden. "Da mir aber aufser den angeführten Diagnosen nichts weiters von ihnen bekannt geworden ist; so bleibt mir nichts übrig, als ihre nähere Beschreibung Andern, wenn sie in Any! Folge bekannt werden sollen,. zu überlassen. 6. Bruniıı fragarioides. B. trigonis laxe ämbricatis hispido- ciliatis. Sp. pl. ed. W. ı. p- 1143. Hami corymhoso-paniculati. Folia trigena acuta quadrifariam laxe imbricata margine et in costa media dense hispido- cilia_ ta. Capitula terminalia, = Ich besitze von dieser zuerst von mir am angezeigten Orte: beschriebenen Art nur einen getrockneten Zweig mit nicht r 129 nicht völlig ausgebildeten Blüthenköpfen, der in England ist gesammelt worden. Indelsen ergiebt sich aus der Blatt- form und deren Bekleidung, dafs sie eine sehr ausgezeichnete Art ausmacht. Dreh die vielen weilsen abstehenden, aber dabey feinen Haare, we&cue sur aen Blattrand und die Mit- telrippe dicht besetzen, hat die ganze Pflanze ein in’s Grau‘ fallendes Anschen. -7. Bavnıa tenuifolia. Tab. 5. fig. 2. B. folüs trigonis erecto-patulis glabris, capitulis globosis termi- nalıbus. , Rami ‚sparsi subeorymbosi. Folia quadrifariam disposita tri- gona glabra erecto-patentia obtusiuscula. Capitula globosa magnitudine fructus Ribesi in apice ramulorum inferiorurmn. Mir scheint diese Art, von der ich fig. » einen Ast, fig.a einen kleinen blühenden Zweig und fig. b ein vergröfsertes Blatt "habe vorstellen lassen, neu zu seyn. Die Brunia 'alopecuroi- des des Ritter Thunberg, von welcher er folgende Diagnose giebt: B. foliis acutis glabris , capitulis lateralibus globosis glabris, ist wahrscheinlich dieselbe Pflanze, ob ich gleich die- u. ser Pilanze weder folia acuta noch capitula lateralia zueignen al möchte. 8 Baunıa lanuginosa. B. foliis semiteretibus erecto-patulis apice sphacelatis hasi ra- misque pilosis, capitulis globosis lateralibus. B. folüs trigonis patulis apice fuscis, capitulis globosis fastigia- ts. Sp. pl ed. W. p. ı142. Rami teretes pilis tenuibus albis obsiti corymbosi. Folia fili- formia semiterelia erecio-patula apice puncto nigro sphacelata N 17 : bası. 130. x n basi. pilis paueis tenuibus albis praesertim marg sine‘ instructa. Capitula magnitudine Ribesii alba Jateralia subyerticillara. 9% Brusza superba, B. foliis semiteretibus patentibus incuryis pilosis, apice aristat- 2. sphacelatis. B. foliis triquetris filiformibus calloso -mueronatis patulis eiliato- willosis. Sp. pl. ed. W. ı. p. 1143. - Rami teretes pilis tenwbus albis tecti corymbosi. Folia Ali- formia semiteretia patentia incuryata, apice mucerone fusco de- nique nigro terminata, ubique a basi ad apicem pilis longis tenuissimis obsita. $ ’ ee hat mit der vorhergehenden die gröfste Achnlich- keit; sie unterscheidet sick aber durch die mehr abstehenden gekrümmten Blätter, die an ihrem ganzen Umfange mit zar- ten weilsen Jangen sehr dünnen Haaren besetzt sind. Die Spitze hat eine braune stachelförmige Verlängerung , welche- nachher schwarz wird und zuletzt abfällt, wo dann ein schwar- zer Punkt an deren Stelle zurückbleibt. Bey der vorigen Art. ist eine kurze schwarze Spitze gleich anfangs an den jungen Blättern wahrzunehmen. Beyde bleiben stets verschieden; ich besitze sie lebend; nur hat mir die letztere noch nicht geblüht, und ich vermuthe, dals in der Blüthe sich noch Un- terschiede finden werden. 7 ı0. Brunıa a Hit B. foliis trigonis obtusis glabris, ramulis yerticillatis fastigiatis, capitulis terminalibus. Sp. pl. ed. W. 1. p. 1142. ! ‚ Nur aus Linn dem jüngern und Thunberg's Diagno- se ist diese Art bekannt; ihre näheren Unterschiede sind ‚mir -unbekannt. ' E 11. 0 : N N . 231 M 11. Bauvıa laevis. au - B. foliis lineäribus convexis incurvis , eapitult, terminalibus. ’ Thunb. prod. 187. Es scheint diese Art von allen mir bekannten schr ver- schieden zu sgyn. Thunberg sagt nicht mehr darüber; aber aus dem Wenigen leuchtet so viel hervor, dafs sie mit der , Jolgenden Art zwar verwandt, aber hinreichend davon ver- schieden ist. 12. Baunıa rübra. Tab. 4. fig. ı. B. foliis linearibus: canalieulato - subtriquetris glabris refleo ra- tentibus, eapitulis lateralibus.. Rami teretes cicatrisati glabri flavescentes, juniores .albo-villosi. Folia linearia acuta basi parum: dilatata canaliculata, inde fere triquetra, glabra, reflexo- patentissima, juniora margine sub- eiliata. Capitula globosa rubra@ magnitudine fructus Ribesii, juniora una cum: peduneulis albo-villosa terminalia umbellata , x adulta lateralia glabra vertieillatim in peduneulis pollicaribus ,posita.. Merkwürdig ist bey dieser Art die eigene Stellung des } Blüthenstandes. An den jungen Trieben stehen sie oben dol- denförmig gestellt; aber noch vor ihrer Entwicklung entfaltet sich aus ihrer Mitte die Fortsetzung der Zweige und die erst ar der "Spitze stehenden Blumenköpfe finden sich nachher zur Seite. In dieser Lage fangen sie erst an zu blühen, wie - die Zeichnung deutlich zeigt, bey der noch unter Fig. a ein: vergrölsertes Blatt abgebildet ist.. 13. Brunıa abrotanoides. B. foliis linearibus lanceolatis reflexo-patentibus basi zmargine ci- liatis, capitulis terminalibus subeorymbosis. B. foliis convolutis glabris squarrosis, capitulis subfastigiatis. Sp. Be ed. W. ı. der 3- 17 2 Rami 182 ; Pe Rami teretes cicatrisati flavi glabri elongati subcorymbosi , ju- niores sulcati subpilosi. Folia lineari-lanceolata reflexo - pa- tentia basi margine ciliata apice sphacelata, summa floralia -breyiora et parum latiora lanceolata. Capitula globosa mag- nitudine fructus Ribesü flaya terminalia subcorymbosa, . Bauwıa macrocephala Tab. 5. fig. ı. B. folus lineari-lanceolatis erecio- patulis pubescenubus, oiliaris, capitulo terminali sölitario. = [nr Rami teretes pubescentes. Folia linearı-lanceolata tenwssime adpressa pubescentia margine cilata ‚apice sphacelata erecto- patula suboctofariam imbrieata. Capitulum magnitudine nu- eis juglandis subglobosum terminale solitarium sessile. Eine neue Art, deren völlig entfaltete Blumen ich nicht gesehen babe, und welche ich unter der Benennung Brunia ci- liata erhielt. Die Blätter sind aber nicht einföormig und lang zugespitzt; daher ich sie, wenn sie wirklich zu dieser Gat- tung gehört ‚ wofür der Habitus sprieht, für verschieden hal- ten mufs. Der Blumenkopf ist von alien Arten der gröfste, Die beygefügte Abbildung stellt einen Zweig und unter fig. a ein vergrölsertes Blatt vor. T 15. Bausıa ciliata. ... . - rt B. folüs ovatis acuminatis eiliaus. Sp. pl. ed, W. 1. p.a143. Aufser Linne hat kein Botaniker diese Art aufgeführt, und sie bleibt daher zweifelhaft, bis uns etwas aeg dar- über bekannt werden solite. STAAVITA. Flores aggregat. Stamina calyci inserta. Styli duo coa- lit, Bacca infera pentasperma corticata. Receptaculum palea- ceo -villosum. &: 1. EN 1335 1. Straavıa radiata, +8. foliis linearibus obtuse triquetris erecio- patulis, calycis ra- dio capitulo breviore. 8. folüis lanceolato - trigonis patulis, calycis radio colorato capi- - tulo breriore. Sp. pl. ed. W. ı. p- ı144. . Rami teretes elongati virgati, juniores pubescentes. Folia unguicularia erecto-patula linearia, eosta media subtus pro- minente crassa, quae figuram triquetram eorum format, apice obtusa cum mucrone parvo-atro, ceterum glabra. Capitula admodum parva magnitudine seminis Coriandri. Calyx radia- tus, radio colorato longitudine capituli. Dureh die lang gesteckten Zweige und aufrecht stehen- Blätter ist diese von der folgenden gleich beym ersten An- blick zu unterscheiden, mit der sie übrigens durch den Strahl des Kelchs sehr nahe verwandt ist. ö 2. Sraavıa pinifolia, Tab. 3. fig. 2. S. foliis linearibus triquetris patentibus, calycis radio Capitulis longitudine apice sphacelato. Rami teretes corymbosi, juniores pubescentes. Folia biun- Suicularia patentia lincaria vasta media subtus carinata , .inde facies triquetra, apice mucronata sphacelata, ceterum glabra. Capitula pisi minoris magnitudine. Calyx radiatus, radü foliolis coloratis capitulum aequanübus apice mucrone spha- velato instructis. Ich theile hier eine Abbildung dieser neuen Art mit, die bis dahin immer mit der vorhergehenden verwechselt wurde. Die längern Blätter ‚ ihre Richtung, die etwas ver- schiedene Form derselben geben sogleich eine eigene Art zu erkennen 5 besonders aber siud die Blättchen des Strahls am Kelche schr verschieden, die bey dieser durchgehends mit 3 einer 234 ET : 7 4 einer schwarzen Spitze versehen sind, hingegen bey der vor- hergehenden ohne diese an der Spitze abgerundet sich zeigen und nur die alleräußersten ein schwarzes Pünktchen haben. . Was: die Länge des Strahls am Kelche betrift, so wird diese " in der Art bestimmt, dafs man die Strahlblättchen zurück- 4 schlägt und beobachtet, ob sie so die Länge des Kelchs ha- _ ben oder nicht; jedoch ändert dieses in etwas. ab. B % Srtaavırx glutinosa. S. foliis fliformi - triquetris patentibus „ calycis radio ie enge triplo: Iongiore: apice: sphacelato.. S. folüs: Iineari- lanceolatis: trigonis: patulis, radio calycis colo- rato capitulo: longiore. Sp. pl. ed. W. 1. p. 1144. Die einzige Aubilding dieser Pflanze, welche bey Plu- kenet in amalth. 149. t. 451. f. 1. steht, und die‘ durch ei- new Druckfehler falsch argegeben ist, macht das Gewächs nicht deutlich, obgleich der Haupt - Habitus richüg ausge- drückt ist. Tab:7. 2 Wa; 2. pi re mufola 3: FREER Vehleich Sour = L-0 Tab: WU / | B Tue Ben. ER 2... Frune Veultiz. c TR Guimpiel ad nat. Kl 1808 7.0. Schleich sea x 1. na paleacea. 7 Guimpel ad na#.del. 1808. 2 Staarıa pıny olva. 4.8. Walwert sculps. Norib. . VII. VI Ueber | den sogenannten ALsBEn j in der Gegend ron Erding. Vorgelesen am 3rten März ı808 in der mathematisch - physikalischen Class» ‚der königl. Akademie der Wissenschaften, von Kommenthur Perzr, Conseryator der Naturaliensammlungen. In der Gegend von Erding, einem baierischen Proyinzial - Städt- chen, kömmt ein Fossil yor, das sowohl in Hinsicht seines geogno- stischen Erscheinens die genauere Beobachtung des vaterländischen Mineralogen als auch in Hinsicht seiner Schädlichkeit die Aufmerk- samkeit des Oelionomen verdient. - Dieses Fossil ist in der dortigen Gegend unter dem Namen Alm oder Alben bekannt, und man sieht es zu Tage ausstehen, sobald man auf der Strafse von Mün- ‚chen her über die Anhöhe von Aufhausen, einem von Erding ‚eine kleine Stunde entlegenen Dorfe, herabkkömmt. Es findet sich gleich unter der Dammerde in mächtigen La- gern, und. eben die unbeträchtliche , oft kaum einen Fufs errei- chende Tiefe, in der es schon ansteht, muls den. dortigen Ackers- mann äulserst behutsam machen. Sticht der Pflug zu tief, und ver- mengt 23% mengt sich dieses Fossil mit der, sonst sehr fruchtbaren, Danmerte, so ist ein solches Feld auf mehrere ‘Jahre verdorben. Auch das Fortkommen der Bäume ist gehemmt, sobald ihre Wurzeln auf diese mineralische Substanz treffen. - Die Farbe dieses Fossils ist entweder gelblichweifs, mehr oder weniger ins Blaßs-Ifabellgelbe sich ziehend, oder asch- grau. Bey der letztern Abänderung der Farbe ist das Fossil gelb- lichweifs gefleckt, oder getupft. Seiner äufsern Gestalt nach erscheint es ı) in losen, staubartigen Theilchen; 2) in dergleichen mehr oder weniger leicht zusammen gebackenen Theilchen, welche als unvrollkommen- kugelige, kleine nierige, oder Knoflige Stücke sich = zeigen ;, 3) in etwas festern tropfsteinartigen Stängelchen; 4) in pfeifenröhrigen kleinern oder grölsern Stängeln, eder Bruchstücken derselben. Die innere theils glatte, theils. in die Länge gestreifte Ober- Qäche zeigt unverkennbare Spuren, dafs sich diese pfeifenröhrigen Stängel einst über vegetabilische Substanzen, als über kleine Holö- und Wurzelstücke u. d. gl. durch Incrustation gebildet haben müssen. Mitunter finden sich auch in den zusammergebackenen Stü- elten kleine Land - und Flufsceonchylien oder Bruchstücke derselben, aber gar nicht häufig vor. Seltener noch sind sie bey der geiblich- weifsen, als bey der aschgrauen. Abänderung. Das Fossil ist durchaus matt. x Die festern Stücke sind im Bruche feinerdig: dieBruech- stücke unbestimmt eckig und stumpfkantig, Einige % STE _— Tre en ER N a ER ERE Tran 5 137 Einige pfeifenröhrige Stängel zeigen mehr oder minder deut- ‚liche schaalig ahgesonderte Stücke. Es ist ganz undurchsichtig. Es färbt stark ab. Fühlt sich mager, 'und, zwischen den: Fingern gerieben, auch etwas sanft an. \ Beym Anhauchen äufsert sich nieht der mindeste T'hongerueh. In zusammengebackenen Stücken it es sehr leicht zwi- ‚schen den Fingern zerreiblich: in tropfsteinartigen: oder pfei- fenröhrigen Stängeln ist es fester, doch immer noch im zeerreib- lichen Zustande; etwas spröde, und leicht zersprengbar. Nicht sonderlich schwer. Im Scheidewasser löst es sich-unter heftigem Auf- brausen fast ganz auf. Die Auflösung hat eine lichte honig- gelbe Färbe. Der bey der Auflösung auf der Oberfläche entste- hende starke Schaum: ist obenher stellenweise lichter oder gelblichbraun, mitunter etwas graulich. gefärbt: Anzeigen ei- nes geringen Eisen-und Thongehaltes. Eine kleine Portion ‚Säure löst eine ansehnliche Quantität des Fossils auf: Beweis für ei- ne grolse Menge von Kohlensäure, die bey diesem Fossile mit der Kalkerde in Verbindung, steht. Dafs unser Alben kohlensaure Kallterde sey, ist eine ausge- machte Sache. Aber wohin foll er in der Reihe der kohlensauerü‘' Kallfossilien gestellt werden? Das Vorkommen in mächtigen Lagern, und zwar gleich unter der D ammerde, mufs den Beobachter allerdings duf die Idee hinleiten, dafs dieses Fossil zu den jüngsten Erakiıgnisen ge- hör en möge. Dafs die erwähnten Lager ein Product der Auf- 18. 3 schwem- 138 u schwemmung seyen, zeigt zum Theil schon das niedrige Nache Land, auf dem sie sich vorfinden ;. und dafs sie dort aus Wassern, welche durch Kohlensäure aufgelöste Kalkerde führten, abgesetzt worden, darüber lallen uns theils die kleinen tropfsteinartigen Stän- gelchen, theils noch mehr die verschiedenen hohlen Röhrchen, welche unbestreitbar Beweise ehemaliger Incrustirungen über verschiedene vegetabilische Substanzen sind, fast keinen Zweifel übrig. Unser Fossil zeigt sich zwar überhaupt nur in losen - oder zusammengebackenen Bruchstücken ; ‘allein es fällt sogleich in die Augen, dafs diese Bruchstücke einst einem Ganzen angehört ha- ben. Noch minder Schwierigkeit hat die Auffindung dieses Ganzen. Aus den staubartigen losen ‚oder in grölsere und kleinere Massen zusammengebackenen Theilchen - läfst- sich zwar nichts erkennen, . Aber häufige, mit diesen vorkommende tropfsteinartige Stücke, und besonders die hohlen kleineren oder gröfseren Röhren u.d. gl., welche sich überdiefs-noch durch mehrere Festigkeit auszeichnen und ihre Bruchart erkennen jaffen, führen uns ziemlich deutlich auf den Weg der wahrscheinlichsten Bestimmung des ehemaligen Ganzen. Ziehen svir eine Parallele zwischen ‘dem Kalktuffe und un- fern Bruchstücken, als zwischen einem Ganzen und einzelnen Thei- len, so wird sich unsere Muthmassung bald zum höchsten Grade der Wahrscheinliebkeit (fast möchte ich sagen Gewifsheit) erheben. Die gelblichweilse oder aschgraue Farbe unsers Fossils ist auch dem Kallıtuffe eigen. Dieser hat eine röhrige, zackige, getraufte Gestalt u. d. gl.; und hohle Röhren und getraufte einzelne Stücke zeigen sich auch deutlich bey unserm Fossile.. Der matte erdige Bruch „und die stumpfkantigen Bruchstücke sind dem Kalktuffe eben so- wohl eigenthümlich, als sie die Festern von unsern einzelnen Stü- cken zeigen. Die chemischen Bestandtheile, Kalkerde und Kohlen- säure, mit einem sehr geringen Thon- und Eisengehalte (gesetzt auch, dals die_beyden letztern nur zufällig seyen) haben beyde Fossilien { mit« 139 miteinander gemein. Was endlich die Entstehung und das geognosti- sche Vorkommen betriflt, so scheinen sie bey beyden dieselben zu seyn. h Unser Fossil dürfen wir also mit aller Wahrscheinlichkeit Bruchstücke und Theile von wahrem Kalktuffe, das Gan- ze Lager von verwittertem und zerbröckeltiem Kalk- tuffe nennen. Ueberhaupt scheint aber dieser Kalktuff fcehon bey seinem Entstehen eine besonders weiche und lockere, folglich auch zur Ver- witterung geneigtere, Consistenz erhalten zu bike da er fast nichts von Thonerde und äußerst wenig, Eisenoxyd enthält. Denn dafs 'Thonerde und hauptsächlich Eisenoxyd dem: Tuflsteine mehrere Fe- stigkeit und einen höhern Grad. von Härte ertheilen, ist uns von mehrern Tuffarten, und vorzüglich vom: sogenannten Eisentuffe,, bekannt. Noch ein anderes, meine Behauptung über das erdinger Fossil kräftig unterstützendes, Datum: erhielt ich durch die gütige Mittheilung‘ meines verehrungswürdigsten Freundes , Hrn. Directors von Flurl. Er fand bey Memmingen den Kalktuff fast unter ähnlichen Umfiänden und Verhältnifsen.. Dieser Kalktuff wechselt dort in seinem Aggregat - Zustande verschiedentlich ab,. so, dafs er bald fester bald weicher , und selbst in zerreiblichen Bruchstücken und staubartigen, bald losen bald zusammengebackenen. Theilen , also eben so‘, wie unser Alben, erscheint.: Die vollkommen albenähn- ‚liche Substanz liegt an und um die festern Maffen des Tuffes, und ihr Daseyn können wir ebenfalls nur der Verwitterung zuschreiben , wozu sich die Disposition zum Theil schon: selbst an dem geringen Grade von Consistenz des ganzen Tuffsteinlagers äufsert. Durch die Güte des Hrn, y. Flurl besitze ich ein Stück vom memminger Kalltuff ,. dessen Gestalt fast durchaus röhrenförmig und. mitunter ı6 auch 140 auch etwas getrauft ist. Es ist aber dieses Fossil von so geringer Härte und Festigkeit, dafs bey jedesmaligem Berühren desselben kleine Stücke davon hinwegfallen, und dafs es eben keine”zu grofse Mühe kosten würde, das Ganze unter den Fingern zu zerdrücken, und wenigst einen großsen Theil davon zu einem Pulver su zerr eiben. — Endlich können wir dieses Fossil in die Reihe unserer vater- ländischen Mineral - Froducte theils nach oryktognostischer, theils nach geognostischer Ansicht aufnehmen. Beym ersten Anblicke hat es zwar mit dem erdigen Mergel ziemliche Achnlichkeit. Da aber die Thonerde wie Bedingnils in der Grundinischung des Mer- gels ist, und die Gegenwart der Thonerde in unserm Fossile fast in gar keinen Betracht gezogen werden darf, so entfernt es sich, un- geachtet seiner starken Achnlichkeit, gänzlich vom erdigen Mergel. Es ist als reiner, kohlenfaurer Kalk anzusehen. Die äußerst gerin- gen quantitativen Beymischungen von Thonerde und Eisenoxyd sind ganz und gar kein Hindernifs, ihm diese Benennung zu geben. Ein solcher reiner, kohlensaurer Kalk, der theils in losem, theils in zer- reiblichem Zustande, oder überhaupt von sehr geringer Gohäsion er- scheint, dürfte von dem Oryktognosten wohl als der Berg- milch nahe verwandt angesehen, und an dieselbe gereiht, oder nach der Meinung des Hrn. Dir. v. Fluri (Besehreibung der Gebirge von Baiern u. .d. o. Pf. etc, $. 212 u. 213.) zwischen Bergmilch und Kreide im Mineral - Sisteme aufgestellt werden. — Nacn geognostischer Ansicht ist dieses Fossil Kalktuff, ei- nes der jüngsten Erzeugnilse in der Reihe aufgeschwemmter Gebirge, in einem sehr hohen Grade der Verwitterung, zum Theil auch schon ganz verwittert *). vo. ! % *) Der Verf, hat in der Folge durch den Hrn, Landgerichtsarzt Pessenbacher in Erding sehr zerbrechlichen Tufistein erhalten, der mit dem Alben vorkömmt, und seine Ableitung des Letztern bestätigt. Der Altademiker, Hofrath Gehlen, hat beyde chemisch untersucht; er fand im Alben, so wie im festern Tuff, ziem- lich reinen kohlensauren Kalk. In einem Platintiegel gebrannt, verloren sie 0,44 am ER j sundVeber ein Fossil aus den Thonmergel - Flötzen hi bey Amberz. Yurgelesen in der mathematisch- physikalischen Classe am ‚3ıten Jän. :1809. von mens hie Perzı. i got Schon seit mehrern Jahren findet man in den vaterländischen Mine- neralien-Sammlungen ein Fossil aus den ’Thonmergel-Flötzen bey 4 - E il & I >1 Am- + an Gewicht; der Rückstand löschte sich mit Wasser vollkommen. _ Salzsäure löste sie vollständig auf; Ammonium bewirkte in der Auflösung eineu braunrothen "Niederschlag, der sich bey weiterer Untersuchung als 0,01 Eisenoxyd (das' zum Theil zur infltrirt ist) mit organischer Substanz (die er wegen«.der Braunfär- bung der Kalilauge bey Behandlung des Niederschlags auf Thonerde, und weil sich bey nachheriger Sättigung jener Lauge kein Niederschlag zeigte, obgleich das Kali das braunrothe Präcipitat sehr vermindert hatte, vermuthet) zu erken- j nen gab. Thonerde konnte nur eine Spur darin vorhanden seyn. Aus der von dem braunrothen Niederschlage abfikrirten Fküfsigkeit fältte‘ kohlensaures Kali © kohlensauren Kalk, der scharf getrocknet 97 Gran wog. Herr ‚Gehlen meint, der Alben-möchte wohl nur im Falle, wenn er in zu grolser Menge aufgepflügt wird, oder wenn die darüber liegende Ackerkrume Alan NEE Natur nach, in . vorgängiger Lokerheit und BORSCHEHBERR nicht verträgt, der Vegetation schäd* lieh seyn. Aöfserdem würde er zur Verbesserung von’ Lehm-, Torf- und’ Moor: - boden, und zum Kalkbrennen (mit Wasser ‚und etwas gesphnittenem ’ Stroh. zu besserm Zusammenhalt in ziegelförmige Stücke gelormt) mit Vortheik augewen- det werden können, Moll, 142 Amberg aufgestellt, welches, als eine etwäs sonderbare Erschei- nung in unsern Gegenden, unstreitig die Aufmerksamkeit des vater- ländischen Naturforschers auf sich ziehen, und ihn: angenehm über- raschen mufs, indem er unvermuthet das Daseyn eines Naturproduc- “tes an einem Orte entdeckt, wo er es am wenigsten. erwartet hätte. Der Bologneser-Spath nach Werner (Karsten’s str aliger Baryt, und Haüy’s Baryte: Sulfatee radide)) war bisher fast nur von einem einzigen Fundorte, nämlich vom Berge Paterno bey Bologna in Italien bekannt *). Nun gehört diese Art des Schwer- spathes auch in die Reihe unserer einheimischen Fossilien, und steht aueh da nicht oline Auszeichnung. Von diesem, schon wieder sel- tener werdenden,. Fossil hat zwar Herr Prof. Bertele in Lands- hut im seinem Handbuche der Minerographie etc. Lands- hut, 1804, S.'ı3ı.. den oberpfälzischen Fundort angeführt; aufßser- dem: ist: es: aber vom keinem: vaterländischen: Mineralogen: genauer untersucht „ und: beschrieben: worden ; so: wie es auch im Auslande nock: wenig; gekannt zw seym scheint.. Mehrere Exemplare davon, weiche ich: im meiner Sammlung: verwahre‘, setzen. mich in: Stand, eine nähere: Charakteristik zu geben. Die Farbe desselben ist rauchgrau, hin uud. wieder in's. Gelblichgraue übergehend. Einige Stücke sind lichter oder dunkler ockergelb: gefleckt.. Die Gestalt desselben gehört zu der runden besondern. Es erfcheint theils sphäroidisch, oder in etwas gedrückten Ku- ger, theils: im ellyptischen Stücken,. eyförmig in. die, Länge gezogen, und platt gedrückt. — Die sphäroidischen Stücke. finden. sich von einem bis gegen: drey Zolle im grölsern Durchmesser; die ellyptischen Stücke: trifft man. (die gröfsten): bis über fünf Zolle im. Längendurchmesser an.. — Am einigen. dieser Stücke sieht man di- skere oder dünnere- Lagen von Eisenoxyd (ockerigem Braun -Eisen- steine >» *) Naeh: Schumacher soll er auch in Jütland vorkommen. 143 i steine) anstehen , welche in das Fossil hineinzusetzen und es einiger Malsen zu durchziehen scheinen. L Die äulsere Oberfläche ist, wenn das Fossil von der an- ‚sitzenden Thonmergelmafse gereiniget Hörde - grobschuppis; ; die verschiedene Richtung und Lage der Schuppen bringen ein etwas un- ‘vollkommen rosenförmiges Anschen hervor. Bey einigen, be- sonders elyptischen, Stücken nehmen die Schuppen eine etwas be- stimmtere, linsenförmige Gestalt an. — Indessen scheinen diese Schuppen blos das Hervorragen oder Ausgehen der Strahlen zu "aan, welche die Textur des Fossils constituiren. ‚Aeußerlich ist es im Ganzen zachr oder weniger - schimmernd, bald dem Glänzenden, bald dem Matten sich nähernd, nachdem nemlich der Grad des Glanzes ‘der Schuppen selbst beschaflen ist. Diese, wenn sie glänzend sind, zeigen einen dem Demantglanze sich nähernden Glasglanz. — So- bald die Schuppen linsenförmig werden, äulsern sie auch geringere Anlage zum Glänzenden. Inwendig jst es wenig glänzend bis zum schwach Schimmernden. Die Art des Glanzes ist jene des äulsern. Man mufs gewöhnlich das Auge sehr anstrengen oder die Luppe :zu Hilfe nehmen, um den Glanz beobachten zu können. Die Ursache liegt wahrscheinlich darin, dafs die Theile, die das Gewebe des Fossils _ eonstifuiren, sich. nicht fest an einander schlielsen, woraus denn Zwisehenräume entstehen, die mit einer geblichgrauen eifenfchüfsi- gen Thonmafse ausgefüllt sind. Schon durch genauere Beobachtung entdeckt man diesen Umstand; und ein schwacher, doch nicht un- deutlicher Thongeruch, welcher sich nach dem Anhauchen der Bruch- Näche äufsert, woran jedoch die strahligen oder, blätterigen Bruch- theile keinen Antheil haben, bestätigt ihn noch RER Im 4: i BETTEN Im Bruche:ist es schmalstrahlig: Die Strahlen kaufen yam äufsern Umfange gegen die Mitte hinein concentrisch, ob man gleich auch da im Ganzen selbst hie und dort wieder einzelne Stellen be- ‚merkt, wo die Strahlen. eine dem Blumigblätterigen etwas ähnliche Richtung, haben. "Tiefer hinein. verliert sich. der strahlige:Bruch,, und ‚geht in das Unrollkommen- und; Kleinblätterige über. Diese letztere Bruchart erscheint aber ziemlich undeutlich und verworren: ja man sollte sie fast für eine dichte Mafse ansehen, wenn sich das Blätterige nicht hin und wieder durch Schimmer verriethe , wozu. die vorher erwähnte Beymengung des eisenschüßigen. Thones nicht we- nig beytragen mag. Die Bruchstücke sind gewöhnlich unbestimmt eckig, und nieht sonderlich scharfkantig: zuweilen nähern sie sich, dem Keilförmigen, oder dem Splittrigen Da, wo der Bruch unvollkommen - und kleinblätterig ist, zeigt. 2 eine Knie zu kleinkörnig abgesonderten Stücken. Es ist nur am den dünnsten Kanten schwach durch- scheimend, bis zum Undurchsichtigen. + Es giebt einen lcht-graulich-weilsen Strich. Es. fühlt sich etwas kalt an. i \ . „Bsist weich; ritzet die ER ; den: Würfelspath 'aber ur wenigrund mit Mühe.. "Ps ist spröde, leicht zersprengbar, und Er ni maicht; sonderlich schwer, zunächst an’s Schwere grän- zende, Sein, speeilisches, Gewicht. ist — 1,000: 3,991 *%)..— Daß un- Ber Mineral d die appatäsche Schwere den übrigen Baryt- Fossilien. nicht Fl graz: *) Hr. Altademiker' und Professor Imhof batte auf mein Ersuchen ‚die Güte, ein plattkugeliges Stück, . welches! ich vorlier auf. der Oberfläche von! allem. ankleben- den Thonmergel sorgfältig befreyt hatte, abzuwiegen, und mir gegenwärtige An- „7 gabe des speeifischen Gewichts mitzutkeilen.- % 145 ganz erreiche, darf um ‚so! weniger. befremden ‚wenn man sich an den schon oben berührten'minder festen Zusammenhang der Gefügs- theilchen, ‚und ‚die eingemengte, weit geringere, fremdartige Sub- stanz (den eisenschüßsigen Then)‘ zurück erinnert. Wären diese Hin- dernilse nieht zugegen, 'so würde es. in Vergleich der übrigen Baryt- arten „. ‚aller Wahrscheinlichkeit: gemäfs, an Schwere nicht zurück bleiben. sısde ai Vor dem Löthrohre knistert es nicht, brennt sich weils, und wird ganz undurchsichtig. Dafls es dabey auch stellenweise eine rothe Farbe annimmt, kömmt von dem höhern Grade der Oxydation der mit dem Thone verbundenen Eisentheilchen her. e Dem specifischen Gewichte nach entfernt sich dieses Fossil zu schr von den Gipsarten; würde sich aber mehr dem Strontian - Ge- schlechte nähern, könnte seine Eigenschwere als rein angenommen, und mülste sie nicht bey vollkommener Homogeneität und mehrerer Gedrängtheit der Theile mit allem Grunde viel gröfser gedacht wer- den. Den geeignetsten Platz nimmt es also in dieser Hinsicht im- merhin in der Reihe der schwefelsauern Barytarten ein. Die Bruch- art, seine äufsere Gestalt, die Beschaffenheit der Oberfläche, und so manche andere äulsere Kennzeichen charakterisiren es unläugbar als Bologneser-Spath *). End- *) Haüy’s Charakteristik des Bologneser-Spathes stimmt so ziemlich mit dem Anse- hen unsers Fossils überein: Baryte Sulfatte radiee. — — — En boules d'un diametre plus ou moins consid£rable, dont l’interieur est strie du centre ä la eir- - conference, et dont la surface est toute herissee de cristaux leniticulaires sail- Jans par une portion de leurs bord.. — — — Plusieurs sont laminaires & ‘ Yinterieur, mais de maniere ä presenter toujours des indices de strueture rayon- "nee, Trait& de Mineralogie etc. Tom. 2, p. 302 et 303, ı9 v 146 Endlich,sind alle Mineralogen über das geognostische Vor- kommen des Bologneser-Spathes darin einig, dafs er sich nämlich in ursprünglich rundlichen Stücken in Thon-, Letten- oder Mergel- , schichten‘ einzeln eingewachsen vorfinde. Unser Fossil kömmt gleich- falls in einzelnen, plattkugeligen oder ellyptischen Stücken in Thon- mergel-Flötzen vor, hält also auch in dieser Hinsicht mit jenem von Paterno die Parallele, und hat einen bezeichnenden geognostischen Charakter damit gemein *). *) Hofr. Gehlen hat mit diesem Fossil einige Versuche angestellt, deren Resultate ich hier mittheile. Zum Leuchten konnte er es nicht bringen, wahrscheinlich wegen der infiltrirten fremdartigen Theile, wobey viel Eisenoxyd ist; daher auch der Stein nach dem Glühen zwischen Kohlen graulichschwarz geworden war. Dieses graulichschwarze Stüekchen ward fein gerieben, mit 2 Th. kohlensaurem Natron ge- glüht und das Product gehörig ausgewaschen. Der Rückstand gab durch Aus- ziehung mit reiner Salpetersäure eine gelbe Auflösung, woraus salpetersaurer Baryt octa@drisch anschoß; in äufserst verdünnter Auflösung dieser Crystalle be- wirkte ein kleiner Glaubersalz- Crystall einen Niederschlag von wiederhergestell- tem schwefelsaurem Baryt. Die Menge des Fossils war zu klein, um mehrere _ Versuche damit anzustellen, ' Moli. 147 vul. Ueber das Streichen und Fallen h Pr der Grundgebirgs-Schichten im Norden von Europa, ’ von Jom. Frıep. Lupw. Hausmann in Cassel. Pi den wichtigsten Entdeckungen, welche die Geognosie dem un- ermüdlichen Forschungseifer und dem philosophischen Blicke v. Hum- boldt’s verdankt, gehört unstreitig die Auffindung des merkwürdi- gen Gesetzes der Gleichförmigkeit des Streichens und Fallens der Lagen des Grundgebirges. Nach Humboldt ist nämlich auf dem Thüringer-Walde und Fichtelgebirge, wie in den Schwei- zer-Alpen, auf den Pyrenäen, wie auf der Cordillere von Venezuela und Parima, partielle, durch örtliche Ursachen ver- anlalste Ausnahmen abgerechnet, das Streichen der Grundgebirgs- schichten von Nordost nach Südwest, oder genauer, in der Stunde 33 des bergmännischen Compalses, so wie das Fallen gegen Nord- - west, unter einem Winkel von 60 bis 80 Grad. Humboldt be- 19 ® merkt 148 - merkt bey der Mittlieilung seiner Beobachtungen *), das Streichen sey beständiger als das Fallen, zumal bey einfachen Gebirgsarten (’Thonschiefer, Hornblendschiefer), oder bey zusammengesetzten Ge- birgsarten mit weniger cerystallisirttem Korne, wie bey dem Glimmer- . schiefer. Im Granite und Gneuse scheine dagegen die Anziehung der erystallisirten Gemengtheile gegeneinander oft die regelmäfßsige Schichtung verhindert zu haben. Die Vebereinstimmung des Strei- chens und Fallens der Grundgebirgsschichten zeige von einer Ursache, die sehr früh und schr allgemein 'gewirkt habe, die in den ersten Anziehungen ihren -Grund,haben müfse, durch die die Materie zu- sammengetrieben wurde, um die Planeten-Sphäroide zu bilden. Diese großse Ursache schliefse den Einflußs örtlicher Ursachen, durch die einzelne kleinere Theile der Materie bestimmt wurden sich auf diese oder jene Weise nach den Gesetzen der Crystallisation anzuordnen, nicht aus. Delametherie habe mit Scharfsinn den Einfluls ei- nes grolsen Berges (als eines Kerns) auf die benachbarten kleineren Gebirge gezeigt. Man müfse nicht vergessen, dafs alle Materie, aus- ser der allgemeinen Anziehung gegen den Mittelpunkt, gegeneinan- der selbst wiederum Anziehung äufsere. / Durchdrungen von dem Interesse, welches mir die hum- boldtschen Beobachtungen einflölsten, widmete ich auf meinen geologischen Wanderungen, .die ich in den Jahren ı806 und 1807 durch einen Theil von Norwegen und Schweden unternahm, besondere Aufmerksamkeit dem Streichen und Fallen der Grundge- birgsschichten, welche dort beynahe überall, selbst da, wo das Land nicht ‚eigentlich gebirgig zu nennen ist, zu Tage aussetzen. So ’ *) In einer den Direetoren des naturb, Cabinets zu Madrid übersandten Abhandl. ; daraus im Auszuge in Delametherie’s Journal de physique, Messidor 9. p. 53 ete., — daraus in den allgem. geograph. Ephemeriden v. Gaspari u. Bertuch gten B. 1802, S. 310 — 329 u. $. 389 —420; — daraus in v. Moll’s Annalen der Berg- u, Hüttenkunde zien B. 1803, S. 22-69. P Sa ee Perews * | } WEN u 149 - So unwichtig nun auch an sich meine Beobachtungen erschei- nen, So dürften: sie doch'vielleicht in so: fern nicht ganz ohne Werth seyn, yals jede Vermehrung der Summe der- einzelnen Beobachtun- gen den Werth des daraus gezogenen allgemeinen Resultates erhöht. Aus ‘diesem Grunde darf ich vielleicht auf Nachsicht hoffen, wenn ich es wage, der hochyerehrten königl. Academie im Nachfolgenden diejenigen Beobachtungen vorzulegen, welche ich, in Beziehung auf das von Humboldt-aufgestellte geologische Gesetz, im Norden von Europa anzustellen Gelegenheit fand. Zu diesen Beobachtungen konnte wohl nicht leicht eine Ge- gend günstiger gefunden werden, wie der zwischen dem 2gten und 34% Grade ‚der Länge und dem'z6ten und zy'e" Grade der Breite liegende hügliche und bergige Landstrich von Smäland, Ost-und Westgothland. Er liegt fern von der Hauptgebirgskette, ja selbst- von den Seitenzweigen der Hauptgebirgskette Scandinaviens, und ist daher unabhängig von dem partiellen Einflulse, den diese auf‘ die Richtung der Gebirgsschichten äulsern konnten. Fester Grundgebirgsfels; jüngerer Gneus in beynahe steter Abwechslung mit jüngerem Granit, hin und wieder fremdartige, untergeordnete Lager einschliefsend, steht beynahe durchgehends, nur hin und wieder vom Uebergangsgebirge gedeckt, zu Tage. Ich durchreiste jenen Landstrich nach den verschiedensten Richtungen , und fand überall, nur mit‘ wenigen ‚partiellen Ausnahmen, das‘ Streichen der Lagen des Grundgebirges von Mitternacht gegen Mittag und das Fallen unter einem Winkel von 60—8o Grad gegen West. Dals das Streichen nicht immer völlig genau in die ız2te- Stunde des bergmännischen Compafses- fiel, sondern zuweilen bis Stunde ı und ı1 declinirte, verdient kaum eine Erwähnung. Die Deutlichkeit der Schiehtung und mithin auch die. Sieherheit der Beobachtung richtete sich natürlicher Weise- auch hier nach den Gemengtheilen der Gebirgsarten. Hatten diese ein gleichförmig - erystallinisch - körniges Gefüge, wie bey dem Granite, so. wurden auch mächtigere und minder deutlich abgeson- derte 150 derte Schichten angetroifen. * Hier wirkten die Crystallisationskräfte der Gemengtheile, auf einen kleinen Raum beschränkt, denjenigen Kräften entgegen, welche ‘der ganzen Gebirzsmafse ihre Schichtung vorschrieben. Darum zeigt sich bey dem grolskörnigen Granite, bey welchem die Crystallisationskräfte nach den drey körperlichen Dimen- sionen freyestes Spiel hatten, die Schichtung am wenigsten deutlich; da hingegen bey dem Glimmerschiefer die Kräfte, welche die Ge- birgsmafse schichteten, den vollkommensten Sieg erfochten über die schwache Crystallisationskraft des nur nach zwey Hauptdimensionen ausgedehnten Glimmers, und diesen nöthigten, eine der Schichtungs- richtung parallele Lage anzunehmen. Aehnlich verhält es sich mit dem Thonschiefer, mit dem Hornblendschiefer ; da hingegen zwischen Gra- nit und Glimmerschiefer der Gneus in der Mitte steht, bey dessen grobflasriger Abart es besonders deutlich sichtbar ist, wie der Glim- mer sich in die Fesseln der Schichtung schmiegen mufste, während Feldspath und Quarz derselben noch Widerstand leisteten. Die auffallendsten Abweichungen von dem allgemeinen Gese- ze des Streichens und Fallens der Grundgebigsschichten im südli- ’ chen-Schweden traf ich zu Ädelfors ‚in Smäland und zu Trollhätta in Westgothland an. In jener Gegend ist ein schr inniges Gemenge von Quarz und Glimmer, der Schweden Horn- berg, herrschende Gebirgsart, deren Streichen ich an mehreren Stellen hor. 6. und deren Fallen ich 80° — 85° gegen Mittag fand. Bey Trollhätta bahnt sich die Göthaelbe ihren mühsamen Weg durch jüngern Granit und Gneus, der mamnigfaltige Lager von Sye- nit, Grünstein, Hornblendschiefer, Chloritschiefer einschliefst, wel- che sämtlich mit ihrem Muttergebirge in‘ der-4te® Stunde: streichen und 60 bis g0 Grad gegen Nordwest einschiefsen. Man achtete auf den Fingerzeig der Natur, folgte der Schichtung der Felsen zum ‘Theil bey der Treibung des Trollhätta-Canals, und sparte auf die- sem Wege an Zeit, Mühe und Kosten; ob man gleich dafür nun zu- weilen gegen das Einschiefsen glatt abgelöster' Schichten zu kämpfen hat. Mit BZ 151 Mit Compafs und Gradbogen. setzte ich meine Wanderung durch Bohuslän fort bis zum Svinesunde, und gieng in Nor- wegen in nordwestlicher Richtung weiter bis Christiania. Von Wenersborg, zwey Meilen nördlich von Trollhätta bis auf den Gipfel des Ekeberges, der das Thal’ von Christiania in Osten beherrscht, betrat ich keine andere Gebirgsart, als denselben mit Granit wechselnden jüngern‘Gneus, den ich vorhin:erwähnte, und fand Streichen und Fallen derselben durchgehends gleichbleibend: das Streichen von Mitternacht gegen’ Mittag, das Fallen 60° — 80° gegen Abend; — gewils ein grolses Zeugnils gegen die Meinung de- rer, welche die Ursache des Fallens der Grundgebirgs -Schichten in einem Einsturze oder: in einer Hebung gefunden zu haben glauben! Parallel mit der’ Richtung; des Streichens laufen mehrere bedeutende Bergrücken zwischen dem Svinesunde und Christiania; und ebenfalls gleichlaufend sind die Hauptrichtungen der auf diesem We- ge zu passirenden Flüfse, so wie des an ıo Meilen weit in das Land eingreifenden Meerbusens von Christiania. Von Christiania vier Meilen in südwestlicher Richtung bis Drammen und dann ein Paar Meilen westlich bis in Eger-Kirch- spiel ist das Grundgebirg vom Uebergangsgebirge gedeckt. Erst bey Dunserud, zwey Meilen östlich von Kongsberg, tritt wiederum älteres Gebirg, Hornblendschiefer, der mit Glimmerschiefer wech- selt,; unter letzterem hervor. Der an das Einschielsen der Grund- gebirgs -Schichten gegen West auf einer so langen Reise gewöhnte _ Blick wird hier mit einem’Male durch das gerade entgegengesetzte Fallen derselben überrascht. Das Streichen ist noch immer dasselbe und zwar gemeiniglich sehr genau in der ız2tea Stunde; das Fallen hingegen beynahe‘ durchgehends in der ganzen Gegend, rings um Kongsberg, wnter Winkeln von 73° bis 85° gegen Morgen. Zu- weilen stehen die Schichten auf dem Kopfe, und seltner noch nei- 'gen sie sich auf eine kurze Strecke gegen Abend, als wollten sie dadurch ihr altes Recht, das nur durch örtliche Ursachen eine Ab- ände- .53 änderung erlitt, zu behaupten suchen." Und diese‘ örtliche Ursache ist "hier unstreitig‘ die ‘westliche Nähe "der: grolsen Hauptgebirgsketwe Norwegens, welche die natürliche Gränze zwischen Bergen-und Aggershuusstift bildet, deren Einfluls wir an: der Südostküste von Norwegen noch weiter kennen: lernen :werden.: Von Kongs- berg am äufsert sich dieser Einflufs noch‘ mehrere‘ Meilen "gegen! Nordost bis m:Modum- Rirchspiel, wiewohl hier: nicht mehr: so :auf- fallend wie in der Gegend von Kongsberg. Hier scheint ein Punet zu seyn, wo die Hräfte, welche ein 'allgemeines Einschiefsen der Grundgebirgs-Schichten gegen Abend zu bewirken strebten, sich mit denen in's Gleichgewicht setzten , welche die Schichten dem östlichen Abfall: der Hauptgebirgskette anzuschmiegen sich bemühten. - Der Glimmerschiefer sammt dem darinn eingeschlossenen Kobaltlager steht gröfstentheils auf dem Kopfe, und nur. hin und wieder ist ein schwa- ches Wanken gegen Morgen oder gegen Abend bemerkbar. — Soll- ten nicht vielleicht die von Escher in den Schweizer-Alpen beobachteten Abweichungen. des Fallensı der ‚Grundgebirgs-Schichten, die derselbe den humboldt’schen Beobachtungen entgegenstellt *), ähnliche, von partiellen Störungen herrührende Anomalien seyn? In der ganzen Gegend von Drammen südlich bis Laurvig und von da wiederum westlich bis Porsgrund und:in, die Gegend von Brevig sieht man nichts wie Uebergangsgebürge. :' Erst ‚hinter Porsgrund und zwischen Brevig und Brecke;, dann aber obne Unterbrechung bis in die eisenreiche Gegend‘ von Arendal- kömmt wiederum der jüngere Gneus zum Vorschein‘, den wir bey Chri- stiania verliefsen, und der hier seltner mit jüngerm Granit, zuwei- len aber mit jüngerm Glimmerschiefer wechselt. | Da. wo; diese Ge- birgsiormation zuerst sich unter dem Uebergangsgebirge hervorhebt, fand ich sein Streichen Stunde 4—35 und sein Fallen 70% — 80% ge- gen SO. Weiter nach Arendal hin und beynahe überall in der Gegend von Arendal selbst war das Streichen von Morgen nach ‚Abend *) Alpina. B. ı, S. 355 — 406. H EI RETTEN Zu 153 Abend und das Fallen gegen Mittag, womit auch die vom Herrn v, Buch an der im Herbste 1806 von ihm umschifften Südküste Nor- wegens angestellten Beobachtungen übereinstimmen. Auch diese Abweichung in der Richtung und Neigung der Grundgebirgs-Schich- ten scheint in der nordwestlichen und nördlichen Nähe der Hatpt- gebirgskette, die gegen die südlichste Spitze Norwegens ausläuft, _ ihren Grund zu haben. Sollte nicht eben diese Abweichung Einflufs auf die Bildung der südöstlichen Küste von Norwegen gehabt ha- ben? Uebrigens stölst man auch bey dieser partiellen Abweichung des Streichens und Fallens der Grundgebirgs-Schichten mm südlichen Norwegen wiederum nicht selten auf Ausnahmen. So fand ich z. B. das Streichen des reichen Magneteisenstein-Lagers der Solbergs- Grube unweit Naeswerk, zwey Meilen nordöstlich von Arendal, in der ıoten Stunde und das Fallen 60° gegen SW. So sah ich ; Meile vor Röd, zwischen Breeke und Arendal, die Gebirgs- schichten auf eine kurze Strecke gegen Mitternacht fallen; welche Abweichungen hier aber weiter nicht in Betracht kommen können. So constant das Streichen und Fallen des jüngerm mit Gneus wechselnden Granits im südlichen Schweden ist, so variabel ist Richtung und Neigung seiner Schichten im, mittleren Schwe- den, in Södermanland, Westmanland, Nericke, Werme- land, Dalarne, wo diese Gebirgsformation ebenfalls am ausgebrei- tetsten ist. Jedoch läfst sich auch hier nicht wohl verkenzen, dafs die Hauptrichtung des Streichens von Norden nach Süden geht; denn wenn auch häufige Abweichungen bis hor. 9 auf der einen und hor. 3 auf der andern Seite vorkommen, so sind doch diejenigen, wel- ehie zwischen hor. 3 und g fallen, ungleich seltner. Weniger con- stant wie das Streichen ist das Fallen, welches bald eine östliche, bald eine westliche Richtung annimmt. Da sich mehrere Seitenzweige der Hauptgebirgskette Scandinaviens bis in die eben angeführten Gegeuiden verbreiten, so ist es nicht unwahrscheinlich, dafs bey die- y 20 sen wh ——,, 154 sen Anomalien ähnliche Ursachen zum Grunde liegen, 2 bey den im südlichen Norwegen beobachteten. Aehnliche Resultate in Ansehung des Streichens geben auch die Beobachtungen, welche in Henusuıys Mineral geschichte von Larrmarken und Vestensorres *) sich aufgezeichnet fin- den, und die von mehreren Bergwerksverständigen, namentlich von Robsam, Swab, Wallmann und Hjort, die auf Kosten des Barons Hermelin jene Gegenden bereisten, angestellt worden sind. In Ansehung des Fallens scheint aber dort das Einschiefsen der Schichten gegen Westen als das Allgemeinere sich zu bewähren. Zur besseren Uebersicht des bisher Vorgetragenen habe ich in angehängter Tabelle eine Auswahl meiner eigenen Beobachtungen und eine Auswahl der im hermelin’schen Werke enthaltenen zu-+ sammengestellt. Als Resultat aus diesen Allen scheint sich zu ergeben: ı) Dafs sich auch im Norden von Europa ein allgemeines Ge- setz des Streichens der Grundgebirgs-Schichten offenbare; dafs aber das Streichen nicht von NO nach SW, sondern mehr von N nach S Statt finde; 2) dals das Fallen nicht überall so constant zu seyn pflege wie das Streichen; dafs es aber doch häufiger, und oft in grofsen Erstreckungen unverändert, eine ee Richtung behaupte; 3) dafs das Streichen und Fallen der Grundgebirgs-Schichten am ‘ gleichförmigsten sey in Gegenden, die entfernt liegen von der Hauptgebirgskette und deren Seitenzweigen; und dafs in der Nähe von diesen das allgemeine Gesetz oft auf nicht unbe- trächtliche Distanzen partielle Störungen erleide. —o— Ge- *) Försök till Mineral Historia öfver Lappmarken och Vesterbotten af Friherre Her- melin, Stockholm 1804. 4 y Tüngerer Gneus [Westlich b, Jön- Smäland. h.2. ‚Jüngerer Gneus [Alingsähs. 155 Shirumt Teck Gegend. Streichen Fallen. Winkel, 1. | Richtung Dr ingerer Toms. wer d.Taberge.jSmäland. h.11— 1.[70°—0° WSW— VWYNW, 60° OSO. $0°%—856 |W. mit Walkschiefer.| köping. r Inniges Gemengel|Ädelfors. Smäland. h. 6. von Quarz und Glimmer. 70°—80°,W. 70°—80° W. 06— 80% INVWY. se Westgothland. fh. ı2. Jüng. Gneus mit Götheborg. Westgothland. {h. 12. Granit, Jüng. Gneus mit|Trollhätta. Granit: Jüng. Gneus mit|Durch ganz Bo- Westgothland. {h. 4. bis Chnistianiafh. 12. Granit. "huslän. | in Norwegen. £ Magneteisenstein- Dahlsgrube un- |Stiftsamt Ag- Hi. ı2. 80° W. Lager. N weit Hackedalen gershuus. s Glinimerschiefer. Pest 1 Kodum;: Kirch-|h. 12. Anf dem Kopfe | spielimStiftsa. stehend. j Aggershuus. | Hornblendschie- en Stifisamt Ag-Ih. ı2. 75°—85° 0. fer mit : Kan - | gershuus. schiefe Jüng. Gneus. zwischen Brevig)Stfisamt Ag-ıh. 4— 5. j70°—80°,SO. ‚u. Brecke, gershuus. Magneteisenstein-|$olbergs -, Grube Süftsamt Chri-jh. zo. [60° SWY. Lager. j bey Naeswerk. | stiansaud. J. Gneus mit Glim-[Arendal. Stiftsamt Chri-}h.6. |6°°—8°° S. merschiefer. stiansand. | Magn. Eisenstein-[Braastad - GrubeiStiftsamt Chri-[h.4 65 so. Lager. b. Arendal. stiansand. j Magn. Eisenstein-[Dannemora. , }Rosiagen. . JNO-S\V Lager. Gem: . Feld-|Sätra -Brunnen. Westmanland. Se rnblen- Ih.7-..... 460° NNO. u. Juarz. Kupferkieslager. |Riddarhyita, VWVestmanland. INO-SW. Kupferkieslager. |Nya- Kopparberg.|Westmanland. INW-SO. _ Urthonschiefer. [Hellefors. | Westmanland. {h. 12. 60° W. ‚sen. Eisenstein-}Persberg. Wermeland N-S. ' NY» „ager. ee omierta: way: b. Nor-|Dalarne. h. 12—ı. 1850 O. ger. erg Jüng. Gnens. zwischen Norberg/Dalarne. h.1o. 60° NO. > u. Afoestad. Jüng. Gneus. zwischen DahlsjöjDalarne. h.8. 70° NO. u. Naglarby. I. Glimmerschie-[Fahlun. ‚[Dalame.. NW-SO. NO. fer u. Gneus. 20 ? 156 Gebirgsart. Ort. Kupferkieslager. |Garpenberg. Glimmerschief.m.|Schiangeli-Fiället |Torneä Kupferkieslager. Granit mit Gneus. [Ragiswaara. Eisensteinslager. |Svappavaara, Eisensteinslager. |Kürunayaara. Eisensteinslager. |Junosuyando, ; 2 Ganze Berge bil-IGellivara. dende Eisen- steinslager. Glimmerschiefer. |Vallefiället. Karkberget uarnberget. Glimmerschiefer. |Hisjöby. Granit. Glimmerschiefer. |Svartmyrberget. Glimmerschiefer. JRödäberget. Glimmerschiefer. [Klockberget. Kalkstein im Glim-[Kusmark. merschiefer. Granit. Glimmerschiefer. |Nivavaara-Berg. Gemenge a. Horn-|Perrajavaara. blende,, Schörl,, Feldspath,Quarz mit körnigem ei] Schrift - Granit. a senstein. und Vesterbotten. Fallen _ 1 Gegend. {Streichen Winkel. | Richtun Dalarne. h. 4. 300—80° 80. Lapp-|NO-SVWY. 125°—38° NW. mark. i Torneä Lapp-IN®O-SW.I Auf dem Kopfe mark. . stehend. Tornea Lapp-WN-S. | mark, } Torneä Lapp-IN-S. Baldn.O,baldn.W. mark, Torneä Lapp-INNW- WSsW. mark. Sso. Luleä Lapp-INO-SVY, mark. : Luleä Lapp-IN-S 45° mark. ; Umeä-Socken. Vesterbetten. Umeä-Socken. Vesterbotten. |NVV-SO. Umeä-Socken. esterbotten. Umeä-Socken. -. 157 Beweis der Unzulänglichkeit und Unsicherheit des von Vıau- quzrısw vorgeschriebenen Verfahrens, dasMessing oder andere Verbindungen des Kupfers mit Zink, auf dem nassen Wege, vermittelst der Abscheidung des Kupfers durch Zink zu zerlegen; hergeleitet aus der merkwür- digen Erfahrung über die Vereinigung des Kupfers mit dem Zink auf nassem Wege, u. =. £. von D. C. F. Bucnmouz in Erfurt. a Einleitung. Giebt es irgend eine Wissenschaft, in welcher sehr leicht schein- bare Widersprüche vorkommen können, sö ist es gewils die Che- mie. Nicht selten geschah es, dafs über einen und denselben Ge- genstand von verschiedenen Beobachtern scheinbar gerade entgegen- gesetzte Erfahrungen gemacht wurden, wodurch nothwendig das Zu- trauen zu der Genauigkeit oder Wahrheitsliebe des einen oder des andern, je nachdem Umstände das Urtheil des Lesers bestimmten, anfangs geschwächt werden mulste, bis ein günstiger Zufall den scheinbaren Widerspruch heben half und zeigte, dafs Beyde Recht hatten, und dafs der vermeintliche Widerspruch durch die vernach- läfsigte „158 2: - läfsigte Angabe von"Nebenumständen, z. B. der verschiedenen Tem- fe / et ” TE N u ae ER peratur, der abweichenden Concentrirung der angewandten Wirkungs- mittel u. s. w. entstanden sey: indem bekamntlich dieselben Materien sehr verschiedene Erscheinungen darbieten können, wenn eine Ab- änderung in jenen und andern ähnlichen Umständen eintritt; nicht zu gedenken des Einflufses jener feineren Wirkungsmittel, wie des Dichtes, der electrischen Flüfsigkeit u. s..w., der sich nur zu leicht den Augen selbst des genauesten Beobachters entzieht. - £ i r . i s rf Einen neuen Beleg‘ für” das eben Gesagte werden meine hier mitzutheilenden Erfahrungen ‚, verglichen mit denen Vaugquelin’s über denselben Gegenstand, geben. LITE Pan i "Es ist eine schon alte Erfahrung, dafs das "Zink das Kupfer Aus seiner Verbindung mit der Schwefelsäure trenne und in metalli- schem Zustande darstelle; denn.schon Pott führte dieses in seinem Werke de Zinco $. 33, ‚welches in ‚den vierziger Jahren des ıgten Jahrhunderts erschien, an, und man hat auch diese Erfahrung ohne Ausnahme immer als richtig angesehen, ohne daran zu denken 1“ dafs besondere Umstände einen andern Erfolg herbeyführen, könnten. Vauquelin gründete auf diese Erfahrung selbst eine Zerlegungs- methode des Messings und ‚andere zinkhaltige Kupfergemische. Es findet sich diese in seiner Abhandlung in den Annales d. chimie T. XXVIH. 8.403: Note sur] analyse! du laiten,, precedee de ‚quelques reflexions sur ‚la ‚pröcipitation. des metaux les, uns 'par les autres de leurs dissolutions,. par Vauquelin, übersetzt im zten Bande von Scherer's allgemeinem Journal der Chemie 8. 33ı — 340. | Sie be- steht in Folgendem: Man löse eine bestimmte Menge Messing in con- centrirter ‚Schwefelsäure‘ auf , verdünne die’ Mischung nachher ‚mit zwanzig Mal so viel VWVasser *), iund stelle ’eine‘ genau, gewogene Zink- ") In Vauwgnelin’s Handbuch der Probierkunst, übersetzt von Wolff, wo diese Metlıode auch beschrieben ist 8.78 —86, sind’'jedoch nur 7——8 Theile Wasser "vorgeschrieben. :59 ‚Zinkstange hinein. Das Kupfer schlägt sich schnell in metallischem Zustand nieder, und wenn es gänzlich niedergeschlagen ist, welches ; man an der Farbe und dem Geschmack der Flüfsigkeit leicht bemer- ken kann, so giefst man diese ab, sülst das Kupfer mit vielem Was- ser aus, läfst es trocken werden, und wiegt es. Will man nachher die Menge des Zinkoxyds durch Versuche bestimmen, so schlägt man es durch gewöhnliches kohlensaures Kali nieder ‚ sülset den Niederschlag aus, lälst ihn an der Luft trocken werden, und cinige Zeit roth glühen.. Zieht man 0,3ı des Gewichts vom Oxyde ab, so hat man die Menge des metallischen Zinks, welche darinn enthal- ten ist, woyon man nun noch die Menge des yon der Ziakstange aufgelösten Zinls abzieht. Schon Rolof f, der dieses Verfahren Vauquelin’s prüfie, fand es nicht practisch,, weil es. ı) ‚das Un- angenehme habe, dafs sich das Messing in der concentrirten Schwe- felsäure, auch durch’s Kochen, nicht klar auflöse, sondern sich als ein graues Pulver auf dem Boden des Gefälses absetze, das sich auch beym Kochen mit dem zwanzigfachen Gewichte nicht auflöse, son- dern einen schwarzbraunen Rückstand zurücklasse; 2) weil es ihm geschienen, als werde das Kupfer durch Zink nicht so vollkommen metallisch niedergeschlagen ‚ als durch Eisen (S. das neue allge- meine Journal der Chemie Bd.6. S. 439 —444) Was nun den ersten Einwurf Roloff’s gegen Vauquelin’s Zerlegungsme- thode betrifft, der aus der unvollständigen Auflöslichkeit des Mes- sings in concentrirter Schwefelsäure genommen ist, so wird dieser gehoben, wenn man die zur Auflösung des Messings bestimmte Schwe- felsäure vorher mit der Hälfte oder gleichviel Wasser verdünnt, und man wird nicht nöthig haben, die von Roloff vorgeschriebene Abän- derung zu befolgen, nach welcher die theure Salpetersäure zur Aullö- sung des Wessings angewandt, und diese durch hinreichende Schwe- felsäure wieder abgeschieden werden soll. Die leichtere Auflöslich- keit des Messings in mälßsig verdünnter Schwefelsäure beruht auf denselben Ursachen, die ich schon ıg03 in meiner Abhandlung: _ Über die beste Scheidung des Silbers und Kupfers von ein« = 160 einander und einige Verhältnißse der Schwefelsäure zu beyden Metallen in Gehlen’s Neuem allg. Journ. der Chemie Bd. 1. S. 149—173 entwickelt habe. Der zweyte Einwurf Roloff’s aber ist gegründeter; denn wirklich scheint es, dafs derselbe einen ähnlichen. Niederschlag erhalten habe, wie weiterhin beschrieben und als eine Verbindung von Kupfer mit Zink dargethan werden wird, und den er vielleicht, seines äulsern Ansehens wegen, für nicht voll- kommen desoxydirtes Kupfer hielt, da er ihn keiner weitern Unter- suchung unterwarf, die ihn ohne Zweifel die eigentliche Natur die- ses Niederschlags würde kennen gelehrt haben. Die Veranlassung zw der nun folgenden Reihe von Versuchen, die mir mehrere, sowohl in Hinsicht der Theorie als der Praxis nicht unwichtige, 'Thatsachen darbothen und zugleich die Unzulänglichkeit der Vauguelin’schen Scheidungsmethode darthun, gab mir die Aufforderung meiries verehrten Freundes, des Hrn. Professors Bern- hardi, einen Kupferhaltigen Zinkvitriol zu analysiren, wobey ich mich des Zinks zur Fällung des Kupfers bedienen wollte, dabey aber mit Verwunderung gewahr wurde, dafs die in eine mit ohngefähr -20 Theilen Wasser gemachte Auflösung gedachten Salzes getauch- te Zinkstange mit einem fast schwarzen, lockeren Ueberzug bedeckt wurde, welche Verwurderung zunahm, als der schwarze Ueberzug nach dem Abtrocknen auf Löschpapier durch Reiben mit einem Agat völlig metallglänzend und messingfarbig erschien. Natürlich wurde 3 ich dadurch veranlafst, mich von der Ursache dieser überraschenden Erscheinung und von den Bedingungen, unter welcher. solche ein- tritt, durch Versughe zu unterrichten. ser Versuch. In eine Auflösung aus ohngefähr ı Theil reinem schwefelsau- rem Kupfer und 20 Theilen Wasser wurde eine cylmdrische Zink- stange getaucht. Schon nach. einigen‘ Minuten zeigte sich ein- star- ker schwarzer Beschlag, der eine Zeitlang sich merklich vergrölserte, Nach 161 Nach ohngefähr. 10 ‘Minuten ‚sonderte ‚ich ‚die schwarze Hülle ab, trocknete ‚sie‘ ‚und rieb, sie mit. dem Agatstähchen; ;; der dem Zink. stabe zunächst‘.gewesene "Theil ‚zeigte sich mit wahrem Metallglanz und Messinglarbe, und der nach aulsenhin abgelegene neigte: sich allmählig mehr ins Kupferfarbene. Ich tauchte den Zinkstab noch- mals in dieselbe Auflösung und liefs ihn gegen eine halbe Stunde so. Es hatte sich hierdurch aufs Neue eine schwarze Materie abgelagert, welche zunächst beym Zink durch Poliren mit dem metallischen Glanz gelblich - „graue Farbe, weiter nach aufsen aber völlige Messingfarbe annahm, die weiter durch Similor allmählig ins reine eo übergieng, welche letztere Farbe auch ‚die ‚oberste, Lage des Nieder- .schlags, ohne ‚weiters Zuthun, zeigte, jedoch ohne bedeutenden Glanz. > sata Versuch. . Zu einer eben solchen Auflösung von schwefelsaurem Kupfer wurden einige Tropfen rectificirter Schwefelsäure gesetzt, und eine ‚Zinkstange hineingestellt. _ Jezt schlug sich wenige schwarze Materie nieder, und der Neeferachläe erschien ale rein kupferfärben, wobey sich einige Gasblasen entwickelten. ger Versuch. \ In. eine ähnliche Auflösung von schwefelsaurem Kupfer , ohne Schwefelsäurezusatz, wurde ein polirter magnetischer Eisenstab ge- | stellt: esı erschien, einer. fast halbstündigen Berührung ‚des. Eisens mit der Flüfsigkeit ungeachtet, nicht der mindeste Kupfemiederschlag;: der aber augenblicklich erforgte, als zu der Auflösung, welche ı Unze betrug, 8 Tropfen Schwefelsäure gesetzt wurden, und die völ- ige. Abscheidung des Kupfers' erfolgte nun unter folgenden Umstän- den.., An den beyden Endpuncten .des Magnetstabes, an dem näm- lich, welcher mit der Flüßsigkeit in, eine Ebene, fiel, und an dem, welcher zu unterst in solche eintauchte, erfolgte die Absonderung . des Kupfers zuerst, legte sich aber von da über die ganze Fläche Mr 21 des ı62 des Eisenstabes, "welches sich durch (die Entfärbung 'der’ blaugrürien Flüfsigkeit auf jenen beyden Puncten, und das Fortschreiten dersel- ben von diesen bis gegen den Mittelpunct zu erkennen gab. Das Kupfer legte sich rein kupferfarben, stellenweise metallisch glänzend, ab, und der dünne Ueberzug rollte, in mehrere Blättchen zertheilt, yon der davon bedeckten Eisenfläche ab, so dafs er leicht vollkomi- men davon getrennt werden konnte. Der Eisenstab selbst schien nichts von seiner magnetischen Kraft verloren zu haben. Aus den erzählten drey Versuchen ergiebt sich also: 1) dafs aus einer Auflösung des schwefelsauern Kupfers in 20 Theilen Was- ser ohne‘ Säurezusatz eine Zeit lang ein schwarzer oder schwarzbrau- ner, in einer Legirung von Zink und Kupfer bestehender Nieder- schlag erfolge, wogegen.bey einem Zusatz freyer Schwefelsäure bald ein Kupferfarbener sich zeigte (Erfolge, die uns schon einen Finger- zeig über den Grund der Abweichung in Vauquelin’s, Roloff's und meinen Versuchen geben); 2) zeigte der Erfolg des ersten Ver- suchs, dafs die merkwürdige Verbindung des Zinks und Küpfers, auf nassem Wege auch dann Statt finde, wenn reiner und nicht zink- haltiger Kupfervitriol zu dem Versuche angewandt wird; 3) zeigte sich der merkwürdige Umstand, dafs das Eisen in schwefelsaurer Kupferauflösung, die keine freye Säure enthält, aus welcher das Zink wenigstens ein 'zinkhaltiges Kupfer abscheidet, nicht den mindesten Kupferniederschlag bewirke, bey eiwas freyer Säure hingegen sol- ches sogleich thue: Erfolge, die wohl nicht 'geradehin in’ der ge* wöhnlichen Ansieht der Verwandtschaft ihre Erklärung finden dürften. Um die Umstände genauer auszumitteln, unter welchen sich bey der Fällung der Auflösung des schwefelsauren Kupfers Messing, oder überhaupt eitfe Legirung von ur er er Be wurde der folgende Versuch angestellt. z mm 263 A - Usa Mer, Versuch. Dreyhundert Gran reines schwefelsaures Kupfer, in grofsen „ Erystallen ‚wie ich in allen meinen Versuchen anwendete, wurden in zwölfhundert Gran destillirtem Wasser aufgelöst, ein walzenförmi- ges Stück reinen ofindischen Zinks, go Gran schwer, hineingestellt uni 'bey der gewöhnlichen Temperatur einige Zeit stehen gelassen. Der Erfolg hievon war, dafs ‘die Zinkstange sich bis auf ı3 Gran auflöste; aber immer fiel Kupfer nieder, welches nur bis gegen das Ende seine-eigene Farbe mit einer schwarzbraunen vertauschte, da ‘ es dann zinkhaltig war. Es wurde jezt in die noch blaulichgrün ge- färbte Flüfsigkeit eine andere Zinkstange gestellt, wobey sich nur anfänglich ein bräunlichschwarzer Niederschlag absonderte, der eine graulichgelbe metalfisch glänzende Politur annahm. Dieser von den früheren so abweichende Erfolg überraschte mich sehr, und liefs mich beynahe an der Richtigkeit meiner vorigen Beobachtunger zwei- feln. Er führte die nachfolgenden Versuche herbey. ger Versuch. Es wurde wieder eine Auflösung von schwefelsaurem Kupfer in ı6 Theilen Wasser in ein cylindrisches Gläschen gegeben und ein 3 Zoll langes und eine Linie dickes Zinkstäbchen bis zur Mitte hin- eingestellt. Gleich darauf fieng sich ein grauschwarzer Niederschlag um dasselbe zu legen an, während dessen Bildung sich viel Gasbläs- chen entwickelten. Als er ohngefähr einen Messerrücken dick ge- worden war, wurde er zum Abspühlen der anhängenden Auflösung in destillirtes Wasser gebracht, hierauf abgesondert und zwischen Löschpapier getrocknet. Mit einem polirten Agatstückchen polirt, nahm er sogleich den eigenthümlichen Metallglanz einer gelben Legi- rung von Zink und Kupfer an, und bestättigte so wieder die Rich- - tigkeit meiner oben erzählten Beobachtungen. Der eben erzählte Erfolg fand immer noch Statt, so oft ich den schwarzen Beschlag absonderte, das Zink aufs neue in die Auflösung tauchte, und nach einigen Min,‘en wieder aus der Flüfsigkeit zog. 2 Da 164 Da gewisse Umstände mich auf den Gedanken brachten ‚ob nicht vielleicht die verschiedenen angeführten Erfolge mit auf der Verschiedenheit der Form der Gefäfse oder auf dem mehr oder we- uiger tiefen Hineintauchen der Zinkstangen beruhen könnten; indem diese Ungleichheit der beyden angeführten Umstände in den bishe- rigen Versuchen Statt gefunden hatte, so suchte ich mich durch die folgenden Versuche hierüber zu vergewissern. Gier — zer V ersuc h. Eine Auflösung des schwefelsauren Kupfers in Wasser, in dem Verhältnifs von ı :4, wurde in zwey Theile getheilt, und die eine Hälfte in ein eylindrisches Gläschen, die andere Hälfte aber in ein viereckigtes gethan und in beyde ein Zinknagel gestellt. Es erfolg- ten jezt in beyden Gefälsen Niederschläge, die im ersten Moment des Hineintauchens schwarzbraun, hierauf schnell kupferfarben er- schienen, die Zinknägel mochten flach oder tief hineingetaucht werden. - Dieser Erfolg widersprach meiner letztberührten Vermuthung und machte es in Vergleichung mit dem des ten Versuchs, und den im ıten und 5ten Statt gehabten Bedingungen, sehr wahrscheinlich, dafs der verschiedene Grad der Concentrirung der Auflösung des schwefelsauren Kupfers hier einen so auffallenden Einfluls habe und. die Beschaffenheit der Niederschläge bestimme, und zwar so, dals sich aus einer concentrirten Auflösung reines oder sich diesem Zu- stande doch sehr näherndes Kupfer fälle, und also derselbe Erfolg Statt finde, als wenn eine verdünnte Auflösung mit Säure versetzt worden; aus einer gehörig verdünnten Auflösung hingegen mit Zink legirtes abgesondert werde. “Die folgenden Versuche wurden nun angestellt, um_sich bestimmter hierüber zu unterrichten, und zu- gleich den Grad der Verdünnung, bey welchem die Bildung der Le- girung aus Kupfer und Zink am Besten erfolge, genauer zu bestimmen. z gter 165 ger Versuch. i ı Theil schwefelsaures Kupfer in 6 Theilen Wasser aufge- gelöst, mit einem Zinlmagel in Berührung gesetzt, zeigte gleich beym ersten Hineintauchen einen grauschwarzen Niederschlag, auf dem sich nach und nach, binnen einigen Minuten, ein wahrer Kupfer- niederschlag absetzte. Dieser Erfolg war eine Zeitlang immer der- selbe, wenn der Niederschlag von Zeit zu Zeit abgestossen und der Zinknagel aufs Neue mit der Auflösung in Berührung gesetzt wurde. Der schwarze Niederschlag nahm nach dem Abwaschen und Polirea Metallglanz und Farbe des Tombacks und der kupferfarbene den Glanz des metallischen Kupfers an. ger Versuch. ı Theil schwefelsaures Kupfer, in ı2 Theilen Wasser aufge- löst, gab unter denselben Umständen den gleichen Erfolg ; doch zeigte sich der Kupferniederschlag später und der schwarze Nieder- - schlag, besonders der vom ersten Hineintauchen, nahm beym Poli- ren eine mehr ins Messinggelbe spielende Farbe an. ıoter Versuch. In einer Auflösung von ı Theil des Salzes in ı6 Theilen Was- ser wurde der auflallende Erfolg erhalten, dafs sich zuerst ıo Mi- nuten lang der grauschwarze Niederschlag absonderte, der sich hier- auf mit messinggelben, doch nicht metallisch glänzenden , -Puncten ‚bedeckte, wovon einige durch aufsteigende Gasblasen auf die Ober- Näche der Flüfsigkeit gehoben wurden. Späterhin, nach einer halben Stunde ohngefähr, erschien auch der sich auf den vorigen ablagern- de, immer mehr zunehmende Kupferniederschlag. zit Versuch. In einer Auflösung von ı Th. schwefelsaurem Kupfer in 20 Th. Wasser zeigten sich folgende Erscheinungen. Es erschien an der Zink- stange 166 m stange der schwarze Niederschlag, doch ohne messinggelbe Stellen, wie im vorigen Versuche, und als das Ganze 12 Stunden mit der Flüßigkeit in Berührung gestanden hatte, so zeigte sich auch hier _ die Oberfläche mit Hüpferfärbenen Stellen bedeckt, und einige zu Boden gefallene Theilchen des anfänglich schwarzen Niederschlags, die noch mit dem unteren Ende des Zinknagels in Berührung geblie- ben waren, hatten völlige Kupferfarbe angenommen. An dem gan- zen, den Zinknagel umgebenden, Niederschlage liefen sich 3 ver- schiedene Schichten unterscheiden: ı) auf dem Zinknagel unmittel- bar aufliegend eine schwarzgraue , die durch’s Poliren eine weils- graue in's Gelbliche fallende Politur und Metallglanz annahm; 2) über dieser in der Mitte eine schwarze, die durch’s Poliren tom- backähnlichen, etwas in’s Gelbliche fallenden Metallglanz annahm, und 3) war zu oberst der Kupferniederschlag, welche Schichtung augenscheinlich zeigte, dafs nach der verschiedenen Entfernung der gehörig verdünnten Kupferauflösung von dem Zinknagel, unter übri- gens gleichen Umständen, der Zinkgehalt des Niederschlags verschie* den ist,. so dafs, wenn ein gehörig starker Ueberzug den Zink be: deckt, endlich blos Kupfer gefällt wird; so wie die Versuche g—ır ferner auch zu erkermen geben, dafs die Zeit der Erscheinung des rein kupferfarbenen Niederschlags im geraden Verhältnifse mit dem Grade der Verdünnung der Auflösung stehe, wie’ sich auch ‚aus den folgenden Versuchen noch ergeben wird, welches wahrscheinlich da- her kommt, dafs die Zinkstangen nun nicht so schnell auf das Kupfer wirken und daher sich eher durch die hier thätigen Kräfte. damit zur Legirung bilden kann. ızr Versuch Eine Auflösung von ı Theil schwefelsaurem Kupfer und >8 Theilen Wasser, wie bisher mit einem Zinknagel in Berührung ge- setzt, zeigte denselben Erfolg, wie im letztern Versuche, doch lang- samery und bemerkenswerth ist es, dafs der schwarze Niederschlag, der durch ein Hineintauchen des Zinlinagels von ein. Paar Minuten en —_._. 167 gebildet worden wär, are ‚rel die Farbe "und den Glanz des Ben" BrgBee 7 ‘ter Versuch sche In einer Se 52 Theilen Wasser „bereiteten Auflösung zeig- ten sich abermals dieselben Erscheinungen , aber noch langsamer als vorhin. Binnen den,ersten (2—3), Minuten sonderte sich ein grauschwarzer Niederschlag ab, der blafs messinggelbe Farbe und Politur annahm. Bey längerer Berührung der Zinkstange mit der Auf- lösung zeigten sich nun allmählig die im ı1ten Versuche angeführten Niederschläge. le 7 Bwndz 109 J ıge,Versuch‘ Eine Auflösung von einem Theile schwefelsauren Kupfer und 500 Theilen Wasserhatte nach # Stunde Berührung mit dem Zink nur R ‚einen so geringen Niederschlag abgesondert, dafs solcher kaum auf ; Druckpapier abgestrichen werden ee ‚ und das polirte Papier Keinen Metallglanz annahm. Nach 3 bis 4 Stunden war etwas mehr gefällt, und, dieser schwarze "Niederschlag nahm polirt eine blafse Messingfarbe” und Glanz an. Nachdem die mit schwarzem Messing- Pulver edlelie Zinkstange noch ı2 bis ı5 Stunden mit der Flüfsig- keit in Berührung geblieben war, so fand sie sich gröfstentheils mit einer schwarzen: Malse bedeckt, die allen Erscheinungen nach auf der Oberfläche in wieder oxydirtem: Kupfer und Zink bestand, wel- che» Oxydation ohne Zweifel durch Vertheilung des Sauerstoffs zwi- schen dem aufgelösten Zinkoxyde und dem nicht ET Metalle entstand. IN Diese interessante Erfolge sind gewils so klar und in Hinsicht der Bedingungen, von welchen sie abhängen, so deutlich sich aus- sprechend, dals, um völliges Licht über diesen Gegenständ zu Ver- breiten , durch Nachweisung, wie jene Bedingungen eigentlich die Age ihheien Erfolge herbeyzuführcn vermögen, kaum noch neue Ver- - suche 168 suche .nöthig seyn, sondern vielleicht, schon, eine;, aufmerksame;;Be- trachtung aller Erscheinungen und der verschiedenen ‚Umstände .da- bey dahin führen dürfte. Schon im >ten Versuch zeigte es sich, welchen Einfluls etwas freye Säure auf die Natur des Niederschlags habe. Um diesen Umstand noch näher ins Licht zu setzen n, wurde der folgende Versuch angestellt.” r { g £} \ 1472 „> X I9US 93 ıster ee Zu einer Auflösung von 30 De rar ae Hupfep in w: Haze Wasser wurden 5 Tropfen reetifieirte Schwefelsäure getröpfelt und eine Zinkstange damit in Berührung gebracht. Es sonderte sich hierdurch sogleich, unter häufiger Gasentwickelung ein schwärzlich brauner Niederschlag ab,ı der durch’s 'Poliren Tombackfarbe und Metallglanz annahm; einige Minuten später aber fand Kupfernieder- schlag Statt. Nach Hinzufügung von noch 5 Tropfen Schwefelsäure zeigte sich an der aufs Neue hineingetauchten vorher gereinigten Zinkstange unter starker Gasentwicklung derselbe Niederschlag A der weit schneller als vorhin einem Kupferniederschlig Platz machte, Aber auffallend ist es, dal® auch diese gesäuerte Auflösung , nachdem der grölsere Theil Kupfer ausgeschieden worden, durch eine frisch "hineingetauchte Zinkstange grünlichgelbes pulverförmiges Messing, fal- len ließ. . H E; Der Erfolg dieses Versuchs bestätigte mieht nur en Fe zıen, welcher zeigte, dafs bey einer 'gewissen Menge freyer Säure»die Bil- dung eines Zinkkupfers selbst‘ dann verhindert werde, wenn auch die Auflösung des schwefelsauren Kupfers von gehörigem Grade der Verdünnung war, um ohne Säure einen Niederschlag von Zinkkupfer za geben, sondern. zeigte auch noch, dafs dieser Erfolg. zugleich von dem gehörigen Verkältnifse der Säure zu dem Kunferselke ab- hängig sey, indem. wohl sonst nicht noch aus‘ der an Kupfer ärmer gewordenen Auflösung Messing gefällt worden wäre. Aufser . 169 Aufser den bis jetzt angeführten Versuchen sind von mir noch mehrere zur Bestätigung der angeführten Erfolge angestellt worden. Da ihre Resultate übereinstimmend mit denen der vorigen waren, so halte ich es für überflülsig, solche hier mitzutheilen, und bemerke nur noch im Allgemeinen Folgendes. Anfänglich entsteht beym Hin- eintauchen des Zinks in jede schwefelsaure Kupferauflösung , selbst die concentrirteste, weun diese nicht zuviel freye Säure enthält, jedes Mahl ein schwarzer Niederschlag, der eine Legirung von Zink und Kupfer ist, die aber hernach bey längerer Berührung des Me- tallniederschlags mit der concentrirten Auflösung wieder verschwin- det und einem reinen Kupferniederschlage Platz macht. Aber bey längerer Berührung dieses Niederschlags mit der Flüfsigkeit entsteht nach und nach durch Theilung einer Portion Sauerstoff zwischen ihm und dem aufgelösten Zinkoxyde ein schwarzgraues Zinkoxyd mit et- was Säure. Ferner fand ich, dafs, wenn auch gleich anfänglich sich aus der Auflösung (sey es, dafs diese durch hinreichende Concentra- tion oder durch Beymischung einer hinreichenden Portion freyer Säure dazu geschickt gemacht worden) reiner Kupferniederschlag erzeugte, ‚dennoch zuletzt immer, wenn der gröfßsere Theil Kupfer ausgeschie- den worden, durch das gereinigte aufs Neue hineingetauchte Zink eine Zinkkupferlegirung gebildet werden konnte, selbst bey etwas freyer Säure, und dafs sich bey dem jedesmaligen Hineintauchen des Zinks in die Kupferauflösung mehr oder weniger häufige Gasbla- sen entwickelten. Da ich von der Kenntniß der Natur dieses Gases viel Auf- klärung über die Theorie der erhaltenen Erfolge hoffte, so wollte "ich zur Untersuchung defselben etwas davon aufzufangen versuchen. s6ter Versuch, Es wurden 2 Drachmen schwefelsaures Kupfer in 8 Unzen Wasser aufgelöst und mit dieser Auflösung ein Glas so angefüllt, dals 2 hineingestellte Zinknägel, die 175 Gran wogen, sämmtliche 22 Luft 170 Luft bis auf einige Bläschen ausschloßsen; hierauf wurde eine. sg för- mig gekrümmte enge Glasröhre eingekittet, und diese unter ein Glas mit frisch ausgekochtem destillirtem Wasser, welches in einer Wanne mit gleichem Wasser stand, geleitet. Schon nach wenigen Minuten be- deckten sich beyde Zinkinägel mit einer großsen Menge kleiner Gasbläs- chen, die unaufhörlich aufstiegen, sich oben sammelten und in grös- seren Blasen in das übergestellte Glas übergiengen. Dabey bildeten sich ‚die mehr angeführten Niederschläge , nämlich Anfangs der schwarze, der allmählig durch das Schwarzbraune ins Kupferfarbene übergieng. Die Entwicklung des Gases dauerte noch immerfort, als‘ das Verschwinden der blaugrünen Farbe schon lange die völlige Ausscheidung des Kupfers angezeigt hatte; es dauerte überhaupt mälsig lebhaft g Tage lang fort und einzelne Gasbläschen entwickel- ten sich selbst noch nach längerer Zeit. Ich fieng davon überhaupt ı2 Unzenmaafse, in 4 Antheilen, auf. Die beyden Zinknägel fan- den sich am Ende des Procefses mit einer sehr lockern und löche- rigen Mafse bedeckt, die unten graues Zinkoxyd, in der Mitte we- nig metallisches Kupfer und obenauf eine grauschwarze Mafse ent- hielt, die offenbar durch Vertheilung des Sauerstoffs zwischen einer Portion anfänglich aufgelösten Zinkoxyds und der Metalllegirung, vielleicht auch durch die Wasserzersetzung , vermittelst des fein zertheilten Zinkkupfers entstanden war. Betreffend nun die Natur der entwickelten Gasart, so konnte ich sie nach der damit vorgenommenen Untersuchung sämmtlich für nichts anders halten, als für ganz reines Wasserstoffgas (ob- wohl mir bey der Untersuchung nicht, wie ich wünschte, das Vol- taische Eudiometer zu Gebot stand); denn sie war völlig geruchs- los, brannte ruhig mit blauer Flamme, trübte weder durch das Schütteln vor dem Verbrennen , noch bey dem Verbrennen über Kalkwasser daffelbe, und löschte im Augenblick einen hineinge- tauchten glimmenden Wachsstock aus. uzter - a Ta Kg ı7I Er « ıt Versuch Um eine zu einigen Untersuchungen hinreichende Menge von Kupferzinliniederschlag zu erhalten, wurden 500 Gran schwefelsau- res Kupfer in 55 Unzen destillirtem Wasser aufgelöst, und mit einer * » polirten Zinkplatte in einer Porcellenschaale in Berührung gesetzt. Es zeigte sich ziemlich schnell ein schwarzer Niederschlag, der anfangs alle Viertelstunden, gegen das Ende aber alle halbe Stunden mit einer Feder in destillirtes Wasser abgestrichen wurde; indem ich die Platte mit dem schwarzen Niederschlage nicht länger in Berührung laflen durf- ‚te, ohne dafs sich auch metallisches Kupfer darauf niederschlug. Wit diesem Verfahren, während welchem sich beständige häufige Gasent- wicklung zeigte, wurde so lange fortgefahren, bis die Farbe der Auflö- sung fast keinen Kupfergehalt mehr zeigte. Es wurden dadurch bey- nahe 190 Gran ausgewaschenen und getrockneten Niederschlags erhal- ten. Solange er beym Auswaschen in Berührung mit dem destillirten Wasser war, zeigten sich ununterbrochen Gasbläschen. Im noch feuchten, zwischen Fliefspapier geprelsten, Zustande nahm er immer eine metallische Politur und eine zwischen die des Messings und Tom- backs fallende Farbe an. Völlig getrocknet sah er schwarzgrau, ins Blauliche fallend, aus, färbte beym Reiben eben so ab, und war sehr fein und locker anzufühlen. Zu meiner Verwunderung nahm er jezt weit schwieriger durch das Poliren den Metallglanz an, als vor dem Trocknen; seine Farbe erschien jezt fast kupferfarben, ins Blauliche fallend, und man konnte sehen, dafs durch eingemengte nicht metallische Theilchen die Metallpolitur erschwert und der Glanz matter und schmutziger wurde. Diese Erscheinung deutete auf eine theilweise Oxydation beym Trocknen, worüber, und zur Absonde- zung des Oxydes, der folgende Versuch angestellt wurde. ger Versuch, Fünf Gran des schwarzgrauen getrockneten Niederschlags wur- der mit 2 Drachmen Wasser übergossen und allmählig ı0. Tropfen 22? e Schwe- 172 Schwefelsäure hinzugetröpfelt. Nach einem Schütteln von einigen Mi- nuten verwandelte sich die schwarze Farbe des Pulvers in eine röth- lichbraune, ins HKupferfarbene ziehende, ohne dafs sich dabey eine Spur von Gas entwickelte. Getrocknet erschien das Pulver etwas graulich, und nahm durch’s Poliren mit einem Agatstückchen einen schönen, fast goldartigen Glanz und eine blalse Tombackfarbe an. Die abfiltrirte saure Flülsigkeit enthielt Kupfer und etwas Zinkoxyd. Hieraus ergab sich also, dafs beym Trocknen des schwarzen Pulvers aus Zink und Kupfer, wahrscheinlich mittelst der durch den fein - zertheilten Zustand möglichen Reaction der Kupferzinklegirung auf das Wasser, ein Antheil dieser Metalle sich oxydirt hatte, wozu viel- * leicht auch die Wärme, bey welcher ich das Trocknen bewerkstel- liste, mitwirkte; was noch dadurch wahrscheinlicher wird, dafs in den übrigen Versuchen, in welchen der Niederschlag durch Pressen zwischen Fliefspapier und Ausbreiten an der Luft getrocknet wor- den war, derselbe durch Poliren sogleich den schönsten Metallglanz annahm, Unter diesen Umständen war es zweckmäfsig, das übrige schwarze Pulver auf gleiche Weise von dem Oxyde zu befreyen. Ge- nugsam ausgewaschen und nach dem Pressen zwischen Löschpapier an der Luft ausgebreitet getrocknet, zeigte es nun durch’s Poliren denselben Glanz und Farbe, wie die Probe, und betrug 70 Gran. Um es völlig wasserfrey zu machen, wurde es in einem Glase mit enger Mündung schnell durchgeglüht, wobey sich ein grünliches Flämm- chen auf der Oberfläche zeigte, und nach dem Erkalten das Pulver fast ı Linie oxydirt erschien, indem es violetbraun angelaufen war. Es betrug jezt noch 64 Gran. Ich suchte nun durch eine Analyse die noch vorhandenen Verhältuifsmengen des Zinks und Kupfers in dieser Legirung auszumitteln. ıger Versuch Die 64 Gran unsers Pulvers wurden durch’s Sieden mit 3% Drachmen Schwefelsäure und 3 Drachmen Wasser aufgelöst, die ö . j Auf- 173 Auflösung bis mu etwas Säureüberschufs mit Natrum nentralisirt ımd nun eine polirte Eisenstange damit in Berührung gesetzt. Es zeigte sich sogleich ein Kupferniederschlag, der 48 Stunden lang bis zur Entfärbung der Flülsigkeit immer zunahm und nach gehörigem Abh- waschen und Trocknen 52 Gran betrug; folglich waren damit ı2 Gran oder fast !tel Zink verbunden, in einem Verhältnifse, wie man 2S beym Manheimer-Gold annimmt, nämlich 4: r. So weit die Mittheilung der von mir über diesen Gegenstand angestellten Versuche. Hoffentlich werden sie hinreichend gefunden .werden,- um jeden Zweifel über die Wahrheit der erzählten Erschei- nungen und der Bedingungen, von welchen sie abhängig sind, zu ‚ heben. Wir wollen beyde zur Uebersicht zusammenstellen und dar- FOREN. aus eine Theorie für erstere herzuleiten versuchen, in Schluß und Debersicht 1) Die vorzüglichsten Thatsachen, die uns die erzählten Versuche bemerken ließsen,, waren folgende: a) Das Zink ist vermögend, aus einer Auflösung des schwefelsauren HKupfers Kupfer oder Kupferzinklegirung niederzuschlagen , je ‘ machldem zu einem oder dem ‚andern die nöihigen Bedingungen vorhanden sind. b) Reines polirtes Eisen bewirkt in einer Auflösung des schwe- felsauren Kupfers, aus welcher Zink, wenigstens Kupferzink fällt, nicht eine Spur von Kupferniederschlag, wenn nicht etwas freye Säure darinn zugegen ist. c) Das Zink kann aus einer und eben derselben Auflösung des schwefelsauren Kupfers, zu verschiedenen Zeiten, Kupfer und Kupferzinklegirung fällen. d) Das Zink vermag aus einer Auflösung des reinen schwefelsau- ren HKupfers reines Wasserstoflgas zu entwickeln. -. €) 274 e) Das Kupferzink wird, wenn es mit der Flüßigkeit‘ und Zink- stange in Berührung bleibt, bisweilen zerlegt und das Zink nach und nach ausgeschieden, wie ich dieses, aufser im ırten Versuche, noch öfter zu beobachten Gelegenheit hatte, und wie es auch aus dem schnellen Verschwinden des selbst in der con- centrirtesten Auflösung des schwefelsauren Kupfers im Anfange entstehenden schwarzen Niederschlags hervorgeht. 2) Die Bedingungen, unter welchen diese Erscheinungen und That- sachen Statt fanden, waren folgende: a) Das Zink schlägt Kupfer aus einer Auflösung des schwefel- sauren Kupfers nieder, wenn die Auflösung entweder sehr concen- ‚trirt ist, oder bey geringerer Concentration einen gehörigen An- theil freyer Säure enthält; Kupferzinklegirung aber wird durch das Zink gefällt, wenn die Auflösung des Kupfervitriols, ohne freye ‚Säure, den gehörigen Grad der Verdünnung hat. Die momen- tane Entstehung der Legirung auch in concentrirten Auflösun- gen, wenn nicht zuviel freye Säure vorhanden ist, habe ich vorhin schon angeführt. b) Die Bedingung, unter welcher das Eisen aus der Auflösung des schwefelsauren Kupfers einen Kupferniederschlag bewirkt, ‚ist die Gegenwart von etwas freyer Säure. e) Die Fällung von Kupfer oder von Kupferzink, und umgekehrt, aus einer und ebenderselben Auflösung des schwefelsauren Kupfers ist dadurch bedingt, dafs entvreder durch eine Zeitlang fortgesetzte Ausscheidung von Kupfer eine eöncentrirte Auflösung an Kupfer weit ärmer geworden, ‚und die bey a) zur Fällung des Kupfer- zinks. geforderte Bedingung vorhanden ist; und umgekehrt, dals das aus einer verdünnten Auflösung, gefällte Kupferzink noch länger mit derselben Kupferauflösung in Berührung bleibe, wo sich dann Kupferniederschlag zeigt, der den vorigen schwarzen Niederschlag mehr oder weniger stark, nach der Dauer der Be. rührung, bedeckt. #26) 175 d) Die Entwicklung des Wasserstoffgafes durch das Zink aus einer Auflösung des schwefelsauren Kupfers scheint von keiner beson- dern Bedingung abzuhängen ; wenigstens erfolgte sie immer, die Auflösung mochte mehr oder weniger verdünnt seyn, und auch die Verschiedenheit der Temperatur bewirkte keinen bemerk- baren Unterschied in der Stärke der Entwicklung. e) Die Zerlegung des Kupferzinks, welche bisweilen Statt findet, wenn es noch länger mit der Flülsigkeit und dem übrig geblie- benen Zink in Berührung bleibt, scheint durch eben diese Be- rührung bedingt zu seyn; denn ich habe nicht bemerken kön- nen, dafs durch blofses Zusammenseyn mit der Auflösung des schwefelsauren Kupfers von derselben Concentration das Zink ausgezogen worden wäre, wenigstens nicht in derselben Zeit. 3) Nach dieser Uebersicht der Erscheinungen und ihrer Bedingun- gen nun ist der Hauptgegenstand der erzählten Versuche, die Kupferzinkbildung, immer abhängig ı) von der gehörigen Ver- dünnung der Auflösung des schwefelsauren Kupfers; 2) von der gehörigen Dauer der Berührung des Zinks mit letzterer und 3) von der Abwesenheit der freyen Schwefelsäure. Gegentheils aber läfst eine zu concentrirte oder zu saure Auflösung beym Hineintauchen des Zinks, wenn auch im ersten Moment ein Anflug von Kupferzink entstand, nur Kupfer fallen, und beym längern Berühren des Zinks mit der Auflösung wird das Kupfer- zink mit Kupferniederschlag bedeckt, auch wohl gar selbst, wenigst zum Theil, seines Zinks beraubt. In allen diesen ver- schiedenen Fällen aber wird immer das reinste Wasserstoflgas entwickelt. Es frägt sich nun: was der eigentliche Grund dieser ser Erscheinungen sey ? oder wie die gefundenen Bedingungen zur Herbeyführung derselben beytragen? Vielleicht gelingt es uns, dieses durch genauere Zergliederung der Bedingungen selbst zu finden. Wie schon mehr erwähnt, schen wir die Kupferzink- legirung entstehen beym jedesmaligen Hineintauchen des Zinks in ee u 4176 in jede säurefreye Auflösung ‚des schwefelsauern Kupfers: doch nur in einer gehörig verdünnten ist die Entstehung und das Ent- standene von einiger Dauer; denn in einer concentrirten ist bey- des nur momentan, Wir sehen ferner, dafs bey längerer Be- rührung des Zinks und des dadurch bewirkten Niederschlags von Kupferzink mit derselben Auflösung , woraus letzieres gefällt ‚wurde, nicht nur allmählig Kupfer gefällt, sondern auch ‚das Kupferzink selbst. mehr ps weniger seines Zinks beraubt. und als letzteres dargestellt werde. Offenbar sind hier, bey schein- bar einerley Umständen, verschiedene Ursachen thätig. ' Denn anders zeigt sich.der Erfolg. im. Anfang der Berührung des Zinks mit einer und ebenderselben Auflösung , anders späterhin. Da zıun durch äufsere Umstände keine Veränderung in der Auflö- sung herbeygeführt wird, vielmehr vom Anfang bis zum Ende durch einen frisch eingetauchten Zinkstab in einer dazu schick- lichen Auflösung Kupferzink entsteht, so müssen wir schlielsen, dafs während der Eintauchung des Zinks im Innern Veränderun- gen bewirkt werden, die auch eine andere Thätigkeit herbey- _ zuführen vermögen, als sich Anfangs zeigte. Es entsteht nun weiter die Frage, welche. diese Veränderungen, seyen? Diese dürfte nach unsern gewöhnlichen Vorstellungen von der chemi» - schen Verwandschaft schwerlich zu beantworten seyn, zu Folge welchen man wohl noch einsehen kann, dafs das Zink dem auf- gelösten Kupferoxyde bey der Berührung den Sauerstoff entziehe und das Kupfer metallisch abgeschieden werde, aber nicht wie im vorliegenden Falle sich das metallische Zink mit letztern ver- einigen könne. Nehmen wir aber das electrische Fluidum bey der Erklärung mit zu Hülfe, so läfst sich leichter, obwohl nicht ganz ohne Be ee eine Antwort auf jene Frage finden. Im Augenblicke der Berührung nämlich zieht ein Theil Zink den an eines Theils Kupferoxyd der bedingtermalsen beschaflenen Auflösung des schwefelsauren Kupfers an. Letzteres wird dadurch metallisch gefällt und das oxydirte Zink aufgelöst, gleich- „rn 277 gleichzeitig wird nun durch die desoxydirende Wirkung des elec- trischen Stroms an dem Orte der Kupferniederschlagung das oxydirte Zink wieder desoxydirt und durch die gegenseitige Ver- wandschaft mit dem Kupfer zur Zinklegirung verbunden. Nach genugsam gebildetem Kupferzink wird nun die oberwähnte Ver- änderung im. Innern herbeygeführt, welche eine neue Thätig- keit begründet, ‘verschieden von derjenigen, welche den ange- führten Erfolg Anfangs bewirkte. Es entsteht nämlich eine elec- trische Kette aus 2 festen und einem flülsigen Leiter, nämlich aus dem Zink, dem Kupferzink und der schwefelsauren Kupfer- auflösung, und als natürliche Folge dieser eine andere Strö- mung, der electrischen Flüfsigkeit, welches unter den obwalten- den Umständen nicht nur die Fortführung des Zinks aus der schon bestehenden Legirung bewirkt, sondern auch die reinere Abscheidung des Kupfers vom Zink, wahrscheinlich durch die nun Statt findende beschleunigte Oxydation des Zinks, um so mehr befördert, als das Kupfer an den Stellen, wo es gefällt wird, nun nicht mehr in unmittelbarer Berührung mit dem Zink ist. Was hier im Fortgange der Arbeit auf die angeführte Art Statt findet — Verhinderung: der ferneren Bildung vom Kupfer- zink — das wird höchst wahrscheinlich bey der Eintauchung des Zinks in eine concentrirte Kupferauflösung durch ein hier- . bey Statt findendes anderes Verhältnifs in der electrischen Strö- mung bewirkt, wodurch schnelle Desoxydation des Kupfers und schnelle Oxydation und Auflösung des Zinks beförderi wird. Auf gleiche Weise kann nun auch eine Auflösung des schwefel- sauren Kupfers durch gegenwärtige freye Säure eine veränderte Thätigkeit des electrischen Stromes erhalten, wodurch die Ver- einigung des Kupfers und Zinks verhindert wird, wobey aber zugleich die stärkere Anziehung des Zinkoxyds durch die Säure den Erfolg anders bestimmen und die Mitfällung des metallischen Zinks im Anfang des Eintauchens des Zinks verhindern kann. .. 23 Be- 178 a For ere Betreffend die Erklärung der bey diesen Erfolgen Stätt finden- den Wasserstoffgasbildung, so habe ich schon oben angeführt, dafs solche auf einer electrischen Wirksamkeit beruhen dürfte, und nach reiflicher Ueberlegung aller Erscheinungen finde ich mich auch hier veranlaßt, sie vorzüglich als von der Wirkung der desoxydirenden Kraft des electrischen Stroms auf das Wasser verursacht anzusehen. Uebrigens wird es aus allen Umständen klar, dafs die in dieser Ab- handlung angeführten Ercheinungen wenigstens gröfstentheils die Wir- kung der Electricität sind, und dieses gewinnt noch mehr Wahr-- scheinlichkeit dadurch, dafs die Fällung des Kupfers durch Eisen aus einer und eben derselben Auflösung des schwefelsauren Kupfers, woraus Zink zuerst Kupferzink und später Kupfer fällt, nur dann ° erst möglich wird, wenn die Flüfsigkeit eine schickliche Menge freye Schwefelsäure enthält; welches bey der grofsen Verwandschaft des Eisens zum Sauerstoff um so auffallender ist. Ueberhaupt scheint die Theorie der metallischen Niederschläge erst ihre völlige Deutlich- keit und Klarheit von der Anwendung der Electricitätslehre auf die Chemie erwarten zu sollen. Die bekannten Versuche mehrerer Schei- dekünstler , unter andern von Ritter, Sylvester und mir über diesen Gegenstand lassen hierüber fast keinen Zweifel mehr übrig. Schliefslich geht aus allem diesem hier Mitgetheiltem nun noch für die Praxis hervor, dafs man, wenn man die Absonderung des Kup- fers aus einer Flüfsigkeit durch Zink genau zu bewirken, und ihre Verhältnifsmengen zu bestimmen wünscht, die Flüfsigkeit nicht zu sehr verdünnen und die nöthige Portion freye Schwefelsäure hinzu- mischen müsse. u 179 Versuche und Bemerkungen bey Gelegenheit einer ersten Wiederholung von Darvr's Versuchen über die Darstellung metallähnlicher Pro- _ducte aus Kali und Natron durch den negativen 1 Pol der Voltaischen Säule. Vorgelesen in der mathematisch - physikalischen Classe am 24ten Febr. 1808. von J: W.ıRıtrter ‚a — Darch den Auftrag ‘der Classe 'an Herrn Canonieus Imhof und mich, zur Wiederholung‘ der Davy’schen neuen Versuche über die Alkalien *) beyzutragen, hielt ich auch meinerseits mich für verbun- 35° den, ®) Auf Davy's Originalabhandlung wartet man bekanntlich noch. Bis jezt theil- ten nur Privat-Nachrichten ihre Resultate mit; eine von Davy selbst im den Druck gekommene Notiz kenne ‚ich ‚nieht. , Die meiste Authentivität besi- tzen vor der Hand wohl noch das Extrait d’une Lettre de Londres du 23. Novembre ı807. im Nouveau Bulletin des Sciences par la Socie- te Philomatique, T.I. No. 4. (Janvier ı808.) pag. 83, 84; auch in Ännales de Chimie, T. EXIV. 'p. 219, 320., und daraus in Gehlen’s Journ. f. d. Chem., Phys. und Mineralog. B. IV.; dann das Schreiben von Col nr dlet-Descutils an Gehleu in dessen Journ. u. s.w. B. V.H. ı. Die erste ‚Nachricht von Davy’s Versuchen hatte zu München Geh. Ratı Sömmer- Ang schon am ı2ten Dec. v. J, 180 , den, mich mit denselben früher bekannt zu machen, als ich aufser- dem, und gerade jetzt, das Interesse gehabt hätte. Ich lege der Classe einen Theil der Resultate meiner Unter- suchungen in den letzten Wochen vor; bitte sie indels, sie keines- wegs als Resultate, welche letzte ‘seyn sollen, zu betrachten, son- dern vor der Hand nur als Fingerzeige, die bey Versuchen mit grös- sern Apparaten, als den meinigen, Weg und Auskunft erleichtern mögen. Zwar bin ich mir treuer Beobachtung gewifs. Aber wo das Auge, selbst ein geübtes, so oft mit blofsen Minimis von Producten zu thun hat, können immerhin Irrungen vorgefallen seyn, die erst mehr im Grossen angestellte Versuche zu berichtigen im Stande sind. Doch habe ich Gründe, zu vermuthen, dafs nur wenige von meinen Angaben solchen Berichtigungen werden ausgesetzt seyn, Die zu den Versuchen von mir angewandten Säulen waren von 30 bis 400 Lagen schmaler Platten Zink *) und Kupfer, in wel« chen die Platte mit nicht mehr, als höchstens ı% Par. Quadratzoll in Action kam; sie waren mit kalter concentrirter Salmiakauflösung gebaut **). Auch die in der vorigen Sitzung der Classe vorgezeigte Sehülselsäule von 50 Abwechslungen und 36 — 40 Quadratzoll thä- tiger Fläche der Schüßsel ‚ mit 3ofach verdünnter Schwefelsäure ge- füllt ***),. war einmal bey diesen Versuchen. ; Im *) Genauer: einer Mischung aus 3 Theilen Zink und ı Theil Zinn. **) Je dicker in solchen die Pappen (noch immer das Beste dieser Art) sind, deste dauernder wird die Action der Säule, wenn schon die Wirkung allerdings ein wenig schwächer ist, wie bey dünnern Pappen. #**) Diese, Säule, ‚von der ich der Classe schon in der Sitzung vom ıaten Februar d. J. Nachricht gab, beruht ganz auf demselben Prineip, was Oersted bereits. 1801 bey seiner Röhren- Batterie in Anwendung setzte. Mit 4ofach ver- dünnter Schwefelsäure kommt sie an Mächtigkeit einer guten Salmiaksäule von 50 Lagen 36quadratzölliger Platten wenigstens nahe; bey 3ofach verdünnter übertrifft sie dieselbe ausgemacht, und bey ıöfach verdünnter wirkt sie noch 181 Im Ganzen fand ich, dafs aus breiten Säulen von nicht son- derlich vielen Lagen, für Davy’s Kali- und Natronversuche nicht ganz der Vortheil zu ziehen sey, den man Anfangs davon hätte er- warten sollen. Es kommt diefs daher, dafs das Kalı und das Na- tron, oder die sie enthaltenden Substanzen, bey nicht sehr starken Säulen wenigstens, keineswegs im Zustande völliger Flüßigkeit können angewandt werden, sondern in dem der blossen schwachen Befeuchtung; wobey sie bey Weitem die guten Leiter nicht sind, wie nachher in ihren mehr oder weniger concentrirten Auflö- sungen. Und doch leiten auch diese noch immer viel schwächer als Metalle. Erst durch letztere aber können schmale wie breite Säulen von irgend einiger Güte so vollkommen geschlossen werden, dafs die ganze Wirkungsmächtigkeit der Säule sich äufsern kann. So fand ich schon 300 schmale Lagen mit Salmiakauflösung bedeu- tend kräftiger für das Kalı und das Natron, als die 50 grolsen mit Schwefelsäure gefüllten Schüsseln ; obgleieh letztere Funken und Verbrennungen gaben, mit denen die von jenen 300 schmalen Lagen kaum in ein Verhältnifs zu setzen waren. Es werden daher Säulen von sehr breiten Lagen erst dann mit bedeutendem Vortheil vor den schmalen für Dav y’s Versuche anzuwenden seyn, wenn sie zugleich zu sehr vielen Lagen erhoben sind. Dann ist aber auch nicht der mindeste Zweifel mehr, dafs der Vorzug, den sie vor schmalen Säulen gleicher Lagenzahl haben, -in einem um so wach- sendern Verhältnifs hervortreten werde, je mehr man ihre Lagen- ! zaht \ noch unbestimmte Male stärker, ohngeachtet ihre Spannung beständig viel niedriger bleibt, als sie bey gewöhnlichen Säulen gleicher Lagenzahl ist. Uebrigens besteht sie aus nichts, als einer Reihe in einem sschicklichen. Gestelle übereinander gehangener Kupferschüsseln, die so mit der Säure gefüllt sind, dals die Flüfsigkeit der einen immer die untere Bodenfläche der andern berührt. * Um sie in Action zu setzen, werden in jede Schüssel mehrere Stückehen Zink geworfen, die für die Schüssel etwa 13 —ı2 Quadratzoll betragen, aber auch noch viel weniger betragen können. Mehr yon ihr, und zu was sie als Ueber- gang diente, und wie, nächstens. 182 - . zahl selbst anwachsen lassen wird *). Ich ersuche‘ daher die Classe darum, da auch mit schmalen Säulen die Davy’schen Phänomene der Hauptsache nach leicht wieder zu haben sind, sich nicht abhalten zu lassen, ferner an größere breite Säulen zu denken. & Halbfeuchtes Kali und Natron **), so wie fast alles was ich zu den folgenden Beobachtungen zwischen die beyden Pole der Säule brachte, leitet 1) nur wenig; 2) verhält es sich zwi- schen ihnen beständig mehr oder weniger oder auch völlig wie das, was Erman in seiner galyanischen Preisabhandlung ***), wie unei- gentlich sonst immer, unipolare Leiter nennt ****), und zwar ist die Leitung, um in seiner Sprache fortzureden, negativ-unipo- lar. Aus Gründen, die hier nicht auseinander gesetzt werden kön- nen, wird die Leitung der gegebenen Substanz durch alles erhöht, was diese negativ-unipolare Leitung wegschafft; und da es in Da- vy’s Versuchen, ‚zunächst, mur auf Beobachtung der Producte des negativen Pols ankommt, so ist dieser Handgriff mit Vortheil für sie anzuwenden. : Man hat dazu nur nöthig, den positiven Pol- drath beständig mit hinlänglicher Feuchtigkeit umgeben zu erhalten, oder noch besser, das Kal, das Natron; auf dessen halb feuchter Oberfläche sich der nggative Drath befindet, am andern En- de eine concentririe Auflösung dieses Alkalis berühren zu lassen, und *) Die Grundsätze, von denen man hier auszugehen hat, ergebem sieh aus denjeni- gen Erfahrungen über den Actionsgaug grofser Säulen, die man in meinen phy- sisch-chemischen Abhandlungen B, III. von $, 362 an aufgestellt findet, #*) Das Beste ist, wenn die ganze Masse des Alkali gleichmäßig ‘schwach durch- feuchtet ist. Maän erhält dieß leicht, ‘wenn man einige Zeit vor dem Gebrauch das Alkali übe# und über mit reinem Wasser befeuchtet, es sich. einziehen lälst, und diefs so lange wiederholt, bis derjenige Grad von durchgängiber Halbfeuch- heit eingetreten ist, den wenige Erfahrung schon als den besten zeigt. Stärkere Säulen ertragen gröfsere Befeuchtung des Alkali. x ***) S. Journal’de Physique, T. LXFV. (Febr. 1807.) p. 121, eie. **4%) Hierüber uud wie allgemein verbreitet diese Erman’sche Leituygsart sey, und die Gesetze für das, was sie veranlafst, und für dessen Grade in meinen nächstens erscheinenden Briefen an Erman selbst. u Fa i W 103 und in diese” den positiven Drath ‚zu bringen. Zwar entsteht so, statt der negativ-unipolaren Leitung, nun positiv-unipolare *) und auch diese fährt fort, die dem Kali u. s: w. sonst mögliche Leitung zu retardiren;. jedoch tlıut sie diefs in bedeutend geringe- rem Grade, als die vorige negativ-unipolare; wie man am besten aus der nun beträchtlich häufigern Erzeugung des metall- ähnlichen Products am negativen Pol ersieht. Man kann allerdings das Halı, das Natron, zu völlig bipolarer, und damit noch bes- serer, Leitung erheben, indem man auf beyde Seiten desselben eine concentrirte Auflösung des gleichen Alkalis, und auf der einen ‚wie der andern Seite den entsprechenden Poldrath in sie bringt. Allein nun fällt auch, wenigstens bey unsern schwächern Säulen, die Möglichkeit ganz weg, am negativen Drath die Davy’schen Er- zeugungen zu erhalten. Ein anderer widerlicher Umstand bey Davy’s Versuchen, dem man möglichst abzuhelfen suchen mufs, ist, dafs, gleich von Schlies- sung der Kette an, das Kali-, das Natron-Stück, u. s. w., seine vorherige niedere, etwa mit der der Atmosphäre gleiche Tempe- ratur verläßt, und oft sehr stark erhitzt wird, wie alle schlechten Jieiter, besonders bey kleinen Massen **). Ich fand diese Erhitzung mehrmals so stark, dafs man das Alkalistück kaum mehr zwischen den Fingern halten konnte. Hitze aber zerstört das me- tallähnliche Product beyder Alkalien wieder (s. unten); und so kann die Erzeugung desselben allerdings wohl. sehr rasch vor sich ge- hen. Aber eben so rasch folgt ihr auch seine Zerstörung auf dem Fuf[s nach, und man behält wenig oder nichts für Versuche damit übrig. Man thut daher wohl, die Temperatur des Alkaliappa- rats von Anfang an niedriger einzurichten, als sie während der Wir- #) Dieser so auffallende Uebergang in die entgegengesetzte unipolare Leitung scheint Erman ebenfalls entgangen 2u seyn. i **) Das Gesetz für den Gang solcher Erwärmungen durch Kette und Säule werde ich in der Revision von Davy's bekannter galvanischer Preisabhandlung geben. 184 ser Wirkung der Säule am zuträglichsten ist. Auf der andern Seite aber fand ich eine zu großse Kälte des Alkaliapparats der Erzeugung der Davy'schen Producte auch wieder nicht vortheilhaft. Ich legte das Alkali in eine Glasschaale, die in einer stark erkältenden Mi- schung von Salmiak und trocknem Schnee stand. Die Erzeugung, eingeleitet erst, nachdem das Alikalistück zu nahe gleicher Tempe- ratur mit der kalten Schaale u. s. w. gekommen war, fand Statt; und obgleich das Schmelzen der erkältenden Mischung gerade unter dem Alkali eine bedeutend gröfsere Wärme desselben anzeigte, so war doch kein flüfsiges Kügelchen mehr zu>entdecken, und die Erzeugung selbst überhaupt so schwach, dafs es fast schien, als sey nun irgendwo eine Isolation eingetreten. Und so blieb unter übrigens gut getroffenen Umständen, eine mäfsige Zimmertemperatur noch immer die vortheilhafteste Wärme, bey der die neuen Producte erschienen und sich erhielten. Eine ‘Temperatur von 4 bis 5° R. aber schien schon wieder zu niedrig; so wie gegenseits eine von 30 bis 35° R. wieder so hoch war, dafs selbst gute Säulen von mehrern hundert Lagen mit Salmiak nicht mehr im ‚Stande waren, bemerkliche Quantitäten des Products am negativen Drath erhalten zu liefern, so rasch auch sonst jetzt die Erzeugung desselben vor sich gieng (vergl. oben). Doch hält das neue Product aus Natron mehr Wärme aus, ohne sich zu zer- stören, als das aus Kalı. Ich verziehe nicht bey denjenigen Erscheinungen, die schon bey jeder Erzeugung von diesen Producten auf Kali. oder Natron leicht in die Augen fallen, sondern gehe sogleich zu dem’ allge- meinen Verhalten der erzeugten und erhaltenen Pro- ducte selbst, so wie es mir die eigene Beobachtung bis jetzt ge- geben hat. Beyde 103 - ‚Beyde Producte, das aus Kali, wie das aus Natron, haben ein völlig metallisches Ansehem *), auch in ihrem fe- sten Zustande noch.. Ihr metallischer Glanz ist, besonders bey dem Product aus Kali ‚ bedeutend silberweilser, als der des Queck- silbers, und scheint beym letztgenannten Producte, besonders auf feuichteren Stücken Kali erzeugt, meist zugleich etwas Fettges zu haben **). Die Gohäsion beyder Producte ist, unter gleichen Um- ständen, viel geringer, als die des Queclisilbers. Man sieht sie Be- wegungen, Dimensiensveränderungen, Zertheilungen, u. s. w., einge- hen , die gleieh kleine Quecksilberkügelchen nicht mehr er- Jauben, Bey dem Kaliproduct ist es. mir häufig gelungen, kleine Kügelehen‘zu Faden von ı, $ bis ı Linie, auszuziehen ***); bey dem aus Natron schwerer; auch scheint hier die Gohäsion ein wenig grölser zu seyn, als bey dem aus Rali. Der Gestehpunct, be- sonders des Products aus Kali, hat mir, wach vielen Beobachtungen über sein Verhalten während und gleich nach seiner Erzeugung (also während es sich noch zwischen den Polen der Säule befand), merl- lich *) Wer, — was leicht geschehen kann, vollends bey nicht starken Säulen — die glänzenden Hügelchen selbst nicht gleich findet, hat nur nöthig, mit einer fei- men Nähnadelspitze etwa, die weilsen rundlichen Körper aufzustochern, die dann fast immer um den negativen Drath herum in Kurzem entstehen, und den mit allen hier vorkommenden Phänomenen noch Unbekamten leicht auf blofse incrustirte Gasblasem täuschen können, obsehonr das Alkali so trocken war, dafs unmöglich bloß solche entstehen konnten.. **) Indefs kömmt dieses Fettartige des Glanzes, ‘was, wie ich aus vieler Erfahrung weifs, so sehr mit dem Glanze gut leitender Körper contrastirt, wohl schon von emem schwachen Wijederanlaufen von blofsem Kaliiher. Denn auf trock- nerem Kali, wo zur Rückkehr des Products in Kali weniger Veranlassung zu- gegen, haben die (dann sparsamern) Kügelchen desselben in der That fast, und zuweilen ganz, eben so reinen blofs metallischen Glanz, als die Kügelchen des Natronproducts beynahe immer. ”.. . £2 . “ ) Fängt hier das Kaliproduct, was so in eine niederere Temperatur (vergl. unten) kommen mufs, schon an zu gestehen, und ist diese Ziehbarkeit in Fäden schon ein Beweis seiner Debnbarkeit? Sonst können hier auch noch entstebende Kaliüberzüge mitwirken. s4 186 - lich ‘höher ‘zu liegen geschienen, als Davy, den Meisten Nachrich- ten zw Folge, ihn angegeben ‚haben soll. Doch sind allerdings: am negativen Pol noch andere Ursachen vorhanden, die frühere Erstar- rung herbeyführen können, als ohne das *). „ Nöthigt man durch niedere Temperatur die erzeugten Pro- dücte, sogleich in, fester Gestalt aufzutreten, so kann man, unter sonst günstigen Umständen, beyde in Dendriten an den negati- ven Drath anschiefsen und fortwachsen sehen. Besonders schön und regulär, auch ausgebreitet, und von den glänzendsten Nadeln, sah ich sie in einem Versuche mit Natron, wo eine frische Säule von 400 Lagen das erste Mal auf ihm geschlossen wurde, es also noch nicht sonderliche Wärme erhalten haben konnte. Bald darauf aber schmolzen zuerst die Spitzen der feinen Fäden, und sodann schnell das ganze Dendritengewebe zu Kügelchen auf. Beyde Producte sind vollkommene Leiter der Elec- tricität. Die stärkste meiner Säulen konnte durch sie total ge- schlossen werden, wie durch Metall *). Auch zeigen beyder Kügelchen und Kugelreihen zwischen den Poldräthen der Säule alle Phänomene, die andere flüfsige Metalle (und dann*“ferrer als Lei- ter) unter solchen Umständen zeigen, nur nach Verhältnifs der Masse in viel'höherem Grade. Ich habe die delicatesten Quecksilber- phä- ®) Es sind dieselben, die unter gewissen Umständen auch beym Quecksilber und Rose's leichtflüfsigem Metall eintreten; vergl. meine Beobachtungen darüber in Gehlen’'s Neuem Allg. Journ. d. Chemie, B. III. S. 695. u. f. Sie tre- ten sogleich in dem Grade ein, als der gegebene flüfsige Leiter erster Classe sich nicht. mehr frey bewegen kann. ä #*) Auch die Ünwächste der von mir angewandten Säulen war nie total geschlos- sen, so lange nicht die Kügelchen vom negativen Pole in Continuität bis zum positiven giengen, Eins von den Mitteln, dergleichen continuirende Kugelreihen sehr leicht zu Stand zu bringen, kommt in einer der folgenden Anmerkungen vor. D Zungen | mehr bemerklich. 187 - phänomene *) hier im Kleinen eben so schön wieder gesehen, wie bey ganzen Massen Quecksilber im Grossen. Hieher gehört auch das so starke Wirbeln, in welchem die Kügelchen beyder Producte. so häufig zu sehen sind. Auch habe ich, bey durch Zufall zu Stand gekommenen günstigen Umständen, Zungen von Kügelchen des neuen Products, ‘die mit dem negativen Pole noch in 'Verbin- dung waren, an ihrer äulsersten Spitze eben so gut Gas geben se- ‚hen, als sonst Metalldräthe es thun. Während diesem war‘ dann kein Wirbeln an der Oberfläche dieser (vorher stark wirbelnden) "Das Product aus Kali entzündet,) wie bekannt, sich bey der Berührung mit Wasser wnter starkem Geräusch,’ und stölst Dämpfe aus, denen ich jedoch noch keinen besondern Ge- ruch abmerken konnte. Sehr kleine Parcellen desselben entzünden sich so noch **).' Das Feuer 'dabey- hat grofse Aehnlichkeit: mit dem der rothen Strahlen 'guter galvanischer Funken; auch die *) Mehrere davon habe ich schon hie und da bekannt gemacht. Hier aber meine ich vorzüglich jenes noch nicht beschriebene, wo eine gegebene Quecksilbermasse sich, zu Folge der Action der Säule, in so viele Kleinere Kügelchen gleichsam individualisirt, als die Cohäsion des Quecksilbers es nur irgend erlauben will. Jede Quecksilberportion bekommt hierbey ihre bekannten zwey Pole, die aber am selben Individuum sich nie in Continuität mit einander dulden wollen, und defshalb, mit den Massentheilen des Quecksilbers , an denen sie vorkommen , trennen, während diesen nun wirklich getrennten Quecksilbertheilen, als neuen ganzen HKörperindividuen, das nämliche abermals widerfährt, u, s. w. und bey allem dem der wirkliche Trennungszustand wieder ihnen ein zu un- natürlicher ist, als dals Malse für Maße nicht neue Vereinigung suchen soll_ te, die doch wieder nicht bestehen kann; das schönste Bild des Pulsirens, ® und der Muskelthätigkeit, die zugleich ‚Substanzumsetzung des Muskels ist, Gerade diese Phänomene aber sind es, die sich, besonders bey dem Na- tronproduct, in ausgezeichneter Genauigkeit en miniature wieder finden lassen. Einmal liefs ich eine kleine Portion desselben auf der Zunge detoniren; habe 5 aber noch nach ı3 Tagen an dieser Stelle einen empfindlichen Schmerz, während grüßsere Portionen bloßses Kali an ihr nichts zurückgelassen haben. a4 ® ıBB N " die Farbe ist ziemlich dieselbe. Auch die Berührung von. blos- sem Wasserdampf entzündet es häufig schon, und bey höhe- rer Temperatur leichter, als bey niederer. Der blosse Hauch und ‚der blosse beständig auch ven nfeht warmem Wasser auf steigende Dampf kann es unter günstigen Umständen schon, und letzterer noch bey sehr mäßsiger Zimmertemperatur. Hieraus'erklärt sich vieles, was man während dem Aufstehen oder Liegen der Drä- the auf dem Kali u. s. w. so häufig, besonders im Dunkeln ‚sieht. Auftrocknem Wege gehört große Hitze dazu, das Kalipro- dJuet zu entflammen. Erst auf beynahe oder völlig glühendes Metall (Eisen, Platin u.s. w.) getragen, verpuflt es mit Flamme, die aher bey’ Weitem so: funkenartig nicht ist, wie jene bey seiner Entzün- dung dureh Wasser {Es liefs dabey dunkle Flecken zurück, die auch schon erschienen, wenn das Metall weniger heils war.) Eben so entzündet es sich bey der Berührung mit fast oder völlig glühen- ‚den Nadeln, mit’bloß heißen aber nicht. Behandlung mit war- men oder nicht bis zum Zünden heilsen Körpern schien aus ober- flächlich sehon ziemlich wieder zerstörtem Kaliproduet die in der Mafse zerstreuten kleinen Kerne oder Kügelchen wieder zu grölsern zu sammeln *). Schon in mäfsiger Hitze aber verliert das Kaliproduct in kur- zer «Zeit seine Entzündlichkeit und blofses weilses Kali **) bleibt zu- rück. *) Man findet nämlich gewöhnlich auch die kleinste Portion an der Luft won selbst ‚wieder zerstörtes Kaliproduct, ist es sonst nicht zu alt, dech inwendig noch *) Denn dann fällt das Folgende den Augenblick weg. Me): S. Collet-Descostils’s Brief an Gehlen; in des Letztern Journal, B. V. 25 * 1y6 & mit Kali und Natron) seyen; Körper, für die Laroisier schon *) die Namen gab. Vor Allem spricht hiefür ihr geringes specifisches Gewicht, dann ihr verglichenes Verhalten mit Wasser. Es giebt keine mir bekannte Erscheinung an ihnen, die aus der Voraus- setzung eines blolsen Hydrürs nicht vollkommen erklärbar wäre, aber viele, die es aus der Voraussetzung eines Reducts **) — durchaus nicht sind, — will man nicht Gesetze verletzen, die sich seit Jahrhunderten ohne Ausnahme erhielten ***). Der Ge- danke *) S. dessen Traite elementaire de Chimie T, L p. 216. (in allen drey ==) Ausgaben). y Dals Davy selbst jene Erzeugungen für Reducte erklärte, und sogar schon die ohngefähren Mengen von Oxygen angab, welche sie bedürfen, um zu Kali und Natron zurückzukehren, ist bekannt. — Auch Brugnatelli (f. Giornale italiano‘, 1808. N. 44. p. 178.) hält das Kaliproduet (als mit dem er sich bis da- hin noch allein beschäftigte) für ein Reduct; will es aber mit Schwefel, Phosphor, Koble, u. s. w. in eine Classe gesetzt, wissen, also eigentlich mit. den sogenannten unmetallisehen Combustibilien. — Wohin aber diese Er- zeugnilse,, seyen sie übrigens Reducte oder Hydrüre, wirklich zu rechnen seyen, ob sie z. B., bey so grolser Metallähnlichkeit, in der That Metalle zu nennen seyen oder nicht: darauf glaubte ich allerdings schon die Antwort vor- bereiten zu können; halte es aber zur Zeit noch für billiger, -doch zuvor erst noch. verschiedene weitere Bestimmungen der chemischen und physichen Natur jener Substanzen einzuholen, oder von andern eingeholt zu sehen, die mir zu einer Entscheidung von einiger Sicherheit durchaus noch abzugehen -scheinen. Ohne Frage aber wird dabey das wahre chemische Verhältnifs der Alkalien und Erden zu den bisherigen Metallen sich lichtvoller aufzeigen lassen, als bisher, und Untersuchungen, wie die von mir in Gehlen’s Journ. f. d. Phy s. u. Chem: B. 1. S.461— 463, auch im Electr. Syst. d. Körper, besonders im sechsten Abschnitt desselben, gepllogenen, möchten dann als gute Vorarbeit dazu gegol- ten haben. ; 4 “x Es müfste nämlich dazu vor allem gefunden werden, dafs mit dem möglichst wenigsten Wasser (oder was sonst es noch, und auch vielleicht noch besser, tbun kann) wieder, und durchgängig ‚zur weißen Substanz zurück- gekehrtes Kaliproduet z, B. noch sperifisch leichter als dieses selbst sey, und dafs erst eine weitere Verbindung mit Wasser, die sienun etwa erst zu dem, selbst ausgeglühtem Kali noch zukömmlichen, Wassergehalt zuruckbrächte (als unter dem jene weißse Substanz mit ihrem Wassergehalt im- inner 197 danke aber, als würden vielleicht nur (Bestand-) Theile der Al- kalien redueirt, fällt weg, so bald man nur etwas die Mengen von Product mit dem darüber verzehrten Alkali, und dem darauf verwandten Hydrogen, vergleichen kann; eine Ve:gleichung, die überdiels lehrt, dafs nur sehr geringe Mengen von Hydrogen zur Bildung dieser Hydrüre verwandt werden müssen; etwas, das abermals dem entspräche, was von allen andern Hydrüren schon gilt. Es wird sonst in Wahrheit befremdend, wie eine Schlielsung von auch nur einer halben Secunde, bey einer Säule von 400 schma- len Salmiaklagen, schon ein Kügelchen, grols genug, erzeugt, um in Wasser mit Flamme detoniren zu können, u. s. w. Aber ich erwähnte dieser so wahrscheinlichen Natur der Pro- ducte am negativen Drath noch delshalb mit, um die eben so wahrscheinliche Natur eines am positiven Drathe möglichen neuen Products daraus herzuleiten. Es wird vermuthlich ein oxygenir- tes mer noch stehen müßte), eine so gewaltige Volumenscontraction bey- der zusammen herbeyführte, dafs für das jetzt entstandene Hydrat wirklich ein jenen? geglühten Kali gleiches spec. Gewicht (nach Hassenfratz |Annales de € Chimie T. XXVHIL. p. ı1.| im Mittel 1,7085, während Davy's Kaliproduet nach ihm selbst nur 0,6 haben. soll; — für ätzendes Natron giebt Hassenfratz 1,336, nicht 1,536, wie Thomson in Wolff's Uebersetzung seiner Chemie B.1. 5, 611, hat) hervorgienge. Freylich würde eine solche Contraetion bey der Verbindung (alle Verbindung ist von welcher begleitet, wie umgekehrt alle Tren- nung von Expansion —), unerhört seyn; diels aber aufßser Bedeutung zu setzen, müfste sie doch immer erst gesehen seyn; — zumal wir nicht einmal och erst das spec. Gewicht eines metallischen Hydrats, verglichen mit dem seines Oxyds, besitzen, und selbst beym Mali (und Natron) noch das spec. Gewicht seiner Krystallen fehlt, um es mit dem in seinem dichtern und zugleich wasserfreyern Zustand zusammenstellen zu können, — als wo ohne Frage jene grolse Condensation, hätte sie so grofs von Anfang an Statt gehabt, wenn im- ' mierhin auch in natürlich nun minderem Grade, doch noch bedeutend, sich fortäufsern müßste. i Von den chemischen Verbindungswärmen und ihrem, Gesetz, Y was vor Allem das Verhalten der Davy’schen Producte mit Wasser, und des- 4 sen respectiven Graden proportional, erklärt, werde ich bey der oben bereits „erwähnten Revision von Davy's Preisabhandlung sprechen. 198 ET tes Kali und Natron seyn: ein Oxide, ‚ein Suroxide de P& tasse, de Soude. Es ist nicht nöthig, ja nicht einmal gut mög- lich, dafs es gerade mit Metallähnlichkeit erscheine; aber ‘ich werde die Mittel suchen, seine Natur kennen zu lernen. Endlich hat mich ein dreister Versuch, so re ie! er auch noch seyn mag, dennoch auf die Entdeckung geleitet, daß Davy's neue leeren auch noch auf anderem, als dem ge- wöhnlichen electrischen Wege *), darzustellen seyen. Die Agen- tien sind hier die Farben des Prismabildes. In einem mehrmals wiederholten Versuche, den ich noch die Zeit nicht hatte weiter aus- zubilden , habe ich gefunden , dals der violette Focus **) auf ätzendem Kali das nämliche Verknistern dadurch auf ihm er- zeugten Davy’schen Kaliproducts hervorbrachte, als der nega tive Pol der Voltaischen Säule, während der rothe Focus zwar nicht dieses (was auch nicht möglich), aber völlig denselben Geruch auf ihm hervorbringt, wie der positive Pol jener Säule. Auf Natron, wo überhaupt schwerer hydrogenirt zu werden scheint, hätte ich zwar jenes Verknistern (vom yioletten Focus) nicht, wohl aber mit dem rothen Focus ganz den nämlichen Geruch, den der positive'Voltaische Pol-auch auf ihm erzeugt‘ ***). Als ich Kali im violetten Focus behandelte, wollte Jemand sogar schon ganz kleine glänzende-Kügelch bemerkt haben; ich selbst sah sie zwar noch nicht; doch ist jetzt kein Grund da- gegen mehr vorhanden ****), Ich ») „Gewöhnlichen” — denn zuletzt ist auch dieser neme electrisch,h — wie hie und da das längst verstanden seyn wird, **) Und die Linse hatte kaum ı Zoll im Durchmesser. ***) Die stärkste Wirkung üben auch hier die beyden Stralenportionen aufser- haib des Violetts uud des Roths aus. *#3*, Schon bey der Wirkuug des Liehts auf (halb. feuchtes) Hornsilber ist es Siberhydrär, was erzeugi wird, nicht blofses regulinisches Silber. Br 199 Ich werde‘ meine‘: Versuche über Davy’s Hydrüre fortee- tzen, und sie nun. auch auf die Erden ausdehnen. Ebenso werde ich alle die Anwendungen eultiviren, die sich aus dem schon Vor- handenen bereits auf die Theorie des Pyrophors, der Leucht- steine, ws. w., machen lassen, Auch zweifle ich nicht, dafs sich, und besonders mit Hülfe der Analyse des Pyrophors, Vorschriften möchten auslinden lassen, Davy’s Hydrüre auf ordinärchemischem Wege und dann in Quantitäten zu bereiten. Zu allem dem aber kann ich eine Bitte an die Classe nicht umgehen, die sich jetzt immer nothwendiger aufdringt; diese näm- lich: dafs sie es bey dem Präsidium der königl. Akademie vermit- teln möge, sich bald im Besitze eines Voltaischen Apparats zu se- hen, der, wo möglich, alle bisher gebrauchten an Kraft übertrifit. Die Classe selbst weils, dafs ich mich auf dem Wege befinde, die möglichst-mindesten Kosten für grolse Actionen dieser Art auszu- mitteln, Ich werde damit bald fertig seyn; wünsche aber, dafs sie von den Resultaten denjenigen Gebrauch. mache, der dann ihnen und der Forderung an sie entspricht. Ich trug heute der Glasse einige Resultate vor, die verhält- nifsmälsig noch in den Minimis von Action erhalten wurden; ihre Bestätigung wird sie überzeugen, was man von Maximis (auch blofsen relativen) zu erwarten habe. Der von Davy betretene + Weg *), ist, wie bey allen grolsen Forschern , interessanter, als die } euli- *) Worin er diefsmal sich vom bisherigen galvanischen vornehmlich unter- scheide, werden ‘die vielen uns auf ibm bevorstehenden Resultate unerwarteter Art in Kurzem dargethan haben. Ich rechne noch bey Weitem nicht hierher, was selbst gebrochne Bahn, mit nur hieraus erklärlicher Beharrliehkeit ver- ‚folgt, zu aller Zeit, uud so auch Davy, bis hierher sonst schon lieferte, — 200 j } 3 HB g ö etlichen: bis jetzt auf ihm erhaltenen Resultate. Lassen Sie uns auf ihm weiter gehen; denn, wie seit jeher, ist der Weg das Ziel, wenn auch nur darum, dals er zu ihm führt. XL. 201 .—_ a. me nr rn > >> nn XL Fernere Versuche und Bemerkungen über Davys metallähnliche Producte aus Alkalien;z nebst einer Revision der Geschichte des Pyrophors “und anderer Selbstzünder dafür, und der Zusammen- stellung älterer Erfahrungen, welche ähnliche Producte auch für verschiedene Erden wahrscheinlich machen. Vorgelesen in der mathematisch - physikalischen Classe am zıter März 1808. von J. W. Rırrter. Karz nachdem ich meine neuliche Abhandlung über Davy’s meitall- ähnliche Producte aus Kali und Natron durch den negativen Pol der Voltaischen Säule der Classe am 24ten Februar d. J. vorgelegt hatte, wurde ich durch einen andern Auftrag der königl. Akademie, die organifche Blectroscopie betreffend, von jenem Gegenstande abgeru- fen, und es blieben mir von nun an nur noch wenige Stunden für ihn übrig. Was ich demmach heute der Classe als Fortsetzung jener Abhandlung übergebe, wird sie um so mehr als blofse Aphorismen anzuschen haben, oder als einzelne Winke zu Untersuchungen, de- 26 zen 20% ren Ausführung sie jetzt Andern überlassen wird. -Auch ist seitdem ein geolser Theil‘der Arbeit ohnehin mehr Gegenstand des Chemi- kers als des Physikers, der blos das Allgemeine der Chemie über sich nehmen kang, geworden, und da ich weiß, in welche Hände er hiermit übergeht, so habe ich um so weniger „etwas dabey zu bedauern. Erster Thevl Ver-«suche Zunächst kehrte ich noch einmal zum Kali zurück. Bis daher hatte ich nur noch wenige Metalle als negativen Pol in den Versuchen mit ihm angewandt. Jetzt nahm ich ihrer so viele in den Versuch, nat mir eben zu Geboth standen. Ich hatte: Platin, — ganz reines von Wollaston, dann anderes, von Janeti verarbeitetes ; n Gold; Sılber; Hupfer; (auch Messing); Nickel, per se reducirtes von Richter; Arsenik; Hobalt, absolut reines von Richter; Niccolan, absolut reines von Richter; Spiesglanz; Chrom, absolut reines regulinisches von Richter; Molybdän, als sogenanntes braunes Molybdänoxydül von Bucholz; aus molybdänsaurem Ammonium berei- 203 bereitet #). Dieses Oxydül leitet die Blectrieität “ der Voltaischen Säule so volliiommen ‚ wie Metall; Tellur, vollkommen reines von Rose; Wismuth; Zian; Bl ey; Zink; und = Quecksilber. Von andern nicht rezulinischen Leitern erster Classe wandte ich noch an: n Kohle;. Graphit; und Krystallisirtes Manganesoxyd, als Graubraunsteinerz. Ich habe das Davy’sche Product aus Kali vollkommen gut, und getrennt auftretend, erhalten mit Platin, Gold, Silber, Kupfer, Messing, Nickel, \ Kobalt, Niccolan, Spiefsglanz, Chrom, Molyb- dän, N Zinn, Bley, Zink, Koble und Graphit. Auch Arsenik gab es, aber in Kügelchen von schwärzli- chem, oft ganz schwarzem Glanze. Krystallisirtes Manganesoxyd gab nichts vom Darvy’- schen Product, sondern desoxydirte sich blos. ‚Ich hatte nicht Zeit, näher zu untersuchen, ob es vielleicht nur von Nebenumständen herkam, dafs Kobalt ganz besonders viele Kügelchen gab. Das *) Nach Gehlen’'s Neu. Allg. Journ. d. Chem. B. TY. S. 607 —6ıo, 26 ® 204 Das Quecksilber wurde in Kugeln oder Mafsen von 2 und mehreren Linien Durchmesser angewandt, die auf das Kali in ei- ne schwache Vertiefung gesetzt und darauf durch irgend-einen zu- leitenden Drath, gewöhnlich durch einen von Eisen, mit dem nega- üven Pol der eleetrischen Säule verbunden wurden. Hier erschienen keine Kügelchen an den Rändern des Quecksilbers, die separirt ne- ben ihm vorgekommen wären. Dagegen wurde das Quecksilber selbst bald dicklicher, und, lange genug auf gut befeuchtetem Kali in der Keite bleibend, wurde es zuletzt so körnig und zähe, dals ‚es, ab- o genommen von ihm, zu einer völlig festen Malse gestand. Da schon Davy angiebt, dafs sein Produet aus Kali mit Quecksilber sich amalgamire, so hatte hier das Quecksilber die- ses merkwürdige Product wohl allerdings eszeugt, und wegen der 'grolsen Fläche, in der dasselbe das Kali berührte, auch in. Menge. Aber es war im Augenblicke seiner Erzeugung auch immer alsogleich mit dem Quecksilber in Verbindung getreten, weswegen es - nicht getrennt von ihm auftreten-konnte. Auch war; während der Bildung dieses Amalgams auf dem Kali, die zur Aufnahme des Quecksilbers in’s Kalı gemachte Gruhe allemal bedeutend tiefer und weiter geworden, so dals man deutlich sah, ein ansehnlicher Theil Halı sey aufgezehrt worden. Ich gebrauchte zu diesen Versuchen eine Säule von 530 Lagen Zink und Kupfer, deren Platten 36 Par. Quadratzoll Fläche hatten. Sie war mit (trocken) 4 Linie dicken Pappen, die mit kalter concentrirter Salmiakauflösung getränkt wä- ren, gebaut. Diese Säule erzeugte auf dem Kali meist eine gewal- tige Wärme. Sehr starke Platindräthe, als Pole angewandt, konn- ten, wenn das Kali sehr feucht war, eine solche Hitze erlangen, dafs sie noch 2—3 Linien oberhalb des Kalis damit in Berührung gebrachtes Wasser kochend verzischen machten. Eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so starke, Hitze erfährt auch das Queck- silber, auf minder feuchtem Kali zu den vorigen Versuchen ange- wandt, und sie ist sogar der schnellern Erzeugung des neuen Kalı- p!9- 205 products, sofern es sich nur, wie hier, sogleich mit einem andera Körper verbindet, günstig. Richtet man es aber so ein, dafs die Hitze auf'dem Kali minder hoch wird, und auch die Erzeugung des zu amalgamirenden Products langsamer vor sich geht, so bekommt man ein minder gesättigtes Amalgam , welches, zuweilen auf dem Kali noch, öfter aber nach seiner Abnehmung von ihm, die dann nothwendig mit Erkältung verbunden ist, krystallisirt, und zwar in Cuben, die ich von % Linie, auch noch grölser, sah. Diese Krystallen sind danr durch ein noch flüfsiges, minder reiches Amal- gam zu einer Art von Teig verbunden, der sich zwischen den Fin- gern ziemlich wie ein ähnliches Silberamalgam verhält, aufser dafs er sich nach kurzer Zeit fettig, oder eigentlich seifig, anfüllt. Diese Amalgame zu conserviren, reichte mir das nämliche Olivenöl, in dem ich das reine Kaliproduct selbst so gut conser- viren konnte, nicht mehr hin. Es zersetzte sich langsam, unter Gas- entbindung und Seifebildung, und nach halben Tagen waren grofse Portionen desselben wieder zu völlig reinem und flülsigem Quecksil- ber zurückgekehrt. Vollkommen gut dagegen erhielt es sich in käuf- lichem Petroleum (Oleum Petrae der Oflicinen), in welchem auch das reine Kaliproduct selbst sich sehr gut conservirt. Interessant ist das Verhalten dieses Amalgams mit Wasser. Es verpufft keineswegs, zischt auch nicht mit ihm. Aber es entbin- det sich, vom Augenblicke der Berührung mit dem Wasser und sei- » ner Untertauchung in ihm *) an, ein dichter Strom sehr feiner Gas- ı blasen, *) Ich habe in meiner vorigen Abhandlung vergessen, anzugeben , wie sich das Da- vy'sche Kaliproduct selbst, unter Wasser, verhalte. Man hat dazu nur nöthig, Wasser in einem Glase mit einer Schicht Oel zu übergießen, und das Kalihydrür durch letzteres hindurch ins Wass@r zu bringen. Sobald die ihm bierbey entstandene Oelhaut irgendwo reifst, wird, unter blofsem Gezisch bey weniger, und unter starkem knatterndem Geräusch bey mehr Halihydrür, rasch eine 208 blasen, der, bey Portionen von mehreren Granen Amalgam , ’ ganze Viertelstunden lang anhält, so, dafs man das Gas leicht sammeln kann, welches, allen Anzeigen nach, Hydrogengas ist. Das Amal- gam wird dabey immer weicher und weicher, seine Oberfläche, die‘ vorher einen mattweilsen Glanz hatte, quecksilberartig glänzend, und endlich bleibt nichts, als das vorige reine flüfsige Quecksilber selbst, zurück, während das Wasser nun zu einer Kaliauflösung geworden ist. Ich habe diesen Versuch mit reinem destillirttem Wasser, und vorher mit einer andern Portion solchen Wassers (unter. Gasentbin- ; dung). eine große Menge Gas in sehr voluminösen Blasen ausgestossen; das wiederher- gestellte Kali löst sich im Wasser auf; aber während allem dem zeigt sich auch nicht das mindeste Licht. Ein Thermometer bey wenigem Wasser- mülste den- noch starke Erhitzung angegeben haben, und vielleicht zeigen einst grolse 80 behandelte Mafsen Kalihydrür doch auch einiges Licht, wenn es auch von blos- ser bis zum Glühen gehender Erhitzung des sich bildenden Kalis auf einen ; Augenblick herkäme. — Sonst hat man oft schon auf dem Kali selbst, auf wel- chem man das Davy’sche Hydrür erzeugte, Gelegenheit, das Hauptverhalten des- selben unter Wasser zu beobachten. Häufig nämlich schreitet die Erzeugung des Hydrürs hier mehr unter der Oberfläche des Kali vor, was ich beym Natron nie so beobachtete, das, wie sich-schon ‚ohnediefs sein Hydrür der Re- gel nach den kürzesten Weg zum positiven Drathe hin balınt, dasselbe auch immer mehr aulsen, auf der Oberfläche, fortbildet. (Ueberhaupt schienen mir immer die Bildungen auf Kali mehr nach allen Seiten gehend, oder radial, ‚während die auf dem Natron, selbst wo Dendriten entstehen, mehr nach blos einer Seite, dem gegenüberstehenden Po!e zu, gehen, oder mehr lateral.), Hat man nun durch Wasser den mehr freyliegenden Theil des Kalihydrürs weg- gebrannt, so wird der tiefer liegende Theil dann, bey hinlänglicher Feuchtigkeit, zwar auch zerstört; aber er giebt keine Funken oder Flamme mehr, sondern blos häufiges Gas, War das Hydrür auf unreinerem Kali und bey gehörig niederer Temperatur erzeugt, so hat, man. bey dieser Wiederzerstörrng des unter der Kalioberfläche befindlichen Hydrürs noch ein anderes artiges Phäno- men, Es konnte nämlich das Kalihydrür bey seiner Bildung das im Kali enthal- tene Eisen nieht_mit verbrauchen; dieses wird daher blos zum Zustande des schwärzlichen Oxydüls zuwückgebracht, ‚und bleibt überall liegen, wo Kalihy- drür gewesen ist, Hihterher sieht man also diese schwärzliche Eisenoxydül in wahre, fast traubenartige Dendviten rangirt, welche nichts als Zeugen vorherge- gangener dendritiseher Bildung des Kalihydrürs selbst sind, und defswegen auch off in ihren Zweigen, innen, eine leere Linie haben, er -“ 207 bung) gut abgewaschenem Amalgam, sehr viele Male aufs so: zfäl- tigste angestellt. ’ u Da diese Amalgamirung des neuen Products äufserst leicht zu bewerkstelligen ist, so wird nichts als Zeit und eine halbweg gute Säule *) dazu erfordert werden, bald Quentehen und Unzen dieses Amalgams darzustellen, die dann eine schr bedeutende Menge des neuen Products enthalten werden. Und für Gewinnung desselben zu sehr vielen mit ihm anzustellenden Versuchen wird diese Me- thode sich gewils als die vortheilhafteste zeigen. Es kommt dazu, dafs hier, während das Quecksilber auf dem Kali sich amal- gamirt, das Kali schr viel feuchter seyn kann, als wenn man das neue Product für sich darstellen will; wodurch viel an Action, und somit auch an Product, gewonnen wird **). z Viel- #) Breite Säulen, so lehrte mich die Folge, haben für diese Amalgamation doch bedeutende Vorzüge vor größsern schmalen. Diefs kommt begreiflich von der viel gröfsern Fläche her, in der das Quecksilber hier das Kali berührt, welche dann auch mehr Action erfordert, um verhältnifsmäfsige Mengen Kälihydrür zu erzeugen. Vor einer schmalen Säule von 400 brachte ich eine nicht große Quecksilberkugel erst nach langer Zeit zum Krystallisiren, festes Amalgam konnte ich aber bier nicht erhalten. So giebt es auch für die übrigen Metalle bey schmalen Säulen wirklich eine Gränze der Oberfläche derselben, mit welcher sie auf dem Kali u. s. w. aufstehen, die, überschritten, wenig oder gar nichts mehr vom neuen Product erzeugt, während bey einer 36zölligen Säule von nur 50, Metallblöcke von mehr denn $ Quadratzoll Grundfläche es noch über und über reichlich erzeugten. Es ist mir mehrmals begegnet, die Amalgamation des Quecksilbers in diesen Ver- suchen, erst sehr langsam werden, dann ganz stille stehen zu sehen, ohngeach- tet das Quecksilber bey Weitem noch nicht gesättigt. war. Das Quecksilber ist dann auch sonst ganz ruhig, und zeigt, bey und nach neuen Schlielsungen, nichts mehr von jener Bewegung, jenem Breiterwerden, Vortreten, u.5.w., was es, bey guter Leitung im Kreise, wie überall, wo es, mit Freyheit zu solchen Be_ wegungen, negativer Pol ift, so auch hier, beständig zu zeigen pflegt. Der Grund dieser Stockung liegt dann in nichts, als dafs das Kali an seiner Gränze mit dem Quecksilber, theils wegen Verzehrung seiner Feuchtigkeit durch Zerse- tzung, 208 - € > . Vielleicht wird fauch die Zersetzung dieses Amalgams durch Wasser, sofern das Halı nur frey von Natron war, zu einem der vorzüglichsten Mittel, sich völlig reines Kali zu verschaffen, da sicher hier sick mit dem Quecksilber nichts verbinden kann, als eben blos das reine Dävy’sche Haliproduct allein, und die Erder, die im Kali enthalten seyn können, sich keinesweges so leicht, wie Kalı und Natron, zu metallisiren scheinen. Bringt man ne Amalgam in Salzsäure, selbst verdünnte, so hat man, bey der ersten Berührung damit, zwar immer noch we- der Verpuffen, noch Verzischen, aber doch schon ein Geräusch, was _ von hier sehr heftig enibundenem Hydrogengas herkommt. Die :Gas- entbindung in solcher Säure ist äulserst heftig, hört aber sehr viel {rüher auf, als in Wasser, und um eben so viel früher ist auch das Amalgam wieder zu bloßem Quecksilber zurückgekehrt. Die Säure aber ist nun zum Theil mit Kali gesättigt. - tzung,, theils wegen Verdampfung derselben durch die oft starke Hitze, so trocken geworden ist, dafs es nun nicht mehr leitet. Schr wenig mit einer Feder zwi schen beyde gebrachte Feuchtigkeit bringt dann alles. sogleich wieder in den vori- gen Gang. Auch bey den andern Metallen auf Kali trägt sich gedachter Umstand oft zu, und vielleicht hat gerade er nicht geringen Theil an Brugnatellis neulich angeführter Behauptung, daß aus Davy’schem Product wieder herge- stelltes Kali jenes nicht mehr.gebe. Denn dazu brauchte die erste Erzeugung desselben nur bis zur vollen oder nahe vollen Austrocknung des Kalistücks an der Pelstelle fortgedauert zu haben, unterdefs die Wiederverwandlung in Kali auf dem nämlichen Stück vorgegangen, und nun auf diefes, auf einem ganz irocknen,, folglich isolirenden, Grunde befindliche, neue Hali, wurde es von oben auch immerhin wieder etwas befeuchtet, der negative Poldrath von neuem aufgesetzt worden zu seyn. Noch kommt dann auch ohne Frage die mehr pul- 1 verartige (wenigstens poröse) Form dieses neuen Kali in Anschlag, die hier eben so ungünstig seyn wird, wie weiter unten (im zweyten Theile dieser Abhand- Jung) ähnliche Formen beym Baryt; denn eine solche Kalimafßse kann zuletzt aus nieht viel mehr- als aus krystallisirtem Kali neben Kaliauflösung bestehen. Tr ia > ee > Das Verhalten: dieser Amalgame in Säuren könnte, unter obi- ger Bedingung, ebenfalls ein Mittel werden, sich sehr reine kalische Neutralsalze zu verschaffen. - An: der freyen Luft wittert dieses Amalgam, erst, weilses pnl- verichtes Kali aus, was aber, bey Anziehung mehrerer Feuchtigkeit, bald wie jedes andere zerlliefst. Das Amalgam bekommt eine glän- zende Quecksilberhaut, und naeh hinlänglicher Zeit findet man nichts. wie Quecksilber neben zerflossenem Kali vor. ‘ Nimmt man etwas: von diesem Amalgam auf die Zunge, so ist e& im ersten: Augenblicke ohne allen Geschmack. Bald aher ent= wiekelt sieh, unter bemerkbarer- Gasentbindung, der kalische Ge- schmack, welcher wächst, und in: kurzer Zeit heftig und ätzend ge- nug wird, um das Amalgam von der Zunge wegnehmen: zu müssen. Vebrigens ist die Empfindung genau dieselbe, wie die von blofem . ätzendem Balı. Bringt man ein Stück des neuen Amalgams in verdünnte Salz- säure, und setzt dasselbe zugleich mit einem Platindrath in Berüh- zung, so giebt jetzt-der Platindrath ebenfalls sehr vieles Hydrogen- gas. Es wird nämlich hier eine galvanische Kette gebildet, und der Versuch beweist, dafs jenes Amalgam in hohem Grade positiv gegen das Platin, seyn müsse. Blolses Quecksilber, unter derselben Säure mit Platin in Berührung macht letzteres noch kein Gas geben. Kommt dagegen eine auch noch so kleine Portion des Amalgams unter die- ser Salzsäure 'mit eimer schr grolsen Menge Quecksilber in Berüb- sung, so giebt sogleich die ganze Oberfläche des letztern Gas. Wasser, besonders aber Salzsäure, sind ein wahres Reagens für auch die kleinste Spur von Kaliproduct, das in einer selbst be- deutenden Masse Quecksilber enthalten seym kann. Grofßse Queck- silberkugeln , die nur wenige Secunden auf dem Kali als negativer a7 ; Pol 210 —_——— Pol waren, oder andere, zu’ denen man nur eine ganz geringe Par- celle Amalgam gebracht. hat, geben sogleich unter beyden Gas. Ferner scheint aus diesem Ämalgame das Quecksilber mit meh- rern Metallen, die sonst nur schwer mit ihm sich vereinigen, leicht in Verbindung zu gehen. Ich sah diefs bey Platin, Eisen und Eu- pfer. Früher und inniger verquicken sich diese Metalle durch jenes Amalgam, wenn man sie, während der Bildung des letztern, zur Ver- bindung des Quecksilbers mit dem negativen Pol der Säule anwen- ‘det. In dem Malse, als das Quecksilber sich mit dem Kaliproduct schwängert, verquicken sich auch diese verbindenden Dräthe. Auf diese Weise brachte ich selbst Arsenik dabin, dafs das Quecksilber aus dem Amalgam stark an ıhm adhärirte; doch liels es sich nach- mals durch gutes Abwischen leicht wieder von ihm wegbringen. Sonst aber geht die Amalgamation des Quecksilbers auch vor sich, wenn auch die verbindende Substanz ganz und gar keine Gemeinschaft mit ihm eingehen kann, wie z. B., wenn das Quecksilber mit dem negativen Pol der Säule durch ein Stück krystallisirtes Manganesoxyd ver- bunden ist. — Tellur war unter den regulinischen Metallen das einzige, welches auch nicht die mindeste Spur von Davyschem Produet auf dem Hali erzeugte. Dagegen erschien viel schwärz- lich brauner Schmutz an der Berührungsstelle des Tellurs mit dem Kali, und das Metall selbst hatte seinen Glanz verloren, und war deutlich angefressen. Ich mufste vermuthen, dafs das Tellur als-ne- gativer Pol der Säule das Hydrogen stärker anziehe als das‘ Kali, and somit stärker als alle übrige in den Versuch genommene Me- talle.. Das schwärzlich-braune Pulver, was sich auf Kosten des Tel- lurs auf dem Kali absetzte, war dann sehr wahrscheinlich ein blos- ses Hydrure de Tellure, modificirt vielleicht blos durch das Kali, auf welchem es entstand. Beydes bestätigte sich, als ich das völlig wieder gereinigte Tellur (ein breites Korn von 30 Gran) mit / einem TE da 212 einem noch gar nicht auf dem Kali gewesenen Theile desselben als negativen Pol einem positiven Platindrathe gegenüber in reines de- stillirtes Wasser brachte. Keine Blase Hydrogen entband sich hier als Gas. Wohl aber flofs vom Tellur in dichten Wolken em brau- nes, eigentlich flohfarbenes, Pulver herab und zu Boden, während das 'Fellur wieder eben. so blind und corrodirt wurde, wie auf dem Kali. Dieses Pulver war also ohne Zweifel reines Hydrare de Tel- ture selbst. Die unmittelbare Bestätigung davon wurde durch Aufsparung des vorhandenen Tellurs zu andern Versuchen verhin- dert. Es besals dieses braune Tellurhydrür, besonders unter Bey- hülfe von etwas ätzendem Ralı, eine sehr große färbende Kraft auf die thierische Haut. Häufiges Wasehen hatte noch nach halben Ta- gen die braunen Flecken nicht weggenommen, die es auf den Fin- gern gemacht hatte,* und ein größerer Fleck auf der Zunge, den ich durch Ablecken des Tellurs an ihr bekam, war, trotz wohl tau- sendfältigem Herumwälzer der Zunge im feuchten Munde, nach acht Stunden noch ziemlich stark. So sah ich denn hier das erste Mal ein Metall, Eins unter 'siebenzehn geprüften, welches alles sich an ihm im Kreise der Säule erzeugende Hydrogen mit sich zum Hydrür verband. Diefs wmufste mich auf sein Verhalten als Oxygenpol in Wasser beson- ders begierig machen. Ich wandte es als solchen an, und erhielt, zur nicht geringen Ucberraschung, alles Oxygen als Gas, ahne die mindeste Veränderung des Glanzes des Tellurs. Das Tellur ist also das vierte bis jetzt bekannte Metall, welches, als positiver Pol mit der Voltaischen Säule verbunden, das Oxygen des Wassers als Gas giebt. Die drey bisher bekannten wa- ren.Gold, Platin und Palladium. Aber keines von diesen dreyen besitzt die Eigenschaft, sich als negativer Pol in solchem Grade so unmittelbar zu hydrogeniren, als bis jetzt allein das Tellur, 37° Sollte 212 Sollte es möglich seyn, durch das Tellur — Wasser so zu zersetzen, dafs das Hydrogen desselben figirt, und das Oxy- gen als Gas ausgestossen würde? — Vorläufige Versuche, in de- nen ich destillirtes Wasser über Tellur kochte, haben mir zwar ge- zeigt, dafs diese Zersetzung wenigstens nicht sehr schnell vor sich gehen mülse, indem ich nichts von Gas in Blasen entweichen sah; dunkel aber wurde das Metall doch hierbey, und färbte nachmals auch auf den Fingern und auf Papier schen etwas ab *). Es würde von aulserordentlicher Wichtigkeit, nicht blos für die Chemie, son- dern auch für den ganzen Galvanismus seyn, diesen Punct durch Versuche ‘im Grofsen zu entscheiden. — Vielleicht dafs die ver-. schiedenen im rohen Platin neu entdeckten Metalle, bey nähe- rer‘ Untersuchung, noch eia Gegenstück zum Tellur in dieser Hin- sicht liefern. - ° Noch habe ich anzuführen, dafs im Ganzen oxydirbarere Metalle, unter sonst gleichen Umständen, und in gleichen Zeiten, mehr von dem neuen Davy’schen Product auf Kali gewährten als die minder oxydirbaren, oder vielmehr : das erzeugte Product er- hielt sich hier länger. Diefs kommt wohl sehr natürlich daher, dafs das neue metallähnliche Product gegen negativere Metalle in sehr hohem Grade positiv ist, wie wir däs schon oben sahen, und dafs es folglich mit dem Drathe, an dem es sich erzeugt, und der Feuchtigkeit des Kali, auf dem es sich erzeugt, eine galvanisch& Kette bildet, welche, unabhängig von der Action der Säule, ihre Wirkung für sich ausübt, und somit das Ralihydrür zu schnellerer Reoxydation u. s. w. besiimmt, als es aulserdem der Fall seyn wür- ‚de. *) Tellur unter destillirtem Wasser mit Zink zur galvanischen Kette verbun- den, wird nach 24 Stunden ebenfalls dunkel, während der Zink sich mit weis=. sen Oxydilecken besetzt hat. Tellur mit Zink unter Salzsäure zur Kette geschlossen, besetzte sich zwar mit einzelnen Gasblasen, verbreitete aber sehr schnell dichte Wolken ähnlich gefärbten Hydrürs um sich her, wie oben als ne- ‚gativer Pol im Kreise der Säule. 213 de. Je weniger electrisch-verschieden nun die Substanz des negati« ven Dratlis von diesem Product ist, desto geringer wird auch diese Beschleunigung der Reoxydation desselben seyn, und desto weniger von ihm wird auf diesem Wege wieder zerstört werden können. Ein ähnlicher Fall kehrt bey den Niederschlagungen mehrerer Metalle aus ihren Auflösungen durch die Voltäische Säule wieder. Für die oxydirbareren ist es allemal besser, einen ebenfalls sehr oxydirbaren Drath zum. negativen zu nehmen, um schöne Dendriten zu erhalten; am besten einen von der Natur des niederzuschlagenden Metalls selbst. Der Grund davon ist der nämliche, wie oben, Am besten also wird man sich statt Platin und Geld, die zeither vorzüglich zur Wiederholung der Davy’schen Versuche als negativer Poldrath im Gebrauche waren, blolser Zink-, Zinn- oder Bleydräthe bedienen. Auch Eisendräthe.liefern das neue Pro- duect noch in guter Menge. Ist die Voltaische Säule, deren man sich zu diesen Versuchen bedient, schr breit, oder überhaupt so stark, dafs sie auf dem Kali eine sehr grofse Hitze erzeugt, — wozu eine Säule von 50 Lagen 36 quadratzölliger Platten, mit Salmiak gebaut, allerdings schon hin- reichen kann, — so liann man auch, gleich auf dem Kalı schon, Ver- bindungen der neuen Substanz mit Zinn und Bley bewerkstelligen. Man wendet nämlich dann diese Metalle, statt in dieiieren Dräthen, in dünnen schmalen Streifen als negativen Pol an. Die von der Action der Säule entstehende Hitze reicht hin, diese Streifen nach und nach zu schmelzen. Das entstandene und fortwachsende geschmolzene Korn versäumt demohngeachtet nicht, an seiner Grän- ze mit dem Kali, so lange es nur noch feucht genug bleibt, das neue Product zu erzeugen. Dieses aber vereinigt sich mit dem geschmol- zenen Metall eben so im Augenblicke, wie oben mit dem flüfsigen Quecksilber. Auch scheint sogar die Erzeugung dieses Products an beyden Metallen dessen Schmelzen merklich zu befördern, so, dals . 214 dafs die entstandenen ERS dann einen niederern Schmelz- punet haben, als die angewandten Metalle für sich. Die nähern Ei- genschaften dieser Verbindungen habe ich noch nicht prüfen kön- nen. Doch mag der angegebene Weg auch wohl zu Verbindungen des neuen Products mit verschiedenen andern Metallen von Vortheil seyn; bey Versuchen im Kleinen wenigstens. — Vor wenig Tagen gieng die Nachricht ein, dafs Dr. Seebeck zu Jena auch mehrere Erden, und zwar alle, die er in den Ver- such nahm, nämlich Baryt-, Kalk-, Thon- und Kiesel-Erde, eben so „verbrennlich” durch die Action der Voltaischen Säule ge- - funden habe, als Kali und Natron *). Sie batten ihm nämlich ähn- liche feurige Phönomene im Kreise der Säule, und bey nahen Pol- dräthen, gewährt, als diese. Sie schienen ihm eben so „zersetzt” zu werden, wie das Kali, und namentlich sollte der „Geruch des verbrennenden Basyts” dem des (mit Wasser) detonirenden Kali am nächsten kommen **). Da ich mir früher schom vorgenommen, nach einiger Kemt- nifs der Phänomene beym Kali und Natron auch zu den Erden überzugehen, so eilte ich jetzt mit um so größserer Erwartung zu ihnen, ‘und wandte auch ganz den nämlichen Apparat zu den Versu- ehen an, dessen Dr. Seebeck sieh bediente, nämlich die mehr- mals genannte Säule von so Lagen 36 quadratzölliger Platten Zink und Kupfer, mit kalter concentrirter Salmiakauflösung gebaut; und zwar ın ihrer besten Wirksamkeit. 5 ich konnte durch die Vermittlung meines Collegen, Dr. Geh- ien, über alle Erden im möglichst chemisch-reinen Zustande dispo- niren, *) Vergl. Intelligenz-Blatt, d. Jenaisch. Ang. Liter. Zeit. 1808. Nro. 20. (27. Febr.) $. 77. 78. **) Von letzterem hatte ich nie eine andere Empfindung in der Nase, als die, wel che fein zerstäubtes Hali in ihr hervorbriugt. \ 215 niren, und zunächst kamen Baryt, Strontian nnd Kalk in den Versuch. Ich wandte sie unter sehr mannichfach abgeänderten Um- ständen an. Aber ich habe, langer Arbeit ohngeachtet, bis jetzt, noch kein wahrhaftes Zeichen erhalten, dafs diese Erden, oder auch nur eine von ihnen, ähnliche Producte im Kreise der Säule liefer- - ten, wie Kali, Natron oder blofse kali- und natronhaltige u DBIS ya Substanzen. Alles, was ich bis daher von Phänomenen erhielt, diente mir blos, diejenigen aufzufinden, die allenfalls den Schein einer wirklichen Erzeugung solcher Producte aus Erden veranlafst haben könnten, und das, was von vorhandenen Phänomenen wirk- lich angegeben war, fast vollkommen zu erklären. Ich gehe nicht in Details, sondern führe nur an, dafs sie alle aus den grolsen, auch hier durch die Säule erregten Hitzen, aus den diese noch ver- mehrenden, und zum Theil enormen Löschungshitzen des Baryts, Strontians und Kalks bey der nöthigen wiederholten Befeuchtung derselben mit Wasser — aus der so verschiedenen Auflöslichkeit die- ser Erden in Wasser bey verschiedenen Hitzgraden — aus der Ent- zündbarkeit des sich am negativen Pol erzeugenden blolsen Hydro- gengases durch diese Hitzen, denen von Zeit zu Zeit förmlich über- schlagende Fünlkchen zu Hülfe kommen (schon ı80ı gab ich an, wie man einen Tropfen Wasser durch den ‚negativen Pol der Vol- taischen ‘Säule ganz in Feuer aufgehen machen könne), und aus dem oft förmlichen Sieden der Flülsigkeit oder entstandenen Auflö- sung zwischen beyden Poldräthen, vollständig folgen, und dafs auch schon bey Kali, Natron, u. s. w., mehrere Phänomene vorkom- men, die mit einer von Flamme begleiteten Wiederzerstörung der auf ihnen wirklich erzeugten neuen Producte zusammen zu gehören scheinen, aber noch keinesweges mit ihnen zusammen gehö- ren, und also überall vom’Totum der Phänomene abgezogen werden müssen, um diejenigen rein übrig zu behalten, welche blos jenen Producten und ihrer von selbst erfolgenden Wiederzerstörung ange- hören. Selbst was Dr. Seebeck ‚Geruch des verbrennenden Ba- zyis" nennt, kam mir bis jetzt noch von nichts als von Baryttheil- chen, 216 EEE y ehen, welche die entstehende siedende Barytauflösung, oder auch schon der continuirlieh zerplatzende Oxygen - und Hydrogengasschaum an beyden Dräthen, in reichlicher Menge in die Luft verstiebt, und: die der Nase und Lunge genau die nämliche unangehme Empfindung ‚machen, die man auch beym blefsen Reiben von trocknem ätzen- \ dem Baryt in einem Mörser, wenn man ihm nahe kommt, hat, und die jeden ge bekannt seyn wird, Nachdem es mir mit denjenigen drey Erden, die vielleicht zunächst ein ähnliches Verhalten mit Kali und Natron. im Kreise der Voltaischen Säule erwarten hefsen, so wenig gelungen war, mochte ich es kaum erst wägen, noch die andern weniger versprechenden Erden in den Versuch zu nehmen, bis ich diese Versuche nicht mit kräftigern Säulen wiederholen kann. Denn ich bin sehr weit entfernt zu glauben, dafs meine Beobachtungen hinreichen könnten, die wirkliche Nichtmetallisirbarkeit der Erden, besonders der soge- nannten alkalischen, gegen Dr. Seebeck darzuthun, und das um so mehr, als für eine solche in der That schon. von andern Seiten: her mehrere Gründe vorhanden sind, und die Phänomene der Leucht- steme z. B. etwas dieser Art, zum allerwenigsten Hyrogenirbarkeit derselben, fast geradezu fordern”. \ Zweyter Theil Geschrirehte Was ich bis hieher ablas, ist das Resultat einer Reihe Versuche, die vom yien bis ırten März angestellt, und noch am nämlichen ı ten März so niedergeschrieben wurden, wie ich beyde hier vortrug. Seit- 3 a ee at Pu ig ... Be 2er 217 Seitdem hat der ganze neue Gegenstand einen sehr bedeuten- den: Schritt vorwärts: gethan, Die Classe erinnert sich noch, dafs ich am Schlufs meines Aufsatzes vom aijten Febr. sagte: „ieh werde alle die Anwendungen eultiviren,. die sich: aus dem schon Vorhandenen unter andern be- reits auch auf die Theorie des Pyrophors machen liefsen. Auch zweifle ich nicht, dafs sieh, und besonders: mit Hülfe der Analyse des Pyrophors, Vorschriften möchten auffinden lassen, Davy’s Hydrüre auf gewöhnlieh- chemilchem We- ge, und dann in Quantitäten, zu bereiten.” “ Ich habe oben schon angegeben, was mir seit jener Vorlesung am »4ten Febr. nicht mehr erlaubte, mich mit dem Gegenstande in “jener Continuität fort zu beschäftigen, zu der ich mich aufserdem allerdings angezogen fühlte. Um so angenehmer war es mir daher zu erfahren, dafs schon vor dem gten März’ d. J. die Herren The- nard und Gay-L ulsac einige Resultate erhalten haben, die mir, auf dem mir vorgenommenen, eben erwähnten Wege, schlechterdings nicht hätten’ ausbleiben können. Die erste Nachricht von ihren am zren März dem Institut vorgelegten Versuchen im Moniteur, 1808, No. 68. (8. Mars), und’ daraus bereits überall, ist zu bekannt, als. dafs ich eine besondere Wiederholung derselben. nöthig hätte *). An- dere *) Früh 'schon war ich auf die‘ Wahrscheinlichkeit' geleitet worden, dafs sich in blos» sem im Feuer geschmolzenem Kali (und Natron) die Davy’schen Produete durch. den negativen Pol der Voltischen Säule, wie durch .alles, was- Hydrogen. gäbe, müfsten erzeugen lassen. Ich hatte nämlich schwache Platindräthe bey breiten Säulen , wo die erzeugte Hitze grofs war, in der dadurch: bewirkten siedenden und concentrirtesten Haliauflösung,. oder mehr schon, wohl Schmelzung,, bey völlig glühenden Poldräthen, doch die neue Substanz, und zwar auch recht in Menge, erzeugen sehen, und schon dachte ich an eine Vorrichtung, wo ich im feurigen Fluls stehendes Kali und Natron, sowohl mit Säulen als: mit einzel- men Ketten behandeln könnte. Da ferner beyde Pole der Säule, wie das schon = läugst gesagt und dargethan war, sobald sie über Oxygen- und Hydrogenbildung 28 zaß dere französische Journale *) liefern ähnliche Notizen, und eine Pri- vwatnachricht setzt noch hinzu, dafs bey Behandlung der Alkalien mit Eisenfeile die Darvy’schen Producte als Destillat erhalten wor- den wären. Es sey mir erlaubt, einigermafsen anzugeben, was’ zu einer . solchen Untersuchung schon vorgearbeitet war. Wir werden so zu- gleich auf mancherley interessante Betrachtungen geleitet werden. Schon die so größe Entzündungsfähigkeit der Davy’ schen Producte aus Alkalien, besonders jenes als Kali, bey blofser Berührung mit Wasser, mulßste mich an den Pyrophor zurückerinnern. Ein Pyropher, der an der bloßen Luft sich lanz- sam, und selbst, wenn man ihn anhaucht, nur zuweilen schneller entzündet, fängt sehr leicht Feuer, wenn er mit nassem Papier in Berührung kommt. Streut man etwas von ihm (seinem Pulver) in ein hinausgehen, schlechterdings nur mit diesem Gxyger und Bydrogen,,ehne wei- tern Bezug auf die Säule als solche zurück, wirken, und also jedes Oxygen und Hydrogen, und am besten, sobald es auch, wie hier, im Augenblicke seiner N Bildung an die dadurch chemisch zu modifieirenden Stoffe treten kann, das- selbe thun muß, so war der Sprung ven der einfachen Kette zum blofsen ein- zelner Gliede derselben, ja von diesem einzelnen Gliede wieder zu dem, mit (dem es doch gewöhnlich allein nur nach außsen wirkt, zum blo®®en Hydro- ' gen selbst, — ebenfalls gegeben, indem dann nichts mehr erfordert wurde, als hinlängliche Gegenwart von Wasser, an der denn wohl bey schmelzendem Kali und Natron am wenigsten zu zweifeln war. Hätte Henry seinen Versuch, in welchem er Hydrogengas durch Kaliauflösung gehen liefs, und unter Bräun- lichwerden der Auflösung «eine beträchtliche Menge Gas verschwinden sah (s. Priestley's Versuche und Beobachtungen über verschiedeue Theile der Na- turlehre.' B. III. A.d. Engl. Wien u. Leipz., 1787. 8. S. 358. 359.), statt mit sol- cher Auflösung mit geschmolzenem Kali angestellt, vielleicht hätte er schon hier.Davy'sches Kalipreduct, und auf dem chemisch-einfachsten Wege, der möglich ist, wenn immerhin sonst auch nicht eben auf dem ergiebigsten, erhalten. *) Journ. de Phyf. T. LXVI. (Fevr. 1808.} p, 18. 182. ; Nouv. Bullet. d. Scienc. par la Soc. Philomat. T, I. N. 6. (Mars, ı808.) p. 110, u 2 r u A ee Zn su a 219 ein Gefäßs mit Wasser, so entzünden sich viele Theilchen desselben in Gestalt kleiner rother Funken, in dem Augenblicke, wo sie mit dem Wasser in Berührung kommen *). Als ich kit selbst bemerkte (s. meine “«bhandlung vom ayten Febr.), dafs sehon der blolse Hauch, ja schon der blofse beständig auch von nicht warmem Wasser aufsteigende Dampf, und letzterer noch bey sehr mälßsiger Zimmertemperatur, das neue Produet aus Kali unter günstigen Umständen bereits ent- zünden könne, und damit zusammenhielt, dafs, wie seit Scheele entschieden war, die Gegenwart eines fixen Alkali zum. Gelingen des Pyrophors durchaus erforderlich sey, dafs aber dieser Pyrophor sich eben se, und meist in noch höherem Grade, gegen Hauch, Wasser- dampf und feuchte Luft verhält, wie die Davy’schen, Alkalihydrüre, so blieb mir nun nicht der mindeste Zweifel mehr übrig, dafs der Pyrophor seine’grofse Entzündlichkeit durch Wasser und Feuchtigkeit in der That nur einem Antheile bey seiner Bereitung erzeugten Alkalihydrürs zu verdan- ken habe, — so wahrscheinlich übrigens derselbe 'auch hier kei- neswegs rein, sondern mehr oder minder mit Schwefel, Kohle, und zuweilen auch wohl selbst mit etwas Phosphor verbunden, vorkömmt; Zusätze, die indefs seine Entzündlichkeit durch Wasser u. s. w. nur noch zu vergröfsern scheinen. Diese Betrachtung war es, ‘die mich in meiner vorigen Abhandlung von Anwendungen sprechen’ machte, „die sich aus dem über Davy’s Alkalihydrüre schon Vorhandenen bereits auf die Theorie des Pyrophors machen liefsen”. Ich sah die Pyrophorbereitung' an als einen Procefs, in'welchem Davy’s Alkali- hydrüre wirklich schon auf ee ch-chemischem kann erzeugt Oywrür- ») Vergl. Bewly in Priestley’s Vers. w. Beobacht. üb. versch, Gattungen d. Luft. A. d. Engl. Th. II. Wien u, Leipz., 1780. 8, Anh, $. 53. *%) Dessen phys. u. chem. Werke, deutsch herausg. v. Hermberödt. B.E$. 182, wS B.IE 8.423. uf ni x 28? 220 würden, und es blieb nichts übrig, als diesen Procefs ,' so weit ver Erzeugung jener Hydrüre ‚betraf, von demjenigen zu trennen, was nicht wesentlich zu ihrer Erzeugung nöthig war. Zudem waren .es wicht einmal freye Alkalien, die ‘hier Hydrogenation einzugehen hat- ten, sondern das Halı war beym Falle mit dem Alaun eder dem yitriolisivten "Weinstein, "eben so wie das Natron bey dem mit Glau- bersalz, mit einer schr starken Säure, mit.Schwefelsäure nämlich, verbunden, ‘und mit dem Procefse ihrer Hydrogenirung :mulste noch zugleich der Procefs ihrer Trennung von dieser :Säure in Verbindung treten. In andern Fällen waren es andere Säuren, won welchen sich diese Alkalien erst trennen mufsten, um eine Hydrogenation und eine fernere Verbindung des Hydrogenirten mit Schwefel, Kohle, Phos- phor, und zuweilen ‚selbst auch mit Azot,. eingehen zu können. Konnte diese hier immer mit nethwendige Scheidung des zur Hy- Erogenation bestimmten Alkalis aus solchen Verbindungen mit Säu- ren und dergleichen. aus dem ‚Procelse entfernt werden, :so mufste nicht allein er selbst gewinnen, sendern man erhielt auch das, was das Selbstentzündliche im Pyropher- eigentlich ausmacht, nun immer um se reiner, und die Vergröfserung desselben zu Quantitäten hieng, wie schon früher, einzig ven dem Maafse der angewandten Materia- lien.ah. [ ‚Zu "allem war eine neue Bevision«der Geschichte des Py- rophors *) erforderlich, von welcher sich, da er seiner Zeit fast Jeden interefsirte, nicht wenig für jene Arbeit ‚erwarten ließ. Nun weiß ich, zwar nicht, ob gerade diese den beiden französi- sches Chemikern Themaxid und Gay-Lufsac zum Leiter diente. Vielmehr ist mir ‚beynahe. das Gegentheil glaublich, und dafs sie durch ‚einen ganz einfachen Schlufs, gemacht in der Ansicht der 5 Da- *)-Schon Seneca (9. N. L. II. c. 12.) spricht von einer Collectio ignis alu- snine, «ie Bergman ‚auf Pyrophor verdächtig scheint (s. dessen, Opuse. phys. et chem. Vol. IV, Ed. Hebenstreit. p. 77.). Sonst ist -der eigentliche Eutdecker desselben bekanntlich-Homberg. HL Bavy'schen neuen Alkalierzeugmfse als bloßser Reducte, und der beyden Alkalien als bloßer Oxyde, darauf gekommen seyen, Kali und Natron mit Kohle und Eisen so zu behandeln, wie sie das tha- ten. Doch aber will ich zeigen, dafs, unabhängig von jeder Hypo- those über die chemische Natur der neuen Davy’schen Producte, die blofse Geschichte der Bearbeitung des Pyrophors auf gleiche Resultate hätte führen müfsen; ja dals sie, und zum hauptsächlich- sten Theile, in der That schon darauf führte, und diels schen seit lange. Ich habe mir sogleich, als ich am ı6ten März die oben er- wähnte Notiz von Thenard’s und Gay-Lufsac’s Versuchen, zu Gesicht bekam, die verzeihliche Mühe genommen, .diese Geschichte von Neuem so weit durchzulaufen, als ich es für diesen Zweck nö- tig fand, und die kurze darauf zu verwendende Zeit es erlaubte. Kürzer noch werde ich mich im folgenden Boricht meiner Ausbeute von ihr fassen. Die nachzulesenden ‚Schriften lieferten grofsen Theils Leonhardi *%), Weigel *), Spielmann **), Vogel ****), Reufs ****). Einige hier nicht genannte werde ich besonders an- zuführen Gelegenheit haben. In neueren Zeiten sah man ohnehin wenig mehr auf diesen Gegenstand zurück. Was bey allen Pyrophoren, zu denen man Alaun oder sonst ein schwefelsaures alkalihaltiges Neutral- oder Mittelsalz anwendet, neben *) Macquwer's chem. ‘Wörterb. 2te Ausg. B. IV. Art. Pyrophorus, S. 724— 754. in den Noten. . **) Grundrißs .d. reinen und angewandten Chemie; B.I. $. 217—220., und ferner im Lavoisier's phys. chem. Schrift. B. HL $..86—89. ##*) Institut. chem. Ed. alt. Argentor., 1766. 8. p. 264—260. , wnd Institut, de Chym. frad. p. Cadet. Tom, II. Paris, 1770. 8. p. 90—95. ###*) Instit.-chem. Ed. alt. Lugd. Batav. et Lips., 1757. 8. p.335—34o., und des- sen Lehrsätze der Chemie. A.d, Lat, m. Anm. v. Wiegleb. zte Aufl. Weimar, 1788. 8. S. 534—542. ###**) Repertor. Commentat. a Societat. litterar. editar. T. IH.'p. 76—77. 2322 x neben dem Alkalikydrür zunächst mit erzeugt wird, und in Verbin- dung mit diesem Hydrür treten inuls, da schon Davy die Verbin- dungsfähigkeit. damit wirklich auffand, ist Schwefel. Ein reinerer Fall, als der gewöhnliche, würde es also schon seyn, wenn man geradezu Kali, Schwefel und Kohle (oder verkohlungsfähige Sub- stanz), oder auch Natron, Schwefel und. Kohle (oder rerkohlungs- fähige Substanz), auf Pyrophor behandeln wollte. Das Erste nun hat schon De Suvigny gethan *), und gute Pyrophore erhalten. Es reichte sogar hin, kalische Schwefelleber mit Kohle oder verkohlungsfähiger Substanz zu behandeln. Das Zweyte führte eben so glücklich Bergman zuerst aus **); doch‘ sagt er, dals „er (der auf diesem Wege erhaltene Pyrophor) gern einiger Feuchtig- keit bedürfe, ehe er sich entzünde”. Aber Natronhydrür ist über- haupt weniger durch. Wasser entzündlich, als Kalihydrür (s. m. vo- rige Abhandlung), und so auch wohl das Sülfür desselben in Ver- gleich mit dem des Kalihydrürs. Ueberdiefs konnte De Suvigny, dem der Pyrophor aus Kali, Schwefel und Kehle so gut gelang, mit Natron, Schwefel und Hohle, unter wahrscheinlich gleichen Umständen, doch den Pyrophor noch nicht darstellen, welchen erst Bergman erhielt ***). Es kanı darauf an, jetzt auch den Schwefel wegzulassen, und blos mit Kalı oder Natron und Kohle zu, experimentiren. „ Auch hier fehlte es an ältern Beobachtungen nicht. Zwar gelang De Suvigny keines von beyden ****). Aber seine Theorie erlaubte es %*). Nemoir. de Mathem. et de Phys. present. a I’ Acad. Roy. d. Science. par div. Sa- vans, et Jüs dans ses Assembl. T. IH. Paris, 1760. 4. p. 208—207., besonders p- 24.5 vergl. von Crell’s Neuest. chem. Arch. B. I. Weimar, 1798. 8. $. 157. und folg., besonders $. 158, **) Scheffer’s chem. Vorlesungen herausg. mit Anm. von T. Bergman, A.d. Schwed- v. Weigel, ate Aufl, Greifswald, 1789. 8. 360. »*+*) De Suvigny a a. O. p. 206- “er, A, 2 O. p. 205, 223 es auch nicht. Erst auf Zusatz von Schwefel gab ein Calcinat von Kali und Kohle Pyrophor *). Es bedurfte unbefangnerer Experimen- tatoren. William Bewly blieb es vorbehalten, im Jahre 1779 mit blofsem Kali und Kohle einen wahrhaften Pyrophor zu er- _ . zeugen. Er handelt umständlich, und jeden Verdacht ausschliefsend von ihm **), und giebt ihm den Namen: laugensalziger Pyro- phor. Ich sehe ihn, wie das wohl zu erwarten war, in keines der seitdem erschienenen Compendien der Chemie übergegangen. Blos ei- nige fleilsige Literatoren, wie Leonhardi und Weigel, haben ihn aufgenommen. Auch practische Chemiker hatten seit dieser Zeit oft Kali mit Kohle zusammen im Tiegel oder in der Retorte. Keiner von allen aber erwähnt der pyrophorischen Natur des Rückstandes, — einen ausgenommen, den ich nachher nennen werde. Vielleicht dafs manche nicht starkk genug Feuer, andere nicht genug Achtung gaben. Noch am treuesten von ihnen beschreiben die Phänomene, welche während der Behandlung von ätzendem Kali mit Kohle im Tiegel . Statt haben, Guyton und Desormes, in ihrer berüchtigten Ab- handlung über die Zerlegung der fixen Alkalien und der Erden ***), Bey hoher Hitze, wie sie der Silbertiegel aber nicht mehr, sondern erst ein Platintiegel, ertrug, entblätterte sich die Kohle, und man sah aus allen Spaltungen bläulichweilse Flammen herausschlagen,, bis beyde Stoffe in Ruhe gekommen‘ waren. Darracg indels, in sei- ner Wiederlegung Guyton’s und Desormes’s, der diesen Ver- such, und zuletzt sogar mit durch Zersetzung von Kohlensäure durch Phosphor erhaltener Kohle, und ebenfalls in Platin, wiederholte, er- wähnt schon wieder nichts hiervon ****), Eben so wenig Tromms- ar ») A. a 0. p. 204. ..**) Priestley's Vers. w. Beobacht. üb. verschied. Theile d. Naturlehre. A. d. Engl, B. I. Wien u. Leipz. ı7Bo. 8. 368—374. “..) Aus Memoir. de l'Instit. Nation. d. Science. et Arts. T. III, in Scherer's Allg. Journ, d. Chemie. B, VII. S. 627. u, 636. © ####) Annal. d.. Chim. Tom. XL. p. 282--186., Scherer's Allg. Journ. d. Chemie. B. VI. S. 534—537. 224 dorff, der Kali mit Kohle vergeblich auf Blutlaug® behändelte, ob- schon viel früher Geoffroy nicht allein so wirklich Blutlauge er- hielt, sondern auch: während der Calcination ziemlich das Nämliche _ beobachtete, was später Guyton.*). Auch Curaudau behandelte Kali mit Kohle, und zwar wie Darracgq, eine bey Zersetzung der Kohlensäure durch Phesphor erhaltene, un Tiegel, und erhielt Blut- auge ‘und bey Vebergiefsung des Calcinats: mit Wasser Ammoniak, von Pyrophor aber niehts *). Das Gasproducti von Hohle mit ätzendem: Kali in der Retorte ws. w. behandelt, aber auch ohne besondere Anzeige einer pyrophorischen Natur des Rückstandes, haben Scheele **), Westirumb ***), und Curaudau ***** untersucht... Der zweyte Beobachter, der ätzendes Kali mit Kohle in starkem Feuer behandelt, einen guten Pyrophor geben sah, war Westrumb *****) Es geschah diefs auf Veranlassung der im Jahre 1790 von. den Herren von Rupreeht und Tondy vor- gegebenen Redueibilität der Erden ***#**), eines Gegenstandes, ’ der, *) Trommsdorff’s Journ. d. Pharmacie B. VIEL. S. 82., verglichen mit Memoir. de ’Acad. Roy. d. Scienc. de Paris. A. 1725, — Der kön, Akad. d, Wiss. in Paris anatom, chym. u. botan. Abhandl. A.-d. Franz. v. von Steinwehr. Th. VL S. 651. 652., und Crell's neu. chem. Arch. B.U. S, 214.. 215, **) Journ. d. 1. Soc. de Pharm. de Paris. T.L. N. 15. und Scherer's Allg. Journ. d, Chem. B, II, S. 118. 124. ##2) Dessen sämmtl. phyf. u, chem, Werke, deutsch. herausgeg. v. Hermbstädt. Th. I, $. 233- ###%) s, Gren's Journ. d. Phys. B. V. 8.46. 47. #*Ebhk) Scherera. a. ©. S. 124—ı25. #0) Dessen Geschichte der neu entdeckten Metallisirung der einfachen Erden; nebst Versuchen u. Beobachtungen, Hannover, 1791. © 108; auch Crell’s chem, Annal. 1791. B.1. S. 102. “%), S, von Born’s Catalogue method. et rais. du cabimet de Mlle Eleon, de Raak. T, I. ete. Vienue, 1790. $., die Vorrede, und $.497. folg.; dann Grell’s ehem., Ann. seit 1798, Gren’s Journ, d, Phys. von B. ll. an, und eine Menge anderer Journale, R j 225 der, bey strenger Revision aller Arbeiten gegen ihm, auch noch nicht so abgethan erscheint, als es nöthig wäre, nicht blos Lavoisier's Vermuthung über die Erden *), sondern sogar auch nur alle Anga- ben der beyden Urheber jener Versuche selbst, zw widerlegen (es miülste denn seyn, dafs sie zuweilen geradezu gelogen haben sollten, zu welchem Verdachte mir aber sonst keine Veranlassung von ihnen bewulst ist). Von Born sagt in Crell's ehem. Ann. ı7g1. B. I. 5. 4.: „Herr Tondy versuche nun auch die Reduction der fi- xen Laugensalze”. Es ist mir nichts Ferneres hierüber bekannt geworden; vielleicht dafs diese Stelle Westrumb, dem übrigens Bewly’s frühere Versuche auch nicht unbekannt scheinen, auf sei- ze Versuche mit ihnen geleitet hat. Noch beschickte Klaproth die fixen Laugensalze auf von Ruprecht's und Tondy’s Art; erwähnt aber durchaus niehts von: hieher gehörigen Resultaten **). — Doch nicht blos Kali, sonderr auch Natron, behandelte West- zumb im Feuer mit Kohle. Ueberhaupt sagt er (a. a. O.): „Laugen- salze, *) Dessen Trait& element, de Chim. T. I. p: 174. ”») Crell’s chem. Ann. 1792. B. I. $S. ı3n — Interessaut ist, dafs Kiesel, diese verbreitetste, häufigste und zugleich rätb- selhafteste Substanz auf Erden, in heftigem Feuer die nämliche Wirkung auf Kali auszuüben. scheint, als Kohle, Dolomieu und Pelletier sahen, daß, als sie pulverisirten Quarz mit ätzendem Kali im offnen Tiegel dem Feuer aus- setzten, während dem stärksten. Schäumer der Mischwig Flammen aus ihr her- vorbrachen, Sie behandelten darauf mehrere Male Quarz und auch Bergkrystall aulv ätzendem Kali, zuletzt mit dem reinsten, was Pelletier darzustellen im Stande war, im Verhältnis von 5 zu 8 gemischt, bey einem hydro-pneumati- schen Apparat in möglichst starkem: Feuer, und erhielten , nach etwas anfänglicher- Kohlensäure und Stickgas (zu welchen die Luft der Gefälse beygetragen. haben mochte ), jedesmal eine bedeutende Menge Wasserstoffgas.. „Je suis tent& de eroire”, sagt Dolomieu weiter, „que si nous enssions pu operer dans un ap- pareil de mercure, nous aurions retire encore un autre fluide qui auroit yu tre permanent dans l’&tat de secheresse, mais qui doit se combiner en entier avec l’cau. J’ai vu dans chaque operation, et pendant long-tems une esp&ce de bouillonnement ä la surface de l’eau au dessus de l'extre- mit du tube; je lai fait remarquer ä ceux, qui &toient dans le lahorateire ; il sembloit dependre de houffces de vapeurs, qui soulevoient leau, et cepen- 39 dant 26 „salze,.das fixe pflanzenartige sowohl, als das mineralische, „mit Hohle und Oel gemischt dem Feuer übergeten, lieferten nichts, „‚Metallisches. Sie waren mit der Kohle in eine feste Mafse zu- „sammengebacken, die sich an der Luft”, (und nach Crell’s Ann., 1792. B.1. S. 102. „heftig) erhitzte, glühte, und sich „wie alkalischer Pyrophor verhielt”. Aufser Westrumb hatten gleichfalls noch Mehrere Natron nit Kohle, theils auf Pyrophor, theils für andere Absichten, im Feuer, aber ‚dant il ne passait rien dans les cloches; je verifireäi ma conjecture, quand j’au- zai a ma disposition un appareil de mercure”. (S. Jour». de Physique. T. XL. p. 376— 378.) — Es ist hohe Wahrscheinlichkeit vorhanden, dafs hier der KHiesel, wie jeder andere combustible Körper, wnd alse auch wie einer, auf das Kali wirkte, und in -der That Dawy’sches Kaliproduet erzeugte, dafs dieses dann werflüchtigt wurde, und bey freyem Zutritt der Luft verbraunte, oder sonst sich zerstörte , im verschlossnen Apparate aber sich am Wasser desselben zersetzte, und dadurch einen bedeutenden Theil des aufgefangenen Hydrogens, vielleicht auch alles, lieferte. Die letzte Stelle aus Dolomieu zeigt an, dafs hier wirklich Kali verflüchtigt werden mußste, ven dessen Dämpfen jene Art von Sieden im Wasser &och wohl nur herkommen konnte, (ungern vermiflst man die Untersuchung die- ses Wassers); uud ward auch bey Weitem nicht alles Kali unter der Form des Hydrürs so übergeführt, so war das dech gewifs der Fall mit einem Theil von dem, was während der Auffangung von Hydrogengas übergieng. — Dafls Kali neben Kiesel im Feuer ‚‚Verflüchtigeng” .erleide, weifs jede Glashütte schon; wie sehr weitaber diese gehen könne, hat besonders Loysel (s. dessen Anlei- tun zur Glasmacherkunst. A. d. Fr. Frankf. a. M,, 1802. 8. S. 190.) ge- zeigt, und auch, dals diese Vertluchigung nur das Hali treffe; (a. a. 0. $.107.) = Höchst wahrscheinlieh wird, allem nach, auch bey der ganz gewöhnlichen “Glasbereitung ein Theil Kalihydrür erzeugt, und vielleicht ist dieses gerade die Form, unter der Kali, nicht blos hier, sendern beynahe überhaupt (man ver- gleiche z. B. für dessen Verdampfung , wie für die des Natrons, durch den Fo- cus von Brenngläsern, Martinevich in Crell’s chem. Ann. 1791. B. IL S. 298. 299., mit meinen Versuchen über die Wirkungen der einzelnen Farben ‚des Sonnenlichts auf Kali und Natron in der vorigen Abhandlung), — am lieb- sten verdampft. ö Diamant mit Kali, und auch Natron, ist zwar ebenfalls schon im Feuer gewesen, nirgends aber fand ich noch Beobachtungen dabey angemerkt, ‚die mit den vorigen, ‚oder denen bey Kali und Kohle u. s. w., eine Zusammen- stellung erlaubten. 227 aber auch ohne einen Pyrophor zu erhalten oder wenigstens ihn an- zugeben. Dafs De Suvigny so keinen erhielt, ist oben schon mit bemerkt. Guyton und Desormes *) zeigen ebenfalls nichts von einem solchen an, und eben so wenig ihr Gegner Darracg **). So sieht man denn schon vor 29 und ı7 Jahren von Bewly "und von Westrumb wörtlich dieselben Versuche, und ganz mit dem nämlichen Erfolg, angestellt, welche uns vor wenig Tagen an Thenard und Gay-Lufsac sa neu erschienen, die nämlich über Kali und über Natron mit Kohle. In gewilser Hinsicht bleiben sie es auch noch, der Bedeutung wegen, die ihnen erst auf Da- vy’s Entdeckung zu Theil werden konnte. Aber es wird mir immer zu einigem Vergnügen gereichen, sie ihnen und dem ihnen Verwand- ‚ten so früh gegeben zu haben, als das überhaupt möglich war. Hät- te es damals ein glücklicher Zufall Einem jener Chemiker eingege- ben, diese alkalischen Pyrophore, vor ihrer Entzündung, mit Queck- silber zu behandeln oder zu extrahiren, so dafs er das oben abge- handelte Amalgam erhalten hätte: wir könnten seit 17 und 29 Jah- ren im Besitze alles dessen seyn, was uns jetzt, seit noch nicht ei nem halben Jahre erst, über jene merkwürdigen Rali- und Natronhy- drüre bekannt geworden ist. Nash gehz-uu etge andere Beobachtangen, die zwar mit der Geschichte des Pyrophors nicht unmi+- var zusammenhängen, jetzt aber dennneh mit ihı zugleich erwogen werden müssen, hier- her. Sie betreffen das Verhalten der feuerbeständigen Laugensalze mit Kohle unter solchen Umständen, wo, während eines von bey- den schon. glühte, das andere erst aufgetragen wurde; dann das Verhalten jener Alkalien auf Kohle vor dem Löthrohr. Schon %) Scherer's Allg. Journ. d. Chem. B. VII. S. 636; #*) Dasselbe Journ. B. VIII. $. 537. 538. ag," 228 ‘Schon Lemery *) sagt: „Läfst man das Tartar- Salz im Schmelztiegel lange geschmolzen” (das Vorhergehende giebt, dafs bier eine Zeit von sechs Stunden ‚und darüber gemeint sey), so brennt es eben so leicht als Salpeter, wenn man etwas davon auf glühende Kohle wirft”. Lampadius stellte den Versuch umgekehrt an. „ich habe schon mehrmals Gelegenheit gehabt zu bemerken, dafs ausgeglühete Hohle in schmelzende feuerbeständige Alkalien” (also auch wehl in Natron), „eingetragen, ein lebhaftes Geräusch mit einer Lichter- scheinung hervorbrachte **)”. Er vermuthet aus diesen und andern Erscheinungen, dafs „man in der Folge gar die feuerbeständigen Al- kalien (und alkalischen Erden) durch Hülfe der Kohle werde zerle- gen können”. Später ***) bemerkte er, dals sich ihm diese Zer- legbarkeit durch mehrere Erfahrungen bestätigt habe, und dafs bie- bey wahrscheinlich ‚eine ‚Desoxydation der Alkalien Statt finde ****), Vor dem Löthrohr auf Kohle hatte :diese Alkalien vor- achmlich Bergman. De Tubo ferruminatorio $. VL sagt er: „Al- kali minerale vel sal sodae in carbone fuses mox cum murmure erepitante in superficie difflluit et ipsum sustentaculum penetrat, uası ch . . . Biere Erancenens” ; — und ; zu. Alkali vegetabile crystalli_ ?rmum fit opacum et pertinaciter crepitans; dein Uiquescit leihen Page: aan Yerken strepitu absorhe- Zur” Fer), Vor *) Cours de 'Chymie. Vierte deutsche Ausg. 'Dresd. u. Leipz., 1734. 8. Th. II. S. ı8ı. *) Dessen Sammlung practisch- chemischer Abhandlungen und vermischter Bemer- ‚kungen. B. II. Dresden, 1797. 8. S. 53. ***) Intelligenzbl. d. Allg. Lit. Zeit. 1800. No. 60. -S, 3o1. ”***) Vergl. Scherer's Allg. Journ. d. Chem. B.1V. S. 546. *****) Dessen Opuscula pbys. et cher. Vol, II, Upsal. 1780. 8. p. 460, 466. u | Ma ee oe 2,29) Vor dem Löthrohr mit Sauerstoffgas hatte Lavoi- sier diese Alkalien auf Kohle. Fixes vegetabilisches kau- stisches Alkali schmolz und sott, breitete sich auf der Kohle eus, indem es sich am sie hieng; zu gleicher Zeit stieß es einen beträchtlichen Dampf oder Rauch aus, und verdampfte ganz. Fi- xes vegetabilisches luftsaures Alkali verknistert; wenn das Wasser zwischen den Krystallen erst weggedampft ist, so schmilzt es, siedet, und breitet sich auf der Kehle aus, welche es zu durch- dringen schemt. Liefs man den Strem der Lebensluft um die Stel- len herum treffen, welche das Alkalı durehdrunger hatte, so konn- te man es ganz als einen weilsen dieken Rauch zum Verdampfen bringen. Mineraelisches luftsaures Kali schmolz sogleich, nahm an Volumen ab, und verdampfte zuletzt ganz. Eia sonder- barer Umstand ist, daß cs während des Verdampfens eine Art von Verpuffen oder Verbrennen, wie die Schwer- erde (s. ımten), zu erleiden schien, nur in geringerem Grade. Sollte dieses Alkali, sollten überhaupt die alkalischen Substanzen, Metallkalke seyn” *)? + Ich füge, wenn auch nicht ganz der Ordnung gemäls, so- gleich noch binzu, was Lavoisier über das Verhalten des schwe- felsauren Kali und Natron auf Kohle vor dem Löthrohr mit Sauerstofleas sagt. Vitriolisirter Weinstein, der bey Berg- man (l. c. p. 467.) blos deerepitirte und und sich zerstreute, schmolz, brannte und zischte, indem er einen Schwefelge- ruch verbreitete, und das Alkali verdampfte. Glaubersalz gab mach dem ersten wäfsrigen Fluß einen andern feurigen oder wirkli- chen. Alsdann breitete sich das Salz auf der Kohle aus ‚ and nur znıt wi „Lalkali de la soude, et Tes substances alkalines en general se- zoient-elles des especes de chaux metalligues’? — Lavoisier. Memöir. de l’Acad. d. Sciene. d. Paris. An. 1783. p. 602, 603., und Lavoi- Ag physik. chem. Schrift. A. d. Fr. fortges. v, Link. B. V. Greifswald, 1794 . S. 30. 31. 230 mit Mühe brachte man sie ins Brennen; die Flamme der Kohle war sehr gelb, verbreitete einen Schwefelgeruch, und zuletzt ent- stand eme Art von Verpuffen oder Verbrennen, doch weni- ger merklich als mit der Schwererde. Endlich zerstreute sich die Materie ganz und verschwand *). Alle diese Phänomene von Alkalıen und alkalischen Neutral- salzen mit Kohle werden jetzt vollkommen zu erklären seyn, und finden ihren Grund höchst wahrscheinhieh auch hier in durch die Hohle hergestellten Davy'schen Kali-und Natronhydrüren, die nur sogleich nach ihrer Erzeugung wieder verbrannten. In den bey- den letztern Fällen kam ihnen noch zugleich erzeugier Schwefel zu Hülfe. — Therard und Gay-Lufsac haben Rali und Natron auch mit Eisen, also einem Metall, behandelt, und so zugleich jene 'Alkalihydrüre vollkommen „reim” erhalten. Es war leicht, nachdem man Kohle jene Veränderung der Alkalien hatte bewirken sehen, auch Metalle dafür anzuwenden; zumal nach der Ansicht jener Er- zeugniße als blofser Reducte. Es war dann dazu nichts erforder- lich, als dafs das Oxyd, das Alkali, in hoher Hitze sein Oxygen mit minderer Kraft hielt, als die ist, nut welcher das Eisen, oder das angewandte Metall überhaupt, es jetzt anzog. Auch wird, da ein-. mal das Eisen schon diese sogenannte Reduction bewirken konnte , dieselbe nun mit: mehrern andern Metallen eben so gut, und auch zuweilen noch besser, möglich seyn. Denn das ist nieht zu läug- nen, dafs, in der schon durch Lavoisier (s. oben) veranlafsten Hypothese des Reducts fortgesprochen, das neue HKali- und Natron- metall in der That schon zu den sehr leicht redueirbaren gehören müsse, so bald man nur auf trocknem oder nahe trocknem w beit ege arbeitet. Es *) Memoir. de l’Acad. ete. Au. 1783, p. 60x. 6o2., und Lawoisier's Schriften & 4, 0. S. 29. 231 Es fehlt in der Geschichte des Pyrophors ebenfalls nicht an Beyspielen, wo verhandenes Alkali durch gegenwärtige Metalle wirkliche Pyrophore gab. Doch sind dieselben minder bearbeitet, als jene durch Kohle, oder auch, .es wurde bey den Fällen eines solchen Zusammenvorkommens von Alkali und Metall weniger be- obachtet, als dort, weil man hier, durch die herrschenden Theo- rien abgehalten, in der Begel Pyrophore am wenigsten erwartete, und somit suchte. Auch hat man selten Retorten mit Vorlagen ge- braucht. Erst wo ihnen dem allen ungeachtet nicht auszuweichen war, fand man sie auf. Dahin gehören Geoffroy’s sogenannter knallender Phosphorus aus schweißstreibendem Spiefsglanzkalk und schwarzer Seife, welehe Mischung blos bestimmt war, den Spiefs- glanzkalk zu reduciren *); die Schlacken des martialischen Spiels- glanzkönigs **);- Eisen mit Schwefelleber geschmolzen ***); Stahl's Crocus martis antimoniatus in gewilsen Fällen ****), u.s. w. Ferner sind hieher zu rechnen die Pyrophore, welehe ein Freund von Gir- tanner aus Alaun mit Bley und mit Zinn erhielt, und die sehr gut gewesen seyn sollen, während alle Versuche mit Spiels- glanzkönig, Eisen und Zink fehlschlugen und nichts gaben *****). Metalie mit blofsen caustischen Alkalien sind ebenfalls von Zeit zu Zeit im Feuer gewesen, und namentlich Eisen. Ich habe eine Menge hieher gehöriger Autoren nachgeschlagen , und mancherley interelsante Phänomene dabey vorgefunden; aber von et- was, das Aehnlichkeit mit Thenard’s und Gay-Lufsac's Besul- taten über Kali und Natron mit Eisen hätte, wenigstens bis jetzt, noch *) Aus Memoir. de l’Acad. de Paris. An. 1736. in von Steinwehr's anatom. chym- und botan. Abhandl. d. kön. Akad, d. Wiss. in Paris. Th. IX. S. 450—455., und Crell’s neu. chem. Arch. B. IV. S. 176—ı79. **) Vogel Institut, Chem. Edit. alt. Lugd. Bat. et Lips. 1757. P. 339, und Wieg- leb's Uebers. derselben. 2te Aufl. $. 54o, ”+) Vogela.a. O. 2 ug ****) Boulduc bey Geoffroy in v.Steinwehr's angef. Abhandl. Th. IX. S. 454. *#**%) Crell's Neuest. Entdeck. in d, Chem. Th. X. S. 119. 120, 23% noch nichts, Rinmann, von dem man hier vorzüglich etwas hätte erwarten sollen, begnügt sich sogar, wo er von dem Verhalten der seinen alkalischen Salze mit Eisen: auf trocknem Wege sprechen soll, zu sagen: „dafs auch reine alkalische Salze auf dem trocknen Wege metallisch Eisen, oder wo die Eisenerde zu Phlegiston gelangen kann, nicht auflösen, ist aus den täglichen Versuchen der Probirer mit al- kalischen: Flüfsen so bekannt, daß es keiner weitern Bestätigung, be- darf”; — womit dieser Artikel abgethan ist *); Vielleicht also: hätte man bey den Probirern nachzufragen. — Zink mit ätzendem Kali auf das dabey sich erzeugende brennbare Gas bearbeitete unter an- dern Scheele *), — Merkwürdig ist es, dafs schon blofse Kohle, und ohne allen ausdräcklichen Zusatz von Alkali oder alkalihal- tigen Substanzen, zuweilen pyrophorische Eigenschaften zeigte. &ch übergehe die zahlreiche in den oben angegebenen Quellen zur Literatur des Pyrephors nachgewiesenen Fälle, wo die verschieden- sten thierischex und vegetabilischen Substanzen bey der Verkohlung Pyrophore gaben — ( Beyspiele vom letztern Falle liefern schen Ro- bert Fludd u. Tackiws),— und erinnere blos an das, was gute gewöhnliche Holzkohle vom Zeit zu Zeit lieferte. _ Man lese hierüber Morezso **), und Robin über den gefährli- chen Vorfall in der Pulvermühle zu Efsonne ****) nach. Die Luft war an dem Tage des Vorfalls dieser freywilligen Kohlenpulverent- zündung feucht, und letzteres war erst durch eine gänzliche Vermi- schung. desselben mit dem Wasser, also Umschliefsung von ihm, zu löschen. Man muls vermuthen, dafs der kleine Antheil Kalı, den jede %) Swen Rinmann’s Versuch einer Geschichte des Eisens. A, d. Schwed, v. Ge- orgi. B. II, Berlin, 1785. 8, S. 261. 263. %*) Dessen Phys. u. chem, Werke, v. Hermbstäds BT S. 232. 233, ”**) Journ. de Phys. T. EVII. p. 469—470: **#*) Ann, de Chim. T. XXXY. p. 9996» 233 jede Pflanzenkohle enthält, beym Brennen derselben in den Zustand des Hydrürs versetzt werden könne, und dafs dieses Hydrür es ge- wesen sey, welches jene freywillige Entzündung des Kohlenpulvers herbeygeführt hat. Mehrere Beyspiele dieser Art sche man bey Bartholdi *). Auch weils man noch nicht, ob während dem Bren- nen der Kohle die in ihr‘ Anfangs befindliche Quantität Kali unter gewilsen Umständen sich nicht sogar vergrölsern könne. Wer dem,, was über Zusammengesetztheit der fixen Alkalien seit den ältesten Zeiten erfahren und geschrieben worden **), gehörig folgte, wird; dies nicht für unmöglich erklären. Ja es ist sogar die Frage, ob nicht D *%) Ann. ‚de. Chim, T. XLYII. p..269. etc. **) Einen beträchtlichen Theil der hierher gehörigen Literatur liefert die in‘ Deutsch- land wenig verbreitete kleine Schrift: „Ueber die Mischung, der feuerbe- ständigen Alkalien. Eine Inaugurat. Dissertation, welche — un- ter dem Vorsitze Dr. N. A. Schere'r’s am ı1ten Nov. 1803 öffentlich vertheidigen wird N, F. L. v. Jüngling.”. Dorpat; beyM.G;Grenzius. 36 Seiten in & — Da Scherer’ in ihr’ fast ausschießslich für seinen. bekannten Lieblingswunsch , die Zusammensetzung, der beyden feuerbeständigeren Alkalien aus gleichen Bestandtheilen, als das’ Ammonium „ sammelt, so findet man zwar Rier nicht im Mindesten den w & schon durch Lavoisier angeregten, und jetzt durch Davy von neuem zur Sprache und Bestätigung gekommenen Ge- sichtspunct berücksichtiget, aus welchem diese Alkalien zu metallähnlichen. Körpern (gleichviel dafür, ob: durch Reduction oder Hydrogenirung, s. unten), herstellbar erscheinen, und nicht einmal historisch: ist er gewürdiget; aber wün- schenswerth bleibt es doch noch immer, durch Davy's und Anderer neuere Ent- deckungen sich nicht zu der Täuschung verleiten zu lassen‘, als sey oder komme: man auf diesem Wege schon vollkommen über sie ins Reine, sondern vielmehr, es sich jetzt nur-um so. eher zur Angelegenheit zw machen, die älteren Wahrschein- lichkeiten ebenfalls von Neuem aufzunehmen, sie mit allen Mitteln jetziger Che- mie zu prüfen, und, da gegenwärtig die Erden eine Achnlichkeit mehr mit den. Alkalien zu gewinnen scheinen., die nach diese» Richtung gehende Untersuchung auch auf sie fortzuerstreeken. Unendliche. Widersprüche frülterer Erfahrungen könnten hier noch ausgeglichen: werden. Aber gegenwärtig scheint es doch noch: klüger, das Gebäude reicher Vermuthungen. erst dann aufzuführen, wenn irgend eine tüchtige Erfahrung , des Preises der Davy'schen gleich würdig, den immer noch fehlenden Grundstein dazu gelegt haben wird. 30 \234 x aucht hey verkohlungsfähigen Substanzen, die von Anfang an auch keine Spur fertiges Alkali enthalten, sich während ihrer Verkoblung ‚dennoch welches, und :also überhaupt erst welches, ‚erzeugen könne. ‘Wenigstens fordern die vielen Pyrophore, die man bey trockner Destillation metallischer Salze mit Pflanzensäuren, selbst von erdi- ‚gen. Verbindungen. mit letztern, zum: Rückstand erhielt, zu einer Untersuchung dieses Gegenstandes besonders auf *). Vielleicht dafs sogar die Gegenwart ‚des Metalls , wie bey vorhandenem Kali se- ne Hydrogenirung, bey blos vorhandener Erzeugungsmög- lichkeit desselben auch seine Erzeugung, ‚befördert. - ; Noch darf ich auch wohl diejenige Kohle nicht vergessen, welche nach Behandlung der gewöhnlichen Holzkohle mit Salpeter- ‚säure **) zurückbleibt, zuletzt in Wasser und Weingeist vollkom- ‚men auflöslich ist, und eine Menge merkwürdiger Eigenschaften zeigt. Diese Kohle, gelinde erwärmt, zeigte Proust .eine Art von dum- pfer Verpuffung **), und als Lowitz auf solche hereits mit rauchender Salpetersäure behandelte Kohle neue rauchende Salpeter- ‚säure gols, entstanden von einer geringen Portion derselben in der he *) S. z.B. für efsigsaures Bley Wallerius's phys. Chem. A. d. Schwed. von Wei- .gel. Th. H. Abth. 3. u. 4. Leipz. 1776. 8. $. 401: für dieses, wie für weinstein- saures Bley, Spiefsglanz, Arsenik und.‚Kupfer, weinsteinsauren Kalk und 'Thon,, ‚und viele andere Verbindungen der Efsigsäure mit.Erden und Metallen, wje z.B. ‚elsigsaures Quecksilber, Zink und Kupfer Proust im Journ. de Phys.. T. XII p- 432. etc. ‚für letzteres nochmals den Herzeg d’Ayen in Macquer's chym. Wörterb. A. d. Er. won Leorhardi. 2te Ausg, Th IV. 8. 744—747, u. 5. w. **) Lichtenstein in Crell’s chem. Ann. 1786. B. UI. S, 217. folg., Lowitz in dens. Ann. 1791. B. 1.8. 501. folg., Jameson in s. Outlines of the Mineralogy «of the Shetland Islands ete. 8. edit. p. 167., Hatchett aus Philos. Transact. for 1805. in Gehlen’s.Journ. £. .d. Chem. u. Phys., B. 1. $. 550. folg., u. Proust ‚aus Journ. de Phys, T. LXII: p. 331. folg. und 335. folg. in Gehlen's angel. Journ. , B. III. S. 365. folg. u. 371. folg. ®*#) Gehlen a. a. O, S. 336. 372. 235 Retorte plötzlich eine Menge feuriger Funken; die Retorte werbrach, und das Kohlenpulver verbrannte; wobey jedoch gar nichts mit dem gewöhnlichen Verpuffen der Salpetersalze ähnli- ehes. zw erkennen war‘ *). Genau’ so entzündet man auch Pyro- phor, der an blos feuchter Luft nicht brennen wilt **), Zugleich aber 'geben- diese mit Salpetersäure behandelten Kohlen, und ohne Einäscherung, 'eine verhältnifsmäßig ausnehmend grofse Menge Kali **); und obgleich Lichtenstein. selbst sich noch Mühe giebt, sie als präexistirend' in ihnen wahrscheinlich zu lassen, so hat doch schon Gehlen mit Recht einen andern Gesichtspunct dafür veranlalst *****), Eine weitere Verfolgung des. zuerst von Lich- ten- ®% Crelba a Oi $. 502. cc iard ' #*)-Bewly in Priestley's Vers.: u. Beob.' üb.- verschied.. Gatt. d. Luft. Th. IR Wien u. Leipz. ,. 1780.-8, Anh., S. 44. wf.; Ilsemann in Grell's Neuest,. Ent- deck.- in der Chem. B.. V., S. 83.: 84, ##*) Lichtenstein a. a.. O. S.23r, %**#) Dessen.Neu. Allg. Journ... d. Chem: B..V. S. 505:. #=*#**) Erst während der Ausarbeitung dieser Abhandlung warden mir die sehr friü.- hen.und vortrefflichen Versuche Proust's über die Entzündunsfähigkeit fast jeder fein zertheilten und vorher stark caleinirten Kohle, reiner sowohl., als an an-- dern Stoffen vorkommender ‚. durch Salpetersäure, bekannt. S; Journ. de Phys. T. XII (1778.);p- 436. ete. ‚Sie,enthalten durchaus nichts gegen die hiew aufge« stellten: Ansichten, vielmehr Mehreres für sies- Vergl. z. B. p..457. unten. Was dort Proust davon sagt ,. dafs dieselbe Kohle mit derselben Säure, und bey denselben Verhältnifsen beyder zu einander, sich doch nicht allemal entzünde, und der Handgriff, welchen er augiebt, diese Entzündung bestimmt jedesmal ge- lingen- zu machen, beweisen übrigens, dafs, wie beym-Pyrophor (s.. noeh Minu- tes of the Soeiety for philosophical experiments and observations. London, 1795. 8 — Protokolle der Verhandl. ein. Privatgel. in London üb. d. neuern Gegen- 6 stände d. Chem. Geführt unt. d. Leit. v. Higgins. A.d. Engl. v. Scherer. ie Halle; 1803. 8. S: 184, 185.) ,- so auch Kier, es nicht die Salpetersäure sey, mit der das Präparat brenat, sondern das Salpetergas, welches sie mit einem. Theil desselben bilder, während der andere von ihr weniger oder nicht ge- troffene nuu sich im blofsen. Gase entzündet, — a 236 zenstein zur Sprache gebrachten Gegenstandes könnte also noch auf vielfache Weise interessant werden, um so mehr, als das, be- sonders durch Hatchett, sich schon zu beweisen "angefangen hat. Wenigstens kann man nicht genug beherzigen, was Proust noch neulich sagte: „Nous sommes veritablement fort loin encore de con- noitre aussi bien le charbon que nous voyons tous les jours, que le carbone qui ne tombe jamais sous nos sens”. Auch Fourcroy’s und-Vauquelin’s durch Behandlung des Imdigs mit Salpetersäure erhaltene entzündliche Substanz *) ist telleight auf möglicher Weise entstandenes Alkalihydrür zu un« tersuchen. Ich habe in meiner vorigen Abhandlung gezeigt, dafs die Vel- taische Säule die Davy’schen neuen Producte aus Kali und Natron selbst dann noch gewähre, wenn diese Alkalien dazu auch erst aus anderweitigen Verbindungen, z. B. mit Säuren, mit Erden und mit Oelen, in dem nämlichen Augenblicke getrennt werden müs- sen, wo sie zugleich hydrogenirt werden sollen. Ich habe "kaum mehr anzuführen, dafs dieses auch auf dem gewöhnlich - chemi- schen Wege, und namentlich besonders in der Pyrophorbereitung, beständig schon Statt gehabt habe, Schon der gewöhnliche Alaun- pyrophor gehört hieher, und ich habe oben überhaupt bereits dar- auf aufmerksam gemackt. Es würde zu weitläuftig seyn, alle die dort noch nicht erwähnten Fälle einzeln aufzuführen. Der, den sie in- tereßiren, kann sie beym Durchgehen der angegebenen Schriften leicht selbst in Menge finden. Bles auf diejenige Olasse derselben will ich aufmerksam machen, wo vorhandene Möglichkeit der Hy- drogenation des Alkali beynahe die, einzige Ursache der Zersetzung sonst fester Verbindungen desselben zu werden scheint, oder .doch wenigstens .eine sehr bedeutende Rolle dabey spielt. Bi- *) Aus Memoir. de VInstit. d. Scienc, et Arts, T. VI. ı806. in Gehlen's Journ. £. d. Chem. u. Phys. B. II. S. 239. 237 Eigentlich sind schon alle Zersetzungen von Neutral - und Mit- telsalzen durch die Voltaische Säule, unter solchen Umständen, wo die Substanz der Dräthe als solche nicht mitwirken kann, Fälle dieser Art. Man vergleiche hierzu, was ich bereits in Gehlen’s Journ. f. d. Chem. und Phys. B.1. $.46. folg., darüber sagte. Höchst wahrscheinlich giebt es zwischen dem Alkali, wie es sich in neutralen Verbindungen befindet, und dem, was endlich auf Davy’s oder was irgend für einem andern Wege zum Maximum hydrogenirt ist, noch eine oder mehrere Mittelstufen der Hy= drogenation desselben, und schen der Zustand, in dem die Säule, oder der ganz gewöhnliche chemische Procels , sie aus dieser Ver- bindung isolirt darstellen, gehört hieher. Weiter als hier aber geht die Hydrogenation gewils auf dem sogenannten trocknen Wege, oder dem, zu welchem Davy’s neueste Methode, chemische Sub- _ stanzen in den Kreis der Säule zu bringen, in mehreren Fällen als Uebergang, und hier und da aueh wohl schen als Aequivalent von ihm, anzusehen ist. Ich schränke mich auf einen Fall ein, der zugleich Hoffnung gewährt, ‘einst noch von bedeutender techni- scher Nützlichkeit zu werden; es ist die Behandlung des Koch- salzes mit Kohle. Schon in Joh. Schröder’s Pharmacopoeia med. phys., sire 'Thesaur. pharmacolog. Ed. zma a J. L. Witzelio. Francof. 1677. 4 finde ich, unter verschiedenen Vorschriften zu Spiritus Salis, p. 450, auch folgende: „Si ad- Sal. com. exsiec. +#- j. addideris carbonum pulverisat. +5. ij. optimeque miscueris, ex +5. j. Sal Com. accipies Spiritus #5. s. Hartman. in Croll Hesl. 4. cent. 79. Agricolae”. Ich übergehe die weitere Literatur hierzu, und erwähne nur, dafs noch neuerlich Guyton und Desoermes *) sowohl salzsaures Kali als Natron mit Kohle zusammen im Tiegel hatten, und dabey zu- gleich eine „äufserst auflallende Ammoniakentwicklung” bemerkten E (abermals ein durch die Theorie in weiterer Verfolgung verhinder- tes *) Scherer's Allg. Jowmn. 4. Chem. B, VII. S. 636. 637. 2a -- = E tes Phänomen). Darracgq *) überhebt sich der Mühe, diefs von Neuem zu bemerken, obgleich unter frühern wie spätern ähnlichen Umständen es sich genug wiederholte, wenn auch nicht zw jenem Grade, zu welchem vor Kurzem ein schon dadurch, dafs er nicht auf der Stelle eine Salmiakfabrik errichtete , überführter Windbeu- tel es glauben machen wollte, Dafs aber hier in der That das Na- iron bis zum Range des Davy'sehen Natronhydrürs erhoben: wer- den möge, ergiebt sich aus einer uralten Müchenerfahrung, die je- doch erst ‚Friedr. Hoffmann ins Laboratorium gebracht zu ha- ben scheint. Er sagt **): „Denique peculiaris haec salis communis digna observatione virtus est, quod illud ignitis: carbonibus injectum eorum igpem non parum adaugeat, ita ut is quuası folle admisso ani- metur ete.” — Höchst wahrscheinlich wird hier Davy’sches Alkali- hydrür erzeugt, und das vermehrte Feuer ist nur Folge: seiner Wie- derzerstörung mit Flamme: Ob. auch: schon der donnerähnliche Knall, den Lemery ***) bemerkte, als er &—$ Pfund geschmolzenes Kochsalz in blofses Wasser ausgols, hieher gehöre, lasse ich bil- lig unentschieden. Aber auch von gesehmolzenem Kali hatte er ihn, nur schwächer; und auf jeden Fall sind es umgekehrte Versu- che Leidenfrost'scher Art. Einen direeten solchen mit Kochsalz hat Schröder schon angeführt ****), Er läfst auf geschmolzenes Kochsalz kaltes Wasser tropfenweise fallen, und erhält so einen Spiritus Salis. Ich habe bereits in m. Electr. System der Kör- per bewiesen, dals unter ähnlichen Umständen das Wasser eine wahre Zersetzung erleide, und hoffentlich wird eine solche überall die nämliche Wirkung auf Salze äufsern, wie unter andern auch im Kreise der Voltaischen Säule, d. ı. fär unsern Fall, das Kochsalz wird zersetzt, die Salzsäure verflüchtigt werden, und das Natron, als feuerbeständiger, frey; — und kehrte es nicht aus möglicher Hy- *) Scherer a. a. O. B. VI. S. 538. . **) Observat. phys. chym, select. Libr. III. Halae ı722. 4» p. 189, #**) A, a. O. Th. I. $, 242, #399) L. c. p. 459. 239 Hydrogenirung‘ gleich wieder zu blofsem Natron zurück, auch Iıy- drogenirt, oder als Davy’sches Natronhydrür, — zurückbleiben. Uebrigens sagt Friedr. Hoffmann *) zu diesem (letztern) Schrö- der’schen Procefse, und allerdings sehr glaublich: „Si tamen ad Sa- lis exsiecat. +5. j. addideris carbonum pulveris. +$: ij. felicius suc- cedit” Denn so wachsen die zerlegenden Kräfte auf jeden Fa (vergl. oben), und der Versuch kann im .letztern noch gelingen , wenn er im erstern gar nichts mehr giebt. — Kochsalz mit Eisen auf wocknem Wege behandelte Rinmann *). Auch er spricht von Zersetzung des Kochsalzes hierdurch und Freywerden der Säure. Ich komme jetzt zu einigen technischen Procef[sen, we Davy’sches Kali- und Natronhydrür, im Grofsen, entsteht, und seine Rolle als Grund pyrophoriscker Erscheinungen spielt, über- nehme es äber bey Weitem nicht, alle zu nenzen. Zunächst kommt diese Erscheinung bey mehreren Procelsen zur Scheidung des Natrons aus Glaubersalz und Koch- salz durch Eisen, Kreide, Kohle, Torf, Schwefelkies, u. s. w., und zwar constant, vor ***). Es wird leicht seyn, überall dem jedesma- ligen Grunde der Entstehung des Davy'schen Natronhydrürs zu fol- gen, und zu sehen, wie dieselbe eine bedeutende Rolle bey Zer- setzung jener Salze spielen möge. Sodann finden sich pyrophorische Erscheinungsn häufig vor bey der Bereitung des Berlinerblaues. Schon Geoffroy *) *) Clavis pharmac. Schoederianae. Ed. sec. Hal. Sax., 1681, 4. p. 338. *) Dessen Gesch. d. Eisens, B. I. $. 275. 34a. *#*) Man sche darüber z. B. den Extrait d'un rapport sur les divers moyens d'extraire avec avantage la soude du sel marin, par les Cit. Le- lieyre, Pelletier, D’Arcet, et Alex. Giraud, in Ann. de Chim. T. XIX. p. 67, 68, 78, 91, 123, und 128; vergl. v. Crell's Auswahl vorzügl. Abhandl, a. d. sämmtl. Bänd. d. franz. Ann. d. Chem, B.1. S. 134, 139, # 155, und 157. . . 240 — *) erzählt, dafs, wenn er das mit Blat kaleinirte Kali im heilses Wasser warf, eine wirbelnde Flamme in die Höhe schlug , und dafs auch schon früher die Mafse pyrophorische Phänomene zeigte. So sagt auch Bewly **), es sey wirklich zum Erstaunen, dafs sein laugensalziger Pyrophor {£. oben) nieht eher entdeckt worden sey; da er,; wenn er sich Berlinerblau machte, mehr als einmal bemerkt habe, dafs der untere Theil davon (von dem Ealcinat des Bluts mit Kohle nämlich) Feuer fieng., sobald man: ihn aus dem Schmelztiegel herausschüttete, und klar reiben wollte. Winterl ***) bezieht sich ebenfalls darauf. Auch Bucholz ****) sah diese freywillige Ent- - zündung des frischen Blutkohlenkali bey Berührung ‘mit der Luft, und noch Gehlen hat mir versichert, dals ikm dieselbe oft begeg- net sey._ Ich würde unstreitig sehr viel mehr Literatur hierüber bey- bringen können, hätte ich sonst alle die Schriften über das Berli- nerblau nachsehen wollen. Die besten Zeugnifse der Sache aber wird jede Berlinerblaufabrik zw geben wissen. Auch versteht sich der Erfolg, da zuletzt doch, nar (thierische} Kohle und Kalı bey- sammen waren, nach Bewly's und Westrumb's alkalischen Pyro- phoren so von selbst, dafs man gar keine Ursache mehr haben kann, ihn erst wahrscheinlich zu machen. Endlich hat das Phänomen entstandenen Pyrophors besonders bey der Sodabereitung noch Statt *****), und die Orientirung; darüber wird eben so leicht seyn. Ich habe nicht Zeit gehabt, die Schriften über die Pot- aschebereitung durchzusehen; zweifle aber gar nicht, dafs sich auch *) Aus Memoir. de l’Acad.. Roy. de Paris. Ann. 1743. in Erell’s Neu. chem. Archiv, B.V.S. 203: £ **) Priestley’s Vers. u. Beob, üb.. versch, Theile d. Naturl. B.L. S. 269. ***) Kunst, Blutlauge zu bereiten. Wien, 1790. & S. 51. #3%#) Gehlen’s Neu. Allg. Journ, di Chem. B, 1. S. 413. *4*°) Barıholdi in Aun, de Chim, T, XLVIIE, p, 267, 268, 24? ‚auch hier ‚zuweilen pyrophorische Erscheinungen vorgefunden haben werden. Ich: führe noeh: an, dafs aueh. bey manchen Procelscn der Natur im Grolßsen diese Kali- und Natronhydrüre zuweilen. bedeu- _ tende Rollen: spielen mögen, Manche Mischung, welche Pyrophor zu liefern: im Stande ist, liommt im Innern der Erde häufig, auch natürlich zu Stand. Besonders: vergleiche man die in Ann. d. Chim. 'Fom. XIX. ven p. ı21, an beschriebenen zu Pyrephor werdenden, hier zur Natrongewinnung bestimmten, Compositionen. mit den bey mehrerm Valeanen so sicher vorkommenden Umständen, und rechne dazu, dafs Wärme auch auf andern als Verbrennungswegen erzeugt werden: könne, und bey minderer Wärme blofßse Zeit oft zu. be- ‘wirken fähig sey, was bey weniger Zeit stärkere Hitze ersetzen muß, ja dafs sogar, nach einigen oben angeführten Erfahrungen, selbst auf nassem Wege Entstehung von Akkalihydrüren möglich scheine, und mar: wird die Bezeichnung dieser Rücksicht nicht über- Jülsig, finden. Ueberhaupt möchte ich, dafs man jetzt, nachdem von einer grofsen Menge von selbst entzündlichen Mischungen der Grund auf- gefunden ist, auch den. andern, eben so großsen,. scheinbar zur Er- klärung noch übrig gelassenen Theil, einer neuen. Untersuchung würs= digte, um zuletzt vielleicht alle auf ein gemeinschaftliches Princip zurückgeführt zu sehen. Es ist micht nöthig, dafs überall gerade ein Alkalihydrür die nächste Ursache der Selbstentzündung sey. Wohl “ aber ist gewils, dafs sich auf diese Art der ganze neue Gegenstand . auch dem gemeinen Wesen, und seiner Sicherheit, auf die möglichst ersprießsliche Weise, vernützlicher mülse, Ich werfe einen allgemeinen Bliclt auf das bisher Verhandelte zurück, Sein Resultat ist dieses, dafs Erfahrungen in Menge vor- kanden waren, welche, gesammelt und von dem Standpunct der ge- 5* k Eu 242 genwärtigen Chemie aus erwogen, den wmbefangenen Forscher, ge- leitet durch die Winke, welche Lavoisier und Mehrere schon ga- ben, allerdings für sich schon zu denjenigen Entdeckungen hätten führen können, die kürzlich ein fast absoluter Zufall erst durch Davy geschehen liefs *). Ich gehe nicht im Mindesten darauf aus, sein und anderer Verdienst darum zu schmälern. Aber bemerklich wird es doch auch hier von Neuem, was Geschichte bieten kön- ne, und wie nützlich und nothwendig prüfende Rücksicht auf das schon Geschehene immerfort bleiben werde. Diese Bemerkung ist keineswegs überflülsig zu einer Zeit, wo bey den Naturforschern das Interelse für Literatur sichtbar sinit, und mancher es sogar ver- " Jäugnen mufs, aus Furcht, dann nicht mehr neu zu bleiben, statt dafs Geschichte gerade das beste Mittel ist, es wirklich zu wer- den. Wir sind unendlich reicher an Erfahrung, als wir glauben. Aber *) Wirklich kamen alle Hauptverhältnifse der neuen Davy'schen Alkaliproducte bey den bisherigen Pyrophoren schon vollkommen vor, — wie das im Vorigen auch bereits von Zeit zu Zeit bemerklich geworden seyn wird. Man konn sogar aus wielen Verhältnißen jener Pyrophore andere, bey den Davy'schen Producten zoch nicht untersuchte, geradezu voraussehen. So erhält sich der Pyrophor in feuchten, aber oxygenleeren, Gasarten blos, ohne sich zw entzünden, während er sich in oxygenreichen, aber trocknen, Gasen weder erhitzt noch entzündet. So entzündet er sich mit Wasser nur, wenn zugleich ‘ Sauerstoff als Gas ihn berührt; völlig vom Wasser umschlofsen erhitzt er sich nur, Eben so bewirkt er, in Salpetersäure, bles eine heftige Erschütterung mit Erhitzung, ohne Licht, während er im Salpetergas vorixefflich brennt. Na- mentlich aus Letzterm folgt, dafs auch die Dawy'schen Kali- (und Natron -) Hydrüre sich in (feuchtem) Salpetergas entzünden, und darinn brennen wer« den, — Noch kann ich nicht umgehen, dafs sehon im J. 1780 die Theorie der Entzündung des Pyroplıors von Kirwan ganz se gegeben war, wie sie 28 Jahre später für Davy's Alkalihydrüre, vorausgesetzt (wie noch immer wahrscheinlich) dafs es wirklich blofse Hydrüre seyen, irgend gegeben werden kann, Man ver- gleiche Kirwan’s Anmerkungen zu J. R, Forster's ı780 erschienener engl- scher Ausgabe von Scheele über Luft und Feuer, wiederholt in Schee- le's sämmtl. phys, u chem. Werk, herausg. v. Hermbstädt. BL S, ı90., und erinnere sich, daß Kirwan schor 1783 Phlogiston und Hydrogen für völlig Ein und dasselbe erklärte; (vergl. Crell's Neuest. Entd. in d. Chem. Th. IL 8.05. u£f \ , 3 3 | 243 Aber wo ist das Werk, das sie vereinigte? wo der Versuch dazu, den man gelungen nennen könnte? — Wo endlich das Talent, das, sich der Theorie entschlagend, dem reinen Ausspruch der Fac- ten treu und dem Üontraste paradoxer mit den durch blofse Theorie gewöhnlichen, — es vermöchte, Erfahrung auf Erfahrung auch nur nach so viel Mathematik, als der einfachste Syllogism enthält, eine Zeitlang ohne Rechnungsfehler fortzubenützen? — Diels ist die eim- zige Betrachtung, welche Verdruls an meuen Entdeckungen gerecht machen kann, während man andererseits doch den Zufall dankbar ehren mufs, der sie uns endlich dennoeh gewährte, Immer aber werden wir uns der Vollendung unsrer Wissenschaft erst in dem Grade nähern, in welchem sie des letztern nieht mehr bedarf. — ich hätte jetzt dem mir gemachten Vorwurf des literarischer Theils dieser Abhandlung Genüge geleistet, so weit das irgend für meinen Zweck erforderlich war. Aber ein anderer Gegenstand ist seit Kurzem wieder zur Sprache gekommen, der mit dem vorigen aufs engste zusammenhängt: der über die Metallisirbarkeit der Erden; — und da ich im ersten Theile oben von ihm mit Weni- gem sprach , so mag es erlaubt seyn, auch von ihm in Kürze anzugeben, was schon im vorigen Aufsatz mich zu dem Entschlufs bewog, Versuche Dayy’scher Art nun auch auf sie, dieErden, auszudehnen. Schwefelsaures Kali, Schwefelsaures Natron, geben Pyrophor; Schwefelsaurer Baryt, E Schwefelsaurer Kalk, | le Debeeic, geben Leuchtstein. i (Dafs schwefelsaurer Strontian, mit Kohle behandelt, eben- falls Leuchtstein gebe, wurde bisher blos noch vermuthet *). Es | mit Kohle behandelt , ”) S. 2, 3, Scherer ins, Allg. Journ. d. Che, B. III. 8. 663. 33.2 Es wäre interefsant, zu untersuchen, ob der ganze. Unter- schjed zwischen Pyrophor und Leuchtstein nicht blos von Neben- umständen herrühre, beyder ihren Eigenschaften aber eine ge- meinschaftliche, gleiche, Ursache zum Grund liege, und eb schwefelsaures Kali und Natron — so, wie schwefelsaurer Ba- ryt und Kalk, mit Koble behandelt, nicht ebenfalls Leuecht- steine geben? — Wieder, ob schwefelsaurer Baryt und Kalk — so, wie schwefelsaures Kali und Natron, behandelt, nicht. ehen- falls Pyrophore geben? — Die Materialien zu einer solchen. Un- tersuchung 'sind ohnstreitig vorhanden. Ich selbst habe diels gese- hen, und mehr, .als hier für sie gefordert wird. Aber ich verspare diese Untersuchung für eine Geschichte des Leuchtens durch Electri- eität, Licht, Wärme, u. s. w., überhaupt, zu welcher mich der Gang meiner Arbeiten in Kurzem ‚auffordern wird, und zu der bereits viel vorbereitet ist. Ich verlasse daher. diesen Zusammenhang zwischen Pyrophor sınd Leucktstein, der so natürlich zuerst sich- dem Auge darbietet, and bleibe bey einigen Phänomenen stehen, die offenbar, und. be- kannt, an Kalk, Baryt und Strentian eben so gut vorkommen, als an Kali und Natron, und welche, da sich uns dort zu ihrem ‚Grunde Hydrüre, und zwar Metallcharactere besitzende, darboten, auch hier dergleichen zu ihrem Grunde vermuthen lassen, und uns se- mit zu unmittelbaren Versuchen darüber bewegen mülsen. Schon lange war der Baryt, besonders wegen -seines grofsen specifischen Gewichts, für metallischer Natur gehalten worden, als Lavoisier ierJahre 1782 durch neue Erscheinungen bewogen. wur- de, sie für ihn zu wiederholen. Er setzte Schwererde auf Koh- le dem Strome der Lebensluft aus. Sie schmolz., verbreitete sich, und legte sich an die Kohle an; hierauf fieng sie an zu verbren- nen und zu verpuffen, bis alles zerstreut war. Schwerspath (schwefelsaurer Baryt) schmolz, und verbrannte mit einer Ver- \ 245, Verpuffung, ohngefähr wie Salpeter mit erdiger Basis. , Wieder- “ bolungen gaben immer dasselbe Resultet. Auch im Focus des gros- sen Tfchirnhausischen Brennglases auf Kohle erlitt er eine Art "von Verbrennen. Daraus dafs die Schwererde auf Kohle diese Art von Verbrennen erleide, welches sie mit den metallischen Sub- stanzen gemein habe, folgert Lavoisier als grolse Wahrscheinlich- keit, dafs diese Erde ein metallischer Kallk sey *). In einer früher gedruckten, aber später geschriebenen Abhandlung kommt er von Neuem hierauf zurück, und schliefst nech einmal, die Schwererde sey gewiß eine metallische Substanz, obgleich man sie bis jetzt noch nicht zu einem Könige habe reduciren können **), Noch in s. Trait£ elömentaire de Chimie T.I p. ı74.. spricht «x davon, und setzt hinzu: „H-seroit possible ä la rigueur, que toıtes, les substances, aux quelles nous donnons le nom de terres, ne fussent que des oxides metalliques, irr&ductibles par les moyens qıe nous employons”. (Vergl. oben.) Auf welche Erfahrungen sich Pelletier berief, als er kurz vor seinem Tode Dolomieu die Schvererde zu weiterer Behandlung auf Metall empfahl, ist meines Wisseis nicht bekannt geworden. Doch setzt er hinzu: ihre Reduction «fordere besondere Mittel, sey aber keinem. Zweifel mehr ausgesetzt ***), \ Lavoisier fand jene Eigenschaft der Schwererde noch wie- der, wenn sie auch zu gleichen Theilen mit Kalkspath gemengt war. ‚Die Mischung schien aneinader zu kleben, und selbst im ersten Au- genblicke zu fliefsen. Aber bald bemerkte man, dafs beyde Erden ihren Charakter behielten. Die Schwererde verbrannte und verprasselte, und die Kalkerde blieb unschmelzbar ****), Geyer, *) Memoir. de l’Acad. d. Sciene. de Paris. Ann, 1783, p. 587, 588, u. Lavoisier's phys. chem, Schrift. B. V. S. ı2, 13, **) Memoir. de l’'Acad. etc. Ann. 1782, p. 477, u. Lavoisier's Schrift. B. IV. S. 155. ***) Journ. de la Soc. de Pharmac. de Paris, Ann. I. N. XL p. 212; und Scherer's Allg. Journ. d. Chem. B. I. S. 229, 230. ***) Memoir. etc. Ann. 1783, p, 599, u. Lavoisier's-Schrifl. B. V, S. 26. 246 Geyer *), und Ehrmann **) sahen die Schwererde auf Kohle mit Sauerstoffgas blos schmelzen, und mit Hefüigkeit von der Hohle eingesogen werden. Aber: sie hatten sie nach Wiegleb’s und Bergmann's Methode ***) bereitet. Fourcroy u. Vauquelin ****) sahen vor dem gewöhnlichen Löthrohr auch nicht viel mehr. Kl ap- roth *****) aber fand bey wiederholten Versuchen mit Witherit, im Kohlentiegel dem Feuer des Porcellan-Ofens ausgesetzt, den Hoh- lentiegel jedesmal zum gröfsten Theile verzehrt. Lampadius end- lich hatte Lavoisier’s Barytphänomene unter ohngefähr gleichen Umständen vollkommen wieder. Witherit auf Kohle vor dem Sauerstoffsasstrome schmolz und drang, unter einem deutlichen &eräuseh und einem äußerst blendenden weilsen Licht, in die Kohle ein *****), Noch sagt Lampadius *+tres), ätzende Schwererde werde in Verbindung mit dem Kohlenstoff in der höchsten Weifsglühhitze zerlegt; doch habe ich das Nähere darüber noch nieht zu Gesicht bekommen. fine. vorzüglich schöne Erfahrung aber über Baryt mit Kohle verdanken wir Bucholz. Als er eine dem Gebläse des Doppelbigs 3 Stunden ausgesetzt gewesene Malse von 300 Gran kohlensaırem Baryt und ı5 Gran Kohle in reinem Wasser auflösen wollte, um dadurch die Kohle und den Baryt von einander zu schei- den, und dazu das Wasser zu der noch halb glühend heifsen Mas- se lengsam tropfenweise brachte, entwickelte sich zu seinem Erstau- nen eine so grofse Menge Ammoniak, dafs\er kaum das Gesicht über *) Crell’'s ehem. Ann. 1785, B. I. S. 38. *) Dessen Versuch einer Schmelzkunst mit Beyhülfe der Lebensluft. Strasburg, 1786, 8. S. 186. i **) Dessen Sciegraphia ete. $. 87, **4#) Ann, de Chim. T. XXI, p. 277- #923) Dessen Beyträge zur chemischen Kenntnils der Mineralkörper. B.I. S.36, 269. ss») Dessen Samml. pract. chem. Abhandl. B, H, Dresd., 1797, 8. 8.53, 59. “2#4%#) Scherer’s Alg. Journ. d. Chem. B, V. S. 340- 244 über dem Mörser, worin die Malse befindlich, halten konnte, Was uns hier aber noch weit mehr interelsirt, war, dafs an Stellen, die heilser waren, der Ammoniakgeruch sogleich verschwand, wäh- rend gelbe Flammen entstanden *). Hier hatte sich cin vollkommenes Gegenstück von Bewly’s, Westrumb's, und The- nard's und Gay-Lufsac's alkalischen Pyrophoren, nur an Baryt, erzeugt, das ohne Frage seine Entzündlichkeit durch Wesser nichts anderm verdankte, als demjenigen Barythydrüre, welches, nach ei- nem Schreiben an mich vom 2ıten März d, J., Graf von Stern- berg zu Regensburg am ıyten März, bey einer schmalen Säule von 500 Lagen mit Salmiak, in der Zeit ihrer‘ besten Wirksamkeit, mit ihrem negativen Pole auf geschmolzenem Baryt, wirklich in metallähnlichen Kügelchen erhielt , und von soleher Consi- stenz, dafs sie sich mit einer Eisennadel leicht vom Baryt abnehmen, und auf Wasser bringen liefsen, wo sie mit Feuer und Dampf, wie Kalihydrür, verpufften **). Er setzt hinzu, dafs es nothwerdig sey, zu diesem Versuche geschmolzenen Baryt anzuwenden. Gerade solcher aber gieng mir bey meinen im ersten Theile dieser Abhand- lung erwähnten Versuchen noch ab. - Doch ist dafür gesorgt, die- sen Versuch bald unter gleichen Umständen wiederholen zu kön- nen. Sonderbar übrigens ist es wirklich, dafs keiner, der an von Ruprecht's und Tondy's oben erwähnten Versuchen Theil nahm, eines der Bucholz'schen Beobachtung ähnlichen Phänomens ge- ‚denkt, so häufig auch hier Baryt mit Kohle u. s. w. zusammen war. Vermuthlich, dafs die Metallisirung (Hydrogenirung) des Baryts doch schon schwerer hält, als die des Kali und Natron: wie auch schon aus Graf von Sternberg’s Angaben hervorzugehen scheint. Aber - #) Dessen Beyträge zur Erweiterung und Berichtigung der Chemie, Heft III. Erfurt, 1802, 8. S. 79, 80. **) „Nebenbey gab es (auf dem Baryt noch) überaus viel Feuerphänomene und Däm- pfe; es ing sich keine Dendriten, sondern die Nadel brannte ordentliche Löcher ein”. — Graf von Sternberg, 48 Aber auch der bloße Schwerspath oder schwefelsaw- re Baryt zeigte‘ merkwürdige Verhältnilse vor dem Löthrohre auf Kohle, die denjenigen der reinen Schwererde nahe kommen, und sie, wegen zugleich mitentstandenen Schwefels, oft sogar übertreffen. Lavoisier habe ich schon oben angeführt. Bey Geyer (aa 0.) schmiolz er blos und sog sich in die Kohle ein Ehrmann aber *) sah ihn auf Kohle vor Sauerstoffgas mit einem weilsen' schwach grünlichen Lichte schmelzen, und setzt abermals hinzw: „Die Flamme aber,. womit nun dieser Stein m meinen Versuchen brenat, wäre denn doch ein Merkmal eines daseyenden -Metslls”. Saufsure, der Schwererde und Schwerspath, — oine Kohle, — an blofsem' Cyanit befestigt, in die Flamme des gewöhnliehen Löthrehrs brachte, sah beyde ara die Flamme von ähnen grün gefärbt **) - Besonders nach Bucholz’s wirklichem Baryıpyropket H scheint es jetzt keinem Zweifel mehr ausgesetzt, dafs, statt Kali und Natron, Baryt mit Eisen nach Th enard's und Gay-Lufsae's ‚Methode im Feuer behandelt, das Seebeek-und Sternberg’sche Barythydrür eben so in Quantität, und „rein”, geben werde, ‚als jene Alkalien das ihrige, - : Strontian war ebenfalls zuweilen auf Kohle im Feuer. Lam- padius brachte drey Gran Strontiam auf Kohle vor Sauerstoflgas; ‚die äufsern Enden desselben schmolzen ab, und das Geschmolzene ‚drang sogleich mit Lebhaftigkeit im die Kohle, wobey sich ein deut- liches Geräusch und äufserst blemdendes weifses Licht mit einer schönen karminrothen Flamme begleitet zeigte, Die 3 *) Dessen Schmelzkunst u.sw,$. 186; 7 ”) Von Crell’s chem. Ann. 1795, B: I. S. 200, zor- 249 Die Flamme war ganz, wie bey geringer Hitze, mit der salz- sauren Strontianerde-*). Fourcroy **) erzählt ziemlich dasselbe. Lampadius brachte ferner 60 Gran Strontianerde, mit ı20 Gran Birkenkohle glühendheils vermischt, in ‚einen mit einer pneumati- sehen Wanne verbundnen Flintenlauf. Er erhielt Kohlensäure und" Stickgas, mufste den Versuch noch vor der Vollendung abbzechen,, erhielt aber doch nur 32 Gran Strontianerde von 6o wieder. Wahr- scheinheb war: hier Strontianhydrür erzeugt, und zugleieh verflüch- tigt worden ***). Im Scherer's A. J. d. Ch. B. V. S. 340. sagt er noch einmal, ätzende Strontianerdey mit Kohle behandelt, werde in der höchsten Weilsglühhitze zerlegt. Saufsure endlich sah Stron- tianit , an blossem Glase in die Flamme des Löthrohrs gebracht, doch die äufsere Flamme noch roth färben ****) Schwefelsaurer Strontian auf Kohle vor dem. Eöth- rohre färbt die Flamme purpurroth *****), Kalk von weißsem Marmor sah Lavoisier auf Kohle vor dem Löthrohr mit Sauerstoflgas ein blaues Lieht verbreiten ec), Fourcroy sagt, dafs mit fein zertheilter Kohle im Feuer behandelter Kalk jener so anhieng, dafs man beyde nur schwer wieder von: einander scheiden könne ******), Hare vor seinem Löthrohr mit Wasser und Sauerstoffgas sah Kalk auf Kohle in eine schwarze glasige Malse verwandelt ********), und Lampadius be- hauptet *) Dessem Samml. pract. chem. Abhandl. „ B. II. S. 52. **) Systeme des connoissances chimiqnes. F: U. p- 227-- *#) Dessen Abhandl. B: IH., und Scherer's Allg. Journ: d. Chem. B, V, 5. 324, ”*) Von Crell’s Ann. a. a, O..$: 225. ****®), Fourcroy's Syst. d. connaiss. chim. T. IV. p.. 93, #+##*#) Memoir. de l’Acad. etc. Ann: 1783. p. 581, u. Lavoisier's Schrift. B. V. S. »»#*###) Dessen Systeme etc. T. II. p. 174. ‚###2%%®#) Ann. de'Chim. T, XLY: p: 185,, u. Gehlen’s Neu. Allg. Journ. d, Chem. B.L S. 306, 37 250 hauptet auch von der Kalkerde, dafs sie in Verbindung mit Kohle in der höchsten Weilsglühhitze zersetzt werde *). Schwefelsauren Kalk (Gyps, Alabaster) sah Geyer auf Hohle vor Sauerstoffgas zur Kugel schmelzen und Funken wer- Ten). i Ich sollte nun auch von den übrigen Erden auf die hier begonnene Art handeln. Allein so würde meine Abhandlung, ohne-: hin schon lang genug, zum Buch. Auch weils man nun von selbst, aus welchem Gesichtspunkte man für sie fortzusuchen habe. Man wird zwar allerhand finden, doch aber bemerken, wie schon vom Halk an die Anzeigen einer Versetzbarkeit: in den metallischen Zu- stand schwächer zu werden anfangen, und damit bey den übrigen hier noch nicht genannten Erden fortfahren, doch aber nirgends gänzlich fehlen. So zeigen bey Saulsure z. B. Talk- und , Thonerde noch immer Lichtphänomene, wie Baryt und Stron- ilan, und namentlich die erstere in sehr starkem Grade ***). So sah Hare ****) vor seinem Löthrohr mit Wasser - und Sauerstoff- gas Talk mit Kohle noch eben die schwarze glasige Malse ge- ben, wie oben den Kalk, und ****) Talk, Thon und Kiesel mit Eisen noch eben so gut zusammengehen, als Baryt und Kalk, Verbindungen, bey_denen sich allerdings fragen liefse, ob sie nicht, zum Theile wenigstens, Producte von Versuchen, wie Thenard und Gay-Lufsac mit Kali und Natron und Eisen anstellten, wären, nur hier unter etwas andern Umständen bey Erden; also Eisen mit mehr oder weniger Hydrür dieser Erden gemischt. Dafs ; das *) Scherer's Alig. Journ. d. Chem. B. V. S. 340, **) Crell’s Ann. 1785, B. 1. S. 44. ***) Crell’s Ann. 1795, B. I. S. 3ıı, 3ıe, ****) Ann, de Chim. T. XLV. p. ı35., und Gehlen's Neu. Alle. Journ. d. Chem, B.1. S. 306. #43#%) Ann. L c. p 136, ı37., u. Gehlen.a. a. O. S. 307, 308, = 251 das Davy’sche Hydrür von Kali wirklich eine gute Vereini- nung mit Eisen, und schon bey niederen Temperaturen , einge- hen könne, hat mir Graf von Sternberg m dem oben angeführ- ten Briefe vom zıten März ebenfalls ausführlich beschrieben *). Warum sollte eine solche bey den Hydrüren der den Alkalien so ähnlichen Erden nicht auch Statt finden können? — Auch was ferner noch von Rücksicht bey den wirklich abgehandelten drey Erden vermilst wurde, rechne man dem nämlichen vorhin angeführ- ten Grunde zu. Mir selbst möchten einige entgangen seyn; aber alle literarisch zu bearbeiten, nähme leicht ein Vierteljahr Zeit und einen Raum ein, den man lieber durch neue eigene Versuche ausgefüllt wünschen möchte. . ! Dafs ich übrigens dis so zahlreichen , besonders seit von Ruprecht und Tondy wieder vorkommenden, Versuche, Erden durch combustible Zusätze im heftigsten Feuer zu reduciren, nicht umständlicher erörtere, wird mir für dielsmal ebenfalls nachgesehen werden **). x Blos *) „In ein Stückchen ätzendes Kali wurde eine Vertiefung gemacht und gehörig be- feuchtet, in diese feine Eisenfeile (von Nähnadeln) gethan, und selbe dann ei- nige Stunden lang der Wirkung der Säule (unter Naphtha) ausgesetzt. Durch die heftige Gasentbindung wurden einige Metallkügelchen weit weggeschleudert, die, als ich mieh mit der Loupe näherte, um zu beobachten, durch den Hauch sich entzündeten. Als die öfter nachgegossene Naphtha verdampft war, und sich keine Gasausströmung mehr zeigte, so wurde der Rückstand untersucht. Das Eisen hatte sein Ansehen verändert, wenigstens zum Theil, und schien amalga- mirt. Dieses Amalgam, unter Wasser gebracht, entwickelte Gasblasen, welche zum Theil mit anfangs weifsliehen Flocken im Wasser schwebten. . Das Eisen selbst erhielt nach dieser Zersetzung sein voriges metallisches Ansehen wieder, und die weißlichen Flocken wurden wie anderes frisch gefälltes Eisenosyd durch den Einflufs der Luft schmutzig grün”, — **) Noch kann ich unmöglich eine mir ebenfalls vom Graf von Sternberg mitge- theilte Beobachtung übergehen, die, vorausgesetzt, daß sicher kein Natron u. 5. w. mehr dabey im Spiele war, für eine künftige Bestätigung im Grofsen vom 32 2 äufser- a7 ; a —— ı Blos darüber hätte ich mich noch mit Wenigem zu rechtfer« ügen, dafs ich, was ich in- der vorigen Abhandlung über die che- mische Natur der Davy’schen Producte aus Kali und Natron blos noch rvermuthete, in der heutigen schon gebrauchte, nicht blos sie, sondern auch die ähnlichen für die verschiedenen Erder wahr- scheinlichen, darnach zu benennen: überall nämlich 'sprach ich von Alkali- und Erdeahydrüren. Aber auch hierüber mufs ich für‘ heute das’ Weitere aufgeben, indem ich blos summarisch bemerke, dafs mir, bis jetzt, noch immer weit mehr für die Hydrür- als die Reduct- Natur dieser Erzeugnifse zu sprechen scheine, und ohngeachtet der neuesten Versuche von Thenard und Gay- Lussac über den alkalischen Theil derselben, seit welchen man in Paris die Hypothese des blofsen Hydrürs völlig verlassen ha- ben soll. Doch fällt mir damit nichts weniger bey, als diese angenommene Hydrür - Natur jener Producte,‘ einem ansgemachten Factum gleich, zu behaupten, und es kann seyn, dafs jene Che- miker, und vielleicht früher schon Davy selbst, bereits im Be- sitze von Thatsachen sind und waren, die ihr absolut zuwider sind. Indessen wird hier immer große Vorsicht nöthig bleiben, und man wird nie vergessen dürfen, streng zu untersuchen, ob nicht auf irgend einem Wege aus Davy’schem Kali - und Natronpreduct „ u. s.w. Hydrogen, so zu erhalten sey, dals ein um das Gewicht dieses Hydrogens weniger wiegender Rückstand übrig bleibt, der s nach- äußersten Interefse ist. Er behandelte geschmolzene Boraxsäure im Kreise der Voltaischen Säule auf Davy'sche Art. „‚Es erschienen deutlich keine Me- tallkügelchen; so oft mau aber etwas Feuchtigkeit an die Säure oder die Spiize der negativen Nadel brachte, erschienen Funken und Dämpfe, Ein einziges Mal erschien meteorisch ein glänzendes Rügeichen, welches, mit Was- ser berübrt, mit einem grünen Lichte verbrannte. Um die Nadel fechofs die Salzmaßse kraterähnlich auf.” — Es wird beynahe bedeutungsreich, dafs noch bey fast jedem Versuche,- Erden und Alkalien auf Metall zu behandeln, auch_immer die Boraxsäure mit an die Reihe kam. So bey von Ruprecht und Tondy; so jetzt, so sonst. x 253 nachmals nichts wie Wasser bedarf, um unter keinem andern Phi- nomen, als blofser heftiger Erhitzung,' zu gewöhnlichem Kali, Na- tron, u.s.w., zurückzukehren, — ur ET ob sich keine Me- thode ausmitteln lasse‘*), bey deren Kindler: man erfahren könn- te, "ob eine bestimmte Menge möglichst äh Kali u. s. w., unmittelbar mit Hydrogen hehandelb, eine Menge Davy’sches Kaliproduet gebe, deren Gewicht genau: der Summe der Gewichte des darüber verzehrten Kali und ee gleich komme. Was das specifische Gewicht dieser Producte betrifft, so soll es zwar aller- dings, nach mit reinen und gröfsern Malsen derselben angestellten Versuchen, in den zu ihrer Conservation angewandten Oelen u.s. w., nicht mehr schwimmen , sondern untersinleen, woraus man in den ersten Angaben ihres specifischen Gewichts einen Schreibfehler ver- muthet. Allein, so lange dieses Gewicht nicht bestimmt gröfser ist, als das des dichtesten Kali und Natron selbst (Hassenfratz's in voriger Abhandlung eitirte Angaben sind, aller Wahrscheinlichkeit und auch Thomson’s Meinung nach, noch um ein Bedeutendes zu gering, und contrafüren namentlich mit den frühern von Kirwan gewaltig), so lange wird noch eins der ersten Data fehlen, aus de- nen sich für sie der Rang wirklicher Reducte ergäbe. Was endlich ihre schwere „Oxydabilität” auf trocknem Wege **), neben der so aufserordentlich grolsen auf dem nalsen, betrifft, so würde man hier vielleicht die grolse Anziehung, die das Wasser gegen das zu ent- . ste- *) Die einfachste ist, bis auf wenige Correctionen, vielleicht oben schon angegeben, **) Ich habe neulich vergessen beyzufügen, dafs auch der Funke der Voltaischen Säule selbst auf däs (noch auf dem Kali und Natron befindliche) Davy'sche Produet nur eine schr geringe Wirkung ausübe. Ich habe oft an den positiven Poldrath berührenden Continuen von solchem Product mit dem spitzen negativen Drath geschlossen, und dabey Funken erhalten, wie an jedem andern Metall, Nie aber habe ich etwas von einem bedeutenden Weiterzünden solchen Grades, und einem solchen Aufbrennen des Ganzen, wie es nach dem mälsigsten An_ schlage wohl wahrscheinlich gewesen wäre, wahrgenommen. 254 stehende Oxyd, und zugleich noch vor seiner Entstehung mit, aus- übte, wodurch es zu rascherer Oxydation desseiven mitwirlite , sehr hoch anschlagen mögen. Warum indefls wirkt die ähnliche Anzie- hung zum Wasser dann namentlich bey der Behandlung des Arseniks, dieses auf trocknem Wege so sehr oxydirbaren Metalls, mit Wasser, nicht merklicher mit, bey welcher, selbst bey zu Hülfe genommener Wärme, doch ganz und gar keine Oxy- dation Statt findet, obgleich das Oxyd, was sich hier zu bilden hätte, schon bey ı0° R. in 24, und bey Siedhitze in ı3 Theilen Wasser auflöslich ist, und die zur Entstehung freye Säure gar schon mit zwey Drittheilen ihres Gewichts Wasser zerflielst *)? Und sollte endlich diese Mitwirkung der Anziehung des zu entstehenden Oxyds zum Wasser ganz wegfallen, so fehlt es dann doch in der Reihe aller uns wirklich bekannten Metalle an jedem Beyspiel, dafs eines von ihnen, bey der gewöhnlichen Temperatur der Atmosphäre, in reinem Wasser sich oxydirte oder diefs zersetzte. Selbst das berühmte Extrem metallischer Oxydabiltät, das Manganes, zer- setzt bey dieser Temperatur Wasser nur dann, wenn zugleich at- mosphärischer oder anderer, nicht zur Zusammensetzung des Was- sers gehöriger Sauerstoff vorhanden ist **). Gienge aber dennoch künftig die Ansicht der Davy’schen Alkaliproducte, als wahrer Reducte, in unwiderlegliche Bestätigung, so wird man, wenn dann anders gegenwärtige Abhandlung noch Werth hat, leicht überall die nöthige Uebersetzung treffen können. Ich mufste, Wiederholungen von Umschreibungen zu vermeiden, diefsmal Namen geben. Ich gab die vor der Hand wahrscheinliche- ven, setze sie aber übrigens selbst auf den Werth blofser Zeichen zurück, Nin- ») Vergl, Fourcroy’s Syst. d. comnaiss. chimiq. T. V. p.71, 78, 82. S. **) Winterl's Kunst, Blutlauge zu bereiten, Wien, 1790, 8. S. 51, 152. : ; . j 255 Minder schwierig, als neulich, und auch als die vorige, wür- de jetzt die Untersuchung werden, ob jene interelsanten Alkali- producte Metalle zu nennen seyen oder nicht. Ich habe aber zu ihrer Führung die Zeit ebenfalls nicht mehr, und gebe, wenn es mir erlaubt ist, blos als Resultat, was ohnehin bald allgemeiner dar- gethan seyn wird; — dafs, welcher chemischer Natur jene Pro- ducte sonst immer auch seyen, sie, ihren physischen Verhältnis- sen nach, sich wirklich und überall als das bezeugen, was bisher irgend Metall genannt worden ist; — welshalb ich auch in dieser Abhandlung keinen Anstand mehr nahm, zuweilen von Metallisi- rung der Alkalien und Erden, von Kali- und Natronmetall, u. s. w., zu sprechen. Welche Bedeutung es übrigens einst erhalten werde, dafs un- ter sich schon ziemlich verschiedene Substanzen, wie Kali, Natron, Baryt, und vielleicht schon mehrere, bey Behandlung auf Davy’schem oder Thenard- Gay-Lufsac’schem Wege, metallische Producte von einer so grofsen Aehnlichkeit unter einander geben, dafs man beynahe darauf getäuscht werden könnte, die wirklich noch zugegenen kleinen Unterschiede derselben unter einander seyen viel- leicht blos zufällig, und würden dereinst noch ganz wegfallen, — dafs es also schien, eine ganze Reihe bisher unverständlicher Kör- per träte hier unter Eine und dieselbe allgemeine Form zurück; — was ferner, fänden sich alle jene Producte als wirkliche blofse Hy- “drüre, sich über die dann aufs höchste wahrscheinliche metalli- sche Natur des Hydrogens selbst auf ähnliche Weise ergeben möchte, wie aus vergleichbaren Erfahrungen (namentlich unter an- dern der, dafs so viele bekannte letzte Oxyde (Süroxyde) von Me- tallen von Neuem Metallrang bekleiden) dieselbe metallische Na- tur auch dem Oxygen wahrscheinlich wird, während die neutrale Verbindung von Hydrogen und Oxygen, das Wasser, den Charak- ter höchster Immetalleität trägt, und was zusammen dann eben nicht 236 nicht mehr auffallen könnte, als dafs die beyden Farbenhälften (Pole) des Prismabildes, z.B. — vereinigt — farbenloses Licht geben: — das, wie so vieles noch, mag eine Zukunft ent- scheiden, der, bey so schöner Aussicht in sie, vorzugreifen, — an diesem Ort — beynahe noch zur Unart werden könnte. ee 257 : Neue Versuche über den - Einfluls des Galvanismus auf die Erregbarkeit thi«- rischer Nerven. Vorgelesen in der mathematisch -physikalischen Classe am ız3ten August ı808. von I: Wer R boTe'R, In Jahre 1797 entdeckte ich, dafs erregbare Nerven thierischer Or- gane, längere Zeit im Kreise galvanischer Ketten erhalten, allemal ' eine sehr bedeutende Veränderung ihrer Erregbarkeit erlitten. Zu- erst gedachte ich ihrer in meinem „Beweis, dafs ein’beständi- ger Galvanismus den Lebensprocef[s im Thierreich be- gleite” (Weimar, 1798. 8.), und fügte seitdem, besonders in mei- nen „Beyträgen zur nähern Kenntnifs des Galvanismus und der Resultate seiner Untersuchung” (Jena, ı800 — 1805. 8.), noch viele Erfahrungen über diesen Gegenstand hinzu, durch die er beynahe abgethan schien. Das Ganze zog die Aufmerk- samkeit der Physiologen in hohem Grade auf sich; wer meine Ver- suche wiederholte, fand sie bestätigt, und Volta selbst entdeckte einen Theil der Hauptsache im Jahre ı801 wieder *), — so dals es mr *) S- Journal de Chimie, par van Mons. T. I. p. 103, 104. 33 255 mir ein besonderes Vergnügen gewähren mufste, ihm, als er mich im December ı806, wo ich ihn besuchte, unmittelbar damit bekannt zu machen, die Gefälligkeit hatte, erwiedern zu können, dafs ich ebendasselbe gefunden, und bereits in meiner obgenannten , ihm dedicirten, ersten Schrift über Galvanismus (1798) weiter ausgeführt habe; — denn Bestätigungen durch Meister. solchen Ranges muntern den Schüler allemal auf. Man erinnert sich, dafs die Modification der Nerven in diesen Versuchen entweder in einer Depre[sion, oder in einer Exalta- tion ihrer Erregbarkeit bestand, je nachdem jene Nerven entweder mit ihrem Hirn - oder ihrem Muskelende, dem einen oder andern der electrischen Pole der Kette zugekehrt waren, und je nachdem ihre Erregbarkeit selbst wieder bis zu einem bestimmten Grade höher oder niederer, und damit zugleich in einem Falle die entgegengesetzte von der im andern war. Alle diese Erregbarkeits- modificationen durch Galvanismus waren örtlich, d.i., sie erstreck- ten sich nie über das in der galvanischen Kette gewesene Stück des Nerven hinaus. Von den durch gewöhnlich - chemische Mittel her- vorgebrachten Erregbarkeitsmodificationen in Nerven hatte schon Fontana, in seinem Werk über das Viperngift, das nämliche beob- ° achtet, und dafs auch die den galvanischen gleichen (entgegenge- setzten) Modificationen der Erregbarkeit durch Eleetrieität - aus Reibung sich nie bis über die von ihr getrofiene Nervenstelle hin- aus erstrecken, habe ich in m. Beyträgen, B.l. St. ı, 2. |. 26: S. 159. nachgetragen. (Die nähere Natur dieser Erregbarkeits- modificationen selbst habe ich in dem letztgenannten Werke, B.I., St. 3, 4., an mehreren Orten, Beobachtungen zu Folge, zu bestim- men gesucht.) Dennoch war es gleich von Anfang an unwahrscheinlich, dafs die übrigen Theile eines an einer Stelle durch Galvanismus in sei- ner Erregbarkeit modificirten Nerven völlig ohne Veränderung blie- _ ben, y \ ö 259 ben. Schon die genaue Wechselbeziehung dieser, wie aller, Theile eines Organischen unter einander, und dafs mit jeder Modification des einen von ihnen, auch welche für alle übrigen gegeben seyn muls, stritt dagegen. Nur so viel schienen die ältern Erfahrungen zu zei- gen, dafs diese Erregbarkeitsmodification der übrigen Theile dessel- ben u. s.w. eine andere seyn müfse, als jene der unmittelbar der electrischen Action der Kette, Säule oder Maschine ausgesetzt gewe- senen Nervenstrecke, weil sonst die Phänomene, welche diese Oert- lichkeit’ der letztern entschieden, nicht leicht des hohen Grades von Präcision fähig. gewesen wären, der ihnen nichtsdestoweniger so ei- gen ist. Uebrigens wiesen mich schon 1798 zufällige Bemerkungen darauf hin, dafs solche Erregbarkeitsmodificationen aufserhalb des electrischen Kreises in der 'That zugegen, und dafs dieselben, nach der Modifieation der innerhalb des Kreises befindlichen Nervenstre- cken, ebenfalls verschieden seyen (vergl. m. Beweis, |. 20. S. ı30, 131.). Es ist mir nicht bekannt geworden, dafs seit jener Zeit Je- mand diesen Gegenstand in nähere Untersuchung gezogen hätte. Ich selbst kam lange nicht dazu, ihn von Neuem vorzunehmen, bis ich ‚endlich im Frühjahre ı807 dureh das Studium der organischen Elec- troscopie veranlafst wurde, ihm ernstere Aufmerksamkeit zu widmen. Ich theile hier der Classe die erhaltenen Resultate mit, Sie gien- gen aus Versuchen an mehr als hundert Fröschen hervor, und meh- rere unserer Akademie Verbundene werden sich noch erinnern, sie nachmals so mitbeobachtet zu haben, wie ich sie hier beschreiben werde. E In Fig. ı. der TXten Tafel sey abcd ein Froschpräparat, des- sen Erregbarkeit bereits so weit gesunken oder durch wiederholte Schläge ®) Ich fahre fort, mich zm diesen Figuren derjenigen Abbreviaturen zu bedienen, welche ich zuerst in m. Beweis gebrauchte, und deren seitdem sich auch an- dere Galvanisten bedienten, 33 * 260 Schläge von Voltaischen Säulen oder Leidner Flaschen so weit “ herabgestimmt ist, dafs bey der Armirung des Nerven c mit Silber z und des Nerven d mit Silber s bey der Schliefsung blos der Schen- kel a und bey der Trennung blos der Schenkel b in Contraction über- geht. Es befinde sich also im Zustande derjenigen Erregbarkeit, die ich in m. Beyträgen, und sonst, die zweyte, die unbedingte, oder die Extensorenerregbarkeit nannte (weil alle Bewegungen der bey- den Schenkel a und 5 dann wirklich nur Streckungen derselben sind). Man lege z an c und s an d, schliefse zur Kette, und lasse diese eine Viertel-, eine halbe Stunde, oder überhaupt die sich bald erge- bende gehörige Zeit hindurch, geschlossen. Nach der Oeffnung der Kette findet man dann den ganzen Nerven c bis an seinen Eintritt in die Muskeln bey y deprimirt, und leicht so sehr, dafs er auf keine Reitzung mit Zink und Silber mehr Contractionen seiner Mus- keln gewährt, den ganzen Nerven d hingegen bis an seinen Eintritt in die Muskeln bey 3 exaltirt, und leicht in solchem Grade, dafs. letztere bey der Trennung, statt, wie sonst, eine sehr mittelmälsige Zuckung, auf welche das Organ sich fast im Augenblicke wieder in seinem vorigen Zustande befindet, zu geben, in die heftigste ange- strengteste Streckung übergehen, welche nach Umständen mehrere ‘und viele Minuten lang anhalten kann, uud während welcher, und häufig noch nach ihr, schon das blofse Zurückbringen des Nerven auf die Muskeln, also Kette aus blos thierischen Theilen, starke neue Zuckungen hervorruft. — Präparirt man, nach Oefinung der Kette zcabds, c aus a weiter heraus, und eben so d aus 5, so findet man die beschriebene Modification von c schlechterdings nur bis ”y vor, und eben so die von d beschriebene nur bis d. Auch hat, über ”y und 3 hinaus, die Action der Kette die Nerven c und d in der That nicht merklich mehr treffen können, indem von y bis 8 die galvanische Action allemal den Nerven verläfst, und das seiner viel größseren Malse und Oberfläche, und vorzüglich wohl noch des kür- Vase ee Er Su a Br - Bet 264 kürzern Weges durch selbes wegen leitendere Muskellleisch zu sei- ner Leitung vorzieht *). Fig. 2. wiederholt das Vorige, nur! deutlicher. Die beyden Froschschenkel a und 5 sind hier nicht mehr in unmittelbarer Ver- bindung, sondern getrennt, und durch die gehörige Unterlage und die zwischen ihnen befindliche Luft gegenseitig isolirt. Zink z und Silber s liegen an c und d, wie vorhin; die Mitte .aber ist erst durch einen c und d ohngefähr in ihrer Mitte oder an x und 8 verbinden- den, trocknen oder feuchten Leiter, z. B. ein homogenes Metall oder ein Stück Muskelfleisch m geschlossen. Hier erstreckt sich, nach verflossener gehöriger Schlielsungszeit, die Deprelsion des mit z ar- mirten Nerven c blos bis x und die Exaltation des mit s armirten Nerven d blos bis 8. In den Nervenstücken zey und ßf? findet sich nichts von den in ca und dß zugegenen Erregbarkeitsmodifica- tionen mehr vor, und natürlich eben so wenig in den hinter y und d in den Muskeln geblieben gewesenen Fortsetzungen von e und J. Ich bleibe bey diesen Fällen älterer galvanischer Erregbar- keitsmodificationsversuche stehen, und überlasse es, ihren Ausgang bey anderer und entgegengesetzier oder auch gemischter Erregbar- keit *) Denn: sonst verhielten sich Nerven vor Maschinenelectricität allemal leitender, ale Muskelfleisch und andere thierische Theile. Vergl. über diese gute Leitungskrafk der Nerven, Kinnersley (s. Priestley’s Geschichte u. gegenw. Zustand d- Electricität, A.d. Engl. v. Krünitz, Berl. u. Strals., 1772, 8. S. ı35.), Frank. lin (s. Kühn's Geschichte d. med. u. physik. Electricität. Th. IL S. 69.), Her- bert (s. dessen Theoria phaenomenorum electricorum, Ed. II. Vindob:, 1778, 8. p- 195, 196.), Pickel (s. dess=n Experimenta physico-medica de Electrici- tate et Calore animali, Wirceb., 1778, 8. p. 52, etc.), Steiglechner (s. Neue philos.' Abhandl. d. Baier. Akad. d. Wiss. B. U.-ı780, 4. $. 302, 303.), Hem- mer (s. Comment, Academ. Theod. Palat. Vol. V. p. 156.), und Andere. In den früher sogenannten galvanischen Ableitungsversuchen indels finden sich Phänomene über Nerven - und Muskelleitung vor, die noch einer besondern Ana- Iyse bedürfen, 262 keit des Froschpräparats da nachzulesen, wo ich sie schon früher abhandelte, oder im fünften Abschnitt meiner Abhandlung über ent- gegengesetzte Erregbarkeiten überhaupt, in m. Beyträgen, BU. St. 3, 4 S. 118— 131. R Die zur Entscheidung ‚vorzüglich zurückgelassene Frage war, wie erwähnt, was in Fig. ı. den nicht mit im eigentlichen Kreise der Kette befindlich gewesenen Nervenstücken hinter ‘y und 3 inner- halb des Muskelfleisches, oder in Fig. 2.- den gleichen nicht mit in der Kette gewesenen Nervenstücken xe’y und weiter, und ßf? und wei- ter, während den angegebenen Modificationen ihrer Hirntheile c und d, begegnet sey? — Zur Beantwortung dieser Frage war nichts nöthig, als in Fig. ı. die Nervenfortsetzungen hinter ‘y und 3 im Muskelfleisch, oder, und bequemer, in Fig. 2. die Nervenstücke ze’y und ßf? mit mäfsig wirkenden und auf gleiche Weise angelegten galvanischen Ket- ten genau vergleichend zu prüfen. Dafs das Froschpräparat hierzu vor Anfang des Hauptmodificationsversuchs beständig auf derselben Stufe der Erregbarkeit, hier also auf (wenigstens vorherrschender)) unbedingter stehend angenommen sey, versteht sich von selbst, Und so wird man in Fig. e2., sofern nur beyde Schenkel a und 5 von Anfang an in gleichem oder doch ‚sehr nahe gleichem Grade erregbar waren, ohne Ausnahme finden, dafs, während c oder das innerhalb der Kette positiv armirte Stück des Nerven ce deprimirt wird, e oder das aufserhalb der Kette gewesene Stück desselben Nerven exaltirt werde, und wieder, dafs, wäh- rend d.oder das innerhalb der Kette negativ armirte Stück des Nerven df exaltirt wird, f oder das aulserhalb der Kette ge- wesene Stück desselben Nerven deprimirt werde. Fig. 3. stellt diese Erfolge zu einem Ueberblicke dar. Dals 263 ! Daß in Fig. 4, wo z und s ander Stelle von ın und die- ses an. der von zs; liegt, die ‚gleichnamigen Nervenstücke überall die umgekehrten Modificationen von ‚denen in Fig. 3., erfahren müs- sen, ist schon daraus klar, dafs, wie bekannt, Fig.'4. überhaupt umgekehrt von Fig. 3. wirkt, und der Versuch-bestäugt den Schluls. Erst wenn Ziin»Fig. 4. an die Stelle von’s, und s an die Stelle von »zı kommt, sind sämmtliche Erregbarkeitsmodificationen wieder vertheilt wie in Fig. 3. Uebrigens erstrecken. sich die den aulserhalb der Kette be- findlich gewesenen Nervenstücken zugekommenen (und umgekehrten) Modificationen ihrer Erregbarkeit: jederzeit bis in''alle noch. mit Si- cherheit vergleichend untersuchbaren Verzweigungen derselben- für die ihnen zugehörigen Muskeln. Glaubt man ferner, dafs das Daranlassen. der: vordern in der Kette gewesenen Nervenstücke c und d. an den.ganzen Nerven, nach Oefinung der Kette, Einfluls auf die Phänomene, weiche die hintern aufserhalb. der ‚Kette gebliebenen geben, in ‚diesen Versuchen haben möchte (und bey d in Bezug auf f kann diels insofern wirklich Statt haben, als das Gespanntseyn des Organs b, was nach Oeffaung der Kette häufig erfolgt und anhält, so lange d noch mit f verbunden ist, die genaue Untersuchung von f, was auch durch b. zu reagiren hat, wenigstens schwierig macht), so hat man nichts nöthig, als < und d ein wenig hinter der Stelle, wo ihre Fortsetzungen aufhör- ten in der Kette zu seyn, gleich nach.der Oefinung der Kette, oder auch noch während ihrem Geschlossenseyn wegzuschneiden (oder wenigstens gut zu unterbinden), um, nachdem: die Modi- ficationen der vordern Stücke c und d schon bekannt sind, ‚die hin- tern völlig ungestört untersuchen zu können. Arbeitet man mit Froschpräparaten, die neben der zweyten oder unbedingten Erregbarkeit (s. oben) noch wirksam, aflicirbare erste 264 erste oder bedingte (s. m. Beyträge, B.II. St.3, 4. S.-ı6.) besi- izen, d. i., mit solchen, die in Fig. ı oder 2 die Schliefsungszu- ekung auf beyden Seiten, und die Trennungszuckung entweder ebenfalls auf beyden, oder was, wenn man, besonders im spätern Frühling, dem Sommer und Herbst, sie gleich nach der Präparatur in den Versuch nimmt, häufiger ist, meist oder vorzüglich nur auf der Zinkseite der Kette (in a) geben, so sind jene hintern oder neuen Erregbarkeitsmodificationen, so bald die Kette nicht etwa so lange geschlossen blieb, dafs die Organe unterdessen auf die blofse unbedingte Erregbarkeit zurückkamen, und wenn bedingte und un- bedingte noch zu ziemlich gleichem Grade von der gegebenen Kette affıcirt werden, eben so schwer von einander zu unterscheiden, als die vorderen oder älteren es dann sind (vergl. m. Beyträgea. a. O. S. ı2ı.). Hat die Affection der unbedingten Erregbarkeit offen- bar schon das Uebergewicht, so zeigt sich dann in ‘den hinteren Nervenstücken schon der nämliche Modificationsunterschied, wie bey blofser unbedingter Erregbarkeit, nur schwächer. Mit Organen aber, die auf solcher Höhe der Erregbarkeit gestanden hätten, dafs blos die bedingte noch erst wirksam af- ficirt worden wäre, oder solchen, die bey der Schliefsung in Fig. ı und 2 blos, und zwar auf der Silberseite, bey der Tren- nung blos, und zwar auf der Zinkseite, zuckten, habe ich bis jetzt r noch keine Versuche dieser Art anstellen können, da, als ich vori- ges Jahr den Gegenstand aufnahm, diese hohe Erregbarkeit der Frö- sche schon vorüber war, und diesen Winter und Frühling mich an- dere Geschäfte abhielten, auf ihn zu gehöriger Zeit zurückzukom- men. Doch ist alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, dafs alsdann in Fig. 2 2.B., wo jetzt c« statt dß exaltirt und dß statt cz de- primirt wird, auch zey statt 8fd deprimirt und Bf? statt zey ezaltirt werden wird. Zugleich wird, um zum Resultat zu kom- men, die Kette hier vorher weit kürzere Zeit geschlossen bleiben dürfen, als wo man es nur noch mit blofser unbedingter Erregbar- keit - ——— nn 265 keit zu thun hat, indem schon die vorderen oder älteren Erregbar- keitsmodificationen hier viel früher zu einem Unterschied gegebener Grölse zu gelangen pflegen, als dort. Noch habe ich von der Gröfse der hintern oder neuen Er- regbarkeitsmodificationen, verglichen mit derjenigen der vordern äl- tern, zu sprechen, und nehme dazu am sichersten Resultate, wie sie erhalten werden, wo man mit Organen von blos noch wirksam afhı- eirbarer zweyter oder unbedingter Erregbarkeit experimentirt, oder sie doch wenigstens bis zur Oeffnung der Kette bey diesem Zustand angekommen sind (denn bey einiger Bekanntschaft mit der Geschichte der Erregbarkeit an Fröschen wird es sogar vortheilhaft, nicht erst zu warten, bis das Froschpräparat auf den Zustand blos- ser unbedingter Erregbarkeit für Zink und Silber, — oder, da, diese Namen hier kürzlich jedes Paar heterogener Metalle oder electrischer Leiter, darunter wenigstens ein trockner oder von der ersten Glasse ist, bedeuten, für irgend ein gegebenes davon — zurückgekommen ist, sondern das Präparat immerhin zu nehmen, wie man es gleich nach der Präparatur des eben getödteten Frosches erhält, indem sich, während der Schliefsung der Kette, hält sie nur die gehörige Zeit an, schon von selbst die anfangs dann noch mit zugegen gewe- sene erste oder bedingte Erregbarkeit aus ihm verliert, und nach- mals nur noch die zweyte oder unbedingte übrig ist, und zwar in einem höhern Grade, als wenn man mit dem Anfang des Versuchs erst wartete, bis sie allein zurück war, weil dann nach den Viertel- und halbe Stunden und länger angehaltenen Schliefsungen sie selbst nun schon ‚wieder beträchtlich schwächer geworden ist. Ob aber in dem hier besprochenen Falle die Erregbarkeit während des Geschlos- senseyns der Kette nun wirklich bis zur blofsen unbedingten oder zwey- ten zurückgeliommen sey, erfährt man ganz kurz dadurch, dals man die Kette von Zeit zu Zeit öffnet, und wieder schliefst:. Zuckt bey der Oefinung blos,noch der Silberschenkel, oder spannt er sich sogar und kommt bey der Schliefsung blos wieder in Ruhe, und ä 34 zuckt 266 zuckt der Zinkschenkel allein dabey noch sc hwach, oder auch schon gar nicht mehr, dann ist man gewils, nun blos noch zweyte oder. unbedingte Erregbarkeit, die bey dem hier angewandten Grade gal- vanischen Reitzes wirksam aflicirt würde, übrig zu haben.) Diese neuen Modificationen von Erregbarkeit treten nie in so grolsen Unterschied, wie die vordern oder ältern. — Wer je gut bedingte Versuche über die letzteren sah, wird sich noch mit Vergnügen der Ueberraschung durch ihren Erfolg erinnern. Doch sind auch gut bedingte über die ersteren schon insofern nicht ganz ohne eine solche, als der Erfolg durch gleiche durchgängige Präci- sion und das fürs erste so wunderbar scheinende Arrangement seiner Theile interefsirt. — Die höchsten Unterschiede sah ich darin aus- gedrückt, dafs in Fig. 2 das Nervenstück ßf?, mit Zink und Silber galvanisch gereitzt, gar keine Zuckung in b mehr bewirkte, während das Stück ze’y, eben so gereitzt, noch sehr starke in ‘a hervorbrachte. Gewöhnlicher ist &f3 blos schwächer als zey, immer aber zu solchem Grade, dafs nie Jemand über Mangel an Deutlichkeit des Unterschiedes klagen kann. Auch wird man, auf wc und ßd bezogen, &e”y beständig reitzbarer finden als xc, und, ßf$ beständig minder reitzbar als ßd. Ferner ist «c durchgängig früher todt (insofern nämlich bey seiner Reitzung a auf Zink-Silber nicht mehr zuckt) als ßf?; von «ey dagegen kann man blos sagen, dafs es, wie schon das Vorige giebt, nie zu der Erhöhung der Er- regbarkeit komme, zu der ßd in gleicher Zeit gelangt. .. Wer alles zur völligen Ueberzeugung und Bestätigung und zum gleichzeitigen Ueberblick der vorkommenden blofsen Gradunterschie- de im Erfolg sich in der Geschwindigkeit vergegenwärtigen will, thut wohl, acht bis zehn Präparate geforderter Beschaffenheit auf einmal, jedes in seine besondere Hette, zu bringen, diese Ketten dann zu beliebig verschiedenen Zeiten zu öffnen, und die zurückge- bliebenen Nerven zu untersuchen. Dals 267 Dafs endlich die Erregbarkeitserhöhung in xe’y in Fig. 2 und die Deprefsion derselben in ßf? daselbst eine wahre sey, bestätigt sich, sobald man den Versuch mit blofsen Hälften von Fig. a, oder mit Fig. 5 und 6. anstellt, am besten, wie es mir schien, schon etwas matte Frösche nimmt , die Kette möglichst kurze, doch hinlängliche, Zeit geschlossen läfst, und von jedem (dessen Nerven beyde möglichst gleich erregbar seyn müffen) den Nerven seines ei- nen Schenkels in Fig. 5 oder Fig. 6 spannt, den andern aber un- ter übrigens ganz gleichen Umständen neben jenem ohne geschlos- sene gleiche Kette liegen lälst. Dann wird, bey genauer Nachsicht, das Stück xey in Fig. 5 des (mit cz) in der Kette gewesenen Nerven deutlich erregbarer zurückbleiben als das ze’y des ohne Kette gebliebenen Gegennerven, und wieder ßf? in Fig. 6 mit Ket- te (an dß) minder erregbar als ßfd des Nerven ohne Kette. Freylich aber sind diese Unterschiede kleiner als die von ze’y und ßf? der in der Kette gewesenen Nerven selbst, schon weil sie ohne Weiteres nur die Hälften davon seyn können. Ob sie diels ber genau seyen, kann ich aus Untersuchungen noch nicht sagen, obschon es mir, besonders für den Unterschied der beyden zey's, ‘aus andern Gründen *) nicht einmal wahrscheinlich ist. — Es sey mir erlaubt, jetzt einige Bemerkungen über die Natur. dieser neuen Nervenerregbarkeitsmodificationen zuzufügen, als Antwort auf Fragen, die sich jedem mit den physiologischen Wir- kungen der galvanischen Kette Bekannten dabey darbieten mülsen. Es ist aufs schärfste, sowohl theoretisch als practisch, darge- than, dafs in der galvanischen Kette Fig. 2. — so wie in jeder, ‚deren Glieder sich über ihre Verbindungsstellen unter einander merlt- lich *) Die ich aber erst bey naher anderer Gelegenheit auseinander setzen kann , — und die zugleich 'alles enthalten’ werden , was bey der Deutung‘ ee Erregbarkeits- modifcationen noeh. vermißst werden möchte, 34° 268 lich hinauserstrecken, und wovon Fig. 8 das Extrem abbrefirt wie- dergiebt — die Action derselben sich weder über den wahren Kreis der Kette: hinaus erstreckt, noch erstrecken kann. . Schon in m. Be weis habe ich für unsern Fall das nöthige dargethan. Also befin« den sich xy und: ß3 in Fig. 2 zu keinem Grade in dem wirk« lichen Kreis der Kette und ihrer Action. Dennoch werden sie, während jene geschlossen ist, modifieirt; xy wird erregbarer, 8% minder erregbar; und selbst wenn der Ausdruck ganz verfehlt wäre, mülfste es doch immer noch heifsen: &y bleibt erregbarer als ß3. Was behalten wir unter solchen Umständen für die Erregbarkeits- modificationen dieser Theile übrig? — Die Antwort wird leichter, als sie scheint, sobald man ihre Einfachheit nur wagt. — Dafs in Fig. 5 und 6 und ihrer Vereini- gung in Fig. 2 die Contraction der Muskeln «a und b nichts weniger als eine unmittelbare Wirkung der Kette als solcher sey, ist klar, Diese ruft in dem von ihr getroffenen Nervenstück cz und dß eine Veränderung hervor, deren Natur wir hier ganz ohne weitere Erör- terung, lassen können, sobald wir nur bemerken, dafs sie es ist, welche vom galvanisirten Nervenstück sich, und ohne dafs ihr auf ihrem Wege etwas anderes als der in seiner organischen Structur. ungestörte Nerve selbst zum Leiter dienen könnte, durch seine übri- ge Fortsetzung nach den ihr eben so ungestört organisch verbunde- nen Muskeln fortpflanzt, und dort, auf ebenfalls hier nicht weiter zu erörternde Art, bey: ihrer ersten Ankunft die Contraetion, oder was sonst für plötzlich eintretende Vorgänge, bewirkt, nach diesen ihnen aber demohngeachtet noch fortfährt zuzufliefsen, wiewohl von hier an die Rechenschaft über ihre Wirkungen ‘schwerer wird.: Al- les, was Nerven wirksam reitzt, bringt diese Veränderung in ihnen hervor, und so lange, als es reitzt. Aber Nerven, als Theile organischer Körper schon, sind von selbst bereits in continuirlicher innerer Thätigkeit. — 269 Namentlich von den 'beyden galvanischen Reitzungsarten in Fig. 3 und 6 ist es ausgemacht, dafs sie zunächst durch nichts, als, im Falle Fig. 5 und der dort vorausgesetzten Erregbarkeit des Organs, durch Accelerätion, im Falle Fig. 6 und der gleichen Erregbarkeit des Organs, durch Retardation dieser Thätigkeit. wirken (vergl. m. Beyträge, B.Il. St. 4., den 6ten Abschnitt, besonders $. 6669 oder S. 133—137.). Darin also bestehen diejenigen Veränderun- gen, welche, zuvörderst vom galvanisch gereitzten Nervenstück, durch des Nerven übrige Strecke nach den Muskeln fortgeleitet werden. Hieraus sehen wir sogleich, dafs, was in Fig. 3 oder dem Aequivalent der linken Hälfte von Fig. ı—3 (und der rechten von Fig. 4.) dem mit seinem einen Theile in der Kette begriffenen Ner- ven mit und während ihrer Schliefsung widerfährt, eine vermehrte Nervenaction oder Uebung der Nervenvirtualität, was in Fig. 6 oder dem Aequivalent der rechten Hälfte von Fig. ı—3 (und der linken von Fig. 4.) dem gleichen Nerven mit und während der Schlies- sung der Kette widerfährt, eine verminderte, (mehr oder weni- ger) arr&tirte Nervenaction oder Uebung der Virtualität des Nerven ist. Im ersten Falle ist der Nerve mehr, im andern min- der beschäftigt, in Uebung, in Gebrauch, als ohne Kette blos sich selbst überlassen. Nun sehen wir mit jenem, wo nichts weiter zugegen seyn kann als es, nämlich in ze’y in Fig. 2 und 5, Exaltation oder Entstehung leichterer Erregbarkeit, mit die- sem aber, wo wieder nichts weiter zugegen seyn Kann als es, näm- lich in £f3 in Fig. z und 6, Depreflsion oder Entstehung schwe« rerer Erregbarkeit verbunden. Sollen wir demnach zögern, hier wiedergefunden zu glauben, was uns überall im Organischen, und bey so vielen Gelegenheiten, begegnet, dieses: dafs Uebung ei- nes Organs es stärkt, es beweglicher, agiler macht, wäh- rend Vernachläfsigung desselben oder Nichtgebrauch es schwächt, es unbeweglicher, inagiler zurückläfst? — Und dals 270 — dafs wir hier zunächst nichts als dieses ] Phänomen, auf neuem, rei- nerem Wege verfolgbar, wiederhaben ? — Wirklich hat man, um ze’y in Fig. 2 und 5, und ßf? in Fig. 2 und 6, nicht allein wieder zur vorigen vollkommen unter sich gleichen Erregbarkeit zurückzubringen, sondern sie sogar in ‚die den früheren entgegengesetzten Modificationen überzufüh- ren, nichts nöthig, als z (Zink) dahin, wo zuvor s (Silber), und s dahin, wo zuvor z war, zu bringen, und die Kette für den ersten Zweck eine gegebene kürzere, für den letzten eine gegebene längere Zeit geschlossen: zu lassen. ‘ Dann wird der vorher aus Unthätigkeit eingeschlafene Nerv ßf?, durch die jetzige Uebung seines Vermö- gens, wieder geweckt, dagegen der vorher an so grofse Thätig- keit gewöhnte Nerv xe’y durch Entziehung oder Hemmung. dersel- wieder minder wach, und, nachdem sie einander erst auf einen ‚Augenblick gleich gewesen, schläft dieser endlich ganz ein, während jener. nun wacht, und so sehr als zuvor der andere. Dafs. hierbey auch die Erregbarkeitsmodificationen von «c und ßd erst aufgehoben, ‚dann umgekehrt werden, ist bekannt. Ich habe noch keine absichtlichen Versuche darüber ange- stellt, welche Folgen in Fig. a, oder Fig. 5 und 6 sehr starke Reitzungen von xc und ßd auf zey und 8f} haben mögen, wie 7. B., wenn man, statt z und s, den positiven und negativen Pol einer Voltaischen Säule, und einer immer stärkern, nimmt. Doch wird es auch hier wohl gehen, wie sonst, nämlich, alizugrolse An- strengungen der Neryenthätigkeit werden sie, statt zu. stärken, lähmen, so wie bis über einen gewilsen Punkt hinaus, gehende Hemmun g dieser ihrer Thätigkeit sie gleichfalls dahin bringen kann, .dafs sie letztere nach aufgehobener Hemmung doch nicht mehr yon Neuem beginnen können,, sie also gänzlich suspendirt ist. Wel- ches auf zwey 'Todesarten von Nerven führte, die ohne Frage einer genauern Untersuchung werth sind, ‚zumal sich jetzt ein vortreflicher Weg dazu öffnet. . Ein A = — 271 Ein Umstand vorzüglich aber bleibt ebenfalls noch zur weite- ren Untersuchung übrig. Früher bewunderten wir, dafs die hintern oder neuen Erregbarkeitsmodificationen,, die von wey und ßf?, die umgekehrten von den vorderen oder älteren, denen von «c und ßd, wären; jetzt hingegen muls uns vielmehr das Umgekehrte auffallen, nämlich, dafs die vordern oder ältern Modificationen, die von «c und ßd, die umgekehrten von den hintern oder neuen sind. Denn kommt nicht auch in xc z. B. schon Punkt für Punkt die nämliche Nervenveränderung durch die Action der Kette vor, als in zey, und eben so auch in ßd schon Punkt für Punkt die nämliche dadurch, als in @f$? — (Die genauere Art dieses Vor- kommens ist für beyde die, dafs, während die Nervenstücke &«c und £&d durch ihre ganze Ausdehnung hindurch von der Action der Kette getroffen werden, der erste, oberste oder vorderste Punkt dieser Nerven blofse Veränderungssetzung , der zweyte Veränderung und zugleich Fortleitung der vom ersten Punkte nach den Muskeln, der dritte Veränderung und zugleich Fortleitung der vom ersten‘ und zweyten, u. s. w., zu erleiden hat. Dals indefs diese Verän- derungen schwerlich durch die ganze Strecke «c und ßd gleich- mälsig fortgehen, scheint schon daraus zu folgen, dals zwar im Allgemeinen , je grölser, länger, das in der Kette begriffene Stück &c und ßd ist, auch 'die Muskelcontraction .. . . in a oder b um so grölser wird, dafs aber doch. das Verhältnils, in welchem die Wirkung wächst, bey weitem nicht jenem gleichkommt, in wel- chem xc oder ßd länger genommen werden.) — Warum also zei- gen nicht schon «c und £d genau dieselben Erregbarkeitsmodifica- tionen , als weiter hinten «ey und Bfd? — Ich unternehme es nicht, schon‘ die völlige‘ Antwort zu ge- ben, sondern erlaube mir blofs, auf einen Hauptumstand hinzuwei- sen, der einst für sie zuerst in Rücksicht zu nehmen seyn wird. — Vom ganzen erregbaren Froschpräparat in Fig. a. befinden sich blos die Nervenstücke «c und ßd im Kreise der Kette, und dieser ihre Action 272 Action erstreckt sich nicht. über x und ß hinaus. Der beste für unsern Fall passende Beweis ist. der, dafs die genannten zey und £f? sogleich nicht im Geringsten mehr. in. ihrer Erregbarkeit modi- fieirt werden, als. die Nerven bey «x und 8, oder besser, ein wenig dahinter, gut unterbunden sind, obschon solche Unterbände. die Action der Kette nicht im.Mindesten zu isoliren pflegen. Aber die Kette als solche bringt nicht blos die oben beschriebenen Verände- zungen in der Nerventhätigkeit und die Veranlassung. zu ihrer Fort» pflanzung längst dem übrigen Nerven hervor, sondern sie verän- dert zugleich die Masse ‘der ihr ausgesetzten Nervenportionen ‚chemisch, bringt chemische Wirkungen, wie schon’ in je- dem feuchten Leiter, also ‚auch hier, hervor. Hierdurch müssen mehr oder weniger bleibende chemische Modificationen' ( Oxyge- nationen und Hydrogenationen) zu Stand kommen, so ‚gewils. die Wervenmafse nicht blosses Wasser ist, sondern neben und mit die- sem noch vielerley Oxy- und Hydro- (oder Desoxy-) genirbares ent- hält und. daraus besteht. Von allem diesem begegnet den aufserhalb der Kette befindlichen Nerven nichts, oder doch nichts durch die Action der Kette unmittelbar Veranlafstes, weil. diese sie: nicht trift. Wirklich auch äufsern sich jene nothwendigen und. blei- benden chemischen Modificationen von zc und ßd, und zwar zu- nächst durch das jetzt so veränderte Verhalten dieser Nervenstücke als galvanischer ( eleetrischer ) Erreger, — wohin vorzüglich. die, schon, in m. Beweis, S$. 130, Z. 12,— ı8,. angeführte Beobachtung gehört, - Wie nun diese chemischen Nervenmodificationen in xc und Pd jene großsen Erregbarkeitsveränderungen in ihnen hervor- bringen, und:noch mehr, wie sie dann gerade ‘diese. hervorbrin- gen, würde wohl fast noch unmöglich seyn, zu entwickeln. -Daf's sie aber ihren sehr bedeutenden Beytrag dazu ausüben müssen, und vielleicht nichts als ein blos anderer Ausdruck (der chemi- sche) dieser Erregbarkeitsveränderungen seyen, ist schon darum höchst 273 höchst währscheinlich,- dafs auch in organischen Mafsen keine Ver- änderung vorgehen kann, die nicht zuletzt sich auch als chemi- sche ausdrückte, und keine chemische, die sich nicht auch als or- ganische, physiologische, oder wie man etwa besser zu sa- gen hat, auswiese. Factum ferner bleibt es einstweilen, dafs die mit diesen che- “mischen zugleich mit entstandenen Veränderungen der Erregbarkeit in den Nervenstücken zc und ßd beträchtlich gröfser sind, als die ähnlichen aber entgegengesetzten in ze’y und ßf?, wie schon der erste Anblick des Gesammtphänomens zeigt. Ja sie müssen sogar gröfser seyn, als jene, schon um jene, soweit sie auch an ihrem Orte vorltommen (s. oben), und da sie die entgegengesetz- ten sind, aufheben, und darauf demohngeachtet noch mit einem Reste stehen bleiben zu können, der selbst wieder weit größer in seiner Art ist, als die Erregbarkeitsmodificationen von ey und 3/3 es in der ihrigen sind. Uebrigens sind eben so gewils auch die Erregbarkeitsmodifi« cationen in ze’y und 8f? nicht ohne einige chemische; aber erstens werden sie verkältnifsmäfsig eben so gering seyn, als jene, gegen die umgekehrten in «c und ßd gehalten, und dann, was schon dar- aus mit begreiflich seyn kann, ist mir bis jetzt noch kein Versuch vorgekommen, in welchem sie sich, z. B. durch verändertes Electri- eitätserregungsvermögen, zu bedeutendem Grade äußserlich verrathen hätten. — Es kann von besonderm Interefse werden, die im Vorigen auf- gestellten neuen Erregbarkeitsmodificationen einer fernern sorgfältigen Untersuchung zu würdigen. Eines Theils schon ist es das erste Mal, dafs man, was Nervenaction in Nerven selbst von Veränderung hervor- bringt, zur leicht verfolgbaren Beobachtung bekommt; andern 'Theils öffnet schon, was bis jetzt davon bekannt, verschiedene vielverspre- chende Aussichten für Physiologie, Pathologie und Therapie. 35 Jene f 74 Jene Nerventhätigkeit, die zu erklären man zu allerhand Din- gen griff, von denen doch keins etwas 'an ihr erklärte, spielt im. benden Thier - und Menschenkörper die höchsten Rollen, und ihr Sollieciirendes, das sie Anregende, wirkt hier bey weitem nicht mit der Gewalt und Verschwendung seines gröfsten Theiles, als z. B. in un- sern Frosch- und andern galvanischen Versuchen. Man hat das gröfste Fecht zu erwarten, dafs auch jene Thätigkeit sich in electrische auflösen werde, und dürfte ich, da diefs so lange und so häufig - schon vermuthet wurde, noch von meinen eigenen Bemühungen spre- chen, so würde ich hinzufügen, dafs sie bereits darein aufgelöst dargethan sey. Ihr Sollicitirendes aber ist hier im organischen Körper selbst zugegen. Dasselbe, was sie leitet, erregt sie auch, nur das Unterordnende (der „edlere” Theil) mehr, als das Un- tergeordnete. Hirn und Nerven sind Electromotoren, und die Natur hat schwerlich dazu Apparate, auf Volta’s Art con- struirt, nöthig gehabt, da schon das Hydrogen und Oxygen der Feuchtigkeit, ohne die sie nie dem Leben vorstehen ‘Könnten, hin- reichen, — als die zwey entgegengesetziesten , äulsersten Glieder der grolsen allgemeinen electrischen Spannungsreihe alles Mannich- faltigen auf Erden nämlich, — alle die ungeheure Blectricität zu liefern, welche die Summe der organischen Verrichtungen , der bil- ligsten Rechnung nach, erheischt,; deren Spannungen aber, die im geschlossenern organischen Ganzen, eben ihrer inneren Verwen- dung wegen, nie zu grolser Freyheit oder electroscopischer äus- 'serer Wahrnehmlichkeit kommen, erst, wo sie dem Thiere noch als Zahn und Gebils (überall wie hier zu Nähr und Wehr zugleich bestimmt) dienen sollen, wie bey den electrischen Fischen, in jenen Gröfsen, die Neger lähmen und „Pferde tödten”, den Begriff von dem, was sie schon innerhalb vermögen ‘und ihrem Ursprung nach sind, ganz vollenden. Und so sieht die kühne längst gehegte Ver- muthung des einen von uns ihrer Bestätigung noch eine Stufe höher - ‘entgegen. Immer aber fiel es mir auf, wie hier Mittel und Zweck einander so entsprechen, dafs keines das andere überwiegt, wäh- . rend ' i9 rend schon das in diesem Vortrag abgehandelte Phänomen, und tau- send andere in Verbindung damit, zeigen, was wir Nerven ausstehen lassen müssen, um ihnen, auf galvanischem und ähnlichem äufserm We- ge, eine sehr mäfsige Veränderung abzugewinnen. Man vergleiche die Erregbarkeitsmodificationen der Nerven in Fig. 2 an «c und Bd, mit denen an xey und £f3. So bringt eine voltaische Säule, un- ter leicht schon unerträglich werdendem Schmerz, mit ihrem positi- ven Pole im Auge blaues Licht, mit ihrem negativen rothes hervor; im Ohre, jener tieferen, dieser höheren Ton; in der Nase, mit die- sem fast ohne Spur von bestimmtem Geruch blofse Neigung zum Niesen, mit jenem blofse Abstumpfung dafür ; auf der Zunge mit dem positiven nichts als säuerlichen, mit dem negativen nichts als alkalischen Geschmack, u. s. w. — Aber während man sich bey Allem diesem, wenn es von Bedeutung werden soll, schon den wi- derlichsten Empfindungen und Schmerzen äussetzen ‚muls , hat man doch bey weitem noch nicht jenes hohe Blau und Gelb oder Roth, was wir, im Prismabilde z.B., so ohne allen Schmerz, unter blofsem Vergnügen, dem Auge darbieten; im Ohr noch nichts von dem ausgesprochnern reinern Ton, den eine menschliche Kehle, und selbst die schlechteste Violine schon, giebt; in der Nase keine Spur von der unendlichen Mannichfaltigkeit der uns überall zuströ- menden wirklichen Gerüche; im Munde (auf der Zunge), aufser-sauer und alkalisch (und auch dieses noch nicht, wie etwa Elsig und Pot- asche es schon geben), nichts von dem, was beym frugalsten Mahl schon unsern Gaumen unterhält: — mit einem Worte, nirgends so viel, so bequem, und so „natürlich”, als die Natur, unter weit weniger Anstrengung unserer Sinnorgane, wie schon uns zugemessen und vorgerichtet, als wäre sie das blofse zweyte Innere von uns, uns darbeut. Eben defshalb vermochte ich es auch nie über mich, den einst so lockenden Einladungen zu einer ärztlichen Anwen- dung des Galvanismus zu folgen, .da ich immer mit der Ueberzeu- gung zu kämpfen hatte, dafs, so wahr auch die electrische Action lebender Körper nur in wiederum -electrischer das ihr direct Ent- 35 * spre- a=b . sprechende finden könne, denn doch, von der Electrisirmaschine und Leidner Flasche an gerechnet, Galvani's Kette und Volta’s Säule den letzten Schritt zu dessen. adäquatester Anwendung auf jene noch nicht gethan haben? Und m der That, wo je, erwie- sen, findet sich ein Beyspiel, dafs der organische Körper seine Elec- tromotoren an die in Erregung zu setzenden und darin zu erhaltenden Gliedmassen anlegt, wie wir Ziak und Silber, positiven und negati- ven Pol der Säule ‚„ an Nerven? — Was würde schon der Nerre -meines Arms und der Finger, mit denen ich diels schreibe, oder der Mund, die Zunge, mit denen ich es lese, zu erleiden haben, mülste das Electromotorische im Körper dazu auf solche Weise operiren, oder mülste ich diese Bewegungen alle durch auf un- sere Art angelegte galvanische Ketten und Säulen bewirken? — Darum scheinen mir die in dieser Abhandlung auseinander gesetzten neuen galvanischen Nervenrersuche so wichtig, weil ihre Wirkungen an Orten beobachtet sind, die im Kreise der Kette nicht mehr waren, und, während die fast immer unter gleichen Umstän- den erscheinenden Muskelbewegungen nur Sache des Augenblicks, Resultate der gesammten Versuchszeit sind. In ihnen scheint die wahre Grölßse des der organischen Natur des Nerven völlig adäquat gewordenen Theils der Wirkung der electrischen Action auf ihn hervorzutreten; und fast möchte man vermuthen, dafs alles, was, aulser diesem, dem in der Kette befindlichen Nerven begegnet, im organischen und lebenden Körper selbst, zum wenigsten in seinem gesunden Zustande, ihm nie begegnet, und bloße Folge einer bey weitem noch nicht ganz en also immer noch zu grolsem Theile verfehlten Anwendungsart der Blectrieität auf Nerven, und zugleich beständig dieser Abweichung vom im Körper selbst realisirten Ideal proportionirt, sey. | Auch für Pathologie und Therapie, sagte ich, müfsten die ‚mitgetheilten Beobachtungen von Inierelse seyn. Ich habe, diels zu be- re —, 277 bewähren, nichts nöthig, als auf alle die Fälle zu weisen, wo Ner- ven oder nervigte Organe nieht als Ganze, sondern örtlich, von star- ken Reitzen entweder deprimirt oder exaltirt, — beydes in dem durch die galvanischen Phänomene an @c und ßd in Fig. 2 und sonst gegebenen Sinne, — werden. Dann wird, sofern der Reitz nicht bis zur Ueberanstrengung oder der gänzlichen Betardation der Nerventhätigkeit gieng, überall der folgende peripherische Theil die- ser Nerven, im ersten Falle exaltirt, agiler, reitzbarer, im zweyten Falle deprimirt, inagiler, minder reitzbar werden, — was viele wohl wirklich schen in der Praxis vorgekom- mene Phänomene erläutern und dienen kann, da wo der kranke Zustand eines Organs .. . Erhöhung oder Schwächung seiner peri- pherischen Nerventheile fordert, jene durch Depression, diese durch Exaltation der mehr dem Hirn zu liegenden Theile seiner Nerven her- vorzurufen, obschon dabey die beständige Rücksicht auf die in je- dem Organischen zugleich vorkommenden zwey und’sich entge- gengesetzten Erregbarkeiten, in die, zu keiner grofsen Förde- ‚rung der guten Sache, freylich nur erst Wenige glaubten einge- ‚hen zu dürfen, nie aus den Augen zu lassen seyn kann. Ver- wickelung indels, die aus blofser weit gehender Gültigkeit an sich sehr einfacher Gesetze entsprang, wurde in ihrer Lösung noch allemal lohnend, und so wird man auch gegenwärtigen Beobachtun- gen und Bemerkungen , ohngeachtet sie dem Zunamen „feiner”. aus- gesetzt seyn könnten, eine weitere Verfolgung fordern dürfen, zu- ‚mal sie allenfalls blos in ihrer Analyse diesen Namen verdienen. Auch wird man diese Versuche gewifs nicht ohne. Resultat auf die bey weitem zu früh in Vergessenheit gekommenen Erreg- barkeitsmodificationen Fontana’s,von Humboldt's, und Anderer, wo blofse gewöhnlich - chemische Reitze, wie Weingeist, Säu- ren, Opium, Alkalien, und dergleichen, auf Nerven und Muskeln angewandt werden, und denen so viel Aehnliches bey der Wirkung dieser 278 dieser Agentien auf Pflanzenkörper zur Gegenbeobachtüng dient, — ferner auf blos mechanisch gereitzte Organe, da auch über diese Reitzungsart und ihre Folgen noch so grofse Dunkelheit herrscht, — ausdehnen. Den Beobachtungen der ersten Art scheint in der That der Abzug, den sie dadurch erlitten, dals allemal die angebrachten Substanzen zu electrischen Erregern, die den Wirkungsgrad der Kette dann schon als solche modificiren mufsten, wurden, und dafs, wie noch hinzugesetzt werden könnte, die Nerven hierbey auch mit zugleich bald besser bald schlechter, als der natürliche Nerve selbst, leitenden Flüfsigkeiten umgeben und getränkt wurden, wodurch ‚oft noch aus einem zweyten Nebengrunde die Action der Kette, und ‚damit die Reaction des Organs vergrölsert oder verringert wurde, allzusehr geschadet zu haben, ob ich gleich selbst, — der erste, der ihnen jenen Abzug zuerkannte , — schon damals defshalb nicht „das Ganze jener Beobachtungen verwarf, sondern blos an nothwen- dige Rücksichten dabey erinnern wollte (s. m. Beweis, 1798, $. 8. S. 19, 20.). Jetzt aber, wo man weils, dals man so angegrif- dene Nerven noch da mit Erfolg untersuchen kann, wo schlechter- dings niehts von der angewandten Substanz hinkommen konnte, oder wenigstens, ehe es möglich war, können alle jene Rücksichten weg- fallen, wodurch die Untersuchung nothwendig reiner, und selbst leichter wird. Dafs ihre Resultate interelsant seyn werden, kann ‚schon, weil jedes gute es ist, nicht in Zweifel stehen. — Von den Veränderungen, welche galvanisch gereitzte Nerven oberhalb angelegter Ketten erleiden, oder in x und y in Fig. 7, "werde ich zu anderer Zeit sprechen. — “. ERS . vi M Bigrz: ch / 2 Au ee 279 —— >> ss m II Sa a a a XII. Ist es erforderlich, eine nach andern als den allgemeinen Gravitations - Gesetzen wirkende anziehende Kraft anzunehmen, um die Erscheinungen der Cohäsion, zu erklären ? ‘ Von Prof. G. G. Scumivr in Giefsen. Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage, hat gegenwärtig ein um so höheres Interefse, da durch Berthollet’s neu eröfnete An- sichten von den chemischen Verwandtschaften die Classe von Phä- nomenen, welche man unter den chemischen Anziehungen begreift, nicht mehr isolirt da steht, sondern verbunden mit den Wirkungen der Cohäsion und der allgemeinen Massenanziehung erscheint. Wie schön wäre es, wenn sich mit mathematischer Evidenz darthun liefse, dals es eine und dieselbe Kraft sey, welche Millionen von Welten unverrückt in ihren Bahnen erhält, und in diesen Welten den ewi- gen Wechsel der Formen erzeugt! Welcher Triumph wäre diefs für Newton’s Lehre von der allgemeinen Anziehung, und für die mathematische Naturforschung überhaupt! Wir 280 Wir- dürfen -indessen ‚sogleich bey. dem Eingang dieser Ab- handlung nicht verschweigen, dals es gerade der unsterbliche Stif- ter von der Lehre der Grayitation ist, welcher an der Spitze der- jenigen Naturforscher steht, die die Uebereinstimmung zwischen den Gesetzen der allgemeinen Anziehung, wodurch die Erscheinungen der Cohäsion und der Wechsel der chemischen Bestandtheile be- wirkt werden, läugnen. x Es liegt uns daher vor allen Dingen ob, die Gründe darzu- stellen, worauf Newton und die Physiker, welche ihm gefolgt sind, ihre Behauptung stützen. ’ Es ist bekannt genug, dafs die Wirkungen der allgemeinen Anziehung sich durch den ganzen Weltraum verbreiten, und ledig- lich von der Gröfse der Massen und dem verkehrten Verhältnifse der Quadrate der Entfernungen ‚abhängen; da hingegen die- Kräfte, wodurch die einzehnen gleichartigen Theile desselben Körpers zusam- menhalten, so wie diejenigen, wodurch die ungleichartigen Bestand- iheile sich zu einem gleichartigen Ganzen vereinigen, nur in sehr kleinen Entfernungen, wo nicht blos bey der unmittelbaren Berüh- zung ,.thätig erscheinen. Eben. so bekannt ist es, dafs die Hraft,. womit die aneinan- der 'gränzenden Elemente eines starren Körpers zusammenhalten, keineswegs von der Gesammtmasse des Körpers, sondern blos von der Dichte und Beschaffenheit der sich berührenden Theile abhänge, Ein Gleiches glaubte man ziemlich allgemein von der Wirkung der chemischen Wahlanziehung behaupten zu müssen, bis Berthollet durch eine Menge Erscheinungen bewies, dafs die ‚Masse bey den sogenannten Verwandschaften allerdings berücksiehtiget werden müs- se; indem die chemischen Wirkungen in dem zusammengesetzien Verhälinifse der Gröfse der Massen und der Stärke der Anzichun- gen seyen. Da indessen der Gegenstand dieser Abhandlung blos die Ale nen 281 die Beantwortung der Frage betrifft, ob die Erscheinungen der Co- häsion sich auf die Gesetze der allgemeinen Attraction zurückführen lassen, so können wir diefsmal Berthollet’s Ansichten von den chemischen Verwandischaften bey Seite setzen. Wir behalten uns aber vor, zu einer andern Zeit hierauf zurückzukommen. Wer die aufgestellte Frage bejahend beantworten wollte, mülste darthun, wie aus dem newtonischen Attractionsgesetz folge, dafs die Wechselanziehung zweyer sich unmittelbar berührender Theil- ganze eines Körpers unendlich grofs, in Vergleichung mit der ge- sammten Mafsenanziehung des Körpers gegen jedes Theilgauze in end- licher Entfernung, sey. Diefs ist aber gerade der Satz, welchen Newton läugnet. Seine Gründe sind kürzlich folgende. Proposit. LXXI. Theor. XXI. Philosophiae nat. princip. mathem. wird bewiesen *), dals ein aulserhalb der Oberfläche einer Kugel gele- *) Newton's Beweis des oben ängeführten Satzes ist kürzlich folgender: „Es seyen „ahkb, AHKB *) zwey Sphären von gleichen Durchmessern; p, P zwey »Puncte aufserhalb der Sphären in den verlängerten Durchmessern ab, AB. » Von den Puncten P und p seyen gleiche Segmente, IIK, hk, von den.beyden „, Sphären abgeschnitten; der verschwindende Bogen'HR sey — kl, und PL, pl „gezogen. Aus den Mittelpuncten beyder Sphären seyen auf PK und pk, DS „und ds perpendicular, auf PL und pl, SE und se perpendicular. ‚ Ferner »seyen QI und gi auf PB und pb, so wie RI und ri auf PK und pk perpen- „‚dieular, Nach diesen Voraussetzungen hat man: DS — ds, SE — se, die „verschwindenden Winkel DPE — dpe; auch kann man die Linien PE— PF, »pe=pf, so wie die verschwindenden Linien DF—df setzen, weil „ihre Gränze bey der Verschwindung der Winkel DPE, dpe das „Verhältnils der Gleichheit ist. „Diels angenommen, hat man forner „PI:PF—RI:DF »pf:pi — (df—DF):ri „PL pf: PL pi RI: i — IH: ih di "E = ) Fig. ı und 2 der Xten Tafel. 36 289 gelegener Punct, welcher nach allen Puncten der Kugeloberfläche gravitirt, von der Kugeloberfläche nach ihrem Mittelpuncte, in dem um«- „PI:PS=1Q:SE „PLps:PS.pi=1Q:ig (D „I und II verbunden „PI®, pf. ps :pi?PF.PS—RILIO :ri. ig — IH. IQ : ih/ig. „Das Verkältnifs IH. IQ zu ih. ig drückt das Verhältnifs der zu den Bögen „IH, ih gehörigen Kugelstreifen, welche durch die Umdrehung der beyden Fi- „guren um die Linien pb, PB, als Axen, erzeuget werden, aus. Das Verhält- „nifs der anziehenden Kräfte beyder Kugelstreifen gegen die Puncte P und p ist, „nach dem Gesetz der Gravitation, aus der Größe der Flächen und der Qua „drate der Entfernungen verkehrt genommen, zusammengesetzt: „das ist IH. IQ : ih. ig” — pf.ps: PF.PS 2er pi? „Aus der Anziehung nach PI und pi folgt, vermöge der Zerlegung der Kräfte, „die Anziehung in der Richtung der Durchmesser ur. FE pa _pf Br Aa anne Trabi „Daher erhält man das Verhältniss der Anziehungen der beyden Kugelstreifen „auf die Puncte P und p in der Richtung der Durchmesser AB, ab PF.pf.ps : pf, PF.PS — ps? : PS? PS ps „Auf ähnliche Weise kann der Satz von den zu den Bögen KL und kl gehöri- „gen Kugelstreifen erwiesen werden, „Denkt man sich nun beyde Sphbären in gleiche und ähnliche Kugelstreifen „abgetheilt, so gilt der Satz für je zwey zusammengehörige Kugelstreifen, also - „‚für ihre heyderseitige Summen, d, i. für die beyden Kugeloberflächen. Gegen diesen von Newton geführten Beweis haben wir einzuwenden, dafs das Verhältnifs der verschwindenden Linien DF und df nicht unbedingt das Ver- hältnifs der Gleichheit sey; sondern, bey ungleichen Abständen der Puncte P und p von den Mittelpuncten der Kugeln, nur in dem Fall für das Verhältnißs der Gleichheit genommen werden dürfe, wenn die Entfernung des nächsten Punctes P von dem Mittelpuncte der Kugel, gegen den Halbmesser der Kugel, unend- lich groß gedacht wird, Um unsere Behauptung sogleich durch die Anschauung su reehtfertigen, mögen Fig. 3 und 4 *) die beyden entgegengesetzten Fälle dar- stellen. Die dritte Figur nimmt den Punet P unendlich enifernt von der Ober- fläche der Kugel, die vierte den Punct p in Berührung mit der Oberfläche der Kugel an. h -Man *) Fig. 3 et 4. 283 umgekehrten Verhältnilse des Quadrates seiner Entfernung von dem Mittelpuncte, gezogen werden, Denkt Man sieht hier sogleich, dafs für die gleichen, aber verschwindenden Bögen KL, kl das Verhältnifs von DF : df — a: ı sey; und dals, zwischen diesem Verhältnils und dem Verhältnifse der Gleichheit, alle mögliche Mittelverhältnifse Statt finden können, wenn der Punct p von der Berührung der Oberfläche der Kugel bis in das Unendliche hinausrückt, Durch Rechnung läfst sich der Beweis für diese Behauptung folgendergestals führen: Es heilse der Winkel KPB *) — P LPB=P,SA=R,AP—D; so hat man SD-(R-+D)SinP SE=(R-+D) Sin P SD—SE-—(R-+D) (Sin P— Sin P-), Nimmt man den Bogen KL verschwindend an, so wird, wegen des zugleich ver- schwindenden Winkels ESD, SD—-—SE=-DF=-(R-+D).d(SinP) oder DF=(R- D) cosin P4P. Läfst man in der ersten Figur die kleinen Buchstaben ähnliche Gröfßsen bedeu- ten, so hat man eben so **) df— (r-+ d) cosin pdp. ‚Die Sehne HK heifse — A, die Linie HP — Z, so hat man aus den bekannten Eigenschaften des Kreises D:Z—_Z-tA:D-+oar D? + ıRD — 2 pAz —4A+ VD® + aRD + 442 2 PD=Z+4A= VD? znAD De eosin P = PD _ VD®+.RD +4 PS D-FR «ben so 3 var + ard +4 csınp= Tara nt: “ Daher - a DEF: df— YÜlDEaRD FE Ar), dP: V ld? +ard-+4as)- dp. ») Fig. a. Mr ")Fig.n 36 ® 284 | Bm Denkt man sich eine Kugel aus einer unzähligen Menge un- endlich dünner, über einander liegender, concentrischer Kugelschich- ten zusammengesetzt, so gilt der Satz für jede Kugelschichte, also auch für die Summe aller Schichten, das ist, für die ganze Kugel. Es ist daher im Bezug auf die Wirkung gegen den gezogenen Punct völlig einerley, ob man sich ‘die anziehende Kugel, oder ihre ge- sammte Malse in dem Mittelpuncte vereinigt denke. Ian nennt da, her diesen Punct auch den Mittelpunct der Anziehung, Setzt man nun zwey‘ Puncte in verschiedenen Entfernungen von dem Mittelpuncte einer Kugel, so werden sich die Anziehun- gen der Kugel gegen beyde Puncte, verkehrt wie die Quadrate ih- 5 ! Ver- Es ist ferner dP:dp=KL,kl E wenn man voraussetzt, dafs die Elemente der verschwindenden Bögen KL, kl einerley Neigung gegen die Sehnen HK, hk haben, welches hier verstattet ist, weil die Sehnen zu ähnlichen und gleichen Abschnitten gehören, ‚Setzt man wei- ter KL=kl,R=r,A — a, so erhält man für das Verhältnils DE: = VD Hann +. Vartoıra +4 KP = Ep oderwil KP—-#tA-4 VD ar 2kRD +4 kpyr=4 AHVaEH an aRd +48 ist, DE:df - VD°+ aRD +4 a8 / Vo ara +48 Hat VDtanpDLie At VErmatIA Nimmt man in dem allgemeinen Ausdrucke D sowohl als d gegen A und R unendlich groß an, so-erhält man DF:df=ı:ı. 2 Setzt man hingegen D= @,d=o, so erhält man DF:df =ı:}—a:ı Strenge genommen hat daher Newton seinen Satz blos für den Fall bewie- sen, wenn die Entfernungen der’ angezogenen Puncte gegen die Halbmesser der Kugeln unendlich grofs gedacht werden, Es läßt sich indessen der newtonische Lehrsatz, wie die Folge zeigen wird, auf eine andere Weise, auch für endliche Entfernungen der angezognen' Punete demonstriren, 285 rer Entfernungen von dem Mittelpuncte der Kugel verhalten. Dieses Verhältnifs wird auch dann noch endlich bleiben, wenn der eine Punct die Oberfläche der Kugel unmittelbar berührt, der andere aber in irgend einer gegebenen Entfernung von der Oberfläche der Ku- gel liegt. Daraus folgert ferner Newton, dafs die anziehenden Kräfte, wodurch die Erscheinungen der Cohäsion bewirkt würden, nach ei- nem gröfsern Verhältnifse, als dem verkehrten der Quadrate der Entfernungen (etwa dem verlichrten der Würfel oder der Biqua- drate etc. etc. der Entfernungen) abnehmen müfsten, weil nur da- durch begreiflich werde, wie die Anziehung bey der unmittelbaren Berührung unendlich grofs gegen die Anziehung in einer endlichen Entfernung seyn könne. La Place hat bereits gegen die Behauptung Newton’s er- innert, dafs, da die physische Continuität der Körper nur scheinbar sey, man die Durchmesser der kleinsten Theilchen gegen ihre Zwi- schenräume blofs verschwindend setzen dürfe, um zu begreifen, wie aus demselben Gesetze der anziehenden Kräfte die Erscheinungen der Cohäsion, so wie der allgemeinen Attraction folgen. _ Wir wollen nun versuchen die Gründe darzulegen, welche uns bestimmen, der Meinung des grofsen französischen Geometers beyzutreten, und werden in dem Verfolge derselben auf den oben angeführten newtonischen Satz nochmals zurückkommen. L Es bezeichne AB *) einen unendlich schmalen Cylinder von gegebener Länge, p einen Punct in der verlängerten Axe des Cy- linders. Man sucht die Grölse der Anziehung des Cylinders gegen den Punct p- Die #) Fig, 5. 286 — Die Entfernung des Punctes p von dem Ende A des Cylin- ders heilse — d, ein Element des Cylinders — eedx, und die ver- änderliche Entfernung des Elementes von dem gezogenen Puncte p sey — d+x; so erhält man für die Anziehung des Elementes gegen den Punct, nach dem newtonischen Gravitationsgesetz; e dx (d+-x)? und für die Anziehung des Cylinders 2d Ss ag (d+3)—! -Feonst. Da nun das Integral für x — o verschwinden soll, so ist die Constante e: m — d und das vollständige Integral e? e? e?tx Anus Es ist aber etx die körperliche Masse des Cylinders. Man heifse die Entfernung des Mittelpunets der Anziehung des Cylinders von dem gezognen Puncte p gleich 2; so erhält man auch für die Größe der Anziehung gegen den Punct ER za’ daher RE RR 22 — Ald-+x)’ folglich z= Vdldt92). Setzt man nun d gegen x verschwindend, so wird z= 0, und die Gröfse der Anziehuug unendlich. Diefs heifst soviel: ein schmaler Cylinder zieht einen seine Grundlläche unmittelbar berührenden Punct (wofür man auch einen. der Grundfläche gleichen verschwindend kleinen Kreis setzen darf) f mit, ü , } 287 mit einer unendlich stärkern Kraft, als jeden Punct, der sich in ei- ner endlichen Entfernung innerhalb der Axe des Cylinders befindet. IL Es bezeichne tvsm *) einen abgestutzten Hegel, p einen phy- sischen Punct innerhalb der Axe, da, wo die Spitze des abgeschnit- tenen Kegels hinfällt. Man denke sich einen unendlich schmalen Ring des abgestutzten Kegels mnrsvi, und suche die Gröfse der Anziehung des Rings gegen den Punct p in der Richtung der Are des Kegels. Zu dem Ende denke man sich die Höhe p/k des abgestutz« ten Kegels in sehr viele gleiche Theile getheilt, durch alle Theilungs- puncte Parallellinien, und da, wo die Parallellinien die Seiten des Kegels in m, q, u.s. w., schneiden, die mit der Axe parallelen Li- nien mo, qn etc. gezogen; so entstehen unzählig viele kleine Recht- ecke, wie mngo eines darstellt. Es drehe sich die Figur um die Linie pk, wie um eine Axe, so beschreibt jedes kleine Rechteck, wie mngo, einen schmalen cylindrischen Ring. Die Summe aller eylindrischen Ringe von ms bis tv bildet einen schmalen Ring des abgestutzten Kegels: oder, bestimmter zu reden, es nähert sich die Summe aller cylindrischen Ringe dem Kegelring desto mehr, — je kleiner man die Theile, und je mehrere man ihrer in der Axe des abgestutzten Kegels nimmt. Es heifse ferner pp’ = a; p’k oder die Höhe des abgestutz- ten Hegels = x; km = z; mn — dz; mo — dx, und der Win- kel mpk — y: so hat man für den körperlichen Raum des cylin- drischen Ringes mnrs 2Zrdz.dm oder, weil z=(a+m)tany, j dz=tangy.dx, für cben den Raum R 2mtang® y(a—s)dx ö Der *) Fig. 6. 288 Der Zug des cylindrischen Ringes gegen den Punct p ist 2 »tang® y(a-- x) dx Satni.Scey und der hieraus entstehende, nach der Axe pk gerichtete Zug (wel- cher sich zu dem schiefen Zug — pk : pm verhält), 2 = tang? y. dx i (a 3), Beer y' cosin. y = = ” tang? y. cosin.® y Ger = 2zSin.?y. cosin. y G@+9, \ 7 dx ‚ Hiervon das Integral so genommen, dafs es für x = o verschwin- det, giebt für den Zug des Hegelringes auf; den Punet P nach der Richtung der Axe atx 2 = Sin.?y cosin. y log. (+2). Setzt man 'in diesem Ausdruck a — o, so verwandelt sich der Ring des abgekürzten Kegels in den Ring des vollkommenen Hegels nmp’sr, welcher den Punct p’ in. seiner Spitze unmittelbar berührt. Es heifse der Winkel mp’k — y’, so erhält man für den Zug des vollkommnen Kegelringes gegen das ihn in der Spitze be- rührende Element p’, nach der Richtung der Axe p’k 2 = Sin,? y‘ cosin. y Meg" Das ıst, der Zug des vollkommnen Kegelrings gegen ein ihn in der Spitze berührendes Element ist unendlich grofs, im Verhält- ‚ nis des Zuges, welchen der Ring eines abgestutzten Kegels gegen einen innerhalb seiner Axe in einer endlichen Entfernung liegenden Punct ausübt. Da nun dieselben Schlüfse für je zwey zusammenge- er hörige Ringe des abgestutzten und des vollkommenen Regels gel- ten; so folgt daraus, dafs die Anziehung irgend eines Kegels gegen ein ihn in der Spitze berührendes Element unendlich groß sey, in Ver- 289 Vergleichung der Anziehung eines abgekürzten HKegels auf einen Punct innerhalb seiner Axe, mit dem er nicht in unmittelbarer Be- rührung steht, Hieraus läfst sich denn ferner folgern, dafs die Anziehung von je zwey sich unmittelbar berührenden physischen Flächenelementen unendlich grols gegen die Massenanziehung eines Körpers auf eines der Elemente sey, vorausgesetzt, dafs der Mittelpunet der Anziehung des Körpers sich in einer endlichen Entfernung von dem gezognen Flächenelemente befinde. Zusatz Man mufs sich eigentlich, nach der Art, wie. der Beweis des vorstehenden Satzes II geführt worden ist, unter dem Punct p’ Fig. 6 eine sehr kleine physische Kreisfläche *) von dem Halbmesser mn, so wie unter dem kegelförmigen Ring mnp/rs ein, wenn gleich sehr kleines, doch nicht absolut verschwindendes Element des Kegels den- ken. Alsdann wird jedes parallel mit den Seiten des Kegels genom+ menes Element, welches innerhalb dem äufsersten liegt, mit p‘ nicht in unmittelbarer Berührung seyn, und die Anziehung eines jeden innern Elementes auf p’ wird gegen die Anziehung des äussern verschwinden, Wollte man p/ als einen mathematischen, oder wenigstens als einen verschwindenden physischen Punet betrachten, der also auch nur mit einem verschwindenden Puncte des Körpers (dieser mag eine Gestalt haben, welche er will) in Berührung seyn kann; so würden sich daraus andere Gesetze der Anziehung, als die vorge» tragenen, ergeben. Diefs mögen die folgenden Sätze erläutern. TU, *) Fig. 6. 37 290 II. Es sey bda *) ein Kreis, p ein Loth aus desselben Mittel- puncte aufgerichtet; innerhalb des Lothes befinde sich irgendwo der Punct p; man frägt, wie stark der Punct p von der Kreisfläche nach der Richtung pc gezogen werde? Man stelle sich ein unendlich schmales ringförmiges Element am Rande der Kreisfläche vor. Jeder Punct des Elementes, wie a, zieht den Punct p nach einer Richtung ap, und aus der Summe aller Züge des Kreiselementes rund um auf den Punct p entsteht eine Hraft nach pc, welche sich zu dem schiefen Zug, wie pc:pa verhält. Der Halbmesser des Kreises heilse — x, die Entfernung des Punctes p vom Mittelpunct — a. Die Grölse des ringförmigen Kreiselementes ist 2xdxır s r der Zug desselben nach der Richtung pc 2xdir a Hiervon das Integral so genommen, dafs es für x = o verschwindet, giebt für den Zug des Kreises-nach der Richtung pc 2 (10 =2r en Setzt man a—o, so verwandelt sich der Ausdruck in 2. Hieraus folgt, dafs die Anziehung des Kreises gegen den Punct p nach der Richtung pc zwar mit der Abnahme der Entfernung des Puncts vom Kreise wachse, jedoch nicht unendlich, sondern zu jeder Anziehung in einer endlichen Entfernung ein bestimmtes Ver- hältnifs habe. Zusatz ı . Da der so eben bewiesene Satz III den Sätzen I und II ge- wissermalsen zu widersprechen scheint, so wird es nicht undienlich seyn, *) Fig. 7. 298 seyn, noch etwas länger dabey zu verweilen, um diesen scheinba- ren Widerspruch zu lösen. Gegen einen senkrechten Zug des Elementes ce im Mittelpuncte des Kreises auf den Punct p giebt es unzählig viele schiefe Züge ge- gen denselben Punct. Aus der Summe aller schiefen Züge gegen . den Punct p resultirt ein senkreehter Zug ar: = 27 ( 1— va + . Der senkrechte Zug des Elementes im Mittelpuncte gegen den Punct p dx? x a? AB Beyde Züge verhalten sich gegen einander wie a ae (17) rn) ı2, so lange a und x endlich sind, und z eine endliche Gröfßse bezeichnet, Es heifse a — v, und werde gegen x verschwindend, so ver- wandelt sich das Verhältniß in dx? : 2v?2, in ein endliches Verhältnifs , weil v und dx als Unendlichkleine von derselben Ordnung angesehen werden. Nimmt man aber selbst v gegen dx als verschwindend an, - wie bey der unmittelbaren Berührung zweyer Flächenelemente der ‚Fall ist, wo denn v sich in dy verwandeln soll; so wird der Ausdruck 2# za das heifst, der senkrechte Zug zweyer sich berührender Elemente ist unendlich großs gegen die Summe aller schiefen Züge eines Krei- ses gegen ein Element, das sich in einer endlichen Entfernung loth- recht über seinem Mittelpuncte befindet. ar" Zu- 292 Zuwos atız. ” Wenn gleich das Element p’ nicht lothrecht über dem Mit- telpuncte des Kreises ab *), sondern lothrecht über irgend einem andern Elemente c’ des Kreises legt, so gilt doch der Zusatz a auch für das Element p‘. Diefs erhellt leicht folgendermassen. Die Züge des Kreises gegen die Elemente p und p’ werden jederzeit in einem endlichen Verhältnilse stehen, weil die anziehen- den Massen dieselben, und die Entfernungen der Elemente p und p/ von den anziehenden Puncten in endlichen Verhältnilsen gegen einander sind. Die Anziehung der Elemente c’ und p‘ bey der Berührung ist aber der Anziehung der Elemente p und c bey der Berührung Er. gleich. Daher muls auch die Anziehung der Elemente p’ und ‚ bey der Berührung, unendlich großs, in Vergleichung mit der ae des Kreises ab gegen das Element p‘ in einer endlichen Entfernung seyn. Zusatz 2. Aus den Zusätzen ı und z folgt ferner, dafs die Anziehung zweyer paralleler und gleicher Kreise, in jeder endlichen Entfer- nung von einander, gegen die Anziehung der Kreise bey der unmit- telbaren Berührung verschwinden. IV. Es sey adbce **) eine Kugel von gegebener Gröfßse und Lage. In dem verlängerten Durchmesser ed der Kugel befinde sich ir- gendwo ein Punct p; man sucht die Gröfse der Anziehung der Ku- gel gegen den Punct nach der Richtung pd. 7 ach *) Fig. 7. „ **), Eig. 8. ui EEE 795 ach sey ein auf den Durchmesser de senkrecht gelegter Kreis der Kugel, dessen Halbmesser cb — y, Entfernung dc vom Pol dx, Entfernung des Poles vom Puncte p—.a; so erhält man für die Anziehung des Kreises nach der Richtung pc, wenn "man in III für a hier a-- x, x hier y schreibt, = vn) Man multiplicire den vorstehenden Ausdruck mit dx, schreibe darin für y„» =2rx — ı2, aus der bekannten Gleichung für den Kreis, und nehme das Integral so, dafs es für x — o verschwinde: so erhält man die Anziehung eines beliebigen Kugelabschnittes ge- gen den Punct p; und um die Anziehung der ganzen Kugel zu er- halten, darf man in dem gefundenen Integral nur x — zr setzen Die Rechnung stellt sich folgendermassen dar. Das Differential der Anziehung des Kugelabschnittes ist x 2= dx — 2# (a-+ x) dx Va + 2(a+ 9») x xdx nu: kommt hier vorzüglich darauf an, das Integral von rerrenn zu finden, da die beyden übrigen Integrale bekannt genug sind. _ Man schreibe für das obige Differential xdx Ver und «+29? =z «Hey? = 2 so B 2 "Lu 2 "zz= Vatex B ß =—2 (2° —) 2" "82 RB: = — 22 "dz-H 2u22dz er Diefs giebt xdx 42" — 2uz2"" Vatex e* Drückt man hier alles wieder in x aus, und substitnirt für & und ß ihre Werthe, so erhält man, nach gehöriger Rechnung, xdx _ 3@+2@tnYi—sa@®taahnn® (7, VYart2(@-+r)x 4(a-+r)? Eben so erhält man S en = V=F2@ah)z ER ee are @. Die beyden ersten Integrale yon dem dritten abgezogen, al- les mit 2” multiplieirt, und die beständigen Gröfsen hinzugesetzt, giebt das gesuchte Integral 2r pVarra er Eee En) +2(@a?+bar), } 4(a-+r)? 4(arr)? Um die Anziehung der gesammten Kugel zu finden, mufs man a = 2r setzen. 'Thut man diefs, bringt in der Formel alles unter eine Benennung, rechnet aus, und streichet weg, was sich aufhebt; so erhält man für die Anziehung der Kugel gegen den Punct p gr’ +9: Es Te —z “. 295 - Es ist aber $r%» der körperliche Inhalt der Kugel, und a+-r die Entfernung des Punctes p von dem Mittelpuncte der Kugel. Man kann sich daher die gesammte anziehende Masse der Kugel in ihrem Mittelpuncte vereinigt denken. Diefs ist der im Eingang unserer Abhandlung erwähnte Satz Newton’. ZusatZz.L Setzt man in dem allgemeinen Ausdruck für die Anziehung der Kugel a=o, so verwandelt er sich in gr, rn” das ist, es verhalten sich die Anziehungen einer Kugel gegen zwey Puncte, wovon der eine sich in einer Entfernung a von der Ober- Näche der Kugel, der andere in der Oberfläche befindet, wıe ı RW Setzt man im Gegentheil r gegen a verschwindend, so geht der all- gemeine Ausdruck in den $r’= über. a? Denkt man sich nun die Entfernung a veränderlich, und bis zum Verschwinden abnehmend; so wächst die Anziehung mit der ab- mehmenden Entfernung, und wird für eine verschwindende Entfer- nung, die unsern Sinnen als eine unmittelbare Berührung erscheint, unendlich groß. Diefs ist der von la Place aufgestellte Satz. 7 Zusatz % Der Beweis IV des newtonischen Lehrsatzes gründet sich auf die Voraussetzung, dafs die Anziehung eines verschwindenden Kugel- abschnittes auf einen Punct aufserhalb unbedingt, gegen die Anziehung eines endlichen Segmentes gegen denselben Punct, verschwinde; denn 296 denn unter dieser Voraussetzung sind die beständigen Gröfsen der Integrale gefunden worden. Da nun die Voraussetzung, wie billig, in Zweifel gezogen werden muls, wenn das verschwindende Segment den gezogenen Punct unmittelbar berühret; so lassen sich gegen den Beweis IV des newtonischen Lehrsatzes von der Anziehung der Sphären dieselben Erinnerungen machen, welche wir in den Zusä- tzen ı und 2 des Satzes III gemacht haben, Wir glauben daher, trotz des newtonischen Lehrsaizes, die Behauptung erwiesen zu haben: dafs die Anziehung zweyer sich un- mittelbar berührender Elemente, gegen eime jede Anziehung emes endlichen Körpers , welcher sich in einer endlichen Entfernung von dem gezognen Elemente befindet, unendlich grofs sey; und dafs daher die Erscheinungen der Cohäsion, als Wirkungen einer Flächenkraft, unabhängig von den Massenanziehungen der Körper existiren können, obgleich beyde sich auf eine und dieselbe Grund- kraft der Materie, welche in endlichen sowohl, als ‘in unendlich kleinen und unendlich grofsen Ein ferTnunEeng nach einem Gesetze wirkt, zurückführen lassen. Schlufsbemerkung, Sollte es uns nicht gelungen seyn, die aufgestellte Frage be- friedigend gelöset zu haben, so wollen wir uns wenigstens mit dem Bewufstseyn begnügen, die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf einen so wichtigen Gegenstand auf’s neue erregt, und eben dadurch zur endlichen Aufklärung desselben mitgewirkt zu haben, Wir können indessen richt umhin, unter der Voraussetzung, dafs der Beweis unsers Satzes: fest stehe, am Schluß dieser Ab- handlung noch eine Bemerkung hinzuzufügen, wodurch sich, wie wir glauben, eine Aussicht eröfnet, warum die chemischen Wirkun- : Ben, Pau DEN. Au Mn nr a 9 gen, nach Umständen, mehr oder weniger abhängig von-der allge- meinen Massenanziehung und den Wirkungen der Cohäsion erscheinen, Angenommen, die chemischen Wirkungen seyen Folgen von Anziehungen, welche in sehr kleinen, aber nicht absolut verschwin- denden, Entfernungen erfolgen: so kommt es nun darauf an, in welchem Verhältnifse die chemisch auf einander wirkenden Theilchen . zu ihren Entfernungen von einander stehen. Denkt man sich die Theilchen gegen ihre Entfernungen verschwindend, so tritt der von La Place- aufgestellte Satz ein: die chemische Wirkung der sich zunächst liegenden Theilchen erfolgt unabhängig von der allgemei- nen Massenanziehung. Nimmt man hingegen die Grölse der auf ein- ander wirkenden Theilchen zu ihren Entfernungen in einem endli- chen Verhältnilse an, so gilt Newton’s Satz: die chemische Anzie- hung ist von der allgemeinen Masserianziehung abhängig, und wird durch dieselbe modifieirt.- "Denkt man’sich endlich, drittens, durch die chemische Anziehung der ersten Art die verschwindenden Theilchen bereits in gewilse Gruppen geformt, welche nicht gerade sphärisch sind, sondern den ihnen zunächst liegenden Theilchen gewilse Flä- ‚chen darbiethen (mit einem Worte, so etwas wie Hauy’s molecu- les constituantes des crystaux); so wird nun die Flächenanziehung vorzüglich thätig werden, und es können durch die Kraft der Cohä- sion und Crystallisation Ausscheidungen und Verbindungen erfolgen, welche durch die chemische Anziehung allein nicht bewirkt worden wären, 298 XIV. Ueber Gaers Luftspiegel, und einige verwandte Erscheinungen, vom geistlichen Rathe FrAnz von PAuULA ScHRANK Quoque geratur Ordine quid rerum, qua quid quoque lege geratur. Stay philos. recent. L. VI. Nichts in der Natur ist klein; nichts, was nicht den wiederholten Fleifs ihrer Forscher verdiente, und. befriedigen könnte. Es giebt schlechterdings keine Spielwerke unter den Händen der Physiker, die nicht nach und nach Dinge von der äufsersten Wichtigkeit werden könnten. Die Seifenblasen haben uns die Natur der Lichtstralen ge- lehrt; die Eigenschaft des Bernsteins, gerieben leichte Körper anzu- ziehen, und die papierenen Drachen haben uns Mittel an die Hand gegeben, unsere Gebäude vor dem verheerenden Feuer des Blitzes zu schützen. Blofs in dieser Betrachtung geschieht es, dafs ich eine schon sehr alte optische Erscheinung hervorziehe, und in Umlauf zu bringen suche. Es wird aber diefs eben keine Wiederholung des- e s ni i £ me e WER TIEREN £ 299 desjenigen seyn, was man schon anderwärtig lesen kann. Ich habe die Beobachtungen meiner Vorgänger mit Veränderungen nachge- macht, und glaube von den Optikern, die den Bericht von den ge- habten Erscheinungen lesen werden, einigen Dank zu verdienen. Wenn man in ein dunkcelfarbiges glanzloses Papier, etwa in blaues Zuckerpapier, ein kleines Loch sticht, es nahe an das Auge ' bringt, aber zwischen dem Loch und dem Auge eine Nadel hält, so sieht man die Nadel verkehrt. Hält man die Nadel so, dafs ihr Bild nahe an den Rand des Loches kommt, so scheint die Spitze umgebogen. Diefs ist Grey’s Beobachtung, die er in den .englän- dischen Transactionen bekannt gemacht hat. Er glaubte zwischen ei- nem solchen Loch und einem Hohlspiegel eine Aehnlichkeit zu finden, und nannte es daher einen Luftspiegel. Der Jesuit Honoratus Fabri, weleher eben diese Beob- achtung gemacht hatte, erwähnt des letztern Umstandes nicht, setzt aber dafür hinzu, dafs das scheinbare Bild der Nadel jenseits des Loches zu liegen scheine. Diese Geschichte erzählt Priestley, und sein Uebersetzer Professor Klügel, giebt Fabri's Erklärung seinen Beyfall *). Wir werden in der Folge sehen, wie weit die beyden Beobachter Recht haben’ Es war bereits im J. ı777, dafs ich diesen Versuch zuerst nachgemacht habe, und ich habe ihn seit dieser Zeit sehr oft wie- derholt. Ich bediente mich dabey statt des braunen Papiers, wel- ches Grey dazu nahm, eines blauen Zuckerpapiers. Es ist aber nicht eimmal nöthig, dafs man den Versuch mit dunkelfarbigem Pa- - pter ‚anstelle; ich habe ihn mit weifsem Schreibpapier wiederholt, und *) Priestley Gesch. der Optik. I. 157. 38 * - 300 und ebendieselben ‘Erscheinungen gehabt; nur war das Bild der Na- del, welches uns vorzüglich beschäftigen soll, wegen des vielen Lich- tes, das dergleichen Papier- theils durchläfst, theils zurückwirft, viel bläfser, und eben daher jede Erscheinung etwas undeutlicher. Da mir die Nadel in der Folge so nahe am Auge etwas gefährlich schien, so versuchte ich, ‘was ich mit einem elfenbeinernen Zahnstocher aus- richten möchte. Das Wesentliche der Erscheinung wurde dadurch um nichts verändert, nur das, was Grey die umgebogene Spiris nennt, sah ich viel seltner, und niemal so deutlich. Alle meine Wahrnehmungen lassen sich übrigens auf folgende Punete zurück- bringen. I. Das schwarze Bild der Nadel schien jenseits des Loches zu liegen. II. Dieses Bild war allerdings. verkehrt. II. Wenn ich die Nadel so hielt, dafs ihr Bild mit der Spitze nahe an den Rand des scheinbaren Loches reichte, schien zwar diese Spitze eben nicht umgebogen , aber eine andere (.dickere) Spitze kam ihr vom Rande in einer (meistens) schiefen Richtung entgegen. IV. Der Rand des Loches hatte einen farbigen Ring; äber dieser farbige Ring war bey Beobachtungen, die ich beym Kerzen- - lichte, oder auch bey schwächerm Tageslichte machte , bloß ein schwächeres Licht, ein Halblicht, wenn ich so sagen darf. V. Die Nadel selbst blieb immer, obgleich undeutlich, sichtbar, und in eben der Stellung, in weicher ich sie hielt. Ich will sie die aufrechte nennen. i VI. In einer gröfsern Annäherung der Nadel zum Loch ward ihr Bild gröfser; aber der Umrils dieses Bildes war weniger genau ausgedrückt. Einen scharf abgeschnittenen Umrifs konnte ich nie- mal sehen; allemal blieb eine Art von Halbschatten übrig. Auch Grey 30i Grey scheint etwas Aehnliches gesehen zu haben, weil Priestley aus ihm anführt, das Bild habe an Deutlichkeit verloren, je näher er die-Nadel an das Loch brachte, VII. Machte ich in das Papier zwey Löcher, eines unter dem andern, so hatte ich in jedem ein Bild der Nadel. Diese beyden Bilder waren entweder in ebenderselben Linie, wenn ich die Nadel gerade aufrecht hielt: oder verschoben, wenn die Nadel schief stand, und in diesem Falle war das untere Bild mehr rechts, wenn der Nadelstand von der Linken zur Rechten herab schief war; war er es ‚von der Rechten zur Linken herab, so fiel das untere Bild mehr links. VIIL Drey Löcher gaben mir drey Bilder mit eben denselben Veränderungen; viere vier; aber hier verschwanden die beyden äus- sersten Bilder bey der geringsten Neigung der Nadel allemal wech- selweise eins um das andere, wie eines davon zum Vorschein kam; lies sich z. B. das unterste noch sehen, so war das oberste weg, und rückte ich mit der Nadel so lange, bis das unterste zum Vor- schein kam, so verschwand das unterste. IX. Die ersten Erscheinungen (I— VI) waren eben dieselben, wenn ich die Nadel nach der Quere hielt. Bey mehrern Löchern mufste man dann auch ihre Reihe quer halten. War dann die Na- del mit der Löcherreihe parallel, so waren die Nadelbilder in einer Linie; war die Nadel etwas gesenkt, so war das Bild, welches dem tiefern Nadeltheile gegenüberstand, abgebrochen. Doch konnte ich bey dieser Querstellung keine rechte Deutlichkeit mehr erhalten, wenn sich mehr als zwey Löcher in der Löcherreihe befanden. * Diefs sind die vorzüglichsten Erscheinungen. Die erste Figur der Xlten Tafel stellt einigermassen die Art vor, wie man sich bey dieser Beobachtung zu benehmen habe. O ist das Auge des Beob- achters, 302 achters, fg die Nadel, oder was immer für ein anderer schmaler und undurchsichtiger Körper; ab die scharfe Kante eines Papier- stückes, das in ee ein kleines Loch hat, welches über ‘den dritten Theil einer Linie nicht betragen, aber wohl auch viel kleiner seyn darf; cd der durchfahrende Lichtstral. Ich zeichne, wider die Ge- wohnheit der Optiker, den einfallenden Lichtstral parallel, weil mir durchaus nur um die Masse des Lichts, nicht um den Abglanz des leuchtenden Körpers zu thun ist. % Es ist uns jetzt nichts mehr übrig, als dafs wir diese Erschei- nungen erklären. Fabri glaubt, das Nadelbild‘, welches wir durch angeführte Vorrichtung zu sehen bekommen, sey der Schatten der Nadel, die den durch das Loch auf das Auge hereinkommenden Licht- stral unterbricht. Er muß nothwendig , wenn wir die Nadel aufwärts halten, aufrecht seyn; allein, da wir gewohnt sind, die Körper, die sich auf unserm Nezhäutchen verkehrt abbilden, ‚ aufrecht zu wissen, und umgekehtt, so geben wir einem Schatten, der sich auf dem Wezhäuichen im eben der Stellung zeichnet, die der schattende Kör- per wirklich hat, in unserm Gedanken eine verkehrte Stellung. Bis hieher geht Fabri’s Erklärung in der Klügelischen Note zu Priest- ley’s Geschichte der Optik, I. Th. S. 158. Fasaıs Synopsis optica selbst kann ich nicht nachschlagen. Aber die gegebene Er- klärung läfst noch Zweifel hinter sich. Man kann nämlich sagen, die Stralen, welche an der Nadel vorheygehen, und den ihr corre- spondirenden Raum im Auge leer lassen, zeichnen dadurch ihr Schat- tenbild : nun kreuzen sich diese Stralen im Auge, und zeichnen die Bilder verkehrt; es wird also das Schattenbild der Nadel ım Auge verkehrt gezeichnet werden, wie jedes andere Bild, folglich selbst der gegebenen Erklärung zufolge aufrecht erscheinen müssen, wenn die Nadel aufrecht ist. Da nun diefs wider die Erfahrung ist, so taugt die Erklärung nichts. Ich antworte. Wir 303 ‚Wir sehen die Gegenstände nur darum durch ihre in unserer Pupille convergirenden Stralen, weil keine andern, die von den Ex- tremen der Gegenstände kämen, die- kleine Oeflnung des Augen- sterns treffen können *). Es entstehen daher zween Lichtkegel, die ihre Spitzen in der Pupille haben, einer, der seine Grundfläche im Gegenstande hat, und der andere, dessen Grundfläche das im Auge gezeichnete Gegenbild ist. Alle Stralen des letzten sind bloßs die jenseits des Kreuzungspunctes fortgesetzten Stralen des erstern; da- her das Gegenbild verkehrt gezeichnet wird. Diefs beym gewöhnli- chen Sehen. Aber in unserm Falle mit dem kleinen Loch in einem dunkeln vor’s Auge gehaltenen Körper geschieht die Kreuzung nicht erst in der Oeflnung des Augensterns, sondern schon in dem Loch des dunkeln Papiers ; die Stralen kommen daher nicht nur nicht con. vergirend, sondern sogar auseinander fahrend in das Auge (daher durch ein solches Loch gesehene Gegenstände in einem schwächern Licht erscheinen, weil Stralen verloren gehen), und obwohl sie>in den verschiedenen Feuchtigkeiten des Auges wieder,mehr gegen die Mitte herzugebrochen werden, so bleiben doch die, ‚welche dielsseits des Loches oben waren, oben, die, welche unten waren, unten, indem keine neue Kreuzung geschieht. Da nun die Nadel diesem Stralenbündel diefsseits des Loches, also zwischen dem Papier und dem Auge begegnet, so muls noth- wendig ihr Schatten auf die dem kommenden Licht entgegengesetzte Seite ins Auge fallen, und weil keine Kreuzung mehr geschieht, auf- recht sich abzeichnen, wenn die Nadel aufrecht ist. Nun kehrt die Seele dieses Bild aus Gewohnheit um, und glaubt das Schatten- bild der Nadel (eigentlich den Schatten selbst) verkehrt zu schen **). Da- *) Landshut. Nebenstund. II. 5ı. **) Sinnlich läfst sich diese Erklärung auf folgende Weise machen. Es ist bekannt, « dafs auf der Wand einer dunkeln Kammer die äufßsern Gegenstände verkehrt ab- gemalt werden. Befestigt man nun inner dieser dunkeln Kammer einen dünnen Stift in gehöriger Entfernung vom kleinen Loch, durch welches die Stralen her- einkommen, so, daß er einen Theil davon auffäugt, so wirft er einen Aufrech- ten Schatten auf die Wand, 304 Dadurch wäre also die IIte Erscheinung erklärt, und wir wer- den bald Gelegenheit haben, diese Erklärung durch eine andere be- reits angeführte Erscheinung weiter zu beleuchten. Wir führen für jetzt nur noch an, dafs man dadurch die Ursache der Vlten Erschei- nung leicht einsehen lerne. Man weils es ja, dafs der Schatten’ al- lemal gröfser ausfalle, je näher der schattende Körper dem leuch- tenden Körper (und für diesen gilt hier das lichtvolle Loch selbst) kommt. In eben dem Malse nimmt aber aueh sein Halbschatten zu, und der Umrifs des Hauptschattens wird immer undeutlicher. Aufserdem erhellet die Richtigkeit der gegebenen Erklärung auch daraus, dafs die Nadel selbst sichtbar bleibt (V'), und zwar in eben der Stellung, in welcher man sie hält, da hingegen ihr Bild die umgekehrte hat. Woraus denn klar ist, dafs man zu. gleicher Zeit in ebendemselben Auge, und in ebenderselben Richtung, und fast auf ebendemselben Flecke zwey Bilder bekömmt, ‘die unmöglich unmittelbar von ebendemselben Gegenstande. verursacht werden kön- nen. Man sieht aber die Nadel in einem vom Tageslicht erhellten Zimmer nur undeutlich, und, wenn man den Versuch: des Nachts _bey einem einzigen Kerzenlichte macht, ‚wohl gar nicht, da hinge- gen der beinweifse Zahnstocher auch dann noch sichtbar bleibt; wel- ches beweist, dafs man die Nadel (den Zahnstocher) selbst im zu- rückgeworfenen Lichte, das andere Bild aber, welches allzeit schwarz ist, im geraden Lichtstrale, oder vielmehr seinem Mangel, das ist, den Schatten selbst, sehe. Da wir die Nadel oder den Zahnstocher im zurückgeworfenen Lichte sehen, so sehen wir sie, wie alle an- dere Körper; das ist, sie werden auf dem Netzhäutchen verkehrt abgebildet. Den Schatten sehen wir eigentlich nicht; sondern es fal- ien nur da, wo er hinfällt, von dem durch das Loch brechenden Zicht keine Stralen auf das Netzhäutchen; die Schattenzeichnung ist also daselbst aufrecht. Da 308 Da nun dieses Schattenbild vom Auge deutlich bemerkt wird, so rücken wir es im Gedanken bis an die Gränze des Deutlichse- hens hinaus, inner welchen sich nicht nur die Nadel selbst, sondern auch das durchlöcherte Papier befinden; das ist, das Schattenbild scheint uns jenseits des Loches zu seyn ( Erscheinung J). Der farbige Ring (Erschein. IV) kommt offenbar von der Stralenbrechung her, indem die äufsern Theile des Stralenbündels vom Rande des Loches auseinander gebrochen werden, und da sie sich in einen grölsern Kreis vertheilen, nothwendig einen schwächern Eindruck auf das Auge machen müssen, Nun bleibt uns noch die umgebogene Spitze, oder vielmehr der entgegenkommende Schattenkegel (Erschein. II) übrig. Sey pyrs ein Stück Papier, das in g durchbohrt ist *); bede stelle den kreis» förmigen Durchschnitt des durch die Stralenbeugung, entstandenen Stralenkegels vor. Es ist bekannt, dafs die Lichtstralen, wenn sie bey einem andern Körper vorbeyfahren, durch denselben von ihrem Wege ab gebrochen werden. Diels muls nun hier auch die Spitze der Nadel in « thun. Allein da‘ nur die nächsten vorbeyfahrenden Stralen so abgebogen werden, so muls ihr Abgang unmerklich blei- ben, so lang noch andere über ihnen, z. B. in der Gegend bc, in hinlänglicher Menge ungehindert ins Auge fortgehen können, Rückt nun die Nadelspitze nahe genug an die Oberfläche des Stralenkegels hin, so werden die abgebogenen Stralen, die selbst schon die äus- sersten sind, durch nichts mehr ersetzt, und ein neuer Schattenke- gel abc erscheint, der seine Spitze an der Spitze der Nadel hat. Hält man die Nadel so, dafs sie gerade den Durchmesser deckt, so steht der entgegen kommende Schattenkegel gerade ihrer Spitze entgegen, und mit ihr in cbenderselben Geradiinie. Aber es geräth “sehr *) Fig. 2. 39 306 sehr selten, und desto seltnier, ‘je’kleiner das Loch im Papiere ist, die Nadel dem Durchmesser gegenüber, folglich in die Mitte'‘des kleinen Stralenkegels zw bringen. ‘Daher hat man auch meistens die dem Nadelschatten entgegen kommende Schattenspitze auf der Seite *), und sie steht um so viel schiefer, je kleiner die Sehne desselben Kreises ist, welche von der Nadel bedeckt wird. Man be- greift leicht, wie. diefs zugehe. Die Nadelspitze wirkt nämlich nur auf die nächsten Stralen; deckt sie nun den Durchmesser, so sind ihr die Stralen an der Seite des Kreisbogens ed **) eben so nahe als die an der Seite von be. Da nun die Wirkung beyderseits gleich ist, so muls sich das durch die abgebogenen Stralen entstandene Schattenbild im Auge unter der Gestalt eines gleichschenklichen Drey- eckes abmalen,- das von der fortgesetzten: Nadelspitze, ‚oder vom Durchmesser des Lichtkreises, oder vonder Axe des Schattenbildes der. Nadel (denn dieses ist im gegenwärtigen Falle alles einerley) vollkommen halbirt wird; das ist, die Spitzen des Schattenbildes der Nadel und des neuen Dreyeckes müssen einander genau vertical seyn. Ganz anders verhält sich die Sache, ‘wenn die Nadel eine Sehne deckt ***). Die Nadelspitze ist dem Kreisbogen be näher als dem cd; sie wird also auf der Seite be mehrere Stralen und schon frü- her ohne Ersatz ablenken, als von cd, und das Kegelbild wird dem Schattenbilde der Nadel in einer schiefen Richtung zu begegnen scheinen. Boscowich, wenn er von der Erscheinung Ba Lichtbeu- gung zu reden kommt ****), läfst es unentschieden, ob der Licht- stral-in diesem Falle vom Körper abgestossen oder angezogen werde. Radius, sagt er, incurvat viam vel accedendo vel recedendo, et di- rectionem mutat; — — aciem ipsam evitat, et circa illam praeter- Boa sed egressus ex illa distantia directionem conservat priore loco ' *) Fig. 3, abe. **), Fig. 2. ***) Fig. 3. %#**) Theor, Philos. nat, $. 502. u Se N 307 loco adquisitam. Ich glaube aus Beobachtungen, die ich in einer andern Absicht mit walzenförmigen Stäben gemacht habe, schliefsen zu dürfen, dals die Stralenbeugung blofs durch die Anziehung ge- schehe, accedendo, wie diefs Boscowich nennt. Aber da die Wir- kungen in den verschiedenen Entfernungen ungleich sind, so werden die entferntern Stralen des ganzen St ralenbündels immer weniger herzu gebrochen. Diese Unterschiede betragen anfänglich nicht viel, werden aber im Fortgange immer merklicher, ‚und sie können bey sehr feinen Beobachtungen wohl gar so weit gehen, dafs dadurch der gemeinschaftliche Stral ordentlich auseinander gebrochen (dif- fringirt) wird, wobey dann in den kleinen Zwischenräumen ordent- ec liche Schatten entstehen können und müfsen. So sey.ax *) ein y Lichtstral, 5d eine Nadelspitze, an welcher er worbeyfährt. Offen- bar wird der Theil ac mehr angezogen, als ax oder ay, und ax wieder mehr als ay; alle diese Theile machen dann unter b Bogen von verschiedenen Krummlinien , die nicht concentrisch sind, wovon folglich die Tangenten, in welchen die partialen Stralen dann fortge» 'hen, auseinander fahren, weil sich die entferntern Krummlinien im- mer mehr der Geradlinie nähern, ‚je weiter sie. von der Kraft weg sind, die sie veranläfst. Dadurch entsteht dann zwischen e und f, zwischen f und g eine Lichtlosigkeit, ein Schatten. Sey z.B. ab **) ein Lichtstral, der aus dreyen zusammengesetzt ist, die bey b verschiedentlich auseinander gebrochen werden, in bc, bd, be; bey f begegne ihnen die Nadelspitze; so ist es klar, dafs sie den Stral bd,. der von be divergirend ist, nicht mit so vielem Erfolge anzie- hen könne, als den parallelen bn, und da schon bn von / weniger angezogen wird, folglich in Zukunft von cg divergiren muls, so mufs aus dieser Ursache bd noch mehr -divergiren. Gäbe es dann auf der Seite ghi ein Auge, das die Stralen g und h noch gerade sä- und *) Fig. 4. NEE Bd: 39 ° 308 / he, so mülste es zwischen x und h einen Schatten, oder, wenn cg und dh nicht sehr aus tinander fahren, ein geschwächtes Licht, ei- nen Halbschatten, sehen. Daher kommt dann bey unserer Vorrich- tung der Halbschatten, der die Nadel, oder vielmehr ihr Schatten- bild, nicht nur an den Seiten, sondern auch an der Spitze umgiebt, die niemal scharf abgeschnitten erscheint. Rückt das Auge ein we- nig tiefer, so verliert es den Stral cg; der Halbschatten gedh bleibt noch zum Theile; der Stral dh wird deutlicher, und der An- fang des Schattens hdei kommt ins Auge, der aber noch nicht mit dem Schattenbilde der Nadel zusammenhängt, weil der Stral dh zwi- schen durchbricht. Senkt man das Auge nur noch ein wenig tiefer, so fährt der Stral dh vorbey, und der Schatten hdei ist mit dem Schattenbilde zusammenhängend. Man kann die Beobachtung, nicht weiter treiben; denn bey größserer Senkung des Auges sieht man ganz unter der Nadel weg, und alle Erscheinungen haben ein Ende, so wie bey einer zu star- ken Erhebung die Nadel und ihr Schattenbild über die Gränzen des Stralenkegels hinausreichen, Die VIlte und VIllte Erscheinung haben an sich nichts Aufser- ordentliches; mehrere Löcher in einer Reihe verhalten sich wie meh- rere Spiegel, die sich einander in derselber Reihe folgen. Aber dafs das Schattenbild gebrochen, oder, wie die Bergleute von den Gängen sagen, verdrückt werde, davon möchte man wohl die Ursa- che sehr in der Ferne suchen, und, eben weil man sie dort sucht, nicht finden; denn sie liegt näher, als man denkt. Seyen *) die Kreisflächen abc und ABC’zwey Löcher, die mit einer Nadel ge- stochen wurden, M und M ihre Mittelpuncte. Es ist klar: je klei- ner man diese Kreisflächen annimmt, desto mehr rücken die Um- kreise an den Mitteipunet hin, und obgleich der Streif mn in den gezeichneten Kreisen noch ganz gut zugleich schief seyn, und ganz : dies- *) Fig. 6. : 309 diesseits oder jenseits der beyden Mittelpuncte liegen kann, ohne in die Tangente hinauszufallen, oder sonst undeutlich zu werden, oder zu verschwinden, so geht diels doch sehwerer an, je kleiner die Kreisflächen werden, ohne. dafs- gleichwohl der Stref mn an seinen Ausmessungen vermindert wird; er wird dann bey seiner schiefen Lage fast nothwendig in dem einen Kreise diesseits, in dem andern jenseits des Mittelpunctes liegen. Nun setze man, dafs abe und ABC zwey mit der Nadel in Papier gemachte Löcher seyen, durch welche man in das Licht schaut; mn sey eine schief gehal- tene Nadel, die noch merklich über den beyden Kreisen liegt. Die durch abe und ABC fahrenden Lichtstralen werden am Umkreise auseinander gebrochen und abgebegen. Ihr Licht ist daher schwä- cher als das, welches der mittelste Stralenbündel bey M, M giebt. Ist dann zwischen ihnen und dem mittelsten Stralenbündel ein dunk- ler Körper, so wird dieser seinen Schatten nach der vom mittelsten Stralenbündel abgewandten Seite werfen; das ist, in abe nach a in op, und in ABC nach C in gr. Dadurch wird dann das Schatten- bild, welches der die beyden Mittelpuncte deckende Körper mn in einer geraden Linie in die Augen geworfen hätte, jetzt in einer ver- drückten dahin gebracht. Diefs ist dann bey drey Löchern eben so, wo es fast nicht möglich ist, dafs die schiefe Nadel mn nicht den Mittelpunct m des mittelsten Loches ABC *) decken sollte. Der Schatten von ınn wird daher im Loche abc vom Stralenbündel M nach der Seite «a, ir Loche «ß’y vom Stralenbündel # nach der Seite y geworfen; im Loche abe deckt der Körper mn den mittlern Stralenbündel selbst, und der Schatten bleibt unverrückt, weil die Seiten BC und A gleich erleuchtet sind. Nun setze man noch hinzu, dafs wir den Schatten, der auf die Netzhaut fällt, im Gedanken umkehren, und die Erscheinung ist erklärt. Die ») Fig. 7. 3ı0 Die IXte Erscheinung hat nichts Eigenes. Es ist nur jetzt links und rechts, was eher oben und unten war. Daher mufs das oben und unten erscheinen, was wir bisher links und rechts gesehen haben. ’ Mit Grey’s Laftspiegel ist wohl auch eine andere- Erschei- nung nächstens verwandt, die ich bey meinen botanischen Zerglie- derungen oft gehabt habe. Wenn man nämlich einen Gegenstand in den Brennpunct eines Handmikroskops hält, das kein gar zu en- ges Feld, und etwa $ Zoll Brennweite hat, vor demselben Brenn- puncte aber eine Nadel anbringt, so sieht man, wenn diese Nadel dem Mikroskope nahe ist, jenen Theil von ihr gar nicht, der den Gegenstand eigentlich bedecken sollte, den übrigen Theil aber hin- ter dem Gegenstande. Doch geht diese Erscheinung bey gemeinen Suchgläsern nicht an, Es ist nicht schwer, die Ursache dieser Erscheinungen einzu- sehen. Da bey einem solehen Mikroskope die Nadel den Gegen- stand, der noch immer weit genug von ihr entfernt ist, nicht hin- länglich verdeckt, sie selbft aber zu ferne diesseits des Brennpunc- _ tes zurück ist, so sieht mar den Theil derselben, welcher zwischen dem Gegenstande und dem Objectivglase ist, verglichen mit dem sehr deutlichen Gegenstande, so gut als gar nicht; den übrigen Theil aber, der über den verglichenen Gegenstand hinaus ist, sieht man zwar, weil er von keinem deutlichern Gegenstande verdrängt wird; aber, weil er nicht im Brennpuncte ist, undeutlich. Nun wissen wir aus der Uebung, dafs Gegenstände, die wir nicht deutlich se- hen, weiter entfernt seyen, als die, die wir deutlich sehen. Wir setzen daher in unsern Gedanken diesen Nadeltheil über den Brenn- punet hinaus, also hinter den Gegenstand ‚ und diefs um so mehr, weil wir seine Verlängerung, den bedeckenden Theil, ohne über- legte Betrachtung gar nicht einmal gewahren. Viel- nn ae Zr a gi I Vielleicht wäre es überhaupt kein unverdienstliches Werk, ' wenn Jemand sich die Mühe gäbe, die optischen Täuschungen des Mikroskops zu sammeln und zu erklären. Gewifs würden dadurch manche Milsgritfe der Beobachter, welche sehr gewöhnlich mit den Gesetzen der Optik und Katoptrik nicht hinlänglich vertraut sind, vermieden. Ich habe dergleichen Erscheinungen in Menge gehabt, aber nichts aufgezeichnet. Zufrieden, die Täuschung verbessert zu haben, verfolgte ich nur den Hauptgegenstand meiner Beobachtungen. XV. De Altitudine Speculae astronomicae regiae, quae prope Monachium est, supra mare internum , quam mille quingentis Observationibus a se habitis atque ad caleulos rerocatis mensus est CAroLus FeEeLıx SEYFFER Commentatio lecta in Consessu academico Idibus Augusti eo DECC VI. = Observationes. a m m Mensis. Dies. Hora. se Mensis. | Dies. Hora. a. j Janua- — 1. |Vefp. 1.1323, o | Janua- | 9 9. |matut, 7.1319, 3. rius. HE 323, rius | 5 10. 319, .3- h 3. |Matut. 8.|32r, N © ir. |vefp. 1.320, ©. v. 6.1320, 2. m. 7.320, 7 © 4. Im. 9.1318, 6. G ım | 7.1319, 9 319, ©. Yv 2.1319, 0: GG 3 9.1320, 4 _ 6.1318, 4: v. 3.1321, _ 3. d 12. 314, ©. d 6. Im. 9.1322, 5. m. 11.314, 9 8 7. |merid.rz2. nn 7 314; 4 v. z1.j321, 27. P 313, 5 4 8m. 74. I219, 8. 8 14. |v. 1.1315, 6. |320, 2. 316, 8. 323 1807. Observationes. ‚ Mensis. | Dies. | Hora. | Altitudo | Mensis. | Dies. | Hora. Ar Altitudo |f observata, observata. Janua- | 2} 15. |Matut.ıo. 318, 6, Janua- 2} 29. |Matut. 9. 320,’ 9. rıus. Mrd. ı2. 319, 0. rıus. — 11, 321, °. 319, Vefp. : 329, 2. 2.16 Im. 74.1313, 1. — ii 0. a BAT, 1 9 30. |m. 8.1317, ©. h ı7. Im. inlarg,. & mrd. 12.1319, 2 Yv. 10.316, 7. h 31. — 12.1316, &. © 18. Imrd. 12.131 F Sr 8 An . Februa-| © ı. |m. 7.312, © h ir . EN rius. mrd. 12.313, 6. v. 9.314, 2 ee alas, a d. 20. |m. 93.310, 8. zL a. ala 5 g 8 ar |— 9.1310, 15. DIES. 12R1 ' f dc Slim, 7.1307, 7: _ 10. 310, 5 311308, F mrd 12.10, 3 r “. x A Y. 10.308, 3. 8 .- = 9%: A 2 4 22. Imrd. 12.1312, - 0. 4 sh N Aa, 1 a BERN Er- Fe gi; 7« 9 23. |m. 9.1312, 0. Br on a mrd. 12.1312, 5. Velo ze | v 2. 312, fa)! v. 10.1314, 7 j h 24 |m. "9.1316, 5 © 8. |m. 9- Ach 2 mrd. 12.1317, 2. »E 7 R f Ri 2 v. 41318, 4 gr n an ri © 25. Im. 94.320, 8. 9.7 [el 9- 3 5 Fi |r- 11.1321, 6. m 4 A ’ { G 26. m. g}.l3aa, 3. a Eier Ki .138 d ıo. |m. 9.1913, 85. rn ee 4 v 1.1314 1 j d‘ 27. |m. 81321, 4 i 13 hi mrd. 12.1321, ı. irgt 4.914, 9 media — 1.917, 2% nocte 12.1320, 5. 8 11. m. 83.317, 4. 3 28. im. 8.1321, 4. v. 1.316, 85. mrd. 12.321, . 8. m.n. ln, 9. ve Fa az Na 2% 12. |m, 10.320, 45. — n1.l321, $&. v. 1.1320, ©. — 103.322, ı, 314 1807. Observationes. 2 | Mensis, | Dies. | Hora, | Altitndo || Mensis, Dies. Hora, | Altitudo ! observata, observata. en Fler Vefp. ı 1.321, rius, 10./315, 7.321, 11.315, 4. 322, ver 11.315, 11.322, 8.1316, 8.322, v 8. 317, 6.1321, m. 8.1319, n. 12.320, mrd, 12.319, v 11.321, h 1% > 8 27 © 19. h 28. or m@o299 7.1920, 10.320, Februa- | 9 13. Matut. 8. 222,“ 7.|| Februa-| 2} 26. |Matut. 2.1316, 0. d ar I 7.1317, ET EEE Martius. | © ı. |— 5.322, 5 — .10.[3175 @ 2. m. 8.9205 — Bu aaa 9.312, Y. 6.1321, 6. Iv 5.310, d 3. Im. 8.1318, 0. — I0.|310, Ei 11.1319, 5» 2, 19. Im. 312, 2 3 4. |mrd. 12.1315, &. mrd. 12.1313, Oo. = 10.1313, 8. v 10.315, 75. 4 5 3ı2, 2. 9 20. |m 9.1319, 3 2 6. Im. 8.1313, 9. mrd. 12.1319, 8. v. 1.1314, 5 Y 4. 319, 8, — 6. h 21. |m. 11.317, 6. 5 Im. 9. v. 1.1316, 9. i v 6. —_ 9.317, 4 . en 75. © 22. |v. 1.318, 4 oo 8 ı. _ 7.\317, 49. 6. D- 9. 316, 9. @ N I @ 23. |m. 10.315, 7 3 3. 2.816, 7 ET: 3 d 2%. |m. 94.1317, 7 8 12% 4 v 11.318, 4 24:12. 2» y 35 318, 7. 2 13. | mrd. 12.1318, 4 I. v 1.317, 9 4. ag 4.1317, 2. u 144 & 30,16 © 45 315 RR . 1807. Observationes. | Mensis. Dies. Hora. | Altitndo | Mensis. | Dies, | Hora. | Altitudo Zi lobservata. | observata. Martius, 16. |Matut. 8.1315, 5. || Aprilis. | 9 u: |Matut. 9. 313, 5. m. Yındıd, 8. Velp. 1.313, 3: Vefp. 11.1314, 4. 4, 2 |m, 9.313, 2. 7”. |m. 6.1813, ' ©) „ wor zir0l'324, 8. _ 10.312, 9% oO | — 3/320,, © Yv. 3.1312, . 4. G til 8.319, 4 18. |m. 6.314, #. d 7. |mrd. 12.319, ı u. Aldi, *B4 v. 8.318, .6. mrd. 12.315, 69. 8 8. Im. 8.319, 4% 19: Im. 11.316, 9. — 116.319, 8. v.“ 11.318, 0. - ve 2.319, 6. 20. |m. 9.319, 3 4 9 |m. 10.321, 2% v. 11.319, ° 9. v 1.320, | 21. !m. 9.319, 9 —_ 9.1320, 2 22. |— 9.1321; 4 9 10. = 7.319, h v. 10.1321, 9 v 2.1318, 6. | 23. |m. 6.1321, 8. _ 51.1318, o.| | v. 6.322, © — .. 84318, 0. 24. |m. 6.1321, 9 h ıı. |m. 6.1317, - 9. 25.|— 8319, 4 0 We 1.1317, 49. 1 10.1319, 6. —_ 6.1316, 7. vw. 70.1318, 8 © 12. |m. 8.3195, © 26. |m. 8.1318, 0, en IT, 27. 1— 8.1316, 5) "ımrd. 12.315, 28 |— 9.1313, 75. \ Y. 9.1314, 6. ug 9.1314, 1: G 13. |m. 8.314, I 29. |m. 8.1312, 8 EP a L v. 1.312, u m. 4.1313, 4- _ 3.1312, 0 ir I 453.1312, 7 30, Im. 10.1313, 1. d I4- Im. 8.'3ı1, 5. Y. 5.1313, Y. 2.312, 4% _ 11.1313, 4 En 9.1312, 4 31. |m. 10.314, ı 3 15. m. 9. 310, = \ vr 4.1308, 4 | — . 20.307, % "316 ; ? bir: \ h 2807. _, Observationes. 203 | Mensis, | Dies. Hora. | Alitudo Mensis. | Dies. -| Hora. | Altitudo obsrevata. observata. Aprilis. | 2} 26. |Matut. 5.308,43. Apnilis. | © 26. |Matut. 6. 320, 9. h 25. |m. 7.1319, - — 10.1319, v 4.1315, 8. _ 01315, @ m, m4.313,. 69. — 98.1313, 88. mrd, 12.314, 1 . m. 4.1939 & mrd. 12.319, v. 4319, — 4.319, sr 6.3 19, —_ a vo Fuss rB mr 9.17. ‚|mrd. 1211312, 1. — 93. 321, Velp. 10.1313, o. / |Vefp. 3. [32r, 2 h ı86. Im, 6.1313, 4 @ 27. |mrd. ‘12.321, 8. — 84.1313, 9. Y. 6.1321, 2. v. 10.315, 0. d 28. |m. 11.320, 48.| © 19 |m. “48.315, 3 Y% 3.1319, 7 i v. in 3. —. "aalldıg, 9 — 10.315, 6. 2, Iag: Im. 74.1319, 9. @ 20. m. 7.1315, 8 2 mxd. '12.1319, 9-| — 8.1315, 8. v. 3.1319, 6 v. 101.316, 9% I 5.1319, 5 d 2er |m. _8l3ım, = 2 30. |m. 11.319, 9 Yv 3.1317, 7 — 104.318, 05.||; Maus | @_ ı.. |— 21.318, * 7. 3 22. |m. Hlaıe, 8 h 2 |v 10.1318, 2. —_ 8.1318, 1. ©. 3. Im. 7.1318, 0. v. 34.1317, .&. r We. 6.316, © _ 9.318, 2. G 4 |m. 6.1316, 55. 4 23. Im. 11.319, 35 ae 4 7315, % v. 3.319, © mrd. 12.314, 4 | ne 6.1318, 7 8 6. |m. 9. 3ı 1, 5.1 - | ee 11. 319, 0. | m... 104.|311, 25, : 2 24. ım. 7.319, v. 6.312, 3 — 111.319, % 7.-|m. 9.312, 4 | v. 3.1319, m. n. 12.319, 9. | ul 2 8 |v 10.317, . 7% | a I. 319, h 9. |m. 6. 317, 3 | — 81.317, 0 | | —— 317 1809. Observationes ih f Altitudo ; ; Altitudo Mensis. | Dies. Hora. Tue | Mensie. | Diap Bam. ‚|observate, Majus, | @ a1. |Velp. 3. 317,65. || Majus. | © 24. |Velp. 10. 319,00. — , 103. 3ıg, 25. @. 25. |Matut. 63.1318, d ı2. Im. 6.319, 3 a .dlsz|v 9.318, -I— 104.319, 1. d 26. m. 10.318, £ i ‚|Mrd. 12.1318, 45. m v 3.1317, % 3... 101.437, 2 — 10.319, 2} 14. Im, 6.1317, 5. 9 27. Im 9.1319; — 84.1318, 0. 4 28. |— 7.1319, mrd, 12.318, 3. 2 29 |— 6.1315, v. 20.1318; 9. v 7.314, 2 15m 53, m ’ — 11döıd, h 16. Im. 731% 9. 5 30. |— 4.316, mrd. ı2.|320, 0b. — 7.316, v. 54.1320, 2% I — 114318, sm 6. =. © 3ı. Im. 8.1320, — 10.320, 9 v „3 19; © ı7.. m 6.320, 5 — 104.319, m 11.1320, 65. 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I— 14.|320, 8 10. |mrd. ı2. 321, 35. —_ 11.1320, v 11.322, 38. 20. |m. 43.1319, 2} ı1. Im. 8.1322, 3. _ 9.1319, Vv. 1.1322, 0. Y. 1.1319, - —_ 3.1321; 75. m, 6.1319, — 11.331, 2. _ 8.319, 2 ı2. |m. 7.320, 65. — , 10.319, v 7.320, 19. \ aı. Im. z0.l32ı, = 104. 320, 15. mrd. 12.32 1, h- ı3. Im. 6.1320, 1. ve 8.321, Mu 9.320, 55. 22 |m, 7.1320, mrd. 12,320, 8. v. 5.1319, v. 6.321, 0. — 53.319, — 8.1221, 0. = 10.1319, © ı4. Im. 8.1321, ı. ’23. Im, 7.1317; mrd. 12.1320, 74. v 8.1319, m.n. 12,520, 1. 1 FR08 3805 @ 15 |m. 7.319, 85. 24- |m.- 83.1319, — 941319, 85. mrd. 12.1319, ı v 3,1319, mo. Vv 10.1318, _ 5319, 10. 25. |m. 6.318, —_ 10.1318, 9 — 103.318, d ı6. Imrd. ten 37. mrd, ira sh Julius, 1807. Mensis. | Dies. | Hora. s@ 28. 29: 30: Observationes. Altitudo observata. Velp. 4.1318, 8, — 11.1318, Matut. 7.1318, mrd. 12.317, v. 534317, — 10./317, m. 4.1317, — 11.317, Iv. 6.1318, _ 8.1318, m. 9.1318, mrd. 12.1318, m. . 63.1317, mrd. 12.317, v. 11.316, m. 6.1315, 7. 8.1315, m. 8.1316, v. 8.316, _ 3347, ya 8. 37, m. 10.318, v. 7.1318, m. 74/319, mrd. 12.1319, v. 4.1318, — 11.319, 11.319, v. 10%1318, m. 5,1317, _ 8.1318, mrd, 12.319, v. 8. 320, TE 92.920, 6. 25. © x © INDE [9>} ar N a SS Or Bi [23 | Mensis. | Dies. | Hora. a0=+ X a oa # u il, 12. 13. Ik 15. 16. 21. 319 Matut. 6.320,‘ 8. 321, 320, 320, 1.1320, 7.319, 11.1319, 10, Velp. 7. 6. I} - 10] SEI IFBRETIFBLADLSIERTBITSERTASTRSE Altitudo \ohservata. 2.9.8 „ [e-] Pau hBo [6] 3 a bi. Nm - pw Kappen 320 1807. ‚Observationes. U ——— 2 - — 4 Mensis, | Dies, Hora. Altitudo Mensis, Dies. | Hora. Altinudo | observata, observata.li en nn Julius. | $ 22. |Matut,1$.328,‘ Augustus.) 4 6. 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Dies. | Hora. rn 4 Augustus. ) 8. |Vefp. 3.318,95. || Augustus.| d a1. j|Maätut. 5.328,85. _ 4. 318, 90 _ 6.319, © — 5.1318, 9 —_ 7.319, ı - 6lg, 8. — lg, 0 _ „31, 84. —_ 9.319, ı © 9. |Matut, 6.1318, 3 — 10.319, — 7.318, 0 — 11.319, 05. — 8.1318, o mrd. 12.319, 0S. _ 9.1318, 95. v. 1.1318, 99. —. 20.318, 905. _ 2.318, 80. — 121.318, 7. —_ 3.1318, 75 mrd. 12.1318, 6. —_ 4.318, 50. v 1.1318, 5 _ 5.1318, 60. _ 2.1318, _ 3. —_ 6.318, 6. — 3.4318, 19. _ 7.318,. 6. —_ 4.1317, 9 ? —_ 8318, 6. — 5.1317, 9 $ ı2, |m. 7.1317, 0. — 6.1317, 9 —_ 8.1317, ol — 7.1317, 9 — 11d318, 2 @ 10, .|m. 6.1318, 6. mrd. 12.1318, 15. —_ 7.318, 55. v 2.1318, ı5 —_ 8.1318, 5. y — 2.318, ı5 En 9.1318, 35. - — 10.4318, 1. » — — 11.318, 09. .l— mrd. 12.317, 8. — v. 1.1327,6199. — 2.1317, 8. 4 ı3,.|m _ 3.1317, 3. —_ — 4 317, 24. ei —_ 54317, 6. _ — 6.1318, 0. je — „41318, 2. - —_ 8.1318, 35. ha. 322 1807. Observationes. Mensis. Dies. Hora. | Altitudo Mensis, Dies. | Hora. Altitudo lobservata. observata. 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Altitudo | observata, j observata.l en N EEE iiber | Februa- © 7. jmatut, 9. 318, 9. | Februa- | d' 23. |velp. 10.329,05. ©, nn vefp. 71.329, 35. || us. 8 24. \matut. 7.319, 15. @ 8 m, 201.318, 5. 4 25, — 7.)922, -8. —_ 113.318, 1. — 11323, ı5, v. 8316, 7. \ vw 114.|323,. 35, d 9% Im. 41314, 6. \ 9 26. |m. 7.1322, 5, — 103.314, 8. — 8.1322, 5, Y. 123.314, 8. vr 8.1320, 8. 3 10. |— 6. 317, 1, h 27. Im, 71319, 5 4 ı,, |— 2317, 9 — Bl, — 10.1316, 4- © 28, |m 7.319, 5 | | 2 ı2. m. Alsıd,. 0 v 34.1351, 7. | v. elDrI,. Del — 113./318, 95. h 13. |m, 94.310, 7 @ 29. Im, 9.1315, _&, v 9.1312, 95. Yv. 4.1318, 3 | © 1. |m. 8.1314, 73. —, 64.1318, 3 | v. iaxb, .; I F @ ı3. |m. 81.317, 4.|| Marti, | d ı. m. 7.320, 05. g- 16, |— 8.316, v 43.321, 5. = 7.315, 0. 5 IE 11.3921, 3. | m ia 7.316, - 5. 9 2m m.j3a, 3 | Inrdı ei, 7. Br 9.1321, ©, | 4 18. 9. 314, 45. 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Dies. | Hora. | Altitude observata, \observata. matut. 7. 319, mrd, 12.319, 54.1319, 8.1318, «1318, .1317, .1317, 3ı7, 317, 317; 317, (317, .1317; .1317, 1317, 1317, 74.1316, 104.|316, 5.1316, 93-1317, 8.1318. 13.1319, 54.1320, 63-1320, 6.|321, 8.1319, 3.1319, 1.1319, 3.1319, „.\318, 114.319, 10.1319, 8.1320, 11.1320, - [=] - Ba ee le im on Sane m - {=} ui Julius. |@ zı. a 2. en rn n d x HC » 12, 13 14. 15. 19. 20. 2I. mal. 113.321, o. Y. 11.1321, 25. m, 7.3215 9 74-221, 88. 143-1321, 8 9.1321, 49. 17.1321, 2. 53.1320, 9. 79. 1 1 2 3.1320, 9.1326, Ss 2 ı 45- 63.1320, 1. 21.319, 8 43-319, 49. 74-1319, 35. 11.1319, 25. 64.1318, 65. 64.1318, 9. 123.319, 05. 05. 2. 7.1319; 93-319, 45 5.1319, ‚6. 44.1319, 65. 1.1319, 7% 44.1319, 35. 6.1319, 4 1.1318, 8 -3.1318; © 10.1318, 55. 104.1318, 2. 6.1318, 0 94.1318, 07. 9.317, 9 8 G ie m v m v m v. m v — 105.319, m. v m v m v m v m v 1.1317, 334 Er 1808. Observationes. | Mensis. | Dies. Hora. ee | Mensis, | Dies. Hora. Ka Julius. | 4 21. |vefp- 4.1317,65.|| Julius. | $ 27. |matut. 8.318,35. —_ 6211378, 73.3 — 12.318, 24 — 7.1317, 65. vefp. 13-317, 75: — 10.317, 6. — 3.1317, 5. 9 22. Imatut.ı1.|318, 2. — 10.316, 4%. 4 v. 1.1318, ı. 4 28. |m. 8.37, 4 — 10.318, 4 v. 12$.317, 35 h 23. |m. 7.1318, 8. —_ 4. 316, 85. merd. 12.318, 85. — 103.316, 9. v. 4.1318, 2. Q 29. Im. 9.316, 8. — 20.318, ı. mrd. 12.316, 7. © 24- Im. 6.1319, 1. vw. 742317, 0, — 8.319, 5. — 943m, ı5. 11.1319, 45. h 30. Im. 9.317, 7. v. 20.318, 2. — Aidzım, 8 @ 25. |m. 882.|318, 5. v 3.1317, 95. mrd. 12.1318, 6. — 63.1318, 05.1 v. 51.1318, 54. — 10.318, 25 — 10.318, 45. © 31. |m. 52.l218, 05. d 26. Im. 7.1318, 6. v. 121.318, - 0. v.' 124.318, 7. — 12-3517, m — nl, 9. — 6.1317 95 — 103.1328, 6. Alti- zen Altitudinum observatarum maxima et minima. Numerus Altitudo Mensis. Observyatio- — num. maxima. | minima. ı807. i BaHBARmIB. u.000, 02 „Al: 66. 323,60. | 308,”’3o Bebruarius;” . ; .ı93. "9. 72. 322, 70. ! 307, 70 MEatuins- “cu en tig, 58. 322, 50. | 311, 40 Aprilis. MEET: 83: 321, go. | 307, 30 EB. zes "are (OR 71. 320, 90. | 311, 25 Junius. -. . 2°: 010. 30. 101. 322, 3. | 315 5 Ki ee uns un: 68. 321, 0. | 316, 25 Augustus: . .. „ig ah 181. 320, 35. | 316, oo | September. .,. 21. 25. 76. 320, 4o. | 313, 50 Detobers”v,,, a) ag 47: | 322, 30. | 308, 70. November. . . . ‘1. 20. 77: 319, 60. | z11, 68. December. . . . 20. 8. 59- 321, 85. | 310, 6o. ı808. Januarius. era 7a 323, 72. | 311, 20. Februarius. . .. 25. .ı2. 66. 323, 35- |-31ı, 3. Martius. RER, REN Zah 321, 90. | 314, 4% Aprilis. te ieerTO Aaz 72. 321, .» |gı23, 97 Tb ei re 64. 322, 2. |,314,..2. 117 BRRDERERRESE ART, MIRNY, 7 76. 320, 4. | 316, 08. Julius 5 ine lten: 117. 321, 85. | 316, 4o. Summa altitudinum obseryatarım = 476765, gı5. Altitudo omnium media: = 317,‘ 84 = 26,” 05, 84 pedis Parisiensis olim regie _ metrorum = 0, 71699299. 336 \ Deinus mille quingentis observationibus enumeratis e re erit mo- nere, omnes altitudines praecellenti barometro ab Anglo Ramsden, omnium machinatorum principe, affabre facto a me fuisse observa- tas. Machinae fwit id genus, quod Galli Baromöätre & reservoir ap- pellant, in quo fistula vitrea reeta in latiorem fundum se insinuans natante.induta receptaculum format. Locorum positiones ad sphaeram terrae relatae, latitudines nempe ac longitudines geographicae , duabus coordinatis absolvuntur. Loca inde super terrae sphaeram projeeta quidem recte definiuntur, sed tertiam insuper coordinatam, quae supra illerum sectionem or- bium sit ad perpendiculum, qua loca non solum projecta, sed et projecta m altum mensus fueris, haud ambigi potest desiderari. Ex quo igitur summi aetatis nostrae geometrae percelebratum super hac re consilium mihi innotuit, hanc tertiiam coordinatam per Bojoariae regnum protendere positionibus astronomicis haud paryam accessio- nem faeturus aniımo constitui. Plures enim a munificentissimorum procliviorumque ad scien- tias animorum et Augusüssimi Resıs et Ejus unrus, qui Recı est asecretis princeps et optimus et nomine et re ex cellentissimus, liberalitate per totam Bojoariam ita constitutae observandi ergo stationes regni faciem, stäturam et rultum, vallium flexus et spiras, miontium porrectionem, aequora et proclivitatem, omaium denique tractuum politam et vere expressam ostenderint ef- figiem. Ad speculam quidem regiam, quae astris suspieiendis inser- vit, tanguam ad centrum, omnium locorum altitudines referri atque eum ipsius situ poterunt comparari. Ad hune igitur finem observa- tiones a me habitae, initiis in specula regia posilis, quas recensui, omnes referendae sunt. Em earum caleulos et conclusionem, ex quibus Monachü situs supra maris interni aequora conlicitur. Obser- 337 Obseryationes, quas habuerunt viri illustres, Shuckburgh, _ Chiminello, Toaldo, Hapel et Fleuriau de Bellevue, ne- cessarie mihi cogere videntur, altitudinem mediam Barometri juxta planiciem maris positi aequalem esse = 0,7629 metris, Quibus recte positis, praeeunte numero densitatis aöris et mercurü rationem codf- _ fieiente, quem celeberrimus Ramond ex sua montium Pyrenaeorum dimensione constituit, ratione habita temperationis mediae caloris juxta maris littus = + ı2%,8 ab ilkust. Shuckburgh observatae, “et ejusdem Monachü — -+ 109,425 a me constitutae, thermometris, quibus in centum partes aecquales divisis apud Gallos centigrades nomen est; vaporum insuper densitatem a@ris minuentium decessione facta; variationum denique ponderis a@ris et mercurü, ex latitudine geographica, sive, quod perinde est, ex longitudine penduli, con- versionis coeli stelliferi sextam octogesimam millesimam et quadrin- gentesimam partem oscillantis, pendentium, summa in rationem in- ducta, altitudo stationis Barometri Monachii ‚supra mare internum effcitur aequalis — 515,178 metris, = _ , 1585,947 pedibus olim Gallicis = + — 1765,159 pedibus Bojoaricis. Primum comparatione facta obserrationum mearum cum iis- dem Mediolani in specula astronomica Brerae a maxime illustribus astronomis Orianı et Gesaris habitis, qui mediam alütudinem ibidem —= 0,75147035 metris et caloris temperationem mediam = + 120,95803 aequarant, prodit altitudo Monachi supra Me- diolanum : - f = 309,00 metrisz at‘ per det. asttonomos Mediolani situs Supra mare efhecitur = 128,149 metris; Altitudo inde Monachi consequitur = 517,149 metris, 43 quae 338 ; ö quae quidem a nostra, quam supra constituimus, duos haud amplius metros differt. Barometri aeque ac temperationis caloris mediam altitudinem ex observationibus quatuor annorum Mediolani habitis (et recensitis in Effemeridi astronomiche di Milano calcolate da Francesco Carlini pergl' anni ı807. ı808.) derivavi. Compa- ratis iterum meis observationibus cum altitudine media — 0 m,755 1612735 temperationeque media caloris — + 110,423, quae ex observationi- bus a maxime illustri astronomo Bouvard in specula Caesaris Pa- risiensi annis 8. 9. 10. 11. ı2. ı3. habitis (quarum recensio videre est in Connoissance des tems pour lan XII. XIII XIV. XV. 1808. 1809. collegi, iterum prodit altitudo Monackii supra libramen Speculae Parisiensis” — 435,11859 metris; at Specula Caesaris supra mediam Sequa- nae altitudinem assurgit (Connoissance de tems ı808. 1809.) ; 45, © metros. Sed cum media Sequanä Parisiis ad nume- rum ı3. antiquae mensurae pontis Regü assurgens, sit alta supra oceanum 38,0062ı metros. (vid. Journal de physique Fevr. 1808. p. ı26.) Altitudo inde Monachii: 518, 1248 metrorum . colligitur, haud tres metros, novem scripulis minus, a nostra di- _scedens. y Aequata tertium cum nostris observationibus altitudine media Genevae ab acutissimo Saussur.e solertissime obseryata — 26.10, ı _ mensurae olim Parisinae — 0” ,726602 -- temperatione caloris me- dia = + ı2°%,0 (Journal de physique Fevr. ı868. p. 127. Biot astronomie I. p. 144.) prodit celsitas Monachii supra Genevam: 108,709 metrorum, sed 339 sed Geneva supra Speculam Parisiensem: + 326,m 630 Specula Caesaris vero supra Sequanam: + 45,” 000 at Sequana supra mare + 38,” 006 Ex quibus infertur, Barometrum - = - 518,345 metrog « Monachi supra mare altum fuisse. Quae quidem altitudo ex Genevae obseryationibus illata ab illa, quam supra directo constitueram , ultra tres metros duobus tantum Sicilieis differt. " En! vero et mearum et Genevensium et Parisiensium et Mediolanersium obseryationum concentus mirabilis! ” Stationem igitur Barometri Monachii, cum et satis numero-, sas et apprime solertes fuisse observationes probayerim, supra mare internum 515,178 metros altum certo assumpseris. At Barometrum Monachii supra plateae ad aedes Virginis, juxta turrem septentrionalem, pavimentum fuit suspensum 7,297 metros; Payimentum vero, ubi turris assurgit, suüpra Isari, ubi per pon- tem lapideum praecipitat, altitudinem mediam (adhibita quidem inde a turre virginis ad Speculam astronomicam usque dioptra ad perpendiculum , quam ab aequore sive finiente nominant) invenie- batur 3,793 metros altum. Sed cum per eandem dioptram ad perpendiculum Speeula Regia coelo suspiciendo inserviens supra Isari medias aquas 2ı, 604 metros ® 43 ? ascen- 840 ” ‘ : ascendat, deduetis calculis, altitudinem speculae regiae: astronomi- cae, quae juxta Monachium est, supra maris interni aguorr 525,692 metris, sive $: 1618,314 pedibus olim Parisiensibus ud = ü sive 1801,184 pedibus Bojoaricis aegualem esse concluditur. u XVL Super Longitudine geographica Speculae astronomicae Regiae, quae Monachii est, ex occultationibus siderum inerrantium a se obseryatis et ad caleulos reyocatis ik primum definita a CARoLo ' FELIıCı SEYFFER Commentatio prior lecta in consessu academico I. Nonarum Septembris cIo DCCC VII. ” Inest occulatio #? cancri, en Augustissimus Rex Maxımızıanus Josernus speculam astronomicam in agro prope Ramersdorf a me electo construi apud ‚se consituisset, eodem in loco speculam parvam, a principi specula 30 passus versüs occidentem distantem, quae interim, usque dum specula princeps constructa fuerit, obseryationibus inseryire- possit, erigi decrevit. Quo quidem aedificio 23. Decembris ı804 incepto, die >23. Juli 1805 ad finem perducto, fundamentisque marmoreis circuli asiro- 342 . astronomici repetitoris, tubi culminatorii meridiani (inscriptione sub- ter basin circuli in camera lateritia recondita) circuli azimuthalis et quinque horologiorum pendulorum (quorum guatuor frigoris caloris- que eflectus compensant)) ita jactis, ut instrumenta, corumque fun- damenta marmorea 5 pedum subter terram eximie firmata, neque trabium concamerationem, neque totius aedıificıi fabricam ullo puncto contingerent , ideoque, quaecumque fuerit aedifici tempestatisque mutatio, ne minimam inde variationem experiri possent, instrumentis ad amussim correctis exacteque positis, observationes orsus sum, quarum omnium praecipuas, quae ad positionem speculae geogra- phicam faciunt, et quidem occultationes siderum inerrantium a me observatas et ad calculos revocatas primum edere e re erit. u Quodcumque vero et aedıficii excellens positio, circulo aspe- etum nostrum finiente quaquayersus amplissimo, et instrumentorum eximia supellex ad sublimis astrorum scientiae augmenta effecerint, ad Augu stissimum Regem, ad Uraniae protectorem de Mont- gelas, Regi a Secretis principem, optumum, tamquam liberalissimo- rum animorum documentum pie et grate referet Urania. . 343 Occultatio 2* cancri tubo achromatico Dollondii 273'% augente a me obseryata ı806 Decembris 27°. Immersio ı7.h 46.' 64 . - r 37 gr 46. 43 ; ; tempore soları medie. Emersio ı8h 37. 36,2 Coelum apprime serenum, observyalio exacta. Immersio computata. u u ze Monachii. - Locus solis. 1806. 27mo Dee. 17.h 46# 47,64 temp. med. — 28vo Dec. 5.h 9.’ 41,04. temp. med. ciy. Parisino. | Longitudo © Perigeum. Äegq. secul. ner erg EM u 0508, 1806. Me 839 344|278|154,836 733 28vo Dec. |11.25. 49. 07, ı 01.01, 30]|101]225/989/606 526) 83 546!230) 34| 5 Lg.med.© | 9.05.45. 50,8 |g. 09. 36. 16,33 |940)569|267|760|362)816,580[283 5h- -| - 12. 19,2 |g. 05. 58. 33,90 20—Corr.A. Ming - ROT a, abe lee ———|11.2622,293 01947 596 2681463 362/816!580|28 [0) 95.050.58-33°,90 11. 26,371 Anom. med. Aeq.Cent. |11.29. 51. 47,31 3 ME IR, 3 Fan Obliquitas Eclipticae. EEE. 2 a ea Te eg ee eh N }, c ea I. Er 10.8 Obliquitas med. ıg00 = 23°. 27.‘ 57,00 B. D. - -| = = - 07,47| 6,994 anni = 6,994 X. 0,521 - - — 03, 64 x = all 5 12,43 NH. 9 A Me I a a REN Nut. © - Sale en lAberr. ®-| - - — 0,33) Obliquitas apparens Eclipt. = 23°. 27‘, 50,98 ——| Longitudo vera © = - - 275. 5ı. 19, 87 ne vera © |95.05°.51°19,"87 Longitudo med. © = - - 275. 58. 5ı, 54 © 9 09. 58.33,90| Anom. media © = ııs. 269.22. 17,97 Nut. @ -.. 17,64] X | Motus horarius ad long. relatus —02. 32,’‘g Lg. med. ©!95.05°.58°.51%,54 Emer- 344 210, Emersio computata. Monachü. mr s Locus sohs. er‘ „mo Dec. ı8.h 37.‘36,“2 temp. med. — 28v0 Dec. 6b o. 30, 77 temp. Parisino medio. 1806. Longit. med. @| Perigeum, M.|A. |» C. |D. |E. u N. 28v0 Dec. |95.05%.45°.30,8| 95.09°.36°.16,”331940 569136-1+60 362|1816/580 283 Gh. - - 1%. 41 9. 06. 06. 00. 39, 10 Fa A. 3 2 =. -7.=..03, 211226.- 24. 22,77 - 06. 00.39; Folır.26. 24, 379 +29, 51.571,58) ı1. ar. 406 Anom. mel. © — 0,05 EB Es FE ie n EP ndbr 2 Te ——n 0,20 2 16,8 07,47 12,43} ° 0,93 17,64 0,20 — 0,33 95.05°.53°29,°32 | o 9. 06. 0.39, 10| -ı- - 17, 64 —— Lg. med. © |95.06°.0°. 56,74 > Im- 345 Immersio computata. Immersio Monachii. Locus Lunae. 1806. 27mo Dec. 17h .46°,47,64 temp. med. astr. = 2gvoDec.5h .gX.4117,64 temp. Paris. civ. Argg. Long. med. @ Anom, med, Argg. Suppl. Nodi. Aeq.secul.| - - - 210,30) - - - 44,8 Te; 1806. 15,219.42°.30°°,00|105.02°.10°.23°°,6 25. 22°, 47°.24'',0 28v0oDeec. | 2. ı6. 40. 44, 70| x. 06. 27.43, | 0. 19. 07. 0,8 . 2.2. 39.7 EA: ec ir 01,2 - - - - - 0, 5.h 0.02, 44. 42, 30| ©. 02. 44. 18, - - 04.96, 90| - - 045% ESTER 7 Meg u 7 RO R 4. 12.13. 26,64 |r1. 11. 27. 26, 9 9. 05. 52. 19,87 | - - - = = 7. 05. 22.-06,77 | Aequat, long. - NXVvI [3 1. 34.573 A... Slır.. 12.1,27.,96, aeg. A. |ıı. 28. 01. 26,0 21. 26. 22. 17,97 |'-- 09.12.43”,3]| 24. aeg. | 0. 03. 23. 41, 78 95 Al ==! = se = "=, 14,0 2 —— — Rn 1021992. 01 SEE 71955 LRV. 11. ı2. 52. 34,1 6.16.49 - - |=- - - 08,2] XXVI. |7. 04. 46. 38, 7:33.55 - -|-- - 01.21,5| xXVil. |4. 03. 21. 23.4) 2. 29.17 = - |=- 2. 53.29, gl XRVEL | 7. 23. 05. 48,3 VII. 340% 221. tler a eh, —i VI. 4 06.22 - - |-- - - 01, 3| »4.aeg. | 0, 03. 23. Ar,2 2 11.15.05 - - |-- - = 4,8 a5ta - |1ı. 26. 0. 50,6 n 2.07. 097 = - | = - - 01.49 44 11.7 13, 26,6 XI. ee; 3 6 rel 4 | © X. 720.37 = -.|=- == 09,3 Ger iliA-. 204.39. 58; XI. 2.25.39 = -!f-- = 0904 21 abta- = | 9: 0m 22. 37,8 XIV. 3.02. 55 - = 1 7 on A I ee — XV. 1.38.34 - 1 --u. 2050 &@” 7 | 4. ı1. 50. 36,2 XVvI 1.35.50 4 442004 -.08, Il ozmasy-ı| - - - = 499 r XVM. 8.71.55 ° | s TE. 08,4] | a8varseilır. 29. 13, 38,8 XVO. |0o.17.46 - = |. =. - 02.23, 71 Nut.@ | -,- =» - 176 er 8. 11. 41 - - I|-- - -.06, 3 — — 7 F . X. 52.10.01 493 D-02016, A Vorl As: rt 69. LI a8. Ilm oh SR. ir XXH 8.) 35, 48>,= #12) 0 208, a * Cum Tabula Ilustris Delam- 8.8.4 11 Alb ETCE 2000: a a er bre ad sinus simplum sit con- XIV. - |x0) 05.54 2 SE Su AT 2 structa, aequationem XIXnam ad formulam ipsam celeberr. — > Bürg XVtam computaveris. a4. Aequat, =... 03,923. 41,2 Eı Alustris Triesneeken) formula — 8,8 sin. 2 Dist. GaN — 2 anom, med. G prodit aequatio — 05’,2- 346 Immersio computata. | Immersio Monachii. Locus Lunze. 5 Motus horar. Longitud. Argumenta Aequation. Imi Latitudinis. Latitudinis. ordinis, ordinis, Gr 48.11°.30°.36°,2 2 L -1? 190,031 V. 1 = 0,005 Aeq.27. |- - - 95 ID. -|-”0, 20|VIL! - | 0,037 eonst. |1T. 29. 20. IE | = E ’0, 065I®K... - 0,002 IV. -|- 0, 13X. - - 0,000 @# hear. 1% 25,7 . V. - | - 0, ıı)XL = 0,000 l. -197.23. 05. 48,4 |93°.56.28%,4 || VI- - | - ©, 64/XII. - | 0,000 Eee RZ ee RR a a a ER 6 RE AN A NE 0,5. -|-°o 58|XV. - | 0,000 EV. = | ar 30 99 => - 34,31% -|- 539%. - | 0,004 Ver ae BORN T 0,0 x: Ehe EIER - 0.001 ET ee ı13|XXV. 1,442 vum.-|6.13.56 - - |-.- 12, a] XIV. - |- 0, 34|XXVl. | 0,028 vum. |6.arıa : - |- - 05,0] XV. -|- © 14|XXVIE | 0,007 IR. - 15. 29. 0ı - - |---. 023,2 Ser - 0,05 ae Feen ee . ob. iTR PER 6.5| XV - 0, 02125bis - 0,05 2 0 ER 34 2 TEIL: = gi RX. -j- © 55lebbis - | 0,468 IT“ | Area ee ar o XXI. - 0, 01 27bis 5 0,000 XXIV. | - 0, 03|a8bis |—2,284 = IERWEHEP- 10,9 tern, “ 7 h Lat. =— 4°.09°. 11.o Parall. aequatorial. v.- 1-45, 93 Tiäi'ord.| Good | be £ Fe Aequat. 0’ 53,66 XXL |... XXV. 34.35, 38 : VI |- - 8%0|| z5bis - 05, 95 es Ge 3 XXVI: | - 56, ıı = = =. abbis - IO, 49 NT en ee, O3 I abi | - 1 08 En a MR En N Er ee ER a nf , nd RIVA 6 Imi ord. 36.53, 56 | Parallaxis |= 60°.19°,0 |Notushor\36-53; 47 hora sequenti. Semi Diam. | 16.27, 74 36.59, 65 hora praecedenti, — Emersio computata, Emersio Monachii, Locus Lunae, 317 rs 1806. 27mo Dec.18.h 37%, 36, 2 temp. med.astr. = 28v0 Dec. bh .o’. 30, 2.| ı8ob. Longit. med. @ 28v0 Dec, | 45.080,23°.25,o 6.h - - | - 03. 17.38, 8 30,27 - | = - -016,4 4 11. 41. 20,2 9. 05. 53. 29,8 7. 05. 47. 50,4 1. - - [ır. 26. 04. 22,0 I. - = |97.,0d2Ül12 -)- I. - - 17.09 23 - - IV. . = = 1400139, 43 -1 - I end rc 8 VW -'- [2.29 41 -'- a nn a 5 ee Ta WILL. D "= 1409.55 BB. He /IH BES BEA 0. -r XL 02,19. 12 XI. -|7. 20.17 = - Xu. -|2. 26. 05 - - RIVd -9|.3:03..39. =). XV: - I 2 19,55 = - KV» =- | 12.297 07. -. > VIE. =.1.3.303..05- 2 XV. 0. 17. 48 - - KIX. -|8 11. 41 - - XL, - | 5. ı7.=°- XXL; - 16.17.27 - - XXL -|8 25.50 - - XXUL - Iıı. 12.29 - - XXIYV. 10. 06. 19 - - ‘ 24 Aequationes 118 11. Anom, med. .08°.38°,51°,6 03. 15.58, 5 2427130, 3 11. 55. 06,4 Aequat. long. - \ [le 1 0 el a) Bee Ta 1 al To Bas) Ba Te L 7 7 „N 19 3 La u Te 1 DK Ic 7 Ih, 09. 12°.43°,1 u 18,9 SE 0,8 SR OB - 01. 21,5 o2. 53. 29,6 19:9 ae‘ 1, = 050,0 -1.016 90,0 E '03..13,0 Bude 70,3 - 05. 043 -. 01. 47% em 04,0 - .- 02,4 Zi > 03,4 - 01. 23.6 - - 06,3 ir rat Eur 0,8 BET 02,4 --- ,079 - - 17,1 03°.23°.41°,0 temp: med. eiv. Parisino. , mm mt 111g nn nn nn nn mm nn nn m [ ————— Supp]. Nodi. N. - - [3 A Fr "Aeg. A. |ır. 24 aequat.| O- XXV. - Ir. XXVI. - | 7- XXVI 4 XXVIN. | 7 I 24 aequat.) 0. adta - /11% @ 4. ‘ aba -| - @ |4 arm = - oBva „11. Nut. @ - ae’ 14 * 35.11054°.16,3 \ in . 1 Emersio computäta. Emersio Monachu. Locus Lunae. — -Argumenta Motus horarius longitud. Imi ordinis. Aequationes latitudinis. latitudinis. ||. @” | 45.120. 21%.48%,ıl . Itb= 0*.00",03 IY. - i 27ma „= .-.4199 IL - - 0,20VI. - 0,038 const. Jı1. 29. 20 - II. - - 0,05 IX. - 0,002 [ZZ pP 2 3 IV. - - 913 X, - 0,00 B 2 : 23. 3 =. 930.58%.09”,al| V- - -.0,12 XI. - 0,000 N En 11. 31,8] VI. - -. 0,66,XIL - | - 0,000 DM. - |7m. 27.13. - -- o,5| VII, - 0,01|XIY. - 0,000 TVo BR dr: Zeil je - -- 34,3] DR. - 0,58|XV. - |. 0,000 V. - [8.00.47 - par 1.1.00 -01,971XX. - | 0yo4 Ni, 9. 17. 5 g Pay 0,1 XI - - 01,64 v1. - 05001 vI.-)6. 1 26 ® e.j: 11,2 XIH. - 01,111XXV, 1,432 Vo. |6.21ı. 3 - - + 05,1] XIV. - -0,24/XX VI, 0,020 RX, - 15.29 57 - - 02,21] XV- - 9,14 XXV. 0,007 x. -|7.06.07 - - - 06,5] XVl. - 0,05IXXVIIL| 0,146 KT S 7. 24 12 Ri a3 01,0 XV - 0,03 oa5bis - 0,054 Sr usa - 2 139 IR. - 0,59]26bis - 0.468 - E XXL - w ambis - 0,000 Fan XXIV - 0,05|28bis - |— 2,28 Lat. = — 4°, 10.55“ vall. ei 4 a 4°. 10‘.55°,8 Parall. aequator XXV-H Ne: = E VL.-| -156 7 XXv. 581.574, RXV. | 34- 36.03 XXVL. | - = 36,8. | KRVL| 75544 eo is - | . -. 10,47 Aeg. min 08,0 XXYI kb bis - - 10,08 Parall. ; - 60. 19,3 | XXyII. - 10,18 Semi Diam.| - 16. 27,82]| pis - — 09,73 Tntord, |30,53°,22 | Ildi ord. Mot.hor. | Quorum quidem solis et Iunae elementorum caleuli subducti sunt ad perfectissimäs nostrae aetatis tabulas astronomicas: Tables astronomiques publiees par le Bu- resu des Longitudes de France. Delambre. Tables de la Lune, par M. Bürg ä& Paris 1806. 36 Bar hora sequenti. Premiere Partie. — 0,11 36.53,33 hora praecedenti. = ’ Tables du Soleil par M. a 349 18 Aberratio et Nutatio & a Cancri. AR med. 1800=131°. 534,02”. an.var.—-+49,26. °= 12°.37°.24”.var. =— 13,37 _6an.,99 x 49,20 = - = ++05%.44,3. — 13,37 x6an.,gg = — 01.33,4 ‚AR. med. 1800. 28v0 Dee. —ı310 58.493 = u - - - - 3 12°.351,50%,6 . -- z ———— ———— x Aberratio. Nutatio. Long. © = 98. 05°. 59‘. = 8818°.05° A u gg B= — 03 55 ®O+A—.= 143°. 13 N-+B —a= 1229.12 — “4 | AR © ma lg.a= - - 13o0b1.n. - - 1.3061.n In AR. In 3. log.cos. @+A—e=9.9051 log.sin=9g.7743 | lg. b — 08636: - - - 0.8636: C. log. cos &_ ==0.0106.n log.sin—9.3386 log.cos.Q-HB—u=9.7266.n 1og.sin=9.9274 1.2218 - - - 0o.4ı1g0.n log. tg. 2 —9.3501 - - - 0.7910.0 Aberratio inAR.—-+ 16, ‚66 Ind Ipars—=—2,62 9.9403 -numerus— 0,87 en, 36,18 ER Nut. in AR. =--17,05 ©——+0,47 4 Aber. in = — 3,44 erde AR. med. = 131°. 58°.46,3 .. 2 med. = 12°. 35°.50”,6 Aberr. mAR.= - - + ı6, 66 Aberr. m?=- - — 03, 44 Nut, n AR. = - - # 17,05 Nu. m°=- - — 06, ı8 AR.app. — 131°. 59/.207,07 d app. = 129. 35.40°,98 Ascensionem rectam ex Bradley, Declinationem ex Bradley et celeberr. Piazzi: stellarum inerrantium Positiones mediae Panorm. ı803 cum variationibus de- Sumsi, aberratione et nutatione ad formulas generales celeberr, Gauss 1808 eomputatis. Caeterum de formulis, earumque notatione et coucisione vid. Lex- ell, Lagrange, Delambre, Cagnoli, Klügel, Olbers, Bohnenber- 5er, Wurm, Seriptores in calculis parallactieis longe prineipes. x 350 | I. Apparens bongitudo et Latitudo. * sin AR. = 9.8711493 cot. = 0.6508293 tg. x = 0,5219786 - - x = 739.16.04%9--- -- 005.2 — 9.459234 1 oblig. = 23. 27. 50, 9 y ='9. 43.55, 8 = = cos.y = 9.0690326 cos. y 8 00x = 9:6097985 sin & — 9.3305637 * Latitudo —=—5°.05°,38”.3 - - sinlat.— 9.948362. tg.lat. — 8.949887 | ig. y = 0.9279630 RB ! sinlong. = 9.8778457 == 495. 0°.35°,9 ı80° j Long. = — 19. 0X. 35,9 Long. * = 1300. "5gr.24 De formulis vid. illustris Cagnoli Trigonometrie. Seconde Edition. 1808. $. 1449. 1450. IV. Correctio Latitudinis. 9 = 48°.07'.33°, — Latitudini speculae astronomicae regiae. Posita depressione sphaerae telluris = „a n? log m= 9.9973956 tg = 0.0474811 & 0’ = 479.57°.18”,0 - - tg 9° = 0.0448767 —Tg Latitudinis geocentricae, a2 ulhe Siyesıx— rm sa =.3345.bu=.333 9 — p' — xsin29 — 4x2sin4p + Ix?sin6p - - - 2 — 0° — 618,4836s5in2p — 0,9273sin4p — 0%,00185in6p — — - 10°.14,805 -+- 0,2007 — 0,0017 10°.15°,005 5 9' = 47°.57°.18. — Latitudini geocentricae. Bei) . 35‘ V. Elementa igitur ita se habents. Obliquitas Echpticae — # 230%,.27°.50,98 \ Latitudo stellae =.B — 5.05.38, 3 Jongitudo stellae = 130. 59. 24, ı Latitudogeographica = @ =: 48. 07.33 Latitudo correcta = m 47.97.18 Differ. merid. suppos.. = - - — 37. 06 tempore. Mot.hor. solisinlongit.— - - - - 02.32, 9 L Tempore Immersionis. Emersionis., Longitudo vera © - - - - 275°.51°.19,87 275°.53°.29,32 Media - - - - - - - 279. 58.51, 5 | 276. 0.56, 74 Longitudo vera GE — | Fre 131: 09.11, 8 131. 36:27, ı Latitudo Bee - — 4. 09.11,0 | —4-. 10,55, 8 Parallaxis @ = a - - 60. 19, 0 - 60.19, 3 Semidiameter GE — 4AM= - - - 16.27, 82 | - ı6. 27, 82 Motus horar. in longitud. e ı) hora sequenti - - - + = 43.53, 47 | + 36.53, ıı 2) hora praecedni - - - - = + 36.53, 65) -+- 36.53, 33 Variatio motus semihoraria - .- [= — 0098| - - — 0, 107 Parallaxis @ longiu. =p = -. .— 20.06,5,| -—24.06, ı Latitudo @ correcta =B’= - — 454 10.0 | — 4.58.52, 3 Semidiameter G auct. = ad’... - Pr - 997, 9) = -- 995, 8 252 Kiarerepeggiz VI. Longitudo et Latitudo Nonagesimi. Tgx =.sin. cotgp‘ Sin latitud. Nonag. — sinb = sin p‘cos «+-x) & cs 0. Sin longit. Nonag. = sinl = tgb. 1g(»-+-x) Immersio. Emersio- Longit. med. © 275°.58.51°,5 |276°. 0'.56%,74 Temp.med. — 266. 41.54. 6 |279. 24-03, 00 Nut. G a PR We @ = 182°.41X.03°%7 |195°. 25%.17",3& eotp! — 9-9551233 9.9551233 sin». — 8.6705593n|9.4247468n - x—=—022.25%.0b/4,6 15% — 8.6256826n|19.3798701n -- x—— 13929./07,g =. 234,27: 50,9, ’ =, 23..27-50,,.9 „+3=21. 02.44, 3 cos = .9.9700188 |9-9933800 -ulx— . 9.58.34, 0 sin 9 —: 9.870766+ 19-870766x ©.c0sX= 0.0003870: ea b= 43%.55°.25”4 ‚sinb — 9.8411719 ‚9,8762885 _-- b —489°. 46°.28, 2 18 (+) 9-5852104 |9.2453697 809. tgb — 9.9836800 |0.0573867 _- - 180°, 21°. 43°.06%,7 —sinl= 9.5688904 |9.3027564 - - 03er 1= 158°. 14'538 1 —ı68°.24°.59,3 353 vn. Parallaxis Longitudinis. sinz.cosbsin (Lo 1) Isp= cosB—sinz.cosb.cos (L w]1) Immersio. Emersio, sin®= = 8.2441410 |8-2441770 cosb —= 9.8574917 !9. Brögoıh sin®.cosb —= 8.1016327 8. 0630784 eosB= 0.9973819.cos(l-L)— 9.9492549 |9.9034361 cosB = 0.9973765 0.0112431 - = - 80508876 |7-.9665145 = = = = =. 9.009279 0.9861388 - N = 9:9939380) 19-994 |9:994809 1 = " = - = 09881186 EN io: Bheehad adak 0.0051909 sins.cosb — 8. ein 6 0630784; sin (I—L) = 9.65944130|9.7775345n_ pP=— 20°.06”,5 - tgp =-7.767136on en - . .- p=—24.06”,r pP=— 1206°%,5 p=— 1446, VID. Latitudo Lunae correeta a (sinB—sinr. ‚sinb) cosp 9 7 005 B—sinz.cosb. cos (EL wl) r2 sin® — 82441410 |8.2441770 = 0.0724211=sinB. sinb — 9.8411719 |9.8762883 snB = — 0.0729278 Li 0. 0121706 zu A 0853129 8. 29 18.1204653 . dene 0.0131967 —0.0845997 - 2. 8 9273278n 8.93 8.93512607m - =» 2 = — 0.0861245 c0sP — 9.9999926 199999893 > €.N = 0.0060620 |o. 0.0051909 _ B’= — 40.54'.10%0. 1gB’ = 6 Bl, 93338240 8.940. .g4aodoogn =» -B’ = — 4°.58°.52",3 354 IX. Augmentum Semidiametri Lunae. sintd.cosp.cosB’ Immersio. Emersio. C.N = 0.0060620|0.0051909 sin$d — 7.6802119[7.6802119 cosp — 9.9999926 9-9999893 cosB’ — 9.998408ı |9.9983567 14’ — 16%.37°,9.- sind’ — 7.6846746|7-.6837488 - - - 4d’ = 16.3548 = 997%9 = 995%,8 X. ii Tempus ad conjunctionem propius accedens. Motus hor. @:3600° = Longit. vera @ — Longit. stellae: x’ L= 1319.05. 11,8 , h =.1319, 36.071 * —ı3o. 59.24, I \ * = 130. 59.24, I 05.477 - log = 0.7650534|1.5687882 - -:- - a - 37.030 Motus horar. log 3600° = 3.5563025|3.5563025 hora praeced. C. 10836°,89 = 8.4330919 8.4331502 = C. log 36°,885 h 565,5 = x - - - - .2.7524472 3.5582409 EEE x = 9‘.25,52 x: =:00%10%51 Tempus observationis == 17h.46%.47“,6|18h.37°.,36°,2, . Z=— 0.25, 5—ı.oo. 16, ı Conjunctio prop. acced. = 17l.37.22,1|17h.37°.20”,ı XI. Correetio motus horarii Lunae computati. Immersio. Emersio. d 737.224. - |. - - 2. dm ı7h37r20”, _e = ı7 46. 48. rer a 18. 37,36. 4ı(d++)9)=M= "M = 176.42°.05%. - -|- -43@ +9) =M= 18h.07°.28°, N = 17. 16.48. - Se 59. N =. 07.36 Var.mot.semiher.—— 0,092 - - -|- - - = - - — 0,107. M— N= 35.17. -f- >. MI N‘= — 07,08 30:—0,0oga—ad"ı7:x| - - - 30%:— 0,107 = — 0%.08:x za — 0%08 -. - “= en. 0... 2 0,004 Hine Motus horar. momenti N = 367.53”,65 | 36°,53°,33 . = — 9,08 ME ER: 0,00 “a — 36.53”,57 | 36°.53°,33 —= M’ = Motui medio tem- Motus medio tempore immersionem inter pore conjunctionem inter et emersio- et conjunctionem, nem. 8 XII. Coöfficiens constans h’ computatus log. 3600 = 3.5563025 |3.5563025 log. H — 3.3450991 |3.3450403 — Log. motus horar.: € "gb = 0.2112094 |0.2112622 45° 356 Tempus d. Immersio. Emersio. Sıt nm = Latit. Gappar. — latit. app. x NM = Latit, verae Lunae. Yn == Longit. app. YVN = Longit. ver. h € uN = parall. longitud, Sm == Semidiametro @ correctae. VS = Longitud, x . ((m-+-mn) ((m—mn) erit Sn = Tree Bi > 8.54,10%0,..02 02 te malen Sen Br 40,5 Bo =EB.0 38,3. ee een ßB ='5:.05.38,°8 mn = 11,387 en Sell een re mn od mn= 68843, = mr werten Sn man mm 406°,0 WR er eg ME, £fm—mn 309,6 - log = 2.4908010|2.7707048 fm+-mn = ı686,2 - leg = 3.2209091 3.146686 1 - C.cosB‘ = 0.0015919|0.0016433 C. cos = 0.00171860.0017186 = 1206,5 - logfn? = 5.7210206 5.9207528 - n 725,29 - logfn = 2.8605103|2.9603764 - SN= 481%2ı1 - log = 2.6823346|3.3727095 - = logh‘ = 0.2112034|0.2112622 SN’— 782”59 - loegSN’— 2.8935380 3.5839717 - SN’ = 13.02°,59 Tempora obseryation. — 17h.46.47°,6 18h,37°36°, 2 SN’— — ı3. 02, 6j—ı.03. 56, 8 Ex immers.igit. prod. d — 175.33°.45*o0| 171.33°.39%, - [m—mn = 589,5 - Sm-+ma = ı1401,8 --- - p= 14461 an, Im Fig, 8 - ». SN= 2358%,9 ==. 8N—=. 383048 SN’= ıl,03°.56°,8 =.d Ex emersione, zZ XIH. 397 Eadem & 2 Cancri occultatio in specnla astronomica Fani Gabromagi a celeberr. Derflinger observata. Immersio — ımlı. 58. 06,4 Emersio — 18h, 49°. 3a,o XIV. Element Obliquitas Eclipticae =» — 23°. Latitudo stellae ee Longitudo stellae — 130. Latitudo geographica = 9 = 48. Latitudo correcta = 47- Differ, merid.suppos. = - - — Mot.hor. solis inlongit.— - - - - Depressio sphaerae telluris — 335 Tempore Immersionis. Longiudoven® = - - - - meda — - - Longitudo vera G — bh Latiudo - - == B— Parallaxis @ = -—_ SemidiamterG — 4d= Motus horar. @ in longitud. ı) hora sequenti - - 2) hora praecedeni - - Variatio motus semihoraria Parallaxis @ longitud. Latitudo @ correcta Semidiameter @ auct. y B’ a - - 275°.51”. # - 279: 58. - - 131. 05. - - — 4. 00. ‘ ‘ [1 [1 [ ‘ no a? Te) + a er & ++ 3 & rn ee 4. 54.50 5 | —4- 59.33 ;4 tempore solari medie, 27'.50°,98 05.36, 3 59. 24, ı 03. 36 53.20, 9 47. 12 02.32, 9 Emersionis. 22,86 | 275°.53°.33°%,94 54, 44 | 276. 01.01, 24 57: 7 131. 317.34 4 13, 6 —4. 10.59, 9 19, 0 = 605 19,3 .27, 83 | -: 16. 27, 82 36. 53, ıı 33 - — 0, 107 19,73 -— 24 :54 9 ga = 9953 358 XV. Longitudo et Latitudo Nonagesimi. Immersio. : Emersio. e —= 185°.30°.48”08]198°%24°.18”,84 Latitudo. sz—lsr 3 - - = -I- 0. zz —150.55°.49",0 “= 2327.50,.9 - - - - -I= - - = 7 - a 23 27.509,9 “x = 18.30.02, 6 Ba er ee Re .IıxZ 7. 32.07, 9 b= 44°.55‘.22°0.sinb=g.848902019.8835521 - b= -49%.53°.23”,5 . Longitudo. 1 —160°.30°.21°,1. - —sinl—9,5233700|9.1959968 - = = 1 = 170°.57°.54'%,6 XV. Parallaxis Longitudinis. p = — aıtı5ı - tgp = 7.7911734n|7.8602089gn - - - p= — ahtda,g P—.— 127977 - - . . . . |... . . - Po 14 XVII. \ Latitudo Lunae correcta. B’ — 19.54°.50%,5.15B'—8.9343837n 8.9423079n - - B’=—40.59'.33”4 XVII. Augmentum Semidiametri Lunae, 10 = 16.,39%,4 - ind — - 2 U 10.3503 14‘ Ze 997°;4 ulm 2m wo | oe ss 2 2 2 2... 14’ u 995,3 . a XIX. Tempus 4 Immersio. Emersio. B’—ZunSnz te 3 se BR m 49.59.3394 BEE DEINIS ENT NEE TI TEN 5. 06,38,;3 DE OBER a Ne le ee mn = N06.04°g mn = 647,8 Ne ee a ER en” mi mn = 364,0 40 — 2a MA, Vi Me Ge 995,5 fm—mn = 3106 - 7 - - -| a -- - - - Sana 630%4 fm-mn = 164572 - - - - -| = 2... Sm4mn=ı360%,2 fn = 761,29 - log. = 2.8815539|2.9682542 - - - In= 929%59 P_ = 12791 ietya zu Srrahe = ag sc A p= 14949 SN = 51381 - log = 2.7108026]3.3846222 - - - SN = 242445 SN’— 835, 61 - log — 2.9220060|3.5958844 - - - SN’—= 3943%,5 SN’ = 13.55%,6r. -- -- -- -- --.- - = 2 0-.- - SN’ = ıh.05°.43%,5 Teempora obseryat. - = 17h.58%.06,4] 185.49'.32°,0 —SN’= — 13.55, 6l—ı. 05.43, 5 Ex immersione prodit d = ı7lı.44’.10°8| 17h.43°.48%,5 = d ex emersione. HNO Ir LEER! Occultatio « 2 Cancıi in specula astronomica Ochsenhusu Algoviae a celeberr. Philippo Kyene observata. Immersio — 17h.40°.16”5 tempore solari medio,. Emersio = ı8. 29.51, 0 | = 4 X. j Elementa Obliquitas Eclipticae Zo—= _ 23°.27°.50°%,9 Latitudo stellae IB 5..08:.38,,8 Longitudo - - = 130. 59: 24, % Latitudo geographica Z@ = 48. 03.52, 5 Latitudo correcta zo. 47. 543559 Mot.hor.solisinlongit.—=— - - - - 02.32,9 Depressio sphaerae telluris = 3327 Differ.merid. suppos. = - - 30.31, 6 Celeberrimus- Basilius Perger, olim subtilis et acutus Astronomus , observationes ad speculae suae positionem geographicam faeientes a se exactius definitam- mihi amieis- sime communicavit, ‘ex quibus subductis caleulis, velut: ex 200 ‘occultationibus satellitum Jovis — 30°.34,50 ex 4 Echpsibus © - = - - - AIR AN ex 9 oceultationibus fixarum - - = 3a28, 99 Constitui differentiam meridianorum omninm mediam —= 30°.31,6 Lutetiam Pa- risiorum inter et Ochsenhusium. 1 = Tempore Immersionis. Emersionis. Longitudovera® = - Ri = - 275°.514.20%,6 | 275°. 53°.26°,24 - - media = - - - . 275..58. 51, 7 | 276. 0.53, 8 Longitudo vera@ — == EEE TO EEE Latitude - - = B= - - —/. 09. 11. 2 | —4-. 10. 53, 6 Parallaxis @ = A - Ei NaRe 60. 19, © - - 60.19, 3 SemidiameterG = 4 5 hm m 16.27, 82| -- 6. 27, 82 Motus horar. @ in longitudine x) hora seueni - - . - 0. + 36.53, 47] -+ 36.53, ıı 2) hora praecedeni- - - =» - + 36.53, 65) + 36.53, 33 Variatio motus semihoraria - - - - 010,092 -- — 0, 107 Parallaxis @ longiu. =p = - - — 19. 29, 3 | - — 23.36, 8 Latitudo @ correeta =B—=- : — 4.53.44,8| —h- 98. 22, 8 Semidiameter GE uta =4d= -#- - - 95,21 --- 996, 2 | 363 XXI, Longitudo et Latitudo Nonagesimi. Immersio. Emersio. - # = 181°.03°.16”8 |1930,28°.56°,4 Latitudo. z m—0Nsro lg == -n- | nn 2 —110,53,55°,8 »= 2327.5,9 - - = -|- --...- 0 RB. 275% 9 sts = 22.30.40, 0 a ehe als nla: en stem Ir 33.55, 6 b = 43°. 16%.20°,7.- - sinb=9.8359872 9.8708713 - b=, 49058134 Longitudo, 1 Z1570.02'.05°%,1. - —sinI—9.5912569|9-3561062 - - » 1 = 166%.52.37,3 _ XXIH. Parallaxis Longitudinis, — 23.36,8 p=— 19.2973 -18p= 7.7535270n17.8369134n p=— 1169°,3 = ne a > I EN I TE 3 p=— 1416,8 AXIV. Latitudo Lunae correcta., B’Z— 49.53%.44”,8.- „tg B’—8.9327580n]8.9395989n - - B—— 40.58..22”,8 IR ANXV, Augmentum Semidiameiri Lunae, 34’ = 36.38”, 2 - sini@‘ = 7.6847901 76839174 - - - +. 14° — 16%.36%, 2 Dr EL ER er A gg 46 Immersio. : Emersio. BI BETRIEB 5a Be =s.08.38,3-----|--.- 0... =5.05.38, 3 mn = 00.11.5395 une -- .-..-.-- mn —0°.07°.15°,5 mn = ma ann ae DEE a ea 73545 2 998,2.- - - = - ee er Be U 996°, 2- fm—mn — 284,7 = - +) ln Im—nn= 50607,7 fm-+mn = 171,7 - - ee fm--mn= 1431%,7 fan. = 700°,7 - log. [In = ee --.fhz= 899%4 pP. = 109,3 = ers Eee RE P = _ 1416,8 SN = 468%6 - log = 2.6708023 3.364776 - - - SN = 2316%,2 SV — „62,0 - log = 2.8820057|3.57608838 - - - SV — 3767°,3 SN’ = 13.43,0 Ir. 20 ea - =. = = - - 5N‘ = ıh.02%.47%,3 Tempora obseryat. - = 17h.40°.16,5) 18h.29°.51°,0 SN’= —»ı2. 42, 0—ı. 02.47, 3 $ Ex immersione prodit J = ı7l.27'.34°,5| 17b,27°.03°%,7 — d ex emersione. XXVI. Oceultatio a 2 Cancri Vindebonae in specula academica observata a celeberr. Francisco de Paula Triesnecker. Immersio — 18h.05°.73°,4 i E tempore solari vero. Emersio = ı8. 57.59, 75 Cum celeberr. Triesnecker per observatarum calculisque subductarum occultationum legetem edoctus animadverteret, discrepantiam logitudinis geogra- phicae haud contemnendam faepius ex eo oriri, quod diverfi Afironomi diffimi- lem temporis aequationem in calculos invexerint, haud temere fuit auctor, ut observatarum occultationum tempora vera notarentur a fpeculatoribus; acute qui- dem et argute; datur enim cuique optio, aequationes temporis‘ ex eadem for- mula computandi, aequabilemque exinde efficiendi conclusionem. Primum igi- tur tempora vera Vindebonae ad media eadem methodo, qua aliis in locis habi- tas obseryaliones computafii , reduxeris. Aequa- 363 Aequatio Temporis, Vindebonae ad illuftris Delambre Tables du © Immersio. Emersio. Temp. med. Vind. — 18h,07%.15%,05 |- - - - = - - - 18h..50'.38°,50 Temp. ver. observ. = 18. 05. 37, 40 |- - =» = = - - - 18. 57.59, 75 Hinc ex tabulis colli- A I. er igitur aequat. temp. — + or. 37,65 |- -»- - - - - - = + 011,38%,75 quam quidem aequationem, cum jufto major videbatur, ad formulam viri in uni- verfa Mathefi limati et fubtilis, illufir. Lagrange: (Mem. de l’,Aead, royale des sciences, annee 1772, I. part. Paris 1775. pag. 609.) dT = — 2iesin (p—a) — itg?1wsin29 — 2i (e—tk) ksin2z (g—a) + titg*4asin4Q — 2i (e—2Zk)k?sinz(p—a) + Hitg‘4uosin6p —ell. - - - = - - - tele - - - penitus de integro computavi, denotantibus e. Excentrieitatem folis, @. Longitudinem veram f[olis, «&. Longitudinem apogei, g a. Obliquitatem apparentem eclipticae; _ poftis e ' er) | - m ww» 750 5 m = radio trigonometr. ferupulis fecundi exprello. Ufas fum perillufiris La Place (Expos. du syst. da monde pag. 117. troisicmes edit. 1808.) ratione excentricitatis ad femiaxem majorem telluris: Ineunte 1801 —= 0,01685318 - - Var. fec. = — 0.000041632 Var 'ec.bannorum = — 0,00024979 ı80b De. -e — 0,01660339 x Ilafiris Delambre Tables du © Obliquitas eclipticae = » = 23%,27°.50%,9 - - » 1806, 2870 Decemb. 46° 364 XAVIM. Coäfhicientes formulae ad anni 1806 Decembris 2gtum computati. i = 13750°/,9 E — 2ie = — 456,62= eoöfficienti prime. — ige —. 598,05 ir =. 02do — 2i(e—k)k=— 27,4—= - - - - 3tio + tiigtiuo SB UBzernne 02240 alle —ER)KF— ED RE an = in nt ditgs4u rk sh nr... 6to Ad epocham anni 1806 Decembr. formula igitur abit in «T= 1L— 456%625in (9—a) — 593%,055in29 = - - - I IL — 2*,84sine(g—e) — 12',78sin4p -.- - - W .— 0%,o2s5ind(a—a) + 0%,365in6P - - - - VL atqui habebis: #=275°.38°.36,8 9=275°.38°.36,8 - = e _ - “ B e— 099. 36.16, 3 - - EM - - - -'29=191. 17. 13, 6 5 J — - 46.22. 34. 27, 2 - 69= 213°.51°.407,6 2— .=1nb. 02.20,5 - - - 2(Pp—e)=352. 04.41,0- - - on 3(2—=)=168°.07°.01”,5 Hine neglectis interim terminis V et VI: I =— 31,54 - - log. I =1.4988938n | 2.0647449n —=log. U. I. — 116,07 NZ-+ 0,39 - - log.II—9.5929204 | 0.6910265 —log. IV. IV. — + 04,91 T=- 116%,07 II — + 0, 39 V=-+ 409 I=— 3ır, 54 ; Summa -- = + 87483 — 4 1'.29,83 — aequationi temporis propius veram. Im- ae 365 Immersio. Emersio. Tempus verum Aequat. temporis 18h.05°.37°,4 -- 18h.57°.59,75 + 0.29,8 -- 4 op" 29. 83 83 18h.07'.07°°,2 - - NZ 59°.29,58 — tempori medio pro- Pius accedenü. His vero temporum momentis conveniunt: —=275°.51°.23°,0 - - - = 5 & 9 = 2750.53,36,e « = 99. 36. ı6, 0 - - - - - - - 18 = 799 36. 16, 0 9—«=ı176°.15°.07°,0 - - - - ” , 9—« = 176°.17.20,0 I =— 29,85 - - lgl =ı1.4749342n - 1.47063582n --I =— 29,55 II =--ı120, 39 - - logIl —=2.0806056 - 2.085293 -- I =-tH ısı. ı4 I—=-+ 0,37 -- ee 5691956 - 9.5649178 -- I—— 0,36 IV =-+ 05, 08 - - logIV=0.7062307 - 0.7088069 - - V=-- 05, ır V =— 0, 004 - logV —7.bı1g022n - 7.6076550n -- V =— 0, 004 VI=— 0, 2r - - logVI=9.3261264n - 9.3279640n - - VI=— 0, 2ı =— 29,85 - - - I=-F 0%,37-- + 0%36- I =—29,55 = 71°00.- = 12 750,130. = "rat, 34 - Vo. 0,700 = 0,23ı1---IVV= 05, 08----i5 ı - VI= 0, 2I TE ET TR Prodit denique aequatio + 30, 06 - - — 29, 76 temporis exacta =+ 95,68 - - + 967,85 =-+ 01.3508 -01°.36°,85 I N. VI Cum igitur maxime prope fidem sit, aequationem ex tabulis illustr. Delambre desumtam, justo majorem esse, ipsani ex formula (Tables astronomiques publices par le Bureau de longitudes ıere Partie feuille c. 3,), et apprime eoäflieientem adi termini formulae Delambriange computavi. dus 366 Hdus Terminus = -+ —- (a+})eoszsink Anno ı810 ert a 19.55.27”. t = 40; 0 — 390.27’ ,50 er — ‚9=09°.39°- E49 — 1M.osgıa7 = 461,846 Cosft. — 80,757 - - - log eoefl. — 1.9071837 Anni 1806 a7mo Dec. erat L— 275°.46° cireiter; et formula illustr. Delambre ita ‘fe habebit: EI. dT — 0%047 + 80,757sinL + 435%,840cosL --- VIE UT. — 596, 878sinaL -- ı,62gcosaL--- VL DI. — 3, 424sin3dL — 18, 801cos3L --- IX. IV. + ı2, gagsin4L — 0, 0730084. Sr, Rs V. + 0, ı42sin5L + - 0, 848c0s5L - - - XI. VE — _0,3735in6L-- 0, 003c0os6L’- -- XI. -+2,P-1-0*,09925 sinN-F o,117sin (2 L--N--500)—0“,013sin(2L—N) L= 275°.46° I=— 84 - - -. Wwe+et Ss: = 1919.32° = -+ 119%,33 - - > VIE — — 0174,59 au 1207°.18° Hz 8%6"- - 2: KR =-+ 08%59 Ab. 23°.04* IV= 4 05°,07 = 194,335, - 11. = 80,3% 114 . IV 05,7 .-.- I = 03, 26 "VE = 43,79 - = Vil= o1, 59 DI 05,59 - - — 85,19 Aequat.temp. ad verum propius accedens = 88,59 — 17,28",59 + || y Immersio. Tempus verum — 18h.05°.37°,4 |: Differ. Merid. — — 56. ıo BEE Temp. civ. verum Lutetiae Parisior. —= 5. 09.2, 4--|- Aegq.temp.approp. — —+ 01.28, 6--|- temp.approp.med.— \5h,10%.56”,0 - - | - uibus momenltis Emersio. 367 02. 5 tg & - =. — 506.10 - - - 6, 01.49; R a - + 01.28, 59 B 5 - 65.03°.18°,34 conyeniunt tempore „bs {> Immersionis. Emersionis. L = 275°.58°.36” - -|- Er ao” IN =," -|- N = 80 Zr Bat A el. DE — 45,65 su eat, = | - ana = ng20ro1’.30‘ IT = -+ 12360 - Alm a 1 I 124,35 IV =,— 01,59 — le - IV = — 017,59 5L = ı1070.55/48” - - | - = 311 —=, 1080,.021.15’ v= — 03% - u - = — 0324 - == er A - | - -“. vI= + 0582 Se ae r - vo - 7 Br - le = „VHS 05 27 ia; N 2 3-7 viI— — 0%,07 - -1 - - Vi — 0",07 SL =='2990:53° - - | - er! 07 IK, — 07a - =... RZ —, 0%ıa > o’,42 - =|- =urx = 0, 42 6L — 2150.51°.36° - -|- - 6L — 216%.04.36% 2 a -|- - == hr. 10,28 XUI= —- 0%0 - -|- - : KH — 09,,00 + 0,05 + 0, 05 er FE I BEE Fe 55 - I O93O tg IV = ‚vor. 59 -- Il, 133, 6oll -— 194, 35,-- IV — ..01,59 Va = 03, 261-1: VI, = 05, 79|VI da Be V 03, 24 VII — 0, 07 = - VIE — 05, 24IVll = 05, 27 - - VI = 0, 07 m a Su ae ui > SE 0, ı2 XI = 0,700,=4-,X1 7 10, .22]XI2— » 0, 22 -—- Kl 0, 00 Summ=—85,35 - - + 180,70 - - + 181478 - - = 0 — 85,33 — 85, 35; - - — .85, 33 Summa — 95,35. -- + Tab. VII. illufir. Delambre. exhibere debuerit; at VIH.Tab.— —+- 01'35,35 + 01°.36,45 o, 46 Var leer 92 3,0% 146°; : Perturb.Planet.— - - 0,2 - 0; 2 Ergo aequat. temp. ex form.Delambr.eflcitur = -- 01.36°,01 + 017.,37°,11 quae 96,45 = .quantitati, quam 368 —— quae ab illufiri-Bagrange s — + 01.3568 - - + 01'.36”,85 fapra computata haud abludit. Tandem ergo Tempus verum == 18h.05°.37°,4 18h,57°.59°,75 Aequat.temp. = —+ 01.36, 2 - - 501.97, ıI Temp. med. Vind- — 18h.07°.13°,5 18h.59°.30°°,86 Diff. Meridian. — — 5b. 10 0 5.10 Temp. civ.med, Paris. — 050.11'.03°,5 - - 065.03°.20”,86 IX; ar Er Elementa „=: 2830%.27°.50”,9 e=— 5. 05.38, 3 ’ - 130. 59.24, ı == 48. 12.36 ee = 48. 02, 21, 2 BET + 56. 10. tempore, - -7-.0.02.33,9 Obliquitas Eclipticae Latitude stellae Longitudo - - Latitudo geographica Latitude correcta Differ. Merid. suppos. Mot.hor. © in longit. ET a) Depressio telluris “37 Tempore Immersionis. Emersionis. LongitudoveraQ = die - - - 2750.51°.23°,2 | 2750,.53°.36°,8 | - - media = - 5 - - 275. 58.54, 8 | 276. 01.04, © | Longitude vera@ = = - n 131.:06.03, 3 ! 131. 38. ı6, © Zatitudo - - RE - - —. 09. 23.8 | —4. 11.02, 0 Parallaxis @ = = - - - 60. 19, © -- 60.19, 3 Semidameteer@ = 4dz - - - 16. 27, 82] -- ı6. 27, 82 Motus horar. @ in longitudine ») hora sequenti , - - - - - -L 36.53, 477| + 36.53, ıı 65. + 2} hora praccedenti. - - = - - -+- 36.53, 36.53, 33 Variatio motus semihoraria - - - - 00 0,092 -- — 0, 107 Parallaxis @ longiud. =p = - + — 21.57, ı| -— 25.20, 6 Latitudo @ .correcta =-B = -.. —455.28,1|—5 0.10, % Semidiameter G uta =4l= - -. - 7 - - - 994,8 NXXE 369 XXXI, Longitudo et Latitudo Nonagesimi. Immersio. Emersio. av = 187°.47°.29”,4 |200°.55°.30°,8: Latitudo. 2 ——o60.56 hg | ren Re 17.483 m 29 29.50,,9°- -"-"s0-|e a0 = u wi 83.275059 ts — 16°%.30%.517,9 --.- - - - xt 59.39.37°%6 lege = 45°.54'.23°,5.- - sm b=g.8562489 9:8905305 - b 53°, 0%. 16/44 Longitudo, —162°.10..50°,6. - —sinl—9.4857440|9.0878450 - - - 1==172°.58.06°%,1 XXXIE. Parallaxis Longitudinis. p=— a - tgp — 7.80520gon 7.86760000 - - - pi — 25’.20%,6 P=— 137“, un nun | une een pm 1820,60 XXXIIE, Latitudo Lunae correcta = — 1.5528”, 1, - - log —8.9353089n|8.94221350: - - P—=— 5°. 0.107,8 XXXIV. Augmentum Semidiameiri Lunae, 34 = 164.37% 1 - sindd‘ — 7.6843158]7.6833264 - - - - 44° = 161.348 U z gan ee anne. ernennt 994,8 2 47 XXXY. 370 et Immersio. Emersio. B— 9.55.2081 - =. ea at, ls a Bi} 99, ,0R10t Ba | So Sense Bi, mn — I0%.10%,2 Er DE. Re a mn = 610,2 - = = - > un nn nah, Pa 2 327,5 30’ — Tel ee de 994,8 fm—ımn = 386,9 - - = = - ee rn fm+mn = 1607%,3- - - = | - - =.» - [m4+mn=ı322",3 fn = 791,6 - leg. [n = ED -.-. fn= 943%o rn a San I pP = 1920,.6 SN = 535”75 - log — 2.7180863 3.3g15702 - - - SN = 24636 SN’= 84,7 - bg = 2.9292897|3.6028324 '. .- SV’ = 007°%,i SN’ = 14.097 - - - - = - I Tempora obseryat. - — 18h.07',13,5| 18h.59'.36°,86 SN’ = — 14.09, 7/—ı. 06.47, ı er 22.990999 m— XXXVI. Occultationis « 2 Cancri Albae- Helviorum a celeberr. Flauguergues observata emersio fuit — 1$h, 06°. 27°,4 tempore solari medio. 37 XXXVI. Elementa Obliquitas Eclipticae = a — 23°.27'.50”,98 Latitudo stellae = —_ — 5. 05.3, 3 Longitudo stellae = 130. 59.24, 2 Latitudegeographica = EP =- » 44. 29. ı3 Latitudo correcta —ie == 44. 18.54, 6 Mot.hor. solisinlongit.— --- = - 02.32, 9 Depressio telluris = 737 Differ, Merid.suppes. = - - — 09.19, 3 Cum differentiam Lutetiam Parisioram inter et Vivarium — — 9/.24”. in recen- tiori perfectiorigue catalego Jongitudinum apud illust. Delambre justo majorem cen- sueris, mediwn observationum, velut: © Eclipseos 1802 27me Aug, — 9.165 7 1798 2ımo Aug. — 9.22, 3 Occultationum stella- a een =: 9. 36,9 ; ; XS 2796 ı4to Mar. —= 9.20, 0 zum ınerrantäum', et \E ° Fiir Spica 2807 3omoMart. = 9.20, 3 ö Da 1799 25to Febr. —= 9.19, 7 2 ar 1799 4to Sept. —= 9.20, 3 in calculis supposwi + 9’.19°,3 Conf. illustr, Bode Ill: Supplem, p. 7r. Tempore Emersionis- Eongiwdoven = - - - —- 1750.53°.20”,7 medid) ,— = & - - 276. .0.48, 4 Longitudo vera G — : Pe - 133. Ip ıd, 2 Latitndo -.- == A nr. - —4. 10.48, 8 Parallaxis @ — vw - - - 60.19, 3 SemidiameterG — 3d= - - - 16. a7, 82 Motus horar, G in; longitudine. j ı) hora sequenti 2 . - - + 36.53, rı 2) hora praecedenti - - - - + 36.53, 33 Variatio motus semihoraria - - er Parallaxis @ longiud.. —p = - - —24. 41,3 Latitudo GE correeta u — 4. 54.49, 9 Semidiameter E aut, — 44’ = - -ı- + a A7 XXXVL 372 XXXVID. Longitudo et Latitudo Nonagesimi, a = 187°.73'.97;0 Latitudo, = —69.44.47°,% 23. 27.50, 9 15°43°.03°,5 42°.44'.23°,0 = =» sinb =9,8316626 y ul Longitude. I = 16490,55.36%5 - —sinl = 94150618 7 Parallaxis Longitudinis P= — 24.13 - = tg.p = 7.9562262n pP= — 14813 . Latitudo Lunae correcta. B’ = —40.54%.45%9 - - 1gB’ = 893426900 XLI. Augmentum Semidiametri Lunae. Emersio. N 16°.37%,4 - sinid’ = 7.684471% id’ = 997,4 Cele- 373 “ Celeberr. Olbers, vir ct in eruditione et in acumine ingenii divisus, concisas formulas, elegantemque demonstrationem proposuit, calculisque olim a me Gottingae editis adhibuit. Vid. illustr. Bode astronom. Jahrbuch 1808 p. 196. Jb, 1811, p. 90. Calculos subductos secundis curis perpolienti ex Olbersii formulis mihi prodiit p = a4.hıyo; B/ = 49.54.4605 3d' = 16.37",4 XLH. ® Tempus 4 B’ = 40.54.45%,9 ß =. 05.38, 3 - 10°.52°%,4 mn = mn =- 7 652,4 st’ =- - 99m 4 fm-mn =- - 345,0 fm+mn = - 1649,8 fn=- -7573 - - logfn = 2.879283 pP =--—ı48ı, 3 ; SsN =- - 22386 - -- log = 3.3499765 SN’ = - - 3641%ı = - log’ == 3.5618387 SN-. = hi 0%41%, 1 Tempus observationis = 18h.06°.27”,4 SN=-ı. 0.4, ı Ex emersione obseryata igitur eflieitun d = © 17h.05'.46°,3 XLM. Conclusio Cum fere omnes observationes immersionis a Collegis amieis- simis mecum communicatae notam incertitudinis ab ipsis Astronomis, in epistolis ad me datis, inustam prae se ferrent, incursio stellae in- Super in partem lunae lucidam aceidisset, neque correctiones ele- mentorum dSm, dB, et d» in tempora conjunctionis inyehere, neque ullam immersionem observatam in complexionem inferre cautius cxi- stimavi, 374 2 stimavi. Longitudinem igitur nostram geographicam tantum ex emer- sionibus, quae ex parte obscura kuınae prosilientes certitudinis mo- mentum exactaeque observationis testimonium ah Astronomis supra laudatis retulerunt, tuto determinaveris. Atqui evenerunt ‘ Ergo 2, d Monachi - - - 17h.33°.39°%,% } — F 10‘.09°,2 Fani Gabromagi - = 17.43. 48,5 2 = 12, ©& 7.02, % ud Monachif“ un an 17h,33°.39°4 ne + 06%.3 Ze ‚Ochsenhusü - - - 17. 27.08, 7 30. 31, % y — 37*.07°°,3 ie Monachnn u 1 ar age 10%. 1006 Viennse - = -.- 237: 52.49 a 56. 10, © —_ 367.5077.,64 4. £&Monahü - - - - 174333 _ E Br? 534,7 Albae Helyiorum - - 17.08.46, 3 \ 09-10, 3 — 371.124 Übservationem Vivariensem, cum expresse atque adeo ab Astronomo perpolitissimo notata sit: „Observation tres exacte” quamyis paulo plus a caeteris dissidentem, a complexione haud excludere religioni habut, omniumgue igitur medium constitui arithmeticum — — — 37.054,56 tempore, specula quidem Regis, quae Monachii est, a Parisiorum spe= eula Caesaris versus Orientem distante. Ex quibus jam tandem Longitudo Monachii geogra- phıica a coelo devocata, quae inde a Scheineri tempestate, de- eursis duobus fere seculis, omnis jaecuit, confieitur 29°.164.2541,4 TE a nn a Te Te DENKSCHRIFTEN KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU MÜNCHEN süÜr Das Jaur ı808. CLASSE DER GESCHICHTE Fig 2 Be Harıie y Rn bel dire em 877 — > SS 1. Ss yo vi << yo. I to Versuch einer Geschichte des Kid u, Münzkabinets in München. _ Abgelesen in einer öffentlichen Versammlung ‚der königl. Ak. d. Wiss. von FrAnz IGnAz STREBER, Mitglied der historischen Hlalse und Aufseher des Münzkabinets. uns einem Anhang über 12 sehr seltene, gröfstentheils noch unedirte, antike Münzen , mit Abbildung derselben. ———————m- E; war ein ganz eigener Zug‘in dem Charakter unserer Wittels- bacher, dafs sie des Guten, Sehönen und Großen vieles thaten, unbesorgt, ob es von den Zeitgenofsen erhoben und von der Nach- welt erkannt werde. Ihre Sache war zu.handeln, ohne sich dessen zu rühmen; so sammelten sie auch, freuten sich ihres Besitzes, und es scheint, als hätten sie dabey keinen andern Zweck vor Augen gehabt, als stillen kigenen Genuls *). { Es *) Sehr oft hatte ich Gelegenheit, wenn ich mit Fremden die kostbaren Seltenheiten in der Schatzkammer, in der schönen Kapelle etc. besah, die Bemerkung zu hören, dals sie solche Kostbarkeiten in München nicht gesucht, indem sie nie eiwas davon gehört oder gelesen hätten. 18 878 Bari Erg Es würde "mich 'zu”weit von’ meinem Ziele- führer, hier erst näher bestimmen zu wollen, ob es nicht noch grölser und liberaler von ihnen gewesen wäre, wenn sie ihre kostbaren Sammlungen auch der öffentlichen Schau ausgestellt, und sie zum Frommen der Kün- ste und Wissenschaften für das Inn - und Ausland gemeinnützig ge- macht hätten. Ich rede bier nur von dem, was da war, und nicht, was oder wie es hätte seyn können und sollen. Dafs es aber so war, davon liegen die Beweise ganz hahe vor unsern Augen. Um nicht zu weit auszuhohlen, will ich nur bis zu jenem Fürsten, zu- rückgehen , den jeder Freund -der Kunst und Literatur stets mit - Ehrfurcht nennen, und dessen Andenken schon darum bey den Baiern unvergelslich seyn wird, weil er sterbend noch seinem Sohne den Befehl ertheilte, dem grofsen Kaiser Ludwig dem Baier ein desselben würdiges Denkmal zu setzen *). Ich spreche von Herzog Albrecht dem Fünften, den seine Zeitgenolsen den Grofsmüthigen nannten, und — er war es auch. Seine Allein- herrschaft — er nannte sich auf einer seiner Schaumünzen: utrius- güe Bavariae Dux, Monarcha, **) — frey von jenen Familien- zwisten, welche .durch die Mitregierung der vielen Brüder ***) schon so viel Unheil über das.theure Vaterland gebracht hatten, fiel gerade in jenen glücklichen Zeitpunkt, wo Künste und Wis- senschaften wieder aus ihren Gräbern hervorgegangen : waren, und wo die Mediceer in Italien durch ihre mehr als fürstliche Unterstützung, derselben zu wahren WVohlthätern der gesammten Menschheit wurden. Für Baiern ward Herzog Albert V. ein Medi- cis. Die so genannte Kunstkammer, deren Stiftung, nach der umfas- senden Idee des Samuel Quichlberg, gröfstentheils sein Werk war, *) Erst sein Enkel, Maximilian I. führte diesen Befehl aus. **) Siche die historischen Abhandlungen der königl. A. d. W. vom Jahr ı8o7. ad pag. 241. ***) Seine Mutter: Maria Jakobäa, eine gebohrne Markgräfin von Baden, ge- bahr zwar drey Söhne, aber der älteste Theodo, gebohren 1526, starb 1534; Albert, gebohren ı528, starb 1579; und Wilhelm, gebohren ı529, starb 1530, 379 war, enthielt einen Schatz von Büchern, Handschriften, Gemälden, Zeichnungen, seltenen Natur - und: Kunstproducten, die noch jetzt *) — so viel hievon auf unsere Zeiten gekommen sind — von allen Kennern bewundert werden. Herzog Albrecht räumte diesen Sammlungen einen großsen Theil seiner Residenz ein; aber erst lan- ge nach seinem Tode wurde eine Beschreibung hievon verfalst, wel- ehe — meines Wissens — nie durch den Druck bekannt gemacht worden **). Herzog Albrecht V. war es, der die kostbaren Biblio- theken des Hartmann Schedel, des Johann Albert \Widman- stedt, des Hans Jakob Fugger, mit grolsen Kosten an sich kaufte, und dadurch einen unschätzbaren Vorrath von bibliographischen Selten- heiten, vorzüglich.aber an grieehischen, hebräischen, syrischen und arabischen Handschriften in Baiern niederlegte. Auch davon kam erst im J. 1784 bey einer öffentlichen Versammlung der Ak. d. Wiss. eine documentirte Nachricht ins Publikum, welche der Herausgeber der- selben selbst nur ‚einen historisch-Litterarischen Versuch nannte ***), Her- *) Die in der königl. Schatzkammer und der schönen Kapelle vorhandenen, mit sei- nem Namen und Wappen gezierten Kostbarkeiten beweisen, welche grofse Künst- ler schon damals in Baiern lebten. Der unter dem Namen: Albertinischer Kasten in der. schönen, oder reichen Kapelle aufbewahrte Reliquien - Kasten enthält wıter andern einige sehr schön geschnittene Steine. .. *#) Der Titel dieses in der königl. Centralbibliothek aufbewahrten Manuseripts heifst: „‚Inventarium, ‘oder Beschreibung aller deren Stück und Saehen, frembder und „einheimischer, bekannter und unbekannter, selzsamer und verwunderlicher Ding, „fo auf, Ihr .Fl. Deb. Herzogen in Baiern Kunstkammer zu sehen, und zu finden „etc., angefangen den 5. Februari, Anno MDXCVIH.” Das Buch ist in Folio, hat 255 Seiten, und enthält 3349 Numern. — Im Jahre 1599 war Matthäus Schelling Aufseher dieser Kunstkammer mit einem jährlichen Gehalt von 400 fl, S: Westenrieder’s Beyträge Ill. B. $. 116, #%*) Rede von Entstehung und Aufnahme der kurfürstl. Bibliothek in München , abge- lesen am Stiftungstage.der hiesigen Akademie den 28. März 1784 in dem Biblio- theksaale von Gerhoch Steigenberger, kurfürstl. wirkl, geistl, Rath und Hof- bibliotbekar. München bey Joseph Lentner. 48° 389 ——— Herzog Albrecht V. war es endlich, der auch den Grund zu einem Münzkabinet legte, das für die damaligen Zeiten von’ einem grofsen Werih war, das die Basis der jetzigen: königl. Münzsammlung aus- . macht, und aus dem noch manche seltene: und schön erhaltene an- ike Münze zu unsern besten Schätzen gehört *). Die königl. Akademie’ der "Wissenschaften feyert heute durch eine öffentliche‘ Versammlung ihren’ Stiftungstag. Wie kann sie ihn würdiger und’ zweckmäfsiger begehen, ‚als wenn sie, eingedenk-ih- rer neuen und alten Gesetze, das Publikum von jenen literarischen Kostbarkeiten ‘in Kenntnißs setzt, welche schon seit vielen Jahren im Vaterlande gesammelt, oder erst seit Kurzem neu erworben worden‘ sind® — Wie kann ich, als’ Mitglied‘ der historischen Klasse einen passendern Gegenstand zu meiner Vorlesung wählen, als gerade jenes Attribut , welches der Aufsicht und Leitung dieser Klasse vorzugsweise übergeben ist? — Und so ergreife ich mit patriotischem Sinn freudig diese Gelegenheit, um das Vaterland mit einem Gegenstande näher bekannt zu machen, der noch in kei- "ner dieser öffentlichen Versammlungen berührt worden ist; mit ei- nem Gegenstande, dessen Daseyn Herzog Albrecht, der Grofsmü- thige, schon vor mehr, als zweyhundert Jahren gegründet, den sein grolser Enkel, Kurfürst Maximilian der erste, mit'aulseror- dentlichen Kosten vermehrt, und Maximilian, der erste König in Baiern, schon bis jetzt wahrhaft königlich bereichert hat. Ich darf nicht hoffen, die Geschichte dieser wichtigen Samm- lung:bey dem Mangel an jeder. Vorarbeit sogleich erschöpfend dar- oo zu- **) „‚Princeps Albertus" sagt ein gleichzeitiges Manuseript — „in’eo praecipuam eon- „‚secutus est laudem , quod multos per annos inenarrabilibus, ut res ipsa demon- „strat, impensis, in suo Antiquario tam ex omni pene genere metalli , auro sei- „licet, argento et aere, Romanorum, Graecorumque ‘ numismatum pretiosissi- „mum comparaverit thesaurum, quam quod aliarum rerum priscarum et statua- „rum locupletissimam collegerit suppellectilem.” x Le 381 zustellen ; auch kann der gewählte Gegenstand Einigen von zu ein- seitigem Interesse scheinen; aber ich spreche von unsern Wittels- bachern; ich spreche zu Baiern. Sie werden prisiche mit ih- rem Landsmanne haben. Den redendsten Beweis, welch’ ein großer Freund und Be- förderer der alten Numismatik Herzog Albrecht V. war, liefert ‘die gleich im Eingang angeführte Beschreibung der fürstl. Kunstkam- mer in München; sie fängt mit folgenden Worten an: „In dem „obern Käfl fein vier Tomi, deren erfter intitulirt: Imagines Regum, „Consulum, Dictatorum , magistrorum equitum, tribunorum militum „Consularis poteflatis ab urbe condita, usque ad C. Jul. Caesarenm „Dictatorem; Tomus primus. Und feindt foliche Bücher in grünen „türkifch Leder eingebunden, am fchnitt verguldet, auswendig Herzog „Albrechts von Bajern, des Fünften, Bildnufs mit fambt den bayri- „(chen Wappen mit dem Jahr ı57ı. aufgedruckt.” De consuları- bus numismatibus Tomus H. II. IV. — Weiter fährt obige Be- schreibung fort, — „volgen in dem Caften unter dem Clainen die Caesares, Dictatores etc. auch in folio und rott Leder gebunden, „am fchnitt verguldt, mit Herzog Albrechts Bildnuls und Wappen, „wie obgemeldt, deren Tomi dreyzehn.” Der erste Tomus also in- titulirt: er ‚Magnum ac novum opus continens descriptionem vitae, ima- „ginum y numismatum omnium, tam orientalium, quam occidentalium „Imperatorum, ac 'T'yrannorum cum Collegis, Conjugibus, liberisque „fuis usque ad Carolum V. Imperatorem, a Jacobo de Strada, Man- tauno elaboratum. Mehr fiebenzehn gleiche Tomi in veychelbraunen „Leder eingebunden, am fchnitt und Bildnuls verguldt, wie oben.” Diese dreylsig Bände enthielten neun tausend Zeichnungen merkwür- diger Münzen, welche eben dieser Jakob von Strada auf Ver- langen des Hans Jakob von Fuw,ger *) im J. 1550 verfertiget x hatte. *) Er war Herzogs Albrecht V. Hofkammerpräsident. P = 382 hatte. Jede dieser Zeichnungen soll einen Goldgulden, folglich das ganze Manuscript ohngefähr 27000 Reichsthaler gekostet haben, Wahrlich das theuerste Buch in der Welt, einst das Eigenthum Herzogs Albrecht des Vten, Aber, leider! ist es nicht mehr in Baiern, sondern in den Stürmen des dreylsigjährigen Krieges nach Sachsen gewandert *). Ich will die übrigen in eben dieser Knnst- kammer befindlichen numismatischen Handschriften des nämlichen Jakobs von Strada, des Aeneas Vicus etc., auf welchen al- len des Herzogs Name aufgedrückt war, mit Stillschweigen überge- hen, da dies Wenige schon die Behauptung, welch’ ein Freund der Numismatik Herzog Albrecht war, hinlänglich beurkundet. Aber er liefs es nicht blos bey der Sammlung solcher Manuscripte und Bücher bewenden, sondern er sammelte selbst einen Vorrath von griechischen und römischen Münzen, der damals unter die Seltenen gehörte, und wozu er sich des schon genannten Jakob Strada, Hans. Jakob Fugger, so wie auch des Hubert Goltzius und Samuel Quichlberg bediente **). Sein Rath und vertrauter Freund, Johan Aegolf von Knöringen, Domherr zu Würz burg und Augshurg, hatte auf seinen Reisen durch Italien , ‚Deutsch- *) Freykerr von Senkenb erg sagt in seinem Versuche einer Geschichte des (deut- schen Reiches „„5 Bd. pag. 448. N. 8." aus einem (zu München) angefüllten Ge- wölbe soll doch, wie alle Geschichtschreiber sagen, ohne des. Königs (Gustav Adolph): Wissen viel seyn entwendet worden. Auch aus der Bibliothek mufste damals manche überaus kostbare Handsehrift mit den Sächsischen Prinzen Ber- »ard und Wilhelm wandera, dergleichen noch heut zu Tage den Fremden in der Gothaischen Hofbibliothek vorgezeigt werden; z.B, des Jacob Strada grosfes, 30 Foliebände starkes Werk von prächtigen Zeichnungen alter Mün- zen, das 1550 ein Graf von Fugger dem Herzog Albrecht von Baiern ver- ehrt, dessen Namen und Bildnifs auf jedem der rothsaffanenen Bände des Werks zu sehen sind.” 'S. auch Ern. SalııCypriani'Catatogum Manuscriptorum Bihlio- thecae Saxo-Gothanae. p. 33. I. G. Lipsii Bibliothecam numariam pag. 383, it, Historiam munothecae Gothanas, auetore Fr. Schlichtegrell. Gothae, 1799, v- 19. — Uebrigens ist der wissenschaftliche Werth dieses Manuseripts in den jetzigen Zeiten ganz unbedeutend. Siehe Bandurii bibliotheca numaria p- 10. item Gesnerj numismata regum Macedoniae Prolegomena p- 2. **) 5. GQefele Scriptores rerum boiecarum. Tom. 2. p. 50. Ü ; 383 Deutschland, die Niederlande etc. unter andern Seltenheiten auch alte und neue Münzen aus allen Metallen gesammelt, und sie, we- nige Wochen zuvor, ehe er im Jahre 1573 durch einmüthige Wahl auf den bischöflichen Stuhl in Augsburg gesetzt worden, als ein Geschenk der hohen Schule zu Ingolstadt überlassen, welcher er, wie so viele andere grofse Männer damaliger Zeiten seine lite- rarische Bildung zu verdanken hatte *). Herzog Albrecht erfuhr dies kaum, als er mit seinem akademischen Senat hierüber gleich- sam in Unterhandlung trat, sowohl die seltensten Münzen, als an- dere Kunststücke aus dieser Sammlung in seine Kunstkammer nach München bringen, und dafür der hohen Schulkammer ein Kapital von fl. 1200 d. h. jährlich fl. 60 Zinsen bezahlen liefs **). Und auf diese Art ward von ihm der erste Grund zu dem baierischen Münz- kabinet gelegt. "Fast um die nämliche Zeit kam auch die Münzsammlung des Johann Fickler nach München, deren Besitzer bald hernach selbst in baierische Dienste trat. — Dieser unermüdet fleifsige Mann, dessen Name in der baierischen Literar- Geschichte stets mit Ach- tung genannt werden wird, diente Anfangs ak Sekretär, dann als Hof- und geistlicher Raths - Assessor unter vier Erzbischöfen von Salz- *) Eodem modo donat, et in rerum vetustissimarum memoriam relinquit praedictae universitati omnia et singula numismata aurca, argentea, aerca, tam majora, quam minora, tam antiqua, quam moderna, statuas marınoreas , antiquitatum li- bros etc. Siche Mederer's Annales Academiae Ingolstadiensis. P. I. p. 22. et fgg. P. IV. p. 341: & **) Conclusum autem inprimis est, petendam a magistratu academico restitutionem 60 florenorum annui census, quem per multos annos Camera academica recepis- set ex Capitali 1200 florenorum, a Duce Alberto Bibliotbecae transscriptum , pro rarioribus scilicet nummis, ac aliis Cimeliis ex Knöringiana haereditate Mona- chium translati. Mederer’s Annalen P. III. p. 9. in Vergleichung mit P. I. p- 357. 384 : = Salzburg *). Auf ‘seinen vielen Reisen in Amtsgeschäften durch Oesterreich, Kärnthen, Steyermark, sammelte er überall, wo er hin- kam, Münzen, und er liefs es weder an Geld, noch guten Worten, oder andern Tauschvorschlägen ermangeln, um nur etwas für seine Lieblingsneigung erobern zu können. Ward ihm aber diese Freude versagt, dann war auch Niemand unzufriedener , als der eifrige Fickler **) Ganz besonders huldigte er dieser seiner Lieblings- neigung auf einer Reise nach Rom, wohin er in Gesellschaft einer Deputation aus dem Domkapitel und dem fürstlichen Hofrath im J. 1560 geschickt wurde, um die Bestätigung und das so genannte Pal- lium für den neu erwählten Erzbischof, Johann Jakob, zu holen. Alles, was er nun auf diesen Reisen gutes und seltenes (nach sei- ner Einsicht) gesammelt hatte, trug er dem Herzog Albrecht in Baiern an ***), der diesem Anerbieten mit Freuden und gana im Geiste jenes schönen Grundsatzes entgegen gieng, dals man keine Gele- *) Michael von Kuenburg, gestorben 1560. — Joann Jacob von Kuhn, — Bel- lasy, gestorb. 1586. Georg v. Kuenburg, gestorb. 1587, und Wolfgang Theodo- rich von Raitenau, **) Tfflagitavi nonnunquam — sind seine eigenen Worte — ab illis, qui domi ejus- " zo numos in En ignorantiae Bode habent inufiliter, at A ra ker) prece, nee justa commutatione impetrare potwi, ut eorum aliquid proferrent: quorum hommum, utrum ayaritia an protervitas major sit, dubito. — Mscpt. auf der königl. Centr. Bibl. " »?2#) In Ecelesiae metropolitanae negotiis per Austriam., Stiriam, Carinthiam, profi- eiscens, quanto polui, stüdio, pretio ac prece talia numismäta comparavi, tum eliam in ipsa civilate Salisburgensi (quae olim Romanorum colonia fuit) talia iHic reperfa collegi, ex quorum optimis ac selectissimis Serenissimum Albertum, Prineipem, avum tuum laudatissimae memoriae, submisse homoravi (absit jactan- tie verbo) reliquis ad Bistoricae leetionis usum adhibitis. V. Epistolam_ dedieato- viam ad Rkaximilianum.. Msept in der königl. baierischen C. Bibliothek. Von aciner Reise nach Rom hinterließ Fiekler ein eigenes Itinerarium Romanum , son seiner Hand geschrieben, worin er alles ihm merkwürdig geschienene Jeifsig aufzeiehnete. Quotidie, sagter — fpectatum egressus fum , et tanta quidem fedu- Ytate, wi vix mihi prandiendi (patium reliquerim. Wahrscheinlich hat er über die während dieser Reise gesammelte Müuzen einen eigenen Aufsatz geschrichen, den ich aber noch nicht entdecken! konnte. ER En 365 Gelegenheit, etwas Grofses zu thun, unbenutzt aus den Händen las- sen soll; denn sie kehrt bey der kurzen Spanne unsers Lebens oft nie wieder, und man würde manchmal gerne das Dreyfache geben, wäre sie mit ihrem kahlen Scheitel nicht unsern Händen entschlüpft. Dafs aber unser Herzog durch die Münzsammlung des von Knöring und Fickler, so wie durch die Erwerbung vieler einzel- ner Münzen *) grölstentheils nur ächtes Gut eingehandelt, und da- durch den Grund zu einem so preiswürdigen, für die Wissenschaft selbst wichtigen Münzkabinet gelegt habe, dafür bürgt uns einer sei- ner Zeitgenossen, dessen Ausspruch unter den Numismatikern noch jetzt Achtung verdient, Adolph Oeco **), Arzt zu Augsburg, ein vertrauter Freund des Markus Welser und grolser Numisma- tiker, gab im Jahre 1579 seine Imperatorum Romanorum numismata a Pompejo magnoe ad Heraclium ete. zu Antwerpen heraus, und eig- nete dieses Werk unserm Herzog Albrecht zu ***). Die Worte, die Occo in seiner Epistola dedicatoria gebraucht, sind zu merk- würdig, und für meine Behauptung zu entscheidend, als dafs ich sie nieht grölstentheils hieher setzen sollte: „Hujus libelli in publicum edendi ..... autor mihi fuit Serenissima tua Celsitudo, Illustrissime ac *) Es gab damals in Baiern viele Münzfreunde und Sammler, deren Namen uns $. Quichlberg in seinen Inseriptiomibus vel Titulis Theatri amplissimi ete. Mün- chen bey Adam Berg 1565 aufbewahrt hat. Z.B, Veit von Fraunberg, Bi- schof zu Regensburg; Moritz von Sandizell, Bischof zu Freysing; Ambros v. Gumpenberg, Domprobst zu Eichstädt; Doctor Wiguläus Hund, des Her. zogs Känzler,; Oswald von Egk, zu Kellkeim ; die Gebrüder‘ Georg md Johann Fantner ausbandshut; Ludwig Schrenk zw München ete. cte. **) In recensendis, ordinandisque monetae Augusteae numis inde a duobus seculis et amplius maxima laus fuit Adolphi Oceonis Medici Augustani. — Eckhel doetr. aum. vet. Vol. VI, praefatio. ***) Die zweyte Auflage dieses Buchs, welche der Verfasser, ein Greis von 75 Jah- ren, selbst noch veranstaltete, erschien zu Augsburg ad insigue pinus im J. 3625. 3. Bibliotheca numaria J. G. Lipsii. pag- 292, 49 ;86 ac Clementissime Princeps, quam dignam judicabam, sub cujus ela- rissimi et amplissimi nominis patrocinio nunc tandem prodiret in publicum: primum gratitudinis ergo, cum mihi pro singulari Illustr. Cels. T. humanitate et benevolentia facultas data sit conternplandi omnia illa copiosa, rara ac singularia numismata, quae in specio- sissimo illo theatro omnium admirandarum rerum copia et abun- dantia refertum conspiciuntur; (quorum etiam bonam partem in serien quandam redegi) quam plurima ex illis libello huic meo inserui; ea, inguam, omnia, quae et rarissimq mihi videbantur, et nunguam ante hac vel u me, vel ab alis, quod. sciam, visa, perspecta et cognita. — Deinde, quia mihi certo constabat, Hlustr. Gels, T. ut in omni seientiarum genere, ita in hoc ipso antiquitatum studio versatissimam esse, atque praecipuum hujus studii admirato- rem, fautorem et Maecenatem summum ac maximum. Cui rei argu- mento est thesaurus ille antiquitatum amplissimus ac rarissimus, quem una cum-Bibliotheca illa, multis, iisdemque pretiosissimis libris in- structissima — tanto aere, *am immenso pretio conquisita, colossis item et statuis multifariis tam marmoreis, quam aereis, jam aliquot annis hine et inde e diversis regionibus, et a viris principibus ma- ximis sumtibus impetratis in amplissima illa et speciosa domo tua, in eum usum instructa, reconditus; nimirum, ut Illustr. Cels. Tua, cum vel tempus fallere, vel oculos pascere, vel mentem gravissimis cogitationibus defatigatam paululum recreare, ingenium acuere, in- dusiriam ac diligentiam opificum admirari, et (quod maximum est) res gestas principum antecessorum animo perpendere instituit, in hoc tam amplo et specioso musco haec omnia parata et exprompta inveniat *). Dieses Zeugnils eines Sachverständigen, so wie die noch vorhandenen von H. Albrecht gesammelten Münzen beweisen hin- länglich, *) Der Leser wird die Länge dieser Stelle gerne übersehen, da sie zugleich den entscheidenden Beweis von dem enthält, was ich gleich im Anfang von den Ver- diensten dieses Herzogs um Künste und Wissenschaften anführte. — Man ver- gleiche damit, was Samuel Quichlberg in dem oben genannten Theatro von den Kunstsammlungen dieses Fürsten sagt. Zu Zee ee länglich, dafs das zu München neu angelegte Münzkabinet gleich bey seiner Entstehung auf einer Stuffe von Ansehen stand, welche den Namen seines grolsmüthigen Stifters unvergefslich machen wird. Auch unter der folgenden Regierung wurde dieser literarische Zweig keineswegs vernachlälsigt; denn oben genannter Ficlkler ver- -liefs nun wahrscheinlich noch im J. 1587 die Dienste seines Erzbischofes Wolf Dietrich v. Raitenau, und trat mit dessen Bewilligung in die unsers Herzogs Wilhelm über. Es scheint, der gute Alte wollte nicht länger von seinem geliebten Gegenstand getrennt leben, urd seiner Münzsammlung wieder näher seyn. Wenn schon sein unmit- telbarer Beruf, als Privatlehrer des hoffnungsvollen Erbprinzen Ma- ximilian, ihm andere Pflichten auflegte, und er seinen Zögling vorzüglich in der Rechtswissenschaft zu unterrichten hatte, so war doch dies für den Feuereifer des Prinzen viel zu wenig. Er wollte im Gebiete des Wissens sich von keinen Gränzen einengen lassen, und sein reger Geist hierin keine Fesseln ertragen. Sowohl Fick- ler, als andere Lehrer auf der hohen Schule zu Ingolstadt muß- ten ihm über alles, was auf Geschichte, Münzen und andere Alter- thümer Bezug hatte, Unterricht ertheilen *). Dafs der Lehrer diese glückliche Stimmung seines Zöglings für die Numismatik werde be- nützt, und dafs die bereits vorhandene, und selbst, witer Herzog Wilhelm vermehrte Münzsammlung **) bey der eingetretenen Re- gierungs - Veränderung viel werde gewonnen haben, läfst sich leicht denken. Das erste, was Herzog Maximilian hierin that, war, dals er Ficklern die a a) sämmtlich vorhandener griechischer und *) Siehe Mederer’s Annalen der Universität Ingolstadt P. TI. pag. 125. — Fickleri Epistola dedicatoria ad Maximilianum, Mspt. in der königlichen Central- bibliothek. **) Man vergleiche die erste Ausgabe des Oc«o vom J. 1579 mit jener vom J. ıbor. 49 ? zo E und römischer Münzen, so wie die Aufsicht über das Antiquarium übertrug, und dafs dieser, obschon im Alter söhr weit vorgerückt, mit eben so viel Liebe, als Fleifs sich diesem Geschäfte unterzog. Es sind der von ihm mit eigener Hand geschriebenen Folianten vier, welche alle von einem eisernen Fleilse zeugen *). Dals es aber der junge Fürst nieht bey dem allein bewenden liels, sondern die von seinen Vorältern ererbten Münzen und andere Kostbarkeiten auf alle Art selbst zu vermehren, und seinen großsen Anherrn kierin noch zu ühertreffen suchte, wird derjenige auf mein Wort schon im vor- aus glauben, der sich in München nur ein wenig umgesehen hat, wo er der Denkmäler aus den Zeiten dieses grolsen Kurfürsten über- all so viele bewundern muß, Indessen würde ich gegen die baierische Biederkeit sündigen, und den Werth des hiesigen Münzkabinets in den Augen des Ken- ners selbst -herabsetzen, wenn ich nicht freymüthig hier das Ge- ständnils niederlegte, dafs nicht alles, was um diese Zeit an antiken . Münzen gesammelt worden, vor dem Richterstuhl einer strengen Kritik bestehen dürfte. Wir besitzen an griechischen, vorzüglich aber an Consularmünzen einen solchen Vorrath in Gold, dafs, wä- ren sie alle aus Griechenlands oder Roms Münzstätten zu uns ge- kommen, unsere Sammlung in dieser Art Münzen unter allen die erste wäre. — Aber sie sind es nicht. Indels kömmt diese Ver- mischung des Aechten mit dem Unächten auf Rechaung des dama- ligen Zeitgeistes. Man sammelte nämlich aller Orten antike Münzen, wulste aber noch nicht, sie anders zu ordnen, als nach der Größe ihrer *) Die Numismatik, als Wissenschaft, war damals noch in ihrer Kindheit; daher auch Fickler's Schriften in dieser Hinsicht von keiner besondern Wiehtigkeit sind. Qui fecit, quod potuit, implevit legem — war sein Wahlspruch; welchem er auch genau nachlebte. Uebrigens mufs ‘ich hier bemerken, dafs der Titel von diesem Münzkatalog, so wie ihn Hr. Wolf in seiner Geschichte Maximi- lian IL ı. Bd. Seite 89 anführt, mit der tor mir liegenden Handschrift nicht übereinstimmt, Es müfsen also zweyerley Abschriften hieron vorhanden seyn. 399 ihrer Formen, vorzüglich aber nach ihrem Metalle. Man wollte dem Auge des Beschauenden das Vergnügen gewähren, eine Tableite voll Goldmünzen vor sich zu sehen, und es hielt für einen großen Herrn eben so sehwer nicht, eine ansehnliche Reihe römischer Kaisermün- zen in Gold aufzubringen. Diels hätte man nun gerne auch auf die Münzen unter den Consuln, zur Zeit der Republik, oder auf die sogenannten Familienmünzen ausgedehnt. — Eben so begnügte man sich nicht mehr mit Städte - Königs - oder Völkermünzen, wenn sie blos aus Erz oder Silber waren, auch eine Reihe griechischer Mün- zen in Gold wollte man aufstellen, die eben so zahlreich, als jene der römischen seyn sollte. Da nun viele der nicht-römischen Städ- te, Völker und Könige, besonders in den ältern Zeiten, gar nicht, oder sehr wenig in Gold ausgeprägt.hatten; da diefs bey den Rö- mern zur Zeit der Republik derselbe Fall war *); so entstanden in den neu anzulegenden Goldsammlungen grofse Lücken, die man mit wahren Antilten nicht auszufüllen wulste. Aber die schlauen Köpfe, welche zu jeder Zeit, und an allen Orten aus den Schwachheiten der Großen und Reichen Vortheil zu ziehen wissen ‚ fanden auch hier Mittel, den Sammlergeist derselben zu befriedigen, sich aber für ihre Mühe reichlich bezahlen zu Jansen **). Sie forınten sich von er einer *) Eckhel in seinen kurzgefafstem Anfangsgründen zur alten Numismatik sagt $. 7. „Von den Königen in Syrien, deren Gröfse anerkannt ist, haben wir sehr wenige „Goldmünzen; und von Athen ‚dem mächtigsten Staate in Griechenland, können wir „keine einzige sichere aufweisen.” — Mionnetin seiner Description de medailles antiques grecqus et romaines T. II. p. ı11. führt eine aus dem Hunterischen Kabinet an, und schätzt sie auf 1000 Livres. — „Von dem übergroßen Rom giebt es bis auf a Kaiser TER gar nichts in Gold, das aber nachher Arsen nein sallxeich war". — u) Meindeen in seinem Thesauro ne pag. 209. aaa eine aolcke Goldmünze von Julius Caesar bekannt, mit der Umschrift DIVI IVLI. Caput Caesaris nudum, pone lituus — und auf der Rückseite S. C. Caesar palludatus sedens, dextera ca- piti admota,; ad quem a milite deducitur captivus manibus retro ligatis, — uud er- zählt, dafs diese Münze dem Churfürsen Karl Ludwig von der Pfalz auf 4000 Thaler angeschlagen worden sey. Qua pecunia, sagt Eckhel zu dieser Stel- le, tam male collocata, et vel sola, quam facile justum monetae' genuinae agmen comparari poterat. $. dessen D. N. V. — Vol, VI. p, 13, 39° einer ächten Münze in Silber oder Erz ein Modell, gofsen das ver- langte Metall darein, und so war die gesuchte Goldmünze fertig, zwar nicht antik, aber nach einer wahren Antike, und bey dem da- maligen Stand der numismatischen Wissenschaft leicht für antik zu nehmen. — Oder, sie verfertigten selbst eigene Stempel, die manch- mal so glücklich und dem Gepräge ächter Münzen so ähnlich ausfie- len, dafs nur ein sehr geübtes Aug den feinen Betrug entdecken kann, ihre Kunsterzeugnifse aber in ästhetischer Hinsicht noch jetzt bewun- dern muls *). Beyde Verfahrungsärten scheinen auch hier in Mün- ehen angewandt worden,zu seyn, um die beliebten Reihen grofs und zahlreich zu machen. So besitzen wir ‚ um nur ein Beyspiel anzufüh- ren, von einer Goldmünze der ersten Gröfse auf die Kaiserin Liv:a. (August’s Gemahlin) 6 Exemplare, jedes zu ı0 Ducaten, wovon die Hauptseite ein weibliches, verschleyertes Gesicht vorstellt, mit der Un- terschrift: PIETAS; auf der Rückseite sitzt die Göttin, in der Rech- ten das Palladium, in der Linken die Hasta, darunter VESTA. $. C.— Apostolus Zeno (kaiserlicher Poet wnter Karl VI. und grolser Kenner der Antiken) schrieb über diese Münze im J. 1746 an den Abbate Olivieri folgendes Urtheil **), ‚Non posso dissimularvi la sorpresa, che mi'ha cagionato il vedere in questa classe quel me- daglione di Livia esaltato per rarissimo e singolare. Sopra di esso vi dirö i} mio sentimento. Sappiate adunque, che quel medaglione eotanto esaltato & lavoro moderno, e che ya per le mani di molt. Io ne ho veduti altri simili piu di venti, non solamente in ktalia, ma in Germania ancor, dove seno stati hattuti nella Corte Eletto- rale di Monaco gia 60. 0.70 amni in circa, dore pure si & fatto il co- nio *) Die berühmten Paduaner, Cauvin und Baßsian hatten, es vor mehr als 200 Jah- ren in dieser Kunst aufs höchste gebracht. S. Eckhel's Anfangsgründe $. 35. und vergl. dessen D, N. V. Vol. I. Prolegomena CXVIRL — Schlichtegroll’s Annalen der Numismatik. Bd. I. pag. a2 etc. *%) S. Lettere di Apostolo Zeno, Cittadin, Veneziano, Tom. II. Pag. 420. Venetiis. MDECLIN, 39. nio di molti medaglioni in’oro dello stesso peso, o di poco disug- uale, di vari Imperadori, come di Augusto, di Vespasiano, di Per- tinace, da me veduti, ma non mai acquistati, perche moderni *). Noch bin ich nicht im Stande, mit Gewifsheit bestimmen zu können, wer zu solch einer falschen Maafsregel die Idee gegeben; oder die Hand geboten habe **), Aber dals es um diese Zeit geschehen sey, dünkt mir höchst wahrscheinlich. So schwer es mir fiel, diese Thatsache aus Wahrheitsliebe bier berühren zu mülsen, so angenehm ist es für mich, bey dieser Ge- *) Eckhel, welcher diese Stelle in seiner Doctr. num. vet. Vol. VI. pag. ı5ı anführt, enthält sich eines weitern Urtheils hierüber, führt aber auf der nämlichen Seite aus des Scipio Maffei Verona illustrata P. III. p. 238 eine andere Münze in Silber an, welche er ebenfalls für ungezweifelt falsch erklärt, und welche fol- " gende Aufschrift hat: . ITHNAIOE KQIQN. Das belorberrte Haupt des Jupiters von der rechten Seite, R. BAZIAEQZ AYZIMAXOY. Die sitzende Pallas, in der Rechten eine Siegesgöttin, in der Linken die Hasta. Auch diese Münze besitzen wir in Gold, und zwar ı0 Ducaten schwer. **) Fickler war es sicher nicht, es hätte sich in seinen Handschriften wenigstens eine leise Spur hievon zeigen müfsen. Zwar kommen in seinem Katalog schon meh- rere römische Familienmünzen in Gold vor 2 deren Unächtheit er nicht von wei- tem ahnete, aber es finden sich darin noch keine von griechischen Städten und Völkern in Gold. Auch starb er schon im J. 1610. Patin in seiner Introductio ad historiam numismatum,. Amstelaedami 1683. p. 218 sagt bey Gelegenheit der Aufzählung der damaligen berühmtesten Münzsammlungen: Serenissimus Bavariae Dux elector, praeter Statuarum antiquarum ingentem numerum, numos habet au- reos consulum et imperatorum Romanorum civeiter mille et quadringentos. Cave, eredas, omnes antiquos esse; ut’enim @vro'yız multos adulterinos esse deprehendi, sie solerti indagatione intellexi, quemdam R. P. Societatis Jesu prineipi Maximi- liano, harumce deliciarum cupidissimo, morem gerentem, ex auro fundi pluri- mos ad argenteorum formam curasse. Plurimi tamen genuini sunt, inter quos nonnulli rarissimi. — Da er aber die Quelle, woraus er diese Nachricht ge- schöpft, nicht näher angiebt, so läßt sich nicht weiter mit Cewifsheit darüber ur- tbeilen. 392 Gelegenheit eines hiesigen Bürgers und Künstlers erwähnen zu kön- nen, dessen Name in der Kunstgeschichte Baierns noch nirgends vorkömmt, der aber einen der ersten Plätze darin einnehmen sollte, da sein Kunswerk unter die vorzüglichsten Merkwürdigkeiten Mün- chens gehört. — Ich berühre diesen Gegenstand hier um so lie- ber, als er mit_der gegenwärtigen Frage in unmittelbarer Verbin- dung steht, und den Zeitpunkt, von welchem jeizt die Rede ist, bestimmt "angiebt. Christoph Angermajr (so hiefs dieser Künstler), Bürger und Hofbildhauer zu München, verfertigte in den Jahren 1618 bis 1624 ein Münzkästchen aus Elfenbein, von dem sich nicht wohl mit Gewilsheit behaupten läfst, ob es für obige schon vorhandene Gold- münzen, oder, ob nicht diese eigends für selbes gemacht worden seyen. (S. die Beschreibung desselben Beylage 4.) In jedem Falle sind das Kästchen und obige Münzen gleichzeitig, folglich aus dieser Periode. Es enthält zwanzig Schub- fächer, deren jedes sechzig antike Goldmünzen yon der gewöhnh- chen Gröfse falst: drey andere sind für goldene Medaillons bestimmt, worin sechzig bis siebenzig Stücke Platz haben. — Dieses Kästchen war einst ganz mit goldenen, gröfstentheils griechischen Städte - und Königsmünzen, dann mit römischen Familienmünzen gefüllt, ‚deren Beschreibung in der Handschrift vier Foliobände nebst noch zwey Bänden Register ausmacht *). Es ?) Auch dieses Manuseript — vielleicht nur eine Abschrift — enthält nicht die geringste Spur, wer dessen Verfasser gewesen sey; es werden darin die im obigen Käst- chen aufbewahrten Goldmünzen beschrieben ‚ und es scheint, dafs diese Beschrei- bung ungleich später ‚verfafst worden sey. Die Münzen sind nicht in griechische und römische, und diese wieder nicht in Familien - und; Kaisermünzen , sondern nach den darauf vorkommenden Bildern und Vorstellungen in Klalsen eingetheilt, die erste enthält die Götter, die zweyte die Göttinnen ,„ die dritte berühmte Grie- chen etc. Ueberhaupt, so viel Mühe und Fleils der Verfasser hierauf verwandt, g so 393 Es wäre ein Verbrechen gegen die Kunst, in solch einem Meisterwerke bloße Abgüfse, und wenn auch gleich in Gold aufzu- bewahren, aber auch Sünde gegen die Wissenschaft, sie nicht ach- tend, zu zerstören, oder als ächtes Gut zur Schau auszustellen. Sie sind nunmehr alle mit Vorsicht und Strenge ausgeschieden worden, dessen ungeachtet ist das Kästehen wieder neuerdings beynahe ganz gelüllt, und bietet dem Beschauer eine ansehnliche Reihe römischer Kaisermünzen in Gold dar, die man sich nicht scheuen darf, dem prü- fenden Auge des Henners zu unterwerlen, Doch es ist Zeit, dafs ich wieder zur Erzählung der fernern Schicksale unsrer Münzsammlung zurückkehre. Schon war ein fürchterlicher Krieg über ganz Deutschland ausgebrochen, und Churfürst Maximilian I. hatte in diesem grofsen Trauerspiele selbst eine Rolle übernommen, die seine ganze Geistes- kraft in Anspruch nahm. Münzen oder Bücher zu sammeln, davon ‘war jetzt keine Rede mehr, sondern nur davon, wohin man die ge- sammelten Schätze flüchten sollte, um sie vor dem, schon aus der Ferne Rache drohenden Feinde zu sichern. — Ingolstadt schien hiezu der beste Platz zu seyn. Dahin also wurde das Münzkabinet nebst andern Kostbarkeiten gebracht, wo es wahrscheinlich auch bis zum r 6 wenig Ausbeute giebt sein Werk für die Wissenschaft selbst, Bianconi in seinen oben angeführten Beiefen S. 47. sagt: Eneas Vicus habe die in dem elfenbeinernen Kästehen aufbewahrten Münzen in zwey Bänden befchrieben; aber diese Beschreibung des E. V. stand schon in dem Inventarium der Kunstkammer des Herzog Albrechts V. und das Münzkästchen wurde erst etlich und vierzig Jahre nach dessen Tod verfertiget, auch findet sich diese Handschrift nicht mehr hier, sondern sie soll einst nach Wien gekommen seyn. — Das gegenwärtige _ Manuseript darf also mit jenem des Engas Vieus nicht verwechselt werden, Noch mufs ich bemerken, dafs diese sechs Bände nicht iu der Hofbibliothek , sondern in jenen Zimmern der Residenz. aufbewahrt wurdeu, welche man der Kaiserin Amalia-Bibliothek nannte, von woher sie erst vor wenigen Jahren in meine Hände kamen, P 50 394 ; zum westphälischen Frieden blieb, da die in Baiern'nur allzuunvergefs- lichen Schweden noch im nämliehen Jahre das Land durchstreiften und ausplünderten *). Auf diese Art ward die kostbare Sammlung zwar gerettet; aber sie gerieth dadurch in eine Unordnung, aus welcher sie auch unter den folgenden Regierungen keinen Erlöser mehr fand. Der friedfertige Churfürst Ferdinand Maria hatte bey dem Antritte seiner Regierung Keine wichtigere Angelegenheit, als die blutenden Wunden des Vaterlandes zu heilen, und das durch Krieg und Pest verheerte "und verödete Baiern wieder aufleben zu machen; es ist also leicht begreiflich, dafs ihn seine ministeriellen Umgebungen nicht an die Griechen und Römer erinnerten **). Der Geist seines Sohnes, Max Emanuel, schien eine ganz andere Richtung genommen, und einen Gegenstand lieb gewonnen zu haben, vor welchem die friedlichen Musen schüchtern zurück treten. Seine persönliche Theilnahme an den Feldzügen gegen die Türken$ ein höchst verderblicher Krieg im Vaterlande, die vieljährige Abwesenheit des Churfürsten aus seinem Lande, diels alles macht es sehr begreiflich, dafs man weder Zeit noch Lust hatte, das in Unordnung Gerathene zu ordnen, noch weniger das Vorhandene zu vermehren, Bey- *) S. Annales Ingolstadienses. P. II. p. 317, **) Wenn Apostolus Zeno im Jahre 1746, nach dem oben angezogenen Briefe, schreibt, dafs viele antike Goldmünzen vor 60—70 Jahren zu München selbst fabrieirt worden seyen, so fiel dieses Factum gerade in die Regierungsepoche des Churfürsten Ferdinand Maria, Aber man sieht aus seinen "Worten, dafs er das Jahr selbst nicht bestimmt anzugeben wufste; von einem Zeitgenossen konnte er diese Nachricht nicht wohl haben, und es ist von mir schon oben gesagt worden, warum ich den gröfsten Theil dieser Goldmünzen für gleich» zeitig mit dem Kästchen halte, welches auch durch Patin’s Zeugnifs bekräftiget wird. 395 Beydes wollte der Churfürst Karl Albrecht; aber der Kai- ser konnte nicht ausführen, was der Churfürst beschlossen hatte, Der unglückliche Krieg wegen der pragmatischen Sanktion, und der Tod des Kaisers vereitelte diesen, so wie viele andere, weit höher gehende Plane. So ungünstig dieser ganze Zeitraum für unser Münzkabinet war, so traf diese Ungunst doch vorzüglich nur den einen Theil dessel- ben; denn, wenn sich gleich die antiken, Münzen nicht beträchtlich vermehrten , so geschah diefs doch den modernen. “Wir besitzen von Münzen der europäischen Kaiser und Könige aus den leizten 3 Jahrhunderten eine ansehnliche. Zahl, besonders aber einen grolsen Vorrath an päbstlichen und bischöflichen, dazu kommen noch einige hunderte auf berühmte Männer; diese alle zusammen genommen bilden eine bedeutende Sammlung moderner Münzen, und machen unser Kabinet auch in dieser Hinsicht lehrreich und sehenswürdig. Da sich der gröfste Theil hievon aus obigem Zeitraum herschreibt, so verdienen auch diese drey Wittelsbacher als Vermehrer der ererbten numismatischen Schätze genannt zu werden, Ueberhaupt muß ich hier eine Bemerkung niederlegen, welche über die Frage, warum unter den letzten baierischen Regenten - für das Münzkabinet nicht mehr geschehen, einiges Licht verbreiten, und —- wenn ich nicht irre — die bisherigen Urtheile über diesen Gegen- stand berichtigen soll. Ian betrachtete die vorhandene Münzsamm- lung blos als ein Fideicommifs, welches unverändert von Hand in “ Hand gehen sollte. Die Hauptsorge gieng also immer dahin, es si- cher zu bewahren, und unverletzt zu erhalten. Man glaubte hiezu keinen schicklichern Ort, &ls die sogenannte Schatzkammer zu fin- den, wo es mit den Haus- Juwelen, Perlen und andern Kostbarkei- ten bewacht und bewahrt wurde. — Wer die Aufsicht über .diese hatte, hatte sie zugleich auch über die Münzsammlung. Da nun jene der Regel nach allezeit dem ersten oder ältesten Kammerdiener des 50 ° Für- 396 Fürsten — für dessen vorzügliche Treue die vielen Dienstjahre das Wort sprachen — übertragen ward, so ficlen auch die griechischen und römischen Münzen in dieselben Hände und Aufsicht, *). Daher käfst sich also leicht erklären, dafs der aufgeklärte Churfürst Maxi- milian Joseph Ill. bey Errichtung einer Akademie der Wissen- schaften dieses Gegenstandes nur im Vorbeygehen erwähnte, und dafs das \Venige, was in den akademischen Gesetzen von der Nu- mismatik vorkam, eigentlich nur auf die vaterländische Bezug hatte. Dessen ungeachtet hielten sich die ehrwürdigen Stifter dieses Insti- tuts nicht an den todten Buchstaben ihrer Gesetze; sie sammelten nebst vaterländischen Münzen auch griechische und römische, deren Anzahl bey ihren beschränkten Hülfsmitteln zwar nicht beträchtlich ausfallen konnte, werunter sich aber doch manches Kleinod befin- et, welches zugleich einen schönen Beweis giebt, dafs sie bey ei- ner günstigern Lage ungleich mehr für dieses Fach geleistet haben würden **). Baiern besals also im Jahre 1777 bey dem Tode sei- nes geliebten Churfürsten zweyerley Münzsammlungen; die churfürst- liche und die akademische, welche ganz verschieneden Händen anyer- traut waren, und erst nach einigen Jahrzehnten miteinander verei- niget werden sollten. Bey der um jene Zeit erfolgten Regierungsveränderung er- öffneten sich für das baierische Münzkabinet in mehr, als einer Hin- sicht glänzende Aussichten. Churfürst Karl Theodor beschlofs gleich in den ersten Jahren, seine Sammlung von Münzen und ge- schnittenen Steinen aus Mannheim hieher bringen zu lassen, und sie mit der hiesigen zu vereinigen, Wenn schon jener kostbare Schatz an - *) Diese Schatzmeister und Kammerdiener, welche zugleich die Aufsicht über die an- tiken und modernen Münzen hatten, waren vom Ende des siebenzehnten Jahr- hunderts bis auf das Jahr 1777 Melchior Papalohn, Augustin Sailer, - Joseph Denglbach, Philipp Jacob Dulack, Karl Thiereck. **) Don Sterzinger hatte sich diesem Fache mit vielem Fleiße und vielen Kennt- nilsen gewidmet, wofür wir ihm jetzt noch Dank wissen. 397 an-antiken Steinen und Münzen, welchen der grofse Churfürst von der Pfalz, Karl Ludwig, ein ganz besonderer Münzireund *), ge- sammelt, und die Aufsicht hierüber einem Ezechiel Spanheim und Lorenz Beger anvertraut hatte, nicht mehr vorhanden, son- dern gröfstentheils nach der erloschenen Simmerischen Churlinie durch Erbschaft an den König von Preufsen gekommen war **), so-scheint es doch, dals sich ‘noch ein kleiner Rest hieron an die nachfolgende Churlinie aus dem Hause Neuburg gerettet habe, weleher mit der von Churfürst Johann Wilhelm. in Düßseldorf zu Anfang des vorigen Jahrhunderts angelegten Münzsammlung spä- -terhin nach Heidelberg und von da nach Mannheim kam. — ‘Dieser Churfürst —-für Wissenschaften und Künste ein wahrer Kö- nig — rief die aus seinen väterlichen Landen zweymal vertriebenen Musen wieder zurück, und theilte mit ihnen seinen Wohnsitz in Düsseldorf ***) Nebst andern Kostbarkeiten an Büchern und } Ge- *) Professor Köhler nennt ihn in seiner historischen Münzbelustigung P. IV, p. 7- den Pfälzischen Salomon , und einer seiner Zeitgenossen giebt ihm das Zeugnils, „es wäre, außer etwa der medizinischen, keine Profeßsion auf der Universität „Heidelberg, welche derselbe nicht selbst versehen, und mit Rulım habe beklei- den können”. Seine vielen und schönen Medaillen hat er gröfstentheils selbst angegeben, und dabey die antiken sich zum Muster gewählt. Der Name, Karl Ludwig, ist in der Pfalz am Rhein noch jetzt ein beliebter Name. $. Exter's Versuch von pfälzischen Münzen, Medaillen ete, I. Th. pag. 114—116. sqq. *%*) Lorenz Beger beschrieb uns diesen Schatz in -seinem bekannten Thesaurus . ex thesauro 'palatino selectus im’ Jahre 1685. In jenem Exemplar, welches hie-, von aus der Mannlıeimer Hofbibliothek in die hiesige gekommen ist, sagt eine geschriebene Randglosse Folgendes: ,‚Diese Sammlung — an geschnittenen Stei- „uen und Münzen — ist, so wie auch die Bibliotheken, welche Karl Ludwig „und Karl, die letzten Churfürsten der Simmerischen Linie wieder nach dem 30 „jährigen Kriege gesammelt haben, weil die grofse Bibliothek nach Rom ge- „‚schleppt worden war, nach deren Tod mit dem Beger als Allodial- Erbschaft „mach Berlin gekommen”. Nach andern gedruckten Nachrichten kam ein Theil hievon auch an Hessenkassel, und an Madame d’Orleans, Schwester des # obengenannten Churfürsten Karl. ***) Difücile est, Musas semel perterritas placare, bis ex fuga revocare, diffcillimum. Revocavit tamen eas, sed afilictas et timidiores Joannes Wilhelmus, Prin- = r 2 ceps 398 Gemälden kaufte er auch das berühmte Münzkabinet des Joannes Smetius in Nimwegen *), und höchst wahrscheinlich hat der nicht unbeträchtliche Vorrath an geschnitenen Steinen, worunter manches seltene Kleinod ist, sein Daseyn grölstentheils auch ihm zu verdanken **). Chur- ceps doctus et doctrinae amans, iisque Düsseldorpium suum exornavit. V. Acta Academiae Theodoro -palatinae Tom. I. pag. 2, . *) Graevianam Bibliotheeam et Smetianum numophylacium F) ex Batavis, pinacotbecam insuper nulli inferiorem ex omni sibi Europa comparavit. V.Libro et loco citato, . *) Dieses Numophylacium enthielt gegen 10,000 Münzen, wovon ein Drittheil in Silber , die übrigen in Erz, die wenigernr aber in Gold waren. S$. Antigui- tates Neomagienses Joannis Smetii Noviomagi 1678. pag. 169, *#) Ick will hiervon nur zwey der Schönern als Beweis anführen: Ein Medusenkopf von ganz vorzüglicher Arbeit aus Onix, und wmgezweifelt aus den besten Zei- ten der Kunst. Das Gesicht ist ganz auswärts gekehrt, und zu z Drittel aus der weifsen Schicht erhaben gearbeitet. Aus jedem Nerv, aus jeder Muskel spricht der Schmerz eines Menschen, dessen Leben mit dem Tode kämpft. Man kann nit Wahrheit sagen : hier redet der Sten, Die Schlangen in den Haaren winden sich sehr natürlich, und die untersten’ simd aus der dunkeln grauen Stein- sehicht geformt, die das weilse Gesicht nocli mehr erhöhen. Betrachtet man den Kopf bles vom Profit, so ist die Wirkung noch ungleich größer; man vergifst einen Stein ver sieh zu schen. Churfürst Karl Theodor kaufte einen älmli- chen aus der Verlassenschaft des Kardinals ven Fleury; so schön und vortref lich er auch ist, so hält er mit Obigem die Vergleichung doch nicht aus. — Eine zweyte Seltenheit aus dieser Sammlung, ist ein vertieft geschpittener Onyz, _ den Kopf des Kaisers Tiberius vorstellend; das Haupt ist Lorbeer bekränzt, vechts sehend. — Wenn ich sage, dafs es wenige Intaglio’s geben: dürfte, wel- che dieser in jeder Hinsicht vollendeten Arbeit gleiehen, so spreche ich nur das Urtheil aller Kenner aus, welche dieses Meisterwerk gesehen und bewundert ha- ben. — Graf d’ Hautford sagte einst: „Diefs sey der sehönste einwärts ge- schnittene Stein, der ihm je auf allen seinen Reisen durch: ganz Europa zu Ge- sicht gekommen”. Dioscorides, einer der ersten Steinschneider aus den Zei- ten des August, hat ihn geschnitten. Was diese Sammlung noch. besonders auszeichnet, sind die vielen Onixe von aufserordentlicher Gröfse. 399 Churfürst Karl Philipp trat in die Fußsstapfen seines gros- sen Bruders und Vorgängers, und wurde während seiner sechs und zwanzig jährigen friedlichen Regierung für Mannheim eben das, was Johann Wilhelm für Düsseldorf gewesen *). Aber beyde übertraf Churfürst Karl Theodor, welcher die schönere Hälfte seiner Regierung für Künste und Wissenschaften gelebt, und ihnen unermeßsliche Summen zum Opfer gebracht hatte **). Noch in Mannheim hatte er seinem damaligen Hofkaplan und Kanonikus Häffelin — nun Bischof zu Chersones und königl. baierischer aus- serordentlicher Gesandter zu Rom — die Direktion über das Münz- und Medaillenkabinet übertragen, und ihn nach Italien und Frank- reich geschickt, theils um sich für dieses Fach ganz auszubilden, theils auch, um durch vortheilhafte Ankäufe die bereits vorhandene Sammlung auf einen noch höhern Grad von Vollständigkeit zu bringen. Beydes geschah ***); und das von Mannheim nach Mün- chen gebrachte Münzkabinet war sowohl in antiken , als modernen *) S. Acta Academiae Theodoro- palatinae. Tom. I. p. 2. Rector Pleschius war unter ihm Aufseher des kurfürstl. Münzkabinets. Man sehe dessen Rede de ori- ginibus et fatis Manhemii. 1727. Item den rheinischen Antiquarius S. 509. **) Pulchra baec pulchriorum lounge operum praeludia fuerunt. Successit enim Car. " Theodorus, dulce Palatinis nomen, Musarum -delieium, qui , quae multorum alias principum fuerunt, magno ausu solus perfecit. Quicunque librorum .. . anti- quarum rerum thesauros novissimo hoc tempore collectos atque dispositos adeunt, rudes artium atque periti, solo aspectu obstupescunt. Ibid. — Confer Colini Eloge de Charles - Theodore lü dans une assemblee de 1’ Academie a ‚ Mannheim. 4 **%) Der um die pfälzische Münzkunde so sehr verdiente Friedrich Exter sagt ‚in seinem Versuche von pfälzischen Münzen und Medaillen WI. Th. p. 320, Zwey- brücken 1775.: „Unter dem jetzigen Churfürsten, Karl Theodor, hat das „Münzkabinet eine weit glänzendere Gestalt erhalten, und Höchstdieselben haben „beschlossen, es mit dem großsmüthigsten Aufwand zur gröfsten Vollkommenheit „zu bringen. — Welchen rühmlichster Endzweck zu erreichen, Höchstdieselhe „die Aufsicht über diesen an antiken und modernen Münzen so reichen Schatz „Niemand mit einem glücklichern Erfolg hätten anvertrauen können, als dessen „jetzigen würdigsten Directori, dem Hin. Hofkaplan und Kanonico Häffelin.” 400 & Münzen so zahlreich ‚ dafs es mit dem hiesigen vereint ein sehr se- henswürdiges Ganzes bildet; und gerade diesem Vorrath haben wir es zu danken, dafs unsere Sammlung an goldenen römischen Kaiser- münzen wieder so beträchtlich geworden ist. Wenn schon der Münz- kabinets-Direktor in seiner Person auch das Amt eines Schatzmei- sters wieder vereinigte, so-wurden doch die Gegenstände selbst von einander getrennt, dem Münzkabinet eim besonderes Lokale aufßser der Residenz angewiesen, zur Vermehrung desselben ein eigener Fond ausgeworfen, und überhaupt die Verfügung getroffen, dafs es nun ganz neu geordnet, beschrieben, und einst für den öffentlichen Gebrauch hergestellt werden sollte. Zeigte sich eine günstige Gele- genheit zu einem beträchtlichern Ankauf, so durfte sie benützt wer- den; die kurfürstl. Kabinetskassa machte hiezu aufserordentliche Bey- träge, und so gelang es der Münzkabinets-Direktion — um nur ein Beyspiel anzuführen — aus der Seyfferheldischen Thaler-Ver- steigerung zu Nürnberg eine beträchtliche Anzahl seltener Stücke auf einmal zu erwerben. Aber während das Kabinet bereits geord- net war, und der Churfürst das Locale selbst in Augenschein nahm, um einen aus den ihm vorgelegten Planen zur künftigen Einrichtung desselben zu genehmigen , wurden die friedlichen Aussichten immer dunkler; der Kriegsschauplatz überschritt Deutschlands Gränzen, und — alles, was selten und kostbar war, mulste eingepackt und aus München mehrmal geflüchtet werden *), Aber es geschah auch jetzt, was in dem ewigen Kreislauf der menschlichen Dinge so oft zu geschehon pflegt; wenn alles ver- loren zu seyn scheint, erfolgt oft gerade das Gegentheil. Baiern ward, wie durch ein Wunder gerettet; als ein selbstständiges Kö- nig- *) Die erste Flucht geschah im Jahre 1796, die zweyte im Jahre 1800, und die dritte endlich im Jabre 1805. — Ach, wie wenige Stunden waren hinreichend, um die mühevolle Arbeit so vieler hunderte auf einmal zu vernichten! — 4 401 nigreich gieng es aus den Stürmen der Zeit hervor, und naluım nach tausend Jahren seine vorige Stelle unter den Staaten Deutschlands wieder ein. Alles gewann nun eine andere Gestalt; die Akademie der Wissenschaften erhielt nicht nur eine ganz neue Constitution, sondern auch eine wahrhaft königliche Fundation. Das Münzkabinet wurde, so wie die Bibliothek und die andern literarischen Sammlun- gen des Landesherrn, mit diesem Institute vereinigt, und der Con- servator desselben sollte in Zukunft allezeit ein Mitglied der königl. Akademie der Wissenschaften seyn. Nebst dem hat die historische Klasse die besondere Aufsicht und Leitung dieses ihr zugetheilten Attributes; um aber die Erhaltung dieses Fidei- Commisses auf jede mögliche Art zu sichern, wurde eine eigene Commission ernannt, ohne deren Wissen und Mitwirken keine bedeutende Aenderung vorgenommen werden darf, und welche in wichtigern Fällen sich an das Präsidium der Akademie wendet, und durch dasselbe die königl. Entscheidung erwartet. Das vorige unpassende Lokale wurde mit einem fröhlichern vertauscht, und dadurch zugleich mehr für die Sicherheit der Münzsammlung gesorgt. Die zur Vermehrung derselben bestimmte jährliche Summe ist hinreichend , die Fortsetzungen und gewöhnlichen Ankaufe damit bestreiten zu können; ja, alles läfst uns hoffen, dafs wir bey eintretenden besondern Fällen auch auf eine aufserordentliche Unterstützung rechnen dürfen, um die noch vor- handenen Lücken — besonders bey den antiken Städte -Völker-und Königsmünzen, deren Namen allein schon sich auf zwey tausend be- laufen — nach und nach auszufüllen, und so diese Sammlung unter dem Schutze einer weisen Regierung und im Schoolse des Friedens von Jahr zu Jahr bedeutend zu vermehren, Zu dieser schönen Hoffnung berechtiget uns die ganz beson- dere Gnade des Königs, der nicht müde wird, das Münzkabinet von 5 u EA von Zeit zu Zeit grofsmüthig zu bereichern *), vorzüglich aber darin einen eigenen Ruhm setzt, dieMünzsammlung aus dem Wittelsba- chischen Hause vor allen der Vollständigkeit näher zu bringen. Der um die vaterländische Münzkunde und Geschichte sehr verdiente ge- heime Rath Johann Goswin Widder **) sammelte über dreyßsig Jahre blos pfälzische und baierische Münzen, und war so glücklich, einen Vorrath von mehr dann zweytausend Stücken in Gold und Silber zusammen zu bringen. Was aber diese Sammlung ‘noch kostbarer macht, ist ein dabey befindliches Manuseript in zwey Foliobänden unter dem Titel: Sammlung aller existirenden Mün- zen und Medaillen des Wittelsbachischen Gesammthauses ***). Beydes überliefs der Eigenthümer dem Churfürsten Karl Theodor, und es wurde hierüber durch den Münzkabinets - Director, Bischof Freyberrn von Häffelin, unterm ı5. Sept. 1795 ein förmlicher Kaufkontrakt abgeschlossen, dessen Ausführung aber durch die in- ZWi- *) „Als ein neues Merkmal unsrer besondern allerhöchsten Gnade — sind die Worte „des jüngsten Rescripts an die königl. Akademie der Wissenschaften vom ı8, „a. c. — und unsrer steten Fürsorge für ‘die Bereicherung :und Vervollständi- „gung der Attribute unsrer Akademie der Wissenschaften, übersenden Wir.der- „selben mitfolgende Sammlung der in der k, k. Münze zu Paris verfertigten Gold- „und Silber- Stücke, dann übrigen Denkmünzen” etc. *#) Die Fortsetzung der Domus Wittelsbacensis numismaticae, oder der Sammlung al- ‚ler existirenden Münzen und Medaillen des Wittelsbachischen Hauses etc. so wie dessen geographisch - historische Beschreibung der Pfalz am Rhein in 4 Bänden. 8. Fraukfurt 1786. wurden von den Kennern mit vielem Beyfalle aufgenommen und beweisen, dafs dieser unermüdet thätige Mann bey seinem damaligen weit ausgedehnten Geschäftskreise nur in solchen literarischen Arbeiten seine Erholung suchte, aber, leider! auch zu frühe seinen Tod fand. *%*) Der vaterländische Münzsammler ersieht hieraus mit einem Blick, wie viele Stü- cke ihm noch fehlen, um nur die Münzen eines einzigen Fürsten vollständig bey- sammen zu haben, oder wie überaus selten eine Münze seyn müsse, die in Wid- der's Katalog nicht vorkömmt. — x 403 zwischen eingetretenen HKriegsunruhen, vorzüglich aber durch den Todesfall des Käufers sowohl, als des Verkäufers gehindert worden ist. Erst im verflossenen Jahre genehmigten Se. königl. Majestät die- sen Kauf von neuem, und vereinigten die ganze Widderische Münzsammlung mit der königlichen. Hoch freut sich der Baier die- ses vaterländischen Schatzes; denn, wo sollte er die numismatischen Denkmäler der Wittelsbacher lieber suchen und finden, als in der Stadt seines geliebten Königs? — Wahrlich, er hat sich und allen Fürsten seines Hauses dadurch ein Monument gesetzt, welches die Annalen der vaterländischen Numismatik mit größtem Danke auf die Nachwelt bringen werden. ‚Diefs sind die Schicksale des königliehen Münzkabinets in München. Städte .und Völker sind im Strome der Zeit untergegangen; aber die Dokumente ihres Daseyns liegen noch vor unsern Augen. Durch wie viel tausend Hände mögen sie gegangen seyn, bis sie auf uns gekommen sind! Wir wollen sie als ein Heiligthum mit baierischer Treue bewahren, und dabey mit dem wärmsten Dank. gefühl auf jene grolsen Wittelsbacher hiuschen, die sie vor Jahrhunderten schon für uns gesammelt haben, Vor allem aber huldige der Dank jedes Patrioten dem Besten der Könige, dafs Er diese kostbare Sammlung mit der königl. Alta- demie der Wissenschaften vereinigte, und dadureh deren unver- sehrte Erhaltung für die Zukunft nicht nur möglichst sicherte, son- dern,auch zugleich deren allmählige planmälsige Vermehrung be- gründete. — Möge Er uns noch lange von der Vorschung ge- schenkt seyn! - Der Erbe seiner Tugenden und seiner Krone wird einst fort- fahren, auch diesem Zweige der Wissenschaften die Pilege angedei- 50° hen - 4‘ 2 - 404 hen zu lassen, die er verdient, und den gegenwärtigen Schatz ver- mehrt den späten Enkeln übergeben. Unvergefslich werden mir jene Stunden seyn, die Er im verflossenen Jahre dem ernstern Be- schauen ‚dieser Merkwürdigkeiten gewidmet hat. Sein Kennerauge, sein in Italien an den Meisterwerken der Vorwelt gebildeter Ge- schmack, sein alles Schöne und Grofse mit Blitzesschnelle auffassen- der Geist haben den Werth dieser Sammlung längst anerkanni. Baierns Genius wache über Ihn! Und Er werde unsern Nach- kommen einst für Künste und Wissenschaften, was Herzog, Albert der Grolsmüthige unsern Vätern war, und Sein crhabener Vater uns ist! — Su Bey- Beylage A. Beschreibung des S. 3g2. erwähnten Münzschrankes, u un Bianconi in seinen Lettere al Marchese Filippo Hercolanı — sopra alcune particolarita della Baviera, sagt pag. 46 et 47 hievon Folgendes: „Fra le altre insigni cose troverete nel tesoro di Bayiera uno scrignio d’ ayorio stu- pendamente lavorato a hassi rilievi, e ripieno di medaglie rarissime. — Questo in ogni-senso & il piu bello scrignio, ch’ io sappia d’ aver mai veduto in vita mia”. Da noch alle Fremde dasselbe Urtheil hierüber fällten, so wird es dem fremden Leser nicht unangenehm seyn, wenn ich es versuche, eine blos er- zählende Beschreibung hievon zu geben, ohne in die einzelnen Schönheiten desselben, oder in das Geheimnifs der Kunst selbst einzugehen, Das Schränkchen hat drey Schuhe in der Höhe, zwey in der Breite, anderthalb in der Tiefe. Das kleine Gebäude ruhet von aufsen auf acht Ko« rinthischen und vier jonischen Flachsäulen, mit Nischen, Statuen, Arabesken und andern Verzierungen ausgefüllt. Ueber dem Hauptgesims erhebt sich ein Piedestal, worauf sich Kaiser Trajan zu Pferd, den Commandostab in der Rechten, befindet. An den vier Enden sitzen vier überwundene Könige im fürstlichen Ornat, mit gebundenen Händen; vielleicht diejenigen, von denen er den Namen Dacicus, Parthicus etc. annahm. Die Hauptseite des Räst- chens hat zwey Flügelthüren, auf deren jeder eine weibliche Figur, das Al- terthum (die Geschichte) und die Münzkunde vorgestellt ist. Die erste, eine ehrwürdige Matrone, steht auf Trümmern der Vorwelt; ihre Rechte eine auf- gewickelte Rolle haltend, ruht auf einem Säulenfußs, worauf die Worte 'stehen: Priscae monumenta vetustatis. Im Hintergrunde erblickt man die trajanische Säule, das Colissäum und Obelisken. Ein zerfallener Triumphbogen schliefst das 406 5 das Perspektir mit der Aufschrift: TRIB. POT. XI. COS. XII. .— Gegen- über steht die Münzkunde, in der Rechten eine Münze, in der Linken einen Schild haltend,_ worauf ein Ameisenhaufen zu sehen ist, mit der. Umschrift: Sedulo quaesita recondunt. Zu ihren Füfsen liegen mehrere Münzen umher, auf deren einer des Künstlers oben angeführter Name mit der Jahrzahl 1618 steht; ein Hund macht gleichsam darauf aufmerksam. Rückwärts sieht man Ruinen eines prächtigen Baues mit gesprengten Bogen. Zwischen den Trag- stücken, worauf die Korintkisehen Säulen ruhen, stehen auf jeder Seite zwey Genien, das kurfürstl. baierische und herzogl. lotharingisehe VVappen tragend, Das Hauptgesims endet sieh mit en durch eine Muschel get ehıbEE Bogen. = Die Gegenseite ist in eben dem Geschmacke gearbeitet, und stellt den König des Alterthums Nimrod vor; er zeigt auf den Bau des babilonifchen Thurms müt der Inschrift von acht Zeilen: Nimrotkus. Babylonem molitur, turrim coelo admovet, famam nominis in omnem posteritatem propagat. Gegenüber ist König Romulus, das alte Rom im Hintergrund, und die Auf- schrift in acht Zeilen: Romulus urbem, orbis caput, condit, arcem mundo imponit, asflum omnibus gentibus aperit. Die Nebenseiten zieren zwey zwi- schen jonischen Säulen stehende Löwen, welche ein Füllhorn halten, worun- ter der bekannte Chiffre M. E. (Maximilian und Elisabeth, seine erste Gemahlin. aus dem Hause Lothringen) unter dem Ehurhut zu sehen ist. — Dben tragen zwey Genien einen kleinen Schild, worauf einerseits Anno: Do- mini, und auf der andern. Seite MDCXXIV. zu lesen ist, aus welcher: Jahr- zahl in Verbindung mit der obigen bey des Künstlers Name sich oflenbar ergiebt, dals-er dieses Kunstwerk in 6—7 Jahren verfertiget habe. — Das Piedestal, worauf der Kaiser zu Pferd steht, enthält Füllungen mancherley Art. An den obersten Ecken sind Widderköpfe mit Fruchtgehängen; auf der gros- sen Füllung der Vorderseite fährt eine Victoria auf einem Siegeswagen mit vier Pferden bespannt, einen Palmzweig in der Rechten ; rückwärts ist ein fliegen- der Adler mit Donnerkeilen in den Klauen zwischen zwey schwebenden Vieto- vier mit Waffenpfählen. Auf der Nebenseite rechts eine sitzende Victoria mit Palmen und Siegeskronen zwischen stehenden Trophäen, links die Göttin Ro- ma, das Palladium in der Rechten, eine Hasta in der Linken; die vier obern Füllungen enthalten Waffen jeder Art, Werkzeuge des Sieges. — Nichts ist überladen, jede Kleinigkeit mit dem gröfsten .Fleifse durchgeführt, und doch wird die Aufsenseite des Kästchens von dem Schnitzwerk an dem Innern der beyden Thürflügel bey weitem übertroffen. Deutsche Kunst und deutscher Fleits scheinen hier die höchste Stuffe erreicht zu haben. Das \ 407 Das Innere der zwey Thüren, an. deren Beschauung der Freund der Kunst nicht wird satt werden können, bildet ein grofses Oval mit zwey Lang- ecken. Die innere Thüre links. Das obere Feld. Ein Hirtenstück zeigt eine Jändli- che Gegend mit Bäumen verschiedener Art, Gebürgen, Hügeln und entfernten Ortschaften; dazwischen Heerden verschiedener Hausthiere; die Bewohner des Landes verrichten ihre Geschäfte, oder wallen nach verschiedenen Gegenden, Im Vorgrunde, auf Blumen und Gras sitzt Apollo mit einem Sternenkranz als Hirt, blasend auf einer Schalmey; ein lauernder Hund liegt ihm zur Seite; Schaafe und Widder horchen dem Gesang. Der ganze Baum, worin alle diese Gruppen mit ihren vielen Figuren angebracht sind, hat nur drey Zoll in der Höhe, drey einen halben in der Breite, und einen Zoll in der Tiefe. Das grofse Oval in der Mitte, sechs. einen halben Zoll hoch, stellt ein Hirtenfest vor, welches in einer reichen Landschaft, im Vordergrund mit Bäu- „men besetzt, vorgeht; alles ist von Menschen und Thieren belebt; auf den fer- nen Höhen sieht man verschiedene Gebäude und Hütten; ein'Reisender mit seinem Lastthier kömmt den Hügel herab ete.; die Hauptgruppe aber besteht aus fünf Hirten mit verschiedenen Musik - Instrumenten; vorwärts sitzt ein Pan mit seiner siebenstimmigen Flöte. Zwischen diesem Instrumentalchor erhebt sich ein singender Knabe, um welchen noch drey andere Hirten in der Ferne eine Gruppe bilden. Dem Fagottspieler sitzt ganz nahe ein Kaninchen mit spitzen Ohren. — Von oben herab schwebt ein Genius mit einer Krone von Blumen, den Sieger zu-krönen. j — Im untern Langeck zieht ein römischer Triumph nach dem Capitol. Der Ueberwinder fährt auf einem Triumphwagen von einer Victoria ge- krönt; voraus ziehen die Gefangenen, ihnen folgen Krieger mit den erober- ten Trophäen; Herolde mit ihren Siegeshörnern und eine Menge Volks beglei- ten den Zug. Der Genius der Zeit, Lorbeer gelrönt, sitzt im Vorgrunde, und gräbt in einen Schild mit dem Griffel: Victoria. Noch sind eine Menge Nebendinge angebracht, die man in der ersten Betrachtungsstunde kaum gewahr wird, Die innere Thüre rechts. Das obere Feld. Die Fabel des Orpheus, als Ge- genstück der obigen Idylle. Der thrazische Jüngling ruhend auf einem Löwen unter dem Schatten eines Baumes, spielt auf der Violine; um ihn her versam- weln 408 meln sich wilde Thiere von seiner Zauberharmonie herbeygelockt; Blephan- ten, Bären, Hirsche, Papageyen, Pfauen, indianische Hühner, sammt vielen kleinen. Vögeln. Ein schöner Gegensatz gegenüber dem Schäferleben, das es mit zahmen Thieren zu thun hat; durch die Kunst hingegen wurden auch die wilden gezähmt. \ ; Das mittlere Oval. Ein Chor der Musen: eine weibliche Scene, dem Birtenstück entgegengestellt. — Die Musen ruhen in ‘einer offenen, angeneh- men Landschaft bey einem Baume, mit WVeinblättern umschlungen. Da sitzt Clio, und spielt den Violon; neben ihr steht Euterpe, die Oboe in der Hand; gegenüber Terpsichore, welche die Cyther rührt, vorwärts gekehrt, (ein kleiner-Hund neben ihr, der zu seiner Gebieterin aufwärts schaut) ; Erato hält ein Liederbuch, ihr rückwärts schlägt Calliope die Harfe; Melpomene spielt die Orgel, T'halia die Violine; Polyhymnia den Dreyangel; Urania erscheint als Hörerin. Minerva gepanzert, mit der Lanze in der Rechten, eilt den Helikon herunter zu diesem Chor der ihr verwandten Musen. — Ein Genius mit der Palme schwebt über der ganzen Gruppe, Sieg verkündend mit seinem gebogenen Horn. B Im untern Felde ruht der Flufsgott Tiber, zwischen Schilf und Gras auf seiner Urne; das Ruder in der Lirfken, mit der Rechten den Bart strei- chend. Vor ihm spielen Romulus und Remus, von der sorgfältigen Wölfin geliebkoset. Die Ferne zeigt das Opfer des Triumphirers, welches jedesmal dem Jupiter Capitolinus dargebracht wurde. WVährend eine feyerliche Musik der Opferflöten, gebogenen Leyer und Siegeshörner ertönen, giefst der Sieger eine Schale heiligen Rauchwerks in die Opferflamme des Altars; neben ihm steht der Priester sammt dem Diener mit dem Trankopfer. Gegenüber ist ein Jüngling auf den Knieen mit dem Weihrauchkästchen, an seiner Seite das zu opfernde Schlachtihier, Vorwärts wird wirklich ein Thier geschlachtet, — Hinter dem Opfer erhebt sich der Tempel des kapitolinischen Jupiters mit der Aufschrift: JOVI VETORI-SACRUM. In der Mitte thront Jupiter auf einem Adler, ibm zur Seite Siegesgötter etc. In diesem Langeck allein sind etliche und dreyfsig Menschen, theils in ganzen, theils in halben Figuren vorgestellt. Die vielen Nebenverzierungen lassen sich nicht wohl beschreiben. — Wahrscheinlieh hat Peter Kandid die Zeichuung zu diesem Kunstwerke ent- worfen, und. Christoph Angermayr, der vielleicht Italien nie sah, hat sie meisterhaft ausgeführt. Er war in Weilheim gebohren, folglich ein Lands- mann PR NE a a 409 mann der berühmten Hofbildhauer Adam, Andre, und Hanns KHrumper, und lernte dort bey Hans Degler die Bildhauerey. Im Jahre 1613 wurde er in München Meister, und vielleicht auch schon-Hofbildhauer. Anfangs liefs ihn der Herzog aus seiner propria Cassa (so nannte man damals die Kabinetskasse des Fürsten) bezahlen; im Jahre ı622 aber wurde ilım sein Gehalt von vier- hundert Gulden.bey dem Hofzahlamte angewiesen. Dies war zu selbiger Zeit die gewöhnliche Besoldung eines Hofraths oder Hofkammerraths; ein Beweis, wie sehr Maximilian I. seine Künstler zu schätzen und zu belohnen wufste, da er sie den fürstlichen Räthen gleich hielt. — Mit dem Jahre 1625 erhielt er eine Zulage von jährlich 50 Gulden, vermuthlich als eine lebenslängliche Belohnung für das ein Jahr zuvor vollendete Kunstwerk. Angermayr hatte also nur um 50 Gulden weniger Besoldung, als der grofse Peter Kandid. Er starb im Jahre 1633 wahrscheinlich an der Pest. 1 BeylageB. Ueber ı2 sehr seltene gröfstentheils noch unedirte antike Münzen des k, baier. Müuz- Kabinets zu München nebst"Abbildung derselben. 7 Tesert Eckhel, ein wahrer Hoherpriester im Tempel der Moneta, ward kaum von der Kaiserin Maria Theresia zum Aufsehex des k. k. Münzkabi- nets in Wien ernannt, als er gleich darauf (im J. 1775.) seine numos veteres anecdotos in zwey T'heilen mit Bemerkungen herausgab, und dadurch den Freunden der alten Numismatik ein kostbares Geschenk machte *). Die gros- sen Numismatiker, Abt Franz Neumann zu Wien, Eckhels Nachfolger **), ’ p i Cava- en ® Numi veteres anecdoti ex Museis Caesareo-Vindobonensi, Florentino, Granelliano,- Vitzaiano , Festeticsiano etc, Vindobonae 1775. 4. *+) Populorum et regum numi veteres inediti, a Franc. Neumann collecti et illu- strati etc. Vindobonae 1779. 8 maj. cum numis. Parsl. etIJ. Accedunt Romanorum aumi anecdoti, et animadversiones in universum opus Pellerinii c. numis, 1783. 4, 52 410 ’ Cavaliere Domenico Sestini zu Berlin *%), Millin in Paris *), und - Friedrich Schlichtegroll, damals Münzkabinets-Direktor zu Gotha, und nun Generalsekretär der königl. baier. Akademie der Wissenschaften ***) folg- ten dem Beyspiele, und bereicherten die alte Münzkunde mit einer Menge Münzen, welche bisher unbekannt waren, und auf Philologie, alte Geschichte überhaupt, besonders aber auf die alte Geographie vieles Licht warfen. Man- che Stadt, mancher Führer des Volks, unter was immer für einen Namen, wurde dadurch sicher der Vergessenheit entrissen, oder dessen Daseyn mit einer historischen Gewilsheit beurkundet, gegen welche kein Zweifler etwas einwenden kann. Denn es ist eine längst entschiedene Sache, dafs der Beweis durch antike Münzen — ihre Aechtheit vorausgesetzt — dem Zeugnils der be- sten Autoren weit vorzuziehen sey. Der Ausspruch jener kleinen metallenen Staats- Denkmäler ist entscheidend, da sie mit den Begebenheiten gleichzeitig „sind, und ihnen das nie wiederfuhr, was so oft den alten Schriftstellern, näm- lich, dafs ihre Werke durch die Abschreiber verstümmelt und verfälscht wur- den. Münzen sind die öffentliche Stimme eines Fürften oder-Volkes, auf des- sen Befehl geschlagen, sie ein öffentliches, und allgemein zugestandenes An- sehen erhalten. Längst war es daher mein Wunsch, auch hiezu, wenigstens etwas beytragen zu können; aber das Feld der alten Münzkunde, besonders jenes der Städte- Völker- und Königsmünzen — von welchem allein noch ei- nige beträchtlichere Ausbeute zu erwarten ist — lag in Baiern seit vielen Jah- ren öde und unbebaut; es lassen sich also für jetzt hier keine volle Garben sammeln; aber einige Körner finden sich doch hie und da, die man sorgfältig aullesen und bewahren mufs. ; Ich lege hier einige solche Körner auf den Altar der Göttin; sollte die- ses kleine Opfer ihr und ihren Priestern gefallen, so wird es mich ermuntern, der *%) Domefico Sestini Lettere e Dissertazioni numismatiche sopra alcune Me- daglie rare della Collezione Ainseliana e di altri Musei. Tom. I—IV. Livorno 1799 — 90: Tom. V. Roma 1794. Tom. VI’ VII. VII. Berlin 1805. Tom. IX. et ul- tiimo, Berlinb 1806. — Descriptio numorum veierum ex Museis Ainslie, Bellis, Bondacca, Borgia, Cousineri. Lipsiae 1796. 4. **) Monumens antiques inedits, ou rlouvellement expliques, par Millin, Conser- vateur des antiques medailles, etc. a Paris, chez la Roche. 1802. 4. ***) Annalen der gesammten Nurmismatik. Herausgegeben von Friedrich. Schlich- tegroll. I. Band. Leipzig ı804. ater Band Gotha 1806. ne ee ee N — \ 2 Air der alten Numismatik, wie der vaterländischen, auch in Zukunft zu huldigen, und meine Tage, so viel mir deren die Vorsicht noch schenken wird, ganz diesem Fache zu weihen. Zugleich wird dieser Versuch den Beweis geben, welche Kleinodien unsre Wittelsbacher schon in jener Zeit sammelten, wo die Münzkunde erst anfieng, aufzuwachen und sich zu einer Wissenschaft em porzuheben. Unter 'numis anecdotis oder ineditis verstehen ohen genannte Numisma- tiker nur solche Münzen, von deren Daseyn in einem bewährten Münzkabinet weder eine Beschreibung, noch. eine Abbildung in Kupfer bis jetzt irgendwo erschienen ist. Auch werden noch diejenigen Münzen unter diese Rlasse gezählt, welche von den schon bekannt gemachten durch irgend eine Abweichung in Schrift oder Typus oder Metall sich unterscheiden. Ein verständiger Leser wird von selbst einsehen, dafs , um solch einen Ausfpruch zu thun, dem Her- ausgeber eine schr vollständige numismatische Bibliothek zu Handen stehen müsse; und dafs dessen ungeachtet in irgend einer einzelnen Abhandlung oder Schrift solch eine für anecdot ausgegebene Münze könne enthalten, und ihm unbekannt ‚geblieben seyn; — ein Fall, gegen welchen sich selbst Eckhel in der Vorrede zu seinen oben angeführten numis anecdotis verwahren zu müssen für nothwendig hielt. ; Bey der Bekanntmachung solcher unedirten Völker- Städte- oder Königs- münzen befolgen alle neuern Numismatiker das von Pellerin und Eckhel angenommene, geographische System, nach welchem an der westlichen Spitze von Europa oder von Spanien angefangen, und zu den angränzenden Ländern ostwärts fortgeschritten wird. Ich werde mich in dieser, so wie in jeder an- dern Hinsicht genau an diese Muster halten, nur muls ich wiederholt erinnern, dafs die erste Ausbeute nicht beträchtlich, und dafs mein gegenwärtiger Ver- such der erste dieser Art in Baiern ist. RTL TE 58 2 Die bi. 412 E en Die erste Münze, welche ich hier aufführe, if von “ 1. Larinnm Frentanorum. Nach den alten Geographen gab es im mittlern Jtalien zwey Städte dieses Namens, welswegen schon Plinius die Bewohner der einen dadurch uxterschei- det, dals er sie Larinates, cognomine Frentani nennt. Die eine lag näher am Meere, die andere ist noch heut zu Tage der Sitz eines Bischofes, und heilst Larina. Die alten Münzen, welche von Larinum bekannt sind, werden der Seestadt zugeschrieben, weil auf einigen derselben ein Delphin, oder anderer Fisch vorkömmt, (S. Alexii Mazoechii Commentaria in tabulas Heracleenses. P. I. pag. 534. n. 86. 111.) Noch zur Zeit sind keine andere Münzen, alsin Erz von ihr bekannt, und auch diese gehören unter die seltenern; daher sie von Eckhel (Docirina numorum veterum. Vol. I. pag. 108. und von Sestini, in dessen Class. general. geographiae numismaticae pag. 8.) mit R R. bezeichnet werden, Mionnet in seiner Description de Medailles antiques, grecques et ro- ınaines, welcher die Grade der Seltenheit mit einer Potenz von R! — R?®, aus- drückt, setzt ihre Seltenheit auf R®, und R’. (S. Tome I. p. ıog et ııo.) Alle, sowohl von Eckhel als Mionnet an den bemerkten Stellen beschriebenen Münzen von Larinum haben einen der folgenden Typen: ı) Auf der Hauptseite den Kopf des Herkules, und rückwärts einen Centaur im Laufe; 2) den Kopf siner verf[chleyerten Frau, auf der Kehrseite einen Delphin; 3) den Kopf der Pallas, und rückwärts einen Reiter; eine 4) endlich hat fowohl auf der Haupt- R als Rückseite einen Stier mit dem Menschengesicht. Eine andere Münze fand sich bey der Herausgabe obiger numismatischen Werke weder in dem Pariser noch VWViener Münzkabinet *). Die hiesige, welche sub Nro.r. genau abgebildet steht, ist von allen diesen ganz verschieden; denn die Vorderseite stellt einen belorbeerten und gebarteten Jupiterskopf von der rechten Seite dar, ohne Um- schrift; die Rückseite aber ‚einen auf einem Donnerkeil stehenden- und aufwärts | sehenden Adler, mit der Umschrift: Y. LADINOD, und zwar so, dafs der Kopf | des Adlers zwischen V und L zu stehen kömmt; unten befinden sich 4 globuli. j Kein | *) In so weit ich nämlich beyde diese Münzsammlungen aus Mionnet's, Eckhel's, und andern Schriften kenne, 413 Hein Münzfreund wird es mir verargen, wenn ich im ersten Augenblicke der Freude diese Münze nicht blols für aneedot, sondern auch für einzig ansah, da ein ähnlicher T'ypus auf einer Münze von Larinum noch nirgends vorkömmt. Aber ich mufste meine Freude herabstimmen , als mir jüngst das kostbare Werk: „Numorum yeterum populorum et urbium, qui in Museo Gulielmi Hunter as- servantur, descriptio figuris illustrata, opera et studio Caroli Combe, Londini. 1782.” zu Gesicht kam; hier fand ich $, ı67 und Tab. 32. fig. 7. unsere Münze beschrieben und abgebildet. Indessen glaubte ich doch, es würde den Münz- freunden nicht unangenehm seyn, 'sie auch hier in Kupferstich zu finden, theils, weil vielleicht aufser dem Hunterischen Kabinet, welches sich jetzt in einem der entferntesten Theile von Europa, zu Glasgow in Schottland, befindet, kein Ex- emplar vorhanden ist *), theils, weil auch jenes nicht so gut, wie das hiesige erhalten, und von demselben unterschieden zu seyn scheint; indem dort der Kopf des Adlers nur halb, hier aber ganz zu sehen ist; der erste Buchstabe Z, näher am Kopfe des Adlers, und weiter vom A entfernt steht; und endlich, weil auf dem Hunterischen Exemplar das V gar nicht vorkömmt, hier aber ganz deutlich zu fehen ist. In dieser Hinsicht läfst sich also noch immer be- haupten, dafs die gegenwärtige Münze noch unedirt se. — Was mich zu ihrer Herausgabe noch mehr 'ermunterte, ist der Umstand, dafs man über die Bestimmung des Geburtsortes dieser Münzen lange Zeit nicht einig werden konnte, indem der Herausgeber des Musaei Teupoli sie einer noch nicht ent- deckten Stadt ADINO, Fröhlich aber der Stadt ATINA bey den Volskern zueignete. Arigonius las GADINOD, und Bonterou machte eine Münze der Lateiner (Latinorum, statt Larinoruw) daraus, bis endlich Joseph Khell (s. dessen Adpend. P. II. pag..ı00.) bestimmt bewies, dals der erste Buchstabe ein etruskisches L, und D das etruskische R sey, folglich, dafs man ‚LARINOR lesen müsse, so wie auf den. ältern Münzen von Hyrium das R ebenfalls, wie ein D erscheint, (s. Mazocchius loc. rit. item Eckel Doct. num, vet. VI. pag. ı06. Warum wir auf den Münzen der Lariner eine etruskische Aufschrift fin- den, mag daher rühren, weil sie nach Cato von den Liburnern und Etruskern abstammten. — Die vier kleinen Kugeln ‚am untern Rande bedeuten den Werth der Münze, nämlich vier Unzen oder -%tel' von einem As. Was das V be- y deute,» *) Nach einer zuverläßsigen Nachricht findet sich ein vortreflich erhaltenes Exemplar von dieser Münze auch in der k. k. Sammlung zu-Wien, welches also erst nach der Erscheinung der doctr. num. ete. von Eckhel dahin gekommen seyn mufs. 414 deute, getraue ich mir nicht zu bestimmen, wenn es nicht etwa das Zeichen ” i der Aspiration, oder etwas Aehnliches in dieser mit ihren Eigenthümlichkeiten noch lange nicht genug gekannten Sprache ift. Es können also bey dem Artikel LARINVM (in Eckhel’s Doctrina an oben angezogenem Orte) nebst den gleich anfangs angeführten, und durch die Pariser-Münzen bestätigten viererley Typen noch zwey andere beygesetzt wer- den, nämlich der gegenwärtige mit dem Jupiterskopf, und rückwärts dem Ad- ler; dann ein jugendlicher Kopf mit einem Lorbeer, und auf der Rückseite ein Füllhorn, so wie er bey Hunter Tab. XXXI. fig. 8. vorkömmt; welche beyde Münzen Eckhel übergehen zu haben scheint. Unser Exemplar ist aus der Mannheimer Münzsammlung, und seine Gröfse, nach Mionnet's Maalstab 5, H. OD Par a Aueh unter diesem Namen waren in der Campania zwey Städte bekannt, deren eine jenseits, die andere diefseits des Vulturnus gelegen haben soll. Jene war älter und berühmter, daher ihr auch gegenwärtige Münze zugeschrie- ben wird. Die Stadt heifst heut zu Tage Cajazzo. — Sowohl Eckhel Vol. 1. pag, 110. als Sestini in seinen Classibus generalibus, pag. 8: bezeichnen sie mit RRRR, als numum unicum, und Mionnet Tom. I. Pag. III. steigert/) sie auf R®. — Das sonderbarste ist, dafs sich von dieser Münze in keiner der zwey Haiserstädte ein Exemplar befindet, und dafs beyde Autoren sie blols aus den Tabulis heracleensibus kennen ; noch sonderbarer aber scheint es, dafs auch da keine Abbildung, sondern nur eine Beschreibung hievon vorkömmt, „Ejus typum non exhibui in tabula, sind die Worte des Herausgebers p: 534. 86. I. quia est plane idem, ac qui in T'yrrhenieis nostris, Cortoniensibus in Tab. Nro. VIII. ostenditur.” Es wird daher den Münzfreunden angenehm seyn, eine ge- naue und getreue Abbildung sub Nro. II. hievon zu sehen, da auch die genaue- ste Beschreibung den Typus nie so anschaulich machen kann. _Die Hauptseite stellt so, wie die vorhergehende Münze von Larinum, einen belorbeerten und gebarteten Kopf des Jupiters von der rechten Seite dar; die Rückseite eine weibliche Figur mit bedecktem Haupte und zurückgedrängtem Mantel, auf ei- ner Biga mit beyden Händen die Zügel haltend, über den Pferden zwey Ster- ne. Die Legende ist oscisch, und zwar von der Rechten zur Linken: KALATI, Die 415 Die Münze ist aus Erz und schr gut erhalten, nur der letzte Buchfiab scheint etwas gelitten zu haben; aber die übrigen, welche den Geburtsort dieser höchlt seltenen Münze so deutlich ausfprechen, unterliegen nicht dem geringsten Zwei- fel, und stimmen mit dem oseischen Alphabet vollkommen überein. Nur finde ich, in Hinsicht auf die numismatische Paläographie nölhig zu bemerken, dafs das hier vorkommende L. — welches, wie der Augenschein lehrt, jenem auf der Münze von Larinum vollkommen gleich ist. — von demjenigen, welches bey Mazocchius vorkömmt, durch einen viel längern Strich zur linken sich unter- scheidet, und auf beyden hier in Kupfer gestochenen Münzen viel spitzwink- lichter ist, als es in dem Alphabet der Etrusker, Osker, und Samniter er- scheint. *) Das hier abgebildete Gespann von 2 Pferden ist im gestreckten Lauf vorgestellt, und sehr weit ausgreifend, wodurch ihre besondere Schnel- ligkeit angedeutet werden soll. Eben so zeigt es sich auf einer Münze von Capua, welche in den Monete antiche di Capua. Neapoli 1802. p. ı9. in Kupfer gestochen ist. In eben diesem schönen WVerke finde ich einen neuen Beweis, welche angenehme und grolse Vortheile die geographische Eintheilung der alten Münzen gewähre, da die aneinander gränzenden Städte und Völker gewöhnlich ein ähnliches Bild für ihre Münzen wählten, diese also, wenn sie auch keine Aufschrift haben sollten, ganz leicht dadurch gedentet, und ihrer Heimath zu- gewiesen werden können. Capua lag in der Nachbarschaft von Larinum und Calatia; sehr viele ihrer Münzen haben den nämlichen Typus, und überhaupt eine so grofse Aehnlichkeit in ihrer Fabrik, dafs man 'sie leicht miteinander ver- wechseln kann. Auf obiger Münze von Capua sieht zwar der Herausgeber eine Diana mit dem halben Monde auf dem blofsen Haupte, welche die Zügel der Riga hält; dieses aber getraue ich mir nicht zu behaupten, indem auf unserer Münze der Kopf mit einer Art Tiara bedeckt zu seyn scheint. Uebrigens lese ich daselbst, Seite 21, dafs ein gelehrter Engländer ein Exemplar dieser Mün- ze von Calatia auf seinen Reisen mit sich geführt habe, und dafs auch der Herzog von Noja im Besitze eines solchen gewesen seyn soll. Wann und wie das unsrige in die baierische Münzsammlung gekommen ist, kann ich mit Zu- verlälsigkeit nicht bestimmen. Die Größe ist 6. — M. *) Eben so finde ich diesen Buchstaben auf einer Silbermünze von Cales, welche wir hier besitzen, und welche vielleicht auch anecdot ist. $. Sestini descriptio num. vet. pag. ı1 et 19. II. Neapolis Abt Neumann liefs dieses sehr.niedliche Münzchen in seinem oben an- gezogenen Werke pag. 15. Tab. I. Nro. 5. als noch unedirt in Kupfer stechen. Da’die Münze an sich sehr selten ist — (nach den Mionnetischen Schwefelab- drücken zu urtheilen, befindet sich selbst in Paris kein solches Exemplar) — wir aber eines besitzen, welches sehr gut erhalten, und von dem Neumanni- schen in etwas verschieden ist; so wird die genaue Abbildung desselben unter Nro. IH. willkommen seyn. Die Hauptseite ist ein überaus schön gearbeiteter Kopf des Apollo mit einem Lorbeerkranze, links sehend. Die Legende ist die gewöhnliche : NEOHOAIT2N. Hinter dem Kopfe zur Rechten‘ steht EY. (auf dem Neumannischen ME.); die Kehrseite hat einen halben Stier mit dem - Menschöngesicht, oben einen Delphin, das gewöhnliche Zeichen einer Seestadt, und links hinter derselben A. (auf dem Neumannischen Exemplar steht BI). Ueberhaupt sind auf unserer Münze Zweydrittel von dem Körper des durch obiges Bild vorgestellten Flufsgettes nebst dessen zwey Vorderfülsen zu sehen, welches auf der Neumannischen nicht ist. Wenn man bedenkt, dafs diese Mün- ze für den Handel und Wandel bestimmt, d. h. eine Currentmünze war, dafs sie nur einen 54 E. im Durchmesser hat, so mufs man über die Gröfse der Kunst erstaunen, welche so viel Schönheit und Ausdruck auf einem so kleinen Raum zu erschaffen wulste. Wahrlich, man möchte sich nur mit griechischen Münzen beschäftigen! — Die Grölse dieser Münze ist 2. IV Tedanum Sidicinum. Ein einziger Buchstabe war es, welcher den Herrn Abt Neumann bewog, diese Münze als anecdot in Kupfer stechen zu lassen, nämlich der 2te in dem Worte Teanum.Der Commentar, welchen dieser grofse Numismatiker hierbey liefert, ist zu lehrreich, ‘als dafs ich ihn nicht ganz hieher setzen soll- te, um 'so mehr, als er zugleich die Gründe enthält, warum ich das in hiesi- gem Münzkabinet befindliche Exemplar hier in Abbildung gebe. „Die Schwie- „rigkeiten, — sagt er in seinen numis inedilis pag. ı8 — das Alphabet der al- „ten —— 4er „ten Bewohner Italiens genau herzustellen, und die Bedeutung der verschie- „denen Figuren ihrer Charaktere mit Gewifsheit aufzufinden, sind so grols, „dafs man sie alle schwerlich wird überwinden können. — Wenn schon Maf- „fei, Gorius, Passerius, Beurguettius etc, viel Licht in dieses tiefe „Dunkel gebracht haben; so werden unsre Nachkommen doch noch Gelegen- „heit genug finden, ‚ihren Scharfsinn an dieser beschwerlichen Aufgabe zu „üben. — Ein Beyspiel hievon liefert der zweyte Buchstabe der gegenwärti- „gen Aufschrift, welcher auf den Teanischen Münzen unter den verschieden- „sten Formen .erscheint. Bey Mazocchius wird er geschrieben N, bey dem „Herausgeber des Pembrokischen Museum I, bey Eckhel Z, bey Ignaral, „bey Dutens E, und bey Pellerin wie ein griechisches A, in meinem „Exemplar wie ein umgekehrtes Y.” — Es ist nöthig, hier die gröfste Genauigkeit zu beobachten, ‚weil man nur dadurch in den Stand gesetzt wird, den Charakter und die Bedeutung der Buchstaben mit Zuverläfsigkeit angeben zu können, „‚‚Indessen darf man’ sich nicht wundern , fährt Abt Neumann fort, „dafs die Tyrehenische Orthographie eine so grofse Verschiedenheit „darbiethet, — die Campania, unter deren Städte auch Teanum gehörte, wurde „anfangs von den Opikern und Ausoniern, dann wechselweise von den Oskern, „Etruskern, Samnitern, und endlich von den Römern beherrscht und bewohnt; „kein Wunder also, wenn so verschiedene Völker auch verschiedene Sprachen und „‚Alphabete im Lande einführten und geltend machten.” — So weit Abt Neu- mann, wozu ich nur folgendes beyzusetzen habe. Das hiesige Exemplar, wel- ches ebenfalls sehr wohl erhalten, und unter Nro. IV, abgebiaet Ist, hat den zweyten Buchstaben fast eben so, wie das Neumannische — (nur scheint der eine Schenkel rechts kürzer zu seyn, als der zur Linken) sie dient also zu einer schönen Bestätigung desselben. In dem Pariser Exemplar (s. Mionnet p- 125. n. 263. pl. XIX.-Nro. 13.) fehlt dieser Buchstabe ganz, der letzte hin- gegen, welcher wie ein umgekehrtes R ist, und mehr einem oseischen K gleicht, erscheint bey dem hiesigen oben ganz spitzwinkhieht, und nicht so rund, wie auf dem Pariser- und Neumannischen Exemplar; endlich ist das auf dem Felde der beyden Münzen rechts hinter dem Kopfe des Apollo vorkom- mende O auf der Unsrigen ein schr deutlich ausgedrückter Kranz, der das Haupthaar berührt. Die Kehrseite bietet keinen Unterschied dar. Der rechts schreitende und auswärts sehende Stier mit dem Menschengesicht (der gewöhn- liche Typus auf den Münzen von Kampanien und Sieilien) wird durch eine von der Linken zur Rechten fliegende Victoria gekrönt, und zwischen den Fülsen des Ungeheuers ist das bekannte Pentagonum. Die Münze ist von Erz, wd nach dem Mionnet'schen Maasflab von der 5ten Gröfse. 53 V. IN en o ui Marevwanoporki's. Kaiser Trajan, um das Andenken einer geliebten Schwester (Marciana)y zu verewigen, baute\in dem untern Mösien eine Stadt, welcher er den Namen Marzianenstadt gab. Sie war einst sehr ansehnlich, und ihre Autonom-Mün- zen gehören unter die seltensten; die unter den römischen Kaisern geschlagenen sind aber in der Regel gemein. Eckhel fängt ihre Reihe erst von Septi- mius Severus an bis zu den beyden Philippen; Sestini aber hat deren eine von Sabina, des Kaisers Hadrian Gemahlin, bekannt gemacht. In dem Katalog des Wiener -Münzkabinets, welchen Eckhel schon im Jahre 1779. her- ausgab, stehen zwey Münzen dieser Stadt mit den Köpfen des Kaisers Elaga- balus, und seiner Grofsmutter Maesa, wovon die eine ım Cimelio Vindobo- nensi pag. CXIX. fig. 13. als anecdot in Kupfer gestochen ist; aber beyde sind von der gegenwärtigen durch ihre Rückseite ganz verschieden. Sestini führt Tom, VII. pag. 132. aus der Berliner Sammlung ebenfalls eine, und Tom. FA. pag. 3. aus dem Pariser Kabinet deren noch drey- an, welche alle mit der Hauptseite der hier Nro. V. in Kupfer gestochenen grofse Aehnlichkeit, aber eine ganz andere Kehrseite haben, so, dafs ich mit allemRechte glaube, die hie- sige könne als noch nicht edirt angesehen werden. A. Zwey gegeneinander gestellte Brustbilder, deren das eine links belorbeert, das andere zur Rechten mit einer Haube bedeckt ist, — Die Umschrift ist: AVT KM AVP- ANTRNEI...« ...AIA MAICA AyT. — R. Das Brustbild des Jupiter Serapis mit dem Mo- dius auf dem Haupte zur Rechten schend: ym IVA ANT CEAEVKOY MAT- KIANONOAITQN. Schon die Legende weicht in einigen Buchstaben von den bisher bekannt gewordenen ab; der Kopf des Serapis aber kömmt auf keiner Münze vor, welche des Kaisers Elagabalus Kopf und Namen hat; nur im obigen Katalog P.I. p: 55. finde-ich eine mit diesem Typus, welche aber den zwey Brüdern Caraealla und Geta gehört, und den Namen der Magistrats- person Ulpianus hat. Warum der Kaiser hier mit seiner Grofsmutter auf ei- ner Münze erscheint, wird demjenigen nicht auffallen, der mit ihrer Geschichte näher bekannt ist. Julia Maesa, als Schwester der Kaiserin Julia Domna, des Septimius Severus Gemahlin, kam nach Hofe, und lernte da bald das grofse Geheimnis, was man alles mit Geld in der WVelt durchsetzen könne. Sie wurde zwar nach Caracalla’s Tode wieder in ihre Heimath, nach Emesa in Syrien geschickt, sah aber voraus, dafs die Regierung des strengen und eben darum sehr gehafsten Macrinus nicht lange dauern würde; sie streute also ale u | | Ns 49 also mit vollen Händen das am Hofe gesammelte Geld uuter die unzufrie- denen Soldaten in der Provinz aus, und liefs noch daneben den Ruf yer- breiten: Elagabalus sey des Caracalla Sohn, den er mit Soemias (ihrer Tochter und des Varius Marcellus Gattin) aufser der Ehe erzeugt habe, folglich noch einer aus der Kaste der beliebten Antoninen *). Dieses wirkte; die Soldaten nahmen den jungen Marc Aurel in ihr Lager auf, begrülsten ihn als Jmperator, und es kam zwischen ihm und dem Kaiser Macrinus nicht weit von Antiochien zu einer entscheidenden Schlacht. — Schon ergrif- fen die Soldaten des Elagabalus die Flucht, als sich Julia Maesa mit ihrer Tochter Soaemiäs ihnen entgegen stürzte, sie wieder in das Schlachtfeld zu- rückführte, und so den Sieg für Enkel und Sohn entschied. **) Elagabalus überhäufte sie mit vielen Ehren, woyon auch die Verbindung ihrer beyden Büsten auf*unsrer Münze ein sprechender Beweis ist, und gab ihr unter andern auch den Titel Augusta, den sie auf gegenwärtiger Münze führt. Als ein schlaues Weib sah sie wohl ein, dafs die unsinnige Regierung ihres Enkels un- möglich von langer Dauer seyn könnte; sie sorgte daher auch für diesen Fall: sie überredete nämlich den unüberwindlichen, höchsten Priester der Sonne (so nannte sich Elagabalus), dafs er den M. A. Severus Alexander an Kin- desfiatt annahm, damit dieser statt seiner sich mit dem Irdischen abgeben sollte. Diefs geschah; und da auch Alexander ein Sohn ihrer Tochter Mamaea war, so sah sie eich auf jeden Fall gesichert. Sie starb ruhig in einem hohen Alter, und Kaiser Alexander liefs die um ihn so hoch verdiente Grolsmutter unter die Götter setzen. — Die Gröfse der Münze ist 8. vi Marcianopolis Auch diese Nro. VI. abgebildete Münze auf den Kaiser Gordianus IH. scheint anecdot zu seyn. Sie hat des Kaisers belorbeertes Brustbild, rechts “sehend, ihm gegenüber den Kopf des Jupiters Serapis mit dem Modius. Die Le- ®) Schon Septimius Severus bediente sich eines ähnlichen Kunstgriffes, und nannte sich einen Sohn des Mare Aurel, um auf seinen Sohn Bassianus (Ca- racalla) den geliebten Namen Antoninus übertragen zu können. **) Sie erhielt daher den Namen: Mater castrorum. - 53° 420 Legende ist: M. ANT. TOPATANOC. Diana steht auf der Rückseite, leicht aufgeschürzt mit fliegendem Gewande, in der Linken den Bogen, in der Rech- ten einen Pfeil haltend; ihr eilt zur Rechten ein Hund yoraus; die Umschrift ist : VIT MHNO®IAOTYT. MAPKIANONOAITRN. Das unterscheidende dieser überaus sel- ‚tenen Münze ist, dafs sich eine von dieser Stadt auf R.Gordianus im Pariser-Ka- binet befindet, welche nach Mionnet Tom. I. pag. 359. N. 36. die nämliche Vorderseite, so wie auch auf der Rückseite die nämliche Umschrift, aber einen andern T'ypus hat. Die Rückseite der Unsrigen befindet sich auf einer andern Münze des RK. Gordianus von der Stadt Tomi, welche ebenfalls im untern Maesien, wie Marcianopolis lag, worauf aber das Brustbild der Kaiserin Tranquillina jenem ihres Gemahls gegenüber steht. Den Grad der Selten- heit obiger zwey Münzen bezeichnet Mionnet mit R* und R®, jene der Unsri- gen dürfte also noch höher gesteigert werden, Ihre Gröfse ist 8. ” VI. Abdera. Wer kennt nicht diese Stadt und ihre berüchtigten Bewohner, Demo-. erit's und des weisen Protagoras Vaterland? Sie war eine Kolonie von Teos in Jonien; daher man sie.auch die schöne _Pflanzstadt der Teer nannte. Ein- gedenk ihres Ursprunges behielt sie auf ihren Münzen den Greif bey, so wie ihn die Münzen von Teos führen. Die wunderfchöne Münze, die wir von die- ser Stadt besitzen, und wovon Nro. VII. eine getreue Abbildung steht, ist, so viel ich weils, unedirt, und ihre Bekanntmachung wird den Freurden der anti- ken Münzen angenehm seyn. Die Hauptseite stellt das geflügelte Ungeheuer sitzend und gegen die Linke sehend vor; oben über dem Flügel steht ABAH ganz deutlich zu lesen, so, dafs über ihr Vaterland kein Zweifel obwalten kann. Auf der Rückseite sehen wir einen nakten rechts vorschreitenden Herkules *), welcher in der aufgehobenen Rechten eine Keule, in der Linken aber einen Bo- gen mit der herabhangenden, und in allen, ihren Theilen sichtbaren Löwenhaut trägt. Oben zur Linken steht: ITHAEM.. Höchst wahrscheinlich ist diels der Name der Magistratsperson, unter welcher die Stadt Abdera diese Münze schla- gen lies, dals es also EMI THAEMIOY, oder THAEMI® heilsen soll, wie diefs mit *) Nach den Zeugnißsen des Apollodorus und Stephanus Byzantinus sollHer- kujes diese Stadt erbaut, und Abdera genannt haben, zu Ehren seines 5°- liebten Abderus, den die Pferde des K. Diomedes zerrissen hatten. 4rı mit ähnlichen Namen auf den vielen in Paris sich befindenden Münzen von Ab- dera der Fall ist. $. Mionnet 'Tom.I, pag.365. N. ı2. ı4. ı5.etc. Das hiesige Exemplar ist sehr schön erhalten, nicht vollkommen rund, und die Figur sieht in dem sogenannten Quadrato incuso, welches auf ein sehr hohes Alter der Münze hindeutet. Sie ist von Silber. wiegt $ Loth Cölln. und ist nach Mionnet von der 6ten Grölse, VII. Pi mon sa. Diese im Pontus gelegene Stadt führt zuerst Strabo, und aus ihm Stephanus an. Vor Pellerin war von dieser Stadt noch keine Münze be- kannt; daher auch der ganze Artikel, welcher in Eckhel's Doctr. num. vet. Vol. II. pag, 357. über Pimolisa vorkömmt, sich blofs auf die in Pellerin’s Recueil Tom. II. pag. ı0. Pl. 39, n. 8, und bey Pembrock P.II. pag. 31. vor- kommende Münzen beschräukt, wovon die erste einen behelmten und gebarte- ten, die andere aber einen ähnlichen, aber ungebarteten Kopf auf der Haupt- seite vorstellt; die Rückseite von beyden hat einen Köcher. Sie sind beyde aus Erz, und der Grad ihrer Seltenheit ist RAR. — Ich liefere hier eine dritte sub Nro. VIH., die schr gut erhalten ist, einen ganz andern Typus hat, und den Namen ihrer Heimath ganz deutlich enthält. Sie hat nämlich auf der Hauptseite einen belorbeerten, bärtigen Jupiterskopf von der rechten Seite, mit einem besonders dieken Halse, ohne Umschrift; auf der Kehrseite steht ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln auf einem Donnerkeil, darunter NIMQAIENN. Die Größse ist 7. — Eckhel sagt in seinen Prolegomenis zu den Münzen des Pontus, dafs, so wie die Münzen der vielen Städte in der Campania und auf Creta in ihren Typen und in ihrer übrigen Fabrik auf eine sonderbare Art unter sich übereinstimmen, das nämliche auch von den Münzen der Städte im Pontus und einigen benachbarten von Paphlagonien auf eine noch mehr in die Augen springende Weise sich bewähre. Sollte auch, setzt er bey, die Um- schrift auf einer solchen Münze etwas gelitten haben, oder die damit bezeich- nete Stadt bey den alten Geographen gar nicht einmal vorkommen, so dürfte sie, dessen ungeachtet, nach Pontus versetzt, und ihr Daseyn als entschieden ange- nommen werden, Die gegenwärtige Münze, von welcher ich noch keine Ab- bildung in Kupfer kenne, liefert zu dieser Stelle einen schönen Beleg, da ihr Typus mit jenem der Pontischen Städte Amasia, Amisus, Gaziura, und des benachbarten Amastris in Paphlagonien vollkommen übereintriflt. (Man sehe und 422 und vergleiche Eckhel's Doct. num. vet. Vol. II. pag. 343. 346. 354., und Pel- lerin Rec. Tom. II. p. 9. Pl. 39. n. 1.er.6. p. ı8. Pl. 40. n. 5.) Noch mufs ich hier bemerken, dafs eine ähnliche Münze auch Sestini in seinen lettere e difsert. etc. T'om. VII. pag. 29. aus der Pariser - Sammlung als ganz neu anführt und beschreibt; da er aber selbst hievon keine Abbildung liefert, so wird die gegenwärtige den Münzfreunden nicht unangenehm seyn, in- dem sie zugleich einen neuen Beweis giebt, welch seltene Stücke in unserer kleinen Sammlung hie und da vorkommen *), + . ’ IX. Attalia Pamphyliae Diese Seestadt hat den Namen von ihrem Erbauer Attalus Philadel- phus. Auch in Lydien lag eine Stadt gleiches Namens; daher die Uneinigkeit der Münzforscher, welcher von beyden die mit dieser Aufschrift erscheinenden Münzen zugeschrieben werden sollen. Eckhel giebt Vol. II. pag. 9. et sqgq, einige Criterien an, nach welehen wenigstens einige dieser Münzen mit Sicher- - heit einer von den zwey Städten zugewiesen werden können. Dahin gehört nnter andern der Kopf der Pallas, welche Gottheit vorzüglich zu Attalta in Pamphylien verehrt wurde, und daher auch sehr häufig auf den Haisermünzen dieser Stadt vorkömmt, welswegen ich kein Bedenken trage, auch die gegen- wärtige derselben zuzuschreiben. Der nämlichen Meinung ist auch Sestini» welcher in seiner Descriptio num. vet. ex museis Ainslie etc. pag. 390. die ge- genwärtige bekannt macht, und sie nach Attalia in Pamphylien verlegt. (Man vergleiche auch noch, was er in seinen Iettere e difsert. Tom. VI. p. 53. hierüber sagt.) Das Original, von welchem er dort spricht, ist aus der Münzsammlung des Hın. Ainslie (einst englischen Gesandtens in Konstantinopel); er liefert aber hie- von blofs eine Beschreibung und keine Abbildung. — Nach jener zu urtheilen, ist ° die unsrige genau dieselbe; hat aber dabey noch den seltenen Vorzug, dafs sie ein signum incusum (die Franzosen nennen es Contremarque) hat, und zwar - auf *) Gegenwärtiger Aufsatz war schon geschrieben, als ich Mion net's Tom. I. zur. Einsicht erhielt, wo ich dann Seite 355. n. 134. die von Sestini oben beschrie- bene Müuze fand. Aus Mangel des dazu gehörigen Schwefel - Abdruckes läfst sich über die Aehnlichkeit des Pariser - und hiesigen Exemplars nicht urtheilen. / Jenes ist mit R® bezeichnet, die Größe ist 74, bey dem unsrigen genau 7. u cn 4>3 auf eine so glückliche Art, dafs ihrem schönen Pallaskopf nicht die geringste Unbild dadurch zugefügt worden ist. Die Hauptseite stellt nämlich den behelm- ten Kopf der Göttin mit langen, herabhängenden Haaren von der rechten Seite dar. Links unter dem Helm ist eine Larve durch einen besondern Stempel eingeschlagen. Die Kehrseite hat eine zur Linken schreitende. Victoria, welche in der emporgehobenen Rechten einen Kranz hält, in der Mitte des Feldes links steht in zwey Absätzen ATTA AEQN. Was obiges Zeichen bedeuten soll, ist schwer zu bestimmen, da dergleichen‘Contremarken zuweilen blofs in der Absicht darauf gesetzt wurden, um solche Münzen auch für andere Länder gangbar und gültig zu machen *). Ihre Größse ist 4. Von jener kleinen Münze in Erz, welche Sestini Tom. VI. pag. 66. von Attalia in Lydien aus der Knobelsdorfischen Sauımlung als sehr Bene: anführt, besitzen wir hier ebenfalls ein Exemplar, Tr ae I su nedeuns, Eine Stadt dieses Namens lag in Jonien, und die andere in Pamphylien beyde waren in der numismatischen Geographie unbekannt, bis Pellerin sie dahin aufnahm, und in seinem Recueil Tom. IH. pag. ı52. Pl. zın. get5. zwey Münz n bekannt machte, die er nach Isindus in Pamphylien verwies, weil ihr E y] — ein Dianenkopf mit dem Köcher — mit jenem der benachbarten Stadt Perga übereinkommt, von welcher er. am nämlichen Orte vier noch uncdirte Münzen lieferte. Mehrere als diese zwey Autonom-Münzen waren his dahin nicht bekannt; daher sie auch von Eckhel Doctr. num. vet. Tom. IH. p. 1., ‚und von Sestini (classes generales geographiae num. pag. 46.) mit RRRR bezeichnet, oder als einzig angesehen werden. Die Aufschrift 1zIN ist auf beyden gleich; die Hauptseite hat den Kopf der Diana von der rechten Seite mit oder ohne Köcher ; die Kehrseite auf der einen hat eine Aehre, auf der andern ei- nen *) S. Eckhel's Doctr. num, vet. Vol. I. Proleg. CVII. etc. Auch "auf den moder- nen Münzen finden sich derley Signa incusa oder Nebenstempel. Das neueste Bey- spiel aber hievon lieferten uns die Engländer, als sie vor einigen Jahren mitten im Frieden die Spanischen Registerschiffe wegnahmen, Um nämlich die darauf gefun- denen Piaster sogleich in englisches Geld zu verwandeln, schlugen sie auf die Haäupt- seite, worauf sich das Bild mit dem Namen des Spanischen Königs Karl befindet, einen kleinen Nebenstempel_mit dem Bildnißs ihres Königs ein; liefsen aber die Rückseite unverändert. — Wir besitzen hievon einige Exemplare. dad nen Köcher, welche beyde Figuren die Aufschrift 1zIn in der Mitte trennen. Die unsrige sub Nro. X. zeigt ebenfalls einen weiblichen Kopf von der rechten Seite mit zusammen gebundenen Haaren; ob aber das, was hinter demselben noch sichtbar ist, ein Köcher sey, getraue ich mir nicht zu behaup- ten; inzwischen ist die Aufschrift auf der Rückseite ganz deutlich, nämlich ızın, und ungetheilt in einem Lorbeerkranze. Die Münze ist von Erz, ihre Gröfse 24, und sie scheint die einzige mit erwähnter Vorstellung zu seyn, welche bis jetzt bekannt ist. Sestini in seinen lettere ete. Tom. YU. p. 53- macht deren zwar noch zwey aus der Pariser-Sammlung bekannt, die auf der einen Seite einen Jupiterskopf, auf der andern einen behelmten Reiter vorstellen, welche ihm aber bey der Flerimsgnbe seines obengenannten VVerkes selbst noch nicht bekannt. waren. Diefs sind nun einige von jenen seltenen Städte- und Völker- Münzen, welche sich in unserer bis jetzt noch ‚kleinen Sammlung befinden, und von wel- chen entweder noch gar keine in Kupfer gestochen erschienen ist, oder die sich wenigstens von den schon bekannt gemachten auf irgend eine Art unterscheiden. Ich füge diefsmal noch zwey Haisermünzen bey, welche, wenn mich nicht alles trügt, den Freunden der römischen Numismatik willkommen seyn werden. Sie sind in Gold, vermuthlich noch unbekannt, und gewiß sehr selten. Wenn sie schon — wie diefs beynahe mit allen neu entdeckten römischen Münzen der Fall ist — keine besondern Resultate in Hinsicht auf Geschichte oder Phi- kologie liefern, so dürfen sie darum doch nicht aufser Acht gelassen werden, weil sie die Kunde der römischen Münzen ikrer Vollständigkeit immer näher bringen. Die eine ist von dem Kaifer Severus Alexander, und zwar ein kleiner Medaillon, die andere von Postumus. xl. — Severus Alexander. A. Des Kaisers: Brustbild bekleidet von der rechten Seite, mit einer Siralenkrone auf dem Haupt. Die Legende ist: IMP C M AVR SEV ALEXAND AVG. R. Eine stehende Frau links sehend, in der Rechten einen Zweig, in der Linken die Hasta. Umschrift: PAX AETERNA AVG. — Nach einer ge- nauen Vergleichung mit allen Münzen , welche Eckhel theils in seinem Kata- log P. H. von Seite 317 — 327. theils in seiner Doctr. num. vet. Vol. VII. pag. 267—280 aufführt, unterscheidet sich die gegenwärtige von allen dort bekannt 5° . - 425 gemachten durch folgendes: a. Das Haupt dieses Kaisers kömmt nur auf sehr wenigen mit einer Stralenkrone vor; b. diese sind alle aus Erz zweyter Gröfse, und endlich c. haben sie alle die Aufschrift: Imp. Caes. M Aur. Sev. Ale- xander"Aug. — oder Imp. Alexander Pius Aug. — Ein Blick auf die Hauptseite der unsrigen beweiset, dals Eckhel keine ähnliche gekannt hat. Was die Rückseite betrift, so finde ich zwar in dem Wiener Katalog S. 326. n. 218. u. 2ıg. zwey Münzen mit dem nämlichen Typus und der nämlichen Legende, wovon die eine in Gold, die andere in Silber ist; aber beyde haben " auf ihrer Hauptseite das belorbeerte Haupt des Kaisers, sind also von der ge- genwärtigen in dieser Hinsicht wieder verschieden. Nur fragt sich, in welchem Jahre, und bey welcher Veranlassung der Kaiser diesen Medaillon habe schlagen lassen? — Dieses mit Gewilsheit zu be- stimmen, wird sehr schwer, wo nicht unmöglich seyn, indem weder des Kai- sers Consulat, noch dessen Lribunitia potestas auf der Münze ausgedrückt ist, und nur aus diesen allein die Regierungsjahre der römischen Kaiser mit Zuverläfsigkeit angegeben werden können. Sehr wahrscheinlich ist mir folgen- des. Nach einer genauen Aufzählung aller mit einem von den obigen chronolo- gischen Kennzeichen versehenen Münzen und aller ihrer Umschriften, fand Eckhel, dafs Kaiser Alexander diese letzten zu bestimmten Zeiten, und nach einer gewissen Ordnung auf seinen Münzen gebraucht habe; weiter zeigt sich, dafs die gegenwärtige Umschrift auf der Hauptseite nach dem Jahr der Erbauung der Stadt Rom 981, nach Chrifü Geburt 228, auf einer solchen chro- nologischen Münze nicht mehr vorkomme; endlich ergiebt sich noch, dafs der Kaiser sich derselben auch schon im J. 222.nach Christi Geburt bedient habe. Aus diesem also geht die Wahrscheinlichkeit hervor, dafs unsere Münze zwischen den Jahren 222 und 228 nach unserer Zeitvechnung geprägt worden sey. Es findet sich in dem Wiener Katalog noch eine Münze von diesem Kai- ser mit der Aufschrift: Pax Augusti $. C.; aber auch diese fällt — nach der Legende der Hauptseite zu urtheilen — in das J. 223, folglich in den nämlichen Zeitraum. Da nun der Kaiser um diese Zeit mit der ganzen Welt im Frieden lebte, und, wie uns dessen Geschichtschreiber erzählen, nur darin seine Gröfßse suchte, das Volk im Schoofse des Friedens glücklich zu machen, so scheint es, er habe auf diesem überaus seltenen Medaillon *) den Geist seiner Regierung durch die Worte: 54 Pax *) Beauvais führt einen goldenen Medaillon dieses Kaisers mit dem Kopf seiner Mutter Mamaea an, der sich in dem königl. Münzkabinet zu Paris befand; er re mit RRRR, und schätzt seinen Werth auf 800 Livres. S. Histoire abregte des ereurs romains ete. Tom. I. p. 349. r A26 n Pax aeterna Aug. aussprechen wollen. Vaillant, welcher Tom. I. pag. 283 die nämliche Rückseite auf einem seltenen silbernen Quinarius anzeigt, glaubt, dafs diese Aufschrift auf den grofsen Sieg über die Perser, wovon der Kaiser dem Senat in einer öffentlichen, Versammlung selbst Nachricht gab, Bezug ha- be, folglich, dafs diese Münze auf das Jahr 232 nach Christi Geburt zurückge- setzt werden mülse. Dagegen bemerke ich, dafs Alexander schon ein Jahr frü- her den Namen Pius angenommen, und ihn seit dieser Zeit auf allen Münzen »— einige barbarische oder zweifelhafte ausgenommen — geführt habe. — Da nun dieser Titel auf der unsrigen. nicht vorkömmt; da Vaillant*nicht sagt, welch eine Legende auf der Hauptseite seines Quinar sich befunden, ‚und da endlich das, was er an obiger Stelle aus dem Lampridius anführt, von mir dort nicht gefunden werden konnte, so bleibt obige Meinung noch immer die wahrscheinlichere. Im Jahre 23r überzog der Perser König Artaxerxes die Römer mit Krieg; als der Kaiser sah, dafs alle Vorschläge zur Beybehaltung des Friedens fruchtlos waren,, gieng er selbst nach Persien, und triumphirte im Jahre 233 über den in Mesopotamien überwundenen König.” Zwey Jahre darauf fielen die Germanen in Gallien ein, und Alexander begab sich sogleich zu seinem Heere, wurde,aber von einigen unzufriedenen,, und durch einen sei- ner ersten Offiziere, Maximinus, noch mehr aufgereitzten Soldaten nicht weit von Mainz in seinem Zelte mit seiner Mutter ermordet, in dem Alter von ohn- gefähr 30 Jahren, nachdem er ı3 Jahre über die Römer als ein wahrhaft gros- ser und noch viel versprechender Fürst geherrscht hatte. Die Goldmünze ist vom 6ter Grölse, und wiegt 34 Ducaten. Post. mas Einer von den dreyfsig Tyrannen, welche unter Kaiser Gallienus das Reich, d.h. verschiedene Provinzen desselben wechselsweise beherrschten. Er war in, Frankreich gebohren, und wurde wegen seiner militärischen Kenninifse und Eigenschaften vom Kaiser selbst aufgestellt, um die gallischen Gränzen ge- gen die Einfälle der Germanen zu sichern und zu schützen. — Als aber Gal- lienus im Jahre 257 nach Christi Geburt nach Pannonien gegen den aufrühreri- schen Ingenuus zog, und die Aufsicht über seinen einzigen Sohn, Saloninus, einem gewissen Sylvanus übertrug, wurde Postumus über dieses Milstrauen des Kaisers so aufgebracht, dafs er den Sohn nehst dessen Aufseher ‚in Kölln OR ein- KL . 47 einsperren, sich selbst aber zum Kaiser ausrufen liefs. Nachdem sich diese von ihm belagerte Stadt im Jahre 259 an ihn efgeben mufste,- wurde Saloni- nus umgebracht, und Postumus kämpfte lange mit verschiedenem Glücke ge- gen dessen Rachesuchenden Water. Im J. 267 liefs sich einer seiner Feld- herren Laelianus (nach andern Lollianus) zu Mainz zum Kaiser ausrufen; er belagerte ihn dort, eroberte die Stadt, und als er ihre Plünderung den Soldaten durchaus nicht erlauben wollte, wurde er, nebst seinem Sohne, glei- ches Namens, in einer Verschwörung’ umgebracht. Die‘ Goldmünzen dieses Kaiser-Tyrannen werden unter die seltenen‘gezählt, die gegenwärtige aber ist vielleicht die einzige in ihrer Art. Auf der Hauptseite erscheint das gekleidete Brustbild des Postumus mit dem ganzen vörwärts gekehrten Gesichte, stark gebartet, und auf dem Haupte eine Stralenkrone. Die Umschrift ist: POSTU- MUS AUG. — Die Rückseite hat zwey Figuren, Hygiea in der linken Hand eine Schale haltend, aus welcher. sie: eine Schlange in der Rechten füttert, rechts Aesculap ihr zugewandt, mit entblöfster Brust, in der Recliten einen Stock, an dem sich eine Schlange aufwindet, Die Legende ist; SALUS POSTU- MI AUG. — Die Münze ist von der öten Gröfßse nach Mionnet, und wiegt zwey Ducaten. Sie bietet zu folgenden Bemerkungen Gelegenheit. Die Legen- de der Hauptseite: Postumus Aug. erscheint nur auf zweyerley Münzen des Postumus, nämlich auf jenen sowohl in Gold, als Silber, worauf sein Kopf . mit einem Helm bedeckt ist, und dann auf den silbernen, welche mit dessen Brustbild, die Keule und Löwenhaut auf der Schulter, geziert sind. Die uns- rige ist von Gold, und ohne diese Lieblingszeichen des Kaisers, der auf viele seiner Münzen den Kopf des Herkules neben den seinigen zu setzen pflegte. Sie ist also schon in diesem Betracht von allen bisher bekannten Münzen des- selben unterschieden, wozu noch der ganz besondere Umstand kömmt, dafs das Brustbild des Tyrannen nicht im Profil, sondern mit dem ganzen Gesichte auswärts gekehrt erscheint, welches auf keiner bis jetzt bekannten Münze, — so viel ich weils — weder von ihm, noch von einem seiner Vorgänger jemals der Fall war. Was die Rückseite betrift, so kömmt weder die Vorstellung, noch die Aufschrift derselben auf irgend einer seiner Münzen vor; sie war da- her auch Eckhel unbekannt. Selbst jene Münzen, welche im Wiener Katalog P. II. pag, 387 von 69—72 mit einer ähnlichen Umschrift und Vorstellung be- ‚schrieben sind, haben entweder die Hygiea, oder den Aesculap allein; die Aufschrift heifst blofs: Salus Aug.; sie sind von Silber mit einer Hauptseite, die vonder unsrigen ganz abweicht; die Münze ist also in Hinsicht der Rück- seite bis jetzt unedirt. Uebrigens ist es eine bekannte Bemerkung. dafs Pos- tumus in sei efolge sehr kunstreiche Stempelschneider müsse gehabt ha- j ben, x 4%8 ben, indem: seine ‘Goldmünzen einen Hunstwerth verräthen, wodurch sie mit jenen- aus’ den schönsten Zeiten der römischen Kaiser wetteifern, j& sie manch- mal übertreffen. " Einen redenden Beweis hievon liefert unsre Goldmünze, da ” sie auch in Hinsicht der Kunst ganz besonders merkwürdig ist, und mit einem schön geschnittenen Cameo aus den Zeiten des August mit allem Rechte ver- j2 glichen werden kann. ‘Von ihrer Aechtheit wird sich ein Kenner bey dem ersten Anblick überzeugen. ‚Sie wurde im Jahre 1698 von einem, Bauer zu Waltheim nahe bey‘ diesem Dorfe, zwischen der alten und neuen Wormser Stralse im Pflügen gefunden‘ *),. und von ihm an den damaligen Dechant. des St. Guido Stifts zu ‘Speyer, Johann Conrad Arnberg, verkauft. Von die-- sem kam sie noch im nämlichen Jahre in die Hände des General-Feldmarschalls‘ und’ Gouverneurs zu Philippsburg, Fhrn. von Thüngen, und von da aus in das’ pfälzische Münzkabinet, welchem wir auch den oben beschriebenen Medail- lom des Kaisers Severus Alexander zu verdanken haben **). *) Noch heut zu Tage werden Münzen vom Postumus häufig in Frankreich gefun- den, weil er sich dort meistentheils aufgehalten hat. - %*) Mserpt in dem königl. Münzkabinet, ; Von RK 4 as =—>»-0908 890 =— München, gedruckt bey Franz Seraph Storno. 18 27 | E Yon