DER Wa KAISKRLICH I MATHEMATI 5SCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE KLASSE ACHTULNTDACHTZIGSTER BAND an AKADEMIE DER WISSENSCHAKTEN ‚Aal Sr AR, m — N \ı I £; fe) DENKSCHRIFTEN DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE KLASSE ACHTUNDACHTZIGSTER BAND uhsonian Instigy, IN ro, 7 239015, Atfonal MuseuW: z 41 CANCELLE WIEN 2 AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI 1913 RR a Yhan zrul f sr RE Received Inrough Insütndien. Inhalte Rechinger: Botanische und zoologische Ergebnisse einer wissenschaftlichen Forschungsreise nach den Samoainseln, dem Neuguinea-Archipel und den Salomonsinseln. IV. Teil (mit 3 Tafeln und 5 Textfiguren) Hanzlik: Die räumliche Verteilung der meteorologischen Elemente in den Zyklonen (mit 5 Tafeln und > Textfiguren) . Hellebrand: Über die günstigste Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen (mit 6 Textfiguren) . Hartmeyer : Revision von Heller's Ascidien aus der Adria Sigl: Thaliaceen und Pyrosomen des Mittelmeeres und der Adria (mit 2 Tafeln und 36 Textfiguren) . Trojan: Das Auge von Palaemon squilla (mit 6 Tafeln) Kober: Der Deckenbau der östlichen Nordalpen (mit I Tafel, 7 Textfiguren und 2 Karten) Zweigelt: Vergleichende Anatomie der Asparagoideae, Ophiopogonoideae, Aletroidreae, Luzuriagoideae und Smilacoideae nebst Bemerkungen über die Beziehungen zwischen Ophiopogonoideae und Dracaenoideae (mit 10 Tafeln und 29 Textfiguren) . Holdhaus: Monographie der paläarktischen Arten der Coleopterengattung Microlestes (mit 32 Text- figuren) Suess. Die moravischen Fenster (mit 3 Tafeln und 3 Textfiguren) Mohr: Versuch einer tektonischen Auflösung des Nordostsporns der Zentralalpen (mit 1 tektonischen Übersichtskarte) Vouk: Untersuchungen über die Bewegung der Plasmodien (mit 2 Tafeln und 12 Textfiguren) Lendenfeld: Untersuchungen über die Skelettbildungen der Kieselschwämme (mit 6 Tafeln und 13 Textfiguren) . Brumnthaler: Ergebnisse einer ‚botanischen Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika (mit 1 Tafel und 3 Textfiguren) Holetschek: Untersuchungen über die Größe und Helligkeit der Kometen und ihrer Schweife. III. Teil Seite 695 zii 745 BOTANISCHE UND ZOOLOGISCHE ERGEBNISSE EINER WISSENSCHÄFTLICHEN FORSCHUNGSREISE NACH DEN SAMOAINSELN, DEM NEUGUINEA-ARCHIPEL UND DEN SALOMONSINSELN MÄRZ BIS DEZEMBER 1905. VON DR- KARL RECHINGER K. U. K. KUSTOSADJUNKT AM NATURHISTORISCHEN HOFMUSEUM, WIEN IN, DEIN BEARBEITUNG DER AUSBEUTE AN MARINEN DIATOMACEEN SÄMTLICHER BEREISTER GEBIETE, DER LICHENEN (FLECHTEN) DES NEUGUINEA-ARCHIPELS, DER HAWAISCHEN INSELN UND DER INSEL CEYLON, DES I. TEILES DER CRUSTACEEN (DECAPODA BRACHYURA), VON SAMOA NEBST EINEM I. NACH- TRAG ZU DEN HEPATICAE DER SAMOAINSELN Mit 3 Tafeln und 5 Textfiguren 1. Diatomaceae marinae von H. u. M. Peragallo (Bordeaux). 2. Lichenes (Flechten) des Neuguinea-Archipels, der Hawaiischen Inseln und der Insel Ceylon von A. Zahlbruckner (Wien). 3. Hepaticae Samoenses, Il. Nachtrag, von F. Stephani (Oetzsch bei Leipzig). 4. Crustaceae, I. Teil (Decapoda Brachyura), von Samoa von ©. Pesta (Wien). Denkschriften der math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVIIT. 2 K. Rechinger, Der vorliegende IV. Teil der Publikation meiner Reiseergebnisse enthält an botanischen Beiträgen die Bearbeitung der marinen Diatomaceen, welche von mir auf den Salomons-, den Hawaiischen und den Samoainseln gesammelt wurden, ferner die Bearbeitung der Lichenen des Neuguinea-Archipels, der Hawaiischen Inseln und der Insel Ceylon. Mit Ausnahme der Süßwasseralgen ist hiermit die Bearbeitung der botanischen Ausbeute der Samoainseln abgeschlossen. Von der begonnenen Bearbeitung der Aus- beute vom Neuguinea-Archipel erscheinen im vorliegenden Teil die marinen Diatomaceen und die Lichenen. Was die zoologische Ausbeute betrifft, so bringt dieser Teil den I. Abschnitt der Bearbeitung der Crustaceen (Decapoda Brachyura) der Samoainseln. Wie in den früheren erschienenen Teilen wurden die von den betreffenden Gebieten noch nicht bekannten Arten mit einem vorgesetzten Sternchen (*) bezeichnet. Die Namen neuer bisher unbeschriebener Arten und Varietäten erscheinen fett gedruckt. Für die zeitraubende und mühevolle Bearbeitung der betreffenden Abschnitte sei den Herren H. und M. Peragallo (Bordeaux), A. Zahlbruckner (Wien), F. Stephani (Oetzsch bei Leipzig), O. Pesta (Wien) mein verbindlichster Dank hiermit ausgesprochen. Für die vollendete Zeichnung der Tafeln (Diatomaceae marinae) I undll bin ich dem Herrn H. Peragallo sowie dessen Bruder Herrn M. Peragallo, für die künstlerische Aquarellskizze zur Tafel der Crustaceen (III) Herrn Dr. ©. Pesta, für die mühevolle Präparation der Diatomaceen Herın Tempere zu besonderem Dank verpflichtet. Wien, botanische Abteilung des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums, 26. Juni 1911. Dr. Karl Rechinger. 1. DIATOMACEAE MARINAE Von den Salomons-, Samoa- und Hawaiinseln. Bearbeitet von H. und M. Peragallo (Bordeaux)!. Mit Tafel I und I. Im April 1909 habe ich von Herrn Dr. Karl Rechinger drei Grundproben (Schlamm) im Gewichte von 9 bis 15 g erhalten, um die darin befindlichen Diatomaceen zu bestimmen. Nr. 4544 war eine Grundprobe aus der Meerenge, welche die Insel Buka von der Insel Bougainville trennt, 9:68, bestehend aus einem grauen, festen, steinharten Schlamm mit Muschelfragmenten unter- mischt. Nr. 5037. 15'1 g eines grauen, ziemlich dichten Schlammes, der aber weniger mit Muschelteilchen durchsetzt ist als die oben genannte Probe mit der Angabe »bei Nusa, Insel Neu-Mecklenburg, 30 m tief«. Nr. 5275 mit der Angabe »Insel Buka (Salomonsinseln), Königin Carola-Hafen, Grundprobe vom Schiffsanker aus einer Tiefe von 10 Faden heraufgebracht«. 10:9 g eines sehr leicht zerreibbaren, sandigen Schlammes mit zahlreichen Muschelfragmenten. Diese drei Proben waren in angesäuertem Wasser leicht löslich und boten beim ersten Anblick keine Spur von Diatomaceen. Nach den üblichen Methoden mit größter Vorsicht, um nichts zu verlieren, behan- delt, haben sich die beiden ersten Proben (Nr. 4544 und Nr. 5037) endgültig als frei von Diatomaceen erwiesen. Die dritte Probe enthielt eine sehr kleine Menge von Diatomaceen im allgemeinen von geringer Größe aber in ihrer Gesamtheit interessant. Der auf diesem Wege gewonnene Beitrag zur Kenntnis der Diatomaceen war aber immerhin so klein, daß ich Herrn Dr. Rechinger brieflich frug, ob er mir nicht ermöglichen könnte, diesen Beitrag zu vergrößern, indem er mir zuschicke, was er noch an Abfällen von Muscheln, Korallen, Polypen, Steinen etc. besaß, welche bei der Präparation abfallen und gewöhnlich weggeworfen werden und welche gerade die wahre Fundgrube für Diatomaceen bilden. Dr. Rechinger schickte mir hierauf eine Kiste mit solchen Abfällen, welche aber von den Inseln Hawaii und Samoa stammten. In Anbetracht der Schwierigkeit und Langwierigkeit der Behandlung der sie unterzogen werden mußten, um die Diatomaceen daraus zu gewinnen, machte ich daraus nur zwei Partien, »Samoa« und »Hawaii«, welche Herr Tempere so zu präparieren liebenswürdig war, und deren Studium ich meinem Bruder Maurice anvertraute, da ich zu jener Zeit nicht in der Lage war, mich selbst damit zu beschäftigen. Dieser Diatomaceenbeitrag hat dadurch nichts an wissenschaftlichem Wert ver- loren, denn mein Bruder ist so kompetent wie ich, wenn nicht mehr, was die Bestimmung der Arten anbe- langt, und zeichnet ungleich besser als ich. Dieses Material lieferte zwei Serien ausgezeichneter Präparate und ergab besonders für Samoa schöne Reihen mit einigen neuen und bemerkenswerten Formen, Varietäten und Arten. 1 Aus dem französischen in das Deutsche überseizt von Dr. K. Rechinger. 1 4 K. Rechinger, Endlich sandte mir Dr. Rechinger kürzlich eine sehr geringe Menge, einige Fragmente von Cerato- phyllum demersum L. (Nr. 4662) von den Salomonsinseln, Insel Bougainville in Wassergräben bei den Eingebornendorfe Siuai. So klein auch diese Probe war, hat sie mir genug Diatomaceen geliefert, um davon acht Präparate herzustellen. Unglücklicherweise fehlt mir die Zeit, um sie gründlich zu studieren. Ein aufmerksames, aber noch nicht genügend erschöpfendes Studium derselben zeigt mir in Menge: Hiyalodiscus laevis Ehr. Hydrosera triquetra Wall. Diese beiden Formen bilden die Hauptmasse der Probe und sind von einzelnen, viel selteneren Arten von Diatomaceen des Brackwassers begleitet, darunter einigen Süßwasserformen: Gomphonema acuminatum Ehr. var. Achnanthes subsessilis Arg. Bacillaria paradoxa Gmel. Hemantidium picturale K. Scoliopleura tumida Breb. Epithemia turgida RK. — muscnlus K. Navicula quadratarea A. S. var. tahitensis Grun. — pusilla W. Sm. f. capitata Gm. — elliptica R. etc. Im ganzen genommen ist diese Ausbeute für die Diatomaceenflora von Ozeanien von wenig Bedeutung, was aber nicht von der Armut des Materiales herrührt, sondern daher, daß nach der europäischen Diato- maceenflora die der Südsee am besten und vollständigsten bekannt ist. Die letztere ist überdies sehr gleich- förmig, was nicht erstaunlich ist, da die Faktoren Temperatur und Salzgehalt es ihrerseits in dem großen, hauptsächlich ozeanischen Gebiet ebenfalls sind. H. Peragallo. 1. Juni 1911. Bot.-z00l. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. Salomonsinseln (Buka). Bestimmt von H. Peragallo. = Actinoptychus hexagonus var. subhexagona H. Perag. fere hexagona ceterum typo con- formis. Amphoria arcus Greg. — costata Greg. — crassa var. punctata. — egregia Ehr. — gigantea Grun. — Grundleri Grun. — ostrearia var. vitrea. — pvoteus Greg. — robusta Greg. — spectabilis Greg. — turgida Greg. Anliscus compositus A. S. var.? (Taf. II, fig. 8.). — caelatus var. latecostata an var. nova? (Taf. II, Fig. 7), solum unicum specimen vidi. Biddulphia Tnomeyi Bail Campylodiscus biangulatus Grev. — Daemelianus Grun. — Kittonianns var. A.S. A .Taf. 16, Fig. 19, 20. — limbatus Breb. — Samoensis Grun. — triumphans A. S. Coscinodiscus heteroporus Ehr. — marginatus Ehr. — nitidus var. tennis Ratts. — nodnlifer A. S. Dictyoneis marginata (Lewis) Cl. Diploneis apis (Donk,). — bomboides (A. S.). — .crabro Ehr. — didyma (K.). — diplosticta (Grun.). — Endoxia (A. S.). | Diploneis fusca (Greg.). — nitescens (Greg.). — maulticostata (Grun.). — pandura (Breb.). puella (A. S.). — Smithii (Breb.). — splendida (Greg.). — suborbicularis (Greg.). Grammatophora galapagensis Grun. — marina Sm. Hyalodiscns stelliger Bail. Mastogloia quinquecostata Grun. Melosira sulcata K. Navicula abrupta Greg. — brasiliensis Grun. — bnullata Grev. TE elavaa Grey: var. caribaea Cl. — coffeaeformis A. S. lyra Ehr. var. dilatata A. S. var. recta A. A. — _— var. subproducta H.P." — mirabilis Lend. — Samoensis Grun. — speclabilis Greg. Nitzschia Jelineckii Grun. * _ (Nicobarica var.?) Bukensis H. P. differt a N. Nicobarica forma magis elongata et carina submarginali evidentissima (Taf. II, Fig. 6). — panduriformis Greg f. acnta. var. apiculata. var. lata. 1 Die mit H. P. bezeichneten Bestimmungen rühren von H. Peragallo, die mit M. P. von M. Peragallo, die mit Per. be- zeichneten von beiden Brüdern gemeinsam her. 6 K. Rech Plagiogramma caribaeum P. var. * acostata H. Perag. differt a forma pusilla (A. S. A., 211, f. 19) carinis lateralibus deficientibus. Bei dem hier abgebildeten Exemplar (Taf. I, Fig. 11) zeigt der obere Teil der Schale eine ganze Pseudoraphe, welche am unteren Teil durch eine Querfurche ersetzt ist. decussatnm Grev. polygibbum Cl. et Grun. Seychellarum Grun. inger, Plagiogramma tessellatum Gvev. Pleurosigma australe Grev. Rhabdonema adriaticum RK. Roperia tessellata Grun. Synedra crystallina Lyngb. Surirella comis A. S. fastuosa Ehr. Trachyneis aspera Cl. Triceratium favus f. quadrata. Samoainseln. ' Bestimmt von M. Peragallo. Achnanthes Bengnelensis? Grun. — brevipes Ag. — indica Brun. Achnanthes indica Brun var. sulcataM.Perag. Margo valvae superioris una carina signatus. Diese Furche ist auch auf einer der Photographien von Brun (Fig. 134) sichtbar. Ich habe Schalen beobachtet, welche keine Furchen haben. Diese sind es, welche ich als typisch betrachte. (Taf. I, Fig. 2.) Achnanthes longipes Ag. — subsessilis var. cuneata Öst. Actinocyclus incertus Grun. nebulosus M. Perag. Ralfsii var. Australiensis Grun. — forma maior. var. Samoensis forma inermis. Zona marginalis fere nulla, spinis minu- tissimis densissimis. tenwissimus Cl. Actinoptychus campannlifer A. S. — guttatus (Öst.) M. Perag. Syn. A. Moronensis var. guttata Öst. (Flora of Koh chang., p. 270, Taf. I, Fig. 1). 1 Die Proben stammen aus der Bucht von Apia (Insel Upolu). Diese Form kann nicht als bloße Varietät von A. Moronensis betrachtet werden. Actinoptychus hexagonus var. tenella. undnlatus Ehr. — vulgaris Schum. Amphora angusta Greg. costata Sm. — crassa Greg. — cymbifera Greg. dubia Greg. var. farcimen var. fusca A. S. fusca forma lata M. Perag. Latior quam A. fusca typica. Long. 0080 p, larg. 0020 u. (Taf. I, Fig. 4). Amphora Javanica var. oculata M. Perag. Ähnlich der Form, welche A. S. All. Taf. 27, Fig. 31, abbildet, aber mit einer glatten Area, welche den zentralen Knoten umgibt (Tat. I, Fig 5). Amphora ostrearia Breb. obtusa Grun. Pusio Cl. Samoensis (capensis var.?)M.Perag. Ähnlich der A. capensis A. S. (Atl. Taf. 25, Fig 49 et 50). Unterscheidet sich Bot.-200l. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. hauptsächlich durch eine stauroneis-ähn- liche Rippe am Mittelknoten auf der Rücken- seite. Länge 0050 bis 0°060; mit 8 bis 9 schwach granulierten Streifen auf 0:01. Amphora spectabilis Greg. * Amphora subalata M. Perag. Die Bauchseite gleicht der von A.robusta A.S. (Ati. Taf. 27, fig. 40), aber mit einem flachen Flügel ähnlich der der A. alata Per. (D.M.F., Taf. 43, Fig. 45). Länge 0100. 12 granulierte Streifen in 0:01 (Taf. I, Fig. 3. Amphora turgida Greg. — -— forma minor. * Amphora separanda Per. (= Amphora sp. ASS AN Mab.25, Big. 97). Diese Form, welche mit A. contracta nicht vereinigt werden kann, verdient einen eigenen Namen. Amphora sp. A. S. A., Tab. 27, Fig. 5 — 7 sp2 AS. A., Tab. 27, Big. 58. sp ein DI MR. ab 46, His2 21. " Amphora farciminosa Per. gleicht im all- N gemeinen der A. farcimen Grun, von der sie sich aber durch die Streifung und den zentralen Knoten unterscheidet. Die Wimper ist an die Spitze eines sehr scharf ausgeprägten Winkels gestellt, welcher ihr das Ansehen eines durchsichti- gen Bandes gibt nach Art von Caloneis. Länge 0:093, Breite 0:019; 11 bis 12 Streifen auf 0-01 (Taf. 1, Fig. 1). — 5% AS Au, Mal, 27, ie, ZU Sein, — gramulalta var. lineata Per. Unterscheidet sich von der Abbildung in Schmidt’s Atlas durch ihre Struktur zu- sammengesetzt aus dicken länglichen Körn- chen, die in Längslinien angeordnet sind. Die zwei ersten Linien, von der Raphe aus gezählt, sind vor dem zentralen Knoten unterbrochen. Länge 0075, 9 Streifen und 4 bis 5 Längslinien auf 0:01 (Taf. I, Fig. 6). Asterolampra vulgaris Grev. Asteromphalus Hookeri Ehr. Aulacodiscus orientalis Grev. ; Biddulphia aurita Breb. — pulchella Gray. — reticulata Rop. — KRoperiana Grev. ı Campylodiscus ambiguus Grev. — biangulatus Grev. bicostatus W. Sm. — Brightwelli Grun. — (anar als 12. (&). — contignus A. S. — decorus Breb. var. primata. — Graeffei Grun var. A. S. A. Tab. 16, Fig. 2. — insignis Leud. var. — Jatus Shadb. ornatus Grev. = erRallsiaSm: — Samoensis Grun. — singularis A. S. — taenioides Deby. — undunlatus Grev. Climacosphenia moniligera Ehr. Coconeis Emmericii Jan. — heteroidea Htz. — gibbocalix Brun. Coscinodisceus excentricus Ehr. — marginatus Ehr. — aitidulus Grun. " Ooseinodiscus nitidulus Grun. var. seintil- lans M. Per. Körnchen in Strahlen angeordnet, die abwechselnd kurz und lang sind. Durch- messer 0058 (Taf. II, Fig. 9). Coscinodiscus nitidus Greg. Oymatoneis sulcata Cl. Demerogramma fulvum. Diploneis Beyrichiana A. S. — cynthia A. S. = Diploneis eynthia var. intermedia M. Per. In der Mitte stehend zwischen dem Typus (A. S. Ati, Tab. 8, Fig. 40) und der Borm A. S. Atl, Dab. 8, Big. 45 (Taf. TI, Fig. 16). S KR. Rechinger, Diploneis didyma RK. — fausca Cl. * _ interrupta var. Novae Zelandiae Bein: Nähert sich sehr der Var. Samoensis AeSERLS Mabal2, Bis 12, aber unter- scheidet sich durch die Wimpern (Taf. 1, Fig. 9). — mediterranea Cl. — multicostata Grun var. Diploneis nitescens var. vhomboides M. Per. Late-rhomboidea angulis late rotun- datis. Longit. 0:045, latitud. 0027. (Tab. ], Fig. 10). Diploneis notabilis Grev. (inkl. var. expleta). — Schmidtii Cl. Diploneis Smithii var. recta M. Ber Parva varietas ciliis densis et non dila- tatis circum nodulum centrale (Tab. I, Fig. 9). Diploneis splendida Greg. Endictya oceanica Ehr. Epithemia Hirundinella Brun. — mausculus K. Grammatophora marina RK. — maxima Grun. — oceanica Ehr. Homaeocladia Vidovichii Grun. Hyalodiscus ambignus Grun. — laevis Ehr. — radiatus Grun. — sScoticus Grun. — Stelliger Bail. Isthmia capensis Grun. Mastogloia Portierana Gvun. — gqminguecostata Grun. Melosira coronaria M. P. A.S.A.H. Atl., Tab. 158, Fig. 9= Poradiscus calyciflos var. Aber P. calyciflos gehört nicht in die Gattung Porodiscus. — nummmloides Ag. — SulcataK. — var. coronata. ı Melosira sulcata var. radiata. Navicula clavata Greg. — Fischeri A. S. — formosa Greg. — Hochstetteri Ehr. — Lyra Ehr. — NyCleve. — pennata A. S. Navicula Reichardii Grun var. M. Per. Zwischen dem Typus und der N. Ny Cl. stehend. Die Endknoten in Form von Sicheln, die Raphe von einer gekörnelten intermedia verlängerten Linie begleitet oder von sehr kurzen Streifen. Schmidt bildet analoge Formen ab: A. S. Atl., Tab. 70, Fig 27 —29. (Tab. nostra 1. Fig. 13). Navicula robusta Grun. — sp. A. S. Atl., Tab. 8, Fig. 15. Nitzschia angularis Sm. — distans Greg. var. Jelineckii Grun. — majuscenla Grun. — panduriformis Greg. var. delicatula Grun. var. peralbata Per. — scalaris Sm. — Sigma Sm. Orthoneis fimbriata Grun. Periptera sp. ? Plagiodiscus nervatus Grun. Plagiogramma pulchellum Grev. Pleurosigma validum Shadb. Podocystes spathnlata Shadb. Podosira hormoides Mont. Rhabdonema adriaticum RK. — mirificum Sm. Rhaphoneis amphiceros var. gemmifera. * Rhaphoneis var. obesa M. Per. Umriß vollkommen kreisförmig mit einer kleinen vorragenden Spitze an jedem Ende. Bot.-200l. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. be- stehend sind abwechselnd kurz und lang. Länge 0:045, Breite (Durchmesser) 0039 (Taf. II, Fig. 4). Rhoiconeis Gorkeana var. hat nur 16 Streifen auf 0-01. Rhoicosigma compactum Grun. Die mittleren Linien aus Körnchen Surirella fastuosa Ehr. var. opulenta Grun. Ceylanensis Lend. — gemma Ehr. Synedra formosa Htz. — Hennedyana Grun. undulata Grun. Synedrosphenia cumeata (Grun.) H. P. Terpsino& intermedia Grun. forma musica M. Perag. Die äußere Gestalt ist die der 7. musica, aber die Areole ist die der 7. intermedia. Trachineis aspera Cl. var.vulgaris Cl. | | | | | | I Trachyneis consors A. G. velata Cl. Triceratium antediluvianicum Ehv. var. frigona M. Perag. beinahe Breite 0:055 (Taf. II, Fig. 3). arcticum Br. var. jJaponica. bullosum Witt. Umriß dreieckig kreisförmig. formosnm Br. pentacrinus Wall. sculptum Shadb. Shadboldtianum Grev. Versicolor Brun. var. trigona. Zonatnulatum Grev. — .— f. Erigona. — (Lampriscus) Ledugerii var. Samo- ensis Per. Nicht ganz kreisförmig, Ecken vorge- Abstand dei ‚Seite, 20.089; 6 Linien von Körnchen auf 0:01 (am Rand) (Taf. II, Fig. 1). zogen, von Tropidoneis lepidoptera (Greg). Cl. Hawaii-Inseln (Insel Oahu). ' Bestimmt von M. Peragallo. Actinoptychus intermedius A. S. * Aetinoptychus BRechingeri Per. Triangularis, angulis late rotundatis (subeircularibus), sector sine appendice, ligula hyalina lata submarginalis, correspon- dens angulis valvae. Trium aliorum munitus quisque in centro areae minutae hyalinae insertus. Area hyalina triangularis excavata. Superficies areolatione obtecta, maculae versus marginem decrescentes (t. Il, fig. 5). Mit Vergnügen widmen wir, mein Bruder und ich, Dr. K. Rechinger, diese schöne und merkwürdige Art. Amphora arenicola Grun. var. maior. *" Amphora farcimen var. crassa M. Per. Umriß halbkugelig, Länge 0'045 (Taf. I, Fig. 8). fareimen var. gigantea M. Per. (Taf. I, Fig. 2). Größer und länger als der Typus. Länge 0:110; 10 Streifen auf 0:01 (Taf. T, Fig. 3). 1 Alle Funde stammen von der Küste bei Waikiki nächst Honolulu. Denkschriften der math,-naturw. Kl. Bd. LXXXVIL. IC 10 K. Rechinger, Amphora gigantea var. fusca Grun. inflata Grun. Javanica A. S. obtusa Greg. Schleinitzii Jan. var. spectabilis Greg. var. turgida Greg. Anorthoneis maculata M. Per. Late elliptica, striis marginalibus aream bene evolutam ommittentibus, cuius raphe dextra excentrica, porulis medianis deficien- tibus, raphe duabus maculis lateralibus mu- nita. Longitudo 0:020, latitudo 0'014; 16 strii in 0:01 (Taf. II, Fig. 11). Ich respektiere die Diagnose meines Bruders, aber ich frage mich, ob nicht eine Navicula der Gruppe palpebralis vorliegt, deren gekielte Raphe etwas von der Seite gesehen wird (H. Per.). Anlacodicus orientalis Grev. Biddulphia pulchella Gray. Campylodiscus Kinkeri A. S. var. Samoensis Grun. singnlaris A. S. var. triumphans A. S. undulatus Grev. var. So, Au S Ak Areys 118, le NZ Climacosphenia moniligera Ehr. Cocconeis gibbocalix Brun. heteroidea Htz. Coxinodiscus curvatulus Grun. — var. latius striata. decrescens Grun. var. robustior. Kützengü A. S. leptopus Grun. marginatus Ehr. nitidulus Grun. nitidus Grun. Symbolophorus Grun. Diploneis cynthia A. S. crabro var. separabilis. fusca Ralfs. Manleri Brun var. borussica. mediterranea var. elliptica M. Per. Lang-elliptisch, Übergangsform zu D. cynthia (Taf. 1, Fig. 17). Diploneis nitescens Ralfs. notabilis et f. expleta Grev. Smithii Breb. splendida Greg. vetula A. S. sp. A. S. Atl. Taf. 84, Fig. 11. Endictya oceanica Ehr. Epithemia Hirundinella Brun. muscnlus K. Grammatophora caribaea Cl. oceanica Ehr. — var. macileuta. Hyalodiscus radiatus minor. Grun f. minor. Mastogloia Portieraua Grun. Navicula cancellata Donk. clavata Greg. Hennedyi Sm. Hochstetteri Grun. * Navicula interversa Perag. Gleicht einer kleinen N. spectabilis, bei welcher die zentralen Streifen der Rand- bänderverkürzt werden, anstatt vorspringen. Es ist die umgekehrte Anordnung wie bei der N. lyriformis (Taf. I, Fig. 14). Navicula liber Sm. maxima Greg. var. excentrica. Ny Cl. pinnata A. S. " Navicula perplexa ? var. minutissima Per. Similis formae quae a Peragallo D.M.F. delineata est, sed multo minor et subtilior striata. Longitudo 0035; 10 strii in 001 (@Ratzlaier212): Mein Bruder setzt ein Fragezeichen, welches ich betone. N. perplexa, welche wahrscheinlich eine untere Schale einer Cocconeis ist, hat eine typische Anordnung der Randstreifen, welche man hier nicht findet. N.retusa Bre&b. gestellt werden. Diese kleine Form soll vielmehr zu Nitzschia angnlaris Sm. granulata Grun. Bot.-zool. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 11 Nitzschia Jelineckii Grun. — panduriformis Greg. — — var. delicatula. — -— var. peralbata, Plagiogramma Gregoryanım Grev. Pleurosigma rigidum Sm. Rhaphoneis amphiceros var. obesa M. Per. Rhoicosigma oceanicum var. Corsicana. Skeletonema mediterraneum Grun. var. Surirella fastuosa Ehr. — — var. robusta. Terpsino& intermedia Grun. Trachyneis aspera (Ehr.) Cl. — — var. minor. — -— var. pulchella. Trachyneis consors A. S. — oblonga Bail. — welata A. S. Trachysphenia acuminataM. P. Ähnlich der T. australis, aber an der oberen Extremität zugespitzt und ver- schmälert. 8 bis 9 Streifen auf 0:01, un- deutlich granuliert und nicht durch eine Pseudoraphe unterbrochen (Taf. II, Fig. 10). Trachysphenia australis P. Petit. Triceratium bullosum Witt. — zonatulatuwm Grun. Tropidoneis lepidoptera (Greg.) Cl. — — var. delicatula. 2.FLECHTEN DES NEUGUINEA-ARCHIPELS, DER HAWAIISCHEN INSELN UND DER INSEL CEYLON. Von Dr. Alexander Zahlbruckner. Flechten des Neuguinea-Archipels. Pyrenulaceae. _ Arthopyrenia (Mass.) Müll. Arg. * Arthopyrenia (sect. Acrocordia) oceanica A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, tenuissimus, 0°7—0'! mm crassus, continuus, politus, lacteus, nitidulus, KHO —, CaCl,0, —, in margine linea obscuriore, nigricante, validiuscula cinctus, ecorticatus, homoeo- mericus, hypnis tenuissimis, dense contextis, non amylaceis, gonidiis paucis, chroolepoideis, cellulis concatenatis. Apothecia minuta, 0-2—0'3 mm lata, sessilia, basi solum paulum innata, dispersa vel confluentia, nigra, nitidula, depresso-hemisphaerica, in juventute velo thallino leviter tecta, mox nuda, poro tenuissimo apicali pertusa; perithecio fuligineo, integro, subtus tamen multum angustiore, extrorsum basi anguloso- producto; nucleo decolore, globoso vel subgloboso, J haud vel leviter lutescente; paraphysibus sat densis, filiformibus, ramoso-connexis, eseptatis; ascis cylindrico-clavatis, apice attenuato-rotundatis, in parte superiore membrana modice incrassata cinctis, 90—100 u longis et 7’5—8:5 u. latis, 8 sporis; sporis in ascis uniserialibus vel subuniserialibus, decoloribus, oblongo-ellipsoideis vel oblongo-subfusiformibus, rectis, uniseptatis, ad septa non constrictis, cellulis aequalibus vel subaequalibus, membrana tenui cinctis, 18—21 u longis et 5:5—6°5 u latis. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Rinden [Rechinger Nr. 2780). Die neue Art ist von der verwandten Arthopyrenia (sect. Acrocordia) sublimitans Müll. Arg., mit welcher sie in der Gestalt des Gehäuses übereinstimmt, verschieden durch das milchweiße Lager, durch die bedeutend kleineren Apothecien und durch die vorwiegend einreihig angeordneten, größeren Sporen. Pseudopyrenula Müll. Arg. * Pseudopyrenula (sect. Hemithecium) pyrenuloides A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, tenuissimus, macula continua, laevi, olivaceo-flavescente, nitidula indicatus, KHO non mutatus, in margine protothallo fusco-nigricanti bene determinatus. Apothecia dispersa, sessilia, alte semiglobosa, minuta, ad 0°3 mm lata, nigra, nitida, ostiolo haud distincto demum pertusa; perithecio fuligineo, dimidiato (basi deficiente), lateraliter in basi non producto; hymenio albido, ge latinam copiosam et guttulas oleosas minutas et numerosas continente; paraphysibus filiformibus, tenuissimis, increbris, ramoso-connexis; ascis convergentibus, clavatis vel clavato-cuneatis, Bot.-2ool. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 13 ad apicem rotundatis et membrana modice incrassata einctis, 8 sporis, 110—160 u. longis et 9— 14 u latis; sporis in ascis biserialibus, fere verticalibus, decoloribus, oblongis vel ellipsoideo-oblongis, utrinque rotundatis, rectis, 3 loculosis, loculis rotunduto-angulosis, halone non cinctis, 13—16 pn. longis et 5—5 5 u latis. Pyenoconidia non visa. Insel Buka: Auf den Zweiglein eines Hydnophytum [Rechinger Nr. 4756]. Fällt in der Sektion Femitheciwm durch die Farbe des Lagers, die hoch gewölbten, runden (nicht in die Länge gezogenen) Apothecien und die kleinen Sporen auf. Es lagen mir nur zwei Stückchen der Flechte vor; ihre Artberechtigung wird noch Gegenstand einer neuerlichen Prüfung sein müssen. Clathroporina Müll. Arg. Clathroporina endochrysea Müll. Arg., Conspect. syst. Lich. Nov. Zeland. in Bull. Herb. Boissier, vol. II, Appendix I (1894), p. 93. Porina endochrysea Bab. apud Hooker, Flora Nov. Zeland., vol. II (1855). p. 306, tab. CXXVIII, Fig. D, non Mont. Porina pustnlata Krphlbr. in Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. Wien, Band XXVI (1876), Abhandl. p. 459. Verrucaria perfragilis Ny]., Lich. Nov. Zeland (18838), p. 128; Hue, Lich. exotic. no. 3345. Exsikk.: Arnold, Lich. exsicc. no. 1203, Lojka, Lich. Univ. no. 146. Shortlandsinsel Poperang: An Bäumen am Strande |Rechinger Nr. 4578]. Pyrenula (Ach.) Mass. Pyrenula mamillana (Ach.) Trevis. Conspect. Verrucar. (1860), p. 30; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kais. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXXI (1907), p. 231 (ubi synon.). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Cerbera-Rinde [Rechinger Nr. 4533). Pyrenula sexlocuwiaris (Nyl.) Müll. Arg. In Flora Bd. LXV (1882), p. 401; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. Kais. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXXI (1907), p. 231 (ubi synon.). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Baumzweigen [Rechinger Nr. 4596). * Var. wanthoplaca A. Zahlbr. nov. spec. Thallus ochraceo-flavus, nitidulus, KHO subsanguineus; apothecia minuta, 0:3—0'35 mm lata, convexa, primum thallino-vestita, demum nuda et nigra. Caeterum cum planta typica convenit. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Baumrinden [Rechinger Nr. 4565|. Anthracothecium Mass. Sect. Euanthracothecium Müll. Arg. Ser. Dimidiatae. Perithecium fuligineum, dimidiatum, basi extrorsum non anguloso-productum. Anthracothecium Canellae albae (Fee) Müll. Arg. in Linnaea, vol. LXIII, 1880, p. 45. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Hoya [Rechinger Nr. 5173]. 14 K. Rechinger, Ser. Integrae. Perithecium fuligineum, integrum, basi tamen nonnihil paulum- tenuius, extrorsum non anguloso-productum. Anthracothecium denudatım Müll. Arg. in Linnaea, vol. XLIII (1880), p. 45, et in Report Australas. Assoc. Advanc. Scienc. (1895), p. 459. Verrucaria denudata Nyl., Expos. synopt. Pyrenocarp. (1858), p. 49, et Synops. Lich. Nov. Caledon. in Bullet. Soc. Linn. Normändie, 2° ser., vol. II (1868), p. 129; Hue, Lich. exotic. no. 3410. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Baumrinden [Rechinger Nr. 5182]. Anthracotheecium confine Müll. Arg. in Linnaea, vol. XLII (1880), p. 45, et in Report Australas. Assoc. Advance. Scienc. (1895), p. 459. Verrucaria confinis Nyl., Expos. synopt. Pyrenocarp. (1858), p. 49, et Synops. Lich. Nov. Caled. in Bullet. Soc. Linn. Normandie, 2° ser., vol. II (1868), p. 129; Hue, Lich. exotic. no 3409. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Rinde [Rechinger Nr. 4514] in einer Form mit etwas kleineren, 0:5 bis 0:75 mm breiten Apothecien. ; Anthracothecium libricolum (Fee) Müll. Arg.; A. Zahlbr. in Sitzungsber. Kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, mathem.-naturw. Klasse, Band CXI, Abt. I (1902), p. 367 (ubi syn). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf der Rinde einer Hoya [Rechinger Nr. 5172). Diese Flechte kommt auf denselben Hoya-Rinden gemeinschaftlich mit Anthracothecium Canellae albae vor und ist von dieser äußerlich kaum zu unterscheiden. Die mikroskopische Untersuchung läßt indes beide sicher auseinanderhalten, insbesondere die Gestalt des Gehäuses und die Größe sowie Septierung der Sporen führen zu einer sicheren Erkennung. Ser. Productae. Perithecium fuligineum, integrum, basi extrorsum anguloso-productum. Anthracothecium Doleschalli Mass.!, Esame compar. (1860), p. 50, etin Verhandl. zool.-botan. Gesellschaft Wien, Band XXI (1871) Abh. p. 863; Müll. Arg. in Report Australas. Assoc. Advance. Scienc. (1895), p- 499. Perithecium fuligineum, integrum, in parte superiore valde crassum et lateraliter extrosum elongatum, in parte basali multum angustius; nucleus parvus; hymenium decolor, J lutescens; paraphyses simplices, filiformes, guttulis oleosisnumerosis minutisque impletae; asci 1—2 spori; sporae oblongo-subeylindricae apicibus rotundatis, subrectae vel leviter curvatae, fuscae, murali-divisae, septis horizontalibus 13—20, septis verticalibus 1—3, cellulis subceubicis vel angulosis, membrana modice incrassata, laevi cinctae, 120 — 150 y longae et 27—34 u latae. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Rinden [Rechinger Nr. 1862, 2779]. Trypetheliaceae. Melanotheca (Fee) Müll. Arg. Melanotheca Achariana Fee, Essai Suppl. (1837), p. 71, Taf. XXXVI, Fig. 10; Nyl. Expos. synopt. Pyrenocarp. (1858), p. 69; Müll. Arg. in Engler, Botan. Jahrbücher, Band VI (1885), p. 396, et Pyrenocarp. F&ean. in Memoir. Soc. Phys. et Hist. Natur. Geneve, vol. XXX, Nr. 3 (1888), p. 18. Mycoporum Acharii Mey. apud Sprengl., Syst. Veget., vol. IV, Pars I (1827), p. 242. Porodithion Acharii Mont. apud Ramon, Hist. Nat. Cuba, Bot. (1838 — 1842), p. 153. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf der glatten Rinde einer Cerbera |[Rechinger Nr. 4532, Bot.-200l. Ergebnisse von den Samoa- und Salomonsinseln. 15 Astrothaliaceae. Parmentaria Fee. Parmentaria astroidea F&e Essai Cryptog. Ecorc. Offic. (1824), p. 70, Taf. XX, Fig. 1, et Suppl. (1837), p. 67, Taf. XLI, Parmentiera, Fig. 1; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXXI (1907), p. 233. Insel Bougainville: Kietabucht, an Cerbera-Rinden [Rechinger Nr. 4591, 5044]. Shortlandinseln: Taubeninsel, auf Baumstämmen [Rechinger Nr. 4551]. Strigulaceae. Phylloporina Müll. Arg. Phyllioporina (sect. Sagediastrum) phyllogena Müll. Arg., Lich. epiphylli novi (1890) p. 22. Porina (sect. Sagediastrum) phyllogena Müll. Arg. in Flora, Band LXVI (1885), p. 355; Wainio, Etud. Lich. Bresil, vol II (1890) p. 226. Exsikk.: Puiggari, Lich. Brasil. no. 1035! Insel Neu-Pommern; Gazellehalbinsel, auf dem Berge Vunakokor bei Toma, auf den Blättern einer Myristica [Rechinger Nr. 1063 pr. p.| Phylloporina (sect. Segestrinula) rufula (Krphlbr.) Müll. Arg. Lich. epiphyll. novi (1890), p. 21 et in Flora, Bd. LXXIII (1890), p. 196; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXXI (1907), p. 234. Insel Neu-Pommern: Auf dem Berge Vunakokor bei Toma, auf Bambus |Rechinger Nr. 5184]. Phylloporina (sect. Euphylioporina) epiphylla (Fee) Müll. Arg. Lich. epiphylli. novi (1890) p. 20 et in Journ. Linn. soc. London, Bot. Vol. XXIX (1892), p. 331; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXXI (1907), p. 234. Insel Neu-Pommern: Gazellehalbinsel, auf dem Berge Vunakokor bei Toma auf den Blättern einer Myristica |[Rechinger Nr. 4334] und auf den Blättern eines anderen Urwaldbaumes [Rechinger Nr. 5234). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an lederigen Blättern |[Rechinger Nr. 4909 pr. p.] und land- einwärts im Inneren der Insel auf den Blättern einer Myristica |[Rechinger Nr. 3612). Strigula elegans Wainio, Etud. Lich. Bresil, vol II (1890), p. 229; A. Zahlbr. in Sitzungsber. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, mathem.-naturw. Klasse, Band CXI, Abt. I (1902), p. 373, et apud Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfamil., I. Teil, Abteil. 1* (1903), p. 76, Fig. 39. Phyllocheris elegans F&e, Essai Cryptog. Ecore. Offic. (1824), p. C, tab. II, Fig. 7. Neu-Guinea: Friedrich-Wilhelmshafen, auf den Blättern einer Schlingpflanze [Rechinger Nr. 3900] in einer Form, welche der Var. intermedia Müll. Arg. nahe kommt, von dieser sich jedoch durch größere, bis 2 cm breite Lagerflecken unterscheidet. Strigula antillarum Müll. Arg.!in Engler, Botan. Jahrbücher, Band VI (1885), p. 379 et Graphid. Feean. in Memoir. Soc. Phys. et Hist. Natur. Geneve, vol. XXX, Nr. 3 (1888) p. 5. Melanophthalmum antillarum Fee, Essai Cryptog. Ecore. Offic. (1824), p. C, tab. II, Fig. 2. Strigula melanophthalma Montg, Sylloge Gener. Spec. Cryptog. (1856), p. 376. Conceptaculum stylosporarum fuligineum, dimidiatum; stylosporae decolores, oblongo-fusiformes, apieibus rotundatis, uniseptatis, ad septa leviter constrictae, 11 —26 u longae et 3—8°5 w latae. 16 K. Rechinger, Neu-Guinea: Friedrich-Wilhelmshafen, auf den Blättern einer Schlingpflanze [Rechinger Nr. 5230], gemeinschaftlich mit der vorigen. Neu-Pommern: Gazelle-Halbinsel, Baining-Gebirge, auf lederigen Blättern [Rechinger Nr. 4303]. Arthoniaceae. Arthonia (Ach.) A. Zahlbr. Arthonia antillarum (Fee) Ny!. In Flora, Bd. L (1867), p. 7; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXX (1907), p. 236 (ubi synon.). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Hoya |[Rechinger Nr. 5171]. * Arthonia Rechingeri A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, tenuissimus, 0:8—0'9 mm altus, lacteus, subnitidus, continuus, laevigatus, KHO lutescens, CaCl,O, —, in margine a linea tenui nigricante cinctus, hyphis thallinis non amylaceis, gonidiis in parte superiore thalli dispositis et stratum sat crassum formantibus, chroolepoideis, cellulis subglobosis vel ovalibus, sat laete viridiscentibus, membrana mediocri cinctis. Apothecia immersa, fuscescentia, fusca vel lutescenti-fuscescentia, opaca, epruinosa, ramosa vel substellata, toruloso-incaqualia, usque | mm lata, emarginata; hypothecio decolore; hymenio leviter sor- dido, 90--100 u alto, Je coeruleo fulvescenti-obscurato; paraphysıbus densis, ramoso-connexis; ascis subglobosis, 70—72 u longis et 52—56 u latis, 4 sporis; sporis in ascis verticalibus, decoloribus, oblongo- ellipsoideis, apieibus rotundatis, rectis vel subrectis, 9 septatis, loculis intermediis reliquis majoribus, 44—45 u, longis et 16— 20 1. latis, membrana mediocri cinctis. Conceptacula pyenoconidorum minutissima, nigra, nitidula, semiemersa, globosa; perithecio dimi- diato, sub lente fusco vel fusco-nigricante, non celluloso; fulcris exobasidialibus; pycnoconidiis arcuatis, 10—13 u longis et 0°5 u latıs. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Hoya-Zweigen |Rechinger Nr. 5057]. Die neue Art steht der Arthonia subrubella Ny]. zunächst, besitzt jedoch ein gut entwickeltes, milch- weißes Lager, verzweigte Apothecien und konstant zehnzellige Sporen. Arthonia gregaria (Weig.) Körb. * Var. subviolacea A. Zahlbr. nov. var. Thallus lacteus; apothecia lirellina, sat brevia, apieibus obtusis, violaceo-fusca, epruinosa; hypothecio decolore vel fere decolore; epithecio (sub lente viso) pulcherrime violaceo, KHO rubricoso-violaceo; sporis decoloribus, 4 septatis, cellula apicali reliquis multo majore, 14—18 u longis et 5:3—5°5 w latis. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Hoya-Zweigen [Rechinger Nr. 5170). Von der Var. violacea (Pers.) Nyl. durch die auch angefeuchtet rotbraunen Apothecien und durch die dauernd farblosen Sporen verschieden. * Arthonia oceanica A. Zahlbr. nov spec. Thallus epiphyllus, tenuissimus, continuus, sublacteus vel lutescenti-albidus, nitidulus, laevigatus, KOH lutescens, CaCl,0,—, in margine linea olivaceo-fuscescente cinctus, fere homoecmericus, gonidiis chroolepoideis. Apothecia numerosa, minuta, 0: 18—0:23 mm lata, rotunda, nigra, plana, thallo baud altiora, in lineis moniliformibus vel torulosis, brevibus, simplieibus vel plus minus ramosis disposita, rarius irregulariter approximata velsubsolitaria; epithecio fuscescenti vel fuscescenti-nigro, KHO paulum dilutiore; hypothecio Bot.-20ol. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 17 fusco-nigro, lateraliter in margine paulum assurgente, ex hyphis dense contextis formato; paraphysibus densissimis, ramoso-connexis, eseptatis, tenuissimis; hymenio J lutescente; ascis late ovalibus, apice membrana bene incrassata cinctis, 43—45 u longis et 20— 23 ı latis, 8 sporis; sporis in aseis plus minus verticaliter dispositis, primum decoloribus, demum fuscescentibus, oblongo-digitiformibus vel nymphae- formibus, apieibus rotundatis, rectis vel subrectis, 6—8 septatis, loculo mediocri maximo, caeleris ad extremites sporarum sensim mincribus, 18—23 u longis et 5'3—0'6 u. latis. Pyenoconidia non visa. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Hoya-Zweigen [Rechinger Nr. 5575]. Steht wohl der mir nur aus der Beschreibung bekannten Arthonia moniliformis Nyl. nahe, kann jedoch mit dieser wegen des weißen Lagers, der normal neunzelligen, an beiden Enden abgerundeten Sporen nicht zusammengezogen werden. Arthothelium Mass. Arthothelium ampliatwm Müll. Arg., Conspect. syst. Lich. Nov. Zeland, in Bullet. Herb. Boissier, vol. II (1899), Appendix I, p. 85. Arthonia ampliata Kn. et Mitt.! in Transact. Linn. Soc. London, vol. XXIII (18 ),p. Nyl., Lich. Nov. Zeland. (1888), p. 122, Fig. 6; Willey, Synops. Arthon. (1890), p. 55. Var. major A. Zahlbr. nov. var. Thallus lacteus, ambitu linea nigra cinctus; apothecia majuscula, usque dmmm (in plänta typica usque 1:75 mm) lata, nitidula; sporae 20—32 u longae et 9—14 y. latae, murali-divisae, cellula apicali reliquis multo majore. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Baumrinden [Rechinger Nr. 2781]. ° "= Arthothelium lunulatum A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, tenuissimus, 50 p crassus, submembranaceus, facile desgquamescens, continuus, glaucescens, opacus, KHO—, Ca Cl, O,—, in margine linea angusta umbrina, subviolacea vel lilacino- pallida einctus; hyphis non amylaceis; gonidiis chroolepoideis, cellulisin catenis brevibus connatis vel sub- solitariis, oblongis. .Apothecia maculiformia, rotundata, rarius paulum elongata, majuscula, 2—5 mm lata, alba vel albida, opaca, subfarinosa, subplana vel modice convexiuscula, thallo haud altiora, KHO ochraceo-lutescentia, Ca Cl, ©, pulcherrime erythrinosa, emarginata; hymenio decolore; paraphysibus dense congestis, crebre et breviter ramosis, eseptatis, intricatis, J violascentibus; ascis hymenio parum brevioribus, subglobosis, 88— 94 u longis et 70—75 ı latis, apice membrana modice incrassata cinctis, 8 sporis; sporis decoloribus, oblongo-subfusiformibus, apicibus rotundatis, lunulato-curvatis, murali-divisis, septis horizontalibus 10— 13, septis verticalibus 1—4, cellulis cubicis, subaequalibus, 47—55 1. longis et 14—18 u latis, J vinose sub- rubentibus. Insel Neu-Pommern: Gazellehalbinsel, auf dem Berge Vunakokor (Varzin), an Bambus-Zweigen [Rechinger Nr. 5056|. Von den wenigen weißfrüchtigen Arthothelien, die bisher bekannt geworden sind, unterscheidet sich unsere Pflanze durch eine Reihe von Merkmalen und ist, soweit die Beschreibungen darüber Klarheit geben, mit keiner derselben näher verwandt. Arthothelium oasis Mass.! apud Krphbr. in Verhandl. zool.-bot. Gesellsch. Wien, Band XXI (1871), Abh. p. 686; Willey, Synops. Genus Arthonia (1890), p. 57. Denkschriften der math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVII. 3 _ [0,0) K. Rechinger, Epithecium rufescenti-fuscum. Hymenium guttulas oleosas majusculas continens. Asci fere globosi, 55—60 u longi, S spori. Sporae in ascis 4 seriales, oblongae, oblongo-ellipsoideae vel ellipsoideo-ovales, utrinque aequaliter rotundatae vel in uno apice parum angustiores, subrectae, edecolore fuscescenti-flave- scentes, murales, septis horizontalibus 9—11, septis verticalibus 1—3, cellulis subcubicis plus minus aequalibus, 36—40 . longae et 9—13 u. latae. Insel Buka: Auf den Zweiglein eines Hydnophytum |[Rechinger Nr. 4756 Db]. DasOriginal, welches im Herbare der botanischen Abteilung des K. k. Naturhistorischen Hofmuseums aufbewahrt ist, zeigte im Gegensatze zur Angabe Krempelhuber’s a. o. O., in mehreren Apothezien gut entwickelte Hymenien. Diese stimmen, wie auch die Merkmale des Lagers, mit dem Rechinger’schen Stücke vollkommen überein. Die Sporen wurden von Massalongo nicht ganz richtig beschrieben. Auf- fallend an den vorliegenden Stücken ist die große Zahl winziger, schwarzer Pykniden; es gelang mir indes nicht, in denselben Pyknokonidien aufzufinden. Graphidaceae. Graphis (Adans.) Müll. Arg. Graphis (sect. Leucographis) Afzelii Ach., Synops. Lichen. (1814), p. 85; Fee, Essai Cryptog. Ecorc. Officin. (1824), p. 48, Taf. XII, Fig. 5, et Supplem. (1837), p. 34, Tab. XXXIX, Graph. Fig. 38; Müll. Arg. in Memoir. Soc. Phys. et Histoir. Natur. Geneve, vol. XXIX, Nr. 8 (1887), p. 37; Wain. in Botan. Tidskrift, vol. XXIX (1909), p. 135. Graphis nivea Fee, Essai Cryptog. Ecore. Offic. (1824), p. 49, Taf. XII, Fig. 3. Insel Buka: Auf den Zweigen eines Hydnophytum [Rechinger Nr. 5378]. * Graphis (sect. Solenographa) Bougainvillei A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, tenuissimus, 50—60 ı. crassus, continuus, laevigatus, ochraceo-lutescens (ad apothecia albescens), nitidulus, KHO e flavo aurantiacus vel subferrugineus, in margine linea obscuriore angustoque cinctus, subcorticatus; gonidiis chroolepoideis, cellulis concatenatis, subrotundatis, 8:5 — 10 x latis, viridescentibus, membrana sat tenui cinctis. Apothecia sat crebra, plus minus angusta, simplicia, furcata vel pauciramosa, subrecta, varie curvata vel tortuosa, 1—4 mm longa et valde angusta, paulum prominula, lateraliter bene thallino-vestita, superne a thallo libera vel tenuissime thallino-vestita, subpruinosa, cinerea; disco angustissimo, parum conspicuo. perithecio integro, fuligineo, lateraliter longitrorsum non sulcato, 0:16—0°19 mm lato; labiis rectis vel parum convergentibus; hymenio decolore, in sectione angusto, oblongo, 160—170 u. alto, paulum oleoso, J haud tincto; paraphysibus simplicibus, eseptatis, apice haud latioribus; ascis S sporis, sporis decoloribus, oblongis vel oblongo-fusiformibus, apicibus rotundatis, rectis vel leviter curvatis, 9 septatis, cellulis Ienti- formibus, halone non cinctis, ad septa demum leviter constrictis, 30—35 a longis et 8S—9 yı latis. Conceptacula pycenoconidiorum minuta, semiemersa, hemisphaerica, nigra; perithecio dimidiato, sub lente fusco; fuleris exobasidialibus; basidiis fasciculatis; pycnoconidiis filiformibus, varie et bene curvatis, arcuatis vel hamatis, 19—23 wu longis et ad 0:5 y latis. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Cerbera-Rinde [Rechinger Nr. 5176). Habituell gleicht die neue Art der Graphis illota Müll. Arg., welche jedoch ein anders gestaltetes Gehäuse besitzt und in die Sektion Aulacogramma gehört. In der Sektion Solenographa ist die vorliegende Spezies durch das schwache Gehäuse und durch die stets zehnzelligen Sporen gekennzeichnet. Graphis (sect. Eugraphis) tenella Ach., Synops. Lich. (1814), p. 81; Müll. Arg., Graphid. Fcean. in Memoir. Soc. Phys. et Hist. Natur. Geneve, vol. XXIX, no. 8 (1887), p. 32. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Hoya-Zweigen [Rechinger Nr. 5174]. Bot.-200l. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 19 "= Graphis (sect. Chenographis) modesta A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, effusus, tenuissimus, 50—60 wu crassus, continuus, laevigatus, nitidulus, KHO subaurantiacus, CaCl,O, —, in margine linea angustissima nigro cinctus, ecorticatus, fere homoeo- mericus; gonidiis chroolepoideis; hyphis non amylaceis. Apothecia immersa, dispersa, linearia, brevia vel elongata, plus minus flexuosa, furcata, stellata vel substellato-ramosa, 2—-8 mm longa et 0:2—0'25 mm lata, margine integro, tenuissimo, nigro, rarius albido-pruinoso; disco dilatato, sed angusto, albido-pruinoso; perithecio fuligineo, solum lateraliter evoluto, basi deficiente; labiis distantibus, longitrorsum non sulcatis; epithecio pulverulento, angusto et sordide- scente; hymenio decolore, 80--90 y. alto, J lutescente vel haud tincto; paraphysibus strictis, filiformibus, eseptatis; ascis oblongis, hymenio subaequilongis, 8 sporis; sporis in ascis biserialibus, decoloribus, ellipsoideo-oblongis, apicibus rotundatis, 7 septatis, cellulis lentiformibus, halone non praeditis, membrana tenui einetis, 13—19 w longis et 7—7 5 u. latis, J obscure violaceis. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Cerbera-Rinde [Rechinger Nr. 4539]. Habituell wenig auffällig ist die Art durch den Bau des Gehäuses charakterisiert. Phaeographis Müll. Arg. Phaeographis (sect. Melamobasis) diversa (Nyl.) Müll. Arg.; A. Zahlbr. ap. Reching. in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Band LXXXI (1907), p. 257 (ubi syn.). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf den Zweigen einer Cerbera |Rechinger Nr. 4523, 4536, 4557, 4564, 5175). Graphina Müll. Arg. Graphina (sect. Euyraphina) Pelletieri \Fee) Müll. Arg.; A. Zahlbr. apud Reching. in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Band LXXXI (1907), p. 230 (ubi. syn.). Neu-Pommern: Auf Plumiera-Bäumen bei Herbertshöhe [Rechinger Nr. 4572]. Opegraphella Müll. Arg. Opegraphella Puiggarii Müll. Arg.! Lich. epiphylli novi (1890), p. 20. Opegrapha Pnigarii Müll. Arg. in Flora, Band LXII (1880) p. 42. Neu-Pommern: Gazellehalbinsel, auf dem Berge Vunakokor, auf Bambus [Rechinger Nr. 1654]. Chiodectonaceae. Sarcographa Fee. Sarcographa (sect. Busarcographa) heteroclita A. Zahlbr. Actinoglyphis heteroclita Montg. in Annal. Scienc. Natur., Botan., ser. 2 a, vol. XIX (1843), p. 83. Glyphis heteroclita Montg. in Annal. Scienc. Natur., Botan., ser. 3a. vol. XVI (1851), p. 79; Nyl. Lichen. Japon. (1890), p. 114. Actinoglyphis Leprieurii Montg., Sylloge (1856), p. 355; Krphbr. in Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. Wien, Band XXI (1871), p. 869. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Baumzweigen [Rechinger Nr. 4526, 4538. 4592]. Thallus KHO flavens, demum ferruginascens, corticatus, cortice ex hyphis plus minus horizontalibus tenuibus et dense contextis formato. Apotheciorum margo KHO e flavo sanguineus; perithecium basi 3% 20 R. Rechinger, integrum, sat tenue, fuligineum, lateraliter apicem versus attenuatum et fuscescens vel evanescens; epithecium sat crassum, decolor, subpulverulentum, KHO—; hymenium guttulis oleosis numerosis impletum; asci $spori; sporae oblongae, apicibus rotundatis, in medio leviter angustatae, olivaceo-vel fumoso-fuscescentes, 6—8 loculares, loculis lentiformibus, 23—26 u longae et 7'5--9 u latae. Pycnoco- nidia subarcuata, 6—7 u longae, 0:6 u latae (ex Nyl.). Mit unserer Pflanze ist nicht zu verwechseln Sarcographa Leprienrii Müll. Arg. in Flora, Band LXX (1887) p. 77 (Opegrapha Leprieurii Montg. in Annal. Scienc. Natur., Botan. ser. 2a, vol. VIII (1837), p. 357 et Sylloge (1856), p. 348). Sarcographa (sect. Eusarcographa) labyr-inthica Müll. Arg., Graphid. Feean. in Memoir. Soc. Phys. et Hist. Natur. Geneve, vol. XXIX, no. 8 (1887), p. 62. Glyphis labyrinthica Ach., Synops. Lich. (1814), p. 107. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf der Rinde von Baumzweigen |[Rechinger Nr. 4522, 4540). Mazosia Mass. Mazosia strigulina A. Zahlbr. in Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfam., I. Teil, Abteil. 1* (1905), p. 105. Platygrapha striguliua Nyl., Lich. Ins. Andaman in Bullet. Soc. Linn. de Normandie, ser. 2a, vol. VII (1873), p. 172. Chiodecton strigulinum W ainio, Etud. Lich. Bresil, vol II (1890), p. 147. Rotula vulgaris Müll. Arg. in Flora, Band LXXIII (1890), p. 191. Opegrapha (sect. Rotula) radians Müll. Arg. in Flora, Band LXVI (1883), p. 348. Rotula radians Müll. Arg., Lich. epiphylli novi (1890), p. 19. Var. granularis A. Zahlbr. Rotula vulgaris ß) granularis Müll. Arg. in Flora, Band LXXIII (1890), p. 192. Exsikk.: Puiggari, Lich. Brasil. no. 1730! Insel Neu-Pommern: Gazellehalbinsel, auf dem Berge Vunakokor bei Toma, auf den Blättern einer Myristica [Rechinger). Lecanactidaceae. Platygraphopsis Müll. Arg. Platygraphopsis interrupta Müll. Arg., Graphid. Feean. in Memoir. Soc. Phys. et Hist. Natur. Geneve, vol. XXIX, Nr. 8 (1887), p. 15. Graphis interrupta Fee, Essai Cryptog. Ecorc. Offic. (1824), p. 41, Taf. VIII, Fig. 1, et Supplem. (1837), Taf. XXXIX, Graphid. Fig. 22. Platygrapha interrupta Nyl. in Annal. Scienc. Natur., Botan., ser. 4a, vol. XI (1859), p. 230 (exclus. synon.). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Rinden [Rechinger Nr. 4566]. Thallus epiphloeodes, tenuis, effusus, continuus, inaequali-subgranulosus, albidus, opacus, KHO flavens vel subaurantiacus, CaCl,O,—, in margine linea obscuriore non cinctus, fere homoeomericus gonidiis chroolepoideis, hyphis non amylaceis. Apothecia primum parva, O0°2—0'3 mm lata, rotunda vel subrotunda, sessilia, dispersa vel approxi- mata, lecanorina, margine thallino permanenter crassiusculo, integro et prominulo cincta, dein elongata et Bot.-200l. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 21 demum etiam ramosa, lirelliformia, tortuosa, sessilia; disco fusco, opaco, epruinoso, in apotheciis lirelli- formibus interrupto et moniliformi vel fere continuo, angusto, paulum immerso; exceipulo infra hymenium erassiusculo, fuscescenti-nigro, lateraliter deficiente vel parum et solum in parte superiore evoluto; epithecio fuscescente; hymenio decolore, 170—180 u alto, modice oleoso, J e pallide coeruleo vinose lutescente; paraphysibus ramoso-cennexis, filiformibus, eseptatis; ascis oblongo-clavatis, rectis, apice rotun- datis, in parte basali membrana modice incrassata cinctis, 100— 110 u longis et 21—24 w. latis, S sporis, sporis in aseis biserialibus, verticalibus, diu decoloribus et demum fuscescentibus oblongis vel oblongo- digitiformibus, apieibus rotundatis, in medio nonnihil parum constrictis, 3 septatis, cellulis cylindricis, loculis polaribus interdum caeteris paulum majoribus, membrana tenui cinctis, 23— 28 u longis et 79 —9 u latis (secund. Müll. Arg. 4—6 loculares, 26 — 35 u longae et 7 u latae, demum nigro-fuscae). Conceptacula pycnoconidiorum punctiformia, immersa, vertice obscuro; fulcris exobasidialibus, pyenoconidiis bacillaribus-filiformibus, subrectis vel leviter arcuatis, 17—20 y. longis et ad O'5 u crassis. Nachdem ich nunmehr Gelegenheit hatte, die Flechte näher kennen zu lernen und die mir vorliegen- den Exemplare reichlich die ersten Anlagen der Apothecien aufwiesen, muß ich meine in Engler- Prantl’s »Natürlichen Pflanzenfamilien« ausgesprochene Meinung abändern. Die Flechte gehört tatsächlich in die Familie der Lecanactidaceae. Die jungen Apothecien sind kreisrund, von ausgesprochen lecanorini- schem Habitus; erst später tritt eine Streckung ein und sie erscheinen dann lirellenförmig, mitunter auch verzweigt. Betrachtet man diese verlängerten Apothecien genau, so wird man sehen, daß sie unter- brochen sind und aus mehr weniger kreisrunden, endlich oft ganz zusammenfließenden Einzelhymenien zusammengesetzt werden. Es besitzt demnach Platygraphopsis interrupta cyclocarpinische Apothecien, die durch ein einreihiges Aneinandertreten scheinbar lirellinisch werden. Diese Verhältnisse gehen aus Fee’s oben zitierter Abbildung nicht mit völliger Klarheit hervor. Es zeigt wohl Fig. 1 b in Längsreihen angeordnete Hymenien, doch der cyclocarpinische Charakter derselben ist nicht zur Geltung gebracht. Die scheinbar lirellenförmigen Apothecien unserer Flechte könnten möglicherweise denselben Wachstumvorgängen, welche E. Baur! bei Pertusaria communis beobachtet hat, ihren Ursprung ver- danken. Er fand, daß ein Weiterwachsen der ascogenen Hyphen seitab von den Mutterepitheicen erfolgen kann. Bildet eine solche Hyphe in ihrem Verlaufe mehrere Carpogene, so können reihenförmig ange- ordnete Einzelhymenien entstehen. Platygraphopsis unterscheidet sich von Schismatomma durch die gebräunten Sporen, sie verhält sich daher zu letzteren wie Phaeographis zu Graphis. Thelotremaceae. Leptotrema Montg. et v. d. Bosch. Leptotrema phaeosporum Müll. Arg. in Flora, Band LXV (1882), p. 499. Thelotrema phaeosporum Ny]. in Annal. Scienc. Natur., Bot., ser. 4a, vol. XI (1859), p. 241 etSynops. Lichen. Nov. Caledon. in Bullet. Soc. Linn. Normandie, ser. 2a, vol. II (1868), p. 77; Lindau apud Schum. et Lauterb., Nachträge (1905), p. 29. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Baumstämmen [Rechinger Nr. 5169]. Ectolechiaceae. Tapellaria Müll. Areg. * Tapellaria gilva A. Zahlbr. nov. spec. 1 E. Baur: Die Anlage und Entwicklung einiger Flechtenapothecien. (Flora, Band LXXXVII, 1901, p. 324 bis 326, Taf. XV, Fig. 6.) 22 RK. Rechinger, Thallus epiphyllus, membranaceus, facile desquamescens, tenuissimus, effusus, continuus, laevigatus, dilute virescens vel gilvo-virescens, in margine linea obscuriore non einctus nec radiatus, homoeomericus, gonidiis pleurocoecoideis, cellulis subangulosis vel rotundatis, 4—6 y latis, approximatis, stratum unicum formantibus, laete viridibus, membrana tenui cinctis, hyphis paueis, tennissimis, parum conspicuis, non amylaceis. Apothecia dispersa, rotunda, parva, 0:4—0'6 mm lata, immersa, thallum aequantia, tenuia, mem- branacea, emarginata; disco plano, fulvo, opaco, madefacto in margine linea angusta obscuriore cincto; excipulo non evoluto; hypothecio angusto pallido, ex hyphis dense intricatis formato; hymenio decolore, pumilo, 31—35 u alto, J lutescente; paraphysibus tenuissimis, filiformibus, ramosis et connexis; ascis late ovalibus, arthoniaeformibus, ad apicem rotundatis et ibidem membranaincrassata cinctis, 22— 25. longis et 13— 16 y. latis, 8 sporis; sporis in ascis obliquis vel subverticalibus, decoloribus, ovali-oblongis, apicibus utrinque rotundatis, constanter leviter curvatis, 4—6 septatis, septis tenuissimis, cellulis cylindricis, mem- brana tenui einctis, 13—16 p. longis et 5—5°5 u latis, J rubentibus. Pycenoconidia non visa. Neu-Pommern: ‚Gazellehalbinsel, Baininggebirge, auf den Blättern einer Euphorbiacee |Rechin- ger Nr. 683]. Habituell gleicht die neue Art der Tapellaria samoana A. Zahlbr., doch ist sie in allen Teilen kleiner und ihre Sporen sind stets gekrümmt. . Gyalectaceae. Microphiale (Stzbgr.) A. Zahlbr. * Microphiale argyrothalamia A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphyllus, maculas usque 2 mm latas, rotundas vel rotundatas confluentesque formans, tenuissimus, continuus, submembranaceus, subargenteus vel plumbeo-argenteus, subnitidus, in margine linea obscuriore non cinctus, homoeomericus, gonidiis in thallis juvenilibus vel in parte marginali thalli evoluti magis concatenatis, caeterum plerumque liberis, chroolepoideis, dilute viridibus, membrana sat tenui cinctis. Apothecia dispersa, sessilia, minuta, O°3--0:5 mm lata, rotunda, demum elabentia et foveolas relin- quentia, aurantiaca, haud nitida, sicca plana vel planiuscula, madefacta leviter convexa et margine dilucido cincta; margine proprio tenui, integro, non prominulo; perithecio decolore, pseudoparenchymatico, cellulis mediocribus, leptodermaticis; hypothecio decolore, ex hyphis dense intricatis formato; hymenio decolore, 52—70 u. alto, J lutescente; paraphysibus tenuissimis, filiformibus, eseptatis, apicibus haud latioribus, vix conglutinatis, strictis; ascis oblongo-vel ellipsoideo-clavatis, hymenio subaequilongis, apice rotundatis et ibidem membrana parum incrassata cinctis, 8 sporis; sporis in aseis subbiserialibus, decoloribus, oblongis vel ellipsoideo-oblongis, apicibus acutato-obtusiusculis, uniseptatis, in medio ad septum leviter constrictis rectis vel subrectis, membrana tenui cinctis, septo tenui, 14— 16 p longis et 5—5°5 gu latis. Neu Pommern: Gazelle-Halbinsel, Bainig-Gebirge, an lederigen Blättern [Rechinger Nr. 5167]. Von der zunächststehenden Microphiale foliicola (Müll. Arg.!) A. Zahlbr. durch den dickeren, silberweißen Thallus, breitere Schläuche, größere, in der Mitte eingeschnürte, sehr häufig schwach gekrümmte Sporen verschieden. Microphiale lutea f. foliicola A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. d. math.-naturwiss. Klasse der kaiserl. Akademie der Wissensch. Wien, Band LXXXI (1907), p. 247. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf lederigen Blättern [Rechinger Nr. 4909 pr. p.]. Mierophiale brachyspora A. Zahlbr. Biatorinopsis brachyspora Müll. Arg.! Lichen. epihylli novi (1890), p. 16. Bot.-z00l. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 23 Insel Buka: Beim Dorf Jeta, auf lederigen Blättern [Rechinger Nr. 4091]. Von dem Müller'schen Original, mit welchem unsere Pflanze in der Sporengröße vollkommen übereinstimmt, weicht diese durch etwas hellere, mehr gelbliche und etwas flachere Apothezien unwesentlich ab. Lecideaceae. Lopadium Körb. Lopadium phyllogenum A. Zahlbr. in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien. Heterothecium phyllogenum Müll. Arg.! in Flora, Band LXIV (1881), p. 106. Neu-Pommern: Gazellehalbinsel, Baining-Gebirge, auf den Blättern einer Rhapidophora |Rechin- ger Nr. 4145]. Die Stücke aus Neu-Guinea unterscheiden sich von den brasilianischen etwas dadurch, daß der Fruchtrand konstant heller, weißlich ist. Übrigens zeigen auch die Müller'schen Originalien einige Apo- thecien mit hellem Rand. Phyllopsoraceae. Phyllopsora Müll. Arg. Phyliopsora parvifolia Müll. Arg. in Bullet. Herb. Boissier, vol. II (1894), p. 90. Lecidea parvifolia Pers. apud Gaudich., Voyage Uranie (1826), p. 192; Nyl. in Annal. Scienc. Natur., Botan., ser. 4a, vol. XIX (1863), p. 339. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Baumstämmen [Rechinger Nr. 4516). Collemaceae. Leptogium (Ach.) S. Gray. = Leptogium (sect. Euleptogium) subcerebrinum A. Zahlbr. nov. spec. Thallus late expansus, usque 14cm latus, tenuis, O0-2—0'3 mm crassus, madefactus violascens, gelatinosus, siccus violascenti-cinereus vel cinereus, opacus, rigidus, utringue tuberculis minutis dense obsitus et quasi pulverulentus, isidiis et sorediis destitutus, subtus erhizinosus, lobis marginalibus latio- ribus, 6—8 mm latis, rotundatis, convexiusculis, magis substrato adpressis, subintegris vel suberenulatis, lobis centralibus angustioribus subgyrosis vel subcorniculatis, plus minus adscendentibus, involutis vel subtubulosis, utrinque corticatus, cortice ex unica serie cellularum angulosarum, leptodermaticarum, 5—9y latarum formato, strato medullari bene evoluto et bene mucoso, hyphis 1’6—1'8 u crassis, lepto- dermaticis, Jaxe ramosis. Apothecia ignota. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Bäumen [Rechinger Nr. 4609]. Diese habituell sehr auffallende Flechte liegt nur in sterilen Exemplaren vor, es war mir daher nicht möglich, über ihre systematische Bewertung und über ihr Verhältnis zu Zeptogium tremelloides (Linn. f.) Wainio völlige Klarheit zu erhalten. Charakteristisch sind die eingerollten, oft hörnchenartigen zentralen Thallusschnitte und die mit zahl- reichen, dichtstehenden Höckerchen besetzte Corticalschicht beider Lagerseiten. Diese Höckerchen ver- ursachen daß das Lager im trockenen Zustande wie bestaubt aussieht. Zeptogimum inflatum Müller Arg.! unterscheidet sich durch ein derbes, nicht durchscheinendes und nicht glattes Lager sowie durch eine andere Gestaltung der zentralen Lagerlappen. 24 RK. Rechinger, Dichodium Ny|. Dichodium byrsinum (Ach.)Nyl.; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXX (1907), p. 256 (ubi syn.). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Baumrinden, fruchtend [Rechinger Nr. 4542]. Shortland-Insel Poperang: Am Strande an Bäumen, fruchtend [Rechinger Nr. 4520, 4579, 4588, 5181]. Pannariaceae. Pannaria De|. Pannaria mariana (E. Fries) Müll. Arg.; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXX ((1907), p. 257 (ubi syn.). Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Bäumen, fruchtend [Rechinger Nr. 4529]. F. isidioidea Müll. Arg. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Callophyllum, fruchtend [Rechinger Nr. 4524, 4541, 4550, 4611, 5185]. Shortland-Insel Poperang: Am Strande, an Baumstämmen, fruchtend [Rechinger Nr. 5166). Coccocarpia Pers. Coceocarpia pellita (Ach.) Müll. Arg. Var. ösidiophylia Müll. Arg. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Baumstämmen, fruchtend [Rechinger Nr. 2782]. * Var. hypoleuca A. Zahlbr. nov. var. Thallus membranaceus, tenuis, 0:07—0:08 mm crassus, plumbeo-glaucescens, madefactus aeru- ginesus, laciniis cuneatis, adpressis, O-4—1 mm latis, contiguis, prefunde digitato- vel subpinnatifido- incisis, lJaevibus, isidiis destitutis, subtus albidis, rhizinis increbris et pallidis. Apothecia maculiformia, usque 3 mm lata, ochraceo-crocea, eciliata. Cortex superior 18 —22 u altus, cortex inferior pallidus; excipulum lutescens; hypothecium ochraceo- lutescens; epithecium pallidum; hymenium J violaceo-coeruleum. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, an Baumrinden [Rechinger Nr. 4586]. Cocecocarpia nitida Müll. Arg.; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXX (1907), p. 259. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf Baumrinden, steril [Rechinger Nr. 4593]. Shortland-Insel Poperang: Am Strande, an Bäumen, steril [Rechinger Nr. 4546] und fruchtend [Rechinger Nr. 5574]. Pertusariaceae. Pertusaria DC. “ Pertusaria (sect. Pustulatae) Bechingeri A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, effusus, tenuissimus, continuus vel irregulariter et tenuissime rimulosus, sub- stramineoalbidus vel albidus, nitidulus, laevigatus et punctulis albis plus minus adspersus. KHO—, CaCl,0,—, in margine linea sat tenui nigra partim cinctus, corticatus, cortice 30—50 j. alto, decolore, ex hyphis horizontalibus dense conglutinatis tenuibusque formato; gonidiis pleurococcoideis, globosis, 7—9 ı. latis, laete viridibus, infra corticem sitis; hyphis medullaribus non amyloideis. Bot.-200l. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 2 1 Verrucae apotheciigerae subhemisphaericae vel convexae, basi in thallum abeuntes, 1-15 mm latae, laevigatae, corticatae, punctulis albis parce adspersis, ad verticem rotundatae, 3—4 ostiolatae; ostiolis punctiformibus, nigricantibus vel nigris, haud prominulis, nonnihil confluentibus, KHO violascentibus, perithecio pallido; nucleo guttulis oleosis numerosis inpleto, I coeruleo; paraphysibus tenuissimis, fili- formibus, dense ramoso-connexis; ascis cylindrico-clavatis, rectis vel leviter curvatis, membrana apicem ascorum versus bene incrassata cinctis, 2—6 sporis; sporis in ascis biserialibus, decoloribus, simplieibus, oblongis vel ellipsoideis, membrana crassa, transversim costulata einctis, 69—95 wu longis et 40—45 u latis. Pyenoconidia non visa. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf glatten Rinden [Rechinger Nr. 4607]. Die neue Art schließt sich der brasilianischen Pertusaria acromelana Müll. Arg. und der neu- kaledonischen Pertusaria melalencoides Müll. Arg. an und gleicht habituell insbesondere der ersteren. Von dieser unterscheidet sie sich durch vielmals größere Sporen, deren Wandung eine deutliche Skulptur besitzt, von jener durch die 2—6sporigen Schläuche, kleinen Sporen und den nicht eeingedrückten Scheitel der Fruchtwarze. Lecanoraceae. Lecanora Ach. Lecanora chlarona Nyl. Insel Neu-Pommern, an Plumiera-Bäumen bei Herbertshöhe [Rechinger Nr. 4571). Usneaceae. Usnea (Dill.) Pers. Usnea dasypoga var. plicata (L.) Hue. Insel Neu-Pommern: Auf dem Berge Vunakokor, ca. 500 M. ü. d. M., an Bäumen, steril [|Rechin- ger Nr. 4105, 4697). Buelliaceae. Buellia D. Notrs. Buellia Lauri-Cassiae (Fee) Müll. Arg.; A. Zahlbr. apud Rechinger in Denkschrift. kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, Bd. LXXX (1907), p. 275 (ubi syn.). * Var. euthallina A. Zahlbr. nov. var. Thallus epiphloeodes crassiuseulus, O0°15-—0°2 mm altus, irregulariter rimosus, cinerascenti-albidus, farinosus, opacus, KHO e flavo sanguineus, in margine linea nigra cinctus. Apothecia sessilia, prinum plana et margine proprio nigro, integro, bene prominulo cincta, demum Jeviter convexa, margine plus minus depresso, 1—1'2 mm lata; sporis in ascis ovali—clavatis 8 nis, fusi- formi-oblongis, apieibus rotundatis, rectis vel subrectis, 3 septatis, ad septa demum leviter constrictis, 18 —23 w longis et 5°5— 7 u. latis. Conceptacula pyenoconidiorum immersa; vertice punctiformi, nigro; fuleris exobasidialibus; basidiis ampulaceo-filiformibus; pycnoconidiis bacillaribus, rectis, apieibus retusis, 3-5—4p. longis et ad 05 u latis. Insel Neu-Pommern: An Plumiera-Bäumen bei Herbertshöhe [Rechinger Nr. 4570]. In den charakteristischen Merkmalen (KHO +, sporae 3-septatae) mit dem Typus übereinstimmend, mußte die vorliegende Flechte von diesem wegen der dicken, rissigen Kruste und wegen der größeren Denkschriften der math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVIIT, A. 26 K. Rechinger, Sporen getrennt werden. Vielleicht handelt es sich um eine eigene Art; Sicherheit darüber könnte erst nach Feststellung der Variationsgrenzen der Buellin Lauri-Cassiae auf Grundlage eines reichen Materials gewonnen werden. = Buellia corallizans A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, late effusus, tenuis, ad O°l mm crassus, continuus, laevigatus, lacteus, sub- nitidus, KHO superne flavens, jsidiis subochraceo-carneis, plus minus dispersis vel dense congestis, coralloideis, cylindricis, sat brevibus, 0-4—0'6mm altis, ecorticatis, KHO ferrugineis obsitus, sorediis destitutus, in margine linea nigra cinctus, corticatus, cortice tenui, decolore, ex hyphis subhorizontalibus, tenuibus, dense congestis formato; gonidiis pleurococcoideis, glomeratis; medulla alba, KHO e flavo ferru- ginea, J—, ex hyphis tenuibus dense intricatis formata. Apothecia dispersa, rarius approximata, rotunda, subimmersa, vel emergentia, nigra, subnitida, usque 1:S mm lata, sat tenuia, concava, demum subplana; disco epruinoso, fere scabriusculo; margine proprio tenui, subintegro, primum acutiusculo et bene prominulo; excipulo fusco-nigro, ex hyphis dense intricatis formato, cum hypothecio fusco-nigro confluente; epithecio fusco, NO, —; hymenio non oleoso, decolore, 90— 110 walto, Je coeruleo obscurato; paraphysibus simplicibus, filiformibus, ad apicem clavatis, gelatinam haud copiosam dense percurrentibus; ascis clavatis, hymenio subaequilongis, ad apicem rotundatis et ibidem membrana modice incrassata cinctis, 8 sporis; sporis in ascis subbiserialibus, olivaceo-fumosis vel fuseis, ellipsoideis, ovali-ellipsoideis val ovalibus, apieibus rotundatis vel subangustatis, uniseptatis, ad septa nonnihil paulum angustatis, membrana et septo tenui, 11— 16 wu longis et 7—8 u latis. Pycenoconidia non visa. Insel Bougainville: Bucht von Kieta, auf entrindeten Baumstämmen [Rechinger Nr. 4525, 4531, 4573). Die neue Art ist durch die verhältnismäßig großen, mehr weniger vertieften Apothecien und durch die Isidienbildung des Lagers charakterisiert. Die durch Kalilauge rot gefärbte Flechtensäure wird aus der Lösung in 10— 13 1. langen Nadeln ausgeschieden. Physiaceae. Pyxine (E. Fr.) Nyl. Pysxine Meissneri Tuckm. in Procced. Americ. Acad. of Arts and Scienc., vol. IV (1860), p. 400; Wainio, Etud. Lich. Bresil, vol. I (1890), p. 153; Malme in Bihang till Kgl. Vet.-Akad. Handling., Band XXIII, Afd. III, Nr. 13 (1897), p. 35. Var. convescula Malme .s. c. p. 37. Neu-Pommern, Gazellehalbinsel: Herbertshöhe, auf Plumiera-Rinde [Rechinger Nr. 5168). ID | Bot.-z001. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. Flechten der Hawaiischen Inseln: Von Dr. Alexander Zahlbruckner. Graphidaceae. Graphis (sect. Fissurina) triticea Nyl.! in Acta Soc. Scienc. Fennic., vol. VII (1863). p, 470, et in Annal. Scienc. Natur., Botan., ser. 4a, vol. XIX (1863), p. 367. Thallus KHO sanguineo-rufescens. Perithecium integrum, molle, lutescens, ex hyphis intricatis formatum, KHO rufescens, extus lateraliter crasse thallino-vestitum. Epithecium sat tenue, inaequale, pulverulentum, murino-einerascens. Asci cylindrici vel cylindrico-saccati, ad apicem rotundati. Sporae in ascis uniseriales vel in parte inferiori asci biseriales, 4-rarius 5 loculares, loculis apicalibus subhemi- sphaericis, 2 vel 3 internis depresso-sublenticularibus, membrana crassa cinctae, 21—27 wWlongae et 12— 16 u latae. F. lactea A. Zahlbr. nov. fr Thallus lacteo-albus, subnitidus. Insel Hawaii. Vulkan Kilauea, auf Metrosideros-Zweigen [|Rechinger Nr. 2517]. Chiodectonaceae. " Sarcographa (sect. Busarcographa) Rechingeri A. Zahlbr. nov. spec. Thallus epiphloeodes, late effusus, tenuis (140-2001. crassus), continuus, parum verruculoso- inaequalis, lacteus, nitidulus, KHO e flavo aurantiacus, Ca Cl, O,—, sorediis et isidiis destitutus, superne corticatus, cortice decolore, 13— 30 1 crasso, subchondroideo, ex hyphis longitudinalibus, tenuibus et conglutinatis formato; medulla alba, ex hyphis non amylaceis formata; gonidiis chroolepoideis, paueis, in parte basali thalli sitis. Apothecia elavato-sessilia, congesta, rarissime solitaria, in stromate plus minus evoluto disposita, valde variabilia, rotunda, rotundata, irregularia, elongata vel linearia et dein furcata vel pauciramosa, 042 mm longa et 0'2—0'4 mm lata, lateraliter thallino-vestita, margine thalino albido vel cinerascente, ad verticem nonnihil obscurato, sat crasso, KHO rufescente, inflexo, corticato, medullam includente; disco nigro, opaco;, excipulo fuligineo, integro, infra hymenium valde incrassato, lateraliter tenuiore et usque ad discum ascendente; epithecio tenui, pulverulento; hymenio 160 — 180 u alto, dilute sordidescente, superne obscurato, fusco-nigricante et KHO rufescente, dense insperso, hinc inde rudimentariter columellato, J non tincto; paraphysibus haud conspicuis, in KHO visis simplicibus, filiformibus, eseptatis, ad 1’5 u crassis, ad apicem non latioribus; ascis hymenio subaequilongis, anguste oblongis vel oblongo-clevatis, ad apicem rotundatis et membrana modice incrassato cinctis, 8 sporis; sporis in ascis subbiserialibus, verticalibus, e decolore mox fumoso-olivaceis, oblongis, utrinque rotundatis, rectis vel curvulis, 8 septatis (loculis lenti- formibus), 3640 y longis et 10— 12 y latis. Pyenoconidia non visa. Insel Hawaii: Vulkan Kilauea, auf Baumzweigen |Rechinger Nr. 2524, 2560. Eine auffallende Art, ausgezeichnet durch die verhältnismäßig großen und mannigfach gestalteten Apothecien und die großen Sporen. Das Stroma ist nicht immer gut ausgebildet und die Apothecien erinnern dann an diejenigen der Gattung Phaeographis, indes erlaubt die Art der Sporenseptierung, das heißt die Gestalt der Zellfächer und die Gestalt der Paraphysen, eine Einreihung in die letztere Gattung nicht. 4 28 KR Rechuingen, Lecideaceae. Megalospora sulphurata Mey. et Fw. — A. Zahlbr. Flechten, apud Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfam., I. Teil, Abt. 1*, p. 134, Fig. 63, 1. Insel Hawaii: Am Wege vom Kilauea zum Kilauea-iki, an Metrosideroszweigen [Rechinger Nr. 3323] und auf dem Vulkan Kilauea, auf der Rinde von Acacia Koa [Rechinger Nr. 2525, 2602]. Cladoniaceae. Cladonia pyenoclada a flavida \W ain., Monogr. Cladon. Univ., vol. I (1887), p. 38. Insel Hawaii: Vulkan Kilauea, zwischen Moosen auf der Erde, steril [Rechinger Nr. 2584, 3130, 3153]. Cladonia fimbdriata « simplex (Weis) Flw. — Wain., Monogr. Cladon. Univ., vol. II. (1894), p- 256. Insel Hawaii: Vulkan Kilauea, auf dem Erdboden, steril [Rechinger Nr. 2555, 2558). Stereocaulon prosimum Nyl., Synops Lich. vol. I (1860), p. 237, Tab. VII, Fig. 14; Hue in Nouv. Archiv. Museum, ser. 3a, vol. X (1898), p. 244. Insel Hawaii: Vulkan Kilauea, auf dem Erdboden, auf verwitterter Lava, fruchtend [Rechinger Nr. 2545, 3146]. Acarosporaceae. Acarospora eitrina A. Zahlbr. Urceolaria citrina Tayl. in Hook., London Journ. of Botany, vol. VI (1847), p. 158. Placodium (sect. Acarospora) citrinum Müll. Arg. in Flora, vol. LXXI (1888), p. 536. Lecanora bella Nyl. in Annal. Scienc. Nat., Bot., ser. 4a, vol. III (1855), p. 156. Acarospora bella Jatta in Malpighia, vol. XX (1906), p. 10. Lecanora xanthophana Nyl.in Annal. Scienc. Nat., Botan., ser. 4a vol. XV (1861), p. 379; Hue in Nouv. Archiv. du Museum, ser. 3a, vol. III (1891), p. 75; Tuck., Synops. North. Americ. Lich., vol. I (1882), p. 201. Placodium (sect. Acarospora) xanthophanum Müll. Arg. in Flora, vol. LXII (1879), p. 295. Acarospora xanthophana Jatta in Malpighia, vol. XX, 1906, p. 10. Insel Oahu: Punch bowle, auf vulkanischem Gestein [Rechinger Nr. 2741|. Pannariaceae. Pannaria mariana (E. Fr.) Müll. Arg. — A. Zahlbr. in Denkschr. d. math.-naturw. Klasse d. kais. Akad. Wissensch. Wien, Band LXXX1, 1907, p. 257. (ubi syn.). Insel Hawaii: Vulkan Kilauea, auf Metrosideros-Zweigen [Rechinger Nr. 2521]. Erioderma unguigerum Nyl. in Annal. Scienc. Natur., Botan., ser. 4a, vol. XI (1859), p. 257, et Synops. Lichen., vol. II (1863), p. 47, Tab. IX, Fig. 32; Hue in Bullet. Soc. Botan. France, vol. XLVII, Sess. extr.-ord. p. XLIX. Lichen ungnigerus Bory, Voy. dans l. quatre iles, vol. III (1803), p. 101. Nephroma ıumguigerum Ach., Lichgr. Univ. (1810), p. 253. DD Q u.27, Nicobaren. — Novara-Exp. 1857/9. Zelebor leg. Bei allen diesen Exemplaren und — soweit mir möglich war zu konstatieren — auch bei den in der Literatur beschriebenen besteht die Felderung des Rückens aus Linien im strengsten Sinne des Wortes; unter der Lupe kann die Kontinuität dieser Streifen beobachtet werden. Hievon macht das von Dr. Re- chinger aufgesammelte Exemplar eine Ausnahme; die Linien der Netzzeichnung lösen sich bei genauer Untersuchung in aneinandergereihte feine Punkte auf. Genus: Lybia (Latreille) [= Melia Latreille]. 25. Lybia tesselata (Latr). (Taf. III, Fig. 5). Fundort: Upolu. Stückzahl: 19. Zur Synonymie vergleiche: 1893/4 Melia tesselata, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 476. 1904 Lybia tesselata Rathbun: Prov. biol. Soc. Washington, v. 17, p. 102. Beschreibung des ©: Rücken mäßig gewölbt, glatt, hinter den Orbiten und nahe dem Stirnrand mit je zwei Haarbüscheln; Vorderseitenrand sehr kurz, mit einer winzigen Spitze (Zahn) gegen den ungefähr doppelt so langen Hinterseitenrand abgegrenzt; Scherenfüße sehr klein und schmal, gleichgestaltet, Palma und Finger mit langen Haaren; Innenränder der Finger mit feinen, sehr spitzigen und etwas nach hinten gebogenen Zähnchen; Gangbeine mit spärlicher, aber langer Haarbekleidung. Größe: 10 mm Breite, Smm Länge. Farbe in Alkohol: Rücken gelb mit zart rosa angelaufenen Stellen, darauf ein Netz dunkelvioletter Adern; Beine gelb mit dunkelvioletten Querstreifen; Haare und Haarbündel ebenfalls gelblich; Unterseite gelb mit einzelnen violetten Adern. Die Sammlung des Wiener Hofmuseums enthält: 1g, Amboina. — 1884. 2? Stück, Fidschiinseln. — 1869 Mus. Godeffroy. 209, Celebes. — 1894. Bernh. Wolf don. Aus Samoa dürfte die Art bisher noch nicht bekannt sein. 7# K. Rechinger, [or D Familie: POTUNIDAE. Genus: Carupa Dana. 26. Carupa laeviuscula Heller. Fundort: Upolu. Stückzahl: 19. Synonyma: 1865 Carupa laeviuscula, Heller: Novara Crustaceen, p. 27, taf. 3, fig. 2. 1893/4 — -— Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 68. 1899 — — Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 68, p. 26. Größe des 5 aus Upolu: 9:5 mm breit, 6:5 mm lang. Aus der Sammlung des Wiener Hofmuseums liegt das von Heller (op. eit.) beschriebene Original- exemplar (19) aus Tahiti vor. Dasselbe stimmt mit dem von Dr. Rechinger aufgesammelten Stück gut überein. Jedoch gibt die Zeichnung Heller’s (op. cit., Taf. 3, Fig. 2) den Verlauf des Stirnrandes nicht richtig wieder. Nach ihr würde der Eindruck der Vierlappigkeit desselben freilich in die Augen springend sein; dies entspricht aber den tatsächlichen Verhältnissen nicht! Vielmehr besteht die Stirne nur aus 2 Loben, von denen jeder nahe der medianen Trennungsbucht einen kleineren Nebenlobus aufweist. Die mediane Trennungsbucht ist bedeutend kleiner als die Buchten, welche jeden Nebenlobus vom zugehörigen Hauptlobus trennen. Nach unserer Ansicht sollte für diesen Fall in einer Diagnose der Ausdruck »4lappig« nicht verwendet werden, weil er irreführend ist. Eine Ungenauigkeit enthält die Zeichnung Heller’s auch in bezug auf die gegenseitige Lage der Stacheln am Merus der Scheere. Der mittlere große Stachel ist vom vorderen in Wirklichkeit nicht durch die schmale Spalte, wie sie Heller zeichnet, sondern durch einen ziemlich weiten Zwischenraum getrennt. Fig. 1. — nat. Größe Carupa laeviuscula Heller g'. Carupa laeviuscula und (©. tenwipes Dana können durch folgende Merkmale unterschieden werden: 1. Lappen der Stirne mit geradem Vorderrand, Rücken mit einer schwach vorspringenden lransyersallinie, HandsliedrdesScherentußesrgekieles nn rer EEE en nes: 2. Lappen der Stirne gebuchtet, Rücken (ohne Transversallinie) glatt, Handglied des Scheren- tußesinichtgektelt! \. . vr ce nn ae een ke Be SR DEE ZEUTUSCHLA” Bot.-zool. Ergebnisse von den Samoa- u. Salomonsinseln. 53 Genus: Thalamita Latreille. 27. Thalamita admete (Herbst). Fundort: Upolu. Stückzahl: 27. Synonyma: 1893/4 Thalamita admete, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 83. 18997 — — Alecock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 68, p. 82. 19077 — -— Stimpson: Smithsonian Miscellancous Collect., v. 49, p. 83. 1910 — -— Stebbing: Ann. South. Afric. Mus., v. 6. part. 4, p. 309. Beschreibung des g': Rücken wenig gewölbt, kurz behaart; Stirnsaum nahezu gerade, in der Mediane schmal, aber tief gespalten (2lappig); Vorderseitenrand aus 4 kräftigen und spitzen Zähnen bestehend (der vorderste Zahn bildet zugleich die äußere Ecke der Orbita!). Hinterseitenränder etwas eingedrückt und stark konver- gierend; Basalglieder der äußeren Antennen von der Orbita weiter entfernt als von der Länge des größten Durchmessers des letzten; Leiste unterhalb des inneren Supraorbitalsaumes gleichmäßig und deutlich gekörnt; Außenseite des Carpus der Scheren mit 3 Stacheln; Palma mit abgerundetem und vollkommen glattem Unterrand; Finger mit enggestellten Zähnchen und etwas nach einwärts gekrümmten scharfen Spitzen. Größe: 23 mm breit, 14 mm lang und 10:5 mm breit, 6:5 lang. Farbe in Alkohol: Oben grünlich-gelb, unten gelblich; Scherenfinger an der Basis hellbraun, auf den Zähnchen und in der Mitte dunkelbraun, Spitzen weiß. Aus der Sammlung des Wiener Hofmuseums liegen vor: lg u.19,Nicobaren. — Novara-Exp. 1857/9. 19, Honolulu. — Fasana-Exp. 1893. Pillwax leg. (29 u. 15 aus dem Roten Meere gehören sicher zu Th. savignyi A. M. Edw.) 28. Thalamita prymna (Herbst). Fundort: Upolu. Stückzahl: 17. Synonyma: 1893/4 Thalamita prymna, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 84. 1899 — — Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 68, p. 78. 1907 — crassimana, Stimpson: Smithsonian Miscellaneous Collections, v. 49, p. 86. 1910 — prymna, Stebbing: Ann. South. Afric. Mus., v. 6, part. 4, p. 309. Beschreibung des g: Rücken wenig gewölbt, ganz glatt (die kurzen Haarsäume längs der Transversalleisten ausge- genommen); Stirnsaum in 6Loben geteilt; Vorderseitenrand aus 4 kräftigen und spitzen Zähnen destehend, zwischen den zwei hintersten ein winziger 9. Zahn; Leiste unterhalb des inneren Supraorbitalsaumes einen gekörnten, im proximalen Teil höheren und gegen die Orbita hin abfallenden Kamm bildend; Palma der Scherenfüße zwischen den Spitzen des Oberrandes mit einzelnen gröberen Granula. 54 K. Rechingerv, Größe: 36 mm breit, 23 mm lang. Farbe in Alkohol: Wie bei adımeta, aber rechts und links von der Medianlinie des Rückens je ein dunkler Fleck (Auge) hinter der vordersten Transversalleiste, die an dieser Stelle deutlich gekerbten Rand besitzt. Von dieser Art enthält die Sammlung des Wiener Hofmuseums: 15, Madagaskar. — Steindachner don. 1882. 17, Dschidda. — Frundsberg-Exp. 1885. 1 Z, Port Said. — > » 1885. 15, Pescadores bei Formosa. — Navarra don. 1891. 3d, Java: Tjilatjap. — Breitenstein leg. 1891. 29. Thalamita crenata (Latreille). Fundort: Upolu. Stückzahl: 17. Synonyma: 1893/4 Thalamita crenata, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 86. 1899 — — Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 68, p. 76. 1907 °— — Stimpson: Smithsonian Miscellaneous Collections, v. 49, p. 84, taf. 10, fig. 6, 6a. 1910 — -— Stebbing: Ann. South Afric. Mus., v. 6, part 4, p. 309. Beschreibung des Z: Rücken glatt, mit schwach vortretenden Transversalleisten; Stirnsaum in 6 Loben geteilt; Vorder- seitenrand aus > Zähnen bestehend, 4. Zahn etwas kleiner (aber nicht winzig!); Leiste unterhalb des inneren Supraorbitalsaumes schwach entwickelt, mit wenigen gleichmäßigen Granula; Außenfläche der Palma nur mit einer einzigen, ungefähr bis in die Mitte reichenden Furche (die dem unbeweglichen Finger angehört), sonst ganz glatt. Größe: 18 mm breit, 12°5 mm lang. Farbe in Alkohol: Oben grünlichgelb, unten weißgelb; Scherenfinger im Mittelteil hellrot oder rosa angelaufen. Die Sammlung des Wiener Hofmuseums enthält: 15, Mauritius. — ? 19, Amboina. — Doleschal leg. 1859. 15, Nicobaren. — Novara-Exp. 1857/9. Zelebor leg. 19, Sumatra. — Breitenstein leg. 1883. Steindachner don. 15, Seychellen, Mahe. — Aurora-Exp. 1889 leg. 29,Java: Tjilatjap. — Breitenstein leg. 1891. 2gu.29, Salomonsinseln. — Fasana-Exp. 1895. Trıbus: Catometopa. Familie: OCYPODIDAE. Genus: Ocypoda Fabricius (1798). 30. Ocypoda ceratophthalma (Pallas). Fundort: Upolu. Stückzahl: 14,19. [71 or Bot.-200l. Ergebnisse von den Samoa- und Salomonsinseln. Die Breite des Cephalothorax des größten Weibchens beträgt 33 mm, die Länge 28 mn; die Augen zeigen beginnende Verlängerung des Stieles (vgl. Stimpson 1907, op. cit., p. 108). Das Männchen mißt nur 15 mm in der Breite und 13 mın in der Länge; die Augen besitzen noch keine Stielverlängerung. Zur Synonymie vergleiche: 1897/8 Ocypoda ceratophthalma, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 16, p. 360 und 364. 1900 — — Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 345. 1907 — — Stimpson: Smithsonian Miscellaneous Collections, v. 49, p. 108, taf. 12, fig. 2. 1907 — — Rathbun: Mem. Mus. Comp. Zool. Harvard College, v. 35 no. 2, p. 26. 1310722777 7 772Mem. Ace Roy. Se. L. Danemark, Copenhague, serı7, t.5, nor. pr52l. 1910 — _- Stebbing: Ann. South Afric. Mus,, v. 6, part 4, p. 326. In der Sammlung des Wiener Hofmuseums finden sich Exemplare mit folgenden Bemerkungen: 15, Fernando Pöo. -- Helgoland-Exp. 1885. Am Strande zirka 1 m tief ausgegraben. 19, Diego Garcia, Tschagosinseln. — Brillant leg. 1390, Saida-Exp. 19, Mauritius. — A. Penther leg. 1898. 25, Mauritius. — ? 1%, Indischer Archipel. — Ida Pfeiffer leg (?). 1, Mahe. — Frundsberg-Exp. 1885. 19, Nicobaren. — Frauenfeld leg., Novara-Exp. 1857/9. 19, Ceylon. — Novara-Exp. 19, Amboina. — Doleschal leg. 1859. Von diesen Fundorten ist der erstgenannte, die Insel Fernando-Pöo im Golf von Guinea, am be- meıkenswertesten, da unsere Art wohl an der Ostküste Afrikas (Natal, auch Rotes Meer) vorkommt und sich von dort über die ganze indo-pazifische Region verbreitet, aus dem Atlantiscnen Ozean jedoch noch nicht bekannt sein dürfte. Eine Fundortsverwechslung scheint ausgeschlossen: das Exemplar befand sich mit der aus Westafrika gut bekannten und in der Sammlung des Wiener Hofmuseums durch 8 Stücke derselben Provenienz (Fernando Pöo) vertretenen Art Ocypoda hippeus Oliv. im selben Glas. Genus: Uca Leach (= Gelasimus Latreille 1817). Trotz des Protestes, den Alcock (1900, Journ. Asiat. Soc. Bengal, v. 69, p. 69, p. 350)! gegen die Namensänderung erhoben hat, wird dieselbe doch, wenn auch einstweilen auf Kosten der Bequemlich- keit, beibehalten werden müssen. Es mag allerdings zugegeben werden, daß es bei der ohnehin ver- worrenen Synonymie innerhalb dieser Gattung gewiß nicht sehr erfreulich ist, wenn auch der Genusname Veränderungen mitmachen soll; es liegt aber deshalb nach unserer Ansicht kein Grund vor, eine »Ver- besserung« der Nomenklaturgesetze zu verlangen. Hingegen erscheint es weit wichtiger, den Weg zur Sichtung der Arten selbst, wie ihn de Man und Ortmann schon angebahnt haben, weiter zu verfolgen. Zunächst sei aus der Sammlung Rechinger’s eine Form der Gruppe der breitstirnigen Uca-Arten besprochen, die ich als U. gaimardi determiniert habe. 31. Uca gaimardi (H. Milne-Edwards). (Taf. III, Fig. 3). Fundort: Insel Upolu. Mangrove-Schlamm. Stückzahl: 10% und 79. 1 »In obedience to certain interpretations ofthe rule of priority, wich....ete.... and if the rules of nomenclature do not permit meto retain a name, that has been deliberately chosen, and...., then J think that the rules should he modified... . .ete « K. Rechinger, © [o>) Beschreibung der g.. Rücken glatt, stark gewölbt; Orbitalhöhlen schräg nach hinten gerichtet; die Länge des Abstandes zwischen den äußeren Örbitalecken übertrifft die Länge des Hinterrandes des Cephalo- thoraxum etwasmehrals das Doppelte; Oberrand der Orbitalhöhlen aus 2 fein granulierten Leistchen bestehend, die kurz vor der äußeren Ecke in eine einzige zusammenlaufen; äußere Orbitalecke nach vorne und seitlich gerichtet; unterer Orbitalhöhlenrand ein fein gekerbtesLeistehen ohne akzessorische Körnerreihe; Oberrand der Palma der großen Schere mit einfacher, ganz schwach gekörnelter Kante, neben der (auswärts) eine feine Rinne läuft; untere schräge Leiste der Innenfläche der Palma gerade und bis zur Artikulation des Carpus reichend, mit wenig ausgesprochener Körne- lung; nahe des Gelenkes des beweglichen Fingers 2 kurze, von oben nach unten gerichtete Körner- reihen; beweglicher Finger mit granuliertem Unterrand, an dem meistens 5 Körner (4 in der Nähe des Uca (Gelasimus) gaimardi (H. Milne-Edwards). Gelenkes, 1 im letzten Drittel) stärker hervortreten; Spitze stets einfach; unbeweglicher Finger eben- falls mit granuliertem Rand, der in der Mitte sich ein wenig hebt (oft zu einem größeren Korn) und knapp vor der Spitze noch einen Zahn trägt (»notchede). Farbe in Alkohol: Große Schere orangerot mit gelblichweißen Fingern; Rücken samtbraun mit himmelblauen Querbändern oder mehr weniger verwaschenen blauen Flecken. (Im Leben ist die Grundfarbe des Rückens, wie mir Dr. Rechinger mitteilt, nicht samtbraun, sondern samtschwarz.) Bemerkungen zur Synonymie: Die Originalbeschreibung von H. Milne-Edwards (Ann. des Scienc. Natur. Paris, T. 18, 1852, p- 150, taf. 4, Fig. 17) ist zwar sehr dürftig, doch läßt seine Zeichnung ganz gut erkennen, daß unsere Formen U. gaimardi repräsentieren. Sehr gut stimmen die Exemplare auf die von de Man (1891, Notes from Leyden Museum, v. 13,p..20 u. 39) gegebene Tabelle und Beschreibung. In der Art der Zähnelung der Scherenfinger zeigt sich große Übereinstimmung mit seinen aus Banda stammenden 5. Dasselbe gilt von dem Berichte Thallwitz’ (1891, Abhandlg. u. Ber. des Kgl. Zool. Anthropol. Museums Dresden, Nr. 3, p. 44) über gaimardi 5 aus Ternate. Endlich passen unsere Formen auf die in der Tabelle Ortmann’s (Zool. Jahrb. Syst., v. 7, 1894, p. 752) unter latreillei aufgezählte Art; Ortmann sagt in der Anmerkung: »..Den gaimardi M.E. möchte ich identisch halten mit Zatreillei...«. Ich werde darauf weiter unten zu sprechen kommen. Von großer Wichtigkeit ist mir eine Bemerkung Doflein’s (Sitzb. k. Akad. Wiss. München, v. 29, 1899, p. 192) über Formen, die er unter D. vic. gaimardi anführt und von welchen er angibt, daß sie von variabilis de Man durch das Fehlen der akzessorischen Körnerreihe am unteren Orbitalrand einerseits und von Jlatreillei anderseits dadurch unterschieden sind, daß die »untere schräge Leiste deutlich, wenn auch nicht grob granuliert« und die »Körnerleisten noch ziemlich deutlich« erscheinen. Ich glaube, daß die Verschieden- heiten in der Beschreibung Doflein’s und de Man’s über latreillei, beziehungsweise gaimardi nur in der verschiedenen subjektiven Auffassung der Worte »deutlich« und »undeutlich« liegen, daß daher, wie schon Ortmann dafürhält, latreillei und gaimardi identisch sind und sich die minuziösen Unterschiede durch verschiedenes Alter der Exemplare erklären lassen. Diese Ansicht findet durch meine Unter- suchung der Gaimardi-Exemplare aus der Sammlung des Wiener Hofmuseums cine weitere Stütze. Es liegen 125 (und 69) aus Tahiti vor. Davon stimmen 9 Stück mit der eingangs gegebenen Charakteristik Bot.-z00l. Ergebnisse von den Samoa- nu. Salomonsinseln. 57 der aus Samoa stammenden Tiere vollkommen überein; 3 Exemplare jedoch, die etwas kleiner sind, besitzen jene Scherenform, wie sie H. Milne-Edwards (op. cit., taf. 4, fig. 20a) der Art latreillei zuschreibt. Abgesehen von der Größe besteht hier ein Unterschied von der Schere des gaimardi nur in einem einzigen Merkmal, nämlich in der etwas größeren Basisbreite des unbeweglichen Fingers. Ob ein solches Verhalten zur Aufstellung einer eigenen Art berechtigt, erscheint uns mehr als fraglich. Aus dem Vergleiche der Literatur und den Objekten ergibt sich die viel ungezwungenere, bereits ausgesprochene Annahme, daß latreillei und gaimardi eine einzige Spezies darstellen. Beschreibung der 9: Wölbung des Rückens und Merkmale der Orbitalhöhle und ihrer Ränder wie bei den g‘; Länge des. Abstandes zwischen den äußeren Orbitalecken doppelt so groß als die des Hinterrandes des Cephalo- thorax; Färbung des Rückens wie bei den /, die kleinen Scheren unauffällig braun, beziehungsweise schwarz. Auf die Unterschiede der gaimardi Q von verwandten Arten einzugehen, ist mir hier unmöglich. In folgender Übersicht ist die zur Bestimmung der Art benützte Literatur zusammengestellt: 1852 M. Milne-Edwards: »Observations sur la classification des crustac&es.« Annal. Sci. Nat. Paris, ser. 3 t. 18, p. 109, taf. 4. 1880 Kingsley J. S.: Revision of the Gelasimi.« Proceed. Acad. N. Sc. Philadelphia 1880, p. 132. 1891 De Man J. G.: »Carcinological studies in the Leyden Museum.« Notes from Leyden Museum, v. 13, p. 1, taf. 1—4. 1891 Thallwitz J.: »Decapodenstudien.< Abhandlungen und Berichte des kgl. zoolog. und anthropolog. Museums Dresden 1891, Nr. 3. 1894 Ortmann A.: »Die Decapoden-Krebse des Straßburger Museums.« Zoolog. Jahrbücher System., v. 7, p. 683. 1897 Ortmann A.: »Carcinologische Studien.« Zoolog. Jahrbücher System., v. 10, p. 258. 1899 Doflein F.: »Amerikanische Decapoden.« Sitzungsber. kgl. Akad. Wiss. München, v. 29. 1900 Alcock A.: »Carcinological Fauna of India.« Journal Asiatic. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, PI279% Nachträgliche Anmerkung: Nach Abschluß der Untersuchungen über die von Dr. Rechinger gesammelten Uca-Arten bin ich noch auf 2 sehr kleine Männchen aus Upolu gestoßen. Ihr Cephalothorax mißt nur 9 mm in der Breite und 6 mm in der Länge. Sie gehören zur breitstirnigen Gruppe und ihre Merkmale sichern die Identität mit Uca latreillei der Autoren (besonders: untere schräge Leiste der Innenfläche der Palma glatt, aber deutlich ausgebildet; unbeweglicher Finger mit angedeutetem Zahn knapp vor der Spitze). Aus den oben erwähnten Gründen halte ich die Exemplare für U. gaimardi 5 iuvenes (= Gelasimus latreilleiM. Edw.) 32. Uca lactaea (de Haan). Fundort: Insel Upolu; Mangrove-Schlamm. Stückzahl: 1959, 19. Beschreibung des g: Rücken glatt, stark gewölbt; Länge des Hinterrandes des Cephalothorax = ?/, der Länge des Abstandes zwischen den äußeren Orbitalecken; äußere Orbitalecken spitz zulaufend; Ober- rand der Orbitalhöhle eine einfache, nicht granulierte Leiste, die sich nur längs einer kurzen Strecke nahe der Stirne verdoppelt; unterer Orbitalhöhlenrand einfach und fein gekerbt; Oberrand Denkschriften der math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVIIT. 8 58 K. Rechinger, der Palma der großen Schere im proximale Teile kantig, nach vorne abgerundet; untere schräge Leiste gerade, deutlich geperlt und ziemlich weit vor dem Carpalgelenk aufhörend; die vordere der zwei Körnerreihen in der Nähe des Fingergelenkes nur aus wenigen (3 bis 4) Körnern bestehend; beweglicher Finger stark komprimiert, sein Unterrand bis zur Spitze granuliert (mit I bis mehreren stärker vortretenden Körnern) und von der Basis bis fast zur Spitze gleich breit, Spitze adlerschnabelförmig; unbeweglicher Finger stets niedriger als der bewegliche, sein Rand ebenfalls granuliert und gegen die Spitze ausgebuchtet abgeschnitten (»oblique truncate, but non notchede«). Größe: Größte Breite des Cephalothorax 115 nm. » Länge » » 7 mm. und kleinere Exemplare. Farbe in Alkohol: Rücken dunkelblaugrau ohne Flecken oder Bänderzeichnung; große Schere einförmig gelblich- weiß. Beschreibung des 9: Merkmale des Rückenschildes und der ÖOrbitalhöhlenränder wie beim . Größe: 8 mm Breite, 4:5 mm Länge. Aus der Sammlung des Wiener Hofmuseums liegt U. lactea in 3 Exemplaren vor, und zwar 25 aus Hongkong und lg aus Celebes. Sie sind alle viel größer als die Exemplare Dr. Rechinger's (17 mm breit, 11 mm lang; 16 mm breit, 10:5 mm lang; 16 mm breit, 10 mm lang), zeigen aber deutlich die nämlichen Merkmale, nur etwas stärker ausgeprägt. Synonyma: 1880 Kingsley, Gelasimus lacteus: Proced. Acad. Nat. Sci. Philadelphia, p. 149, taf. 10, fig. 28. 1897 Ortmann, Uca lactea: Zool. Jahrb. Syst., v. 10, p. 351 und 355. 1900 Alcock, Gelasimus lacteus: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 352 und 355. In der Sammlung Dr. Rechinger’s findet sich auch eine schmalstirnige Uca-Art und zwar: 33. Uca cultrimana (White 1847). Fundort: Upolu — Mangrove-Schlamm. Stückzahl: 85 und 1 eiertragendes 9. Beschreibung der g: Unterrand der Obitalhöhle fein gekerbt, ohne akzessorische Körnerreihe; Merus der großen Schere am distalen Teil des Vorderrandes mit einer zahnartig vorspringenden Kante; Außenfläche der Palma oben fein, unten gröber granuliert; Innenfläche der Palma mit stark vorspringender, groß geperlter schräger Leiste; in der Nähe des Gelenkes des beweglichen Fingers eine schwächere, aber deutliche Fig. 3. Uca (Gelasimus) cultrimana (White) 5‘. Große Schere, Außenseite. Körnerleiste; beweglicher Finger stark komprimiert, mit granuliertem, einfach verlaufendem Unterrand; unbeweglicher Finger stets niedriger als der bewegliche, sein Rand ebenfalls ganuliert, aber mit 3 stärker vorspringenden Stellen; kleine Schere mit löffelartig geformten Fingerspitzen. si! No) Bot.-zool. Ergebnisse von den Samoa- und Salomonsinseln. Größe: 15 ımm Breite, 10:5 mm Länge bis 20:5 mm Breite, 14 mm Länge. Farbe in Alkohol: Rücken dunkel blaugrau oder auch zu einem gelblichen Ton gebleicht; große Schere stets gelblich-weiß. Beschreibung des 9: Orbita und Form der kleinen Schere wie beim g'. Größe: Nur 11 mm Breite, 7:5 mm Länge. Die Sammlung des Wiener Hofmuseums enthält von dieser Art: 2%, Hongkong. Macao. — Löszy leg. 1891. dd, l eiertragendes Q@, Nicobaren. — Zelebor leg. (1857/59) (Novara-Exp.). 3g, Kamorta, Nicobaren. — Aurora-Exp. 1837. 3g,2Q9, Sumatra. — Breitenst. 1883. 345, Fidschiinseln. — Mus. Godeffroy. 1869. 65,19, Singapore. — Ransonnet ?). 7%, Amboina. Ternate. — Doleschal leg. 1858. 19°, Philippinen. — Schadenberg don. 1890. 4, Amboina. — Doleschal leg. 1859. Über die Variationen der Merkmale an der großen Schere hat Thallwitz (1891 s. unten) aus- führlich berichtet. Uca cultrimana (White) ist synonym mit: Gelasimus cultrimanus, White: Proc. Zool. Soc. London, 1847, p. 84. Gelasimus vocaus, Milne-Edwards: Ann. Sc. Nat. ser. 3, Zool. v. 18, 1852, p. 145, taf. 3, fig. 4. (non Gelasimus vocans Linne!) Gelasimus nitidus, Thallwitz: Abhandl. Ber. K. Zool. Anthrop. Mus. Dresden, 1891, Nr. 3, p. 42. Uca cultrimana Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 10, 1897 bis 98, p. 348. Gelasimus Marionis var. nitidus, Alcock: Journ. As. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, 1900, p. 360. Familie: GRAPSIDAE. Genus: Grapsus Lamarck. 34. Grapsus grapsus (Linne). Fundort: Upolu. Savaii.: Stückzahl: lg 19. Synonyma: 1893/4 Grapsus grapsus, Ortmann: Jahrb. Zool. Syst., v. 7, p. 708. 1900 -— Aleock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 392. Größe: 24 mm breit, 21 mm lang, beziehungsweise 56 mm breit, 54 mm lang. Farbe in Alkohol: Bei dem kleineren Exemplar ist die Oberseite des Rückens und der Beine grau, nur die Stirn- gegend, die Augenstiele und die Scherenfüße braunrot; die Unterseite etwas heller grau und gelb- lich. Das größere Exemplar besitzt die typische braunrote Rückenfarbe mit den bläulichgelben Mackeln und Streifen; Unterseite schmutzig gelb. 8% 60 K. Rechinger, 35. Grapsus strigosus (Herbst). Fundort: Upolu. Savaii. Stückzahl: 19 7,29, Synonyma siehe: 1893/4 Grapsus strigosus, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 709. 1900 — -— Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 393. Größe: Kleinstes Exemplar: 15 mm breit, 12:5 lang; größtes Exemplar: 32 mm breit, 29 mm lang. Färbung in Alkohol wie bei den zwei Exemplaren der vorigen Art. Wem Gelegenheit geboten ist, eine größere Anzahl von Exemplaren dieser beiden Formen durch- zusehen, wird bald bemerken können, daß sich die Unterscheidung ziemlich schwierig gestaltet. Die Variationen in den relativen Längenverhältnissen (insbesondere bei den Gangbeingliedern!), in der Bewehrung der Scherenglieder, in der Gestalt des Mundfeldes, in der Form des Abdomens und natürlich in der Färbung scheinen im Verein mit verschiedener Größe und ungleichem Alter der Exemplare ins Unabsehbare zu gehen. Soviel ich aus dem noch nicht gesichteten Materiale der Sammlung des Wiener Hofmuseums entnehmen konnte, dürfte sich als konstantes Merkmal für G. grapsus das abgerundete distale Ende des Unterrandes vom Merus des letzten Gangbeines erweisen; dieses zeigt bei G. strigosus stets Zahnbildung (»gesägt«). Ferner ist bei Gr. grapsns der horizontale Teil des Stirnrandes stärker gebogen als bei Gr. strigosus, wo er meist ziemlich gerade verläuft; freilich läßt sich die Art an dem letzterwähnten Merkmal nur durch öfteres Vergleichen erkennen. 36. Grapsus sp. Fundort: Savaii. Es liegen noch 3 kleine (8 mm breit, 65 mm lang; 9 mm breit, Smm lang) S-Exemplare einer Grapsus-Art vor, die wahrscheinlich zu longitarsis Dana gehören. Jedoch kann ich darüber wegen der Fig. 4. Grapsus sp. Mundfeld. geringen Größe und dem Mangel an Vergleichsmaterial nicht mit Sicherheit entscheiden. Stimpson beschreibt (1907, Smithsonian Miscellancous Collect., pt. 49, p. 119) einen mit longitarsis identischen Gr. subguadratus, womit auch unsere Formen übereinstimmen; der Innenranddorn am Carpus der Schere ist allerdings nicht so lang, wie ihn Stimpson abbildet (taf. 16, fig. 4, op. cit.), sondern entspricht viel- mehr der Zeichnung Dana’s (U. S. Expl. Exp., p. 339, taf. 21, fig. 4a). Zur Synonymie vergleiche auch: 1906 Grapsus strigosus longitarsis, Rathbun: Bull. U. S. Fish Comm. for 1903, part 3, p. 838, taf. 8, fig. 1. 1907 — longitarsis, Rathbun: Mem. Mus. Harvard Coll., v. 35, no. 2, p. 28. Bot.-200l. Ergebnisse der Samoa- u. Salomonsinseln. öl Genus: Pachygrapsus Randall. 37. Pachygrapsus minutus A. M. Edwards. Fundort: Svaaii. Stückzahl: 49,82. Synonyma: 1873 Pachygrapsus minutus, A. Milne-Edwards: Nouv. Arch. Mus. Paris, v. 9, p. 292, taf. 14, fig. 2. 1887 — -— deMan: Arch. Naturg,, v. 53, p. 368. 1900 — - Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 399. Größe: Z von 5:5 mm Breite, 3:5 mm Länge bis zu 9 mm Breite, 6:5 mm Länge; größtes, eier- tragendes 9 : 6:5 mm breit, 5 mm lang. Farbe in Alkohol: Oberseite grünlich-gelb mit dunkleren braunen oder grauen Schattierungen; Unterseite heller gelblich. Die Sammlung des Wiener Hofmuseums besitzt ein Männchen dieser Art von der Insel Noord- wachter (1889), das mit unseren Exemplaren gut übereinstimmt. Genus: Metopograpsus Milne-Edwards. 38. Metopograpsus messor (Forskal). Fundort: Upolu. Stückzahl: 19,19. Synonyma siehe: 1893/4 Metopograpsus messor, Ortmann: Zool. Jahrb., Syst., v. 7, p. 701. 1900 — -— Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, v. 69, p. 397. Größe des J': 14 mm breit. 11 mm lang; des 9:8 mm breit, 5:5 mm lang. Farbe in Alkohol: Rücken dunkel grünlich-grau mit braunroten Punkten; Gangbeine von der Farbe des Rückens, aber gelblich gebändert; Unterseite bedeutend heller, gelblich. Von dieser, im Indischen Ozean und seinen Nebenmeeren sowie im Stillen Ozean weitverbreiteten Art enthält die Sammlung des Wiener Hofiınuseums: 199,155, Tahiti. — Novara-Exp. 1857/9. ! 19, 1%, Ceylon.— » » > 19, 15, Madras. — » » » 2%, Persisches Meer. — Kotschy leg. 1843. 19, 29, Madagaskar. — Steindachner 1882. 19, 3, Rotes Meer. — (?) ld, Mahe (Brackwasser). — Frundsberg-Exp. 1885. 19, 3d, Mauritius. — Boyer 1833. 29, 19, Fidschiinseln. — Saida-Exp 1886. 1g, Batavia (Tandjong Prick). — Aurora-Exp. 1887, Swoboda leg. 1, Pescadores bei Formosa. — Navarra don. 1891. 1 Sämtliche Exemplare aus Tahiti wurden von Heller zur Variation Thukuhar gerechnet; es ist dies aber nur für 4 Stücke richtig, die auch bedeutend größer sind. [o?} [66] K. Rechinger, Genus: Brachynotus de Haan. (= Heterograpsus Lucas). 39. Brachynotus harpax Hilgendorf. Fundort: Savaii. Upolu. Stückzahl: 19 0% Literatur: 1892 Brachynotus harpax, Hilgendorf: Sitzber. Ges. Naturfr. Berlin, Nr. 4, p. 37/8. 1895/8 — — de Man: Zool. Jahrb. Syst., v. 9, p. 124, taf. 29, fig. 26. Beschreibung der Jg. Rücken flach, glatt und glänzend, aber trotzdem unter der Lupe äußerst fein und spärlich punktiert, mit deutlicher, median gespaltener Gastricalfurche und 2 flachen Epigastricalhöckern; Stirnrand in 2 breite Fig. 5. Brachynotus harpax Hilgendorf. mittlere Loben und 2 kleine äußere geteilt; knapp über jeder der letzteren eine kurze schiefe Kante vom inneren Orbitaleck gegen den Epigastricalhöcker hin verlaufend; oberer Orbitalhöhlenrand mit undeut- licher Fissur zwischen dem 1. und 2. Drittel; Infraorbitalleiste in 4 ungleich lange Teile zerlegt; vorderer Seitenrand des Cephalothorax mit 2 Zähnen (ausgenommen den großen Zahn der äußeren Orbitalecke), von denen der hintere sehr stark rudimentär ist: hintere Seitenränder gerade, schwach konvergierend; Hinterrand des Cephalothorax kürzer als der Stirnrand; Außenseite sämtlicher Glieder der Scheerenfüße glatt, die der mächtig entwickelten Palma mit einer feinen Linie, die, unterhalb der Spitze des unbeweg- lichen Fingers beginnend bis ungefähr in die Mitte der Hand reicht (nur beim größeren 5 vorhanden)); Innenfläche der Palma mit kräftigem Haarbüschel (auch beim kleineren 5 vorhanden!); Finger stark gebogen, der bewegliche mit einem auffallend größeren Zahn, der unbewegliche nicht gezähnt; beide Fingerspitzen löffelartig hohl (beim kleineren 5’ sind die Finger nicht so stark gebogen, der unbewegliche Finger ebenfalls gezähnt und Aushöhlung der Spitzen nicht so deutlich ausgebildet); distaler Teil des Oberrandes des Merus der behaarten Gangbeine mit einem kleinen Zahn. Größe: 11 mm breit, 9:5 mm lang (Z aus Upolu); 6-5 5» 808 » (S » Savaii). Farbe in Alkohol: Oberseite dunkel, graublau, Gangbeine bräunlich und quergebändert; Unterseite lichter, gelblich. Bot.-zool. Ergebnisse der Samoa- und Salomonsinseln. 63 Die Abbildung und Beschreibung de Man's (op. cit.) über diese selten beobachtete Form stimmt auf die vorliegenden 2 Exemplare, von denen ich beistehend einige Skizzen des größeren Männchens gebe, ziemlich genau. Die Verschiedenheiten in bezug auf die Merkmale der Palma und der Finger dürfen nach den Angaben dieses Autors (p. 127 op. eit.) wohl als individuelle betrachtet werden. Die Art ist in der Sammlung des Wiener Hofmuseums bisher nicht vertreten gewesen. Genus: Ptychognathus Stimpson. 40. Ptychognathus barbata (A. Milne-Edwards). Fundort: Savaii. Stückzahl: 69,99 (9 eiertragend). Synonyma: 1893/4 Ptychognathus barbatus, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 712. 1895 — -— deMan: Zool. Jahrb. Syst., v. 9, p. 105. 1900 — barbata, Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 406. Beschreibung der @ und g:: Rücken flach, etwas breiter als lang, fein punktiert; Stirnrand halb so lang als die Rückenbreite, in der Mitte schwach ausgebuchtet; unterer Orbitalhöhlenrand gekörnt; äußere Orbitalecke zugespitzt; Vorderseitenrand mit 2 undeutlichen Zähnen (der sogenannte »3.« Zahn gehört der äußeren Orbitalecke an!); alle Glieder und die Finger der Schere fein punktiert; innere Vorderecke des Carpus stark abge- stumpft; beim 5 an der Basis der Finger (auf der Außenseite) ein Haarbsüchel; Innenränder der Finger mit kleinen Zähnen, Spitzen löffelartig abgerundet; Gangbeine und die ganze Körperunterseite ebenfalls punktiert. Größe: Von 5°5 mm Breite, 4:5 mm Länge bis zu 8 mm Breite, 6:5 mm Länge. Farbe in Alkohol: Oben dunkel braungrau, nur die distale Hälfte der Gangbeinpropoden gelb; Unterseite heller, meist gelblich. Genus: Sesarma Say. 41. Sesarma quadratum (Fabricius). Fundort: Upolu. Stückzahl: 19, 27. Synonyma: 1893/4 Sesarma quadrata var. affinis, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 17, p. 724. 1895/8 Sesarma (Parasesarma) quadrata, de Man: Zool. Jahrb. Syst., v. 9, p. 182. 1900 Sesarma quadratum Aleock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 413. Beschreibung des J und ©: Rücken schwach gewölbt, etwas breiter als lang, mit deutlich ausgeprägter Magenregion und 4 Postfrontalloben; Seitenränder ohne Zahn hinter der äußeren Orbitalecke, mit schief verlaufenden Falten; Stirne breiter als die Hälfte des Abstandes der äußeren Orbitalecken; Innenrand des Merus des Scheren- fußes mit breitem Zahn, Oberrand der Palma mit 2 schiefen, gerippten Leistchen, Oberrand des beweglichen Fingers ebenfalls gerippt (Zahl der Rippen nur 7 bis 9!); Gangbeine mit verbreiterten Merusgliedern, Unterrand derselben nicht gezähnt, sondern glatt und gerade. 64 K. Rechinger & e) Größe: Kleineres J 5:5 mm breit, 4 mm lang; Q und größeres J': 9 mm breit, 75 mm lang. Farbe in Alkohol: Rücken grauviolett; Oberseite der Beine gelblich mit braungrauen Flecken und Bändern; Unterseite gelblich, Beine mit violettgrauer Schattierung. Aus der Sammlung des Wiener Hofmuseums liegen viel größere Exemplare dieser Art vor und zwar: 19, Hongkong, Makao. — Loczy leg. (?) 19, Schanghai. — Novara-Exp. 1857/9. Genus: Perenon Gistel (1848) (= Acanthopus de Haan 1835, nom. praeoccup.!) 42. Perenon planissimum (Herbst). Fundort: Savaii. Upolu. Stückzahl: 49°, 82 ION Synonyma sind: 1894 Leiolophus planissimus, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 731. 1900 Liolophus planissimus, Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 439. 1900 Percnon planissimum, Rathbun: Proc. U. St. Nat. Mus., v. 22, p. 281. 19077 ° — -— -— Mem. Mus. Comp. Zool. Harvard College, v. 35, Nr. 2, p. 37. 1907 Acanthopus planissimus, Stimpson-Rathbun: Smithsonian Miscellaneous Collec- tions, v. 49, p. 123. ; 1910 Percnon planissimum, Stebbing: Ann. South Africa Mus., v. 6, part. 4, p. 324. Färbung: Bei den Exemplaren aus Upolu ist die Rücken- wie die Bauchseite von rotbrauner Grund- farbe, mit helleren Stellen in der Zeichnung am Rücken und Längsstreifen der Gehfüße. Die Tiere aus Savaii hingegen sind auf der Unterseite einfärbig weißgelb, auf der Oberseite der Gehfüße treten statt Längsstreifen breite, helle Querbänder mehr hervor. Die Sammlung des Wiener Hofmuseums enthält an P. planissimum: 19, Amboina. — Felder leg. 1860. 19, Kanarische Inseln; Auslauf des Baranco de Tajodio und Valle de San Andrez, zwischen 50 bis 100 m. — Simony leg. 1889. 3 u.19, Kanarische Inseln; Lanzarote, Arrecife. — Simony leg. 1891. 19, Rotes Meer. — ? 2,Insel Salamanca; Mündung des Magdalenenstromes. — 1885. 1, Nicobaren. — Novara-Exp. 1857/9. 5g u. 309, Tahiti. — Novara-Exp. 1857/9. Zelebor leg. ar Von allen vorhandenen Exemplaren unterscheidet sich das aus dem Roten Meer stammende durch eine beiderseits grasgrüne Farbe. Von den indischen Formen schreibt Alcock (op. cit.): »The colour in life is dark green, the nude streaks being bright green.« Stimpson-Rathbun (op. cit.) beschreibt die Färbung eines Tieres aus Port Lloyd, welche unseren Formen aus Samoa ziemlich ähnlich ist: »Carapax above bright red, inclining to orange, with median bluish-white line, from which two bluish-white patches diverge obliquely forward. Feet lineated with darker red. Below everywhere bluish white.« > oO Bot.-zool. Ergebnisse der Samoa- und Salomonsinseln. Familie: GECARCINIDAE. Genus: Cardisoma Latreille. 43. Cardisoma carnifex (Herbst). Fundort: Upolu. Stückzahl: 1g.. Größe: 9 cm breit, 7:5 cm lang. Große Schere 11 cm lang. Synonyma: 1894 Cardisoma guanhumi var. carnifex, Ortmann: Zool. Jahrb. Syst., v. 7, p. 735. 1900 Cardiosoma carnifex, Alcock: Journ. Asiat. Soc. Bengal, n. ser., v. 69, p. 445. 1907 Cardisoma obesum, Stimpson: Smithsonian Miscellaneous Collections, v. 49, p. 111. 1907 Cardiosoma carnifex, Rathbun: Mem. Mus. Comp. Zool. Harvard College, v. 35, Nr. 2, pP. 26. 19310 — — -— Mem. Ace. Roy. Sc. L. Danemark Copenhagen, ser. 7 + 5, Nr. 4, p. 324. 1910 — -— Stebbing: Ann. South Afrie. Mus,, v. 6. part 4, p. 329. Denkschriften der math.-naturw. Kl. Bd. LXXXVIIT. 2) Tas e i 1. wm Samoa. . Hawaii. . Samoa. . Hawaii. > Samoa. . Hawai. . Samoa. > . Hawaii. atelol Amphora farciminosa Per. A. farcimen var. gigantea M. P. A. subalata M.P. A. fusca f. lata M. P. A. Javanica var. oculata M.P. A. granulala var. lineala Per. A. (Capensis var?) Samoensis M. P. A. farcimen var. crassa M. P. Diploneis Smilhii var. recta M. P. D. nitescens var. rhomboides M. P. Anorthoneis maculata M. P. (voy. le texte). Navicula perplexa? var. minutissima M. P. N. Reichardti var. intermedia M. P. N. (spectabilis var. ?) interversa Per. Diploneis interrupta var. Samoensis M. P. D. Cynthia var. inlermedia M. P. D. mediterranea var. elliptica M. P. Gezeichnet von M. Peragallo. X 900. Taf.L Botanisch- zoologische Ergebnisse von den Samoa-Inseln. Rechinger; K. UDDDUTOTGENTSTUIDDDEUTTESE Z „ v Nimm! BALALLTITTFTSTTITTTITTTITTETKSERRRTTIRKORTTIITGTGEHLELLINN 3 [KHIRRAIRRESLIRLD, Sun Lith. Anst.v:Th.Bannwarth, Wien. Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw-Klasse,Bd.LXXXVIIL M.Peragallo del. us ae lll 1. Samoa. Triceratium (Lampriscus) Lendugerii var. Samoensis Per. 2. » Achnanthes indica var. sulcata M. P. 3. > Triceratium antedilwvianum var. trigona M. P. 4. > KRaphoneis amphiceros var. obesa M. P. 5. Hawaii. Actinoptvchus Rechingeri Per. 6. Buka. Nitzschia (nicobarica var.?) Bukensis H. P. [7 > Auliscus caelatus var. latecostata an var. nov.? SE> A. compositus A. S. var. 9. Samoa. Coscinodiscus nitidulus var. seintillans M. ). 10. Hawaii. Trachysphenia acuminata M.P. 11. Buka. Plagiogramma caribaeum var. acostala H.P. Gezeichnet von M. u. H. Peragallo. X 900. Taf. Botanisch- zoologische Ergebnisse von den Samoa-Inseln. Rechinger; K. o°. 2 00 90 Seren nn Lith. Anst.v. Th.Bannwarth, Wien. is. Akad.d.Wiss:math.naturw. Klasse, Bd. LXXXVIH. Denkschriften .d. M.etH.Peragallo del. lee: ar Sa ve a Tarel II. Fig. 1. Matuta viclor 5‘. Natürl. Größe. [6 > . Lophozozymus superbus &'. Natürl. Größe. » 3. Uca (Gelasimus) gaimardi 5‘. Natürl. Größe. > 4. Carpilius maculatus g'. Zirka 2/3 d. natürl. Größe. > 5. Lybia (Melia) tesselata 9. Natürl. Größe. Rechinger K. Bot. u. zoolog. Ergebnisse von den Samoa und Salomonsinseln. Pesta O.: Crustaceae |. Teil. Tafel Ill. O. Pesta pinx. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVII. un Due - DIE RÄUMLICHE VERTEILUNG DER METEOROLOGISCHEN ELEMENTE IN DEN ZYKLONEN (EIN BEITRAG ZUR ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DER ZYKLONEN) VON D®:. STANISLAV HANZLIK Prag Mit 5 Textifiguren und 5 Tafeln. VORGELEGT IN DER SITZUNG VOM 16. NOVEMBER 1911. Diese Arbeit bildet ein Gegenstück zu meiner in den Denkschriften erschienenen Abhandlung über die räumliche Verteilung der meteorologischen Elemente in den Antizyklonen (Denkschriften der mathe- matisch-naturwissenschaftlichen Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Band LXXXIV, Jahrgang 1908). Daß es sich als notwendig erweisen dürfte auch die Zyklonen in einer ähnlichen Weise zu untersuchen, wie es bei der Bearbeitung der Antizyklonen geschah, wurde mir schon während der zitierten Arbeit klar. Wie die Antizyklonen so sind auch die Zyklonen ein maßgebender Faktor für die Witterung unserer Breiten. Der Beweis bedeutender und charakteristischer Änderungen der meteorologi- schen Elemente in den Antizyklonen (in ihrer zeitlichen Entwicklung), der in der zitierten Arbeit erbracht wurde und gewiß auch teilweise zur Klärung der Streitfrage über die Theorie der Antizyklonen beige- tragen hat, regte die fast selbstverständliche Frage an, was für eine Verteilung der meteorologischen Elemente in den Zyklonen vorhanden sei, in welcher Beziehung dieselbe zu ihrer zeitlichen Entwicklung stehe und ferner, welche die gleichzeitigen meteorologischen Verhältnisse der beiden Wirbel seien. Ich habe darum bei der Bearbeitung dieses Themas, das die Zyklonen behandelt, dieselbe Methode benutzt wie bei der zitierten Arbeit über die Antizyklonen, in der Absicht, jedem Kapitel der erwähnten Abhandlung über die Antizyklonen ein entsprechendes Kapitel über die Zyklonen gegenüberzustellen, so daß die Kontraste zwischen den Zyklonen und Antizyklonen sofort hervortreten. Es enthält die vorliegende Abhandlung schließlich nicht nur das im Titel dieser Arbeit bezeichnete Thema, sondern auch Schluß- folgerungen über die Beziehungen der beiden Wirbel, des Hoch- und des Tiefdruckgebietes. Ich ging wieder von den Beobachtungen auf dem Sonnblick aus: Aus den täglichen Wetterkarten der Wiener meteorologischen Zentralanstalt sind für die Jahre 1887 bis einschließlich 1905 jene Tage notiert worden, an welchen um 7% (Morgentermin) die Station Sonnblick im Gebiete einer Zyklone inner- halb der auf das Meeresniveau reduzierten Isobare von 760 mm sich befand. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIl. Bd. 10 > er 1 Dr. St. Manz] 0,0} & & 6 r-0L T-Pl r.€ 0-TL 0-8 [a & & & 6 R °-sI & 0.H#1 2 en & 6 & 8.8 r-P 0.8 8:6 0-8 G.8 & OEATAT =: 6 & & Be — 6 CO X TA 19qwozaq FE SEC ae Bl |irRil— a0 WAL 6 & & a OT er ea En Ze LT & 7-8 6 6 S.8 56 9.8 s.$ 8.8 & € @ 9.5 @ @ & & ot dwy & all 6 \6.FT = Ir. 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So bekommt man für jede Windrichtung eine Reihe von verschiedenen Temperaturen, die Extreme derselben und die Amplitude, und zwar jeden Monat der erwähnten Periode 1837 bis 1905, wie Tabelle auf p. 2 [| 68 ] ersichtlich macht. Diese Tabellen zeigen, daß in den Zyklonen die Lufttemperatur während eines und desselben Monats für jede beliebige Windrichtung eine bedeutende Amplitude aufweisen kann, was besonders für die Winterhälfte und für die Windrichtungen von W bis N gilt. Es war naheliegend, einen Vergleich zwischen den extremen Temperaturen zu machen, die in den Minimis und in den Maximis des Luftdruckes vorkommen können. Um dies übersichtlich vor die Augen zu stellen, habe ich solche kurze Tabellen für die acht Windrichtungen und für die vier Jahreszeiten zusammengefaßt. (Siehe p. 4 [70)].) Der Unterschied zwischen den beiden Tabellen ist auffallend. Man sieht, daß die Minima der Temperaturen in den Antizyklonen tiefer liegen als in den Zyklonen, die Maxima der Temperaturen höher, so daß die Amplituden der in dem Hochdruckgebiete vorkommenden Temperaturen bedeutend größer sind als in dem Tiefdruckgebiete. Teilen wir die Strömungen in den Hoch- und Tiefdruckgebieten kurz in Nord- und Südströmungen, so kann man über sie auf Grund dieser Tabellen folgendes aussagen: 1. Die niedrigsten Temperaturen der Nordströmung bleiben innerhalb der Antizyklone. Der Zweig der kalten Nordströmung ist innerhalb der Antizyklone einer stärkeren Erwärmung fähig als derjenige innerhalb der Zyklone. 2. Die warme Südströmung weist eine höhere Temperatur in dem Gebiete der Antizyklone als in dem der Zyklone auf. Es kommen also die höchsten und die tiefsten Temperaturen im Hochdruckgebiete vor. Die Erkenntnis solcher bedeutender Amplituden der Temperatur in den Zyklonen gab natürlich Veranlassung, auch bei den Zyklonen einen Unterschied zwischen den »warmen« und »kalten« zu machen. Die Amplitude der Temperatur für jede Windrichtung (auf dem Sonnblick) wurde in vier gleiche Temperaturintervalle geteilt. Entsprechend dem Intervalle, in welches nun die Temperatur fiel, wurde die Luftströmung als »warm«, »mäßig warm«, »mäßig kalt« und »kalt« und ebenso auch die Zyklone als »warm«, »mäßig warm« etc. bezeichnet. Das Hauptmaterial dieser Arbeit bilden die Beobachtungen an den europäischen Bergstationen; als Beleg der aus diesen gewonnenen Schlüsse wurden die Beobachtungsdaten der freien Atmosphäre benutzt. (Das preußische aeronautische Observatorium.) Die hier benützten Ballons sondes-Aufstiege sind sehr spärlich. Um sich von den Luftströmungen über dem Sonnblickniveau eine Vorstellung zu machen, wurden die zahlreichen Beobachtungen über die Cirruszüge, die von den preußischen Stationen durchgeführt werden, benutzt. Dazu kommen auch die Beobachtungen des Wolkenjahres. Die Daten der amerikanischen Observatorien kamenin dieser Abhandlung nicht zur Verwertung; siesollen das Material einer Ergänzungs- arbeit bilden. Es zerfällt demnach die vorliegende Arbeit in drei Abteilungen: A. Die europäischen Bergobservatorien. B. Die Cirrusstationen. €. Die freie Atmosphäre. 108 Dry. St. Hanzlık, Tabelle 2. Antizyklone. 70 To- aın De 1 - Tabelle 3. Zyklone. Winter Frühling ID 0 De oo > un a aı® E a a Ge.) Zi ; Il ar Ho oa | = a® tar = a m a au Il + + aa am (=, man ANmmD E am am a Il I CokeX-n) Sei) ma RO 177) a [N | _ —— | N & - gs eaq | ges | > 2 =) = 01% = oo® = ni SZ a m Hz} a au 3 2 m a) 107) Il = 11 g © -ı® aoca oOnL oO1aı® [e2) {52} aı an a 1 El at aoaı mn oO EB OBEN n 3 zZ u + ID DO De To®9 ee) ao zZ a au GD @D Sommer Herbst Meteorologische Elemente in den Zyklonen. 7| A. Die europäischen Bergobservatorien. Die benutzten europäischen Bergobservatorien sind folgende: Sonnblicke 50a 47003 nord Br 19050377 050 Gr BieduMide . 2859 42 50 » > OS SAntISEa Se 2500 Alto > > 9 20 Obi DOLL 46 30 > > 14 29 Sr Bjelasniecamı nn. 75.020067 43 42 » » IS IS >» Mt. Ventoux . . . . 1900 44 10 » > 5.17 Schneekoppes222..2.21603 0 44 » » 15 44 Belchenwyr lt 47 5 7 6 Dee? BenpNevise.20.02.2021845 86 48 » » 5 Owest.» » Brocken lets ol 48 » > IO37 ostlys2 > Die meteorologischen Data des Morgentermins sind den Jahrbüchern, die die Beobachtungen dieser Bergstationen enthalten, für die untersuchten Fälle entnommen. Das sind: der Luftdruck, die Luft- temperatur, die Feuchtigkeit, die Bewölkung und die Windrichtung. Dieses Material ist getrennt für das Winter- und für das Sommerhalbjahr bearbeitet worden. Alle Daten sind gegeben in Mitteln, und zwar für die acht Sektoren der Zyklone (N, NE etc.) und für die Druckstufen (im Meeresniveau) von 5 zu I mm innerhalb der 760 mm Isobare. Jeder Reihe der Tabellen geht eine Tabelle »des Gewichtes« voran, die die Anzahl der an dem Mittel teilnehmenden Werte darstellt. Man sieht, daß die Verteilung des Gewichtes um das Zentrum der Zyklone nirgends gleichmäßig ist: hier wiegt das Gewicht des einen Sektors vor, dort das des andern, bei einigen Hochstationen fehlen einige Sektoren gänzlich. Soviel zur Erklärung der Tabellen. Hier folgen tabellarisch zusammengestellt die Mittelwerte der meteorologischen Elemente für die »warmen« und die »kalten« Zyklonen der beiden Jahreshälften, beginnend mit der höchsten Bergstation, dem Sonnblick. Sonnblick. (Siehe die Tabellen auf p. 6—8 [72— 74.) Luftdruckverteilung. Wie aus den Tabellen der Luftdruckverteilung hervorgeht, nimmt in dem Sonnblickniveau der Druck nach innen ab. Die Bestimmung der Lage des tiefsten Luftdruckes in dem Sonnblickniveau in Bezug auf die Verteilung in dem Meeresniveau istnicht möglich; die »Gewichtszahlen« müßten bedeutend größer sein; die hier angeführten Mittelwerte sind zu wenig gesichert. Wenn wir die Lage des tiefsten Luftdruckes für jede Druckstufe aussuchen, so finden wir in allen vier Fällen (die Winter- und die Sommerhälfte der warmen und der kalten Zyklone), daß diese in dem W-, NW- oder N-Sektor liegt. Es ist also wahrscheinlich, daß die Lage des tiefsten Luftdruckes im Sonnblickniveau gegen die im Meeresniveau in nordwestlicher Richtung verschoben ist. In dieser Anschauung bestärkt uns auch das System der Luftströmungen in diesem Niveau (siehe die Tafel II zum Schlusse der Arbeit), ferner auch die Temperaturverteilung. Temperaturverteilung.! Die Tabellen lehren uns, daß die mittlere negative Abweichung in den »kalten« Zyklonen absolut größer ist als die positive in den »warmen«. Da es sich bei der Verteilung der 1 Es sei hier darauf aufmerksam gemacht, daß den Abweichungswerten der Temperatur — wie hier beim Sonnblick, so auch bei allen Bergobservatorien — keine absolute Deutung beigelegt werden darf, sondern bloß eine relative für das betrachtete Niveau. = = — = 06 = = „= = = = GEL —0F2 06 08 — 6, €6 — 06 G6 28 96 16 09,642 °6 68 6 88 6 99 06 68 = °6 96 &6 98 88 SHLTZ082 68 °6 16 S6 &6 r6 r6 06 °6 == 6 °6 96 &6 09,862 16 &6 rs 76 16 68 r6 06 <6 96 r6 68 38 6 GSL—092 98 06 86 68 28 <6 Ze 06 = 86 06 G8 Fe &6 092692 NOYSHYONOAJ SaNeloy 3 8.7 = 8-.0+ GEL 072 wol | @j2 = == 1-& 6-1 = = G.87 g.I+ = 8.0 Ber Zum Bol OL —GH2 2.9 | 1.2 Sl 9.r &-1 8-1 8.2 | 9.7 = Bor | Ser | Vor | BBır | Noamr | > | ot SP2 082 0-6 &-7 8.8 6-8 LT 1-1 G.F L-7 8.5 Fi 9.2 9.I+ g9.+ I.e+ r.Eer L.0H+ 0826992 1-8 207) 6-F 6-7 9.0 L.% 1-3 9.9 os 80m | @arız | ode | eogıe, | Beam | Bodum || Res S9L.— 092 6.9 0-01 r-& 6-1 I-I 0-6 = C.GZ s.2H+ 0-0 6-I+ 6-.F+ — g.6+ = 1.2 092692 Sunysiomgeingesodwa], 8-56 = = = 0-26 gE2—0r2 1.86 8-66 7 9.901 2.001 = G.601 8.801 83-001 T-£01 0.901 9-FOl &-66 0FL = GH, r-207 | #-001 | F-107 | 0.807 | S-907 | 9.F01 | 1.F01 | e.cor = 9.807 | T-OIT | 2.907 | F.211 | #.071 | 2.207 | 8-901 SPL—082 F.£01 | ©.207 | 8.901 | e.<07 | 8.607 | 0.607 | s.r01 | #.F0r Fr-ımı = 0-17 | 9.607 | 9-IIT | F-OIT | 9.211 | 8-601 092562 9.807 | S.907 | 0.017 | O.EIT | 8-TIT | E-ITT | 9.801 | 2.607 1 6.601 | T.rır | 9.eıT | #.erT | 9-9717 | 0-cır | 9.E11 | 6-211 S92—092 Sie | Soil || @o@iit | wei | woame | SA = 2.317 1 9-F21 | 9.611 | 9-FIT | 6-817 = S-611 = S-911 092892 (+ mm ooF) NOnaıpım JR I cEL—09, I I = I 3 — I & I r 3 3 1 u 72 3 I 3 g g 3 € € = I l 2 g s I 2 SPL—082 r F iz L el 8 I 2 I = g g 91 g r 9 092882 9 g € 2 21 F F SI 3 € g 1 13 6 11 I S92—09, iz I 3 € iz € = 6 I I € iz — 9 = al 092— 892 (uodunysegoag op JyeZ) IyaImaH9 MN M MS Ss HS 4 UN N MN M MS Ss SS CH AN N S[ONIPJUT AuojyAz ey SI EUTSIUIM yoyquuog SUoJNAzZ June AM 32 = — 8.201 = = = - 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Mittlere Abweichungen der Temperatur für ganze Sektoren. EEE SSH GES ROT SIT SH IT ES ee Ts ER TER rs RR ea a a a m m nz mn | N ONE EN SE, | 8: | isw | Swen a | | = | | Winterhälfte Warme Zyklone Jr. 105) U. oo) jloß SL. | = 97 | ie Weik: | + 2-4 2) (+ 2:7) (+ 1:7) Kalterayllonen a... — 53 — 3:1 —.le — 1:9* — 3:7 — 3:4 — 67% — 6:3 Sommerhälfte WarmerZyklone . . . ..| -+ 3-5* + 27 + 2°3 + 2:2 + 3:0 + 0:5 - 0.5* + 1:6 (2% | Kalteyzyklonee ar sr. — 3°5 — 0:3* la er 19) — 18 | — 26 — 6:1* — 6:9* | | | | (— 93°9) Man sieht allgemein, daß die höchste Temperatur im Sonnblickniveau in der warmen Zyklone auf die mittleren Druckstufen des NE- und E-Sektors fällt, in der kalten Zyklone auf die des SE-, E- bis NE-Sektors. Die Lage der höchsten Temperatur in der kalten Zyklone ist also in dem Sinne der Bewegung des Uhrzeigers verschoben gegen die der warmen Zyklone. Die Lage des Gebietes der tiefsten Temperatur fällt in das Randgebiet des W- bis NW-Sektors. Relative Feuchtigkeit. Die Mittelwerte der verschiedenen Sektoren für die Winter- und Sommer- hälfte sind folgende: | N | NE | E | SE | s ES) W NW | | | Winterhälfte | | 1 Warme Zyklone .. 2... 91 Sa ML sal eaı | 89 galleries | | Kalte Zyklone . . . . .. 90 93 s6 | Sımen Wie eo 92 89 90 | | Sommerhälfte Warme Zyklone . ..... 93 97 | 91 89 | 91 | 92 95 | 91 Kalte Zyklone . . ... . 94 96 93 93 | gan ss 91 92 | | Was die relative Feuchtigkeit betrifft, so ist diese hoch und sehr gleichmäßig im Sonnblickniveau verteilt, es scheint aber, daß die kleinste relative Feuchtigkeit auf der rechten Vorderseite, die größte auf der linken Vorderseite zu treffen ist. 1 Bei dieser Mittelbildung wurde immer »das Gewicht« des Mittelwertes einer beliebigen Druckstufe eines beliebigen Sektors in seiner Beziehung zur Luftdruckverteilung berücksichtigt und die auffallend abweichenden Mittelwerte — manchmal bloß Einzelnwerte — außer Acht gelassen. Darum kommen in einigen Sektoren auch zwei Werte vor. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL, Bad. 1i 76 Dr. St. Hanzlik, Bewölkung. Die Bewölkung ist in beiden Zyklonen sehr hoch; was die kleinsten und die größten Bewölkungszahlen betrifft, gilt ähnliches wie von der relativen Feuchtigkeit: es decken sich die Gebiete der geringen Bewölkung mit geringer relativer Feuchtigkeit und entgegengesetzt. N NE E | SE S | Su | w NW | | Winterhälfte \WarmerZykloner 2.2. 10 | 9 9 9 9 | &) | 9 (7) Kalte Zyklone ... . . . . 9 9 8 9 8 | 8 9 10 Sommerhälfte [e.} 001 SCL— 092 = 92 £9 29 = = = = € 38 001 36 = = = 001 09289, NOYSNYana,g PAalyejoıy = = r.8 = = = Soll — = 3 = = = = SEL—0r2 — eo — = = 9.8 = = = Bol = = Bol = 0-F 0r2— CH, > | Ge | x => || BR = = = = 187 eG 9.7 6-0 — — — = sH2—08, OL > | re | ER >| WR = = = 0-8 0.rF Fr &:0 6-0 6-0 082982 FO | RR I er | > = = Bel = = 9-7 6-2 pr 80) SP || Doll = .— = 3.0 + S92— 09, = al = | re = zZ = = 2 | ee — er | Br = = — 9.2 + 092892 Sunyarmmgeimyersdwoa] = = G.E1 — = = = — — 2.81 = = gel —0FZ = +-8l = = 9.87 — = = 8-17 Er 8-08 = 8-17 — = — or CH, 9.81 1-Fl 9.08 0.83 7.33 — = = == 8:08 0.83 8-97 8.73 92082 7-08 #.03 ».63 9.23 &:63 = = = 8:03 1.53 #23 G.23 9.87 0.63 = = 092892 9.97 &-93 2.08 ».1E = = 1-98 = 9.83 6-23 0.23 0.FE 0.38 = = 2-1E S92— 09, — #08 1.78 8.98 = = = = 9.1E Fre 1-63 F.2E =; = = 8.FE 09299, (+ zum QOC) NONApıynT = = I — = I = — = = = = sel —0F2 — 1 — = 1 = — = I =; I = 9 = = = Or Ch2 I & g E g = = = = g r 9 8 = = = SPL—082 3 IT 2 1 g = = — € ol 8 # 01 1 = = 082892 » al fe 8 — = I = I a1 I or 9 = = I 22092 = ol ; € = = = = 3 D I € I 09,992 (uodunyyoegoag ı9p |yeZ) Jy9Ima9 | | Er, MN M MS Ss as 1 AN N MN M MS S us 0 IN N NONIPYNT o1JJey1oyurM SUOJNYAZ 34eM AUOJYAZ June A pi NP ld len Zyklonen. 2 c he Elemente C 1S Meteoro log | | 9 3.38 = = = OrL —eH2 = 9 2-96 6.65 — = +2 082 &.F 2 I: 3-68 6-88 2.TE 0-88 = = = = 082— SCH - & ie 8.FE L.FE 1. 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Wenn man die Luftdruckmittel nach den einzelnen Druckstufen verfolgt, so kommt man zu dem allgemeinen Schlusse, daß die kleinsten Werte in dem NW-Quadrant am häufigsten sind; in dieser Richtung ist wohl auch die Lage des tiefsten Luftdruckes verschoben, also auch die »Achse« des Wirbels, wie es auch die Luftdruckverteilung in dem Sonnblickniveau anzudeuten scheint. Temperatur. Die Lage des warmen Gebietes in den warmen Zyklonen liegt in den inneren Druck- stufen des NE-Sektors, in den kalten in dem E-Sektor. Die Lage des kalten Gebietes fällt in der warmen Winterzyklone in den nordwestlichen, in der warmen Sommerzyklone in den südwestlichen Sektor. Es ist interessant, die Lage des kalten Gebietes in den beiden Sommerzyklonen für das Sonnblick- und das Säntisniveau zu vergleichen. In diesem (Säntis), das ein um 600 m tieferes Niveau darstellt, ist eine Verschiebung der Lage des kalten Gebietes im Sinne der kalten Nordströmung bemerkbar. NENNE E SE | s sw w NW | —| Winterhälfte Warme Zyklone. ....| + 10 + 3:58 | + 2:2 | + 2:9 + 0:8 — 0) — 1120 | — 37% | (+ 0:2) | (- 1:4)* I} Baltenzyloner a. ll 2:550:|, — 382 onleb ee | | = Be | We I 205: Sommerhälfte Warme Zyklone. ....| + 1:3 + 2:9* + 1°6 + 2.3 | — 13 — 1:8 — 04 0.0 ‘ (+ 2:2) (+ 1:6) (0:8) IKalieszykloner nn. — 389 | — 2°] ul 6% — 1'8 — 3'2 — 3°9 — 3'5 — 4:2* Der Unterschied der Temperaturen zwischen der Stirn- und der Rückseite der Zyklonen ist ungefähr von derselben Größe wie bei dem Sonnblick. Wenn man wiederum einen Vergleich mit dem Pic du Midi- Niveau zieht, sieht man, daß die Kontraste der Vorder- und Rückseite der Zyklonen in den Alpen näher aneinander gerückt sind als in den Pyrenäen, wo die Depression den europäischen Kontinent eben betritt. Relative Feuchtigkeit. Die mittleren Werte der relativen Feuchtigkeit für die Winter- und die Sommerhälfte gibt folgende Tabelle: NEL NE ER USER IS sw | we ENG Winterhälfte Warme Zyklone . ... . Ba 30 | gem eo sine Euce 91 Kalterzyklonernn en 89 | 54 | 81 s4 97 94 97 95 Sommerhälfte Sı we} [0,°} TR (de) m (do) cD oo a (do) oo Warme Zyklone. .... 85 70 Baltewzvklonene mr. 91 80 | s6 94 94 97 94 96 (02) Kalte Zyklone Säntis. Winterhälfte Warme Zyklone Dr. St. Hanzlırk, > el ae] Ho a IN Oo0 E vwean]] | EEE a0 3238 Z Ro0© -oo- = al elitelsc | BR Pan - | -.o a 0080 @meoro > atum- Saas anHtoın Soooe| Nollteite Yen en) | ber KA sl auana a, SITE > vonta ODE EA Ssese, 5 Camoa ee a I ıD xx + aatın 2 Baomj] Se, Hama] Neooo ER Bas sesell eaaHto J DS uno SIE = women | DENE eoemwmon 29900 | S a Neifteilteiar an) EN EITE el FR KR) | S+onjj en BE: = le ©) | eonm a + ı 3 Bann ano || ar! oo+tan on X ın = ae Kasse a Bann z Zea®R \ ISecro | es „e aoıdna Plarlutei | - . - - a Ds Bonn otom z T In wzggal| | SE I S o on fa) & 3 nn 80 RZ) + S = [3 = v s s = 3 e = ala S ö EB: '"D De) 6) S or Be © Pe} A © oO Sat = > 14 | Z [a0] @) 2 3 5 @), S © so] NM Leiiteiie) 3 Be m soon = Euler | | En ee © SsS* a+ S (SS all co 5) 5 = > & = (oJ nn) ® | | Se] N 3 e S = = = 3 VB-al OD > ES ©o-+ S| utterltekten) & 8:08 » ja Velleril We) = 5 sot- | SUEERER| maaz | ANMMOS 7 o = Ra —ın ll = Neiitelitei.\ ++ | k = ® @®) DonaLl SER ac Haoaoa art Sera S> 696 EN ( 176 eK er) (ie) ı Om ı m at-+ Se Eu: je2} SR] | rd z-an © [02) = Ss888 Dan saona|| PNeRe) Sa aaa eis in — . . . . - Homwn B 000.0 DH u en Aa = ooonL ST ran | oe Teen Si) ++1| I + Se an am = aH+tr-a a5 Tom |2S52Z [Selte) nm w ocean) | 5 +44+ eo aa 2m Do er: > u ı9 . . - . 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I I | | ] | I} | | | I | | | | — _ — = | - | - Bee 2.Cy | Sao | Base = - 07202 #87 65 | S.8H | 6.87 G.9g ©.08 ER = HL 08, r.6r re Ze L.FG | 6.58 6.F6 G.cg & sg ee) <= ».0G 092892 6.88 B- 29 2.189 0.86 1.89 8.89 9.09 | 2.09 2.19 | F.19 3.19 1.09 +.86 SC, 092 G.8G 1.68 8-89 _ _ | | | 7.59 | 8.89 = = 8.09 092092 Slae e james | je = 2 = | (+ mm I = = 1 = = I ° I — I = OFL— HL I 3 I £ | l 3 ° 3 = HL —08L2 € 3 F 6 2 1 = 1 € & 5 € 2 I = ; 092892 8 ol # ol a1 3 3 = 6 8 S al ı1 9 g iz 92,092 i £ 9 | ° = = F = 3 — q € — = 1 092— 892 (usSunypegoag A2Pp [JUeZ) IyaImaH9 oI}]eyJawwos DUOINAZ OeM 9UOIYAZ SuLte A N = — = ger —orZ = Ne Mm|S 91 A m INUCUES = sed = M = zZ Men S = |M08S |T129N = orL— #2 aus NNYF M| M |MS9SIMNeaSMZIESIMNHFSINgZEMNI = |M6ES IM 29S |M 095 |M ES |M 03S | 20 N 6ZN HL 08, Mm |\nse mimeoes ı mess ımursiım as ım 29 Ss mzesInse nass n mM cs im sr Ss ımaL s|srs a |s v9 4 ge N 092892 N 88 MIN 62 Mm 2 S IM 9sS | ms Ss im ses im ies|s safsor ua NEON |M 895 Im zes Im res mM 0sSımM 6 S 94 SC. — 092 aoseN NF MM E95 m S2S |H 62 N |M FE S = 9 N = ZI IMSUES, |WECIESEINABELSEISESSEt — ca 092692 ZUN4YOLIPULM — _ — z ol = = SEN —oRL m g ol = D = 01 = ol = = 01 = 8 6 = 072 CH, ol ol 6 01 6 6 6 € = 6 ol 01 6 8 6 8 72082 01 or ol 6 D 6 g D 6 ol 6 6 2 D F ol 09.882 L 01 ol s 9 D 9 2 8 ol 01 6 8 8 8 8 99209, 6 01 9 ol g 9 = ß 2 = 6 01 9 d, = 2 092 — 692 gunylfomag MN M MS S us 4 UN N MN M MS Ss us [CE IN N yOnIıpynT Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIN. Bd. B) > x Dr. St. Hanzlık 54 S = = NM 686 S = za INELISSZUNEZIES AN 3= Ss iz el = ORLZEHL N 293 SIM 29 S|S CF A |M 9 S IM Z2ISISCF A| SZ aA NFEM = = s624 = er —082 M N6L M| NS M|M 89 S IM IS S M = IMS SIH6 N Ars N |M ESS Im Fs Ss Im 08 S |M 22 S = SserH 092—E8L As NN SS MIN O2LS IM FI S|M FF S IM ILS SE EEE 402 N |N EI MN |M Er S IM ESS IM 23 S [WFS SS ZEN 4 992094 MNdresı4 6 NA CSS |M 29 S |M 29 S = — N 78, M — |NeHM a INECTESH ANGELES =z = Ss 234 09,99, SUn}Yy9LIPUrM 6 = = S = — 01 9 ol = g Ol ol D r 8 01 6 g ol 8 F2—082 2 6 ol 6 D ol = 9 01 8 6 01 8 8 > 092882 6 6 6 s 8 01 D = ol ol 6 v 8 6 D g92— 09, 2 ol ol 01 or = = 8 = ol = 01 9 = = 09249, Zunylomag = 36 = = 0L Z = 001 18 16 = 69 ORLZeHL 001 #8 06 2 001 69 69 001 = = = (0 SFL—082 &6 96 66 £&6 16 s6 = s6 001 68 66 66 18 sg = 091882 +6 26 s6 °6 68 16 16 = 86 26 26 98 #8 16 0, Sc, —09, 6 001 001 001 001 = = 96 = 66 = 66 38 = = 09.99, NOYSNYaN2A JANeL>Sy = ee = 25@ Sie = = Jo ar = = dar = | 80 — | Cork = = reR t = 0r2—CH2 9.7 =) 0.0 o-|eo-|92- v0 |9.0 0.9 SRG oe ST2 082 8.H 9.7 2.9 6-8 6-8 8.9 28 = | 1:80 => | 20 =r || Gl =e | 18 = | Vel ar | 28 Sr = Suametz 09288, 0-9 -=| 8.F vr T-£ 6-1 8:0 >| Yo — = 80 — 0 90 | 0 = | 88 = | 10 || @ı mm || @&0 2227092 9.9 | 9.9 = | 2.E 85 Go = = 9.8 — = Bo@ — = lol — || Sal =E = - vol ar 092892 | Zunysiomgeinyerodws], MN M MS S us [CB AN N I MN M MS Ss AS 4 UN N AJOUIPYMT re y1o2wuos 9uojyAz oe UOJNAZ une A 'SHURS Meteorologische Elemente in den Zyklonen. 85 Man sieht, daß das Gebiet der niedrigen relativen Feuchtigkeit sich auf der Frontseite der Zyklone befindet, es koinzidiert mit dem warmen Gebiete. Die größte relative Feuchtigkeit ist auf der Rückseite. Bewölkung. Die Mittelwerte der Bewölkung sind folgende: ] | | NA IBEENEZNEL VE SE S sw w NW Winterhälfte | ] Warmerzykloner nn. 8 8 8 8 10 | 10 10 | 9 Kalten zykloneaa a... 6 7 U 9 | 9 9 9 (7) | Sommerhälfte | Warme Zyklone , . 7 7 8 8 8 | 9 9 10 Kalte Zyklone . 7 (6) (10) 9 9 | 8 9 8 Auch die Bewölkung besitzt die kleinsten Werte auf der Frontseite der Zyklonen, es koinzidierten der Lage nach das warme Gebiet, die geringe Bewölkung undrelative Feuchtigkeit. Die Rückseite der Zyklonen weist eine größere Bewölkung auf. Windverhältnisse. Das System der Luftströmungen in der warmen Winterzyklone ist demjenigen auf dem Sonnblick ähnlich; man sieht wiederum die südwest- bis südliche warme Strömung, der in den äußeren Druckstufen des W- und NW-Sektors die kalte Nordströmung begegnet. Einen gewissen Unterschied zeigt der Nordsektor; auf dem Säntis haben die Strömungen eine deutliche Ostkomponente. Ebenso sind die Strömungen der kalten Winterzyklonen denen der am Sonn- blick ähnlich. Wie in der warmen, so ist auch in der kalten Zyklone die Verschiebung des Zentrums des Wirbels gegen NW deutlich bemerkbar. Obir. (Siehe die Tabellen auf p. 20—23 [86 — 89].) Luftdruckverteilung. Die Verschiebung des Gebietes des tiefsten Luftdruckes in der Richtung gegen NW, die durch die Data am Sonnblick und Säntis angedeutet ist, ist am Obir nicht erkennbar: die Gewichte des W- und NW-Sektors sind sehr spärlich. Temperatur. Die Lage des warmen Gebietes an der Frontseite fällt bei allen Zyklonen im Obir- niveau auf den E-Sektor, die Lage des kalten Gebietes auf der Rückseite auf den SW-, W- beziehungs- weise NW-Sektor. In der warmen Winterzyklone ist die Lage des kalten Gebietes in dem Obirniveau gegen die in dem Säntisniveau, im Sinne der kalten Nordströmung, südwärts, in den W-Sektor, ver- N NE E SE S SW Ww NW | Winterhälfte Warme Zyklone.....| + 1:6 + 1:9 + 3:3* + 29 + 2:7 + 3°5 + 0:2* + 10 (+ 3:0) Kaltenzyklones cn. al AS — 21 — 1:9* — 2:2 — 3'9 — 33 — 5°5 — 6:3* Sommerhälfte Warme Zyklone.....| +17 +2 + 2:6* | + 17 + 2:4 + 0:4 | + 0:7 —+ 2-1 KaltegZyvKlonem ee: — 3°9 — 1:8 — 0:7*# — 1:2 — 1:8 — 3:7 — — 4:0 Dr. St. Hanzlik, — = 001 = 001 = = = — == — 001 = sel —0RrL = = 18 26 001 = — 001 = = 001 08 = 001 = = s6 = £6 66 66 001 28 001 = 6 = 26 26 86 007 001 HL —082 = &6 s6 36 96 <6 16 26 001 F6 <6 66 66 001 66 001 08,98, 96 6 38 +6 °6 86 s6 76 = = 18 °6 96 26 s6 66 2209 28 16 == rs r6 & [01071 001 = 49) 98 {& €6 001 66 96 092892 NOYSYNYNaT SAalyejoy = — ala = 307 = — = 6.0 — CEL—ZORL = 9.3 = | 6.€ &8 = = - Ba = = = Bell ir = = 8. + = = Or. 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Gleiches gilt auch von der Bewölkung. | N NE | E SE S Swen Ww NW | | Winterhälfte Warme Zyklone.... ... om se ee || > Mi 90 94 (100) | | Ralterzyklone2..... 98 | 94 | 96 97 | 93 9 | 92 94 1} | I} | I} Sommerhälfte Warme Zyklone..... 99 95 91 | 90 89 95 | 99 | 94 Kalte Zyklone. ..... 98 99 98 94 96 | 92 | 97 | (100) Winterhälfte Warme Zyklone . .... 9 10 10 3 7 6 6 (10) Kalteszyikloner zn a. 10 10 7 9 7 7 ie) (9) Sommerhälfte Warme Zyklone..... 9 8 5 7 8 | 9 9 Kalte Zyklone. ..... On 9 10 7 6 6 (10) Windverhältnisse. Das System der Luftströmungen in dem Obirniveau weist eine große Ähnlich- keit mit dem Säntisniveau auf. BjelaSnica. (Siehe die Tabellen auf p. 24— 26 [90 — 92].) Die Station BjelaSnica wurde gewählt, da sie das südöstlichste der europäischen, regelmäßig beob- achtenden Observatorien ist. Das Beobachtungsmaterial umfaßt eine Periode von 11 Jahren, ist also kürzer als das der anderen Hochstationen. Aus diesem Grunde geben die Mittelwerte eine ziemlich rohe Dar- stellung der meteorologischen Verhältnisse, was besonders von der Luftdruckverteilung gilt. Temperatur. In den warmen Zyklonen fällt das warme Gebiet auf den E-, respektive NE-Sektor, in den kalten auf den SE- und S-Sektor; es sind also die erwähnten warmen Gebiete in den warmen Zyklonen gegen die in den kalten im Sinne der südlichen Strömung verschoben. Relative Feuchtigkeit und Bewölkung. Die kalte Zyklone weist eine fast gleichmäßige Ver- teilung der relativen Feuchtigkeit auf, die im Mittel zirka 90 Prozent beträgt; es läßt sich weder die Lage des Maximums noch des Minimums bestimmen. In der warmen ist die relative Feuchtigkeit an der Front- seite etwas kleiner. Die Bewölkung ist im allgemeinen gleichmäßig verteilt, zirka 10, an der Frontseite etwas kleiner, Dr. St. Hanzliık, ii 23 at Ei £&6 — = _ 36 = = eg2—0F2 = = &6 oFL.—eH2 == 28 16 001 16 €6 °6 F &6 &6 &6 °6 SPLZ0O8, 36 26 68 €6 36 16 16 68 = = = 98 76 &6 °6 = 0982982 ex 68 -- 76 16 16 g8 16 Een 16 = &6 06 °6 56 = S92— 092 = = = €6 — — = = = (29) 001 82 = 09269, NOYSUyONaA SANejoy = = = - 9.0 + — — = — = 8.7 + = = GEL -0F2 = — = = = = = = = = = = re orL=CH2 = a — | or > || Bar. ze | Oo ae | lo Se | Ball = = GB ae | 9.0 a) er2L 082 se => || >| ee = || 250 ar | @@ Sr || 260 Se || Soil = zoll Te %Ss + |0.e + | 1.C # 0.9 + — DSL —CCL _ 9.8 — — Do sr || Sal ei] Qalı > || or Sr | @ — = 2.1 + = Go Sr | a2 > | Voir sur | (ned Se = 9209, = = = = = T °.0 = Ei = == = 35 sd SP. 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Die Strömungen sind sowohl in der warmen, als auch in der kalten Zyklone, soweit die Sektoren vertreten sind, in guter Übereinstimmung mit dem — der Höhe nach nicht schr ver- schiedenen — Obirniveau. Mt. Ventoux. (Siehe die Tabellen auf p. 23— 30 [94 — 96].) Luftdruckverteilung. Die Verteilung des Luftdruckes in dem Mt. Ventouxniveau scheint das bei den vorangehenden Observatorien gefundene Ergebnis zu bestätigen: nämlich die Verschiebung des tiefsten Luftdruckes in dem Mt. Ventouxniveau in der Richtung gegen NW. Temperatur. Die Temperaturverteilung in den Sektoren zeigt das Maximum in den warmen Zyklonen im südöstlichen und östlichen Sektor, in den kalten wahrscheinlich in dem E-Sektor. Das Minimum der Temperatur fällt in den warmen Zyklonen auf den W- und sogar auf den S-Sektor, in den kalten auf den NW- und W-Sektor. Der Unterschied der Temperatur zwischen der Stirn- und der Rückseite der Zyklone (im Winter) ist bedeutend, beträgt zirka 4:5° C. Winterhälfte | Warme Zyklone . .... + 0:7 — + 04 +14* +08 | — 12 — 31* — 0:5 Kalteezyklonen a 2.22. — 1:2 _ = — 1:6 —ugR: — 417 — 6:0 *| — 6:0* Sommerhälfte Warme Zyklone ...... — 0:0 _ |. + 0r3# | — 101 — 2:0*| — 17 | — 04 + 0:8 | I (= oz) (— 0:9) Kalte Zyklone. 2... . = ‚2 | ea ze | eg | er | = Ba Relative Feuchtigkeit und Bewölkung. In dem Mt. Ventouxniveau ist auf der Rückseite der Zyklonen nur geringe Feuchtigkeit und geringe Bewölkung zu verzeichnen. Wenn man zu den einzelnen Fällen übergeht, aus welchen die Mittel gebildet werden, wiederholt sich derselbe Fall, der auf dem Pic du Midi nachgewiesen wurde: die Rückseite aller Zyklonen in dem Pic du Midi-Niveau weist eine bedeutende Anzahl von nördlichen Fallwinden mit kleiner relativer Feuchtigkeit und geringerer Be- wölkung auf. Windverhältnisse. Die Windverhältnisse auf dem Mt. Ventoux stellen ein Übergangsstadium von denen in den Pyrenäen zu denjenigen der Alpen dar. Warme Zyklone: In den beiden warmen Zyklonen sind die erwähnten Strömungen, die kalte Nord- und die warme Südströmung markant voneinander getrennt. Zieht man die Linie, die diese beiden Strömungen voneinander trennt, so geht dieselbe in der Mitte des Nordsektors (wo sowohl die Nord- als auch die Südströmung vorkommt) und teilt den S- von dem SW-Sektor. Die durch die Südströmung beherrschte Fläche ist etwas größer, in der warmen Sommerzyklone bedeutend größer als diejenige der Nordströmung. Man vergleiche die Windverhältnisse der warmen Zyklonen auf dem Mt. Ventoux und Pic du Midi miteinander unter der Berücksichtigung des Höhenunterschiedes 1900 m und 2859 m. Aufdem Pic duMidi verläuft in der warmen Winterzyklone die Trennungslinie der beiden Strömungen zwischen dem W- und SW-Sektor, auf dem Mt. Ventoux zwischen dem SW- und S-Sektor. Dasselbe gilt für die Sommerzyklore, Es reicht also im Mt. Ventouxniveau, das ein tieferes Niveau darstellt, die 13# ID). Sta Jalanel ld, 94 sg es (63) 00T €6 (2 es 68 62 66 001 — 02 CL — 092 98 001 E83 r8 0927992 a (er) | & 69 16 001 ES 06 = MONSHUINDOAJ SAaejoy = = == — So = = 6 > SELL —0FL = Ger = | Gar, = = = a ae Me Ol = | Sol) => Or2—Ch2 o-P &. 7.6 ao — || le — = Er 9.0 — I 9-0 3 | 89 r.& vr. 80% Ar || 70) Sr — 7.0 6 GF2 082 8-9 1.9 1.6 0.6 Gl >= 3:6 2-0 60 zoll ar | 100 — || As) Ar — 0-0 091984 g =| 169) — || 28 || 0:8 — || 80 7 Go | 98 | roll 0.1 8.34 No) Sı> — 80) — GG2 092 (07. |. — || 22 = 00 = 129 = SE 30) — all = || Boll er || Boy ae || Bell Sr =® = 77 09,592 Zunysiomge.inyerodus], = 9.84 1.68 GEL —=0F4 E 7-93 9.28 = = == Fr G.68 8-66 =: = 8-78 09,692 1.88 6:78 3-06 7.68 6.88 = == G.98 1.88 1.98 9.68 8.68 €-06 9.16 = 8-06 FL —08, 9-06 8-16 1-76 g.96 L-&6 = = 6 F6 3-66 0.56 TE 6-16 7-96 0.76 — 3:96 092992 9.76 8-86 8-96 9.66 9.66 —= = = 8-86 7.56 8.26 83-001 &-66 6.86 == 6-26 GEL=2092 0-001 8-86 1.801 = 3.801 2 7.26 = G.001 1.101 1-FOl 8.601 0-.F01 OIZEIZ Be = = ze = = I = Zg> @ GEL —Z0RZL = l I z I & = = l 092572 & G & & 1% =, z I r & g g L I = {@ cH2L—08, 8 el ii 6 S — = l 9 3 = F a 9 — G 09,952 r ST 8 g & 75 == — 8 G L & S & = ° 692092 & {e} I TE i% = I == L g I G & 094692 (usdunyyaegoag 19p |yeZ) Iydıman _ — 001 — = 001 SEL—0RL = 001 001 — _ — - 06 = z — = 001 _ — 001 OFL— CH &8 &6 &8 001 001 = = 001 +6 &8 96 cg 001 001 = 001 HL —08L 7 26 001 26 001 — —_ 001 28 r8 — 001 £6 001 = eg 08200 MN M MS S as CH IN N MN M MS S as a AN N OnIıpynT SYJ]eUJOJUIM ‚DuoJyAZ oJfe4 uUoJyAz une A "xnoJuaA "UN ID lemenle in den Zyklonen. m Meleorologische = — — = = 3-68 = = Or) —SHZ = 8-96 1-£6 = = 6:56 = 1:06 Hl 082 3:86 2 2.86 — = 2.°6 °.26 1.66 8-26 09,36) 8-8 6-001 6-01 = = 6.66 2.001 0.801 S.TOl 9.001 = 1.001 GE,092 &-001 = — — = = 0-901 = 6-C0T | 6-801 092092 (+ mm H0S) NOHMAPpynT l ee — 1 — — 072 —-Ch2 _ 3 3 == = I I | = = I = I Hl —08, 1 r I 6 & I == = F € g € = = = 3 F al R 2 IBRE I - = & ol 8 s 9 j =, 3 I £ & ; = = — | 3 = & 3 (ueSungyoegosg A9Pp |yeZ) Jy2ImaH9 oYJJeyJlowwog SuUoJNAZ aey4 SuoJyAzZ vunre M = ; = — N == = sHhA gel —0F, = N S = — = = seHrA serA = = N 29 M OrL Chr 08 N|N 8 MIN OF M| Ser A S = = SI AI 9a N| NL MIN 2 MM 28 S |S 294 S = s2.9A4 SHL 08, TERrN| N Z2E MM 29S IN 22 S|S Cr 4 —- /M29SsIa2a Nu EN = s9g,a|sgra|s 9 AH = N 08288, SIIN\NSSEM N NSITM|IS 2e A = = = aA0s N N N 89 MIA HS S|SZS A |S IE 4 2 Se 4 SC2—09, N82M| N NOGE MI = s 91 = N — Ar NASE N|INZYIMISSFAH|ISCLA 09,59, ZUunJyaLIpur == 01 = = = = == ol GEL —0F, = ol ol — — = z 2) ol = = ol OrL—SH2 8 8 2 01 ol = = ol 6 8 6 8 {021 oT = ol 7208 8 ol 6 01 = = 01 2 8 == ol 6 oT = 8 092892 & 2 (0) 01 6 g 9 8 d ol ol = g 282,092 r ß) ol mE 6 >= 2 == b b ol L & = = = 09.592 zunylomag MN M MS Ss AS [C 0 UN N MN M MS Ss us 4 UN N S[OnIpJFWT } 9) St. Hanzlık Dr. 2 0] ( C fe = = N = = = = = Im = S = = or — CH, = N 4 99 N = =; = = = ser N scHA = =; serH = a4 HL 08% NA TEN N N 08 M| S 99 4 S = = SUNG MAUFIN|SSHH N 29 M 09,882 NINSIMNYMM S S|SHIA| SCHAH = = 83 N | HSIN NZZ MN MMOSS|S CHA = M29N GE, — 09, N N S2 M Aa N| UN 7 S NORA = = = 09, — 892 ZUunyanıpurM\ = = ol = = = = = = = ol = = oFL CH, = ol ol 2 ol OT = = ol = 01 HL —08L ol 8 0 ol 01 ol = — 9 01 01 ol or OS, EL 8 6 N) 6 6 ol = = 6 8 01 8 9 ol = 9 E92 — 09, 3 2 ol ol 9 = D 6 = = = 092892 = = = suny]omag = = 001 = = — 001 = = Or, — HL = o01 001 = = ed) 001 001 = >= 001 = 6 er2— 082 001 68 »G 001 001 — = 68 001 001 001 = = = 001 08289, 06 3 16 26 001 = = +6 28 6 06 88 001 = 8 SE, — 092 89 8 001 = = = = = 001 [23 = 68 68 = = = 092 892 NONSHUYONa A SALON = = E38 = — = 2.0 + = = OrL— SH) =. @6®) &:7 = — 8 | Bo > | Bol — = = Guekatz = Bell Ar HL — 08, 9 | re | de | Rare | ie ie = = = log ar | Go) — || Od > || 7:0 = = = = GB — g.9 0-8 0-8 6-7 0-€ S-1 = = dal = | BR = | Bol > || 228 = 80 || Tee = = gell Sir EZ | Be = Go || Ball — = I 220) = Zunysomgeinyerodws], MN M MS D HS 4 UN N MN M MS N us [C 1 IN N SONIPYNT auopyAz ae] Je yaowwos "xnojuaA "IN uojyAz aune A Meteorologische Elemente in den Zyklonen. 97 kalte Strömung weiter nach Süden. Stellt man sich diese Verhältnisse räumlich vor, so bedeutet das, daß die kalte Nordströmung sich wie ein Keilunter die warme Südströmung schiebt und dieselbe auf solche Weise hebt. Ferner sei darauf aufmerksam gemacht, daß in dem Mt. Ventouxniveau die warme Strömung von SE kommt, also eine einströmende Komponente besitzt, auf dem Pic du Midi dagegen von SW bis W. Es weist also die Südströmung eine rasche Rechtsdrehung mit der Höhe auf. Kalte Zyklone: Vergleicht man die Windverhältnisse auf dem Mt. Ventoux und Pic du Midi mit- einander, so weisen diese (in der kalten Zyklone) keine bedeutenden Unterschiede auf; nur daß die warme Strömung der Frontseite im Mt. Ventouxniveau eine einströmende Komponente besitzt (nämlich aus SE), während die im Pic du Midiniveau — etwa 1000 m höher — in dem S-Quadrant schon aus dem Gebiete der Zyklone eine ausströmende Komponente aufweist (nämlich aus W). Schneekoppe. (Siehe die Tabellen auf p. 32— 34 [98 — 100].) Luftdruckverteilung. Die Verteilung des Luftdruckes — soweit der NW-Quadrant vertreten ist — verrät die bei den höheren Observatorien erwähnte Verschiebung des tiefsten Druckes in nordwest- licher Richtung von dem Zentrum. Temperatur. Die warmen Gebiete auf der Frontseite der Zyklonen fallen in den warmen Zyklonen auf den NE- bis N-Sektor, in den kalten auf den E- bis NE-Sektor. Die kalten Gebiete auf der Rückseite der Zyklonen fallen in den warmen auf den W- bis S-Sektor, in den kalten auf den W- bis SW-Sektor. Es läßt sich also eine Drehung mit den vorherrschenden Strömungen unzweideutig verfolgen, wenn man von dem höheren Niveau in das niedrigere herabsteigt. Der Unterschied der Temperatur zwischen der Front- und der Rückseite der Zyklonen beträgt zirka 5° C, in den kalten ist er etwas größer. N NE E SEINES SW. | le wer ll FoNW Winterhälfte | | | Warme Zyklone .... . +14 | +48* | + 4:6 + 2:2 als + 0-3 0:0 N E70) Kalterzykloners 0.02: lan 20.7 | — 0:6* — 1:9 — 2:9 — 48 — 678 — 4.6 Sommerhälfte Warme Zyklone . .. . . ao os | ee oe or Vo, I (er Ben) | Kalie Znkiome «6 Ela ger | es le org | u Be oe or Bewölkung. In der Verteilung der Bewölkung findet man die kleinsten Werte dieses Elementes an der Frontseite der Zyklonen. Die Gebiete der geringeren Bewölkung koinzidieren allgemein mit jenen der größten positiven Abweichung der Temperatur. Windverhältnisse. Die Windströmungen in dem Schneekoppenniveau weisen einen zyklonalen Wirbel um ein Zentrum auf, das mit dem tiefsten Drucke im Meeresniveau fast übereinstimmt. Auf der Frontseite der Zyklonen überwiegt bei den Luftströmungen eine Komponente nach auswärts. NW Dr. St. Hanzlık, 20) 16°6 N B) Be D} Ww 13°0 SW 5 13° 34 1 Kalte Zyklone SE 10 « 143 1 Le Ko} {ep} Beh rl) © © Fr] @aano kaseen) or-o0o©0 m) IaRhon an SS ale; | er n--+ SIE SIR CE |) 00009 szasas le rm am EEE ooo90o6o sesase ll | SoOa{a zZ Soon | no III ac en SINISHIEZIES => o ' = = rar atrıama See Rn arms Il I + Schneekoppe. W 16°3 Winterhälfte aD 0-0 4 % Bewölkung 10 10 10 Luftdruck (600 mm +) Temperaturabweichung 14:8 10 10 10 Gewicht (Zahl der Beobachtungen) 4:8 &) 19:3 (>WeliteiiieE eo) aauocano 44+4+4+# | 10 10 10 10 SE 0) 3 0) ten [X 0° © aa cu aıc0 0 aadnno ++++4++ 10 Warme Zyklone L: 44 17 AND Oon as mn m ı9 ın 44++++ [53 ST, 92. oma neil'eE..Bteiis2} | +4+4+++ 10 10 60 5) 69— 1 60—75 voamaoarn a ı a | 4444 SOMASNATSNR Neit=BTfe) oc [u ST Ser Se N | DOW ON S eiTiteiite) =# [u ae SE Sa er 10 10 10 10 10 10 10 10 5— 740 99 len Zyklonen. em dc lement E Meteorologische I 1 f | | = - = | 82 Or CH G.21 = &-5l 6-Fl L-ol el #61 2-91 2.01 6-61 0.91 6-81 3-81 &-81 SEL—082 ® -81 0 r.08 gl 1-81 -g1 = = 3-61 3-16 1.173 r.03 8.17 8.17 092892 .1s r F.27 0-33 .38 3.13 = 8:05 r.C 8.97 9.95 7.87 ©.r7 gE2—092 .07 9. = F.27 _ 7.70 3 E-£7 9.63 8.17 = 8.87 09289 | | (+ mm 009) NOMApıynT = I On —er) | = £ € F I I I I 3 0) I 1 srl — 082 3 9 El £ g = — 3 + al 2 r & 09,884 9 D 2 5 ° => £ el sl el D 2 SC, —09, g I = I 3 3 I 9 = 3 092892 (usFuny9egoag ..oPp JyueZ) IyaımaH9 oIJeyzaoawwos = (=2} SUOJNAZ ey auoJyAz June MM = > rs | A z = AN AN cr AN. | EL SINE M| — = Ser —0F2 E = N MN S S = ASIEN M |MerSsı|msı Ss S ) Or Ch} S N aAseNn MS M S N 61 MM 08 S |M 8F S ım 21 S |M SP 4 HL —082 = N OT MIN F2 MIN 61 S S 33 S S N SI MIN 79 S |M IE S IM FI S = S 082—EGL = NZ28eN| N |M 6 S S 3€ S = N 9I MIN gez MIN 12 S IM 83 S |M 12 39 ec, — 092 E M = = S| 29 NOo8 MI = = = M |M ers ia 8&s S r 09209, = s 5 Zunyyanpul S 3 | | | MN M MS S | us | 4 UN N MN M MS Ss us 4 UN N 2OnAıpyynT] ä ” 12) elıl Dr. St. Han; 10 — — = = ORLZERL SerH = N 6T AN N SH MAN ER SINN 985 S IAN ET SH co N N 4 Cor NM SPS AN IN26852 |SY762°4 S S GrL—=08L N CR MIN 29 A| NSS MAN 68 S AN ER SM TTS SCI HIN SH N I = N 29 MIN TI S |AN se S IM I SS 62H I SHOT 4 091882 TON IN ES M|N 68 AM 6958 TEIS IM ST SIIAN SS | HICTN Gr .N == N 9E MIM 99 S |M CE S |A 08 S IS SSH | S 29H gg, 092 YSoaN 4 Er N =: So) AN @a. 8 Kal IN & NSHM NM 89 S 82 SIEH 092992 | SUnJy2Lıpur | = ol FE — ORrL—STZ ol = or OL Or OL OL Ol OL ol Ol % (0) OL Gr, —08, OL ol Ol Ol [op 1 l ol I — ol ® S [& Ol 09159655 ol ol 6 S 2 ol 9 S == ol 6 % s 01 99,09, ol ol = ol 7 | ol ol or ol s = {a 09,89% | le ee = zer = een SE sunyJomag = = od Ar ORL—ZSRZ Fr. + = 0-2 7-0 er || 06 Se | 000: || 80 Se | > || ol = So) ar | | Bo Se |I air Sr GrL—08Z 6.0 r-r 8.G 6% 6.1 OR Ar || 1r@ = SE = Ball: = Be || Ve a || MR Te || Koll Sr 09,—EC, 2-6 r.G 9.1 0.8 s.0 @.] GO Bor Ar = Boll Sr Tee I el poll ae || BZ Sr GG, 092 A067 el] GR = 0-0 Go ar oe —= | or A| har Bo Sr = 8.4 + 092692 Sunyarmgeinyelsdws ], — — | u —— MN M | MS | Ss us 4 UN N MN M AS S HS 4 IN N 2OUIPYJUT I} AUOJNYAZ Se] oIJJJeylowwos addoyasauyas 9UOINAZ JULIe A Meteorologische Elemente in den Zyklonen. 101 Belchen. (Siehe die Tabellen auf p. 36-—- 38 [102 -- 104].) Luftdruckverteilung. —. Temperatur. Die Sektorenverteilung der Temperatur zeigt, daß die Lage des warmen Gebietes in den warmen Zyklonen auf den SE-Sektor, in den kalten auf den E-Sektor fällt. Die Lage der kalten Gebiete der Rückseite schwankt bedeutend; in der warmen Winterzyklone zeigen sich zwei Minima im S und NW (wahrscheinlich nur eines von beiden gleichzeitig möglich), in der Sommerzyklone dagegen nur eines im SW. Im Jahresmittel fallen die kalten Gebiete in den kalten Zyklonen auf NW bis W, in den warmen auf W bis SW. Der Unterschied der Temperatur zwischen der Front- und der Rückseite ist in den kalten um zirka !/, größer als in den warmen, wo derselbe ungefähr 4° C beträgt. | N NER AN ER WISE S sw w | nw Winterhälfte \Warmeszyikloner> 21.2.2210 22.077 Sr BU 2 = 7365 — 01 + 05 — WE) — 0497 (— 02) (+ 3°3) Kalte Zyklone. .....| — 52 | (— 5°6) — (9 — (leh — 900 — a 5 — 4:6 (— 21) ( 3:5) (822) (— 3°8) Sommerhälfte | | | | | Warme Zyklone. . ... . — 0:8 | — 1:9 — 0:6 | + 0:4 —3u0 = 9a — le — 0-5 Kalte Zyklone. ...... | ocean ee as sn oe | | | | = 2°%) Ne 5°7)* | C 5:5) | | | Relative Feuchtigkeit und Bewölkung. Diese Elemente sind allgemein auf der Frontseite der Zyklonen etwas geringer als in den anderen Sektoren, also in Übereinstimmung mit den anderen Niveaus. Windverhältnisse. Die Strömungen in dem Belchenniveau sind denjenigen der Schneekoppe sehr ähnlich. Hier am Belchen hat sich ebenso wie in der warmen als auch in der kalten Zyklone eine einströmende Komponente fast überall eingestellt, mit Ausnahme der NE-, E- und SE-Sektoren, wo noch die Luft in der Richtung vom Zentrum ausströmt. Der Unterschied im Schneekoppen- und Belchenniveau zeigt sich bloß in dem Nordsektor; auf der Schneekoppe herrscht noch Ausströmung, in dem Belchen- niveau schon Einströmung. Ben Nevis. (Siehe die Tabellen auf p. 40 —42 [106 — 108].) Luftdruckverteilung. Von diesem Elemente läßt sich kaum etwas sagen, die Gewichte sind nicht bedeutend und nur der SW-Quadrant ist vertreten. Temperatur. Die Temperaturverhältnisse des Ben Nevisniveaus sind meist durch negative Ab- weichung gekennzeichnet, sowohl in der kalten als auch in der warmen Zyklone. Das kalte Gebiet der Rückseite liegt in dem W- und SW-Sektor; das warme Gebiet der Frontseite ist wahrscheinlich in dem SE-Sektor zu suchen. Bewölkung. Hierüber läßt sich nur sagen, daß die Bewölkung in dem N-Quadrant der warmen Zyklonen etwas kleiner ist als in den benachbarten Sektoren, soweit sie eben vertreten sind. 14* Dy. 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Die Luftströmungen in dem Ben Nevisniveau stellen uns Verhältnisse dar, die von denjenigen der bereits besprochenen Bergobservatorien ziemlich verschieden sind. Insoweit die Sektoren vertreten sind — die nordwestliche Hälfte — sieht man in dem Ben Nevisniveau in der warmen Zyklone eine einheitliche gleichmäßig temperierte Strömung von E bis NE. Sogar in dem SE-Sektor ist eine NW-Strömung ebensowohl in der Winter- als auch in der Sommerzyklone. Von einer Südströmung, die man bei den höheren Observatorien in dem N-, NE- und SE-Sektor trifft, ist hier keine Spur vor- handen. (Wahrscheinlich würde man diese warme Strömung als eine Ostströmung in dem NE- und E- Sektor treffen.) Wenn man diese Windverhältnisse mit denjenigen der anderen Hochstationen vergleicht, so findet man kein zweites mit gleichen Luftströmungen, nur der Pie du Midi und der Mt. Ventoux weisen eine gewisse Ähnlichkeit auf. Der Pic du Midi stellt uns die Verhältnisse der Zyklonen, die von Westen her den europäischen Kontinent betreten, Ben Nevis, der um fünf Längengrade westlicher von dem Meridian des Pic du Midi gelegen ist, stellt die Verhältnisse der Zyklonen, die von NW kommen, dar. Mt. Ventoux schmiegt sich, wie gezeigt wurde, den Luftströmungen der warmen Zyklone nach, den Verhältnissen des Pic du Midi an. Es stellen also die drei Observatorien, Pic du Midi, Mt. Ventoux und Ben Nevis beinahe gleichzeitige Verhältnisse der Strömungen in den Zyklonen, die von dem Atlantischen Ozean auf den europäischen Kontinent kommen, dar. Die »warme« Zyklone: Die Area der Nordströmung in dem Mt. Ventouxniveau ist größer als die in dem Pic du Midi. Die Area der Nordströmung in dem Ben Nevisniveau ist wiederum größer als die in dem Mt. Ventouxniveau. Sie erstreckt sich sehr wahrscheinlich auf den S-, SE- und NE-Sektor. Das Erstreckungsgebiet der warmen Strömung, in dem Ben-Nevisniveau als E-Strömung auftretend, ist wahrscheinlich auf den E- und NE-Sektor beschränkt; in dem Mt. Ventouxniveau dehnt es sich schon auf einen Teil des S- und N-Sektors und auf den ganzen SE-, E- und NE-Sektor aus. In dem Pic du Midi- niveau beherrscht die warme Südströmung bereits eine größere Hälfte. Soweit die höheren Niveaus in Betracht kommen, sei hier auf eines der folgenden Kapitel (»die Cirrusströmungen«) aufmerksam gemacht, die das prozentuelle Anwachsen der durch die Südströmung beherrschten Area bestätigt. Nach dem hier gesagten kann man eine ungefähre Vorstellung über die Fläche gewinnen, die in dem Körper der »warmen« Zyklone die Südströmungen von den Nordströmungen trennt. Diese Fläche hebt sich im allgemeinen von SE gegen NW, ihr Schnitt mit einer horizontalen Ebene ist eine Kurve von konkaver Krümmung gegen SE. Es schiebt sich also die Nordströmung keilartig unter die Südströmung und hebt daher dieselbe. Die »kalte Zyklone«. Vergleicht man die Strömungen der kalten Zyklonen für die drei zitierten Niveaus des Pic du Midi, Mt. Ventoux und des Ben Nevis, so sieht man, daß sie einander ähnlich sind. In dem Ben Nevisniveau hat man in dem SE-Sektor eine Luftströmung gegen das Zentrum zu (Mittel nur ' aus zwei Fällen), in der warmen dagegen — wie schon erwähnt — eine Luftströmung nach auswärts. Es beherrscht also in der »kalten« Zyklone im Ben Nevisniveau die warme Südströmung (wahrscheinlich) schon eine größere Fläche als bei der warmen. Dr. St, lamziır, 01 01 l 01 = 6 6 ol = 01 = = 01 SE —0F, G g = = s = ol = oT ol 01 = OFrL—SHL 6 D = SI = = = ol 01 ol ol 9 ol SHLZ0SL D 8 i2 8 = = ol FE = g 081592 = or =; fe 8 ol F g92— 09, 0 ol — — ol = = = = = 9 09.8 = E ZunyJomag Ro) || Boir = || 96 = = = Bo) ar == go 7.0 2.8 Hall um = nn dal — Er 0 0-1 2.9 air = r.0 > Fe 108 — || Geo) — gr — = Or —SEL sa = ie & Sl 6-5 L-& Be) — | Goa An iz = Ger. — = = 1 9.0 ge z = 8 = 6-6 = = = lo = | 80 — || @all = Sue ».0 © Er Bar Ar 88 = SunydiomgeinerodwsL 9.87 1.66 9.683 = = = 8.08 = 9-87 9.03 8:56 = 9-r7 = = 8-53 GEL —0HL 9.17 9.98 = = &.27 = 2.08 = 6.83 +95 = Or —CH2 G-1E 9.08 L.68 G: FE S.TE 3:88 ste SPL 082 0.28 r.H6 bule g.98 SE == 9-25 = = 0.98 09.884 = 1-1r 9-68 9-.0F 8-18 ©-0F eC2 — 09, 48H Fr.) = = = = = = = 3:97 r.o# ICH, (+ um 009) NONMAPYNT 3 I I I 5 ° q I == € = = r SE — CH, ° ° = = ° = I = 2 g SE = = = | = OFL—CHL 6 9 | ° ° € | l I F 9 : — = = & 6 = = | = Zr 3 0LL EC) FE € | : | g 1 € g92— 09, l 3 == = I = z 5 09, (usgunyyoegoag ap [JULZ) IyIINSH — —— - =— Ä = — I ——T— MN M wg Te as N MN M NS = Is UN N yonıpya] SY7 IB U1OJUT M OuoINAzZ ayeM AUOJNAZ Dune 116) 1 'SIAON UI 107 che Elemente in den Zyklonen. 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Die wahrscheinliche Ver- teilung der Luftdruckwerte (die Lage des Minimums) ist angedeutet durch die Tabelle derWindverhältnisse. Temperatur. Das warme Gebiet fällt in der warmen Zyklone auf den E-Sektor, in der kalten auf den SE- und NE-Sektor. Das kalte Gebiet der Rückseite befindet sich in dem SW- und W-Sektor. Der Unterschied der Temperatur der Front- und der Rückseite ist zirka 4° C, um weniges kleiner in der warmen als in der kalten Zyklone. S | SW W | NW | I} Winterhälfte | | | ] Warme Zyklone . . .... Zu 030 | + 1:6 ı — 3:8* +1'9 | + 15 + 1:2 + 01° + 0°5 KalteyAyklona | 3:3 | Zen | len | ee le | = ea) ge | Sommerhälfte Warme Zuklenens a a ee np oz ll ee | Bars ee Ba = Ge 08) (+ 41) Kalterzyklone . 0... — 03 N or: _ gen | = eg || = 95 ee |, = Aeßy: _ 4-4 Relative Feuchtigkeit und Bewölkung. Die Luft ist gesättigt, an der linken Frontseite ist die relative Feuchtigkeit wenig kleiner als 100 Prozent, an der Frontseite ist-auch die Bewölkung etwas kleiner als in den anderen Sektoren. Es besteht also hier eine Koinzidenz des warmen Gebietes mit dem der niedrigen relativen Feuchtigkeit und Bewölkung. Windverhältnisse. Die Luftströmungen in der warmen Zyklone auf dem Brocken stellen einen Wirbel dar, an dessen Frontseite, das ist gegen N, NE, E und SE), noch eine ausströmende Komponente herrscht. Das Zentrum des Wirbels in diesem Niveau koinzidiert nicht mit jenem des Meeresniveaus, sondern ist gegen dasselbe gegen Norden verschoben. Die Luftströmungen in den kalten Zyklonen stellen einen Wirbel dar, der demjenigen im Meeres- niveau ganz ähnlich ist; in allen Sektoren ist bereits die dem Zentrum zustrebende Komponente vorhanden. Versteht man unter dem »Körper« des zyklonalen Wirbels jene wirbelnde Luftmasse, in welcher in einem beliebigen Niveau noch eine Komponente der Luftbewegung in der Richtung zum Zentrum vor- handen ist, so kann man aus den Windverhältnissen auf dem Brocken schließen, daß der »Körper« der »kalten« Zyklone höher ist als der der »warmen«. Dy. St. Hanzlık, 001 001 001 001 001 001 001 001 001 = 001 s6 = 16 001 001 001 r6 Ze 001 = 001 001 001 001 001 001 £8 001 001 001 &6 <8 ge2—0r2 0rL— CH) 2 — 08, 081-8942 SC2—092 0I9,ZES9Z yaysıyyon Q ao um sel 1) N I Homı | >) j [sale ofen HoriXer] AHaon +++ eiXe2) (&) + on mn on HHoanmn ++ +++ ann mn nasse +4 +++ Belt >) Boanx wen taaHmmo onmaoan 444 +++ GEL —0R2 (0 ki 72 SF 082 091982, 69,092 092 692 woman I bn) .3E {e2} on = OH ı9 elle Eiteis— Eon) Neikle) a la |& DD # AU9oo [o2) .G 1 AL Ho ca .2E "er r g "99 66 soo [eo] 4 = aoıtoan lanaoo AN EHM "HToaoarnor 8.8 Q + GEL Z092 072972 FL 08, 091562 SL 09, 09,59% Am mn RN} 1 S3 | u a axwxı una nase VER ma 1 rl | rc e®® | Hrn RSS ISucHoE SEL—-0nL OrL CH, er —08, 092882 CC, — 092 09,994 (ei Hioiide] ao Sn] ++ uadunypegoag ap |yeZ) IyaImsH9 EZ 110 MN UN N MN M NS AS [08 UN yonıpyyn I 9uojyAZ oe sıJ]eyJoJurM "uay9oIg SUOINAZ Dune er yklonen. in den im ec he Elemente KL Sc Meteorolo = - 9.45 L.FE = r-ch = 2.97 = > r-Ir = Iuer = — = OR2 CH) — Zul ag 8.8 6-.8F r.08 = &.0C = — 9.67 = = 1-89 — Z— 7.082 = LG | S.FG L-&8 0.88 8.rG 6.28 = 0.99 1.98 1.29 8.5 F.6G 0.68 = = 092992 3.66 6.F6 0.86 > 8.6 6-26 1-09 = 8:69 F.29 8.28 9.69 9 98 809 2.09 6.86 SC2 092 8-68 2.79 9.19 = = > 5 s.r9 — DILZEEIH (+ um 009) NOnıpımT = — I 3 = I = I = = I — I OrL GHZ = = 1 g ° & = 1 = = 2, = = I — = SHL 082 = ° 5 & 3 () ° = & I I 2 & l = = 0S,EG2 F @ 3 = & € £ = I & £ 3 € 8 & 3 SE, 092 3 & I = = = I = = = = = 09292 (usdungyvegoag A9P JyUeZ) Jy2IMaH aIYJJeyJewwosg 9UOINAZ ae] AUOJNAZ aure MN = = N AN GH S =; S = : = NeN = |MSTS|MmSHS IM cr Ss Im Cr Ss = SE —0r2 62 N I NZIM| — AN 298 IM 99 S SISCHA US NINZYIM| = |MSTS|IMSTS IM ee S IM Sr S = OrL— HL = — IN 625 IM Cr S S SINOSS|ISZL AJUASF N NSEN IN 9S ınSssSs ımn6ces ı mer s|sea ls ır 4 7,082 N62M| N N9 MIM 29 S |M 23 S SINSHS = = Nr MN O8 MM 9S IM Sr S IM TIES IM CFS|S IT A 09,802 N = NacsgnN\ = a 4 Ach N = IM 98 S |M 95 S IM 295 IM 2IS|ISSI A IS IT A 892092 166 N 4 SP NIN STM = = INWLOSS = = SEZSEHR ESEISE 0I2E9, ZungyonpurM = = 01 ol = ol 01 = or ol ol ol = sel —0F2 ol 01 = ol ol ol ol ol 01 = = ol 01 07 6 = OrL— GPL = = ol ol ol ol ol 8 6 ol ol or 6 oT or ol FL 08, ol ol 01 ol 01 01 ol = ol 01 01 oT ol 8 ol 8 092894 ol = ol — = g ol ol 6 == 6 6 ol 6 F or 692092 ol oL L = = 021 = 2 6 OT 092592 ZunyJomag MN AM MS S us [C 1 N MN M MS Ss us [CB IN N SONIPYNTT E) IV St. Hamzlık Dr. | zZ (6) SSH = | = te) = nn | | | = Ze ANEGHZS 7 = A Aus 5 MN |M62S|m © NGEM NERANGENMN) - |M N 20 MIN 82 MINZ2O mM = MN 86 S M 08 S MN 87 Ss Mh M 98 07,892 = FE HL 082 091592 £ S88E4H|IYH9S N GELz0I2 Ze >= = zZ = 092592 M AN | = | | > n S nunu Se} nun > „ ie) = nun | | NM nm co I#=e | nının YSC7 N |M .29S IM 29 S |M YHSP N|NSININ9 MM eK) wann nun un 155 Jo) [ea} un ısal] [ea} [orite) - SungyonpuM = ol ol {on O7 6 s — oT ol OL ol ol = = 081 SC, or 6 ) — ol L 6 = © Öl ol ol 6 8 2 ol CL — 092 ol or 01 9 = = = 092.— 892 Zunyjomag _ 001 001 _ 001 = #8 —_ — 001 = 001 0 7 77 = = 001 001 001 001 = 001 - = 001 _ = 6 = — HL —08, = 001 001 001 001 86 ss — 001 001 66 001 001 s8 _ _ 081-882 001 66 = 001 83 6 = (98) 001 001 66 S6 68 68 001 001 001 = == = = 6 = SC2— 09, 092— 9, — = ol ol = [opt = (F) — ol = ol — = = Or, — Ch, IE — ol [021 ol 01 = ol == ol = = or = —_ Hr —08, NONSNYONSAT SANEeIOy — = BB > || Wo — = EG = enest = = = = 9.€ Or2—eH2 > = 9.9 DE 3-3 6.0 = 3.0+ — T 9.0 — = = e 1 + HL —08, = 0-r 9-1 1-r 0:7 g.0 3.4 + = 8:0 = 0 > | yo == | Br = | 80 > | Oo@ = = = 0927882 0-3 3-9 3-7 Bl. = | RB = | 0 = = 0:9 A> || 2:0 = | &8 = || @olt => | 10 = || Oo@ ar | 2:0 a || 709 — q 2:9 LE 0-1 0 — — = = — = 092892 Sunysiomgeinyerodwa] | MN MA MS Ss as a AN N MN M MS Ss ey | N N yanıpyn] oIJ]Jeyzowwos OUOJNYAZ Oyey SUOJYAZ Due m -uay9oIg Meteorologische Elemente in den Zyklonen. 113 B. Die Cirrusbeobachtungen. Um diese Auseinandersetzungen betreffs der Luftströmungen in den Zyklonen zu ergänzen, möge ein Kapitel über die Cirruszüge in den kalten und warmen Zyklonen folgen. Das benützte Material ist hauptsächlich den sorgfältigen Beobachtungen der Cirruszüge in Deutschland entnommen. Die hier in Betracht kommende Beobachtungsreihe umfaßt die Jahre 1887 bis 1905. Außerdem wurden auch die Data des internationalen Wolkenjahres für die Stationen von Zentraleuropa benützt. Das Gebiet der Zyklonen ist gleichfalls in acht Sektoren geteilt, die Druckstufen gehen von 10 zu 1lO mm (des Druckes in dem Meeresniveau), und zwar: über 760 mm, 760 bis 750, 750 bis 740 und weniger als 740 mm. Für die Druckstufen weniger als 740 mm sind keine Unterschiede je nach der Sektorenlage gemacht worden; es wurde ein Mittelwert für das Zentralgebiet berechnet. Cirrusniveau. Winterhälfte. = —— — none — — Luftdruck N | NE E SE Ss SW W NW | Zentrum Warme Zyklone | | 7 — 760 E 66 S SIEW| S5z7 w| saw sSs56WwW| WioN| WrzzN| = | — 760— 750 BRssesı 1 Sl 39, WA Seas wall Sea ELSE Wa ENVEROEN SAW S53W = 750-740 Ss 7Ww|ı 5598 S35W| S5W| S60oW S68 W WS52N — — 740 — — = — _ | _ = = S 50 W | | Kalte Zyklone 7) Brad So EN aD 2 ji a 760 — 750 E14S Ss 5 w| Ss s2w| S53 w| S73 wi wion ww on | N SE — 750-740 E 83 S STonenv: | Ss az wo | ES Ara sstw| W66N S16W| E90S = 740 a, = — _ = er « = S 64 W Sommerhälfte. N NE | E SE S SW | W NW Warme Zyklone | — 760 E50S | BE 8SOS S 22 W = — _ | — WS5LN 760— 750 S28W| E89S saaWw| S52w| Sse3w| Ser w| s7zswı B7ESs 750-740 SEE WAEBZORS SAsw| SA w| Saaw | SAsW| W S 45 W | | Kalte Zyklone — 760 E 20 S _ W 45 N W — W. 33. N N 23 E | E23 BE 760 — 750 BRTANS E 86 S S24Ww Ss52w| Sss2w| S85W W66N | E 750740 SEHES S BESSERES ESE5I WE SEArzswa | SWASEW; SA5W| S Die Diagramme in der Tafel I, welche diese Data übersichtlich darstellen, zeigen auf den ersten Blick, daß auch in dem Cirrusniveau ein Unterschied zwischen den »warmen« und den»kalten« Zyklonen zu machen ist. et: Dr. St. Hanzlık, Die warme Zyklone. Man betrachte die Luftströmungen in dem Sonnblickniveau und vergleiche mit denselben die Luftbewegung in dem Cirrusniveau! In den warmen Zyklonen zieht sowohl im Winter als auch im Sommer in der Höhe der Cirri eine einheitliche Luftströmungvon SW nach NE, konkavzu NW. Von einer Nordströmung, die in dem Sonnblickniveau sich noch in dem westlichen Teile der Zyklone bemerkbar macht, ist hier in dem Cirrusniveau keine Spur mehr vorhanden. Das Zentrum, um welches sich die Cirri drehen, fällt außerhalb der Isobare 760 mm des Meeresniveaus, und zwar in nordwestlicher Richtung von dem tiefsten Drucke in dem Meeresniveau. Die kalte Zyklone. Die Luftströmungen in dem Cirrusniveau stellen in den kalten Zyklonen einen zyklonalen Wirbel um ein Zentrum herum dar, das in nordwestlicher Richtung gegen den tiefsten Luftdruck im Meeresniveau verschoben ist. Auf der Rückseite fließt die Luft dem Wirbel zu, auf der Frontseite von ihm weg. Die Luftströmungen in dem Cirrusniveau weisen einen wesentlichen Unterschied in den kalten Zyklonen von denen der warmen Zyklonen auf. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Körper des zyklonalen Wirbels ! der kalten Zyklone einen größeren Einfluß auf den Zug der Cirri ausübt, als der der warmen Zyklone. Der kalte zyklonale Wirbel greift in deutlicher Weise in die Züge der Cirri. Die Strömungsverhältnisse, die man da sieht, findet man gewiß auch in der warmen Zyklone, aber in einem tieferen Niveau. Es ist also der Körper des kalten zyklonalen Wirbels bedeutend mächtiger, beeinflußt höhere Schichten als der Körper des warmen zyklonalen Wirbels. Es muß also dieser (»warme«) allgemein eine wenig entwickelte, jüngere, und jener (»kalte«) eine mehr entwickelte, spätere Phase iin der Entwicklungsgeschichte der Zyklonen darstellen. Diskussion der aus den Bergobservatorien und Cirrusbeobachtungen gewonnenen Resultate. Wenn man die Diagramme der Luftströmungen (siehe die Tafeln) von dem höchsten betrachteten Niveau (Cirrus zu Sonnblick und weiter zu Brocken) überblickt, so sieht man, daß dieselbe nicht gleich- zeitige Strömungsverhältnisse darstellen, die man sich — von Niveau zu Niveau absteigend — bloß durch eine sukzessive Änderung des Azimuts (der Windrichtung) erklären könnte. Ein wenig störend wirkt Pic du Midi, Mt. Ventoux und Ben Nevis. Die Gruppe der Bergobservatorien stellt — wie bereits die Diskussion derselben zeigte — eine zeitlich verschiedene Phase in bezug auf die anderen Hochstationen dar. Die Erklärung dafür gibt auch die geographische Lage der Stationen. Es sind das Observatorien der Meridiane von Westeuropa; sie stellen uns also die meteorologischen Verhältnisse der den europäischen Kontinent gerade betretenden Zyklonen dar, während die anderen ein Bild der Verhältnisse über Zentral- europa geben. Man muß also annehmen, daß die von der europäischen Westküste gegen Mitteleuropa hereinrückende Zyklone auf diesem Wege Entwicklungsänderungen durchmacht. Diese Tatsache wurde auch — dies sei hier ausdrücklich bemerkt — bei den Antizyklonen bewiesen. Doch lasse man vorläufig diese drei Stationen außer acht und verfolge man die Strömungsverhältnisse der beiden Zyklonen, der warmen und der kalten, vom Cirrus- zum Sonnblick- und weiter bis zum Brockenniveau herab. Die warme Zyklone. Die Strömungs- und Temperaturverhältnisse: Wenn man in der warmen Zyklone von dem Meeresniveau zum Brocken hinaufsteigt, so bemerkt man in dieser Luftschichte von einer Mächtigkeit von zirka 1100 m merkbare Änderungen in dem Azimute der Windrichtung. In dem Meeresniveau haben i Ich mache hier einen Unterschied zwischen den Begriffen des zyklonalen Wirbels oder auch des Körpers des zyklonalen Wirbels und dem Begriffe einer Zyklone. Unter dieser verstehe ich die ganze Luftmasse über der Fläche, die durch die Isobare 760 amın in dem Meeresniveau abgegrenzt wird, unter jenem nur denjenigen Teil dieser Luftmasse, in welcher in einem beliebigen ne au in dem zyklonalen Wirbel noch eine, einem Zentrum zustrebende Strömungskomponente existiert. Meteorologische Elemente in den Zyklonen. 115 die Luftströmungen in der Zyklone in allen Sektoren eine Komponente nach innen, gegen das Zentrum des tiefsten Druckes zu. In der Höhe des Brockenniveaus herrschen schon auf der Frontseite der Zyklone ausströmende Luftbewegungen. Es haben also die Ostwinde der Frontseite der »warmen« Zyklone eine geringe Mächtigkeit. Das Zentrum des Wirbels in dem Brockenniveau stimmt nicht mehr mit dem des Meeresniveaus überein, sondern ist gegen Norden verschoben. Führen wir den Begriff »die Achse des Wirbels« ein, so kann man sagen, daß die »Achse« des »warmen« Wirbels nach rückwärts geneigt ist. Belchen ist dem Brocken ähnlich, bis auf den Nordsektor (wo eine Komponente nach innen überwiegt). In dem Schneekoppenniveau haben sich in dem Nordsektor wieder ausströmende Luftbewegungen ein- gestellt. Steigt man in höhere Niveaus, so bleiben die Verhältnisse einander sehr ähnlich. Durch die Neigung der »Achse« nach rückwärts gewinnt, je höher man steigt, die warme von Süden her kommende und fächerartig aus den Sektoren der Frontseite ausfließende Strömung an Fläche gegen die kalte Nord- strömung der Rückseite. In dem Cirrusniveau beherrscht sie bereits die ganze Fläche innerhalb der Zyklone. Stellen wir uns diese Verhältnisse räumlich dar, so kommt man zu dem Schlusse, daß die »warme« Zyklone hauptsächlich durch eine warme, von Süden kommende Strömung — und zwar durch einen Zweig derselben, der sich links dreht — entsteht, unter welchen sich ein linksdrehender Zweig einer von Norden kommenden kalten Strömung keilartig darunter- schiebt. Im ganzen betrachteten Bereiche erscheint die »warme« Zyklone als ein mäßig warmer Körper, die Abweichungen der Temperatur auf der Frontseite sind wenig größer als die der Rückseite, wo auch negative Abweichung auftritt. Zeichnet man die Gebiete der extremen Abweichungen aller Höhenlagen in ein Zyklonenfeld ein, so entsteht die Fig. 1. Die größten negativen Abweichungen, die uns die Bewegung der kalten Nordströmung an der Rückseite der Zyklone darstellen, fallen auf den W- und NW-Sektor, und zwar so, daß die der tieferen Stationen südöstlich von jenen der höheren liegen. Diese Verschiebung der Winterhälfte. Sommerhälfte. Die Strömungsverhältnisse in der warmen Zyklone. kalten Gebiete der tieferen Stationen gegen die der höheren kommt viel deutlicher zur Geltung bei der warmen Sommerzyklone, wo sich auch die Spaltung der kalten Nordströmung bemerkbar macht. Wenn man die Längen der Verbindungslinien der kalten und der warmen Gebiete in der Luftschichte Sonnblick- Brocken als Maß für die ab- oder aufsteigende Tendenz der beiden Strömungen betrachtet, so kann man schließen, daß in der warmen Zyklone die kalte Nordströmung steiler herabsteigt, als die warme Süd- strömung aufsteigt. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL Bd. 16 116 Dr. St. Hanzlik, Die Temperaturänderungen in der warmen Zyklone. Die warme Zyklone macht auf ihrem Zuge gegen Zentraleuropa auch bedeutende Änderungen der Temperatur durch. Man trage die mittleren Abweichungen für einen jeden Sektor jeder Bergstation in das Koordinatensystem: Höhe— Abweichung (der Temperatur) ein. (Siehe Fig. 2: »Die Temperatur des W-Sektors«.) Man würde erwarten, daß diese Kurve die Form einer Parabel besäße; das ist jedoch nicht der Fall; sie ist wellenförmig, schwankt in jedem Sektor in der Richtung der Höhe von großen (—) zu kleinen (+) Abweichungen. Wenn man die Beziehung zwischen der geographischen Länge der Höhenstation und der Abweichung der Temperatur dortselbst ins Auge faßt, so sieht man, daß die Temperatur umso höher ist, je östlicher die Station gelegen ist, oder mit anderen Worten: Die warme Zyklone erwärmt sich aufinrem Zuge gegen Mittel- Fig. 2. eC, —@° —8 —_— _ _ _ + —ı + \ o-4 Di N 1.0 Sonnblick 3106 ee m a . & a ee | 0 Pic du Midi 2859 a \ > S, ig u cn SQ. + ehe LRRER| ale Säntis 2500 ie Be Obir . 2044 il = o {er _ Mt. Ventoux 1200 Sy So =. ne ni Sr Schneekoppe 1603 l 5 6 Belchen 1394 _ o= Ben Nevis 1343 \. N N 5 4 a RK. N er Kalte Zyklone. nn — Z VarmesZyiklones Die Temperatur des W-Sektors. europainallen Sektoren. Es ist das also eine warme Strömung, die Südströmung, die hauptsächlich bei der Bildung der warmen Zyklone tätig ist. Wenden wir uns jetzt auch zu den bisher beiseite gelassenen drei Bergobservatorien: Pic du Midi, Mt. Ventoux und Ben Nevis zu. Ihre wenig verschiedenen Windverhältnisse wurden in den betreffenden Kapiteln bereits auseinandergesetzt, besonders in dem Kapitel: Ben Nevis. Hier wurde gezeigt, daß die Trennungsfläche zwischen der kalten Nord- und der warmen Südströmung eine Neigung hat; die kalte Strömung schiebt sich unter die warme wie ein Keil. Es hat also die kalte Strömung allgemein die Form eines Bergrückens, die warme die eines Bergtales, also gerade umgekehrt. Das wird schließlich aus der Tendenz der verschieden dichten Strömungen, die einer Gleichgewichtslage zustreben, klar. Meteorologische Elemente in den Zyklonen. li? Ich bin der Meinung, daß diese drei Observatorien, gleichzeitig betrachtet, uns teilweise einen Aufschluß darüber geben, wie eine warme Zyklone entsteht. Man beachte die Luftströmung in dem Ben Nevisniveau! Es muß gewiß verwundern, daß hier der SW-Sektor der warmen Zyklone eine Strömung von N (Winter) und von NE (Sommer) aufweist, also nicht eine gegen das Zentrum zu gerichtete. Ebenso hat der SE-Sektor in den zentrumnahen Druckstufen eine W-Strömung, in den äußeren Druckstufen eine Nordströmung. Es ist also im Ben Nevisniveau das Gebilde, das später in Mitteleuropa als eine warme Zyklone erscheint, durch eine einheitliche, mäßig kalt temperierte Strömung gegeben, die vom Osten kommt, um sich nach Süden zu wenden. Wie ist diese Strömung entstanden? Machen wir uns folgende Vorstellung: Von südlichen Breiten dringt in die höheren, mäßig temperierten, eine starke, warme Strömung vor. Diese bricht sich infolge ihrer Fortpflanzungsenergie Bahn, indem sie die Luft vor sich verdrängt. Die verdrängte Luft weicht links und rechts von der Bahn der warmen Süd- strömung in Form von Wirbeln, die sich auf der linken Seite links, auf der rechten rechts drehen. Daß dem so ist, ist bekannt aus den Experimenten mit Flüssigkeiten. Diese Strömung, wie man sie in dem Ben Nevisniveau beobachtet, ist nichts anderes als eine solche verdrängte, sich linksdrehende Strömung derjenigen Breiten, in welche gerade eine wärme Südströmung eindringt. Die Temperatur der Strömung in dem Ben Nevisniveau istmäßig kalt, zirka —2° C (Abweichung). Wir müssen also aus dieser Temperatur schließen, daß sie von keinen entfernten Breiten herkommt, ferner daß ihr keine Menge der warmen Südströmung beigemischt ist, sondern daß sie also ihre Luft von der unmittelbaren Umgebung oder von nur wenig höheren Breiten empfängt. Nach dieser Erklärung würde, zur Entstehung einer warmen Zyklone, eine warme Südströmung allein genügen, die in mäßiger temperierte, höhere Breiten hineindringt und dort durch Ausbildung einer Gegenströmung Anlaß zur Entstehung des warmen zyklonalen Wirbels gibt. Nun ist aus der Theorie der relativen Bewegungen über der Erdoberfläche bekannt, daß eine von niedrigeren in höhere Breiten sich fortpflanzende Strömung eine Rechtsdrehung ihrer Richtung und eine Zunahme an der W—-E-Geschwindigkeit erfährt. Es müßte also jede warme Zyklone — wenn ihre Ent- stehung in solcher Weise, wie es geschildert wurde, geschieht — eine bedeutende Fortpflanzungs- geschwindigkeit (W —E) besitzen. Inwiefern dies zutrifft, können uns die täglichen Wetterkarten Auf- schluß geben. Wenn man die Fälle der warmen Zyklonen an der Hand der täglichen Wetterkarten verfolgt, so sieht man tatsächlich, daß die warme Zyklone einen Wirbel von ausgeprägter Fortpflanzungsgeschwindig- keit darstellt. Nach dem Eintritt einer solchen warmen Zyklone in Mitteleuropa erscheint in ihrem Rücken eine Antizyklone, an der manchmal zu merken ist, daß sie bloß ein Rückseitephänomen dieser Zyklone darstellt. Sie, die Antizyklone, ist zuweilen von geringem Umfange, doch deutlich ausgeprägt; in einem Tage löst sie sich auf. In anderen Fällen erscheint sie als ein Keil hohen Druckes, in manchen Fällen als eine bedeutende, rasche, kalte Antizyklone, die, ihre Fortpflanzungsgeschwindigkeit retardierend, über Mitteleuropa stehen bleibt und in eine warme sich umwandelt. Was die Temperatur betrifft, ist eine solche warme Zyklone nicht immer durch bedeutende positive Temperaturabweichungen gekennzeichnet; sie kann auch als »mäßig warm« erscheinen, doch in jedem Falle ist die durchschnittliche Temperatur ihres Körpers höher als die der auf sie folgenden Antizyklone. Es handelt sich hier also um ein »thermisches Paar«, gerade so wie es, in fast allen Fällen, in Nordamerika der Fall ist. Der Unterschied der Temperatur zwischen dem Körper der Zyklone und der Antizyklone erreicht in äußerst seltenen Fällen den Betrag, den man gewöhnlich in Nordamerika trifft. Es ist also die warme Zyklone ein Produkt der warmen Südströmung, darum ist auch ihre, manchmal große Fort- pflanzungsgeschwindigkeit erklärbar. Ich zitiere hier Beispiele solcher thermischen Paare, aus jedem Monate je einen Fall: i6z 118 Dr 4 8% Jelanım al ol: Re, Die Lage des Temperatur auf dem Die Bezeichnung des Jahr, Monat und Tag Gebiet Zentrums Gebietes des Gebietes Sonmiila: nach der Temperatur 1S8S Jänner 22. Zyklone Skudesnäs — gIESENVNNV Warm 23. > Lemberg — 12:8 N » 23. Antizyklone Valencia _ — 24. » Paris —. 13-8 NW Mäßig warm 25. » Genf — 10:2 N Warm 1893 Februar 21. Zyklone Norwich — 922 SW » 22. » Münster i. W. — 12:0 NW < 23. » Kiew — 17:6 ENE Mäßig warm 24. Antizyklone (üb. 755 m) Smolensk _ — 1901 März 19. Zyklone Toulon — 8:8 ESE Warm 20. » Nizza —. 7:6 SW » 21. » Wien — 8-6 SW » 22 » Odessa — 16°2 NW Mäßig kalt 23. Antizyklone Stornoway — 23:2 NE » 24. » Rochespoint 23.33 ESE Kalt 1899 April 29. Zyklone Shields — = 30. » Kopenhagen — 6:4WSW Mäßig warm Mai lo Antizyklone Paris — 12:8 N Mäßig kalt 20. Zyklone Shields —_ _ 2ile » Stockholm — 5:2 NNE Warm 22. » Petersburg _ _ 1897 Juni 9. » Seilly 0:5 W Mäßig warm 10. » Krakau — 5:8 NE Mäßig kalt 11. Antizyklone Kassel — 5:0 NE » 1902 Juli 26. Zyklone Rochespoint _ _ 27. » Skudesnäs 6:0 SW Warm 28. Antizyklone Biarritz EN: Mäßig kalt 1898 August 8. Zyklone Brest und Ostsee — — » Turin u. Kopenhagen 0:0 Warm 10. Antizyklone Isle d’Aix — 2 Kalt 1394 September 26. Zyklone Helder — 0-1 SW Mäßig warm 27. » Bornholm — BUS Mäßig kalt 28. Antizyklone (Keil) Memel BED ESIWI Kalt Oktober 23. Zyklone Irland = — 24. > » Pr en 25. » Stornoway — 34 8 Mäßig warm 26. > Hernösand —_ — 27. Antizyklone Clermont — 56 W Mäßig kalt Meteorologische Elemente in den Zyklonen. L19 | Die Lage des | Die Bezeichnung des Jahr, Monat und Tag Gebiet | Zentrums | NERSESELIT Bu dla | Gebietes des Gebietes | Somaalltı: | nach der Temperatur I} 1901 November 13. Zyklone Borkum | — ee ON Warm 14. » Keitum — Hal SW | Mäßig warm 15. » Stockholm — 70 W | » 16. Antizyklone über England = | _ Ind > Rochespoint | — 8:6WSW | Mäßig kalt 18. » Brest — 11:6WNW Kalt (wird wärmer) 1898 Dezember 29. Zyklone Westlich von Irland —_ _ 30. » Keitum — 12:6WNW Mäßig warm 31. Antizyklone — — 12:2 W » 1899 Jänner il. » (Über den Alpen) — Kalt ı Die kalte Zyklone. Die Strömungs- und Temperaturverhältnisse: Die Stationen Pic du Midi, Mt. Ventoux und Ben Nevis zeigen, wenn man von dem Brocken- zum Sonnblickniveau emporsteigt, keine auffallenden und raschen Änderungen in den Azimuten der Winde, wie es der Fall bei der warmen Zyklone war. Man dürfte aus diesem Unterschiede zwischen dem Wirbel der warmen und der kalten Zyklone darauf schließen, daß die kalte Zyklone schon eine Schlußphase in der Entwicklungsgeschichte der Zyklone darstellt, da sie auf dem Wege von West- nach Mitteleuropa keine Änderungen mehr in den Strömungs- verhältnissen erleidet wie die warme Zyklone. Erhebt man sich von dem Meeresniveau zu dem des Brocken, so ist das System der Luftströmungen hier identisch mit dem des Meeresniveaus. In der warmen Zyklone war es schon nicht mehr der Fall, dort fand eine starke Rechtsdrehung der Winde auf der E-Seite statt. Man kann also sagen, daß die Ostwinde in der kalten Zyklone mächtiger sind als in der warmen. In dem Belchenniveau begegnet man bereits auf der ganzen Ostseite den ausströmenden Bewegungen, gerade so in dem Schneekoppenniveau. Das in den »warmen« Zyklonen so abweichende Mt. Ventouxniveau schmiegt sich hier in den kalten Zyklonen gut den Strömungsverhältnissen der niedrigeren Schneekoppe und der höheren BjelaSnica an. Obir, der in den äußeren Druckstufen des Westsektors eine Spaltung der Nordströmung zeigt, zeigt auch die Verschiebung des Zentrums des Wirbels zum NW-Sektor. Damit stimmt auch Säntis überein. Midi weicht, den Strömungsverhältnissen nach, nicht sehr viel ab von dem niedrigeren Säntis und höheren Sonnblick (den SW-Sektor ausgenommen, wo eine starke Nordkomponente herrscht). Und schließlich ist auch die Ver- schiebung des Zentrums des Wirbels in dem Sonnblickniveau gegen NW deutlich bemerkbar. Diese Ver- schiebung ist in der warmen Zyklone stärker, mit anderen Worten: Der Neigungswinkel der Achse des Wirbels (zur horizontalen Ebene) ist kleiner in der warmen als in der kalten Zyklone. Das bestätigen auch die Cirruszüge in den beiden Zyklonen. Die Luftströmungen in der Höhe der Cirruswolken sind bedeutend stärker durch den kalten zyklonalen Wirbel beeinflußt als durch den warmen, dessen Scheitel wahr- scheinlich zu dem Cirrusniveau nicht mehr hinaufragt; man kann also schließen, daß der kalte zyklonale Wirbel eine größere Mächtigkeit hat als der warme. Was die Temperatur betrifit, repräsentiert die kalte Zyklone einen mäßig kalten bis kalten Körper. Die Rückseite ist kälter als die Stirnseite. Zeichnet man die Gebiete der extremen Abweichungen aller Höhenlagen in ein Zyklonenfeld ein, so entsteht Fig. 3, die der Fig. 1 sehr ähnlich ist. Man sieht wiederum die Spaltung und das Herabsteigen der kalten Nordströmung auf der Rückseite der kalten Zyklone; nur 120 Dr. St. Hanzlıik, auf der Frontseite sind die warmen Gebiete mehr zusammengehäuft, mehr in der kalten Zyklone als in der warmen. Die Temperaturänderungen in der kalten Zyklone: Es ist bewiesen worden, daß die warme Zyklone auf ihrem Zuge gegen Mitteleuropa bedeutende Änderungen der Temperatur erfährt, und zwar, daß sie sich in ihrem ganzen Körper erwärmt. Man trage die mittleren Abweichungen der Temperatur der ein- Fig. 3. Winterhälfte. Sommerhälfte. Die Strömungsverhältnisse in der kalten Zyklone. zelnen Sektoren aller Höhenstationen der kalten Zyklone in das Koordinatensystem: Höhe — Temperatur- abweichung ein! (Siehe Fig. 2.) Wie verschieden ist diese Kurve von derjenigen in der warmen Zyklone! Die Abweichungen in der ganzen 1!/, km Schichte sind in der kaiten Zyklone in jedem Sektor (für sich allein) fast konstant oder schwach (innerhalb möglicher Fehler) schwankend. Die Abweichungen der Temperaturen in den Stationen von Westeuropa schmiegen sich an diejenigen von Mitteleuropa gut an. Man kann also wieder nur das wiederholen, was schon in diesem Kapitel bei der Besprechung der Strömungsverhältnisse der kalten Zyklonen gesagt wurde: Die kalte Zyklone stellt eine Schlußphase in der Entwicklungsgeschichte der Zyklonen dar. Wenn man das Auftreten der kalten Zyklone in Europa mittels der täglichen Wetterkarten verfolgt, so sieht man, daß ihr Auftreten etwas verschieden ist von dem der warmen Zyklonen. Bei diesen ist die Antizyklone ein auffallendes Begleitphänomen, bei den »kalten« Zyklonen ist dies nicht der Fall. Die kalte Zyklone stellt in ihrem Auftreten einen unabhängigen, selbständigen Wirbel dar; ihre Bewegung ist langsam, unbestimmt, manchmal stationiert sie ein, zwei Tage und bildet mehrere Kerne. Ich lasse hier aus jedem Monate ein Beispiel folgen: Die Lage des Die Bezeichnung des Jahr, Monat und Tag Gebiet Zentrums DempexatugauigEm Gebietes | | des Gebietes Sonmialar nach der Temperatur 1893 Jänner 14. | Zyklone Berlin — 2 0,0ENDW] Kalt 1; | > Genf — 21-4WSW > 16. > Rom — 20:0 NNE Mäßig kalt I07E > Neapel — 23:6 NNW Kalt Meteorologische Elemente in den Zyklonen. Die Lage des Temperatur auf dem Die Bezeichnung des Jahr, Monat und Tag Gebiet Zentrums Gebietes des Gebietes Song nach der Temperatur 1895 Februar 3. Zyklone Stockholm a SEEN Mäßig warm 4. Kopenhagen — 19:3 SW Kalt 5 Florenz, Wilna — 20:8 N » 1895 März 29. Shields — 11:5 NW Mäßig warm 30. » Norwich — 12:0 SW Mäßig kalt April 1. = La cr au 2. Zyklone Sarajevo — eo 8 Kalt 1896 April 112% » Skagen — 10:6 W > 13. Gries — 13:OWNW » 14. Lesina — ld 18; > 15. » Ost-Ungarn = e 1895 Mai 16. |Zyklone mit 2 Kernen = = — 17 Zyklone Sarajevo — 15°2 NNW Kalt 18. Magdeburg —EHNVISNV; > 19. Helder — 8:6 SW » 20. ? — Gen » 1894 Juni al, » Memel — 1:2WSW Mäßig kalt 12. Swinemünde — 8:6 ENE Kalt 13. Riga — NE » 14. > > — .8°4 ESE > 1899 Juli 1. Shields — Er UsENE Mäßig warm 2. » + 0:4 SSE Mäßig kalt 3. Berlin — 7:2 NW Kalt 4. | Hamburg — 4:4WSW » 1905 August Dile Nordsee _ _ 28. » Bir = 29 Berlin ERS WERENIE Mäßig kalt 30. » | Memel z.B NW Kalt September 23. » | Biscaya _ = 24 | Isle d’Aix — 3 SIWi Kalt 25 | Paris ZERO EI Mäßig warm 26, | Sylt, Agram Row Kalt 1896 Oktober 16. Paris — 7'838 SSE > 75 » | » = 8 50) SW > 18. | Skudesnäs u. Mittel- | | Italien NEN Mäßig kalt 19% | Norwich — 00 DW Kalt 20. | Passau — de ID ? 21 » Hernösand, Paris — Ha Mäßig kalt 122 Dr. St. Hanzlık, Die Lage des Die Bezeichnung des Jahr, Monat und Tag Gebiet Zentrums Name ai dem Gebietes des Gebietes | Son): nach der Temperatur 1903 November 28. Zyklone Münster i. W. — 15:7WSW Kalt 29. » Brest, Berlin — S:9WNW Mäßig warm 30. » Perpignan, München — 13:4WSW Kalt Dezember 1. » Krakau, Nizza — 13:4WSW » 1901 13. » Grisnez — 195.0 7SW. Mäßig kalt 14. » » — 10:2 SW Mäßig warm 15. > Memel — 16:6 WNW Kalt Man kommtalso bei dieser Diskussion der Charakteristika der beiden Wirbel zu dem Schlusse, daß der Wirbel der warmen Zyklone eine jüngere Phase, während der Wirbelder kalten Zyklone eine ältere, mehr entwickelte oder Schlußphase in der Entwicklungs- geschichte der Zyklonen darstellt. C. Freie Atmosphäre. Die Temperaturverhältnisse der warmen und der kalten Zyklonen, wie sie hier auf Grund der Data der Bergobservatorien geschildert wurden, stehen in vollem Einklange mit den Daten der freien Atmosphäre. Das hier in Betracht kommende Material besteht aus den Aufstiegen der Drachen, Drachenballons und der bemannten Fahrten. Da das Zahlenmaterial ziemlich spärlich ist, wurde das Feld der Zyklone bloß in acht Sektoren geteilt (N, NE etc.). Bearbeitet wurde bloß die Temperatur. Die mittlere Abnahme der Temperatur für jeden Monat ist den Tafeln Prof. Bersons in den preußischen aeronautischen Publikationen entnommen. Die Tabellen, die hier folgen (p. 57 und 58 [123 und 124]), bestätigen allgemein das, was schon bei der Diskussion der Resultate aus den Bergobservatorien gezeigt wurde: 1. In den Zyklonen der beiden Jahreshälften können — in bezug auf die mittlere Temperaturabnahme mit der Höhe — in jedem Monat starke Temperaturschwankungen von großen negativen zu großen positiven Abweichungen vorkommen. 2. Die tiefsten Temperaturen zeigt — wie in den warmen, so auch in den kalten Zyklonen — die rechte Rückseite, die höchsten die rechte Frontseite. Ballons sondes. Was diese Gattung der Aufstiege betrifft, so beschränkt sich das Material auf fünf Tage der internationalen Simultanfahrten, und zwar des 6. Oktober 1904 (warme Zyklone), 2.März 1905, 29, 30. und 31. August 1905 (kalte Zyklone). Die Tabellen der Temperaturabweichungen, denen die Gewichtstabellen vorausgehen, zeigen, daß der Charakter der Abweichung nicht bloß auf die tieferen Schichten beschränkt ist, sondern bis zu hohen Schichten hinaufragt. Die warme Zyklone zeigt positive Abweichungen bis zur Höhe von 1O km, die kalte Zyklone negative Abweichungen gleichfalls bis zu dieser Höhe. Dr. A. Wagner gibt in seiner Arbeit über die Temperaturverhältnisse der freien Atmosphäre in der Tabelle 52 (p. 161) ein Beispiel einer warmen Zyklone, wo die positiven Abweichungen der Rück- seite viel höher hinaufreichen. Allgemein aber gilt, daß man oberhalb der Höhe zirka 10 kım eine Umkehr findet: Über der warmen Zyklone begegnet man negativen Abweichungen, über der kalten positiven Abweichungen. che Elemente in den Zyklonen. Meteorologis + (0- (8. (6: (7.0) | Tu StSoS | an a ar = E Deals yon a 0088 0008 008% 0008 0081 0001 008 — "Sunysrmmgeimgeloduwef xl u) I fer} Cr aacı (6:#+) (0.7) oe Ar (Auld irn Bzayy +++++ 0088 0008 0088 0008 0081 0001 008 nyoromg einyelod #4 Ss | ein as! aadae a © = Goa Hn 0088 0008 0088 0003 00G1 0001 008 SJ]ey1swwos — '(uaduny ysegoagl 10P JyUeZ) 1y9ım teten Tori ll aaa | Nr {ne} owamma wHHHe NrHrdr- Hana wwoHanm e 0088 0008 0083 0008 008T 0001 008 yeyzlsjurıy — “(uadunyysegoog Jap |yeZ) Iy9ıman MN N us I | Ne MN M MS us 4 — auojy4z ey (suojeg sJuurwag ‘suopequoyoeaig “uaypeig) areydsouyy 21914 JUOJYAZ aune A ıt 3yoH Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL. Bd. 24 Dr. St. Hanzlık, Freie Atmosphäre. (Ballons sondes.) Warme Zyklone (Winter) SI [oe] (Jo) —_ | | | Rın 1 | 2 3 4 | B | 6 | Ki Gewicht (Zahl der Beobachtungen) N — NE E 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 _ = SE 2 2 2 2 2 2 2 1 2 2 2 2 S 6 6 6 6 6 6 6 3 3 3 2 SW W = NW a = ur = & Temperaturabweichung N N — — — — NE _ _ _ _ — — E 18 2:9 3:8 3:9 3:8 373 2,35 25 u 55 —_ SE —+1:9| +1°5) —1:0| —3:5| —3°9| —4:3]) —2:3| —5°2| —9°2| — 71) — 27 1] — S —+1:8| 45:0) +6°3) +74] +8°4| +8°8| +8°8| +35°2| +8°2) +44 5° ; 3° sw an = = 2 = = w = = = u = a NW a = Kalte Zyklone (Sommer) km 1 2 7 8 5) 6 U | 8 975110 | | = Gewicht (Zahl der Beobachtungen) N 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 NE 2 2 2 2 2 2 2 1 1 1 1 E 1 1 1 2 1 1 1 1 1 1 1 SE 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 S 6 6 6 6 6 5 4 4 4 4 4 2 2 SW 10 10 10 10 10 8 7 U 7 7 5 3 2 wW 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 NW 3 3 3 3 3 3 3 3 3 2 2 H N Temperaturabweichung N 14-5 12-8] 15.9] 14:51 16/9) 20-31 2248| 2174 =20.6| — 9.9 — NE 8:2)— 8:0) — 6:0)— 5-8)— 4:8|— 4:7|— 4-4|— 2:4|— 3:0 4:8|— 8:3 = E 7:3— 6:7)— 4:9|— 4:6|— 2:6|— 0:3)+ 1:6/+ 444 6-44 6-3)+ 6-4 04 2; SE 5-91 7-5l— 8-6|— 9-0 — 7:8] 9-5 11:11 10.51 10-8) 5-6| — _ Ss 6:7)— 7:5 - 7:5 71 8:6|— 7:3) — 7°7)— 8:3)— 5:7)— 0:2|+ 4:2 114 7° ab) SW 4:0|— 4:3)— 5:2) 6-2) 6:9 7:1-10-2)— 1:3)— 9:5|— 1-7)+ 3:2 24 3: “8 W 7.7\— 6-7|— 7-8 10-3) 12-8) 15-2) 17:01 18-1] 6:7|+ 1-0)+ 733 _ NW |-14:5 —15-3]— 17-0)— 17:8) 19:0) 20-9|—22:9l-22:1) 18-3] 12-0) — 3:5 | si Meteorologische Elemente in den Zyklonen. 12: Die Zyklonen und die Antizyklonen. (Die Zusammenstellung der Resultate der beiden Arbeiten.) Vergleicht man die Resultate, zu welchen ich in dieser Arbeit gekommen bin, mit denjenigen in der zitierten Arbeit über die Antizyklonen, so wird klar, daß das Gegenstück zur »kalten« Antizyklone eine »warme« Zyklone ist, und zur »warmen« Antizyklone eine »kalte« Zyklone. Die warme Zyklone und die kalte Antizyklone stellen uns in ihren meteorologischen Verhältnissen eine Phase aus der Zeit ihres Anfangsstadiums ihrer Entwicklung dar, worauf auch die Veränderungen ihrer meteorologischen Verhältnisse hinweisen. Die Wirbel der beiden sind seicht, mit stark nach »rück- wärts geneigten Achsen«, ihr Temperaturunterschied bedeutend. Ihre Temperaturverhältnisse erfüllen die Forderungen der thermischen Theorie: Der Körper der kalten Antizyklone besteht hauptsächlich aus den kalten Massen der Nordströmung, also aus schwerer Luft, die durch ihr eigenes Gewicht sinkt und sich unter die warme Südströmung schiebt, die ihrerseits den Körper der warmen Zyklone erzeugt. Das Paar: die warme Antizyklone und die kalte Zyklone stellen in ihren meteorologischen Verhält- nissen die Schlußphase in der Entwicklungsgeschichte der beiden Wirbel dar, wie das auch die fast unveränderten meteorologischen Verhältnisse der beiden Wirbel (auf ihrem Wege über Europa) beweisen. Der Temperaturunterschied der beiden Wirbel ist weitaus nicht so groß wie in dem ersten Falle; die Mächtigkeit der beiden Wirbel ist bedeutend und ihre »Achsen« sind »steiler«. Dieses Paar erfüllt die Forderungen der dynamischen Theorie: Der Körper der warmen Antizyklone besteht aus kalten Luft- massen der Nordströmung, die sich aber durch den Abstieg von hohen Niveaus dynamisch erwärmen. Der Körper der kalten Zyklone besteht aus den Luftmassen der warmen Südströmung, die sich durch den Aufstieg dynamisch abkühlen. Man stelle sich graphisch die Strömungsverhältnisse dieser beiden Typen, des thermischen und des dynamischen nach der Fig. 7 (p. 235) in der zitierten Abhandlung über die Antizyklonen und nach der Fig. 1 und 3 in dieser Arbeit dar. (Abgebildet in Fig. 4 A und Fig. 5B.) Die ausgezogenen Linien geben Fig. 4A. uns die Bewegungsrichtung in der betrachteten Schicht in der Mächtigkeit von zirka 2 km vom Sonnblick- bis zum Brockenniveau. Die gestrichelte Linie bezeichnet die wahrscheinliche Extrapolation der Strömungen für die höheren Luftschichten. Diese beiden Figuren A und B zeigen eine Ähnlichkeit; man 17% 126 Dry. St. Hanzlık, sieht deutlich die beiden Strömungen, die kalte Nordströmung und die warme Südströmung, wie sie sich spalten und links- und rechtsdrehend die Wirbel der Zyklone und der Antizyklone erzeugen. Ich komme auf solche Weise zu der Darstellung der Luftströmungen, wie schon seinerzeit Prof. Bigelow kam.! Prof. Bigelow erhielt diese Darstellung der Luftströmungen in den Zyklonen und Antizyklonen — auf welchen er auch seine Gegenströmungstheorie der Zyklonen und Antizyklonen gründete — aus den Resultaten der Beobachtungen der Luftströmungen. Zu Fig. A und B komme ich auf anderer Grundlage; aus den. Beobachtungen der Temperaturverhältnisse. Diese Figuren A und B zeigen uns noch etwas mehr, und zwar sie geben uns eine rohe Vorstellung über die vertikalen Komponenten der Luftströmungen in den beiden Typen. Man sieht deutlich, daß die Vertikalkomponente der Luftbewegung in der betrachteten Luftschicht von 2kmi stärker ist in Fig. B (warme Antizyklone, kalte Zyklone) als in Fig. A (kalte Antizyklone, warme Zyklone). Zu den Verhältnissen, die in Fig. B veranschaulicht sind, und die uns, wie schon erwähnt, die Schlußphase der Entwicklung darstellen, kommt man aus Fig. A durch die Vorstellung, daß sich »in Fig. A« eine ausgeprägte Vertikal- zirkulation einstellt. Durch Einführung einer solchen Zirkulation ändern sich auch dynamisch die Temperaturverhältnisse der beiden Wirbel: die niedrige Temperatur der Antizyklone steigt, die hohe Temperatur der Zyklone sinkt. Fig. 5 B. Aus der Beschreibung des Auftretens der Zyklonen und Antizyklonen ist bekannt, daß das thermische Paar: die kalte Antizyklone und die warme Zyklone zumeist Gebilde von ausgeprägter Fortpflanzungs- geschwindigkeit sind, während das dynamische Paar, die warme Antizyklone und die kalte Zyklone vorwiegend durch unbestimmte langsame Bewegungen und durch Stationieren gekennzeichnet werden. Man vergegenwärtige sich den Vorstoß einer kalten Nordströmung, die von höheren zu niedrigeren Breiten vorrückt und da eine thermische Antizyklone hervorruft. Diese Strömung, in relativ ruhigere Schichten mit ihrer gewissen Plusgeschwindigkeit eindringend, erleidet eine bestimmte Hemmung. Je stärker ihre horizontale Komponente der Geschwindigkeit gehemmt wird, um so mehr muß die vertikale Komponente, die infolge der kalten schweren Luftmassen eine Richtung von oben nach unten hat, gewinnen. Die kalte Luft wird gewaltsam gezwungen herabzusteigen, erwärmt sich dynamisch und ver- größert den Luftdruck an der Erdoberfläche. * Bei der warmen Südströmung ist der Prozeß ein entgegen- gesetzter. So könnte man den Übergang von Fig. A zu Fig. B erklären. 1 Siehe zum Beispiel das Diagramm Nr. 69 gegenüber der Seite 626 in dessen bekannter Abhandlung: Report on the inter- nacional cloud observations. Report of the Chief of the Weather Bureau, Vol II. Washington 1900. Prof. Bigelow sagt dort (p. 626): A current of air from the northwest at about the stratocumulus levelshows a tendency to split into two parts, the southern curling into a high area and the northern curling in the opposite direction into the low area. This splitting and the curling tendency is greatly reinforced by a current of the air from the south, which does precisely the same thing, the western branch curling into the low area and the eastern branch curling into the high area etc. 2 Das entspricht auch direkten Beobachtungen, siehe p. 237 (75) meiner Arbeit über die Antizyklonen. | Meteorologische Elemente in den Zyklonen. (2 Man könnte da die Frage aufwerfen: Müssen sich in allen Fällen, wenn einmaleine solche Zirkulation hervorgerufen wurde, in der Schlußphase der Entwicklung der beiden Wirbel solche thermische Fälle einstellen, daß die Antizyklone wärmer als die Zyklone wird, oder kann sie in einigen Fällen doch kälter bleiben? — Beide meine Arbeiten haben gezeigt, daß neben den dynamischen Vorgängen für die thermi- schen Verhältnisse der Wirbel der Zyklone und Antizyklone auch die Temperaturändsrungen der beiden sie ernährenden Gegenströmungen wichtig sind. So wurde nachgewiesen, daß die warme Zyklone auf ihrem Einzuge in Mitteleuropa sich in ihrem ganzen Körper erwärmt. Dabei entwickelt sie sich gewiß, es ist also die Entwicklung des zyklonalen Wirbels mit Erwärmung (!) verbunden, also das entgegengesetzte, was man erwarten würde, wenn allein die dynamischen Faktoren tätig wären (das ist die dynamische Abkühlung der aufsteigenden warmen Luft). Ein ähnlicher Fall liegt bei der kalten Antizyklone vor, die bei ihrem Vorrücken gegen Mitteleuropa noch kälter wird. Man sieht also, daß der Wärmeinhalt dieser Gegenströmungen und seine Änderungen imstande sind, nicht nur die dynamischen Vorgänge der Temperatur in beiden Wirbeln zu kompensieren, sondern sich auch geradezu über dieselben hinaus geltend machen. Man nehme zum Beispiel an, daß die Temperatur jeder dieser Gegenströmung konstant ist und bleibt. Durch die Entwicklung der beiden Wirbel (der Zyklone und Antizyklone) nach aufwärts steigt die Temperatur der kalten Antizyklone und die der warmen Zyklone sinkt. Der Betrag der Temperatur- änderungen auf dem dynamischen Wege ist abhängig von der Entwicklung jedes der beiden Wirbel nach aufwärts. Da diese Entwicklung nach aufwärts ihre Grenze hat (man sage zum Beispiel bis zur isothermen Schichte), so ist auch der Betrag der dynamischen Erwärmung beziehungsweise Abkühlung bestimmt (begrenzt). Man betrachte zum Beispiel zwei Gegenströmungen von bedeutendem Temperaturunterschiede, dann muß bei dem durch diese entwickelten Paare (Zyklone und Antizyklone) auch in dem Endzustande die Antizyklone kalt, die Zyklone warm bleiben. Solchen Fällen begegnet man in den östlichen Teilen der Kontinente der nördlichen Halbkugel, zum Beispiel in den Vereinigten Staaten. Von NW, von den kalten westlichen Provinzen Kanadas, kommen »kalte Wellen« und begegnen den »warmen Wellen« aus dem W-Sektor der subtropischen Antizyklone. Die Unterschiede ihrer Temperaturen sind sehr groß, wie es viele Beispiele beweisen. Die kalte Welle erzeugt eine thermische Antizyklone, die warme Welle eine thermische Zyklone. Auf ihrem Wege über die Staaten nach New-England erfahren sie Temperatur- änderungen: Die herabsteigende Luft der kalten Antizyklone erwärmt sich, die aufsteigende Luft der warmen Zyklone kühlt sich ab; doch diese dynamischen Änderungen der Temperatur sind zu schwach. Beide Wirbel bleiben seicht !, der Körper der Antizyklone bleibt kalt, der der Zyklone warm. Ähnliche Zustände wiein Nordamerika wird man vielleicht auch bei den Zyklonen und Antizyklonen des ostasiatischen Monsungebietes finden. Solche Verhältnisse, wo den kalten Nordströmungen fortwährend die warmen Südströmungen entgegenkommen, treffen wir gewiß nicht in allen Meridianen. Es ist ja auch nicht notwendig, sich den Luftaustausch zwischen höheren und niedrigeren Breiten bloß auf solche Weise zu erklären. Ich denke, es genügt, daß das eine Mal da eine Nordströmung, dort in einem anderen Meridiane — zeitlich ver- schieden — eine Südströmung auftritt. Eine derartige Strömung wird auch genügen zur Erzeugung eines thermischen Paares (Zyklone und Antizyklone). Eine solche Strömung, die eine bedeutende Fortpflanzungs- geschwindigkeit besitzt, dringt in relativ ruhigere Schichten, spaltet sich, ihr linksdrehender Zweig erzeugt mit der Luft der Umgebung einen zyklonalen Wirbel, ihr rechtsdrehender einen antizyklonalen. 1 Wie seicht diese beiden Wirbel bleiben, kann man aus ihrem Einflusse auf den Zug der Cirruszüge schätzen. Man sehe die Diagramme in der Abhandlung von H. H. Clayton nach: Discussion ofthe cloud observations. Annals of the astronomical obser- vatory of Harvard College. Vol XXX. Part IV. Cambridge 1896, und zwar Plate XIII für »Cirrocumulus levele und »Altocumulus level«. Die Luftströmungen im Altocumulus-Niveau zeigen in der durchschnittlichen Zyklone und Antizyklone in der Umgebung des Blue Hill eine ausgesprochene Ähnlichkeit mit dem Zuge der Luftströmungen im Cirrusniveau im Gebiete der durchschnitt- lichen europäischen warmen Zyklone und kalten Antizyklone (siehe Tafel I in dieser Arbeit). Dies beweist, daß die Wirbel des durch- schnittlichen thermischen Paares in Amerika seichter sind als die in Europa. 128 Dr. St. Hanzlık, Meteorologische Elemente in den Zyklonen. Daß es vielleicht auf solche Weise zustande kommt, schließe ich aus den Strömungsverhält- nissen im Ben Nevisniveau, die bereits in dem Kapitel »Warme Zyklone« besprochen wurden. Zum Beispiel die Südströmung, die in höhere Breiten vordringt, erzeugt mit dem linksdrehenden Zweige eine »warme Zyklone«, mit dem rechtsdrehenden eine »mäßig kalte« Antizyklone. Ebenso erzeugt eine kalte Nordströmuns, in niedrigere Breiten eindringend, eine »kalte« Antizyklone und eine »mäßig warme« Zyklone. Die Anfangszustände der beiden Wirbel entsprechen den Forderungen der thermischen Theorie, die Temperaturunterschiede der beiden Wirbel sind aber gering, nicht so wie es in Nordamerika der Fall ist. Entwickeln sich nun beide Wirbel nach aufwärts, so erlangen bei dem geringen Temperatur- unterschiede der beiden Wirbel die dynamischen Temperaturvorgänge ein derartiges Übergewicht, daß in dem Schlußstadium der Entwicklung jene Verhältnisse sich einstellen, die die dynamische Theorie verlangt. Zusammenstellung der Resultate. Faßt man die in beiden Arbeiten gefundenen Ergebnisse kurz zusammen, so kann man sagen: 1. Der Austausch der Luft zwischen den höheren und niedrigeren Breiten wird durch horizontale Konvektionsströmungen vermittelt.! (Bigelow’s Gegenströmungstheorie.) 2. Diese Konvektionsströmungen geben Anlaß zur Ausbildung des thermischen Paares, der kalten Antizyklone und der warmen Zyklone. Beide Wirbel sind seicht und weisen eine ausgeprägte Fort- pflanzungsgeschwindigkeit auf. 3. Wird dasthermische Paar in seiner, im allgemeinen von W nach E gerichteten Fortbewegung durch das Eindringen in relativ rubigere Luftmassen gehemmt, so nimmt dadurch die vertikale Komponente der Luftbewegung in beiden Wirbeln zu. Diese entwickeln sich nach aufwärts und erleiden dynamische Änderungen der Temperatur: Der Körper der Antizyklone wird erwärmt, der der Zyklone abgekühlt. 4. Ob die Zustände der Endphase der Entwicklung dadurch charakterisiert werden, daß der anti- zyklonale Wirbel wärmer wird als der zyklonale, hängt von dem Unterschiede der Temperaturen der beiden, die Wirbel erzeugenden Gegenströmungen ab: a) Wenn der Unterschied ein geringer ist und sich die beiden Wirbel bis zu großen Höhen ent- wickeln, so stellen sich Temperaturzustände ein, wie es die dynamische Theorie verlangt (Mehrzahl der europäischen Zyklonen und Antizyklonen). b) Ist aber der Unterschied ein großer und können sich die beiden Wirbel infolge geringer Hemmung ihrer großen Fortpflanzungsgeschwindigkeit nicht nach aufwärts entwickeln, dann bleiben ihre Tem- peraturzustände solche, wie es die thermische Theorie verlangt (Mehrzahl der amerikanischen Zyklonen und Antizyklonen). 1 Es liegt der Gedanke nahe zu fragen: Haben diese horizontalen Konvektionsströmungen — die kalten und die warmen Wellen — nicht ganz bestimmte Radiationspunkte, von welchen sie vorwiegend auszugehen pflegen? Es ist zum Beispiel bekannt, daß der Radiationspunkt der kalten Wellen von Nordamerika in den westlichen Provinzen von Kanada liegt. Die Arbeit von Prof. H.v.Ficker über die Kälte- und Wärmewellen in Rußland und Nordasien (Sitzb. der Wiener Akad. Bd. CXIX, 1910; Bd. CXX. 1911, 2a) zeigt, daß das Ausgangsgebiet der kalten Wellen des asiatischen Kontinents an der Küste des Eismeeres. etwa zwischen 30° bis 90° öst!. v. Gr., zu suchen sei. Es liegt also gewisse Ähnlichkeit vor, was die geographische Lage des Ausgangsgebietes der kalten Wellen zu den beiden Kontinenten betrifft: derselbe liegt nordwestlich in Bezug zum Kontinent. Diese Arbeit schließend, fühle ich mich verpflichtet, an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen dem Herrn Hofrat Prof. Dr. J. v. Hann, auf dessen Anregung hin auch diese Arbeit unter- nommen wurde, ferner dem Herrn Prof. Dr. W. Trabert, Direktor der k.k. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien, der mir das zur Durchführung dieser Untersuchung notwendige Material aus der Bibliothek der Zentralanstalt bereitwilligst zur Verfügung stellte. RUE — Au Die Luftströmungen in den warmen und kalten Zyklonen. Cirrusniveau. Warme Zyklone. Kalte Zyklone. Winterhälfte. S Sommerhälfte. A er REN S u m u f { Tafel I. BT DE De Ya De I N Die Luftströmungen in den warmen und kalten Zyklonen. Winterhälfte. Warme Zyklone. Kalte Zyklone. Sonnblick. Pic du Midi. N T EN N © SPRuA A Baur) RL a ' 2 el WEN $ Wr x le Karel ll Kalte Zyklone. Snica. “ 5} 5 o® ) ra = A hi 6 Tafel IV. Be. ne = len 18 DR, Tafel IV. Warme Zyklone. Kalte Zyklone. Mt. Ventoux. Schneekoppe. Belchen. Dale 12 Ge ae fi ei EN Warme Zyklone. Ss N Ben Nevis. Brocken. Ralte Zyklone. ES SEISER FR — V ÜBER DIE GUNSTIGSTE GEWICHTSVERTEILUNG BEI TRIGONO- METRISCHEN PUNKTBESTIMMUNGEN VON D*- EMIL HELLEBRAND Mit 6 Textfiguren VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 30. NOVEMBER 1911 Für die einfachen Methoden trigonometrischer Punktbestimmung, wie sie bei Verwendung eines einzelnen Dreieckes auftreten, wurde das Problem der günstigsten Gewichtsverteilung in einer früheren Arbeit ! behandelt. Die vorliegende Studie bringt zunächst in dem Abschnitte »Fehlerellipse und Fehlerkreis« einige Ergänzungen, welche unter Zuhilfenahme der beigeschlossenen Tabelle eine rasche und sichere Beur- teilung der mittleren Punktfehler ermöglichen sollen. Im Anschlusse hieran wird die Art der Fehler- fortpflanzung in einer Dreieckskette untersucht und die zugehörige günstigste Gewichtsverteilung ermittelt. Die Entwickelungen basieren auf der Theorie der Ausgleichung bedingter Beobachtungen; diese Grundlage wurde des Zusammenhanges wegen auch im letzten Kapitel beibehalten, welches sich, gleich- falls unter dem Gesichtspunkte zweckmäßigster Beobachtungsverteilung, mit dem mehrfachen Vorwärts- einschneiden befaßt. Mittlere Koordinatenfehler. Mit den Bezeichnungen der Fig. 1 lauten die Koordinaten für ©: Fig. 1. 1 sin \ 7 x—ccos dp] — "I cos dB], A “ sın aNSinE »=esin WI] = Be sin [dB]. (2 sin a. Hiebei ist festzuhalten, daß a die ihrer Größe und Richtung nach fehlerfrei bestimmte Basis, o, ß und y bereits ausgeglichene Dreieckswinkel vorstellen, welch letzteren die Gewichtszahlen p,,p, und p, zu- geordnet sind. Im Vereine mit der auf die Winkel- änderungen da, dB und dy sowie den Dreieckswider- spruch w bezogenen Bedingung da+d +dy +w=0 (3 bilden obige Gleichungen das Ausgangssystem für die >y weiterhin nach der Theorie bedingter Beobachtungen zu entwickelnden Funktionsgewichte ?, und P,. 1 Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften Bd. 118, Ta. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIL, Bd. 18 130 Dr. E. Hellebrand, Aus Lgx=Lga-Lgsina + Lg cos b—$] + Lg sin y, Igy= Iga—Lgsina+ Lgsin [b—-£] + Lg sin y foleen im Wege der Differentiation die linearen Funktionen: fo} {o} de =x(—cotada + ts W-Blaß +cotyd)= FE, (4 dy =y (—-cotada — cot[d—B] dB + coty d) = G. (5 Setzt man der Kürze wegen I ricoda: a: We RB) 2 CR 2 —EC0%0, 8 = —-yecot dB], EN Cor % N und 9, Ps + PıPs + PaPs — K, dann liefert die Auflösung der zwei für F und G aufzustellenden Übertragungsgleichungen el a p pP die Koeffizienten: 1 Hr u (—PıPeIs — Pı Pa Ja — Pa Ps Ih): 1 8) = — (-PıPa8; — Pı P38, — 02 P3 8}), pP K (—Pı P3 85 ıP382 — P2P3 81 weil die der allgemeinen Bedingungsgleichung a,da+a,dß +a,dy +w=0 im vorliegenden Falle entsprechenden Werte für a,, a, und a, gleich der Einheit sind. Ferner erhält man für die zur Bestimmung von 1 F ’88 F3 — ++ IE pP P> Ps und (9 1 G G G3 = ++ P, Pı Ps P3 erforderlichen Funktionen M=h+n Mena Kehren 3 : e (10 G=4+B G=s + GBegH+P mit Einführung der Symbole Kh=- ht bb een heroes (il De te 8 A See folgende leicht zu ermittelnden Ausdrücke: 1 1 H=— — (mich <= 21, Ch), Ge el tn 1 en ıP3.d;) 1 K Pı Pa lı ıP3 ta S 2 EN 1 F, =— — (9 P2 dd, — Pa P3d,), SE — (PıPa tz; — PP ty), K K 2 1 I, = x (PL pad, + 053 dı), G, = g7 (1212, 0, =) Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmaungen. 131 Werden letztere im Sinne der Gleichungen (9 zusammengefaßt, so erscheinen die Gewichtsreziproken in der Form: 1 1 DB) 2.2 = — = | 219020, + P1p,d + 290, 0,0,4,d, | ; + pp. da + 2,0.d3 — 29, pP, dad, [> (11 I pip,da + p3p,dı + 2Pı Ps pP, dıd, 1 1 Sg oWS 7 u p,p3ti + pP + 271 PP; tu bo 2 + pp, + Ppep3t5 — 2Pı PaPztots [9 (13 I- DNB Eh B Ball a PB» Bslin!s | welche indes noch einer wesentlichen Vereinfachung unterzogen werden kann. Beachtet man nämlich die aus (11 folgenden Relationen Ole Ei und zieht in obigen Gleichungen die Hälften der doppelten Produkte paarweise zusammen, also in —— x das halbe erste mit dem halben zweiten: PıPgPp3d,(d, -d,)—P,P3P3 d3, das erste mit dem dritten: PıPaP3d, (d, + d,)—=p,Pp»p,di, das zweite mit dem dritten: 124105195, Ch (Ch — Ch) EM NH : 1 - ee führt Analoges in —- durch, dann resultiert nach Division durch 3 IRG— PıPa + PıP3 + Pa P; als Reziproke der Funktionsgewichte: 1 | — — (p,d2 + p,d: + p,d:}) P, K 3,7% at 2 und (14 ] ER —— pet H+p BR). P, K 13 Al 3 22 Bekanntlich sind die Quadrate des mittleren Abszissen- und Ordinatenfehlers bestimmt durch mer nel me 2 Ir ö IP wenn ı den mittleren Fehler einer Winkelmessung bedeutet; demnach wird — mit Rücksicht auf die im früheren eingeführten Abkürzungen: m? r2 21 —Bß h “ m were |, (eot1—tg.[lb-E)? +7, (ot a + coty)? + p, (cota + 1g Ba, (15 PıPa + PıP3 + PaP; | m? c? sin? | —B] PıPa + Pı P, + PyP; und hieraus nach einigen Reduktionen der mittleren Punktfehler: M— | p, (cot + cot [U—-B])+p, (cot a-+ cot 7)? + p, (cot a —-cot Ge (16 h m’ p,a” + p,b? + ps0? (17 sin’a pp» + PıPs + PsP; — in voller Übereinstimmung mit dem seinerzeit nach der Theorie vermittelnder Beobachtungen gefundenen Resultat. 18# 132 Dr. E. Hellebrand, Die Bestimmung des Minimums von M? mit der Nebenbedingung Pr +mR+p—P war Gegenstand der Arbeit! »Die günstigste Gewichtsverteilung bei Dreieckswinkelmessungen«, deren Hauptergebnisse hier in Kürze wiedergegeben seien: Pi = re (2 be sin 0. + /8 [—a: +b? + c2]), = r 2acsin B + \V/3 [a? -- b? + c2]), (18 P : Se 5 = N (2absiny + 73 [a? + b? — c2?)), l mit AR N=6besina +3 [a? + b + c2], ferner 72 2 2 22 RZ m— _—" r SE + /3 be sin a (19 P sin? a 2 als mittlerer Punktfehler bei günstigster, M— —" —- (+52 +00) (20 P sin? o. als mittlerer Punktfehler bei gleichmäßiger Gewichtsverteilung. Zur leichteren numerischen Auswertung der Gewichte wird man das Gleichungssystem (18 noch ein wenig umgestalten: Da — a? +b?+c=2bc cos a a? — b? +c?=2accosß a+b?— ce =2abcosy, wird zunächst 2b - = 2 (sin a +\/3 cos o) p, = DIEE (ep B+ \/3 cos ß) N PN = (ein tr \V3 cos ) und mit der Substitution VI (00° das Verhältnis sin (60 +.) , sin (60+ß) , sin (60 +7) sin 9. i sin ß i sin y Pı:P2:P; — D (21 womit allen Forderungen nach Bequemlichkeit der Rechnung entsprochen sein dürfte. Überdies erkennt erkennt man auf den ersten Blick, daß Winkel von 120° und darüber von der Beobachtung auszu- schließen sind. 1 Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften Bd. 118. Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. | Ss) o Fehlerellipse und Fehlerkreis. Als Abschluß der Betrachtungen über den mittleren Punktfehler im Einzeldreieck sollen im Folgen- den die Ausdrücke für die Achsen der Fehlerellipse und für die Richtungen derselben entwickelt werden auf Grundlage der zu diesem Zwecke bereits vorbereiteten Gleichung (15 eventuell (16. Führt man nämlich in den Ausdruck 2 9 N n : m? c? cos? [b—B PP» = PıP5 I Po P5 pi (eot® 4 + tg [dB] 2 cot tig [d--B) | sin? ß De sin? a. sin? y | +Pp, (cot?a + tg? [dB] + 2 cot a tg [b—-B]) die oben angegebenen Werte p,,p, und p, ein und ersetzt gleichzeitig sin? |" dann treten innerhalb der Klammern folgende Gliedergruppen auf: -8] durch 1— cos? [b—Bß] Glieder ohne b: 2 pı +; = —— (2Zesina+ b\/3); } j2 Glieder mit 2 besin a Br cos? [(d —ß]: 2b . - cos? |(b—B] (a? +b?+c?— 4a? sin ®7]; csin «N Glieder mit dem Faktor PVE_ cos: 8]: N cos? b? cos? a FT gpccos 5 — —__ 2accosß+r — 2 abcosy —2 b? sin? y a? sin? y sin? 2b ’ — ee (a cosacosy|acosy+ccosa]) —ab cosacosy-+ absin a siny —ab sin 4 sin y) ce sin? a, OR dara cos. kr clcos a. bl ist; ferner solche mit P 2 be sina —— sin2|d —B]: m [PP] i a > De 2 be sin m sin 2 [d—B] (cot « — ct )=2 N sin 2 [d—B] (be cos a —ab cos y) JO —=2 — (c°—a?) sin 2[b—P] N und schließlich Glieder mit dem Faktor EN ee v N —2beeosacoty+2abcosycota =. Auf Grund dieser Vereinfachungen und mit Rücksichtnahme auf 4 be sin o K—yoh, az jan ah ar ieh — IE: ; Sa : 6 be sina+\/3 (a? + b2 + 02) N=6bcsina-+\/3(a? +b2+ 0) 1 34 Di. BD. Hiellebnand, lautet jetzt das Quadrat des mittleren Abszissenfehlers: 2) m? f DR 2 n ar i 2 PD) 9 DWeRD M= ——— !2csin’o+ v3 be sin a + cos? [d—ß] (a? + b? + c®—4a? sin? y) 2 P sin? «a | + sin 2 [b—B] ce sin a (b—-2a cos a (22 Es ist demnach letzterer nicht allein von der Größe und Form des Dreieckes, sondern auch von der Richtung der Dreiecksbasis — d — abhängig. Aus d M2 dy — () erhält man den die Extreme von M? präzisierenden Wert von &, er sei mit ı), bezeichnet, in der Gleichung: h 2csina(b—-2acos tg 2 (4, Bl = - \ a?+b? + c?—4a sin? 7 Se sin a sin y sin [y —o] 0) (23 === = = == y LO sin? B— sin o. sin y cos [Yo] R daher weiter: (0) a SE er VI == OR 2 2 cosi fe] — + ZEVE ED 2 /R? +0? und hiemit, insofern das +Zeichen dem Maximum der Funktion zukommt: D) 9 m? OWELENO) c DR Bi mer Mznax. = 4 = ———— 4. sin? BD) besina+ R+ VR + 0? 4P sin? o. j m? D) D) ) 2 . 2 5) 2\2 5) 9 | — a: 1 b2rciH 2/3 bc sin a + NY (a? + b2 + c2)? — 12 a2? sin? y\ 4 P sin? a, f m? Er \ =, Ja: +52 +02 +2 V/3besina+ 4 P sin? o. | + V (a? +25#+0+ 2/3 be sin o) (a? + b? + 2 /3be sin 4) . (24 Mit Benützung der früher zitierten Gieichungen (19 und (20 sowie der Differenz ae (vB = DD OS) as Sin ©) kann man M%xıax. = 4, welches der halben großen Achse der Fehlerellipse entspricht, während Main. = B die halbe kleine Achse charakterisiert, NR. == ——— Sa: +b2 rc + 2/83 be sin u. — 4 P sin ®o. | N 2\/ 3bc sin o) (a? + b? + c? — 2\/3be sin A) (25 wie folgt, weiter transformieren: 2 -E, M ve -w-" m+ VDHM-M) (26 und analog Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 135 = | m ma): . [66 | Zu denselben Resultaten führt die Analyse des Ausdruckes M} nach Gleichung (16. Für ein gleichseitiges Dreieck gilt: M=M, da hier die gleichmäßige Gewichtsverteilung mit der günstigsten identisch ist; mithin M? 2 M 4? —= a RE alsorAd = Br=— 2 2 N das heißt, bei gleichseitigen Dreiecken geht die Fehlerellipse in einen Kreis über, was auch die Unbestimmtheit des Ausdruckes für ı, bestätigt: sin a sin y sin |'y— | tg: [86 - < [e | sin? B—-sin a sin y cos [y—a] bier Im Sinne der Gleichungen (26 und (27 ist der Unterschied zwischen den Ellipsenachsen umso größer, je mehr die Dreiecksform von der Gleichseitigkeit abweicht. So erhält man beispielsweise für 7101000 m —_ OR = 1000 200 6011002: M = 56:17 cm, M = 49-45 cm, hieraus A= 43:37 cm, B= 23-79cm und, wenn die Basisrichtung ') = 90° gesetzt wird, als Richtungswinkel der Ellipsenachsen u V—d, = ze ale ee 9; = 94+90°=107.° 11’ 12”, hingegen für « = 70°, B= x = 55° mit Beibehaltung der Werte für a, m und P: M= 8:19cm, M= 871ocm, AZ 6:04cm, BZ= 03:48 cm, und O4 = 90°, 0; =180° oder 0°. Das Auftreten von Fehlerkreisen bei gleichseitigen Dreiecken legt die Frage nahe, unter welchen Bedingungen bei beliebig geformten Dreiecken die Fehlerellipsen in Fehlerkreise übergehen könnten. Die Beantwortung dieser Frage ist deshalb von besonderem Interesse, weil man vom Standpunkte der geodätischen Praxis an jede gute Punktbestimmung die Forderung stellt, die mittlere Punktver- schiebung soll nach allen Richtungen gleich groß, ihr absoluter Betrag ein Minimum sein oder mit anderen Worten: Die mittlere Fehlerfläche soll ein Kreis mit möglichst kleinem Radius sein. Zum näheren Studium dieser Aufgabe müssen zunächst die Ausdrücke für die Ellipsenachsen in allgemeiner Form dargestellt werden. Hiezu kann man Gleichung (15 oder (16 verwenden: m? c? sin? [(d—B] ME = (Bra siny pP, a2 cos: 2,B..17,0 sino p,0c0= 10) PıP» + PıP3 + P3P; Sn sin2 | — SF Sen) Para cosla— pa cosk) (28 asınYy 2 <> /01, Soll Y Sb, ——— em, eo @ a? sin? y 136 Dr. E. Hellebrand, worin die Glieder nach den Funktionen von b bereits geordnet sind. Aus aM: — 0) db folgt allgemein: B R 2a sin y (pP, @a cos Y—-P, € cos d) Z tg 2 [0 —B] = | = nee =, © p, a? sin” —p, a? cos®7—p,b? + p, c? sin” a —p, 0” cos? a N V2+NMEN, sin 2 [&,—P] Vz N: m 9 ran 7 aa N We Da nun Z + N Zp,a: + p,b! + p:c! + 2p,p,a®b: cos 24 + 2p,p, ac? cos 28 + 2p,p, 5b? c2 cos 2a = (ma®+p,b?+p,c)? — (PP + PP, + P3p,)4a®b? sin? y ist, erscheint das Maximum beziehungsweise Minimum von M? deffiniert durch: vs De m? Nauen . A M% as. en Km ir @+p,b°+p,®+ Min. 2 & SIn® & +V (ma +p,b+p,@ 4 F\/E) (p, a? + p,b? + p,c? +4 F\/R) n (30 wenn mit F der Flächeninhalt des Dreieckes und mit X die Kombinationssumme p,25 + Pı Ps + Pa P; bezeichnet wird. Wie unmittelbar ersichtlich, sind die Achsen 4? —= Max, B? = Min. nur noch abhängig von p,,P, und ?,, die nun so bestimmt werden müssen, daß zunächst der Wurzelausdruck verschwindet, mithin an Stelle der Ellipsenachsen der Kreisradius tritt: m? > S 2 Ne (on @2 Se 19,62 => 9,62), (31 2 Ksin? & überdies R selbst hiedurch auf ein Minimum reduziert werde. Außer den Gleichungen in Ehe = AFVp, Ps + PıPs + P>P5, (32 MER: (33 liegt demnach noch die Minimumsforderung für R? vor. Wird p, PP, in (32 eingesetzt, so ergibt sich vorerst die p, und Ps verbindende Relation: p2 (a? —c?]? + 16 F?) + p2 ([P?—c?]? + 16 F?) + 2p, p, ((a?—c2] [PP—c?] + 8F°) + 2p, P(&* Ja —e?]-8F2) + 29, P (2 [Pc -8P) + PA —O. (34 Bedeutet für den Augenblick k=(a?—c2)? + 16#%, g—(a ce) (ce) + 8m Zube) 16 Rn care?) 8R2, 5 e21(c2)SıR2, dann liefert die Auflösung obiger Gleichung: Ppık= — (mg +Pr) + \Vp} (Kl) #2Pp, (gar —ks) + Pr —kei). (39 Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 137 Untersuchen wir zunächst die Größen unter dem Wurzelzeichen: p% (—k)) — 16 Fep} (- 12 F2 abc + a2b2 + a%c? + 62 c2) — 16. PR? p3 re 12 F2 + - en nr er | j — _16Pp} ee 2 ferner 202 (GES) SE (SIE are neo nee) 1 — O2, 6 (at— bt + c! + 2a? c?) 2 A) 1 2 2 2 2} 2 2) =, Er (a? + b? + c2)(a®—b? + ce?) — 16 P’Pp,accosß(a? +5? + c) und © P? (r?—kct) = 16 FP° P? (AF°—a?c?) =— 16 F? P?a?c? cos? ß. Die Substitution dieser Werte in (35 führt zu einem für das vorliegende Problem charakteristischen Wurzelausdruck: == En (a? + b°+ 0°)? + Pp, accosß(a?+b’+ c?)— Pa? c*cos’ß \ — AM ya [a? + b? + c?]) — Pac cos e) D) (36 Daraus erhellt, daß die Unbekannten p,, p,, p, komplexe Größen sein müssen. Wenn auch die Weiterführung dieser Auflösung in erster Linie aus Raumrücksichten unterbleiben muß, so ist doch anderseits zu bedenken, daß derselben keinerlei praktische Bedeutung zukommen kann, da Gewichts- zahlen stets auf das Gebiet reeller Größen beschränkt bleiben müssen. Voraussetzung hiefür ist im gegebenen Falle das Verschwinden des Wurzelausdruckes in (36, also 2 (a +52 +0) -Paccosß=0 2 ac cos PpR—P 2 (87 a? +b?+ c? und hieraus mit k=16F + (a — ce?) = b? (2a?—b’ + 2c?), _, 4 4 4 A TR » Mi, 8 — b’+ c" + 4a? b2), ‚2 NEN nd u (at + b—c!—2a?b’— 2b? c?) weiter — 2a —-b+2c: +3a?b? + b?c? — a? +b2 + c Pı JR = pP Se (24a?—b? + 2c?) (a? + b? + c?) a?+b?’+c? 2 bc cosa DD (38 abc und schließlich 2 ab 7 ner ab cos y (39 a?+b?+ cc? Denkschrilten der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII Bd. 19 138 Dr. E. Hellebrand, Damit sind zwar die Gewichte gefunden, welche den Übergang von Fehlerellipsen auf Fehlerkreise bedingen; daindes der Minimumsforderung (31 nicht entsprochen werden konnte, infolge des beschränkten Geltungsgebietes von Gewichtszahlen überhaupt, so wäre noch zu untersuchen, in welcher Beziehung die mittleren Fehlerflächen — Ellipse und Kreis — zu einander stehen. Vorerst scheint es aber notwendig, Gleichungen (37, (38 und (39 zu überprüfen. Soll nämlich nach Einführung von p,, ?, und p, an Stelle der Fehlerellipse ein Kreis entstehen, dann muß tg 2 [d, —ß] den unbestimmten Wert — annehmen, weil jetzt eine ausgezeichnete Richtung nicht mehr vorhanden ist. Es wird (p, a cos Y—p,c cos a) 2a siny p, a? sin? —p, a? cos? 7 + p,c? sin? a —p, c” cos? ap, b? coS 4. COS Y— COS 4. COS Y asinßsiny—bcosacosy+bcosacosy—asinßsin y 10) FE 3 0) womit die Richtigkeit der früher ermittelten Gewichte erwiesen ist. Anderseits erkennt man aus (37, 38 und 39 ebenso aus dem Verhältnis cosa cos? cos" SE T — got a:cot$:coty, (40 Pı:P2:P, — Z NE 5 daß für Dreiecke, in denen ein Winkel 90° überschreitet, ein Fehlerkreis wegen des Auftretens negativer Gewichte nicht mehr realisierbar ist. Zum Vergleiche zwischen dem Flächeninhalte des Fehlerkreises und dem der Fehlerellipse setzen wir p,, p, und p, in R? (31 ein und erhalten: m? (a cosa + bcosß-+ c cos y) I = (a2 b2 FC?) 4Psin?o.(a cos ßcosy + bcosacosy + C cos 9. cos ß) m? yp2 2 m R (a? Sr b2 pr c?) — ME (41. 2Psin® a 2 Es war aber M ———. A — > (M + V mE — M?>) M De 2 — __ re 2 2 IB — 5 (M VM M?) also Are ZN . 22 M? 2 2 $ n Da nun R’—= = > 5 = A > ABiist, so folgt: der Flächeninhalt des Fehlerkreises R’r ist 2 stets größer als jener der Fehlerellipse ABr; nur für das gleichseitige Dreieck ist R’r = AB. Zur Übersicht und etwaigen Verwendung wurden im Nachfolgenden zusammengestellt für a = 10000 m, m = 10", P= 100 und d = 907: 1. Für die Fehlerellipse: A, B, 9, =b—d, = 90—d, und Abr; 2. für den Fehlerkreis: R und Air. er Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 139 Die Tabelle wird es ermöglichen, in praktischen Fällen nach Berücksichtigung aller sonstigen Umstände eine zweckmäßige Entscheidung treffen zu können. Dabei muß noch bemerkt werden, daß bei jenen Punktbestimmungen, für welche im Sinne der besten Gewichtsverteilung an Stelle der Triangulierung ein einfaches Vorwärts- oder Seitwärtseinschneiden zu wählen ist, also in allen Dreiecken, in denen ein Winkel 120° überschreitet, die Gleichungen (23, (26 und (27 durch folgende zu ersetzen sind: Beim Vorwärtseinschneiden aus ß und y: sin 2a. sin ‘ [?) —— tg 2 Yo 3 = B ? = ’ sinß+cos2 sin y a e sa /ı _ 4 sin®a sin ß sin ) ZN \ (sin ß + sin y)? Ze M? [4 2: 1 a sin?a sin B sin 1) DEN (sin B+sin 7)? und mit je} - 2 B Datz —h sın Nawall cos ea für das Seitwärtseinschneiden aus a und $: sin a sin 2; tg 2 [Bl = — — sin ß+ sin a cos 2x A? === M 1 E 1 4 sin a sin ß sin? Y 2 \ [sin « + sin B]? BE == Mm f Es id 4 sin a sin ß sin? 7 a N [sina+sinp® ,’ oder mit der Substitution sin y \/ sin a sin ß at a sin ——- cos 2 = Z A=M eos Pa B=Msin %. Die angeführten Gleichungen ergeben sich auf Grundlage des Fehlerfortpflanzungsgesetzes unmittel- bar aus den Formeln für die Koordinaten des Punktes C; die näheren Einzelheiten können hier über- gangen werden. 19# 140 Dr. E.Hellebrand, ao | B \ N Acm Bcem 9, ABrdm? | Rcm | R? r dm? | | | i 10 160 54:99 9:70 70° 00' 00" 16:75 15 155 67:95 14:74 6001070825 81-47 20 150 80-41 20-20 60 20 16 51:03 25 145 92-29 25-95 55 14 10 75-24 30 140 10352 31:86 51 03.40 10362 35 135 11404 37:80 A A 135.42 40 130 123-81 43:63 42 12 06 16970 ” 45 125 132:78 49-22 87% 55 48 20532 50 120 140°94 54:44 A 2 24106 55 115 14877 57-61 28 58 19 26928 60 110 15552 60:33 24 10 02 29477 65 105 16111 62:59 100920855 31678 70 100 16551 6436 na 33463 75 95 168°67 65:63 41 01 34776 | 0) ; 90 170:58 66-32 1508035) 35541 16078 812-13 85 85 171-22 66-65 0 00 00 358.54 16138 81821 10 155 30:59 6:63 6402520035 6:38 15 150 36-18 9:70 60 00 00 11:02 20 145 41-52 12:94 55 16 08 16° 88 25 140 46:55 16:30 50 42 06 23-84 30 135 51:26 19:73 46 18 58 31:76 35 130 55:62 23-13 42 07 45 40:42 40 125 59:65 26-45 88 09 15 49:57 15 45 120 63-35 29-60 34 23 49 58:89 50 115 67-11 31-59 29 53 44 6660 55 110 70:34 33-25 25 Bil @ 73:48 60 105 73-11 34-68 OA 5 79:66 65 100 79085 35:85 1a all 18 84:85 70 95 77:05 36-72 11 34 26 88:89 \ 75 90 78-19 37-32 6 56 56 91:67 712.37 164:55 80 85 78:76 37:61 2 19 02 93:06 72-90 16697 10 150 20:73 5.21 59 39 44 3:39 15 145 23-78 7.41 BA As52, 558 20 140 26:64 9:70 50 00 00 8-12 | 25 135 29-31 12-05 45 30 31 11:09 | 30 130 31:78 14-42 41 18 07 14:40 | 35 125 33-89 16:68 37 25 45 17:76 20 | 40 120 36-12 19:02 3301560920, 21:58 | 45 115 38-32 20-47 29 48 58 24:64 | 50 110 40:28 21:75 2 38 AA 2753 55 105 41:97 22-84 21 26 00 30-12 60 100 43:37 23:75 a te 32-37 | 65 95 44:48 24:46 12 5448 34:17 | 70 90 45:28 24:97 Sram 35.52 41:44 53:96 | Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 141 0. B 7 Acm Bem 9, ABram? | R cm R?rx dm2 75 85 45-76 25-28 Io A“ 36-34 41:88 55-11 0 80 45:92 25-38 0 00 00 36-62 42:03 55-50 10 145 15:58 4:38 54 45 50 2-14 15 140 17:46 6-11 49 17 54 3-35 20 135 19-20 7:89 44 29, 29 4:76 25 130 20:79 9:69 40 00 00 6:33 30 125 22:24 11-51 35 54 55 8:04 35 120 23-55 13:29 Soon? 9:83 40 115 25-00 14:48 28 35 04 11-37 25 45 110 26-31 15-55 24 48 59 12-85 50 105 27-45 16-47 Ai op 14:20 55 100 28-42 17:26 iz 14 33 -41 60 95 29-21 17:89 13 25 52 16-41 65 90 29-81 18:36 8 17:20 27-15 23-15 70 85 30-21 18:68 5 46 04 17-73 27-51 23-77 75 80 30-42 18-84 1 55 24 18-01 27:69 24:09 10 140 12:49 3:84 48 56 20 1-51 15 135 13-73 5:29 43 41 02 2:28 20 130 14:87 6:75 38 41 53 3-15 25 125 15:89 8-22 34 05 05 4-10 30 120 16:79 9:69 30 00 00 5 || 35 115 17-81 10-75 26 20 09 6-01 30 40 110 18:73 11:69 Be 6:88 45 105 19-54 12-52 19 23 49 7:69 50 100 20:25 13:25 16 03 40 8:43 55 95 20-83 13-83 2 06 9-05 60 90 21:29 14:30 Sansa? 9-57 19:39 11:81 65 85 21:63 14:69 6 21 09 9:95 19-70 12-19 70 80 21:83 1485 ao 10:18 19:88 12-42 75 75 21:89 14:91 0 00 00 10:26 1995 12:50 10 135 10-45 3-46 42 25 19 1-14 15 130 11:33 4-71 35 1:68 0 125 12:05 5:93 32 34 15 2:25 25 120 12:78 7.21 Ss 18 2:90 30 115 13-53 Bez 23 39 51 3-47 35 110 14-21 9:04 20 00 00 4:03 35 40 105 14:81 9:82 ia Em 82 4:57 45 100 15:34 10-51 13 31 09 5:06 50 95 15-77 11:09 10 39 39 5-49 55 90 16-13 11:57 Ss 01 34 5:86 14-74 6-82 60 85 16:39 11:98 6 34 57 6-14 15:00 7:07 65 0) 16-57 12:18 SUR 11? 6:34 1517 7:23 70 75 16:66 12:30 1 058 05 6:44 15:26 71:32 142 ID 1% Hellebrand, a | B T Acm | B cm | 9, | ABrdm? Rcm R2 x dm? 10 130 9-04 | 0-90 15 125 9-67 4:29 31.50 45 1-30 20 120 10-23 5 39 26 03 40 1278 25 115 10-81 6:26 DI E565 2:13 30 110 11-33 7-07 ie all. Ne 2-52 35 105 11-79 7:80 138 22 28 2.89 40 40 100 12-20 8:49 10 00 00 3-25 45 95 12-53 9:08 05 58 3©57 50 90 12-79 9-57 4 42 46 3-84 11:73 4-32 55 85 12:98 9-97 2 51 4:07 11:96 449 60 so 13-12 10-26 1 32 29 4-23 12-12 4-61 65 75 13-21 19:45 0 38 49 4-34 12-22 4-69 70 70 13-23 10-50 0 00 00 4:36 12-25 4-71 10 125 8-01 2-97 32 04 12 0-75 15 120 8-49 3:97 3 1-06 20 115 8:96 4:79 20 11 02 1:35 25 110 9-40 5-56 1 a © 1:64 F 30 105 9-77 6:26 10 36 11 1:92 En 35 100 10:09 6-91 6 28 51 2:19 40 95 10-35 7:50 2 54 02 2:44 | 45 90 10-55 8:02 0 00 00 2:66 9:69 2-95 50 85 10:68 a | iz Ba 8 2-84 9:89 3-07 55 so 10:78 830 A778 029 02 3-00 10:03 3-16 60 75 10:83 9.050 zz 2eN 53 3:08 10-13 3-23 65 70 10:84 Benz | 8 50 3-12 10-18 3:26 10 120 7:24 2:80 Dee 32 0:64 15 115 7:66 3-61 20 06 16 0:87 20 110 8:03 4:34 1 Dil 1@ 1:09 25 105 8:35 5:01 8 57 46 1:32 30 100 8-63 5-64 350 1053 50 35 95 8:84 Gy El 1:73 40 90 9:00 | gi 1-91 8:26 Se 45 85 9-10 ee eo 8 2:06 8:42 2-23 50 so 9:16 7:60 | 170 00 00 2:19 8:56 2-30 55 75 9-16 7-91 170 02 10 2:28 8-65 2:35 60 70 9-14 Ba | ze Si on 2-33 8:70 2.38 65 65 9:13 8-20 0 00 00 2-35 8:73 2:39 10 115 6-69 2-59 21 01 A 0-54 15 110 7:02 3-32 14 38 44 73 | 20 105 7:32 3:98 8 34 00 92 55 | 25 100 7:59 4-59 2 80 1:09 | 30 95 7-76 | 126 35 90 791 Se || a 1-41 7-23 1:64 40 5 | 8-00 6-14 | 167 08 08 1-54 7:36 1-70 | Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. | | I @ | B Mi Acm Bem 9, ABrdm? | Rem \ 45 so 8-03 6-55 | 162° 55' 58" 1-65 7:47 50 75 8-01 6.92 | 159 52 50 | 1-74 7-56 55 70 7:94 7:21 160 00 00 1:80 1:62 60 65 7:86 741 169 09 53 1:83 765 10 110 6-25 2:43 15 49) 58 0-48 15 105 6-53 3-10 9 13 08 0-64 20 100 Bad 3:70 2 48 48 0:79 25 95 6-96 4-26 176 34 08 0-93 30 90 7-10 4:77 170 26 48 1-06 6-46 0) 35 85 7-19 5:23 163 25 03 | 1-18 | 6-58 40 so 7-23 5-65 158 27 31 1:28 | 6:66 45 75 7-22 6-03 152 33 07 1:37 | 6-75 50 70 7-15 6-36 146 48 59 1-43 6-81 55 65 7:03 63 140 :50 07 1:46 6-84 60 60 6-86 86 1:48 6-86 10 105 5-91 2-30 10 39 05 0:43 5 100 6-14 2-92 3 48 47 0:56 20 95 6:33 3.48 | 177 05 12 0-69 25 90 6-48 3:99 | 170 23 42 0-81 5-90 30 85 6-58 4-46 | 163 38 51 0-92 6-00 & 35 80 6-64 4-88 | 156 42 48 1-02 6-07 40 75 6:64 5-26 149 21 11 1-10 6-14 45 70 6:60 5-58 | 141 00 48 1-16 | 6-19 50 65 652 5:86 130 00 00 1:20 6-23 55 60 6-42 6:05 | 109 09 53 1:22 625 10 100 5:65 220) 5 28 49 0:39 15 95 5-84 2:79 178 25 34 0-51 20 90 6-00 3-31 i71 22 49 0-62 5:49 25 85 6 3u78, nel 13,56 0-73 5-57 30 80 6-18 4-20 | 156 49 43 0:82 5-63 70 35 75 621 4:58 | 148 54 55 0:89 5-69 40 70 6-19 4-91 140 00 00 96 5-73 45 65 6-14 5:19 | 128 59 12 1-00 5:76 50 60 6-07 5:40 | 113 11 01 1:03 5-78 55 55 6-04 5-48 90 00 00 1:04 5-79 10 95 5-45 2-12 0 18 59 36 15 90 5-61 2:68 | 173 03 04 0-47 5-20 20 85 5-74 og | en he 0-57 5-25 25 80 5-82 3-61 158 04 36 0-66 5-30 30 75 5-87 4:00 | 150 00 00 0-74 5-35 = 35 70 5-87 234 | 1a 05 05 0-80 5-38 40 65 5-85 4:63 130 38 49 0-85 5-41 45 so 5:80 Anss | im 26 53 0-88 5:43 50 55 5-76 4:97 | 100 02 10 0:90 5-44 144 Dr. E. Hellebrand, Te ne nn nn nn [2 ß / Acm Bem | 9, | ABrdm? Rcm | R? x dm? 10 90 5:30 2-06 175° 09" 25" 0:34 5:00 0:79 15 85 544 2:60 167 40 58 0-44 303 0-80 2077| s0 5.54 3:06 | 160 00 00 0:53 5:07 0-81 25 | 75 "60 sAa7 | 151 55 2a 0:61 5-10 0-82 so | 30 70 5:63 3:83 143 10 17 68 5-13 | 83 35 65 5-62 As | a ig 18 0-73 5-15 | 83 +0 60 559 4:37 12325329 0-77 9:16 0:84 45 55 5:56 4-54 107 04 02 0:79 Sa 0-84 | 50 50 5.54 4:60 90 00 00 0-80 5-18 0:84 | | 10 S5 520 2-03 170 00 00 0:33 4:90 0-75 15 so 5:32 2:54 162 19 02 0-42 4:92 76 20 75 5-39 2:98 154 18 47 0:50 4:94 0-77 25 70 5.44 3:36 145 46 04 0:57 4:95 0-77 s5 30 65 5-45 3.69 | 136 21 09 0:63 4:96 0:77 35 60 5:43 95 26 34 57 0:67 4:97 0:78 40 55 541 15 ea Sl 0:70 4:98 0-78 45 50 538 "26 97 58 34 0-72 4:98 0-78 10 80 5.14 2:00 164 50 35 32 4:85 0-74 15 75 5:24 2.50 156 56 56 0:41 4:85 0:74 20 70 5:30 21292; 148 37 11 0:49 4:85 0-74 25 65 5:33 3:28 139 36 18 0:55 4-85 0:74 30 30 60 5:32 3:58 129,337 712 0:60 4:85 0:74 35 55 5-31 3-81 118 01 34 0:63 4:85 0:74 40 50 5:28 3'95 104 42 46 0:66 4:85 0:74 45 45 5:27 4:01 90 00 00 0:66 4:85 0:74 10 75 5:13 1:99 159 41 O1 0-32 15 709 520 2:48 151 34 26 0-40 20 65 5:24 2:88 142 54 48 0:47 5 25 60 5:26 3.22 330295952 0:53 30 55 5-25 3:49 122. 47 06 0-57 35 50 5:23 3:68 110 39 39 0-60 40 45 5u22 3:78 SZ 05 58 0:62 | 10 70 5-14 2:00 152 0:32 | 15 65 5-20 2:48 a al 1 0:40 | 20 60 5-23 2:86 ler? All 119 0:47 ne 25 55 5-23 sale 21070140 53 0:52 30 50 5.22 3:41 116 03 40 0:56 35 45 920 3:56 103 31 09 0:58 | 40 40 5:20 3:62 90 00 00 0:59 | H Gewichtsverteilumg bei trigonometrischen Punktbestimmungen. [7 ß ” Acm B cm (6) 4 | ABrdm? | R cm R? rn dm? | ” | = T = ji 2 10 65 21 2-02 149° 20" 55' 0-33 | 15 60 5-25 2-49 140 46 57 04 | 20 55 526 2:86 131 26 00 OEAT 105 25 50 5-25 3-15 121 02 14 0:52 | 30 45 5-24 3-36 109 23 49 0-55 35 40 5-22 3-46 96 37 32 0:57 10 60 5-31 2:06 144 10 02 0-34 15 55 5-34 2-52 1352212116 0-42 20 50 5.34 2-88 125 38 44 0-48 110 25 45 5-32 3-15 | 114 48 59 0-53 30 40 5-30 3-31 102 48 47 0-55 35 35 529 Sam 90 00 00 0'56 10 55 5-46 2-12 138 58 19 0:36 15 50 5-47 2:58 129 53 44 0-44 11m 20 45 5-46 2.92 119 48 58 0:50 | 25 40 5.44 3-15 108 35 04 0-54 30 35 5-42 3:27 96 20 09 0 56 10 50 5:66 2-18 133 45 28 0:39 15 45 5-66 2-64 124 23 49 0-47 120 20 40 5-63 2:97 113 56 20 0-53 25 35 5-61 3-16 0 Di. 1® 0:56 30 30 5:60 au 90 00 00 0:57 10 45 5:96 2-21 127 55 48 0-41 195 15 40 5:95 2:64 11S 09 15 0-49 7779] 20 35 5-94 2.92 107 25 45 0-55 25 30 ‚92 3-07 95 54 55 0-57 10 40 6:37 2-24 109, 12 0 0:45 130 15 35 6:35 2-64 112: 07 45 0-53 20 30 6:34 2:88 101 18 07 0:57 25 25 6:33 295 90 00 00 0:59 10 35 6:88 2:28 iz u 0:49 135 15 30 6:87 2-64 106 18 58 0:57 20 25 6:86 2.82 95 30 31 0-61 10 30 7:56 2-33 11 03,40 0-55 140 15 25 7:55 2-64 100 42 06 0-63 20 20 7-55 2-75 90 00 00 0-65 il 10 25 8-46 2.38 105 14 10 0:63 15 20 8-45 2-63 9 16 08 0:70 10 20 9:70 2-44 100 20 16 0:74 2 15 15 9-70 2.60 90 00 00 0:79 155 10 15 11:47 2-49 5 07 © 0:90 160 10 10 14:17 2-50 99 00 00 1-11 Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 146 Dr. E. Hellebrand, Dreieckskette. Wenn auch die Bedeutung des Dreieckes als Grundelementes jeder Triangulierung keineswegs unterschätzt werden darf, so ist es doch anderseits evident, daß selbst aus der Verwendung mehrerer auf gemeinsamer Basis aufgebauter Einzeldreiecke nur eine relativ primitive und nicht allzuhäufige Trian- gulierungsanlage hervorgehen kann. Unzweifelhaft wichtiger sind jene Triangulierungssysteme, welche in der praktischen Geometrie als Dreiecksketten und Dreiecksnetze bezeichnet werden und die neben der Punkteinschaltung gegen- wärtig die Hauptrolle spielen. Im Folgenden soll die freie Kette, im Gegensatz zur eingehängten, näher untersucht werden, wobei zunächst die Art der Fehlerübertragung und hieran anschließend wieder das Problem der günstigsten Gewichtsverteilung zu erörtern sein wird. Aus der vorläufigen Einschränkung der Aufgabe auf ein System von bloß zwei Dreiecken erwächst der nicht unerhebliche Vorteil, daß die prinzipielle Lösung insbesondere bezüglich der Fehlerfortpflanzung scharf hervorgehoben, überdies der Rechnungsgang bei der erweiterten Dreieckskette wesentlich abge- Fig. 2. dr a kürzt werden kann. Die Entwickelungen sollen auf die Theorie bedingter Beobachtungen basiert werden zur Aufrechterhaltung des-Zusammenhanges mit dem ersten Teil dieser Abhandlung. Um zunächst das Gesetz der Fehlerübertragung ermitteln zu können, leiten wir den mittleren Fehler in der Lage des Punktes D (Fig. 2) ab — unter der Annahme: Größe und Richtung der Basis a ist fehler- frei, den Winkeln #,, ß,, Yı, %, ß»z und Y,, welche hier als bereits ausgeglichen zu betrachten sind, haften unvermeidliche Beobachtungsfehler an, die ihrerseits durch m als mittlerem Fehler der Einzelmessung und die Beobachtungszahlen p,,,, P5, Pı, p, und p, präzisiert sind; versteht man unter p, bis ps allge- meiner Gewichte, dann bedeutet »z den mittleren Fehler für die Gewichtseinheit. Die Lage des Punktes D bestimmen die Koordinaten a sin ß, sin ß, v4 cos WW Hy nl cs +1 + 1], (42 sın 0, sın O, ö a sin ß, sin } =dsn' +1 + %] = — P - Pe sin +1 + %]» (43 sin 0, sin 0, wenn der Nullpunkt mit 5 zusammenfällt, $ die Richtung der Basis kennzeichnet. Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 147 Aus Zgx und Lgy ergeben sich als partielle Differentialquotienten: dx 8V oa —f, I 009-8, 80, 0% Sr 54 — — con: > — Le NE öß, SB, ö: ’ 8y as = — Eos — — cold, top V = Ola N (44 IF —_ _ cot DT I — _ co MET 60, 80, B dr 2 i y — er ES j —_ — +coBy=E 5ß, 5, i 8x 8v 5 — tg, ++ 7] x = je 5. —rcot d+Nn+tre1Y —86- [P) Ta Da die Koeffizienten der Bedingungsgleichungen dor tr aß, ta rm =0 do, +dß, +dy, +m, =0 durchwegs gleich 1 sind, also Me ehe eNl Veh eli=l, lassen sich die Übertragungsgleichungen “|n+[#]=0 LP w\ bb b 22 Yo Ar ar —A) 1P | al (45 aa] lag rl E —0 LP] pr) bb bg 7 Pe + Be] 0, Pp| LP? leicht aufstellen. Es ist a 22, HP; HPa pP; Ss = Amt + +] + PP; cot BP, Pp, cota, pP PP» P; p PıPa P3 - = N RO An ich = rn, gb tn HR] +2,Pc0t BP, Pp, cot %, : p PıP53 Ps pP PaP3 Ps r : _ MD ct Hm + RW] H+ PP, cot Pf, = PP; cot a, ” p Pı Ps Ps = _ PaPs COST Se Sol = 29, ae, — 195,70), COWEr, en p PaP5; Ps Die oben angeführten Differentialquotienten und die aus den Gleichungen (45 hervorgehenden Übertragungskoeffizienten 20* 148 Dr. E. Hellebrand, Nr Hl rd, a DO SEEIPTPSETIDND: 2,B gl + + R] = 2ıP, Cot Pf, +P,P, Cot a, Pıp; + PıP, + P;,PE N —Pı Pa cot [d + Tı Ss Yo] —PıP3 cot ß, +P3P; cot win PıPa + PıP3 + Pa P3 — pP, ct + + Vol —PıP, cotß, + pP, p, cot Sy D4D5, HP Pe 955 Pa — bestimmen die Funktionen " NE y — K Gr PER): GE — K (a 1)» 1 1 BR y. R Mr — K (21 G+mP,B,), Gr— K (pP D, + PP; B}), 1 1 Eau y Fr, = —- (MPG PP; A,), G, = K (7,P; Dh + PP, &,), 1 1 x y a e F, = E. (PıP5 A,— pP; B,), G, a (=PıP; E,— PıPs B,), 2 2 Near v 105 — K (P,P, (,+P; Ps BE G; — K (IRB: /D), + PD; B,), 2 2 DA 7 \ BR= — (9 &-P5P, 4); Ge (2,29, D, + 2,2, B))) Ks K, wobei zur Abkürzung gesetzt ist: K=PmPm+PıPs+ PP KR =P,rp, +0,90, +7,05 ferner A =tgslW+n +7) -ecota,, 4,=ts + +7 coli, B, =cota, + cotß,, Bs — coat con, G=tsh+y1, +7) + cotß,, G=tgs[b +1, +1) + cot ß,, (46 E=ctlb+y, +7] -+ cota,, E,=cot[b + 7, + 1] + cota,, D, =ecot[b +7, +7] — cotß,, D, = cold. pol coußer. Beachtet man bei Berechnung der Gewichtsreziproken a _ I 2. @@ Ps 2 ; 129 e p die aus dem System (46 ersichtlichen Beziehungen A=GB, EN DNFIBE A, 0 Bm Es), FEB und faßt die bei der Quadrierung von F und G auftretenden doppelten Produkte analog dem auf p. 3 (151) angewendeten Verfahren paarweise zusammen, dann lauten obige Gewichtsreziproken: Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 1 v2 Ir _ = (9,@+p4+p,B) + — (w,G+p,4+P,B) 47 P, an Br TEN Ren ee: \ 1 We VE — —=— (, D+p,E:+p,B) + — (9,D}+p,E2+p,B)‘ (48 2, IE, 1 1 2 1 3 1 KR, Pı 2 2 Ps 2 Behufs Feststellung des mittleren Punktfehlers für D DJ T2 2 D) [ 1 1 M? = M2 + M? — m? bes + — 7 Pr B — K, (49 m? In , N 5 2 = 2 (Ge + Dy)+p Ar t+Ey)tn@@ry)B m? x o\ 2 + a (22 + DD) +p, 22 + E93) +9, @+y)D \g sind noch die Klammerausdrücke zu reduzieren. Wegenz=deos b +7, +7) »=dsin [b +7, +7] wird: GR: Div: — des ++ Ye PH + Tr] + col®ß, + 2cot u )) +42 sin +7, + 7%] (co? +7, +7] + eot?ß, — Zcotß, co + + 1o]) ARE d? = N PEN) sin? ß, analog 242 DR) a D) 2 D) cr 2 Ar Ale tael 127 er Sr) = sin? a, a? sin? ß, ebenso für den zweiten Teil von (49: e r d? = n d? 5 d?e: Gr Na, Aare — : RE sin? ß, sin? a, b? sin? ß, Substituiert man die angeführten Werte in Gleichung (49, so gelangt man zu dem Ausdruck: he Me? d? d? c2a% \ m? [ d? d? N M= zen N a a rg Fr 2 en ea ; sin? B, sin? &, a? sin? ß,) 2 sin? ß, sin? a, sin? ß, ad inne iztap. Dip nalse san. Prpdrpe . (50 sin’o, D? PıPe+ PıP;+ Ps P; sin’a, PıP5s+PıPs+PsPs Es besteht demnach das Quadrat des mittleren Punktfehlers in D: 1. Aus dem Quadrat des Punktfehlers in C, vergrößert oder verkleinert im Verhältnis D) l als Anteil des ersten Dreieckes; 2. aus dem Quadrat des Fehlers in D, der auftreten würde, wenn das zweite Dreieck allein vorhanden wäre mit einer der Größe und Richtung nach fehlerfreien Basis. Die Lösung der zweiten Aufgabe, Bestimmung der günstigsten Gewichtsverteilung, gestaltet sich mit Rücksicht auf den Bau der Gleichung (50 sehr einfach. 2 Ist P die Gesamtbeobachtungszahl oder Gewichtssumme Mol = [dl an ih Anh a lek Sr [el so solr dem ersten Dreieck der noch zu bestimmende Betrag —pı, + P 4 P;, 150 Dr. E. Hellebrand, dem zweiten also P-r=p,+ p, + p, zugewiesen werden. Dem Werte x entspricht aber im Sinne der Gleichung (19, wenn daselbst x an Stelle von P eingesetzt wird, als Minimum des ersten Teiles von Mh == $ (51 2 1# m? E pa +p,b+p,C m? 1? fa? +b?+c? - . M? d? = nr Pr Ps = — 2 + (abe sn | = — bo pP» + 2,9, 423, #sinda, b2 2 wobei Mr den mittleren Punktfehler für die Gewichtssumme 1 bei bester Verteilung der letzteren bedeutet. Ähnlich wird für das Minimum des zweiten Teiles von Mp mit (P—x) erhalten m? DR b>EE P; d? + Pe BEN E LE l DP+d’+e Ei v3 el 3 = Mfı Ä (52 sin? 0, PıPs + PıPs + PsPs (Dee 2 (P—x) Die Aufgabe beschränkt sich demnach auf die Bestimmung des Minimums von M% für die Variable x: 12 2% In = MB — —, (53 b’x P—ı d (Mp) 3a 7 .d? g2 My dx Ba (nr also = : M u a er, Y (54 M; m + Myı Mı An + Mıı Nach Substitution von x in (53 resultiert schließlich als mittlerer Punktfehler in D bei günstigster Gewichtsverteilung 1 d \ Mn Mn 0) D Dean ( während sich für gleichmäßige Gewichtsverteilung nach (50 und (20 ergibt 2 d? Inst (mr = wi) (56 \ P In + Ya mit N m? E N © m? R Y Mi (+2 +0), Mi — (b? + d? + e?). sin? o., sin? 0, In der Differenz Wp-Mp äußert sich der durch bessere Arbeitsverteilung erzielte Genauigkeits- gewinn; es soll derselbe am Schlusse dieses Kapitels an einem numerischen Beispiel näher beleuchtet werden. Damit erscheint das eingangs gestellte Problem im Wesen erledigt. Die Untersuchung der auf mehrere Dreiecke erweiterten Dreieckskette (Fig. 3) folgt dem im Vorhergehenden skizzierten Gedanken- gang und erfordert nähere Details nur betreffs der zwei oder drei ersten Dreiecke, da derzeit ein Schluß auf die Art der Fehlerübertragung vom ersten Dreieck auf den letzten Kettenpunkt G unzulässig wäre. Bezüglich der Basis, Winkel und Gewichte gilt das im Beginne dieses Abschnittes Ausgeführte mit sinn- gemäßer Ausdehnung auf die neu eintretenden Größen ß, bis o,, p, bis P,;- Mit Rücksicht auf die nachstehende Figur 3 erhält man für die Seiten d, h und / und deren Richtungswinkel folgende Ausdrücke: Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 151 a sin ß, sin ß, da sin a, sin % j a sin ß, sin 7, sin ß, sin ß, NZ = = , sin a, sin o, sin 0. sin a, ae sin ß, sin 7, sin $, sin y, sin ß, iv . - . . . 2 sin 0, sin a, sin a, sin a, sin o, yo) De Sir er—ttHntnt+a tn + 180, See trHn to tn tr Fu tru HT: Fig. 3. N Demnach lauten die Koordinaten von G: Bdreos rg typ hreos WI y to en tr tal +lcsh + +r +, +, ut, +7) (7 =—drc0s 0, — hcoso, + coso, und ydasn dry H+y rsnb +4, tn Ft. tr tur +!sn +4 Fr 45 4 + Ya tu ESdrsinge: —h sin o} + 2 sin o,. (98 Differentialgquotienten von x und y sollen zunächst nur für die Winkel des ersten Dreieckes ent- wickelt werden: - 192 Dr. By Elieill.aba.amn.d, = = ueose, colo, + hcos o,cota, Cosa, coto, = %.coto,, da 81 — —decoso, cotß, — licosc, cotß, + lcoso, cotß, = + xcotß,, 58 Agif! DR 5 n — = — dsins, + h sin 6, sinken =, Duft (59 1 ; a — —— dsins, cota, + sin o, cota, — !sino, cotoa, = — Ycoto,, 84, °y : — —dNsinler cot ß, = husineo, comp, singe, conp, — -ESIcoHR, öß, DB) — —d'eoss, — hcoss, +1 coso, = I 2 3 1 l.öst man ferner die zugehörigen Übertragungsgleichungen n Ma Al > IN ie | zo „ 2b 2 \=o Pı Ps 129) Pı Ps Pa) — + Se - + I ee ) —I0 \21 P> P3) \ Pı Pa P; nach den Koeffizienten r, und p, auf 12% 19.,52 CO @&4, — fon ID, & Co 9, == DM, V PıPa + PP; + Pa P; = PP, cot a, —PıP5,Y cot fı = Pı Pa % ar D PıPa + PıPs + Pa P, N Id so liefern letztere im Vereine mit den aus (59 zu entnehmenden Differentialquotienten die erste Gruppe 1 1 ; h = der zur Bestimmung von —- und —- erforderlichen Funktionen F und G: 12% Py Ian 2 I Rz (PP, | + eota, +9] - p,P, |v cota, + x cot ß,]), 1 n 1, : I r (21 P, |# cot 8, + Y] + 2,9, |x cota, + xcot ß,)), al 1 . r= (mp a cot f +y] -prp, [mr cot a, +3), 1 (60 1 Ga K (pP |y cot a, + x] — p,p, [y cot a, + y cot B,]), 1 Ri 3 : es K, (pıp, [y cot f, — 3] + pP, [y cot ©, + y cot B,]), 1 Een: £ G,= K (=PıP, Weot f, - 2] +P,7, Weota, + 2]), worin K=mnm+rpP; + Pa Ps: Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 153 Mit Beachtung des auf p. 3 [131] dargelegten Reduktionsvorganges erhält man dann als Anteil des ersten Dreieckes an dem mittleren Punktfehler in G ohne besondere Schwierigkeiten: m? } “ hr s NV — Ir (zeot $, +9) + C xcota, +9) +, % (cot a, +cot a 6) m“ MM, = In (y cot BR, 2)” + 9, (y cot a, — 2)” + 9,9 (cot a, + cot ß,)° | KERN und da + y? = (AGP —Ä! ist, schließlich I m? &? 9 on 9 IM men 5 =; — (p, sin?a, + p, sin? ß, + 2, sin? y,) sin?.o, sin? ß, K, men a Seien (61 sin®a, 'b? pıp» *Pıp; t psp; A das heißt, der Fehler im Scheitel CO des ersten Dreieckes wird mit der Vergrößerung b auf den Punkt G übertragen. In gleicher Reihenfolge entwickeln wir die Gleichungen für das zweite Dreieck, also zunächst die Differentialquotienten: or 5 : —- — — dcota, coso,+h cota, cos o,+h sino,—1 cota, coso,—/ sin 5, 00, — 27, c08 05,1. a sinio, _y, dr —Acor.ß, cos}, °P, 8x s — ——dsino,— hcoty, coso, + hsin co, + lcoty, coso, - }sin o, 8%, — ya dLcos)o,)Lco&y., 8y } nr _— = dcota, sino, + hcoto, since, -h cos so, 1 coto, Sins, 4 1 coso, (62 60, — —yc000, 2% 4 C0ScC,, 8 —- ee 0, Sc, 6 ß, Ö ) x f G ar — d coso, -h cot’, sino, -h coso, +] cot 7, sino,+!cose, ra —x+ (y—d sino,) coty, und finden mit den Übertragungskoeffizienten il Ra = 2 Walateosze, vl cola) 015 A.cot %, cosic, 49.p5 Won, Hy dssin oo) 2 (63 1 a, = = rer Ge Pe Ei a ea) = m2, a Cor, Sin cn 4213272, (07 ea 2, A <> a os) @,) Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL. Bd. 21 = 154 Dr. E. Hellebrand, die Funktionen: 1 { 1 i nn —- (2229) G= (-P,P,D—- p,p; E), K, KG 100 0 3 I N F, — = (Pı Pa Gh 19, B), G, —— (PP; IR ar (210); E), (64 K, ; K, 1 \ 1 i Fr = 929% C-,P; A), G; —E PR 0230, D), IR, K. WW wobei zur Abkürzung gesetzt wurde: — P4P5 + Pro + Ps Pe; = dcoty, cosc, + dsino,— X (cota, + cot’y,), = —@) @0% f), &08 CF 2) Sin ch —E CO 5, —dc0S 0, (cot ß, r coty) x coty,-9y, = — dcoty, sino, + dcoso, + Y (cota, + coty,), —FdNeouß, since, + 1d/cosio, 1 V,c0Ua,, > SEES @ Syn | —dsino, (cot ß, + coty,) + x + ycoty.. Da A-B=(C, D-E=F ist, gelangt man auf Grund einer dem früheren analog zu führenden Rechnung leicht zu dem Ausdruck M=" (p,[C + F3)+p, [4 + D2 + p, |B? + 2), (65 x) dessen Glieder sich, wie folgt, noch weiter reduzieren lassen: b? ZI + PR=z(2?+9y2)(l + cot?y,) + — 2 2 —— ZN (» sin [d+7,] + x cos [b + 7,]) sin? %, sin? Ya 1 ee RE =—_— ..x.@ 20% 08 |b nl 2 a sin? 7, | + 9?—2 bysin [db + 7,| + b? sin? |b + D): A? 1 b? = — = — A, sin? x, Sin Kon re weil nach Anblick der Fig. 3: @=dcsp +,’ +W-dsin +y)’— A; ebenso A2 2 d? 9 92 . A? + D’= ——__— 2? + y2 + b?—-2bx cos b + 1-25» sin d + y,] b? sin? x, = 2 -- Ne cos d + 7, + w—bsin b + 1 b? sin? 7, 12 72 = — = Na Auelhe i = A? BISInSr N Sin oe und 1 NE Bag sin? 4, Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 155 Substituiert man diese Größen in Gleichung (65, so erscheint der Anteil des zweiten Dreieckes an dem Quadrat des Punktfehlers in G bestimmt durch: p,®+p,d+p,e PıPs + PıP, HF P5P; (66 S: 1) Is die Fehlerübertragung erfolgt also im Verhältnis A,: e. Für das dritte Dreieck sei der Rechnungsgang nur kurz skizziert: Bezeichnet man mit x —=x—dcoso,, yV—=y—-d sino,, die Koordinaten von G bezogen auf D, dann ist: dx —= hcoto, coso,--! coto, coso, = —cot a, (e—d coso,) = —x’ cot o,, Od, 5 8x — Eco oB; ö) ; = Zr = Yy - Oz om — — —y’ cot9,, 00. ferner 17 EN = (—Pp, PsYV —P,P5 X cotß, + P5P, X cot a,), 6) 1 pP, = — (Mm Ps —PrPyY cotß, + PsPgY' cot a,), K, 1 Fi z (2, 2, y'— x cot a,|—p, p,x' |[cot «, + cotß,)), 3 1 De 2 (2, P3 |y'+x' cot ß,]+p,p,X [cot a, + cotß,]), 3 1 / U 7 ] yl Äl IE — 2 (0703 Weser couß.]| 0805 W.—r2C08 02) X; — Z (pp, X +y' cot a,]|—p, pay’ [cot a, + cot ß,]), = 1 G,= = (—p, ps [X —y' eot B,]+P,P,V' [cot a, + cotß,]), 3 1 G, = , (mpala'—y eot Buldpapı 7 + cot au]) Dr. E. Hellebrand, 156 und mit x? +93 "> — A? nach einigen Reduktionen BD NE als Anteil des dritten Dreieckesmit der Fehlervergrößerung das vierte und fünfte Dreieck können wir f° DPs + D:Ps + PsP5 A, g° Pf + Pıı h? + 0,5% Für Abschnittes sofort anschreiben: : m? Mi= — NEE sin? o, und 2 m —. R? Pop + PıoPı2 + PırPıa a en 2 sin? 0, 913014 + PısPıs+ PıaPı5 auf Grund der ersten Entwicklungen dieses (68 (69 Fassen wir die einzelnen Resultate zusammen, so erhalten wir das Quadrat des mittleren Punkt- fehlers in G: mW N md+nb+pe , m N mb+pdtpe sin®o, b? p,p + PıP, + PP; sin’a, e® P,Ps + PıPs + P5P; + m metpf’+p8 nn m’ 4: Poß+Puh’+ p»Kk sin’a, f? PPs + PıPs + PsP5 sin®a, K* PioPıı+PioPı2+ Pu Pı: nn u al malt sin? 0, P1sPıat PısPıs + PıaPı5 (70 Hiemit dürfte das Problem der Fehlerfortpflanzung in einer Dreieckskette als gelöst zu betrachten sein. Die weitere Untersuchung über die günstigste Gewichtsverteilung würde sich mit Rücksicht auf die 15 zu bestimmenden Größen p, bis p,, zweifellos sehr kompliziert gestalten, wenn nicht wieder der Umstand, daß die den einzelnen Dreiecken zugehörigen Unbekannten in selbständigen Gliedern auftreten, eine wesentliche Vereinfachung ermöglichen würde. Teilt man von der Gesamtbeobachtungszahl P den Dreiecken in ihrer Reihenfolge die Beträge v,» Deo Zap Zn, CA ID—Er —E —E, setzenden Einzelglieder, so folgt zunächst M? A2 IE 2 2 2 MR? 2 ME. m — M7 A? und M}ı A ER Mfır A3 a Miv q ni MR 7 0 ny & 3 I? OR DR worin bedeutet: 5 m? a+b?+c = e IM — de}; \/3 be sin u), sin? 0, 2 ) al ; m? b?+d?+e? — I Mi = = er \V3 de sino, |, sin? a, 2 ; ; m? e+f+& & ; Mfı = - | \ 8 + V3fg sin 0, | u. S. w. sin? a, x, zu und bildet im Sinne der Gleichung (19 die Minima der M& zusammen- - (zel Gewichtsverteilhumg bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 157 Dem Minimum von M? entsprechen die Wurzeln: A A, ( Mı n My = Miu B: Mıv a h e nr D 5 = —n re D ar D Mxv MR mt, —eh 5 (72 A A, A, mit DEM, =! + Mu > + Min en Er My; e ö es wäre daher nach Gleichung (18 beispielsweise 2besina, NAEH — q?+b°?+c°) Pı = A, = Pas 6 bc sina, +\Y3 (a? +? + c? 2hk sin 4a+V/3 (P—h?+k2) a — EA — Aa 6hk sin o,+ v3 (P+M+R) Setzt man obige Werte für x, bis x, in (71 ein, so resultiert schließlich für den mittleren Punktfehler in G bei bester Gewichtsverteilung 1 A A, A, 7 \ = ee ne ne ee) (73 VB b e JE R ) bei gleichmäßiger Gewichtsverteilung mit Beachtung von (20 hingegen 'E „A BIN? BEN: WEN 7, Nu \ 5 (m P77 + Mi Eee Mi Fe + Miv 5 + MY). (74 Es dürfte nicht ohne Interesse sein, an einem Beispiel die wichtigsten Resultate der eben abge- schlossenen Untersuchung über die Dreieckskette verfolgen zu können. Gewählt wurde hiezu die Kette erster Ordnung: Hermannskogel— Anninger— Schöpfl — Schneeberg Ötscher— Hochschwab — Voralpe mit Hermannskogel— Anninger als Basis. Die erforderlichen Daten sind in der Publikation »Die Ergebnisse der Triangulierungen des k. u. k. militär-geographischen Institutes«, Bd. I, enthalten. Als mittlerer Fehler der einmaligen Winkelmessung wurde m — 7”, als Gesamtbeobachtungszahl - F N zı P = 720 angenommen, so daß auf einen Winkel 48 Beobachtungen entfallen und u = mittlerer Winkelfehler bei gleichmäßiger Arbeitsaufteilung zu gelten hätte. Die Resultate dieser Rechnung lauten: Beste Verteilung der Beobachtungen. 1. Dreieck: Gewichte: 2. Dreieck: Gewichte: 3. Dreieck: Gewichte: 4. Dreieck: Gewichte: 5. Dreieck: Gewichte: Hermannskogel — 93 Schöpfl — 28 Schneeberg — 24 Schneeberg 44 Hochschwab — 14 Anninger 37 Anninger 68 Schöpfl 87 Ötscher 12 Ötscher 18 Schöpfl 93 Schneeberg 105 Ötscher 80 Hochschwab 22 Voralpe 29 PD 2283 19, = 20 Eulen Mn 78 BR. — 200 ja [(@j 1 (02) Dr. E. Hellebrand, Der mittlere Punktfehler für Voralpe entsprechend seiner Zusammensetzung aus den Fehlern der aufeinanderfolgenden Dreiecke beträgt — (1:521 + 1:367 + 1:097 + 0:533 + 0'385) 279 m, hingegen bei gleichmäßiger Beobachtungsverteilung M = 1'467 m also um 15°), größer; sollte iin zweiten Falle die obere Fehlergrenze M = 1279 m erreicht werden, dann müßten allerdings 947 Beobachtungen gemacht werden statt 720, demnach um 32°/, mehr. Nichtsdestoweniger muß zugegeben werden, daß der Effekt der günstigsten Gewichtsverteilung hinsichtlich des Genauigkeitsgewinnes relativ gering ist. Der : 6 m R er Grund hiefür liegt in dem Gesetze u = ——, demzufolge eine selbst bedeutende Erhöhung der Beob- u achtungszahl nur eine verhältnismäßig geringe Genauigkeitssteigerung zur Folge hat. Mehrfaches V orwärtseinschneiden. Zum Schlusse soll aus der Gruppe der Punkteinschaltungsmethoden die einfachste derselben, das mehrfache Vorwärtseinschneiden, gleichfalls vom Standpunkte der besten Arbeitsverteilung einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Die ungewöhnlichen Schwierigkeiten, welche sich einer allgemeinen Auflösung dieses Problems entgegenstellen, ließen es zweckmäßig erscheinen, die Aufgabe vorläufig auf den Fall dreier Strahlen einzuschränken. Es ist vorausgesetzt, daß die Koordinaten der Triangulierungspunkte A, Bund € — nach Fig. 4 — gegeben, die Strahlenrichtungen a, b und c beobachtet wurden, und zwar, um der Entwicklung in keiner Fig. 4. >Y Weise vorzugreifen, im Wege gesonderter Messung der Winkel e,, s,, &,, ,, &;, =, mit den Beobachtungs- zahlen beziehungsweise Gewichten q,, 95, 93, 44 95, 7, und dem mittleren Fehler der Einzelmessung m. Behufs Feststellung des Ausdruckes für den mittleren Punktfehler in ? schreiben wir vorerst die Bedingungsgleichungen an. Sie lassen sich unmittelbar aus der Figur herauslesen und lauten, wenn der Seitengleichung die Kotangentenform gegeben wird: de, Ar de, a (0) de, +.de, 0 (79 de, + de, + mw, VO cot e, de, — cote,de, + cote,de, — cote,de, + cote, de, —-cote,ds, + w, =. Gewichtsverteilumg bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 159 Aus den Koordinaten von P — bezogen auf A als Anfangspunkt — ACsin s, — co sin (e, + &,) s [(d—8,], (76 AN SINE, y= — ———- sin [b—s,] sin [e; + &,| und deren Logarithmen Lgx=LgAC + Lg sin ,—Lg sin [, + =,| + Lgcos[b 3, Lgy—LgAC+ Lgsin ,— Lg sin [s, + =,| + Lg sin |b—s,], findet man durch Differentiation dx = xIds, (cot 2, — cot [e,+8,])+de, (tg [b—s,| —ecot [e,+5,])}, dy = yIde, (cot e,— cot [s,+8,]) de, (cot[b—s,]+cot [e,+8,])}- Zum späteren Gebrauche setzen wir x sin &, x (cot s,—cot [s,+8))= — — —- =, sin g, sin ß cos [+8] Alt le, core te) ———- => cos B-s, | sin ß und (TG sin g, y(cots,—cot [s,+8,))=y ———— =g,—=f, tg [b—,]; sine, sin ß sin [b-+s,] (cot[d—,] + cot [s, + 8,]) = Mit Rücksicht auf obige vier Bedingungsgleichungen treten auch in den Übertragungsgleichungen vier Unbekannte auf, nämlich r,, r,, r,, r, für die Abszisse und p,, ß,, p,, p, für die Ordinate: il F@ Si EN a ni „(m SS. .=n 91 Is Ela ©} EG Di 2 | cot &, u 93 93 93 92 Be De en ga 45 I4 95 (78 [ cot g, cot &, In | cot eg, cot =) 2, 2 cot g, cot eg, ) A \M I 4; us % 9; cot? ge, cot? g, cot? e, col?e, cot? €, cot? &, + + + +. + ) (Fr, 4 9 3 94 I; Is Br H SEE, 37, Sn pe 95 GG ) Ein analoges System gilt für y - nach Vertauschung von 7,, 7,, Y,, Y, Mit p,, Ps, P,, p, und f,, f, mit nt: |, —=ftg IP + 5] nach (77. 160 Dr. E. Hellebrand, Die Auflösung der Gleichungen (78 liefert die Werte: g,; cots,—g, eote, q, a 7% DES Ren At 49, +4 g, Cote, — g, COLE, nu ae or, 9 +4; Hr SERdR cote,— 4, cots, A OR £ gı+9; 9145 N cot e, + cot e, ve cote, + cote, mit, — #4 44,#45 \ (cot 2, + cot s,)” I (cot &, + cot s,)? en (cot &, + cot g,)? Idı te 979; 4,+9 Setzt man überall an Stelle von f, und f, die Größen f, tg [b—s,| und f, tg [d-+s,], dann ergeben sich sofort die Werte p,, p,, p, und p,. Zur Berechnung der Gewichtsreziproken le bilden wir nach bekannten Regeln: q co — ö es i Z (cot e,3+ cots,) I: 1 6 KNen-cot,n=— rv, (cote,+cots,), 2 3 Pens Fcollenn DENE (cote, + cote,) = —F, Ex BR Een EZ el Den 4 2 BUNT ge 2 3 2 Men ah — h =, Ira Cote + cotey + 4 5 I, ji Ze, = CORE as 2 (cote, + cot s,) +4 = —A 4 5 4 q re COLE 0 —— a ; I (cote, + hl — m 49, 6 1 ferner = mM om = Er 12 (cot es, + cots,) - tg lb + al. 1 6 (© = pr —— (or 5 =—— a7 7 we te a) I — tg 4 (co &% + co 8,), =: am > hinein (er, an) 2 2 ah A 2 +g Pa \ =2 u A 2 3 2 Go coterp, = — en 12 (cote, + cots,) + f, tg [dL— u. 4 5 161 Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. o,uis „o (CD + ?b) (°b + °D) + dus .q 5b +"b)(b + 'b) + \.uıs „9 (b+ °p) (?b + 'D) = +) + (+ °b) + 2:9 Ob + 'D) N yorgaryas g| zuis = g so9 .uisw ulsg + LUIS + » „uIs uodaaı pun [4 al © „us „0 (b + ’b) (*b + °b) + J.uıs .q (*b + "b) (db + 'b) + \.uis „9 ("b + °b) (%b+'b) Ö „uıs = g.urs -q,0.(b + "b) + (Jsoo.us@usz + Luis + © „uis) „0,0 (*b+°b) + d.uls.0.q (9b + !b) wur gut J& zUIS ä E ıW 78) UOA J9uuoN pun Aejyez yaıweu uew yorzıldunm 13107 uuep ns 08 me nu 78) NP Iyez yaıluum Marzıdıyınmy % uls 93 uIS 2 93T —— —— Kg US ———— — &uls ‘3 us g Is» LE = UST =, » us !3 ulsq 2gI ——— US e —— = UIS "suis L uısq 16 g us gr Dan :u9uonelaN aıp uoyorSounsa Sunysrjursia‘ aysınuasom pun alolom au “usp.ıom Jouydlszeg Ypun X % Au (“s+"s) pun ("s+°) ("s+'s) uswumg aıp uuom 9% „urs Ts zuIs E "a „us °s „uıs (9) “a „us "3 „uis 5) (rt —_ I ZU ya ER TE: (as 0) (oa 10) Sr Ge: ( TE ( ) ee = - - - — a a &3 „uis 3 „uIS 9& us %s us "suis "3 uls ISRuNsalspaurs SSPLUISEIST-US) ER : °3 „uis %s „uis „un ——— (b+'b) + - + + (*D + %b) + ———— (?b+!b) Rus „m JsSo9YUISK ulsavZ j& „uIs „9 9 „us „p & US .9 z: Aa Re Aue = «USUOHNNPIY USSIUIa yoru [= + „ut — „MW gewsas pun 5 vl I 2 ®D+'b °D+°h B+'b 10 = at } fi q = 5 18) 4l?a — #] 33% + (3 109 + "3 309) Ne (“2309 + °3 100) id „Is + #9 %- (3 109 + "3 100) "ol I : e| > =D MO ne 90 + 'b el 2 08) ZA ae On = — 5 . ff + (2309 + "3 109) "ah (3309 + @s 309) Lı af — (#3 109 + "3 300) Ta} I 3 ISyogunz 1Wep usyeuyle pun 5 >} 177) } \ °%p +! ; : : ea Ze er ner ea E ’D j ‘Sp +'b | Sun E m 79 — =) [’a — A| 53 %4- (2409 + "3 100) Pd Fe Yd%s309 + + e—H HY = 5 152 Dr. E. Hellebrand,, Letztere Gleichung zeigt, daß die Gewichte jener Winkel, welche ein und dieselbe Strahlenrichtung bestimmen, immer nur in ihren Summen auftreten wie (9, + 9,), (9 + 9,) und (gq, + 4,); es wird daher zweckmäßiger sein, statt der Winkelgewichte Strahlengewichte einzuführen, also tr =-Pa—Pı +4 =Mm— Ps, 4, tr =Pe=P;, womit als definitive Form von M? erhalten wird: p,b?c?+p,a?c’+ p,a”b: pıPp,c? sin®y + p,p,b? sin®ß + p,p,a? sin? a MER? (84 Zur Kontrolle des eben abgeleiteten Ausdruckes soll noch in Kürze die Entwickelung von M? nach der Theorie vermittelnder Beobachtungen durchgeführt werden. Letztere geht aus von den Fehlergleichungen: sin @ coSsw w=—-p—dı+tp !dy+l, a sin @, cos @, = —p ed 2 dy-+ 1, sin @ cos w, Ben, aD wel worin @,, ®,, o, den Richtungswinkeln der Strahlen a, b, c entsprechen; p = 206 265”. Bezeichnet man die Richtungskoeffizienten von dx in ihrer Reihenfolge mit a,, a,, a,, jene von d)' mit D,, b,, b, — wohl zu unterscheiden von den Strahlen a, b, c — dann ist M? definiert durch [paa] + [pbbl [paa] [pbb] —[pab] |pab] Man findet unmittelbar 2 p @&bEc2 [paa] + |pbb] = - (m b?c®+p,a®c”+p,a*b?), ferner nach einfacher Rechnung 4 NR a?b2c2 [paa]|pbb)—|pab]’ = (P1Ps € sin? + p,p,b? sin®B + p,p,a? sin? o.); demnach in voller Übereinstimmung mit dem Resultat der vorhergehenden Ableitung mw m? Dep \alca sp \azbz p2 pp, © sin@y -t pp, b2isin2 B + 9, p, a2 sin a Im Sinne der eingangs gestellten Aufgabe haben wir nun die dem Minimum von M? entsprechenden Werte von p,, p, und p, zu ermitteln, wenn letztere durch die Nebenbedingung pP + +p,—=P gebunden sind. Der allgemeinen Auflösung sollen zunächst zwei Spezialfälle vorausgeschickt werden. I. Spezialfall: a =b=c. Aus der Gleichsetzung der Strahlenlängen folgt Pı FP ai P3 (85 PP, Sin?y + p,Pp, Sin?ß + p, p, sin? a M? —= m? a? Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 1653 und nach Substitution von p., aus der Nebenbedingung a ee 12 IE — (@E1702 = - - - = — - (86 P,P, (Sin?y— sin? 8— sin®a)—-p}sin®ß—-p} sin®a+-p, P sin®ß + p, Psin? « Differentiert man M? nach p, und p,, setzt die Differentialquotienten gleich O und beachtet, daß sin’ —sin®8B—sin?a = 2 sin asin B cosy, dann erhält man aus den Gleichungen 2p, sinacosy+ Psinß -2p, sinß=0 2p, Ssinßcosy+ Psina—-2p,sina=0 sofort Pcosa Pcosß 2 mE ——, = - ——- — ine ers = — — 2 sinßsiny —— , (87 2sina sin Yy 2 sin «sin ß oder in Verhältnisform überraschend einfach: P=p23p5 — sinv2Xa sin 2 Basins2rr SEES So wäre beispielsweise für = 180°, = 7 = 90° zunächst M= und, wenn man a = 360—2ß einsetzt, Paeote P je Ps =.: : == - = — Ps 2 sin 2 B 4 sin? ß 4 das heißt, die Hälfte der Beobachtungsarbeit ist auf die Festlegung jenes Strahles zu verwenden, welcher die beiden anderen unter 90° trifft, ein Ergebnis, welches auch der Anschauung vollkommen entspricht, II. Spezialfall! a =ß=y = 120°. An Stelle des allgemeinen Ausdruckes (84 tritt Am: p, bc p, act p,a:b: M? (89 3 PıP,cC®+p,P,b° + p,p,a° und nach Substitution p, = P—p, pP, ne 4 m? p, P? (C—a?) + p,a? (C—b?) + Pa?b? % Al 2 Z kan 3 mm (dab?) pi’ —pza®+p, Pb" +p,Pa? SUN Zur Bestimmung des Minimums differentieren wir: IE — 2r£ (no (@ an Zp,le—as- B]— 27,5: + Pos)\=0 (01 °P, 8 Ne j 8 ME Ami OT — 2 2 Narr 2) _ Zip, [0:2] 2p,a: + Pal —0 (92 dp; a Na und finden hieraus Pu p,b? (ec? [e®—b2] + a? [a®—b2]) + Pa?b? (ba?) ’ (93 de a? (bb? —a2]+c? [c?—a?)) S 22* 164 Dr..E. Hellebrand, Setzt man diesen Wert in Gleichung (91 ein, dann folgt nach einıgen Reduktionen die quadratische Gleichung: pr pr DaB aaO (94 worin bedeuten: A= as—-3a°b?—-3a%c2 +4at!b! + atb? c?+Aaic!—-3a?b° + a?bic? + a?b?c—-3a?c°— 3b? c® +4bic* 36°C +b° + c9, B=-2a° + 5atb? + 5atc—-Aa:b!—4A aRc!—b?c!—bic” + b° +ch, GCGza2 ab —-2a 0 +b:c? + bi + ct. Die Auflösung obiger Gleichung führt zu einem Wurzelausdruck von der Form: W=3a!l cl” 4 2921! + Aa2ct 6atc? —3b:c® + 4a°ck + Abick + Aarbick Sa’? ck +4a:bbck + Sat b?ct — Satbtc! —a°c* — 3b°ct + 251002 — 2a°b?c? + 38a8btc? — —8a+bS cc? + 4a? b1% .6a!b? + 4a°b° —a® b—bi?\, (95 dessen direkte Auswertung unmöglich ist. Nach mehrfachen Versuchen wurde indes festgestellt, daß W aus drei Faktoren besteht, nämlich W=3a* (-a!—b!—c! + 2a? b2 + 2a8c? + 262 02) (ct + ba? c>—a? b>)}. Um zu einem praktisch brauchbaren Resultat zu gelangen, konstruiert man aus den Strahlen a, b und c ein Dreieck, dessen Winkel mit 4, d und » bezeichnet werden sollen. Dann stellt aber Fig. 5. — g+ bc +2a2b? +2a?c +2b?c=(2besin y)”=(2acsin b’=(2ab sin p)? — (4 F)? das Quadrat des vierfachen Flächeninhaltes dieses Dreieckes vor; somit wird == 7 = + a?4F v3 (ct + b!—a?c?—a?b?). Der Umstand, daß in dem Ausdrucke W der Flächeninhalt des erwähnten Hilfsdreieckes enthalten war, macht das Auftreten des gleichen Faktors in A und B einigermaßen wahrscheinlich. Tatsächlich findet man: A=(-a! bc + 2%a2b? + 2a2c? + 202 c2) (-a®—b!—-c! + ab? + a?c” + b?c) —= (4F)? (—a!—b!—c* + a?b? + a?c? + b?c?) und B=(-at pc +7 2a2h2 + 2aRc: + 252c2) (2a —H2 ce) (AH) (22° b2—e?). Mit Berücksichtigung der eben angeführten Zerlegungen erhält man aus Gleichung (94 (AR) (b?+ @ 2a?) #4 FE N/3 (b! + ec a2 c2—b2 c?) Dy—Bar = 2 (4 F)? (—a!—b—- ct +a?b?+a?c+b? 62) und, da dem Minimum das — Zeichen entspricht, wird lee ro) ENG me meine) (96 SEK (a! + bt + c®—a”b?—a?c?—b?c?) Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 155 Auf Grund dieses Wertes liefert Gleichung (93 nach Division durch (b’+c! — a®b* - u? c“) 4A RF(2b?—a?—c?) + v3 (at + c—a: bb? c2) (97 = l2h® Pr SF (airbir de are be) und aus p, = P —p, —p, folgt schließlich OR DENE (08 1 JRR P3 : SER (a8 + b* + ct ab? Zarc’— b:c?) ( Zwecks weiterer Vereinfachung setzen wir in Hinsicht auf das Hilfsdreieck — Fig. 5 — ar bir ch ab _ are be = — (at +bi rc! + 2aRb" + 20%c” + 2bic) 4 (—at bc" + 2a®bE + 2a%c? + 2b. c‘) 4 1 2 > N» D} > - 2 — WR lE eCoE —e) lien SIEyR, 4 t ferner in den Ausdruck (96 ein, also Pa? b>c sin y+ be? sin y — 4b? c? sin x cos Y— v3 bAlGE =+ ye bo? cos Y. v3 b?c cosy 3 2 be siny (b? + c?—be cos y— \Y3 be sin y) (b? + ce? —becosy+ \/3 be sin y) je — und erhalten nach Division durch (b? + ©* — be cosy — \/3be sin y) be 2. JP@E sin y +3 cos y Ra: sin y+ v3 coSsy (99 2siny (b? + c?—be cosy +3 bc sin y) 2 siny (a+5?+c+ DNIBJBLC sin y) { in analoger Weise Pa u sind +Vacsd (100 sind (a@a+b+c+ 2/3 ac sin db) und me sing+\V/3 ST (101 sin® (a? +b? + c2+21\/3 ab sin g) Da besiny =acsind=absin », lautet das Verhältnis Eh ande) COLE SA) ED (Ol N cot b): c? (+ VV8 cot ®) und, wenn endlich \/3 — tg 60° substituiert wird, Pı:Pp.:p,— sin y sin (60 + y) : sin db sin (60 + $) : sin 4 sin (60 + p). (102 Wären beispielsweise die Strahlen a=380 km, b = 40 km, c = 90 km, so hätte das aus den Seiten a, b, c konstruierte Dreieck die Winkel: x = 36° 52! 11”64, db = 53° 07’ 48''36, ©1905 und für ?= 100 würde folgen: PD .38) pP, =, Drill. 156 Dr. E. Hellebrand, Das größte Gewicht erhält jener Strahl, dem im erwähnten Hilfsdreieck ein Winkel von 60° gegen- überliegt oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, jener Strahl, dessen Gegenwinkel am wenigsten von 60° abweicht; denn das Produkt sin y sin (60 + y) erreicht sein Maximum für y = 60°. Anderseits erkennt man aus (102, daß ein Strahl überhaupt nicht mehr zu beobachten ist, wenn demselben — im Dreieck — ein Winkel zwischen 120° und 180° entspricht, gleiches gilt begreiflicher- weise von einem Strahl, welcher größer ist als dıe Summe der beiden anderen und insofern die Kon- struktion des Hilfsdreieckes unmöglich macht. Will man schließlich das Minimum von M? selbst berechnen, so hat man die Werte von p,, p, und p, in Gleichung (89 einzuführen und findet mit Beachtung der Relation cotycotd + cotycotp+ cotbcotw—1 m — 2 m? (a? + 5b? + c2 + 2\/3 be sin „ (103 demnach fast völlig übereinstimmend mit dem in Gleichung (19 angeführten mittleren Punktfehler für das einzelne Dreieck. In Fortsetzung des obigen Beispieles (a = 30 km,b = 40 km, c = 50 km) wäre bei P = 100, m = 7! M = 37:88 cm und bei gleichmäßiger Arbeitsverteilung W = 38°03 cm; von einer nennenswerten Genauigkeitssteigerung — 0:15 cm — kann hier wohl nicht gesprochen werden. Hingegen erhalten wir bei a = 30 km, b = 40 km, c = 100 km, wo also c>(a+ b), als günstigste Gewichtsverteilung im Sinne der Gleichungen ! b a m —ıR VEN -, M= ———— (a +b): MR a+b nn a+b \/Psin 120 \ pn =>, m =-3 ;—O und M = 39:19 cm bei bester M — 44:60 cm bei gleichmäßiger Gewichtsverteilung, demnach um 14°/, schlechter. Sollte indes bei dieser Art der Arbeitsverteilung die Genauigkeit des ersten Falles erreicht werden, so wären hiezu 130 Beobachtungen statt 100 erforderlich. Das Endergebnis der vorhergehenden Betrachtungen könnte, wie folgt, zusammengefaßt werden: Läßt sich aus den Strahlen a,b,c ein Dreieck konstruieren, in welchem kein Winkel 120° überschreitet, dann liefern die günstigste und die gleichmäßige Gewichtsverteilung fast gleichgenaue Resultate; tritt aber in dem bezeichneten Dreieck ein Winkel von über 120° auf, oder läßt sich das Dreieck überhaupt nicht konstruieren, dann entfällt die Beob- achtung des längsten Strahles, die Arbeit ist auf die beiden anderen Strahlen zu kon- zentrieren. III. Allgemeiner Fall. Kehren wir nach Erledigung der Spezialfälle zur Hauptaufgabe zurück, also zur Funktion p, p2c2 np, act p, ab? pP © Sin?y + pp, b* sin’ß + p, p, a? sin? «a Aus der Substitution Ph I Sitzungsberichte, Bd. 118, IIa »Die günstigste Gewichtsverteilung«, p. 144. gen. zımmm chen Punktbest 15 etr ıgonom htsverteilung bei tr eWwic G «4 70) h zus JzUIS 52929 + (9 —e2) KUIS Rn US 9,07 + | ) Or \(@9 — 9) . zuıs © „uIs „920 + («9 22) K zuIs 9 zuıs 9,9% + (1939 20) N suls „9 +J gap UN (291927170 1920 4 29,0) % .UIS g zUIS © „us 9g + (19 @— 2920 + 19) JzuISs o zuis 0.9 + (19% 2929 + 7v) d UIS 0 „UIS „9,0 + («94 — 20) E sUIS 29,9 + 607) (929 + 30 5 + 2920 7 + 2920 C—) LUIS» „UIS 59 + (29,09 —49— 2920 a — 29:9 y) zUIS US 29,9 + (29-20) m zUIS „9,0 — (0 +74 + 29209 a + 227.99) KrUls g zUIS 59 + (292. d 19 2939 929,0 F) LUIS m „UNS 920 + (9 829 + zP) kauls 59 ed (24 —zP) (29 ) o US 39— (29 — 29) (39 — 2) HUIS ,q —- (19.29 20 — 29 19 20 29 29370 1919 4 17939 + 1419) kzUlS g zul @ zUIS Z + (2989 — 2920 a 2929 8) (929) zuls g zus zq + 807) | (6920 + 2920 4 + 2929 8) (9x9) Kzuls d US 9 + (8989 — 2929 62920 8) (4-20) U zUIS m „uIs vH. (2929 2720 % 2920 E) (Pr) H UISw zZUIS,qg + (9:0 — 29.9 02220 €) (9-29) N zUIS @ „USD + (220 + 2980 a + 20 &—) (9-29) N Luls m zUIS 9 + (8929) (9 20) N zul 19 — a yu 207) 0=I:d rad dt wid :Suny9lof9 ayasıyeipenb apuauaıp ‘7 uoa Junwwnseg Anz Ip IsI sep ‘uuey UaPIEeM Jynpegue yeynseıpuy sep ınu pun gnw uspIem uayasesge aqes.lopaıNy\ JalyT UOA JoIy gep ‘yprsıFurjun OS SOpuT purs uogunuyoay uspuasundsyus sneiery aıp !uszJosnzuls CF) 19Po FOL) uedunyars]9 1ap auro ur unu Ist °d aM 19Q & [0 . - — ®d 90) (EIS 20 De er Alte Er De) G (2929 — 2920 — 29:0 7) . zZUIS 2 + (| „UIS „g— zUIS ;v) („9 — PD) 2 :1919M USUOHYNPEN USSULIES yoeu pun N 4 = : © con) — (A IZUNS, 29 — Ed zus zq — on zuis zu] °d + d auıs ag dag — dzuls aa) Z = (89 = 2P) AN : U Fe N £ 2 le @d9 For) = ([. zuIs 29 — g zus .q —n zuis zo] "dr N us .0°d a — . zuls 204) Z — 4 — 2D) Nr usjusyonbjeyusaoyig up ru N (kzUIS 79 — g zuIs zqg — m zuis „o) 'd°d+ g zuis zgad — N zuls od — Hd zuls gg "d + . zus og 'd — MM 5 uU = EM Z (9 20) zT + (9-20) IH 29:94 ; a 310} 158 Dr. E. Hellebrand, Bei Auflösung der Gleichung (107 tritt ein relativ sehr komplizierter Wurzelausdruck W auf, der zur Klarstellung der späteren Transformationen in seiner Gänze angeschrieben werden muß: Wzlk—A AU = (111 6 sinlea(2ra2b2 are" — bzo), + 2.66 sin! + sin? a (2a? b2 — a?c?” — b2c2) (— 2atb? —_2a:b2c” + 2atc®+ bEc! + aic!) - 2.c8 sin! sin? B.(2,a®b2 — b>c? _ a:c.)( 2a2bt — 2a2p2c2 + 2b: c” + aRct + bc’) + c! sin!y sinta (atc® + 2a?b?c® + btc® + Sack + Aatb?ct — Aa?”bicE + Ha°c! — 6atb!c" — —-24 a®b?c* — 12 a°b2c? + 20 aCb!c? + Aa®bt) + ct sin®y sintß (btc® + 2a?b:c® + atc! + 8b°ct + A a?btc® — A atb?c® + 6b°c" — 6atbtc! — — 24. a®b°c* — 12.a”b2c? + 20 a*b°c? + 4a: b°) + 2.6! sin®y sin? a sin2B (-atc®—_ 2 a:b2c? _bic® + Aatce + 8atb2ct + 8arbtct + 4 b°ce — 14 a&pXc! — — 12atlbtlct — 14a?bec! + 12 a°btc? + 12 atb°c?” — 4a°b®) + 4c# sin®y sinto sin? ß (2 a®c® + 2 atb?c°— abc — bEc® — 3a°c!t — Aa°bic: + Sarbic + + Sasb?c? — 3atbic? — 7 a*b°c? — Da°b! + 7 a°b*) + 4c* sin®y sin? a sint B (25%06° + 2a2b=cS — a®b2c8 — a8c® — 3bict —Aa:bic! + Hacb?c + + 8a?b3c? — 3atb°c? — 7 a®btc? — 5a*b® + 7 a®b®) + 4 a? c sin®y sine a (— atc® — a?b2c° — 3a°c*t + 3atb?c! + 2atbtc* — adc? + 7 a°b?c? — — 4a:btc? + a®b? — 3.a°bt) + 4 b2c# sin®y sine ß (— btc6 —a?b?ct — 35° ct + 3a?b*c* + 2 atb?c* — bc? + 7a?b°c? — — Aatbtc? + a?b° — 3 ab) + 4 a?c* sinty sin a sin? B (—3a°ct — atb2c* + a®btc*t — b°c* + 2a°c? + 2atb!c + + 4a:bic? — 3a°b? + 8a°b! — Yatbf) + 4 b?ct sint x sin? a sin ß (—3 5° ct — a?btct + atb?ct—a°c* + 2b°c?+ 2atbtc? + Aa°b?c?—-3a?bE + + 8 at b°—9 a b#) 2 c* sint x sin! o sintß (3a°c* + AaSb®c*t — 2atbtc! + Aa:b°c* + 3b°c -14a°b?c?” + + 2a°btc? + 2atbic? — 14a?”b°c? + 17 a®b* — 22 a"b® + 17 a*b°) a!c* sint x sin® a. (6 at c* — 2btc# + Sa°c? — 20 atb?c? + Aa?btc? + a® — 10a°b? + 13 atb*) b*c* sin* y sin® ß (6b! ct — 2atc! + 8b°c? — 20a? btc? + Aatb?c?” + b* — 10a?b° + 13 at b*) 2 a® c# sin? y sin! a (— 2a*c? + 2a?b?c?—a° + Aa*b?—3 a? bt) 2.b8ic sin2’y sin2%.8.(— 26% 02 1.202602 p% 4 4.a2b" 3.a252) 2 at c* sin? x sin® a sin?$ (4 a°c?— 2 a?btc?—2b° —a® + 2a°b?— 11 atb! + 10a?b°) 2 b!c* sin? y sin’ asin® ß (45° c?— 2 atb?c®— 2 a°c?—b’ + 2a?b°—11a!b* + 10a°b?) 4 a? c* sin? y sin® a sin ß (— a®c? — 3a8b?c? + atbtc? + a?b°c? + 2b°c2 + 3a°b? — 2a°bt + + 5.a*b° — 6a?b°) + ++ +++ ++ + 4b? c# sin? y sint o sin® B (— b°c? — 3a? b°c? + atbtc? + a°b?c? + 2a°c? + 3a?b? — 2atb° + + 2 a®c# sin!! a sin®ß (—a° + 3a? bt 2b) + Datb* — 6a®b) + 2b°c# sin? a sin! ß (— b° + 3a1b? 2 a®) + a*c# sin? o sin! ß (a? + 6a° b?—9 ab 4 a?b° + 65°) + b* c# sint a sin® ß (b? + 6a? 5° -9 ab 4a? + 6a?) + 4 a? b? c# sin® o. sin® ß (— a® — a®b? + Aatb! — a?b® — d8) + a? c# sin!?a, (a? — 22)? + b® c# sin!? ß (b? — a?)? Zunächst konstatiert man die vollkommene Symmetrie von W in Bezug auf a, o. und b, ß. Führt man ferner in allen Gliedern „= $ = 7 — 120° ein, so resultiert Ausdruck (95; man kann hieraus schließen, Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 169 daß in dem vorliegenden Ausdruck ein Faktor enthalten sein wird, welcher analog geformt ist wie — ab 2a +22 + 2b, auf dessen Basis seinerzeit eine Zerlegung von (95 möglich war. Tatsächlich wurde nach einigen Ver- suchen die Teilbarkeit von W durch das Polynom — (—_g# sint a— bt sin*ß—c#sin*7-F2 a?b? sin’ asinB + 2a?e?sin?®asin?y + 2b?e?sin’Bsin’y)c* (112 1 \ [f \ [ \ [ festgestellt und hiebei als Quotient erhalten: O0 = — a* sin® u, (a? —b2)? — bt sin®ß (b?—a?)” — sin’ (2 a”b’—a?c”—b2c?)® — 2a? sin®o sin?ß (—a° + ab? + a?bt—-b°)— 2a? sin°o. sin? (—a® + 4a!b’—atc”— 3 a”b* + b%c?) —sin® asin!ß (a® + 2a°b?—6 a*b*+2.a?b® + b°) — 2 sin o sin? Bsin?y (— a® + 2a°c?—-3 a!b* + atb?c? + Aa?b“ — 2a?b!c” — bVc?) — sin 0 sinty (a®—10a°b? + AaSc? + 13 atb! — 4 atb?c? + alc*—8 a?btc? + 2 a?b?c* + btc*) = 2,sin?asiney (2a®p2 —a8c? _ 6atb! + Aatb2c2 — atc* + Datbtc” — 2 a”b*c" — b:c}) — 25? sin® asin®ß (—a® + atb? + a?b:—.b°) — 2 sin? o,sin*ß sin?y (4 a®b?—a°c?—3 atb!— 2 a*b?c” + a®btc? + 2b°c? — b}) — 2 sin? asinßsin!y (-5a°b? + 2 a6c?+6atbt + 2atb?c? — atc* — 5a”b® + 2 a®btc” — 2a®b?c* — bc! + 2 56c?) —_ 2 sin? Bsin®y (2 a2b° — b6c? — 6 at b+ + A a?b%c? — btc* + 5 a*b?c? — 2 a:b?c! — atc:) — sin Bsint’y (b3 — 10a2b8 + 4b%c? + 13 atb* — Aa?btc” + btc* — 8a*b?c? + 2a”b?c* + atct) — 2b? sin®Bsin?y (—b°—btc? + 4 a?b* — 3atb? + atc?). Letzterer Ausdruck gestattet noch eine weitere Transformation; wie man sich leicht überzeugen kann, ist es möglich, denselben in folgende zwei Faktoren zu zerlegen: = Ss Jh = -Sinta— sin B—sinty + 2sin’a sin?ß + 2 sin? o sin®y + 2 sin?ß sin? 7, (113 f, = (a? sin? a [a®—5?] + 5? sin? ß [b?—a?] + sin?y [2 ab? a?c? —b?c2]).. (114 Es wäre hiemit der Ausdruck W in die drei Faktoren (112, (113, (114 aufgelöst. Um noch eine einfachere Formulierung der Gewichte p,, 2,, p, zu erlangen, wird es notwendig, ähn- lich dem beim zweiten Spezialfall beobachteten Vorgang aus den Seiten a sin a, b sin ß, c sin y ein Drei- Fig. 6. @ sim q eck zu konstruieren, dessen Winkel wir mit y,, d, und», benennen wollen. Dann läßt sich der erste Faktor (112 durch das Quadrat des vierfachen Flächeninhaltes dieses neuen Hilfsdreieckes (Fig. 6) ersetzen also A = (2ab sin a sin $ sin o,)?c* = (2ac sin a sin y sin d,)?c* = (2 be sin B sin y sin y)’c, (115 während der zweite Faktor (113 durch = (2sina sin ßsiny)” (116 ausgedrückt werden kann. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 23 170 Dr. E- Hellebrand, Als Resultat der vorangehenden Untersuchung erhalten wir demnach: = VW==.2.2absin asin ßsin o,.2sin a sin ß sin y (a? sin? a [a?—b?] + b? sin? ß [P?—a? ]+ nn A re). Anderseits ist es jetzt auf Grund der gewonnenen Anhaltspunkte leicht, auch die Glieder A und B der Gleichung (107 in Produktenform darzustellen. Man findet ; A= (2 ab sin asin ß sin »,): (sin? a [a®—b2] [a®—c?] + sin? [db’—a?] [b’—-c?] + sin” y [c’—a?] [ce —b2]), B=c? (2 absinasinßsin »,)’ (sin?oa [a®—b2] + sin?ß [D’—a?] + sin?y [a® + b?—-2c?]) und hiemit p5 = BeIsin y.(a2sin-lo [a2] 3 b2sin2]Bd— a2] + Sin rapie bc2]) — ab sing, (sin? a [a?—b?] + sin? ß [P?—a?] + sin?y [a? + b?’—2 c2))y: (az 42 absin p, (sin? a [a®—b?] [a?—c?] + sin? B [b?—a?] [Pc] + sin?y[c?—a?] | —P?])y. Aus der Substitution von p, in Gleichung (106 folgt ferner p, = Pb®Isin ß (a? sin? a [a®—c?] + sin? [2 a?c®—-a®b?—-b2c?] + c? sin? y [cC°—a?]) — ac sin b, (sin? a [a®—c?] + sin? ßB[a? + c? — 2b?) + sin?y [c’—a?])}: (118 2 ac sin d, (sin? a [a — 2] [a®—c?] + sin? B [b?—a2] [b?—c?] + sin? y [c?—a?] |? —b?])y und aup, =P—p, — p, schließlich pr Balsın oi(sınz «[21b2c2 a2 are p=sinR po Zaren) — be sin y, (sin? a [P? + c? — 2 a?] + sin? [b’—c?] + sin? y [e?—b2])}: "all {2 bc sin y, (sin? a [a®— D2] [ac] + sin? ß [b?—a2] [B?—c2] + sin? y [e”—a®] [e—b>))}. Trotz der im früheren bereits vorgenommenen Vereinfachung erscheinen alle diese Ausdrücke noch immer zu schwerfällig; sie gestatten aber eine weitere zweckentsprechende Transformation, wenn man auf das aus a Sin o, b sin ßB und c sin y konstruierte Dreieck zurückgreift. Das erste Glied im Zähler von p, gibt mit c? sin®y = a? sin®a + b? sin®ß—2absin asinßcose;: a” sin? o, (a? — b?) + b? sin? ß (b? — a?) + 2ab sina sin ßcos ep, (a? + b?) + 2a?b? sin? —.a? sin? a (a? + b?) — b? sin? ß (a? + b?) — 2 a?b? (sin? a + sin?ß — sin?y) + 2ab sinasinßcose, (a? + D?) — 4a?b?’ sinasinßcosy + 2ab sinasinßcose, (a? + b?), ähnlich das zweite Glied: (a? + b?) (—sin? a — sin?ß + sin?y) + ab sina sin B cos y, —= 2 (a? + b?) sino sinßcosy + 4 ab sin a sin ß cos y..- Werden beide Glieder mit ihren zugehörigen Faktoren sin y beziehungsweise — ab sin v, und Pc? multipliziert, dann gehen sie über in: Pc?.2 ab sin „sin ß {ab (sin 27 — sin 2%,) + (a? + 5?) sin [y — »,]} — Pc?.2 absina,sin ß sin („—%,) fa? + 5b? + 2abcos (y + 9}. (120 Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. 171 Auf analogem Wege erhält man den Zähler von p», Zp, = Pb2.2 ac sin a sin y sin (B—b,) a? + c?+2ac cos (+ 4,)y (121 und Zp, = Pa?.2bc sin ßsin y sin (a—y,) {b? + ©? + 2bc cos (a + %)}- (122 Zur Vereinfachung des Nenners bilden wir auf Grundlage von a? sin? a = b? sin? B + ec? sin®y—2be sin Bsin y cos y, und sin’a« = sin’ß + sin®y + 2 sinß sin y cos « die Differenzen: b? (sin? B—sin? o) + c? sin®y—2 bc sin sin y cos y, a—b’ — : sin? a IN Zbrsin ns AIsmi since sag zedzsinlpIsinnFeeshrt sin? a 2.2 b? sin? B—2c? sin B sin y cos a—c? sin? ß—2 be sin B sin y cos y, (Ale a En) De sin? a Führen wir hierauf die im Nenner von (119 angezeigten Operationen durch, dann nimmt p, mit Rücksicht auf (122 folgende Gestalt an: Pa?.2 be sin Bsin y sin (a—y,) $b?+c?+2 be cos [a-+, |} = nn; — 2 be sin? Bsin®Yy sin) i } : eh (b*+4 b3 ccosa.cosy,+4b?c? cos?y,+4b?c? cos’«a— 2 5b?c”+4bc?cos0.cosy,) sin? a. Nach Division durch b?+c?+2bccosacosy,—2bcsin o.sin %, resultiert endlich für p, der Wert | a? sin? a sin [a —y,| N (123 sin ß sin y sin y, (BP? +.c?+2bccos [&—%,]) nz! Eliminiert man, um p, zu vereinfachen, im Nenner von (118 5? und sin? ß durch a? sin? a + c?sin’y—2acsinasiny cost, = sin? ß sin? ß = sin? a + sin?y + 2 sin asin y cos ß, dann liefert eine dem Obigen analoge Rechnung en b? sin? B sin [B 4, ] (124 x sin a sin ysin d, (a? + c? + 2accos[—t,]) und die Eliminierung von c? und sin? y im Nenner von (117 c? sin? y sin [(y—®,| (125 sin „sin ß sin p, (a? + b? + 2 ab cos Y—»,]) a, = J® Da ab sina sinß sine, =acsina sin ysind, = bc sinß siny siny,, lautet schließlich das Ver- hältnis: DB 172 Dr. E.Hellebrand, a sin? osin |a—y,| £ b sin? B sin [B—b,] e sin? 7 sin |y—o,] IDaD — / ; : ah b? + c?+2bccos [a —y,] a® + c? + 2accos[ß—$,] a? +b? + 2abcos|y 9] (126 womit die einleitend gestellte Aufgabe ihrem Wesen nach als gelöst zu betrachten wäre. Zur Überprüfung der Ausdrücke P1> Ps, pP, nach (123, (124, (125 soll noch eine kurze Untersuchung beigefügt werden. Auf Grund der Substitutionen = ß= 7 = 120° ferner «a =b= c müssen sich obige Gewichtswerte auf jene Größen reduzieren, welche seinerzeit bei Behandlung der zwei Spezialfälle auf direktem Wege hergeleitet worden waren. Betrachten wir den ersten Fall: = B =, = 120°. Es ist also sina=sinß=sin y und an Stelle des Hilfsdreieckes a sin o, b sin ß, ce sin y mit den Winkeln %,, b,, ®, tritt jenes mit den Seiten a, b, c und den Winkeln y, ö, », daher Pa? v3 cosy + siny 1 = 2siny (b? + c?—becosy + \V3 be sin y) N a? (sin y + \/3 cosy) siny(a+b?+c?+ 2/3 be sin y%) identisch mit (99. Gleiches gilt von p, und p,. Für die Spezialisierunga =b=c muß zunächst eine Relation zwischen den gegebenen Winkeln 0%, ß,y und y,, db, 9, aufgestellt werden. Die oft verwendete Gleichung asin 70, — sin Bir le 3sin 170 2220,075 1m Bisian cos vereinfacht sich wegen a=b=c zu Rn an SLR Se ch sin 07 sin 8 Sin, —72sin/B/sinuygcossx, und tritt in Parallele mit der aus « + ß + y = 360° folgenden Gleichung sin? o = sin®ß + sin?y + 2 sin Bsin y cos 9. Es ist also 0854 = — CS & ebenso cosdb, = —cos ß COSIO—E COS oder Yı = 1800, vd, = 180 —8, 0, = 180-7 demnach a? sin? a sin (180 +20) sin Bsin y sina (2a? + 2 a? cos [180 + 2a) DR sin «sin2 a 2sinßsiny(1—cos 2a) Pcosa 2 sin ßBsinYy in Übereinstimmung mit Gleichung (87. Er se) Gewichtsverteilnng bei trigonometrischen Pumktbestimmungen. 1 Zur Illustration der oben abgeleiteten Formeln sollen folgende zwei Beispiele dienen: ll. a = 40 000m, b=70000m, c = 60000 m, 902, BE=120% vr 150°: aus dem Hilfsdreieck mit den Seiten a sin o, b sin ß, e sin y berechnen wir die Winkel: ya 395.071 244] on 119271877487 = 28 er All und finden nach den Gleichungen (123, (124 und (125 für ? = 100: p, = 39:40 a Oi Pa—99209 ferner bei m — 10" den zugehörigen mittleren Punktfehler M = 55:96 cm, während bei gleichmäßiger : : Ja een 2 = e Gewichtsveiteilung (?#, =, =P; = a) der Fehler M = 59:73 cm, also um 7°/, größer erhalten wird. e / Sieht man von der Messung des Strahles d, dessen Gewicht 1:01 gegenüber den anderen ohnehin verschwindet, ganz ab und behandelt die Aufgabe wie ein gewöhnliches Vorwärtseinschneiden, dann wird pa = p, = 40, pe = p, = 60 und M„,. = 55:98 cm, also noch immer kleiner als M, wenn auch der Unterschied zwischen diesen drei Fällen sehr gering ist. 2» a=4000m, b=10000m, c=2000m 90 = 185°, 1808: ein Dreieck mit den Seiten a sin o, b sin ß, c sin y ist wegen des negativen Wertes von b sin ß unmöglich. Es sind daher auch für die Gewichte keine reellen Werte zu erwarten, was die Rechnung bestätigt: pn =P( 0:97 71 —0:772 831) p,—=P( 0:324 70 +0-536 30.) p,— P(-0:242 41 +0:236 534) Da die günstigste Gewichtsverteilung nicht verwirklicht werden kann, tritt an Stelle des mehrfachen Vorwärtseinschneidens das einfache, welches entweder aus a, b oder a,c und b, c vorgenommen werden kann. Nun betragen aber die mittleren Punktfehler für diese drei Fälle: LM — AED! = RC, VVP sin 7 H u ZERO ee vVPsin ß DV — Ba\Ehe) SEM VP sin a hingegen bei gleichmäßiger Arbeitsverteilung M = 8:38 cm. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXII. Bd. 94 174 Dr.E. Hellebrand, Gewichtsverteilung bei trigonometrischen Punktbestimmungen. Die beste Punktlage gibt das Einschneiden mit b und c und den Gewichten b Pr, - = 83'33 b-+c 2 =P—- = 16:67. b+c Fassen wir die Resultate der letzten Betrachtungen zusammen, so könnte für den allgemeinen Fall als Regel aufgestellt werden: Ist es möglich, aus den mit dem Sinusihrer Gegenwinkel multiplizierten Strahlen ein Dreieck zu konstruieren, dann sind alle drei Strahlen- richtungen zu messen;ist ein solches Dreieck unmöglich, dann entfällt die Beobachtung einer Richtung und die Punktbestimmung ist aus jenem Strahlenpaar durchzuführen, dessen Summe dividiert durch den Sinus des eingeschlossenen Winkels den kleinsten Betrag liefert. REVISION VON HELLER” ASCIDIEN AUS DER ADRIA Ill DIE ARTEN DER GATTUNGEN MICROCOSMUS, CYNTHIA, STYELA, POLYCARPA, GYMNOCYSTIS UND MOLGULA VON R. HARTMEYER (BERLIN) VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 7. MÄRZ 1912 Der erste Teil meiner Revision von Heller’s Ascidien aus der Adria, welcher die Arten der Gattung Ascidia umfaßt, ist in den S. B. Ges. naturf. Fr. Berlin, Ann. 1911, p. 302 ff., erschienen. Es war meine Absicht, auch den zweiten Teil, welcher alle übrigen Arten Heller’s behandelt, an derselben Stelle zu publizieren. Da dieser zweite Teil jedoch den üblichen Umfang der für diese Zeitschrift bestimmten Bei- träge bei weitem überschritten hat, habe ich mit besonderer Freude von dem freundlichen Vorschlage des Herrn Prof. Heider in Innsbruck Gebrauch gemacht, meine Revision den Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien zur Verfügung zu stellen, derselben Zeitschrift, in welcher seiner- zeit auch Heller’s grundlegende Arbeit über die Ascidien der Adria erschienen ist. Indem ich die einzelnen Arten einer eingehenden systematischen und nomenklatorischen Revision unterzog, ergab es sich von selbst, auch die nahe verwandten nordwesteuropäischen Formen, von denen mir ausnahmslos ein reiches, vorwiegend von den Stationen zu Roscoff und Plymouth stammendes Ver- gleichsmaterial zur Verfügung gestanden hat, in den Kreis der Betrachtung zu ziehen. In vielen Fällen ergab sich dabei die Notwendigkeit, die nordatlantischen und mediterranen Formen artlich zu vereinigen, so daß die Heller’schen Artnamen vielfach zugunsten älterer, auf die nordatlantischen Formen bezüglicher Namen fallen mußten. Ich beabsichtige, auch auf Heller’s Arten der Gattung Ascidia in ausführlicherer Weise nochmals zurückzukommen, und zwar im Rahmen einer zusammenfassenden Darstellung der arktisch-nordatlantischen und mediterranen Arten dieser Gattung, die später erscheinen wird. Die Nummern hinter den Autornamen beziehen sich auf das Literaturverzeichnis in Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3 suppl., p. 1281 ff. Es ist mir eine angenehme Pflicht, den Herren Prof. Heider und Prof. Steuer auch an dieser Stelle nochmals meinen verbindlichsten Dank für die Überlassung des Heller’schen Materials auszusprechen. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 24 176 R. Harimeyer, Microcosmus vulgaris mini — Microcosmus polymorphus nov. sp. — Microcosmus scrotum D. Chiaje. 1877 Microcosmus vulgaris Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 244, t. 1,f. 1—8. 1877 Microcosmus polymorphus Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 246, t. 1,1. 9—11;t. 2,f. 14. 1877 Microcosmus scrotum Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 247, t. 2, f. 56. Außer den Originalstücken der vier von Heller aus der Adria aufgeführten Microcosmus-Arten, darunter den Typen von M. vulgaris Hell. und M. polymorphus Hell. hat mir ein ziemlich reiches Microcosmus-Material aus den Beständen der Berliner Sammlung vorgelegen, das ich, wenn auch nicht durchweg, um ein Zerschneiden aller Stücke zu vermeiden, so doch zum größeren Teile auch anatomisch durchgearbeitet habe. Ich bin dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß sich innerhalb des nordwesteuropäi- schen und mediterranen Gebietes nur zwei Formenkreise der Gattung Microcosmus unterscheiden lassen: Der eine gruppiert sich um M. claudicans (Sav.) und wird weiter unten behandelt werden, der andere erhält zweckmäßig nach der nachweisbar ältesten, hierher gehörigen Art den Namen M. sulcatus (Coq.) und wird uns hier allein beschäftigen. Jener ist gleichzeitig nordwesteuropäisch und mediterran, dieser nur mediterran. M. sulcatus (Cog.) ist vor allem ausgezeichnet durch 7 Kiemensackfalten auf jeder Seite. Diese Zahl ist konstant und kehrt bei allen meines Erachtens hierher gehörigen Formen wieder, die bald als selbständige Arten, bald als Varietäten aufgefaßt werden, teilweise aber auch bereits als Synonyme erkannt sind. Zu diesen Formen gehören M. microcosmus (Cuv.), M. polymorphus Hell., M. vulgaris Hell, M. scrotum (Chiaje) und M. sabatieri Roule. Die drei letzten Arten sind meist als Synonyme oder höchstens als Varietäten einer Art — neuerdings noch durch Michaelsen (431 5b) —, und zwar meist unter dem Artnamen M. vulgaris Hell. aufgefaßt worden, während neben ihnen M. polymorphus Hell. als selbständige Art bestanden hat, M. microcosmus (Cuv.) dagegen in der Hauptsache auf die ältere Literatur beschränkt bleibt. Es würde sich also zunächst darum handeln festzustellen, ob wirklich mehrere als Arten zu sondernde Formen vorliegen. Soweit es sich um mein Material handelt, muß ich diese Frage verneinen. Ich bin nicht in der Lage, die mediterranen Microcosmus-Formen mit 14 Falten in zwei oder auch mehr Gruppen aufzulösen, die durch Merkmale mit dem Werte von Artcharakteren von- einander zu scheiden wären. Aber auch in den Diagnosen von Heller (237), Traustedt (641) u. a. wird man vergeblich nach Merkmalen suchen, die diese Bedingungen erfüllen. Was zunächst die auf die äußeren Charaktere bezüglichen Unterschiede zwischen M. vulgaris und M. polymorphus anbetrifft, so erscheint eine Erörterung dieser Unterschiede, die bei Heller selbst nachgelesen werden mögen, angesichts der Bewertung, die die neuere Ascidiensystematik derartigen äußeren Merkmalen im allgemeinen zuteil werden läßt, kaum nötig. In einer größeren Kollektion von Microcosmus-Exemplaren wird man ohne besondere Mühe eine weitgehende Variabilität und damit auch mannigfache Übergangsformen auffinden, ganz abgesehen davon, daß auch nicht alle Originalstücke der Heller'schen Arten die geltend gemachten Merkmale in typischer Ausbildung zeigen. Das gleiche gilt auch von der Länge und der völligen oder nicht völligen Retraktilität der Siphonen, die Traustedt als unter- scheidendes Merkmal anführt. Zweifellos schwankt die Länge der Siphonen individuell und ich will gerne glauben, daß ein besonders langer Sipho nicht mehr völlig retraktil ist, aber ein Artmerkmal kann ich darin nimmermehr erblicken. Wohl aber finde ich in einem anderen Merkmal, nämlich in der Bewaffnung der Siphonen, auf die Michaelsen (431 b) neuerdings als systematisch wichtig hingewiesen hat, eine bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen allen Stücken mit 14 Kiemensackfalten. Soweit ich mein Material — und zwar möglichst Stücke von verschiedenen Fundorten — daraufhin untersucht habe, konnte ich stets nur Schuppendornen von einer Gestalt auffinden, die im Prinzip denjenigen Typus repräsentiert, den Michaelsen als charakteristisch für die von ihm als M. scrotum bezeichnete Art aus dem Mittelmeer! (431, t. 2, f. 10) beschreibt und abbildet, während ich die nach demselben Autor für 1 Der Fundort Grönland des einen Stückes beruht zweifellos auf einer Etikettenverwechslung. Die Gattung Microcosmus ist aus der Hocharktis bisher nicht nachgewiesen. Vermutlich ist das Stück auch aus dem Mittelmeer. Revision von Heller'’s Ascidien der Adria. 177 die erasperatus-Gruppe charakteristische Form von Schuppendornen nicht beobachtet habe. Das scheint mir ein nicht zu unterschätzendes Moment zu sein, das für die artliche Zusammengehörigkeit aller dieser Formen spricht. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Untersuchung dieser Schuppendornen nicht immer ganz leicht, manchmal, namentlich bei alten, stark abgeriebenen oder mit Hydroiden, Sand und anderen Fremdkörpern an den Körperöffnungen bedeckten Exemplaren, überhaupt nicht möglich ist. Aber, wie gesagt, ich habe bei meinen Mittelmeerstücken immer nur den einen Typus gefunden, was bis zum Beweise des Gegenteils für die artliche Vereinigung dieser Formen sprechen würde. Daß die Unter- suchungen über die Konstanz und damit über den systematischen Wert dieser Gebilde noch weiter gefördert werden müssen, geht zum Beispiel aus dem Umstande hervor, daß Michaelsen bei einer Form von Goree, die sich sonst eng an diese Mittelmeergruppe anschließt und die er deshalb auch als M. polymorphus var.? bezeichnet, Schuppendornen gefunden hat, die nicht etwa dem Typus dieser Gruppe entsprechen, sondern demjenigen der exasperatus-Gruppe. Ein anderes Merkmal, das zur Unterscheidung der mediterranen Arten herangezogen worden ist, sind die Tentakel. Besonders Roule& (551) nimmt eine Sonderung von Arten vor, jenachdem die Tentakel einfach oder doppelt gefiedert erscheinen. Aber streng scheint sich dieser Unterschied auch nicht durch- führen zu lassen. Michaelsen hat bereits zutreffend auf diesen Umstand hingewiesen, jedoch ist eine Fiederung zweiter Ordnung nicht etwa, wie man von vornherein vielleicht erwarten sollte, ein Ausdruck höheren Alters. Auch diese Tatsache betont Michaelsen und ich kann sie bestätigen. Ich habe sehr große Individuen gesehen, bei denen von einer Fiederung zweiter Ordnung keine Rede sein konnte, und andere, wesentlich kleinere, die eine solche Fiederung deutlich zeigten. Am schwierigsten scheinen mir im Augenblick die Widersprüche in den Diagnosen auszugleichen sein, die sich auf die Gestaltung des Afterrandes beziehen. Heller bezeichnet den Afterrand seines M. vulgaris als »leicht gekerbt«. Von M. polymorphus wird nur gesagt, daß »der Darmkanal in bezug auf Länge und Verlauf ganz wie bei M. vulgaris beschaffen ist«. Traustedt sagt von M. vulgaris: »die freie Lippe des Afters mit wenigen, großen Lappen«, von M. polymorphus: »After mit freiem, gezähnelten Rande.« Roule sagt von der Afteröffnung des M. vulgaris: »depourvue de languettes«. Die Diagnosen der beiden anderen von ihm behandelten Arten enthalten keine Angaben über dieses Organ. Michaelsen bezeichnet den Afterrand seines M. scrotum als »ganz glatt, mit zwei sich gegenüberstehenden Ein- kerbungen«. Bei seiner Goree-Form zeigt der Afterrand dagegen »an der Innenkörperseite einen breiten, dreiseitigen Einschnitt, an der Kiemensackseite mehrere scharf gesonderte, gleich breite, gerundete Läppchen mit umgeschlagenem Saum«. Diesen mannigfachen Angaben kann ich ein ebenso mannigfaches Tatsachenmaterial auf Grund eigener Untersuchungen gegenüberstellen. Ganz allgemein scheint der Afterrand zwei sich gegenüberstehende Einkerbungen zu besitzen, so daß er also aus zwei großen Lippen besteht. Der Rand dieser Lippen ist nun aber recht mannigfach gestaltet. Manchmal ist er ganz glatt oder eine Einkerbung wird nur durch postmortale Fältelung vorgetäuscht, manchmal zeigt er dagegen einige schwache Einkerbungen, die die Bildung einiger großer Lappen zur Folge haben, manchmal habe ich aber auch sehr deutlich ausgeprägte, voneinander gesonderte Läppchen, meist fünf oder sechs, fest- stellen können, die aber stets nur an der einen Lippe ausgebildet waren. Ich kann mich aber nicht entschließen, diese mannigfachen Bildungen desselben Organs zur Aufstellung von Arten oder Varietäten zu verwenden, um so weniger als sie weder mit anderen Charakteren (etwa einfach oder doppelt gefiederten Tentakeln) korrespondieren, noch in lokaler Verbreitung ihren Ausdruck finden. Was ich festgestellt zu haben glaube, ist das, daß bei kleineren und demnach jüngeren Tieren die Läppchenbildung im allge- meinen viel stärker ist, als bei größeren Tieren, so daß die ganze Bildung lediglich ein Ausdruck verschiedenen Alters wäre. Ziehen wir das Fazit aus dieser Betrachtung, so werden sich gewichtige Bedenken gegen eine Zusammenziehung dieser verschiedenen Formen kaum geltend machen lassen. Und ebensowenig wird man triftige Einwände dagegen erheben können, daß ich alle diese Formen zunächst auf die von Cuvier (94) beschriebene Ascidia microcosmus zurückführe. Die Diagnose dieser Art ist zwar in mancher Hinsicht 178 R. Harimeyer, lückenhaft, aber darüber, daß wir es tatsächlich mit einem Microcosmus zu tun haben, kann meines Erachtens kein Zweifel obwalten. Es könnte sich also höchstens darum handeln, welche der beiden mediterranen Arten gemeint ist. Nach allem, was Cuvier über seine Art mitteilt, erscheint es ausge- schlossen, daß er den Microcosmus claudicans vor sich gehabt hat. Leider ist seine Angabe über die Zahl der Falten nicht ganz korrekt. Er sagt nur: »on en compte douze (ou quinze)«. Es muß also angenommen werden, daß er auf jeder Seite eine Falte übersehen hat. Die Fortsetzung des Satzes »ou quinze« bezieht sich ganz offenbar auf die Ascidia papillosa. Andernfalls könnte man ja auch annehmen, daß die Zahl 15 die Summe der Falten und der Dorsalfalte darstellt. Über letztere enthält die Diagnose Cuvier's nämlich keinerlei Angabe, wogegen das Flimmerorgan erwähnt wird. In jedem Falle erscheint eine Zurückführung der Cuvier'schen Art auf den M.claudicans auf Grund der Angaben über die Faltenzahl aber ausge- schlossen. Cuvier sagt ferner von seiner Art, daß sie ihm mit der Ascidia sulcata Cog. identisch zu sein scheint. Diese durch Coquebert von Toulon beschriebene Art findet sich nur in einigen älteren Arbeiten erwähnt, verschwindet dann aber vollständig aus der Literatur. Auch nicht einmal in der sorgfältigen kompilatorischen Arbeit von Carus (69) wird sie erwähnt. Ich stelle die gesamte, auf diese Art bezügliche Literatur weiter unten zusammen. Die Beschreibung, welche Coquebert von seiner Art gibt, ist zwar noch lückenhafter als diejenige Cuvier's, aber sie ist meines Erachtens bei gleichzeitiger Berücksichti- gung der sehr charakteristischen Abbildung völlig ausreichend, um die Identität mit Cuvier's Art als sicher annehmen zu können, da eine andere Art, schon mit Rücksicht auf die Größe und andere äußere Merkmale überhaupt nicht in Frage kommen kann. Überdies gibt Coquebert als Trivialnamen dieser Art die Bezeichnung »Vichet« an, die, wie mir bekannt, an der französischen Mittelmeerküste auf den allgemein als Volksnahrung dienenden Microcosmus angewandt wird. Auch dieser Umstand würde also zugunsten meiner Ansicht sprechen. Ich schlage deshalb vor, die Ascidia sulcata Cog. als älteste gültige Bezeichnung für diese Art zu betrachten und dieselbe demnach Microcosmus sulcatus (Cogq.) zu benennen. Weiter hätte ich zur Synonymie von M. sulcatus (Cog.) dann noch folgende Bemerkungen zu machen. Die Ascidia papillosa, welche C. G. Carus (65) zu seinen Untersuchungen gedient hat, ist zweifellos ein Microcosmus und jedenfalls dieser Art zugehörig; die auf dem Microcosmus angesiedelten jungen Tiere gehören jedoch einer Tethyum- |Styela-|Art. an und zwar jedenfalls dem 7. partitum (Stimps.), wie aus der Abbildung (t. 8, f. 6, 11) mit größter Wahrscheinlichkeit hervorgeht. Gervais (1840) führt ohne weitere Diagnose eine Ascidia coriacea (ohne Autornamen) auf, der er als Synonyma Tethyum coriaceum Bohadsch und A. papillosa L. zuordnet. Da das Tethyum coriaceum Boh., welches Gervais offenbar gemeint hat, kein binär gebildeter Artname ist,1 so müßte die Ascidia coriacea zunächst den Autornamen »Gervais« erhalten, anderseits müßte man aus dieser Literaturstelle schließen, daß die Art von Gervais synonym mit Pyura papillosa (L.) ist, wie es für Tethyum coriaceum Boh. zweifellos feststeht. Daß diese Identifizierung aber irrtümlich ist, geht aus dem von Gervais (1844) herausgegebenen »Atlas der Zoologie« hervor. Die dort unter dem Namen Ascidia coriacea Bohadsch (hier also mit ausdrücklicher Hinzufügung des Autornamens Bohadsch, was aber natürlich mit Rück- sicht auf den nicht binär gebildeten Namen inkorrekt ist) abgebildete Art — es wird überdies noch auf das Zitat in der Arbeit vom Jahre 1840 verwiesen — hat nämlich nichts mit der Pyura papillosa (L.) zu tun, sondern ist ein Microcosmus und gehört zweifellos zu M. sulcatus. Ich habe ein Stück von Triest inder Berliner Sammlung, von Hemprichund Ehrenberg gesammelt, welches die eigentümliche, durch die leistenartigen Verdickungen des Zellulosemantels hervorgerufene Felderung der Oberfläche in ebenso schöner Ausbildung zeigt wie das Tier auf der Tafel bei Gervais, wenn die Felderung auch vielleicht nicht ganz so engmaschig ist. Immerhin scheint eine derartige Felderung sehr selten zu sein, da ich nur dieses eine Exemplar in meiner Kollektion habe, bei dem die Leisten so charakteristisch angeordnet sind, und mich auch nicht erinnere, eine andere Abbildung gesehen zu haben, die eine ähnliche Anordnung zeigt. 1 Vgl. Hartmeyer in: Zool. Ann., v. 3, p. 10 (1908). Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 179 Der von Philippi (492) für Ascidia microcosmus Cuv. überflüssigerweise neu eingeführte Name Ascidia cuvieri fällt natürlich auch unter die Synonyma von M. sulcatus. Costa (87) beschreibt von Neapel eine Art, welche die dortigen Fischer »borsone«! nennen. Aus der Beschreibung, insbesondere aus den Angaben über die Farbe geht mit überzeugender Wahrscheinlich- keit hervor, daß es sich um M. sulcatus handelt. Auch die Bemerkung »allo intorno i piccioli si trovano aggruppati« trifft auf diese Art zu, da ich wiederholt Exemplare von Neapel gesehen habe, auf denen sich Kolonien von Distomus fuscus angesiedelt hatten, die von Costa offenbar für die jungen Individuen angesehen worden sind. Carus (69) ist daher im Irrtum, wenn er diese Art zu Pyura papillosa (L.) stellt. Er gibt der Art, von der Costa es fraglich läßt, ob sie vielleicht mit » Ascidia fusca« identisch ist, überdies einen Namen, Cynthia magna, den ich somit dem Microcosmus sulcatus als synonym zuordne. Fraglich bleibt es, ob die von Keller (314) von Suez erwähnte Cynthia microcosmus zu M. sulcatus gehört. Ob die von Herdman (248) aus der Bass-Straße und von mir (230) von Japan als M. poly- morphus beschriebenen Formen von der mediterranen Form artlich tatsächlich nicht zu trennen sind, will ichim Augenblick nicht näher untersuchen. Jedenfalls gehören sie zur sulcatus-Gruppe im weiteren Sinne. Die Gor&e-Form von Michaelsen (431 b) nehme ich auf Grund ihrer Schuppendornen nicht in die Liste der Synonyma auf. Zu streichen sind ferner aus der Synonymieliste: Cynthia microcosmus bei Savigny (966) (= Pyura savignyi (Phil.), s. d.); Cynthia microcosmus Sav. bei Forbes (153 a, 155), Thompson (635), Gosse (187), Dickie (121), Mac Andrew (385) ? = Pyura savignyi (Phil.), jedenfalls nicht M. sulcatus); Ascidia microcosmus Cuv. bei Couthouy (83a) von Boston (über diese Art — es handelt sich nur um einen in einer Liste aufgeführten Namen — vermag ich nichts auszusagen; ein Microcosmus ist von dort jedenfalls nicht bekannt); Ascidia microcosmus Cuv. bei Grube (206) von Roscoff und St. Malo ?=M. claudicans (Sav.):; nur ein Listenname); Ascidia microcosmus Lam. bei Beltremieux (27) von Westfrankreich ? =M. claudicans (Sav.); nur ein Listenname); Ascidia microcosmus Lam. bei Bizet (34), Dep. Somme ?=M. claudicans (Sav.); nur ein Listenname); Microcosmus vulgaris Hell. bei Julin (809), Normandie ?=M. claudicans (Sav.). Es muß zweifelhaft bleiben, ob es sich bei den von Grube, Beltremieux, Bizet und Julin genannten Arten um M. claudicans handelt, wenn diese Annahme auch am nächsten liegt. Die wichtigste Synonymie dieser Art würde sich demnach folgendermaßen darstellen: Micerocosmus sulcatus (Cog.). 1797 Ascidia sulcata Coquebert in: Bull. Soc. phil., v. 2, p. 1, f. 1—4. 1801 — — Lamarck, Syst. An. s. Vert., p. 109. 1802 -- -— Bose, Hist. nat. vers., v. 1. p. 103. 1816 -- — Duvernoy in: Diet. Sci. Nat., v. 3, p. 193. 1820 7 7 7Bose, Elist, nat vers. ed. >, v. 1, p. 119. 1909 Microcosmus sulcatus Hartmeyer in: Bronn’s Rl. u. Ordn., v. 3 suppl., p. 1345. 1815 Ascidia microcosmus Cuvier in: Mem. Mus. Paris, v. 2, p. 20, t. 1, f. 1—6. 1825 — microscomus |sie!| Blainville, Man. Malac., p. 583, t. 82, f. 1. 1841 Cynthia microcosmus Chiaje, Descr. Not., v. 3, p. 17; v.5, p. 88; v. 6,t. 80, f. 23, 24; t. 81,f. 16. 2183 -—- -— Keller in: Denk. Ges. Schweiz, v. 28, p. 21. 1909 Microcosmus microcosmus Hartmeyer in: Bronn’s RI. u. Ordn., v. 3, suppl., p. 1345, 1483. "1816 Ascidia papillosa (part.) (err., non Linne 1767!) Carus in: Arch. Anat. Physiol. Med., v. 2, DD Ne 1841 Cynthia scrotum Chiaje, Descr. Not., v. 3, p. 17; v. 5, p. 88; v. 6, t. 82, f. 10; t. 83, f. 3. 1 Dieser Name ist, wie mir von der Station zu Neapel mitgeteilt wurde, bei den heutigen Fischern nicht mehr bekannt. [80 R. Hartmeyer, 1877 Microcosmus scerotum Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 247, t. 2. f. 5, 6. 1843 Ascidia cuvieri Philippi in: Arch. Anat. Physiol. Med., ann. 1843, p. 50. 1840 Ascidia coriacea Gervais in: Dict. Sci. Nat., suppl. v. 1, p. 4095. 1844 — -— (err,non Behadsch 1761!) Gervais, Atl. Zool., p. 17, t. 60, f. 2. 1877 Microcosmus polymorphus Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 246, t. 1, f.9—11,t. 2, f. 1—4. ?1882 — -— Herdman in: Rep. Voy. Challenger, v. 6, p. 133, t. 14, f. 7, 8. ?1906 — -—- Hartmeyer in: Zool. Anz., v. 31, p. 3, f. 1. 1877 Microcosmus vulgaris Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 244, t. 1, f. 1—8. 1885 Microcosmus sabatieri Roule in: Ann. Sci. nat., ser. 6, v. 20, p. 194, t. 11, f. 100, 101. 1892 _— sabbatieri |sic!| Lacaze-Duthiers u. Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, p. 134. 1890 Cynthia magna Carus, Prodr. F. medit., v. 2, p. 466. Verbreitung: Als neue Fundorte kann ich nach Stücken der Berliner Sammlung noch Monaco und Montpellier angeben. Microcosmus claudicans Sav. 1877 Microcosmus claudicans Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 248, t. 2, £. 7, 8. Den verschiedenen Beschreibungen, welche über diese Art vorliegen, habe ich nur einige wenige, aber systematisch nicht unwichtige Bemerkungen hinzuzufügen. Die Art unterscheidet sich von der vorigen nicht nur durch die geringere Größe und die im allgemeinen mehr länglich-eifömige Gestalt, sondern vor allem durch die höhere Faltenzahl. Während die Faltenzahl bei M. sulcatus aber ganz konstant 7 auf jeder Seite beträgt, ist sie bei M. claudicans gewissen Schwankungen unterworfen. Meist ist die Faltenzahl der beiden Kiemensackhälften unsymmetrisch, und zwar links 8 und rechts 9 oder (seltener) links 9 und rechts 10, daneben aber auch jederseits 8 oder 9. Lacaze-Duthiers und Delage (344) geben für Microcosmus spinosus, den ich als synonym ansehe, an, daß die Faltenzahl links unter Um- ständen nur 7, rechts dann 8 beträgt. Eine geringere Zahl als 8, die achte wie die übrigen Falten gut entwickelt, habe icht nicht beobachtet, auch nicht bei kleinen Exemplaren, zum Beispiel von Roscoff, die teilweise schon eine neunte Falte auf der rechten Seite besaßen. Auch für die nahe verwandte exasperatus-Gruppe gibt Michaelsen (431) als Minimum der Faltenzahl jederseits S an, wobei sämtliche Falten überdies wohl ausgebildet sind. Alle zur claudicans-Gruppe gehörenden Formen von den nordwesteuropäischen Küsten sowohl wie aus dem Mittelmeer gehören meines Erachtens zu einer Art. Ich fand bei allen Exemplaren, soweit sie sich zur Untersuchung eigneten, darunter auch den von Heller als M. claudicans beschriebenen Stücken, dieselben auffallend langen Schuppendorne, wie sie Lacaze-Duthiers und Delage bei dem nordwesteuropäischen M. spinosus gefunden haben und Michaelsen bei einem Stück von Nizza beobachtet hat, das er ebenfalls mit M. spinosus identifiziert. Da ich nun auch Exemplare des M. spinosus von Roscoff, also lokaltypische Stücke, untersucht und sie von claudicans nicht unterscheiden kann, so vereinige ich beide Formen miteinander. Michaelsen hat diese Vereinigung offenbar nur deshalb unterlassen, weil ihm die Form der Schuppendorne von M. claudi- cans nicht bekannt war, stellt aber im übrigen M. claudicans als fragliches Synonym neben M. spinosus. Daß M. claudicans mit der exasperatus-Gruppe sehr nahe verwandt ist,hat Michaelsen bereits gebührend betont und ich stimme ihm darin völlig bei. Ich habe nach dieser Richtung hin keine weiteren Unter- suchungen gemacht. Es scheint aber, als wenn die nordwesteuropäisch-mediterrane claudicans-Form durch die Gestalt ihrer Schuppendorne und auch durch die unter Umständen völlige, in jedem Falle aber stärkere Verschmelzung der einzelnen Gonadenpolster als bei jeder anderen Form der exasperatus- Gruppe eine gut charakterisierte Art innerhalb dieser Gruppe darstellt, die aber nach ihrer ältesten Art den Namen claudicans-Gruppe führen sollte. Revision von Heller's Ascidien der Adria. 181 Zur Synonymie dieser Art habe ich dann noch einige weitere Bemerkungen zu machen. Da der typische M. sulcatus an den nordwesteuropäischen Küsten, wie mit Sicherheit angenommen werden kann, nicht vorkommt, so dürften alle die Literaturstellen, die die Art aus diesem Gebiete anführen — meist unkontrollierbare Listen — sich auf M. claudicans beziehen. Ich habe diese Zitate bei M. sulcatus bereits kurz angeführt und füge sie sämtlich in die folgende Liste nochmals ein. Als Synonym glaube ich ferner auch Cynthia rosea Ald. betrachten zu müssen. Diese Art ist sicher ein Microcosmus und kann somit wohl nur zu M. claudicans gehören. Ob die von Forbes (1534) aufgeführte Ascidia rosea von den Hebriden und Shetlandinseln, die ich sonst nirgends in der Literatur erwähnt finde, zu Alder's Art gehört, scheint mir mehr als fraglich, läßt sich aber kaum nachweisen. Der Microcosmus claudicans bei Heller (239) aus verschiedenen tropischen Meeren dürfte zu M. exasperatus gehören. Die Synonymie der Art gestaltet sich demnach, indem ich mich im übrigen auf die wichtigsten Zitate beschränke, folgendermaßen: Microcosmus claudicans (Sav.). 1816 Cynthia claudicans Savigny, Mem. An. s. Vert., v. 2, p. 150, t. 2, f. 1. 1875 - - Kupfferin: Ber. Komm. D. Meere, ann. 1872/73, p. 216. 1877 Microcosmus claudicans Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 248, t. 2, f.7, 8. 1683 —— — Traustedt in-Mt. Stat. Neapel, v. 4 p. 476, 1.86, 11:1. 37.1... 221851 Ascidia rosea Forbes in: Rep. Brit. Ass., ann. 1850, p. 242. 1863 Cynthia rosea Alder in: Ann. nat. Hist., ser. 3, v. 11, p. 161. 1907 — = .Alder une Inlaneoceik, Bu, um, w. 2,10, 40, weils 16. Il, De Anes:anr, 500) 1909 Microscosmus roseus Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn,, v. 3, suppl. p. 1345. ?1872 Ascidia microcosmus Grube, St. Malo, p. 63. ?1884 — microcosmus |sic!| Beltremieux in: Ann. Soc. Rochelle, ann. 1884, p. 83. ?1892 — microcosmus Bizet in: Mem. Soc. Nord France, v. 8, p. 386. 21898 Microcosmus vulgaris Julin in: Bull. Soc. Rouen, ser. 4, ann. 33, p. 385. 1892 Microcosmus spinosus Lacaze-Duthiers und Delage in: M&m. pres. Ac. France, v. 45, Peitotı9,.6. 1908 — -— Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, v. 25, p. 278. Verbreitung: Als neue Fundorte kann ich nach Stücken der Berliner Sammlung noch St. Vaast und Rovigno angeben. Cynthia papillosa L. 1877 Cynthia papillosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 249, t. 2, f. 9. Ich habe zu dieser Art in der Hauptsache nur einige auf die Verwandtschaft und geographische Verbreitung bezügliche Bemerkungen zu machen, teilweise als Ergänzung zu bereits früher Gesagtem (Fauna arctica, v. 3, p. 195). Es ist zweifellos, daß die von Sluiter (1905) als Pyura [Halocynthia] spinosa beschriebene Art eine nahe Verwandte von P. papillosa und der zu diesem Formenkreis gehörigen arkti- schen und nordpazifischen Arten ist. Sluiter scheint diese Verwandtschaft allerdings entgangen zu sein, wenigstens weist er nicht besonders darauf hin. Es liegen mir aus der Sammlung des Berliner Museums zwei Exemplare mit der Bezeichnung »Rotes Meer« vor, die von Hemprich und Ehrenberg gesammelt worden sind und zweifellos zu Sluiter's Art gehören, ebenso eine größere Anzahl Exemplare, die ich selbst im Golf von Suez, und zwar an der afrikanischen Küste erbeutet habe. Diese Stücke wurden teils in der Gimsahbay, auf dem lebenden Riff, teils etwas nördlich davon, bei Um el Jerman, im Bereiche der Brandungszone unter Steinen gesammelt. An der Sinaiküste habe ich die Art indes nicht gefunden Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Ba. 95 182 R. Hartmeyer, trotzdem ich dort ebenfalls an mehreren Punkten, und zwar viel intensiver und viel länger gesammelt habe. Ein Vergleich dieser Stücke mit Mittelmeerexemplaren ergibt zunächst einen wichtigen Unterschied in der Art der äußeren Bewaffnung. Bei P. papillosa tragen die papillenartigen Erhebungen der Mantel- oberfläche in der Regel nur einen Dorn, nur ganz gelegentlich gruppieren sich um diesen noch ein oder einige sekundäre Dorne, meist an den Siphonen und in der Nähe der Körperöffnungen, wo die Haupt- dorne ohnedies kräftiger und länger sind, um an den Körperöffnungen selbst dann zu den bekannten 2 mm langen oder selbst noch längeren borstenartigen Stacheln zu werden — ich halte die Dorne der Korperoberfläche und die Stacheln der Körperöffnungen für homologe Gebilde —, die auch noch Kleine, übrigens auch schon bei den längeren Dornen der Körperoberfläche auftretende seitliche Stachelchen tragen. Bei P. spinosa gruppieren sich dagegen, wie Sluiter es zutreffend beschreibt, um jeden zentralen Dorn 5 bis 7 (bei meinen Exemplaren selten mehr als 5) sekundäre Dorne. Die Art würde sich in diesem Merkmal demnach der arktischen P. aurantium und der nordpazifischen P. deani nähern, während die nordpacifische P. superba wieder Ähnliche Verhältnisse wie P. papillosa zeigt. Sluiter gibt die Länge seiner P. spinosa auf 23 mm an; mein Material enthält Stücke bis zu 42 mm Länge. Eins mißt 40 mm, während das Hinterende in einen langen stielartigen Fortsatz ausläuft, dessen Länge für sich 38 mm beträgt. P. spinosa bleibt trotzdem in der Größe immer noch erheblich hinter P. papillosa zurück, bei der Exemplare von Scm Länge keine Seltenheit sind. P. spinosa besitzt 9 Falten, während P. papillosa meist nur 8 Falten hat, gelegentlich auch 9, doch ist diese neunte Falte dann mehr oder weniger rudi- mentär. Die Farbe von P. spinosa ist im Leben wie bei P. papillosa ein leuchtendes Weinrot, bleicht aber im Alkohol völlig aus. Sehr eigenartig ist die Verbreitung dieses Formenkreises, den man nach der ältesten Art als aurantium-Gruppe bezeichnen kann. Neben der bisher isolierten Mittelmeerform gehören dazu die in der Arktis weit verbreitete (vgl. Fauna arctica, p. 198), doch scheinbar nirgends häufige ?P. aurantium,! die bis in das Beringmeer und nach Nordjapan, in einer besonderen Form (f. koreana) bis nach Korea vordringt, im westlichen Atlantic (an der Ostküste von Nordamerika) noch in der Massachusettsbai nachgewiesen ist, im östlichen Atlantic dagegen durchaus fehlt, das heißt weder an der norwegischen Küste, südlich der Lofoten, noch an den englischen und französischen Küsten vorkommt und auch nicht durch eine nahe verwandte Form vertreten wird; weiter zwei Arten aus dem nördlichen Pacific, und zwar von der Westküste Nordamerikas (Puget Sund), P. superba und P. deani. Dazu käme nunmehr die Form aus dem Roten Meer und von der Somaliküste. Versuchen wir dieses Verbreitungsbild tier- geographisch zu verstehen und zu erklären, so kann es meines Erachtens nur in der Weise geschehen, daß als das ursprüngliche Verbreitungszentrum dieses Formenkreises der tropische Indie angenommen werden muß — vermutlich werden in diesem Gebiete auch noch verwandte Formen gefunden oder sind unter nicht genügend beschriebenen Arten versteckt? — und daß der Formenkreis von hier aus einesteils nach Westen bis in das Mittelmeer, andernteils nach Osten bis in den nördlichen Pacific und von hier weiter durch das Beringmeer wiederum in östlicher Richtung über Grönland — mit einer dem Labrador- strome folgenden südlichen Abzweigung an die Ostküste von Nordamerika — und Spitzbergen bis an die Küste des arktischen Norwegen sich ausgebreitet hat, aber nicht mehr den Weg bis zu den nordwest- europäischen Küsten gefunden hat. Zur Synonymie hätte ich dann noch folgendes zu bemerken. Es ist möglich, daß die von Coquebert (86) kurz beschriebene Ascidia glandiformis, coccinea laevis, aperturis, planis, dissectis, ciliatis, zu P. papillosa gehört. Zu dieser Vermutung bestimmen mich die Angaben über die Körperform, die Farbe und vor allem über die Körperöffnungen: »les deux ouvertures sont creusces en entonnoir; leurs bords sont decoupes en lanieres aigues, et cilies par des poils courts«. 1 Pyura peclenicola Mchlsn. ist wohl ein Synonym dieser Art. 2 Ich möchte vermuten, das Pyura crinilistellata (Herdm.) von Ceylon und Ostaustralien auch zu diesem Formenkreise gehört. Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 183 Das paßt vortrefflich auf obige Art. Den Zellulosemantel bezeichnet Coquebert zwar als »lisse« — das wäre vielleicht damit zu erklären, daß man bei oberflächlicher Betrachtung von der Bewaffnung kaum etwas bemerkt — gleichzeitig aber auch als »coriace« und »rouge«. Von der Körperform sagt er: »sa forme est celle d’un gland«. Das würde vornehmlich auf jüngere Tiere dieser Art passen, wie sie, falls meine Indentifizierung zutrifft, nach den in natürlicher Größe hergestellten Figuren des ganzen Tieres Coquebert offenbar nur vorgelegen haben. Immerhin bleibt die Identifizierung einigermaßen fraglich. Cinthia rustica bei Risso (528) ist, wie aus der Beschreibung sich ergibt, zweifellos synonym mit P. papillosa. Das Tethyum coriaceum von Bohadsch (42) ist kein binär gebildeter Name. Die Ascidia coriacea Gervais (von diesem Autor irrtümlich mit der Art von Bohadsch identifiziert) ist synonym mit Microcosmus sulcatus (Coq.) (S. d.). Verschiedentlich ist die Art mit P. aurantium (Pall.) zusammengeworfen worden, vgl. die folgendeLbiste. Ganz unsicher bleibt die von Fauvel (142) von St. Vaast la Hougue in einer Liste aufgeführte Cynthia papillosa. Nach dem Fundort kann es weder ?. papillosa noch P. aurantium sein. Die wichtigste Synonymie dieser Art würde sich demnach folgendermaßen darstellen: Pyura papillosa (L.). 1761 „Tethyum coriaceum“ Bohadsch, An. mar., p. 130, t. 10, f. 1, 2 [nicht binär!]. (non 1840 Ascidia coriacea (err., non Bohadsch 1761!) Gervais in: Dict. Sci. Nat., suppl. v. I, p. 405). 1767 Ascidia papillosum [sic!) Linne, Syst. Nat., ed 12, Tom. |, v. 2, p. 1087. 1816 Cynthia papillata [sic!| Savigny, Mem. An. s. Vert., v. 2, p. 148, t. 6, f. 4. 1877 Cynthia papillosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 249, t. 2, f. 9. 1880 — — (part) Traustedt in: Vid. Meddel., ann. 1879/80, p. 407. 1891 — — (part.) Herdman in: J. Linn. Soc., v. 23, p. 976. (non 1892 — popillosa [sic!] Jacobsohn in: Trav. Soc. Nat. St. Petersb., v. 23, p. 13). (non 1893 — papillosa Knipowitsch in: Rev. Soc. Nat. St. Petersb., ann. 4, p. 46). 1904 Halocynthia papillosa Hartmeyer in: Zool. Anz., v. 27, p. 322. 1909 Pyura papillosa Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1341, 1483. ?1797 Ascidia glandiformis Coquebert in: Bull. Soc. phil., v. 2, p. 1. 1826 Cinthia rustica |sie!| Kisso, Hist. Nat. Eur. merid., v. 4, p. 274. Cynthia scutellata nov. sp. 1877 Cynthia scutellata Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 250, t. 2, f. 10-12. Von echten Pyura-Arten mit 7 Kiemensackfalten jederseits sind von den nordwesteuropäischen Küsten und aus dem Mittelmeer bisher ziemlich allgemein zwei Arten unterschieden worden, und zwar wird die nordwesteuropäische Form meist als Pyura [Halocynthia] morus (Forb.), die mediterrane als P.[Halocynthia] seutellata (Hell.) bezeichnet. Lacaze-Duthiers und Delage (344) haben sich als letzte eingehend mit diesen Formen beschäftigt und dabei die artliche und geographische Trennung in obigem Sinne befürwortet. Daß diese Auffassung bis dahin nicht allgemein gültig war, geht schon daraus hervor, daß dieselben Autoren bei früherer Gelegenheit (341, 342) P. morus aus dem Mittelmeer aufführen, während umgekehrt Heller seine ursprünglich aus dem Mittelmeer beschriebene P. scutellata auch von Nordwesteuropa erwähnt.! Aus alledem läßt sich jedenfalls folgern, daß beide Arten sehr nahe verwandt 1 Der diesbezügliche Passus in Heller's Arbeit lautet: »Mittlerweile erhielt ich auch Exemplare dieser Art [nämlich Cynthia sculellata] durch Herrn Prof. Giard von der französischen Küste.« Man könnte dabei ja auch an die französische Mittelmeerküste denken, da aber Giard’s Material wohl ausschließlich von Roscoff und anderen Punkten des Kanals und der französischen Atlantic- küste stammt, dürfte es sich auch in diesem Falle um nordwesteuropäische Stücke handeln. 25* 184 R. Hartmeyer, sind. Nachdem ich nunmehr die Typen von P. scutellata aus der Adria, ferner eine Anzahl weiterer Exemplare aus dem Mittelmeer und endlich zahlreiche Exemplare von Nordwesteuropa, besonders von Roscoff und Plymouth untersucht habe, glaube ich an einer artlichen Trennung beider Formen nicht mehr festhalten zu sollen, schlage vielmehr vor, die mediterrane wie die nordwesteuropäische Form zu vereinigen. Da nun Lacaze-Duthiers u. Delage die nach ihrer Auffassung trennenden Artmerkmale beider Formen besonders zusammenstellen, wird es sich in der Hauptsache darum handeln, diese Merkmale auf ihren systematischen Wert hin zu prüfen. Als wichtigster Unterschied muß jedenfalls die von Lacaze-Duthiers und Delage geltend gemachte abweichende Gonadenzahl betrachtet werden. Nach den Angaben dieser Autoren besitzt P. morus links (»rechts« nach der Auffassung von Lacaze-Duthiers!) eine, rechts dagegen zwei Gonaden, die im Reifezustand allerdings scheinbar zu einer einzigen verschmelzen, deren Duplizität sich aber durch ein doppeltes Paar von Ausführgängen (je ein verschmolzener Ei- und Samenleiter) ohne weiteres nachweisen läßt. P. scutellata soll dagegen nicht nut links, sondern auch rechts nur eine Gonade besitzen. Dieser Angabe muß ich widersprechen. Bei allen Exemplaren, die ich untersucht habe, von Nord- westeuropa sowohl wie aus dem Mittelmeer, vor allem auch bei den Typen von P. scutellata habe ich stets zwei Gonaden auf der rechten Seite nachweisen können, die je nach ihrem Reifezustand bald mehr bald weniger deutlich getrennt waren. In allen Fällen konnte ich jedoch das doppelte Paar von Ausführ- gängen auffinden. Damit würde dieser Charakter als unterscheidendes Artmerkmal fallen. Heller spricht in seiner Diagnose allerdings nur von einer Gonade auf der rechten Seite. Diese Angabe ist, wie eine Nachuntersuchung seiner Typen mich lehrte, irrtümlich. Bei Roule (551, t. 9, f. 75) erkennt man deutlich die doppelten Ausführgänge der verschmolzenen Gonaden der rechten Seite, während links nur ein Aus- führgang (genauer gesagt ein Paar Ausführgänge) gezeichnet ist. Im Text drückt er sich allerdings etwas unpräzise aus, indem er sagt: »Chaque masse ne possede generalement qu’un seul oviducte et qu’un seul canal deferent, ou, au plus, deux de ces conduits sexuels.« Nimmt man für den ersten Teil dieses Satzes die Verallgemeinerung eines gelegentlichen Beobachtungsfehlers an und bezieht den zweiten Teil ledig- lich auf die rechte Gonade, so würde auch diese Angabe mit den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie auf Roule’s Abbildung richtig wiedergegeben sind, in Einklang zu bringen sein. Traustedt (641) endlich macht keine genaueren Angaben über die Gonaden. Als weiteren Unterschied führen Lacaze-Duthiers und Delage an, daß. der Afterrand von P. morus keinerlei Anhänge besitzt (sans festons ni languettes), mit einem Worte glatt ist, der von P. scutellata dagegen gezähnt (dentele) sei. Heller nennt den Afterrand von P. scutellata »leicht gekerbt«, Traustedt sagt: »Anus mit kurzen, aber deutlichen Lappen.« Roule macht im Texte keine Angaben, auf der Abbildung erkennt man jedoch einige undeutliche Lappen. Man kann schon aus diesen ver- schiedenen Angaben von vornherein schließen, daß die Beschaffenheit des Afterrandes wahrscheinlich mancherlei Variationen unterworfen ist. Und so ist es auch in der Tat. Bei allen Roscoff-Stücken, die ich untersuchte, habe ich allerdings ebensowenig eine Kerbung oder Zähnelung des umgeschlagenen After- randes feststellen können, wie Lacaze-Duthiers und Delage. Aber andrerseits’zeigten auch typische Stücke der P. scutellata keinerlei deutliche Kerbung oder Zähnelung, der umgeschlagene Afterrand war höchstens ein wenig gefaltet. Bei einem Stück von Monaco habe ich dagegen eine, wenn auch unregel- mäßige Einkerbung des Afterrandes beobachtet. Einen typisch gezähnten oder gelappten Afterrand habe ich jedoch in keinem Falle festgestell. Man kann somit sagen, daß der Afterrand im allgemeinen ganz oder nahezu glattrandig ist, höchstens einige unregelmäßige Einkerbungen (bisher nur bei Mittelmeer- stücken neben einem glattrandigen Afterrand beobachtet) aufweist. Eine artliche Trennung erscheint aber auch in diesem Falle nicht durchführbar. Endlich weisen Lacaze-Duthiers und Delage auf Unterschiede im Bau der Tentakel hin. Bei P. morus sollen die Tentakel wenig verzweigt sein, die Fiedern erster Ordnung sind kurz und tragen nur Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 185 ganz selten solche zweiter Ordnung. Die von P. scutellata werden dagegen als doppelt gefiedert (bipinnes) bezeichnet, das heißt, die Fiedern erster Ordnung würden stets Fiedern zweiter Ordnung tragen. Heller nennt die Tentakel nur ganz allgemein »verästelt«, Traustedt dagegen nennt sie »doppelt federartig ver- ästelt« und auch nach Roule sind sie doppelt gefiedert. Hinsichtlich meiner Exemplare vonRoscoffkann ich nun wiederum die Angaben von Lacaze-Duthiers und Delage bestätigen. Die Tentakel zeigen im allgemeinen nur eine Fiederung erster Ordnung, bald sind diese Fiedern sehr kurz, bald dagegen beträcht- lich länger. Dagegen habe ich auch aus dem Mittelmeer Exemplare, bei denen ebenfalls nur eine Fiede- rung erster Ordnung vorhanden ist, diese Fiederung erster Ordnung sogar noch viel schwächer entwickelt ist als bei manchen Roscoff-Exemplaren. Bei einigen typischen Stücken von P. scutellata ist die Ver- ästelung so schwach ausgebildet, daß man kaum noch vonFiedern erster Ordnung, höchstens von stummel- förmigen Fortsätzen des Hauptastes sprechen kann. Auch bei einem Tier von Monaco habe ich die gleiche Beobachtung gemacht. Es ergibt sich also, daß die von Lacaze-Duthiers und Delage für die beiden Formen geltend gemachten Unterschiede den Wert von Artmerkmalen nicht beanspruchen können und, wenn man über- dies die sonstige Übereinstimmung, nicht zum wenigsten auch in den äußeren Merkmalen, berücksichtigt, so steht meines Erachtens einer Vereinigung der beiden Formen nichts im Wege. Ich habe nun noch einige Bemerkungen zur Synonymie dieser Art zu machen. Wenn Lacaze- Duthiers u. Delage die von Savigny (566) als Cynthia microcosmus beschriebene Art als Synonym von P. morus betrachten, so kann ich ihnen darin nur beistimmen. Milne-Edwards (in: Cuvier, 98) hat be- reits richtig erkannt, daß A. microcosmus Cuv. und Ü. microcosmus Sav. zwei Arten sind. Philippi (492) hat dann für Savigny’s Form den neuen Namen (€. savignyi vorgeschlagen, gleichzeitie aber auch für Cuvier’s Art — natürlich ganz überflüssig — einen neuen Namen, (€. cuvieri, eingeführt. Da an der Identität von Savigny’s Form mit P. morus wohl nicht zu zweifeln ist — schon die äußerst charakteristische Abbildung muß uns davon überzeugen! — so ist der Artname morus durch savignyi zu ersetzen. Roule (551) identifiziert wiederum die P. scutellata mit P. pantex (Sav.). Letztere Form hat Savigny aus dem Roten Meere beschrieben. Sie ist seitdem nicht wieder untersucht worden. Ich gebe zu, daß sie der nordwesteuropäisch-mediterranen Form zweifellos sehr nahe steht, ob sie aber tatsächlich identisch ist, möchte ich unentschieden lassen, bis Stücke aus dem Roten Meer genauer untersucht worden sind. Die Zahl der Gonaden gibt Savigny für P. pantex auf eine jederseits an. Das wäre also zunächst festzustellen, ob hier ebenfalls ein Beobachtungsfehler vorliegt, oder ob sich P. pantex darin tatsächlich von P. morus unterscheidet. Übrigens wäre im Falle der Feststellung der Identität von P. panter und P. savignyi der Name P. savignyi wiederum durch P. pantex zu ersetzen. Die von Roule als P. pantex beschriebene Art von der Küste der Provence gehört jedenfalls zu P. savignyi. Pyura rosea (Ald.) die Lacaze-Duthiers und Delage als fragliches Synonym aufführen, ist keine Pyura, sondern ein Micro- cosmus, wahrscheinlich M. claudicans (s. d.). Die Synonymie der Art würde sich demnach unter Berücksichtigung der wichtigsten Literatur olgendermaßen darstellen: Pyura [Halocynthia] savignyi (Phil.). ??1816 Cynthia pantex Savigny, Mem. An. s. Vert., v. 2, p. 146, t. 6, f. 3. 1816 Cynthia microcosmus (err., non Cuvier 1815!) Savigny, Mem. An. s. Vert., v. 2, p. 144, t. 2, 10 1 1 21848 —- - KEorbesin: Horbes und Hanley, Brit. Moll. v. 1, p. 37, et alii. > 1843 Cynthia savignyi Philippi in: Arch. Anat. Physiol. Med., ann. 1843, p. 50. 1 Ich habe wiederholt ähnliche Aggregationen von seiner Cynthia microcosmus mit Pandocia pomaria, wie sie Savigny abbildet (566, t. 2, f. 1), in Händen gehabt. 2 Vgl. die Zusammenstellung bei Microcosmus sulcatus (Co q.). 186 R. Hartmeyer, 848 Cynthia morus Forbes in: Forbes und Hanley, Brit. Moll., v. 1, p. 39, t. D, f. 2. 1850 Cynthia moreus |sic!] Cocks in: Rep. Cornwall Soc., ann. 1849, p. 72. 1858 Cynthia mora [sic!) Dickie in: Rep. Brit. Ass., ann. 1857, p. 111. 1885 Cynthia morus Lacaze-Duthiers und Delage in: C.-R. Ac. Sci., v. 101, p. 784. 1892 — -— Lacaze-Duthiers und Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, p. 88, 1.13. 1901 Cynthia morio [sie!| Herdman in: P. Liverp. biol. Soc., v. 15, p. 25. 1909 Pyura morus Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1340, 1483. 1877 Cynthia scutellata Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 250, t. 2, f. 10—12. Isar I ausiterdtumsMtsState Neapel, v4 prA731739, 12273372, 1885 Cynthia pantex Roule in: Ann. Sei. nat., ser. 6, v. 20, p. 174, t. 9, f. 72—78. Verbreitung: Als neue Fundorte kann ich nach Stücken der Berliner Sammlung St. Vaast und Nizza angeben. Cynthia dura nov. sp. — Cynthia squamulosa Alder. 1877 Cynthia dura Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 251, t. 3,1. 1—5. 1877 Cynthia sguamnulosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 253, t. 3, f. 6. Eine zweite Gruppe nordwesteuropäischer und mediterraner Pyura-Arten wird von Formen gebildet, deren Kiemensack jederseits nur 6 Falten besitzt. Die Zahl der innerhalb dieses Formenkreises be- schriebenen Arten ist nicht nur größer, auch die verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Arten zu einander erscheinen komplizierter, als es bei dem Formenkreis der Pyura morus der Fall ist. Es gehören hierher: Pyura sguamnlosa (Ald.) (5, n. w. europ. und mediterran), Pyura dura (Hell.) (237, mediterran), Pyura sigillata (Lac.-Duth. und Del.) (344, n. w. europ.), Pyura ovata (Ald. und Hanc.) (10, n. w. europ.). Zur Untersuchung lagen mir vor: Die Typen von Cynthia dura Hell, die von Heller als C. sgquamulosa Ald. bezeichneten Stücke, ferner nordwesteuropäisches Material von Roscoff (also lokal- typische Stücke der (©. sigillata Lac.-Duth. und Del.) und von Plymouth. Vergleichen wir zunächst rein äußerlich die Exemplare von Heller’s €. dura mit nordwesteuropäi- schen Stücken, so ergeben sich immerhin einige in die Augen fallende Unterschiede. Die Exemplare von C. dura sind viel stärker gerunzelt, die Körperform (wenigstens bei den erwachsenen Exemplaren) ist viel ausgeprägter länglich ei- bis nierenförmig, der Zellulosemantel viel starrer und dicker, die Egestions- öffnung ist weiter nach hinten verlagert (meist hinter die Mitte der Dorsalseite), die Farbe beträchtlich dunkler, als bei den nordwesteuropäischen Stücken. Letztere erscheinen demgegenüber, trotz der starken Variabilität ihrer äußeren Charaktere, worauf Lacaze-Duthiers und Delage bereits hinweisen, viel regelmäßiger länglich oval, die Runzelung der Oberfläche ist ungleich weniger ausgebildet, kann unter Umständen sogar bis auf einige Fältchen ganz verschwinden und durch eine Felderung ersetzt werden, der Zellulosemantel ist viel dünner, bis zu einem gewissen Grade sogar durchscheinend, die Egestions- öffnung ist nicht so weit nach hinten verlagert, stets vor der Mitte der Dorsalseite, die Farbe heller, und schließlich ist auch ihre Größe viel geringer. Sie beträgt bei den nordwesteuropäischen Exemplaren bis zu 3cm — die größten Stücke meines Materiales sind kaum mehr als 2cm lang — während die größten Exemplare von C. dura fast 6 cm lang sind. Die eigentümliche deckelartige Umbildung des Vorderendes, die auch Traustedt (641) und Michaelsen (431 b) bei Neapeler Stücken beschreiben, ist bei den meisten Exemplaren von C. dura typisch ausgebildet, bei anderen wenigstens angedeutet. Bei den nord- westeuropäischen Stücken habe ich niemals eine ähnliche Bildung beobachtet. Exemplare der C. dura von Neapel habe ich nicht in Händen gehabt, doch entsprechen sie in ihren äußeren Charakteren nach den Beschreibungen von Traustedt und Michaelsen durchaus den Exemplaren Heller's. Die oft breite, scheibenartige Anheftungsfläche kehrt auch bei den nordwesteuropäischen Stücken wieder. Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 187 Vergleichen wir nun die von Heller als €. sguamnulosa Ald. bezeichneten mediterranen Stücke mit €. dırra sowohl, wie mit den nordwesteuropäischen Exemplaren, so finden wir, daß diese inihren äußeren Merkmalen der nordwesteuropäischen Form zweifellos viel näher stehen. Heller hat hier mit systemati- schem Takt zwei nahe verwandte Formen zu unterscheiden verstanden. Die Körperform ist bei diesen Stücken viel ausgesprochener länglichoval bis eiförmig, die Egestionsöffnung liegt vor der Mitte der Dorsalseite, der Zellulosemantel ist beträchtlich dünner und auch die Farbe ist etwas lichter, alles Merk- male, in denen sie sich der nordwesteuropäischen Form im Gegensatz zu CE. dura nähert. In der Beschaffenheit der Körperoberfläche hält sie dagegen so ziemlich die Mitte zwischen beiden Formen. Sie ist nicht so stark gerunzelt wie C. dura, aber immerhin wesentlich stärker als die nordwesteuropäische Form. In der Größe schließlich steht sie hinter ©. dura nicht zurück, denn Heller’s Material enthält Exemplare, die ebenfalls fast 6 cm lang sind. Allerdings sind alle diese äußeren Merkmale nur bei den großen Stücken in der angegebenen Weise ausgebildet. Das Material enthält auch einige junge Tiere, die von nordwesteuropäischen Stücken nicht mehr zu unterscheiden sind, auch die Felderung in typischer Weise zeigen. Alle diese Unterschiede sind demnach wohl nur als Ausdruck höheren Alters beziehungs- weise eines höheren Maßes individuellen Wachstums aufzufassen. Wir kommen somit zu dem Ergebnis, daß €. dura in ihren äußeren Charakteren eine Summe von Merkmalen zeigt, die es wohl angezeigt erscheinen lassen, sie, wenn auch nicht als besondere Art, so doch als Varietät von der nordwesteuropäischen Form zu unterscheiden und sie demgemäß als Pyara squammlosa (Ald.) var. dura (Hell.) zu bezeichnen. Für die Mittelmeerform von €. sguamnmlosa reichen die Unterschiede dagegen meines Erachtens nicht einmal zur Aufstellung einer besonderen Varietät aus, man könnte die Form allenfalls als Pyura sguamnlosa (Ald.) f. mediterranea Hartmr. bezeichnen. Ich wende mich nunmehr der inneren Anatomie zu. Hier habe ich keinerlei wirklich trennende Merkmale zwischen nordwesteuropäischen und mediterranen Formen sowohl, wie zwischen den mediter- ranen unter sich feststellen können. Heller gibt für seine €. sguamulosa an, daß »der Darm sich niemals so weit nach vorn zu erstrecken scheint wie bei €. dura«. Ich habe nun unter seinen Stücken von C. sgqua- mulosa solche gefunden, bei denen im Gegenteil die Darmschlinge sich viel weiter nach vorn (soll doch heißen nach der Ventralseite zu) erstreckt, als bei Exemplaren von €. dura. Andrerseits war auch bei nordwesteuropäischen Stücken, ob von Roscoff oder von Plymouth, die Darmschlinge nicht immer gleich lang, so daß ich eine Unterscheidung der C. sigillata Lac.-Duth. u. Del. von der typischen ©. sgquamnmlosa Ald. (von den Kanalinseln), wie Lacaze-Duthiers und Delage es befürworten, nicht anerkennen kann. Im Gegenteil, wenn schon die mir vorliegenden Stücke von Plymouth und Roscoffin allen Merkmalen so vollständig übereinstimmen, daß an ihrer artlichen Zusammengehörigkeit nicht zu zweifeln ist, kann eine solche zwischen Stücken von den Kanalinseln und Roscoff um so weniger bezweifelt werden. Die angeblich verschiedene Länge der Gonaden, auf die Heller bei seinen Formen hinweist, hängt natürlich zum Teil mit der Länge der Darmschlinge (bei der linken Gonade) zusammen, zum Teil mag sie eine Folge verschiedenen Alters und verschiedenen Reifestadiums sein, Faktoren, die nach meinen Beobachtungen nicht ohne Einfluß auf die jeweilige Zahl der die Gonade zusammensetzenden einzelnen Polycarpen sind. Daß die Zahl der Endocarpen von Fall zu Fall etwas schwankt, scheint mir ebenfalls von ganz untergeordneter systematischer Bedeutung. Im Bau der Gonaden, worauf Michaelsen (4315) bereits näher eingegangen ist, herrscht ebenfalls Übereinstimmung. Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, daß nach der Diagnose, welche Roule von seiner €. dura gibt, die Gonaden dieser Form — wie Michaelsen zutreffend hervorhebt — allerdings in wesentlichen Punkten abweichen. Es handelt sich um einzelne getrennt ausmündende, zwittrige Geschlechtssäckchen, die, wie Michaelsen richtig bemerkt, somit polycarpartig sein würden und durch eine flächenartig aus- gebreitete, dem Innenkörper anliegende Gonadenmasse miteinander in Zusammenhang stehen, während ein gemeinsamer Ausführgang fehlt oder doch von Roule nicht beobachtet worden ist. Michaelsen hat Roule’s Form daraufhin unter dem Namen P. ronulei Mchlsn. abgetrennt. Ich bemerke noch, daß die 188 R. Hartmeyer, Gonaden auch bei P. corallina (Roule) einen ganz ähnlichen Bau zeigen, insofern als sie hier ebenfalls aus völlig getrennten, zwittrigen, Polycarp-Artigen Geschlechtssäckchen bestehen. Dagegen fehlt bei dieser Art das verbindende Gonadenpolster. Es mag dahin gestellt bleiben, ob ?P. roulei und P. corallina hinsicht- lich ihres Gonadenbaues nur zwei verschiedene Entwicklungsstadien darstellen, derart, daß erst im Stadium der Geschlechtsreife die verbindende Gonadenmasse sich ausbildet. Das Ausschlaggebende und für diese beiden Formen charakteristische bleibt jedenfalls der Mangel eines gemeinsamen Ausführganges. Cynthia ovata Ald. und Hanc. dürfte als Synonym von P. sguammlosa zu betrachten sein. Stücke von der Gestalt des Abgebildeten habe ich unter meinem Material auch gehabt. Cymthia claudicans bei Forbes (1848) gehört vermutlich auch zu P. sguamnlosa, worauf Herdman (272) schon hinweist. Jedenfalls ist der echte Microcosmus claudicans von der Nordküste Irlands und der Westküste Schottlands (den von Forbes angegebenen Fundorten) bisher mit Sicherheit nicht nachgewiesen (vgl. auch bei dieser Art). Die Synonymie des Formenkreises der Pyura squammnlosa (Ald.) würde sich somit folgendermaßen darstellen: Pyura squamulosa (Ald.). ?1848 Cynthia claudicans (err., non Savigny 1816!) Forbes in: Forbes u. Hanley, Brit-Moll. I, 1 8% 1862 Cynthia sguamnulosa (Nom. nud., Alder M. S.) Ansted und Latham, Channel Isl., p. 219. 1863 — -— Alderin: Ann. nat. Hist., ser. 3, v. 11, p. 161. 1867” — -— Alderin:Rep. Brit. Ass., v. 36, p. 208. 18850 — (part.) Traustedt in: Vid. Meddel., ann. 1879/80, p. 406. 1891| -— -—- (part.) Herdman in: J. Linn. Soc., v. 23, p. 577. 1907 ZEN dessundklaneocks Brit Dunssyz 27P28 1 73013: 12 Sl 10 SEES 2 DE t. 40,1. 7;t. 48, f. 5; Textf. 52, 53. 1909 Pyura sgquamulosa Hartmeyer in: Bronn's Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1341. 1892 Cynthia sigillata Lacaze-Duthiers u. Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, p. 105, t. 4. 1909 Pyura sigillata Hartmeyer in: Bronn’s Kl. & Ordn,, v. 3, suppl. p. 1341. 1907 Cynthia ovata Alderu. Hancock, Brit. Tun,, v. 2, p. 84, t. 30, f. 4, 5; t. 32, f. 3—5;t. 33, f. 1; Textf. 54, 55. 1909 Pyura ovata Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn,, v. 3, suppl. p. 1340. Verbreitung: Roscoff — Kanalinseln — großbritannische Küsten, nördlich bis zu den Shetland- Inseln. Pyura squamulosa (Ald.) f. mediterranea Hartmr. 1877 Cynthia sguamnulosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 253, t. 3, f. 6. 1880 — — (part.) Traustedt in: Vid. Meddel., ann. 1879/80, p. 406. 1891 I par )Rklerdmansın:HsEinnSochve 23 pe Verbreitung: Lesina. Pyura squamulosa (Ald.) var. dura (Hell.). 1877 Cynthia dura Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 251, t. 3, f. 1-5. 1883 — — Traustedt in: Mt. Stat. Neapel, v. 4, p. 472,1. 36, %4:1. 37, 1.8. (non 1885 -— -— Roule in: Ann. Sci. nat., ser. 6, v. 20, p. 180, t. 8, f. 61—66). 1890 — -— (part) Carus, Prodr. F. Medit., v. 2, p. 465. 1891 — — (part) Herdman in: J. Linn. Soc., v. 23, p. 577. 1896 — -— Ostrooumoff in: Bull. Ac. St. Petersb., ser. 5, v. 5, p: 76. Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 189 1900 Cynthia dura Herdman in: Rep. Brit. Ass., v. 69, p. 382. 1908 - - Graeffe in: Arb. Inst. Wien, v. 15, p. 105. 1908 Pyura dura Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, v. 25, p. 244, t. 2, f. 30. 19090 — -— Hartmeyer in: Bronn’sKl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1339. 21878 Cynthia dura Heller in: S. B. Ak. Wien, v. 77, p. 83. Ich will es dahingestellt sein lassen, ob die durch Heller (1878) von Neu Seeland und den Antillen als Cynthia dura aufgeführte Art der mediterranen Form tatsächlich entspricht. Verbreitung: Neapel—-Triest - Pirano— Rovigno— Lesina— Marmarameer. Von Arten der Gattung Pyura werden außer den vorstehenden aus dem Mittelmeer dann noch erwähnt P. tesselata (Forb.) durch Herdman (282) von Neapel, P. momus (Sav.) durch Grube (204) aus der Adria (Quarnero), durch Graeffe (195) von Triest und durch Ussow (660) nebst einer Varietät pontica (Nom. nud.!) aus dem Schwarzen Meer. Während an.dem Vorkommen von P. tesselata im Mittel- meer billigerweise nicht gezweifelt zu werden braucht, wenn auch sonst keine Angabe darüber vorliegt, halte ich das Vorkommen von P. momus für durchaus unwahrscheinlich, wenn nicht überhaupt für aus- geschlossen. Bei der von Grube und Graeffe erwähnten Art handelt es sich sicher um P. sguamulosa oder P. savignyi. Was Ussow vorgelegen hat, ist nicht zu sagen, da die beiden Namen nur in einer Liste aufgeführt werden. Die echte P. momaus ist eine tropische Art, die, wie ich mich an Exemplaren, die von Hemprich und Ehrenberg sowohl wie von mir im Roten Meer und Golf von Suez gesammelt worden sind, über- zeugt habe, zur pallida-Gruppe gehört. Sie besitzt unter andern auch die für diese Gruppe charakteristi- schen Kalkkörper, die weder Savigny (566) noch Sluiter (607) erwähnen, sowie die hohe Zahl von Kiemensackfalten. Ich komme vielleicht gelegentlich auf diese Form zurück. Die durch alle tropischen Meere in einer beträchlichen Zahl von Formen verbreitete Gruppe wäre nach der ältesten Art dann besser als momus-Gruppe zu bezeichnen. Styela canopoides nov. sp. 1877 Styela canopoides Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 254, t.6, f. 1—3. Diese Art ist von Heller im allgemeinen treffend gekennzeichnet worden. Die Bemerkungen, die ich zu Heller’'s Beschreibung zu machen habe, beziehen sich in der Hauptsache auf die weiter unten erörterte Synonymie dieser Art. Das Material besteht aus rund zwei Dutzend Exemplaren, die ich bis auf wenige sehr kleine Tiere sämtlich näher untersucht habe. Den Angaben Heller’s über die äußeren Charaktere habe ich kaum etwas hinzuzufügen. Die Individuen, welche Heller als Varietät attennata bezeichnet, sind in der Minderzahl. Da sich diese Varietät, worauf auch Heller bereits hinweist, lediglich auf äußere Merkmale gründet, kann ich dieselbe nicht anerkennen. Das größte der Heller’schen Exemplare ist 3-5cm lang. Das Hinterende zeigt in diesem Falle eine schwach ausgeprägte Stielbildung. Das Flimmerorgan ist sehr einfach, bietet aber in Gestalt und Lage mancherlei individuelle Abweichungen. Niemals habe ich die Schenkel spiralig eingerollt gefunden. Die Angabe Heller’s, mit »einwärts gekrümmten Endschleifen«, kann daher in dieser Form leicht zu Mißdeutungen führen. Die Gestalt des Flimmerorgans ist vielmehr entweder halbmond- oder hufeisenförmig, die Öffnung nach links oder nach vorn gewandt. In einem Falle stellte die Öffnung einen vollkommen geschlossenen Ring dar. Die Zahl der intermediären inneren Längsgefäße zwischen je zwei Falten beträgt 6—9 bei ganz großen Individuen, bei kleineren entsprechend weniger, nämlich 4—6. Zwischen Falte 4 und Endostyl ist stets eine geringere Zahl der Gefäße zu konstatieren, je nach der Größe der Tiere 3 oder 4+ Am Darm fällt der meist aus- gesprochen ovale oder eiförmige, scharf abgesetzte Magen auf, der nur ausnahmsweise ein wenig verlän- gert erscheint. Ein Blindsack fehlt. Der Afterrand ist bald mehr bald weniger deutlich eingekerbt, in keinem Falle aber glattrandig. Die Hodenfollikel sind am zahlreichsten zweifellos am Hinterende der Ovarien Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 96 190 R. Hartmeyer, entwickelt, begleiten die Ovarien zu beiden Seiten aber mehr oder weniger weit nach vorn, mindestens bis zu ihrer Mitte, meist aber darüber hinaus, hier allmählich spärlicher werdend. Ganz gelegentlich kommt es jedoch auch vor, daß die Hodenfollikel lediglich auf den hinteren Abschnitt des Ovariums beschränkt bleiben. Ich habe dies Verhalten in zwei Fällen beobachtet, aber jedesmal nur bei einem der vier Ovarien, und zwar in beiden Fällen bei dem vorderen Ovarium der rechten Seite. In reifem Zustande sind die Hoden- follikel meist gegabelt oder selbst mehrfach gelappt, aber auch bei jugendlichen Hodenfollikeln läßt sich eine beginnende Gabelung vielfach schon feststellen. Die Beschreibungen von Traustedt (641) und Roule (551) stimmen in allen wesentlichen Punkten mit Heller’s Diagnose überein. Erwähnt sei, daß nach Roule die vordere Gonade der linken Seite gelegentlich nicht zur Entwicklung gelangt. Das Flimmerorgan, welches Roule abbildet, entspricht der Gestalt einer ringförmig geschlossenen Öffnung, wie ich sie auch bei einem der Exemplare Heller’s beobachtet habe. Die von Philippi (492) unter dem Namen Cynthia rustica L. von Neapel beschriebene Form wird von allen drei Autoren, wie ich glaube mit vollem Recht, als Synonym zu canopoides gestellt. Zweifelhaft muß die Zuordnung der von Costa, Verany und Targioni-Tozzetti aus dem Mittelmeer als Ascidia oder Cynthia rustica aufgeführten Formen zu unserer Art bleiben. Delle Chiaje’s (78) Ascidia rustica hat dagegen nichts mit derselben zu tun. Von den Kanalinseln hat Hancock (214) eine Styela variabilis kurz beschrieben, die in dem nachgelassenen Werke von Alder und Hancock (10) dann ausführlicher behandelt wird. Diagnose und Abbildungen enthalten kein Merkmal, das gegen eine Identifizierung beider Formen sprechen könnte. Nur der Afterrand erscheint auf der Abbildung (t. 43, f. 1) glattrandig. Im Text wird nichts darüber gesagt. Lacaze-Duthiers und Delage (344) endlich haben diese Hancock’sche Art an Exemplaren aus Roscoff nachuntersucht und eingehend beschrieben. Sie kommen zu dem Ergebnis, daß beide Formen äußerst nahe verwandt sind und stellen die camopoides als Synonym zu variabilis. Die von ihnen geltend gemachten Unterschiede, die in ihren Augen auch nur als Ausdruck individueller Variabilität aufzufassen sind, verlieren durch meine Untersuchungen noch mehr die Bedeutung trennender Artmerkmale. Von den Kanalinseln habe ich keine Exemplare in Händen gehabt, dagegen von Roscoff. Was zunächst das Flimmerorgan anbetrifft, so zeigt das eine dieser Stücke — das andere ist sehr klein und die betreffende Partie des Innenkörpers für eine einwand- freie Feststellung zu stark kontrahiert — ein Flimmerorgan, wie es Lacaze-Duthiers und Delage für alle ihre Stücke festgestellt haben, einen ringförmig geschlossenen, von einer Öffnung durchbohrten Tuberkel. Sie erkennen aber die Variabilität dieses Organs durchaus an, was umso berechtigter erscheint, als die Mittelmeerstücke neben der Hufeisen- und Halbmondform auch diesen Typus zeigen und das bei Hancock (t.48, f. 14) abgebildete Flimmerorgan wiederum dem vorherrschenden Typus bei den Mittelmeer- stücken entspricht. Die bald mehr transversale, bald mehr vertikale Lage der Ovarien — wie ein Vergleich der verschiedenen Abbildungen zeigt — muß ebenfalls unter dem Gesichtspunkte einer gewissen Varia- bilität beurteilt werden. Der Afterrand wird von Lacaze-Duthiers und Delage als vollkommen glatt bezeichnet. Der Afterrand meines Roscoffexemplares zeigt dagegen eine deutliche Lappung. So wäre auch in diesem Merkmal eine Verbindung zwischen den nordischen und mediterranen Exemplaren gefun- den und einer Vereinigung beider scheint mir tatsächlich nichts mehr im Wege zu stehen. Nach Feststellung dieser Synonymie würde sich dann die Frage nach den Beziehungen des europäi- schen Tethyum variabile (Hanc.) zum nordamerikanischen Tethyum partitum (Stimps.) (619) ergeben. Diese Art ist von Van Name (662) und mir (226) genauer beschrieben worden und beide Autoren haben seinerzeit auf die Verwandtschaft dieser zwei Formen hingewiesen. Ich habe amerikanische Stücke nun nochmals untersucht und bin zu dem Schlusse gekommen, daß diese Ähnlichkeiten so groß sind, daß man aus dieser Tatsache auch die letzte Konsequenz, die artliche Vereinigung der europäischen und amerikanischen Form, unbedenklich ziehen kann. Es lagen mir Stücke Verrill’s vor, ferner Exemplare der von Metcalf (422) als Styela aggregata var. americana beschriebenen Form und endlich von Van Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 191 Name bestimmte Stücke. Was ich über dieses Material zu sagen habe, mag lediglich zur weiteren Kenn- zeichnung der Variabilität dieser Art dienen. An meiner Auffassung, die europäische und amerikanische Form artlich zu vereinigen, wird dadurch nichts geändert. Auf die Variabilität des Flimmerorgans hat Van Name bereits hingewiesen. Bei einem Stück fand ich ein Uförmiges Flimmerorgan, dessen Öffnung nach rechts gewandt war, bei einem anderen ein typisch hufeisenförmiges mit nach vorn gewandter Öffnung. Eine ringförmig geschlossene Öffnung habe ich nicht beobachtet, wohl aber eine geschlossene Öffnung, dessen vorderer Rand tief eingebuchtet war. Der Magen ist nicht immer typisch eiförmig, manch- mal auch etwas in die Länge gezogen. Der Afterrand war meist sehr deutlich gelappt, bei einem Indivi- duum dagegen kaum merklich eingebuchtet. Die Geschlechtsorgane entsprechen durchaus denjenigen der europäischen Individuen. Die Hodenfollikel begleiten bald das Ovarium bis nahe an den Oviduct heran, manchmal dagegen reichen sie nur bis zur Mitte des Ovars. Von den Bermuda hat Van Name (662) eine var. bermudensis beschrieben. Die wichtigste Synonymie dieser Art stellt sich somit folgendermaßen dar: Tethyum [Styela] partitum (Stimps.). ! 1816 Ascidia papillosa (part.) (err., non Linne 1767!) Carusin: Arch. Anat. Physiol. Med,, v. 2, 9 Bl, &% 1 do), Nine 1843 Cynthia rustica (err., non Linne 1767! Philippi in: Arch. Anat. Physiol. Med. ann. 1843, p. ol. 218200, = 77 Tarsionı-Nozzetti, Espos-BeseasBerlino, Gab. nr. 1249. 197. ?1844 Ascidia rustica Costa in: Atti Acc. Sci., v. 5, part. 2, p. 76. ? 1846 — -— YVerany, Cat. an. invert. Genova, p. 12. 1852 Cynthia partita Stimpson in: P. Boston Soc., v. 2, p. 231. (non 1900 Styela partita Verrill in: Tr. Connect. Ac., v. 10, p. 588). 1902 — — Van Name in: Tr. Connect. Ac., v. 11, p. 388, t. 55, f. 69; t. 56, f. 76-78; t. 64, f. 147, 149. 1908 -— -— Hartmeyer in: Römer und Schaudinn, Fauna arctica, v. 3, p. 216, t. 11, f.1—5. 1909 Tethyum partitum Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1359. 1868 Stycla [sic!] variabilis Hancock in: J. Linn. Soe., v. 9, p. 318. 1892 Styela — Lacaze-Duthiers und Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, p. 149, t. 9. Io —rlderund Hancock Brit. Tun, v2 p. 117% 37.1.1012; 8A3sr IE AB 1877 Styela canopoides und var. attenuata Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 254, t.6,f. 1-3. 1888 -—- — Traustedt in: Mt. Stat. Neapel, v. 4, p. 478, t. 86, f. 13—16; t. 37, £. 8. 18855 - -— Roulein: Ann. Sci. nat., ser. 6, v. 20, p. 154, t. 5, f. 39—43. 1886 — -— Ostrooumoff in: Bull. Ac. St. P&tersb., ser. 5, v. 5, p. 82, 88. (non 1900 °— -— Verrillin: Tr. Connect. Ac., v. 10, p. 589). 1903 — -— Graeffe in: Arb. Inst. Wien, v. 15, p. 106. 1900 Styela aggregata var. americana Metcalf in: Zool. Jahrb. Anat., v. 13, p. 516, 579. Die geographische Verbreitung der Art beschränkt sich in den europäischen Gewässern auf das Mittelmeer, wo sie aus der östlichen und westlichen Hälfte erwähnt wird, und auf die Nordküste von Frankreich. Sie scheint nirgends besonders häufig zu sein. Roule bezeichnet die Art als »assez rare«, 1 Da die amerikanische Form in einer Arbeit Van Name's demnächst noch eingehend behandelt wird, sehe ich von einer Zitierung amerikanischer Autoren mit wenigen Ausnahmen ab. 2 Vgl. betreffs dieses Zitats die Bemerkung bei Microcosmus sulcalus (C.o..). 192 R. Harimeyer, Lacaze-Duthiers und Delage als »pas tres frequent«. Unter meinem Material von Roscoff fand ich nur zwei Exemplare. Bei den Kanalinseln ist sie nach Hancock dagegen »not rare«. An der Küste von Südengland scheint die Art jedoch zu fehlen. Weder in einer reichen Kollektion von Plymouth noch in einer solchen aus dem Kanal war die Art vertreten. Die bekannten europäischen Fundorte sind zur Zeit die folgenden: \ Nordwesteuropa: Roscoff (Lacaze-Duthiers und Delage). — Guernsey und Herm (Hancock). Mittelmeer: Provence (Roule). — ? Nizza, Golf von Genua (Verany). — Neapel (Philippi, Heller, Traustedt). — ? Isola Maddalena (Targioni-Tozzetti). — Pirano (Graeffe). — Lesina (Heller). — ? Tarent (Costa). — Marmarameer (Östrooumoff). Es ist eine ausgesprochene Litoralform, die nicht über eine Tiefe von 70 m hinaus bekannt ist. Zu diesem Formenkreise gehören außerdem noch die Arten Tethyum canopus (Sav.)!, T. gibsii (Stimps.), 7. pupa (Hell.), T. bicolor (Sluit.), T. perforatum (Sluit.) und vielleicht auch T. traustedti (Sluit.). Die ersten drei kenne ich aus eigener Anschauung, die letzten drei rechne ich auf Grund der Diagnosen diesem Formenkreise zu. Alle diese Arten sind innerhalb ihrer Gattung durch den Bau der Gonaden ausgezeichnet und stimmen auch sonst in vielen Einzelheiten ihrer Anatomie überein, so daß es sich zweifellos um einen natürlichen Formenkreis handelt. Wie weit eine artliche Trennung dieser Formen durchzuführen ist, muß weiteren Untersuchungen überlassen bleiben. Der Formenkreis gehört gleicherweise den warmen und den nördlich gemäßigten Meeren an, mit einer Art dringt er auch in die südlich gemäßigte Zone (Kap) vor. Styela gyrosa mihi. 1877 Styela gyrosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 255, t. 3, £. 7—12;t.4,f.1—8. Zu dieser wohlbekannten Art, deren Synonymie mit Tethyum |Styela] plicatum (Les.) längst nach- gewiesen ist, habe ich keine weiteren Bemerkungen zu machen. Polycarpa varians mihi. — Polycarpa tuberosa Macg. 1877 Polycarpa varians Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 259, t. 4, f. 9—12. 1877 Polycarpa tuberosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 261. Ein an allen Küsten Nordwesteuropas bis zum arktischen Norwegen und zu den Färöer sowie im ganzen Mittelmeer weitverbreiteter Formenkreis ist in neuerer Zeit ziemlich allgemein unter dem Sammel- namen Polycarpa pomaria (Sav.) zusammengefaßt worden. Bei der von allen Autoren anerkannten und betonten großen Variabilität in den äußeren Charakteren hat man meist — wie mir scheint durchaus zu Recht — darauf verzichtet, besondere Formen oder Varietäten, geschweige denn Arten innerhalb dieses Formenkreises zu unterscheiden. Wollte man diesen Versuch machen, so würde sich die Zahl der äußer- lich unterscheidbaren Formen ins Unermeßliche steigern, ohne daß deshalb der Systematik irgendwie gedient würde, da diese Formen keineswegs gleichzeitig auch geographische Formen darstellen. Am kon- sequentesten hat man noch an der Abtrennung der Mittelmeerform, meist unter dem Namen P. varians Hell. festgehalten und ließ sich dabei in erster Linie wohl von geographischen Gesichtspunkten leiten. Aber auch diese Auffassung hält den Tatsachen nicht stand, wie denn auch Lacaze-Duthiers und Delage für eine Form von Roscoff diesen Namen der Mittelmeerform gebrauchen, umgekehrt von ein- zelnen Autoren die Namen nordwesteuropäischer Formen wiederum für die Mittelmeerform verwandt werden. 1Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, daß die var. magalhaense Mehlsn. nichts mit der Stammform zu tun hat. Der Gonaden- bau ist durchaus verschieden und gehört einem ganz anderen Typus an. Ich erhebe diese Varietät deshalb zu einer besonderen Art und nenne sie Telhyum magalhaense (Mchlsn.). Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 193 Wichtiger als diese in der Hauptsache auf äußeren Merkmalen beruhende Unterscheidung ver- schiedener Formen erscheint der Versuch von Lacaze-Duthiers und Delage, auf Grund anatomischer Merkmale Arten zu unterscheiden. Es wird notwendig sein, sich zunächst mit den Untersuchungen der genannten Autoren zu beschäftigen, um so mehr, als ich den Resultaten, zu denen sie gelangt sind, nicht beipflichten kann. Lacaze-Duthiers und Delage unterscheiden drei Arten, die sie P. varians Hell., P. tuberosa (M’Gillv.) und P. rustica (L.) nennen. Das Material, das ihren Untersuchungen zu Grunde liest, stammt lediglich von Roscoff, und da alle drei von ihnen unterschiedenen Arten daselbst häufig sind, war es mir möglich, sie ebenfalls in beträchtlicher Zahl unter dem mir von der Zoologischen Station in Roscoff eingesandten reichen Material mit Bestimmtheit herauszufinden. Was zunächst P. varians und P. tuberosa der genannten Autoren anbetrifft, so unterscheiden sie sich in der Hauptsache durch den Bau der Gonaden, die bei ?. tuberosa aus länglich-eiförmigen, scharf voneinander gesonderten, mit je einem Paar von Ausführgängen versehenen Polycarpen bestehen, während bei ?P. varians sich statt dessen längere oder kürzere, verzweigte und Anastomosen bildende, zylindrische Schläuche finden, die durch schmale aber tiefe Furchen voneinander getrennt sind und in deren Verlauf in bestimmten Ab- ständen je ein Paar von Ausführgängen auftreten. Daß diese beiden Formen des Gonadenbaues tatsächlich existieren, daran war beiden exakten Untersuchungen der beiden Autoren von vornherein nicht zu zweifeln und ich kann nach Ansicht zahlreicher Exemplare diesen Befund nur bestätigen. Dagegen vermag ich Lacaze-Duthiers und Delage nicht darin zu folgen, daß es sich dabei um Artmerkmale handelt. Ich persönlich bin vielmehr davon überzeugt, daß die Gonadenform, welche Lacaze-Duthiers und Delage als charakteristisch für P. varians bezeichnen, lediglich bei sehr alten Tieren im Stadium der Geschlechts- reife sich ausbildet. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, daß die ursprünglich gesonderten Polycarpen bei gesteigertem Wachstum zunächst einander berühren und schließlich miteinander verschmelzen müssen. Denn darüber, daß diese zylindrischen Schläuche aus einer Verschmelzung ursprünglich getrennter Poly- carpen hervorgegangen sind, kann meines Erachtens kein Zweifel herrschen, wenn man das Verhalten der Ausführgänge berücksichtigt. Eine Stütze meiner Auffassung liegt auch in dem Umstand, daß diese Gonadenform nur bei ganz großen Exemplaren sich findet, während ein früheres Entwicklungsstadium durch den Gonadenbau der » Polycarpa tuberosa« repräsentiert wird. Lacaze-Duthiers und Delage sagen ja selbst, daß ihre P. fuberosa in der Größe nur die mittelgroßen oder kleinen Exemplare ihrer P. varians erreicht. Noch mehr scheint mir aber die Tatsache zugunsten meiner Auffassung zu sprechen, daß unter Heller’s Material von P. varians sich mittelgroße und große Individuen (Innenkörper bis 45cm lang) befinden, bei denen neben zylindrischen Gonadenschläuchen mit mehreren Paaren von Ausführ- gängen (vorwiegend in den zentralen Partien) auch typische Polycarpen finden, die in der Hauptsache auf die Randzone des Innenkörpers beschränkt sind. Bei kleineren und kleinen Individuen habe ich dagegen stets nur völlig getrennte, typische polycarpartige Gonaden gefunden, meist allerdings in größerer Anzahl und den ganzen Innenkörper gleichmäßig bedeckend, so daß alle Bedingungen für einen späteren Verschmelzungsprozeß gegeben waren. Die dritte Art wird von Lacaze-Duthiers und Delage als ?. rustica (L.) bezeichnet. Ich habe bei früherer Gelegenheit bereits darauf hingewiesen, daß es sich hier um eine irrtümliche Identifizierung seitens der genannten Autoren handelt! und deshalb auch bereits vorgeschlagen, den Artnamen «rustica« durch »errans« zu ersetzen. Ich bin jetzt aber zu der Ansicht gelangt, daß auch diese Form keine gute Art ist, somit auch der Name »errans« wieder überflüssig wird. Es lagen mir unter dem Roscoffmaterial und auch von Plymouth zahlreiche Exemplare vor, die sicher zu dieser Art hätten gestellt werden müssen, wenn man sie eben als Art anerkennen wollte. Aber ich sehe in allen diesen Stücken nichts weiter als jüngere und junge Tiere der beiden vorigen Formen, die alle anatomischen Merkmale bereits in 1 Daß Linne’s »rustica« nicht zur Gattung Pandocia |Polycarpa| gehört, sondern ein Tethyum [Styela] ist, dürfte wohl von keiner Seite mehr bezweifelt werden. In der nachfolgenden Synonymenliste sind noch weitere Zitate einer »rustica« aufgeführt, die vielleicht alle oder doch größtenteils zu P. singularis gehören. Jedenfalls handelt es sich in keinem Falle um die echte »rustica«, 194 R. Hartmeyer, typischer, nur durch ihr geringeres Alter etwas modifizierter Weise zeigen. Ich komme somit zu dem Ergebnis, daß alle drei von Lacaze-Duthiers und Delage unterschiedenen Arten nur Altersstadien einer und derselben Art bilden. Übrigens hat mir auch von Plymouth ein noch reicheres Material dieser Art vorgelegen, in dem ebenfalls alle diese Altersstadien vertreten waren, wie überhaupt die Ascidienfauna von Plymouth und Roscoff in ihrer Zusammensetzung und in ihrem ganzen Habitus außerordentlich viele gemeinsame Züge aufweist. Über das Material Heller’s ist kaum noch etwas zu sagen. Auf die von ihm als Varietät unterschiedene P. tuberosa komme ich gleich noch mit einigen Worten zurück. Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Liste der bisherigen Synonyma dieser Art noch einer kurzen Revision unterziehen und einige Streichungen und Zusätze an derselben vornehmen. Durch die Publikation des nachgelassenen Manuskriptes von Alder und Hancock (10) sind wir nämlich, vor allem Dank der vortrefflichen Abbildungen, jetzt in der Lage, uns über manche bisher ungenügend beschriebene und daher nicht sicher zu deutende Arten ein untrügliches Urteil zu bilden. Die bisherige Synonymie erleidet dadurch allerdings einige Änderungen. Daß als ältester Name die von Gunnerus (210) aus dem Trond- hjemfjord beschriebene A. singularis in Frage kommt, habe ich kürzlich an der Hand lokaltypischer Stücke nachgewiesen. Ich führe diesen Artnamen nunmehr ein. Fälschlich als Synonyma wurden bisher aufgefaßt Cynthia coriacea Ald. (4) und Cynthia granulata Ald. (5). Diese beiden Arten sind, worauf ich kürzlich ebenfalls hinwies, synonym mit Tethyum |Styela] loveni (Sars), welch letzterer Name nunmehr durch coriaceum zu ersetzen ist. Nicht als Synonyma wurden bisher betrachtet, gehören aber zweifellos doch hierher Cynthia informis Forb. (155) und Styela mamillaris (Gaertn.) Ald. und Hanc. (10). Die bei Alder und Han- cock als Styela informis (Forb.) beschriebene Art ist sicher ein Synonym. Die Autoren betrachten sie selbst nur als eine vermutliche Varietät ihrer Stwela tuberosa (M’Gillvr.), die ihrerseits wieder synonym mit unserer Artist. Die Abbildungen bei Alder und Hancock lassen über die Deutung dieser Form meines Erachtens keinen Zweifel zu. Solche Exemplare, wie das auf t. 34,f.6 abgebildete habe ich zum Beispiel von Rovignound Plymouth gesehen. Was die andere Form anbetrifft, so ist die bei Alder und Hancock (10) als Styela mamillaris (Gaertn.) aufgeführte Art sicherlich auch synonym. Das auft. 34, f.7 abgebildete Exemplar ist eine Form die zum Beispiel sehr häufig an den norwegischen Küsten sich findet. Die meisten norwegischen Exemplare sind durch derartige starke Buckel und Höcker ausgezeichnet. Auch die von Heller als P. tuberosa bezeichneten Stücke aus der Adria, die mir vorgelegen haben, gehören eher zu dieser Form, als zu der P. tuberosa M’'Gillvr. Ob allerdings der Distomus mamillaris von Gaertner, sowie die von verschiedenen späteren Autoren unter diesem Namen meist in kompilatorischen Werken aufgeführte Art der Form von Alder und Hancock entspricht, will ich dahingestellt sein lassen. Als Synonyme wurden bisher bereits meist betrachtet Cynthia tuberosa M’'Gillvr. (395), Polvcarpa varians Hell. und Polycarpa mayeri Traust. (641) (Jugendform). Das bei Alder und Hancock auf t. 34, f. 1 als Stvela tuberosa abgebildete Stück entspricht einigermaßen den großen Exemplaren, die mir von Plymouth, aus dem Kanal und von Roscoff vorgelegen haben. Nicht ganz sicher bleibt ferner die Zugehörigkeit von Cynthia scabriuscula Sars (565) zu . unserer Art. Als unsichere Arten müssen betrachtet werden Cynthia quadrangularis Forb. (155), die Herdman (272) unter dem Namen Polycarpa q. als gute Art beschreibt, die aber auch vielleicht nur ein Synonym ist und Cynthia opalina Ald. (5), die in Ermanglung von Abbildungen und einer genaueren Beschreibung nicht aufklärbar ist. Die wichtigste Synonymie dieser Art stellt sich somit folgendermaßen dar: ! 1 Von den Artnamen mamillaris, pomaria, luberosa, informis, sulcalula, varians und mayeri sind nur die wichtigsten, von rustica dagegen sämtliche hierher gehörenden Zitate aufgenommen. Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 195 Pandocia [Polycarpa] singularis (Gun.). 1770 Ascidia singnlaris Gunnerus in: Skr. Kjöbenh. Selsk., v. 10, p. 186, t. E, f. 1-6. ?21774 Distomus mamillaris Gaertner in: Pallas, Spic. zool., fasc. 10, p. 24, t. 1, f. 15. ?1848 Cynthia mammillaris |sic!] Forbes in: Forbes und Hanley, Brit. Moll., v. 1, p. 40. ? 1863 — =. Alderns Ann mar als, Ser 3, u Il, oe 102 1907 Styela mamillaris Alder und Hancock, Brit. Tun,, v. 2, p. 106, t. 34, f. 7,8; t.35, £ 2;t. 41, f. 1-3. 1816 Cynthia pomaria Savigny, Mem. An. s. Vert, v. 2, p. 156, t. 2, f. 1;t. 7, f. 2. 1875 —- -— Kupffer in: Ber. Komm. D. Meere, 1872/73, p. 216. 1880 Styela pomaria Traustedt in: Vid. Meddel., ann. 1879/80, p. 415. 1907° ° — _— AlderundFEancock, Brit. Tun. v. 2, p. 110, t. 37, f. 951.39, f. 4;t. 42, £. 1-7; t. 48, f. 10; Textf. 64. 1903 Polycarpa pomaria Hartmeyer in: Römer und Schaudinn, Fauna arctica, v. 3, p. 229. 1909 Pandocia pomaria Hartmeyer in: Bronn's Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1364. 1844 Cynthia tuberosa Mac Gillivray, Hist. Moll. An. Scotl., p. 311. 1907 Styela tuberosa Alder und Hancock, Brit. Tun,, v. 2, p. 103, t. 34, f. 1-5; t. 35, £. I; t. 36, f. 1—-7;t. 48, f. 9; Textf. 60, 61. 1892 Polycarpa tuberosa Lacaze-Duthiers und Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, p. 205, t. 15. 21847 Ascidia rustica Beneden in: N. M&m. Ac. Belgique, v. 20, t. 4, f. 6. 21848 — -— (part)! Dalyell, An. Scotland, v. 2, p. 143, t. 34, f. 6. ? 1884 — — Beltremieux in: Ann. Soc. nat. Rochelle, ann. 1884, p. 83. 21886 — -— Granger, Hist. nat. France, part. 7, p. 202. 21868 Cynthia rustica Lanszweert in: Ann. Soc. malac. Belgique, v. 3, p. 115. ? 1875 — .— CHEra| os ERS Er reine, W 8% 0. 10% ?1885 -— -— Koehler in: Ann. Sci. nat., ser. 6, v. 20, nr. 4, p. 58. ?1885 Styela rustica (part) Wagner, Wirbell. weiß. Meer, v. 1, t. 20, f. 6; t. 21, f. 3. 21889 —- -— Hoyle in: J. Linn. Soc., v. 20, p. 448. ?1901 — -— Rankin, Handb. Nat. Hist. Glasgow, p. 18!. 1886 Polycarpa rustica Herdman in: P. Liverp. lit. Soc., v. 40, p. 303. 1889 —- -— Herdman in:P. Liverp. biol. Soc., v. 3, p. 254. 1891 — -— Herdman in: J. Linn. Soc., v. 23, p. 583. "1892 —- -— Lacaze-Duthiers und Delage in: Mem. pres. Ac.-France, v. 45, p. 217, t. 16. 1895 — — Lameere, Man. Faune Belgique, v. 1. 1897 — -— Herdman in: Rep. Brit. Ass., v. 66, p. 447. 1897 ° -— -— Seottin: Rep. Fish. Board Scotl., v. 15, p. 114. 18988 — - Maitland in: Rep. Fish Board Scotl., v. 16, p. 68, 71. 1848 Cynthia informis Forbes in: Forbes und Hanley, Brit. Moll., v. 1, p. 38.. 1907 Styela informis Alder und Hancock, Brit. Tun., v. 2, p. 104, t. 34, f. 6; t. 36, f. 8, 9; Textf. 62. 1909 Pandocia informis Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn,, v. 3, suppl. p. 1363. 1863 Cynthia snlcatula Alder in: Ann. nat. Hist., ser. 3, v. 11, p. 162. 1 Die auf t. 35 unter diesem Namen abgebildete Form gehört vielleicht zu S/olonica socialis Hartmr. oder auch zu Distomus variolosus Gaertn.; die auf t. 36, f. 7 abgebildete Form ist dagegen überhaupt nicht zu deuten. 196 R. Hartmeyer, 1907 Styela sulcatula Alder und Hancock, Brit. Tun., v. 2, p. 113, t. 37, f. 6,7; t.42,f. 8,9; t. 48, f. 11. 21870 Cynthia scabriuscula Sars in: Nyt. Mag. Natur v., v. 17, p. 214. 1877 Polycarpa varians Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 259, t. 4, f. 9—12. j8e8s3 7 Traustedt in>Mt Stat. Neapel, v.4,p.482,t..36, 1. 21,2231237, 1.183. 5. = — Roule me Ann. SeL mas, sen & v 20, m 143% 1,2, 8, 5 19-223: % 4, 1 21: is 1eL. 15 1O 1892 — — Lacaze-Duthiers und Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, p. 196, t. 12 — 14. 1883 Polycarpa mayeri Traustedt in: Mt. Stat. Neapel, v. 4, p. 483, t. 36, f. 23— 25; t. 37, f. 10. ?1885 Phallusia sp. Wagner, Wirbell. weiß. Meer, v. 1, p. 164. 1909 Pandocia errans Hartmeyer in: Bronn’s Rl. u. Ordn,, v. 3, suppl. p. 1364. Verbreitung: Als neue Fundorte kann ich nach Stücken der Berliner Sammlung noch Ferrol Bay und Rovigno angeben. Polycarpa gracilis nov. sp. — Polycarpa sabulosa nov. sp. -- Polycarpa discoidea nov. sp. 1877 Polycarpa gracilis Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 77, p. 262, t.5, f. 4—6. 1877 Polycarpa sabulosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 77, p. 262, t. 5, f. 7. 1877 Polycarpa discoidea Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 77, p. 263,1. 5, f. 8. Ich werde diese drei Formen, die nahe verwandt, wahrscheinlich alle synonym sind, im Zusammen- hang behandeln. Heller hat alle drei Arten nach Exemplaren von Neapel aufgestellt, während Trau- stedt merkwürdigerweise keine dieser drei Arten in seiner bekannten Aıbeit über die einfachen Ascidien des Golfes von Neapel erwähnt. Überhaupt hat kein Autor, von den kompilatorischen Arbeiten von Carus (69)undHerdman (266) abgesehen, sich wieder mit diesen Arten beschäftigt. Nur Lacaze-Duthiers und Delage (344) kommen anläßlich einer Erörterung der verwandtschaftlichen Beziehungen ihrer P. tenera zu dem Schlusse, daß diese mit den drei Heller’schen Arten zwar einen natürlichen Formenkreis bilde, aber artlich doch von ihnen verschieden sei. Ich komme auf die von den genannten Autoren geltend gemachten Unterschiede weiter unten zurück. Zur Untersuchung haben mir vorgelegen die Typen der drei Heller’schen Arten, ferner lokaltypische Stücke der P. tenera von Roscoff sowie solche von Ply- mouth, von wo die Art noch nicht bekannt war. Ich bin dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß P. gracilis und P. sabulosa sicher synonym sind, P. discoidea sehr wahrscheinlich auch ein Synonym beider ist und daß endlich die nordwesteuropäische fenera von der mediterranen Form artlich nicht zu trennen ist. Als Artname für die ganze Formengruppe bestimme ich den von Heller für die erste Art gewählten Namen gracilis. Ich werde nunmehr zunächst mein Material durchsprechen. Der Zellulosemantel der als P. gracilis bezeichneten Exemplare ist nur bei einigen mit Sand- körnchen inkrustiert und mit einzelnen Fremdkörpern bedeckt, bei anderen ist die Oberfläche fast ohne Fremdkörper. Bei den Stücken von P. sabulosa ist die für die Art charakteristische, durch die reichliche Sandeinlagerung bedingte Brüchigkeit des Zellulosemantels besonders stark ausgeprägt. Während die Körperform bei diesen beiden Arten mehr oder weniger länglich aufrecht ist, sind die als P. discoidea zusammengefaßten Exemplare sämtlich stark abgeplattet. In der Beschaffenheit des Zellulosenmantels weicht diese Form von P. sabulosa in keiner Weise ab. Dagegen liegen die Körperöffnungen etwas näher beisammen als bei den anderen Arten. Daß die Stücke von Roscoff eine große Variabilität in ihren äußeren Merkmalen aufweisen, haben schon Lacaze-Duthiers und Delage betont. Auch ich finde unter meinen Roscoffstücken die verschiedensten Formen von der aufrecht kegel- oder eiförmigen bis zur scheibenartig abgeplatteten. Das gleiche gilt für das Plymouthmaterial. Ich finde darunter ein Stück, dessen Zellulosemantel dicker als gewöhnlich ist, mehr knorpelig und dicht mit groben Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 197 Fremdkörpern, Schalenfragmenten, Steinchen u. dgl. bedeckt ist. Gelegentlich sind die Tiere an Oystoseira befestigt, gelegentlich auch mit der ganzen linken Seite im Innern einer Muschelschale angewachsen. Auch Aggregationen von zwei Tieren wurden beobachtet. Ein anderes Tier wiederum ist mit Laminarien bedeckt. Die Größe übersteigt 2cm wohl in keinem Falle. Alle diese auf äußere Merkmale bezüglichen Unterschiede können als Artmerkmale natürlich nicht in Betracht kommen. Vergleichen wir die innere Anatomie der drei Arten, so läßt sich zunächst für die Zahl der Tentakel Übereinstimmung feststellen. Diese beträgtnach Heller’s Angaben bei P. gracilis und P. sabu- losa 16—20, bei P. discoidea 16. Ich bemerke dazu, daß diese Angabe sich nur auf die großen Tentakel erster und zweiter Ordnung bezieht, wobei die kleine Schwankung von 16—20 natürlich nicht ins Gewichtfällt. Daneben lassen sich noch ganz kleine, stummelförmige Tentakelchen annähernd in der Zahl der großen Tentakel feststellen, die Heller entweder übersehen oder nicht der Erwähnung wert gehalten hat. Mit diesem Befund fällt gleichzeitig der eine von Lacaze-Duthiers und Delage geltend gemachte Unterschied zwischen ihrer P. tenera und den drei mediterranen Arten, der eben auf der größeren Tentakelzahl von P. tenera (13 große erster und zweiter Ordnung nebst 18 ganz kleinen, stummelförmigen Tentakelchen) beruhen sollte. Vom Flimmerorgan der P. sabulosa sagt Heller: »mit spiralig einwärts gerollten Endschleifen«, von dem der P. discoidea: »mit spiralig einwärts gewundenen Endschleifen«. Die beiden Arten würden somit im Bau dieses Organs im Prinzip übereinstimmen. Die Diagnose von P. gracilis enthält keine Angabe über das Flimmerorgan. Für P. tenera geben Lacaze-Duthiers und Delage an: »il (le tubercule vibratile) est forme d’une papille entouree d’une enveloppe preputiale et creusce au centre d’une cavite«. Das Flimmerorgan würde danach eine einfache, im Zentrum des Dorsaltuberkels gelegene Öffnung dar- stellen. In dieser anscheinend verschiedenen Gestaltung des Flimmerorgans sehen Lacaze-Duthiers und Delage ein weiteres trennendes Artmerkmal. An meinem Material habe ich nun folgendes feststellen können. Zunächst habe ich die von Lacaze-Duthiers und Delage beschriebene äußerst primitive Form in keinem Falle gefunden, ohne damit sagen zu wollen, daß sie nicht auch bei dieser Art vorkommt. Vielleicht ist diese Form aber auch durch ein hufeisenförmiges Flimmerorgan vorgetäuscht worden, dessen beide Schenkel so vollständig einander genähert sind, ohne an ihren Enden nach einwärts ge- bogen zu sein, daf dadurch ein scheinbar kreisförmig geschlossenes Gebilde mit einer zentralen Öffnung entsteht. Ein solches Flimmerorgan zeigt zum Beispiel eines meiner Plymouthexemplare. Bei einem anderen Stück von Plymouth und ebenso bei einem von Roscoff berühren sich die Schenkel dagegen nicht mehr, sind aber auch nicht einwärts gebogen, so daß eine typische Hufeisenform zustande kommt. Eine solche Form zeigt auch eines der Originale von P. gracilis. Noch einfacher ist das Flimmerorgan eines anderen Stückes von Roscoff, das eine halbmondförmige Gestalt zeigt. In allen diesen Fällen ist die Öffnung nach vorn gewandt. Eine Ausnahme hiervon habe ich nur bei einem der Originale von P. discoidea gefunden, bei dem die Öffnung des hufeisenförmigen Flimmerorgans nach vorn und gleichzeitig etwas nach links gewandt ist. Es ergibt sich also, daß das Flimmerorgan von der einfach halbmondförmigen bis zur hufeisenförmigen Gestalt mit eingerollten Schenkeln mannigfache Übergänge zeigt, während seine Öffnung in der Regel nach vorn gewandt ist. Als weiteren Unterschied führen Lacaze-Duthiers und Delage an, daß ihre Art nur ein intermedi- äres inneres Längsgefäß zwischen der Dorsalfalte und der ersten Falte der rechten Seite (linken bei den genannten Autoren!) besitze, P. gracilis dagegen zwei. Lacaze-Duthiers und Delage schließen das offenbar aus der Abbildung bei Heller ({t. 5, f. 6), denn im Text erwähnt er nichts davon. Ich glaube aber, daß das eine dieser beiden Gefäße nichts weiter ist als der basale Rand der Dorsalfaite. Für diese Auffassung spricht auch der tatsächliche Befund bei den Originalen. Bei P. gracilhis wıe bei P. sabulosa finde ich stets nur ein Längsgefäß, ebenso auch bei meinen Stücken von Plymouth. Es scheint sich hier also um ein konstantes Artmerkmal zu handeln. Dagegen besitzen die beiden Originale von P. discoidea — nur von zwei Stücken war der Innenkörper erhalten — in dem Zwischen- raum zwischen Dorsalfalte und erster Falte überhaupt kein intermediäres Längsgefäß. Zwischen den Falten Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Ba. - 27 198 R. Hartmevyer, verlaufen nach Lacaze-Duthiers und Delage sonst im allgemeinen je 3 intermediäre Längsgefäße. Bei meinen Stücken, auch solchen von Roscoff, schwankt die Zahl zwischen 2 und 4. Die beiden Exemplare von P. discoidea machen dagegen wiederum eine Ausnahme. Bei dem einen verläuft zwischen je 2 Falten nur ein intermediäres Längsgefäß, bei dem anderen sind überhaupt keine intermediären Längsgefäße vor- handen. Recht variabel scheint die Form der Darmschlinge zu sein. Lacaze-Duthiers und Delage bezeichnen sie als kurz und weit offen. Nach Heller’s Beschreibung und Abbildung (t. 5, f. 6) scheinen die Verhältnisse bei ?. gracilis ähnlich zu liegen. Ich finde unter den Originalen von P. gracilis aber auch ein Stück, bei dem die Darmschlinge noch weiter offen ist als auf der Abbildung bei Heller. Bei einem Stück der P. sabulosa ist dagegen sowohl die erste wie die zweite Darmschlinge stärker gekrümmt, der ganze Darm mehr S-förmig, indem die erste Darmschlinge ziemlich nahe, wenn auch nicht bis zur Berührung an den Magen herantritt. Diesen Verlauf schildert Heller auch in seiner Beschreibung. Bei einem anderen Originalstück dieser Art ist der Darm dagegen noch viel stärker S-förmig gekrümmt, fast wie der Darm gewisser Phallusia-Arten. Die beiden Stücke der P. discoidea schließen sich im Verlauf ihres Darmes hingegen an P. gracilis an. Bei einem Stück von Plymouth gleicht die Darmschlinge der- jenigen von P. gracilis, bei einem anderen dagegen mehr derjenigen von P. sabulosa. Man kann somit sagen, daß die Darmschlinge im allgemeinen kurz und ziemlich weit offen ist, manchmal dagegen — vielleicht nur als Folge stärkerer Kontraktion — mehr S-förmig gekrümmt, indem die erste Darmschlinge sich dem Magen nähert und dadurch geschlossener erscheint. Von dem Magen seiner P. gracilis sagt Heller: »An der Oberfläche mit Längsstreifen«, von dem der beiden anderen Arten »an der Oberfläche glatt«. Lacaze-Duthiers und Delage sagen: »estomac cannele exterieurement, a cötes peu nombreuses, tres saillantes.« Somit würden P. tenera und P. gracilis zunächst übereinstimmen, P. sabulosa und P. discoidea sich dagegen unterscheiden. An meinem Material konnte ich nun feststellen, daß auch bei den Originalen von P. sabulosa und P. discoidea die äußeren Längsstreifen nicht fehlen, und zwar finden sie sich nur an der unteren Seite des Magens, sind daher vielleicht von Heller übersehen worden. Besonders bei dem einen Exemplar von ?. sabulosa sind sie deutlich und kräftig ausgeprägt. Die Geschlechtsorgane bilden auch für diese Art, wie für so manche ihrer Gattung, das wich- tigste Artmerkmal. Nicht nur ihre Zahl ist verhältnismäßig beschränkt, sondern auch ihre Anordnung zu beiden Seiten des Endostyls in einer Längsreihe, während sie an den übrigen Partien des Innenkörpers fehlen, ist äußerst charakteristisch. Manchmal ist die Anordnung in einer Längsreihe nicht ganz streng gewahrt, die einzelnen Geschlechtssäckchen verschieben sich etwas gegeneinander, so daß eine, wenn auch nicht streng durchgeführte Doppelreihe entsteht. Im allgemeinen kann man aber wohl sagen, daß die Polycarpe in einfacher Reihe angeordnet sind. Lacaze-Duthiers und Delage geben für P. tenera die Zahl der Polycarpe einer Reihe auf etwa 10 an, Heller für P. gracılis auf S—-9, für P. sabulosa auf 10—12. Das sind so geringfügige Unterschiede, daß sie nur für die Zusammengehörigkeit aller dieser Formen sprechen. Wenn Lacaze-Duthiers und Delage sagen, daß die Polycarpe bei P. gracilis in schrägen und nicht in vertikalen Reihen wie bei P. tenera angeordnet sind, so kann ich diesem angeb- lichen Unterschied wirklich keinen besonderen systematischen Wert beimessen, da mir in dem einen wie dem anderen Falle weder die vertikale noch die etwas schräge Anordnung streng durchgeführt erscheint. Im übrigen sagen die genannten Autoren selbst, daß die Heller’schen Arten in der Anordnung der Geschlechtsorgane eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit ihrer P. tenera zeigen. Von P. discoidea gibt Heller an, daß sie im Verhalten ihrer Geschlechtsorgane ganz mit P. sabulosa übereinstimmt. Diese Angabe finde ich, soweit die Zahl der Gonaden in Frage kommt, durch die Originalstücke nicht bestätigt. Bei dem einen Original beträgt die Zahl der Polycarpe einer Längsreihe nämlich nur etwa 5, also etwa die Hälfte der gewöhnlichen Zahl, bei dem anderen beträgt sie dagegen merkwürdigerweise 23— 30, also fast das dreifache. Ob man hierin nur eine gelegentliche Variation erblicken muß, kann nur durch weiteres Material aufgeklärt werden. Revision von Heller's Ascidien der Adria. 199 Um kurz zu rekapitulieren: Die Unterschiede die von Lacaze-Duthiers und Delage zwischen P. tenera und Heller's P. gracilis und P. sabnlosa geltend gemacht werden, beruhen teils — wie ich an der Hand der Originale Heller’s nachweisen konnte — auf irrtümlicher Deutung oder lückenhaften und ungenauen Angaben der Heller’schen Diagnosen, teils reichen sie nicht aus, um als Artmerkmale ange- sehen zu werden. Ich ziehe daher P. gracilis, P. sabulosa und P. tenera in eine Art zusammen. Dagegen zeigen die Originale von P. discoidea — was auch erst durch Nachuntersuchung festgestellt werden konnte — immerhin so bemerkenswerte Unterschiede (Mangel der intermediären Längsgefäße, schwan- kende Zahl der Polycarpen, vielleicht auch die nicht nach vorn orientierte Öffnung des Flimmerorgans), daß ich mich nicht entschließen kann, die Art den übrigen auch als Synonym zuzuordnen, und sie bis auf weiteres als selbständige, wenn auch nahe verwandte Form betrachte. Zur Synonymie hätte ich dann nur noch zu bemerken, daß auch die 1862 als Manuskriptname veröffentlichte C. humilis, die erst in dem nachgelassenen Werke von Alder und Hancock genauer beschrieben wird, sehr wahrscheinlich hierher gehört. Die Angaben über die innere Anatomie sind sehr lückenhaft. Aber das auf t. 39, f. 7 abgebildete Tier zeigt die äußeren Merkmale, wie sie sich bei den meisten Exemplaren finden, in recht charakteristlscher Weise. Pandocia [Polycarpa] gracilis (Hell.). 1862 Cynthia humilis (Nom. nud., Alder MS.) Ansted und Latham, Channel Isl., p. 219. 1907 Styela humilis Alder in: Alder und Hancock, Brit. Tun,, v. 2, p. 116, t. 39, f. 7:t. 48, f. 13. 1909 Pandocia humilis Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1368. 1877 Polycarpa gracilis Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 262, t. 5, f. 4—6. 1909 Pandocia gracilis Hartmeyer in: Bronn's Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1363. 1877 Polycarpa sabulosa Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 262, t. 5, f. 7. 1909 Pandocia sabulosa Hartmeyer in: Bronn's Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1363. 1892 Polycarpa tenera Lacaze-Duthiers und Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, p. 240, t. 18. 1909 Pandocia tenera Hartmeyer in: Bronn's Kl. u. Ordn,, v. 3, suppl. p. 1364. 221877 Polycarpa discoidea Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 263, t.5, f. 8. 2? 1909 Pandocia discoidea Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1363. Diagnose. Körper: Von sehr variabler Gestalt, meist länglich eiförmig oder mehr oder weniger kegelförmig und dann bald mit dem Hinterende, bald mit einem Teile oder auch der ganzen linken Seite fest- gewachsen, gelegentlich aber auch stark abgeplattet und mit breiter Basis festsitzend. Körperöffnungen: Sichtbar, aber nur wenig erhaben; J-Öffnung am Vorderende, E-Öffnung in der Regel annähernd in der Mitte der Dorsalseite, manchmal jedoch etwas höher oder tiefer. Oberfläche: In der Regel mit einem feinen Belag von Sandkörnchen, die den ganzen Zellulose- mantel durchdringen, manchmal aber auch mit gröberen Fremdkörpern, Schalenfragmenten, Lami- narien u. dgl. bedeckt. Zellulosemantel: In der Regel nur dünn, durch den eingelagerten Sand eigentümlich brüchig und spröde, schwach durchscheinend, manchmal aber auch etwas dicker, fast knorpelig. Tentakel:9 ) +9 (I) +18 (ID) =36; Schema 13231...; die Tentakel dritter Ordnung ganz klein, stummelförmig. 27 200 R. Hartmeyer, Flimmerorgan: Zwischen der Halbmond- bis zur Hufeisenform mit einwärts gebogenen Schenkeln alle Übergänge; in der Regel hufeisenförmig, Schenkel einander genäheıt, aber nicht einwärts gebogen. 8 ; Öffnung nach vorn gewandt. Kiemensack: Jederseits mit 4 Falten; zwischen Dorsalfalte und 1. Falte 1 intermediäres inneres Längsgefäß, zwischen den übrigen Falten je 2—-4, meist 3 intermediäre innere Längsgefäße. Darm: In der Regel eine ziemlich kurze, offene Schlinge bildend; manchmal ist der Darm jedoch stärker S-förmig gekrümmt, die erste Darmschlinge aber niemals vollständig geschlossen; Magen mit wenigen, aber deutlichen äußeren Furchen; After mit schwach gezähntem Rande. Geschlechtsorgane: Jederseits vom Endostyl eine einfache (oder auch doppelte) Reihe von 8 bis 10 birnförmigen hermaphroditischen Geschlechtssäckchen. Verbreitung: Neapel—Roscoff— Kanalinseln (Guernsey) — Plymouth. Die Art scheint im allgemeinen nicht häufig zu sein, ist aber möglicherweise vielfach übersehen oder mit anderen Arten zusammengeworfen worden. Polycarpa glomerata Alder. 1877 Polycarpa glomerata Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 263, t. 5, f. 9. Zur Anatomie der mediterranen Art kann ich mich kurz fassen. Michaelsen (429) hat den älteren Beschreibungen von Heller, Traustedt u.a. eine sehr eingehende Diagnose folgen lassen. Ich kann diese nur in allen Punkten bestätigen, so daß die Art anatomisch jetzt als genügend aufgeklärt gelten muß. Ebenso hat Michaelsen nachgewiesen, daß die mediterrane Art — was bereits von anderen Autoren vermutet worden war — von Heller irrtümlich mit Alder’s glomerata identifiziert wurde, von der sie spezifisch verschieden ist, und daß ihr der Artname fusca Chiaje zukommt. Auch hierin stimme ich voll- ständig mit Michaelsen überein. Dagegen bedurfte die Frage nach der Berechtigung des Gattungs- namens Alloeocarpa, den Michaelsen provisorisch auch für die mediterrane Form verwendet, noch einer Klärung, da sich der Ersatz dieses Namens durch Distomus erwarten ließ. Dieser Ersatz war lediglich von dem Nachweis abhängig, daß die mutmaßlich nordwesteuropäische, mit A. fusca nahe verwandte Alloeo- carpa apolis tatsächlich mit dem nordwesteuropäischen Distomus variolosus Gaertn. identisch ist. Da ich diesen Nachweis nunmehr glaube liefern zu können, halte ich es für zweckmäßig, über den Rahmen dieser Arbeit hinaus auch die nordwesteuropäische Art in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen. Ein Blick auf die weiter unten mitgeteilte Liste der Synonyma zeigt, daß die Resultate meiner Untersuchungen nicht nur in einer artlichen Vereinigung von Distomus variolosus und Alloeocarpa apolis bestehen, son- dern daß ich auch Alder’s glomerata, die von Lacaze-Duthiers und Delage zum Vertreter einer besonderen Gattung Heterocarpa erhoben wurde, mit diesen Arten vereinige. 5 Das Material, welches meinen Untersuchungen zugrunde liegt, besteht aus mehreren Kolonien von Roscoff (also lokaltypischen Stücken der von Lacaze-Duthiers und Delage als Heterocarpa glomerata beschriebenen Form), einer sehr großen Zahl Kolonien von Plymouth und Umgegend, und endlich einer typischen Kolonie der Alloeocarpa apolis Mchlsn. Zunächst ein Paar Worte über das Material von Roscoff. Es ist zweifellos, daß meine Kolonien von dort der Heterocarpa glomerata von Lacaze-Duthiers und Delage zuzuordnen sind. Sie stimmen in allen Merkmalen, insbesondere in der inneren Anatomie, mit dieser Form überein und es kommt auch keine andere Form von Roscoff in Frage, mit der sie etwa identisch sein könnten, da die Gattung Hetero- carpa allein schon durch den charakteristischen Bau ihrer Geschlechtsorgane, von sonstigen Merkmalen ganz abgesehen, scharf und unzweideutig gekennzeichnet ist. Bemerken will ich nur, daß die Einzeltiere meiner Kolonien im allgemeinen weniger deutlich voneinander gesondert sind, als auf der Abbildung bei Lacaze-Duthiers und Delage (344, t. 20, f. 1). Offenbar ist das in der Hauptsache lediglich eine Folge Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 201 der Konservierung. Die Abbildung von Lacaze-Duthiers und Delage entspricht den Verhältnissen der lebenden Kolonie und zeigt die Einzeltiere in ausgestrecktem Zustande, während die Einzeltiere meiner Kolonien sich infolge der Alkoholkonservierung stärker zusammengezogen haben und dadurch der Kolonie ein mehr oder weniger polsterförmiges Aussehen verleihen. Ohne lebende Kolonien dieser Art gesehen zu haben, glaube ich behaupten zu können, daß daneben auch der Grad der Verschmelzung der Einzeltiere ge- wisse Unterschiede zeigen mag. Bei jüngeren Kolonien habe ich meist beobachtet, daß die Einzeltiere kaum bis zur Körpermitte miteinander vereinigt waren, während bei den großen, polsterförmigen Kolonien, wie sie mir besonders von Roscoff vorgelegen haben, der Verschmelzungsprozess auch über die Körpermitte hin- aus nach vorn vorgeschritten ist. Eine vollständige Einsenkung der Einzeltiere in eine gemeinsame Mantel- masse habe ich aber niemals beobachtet. Ich komme auf diesen für die Synonymie dieser Art wichtigen Punkt weiter unten noch zurück. Ebenso halte ich es für absolut sicher, daß auch Giard’s Gattungen Polystyela und Synstyela mit Heterocarpa glomerata identisch sind, schon aus der einfachen Erwägung heraus, daß für diese fraglichen Giard’schen Formen nach der Schilderung, die dieser Autor von der Art ihres Vorkommens und ihren äußeren Merkmalen gibt, nur Heterocarpa glomerata in Frage kommen kann und es andrerseits ganz aus- geschlossen erscheint, daß noch eine andere Art bei Roscoff vorkommt, auf welche Giard’s Beschrei- bung ebenfalls passen könnte. Zur Aufstellung zweier Gattungen gab Giard jedenfalls auch nur der ver- schiedene Kontraktionszustand der Kolonien und der verschiedene Grad der Verschmelzung Veranlassung. Lacaze-Duthiers und Delage tragen diesen Erwägungen ja auch Rechnung. Wenn sie trotzdem eine unbedingte Synonymie nicht zulassen, weil Giard in seiner Beschreibung sagt, daß der Kiemensack beider Gattungen dem der Cynthiae Styelae und Pandociae gleiche, mithin jederseits 4 Falten besitzen müßte, so legen sie meines Erachtens damit der durchaus oberflächlichen Diagnose Giard's einen zu hohen systematischen Wert bei. Ich glaube, wir können diese Angabe Giard's ohne Bedenken auf sich beruhen lassen und brauchen die Identifizierung seiner Gattungen mit Heterocarpa glomerata deshalb nicht in Frage zu ziehen. Lacaze-Duthiers und Delage haben ihre Form von Roscoff, wie aus der Wahl des Artnamens her- vorgeht, mit Alders ©. glomerata identifiziert. Auch darin stimme ich ihnen vollständig bei. Ein Vergleich meiner zahlreichen Kolonien von Plymouth mit denen von Roscoffergab kein Moment, welches eine art- liche Trennung der englischen und nordfranzösischen Form hätte rechtfertigen können. Besonders schön ließ sich bei diesen englischen Kolonien der verschiedene Grad der Verschmelzung der Einzeltiere ver- folgen, auf den bereits hingewiesen wurde. Es wird sich jetzt darum handeln, zunächst die Alloeocarpa apolis Mchlsn. in den Kreis unserer Betrachtung zu ziehen. Vergleichen wir einmal ganz vorurteilsfrei die ausführliche Diagnose, welche Michaelsen von seiner A. apolis gibt, mit derjenigen von Heterocarpa glomerata bei Lacaze-Duthiers und Delage, so wird man mir zugeben müssen, daß sie, abgesehen von der Kolonieform, keinerlei wesent- liche Unterschiede enthält, besonders nicht solche auf die innere Anatomie bezügliche, die eine Unter- bringung beider Formen zunächst in verschiedenen Gattungen notwendig erscheinen lassen. Vor allem drängt sich einem bei Berücksichtigung der völligen Übereinstimmung in Bau und Anordnung der Geschlechtsorgane, worauf bekanntlich die Systematik der ganzen Familie in der Hauptsache basiert, die . Vermutung auf, daß wir hier zwei zum mindesten sehr nahe verwandte Formen vor uns haben. Ich habe dieser Vermutung auch bereits Ausdruck gegeben (Bronn, Kl. u. Ordn., v. 3, suppl., p. 1367). Wie stellt sich nun der tatsächliche Befund zu diesen Erwägungen? Eine Untersuchung der Originalkolonie von Alloeocarpa apolis überzeugte mich davon, daß diese Form nur als identisch mit Heterocarpa glomerata aufgefaßt werden kann. Die Diagnose von Michaelsen enthält allerdings einen auf die Gestaltung der Kolonie bezüglichen Passus, der in dieser Form leicht zu Mißverständnissen Veranlassung geben Kann und die artliche Vereinigung als fraglich erscheinen lassen muß. Michaelsen sagt nämlich von Alloeo- carpa apolis: »Kolonie Polster von zirka 4 mm Dicke bildend, mit einfacher Schicht vollständig 202 R. Hartmeyer, eingesenkter Personen.« Ich habe mir nun die Originalkolonie daraufhin angesehen und muß sagen, daß die Einzeltiere, wenn der Verschmelzungsprozeß auch ziemlich weit vorgeschritten ist, doch keines- wegs vollständig in den gemeinsamen Mantel eingesenkt sind und die Kolonie auch äußerlich keineswegs verschieden ist von gewissen Kolonien der echten Heterocarpa glomerata. Auch Michaelsen hat sein Material nochmals daraufhin angesehen und äußert sich brieflich mir gegenüber in demselben Sinne, indem er gleichzeitig diesen Passus in seiner Diagnose modifiziert. Damit wäre also auch dieser Unter- schied zwischen Heterocarpa glomerata und Alloeocarpa apolis bedeutungslos geworden. Um die Frage aber nach allen Richtungen endgültig zu klären, habe ich Michaelsen Kolonien der echten Heterocarpa glomerata von Roscoff, die überdies noch wie seine Kolonien von Alloeocarpa apolis auf Pyura savignyi [Halocynthia morus] angesiedelt waren, zur Untersuchung zugesandt mit dem Ergebnis, daß auch Michaelsen keinen Unterschied zwischen beiden Formen auffinden kann und meinem Befunde durch- aus zustimmt. Mit dem Nachweis der Identität zwischen beiden Formen wird aber der mutmaßliche Fund- ort Nordwesteuropa von Alloeocarpa apolis zu einem sicheren und dem Ersatz des Artnamens Alloeocarpa apolis und damit auch des Artnamens Heterocarpa glomerata durch Distomus variolosus steht weder systematisch noch nomenklatorisch etwas im Wege. Da nun auch Michaelsen seinerseits Distomus variolosus beziehungsweise Alloeocarpa apolis für identisch mit Synstyela hält, so erscheint der Ring, welcher alle diese verschiedenen Formen unter einem Artnamen zusammenfaßt, nunmehr allseitig geschlossen. Um noch kurz darauf zurückzukommen, daß Distomus variolosus beziehungsweise Alloeocarpa apolis bisher, und zwar zu Recht als Polyzoine, das heißt als eine Tethyide mit echter Koloniebildung (durch Knospung) aufgefaßt wurde, während Heterocarpa glomerata vonLacaze-Duthiers und Delage als eine Form angesprochen wurde, bei der es wohl zu Aggregationen, aber niemals zu echter Kolonie- bildung kommt und die deshalb in die Unterfamilie der Tethyinae eingereiht wurde, glaube ich behaupten zu dürfen, daß auch bei letzterer Form echte Koloniebildung so gut wie bei Alloeocarpa apolis stattfindet. Mit ein paar Worten möchte ich jetzt noch auf die unterscheidenden Merkmale zwischen dem nord- westeuropäischen Distomus variolosus Gaertn. und der mediterranenForm, die nunmehr Distomus fuseus heißen muß, eingehen und einige Ergänzungen zur Anatomie derselben machen. Michaelsen gibt die Faltenzahl des Kiemensackes bei Alloeocarpa apolis jederseits auf 2 an, die Zahl der inneren Längs- gefäße jeder Seite auf insgesamt 14. Alder’s C. glomerata soll links 2, rechts 2—3 Falten besitzen. Lacaze-Duthiers und Delage endlich sagen von ihrer Heterocarpa glomerata, daß sie jederseits 3 Falten besitzt, von denen die dritte allerdings ganz rudimentär ist. Die Zahl der inneren Längsgefäße beträgt auch hier jederseits 13— 14, entspricht also genau den Angaben von Michaelsen. Der scheinbare Widerspruch in den Angaben beider Autoren über die Faltenzahl erklärt sich einfach in der Weise, daß Michaelsen die dritte, ganz rudimentäre Falte überhaupt nicht mehr als Falte anspricht. Ich habe unter meinen Stücken von Plymouth und Roscoff nur solche gefunden, bei denen nicht mehr als zwei Falten auf jeder Seite ausgebildet waren. Die Zahl der inneren Längsgefäße einer Seite betrug in manchen Fällen 13— 14, in einem Falle sogar 15, sank bei anderen Individuen dagegen bis auf 9 herab, indem auch sämtliche dazwischen liegende Zahlenwerte sich nachweisen ließen. Ich setze die diesbezüglichen Schemata hierher. Roseoff: D1 (4) 2(4) 4E= 15 innere Längsgefäße; die Gruppe von 4 inneren Längsgefäßen vor dem Endostyl würde der dritten rudimentären Falte von Lacaze-Duthiers und Delage entsprechen. Plymouth: E2 (3) 1(8)1D (3) 1 (4) 1E= 12 innere Längsgefäße auf der rechten, 9 auf der linken Seite. E2@) 14 1D(3)1(4)2E= 11 innere Längsgefäße auf der rechten, 10 auf der linken Seite. Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 203 Bei Distomus fuscus finden sich auf der linken Seite wie bei D. variolosus auch nur 2 Falten (Roule gibt sogar nur 1—2 an), rechts dagegen 2—3. Dagegen ist die Zahl der inneren Längsgefäße einer Kiemensackhälfte beträchtlich größer. Sie beträgt nach Michaelsen 25—28. Ich habe konstant eine ähnliche Zahl gefunden, so daß es sich um ein gutes und zugleich unterscheidendes Merkmal zwischen der nordwesteuropäischen und mediterranen Art handelt. Ich setze das Schema eines von mir unter- suchten Einzeltieres von Distomus fuscus noch hierher. BA4(3) 2(6) 2(7)D(6) 4(10)5E =3 Falten und 24 innere Längsgefäße auf der rechten, 3 Falten und 25 innere Längsgefäße auf der linken Seite. Man ersieht aus diesem Schema, daß die Ungleichheit in der Faltenzahl dadurch zustande kommt, daß auf der rechten Seite die zweite und dritte Falte zusammen mit den dazwischen liegenden Längs- gefäßen die gleiche Zahl von Längsgefäßen repräsentieren, wie auf der linken Seite die zweite Falte allein, so daß hier also offenbar die zweite Falte lediglich einer Kombination der zweiten und dritten Falte der anderen Seite entspricht, die Totalzahl der inneren Längsgefäße aber nicht dadurch berührt wird. Distomus fuscus besitzt ferner eine etwas höhere Zahl von Magenfalten. Sie beträgt hier etwa 18, bei D. variolosus jedoch nur etwa 12. Dagegen scheinen die Einzeltiere der mediterranen Art nicht ganz so groß zu werden als diejenigen der nordwesteuropäischen. Erstere erreichen nach Heller eine Länge bis zu Smm, Roule gibt als Maximum sogar nur 4--5 mm an, Michaelsen etwa 7 mm an. Auch ich habe kein Exemplar gesehen, dessen Länge mehr als 7 mm betrug, so daß mit S mm wohl tatsächlich das Maximum erreicht sein dürfte. Dagegen habe ich unter den Nordwesteuropäern, deren Länge Lacaze-Duthiers und Delage auch auf nur 7-8 mm angeben, wiederholt Individuen gefunden, die eine Länge von 10 mm aufwiesen. Einen Unterschied, den Lacaze-Duthiers und Delage zwischen der Form Alder's und Heller's, mit anderen Worten zwischen der nordwesteuropäischen und der mediterranen, aus der Gestalt der männ- lichen Polycarpen herleiten, kann ich dagegen nicht anerkennen. Diese sollen bei ersterer Art rundlich- eiförmig, bei letzterer dagegen länglich-wurstförmig sein. Bei D. fuscus habe ich nun tatsächlich stets diese Form gefunden, bei D. variolosus dagegen neben den rundlichen auch länglich-wurstförmige, die sogar die stattliche Länge von 3 mm einschließlich des Samenleiters erreichten. Vielleicht nehmen die männ- lichen Polycarpen erst im Stadium der Geschlechtsreife die längliche Gestalt an. Übrigens bezeichnet Roule wiederum diese Gebilde bei der mediterranen Art als petites vesicules, woraus man ebenfalls auf eine rundliche Form schließen muß. Ich füge nunmehr noch Listen aller mir bekannten Synonyma der beiden Arten an, zu denen ich noch einige Bemerkungen zu machen habe. In die Liste für Distomus variolosus sind außer den bereits behandelten synonymen Bezeichnungen noch einige weitere aufgenommen, die aber bereits ebenfalls als Synonyma erkannt worden sind oder lediglich gewollte Neubenennungen des ältesten Namens darstellen. Es erübrigt sich also, auf diese noch- mals einzugehen. Neu aufgenommen habe ich das Thylacium normani Ald. Ich wüßte nicht, zu welcher Art ich diese Form sonst stellen sollte. Es kann sich meines Erachtens nur um Distomus variolosus handeln. Ich habe unter meinem Material von Plymouth auch solche Einzelindividuen gefunden, wie sie Alder und Hancock (10, t. 45, f. 5) abbilden. Dagegen will es mir nicht ganz sicher erscheinen, ob die auf derselben Tafel in f. 2 abgebildete Kolonie zu derselben Art wie f. 1 gehört. In der Tafelerklärung ist dies ja auch zweifelhaft gelassen. Vielleicht gehört diese Kolonie zu der aggregaten Form von Dendrodoa grossularia (Bened.). Die Größe und die Ansiedelung der jungen Tiere auf den alten Individuen würde hierfür sprechen. Die Abbildung einer Kolonie von Thylacium variolosum (Gaertn.) bei Alder und Hancock (10, t. 46, f. 12) macht den Eindruck, als wenn hier die Einzeltiere völlig in die gemeinsame Mantelmasse eingesenkt wären, was den tatsächlichen Verhältnissen natürlich nicht entsprechen würde. Ich nehme an, daß dieser Eindruck dadurch zustande kommt, daß die Kolonie von oben gesehen ist und die freien Vorderenden der Einzeltiere dadurch in der Zeichnung nicht genügend zum Ausdruck gebracht 204 R. Hartmeyer, wurden. Im Text (p. 139) heißt es ausdrücklich: »Individuals connected by a membranous expansion, at the base.« In die Liste von Distomus fuscus habe ich Ascidia miniacea Gerv. neu aufgenommen, eine Art, die mir bisher entgangen war und auch sonst meines Wissens nirgends in der Literatur erwähnt wird. Die Abbildung dieser Art, als deren Fundort die Provence angegeben wird, ist so charakteristisch, daß ich an ihrer Zugehörigkeit zu Distomus fuscus nicht zweifle. Die Farbe ist — nach einer kolorierten Abbildung — weinrot. Distomus variolosus Gaertn. 1774 Distomus variolosus Gaertner in: Pallas, Spic. zool., fasc. 10, p. 40, t. 4, f. 7, 7a. 1815. 7 Desmarest und Be/sueurin: Bull. Soe. phil. ann. 1815, P. 73. 1816 ZZ Bamarcks EistmatsAngsWVerE v3 palollE 1817 = — Euwier, Regne.an,, v. 2, p. o01. 0. — — Cimier RESTE an, m. Sch, % 8% LA) 1840 — — PDujardin in: Lamarck, Hist. nat. An. s. Vert., ed. 2, v. 3, p. 498. Bee eervalssn DietsSch Narr supplwzlprulle 1842? — ZZ Deshayes in: Cuvier, Regne an., ed. 3, v. 10, p. 242. 1858 — —. Adams und Adams, Gen. rec. Moll. v. 2, p. 603. 1909 - -— Hartmeyer in: Bronn's Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1375, 1485. 1816 Distoma variolosum Savigny, Mem. An. s. Vert., v. 2, p. 178. 1821 — — Lamouroux, Exp. meth. Polyp., p. 73. 1840 -— -— Thompson in: Ann. nat. Hist., v. 5, p. 9. (non 1841 — -— Chiaje, Deser. Not., v. 6, t. 69, f. 2, 3). 1844 -—- -—- Thompson in: Rep. Brit. Ass., ann. 1843, p. 264. 1848 — -— Forbes in: Forbes und Hanley, Brit. Moll., v. 1, p. 19. 1850 -— -— Cocksin:Rep. Cornwall Soc., ann. 1849, p. 74. 1856 -—- - Gosse, Man. Mar. Zool. Brit. Isles, part 2, p. 33. 1857 Diastoma [sic!| variolosum Norman in: Zoologist, v. 15, p. 5707. 1861 Distoma — M’Andrew in: Rep. Brit. Ass., ann. 1860, p. 18. 1891 — — Herdman in: J. Linn. Soc., v. 23, p. 614. 1822 Polyzona variolosa Fleming, Phil. Zool., v. 2, p. 512. 1828 —- -— Fleming, Brit. An. p. 469. 1837 — — Fleming, Nat. Hist. Moll. An.,p. 211. 1907 Thylacium variolosum Alder und Hancock, Brit. Tun., v. 2, p. 138, t. 46, f. 12 — 14. 1774 Alcyonium ascidioides Pallas, Spic. zool., fasc. 10, p. 40, t.4,f.7, 7a. 1791 — -— Gmelin, Syst. nat., Tom. I, v. 6, p. 3816. 1807 — -— Turton, Brit. Fauna, p. 208. 1789 Alcyonium distommm'! Bruguiere, Enc. Meth., v. 1, p. 23. 1802 _— -— Bose, Hist. nat. vers., v. 3, p. 132. 1816 — -— Lamouroux, Hist. Polyp., p. 322. 1827 — -— Bose, Hist. nat. vers., ed. 2, v. 3, p. 159. 1824 Distoma variolatus [sic!| Blainville, Moll. in: Dict. sci. nat., v. 32, p. 366. 1825 — -— Blainville, Man. Malac., p. 585, t. 82, f. 4, 4a. 1 Ich bemerke zu diesem Zitat, daß von Bruguiere als Synonyme D. variolosus Gaertn. und Aleyonium ascidioides Pall führt, als Fundorte aber verschiedene Punkte des Mittelmeeres angegeben werden! Revision von Heller's Ascidien der Adria. 205 1862 Thylacium normani (Nom. nud., Alder MS.) Ansted und Latham., Channel Isl., p. 219. 1853 Thylacium normani Alder in: Ann. nat. Hist., ser. 3, v. 11, p. 167. 1868 — -— Norman in: Rep. Brit. Ass., ann. 1867, p. 437. 1891 u Zertendmanen = nn Soc#v237P41036: 1899 —- -— Herdman, Tunic. Austral. Mus., p. 9. 1907 —ı —ZrAlder und Hlanlcock, Brit. kun, v: 2, p. 137,1. 45, 1.38. 1863 Thylacium variegatum Alder in: Ann. nat. Hist., ser. 3, v. [1, p. 168. 1886 Synstyela variegata Herdman in: Rep. Voy. Challenger, v. 14, p. 324. 1891 u rlerdmanein: oEınnESacH v223% pR037. 1899 — -— Herdman, Tuniec. Austral. Mus., p. 94. 1863 Cynthia glomerata Alder in: Ann. nat. Hist., ser. 3, v. 11, p. 166. 1900 — -— Julin in: Bull. Soc. Rouen, p. 219. (non 1877 Polycarpa glomerata Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p.263, t.5, f.9 et alii = Distomus fuscus Chiaje.) 1885 Polycarpa glomerata Koehler in: Ann. Sci. nat., ser. 6, v. 20, nr. 4, p. 58. 1891 — -— (part) Herdman in: J. Linn. Soc., v. 23, p. 583. 1893 — -— Herdman in: J. Linn. soc., v. 24, p. 444, t. 35, f. 8-13. 1897 °-— -— Herdman in: Rep. Brit. Ass., v. 66, p. 447. ?18988 — -— Maitland in: Rep. Fish Board Scotl., v. 16, p. 59. 1907 — — Buchanan-Wollaston in: Fish. Ireland Sci. Invest., ann. 1902/03, nr. 3, p. >. 1892 Heterocarpa glomerata Lacaze-Duthiers und Delage in: Mem. pres. Ac. France, v. 45, pP. 263, t. 20. 19099 —- -— Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1367. 1907 [Stvelopsis] glomerata Alder und Hancock, Brit. Tun., v. 2, p. 134, t. 45, f. 1, ?2; t. 46, f. 5. 1874 Polystyela lemirri Giard in: C.-R. Ac. Sci., v. 78, p. 1862. 1375 — -— Giard in: C.-R. Ass. Franc., v. 3, p. 439. 1891 — -— Herdman in: J. Linn. Soc., v. 23, p. 636. 1899 — -— Herdman, Tunic. Austral. Mus., p. 94. 1875 Synstyela Giard in: C.-R. Ass. Franc., v. 3, p. 436. 1904 Alloeocarpa apolis Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, v. 21, p. 81, t. 1, f. 9— 12. 1909 — -— Hartmepyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1374. Verbreitung: Ferrol Bay!—Normandie—Boulonnais— Kanalinseln (Jersey, Guernsey, Herm, Sark)— Südengland (Cornwalls, Falmouth, Plymouth, Lulworth Cove)— Schottland (Firth of Clyde, Wick, Moray Firth)— Irland (Drain’s Bay, Belfast Bay, Isle of Man, Irish Sea). Distomus fuscus (Chiaje). 1828 Botryllus variolosus (err., non Gaertner 1774!) Chiaje, Mem. Stor. Not., v. 3, p. 86, 94. 1841 Distoma variolosum Chiaje, Deser. Not., v. 6, t. 80, f. 12. 1841 Distoma fuscum Chiaje, Descr. Not., v. 6, t. 69, f. 2,3. (non 1842? _ — — Milne-Edwards in: Cuvier, Regne an., Ed. 3, t. 132, f. 3.) ?1841 Polyclynum fuscum Chiaje, Deser. Not., v. 3, p. 20; v. 5, p. 91. son Fr Carus, Prodr. R. Medit, v. 2, p. 486. No Er rlerdimannn?)s EinnySoe,5y423,p2019: 1 Nach Stücken der Berliner Sammlung. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 98 206 R. Hartmesier, 1904 Alloeocarpa fusca Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, v. 21, p. 73, t. 2, f. 17—19. 1909 — -— Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1374. 1844 Ascidia miniacea Gervais, Atl. Zool., p. 17, t. 61, f. 2, 2a. 1877 Polycarpa glomerata (err., non Alder 1863!) Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 263, £. 5, f. 9. 18838 -— -— Traustedt in: Vid. Meddel. ann. 1882, p. 125. 1883 — — Traustedt in: Mt. Stat. Neapel, v. 4, p. 481, t. 36, f. 20; t. 37, f. 14. 1890 — — Carus, Prodr. F. Medit., v. 2, p. 468. 1891 — — (part.) Herdman in: J. Linn. Soe., v. 23, p. 583. 1896 — — Ostrooumoff in: Bull. Ac. St.-Petersb., ser. 5, v. 5, p. 92. 1900 — — Herdman in:Rep. Brit. Ass.,'v. 69, p. 383. ? 1900 — — Metcalf in: Zool. Jahrb. Anat., v. 13, p. 516, t. 36, f. 26— 28. 1903 — — Graeffe in: Arb. Inst. Wien, v. 15, p. 106. 1885 Styela glomerata Roule in: Ann. Sci. nat., ser. 6, v. 20, p. 150, t. 3, f. 23; t. 4, f. 24—28. 1887 — — Lahille in: C.-R. Soc. Toulouse, p. 59. | 1895 - — Pruvot in: Arch. Zool. exper., ser. 3, v. 3, p. 646. Verbreitung: Montpellier! — Banyuls— Marseille — Provence — Menorca! — Neapel — Triest— Rovigno! — Lussin — Lesina— Marmarameer. Als dritte Art würde der Gattung Distomus dann noch die Alloeocarpa hupferi Mchlsn. (429) von Gor&e (Kap Verde) zuzurechnen sein, die nunmehr Distomus hupferi (Mchlsn.) heißen muß. Die anderen vier Arten, welche Michaelsen mit obigen drei in seiner Gattung Alloeocarpa ver- einigt, belasse ich in dieser Gattung. Es sind dies A. zschaui Mchlsn., A. incrustans (Herdm.), A. intermedia Mcehlsn. und A. bridgesi Mehlsn., sämtlich aus dem magalhaensischen Gebiet, beziehungsweise von Südgeorgien. Nomen- klatorisch läßt sich gegen dieses Vorgehen nichts eınwenden, da es sich lediglich um eine Beschränkung des ursprünglichen Typus der Gattung Alloeocarpa handelt, die bereits von Michaelsen selbst durch Elimination der A. dura (Ritt.) (= Metandrocarpa dura) ausgeführt wurde, während die anderen 3 jetzt die Gattung Distomus bildenden Arten von Michaelsen ohnedies erst später in die Gattung Alloeo- carpa gestellt wurden und niemals den Typus dieser Gattung gebildet haben. Ich löse damit gleichzeitig die Gattung Alloeocarpa oder, wenn man will, die Gattung Distomus im Sinne von Michaelsen auf, indem ich die nordatlantische von der südatlantischen Artengruppe generisch trenne. Ich habe mich früher bereits dahin ausgesprochen, daß man innerhalb der Gattung Alloeocarpa im Sinne von Michaelsen eine nördliche und eine südliche Gruppe unterscheiden kann. Erstere ist ausgezeichnet durch Falten im Kiemensack und reihenweis angeordnete Polycarpen, letztere dagegen durch den Mangel von Falten und zerstreut angeordnete Polycarpen. Diese Unterschiede erscheinen mir bedeutsam genug, um daraufhin eine generische Trennung der beiden Gruppen vorzunehmen. Wir hätten demnach: Gen. Distomus Gaertn. Typus: Distomus variolosus Gaertn. Außerdem: Distomus fuscus (Chiaje). Distomus hupferi (Mchlsn.). 1 Das Berl. Museum besitzt Stücke von Montpellier, Lichtenstein leg., Menorca, Will leg. und Rovigno, Möbius leg. Aus dem Breslauer Museum hat mir ein Stück von Lussin (Valle d’Arche), Grube leg., vorgelegen. Alle diese Fundorte sind neu. Revision von Heller’s Ascidien der Adria. 207 Gen. Alloeocarpa Mchlsn. Alloeocarpa zschaui Mchlsn. Alloeocarpa incrustans (Herdm.). Typus i ! 5 | Alloeocarpa intermedia Mchlsn. Alloeocarpa bridgesi Mchlsn. Gymnocystis ampulloides v. Ben. 1877 Gymnocystis ampulloides Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 265, t. 6, f. 4-13. 1884 Molgula helleri v. Drasche in: Verh. Ges. Wien, v. 34, p. 162, t. 6, f. 4—10. v. Drasche hat nachgewiesen, daß Heller’s G. ampulloides nichts mit Beneden’s Art zu tun hat, daß es sich vielmehr um eine gute Art handelt, für die er den Namen M. helleri vorschlägt. Ich habe Heller’s Originale nachuntersucht, ebenso einige von mir bei Rovigno gesammelte Stücke und bin zu demselben Ergebnis gelangt wie v. Drasche. Den Diagnosen Heller’s und v. Drasche's habe ich nichts hinzuzufügen. Caesira helleri ist eine isoliert stehende Form, deren nähere Verwandtschaft ich zurzeit noch nicht übersehe. Nur so viel glaube ich sagen.zu können, daß sie zu keiner der bekannten medi- terranen oder nordwesteuropäischen Artengruppen ihrer Gattung in näheren Beziehungen steht, wenn es auch eine echte Caesira ist. Vielleicht werden weitere Forschungen ihre nähere Verwandtschaft mit tropischen Arten ergeben. Die Art ist bisher mit Sicherheit nur aus der nördlichen Adria, und zwar von Triest, Pola, Rovigno und Lesina nachgewiesen und scheint nicht häufig zu sein. Gourret (194) führt aus dem Golf du Lion eine Molgula ampulloides (V. B.) Drasche auf, als deren Synonym er M. helleri Drasche beifügt. Da alle näheren Angaben fehlen, läßt sich die Richtig- keit der Bestimmung nicht nachprüfen, Ich betrachte diesen Fundort daher bis auf weiteres nicht als sicher nachgewiesen. Molgula oceulta Kupffer. 1877 Molgula occulta Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 267, t.6, f. 14, 15. Zunächst möchte ich in Übereinstimmung mit Heller und Traustedt (641), welche gleich mir die mediterrane Form untersucht und mit der nordwesteuropäischen verglichen haben, feststellen, daß beide Formen artlich nicht zu trennen sind. Weiter bin ich jetzt zu der Überzeugung gelangt, daß Caesira occulta (Kupff.) mit Caesira oculata (Forb.) zu vereinigen ist. Es handelt sich nach meinen Unter- suchungen, denen ein sehr reiches Material von vielen Punkten der nordwesteuropäischen Küsten zu- grunde liegt, bei C. occulta (Kupff.) und €. oculata (Forb.) lediglich um verschiedene Altersstadien einer und derselben Art. Die bisher als C. oculata (Forb.) unterschiedene Form ist nichts weiter als besonders alte Stücke. Mir haben solche große Exemplare sowohl von Plymouth — also lokaltypische Stücke — wie auch von Roscoff vorgelegen. Zwischen diesen und den kleineren, bisher als €. occulta (Kupff.) unterschiedenen Formen—mein Roscoffmaterial enthält alle Größenstadien — habe ich keinerlei trennende Artmerkmale feststellen können, sondern lediglich Unterschiede, die als Ausdruck verschiedenen Alters aufzufassen sind. Das eingesenkte Siphonenfeld, das für €. oculata charakteristisch sein soll, ist bei den großen Exem- plaren keineswegs immer so typisch ausgebildet, wie es zum Beispiel Lacaze-Duthiers (340) abbildet. Andrerseits tritt es bisweilen auch bei kleinen Exemplaren wieder auf, die bisher der C. occulta zuzu- rechnen waren. In allen wichtigen anatomischen Merkmalen, insbesondere in der charakteristischen, fast horizontal verlaufenden Darmschlinge und der Lage der Gonaden, stimmen beide Formen überein. Das Flimmerorgan ist hufeisenförmig und seine Öffnung ist stets nach rechts gewandt. Ein Unterschied — wenn auch nur 28* 208 R. Hartmever, bedingt — ergibt sich nach den vorliegenden Diagnasen aus der Beschaffenheit der Dorsalfalte. Bei C. oculata soll der Rand der Dorsalfalte glatt sein und ist es auch tatsächlich. Für C. occulta wird er dagegen von verschiedenen Autoren als unregelmäßig oder undeutlich gezähnt oder gezackt angegeben, von anderen dagegen, zum Beispiel Lacaze-Duthiers (340) und Herdman (256) als glatt bezeichnet. Auch Michaelsen (431a) nennt die Dorsalfalte glattrandig und glaubt, die gegenteiligen Angaben auf eine durch postmortale Fältelungen hervorgerufene Täuschung zurückführen zu sollen. Mit dieser Deutung scheint mir Michaelsen das Richtige zu treffen. Bei den vielen Exemplaren verschiedener Größe, die ich neuerdings nochmals genau untersucht habe, habe ich in keinem Falle eine Dorsalfalte gefunden, die man als gezähnt oder auch nur als unregelmäßig gezackt hätte bezeichnen können. Die Dorsalfalte ist, von den erwähnten gelegentlichen Fältelungen abgesehen, in der Tat glattrandig. Einen aus dem verschiedenen Alter erklärbaren Unterschied zeigt die Zahl der inneren Längsgefäße auf den Falten. Bei kleinen Tieren verlaufen im allgemeinen je 4 innere Längsgefäße auf einer Faltenseite, bei mittelgroßen Tieren steigt sie auf 6-7, bei ganz großen Exemplaren unter Umständen sogar bis auf 11. Übrigens will ich bemerken, daß ich diese ganz großen Exemplare, wie sie Forbes zur Aufstellung seiner C. oculata gedient haben und wie sie auch Lacaze-Duthiers vorgelegen haben, nur aus dem Kanal kenne. An den norwegischen, dänischen und deutschen Küsten kommen sie sicherlich nicht vor, ebensowenig im Mittelmeer. An der nordfranzösischen und südenglischen Küste scheinen demnach die Lebensbedingungen für diese Art besonders günstig zu sein. Die irrtümlich von Forbes (155) mit Ascidia conchilega Müll. indentifizierte Form ist zweifellos eine Caesira und, nach der Beschreibung und vor allem den Abbildungen bei Alder und Hancock (10) zu urteilen, von C. oculata artlich wohl nicht zu trennen. Die von Metcalf (422) unter dem Namen Molgula arenosa (?) von Neapel erwähnte Art hat sicher nichts mit arenosa Ald. Hanc. [= Eugyra glutinans (Möll.)] zu tun, sondern ist vermutlich identisch mit Caesira oculata. Die wichtigste Synonymie dieser Art stellt sich somit folgendermaßen dar: Caesira |Molgula] oculata (Forb.). 1848 Molgula oculata Forbes in: Forbes und Hanley, Brit. Moll., v. 1, p. 36, t. D, f. 6. 1852 Molgula ocelata [sic!| Cocks in: Rep. Cornwall Soc., ann. 1851, p. 17. 1907 — oculata Alder und Hancock, Brit. Tun,, v. 2. p. 48, t. 24, f. 7— 10. — 1877 Anurella ocnulata Lacaze-Duthiers in: Arch. Zool. exper., v. 6, p. 516, t. 14, 15. 1909 Caesira oculata Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn.. v. 3, suppl. p. 1324, 1483. 1848 Ascidia conchilega (err., non Müller 1776!) Forbes in: Forbes und Hanley, Brit. Moll., v. 1, p. 32. 1907 Molgula conchilega Alder und Hancock, Brit. Tun,, v. 2, p. 41, t. 23; t. 48, f. 1; Textf. 36. 1909 Caesira conchilega Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1324. 1875 Molgula occulta Kupffer in: Ber. Komm. D. Meere, ann. 1872/73, p. 224. 1883 — -— Traustedtin:Mt. Stat. Neapel, v. 4, p. 471, t. 34, f. 27—29; t. 35, f. 17. 1903 — — Hartmeyer in: Rönner und Schandinn, Fauna arctica, v. 3, p. 158. 1909 Caesira oculata Hartmeyer in: Bronn’s Kl. u. Ordn., v. 3, suppl., p. 1324. 1877 Annrella voscovita Lacaze-Duthiers in: Arch. Zool. exper., v. 6, p. 499. 1888 Anurella roscovitana [sic!] Giard in: C.-R. Ac. Sci., v. 106, p. 1182. 1883 Molgnla roscovita Traustedt in: Vid. Meddel., ann. 1882, p. 112. 1880 Molgula psammodes Traustedt in: Vid. Meddel, ann. 1879/80, p. 425. ?1900 Molgnla arenosa Metcalf in: Zool. Jahr. Syst., v. 13, p. 520, t. 36, f. 31, 32. Revision von Heller's Ascidien der Adria. 209 Molgula impura nov. sp. 1877 Molgula impura Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 268, t. 7, f. 8S— 13. In der Heller'schen Sammlung befanden sich drei Exemplare dieser Art, jedoch war keines derselben geöffnet. Da aber weder die Etikettierung noch der Fundort (Golf von Neapel) dagegen sprechen, daß essich um authentische Stücke handelt, so ist nur anzunehmen, daß das Stück oder die Stücke, welche Heller zur Feststellung der inneren Anatomie gedient haben, verarbeitet wurden oder verloren gegangen sind. Die Untersuchung eines dieser ungeöffneten Stücke ergab überdies eine genaue Übereinstimmung mit Heller's Beschreibung und ebenso mit Transtedt’s Diagnose, der die Art ebenfalls von Neapel beschrieben hat. Neuerdings hat Michaelsen (431a) eine Form von Messina beschrieben, von der er es fraglich läßt, ob sie der typischen (. impura zuzurechnen ist oder nur eine Varietät derselben darstellt. Die Papillen an den Gefäßen des Kiemensacks sind nämlich nur undeutlich entwickelt und nicht gleich- mäßig über den ganzen Kiemensack verteilt, andrerseits besitzt die Messina-Form an den Hinterenden der Falten eingentümliche fadenförmige Anhänge, die weder von Heller noch von Transtedt erwähnt werden. Ich habe diese Messina-Form, die von mir selbst in der alten Zitadelle des Hafens im Winter 1899/1900 gesammelt wurde und von der ich später trotz wiederholter Bemühungen kein weiteres Material bekommen konnte, ebenfalls untersucht und sie mit der Neapel-Form verglichen. Dabei ergab sich, daß die erwähnten fadenförmigen Faltenanhänge auch bei dem Stück von Neapel sich einwandfrei nachweisen ließen, offenbar also von Heller sowohl wie von Transtedt übersehen worden sind. Und was die Papillen an den Gefäßen anbetrifft, so habe ich sie bei dem Stück von Neapel auch nicht in der Regelmäßigkeit gefunden, wie Heller es beschreibt. Überhaupt sind diese Gebilde, worauf Michaelsen bereits hinweist, nicht besonders deutlich ausgebildet und mögen auf Heller’s Figur vielleicht etwas größer ausgefallen sein, als sie tatsächlich sind. Im übrigen stimmen die Stücke von Messina und Neapel so gut überein, daß an einer artlichen Zusammengehörigkeit nicht zu zweifeln ist. Vielleicht ist die Messina-Form überhaupt erst von Neapel nach dort durch Schiffe verschleppt worden und hat sich dort in einer kleinen Kolonie angesiedelt und vorübergehend erhalten. Das würde den Umstand erklären, daß die Form später an ihrer alten Lokalität nicht wiedergefunden werden konnte. Einige Bemerkungen über die verwandtschaftlichen Beziehungen der €. impura mögen hier noch Platz finden. Diese Art ist zweifellos nahe verwandt mit der nordostamerikanischen (. arenata (Stimps.),! mit der zusammen sie einen natürlichen Formenkreis bildet, den man als arenata-Gruppe bezeichnen kann. Diese Gruppe schließt sich eng an die von mir? als manhattensis-Gruppe bezeichnete Gruppe an, deren Stamm- formen die nordostamerikanische C. manhattensis und die nordwesteuropäische C. ampulloides sind. Sie ünterscheidet sich aber durch die mächtig entwickelte rechte Gonade, die die vordere Hälfte der Niere halbkreisförmig umgreift, wie es bei keiner Art der manhattensis-Gruppe der Fall ist. C. impura ist ferner ausgezeichnet durch 4, gelegentlich 5 innere Längsgefäße auf jeder Faltenseite, eine glattrandige Dorsal- falte und einen gleichfalls vollständig glattrandigen After. Neben der C.impura ist aus dem Mittelmeer noch eine andere Art bekannt, die zur manhat- tensis-Gruppe gehört, nämlich C. euprocta v. Drasche (127) aus der Adria. Diese Art kenne ich nur aus der Literatur. Sie besitzt dieselben Kiemenfaltenanhänge wie C. impura; auch ist die Dorsalfalte glatt. Papillen an den Gefäßen werden nicht erwähnt. Die Falten tragen 4—-5 innere Längsgefäße. Dagegen ist der Afterrand deutlich gelappt und die rechte Gonade greift nicht um die Niere herum. In diesen beiden Merkmalen entfernt sich also C. euprocta nicht nur von C. impura, sondern nähert sich gleichzeitig dem nordatlantischen Formenkreis. 1 Van Name wird diese Art demnächst eingehend beschreiben. 2 Hartmeyer, Die Formenkreise der arktisch-nordatlantisch-mediterranen Caesira [Molgula]-Arten in: S.B. Ges. naturf. Berlin, ann. 1912. Berlin, 1912. 210 R. Hartmevyer, Endlich habe ich noch eine Form aus dem Schwarzen Meer (Bucht von Sebastopol) untersuchen können, die mir von Redikorzew, als C. impura bestimmt, zugesandt worden ist. Diese Form besitzt ebenfalls die Faltenanhänge, eine glatte Dorsalfalte und 4 innere Längsgefäße auf den Falten. Weiter ist der After wie bei C. euprocta deutlich gelappt und ebenso greift die rechte Gonade nicht um die Niere herum. Die Papillen an den Gefäßen sind deutlich erkennbar, so daß anzunehmen ist, daß sie auch bei der echten (\ euprocta sich finden. Das Flimmerorgan ist hufeisenförmig, beide Schenkel sind einwärts gebogen und die Öffnung ist nach hinten gewandt. Ich glaube daher, diese Form mit Drasche's C. euprocta identifizieren zu sollen und nicht mit C. impura. Es scheint demnach, daß im Mittelmeer zwei immerhin verwandte Arten auftreten. Die eine gehört zur nordatlantischen manhattensis-Gruppe und ist auf die Adria und das östliche Mittelmeer beschränkt, die andere dagegen gehört zur arenata-Gruppe und ist bisher nur aus dem westlichen Mittelmeer bekannt geworden. Molgula appendiculata nov. sp. 1877 Molgula appendiculata Heller in: Denk. Ak. Wien, v. 37, p. 269, t.7,f.1—7. Zu dieser Art, die außer von Heller auch von v. Drasche (127) eingehend behandelt worden ist, habe ich keine weiteren Bemerkungen zu machen. Über die Abgrenzung der Gattung Cfenicella, der ich obige Art zurechne, habe ich mich bei anderer Gelegenheit (Bronn, Kl. u. Ordn., v. 3, suppl. p. 1327) bereits geäußert. Corella parallelogramma (Müll.). Von dieser Art, die sich nicht unter dem Material von Heller befindet, besitzt das Berliner Museum einige Stücke, die von Römer bei Rovigno gesammelt wurden. Ich führe die Art hier auf, weil sie aus der Adria noch nicht bekannt war. Rhopalaea neapolitana Phil. Diese Art wird von Heller zwar nicht behandelt, doch befinden sich in seiner Kollektion Exemplare von Lesina; aus dem Breslauer Museum haben mir Exemplare von Lussin (Valle d’Arche), Grube leg., vorgelegen, das Berliner Museum besitzt Exemplare von Rovigno. Die Art war bisher aus der Adria nicht bekannt. Revision von Heller’s Ascidien der Adria. alt Übersicht der von Heller behandelten Arten. Ascidia menlula = Phallusia mentula (Müll.). obliqua [spec. e Mare Adriat.] = Phallusia mentula (Müll.). muricata = Phallusia conchilega (Müll.) var. muricata (H ell.). aspera nov. Sp. = Phallusia conchilega (Müll.). plebeia — Phallusia conchilega (Müll.). rudis —= Phallusia conchilega (Müll.) var. muricata (Hell.) + Phallusia mentula (Müll.) juv. coriacea Nov. Sp. = Phallusia conchilega (Müll.) var. muricata (Hell.) (spec. del.) + Phallusia mentula (Müll.). depressa Alder — Phallusia mentula (Müll.). verrucosa nov. Sp. —= Phallusiopsis mammillala (Cuv.) juv. rubescens nov. Sp. — Phallusia menlula (Müll.) juv. cristata — Ascidiella aspersa (Müll.). scabra OÖ. F. Müller — Ascidiella aspersa (Müll.). fumigata Grube — Phallusia fumigata (Grube). virginea O. F. Müller — Phallusia virginea (Müll.). mamillala Cuv. — Phallusiopsis mammillata (Cuv.). prunum OÖ. F. Müller — Phallusia mentula (Müll.) juv. involuta nov. Sp. — Phallusia involuta (Hell.). reptans nov. sp. —= Phallusia mentula (Müll.) juv. Ciona intestinalis L. — Ciona intestinalis (L.). Rhodosoma callense Lac. Duth. — Rhodosoma callense (Lac. Duth.). Microcosmus vulgaris mihi = Microcosmus sulcatus (C oq.). polymorphus nov. sp. = Microcosmus sulcatus (Coq.). scrotum D. Chiaje — Microcosmus sulcatus (Co q.). claudicans Sav —= Microcosmus claudicans (Sav.). Cynthia papillosa L. — Pyura papillosa (L.). scutellala nov. sp. — Pyura savignyi (Phil.). dura nov. sp. = Pyura squamulosa (Ald.) var. dura (Hell.). squamulosa Alder = Pyura squamulosa (Ald.) f. mediterranea Hartmr. Styela canopoides nov. sp. — Telhyum partitum (Stimps.). gyrosa mihi = Tethyum plicatum (Les.). Polycarpa varians mihi = Pandocia singularis (Gunn.). tuberosa Macg. = Pandocia singularis (Gunn.). gracilis nov. Sp. — Pandocia gracilis (Hell.). sabulosa nov. sp. — Pandocia gracilis (Hell.). discoidea nov. sp. ? — Pandocia gracilis (Hell.). glomerata Alder — Distomus fuscus (Chiaje). Gymnocystis ampulloides v. Ben. — Caesira helleri (Drasche). Molgula occulta Kupffer — Caesira oculata (Forb.). impura nov. Sp. = Caesira impura (Hell.). appendiculala nov. sp. — Ctenicella appendiculata (Hell.). DIE THALIACEEN UND PYROSOMEN DES MITTEL- MEERES UND DER ADRIA GESAMMELT WÄHREND DER FÜNF EXPEDITIONEN S. M. SCHIFF „POLA“ 1890— 1894 BEARBEITET VON M. AQUINA SIGL SOUND: AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER K. K. UNIVERSITÄT INNSBRUCK Mit 2 Tafeln und 56 Textfiguren VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 13. MÄRZ 1912 Von seiten des Herrn Hofrates Dr. Franz Steindachner, Intendanten des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien, wurde mir der ehrenvolle Auftrag, die mediterranen Thaliaceen nach der Ausbeute der österreichischen »Pola«-Expedition zu bearbeiten. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle dem genannten Herrn für die vertrauensvolle Zuweisung des Materials meinen ergebensten Dank auszusprechen. Die erforderlichen Untersuchungen, welche ich im Zoologischen Institute der k. k. Universität in Innsbruck ausgeführt habe, wurden wesentlich gefördert durch die gediegenen Ratschläge meines hoch- verehrten Lehrers, des Herrn Professor Dr. K. Heider, der meiner Arbeit jederzeit reges Interesse erwies und mir aufdasfreundlichste bei der Beschaffung der Literatur behilflich war. Ich fühle mich daher gedrängt, auch an dieser Stelle hiefür meinen innigsten Dank auszusprechen. Zu großem Danke verpflichtet bin ich dem Herrn Professor Dr. K. W. von Dalla Torre, der mir in liebenswürdiger Weise seine reichhaltige Bibliothek zur Verfügung stellte; namentlich entbiete ich meine besten Danksagungen dem Herrn Professor Dr. Ad. Steuer für alle die kräftigen Hilfeleistungen durch Literatur und Rat, die er mir jederzeit während der Dauer meiner Untersuchungen zuteil werden ließ, ebenso dem Herrn Professor Dr. C. J. Cori, Direktor der k. k. Zoologischen Station in Triest, der mir auf das freundlichste aus der Bibliothek der Anstalt eine Anzahl einschlägiger Werke zur Benutzung überließ, dem Herrn Professor Dr. C. Apstein (Berlin), dem Herrn Dr. J. E. W.Ihle (Utrecht) für ihre geschätzten Ratschläge im Interesse meiner Arbeit. Das mir zur Untersuchung übergebene Material war teils in Formol, teils in Alkohol konserviert. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd, 99 914 M. A. Sigl, Zu Zwecken der Speziesbestimmung leistete das Material im allgemeinen gute Dienste; wenn auch bei dem zarten, sehr empfindlichen Bau der Thaliaceen viele Feinheiten der Organbildung bei der Massen- konservierung verloren gegangen waren, so ergab sich doch bald, daß in den meisten Fällen die Muskulatur, der Darmtraktus, der Kiemendarm ziemlich wohl erhalten waren und daher eine Artendiagnose ermöglicht war. Mehr zu wünschen übrig ließ die Konservierung der Doliolen. Häufig hatte sich das ganze Objekt in eine braun-schwarze Farbe gekleidet, wie sie sonst nur den mit Osmiumsäure behandelten Präparaten eigen ist. Durch diesen trüben Ton wurde die ohnedies etwas geringere Durchsichtigkeit der Doliolen noch weiter herabgesetzt. Die meisten Entwicklungsstadien fehlten vollständig; ich fand im Material der Doliolen zumeist nur alte Ammenschläuche mit beschädigtem Rückenfortsatz, die eine sichere Bestimmung erschwerten oder geradezu unmöglich machten. Da sich also auf dem Gebiete der Doliolen der »Pola« meine Unter- suchungen hauptsächlich auf diese Ammenstadien beziehen, so sind Fehlbestimmungen vielleicht nicht ganz ausgeschlossen. Bessere Resultate erzielte ich bei der Untersuchung des Thaliaceenmaterials der drei Planktonfahrten des Dampfers »Rudolf Virchow« der Zoologischen Station in Rovigno längs der dalmatinischen Küste, deren Ergebnisse ich in meiner Arbeit »Die Adriatische Thaliaceenfauna« der Öffentlichkeit übergebe. Zur genauern Kenntnis der Organisation war es mir erwünscht, auch lebendes Material dieser Ordnung zu untersuchen, das mir auch durch die Güte des Herrn Professor Dr. C. J. Cori während meines Aufenthaltes im September 1911 an der k. k. Zoologischen Station in Triest zugekommen ist. Zeigte ein Präparat Bemerkenswertes, so wurde es zum Zwecke weiterer Beachtung in Glycerin übergeführt. Dadurch erfolgte eine genügende Aufhellung, um die erforderlichen Beobachtungen machen zu können. Die Ausbeute an Thaliaceen war ziemlich groß. Es lagen viele Salpen vor, bedeutend geringer war die Zahl der Doliolen,;, Pyrosomen waren nur drei vorhanden. Von den von der »Pola« erbeuteten Salpenarten können angeführt werden: Cyclosalpa pinnata Forskäl, Cyclosalpa polae Sigl, Salpa maxima Forskäl, Salpa fusiformis Cuvier, Salpa democratica Forskäl. Von Doliolen wurden von der »Pola«-Expedition nur zwei Spezies gesammelt. Von diesen gehört Doliolum mällleri Krohn dem Subgenus Doliolina und Doliolum denticnlatum Quoy et Gaimard dem Subgenus Dolioletta an. Im Untersuchungsmaterial des »Rudolf Virchow« fand ich zwei für die Adria noch nicht bekannte Salpenarten, nämlich: Salpa rostrata Traustedt und Salpa punctata Forskäl. Letztere ist für das westliche Mittelmeer nachgewiesen, Salpa rostrata ist für das Mittelmeer neu. Neu für die Adria sind auch zwei Doliolum-Arten, nämlich: Doliolum gegenbauri Uljanin und Dololum denticulatum Quoy et Gaimard. Doliolum gegenbauri fand ich im genannten Material in wohlerhaltenen Geschlechts- und Pflegtieren vertreten; Doliolum denticulatum in Ernähr- und Geschlechtstieren und neunmuskeligen Ammen, auch verschiedene Larvenstadien waren im Material der »Virchow«-Fahrten nicht selten. Im Thaliaceenmaterial der I. »Pola«-Expedition fand ich zwei sehr gut erhaltene Exemplare von Pterotrachea (Euryops) mutabilis Tesch ?=syn.: Pf. mutica Contraine, Gegenbaur, Keferstein, Carus), die der Bearbeiter der Heteropoden ! nicht angeführt hat, wahrscheinlich weil sie ihm nicht vor- gelegen hatten. Herr Professor Dr. Ad. Steuer hatte die Güte, die Spezies zu bestimmen, ferner 1 Oxygyras, im Material der III. Expedition 1 Atlanta. 1 A. Oberwimmer 1898. Heteropoden und Pteropoden der »Pola«-Expedition. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. mals Die Auffassung, daß Salpa, Doliolum und Pyrosoma zusammengehören, wurde zu wiederholten Malen von den modernen Tunicatenforschern (Grobben 1882, Korschelt und Heider 1893, Brooks 1893, Seeliger 1895) verteidigt. Auch Neumann (Bronn) ist dieser Ansicht. Ich glaube daher, ganz richtig vorzugehen, wenn ich im Gegensatze zur früheren Auffassung von Savigny, Uljanin 1884, Herdman 1888, Ritter 1905, welche die Pyrosomen zu den Ascidien stellen, in dieser Abhandlung die Pyrosomen zu den Thaliaceen rechne. Ich nehme die Studien, die ich am vorliegenden Material gemacht habe, zur Grundlage, um eine kleine Zusammenstellung dessen, was das zu bearbeitende Material bietet, zu liefern und werde im I. Teil ein möglichst vollständiges tabellarisches Verzeichnis der Stationen anführen, wo Thaliaceen erbeutet wurden. Station 4—161 beziehen sich auf die V. Expedition (1894), deren Forschungsgebiet hauptsächlich die südliche Adria war. Der Il. Teil enthält eine Darlegung der durch die Untersuchungen gewonnenen Resultate in Form einer einfachen Beschreibung des nach Spezies systematisch geordneten Materials. Dabei wird keineswegs eine erschöpfende Behandlung des Stoffes beabsichtigt, da eine solche weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgeht. An jede Spezies ist eine Charakterisierung ihrer horizontalen Ver- breitung geknüpft, verbunden mit einer graphischen Darstellung auf der beigegebenen Textkarte. Die Ver- wertung des hierin niedergelegten Materials wird im III. Teil, der von der geographischen Verbreitung im allgemeinen handelt, erfolgen. Um ein einigermaßen vollständiges Bild von der Verbreitung der verschie- denen Arten im Mittelmeer zu erhalten, habe ich nicht nur die Fundorte der »Pola«-Expedition berück- sichtigt, sondern auch die Fundorte der im gesamten Mittelmeere vorkommenden Thaliaceenarten, welche ich in der Literatur verzeichnet fand, hinzugezogen. Der IV. Teil bietet einige Mitteilungen über die kommensalen Sapphirinen dieser pelagischen Tunicaten. Um die Nomenklatur zu vereinfachen, folge ich dem Beispiel Apstein’s, Streiif’s und Ihle’s und übergehe die früher angewandten Doppelnamen und benenne jede Salpenart nur mit jenem Namen, dem die Priorität zukommt. Gleichzeitig berücksichtige ich die neulich von Dr. J. E. W. Ihle verfaßte Publikation, »Über die Nomenklatur der Salpen«, und setze als Synonym die bisher gebrauchte Bezeich- nung hinzu.! Hinsichtlich der Bezeichnung der Muskeln durch Buchstaben und Zeichen schließe ich mich Streiff an, der 1908 eine sehr wertvolle Studie, »Über die Muskulatur der Salpen und deren systematische Bedeu- tung« veröffentlicht hat. Thalıacea. Die Thaliaceen, eine Ordnung der Tunicaten, zerfallen in die drei Unterordnungen: 1. UO. Desmomyaria, 2. UO. Cyclomyaria, 3. UO. Synthaliacea. Die Desmomyaria umfassen die Fam. der Salpidae mit den beiden Untergattungen: Oyclosalpa Blainville, Salpa Forskäl und die Fam. der Octacnemidae. Zur Unterordnung der Cyclomyaria gehört die einzige Fam. der Doliolidae (Bronn 1862) mit den drei Gattungen: 1. Anchinia Eschscholtz, 2. Dolchinia Korotneff, 3. Doliolum Quoy et Gaimard. Von diesen drei Gattungen zeigt das Genus Doliolum den größten Artenreichtum und die weiteste Verbreitung. Die Unterordnung der Synthaliacea umfaßt die Fam. der Pyrosomidae. 1 Die Arbeit von Poche, »Zur Nomenklatur der Bohadschiidae und der Dagysidae« in: Zool. Anzeiger, Bd. XXXIX, Nr. 11, 12 1912, ist erst nach Abschluß meiner Arbeit erschienen und konnte daher nicht mehr berücksichtigt werden. 29% 216 M. A. Sigl, Genus A. Übersicht der Fangergebnisse der 1.— IV. »Pola«-Epedition Nummer Position der Datum Tageszeit Tiefe in Meter Station Östliche Länge | | Nördliche Breite 23 29. August 1890 6h 30m p. m. 2 2 34° 31' 29" card 23 29. August 1890 6h 30m p. m. 2200291255 34° 31! 29” ca. 9 35 1. September 1890 11h p. m. 20° 21' 42” 32° 50" 36" Oberfläche 40 6. September 1890 4h p. m. 19° 48' 24" 32° 34! 38% 300 46 8. September 1890 73/4 —S1/o® p. m. 2020262365 34° 14' 21° 5 78 13. August 1891 43|,— 51 p. m. 262331 34° 33" Oberfläche 86 25. August 1891 41/,—61/," p. m. 28° 40' 31° 30" 500 4 20. August 1892 43/,—51/," a. m. 19° 10" * 38° 48' Oberfläche 4 20. August 1892 43/,—51/," a. m. 10225105 38° 48' detto 4 20. August 1892 43/,— 51], a. m. 199 10" 38° 48' detto 6 20. August 1892 63/,— 71," p. m. 19° 44' EB I) detto 6 20. August 1892 63, —71/gh p. m. 19° 44' age in" detto 9 23. August 1892 5—51l/oh a. m. 19° 50' 36° 16' detto e) 23. August 1892 5—51/oh a. m. 192750) 36° 16' detto 15 24. August 1892 73], —8!/, p. m. BO 2 36° 6' detto 15 24. August 1892 73], —81/, p. m 2 362.65 detto 29 6. September 1892 5—51/,h am 31° 43" Sao detto 23 4. September 1892 61/,— 72 p.m 2957 31° 40' detto 36 9. September 1892 61/,— 72 p.m 3222116) 32° 41" detto 36 9. September 1892 61/,—7h p.m 32° 16" 32° 41' detto 40 10. September 1892 61/,— 7" p. m 34° 8! 32° 46" detto 40 10. September 1892 61/,— 7A p. m 34° 8! 32° 46' detto 45 12. September 1892 5—5l/h a. m 3aE2 91 Bw 2 0 detto 49 13. September 1892 5—51/oN a.m u 33° 14' detto Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 217 leıl. Salpen im östlichen Mittelmeere. (1890 1893.) | = . Nummer Operation Anmerkung za Es IAUnbrern der = Individuen Stati Station | Oberflächennetz ana ng 10 Oyclosalpa pinnala F orsk. greg. 23 Oberflächennetz 1 Cyeclosalpa polae Sigl sol. 23 NONE en bi) Salpa fusiformis Cuvier greg. 30 Chun’sches Schließnetz Narciit Yon! BHERE! Re 1 detto 40 Barka Oberflächennetz 1 detto sol. 46 Kleines Oberflächennetz Reicher Fang 9 Salpa democratica Forsk. sol. 78 Monaco’s Courtinen- Der Apparat kam halbge- Er F BR an 3, y Y fl [3 S6 schließnetz schlossen herauf; Fang mäßig I Dalmaaa 3 1a BON SZLITESCH a Kleines Oberflächennetz 3 Salpa democralica Forsk. sol. 4 detto 1 Cyelosalpa polae Sigl greg. 4 detto ®Ö Salpa democratica Forsk. greg. 4 detto 1 Cyclosalpa polae Sigl sol. 6 detto 8 detto gVEg. 6 detto 9 detto sol. I detto 16 detto gVEg. I Dunkles Wetter; etwas R } 6 3 ; } : rier s 15 detto See-Phosphoreszenz 1 Salpa fusiformis Cuvier sol. detto detto 12 detto gVeg. 15 detto 1 Cyclosalpa pinnala Forsk. greg. 29 Mondhell, nördlich von Nu DR detto Nosmllen 1 Cyclosalpa polae Sig] sol. NW-Wind; trotz Seegang N ale 36 detto guter Fang 1 Salpa fusiformis Cu vier gveg. detto detto 3 Cyclosalpa pinnala Forsk. greg. 36 detto Südwestl. von Akka 3 Cyclosalpa polae Sigl greg. 40 detto detto 1 detto sol. 40 detto Nordwestl. von Akka 1 detto sol. 45 detto 15 detto LVEZ. 49 Nummer Position der Datum Tageszeit Tiefe in Meter Station | Östliche Länge Nördliche Breite 49 13. September 1892 5—5l/,h a. m. 32° 54' 33° 14' Oberfläche 49 13. September 1892 5—5l/,h a. m. 32° 54' 33° 14' detto 52 13. September 1892 63/,— 71], p. m. Ba? 0% 33238. 45 56 14. September 1892 63/,—71/,® p. m. 34° 53' 33° 48" Oberfläche 57 15. September 1892 5—5!/h a. m. 35° 18" 33° 58" detto 60 15. September 1892 61/,—7h p. m. 34° 22" u g detto 61 16. September 1892 5—51/,h a. m. 33° 59" 34° 10' detto 57 15. September 1892 5—51/,h a. m. 3 3 58 detto 67 21. September 1892 61/,— 74 p. m. 34° 33" 85° hl) 4—5 Tu 28. September 1892 7— 71/3" p. m. SC E27 340 38' Oberfläche 80 29. September 1892 61/,—7R p. m. 31° 16' 362 5 detto 85 2. Oktober 1892 5—5l/yh a. m. 297 10" 35° 19" detto s6 2. Oktober 1892 7—73/,% p. m. 2IE0N 35° 55" detto 58 w 3. Oktober 1892 5—51/yh a. m. 28° 54" ses) detto 213 29. Juli 1893 41/,—43]4" a. m. N 36° 53" detto 222 zn 12. August 1893 71/5 —SN p. m. 26° 48" 36° 32" detto 228 16. August 1893 81,—9h p.m. 28° 39" 362231 detto 228 16. August 1893 81,9 p.m. 28° 39" 36° 3: detto 229 17. August 1893 41—5h a.m. 280 55" 35013) detto 229 17. August 1893 41,—5h a.m. 20 55) 35043" detto 229 17. August 1893 41/,—5N a.m. 28° 55' 35° 43' detto 229 17. August 1893 41/,—5h a.m. 232755. 35° 43' detto 240 30. August 1893 10—101/," p. m. 24° 50' 40° 11' detto 240 30. August 1893 10— 101/,h p. m. 24° 50' 40° 11' detto 241 31. August 1893 12—121/," a. m. 24° 55" 40° 8! detto 241 31. August 1893 12—121/,h a. m. 24° 55! 40° 8! detto 242 31. August 1893 2—2i/)h a. m. 259 il“ 40° 13' detto 242 31. August 1893 2—21/,h a. m. 2, 40° 13' detto | Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 219 nn nn aa j Zn der Nummer Operation Anmerkung ndieidwen Arten der Station Kleines Oberflächennctz 4 Cyclosalpa polae Sigl sol. 49 ’ detto 1 Salpa fusiformis Cuvier greg. 49 detto 1 Cyclosalpa polae Sigl sol. 52 detto Westlich von Beirut 1 Cyclosalpa pinnala Forsk. greg. 56 detto Vor Beirut 1 Cyclosalpa polae Sigl sol. 97 detto 1 Salpa fusiformis Cuvier greg. 60 detto 1 Cyclosalpa polae Sig] sol. 61 detto Vor Beirut 22 detto greg. 57 | detto 1 Salpa fusiformis Cuvier sol. 67 detto Westlich von Cypern 5 detto LIEL: 77 detto 27 detto 80 detto h 3 detto 85 detto 24 detto 86 detto 1 detto sol. 88 detto a 5 Salpa democratica Forsk. sol. 213 detto er und 2 Binteo 999 detto Unter Segel (bei Rhodus) 1 Salpa fusiformis Cuvier greg. 228 detto detto 1 detto sol. 228 detto Unis? Be Reichert en Cyclosalpa pinnala Fo 2 k. greg. 229 detto detto 4 Salpa democralica Forsk. sol. 229 detto detto 3 detto EVEL. 229 detto detto ) Cyclosalpa polae Sig] greg. 229 detto Nordwestl. von Limnos 91 Salpa democralica Forsk. greg. 340 detto detto 19 detto sol. 340 detto Bei Limnos 1 detto 341 detto detto 1 i detto EVeQ. 241 detto 10 detto 242 detto 1 detto sol. 242 220 M. A Sig], B. Übersicht der Fangergebnisse der Salpen V. »Pola«-Expedition Nummer | | Position £ der Datum Tageszeit | Tiefe in Meter talon | Östliche Länge Nördliche Breite 4 | 4. Juni 1894 2 Zwischen Tremiti und Pelagosa ? (104) £ 4 4. Juni 1894 ? detto detto 4 4. Juni 1894 e detto detto 5 5. Juni 1894 B Südöstlich von Pianosa (108) ? b) 5. Juni 1894 ? detto (108) ? 9 6. Juni 1894 2 bei Pianosa ? 9 6. Juni 1894 ® detto in 12 7. Juni 1894 ? 159.28" Moss ? 12 7. Juni 1894 ? 92235 42° 15" 2 17 9. Juni 1894 ? 102 9° 42° 32" ? 21 10. Juni 1894 ? 192 85 A233 ? 27. 13. Juni 1894 S1/,—9h p. m. 1oSlor 42245 Oberfläche 32 15. Juni 1894 93/,—10N" p.m. ao le“ 209 85) detto 38 17. Juni 1894 103), — 111/h a.m. 16° 32° 30" 420 28' 24" 170 44 20. Juni 1894 81/,—9h p. m. 199 119 43° 0' Oberfläche 49 21. Juni 1894 9—91/,h p. m. 500233 A326, detto 50 22. Juni 1894 3—33]," a. m. 157 27° Ass 12 detto } 92 22. Juni 1894 2 rar 40% A257 20 130 2 23. Juni 1894 ? 2 D 130— 170 ? 57 23. Juni 1894 81/,—9" p. m. 15° 12% 42° 22" | Oberfläche 57 23. Juni 1894 81/,—9h p. m. 192 Do 29 detto 105 11. Juli 1894 8—81/,h p. m. 19 all) 37 1) detto " 137 20. Juli 1894 ” 35 1" A403 0) detto 139 | 2 ? 89 5) au il 250 150 24. Juli 1894 Mi a a 410 37" Oberläche 151 | 25. Juli 1894 4— 41], a. m. 1879) un 41° 48' detto je Rx | 161 | 26. Juli 1894 | 5 Te ADS 5% 125 1 Diese Salpen fehlen in der Sammlung. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 221 in der Adria und der Straße von Otranto. (1894). Operation Anmerkung ‚Zander Arten a Station Kurre 660 Salpa demoeralica Forsk. greg. 4 detto 600 detto sol. 4 detto 800 detto greZ. 4 % 246 detto ‚greg 5 41 detto sol. 5 ? 239 detto sol. 9 ? 46 detto greg. ) 2 157 detto greg. 12 ® 14 detto sol. 12 ® Zwischen Pelagosa u. Cazza 6 detto sol. 17 2 1 detto sol. 21 Pelagisch Bei Pelagosa 2 detto sol. 27 detto Südlich von Lagosta 1 detto greg. 32 Tannernetz Bei Cazza 6 detto greg. 38 Pelagisch Bei Lissa 1 detto reg. 44 deto Bun ee ! ges Se = detto Bei Pelagosa 5 detto greg. 50 Tannernetz Südwestl. von S. Andrea 4 detto sol. 52 Kurre ? 18 Salpa maxima Forsk. greg. ? Pelagisch Ca. 34 Meilen von Ortona 2 Salpa democratica Forsk. greg. 57 detto detto 4 detto sol. 57 Seas BG A ne 5 Salpa fusiformis Cuvier greg. 105 detto ) Salpa democratica Forsk. greg. I 137 Tannernetz Südliche Adria 10 Salpa maxima Forsk. greg. 139 Pelagisch an Ann 5 1 detto sol. 150 detto 1 Salpa democralica Forsk. sol. 151 Tannernetz 1 detto 161 Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 30 222 M. A. Sigl, II. Teil. Systematische Ergebnisse. Die von Forskäl 1775 gegründete Gattung Salpa wurde 1827 von Blainville in die beiden Unter- gattungen Cyclosalpa und Salpa gespalten, welche Teilung im Laufe der Zeit immer anerkannt wurde. Ein Eingriff in das System erfolgte durch Lahille. Er versuchte die Untergattung Salpa wieder in kleinere Gruppen aufzulösen und unterschied: Salpa, Thalia, Pegea, Jasis. Apstein (1894, p. 24) weist Lahille’s System als ein künstliches, als ein nur auf den Embryo Rücksicht nehmendes zurück, da es Salpen miteinander vereinigt, deren Zusammengehörigkeit in Frage zu stellen ist. In seinen späteren Arbeiten unterschied Apstein nur die beiden Subgenera: Cyclosalpa und Salpa. Streiff vereinigt die drei Untergattungen Lahille's: Thalia, Pegea und Jasis zu einer einzigen Gruppe. Auf Grund seiner Untersuchungen auf dem Gebiete der Muskulatur der Salpen unternimmt Streiff einen neuen Eingriff in das System, indem er das Subgenus Salpa in die beiden Gruppen: Polymyaria (mit größerer Anzahl von Muskeln) und Oligomyaria (mit geringerer Anzahl von Muskeln) spaltet. Streiff führt die gesamte Muskulatur des Salpenkörpers auf drei Systeme zurück und zwar auf die Mund-, Körper- und Cloakenmuskulatur. Schon Leuckart (1854) hatte darauf hingewiesen, daß es sich bei der Mund- und Analmuskulatur der Salpen um ein System von Sphincteren handelt. Streiff bestätigt diese Meinung, indem er bei der Diagnose der Salpenarten nicht nur auf die Körper- muskeln, sondern auch auf die Ausbildung der Muskulatur der Ein- und Ausströmungsöffnung sein Hauptaugenmerk richtet. An der Mundmuskulatur unterscheidet Streiff ein eingeklapptes Segel als vordersten Teil. Den Muskel, der auf demselben verläuft, bezeichnet er als Segelmuskel; für den dorsalen Halbring wählt Streiff die Bezeichnung A, für den ventralen a. Verdoppelt sich ein Halbring, so wird der distale mit A,, der proximale mit A, respektive a, und a, bezeichnet. Auf der Ober- und Unterlippe verläuft der Lippenmuskel B. Dessen Teilmuskeln bezeichnet Streiff B,, B, respektive b,, b,. Die Verlängerung des Segel- und Lippenmuskels bildet das Zügelstück za und zb. Ein weiterer Muskel verläuft dem Flimmerbogen entlang zum Mundwinkel. Es ist der Bogenmuskel C, den Streiff ebenfalls zur Muskulatur der Einströmungsöffnung rechnet. Dieselbe Dreizahl von Muskeln tritt auch bei der Cloakenmuskulatur auf. Streiff hat für dieselbe die Bezeichnung X, Y, Z respektive x, y, z vorgeschlagen. Zwischen den Muskeln der In- und Egestionsöffnung liegt die Körpermuskulatur im engern Sinne, welche bei der Diagnose der Salpenarten eine dominierende Rolle spielt. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 223 Subgenus Cyclosalpa Blainville. Cyclosalpa pinnata Forskäl (1775). PROLES GREGATA. Cyclosalpa pinnata gregata fand ich in fünf Stationen, darunter ein Ringkettchen in guter Erhaltung. Fundorte der österreichischen »Pola«-Expedition: Im östlichen Mittelmeer. I. Expedition 1890. Station Nr. 29: 29. August, 22° 29’ 25” östl. Länge von Greenwich, 34° 31’ 29” nördl. Breite, griechischer Archipel, Fang mittels des Oberflächennetzes; Tiefe 5 m; 6” 30” p. m. 9 ganz jugendliche Exemplare. I großes Exemplar 45 mm, das größte der erbeuteten Stücke dieser Art. III. Expedition 1892. Station Nr. 29: 6. September, 31° 43’ östl. Länge, 32° 21’ nördl. Breite, afrikanische Küste, an den Nil- mündungen, Fang mittels des Oberflächennetzes; 5—5® 30” a. m. l ziemlich ausgewachsenes Exemplar von 33 mm Körperlänge. Station Nr. 36: 9. September, 32° 16’ östl. Länge, 32° 41’ nördl. Breite, afrikanische Küste, Oberflächen- fang; 6% 30" — 7% p. m. 1 jugendliches Individuum, 2 Individuen von mittlerer Größe. Station Nr. 56: 14. September, 34° 53’ östl. Länge, 33° 48’ nördl. Breite, syrische Küste vor Beirut, Fang mittels des kleinen Oberflächennetzes; 6" 45” — 7" 15% p. m. l ausgewachsenes Exemplar, 42 mm lang. IV. Expedition 1893. Station Nr. 229: 17. August, 28° 55’ östl. Länge, 35° 43’ nördl. Breite, bei Rhodus, Oberflächenfang; A025 arm: 1 Ringkettchen, bestehend aus 5 Individuen. (Die zugehörigen Seetemperaturen, der Salzgehalt, die Vertikalverbreitung können leider nicht berücksichtigt werden, da nahezu sämtliche Beobachtungen an den einzelnen Fundorten nichts davon erwähnen.) Die Exemplare, welche von der »Pola«-Expeditıon erbeutet wurden, stimmen sehr gut mit Streiff’s Beschreibung (1908, p. 14) und Abbildung (Taf. 1, Fig. 4) überein. Eine kleine Abweichung macht sich darin geltend, daß Muskel X nicht an Muskel 3 stößt, sondern in beträchtlicher Entfernung vor demselben vorüberzieht. Testa. Sie ist stark entwickelt und von fester Konsistenz. Muskulatur. Die Oberlippe hat kein eingeklapptes Segel. Das Segel der Unterlippe ragt weit in das Innere der Mundöffnung vor und bildet einen festen Verschluß. Der Segelmuskel ist dorsal einteilig, ventral in zwei Ästchen gespalten. Der dorsale Halbring vereinigt sich mit dem ventralen im Mundwinkel und bildet ein Zügelstück, das zum I. Körpermuskel zieht. Der Lippenmuskel spaltet sich dorsal in 2 Teilmuskeln, bleibt aber ventral einteilig. Das Zügelstück des Lippenmuskels zieht gemeinsam mit 30: jenem des Segelmuskels bis zum 1. Körpermuskel. Der ventrale Abschnitt des Bogenmuskels (C) verläuft in das Haftorgan, das dorsale Ende vereinigt sich in der Nähe des Ganglions mit dem 1. Körpermuskel Vor seinem Ende zweigt distalwärts das kleine Muskelchen c ab, das den Lippenmuskel (B,) nicht erreicht. Der 1. Cloakenmuskel (X) ist sehr breit und nähert sich in der dorsalen Mediane ein wenig dem 3. Körpermuskel. Er wurde von den meisten der Autoren als 4. Körpermuskel betrachtet. Der 2. Cloaken- muskel (Y) entsendet ein Zügelstück z2y nach vorn. Der 3. Cloakenmuskel (Z) löst sich in mehrere Teil- muskeln auf. Von den 4 Körpermuskeln bilden Muskel 1 und 2 eine Gruppe. Muskel 4 stößt seitlich an Muskel X und zwar gegenüber jener Stelle, wo das Zügelstück des 2. Cloakenmuskels an Muskel X herantritt. Der Nervenknoten liegt in einiger Entfernung vor dem 1. Körpermuskel und trägt ein hufeisen- förmiges Sehorgan. Darmkanal. Der Darmtraktus ist gestreckt und mündet in der Nähe des Ganglions in den Kiemen- darm. An der Übergangsstelle des Ösophagus in den Magen ist, wie bekannt, ein ansehnlicher Blindsack. Kette. Die Anordnung der Glieder an der Kette ist, wie längst bekannt, rosettenartig. Das bei Station Nr. 229 erbeutete Ringkettchen hat 5 Individuen aggregiert. Die charakteristische Form des Haftorgans Fig. 1. Verbreitung von Gyclosalpa pinnata greg.k- für ©. pinnata greg. ist ein ansehnlicher flossenartiger Fortsatz. Die Haftfortsätze sämtlicher 5 Individuen dieser rosettenförmigen Kolonie treffen sich im Zentrum. Die Solitärsalpe dieser Spezies wurde von der Expedition nicht erbeutet. Verbreitung. Cyclosalpa pinnata gregata (Textiigur 1) wurde im Untersuchungsgebiet der »Pola«- Expedition an verschiedenen Positionen gefischt, sowohl im griechischen Archipel, südlich vom Kap Matapan, als auch an der syrischen Küste und bei Rhodus. In einzelnen Exemplaren trat sie auch an der afrikanischen Küste nahe bei den Nilmündungen auf. In der Adria scheint diese Cyclosalpe zu fehlen. Im westlichen Mittelmeer gehört C. pinnata zu den häufigsten Formen. Schmidtlein, Lo Bianco und Apstein erwähnen ihr Vorkommen in Neapel. Bei Messina, Nizza wurde ihr Auftreten von Vogt, in Villafranca von Vogt und Seeliger konstatiert. Nach Carus (1884, p. 493) ist ihr Vorkommen auch aus folgenden Punkten des westlichen Mittelmeeres bekannt: Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 225 Juxta ins. Ivigam 1 (Forskäl), Banyuls (Lahille), Genova (»coerulea« D. Ch. Verany), Napoli (Delle Chiaje), Messina (Krohn). Die »Valdivia«-Expedition erbeutete C. pinnata bei Gibraltar und bei den Balearen. Im Museum des Zoologischen Institutes der k.k. UniversitätInnsbruck liegt C. pinnata in mehreren sehr wohlerhaltenen Exemplaren aus Neapel vor. C. pinnata ist aus allen drei Ozeanen bekannt. Selten scheint ihr Vorkommen im Südatlantischen Ozean zu sein. Von Traustedt ist nur 1 Fundort an der brasilianischen Küste angegeben. Im Atlantischen Ozean findet diese Art ihre nördliche Grenze bei ca. 56° nördl. Breite, ihre südliche Grenze bei 23° südl. Breite. Durch Apstein sind Fundorte bekannt aus dem Floridastrom, aus dem Südäquatorialstrom, aus der Sargassosee, wo sie besonders häufig ist, wieder ein Beweis, daß das Mittelmeer in seiner Thermik und in der Zusammensetzung des Planktons vielfach Verhältnisse zeigt, die mit denen der Sargassosee, dem bestdurchwärmten Teil des Atlantik, verglichen werden können (vgl. Planktonkunde von Steuer 1910). Durch Traustedt wurde sie aus dem Golfstrome nachgewiesen. Ebenso kennen wir Fundorte aus dem Pacifischen Ozean, die so viel erkennen lassen, daß C. pinnata auch hier in den warmen Gewässern vorkommt. Von der »Challenger«-Expedition wurde sie nach Apstein (1906) zwischen Japan und den Papua-Inseln in großen Ansammlungen gefunden. Im Indischen Ozean ist C. pinnata ziemlich gleichmäßig verteilt, namentlich im Gebiete der lauen und warmen Strömungen. Cyclosalpa polae Sigl. Bei der Bearbeitung des Thaliaceenmaterials der österreichischen »Pola«-Expedition stieß ich auf eine neue Salpenform, welche sich bei näherer Betrachtung als eine Spezies des Subgenus Cyclosalpa erwies. Sie liegt in einer nicht unbedeutenden Anzahl sowohl als aggregierte als auch solitäre Form im Untersuchungsmaterial vor. Zunächst führe ich das Verzeichnis der Stationen an, wo die neue Salpe gefischt wurde. Hierauf möge eine kurze Beschreibung der betreffenden Spezies folgen, welche ich unter der Bezeichnung »Cyclosalpa polae« in einer vorläufigen Mitteilung im Zoologischen Anzeiger, Bd. XXXIX, Nr. 2, p. 66, bereits der Öffentlichkeit übergeben habe. PROLES SOLITARIA. (Taf. 1, Fig. 1, 2, 3.) Fundorte der österreichischen »Pola«-Expedition: Im östlichen Mittelmeer. I. Expedition 18%. Station Nr. 23: 29. August, 22° 29’ 25” östl. Länge, 34° 31’ 29” nördl. Breite, südwestlich von Candia; Fang mittels des Oberflächennetzes; Tiefe ca. 5 m; 6302, pEm: 1 ziemlich gut erhaltenes Exemplar von 20 mm Körperlänge. II. Expedition 1892. Station Nr. 6: 20. August, 19° 44’ östl. Länge, 38° 11’ nördl. Breite, Höhe von Kephalonia im Jonischen Meer, Oberfläche, Fang mittels des kleinen Oberflächennetzes, 6 Asa Sup: m. 1 kleines Exemplar 15 mm lang. 1 A rupe Belgran juxta Insulam Ivicam (Forsk.). 226 M. A. Sigl, Station Nr. 9: 23. August, 19° 50’ östl. Länge, 36° 16’ nördl. Breite, Jonisches Meer, kleines Oberflächen- netzs 592 52 502 am! 9 sehr gut erhaltene Exemplare, davon 2 ausgewachsene Stücke von 25-28 mm Länge mit entwickeltem Stolo, 4 Individuen von mittlerer Größe, 20—22 mm, 3 sehr jugendliche Individuen mit Placenta und Eleoblast. Station Nr. 23: 4. September, 29° 57’ östl. Länge, 31° 40’ nördl. Breite, nördlich von Alexandrien, Ober- fläche, kleines Oberflächennetz. 1 ziemlich ausgewachsenes Stück, 23 mm, gut erhalten. Station Nr. 40: 10. September, 34° 8’ östl. Länge, 32° 46’ nördl. Breite, südwestlich von Akka, Oberfläche, kleines Oberflächennetz; 6% 30% —7® p. m. 1 mittelgroßes Exemplar, 21 mm. Station Nr. 45: 12. September, 34° 29’ östl. Länge, 33° 20’ nördl. Breite, nordwestlich von Akka, Fang mittels des kleinen Oberflächennetzes, Oberflächenfang, 5" —5" 30” a. m. 1 ausgewachsenes Individuum, 40 mm mit entwickeltem Stolo. Erhaltungszustand sehr gut. Station Nr. 49: 13. September, 32° 54’ östl. Länge, 33° 14’ nördl. Breite, südlich von Cypern, Fang mittels des Oberflächennetzes; 5? —5® 30” a. m. 2 jugendliche Exemplare 12— 13 mm, 2 mittelgroße Stücke, 21 mm lang, gut erhalten. Station Nr. 52: 13. September, 33° 20’ östl. Länge, 33° 38’ nördl. Breite, südlich von Cypern, kleines Oberflächennetz, Tiefe 4—5 m; 6° 45% — 7° 30% p. m. 1 ziemlich großes Exemplar, 30 mm, Erhaltungszustand mangelhaft Station Nr. 57: 15. September, 35° 18’ östl. Länge, 33° 58’ nördl. Breite, vor Beirut, kleines Oberflächen- netz, Oberfläche; 5? —5" 30% a. m. 1 sehr jugendliches Individuum, 9 mm Länge. Station Nr. 61: 16. September, 33° 59’ östl. Länge, 34° 10’ nördl. Breite, kleines Oberflächennetz, Ober- flächenfang; 5" —5" 30” a. m., zwischen Cypern und der syrischen Küste. 1 ziemlich mazeriertes Exemplar, 26 mm Körperlänge. Körpergestalt. Die Körpergestalt ist tonnenförmig, etwas dorsoventral abgeplattet, was vielleicht nur eine Folge der gedrängten Lage der Exemplare in den Gläsern sein dürfte. Die Embryonen-sind gewölbt. Eine schwache Einschnürung hebt das Vorderende hervor, das Hinterende ist etwas verschmälert. Die Länge der Individuen der solitären Form betrug im Maximum 40 mm. Testa. Der Mantel (Fig. 1, 2 n) ist außerordentlich zart und dünn, durchsichtig und weich, ohne Pigmentierung. Ingestions- und Egestionsöffnung. Erstere (Fig. 1—3 :) ist sehr weit. Beide stehen terminal. Die Egestionsöffnung (Fig. 1—3 e) ist nach dem rohrförmigen Cloakentypus gebaut, ein charakteristisches Merkmal für alle Cyclosalpen (Streiff, 1908). Muskulatur. Die Muskulatur der Einströmungsöffnung stimmt mit Streiff’s Beschreibung für Cyclosalpen im allgemeinen überein. Die beiderseitigen dorsalen Abschnitte des Segelmuskels (Fig. 1, 2, A,,4,) sind gut entwickelt und stoßen in der Medianlinie zusammen. Der Lippenmuskel ist dorsal in 2 Teilmuskeln (Fig. 1, 2 D,, B») gespalten, ebenso der ventrale Teil des Segelmuskels; a, ist bedeutend schwächer entwickelt als a,. Das Zügelstück des Segelmuskels (Fig. 1, 22a) reicht bis zum 1. Körper- muskel. Ein zweites Zügelstück (Fig. 2, 325), die Verlängerung des Lippenmuskels, verläuft ebenfalls vom Mundwinkel bis zum 1. Körpermuskel. Der Bogenmuskel (Fig. 1—3 C) nähert sich ventralwärts dem Endostyl, dorsal endet er in einiger Entfernung von der Mediane in der Querebene des Ganglions. Im Verlaufe der beiden Längsmuskelchen (Fig. 1, 2c), welche vor den dorsalen Endigungen des Bogen- DD DD u | Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. muskels abzweigen und distalwärts ziehen, finde ich eine Abweichung vom gewöhnlichen Typus, indem Muskel c unmittelbar an Muskel B, anstößt. Streiff erachtet diese beiden Muskelbändchen, die für alle Cyelosalpen charakteristisch sind, als ein Homologon jener Längsmuskeln, die bei den meisten Salpen auf der Oberlippe vorkommen, und die schon von Leuckart erkannt und als »Levatoren« bezeichnet wurden. Der 1. Cloakenmuskel (Fig. 1-3 X) steht den Körpermuskeln an Breite wenig nach. Er bildet den proximalsten Teil des cloakalen Sphincters. Muskel X dokumentiert sich als solcher durch seine Insertion hinter dem Magen vor den beiden Blinddarmsäcken. Der 2. Cloakenmuskel (Fig. 1-3 Y) ist etwas schmäler und umspannt als geschlossener Ring die Egestionsöffnung. Muskel Z, als 3. Cloakenmuskel (Fig. 1—3Z) zeigt keine Differenzierung; er zerfällt in S—9 schmale unter sich parallele Muskelbändchen. Zwischen dem System der Mund- und Cloakenmuskulatur liegen 6 Körpermuskeln (Fig. 1— 3). Muskel 1—5 sind dorsal unterbrochen. Muskel 1 und 2 konvergieren gegen die Mediane, Muskel 3—5 verlaufen parallel. Die beiden Enden des 6. Körpermuskels biegen nach vorn und ziehen in der dorsalen Mediane als unpaarer Längsmuskel zwischen den Endigungen der übrigen Körpermuskeln bis in die Nähe des Muskels 2. Sämtliche Körpermuskeln sind ventral unterbrochen und Konvergieren gegen die Mitte. Bei einem Exemplar waren die beiden ersten ventralen Körpermuskeln auf der rechten Körperseite untereinander verschmolzen. Im übrigen war die Anordnung der Muskeln bei den einzelnen Individuen konstant und zeigte keinerlei Übergänge zu verwandten Formen. Sinnesorgan. Das Ganglion (Textfigur 2) liegt zwischen den beiden Endigungen des dorsalen Abschnittes des Bogenmuskels (C) in einiger Entfernung von der Hypophysis. Es ist kugelig und trägt ein Auge, das bei den untersuchten Exemplaren die Gestalt eines Hufeisens besitzt. Die Flimmergrube (Textfigur 3) ist eine flache Vertiefung mit gewelltem Saume, die sich nach rechts öffnet. Sie liegt dicht vor der Stelle, wo die Flimmerbogen zusammentreten. Darmkanal. Der Endostyl (Textfigur 4 end) ist in seinem vorderen Teil schwach gekrümmt und erstreckt sich bis in das Feld, das zwischen dem 5. und 6. Körpermuskel liegt. Die Kieme (Textfigur 4 7), Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. ziemlich lang und dünn, reicht von der Flimmergrube bis zur Querebene des 1. Cloakenmuskels. Der Darmtraktus (Textfigur 4) hat gestreckte Form, verläuft im Kiemenrohr nach vorn und mündet in der Höhe des 2. Körpermuskels in den Kiemendarm. Kurz hinter der Ösophagealöffnung trägt der Darm- kanal 2 seitliche Anhänge (Textfigur 4 nb), welche bei der nahe verwandten Form Cyelosalpa pinnata von den Autoren als Blindsäcke betrachtet werden. 228 M. A. Sigl, Eine Anzahl jugendlicher Individuen ist noch mit Placenta und Eleoblast ausgestattet. Leuchtorgane. Seitlich besitzt Cyclosalpa polae sol. jederseits fünf Leuchtorgane (Fig. 1, 21a). Brooks hat zuerst die physiologische Bedeutung dieser Organe erkannt; er schreibt darüber: »the licht that is emitted by these organs in Salpa pinnata is so intense that it glows brilliantly under the noonday sun of the tropics«. Stolo. Der Stolo ist gestreckt, verläuft der ventralen Körperseite entlang nach vorn, biegt schlingen- förmig um; an Breite zunehmend wendet er sich gegen die rechte Körperseite und tritt zwischen dem 2. und 3. Körpermuskel nach außen. PROLES GREGATA. (Taf. I, Fig. 4, 5, 6). Fundorte der österreichischen »Pola«-Expedition: Im östlichen Mittelmeere. III. Expedition 1892. Station Nr. 4: 20. August, 19° 10’ östl. Länge, 38° 48’ nördl. Breite, im Jonischen Meer, Oberflächenfang, kleines Oberflächennetz; 4" 45% —5% 15” a. m. 1 halb ausgewachsenes Individuum, 22 mm Körperlänge, gut erhalten. Station Nr. 6: 20. August, 19° 44’ östl. Länge, 38° 11’ nördl. Breite, Höhe von Kephalonia, Oberfläche, kleines Oberflächennetz, 6° 45% — 7% 15" p. m. 8 jugendliche Exemplare, 8-13 mm lang, wenig gut erhalten. Station Nr. 9: 23. August, 19° 50’ östl. Länge, 36° 16’ nördl. Breite, Jonisches Meer, Fang mittels des kleinen Oberflächennetzes; 5?—5!" 30” a. m. 16 Stück von verschiedener Größe. Davon: 4 ausgewachsene Stücke, 24—30 amın, 2 mittel- große Stücke, 20—22 mm, 10 jugendliche Exemplare, 10—16 mm. Die meisten gut erhalten, 2 mazeriert. Sapphirina angusta 9 als Raumparasit. Station Nr. 40: 10. September, 34° 8’ östl. Länge, 32° 46’ nördl. Breite, südwestlich von Akka, Oberfläche, kleines Oberflächennetz; 6% 30" — 7" p. m. 3 mittelgroße Exemplare, 16— 18 mm. Station Nr. 49: 13. September. 32° 54’ östl. Länge, 33° 14’ nördl. Breite, südlich von Cypern, Oberflächen- fang, kleines Oberflächennetz; 5% — 5" 30” a. m. 15 Individuen, davon: 2 kleine Stücke von Smm Länge, die übrigen nahezu gleich groß, 14— 16 mm, einige mazeriert. Station Nr. 57: 15. September, 35° 18’ östl. Länge, 33° 58’ nördl. Breite, vor Beirut, Oberflächenfang, Oberflächennetz; 5?—5" 30” a. m. 22 Exemplare, 2 gut erhaltene ziemlich ausgewachsene Stücke von 26, 27 mm, 6 mittelgroße von 20— 22 mm, 14 jugendliche Exemplare, 8— 14 mm. IV. Expedition 1893. Station Nr. 229: 17. August, 18° 55’ östl. Länge, 35° 43’ nördl. Breite, östlich von Rhodus, kleines Ober- flächennetz, 4" 30”—5% a. m. 9 Individuen von verschiedener Größe, wenig gut erhalten. 2 Stücke nahezu unkenntlich. Körperform. Die Körpergestalt ist fäßchenartig mit abgerundeten Enden. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 229 Testa. Der Mantel (Fig. 4, 6 m) ist sehr durchsichtig, etwas konsistenter als bei der solitären Form. Die Länge des größten der Exemplare beträgt 30 mm. Ein- und Ausströmungsöffnung. Die Ingestionsöffnung (Fig. 4—6i) liegt terminal. Eine dorsale Lage der Egestionsöffnung fand ich bei den Stolo-Individuen, bei ausgewachsenen Individuen hingegen liegt sie terminal. Die Ausströmungsöffnung ist hier wie bei der solitären Form nach dem Bauplan des Rohrtypus gestaltet, was für ein primitives Verhalten dieser Salpenart spricht. Ein weiteres primitives Merkmal ist wohl auch die Ausbildung einer vollkommen symmetrischen Muskulatur, durch welche diese Salpe ausgezeichnet ist. Muskulatur. Der Segelmuskel (Fig. 4, 6A) umsäumt als unpaarer Muskel den dorsalen Rand des Segels. Er zeigt keine Reduktion wie bei Cyclosalpa pinnata, sondern ist ziemlich stark ausgebildet. Ventral spaltet sich der Segelmuskel in zwei Ästchen (Fig. 5, 6a,, a,). Der Lippenmuskel hingegen ist dorsal zweiteilig (Fig. 4, 6B,, B,), ventral ungeteilt (b). Der Bogenmuskel (Fig. 4—6 C) steht dorsal mit dem 1. Körpermuskel in Verbindung. Er läuft dem Flimmerbogen entlang und kreuzt den Segel- und den Lippenmuskel im Mundwinkel. Seinen weitern Verlauf konnte ich bis zum Endostyl verfolgen; von dort ab setzt er sich in den Haftstiel fort. Die beiden Levatoren der Unterlippe — die Muskelchen c (Fig. 4, 6c) sind gut entwickelt, kreuzen den Flimmerbogen und bilden gleichsam eine Verbindungsbrücke zwischen dem Lippenmuskel (B,) und dem dorsalen Teil des Bogenmuskels (C). Vom Mundwinkel ab verlaufen das Zügelstück des Segelmuskels (Fig. 62a) und das Zügelstück des Lippenmuskels (zb) gemeinsam bis zum 1. Körpermuskel. Die Körpermuskeln (Fig. 5, 6,—_,) sind 4an Zahl. Muskel I und 2 sind dorsal auf eine bedeutende Strecke miteinander verwachsen; an den beiden Seiten treten sie aneinander, ventral verlaufen sie in das Haftorgan. Der Verlauf der Muskeln an der rechten und linken Körperseite ist vollkommen symmetrisch zum Unterschied von der sehr nahe verwandten Form €. bakeri Ritter. Ein ansehnlich breiter Muskel verbindet sich dorsal mit dem 3. Körpermuskel über eine große Strecke. Ersteren bezeichne ich als 1. Cloakenmuskel (Fig. 4, 5, 6X), denn seine beiden Enden inserieren hinter dem Magen zu beiden Seiten Fig. 5. Fig. 6. des Blindsackes. Der 4. Körpermuskel trifft dorsomedian mit seinem symmetrischen Ende nicht zusammen, sondern schließt sich seitlich an den 1. Cloakenmuskel (X) an. Dieser Zusammenstoß erfolgt nicht gegen- über jener Stelle, wo das Zügelstück des 2. Cloakenmuskels (zy) an Muskel X herantritt, wie bei der ver- wandten Form, Cyclosalpa pinnata, sondern bedeutend mehr ventralwärts (Textfigur 5). Der 2. Cloakenmuskel Y ist schmäler als der erste; er ist ein geschlossener Ring und steht durch das genannte Zügelstück (zy) mit Muskel X in Verbindung. Muskel Z, als 3. Cloakenmuskel (Fig. 4—6 Z), zeigt primitiven Charakter. Er löst sich in eine Anzahl von Teilmuskeln auf, ohne eine Andeutung eines Zügelstückes erkennen zu lassen. Flimmergrube (Textfigur 6). Sie liegt in einiger Entfernung vor dem Ganglion und hat die Form eines gewundenen Hufeisens mit der Öffnung nach vorn; deren Enden gehen über in den Flimmerbogen (Textfigur 6fl), der beiderseits dem Bogenmuskel (C) entlang verläuft. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 31 230 M. A. Sigl, Darmtraktus. Der Darmkanal ist gestreckt, die Ösophagealöffnung liegt an der rechten Körper- seite. Kurz hinter dem Ösophagus trägt der Darm einen kurzen Blindsack. Der Darmkanal verläuft parallel mit dem Endostyl nach vorn und mündet ungefähr in der Querebene des 2. Körpermuskels in den Kiemen- darm. Die Kieme erstreckt sich als dünnes Rohr von der Flimmergrube bis zum Darm. Leuchtorgan. Ein großes, breites Leuchtorgan (Fig. 4, 6la) liegt an jeder Körperseite im Felde zwischen dem 2. und 3. Körpermuskel. Genitaldrüsen. Dem Darme aufgelagert sind die gelb-braun pigmentierten Hodenschläuche. Das Ovarium liegt an der rechten Körperseite unter dem 1. Cloakenmuskel. An der rechten Körperseite vor dem 3. Körpermuskel ist 1 Embryo vorhanden. Kette. Die Individuen sind am Stolo in 2 parallelen Reihen angeordnet in einer Weise, daß die Glieder der einen Reihe alternieren mit den Gliedern der anderen Reihe. Die Glieder dieser Kommunität haften mittels ihres langen unpaaren Fortsatzes mit dem knöchelartig verbreiterten Fußstück (Textfigur 7) aneinander, welche Art der Anheftung an Cyclosalpa affinis erinnert. Dieser unpaare Fortsatz liegt ventral vom Endostyl in der vordern Körperhälfte, ist lang und dünn und enthält die Verlängerungen des 1. und 2. Muskelbandes sowie die Fortsetzung des Bogenmuskels (C). An einem vom Stolo abgelösten Stück fand ich die distalsten Glieder zu Dreiergruppen vereinigt. Sie waren radial gestellt und hingen mittels der langen Haftfortsätze im Zentrum der Kette zusammen. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 8. Cyclosalpa pinnala Forskäl sol. Lateral. Fig. 9. Cyclosalpa pinnala Forskäl greg. Lateral. Der Hypophysis - Ganglionkomplex dieser Stoloindividuen, auch der Darmtraktus waren noch unreif und gestatteten keine genaue Untersuchung. Die Muskulatur zeigte auffallende Übereinstimmung mit jener der ausgebildeten Kettentiere. Genaue Untersuchungen und der Vergleich mit den von Herrn Professor Dr. K. Heider gütigst mir zur Verfügung gestellten Präparaten von Cyclosalpa pinmata sol. und den Abbildungen anderer Autören brachten trotz zweifellos naher Verwandtschaft mit Oyclosalpa pinnata Forskäl (Textfigur 8, 9)! nicht 1 Kopien nach Streiff (Taf. I, Fig. 2 u. 4). Se) de) Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. unwesentlich abweichende Merkmale zutage, welche die Identität mit dieser Art ausgeschlossen erscheinen lassen. So waren es hauptsächlich die Anordnung der Muskulatur bei der solitären und nicht minder bei der gregaten Form neben Unterschieden in der Entwicklung der Testa, im Bau der Flimmergrube, in der Ausbildung des Haftorgans und der Kette, welche in dieser Hinsicht bestimmend wirkten. Weitgehende Übereinstimmung besteht ferner mit Cyclosalpa bakeri Ritter (Textfigur 10— 12)!. Die großen Ähnlichkeiten namentlich im Verlaufe der Muskulatur, in der Ausbildung der Flimmergrube der gregaten Form ließen daran denken, daß sich unter den Salpen des östlichen Mittelmeeres möglicherweise Lokalrassen gebildet hätten. Daß wir es aber mit Cyelosalpa bakeri nicht zu tun haben, erhellt am besten Fig. 10. Kiealıle Fig. 12. Fig. 10. Oyelosalpa bakeri Ritter sol. Dorsalseite. Fig. 11. Cyclosalpa bakeri Ritter sol. Ventralseite. Fig. 12. Cyclosalpa bakeri Ritter greg. Lateral. daraus, daß, wie folgende Tabelle zeigen soll, die Abweichungen zwischen den beiden Formen jedenfalls so beträchtlich sind, daß eine Identifizierung nicht möglich ist und die Aufstellung einer neuen Art als gerechtfertigt erscheint. Einige Beziehungen sowohl in der solitären als auch in der gregaten Form dürfte Cyclosalpa polae auch mit Cyclosalpa floridana Apstein 1906 (Textfigur 13, 14)? aufweisen. (Es liegen mir keine Originalpräparate vor. Ich möchte somit nur feststellen, daß sich meine Abbildungen auf Oyclosalpa floridana Apstein |1906a] non Apstein [1894] beziehen [Fig. 7 und 8]). Die in meiner Publikation »Cyclosalpa polae n. sp.« in: Zoolog. Anzeiger, Bd. XXXIX, p. 73, fälschlich bezeichnete Cyclosalpa floridana Apstein 1894 ist identisch mit Cyclosalpa floridana Apstein 1906. 1 Kopien nach Ritter. 2 Kopien nach Apstein 1906, Fig. 7 und 8. 31* M. A. Sigl, 232 Forma solitaria. EEE EEE = Körpermuskeln Körpermuskel Körperlänge Flimmergrube Mundmuskulatur ! 15 = F 6 % = — I} ventromedian getrennt, dorso- median gegen die “ Mitte konvergierend 40 mm (Apst.) 75 mn (Traust.) 45 nm (Pola) Muskel c hängt mit Muskel B, nicht zusammen zieht in der dorsalen Mediane nicht nach vorn Cyeclos. pinnala a it gewellte Forskäl (1775) Nach mit gewelltem Rand zieht in der dorsalen Mitte nach vorn bis Muskel 4 ventromedian zusammenhängend, dorsal 2—4 parallel Muskel c hängt mit Muskel B, nicht zusammen hufeisenartig gewunden Cveclos. bakeri Ritter (1906) 41 mm (Ritter) ventromedian getrennt, dorsal 3—5 parallel Muskel c hängt mit Muskel 3, zusammen zieht dorsal nach vorn bis Muskel 2 weit und flach mit gewelltem Saum Cyclos. polac (1912) 40 mm (Pola) ventromedian nicht getrennt, dorsal parallel 2—4 Muskel 5 S-förmig geschlungen Cyclos. floridana Apstein (1906) non Apstein (1894) gekrümmt mit ventralwärts gerichteter Konka- vität Muskel c hängt mit Muskel B, zusammen 17 mm (Apst.) 41 mm (Ritter) zieht dorsal nach vorn bis Muskel 2 Forma gregata. | — m m nm por ro ES EOTR RESP TErPESEEBETeTrSEEeEREEEegErERT eg BES IRICERSERSCHSESSSCESRRESEESUERTEESZEUSFSESER SEES SCERERSETPEBeTBETEEBETEgEEEENEEmeSEESETEIERDTSECTSERTRREZSEESEREEEEE DEE EBEFEAESENaFRSrBSSEE Oper eng SEE Er EREngEEEEEEEETOEEEEERmeTR Flimmer- Dorsale Ventrale de n nase organ Muskulatur Muskulatur Denmimaluns ei 92 atı 335, van Er a 1 en gestreckt, nicht Ring 27 g. ’@ 1 1 r > di ’ a: es en an en Muskel 2 zusammen, N in einem Körper- 9—8 Indiv. N ) en De se Muskel 3 stößt nicht fortsatz liegend aggregiert an Muskel X Muskel 2 asymmetr., ziemlich Muskel 2 mit Be a Oyclos. bakeri konsistent, mit e Muskel 1, Muskel 3 | Muskel 1,3, 4 Auen ung m 6 5 { ne 5 gekrümmt 5 BEE E RR einem Körper- Ring Ritter (1905) | langem, dünnem mit Muskel X nicht unterbrochen : 5 fortsatz liegend | Haftorgan verschmolzen, enantiomorph Cyclos. floridana, , ES & 2 Se EEE SER er 0 oval Muskel 2 fehlt, Ba U-förmig, nicht in Ring = BER 205) Ps mM gewölbt mit Muskel 3 mit X f N einem Körper- 7—9 Indiv. Wer senssn Kamm verschmolzen en fortsatz liegend aggregiert Apstein (1894) < an Muskel 2 symmetr., yes role zart, sehr durch- hufeisen- Muskel 1 und 2 mediänunter gestreckt, nicht in Ring = as = | sichtig, mit förmig trennen sich erst Seren einem Körper- 3 Indiv. Be ı langem Haftstiel gewunden seitlich, ebenso fortsatz liegend aggregiert Muskel 3 und X Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 233 Verbreitung (Textfigur 15). Diese für das östliche Mittelmeer charakteristische Form wurde im ganzen warmen Gebiet der Fahrtlinie der III. Expedition gefischt, vereinzelt auch von der I. und IV. Ex- pedition gefunden. Sie kam zwar nicht regelmäßig zur Beobachtung, zeigte aber auch keine Bevorzugung bestimmter Gebiete. Ungefähr in der Hälfte der Positionen, wo Salpen erbeutet wurden, wurde auch Cyclosalpa polae angetroffen. Der nördlichste bekannte Punkt ihres Auftretens liegt im Jonischen Meer Fig. 13. Fig. 14. Cyclosalpa floridana Apstein (1906) sol. Cyclosalpa floridana Apstein (1906) greg. auf der Höhe von Kephalonia, 38° 48’ nördl. Breite, der südlichste Punkt, wo diese Art gefunden wurde, war 31° 40’ nördl. Breite. Innerhalb dieser Grenzen geriet die solitäre Form an 10 Stationen, die Ketten- form an 7 Stationen in die Netze. Bei der Fahrt der »Pola« gegen die Nordküste Afrikas wurde Oyclosalpa Fig. 15. Verbreitung von Cyclosalpa polae und Cyclosalpa polae greg. polae zum ersten Mal vor Alexandrien erbeutet. Ihr Auftreten häufte sich auf der Fahrt durch das Levantinische Meer nahe der Syrischen Küste. Dort wurde sie namentlich vor Akka und in größerer Menge vor Beirut gesammelt, ebenso im Gebiete südlich und westlich von Cypern. Bei der Weiterfahrt trat sie wieder nahe der Insel Rhodus auf, um im Ägäischen Meer und im Griechischen Archipel zu verschwinden 934 M, A. Sigl, und im Jonischen Meere wieder aufzutreten. Letztgenanntes Meer dürfte nach den Ergebnissen der Unter- suchung ein nicht unbedeutendes Verbreitungsgebiet dieser Cyclosalpe sein. Ein weiterer Fundort liegt im Südwesten von Candia. Das größte der erbeuteten Individuen der Solitärform dieser Spezies erreicht eine Länge von 40 mm (Station Nr. 45). Die Maximallänge der Kettensalpe beträgt 30 mm (Station Nr. 9). In die kühleren Gewässer der Adria scheint Cyclosalpa polae nicht vorzudringen, wenigstens estattete das Untersuchungsmaterial nicht, einen Fundort aus dem Adriatischen Meere zu verzeichnen. Nach Ihle (1910, p. 18) dürfte diese Salpe wohl auch bei der Siboga-Expedition im Indo-australi- schen Archipel zur Beobachtung gekommen sein. Der genannte Autor schreibt: »Eine interessante Abweichung im Verlauf des 6. Körpermuskels beobachtete ich bei dem auf Station Nr. 215 a gesammelten Exemplar. Statt unweit der dorsalen Medianlinie zu enden, biegen die dorsalen Enden der beiden Hälften des 6. Körpermuskels in der Nähe der Medianlinie nach vorn um und treffen dann in der Medianlinie zusammen, wo sie sich bis zur Querebene des 3. Körpermuskels nach vorn fortsetzen. Dieser abnorme or te} Verlauf des 6. Körpermuskels erinnert an die nach vorn gerichtete Fortsetzung der dorsalen Hälften des 6 Körpermuskels jederseits von der Medianlinie bei Cyclosalpa bakeri.« Subgenus Salpa. I. Gruppe Polymyaria (Streiff). Salpa maxima Forskäl (1775). PROLES SOLITARIA. Von der Solitärform lag nur ein einziges Exemplar vor. Es ist gut erhalten und hat eine Körperlänge von 30 mm. Fundort der »Pola«-Expedition: Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. 150: 24. Juli, 17° 49’ östl. Länge, 41° 37’ nördl. Breite, südliche Adria, pelagisch. 1. Zug: 8" 30"—9° p. m. nur große Salpen im Sack? | 2. Zug: 9® 30" — 10% p. m. 1 jugendliches Individuum von 30 mm Länge. Diese Salpe stimmt mit der von Streiff (1908, p. 21) beschriebenen und (Taf. 2, Fig. 11) als Salpa maxima sol. abgebildeten Form sehr gut überein. Der Mantel ist stark entwickelt, weich, über dem Nucleus verdickt und knorpelig. Muskulatur. Zur Muskulatur der Einströmungsöffnung zählen dorsal und ventral 3 Muskeln. Der dorsale Abschnitt des Segelmuskels (A) ist sehr zart entwickelt und reduziert. Er trifft mit seinem sym- metrischen Muskel in der dorsalen Mediane nicht zusammen. Der ventrale Halbring ist einfach. Beide Abschnitte vereinigen sich im Mundwinkel und verlängern sich zu einem Zügelstück (za). Die dorsale Lippenmuskulatur besteht aus den beiden Teilmuskeln 5, und B, von ungleich starker Ausbildung. Ein Ästchen des ventralen Abschnittes des Lippenmuskels (d,) markiert die Oberlippe, das andere kürzere (b,) verläuft parallel dem Flimmerbogen schräg nach vorn, ventralwärts. Das Zügelstück (zD) bildet die Ver- längerung des Muskelabschnittes d.. Der Bogenmuskel (C) ist außerordentlich breit und kurz. Die beiden Muskelchen c stehen weder mit dem Bogen- noch mit dem Lippenmuskel im Zusammenhang. Sie sind isoliert. Die Cloakenmuskulatur zerfällt in eine Anzahl von Teilmuskeln. Den sogenannten 9. Körpermuskel betrachte ich mit Streiff als 1. Cloakenmuskel X. Er inseriert hinter den Nucleus. Muskel Y ist schmal Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 235 und besitzt ein kleines Zügelstück. Muskel Z löst sich in feine Teilmuskeln auf, die als konzentrische Ringe die Ausströmungsöffnung umgeben. Die 8 Körpermuskel sind unter sich parallel, sie bilden Halbringe und sind nur auf die Dorsalseite des Körpers beschränkt. Das isolierte Muskelchen #, von welchem Streiff Erwähnung macht, konnte ich bei diesem Exemplar nicht erkennen. Der Darmtraktus bildet einen Nucleus. Ein kleiner Teil einer Kette von embryonalen Knospen konnte am vorliegenden Exemplar eben noch beobachtet werden. Die Position der Glieder ist charakteristisch für eine Kette mit diagonal gestellten Individuen. PROLES GREGATA. Von Salpa maxima gregata liegt eine Reihe ziemlich gut erhaltener Exemplare vor, welche die für diese Form charakteristische Muskulatur zeigen. Fundorte der österreichischen »Pola<-Expedition: Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. ?: 23. Juni, ? östl. Länge, ? nördl. Breite, bei Pelagosa, Fang mittels Oberflächenkurre, Tiefe 130— 170 m ?, mehrere Exemplare von verschiedener Größe. l jugendliches Stück, 30 mm lang, 3 Exemplare von mittlerer Größe, 40—46 mm, 8 größere Exemplare von SO mm, 6 Exemplare, 90-- 100 mm, ziemlich mazeriert. Das größte der erbeuteten Stücke dieser Spezies hatte eine Körperlänge von 150 mm. Das Material bei Pelagosa lieferte noch mehrere Fragmente von Kettchen dieser Spezies, eine beträchtliche Anzahl ganz jugendlicher, kürzlich von der Kette gelöster Individuen. Sämtliche dieser Stücke scheinen gleichen Alters zu sein; am Vorderende des Nucleus hatten sie eine klare Blase, welche ich als Rest des Eleoblasts gedeutet habe. Die Mantelfortsätze sind kaum merklich aus- gebildet. Station Nr. 139: Datum fehlt, 18° 5’ östl. Länge, 41° 31’ nördl. Breite, südliche Adria, Fang mittels des Tannernetzes, Tiefe 250 m. 10 kleine Individuen von 23— 28 mm Länge. Der FErhaltungszustand sehr mangelhaft. Von der V. Expedition 1894 liegt mir noch ein großes Exemplar von Salpa maxima greg. vor von 120 mm Länge, ziemlich beschädigt. Nähere Angaben fehlen, weshalb der Fundort auf der Karte nicht eingetragen werden kann. Körpergestalt. Dieselbe ist tonnenförmig bei den jugendlichen Individuen, die größeren sind dorso- ventral abgeplattet. Die ganz ausgewachsenen Tiere, welche mir vorliegen, sind durchaus flach, wahr- scheinlich infolge der gedrängten Lage in den Sammelgläsern. Testa. Der Mantel ist verhältnismäßig stark entwickelt und bildet am Vorderende einen ansehnlich breiten Fortsatz. Fin zweiter, aber weniger stark ausgebildeter Fortsatz befindet sich seitlich am Hinter- ende des Körpers. Bei einer Anzahl kleiner Individuen sind diese Fortsätze sehr schwach entwickelt und kaum zu unterscheiden. In- und Egestionsöffnung. Beide liegen dorsal. Bei ganz jungen Tieren, namentlich bei Stolo- individuen ist die Ausströmungsöffnung besonders stark dorsal gestellt und der Einströmungsöffnung genähert, welche Erscheinung an den Körperbau der Aseidien erinnert. Muskelsystem. Die Muskulatur stimmt sehr gut mit Streiff’s Abbildungen (Taf. 2, Fig. 11, 14) überein. Die Anordnung der Muskeln zeigt große Ähnlichkeit mit jener der solitären Form. Muskel A ist 936 M. A. Sigl, nur ein schmales Bändchen, das die beiden Seiten des dorsalen Segels umsäumt, die mittlere Partie des- selben frei läßt. Das Zügelstück des Lippenmuskels (zb) ist bedeutend kürzer als bei der solitären Form. Muskel B, ist reduziert. Der dorsale Abschnitt des Bogenmuskels ist länger als bei der solitären Form; er gabelt sich am Ende und von diesen beiden Gabelästen zieht der größere nach vorn längs des Flimmer- bogens. Muskel c ist ebenfalls isoliert. Von den 6 Körpermuskeln treten die 4 ersten dorsomedian zusammen ohne zu verschmelzen. Der 5. Muskel stößt an den 1. Cloakenmuskel (X). Der 6. Körpermuskel besteht nur aus zwei Teilstücken; sie erreichen die dorsale Mediane nicht, sondern verschmelzen seitlich rechts und links mit Muskel X. Muskel Y ist ein einfacher Ringmuskel. Muskel Z zerfällt wieder in mehrere Teilmuskeln. Sein Zügel- stück (zz) verläuft nach vorn bis über den 1. Cloakenmuskel hinaus. Sämtliche Muskelbänder sind ventral unterbrochen. In der Kette scheinen die Muskeln so zu liegen, daß die Individuen einer Zeile unter sich gleich, aber zu den Individuen der anliegenden Zeile spiegelbildlich stehen, für welche Anordnung Apstein (1894, p. 8) in geeigneter Weise den Ausdruck »Enantiomorphie« gebraucht. Es wird also bei der einen Hälfte der Kettentiere der hintere Mantelfortsatz auf der rechten Seite, bei der andern Hälfte auf der linken Seite zu liegen kommen. Sinnesorgan. Das Ganglion hat vierlappige Gestalt; die Flimmergrube stellt eine napfförmige Ver- tiefung vor mit wulstigen Rändern. Darmtraktus. Er ist ein kompakter Nucleus und liegt in einer knorpeligen Verdickung am hintern Körperende. Verbreitung (Textfigur 16). Im Material des östlichen Mittelmeerbeckens war Salpa maxima nicht vertreten. Forskäl (1776) erwähnt ihr Vorkommen im Ägäischen Meere. Ihr Hauptbezirk ist das westliche Mittelmeer und die Adria. In letzterem Meere dringt sie weit nach Norden vor; in Triest ist sie alljährlich in den Wintermonaten eine häufige Erscheinung. Im Salpen- Fig. 16. Verbreitung von Salpa maxima sol. O und Salpa maxima greg. @: material des Innsbrucker Zoologischen Institutes fand ich diese Form wieder in einem großen aus- gezeichnet konservierten Exemplar von 150 mm Länge aus Triest. In derselben Kollektion findet sich Salpa maxzima in sehr gut erhaltenen Exemplaren im Materiale vor, das Seeliger in Villafranka ge- sammelt hatte. Von der »Pola«-Expedition wurde diese Salpe bei Pelagosa in mehreren großen Stücken erbeutet; auch in der südlichen Adria an 2 Positionen (Station Nr. 161, 150) gefischt. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 237 Von der »Valdivia«-Expedition wurde Salpa maxima in größeren Mengen zwischen Sizilien und Gibraltar beobachtet und mit dem Kätscher gefangen (Apstein 1906, p. 268). Apstein und Schmidtlein beobachteten sie in Neapel. Vogt erwähnt ihr Vorkommen in Nizza und Genua. Außer den bereits ange- führten Fundorten aus dem westlichen Mittelmeer verzeichnet Carus (1584, p. 494) noch folgende: Fretum Gaditanum-Gibraltar (Forskäl), Ins. Balearen-Iviza (Forskäl), Banyuls (Lahille), Genua (VErany), Tunische Küste (Forskäl), Neapel (Costa, Delle Chiaje, Schmidtlein), Messina (Krohn). Als zweites Wohngebiet dieser Salpe können die abgekühlten Gewässer des Golfstromes im nörd- lichen Atlantischen Ozean angegeben werden. Aus diesen höheren Breiten kennen wir durch Traustedt Fundorte an der europäischen Küste bis Irland. Auch bei den Azoren scheint sie zusagende Existenz- bedingungen zu finden. Die zu warmen Gewässer des Golfstromes meidet sie. Von der Planktonexpe- dition wurde Salpa maxrima nach Apstein (1894) im Südäquatorialstrom nur in 2 Exemplaren erbeutet und ganz vereinzelt war sie im südatlantischen Ozean zu finden. Auf der »Challenger«-Fahrt wurde ihr Auftreten während der langen Forschungsreise nur an einer einzigen Stelle und zwar südlich von Australien erwähnt. Der südlichste Punkt ihres Vorkommens ist das Kap Horn (Meyen). Salpa fusiformis Cuvier (1804). PROLES SOLITARIA. In der Thaliaceenkollektion liegen mehrere sehr gut erhaltene Exemplare dieser Spezies vor. Fundorte der österreichischen »Pola«-Expedition: Östliches Mittelmeer. l. Expedition 1890. Station Nr. 46: 8. September, 20° 6’ 36” östl. Länge, 34° 14’21” nördl. Breite, afrikanische Küste bei Barka, Fang mittels des Oberflächennetzes, Tiefe 5 m; 7" 45— 8" 30”. 1 gut erhaltenes Exempar von 24mm Länge. II. Expedition 1891. Station Nr. 86: 25. August, 28° 40" östl. Länge, 31° 30’ nördl. Breite, nordwestlich von Alexandrien, Fang mittels Monaco's Courtinenschließnetzes, Tiefe 500 m; 4" 15" —6" 15" p. m. 1 mazeriertes Stück von 10 mm Länge. III. Expedition 1892. Station Nr. 15: 24. August, 22° 2’ östl. Länge, 36° 6’ nördl. Breite, südlich vom Kap Matapan, Oberflächen- fang, kleines Oberflächennetz; 7" 45” —8" 15" p. m. 1 kleines Individuum, 15 mm lang. Station Nr. 67: 21. September, 34" 33’ östl. Länge, 35° 11’ nördl. Breite, östlich von Cypern, Fang mittels des kleinen Oberflächennetzes, Tiefe 4—5 m; 6" 30" —7" p. m. 1 mittelgroßes Stück, 21 mm lang. Erhaltungszustand ausgezeichnet. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII, Bd, co [0 238 M. A. Sig], Station Nr. 88: 3. Oktober, 28° 54’ östl. Länge, 36° 12’ nördl. Breite, östlich von Rhodus, kleines Ober- flächennetz; 5% —5% 30% a. m. 1 jugendliches Exemplar, 13 ann lange. IV. Expedition 1893. Station Nr. 228: 16. August, 28° 39’ östl. Länge, 36° 3’ nördl. Breite, bei Rhodus, kleines Oberflächennetz, Oberfläche; Tagesstunde? 1 wohlerhaltenes Stück, 20 mm Länge. Von der III. Expedition liegen im Untersuchungsmaterial 3 gut erhaltene Stücke dieser Spezies vor von 25 mm, 20 mm und 1S mm Körperlänge. Die Nummer der Fangstation, das Datum und die übrigen erforderlichen Angaben fehlen, weshalb eine Eintragung der Fundorte unmöglich ist. Bis auf ganz geringe Abweichungen fand ich diese Salpe genau der Figur Apstein’s (1906, p. 165, Fig. 14), Traustedt’s (1893) und Lo Bianco’s (1904, p. 26, Fig 19) entsprechend. Der Körper ist zylinderförmig mit abgestumpften Enden, gegen die Ausströmungsöffnung etwas ver- breitert. Der Mantel ist dünn und weich und bildet am unteren Ende vor dem Nucleus 2 seitliche Zipfel. Muskulatur. Das Muskelsystem der Einströmungsöffnung stimmt im allgemeinen mit jenem von Salpa maxima sol. überein. Der Lippenmuskel hat ein sekundär umgeklapptes Zügelstück, das nach Streiff allen Polymyariern eigen ist. Der Muskel c ist bei den vorliegenden Exemplaren relativ doppelt so lang als Apstein (p. 165, Fig. 14) angezeigt hat. Den sogenannten 9. Körpermuskel bezeichne ich auch hier als 1. Cloakenmuskel. Er ist ebenso breit wie die Körpermuskeln und wurde bisher von den meisten der Autoren als solcher angesehen. In der dorsalen Mittellinie nähert er sich dem 8. Körpermuskel. Der 3. Cloakenmuskel spaltet sich in 9— 10 Teilmuskeln, welche distalwärts an Breite abnehmen und ein Zügelstück nach vorn entsenden. Letzteres schließt sich an das Ende des Muskels X an. Das Cloakenrohr dieser Salpe weicht vom Rohrtypus der Polymyarier insofern ab, als es dorso- ventral abgeplattet und gleichzeitig verkürzt ist, von welcher Eigentümlichkeit schon Streiff Er- wähnung tut. Die 8 Körpermuskeln bilden keine geschlossenen Ringe, sondern nur Bogen, welche den Salpen- körper auf der Dorsalseite umspannen. Die Muskeln 7—3 sind dorsomedian verschmolzen, die folgenden 4, also Muskel —7, verlaufen parallel. Der letztere knickt median nach hinten und lehnt sich an den Cloakenmuskel X an. Was die solitäre Form der Salpa fusiformis anlangt, so zeigen sich bei den Exemplaren der »Pola<- Sammlung in der Ausbildung der Muskeln einige kleine Differenzen. Bei einigen Exemplaren verbreitern sich die Muskelbänder gegen die dorsale Mittellinie zu ein wenig (vgl. Lo Bianco 1904, p. 26, Fig. 19). Bei einem Exemplar blieb der 1. Körpermuskel isoliert und nur der 3. und 4. Körpermuskel bildeten eine Gruppe. Ebenso war die Anordnung des 7. und 8. Muskelbandes einigen Variationen unterworfen, allein dieser Punkt ist unbedeutend und verdient nach meiner Ansicht keine weitere Erwähnung. Stolo. Der Stolo prolifer ist ein langer Strang, der an der ventralen Körperseite nach vorn zieht, dann schlingenartig umbiegt und an der linken Körperseite nach abwärts und nach außen verläuft. PROLES GREGATA. Von den ziemlich zahlreich gesammelten Exemplaren der gregaten Form hat das größte eine Körper- länge von 36 mm. ö Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 239 Fundorte der »Pola«-Expedition: A. Östliches Mittelmeer. I. Expedition 1890. Station Nr. 35: 1. September, 20° 21’ 42” östl. Länge, 32° 50’ 36” nördl. Breite, afrikanische Küste vor Barka, Fang mittels Monaco’s Oberflächenkurre, Oberflächenfang; 11" p. m. 5 jugendliche Exemplare von 10— 15 mm, 4 derselben gut erhalten, 1 nahezu unkenntlich. Station Nr. 46: 6. September, 19° 48’ 24” östl. Länge, 32° 34’ 38” nördl. Breite, nördlich von Bengazi bei Barka, Fang mittels des Chun’schen Schließnetzes, Tiefe 300 ın, Seetemperatur 14:48° C.; 4" p. m. l kleines Individuum, 10 mm, Erhaltungszustand mangelhaft. II. Expedition 1892. Station Nr. 15: 24. August, 22° 2’ östl. Länge, 36° 6’ nördl. Breite, westlich vom Kap Matapan, kleines Oberflächennetz, Oberflächenfang; 7" 45% — 8" 15% p. m. 12 Exemplare: 1 Stück 36 mm, mit Körperanhängen, 1 halb ausgewachsenes Individuum, 20 mm, 10 jugendliche Stücke, 6— 12 mm. Station Nr. 36: 9. September, 32° 16’ östl. Länge, 32° 41’ nördl. Breite, afrikanische Küste nahe den Nil- mündungen, kleines Oberflächennetz, Oberflächenfang; 6% 30"—7" p. m. 1 kleines Exemplar von 12 mm, gut erhalten. Station Nr. 49: 13. September, 32° 54’ östl. Länge, 33° 14’ nördl. Breite, südlich von Cypern, Oberflächen- fang, kleines Oberflächennetz, 5?—5® 30” a. m. 1 Exemplar von mittlerer Größe von 20 mm Länge. Station Nr. 60: 15. September, 34° 22’ östl. Länge, 34° 8’ nördl. Breite, zwischen Cypern und der syrischen Küste, kleines Oberflächennetz; 6" 30"— 7" p. m. 1 ganz jugendliches Exemplar von 13 mm Länge. Station Nr. 77: 28. September, 31° 27’ östl. Länge, 34° 38’ nördl. Breite, westlich von Cypern, kleines Oberflächennetz; 7 —7" 15” p. m. 3 kleine, wohlerhaltene Exemplare, je 15 mm lang, 2 größere Stücke, 20 mm. Station Nr. 80: 29. September, 31° 16’ östl. Länge, 36° 5’ nördl. Breite, Küste von Kleinasien, kleines Oberflächennetz; 6" 30"—7" p. m. 27 Exemplare, davon 25 kleine Individuen, 7— 14 mm, 2 größere Stücke 18 mm. Station Nr. 85: 2. Oktober, 29° 10’ östl. Länge, 35° 19’ nördl. Breite, südöstlich von Rhodus, Fang mittels des kleinen Oberflächennetzes; 5" —5" 30” a. m. 3 Individuen, 10— 13 mm, gut erhalten. Station Nr. 86: 2. Oktober, 29° 0’ östl. Länge, 35° 55’ nördl. Breite, westlich von Rhodus, kleines Ober- flächennetz; 7? — 7" 45” p. m. 24 Exemplare, davon 2 halb ausgewachsene Tiere, 19—20 mm, 16 jugendliche Stücke, 12—14 mm, Erhaltungszustand ausgezeichnet. IV. Expedition 1893. Station Nr. 228: 16. August, 28° 39’ östl. Länge, 36° 3’ nördl. Breite, bei Rhodus, kleines Oberflächennetz, Oberfläche, 8" 30" 9" p. m. 1 Exemplar von 15 mm Länge mit außerordentlich stark verlängerten Vorder- und Hinter- fortsätzen. 32# 240 M. A. Sigl, Von der III. Expedition 1892 liegen im Material 3 Exemplare dieser Art vor; sie sind von mittlerer Größe und sehr gut konserviert. Die Angabe der Fangstation, Datum und die übrigen erforderlichen Angaben fehlen. B. Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. 105: 11. Juli, 19° 11’ östl. Länge, 38° 12’ nördl. Breite, Jonisches Meer, Höhe von Kephalonia, pelagisch. ö mittelgroße Exemplare von 15— 18 mm Länge, gut erhalten. Die gregate Form der Salpa fusiformis unterscheidet sich von Salpa maxima gregata namentlich durch die starke Entwicklung der vorderen und hinteren Körperfortsätze. Im allgemeinen stimmen die Exemplare sehr gut mit der von Apstein (1906, p. 165) beschriebenen und schematisch abgebildeten (1906, Fig. 13) Salpa fusiformis gregata überein. Körpergestalt. Der Körper ist im Umriß elliptisch, mit langen Fortsätzen an den Körperenden. Letztere sind kurz und breit bei den jungen, stark verlängert bei den ausgewachsenen Individuen; nicht selten erreichen sie die Körperlänge. Bei Stolo- oder kurz vorher von der Kette gelösten Individuen sind diese Fortsätze — wie mehrere der Exemplare zeigen — asymmetrisch, der vordere ist nach rechts, der hintere etwas nach links gewendet oder umgekehrt. Die Form des Körpers, namentlich die Ausbildung der vorderen und hinteren zugespitzten Körper- enden, scheint verschiedenen Variationen unterworfen zu sein. Bei einzelnen Individuen waren die Fort- sätze sowohl am vorderen als auch am hinteren Körperende bedeutend verkürzt, bei anderen nahezu um das Doppelte verlängert. Bei einzelnen Exemplaren dieser Form war der hintere Fortsatz vielfach reduziert oder er fehlte gänzlich. Im letzten Falle schien der Salpenkörper etwas unter dem Nucleus wie abgerundet. Muskelsystem. Die Muskulatur des Mundes zeigt beim größten Teil der Exemplare dieser Art insofern eine kleine Differenz von den Abbildungen Apstein’s und Lo Bianco'’s, als das Längsmuskel- chen c beiderseits bis zum 1. Körpermuskel reicht. Bei einzelnen Exemplaren ist der betreffende Muskel jedoch etwas kürzer. Der Bogenmuskel (C) ist dorsal bedeutend länger als bei Salpa maxima gregata. Die Ausströmungsöffnung ist nach dem Bauplan des Klappentypus (Streiff 1908) ausgebildet, dorsoventral abgeflacht und verkürzt. Der 3. Cloakenmuskel (Z) spaltet sich in eine kleinere Anzahl von Teilmuskeln als bei der solitären Form dieser Salpe. Körpermuskeln sind 6 vorhanden. Muskel 7—4 schließen in der dorsalen Mittellinie aneinander und bilden 2 Gruppen, indem Muskel / und 2 einerseits, Muskel 3 und # andrerseits verschmelzen. Bei ein- zelnen Exemplaren dürfte eine einheitliche Verschmelzung aller 4 Muskeln vorliegen. Der 4. Körpermuskel stößt bei einzelnen Individuen seitlich mit dem 5. Muskel zusammen. Der 5. und 6. Körpermuskel bilden mit dem 1. Cloakenmuskel eine Gruppe wie bei Salpa maxima gregata. Der Verlauf der Muskeln in der Anordnung des 4. und 5. Körpermuskels dürfte manchen kleinen Veränderungen unterworfen sein. Bei dem größten Teil der Exemplare berühren sich diese beiden Muskeln seitlich; bei anderen Exemplaren waren die beiden betreffenden Muskeln weit voneinander entfernt. Ihre Anordnung erinnerte an Salpa maxima gregata. Die übrigen Merkmale stimmen alle mit Salpa fusiformis überein, so daß ich diese Exemplare zur letzteren zähle. In anderen Fällen nähern sich die beiden Muskeln 4 und 5 ohne zu tangieren. Seitlich vor dem Nucleus in der Verlängerung des Muskels 6 liegt ein kleines isoliertes Muskel- stückchen; es verleiht der Muskulatur ein asymmetrisches Aussehen und bringt die Enantiomorphie der Tiere der beiden Kettenseiten deutlich zum Ausdruck. Ganglion. Es ist sehr klein, rundlich und liegt etwas hinter der Hypophysis. Die Kieme ist bedeutend kürzer als bei der solitären Form. Sie beginnt am Flimmerbogen und endigt in einiger Entfernung vom Hinterende des Endostyls. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 241 Darmtraktus. Der Darm ist zu einem Nucleus zusammengeballt. Er ist kompakt und ziemlich weit nach hinten gelegen. Eine orange farbige Pigmentierung des Nucleus, von welcher Ritter (1905) Erwähnung tat, konnte ich am Alkoholmaterial nicht mehr unterscheiden. Kette. Dieselbe besteht aus 2 parallelen Längsreihen von liegenden Individuen. Die Verbindung der einzelnen Glieder der Kette dieser Art als auch bei Salpa maxrima wird bewerkstelligt durch 8 Haft- flächen. Letztere sind bei Salpa fusiformis besonders klein. Schon Leuckart bemerkte: »Die Haftorgane von Salpa fusiformis, besonders bei den größeren Individuen, sind in hohem Grade rudimentär.« Verbreitung (Textfigur 17). Diese kosmopolitische Salpe ist in allen Tropenmeeren beheimatet. Wo sie in kühleren Gewässern vorkommt, wird sie durch warme Strömungen in höhere Breiten trans- portiert. Im Material vom östlichen Mittelmeer fehlt sie nicht, und zwar gehört sie zu jenen Formen, welche innerhalb des Untersuchungsgebietes ziemlich häufig gefunden wurden. In der Umgebung von Cypern Verbreitung von Salpa fusiformis sol. O und Salpa fusiformis greg. @. liegen die Funde am dichtesten. Am zahlreichsten trat sie nahe der Küste Rleinasiens, bei Rhodus und im Griechischen Archipel auf. An der afrikanischen Küste sowie im Jonischen Meer wurde sie nur vereinzelt gefunden. Carus (1884, p. 494) verzeichnet einen Fundort dieser Salpe im Ägäischen Meer (Forskäl). Nach Graeffe dringt Salpa fusiformis auch in das Adriatische Meer vor, jedoch nur unter sehr günstigen Umständen und sehr selten. Graeffe bemerkt, sie innerhalb 18 Jahren in Triest nur einmal beobachtet zu haben. Im Thaliaceenmaterial der V. Expedition konnte ich Salpa fusiformis trotz außer- ordentlich weitgehender Untersuchung nur in einem einzigen Fange (Station Nr. 105) aus dem Jonischen Meer, Höhe von Kephalonia, in einigen Exemplaren nachweisen. Ihr Auftreten im westlichen Becken des Mittelmeeres wurde an verschiedenen Punkten konstatiert. Schmidtlein beobachtete sie bei Neapel, Lo Bianco in der Umgebung von Capri. Längere Zeit verfolgt wurde das Auftreten von Salpa fusiformis von Seeliger in Villafranca. Im Museum des Innsbrucker Zoologischen Instituts liegt Salpa fusiformis in wohl erhaltenen Exemplaren vor, welche Seeliger in Villafranca gesammelt hatte. 242 M. A. Sig], In Carus (1884, p. 494) fand ich überdies folgende Fundorte dieser Salpe angeführt: Malaga (Collin, Traustedt), Nizza (Vogt, Leuckart), Messina (Krohn). Ihr Hauptverbreitungsgebiet im Atlantischen Ozean liegt in den warmen und lauen Stromgebieten zwischen dem 62° nördl. Breite (Fär-Öer) und dem 62° südl. Breite. Die Planktonexpedition fand sie häufig. Salpa fusiformis ist als Tropenform an hohe Temperaturen und hohen Salzgehalt angepaßt. Trotzdem erscheint sie auch in Bergen (Sars, 10), sowie in den Gewässern des baltischen Stromes (Apstein 1906, p. 152). An der irischen Küste erscheint Salpa fusiformis im Frühjahr als regelmäßiger Gast, sie bleibt dortselbst von August bis Oktober. Von Juli an wurde sie bei den Hebriden-Shetlands sowie bei den norwegischen Fjords nachgewiesen (Apstein). Ihr sporadisches Auftreten in diesen kalten Gegenden scheint darauf hinzudeuten, daß sie durch den Golfstrom in diese nördlichen Gegenden geführt wurde, nicht aber daselbst heimisch ist. Die »Valdivia«-Expedition erbeutete sie im Guineastrom, in größeren Mengen an der Stromstille des südatlantischen Ozeans, etwas seltener an der ostafrikanischen und sumatraischen Küste (Apstein 1906, p. 284). Im Pacifischen Ozean wurde sie von Herdman von den Molukken, Neuguinea und nördlich von den Sandwichsinseln erwähnt. In der »Challenger«-Kollektion ist sie die zweithäufigste Form. Im Indischen Ozean sind mehrere Funde bekannt durch Herdman und Traustedt. Die Siboga- Expedition fischte diese Salpe im Indo-australischen Archipel an einer Anzahl von Stationen (Ihle 1910, p- Sl). Subgenus Oligomyaria Streiff. Salpa democratica Forskäl 1775. Syn. Salpa mucronata Forskäl. PROLES SOLITARIA. Die Sammlung der »Pola«-Expedition zeigt von dieser Spezies einige Varietäten in bezug auf Größe und Gestalt. Fundorte der »Pola«-Expedition: A. Im östlichen Mittelmeer. l. Expedition 1890. 3 Exemplare der solitären Form. Stationsnummer fehlt. Ebenso fehlen alle übrigen erforderlichen Angaben. I. Expedition 1891. Station Nr. 78: 13. August, 26° 33’ östl. Länge, 34° 33’ nördl. Breite, südwestlich von Candia, kleines Oberflächennetz, Oberfläche; 4" 45" —5" p. m. 9 kleine Exemplare, 9— 10 mm inklusive Anhängen. II. Expedition 1892. Station Nr. 4: 20. August, 19° 10’ östl. Länge, 38° 48’ nördl. Breite, Jonisches Meer, kleines Oberflächen- Derz aa saaem! 3 jugendliche Exemplare, gut erhalten, 7 — 10 mm inklusive Anhängen. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 243 IV. Expedition 189. Station Nr. 213: 29. Juli, 27° 7’ östl. Länge, 36° 53’ nördl. Breite, bei Antimilos, Oberfläche, kleines Ober- flächennetz; 4" 15% —4% 45” a. m. 2 ziemlich ausgewachsene Exemplare, 11—14mm, 3 kleine Stücke, 5—8 mm, Erhaltungs- zustand mangelhaft. kleines Oberflächennetz; 7" 30% — 8" p. m. 1 kleines Individuum, Samım, 1 größeres Exemplar mit entwickeltem Stolo, 12 mm inklusive Anhang. Station Nr. 229: 17. August, 28° 55’ östl. Länge, 35° 43’ nördl. Breite, südwestlich von Rhodus, kleines ÖOberflächennetz; Tageszeit? 1 gut erhaltenes Exemplar, 14 nm. Station Nr. 240: 30 August, 24° 50’ östl. Länge, 40° 11’ nördl. Breite, nordwestlich von Limnos, kleines Oberflächennetz; 10" — 10" 30” p. m. 15 sehr kleine Stücke, 4—-6 mm, 3 etwas größere Exemplare, 7— 1O mm, 1 Exemplar mit 4 kurzen, blattartig verbreiterten Körperanhängen, Länge 2 man. Station Nr. 241: 31. August, 24° 55’ östl. Länge, 40° 08’ nördl. Breite, nordwestlich von Limnos, kleines Oberflächennetz, 12% — 12" 30% a. m. 1 jugendliches Exemplar, 8 amm lang. Station Nr. 242: 31. August, 25° 1’ östl. Länge, 40° 13’ nördl. Breite, nördlich von Limnos, Oberflächen- netzy 2291730274. m. 1 kleines Stück, stark mazeriert, 7 mm lang. B. Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. 4: 4. Juni, zwischen Tremiti und Pelagosa, Fang mittels der Oberflächenkurre, Tiefe? Tages- stunde ? 266 Stück, die Hälfte ziemlich kleine Individuen, 3—4 mm, eine Anzahl war von mittlerer Größe, S-10 mm; einzelne hatten außerordentlich lange, andere stark verkürzte Fort- sätze. Station Nr. 4: 4. Juni (vielleicht von einem zweiten Fang) zwischen Tremiti und Pelagosa, Oberflächen- kurre; Tiefe? Tagesstunde? 336 Stück. Darunter mehrere sehr jugendliche Stücke mit Placenta und Eleoblast. Station Nr. 5: 5. Juni, südöstlich von Pianosa, Fang mittels der Oberflächenkurre, 108?n Tiefe; Tages- stunde? 41 Individuen, Varietäten in bezug auf Gestalt und Größe der Fortsätze wie bei Station Nr. 4. Station Nr. 9: 6. Juni, bei Pianosa, Oberflächenkurre, 110 ?m Tiefe; Tagesstunde ? 46 ausgezeichnet erhaltene Exemplare von verschiedener Größe, 3— 12 mm. Station Nr. 12: 7. Juni, 15° 23’ östl. Länge, 42° 15’ nördl. Breite, bei Tremiti, Tiefe? Tagesstunde? 14 solitäre Individuen, 3— 1O mm, Erhaltungszustand ziemlich gut. Station Nr. 17: 9. Juni, 16° 9 östl. Länge, 42° 32’ nördl. Breite, zwischen Pelagosa und Cazza, Ober- flächenfang; Tagesstunde? 6 Exemplare, davon 2 ausgezeichnet erhaltene Stücke mit Stolo, 12 mm lang, die übrigen Exemplare mazeriert. 244 M. A. Sigl, Station Nr. 21: 10. Juni, 16° 35’ östl. Länge, 42° 33’ nördl. Breite, südöstlich von Pelagosa, Tiefe? 1 kleines Stück, S mm lang. Station Nr. 27: 13. Juni, 16° 16’ östl. Länge, 42° 45’ nördl. Breite, bei Pelagosa, pelagisch; S" 30" —9" p.m. 2 sehr gut erhaltene Stücke mit Stolo, 11 mm Länge. Station Nr. 49: 21 Juni, 15° 28’ östl. Länge, 43° 6’ nördl. Breite, bei Pomo, pelagisch; 9" —9" 30” p. m. 1 mittelgroßes Stück, 11 mm. Station Nr. 52: 22. Juni, 15" 37’ 40” östl. Länge, 42° 57’ 20" nördl. Breite, Tiefe 130 ın, Bodentiefe 151 mn, südwestlich von St. Andrea, Fang mittels des Tannernetzes; Tagesstunde? 4 mittelgroße Stücke, S-11 mm, mangelhaft konserviert. Station Nr. 57: 23 Juni, 15° 12’ östl. Länge, 42° 22’ nördl. Breite, zirka 34 Meilen von Ortona, pelagisch, Oberflächenfang; 8" 30” —9% p. m. 1 jugendliches Individuum, 6 mm, 3 mittelgroße Exemplare, S—-1I1 mm, Erhaltungszu- stand gut. Station Nr. 151: 25. Juli, 18° 9’ östl. Länge, 41° 48’ nördl. Breite, südliche Adria, pelagisch, Ober- Nächenfang. 1 großes Individuum, 16 mm, mit Stolo. Station Nr. 161: 26. Juli, 17° 31’ östl. Länge, 42° 11’ nördl. Breite, südliche Adria, Fang mittels des Tanner- netzes, Tiefe 125 ın; Tagesstunde? 1 mittelgroßes Stück, 9 mm lang. Testa. Im gesamten Habitus dieser Form fallen vor allem die Körperanhänge ins Auge. Es sind deren 2 besonders lange seitlich am hinteren Körperende, 2, manchmal auch 4 kurze, seitlich in der Höhe des Nucleus, 2 kleinere Fortsätze über dem Nucleus ventralwärts. Längs des Mantels verlaufen bei einzelnen der Exemplare 4 scharfe Zackenreihen, welche dem Körper ein prismatisches Aussehen verleihen und an Salpa pyramidalis Qu. et G. erinnern. Nicht selten ist der Mantel namentlich an den hinteren Körper- anhängen sehr fein gezähnelt, von welcher Zähnelung schon Apstein (1906, p. 253) schreibt. Während die gregate Form der Salpa democratica im äußern Habitus sowie in allen anatomischen Einzelheiten mit der Beschreibung und Abbildung Apstein’s (1906, p. 170, Fig. 27) übereinstimmt, so treten bei der solitären Form manche Differenzen auf, die sich besonders auf die Ausbildung der Mantel- fortsätze beziehen. Einzelne der Individuen (Station Nr. 21) haben die hinteren Körperanhänge bedeutend verkürzt. Von Station Nr. 4 liegen Exemplare vor, deren Mantelanhänge nahezu die doppelte Körperlänge erreichen. Ein Individuum aus Station Nr. 52 war nur mit einem Anhang ausgestattet; der zweite Fortsatz war vielleicht verloren gegangen. Bei mehreren der Exemplare aus Station Nr. 4 sind die distalsten Teile der langen Fortsätze von opaker gelblich weißer Farbe. Auf derselben Fangstation fand ich eine Anzahl von Individuen, welche an Stelle der 2 langen hinteren Fortsätze 4 gleich kurze, an der Basis stark ver- breiterte Anhänge tragen. Ab und zu fand ich im Material solitäre Formen, bei denen die 4 an den Längs- rippen des Mantels liegenden seitlichen Anhänge in auffallender Weise verlängert waren. Alle diese äußeren Unterschiede sind nach meiner Meinung nur ein Ausdruck der großen Variabilität dieser Art, es kann ihnen kein taxioncmischer Wert beigemessen werden. Muskulatur. Die Muskulatur von Salpa democratica wurde ebenfalls von Streiff (Salpa mucro- nata) eingehend studiert. Nach der Anzahl der Muskelbänder zählt diese Salpe zu den Oligomyariern, der am meisten spezialisierten Gruppe der Salpenarten. Die Zweiteiligkeit des ventralen Abschnittes des Segelmuskels ist auch für diese Salpe zutreffend; a, verläuft dem Rande der Ingestionsöffnung entlang und ist stark ausgebildet, a, ist ziemlich schmal und endet auf dem Segel. Das Zügelstück (az) endet dorsal etwas vor der Mediane. Die beiden ventralen Teile Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 245 des Lippenmuskels sind kräftig entwickelt, ziemlich schwach die dorsalen Längsmuskeln c, sie gabeln sich am distalen Ende. Den eigentümlichen Zusammenhang des Lippenmuskels mit dem einen Teil des Bogenmuskels, dessen Streiff Erwähnung tat, konnte ich bei vorliegenden Exemplaren gut beobachten. Das Muskelband, auf dem der Flimmerbogen verläuft, bezeichne ich als Bogenmuskel. Der 1. Cloakenmuskel (X) hat vollständige Reduktion erfahren, nur im embryonalen Stadium sind Spuren desselben noch vorhanden. Der 3. Cloakenmuskel bildet ein Zügelstück (zz), das auf dem Muskel Y zur Insertion gelangt. Dorsal löst sich das genannte Zügelstück in drei, ventral in zwei Teilmuskeln auf. Von den 5 Körpermuskeln treten Muskel 7—3 dorsomedian zusammen. Bei einzelnen dieser Exem- plare beobachtete ich, daß Fasern des einen Muskels in den anderen übertreten, also einige Neigung zum Anastomosieren zeigen. Bei anderen Exemplaren näherten sich die 3 Muskeln nur in der Mediane, ohne sich zu berühren. Ganglion und Flimmergrube liegen ziemlich weit von der Vereinigungsstelle der beiden Ab- schnitte des Flimmerbogens. Beide Organe sind etwas nach vorn gewendet. Überdies liegt die Flimmer- grube noch ein ansehnliches Stück vor dem Ganglion. Ihle (1910, p. 5) betrachtet jene Formen als die primitivsten, bei welchen das Flimmerorgan dicht vor der Stelle liegt, wo die Enden des Flimmerbogens dorsal zusammentreien und bei welchen das Ganglion über dem Hinterende der Flimmergrube und vor dem 1. Körpermuskel sich befindet. Salpa democratica dürfte demnach eine weitgehend abgeleitete Form repräsentieren. Darmkanal. Der Endostyl ist kurz, er reicht von der Ingestionsöffnung bis zur Querebene des 2. Körpermuskels. Der längliche Nucleus bildet eine Vorwölbung der Körperwand;; letztere ist am hinteren Körperende ziemlich stark verknorpelt. Stolo. Der Stolo beschreibt, wie schon Leuckart berichtet, eine Spiraltour, welche sich um den Nucleus schlingt. Der Strang zeigt eine Doppelreihe dicht gedrängter Individuen, die mit der Entfernung vom basalen Ende immer größer werden. Die Größenzunahme ist keine kontinuierliche, sondern eine sprungweise. Die Knospenkette hat, wie bekannt, gewöhnlich 3—4 stark abgesetzte Gruppen, jede der- selben repräsentiert einen verschiedenen Entwicklungszustand. Die Haftorgane sind hier nicht mehr flächen-, sondern röhrchenartig. PROLES GREGATA. Diese Form ist in der Kollektion in zahlreichen Exemplaren vertreten. Fundorte der »Pola«-Expedition: A. Im Östlichen Mittelmeer. I. Expedition 1890. 4 Stück der gregaten Form, 8-10 mm Körperlänge. Weitere Angaben fehlen. II. Expedition 1892. Station Nr. 4: 20. August, 19° 10’ östl. Länge, 38° 48’ nördl. Breite, Jonisches Meer, Fang mittels des kleinen Oberflächennetzes, Oberfläche; 4% 45%"—5" 15" a. m. 9 ganz jugendliche Exemplare, 2— 3 mm lang. IV. Expedition 1893. Station Nr. 229: 17. August, 28° 55’ östl. Länge, 35° 43’ nördl. Breite, südöstlich von Rhodus, kleines Oberflächennetz; 4" 30" —5! a. m. 3 wenig gut erhaltene Exemplare, 6— 8 ınım. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 233 946 M. A. Sigl, Station Nr. 240: 30. August, 24° 50’ östl. Länge, 40° 11’ nördl. Breite, nordwestlich von Limnos, kleines Oberflächennetz, Oberflächenfang; 10"— 10" 30” p. m. 92 sehr kleine Tiere, 2—4 mm. Station Nr. 241: 31. August. 24° 55’ östl. Länge, 40° 8’ nördl. Breite, nordöstlich von Limnos, kleines Oberflächennetz; 12?— 12? 30% a. m. 1 mittelgroßes Stück von 8 mm Länge. Station Nr. 242: 31. August, 25° 1’ östl. Länge, 40° 13’ nördl. Breite, nördlich von Limnos, kleines Ober- flächennetz; 2? —2? 30” a. m. 10 kleine Exemplare, 2—6 mm, sehr mazeriert. B. Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. 4: 4. Juni, zwischen Tremiti und Pelagosa, Fang mittels Oberflächenkurre? Tiefe 104? m, Tagesstunde? 660 Exemplare, zirka die Hälfte sehr jugendliche Individuen, 2 mm lang, die andere Hälfte mittelgroße Stücke, 7— 9 mm, gut erhalten. _ Station Nr. 4: ebenda. 8300 Stück der gregaten Form von verschiedener Größe, 1 —8S mm Körperlänge. Station Nr. 5: 5. Juni, südöstlich von Pelagosa, Oberflächenkurre? Tiefe? 246 Exemplare, verschieden groß, 2—7 mm, gut erhalten. Station Nr. 9: 6. Juni, bei Pianosa, Oberflächenkurre? Tiefe? Tagesstunde? 239 Stück, die Mehrzahl derselben kleine Individuen, 1 —2 mm, die übrigen etwas größer, S— 10 mm. Station Nr. 12: 7. Juni, 15° 23’ östl. Länge, 42° 15’ nördl. Breite, bei Tremiti, Tiefe? Tagesstunde? 157 Individuen, davon viele mittelgroße, 7— 10 mm, die übrigen kleine Tierchen, überdies mehrere Fragmente dieser Spezies. Station Nr. 32: 15. Juni, 17° 13’ östl. Länge, 42° 35’ nördl. Breite, südlich von Lagosta, pelagisch, Fang an der Oberfläche; 9" 45% — 10" p. m. 1 kleines Exemplar, 5 anın, mazeriert. Station Nr. 38: 17. Juni, 16° 32’ 30” östl. Länge, 42° 28’ 24” nördl. Breite, bei Cazza, Fang mittels des Tannernetzes, 170 m Tiefe; 10% 45” — 11% 30% a. m. 6 mittelgroße Individuen, 5—9 mm. 5 dieser Exemplare waren mit eigentümlichen Mantel- fortsätzen ausgestattet, letztere waren 3 mm lang und 6 an Zahl, vielleicht abnorme Haftorgane. Station Nr. 44: 20. Juni, 16° 11’ östl. Länge, 43° O0’ nördl. Breite, bei Lissa, pelagisch; 8" 30" 9" p. m. ] kleines Stück, 5 mm lang. Station Nr. 50: 22. Juni, 15° 27’ östl. Länge, 34° 12’ nördl. Breite, bei Pelagosa, pelagisch; 3" —3" 45” a. m. 5 gut erhaltene Exemplare, 4—7 mm. Station Nr. 57: 23. Juni, 15° 12’ östl. Länge, 42° 22’ nördl. Breite, zirka 34 Meilen von Ortona, pelagisch; 8" 30" —9® p. m. 2 kleine 3 mm lange Stücke, mazeriert. Station Nr. 137: 18° 5’ 10” östl. Länge, 41° 30’ 0” nördl. Breite, südliche Adria, pelagisch, Tagesstunde? 9 kleine Exemplare von 2—4 mm Länge. Viele Sapphirinen in Gesellschaft der Salpen. Testa. Von den vielen vollkommen erhaltenen Exemplaren, die ich untersuchen konnte, war ein Teil in bezug auf Mantelfortsätze so gebildet, wie dies Apstein (Fig. 27) darstellt, der übrige Teil v erhielt Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 247 sich wie ihr Spiegelbild. Beim Individuum der rechten Kettenseite liegt der Anhang an der rechten, beim Tier der linken Kettenseite an der linken Seite. Diese Salpenform ist wie Salpa maxima gregata asym- metrisch und enantiomorph. Im allgemeinen ist der Mantel stark verdickt, gallertig. Muskelsystem. Die Muskulatur zeigt die charakteristischen Merkmale der Oligomyarier. Die Mundmuskulatur dieser Salpe weist insofern eine kleine Abweichung von den Vertretern dieser Gruppe auf, als sich, wie schon Streiff erwähnt, zwischen dem Segel- und dem Lippenmuskel ein kleines isoliertes Muskelbändchen einschiebt. Im Mundwinkel geht es über in ein Zügelstück. Der dorsale Ast des Segel- muskels hat median keine Unterbrechung. Breit und kräftig ausgebildet ist der Lippenmuskel (,). Im Mundwinkel schließt sich an denselben der kleinere Ast des Bogenmuskels (C), wie bei Salpa democratica sol. Der zweite Teil des Bogenmuskels ist sehr kurz und liegt teilweise noch hinter dem Flimmerbande. Die ventralen Lippenmuskeln (b, und b,) treten zu einem Zügelstück (zb) zusammen. Der 1. Cloakenmuskel (X) ist reduziert. Die Muskulatur der Ausströmungsöffnung zeigt im allge- meinen einen hohen Grad der Spezialisierung, wie Streiff ausführlich erörtert. Die Cloakenmuskeln Y und Z geben sowohl dorsal als auch ventral Teilmuskeln ab, welche die klappenförmige Ausströmungs- öffnung umsäumen und durch Zügelstücke untereinander in Verbindung stehen. Die gregate Form dieser Salpe stimmt mit der Solitärsalpe in der Zahl der Körpermuskeln sowie in der Verteilung derselben überein. Muskel /—4 sind ziemlich breit. Muskel 5 hingegen bedeutend schmäler und gleichzeitig asymmetrisch. Lo Bianco (1904, Taf. 6, Fig 18) bildet Salpa democratica (Salpa mucronala) gregata als Adria- und Mittelmeerform nur mit 4 Körpermuskeln ab. Sämtliche Exemplare dieser Art, die von der »Pola«- Expedition erbeutet wurden, sind hingegen mit 5 Körpermuskeln ausgestattet. Zu erwähnen ist, daß bei mehreren dieser Exemplare der 5. von Lo Bianco nicht angezeigte Muskel sehr schwach entwickelt ist und diesem daher der Beobachtung entgangen sein dürfte. Fig. 18. Verbreitung von Salpa democratica sol. © Salpa democratica greg. ®- Sinnesorgan. Flimmergrube und Ganglion sind wie bei der solitären Form sehr weit nach vorn verlagert. Das Flimmerorgan liegt in noch größerer Entfernung vor dem Ganglion, als es bei der Solitär- salpe der Fall ist. Der Darm bildet einen kompakten Nucleus. Verbreitung (Textfigur 18). Nach den Ergebnissen der Untersuchung gehört Salpa democratica im östlichen Mittelmeer zu den weniger häufigen Formen. Sie geriet nur an wenig Stationen in die Netze. 33% 248 M. A. Sigl, Ob ihr Vorkommen wirklich ein so seltenes ist oder ob sie nur zur Zeit der Expedition so selten auftrat, werden künftige Expeditionen an den Tag bringen. Von der «Pola«-Expedition wurde sie im Ägäischen Meere nördlich und westlich von Limnos efischt; es ist das die nördlichste Beobachtungsstelle dieser Salpe im östlichen Mittelmeer. Auf der un 09 trecke zwischen dem Jonischen Meere und Candia fehlte sie; erst bei Rhodus stellte sie sich wieder ein, aber nur in vereinzelten Exemplaren. Ihr Hauptverbreitungsbezirk ist die Adria. In den meisten der Stationen wurde sie gefischt, so daß auf der beigegebenen Textkarte durch Eintragung der Fundorte gleichzeitig die Reiseroute der Expedition durch die Tiefsee der Adria markiert wird. Auch in der nördlichen Adria ist sie heimisch. Nach Graeffe, Steuer und Stiasny ist Salpa democratica auch in Triest eine häufige Erscheinung. Grandori fand diese Salpe an 4 Stationen der italienischen »2% crociera oceanografica«, nämlich zwischen Ancona und Vieste (Tiefe 105 m), Vieste (Tiefe 60, 100, 140 m), Brindisi (Tiefe 100 m) und Otranto (Tiefe 100, 370 m). Im westlichen Mittelmeer wurde diese Salpe an den verschiedensten Punkten beobachtet. Schmidt- lein erwähnt ihr Vorkommen bei Neapel, Lo Bianco bei Capri, Vogtin Nizza, Seeliger in Villafranca. Nach Carus (1884, p. 494) wurde sie an folgenden Punkten nachgewiesen: Iviza, Majorca! (Forskäl), 38° 58’ nördl. Breite, 10° 32’ östl. Länge (Branner, Traustedt), Messina (Krohn), Banyuls (Lahille), Nizza (Risso), Genua (VeErany), Neapel (Delle Chiaje, Panceri, Schmidtlein). Condorelli Francaviglia meldet ihr Vorkommen »nelle acque di S. M. di Leuca e di Brindisi«. Diese Art ist kosmopolitisch, daher im warmen Wasser der Ozeane überall heimisch. Sie geht mit der warmen Strömung weit nach Norden und istnach Apstein noch bei Schottland und Norwegen in den Ausläufern des Golfstromes gefunden worden. Ihr nördlichster Fundort ist Bergen (Sars, 17). Mit dem warmen brasilianischen Strom zieht sie im südatlantischen Ozean bis zum 40° südl. Breite, scheut aber (nach Apstein 1906, p. 270) das kalte Wasser der Benguelaströmung, weshalb sie an der Küste Westafrikas fehlt. Von der Planktonexpedition wurde diese Art an 70 Stationen gesammelt, welche über das ganze befahrene Gebiet gleichmäßig verteilt sind. In der Sargassosee ist sie äußerst selten (Apstein 1894). Salpa democratica kam auch im Indischen Ozean zur Beobachtung. Aus den Planktonfängen der Siboga«-Expedition ergibt sich nach Ihle (1910, p. 48), daß diese Salpe auch im Indischen Archipel die häufigste Salpenart ist. An der Westküste von Südamerika und im Pazifischen Ozean wurde ihr zahlreiches Vorkommen von der »Challenger«-Expedition konstatiert. Salpa rostrata Traustedt. Salpa vostrata (Textfigur 19) war nach Apstein (1906, p. 276) bisher nur aus den tropischen Gebieten des Atlantischen Ozeans sowie aus manchen warmen Strömungen des Indischen Ozeans bekannt. Von der Planktonexpedition wurde sie im Floridastrom bis Bermudas regelmäßig gefunden, ebenso in der Sargassosee und im Südäquatorialstrom mehrmals gefangen. In den dazwischen liegenden Meeresteilen fehlte sie. 1 Wahrscheinlich Ibiza, Mallorka. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 249 Von der Planktonfahrt des »Rudolf Virchow« (1911) wurde diese Art an 2 Positionen in der nörd- lichen Adria, und zwar südlich von Lucietta und vor Pomo erbeutet. Ihr Vorkommen ist damit auch für die Adria festgestellt. Salpa rostrata ist demnach eine für die Fauna des Mittelmeeres neue Art. Genauere Mitteilungen hierüber liegen vor in meiner Arbeit »Die Adriatische Thaliaceen-Fauna, 1912«. Salpa punctata Forskäl-Vogt. Salpa punctata (Textfigur 19) ist eine Art, die im Mittelmeer häufig ist. Nach Carus kam sie an folgenden Punkten zur Beobachtung: Bei Nizza (C. Vogt), Neapel (Salensky), Messina (Krohn). Nach Apstein wurde Salpa punctata in Villafranca, von Traustedt in Neapel beobachtet. Selten tritt sie im Atlantischen Ozean auf. Von der »Challenger«-Fahrt wurde sie unter dem Äquator und von der Planktonexpedition in der Sargassosee je einmal wahrgenommen (Apstein 1906, p. 270). Fig. 19. Verbreitung von Salpa punctata -&- und Salpa rostrala +. Ein Vertikalfang der »Rudolf Virchow«-Planktonfahrt aus Ragusa brachte 2 Exemplare dieser Salpe an die Oberfläche. Wenngleich beide ziemlich vorgeschrittene Embryonalstadien sind, zeigen sie im allgemeinen die für Salpa punctata charakteristische Muskulatur. Nur vermisse ich bei beiden Exem- plaren die enorm verlängerten Zügelstücke des Lippenmuskels. Abgesehen davon, sprechen die 8 ge- schlossenen, durch außerordentliche Breite ausgezeichneten Muskelbänder, der Verlauf derselben im großen und ganzen für diese Spezies. Ausführlicheren Bericht über diesen Fund lege ich vor in meiner Arbeit »Die Adriatische Thaliaceen-Fauna, 1912«. Über die Verbreitung der übrigen aus dem westlichen Mittelmeerbecken bekannten Salpenarten habe ich in der Literatur folgende Angaben gefunden, deren Anführung ich für angezeigt erachte. Auch einige Formen aus dem Museum des Innsbrucker Zoologischen Instituts, welche aus dem Mittelmeer stammen, habe ich der Vollständigkeit wegen in die Arbeit aufgenommen. 250 M. A. Sigl, Cyclosalpa virgula Vogt. Cyelosalpa virgula (Textfigur 20) ist eine Art, die bisher nur im westlichen Mittelmeer gefunden wurde. Von C. Vogt wurde sie in Villafranca, von Todaro in Neapel beobachtet. Die Deutsche Tiefsee-Expedition konstatierte ihr Vorkommen im Atlantischen und Indischen Ozean. Sie fand sich stets in den Tropenteilen der Ozeane (Apstein 1906, p. 266). Cyclosalpa affınis Chamisso. Cyclosalpa affinis (Textiigur 20) schließt sich hinsichtlich ihrer geographischen Verbreitung an Cyclosalpa pinnata an, scheint aber nicht so weit mit dem Golfstrom nach Norden zu gehen, falls ihr Fig. 20. Verbreitung von Cyclosalpa affinis @ und Cyclosalpa virgula WM: Fehlen in höheren Breiten nicht mit ihrer größeren Seltenheit und daher geringeren Erbeutung zusammen- hängt (Apstein 1906, p. 266). Im westlichen Mittelmeer wurde sie von C. Vogtin Nizza an der französischen Küste nachgewiesen (Carus 1884, p. 493). Salpa confoederata Forskäl (Textfigur 21). Carus verzeichnet von dieser Salpe folgende Fundorte aus dem westlichen Mittelmeer: Banyuls (Lahille), Nizza (Risso und Vogt), Genua (Verany), Neapel (Schmidtlein, P. E. Müller, Traustedt), Messina (Krohn). Lo Bianco fischte diese Salpe in der Umgebung von Capri, Cialona in Messina, die »Valdivia« im Gibraltarkanal. Von Forbes ist Salpa confoederata aus dem östlichen Mittelmeer bekannt und zwar aus dem Ägäischen Meer, woselbst sie in einem einzigen Exemplar bei der Insel Cerigo gefangen wurde. Von der »Pola«-Expedition wurde Salpa confoederata nicht erbeutet. Zu Salpa confoederata forma bicandata zählt Apstein das Individuum, das Quoy et Gaimard in der Meeresenge von Gibraltar gefischt hatten (in: »Salpen der Berliner Sammlung«, Fig. 4). Es unterscheidet sich von der typischen Form nur durch die zwei Fortsätze, in welche das hintere Körperende ausgezogen ist. Der eine dieser Fortsätze ist gewöhnlich bedeutend länger als der andere. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 251 Individuen dieser Spezies sind auch in der Salpenkollektion des Innsbrucker Zoologischen Instituts vorhanden. Die Exemplare haben eine Körperlänge von 30— 60 mm und stammen aus Neapel. Wie die meisten anderen Salpen, so ist auch diese Art in den warmen und gemäßigten Teilen aller Ozeane gefunden worden (Apstein 1906, p. 273). Sluiter (1895, p. 186) erwähnt ihr Vorkommen im Indischen Ozean. Die wenigen Fundorte im Pacifischen Ozean liegen zwischen Australien, Hinterindien und China und verstreut mehr im östlichen Teile. Die »Valdivia«-Expedition fand diese Salpe besonders häufig im nordatlantischen Ozean namentlich im östlichen Teil desselben (Apstein 1906, p. 273). Salpa zonaria Pall.-Quoy et Gaimard. Nach Carus wurde Salpa zonaria (Textfigur 21) im westlichen Mittelmeer an Position 2° 28’ östl. Länge, 35° 29’ nördl. Breite (Branner) gefischt, an der französischen Küste bei Malaga von Collin, bei Nizza von Risso, in Messina von Krohn. Nach Apstein (1906, p. 273) wurde Salpa zonaria in allen 3 Ozeanen nachgewiesen. Im Pazifischen Ozean zwischen Neuseeland, Japan und Indien, sehr vereinzelt im östlichen Teil. Sie wird durch den Golf- strom weit nach Norden transportiert und lebt noch in den Gewässern bei Island, Grönland und nördlich Fig. 21. Verbreitung von Salpa confoederata X und Salpa zonaria @. von Schottland. Vom kühlen Wasser des Südens liegt in der »Challenger«-Sammlung nur ein einziger Fundort vor, nämlich die Magalhaensstraße, die sowohl im Westen als im Osten von kalten Strömungen eingeschlossen ist. Diese Salpe ist ebenfalls in einigen gut erhaltenen Exemplaren im Museum des Innsbrucker Zoo- logischen Instituts vertreten (Nr. 186, Südsee). 252 M. 4A. Sigl, Salpa vagina Tilesius. Syn. Salpa costata Quoy et Gaimard. Syn. Salpa tilesii C uv. Diese Salpe (Textfigur 22) ist eine stenotherme Warmwasserform. Im westlichen Teil des Atlanti- schen Ozeans ist sie seltener als im östlichen. Von der Planktonexpedition wurde sie mehrmals im Süd- äquatorialstrom zwischen 10—30° westl. Länge gefangen (Apstein 1906, p. 275). Im westlichen Mittelmeer kam diese Salpe nach C. Vogt bei Nizza, V&€rany bei Genua, Delle Chiaje im Golf von Neapel zur Beobachtung. Krohn erwähnt ihr Vorkommen in Messina. Fig. 22. Verbreitung von Salpa vagina +. Ein 140 mm großes Exemplar dieser Art befindet sich in der Salpenkollektion des Innsbrucker Zoo- logischen Instituts (aus der Südsee, Nr. 192). Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 253 II. Teil. Faunistische Ergebnisse. a) Allgemeine Verbreitungsverhältnisse. Die Salpen sind pelagisch lebende Tunicaten, deren eigentliches Wohngebiet die hohe See darstellt wenngleich Strömungen und Winde sie nicht selten in die Nähe der Küste verschlagen. Sehr selten sind sie gleichmäßig verteilt, häufig vereinigen sie sich zu vielen und bilden schwarmartige Ansammlungen, so daß man nach Jahreszeit und Strömung bald auf dichte Massen, bald auf von ihnen unbewohnte Flächen kommt. Solche regellose, lokale Ansammlungen von Tieren ein und derselben Art neben Meeresstrecken, die von der betreffenden Tierart größtenteils oder gänzlich unbewohnt sind, wurden nach den bisherigen Ansichten als »Schwarm« bezeichnet. Die Untersuchungen von Vanhöffen, namentlich die von Apstein an den Salpen unternommenen Beobachtungen erwiesen, daß viele dieser als »>Schwarm« bezeichneten lokalen Anhäufungen keine »Schwärme« im eigentlichen Sinne sind, also im Sinne eines regellosen Vor- kommens, sondern daß es sich häufig um ein gesetzmäßiges Auftreten handelt, das alljährlich zur selben Zeit und am nämlichen Orte wiederkehrt. Apstein wählt für solche gesetzmäßige Ansammlungen die Bezeichnung »Produktion«. Von diesen regelmäßigen Anhäufungen unterscheidet Apstein das regellose zufällige Auftreten solcher Salpenschwärme. Für diese regellosen Ansammlungen gibt Apstein folgende Erklärung: »Nicht nur Organismen, sondern auch andere in einem Strome treibende Körper, wie Bäume, Treibholz, Pflanzenreste etc., werden seitlich nach der Grenze des Stromes getrieben und in ruhigeren Wasserschichten abgelagert.« Solche Grenzgebiete — also auch die Gegenströme und Kompensations- ströme — sind mithin außerordentlich planktonreich und ein schwarmartiges Auftreten dieser Planktonten dürfte offenbar nicht zu den seltenen Erscheinungen gehören. Es hat sich nun gezeigt, daß die animalen Bestandteile namentlich des Oberflächenplanktons durchaus nicht immer gleich sind, sondern daß je nach den Jahren und der Jahreszeit in der Zusammen- setzung des Planktons merkliche Differenzen sich ergeben. Im Frühjahr zum Beispiel ist das Oberflächen- plankton besonders reich an Larven, da gerade zu dieser Zeit die Fortpflanzung vieler Seetiere stattfindet. Ebenso ergeben sich im Hinblick auf die Verteilung bei den verschiedenen Organismengruppen mancherlei Abweichungen. So konstatiert Dahl, daß der zwischen Ascension und Brasilien gelegene Teil der Sargassosee sich relativ als organismenarm erwies, während Apstein und andere Autoren gerade von jenen Stellen sehr reiche Fänge zu verzeichnen hatten. Der Grund für letztere Erscheinung dürfte wohl in der Ungleichheit der Lebensbedingungen, welche auf die einzelnen Spezies in abweichender Weise reagieren, zu suchen sein. Namentlich dürfte unter den in Betracht kommenden Faktoren außer biologischen Ursachen wahrscheinlich die Temperatur eine dominierende Rolle spielen. Ähnliche Temperaturverhältnisse wie in der Sarganosee finden sich nach der Ansicht vieler Forscher im Mittelmeer. Auch bezüglich des Planktons ergeben sich auffallende Analogien. Quantitativ ist das Mittelmeer ziemlich planktonarm. Auf Grund quantitativer Fänge stellte Schütt fest, daß die Plankton- mengen des Neapler Golfes ein Analogon jener der Sargassosee sind. Aus der Verbreitung der Salpen leuchtet offenbar hervor, daß eine nicht zu niedrige Wasser- temperatur zu ihren Lebensbedingungen gehört, ja, daß das eigentliche Verbreitungsgebiet der meisten Salpenarten die warmen Meeresgegenden sind. Daß einzelne Salpenspezies selbst an der irischen Küste als regelmäßige Gäste erscheinen, selbst bis Bergen und in die Fjorde Norwegens vordringen (Sars, p. 17), Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL Bd. 24 254 M. A. Sigl, beruht auf der Einwirkung der warmen Fluten des Golfstromes. Allerdings scheint der größte Teil der vom Golfstromarm transportierten Salpen dem Untergang anheimzufallen, da der Strom sie schließlich in die kalten Regionen führt, wo sie unter ungünstigen Lebensbedingungen über kurz oder lang zugrunde gehen. a Auch das Vorkommen der Salpen an den Küstengebieten ist vielfach von den Strömungsverhält- nissen abhängig. Brandt (4b, p. 121) hat nachgewiesen, daß die pelagische Fauna des Golfes von Neapel sich mit den Wind- und Strömungsverhältnissen sehr ändern kann. Während er vor einem Sciroccosturm keine Kolonie bildenden Radiolarien im Meere fand, waren diese nach dem Sturme in großen Mengen vorhanden, durch Wind und Strömung also in den Golf hineingetragen worden. Ebenso werden diese nahe der Oberfläche lebenden Planktonten durch Wind und Strömung dem Lande zugeführt, aber ebenso schnell wieder fortgeführt. Apstein betrachtet daher mit gutem Rechte die Salpen an den Küstengebieten als scheinbar dem temporären Plankton angehörig, während er die Salpen der Hochsee zum perennieren- den Plankton zählt. Je nachhaltiger und gleichmäßiger ein Küstenpunkt unter dem Einfluße eines vorbeiflutenden Meeresstromes steht, desto mehr wird das Küstenplankton mit ozeanischen Formen vermischt. Und je mehr ozeanische Formen das Plankton an jener Küstenstrecke beigemengt hat, desto größer wird der Prozentsatz jener Arten sein, die perennierend sind und nur für kurze Zeit verschwinden. Geradlinig ver- laufende ungegliederte Küsten lassen das ozeanische Plankton ungehindert vor sich vorbeiziehen, ein- schneidende Buchten hingegen werden wie Fallen wirken und eine temporäre Anschoppung namentlich größerer Planktonten (Salpen, Quallen) bedingen (Steuer). Nach Lo Bianco sind die wesentlichen Bestandteile dieses Planktons, das infolge der treibenden Bewegung des Wassers, die durch lokale Winde hervorgerufen wird, namentlich in den litoralen Strömungen sich sammelt, Salpa democratica (die in bestimmten Jahren auch fehlen kann), Appen- dicularien, Copepoden und verschiedene Radiolarien. Hauptsächlich sind es Vertreter der Tunicaten, welche am häufigsten dazu beitragen, dem monotonen Plankton — dem Überwiegen einer einzelnen Form in bezug auf Zahl ihrer Individuen — seinen Namen zu geben. Gegen Ende des Herbstes und während des ganzen Winters und Frühlings vermischen sich mit dem Öberflächenplankton Bestandteile des Tiefseeplanktons. Mitgeführt von den Strömungen, welche besonders von dem Südost- (Scirocco) und dem Südwestwinde (Libeccio) verursacht werden. Diese Strömungen wimmeln oft plötzlich, wie Lo Bianco bemerkt, von Tieren in allen Größen, welche meist vom litoralen Strome erfaßt, ans Ufer geworfen oder gegen Felsen geschleudert werden und so, ihrer natürlichen Lebensbedingung entrissen, ihr Ende finden. Deshalb findet man, wie Lo Bianco weiter erwähnt, nicht selten im Winter und Frühling zwischen Felsstücken, neben anderen kleinen Organismen auch große Exemplare von Salpen und anderen Makroplanktonten, welche, durch Wellen und Wind getrieben, schließlich zerschellen und in Stücke gehen. Infolge der starken Beeinflussung dieser pelagischen Organismen durch Wind und Strömungs- verhältnisse, werden zuzeiten große Mengen Plankton aus dem Meere herbeigeführt und da für Wind und Strömungen in den einzelnen Jahreszeiten gewisse Richtungen vorherrschen, so werden sich auch Perioden für das Auftreten dieser Planktonten ergeben. Ähnliches läßt sich aus den Mitteilungen von C. Vogt entnehmen (1854, p. 29), indem er berichtet: »Ich fand die Salpen stets häufig in den Wintermonaten (an der ligurischen Küste) von Ende September bis März hin, dagegen im April und Mai sowie im Juli gar keine; im Juni und August fielen nur wenige mir in das Netz.« Neben den Strömungen dürfte wohl auch die Ruhe der Wasseroberfläche das Auftreten und Auf- steigen der Salpen begünstigen, was sich aus den Angaben von Meyen (1832, p. 365) entnehmen läßt. Er schreibt: »Meist nur, wenn die See ruhig war, wenn Windstillen herrschten, an den Grenzen der regel- mäßig herrschenden Winde und in dem Wasser der Häfen und Kanäle erscheinen diese merkwürdigen Tiere an der Oberfläche des Meeres.« Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 255 Der größte Teil dieser Planktonten sind, wie schon bemerkt, stenotherme Warmwassertiere, die sich daher in den oberen Wasserschichten halten, um nicht in allzu kühles Wasser zu gelangen. Schon die Nahrung der Salpen, welche größtenteils aus Diatomeen und den Vertretern des Nanno- Planktons besteht, spricht dafür, daß diese Tunicaten in den nahrungsreicheren Schichten des Meeres, also in den oberflächlichen Schichten leben müssen. Neben solchen Formen, die eine ausgesprochene Neigung zu den warmen Stromgebieten aufweisen und die Grenze derselben kaum überschreiten, also beispielsweise Salpa cylindrica, Cyclosalpa floridana, treffen wir einige Arten, die ziemlich gleichmäßig über das ganze warme Gebiet verbreitet sind. Dieselben erweisen sich also weit weniger stenotherm als die genannten Formen. So wurde Salpa fusiformis und Salpa democratica bei Temperaturen von 28° C. ebensogut wie bei 10° C. nördlich von Schottland beob- achtet (Apstein). Das sind eurytherme Arten. Eine extreme Eurythermie wird uns von Salpa zonaria und Salpa maxima dargeboten, welche noch weiter in das abgekühlte Wasser des Übergangsgebietes vorzudringen vermögen, aber auch in tropischen Gebieten und gemäßigten Nlimaten des westlichen und östlichen Mittelmeerbeckens heimisch sind. Salpa magalhanica sowie Salpa fusiformis aspera (Salpa fusiformis, forma echinata) dürften stenotherme Kaltwasserformen repräsentieren (Apstein, p. 276), die also im Mittelmeerbecken nicht heimisch sind, sondern in hohen südlichen Breiten ihre Existenzbedingungen finden. Von den 20 Salpenarten, welche der Atlantische Ozean beherbergt, dringen nach Apstein (1894, p. 38) 10 Arten! durch die Meerenge von Gibraltar in das Mittelmeer ein. Eine Übersicht über die Verbreitungsverhältnisse dieser im Mittelmeer vorkommenden Salpenarten mit Berücksichtigung der neu gewonnenen Resultate gibt folgende Tabelle. Die für das Mittelmeer und die Adria neuen Arten sind markiert. Westliches | Östliches | Adria Mittelmeer Hi ! N & RR en Cyclosalpa pinnata OÖ © x — affinis ©) — virgula . (®) Zr = — polae = ® == Salpa maxima . (®) ©) © fusiformis (®) © (®) — punclala ©) = ® — vagina ®) FE EFOSUHA TE ee = — ® — confoederala . ® = democralica . ©) ® (®) — zonaria (©) = = Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, beherbergt nach den gegenwärtigen Befunden das Mittelmeer 12 Salpenspezies. Davon entfallen auf das westliche Becken folgende 10 Arten: Cyclosalpa pinnata Forskäl, — affinis Chamisso, — vivgula V ost, 1 Apstein führt in der Tabelle (p. 38) nur 9 Salpenarten an. Oyelosalpa affinis blieb unbezeichnet, obwohl ihr Vorkommen im westlichen Becken, p. 32, erwiesen wird. 256 M. A. Sigl, Salpa maxima Forskäl, fusiformis Cuvier, punctata Forskäl, — vagina Tilesius, confoederata Forskäl, democratica Forskäl, — zonaria Pallas. Das östliche Becken ist durch 6 Arten vertreten: Cyclosalpa pinnata Forskäl, — polae Sig], Salpa maxima Forskäl, — fusiformis Cuvier, — confoederata Forskäl, democratica Forskäl. Für die Adria bekannt sind folgende 5 Arten: Salpa maxima Forskäl, — fusiformis Cuvier, — punctata Forskäl, — vostrata Traustedt, — democratica Forskäl. Cyclosalpa polae und Salpa rostrata bilden 2 für das Mittelmeer neue Spezies. Cyclosalpa polae war bisher noch nicht bekannt; Salpa rostrata war nur im südatlantischen und Indischen Ozean nach- gewiesen worden, Salpa punctata ist ebenfalls für die Adria neu. Eine eigentümliche Erscheinung besteht nun darin, daß ein Teil der im Mittelmeer vorkommenden Salpenarten nur im westlichen Becken auftritt, das östliche hingegen meidet. Es gehören zu diesen Arten: Cyclosalpa affınis Chamisso, — virgula V ost, Salpa punctata Forskäl, — zonaria Pallas, — vagina Tilesius. Salpa maxima und Salpa confoederata wurden von der »Pola«-Expedition im östlichen Becken des Mittelmeeres nicht erbeutet, ihr Vorkommen in demselben wurde jedoch von älteren Forschern nach- gewiesen. Die meisten dieser Formen, welche das östliche Becken meiden, finden ihre östliche Verbreitungs- grenze bei Messina. Es liegt jedoch die Vermutung nahe, daß ein absolutes Fehlen dieser Formen im öst- lichen Teil vielleicht nur auf eine noch ungenügende Durchforschung dieses Gebietes zurückzuführen sei. Es kann ja nicht behauptet werden, daß Arten absolut nicht vorkommen, wo sie bis heute nicht auf- getreten sind; es ist vielmehr wahrscheinlich, daß das Bild, welches heute von der geographischen Ver- breitung der mediterranen Salpen vorliegt, mit der genaueren Durchforschung der betreffenden Meeres- teile bedeutend verändert wird, daß also der größte Teil der im westlichen Mittelmeer lebenden Salpen vielleicht auch das östliche Becken bevölkern, daß wiederum andere, welche in den übrigen Ozeanen vor- kommen, vielleicht auch im Mittelmeer nicht fehlen. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 257 Die Verschiedenheit der mediterranen Fauna zwischen Osten und Westen, welche sowohl in Form vermehrten als verminderten Vorkommens einzelner Formen uns entgegentritt, dürfte ihre Erklärung zum Teil durch die Ungleichheit der gebotenen Lebensbedingungen auf der einen und die Ungleichheit der gestellten Ansprüche auf der anderen Seite finden. Es ist eine schwierige Aufgabe, über die Lebensbedingungen der einzelnen Tierformen eine klare Einsicht zu gewinnen; das eine scheint festzustehen, daß unter den in Betracht kommenden Komponenten die Temperatur und der Salzgehalt überall eine hervorragende Rolle spielen. Steuer bemerkt in seiner Abhandlung über adriatische Pteropoden (1911, p. 5), daß manche Planktonten auf geringe Unterschiede in Temperatur und Salzgehalt des umgebenden Mediums sehr prompt mit Varietätenbildung reagieren. Derartige Unterschiede dürften vielleicht auch in den Mittelmeergebieten die universelle Verbreitung ein- zelner Arten beeinflussen, denn Salzgehalt und spezifisches Gewicht des Meerwassers nehmen im Mittel- meere tatsächlich kontinuierlich zu, je weiter man nach Westen vorschreitet (westliches Becken mehr als 27%/,, bei Kreta 39°5°/,., an der syrischen Küste 40%/,,)- Eine ähnliche Erscheinung macht sich geltend zwischen den Salpenarten des Atlantischen Ozeans und des Mittelmeeres. Diese Unterschiede erklären sich zur Genüge aus den bekannten Verschiedenheiten der Temperaturverhältnisse in den Tiefenwasserschichten beider Meere. Die Wasserwärme sinkt von der Oberfläche rasch bis gegen 400 m (Schwelle von Gibraltar), von wo ab bis zu den größten Tiefen eine gleiche Temperatur von zirka 13° herrscht. Chun gibt darüber folgende Tabelle, in welcher die Tempera- turmittelwerte aus Beobachtungsstellen, die vom Juli bis September 1881 vom Washington ausgeführt wurden, dargelegt werden. Tiefe in Meter | 50 | 100 150 | 200 | 300 | 500 1000 | Temperatur in °C. 18-4 | 15°3 141 14 13°8 13°7 | 13°5 Tiefenbeobachtungen verlieren im Mittelmeer überhaupt an Bedeutung, da, wie oben erwähnt, die Temperatur im geschlossenen Basins des Mittelmeeres von zirka 500 m abwärts nahezu konstant bleibt. Im Ozean hingegen nimmt die Temperatur nach der Tiefe zu stetig ab, und bei 1400 m, wo im Mittelmeer im 13°4° warmen Wasser noch Salpen gefischt wurden, sinkt der Quecksilberfaden des Thermometers auf 4—6°. Die Wärmeabnahme erfolgt in den verschiedenen Regionen des Atlantischen Ozeans in sehr verschiedener Weise. b) Temporäre Verteilung. Über die Erscheinungszeit der Salpen im Mittelmeer liegen ziemlich genaue Angaben vor, doch beziehen sie sich fast ausschließlich auf die Meeresoberfläche der Häfen und Buchten von Messina, Neapel, Villafranca, Nizza, Genua, Triest. Zahlreich sind die Mitteilungen über das Vorkommen der Salpen im Golf von Neapel, besonders genau sind die Angaben von Schmidtlein, dessen Beobachtungen sich auf die Jahre 1875— 1877 und 1879 erstreckten. Aus seinen Berichten ergibt sich, daß die Salpen zu jeder Jahreszeit und bei sehr ver- schiedener Temperatur an der Meeresoberfläche bei Neapel erscheinen. CYCLOSALPA PINNATA. Apstein (1906, p. 266) erwähnt, daß Cyclosalpa pinnata eine Art ist, die oft an der Oberfläche gefangen wird und wohl kaum in tiefe Schichten hinabsteigt. Von der »Pola«-Expedition wurde sie durchwegs mit dem Oberflächennetz gefischt und zwar häufiger am Abend als am Morgen. 938 MA Sigl, Aus der Tabelle von Schmidtlein geht hervor, daß Cyclosalpa pinnata bei Neapel sich haupt- sächlich in den Monaten Jänner bis November findet. Er konstatiert ein Maximum im Februar, dann plötzliche Abnahme, regelmäßige Zunahme von April bis Juni, rasches Ansteigen bis zum Herbstmaximum, Dezember gänzliches Fehlen. Apstein machte 1895/96 in Neapel die Beobachtung, daß Cyclosalpa pinnata im November noch tagtäglich und bei Temperaturen von 19:8°—20:5° C. eine häufige Erscheinung war. Im Dezember und Jänner gelangte sie noch bei Temperaturen von 17° und 14:15° C. hin und wieder zur Beobachtung. Während sie im Sommer bei den hohen tropischen Temperaturen sich wohlfühlt, muß sie später in den sich bis 13° C. abkühlenden Gewässern des Mittelmeeres ausdauern (Apstein). Cialona berichtet, daß Cyclosalpa pinnata im Hafen von Messina im Jänner und Februar selten ist. Das Maximum ihres Auftretens fällt in die Frühlingsmonate März und April, hierauf allmähliches Abnehmen bis Juli. CYCLOSALPA POLAE. Alle Exemplare dieser Art wurden auf der »Pola«-Expedition ausschließlich in Oberflächenfängen erbeutet, so daß man daraus und aus ihrer Verbreitung schließen muß, daß wir in Cyclosalpa polae eine die warmen Gewässer bevorzugende Art zu erblicken haben. Sie geriet zu allen Tagesstunden, bei Mond- helle und bei Sonnenglut in die Netze. Die Beobachtungen Chun’s über die periodischen Migrationen von der Oberfläche nach der Tiefe dürften daher bei dieser Salpenform kaum zur Geltung kommen. In den heißen Sommermonaten August, September bevölkerte sie die Oberfläche. Vergesellschaftet mit Cyclosalpa polae fanden sich noch folgende Spezies: Cyclosalpa pinnata gregata und Salpa democratica auf Station Nr. 4, 229, Salpa fusiformis sol. und greg. auf Station Nr. 49. Ihr Vorkommen in der Adria ist noch nicht bekannt. SALPA MAXIMA. Mit wenig Ausnahmen scheint diese Form auf das Mittelmeer beschränkt zu sein und zwar auf den westlichen Teil desselben inklusive Adria, wo sie eine häufige Erscheinung bildet. Im östlichen Becken wurde sie auffallenderweise von der »Pola«-Expedition nicht gefangen. Außerhalb des Mittelmeeres ist Salpa maxima sehr selten zu finden, auch fehlt sie in größeren Meerestiefen. Chun berichtet bei seinem Aufenthalte in Neapel: »An der Oberfläche fand ich Salpa maxima häufig und vereinzelt in geringen Tiefen von 50 ın. Nach Schmidtlein erscheint Salpa maxima das ganze Jahr hindurch im Golfe von Neapel, ohne daß eine Gesetzmäßigkeit ihrer Periodizität vorläufig angegeben werden könnte, besonders zahlreich in den Monaten April bis Juli. C. Vogt fand diese Salpe sehr häufig in den Wintermonaten an der ligurischen Küste namentlich von Ende September bis März; sie fehlte im April gänzlich, ebenso Mai und Juni, Juli und August trat sie wieder vereinzelt auf. Etwas anders lauten die Berichte aus Messina. Cialona konstatiert für diese Salpe für das Beob- achtungsjahr 1901 in Messina schwache Vertretung in der kalten Jahreszeit (Jänner und Februar), ein Maximum im März und April, regelmäßige Abnahme von Mai bis August, November und Dezember voll- ständiges Verschwinden. Nach Graeffe erscheint Salpa maxima im Golfe von Triest besonders in den Herbst- und Winter- monaten; selten findet man auch im Frühjahr mancher Jahre sowohl Ammen als auch Kettentiere dieser großen Salpe. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 259 Dieselben Beobachtungen über die temporäre Verteilung macht Steuer bei seinen durch sechs Jahre fortgesetzten Beobachtungen des Planktons aus dem Triester Golfe. Außerdem verdanken wir noch Planktonkalender für den Triester Golf Stiasny. Er meldet das Vorkommen dieser Salpe während der Jahre 1908 und 1909 ebenfalls in den Monaten Oktober bis Dezember. SALPA FUSIFORMIS. Die »Pola«-Expedition hat diese Art von der Oberfläche bis zu 300 ın Tiefe gefischt. Ein Fang (Station Nr. 40) wurde mit dem Chun’schen Schließnetz ausgeführt, die übrigen Fänge mit dem Öber- flächennetz. Es ist daher der Schluß berechtigt, daß diese Salpe im August, September, also in den Sommermonaten, nur selten in die Tiefe steigt. Am häufigsten war sie im Material der III. Expedition, wo sie als Begleiter der Cyclosalpa polae sich erwies. Salpa fusiformis erscheint nach Graeffe im Winterplankton bei Triest »äußerst selten«. Nach Schmidtlein hat diese Salpe in Neapel ihr maximales Auftreten während des Monats Februar. Dieses Maximum scheint jedoch nicht sehr hervorzutreten. Lo Bianco fand im Beobachtungsjahr 1902 die solitäre Form zu wiederholten Malen in der Umgebung von Capri, namentlich die Kettensalpe dieser Spezies in großen Mengen in Tiefen von 1500 nm, vergesellschaftet mit Salpa confoederata, Pyrosoma atlanticum und Doliolum mülleri. Ein geradezu massenhaftes Vorkommen von Salpa fusiformis führt Lo Bianco für den Monat November 1904 an aus Tiefen von 1500 m, während sie in den übrigen Monaten des Jahres in den ober- flächlichen Wasserschichten wahrgenommen wurde. Salpa fusiformis ist also eine in abyssalen Tiefen erbeutete Art, tritt andrerseits auch an der Ober- fläche auf, berührt also wohl die extremsten Grenzen der vertikalen Verbreitung und scheint mehr als andere Arten gegen bedeutende Temperaturerniedrigung unempfindlich zu sein. SALPA DEMOCRATICA. Von den 58 Fängen der fünf Expeditionen im östlichen Mittelmeer und der Adria, welche Salpen enthalten, weisen 28 Fänge Salpa democratica auf. Davon entfallen auf die Adria Tiefsee-Expedition 17. Daraus ergibt sich, daß diese Salpe eine der gemeinsten Formen speziell der Adria ist. An vier Fangstationen wurde sie durch einen Vertikalzug aus 130— 250 m Tiefe emporgebracht; an den übrigen Positionen in den obersten Wasserschichten erbeutet. In der Adria macht diese Salpe einen erheblichen Prozentsatz der erbeuteten Salpen aus. Auf Station Nr. 4 und 5 (4. und 5. Juni) war sie besonders zahlreich. Aus der Anzahl det an dieser Stelle erbeuteten Individuen läßt sich vermuten, daß die Expedition einem schwarmartigen Auftreten dieser Salpe begegnet ist. Daß diese Ansammlungen keine Schwärme im Sinne eines regellosen Vorkommens waren, sondern daß es sich um ein nach Zeit und Ort regelmäßig vorhandenes und wiederkehrendes Auf- treten gehandelt hatte, spricht der Umstand, daß diese »Pola«-Fänge nahezu in dieselbe Jahreszeit fallen, in welcher der »Rudolf Virchow« in den folgenden Jahren gefischt und ebenfalls enorme Salpenansammlungen dieser Art an den betreffenden Gebieten beobachtet hatte. Dieses massenhafte Auftreten dürfte also offenbar als »Produktion« bezeichnet werden. Salpa democratica dringt im Adriatischen Meer bis nach Triest vor. Die temporäre Verteilung dieser Salpe im Triester Golfe ist ebenfalls von Steuer sehr gründlich untersucht worden. Aus seinen Berichten (Planktonkunde, 1910) ist ohne weiteres zu ersehen, daß diese Salpe in Triest namentlich im Winter auftritt und zwar Ammen und Kettentiere zur gleichen Zeit. 960 M. A. Sigl, Stiasny erwähnt das Vorkommen dieser Salpe im Golfe während der Monate November Dezember als ein sehr häufiges; sie beginnt Ende Winter aus dem Plankton zu verschwinden. Im Frühlings- und Sommerplankton fehlt sie gänzlich. Schmidtlein spricht von einem ununterbrochenen Vorkommen dieser Art im Golfe von Neapel. Lo Bianco fischte Salpa democratica in der Umgebung von Capri sowohl an der Oberfläche wie in bedeutenden Tiefen. Mit dem Schließnetze brachte er sie noch aus Tiefen von 1500 m empor. C. Vogt beobachtete diese Art in Villafranca von September bis März an der Oberfläche. Salpa democratica wurde demnach in enorm verschiedenen Regionen gefischt. Dieselbe Beob- achtung machte Chun, indem er meldet: »Salpa democratica erscheint gleich zahlreich von der Ober- fläche bis zu den größten Tiefen.« Seine Beobachtungen wurden in Neapel ausgeführt. Daselbst brachte er Exemplare dieser Spezies mit dem Schließnetze noch aus Tiefen von 900— 1300 ın an die Oberfläche. Salpa democratica ist also eine in hohem Grade pamplanktonische Form, der eine sehr weite vertikale Verbreitung zukommt. Thahaceen des Mittelmeceres und der Adria. 261 IV, Alten Kommensalen der Salpen. Unter den Exemplaren der Salpa democratica gregata und Salpa maxrima gregata der Adria Tiefsee-Expedition fand ich ab und zu Individuen, in deren Atemhöhle Copepodenweibchen aus der Gattung Sapphirina anzutreffen waren oder welche sich in das Gewebe des äußeren Mantels eingegraben hatten. Herr Professor Dr. Steuer hatte die große Freundlichkeit, diese Tierchen zu bestimmen. Dieselben Raumparasiten fand ich bei Cyelosalpa polae (Ill. Expedition, Station Nr. 9). Im Salpenmaterial der »Rudolf Virchow«-Planktonfahrt fand ich in Gesellschaft von Salpa demo- cratica ebenfalls eine Anzahl Sapphirinen, die sich nach genauer Bestimmung als: Sapphirina angusta, — gemma, — maculosa, — nmigromaculata, — ovatolanceolata erwiesen. Über das gesellige Zusammenleben der Sapphirinen und der Salpen erwähnt Giesbrecht folgen- des: »Außer Sapphirina pyrosomatis (in Pyrosoma) und lactens (in den Ammen von Dolchinia mirabilis) wurden alle Arten (auch die Weibchen) frei im Auftrieb angetroffen, die meisten sogar nur frei; die Weib- chen der Pyroma-Arten jedoch fanden sich meistens in den Salpen vor, ohne daß indessen die einzelnen Arten an bestimmte Salpenarten gebunden gewesen wären, doch scheinen Sapphirina salpae und angusta die Cyclosalpa pinnata, Salpa confoederata und africana maxima, Sapphirina gemma und ovatolanceo- lata die Salpa democratica zu bevorzugen. In diesen Salpen traf ich einmal ein Weibchen von auro- mitens an.« Ebenso deutlich betont Steuer in seiner systematischen Bearbeitung der »Sapphirinen des Mittel- meeres und der Adria«, 1895 den Kommensalismus dieser beiden Tiergruppen. Er spezifiziert in der genannten Abhandlung 11 Arten der Gattung Sapphirina: Sapphirina nigromaculata, — auronitens, — ovatolanceolata, — macnlosa, —_ anzusta, — metallina, — gemma, — opalina, — biceuspidata, — scarlata, — lactens, und deutet hin auf einen möglichen Zusammenhang, auf Beziehungen, welche zwischen Sapphirinen und Salpen möglicherweise existieren. Der genannte Autor schreibt |. c.: »Sicher ist, daß zumeist die Weibchen und vermutlich die Cyclopid-Stadien die Salpen bewohnen, während die Männchen frei herumschwärmen.« Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 35 262 M. A. Sigl, Daß diese Formen häufig aufeinander angewiesen sind, ergibt sich aus der Häufigkeit ihres gemein- samen Vorkommens, wie aus folgenden Tabellen ersichtlich ist. Zur Illustrierung der Verbreitung der einzelnen Arten gebe ich einige Textkarten, in denen ich die Fundorte der betreffenden Sapphirinenart der »Pola«-Expedition durch ein Zeichen eingetragen habe. Mit Sapphirina nigromaculata wurden beim nämlichen Fange folgende Salpenarten gefischt: Nummer Expedition 35 I. Salpa fusiformis greg. — democralica sol. und greg. z Dr | — polae greg. II. — polae sol. und greg. II. | — polae sol. und greg. 15 II. | — fusiformis sol. und greg. 29 I. Cyclosalpa pinnata greg. BR hi. \ Salpa fusiformis greg. Cyclosalpa pinnala greg. 40 Ill. — polae sol. und greg. 45 III. — polae sol. 52 II. — polae sol. 57 II. — polae sol. und greg. 60 IT. Salpa fusiformis greg. 67 I. — fusiformis sol. s0 Ill. — fusiformis greg. 88 III. — fusiformis sol. 213 IV. — democratica sol. 12 \% — democratica sol. und greg. 17 We — democratica sol. 21 V. - democratica sol. 44 V. — democratica greg. 49 \ — democralica sol. 52 \ — democratica sol. 105 V. — fusiformis greg. 139 \ — maxima gVeg. Das Gebiet der Sapphirina nigromacnlala (Textfigur 23) scheint im östlichen Mittelmeer den Faunenkreis Adria Tiefsee, Jonisches Meer, kleinasiatische und syrische Küste, Levantinisches Meer zu umfassen. Annähernd gleichartiges Verhalten bezüglich der Häufigkeit des Vorkommens und ihrer horizontalen Verbreitung zeigt Salpa democratica, welche häufig mit Sapphirina nigromacnlata in das Netz geriet. Beide begannen sich schon in der nördlichen Adria mit einer relativ großen Individuenzahl bemerkbar zu machen und waren nahezu bei jedem Fange in der Adria eine gewöhnliche Erscheinung. Nach Steuer (1907, p. 161) dringt Sapphirina nigromaculata ebenso wie Salpa democratica bis in den Triester Golf vor. Im Untersuchungsmaterial des »Virchow« fand ich diese Sapphirinenspezies wiederholt mit Salpa democratica auftreten (Station 14, Weg nach Pomo). Im Gebiete des östlichen Mittelmeeres tritt die Zahl der Fänge, welche Salpa democratica aufweisen gegenüber Sapphirina nigromaculata bedeutend zurück, Dafür machen sich Salpa fusiformis und Cyclosalpa polae geltend, welche sich in diesem Gebiete als häufige Begleitformen dieser Sapphirinenspezies erweisen. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 263 Mit Sapphirina auronitens wurden folgende Salpenarten gefangen: Nummer Expedition 39 IE Salpa fusiformis greg. RN im. — democralica sol und grez. Cyclosalpa polae greg. 6 Ill. — polae sol und greg. 9 II. — polae sol. und grreg. 15 II. Salpa fusiformis sol. und greg. 29 IT. Cyclosalpa pinnata greg. ya m Salpa fusiformis gveg. Oyclosalpa pinnata greg. 40 II. — polae sol. und greg. 52 IT. — polae sol. 57 m. — polae sol. und greg. 60 II. Salpa fusiformis greg. 67 II. — fusiformis sol. 80 IM. — fusiformis greg. 242 IV. — democratica sol. und greg. 21 V. — democratica sol. Fig. 23. Verbreitung von Sapphirina nigromaculata @. Sapphirina auronitens (Textfigur 24) war am häufigsten im Material der III. Expedition, wo sie in fast ständiger Begleitung mit Salpa fusiformis und Cyclosalpa polae auftrat. Ab und zu erschien sie auch mit Salpa democratica. Das Verbreitungsgebiet von Sapphirina awronitens im östlichen Mittelmeer exklusive Adria stimmt im allgemeinen mit jenem der beiden genannten Salpenarten überein. 35% 264 M. A. Sigl, Begleitformen der Sapphirina ovatolanceolata waren folgende Salpenarten: a Nummer | Expedition | | f Salpa democralica sol. und greg. Cyclosalpa polae greg. 6) II. Salpa democratica sol. und greg. Das Auftreten dieser Art (Textfigur 25) ist im durchfahrenen Gebiet ein außerordentlich seltenes; sie scheint das JonischeMeer zu bevorzugen, wo sie wiederholt gemeinsam mit Salpa democratica in dies Fig. 24. Verbreitung von Sapphirina auronitens @. Netze geriet. Im Material des »Rudolf Virchow« fand ich Sapphirina ovatolanceolata ebenfalls in Gesell- schaft der Salpa democratica (Station Nr. 12, vor Pomo). Fig. 25. Verbreitung von Sapphirina ovatolanceolata &- Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 265 Sapphirina maculosa. Nummer | Expedition | Cyelosalpa pinnalta greg. 229 | IV. | 2| Salpa democralica sol. und greg. | | Cyclosalpa polae greg. 17 WM. Salpa democratica sol. 2] NE — democralica sol. 50 V. — democralica greg. 151 V. | — democralica sol. Sapphirina maculosa (Textfigur 26) zeichnet sich aus durch ein sehr verbreitetes Vorkommen in der Adria. Ihre Verbreitung in diesem Gebiete zeigt große Übereinstimmung mit jener der Salpa democratica. Sapphirina maculosa ist auch in der nördlichen Adria heimisch. Die »Rudolf Virchow «- Planktonfahrt fand diese Spezies auf Station 14, Weg nach Pomo. Sapphirina angusta. Die Bemerkung Giesbrecht's, daß die Weibchen der Sapphirina angusta Salpa democratica und Salpa maxima bevorzugen, bestätigt das Ergebnis meiner Untersuchung. Zu wiederholten Malen traf ich diese Sapphirinenspezies in der Atemhöhle dieser genannten Salpenarten an. Vergesellschaftet mit Salpa angusta fand sich in einzelnen Fängen auch Cyclosalpa polae. Nummer Expedition h im; f Salpa democratica sol. und greg. \ Oyclosalpa polae greg. 9 II. — polae sol. und greg. B) V. Salpa democratica sol. und greg. 137 V. — democralica greg. 150 V. — maxima sol. 151 V. — democratica sol. Der Verbreitungsbezirk beider Formen, Sapphirina angusta (Textfigur 27) als auch Salpa democratica, zeigt auffallende Ähnlichkeit. Das Faunengebiet der Sapphirina angusta scheint hauptsächlich die südliche Adria zu sein sowie jener Teil des Jonischen Meeres, der der italienischen Halbinsel zuge- teilt ist. Dieselben adriatischen Meeresgebiete bewohnt auch Salpa democratica; sie ist auch im Jonischen Meere heimisch. Das Auftreten dieser Sapphirinenart im Triester Golf wurde von Steuer (1907, p. 161) nachgewiesen. Daß Sapphirina angusta auch Cvyelosalpa pinnata bevorzugt, wie Giesbrecht bemerkt, können meine Untersuchungen nicht bestätigen, da in keinem Fange beide Arten gleichzeitig auftraten. Sapphirina metallina (Textfigur 28) wurde von der »Pola«-Expedition stets ohne Begleitung von Salpen gesammelt. Ihr bis heute bekanntes Wohngebiet dürfte im östlichen Mittelmeer die Adria und das Jonische Meer sein. 266 M. A. Sigl, Sapphirina gemma trat namentlich in Gesellschaft der Salpa democratica, ab und zu auch mit Cyelosalpa pinnata und Cyclosalpa polae auf. Fig. 26. Verbreitung von Sapphirina maculosa @. Nummer Expedition A m { Salpa democratica sol. und greg. Cyclosalpa polae greg. 29 IT. — pinnala greg. 213 IV. Salpa democratica sol. 5 V. — democralica sol. und greg. 57 V. — democralica sol. und greg. Es zeigt sich tatsächlich, daß Sapphirina gemma (Textfigur 28) hinsichtlich ihrer horizontalen Ver- breitung im östlichen Mittelmeer mit den beiden genannten Salpenformen gleichartiges Verhalten aufweist. Fig. 27. Verbreitung von Sapphirina angusta WM. Sowohl Sapphirina gemma als auch Cyclosalpa pinnata scheinen die obersten Wasserschichten zu bewohnen, da beide Arten ausschließlich mit dem Oberflächennetz gefangen wurden. Sapphirina gemma kam auch im Golfe von Triest wiederholt zur Beobachtung (Steuer 1907, p. 161). 267 Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. Sapphirina opalina (Textfigur 29). Nummer Expedition 21 V. Salpa democralica sol. V. — democralica greg. Jonischen Meer, Die wenigen Fundorte dieser Sapphirinenart stammen aus dem Adriatischen und wo Sapphirina opalina gemeinsam mit Salpa democratica nachgewiesen wurde. Im östlichen Mittelmeer scheint Sapphirina opalina keine vollkommen zusagenden Lebensbedingungen zu finden, da sie dieses Gebiet durchaus zu meiden scheint. Sapphirina bicuspidata (Textfigur 29) trat gemeinsam mit folgenden Salpen aul Nummer | Expedition | Salpa democralica sol. und greg. | u. Sf ä N TE U « 'yclosalpa polae greg. 15 III Salpa fusiformis sol. und greg. 45 II. Cyclosalpa polae sol. Von der »Pola«-Expedition wurde diese Art im östlichen Mittelmeere in einer geringen Anzahl von Fängen und nur vereinzelt erbeutet. Gleichzeitig mit Sapphirina bicuspidata fanden sich im Netz Salpa democratica, Cyclosalpa polae, Salpa fusiformis. INT» | il oe sau Verbreitung von Sapphirina gemma @, Saphirina metallina O. Sapphirina scarlata (Textfigur 29) ist eine im östlichen Mittelmeer selten vorkommende Spezies: | Nummer | Expedition Salpa fusiformis greg. Fusiformis sol. III. IT. —_ 80 268 M. A. Sigl, Während der fünf Expeditionen kam Sapphirina scarlata nur zweimal, und zwar in Begleitung der Salpa fusiformis vor. Beide Fundstellen liegen westlich von Rhodus, der kleinasiatischen Küste genähert. Sapphirina lactens (Textfiigur 29) dürfte im Untersuchungsgebiet mit Recht als Rarität betrachtet werden, da sie nur in einem einzigen Exemplar im Jonischen Meer gefischt wurde und zwar vereinzelt ohne. Begleitung anderer Sapphirinen oder Salpen. In »Sapphirinen und Copilien der Adria« von Steuer wurde das Auftreten dieser Art auch bei Ragusa nachgewiesen. Ein Überblick über das bereits Bemerkte zeigt unverkennbar manche Analogien und Beziehungen zwischen Sapphirinen und Salpen, welche, wenn sie nach reichlicherem Material ergänzt und geprüft sein werden, nicht ohne Interesse sein dürften. Vorläufig glaube ich nicht fehl zu gehen, wenn ich bemerke, daß Sapphirina angusta, gemma, ovatolanceolata namentlich mit Salpa democratica, Sapphirina angusta mit Salpa maxima, Sapphirina auronitens mit Cyclosalpa polae und Salpa fusiformis einigen Zusammenhang zu haben scheinen, während Sapphirina nigromaculata, welche in der Adria am Fig. 29. Verbreitung von Sapphirina scarlata $-, Sapphirina lactens @, Sapphirina opalina k Sapphirina bicuspidata ©. gewöhnlichsten mit Salpa democratica auftritt, im übrigen Teil des Untersuchungsgebietes hingegen am wenigsten an eine bestimmte Salpenspezies geknüpft zu sein scheint. Sapphirinen wie Salpen sind Meeresbewohner, welche der Hauptsache nach den Küsten und dem Meeresgrunde gleichermaßen fernbleiben, manchmal aber durch Strömungen an die Küste geführt werden. Nach den Mitteilungen verschiedener Autoren bewegt sich die Mehrzahl dieser Warmwassertiere in einer Tiefe von O— 400 m, vereinzelt findet man sie wohl auch in kälteren und tieferen Regionen. Sowohl die Sapphirinen als auch die überwiegende Anzahl von Salpen bewohnen die Gebiete der warmen und lauen Strömungen der Ozeane. meeres und der Adria. Genus DOLIOLUM. 270 M. A. Sigl, I: A. Übersicht der Fangergebnisse der 1.— IV. »Pola»-Expedition u Datum Tageszeit Be : Rice ’ Station Re a ae 5 in Meter Östliche Länge Nördliche Breite 14 25. August 1890 3h 45m p. m. Dre 3622187 155, ? 500 26 30. August 1890 71a —81 p. m. Ba ME ee ee 0 Pe) 35 1. September 1890 11h p. m. 202 a An 32205022365 Oberfläche 41 6. September 1890 81/,—83/,# p. m. 19° 44' 30" SP 5008 3—6 49 12. September 1890 4h 15m p. m. 20008 Sa il 200 aufwärts 51 12. September 1890 sh 15m p. m. 19° 54° 0" 37° 48" 20" 2 15 24. August 1892 73], — 814% p. m. Dar 8 36° 6' Oberfläche 21 28. August 1892 43), —51/,b p. m. 23° 23) 33° 30" detto 36 2. September 1892 61/,— 74 p. m. 32° 16' 32° 41' detto 37 10. September 1892 5—5l/gh p. m. 33° 16' 322739) detto 40 10. September 1892 61/,— 7b a. m. 34° 8! 32° 46' detto 41 11. September 1892 5—51/." a. m. 34° 33" 32° 43! detto 57 15. September 1892 5—51/,h a. m. 35° 18" 33° 58' detto 86 2. Oktober. 1892 7—73|$ p. m. 290% 35° 55' detto B. Übersicht der Fangergebnisse der Doliolen V. »Pola«-Expedition ze 9 6. Juni 1894 4b a. m. 155245, A211 38 17. Juni 1894 103, —111/,h a. m. 16° 32" 30" 420 28" 24° 170 52 22. Juni 1894 2? 1552378405 A057. 0% 130, Bodentiefe 151 72 30. Juni 1894 ? 182219705 41° 41' 30" B)0) ei RR 10. Juli 1894 ® I 5° 38° 48" 25" 500 103 11. Juli 1894 ? 8275722 0% re 7 en, 183 19. Juli 1894 {2 18° 22" 20” A055 305 125 143 : 23. Juli 1894 & 72 22) 41° 40' | 500 Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. N! Teil. Doliolen im östlichen Mittelmeere. (1890— 1893). | | 7 ' Nummer Operation Anmerkung zul co AU DIEAT | der Individuen 5 | Station e Monaco’s Courtinen- Scalich von Kan Matagan 3 Doliolum mülleri Ammen. 14 Schließnetz | eb an 2 Doliolum denticulatum Ammen. Nördlich v R s 3 7 at Oberflächennetz Norellen von eo: Großen 1 Doliolum mülleri Amme. 26 Syrte bei Barka Monaco’s Oberflächenkurre Vor Barka ! ee) 35 - x 1 Doliolum unbestimmbar. ar Tre Sr B Eu ScvrH > \z7 Eu am = WarrıE Oberflächennetz Nördlich von Bengazi 1 Doliolum mülleri Amme. 41 in Barka Monaco’s Courtinen- Apparat hat sich geöffnet Te 3 en Eye Schließnetz und fischte 200 m aufwärts S dee Erüchzurcke a Oberflächennetz Jonisches Meer, südwärts 1 detto Amme. öl von Zante Kleines Oberflächennetz Dunkles Beer ANWaS | detto Amme. 15 Seephosphoreszenz detto Südlich von Candia 1 Dohiolum denticulatum Amme. 21 NW-Wind: ang detto NIWANIICh Dolz Seesen 3 Doliolum mülleri Ammen. 36 guter Fang detto 1 detto Amme. 37 detto Südwestl. v. Akka 1 detto Amme. 40 detto Vor Akka 6 detto Ammen. 41 detto Nordwestl. v. Alexandrien 1 detto Amme. Bir detto 3 detto Ammen. 86 in der Adria und der Straße von Otranto. (1894). Pelagisch Bei Pianosa 1 Doliolum mülleri Amme. 9 Tannernetz Bei Cazza 1 Doliolum denticnlatum Amme. 38 detto Südwestl. v. S. Andrea 4 Doliolum mülleri Ammen. 92 ar 5 ee % ano Jonisches Mer er „ detto detto 1 Doliolum mülleri Amme. 103 detto Nördlich von Brindisi 1 detto unbestimmbar. 133 detto Südliche Adria 2 Doliolum mülleri Ammen. 143 36% DD =! DD M. A. Sigl, IL Teil. Systematische Ergebnisse. Im Entwicklungszyklus der Doliolen treten vier verschiedene Formen auf. Die geschlechtslose Amme, deren Jugendstadium eine geschwänzte Larve ist, erzeugt durch Knospung an einem ventralen Stolo eine zweite polymorphe Generation. Die von der Amme auf ungeschlechtlichem Wege abstammende Generation besteht aus drei verschiedenen Formen. Von diesen ist eine das vollkommen entwickelte Geschlechtstier, während die zwei anderen — das Ernähr- und Pflegtier — zeitlebens ungeschlechtlich entwickelt bleiben. Die Kieme des Geschlechtstieres ist entweder eine aufrecht stehende, von wenig Spalten durch- brochene, oder eine stark gekrümmte mit zahlreichen Perforationen ausgestattete Lamelle. Nach der Gestalt der Kieme, nach dem Verlaufe des Darmes und des Hodens wurde das Genus Doliolum von Borgert (1894) und schon früher von Herdman in die beiden Subgenera: Doliolina und Dolioletta gespalten. Das Subgenus Doliolina war durch Doliolum mülleri vertreten, das Subgenus Dolioletta durch Doliolum denticulatwm. (Einige Textkarten mögen auch hier das Vorkommen der verschiedenen Spezies im westlichen und östlichen Mittelmeerbecken etwas genauer illustrieren.) Subgenus Doliolina. Doliolum mülleri Krohn, Grobben. Fundorte der österreichischen »Pola«-Expedition: A. Östliches Mittelmeer. l. Expedition 189. Station Nr. 14: 25. August, 22° 33’ 30” östl. Länge, 36° 18’ 55” nördl. Breite, südlich vom Kap Matapan, Fang mittels Monaco’s Courtinenschließnetzes, wahrscheinlich 500 m Tiefe, Seetemperatur 14°5° C.; 32452 p.m. 3 Doliolum mülleri Ammen, Erhaltungszustand mangelhaft. Station Nr. 26: 30. August, 22° 26’ 0” östl. Länge, 33° 36’ 0” nördl. Breite, nördlich der Großen Syrte bei Barka, Fang mittels des Oberflächennetzes, wahrscheinlich 25 m Tiefe, Seetemperatur 26:6° C.; 71/,"—8" p. m. 1 alte Amme, schwarz, gequetscht. Station Nr. 35: 1. September, 20° 21’ 42” östl. Länge, 32° 50’ 30” nördl. Breite, vor Barka, Fang mittels Monaco’s Oberflächenkurre, Tiefe? Seetemperatur? 11" p. m. 1 Amme, 6 mm lang. Station Nr. 41: 6. September, 19° 44’ 30” östl. Länge, 32° 50’ 0” nördl. Breite, nordwestlich von Bengazi in Barka, Fang mittels des Oberflächennetzes, Tiefe 5—6 m; 8!/,®—83/," p. m. 1 alte Amme, nahezu unkenntlich. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 27183 Station Nr. 49: 12. September, 20° 0’ 0” östl. Länge, 37° 31’ 0” nördl. Breite, Jonisches Meer, südlich von Zante, Fang mittels Monaco’s Courtinenschließnetzes, Tiefe 200 m? 4" 15" p. m. 3 Ammen, 4— 5 mm lang. Einige Bruchstücke von älteren Stadien. Station Nr. 51: 12. September, 19° 54’ 0” östl. Länge, 37° 48’ 20” nördl. Breite, südwestlich von Zante, Fang mit dem Oberflächennetz, Tiefe 2 m; S" 15" p. m. 1 Amme, 4 mm, gut erhalten. II. Expedition 1892. Station Nr. 15: 24. August, 22° 2’ östl. Länge, 36° 6’ nördl. Breite, südwestlich vom Kap Matapan, kleines Oberflächennetz, Oberflächenfang, 73/,"—81/," p. m. 1 Amme, 10 mm lang, mangelhaft. Station Nr. 36: 2. September, 32° 16’ östl. Länge, 32° 41’ nördl. Breite, in der Nilströmung, kleines Ober- flächennetz; 61/,"—7" p. m. 3 Ammen, 10— 12 mm Länge, organlos, aber gut erhalten. Station Nr. 37: 10. September, 33° 16’ östl. Länge, 32° 39’ nördl. Breite, südlich von Cypern, Oberflächen- fang, kleines Oberflächennetz; Sr —51/," a. m. 1 Amme, 8 mm. Station Nr. 40: 10. September, 34° 8’ östl. Länge, 32° 46’ nördl. Breite, südwestlich von Akka, kleines Oberflächennetz, Oberflächenfang; 61/,"—7" p. m. 3 Ammen, 8—9 mm lang. Station Nr. 41: 11. September, 34° 33’ östl. Länge, 32° 43’ nördl. Breite, vor Akka, kleines Oberflächen netz; 5" —51/," a. m. 6 Ammen, 6— 13 mm Länge. Station Nr. 57: 15. September, 35° 18’ östl. Länge, 33° 58’ nördl. Breite, vor Beirut, Oberflächenfang, kleines Oberflächennetz; 5" —51/," a. m. 1 große Amme mit gut erhaltenem Rückenfortsatz, 16 mm Körperlänge. Station Nr. 86: 2. Oktober, 29° 0’ östl. Länge, 35° 55’ nördl. Breite, nordwestlich von Alexandrien, Ober- flächenfang, kleines Oberflächennetz; 7" —73/," p. m. 1 Amme, 7 mm. B. Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. 9: 6. Juni, 15° 45’ östl. Länge, 42° 11’ nördl. Breite, bei Pianosa; 4" a. m. 1 Amme, 3 mm lang, gut erhalten. Station Nr. 52: 22. Juni, 15° 37’ 40" östl. Länge, 42° 57’ 20” nördl. Breite, südwestlich von S. Andrea, Fang mittels des Tannernetzes, Tiefe 130 m, Bodentiefe 151 m; Tagesstunde? 4 Ammen, 5—8 mm, mit besonders breiten Muskelbändern. Station Nr. 72: 30. Juni, 18° 19’ 20” östl. Länge, 41° 41’ 30” nördl. Breite, südliche Adria, Fang mit dem Tannernetz, Tiefe 550 m. 1 mazerierte alte Amme von 6 mm Länge. Station Nr. 93: 10. Juli, 18° 58’ 5” östl. Länge, 38° 48’ 25” nördl. Breite, -Jonisches Meer, Höhe von Kephalonia, Fang mittels des Tannernetzes, Tiefe 500 ın, Tagesstunde? 2 Ammen, 8— 10 mm lang. 274 M. A. Sigl, Station Nr. 103: 11. Juli, 18° 57’ 20” östl. Länge, 38° 10’ 7’' nördl. Breite, Jonisches Meer, Fang mit dem Tannernetz, Tiefe nominell 1520 m (1300 m). 1 Amme von S mm Länge. Station Nr. 143: 23. Juli, 17° 32’ östl. Länge, 41° 40’ nördl. Breite, südliche Adria, Fang mit dem Tanner- netz, Tiefe 500 m. 2 Ammen, je 14 mm lang, gut erhalten. Die vorliegenden Exemplare dieser Art stimmen im äußeren Habitus und in den übrigen Einzelheiten mit den von Grobben beschriebenen und abgebildeten Exemplaren überein (1882, p. 55, Taf. III, Fig. 16, 17). Doliolum mülleri, eine der bestbekannten Doliolum-Arten, tritt im Mittelmeer sehr häufig auf sowohl im westlichen als auch im östlichen Becken. Im Untersuchungsmaterial aus der Adria ist sie ebenfalls in nicht unbedeutender Anzahl vertreten. Sämtliche Exemplare sind Ammenstadien. Ein beträchtlicher Teil derselben sind alte Ammen von schlauchförmiger Gestalt mit degenerierten Respirations- und Ver- dauungsorganen. Die 9 Muskelreifen erreichen mit zunehmendem Alter eine außerordentliche Breite. Der Mantel ist relativ stark entwickelt, aber weich. Der Darm ist U-förmig gebogen, die violette Färbung desselben läßt das Alkoholmaterial nur sehr schwach noch erkennen. Der After mündet im fünften Intermuskularraum aus. Der Dorsalauswuchs zeigt bei den wohlerhaltenen Exemplaren einen faden- förmigen Fortsatz und an der Basis das rötlich-violette (beim lebenden Tier orangegelbe) Pigment. Die Länge der erbeuteten Exemplare ist verschieden. Das kleinste hat 4-5 mm, die größeren erreichen eine Körperlänge von 12— 14mm; die Maximallänge ist 17 mm. Günstigere Resultate lieferte das Material der Planktonfahrt des »Rudolf Virchow« in der nördlichen Adria, da es nicht nur Ammen, sondern auch Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien, Ernährtiere, Pflegtiere sowie Geschlechtstiere dieser Spezies aufweist. Genauere Mitteilung hierüber bringe ich in meiner Arbeit »Die Adriatische Thaliaceen-Fauna« 1912. Verbreitung. (Textfigur 30). Bezüglich der Häufigkeit des Vorkommens dieser Doliolum-Spezies scheint das Verhalten in verschiedenen Meeren nicht gleich zu sein. Im Mittelmeer bildet sie unstreitig, wie schon Krohn, Vogt, Gegenbaur betonen und alle Forscher in Neapel zugeben, die Hauptmasse der Doliolen überhaupt und gehört zu den gewöhnlichen pelagischen Tieren. Aus dem westlichen Mittelmeer fand ich in der Literatur (Carus, 1884, p. 492) für diese Spezies folgende Fundorte verzeichnet: Banyuls (Lahille), Villafranca (Uljanin), Neapel (Krohn, Uljanin), Messina (Krohn, Keferstein und Ehlers, Gegenbaur, Grobben). Von der »Valdivia«-Expedition wurde diese Art im westlichen Mittelmeer an zahlreichen Stationen der Reiseroute gesammelt (Neumann 1906, p. 229). Was die speziellen Fundorte im östlichen Mittelmeer anlangt, wurde Doliolum mülleri in den Jonischen Gewässern bei Zante und ein zweitesmal südlich von Kynaros angetroffen. Doliolum mälleri lebt verstreut im ganzen östlichen Mittelmeer von der afrikanischen Küste angefangen bis zum Griechi- schen Archipel und der kleinasiatischen Küste. Genanntes Doliolum besitzt ein reiches Vorkommen auch in der Adria und hat unter den Doliolenarten die größte Zahl von Fängen aufzuweisen, in denen es vertreten ist. Sein Auftreten längs der dalmatinischen Küste war nach den Ergebnissen der Forschungs- reise des »Rudolf Virchow« ein kontinuierliches. Doliolum mülleri dringt bis in den Golf von Triest.vor und ist daselbst eine nicht seltene Erscheinung. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 275 Grandori fand Doliolum mülleri längs der italienischen Küste an vier Fangstationen der italieni- schen »2% crociera oceanografica«, nämlich bei Malamocco, zwischen Ancona und Vieste, Vieste und Brindisi. Nach Neumann (1906, p. 229) fand die »Valdivia« Doliolum mülleri fast in allen von ihr durch- forschten Teilen der westafrikanischen Küste. Ausgezeichnet durch ihren Reichtum an dieser Art war die Verbreitung von Doliolum mülleri fi. Simonsbucht, wo eine große Anzahl von dieser Form mit vielen Ammen und Larven an der Oberfläche gefischt wurden. Außerdem wurde sein Vorkommen in den warmen Strömungen des Indischen Ozeans bis zum Indoaustralischen Archipel nachgewiesen. Subgenus Dolioletta. Doliolum denticulatum Quoy et Gaimard. Nur mit einigem Vorbehalt rechne ich zu dieser Spezies einige wenige ziemlich gut erhaltene Exemplare von Ammenstadien, welche auf folgenden Stationen gefischt wurden: A. Östliches Mittelmeer. l. Expedition. Station Nr. 14: 25. August, 22° 33’ 30” östl. Länge, 36° 18’ 55” nördl. Breite, südlich von Kap Matapan Fang mittels Monaco’s Courtinenschließnetzes, Tiefe 500 ın, Seetemperatur 14:5° C. Tagesstunde? 2 Ammen, 4—6 mm. B. Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. 38: 17. Juni, 16° 32’ 30” östl. Länge, 24° 28’ 24” nördl. Breite, bei Cazza, Fang mit dem Tannernetz, Tiefe 170 m; 10°/,®—111/," a. m. 1 Amme, älteres Stadium mit zusammenstoßenden Muskelbändern, Rückenauswuchs lang und dünn. Von dieser Art wurden ebenfalls nur Ammen gefischt. Geschlechtstiere, Pflegtiere und Larvenstadien waren im Material der »Pola«-Expedition durchaus nicht enthalten. Überdies waren diese Doliolum denti- 276 M. A. Sigl, culatıım-Ammen ziemlich alt. Verdauungs- und Respirationsorgane waren schon der Degeneration anheim- gefallen. Die fäßchenartige, gegen die Körperendigungen zu allmählich sich verschmälernde Körpergestalt, die feste, nicht klebrige Testa, überhaupt ein Vergleich mit wohlerhaltenen Exemplaren dieser Spezies erlaubte mir eine Identifizierung der erbeuteten Exemplare mit der oben bezeichneten Art. Verbreitung (Textfigur 31). Die »Pola« fand dieses Doliolum im Griechischen Archipel (I. Ex- pedition) und bei Cazza (V. Expedition). Die Planktonfahrt des »Rudolf Virchow« erbeutete bei Ragusa, Lucietta mehrere Individuen, welche bei näherer Untersuchung als Geschlechts-, Pfleg-, Ernährtiere, Ammen und Larven dieser Spezies sich erwiesen. Ausführlicheren Bericht über diese Befunde in: »Die Adriatische Thaliaceen-Fauna, 1912«. Fig. 31. Verbreitung von Doliolum denticulatum £ und Doliolum ehrenbergii ®. Damit ist das Vorkommen der genannten Art gleichzeitig auch für die Adria festgestellt. Nach Carus (1884, p. 492) ist Doliolum denticulatum im westlichen Mittelmeer an folgenden Punkten beobachtet worden: Messina (Krohn, Gegenbaür, Keferstein und Ehlers, Grobben), Neapel (Krohn, Ussow, Uljanin), Villafranca (? Uljanin). Doliolum denticulatum ist aus allen drei Ozeanen bekannt. Von der »Challenger«-Expedition ist diese Art sowohl für den Pacifik als auch für den Atlantik nachgewiesen worden. Die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete diese Spezies ebenfalls an zahlreichen Stationen des Atlantischen Ozeans; namentlich massig war ihr Auftreten in der kanarischen und Guineaströmung; selbst in den kühlen Gewässern des Benguelastromes fehlte sie nicht (Neumann 1906, p. 23). Dieselbe Expedition konstatiert das Vorkommen dieser Art in den meisten warmen und lauen Stıomgebieten des Indischen Ozeans. Ihr Erscheinen häufte sich besonders an dem Wege über die Seychellen und Amiranten, hingegen war im Sansibarkanal Doliolum denticnlatum nicht wahrzunehmen (Neumann). Die »Siboga«-Expedition fand Geschlechts- und Pflegtiere dieser Art im Indischen Archipel auf zahl- reichen Stationen weit häufiger als bei den anderen erbeuteten Arten (Ihle 1910, p. 15). In den zahlreichen Fängen der Planktonexpedition war unser Doliolum mit wenig Ausnahme eine regelmäßige Erscheinung. Am spärlichsten war sein Vorkommen im zentralen Teil der Sargassosee und im südlichen Arm des Golfstromes (Borgert 1894, p. 56). Be: Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 27T Unbestimmbare Ammen. Unter den vielen Doliolum-Ammen, die von der »Pola«-Expedition erbeutet wurden, ist kaum eine, welche einen wohlerhaltenen mit Pfleg- und Ernährtieren besetzten Rückenfortsatz aufzuweisen hätte. Ein großer Teil der vorliegenden Doliolen sind alte Ammen, welche aller inneren zur Erkennung nötigen Organe entbehren und nur noch einen kontinuierlichen Muskelschlauch repräsentieren. Bei einzelnen sind Verbreitung von Doliolum gegenbauri &: auch die Dorsalfortsätze zu wenig ausgebildet oder beschädigt. Daher ist die Unmöglichkeit vorhanden, die Zugehörigkeit der betreffenden Ammen zu einer Art mit Bestimmtheit anzugeben. Geschlechts-, Pfleg- und Ernährtiere konnte ich im Material trotz der sorgfältigsten Untersuchung keine entdecken. Außer Doliolum miülleri und Doliolum denticulatum wurden im westlichen Mittelmeerbecken noch folgende Doliolum-Spezies wahrgenommen: Doliolum gegenbauri Uljanin. Um auf die widersprechenden Ansichten hinsichtlich der Zugehörigkeit des von den älteren Autoren beschriebenen und abgebildeten Doliohum gegenbauri nicht näher einzugehen, erwähne ich, daß ich nur die von Neumann (1906, p. 218) angeführte Art als Grundlage für die Bestimmung wählte. Dohiolum gegenbanri Uljanin (Textfigur 32) war bisher fast nur aus dem westlichen Mittelmeer bekannt. In Villafranca wurde es von Neumann, Uljanin, Korotneff, Kowalewsky, Fol, Barrois beobachtet, von Fol und Gegenbaur in Messina. Ammenstadien dieser Spezies von ausgezeichneter Dimension (2:5—3 cm) wurden von Chun (1887, p. 42) bei Capri beziehungsweise Ischia nachgewiesen. Die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete diese Art an zahlreichen Positionen sowohl des Atlanti- schen als auch des Indischen Ozeans (Neumann). Doliolum gegenbauri fand ich in mehreren ausgezeichnet erhaltenen Exemplaren im Thaliaceen- material des »Rudolf Virchow« wieder, stammend aus einem Vertikalfang bei Ragusa aus 1000 m Tiefe. Einzelne Exemplare dieser Spezies wurden südlich von Lucietta gefangen. Ihr Vorkommen in der Adria kann somit festgestellt werden. Doliolum rarum Grobben. Doliolum rarım (Textüigur 33) war früher nur aus dem westlichen Mittelmeer bekannt, wo es von Gegenbaur, Keferstein und Ehlers, Grobben bei Messina, von Uljanin und Salensky, von Lo Bianco bei Neapel wahrgenommen wurde. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIT. Bü. 87 ID S (0,0) M. A. Sigl, Im Material des »Virchow« aus der nördlichen Adria liegen ebenfalls einige Fundorte dieser Spezies vor. Bei Ragusa wurde es in einem Vertikalfange aus der Tiefe emporgebracht. Nach Neumann (1906, p. 229; Borgert 1894, p. 29) besitzt Doliolum rarım ein ziemlich schwaches Vorkommen im Atlantischen Ozean. In der Sargassosee und den angrenzenden Gebieten ist Fig. 33. Verbreitung von Doliolum rarım £&R- das Vorkommen dieser Art ein sehr vereinzeltes. Erst im Indischen Ozean beginnt Doliolum rarım regel- mäßig aufzutreten, wenngleich immer in relativ geringer Zahl. Diese Art wurde auch im Sansibarkanal und bei den Seychellen gefischt. Doliolum krohni Herdman. Doliolum krohni (Textfigur 34) wurde von Chun 1886 bei Solaro (Neapel) aus einer Tiefe von 600 m emporgebracht. Von Krohn wurde es bei Messina und Neapel gefangen. Die »Challenger«-Expedition konstatierte dessen Auftreten im Pacifischen Ozean. Die große Ver- breitung dieser Spezies im Atlantischen Ozean zeigte die Planktonexpedition, indem sie Doliolum krohni Fig. 34. Verbreitung von Doliolum krohni $ und Doholum nationalis WM. in allen Stromgebieten dieses Meeres angetroffen hat. Am spärlichsten ist das Vorkommen von Doliolum krohni in dem zentralen Teile der Sargassosee. Die größte Menge von Individuen traf die Plankton- Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 279 expedition im Golfstrome zwischen den Azoren und dem Westausgange des Kanals an. Hier durchquerte dieselbe einen dichten, zum größten Teile von Doliolum krohni gebildeten Doliolenschwarm (Borgert 1894, p. 54). Doliolum ehrenbergii Uljanin. Diese Spezies (Textfigur 31) ist im Mittelmeere ziemlich gemein, kommt aber niemals in großen Scharen vor wie Doliolum mülleri. Von Uljanin wurde diese Art in ? Neapel und ? Villafranca gefangen, von Lahille in Banyuls. In der Literatur sind überdies noch mehrere Fundorte aus dem Atlantik und Pacifik angeführt. Doliolum nationalis Borgert (Textfigur 34). Bezüglich seiner Verbreitung im Mittelmeere fand ich nur einen Fundort verzeichnet, nämlich Kanal bis Malaga, woselbst Borgert (1893) diese Spezies entdeckte. Von der »Valdivia«-Expedition wurde Doliolum nationalis im Indischen Ozean gefangen (Neu- mann 1906, p. 231), von der »Siboga«-Expedition im Indo-australischen Archipel nachgewiesen (Ihle 1910 p. 15). Die Planktonexpedition meldet dessen Vorkommen im Atlantischen Ozean. Sehr arm erweist sich unter den für Doliolum nationalis in Frage kommenden Gebiete der Florida-Strom und die Sargasso-See, während im Nordäquatorialstrom, im Guinea- und vornehmlich im Südäquatorialstrom stellenweise ein großer Individuenreichtum angetroffen wurde. In dem letztgenannten Stromgebiet zwischen dem Südrand der Guineaströmung und Ascension liegen zwei deutliche Maxima. Die Ausbeute wurde jedoch noch um ein Vielfaches übertroffen durch die im südlichen Arm des Golfstromes gefangenen Mengen. An demselben Ort wurde auch für Doliolum krohni das höchste Maximum angetroffen (Borgert 1893, p. 56). 37# 280 M. A. Sigl, NL, Neıll Allgemeine Verbreitungsverhältnisse. Vergleicht man die Untersuchungsresultate der Doliolen im westlichen und östlichen Mittelmeer- becken, so bemerkt man, wie in betreff dieses Genus im östlichen Teil eine starke Abnahme an Arten sich geltend macht, daß überhaupt eine besondere Artenarmut herrscht, während im westlichen Teil ein ziem- lich reichliches Auftreten derselben gegenübersteht. Vielleicht könnte innerhalb des ganzen Beckens noch ein drittes Gebiet unterschieden werden, näm- lich die Adria, welche in ihrer reichlicheren Doliolum-Fauna dem westlichen Mittelmeere etwas nahe steht. Was das Auftreten von Doliolum im Mittelmeere anlangt, so waren bisher aus seinen Gewässern - Spezies bekannt, nämlich: Doliolum mülleri Krohn, Grobben, — denticulatum Qu. et G., — gegenbauri Uljanin, — rarım Grobben, — krohni Herdmann, — ehrenbergii Uljanin, — nationalis Borgert, Die »Pola«-Expedition erbeutete im östlichen Mittelmeere hievon 2 Arten und zwar: Doliolum mülleri Krohn, Grobben, — denticulatum Qu. et G. »Rudolf Virchow’s«-Planktonfahrt längs der dalmatinischen Küste lieferte auch Doliolum rarım und dazu noch die zwei Formen, welche bisher aus der Adria nicht bekannt waren, wohl aber im westlichen Mittelmeere vorkommen, nämlich: Doliolum gegenbauri Uljanin, — denticulatum Quoy et Gaimard. Das Vorhandensein der Doliolenarten in den verschiedenen "l’eilen des Mittelmeeres zeigt nach- folgende Tabelle, in welcher die in der Adria zum erstenmal gefundenen Arten mit einem @ bezeichnet sind. | Westliches Östliches | | Adria Mittelmeer Doliolum mäülleri . . . © © ©) — denticulatum . . © ©) ® — gegenbauri . . .| ®) | — ® — Mao ook © | — ©) a HAUT oo oe @) | >= _ ehrenbergü . . . ®) - = — yalionahs .. | (@ | - | | Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 281 Aus dieser Tabelle ist zu ersehen, daß die bisher aus dem westlichen Mittelmeer bekannten Doliolum-Arten, D. mälleri und D. denticulatum, also auch im östlichen Becken vorkommen und dab die beiden genannten Arten und dazu noch D. gegenbauri und D. rarıım die Adria beherbergt. Sämtliche im östlichen Mittelmeer inklusive Adria vertretenen Doliolum-Arten sind auch im west- lichen Becken heimisch, während mehrere der westmediterranen Arten nicht in das östliche Mittelmeer vordringen. Es ist im hohen Grade auffällig, daß einige der gemeinsten Mittelmeerformen, welche zu jeder Jahreszeit an der Oberfläche auftreten und zum Teil auch in größeren Tiefen durch Schließnetzfänge nach- gewiesen wurden, das östliche Becken durchaus meiden. Übrigens ist die mediterrane Doliolenfauna an den verschiedenen Punkten des östlichen Mittelmeeres noch nicht intensiv genug erforscht worden, So kann es kaum überraschen, daß die selteneren Formen im östlichen Becken niemals zur Beobachtung gelangten. Ob diese oben erwähnten mediterranen Formen im östlichen Teil des Mittelmeeres absolut fehlen, muß eine weitere Durchforschung seiner Fauna an den Tag bringen. Auch der Umstand, daß die in den oberflächlichen Schichten lebenden Warmwasserformen gegen eine Erhöhung des Salzgehaltes ungemein empfindlich sind, istnicht maßgebend; denn Cvclosalpa pinnata, die ausschließlich die Oberfläche bewohnt, fühlt sich, wie es scheint, auch in den am weitest entlegenen Teilen des östlichen Beckens heimisch. Daß Doliolen in der Nähe der Meeresoberfläche reichlicher angetroffen werden als in tieferen Schichten, ist durch verschiedene Beobachter festgestellt worden. Das Vorkommen von Doliolen in tiefern Regionen wurde zuerst durch Chun konstatiert. Er schreibt: »Mit dem großen Netze fischte ich 4 Exem- plare einer großen Doliolum-Amme von 2:5—3cm Länge aus 600 m Tiefe (Capri), 1200 m (Capri) und aus 1300 m (Ischia). Solche ansehnliche Doliolen sind im Golfe zwar noch nicht beobachtet worden, doch erscheinen sie an andern Teilen des Mittelmeeres (Villafranca) gelegentlich an der Oberfläche. Auch im Jänner gelangten sie noch aus denselben Tiefen zur Beobachtung.» Das Auftreten vieler dieser planktonischen Formen an der Oberfläche und in Küstennähe wird heute allgemein als biologische Notwendigkeit für die Tiere betrachtet, ja man vermutet sogar, daß die Tiere, die sich in einer bestimmten Periode des Jahres an der Oberfläche und in der Nähe der Küste befinden, in der Periode stärkerer Sonnenhitze tiefere Wasserschichten aufsuchen; diese Wanderung läßt sich durch das Bedürfnis nach gleichmäßiger Temperatur und vielleicht noch durch andere bisher noch unbekannte Lebensbedingungen erklären. Seit Jahren wird in der Zoologischen Station Neapel über das Erscheinen und Verschwinden pela- gischer Tiere an der Oberfläche Protokoll geführt. Die ältesten von Schmidtlein und die Aufzeichnungen von Lo Bianco geben über die Erscheinungszeit einer ansehnlichen Reihe pelagischer Formen Auf- schluß. Ein Verschwinden der Doliolen mit Tagesanbruch von der Oberfläche, also tägliche regelmäßige vertikale Wanderungen dürften bei diesen Meeresbewohnern kaum stattfinden, ebenso wird die Chun’sche Beobachtung über die Tiefenwanderung in der heißen Jahreszeit für Doliolen nicht zutreffen, da dieselben von der »Pola«-Expedition zu allen Tageszeiten gefischt wurden und auch in den heißesten Monaten Juni und Juli die Oberfläche bevölkerten. Tatsache ist, daß die Doliolen, als typische Bewohner der Meeresoberfläche betrachtet, zwar bis in mäßige Tiefen hinabsteigen, aber nur ausnahmsweise größere Tiefen erreichen und sich wohl niemals dauernd in solchen aufzuhalten vermögen. Eine Erklärung dieser im mediterranen Becken er- zielten Tiefenfänge dürfte in der hohen Temperatur des Tiefenwassers (+13° bis 14°) des Mittel- meeres zu suchen sein. Zeitliche Verteilung. Es ist selbstverständlich; daß aus dem zirka zwei monatlichen Aufenthalte der einzelnen »Pola«- Expeditionen im Untersuchungsgebiet keine sichern Anhaltspunkte über die zeitliche Verteilung dieser Tiere sich ergeben können. Besser durchforscht ist der westliche Teil des Mittelmeeres, aber auch hier 282 M. A. Sigl, beziehen sich die Angaben über die Erscheinungszeit der Doliolen größtenteils auf die Häfen und Buchten von Neapel, Messina, Nizza und Villafranca. Doliolum miälleri, eine Form des Pamplanktons, wurde von Uljanin während der Monate Februar und Mai in Neapel und Villafranca massenhaft beobachtet. Nach den Angaben Krohn’s tritt diese Art im März und April in Messina ungemein häufig und zuweilen scharenweise auf. Auch Larven dieser Spezies wurden in den genannten Monaten im Auftrieb sehr oft gefangen (Uljanin, 1884, p. 1). Lo Bianco fischte diese Art bei Neapel mit dem pelagischen Oberflächennetz ebensogut wie mit dem Schließnetz in 1000 m Tiefe. Dieses gleichartige Vorkommen an der Oberfläche als auch in den srößten Tiefen läßt vermuten, daß Doliolum mülleri ein ausgezeichnetes Anpassungsvermögen für Wasser von verschiedener Temperatur und verschiedenem Salzgehalt besitzt. Von der »Pola«-Expedition wurde diese Art häufig mit dem Oberflächennetz gefischt. Einzelne Fänge der I. Expedition wurden auch mit dem Tannernetz und Monaco's Courtinennetz ausgeführt. An Position Nr. 35 brachte Monaco’s Oberflächenkurre einige Ammen dieser Form zutage. Doliolum denticulatum gehört im östlichen Mittelmeer zu den selten beobachteten Formen. Sie ist hauptsächlich im westlichen Gebiet des Mittelmeerbeckens eine häufige Erscheinung. Nach den Beobachtungen Lo Bianco’s 1908— 1909 tritt diese Spezies, auch Eier und Larven der- selben, im Golfe von Neapel im Knephoplankton auf und daher nicht alle Jahre. 1906 enthielt beispiels- weise das Knephoplankton Millionen dieser Spezies. Doliolum rarum. Nach Grobben erscheint Doliolum rarum während der Monate Februar-Mai in einzelnen Exemplaren in Messina. Von Keferstein und Ehlers wurde diese Art in Messina von Jänner bis April, wenngleich selten gefunden (Uljanin 1884, p. 132). Nach Lo Bianco ist ihr Auftreten im Golfe von Neapel ebenfalls ein seltenes. Sie scheint eine spezielle Art des Knephoplanktons zu sein und gelangt daher nicht jedes Jahr zur Beobachtung. Während des ganzen Frühjahres 1904 war es nicht möglich, irgendein Entwicklungsstadium dieser Form zu finden weder in Neapel noch in Messina und Villafranca, weder an der Oberfläche noch in der Tiefe (Lo Bianco 1904). Ihr Auftreten in der Adria längs der dalmatinischen Küste ist ein nicht allzu seltenes. Doliolum ehrenbergii. Larven dieser Art fand Uljanin in ziemlich großer Anzahl in Neapel während der Frühlingsmonate des Jahres 1877, im Jänner in der Bucht von Villafranca. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 283 Genus PYROSOMA. Is Beil: Die erste genaue Beschreibung und Abbildung eines Pyrosomas gab P&eron 1804. Es scheint, daß diese pelagischen Tunicaten bereits in älteren Zeiten bekannt waren, wenngleich aus den dürftig vor- liegenden Bemerkungen eine sichere Feststellung nicht möglich war. Peron fand sein Pyrosoma, das in großen Mengen die Meeresoberfläche bedeckte, zwischen dem 3. und 4. Grad nördl. Breite und 19. und und 20. Grad westl. Länge bei einer Wassertemperatur von 22° R. 1813 beschrieb Lesueur Pyrosoma elegans und zwei Jahre später behandelte derselbe Autor eine dritte Spezies, Pyrosoma gigantenm, etwas eingehender. In dieser Untersuchung lieferte er zum erstenmal den Nachweis, daß es sich nicht um ein Einzeltier, sondern um einen ganzen Tierstock handelt, der sich aus einer großen Zahl von Individuen zusammensetzt. Savigny (1816) erkannte schon die Organisation dieser Tiere in vielen Punkten, gab eingehende Diagnosen für diese 3 Arten, welche bis heute vielfach anerkannt wurden. Durch den von Huxley zuerst gelieferten Nachweis ist es bekannt, daß die Pyrosomen Zwitter sind. Seit dem Erscheinen der Arbeit von Huxley ist der Organismus der Pyrosomen zu wiederholten Malen untersucht worden, namentlich war es Seeliger (1895), besonders Neumann (1909-1911), welche sich auf diesem Gebiete große Verdienste erwarben. Nachdem letztgenannter Forscher den Generationswechsel der Pyrosomen im speziellen nachgewiesen hatte, bringt er in seiner neuesten Arbeit (Tierreich— Tunicata 1909 — 1911) die gesamte Organisation und den Fortpflanzungszyklus dieser Tunicatengruppe in klarer Darstellung zum Ausdruck. Von der »Pola«-Expedition wurde Pyrosoma an 2 Fangstationen erbeutet. Beide liegen im Jonischen Meere. Fundorte der »Pola«-Expedition: A. Östliches Mittelmeer. l. Expedition 1890. Station Nr. 49: 12. September, 20° 0’ 0” östl. Länge, 37° 31’ 0” nördl. Br., Jonisches Meer, Fang mittels Monaco’s Courtinenschließnetzes, Tiefe ? Der Apparat hat sich geöffnet, er fischte von 200 m auf- wärts;. 4% 15% p. m. 2 Viererkolonien, vielleicht von Pyrosoma atlanticum, 2'/, mm im Diameter, gut erhalten. B. Adria Tiefsee-Expedition 1894. Station Nr. 95: 10. Juli, 18° 58’ 5” östl. Länge, 38° 48’ 25” nördl. Breite, Jonisches Meer, Höhe von Kephalonia, Fang mittels Tannernetzes, Tiefe 250 m; Tagesstunde? 1 ausgezeichnet erhaltene Kolonie von Pyrosoma giganteum, Länge 11 mm, Diameter 8 ının. Pyrosoma giganteum Lesueur. (Taf. II, Fig. 1, 2.) Die ganze freischwimmende Kolonie stellt ein Zylinderchen dar von elliptischem Querschnitt und etwas verjüngtem Ende. Die Länge des Stöckchens betrug im konservierten Zustande Il mm, die Quer- 284 M. A. Sigl, dimension Smm. Die ganze Kolonie bestand aus 33 Ascidiozooiden, die in sehr regelmäßiger Weise in vier Etagen angeordnet waren. An der Spitze stehen die vier Primärascidiozooide. Die Ascidiozooide der nachfolgenden Etagen sind kleiner und weniger entwickelt, die der vierten Etage am kleinsten und jüngsten. Zwischen den einzelnen Etagen waren noch jüngere Knospen, welche im Begriffe standen, nach dem Basalende sich vorzuschieben, um eine neue Etage aufzubauen. Dieser regelmäßige Aufbau des Stöckchens, das nach der Ventralseite geneigte Circumoralfeld, die in diesem Stadium noch unentwickelten Geschlechtsorgane der einzelnen Tiere sprechen für die Zugehörigkeit des betreffenden Pyrosomas zu Pırosoma giganteum. Die Ingestionsöffnungen sämtlicher Individuen der Kolonie liegen in regelmäßigen Abständen von- einander entfernt an der Oberfläche des Stockes. Die Egestionsöffnungen vereinigen sich zu einer gemein- schaftlichen Cloake und die Terminalöffnung der gesamten Kolonie fungiert als gemeinsame Egestions- öffnung. Sämtliche Einzeltiere — Ascidiozooide — sind von einem gelatinösen, transparenten Mantel umgeben. Gegen die Basalwand desselben, dem Diaphragma, sind die Ventralseiten aller Einzeltiere gewendet, während die Dorsalseiten nach der Stockbasis gerichtet sind. Die Oberfläche des gemeinsamen Cellulosemantels ist granuliert, die Mantelfortsätze sind noch sehr klein. Der Mantel umsäumt in lanzettlichen Fortsätzen kraterartig das Schlundrohr der Einzeltiere, letzteres hebt sich bei diesen jugendlichen Individuen noch wenig äußerlich hervor; bei ausgewachsenen Individuen dieser Art ist es schlotartig verlängert. Die ventrale Begrenzungslinie des Körpers der Einzeltiere wird durch den Endostyl bestimmt. Er setzt sich fort in den Stolo prolifer. An Rückenzapfen waren bei diesen jugendlichen Individuen vier entwickelt. Ventral unter den: Ganglion in der dorsalen Mediane liegt die Flimmergrube; sie mündet am Ursprung des Flimmerbogens in den Kiemendarm. Der respiratorische Apparat des Kiemendarmes, die Kieme, wird am vorderen Rande vom Flimmer- bogen, am ventralen Rande vom Endostyl begleitet. An Perforationen oder Kiemenspalten zählte ich bei vorliegenden Exemplaren 25, an Längsgefäßen 12. Der Verdauungstraktus gliedert sich in den Ösophagus, Magen, Intestinum und in ein kleines Zwischenstück zwischen Magen und Intestinum — von Seeliger (1895) als »Pylorus« bezeichnet. Der Ösophagus ist trichterförmig gegen den Kiemendarm und verjüngt gegen den umfangreichen Magen. An den Wänden des Rectums bildet die darmumspinnende Drüse ein dichtes Geflecht von Verästelungen. Der Cloakenraum ist bei diesen jugendlichen Exemplaren noch wenig verlängert. Das Muskelsystem der Pyrosomen ist im Vergleich zu den Doliolen und Salpen äußerst schwach entwickelt. Wesentliche Bestandteile der Muskulatur sind der Sphincter der Ingestionsöffnung, der bedeutend schwächer entwickelte Sphincter der Egestionsöffnung, die beiden Cloakenmuskeln, die Muskulatur des Darmtraktus und der unpaare Muskelstrang. Fine Ansammlung von mesenchymatischen Zellen liegt an der rechten und linken Körperseite über der Mitte des Flimmerbogens. Von diesen Zellen geht das Leuchten der Feuerwalzen aus. P&ron betrachtet diese Erscheinung als Phosphoreszenz der Pyrosomen, Savigny (1816) hält diese Zellansammlungen für Ovarien, Huxley (1860) für Exeretions- organe. Von Panceri (1872) wurden sie zum erstenmal als »organi luminosi«, Leuchtorgane, bezeichnet. Verbreitung (Textfigur 35). Was die Fundorte von Pyrosoma giganteum im westlichen Mittel- meer anlangt, so sind deren aus Villafranca durch Lesueur, aus Messina durch Keferstein und Ehlers bekannt. Für Neapel ist dessen Vorkommen von Delle Chiaje, von Keferstein und Ehlers nach- gewiesen worden. Weitere Fundorte sind Genua (V&rany) und Nizza (Savigny, Rossi) (Carus 1884, p-. 491.) Lo Bianco 1902 fischte dieses Pyrosoma in der Umgebung von Capri aus Tiefen von 1500 m. Seeliger sammelte Material dieser Art in Villafranca. Das »Bulletin de L’Institut Oceanographique« meldet dessen Auftreten in Monaco und Umgebung. Die »Pola«-Expedition fand Pyrosoma giganteum im Jonischen Meer bei Kephalonia. Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 285 Auf der Planktonexpedition wurden nur wenige und ausschließlich kleine Stückchen dieses Ryrosoma gefangen. Am dichtesten bewohnt fand dieselbe Expedition nach Seeliger (1895, p. 73) die Region unter dem Äquator zwischen dem 10. und 20. Grad westl. Länge, doch wurden von Quoy et Gai- mard größere Schwärme am Kap der guten Hoffnung noch nachgewiesen, also bei ziemlich niedriger Temperatur des Meerwassers. Nach den Berichten der »Challenger«-Fahrt wurde Pyrosoma giganteum im Antarktischen Ozean, südlich von Australien in oberflächlichen Schichten gefangen, ferner bei den Kap Verden, an der Küste Brasiliens; jugendliche Kolonien bei den Philippinen (Herdmann 188S). Verbreitung von Pyrosoma giganleum X. Pyrosoma atlanticum Peron. (Taf. 2, Fig. 3. 4, 5). Zu dieser Spezies gehören wahrscheinlich die beiden im Jonischen Meer, Station Nr. 49, gefischten Viererkolonien. Bei Betrachtung der beiden Stöckchen vom Scheitel aus bilden sie eine regelmäßige Kreuz- form. Am Mantel gleichmäßig verteilt sind die larvalen Fortsätze, eine Vorrichtung, welche bewirkt, die Schwebefähigkeit der Kolonie zu erhöhen. Bei einem dieser 2:5 mm im Diameter messenden Stöckchen ist eines der Primärascidiozooide teilweise rückgebildet. Da bei diesen jugendlichen Stöckchen die Artenunterschiede noch nicht zum Ausdruck kommen, ist eine verläßliche Bestimmung dieser Jugendformen ausgeschlossen. Verbreitung (Textfigur 36). Pyrosoma atlanticum, ein Bewohner der Tropenmeere, wurde im Atlantischen Ozean von Peron und Huxley beobachtet. Die Planktonexpedition machte 37 Fänge, welche Pyrosoma aufweisen; die Hauptmasse unter dem gesammelten Material bildete Pyrosoma atlanticum. Die ungeheuern Schwärme, die die Expedition am 7. und 8. September (Station Nr. 184 und 186) passierte, waren fast ausschließlich von kleinen Kolonien dieser Art gebildet. In etwas weniger dichten Schwärmen, aber immerhin in großer Zahl trat Pyrosoma atlanticum am 17. September (Station Nr. 216, 217; Pl. 91, 94) auf (Seeliger 1895). Das Vorkommen dieser Spezies in Neapel wurde von Chun und Lo Bianco nachgewiesen. Pyrosoma elegans? Lesueur. Im westlichen Mittelmeer wurde Pyrosoma elegans (Textfigur 36) an verschiedenen Stellen nach- gewiesen. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL Bd. 38 286 M. A. Sigl, Lahille fischte diese Art in Banyuls, Lesueur und Rizzo in Nizza und Villafranca; Keferstein und Ehlers meldeten ihr Vorkommen in Neapel und Messina (Carus 1884); Schmidtlein beobachtete Pyrosoma elegans in Neapel, Condorelli Francaviglia in S. Cataldo. Seeliger (1895, p. 59) bezeichnete Pyrosoma elegans als eine unsichere Art. Die Beschreibung und Abbildung, welche Lesueur von diesem Pyrosoma gibt, sei eine durchaus ungenügende. In der Bestim- mung dieser Art bestehe nach Seeliger also eine vollständige Unsicherheit, die auf eine ungenügende Diagnose des ersten Beschreibers zurückzuführen sei. Nach seiner Ansicht dürfte Pyrosoma elegans mög- licherweise ein junges P. giganteum sein, vielleicht auch P. aherniosum, da häufig junge P. gigantenm einfach als ?P. elegans gedeutet werden. Fig. 36. Verbreitung von Pyrosoma atlanticum O und Pyrosoma elegans X. Aus den Angaben verschiedener Forscher, welche im Golfe von Neapel und dessen Umgebung fort- gesetzte Beobachtungen über das Auftreten dieser Tunicatengruppe anstellten, läßt sich entnehmen, daß Pyrosoma zu jeder Zeit auch bei sehr verschiedenen Temperaturen an der Meeresoberfläche bei Neapel erscheint. Nur in den heißen Sommermonaten, wenn die Oberflächentemperatur am höchsten gestiegen ist, fehlt Pyrosoma oder erscheint nur äußerst selten. Es kann aber kaum, wie Seeliger erwähnt, die hohe Temperatur des Wassers sein, welche im Golfe von Neapel das Aufsteigen der Pyrosomen verhindert, denn im Atlantischen Ozean wurden bei 27° €. Oberflächentemperatur diese Tiere beobachtet; vielleicht fehlt es nur an aufsteigenden Strömungen, welche Pyrosomen an die Oberfläche bringen. Die Pyrosomen dürften also ein ziemlich hohes Anpassungsvermögen an die wechselnden Existenz- bedingungen an der Oberfläche des Meeres, vor allem an die direkte Insolation und hohe Oberflächen- temperatur des Seewassers besitzen. Daß einzelne Pyrosomenarten, namentlich Pyrosoma giganteum, ziemlich‘ weitgehende Temperatur- differenzen ertragen können, beweist dessen Vorkommen in den nördlichen Gegenden. Im Berliner Museum liegt eine Anzahl von jungen Pyrosomen dieser Spezies vor, welche von Steenstrup in der Nordsee, weit über dem 50. Breitegrad gefangen worden sind. Während im Ozean die Pyrosomen nach Seeliger (1895, p. 80) nicht weit unter 200 m hinab- steigen, also die abyssalen Tiefen nicht bewohnen, kommen in dem bis in die Tiefen durchwärmten Mittel- meere, namentlich jugendliche Stöcke auch in Regionen von 1200 und 1500 m vor. Chun erbeutete Larven von Pyrosoma atlanticum in den verschiedensten Tiefen (100-1200 m). Nach Chun (p. 42) waren sie namentlich im Jänner sehr häufig in der Tiefe und neben jungen Larven traten auch bereits kleine Kolonien von 1 cm Größe auf. Schmidtlein konstatiert für Pyrosoma giganteum im Golfe von Neapel ein Sommermaximum im Juli, dann plötzliches Verschwinden bis Oktober, schwache Vertretung im November, schnelles Ansteigen Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. 287 bis zum Wintermaximum im Dezember, hierauf regelmäßige Abnahme bis März, allmähliche Zunahme bis Juli. Im Jänner erschienen auch viele Larven im Auftrieb. C. Vogt beobachtete im Jänner 1847 Pyrosomenschwärme in der Bucht von Villafranca. Seeliger (1886) stellt deren Auftreten ebenda auch für die übrigen Winter- und Frühlingsmonate fest. Nach den Beobachtungen von Keferstein und Ehlers ist das Vorkommen der Pyrosomen in Messina nach- gewiesen worden. Sie berichten: »Pyrosomen fanden wir im Hafen von Messina, wo die Fischer sie »lJanterna« nennen, nicht selten. Einigemale im Jänner trafen wir sie in Schwärmen, aber da sie ziemlich tief schwimmen, machten wir oft vergeblich auf sie Jagd.« Literaturverzeichnis. Apstein C., 1894. Die Thaliaceen der Planktonexpedition. B. Verteilung der Salpen. In: Ergeb. d. Plankt.- Exp BdR22Br am B: — 1894. Die Salpen der Berliner Zoologischen Sammlung. Archiv für Naturgeschichte, Jahrgang 60, Basıl: — 1906a. Die Salpen der Deutschen Südpolar-Expedition 1901 — 1903. Deutsche Südp.-Exp., Bd. 9. Zool. Bd. I, Heft 3. — 19065. Salpen der Deutschen Tiefsee-Expedition. Wiss. Ergebn. Deutsch. Tiefs.-Exp. Valdivia Bd. 12, Lfg. 3. — Jahr? Tumnicata. In: Bulletin Trimestriel, 1902—1908, p. 150—162. 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Endostyl. — Fußstück des Haftorgans. — Flimmerbogen. — Flimmerorgan. — Ganglion. — Haftorgan. — Leuchtorgan. — Testa. — Darmtraktus. = Blindsack. — Kieme. Pe, Tafel l. Cyclosalpa polae Sigl. Fig. 1. Cyclosalpa polae sol., von der Dorsalseite. » 2. — -— sol., von der linken Körperseite. » 8. .— — sol., von der Ventralseite. » 4. — -— greg., von der Dorsalseite. » 8. .— — greg., von der Ventralseite. » 6. — — greg., von der rechten Körperseite. u Sigl,A.: Thaliaceen des Mittelmeeres und der Adria. ANSNDDECTSUANNTERRS VTDOEDIERETRRLETZEZF S 6 = Lith.Anst.v.Th.Bannwarth, Wien. & Derikschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. Klasse,Bd.LXXXVIl. Fig. [>] Tauel ll Pyrosoma giganteum Lesueur. . Eines der Primärascidiozooide an der Spitze eines 11 mm langen Stockes, der aus 4 Etagen bestand. . Junge 11 mm lange Kolonie in seitlicher Ansicht. Pyrosoma atlanticum Peron. . Ascidiozooid einer jungen Kolonie von 2'5 mm im Diameter. . Dieselbe Kolonie von oben gesehen. Eines der vier Ascidiozooide ist teilweise rückgebildet. . Dieselbe Kolonie in seitlicher Ansicht mit den larvalen Fortsätzen. A DAS AUGE VON PALAEMON SQUILLA AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER K.K.DEUTSCHEN UNIVERSITÄT INPRAG VON D*- EMANUEL TROJAN ASSISTENTEN AM ZOOLOGISCHFN INSTITUTE DER K. K. DEUTSCHEN UNIVERSITÄT IN PRAG Mit 6 Tafeln VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 14. MÄRZ 1912 Die zusammengesetzten Augen der Arthropoden sind seit jeher Gegenstand eifriger Studien von Seite der Zoologen und Physiologen gewesen. Vor ungefähr 200 Jahren begann man dieses Gebiet der Naturwissenschaft zu erschließen. Wenn wir alles das, was in dieser Richtung seit Beginn bis auf den heutigen Tag geleistet worden ist, einer sorgfältigen Durchsicht unterwerfen, können wir mit Genugtuung konstatieren, daß man in der Erkenntnis des Baues und der Funktion des Fazettenauges, eines der kom- pliziertesten Organe der Tiere, ziemlich weit gekommen ist. Doch hüten wir uns zu sagen, daß der Gipfel bereits erklommen ist. Die allgemeine Wahrnehmung, daß wir mit jedem Fortschritt immer vor neue Probleme gestellt werden, bleibt uns auch hier nicht erspart; nichtsdestoweniger können wir den Besitz unseres Wissens sukzessiv erweitern, sofern wir den Bestand anatomischer Tatsachen mit unseren ver- feinerten Methoden feststellen und zugleich das, was unsere Vorgänger geleistet haben, überprüfen, sodann entweder mit unseren Befunden, wenn es sich tun läßt, in Einklang bringen oder mit überzeugender Begründung verbessern oder ganz zurückweisen. Dies war die Richtschnur, an die ich mich bei der Bearbeitung des vorliegenden Themas gehalten habe. Würde ein derartiges Vorgehen von allen in der Naturwissenschaft Betätigten stets streng eingehalten werden, dann käme man wohl selten zu der traurigen Wahrnehmung, daß Tatsachen, die vor Jahrzehnten bereits richtig erkannt worden sind, später ganz übergangen oder durch neue, schlechte Entdeckungen ersetzt werden. Leider habe ich dies speziell beim Studium der Anatomie des Palaemon-Auges öfters wahrnehmen müssen. Die gründliche Durch- arbeitung gerade dieses Auges als typischen Kruster-Fazettenauges schien mir deshalb sehr notwendig, weil in den letzten Jahrzehnten verschiedene Fragen betreffend das zusammengesetzte Auge der Arthro- poden wieder ins Rollen gekommen sind. Die erste Bedingung für eine richtige Lösung aller solcher Fragen ist die genaue Kenntnis der Anatomie dieses Organs; ihr muß bei allen Betrachtungen die Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 39 292 Div Er Ionam, gebührende Beachtung geschenkt werden. In der allzeit vorbildlichen Studie Exner’s »Die Physiologie der fazettierten Augen von Krebsen und Insekten« (1891) ist dieses Grundprinzip überall gewahrt. Nichts- destoweniger ist sich jener Forscher dessen bewußt, daß die eine oder andere seiner Erläuterungen in Zukunft einmal eine Korrektur erfahren wird, sobald man das Fazettenauge besser kennt. Doch das sei gleich hier eingangs bemerkt: durch solche Ergänzungen werden die fundamentalen Anschauungen über das Sehen mit fazettierten Augen, wie sie Exner in seinem klassischen Werke niedergelegt hat, nicht beeinflußt, wohl aber manche Frage, die bisher offen gestanden ist, gelöst werden können. Und dazu mögen also die folgenden Zeilen beitragen. Historisches. Kein Geringerer als Leeuwenhoek (1694), der Erfinder des Mikroskops, ist es, der als erster in der Geschichte des Fazettenauges hier genannt werden muß. Es ist ja auch begreiflich, daß ihm, der sich alles, was halbwegs eine Aufklärung mit Hilfe seines neuen optischen Instrumentes erhoffen ließ, ansah, das überaus minutiös gebaute Fazettenauge nicht entgehen konnte. Das Verdienst, als erster in den anatomischen Bau des zusammengesetzten Auges bei Krustern und Insekten Einblick genommen zu haben, gebührt dem Holländer Johannes Swammerdam (1737). In seinem monumentalen Werke »Biblia naturae«, das für einige nachfolgende Generationen von Nalur- freunden zu einer Naturbibel im wahrsten Sinne des Wortes geworden ist, findet sich unter anderem auch die Beschreibung der Augen des Paguriden Cancellus (Pagurus bernhardus) und der Biene. Mit Rücksicht darauf, daß einerseits diese älteste Quelle aus derLiteratur des Fazettenauges ziemlich selten angetroffen wird, während es doch anderseits von Interesse ist, zu erfahren, was vor nahezu 200 Jahren mit Hilfe der primitivsten Hilfsmittel, wie Lupe, Nadeln und Messerchen an jenem Organ entdeckt worden war, will ich die Angaben des alten Forschers hier wörtlich wiedergeben (p. 206): »Nervi Optici, postquam e Cerebro prodierunt, in Testa Oculi annulosa b semet includunt, atque in hac iterum insignitur dilatati sic progrediuntur ad limbum usque Corneae tunicae, ibique sphaerici desinunt. Nusquam in universo Oculoulli occurrunt humores, eujusmodi in Hominum, Quadrupedum, Avium, Limacumque terrestrium & aquaticorum Oculis inceniuntur: verum alia penitus in eo fabrica observatur, quae attenta animi adversione longe dignissima est. Quodsi Cornea i ab Oculo semovetur, mox sub ea conspieitur Materies quaedam limpida k, quae Gelatinam, e carne vitulina excoctam, colore refert, & perquam eleganti atque regulari modo est divisa. Qualisnam haec pars sit, atque utrum forte a Spiritu Vini originem coeperit, exacte determinare haud valeo: quandoquidem simile quidpiam in Insectis nullis, quorum Oculi pari gaudent fabrica, unquam observare mihi contigit. In majoribus igitur Caneris, qui vivi dissecti sunt, corpusculum hocce aliquando examinabo. Verum priusquam ulterius progrediar, sciendum est, Corneam tunicam instar reticuli esse divisam, pari modo, ac in Oculis Insectorum obtinet: reticulatae tamen istae divisiones heic, longe minus profundae sunt. Cujuslibet divisionis planum hexagonum esse, aeque heic in Cancello, quam Insectis, deprehendo. Praeterea omnes hae divisiones superne in sphaericam sese figuram concamerant, quae tamen heic non admodum notabilis est; quum divisionum areolae in Cancello minutissimae sint, & planiores. Intus in sexangularium harumce divisionum Corneae cavitatibus gelatinosa illa, quam modo descripsi, Materies haerebat, quae ibidem toties, quoties Cornea ipsa, erat divisa. Sub hac immensus occurrebat numerus Auge von Palaemon squilla. 293 Fibrillarum 1, quae super interna Oculi superficie simili modo collacatae erant, ac semina Heliotropii sua in basi defixa haerent. Omnes hae Fibrae, quibus materies dieta gelatinosa inititur, inter se connectebantur ope Membrana cujusdam, quae nigro intus colore erat insecta, superne autem viridescens per Gelatinam transparebat: unde Uvea mihi tunica audit. Fabrica situsque harum Fibrarum inversam veluti efficiebat Pyramidem, acuminato suo apice deorsum protensam. Quando autem fibrillas hasce a se mutuo separabam, piceam eae nigredinem superna parte prae se ferebant m, inferne vero nonnihil obscure fuscae erant n, atque in medio pellucentes o. Omnes tandem in grisea terminabantur materie, quae cineritiae Cerebri parti colore similis erat: atque sub hac demum Nervi Optici extremitas in conspectum prodibat. Quum Fibras hasce microscopio conspicerem, earum quaelibet ex nonnullis aliis constabat Fibrillis pp, quae omnes in regularibus, juxta se mutuo positis, globulis veluti compositae erant. Inter Fibrillas hasce quaedam praeterea comparebant Membranulae, aliquibus passim globulis quoque obsitae, inter quos nonnulla adhuc Vascula reptare videbantur. Cornea tunica, quae in inversum limpida pellucet, quam elegantissima hoc super Oculo collocata est, transparantemque subtus Uveam viridescentem ostendit. Qua parte Oculi sibi mutuo e regione opositi sunt, Cornea admodum concinne incisa vel exsecta esti; quum Testa ibi longius exporrigatur: ut adeo Cornea instar pileoli, oblique capiti insidentis, super Oculum collocata sit. Quanam vero ratione visus in Oculo Cancelli peragatur, & qualem effectus producant lucis radii, qui, per Corneam atque materiem gelatinosam transeuntes, ab Uvea dein sistuntur, & hine suum motum pyramıdalibus inversis Fibris communicant; id equidem, Vir Illustrissime, sapienti Tuo, atque multiplici rerum usu limatissimo judicio relinquo, nullus dubitans, quin aliguam hujusce problematis solutionem mihi sis daturus.« Bei weitem nicht so ausführlich sind die Beschreibungen der Fazettenaugen von Käfern, Fliegen und Krebsen seitens Schäffer's (1756) und Cavolinis (1792). Wenn auch beide diese Autoren sich bemühten, das zu finden, was Swammerdam gesehen hat, scheint es ihnen nicht gelungen zu sein. Im Mittelpunkte ihrer Betrachtungen steht die Cornea, die, wenn abgetragen und auf eine Glasplatte gelegt, bei Betrachtung mit starken Vergrößerungen so viele Bildchen von Baum, Fenster etc. gibt, als Fazetten da sind. Dies sei dem Umstande zuzuschreiben, weil sie »aus lauter von außen gewölbten, von innen aber hohlgeschliffenen Gläschen zusammengesetzt sei.« Cavolini wagte es als erster eine Erklärung für den Sehakt beim Fazettenauge zu geben. Er schreibt (l. c. p. 132): »Aus der Hornhaut gehen die Lichtstrahlen quer durch das krystallene Kügelchen und zeichnen am Boden der Netzhäute eine so große Menge Bilder, als Flächen oder Fazetten da sind.« Allerdings scheint Cavolini diese Idee weniger aus seinen Versuchen als vielmehr aus denen Schäffer's oder gar Leeuwenhoek’s hergeleitet zu haben; auch wäre er kaum imstande gewesen, seine Behauptung zu begründen. Nichtsdestoweniger muß jene Stelle seines Schriftchens anmutend wirken, da sie dem Sehen mit Fazettenaugen zum ersten Mal eine bestimmte Form aufprägt. Morphologisch beurteilte derselbe Autor das Fazettenauge als ein aus vielen Einzelaugen zusammengesetztes. Nach Cavolini machte die Erkenntnis des Baues und der Funktion des Fazettenauges durch mehr als zwei Jahrzehnte verhältnismäßig wenig Fortschritte. Unter Mitwirkung von Andre (1782), Schelver (1798), Cuvier (1809), Marcell de Serres (1813), Treviranus (1820), Blainville (1822) und Kirby und Spence (1827) gedieh das Wissen in bezug auf jenes Organ ungefähr so weit: Das Fazettenauge besteht im Wesentlichen aus einem kugligen Bulbus des Sehnerven, der etwa in der Mitte der Augen- wölbung liegt. Von diesem Nervenknopf strahlen zahlreiche feine Sehnervenfasern radial aus. Haben dieselben eine Strecke zurückgelegt, erreichen sie ein feines, vorgewölbtes Häutchen, die Aderhaut, dringen durch diese hindurch und setzen sich peripherwärts bis an die Corneafazetten fort. Bei manchen Tieren werden sie inihrem Verlaufe unmittelbar vor der Cornea durch kuglige oder kegelförmige Glas- körper unterbrochen. Zwischen diesen Sehnervenfasern breiten sich Massen von Pigmenten aus. 39# 294 Dr. E. Trojan, Auch an Ansichten über das Sehen mit den Fazettenaugen fehlte es nicht; sie waren indessen ent- sprechend der ungenügenden Kenntnis des Baues weit davon entfernt, das Richtige zu treffen. Das eine Mal sollte das Sehen durch unmittelbare Perzeption des Lichtes ohne brechende Medien vor sich gehen, das andere Mal spielte die Cornea als lichtbrechender Körper die Hauptrolle. Man sollte erwarten, daß die oben zitierte Anschauung von der Entstehung zahlreicher kleiner Bildchen im Innern des Auges den einen oder anderen Forscher zum Nachdenken veranlaßt hätte; indessen scheint man sie ohneweiters als selbt- verständlich hingenommen zu haben, wozu natürlich auch die damals allgemein verbreitete Ansicht, daß das Fazettenauge aus vielen Einzelaugen zusammengesetzt sei, wesentlich beitrug. Nur Treviranus (1820) ist zu einer besonderen Auffassung des Sehaktes gekommen; dies geht aus folgenden seinen Worten hervor (p. 152): »...nur diejenigen Strahlen der Objekte werden zum Sehnerven durchgelassen, die senkrecht auf eine von den vielen Flächen der vieleckigen Hornhaut fallen, alle übrigen aber von dem glänzenden Pigmente, das sich unmittelbar unter dieser Haut befindet, zurückgeworfen.« Es scheint mithin Treviranus geglaubt zu haben, daß jeweils bloß ein einziges Bildchen hinter einer von den vielen Fazetten zustandekomme und perzipiert werde. Immerhin, wie man sieht, lag dieses Gebiet nicht brach; es gab eine Reihe von anatomischen sowie biologischen Beobachtungen, die einer richtigen Bewertung und konsequenter Zusammenstellung bedurften. Und dies zu leisten, war keinem Geringeren als Johannes Müller (1826) vorbehalten. Dieser Forscher breitete zunächst seine Untersuchungen auf eine sehr große Anzahl von Insekten und Krustern aus und fand, daß für die zusammengesetzten Augen aller dieser Tiere folgendes charakteristisch sei: allgemeines Vorkommen von Krystallkegeln, derer jeder an seinem proxi- malen Ende eine besondere Retina trage und von Pigmenten in einer ganz bestimmten Weise umhüllt sei. Diese Tatsachen erlangten ihre hohe Bedeutung in der von Müller aufgestellten Theorie vom musivi- schen Sehen. Wie er sich dieses vorstellte, lehren folgende Worte (p. 363): »Wenn einer bestimmten Stelle der Netzhaut auch nur Licht von einer bestimmten Stelle des Objektes zukommen kann, allen anderen Teilen der Netzhaut dieses besondere Licht ausgeschlossen wird, so ist dadurch ein Bild gegeben. Dies geschieht in den zusammengesetzten Augen der Insekten und Krebse durch die zwischen den Fasern des Sehnerven und den Fazetten der Hornhaut gelegenen, mit beiden durch ihre Extremitäten verbundenen, an ihren seitlichen Wänden mit Pigment bekleideten, durchsichtigen Kegel. Jeder dieser um eine konvexe Nervenmasse peripherisch gestellten Kegel läßt nur dasjenige Licht zu der Faser des Sehnernen, mit welcher er an seiner Spitze verbunden ist, was unmittelbar durch die Achse des Kegels einfällt. Alles andere von demselben Punkte ausgehende, auf die Hornhaut schief einfallende Licht wird nicht die untere Extremität der Kegel erreichen und deshalb nicht zur Perzeption von anderen Fasern des Sehnerven kommen; es wird, schief einfallend, von den mit Pigment bekleideten Wänden der nur in der Achse durchsichtigen Kegel absorbiert werden.< Und an einer anderen Stelle (p. 365) heißt es weiter: »Jede Sehfaser mit ihrem besonderen Gesichtseindrucke teilt diesen dem Bulbus des Sehnerven mit; und indem sich die früher durch Pigment geteilten Sehfasern zum Bulbus des Sehnerven vereinigen, zu einer kontinuierlichen Ausbreitung der Nervenmasse zusammentreten, so verbinden sich auch die einzelnen Eindrücke der einzelnen Sehfasern in dem Bulbus des Sehnerven zu einem kontinuierlichen Bilde in der Affektion.«e Daß Müller’s Schrift, sowie noch seine spätere (1829) denselben Gegenstand behandelnde reich an anderen wertvollen Mitteilungen ist, mag hier nur flüchtig bemerkt werden. Im speziellen Teile wird sich genug Gelegenheit bieten, auf solche Stellen näher einzugehen. Nur das eine sei hier noch hervorgehoben, daß jener berühmte Forscher auf physiologischer Grundlage eine Systematik sämtlicher Gesichtswerkzeuge schuf, die bis heute unübertroffen dasteht. Die Zeitgenossen Johannes Müllers, wie Soemmering (1818), Strauß-Dürckheim (1828), Treviranus (1828), Lyonet (1832), Milne-Edwards (1834), Dufour (1835), Wagner (1835) und Duges (1838), die immer wieder neue, eigene Untersuchungen anstellten, wetteiferten in der Bestätigung der Richtigkeit der Befunde jenes großen Physiologen. Allerdings blieb es auch nicht ohne Widersprüche. Die Beobachtungen Leeuwenhoek’s und Schäffer's von der Entstehung zahlreicher kleiner Bildchen, die bereits Cayolini, wie oben bemerkt, für den Sehakt beim Fazettenauge zu verwerten suchte, wären Auge von Palaemon squilla. 295 beinahe ganz in Vergessenheit geraten, wenn nicht Brants (1843), Grüel (1844) und Gottschee (1852) sie bei ihren Versuchen von neuem aufgedeckt und auf ihren Widerspruch zu Müller's Theorie hin- gewiesen hätten. Müller selbst trat für seine Lehre nicht genug energisch ein; dies mußte den Eindruck erwecken, daß er wankend geworden ist. Während sich noch Will (1840) bei seinen gründlichen Studien an zusammengesetzten Augen der Arthropoden jeglicher physiologischer Auslegung enthielt, standen bereits die Arbeiten von Zenker (1854), Leydig (1855), Gegenbauer (1858), Leuckart (1859), Clapa- rede (1860), Ruete (1861) und Dor (1861) im Zeichen der alten Anschauung. Während es aber noch immer zur Rechtfertigung derselben an einer Retina unmittelbar hinter jeder Corneafazette für je ein Bildchen fehlte und man statt einer solchen stets nur eine einfache Nervenfaser zu entdecken vermochte, war mit M. Schultze (1868) auch diese Schwierigkeit behoben, denn dieser wollte in den Fazettenaugen einiger Insekten und Kruster eine Anzahl feinster Nervenfibrillen an jeden Kıystallkegel herantreten gesehen haben, die er für die Netzhaut der Einzelaugen in Anspruch nahm. Damit schien das Schicksal der Theorie Müller’s besiegelt. Das dritte Jahr darauf brachte in diese etwas unerfreuliche Lage, aus der selbst Helmholtz und Du Bois Reymond keinen Ausweg wußten, insofern eine Besserung, als Boll (1871) die zahlreichen Bildchen, die bei den Versuchen mit den Corneafazetten als Hauptstütze der alten Theorie hingestellt wurden, auch in der Stäbchenschichte der Triton-Retina entdeckte. Nachdem er unter Hinweis darauf, daß. diese Erscheinung hier wie dort für das Sehen bedeutungslos sei, des Näheren erläutert hatte, daß das, was Schultze als Retina der Fazetten hinstelle, keine Retina sein könne, legte er seinen Standpunkt folgendermaßen dar: »Ich schließe hiermit die Reihe von Betrachtungen, die es mir als völlig unzulässig erscheinen lassen, für die Erklärung des Sehens bei den Arthropoden an die Leeu- wenhoek’schen Bildchen anzuknüpfen. Für mich besteht die alte Theorie Johann Müller’s vom musivi- schen Sehen noch zu vollem Rechte und in alter Ehre. Eine ganz besondere Genugtuung soll es mir sein, wenn diese Betrachtungen dazu beigetragen haben sollten, daß die Theorie vom musivischen Sehen in der Wissenschaft wieder als das gelten wird, als was sie einstmals gegolten hat: als das frischeste Blatt in dem Lorbeerkranz ihres großen Urhebers.« Boll blieb auch nicht lange vereinzelt mit seiner Ansicht. Denn schon drei Jahre später setzte Greenacher (1874) in der ersten seiner Schriften über das zusammengesetzte Arthropodenauge mit der Verteidigung der Müller'schen Theorie ein. Im Hinblicke auf den gedrängten zentralen Zusammenschluß der Sehstäbe, sowie auf die peripheren, durch Pigmenthüllen voneinander isolierten Krystallkegel, könne keine andere Theorie das richtige treffen als jene. Man müsse nur seine Aufmerksamkeit auf die Nerven- stäbe konzentrieren und nur in diesen nach Nervenendigungen suchen. Unmittelbar nach Greenacher's Mitteilung erbrachte Exner (1875) die ersten schlagenden Beweise dafür, daß die Leeuwenhoek’schen Bildchen wohl durch Experimente wie die von Gottschee u.a. aus- geführten zustandekommen, nie aber im Fazettenauge des lebenden Tieres, ja daß sie überhaupt nicht perzipiert werden könnten, wenn sie dort lägen, wohin sie jene Theorie konstruiere. Dieser Autor war es auch, der in scharfsinniger Weise zum ersten Mal die hohe Bedeutung des dioptrischen Apparates der Ommen richtig erfaßte und an den Krystallkegeln des Leuchtkäferchenauges experimentell nachwies, wie die annähernd in der Richtung des Einzelauges einfallenden Strahlen durch Brechung und Reflexion an der Spitze der Kegel konzentriert werden, um das Nervenelement in erhöhtem Maße zu reizen. Was das Sehvermögen speziell der Insekten anbelangt, kam Exner auf Grund seiner dioptrischen Untersuchungen zu einer ganz neuen Ansicht, daß nämlich jene Tiere eher imstande seien Bewegungen als Formen zu unterscheiden. Greenacher (1879) erweiterte hierauf seine anatomischen Studien auf einfache und zusammen- gesetzte Augen möglichst vieler Gliedertiere; einige wertvolle Angaben, von denen noch später die Rede sein wird, haben wir ihm zu verdanken. Insbesondere war es der Nervenstab. an dem er grundlegende Entdeckungen machte. Leicht gelang es diesem Forscher seinen Zeitgenossen O. Schmidt (1878), der sich für das mosaikartige Sehen Müller’s deshalb nicht entschließen konnte, weil er in den Augen einiger Kruster und Insekten gebogene Kıystallkegel entdeckte, zu belehren, daß seine Bedenken belanglos seien; 296 Dry. EB. Dnoyjon), denn auch durch derart geformte Kegel werde das Licht wie in gebogenen Glasstäben weitergeleitet und könne somit das Rhabdom erreichen. Wenig Anklang haben die Entdeckungen Lowne’s (1878) gefunden. Dieser Autor deutete nämlich den Sehstab als einen Körper, der den Zweck erfülle, die Leeuwenhoek’schen Einzelbildchen umzu- kehren; er sei voluminös und habe eine konvexe Vorderfläche. Weitere Beweise, daß die Gesichtswahrnehmungen im Fazettenauge im Sinne Müller’s zustande- kommen, lieferte Notthaft (1880). Wenn er auch hie und da in einen Irrtum verfiel, kam er doch endlich zu folgender Anschauung: »Es fällt auf jede Retinula ein zylindrisches Lichtbüschel oder eine Lichtlinie genau in der Richtung der optischen Axe des Augenelementes. Die einzelnen, dieses Büschel zusammen- setzenden Lichtstrahlen halten im strengen Sinne die gleiche Richtung ein. Das Stück des Gegen- standes, von welchem dieselben ausgehen und welches ein einzelnes Elementarsehfeld erfüllt, ist somit für allenoch so verschiedenen Entfernungen durchaus gleich groß; es ist nämlich genau gleich dem Querschnitte des hinteren zugespitzten, nicht pigmentierten Endes des Krystallkegels, oder gleich demjenigen der Retinula.« Dagegen erbrachte eine Reihe von Forschern wie Forel (1886, 1837), Plateau (1888), Sharp (1889) neue Zeugnisse für die Richtigkeit der Anschauungen Müller’s. Von den Entdeckungen Patten’s (1887), die ihr zuwiderliefen, blieb Müller’s Theorie unbeeinflußt, da man vom Anfang an jenem Autor ziemlich skeptisch gegenüberstand. Nach überwundener Gefahr, kann man sagen, war sie wieder die führende. Um ihr jedoch eine allgemeine Geltung für immer zu verschaffen, dazu gehörte mehr als bisher geleistet worden war, vor allem eine klar durchdachte physikalische Grundlage, ferner eine richtige Zusammen- stellung aller Fazettenaugentypen und eine geschickte Verwertung markanter anatomischer und physiologi- scher Befunde. Diesen Anforderungen ist in unübertroffener Weise Exner (1839, 89a, 1891) gerecht geworden. Voll der Überzeugung, daß bei den Fazettenaugen die Krystallkegel nebst Corneafazetten einen wesent- lichen Anteil an dem Sehakte haben, hielt er sich an eine Einteilung der zusammengesetzten Augen nach dem Baue ihrer dioptrischen Apparate. Von jedem Typus unterzog er dann eines einer eingehenden experimentellen Untersuchung, deren Resultate mit denen auf Grund mathematisch - physikalischer Berechnungen gewonnenen vollkommen übereinstimmend als einwandfrei angesehen werden mußten. Es erwies sich, daß in den Fazettenaugen ein Mosaikbild entweder mit annähernd aneinanderschließenden oder übereinandergreifenden Teilbildern zustandekomme; das erste nannte Exner das Appositions-, das zweite das Superpositionsbild. Beide sind aufrecht. Derselbe Forscher wies auch zuerst auf die zweckmäßige Verteilung des Pigments und Tapetums in den Augen und dessen Beeinflussung durch das Licht hin, derzufolge ein und dasselbe Fazettenauge das eine Mal als Appositions-, das andere Mal als Superpositionsauge funktionieren kann. In einer reichhaltigen Liste führte er Tiere an, bei denen er den einen oder anderen Typus von Augen vorgefunden hat. Die Tatsache, daß es auch ungleichmäßig gebaute Fazettenaugen gibt, entging ihm ebenfalls nicht und er bemühte sich, auch für diese Erscheinung eine Erklärung zu geben. Des weiteren erhielten wir von ihm Aufklärung über das Augenleuchten und die Pseudopupillen. Im Hinblicke darauf, was Tiere mit Fazettenaugen sehen, sprach er die Meinung aus, daß es vornehmlich Bewegungen seien. Das Bewegungssehen müsse auch der Natur jener Wesen ent- sprechend eher im Vordergrunde stehen als das Formsehen. Exner hat somit eine breite Grundlage für jede, wie auch immer gestaltete Untersuchung des Fazettenauges geschaffen, auf der alle, die ihre Aufmerksamkeit diesem Gegenstande widmeten, weiter bauten. Zu gleicher Zeit mit Exner studierten das Phänomen der Pigmentwanderung in zusammengesetzten Arthropodenaugen Stefano wska (1889) und Szawinska (1890). In den letzten zwei Dezennien warf man sich insbesondere auf die Erforschung der feineren histo- logischen Einzelheiten im Fazettenauge; es hängt dies natürlich mit unseren Fortschritten in der mikro- skopischen Technik zusammen.Wesentlich gefördert wurden unsere Kenntnisse durch die Untersuchungen Auge von Palaemon squilla. 297 von Parker (1890, 1891, 1895, 1897, 1899), Chun (1896), Zimmer (1898), Miltz (1899), Radl (1900, 1901, 1902, 1906), Hesse (1901, 1908), Schneider (1902), Dietrich (1909), Kirchhoffer (1908, 1910), Bedau (1911) und Johnas (1911). Von Physiologen arbeiteten im Sinne Exner's weiter Kiesel (1894), von Frisch (1908), Demoll (1909 a, b, 1910, 1911) und Day (1911). Es wird sich Gelegenheit bieten, auf die Arbeiten aller dieser Autoren näher einzugehen. Bevor ich dieses Kapitel verlasse, will ich der Vollständigkeit halber noch einen Blick auf unsere Kenntnisse von der Entwicklung des Fazettenauges werfen. Weismann (1866) studierte die embryonale Entwicklung des zusammengesetzten Dipterenauges an Corethra und stellte fest, daß die erste Augen- anlage in einer Verdickung der Hypodermis bestehe. Graber (1880) und Watase (1890) kamen bei ihren vergleichenden embryologischen Studien und zwar der erstere bei Insekten, der letztere bei Krustern zu einem anderen Ergebnisse: sie wollen jedes Omma aus einer Einstülpung hervorgehen gesehen haben. Auf Grund eigener Untersuchungen traten Claus (1886), Herrick (1889), Carriere (1890), Parker (1889) und Johansen (1893) u. a. auf die Seite Weismann’s. In der Minderheit blieben die Anhänger Grabers und Watase’s, nämlich Mark (1887) und Patten (1888). Nachdem durch neuere Unter- suchungen wiederholt bestätigt, genießt die Ansicht der ersten Gruppe von Forschern allgemeine Giltigkeit: In der ursprünglichen Hypodermisverdickung, beziehungsweise Verdichtung, erfolgt zumeist unter Aus- bildung einer zarten Trennungswand eine Scheidung in eine oberflächliche und eine tieferliegende Schichte. Die erstere, das sogenannte Retinogen, liefert das Auge, die letztere, das sogenannte Gangliogen, läßt die optischen Ganglien aus sich hervorgehen. Durch mehrfache Differenzierung der Zellen des Retinogens entstehen die Ommen. Die Vergrößerung der Anlagen zum fertigen Auge haben wir uns bei Krustern so vorzustellen, daß eine Hypodermispartie, sie soll im vorderen, mehr medialen Teile des Auges liegen, ihren embryonalen Charakter behält und immer wieder neue Elemente für das Auge liefert. Bei Insekten soll dagegen die Augenanlage ihre Vergrößerung durch zunehmende Verdickung erfahren, so daß die schon frühzeitig ausgebildeten Ommatidien sich bloß in die Länge zu strecken brauchen, infolgedessen schlanker werden und näher aneinander rücken. Über die Einzelheiten dieser Umgestaltungen und Um- lagerungen der Zellelemente haben uns in den letzten Jahren insbesondere Redikorzew (1900), Hesse (1901), Schindler (1902), Plotnikow (1904), Phillips (1905) und Kirchhoffer (1908) viele interessante Tatsachen eröffnet. Technisches. Soviel ich aus der Literatur entnommen habe, wurde Palaemon zwecks Untersuchung der Augen in heißem Wasser oder in konzentrierter wässriger Lösung von Sublimat, rein oder mit Zusatz von Essig- säure fixiert. Keine dieser Untersuchungen leistete mir so gute Dienste wie folgende: Die Tiere wurden auf ein paar Sekunden in kochende konzentrierte wässrige Sublimatlösung getaucht und alsbald in eine kalte ebensolche Flüssigkeit, der einıge Tropfen Essigsäure zugesetzt worden waren, auf 24 Stunden gelegt. Geschnitten wurde vornehmlich in Celloidin; für das Studium der Rhabdome taugten allerdings Paraffinschnitte besser. Des mitunter recht lästigen Pigmentes entledigte ich mich auf folgende Art: Ich bereitete mir eine ganz schwache Lösung von Chlorkalium (2 bis 3 Körnchen auf 5 cm? aqua dest.) und setzte ihr ein paar Tropfen Salzsäure zu. Nun wurden die Celloidinschnitte hineingelegt und wenige Minuten darin belassen. Der Bleichungsprozeß ließ sich bequem mit freiem Auge kontrollieren. Derart behandelte Schnitte durch mehrere Stunden gewässert zeigten nach Heidenhain gefärbt überaus klare Kerntinktionen. Sonst wurde auch mit Thionin, ferner nach Van Gieson und insbesondere mit ganz dünnen Lösungen Delafield’schen Hämatoxylins, das namentlich in dem Ausfärben der nervösen Elemente ausgezeichnete Dienste leistete, gefärbt. 298 DIE Ion), Der Bau des Auges. Palaemon sgquilla (gemeiner Granat oder Crevette) besitzt ein Paar großer Augen am Kopfe (Taf. I, Fig. 1, 2). Unter allen Krusteraugen sind diese bisher am meisten studiert worden, weil sie sich wegen ihrer Größe und der ziemlich weichen Beschaffenheit der Hülle als ein verhältnismäßig günstiges Unter- suchungsobjekt bewährt haben. Bei einfacher Betrachtung lassen sich an einem solchen Auge folgende Teile unterscheiden (Taf. I, Fig. 5): Der Stiel: Er hat die Form eines Kegels, dessen Spitze der Mediane des Kopfes zugekehrt ist. An diesem Ende ist er mit dem Kopfe derart verbunden, daß dem Tiere die Möglichkeit geboten wird, seine Augen leicht hin und her zu bewegen. Das Hauptauge: Dem breiteren nach außen zugekehrten Teile des Stieles sitzt das ungefähr halb- kugelförmige Auge auf. Man sieht, daß es von einem zarten gefelderten Häutchen überzogen ist. Das Nebenauge (Taf. I, Fig. 2, 3): Der Stielrand zeigt auf seiner dorsalen Seite einen kleinen Ausschnitt, in den ein Vorsprung vom Hauptauge her hineingreift. Bei Lupenbetrachtung wird man hier eines kleinen schwarzen Pünktchens gewahr, das einen Durchmesser von etwa 150 bis 200 u hat. Das ist das Nebenauge (Taf. I, Fig. 4, 5, 6, Taf. II; Fig, 80). Das Bild, das das Innere des Auges bietet, lehrt, daß wir es mit einem zusammengesetzten Auge, dem sogenannten Fazettenauge zu tun haben (Taf. II, Fig. 8). Es besteht aus einer großen Anzahl von Einzelaugen, Ommen; Will (1840, p. 10) zählte ihrer bei Palaemon serratus 3020. Die Teile, aus denen sich ein solches Einzelauge zusammensetzt, sind von außen nach innen betrachtet folgende: Die Corneafazette. (Taf. II, Fig. 10, Taf. V, Fig. 37, 38, Taf. VI, Fig. 48, 49, CoL). Sie ist ein Teil jenes zarten Häutchens, der Cornea (Taf. II, Fig. 8,a; Fig. 9), die das Auge über- zieht. Auf die Gesamtheit der Corneafazetten aller Ommen im Auge ist das zierliche Netz der Cornea zurückzuführen. Bisher haben meines Wissens nur zwei Autoren der Anordnung der Corneafazetten ihre Aufmerksamkeit zugewendet. Nach Parker (1897, p.9) soll die Felderung bei Astacus fluviatilis auf zwei unter rechten Winkeln sich kreuzenden Systemen von Bogenlinien beruhen. Die Linien des einen Systems beginnen vorn dorsal und enden hinten unten, die des andern nehmen vorn ventral ihren Anfang und ziehen nach hinten oben. Rädl (1901, p. 15) beschreibt bei Palaemon squilla ein System von konzentri- schen Bogenlinien, dessen Mittelpunkt ungefähr in der Mitte der Oberseite des Auges gelegen ist. Das Nebenauge, das neben diesem Zentrum liegt, bringe etwas Unordnung in dieses System, insofern die Fazetten seiner Umgebung durcheinander geworfen und unregelmäßig angeordnet sind. Wiewohl ich mit den Ausführungen dieses letzteren Autors im wesentlichen einverstanden bin, muß ich bemerken, daß mir die Fazetten nicht nach einem, sondern nach zwei Systemen konzentrischer Bogen- linien angeordnet zu sein scheinen (Taf. 1, Fig. 3); der Mittelpunkt des einen Systems liegt vor, der des anderen hinter dem Nebenauge. Wegen der unmittelbaren Nähe ihrer Zentren kommt es zur Kreuzung der beiden Bogenliniensysteme. Was den andern Punkt, die unregelmäßige Anordnung der Fazetten in der Umgebung des Nebenauges betrifft, so hat sie, wie aus meinen Figuren 4 und 5 auf Taf. I zu ersehen ist, wohl ihren Grund darin, daß die Fazetten von ihrer regelmäßigen Form abweichen, was sie nicht bloß nach dem Nebenauge hin, sondern gegen den Augenrand im allgemeinen tun. Im übrigen ist jedoch die Form der Fazetten äußerst regelmäßig, der Umriß nämlich quadratisch. Eine jede von ihnen ist an den vier Seiten mit den benachbarten vollkommen verschmolzen. Am Quer- schnitt erkennt man, daß ihre Außenseite konvex, die Innenseite leicht konkav sei; sie stellen somit konkavkonvexe Linsen vor. Mit diesem Befunde stelle ich mich mit den Angaben anderer Autoren in Widerspruch. So beschreibt Auge von Palaemon squilla. 299 leicht konvex und gibt auch dieser Krümmung in der Zeichnung einen viel deutlicheren Ausdruck als der der Außenseite. Bei späteren Autoren scheint in dieser Richtung keine einheitliche Meinung zu gelten, da ich nach den verschiedenen Darstellungen die Corneafazette das eine Mal plankonvex, das andere Mal mehr oder weniger bikonvex finde. Nach Schneider (1902, p. 484) stellt die Fazette eine schwach bikonvexe Linse vor, deren Außenseite stärker als die Innenseite gewölbt ist. Im allgemeinen ist also bisher bei Krustern die Innenseite der Fazette plan und, wenn schon gekrümmt, dann nur konvex gesehen worden. Bei den Insekten dagegen wurden von innen konkave Corneafazetten bereits von Svammerdam (1737) für die Biene, von Treviranus (1820) für die Hornis und von Leydig (1864, p. S) für die Aeschna- Larve beschrieben. Bei Anwendung künstlicher Färbungen lassen sich am Querschnitt der Fazette zwei Lagen unter- scheiden, eine äußere, weniger tingierbare und eine innere, die namentlich von innen den Farben leichter zugänglich ist; beide sind deutlich geschichtet und bestehen aus konzentrischen Plättchen. Auf diese Schichtung der Fazetten hat zum ersten Male Will (1840, p. 8) hingewiesen. Sie ist bisher überall sowohl bei Insekten, als auch bei Krustern nachgewiesen worden und liegt in der Natur der Fazette, die gleich der Cuticula des übrigen Körpers von den unter ihr gelegenen Zellen ausgeschieden wird. Die Corneazellen. (Taf. II, Fig. 8, b, Fig. 10, 11, Taf. V, Fig. 37, 39, Taf. VI, Fig. 48, 50 CoC.) Unter den Corneafazetten liegt eine einfache Zellage äußerst hinfälliger Elemente; sehr selten erkennt man ihre wahre Struktur, zumeist ist sie zu einer feinkörnigen Masse zerfallen. In günstigen Fällen kann man jedoch sehen, daß unter jeder Fazette zwei längliche Zellen einander gegenüberliegen. Die Längsachse dieser Zellen ist parallel zur Fazettenseite gerichtet. Jede Zelle ist in ihrem distalen Teile breiter als im proximalen, so daß der Querschnitt ungefähr die Form eines Dreieckes hat. Der Kern der Zelle (Taf. II, Fig. 11, 12, Taf. V, Fig. 37, 39, Taf. VI, Fig. 48, 50 CoCN) ist sehr lang, mäßig gekrümmt und liegt der Außenwand der Zelle an. Er enthält feinkörnige chromatische Substanz nicht im Übermaß, welcher Umstand seine Auffindung ziemlich erschwert. Die Corneazellen stellen die Matrix der Fazetten vor und sind entsprechend dem Cuticularcharakter jener als die Hypodermis des Auges aufzufassen. Die Hinfälligkeit dieser Zellschichte mag wohl der Grund gewesen sein, warum die Corneazellen allen älteren Forschern entgangen sind. Seitdem man sie aber kennt, gehen die Meinungen hinsichtlich ihrer Zahl stark auseinander. Claus (1879, p. 73) war der erste, der an dem Auge des Amphipoden Phronima zwei Hypodermiszellen unter jeder Fazette beschrieb und zugleich die richtige Anschauung einführte, daß sie die eigentlichen Bildner der Fazetten seien. Greenacher (1879, p. 123) erkannte sie am Palaemon nicht, denn er beschreibt unter den Fazetten eine dünne Lage von grober Granulierung mit Zellkernen; natürlich ist aber diese, wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, auf Corneazellen zurück- zuführen. Patten (1886) wies wiederholt jene Zellen in den Augen verschiedener Dekapoden nach und schrieb ihnen, von der irrigen Auffassung einer Iris abgesehen, vornehmlich dieselbe Bedeutung wie Claus zu. Auch dieser Autor zählte ihrer zwei unter jeder Fazette, da er immer bloß zwei Zellkerne zu finden vermochte. Der Nachweis der Zellen selbst scheint ihm am Palaemon nicht gelungen zu sein, was ich daraus erschließe, daß er sie nicht abbildet, wenngleich er 2 Kerne, allerdings unrichtig, zeichnet. Doch scheint er ihre Form und Lage so aufgefaßt zu haben wie ich; den Eindruck.gewann ich beim Vergleich seiner Darsteliungen von Corneazellen anderer Kruster. Reichenbach (1886, p. 91) zählte bei Astacus 4 Corneazellen; er wurde indessen durch Carriere (1889, p. 225), Szawinska (1890, p. 541) und Parker (1895, p. 11) überwiesen, daß nur zwei solcher Zellen vorhanden sind. Ja Parker (l. c.) verallgemeinerte seinen Befund bei Astacus, gestützt auf die Angaben von Viallanes (1892) und Herrick (1892) und behauptete, daß zwei Corneazellen für das Omma des Dekapodenauges Regel seinen. Chun (1896) zählte bei verschiedenen von ihm untersuchten Tiefseekrustern stets 2 Corneazellen. In der ausführlichen Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXNVII. Bd. 40 300 Dr. Bu Dnroyan, Beschreibung des Palaemon-Auges von Schneider (1902, p. 484) fand ich indessen 4 Corneazellen für jede Fazette angegeben; allerdings erscheinen in der beigegebenen Figur je zwei von ihnen derart verschmolzen, daß sie eine einzige repräsentieren könnten. Ich habe mir viel Mühe mit verschiedenen Färbungen gegeben, um jene feine Trennungslinie in der Mitte der langen Corneazellkerne, wie sie Schneider dargestellt hat, zu entdecken, doch umsonst. Aber auch von einer Einschnürung oder gar einer Trennungslinie der Corneazelle, die auf eine Existenz von jederseits 2, also im ganzen von 4 Zellen deuten würde, war keine Spur vorhanden. Und doch schiene es mir nicht erklärlich, daß dort, wo an guten Präparaten die Zellgrenzen der beiden Corneazellen deutlich sind, die anderen zwei nicht wahr- genommen werden sollten, falls sie da wären. Wurden die Zellen in der Richtung ihrer Längsachse geschnitten, dann stellte sich der Kern als ein einfaches, ungeteiltes Band dar (Taf. II, Fig 12 CoCN); ein zu dieser Richtung um 90° geneigter Schnitt zeigte die kreisrunden Querschnitte der beiden Kerne (Taf. V, Fig. 37, Taf. VI, Fig. 48 CoCN). In der Meinung, die Frage hinsichtlich der Zahl der Corneazellen an noch nicht entwickelten Augen leichter und sicherer entscheiden zu können, untersuchte ich die Augen eben aus den Eiern geschlüpfter Palaemon-Larven. Doch fand ich die Verhältnisse dort so wie bei den entwickelten Tieren. Noch auf einen Umstand aber, der eher für die 2- als für die 4-Zahl der Corneazellen spricht, möchte ich hier aufmerksam machen. Es gilt heutzutage nach Hesse (1901, p. 461) als erwiesen, daß die sogenannten Hauptpigmentzellen in den Fazettenaugen der Insekten den Corneazellen homolog sind; es hat sich nämlich bei allen diesbezüglichen Untersuchungen herausgestellt, daß dort, wo die eine Art der Zellen vorkommt, die anderen fehlen. Ob aber nun Cornea- oder Hauptpigmentzellen, niemals sind ihrer mehr als zwei gesehen worden; ich erwähne hier der Angaben Zimmer’s (1897, p. 242) für die Ephemeriden, Hesse's (1901, p. 411, 425) für Zepisma und Periplaneta, Dietrich's (1909, p. 468) für Dipteren, Johnas's (1911, Taf. XI) für Zepidopteren und Bedau’s (1911, p. 422) für Wasserwanzen. Nach den Angaben so zahlreicher Autoren kann man schließen, daß zwei Corneazellen für das Omma der Kruster- und Insektenaugen Regel sind. Die Krystallzellen. (Tat. IT, Fig 8 c—e, Fig. 13, Taf. V, Fig. 37, 39, 40, Taf. VI, Fig. 48, 50, 51 CrC.) Unter jeder Corneafazette und den zu ihr gehörigen Corneazellen liegen die wegen ihrer Form und ihres Inhaltes auffälligsten Elemente des Fazettenauges, die Krystallzellen. Je 4 in gekreuzter Stellung eng aneinanderschließend gehören zu einem Omma; sie sind in der Richtung der Achse des Einzelauges stark ausgezogen und stellen gewissermaßen eine Spindel vor, deren distales Ende plötzlich, das proximale dagegen allmählich sich verjüngt. Das erstere wird auf diese Weise zu dem sogenannten Zapfen (Taf. II, Fig. Sc) das letztere zu einem langgestreckten Stiele (Taf. II, Fig. 8e, Fig. 17, Taf. III, Fig. 28, Taf. V, Fie. 37, 43, 46, Taf. VI, Fig. 47, 48, 54 CrCP). Der Zapfen stößt mit seiner Spitze an die Mitte der Innenseite der Fazette, während sich die beiden Corneazellen dicht um seinen Mantel legen. Etwas unter der Höhenmitte dieses Zapfens liegen peripher kreuz- weise 4 wandständige Kerne, der 4-Zahl der Zellen entsprechend (Taf. II, Fig. 12, 13, Taf. V. Fig. 37, 40 Taf. VI, Fig. 48, 51 OrCN). Sie sind plattgedrückt, stark gekrümmt und liegen nicht mit ihrer Breitseite auf, sondern stehen auf ihrer Schmalseite. Zum Unterschiede von den Corneazellen enthalten sie reich- licher Chromatin. Der Inhalt der Krystallzellen in diesem Zapfen, sowie in ihrem zum Stiel ausgezogenen proximalen Teile ist feinkörnig. Die mittlere Partie dagegen ist von einem Körper ganz anderer Natur, dem Krystallkegel eingenommen (Taf. II, Fig. 84, Fig. 14, 15, Taf. V, Fig. 37, 41, 42, Taf. VI, Fig. 48, 52, 53 Or). Er hat die Form eines Säulchens von quadratischem Umriß. Die Kanten dieses Säulchens sind abgerundet und konvergieren nach dem Innern des Auges unbedeutend. Wenn auch dieser Körper wie der Zapfen den Eindruck eines einheitlichen erweckt, so ist er nicht so; denn bei näherer Betrachtung erkennt man, daß 4 kongruente Stücke an seinem Aufbau beteiligt sind. Die distale Grundfläche der Krystallkegel fand ich zumeist entweder in Form von 4 Buckeln vorgewölbt oder an vier Stellen eingedrückt. Eine Durch- Auge von Palaemon squilla. sol sicht meiner Präparate daraufhin ergab, daß das erstere vornehmlich an Dunkelaugen, das letztere bei Lichtaugen zutrifft. In den seltensten Fällen sah ich die Grenzflächen der Krystallkegel einfach vorgewölbt, einfach eingedrückt überhaupt niemals. Der Inhalt des Krystallkegels scheint auf den ersten Blick an untin- gierten Schnitten überall gleich wasserhell und stark lichtbrechend zu sein; doch Tinktionen belehren eines Besseren. An gefärbten Schnitten gewahrt man, daß nur der mittlere, allerdings größere Teil des Kegels den obigen Charakter aufweist. Diesem Teile aber liegt oben und unten eine Zone mit höchst fein- körnigem, leicht tingierbarem Inhalt an. Eine deutliche Körnchenreihe bezeichnet die Grenze zwischen jedem der beiden Randstücke und dem Mittelstücke; es macht auf mich den Eindruck, daß dieses älter, jene beiden jünger seien und das Mittelstück aus sich allmählich hervorgehen lassen. Auf den Krystallkegel folgt proximal das bereits erwähnte Stielende derKrystallzelle. Es ist in seinem oberen Teile verbreitert und umfaßt den Kegel wie ein Kelch. Hier zeigt es auch völlige Übereinstimmung in der Färbbarkeit mit dem Zapfen, während das andere, fadenförmig ausgezogene Ende den Farbstoffen weniger gut zugänglich ist. In welchem Niveau auch immer die Krystallzellen quergeschnitten werden, überall erweisen sie sich zu vieren eng aneinandergeschlossen. Ihr distaler und proximaler Teil, sowie der Krystallkegel werden von einer einheitlichen Zellmembran umschlossen und weil diese gar zu dünn ist und dem Kegel ohne Dazwischentreten von Plasma eng anliegt, erscheinen Zapfen und Stiel als zwei getrennte Stücke. Dem ist in Wirklichkeit nicht so, denn sie gehören als eine Zelle, die in ihrem Innern den Kegel absondert, zusammen. Die Geschichte der Krystallzellen des Fazettenauges reicht so weit zurück als die Geschichte des ganzen Organs überhaupt. Allerdings waren es anfangs nur die Krystallkegel, die man wiederholt beob- achtete. Zuerst sind sie Leeuwenhoek (1695, p. 476) aufgefallen. Svammerdam, Schäffer, Cavo- lini und Cuvier haben wiederholt bei Untersuchungen von Fazettenaugen auf sie aufmerksam gemacht. Es ist, wenn man die Literatur weiter verfolgt, kaum erklärlich, wie sie Marcell de Serres und seine Zeit- genossen ganz übersehen konnten, so daß es einer neuen Entdeckung dieser Gebilde durch Johannes Müller (1826, p. 345), dessen scharfer Beobachtungsgabe kaum etwas verborgen blieb, bedurfte. Dieser Forscher war es zugleich, der auch ihr allgemeines Vorkommen in den Fazettenaugen sicherstellte. Doch mehr als den Krystallkegel hat auch Müller nicht gesehen. Erst Will (1840, p. 13) war es, der mit Sicherheit bei Palaemon von einer weichen Masse vor und hinter dem Krystallkegel berichtete; auch das fadenförmig ausgezogene Ende der letzteren war ihm bekannt, nur hielt er es für einen Nerven. Ferner wußte er auch, daß der Krystallkegel vierteilig ist. Auch Gottsche (1852, p. 484) wies auf jenen verschmolzenen Stiel, »die Sehnervenfaser« hin. Er zählte aber überdies zu dem bis dahin erkannten Krystallkörper noch den Zapfen, den er beim Astacus genz richtig darstellte und wegen seiner Form als »Warze« bezeichnete, hinzu. Von dem »prismatischen Körper« (unserem Krystallkegel) wußte er bereits, daß er ein oberes, durch eine feine Linie getrenntes Randstück trage. Das untere Grenzstück scheint er nicht unterschieden zu haben, obgleich er die buckelförmigen Vorragungen desselben erwähnt. Leydig (1855, p. +16) kam in diesem Punkte nicht so weit wie Gottsche. Nicht nur, daß er die Form des Zapfens nicht erkannte, er wußte sich die »spitze Warze« überhaupt nicht zu erklären, wenngleich er 4 kernartige Bildungen über dem Krystallkegel entdeckte; er hat sie als Keine der Krystallzellen nicht erkannt. Da ihm in manchen Fazetten- augen die untere Grenzlinie des Kegels entging, nahm er an, daß dieser letztere unmittelbar in den dahinter- liegenden Teil übergehe. Die von allen Autoren seit Will beobachtete Vierteiligkeit der Krystallkörper bewog Claparede (1860, p. 194), die von Leydig entdeckten kernartigen Bildungen über dem Kegel zu diesem in nähere Beziehung zu bringen. Über Anregung seines Freundes Semper untersuchte er eine große Anzahl von Kruster- und Insektenaugen und fand, daß tatsächlich überall über jedem Krystallkegel 4 große Kerne ruhen, die er fortan die Semper’schen nannte. Seine entwicklungsgeschichtlichen Studien belehrten ihn weiters, daß jene 4 Kerne eigenen Zellen angehörten und daß diese letzteren »als Bildungs- zellen der Krystallsegmente aufzufassen sind«. Allerdings nahm er aber irrtümlich an, daß diese Zellen im allgemeinen zugleich auch die Cornea bilden. Diesem Umstande ist es auch wohl zuzuschreiben, wenn von verschiedenen späteren Autoren mitunter die Corneazellen als Semper’sche Zellen bezeichnet werden. 40* 302 Dr. E. Dnoy an, Dies ist durchaus unzulässig, seitdem wir wissen, daß die Cornea ihre eigenen Bildungszellen hat. Wer übrigens die Präparationsmethoden Claparedes einerseits und die Hinfälligkeit der Corneazellen anderseits kennt, muß einsehen, daß es sich bei den Semper’schen Kernen nur um Krystallzellkerne gehandelt haben kann. Dafür spricht auch die ausdrückliche Betonung der 4-Zahl und der Hinweis auf die diesbezüglichen Befunde Leydig's seitens jenes Autors. Schultze (1863, p. 10) erkannte bereits auf Grund seiner gelungenen Macerationspräparate speziell auch an Palaemon, wie weit die Krystallzellen proximal reichen; es war ihm auch bekannt, daß dieses Ende der Zellen keinen nervösen Charakter trage. Besonders gefördert wurde die Frage der Krystallzellen durch Greenacher (1879). Dadurch, daß dieser Forscher seine Untersuchungen auf eine möglichst große Basis stellte, kam er zur Einsicht, daß das Verhalten dieser allgemein vorkommenden Zellelemente ein doch verschiedenartiges sei. Dies veranlaßte ihn zu einer Einteilung sämtlicher zusammengesetzter Augen nach drei Typen. Er unterschied eucone, acone und pseudocone Augen. »Während«, so schreibt er (p. 88) »beim aconen Auge die vier hinter der Fazette gelegenen und sie abscheidenden Zellen zeitlebens als solche persistieren, beim euconen aber außer der Fazette noch die aus ebensoviel Segmenten, als Zellen vorhanden sind, bestehenden Krystall- kegel aussondern, scheiden die vier Krystallzellen beim pseudoconen Auge eine weiche, halb oder ganz flüssige Substanz aus, die, zusammengehalten durch trichterförmig gestaltete Hauptpigmentzellen, funktionell dem Krystallkegel zu vergleichen ist. Sie ist aber vor den Zellen gelegen, durch deren Tätigkeit sie entstanden ist, zwischen denselben und der Fazette. Die Kerne jener Zellen, die man als Semper’sche bezeichnet, liegen demnach nicht, wie bei den anderen zusammengesetzten Augen, der Fazette stark genähert, sondern in einem oft erheblichen Abstande von ihr abgerückt.« Diese Einteilung ist bis auf den heutigen Tag beibehalten worden und ihr zufolge gehören die Augen von Palaemon dem euconen Typus an. Was aber im Besonderen die Beschreibung der Krystallzellen aus dem Auge von Palaemon seitens Greenacher’s betrifft, muß ich zunächst erwähnen, daß ihm die Kerne derselben entgangen sind. Ferner nahm er an, daß der Krystallkegel aus zwei Teilen, einem kurzen distalen und einem längeren proxi- malen, die voneinander ziemlich weit entfernt liegen sollen, bestehe. Dies trifft natürlich nicht zu. Seine Ansicht endlich, daß bei Palaemon die Semper’schen Zellen, die nach seiner Darstellung nichts anderes als Corneazellen sind, Cornea und zugleich Kegel ausscheiden, ist ebenfalls eine irrige, da wie wir wissen für jedes jener beiden Elemente eigene Mutterzellen bestehen. Bei Patten (1886, p. 627) finden wir seit Gottsche zum ersten Mal wieder eine richtige Beschreibung des vierteiligen Zapfens als distalen Bestandteiles der Krystallzellen mit den vier in den Ecken des quadratischen Grundrisses liegenden Kernen, darauf folgt proximalwärts der ebenfalls aus vier Stücken bestehende Krystallkegel. Den proxi- malen Bestandteil der Krystallzellen hat Patten nicht richtig erkannt, obgleich dieser von Schultze bereits richtig beschrieben worden war. Außerdem verfiel er in den Irrtum, daß er am Krystallkegel ein Netz von Nervenendigungen feinster Art gesehen haben wollte und daher diesen Teil als den lichtperzi- pierenden ansah; er nannte auch deshalb die Krystallzellen Retinophoren. Auf denselben irrigen Stand- punkt stellte sich Szawinska (1890, p. 554). Aus Exner’s (1891) Untersuchungen möchte ich eine bemerkenswerte Notiz über die Endflächen der Krystallkegel hier wiedergeben. »Freilich«, so heißt es dort (p. 82), »sieht man an vielen Präparaten die brechenden Flächen derselben nicht kugelig gekrümmt, sondern mit vier, den vier Stücken angehörigen, kuppeligen Wölbungen versehen. Da man aber anderseits schöne kugelige oder hyperbolische Endflächen sieht (vgl. zum Beispiel Fig. 46, 47, 50, 55 der Taf. V) und man derartige Differenzen im Baue sonst ähnlicher Augen nicht wohl annehmen kann, so wird man eines der Bilder für Kunstprodukt halten müssen, umsomehr, als wir ja die starke Quellbarkeit schon kennen. Dann kann es aber keinem Zweifel unterliegen, welches das Kunstprodukt ist. Es ist sehr wahr- scheinlich, daß jedes der vier Stücke für sich quillt, und demnach für sich Kuppen bildet, es ist aber sehr unwahrscheinlich, daß vier Kuppen so verschmelzen daß sie eine schöne Rundung bilden und gerade an der optischen Axe das Maximum der Länge zeigen, oder daß sie, wie das an anderen Augen vorkommt, mit einer gemeinschaftlichen Grundfläche abschließen.« An der starken Quellbarkeit der Kegel ist durch- aus nicht zu zweifeln. Oft bemerkte ich selber ganz übertriebene Bildungen am Ende dieser Körper, wie Auge von Palaemon squilla. 303 langausgezogene, wurstlörmige Fortsätze. Diese sind gewiß auf Quellung zurückzuführen, Der Umstand aber, daß selbst solche Abnormitäten ebenso wie die sanften Vorwölbungen gerade in meinen Dunkel- augenpräparaten aufzußnden waren, während umgekehrt ausgehöhlte Kegel zumeist in Lichtaugen auf- traten, oder daß ich des öfteren im Mittelfelde eines Lichtauges die distale Endfläche der Kegel konkav gefunden habe und zugleich bemerkte, daß diese Konkavität gegen den Rand des Fazettenauges von Omma zu Omma allmählich in eine Konvexität übergehe, so daß die Randommen ausgesprochen konvexe Kegel zeigten, ließ in mir die Vermutung aufkommen, ob nicht etwa doch die Stärke des Lichtes, beziehungsweise die Dunkelheit auf den osmotischen Druck in den Krystallkegeln Einfluß nehmen. Sicher entscheiden konnte ich diese Frage allerdings nicht. Parker (1890, 91, 95) läßt bei den von ihm untersuchten Dekapoden, unter denen sich auch Palaemon befindet, die vier Krystallzellen des Ommas proximal bis an der Basalmembran enden. Er nimmt demnach die vier zu feinen Fäden ausgezogenen Enden dieser Zellen viel länger an als Schultze. Ich habe indessen die Krystallzellen nicht weiter ver- folgen können als dieser letztere Autor und glaube deshalb, daß er im Recht ist. Im übrigen stellt Parker den vierteiligen Krystallkegel als einheitliches Gebilde mit konvexen Endflächen dar. Auf die Differen- zierung des Inhalts der Kegel geht er nicht näher ein. Wiewohl Rosenstadt (1896, p. 752) den Bau des Auges von Palaemon ganz kurz berührt, macht er doch eine erwähnenswerte Bemerkung, die zum ersten Male den Irrtum Greenacher’s, demzufolge er, wie oben bereits erwähnt, das glashelle distale Ende des Krystallkegels von dem proximalen durch einen längeren protoplasmatischen Teil getrennt wissen wollte, richtigstellte. »Dieser Abschnitt ist,« so schreibt Rosenstadt, »wie ich mich an meinen Präparaten überzeugt habe, nicht protoplasmatischer Natur, sondern gehört zum Krystallkegel selbst, an dem in vielen Fällen die erwähnte Trennung überhaupt nicht nachweisbar war. Wo aber die Trennung wahrzu- nehmen war, so war sie nur durch feine Trennungslinien angedeutet.« Die Richtigkeit dieser Worte kann ich nach meinen Untersuchungen vollauf bestätigen. Am ausführlichsten hat bisher Schneider (1902, p. 485) die Krystallzellen von Palaemon beschrieben. Da ich in einigen Punkten zu etwas anderen Resultaten gekommen bin als er, will ich die betreffende Stelle seiner Beschreibung hier wörtlich zitieren: »Distal in den Kegeln, dicht unter den Corneazellen, liegen die Kerne. Sie finden sich an der seitlichen Kante, im Umkreis des kurzen Endzapfens, der zwischen die Corneazellen eindringt und sind oft stark geschrumpft und dann schwer nachweisbar; in anderen Fällen treten sie deutlicher hervor. Sie haben, ganz wie die Corneakerne, die Form dünner quer liegender Spindeln, die ziemlich arm an Nucleom sind. Der angrenzende Kegelteil bildet das kleine distale Krystallstück, das sich in den Zapfen auszieht und basal vier konvexe Flächen, entsprechend jedem Conomer, zeigt. Das Krystallstück schwärzt sich leicht und färbt sich mit Toluidin blau; es besteht aus einer homogenen, stark lichtbrechenden Masse. Darunter folgt ein schmales, feinkörniges Stück, das sich nur schwach färbt; darauf das große proximale Krystallstück, das oben und unten glatt abgestutzt ist und sich färberisch und strukturell wie das distale Stück verhält. Der basale Kegelabschnitt, der alle genannten um reichlich das Doppelte an Länge übertrifft, ist sehr fein gekörnt, färbt sich nicht und verjüngt sich allmählich gegen das Rhabdom hin; sein unterer verdünnter Teil ist als Stiel zu bezeichnen.« Wohl erkannte Schneider das distale Ende der Kıystallzellen als Zapfen richtig, nur hat dieser nicht die Form, die er ihm in seiner Zeichnung gibt. Aller- dings habe auch ich an vielen Ommen Zapfen von der Form niedriger, stumpfer Kegel angetroffen wie Schneider, glaube aber, daß sie eine Folge geneigter Schnitte waren. Bei der starken Krümmung des Auges ist ja leicht einzusehen, daß von den ganzen Schnittserien nur eine ganz beschränkte Zahl, streng genommen kaum eine Fazettenreihe median getroffen wird und somit die von mir dargestellte Form des Zapfens sehr selten vorzufinden ist. Aus diesem Grunde ist sie auch, so glaube ich, Schneider und allen Autoren vor ihm bis auf Gottsche (1852, Fig. 3) entgangen. Die Auffindung der Kerne der Kıystallzellen bereitete mir durchaus keine Schwierigkeiten; die einfache Kernfärbungsmethode mit Delafield’schem Hämatoxylin in stark verdünnter Lösung lieferte mir nach 15-20 Stunden Bilder von bester Klarheit. Weder aus den Worten Schneider'snoch aus der beigegebenen Figur habe ich entnehmen können, ob er die gekrümmte und plattgedrückte Form jenerKerne erkannt hat; denn werden diese Kerne quer geschnitten, 304 Dr. E. Trojan, dann präsentieren sie sich nicht so wie dort in Fig. 426 A, sondern so wie in Fig. 37. und 48 meiner Tafeln V und VI. Wohl aber kann auch die von Schneider dargestellte Form, und zwar an dickeren Schnitten beobachtet werden; es geschieht nämlich dann oft, daß die kongruenten Hälften der Kerne übereinander zu liegen kommen. Man überzeugt sich am besten von der Richtigkeit dieser Auffassung durch Heben und Senken des Tubus. Mit der weiteren Einteilung der Abschnitte der Krystallzellen seitens jenes Autors kann ich mich nicht einverstanden erklären, denn das sogenannte distale Krystallstück kann nach meiner Auffassung vom Zapfen nicht getrennt werden, da es sich von diesem weder durch innere Struktur, noch bei der Färbung unterscheidet. Es zeigt auch nicht immer basal konvexe Flächen, sondern auch konkave; dies richtet sich ganz nach dem Verhalten des Krystallkegels. Ein darauf folgendes schmales feinkörniges Stück habe auch ich unterscheiden können, doch gerade an diesem habe ich ent- gegen Schneider gute Tinktionsfähigkeit beobachtet. Daß endlich »das große proximale Krystall- stück«, worunter wohl nichts anderes als das Mittelstück des Krystallkegels zu verstehen ist, färberisch und strukturell gleich sein soll dem distalen, habe ich nicht bemerkt; im Gegenteil, dieser Teil der Zelle sticht am deutlichsten gegen alle anderen ab. Daß analog dem dünnen feinkörnigen Stücke am distalen Ende des Kegels ein gleiches auch an dem proximalen Ende desselben liegt, wird dort nicht erwähnt. Die Retinula. (Taf. II, Fig. 83, 5, Fig. 18, 19, 20, Taf. III, Fig. 25, 26, 27, Taf. IV, Fig. 29, Taf. V, Fig. 37, 44, 45, 46, Taf. VI, Fig. 47, 48, 55, 56 B, RC.) In Fortsetzung des Stieles der Krystallzellen erscheint ein spindelförmiges Gebilde, das Rhabdom (Taf. II, Fig. 18, 19, 20, Taf. III, Fig. 25, 26, 27, Taf. IV, Fig. 29, Taf. V, Fig. 37, 44, 45, 46, Taf. VI, Fig. 47, 48, 55, 965), umgeben von 8 Ganglienzellen, den Retinulazellen, von denen 7 in ungefähr gleichem Niveau dasStielende der Krystallzellen und den Scheitel des Rhabdoms umgreifen (Taf. II, Fig. 20, Taf. III, Fig. 26, Taf. V, Fig. 37, 44, 46, Taf. VI, Fig. 47, 48, 55 RC), während die achte stets tiefer seitlich vom Rhabdom liegt (Taf. V,Fig. 37,46, Taf. VI, Fig. 47, 48 RCR). Die ersteren machen den Eindruck von wohl- entwickelten Ganglienzellen, haben einen keulenförmigen Zelleib mit homogenem Plasma; in ihrem distal verdickten Ende ruht je ein ellipsoider Kern mit großen sternförmigen Nucleombrocken, deren Fortsätze untereinander anatomosieren (Taf. III, Fig. 22, 23, 24, Taf. V, Fig: 37, Taf. VI, Fig. 48 RCN). Proximalwärts nimmt die Dicke dieser Zellen allmählich ab; sie gehen in Nervenfaserzüge über, die in Form dichter Fibrillenbündel herabziehen (Taf. V, Fig. 46, Taf. VI, Fig. 47 bringen dies etwas schematisch zum Aus- druck). Die achte Retinulazelle hat im Gegensatz zu den anderen sieben ausgesprochene Spindelform; ihr Plasmaleib ist kaum merklich. Dagegen tritt der kugelige Kern mit wenigen, groben Nucleolen deutlich hervor (Taf. III, Fig. 22, 23, 24, Taf. V, Fig. 37, Taf. VI, Fig. 48 RCRN). Auch von dieser Zelle geht eine Nervenfaser, allerdings unvergleichlich in ihrer Feinheit mit denen der anderen Retinulazellen, nach unten ab, ohne daß sie jedoch irgendwo das Rhabdom berührt, weil überhaupt die ganze Zelle durch den Zell- leib der anderen von diesem seitlich abgerückt erscheint. Ich fasse sie, wie es bereits andere Autoren bei anderen Dekapodenaugen gemacht haben, als rudimentäre Retinulazelle auf. Was ist nun das Rhabdom? Diese, wie mir scheint, heikelste Frage im Baue des Omma soll im folgenden näher beleuchtet werden. Die von den 7 Retinulazellen kommenden Nervenfaserzüge verteilen sich äußerst regelmäßig in Form eines spindelförmigen Raumnetzes. Denkt man sich dieses Netz nach Quadranten eingeteilt, so entfallen auf 3 solche Quadranten je ein Paar von Nerven, auf den vierten aber, da die achte Retinulazelle, die rudimentäre, unbeteiligt bleibt, bloß ein Nerv mit seinem Fasersystem, das ist jener der 7. Retinulazelle; diese letztere hat somit gleichsam die Aufgabe, 2 Zellen zu ersetzen; sie ist auch, wie man sich leicht an Querschnitten (Taf. II, Fig. 20, Taf. V, Fig. 44, Taf. VI, Fig. 55) überzeugen kann, größer als die übrigen 6. Von diesen Fasersystemen gehen zahllose Büschel von Nervenfibrillen in das Innere des Raumnetzes axial ab. Die Fibrillen eines Büschels sind gewissermaßen zusammengebacken, so daß sie den Eindruck von Plättchen erwecken. Die einem gemeinsamen Faserpaar angehörenden © =) an Auge von Palaemon squilla. Büschel liegen in gleicher Höhe eng nebeneinander, die des benachbarten, um denen des vorigen gewisser- maßen nicht im Wege zu sein, um !/, der Dicke höher, die des darauffolgenden wieder um !/, der Dicke höher als die vorigen und das Büschel des siebenten Fasersystems endlich noch um t/, der Dicke des letzten Paares höher, so daß wir jetzt um die Peripherie des Raumnetzes einmal ganz herum, wieder bei dem ersten Fasersystempaar angelangt sind. Dieses gibt abermals ein Büschel (Plättchen-)paar, das also um die ganze Dicke des ersten höher liegt und demzufolge unmittelbar an dasselbe anschließt, ab. Jetzt wieder- holt sich der Vorgang von neuem, ungefähr 20mal in der Länge des Rhabdoms. Ich bin zu dieser An- schauung von dem Aufbau des Rhabdoms durch das Studium meiner stark vergrößerten Mikrophoto- gramme gelangt (Taf. Il, Fig. 18, 19, und Taf. IV, Fig. 29). Man sieht deutlich, daß nie mehr als 2 eng nebeneinander liegende Plättchen in gleichem Niveau liegen; die des benachbarten Quadranten sind schon um eine Spur höher, beziehungsweise tiefer gerückt. Aus dieser Anordnung der Plättchen erschließe ich weiter, daß sie im Innern des Raumnetzes wendeltreppenartig gelagert sind. Es erübrigt noch die Frage, wie weit sie axialwärts reichen. Dies ist sehr schwer zu sagen, doch glaube ich in der Annahme nicht irre zu gehen nach dem, was ich an einem meiner Präparate beobachtet habe, daß die Fibrillenbüschel weiter als zur Achse der Spindel reichen. DieEntdeckung des Rhabdoms greift eigentlich auf Leydig (1855, p. 408, 409) zurück, der in dem vom optischen Ganglion ziehenden Nervenstrang ein Stück von besonderer Differenzierung erkannte. Er ging auf dieses Gebilde allerdings nicht näher ein, sondern fand sich mit der bloßen Bezeichnung desselben als »Nervenstab« ab und verfiel in den Irrtum, ihn mit dem Krystallkegel als Eins aufzufassen. Dieser Anschau- ung traten Claparede (1860, p. 203) und M. Schultze (1868, p. 11) entgegen; beide schieden Kıystall- kegel und Rhabdom, dem der letztere Autor die Bezeichnung »Sehstab« beilegte, scharf auseinander. Beide Forscher sahen auch die Retinulakerne; Claparede zählte ihrer sogar ganz richtig 8 und vermutete, daß sie den das Rhabdom abscheidenden Zellen angehören. Schultze war dagegen die Bedeutung dieser Kerne nicht ganz klar; dafür aber kam er in der Erkenntnis des »Sehstabes« weiter. Es ist erstaunlich, was alles er mit den damaligen dürftigen Mitteln der mikroskopischen Technik entdeckt hatte. Er wußte bereits, daß das Rhabdom Plättchenstruktur besitze und daß diese auf 4, beziehungsweise 8 Systeme zurückzuführen sei. Allerdings stellte er sich ein jedes dieser Systeme als eigene Spindel vor, in welcher die Plättchen mit stark quellender Zwischensubstanz abwechseln sollten. Die Retinulazellen blieben ihm verborgen, obgleich er ihre Kerne sah. Irrig war seine Auffassung dahin, daß Längsfasern von Nerven im Innern des Rhabdoms statt außen auf demselben verlaufen sollten. Er ahnte aber bereits ganz richtig, daß in jenen Plättchen oder ihrer Zwischensubstanz der Ort der Lichtperzeption gelegen sei. Einen weiteren Fortschritt machte die Kenntnis der Retinula durch Greenacher (1874, 1879), der als erster mit Bestimmtheit nachwies, daß das Rhabdom ein Produkt mehrerer Zellen sei. Die Kerne in dessen nächster Nähe, die auch andere vor ihm gesehen hatten, aber nicht recht deuten konnten, da sie die zu ihnen gehörigen Zellen nicht fanden, erkannte er richtig als Kerne der Rhabdombildner; allerdings glaubte er irrtümlich, daß sie das Rhabdom sezernieren. Er stellte bei ihnen die 7-Zahl als Regel auf. Das Rhabdom und seine Bildungszellen faßte er unter dem Namen Retinula zusammen. Eine Erklärung für die Plätt- chenstruktur des Rhabdoms hat auch Greenacher nicht geben können. Carriere (1881,p. 168) kam über die von dem letztgenannten Forscher gemachten Angaben nicht hinaus. Erst Patten (1886, p. 629) machte eigentlich den Anfang, das schwierige Problem der Plättchenstruktur des Rhabdoms zu lösen. Zunächst bestritt er die Ansicht Greenachers, daß das Rhabdom von den Retinulazellen sezerniert werde. Aller- dings kam er wieder zu einen anderen irrigen Auffassung, da er glaubte, daß es eine Fortsetzung des Stieles der Krystallzellen sei. Das Paeneus-Auge als Typus für Dekapodenfazettenaugen besonders ein- gehend behandelnd, sagte er über das Rhabdom speziell etwa Folgendes: Das »pedicell«, wie er es nennt, ist ein sÄulchenförmiger, hyaliner Körper, der an jedem Ende einen Pyramidenaufsatz trägt. Schon dort, wo der Stiel der Krystallzellen in das Rhabdom übergehe, bemerke man, daß es sich aus immer kürzer werdenden Querstücken aufbaue, die schließlich in ganz dünne Plättchen übergehen. Gegen die 306 Dr. E. Trojan, Mitte des Rhabdoms nehmen jene Platten wieder an Dicke zu. Ihr Querschnitt sei stets rechteckig und man sehe an ihnen Fibrillen, die bei den einer Platten parallel zur Längsseite, bei anderen wiederum zu der Breitseite des Rechteckes verlaufen. Im ersteren Falle nennt er die Plättchen primär, im letzteren sekundär. Beide wechseln miteinander ab. Die primären Platten nehmen vor und hinter der langen Mittel- linie des Rechteckes an Dicke ab, so daß ihr Längsschnitt eine Ellipse ist. Die sekundären Platten sind gerade dort, wo die ersteren dünn sind, dick und an der Stelle der größten Dicke jener am dünnsten; sie erscheinen demnach von oben und unten ausgehöhlt; in diese konkaven Endflächen passen die vor- gewölbten primären Platten gerade hinein. Eine jede sekundäre Platte soll weiters aus 8 Keilen zusam- mengesetzt sein. Patten glaubt, daß im Leben die einzelnen Stücke scharf begrenzten streng geometri- schen Körpern ähnlich aussehen. Über den Enden der primären Platten erstrecke sich auf der einen Seite des »Pedicells« die eine der 7 Retinulazellen herab, ihr diametral gegenüber 2 solche und an den übrigen 2 Seiten des Rhabdoms ebenfalls je 2; alle zeigen zahlreiche Querfalten; ob diese aber mit der Plättchen- struktur des Rhabdoms in irgend welchem Zusammenhange stehen, das konnte Patten nicht ermitteln. Wie Schultze war auch er der irrigen Ansicht, daß Nervenfasern im Innern des »Pedicells« verlaufen und Fibrillen in die primären und sekundären Plättchen abgeben. Durch diese Entdeckung wollte höchst- wahrscheinlich Patten das, was Schultze über den Sitz der Lichtperzeption als bloße Vermutung ausgesprochen hatte, realisiert sehen. Daß sich das Rhabdom nicht so aufbaut, wie es Patten geschildert hat, braucht hier nicht erst wieder auseinandergesetzt zu werden, da jener Autor seit langem bereits widerlegt worden ist. Nur deshalb scheint mir seine Arbeit in diesem Punkte nicht uninteressant, weil er zum erstenmale mit Neurofibrillen in den Plättchen des Rhabdoms kam, die doch heutzutage kaum bestritten werden können. Andere fassen zwar die Entdeckung Patten's als ein Produkt seiner regen Phantasie auf, weil er auch an anderen Stellen des Omma Neurofibrillen nachgewiesen haben wollte, wo solche, wie Nachuntersuchungen ergaben, absolut nicht vorkommen. Ein anderer, der die komplizierte Retinulafrage zu lösen versuchte, war Parker (1895, p. 17). Nach seiner Darstellung ist das Rhabdom bei Astacus ebenfalls spindelförmig wie bei Palaemon, doch trage es an seinem distalen Ende eine knopfförmige Verdickung und zeige unmittelbar unter dieser eine Knickung. Es bestehe aus horizontalen Platten. Jede dieser Platten soll durch eine, stets mitten durch die Längs- achse des Rhabdoms gehende Ebene in 2 Halbplatten zerlegt werden. Die Teilungsebenen je zweier über- einander liegender Platten aber fallen nicht zusammen, sondern kreuzen sich unter rechten Winkeln, so daß zweierlei mit einander alternierende Schichten von Halbplatten entstehen. Diese Platten werden der Hauptmasse nach von der Substanz der 7 Retinulazellen gebildet; eine achte solche Zelle bleibe rudi- mentär. Jene ersteren versorgen aber überdies auch die Platten mit Neurofibrillen, und zwar so, daß 2 nebeneinander liegende Halbplatten von 4, die darüber querliegenden von 3 Retinulazellen ihre Neuro- fibrillen erhalten. Der Anteil einer Retinulazelle an einer solchen Halbplattenschichte ist somit gleich einer Viertelplatte; nur eine einzige von den Retinulazellen stehe bloß mit Halbplatten im Zusammenhange. Über den Fibrillenverlauf im Innern des Rhabdoms sagt Parkerfolgendes (p. 18): »The fibres, as may be seenin the figures given, are always unbranched; of their two ends, one is buried in the retinular cell and the other usually reaches the division-plane between the two half-plates. Not infrequently fibres are seen that are not so long as this; I am uncertain whether these are really short ones, or of normal length but only partially stained (cf. Fig. 24). Occasionaly some seem to pass through the division-plane and extend as rather delicate processes into the adjoining half-plate (Fig. 24); this I am inclined to regard as the result of the spreading of the silver from the deeply colored fibres of one half-plate to a few in the adjoining half-plate and not due to the penetration of ibres from of one half-plate in another.« Parker glaubt somit nicht, daß die Neurofibrillen einer Halbplatte, beziehungsweise Viertelplatte in die gegenüberliegende ein- dringen, sondern daß sie höchstens die Trennungslinie, mitunter auch nicht einmal diese erreichen. Hesse (1901, p. 435) hat Parker’s Auffassung des Rhabdoms etwas modifiziert. Speziell über Palaemon sagt er folgendes: »Am meisten zeigen mir meine Präparate von Palaemon. Hier erkennt man zunächst an ö | Auge von Palaemon squilla. 307 Längsschnitten (Fig. 88a und b) durch die Retinula jene merkwürdige Schichtung, die bei den Krebsen schon lange bekannt ist und von Max Schultzeals Plättchenstruktur gedeutet wurde. Die Schichten sind jedoch etwas ungleichmäßig: es wechseln dunklere und hellere Lagen und die dunkleren Scheiben reichen seitlich bis an die Sehzellen und sind dort dicker als in der Mitte, so daß die Ansatzstellen zweier Nachbarscheiben sich berühren; die helleren erscheinen in der Mitte dicker und schärfen sich seitlich zu, wie das Fig. 88 zeigt. Die Dicke der Schichten variiert bei den verschiedenen Ommen (Fie. 88a und D). An dünnen Längsschnitten erkennt man den faserigen Bau der dunklen Schichten; die Fasern stehen im allgemeinen senkrecht zum Zellrand und reichen bis zur Mitte der Schicht; am Rand selbst hat jede Faser eine kleine Verdickung, ein Knöpfchen, so daß eine aus solchen Knöpfchen zusammengesetzte Linie die Zelle axial zu begrenzen scheint, und dann kommt eine breite Schaltzone, von zablreichen Fibrillen durch- setzt, deren jede in der Verlängerung einer Rhabdomfaser steht: ein Verhalten, wie wir es schon oft fanden. Die Fortsetzung der Fibrillen im Zellkörper ließ sich nicht verfolgen, doch kann man in diesen Andeutungen längsverlaufender Fibrillen deutlich wahrnehmen. Im ganzen haben wir das Bild eines Stift- chensaumes, in dem die Stiftchen zu einzelnen Bündeln zusammengefaßt sind. Bei gegenüberliegenden Zellen entsprechen sich diese Stiftchenbündel. — Die helleren Schichten sind nichts anderes als Quer- schnitte durch solche Stiftchenbündel; man erkennt daher in ihnen sehr viele engstehende Punkte, die Querschnittbilder der Stiftchen. Diese Bündel alternieren mit denen, deren Stiftchen durch den Schnitt jängsgetroffen werden. Querschnitte durch die Retinula (Fig. 89) geben entsprechende Bilder: um das abge- rundet vierseitige Rhabdom gruppieren sich die sieben Retinulazellen ohne bestimmte Regelmäßigkeit; von jeder Zelle sieht man Fasern (Stiftchen) ausgehen, die senkrecht zu der betreffenden Rhabdomkante ver- laufend etwa bis in die Mitte des Rhabdoms reichen; die Fasern müssen sich dementsprechend unter rechten Winkeln kreuzen. Da der abgebildete Schnitt auf der Grenze zweier Schichten liegt, sieht man an ihm die Kreuzung und Übereinanderlagerung der Stiftchen. Auch hier erkennt man an jedem Stiftchen das basale Knöpfchen und jenseits desselben die Schaltfbrille.« Endlich hat auch Schneider (1902, p. 485) die Retinula aus dem Palaemon-Auge eingehend untersucht und beschrieben; er schließt sich Hesse ganz an, da er dessen Befunde in den feinsten histologischen Details bestätigen konnte. Von allen diesen drei zuletzt genannten Autoren gebührt zunächst entschieden Parker ein großes Verdienst, weil er der erste war, der den richtigen Zusammenhang zwischen Retinulazellen und Rhabdom erkannte. Er war es auch, der zuerst eine vernünftige Erklärung für die schon lange vorher beobachtete Querstreifung des Rhabdoms gegeben hat. Im Speziellen aber ist seine Vorstellung vom inneren Baue des Rhabdoms nicht ganz einwandfrei. Er und Schneider nehmen außer den Neurofibrillen noch eine Zwischensubstanz im Rhabdom an, während Hesse die Ansicht vertritt, daß das Rhabdom bloß aus Neurofibrillenbüscheln aufgebaut sei. Ich schließe mich hierin vollkommen dem letzteren Autor an, da ich für eine Zwischensubstanz im Rhabdom absolut keinen Platz finde. Parker wurde wohl zu jener An- schauung dadurch verleitet, daß er seine Halbplatten zu dick annahm, während Schneider zwischen den Nervenbüscheln Lücken sah; auch ich habe mich von solchen an meinen Präparaten überzeugen können, glaube indessen, daß sie beim lebenden Tier nicht vorkommen. Hesse ist von den Platten Parker’s ganz abgekommen und setzt an ihre Stelle keilförmige Fibrillenbüschel. Ob diese aber jene ausgesprochene Keilform besitzen, die er ihnen in seinen Figuren gibt, möchte ich in Anbetracht der Kompliziertheit des Baues des Rhabdoms bezweifeln. Viel natürlicher scheint mir Schneider die Sache in der seinem Texte beigegebenen Figur darzustellen. Doch bei allen drei Autoren muß ich in diesem Punkte eines bemängeln und das ist die Annahme, daß die opponierten Fibrillen in gleichem Niveau in das Innere des Rnabdoms eindringen sollen. Dies hat bei Parker zur Folge, daß er mit Rücksicht auf die Form der Halbplatten mit je zwei übereinanderliegenden um eine ganze Plattendicke höher rücken muß. Bei Hesse ist dies allerdings nicht nötig, da er den Neurofibrillenbüscheln, wie gesagt, Keilform gibt; diese Annahme nötigt, bloß eine halbe Fibrillenbüscheldicke als Differenz der einzelnen Niveaus seiner Stiftchenbündelpaare anzusehen. Nahezu desgleichen finden wir auch bei Schneider. Daß nun aber die Fibrillenplättchen am Aufbau des Palaemon-Rhabdoms nicht in der Weise Anteil nehmen, wie es Parker Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXX VII. Bd, 41 308 Dr. EB. Drojan, für Astacus angegeben hat, ist leicht zu beweisen, da keine von den Rhabdomspindeln an der Oberfläche jene Zeichnungen erkennen läßt, die jener Autor dargestellt hat. Die Oberfläche erscheint nämlich nicht nach Halb-, sondern nach Viertelplatten gefeldert und jedes Viertelplattenfeld zeigt überdies eine feine, senkrechte Mittellinie. Die unmittelbar nebeneinanderliegenden Viertelplattenfelder liegen nie in einem Niveau, sondern sind um eine Spur verschoben. Parker hat die erwähnte feine Mittellinie gut beobachtet; er führte sie aber fälschlich auf eine Trennungsebene je zweier Halbplatten zurück; indessen bezeichnet sie die Grenze zwischen zwei zu einem Fibrillenbüschelpaar gehörigen primären Fibrillenbündeln, deren jedes auf eine Retinulazelle, beziehungsweise deren Nervenfaserzug zurückzuführen ist. Dies scheint mir übrigens auch Hesse nicht entsprechend gewürdigt zu haben. Schneider, der ebenfalls im Texte nichts hierüber sagt, kann dennoch an seiner bestgelungenen Textfigur 426 B nicht anders, als in einigen quergetroffenen Fibrillenbüscheln die primären Bestandteile darstellen. Hesse läßt seine Stiftchenbündel im Grunde genommen nach Quadranten die Rhabdomspindel zusammensetzen; das bedeutet allerdings einen großen Fortschritt gegen Parker, denn es geht damit Hand in Hand die Erkenntnis, daß die neben- einanderliegenden Stiftchenbündel durchwegs eine Niveaudifferenz zeigen. Dagegen »entsprechen sich diese Stiftchenbündel«, wie er sagt, soweit es sich um zwei opponierte handelt; mit anderen Worten, solche sollen also in gleicher Höhe liegen. Dem ist nun aber nicht so; eine halbe Plättchendicke beträgt ihre Niveaudifferenz. Würden übrigens die Nervenfibrillenbündel im Innern des Rhabdoms einander so beigeordnet sein, daß zwei gegenüberliegende mit ihren Spitzen in der Längsachse der Spindel zusammen- stießen, dann könnten am Medianschnitt die zwei über ihnen in gekreuzter Stellung liegenden und daher‘ quergetroffenen niemals jenes Bild geben, wie es dort in Fig. 88a und 88b dargestellt ist; sie könnten höchstens Punkten gleichen oder gar nicht zum Vorschein kommen, wie dies schon richtiger die Fig. 885 wiedergibt; sobald man aber das zugibt, dann muß man mit großen Lücken im Rhabdom rechnen. Wovon sollen aber dann diese ausgefüllt sein? Aus meiner Auffassung der wendeltreppenartigen Anordnung der Fibrillenbündel, die mir als die einzig mögliche erscheint, folgere ich weiter, daß ein Rhabdom von seiner Oberfläche aus gesehen spiralig gedreht erscheinen muß. Und da kommen wir wieder zu einer Ansicht, die bereits den Pionieren auf diesem Gebiete, wie Gottsche (1852, Taf. XI, Fig. 3), Leydig (1855, Taf. XVII, Fig. 31) und Schultze (1868, Taf. I, Fig. 14, 15) eigen war. Auf den bereits vergilbten Tafeln der Publikationen dieser Autoren sehen wir jener spiraligen Drehung deutlichen Ausdruck verliehen. Es ist übrigens auch kein bloßer Zufall, daß Schneider (1902, Fig. 426 B) die einander opponierten Fibrillenbündel nicht in einer horizontalen, sondern in einer etwas geneigten Ebene dargestellt hat. Dies ist ein Zeichen, daß sich der Autor ziemlich genau an das mikroskopische Bild gehalten und ein Schematisieren möglichst gemieden hat. Meiner Auffassung zufolge stehen die Fibrillenbündel einander nicht im Wege; auch kann ich mir endlich nur nach ihr die zierliche Zeichnung des Rhabdoms in meinen Schnitten erklären. Es verlohnt sich der Mühe, noch der Frage, ob der Retinulazellen im Omma 7 oder 8 seien, näher zu treten. Wie bereits oben erwähnt, war Claparede (1860) der erste, der auf die Zellen, welche den »Nervenstab« zusammensetzen, aufmerksam machte, obwohl er nur ihre Kerne sah. Er schreibt hierüber (p. 204): »Gleichwohl ist bei Sphynx Euphorbiae der Ursprung des Nervenstabes aus mehreren Zellen an einer Ansammlung von Kernen (Fig. 5b und Fig. 6) leicht zu erkennen, die etwas oberhalb von der prismatischen Anschwellung regelmäßig angetroffen werden. Diese Kerne sind acht an der Zahl, wie man es bei starker Vergrößerung mit Sicherheit erkennen kann.« Greenacher (1879) vertrat im allgemeinen die 7-Zahl; nichtsdestoweniger konstatierte er bei Macroglossa, bei Apis und Vespa 8 Retinula- zellen. Nach Carriere (1881, p. 135) sind 7 Retinulazellen für Insektenaugen Regel, bei Crustaceen fand er ihrer 5 oder 7. Patten (1886, p. 634) zählte bei Paeneus, Palaemon, Galathea und Pagurus7; Reichenbach (1886, p. 93) kommt bei der Entwicklung des Flußkrebses auf 6-8, Herrick (1889, p. 167) bei der des Alpheus auf 7, Parker (1890) bei der des Hummers auf 8 solcher Elemente; bei niederen Krebsen läßt er (1891, p. 181) die Zahl zwischen 4 undd schwanken, bei höheren Krebsen nimmt er einschließlich einer rudimentären durchwegs 8 Retinulazellen an. Sieben solcher Zellen führt ferner Auge von Palaemon squilla. 309 Szawinska (1891, p. 546) für Astacus, Johansen (1892, p. 460) für Vanessa an. Entgegen früheren Angaben von 7 Retinulazellen im Astacus-Auge weist Parker (1895, p. 15) ihrer dort 8 nach und be- zeichnet eine als rudimentär. Zimmer (1898, p. 242) läßt für Ephemeriden die 7-Zahl gelten, ebenso Radl (1900, p. 578) für Squilla und endlich Schneider (1902, p. 485) für Palaemon. Aus dieser kurzen Übersicht geht hervor, daß vornehmlich 7 Retinulazellen von den Autoren ange- führt werden. Während alle übrigen Teile eines Omma stets zu zweien oder vieren schön regelmäßig einander zugeordnet sind, scheinen die Retinulazellen diese Regelmäßigkeit zu stören. Doch dem ist in Wirklichkeit nicht so; ich habe bereits oben erwähnt, daß sich Parker in zahlreichen Fällen für die Zahl 8, die viel eher dem Baue des ganzen Omma entspricht, entschlossen habe; ihm folgte Hesse (1901), Kirchhofer (1908), Dietrich (1909), Bedau (1911) und Johnas (1911), die insgesamt bei verschiedenen Arthropoden 8 Retinulazellen fanden; die 8-Zahl dürfte wohl auch die ursprünglichere sein. Pigment, Tapetum und ihre Wanderung. (Taf. I), Fig, 8, Fig. 14, 16-19, Taf. III, Fig. 25, 26, 27, 28,. Taf. IV, Fig. 29, Taf. V, Fig. 37, 41, 42, 44,45, Taf. VI, Fig. 47, 48, 54—56 PCE, PCI, T,T..) Die pigmentführenden Elemente des Omma sind ihrem Inhalte nach zweierlei Art. Man unter- scheidet solche, deren Pigmentkörnchen bei mikroskopischer Betrachtung dunkelbraun bis schwarz erscheinen, das sind die Pigmentzellen und wieder andere, deren Inhalt bei durchfallendem Licht lichtgelb und höchst feinkörnig, bei auffallendem Lichte aber hell silberglänzend erscheint; das sind die Tapetum- zellen. Das Pigment der einen steht entweder zu den Krystallzellen als sogenanntes Irispigment, oder zur Retinula als Retinapigment in näherer Beziehung. Ich fasse das erstere als äußeres Pigment (Taf. II, Fig. 8g, Fig. 14, 17, Taf. III, Fig. 27, Taf. V, Fig. 37, 41, 42, Taf. VI, Fig. 47, 48, 54, 55 PCE), das letztere als inneres Pigment (Taf. Il, Fig. 18, 19, Taf. III, Fig. 27, Taf. IV, Fig. 29, Taf. V, Fig. 37, Taf. VI, Fig. 47, 48, 56 PCI) auf. Bei keinem der Elemente des Omma fällt es so schwer, die Zellnatur zu erkennen wie bei den Pig- mentzellen. Von einer Zellmembran ist keine Spur vorhanden und den Kern macht das Pigment unsicht- bar. Ich mußte stets entpigmentieren, um seine Lage und sein Aussehen kennen zu lernen. Der Kern der Pigmentzellen (Taf. III, Fig. 21, Taf. V, Fig. 37, Taf. VI, Fig. 48 PCN) zeigt eine typische Form; er ist oval, plattgedrückt und enthält 4—5 große Nucleombrocken. Von solchen Kernen habe ich je einen zu jeder Seite der Krystallzellen in’einem tieferen oder höheren Niveau liegen gesehen und spreche ihn den sogenannten Irispigmentzellen zu. Es gehören der Kernzahl entsprechend demnach je 2 solche Zellen zu einem Omma. Etwas Genaueres über die Gestalt dieser Gebilde zu sagen, ist äußerst schwer, denn man sieht, wie gesagt, niemals den Zelleib, sondern nur das Pigment und bloß aus dem Verhalten desselben bei jeweiligen Lichtverhältnissen und der veränderlichen Form, die es denselben entsprechend annimmt, lassen sich eventuell Schlüsse auf die Form der ganzen Zelle ziehen. Am besten ist es, von einem Auge auszugehen, das einem Tiere angehört, welches längere Zeit, etwa 2 Stunden, im Dunklen gehalten wurde. Ein solches Tier aus dem Dunkel gebracht, zeigt zum Unterschiede von einer normalen Crevette pechschwarze Augen, sogenannte Dunkelaugen. Im Innern des Auges sieht man in jedem Omma (Taf. V, Fig. 37 PCE) ein dunkelbraunes bis schwarzes Rohr, das die Krystallzellen in der Länge der Kegel umgibt. Am basalen Ende desselben liegt jederseits ein Kern (Taf. V, Fig. 37 PCN). Am Querschnitte erkennt man, daß dieses Rohr aus 2 einander völlig gleichen gegenüberliegenden, rinnenförmigen Teilen, die 2 quergetroffenen Pigmentzellen entsprechen, besteht. Kommt nun das Tier nach jener Zeit aus dem Dunkel ans Licht, dann wandert das Rohr zunächst als ganzes allmählich proximalwärts; es verkürzt sich dabei und seine Wände werden dicker; aus diesem Grunde wird auch sein Lumen enger. Wenn die Belichtung etwa 2 Stunden angedauert hat, umgibt das Rohr ungefähr das mittlere Drittel der proximalen Teile der Kıystallzellen (Taf. Ill, Fig. 27, Taf. VI, Fig. 48 PCE oben); es zeigt aber noch eine Eigen- tümlichkeit: Fortsätze gehen von seiner proximalen Öffnung gegen die Retinula ab (Taf. III, Fig. 27, 41% 310 Dr. E. Trojan, Taf. VI, Fig. 47, 48 PCE unten). Zuerst sind es 2, der Zahl der Pigmentzellen entsprechend; sie bleiben in der Nähe des Kıystallzellenstieles, teilen sich aber alsbald dichotomisch, von der Achse des Omma sich entfernend und die so entstandenen Pigmentzüge tun abermals desgleichen, so daß schließlich wahr- scheinlich 8 Pigmentreihen zustande kommen dürften. Es ist mir niemals gelungen, alle 8 Pigmentzüge auf einmal zu zählen, doch erschließe ich diese Zahl aus der wiederholt beobachteten Dichotomie. Eine jede dieser Pigmentbahnen führt an die Außenseite einer Retinulazelle, verbreitert sich daselbst und hüllt diese unter andauerndem Zuzug immer neuer Pigmentkörnchen bis zum Niveau der apikalen Teile der Rhabdeme ein (Taf. III, Fig. 27, Taf. VI, Fig 47, 48, 55). Auch aus dem Umstande, daß schließ- lich alle Retinulazellen, inklusive der achten rudimentären, eingehüllt erscheinen, möchte ich auf die oben- erwähnte S-Zahl von Pigmentzügen mit größter Wahrscheinlichkeit schließen. Dieses Pigment dringt nie- mals in das Innere der Retinulazellen ein; ich habe mich wiederholt an Längs- und Querschnitten über- zeugt, daß es den Retinulazellen nur äußerlich anliegt, während das Plasma der keulenförmigen distalen Verdickung derselben mit den Kernen stets pigmentfrei war. Dem Umstande ist es auch zuzuschreiben, daß an Längsschnitten durch Lichtaugen, die in dieser Zone mit Pigment überladen erscheinen, die Kerne immer von einem lichten Hofe umgeben durchschimmern. Ich habe ferner mit Sicherheit feststellen können, daß jene Pigmentreihen noch weiter unter das obenerwähnte Niveau reichen; sie ließen sich längs der Rhabdome herab verfolgen (Taf. II, Fig. 27 PCE unten); aller Wahrscheinlichkeit nach fließen sie hier mit dem inneren Pigmente zusammen. Daß dieses »Irispigment« bei seiner Rückwanderung, also wenn man das Tier nach der Belichtung wieder ins Dunkle bringt, an der distalen Öffnung des Pigmentrohres eine ähn- liche Anordnung zeigen würde, habe ich niemals bemerkt. Der Pigmentmantel wandert geschlossen allmä- lich distal und kommt auch bei andauernder Dunkelheit über das distale Ende der Krystallzellen nicht hinaus. Der Umstand aber, daß ich nach gänzlich vollendeter Wanderung, ob nun aus der Dunkel- in die Lichtstellung oder umgekehrt, schwache Pigmentzüge, und zwar im ersteren Falle zwischen den Krystall- zellen, im letzteren zwischen den Retinulazellen vorgefunden habe, während die Hauptmasse des Pigments bereits ihre definitive Stellung eingenommen hatte, sowie ferner der Umstand, daß diese Wanderung jedes- mal und bei verschiedenen Augen bis in die feinsten Details immer getreu nach demselben Schema ver- lief, läßt mich vermuten, daß für diese Bewegungen des Pigments vorgezeichnete Bahnen bestehen dürften und die wären im natürlichen Falle das Plasma der Pigmentzellen selbst, in dem die Pigmentkörnchen hin- und herfließen. Desgleichen nehme ich auch für das andere Pigment, das innere oder »Retina«-Pigment, an. Dieses läßt nämlich ebenfalls regelmäßig wiederkehrende Veränderungen der Lage unter dem Ein- flusse des Lichtes, beziehungsweise der Finsternis erkennen. Bei dem sogenannten Dunkelauge sieht'man von diesem Pigmente an den bisher beschriebenen Teilen des Omma gar nichts; alles ruht unten im sub- ocularen Raume (Taf. V, Fig. 37 PCI); hier umhüllen Pigmentscheiden die Nerventasern, die zu den ein- zelnen Ommen emporziehen. Das Pigment ist dem äußeren vollkommen gleich. Sobald die Belichtung des Tieres einsetzt, beginnen die inneren Pigmentmassen distal zu wandern; sie folgen hiebei streng den Nervenbahnen und hüllen dieselben zunächst bis zum basalen Ende des Rhabdoms ein. Sobald sie aber nunmehr die Oberfläche des letzteren erreicht haben, beginnen sie sich gemäß der komplizierten Anordnung der Neurofibrillenbündel ebenso kompliziert zu verteilen. Diese Gruppierung besteht darin, daß die Pigmentkörnchen überall zwischen die Fibrillenbündel eindringen und diese also verhüllen, jedoch nur so weit, als dieselben außerhalb des Rhabdomsaumes liegen: in das Rhabdom selbst dringen sie niemals ein. Dieser Vorgang führt schließlich zu der zierlichen, spiraligen, regelmäßigen Querstreifung des Rhabdoms (Taf. II, Fig. 18, 19, Taf. IV, Fig. 29). Diese trägt auch wesentlich zum Verständnis des inneren Baues des Rhabdoms bei. Ganz besonders aber möchte ich betonen, daß das äußere Pigment schließlich vom inneren überhaupt nicht mehr zu unterscheiden ist, da beide in eines zusammenfließen. Nachdem bei jedesmaligem Wechsel von Licht und Dunkel diese letzteren Pigmentmassen dieselben Wanderungen regelmäßig immer wiederholen, bin ich geneigt, auch für sie vorgebildete Bahnen, also Plasma von Zellen anzunehmen. Es scheint mir, daß das äußere und innere Pigment einer einzigen PD; Art von Pigmentzellen angehört; allerdings würden diese Gebilde eine ansehnliche Längenausdehnung Auge von Palaemon squilla. Soll haben, denn sie reichten von dem distalen Ende der Krystallkegel bis in den subocularen Raum. Der Mechanismus der Plasmatätigkeit wäre dahin zu deuten, daß sich der Plasmastrom in diesen Zellen unter dem Einflusse des Lichtes gegen das Rhabdom, im Dunkeln dagegen vom Rhabdom weg, peripherwärts bewege. Ich komme nun auf die Tapetumzellen zu sprechen. Daß sie sich von den Pigmentzellen auf den ersten Blick unterscheiden, geht aus dem bereits eingangs in diesem Kapite! Gesasten hervor. Ihr Inhalt hat auf mich stets den Eindruck einer flüssigen Fettsubstanz gemacht. Im Dunkelauge ruht die Haupt- masse der Tapetumzellen zwischen den Rhabdomen in Form von stark angeschwollenen Keulen (Taf. IIl, Fig. 25, 26, Taf. V, Fig. 37, 44, 45 T). Die meisten derselben stehen gleich hoch, das ist im Niveau der Retinulazellen am apikalen Pol der Rhabdome, viele dagegen reichen infolge Raummangels, möchte ich sagen, nicht so hoch, sondern müssen mit den Lücken zwischen den basalen Teilen der Rhabdome vorlieb nehmen; dort breiten sie sich, soweit es der Platz erlaubt, aus. Diese Tapetumwülste verjüngen sich proximalwärts zu dünnen Strängen, die in den subocularen Raum reichen und daselbst früher oder später enden. Ich kann nicht sagen, daß man an einem solchen Dunkelauge irgendwo sonst noch zusam- menhängende Tapetummassen antreffen würde. Über dem sogenannten Irispigment, das, wie oben erwähnt, in diesem Falle im oberen Teile der Ommen liegt, bemerkt man einzelne Brocken von Tapetum versprengt, zumeist in Kugelform, von der Hauptmasse jedoch losgelöst ohne jeglichen Zusammenhang mit ihr (Taf. V, Fig. 37,41 T’). Hie und da bemerkte ich wohl einen längeren Strang nach den Keulen zwischen den Krystallzellen herunterziehen, der auf einen Zusammenhang schließen ließ; immerhin waren aber solche Erscheinungen ziemlich selten. In den Anschwellungen der Tapetumzellen zwischen den Rhabdomen sieht man unregelmäßig verteilt Kerne liegen (Taf. II, Fig. 24, Taf. V, Fig. 37 TN). Sie sind oval und übertreffen die Kerne aller anderen Elemente des Omma an Größe. Ihre chromatische Substanz ist sehr fein. Setzt nun bei einem Tier mit Dunkelaugen die Belichtung ein, dann fließt der Inhalt der Tapetum- zellen distal- und proximalwärts ab. Die Geschwindigkeit, mit der dies geschieht, ist größer als bei der Bewegung des Pigmentes. Die Tapetumzellen verändern hiebei als ganze ihre Form. Man wäre geneigt, ihre Bewegung mit der einer Amoebe zu vergleichen, die ihre Fortsätze vornehmlich nur nach zwei Richtungen entsendet. Fassen wir nun die distalen Fortsatze zuerst ins Auge, so ist es nach dem Obengesagten klar, daß dieselben dem unter dem Einflusse des Lichtes abwärtsrückenden äußeren Pigmente begegnen müssen. Dieses hindert indessen die Tapetumzellen durchaus nıcht, sich weiter zu bewegen, sondern läßt sie an der Außenseite der erwähnten Pigmentrohre, also zwischen je zwei benachbarten hindurch- fließen, bis sie schließlich deren oberes Ende erreichen (Taf. Ill, Fig. 28 T). Hier haben sie gleichsam wieder Platz gewonnen, nützen diesen auch alsbald aus und umtfließen nun die Krystallzellenstiele. Da dies an jedem Omma geschieht, so ist das Resultat dieser im Lichte nach etwa zwei Stunden beendeter distaler Wanderung des Tapetums folgendes: Im Lichtauge lagert über dem Irispigment ein geschlossenes grobes Netz mit quadratischen Maschen (Taf. II, Fig. 16, Taf. III, Fig. 287). In den Kreuzungspunkten dieses Netzes findet man hie und da auch Kerne liegen (Taf. VI, Fig. 48 7N); von hier ziehen auch Fortsätze von längerer oder kürzerer Ausdehnung proximalwärts (Taf. III, Fig. 28, Taf. VI, Fig. 48), In diesem Netze finden auch jene vereinzelten Brocken die, wie oben erwähnt, oberhalb des äußeren Pigmentes verstreut waren, Aufnahme; sie fließen mit der Muttersubstanz zusammen. Diese distalwärts gerichtete Bewegung ist aber durchaus nicht die einzige, die die Tapetumzellen bei der Belichtung durchmachen; es erfolgt vielmehr auch ein Abzug derselben proximalwärts nach dem subocularen Raume, woselbst es schließlich zu einer gewaltigen Akkumulation von Tapetummassen kommt (Taf. II, Fig. 82). In diesen Massen ist eine Unterscheidung der einzelnen Elemente ganz aus- geschlossen; hier findet man auch eine große Anzahl von Kernen der Tapetumzellen, doch ohne jedwede regelmäßige Anordnung. Man sieht also, daß sich die Tapetumzellen als ganze bei andauernder Belichtung zurückgezogen haben; sie verlassen jedoch das Rhabdom nicht vollends, sondern halten bei ihrer Wanderung im allgemeinen im basalen Viertel desselben inne und verbleiben in dieser Lage (Taf. II, Fig. 87, Ta’. VI, Fig. 48 7). Daß aber ein Abfliessen aus den Tapetumwülsten nach zwei Richtungen, oben 312 Dr. E.Trojan, und unten erfolgt, das geht auch daraus hervor, daß man vereinzelt im Präparat direkte Verbindungen des distalen groben Gitters und der proximalen Akkumulation findet. Im großen und ganzen läßt sich sagen, daß die Tapetumzellen sehr labile Elemente im Fazettenauge darstellen. Sie geben sehr leicht von ihrer Substanz etwas ab, sie fließen aber auch ohneweiters untereinander zu einem Syncytium zusammen. Ich halte die Tapetumzellen für Pigmentzellen. Ihr Inhalt verhält sich gegen Licht und Dunkel geradeso wie jener der anderen Pigmentzellart im Auge, bloß mit dem Unterschiede, daß hier die ganze Zelle an den Wanderungen teilnimmt. Ballt sich bei andauernder Finsternis das dunkelbraune Pigment peripher in seinen Zellen, so fließen die Tapetumzellen mit ihrer Hauptmasse zwischen den Rhabdomen zusammen. Wenn anderswo im Auge zu dieser Zeit Tapetum angetroffen wird, so ist esin Form kleiner, von den Mutterzellen losgetrennter Partikelchen, die nicht in Betracht kommen. Setzt dagegen Belichtung ein, dann sieht man, wie oben bereits erwähnt, das dunkle Pigment unter überaus zahlreichen Verzweigungen über die Retinula sich verteilen. Zu gleicher Zeit treten aber auch die Tapetummassen in den Expansionszustand; sie strecken einesteils ihre Fortsätze distal aus und bilden das erwähnte Gitter um die Krystallzellenstiele, andernteils streichen sie proximalwärts weit in den subocularen Raum hinein. Expansions- und Ballungszustände von Pigment und Tapetum stimmen also miteinander überein. Die Anwesenheit von Pigmentmassen im Fazettenauge ist bereits von Swammerdam (1737) kon- statiert worden. Auch die anderen oben erwähnten Forscher der damaligen Zeit beklagen sich wiederholt über den Pigmentreichtum, der so manche Details ihren Blicken entzog. Doch bei allen diesen Angaben ist weder von einer näheren Unterscheidung der Pigmente, noch von Zellen, geschweige denn von einer Wanderung die Rede. Was nun das erste betrifft, so gebührt wiederum dem großen Johannes Müller (1826) das Verdienst, zuerst Differenzierungen des Pigments im Fazettenauge beobachtet zu haben. Es geht nicht an, alles, was jener Forscher über die verschiedenen Farben des Pigmentes bei Insekten- und Krusteraugen gesagt hat, hier zu erwähnen, dazumal sich das eine oder andere mit unseren heutigen Anschauungen nicht verträgt, doch von Interesse dürfte es sein, weil auch dem vorliegenden Thema nahe- liegend, zu zitieren, wie er das Pigment im Auge von Astacus beschreibt (p. 355): »In dem Auge des Flußkrebses ist der Farbenwechsel des Pigmentes noch stärker. Unmittelbar hinter der Cornea sind die Kegel, wie es scheint, an ihren Wänden gar nicht von Pigment bekleidet. Fig. 13d. Dann beginnt ein dunkles, schwarzblaues Pigment, das aber nur sparsam zwischen den dicht aneinander gelagerten Kegeln verbreitet ist, und sich allmählich gegen die Spitzen der Kegel ganz verliert. Fig. 13 b,e, Fig. 14a. An den Extremitäten der Sehfasern beginnt ein noch dunkleres, violettblaues Pigment, das bis auf eine kurze Tiefe die Sehfasern begleitet, Fig. 145, und dann allmählich wieder heller wird. Fig. 14c. In einer Ent- fernung von der Extremität der Sehfasern, die geringer ist als die Größe der durchsichtigen Kegel, beginnt mit scharfer Grenze in den Zwischenräumen der Sehfasern die dritte Lage des dunklen, violettblauen Pigmentes, die am tiefsten eindringt und sich gegen den Bulbus des Sehnerven allmählich verliert. Fig. 14d.« Aus diesen Zeilen und den ihnen beigegebenen Figuren glaube ich erschließen zu dürfen, daß J. Müller bereits das sogenannte Irispigment (oben um die Kegel) und das Tapetum (»dunkleres, violett- blaues Pigment«) gesehen hat; denn blauviolett erschien das letztere auch mir, wenn ich entsprechend beleuchtete, bei Palaemon. Daß er die dritte Lage, »die am tiefsten eindringt«, ganz dunkel sehen mußte, ist klar, denn offenbar hatte er ein Dunkelauge vor sich und bei einem solchen ist der suboculare Raum von FEıgment geschwärzt. In einer seiner späteren Publikationen (1329, p. 47) äußert er sich über das Pigmen speziell von Paeneus sulcatus (Palaemon sulcatus Oll.) bei weitem nicht so ausführlich wie über das von Astacus, denn hier unterscheidet er bloß eine Pigmenthülle um die Krystallkegel von weißlichem und eine zweite um die Nervenfasern bis an die erste reichende von schwarzem Pigment. Allemal legt J. Müller auf diese Pigmenthüllen das Hauptgewicht, weil sich seine Theorie vom musivischen Sehen der Arthropoden mit zusammengesetzten Augen auf vollkommen isolierte dioptrische Medien stützt. Es würde zu weit führen, alle Angaben über Pigmente in Fazettenaugen, wie sie von den Zeitgenossen Müller’s für verschiedene Insekten und Krebse gemacht wurden, hier anzuführen, da zumal sie nichts Ange von Palaemon squilla. 313 Besonderes enthalten. Erst bei Will (1840, p. 14) fand ich eine Notiz, die Interesse für mich hatte, weil sie Palaemon serratus betraf; ich konnte indessen weder die Worte dieses Autors noch seine Figuren, die diesen Punkt betrafen, mit neueren Befunden und den meinen in Einklang bringen. Will unterscheidet nämlich zwei gelblichbraune Pigmenthüllen, die eine im Niveau der distalen, die andere im Niveau der proximalen Enden der Krystallkegel; die Mittelzone der Kegel habe er nie von Pigment umhüllt gefunden. Leydig (1855, p. 410) macht eine erwähnenswerte Bemerkung über das Pigment im Auge von Astacus, indem er schreibt: »Was die Pigmentierung der jenseits des Sehganglions liegenden Partien anlangt, so ist schwarzes rings um die Mitte der Krystallkegel und um die spindelförmigen Anschwellungen der Zylinder abgesetzt und zwar ist an letzterem Ort das meiste Pigment angehäuft. Außer dem schwarzen Pigment trifft man aber auch ungefähr halbwegs zwischen dem Ende der Krystallkegel und der oberen Spitze der spindelförmigen Anschwellung ein bei auffallendem Licht weißes Pigment an, das ebenfalls aus kleinen Körnchen zusammengesetzt sich zeigt.« Man sieht aus diesen Worten, daß Leydig in der Differenzierung des Pigments entschieden weitergekommen ist als seine Vorgänger, insofern er mit voller Bestimmtheit das schwarze Pigment von einem in auffallendem Lichte weiß erscheinenden, also unserem Tapetum, scharf auseinanderhält. Allerdings -im Besonderen ist auch ihm noch vieles entgangen, SO namentlich die Zugehörigkeit des Pigments zu eigenen Zellen und deren Wanderung. Auch seine Behauptung, daß das Pigment in Lepidopterenaugen dem der Körperoberfläche entspreche, hat sich durch Untersuchungen neuester Zeit als unzutreffend erwiesen. Eigentliche Pigmentzellen in zusammengesetzten Augen erkannte zum ersten Mal meines Wissens Claparede (1860, p. 206), denn er spricht direkt von »vorderen Pigmentzellen,« die etwa den Irispigmentzellen anderer Autoren gleichzusetzen wären und von Pigmentablagerungen in den Zellen des Umhüllungsschlauches (unter diesen sind die Retinulazellen gemeint); auch der »Nervenstab« bleibe bisweilen von Pigment nicht frei; ferner sah er Pigment in subocu- laren Raume: dort waren »die Bündel des Sehnerven durch Pigment schwarz gefärbt«. Natürlich muß man es diesem Autor verzeihen, wenn er bisweilen das Pigment dort, wo er es nicht eigenen Zellen zusprechen kann, statt um die Kegel und Rhabdome, in dieselben hinein verlegt. Wenngleich Claparede von der ver- schiedentlichen Verteilung des Pigmentes wußte, kam er doch nicht dahinter, daß diese Verteilung in einer Beziehung zu den Lichtverhältnissen stehe. Dies war erst M. Schultze (1868, p. 23) vorbehalten. Dieser Forscher war der erste, der die Pigmentverteilung in Tag- und Nachtschmetterlingsaugen verglich. Von seiner klassischen Publikation verdienen besonders die Figuren, in denen er das Pigment auf den Rhab- domen zur Darstellung brachte, hervorgehoben zu werden, weil dort alles mit einer solchen Sorgfalt durchgeführt worden ist, wie man es lange nach ihm nicht mehr antrifft. Übrigens stellt er auch um das Ende des Astacus-Rhabdoms in lichtgelber Farbe ziemlich wahrheitsgetreu das Tapetum dar, ohne aber etwas im Texte darüber zu sagen. Irrtümlicherweise verlegte aber auch M. Schultze den Sitz des Pigmentes in die Corneafazetten, in die Krystallkegel und in den »Sehstab«. Greenacher (1879, p. 123) unterschied zunächst zwei Arten von Pigmentzellen, und zwar solche, die sich um die Krystallkegel legen und nur die nach der Cornea gerichtete Seite freilassen als »Irispigmentzellen« und solche, welche die Retinula ein- hüllen als »Retinulapigmentzellen«. Die ersteren teilte er wieder in zwei Gruppen ein, in Haupt- und Nebenpigmentzellen, wie sie sich ihm namentlich im Insektenfazettenauge zeigten. Daß auch dieser Forscher bereits das Tapetum gesehen hat, geht aus seiner Darstellung des Auges von Mvsis (p. 119, Fig. 114) hervor, denn er schreibt: »Das scharf abgegrenzte, mäßig spitze Hinterende (des Rhabdoms) ist meist wenig kenntlich, weil sich um dasselbe Züge eines eigenen, mit den Nervenfasern des Opticus hinter der inneren Cuticula aufsteigenden erdigen Pigmentes legen, die leider durch Salpetersäure nicht zu entfernen sind.« Die obenerwähnte Einteilung der Pigmentzellen wurde von späteren Autoren bis auf den heutigen Tag eingehalten und man betrachtet Greenacher nicht selten als den eigentlichen Ent- decker der Pigmentzellen. Während Carriere (1885) ganz im Sinne Greenacher’s die Pigmentfrage bei verschiedenen Insekten und Krustern zu lösen bemüht war, kam Patten (1887,p.634) auch in dieser Richtung mit neuen Ideen. Bei einer Anzahl von Dekapoden, die er auf die Augen hin untersuchte und 314 Dr. E: Trojan, unter denen sich auch Palaemon befand, will er den »pigmented collar« um die Krystallkegel herum aus vier Zellen zusammengesetzt gefunden haben. Diese Ansicht, sowie auch eine weitere, daß nämlich zweierlei Art von Pigment in den Retinulazellen verteilt sei, ist irrig. Dafür ist ihm die Beobach- tung der Tapetumzellen besser gelungen und weil er als erster ausführlicher darüber berichtet, ohne daß ihm meines Wissens in der Literatur diese Priorität zuerkannt worden wäre, will ich die diesbezügliche Stelle hier wörtlich wiedergeben (p. 636): »In the spaces between the diminished inner ends of the ommatidia, is a third group of cells, the boundaries of which cannot be distin- guished, and therefore it is diffieult to determine the number belonging to each ommatidium. The nuclei are arranged at various niveaux around the inner ends of the pedicels, seldom far removed from the basal membrane (Fig. 73y). The protoplasma of these cells forms a thick' sheath around the inner ends of the retinulae, and completely fills the intervening spaces. These cells contain a mass of yellowish, fat-like erystals which, by reflected light, appaer perfectly white and opaque, forming, along the inner surface of the ommateum, a narrow and intensely white band, perfectly visible to the nact eye. The erystals, whiche are very similar to those formad by certain fats, are insoluble in absolute alcohol, clove oil, creosot, chloroform, or ether. But a very dilute solution of caustic potash dissolves them at once, with the formation of a purplesolution.« Diese Beschreibung bezieht sich speziell auf Penaeus. Ob sich die Zahl der einem Omma angehörenden Tapetumzellen so bestimmt mit 4 angeben läßt, wie es Parker tut, weiß ich nicht; bei Palaemon trifft dies sicherlich nicht zu. Parker (1888, p. 86) unterschied beim Hummer 10 Pigmentzellen, von denen allerdings nur 2 im wahren Sinne des Wortes als solche aufzufassen sind, das sind die beiden »Irispigmentzellen«; unter den anderen 8 versteht er pigmentierte Retinulazellen. Er sah die ersteren mit der Hauptmasse des Pigments die Kegel umgeben und sich proximalwärts fadenförmig bis zum Rhabdom, ja vielleicht auch über dieses hinaus erstrecken. Die hochinteressanten Untersuchungen über die Wanderung des Pigmentes in den Fazettenaugen setzten mit Stefanowska (1889) ein. Sie bezogen sich zunächst bloß auf Insektenaugen und zeitigten als Resultat die Erkenntnis des Adaptionsvermögens des Auges jener Tiere vermöge einer Verlagerung des Pigmentes nach dem jeweils einfallenden Licht. Szawinska (1890) untersuchte daraufhin die zusammengesetzten Augen einiger Arachniden, niederer und höherer Krebse, darunter auch die von Palaemon squilla (p. 554). Sie fand an Dunkelaugen das Irispigment um die Kegel und das Retinapigment um die Rhabdome, und zwar im untersten Drittel derselben und auch weiter tiefer. Im Lichtauge sah-sie dagegen das erstere bis auf die Stiele der Krystallzellen herabgesunken, das letztere ganz um die Rhab- dome herum. Sie erkannte also, daß die Bewegung der beiden Pigmentarten diametral entgegengesetzt erfolge; ferner wußte sie auch, daß sich das Retinapigment schneller bewege als das Irispigment. Man muß anerkennen, daß diese Befunde im allgemeinen für die damalige Zeit viel bedeuteten; sie gaben jedoch die Tatsachen bloß .in groben Umrissen wieder; im besonderen hafteten ihnen einige Mängel an, die ihren Grund darin hatten, daß sich Szawinska hinsichtlich der Histologie des Pigmentes ganz auf den irrigen Standpunkt Patten’s stellte. So sah sie zum Beispiel das »colier pigmentaire« aus 4 Zellen zusammen- gesetzt u.a.m. Den Sitz des Retinapigmentes verlegte sie in die Retinulazellen; allerdings ließ sie die Kernzone derselben pigmentfrei, was ganz den Tatsachen entspricht. Daß aber dieses Pigment nach voll- endeter Wanderung imDunkeln um das basale Drittel der Rhabdome bleiben sollte, ist nicht wahr; es zieht sich vielmehr weit tiefer zurück. Ganz und gar aber vermisse ich in der Beschreibung seitens jener Ver- fasserin die richtige Hervorhebung des Tapetums; in der Figur des Lichtauges ist es nur zur Hälfte ein- gezeichnet und da nicht ganz korrekt; im Dunkelauge fehlt es ganz. Sollte aber Szawinska vielleicht zu der Ansicht gekommen sein, daß es sich mit dem Tapetum bei Palaemon so verhalte wie bei Astacus, wo sie es ausführlich schildert, dann traf sie nicht das Richtige. Denn die Zahl der Tapetumzellen in einem Omma läßt sich hier nicht genau feststellen und beträgt am allerwenigsten 7, wie es die Verfasserin dort gefunden haben will. Übrigens ist, sie damit auch für Astacus bereits widerlegt worden. wb) Auge von Palaemon squilla. Von einer Verkürzung und Schwellung des Tapetums, wie es Szawinska bei Astacus beschreibt, kann bei Palaemon auch keine Rede sein. Die eingehenden genauen Studien über dieses Phänomen wurden eigentlich erst von Exner (1891) ausgeführt. Auch dieser Autor unterschied gleich seinen Vorgängern ein Iris- und ein Retinapigment; beide sind schwarz, körnig und liegen gewöhnlich innerhalb, manchmal auch außerhalb der Zellen. Speziell für das Pigment im Palaemon-Auge gibt Exner folgende Schilderung (p. 71): »Im Dunkelauge liegt das Pigment gänzlich zwischen den Krystallkegeln. Das Irispigment hat bei Palaemon eine recht scharfe vordere und hintere Grenze und liegt den Kegeln in dünner Lage hart an. Schon mit freiem Auge kann man an Schnitten die sehr beträchtliche Lageveränderung des Pigmentes am Lichtauge erkennen. Dasselbe bildet jetzt eine dunkle Zone, die weit hinter dem Krystallkegel liegt, ja geradezu in die Nähe der Retina gewandert ist. Die Kegel sind ganz pigmentfrei. Auch in dieser neuen Lage ist die vordere und hintere Grenze des Pigmentes eine scharfe. An Quer- und Schiefschnitten gegen die Axen des Fazettengliedes erkennt man, daß die Pigmentlage bienenwabenartig durchlöchert ist.« Das Irispigment im Lichtauge sah Exner proximal nicht über die Retinulazellen ziehen, sondern meinte, daß es distal von denselben ebenso scharf abschließe wie an seinem oberen Ende. Das Retinapigment sah er im Dunkelauge unterhalb der Rhabdome zu einem dichten Lager akkumuliert liegen. Im Lichtauge sollen hievon daselbst nur spärliche Reste zurückbleiben, während die Hauptmasse die Rhabdome in ihrer ganzen Länge einhülle. Ganz besonders stark soll es sich um das Vorderende der Sehstäbe ansammeln. »Zwischen ihm«, so heißt es weiter dort, »und dem weit nach rückwärts geschobenen Irispigment bleibt aber immer eine freie Zone.« Nach meiner Darstellung würden allerdings gerade dorthin jene oben- erwähnten feinen Pigmentzüge zu verlegen sein, so daß diese Zone nicht pigmentfrei genannt werden könnte. Interessant und wichtig sind die Details, die Exner über die Wanderung des Retinapigments in der Rhabdomzone beobachtete. Querschnitte durch ein Rhabdom des Lichtauges zeigten ihm nämlich die Figur eines Sternes, dessen Strahlen mit Pigment erfüllt waren; die Mitte, das Rhabdom, blieb stets pig- mentfrei. Das stimmt mit meinen Befunden überein; auch ich sah das Pigment niemals in das Innere des Rhabdoms eindringen. »Ja bei Carcinus maenas«, so schreibt Exner weiter, »konnte ich an gewissen Stellen sehen, daß das Pigment noch nicht den ganzen Sternstrahl durchsetzt, sondern da, wo der Strahl kolbig aufgetrieben war, in der Mitte noch eine unpigmentierte Stelle zurückließ. Ich beobachtete zwei bis vier solche unvollkommen pigmentierte Sternstrahlen an einem Sehstab.« Ich möchte hiezu bemerken, daß es sich in diesem Falle offenbar um Querschnitte in einem den Retinulazellkernen nahen Niveau, wenn nicht gerade in dem dieser Gebilde selbst gehandelt haben mag, denn ebendort konnte auch ich beim Palaemon-Auge ganz analoge Fälle verzeichnen. Nur fasse ich jenes Pigment, das die Zellen umhüllt, nicht als Retina-, sondern als »Irispigment« auf. Und hier bin ich eben an einem Punkte angelangt, der mich zu Exner in Gegensatz bringt, daß nämlich, wie oben schon erwähnt, das Irispigment bei seiner Wanderung im Lichtauge nicht in einem Abstande vor dem Retinapigment halt mache, sondern sich bis an dieses erstrecke und mit ihm zusammenfließe. Dem Umstande schreibe ich es auch zu, daß nach vollendeter Lichtwanderung das meiste Pigment in den oberen Teilen der Rhabdome anzutreften ist, was auch Exner bereits richtig erkannte. Dem muß meiner Ansicht nach so sein, weil an diesen Stellen der Zuzug der Pigmentmassen von zwei Seiten, oben und unten, erfolgt und so die Wirkung verdoppelt. Wie das Retina- pigment bei Krustern untergebracht ist, sagt Exner eigentlich nicht; umso bemerkenswerter scheint mir seine Ansicht hierüber bei den Insekten zu sein. Er schreibt nämlich (p. 104): »Ich bin nicht in der Lage, etwas darüber zu sagen, ob die schwarzen Pigmentpartikelchen in Zellen zu liegen pflegen. Es macht den Eindruck, daß dem nicht so ist, doch weiß ich aus Erfahrungen an Wirbeltieren, wie sehr man sich hierin täuschen kann, und machen es die sogleich zu besprechenden Pigmentverschiebungen fast undenkbar, daß keine Zellen dabei im Spiele sind.« Das Tapetum der Krebse beschreibt derselbe Autor als eine körnige Substanz, die im durchfallenden Lichte schwarz, im auffallendem lichtgelb, glänzend erscheine. Sie reflektiere das Licht sehr stark und sei wahrscheinlich in Zellen eingelagert. Exner unterscheidet bei Palaemon drei Schichten von Tapetum und zwar zunächst ein Iristapetum; dasselbe liege der Außenwand des Irispigmentes an und wandere Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL Bd, 49 316 Dr. E. Trojan), zugleich mit diesem bei wechselnden Lichtverhältnissen; auch zwischen den Kegeln oder den Scheiden derselben habe er es gesehen. Eine zweite Tapetumschichte liege in der Rhabdomzone; spitze und kolben- förmige Fortsätze ragen zwischen die Sehstäbe hinein. Die dritte Tapetumlage befinde sich einwärts von den Rhabdomen im subocularen Raum. »Sie besteht aus vielfach verfilzten Strängen, welche wohl Zell- fortsätze sein dürften.« Diese beiden letzteren Schichten aber möchte Exner nicht gerne voneinander getrennt wissen, da er vielfach Verbindungen zwischen ihnen vorfand. Ja es scheint inm sogar, daß die untere Zone gewissermaßen eine »Vorratsschichte« sei, die nach Bedarf Tapetumsubstanz distalwärts in das Auge abgeben könne. Der Vergleich der verschiedenen Bilder dieser Tapetumzonen, die sich ihm bei mikroskopischer Betrachtung von Licht- und Dunkelaugen boten, das einemal das Überwiegen von Tapetummassen unterhalb der Rhabdome, das anderemal zwischen den Rhabdomen, ließen ihn allerdings schon vermuten, daß eine Lageveränderung möglich wäre. Doch drang diese Vorstellung bei ihm nicht durch, denn er gelangte zu dem Schlusse (p. 105), »daß nur das Pigment Wanderungen macht und daß die verschiedenen Bilder, welche die Tapetummasse darbietet, nur der Ausdruck größerer oder geringerer Verdeckung durch Pigment sind«. Ich halte es für ausgeschlossen, daß das Retinapigment die oben erwähnten Ablagerungen des Tapetums zwischen den Rhabdomen im Dunkelauge ganz einhüllen könnte; diese Ansammlungen verschwinden bei Belichtung infolge tatsächlicher Wanderung des Tapetums und treten dafür weiter distal und proximal wieder auf. Was im übrigen die Beobachtung der 3 Tapetum- schichten anbelangt, glaube ich richtig erkannt zu haben, daß dieselben auf eine einzige Art von leicht I te) beweglichen Zellen zurückzuführen seien. Gleichzeitig mit Exner veröffentlichte auch Parker (1891) seine Studien über die zusammen- gesetzten Augen von Krustern, doch ohne etwas besonders Erwähnenswertes im Hinblicke auf diesen Punkt. Bei der Beschreibung der Pigmentzellen im Dekapodenauge wendet sich dieser Verfasser gegen Patten hinsichtlich der Zahl der Irispigmentzellen; er nennt sie, was mir unerklärlich erscheint, »distal retinular cells« und unterscheidet solcher nur 2 in jedem Omma. Was das Tapetum anbelangt, führt er folgendes an (p. 114): »The interommatidial space in the basal part of the retina in Palaemonetes contains a light pigment similar to that described in the retina of Mysis. Like this the pigment in Palaemonetes is white by reflected light, and yellowish by transmitted light (compare Plate IX, fig. 115). It is apparently contained within cells (ig. 103, el. ms’drm.) whose outlines are very irregular, and whose nuclei (fig. 104, nl. ms’drm.) are small and somewhat variable in form. These cells occur on both sides of the basement membrane. As in Mysis, they have probably migrated into the retina, and are perhaps mesodermic in origin.« Da sich die Beschreibung auf Palaemonetes, also auf eine unserem Palaemon nahestehende Art bezog, von der mir auch Material zu Gebote stand, überprüfte ich Parker’s Angaben und konnte sie im wesentlichen bestätigen. Die Tapetumverhältnisse in den Augen dieser Art stimmen mit der unsrigen ganz überein und was das Pigment betrifft, weicht dieses in der Lichtstellung darin ab, daß es in größeren Mengen, und zwar in Form sehr dicker Fortsätze von obenher gegen die Retinulazellen vor- dringt. Auch bei Astacus fand Parker (1895, p. 12) bloß zwei Irispigmentzellen; alles andere Pigment verlegt er in die sieben aktiven Retinulazellen. Von Tapetumzellen meint er, gehöre je eine zu jedem Omma. An den Irispigmentzellen unterscheidet er zwei Teile, einen flachen Zellkörper um den Kıystall- kegel und einen proximal bis an das Ende des Rhabdoms reichenden Fortsatz. Er stellte auch fest, daß bei Belichtung Pigment in diesen Fortsatz wandert. Beim Palaemon (p. 25) habe er sich dagegen über- zeugt, daß die Irispigmentzellen einen geschlossenen Zylinder bilden, der als ganzer über die Krystall- zellen hin und her gleitet. Die von mir beobachteten Fortsätze sind ihm entgangen. Über den Sitz des Retinapigmentes bin ich einer anderen Meinung als Parker, denn ich suche ihn nicht wie er in den Retinulazellen, sondern in Pigmentzellen. Ferner vermisse ich bei jenem Autor noch die Darstellung der Verteilung dieses Pigmentes über dem Rhabdom, es wäre denn, daß eine solche bei Astacus überhaupt nicht vorhanden ist. An eine Wanderung des Tapetums im Astacus-Auge glaubt Parker nicht; denn er fand diese Substanz stets auf derselben Stelle, nämlich zwischen den Rhabdomen. Dagegen faßt er die Auge von Palaemon squilla. 317 Bewegung des Pigmentes richtig auf. Sie gehe, wie er sagt, mit den Plasmaströmungen in den pigment- führenden Zellen vor sich. Rosenstadt (1896, p. 759) kam wiederum zu anderen Resultaten als Parker; er zählte bei einigen Dekapoden, darunter auch bei Palaemon in jedem Omma vier Irispigmentzellen, ferner zwei, bei Galathea sogar vier besondere Retinapigmentzellen; außerdem sei mehr oder weniger Pigment in den Retinulazellen vorhanden. Von Tapetumzellen sollen je zwei einem Omma angehören. Ganz abweichend von anderen Au- toren stellt er sich die Pigmentwanderung vor. Er nimmt keine trennenden Grenzen zwischen den einzelnen pigmentführenden Elementen an, sondern läßt die Pigmentkörnchen nach jeweiligen Lichtverhältnissen aus der einen Art von Zellen in die andere übertreten. Bemerkenswert scheint mir auch folgende seiner Beobachtungen zu sein (p. 759): »Beim Übergange des Lichtauges in ein Dunkelauge gehen mit dem Pigmente folgende Veränderungen vor sich: Das Pigment tritt aus dem vorderen Ende der Retinulazellen und wohl auch aus den Retinapigmentzellen aus. Dasselbe wird von den Fortsätzen der Irispigmentzellen aufgenommen, die, wie wir gesehen haben, mit dem im Vorderende der Retinulae angesammelten Pigmente in Kontakt stehen. An diesen Fortsätzen kriecht nun das Pigment hinauf; es findet eine Art Pigment- infiltration der Irispigmentzellen statt.« Man sieht daraus, daß Rosenstadt ähnliche Bilder in seinen Präparaten vor sich gehabt haben muß wie ich, nur wußte er sie nicht richtig zu deuten. Das Pigment, das er an den Fortsätzen in die Höhe wandern sah, kam nicht aus den Retinulazellen, sondern lag über diesen ausgebreitet; jener Autor hat eben hier das proximale Ende der Irispigmentzellen verloren. Es ist in der Tat unmöglich, beim Lichtauge Iris- und Retinapigment in diesem Niveau auseinanderzuhalten, weil beide hier zusammenfließen. Mit der Annahme von zwei besonderen Retinapigmentzellen steht Rosenstadt vereinzelt da; weder vor, noch nach ıhm hat sie Jemand beobachtet, auch ich nicht. Daß das Iristapetum eine selbständige Schichte vorstellen solle, glaubt er nicht, sondern nimmt an, »daß ein Teil des Retinatapetums bei der Verschiebung des Pigmentes nach vorne mit hinauf geschoben wird.« Diese passive Bewegung ist aber auch die einzige, die er am Tapetum beobachtet hat; ob es eine andere noch gibt, konnte er nicht feststellen. Parker (1897, p. 283) war der erste, der eine Eigenbewegung der Tapetumzellen bei Palaemonetes nachweisen konnte. Er unterscheidet, wie einst bei Astacus so auch hier an den Ommen je eine Tapetumzelle; diese krieche bei Belichtung aus dem unterhalb der Rhabdome gelegenen Raume empor und wachse zu einer unförmigen Masse zwischen den Rhabdomen an. Manchmal sende sie auch Fortsätze noch weiter distalwärts. Im Dunkel ziehe sich die Zelle wieder einwärts zurück, immerhin aber noch einen nicht unbedeutenden Rest ihres Körpers zwischen den basalen Enden lassend. Ich vermisste bei diesen Ausführungen Parker’s einen Vermerk, daß nämlich beim Lichtauge größere Mengen von Tapetum über dem Irispigment lagern und habe mich, um sicher zu gehen, hierüber an meinen Palaemonetes-Präparaten orientiert; ich kann sagen, daß die betreffenden Bilder die gleichen sind als bei Palaemon, ja die distal aus den Räumen zwischen den Rhabdomen kommenden Zellen sind viel deutlicher und zahireicher als dort. Die Bewegung der Tapetumzellen schreibt Parker teils ihrem amoeboiden Bewegungsvermögen, teils einer »muscle-like contraction of its axial portion« zu. Das letztere würde ich bezweifeln. Vom Retinapigment heißt es dort endlich am Schlusse seiner Publikation (p. 295): »The proximal retinular cells containt black pigment granules. In the light these are scattered more or less uniformly throughout the whole length of the cell, including, tne retinal nerve fibre. There are slight concentrations of pigment at the distal end of the cell and around the rhabdome. In the dark the pigment is limited to the retinal nerve fibres.« Ich habe mir über die Verteilung des Retinapigments eine etwas andere Vorstellung gebildet und mich überzeugt, daß eine gleiche für Palaemonetes Giltigkeit habe. Derselbe Autor verfolgte später (1898, p. 144) noch an einem niederen Krebse Gammarus ornatus M. E. die Wanderung des Pigmentes. Seinen dort gewonnenen Resultaten zufolge besitzt jenes Tier in den Ommen nur eine Art von Pigmentzellen, in denen der Inhalt partiell bei Licht und Dunkel eine Ver- lagerung erfahre, während der restliche Teil des Zellumens von der Wanderung des Pigmentes unberührt bleibt. Einen ganz speziellen Fall würden, wenn Rädl’s (1900, p. 577) Behauptung zutrifft, die Irispigment- 42 os == [02 Dr. E. Trojan, zellen von Sguilla mantis vorstellen. Dieser Autor sagt nämlich folgendes über sie: »Ihr Pigment ist fast schwarz und widersteht sehr energisch den Depigmentierungsmitteln. An ihren distalen Enden scheiden diese Pigmentzellen ein anderes braun gefärbtes Pigment, welches in unregelmäßigen Schollen das hier sehr dicke Iristapetum Exner's bilden (laps.), welches auf diese Weise eine zusammenhängende Schicht in der Höhe der verdünnten proximalen Enden der Krystallkegel bildet, so daß ihre kugelförmige An- schwellung schon unter der Tapetumschicht liegt.« Es scheint mir sorderlich, daß Pigmentzellen zugleich auch Tapetum absondern sollen. Allerdings wäre dies nicht der einzige bekannte Fall, denn Exner und Januschke (1905, p. 700) schildern in den langen Zellen des Chorioidealepithels aus dem Auge von Abramis brama ebenfalls ein gleichzeitiges Vorkommen von Tapetumsubstanz und Pigment; es trifft dies aber bei einem Wirbeltierauge zu; bei Arthropoden ist etwas derartiges meines Wissens noch von niemandem außer Rädl beobachtet worden. Außerdem unterscheidet jener Autor in den Ommen noch ein Retinapigment der Retinulazellen und Schollen von Tapetum am ersten Ganglion. Ich glaube, daß hier eine Nachuntersuchung, namentlich eine solche von Licht- und Dunkelaugen des Tieres, mehr Licht in diese nicht leicht verständlichen Verhältnisse bringen könnte. Bei einer anderen Gelegenheit will Rädl (1901, p. 15) im Palaemon-Auge das Irispigment von dem Retinapigment in der Farbe unterschieden wissen; das erstere sei sehr dunkel und dicht, das letztere blasser und spärlicher. Dieser Farbenunterschied existiert meiner Ansicht nach in Wirklichkeit nicht, sondern ist nur scheinbar und nur darauf zurückzu- führen, ob die Pigmentkörnchen mehr oder weniger dicht beisammen stehen. Schneider (1902, p. 486) drückt sich über die Zahl der zu einem Omma im Palaemon-Auge gehörenden Irispigmentzellen nicht aus. Er läßt sie spärliche Fortsätze distalwärts bis an die Cornea bilden, was ich an meinen Präparaten nicht beobachten konnte. Seiner Auffassung nach wandern diese Zellen als ganze, wogegen ich der Meinung bin, daß sie stillstehen und nur die Pigmentkörnchen in ihrem Plasma hin- und herfließen. Wie sich Schneider zum Retinapigment stellt, ist mir aus seinen Worten nicht klar geworden. Es heißt dort nämlich vom Dunkelauge (p. 483): »Das Retinapigment ist, wenn überhaupt vorhanden, auf den subocularen Raum beschränkt.« Soll ich aus diesen Worten folgern, daß Schneider an manchen Dunkelaugen kein Retinapigment gefunden hat? Ich habe es in keinem meiner Präparate vermißt. Es war offenbar nicht in der Absicht des Autors gelegen, sich mit den Bewegungen der Tapetumzellen näher zu befassen und daher begnügt er sich mit der Angabe, daß jene strangartigen Pigmentzellen, wie er sie nennt, mit körnigem, goldgelbem Inhalte vorwiegend in der Rhabdomschicht und im subocularen Raume anzutreffen sind, bei Lichtaugen vorwiegend in dem letzteren und nur an der Basis der Rhabdome; doch ziehen von hier auch Stränge distalwärts über die Pigmentzellen hinaus. In neuester Zeit sind die Pigmentverschiebungen im Palaemon-Auge von Frisch (1908, p. 670, 698) näher untersucht worden. Seine in physiologischer Hinsicht wertvollen Befunde leitet der Autor mit einer kurzen, anatomischen Beschreibung des Auges ein. Ich möchte zu derselben bemerken, daß ich die Iris- pigmentzellen an Dunkelaugen niemals wie er bis an die Cornea reichend gefunden habe. Auch seiner Behauptung, daß das Iristapetum alle Verschiebungen des Irispigmentes mitmache, kann ich nicht bei- pflichten. In den zusammengesetzten Augen der Dipteren scheinen die Pigmentverhältnisse nicht unähnlich denen bei Palaemon zu liegen; dies entnehme ich den umfassenden Untersuchungen Dietrich’s (1909, p. 471); es heißt dort nämlich: »Von diesem Irispigment, das durch die Haupt- und Nebenpigmentzellen geliefert wird, ist das Retinapigment zu unterscheiden. Es ist am Boden der Basalmembran, zum Teil in anderer Nuancierung, vielfach strahlig um die Ommatidien gelagert (Taf. XXV, Fig. 51) und zieht sich an den Retinulazellen distalwärts bis zum Irispigment hin empor, wodurch eine vollkommen geschlossene Pigmentscheide entsteht. Ob das Retinapigment von besonderen Zellen geliefert wird, ließ sich nicht ent- scheiden. Der Anordnung nach scheint es der Fall zu sein, obgleich Kerne, die diesen Zellen zugehören könnten, nicht festzustellen waren.« Ich glaube, daß bei der geschlossenen Pigmentscheide, wie sie Dietrich darstellt, besondere Retinulazellen im Dipterenauge kein absolutes Postulat sind. Auge von Palaemon squilla. 319 Deimoll (1910) stützt sich bei seinen zusammenfassenden physiologischen Betrachtungen über das Fazettenauge größtenteils auf die histologischen Befunde der bis jetzt genannten Forscher; kein Wunder, daß bei dieser Gelegenheit hie und da auch eine irrige oder unaufgeklärte Ansicht dort Aufnahme gefunden hat. So scheint er anzunehmen, daß das Tapetum beim Palaemon nicht wandere (p. 470); auch er ist ferner, wie v. Frisch, der Ansicht, daß dort, wo Pigment- und Tapetumwanderung beobachtet wird, beide in gleichem Sinne verlaufen. Auf seine eigenen interessanten Untersuchungen werde ich im Folgenden noch näher zu sprechen kommen. Kirchhoffer (1908, 1910) beschreibt in den Augen der pentameren Käfer Haupt- und Neben- pigmentzellen; außerdem unterscheidet er aber noch ein drittes Pigment, dem er den Namen Retina- pigment gibt; er sagt aber nicht, an welche Elemente dieses letztere gebunden sein soll. Bei seinen entwicklungsgeschichtlichen Studien über denselben Gegenstand kommt dieser Autor zu dem interes- santen Ergebnis, daß das Iris- und Retinapigment »kein Produkt der Zellen, in denen es bei der Imago angetroffen wird« sei. Es soll aus dem Larvenauge in die ursprünglich pigmentfreien Zellen einwandern. Bei den Lepidopteren wies Johnas (1911, p. 243) drei Kategorien von Pigment nach, für jede desselben auch eine eigene Art von Pigmentzellen und zwar Haupt-, Neben- und Retinapigmentzellen; in den letzteren ist ihm allerdings der Nachweis von Zellkernen nicht überall gelungen. Endlich erkannte Bedau (1911, p. 452) auch bei den Wasserwanzen dieselben drei Arten von Pigment und fand das letztere in dem vom Rhabdome abgewendeten Teil der Sehzelle, also dem Rhabdom- träger, abgelagert, während der restliche Teil derselben, das Rhabdomer, pigmentfrei bleibt. Außerdem beschreibt er in den zur Retinula führenden Nervenbündeln eigenes Pigment. Es fragt sich, ob jenes Pigment, das Bedau intrazellulär in den Retinulazellen und Nervenbündeln beobachtete, doch nicht auf Ausläufer eigener Pigmentzellen zurückzuführen sei. Ich habe in den vorhergehenden Zeilen einen weiten Rückblick auf die Literatur des Pigmentes und des Tapetums in den Fazettenaugen geworfen. Ich finde, daß eigentlich keiner von den Autoren zwingende Gründe anführen kann, weshalb er das Irispigment von dem Retinapigment scheidet. Trennt man die beiden nämlich, dann weiß man mitunter nicht, wo das letztere unterzubringen. Entweder wird es dann frei ohne jedweden Zusammenhang mit Zellen liegen gelassen, oder aber es wird den Sehzellen einverleibt. In diesen Sinneszellen kann es nicht bleiben; man läßt es also in die Nervenbündelscheiden auswandern; aus diesen rückt es dann wieder in die Sehzellen ein; dabei gibt man den Sehzellen wegen dieses Pigmentes ganz absonderliche Formen. Dies alles scheint mir höchst unwahrscheinlich und nachdem ich mich um- sonst bemüht habe, trennende Grenzen zwischen Iris- und Retinapigment in den Ommen des Palaemon- Auges zu finden, bin ich zu der Anschauung gekommen, daß wir uns um ein Einzelauge von den Kıystall- kegeln angefangen bis in den subocularen Raum hinein eine aus 2 Zellen bestehende, enganliegende Plasmascheide vorzustellen haben; diese zwei Zellen sind die einzigen pigmentführenden Elemente des Omma. Ihr Pigment ruht entweder peripher (Dunkelstellung), oder rückt gegen die Mitte der Zelle vor (Lichtstellung). Weil nun jene Plasmascheide den axialen Elementen des Omma überall, also auch in der kompliziert zusammengesetzten Retinulazone eng anliegt, dringt das Pigment in alle Vertiefungen der Oberfläche des Rhabdoms ein und verursacht jene namentlich im Lichtauge deutlich hervortretenden zier- lichen Zeichnungen. Auch die ältesten Autoren haben, wie oben erwähnt, im Grunde genommen die Anschauung von einer einzigen pigmentführenden Plasmascheide im Omma vertreten; ich halte sie für das Paluemon-Auge aufrecht und glaube, daß sie auch sonst bei anderen Krustern zutrifft. Wie es bei den Insekten ist, vermag ich nicht zu sagen, doch das eine steht sicher, daß sich dort mehr als 2 pigment- führende Zellen vorfinden. 320 Dr. E. Trojan, Die Basalmembran. (Taf. II, Fig. 8, Taf. V, Fig. 37, 46, Taf. VI, Fig 47, 48%.) Die bisher beschriebenen Bestandteile aller Ommen von den Corneafazetten angefangen bis inklusive die Rhabdome bilden den äußeren Teil des zusammengesetzten Auges, der nunmehr durch die Basal- membran (membrana basilaris, fenestrata, Grenzlamelle) seinen Abschluß und zugleich seine Begrenzung gegen den inneren Teil des Auges findet. Diese Grenzmembran nimmt ihren Anfang von einem ziemlich dicken Ring von Bindegewebe, der längs der von außen deutlich sichtbaren Grenze zwischen Stiel und Auge verläuft. Dieser Ring verflacht sich axialwärts zu der aus einer einzigen Zellage bestehenden, äußerst zarten, corneawärts vorgewölbten Basalmembran. Die Bindegewebsfasern derselben verflechten sich zu einem Netze mit ziemlich streng quadratischen Maschen, in dem allenthalben ohne jedwede Ordnung Kerne der Bindegewebszellen angetroffen werden. Durch die Maschen des Netzes treten Nervenfasern, Pigment- und Tapetumzellen in die Interommalräume des Auges ein. Für den Eintritt der Blutflüssigkeit habe ich mehrere parallel verlaufende Längsspalten gefunden; unter jeder derselben zieht eine feine Blut- kapillare hin (Taf. V, Fig. 37, Taf. VI, Fig. 48 V) und öffnet sich distal. Die Blutflüssigkeit gelangt aus einem starken Blutgefäß, das sich seitlich im Augenstiel bis an die Basalmembran verfolgen läßt, in dieses distal offene Kapillargefäßnetz und tritt von hier durch jene Längsspalten in das Auge ein; aus dem Auge gelangt sie durch zahllose Öffnungen der Basalmembran heraus. Die Basalmembran ist seit Swammerdam allen, die sich mit der Anatomie der Fazettenaugen beschäftigt haben, bekannt gewesen. Man findet sie oft nur genannt und nicht näher beschrieben. Das Nebenauge. (Taf. I, Fig. 2, 3, 4, 5, 6, Taf. II, Fig. 8 0, Taf. IV, Fig. 36.) Ich habe oben bereits erwähnt, daß am Rande des großen halbkugelförmigen Auges, das ich von nun an Hauptauge nennen will, und zwar auf dessen Dorsalseite, ein kleiner schwarzer Punkt wahr- zunehmen sei; das ist das Nebenauge. Die Untersuchung dieses äußerst niedlichen Organs gestaltet sich sehr schwierig, da das Pigment nahezu alles darin verdeckt; es mußte daher entpigmentiert werden. An derart behandelten und tingierten Schnitten, erkennt man, daß das Nebenauge auch ein Fazettenauge ist (Taf. I, Fig. 6, Taf. IV, Fig. 36). Es liegt in dem obenerwähnten Ring von Bindegewebe, der den Rand des Hauptauges umzieht, eingebettet. Ich muß aber gleich bemerken, daß dieses Bindegewebe durchaus nicht zwischen Haupt- und Nebenauge derart vordringt, daß das erstere vom letzteren total geschieden wäre, im Gegenteil, eines schließt an das andere unmittelbar an, während das Bindegewebe wie ein Keil bloß zwischen ihren basalen Teil tritt. Wenn sich dennoch das Nebenauge als Punkt vom Hauptauge scharf abhebt, so geschieht dies bloß bei Lichtaugen (Taf. II, Fig. 8), vielleicht auch Dämmerungsaugen, wo sich eben das Irispigment im Hauptauge einwärts zurückzieht, während es im Nebenauge in seiner Lage nahe der Oberfläche verbleibt. Bei der Daraufsicht ist weder mittelst des einfachen, noch des bino- cularen Mikroskopes eine Spur von einem fazettenfreien Spatium zwischen Haupt- und Nebenauge zu bemerken (Taf. I, Fig. 4, 5). Das Nebenauge besteht aus einer kleinen Anzahl, etwa 40 Ommen, die zusammen zu einem Kugel- sektor gruppiert sind. Jedes Omma zeigt bis zu einem gewissen Grade große Ähnlichkeit mit dem des Hauptauges. Es hat eine Corneafazette (Taf. I, Fig. 5; Taf. IV, Fig. 36 CoZ) und unter derselben Cornea- zellen von gleicher Beschaffenheit wie jenes (Taf. IV, Fig. 36 CoC). Die Bildung des Zapfens seitens der 4 Kristallzellen, sowie dessen Durchtritt durch die Corneazellen bis an die Hornhaut erfolgt hier im gleichen Sinne wie dort (Taf.IV, Fig. 36 CrC). Es kommt auch hier zur Ausbildung eines Krystallkegels (Taf. IV, Fig. 36 Cr); dieser verjüngt sich allerdings stärker nach innen als der des Hauptaugenomma. An das pro- ximale Ende des Kegels schließt ein langer, fadenförmiger Teil an, den man auf den ersten Blick dem Auge von Palaemon squilla. 321 Stiele der Krystallzellen in dem Omma des Hauptauges gleichsetzen könnte; doch nähere Untersuchung lehrt, daß dieses Gebilde bis an den Kegel heran durchwegs feine Querstreifung aufweist; wir müssen es daher als das Rhabdom des Nebenaugenomma ansehen (Taf. IV, Fig. 36 B). Dieses Rhabdom ist nicht spindel-, sondern fadenförmig und verhältnismäßig sehr lang. Um den Kegel liegen mehrere Kerne (Taf. IV, Fig. 36 RCN). Ihre Zahl konnte nicht genau festgestellt werden; dem Habitus nach zu schließen dürften es Retinulazellkerne sein. Die Rnabdome aller Ommen des Nebenauges konvergieren sehr stark und gehen in Nervenfasern über (Taf. I, Fig. 6), die gemeinsam augeinwärts ziehen. Das Pigment, das nahezu alle hier genannten Teile bis zu dem distalen Ende der Kegel einhüllt und wie oben erwähnt in grossen Massen auftritt, wandert nicht; ich habe keinen Unterschied in seiner Lage an Licht- und Dunkel- augen bemerkt. Tapetum habe ich im Innern des Nebenauges nicht vorgefunden, dagegen etwas davon proximal von den Pigmentmassen, also mehr außerhalb des Organs. Die Tatsache, daß Palaemon squilla im Besitze eines Haupt- und Nebenauges, also eines Doppel- auges ist, wurde von allen, die sich mit diesem Gegenstande beschäftigt haben, übersehen und.erst von Rädl (1900) erkannt. In einer Fußnote seiner Publikation über den Bau des Tractus opticus von’ Squilla mantis (1900, p. 567) lesen wir: »Zu meiner großen Überraschung habe ich neuerdings schöne Doppel- augen bei Palaemon gefunden. Der obere Teil des Auges ist hier als kleiner schwarzer Punkt, aus etwa 20 Ommatidien bestehend, auf der Oberseite des Augenstieles entwickelt.« Rad! bemühte sich auch später (1901, p. 16) in den Bau des Nebenauges einzudringen; doch da es ihm nicht gelingen wollte, das Organ vom Pigmente zu befreien, blieb ihm vieles verborgen und darüber, was außerhalb des Pigmentes liegt, läßt sich wenig sagen; auch geschah es von Rädl in nicht ganz einwandfreier Weise. Nach der beige- gebenen Figur 12 zusschließen, scheintjedenfalls das Material des Autors Schaden gelitten zu haben. Darauf führe ich es zurück, daß er die Cornea des Nebenauges ganz unregelmäßig gefaltet, statt in Fazetten ein- geteilt gesehen hat. Die Corneazellen und die Zapfen sind ihm ganz entgangen; er läßt die Krystallkegel unmittelbar an die Cornea herantreten. Dagegen erkannte er die vierteilige Natur des Kegels ganz richtig. Irrtümlich ist ferner Rädl’s Meinung, daß die Krystallzellen mit ihren Kernen am proximalen Ende ganz in Pigment eingehüllt liegen. Dem ist nicht so; die Krystallzellen liegen samt ihren Kernen distal vom Kegel und sind stets pigmentfrei. Meiner Ansicht nach kann der Autor bloß auf Querschnitten die Kerne der Retinulazellen gesehen haben und hielt sie für solche von Krystallzellen. Rad| meint weiter, das Pigment gehöre durchwegs Irispigmentzellen an. Es läßt sich allerdings unmöglich nachweisen, ob dies auch wirk- lich zutrifft, doch nach dem, was ich an Larvenaugen von Palaemon gesehen habe und was später noch zur Sprache kommen soll, dürfte aus der Ähnlichkeit der Rhabdomverhältnisse auch auf ein Vorhanden- sein von Retinapigment im Nebenauge zu schließen sein. Das Tapetum und den Nervenfaserverlauf außerhalb des Organs hat Rädl richtig erkannt. Dagegen erhebe ich Einspruch gegen seine Auffassung, derzufolge das Nebenauge vom Hauptauge durch dazwischen eingeschobenes Bindegewebe soweit abgerückt sein soll, wie er es in Figur 12 darstellt. Ich habe überhaupt den Eindruck gewonnen, daß das Nebenauge weder örtlich noch strukturell dem Hauptauge so fern steht als es Rädl gerne wissen möchte, namentlich dann, wenn man auch das Larvenauge in den Bereich der Betrachtungen zieht. Mit anderen Worten gesagt: Die morphologischen Unterschiede der beiden Teilaugen bei Palaemon sind nicht so groß, daß es zur Erklärung des Doppelauges zweier gesonderter Anlagen bedürfte, es ist vielmehr höchstwahrscheinlich, daß Haupt- und Nebenauge dieses Tieres aus einem einheitlichen Fazetten- auge hervorgegangen sind. Auf Grund der hier gewonnenen Resultate läßt sich vielleicht einiges zur Auf- klärung der namentlich in der letzten Zeit so häufig diskutierten Frage der Doppeläugigkeit der Arthro- poden beitragen. In einer eigens diesem Gegenstande gewidmeten Studie gibt Radl (1901) eine erschöpfende Liste ‘aller bis dahin an Krustern und Insekten beobachteten Doppelaugen an; auch bei Spinnen mit vollzählig entwickelten Augen betrachtet er je ein Medianauge mit zwei Nebenaugen zusammen als Doppelauge. Man muß wissen, daß bis auf Rädl die Doppelaugen als eine aus einheitlichen Fazettenaugen bloß durch Anpassung an spezielle Lebensbedindungen hervorgerufene Erscheinung erklärt wurden (Chun 1896, ub} 166] 2 Dy 32 1naonans p. 248, Zimmer 1898, p. 255, Miltz 1899, p. 48). Auf zahlreiche Fälle eigener Untersuchungen über die Doppelaugen und Angaben anderer Autoren eingehend, kommt Rädl (l.c., p. 42) zu folgenden Schlüssen: Die Seitenaugen der Arthropoden weisen stets eine doppelte Anlage auf; dieselbe gibt sich auf verschiedene Weise kund, und zwar a) als doppelte Anlage im Embryo, b) als zwei laterale Augen, be- ziehungsweise Augengruppen jederseits am Kopfe, c) als zwei gleiche oder verschiedenartige Augen (im letzten Falle pflegt das obere Auge regelmäßig weniger pigmentiert und aus größeren Ommatidien zu- sammengesetzt zu sein), d) als ein Auge mit angedeutetem Döppelcharakter. Und weil diese doppelte Augenanlage bei Arthropoden allgemein ist, lasse sie sich durch keinerlei spezielle (biologische, physio- logische) Einflüsse erklären, sie habe nur in der Morphologie ihren Grund. Während also früher für das Doppelauge eine gemeinsame Anlage angenommen wurde, macht ihrer Rädl zwei geltend. Ja in manchen Fällen, wie er dies bei Corethra und Tipnla (1906) und Zavrel (1907, p. 247), für Chironimus plumosns, Orthocladius und Simulium festgestellt hat, wäre es notwendig, sogar eine dritte Augenanlage anzu- nehmen, nachdem sich dort neben den beiden Larvenaugen das Imagoauge selbständig aus einer beson- deren Anlage entwickelt. Nun hat sich aber bei den interessanten Untersuchungen Dietrich’s (1909, p. 503) gerade für Simmlium ergeben, daß das Imagoauge der Männchen ein typisches Doppelauge sei; außerdem bestehen hier zwei rudimentäre Larvenaugen. Soll Rädl hier Recht behalten, daß das Doppel- auge auf gesonderte Anlagen zurückzuiühren sei, dann genügt in diesem Falle auch die Triplizität nicht mehr und man müßte mit einer vierfachen Augenanlage rechnen. Es geht nicht an, die Larvenaugen mit dem Charakter der Doppelaugen zu verknüpfen. Dietrich hat für Dipteren gezeigt, »daß die bei den Larven bereits vorhandenen Augenanlagen in die Bildung des Imagoauges nicht mit einbezogen werden«, einerlei, ob dieses letztere ein einfaches Fazettenauge bleibt, oder ob es sich zu einem mehr oder weniger differenzierten Auge ausbilde. Die Hypothese Räadls treffe also nicht das Richtige. Nichtsdestoweniger kann sich Dietrich aber auch nicht zu der anderen Theorie, derzufolge bloß biologische Momente zu den Differenzierungen in Doppelaugen führen sollen, bequemen, denn er hat viele Dipteren gefunden, »bei denen zwar eine durch Konturen erkennbare Augenduplizität besteht, während die Teilaugen so überein- stimmend gebaut sind, daß von einer physiologischen und biologischen Bedeutung derselben nicht die Rede sein kann. Dafür ist ihm bei Dipteren mit vollends gleichaussehenden Doppelaugen eine wichtige Ent- deckung gelungen; es hat sich nämlich speziell bei Zaphria (l. c. p. 470, Taf. XXV, Textfig. 3) gezeigt, daß sich eine bestimmte unter den sieben Retinulazellen bei gewissen Ommen von oben, bei anderen von unten her zwischen die sechs übrigen einschiebt; das eine treffe nun aber ausschließlich in der oberen, das andere in der unteren Augenhälfte zu und so sei das anscheinend einheitliche Auge aus zwei spiegel- bildlich gleichen Hälften zusammengesetzt. Darin erblickt Dietrich die morphologische Grundlage für die Bildung des Doppelauges; sie liegt also nicht, wie Rad! meint, außerhalb, sondern innerhalb des Fazettenauges. Der wahre Grund dieser feinen morphologischen Differenzierung ist nicht bekannt. Jenes Laphria-Auge, ich möchte es ein Doppelauge im weitesten Sinne des Wortes nennen, bildet für Dietrich den Normaltypus aller Doppelaugen der Dipteren. Infolge Anpassung an die verschiedene Lebensweise habe sich bei dem einen Tiere diese, bei einem anderen wiederum jene Hälfte des Normalauges vom ursprünglichen Typus mehr oder weniger entfernt, so daß es schließlich zu wohldifferenzierten Doppel- augen gekommen sei. Dietrich hat eine schrittweise Differenzierung des Fazettenauges in der Familie der Empiden lückenlos feststellen können. Beobachtungen, die entweder er selbst oder andere über die Lebensgewohnheiten verschiedener Dipteren angestellt haben, bestätigten immer, daß der anatomische Bau der Augen vollkommen der Biologie Rechnung trage. Es ist nämlich das besonders differenzierte Teilauge so eingerichtet, daß es dem Bewegungssehen vortrefflich dient. Für räuberische Dipteren ist ein solches Sehen natürlich für ‘beide Geschlechter zwecks Selbsterhaltung wichtig und dementsprechend sind sowohl Männchen als auch Weibchen mit derart differenzierten Doppelaugen ausgestattet. Bei nicht- räuberischen Dipteren kann jenes besonders für das Bewegungssehen ‘eingerichtete Auge den Männchen bei der Suche nach ihren Weibchen zwecks Arterhaltung dienlich sein und tatsächlich finden wir es bei Auge von Palaemon squilla. 323 diesen Insekten nur bei den Männchen vor. Auf ein Zusammenwirken dieser beiden biologischen Faktoren führt Dietrich die Erscheinung, daß die Doppelaugen der Männchen einzelner Raubfliegen in ihrem differenzierten Bau weiter gediehen sind als die der Weibchen, zurück. Er tritt also, wie aus dem Gesagten hervorgeht, vermittelnd zwischen die beiden Theorien, indem er von der einen die Morphologie, allerdings nicht ganz im Sinne Rädls, von der anderen die Biologie für die Entstehung der Doppelaugen als mit- bestimmend annimmt. Daß er aber nicht der Anschauung Rädls, sondern der anderen näher steht, scheint mir daraus hervorzugehen, daß er als Ausgangspunkt für das Doppelauge stets ein einheitliches Auge annimmt und für die Familie der Asiliden auf das morphologische Moment ganz verzichtet, dafür das biologische ganz zur Geltung kommen läßt. Das Auftreten von Doppelaugen bei Wasserwanzen erklärt Bedau (1911, p. 448) also: »Bei Noto- necta und Hydrometra ist das Ventralauge differenzierter als das Dorsalauge; von Ranatra, Nepa und Naucornis gilt das gerade entgegengesetzte. Gibt uns nun die Biologie nicht die trefiendste Antwort auf die Frage: Weshalb ist bei Notonecta und Hydrometra das Ventralauge das differenziertere und bei den anderen Wasserwanzen das Dorsalauge? Das differenzierte Auge soll dem Tiere dazu dienen, die Beute möglichst detailliert zu sehen. Erblicken nun Notonecta und Hydrometra die Beute tatsächlich mit dem differenzierten, ventral gelegenen Auge, erblicken tatsächlich die anderen Wasserwanzen mit dem differen- zierten dorsal gelegenen Auge ihr Opfer? Notonecta ist die einzige aller Wanzenformen, die sich auf dem Rüchen schwimmend fortbewegt, und Hydrometra ist die einzige aller Wanzenformen, die auf dem Wasser lebt. Infolgedessen muß bei Nofonecta und Hydrometra das differenzierte Auge gerade entgegen- gesetzte Lage haben wie bei den andern Wanzenformen; es muß ventral gelegen sein. Die Differenzierung des Wasserwanzenauges in ein Doppelauge steht mit der Lebensweise der Tiere in engstem Zusammen- hang.« Wie zu sehen, stützt sich Bedau auf rein biologische Gründe. Bevor ich auf das Doppelauge von Palaemon übergehe, will ich noch einige Worte über die Larvenaugen dieses Tieres einfügen. Ich habe solche von eben ausgeschlüpften Tieren (Taf. IV, Fig. 32, 33) geschnitten und den Bau derselben derart gefunden: Das Larvenauge ist ein zusammengesetztes Auge und besteht aus einer großen Anzahl von Ommen. Ein jedes Omma hat seine Corneafazette (Taf. IV, Fig. 34,35 CoL), die hier zum Unterschiede vom Omma des entwickelten Auges deutlich bikonvex ist, ferner zwei Corneazellen (Taf.IV, Fig.34, 35 CoC), vier Krystallzellen (Taf. IV. Fig. 34, 35 CrC) mit einer vierteiligen Anlage des Krystallkegels (Taf. IV, Fig. 35 Cr) und ein langes von Pigment umhülltes Rhabdom (Taf. IV, Fig. 34, 35 5). Nahe dem distalen Ende des letzteren zählt man vier Kerne (Taf. IV, Fig. 35 RCN), offenbar Retinulazellkerne. Überdies habe ich zwischen den Krystallzellen benachbarter Ommen sehr große Kerne, die ich am ehesten Pigmentzellen zusprechen möchte, gesehen. (Auf der Mikrophotographie Fig. 35 sind zwei solche Kerne in dem ersten Omma links nächst der Cornea zu sehen.) Die Interommal- räume sind im Verhältnis zu denen des entwickelten Auges sehr groß. Vergleiche ich nun den Bau des Haupt-, Neben- und Larvenauges, so scheint es mir, daß das Neben- auge in seinen distalen Partien dem Hauptauge, in seinen proximalen dagegen dem Larvenauge näher steht. Einen Unterschied erblicke ich bloß in der Anordnung des Pigmentes, das im Larvenauge nur die Rhabdome, im Nebenauge aber die ganzen Ommen und im Hauptauge abwechselnd beide diese Teile umhüllt. Aus dieser Betrachtung foigt, daß Haupt- und Nebenauge des Palaemon einander morphologisch durchaus nicht fernstehen und daß das erstere in seinem Bau gewissermaßen die Mittelstufe zwischen dem Larvenauge und dem entwickelten Auge bildet. Ich habe mich überzeugt, daß das Larvenauge keine doppelte Augenanlage aufweist und glaube daher, daß das Doppelauge einem einheitlichen Fazettenauge, wie es sich im jünasten Larvenzustande präsentiert, seine Entstehung verdankt, und zwar in folgender Weise: Durch das von oben einfallende Licht werden die dorsalen Ommen des Auges der pelagisch lebenden Larven am meisten getroffen. Sie antworten mit einer Überproduktion von dunklem Pigment, das in großen Mengen zwischen die Ommen hineinwuchert und so zunächst zu einer Schutzeinrichtung der lichtperzipierenden Nervenendapparate wird. Man kann sich weiter denken, daß bei der regen Erzeugung des Pigments, die während der Entwicklung der Ommen derart im Vordergrunde steht, die Denikschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 43 324 Dr. E. Trojan, übrigen Teile des Omma in ihrer Ausbildung zu kurz kommen; sie bleiben infolgedessen in der Weiter- entwicklung stecken und werden zu Nebenaugen-Ommen. Die übrigen Ommen des Larvenauges setzen ihre Entwicklung normal weiter fort und werden zu Hauptaugen-Ommen. Es wäre somit die Entstehung des Doppelauges aus dem einheitlichen Larvenauge eine Anpassungserscheinung an die pelagische Lebensweise. Der endgültige Bau des Nebenauges verrät, daß dieses Organ nicht wie das Hauptauge für ein detailliertes Sehen eingerichtet ist, denn bei dem geringen Krümmungsradius divergieren seine Fazetten ganz bedeutend. Dadurch wird zwar das Gesichtsfeld größer, die Sehschärfe umso geringer. Bei den viel spitzeren Kegeln ist auch die Zahl der für die Bilderzeugung wertvollsten nahezu oder gar nicht gebrochenen Achsenstrahlen eingeschränkt; es kann von diesen allerdings nicht viel verloren gehen, denn unmittelbar hinter den sehr kurzen Kegeln liegen gleich die lichtperzipierenden Elemente. Wenn auch alle in das Nebenauge eindringenden Lichtstrahlen wegen der kurzen Dimension der Kegel nicht konzentriert werden können und so für die Bilderzeugung nicht in Betracht kommen, müssen sie für die jeweils ein- dringende Lichtmenge in Rechnung gezogen werden. Und so empfindet meines Erachtens das Tier gerade vermöge des Baues der Ommen im Nebenauge jede Schwankung von Licht und Dunkel und ferner wegen der großen Divergenz der Einzelaugen und ihrer vortrefflichen Isolierung durch reichliches Pigment die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen sehr fein, was natürlich für ein Wesen von pelagischer Lebens- weise wie die Crevette von höchster Bedeutung sein muß. So stelle ich mir die physiologische Bewertung des Nebenauges von Palaemon vor. In dieser Richtung stimme ich mit Rädl, also jenem Autor, dessen morphologischer Auffassung des Nebenauges ich nicht beipflichten konnte, überein. Wer Gelegenheit hatte, die obenzitierte Schrift (1901) Rädls näher kennen zu lernen, wird zugeben, daß das 11. und zugleich letzte Kapitel jener Studie, das lediglich der physiologischen Beurteilung der Doppelaugen gewidmet ist, viel gelungener und wertvoller genannt zu werden verdient als der vorangehende morphologische Teil. Weil mir die dort mitgeteilten originellen Experimente und Beobachtungen von großem Interesse scheinen zu sein und bisher in der einschlägigen Literatur wenig Beachtung gefunden haben, will ich auf die Ausführungen jenes Verfassers näher eingehen. Die Doppelaugen der Arthropoden haben mehrmals schon eine physiologische Beurteilung erfahren. So war es zunächst Notthaft (1880) der an Raubinsekten den oberen Teil des Auges grob, den unteren und vorderen dagegen fein fazettiert sah und daraus den Schluß zog, daß dieser letztere Teil, da er offenbar ein besseres Sehen gestatte, beim Erjagen der Beute äußerst zweckmäßig sei und sich speziell bei jenen räuberischen Tieren ausgebildet habe. Es wäre seiner Meinung nach der grobfazettierte Teil der normale, der andere dagegen der besondere. Rädl wendet ganz treffend ein, daß gerade das Gegenteil zutrifft; denn vergleichen wir Tiere, deren Augen einfach sind, mit solchen, die Doppelaugen tragen, dann finden wir, daß der feinfazettierte Teil allen gemeinsam, also- normal sei, während der grobgebaute, seltener vorkommende als besonderer Anhang zu betrachten sei. Exner (1891) halte dafür, daß dort, wo er bei Doppelaugen den unteren Teil fein, den oberen dagegen weniger fein gebaut gefunden hat, dieser letztere dem Bewegungssehen, der erstere dem Formsehen diene. Das stimmt, meint Rädl zunächst nicht ganz für die Eintagsfliegen: es fangen zwar die Männchen die Weibchen im Fluge, bei der Paarung habe er jedoch beobachtet, daß die Männchen stets unten seien, ihre unteren Augenteile wären somit zwecklos. Auch für Tabanus, Blepharocera und andere Fliegen passe die Auslegung Exners nicht. Diese Tiere seien zwar Raubinsekten, aber nur insofern, als sie den Wirbeltieren Blut aussaugen. Sollten sie zum Wahrnehmen eines Rindes Doppelaugen notwendig haben, wo andere Fliegen schon mit einfachen Augen viel Kleineres sehen? Mir scheinen indessen beide Einwände Rädl!’s nicht kräftig genug, um Exner zu widerlegen. Was zunächst die Eintagsfliegen betrifft, so möchte ich die Worte Bernhards (1907, p. 468) hier anführen: »Die in großen Schwärmen auf- und abtanzenden Individuen sind ausschließlich die in großer Überzahl vorhandenen Männchen. Die Weibchen sitzen unterdes ruhig im Grase und beteiligen sich nicht n dem Tanz. Ab und zu steigt jedoch eines der Weibchen in schräg aufwärts gerichtetem Flug über den Auge von Palaemon squilla. 325 Schwarm der tanzenden Männchen hinweg in die Höhe. Sofort stürzen sich diese in größerer Anzahl auf das Weibchen und suchen zur Copulation zu gelangen. Schließlich gelingt es einem Männchen, den Thorax des über ihm befindlichen Weibchens mit den langen Vorderbeinen zu umklammern und durch Aufwärtskrümmen des Abdomens seinen doppelten Penis in die getrennt mündenden Oviducte (Vagina) einzuführen. Das Pärchen erhebt sich darauf in die Lüfte und entschwindet gewöhnlich dem Auge. Etwa nach 10 Minuten, solange bleiben Männchen und Weibchen in Copula, steigt das Pärchen hernieder und trennt sich voneinander.« Ich glaube, daß dieser Beschreibung zufolge der obere Teil der Augen der ihm von Exner zugesprochenen Aufgabe vollkommen genügt; ob nun der untere zwecklos sei, wie Rädl meint, ist eine andere Frage. Zunächst müßten wir die Biologie der Eintagsfliege als Imago besser kennen lernen; sie ist uns, obzwar jener Zustand nur eine Spanne Zeit währt, noch nicht ganz bekannt. Und sollte die Beobachtung zu einem negativen Resultate führen, wer sagt uns dann, daß wir am Ende der Entwicklung der Doppelaugen der Ephemeriden stehen? Vielleicht sind sie in Rückbildung begriffen. Was aber die anderen Fliegen anbelangt, scheint mir Rädl deren Biologie nur von einer Seite, und zwar der der Selbsterhaltung zum Einwand heranzuziehen; den anderen Faktor, den der Arterhaltung berücksichtigt er überhaupt nicht. Gerade in der letzten Zeit hat Dietrich (1909, p. 529), wenn auch nicht für Tabaniden, so doch für die ihnen nahestehende Familie der Simuliden einen glänzenden Beweis erbracht, daß das differenzierte Auge der Männchen dieser Tiere vorzüglich dem letzteren biologischen Zwecke diene. Die Versuche, bei Hochzeitsflügen und Schwärmen Simuliden-Fliegen einzufangen, ergaben fast ausnahmslos nur männliche Tiere als Beute; die Weibchen schwebten offenbar höher, so daß sie das Netz nicht erreichte. Dietrich weist mit Recht auf den analogen Fall bei den Ephemeriden hin und meint, daß auch hier das dorsale, differenzierte Auge den Männchen dazu diene, die über ihnen schwebenden Weibchen wahrzunehmen. Es macht ihm ferner die Wahrnehmung, daß bei nichträuberischen Fliegen bloß die Männchen mit Doppelaugen ausgestattet sind, die Annahme einer sexuellen Bedeutung dieser Gebilde höchstwahrscheinlich. Es erübrigte zur vollkommenen Beweisführung der Richtigkeit der Annahme Dietrich’s nur noch die Familie der Empiden, bei denen das differenziertere Auge zum Unterschiede von anderen nicht auf der Dorsalseite, sondern auf der Ventralseite liegt, auf ihr Verhalten zur Paarungs- zeit zu prüfen; ergäbe sich’s, daß hier die Weibchen tiefer schwärmen als die Männchen, dann ist der Sexualcharakter des differenzierten Auges für jene Tiere einwandfrei dargetan. Rädl beurteilt weiter Chuns Theorie der Doppelaugen, die sich im Wesentlichen mit der Exners deckt und überdies besagt, daß Doppelaugen insbesondere für Tiere im Halbdunkel von Bedeutung sind. Nun aber seien weder Palaemon noch Squilla Tiere aus der Dämmerungszone des Meeres und hätten doch Doppelaugen. Das aber habe wohl Chun richtig erkannt, daß nur die in der Tiefsee pelagisch lebenden Kruster vollkommen differenzierte Doppelaugen besitzen, nicht aber solche, die am Boden des Meeres verbleiben. Gegen Kellog (1898), der die differenzierten Augen des Dipters Blepharocera capitata bei Männchen dahin erkläre, daß gerade diese Tiere, die den Warmblütern das Blut aussaugen, ihre Beute besser sehen müssen, wendet Rädl ein, daß viel eher die Weibchen, die ja vom Nektar kleiner Blumen sich nähren, solche Augen nötig hätten. Zimmer (1898) deute die Doppelaugen der Männchen von Ein- tagsfliegen dahin, daß diese Tiere in der Dämmerung schwärmen und die Weibchen zwecks Begattung besser bemerken können. Es seiübertrieben, meint Rädl, daß die Ephemeriden in der Dämmerung fliegen; sie schwärmen im Sommer bereits um 4 Uhr nachmittags. (Hat der Autor auch die Paarung der Tiere um diese Zeit schon beobachtet?) Miltz (1899) bediene sich für das Polyphemidenauge der Chun’schen Erklärung, daß nämlich das Doppelauge dieser Tiere eine Anpassungserscheinung an die Dämmerungs- zone, in der sie leben, sei. Rädl! kommt es merkwürdig vor, daß Cladoceren, die gerade in dieser Zone ihre Zufluchtsstätte haben, nicht ebensolche Doppelaugen aufweisen. Gegen alle bis dahin unternommenen Erklärungsversuche der Doppelaugen hat Rädlim Einzelnen etwas einzuwenden. Er meint, jene Deutungen können auch nicht das Richtige treffen, weil sie auf schlechtem Grund stehen,nämlich der Idee Johannes Müllers, derzufolge die Fazettenaugen dem Formsehen dienen, Da suche man überall die Retina und das Bildchen; je genauer dieses, desto vollkommener sei das 43° 326 Dr. E. Trojan, Sehen. Exner sei bisher der einzige, der auf einen fruchtbaren Gedanken vom Sehen, nämlich das Bewegungssehen als eine besondere Fähigkeit des Fazettenauges, gekommen sei. Nur habe er diese seine geistreiche Idee nicht zur richtigen Geltung gebracht, da er den Insekten auch ein Formsehen einräume und nicht genug Nachdruck darauf legte, daß die Perzeption der Bewegungen von der der Formen ganz unabhängig sei. Und gerade deshalb, weil man bisher immer wissen will, wie ein Tier mit Fazettenaugen die Dinge ansieht, ohne sich zu fragen, ob es dieselben überhaupt schaue, sei man zu Resultaten ge- kommen, wie, daß das Fazetlenauge für das Formsehen sehr schlecht sei, oder gleich Forel und Plateau, daß das Scheitelauge mancher Insekten trotz seiner morphologischen Entwicklung physiologisch wertlos sei. Rädl ist im Gegenteil der Ansicht, daß die Augen der Insekten höchst vollkommen funktionieren, allerdings nicht im anthropozentrischen Sinne, sondern einem ganz anderen. Die Arthropoden sehen über- haupt ganz anders als der Mensch; dafür bringt der Autor einige seiner Betrachtungen zum Beweis. Er setzte einige Daphnien in ein Uhrglas, das von unten verfinstert, von oben beleuchtet wurde; mit wenigen Ausnahmen schwammen alle Daphnien mit dem Rücken nach oben. Wurden sie im selben Glase dagegen nur von unten belichtet, so legten sie sich auf den Rücken und schwammen auch in dieser Lage. Warum kehren die Daphnien dem Lichte ihren Rücken? Die Augen dieser Tiere seien daran schuld. Dies hat der Autor an Simocephalus klar beobachten können. Wurde ein solches Tierchen unter das Deckglas auf dem Rücken liegend gebracht, dann drehte es sich, wenn man den Kreuztisch bewegte, mit seinem ganzen Körper im gleichen Sinne um sein Auge herum. Umgekehrt konnte Rädl auch das Auge allein durch wechselnde Belichtung zu deutlichen Bewegungen veranlassen. Vermöge der Augenmuskeln stellen also Daphnien und Simocephalns den Scheitelpunkt ihrer Augen in den Strahlengang, worauf sich erst dann der Körper dementsprechend phototropisch dreht. Dies geschieht ganz mechanisch und wurde auch bei Embryonen im Mutterleibe beobachtet. Auch bei vielen anderen Cladoceren und Copepoden hat Radl solche Bewegungen feststellen können. Und da die Polyphemiden, was den Augenmuskelapparat anbelangt, den Daphniden ähnlich seien, könne man annehmen, daß, da sie gegen Licht viel empfindlicher sind und viel energischer reagieren, sie sich ebenso zum Licht orientieren, und damit stünde man der physiologischen Erklärung ihrer Doppelaugen näher: die obere Partie des Auges hier ist empfindlicher für Lichtschwankun- gen als bei Daphnia. Hierauf zieht Räd| einen Vergleich zwischen der Funktion der Cladocerenaugen und den Statocysten; durch diese orientieren sich die Tiere zum Erdmittelpunkt, durch jene zur Licht- quelle. Tiere mit Doppelaugen seien imstande, ihre Gleichgewichtslage zum Lichte leichter einzuhalten als solche mit einfachen Augen. Das lehre die Erfahrung an Libellen; solche mit einfachen Augen flattern wie Schmetterlinge unsicher, die mit Doppelaugen dagegen fliegen elegant und sicher. Kruster mit Doppel- augen dürften sich wohl zumeist in der Vertikalebene bewegen, also auf und nieder schweben. Rädl kommt endlich zu dem Schlusse, daß Tiere mit Doppelaugen sich viel leichter orientieren können als ohne solche. : Wie aus meiner physiologischen Beurteilung des Nebenauges zu ersehen, bin ich zu der gleichen Auffassung gekommen; schreibe ich doch diesem Organ eine erhöhte Unterscheidung der Lichtquantitäten zu. Ich möchte noch hinzufügen, daß gerade die dorsale Lage desselben für den Kruster mit pelagischer Lebensweise zu Orientierungszwecken von eminenter Bedeutung sein kann. Darin aber kann ich Radl nicht zustimmen, wenn er meint, daß das Fazettenauge nicht mehr leisten sollte, als Licht und Dunkel von- einander zu unterscheiden; dazu würden viel bescheidener gebaute Organe genügen als Fazettenaugen von jenem komplizierten Bau mit Cornealinsen, dioptrischen Apparaten, Retinulae, Pigment und Tapetum sowie der Wanderfähigkeit der beiden letzteren Gebilde. Und es hieße auch von einer Anzahl tatsächlich gediegener Beobachtungen aus der Natur über Lebensgewohnheiten verschiedener Arthropoden im Hinblick aufihren Gesichtssinn nichts wissen wollen. Rädlist meiner Ansicht nach hierin zu weit gegangen. Es mag ja sein, daß in dieser Richtung viel gesündigt wird, namentlich dann, wenn das Sehen der Arthro- poden nach anthropozentrischem Maß beurteilt wird. So heißt es immer, alle Tiere mit Fazettenaugen sehen schlecht, natürlich in unserem Sinne »schlecht«, sollte hinzugefügt werden; von einem richtigen Standpunkt aus wird man wohl bekennen, daß sie soviel sehen, als der Lebensweise eines jeden entspricht, Ange von Palaemon squilla. 327 Der Subocularraum. (Taf. II, Fig, 81.) Unterhalb der Basalmembran breitet sich der bereits mehrmals erwähnte suboculare Raum in Form einer nahezu halben Hohlkugel aus. Man findet hier mehr oder weniger Pigment und weniger oder mehr Tapetum, je nachdem das Auge ein Dunkel- oder Lichtauge gewesen war, ferner Blutgefäße. Ein ganz besonders Gepräge geben aber diesem Raume die ungemein zahlreichen, nach den Ommen zu Bündeln vereinigten Nervenfasern, die alle zur Achse des Augenstieles konvergierend in einer etwa doppelten Rhabdomlänge durch diesen Raum ziehen. Sie erreichen alsbald das Retinaganglion. (Taf. I, Fig. 7, Taf. II, Fig 8, Taf. IV, Fig. 34, 35 GR.) Auf den ersten Blick scheint das Retinaganglion einfach gebaut zu sein und bloß aus einer distalen konzentrischen Kernzone und einer proximalen palissadenähnlichen Nervenfaserbündelschichte zu be- stehen. Bei näherem Studium erkennt man jedoch, daß die Verhältnisse des histologischen Baues dieses Ganglions viel komplizierter sind. Ich unterscheide in der Kernzone zweierlei Kerne und zwar peripher solche von Bindegewebszellen (Taf. IV, Fig. 30, 31 CCN), die denen von anderen Stellen des Augenstieles vollkommen gleichen und zentral einen Haufen von Ganglienzellkernen (Taf. IV, Fig. 30, 31 GEN). Weil wir bereits im gangliösen Teil des Auges sind, kann alles Bindegewebe mit Neuroglia bezeichnet werden und es stellt sich somit die Kernzone folgendermaßen dar: Eine Neurogliakapsel mit einschichtiger Decke und einschichtigem Boden schließt einen Polster von Ganglienzellen allseits ein. Eng nebeneinander ziehen die Nervenfaserbündel durch diese Kernzone hindurch. Ganz merkwürdig schien mir das Verhalten der Ganglienzellkerne gegenüber den Nervenfaser- bündeln, da sie sich zu ihnen mitunter in Ketten anreihen (Taf. IV, Fig. 30). Man wird unwillkürlich zu der Vermutung verleitet, daß da zwischen Fasern und Ganglienzellen irgendein Zusammenhang bestehe; nachweisen konnte ich einen solchen nicht. Die mittlere Partie des Retinaganglion ist charakteri- siert durch den besonders stark hervortretenden Verlauf der Nervenfaserbündel; ich will diese Zone ihres Aussehens wegen kurz Palissadenschichte nennen (Taf. 1, Fig. 7, Taf. IV, Fig. 30 P). Wiederholte Zäh- lungen an Medianschnitten durch das Auge ergaben stets eine Übereinstimmung in der Zahl der Rhabdome und der Neivenfaserbündel in dieser Zone — sie schwankten zwischen 95 und 110 — und ich bin daher überzeugt, daß die Selbständigkeit eines jeden Omma bis in diese Zone gewahrt bleibt. Übrigens ist auch noch weiter einwärts für die Isolierung der einzelnen Bündel hinlänglich gesorgt. Unterhalb der Palissaden- schichte breitet sich nämlich ein dichtes Neurogliageflecht aus; dieses sendet zwischen die einzelnen Bündel Geflechte hinein, so daß jene ganz umsponnen erscheinen. Überdies habe ich längs eines jeden Bündels eine besonders starke Faser distal ziehen und in der halben Höhe der Palissaden rechtwinkelig dorsoventral umbiegen gesehen. Sie löst sich wie alle ihresgleichen in ein dünnes Geflecht feinster horizontal verlaufender Gliafasern auf. Bisweilen trifft es sich an gut gefärbten Schnitten, daß man neben einem jeden Bündel in der Mitte der Palissadenschichte einen dunklen, von einem lichten Hofe umgebenen Punkt liegen sieht; es ist nichts anderes als je ein Querschnitt durch die umgebogene Neutoglia-Haupt- faser, die innerhalb eines Kanals zu verlaufen scheint. In dem obenerwähnten, basal von der Palissaden- schichte gelegenen Neurogliageflecht liegen unregelmäßig verstreut spärliche Ganglienzellen. Von allen Angaben, die über die optischen Ganglien der Kruster gemacht worden sind, will ich hier sowie im Folgenden nur die Parkers (1895) und Rädls (1900, 1902) zum näheren Vergleiche heran- ziehen, da ich den Eindruck gewonnen habe, daß diese zwei Autoren jenem Gegenstande die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt haben, und zwar der erste vornehmlich an Astacus, der letztere an Sguilla. 328 Dr. E. Trojan, Parker (1895, p. 40) unterscheidet am Retinaganglion von außen nach innen vier Schichten: 1. eine äußere Kernschichte, 2. eine Faserschichte, 3. eine innere Kernschichte, 4. die Punktsubstanz. In der ersten und dritten Schichte sieht er eine der ektodermalen Neuroglia nicht unähnliche Substanz; die Faserschichte soll keine Kerne enthalten und demzufolge nicht selbständig sein, sondern ein Produkt der beiden früher erwähnten. Ich möchte hiezu bemerken, daß Parker die zweite Schichte nicht richtig beurteilt hat; ıhm sind die Ganglienzellkerne entgangen, was sehr leicht geschehen kann, wenn nicht nach Kernstrukturen differenziert wird. Daß er statt einer Kernzone eine kernlose Faserzone setzt, auch dies kann ich mir leicht erklären; offenbar waren es keine Medianschnitte durch das Auge, nach denen Parker seine Diagnose gestellt hat; auch ich besitze Schnitte, die zu der Parker'schen Auffassung verleiten, doch muß man bei solchen darauf Bedacht nehmen, daß die Neurogliakapsel in ihnen mehr oder weniger schief getroffen ist, daß sie ferner gegen den Rand hin die Flächenansicht der Decke und des Bodens bieten und daß gerade hier auch der Ganglienkernhaufen an Dicke abnimmt, so daß er endlich ganz fehlt und wir lediglich Neuroglia im Paratangentialschnitt antreffen. Was nun die vierte Schichte, die »Punktsubstanz« anbelangt, sah Parker bereits die regelmäßige Anordnung der Faserbündel, erkannte auch ihre innere Beziehung zu den Ommen und billigte vollkommen die von Viallanes (1892) gebrauchte Bezeichnung derselben als »Neurommatidien«. Er will weiter gesehen haben, daß sich eine jede Faser des Bündels im Innern der Punktsubstanz in Dendriten auflöse. Hier endigen seiner Ansicht nach die proximalen Fortsätze der Retinulazellen oder die Neuronen erster Ordnung. Andere Dendriten, den ersten opponiert, sollen sich zu Fasern vereinigen und diese letzteren die Punktsubstanz proximal verlassen; das seien die Anfänge der Neuronen zweiter Ordnung. Diesen Befund Parker’s kann ich für Palaemon nicht bestätigen; im Gegenteil, unzähligemale konnte ich Fasern der Bündel durch die ganze Dicke der sogenannten Punktsubstanz ununterbrochen verfolgen. Allerdings war es mir unmöglich zu konstatieren, ob alle Fasern der Bündel diesen Verlauf nehmen; es könnte ja sein, daß nur ein Teil derselben sich in Dendriten auflöse; ich halte es aber für unwahrscheinlich und glaube, daß die obenerwähnte horizontale Faserschichte der Glia in halber Höhe der Palissaden Parker irregeführt hat. Ferner sei hier noch bemerkt, daß der Austritt der Fasern aus dem Retinaganglion in derselben Anordnung von Bündeln erfolgt wie ihr Eintritt, ein Umstand, den Parker nicht erwähnt, der mir jedoch auch für einen ununterbrochenen Verlauf der Fasern zu sprechen scheint. Das basale Neu- rogliageflecht hat jener Forscher übersehen. Rädl (1900, p. 582) erkennt am Ganglion retinae von Squilla folgende sechs Schichten: 1. Schicht der Neurogliazellen, 2. Schicht der Zellen mit langen horizontalen Fortsätzen, 3. innere Schicht der Neurogliazellen, 4. Punktsubstanzschicht, 5. Schicht der proximalen Neurogliazellen, 6. Schicht der proximalen Zellen mit horizontalen Fortsätzen. Einen Fortschritt gegen die obige Parker’sche Auffassung bildet zunächst die Erkenntnis der zweiten Schichte. Diese zeichne sich durch horizontal gestreckte Kerne, die Zellen mit je zwei langen, horizontalen Fortsätzen angehören, aus; jene Zellen sollen in ihrer Gesamtheit ein Geflecht bilden; ihre Natur kennt der Autor nicht. Ich sehe diese Zellen als Ganglienzellen an und zwar aus dem Grunde, weil ihre Kerne eine frappante Ähnlichkeit mit Ganglienzellkernen aus der Retinula haben. Die Punktsubstanz besteht nach Radl aus zwei Elementen, einem Neurogliageflecht und den Nervenknoten (meinenPalissaden). Das wesentliche bei seiner Auffassung dieser Nervenknoten ist, daß die aus den Ommen kommenden Nervenfasern sich an der distalen Grenze des Ganglions in ihre Fibrillen auflösen sollen. Einige von diesen gehen geraden Wegs proximal weiter, andere aber biegen mehr oder weniger nach den Seiten um und treten erst dann in die benachbarten Nervenknoten ein. Nach der dazugehörigen Abbildung träfe das erstere bei Squilla nur bei sehr wenigen’ zu, das letztere bei den meisten, ja die Umbiegung erfolgte, wie Rädl zeichnet, bis zur horizontalen Lage. Nach dem Durchtritt durch den Nervenknoten konvergieren wieder die einzelnen Fibrillen zu größeren Bündeln, um das Ganglion zu verlassen. Ich bin außer Stande gewesen, bei Palaemon etwas derartiges in der Palissadenschicht zu unterscheiden. Auf mich macht es, wie schon einmal erwähnt, den Eindruck, daß jedes Faserbündel nur aus den Fasern, die von dem entsprechenden Omma kommen, bestehe und ein selbständiges, isoliertes Element vorstelle. Die Bildungen von horizontalen Fasergeflechten glaube ich Auge von Palaemon squilla. 329 stets auf Rechnung der Glia setzen zu können. Bei Rädl vermisse ich die in der halben Höhe der Palissaden umbiegenden starken Gliafasern mit inrem Geflecht; vielleicht kommen sie bei Sguilla nicht vor. Als fünfte Schichte des Ganglions nennt jener Autor eine Zone proximaler bipolarer Zellen, als eiue sechste endlich eine solche von proximalen Neurogliazellen. Wenn ich von demselben Bestreben wie Rädl geleitet wäre, den Bau des Ganglions nach Schichten einzuteilen, dann würde die Schichte der Neurogliazellen nicht auf die letzte Stelle, sondern auf die vorletzte kommen; denn es breiten sich unmittelbar unter der Palissadenschicht Neurogliazellen mit ihren Fortsätzen zu einem dichten Geflecht aus. Die hier ver- sprengten spärlichen Ganglienzellen liegen stets weiter einwärts und genügen zur Aufstellung einer selbständigen Schichte nicht. Nachdem die Faserbündel das Retinaganglion verlassen haben, nehmen alle jene von ihnen, die der vorderen Partie angehören, ihren Verlauf nach hinten, die der hinteren Partie dagegen einen solchen nach vorn. Die Folge davon ist die Entstehung der ersten Nervenkreuzung (Taf. I, Fig. 7 X,). Es muß betont werden, daß diese Kreuzung antero-posteral und nicht dorso-ventral erfolgt, aus welchem Grunde sie auf Medianschnitten, die dorso-ventral geführt werden und auch das Nebenauge treffen (Taf. II, Fig. S) gar nicht zum Vorschein kommt. Die randständigen Bündel verlaufen am meisten geneigt; mit dem Abstande von der Ganglienknotenmitte nimmt ihre Neigung ab, so daß die zentralen nahezu senkrecht stehen. Ich möchte hier noch bemerken, daß die Kreuzung bündelweise erfolgt. Das erste optische Ganglion. (Taf. I, Fig. 7, Taf. II, Fig. 8, Taf. IV, Fig. 34 GO 7). Analog dem ersten besteht auch dieses optische Zentrum im Wesentlichen aus zwei Teilen und zwar aus einer peripheren Masse von Ganglienzellen und einer ‘zentralen von Nervenfasern. Die erstere wäre, was ihre Form anlangt, am ehesten mit einem Ring zu vergleichen, die letztere hat die Form einer dicken Kugelschale und füllt gewissermaßen die Öffnung jenes Ringes auf der proximalen Seite aus. Die Faserbündel treten an die stark vorgewölbte Außenseite dieses letzteren Gebildes heran; in den Ganglien- zellring habe ich sie nicht direkt eintreten, sondern stets nur seine Innenseite eng streifen gesehen. Dafür aber konnte ich des öfteren bemerken, daß deutliche Faserbündel aus diesem Ring an die Außenseite des zentralen Faserkörpers ziehen. Aller Wahrscheinlichkeit nach treten also die Fasern mit den Ganglien- zellen in Beziehung. Für die mehr axialen, von dem Retinaganglion kommenden Faserbündel, die wegen ihrer wenig oder gar nicht geneigten Lage den peripheren Ring niemals erreichen, scheinen besondere Ganglienzellgruppen zu bestehen. Auch hier sah ich ganze Ketten von Ganglienzellkernen die Nerven- faserbündel begleiten, welcher Umstand darauf hindeutet, daß die Ganglienzellen mit den Faserbündeln etwas zu tun haben müssen. Der kugelschalenähnliche Faserkörper ist mehr als doppelt so dick als die analoge Palissadenschichte des Retinaganglion; er läßt im Gegenteil zu jener die markanten Faserbündel vollkommen vermissen; hingegen ziehen zahllose Nervenfasern dicht aneinander gedrängt durch den- selben hindurch. Es ist mir trotz der beträchtlichen Dicke dieses Körpers gelungen, die eine oder andere Faser innerhalb desselben nahezu ganz zu verfolgen. Als Stützsubstanz dient natürlich auch hier wiederum Neuroglia. Ich habe nicht weniger als fünf konzentrische Lagen von Geflechten mit horizontal- verlaufenden starken Hauptfasern unterscheiden können und stelle mir vor, daß von diesen zahllose Zweige abgehen, die unter beständiger Teilung sich immer mehr verdichten, so daß es schließlich zu mehr oder weniger lockeren Zonen kommt, deren viele an diesem Ganglion unterschieden werden können und die sich besonders bei künstlicher Färbung in konzentrischen Bogenlinien deutlich abheben. Gliazell- kerne sah ich peripher um den ganzen Faserkörper und in seinem Inneren unregelmäßig verstreut; unter denen, die proximal lagen, verrieten mir zahlreiche Ganglienzellkerne die Anwesenheit der dazugehörigen Zellen; allerdings war es mir nicht möglich, dieselben näher kennen zu lernen. 330 Dr. E. Trojan, Parker nennt diesen Teil des Ganglions ganz analog jenem im Retinaganglion wieder die Punkt- subslanz. Er läßt in derselben eine jede der ein- und austretenden Nervenfasern in Dendriten aufgehen und kommt so zu der Aufstellung der Neuronen zweiter Ordnung. Diese sollen seiner Ansicht nach in der Punktsubstanz des Retinaganglion ihren Anfang nehmen, kreuzen hierauf einander, treten mit ihren Ganglienzellen in Verbindung und endigen in der Punktsubstanz des ersten optischen Ganglions. Ich habe ebensowenig wie in der Palissadenschichte oben, noch in der Faserschichte hier unten Dendriten nachweisen können. Rädl (1902, p. 55) sieht in diesem Ganglion den kompliziertesten Apparat der nervösen optischen Zentralorgane, beschreibt ihn ausführlichst und kommt dazu, nicht weniger als 19 Schichten in dessen Punktsubstanz bei Libelluliden zu unterscheiden. Nach ihrem Austritt aus dem ersten optischen Ganglion gehen die Nervenfasern die zweite Kreuzung. ein (Taf. I, Fig. 7 K,.) Von ihr gilt das von der ersten Gesagte bloß mit dem Unterschiede, daß die Fasern wegen des stark genäherten nachfolgenden Ganglions viel kürzer sind. Das zweite optische Ganglion . (Taf. I, Fig. 7, Taf. IT, Fig. 8, Taf. IV, Fig. 34 GO II) gleicht im Wesentlichen dem ersten. Unterschiede ergeben sich in folgenden Punkten: Der Ganglienzell- ring ist auf der einen Seite bedeutend stärker als auf der anderen, der Faserkörper etwas kleiner und hat ausgesprochene Brotlaibform; sein Gangliengerüst scheint im allgemeinen zarter zu sein als das des vorigen. Die Gruppierung der Ganglienzellkerne ist hier ebenso zu beobachten wie am ersten Ganglion. Ich glaube, daß Parkers Neuronen dritter Ordnung, die er hier bemerkt haben will, ebensowenig nach- weisbar sind wie oben die der ersten und zweiten Ordnung. Die aus dem zweiten optischen Ganglion austretenden Nervenfasern bilden ein dichtes Gewirr, das den ihm sonst beigelegten Namen der dritten Nervenkreuzung mit Rücksicht auf die beiden ersten kaum verdient. Dieses Gebilde löst sich alsbald proximalwärts in mehrere dicke Faserstränge auf, deren jeder in das dritte optische Ganglion (Taf. II, Fig. 8, Taf. IV, Fig. 34 GO III) zieht. Es ist schwer, die Form dieses Knotens zu schildern. Man könnte dieses Nervenzentrum am ehesten mit einem knollenartigen Gebilde mit runzliger Oberfläche vergleichen. An Schnitten sieht man, daß es aus mehreren kleinen dorsalen und einem überaus großen ventralen Knoten besteht, die insgesamt durch zahlreiche Fasern auf das engste miteinander zusammenhängen. Diese Teile bilden gewissermaßen die Fasersubstanz des dritten Ganglions, während an ihrer Peripherie größere oder kleinere Gruppen von Ganglienzellen gelagert sind; so fehlt es auch diesem optischen Zentrum an keinem der beiden wesentlichen Bestandteile. Um nur der Vollständigkeit Genüge zu tun, erwähne ich, daß Parker konsequenterweise hier Neuronen vierter Ordnung aufgestellt hat. Aus diesem letzten optischen Zentrum sieht man endlich einen dicken Nerv, den Nervus opticus heraustreten; er gehört jedoch mit einem ganz kurzen Stück dem Augenstiele an. Außer den genannten Teilen habe ich im Augenstiele noch Muskeln (Taf. II, Fig. S Mu), das oben- genannte starke Blutgefäß, ferner Coelomlücken (Taf. Il, Fig. 8 C) und Bindegewebspolster vorgefunden. Über die Ursachen der Pigment- und Tapetumwanderung. Das Interessanteste an Pigment und Tapetum im Fazettenauge ist ihre Wanderung. Es wurden wiederholt Versuche gemacht, die über die wahre Ursache dieser Erscheinung Aufklärung bringen sollten. Exner (1891, p. 160) war der erste, der sich die Frage vorlegte, »ob die Pigmentverschiebungen im Krebsauge direkte Lichtwirkungen oder ob sie reflektorisch ausgelöste Bewegungen sind«. Er machte Auge von Palaemon sgquilla. 331 {>} folgende Beobachtung: Exstirpierte Dunkelaugen verblieben trotz greller und lang andauernder Belichtung Dunkelaugen, exstirpierte Lichtaugen trotz vollkommener und langandauernder Verdunklung Lichtaugen. Daraus schloß jener Forscher, daß die Pigmentbewegungen reflektorisch ausgelöst sein dürften. Allerdings wäre seiner Meinung nach die direkte Lichteinwirkung nicht auszuschließen, denn man könne sich vor- stellen, »daß eine hinlänglich rasche Abnahme der Erregbarkeit nach Abtrennung des Auges auch die Ursache für das Verbleiben des Auges in dem Zustand sein kann, in welchem es sich in dem Momente der Exstirpation befindet«. Ich glaube aus den Worten Exners entnehmen zu können, daß es sich ihm bei diesen Versuchen bloß um eine vorläufige Orientierung gehandelt habe und er deshalb die Diagnose auf Dunkel- und Lichtauge nur nach der Erscheinung des Augenleuchtens gestellt hat, denn der Schluß aus diesem letztern Phänomen auf die jeweiligen Pigmentverschiebungen ist sonst nicht genug präzise. Gehen wir einmal der Erscheinung des Augenleuchtens auf ‚den Grund und vergegenwärtigen wir uns die Bilder des Inneren von Licht- und Dunkelaugen. Das Augenleuchten beim Fazettenauge tritt ein, wenn allen in das Auge einfallenden Strahlen vermöge der distalen Stellung des Irispigmentes der Weg zu den Rhabdomen offen steht und wenn diese statt von Pigment von großen Tapetummassen um- lagert werden (Taf. V, Fig. 37) ; die auf diese stark reflektierende Substanz auffallenden Lichtstrahlen werden in unser Auge zurückgeworfen und so »leuchtet« das Auge. Nun ist es meiner Ansicht nach ganz gut denkbar, daß dieses Leuchten eine zeilang andauern kann, vielleicht unter allmählicher Abnahme, von der unser Auge nichts merkt, wenn auch Pigment und Tapetum ihre Wanderung angetreten haben, das heißt mit anderen Worten, jene beiden Substanzen können bereits in ziemlich hohem Grade in den Erregungs- zustand versetzt worden sein und wir denken, sie stünden unbeeinflußt. Nur Schnitte durch das Auge können in solchen Fällen volle Klarheit bringen. Übrigens hat es sich nur um einen einzigen Fall gehan- delt, an dem Exner nach einem Zeitintervall von 17 Stunden seit der Exstirpation das Fortleuchten der Augen beobachtete. Es ist höchstwahrscheinlich, daß jener Krebs Pigment und Tapetum ohne Bewe- gungsvermögen in seinen Augen besessen hat. Bei den Hunderten von Crevetten, die ich beobachtete, fand ich manchmal Tiere, die bloß ein normales Auge besaßen; das andere blieb pechschwarz, also Dunkel- auge, selbst wenn ich das Tier stundenlang der grellsten Belichtung aussetzte; natürlich war auch der gewissermaßen umgekehrte Fall nicht selten, daß das eine Auge trotz aller Versuche Lichtauge blieb, während das andere normal auf Licht und Dunkel reagierte. Ja selbst solche Fälle kamen vor: In einem der beiden Augen änderte sich das Aussehen bei Belichtung und Dunkelheit bloß in einem Augenteil, in einem begrenzten Ommenbezirk; das übrige Auge reagierte gar nicht. Das alles sind Abnormitäten, die gar nicht so selten bei den Krebsen vorzukommen scheinen und daher bei Versuchen mit in Betracht gezogen werden müssen. Wichtig scheint mir durch Exners erste Versuche bereits die Feststellung der Tatsache, daß »die abgetrennten Augen in voller Lichtstellung verblieben waren«, obzwar sie eine Nacht hindurch im Dunkeln gehalten wurden. Ein anderer von demselben Autor beschriebener Fall ist auch höchst bemerkenswert. Von den im Dunkelkasten gehaltenen Tieren (Palaemon dürften es gewesen sein) ist eines aus dem Aquarium heraus- gesprungen und geriet in eine Tasse, die einige Zentimeter hoch Seewasser enthielt. Der Krebs zeigte am Schlusse des Versuches zum Unterschiede von allen anderen im Aquarium, also unter möglichst natür- lichen Verhältnissen gehaltenen, Lichtaugen. Exner macht gerade im Hinblick auf diesen Fall darauf aufmerksam, wie notwendig es sei, daß die Tiere bei Versuchen unter möglichst natürlichen Bedingungen gehalten werden müssen. Eine interessante Tatsache hinsichtlich der Pigmentverschiebung im Fazettenauge ist von Kiesel (1894) aufgedeckt worden. Dieser Autor stellte nämlich fest (p. 107), »daß in den Augen von Nacht- schmetterlingen, die beständig im Dunkel gehalten werden, das Pigment sich einmal periodisch nach der einen Richtung, dann nach der anderen Richtung verschiebt«. Die Regelmäßigkeit des Auftretens dieser Erscheinung brachte ihn auf den Gedanken, daß die eine Pigmentstellung auf den wachen Zustand, die andere auf den Schlaf des Tieres zu beziehen sei. Er schloß nun weiter: Nachdem die Nachtschmetter- linge bei Nacht lebhaft sind und ihre Augen leuchten, so ist die distale Stellung des Irispigmentes, die Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIL Bd Mn Jb) [60} [u6} Dr. E. Trojan, jenes Phänomen ermöglicht, die des wachen Zustandes; bei Tage ruhen jene Tiere zumeist in Verstecken; warum sollte man nicht annehmen, daß sie kein Schlafbedürfnis hätten? Ihre Augen leuchten jetzt nicht, denn das Irispigment sei proximal gegen die Rhabdome gerückt und das sei die Schlafstellung. Wie sich Kiesel die Ursache dieser Pigmentverschiebung vorstellt, geht aus diesen seinen Worten hervor (p. 116): »Von diesem rein äußerlichen Zusammenhang gelangt man aber zu einer inneren Beziehung durch die Beachtung des Umstandes, daß die Pigmentlage des nicht leuchtenden Auges viel weniger Licht ein- dringen läßt, als die Pigmentlage des leuchtenden Auges, daß also im ersten Falle ein Teil der den Schlaf verhindernden und störenden Ursachen beseitigt oder abgeschwächt wird. Es ist somit wohl denkbar, daß sich ein innerer Zusammenhang zwischen dem Bewußtseinszustand des Nachtschmetterlings und der Pigmentlage in seinem Auge derart ausgebildet hat, daß beim Erlöschen des Bewußtseins, beim Einschlafen des Insektes das Irispigment sich nach dem Hintergrunde des Auges verschiebt, einerlei, ob sich das Tier im Hellen oder ausnahmsweise im Dunklen befindet. Auch beim Menschen schließen sich ja analoger Weise beim Einschlafen stets die Augenlider, einerlei, ob er sich in einem hellen Raume befindet oder in einem völlig dunklen, wo kein Lichtreiz seinen Schlaf stört.« Parker (1897) machte die Frage, ob das Gehirn oder die optischen Ganglien oder direkte Lichteinwirkung die Pigmentverschiebungen verur- sachen, zum Gegenstande speziellen Studiums an Palaemonetes. Er versah ein Auge dieses Tieres mit einer Rußkappe, das andere ließ er frei. Dem Lichte ausgesetzt zeigte der Krebs an diesem typische Licht-, an jenem unvollkommene Dunkelstellung. Parker meint, daß durch den durchsichtigen Stiel des künstlich verdunkelten Auges doch etwas Licht gekommen sei und eine vollkommene Dunkelstellung des Pigmentes verhindert habe. Verdunkelte oder belichtete er nur einzelne Ommengruppen des Auges, dann vollzogen sich die Reaktionen auch nur innerhalb dieser Bezirke; die angrenzenden Ommen wiesen keine Ver- änderungen auf. Exstirpierte Dunkelaugen blieben bei andauernder Verdunklung Dunkelaugen; wurden sie aber nach der Exstirpation belichtet, dann gingen ihre Pigmente in Lichtstellung über. Exstirpierte Lichtaugen zeigten bei Verdunklung, einen einzigen Fall ausgenommen, nahezu keine Veränderung; im Lichte belassen wiesen solche Augen ebenfalls keine Veränderung auf. Derselbe Forscher exstirpierte ferner aus dem Auge die optischen Ganglien und stellte Versuche ganz analog den obenerwähnten an; die Resultate waren die gleichen wie mit ganzen exstirpierten Augen. Daraus schloß Parker, daß weder Gehirn noch die optischen Zentren an den Pigmentverschiebungen wesentlichen Anteil haben und daß jene auch ohne sie verlaufen; er entschied sich also für direkte Beeinflussung der Pigmentzellen von außen. Ich habe die Versuche Parker’s, was Exstirpationen anlangt, von einem anderen Standpunkte betrachtet und finde, daß sich allgemein nach gewaltsamem Eingriff Pigment und Tapetum der Lichtstellung nähern. Nur zwei der Parker'schen Versuchsreihen schienen dieser sonst überwiegend eintretenden Erschei- nung zuwiderzulaufen, und zwar, daß Dunkelaugen nach der Exstirpation bei andauernder Finsternis Dunkelaugen bleiben und exstirpierte Lichtaugen bei Verdunklung ihre Pigmente im Übergang zur Dunkelstellung zeigen sollten. Ich prüfte den ersten der beiden Fälle an Palaemon nach und stellte fest, daß die Dunkelstellung des Pigments und des Tapetums nach der Exstirpation nicht standhält, wie Parker behauptet, selbst wenn das Auge weiter im Dunkel gehalten wird. Ein Übergang zur Lichtstellung macht sich deutlich bemerkbar und kann schon mit freiem Auge beobachtet werden; während das dem Tiere belassene Auge pechschwarz bleibt, wird das daneben liegende grau. An Schnitten ist die Ver- änderung noch deutlicher wahrzunehmen und deshalb kann ich es mir nicht erklären, wie Parker zu dem obigen Resultate gekommen ist. Nicht um etwas besser fiel es mit der Nachprüfung des zweiten Falles aus. Parker bemerkte übrigens auch schon, daß die Pigmentverschiebungen nach Exstirpationen unvollkommen sind, doch soviel kann man ihnen entnehmen, daß sie im Sinne zunehmender Belichtung verlaufen. Bell (1906) stellte Versuche über den Einfluß farbigen Lichtes auf die Pigmentwanderung beim Krebs an. Er kam dank seiner exakten Methoden zu dem Resultate, daß gegen das rote Ende des Auge von Palaemon squilla. 339 Spektrums die Reizbarkeit des Pigmentes abnehme; sie steigere sich dagegen nach dem violetten Ende. Über die Ursache der Pigmentverschiebung gibt er kein Urteil ab. Eine ganze Reihe von Beobachtungen über Pigmentwanderung an Augen von Crevetten, Hummern und Nachtschmetterlingen verdanken wirv.Frisch (1908, p. 662 und 698). Der Autor meint, seine Resultate widersprächen einander zu viel, als daß er sich mit Bestimmtheit für den direkten Einfluß des Lichtes oder des Nervensystems als Ursache jenes Phänomens entscheiden könnte. Am ehesten glaubt er chemische Veränderungen als Grund annehmen zu können, da er den Übergang von Dunkel- in Licht- stellung bei Deilephila am raschesten in kurzwelligem Lichte des Spektrums vor sich gehen sah. Ich betrachte v. Frisch’s Versuche als sehr wertvoll und will zeigen, daß sich nahezu an allen ein einziges einheitliches charakteristisches Moment beobachten läßt, das zur Lösung der Frage viel beitragen kann. Zu diesem Zwecke muß ich allerdings die Versuchsprotokolle jenes Autors hier kurz wiedergeben. Es wurden Palaemon durch elektrische Ströme gereizt, indem die eine Elektrode in den Thorax, die andere ins Auge eingestochen, in einzelnen Fällen beide nur angelegt wurden. Die Tiere waren entweder ganz, oder vorher sagittal halbiert worden, oder es wurde mit exstirpierten Augen experimentiert. Das Resultat in allen Fällen war: Lichtaugen wurden nicht zu Dunkelaugen. Bei Hummern wurde eine Elektrode in den Rand der Cornea, die andere in das proximale Augen- stielende eingestochen. Während des Versuches brannte eine Lampe. An zwei Dun keltieren gingen die Augen inLichtstellung über, ohne daß eine Beschleunigung oder Verzögerung des Prozesses durch Elektrisieren hätte wahrgenommen werden können. An einem Dunkeltier, dessen Augen- pigment unter dem Einflusse der Lampe in Lichtstellung übergegangen war, konnten Dunkelaugen durch elektrische Reizung nicht erzielt werden. Deilephila und Chaerocampa wurden entweder aufgespießt und tetanisiert, oder es wurde der Kopf der Tiere sagittal halbiert und die Augen durch Einstich der Elektroden am Augenrand oder von der Hinterseite elektrisch gereizt. Der Autor verfügt bei dieser Versuchsreihe nur über Augenspiegelbefunde: Dunkelaugen geben das Leuchten trotz Reizung nicht auf, Lichtaugen werden nicht leuchtend. An exstirpierten Dunkelaugen von Palaemon, die in schwache und starke Salzsäurelösung gelegt und dunkel gehalten wurden, gingen die Pigmente in eine Mittelstellung, die eher zur Lichtstellung neigte; es geschah dies aber in derselben Zeit wie bei Vergleichsaugen ohne Einfluß der Säure. % Palaemon, die ins Dunkle gesetzt und daselbst wegen Sauerstoffmangel erstickt waren, hatten Dunkelaugen, ein anderes Tier, das desselben Todes, aber bei Licht verendete, hatte Lichtaugen. Wärme-, Radium-, Röntgenstrahlen übten keinen Einfluß auf die Pigmentwanderung aus. Wurden Palaemon-Augen abgekappt, das heißt ganz distal vom Stiel abgeschnitten und nachher belichtet oder ins Dunkle gestellt, so waren keine bestimmten Resultate zu vermerken; entweder lagerte das Irispigment zwischen den Kegeln oder war ein wenig proximal gerückt. Mit dem Augenstiel exstirpierte Dunkelaugen verloren das Leuchten, gleich ob Licht oder Dunkel ausgesetzt, Lichtaugen gewannen ihr Leuchten im Dunkelnicht mehr. Nach Durchschnitt des Nervus opticus war jede Pigmentwanderung unterbunden. Wurde einem Dunkeltier ein Auge verklebt, das andere aber nicht und hierauf die Crevette an das diffuse Tageslicht gesetzt, dann war nur in zwei Dritteln des freigebliebenen Auges das Pigment in Licht- stellung übergegangen, ein Drittel des Auges wies Dunkelstellung auf. Bei Tagtieren, denen auf sechs Stunden Belichtung ein Auge verklebt worden war, blieb das offene Auge nur zum Teil Lichtauge, sonst ging es in Dunkelstellung über; in dem verklebten Auge war zur Hälfte Dunkelstellung, zur Hälfte Über- gangsstellung zu bemerken. Wurden nur einige Fazetten des Auges belichtet, dann verteilte sich die Wirkung gleichmäßig auf alle Ommen des Auges. Ich habe die interessantesten der Versuchsresultate v. Frisch’s bereits durch die Art des Druckes deutlicher hervortreten lassen. Ihnen allen kommt das Gemeinsame zu, daß künstliche Eingriffe, ob sie 44% 334 Dr. EB. Trojan, sich nun auf das Tier oder direkt auf dessen Augen beziehen, zur vollen oder nahezu vollkommenen Licht- stellung führen. Es verhält sich hier also genau so wie bei den Versuchen Parkers. Übrigens erscheinen jene zwei unerklärlichen Beobachtungen dieses letzteren Autors, auf die ich oben hingewiesen habe, auch durch v. Frisch bereits widerlegt. Dafür fand ich aber wieder bei diesem zwei Versuchsergebnisse, die sich mit meiner Anschauung nicht recht vereinbaren ließen; sie betreffen die Beobachtungen bei Nacht- schmetterlingen und solche beim Erstickungstod der Crevetten. Zu den ersteren der beiden Fälle muß ich bemerken, daß es gerade bei diesen Versuchen recht bedauernswert ist, daß sich v. Frisch auf nichts anderes als Augenspiegelbefunde stützen kann; wir wissen von den Bewegungen der Pigmente in den Augen der Schmetterlinge heute noch zu wenig; nur so viel steht nach den neuesten Untersuchungen von Johnas (1911) sicher, daß die anatomischen Verhältnisse, was Pigment und Tapetum anbelangt, dort anders sind als bei Krebsen. Was nun den zweiten Fall betrifft, daß zwei Palaemon, die im Dunklen durch Erstickungstod eingegangen sind, bei Dunkelaugen blieben, so will er mir in Anbetracht der geringen Zahl der Versuchstiere wenig besagen. Ich habe des öfteren Licht- und Dunkelaugen von Tieren, die durch Ersticken verendet waren, geschnitten und gefunden, daß sie unerklärliche Abnormitäten in der Pigment- und Tapetumwanderung zeigten. So sah ich manchmal, daß Dunkeltiere die Dunkelstellung | nur zum Teil im Auge behielten; eine einheitliche Verschiebung war nahezu ganz ausgeschlossen. Es machte auf mich den Eindruck, daß der Erstickungstod in den Augen der Tiere ganz unberechenbare Zustände schafft. Somit kämen beide diese Fälle nicht recht in Betracht und die übrigen zeigen die schönste Übereinstimmung darin, daß nach gewaltsamen Eingriffen Lichtstellung ganz oder nahezu ganz eintritt. Was insbesondere v. Frisch’s Versuche mit elektrischen Strömen betrifft, glaube ich, daß beim Einstechen der Elektroden die nervösen Leitungsbahnen unterbrochen worden sein können. Daß ferner elektrische Ströme die Lichtstellung nicht beschleunigten, wie es der Autor allgemein gefunden hat, leuchtet mir ein, da auch sonst überall unter diesem Einfluß das Pigment sich zusammenballt, was der Dunkelstellung hier entspricht. Day (1911, p. 305) bemängelte an den Versuchen Bells und v. Frisch’s, daß beide Autoren bloß die Wellenlänge und nicht zugleich auch die Intensität des farbigen Lichtes berücksichtigt hätten. Er verfeinerte seine Methode dahin, daß er die verschiedenfarbigen Lichter unter Kontrolle des sogenannten Radiomikrometers bei gleicher Intensität einwirken ließ. Nichtsdestoweniger erzielte auch er im Wesent- lichen nicht mehr als jene beiden Autoren; er fand, daß das ultraviolette Licht für die Pigmentwanderung am wirksamsten ist. Deshalb sucht auch Day den Mechanismus der Pigmentwanderung in chemischen Veränderungen; ob diese aber direkt in den Pigmentzellen vor sich gehen oder von den Rhabdomen aus reflektorisch ausgelöst werden, weiß er nicht. In der letzten Zeit beschäftigte sich auch Demoll (1910, 1911) wiederholt mit den Bewegungen des Pigmentes in fazettierten Augen. Dieser Autor trachtet den Tieren bei seinen Versuchen so wenig als möglich Gewalt anzutun. Seine Versuche beziehen sich vornehmlich auf Schmetterlingsaugen, an denen mittelst Augenspiegels die Veränderungen der sogenannten Pseudopupille bei Gebrauch von Blenden studiert werden, ferner auf periodische Pigmentverschiebungen zur Tages- und Nachtzeit, sowie auf die Pigmentstellung während der Narkose. Auf Grund seiner Beobachtungen formuliert Demoll seine Ansicht über die Lageveränderungen des Pigmentes derart (1911, p. 179): »Vom Gehirn respektive Opticusganglion geht ein ständiger Tonus aus, der das Pigment in Dunkelstellung hält. Dieser Tonus kann entweder ganz aufgehoben werden, so durch Narkose und Schlafzustand. Damit tritt Hellstellung ein. Oder aber der Tonus geht nach wie vor vom optischen Zentrum aus, wird aber peripher unterbrochen. Und dies geschieht durch Belichtung der proximalen, zwischen Krystallkegel und Rhabdom gelegenen Teile der Irispigmentzellen. Diese Zellpartien muß die tonische Erregung passieren; sie kann es aber nur, solange diese Teile nicht von Licht getroffen werden. Trifft dies nicht zu, werden diese Bezirke beleuchtet, so wird der Tonus hier unterbrochen, es tritt Hellstellung ein und bleibt solange erhalten, als die Beleuchtungsverhältnisse gleich bleiben. Hierbei ist es gleichgültig, ob die betreffenden Teile der Iris- pigmentzellen pigmentfrei sind, wie zu Beginn der Belichtung, oder ob sie Pigment enthalten. Erst mit Auge von Palaemon squilla. 335 dem Aussetzen der Bestrahlung kann der nervöse Tonus wieder zur Wirkung kommen und damit das Pigment wieder in Dunkelstellung überführen.< Demoll geht den Mittelweg zwischen der Annahme vom direkten nervösen Einfluß und der direkten Einwirkung des Lichtes auf die Pigmentwanderung, denn er sagt an einer anderen Stelle, »daß der nervöse Einfluß sich darauf beschränke, Hellstellung in Dunkel- stellung überzuführen und weiterhin beizubehalten«; er will aber auch nachgewiesen haben, daß »die direkte Einwirkung des Lichts auf die Pigmentzellen die entgegengesetzten Reaktionen, nämlich Über- gang in Hellstellung und deren Erhaltung, bewirkt.« Zu dem letzteren muß noch hinzugefügt werden, daß der Autor nicht die Belichtung der ganzen Irispigmentzellen, sondern ausdrücklich die ihrer proximalen Teile meint. Und das scheint mir gerade der wunde Punkt des Demollschen Erklärungsversuches, der sonst von allen bisher gemachten entschieden das Beste trifft, zu sein. Es ist zunächst nicht einzusehen, warum allein die proximalen Teile der Irispigmentzellen eine so wichtige Rolle spielen sollen; ferner, gesetzt den Fall, daß dies zutreffe, wissen wir, daß die Lichtstellung nicht allein in der Aktion des Iris- pigmentes, sondern auch anderer Elemente, des Retinapigmentes und des Tapetums besteht. Soll die Unterbrechung des Tonus an der von Demoll bezeichneten Stelle alle jene Elemente in Aktion treten lassen, damit sie in die Lichtstellung übergehen? Es ist nicht anzunehmen, daß der Autor von dem Retina- pigment nichts wissen sollte, denn er erwähnt es in einer seiner früheren Schriften (1910, p. 456) und schreibt ihm auch Reaktionsfähigkeit zu. Übrigens ist dieBewegungsfähigkeit des Retinapigmentes neuerlich von Johnas (1911, p. 248) unzweifelhaft dargetan worden. Dieser Autor gibt zwar zu, daß siemanchesmal unbedeutend ist (Tagfalter), sie besteht aber doch und mitunter in ganz beträchtlichem Grade (Nacht- schmetterlinge). Wie verhält sich’s mit dem Tapetum? Wir wissen zwar, daß es in den Schmetterlings- augen durch lufterfüllte Tracheen ersetzt ist; es braucht somit dort nicht berücksichtigt zu werden. In Krusteraugen dagegen stellt es ein selbständiges Element, leichtbewegliche Zellen vor. Wie aus meiner Beschreibung der Bewegungen dieser Elemente hervorgeht, kommt für die Tapetumzellen die von Demoll bezeichnete Zone garnicht in Betracht. Man sieht, daß hier der Erklärungsversuch jenes Autors unzureichend ist. Ich bin hinsichtlich der Pigment- und Tapetumwanderung im Fazettenauge zu einer anderen Ansicht gekommen. Das kausale Moment dieses Phänomens liegt nicht anderswo als in nervösen Elementen. Es scheint mir kein leerer Zufall zu sein, daß an sämtlichen Schnitten durch Lichtaugen von Palaemon gerade die Zone der apikalen Enden der Rhabdome am dunkelsten erscheint; dort ist immer alies von Pigment so vollgepfropft, daß man seine Not hat, den etwas tiefer gelegenen Kern der achten Retinulazelle aufzufinden. Und wenn gerade hier für Palaemon früher eine Unterbrechung von Iris- und Retinapigment angenommen wurde, so glaube ich das Gegenteil hievon hinlänglich nachgewiesen und zugleich auf die typische Anordnung des Pigmentes, die für einen Zusammenhang desselben mit den Retinulazellen spricht, aufmerksam gemacht zu haben. Dieser Einblick in die Histologie des Palaemon-Auges und speziell seiner Pigment- und Tapetumzellen, sowie ferner die Übersicht aller in Bezug auf die Verschiebung dieser Elemente bisher unternommenen Versuche, ließen mich zur folgenden Auffassung des Prozesses kommen: Pigment- und Tapetumzellen stehen unter dem Einfluß des Nervensystems. Gesteigerte Lichtreize wirken von den Rhabdomen aus, gewaltsame Eingriffe wie Exstirpation, Dekapitieren und sagittales Halbieren des Tieres von den zentralen nervösen Organen aus lähmend, worauf der Expansionszustand der beiden Zellarten erfolgt. Dieses Verhalten wird auch sonst an anderen Pigmentzellen beobachtet, ist daher normal und deshalb möchte ich weder den Pigment- noch den Tapetumzellen der Fazettenaugen eine Sonder- stellung einräumen. 336 Dr. E. Trojan, Zusammenfassung. Wenn ich nunmehr die wichtigsten Ergebnisse meiner Studien am Auge von Palaemon squilla zusammenfasse, so sind es folgende: Das Auge von Palaemon ist ein Doppelauge, bestehend aus einem Haupt- und einem Nebenauge. Vom Hauptauge läßt sich folgendes sagen: Die Cornea eines jeden Omma ist konkavkonvex. Der Corneazellen gibt es 2; jede von ihnen hat einen langen, dünnen Kern. Die vier Krystallzellen des Omma lassen einen distalen und proximalen Teil von gleicher innerer Struktur und zwischen diesen beiden einen besonders differenzierten Krystallkegel unterscheiden. Der distale Teil der Krystallzellen heißt Zapfen; er hat Kuppelform, tritt zwischen den Cornea- zellen bis an die Cornea heran; er ist vierteilig; ein jeder Teil enthält einen sichelförmigen Kern. Der Krystallkegel ist ebenfalls vierteilig und besitzt an seinen beiden Enden je ein kurzes Ansatzstück mit äußerst feinkörnigem, leicht tingierbarem Inhalte. Die distale Endfläche des Krystallkegels weist des öfteren insbesondere bei Dunkelaugen ihrem vierteiligen Charakter entsprechend vier niedrige Buckel, bei Lichtaugen dagegen vier seichte Eindrücke auf; ob etwa ein osmotischer, bei Licht und Dunkel wechselnder Druck als Grund dieser Erscheinung angenommen werden soll, ist fraglich. Die Retinula besteht aus 8 Zellen, von denen eine als rudimentär aufzufassen ist, ferner aus Nervenfaserzügen und dem Rhabdom. Die 7 aktiven Retinulazellen bilden eine rosettenartige Gruppe um das apikale Ende des Rhabdoms und lassen proximalwärts ein spindelförmiges Raumnetz von Nervenfasern aus sich hervor- gehen; dieses gibt gegen die Achse des Omma wendeltreppenartig geordnete Neurofibrillenbündel (Plättchen), die das Rhabdom ausmachen, ab. Iris- und Retinapigment gehört einer Art von Pigment- zellen an; je zwei solcher Zellen legen sich zu einer kontinuierlichen, röhrenförmigen Scheide, die das ganze Omma und die dazugehörige Nervenfaser im subocularen Raume allseits umschließt, zusammen. Das Pigment ballt sich entweder im Plasma dieser Scheide peripher zusammen oder es streckt Fortsätze rhabdomwärts aus und verteilt sich ziemlich kompliziert in der Retinulazone zum Schutze der nervösen Endapparate des Auges. Der Zustand der Ballung tritt im Dunkel ein und wird als Dunkelstellung, der Expansionszustand, eine Folge der Belichtung, wird als Lichtstellung bezeichnet. Die Kerne der Pigmentzellen wandern einen Teil der Strecke mit den Pigmentkörnchen. Das Tapetum gehört ebenso wie das Pigment nur einer Art von Zellen, den Tapetumzellen an; diese haben keine bestimmte Gestalt, sondern verändern ihre Form sehr leicht; bald sind sie zu langen Fäden ausgezogen, die in Gitter zusammenfließen, bald schwellen sie zu voluminösen keulenförmigen Gebilden an. Die letzteren sind als Ballungszustand (Dunkelstellung), die ersteren als Expansionszustand (Lichtstellung) aufzufassen. Oft und leicht lösen sich auch Teile von Tapetumzellen los, fließen aber ebensoleicht mit den Mutterzellen zusammen. Die Kerne der Tapetumzellen sind die größten im Palaemon-Auge überhaupt; sie machen die Wanderung mit. Die zuführenden Blutgefäße endigen in Längsspalten der Basalmembran offen. Aus den Interommalräumen fließt das Blut durch das Basalmembrangitternach den Coelomlücken im Augenstiele ab. Das Nebenauge ist ein aus wenigen Ommen bestehendes Fazettenauge. Die Cornea eines jeden Omma ist konkavkonvex. Die Anzahl der Corneazellen beträgt 2. Die 4 Krystallzellen hier lassen zum Unterschiede von denen des Hauptaugen-Omma nur zwei Teile, und zwar einen distalen, den Zapfen und einen proximalen, den Krystallkegel unterscheiden; der erstere gleicht, was Form und Inhalt anbelangt, dem im Hauptaugen-Omma, der letztere unterscheidet sich von dem analogen dort durch stärkere Kon- vergenz der Kanten nach dem Augeninnern; er ist spitzzulaufend. An den Krystallkegel schließt im Neben- Auge von Palaemon squilla. 337 auge unmittelbar, also ohne Dazwischentreten eines Krystallzellenstieles das Rhabdom an. Dieses Gebilde ist dünn, fadenförmig und geht proximal in eine Nervenfaser über. Retinulazellen konnten nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, wiewohl Kerne an jener Stelle, wo solche im Hauptauge liegen, gesehen wurden. Die Interommalräume sind sehr groß und von dichtem Pigment erfüllt. Tapetum wird im basalen Teile des Organs angetroffen. Eine Wanderung war weder am Pigment noch am Tapetum zu bemerken. Das Larvenauge von Tieren unmittelbar nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei zeigt eine größere Anzahl von Ommen als das Nebenauge. Jedes Omma hat eine bikonvexe Cornea und zwei Corneazellen. Die 4 Krystallzellen lassen bereits einen vierteiligen Zapfen, ferner einen unentwickelten aus vier getrennten Anlagen bestehenden Krystallkegel und einen Krystallzellenstiel unterscheiden. An diesen letz- teren schließt das Rhabdom an; es ist dünn und fadenförmig. Über seinem apikalen Ende sind mehrere Kerne (Retinulazellkerne) sichtbar. In den Interommalräumen ganz nahe der Cornea liegen sehr große Kerne (Pigmentzellkerne). Das Pigment hüllt nur das Rhabdom ganz ein und lagert außerdem im subocu- laren Raume. Tapetum findet sich im Larvenauge nicht ver. Das Nebenauge steht morphologisch dem Hauptauge nicht fern. In Anbetracht des anatomischen Baues des Larvenauges nimmt es gewissermaßen die Mitte zwischen dem letzteren und dem entwickelten Hauptauge ein. Mit diesem hat es die Cornea, die Corneazellen, die Krystallzellen und die Zapfen, mit jenem die Krystallkegel und die Rhabdome gemein. Besondere optische Zentren für das Nebenauge gibt es nicht. In den Augen von ganz jungen Larven ist von einer Differenzierung in Haupt- und Nebenauge nichts zu merken. Eine solche dürfte erst in späteren Entwicklungsstadien des Auges eintreten, insofern als von den in gleicher Vervollkommnung fortschreitenden Ommen eine kleine dorsale Gruppe in der Ent- wicklung innehält, und zwar aus dem Grunde, weil bei der pelagischen Lebensweise des Tieres unter ständigem Einfluß des Lichtes von oben eine starke Vermehrung des dunklen Pigmentes hier auf Kosten der Entwicklung der übrigen Teile des Omma platzgreift. Die übrigen Ommen des Auges setzen ihre Entwicklung normal fort. Das Doppelauge von Palaemon squilla verdankt somit seine Entstehung der Anpassung. Die Wanderung von Pigment und Tapetum geht unter nervösem Einflusse vor sich und ist auf Ballung, beziehungsweise Expansion der beiden Substanzen zurückzuführen. 338 Dr. E. Trojan, L.iteraturverzeichnis. Andre, W. 1782. A microscopic description of the eyes of the Monoculus Polyphemus L. (Limulus). Phil. Trans., v. 72, p. 440 —444, t. 1. Bedau,K. 1911. Das Fazettenauge der Wasserwanzen. Z. wiss. 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Zone der Krystallkegel. Zone der proximalen plasmatischen Teile der Kıy- stallzellen. Äußere Tapetumzone. Zone des distalen Pigments (Irispigment). Kern der Ganglienzelle. Erstes optisches Ganglion. Zweites optisches Ganglion. Drittes optisches Ganglion. Retinaganglion. Auge von Palaemon squilla. zu den Tafeln. Zone der Retinulazellen. Zone der Rhabdome. Innere Tapetumzone. Erste Nervenkreuzung. Zweite Nervenkıeuzung. Basalmembran. Leibeshöhlenflüssigkeit. Subocularer Raum. Muskel. Nervenfaser. Nervenfibrillenbündel. Nebenauge. Palissadenschichte. Distale Pigmentzelle (Irispigmentzelle). Proximales Pigment. Kern der Pigmentzelle. Pigmentfreier Raum der Pigmentzelle. Retinulazelle. Kern der Retinulazelle. Rudimentäre Retinulazelle. Kern der rudimentären Retinulazelle. Tapetumzelle. Tapetum. Kern der Tapetumzelle. Blutgefäß. Tafell. Fig. 1. Ansicht eines Palaemon squilla von oben. Vergrößerung 2. » 2. Ansicht des Kopfes desselben Tieres von oben. Vergr. 4. 3. Ansicht eines Auges von oben. Vergr. 12. >» 4. Ansicht des Nebenauges mit Umgebung von oben. Vergr. 150. > 5. Ansicht eines Teiles der vom Nebenauge und dessen Umgebung abgezogenen Cornea von oben. Vergr. 500, > 6. Längsschnitt durch das Nebenauge. Vergr. 300. . Horizontaler Axialschnitt durch den Augenstiel. Vergr. 70. Trojan, E.: Auge von Palaemon squilla. "Mar. T. une uw 77 „ei #777 4 “s 3 » 4 ich AR RE rn Phot, Trojan, Lichtdruck von Carl Bellmann, Ges. m. b. H., Prag. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIII. Sell Tafelll. . Vertikaler Axialschnitt durch ein Lichtauge. Vergr. 50. . Paratangentialschnitt durch die Cornea. Vergr. 300. . Querschnitt durch einen Teil der Cornea. Vergr. 300. . Querschnitt durch einige Ommen in der Zone der Corneazellen. Vergr. 600. . Teil eines Längsschnittes durch ein Omma in der Zone der Corneazellen und des Zapfens. Vergr. 1000. . Querschnitt durch einige Ommen in der Zone der Zapfenbasis. Vergr. 300. . Querschnitt durch einige Ommen eines Dunkelauges in der Zone der Krystallkegel. Vergr. 300. . Querschnitt durch einige Ommen des Lichtauges in der Zone der Krystallkegel. Vergr. 300. . Querschnitt durch einige Ommen eines Lichtauges in der oberen Tapetumzone. Vergr. 400. . Querschnitt durch einige Ommen eines Lichtauges in der Zone der distalen Pigmentzellen. Vergr. 300. . Ein Rhabdom aus einem Lichtauge. Vergr. 1000 . Ein Rhabdom aus einem Lichtauge. Vergr. 1000. 20. Querschnitt durch einige Ommen eines Dunkelauges in der Zone der Retinulazellen. Vergr. 500. Trojan, E.: Auge von Palaemon squilla. CoBC9EC \ Sa & ame ih Phot. Trojan. Lichtdruck von Carl Bellmann, Ges. m. b. H., Prag. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIII. eauell 1. > 22 » 23 >24 » 25 >» 26 >30127; Tafel II. . Entpigmentierter Längsschnitt durch die Kernpartie der distalen Pigmentzellen. Vergr. 1000. . Längsschnitt durch die Kernpartie der Retinulazellen. Vergr. 1000. . Längsschnitt durch die Kernpartie der Retinulazellen. Vergr. 1000. . Längsschnitt durch die Kernpartie der Retinula- und Tapetumzellen. Vergr. 1000. . Längsschnitt durch einige Ommen eines Dunkelauges in der Zone der Retinula. Vergr. 300. . Querschnitt durch dieselbe Partie. Vergr. 300. 27. Längsschnitt durch einige Ommen eines Lichtauges in der Zone der distalen Pigmentzellen. Vergr. 300. . Dasselbe entpigmentiert. Vergr. 400. Trojan, E.: Auge von Palaemon squilla. Tat Ir RCN REN Phot. Trojan. Lichtdruck von Carl Bellmann, Ges. m. b. H., Prag. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIII. TareaV. 0298 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. Tafel IV. Teil eines Längsschnittes durch einige Rhabdome eines Lichtauges. Vergr. 1000. Teil eines Radialschnittes durch den subocularen Raum und das Retinaganglion. Vergr. 300. Teil eines Radialschnittes durch das Retinaganglion. Vergr. 300. Eine Palaemonlarve nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei. Vergr. 20. Der Vorderkörper derselben. Vergr. 60. Querschnitt durch ihren Kopf. Vergr. 150. Längsschnitt durch einige Ommen ihres Auges. Vergr. 500. Längsschnitt durch einige Ommen des Nebenauges. Entpigmentiert. Vergr. 300. Trojan, E.: Auge von Palaemon squilla. Phot. Trojan. Lichtdruck von Carl Bellmann, Ges. m. b. H., Prag. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIIl. aniell I atelave Fig. 37. Teil eines Axialschnittes durch ein Dunkelauge. Vergr. 360. » 38-45. Schnitte parallel der Oberfläche (paratangentiale) in dem Niveau der gleichen Zahlen rechts bei Fig. 37 und zwar: » 38 durch die Cornea, Vergr. 360. >» 39 durch die Corneazellen. Vergr. 360. > 40 durch die Zapfen, Vergr. 360. » 41 durch die distalen Teile der Krystallkegel. Vergr. 360. » 42 durch die proximalen Teile der Kıystallkegel, Vergr. 360. > 43 durch die Stiele der Krystallzellen. Vergr. 360. >» 44 durch den distalen Teil der Retinulazellen. Vergr. 360. » 45 durch den proximalen Teil der Rhabdome. Vergr. 360. » 46 Körperliche Darstellung eines Rhabdoms mit Retinulazellen aus dem Dunkelauge. Vergr. 360. er A “ & E.: Auge von Palaemon squilla. | Taf. V. CoC CoCN LIRERG . CrCN PCE L PCS CrCP RCR B NF = Kith.Kunstanstalt v.Friedr. Sperl Wien In. = nkschriften der kais.Akad.d.Wissensch.math. nalurw.Klasse Bd.LXXXVIT Nena a pr PEN KEN N LER x RE ar EN Tafel VL Tafel VI. Fig. 47. Körperliche Darstellung eines Rhabdoms mit Retinulazellen aus dem Lichtauge. Vergr. 360. » 48. Teil eines axialen Schnittes durch ein Lichtauge. Vergr. 360. » 49—56. Paratangentialschnitte in dem Niveau der gleichen Zahlen rechts bei Fig. 48, und zwar: » 49 durch die Cornea. Vergr. 360. » 50 durch die Corneazellen. Vergr. 360. » 51 durch die Zapfen. Vergr. 360. >» 52 durch den distalen Teil der Kıystallkegel. Vergr. 360. » 53 durch den proximalen Teil der Krystallkegel. Vergr. 360. >» 54 durch die Stiele der Kıystallzellen. Vergr. 360. » 55 durch den distalen Teil der Retinulazellen. Vergr. 360. >» 56 durch den proximalen Teil der Rhabdome. Vergr. 360. y Trojan,E.: Auge von Palaemon squilla. C CoCN L --49 | & EIER un a a ET ER Lith.Kunstanstalt v.Friedr. Sperl ‚Wien IV; . Autor del. Denkschrifien der kais.Akad.d.Wissensch.math. nalurw.Klasse Bd.LXXX VI ES DER DECKENBAU DER ÖSTLICHEN NORDALPEN VON D*- LEOPOLD KOBER Mit 7 Textfiguren, 2 Karten und 1 Tafel. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 23. MAI 1912. Die Anschauungen über die Bewegungsphänomene der Lithossphäre haben in den letzten Jahren eine wesentliche Erweiterung erfahren. Die Facieszonen der Alpen erscheinen heute in ganz neuem Lichte. Es vermag die Deckenlehre eine Reihe geologischer Erscheinungen der Alpen dem Verständnisse näher zu bringen, sie weitet den Kreis der Erkenntnis, aber am Horizont tauchen neue Probleme auf. Seit dem Jahre 1907 habe ich auf vielen Exkursionen die hier besprochenen Gebiete der Östalpen kennen gelernt. Untersuchungen in anderen Teilen der Alpen bestärken mich in meinen hier vertretenen Anschauungen. Es war notwendig, eine Anzahl neuer Bezeichnungen einzuführen, denen zum Teil ein provisorischer Charakter zukommt. Die Flyschzone ist nicht mehr in den Kreis meiner Betrachtungen eingezogen. Die Grenzen des besprochenen Gebietes sind gegeben durch folgende Linien: Im Osten die Thermen- linie, im Süden die Linie Aspang am Wechsel—Frohnleiten an der Mur, im Westen die Linie Leoben — Waidhofen a. d. Ybbs, im Norden die Grenze der Kalkalpen-Klippenzone. Der Bau der helvetischen Decke wird, wie gesagt, hier nicht berührt. Die lepontinische Decke wird in den Nordostalpen durch das Semmeringdeckensystem repräsentiert. Diese zerfällt in die Stuhleck-, die Mürzdecke und die Decke des Drahtekogl. Die ostalpine Deckenordnung wird gegliedert in das untere und das obere ostalpine Decken- system: Das erstere besteht aus altkrystallinem Grundgebirge und Carbon mit der voralpinen (Lunze:) Entwickiung auf dem Rücken. Diese voralpine-Decke zerfällt in die Frankenfelser, die Lunzer und die Ötscherdecke. Dem unterostalpinen Mesozoicum wird auch die ostalpine Klippenzone (pieninische und sub- pieninische Decke) zugeteilt. Das oberostalpine Deckensystem baut sich auf aus: Silur und Devon, darauf die Hallstätter und die hochalpine (Dachstein-) Decke. Die Hallstätter Decke ist dabei die tiefere Teildecke und zerfällt selbst wieder in eine Reihe selbständiger tektonischer Körper. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIII. Bd. 46 346 Dr.L.Kober, A. Die lepontinische Deckenordnung. Das Semmeringdeckensystem ' (IV). Die lepontinischen Decken erscheinen 130 km östlich vom Tauernfenster von neuem im Semmering. Das Semmeringdeckensystem gehört der obersten Abteilung der lepontinischen Decken an und ist die Fortsetzung der Radstätter Decke der Tauern einerseits. Anderseits aber zieht es ununterbrochen über das Leithagebirge in die Karpathen und bildet dort die hochtatrischen Fenster der inneren Kerngebirgs- reihe bis zur Tatra. Den Semmeringdecken kommt eine eigenartige Position zu. Sie bilden eine Brücke zwischen Ostalpen und Karpathen. Es ist daher wohl begreiflich, wenn wir in diesem Deckensysteme, das H. Mohr das zentralalpine genannt hat, eine spezifische stratigraphische und tektonische Aus- bildung vorfinden. Toula und Uhlig(2) haben auf die mannigfachen Beziehungen zu den Karpathen und zu den Radstätter Tauern hingewiesen. H. Mohr(3) hat den Semmering selbst in einer eingehenden Darstellung beschrieben. Heritsch(4) hat über die Abgrenzung gegen das ostalpine System einige Beobachtungen gemacht, ebenso auch Vetters (B). Ähnlich wie die Tauern bildet auch der Semmering ein Fenster, das von Norden gegen Südwesten ganz geschlossen, im Süden und Osten dagegen noch geöffnet ist. Diese Grenzlinie verläuft von Gloggnitz über Kapellen im Norden der Mürz bis gegen Kapfenberg bei Bruck, wird hier rückläufig und geht in einem Bogen über Stanz gegen Birkfeld. Wie ein mächtiger Keil schiebt sich von Osten her ein Glied der Karpathen in die Ostalpen ein, bildet einen großen gegen Südwesten absinkenden Decken- wall, der im Mürztal klar und deutlich eine Dreiteilung aufweist. ; Die Stuhleckdecke ist die tiefste und baut den Kamm des Stuhleck und der Pretulalpe, dann folgt die Mürzdecke, zu oberst die Decke des Drahtekogls. Verschieden breite Zonen mesozoischer Kalke trennen diese gegen Nord fallenden Teildecken, deren Länge zirka 50 km beträgt. Ob diesen Teilungen stratigraphische Abweichungen entsprechen, ist zur Zeit noch nicht zu ent- scheiden und wird sehr erschwert durch die großen tektonischen Veränderungen der Schichtfolge. Es ist doch sehr wahrscheinlich. In der Tat hat auch H. Mohr in der »Kirchberger Überfaltungsdecke« recht beträchtliche Differenzen in der Ausbildung des Mesozoicum aufgefunden, die ihn bewogen haben, eine »Sonnwend- und eine Kirchberger Entwicklung« zu unterscheiden. Im Gegensatze zu den Radstätter Decken ist im Semmeringsystem ein mächtiger Grundgebirgs- komplex von hochtatrischem Charakter vorhanden. Ein grobporphyrischer Granit ist in der Umgebung von Kirchberg in der tiefsten Decke aufgeschlossen, dieselben Granite trifft man auch in der höheren, der Mürzdecke, bei Krieglach, Mitterndorf und Kindberg. Diese Granite stecken als vermutlich intra- carbone Intrusionen in Hüllschiefern, welche von Granitapophysen durchbrochen werden und zum größten Teile Glimmerschiefer hohen Alters sind. Genau so wie im Leithagebirge oder in den Kleinen Karpathen folgen Quarzite und Quarzitschiefer mit Gips; ferner hat Mohr auch geringe Lager von Porphyroiden nachweisen können. Das Paläozoicum ist auf eine eigene Decke beschränkt, die Mohr »Wechseldecke« genannt hat. Dieselbe bildet die Unterlage der Stuhleck-Kirchbergdecke von Rettenegg über die Kampalpe bis Aspang und erscheint innerhalb des lepontinischen Systems als eine überaus fremdartige Einheit, die, wie es scheint, ihm gar nicht zugehört. Ihre Besprechung wird später erfolgen. Faßt man das mesozoische Deckgebirge der Semmeringdecken ins Auge, so findet sich in jeder der Teildecken über der permotriadischen Quarzitstufe Gyroporellendolomit von recht verschiedener Mächtigkeit. Sie schwankt innerhalb beträchtlicher Grenzen. Größere Dolomitlager finden sich in der tiefsten Decke im Sonnwendstein, aber auch in der höchsten, Gyroporellen führend, südlich von Kapellen. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 347 Die karnische und norische Stufe dürfte nicht entwickelt sein, erst im Rhät erscheinen wieder Schiefer und Kalke mit der schwäbischen beziehungsweise karpathischen Facies des Rhät, ähnlich wie in den Tauern. Pentacrinenkalke gehören dem Liasan. Bänderkalke und dickbankige weiße Kalke dem höheren Jura, die bis zu einem gewissen Grade als Äquivalente der hochtatrischen Jura- Neocomkalke erscheinen. Es sind dieselben Kalke wie in den Radstätter Tauern. Sie haben dort canaliculate Belemniten geliefert. Sie rücken somit die Annahme in den Bereich der Wahrschein- lichkeit, daß die lepontinischen Jurakalke ein zeitliches Äquivalent der hochtatrischen Jura-Neocom- kalke seien. Damit schließt in den Alpen die Schichtfolge. Die hochtatrische Oberkreide der Karpathen ist in den Nordostalpen noch nicht gefunden worden. Eine Ablagerung von höchstem Interesse befindet sich im Bereiche der Stuhleck-Kichbergdecke: Es ist das von Toula(6) entdeckte, von Mohr für anstehend gehaltene Vorkommnis von Eocän bei Kirch- berg am Wechsel. Auf die Bedeutung dieser Eocängesteine werden wir noch später zu sprechen kommen. Wir wollen vorläufig nur das Vorkommen als solches festhalten. Wie schon erwähnt, unterscheidet H. Mohr in der Kirchberger Decke die Sonnwend- und die Kirch- berger Entwicklung, erstere mit mächtiger Dolomitentwicklung in der unteren Trias, letztere charakterisiert durch die massigen Jurakalke und das Fehlen des Rhät und des Gyroporellendolomits. Den Ausführungen Mohr's dürfte aber nicht die volle Beweiskraft zukommen, da auch in der Kirchberger Entwicklung seinen Profilen nach Triasdolomit vorkommt und gerade die von ihm beschriebene Differenzierung des Mesozoi- cum eher als eine Folge mächtiger tektonischer Umformung erscheint. Weit mehr als die Radstätter Tauern stehen die Decken des Semmering zufolge dieses stratigraphi- schen Aufbaus der hochtatrischen Decke der Karpathen nahe und auch in der Lokaltektonik zeigen sich verwandte Züge. Limanovski’ hat in letzter Zeit in der Tatra eine Reihe schöner Falten in der hochtatrischen Serie nachgewiesen. Auch im Semmering herrscht derselbe Bauplan. Nur sind die liegen- den Falten mächtiger, die Erscheinung noch gewaltiger. Aber wenn man die steil einfallende Decke des Drahtekogl aus dem Preintale von Osten her betrachtet, da erinnert man sich unwillkürlich an ein ähnliches Bild aus der Tatra, an die liegende Falte des Giewont. Die mesozoischen Kalke umhüllen die Grundgebirgsserie in Form flach gegen Norden getriebener, unter hohem Drucke erzwungener Tauchdecken. Die tieferen Decken zeigen weitgehende molekulare Umformung, hochgradige Bänderung der Kalke. In der Mürzdecke dagegen und in der des Drahtekogl finden sich mächtig entwickelte Mylonite. Die tektonische Verdünnung der mesozoischen Reihe erreicht im Liegendschenkel einen hohen Grad. In der Stuhleck-Kirchbergdecke führt sie bereits zur völligen Reduktion des Mesozoicum. Ebenso eigenartig ist die Erscheinung der Anreicherung der mesozoischen Schichten, ihr An- schwellen zu großen Kalkmauern in den vorderen und höheren Partien der Decken. Diese erreicht gerade im Semmering selbst und im ganzen Gebiete nördlich davon eine ansehnliche Stärke. Dagegen ist im Süden und Südwesten große Armut an Mesozoicum, einerseits an der Grenze gegen die Unterlage, die Wechseldecke, anderseits gegen die ostalpine Überlagerung. Es ist die gleiche Erscheinung, die in den alpinen Decken so häufig beobachtet worden ist: Das Vordringen der jüngeren Schichten, das Zusammen- stauen der Decken gegen die Stirnregion, die tektonische Verdünnung des gesamten Deckensystems nach rückwärts — Süden — zu. Das Studium der Tektonik der Tatra oder der Kleinen Karpathen führt uns zur Anschauung, daß die hochtatrischen Decken in diesen Gebirgen sich bereits in ihrer Stirnregion befinden. Auch in den östlichen Nordalpen liegen eine Reihe von Anzeichen vor, die zu der gleichen Annahme drängen. Die Jurakalke des Drahtekogls fallen in der Höhe des Berges zuerst flach gegen Nord, um sich gegen die Tiefe des Tales zu steiler zu stellen. Bei Kapellen beginnt die Steilstellung bereits gegen Süden umzukippen, so daß im oberen Mürztale eine nach Nord tauchende Stirn der höchsten Decke vorhanden sein dürfte. Auch aus dem Verhalten der Carbonbildungen der Grauwackenzone und ihrer nahen Beziehung zur Wechseldecke 46* 348 Dr. L.Kober, wird es sehr wahrscheinlich gemacht, daß die Semmeringdecken sich nicht mehr weit unter die Kalkalpen hin erstrecken. An der Grenze zweier Teildecken treten häufig Mylonite auf. An der Hauptüberschiebungslinie sind sie meist mächtig entwickelt. Die Grenze gegen das ostalpine System kennzeichnen auf der Strecke Gloggnitz-Kapellen breite Mylonitzüge. Jurakalke, Dolomite, Quarzite und die Komponenten der Carbonserie sind zu einer grob- blockigen Breccie verarbeitet. Im Stanzertal dagegen fehlen Mylonite. Es tritt hier überhaupt eine beträcht- liche Reduktion der mesozoischen Serie ein. Einzelne Schollen von hochmetamorphen Kalkmarmoren mit Dolomiten und Gips, Quarzit geben den Verlauf der Überschiebung, die im Stanzertal recht klar und deutlich durch das Hinabtauchen der Semmeringserie unter die ostalpinen Gneise und Glimmerschiefer in der Richtung gegen Südwesten aufgeschlossen ist. An der Grenze gegen die ostalpine Serie im Hangenden als auch am Kontakte gegen die Wechsel- decke im Liegenden stellen sich überall anomale Dislokationskontakte ein. Das erinnert an die gleichen tektonischen Phänomene in den Radstätter Tauern und am Brenner. Ein großer, durch die ganzen Öst- alpen gleichbleibender tektonischer Zug ist zu erkennen. Die mesozoische Serie der obersten lepontinischen Decke grenzt mitihren jüngsten Bildungen, Rhät oder Jura, oft geschieden durch mächtige Mylonite, an Östalpin, und zwaran Grundgebirge oder Carbon. Die mächtigen Quarzitmassen in engster Verbindung mit Grundgebirge oder mit Carbon bilden in den Radstätter Tauern sowohl als auch im Semmering eine vom Lepontinischen scharf geschiedene Decke. Wir werden bei Besprechung der Wechseldecke noch auf diese Verhältnisse zurückkommen und wenden uns der Frage nach der Gleichstellung der Semmeringdecken mit den analogen Decken der Westalpen und Karpathen zu. Steinmann (8) betrachtet die Zentralgneisdecken als Klippendecke, die Kalkphyllitdecke ähnlich wie Haug (9) als rhätische Decke und kommt daher zur Gleichstellung der Radstätter Decke mit der sogenannten unteren ostalpinen Decke des Prätigau, der Gleichstellung .der Gneismassen des Silvretta mit denen der Schladminger Masse. Wir können uns hier nicht entschließen, dieser Decken- gleichstellung zu folgen, aus dem Grunde, weil die Zentralgneis- und Kalkphyllitdecken zufolge ihres stratigraphischen und tektonischen Baues viel eher den Tauchdecken der Penninischen Alpen (Simplon) und den Schistes lustres gleichzustellen sind, eine Anschauung, die in neuerer Zeit vonP. Termier(10) und C. Schmidt(11) vertreten worden ist. Ch. Lory, Studer(12), Uhlig, Suess und eine Reihe anderer Forscher haben auf die ungemein nahe Verwandtschaft der Schieferhülle mit den Schistes lustres hin- gewiesen und sie in der Tat auch einander gleichgestellt. Indem wir uns dieser Gleichstellung anschließen, sind wir genötigt, die Radstätter Decke einer höheren Decke der Aufbruchszone gleichzustellen. Die Radstätter Decke als die Fortsetzung der hochtatrischen Decke ist eher der Klippendecke Steinmann’s gleichzustellen und wir verweisen diesbezüglich auf folgende sehr zu beachtende Analogien. Das Grundgebirge zeigt in allen drei Decken eine gewisse Verarmung der krystallinen Schiefer und ist besonders gekennzeichnet durch einen größeren Reichtum an Graniten. Paläozoicum fehlt. Quarzite und Porphyroide geben die Unterlage eines spärlich entwickelten Mesozoicum. Die untere Trias ist durch Dolomite vertreten. Die höhere Trias fehlt meist. Ganz charakteristisch sind die koralligenen Ober- jurakalke, vielleicht auch Neocomkalke. Sulzfluhkalke im Westen, Juramarmore in den Radstätter Tauern, hochtatrische Jura-Neocomkalke in der Tatra. Radiolarite fehlen gänzlich. Ganz Ähnlich wie in den Sulzfluhkalken die couches rouges, so ist in den hochtatrischen Jurakalken die Oberkreide als ein schmales Band von Mergeln und Schiefern verfaltet. In den Tauern ist bisher die Oberkreide noch nicht aufgefunden worden. Die Analogien im Bau dieser hier verglichenen Zonen erscheinen von so großer Bedeutung, daß wir die Klippendecke der Radstätter, beziehungsweise der hochtatrischen Decke gleichstellen. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 349 B. Die ostalpıne Deckenordnung. Das untere ostalpine Deckensystem (V). Das ostalpine Deckensystem zerfällt, wie schon früher gezeigt worden ist, in zwei Abteilungen: In die obere und die untere ostalpine Decke. Der letzteren gehört an das Grundgebirge mit der carbonpermischen Serie und der voralpinen Entwicklung (Lunzer Facies) der Kalkalpen. Die nahen Beziehungen der Klippenzone zu der voralpinen (niederösterreichischen) Entwicklung sowohl in stratigraphischer wie in tektonischer Hinsicht machen es wahrscheinlich, daß die Klippenzone nicht der lepontinischen Serie angehört, sondern eher als eine mehr selbständige Teildecke, vielleicht auch als eine Aufbrandungsregion der voralpinen Decke erscheint, so daß auch die Klippenzone als dem unter ostalpinen System zugehörig zu betrachten wäre. Die obere ostalpine Decke baut sich auf aus Silur und Devon mit der Hallstätter und der hochalpinen Decke auf dem Rücken. Die hochalpine (Dachsteindecke) ist die höhere Teildecke. Wir wenden uns nach dieser Gliederung der unterostalpinen Decke zu. Grundgebirge und Paläocoicum (Va —-b). Das Grundgebirge weist eine andere Zusammensetzung auf als das der lepontinischen Serie. Vor allem fällt auf das Zurücktreten der Granite. Nur im Bösenstein liegt ein größerer Granitkern inmitten krystalliner Schiefer, die den nordsteirischen Gneiszug, den Rennfeldzug und den Kletschach-Roßkoglzug im Norden des Mürztals zusammensetzen. Überwiegend sind es Gneise, Amphibolite und Glimmer- schiefer. Der nordsteirische Gneiszug bildet, wie das schon Stur (13) gezeigt hat, im Mugelkuppe-Renn- feldmassiv eine Antiklinale, die sich gegen das Mur- und Mürztal zu sanft abdacht und unter das Grazer Paläozoicum und die Kainach mit Südfallen untertaucht. Der im Norden der Mürz hinziehende Kletschach-Roßkoglzug fällt streng gegen Norden und ist durch einen schmalen W—OÖ streichenden Gneisrücken auf der Linie Steg— Kapfenberg mit dem Rennfeldzug verbunden. Dem nordsteirischen Gneisbogen liegt im Norden der Carbonzug des Liesing-Paltentales auf, der sich über den Durch- bruch der Mur bis in den Graschnitzgraben östlich von Kapfenberg verfolgen läßt. Ein zweiter Carbon- zug folgt, wie das von M. Vacek (14) nachgewiesen wurde, dem Kletschach-Roßkoglzug im Hangenden und ist aus dem Trastal bei Trofaiach in Steiermark ununterbrochen bis Gloggnitz zu verfolgen. Genau so wie die beiden Gneiszüge sind auch die Carbonzüge durch einen rückläufigen W —O streichenden Zug carboner Ablagerungen verbunden, so daß sich zwischen den Gneisen des Kletschachkogls und denen des Mugelkuppe-Rennfeldzuges eine sekundäre Carbonmulde einschaltet, eine tektonische Erschei- nung, die in letzter Zeit von Vetters studiert worden und als Beweis für die Existenz einer W—-0© laufenden Querverschiebung aufgefaßt worden ist. Die carbon-permische Serie steht mit den Grundgebirge in stratigraphischem Verbande, wird an einigen wenigen Punkten — soweit das bis heute bekannt ist — noch von mesozoischen Schollen über- lagert und ist längs einer großen, durch die ganzen Ostalpen zu verfolgenden Überschiebungslinie, die wir dienorische Linie nennen wollen, von den Silur-Devonbildungen der oberen ostalpinen Decke über- schoben. Diese Überschiebungslinie, auf deren Bedeutung auch Uhlig (15) hingewiesen hat, zieht aus dem Ennstale im Norden des Liesing- und Paltentales gegen die Südseite des Reichenstein, tritt hier in unser Gebiet ein und läßt sich fast ununterbrochen über Trofaiach-Ilgen-Aflenz-Heuberg bis Sieding in Niederösterreich verfolgen. Im Palten- und Liesingtale hat Heritsch (16) die Überlagerung der Silurserie über die Carbonserie nachgewiesen. Die Kenntnis des stratigraphischen Aufbaus dieses inneren Teiles der unterostalpinen Decke ist gerade in letzter Zeit ungemein gefördert worden. Die Aufnahmen von Vacek bilden für die Kenntnis 300 Dr. L.Kober, dieser Schichten, für ihre horizontale Verbreitung eine feste Unterlage. F. Toula(17) verdanken wir inter- essante Aufschlüsse über den Bau der Grauwackenzone, die am Fuße des Schneebergs in jüngster Zeit von H. Mohr studiert worden ist. Mit einem oft recht groben Grundkonglomerat, dem Ranachkonglomerat, wird die jungpaläo- zoische Sedimentation eingeleitet. Darüber folgen Quarzite. Diesen Bildungen ist bisher eine geringe Aufmerksamkeit geschenkt worden. Ganz mit Unrecht. Gerade die Schichtfolge: krystallines Grund- gebirge mit Quarziten verbunden spielt heute in der Tektonik der Ostalpen (Radstätter Tauern) eine bedeutende Rolle, und darum werden wir länger bei dieser Schichtgruppe zu verweilen genötigt sein, um deren Bedeutung klar hervortreten zu lassen. Die Quarzite finden sich sowohl im Carbonzug Bruck—Leobenals auchim Zuge Thörl—Gloggnitz. Am Tiriebenstein, in Leoben, bei Bruck und Kapfenberg, bei T’hörl, Stübming und an einer Reihe von Aufschlüssen in Niederösterreich erkennen wir klar die Zugehörigkeit der Quarzite zum Carbon. Eines der besten Profile ist das bei Thörl. Die Schichtfolge von Süden nach Norden bei nördlichem Einfallen ist folgende: Glimmerschiefer, Quarzite, untercarboner Kalk, obercarboner Schiefer, Graphitschiefer, Silbersberggrauwacken. Die Quarzite sind meist weiß, dicht, außen mit einem grünen Belag, dünnbankig und in ihrem petro- graphischen Habitus ungemein ähnlich dem mesozoischen Quarzit. Die Mächtigkeit im Profile bei Thörl ist eine ziemlich beträchtliche. In den andern Profilen tritt der Quarzit infolge starker sekundärer Faltung in mehreren Lagen übereinander auf, getrennt durch untercarbone Kalke und obercarbone Graphitschiefer. Aber — und gerade das ist von großer Bedeutung — immer in engster Verbindung mit carbonen Bil- dungen oder mit krystallinem Grundgebirge. Und nirgends ist nur eine Spur von Mesozoicum. Es erscheint als notwendig, hier auch die oft zu beobachtende Ähnlichkeit carboner Kalke mit den Semmeringkalken zu erwähnen. Aber die carbonen Kalke sind von den Semmeringkalken durch ihren Graphitgehalt, durch die oft zu beobachtende engste Verbindung mit Graphitschiefern, durch ihre meta- somatische Umwandlung in Magnesit doch recht gut zu trennen. Die äußerliche Ähnlichkeit ist haupt- sächlich zurückzuführen auf die Bänderstruktur, auf die hohe Metamorphose. Übrigens weisen auch die silurischen Kalke Ähnlichkeiten mit den Semmeringkalken in ihrem äußeren Habitus auf. Die äußere Ähn- lichkeit so altersverschiedener Kalke beruht zum größten Teile auf der unter Ähnlichen Bedingungen zu Stande gekommenen Metamorphose. Daß diese obenerwähnten Kalke nicht vielleicht eingefaltete meso- zoische Lagen,sind, zeigt ihre Fossilführung am Triebenstein und in der Veitsch, wo diese Kalke eine untercarbone Fauna der Stufe von Vise mit Productus gigantens enthalten. (Nötscher Schichten.) Die Erkennung dieses untercarbonen Quarzites ist nicht nur stratigraphisch, sondern auch in tekto- nischer Hinsicht von Interesse, seine Abtrennung von dem sicher mesozoischen Quarzit des Semmering in den Ostalpen einer der leitenden Fäden zum Verständnis des Baues der lepontinischen und unterost- alpinen Decke. Über dem Quarzit folgen die untercarbonen Kalke mit Productus giganteus als die Vertretung der Nötscher Schichten und obercarbone Graphitschiefer. Quarzit, Kalke und Graphitschiefer bilden eine deutlich trennbare Unterzone, der eine oft mächtige Serie von Grauwacken, Schiefern und Eruptivgesteinen aufgelagert ist. Hieher gehören die pflanzenführenführenden Schiefer, die bei Mautern (18) und Klamm am Semmering eine Flora der Schatzlarer Schichten geliefert haben, die Silbersberggrauwacken, Quarzkonglomerate, Quarzporphyrdecken, Grünschiefer, Serpentine und saure Ganggesteine wie der Forellenstein bei Gloggnitz. Dieser oberen Serie, die mit dem Verrucano schließt, ist ein obercarbones bis permisches Alter zugeschrieben worden. Deckenbau der östlichen Nordalpen. Sol Es ist dies eine Schichtfolge, die auch als die Unterlage der Gailtaler Alpen, der Karawanken, der Triasinseln in Kärnten weite Verbreitung hat, ähnlich wie in dem inneren Gürtel der Karpathen. Den Quarzporphyrergüssen kommt in Kärnten zweifellos ein permisches Alter zu, und in diesem Sinne haben sich auch verschiedene Forscher für das Alter der nordalpinen Quarzporphyrdecken ausgesprochen. Nur Heritsch (19) bestreitet die innige Verbindung dieser Ergußgesteine mit der carbon-permischen Serie der Grauwackenzone. Während uns das Alter der Quarzporphyrdecken mit Rücksicht auf die Verhältnisse in Kärnten als gesichert erscheint, bestehn über das der Serpentine Zweifel. Sie finden sich auch im Ver- eine mit Grünschiefern in der untern Abteilung, so daß die Möglichkeit, ihnen ein höheres Alter zuzu- schreiben, etwa Untercarbon. zugegeben werden muß. In außeralpinen Gebieten spielen im Untercarbon basische Ergüsse bekanntlich eine große Rolle. Die Schichtfolge wird mit mesozoischen Schichten abgeschlossen. Werfener Schiefer, Dolomite der unteren Trias (?) und Kalke unbekannten Alters, vermutlich Obertrias, bilden unter dem nordsteiri- schen Silur-Devonzug kleine Schollen, in denen die tektonische Zertrümmerung eine überaus intensive ist. Diese Schollen, die uns die Vertretung des Mesozoicums in der Grauwackenzone erkennen lassen, werden hier gedeutet als zur voralpinen Decke gehörig, als zurückgebliebene Schollen derselben, während die Hauptmasse von der oberen ostalpinen Decke vom Untergrunde abgelöst und als selbständige Decke weiter gegen Norden zu verfrachtet worden ist. Die Verbindung der Carbon-Perm-Serie mit der voralpinen (Lunzer) Entwicklung ergibt sich auch aus einer Reihe tektonischer und stratigraphischer Überlegungen. Von ausschlaggebender Bedeutung er- scheint der Umstand, daß in den Gailtaler Alpen, Karawanken und den nördlich vorliegenden Triasinseln dieselbe stratigraphische Verbindung, dieselbe Faciesentwicklung zu einer Einheit, der unteren ostalpinen Decke, verbunden ist. Dies ist der Aufbau der unterostalpinen Decke gegen die norische Linie zu. Übersteigen wir aber den mächtigen antiklinalen Rücken von Gneisen und Glimmerschiefern nach Süden, so treffen wir gegen die Grenze an das Grazer Silur und Devon wieder auf ein zusammenhängendes Band der carbonen Serie, . die mit südlichem Einfallen, zum Teil in mehrere Schuppen zerlegt längs der Linie Pernegg-Serkogl- Strassek unter das Silur untertaucht. Es ist der Gegenflügel des nördlichen Zuges. Er zeigt aber nicht so große Mächtigkeit seiner Ent- wicklung. Vacek (20) hat zuerst auf diese Carbonvorkommnisse hingewiesen. Die Auffindung dieser Carbon- schichten gibt die Möglichkeit der Abgrenzung von Unter- und Oberostalpin auf der Südseite der Renn- feld-Antiklinale. Diese Lösung ist bereits vor einem Jahr angedeutet worden und die Studien von Mohr (21) haben die Bestätigung dieser Anschauungen gebracht. Die stratigraphische Zusammensetzung des südlichen Carbonzuges ist eine ähnliche wie im Norden, nur mit dem Unterschiede, daß z. T. die obere Abteilung samt dem Mesozoicum fehlt. Über den Gneisen oder dem Glimmerschiefer folgen die weißen Quarzite, Kalke und Schiefer, die oft reich sind an Graphit. Die Kalke enthalten Magnesitlager. (St. Jakob.) In den Schiefern finden wir noch Grünschiefer. Die Kalke der Carbonvorkommnisse Vacek’s sind ident mit den Schöckelkalken von Heritsch, die Schiefer und Phyllite, die auch als Grenzphyllit, beziehungsweise Semriacher Schiefer bezeichnet worden sind, gehören in die Serie der obercarbonen Schiefer. Mohr hat diesen interessanten Verhältnissen eine ähnliche Deutung zugrunde gelegt. Es sind auf dem Südflügel des Carbon zwei durch den Gneisrücken von Pernegg getrennte Züge vorhanden, die gegen Westen jenseits der Mur allem Anschein nach auseinanderlaufen, im Osten aber auf dem Eywegg-Sattel sich zu einem Bande verbinden, das die Quarzitdolomitstufe des Serkogls unter- teuft:. Dem nördlicheren Zuge, der Vacek bereits durch die Carbonscholle von Pernegg bekannt war, gehört auch eine große Serpentinmasse an, die auf dem rechten Murufer in der Fortsetzung der Kalke auf der Straße ansteht. Graphitische Kalke und graphitische Schiefer mit Quarziten erscheinen längs einer 352 Dr. L. Kober, morphologisch scharf charakterisierten Tiefenfurche, die sich über die Höfe »Ecker«, »Obersattler« und »Rieger« bis auf den Eywegg-Sattel verfolgen läßt, als eine schmale Zunge von Carbon zwischen das Altkrystallin eingefaltet. Der südliche Zug erlaubt in den Profilen auf der Nordseite des Lantsch, dann gegen den Wolfsberg zu, auf dem Serkogl sowie auf der Ostumrandung des Grazer Paläozoicum einen trefflichen Einblick in die Entwicklung des Carbon. Ganz besonders typisch sind die oftmaligen Wechsellagerungen von Kalken und Graphitschiefern im östlichen Teile, Profile, die in ihrer Gesamtheit aufs beste mit dem des Triebenstein übereinstimmen. Der antiklinale Bau des Rennfeldgneises zwingt zur Forderung einer Fortsetzung des Bruck-Leobener Carbonzuges über den Sattel der Antikline hinweg nach Süden. Neben dieser Forderung ist auch die große Ähnlichkeit der als Carbon angesprochenen Bildungen eine Stütze unserer Anschauungen. Der petrographische Charakter der echten Silur- und Devonbildungen ist von dem der Carbonschichten ein recht verschiedener und kommt am klarsten zum Ausdruck, wenn h N Profil I. I Carbon: 8 = schwarze Phyllite. 1 = Phyllite. 9 = Kalke. 2 — Kalklage. 10 = schwarze Phyllite, wie echte carbone Graphitschiefer. 3 — schwarze graphitische Phyllite. 11 = verzerrte Kalke. 4 — lichtgraue Schiefer, wenig metamorph. 12 = schwarze Phillite. 5 — Kalklage mit Dolomit. 6 — schwarze Phyllite, wenig metamorph. Devon: 7 = Phyllite. a — Quarzite mit Grünschiefern. man den Schöckelkalk vergleicht mit dem Hochlantschkalk. Ersterer zeigt nicht mehr Schichtung, sondern nur Cleavage, intensivste Kleinfältelung, im großen den Bau einer unter hoher Belastung erzwungenen gegen Norden gerichteten liegenden Falte. Die Metamorphose ist eine sehr hohe und ist wohl eine der Ursachen der Fossilarmut dieses Gesteins. Die Lantschkalke haben ausgesprochene Schichtung und eine. so geringe Metamorphose, daß sie den mesozoischen Kalken der höchsten Decken ähnlich sind. Diese Umstände rechtfertigen die Abtrennung der sogenannten Grenzphyllite, Schöckelkalke und Semriacher Schiefer als carbone Glieder von den Grazer Silur-Devonbildungen, die mit Schiefern und Kalken mit Pentamerus pelagicus dem Carbon mit anomalem Kontakt aufliegen. Die Linie von Pernegg ist das Gegenstück zur norischen Linie. Wir müssen hier noch zwei andere Vorkommnisse paläozoischer Schichten anführen, die mit großer Wahrscheinlichkeit der unteren ostalpinen Serie zuzuzählen sind. Es sind das die »Wechseldecke« von Mohr und die Rechnitzer Schieferinsel von Stoliczka (22). \ oo Deckenbau der östlichen Nordalpen. 30: In der ersteren hat Mohr zwei Horizonte geschieden, den Wechscelgneis und den Wechsel- schiefer. Aber es sind in beiden Abteilungen dieselben Gesteine, dieselben Bestandteile, nur die Meta- morphose ist verschieden, in der tieferen Gneisserie höher als in der Schieferserie. Nach Mohr handelt es sich hier um »ein schönes Beispiel einer Tiefenmetamorphose«. Die Wechseldecke setzt sich aus Gesteinen zusammen, die im einzelnen sowohl als in ihrer Gesamtheit bedeutende Ähnlichkeit mit der carbonen Grauwackenzone aufweisen und von Mohr auch als vermutlich Carbon ausgesprochen worden sind. Diese auch hier vertretene Anschauung wird noch besonders gestützt durch die Pflanzenfunde carbonen Alters, die von A. Koch (23) bei Mariensee gemacht worden sind, und durch die hohe petrographische Ver- wandtschaft der einzelnen Gesteine mit denen des Carbon. Es sind Quarzite, Schiefer, Grauwacken mit eingelagerten Zügen von Grünschiefern und Graphitschiefern. Freilich ist heute die Wechselserie noch Profil II. II. Profil des Wolfseck. I Carbon: 10 — schwarze Schiefer. 1 — Hornblendegneis. 11 = Kalklage. 2 — Diaphorite, vollständig zerdrückte Gesteine. 12 u.15 — lichte, wenig metamorphe Phyllite. 3 = Kalkband. 13 — Einlage schwarzer Phyllite. 4 — schwarze, stark graphitische Schiefer. 14 — verzerrte Kalkzunge. 5 = KRalkband. 6 — lichtgraue Phyllite wie die Carbonphyllite bei Thörl. ! Devon: 7 = Kalklage und Dolomit. a — Quarzreiche Phyllite, Quarzitschiefer, ganz reine, 8 —= schwarze Schiefer. dichte Quarzite. 9 = leicht metamorphe Phyllite. b = Einlage eines Grünschiefers. viel zu wenig bekannt, um die Analogien im stratigraphischen Aufbau zu erschöpfen, aber es muß doch besonders hervorgehoben werden, daß eine derartige Schichtverbindung dem lepontinischen System sowohl in den Karpathen als auch in den Ostalpen fremd ist. Wohl dürften im Zillertal, wie das Termier betont hat, zufolge ihrer Ähnlichkeit mit den Westalpen die tieferen Glieder der Greinerscholle carbon- permischen Alters sein— in neuerer Zeit ist auch Sander(24) dafür eingetreten — aber die Schichtgruppe weist nicht im entferntesten eine so große primäre Mächtigkeit und eine so reiche Gliederung auf. Die lepontinischen Decken der Ostalpen führen nur ein spärlich entwickeltes Paläozoicum, das als ein ganz verarmter Ausläufer des Unterostalpinen zu betrachten ist. Wenn wir also sehen, daß in den lepontinischen Decken der Karpathen und der Ostalpen das Paläozoicum recht gering entwickelt ist, dann erscheint die Carbon-Permserie der Wechseldecke als ein Fremdkörper im Semmeringsystem, der aus dem lepontinischen System herauszuschälen und dem ost- alpinen zuzuzählen sein dürfte. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 47 354 Dr. LE. Kolbier, Es wäre ja noch die Möglichkeit denkbar, daß in der Wechseldecke Äquivalente der Kalkphyllit- decke in einem Fenster zutage kommen. Dagegen spricht der stratigraphische Aufbau der Wechselserie. In der ganzen Umgebung des Wechsels, auch in der Kerngebirgsreihe der Karpathen sind noch nie bisher »Kalkphyllite« gefunden worden. Und es erscheint daher diese Annahme von vornherein als unbegründet. Dann aber ist die Gleichstellung der Wechseldecke mit der Carbon-Permserie der unterostalpinen Decke sehr wahrscheinlich. Demnach erscheint die Grauwackenzone des Nordens im Süden, im Wechsel, als Fenster unter der lepontinischen Serie, oder mit anderen Worten: Die lepontinische Serie des Semmering ist von Süden her in die ostalpine eingefaltet, ein Bauplan, der zuerst in den Radstätter Tauern durch die Arbeiten Uhlig’s nachgewiesen worden ist. Die Semmering- serie ist nicht autochthon, sondern schwimmt, von ihrer lepontinischen Unterlage abgehoben, auf unter- ostalpinen Decken. Bei der Besprechung der Tektonik werden wir noch zurückkommen auf die Beziehungen zu den Tauern, auf die eigenartigen Konsequenzen der Auffassung der Verfaltung der ostalpinen und lepontinischen Decke in den Östalpen, die in den Westalpen in diesem Ausmaße bisher nirgends bekannt geworden ist. Wir wenden uns der Stratigraphie der Rechnitzer Schieferinsel zu. Stoliczka hat diese Schichten beschrieben. Er nennt Kalktonphyllite, Schiefer, Kalke, Grünschiefer, vor allem aber Serpentine. Der Kalkphyllitgruppe gehören nach Mohr (25) diese Gesteine nicht an, sondern sind — hier kann man die Serpentine als Leitgesteine betrachten — ebenfalls der Carbon-Permserie zuzu- rechnen. Sie liegen einem alten Grundgebirge auf und erscheinen im Hangenden der Semmeringdecken als der normale Südflügel der unterostalpinen Decke im Süden des lepontinischen Fensters. Sie sind die Fortsetzung der Carbonzone der Linie von Pernegg und bilden im Südosten des Wechselmassivs eine allseits abgegrenzte Deckscholle von Ostalpin auf Lepontin. Was nun die Tektonik des nordsteirischen Carbonzuges anbelangt, so zeigt er im großen genommen einen flachwelligen Bau, der sich aber im kleinen recht kompliziert gestaltet. Wir unterscheiden zwei Antiklinalen von Grundgebirge: Die des Mugelkuppe-Rennfeldzuges und die des Kletschach-Roßkoglzuges. Zwischen beiden spannt sich die flache Synklinale des Leobener Bruck-Graschnitzzuges, die im Grasch- nitzgraben aushebt. Sie fällt von der Mugelkuppe gegen Nord, vom Kletschachkogl nach Süd. Wie bereits erwähnt, hängt diese Synkline im Westabhang des Kletschachkogls mit dem Carbonzug zusammen, der sich vom Kletschachkogl bis Gloggnitz verfolgen läßt. Dieser Zug fällt gleichmäßig nach Norden unter das Silur-Devon ein. Das Carbon des Pernegg Serkoglzuges bildet den Südflügel des Rennfeldes und fällt unter das Grazer Silur. Dem Südflügel im weiteren Sinne gehört auch das Carbon der Rechnitzer Schiefer- insel an. Die Carbon-Permserie der Wechseldecke erscheint unter der Semmeringdecke als Fenster, dessen Abgrenzung auf der Linie Aspang—Rettenegg genau bekannt, gegen Süden hin aber noch nicht erschlossen ist. Während im Rennfeld eine einfache Antiklinale des Grundgebirges vorliegt, in deren Kern Amphibolite erscheinen, ist im Profile des Thörlbaches auf der Strecke Einöd— Thörl das Grundgebirge komplizierter gebaut. Die krystallinen Schiefer, die vom Thörlbach durchschnitten werden, weisen eine größere Mannig- faltigkeit im Fallen auf. Nord- und Südfallen wechselt öfter, so daß es den Anschein hat, als bestände dieser Teil des Grundgebirges aus einer Reihe von Falten. Erst gegen Thörl zu wird Nordfallen konstant. Die untere Abteilung des Carbon erscheint in-einer Reihe von Schollen in das Grundgebirge ein- gefaltet. So bei Kathrein, dann östlich vom Troiseck und gegen den Roßkogl zu. Die Lagerungsverhält- nisse bei Kathrein sind ähnlich denen der Carbonscholle von Pernegg. Inmitten des Grundgebirges erscheint steil eingefaltet die untere Abteilung. Am Troiseck folgen über dem Grundgebirge Quarzit, carbone Kalke und Graphitschiefer, darüber ein mächtiges Band von Porphyroiden, über dem eıst die Hauptmasse des Carbon wieder mit Kalken und Graphitschiefern einsetzt. Westlich des Roßkogls liegt über dem Glimmerschiefer eine stark laminierte Scholle von Carbon, Quarzporphyren und Quarziten und darüber erst wieder mit Kalken beginnend der eigentliche Carbonzug, der im Arzbachtale bei Neuberg die Magnesitlager enthält. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 309 Gegen den Roßkogl zu hebt das Grundgebirge aus und in seiner Fortsetzung erscheinen am Roß- kogl mächtige Quarzitmassen. Diese Anhäufung ist nur unter der Annahme verständlich, daß sie auf eine tektonische Wiederholung zurückzuführen ist. Die Hauptmasse der Quarzite des Roßkogls repräsentiert gewissermaßen, da das von oben her eintauchende Grundgebirge daselbst aushebt, die Stirnwölbung. Die große Mächtigkeit entspricht theoretisch dem Liegend- und Hangendflügel der Grundgebirgsstirn. In der Tat teilen sich gegen Westen die Quarzite, der eine Ast ist deutlich im Hangenden des Grundgebirgs zu verfolgen, der zweite Ast aber bildet mit den oben erwähnten Porphyroiden und Schollen von Carbon den Liegendschenkel, der also das Grundgebirge unterteuft. Die Quarzite des Roßkogls, die zum großen Teil der Carbonzone angehören und nicht der Semmeringserie, ziehen von hier ununterbrochen bis Gloggnitz. An der Grenze gegen das Mesozoicum stellen sich auf dieser Strecke, wie bereits erwähnt wurde, Mylonite ein. Im hinteren Preintale, dann im Arzbachtale sind sie gut aufgeschlossen und sind zusammengesetzt aus Jurakalken, Carbonquarziten, Carbonkalken und -schiefern. Die Quarzite am Kontakte gegen die Semmeringserie sind bisher zum größten Teile in bezug auf ihr Alter verkannt worden. Es sind nicht Triasquarzite, sondern sie gehören dem Carbon an. Toula hat sich vor Jahren in bezug auf diese QOuarzite in diesem Sinne geäußert. Es ist von großem Interesse, darauf zu verweisen, daß im Westen bei Radstatt und Schladming, wo das ostalpine Grundgebirge der Schladminger Masse aushebt, ebenfalls als Umhüllung der Grundgebirgs- stirn die Quarzite eine große Mächtigkeit erreichen. Aufden Profilen von Uhlig (26) ist diese Erscheinung des Anschwellens der Quarzite sehr klar zu erkennen. Die Quarzite sind sekundär von solcher Stärke. Sie sind ein doppeltes System. Sie gehören dem Hangendflügel der Schladminger Masse an und ziehen am Nordfuße dem Ennstale entlang ins Paltental, wo sie zum Beispiel am Triebenstein inmitten der Carbon- serie in großer Mächtigkeit auftreten. Sie gehören aber auch in den Liegendflügel der Schladminger Masse; denn wir finden sie am Kontakt gegen die Tauernserie überall unter dem Schladminger Gneis, zum Beispiel im Profil Obertauern-Seekaarspitz. Profil III. Verfaltung von untercarbonem Kalk mit Schiefern des Obercarbon am Triebenstein. Es kann heute kaum mehr einem Zweifel unterliegen, daß die Quarzite im Osten am Roßkogl als auch im Westen in den Radstätter Tauern ihre enorme Mächtigkeit dem Ausheben des Grundgebirges verdanken, also eine Stirn bilden und von dieser Stirn aus sowohl in den Hangend- als auch auf größere Strecken hin in den Liegendflügel des ostalpinen Grundgebirgs zu liegen kommen, mit den Triasquarziten gar nichts zu tun haben, sondern dem Carbon angehören. Radstätter Quarzit, das Ranachkonglomerat und der damit verbundene Quarzit, der Roßkoglquarzit sind ein und dasselbe Schichtglied. Frech (27) hat in den Radstätter Tauern bereits diesen Quarzit von dem triadischen abgetrennt und Toula hat, wie bereits erwähnt, im Osten für ein carbones Alter des Quarzites sich ausgesprochen. 47# 306 Dr. L.Kober, Wenn wir im Grundgebirge und seiner unmittelbar aufliegenden Sedimentärzone so große Faltungs- erscheinungen erkennen, so ist es wohl begreiflich, wenn auch die höheren Etagen der Carbonserie einen ähnlichen Bauplan aufweisen. Eine mächtige, nach Norden in das Obercarbon eingetricbene Liegendfalte bilden die großen Kalkmassen des Gipfels des Triebensteins. (28) Auch die aus obercarbonen Schiefern aufgebaute Unterlage zeigt im kleinen noch viele solcher gegen Norden gerichteten Drehfalten von car- bonen Kalken (Profil II). Der liegende Quarzitkalkzug geht tief unter den beim Brotjäger anstehenden Kalken durch. Diese Kalke haben dasselbe Aussehen wie die Triebensteinkalke und führen Crinoiden wie die carbonen Schollen südwestlich von Hohentauern. Heritsch, der vor längerer Zeit den Triebenstein studiert hat, hat die Bedeutung dieser liegenden Falten, insbesondere des Triebensteins, verkannt. Er ist bereits von seiner früheren Deutung der Triebensteinkalke abgekommen. Auf solche gegen Norden gerichtete Drehfalten sind in vielen Fällen die in der Carbonzone so oft auftretenden Kalkzüge zurückzuführen. Im Profil Bruck— Kapfenberg ist die Tektonik wohl eine einfachere. Vom Rennfeld sinken bei Bruck die Kalke in die Tiefe mit Nordfallen. Sie tauchen steil gestellt am Nordrand der Synklinale, auf der Süd- seite des Emberg, wieder auf, um sich hier über den Gneiszug des Kletschachkogls wölbend im Norden desselben endgültig unterzutauchen. Bei Diemlach erscheint das Untercarbon in einer sekundären Anti- kline zwischen den Kalkzügen von Bruck und denen des Emberges. In der Synkline Leoben-Bruck-Grasch- nitzgraben fehlen die höheren Niveaus, so die Quarzporphyre, der Verrucano. Diese Synkline bauen zum größten Teile Grauwacken — Vacek’s Quarzphyllite — und Schiefer mit eingelagerten Zügen von Grün- schiefern und Stöcken von Serpentin (bei Kapfenberg und Bruck). Auf dem Nordrand zeigen sich am Kontakte gegen das Grundgebirge heftige Pressungserscheinungen in der Kalkgraphitserie. Vetters hat diese Erscheinung, die im Gefolge mächtiger Überschiebungsphänomene nichts Merkwürdiges ist, als Folgeerscheinung einer West-Ost gerichteten Querverschiebung — der Trofaiachlinie — gedeutef. Vom Gipfel des Rennfelds gesehen erscheint das Mürztal bei Kapfenberg als einer der interessantesten Punkte der OÖstalpen. Die Semmeringserie taucht mit den weißen Kalkwänden der Einöd unter die Gneise des Kletschachzuges. Zugleich findet eine Drehung im Streichen statt, indem die Kalke aus dem generellen Südweststreichen in ein Süd-, endlich in Öststreichen übergehen, so gegen die Stanz zu rückläufig wer- den. Das Semmeringfenster taucht unter die Ostalpen ein. Die Gneise des Kletschachkogls aber bilden einen NÖ streichenden Wall, der ebenfalls von einer um den Kletschachkogl herumziehenden und bis Steg reichenden Tiefenfurche begleitet ist. Es ist die Auflagerung der unteren Abteilung des Carbon auf das Grundgebirge. Die geringe Widerstandsfähigkeit der sedimentären Zone hat die auffallende Tiefen- rinne geschaffen. Die Furche zeigt klar und deutlich den Zusammenhang der Graschnitzer Synklinale mit dem Carbon im Norden des Kletschachkogls. Gegen Süden gewendet erblicken wir die Carbonschichten des Breiten- auer Tales, die gewaltigen Kalkmassen des Hochlantsch unterteufend. Von Westen grüßt die breite Masse des Reiting-Reichenstein. Es ist das bereits das Silur und Devon, das die Antiklinale der Mugelkuppe überstiegen hat, aber sein Schichtkopf blickt gegen Süden, die Verbindung mit dem des Hochlantsch fordernd. Auch in der oberen Abteilung finden sich "Beweise für Faltungserscheinungen oder Schuppen- struktur. Eines der auffallendsten Beispiele bietet sich im Osten bei Sieding in Niederösterreich. Inmitten der Grauwacken liegt eine Linse von Glimmerschiefern. Dieses Vorkommen von Vöstenhof ist von Vacek (29) beschrieben worden. Im Gefolge der heftigen tektonischen Phänomene zeigen sich sowohl in den Gesteinen selbst als auch im Schichtverband beträchtliche Veränderungen. Die Kalke werden zu Bänderkalken, Schiefer erreichen einen hohen Grad von Kristallinität und sind daher auch als ältere Gesteine durch Vacek vom Carbon abgetrennt und als Quarzphyllite bezeichnet worden. Die Silbersberggrauwacken weisen einen reichen Serizitbelag auf. Die gröberen Partien in ihnen zeigen bedeutende Streckung der Gerölle. Auch in Deckenbau der östlichen Nordalpen. 354 den groben Quarzkonglomeraten des Triebensteins sind die Quarzgerölle stark gestreckt. Wo schieferige Gesteine als Gerölle in Konglomeraten vorkommen, zum Beispiel im Feistritzgraben bei Aflenz, auch im Semriacher Schiefer, entsteht ein Schiefer, in dem die ehemaligen Geschiebe als breite Flatschen liegen. Im Schichtverbande treten folgende Veränderungen auf: Ausdünnung auf der einen, Anschoppung auf einer andern Seite. So erklärt sich die bedeutende Mächtigkeit der Kalkmassen des Triebensteins, der obercarbonen Schiefer der Sunk etc. Ähnlich wie im Semmeringsystem ist auch hier gegen den Norden, die norische Linie, zu, eine beträchtliche Zunahme der Mächtigkeiten zu verzeichnen. Dagegen wird, je näher man dem Grazer Paläo- zoicum kommt, die Schichtfolge immer weniger vollständig, so daß unter dem Hochlantsch die Mächtig- keit im Vergleich zum Norden gering ist. Nur mehr die untere Etage des Carbon ist vorhanden, die obere fehlt fast gänzlich. Erst weiter im Süden tritt infolge intensiver Faltung — liegende Falten des Schöckel- kalkes am Schöckel selbst und bei Frohnleiten (H. Mohr) — die Carbonserie in größerer Stärke wieder auf, doch die höheren Abteilungen fehlen auch hier, so die Quarzporphyre, Verrucano etc. Auch hier können wir wieder das energische Vordringen der höhersn Horizonte und das Zurück- bleiben der tieferen Konstatieren, die Selbständigkeit der Bewegung einzelner Schichtetagen im Deckenleib. So wie das Semmeringsystem neigt sich auch das unterostalpine als Ganzes immer mehr gegen Westen, um auf der Linie Leoben— Trofaiach— St. Ilgen unter das Silur-Devon unterzutauchen. Die Quarz- porphyrdecken, die im Liesingtale den Reiting unterteufen und daselbst den von Ascher(30) entdeckten Rest von Mesozoicum tragen (Werfener Schiefer), fehlen weiter östlich und setzen erst bei St. Ilgen wieder ein, ziehen aber von hier fast ununterbrochen bis Gloggnitz. An der Veitsch liegt über dem Verru- cano Werfener Schiefer, desgleichen auch bei Sieding in Niederösterreich. Die Überschiebung ist bald eine flachere, bald wieder steiler. Der Stübminggraben weist ein Profil auf, das wohl am schönsten die Überschiebung der oberen ostalpinen Decke auf die untere zeigt. Mit einer ganz geringen Neigung gegen Norden tauchen die Porphyrdecken und Schiefer des Carbon unter die silurischen Schiefer und Kalke unter. Die Überschiebung ist auf eine größere Strecke hin gut zu verfolgen. Wenn wir vom Grundgebirge gegen die norische Linie zu gehen, treffen wir immer wieder die gleichen Profile: Quarzit, Kalke, Graphitschiefer, Schiefer, Silbersberggrauwacken mit Einlagerungen von Grünschiefern, Quarzporphyrdecken, auch Kalken, Verrucano (Werfener Schiefer), Silur. Die Tektonik des Wechselfensters ist vielleicht am leichtesten zu erklären mit Hilfe der Profile von H. Mohr. Im Norden wird die Semmeringserie überschoben von Quarzit, zum Teil carbonen Kalken, pflanzenführendem Obercarbon (Klammer Carbon). An der Grenze liegen häufig Mylonite. Die Quarzite gehören aber nicht der Semmeringtrias an, sondern sind, wie ich früher gezeigt habe, dastiefste Glied der Carbonserie. Dieselben Quarzite erscheinen in einer Reihe von Fenstern wenige Kilometer im Süden von der oben erwähnten Überschiebungslinie inmitten der Semmeringdecke. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Carbonquarzit ist nicht nach- gewiesen, doch im höchsten Maße wahrscheinlich. Daß die Jurakalke nicht tief nach Norden eingreifen, ist anzunehmen. 398 Dr. L. Kober, Es ist auf die angedeutete Stirn des Mürztales bei Kapellen in den Semmeringkalken hier hinzu- weisen. Wieder verschwinden die Wechselquarzite unter dem Mesozoicum, zum Beispiel des Sonnwend- steins, aber im Süden desselben kommen die Quarzite als die Unterlage wieder heraus, mit ihnen auch die Grauwacken, Schiefer, Graphitschiefer, Grünschiefer der Wechseldecke. Aber die Gesteine haben eine höhere Metamorphose als in der Grauwackenzone. Ein anomaler Dislokationskontakt trennt die Wechseldecke von der Semmeringdecke. Quarzite stoßen an Jurakalke oder an Rhät. Am Kontakt sind Mylonite beider Gruppen häufig. Es ist derselbe anomale Dislokationskontakt wie in den Radstätter Tauern. Die Analogie im Baue ist eine ganz außerordentliche. Wie aus den Tauernprofilen hervorgeht, umhüllen die Quarzite das Tauernmeso- zoicum so vollständig, daß kein Entkommen aus dieser Umhüllung möglich ist. Aber dort ist zum großen Teil das Grundgebirge mit den Quarziten in Verbindung. In der Wechselserie dagegen ist der Quarzit in Verbindung mit einer Schieferserie, die ihrer Zusammensetzung nach als Carbon zu deuten ist. Die Ähnlichkeit des Bauplanes im Semmeringgebiet mit dem der Radstätter Decke ist sehr groß und von H. Mohr auch betont worden. Daraus ergibt sich, daß die Semmeringdecken von ihrem lepontinischen Deckengebiete losgelöst, abgehoben worden sind und eine sekundäre Verfrachtung über den Rand des lepontinischen Fensters hinaus in den ostalpinen Deckenleib erfahren haben, oder mit anderen Worten: Die ostalpine Decke ist zuerst über die Semmeringdecke geschoben worden, und ist mit dieser gemeinsam nach Norden gewandert, aus den ursprünglich getrennten Decken ist eine geworden von der Art, daß im Kern die Semmeringdecke lag, während die ostalpine Decke die Umhüllung bildete. Diese hat sich so erhalten, als wäre sie stratigraphisch das jüngste Glied der neuen Decke. In den Radstätter Tauern ist die Länge der so entstandenen »Verfaltungsdecke« zirka 40 km, im Semmeringgebiet ist die Verfaltungslänge nicht so genau bekannt, beläuft sich aber sicherlich auch auf 20 bis 30 km. Wenn dieser Verfaltungsbau der ostalpinen und lepontinischen Decke von so großer Länge ist, von den Radstätter Tauern bis auf den Semmering reicht, dann liegt wohl die Vermutung nahe, er erstrecke sich auch weiter gegen Westen und Osten. Im Brenner herrscht, soweit dies heute zu ersehen ist, derselbe anomale Dislokationskontakt wie in den Tauern: Jurakalke oder Rhät überschoben von Quarzphylliten und Carbon, dazwischen Mylonite, die Verfaltungsmulden ganz ähnlich wie in den Tauern in Form von Carbonkeilen in den Kalken (zum Beispiel des Tribulaun) steckend, nach Norden geöffnet. Auch hier umhüllt die ostalpine Decke das lepontinische Mesozoicum. Suess (31) hat diese Erscheinung zuerst erkannt und hat sie gedeutet als das Hinübertreten des Lepontinischen über den Fensterrand ins Östalpine hinein. Wie weit der Verfaltungsbau der Decken am Brenner vorhanden ist, werden künftige Untersuchungen lehren, ebenso wie weit sich dieser für die Ostalpen so eigentümliche Bauplan nach Westen erstreckt. In den Westalpen ist eine Deckenverfaltung in diesen großen Dimensionen bisher nicht bekannt geworden. In den Karpathen lassen sich bisher in bezug auf diese Frage noch keine Phänomene erkennen, die dafür oder dagegen sprechen, doch erscheint es als wahrscheinlich, daß der Kern der Kleinen Karpathen noch eine Verfaltung mit dem Unterostalpin-Subtatrischen mitgemacht hat. Als Beweis für die Verbindung der Carbon-Permserie mit der voralpinen (Lunzer) Entwicklung, als Beweis für die Existenz des Mesozoicums in der Grauwackenzone möchte ich noch den Mandlingzug anführen. Zu diesem Zwecke ist es notwendig, die Verbindung zwischen dem Osten und Westen herzu- stellen. Redlich (32)hat dasaus dem Liesing- und Paltental gegen die Enns ziehende Carbon bis St. Martin verfolgt. Dort finden sich noch Grauwacken, Kalke, Magnesite des Carbon. Aber auf der Südseite des Ennstales zieht diese Serie ununterbrochen weiter fort, ganz unbehindert, in derselben tektonischen Position, mit derselben stratigraphischen Zusammensetzung. Kein Bruch, keine Verwerfung schneidet sie ab von dem Carbonzug des Liesingtales. Gegen Schladming zu wird die Schichtserie etwas einfacher. Aber immer noch ist in den Quarziten, Schiefern, Grünschiefern, Bänderkalken das Carbon des Trieben- stein zu erkennen. Werfener Schiefer leiten das Mesozoicum des Mandlingzuges ein. Dolomite und Kalke Deckenban der östlichen Nordalpen. 309 der Trias sind in bedeutender Mächtigkeit vorhanden. Die Länge des Mandlingzuges ist zirka 25 km. Im Hangenden folgen Pinzgauer Phyllite — die Ausläufer der Silurzone von Dienten. Auf ihr liegt nach Haug (33) die Hallstätter Decke und darauf die Decke des Dachsteins. Der Mandling mit dem unterliegen- den Paläozoicum (Carbon) bildet die unterostalpine Decke, das ganze Deckgebirge darüber die obere ostalpine Decke. Die Scheidung der beiden ostalpinen Decken ist hier auf eine Strecke von 25 km besonders scharf. Die Fazies des Mandlingzuges ist heute freilich nicht sicher zu charakterisieren. Unter der Annahme, daß im Dolomit und Kalk Hauptdolomit und Dachsteinkalk vorliegen — dafür sprechen Megalodontenfunde (Trauth) — ist nur eine Zuteilung zu der niederösterreichischen oder bayrischen möglich, da in der Hallstätter und Dachsteindecke kein Hauptdolomit vorkommt. Die Mächtigkeit des Dolomites scheint eher ein Beweis zu sein, daß im Mandlingzug eine Mischfacies von bayrischer und niederösterreichischer Decke vorliegt. Die Scheidung der unteren und oberen ostalpinen Decke ist heute sicher zu erkennen von Gloggnitz in Niederösterreich bis an die Salzach, das ist auf eine Strecke von 200 km. Es ist in hohem Grade wahr- scheinlich, daß auch für den ganzen westlichen Teil — bis an den Inn — diese Teilung sich wird durch- führen lassen. Das Eocän an der norischen Linie. An oder nahe dieser Hauptüberschiebungslinie der Ostalpen, der norischen Linie, liegt das rätsel- hafte Eocän von Radstatt und das Eozän von Kirchberg am Wechsel. Letzteres hält Mohr für anstehend undals Fortsetzung des Eocäns des Leithagebirges. Das Eocän von Radstatt ist dagegen nach Trauth (34) auf sekundärer Lagerstätte. Wichtig erscheint vor allem der Umstand, daß an der norischen Linie Eocän auftritt, das kalkig entwickelt und ganz verschieden ist von dem Eocän der Flyschzone. Es sind Bildungen eines offenen Meeres, keine brackischen Bildungen. Das Eocän von Radstatt, das von Kirchberg, vom Leithagebirge aus den Kleinen Karpathen, das Küsteneocän der subtatrischen Decke sind in ihrer Facies so ähnlich, daß sie in Handstücken voneinander kaum zu unterscheiden sind.! Es sind Kalke und Kalkkonglomerate. Alle diese Vorkommnisse gehörten einst einem Meere an. Sie sind verschieden vom helvetischen Eocän der Flyschzone. In den Kleinen Karpathen ebenso wie in der Tatra [Limanovski (35), Uhlig (36) und Vetters (37)] ist die Überschiebung der subtatrischen Decke auf die hochtatrische voreocän. In den Kleinen Karpathen hat Vetters gezeigt, daß das Eocän auf den drei Schuppen: hochtatrisch, subtatrisch, niederösterreichisch, transgrediert. Diese Tatsache steht fest. Dann ist die Überschiebung der nieder- österreichischen Decke in den tiefsten Teilen zumindestens voreozän — somit in den Alpen die Über- schiebung der unterostalpinen Decke über das lepontinische System ebenfalls voreocän. Die niederösterreichische Decke lag bereits im Norden. Auf ihr transgredierte das Eocän. In Fenstern kam das lepontinische System zutage. Auf diesen voreocänen Fenstern transgredierte das Eocän (Kirch- berg). Der Eocänstrand verlief von den Kleinen Karpathen über das Leithagebirge gegen den Wechsel, von hier gegen Westen; das offene Meer lag im Süden in Kärnten. Die in oder nach dem Eocän erfolgte Aufschiebung der oberen ostalpinen Decke nördlich der norischen Linie hat das Mesozoicum und das Tertiär vom Untergrund abgehoben und als Abscherungs- decke nach Norden verfrachtet. Einige Schubschollen sind zurückgeblieben, schwache Reste einer mächtigen Decke: der Mandlingzug, die Trias vom Reichenstein, der Veitsch und von Sieding. Das Eocän 1 Das Eozän von Kärnten zeigt dieselbe Kalkfazies. 360 Dr. L.Koberv, von Radstatt ist ebenfalls ein solcher zurückgebliebener Rest. Es ist aber nachträglich der miocänen Auf- bereitung zum größten Teile zum Opfer gefallen und so ist es heute auf fremder Lagerstätte. Der Voll- ständigkeit sei hier noch das Jungtertiär des Stoderzinkens angeführt, das aber im Bereiche der oberen ostalpinen Decke liegt. Die Erklärung des Eocän als Eocänfjord, oder als ein geschlepptes miocänes Gerölle ist angesichts der faciellen und tektonischen Beziehungen als nicht zutreffend zu bezeichnen. Die voralpine Decke (Vd,—d,). Nach der Besprechung des inneren Teiles der unterostalpinen Serie wenden wir uns dem äußeren Teile zu, der voralpinen (niederösterreichischen) Decke der Kalkalpen und der der Klippenzone. Sie erscheint in einigen Fenstern inmitten der oberen ostalpinen Decke, so am Hengst bei Puchberg in Niederösterreich, im Mitterberg im Preintale und stellt die Verbindung her mit der zusammenhängenden Decke der Voralpen, die zwischen der Linie Hernstein— Puchberg— Mariazell und der Klippenzone gelegen sind. Die obige Linie bezeichnet auch die Grenze zwischen Kalkhochalpen und Kalkvoralpen. Sie ist im Baue der Kalkalpen eine der einschneidendsten Linien. : Die morphologischen Verhältnisse sind im Süden ganz anders als im Norden. Tafeliger Bau im Süden, Kettenbau im Norden. Desgleichen sind auch die stratigraphisch-faciellen Verhältnisse im Süden und Norden der Linie recht verschieden. Der Aufbau der niederösterreichischen oder voralpinen Serie ist zu allgemein bekannt, als daß es notwendig wäre, ihre Stratigraphie zu schildern. Hier wird bloß auf den speziellen stratigraphischen Auf- bau der einzelnen Decken oder Schubmassen aufmerksam gemacht und gezeigt, wie die tektonischen Linien im allgemeinen auch wichtige Trennungslinien in stratigraphisch-facieller Hinsicht sind. Wir unterscheiden in der voralpinen Decke folgende scharf geschiedenen Teildecken, von Norden gegen Süden: die Frankenfelser Decke, die Lunzer Decke, die Ötscherdecke. Die Mächtigkeit dieser Teildecken ist sehr verschieden. Die Frankenfelser Decke ist die kleinste, dürfte sich aber dennoch von Weyer aus dem Ennstal bis an den Östrand der Kalkalpen verfolgen lassen. Bis in die Gegend von Hainfeld ist sie deutlich zu verfolgen. Weiter östlich verschmälert sie sich so sehr, daß sie, wie ich das bereits bei anderer Gelegenheit ange- deutet habe, zu einem klippenartigen Zuge wird. Die Lunzer Decke ist schon bedeutend mächtiger und läßt sich als breiter Zug bis an den Abbruch gegen das inneralpine Becken nachweisen. Die mächtigste ist die Ötscherdecke, jene Schubmasse, die zwischen der Linie Brühl— Altenmarkt — Lunz und derLinie Hernstein— Mariazell liegt. An der Basis dieser großen Decke läßt sich vom Schwechat- tal bis ins Pielachtal hinein ein Liegendschenkel verfolgen, der im Schwechattale unter dem Hangend- schenkel als Fenster zutage kommt. Die tektonischen Grenzen der einzelnen Decken sind ungemein scharf. Es sind Überschiebungs- ränder, an denen die nördliche vorliegende Decke unter die südliche untertaucht. Innerhalb der einzelnen Decken erscheint im Gefolge des primären Deckenbaues noch ein sekundärer Lokalbau, der sich in Schuppenstruktur, Gipfelfaltungen und Brüchen äußert. Der Frankenfelser Zug liegt über der Klippenzone und wird längs der Linie St. Anton—Frankenfels —Kirchberg—Marktl von der Lunzer Decke überschoben. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 361 Diese Überschiebungslinie ist die Fortsetzung der Linie von Weyer, die Geyer (38) nachgewiesen hat. Die Überschiebung längs der Linie St. Anton—Kirchberg hat (39) Bitter bereits erkannt, und gerade das Pielachtal zeigt die typische Schuppenstruktur, das Überschieben einzelner Schollen. Von Hainfeld gegen Osten ist der Frankenfelser Zug nicht so gut zu verfolgen, und es wurde die Vermutung ausgesprochen, daß die Klippen von Mauer vielleicht als die Fortsetzung anzusehen wären, Profil IV. Profil von St. Anton, die Überschiebung der Lunzer auf die Frankenfelserdecke zeigend. I Lunzer Decke. IFrankenfelser Decke. | 3 — Sandsteine, Gosau. - 2 —= Konglomerate, Gosau? c — Hauptdolomit 5 — Liasfleckenmergel. B auEluusnunEe E m 1 = Fleckenmergel. b = Lunzer Sandstein. 4 — Tithon. SR LIISISe a = Muschelkalk. Viel wahrscheinlicher ist aber die sogenannte »Randantiklinale« und die »Liesingmulde« von Spitz (40 im Höllensteinzug als die Fortsetzung zu betrachten. Auch die großen Analogien in der Facies der beiden Gebiete würde sehr für eine derartige Verbindung sprechen, um so mehr, als die darauffolgende Schuppe bereits mit Muschelkalk einsetzt, genau so wie die Lunzerdecke bei St. Anton (siehe Profil IV). Durch den Aufbruch von Muschelkalk im Kaltenleutgebener Tale wird sozusagen die Achse des Gebirges gezeigt. Sie ist die wichstigste tektonische Linie im Höllensteinzug und wird als die Fortsetzung der Frankenfelser Linie angesehen. Der stratigraphische Aufbau dieser Decke ist im allgemeinen ein einfacher und zeigt in seiner faciellen Ausbildung große Unterschiede gegenüber der südlichen Decke. Er steht der pieninischen Facies der Klippenzone nahe. Die Decke beginnt erst mit Hauptdolomit, der an der Basis meist in eine tektonische Rauchwacke umgewandelt ist. Alletieferen Triasglieder fehlen tektonisch. Im Hauptdolomit finden sich häufiger sowohl im Höllensteinzug als auch bei Gresten (Bittner) (41) bunte keuperähnliche Schiefer und Mergel, die Anklänge aufzeigen an die subtatrische Enwicklung der Kleinen Karpathen. Über dem Hauptdolomit folgt unmittelbar Rhät in schwäbischer oder karpathischer Entwick- lung. Dachsteinkalke fehlen gänzlich. Der Lias ist im allgemeinen sandig schiefrig entwickelt mit starkem Zurücktreten des Kalkes, bloß Hierlatzkalke finden sich. Im untersten Lias finden sich Sandsteine und Arkosen, auf deren große Ähnlichkeit mit Grestener Sandstein auch Spitz hingewiesen hat, dann Cardinienmergel, Fleckenmergel des Mittel- und Oberlias. Im Dogger finden sich schwarze Schiefer, aus denen bei St. Anton Harpoceren aus der Gruppe Harpoceras opalinus gefunden worden sind. Auch in den höheren Dogger dürften diese Schiefer noch hinaufgehn. Rote Kalke bilden den höheren Jura. Klaus- schichten und Acanthicusschichten? AptychenschieferundRadiolarite vertreten das Tithon-Neocom.Cenomanundflyschartige Gosau (St. Anton, auch von Uhlig beschrieben, Mitt. d. geol. Ges. 1909) liegen transgressiv der Trias- Unterkreideserie auf. Jüngere Schichten sind nicht bekannt. Die Faeiesentwicklung dieser Decke ist noch nicht so genau studiert wie in den südlicheren Decken. Auffallend in dieser Decke ist das Fehlen der tieferen Trias, die mächtige Rauchwackenbildung des basalen Hauptdolomites, das Fehlen des Dachsteinkalkes, die Entwicklung des Rhät in nur schwäbischer und karpathischer Faeies. Lias und unterer Jura sind recht kalkarm. Sandsteine, Schiefer und Flecken- Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl, LXXXVIIT. Bd. 48 362 Dr. L.Kober, mergel überwiegen und gleichen der GrestenerFacies. Im Oberjura sind Radiolarite. Cenoman und Gosau in lyschartiger Ausbildung schließen die Schichtfolge. Die Faunen des terrigenen Lias und unteren Jura zeigen ähnlich wie die Grestener Entwicklung des Lias außeralpinen Einschlag. Was nun die Detailtektonik dieser Decke anbelangt, so ergeben sich auch in dieser Hinsicht spezi- fische Unterschiede gegenüber den anderen Decken. Nirgends finden sich Gipfelfaltungen, nirgends treffen sich weit hinziehende flache Decken. Dazu ist die ganze Decke viel zu wenig mächtig. Schuppe folgt auf Schuppe. Alle neigen sich streng isoklinal gegen Süden. Sie sind voneinander durch Bänder von Rhät oder Liassandstein getrennt. Erst in den höheren Partien tritt eine gewisse Regelmäßigceit in bezug auf den Bau ein. Die Schuppen sind verschieden groß, erscheinen als unter großem Drucke gerissene Falten, als Schollen gleichsam, und zeigen in diesem Baue innige Verwandtschaft mit dem Bauplan der Klippenzone. i Bei St. Anton, ferner auch im Pielachtale ist das Einfallen der Liasfleckenmergel und der Aptychen- kalke unter die Muschelkalke der Lunzer Decke recht gut aufgeschlossen und bereits von Bittner beschrieben worden. Die Muschelkalke liegen auch als einzelne Deckschollen auf der Frankenfelser Decke, umgekehrt er- scheint sie im Erlaftal inmitten der Lunzer Decke als Fenster. Die Lunzer Decke liegt südlich der obigen Linie und wird im Süden selbst wieder längs der Linie Brühl-Altenmarkt-Lunz von der Ötscherdecke überschoben. Ganz im Osten gehören dieser Decke alle Schuppen an, die im Höllensteinzug südlich der sogenannten Höllensteinantiklinale liegen. Im Westen wie auch hier im Osten ist das tiefste Glied der Serie Guttensteiner Kalk (beziehungsweise Werfener Schiefer). Der Muschelkalk ist nur durch Guttensteiner und Reiflinger Facies repräsentiert. Partnach- mergel bilden in den höheren Lagen der ladinischen Stufe Einlagerungen in den Reiflinger Knollenkalk. Wettersteinkalk — oder -Dolomit — fehlt. Der Lunzer Sandstein zeigt bei Lunz die bekannte reiche Gliederung. Aonschiefer, Reingrabener Schiefer und endlich die Lunzer Sandsteine mit ihren Kohlenflözen und den Anklängen an die Carditaschichten der Nordalpen sind die Vertreter der karnischen Stufen dieser Decke. Dazu kommt noch Opponitzer Kalk. Über dem Hauptdolomit ist bereits Dach- steinkalk vorhanden. Das Rhät weist bereits neben der schwäbischen und karpathischen auch die Kössener Entwicklung auf, die Salzburger dagegen fehlt. Neben Sandsteinen und Fleckenmergel spielen Kalke im Lias schon eine größere Rolle: Hierlatz- und Adneterkalke. Der tiefere Dogger ist Durch A. Humphriesianum (Spitz) angedeutet. Klausschichten, Acanthicus-Schichten, Tithon und Neocom (Radiolarite) zeigen die bekannte alpine Facies. Cenoman und die noch recht an Flysch er- innernde Gosau, arm an Hippuriten, Aktaonellen, Korallen, liegen transgressiv auf der Trias-Neocomserie. Durch diesen stratigraphischen Bau scheidet sich diese Decke wieder streng von den beiden anderen. Doch auch der tektonische Bau dieser Decke ist zufolge ihrer großen Mächtigkeit (Maximalbreite 15 km) ein eigenartiger. Schuppenstruktur herrscht noch immer vor. Wir erinnern an die Profile von Bittner aus dem Pielachtale. Schuppen sind auch die von Spitz im Höllensteinzug unterschiedenen kleineren tektonischen Einheiten, zum Beispiel Höllensteinantiklinale, Teufelsteinantiklinale. Daneben finden sich auch schon ruhige Falten von größerem Betrag. Ein klassisches Beispiel ist das Profil Bittner’s (42) von Lunz. Gipfelfaltungen fehlen diesen Decken in unserem Gebiete gänzlich. Ähnlich wie der Frankenfelser Zug wird auch die Lunzer Decke nach Osten hin immer schmäler, die geringste Breite hat sie zwischen Hainfeld und Alland. Zwischen St. Anton und Kirchberg ist südlich und nördlich der Überschiebungslinie ein großer tektonischer Kontrast, indem die unruhige Schuppenstruktur der Frankenfelser Decke einem ruhigen Deckenbau in der Lunzer Decke gegenübersteht. Unter der ruhig flachwellig gelagerten Lunzer Decke liegt an ihrem Rande die in Schollen zerrissene Frankenfelser Decke, angeschoppt und angehäuft gleich- sam durch den Verstoß der viel gewaltigeren Überschiebungsmasse der Lunzer Decke. Deckenban der östlichen Nordalpen. 363 Die Überschiebung längs der Linie Brühl—Lunz ist in vielen Aufschlüssen vortrefflich zu erkennen. Die Gosau als die jüngste Ablagerung der Decke wird von Werfener Schiefer oder Muschelkalk der Ötscherdecke überschoben. Dieses tektonische Verhältnis auf der Strecke Heiligenkreuz bei Baden bis Furth und Altenmarkt habe ich an anderer Stelle bereits nachgewiesen. Auch Bittner (43) hat das gezeigt im Profil des Gaisstein und des Halltales. Auch bei Kleinzell kann man sich von der Existenz dieser Überschiebung überzeugen. Die Überschiebung der Ötscherdecke auf die Lunzer Decke wird uns noch klarer durch die Existenz eines Liegendschenkels der Ötscherdecke. Bittner (44) hatte bereits Spuren davon an der Überschiebung bei Kleinzell. Der Liegendschenkel ist als ein mehr oder weniger unterbrochener Zug vom Schwechattal über Kleinzell noch weit nach Westen hin zu verfolgen. Dieser auf eine Strecke von zirka 30 km zu ver- folgende Liegendschenkel am Außenrande der Decke, sowie das im Schwechattal aufgeschlossene Fenster, außerdem die großen Faciesunterschiede gegenüber der Ötscherdecke sind weitere Argumente für die Überlagerung der Lunzer Decke durch die Schubmasse des Ötscher. Von einer vorgosauischen Tektonik, wie sie zum Beispiel Spitz für das Gebiet des Höllensteinzuges vertritt, kann keine Rede sein. Die Gosau ist genau so in die Bewegung mit einbezogen wie jedes andere Schichtglied. In letzter Zeit haben auch Hammer und Ampferer (45) genau das gleiche Verhalten der Gosau für die Nordtiroler Kalkalpen nachgewiesen. Die Ötscherdecke, die südlichste und mächtigste Teildecke der Voralpen ist bis 20km breit. Sie zeigt Übergänge in die bayrische Entwicklung und in ihr selbst reiche Faziesdifferenzierung. Die Tektonik dieser Decke ist weitaus mannigfaltiger. Weithin ziehende Decken, Gipfelfaltungen sind vorhanden. Wir unterscheiden, wie bereits erwähnt, einen Liegend- und einen Hangendschenkel. Das tiefste Glied des Liegendschenkels ist der Werfener, das höchste das Neocom. Der Liegend- schenkel stellt die Verbindung her zwischen der gerade im westlichen Teile so verschieden gebauten Lunzer und der Ötscherdecke. Werfener Schiefer mit Quarziten leiten die Trias ein. Guttensteiner und Reiflinger Kalke bilden den Muschelkalk, daneben finden sich aber auch schon kleinere Riffe von Wettersteinkalk oder Dolomit. Es folgen Lunzer Sandstein, Hauptdolomit, Dachsteinkalk, endlich Rhät. Toula (46) hat ein demLiegendschenkelangehörigesRhätvorkommen bei Sulzbach (Triesting- tal) beschrieben, das nur die schwäbische Facies aufweist. Es ist aber wohl anzunehmen, daß auch an andern Stellen die karpathische, beziehungsweise Kössener Facies aufzufinden sein wird. Immerhin ist es sehr beachtenswert, daß auch im Lias sich recht große Anklänge an außeralpine Verhältnisse erkennen lassen, indem Sandsteine und Arkosen vom Typus Grestener Sandsteine von mir bei Kleinzell im Schwechattale bekannt wurden, die Gryphea arcuata, Pentacrinus sp. führen. Toula hat von Sulzbach aus einem ähnlichen Gestein Gryphea arcuata, Pecten sp., Pinna sp. beschrieben. Im Fenster des Schwechattales bei Baden finden sich noch mit dem Rhät verbunden Flecken- mergel, Klausschichten, Acanthicus - Schichten (?) Hornstein-Aptychenkalke (Radiolarite) des Tithon und neocome Aptychenschiefer. Cenoman und Gosau, die zu dieser Serie gehören dürften, sind bisher nicht aufgefunden worden. Sie fehlen infolge tektonischer Loslösung. Der Liegendschenkel ist sehr stark zerfetzt, oft nur in Schollen vorhanden. Die Entwicklung des Hangendschenkels ist folgende: Die Basis bilden Werfener Schiefer, in deren tiefsten Lagen weiße Quarzite auftreten. In großer Mächtigkeit sind sie im Werfener Schiefer bei Kleinzell aufgeschlossen, finden sich aber auch weiter im Osten, so auf der Nordseite des Hohen Lind- kogls bei Baden. Die Werfener Schiefer führen im Gegensatz zu dem der oberen ostalpinen Decke eine Fauna, in denen Bivalven überwiegen, während im Werfener der Hallstätter Decke (zum Beispiel in der Neuen Welt) Cephalopoden eine größere Rolle spielen. Durch diese Verschiedenheit in der Fauna sowie durch 45* 364 Dr. L.Kober, das Auftreten der Quarzite ergeben sich spezifische Merkmale für den Werfener Schiefer der Ötscher- Guttensteiner und Reiflinger Kalke bauen die anisische Stufe. Die ladinische Stufe dagegen ist zum großen Teile aus gegen Westen immer mächtiger werdenden Diploporenkalken oder Dolomiten auf- gebaut, die von Bittner bereits als Äquivalente des Wettersteinkalkes angesprochen worden sind. Die Wettersteinkalke treten zum letzten Male auf im Schwechattale, im Anningerstocke fehlen sie bereits. Gegen Westen aber werden sie immer mächtiger. Schon im Triestingtal ist ihre Mächtigkeit eine bedeutende. In der weiteren Fortsetzung sind sie von Bittner bei Kleinzell und Türnitz beschrieben worden. Über den Wettersteinkalken .olgen dünnschichtige Knollenkalke vom Typus der Reiflinger Kalke, so daß diese Facies in einer unteren und einer oberen Stufe vertreten ist. Die obere führt auch Einschaltungen von Partnachmergeln. Lunzer Sandstein, Hauptdolomit und Dachsteinkalk in größerer Mächtigkeit bilden die höhere Trias. Das Rhät ist in der schwäbischen, karpathischen und Kössener Facies vorhanden. Die Salzburger ist weniger entwickelt. Dafür schalten sich im höheren Rhät Starhemberger Zwischen- lagen ein, eine Entwicklung des Rhät, die der Hallstätter Decke eigen ist. Vom Lias an bis in den Dogger macht sich eine Differenzierung in zwei Faziesgebiete geltend, indem sich eine nördliche und eine südliche Region unterscheiden läßt. Die nördliche umfaßt, wie ich bereits gezeigt habe, den Ötscher, Dürrenstein, die Hohe Mandling, den Jura von Enzesfeld und Hirtenberg, die südliche dagegen die Abdachung der Ötscherdecke längs der Linie Hernstein-Mariazell. Die nördliche Entwicklung ist fast rein kalkig. Über dem Rhät folgen Enzesfelderkalke, Crinoidenkalke. Adneterkalke, Klausschichten, Macrocephalenschichten, Acanthicusschichten, Tithone Hornsteinaptychenkalke (Radiola- rite), Neocom, Gosau. Cenoman ist bisher nicht bekannt. Im Süden folgen über dem konglomeratischen Dachsteinkalke rhätische Schichten mit über- wiegend Kössener Facies, Liasfleckenmergel, Adneterkalke. Erst im mittleren Jura stellen sich Kalke wieder ein. Von den Klausschichten angefangen ist die Schichtfolge in stratigraphischer und facieller Hinsicht ident mit der nördlichen Zone. Liasfleckenmergel spielen in der ‚Hernstein-Mariazeller Linie eine große Rolle. Bei Mariazell, im Walstertal, auf der Südabdachung des Mandling sowie bei Hernstein finden sie sich in größerer Verbreitung. ; Die Gosau der Ötscherdecke zeigt weit mehr den. südlichen Charakter als die der Lunzerdecke. Hippuriten-, Aktaconellen- undKorallenkalke sind häufiger. Hippuritenkalke enthält die Gosau der Ötscherdecke bei Lunz. Die Gosau der Einöde zeigt infolge ihres Reichtums an Kalken, Korallen, Actaco- nellen, Hippuriten schon eine weitaus größere Annäherung an die Verhältnisse der Gosau in der Hall- stätter Decke. Stratigraphisch-faciell steht diese Decke von der Frankenfelser Decke weit ab. Die Mächtigkeit der letzteren beträgt, soweit eine Schätzung zulässig ist, kaum die Hälfte der Ötscherdecke. Der Kalk- und Dolomitreichtum ist ein weitaus höherer. Dadurch steht die Ötscherdecke den Kalkdecken der oberen ostalpinen Decke näher. Von Norden gegen Süden laufen die Faciesgrenzen streng parallel mit den Dislokationslinien, Von Westen gegen Osten ist das aber nicht so ganz der Fall. Am deutlichsten ist das in der Ötscherdecke zu erkennen. Ihr Ostende — der Anningerstock — steht in seinem Aufbau der vor- liegenden Lunzer Decke durch das Fehlen der Wettersteinkalke, die geringe Entwicklung der Dachstein- kalke und des Lias, durch das Auftreten von Fleckenmergeln im Lias des Helenentales fast näher als dem eigentlichen Ötschermassiv. Von West nach Ost hin verquert die Faciesgrenze die tektonische Grenze der Decken. Die Faciesgrenze bleibt hinter der Deckengrenze zurück. Diese Divergenz der Faciesgrenze mit der Deckengrenze ist schon öfter hervorgehoben wvorden. Die Tektonik der Ötscherdecke zeigt einen weitaus großzügigeren Bau, als wir bisher in den beiden anderen Decken kennen gelernt haben. Ein recht spezifisches Merkmal in dieser Decke ist der ruhige ein- Deckenbau der östlichen Nordalpen. 365 fache Faltenbau an der Überschiebungslinie Brühl— Mariazell. Als Beispiel verweise ich auf die Profile von Bittner in der Region im Süden von Kleinzell. Die Muschelkalke samt der oberen Trias bilden im Hehenbergzug eine flach gelagerte, ruhige, sehr mächtige Scholle. Einen ähnlichen ruhigen Faltenbau zeigt Bittner’s Profil des Hallbachtales bei Hainfeld. Der Hohe Lindkogel bei Baden bildet eine dicke starre Platte, in der nur eine leichtwellige Faltung zu erkennen ist. Durch Bittner sind auch die ruhig gelagerten großen Muschelkalkmassen der Reisalpe und des Türnitzer Högers bekannt geworden. Der auffallend einfache tafelige Bau, der an vielen Stellen am Nordrande der Ötscherdecke nach- gewiesen werden kann, steht im scharfen Gegensatz zu dem klippenartigen Bau des Liegendschenkels. Oft fehlter ganz. Schmale Schubschollen von Rhät und Lias an der Überschiebung westlich des Schwechat- tals bei Groißbach gehören dem Liegendschenkel an, ebenso Fetzen von Werfener Schiefer mit Gips und Muschelkalk. Bei Kleinzell dagegen ist die Liegendserie vollständiger. Über der Gosau der Lunzer-Decke folgen Hauptdolomit mit Rauchwacken an der Basis, Rhät, Liassandsteine. Die Mächtigkeit ist zirka 200 bis 300 Meter. Weiter gegen Westen scheint die Mächtigkeit noch größer zu werden. Schuppenstruktur findet sich am Außenrande im Triestingtale und am Fuße des Anninger. Die Ketten des Mandling zeigen, wie Bittner bereits beschrieben hat, Schuppenstruktur. Doch nähert sich diese dem Charakter liegender Falten in der Wurzelzone. Die Schuppenstruktur der Mandlingketten könnte eher gedeutet werden als die Wurzeln mehrerer übereinander liegenden Drehfalten, die im flachliegenden Teile bereits abradiert sind. Solche liegende Falten, die auch Gipfelfaltungen genannt worden sind, beherrschen den Dürrenstein-Ötscherstock. Die beiden Berge erheben sich zu ganz bedeutender Höhe gegenüber ihrer Umgebung. Die Dach- steinkalke erreichen eine für die voralpine Decke ganz unbekannte Mächtigkeit. Eine ganz bedeutende Faciesgrenze müßte hier durch die Linie von Lunz markiert sein. Auffallend erscheinen auf den ersten Blick die vielen Faltungen, die man in den Dachsteinkalken des Scheiblingsteines auf dem Wege zum Mittel-See beobachten kann. Ähnliche Bilder finden sich im Hochkar. Wo Juraablagerungen vorhanden sind, kann man öfter beobachten, daß sie konkordant den Dachsteinkalken eingeschaltet sind, zum Beispiel in der Nähe des oberen Sees, auf dem Ostgrate des Dürrensteingipfels, beim Abstieg vom Ötscherplateau zum Erlauf-See. Die geologische Spezialkarte des Blattes Gaming-Mariazell verzeichnet eine Reihe von Jurazügen im Gebiete der Buchalm. Wenn man sich die Mühe nimmt, den steilen Graben von der Straße unterhalb der Brücke zur Buchalm hinaufzusteigen, erkennt man klar die Parallellagerung der Jurakalke inmitten der flach liegenden Dachsteinkalke. Es sind zwei Bänder von Jura dem Dachsteinkalk eingefaltet. Ähnliches findet sich auf dem Ötscher. Es sind aber keine Schuppen, sondern flach liegende Falten. Im Dürrenstein dürften zwei bis drei solcher Gipfelfaltungen vorhanden sein. Nur dadurch erklärt sich die überaus große Mächtigkeit der Dachsteinkalke. Im Dolomitgebiet von Abbrenn herrscht wieder ein ruhiger Faltenbau, der sich auf der Straße von Mariazell gegen Neuhaus leicht erkennen läßt. Eine Platte von Hauptdolomit, in deren Kern Opponitzer undLunzer Schichten erscheinen, spannt sich in flachwelligem Bau zwischen den Gipfelfaltungen der Dürren- steingruppe und dem Dachsteinkalkgebiet der Kräuterin. Daselbst herrscht ein ähnlicher Bauplan wie in den Mandlingketten. Göller und Gippel sowie die Dürre Wand sind aus Dachsteinkalken aufgebaut, die unter dem Einflusse der nachrückenden Hallstätter oder hochalpinen Decke zusammengestaut worden sind. Die Richtung der Faltung ist bestimmt durch die Richtung der Bewegung der nachrückenden höheren Decken. Im Walstertal fällt eine einfache Serie, von Hauptdolomit bis in den Oberjura reichend, flach südlich unter die Hallstätter Decke. Zwischen Gippel und dem Lahnberg spannt sich eine breite Synklinale, wie das Geyer gezeichnet hat. Sie wird von Hauptdolomit, Rhät, Liasfleckenmergel und Jurakalken aufge- baut. Die Dachsteinkalke des Gippel fallen südlich gegen den Lahnsattel ein, sie sind so prachtvoll geschichtet wie die Mandlingkalke. Vom Lahnsattel ziehen sie sich wieder hinauf mit zirka 30 bis 40° auf 366 Dry. L.Kober, den Lahnberg, legen sich oben flach. Auf der Südseite dieses Berges fallen die voralpinen Gesteine unter die Hallstätter Decke. Wie Profil V zeigt, liegen in der Mulde des Lahnsättels Deckschollen der Hallstätter Decke,W erfener Schiefer, Ramsaudolomit, Hallstätter Kalk und Gosau. Geyer (47) hat diese Verhältnisse mittelst eines Profil V. Süd Nord Profil des Lahnsattels nach G. Geyer und L. Kober. I Ötscherdecke. II HallstätterDecke. 1 = Hauptdolomit. a — Werfener Schiefer. 2 = Dachsteinkalk. G — Gosau. = Kesaner Danlenlon. c = Ramsaudolomit und Hallstätter Kalk. 3 4 = Lias und Jura. Aufbrechens aus dem Untergrunde deuten wollen. Ohne Zweifel sind es aber Deckschollen, die den Dachsteinkalken der Synklinale aufliegen. Profil VI. Faden Schneeberg Nord, Süd Nach G. Geyer undL. Kober. I Ötscherdecke. II Schneebergdecke. Denen: a —= Werfener Schiefer. b — Ramsaudolomit. [5] —= Kössener Schichten Se unakTurn c — Carditaschichten. d — Dachsteinkalk. Profil VI zeigt, daß am Faden die voralpine Decke, aufgebaut aus Hauptdolomit, Dachsteinkalk, Rhät, Lias und Jura, unmittelbar unter die hochalpine Decke fällt. Ähnliche Verhältnisse herrschen weiter östlich davon am Gressenberg. In den Ketten des Mandling sind unter dem Einflusse der nachrückenden Hallstätterdecke eine Reihe von Faltenbündeln der Obertrias und des Jura entstanden. Gegen Hernstein zu keilen die oberen (südlichen) aus und es ziehen nur die nördlicheren weiterfort. Die Überschiebung der Hallstätterdecke erfolgt gleichsam quer auf die Faltenwellen der Mandling- ketten. Anfangs, im Profile des Piestingtales fallen die Schuppen des Mandling regelmäßig mit Südfallen unter die Hallstätterdecke der Wand und ihrer Fortsetzung, von Hernstein an bis gegen Vöslau zu ist die voralpine gegen Süden überkippt, so daß in dem Profile an dem Triestingausgange zu unterst der Ober- Jura, zu oberst der Hauptdolomit erscheint. Ich habe diese Verhältnisse bereits früher eingehender beschrieben. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 367 Neben dem Fenster des Lahn- und Mitterberges taucht die voralpine Decke inmitten der Hallstätter Decke im Rücken des Hengst bei Puchberg auf. Die Dachsteinkalke mit ihrer jüngeren Auflagerung des Gressenbergzuges fallen so konstant nach Süden, daß Bitter schon daran gedacht hat, man müsse eigent- lich annehmen, sie setzten unter der Gosau, dem Werfener Schiefer des Puchberger Beckens fort und erschienen wieder in der West-Ost streichenden Antiklinale des Hengstes. Auch die stratigraphische Zusammensetzung ist genau dieselbe. Aber wie ist unter dieser Annahme das Auftreten der Werfener Schiefer zu erklären, fragte sich Bittner. Der Saum von Werfener Schiefer, auch Muschelkalk, der die rhätischen Bildungen des Hengstes umsäumt, das regelmäßige Einfallen der Dachsteinkalke unter die untere Trias der Hallstätter Decke und am Kaltwassersattel unter die Schneebergdecke gibt uns den Beweis, daß im Hengst ein Fenster der voralpinen Serie vorliegt, das zugleich deshalb von besonderem Interesse ist, weil kaum 10 km nach Süden die am Hengst noch recht vollständige Triasserie dort ein schmales Band von Werfener Schiefer, Kalken und Rauchwacken bildet, das über dem unterostalpinen Verrucano und unter dem Silur-Devon der höheren Decke liegt. Wie bereits erwähnt, erscheint zwischen der Schwechat und der Triesting in einem schmalen Fenster der Liegendschenkel. Die Mächtigkeit der Liegendserie ist vielleicht auf das Zehn- bis Zwölffache der normalen Entwick- lung reduziert. Ich verweise bezüglich des Baues dieses Fensters auf meine Darstellungen in den Mitt. d. geol. Gesellschaft, Wien, Band 1910. Im Anningerstock fällt die ganze Decke südlich. Im Hohen Lindkogel bildet sie eine West-Ost strei- chende Antiklinale, in deren Kern das Fenster erscheint. Im Profil Altenmarkt a. d. Triesting-Furth-Waldegg liegt zwischen den beiden letzten Orten die Decke wieder antiklinal mit sekundärer Schuppenstruktur und Gipfelfaltung in den beiden Schenkeln. Zwischen den beiden ersten Orten bildet die Ötscherdecke eine große Deckscholle auf der Gosau der Lunzer Decke. Die Deckscholle ist zugleich nach Norden hin über- faltet. Im Profil von Kleinzell-Rohr-Schwarzau stellt sich zuerst südlich von Kleinzell flacher Deckenbau ein. Nach Süden zu kompliziert sich der Bau ungemein. Bei Schwarzau fällt die voralpine Decke mit Hauptdolomit — die jüngeren Schichten sind bei der Überschiebung abgehoben worden — unter Plassen- kalke und Gosau der Hallstätter Decke. Im Profil Lunz-Mariazell treffen wir sofort auf die Gipfelfaltung des Dürrensteinstockes, dann folgt die mehr ruhig gelagerte Dolomitplatte von Abbrenn. In der Kräuterin, die mit Südfallen unter die höheren Kalkdecken einfällt, herrscht ähnlicher Bau wie im Mandlingzug. Die Mächtigkeitsschwankungen in den verschiedenen Schichtgliedern sind in der Ötscherdecke auf- fallend groß. Sie führen auf der einen Seite zur fast vollständigen Reduktion, aufeder andern Seite wird die Mächtigkeit einer Schicht infolge intensiver Faltung drei bis viermal größer. Die Schichtflächen spielen als Gleitflächen eine große Rolle. Dadurch kommt es zum Abheben der obersten Schichten von der Unter- lage Rhät-Lias von Dachsteinkalk oder Dachsteinkalk-Jura von Hauptdolomit. Die abgehobenen Schicht- pakete gehn als selbständige Einheiten. Brüche spielen in der ganzen voralpinen Decke eine geringe Rolle. Als Differentialbewegung zwischen hartem und weichem Material sind sie wohl zu erkennen, treten aber im Aufbau doch wenig hervor. Querschiebungen lassen sich dort,wo die energische NO-Richtung des Streichens einsetzt, überall er- kennen. Aber auch ihnen kommt für den allgemeinen Bau keine besondere Bedeutung bei. Bittner hat eine Reihe von sogenannten Querstörungen in den Voralpen angenommen, so die Quer- störung des Helenenthals bei Baden, die Schwarzauer Querstörung und die bekannte Querstörung Scheibbs-Mariazell. So sehr ich den vortrefflichen Beobachtungen Bittner’s Anerkennung zolle, so bin ich doch bei meinen Studien zu einer andern Erklärung jener Erscheinungen gekommen, die Bittner zur Querstörung führten. In dem einen oder andern Falle mag in der Tat die Querstörung vorhanden sein, aber im großen existieren solche Transversallinien in den Voralpen nicht. Ich habe das bereits für die Querstörung des Helenentals nachgewiesen und gezeigt, daß diese Querstörung ein Nord-Süd laufender 368 Dry. L. Kober, Erosionsrand ist. Auch die Querstörung von Schwarzau existiert nicht. Die Hauptdolomite des rechten Ufers der Schwarza entsprechen genau denen des linken Ufers, nur tragen die letzteren (Falkenstein) eine Deckscholle der Hallstätter Decke auf dem Hauptdolomit. Dadurch erklärt sich einfach die Verschieden- artigkeit des geologischen Baues der beiden Talseiten. Ein anderes Beispiel bieten die Dachsteinkalke des Ötscher. Sie finden östlich keine Fortsetzung. Zur Erklärung dieser Erscheinung dient die Querstörung Scheibbs-Mariazell. Die tiefere Trias streicht ungehindert, durch keine Querstörung getrennt, aus dem Ötschergebiet nach Annaberg. Die liegenden Falten des Ötscher waren vielleicht im Annaberger Revier überhaupt nicht vorhanden, oder sie sind heute der Erosion zum Opfer gefallen. Bei Scheibbs entspricht auch die rechte Talseite genau der linken und ihren Fortsetzungen, das gleiche gilt für Mariazell. Die Fortsetzung der voralpinen Decke in den Karpathen (V d,d)). Die Fortsetzung der voralpinen Decke findet sich jenseits der Donau in den Kleinen Karpathen. Vetter's hat gezeigt, daß daselbst über der hochtatrischen und subtatrischen Serie eine Decke liegt, die im scharfen Gegensatze zur subtatrischen Facies steht. An der Basis liegen Sandsteine des Perm. Kon- glomerate sind selten. Darauf folgen: Werfener Schiefer und Sandsteine mit Melaphyr, Rachsthurnkalk, Guttensteiner Kalk, Wettersteinkalk, Lunzersandstein, Hauptdolomit und Havranaskalakalk (Dachstein- kalk). Eoeän liegt transgressiv auf Hauptdolomit Diese Entwicklung der niederösterreichischen Decke in den Kleinen Karpathen könnte vielleicht verglichen werden mit der Ötscherdecke, und zwar mit ihrem östlichen Teile. Seit Stur (48) kennt man im Gebirge von Bresova auch echte Gosauablagerungen. Auf einer Exkursion in das Waagtal konnte ich mich überzeugen, daß westlich von Waag-Neu- stadtl(im Waagtal) die voralpineDecke noch deutlich entwickelt ist, und zwar in der Facies der Ötscher- decke. Untere Trias fehlt. Die Schichtfolge beginnt mit dem Dachsteinkalk mit Megalodonten, und Rhät, sänz ähnlich wie im Hohen Mandling. Über dem Rhät folgen rote Crinoidenkalke, rote und braune Kalke (vielleicht Klausschichten), zuoberst liegen rote Hornstein-Aptychenkalke und Neocom-Aptychenmergel. In beiden Horizonten konnte ich Aptychen nachweisen. Die Gosau liegt mit einem groben Konglomerat der Trias-Juraserie auf. Quarzporphyre in großen, schön gerundeten Blöcken spielen unter den »exotischen« Geröllen eine hervorragende Rolle. Auch größere Komplexe von Kalkgeröllen finden sich. Die Gosau ist aus einer ungemein reich gegliederten und fossilreichen Schicht- folge aufgebaut. } Es finden sich Kalke, Schiefer, Sandsteine, Mergel und Tone, marine und brackische Bildungen. An Fossilien sind bekannt: Hippuriten, Actaonellen, Korallen, Seeigel aus den Kalken, Inoceramen aus den Schiefern, Cerithien aus den brackischen Bildungen. Wie die Gosau liegt auch das Eocän transgressiv. Kalkkonglomerate, sandige Kalke sind die Hauptbausteine des Eocän. Die Entwicklung der Trias und des Jura in nur kalkiger Fazies weist dieser niederösterreichischen Decke eine ziemlich südliche Lage im Deckensystem zu. Zu demselben Schluß gelangen wir in bezug auf die Gosau. Diese hat Beziehungen zu jener der Einöde und zu jener der Hallstätter Decke. Die Tektonik der voralpinen Decke des Waagtals ist eine relativ einfache. Aus dem Alluvium des Tales steigt der Dachsteinkalk als eine im allgemeinen flachgelagerte Scholle gegen Norden an. Er baut das Nodzogebirge auf. Auf dem nördlichen Schichtkopfe tritt der Dachsteinkalk in Verfaltung mit dem Jura, so zwar, daß sich zuerst eine südfallende Jura-Neocom-Synkline zwischen den Dachsteinkalk einschiebt. Das Dachsteinkalkband zwischen den beiden Jura-Neocom-Zonen ist nicht sehr mächtig. Die ganze Schichtfolge erweist sich als überkippt mit generellem Finfallen nach Süden. Auch die Gosau sieht man südlich des Ortes Botfalva unter die Trias-Jurakalke auf weite Strecken hin einfallen. Weiter nach Norden legt sich die Gosau flacher und wird von Eocän überlagert. Gegen die beskidische Decke zu schalten sich mehrere Klippen ein. Sie lassen die Trennung in pieninische und subpieninische zu. Deckenban der östlichen Nordalpen. 369 Die pieninischen Klippen liegen nördlich des Ortes Lubina, von Eocänkalken, Konglomeraten eingehüllt. Es sind Fleckenmergel-Hornsteinkalke, die dem Lias-Jura-Neocom angehören. Gegen die südfallende und morphologisch ungemein scharf getrennte Flyschzone der beskidischen Decke folgt eine Reihe von subpieninischen Klippen. In grellem Gegensatz zu den eintönigen Hornsteinkalk- klippen bilden diese Klippen eine Folge mannigfacher Gesteine. Ganz auffallend erscheinen die roten Crinoidenkalke des Doggers und die roten Hornsteinkalke des Tithon. In der unmittelbaren Umgebung der Klippen ist die Klippenhülle mächtig entwickelt. Grobe Konglomerate finden sich häufig. Manche der Gerölle werden bis zu I m?” groß. Alle sind wohl gerundet. Hochtatrische Granite, Quarz- porphyre in mannigfaltiger Ausbildung und dioritische Gesteine treten besonders unter den Kom- ponenten hervor. Diese Bildungen werden wohl nach Analogien mit den östlichen Klippen dem Cenoman zugezählt werden können. Die höhere Kreide ist vertreten durch Mergel, Sandsteine und von der Gosau gänzlich verschieden. Die Puchover Mergel treten durch ihre roten Farben auffallend hervor. Die Transgression des Cenoman ist ungemein deutlich. Transgressiv liegt auch das Eocän. Die stratigraphische Anlage sowie der Aufbau der einzelnen Klippen, ihre Aufeinanderfolge ist dieselbe, wie sie von Uhlig aus den Pieninen beschrieben worden ist. Noch eine dritte Facies kommt als Klippen vor: Helle, dichte, weiße, korallenreiche Kalke von dem Aussehen der hochtatrischen Jura-Neocomkalke. Auch ihnen liegt die Klippenhülle mit groben Konglomeraten auf. Das Profil von Waag—Neustadl zur Javorina hinauf gegen Norden ist eins der interessantesten und lehrreichsten Profile der westlichen Karpathen. Zuoberst liegt die voralpine Decke in der Facies der Ötscherdecke. Sie schwimmt im Norden mit der Gosau auf Eocän. Dasselbe Eocän ist dem Silleiner Becken mit der subtatrischen Decke durch Konglomerate verbunden und bildet ein wenig gestörtes Becken. Leider verhindert das große Alluvialfeld des Waagtales Beobachtungen anzustellen über das Ver- hältnis der Ötscherdecke zur subtatrischen. Weiter östlich wird es aber möglich sein und wäre eine ungemein interessante Aufgabe. Wäre die subtatrische Decke unmittelbar im Süden der Ötscherdecke vorhanden, so träfen wir unter dem Eocän die subtatrischen Lias-Jura-Neocom-Fleckenmergel-Hornsteinkalke. Im Zjargebirge ist diese Serie, wie Vetters (49) gezeigt hat, schön entwickelt. Es ist nun sehr auffallend, daß im Norden der Ötscherdecke die ersten Klippen, die wir treffen, ebenfalls in der Fleckenmergel-Hornsteinentwicklung vertreten sind. Ist es nicht die auftauchende Stirn der subtatrischen Decke oder einer ihrer Teildecken? Wenige Schritte nördlich von einem weiteren Hornsteinklippenzug beim Ort Vrzävka tritt aus der Klippenhülle die weiße Kalkmasse mit Korallen zutage. Nirgends gibt es in den subtatrischen Decken der Umgebung derartige Kalke. Ist es die Stirn einer auftauchenden hochtatrischen Decke? Erst weiter im Norden folgen die Klippen der versteinerungs- reichen Facies, die subpieninische Klippendecke. An der Basis einer solchen Klippe gegen Puchover Mergel hin wurde auch ein recht gequält aus- sehender Quarzporphyr (Porphyroid), einen Schubfetzen bildend, aufgefunden. Die voralpine Decke istim Waagtal eine Klippe, die von oben, also über die subtatrische, aus dem Süden hergekommen ist. Es ist dies besonders wichtig zu betonen, weil wir daraus ersehen, daß Klippen in den Karpathen von oben her kommend recht gut denkbar sind. In der Tat hat Linanovski (50) in den Östkarpathen derartige Klippen gefunden. Vielleicht sind es ostalpine Deckenstirnen. Wenn wir uns vorstellen, die niederösterreichische Decke werde gegen Osten hin immer schmäler — ein allgemeiner Zug in der Tektonik der voralpinen Decke — so müssen wir zugeben, daß sie zu einer echten Klippe werden kann. Wir hätten demnach im Profile Waag—Neustadl zur Javorina folgende Klippendecken: Unmittelbar dem beskidischen Flysch aufliegend die subpieninischen Klippen. Dann folgen die pieninischen. Zwischen letztere ist eine Klippe von wahrscheinlich hochtatrischem Jura-Neocomkalk eingeschoben. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIII, Bd. 49 370 Dr. L.Kober, Zuletzt folgt, eine Decke bildend — im Grunde nur eine Klippe von großen Dimensionen — die voralpine Ötscherdecke. Es sind vier tektonisch und stratigraphisch scharf geschiedene Einheiten. Die Klippenhülle der drei nördlichen ist ein und dieselbe: die normale Klippenhülle der Karpathen. Die Ötscherdecke hat als Klippenhülle gleichsam die Gosau. Die drei ersten Klippen stehen in Reihen hintereinander — Reihen- typus. Die Ötscherdecke dagegen dürfte, wenn sie sich auflöst, in Einzelschollen den Gruppentypus zeigen. Sind nun die pieninische und subpieninische, die Korallenkalkklippe die Aufbrandungszone der subtatrischen und hochtatrischen Decke, wie Lugeon (öl) schon vermutet hat? Uhlig hat sich gegen die Vorstellung ausgesprochen und die Pieninen als Decken gedeutet, deren Wurzeln unter der hohen Tatra liegen. Uhlig hat zum Beweise für seine Anschauungen eine Reihe von Tatsachen hervorgehoben, die uns die facielle Verschiedenheit der Pieninen zu den Decken der Tatra lehren. Zweifellos dürften diese Klippen nicht die unmittelbare Fortsetzung der am Südrande unter dem Eocän auftauchenden subtratischen, bezie- hungsweise hochtatrischen Decke sein. Könnten es aber nicht doch Teildecken, deren Ablagerungsraum weiter auseinander gelegen war, Teildecken einer großen Decke sein, der auch die subtatrische Decke als Teildecke angehörte? Könnte ähnliches nicht für die subpieninische, beziehungsweise Korallenkalkklippe in bezug auf die hochtatrische Decke der Fall sein? Sind die Beziehungen zwischen den karpathischen Decken, beziehungs- weise Klippen und den voralpinen hier nicht so enge, daß sie den Beweis ergeben für die Zugehörigkeit zueinander? Das alles werden künftige Untersuchungen lehren. Aber ich glaube, hier Uhlig’s Worte aus dem Jahre 1903 anführen zu sollen, um diese Beziehungen ins rechte Licht zu setzen. Er schreibt in »Bau und Bild« (p. 788): »Im Trencziner Abschnitte verschmilzt die Klippenzone mit der Kerngebirgsregion und gewährt dadurch den unmittelbaren Beweis ihrer Zugehörigkeit zu den mesozoischen Hebungsregionen oder den inneren Zonen der Karpathen. Am bemerkenswertesten tritt dieses Verfließen der Klippenzone mit der Kerngebirgsregion am Rande des Inovec bei Becko hervor: Die Triasgesteine von Becko, die offenbar die subtatrische Randzone des Inovec bilden, sind durch Oberkreide vom Hauptstock des Inovec gesondert und erscheinen gewissermaßen der Klippenzone zugeschlagen. Hier scharen die Leitlinien des Brezowa- gebirges (Kleine Karpathen), des Inovec und der Klippenzone und bekunden dadurch ihre innige Zusammengehörigkeit.« Die ostalpine Klippenzone oder Pieninen (Ve). Die Klippenzone der Ostalpen erkannt zu haben ist das Verdienst Uhlig’s. Trauth (52) hat diese Bildungen näher studiert. Suess und Uhlig haben die Klippendecke für die auf dem Nordrand heraus- kommende lepontinische Decke gedeutet. Uhlig hat schon darauf hingewiesen, daß es auch in den Ost- alpen möglich sein wird, mehrere Klippendecken in der Klippenzone zu unterscheiden, und hat sie den Pieninen der Karpathen gleichgestellt. Das Klippenproblem gehört zu einem der interessantesten und zugleich schwierigsten Kapitel der alpinen Geologie. Die Herkunft, ihre Lage im Deckensystem ist bisher noch nicht sichergestellt. Nach den Vorstellungen von Uhlig kämen die Klippen unter der Tatra heraus. Sie wären lepontinisch. Lugeon hält die Herkunft aus der Tiefe unter der Tatra für denkbar, Limanovski leitet sie von einer Schub- masse ab, die über die subtatrische von Süden her gekommen ist. Ampferer und Hammer haben die Pieninen Uhlig’s im Allgäu zur ostalpinen Decke gezogen. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 371 Es wird auch hier die Anschauung vertreten, daß die Klippenzone der unterostalpinen Decke am nächsten steht und mit ihr zu einer Einheit verbunden werden muß. Sie ist eine Unterdecke der vor- alpinen, die von den drei anderen Decken doch etwas weiter absteht. Die Klippenzone der östlichen Nordalpen zeigt in der Tat die von Uhlig vermutete Zweiteilung in eine sub- und eine pieninische Decke. Als pieninische Klippe wird hier der Hornsteinzug betrachtet, der sich im Höllensteinzug bei Liesing zwischen die eigentlichen Klippen von St. Veit, beziehungsweise den Flysch, und die Randanti- klinale von Spitz, die Frankenfelser Decke, einschiebt. Spitz verdanken wir eine vortrefflicheBeschreibung der Zusammensetzung dieses so interessanten Zuges. Der stratigraphische Aufbau ist folgender: Die Schichtfolge beginnt mit Spuren von Hauptdolomit und Rauchwacken. Rhät ist wahrscheinlich vorhanden, aber bisher noch nicht durch Fossilien nachgewiesen. Den Hauptbestand dieses Zuges bilden Kieselkalke und braune sandige Kalke, ähnlich wie in den Grestener Schichten. Fleckenmergel, Arkosen und Hornstein-Aptychen- kalke oder -schiefer vervollständigen die Serie. Dann sind noch flyschartige, rote und grünliche Schiefer vorhanden. Es sind der tiefere Unterlias durch Arietites rotiformis, der höhere Unterlias durch Arietites sp., Oxynoticeras sp., ferner der Oberlias durch Harpoceras Ruthenense Resp. nachgewiesen. Dogger ist aller Wahrscheinlichkeit nach vorhanden, aber bisher noch nicht erkannt. Vielleicht gehören in diese Decke die schwarzen Schiefer mit Ammoniten aus der Zone des Harpoceras opalinıum und vielleicht die Schiefer mit Posidonia alpina, Gesteine, die im Westen der Klippenzone bekannt sind (Waidhofen, Um- gebung von Scheibbs). Der obere Jura ist durch Aptychus angulicostatus vertreten. Auch das Neocom dürfte vorhanden sein, vielleicht liegt in den roten flyschähnlichen Schiefern Oberkreide, von der Art der Puchover Mergel vor. Sie gehörte der Klippenhülle an. Spitz hat diese Zone der Kieselkalke verglichen mit dem Allgäu, mit ähnlichen Bildungen des Engadin und der Grestener Facies. Mögen diese Beziehungen vorhanden sein — viel näher sind die Beziehungen zu den subtatrischen Decken und zur pieninischen Klippendecke der Karpathen. Die Fossilarmut ist ein primäres Merkmal dieser Kieselkalkzone epenso wie in der pieninischen Decke. Die Kalkentwicklung tritt in der subtatrischen Decke der Karpathen sehr stark zurück, wie in der pieninischen Decke. Vorherrschend sind versteinerungsarme Fleckenmergel, dem oberen Jura und Neocom dürften die Hornsteinkalke angehören. In der subtatrischen Decke bilden den Lias Hierlatzkalke und rote Knollenkalke in nur untergeordnetem Maße. Die Hauptfacies des Lias und des tieferen Jura sind Fleckenmergel und Kieselkalke. Im tieferen Lias herrscht die Grestener Entwicklung. Im Zjargebirge fehlen nach Vetters auch Hierlatzkalke und Knollenkalke. Lias-Jura und das Neocom sind in grauem Hornsteinkalke entwickelt. Der Kieselkalkzug des Höllensteins bei Kaltenleutgeben steht der eigentlichen voralpinen Ent- wicklung ziemlich fremd gegenüber. Die für die Decken der niederösterreichischen Facies so charakteristi- schen Hierlatz-, Adneter, Klaus-, Acanthicus-Schichten, roten Hornsteinkalke des Tithon sind nicht vor- handen. Immerhin aber steht er dem voralpinen Mesozoicum weit näher als dem des Semmering. Stark hervortretend aber sind die Analogien mit der pieninischen, der Hornsteinklippe, der Karpathen. Sehr enge sind die Beziehungen zu der subtatrischen Decke des Zjargebirges. Vetters hat das bereits erkannt. Seinem stratigraphischen Aufbau nach darf aber der Kieselkalkzug nicht mit der Frankenfelser- Decke vereinigt werden, sondern ist viel eher der subtatrischen oder der pieninischen Decke zuzuzählen. In der Tat spricht auch die Art des Auftretens sehr für eine derartige Deutung. Diese Decke ist in einigen Zonen der Klippendecke zu erkennen. Bei Hainfeld finden sich größere graue und grüne Hornsteinkalkmassen, die als dieser Decke zugehörig zu betrachten sind. Uhlig hat darauf 49* 372 Dry. L.Kober, aufmerksam gemacht, daß auch die Hornsteinzüge der Umgebung von Scheibbs pieninischen Charakter haben. Vielleicht ist die Decke sogar noch im Allgäu vorhanden. Die Tektonik dieser Decke ist wohl auf eine Anhäufung von Schuppen, Schollen zurückzuführen, die unter der Last aufliegender Decken weitgehende Lamination, Pressung, Streckung erlitten haben. Stellenweise fehlt dieser Klippenzug ganz. Diese pieninische Klippe in den Ostalpen ist bisher ganz übersehen worden. Der Höllensteinzug erscheintuns heute als eines der interessantesten Glieder der Voralpen. Klippenzone und voralpine Decken sind ungemein fest miteinander verschweißt: die subpieninische, die Frankenfelser, endlich die Lunzer Decke. Uhlig(53) hat schon vor längerer Zeit darauf aufmerksam gemacht, daß die Anordnung der Facies- bezirke eine ähnliche ist wie in den Karpathen. Die zweite Klippendecke der ostalpinen Klippenzone bilden die Klippen von St. Veit und deren Gefolge. Sie werden der subpieninischen Klippe der Karpathen gleichgestellt. Diese Klippen sind von CZjszek und Neumayr zuerst studiert worden. E. Hochstetter hat eine treffliche Beschreibung der Klippen von St. Veit gegeben. Trauth hat die Klippen zwischen Gresten und St. Veit studiert und alle diese Bildungen als ostalpine Klippenzone zusammengesetzt, dabei aber unentschieden gelassen, ob es sich um lepontinische Decken im Sinne Suess’ handelt oder um anstehendes Gebirge im Sinne von Geyer. Betrachten wir den stratigraphischen Bau dieser Klippendecke. Die Schichtfolge beginnt mit Hauptdolomit, der mit Rauchwacken verbunden ist. Dachstein- kalk fehlt gänzlich. Das Rhät ist nicht sehr mächtig, graue Mergelkalke, braune. fingerdicke, schwarze Mergelschiefer. Es ist nur die schwäbische Facies vorhanden. Der gesamte Lias und untere Dogger einschließlich der Zone des Stephanoceras Humphriesianus wird von Grestener Facies gebildet. Das sind küstennahe Bildungen, Arkosen, Sandsteine, Schiefertone, sandige, dunkle Kalke, Mergel, die an Stellen typischer Entwicklung in den tieferen Partien Kohlenflöze, Landpflanzen führen. Die Grestener Schiefer bilden die tiefsten Lagen. Die untere Stufe des Unterlias führen eine Molluskenfauna. Die obere Abteilung vertreten dagegen die Grestener Kalke mit einer Brachiopoden- und Bivalvenfauna, die auf oberen Unterlias (oberes « und ß) und auf mittleren Lias hindeutet. Den Oberlias setzen Fleckenmergel zusammen. Ob die schwarzen Schiefer mit Harpoceren aus der Zone des Harpoceras opalinus (Waid- hofen) hierhin gehören, ist fraglich. Das Bajocien wird durch graublaue, mehr oder weniger feste Kalke, durch sandig-mergelig-schiefrige, gelbgraue Kalke repräsentiert. Nach E. Hochstetter (54) sind in ihnen folgende Zonen vertreten: Cosmoceras subfurcatum Ziet. Harpoceras Romani Opp. (Stephanoceras Blagdeni Sow.) (Stephanoceras Humphriesianum Sow.) (Stephanoceras Bayleanum Sow.) Stephanoceras Sanzei d’Orb. Das Bathonien bilden sehr harte, dichte, graue, auch rötliche Kalke mit muscheligem Bruche, Hornstein führend. In diesen Gesteinen sind die Zonen Oppelia fusca Qu. und Cosmoceras ferugineum Opp. vertreten (Klausschichten). Bei Waidhofen sind schwarze Schiefer mit Posidonia alpina gefunden worden. Sie gehören aber vielleicht der pieninischen Klippe an. Crinoidenkalke, rot und weiß gefleckt, sehr hart, mit Terebratula sp. und Ammonites sp. folgen über den Klausschichten und sind als Vilser Schichten gedeutet worden. Acanthieus-Schichten und rote Hornstein-Aptychenkalke, weiße Aptychenkalke des Neocom Deckenbau der östlichen Nordalpen. 373 vervollständigen die Schichtfolge. In den karpathischen Klippen (Waagtal), sowie nach Uhlig auch in den Klippen des Allgäu ist Gault in Form von feinen schwarzen Mergelschiefern mit Hoplites tardefurcatus vertreten. Im östlichen Abschnitte ist der Gault in der Klippenzone noch nicht bekannt geworden. Die Klippenhülle beginnt mit dem Cenoman. Es sind zum Teil ähnlich wie im Waagtal gröbere Konglomerate mit exotischen Geröllen und Sandsteine. Die Oberkreide wird ferner repräsentiert durch rote feine Tone und Mergel, die große Ähnlichkeit mit Puchower Mergeln haben. Uhlig hat zuerst darauf hingewiesen. Die höheren Etagen der Kreide sowie das Alttertiär sind in Flyschfacies entwickelt. Dem Eocän dürften auch Sandsteine angehören, die durch die Führung exotischer Gerölle ausgezeichnet sind, zum Beispiel Sandsteine von Konradsheim (G. Geyer). Grüne Felsarten sowie Minette treten in den Klippen bei Hinterholz auf. Wir wenden uns nun den Beziehungen der pieninischen Klippendecke zu ähnlichen Ablagerungen anderer Gebiete zu. Die Hauptdolomite, die von Trauth in Verbindung mit dieser Klippendecke gefunden worden sind, weisen auf ostalpines Gebiet hin. In der helvetischen und lepontinischen Serie fehlen der- artige Dolomite. Sie fehlen sogar noch in der subtatrischen Decke der Kleinen Karpathen, die von Uhlig als eine tiefere Teildecke der voralpinen angesprochen wurde. Das Rhät ist nur in schwäbischer Ent- wicklung vorhanden. In der Frankenfelser Decke ist das Rhät in schwäbischer und karpathischer Entwick- lung vorhanden. Daraus könnte man auf ein allmähliches Übergehen der mehr außeralpinen Rhätbildungen dieser Klippendecke in die rein alpinen und reich gegliederten Rhätbildungen in der Ötscherdecke schließen. In der hochtatrischen Serie des Semmering hat Toula eine Rhätfauna der schwäbischen Ent- wicklung gefunden, aber in den Tauern stellt sich bereits die karpathische ein. In der subtatrischen Decke herrscht die karpathische Facies des Rhät. In den Voralpenklippen der Schweiz (Buochser— Stanzerhorn) istnachW. Schmidt (55) das Rhät inschwäbischer und karpathischer Fazies vorhanden. Den helvetischen Decken der Schweiz fehlt das Rhät völlig, desgleichen sind auch aus den beskidisch-subbeskidischen Decken der Karpathen keine Rhätbildungen bekannt. Ebenso fehlen sie der ostalpinen Flyschzone. Der Bildungsraum des Rhät der Klippen von St. Veit zeigt vor allem auf Beziehungen zu den obersten lepon- tinischen und den tiefsten Teildecken der voralpinen Decke hin. Die tieferen lepontinischen Decken der Kalkphyllite und der Zentralgneise, beziehungsweise schistes lustres lassen keine Beziehungen zu der Trias in den Pieninen erkennen. F. Trauth (56) hat eine eingehende Darstellung der Fauna der Grestener Schichten und ihrer Beziehungen zu analogen Gebieten gegeben. Es ist eine Brachiopoden- und Bivalvenfauna. Sie zeigt die meisten Beziehungen zu den außeralpinen Liasbildungen Frankreichs und Deutschlands. Viel geringer sind die Beziehungen zu dem alpin-mediterranen Gebiete. Die Fauna hat nach Frank vorwie- gend mitteleuropäischen Charakter. 75 Arten hat die Grestener Fauna gemeinsam mit dem außeralpinen Frankreich, 11 Formen sind einander nahe verwandt, 71 Spezies gleich dem schwäbisch-fränkischen Gebiet, 9 nahe verwandt, 95 Spezies aus dem Lias der Klippen der Schweiz, 2 nahe verwandt. Die liasischen Bildungen deı Voralpen teilen sich mit denen unserer Grestener Schichten in den Besitz 47 (48?) identischer und 12 nahe stehender Spezies. Mit den Grestener Schichten der Karpathen sind 11 (13?) gemeinsam, 1 verwandt. Der Lias ö von Freistadl hat nur 10 identische, 3 verwandte Arten. Den lepontinischen Bildungen der Tauern, des Engadin fehlen Grestener Schichten gänzlich, desgleichen auch den helvetischen Decken der Schweiz. Gerade das Fehlen der Grestener Faunenelemente in den helvetischen und penninischen Decken des Simplon, die geringen Beziehungen zu dem Lias von Freistadl weisen darauf hin, daß der Faunenaus- tausch im Süden des helvetisch-penninischen Deckenlandes über Südfrankreich vor sich gegangen sein muß; denn nur so erklärt sich das Faunenverhältnis zu dem alpin-mediterranen Gebiet, daher auch der relative Reichtum des Lias der Voralpen in der Schweiz an Grestener Faunenelementen. 374 Dr. L. Kober, Die Facies der Grestener Schichten ist in den Ostalpen beschränkt auf die Klippen, auf die äußersten Ketten der Voralpen, in den Karpathen auf die Klippen, die subtatrische und hochtatrische Decke, in den Westalpen blos auf die exotische Serie der Voralpen (?). Sie ist eine Entwicklung, die dem Westen fremd ist; sie dringt von Osten gegen Westen vor. Ihre Heimat ist der Balkan. Im besonderen sind die Liasarkosen mit Sandstein der Frankenfelser Decke — Grestener Arkosen bei Kaltenleutgeben — die Cardinienmergel, die Liassandsteine im Liegendschenkel der Ötscherdecke mit Gryphea arcuata hervorzuheben. In der subtatrischen Serie der Kleinen Karpathen, besonders aber im Zjargebirge, sind Grestener Arkosen und Sandsteine bekannt, ähnliche Bildungen auch in der hochtatrischen. Die Liasbildungen von Freistadl (p) zeigen geringe Ähnlichkeit mit dem Lias der schweizerischen Voralpen. Da die Grestener Facies und ihre Fauna dem lepontinischen Fenster der Tauern fehlt, so nahe Beziehungen zu den voralpinen Decken, zu der subtatrischen, zum Teil-der hochtatrischen Decke aufzeigt, entspricht es mehr den Verhältnissen, diese Faciesgebiete’in einenAblagerungsraum zu verweisen, der süd- lich des Ablagerungsraumes der lepontinischen Tauern lag. Südlich dieses Gebietes erfolgte der Austausch der Faunen mit Frankreich und Deutschland. Eine zweite Verbindung scheint um den Südrand des böhmischen Massivs zeitweilig vorhanden gewesen zu sein, diese brachte die Liasfauna von Freistadl nach Osten. Durch die Kohleführung unterscheiden sich faziell die Grestener Schichten von den Liassandsteinen der Voralpen und Karpathen sehr, ebenso durch das Fehlen der Hierlatzkalke oder Adneter Kalke. Die Grestener Schichten der voralpinen und der subtatrischen Decken führen statt Kohlenflöze nur Kohlen- häcksel. Hingegen ist der Grestener Facies durch die Führung der Fleckenmergel ein starker Anklang an die voralpine, subtatrische und pienninische Decke aufgeprägt. Die Zugehörigkeit der Opalinus- und Murchisonae - Schichten zu der subpieninischen Decke ist noch nicht sichergestellt. Die Schichten scheinen eher der pieninischen Decke zuzugehören, sie sind auch in den Pieninen mit der Hornsteindecke verbunden. Die nächstfolgenden Doggerschichten, die aus St. Veit bekannt sind, zeigen bekanntlich große Ähnlichkeit mit dem Zoophvcos-Dogger der Schweizer Klippen. Die Klausschichten zeigen eine, wie bereits Neumayr hervorgehoben hat, von der alpinen Facies etwas verschiedene Entwicklung. Sie haben wie die tieferen Juraschichten weder zu den voralpinen noch zu den karpathischen Decken nahe Beziehungen. Die Vilser Kalke der Klippen sindin den Kalkalpen im östlichen Teile wenig bekannt. Nur bei Windisch-Garsten ist ein seit langem bekannter Fundort. Acanthicus-Schichten, das Tithon und Neocom haben rein alpine Entwicklung. Der Gault ist in unserem Gebiete noch nicht nachgewiesen worden, ist aber in den Pieninen des Allgäu nach Uhlig in derselben Entwicklung vorhanden wie in den Karpathen. Die Klippenhülle zeigt im allgemeinen nicht die grobblockige Ausbildung wie in den Karpathen. Konglomeratmassen, die der Klippenhülle zugeschrieben werden dürften, finden sich selten: Bei Alland sind Konglomerate in dem Flysch unmittelbar am Außenrand der Kalkalpen. Vielleicht gehören hieher auch die Konglomeratmassen, die Geyer (57) am Außenrand der Kalkalpen vor kurzem bei Almtal nachgewiesen hat. Nach Analogien mit den Karpathen dürfte man diesen Bildungen ein cenomanes Alter zuschreiben. Für diese Deutung spricht auch der Umstand, daß die äußeren Decken der Voralpen ebenfalls Cenoman führen. Rote Mergel von der Ausbildung der Puchover Mergel bilden einen auffallen- den Horizont der Klippenhülle. Uhlig hat darauf bereits aufmerksam gemacht. Fiysch und Sandsteine des Alttertiär mit exotischen Geröllen schließen die Schichtfolge. Neben den exotischen Blocken des Cenoman und des Eocän, die echte Geschiebeablagerungen sind, finden sich ferner als Exotika Grüngesteine und Minette. Diese weisen auf Beziehungen zu der rhätischen Decke hin und dürften eher als tektonische Bildungen zu deuten sein. Die Klippenhülle zeigt im allgemeinen abweichenden Charakter von den Oberkreidebildungen der Voralpen. Doch stehen sich, wie das so oft betont worden ist, die Oberkreidesedimente der äußersten voralpinen Ketten und der Klippen insofern sehr nahe, als die Gosau der nördlichsten Ketten im Gesamthabitus mehr flyschähnlichen Charakter hat. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 375 Was nun die Stellung der Pieninen im System der alpinen und karpathischen Decken anbelangt, erscheinen bei Beurteilung dieser Frage folgende Erwägungen von entscheidender Bedeutung. Nach Uhlig sind die Pieninen Decken, die dem lepontinischen System angehören, und daher unter die subtatrische und hochtatrische Decke untertauchen. Vielleicht unterteufen sie sogar die metamorphen lepontinischen Decken des inneren Gürtels. Aus dem schematischen Profil der Zentralkarpathen ließe sich das entnehmen. Nach dieser Vorstellung Uhlig’s erhalten wir folgende Faciesbezirke: 1. subbeskidisch, o. hochtatrisch, 2. beskidisch, 6. subtatrisch, N] 3. pieninisch, . ostalpin. 4. metamorph-lepontinisch, Unter der Voraussetzung, daß die metamorph-lepontinische Decke den Kalkphyllit- und schistes lustres-Decken entspricht — dafür spricht die Überlagerung der hochtatrischen (Radstätter) Decke — liegen die Wurzeln der Pieninen unter der metamorphen lepontinischen, beziehungsweise hochtatrischen Decke. Setzen wir mit Uhlig die Pieninen der rhätischen Decke Steinmann’s gleich, dann sehen wir, daß die Pieninen hier über der metamorph .lepontinischen Serie, desgleichen auch über der hochtatri- schen Decke (Klippendecke Steinmann's) liegen. Diese Annahme kann aber nicht gelten, denn die Decken verschneiden sich. Daher sind die Pieninen entweder der rhätischen Decke nicht gleichzustellen, oder, wenn das der Fall ist, müssen die Wurzeln der Pieninen über der Klippe der hochtatrischen Decke liegen. Nun ist die Lagerung der rhätischen Decke über den schistes lustres zweifellos, die Lage über der Klippendecke im Prättigau klar zu ersehen. Uhlig hat aber nun für die Gleichstellung der rhätischen Decke mit den Pieninen entschieden. Dann bleibt nur die eine Möglichkeit, die Pieninen müssen ihre Wurzeln über der Tatra oder höchstens gleich der Tatra haben, das heißt sie könnten zum Teil noch Teildecken der letzteren sein. So fordern tektonische Gründe die Wurzeln der Pieninen zwischen der hochtatrischen und ost- alpinen Decke. Gilt die Uhlig’sche Anschauung, dann werden die so nahe verwandten Ablagerungsräume der Pieninen und der hochtatrisch-subtatrischen Decken durch eine Serie ganz anders gebauter Schichten aus- einandergerissen, und ein fremdes Element stört die nahen Beziehungen der Pieninen zu denen der Tatra. Noch klarer wird diese Störung, wenn wir diese Vorstellung auf die Ostalpen anwenden. Im helveti- schen Flysch der Ostalpen ist der Jura in Form der »Grestener Sandsteine« von Freistadl, der Bimanatenkalke des Marsgebirges, Stramberger Kalke vom Waschberg vertreten. Neocom ist nicht bekannt. Wenn die Pienninen unter den Kalkphyllitdecken liegen, so schiebt sich zwischen die Pieninen und die subtatrische Fazies die Kalkphyllit-, die Radstätter Decke ein, und erst dann folgt das Ablagerungs- gebiet der subtatrischen, beziehungsweise voralpinen Entwicklung. Abgesehen von der Kalkphyllitgruppe würde die Radstätter Decke allein die nahen Beziehungen der Pienninen zu den subtatrischen und voralpinen Decken recht empfindlich stören. Die Radstätter Decke würde sich als ein ganz fremdes Glied dazwischen stellen. Wir würden einen großen Vorzug der Deckenlehre preisgeben, hielten wir an diesen Anschauungen fest. Verlegen wir dagegen die Wurzeln der Pieninen südlich der Radstätter Decke, da erhalten wir ein Ablagerungsgebiet, das die Pieninen, die subtatrische, die voralpine Entwicklung umfaßt, ein Ablagerungs- gebiet, das, wie im vorhergehenden gezeigt worden ist, viele Beziehungen zueinander aufweist, ein Ablagerungsgebiet südlich der Faciesgebiete: Helvetische Decken des Außenrandes (Stramberger Tithon), Zentralgneisdecken mit Hochstegenkalk (Tithon), Kalkphyllitdecken mit Marmoren (Tithon) und endlich die Radstätter Decke mit den Belemnitenmarmoren (Tithon?), mit einem Wort ein großes Ablagerungs- gebiet, das im Oberjura (Neocom?) durch die koralligene Kalkfacies ausgezeichnet ist und im Gegen- 376 Dr. L.Kober, satz steht zu der Radiolaritfacies der Pieninen, der subtatrischen Decke, der voralpinen Decke, dem Gebiete der unterostalpinen Decke. Wie schon früher betont, befindet sich diese Zone gleichsam in der Position einer Vortiefe, gegenüber der Plassenkalkfazies der oberen ostalpinen Decke. Diese Vortiefen- bildung erscheint als die Einleitung der Deckenwanderung. Wir wollen hier gleich anfügen, daß für die südlich davon gelegene obere ostalpine Decke im oberen Jura die Plassenkalke bezeichnend sind, also wieder eine Korallenfacies. So kommen wir wohl zu dem Schlusse, daß tektonische und stratigraphische Überlegungen über das Verhältnis der Pieninen zu subtatrischen, beziehungsweise voralpinen Decken die unmittelbare Aneinanderstellung der Pieninen mit diesen Decken fordern. Danach betrachten wir die Pieninen als eine Teildecke der voralpinen Decke. In den Iberger Klippen, in der Aufbruchzone, im Allgäu zeigt sich die immer wiederkehrende Erscheinung, daß Radiolarite und Grüngesteine in engster Verbindung von einer Dolomitmasse der Trias überlagert werden. Im östlichen Abschnitt der Östalpen erkennen wir dieselbe Schichtfolge. Unter einer mehr einheitlich gebauten Hauptdolomitmasse kommen Klippen von Radiolariten heraus. Hie und da sind sie verbunden mit den Grüngesteinen. Die große Analogie im Baue ist nicht zu verkennen. Wie das Uhlig schon angedeutet hat, sprechen gerade diese Gründe dafür, die Pieninen der rhätischen Decke Steinmann’s gleichzusetzen. Das obere ostalpine Deckensystem (V]). Dem oberen ostalpinen Deckensystem fehlt ein krystallines Grundgebirge ganz. Die Silur-Devonbildungen von Graz, der nordsteirische Silur-Devonzug, dem die Kalkhochalpen aufliegen, bauen das obere ostalpine Deckensystem. Das Mesozoicum zerfällt in 2 Teildecken: in die tiefere Hallstätter, die höhere hochalpine Decke. Die Linie Hernstein— Puchberg—Mariazell ist die Grenze gegen das voralpine Mesozoicum. Die Grenze gegen den inneren Anteil der unteren ostalpinen Decke haben wir bereits kennen gelernt. Im Süden ist es die Linie von Pernegg, im Norden die norische Linie. Wir wenden uns nunmehr der Besprechung der Silur-Devonbildungen des Grazer Paläozoicums zu. Das Grazer Paläozoicum (VlIa). Im Jahre 1874 bereits hat Clar (58) eine Einteilung gegeben, die mit geringen Änderungen bis auf den heutigen Tag von den Grazer Geologen festgehalten worden ist. Gerade durch dieses Festhalten erscheint es aber, als wäre die Deutung der Schichtfolge des Grazer Beckens eine völlig gesicherte, als wäre die stratigraphische Erforschung der Silur-Devonformation in den Hauptzügen abgeschlossen. Hoernes hatte 1880 schon das Vorhandensein der Grenzphyllite im Sinne Clar’s bestritten. In der Tat liegen die mächtigen Kalklager des Schöckel im südlichen Teile unmittelbar dem Grundgebirge auf. Vacek war es, der die Existenz der Semriacher Schiefer in der Clar’schen Auffassung verneinte und behauptete, die Semriacher Schiefer lägen unter dem Schöckelkalk. Diese Hinweise zeigen zur Genüge, daß gerade über die basalen Glieder des Grazer Paläozoicums unter den verschiedenen Forschern keine Übereinstimmung herrschte in bezug auf Bau und Schichtfolge, dazu bei Gesteinen, die hochmetamorph sind und keine entscheidenden Fossilien führen. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 377 Dazu kommt noch ein anderer merkwürdiger Umstand. Die für das Grazer Paläozoicum aufgestellte Schichtfolge ist in den wenigsten Profilen zu finden. Große Mächtigkeitsschwankungen finden sich in den einzelnen Schichten. Wir erinnern nur an die bedeutenden Kalkmassen des Schöckels. An anderen Stellen dagegen fehlen die tieferen Horizonte ganz, ja in den Steinbergen liegen die CIymenienkalke des Oberdevon unmittelbar auf den Crinoidenkalken des Obersilur. An der Grenze der beiden sind nach Penecke nicht selten Breccien eingelagert, die aus Gesteinsstücken der Unterlage und aus Clymenienkalk bestehen. Dieses so eigenartige Lagerungsverhältnis hat man mit einer diskordanten Auflagerung des Ober- devon auf Silur zu erklären versucht. »Dem unteren Oberdevon entspricht Festlands- und Erosionsperiode, die im südlichen Teile unseres Gebietes vielleicht schon während des Mitteldevon begann, woraus sich das Fehlen von Mitteldevonschichten in der näheren Umgebung von Graz und ihr alleiniges Auftreten im Norden (Lantsch) erklären ließe.« Eigenartig, Festland und Meer, liegen auf einem Raum von wenigen Quadratkilometer beisammen. Und doch vermissen wir die Sedimente der Küste. Das Gestein der devonischen Bildungen sind reine Kalke und Schiefer, hochmarine Ablagerungen, ähnlich wie in Mähren, in den karnischen Alpen. Auch aus diesen Gebieten kennen wir keine andern Ablagerungen als rein marine, fossilreiche Kalke, nirgends die Andeutungen einer Küste während des Mittel- und Oberdevon. Die Transgression der Clymenienkalke erscheint inmitten des Grazer Beckens doch sonderbar. Vacek, der durch seine langen Aufnahmen in der Grauwackenzone sich eine weitgehende und sichere Kenntnis der Grauwackengesteine erworben hat, hatte auch im Süden der Rennfeldantiklinale eine Reihe von Carbonvorkommnissen gefunden: bei Pernegg, bei St. Jakob, am Wolfsbergkogl. Heritsch (59) hat freilich die Richtigkeit dieser Beobachtung geleugnet und diese Carbonvorkommnisse Vacek’s zum Untersilur gezogen. So zeigte sich aufs neue, daß die Schichtfolge des Grazer Paläozoicum als noch nicht geklärt be- trachtet werden darf. = Nach meinen eigenen Studien liegt ein anomaler Kontakt vor zwischen den in der Tiefe des Tales auftretenden Carbonbildungen und den älteren Kalken des Hochlantsch. Ich habe im Jahre 1909 die Carbonvorkommnisse als den Südflügel der Rennfeldantiklinale angesprochen und darauf hingewiesen, daß hier das Carbon unter das Silur untertaucht. Diesen Anschauungen ist auch Mohr beigetreten. Prüfen wir nun genauer den unteren Teil des Grazer Paläozoicum. Es folgen Grenzphyllit Schöckelkalk tieferes Silur Semriacher Schiefer Nereitenschiefer und untere Crinoidenkalke mit Pentamerus pelagicus Barr., Obersilur—=E. Quarzit-Dolomitstufe : ! Unterdevon. Barrandei-Schichten f en An Fossilien sind bekannt: Aus dem Grenzphyllit Crinoiden (Glieder) indet., aus dem Schöckelkalk Crinoiden (Glieder) indet., aus dem obersilurischen Nereitenschiefer und unteren Crinoidenkalk Aavosites spec. Crinoiden (Glieder) indet., Wurmröhren, desgleichen verquetschte » Bythotrephis«, Pentamerus pela- gicus, aus der Quarzit-Dolomitstufe: ? Thamnophyllum spec., Striatopora cf. Suessi R. Hoern., Crinoiden (Glieder) indet, Placodermorum genus indet., aus den Barrandeischichten: Aulopora minor Goldf., Heliolites Barrandei R. Hoern., Cyathophyllum caespitosum Goldf., Orthoceras victor Barr. Aus dieser Schichtfolge geht hervor, daß das sichere Obersilur erst mit den Kalken mit Pentamerus pelagicus beginnt und daß die Quarzitdolomitstufe mit den Diabaslagern dem tiefsten Unterdevon bereits angehört, während aber die Barrandei-Schichten die obere Abteilung des Unterdevon repräsentieren. Diese Schichten lassen keine Zweifel bezüglich ihrer Stellung zu. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 50 378 Dr. L. Kober, In Mähren beginnt das Devon mit klastischen Bildungen dem Untergrund aufliegend. Quarzkonglo- merate, Quarzite weiß bis rot und Sandsteine im Wechsel mit Kalken und Schiefergesteinen sind die Bausteine. Auch im karnischen Unterdevon erscheint nach Frech (60) inmitten der Kalkmassen. sporadisch Quarzit mit Diabas. So sehen wir eine Analogie auch im faciellen Aufbau des Grazer Unterdevons zu Mähren und zu den karnischen Alpen. Wie steht es aber mit den tieferen Horizonten, Grenzphyllit, Schöckelkalk und Semriacher Schiefer? Dem mährischen Devon fehlen diese Bildungen. In der karnischen Hauptkette sind die Mauthener Schichten Bildungen von ähnlicher Zusammensetzung wie die tiefere Unterlage des Grazer Paläozoi cumSs. Eine Reihe von silurischen Fossilien sind aus den Mauthener Schichten bekannt geworden, und es unterliegt keinem Zweifel, daß ein Teil dieser Schichten zweifellos dem Untersilur angehört. Die Mauthener Schichten sind 1!/, bis 2 km mächtige, mannigfaltig zusammengesetzte Schiehten. »Es ist eine eigentümliche ostalpine Entwicklung« des Untersilur (Frech), »die obere und untere Grenze ist nicht überall vollkommen befriedigend festgelegt.« Die Masse der Mauthener Schichten enthält: Tonschiefer, Sandsteine, Kalkeinlagen, basische Tiefengesteine, Graphitschiefer, basische Ergußgesteine, Quarzite, . Grünschiefer, Grauwacken, Quarzporphyre (Porphyroide). grobe Konglomerate (Brocken von grauem und rötlichem Quarzit), Eine Eigentümlichkeit der Mauthener Schichten ist die von Frech bemerkte hohe Metamorphose gegenüber den Silurgesteinen und der rasche Wechsel im Streichen der Gesteine, so daß sich »Facies- bezirke« unterscheiden lassen. . Welches Alter haben nur diese Schichten? Ohne weiter auf die Altersfrage dieser Bildungen ein- gehen zu wollen, fällt ihre Ähnlichkeit mit der tieferen Unterlage des Grazer Paläozoicums auf, des- gleichen aber auch mit dem Carbon der Nordalpen. Ohne Zweifel ist ein Teil dieser Schichten in der Tat Silur. Aber die große Mächtigkeit, die Eigen- artigkeit des Auftretens und eine Reihe anderer erwähnter Umstände mahnen zur Vorsicht, und wir kommen zu dem Schlusse: Die Mauthener Schichten in den karnischen Alpen können nicht gelten als unzweideutiger Beweis und Analogon für das untersilurische Alter der Schöckelkalke und Semriacher Schiefer. Alle Studien über das Grazer Paläozoicum haben bisher noch nicht mit voller Sicherheit den Nach- weis führen können einer für das ganze Gebiet giltigen Schichtfolge. Existiert der Grenzphyllit, liegen die Semriacher Schiefer über oder unter dem Schöckelkalk? Daß im Grazer Paläozoicum Carbon vorhanden ist, ist auch von den Grazer Forschern angenommen worden. Am Eingange des Schloßwastelgrabens (Eichkogl) finden sich schwarze Tonschiefer, die für Untercarbon gedeutet worden sind, über den roten Flaserkalken der Clymenienkalke, über jenen Kalken, in denen die tieferen Glieder des Devon ganz fehlen, und wo zwischen Clymenienkalk und den siluri- schen Schiefern Breceien liegen. Hoernes deutet an, daß im Hochlantsch, wo ganz ähnliche Verhältnisse vorliegen, tektonische Ursachen denkbar sind. Nicht eine Transgression des Oberdevon ist wahrscheinlich, darauf haben wir schon hingewiesen. Ist nicht etwa der aufliegende Schiefer, der als Untercarbon gedeutet worden ist, derselbe wie der unterlagernde, ist die Breccie nicht eine tektonische? Für die eine und für die andere Anschauung lassen sich Profile auffinden und eine Reihe von Tat- sachen geltend machen. Aber diese Eigenartigkeit der Schichtfolge rührt eben daher, daß sie nirgends Deckenbau der östlichen Nordalpen. 379 mehr eine primäre ist, nirgends mehr ungestörte Profile vorhanden sind. Drei Erscheinungen, die nur auf diesem Wege verstanden werdnn können, werden hier erwähnt: Die großen Mächtigkeitsschwankungen der einzelnen Horizonte. Im Schöckel erreichen die Kalke eine Mächtigkeit von mehreren hundert Metern, in der Breitenau ist derselbe Kalk einige Meter dick. Die weitaus höhere Metamorphose der tieferen Gesteine gegenüber der wenig metamorphen fossilführenden Serie. Die Faltungserscheinungen, die von Mohr und mir bei Frohnleiten und im Schöckelkalk beobachtet wurden, sind nach Nord gerichtete, liegende Falten. In den Kalken ist nur mehr Schieferung, Pressungsrichtung zu sehen, früher für Schichtung gehalten. Merkwürdigerweise lagert die mächtige Devonplatte des Hochlantsch als eine fast flache nur durch Brüche gestörte Tafel darauf: Dis- kordanz in der Metamorphose und der Lagerung. So stellt sich eine Reihe von Erscheinungen ein, die wir mit Hilfe der alten Auffassung vom Baue des Grazer Paläozoicum nur sehr schwer verstehen können. Aber um vieles klarer scheinen uns die komplizierten geologischen Verhältnisse zu werden, wenn wir annehmen, die wenig metamorphe Serie des Grazer Silur-Devon liegt als Deckscholle auf einer carbonen Serie, die als der Südflügel des Leoben-Brucker Zuges angesprochen werden kann. Unter dem Einfluß der zirka 1000 bis 1500 m mächtigen Decken sind die dem Carbon aufliegenden mesozoischen Massen abgeschoben, von dem Untergrund losgelöst und selbständig nordwärts geschoben worden. Der Untergrund selbst aber konnte nicht entrinnen. Die gegen Nord gerichtete Bewegung der Deckschollen zeichnet im Untergrunde ihre Richtung. Alle Falten blicken gegen Norden hin. Der Schökel- kalk besonders ist geneigt, solche gegen Nord gerichtete liegende Falten einzugehen. Kalke und Schiefer verfalten sich dabei, ähnlich wie am Triebenstein. Beide haben ja auch denselben tektonischen Bau: den Kern von Kalk umhüllt von Schiefern. Nur ist im Triebensteinkalk die Bewegung scheinbar noch größer. Bedeutende Auswalzungen entstehen im Gefolge dieser Bewegungen. Die Linie von Pernegg ist eine Überschiebungslinie, die in vieler Hinsicht der »Granlinie« Uhlig’s oderderpenninischen Linie von Arbenz und Staub (61) gleicht, und mit diesen Linien den Abstau des jüngeren Deckgebirges von seinem Untergrund durch eine große nachfolgende Decke gemeinsam hat. Wir würden den Verhältnissen Gewalt antun, wollten wir die Existenz der Carbonvorkommnisse Vacek’s leugnen. Wir werden aber in Anerkennung dieser Tatsache die Konsequenzen nicht von der Hand weisen können, die uns dahin führen, die Unterlagerung des Silur-Devon durch das Carbon fest- zuhalten. Die Identität größerer Schichtgruppen aus der bisherigen silurischen Serie mit dem Carbon zwingt uns, diese Schichten für weitaus jünger zu halten. Wir werden dabei unterstützt durch den Um- stand, daß es bisher nicht möglich war, unzweideutige Beweise für das untersilurische Alter dieser Schichten zu erbringen. Die Grenzen gegen das Silur werden im Felde schwer zu ziehen sein. Wir haben hier nur den Versuch gemacht, eine Reihe von Tatsachen anzuführen, die es wahrschein- lich machen, daß das Silur und Devon des Grazer Paläozoicum eine Deckscholle ist, und hoffen, daß es bald gelingen wird, in dieser Frage Klarheit zu schaffen. Der Gesamtaufbau des Grazer Paläozoikum läßt Beziehungen erkennen zu dem Devon von Mähren und zur karnischen Hauptkette. Doch die karnische Hauptkette ist viel mehr alpin. Kalke sind die Hauptbildner, terrigenes Material nicht häufig, Fossilien sind zahlreich. Hier ist auch die silurische Schichtfolge reicher. Im Grazer Devon ist die reiche Gliederung nicht mehr vorhanden, Fossilien sind weniger zahlreich, im unteren Devon sind die Beziehungen zu Mähren durch die klastischen Bildungen klar. Wie in Mähren so gehören auch in Graz die devonischen Kalke dem mittleren und oberen Devon an. Schon Stur hat die Ähnlichkeit des Grazer Devon mit dem mährischen betont. Alle jüngeren Schichten fehlen. Grobe rote Konglomerate, die sich sehr häufig in der Bärenschütz- klamm finden lassen, dürften der Gosau angehören und auf dem Schöckelkalk aufliegen. 50* 380 Dr. L.Kober, Der nordsteirische Silur-Devonzug (Vla). Der nordsteirische Silur-Devonzug weicht nur faciell von dem Grazer Paläozoicum ab. Im Obersilur finden sich Tonschiefer, die Hauptmasse aber bilden Kalke. Untersilur ist bisher ebensowenig im nordsteirischen Silur-Devonzug nachgewiesen wor- den als im Grazer Paläozoikum. Erst für das Obersilur gelingt der Nachweis. Als Äquivalente der Schichten mit Pentamerus pelagieus Barr. erscheinen im nördlichen Zug schwarze Tonschiefer und Kalke, in welchen Orthoceren gefunden worden sind. Sie stimmen nach Stur überein mit den Ortho- ceren aus den Silurschichten mit Cardiola interrupta. ! Im Unterdevon scheinen Äquivalente der Quarzit-Dolomitstufe ganz zu fehlen. Es sind Kalke, soge- nannte Sauberg-Kalke vorhanden, in denen eine Vertretung der Stufe Fund GBarrande nachgewiesen worden ist, Unter- und Mitteldevon. Die tieferen Stufen enthalten: Bronteus palifer Barr.,! dann finden sich noch Cyrthoceras SP., Calamopora Forbesi und in höherem Niveau Bronteus palifer Chaetetes cognatus. Diese Schichten können den Cultrijugatus-Schichten des Mitteldevon gleichgestellt werden. Funde von Heliolites porosa am Gößeck und Wildfeld zeigen, daß ein Teil der Devonkalke dem Mitteldevon zufällt: Calceola- Schichten. Es ist eine für die östliche Grauwackenzone allgemeine Erscheinung, daß die Silur-Devongesteine im Hangenden von Quarzporphyrdecken überlagert werden. Dieses Verhältnis besteht auch im Westen der Grauwackenzone bei Kitzbühel (Ohnesorge). Im Osten, auf dem ganzen Wege im Ennstal ange- fangen bis in die Gegend des Veitschtales liegen Porphyroide über dem Devon. Die Gesteine sind ident mit den Quarzporphyren der unteren ostalpinen Decke. Nur zeigen manche — besonders felsitische Aus- bildungen — einen recht geringen Grad von Metamorphose. Solche ungeschieferte Gesteine finden sich im Stübminggraben über dem Devon. Es kann heute als feststehend betrachtet werden, daß die in der Carbonzone auftretenden Por- phyroide einen integrierenden Bestandteil bilden, und, wie das Redlich zuerst ausgesprochen hat, dem Perm angehören dürften. Diese Deutung ist ungemein plausibel, wenn wir bedenken, daß in den Kar- pathen und in den Gailtaler Alpen dasselbe Carbon von denselben Quarzporphyren überlagert wird, und diese ganze Serie die Basis abgibt für die Trias. In der oberen ostalpinen Decke fehlt über dem Devon jüngeres Paläozoicum. Es treten nur die Porphyroide auf, darüber die Werfener Schiefer. Es ist nahe liegend, in diesen Porphyroiden permische Deckenergüsse zu erkennen, aus dem Grunde, weil sie über dem Devon liegen, mit dem Werfener verbunden sind, und weil damit auch gezeigt wird, daß die großen permischen Deckenergüsse aus dem dinarischen Gebiete sich weit über das oberost- alpine Gebirge hinein in das unterostalpine erstreckten, ja die letzten nördlichsten Ausläufer der Deckenergüsse sogar noch das hochtatrische (Radstätter) Gebiet erreichten. Heritsch hatin bezug auf die Blasseneckserie (Semmering) eine andere Anschauung. Er hält sie nicht für permisch. Bisher aber hat Heritsch für die Selbständigkeit der Blasseneckserie keine Beweise erbringen können. 1 Merkwürdigerweise sind seit der Zeit keine derartigen Fossilien gefunden worden. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 381 Die Tektonik des südlichen und des nördlichen Flügels ist nicht die gleiche. Es scheint, daß größere Störungen im Silur-Devon des Grazer Paläozoicum überhaupt nicht vorkommen. Dafür sprechen auch die Untersuchungen Heritsch’s. Liegende Falten oder größere Überschiebungen scheinen zu fehlen. Der Bau der Hochlantschmasse gleicht bis zu einem gewissen Grade dem Bau der Kalktafeln der Rax, der Veitsch etc. Gleichwie hier in der obersten Decke der Kalkalpen, begünstigt durch die große Mächtigkeit starrer Kalk- und Dolomitmassen, söhlige Lagerung herrscht, Brüche die Tafel in einzelne Schollen zerlegten, Faltungen fast gänzlich fehlen, so erkennt man auch ein ähnliches tektonisches Ver- hältnis am Hochlantsch; besonders klar wird der Bau von einem der westlich gelegenen Berge, dem Schiff- fall. An zwei Brüchen sinkt die Tafel des Hochlantsch in die Tiefe des Murtales. Die tiefste Scholle erreicht bereits die Mur. Die erste und zweite Stufe sind geschieden durch eine Verwerfung, die auf dem Wege in die Bärenschütz ungemein klar zu erkennen ist. Die zweite und dritte Scholle werden durch die Linie getrennt, die von der Bärenschütz zum »Schwaiger« verläuft. Die obere und mittlere Scholle bilden zwei flache Wannen, in deren tiefsten Teilen die Gosau- (?), Ablagerungen liegen. Die Verwerfungen zwischen der oberen und unteren Scholle sind auf dem obenerwähnten Wege, wenn man den Bach überschritten hat, schön zu sehen. Die Kalkmassen sind vollständig zertrümmert, an der Rutschfläche zu einer Breccie verarbeitet. Es ist ein recht instruktives Beispiel. Bei der Betrachtung der Tektonik des Nordflügels fallen sofort die großen Mächtigkeitsschwan- kungen des Silur-Devonzuges ins Auge. Mehreren hundert Metern am Reichenstein stehen die wenigen Meter des Silur bei Sieding gegenüber. Um Payerbach herum fehlt das Silur, ebenso auf der Südseite der Rax. Von Neuberg an ist es fast kontinuierlich zu verfolgen bis nach Westen. In Payerbach liegen im Werfener Schiefer Rauchwacken und Mylonite, in denen auch silurisch-devonische Kalke als Komponenten liegen. Über die Tektonik dieses Zuges ist im allgemeinen nicht viel zu sagen. Wie bereits erwähnt, ist eine der schönsten Stellen, an denen die Auflagerung des Silur erkenntlich ist, im Stübminggraben. Dieses Gebiet gehört samt der Bucht von Gollrad zu einem der interessantesten Teile, besonders das letztere. Vielleicht erscheint in dieser Bucht die unterostalpine Serie als Fenster. Künftige Forschungen werden da wertvolle Aufschlüsse bringen. Der tafelförmige Bau der Carapace-Region des Grazer Beckens setzı sich in dem flachen Nordfallen des nordsteirischen Zuges fort. Hier aber befinden wir uns bereits in der Stirnregion. Denn das Grundgebirge erscheint nicht mehr im Norden an der Stirn der Hallstätter Decke. Darum die großen Mächtigkeitsschwankungen, die Zer- trümmerung in sekundäre kleinere Schollen, wie sie auch von Heritsch und für das Liesing-Paltengebiet beobachtet worden ist. An der norischen Linie verschwindet die unterostalpine Decke mit nördlichem Eintauchen. Das Silur-Devon taucht wieder unter die Steilmauern der Kalkalpen, der Hallstätter und der hochalpinen Decke. Die Hallstätter (VIb) und die hochalpine Decke (VlIc). Wir wenden uns nunmehr der tieferen Teildecke des oberostalpinen Mesozoicum zu, der Hallstätter Decke. Im Jahre 1903 haben Haug und Lugeon in den Kalkalpen des Salzkammergutes zwischen der bayrischen und der Dachsteindecke zwei Decken ausgeschieden: Die Salzdecke und die Hallstätter Decke. Haug hat im Jahre 1906 eine Begründung dieser Anschauung gegeben und zugleich in einer sehr interessanten Studie die Beziehungen der Kalkalpen zur Grauwackenzone dargelegt. Haug hat die Hallstätter Decke und die Salzdecke sowie die Dachsteindecke mit dem Silur-Devonzug der Grauwacken- zone verbunden — eine Gliederung, die trotz der mannigfachen Einsprüche, die dagegen erhoben worden sind, den tatsächlichen Verhältnissen noch am besten gerecht wird und auch von mir im Jahre 1909 bereits in den östlichen Nordalpen angenommen worden ist. Es ist die obere ostalpine Decke. 382 Dr. L. Kober, Man hat gegen die Haug’sche Deckenfolge vor allem eingewendet, daß sie durch ihre Einschaltung zwischen zwei einander so nahe verwandten Faziesgebieten, wie die bayrische und die Dachstein entwicklung, den natürlichen Zusammenhang zerreisse, durch ihre salinare Trias, durch ihre Fossilführung, durch ihre petrographische Entwicklung als ein Fremdkörper zwischen beiden Entwicklungsgebieten stecke. (Diener, Uhlig.) Eduard Suess (62) hat den von Mojsisovics im Salzkammergut aufgefundenen exotischen Blöcken, Grüngesteinen etc. so große Bedeutung beigelegt und die Verschiedenartigkeit der Facies der Hallstätter Decke so hoch bewertet, daß er sie an die Basis der Kalkalpendecken stellte. Die Schwierigkeiten sind zweifellos sehr groß. Man ersieht das am besten daraus, daß alle über die Frage erschienenen Spezialarbeiten der Hallstätter Decke eine andere Bedeutung, eine andere Stellung geben. : Hahn (63) hat die Hallstätter Bildungen um Lofer herum studiert und findet im Anschlusse an Schlosser, daß der Hallstätter Decke überhaupt nicht die Bedeutung einer eigenen Decke zukomme, sie eine lokale Entwicklung der Dachsteindecke sei, und vereinigt sie aus diesem Grunde mit der Dachsteindecke. Novak (64) dagegen kommt auf Grund seiner Arbeiten im Salzkammergut zu dem Schluß, daß die Hallstätter Decke über der Dachsteindecke liegt, also ihre Wurzel noch südlich von letzterer hat, während Spengler umgekehrt sie als tiefste kalkalpine Decke im Sinne von E. Suess betrachtet. Die überaus großen Differenzen zwischen den einzelnen Autoren rühren meiner Meinung nach daher, daß diese Spezialarbeiten sich in Gebieten bewegen, in denen die Hallstätter Decke gerade die kompliziertesten tektonischen Verhältnisse aufweist. Wie aus dem längst bekannten Eintauchen der Dachsteinkalke des Hohen Göll (Dachsteindecke) unter die neocomen Mergel der voralpinen Decke klar hervorgeht, ist der primäre Deckenbau durch einen nachfolgenden Verfaltungsbau noch ungemein kompliziert worden. Es ist daher verständlich, wenn der eine Autor die Hallstätter Decke auf der Dach- steindecke, der andere auf der voralpinen, der dritte unter den beiden liegen sieht. Sind solche komplizierte Gebiete zur Lösung schwieriger tektonischer Fragen ungeeignet, so erscheint es auch als richtiger, die Lösung so großer Fragen auf weiterer Basis zu suchen. Meine Studien über die Verbreitung und Lage der Hallstätter Decke erstrecken sich über größere Gebiete, vom Wiener Becken an bis an den Hochschwab. Ich habe auch im Salzachtal die Hall- stätter Decke untersucht, und immer in derselben Folge zwischen der voralpinen und der hoch- alpinen getroffen, wie Haug im Jahre 1906 seine Hallstätter Decke und Salzdecke. Die zwei Decken von Haug bilden offenbar Teildecken einer großen Decke, die im Osten ebenfalls in eine Reihe von Teildecken zerfällt. Alle diese Teildecken fasse ich zusammen unter der Bezeichnung Hallstätter Decke. Es wurde bereits gesagt, daß sich im östlichen Abschnitt der Hallstätter Decke eine Reihe Unter- teilungen nachweisen lassen. Es ist dies aber nicht so zu verstehen, als lägen diese Decken so über- einander wie etwa die Decken der Voralpen. Nur zwei liegen wirklich übereinander, die anderen dagegen liegen nebeneinander, aber sie sind selbständige Glieder insofern, als sie nicht miteinander unmittelbar verbunden sind, sondern bloß mehr oder weniger große Schubschollen einer Decke darstellen. Facies- verschiedenheiten lassen sich aufweisen, scheinen aber nicht bedeutend zu sein. Auch sind diese Ver- hältnisse bei der Größe des Gebietes und der Schwierigkeit des Gegenstandes noch nicht genau klargelegt. Der stratigraphische Aufbau der Hallstätter Decke ist heute trotz aller Bemühungen noch nicht ganz geklärt. Bei meinen Studien über den Aufbau der Hallstätter Decke wurde ich wesentlich unterstützt durch die Untersuchungen G. Geyer's (65) im Mürzgebiet. Viele und treffliche Beobachtungen enthält dieses Werk. Es sind die Ergebnisse um so bemerkenswerter, als gerade die Region des Mürztals zu einer der verwickeltsten der Kalkalpen gehört. Drei Deckeneinheiten mit Unterteilungen bauen diese Berge. Die Kalkhochalpen südlich der Mariazeller Linie bestehen zum größten Teile aus der Hallstätter Decke, während die hochalpine als mächtige Deckschollen die Massen des Schneeberges, der Rax, Teile der Schneealpe, der Veitsch, vielleicht Tonion, Student, Wıldalpe und den Hochschwab aufbaut. Die Hallstätter Decke kommt in vielen Fenstern zutage. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 383 Als die tiefsten Glieder des Werfener Schiefers erscheinen rotbraune und grünliche quarzitische Konglomerate, die sich scharf genug abheben und eine gewisse Ähnlichkeit mit permischen Ablagerungen zeigen. Im Hangenden kommen dann die typischen Werfener Schiefer. Größere Quarzitmassen wie in den Voralpen fehlen im östlichen Abschnitt. Cephalopoden, wie Ceratites idrianus und cassianus, scheinen nach den bisherigen Ergebnissen wenigstens hier im Osten bloß auf die oberostalpinen Werfener Schiefer beschränkt zu sein. Gelblich mergelige Schiefer, in Kalkmergel übergehend, zum Teil auch Rauchwacken einschließend, gehören der höheren Partie an. Dem Werfener Schiefer gehört auch das Haselgebirge zu. Eigentliche Guttensteiner Kalke fehlen. In der Hohen Wand sind dunkle weißgeäderte Kalke vielleicht als Äquivalente der Guttensteiner Kalke anzusehen. Im größten Teile des untersuchten Gebietes finden sich schwarze Kalkschiefer, die sogenannten Guttensteiner Schichten G. Geyer's. Die Hauptmasse der anisischen und ladinischen Stufe wird gebildet von einem Dolomit, dem unteren Dolomit S. Geyer's, den wir hier als Ramsaudolomit bezeichnen, da er seiner Stellung sowie seinem petrographischen Charakter nach fast ident ist mit dem Ramsaudolomit der hochalpinen Decke. Die Dolomite sind in den unteren Partien dunkel, oben heller, feinkrystallinisch, im Scheiterboden eine Riesenoolithstruktur zeigend. Geyer beschreibt auch Verzahnung von Dolomit und Kalken. Allein, es spricht eine Reihe von Erscheinungen dafür, daß die Verzahnung tektonischer Natur ist. Hahn hat diese von ihm für primär gehaltene Verzahnung zwischen Dolomit und Hallstätter Kalk in der Umgebung von Unken gleichfalls beobachtet. In allen Fällen aber, wo die karnische Stufe durch ein Schiefer- oder Sandsteinnivau gut markiert ist, erscheint als oberstes Glied des sicher einige hundert Meter mächtigen Ramsaudolomits, durch Über- gänge verbunden, ein schwärzlich roter, verwitternder Knollenkalk mit Hornsteinen, dünn gebankt, in vielen Stücken Reiflinger Knollenkalken ähnlich. Höher folgen mehr lichte, dünnschichtige, braunrindige Mergelkalke mit Crinoiden und Korallen. Aus diesem Kalkkomplex sind bekannt geworden: Aus der Mürzschlucht: Amphiclina, ähnlich der A. speciosa Bitt. Spirigera, ähnlich der Spirigera trigonella, Terebratula vulgaris? Die karnische Stufe wird gebildet von den Halobienschichten, zum größten Teil schwarze Mergelschiefer vom Typus der Reingrabener Schiefer. Sie führen wie diese Halobia rugosa. Eine Dreiteilung in der karnischen Stufe ist wohl angedeutet. Schiefer und schiefrige Mergel- kalke sind überwiegend. An Fossilien sind bekannt: Mürzschlucht und Aiblgraben: Carnites floridus Wulf, Halobia Haueri Stm. = Halobia rugosa, Nueula cf. subtrigona Münst., cf. Avicnula concinna, cf. Macrodon strigillatum Münst., Avicula Gea d’Orb. Bei Sieding sind gefunden worden: Actaeonina aff, alpina Klippst, Euchrysalis spec.? Posidonomya wengensis Wissm.? Dr. L.Kober, 167) Ar Gervillia aff. angusta Münst. Avicnla aff. Gea d’Orb. Modiola aff. gracilis Klippst. Modiola spec. Macrodon spec. Nucnula aff. lunata Münst. Leda aff. Zellima d’Orb. Cidaris spec. Euerinus spec. Den schwarzen Schiefern folgen im Hangenden im Tale Wegscheid-Gußwerk Sandsteine, ähnlich auch auf der Hohen Wand, eine nur sehr dünne Lage, verschieden vom Lunzer Sandstein. Im Han- genden dürften die Schichten liegen, die Anklänge an die Carditaschichten verraten : Kalke undKalk- mergel mit Echinidae spec. Cidaris spec. Crinoidae spec. Über dem Schieferniveau folgen schwarze oder rote, sehr feste, unebenflächige, knollige, Hornstein führende Gesteine, die in die unternorischen lichten, weißen, roten oder grauen Hallstätter Kalke übergehen. Die Gesteine führen die reichen Linsen mit Hallstätter Cephalopoden. Monotis salinaria ist ebenfalls häufig in lichten, massigen, Hornstein führenden Kalken. Die höhere norische Stufe ist repräsentiert durch dunkle, dünnschichtige Kalke mit Halorella pedata Bronn. Cochloceras Suessi v. Moys, Juvavella Suessi Bitt., Cladiscites tornatus Bronn. Megaphyllites insectus etc. Die schwarzen Kalke gehen nach Geyer stellenweise in schwarze mergelige Kalke über, die Zlam- bachmergeln gleichgestellt werden. Ob echte Zlambachschichten des Rhät vorhanden sind, erscheint noch nicht sichergestellt. Kalkige Knollenmergel mit Kössener Entwicklung finden sich, charakteristisch für die Hallstätter Decke sind die Starhemberger Schichten des Rhät, die von Lipold zuerst vom Starhemberger Schloß benannt worden sind: Graue, weiße, besonders aber rote Zwischenlagen in mächtig gebankten Kalken vom Aus- sehen des Dachsteinkalkes, reich an Brachiopoden. Die liasischen Bildungen der Hallstätter Decke sind noch recht wenig bekannt. Der Lias ist vertreten in der Facies der Fleckenmergel (Hohe Wand), Hierlatzkalke und roten Marmore (Mürzgebiet). Auf der Wand gibt es Oberliaskalke mit Harpoceras cf. serpentimum. Es sind ferner rote Knollenkalke mit Hornsteinen im Mürzgebiete bekannt, doch ihr Alter ist nicht sicher. Der Hallstätter Decke werden wahrscheinlich auch die Plassenkalke des Falkenstein bei Schwarzau zuzuzählen sein. Es sind massige, lichte, rote Marmore. Neocom und Cenoman ist nicht bekannt. Die Gosau liegt transgressiv. Die Erosionsbasis reicht bis auf die Hallstätter Kalke. Jüngere Bildungen fehlen. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 339 Mit dem Plassenkalke des Falkenstein sind dichte, lichte Kalke verbunden, die von Bittner (66) für Gault, für Äquivalente der Urgon-Requienienkalke gehalten worden sind. Dem ist aber nicht so. Auf einer Exkursion des Wiener geologischen Institutes unter der Führung von Professor F. Kossmat wurden die Kalke aufgesucht und die Requienien als Radioliten der Gosau erkannt, so daß heute von der Existenz der Requienienkalke in den Östalpen keine Rede mehr sein kann. Unter den Radiolitenkalken liegen Nalke mit Ostreen, so eng mit dem Plassenkalk verbunden, daß die Grenze recht schwer zu ziehen ist. Die Gosau ist bekannt durch ihre reiche Entwicklung und ihren Reichtum an Fossilien. Exogyra columba wird zwar aus der Gosau der Wand von Hauer erwähnt, aber es dürfte sich auf Grund dieser alten, nicht ganz zuverlässigen Bestimmung nicht um die echte Erogyra columba handeln. Die Gosau beginnt mit Konglomeraten, exotische Gerölle führend, und besteht aus marinen und brackischen Schichten. Mergel und Schiefer von bunter Farbe, Sandsteine und flyschartige Gesteine nehmen am Auf- bau Anteil. Korallen-, Hippuriten-, Actaeonellen-, Cephalopodenkalke sind die charakte- ristischen Glieder dieser Gosau. Dazu kommen noch brackische Bildungen mit Kohlenlagern und mit Knochen von Reptilien (Hohe Wand). Kurz sei hier noch die längst bekannte Facies der hochalpinen (Dachstein-) Decke berührt: Werfener Schiefer, Ramsaudolomit, Carditaschichten mit Pietraverde-Einlagerungen (Schneeberg), Dachsteinkalk, Hierlatzkalk. Im Salzburgischen ist diese Decke noch mit Plassen- kalk verbunden (Untersberg bei Salzburg nach E. Haug), während die Gosau unbekannt ist. Des- gleichen sind im östlichen Gebiete höhere Juraschichten nicht bekannt, wohl aber vom Dachstein, wo Klausschichten vorhanden sind. Die Hallstätter Entwicklung steht der hochalpinen recht nahe. Die skytische, anisische und zum überwiegenden Teil die ladinische Stufe sind in beiden Decken fast gleich entwickelt. In der karnischen Stufe beginnt die facielle Differenzierung. Schon in der obersten ladinischen Stufe treten Kalke vom Typus der Reiflinger Kalke in der Hallstätter Decke auf, die die Halobienschichten einleiten, eine terrigene Facies, die der hochalpinen Decke fremd ist. Die Hallstätter Kalke unterscheiden sich in vieler Hinsicht von den Dachsteinkalken, so durch die lokale Dünnschichtigkeit, Hornsteinführung und den raschen Wechsel der Farben des Gesteins. Die Hallstätter Kalke zeigen im Gegensatz zu den Dachsteinkalken oft recht dunkle Färbung. Im Rhät unterscheiden sich die beiden Decken besonders durch die Starhemberger Schichten. Von dem unterostalpinen Mesozoicum der Voralpen unterscheidet sich das Mesozoicum der Hallstätter und hochalpinen Decke: Durch die größere Mächtigkeit der Triaskalke im allgemeinen, das Fehlen der Radiolarite, des Neocom des Ceno- man, durch die südlichere Entwicklung der Gosau. Im besonderen vermissen wir die Gliederung der unteren Trias in Guttensteiner, Wettersteiner und Reiflinger Kalke, die Lunzerschichten, den Haupt- dolomit, vom Rhät dieschwäbische und karpathische Facies. Das oberostalpine Mesozoicum zeigt viele Anklänge an das des Bakony, der karnischen H auptkette und der Dinariden. Wechsel- beziehungen mit dem voralpinen Mesozoicum sind angedeutet durch das Auftreten der Guttensteiner Schichten, der über dem Ramsaudolomit liegenden Hornsteinknollenkalke, der Halobienschiefer, Sand- steine der Hallstätter Decke. In der Hohen Wand sind auch Partien der Hallstätter Kalke dolomitisch ent- wickelt, so daß Till auch von Hauptdolomit als der Unterlage der Hallstätter Decke daselbst gesprochen hat. Doch dieser Dolomit ist kein fixes Niveau wie der Hauptdolomit, sondern mehr eine lokale dolomi- tische Ausbildung des Kalkes. Die Tektonik der Hallstätter Decke läßt einen überaus wechselvollen Aufbau erkennen. Den öst- lichsten Abschnitt wollen wir die Decke der Hohen Wand nennen. Dieser Decke gehören zu: das süd- lich der Linie Hernstein-Mühldorf-Scheuchenstein-Faden (Schneeberg) gelegene Gebiet der Hohen Wand, die Neue Welt, der südliche davor gelagerte Zug des Gressenberges, das ganze Gebiet um Puchberg gegen den Ostabsturz des Schneeberges, ein Zug von Hallstätter Gesteinen auf der Südseite des Gösing, der Gahns und des Schneebergs. Ausgenommen sind der Hengst, das Massiv des Schneebergs und seine östlichen Vorlagen, das Gahnsplateau und der Gösingzug. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 51 386 Dr. L. Koberv, Der Rücken des Hengst ist ein Fenster der niederösterreichischen Decke, der Schnee- bergstock und seine Fortsetzung bis an den Gössing eine große Deckscholle der hochalpinen' Facies. Die Grenze gegen die Decke verläuft vom Faden am Ostabsturz der Schneebergmauern gegen den Kalt- wassersattel beim Baumgartnerhaus, von hier gegen Breitensohl und Schrattenstein nach Osten, umgeht das Plateau »auf der Kehr« und ist dann weiter auf der Südseite über den Gösing nach Sieding, von hier über Prigglitz, die »Eng« bei Payerbach-Reichenau, den Sonnleitstein bis auf den Südfuß der Preiner- wand (Rax) zu verfolgen. Hier keilt ähnlich wie am Faden die Hallstätter Decke aus. Die östliche Ver- bindung um »die Kehr« ist nicht deutlich, da auf dem Ost- und Südrande die Überschiebungslinie unter jüngeren Bildungen verschwindet. Die Tektonik der Wanddecke um Hernstein und den Piestingdurchbruch, sowie die Lagerungs- verhältnisse der Hallstätter Decke auf der Südseite des Schneeberges habe ich an anderer Stelle beschrieben und verweise hier darauf. Die Grenze gegen die voralpine Decke ist in vielen Profilen klar als eine Überschiebungslinie zu erkennen. Bei Hernstein überschieben norische Hallstätter Kalke, denen Haselgebirge auch anhaftet, und die Gosau unmittelbar die Liasfleckenmergel der südlichsten Scholle des Mandling, ähnlich ist der Kontakt bei Mühldorf. Hier fehlen die tieferen Glieder der Hallstätter Decken fast vollständig. Erst näher gegen den Nordfuß der Wand stellen sich mitteltriadische und selbst ladinisch-anisische Kalke an der Basis ein. Halobienschiefer und schwarze Muschelkalke liegen auf Liasfleckenmergel. Im Wiesenbachtal liegen, wie Bittner bereits gezeigt hat, solche untertriadische Hallstätter Gesteine auf der voralpinen Unterlage als kleine Deckschollen. Auf den Südabfall der Dachsteinkalke und Fleckenmergel des Hutbergzuges ist die Hallstätter Decke mit Werfener Schiefer und einzelnen Fetzen von Muschelkalk aufgeschoben, gegen den Faden zu verdünnt sich die Hallstätter Decke zusehends. Im Profil des Faden unterteufen die voralpinen Dachsteinkalke mit jurassischen Bildungen im Hangenden unmittelbar die Schneebergdecke. Die Hall- stätter Decke fehlt hier gänzlich. G. Geyer verdanken wir ein Profil vom Faden, aus dem der anomale Kontakt der niederösterreichischen Decke mit der hochalpinen deutlich hervortritt. Auf der Ostseite des Schneeberges ist infolge der Schutthalden die Überlagerung der hochalpinen Decke über die Hallstätter nicht aufgeschlossen, auf dem Kaltwassersattel ist aber das Einfallen — hier fehlt die Hallstätter Serie ebenfalls — der niederösterreichischen Decke (Dachsteinkalke des Hengst) unter den Werfener Schiefer des Hengst gut zu sehen. Das Fenster des Hengst bildet eine Antikline mit östlichem Streichen, das gegen Rohrbach und Puchberg unter die Gosau der Hallstätter Decke untertaucht. Bei Breitensohl, bei Schrattenstein fallen die Hallstätter Kalke verbunden mit Gosau unter die hochalpine Decke mit südlichem Fallen. Auf der Südseite ist einer der besten Aufschlüsse im Klausgraben bei Sieding vorhanden. Wie bereits beschrieben, liegt hier über dem Verrucano der Carbonserie eine zertrümmerte Scholle der vor- alpinen Decke mit Werfener Schiefer und Rauchwacken von Triasdolomiten und -kalken. Diese Serie unterteuft das Silur, die Basis der Hallstätter Kalke. Zuoberst der ebenfalls ganz zertrümmerten roten Marmore läßt sich in transgressiven Konglomeraten die Gosau erkennen. Die Grenze gegen die hochalpine Decke ist etwas westlich davon ungemein scharf markiert, indem bei Prigglitz über der Gosau der Werfener Schiefer der Schneebergdecke liegt. Die Lagerung auf der Südseite ist schwebend oder gegen Norden fallend. Das Vorkommen der voralpinen Schubschollen unter dem Silur ist von großem Interesse. Zirka 10 km nördlich taucht die voralpine Decke im Fenster des Hengst bereits als eine weitaus vollständigere Serie auf. Auf der Nordseite fallen die Dachsteinkalke mit Rhät unter die Werfener Schiefer, um wenige Kilometer nördlich davon in den regelmäßigen südfallenden Dachsteinkalken des Gressenbergzuges wieder zu erscheinen. Im Profile Hohe Wand-Gressenberg ist die Hallstätter Decke am mächtigsten entwickelt. Sie zeigt im ganzen einen synklinalen Bau, in der Mitte lagert die Gosau der Neuen Welt, Die Ränder der Synkline im Norden und Süden sind etwas überstürzt, so daß längs des Südabfalles die Gosau die Hallstätter Deckenbau der östlichen Nordalpen. 387 Kalke der Hohen Wand unterteuft, auch der Kontakt der Gosau mit den Hallstätter Kalken des Gressen- bergs ist ein anomaler. Der Bau dieser überschobenen Synkline der Gosau der Neuen Welt ist insbesondere durch die Schürfungen auf Kohle erschlossen worden, die Erscheinung der Überkippung der Wandkalke auf die Gosau von E. Suess als ein Beispiel einer Rückfaltung angeführt worden. Gegen den Sierningbach zu ist die Hallstätter Decke offenbar unter dem Einfluß der hochalpinen Decke in weitaus komplizierteren Lagerungsverhältnissen anzutreffen. Der ruhige Bau der Neuen Welt macht einer Schollenstruktur Platz, die die Entzifferung der Tektonik sehr erschwert. Daß das ganze hier besprochene Gebiet der Hallstätter Decke zuzurechnen ist, zeigen die vielen Funde von echten Hallstätter Kalken. Bei Hernstein, Mühldorf, von der Hohen Wand, bei Losenheim, im Sierningtal sind in den Hallstätter Kalken Faunen der norischen Stufe seit längerer Zeit bekannt. Der Hallstätter Decke ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Decke des Falkenstein zuzurechnen. Auf dem Faden ist, wie erwähnt worden, die Hallstätter Decke gänzlich reduziert. Gegen den Voisbach zu setzt sie aber von neuem an und erreicht in der Umgegend von Schwarzau im Gebirge wieder größere Verbreitung. Über dem Orte Schwarzau erhebt sich mit einer steilen Mauer der Falkenstein. Die Basis bildet Hauptdolomit. Unvermittelt folgt darüber als prächtige Mauer ein fester, dichter, weiß und rot geflammter Kalk mit Belemniten, Korallen, Nerineen. Es ist Plassenkalk. Bittner hat zuletzt dieses Vorkommnis beschrieben. Darüber folgen eng verbunden Kalke mit Ostreen, dann Gosaumergel. Auf dem Plateau liegen Kalke mit Radioliten. Es ist das jenes Gestein, das von Bittner für Urgonkalk gehalten worden ist. Die Plassenkalke des Falkenstein sind eine Entwicklung des Tithon, wie sie in solcher Ausbildung und Mächtigkeit in der niederösterreichischen Entwicklung zumindestens im östlichen Teile der Voralpen nicht bekannt sind. Plassenkalke in ähnlicher Position mit-Gosau verbunden finden sich bei Landl an der Enns. Die Plassenkalke des Falkenstein liegen dem Hauptdolomit der voralpinen Serie direkt auf. Eine ähnliche Überschiebung von Plassenkalk auf Hauptdolomit hat Spengler (67)im Salzkammergut nach- gewiesen. Daß in der Tat hier eine Überschiebung vorliegen muß, ergibt sich aus stratigraphischen und tektonischen Gründen. Die Plassenkalkfacies ist in dieser Mächtigkeit der Ötscherdecke fremd, ein Über- gang in die Radiolaritfacies in derselben tektonischen Kette des Mandling nicht recht erklärlich. Diese Verhältnisse zugegeben, wäre es eine stratigraphische Merkwürdigkeit, daß in dem Profile der Plassenkalk dem Hauptdolomit unmittelbar auflagert, ein Verhältnis, das sonst nirgends in der voralpinen Facies zutrifft. Wenn oberer Jura vorhanden ist, dann sind auch immer die tieferen Glieder entwickelt. In der Ötscherdecke ist immer damit der Dachsteinkalk verbunden. Aus dem Bau der Falkensteindecke erkennt man, daß sie über dem Hauptdolomit liest. Denn dieser unterteuft auch im Norden diese Kalke. Ein Bruch zwischen Hauptdolomit und Plassenkalk im Sinn der Schwarzauer Querstörung ist eine unzulängliche Erklärung. Dieser Bruch folgt immer der Grenze des Kontakts von Süd gegen Nord, dann nach Ost. Es finden sich übrigens die Plassenkalke noch im Prein- tale, als Deckschollen, hier unzweifelhaft als die Fortsetzung der Deckschollen von Hallstätter Entwicklung auf den Dachsteinkalken der Lahnsattelsynkline. Dieses interessante Lagerungsverhältnis mit dem Vor- kommen von paläozoischem Grundgebirge im hinteren Preintal wird später genauer beschrieben. Der Falkenstein liegt als eine zerstückelte Scholle dem Hauptdolomit auf, gegen den Schneeberg zu erscheinen auch die tieferen Glieder der Hallstätter Decke: Halobienschiefer in typischer Entwicklung und dunkle Kalke auf dem Baumeckersattel. Die Grenze gegen die hochalpine Decke ist in diesem Profile schwerer zu ziehen. Auf der ganzen Westflanke der Rax ist die Hallstätter Decke entwickelt. In dieser Aufbruchlinie, die vom Hohen Gupf über den Kaisersteig gegen Naßwald zu verfolgen ist, liegen die bekannten Vor- kommnisse von Werfener Schiefer über Halobienschiefer, das sonderbare Lagerungsverhältnis, das Geyer 51* 388 Dr. L.Kober, und Bittner bereits beschrieben haben. Die Hallstätter Decke ist hier prächtig entwickelt. Alle Glieder bis auf den Lias und die Gosau sind vorhanden. Auf dem Wege vom Naßwald zum Binderwirt wandern wir dureh die Wände der Monotiskalke, im Profile des Hohen Gupf liegen die Hallstätter Kalke in zwei Schuppen übereinander. Die Grenze gegen die Ramsaudolomite der hochalpinen Decke ist eine sehr scharfe und durch eine Reihe von Werfener Schieferaufbrüchen gut markiert. Die Hallstätter Decke fällt mit östlichem Fallen unter die hochalpine Decke der Rax. Vom Hohen Gupf ist die Hallstätter Decke um den Südabsturz der Heukuppe weiter bis unter die Wände des Waxriegels zu verfolgen. Das Profil von oben nach unten ist folgendes: Dachsteinkalke des Predigtstuhles, Carditaschichten, Ramsaudolomit, hier mehrere hundert Meter mächtig, leicht gegen Norden fallend. Werfener Schiefer ist wahrscheinlich in dem kleinen Sattel vorhanden, doch konnte er nicht nachgewiesen werden. Darunter die Hallstätter Decke: Eine kleine Felspartie mit fleischroten, geflammten Marmoren, stark gequält, fällt mit nördlichem Fallen unter die Ramsaudolomite, selbst wieder unterlagert von .Werfener Schiefer und Quarzporphyren. Die Felspartie hebt sich scharf von den zerfallenden mürben Dolomitriegeln als kecke Mauer ab. Sie kann nicht der unteren Trias zugerechnet werden, denn derartige Gesteine gibt es nicht in der ladini- schen oder anisischen Stufe der hochalpinen Decke. Weitere solche Linsen von Hallstätter Kalken stellen die Verbindung her mit der Hallstätter Decke des Sonnleitsteines, der den westlichsten Eckpfeiler der Decke der Hohen Wand bildet. So bildet die hochalpine Decke der Rax und des Schneeberges eine mächtige flachgelagerte Deck- scholle, die fast allseitig durch die Hallstätter Decke unterlagert wird. Auch aus diesem westlichen Zuge der Hallstätter Decke sind Hallstätter Fossilien aus dem Naßwalde bekannt. Ganz ähnlich wie auf der Westseite der Rax ist auch auf dem Östabsturze der Schneealpe die Hallstätter Decke zu erkennen. Die Hallstätter Kalke ziehen als ein Band heller Felsmauern vom Naß- kamm unter den Wänden gegen Süden und Norden. Über ihnen liegt der dunkle, keine Wände, sondern mürbe Hänge bildende Dolomit. Werfener Schiefer tritt als die Unterlage des Dolomites hoch oben auf dem Plateau der Schneealpe auf dem Ameisbühel zutage. Gegen Norden hinauf komplizieren sich die Verhältnisse bedeutend. Es mag hier nur hervorgehoben werden, daß der Schwarzriegl, der Lahnberg ein Fenster der Ötscherdecke bilden. Der Lahnberg-Schwarzrieglzug bildet eine Antikline. Gegen den Sonnleitstein zu unterteuft er die Hallstätter Decke mit südlichem Einfallen. Ein Werfener Schieferzug markiert die Grenze. Auf dem Gipfel des Schwarzriegls selbst liegt eine Deckscholle von Hallstätter Kalk, mit Werfener Schiefer beginnend, auf Liasfleckenmergel und Dachsteinkalk der Ötscherdecke. An die Antikline des Lahnberges schließt sich die Synkline des Lahnsattels, deren Nordflügel die prachtvollen Dachsteinkalke des Göller bilden. In dieser Synkline, Rhät und Lias auflagernd, liegt eine kleine Deckscholle der Hallstätter Decke: Werfener Schiefer, Ramsaudolomit, Hallstätter Kalk und Gosau. G. Geyer hat diese Lagerungsverhältnisse durch Aufbruch von unten zu erklären versucht. Dieses Profil Gippel—Lahnberg ähnelt sehr dem Profile Gressenberg—Hensst. In der Synkline von Dachsteinkalk liegt im Preintal ein Vorkommen von Grundgebirge. Bittner (68) hat zuletzt dieses so überaus interessante Vorkommen beschrieben. Es finden sich: schwarze Bänderkalke, schwarze Phyllite, Graphitschiefer, Serpentin, eine Schichtgruppe, die vielleicht am ehesten noch als eine rudimentäre carbone Serie gedeutet werden kann, da im Silur eine solche Gesteinsgruppierung nicht vorkommt. Bittner hat dieses Vorkommnis als Aufbruch aus der Tiefe gedeutet — eine Erklärung — die aber den Verhältnissen nicht gerecht wird. Zwar sind die Lagerungsverhältnisse unklare, doch der unmittelbare Zusammenhang der Dachsteinkalke des Gippel und des Lahnberges, die offenkundig synklinale Lagerung der Dachsteinkalke im Preintal fordert die Wurzellosigkeit dieser Gesteine. Sie könnten als mitgeschleppte Deckenbau. der östlichen Nordalpen. 339 Schollen der Hallstätter Decke bezeichnet werden, als Schollen, die aber nicht aus dem Grundgebirge der Hallstätter Decke stammen, sondern dem Grundgebirge der voralpinen Decke entnommen sind. Die voralpine Decke wurde, wie gezeigt worden ist, von ihrem Grundgebirge abgelöst, als eigene Decke weiter gegen Norden verfrachtet. Die Hallstätter Decke mußte also dort, wo sie selbst das Silur- Devon eingebüßt hat — und das ist auf dem ganzen Südfuß der Rax der Fall — unmittelbar über die Carbonserie hinweggehen. Auf diesem Wege wurden Schollen aus dem Carbon aufgenommen und an der Stirn der Hallstätter Decke weiter nach Norden geschleift. Die Karbonzone im Süden hat in der Tat die Zusammensetzung der Preiner Deckscholle. Serpentine finden sich im Südgehänge der Rax. So steht nördlich von Edlach Serpentin an. Kalke und Serpentine bilden gleichsam tektonische Gerölle in dem Schiefer. Ob eine ähnliche Erklärung für das Serpentinvorkommenin der Hallstätter Decke bei Höflein zutrifft, ist nicht geklärt. Die größte Mächtigkeit erreicht die Hallstätter Decke auf dem Süd- und Westabfalle der Schneealpe, in der Krampen und im Mürztal zwischen diesem Orte und der Ortschaft Frein. Zwei Decken liegen hier auf größere Strecken hin nachweisbar übereinander. Am Aufbaue beteiligt sich die Gesamtschichtfolge vom Werfener bis in die Gosau. Wir können die tiefere Decke als die Mürzsteger Decke trennen von einer höheren, der Decke der Frein. Werfener Schiefer trennt die beiden Decken, die selbst wieder im Hangenden auf weitere Strecken von Deckschollen der hochalpinen Decke überlagert werden. Diese drei Decken bilden zusammen ein flach liegendes System, das gegen die Frein zu nördlich einfällt. Die Hallstätter Decken dieses Gebietes sind es gerade, die reiche Fossilien geliefert haben, sowohl im Profil Frein— Krampen als auch westlich davon im Profil Königsalpe-Proleswand. Den Gegensatz zwischen den Hallstätter Gesteinen und dem Dachsteinkalk des Roßkogl (hochalpine Decke) hat G. Geyer hervorgehoben. Wir verdanken diesem Forscher eine Reihe der interessantesten Profile. Die Überlagerung der einzelnen Decken ist in einigen Profilen, die G. Geyer entworfen hat, zu erkennen. Östlich von der Krampen ist unter den Wänden die Hallstätter Decke zu verfolgen. Sie stellt die Verbindung her mit der Ostseite der Schneealpe, wo wir bereits das Band von Hallstätter Kalken am Naßkamm kennen gelernt haben. Die Decke von Mürzsteg liegt dem Grundgebirge auf. Den Silur-Devonkalken von Neuberg folgen Quarzporphyre, darüber Schiefer mit Verrucano. Werfener Schiefer und Ramsau- dolomit in großer Mächtigkeit unterteufen die Halobienschichten, die G. Geyer bereits auf der Südseite der Lachalpe verfolgt hat. Darüber folgt, jähe Mauern bauend, der Hallstätter Kalk mit Monotis salinaria. Orbitolitensandstein, durch ein polygenes Konglomerat mit dem Hallstätter Kalk innig verbunden, bilden die tieferen Horizonte der Gosau. Die höheren nehmen Mergel mit Pachy- discus Neubergicus ein. Diese Gosau schließt die Schichtfolge der Mürzsteger Decke. Sie ist östlich vom Krampengraben, über Krampen fast ununterbrochen bis auf die Lachalpe zu verfolgen, unmittelbar vom Werfener Schiefer überlagert. Dieser Zug, der die zweite Decke einleitet, beginnt im Krampengraben und läßt sich über den Joselbauer bis nach Mürzsteg verfolgen, wie das bereits Geyer erwähnt. Im Profile von Mürzsteg erkennen wir mit voller Sicherheit, daß die untere Decke eine Synkline bildet. Die steilen Mauern der Lachalpe und der Lanauwand, die von der Mürz in der Klause von Lanau durchsägt werden, fallen steil gegen Norden, tauchen aber mit entgegengesetztem Fallen gleich hinter Mürzsteg wieder auf. Die Hallstätter Marmore werden mit südlichem Fallen eine große Strecke auf der Straße von Mürzsteg nach Scheiterboden durchwandert. Auf der Nordseite des Hocheck erscheint in ihrem Liegenden wieder der Ramsaudolomit. Von hier an gegen Norden bis kurz vor dem‘ Eingang in die Mürzschlucht herrscht flache, tafelige Lagerung. 390 Dr. L. Kobev, In der Synkline der Mürzsteger Decke liegt nun auch die obere Hallstätter Decke, die Freiner "Decke. Den Werfener Schieferzug an der Basis haben wir von Krampen bis Mürzsteg kennen gelernt. Ramsaudolomit folgt darüber. Die Halobienschichten sind nicht deutlich. Scharf dagegen tritt die Mauer der Hallstätter Decke hervor. Sie bildet die Klause der Krampen. Stellenweise findet sich im Hangenden noch Gosaukonglomeratmit Orbitolitensandstein. Die Trennung der beiden Decken ist auf dem westlichen Abfall der Schneealpe auch im Profile der Kohlmerswand deutlich zu sehen. , Am Ausgang vom Höllgraben stehen Hallstätter Marmore an. Man trifft sie sogar noch an der Straße. Sie setzen den ganzen Wolfskogl zusammen. Wieder fallen die jähen klotzigen Wände auf gegenüber dem flachen, durchfurchten Gehänge des Ramsaudolomits, der sich darüber aufbaut, mehrere hundert Meter mächtig. An der Grenze findet sich auch Werfener Schiefer nach Geyer. Seine Spuren finden sich im Graben, der vom Wolfskogl in den Höllgraben hinabführt. Dem Ramsaudolomit liegen Halobien- schichten auf. Über diese bauen sich mit herrlicher Wand die Hallstätter Kalke der Kohlmerswand. Flach wie eine Tafel liegt die mächtige Kalkmasse. Im Hintergrunde des Höllentales ist der söhlige Bau sehr schön zu sehen. Dieselbe Aufeinanderfolge der Decken, getrennt durch Ramsaudolomit, zeigt sich im Profile des Höllsattels. G. Geyer hat diese Verhältnisse anders gedeutet. Gegen die Mürzschlucht zu ist die Trennung der beiden Decken viel schwieriger. Werfener Schiefer, Ramsaudolomite fehlen. Die beiden Decken liegen mit gleichen Gliedern der höheren Trias übereinander. Die Trennung ist dennoch vorhanden. Zwei Bänder von Halobienschichten geben die Möglichkeit, die beiden Decken zu trennen. Über diesen Decken liegt die hochalpine Decke. Meist ist Werfener Schiefer an der Basis. Der Gipfel der Lachalpe ist eine solche Deckscholle. Doch die Trias ist ungemein reduziert. Der Dolomit in der Umgebung der Lachalpe ebenso wie der Werfener Schiefer sind in recht bescheidenen Vorkomm- nissen vorhanden. Am klarsten zeigt die Deckschollennatur der hochalpinen Decke jener Ramsaudolomit, auf dem das kaiserliche Jagdschloß steht. Profil VII. Profil des Höllgrabens bei Mürzsteg. IHallstätter Decke. II Hochalpine Decke. ! = amenichlomit. a —= Werfener Schiefer. HR 2 : 2 = Halobienschichten. a hokrna 3 — Hallstätter Kalke. Die norischen Hallstätter Kalke, reich an Fossilien, unterteufen mit söhliger Lagerung den Werfener Schiefer, der die Dolomitkappe trägt. Der Werfener Schiefer des Naßköhr, der Werfener Schieferzug, der einerseits von hier nach Osten hin über den Griessattel in das Tal der Kalten Mürz hinunterzieht, der gegen Westen hin über die »Hinteralpe« aufder Westseite des Roßkogls in Frein sich hinabsenkt, ist die Basis der hochalpinen Deckenbau der östlichen Nordalpen. 391 Deckscholle der Klobenwände, des Roßkogls, einer Deckscholle, die aufgebaut ist aus Ramsau- dolomit, Carditaschichten und Dachsteinkalk. Sie liegt als eine schwach nordgeneigte Tafel der Freiner Decke auf. G. Geyer hat bereits die Verschiedenheit dieser Scholle gegenüber den tieferen Hallstätter Gesteinen betont. Die Hallstätter Decke ist in der Veitsch, der Königsalpe, der Proles, im Student, im Tonionstock vorhanden. In der Gegend von Mariazell, von hier südlich, dann auf der Südseite des Hochschwab ergeben sich treffliche Profile für einen Einblick in den Bau der Hallstätter Decke dieser Gebiete. Geyer hat bereits dargetan, daß die Dachsteinkalke mit Liasfleckenmergeln und jurassischen Horizonten im Hangenden von der Bürgeralpe gegen das Walstertal zu nach Süden einfallen. An der sogenannten Mariazeller Aufbruchslinie stoßen nun die Gesteine der Ötscherdecke mit anomalem Kontakt an ganz verschiedenartige Gesteine. Es sind die Schichten der Hallstätter Decke. Sie ist hier in Schollen zerfallen. Die Schichten stehen miteinander nicht immer im Verbande. Vom Werfener Schiefer bis zur Gosau finden sich alle Gesteine am Kontakte mit der voralpinen Decke. Die Überschiebung der Hailstätter Serie auf die voralpine ist an einigen Stellen in ganz über- zeugender Weise zu ersehen. Auf den südfallenden Fleckenmergeln liegen als Deckschollen hoch auf dem Hange, auffallend lichte Felsklötze und Felsmauern bildend, Hallstätter Kalke. Die untere Trias fehlt hier vollständig. Die Profile ähneln sehr denen im Osten, auf der Nordseite der Hohen Wand, bei Hern- stein. Keineswegs aber fehlt die tiefere Trias überall. Schwarze Dolomite, dem Ramsaudolomit angehörig, liegen im Walstertal über den Fleckenmergeln. Die Niederung des Tales aber bauen Werfener Schiefer. Haselgebirge verrät sich in dieser Zone durch die auffallenden Dolinen. Auch die Gosau nimmt an dem Aufbau teil. Auf der Straße von Mariazell gegen Gußwerk liegen zwei Züge von Hallstätter Kalk, durch Gosau geschieden, übereinander. Die südliche Scholle trägt ebenfalls wieder Gosau. Die mächtigen Kalk- massen der Sauwand bauen sich mit einer Steilmauer über der Gosau auf. Vielleicht liegt in diesen Kalken eine Deckscholle der hochalpinen Decke vor. Die tektonischen Verhältnisse dürften gerade hier recht komplizierte sein. Man ersieht das auch aus dem Umstand, daß in der südlichen Scholle an der scharfen Straßenbiegung (gegenüber der Kapelle St. Anton) ein Aufbruch von Werfener Schiefer (nach Geyer), sowie dunkle Muschelkalke von der Art der Reiflinger Kalke vorkommen in engster Verbindung mit roten Kalken, die verschieden sind von Hall- stätter Kalken, aber die größte Ähnlichkeit mit Klausschichten haben. Diese Schichten sind durch einen anomalen Kontakt geschieden von den Hallstätter Kalken. In der Umgebung von Gußwerk, dann auf dem ganzen Wege von hier nach Wegscheid, kann man sich einen vortrefflichen Einblick in den Aufbau der Hallstätter Decke verschaffen. Auf der Nordseite der Wetterin ist die Hallstätter Serie wieder durch einen Zug von Werfener Schiefer von der Hallstätter Serie des Lieglergrabens getrennt. Trotzdem die Hallstätter Serie in diesen Gebieten so reich entwickelt ist, ist es doch in hohem Maße wahrscheinlich, daß sie nicht als eine ununterbrochene Decke bis auf die Südseite des Hochschwab sich erstreckt. In Aflenz tritt sie klar in die Erscheinung. Die Zusammensetzung ist dieselbe. Die Halobienschiefer führen eine Reihe von Formen. In Hallstätter Kalken hat Bittner die Halorella pedata aufgefunden. Bisher sind noch wenige Fossilien bekannt. Bekanntlich hat Bittner die Aflenzer Entwicklung der Trias als eine eigenartige zuerst erkannt. Auffallend ist die bedeutende Mächtigkeit, die oftmalige Schuppung der Hallstätter Decke, die sich im Profile Aflenz—Bürgeralpe in dem oftmaligen Auftreten der Halobienschichten recht gut erkennen läßt. Die Grenze gegen die hochalpine Decke ist im Feistringgraben eine eigenartige und täuscht eher einen primären Verband vor. Die überaus mächtigen Ramsaudolomite der hochalpinen Decke werden unter- lagert von schwarzen, dünnbankigen Kalken, welche das oberste Glied der Hallstätter Serie bilden. Werfener Schiefer fehlt. 392 Dr.L. Kober, Das Studium der Hallstätter Serie sowohl im Norden als auch im Süden des Hochschwabmassivs wird noch eine schwierige, aber überaus interessante Untersuchung sein. Noch wollen wir hier die Lagerungsverhältnisse der hochalpinen Deckschollen besprechen. Hoch- alpin sind: Schneeberg und Rax, eine Tafel bildend, die Schneealpe, in mehrere getrennte Schollen zer- fallend, die Deckschollen der Veitsch, der Wetterin, des Tonion (?), des Student, der Wildalpe, der Sau- wand (?). Westlich dieser kleinen Deckschollen bildet die hochalpine Decke in dem massigen Bau des Hochschwab eine zusammenhängende, breite und mächtige Decke, die nur auf der Südseite und auf der Nordseite die Hallstätter Decke hervortreten läßt. Das tiefste Glied der hochalpinen Decke ist nach den bisherigen Erfahrungen Quarzporphyr, dem Werfener Schiefer aufliegt, und die bekannte Schichtfolge Ramsaudolomit, Carditaschichten, Dachsteinkalk. Der Quarzporphyr liegt über der Hallstätter Decke an der Basis der hochalpinen im Profil des Törlweges, der Verrucano im Profil der »Eng« bei Payerbach. Genau so wie in der Hallstätter Decke ist auch in der hochalpinen infolge der weiten Bewegung eine intensive Verschleifung der tieferen Glieder eingetreten, die in manchen Profilen bis zum gänzlichen Verlust der unteren Glieder führt. So kann die hochalpine Decke auch mit dem Dachsteinkalk den Hall- stätter Kalken aufliegen, Profile, die die Trennung der beiden Decken dann zu einer schwierigen, ja unmöglichen Aufgabe machen. Der Bau dieser Decken ist im allgemeinen doch ein ruhiger. Die vielen kleinen Falten fehlen. Besonders in der hochalpinen Decke ist der söhlige Bau leicht zu erkennen. Doch auch hierist es möglich, Überschiebungen kleineren Stiles zwischen Ramsaudolomit und Dachsteinkalk nachzuweisen. Der Aufbau des oberostalpinen Mesozoicums zeigt ausgesprochenen Deckenbau. Die Möglichkeit des Ausweichens in dem freien Raum erzeugt flach welligen, söhligen Bau. Deckenbau der östlichen Nordalpen. 393 Schluß. Auf Tafei I sind einige Querschnitte dargestellt. Sie zeigen alle eine ziemliche Konstanz der geologi- schen Verhältnisse am Außenrande. Der innere Teil der Nordostalpen dagegen weist im östlichsten (Profil I) ganz andere geologische Verhältnisse auf als im westlichsten (Profil V). Der Nordrand aller Profile liegt im Grundgebirge der böhmischen Masse (I). Nach Süden zu folgt darauf die miocäne Auf- lagerung (Il), dann die Sandsteinzone (III). Die helvetischen Decken der Flyschzone tauchen unter die Klippenzone (Ve). Die Scheidung in Pieninen und Subpieninen ist in den Profilen nicht durchgeführt. (Vd) bedeutet das unterostalpine Mesozoicum, die voralpine Decke. Die Gliederung in die (tiefste) Frankenfelser, die Lunzer und in die Ötscherdecke (höchste) ist angedeutet. Wie Deckschollen ruht auf dem voralpinen Mesozoicum die obere ostalpine Decke. Vla ist Silur-Devon, VIb die Hallstätter, VIc die hoch- alpine Decke. Profil I zeigt das Fenster des Hengst, Profil III die Auflösung der hochalpinen Decke in eine Reihe kleiner Deckschollen, Veitsch, Tonion, Student. Das Silur kommt nirgends am Nordrand der oberen ostalpinen Decke zum Vorschein, auf der Südseite fehlt es auch im Profil der Rax (Profil II), An der norischen Linie sehen wir das unterostalpine Mesozoicum unter dem Silur zutage kommen. (Profil I, III und IV) Vd ist die Carbon-Permserie. Im nördlichen Zuge bildet sie die Basis für das voralpine Meso- zoicum. Im Profil I und II sehen wir das Carbon im Fenster der Wechseldecke auftauchen. Hier fehlt dem Carbon das alte Grundgebirge. Erst weiter im Westen ist dieses entwickelt. (Profil III und IV.) Der flache antiklinale Bau tritt klar hervor. Im Süden sehen wir an der Linie von Pernegg dem Carbon von der Breitenau etc. die Silur-Devonschollen des Grazer Paläozoicum aufliegen (Vla). Das Semmeringdecken- system weist eine Gliederung auf in das Grundgebirge (IV b) und das Mesozoicum (IVe), im Profil II die Teilung in die Stuhleck-, die Mürz- und die Drahtekogldecke. Im Profil I ist bloß die tiefste, die Stuhleck- decke entwickelt; sie wird als eine dem Carbon auflagernde Deckscholle gedeutet. Die Lagerung auf dem Carbon ist auf das Hinübertreten der lepontinischen Decken über den Rand des Fensters zurückzuführen (Verfaltung). Im Profil IV erscheint die Semmeringserie als ein schmales Fenster unter den Gneisen der unterostalpinen Decke. Tafel II. Von Norden nach Süden folgen: Böhmische Masse (I), Miocänzone (Il), Sandsteinzone (III), Klippenzone (Vc) mit einer im östlichsten Teile wahrnehmbaren Zweiteilung in pieninisch und sub- pienninisch, endlich das voralpine Mesozoicum (Vd). Vd, ist die tiefste Teildecke desselben, die Franken- felser Decke, Vd, die Lunzer-, Vd, die Ötscherdecke, Vd, das Mesozoicum an der norischen Linie. An der Linie Hernstein — Mariazell taucht die Ötscherdecke unter das obere ostalpine Mesozoicum. Im östlichen Abschnitte ist hauptsächlich die tiefere, die Hallstätter (VIb), im westlichen die hochalpine Decke entwickelt (VIc). Wir sehen das Fenster des Hengst (voralpin), die Hallstätter Deckscholle des Lahnsattels, die große Deckscholle der Rax und des Wiener Schneeberges (hochalpin), im Mürz- tale die kleineren hochalpinen Deckschollen, der Schneealpe, Veitsch, Tonion, Student etc. Vla ist das basale Gebirge der oberen ostalpinen Decke: das Silur-Devon. Um Vordernberg ist es mächtig entwickelt. Von hier bis Neuberg ist es ununterbrochen zu verfolgen. Unter den Wänden der Rax fehlt es zum Teil. Doch weiter östlich ist es wieder in Sieding in Niederösterreich vorhanden. Dieser Zug bildet den nordsteirischen Silur-Devonzug. Ganz getrennt davon erscheint tiefer im Süden das Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 523 394 Dr. LE. Kober, Grazer Silur-Devon zu beiden Seiten der Mur. Vd, bezeichnet das voralpine Mesozoicum an der norischen Linie. Es sind dies die Vorkommnisse bei Kammern, bei Stübming und bei Sieding. V 5 ist die Carbon-Permserie. Der nördliche Zug ist der nordalpine Grauwackenzug, der südliche gibt die Ver- breitung unter dem Grazer Silur-Devon. Im Wechsel taucht die Carbon-Permserie als Fenster inmitten des Lepontinischen auf. Va ist das unterostalpine Grundgebirge. Die Rennfeld-Mugelkuppe-Antiklinale ist durch den Querriegel von Kapfenberg mit dem Kletschach-Roßkoglzug im Norden verbunden. IV 5 ist das Grundgebirge der Semmeringdecken, IVc das Mesozoicum. Tafel III gibt eine Übersicht der Verbreitung der einzelnen Deckensysteme in der östlichen Hälfte der Ostalpen. I ist wieder die böhmische Masse, II die Miocänzone, Ill diehelvetisch-beskidische Decke der Flyschzone der Alpen und Karpathen. IV bedeutet das lepontinische System, IVa die Zentralgneisdecken samt den Decken der Kalkphyllitgruppe, [VD die Klamm-, beziehungsweise Radstätter Decke. Diese erscheint im Osten wieder etwas verändert als Semmeringdecke und geht von hier über in die hochtatrischen Enklaven der Karpathen: Kleine Karpathen, Inovec, Tribec etc. V be- deutet die untere ostalpine Decke. Va—b ist das altkrystalline Grundgebirge samt dem Paläozoicum, Carbon und Perm, im Süden sind auch zuzurechnen die mesozoischen Inseln von Kärnten sowie der Zug der Gailtaler Alpen und der Karawanken. Im Norden ist das Mesozoicum dagegen als Vd,__, ausgeschie- den, esist der voralpine Anteil der Kalkalpen, der durch die Lunzer Entwicklung gekennzeichnet ist. Inter- essant ist die Fortsetzung dieser Decke über die Kleinen Karpathen weit ostwärts bis ins Waagtal. Ve ist die ostalpine Klippenzone, ostwärts übergehend in die Klippenzone der Karpathen. Ve ist die subtatrische Decke, eine Unterdecke des unteren ostalpinen Mesozoicum. VI bedeutet obere ostalpine Decke. VIla ist Silur-Devon, die Devoninseln südlich von Rechnitz sind nicht dargestellt. VId Hallstätter und hochalpine Decke. VIIa sind die Dinariden, VIId der Bakony, VIle die Fünfkirchener Insel. Die roten Kreuze geben die Lage der Eocänvorkommnisse von Radstatt, Kirchberg und dem Gurktale und zeigen die Verbindung mit dem subtatrischen Eocän des Leithagebirges und der Kleinen Karpathen. In den Alpen dringen die höheren Decken viel weiter gegen Norden vor als in den Westkarpathen. Die Flyschzone öffnet sich gegen NO. Ebenso auch die Klippenzone. Die subtatrische Decke verbreitet sich ganz besonders, in einzelnen Fenstern tritt die hochtatrische Decke zutage. Die voralpine Decke tritt auffallend zurück im Aufbaue. Sie reicht blos bis ins Waagtal. Die obere ostalpine Decke folgt nicht mehr den generellen Streichen der tieferen Decke. Sie bleibt tief im Süden zurück. Das ungarische Mittel- gebirge dürfte als die Fortsetzung der höheren ostalpinen Decke zu deuten sein. Es ist auf der Karte nicht mehr sichtbar, da es weiter im Osten liegt. a Deckenbau der östlichen Nordalpen. 395 Literaturhinweis. . L. Kober, Mitt. d. geol. Ges., Wien, Bd. II, 1909, p. 492. — Mitteil. d. naturw. Vereines an der Universität, Wien, IX. Jahrg., 1911, Nr. 5, p. 73. — Mitteil. d. geol. Ges. Wien, Bd. IV, 1911, p. 63. — Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wissensch., Wien, math.-naturw. Kl., Bd. CXX, Abt. I, 1911. — Ebenda, Bd. CXXI, Abt. I, 1912. 2. V. Uhlig ebenda, Bd. CXV, Abt. I, p. 1719. 3. H. Mohr, Mitteil. der geol. Ges., Wien, Bd. III, 1910, 17. 18. 19 p- 104. F. Heritsch, Zentralbl. für Min., Geol. und Paläont., Bd. 1911, p. 90 und 110. H. Vetters, Verh. der k. k. geol. Reichsanstalt, Wien ISIll, Ne 7 106 18, F. Toula, Jahrb. geol. Reichsanstalt, Bd. 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Ges., Wien, Bd. IV, 1911, p- 181. 68. A. Bittner, Verh. geol. Reichsanstalt, Bd. 1893, p. 245. KOBER, L.: Der Deckenbau der östlichen Nordalpen. IL Karl: m nd er "Pöfphlarn \ NY Ob.6rafen SstTeonnara Kilb o Kırnb erg, ZFurgstall # Georgen? J > : | Tektonische Karte der östlichen Nordalpen. | Denkschriften d. kais. Ak Karte I. = Mödling rofiuladl Tektonische Karte der östlichen Nordalpen Kortogr. Anstalt G, Froytag & Berndt, Ges. m. b. H., Wien. Maßstab 1:500.000. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIL KOBER, L. KOBER, L.: Der Deckenbau der östlichen Nordalpen. Karte II. vo Schladminger Gneis Masse Guttaring xxx Schematische Darstellung des Zusammenhanges von Ostalpen und Karpaten. Maßstab 1: 1,500.000. BurloprzanzEnIEIG JE zerlagT ES erunER Garen TE! Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXX VII. TNAXXXT PA ‘assepy "Manyeu-yyew ss 'p 'peyv 'steg 'p uayytayostuad "ap "Hg u sog "puzag p Burke °9 yersuy "ıZoQey '000'009:T qEeISgeN "uadjepIoN uaydısQ IP y9IMP 9[Y0IJ-UINI9A ER = N N N N N 2 5 NS NS IS] S z NR re er S S : & x: 55 - : \ \ er SE s S | S SR S : m Sg ÄNILRNNNENNN = > en NE: % S ee A I S £ - : > en en SS: S | no R : - Sr \ U EEDDERRRRN 2 UN CDy pAboyzs URISUODY 111237 Tan I N % S 5% S x S s S pn Ss S N < nn : we "usdjepIoN uaydmpsQ A9p nequay>9q IA sl YFIOoM Ra RR SENT VERGLEICHENDE ANATOMIE DER ASPARAGOIDEAE, ZWISCHEN OPHIOPOGONDIDEAE UND DRACAENOIDEAE VON D* FRITZ ZWEIGELT AUS DEM INSTITUT FÜR SYSTEMATISCHE BOTANIK AN DER K. K. Mit 29 Textfiguren und 10 Tafeln VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 20. JUNI Inhaltsverzeichnis. Einleiınewese rer: Systematische Übersicht I. Teil: Anatomie der Vegetationsorgane 1. Wurzeln . Wurzelknollen . 10 . Morphologie der Caulome . . Das Rhizom . . Übergangszone zwischen Rhizom und oberirdischem Caulom . . Die unterirdischen Caulome der Sträucher und Halbsträucher . Joa »29%DnD% . Der Stengel . Der Schaft. 9. Die Stolonen . 10. Die Phyllokladien . 11. Das Laubblatt 12. Die Niederblätter . 13. Die Hochblätter 14. Die Perianthblätter Anhang: Physiologische und andere Fragen . ee} II. Teil: Verwertung der anatomischen Befunde für die Systematik Literaturverzeichnis Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIl. Bd. UNIVERSITÄT IN GRAZ 1912 OPHIOPOGONOIDEAE, ALETROIDREAE, LUZURIAGOIDEAE UND SMILACOIDEAE NEBST BEMERKUNGEN UBER DIE BEZIEHUNGEN Dr. F. Zweigelt, Oo (de) [0,0] Einleitung. Die vorliegende Arbeit wurde in der Absicht begonnen, die etwas fragliche systematische Gruppierung der im Titel angeführten Unterfamilien der Liliaceen durch die Darlegung ihrer anatomischen Merkmale auf eine teilweise vielleicht neue Grundlage zu stellen. Die Liliaceen, deren systematische Neugruppierung Herr Professor Dr. K. Fritsch (vergl. die Vorbemerkung zu den vergleichend anatomischen Unter- suchungen von J. Menz)! auf Grund der von seinen Schülern durchgeführten vergleichend anatomischen Untersuchungen vornehmen will, werden in einer Reihe von Spezialarbeiten behandelt. Trotz des Strebens nach möglichster Vollständigkeit wird sich manche Lücke finden, und zwar zunächst vor allem deshalb, weil die Beschaffung des nötigen frischen Untersuchungsmaterials bisweilen auf die größten Schwierig- keiten stößt, so daß oft wichtige Vertreter und Zwischenglieder oder interessante Vegetationsorgane einer bestimmten Pflanze völlig unberücksichtigt bleiben mußten. Gleichwohl habe ich, diese Lücken auszu- füllen, die Literatur in möglichst großem Umfange benützt, da sich in ihr manche wichtige Angabe findet, die zwar oft nicht nachkontrolliert werden konnte, gleichwohl aber geeignet ist, im Zusammenhang mit meinen Untersuchungen dem gesteckten Ziele näher zu kommen. Was den Plan meiner Arbeit anbelangt, so bringe ich zunächst eine Übersicht über die zu unter- suchenden Gattungen und die untersuchten Arten, nebst Angabe der Vegetationsorgane, die mir zu diesem Zwecke zur Verfügung standen. Dann folgtderbeschreibend-anatomische Teil, dieBehandlung der Rhizikome, Caulome und Phyllome, und anhangsweise die Erörterung physiologischer und anderer Fragen, deren Behandlung nicht umgangen werden konnte, die aber im Interesse der Übersicht aus dem laufenden Texte des ersten Teiles aus- geschieden werden mußten. Ein weiteres Kapitel ist der Verwertung der Untersuchungsresultate für die systematische Gruppierung gewidmet, wobei ich den Versuch machen werde, Vorschläge für allfällige Änderungen zu bringen. Den Schluß bildet das Verzeichnis der verwendeten Literatur. An dieser Stelle sei es mir gestattet, meinem hochgeschätzten Lehrer, Herrn Professor Dr. K. Fritsch, für die anregende Teilnahme und für die vielen freundlichen Ratschläge zur Lösung schwieriger Fragen meinen aufrichtigsten Dank zu sagen, desgleichen auch Herrn Professor Dr. E. Palla, der mir in vieler Hinsicht mit seinen reichen Erfahrungen gerne ratend zur Seite stand. 1 J. Menz, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Gattung Allium nebst einigen Bemerkungen über die anatomischen Beziehungen zwischen Allioideae und Amaryllidoideae (a. d. Sitzungsbericht. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, math.-naturw. Kl., Bd. CXIX, Abt. I, Mai 1910). Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc, 399 Systematische Übersicht. ' Gattungen | Untersuchte Arten | Untersuchte Vegetationsorgane? Asparagoideae — Asparageae. sDaragus a HIN ACHUETOLLRSITER N W, Rh, St, Ph, LB, NB; EÄRLERHATOLLUS Tale Ww, Rh, St, Ph, LB, NB; Ar marsamus(&) Mil ao 2. nn. W, Rh, St, Ph, LB, NB; AmarncinalSsslEa ee W, RRNSHERNERENDWER: ASpIumosus Balken. sn W, WK, Rh, St, Ph, NB; NSDKERGEKBRE Del en W, WK, Rh, St, Ph, NB; A. medeoloides Thumb... . . .... W, WK, Rh, St, Ph; RKTAaUSTEB ARE W, St, Ph. Dana& Medic. D. Laurus Medie. (—=racemosaMönch)| W, Rh, St, Ph, NB; Semele Kunth. S. androsyna Kunth. . ...... Ww, SUOEHMEIBE Ruscus L. TEA CHLEATU SITE W, Rah, St, Ph, LB, NB, PB; IR RYDOERy IWW Te Ww, Rh, St, Ph, LB, NB, HB,PB, Pe AYDOSlOSSUmaE See: Ww, Rh, St, Ph, LB, HB. Asparagoideae— Polygonateae. GhnloniaRatınaa —_ SAG CI ES SSHALEMOSABDIEISTE W, Rh, St, LB, NB, PB; Majanthemum Web.» ......| M:bifohum(L)Schm ....... W, Rh, St, LB, NB, PB; IDiSDormES aD ale Dypulium Salishpyz a woran Si, LB; Sireptopus Michx. . 2. .2.2....| Sinamplexifzüus (L)DC.. ... -. ‚St. Bolyaonatumnikillan nn averticillartum\(E Alle W, Rh, St, LB, NB; IZROTTRELNATERENU LESE ee: W, Rh, St, LB, NB, PB; Pomultiflorum (LAU. 22... W, Rh, St, TB, NB, PE; Disporopsisy-lance un. 2.0. 5 = Asparagoideae— Convallariese— Convallarinae. SpeiranthaMaxim . ....... = heroporon Wasimar are = GOonVallayamalEa Er ee er. NINA ALISI SR ee W, Rh, Sch, LB, NB, HB, PB; . IRRE PIE UNE 0 oo Ro OIREDIKWRENG 5 ao er W, Rh, LB. 1 Der Übersicht sind: Engler-Prantl »Die natürlichen Pflanzenfamilien«, II, 5, zu Grunde gelegt. ? Die Abkürzungen bedeuten: W = Wurzel, WK = Wurzelknollen, NB — Niederblätter, Rh = Rhizom, St — Stengel, Sch — Schaft, Sio = Stolonen, LB — Laubblatt, HB = Hochblatt, PB = Perianthblatt, R — Ranken, Ph — Phyllokladium. 3 In der Nomenklatur hielt ich mich, so weit es sich um Pflanzen der mitteleuropäischen Flora handelte, an K. Fritsch »Exkursionsflora für Österreich«, 2. Aufl,, Wien 1909, bezüglich der übrigen Formen war der Index Kewensis maßgebend. 53* 400 a ——————————— Dr. F. Zweigelt, Gattungen | Untersuchte Arten | Untersuchte Vegetationsorganel Rohdea Roth. . Gonioscypha Baker Tupistra Ker-Gawl.2 Aspidistra Ker-Gawl. Medeola Gronowt Seoliopus Torr. Paris L. Trillium L. . R. japonica Roth. A. elatior Blume Asparagoideae— Parideae. P. quadrifolia L. . FTERSESSTLEHTE SEE N T. recurvatum Beck. . Asparagoideae-— Convallarieae— Aspidistrinae. W, Rh, Sch, LB, PB; W, Rh, St.® LB, NB, PB. W, Rh, Si, LB, NB, PB. W, Rh, St, LB, NB, PB. W, Rh, Si, LB. Ophiopogonoideae. Sansevieria Thunb. SPfasctatalGlonniug W, Rh, LB, NB; I a0 EN RO UT ER = O. Jaburan Lodd. . O.japonicus Ker-Gawl. ...... W, Ophiopogon Ker-Gawl. W, WK, Rh, Sch, LB, HB, PB; Rh, Sto, LB. Beliosanthesr Andrang _ Aletroideae. INES Noc 000 0.00.00 .0000.0 | = Luzuriagoideae. Geitonoplesium A. Cunn. . ..... —_ IBUSIKEDNUSIR Br re —_ EuzuriagaRuizetPav. ..... .| ZL.radicans Ruiz etPav... W, St,> LB; BehnzaDiLe tnilchsu - IEhDLESIaR GO ee rer = Lapageria Ruiz et Pav. Ir roseanRuizietib asven Se: SCWIED: 1 Die Abkürzungen bedeuten: W = Wurzel. WK — Wuızelknollen, NB = Niederblätter, Rh = Rhizom, Si! = Stengel. Sch — Schaft, Sto —= Stolonen, LB = Laubblatt, HB — Hochblatt, PB = Perianthblatt, R = Ranken, Ph = Phyllo- kladium. 2 Capylandra Baker, welches Genus Engler-Prantl anführt, wird im Index Kewensis mit Tupistra Ker-Gawl vereinigt. 3 Aspidisiva besitzt nur einen Blütenstiel, der in der Achsel eines Niederblattes entspringt. Vgl. auch p. 14 ff. 1 Medeola asparagoides syn. Asparagus medeloides (p. 3). 5 Der ober- und unterirdische Stengel wurden untersucht. Von einem Rhizom kann man bei diesen Sträuchern und Halb- sträuchern nicht sprechen. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 40| - SE nn mm nn een Gattungen Untersuchte Arten | Untersuchte Vegetationsorgane 1 Smilacoideae. IRHBOLOHUm Borse „nun. = | Sa en. | Szsagattaefoha oda, nn a. 3 N WISH EEBER; SEHASYEN NT Ar | SLtLIB,R; Ss. sypmlibscaWilld.. 2 2. 222.1. WSLATLB,.R. Heterosmilax Kunth. ....... — Außerdem wurde Blatt und Wurzel von Dracaena Vandelli fragrans Ker-Gawl. einer Untersuchung unterzogen. ” 1 Die Abkürzungen bedeuten: W = Wurzel, WK = Wurzelknollen, NB = Niederblätter, Rı = Rhizom, Si? = Stengel, Sch — Schaft, S/o — Stoloman, ZB = Laublatt, ZB — Hochblatt, PB = Perianblatt, R = Ranken, Ph Phylio- kladium. 2 Mangels blühenden Materials war eine vollkommen verläßliche Bestimmung nicht möglich. 3 S. sagittaefolia wird im Index Kewensis mit S. aspera vereinigt, was anatomisch nicht begründet ist. 4 Der ober- und unterirdische Stengel wurde untersucht. Von einem Rhizom kann man bei diesen Sträuchern und Halb- sträuchern nicht sprechen, ISREL!. Die Anatomie der Vegetationsorgane. (Die kleinen Ziffern verweisen auf den Anhang p. 64 ff. [460 ff.]). Rhizikome. Wurzeln. Als Wurzeln treten bei unseren Pflanzen ausnahmslos nur Adventivwurzeln und deren Ver- zweigungen auf, da allen unterirdische, langlebige Stämme zukommen, aus denen die genannten Wurzeln hervorbrechen. Der Zentralzylinder. Die Wurzeln aller untersuchten Spezies zeigen typischen Monokotylenbau; der Zentralcylinder wird von einem polyarchen, radiären Gefäßbündel gebildet. Bei Asparagus officinalis findet sich ein geschlossener Holzzylinder, der hohl, bei Asparagus Sprengeri, plumosus, verschiedenen Arten der Gattung Smilax dagegen solid ist (Taf. II, Fig. 11). Es handelt sich in solchen Fällen um die Erscheinung, daß außer dem Hadromparenchym auch die Zellen des Markzylinders einem Verholzungs- prozeß unterworfen werden und daß vielfach auch die Elemente des Pericambiums sekundär zum Holz- körper geschlagen werden. Was die Elemente dieses verholzten Markes anbelangt, so handelt es sich um mechanische Zellen, die mehr oder weniger bastähnlich werden, bisweilen tatsächlich typische Bastfasern darstellen. So findet sich ein Strang echter Bastzellen in den Wurzeln vieler Asparagus-Arten, von Ruscus aculeatus, hypoglossum, hypophyllum und Smilax-Arten, während zum Beispiel die Stereiden bei Conval- laria majalis (Taf. 1, Fig. 4), kaum als echte Bastfasern bezeichnet werden können. Bei Aspidistra elatior läßt sich an Längsschnitten sehr schön der allmähliche Übergang des Hadrom- parenchyms zum echten Bast beobachten, ein Beweis dafür, daß allen diesen mechanischen Zellen eine 402 Dr. R. Zweigelt, gemeinsame Entstehung aus demselben Bildungsgewebe zukommt. Während in den älteren und den- meisten jüngeren Wurzeln der besprochenen und anderer Spezies ein zentrales Mark auftritt, finden wir in jungen Wurzeln von Majanthemum bifolium konstant ein zentrales Gefäß, von dem die Hadromplatten radiär ausstrahlen. Zuzuriaga verhält sich ebenso. Erwähnt sei hinsichtlich der Anordnung der Hadromplatten, daß sie nicht immer streng radiär liegen, sondern bisweilen V-artig zusammentreten und zwischen sich Leptom einschließen. Auch bei Paris und Trillium treten die größten Gefäße der Hadromplatten im Zentrum zusammen, ohne-daß ein gemein- sames Zentralgefäß gebildet würde. Bevor ich auf verschiedene anatomische Eigentümlichkeiten der Hadromelemente eingehe, möchte ich die bei Asp. tenuifolius, Ophiopogon Jaburan und Smilacina racemosa beobachtete Differenzierung der Wurzeln in Nähr- und anders gebaute Haftwurzeln näher besprechen. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Typen besteht in der verschiedenen mechanischen Aus- stattung. Die Endodermen, die unten besprochen werden, besitzen im ersten Falle den Caspary’schen Strich und nur schwache Suberinlamellen, bei den Haftwurzeln dagegen außerdem vielfach auch ver- holzte, starke Zellulose lamellen. Die Verschiedenheiten im Bau des Hadroms zeigt uns am schönsten Smilacina racemosa. Dort, wo in den Haftwurzeln die größten Gefäße lagen, treten hier dünnwandige, großlumige, unverholzte Schlauchzellen auf, die als ontogenetische Vorläufer der Gefäße gedeutet werden müssen. Eine Stütze gewinnt diese Auffassung im Verhalten bei Convallaria majalis (Taf. 1, Fig. 4), wo neben den größten Gefäßen auf einmal Interzellulargänge ausgebildet werden, die Bildung von Gefäßen also unterblieben ist, die dünnwandigen Schlauchzellen, die augenscheinlich nur für die jugendlichen Pflanzen von Bedeutung sind, längst rückgebildet wurden, ferner in einer interessanten analogen Erscheinung im Stengel verschiedener Asparagus-Arten (p. 32 [428]. Die Gefäße, beziehungsweise Tracheiden, sind reichlich getüpfelt, häufig mit Hoftüpfeln versehen, deren Höfe bisweilen schmal und elliptisch sind; die peripher folgenden Gefäße und Tracheiden stellen dagegen größtenteils Treppen-, Spiral- und Ringgefäße und Tracheiden dar. Der Durchmesser der größten Gefäße ist gewissen Schwankungen unterworfen, für die einzelnen Spezies dagegen ziemlich konstant, so beträgt er für Asp. medeoloides 36:6 y, Ruscus hypoglossum 245 I, Ruscus aculeatus zirka 48 u, Dana& Laurus 61 u, Aspidistra 29:2 u, Sansevieria 44 u, Smilax syphilitica 855 p u.sf. Die Hadromplatten werden von einem 1 bis 2schichtigen Hadromparenchym umgeben, das in stark verholzten Wurzeln ebenfalls verholzt wird. (1) Das Pericambium wird in manchen Fällen, so bei Ruscus aculeatus (Taf. I, Fig. 1) und bei verschiedenen Smilax-Arten (Taf. I, Fig. 3) mehrschichtig, so- daß das Leptom von seiner peripheren Lage abgerückt erscheint. In manchen Fällen geht diese Erscheinung so weit, daß, wie bei Sm. syphilitica, Leptomstränge relativ tief im Hadromparenchym liegen, also von diesem überlagert werden. Diese namentlich in dicken Wurzeln recht häufige Erscheinung habe ich sonst nirgends beobachtet. Das Leptom bietet in seinem Bau keine Besonderheiten. Schwach collenchymatische Verdickungen der Wände kommen bisweilen vor. In besonders stark verholzten Zentralzylindern werden die Leptom- bänder zu kleinen kreisförmig angeordneten, völlig isolierten Strängen zusammengedrängt. Während Sansevieria fasciata und Ophiopogon japonicus keine außergewöhnlichen Bildungen aufweisen, zeigte Ophiopogon Jaburan in einigen Fällen so abnorme Verhältnisse, daß eine genauere Schilderung derselben an der Hand der Fig. 10 (Taf. II) nötig ist. Vielfach ist ja auch hier ein solider Holzzylinder entwickelt, der in den meisten Fällen das ganze Markparenchym umfaßt und aus prosen- chymatisch gestreckten, rundlich getüpfelten Stereiden besteht. Häufig setzt aber eben hier eine Differen- zierung ein: Das Zentrum durchzieht ein Strang parenchymatischer bis prosenchymatischer Zellen mit einseitigen, deutlich geschichteten, mehr oder minder stark verholzten Wandverdickungen, so daß das 1 Vgl. darüber auch M. ©. Reinhardt, der in seiner Arbeit »Das leitende Gewebe einiger anomal gebauter Monokotylen- g. Diss. zur Erl. d. Doktorwürde v. d. philos. Fakultät d. Friedr.-Wilhelm-Universität zu Berlin), Berlin 1885, ein gleiches Verhalten für die Musaceen angibt. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 405 Lumen exzentrisch liegt und im Querschnitte eine elliptische oder nierenförmige Gestalt annimmt; um diese Zellen, die ziemlich regellos zu einem Strange zusammengeordnet liegen, gruppieren sich andere, die ebenfalls von den typischen Stereiden abweichen und entweder sich seitlich den ersteren anlegen oder dieselben in ein bis zwei Schichten umgeben. Obwohl auch sie nur lokale Wandverdickungen zeigen, unterscheiden sie sich doch wesentlich von den ersteren: Die Verdickungen beschränken sich vorwiegend auf die Radialwände, erscheinen nicht geschichtet, sondern homogen und sind im Gegensatze zu den ersteren, die zahlreiche, auch verzweigte Tüpfel zeigen, arm an Tüpfeln. Die Wandverdickungen sind gleich denen der später zu besprechenden Endodermiszellen verholzt, die Mittellamellen dagegen ver- Korkt. Sie zeigen also den chemischen und morphologischen Charakter von Endodermiszellen. Ihr Auf- treten ist, wie gesagt, ein unregelmäßiges und nur vereinzelt legen sie sich wie eine Schutzscheide um die Zellen erster Art. Das Auftreten dieses »Spezialzylinders«, wie ich ihn nennen möchte, ist durchaus nicht in allen Wurzeln gleich. Bei manchen ist der Zentralzylinder massiv, ohne irgend welche Differen- zierungen, in anderen Fällen treten nur die deutlich geschichteten Zellen des Spezialzylinders auf u. s. f. Umgeben ist der Spezialzylinder von dünnwandigen Zellen, die allmählich in die Stereiden des Holz- zylinders übergehen. In vielen Fällen sind die Lumina der Zellen des Spezialzylinders mit braunen Massen erfüllt, die wahrscheinlich Gerbstoffe darstellen dürften. Die Bräunung erfaßt aber auch die Zell- wände und kann gelegentlich in älteren Wurzeln den ganzen Zentralzylinder (Gefäße, Pericambiurn) ergreifen. (?) Wie schon oben erwähnt, kommen hier ebenfalls zweierlei Wurzeltypen vor, die anatomisch in manchen Punkten voneinander abweichen (Nähr- und Haftwurzeln). (®) Die Schutzscheiden und ihre Verstärkung. Die Endodermen, ! die sich stets erst sehr spät, nach Entwicklung des Gefäßbündels und der Rinde differenzieren, ” zeigen in den Wurzeln unserer Pflanzen weitgehende Verschiedenheiten; neben zarten Endodermen kommen selbst an den Wurzeln einer und derselben Pflanze solche mit mächtigen Verdickungsschichten vor und die Komplikationen erreichen ihren Höhepunkt, wenn wir noch die sekundären Verstärkungen der Endodermen von seiten des Rindenparenchyms in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen. Im einfachsten Falle zeigen die Endodermiszellen nur den Caspary’schen Strich, der in den Radial- wänden als kurzer Schatten zu erkennen ist (Nährwurzel von Smilacina racemosa, Asparagus tenuifolius, ferner die Seitenverzweigung der Wurzeln vieler anderer Pflanzen); in den meisten Fällen tritt jedoch auch schon die Suberinlamelle auf, die sich in Sudanglycerin als gleichmäßige, intensiv rotbraune Kontur erkennen läßt (zum Beispiel in den Nährwurzeln von Ophiopogon Jaburan, ferner in jungen Wurzeln von Smilax sagittaefolia |Taf. II, Fig. 7 a]). In der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle treten überdies noch tertiäre Verdickungslamellen auf, die aus Cellulose bestehen und häufig nachträglich verholzen. Dieselben bilden entweder C-Scheiden oder O-Scheiden oder irgend welche Übergänge zwischen diesen beiden Typen. Schwendener? hat bereits einige unserer Pflanzen auf die Verdickungsweise der Endodermis- zellen hin untersucht. 1 Vgl. G. Haberlandt, »Physiologische Pflanzenanatomie« 4. Aufl. Leipzig 1909, p. 333 ff. 2 H. Müller, »Über die Metakutinisierung der Wurzelspitze und über die verkorkten Scheiden in den Achsen der Monokotyle- donen« Botan. Zeitung 1906, p. 53 ff. 3S.Schwendener, »Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen« Berlin 1882, p. 28. Von Pflanzen, die für uns von Interesse sind, führt er an: Mit O-Scheiden: Mit C-Scheiden: Smilax (pr. p.) Rhodea, Ruscus racemosus und Smilax medica. Ophiopogon, Convallaria, Ruscus Hypoglossum. Sımilax Sarsa- parilla, Smilax ovalifolia. Ferner als Beispiel mit dünnwandigen Scheiden: Paris quadrifolia. 404 Dr. F. Zweigelt, Als typische O-Scheiden können gelten: Paris quadrifolia (dies gilt natürlich für ältere Wurzeln); ferner Smilax syphilitica (Taf. I, Fig. 3), Ophiopogon japonicus, Reineckia carnea und Rohdea japonica. Bei Aspidistra elatior sind die Verdickungsschichten der Tertiärendodermen (*) an den Radialwänden am stärksten, so zwar, daß sie nach außen (gegen die äußeren periklinen Wände) an Mächtigkeit zunehmen, nach innen zu aber merklich schmäler werden. An den äußeren und inneren periklinen Wänden sind die Lamellen äußerst zart (Taf. X, Fig. 108). In allen übrigen Fällen liegen C-Scheiden vor, die im einzelnen gewisse Variationen zeigen. So zeigen die Zellumina bei älteren Wurzeln von Smilax sagittaefolia Unregelmäßigkeiten und napfförmige Aussackungen nach innen, die meistens mit der Bildung großer Tüpfel im Zusammenhang stehen (Taf. 2, Fig 7c), und ein ähnliches Verhalten bietet auch Semele androgyna, deren Endodermen bisweilen mehr- schichtig werden und infolge der großen Unregelmäßigkeiten in der Bildung von Tertiärlamellen alle Übergänge zwischen C- und O-Scheiden zeigen. Sehr schöne C-Scheiden, bei denen die Radialwandverdickungen scharf an den äußeren Tangential- wänden beginnen, zeigen Luzuriaga radicans (Taf. X, Fig. 112), ferner Majanthemum bifolium, weniger typisch mit Verdickungen, die sanft an den äußeren Tangentialwänden auslaufen, die Arten der Gattung Polygonatum, Convallaria majalis (Taf.1, Fig.4), ferner alle Arten der Gattung Asparagus. Bei Sansevieria fasciata erfahren die Tertiärlamellen an den Radialwänden eine Verjüngung, ebenso bei Dracaena fragrans. Bei den Ruscus-Arten tritt diese Erscheinung normalerweise nicht auf, nur an einer abnorm gebauten Wurzel von Ruscus aculeatus habe ich sie beobachtet (Tafel I, Fig. 1). Hinsichtlich des chemischen Verhaltens ? (°) ist für uns nur der Grad der Verholzung der Tertiär- lamellen von Interesse, da ihm eine gewisse Bedeutung für die systematische Gruppierung zukommt. Asparagus plumosus, wmedeoloides, tenuifolius zeigen keine, Asparagns Sprengeri, Krausii und Dana& schwache, Semele und die 3 Ruscus-Arten starke Holzreaktion. Trillium, Luzuriaga sind in den Tertiärlamellen gar nicht, Paris, Rohdea und Aspidistra schwach, Dracaena, Sansevieria, Ophiopogon und Convallaria stark verholzt, während Reineckia und Majanthemum schwache, die Polygonatum-Arten keine Holzreaktion zeigen. Schwache Rötung mit Phloroglucin-Salz- säure ergibt sich auch für die Smilax-Arten. In den Endodermiszellen treten manchmal große Tüpfel auf (Semele, Smilax sagittaefolia), kleine Tüpfel bei Asparagus-Arten etc.; in anderen Fällen (Convallaria majalis) sind sie sehr seicht oder bleiben ganz aus.* Die Länge der Endodermiszellen ist ziemlich variabel: für Asparagus medeoloides zirka 183 u, Dana Laurus 305 y, Semele androgyna 560 u, Polygonatum verticill. 122 w Rohdea japonica 120— 190 u, Ophio- pogon japonicus 240 —300 u, Aspidistra elatior 340—490 u, Smilax syphilitica zirka 230 usf. Die Endodermis ist meistens einschichtig, in manchen Fällen aber auch mehrschichtig, so bei Smilax sagittae- folia (Taf. II, Fig. 7c) und Semele androgyna°; die Endodermiszellen besitzen stets lebende Proto- plaste.(®) 1 Vgl. auch H. Müller, 1. c., p. 68 (Gegensatz zu Schwendener). 2 Die Variabilität im Bau des Endodermis bei den Ruscus-Arten, auf die Haberlandtl. c. p. 337 anspielt, scheint mir nur verständlich, wenn Haberlandt den Gattungsbegriff viel weiter faßt, also auch Dana& und Semele zu Ruscus einbezieht, wie das früher gebräuchlich war und auch von Schwendenerl.c.p. 31 gescheben ist. (Vgl. dessen Fig. 55 auf Tafel 4.) ® Vgl. auch K. Kroemer »Wurzelhaut, Hypodermis und Endodermis der Angiospermen-Wurzel« Bibliotheca botanica Heft 59, 1903; ferner H. Müller. c. 4 Vgl. H. Müller, 1. c., p. 68. 5 Im Gegensatze zu meinen Untersuchungen, die übrigens mit den Resultaten Schwendener’s übereinstimmen (l. c. p. 31 unten: »Wo die Scheide aus zwei oder drei gleichartigen Zellschichten besteht....«), definiert Prof. Meyer, unter dessen Leitung die Arbeit H. Müller’s entstanden ist, in »Erstes mikroskopisches Praktikum« 1898, p. 29, die Endodermiszellen unter anderem dadurch, daß sie nur einschichtige physiologische Scheiden darstellen, eine Auffassung, die verallgemeinert zurückgewiesen Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 405 Daß die Endodermiszellen von Durchlaßzellen unterbrochen werden, ist selbstverständlich; die durch solche Zellen vermittelte Kommunikation zwischen Rinde und Zentralzylinder erhöht sich in solchen Fällen, wo mehrere, 2—3 Durchlaßzellen (Paris, Trillium, Ophiopogon, Polygonatum multi- florum, Aspidistra u. a.) oder sogar 4 Durchlaßzellen (Zuzuriaga radicans) zu Gruppen zusammentreten und das Bild beherrschen. Aber auch in alten Wurzeln, an die sich sklerotische Rindenzellen angelegt haben, bleiben die Durchlaßzellen meistens erhalten, was im Zusammenhang mit der reichen Tüpfelung der sklerenchymatıi- schen Zellen der Rinde verständlich ist. Nur innerhalb der Mutterwurzel, beziehungsweise des Rhizoms, wenn die in Rede stehende Wurzel eine Adventivwurzel war, bildet die Endodermis einen geschlossenen Hohlzylinder. Ich konnte wenigstens nirgends Durchlaßzellen finden. Vergleiche auch H. Müller, der in seiner oft zitierten Arbeit auf diese Tatsache für die Wurzel von Convallaria majalis hingewiesen hat. In sehr vielen Fällen erfährt die Schutzscheide jedoch eine sekundäre Verstärkung dadurch, daß Zellen (und zwar die innersten Zellen) des Rindenparenchyms eigentümliche Wandverdickungen erfahren und die Schutzfunktion der Endodermiszellen erhöhen. Von unseren Pflanzen kommen in dieser Hinsicht in Betracht: Asparagus plumosus, Sprengeri, Dana& Laurus, Semele androgyna, Ophiopogon Jaburan und japonicus und Smilax sagittaefolia. Für Asparagus Sprengeri (Taf. II, Fig. 11) ist charakteristisch, daß die Wandverdickungen, die übrigens typische Holzreaktion zeigen, (?) ringsum gleich mächtig sind und reichliche, zarte, oft ver- zweigte Tüpfel führen. Dana£, Semele und Smilax sagittaefolia (Taf. II, Fig. 7 a,b,c) stimmen in den Verdickungen der innersten Rindenzellen annähernd überein. Die Verdickungsschichten verjüngen sich allmählich gegen das äußere Ende der Radialwände, so daß sich die gesamten verholzten Verdickungsmassen auf die Innenwände und die inneren Teile der Radialwände konzentrieren. Die Schichtung ist stets sehr deutlich, die Zahl der in verschiedenen Richtungen verlaufenden Tüpfel sehr groß; das chemische Verhalten ent- scheidet in strittigen Fällen immer, ob wir eine Endodermiszelle oder eine ähnlich gebaute Rindenzelle vor uns haben. Ophiopogon Jaburan,* die schon so oft genannte, interessante Gattung, besitzt eine vielschichtige Verstärkungszone, deren Zellen im Bau mit den inneren Zellen des Spezialzylinders übereinstimmen (s. p- 6 [402]). Die Verdickungsschichten sind derart angeordnet und so mächtig, daß das Zellumen auf einen winzig kleinen, an der äußersten Peripherie verlaufenden Zylinder reduziert erscheint (Taf. I, Fig. 2); die Schichtung ist sehr deutlich, die Tüpfel sind zahlreich, viel verzweigt und die chemische Verhalten läßt auf Verholzung schließen. ($) ? Bevor ich zum Bau des Rindengewebes übergehe, möchte ich noch zwei aberrante Bildungen besprechen: Bei Ophiopogon Jaburan beobachtete ich das Auftreten zweier Zentralzylinder in einer Wurzel, jeder mit einer eigenen Scheide umgeben, und F.J. Lewin fand in der Wurzel irgend einer Ruscus-Art (die nähere Angabe der Spezies fehlt) neben der normalen Endodermis, die sich um den Zentralzylinder legte, zwei weitere Endodermen, eine im Kontakte mit der normalen, die andere frei im Rindengewebe. Die anomalen Endodermen umschlossen keine Gefäßbündel. Für die Entwicklung der Endodermis bestehen nur Untersuchungen über Convallaria majals. Schwendener (l. c., p. 64) hat nachgewiesen, daß die Scheide aus einem meristematischen oder 1 Ophiopogon japonicus zeigt die zu schildernden Verhältnisse schwächer und weniger deutlich. ® Die hier beschriebenen Verstärkungsweisen fallen sämtlich in die Gruppe c) Verdickung der Scheidenzellen und der benach- barten Zellen der Rinde«, die Schwendener in seinem oben zitierten Werke p. 34 in der Zusammenstellung der Bildungsmöglich- keiten anführt. — Auch De Bary bringt in seiner vergleichenden Anatomie der Vegetationsorgane (Leipzig 1877) eine Unter- scheidung der sklerotischen Zellschichten nach der Art und Weise, ob die Verdickungen der Zellwände ringsum gleichmäßig sind oder nicht und führt (p. 132) unter den ungleichmäßig verdiekten Asparagus an, was so allgemein nicht behauptet werden kann. 3 F. J. Lewin, »Formation of an irregular endodermis in the roots of Ruscus sp. (Ann. of Bot. 1900, Bd. XIV, p. 157, Referat, Botan. Jahresbericht 1900, II, p. 119). Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXX VII. Bd. 34 406 Dr. FR. Zweigelt, procambialen Gewebe entsteht, dessen periphere Lagen sich nachträglich zum Rindengewebe, die innersten zum Leitbündelsystem differenzieren, während eine mittlere Meristemlage zur Scheide wird. Weitere Detailuntersuchungen fehlen. Die Rinde. Bevor ich auf die spezielle Anatomie eingehe, möchte ich zur Orientierung die Bestand- teile derselben anführen, die diesbezügliche Terminologie erörtern und sodann die Hauptunterschiede im Bau der Rinde unserer Pflanzen in übersichtlicher Gruppierung mitteilen. Die Rinde zerfällt im allgemeinen in einen parenchymatischen Teil, dessen Wandungen aus reiner Cellulose bestehen; diesen umgibt ein ein- oder mehrschichtiges Korkgewebe, und zu äußerst liest das Epiblem, das eigentliche Absorptionsgewebe, dessen Zellen in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle! zu Wurzelhaaren auswachsen. Nun aber zeigen unsere Pflanzen namentlich in der Ausbildung des Korkgewebes eine große Mannigfaltigkeit. Entweder ist es einschichtig und zeigt eine deutliche Differen- zierung in Lang- und Kurzzellen oder es wird mehrschichtig und bildet einen derben Korkmantel und geht häufig ohne scharfe Grenze in das Epiblem über. (?) Übersicht: 1. Mehrschichtige einheitliche Intercutis, ohne scharfe Differenzierung in Kurzzellen: .Asparagus officinalis,? maritimus, acutifolius, tennifolius, Krausii, Sprengeri,” medeoloides, Smilax. 2. Gemischte Intercuten: Dracaena fragans, Sansevieria fasciata. 3. Kurzzellen-Intercutis: Ruscus acnleatus, hypophyllum, hypoglossum, Semele androgyua, Danae Laurus, Smilacina vacemosa, Majanthemum. bifolium, Polygonatum vertic. office. und multiflorum, Con- vallaria majalis, Reineckia, Rohdea jap., Aspidistra elatior, Paris, Trillium vecurvatıın und sessile, Luzu- riaga vadicans, Ophiopogon Jaburan und japonicus. Das Rindenparenchym besteht in den meisten Fällen aus dünnwandigen, mehr oder weniger gestreckten, parenchymatischen, getüpfelten Zellen, zwischen welche sich kleinere oder größere Inter- cellulargänge einschalten.” Bei Paris und Trilliwm beginnt das Rindenparenchym unmittelbar über der Endodermis mit dickwandigen, reich getüpfelten, ohne Intercellulargänge aneinandergereihten Zellen, die allmählich in das dünnwandige, intercellularenreichere periphere Parenchym übergehen. Alle Zellen führen reichlich Stärke (Taf. I, Fig. 5). Im Gegensatze dazu zeigt Rhodea japonica sogar unmittelbar über der Endodermis Intercellulargänge und wenige große Tüpfel, was dem Bilde im Querschnitt ein ganz anderes Aussehen verleiht. In allen übrigen Fällen ist das Rindenparenchym ohne weitere Differenzierung. Wichtiger für die vergleichende Betrachtung ist für uns das Auftreten und die Gestalt der Raphidenzellen, die wohl keiner Wurzel fehlen. Die Raphidenbündel sind bei allen Asparagus-Arten relativ groß, die Länge der Zellen beträgt bei Asp. tennifolins 190— 240 y, der Durchmesser 24—37 u; für Asp. medeoloides beträgt die Länge zirka 134 1. der Durchmesser 36:6 p, die Länge des Raphidenbündels ebenfalls 36:6 u. Asp. Kransii (Taf. II, Fig. 15,) führt neben Raphiden in Zellen derselben Längsreihe auch Einzelkrystaile aus Calciumoxalat, die am Querschnitt vierseitig sind. Ebenso besitzt Dana& Laurus außer Raphiden, die hauptsächlich den peripheren Teil der Wurzel einnehmen, unmittelbar am Zentralzylinder lange schmale Zellen, die von einigen wenigen großen Krystallen erfüllt sind (Taf. II, Fig. 14). Für Semele gilt dasselbe. Ruscus hypophyllum und hypoglossum führen in der Rinde Raphidenschläuche von einer Länge von 98—150 u und einem Durchmesser von 61 p. Die Raphidenbündel sind 61 lang. Bei Ruscus aculeatus werden die Zellen so kurz, daß die Raphidenbündel sie vollständig erfüllen (Taf. I, Fig. 6). Krystalle fehlen 1 H. Müller, (l. c., p. 55) erwähnt, daß Convallaria majalis der Wurzelhaare entbehre, was aber nicht richtig ist. 2 Kroemer stellt die beiden Pflanzen zu den gemischten Intereuten, allerdings hat er sehr junge Wurzeln untersucht. % Eine sehr regelmäßig gebaute Rinde besitzt Luzuriaga radicans. Vergleichende Anatomie der Asparagoidea etc. 407 durchwegs. Für die Polygonateen sind im allgemeinen kurze bauchige Zellen mit sehr kleinen Raphiden- bündeln charakteristisch. Während die Aspidistrinen kleine Zellen von normalem Bau haben, sind dieselben bei den Parideen auffallend lang, 730—980 y. und besitzen trotz dieser Länge nur ein sehr kleines Raphidenbündel. Sansevieria, Ophiopogon und Dracaena besitzen kurze Zellen (Länge 60—120 n), Ophio- pogon japonicus außerdem noch Zellen mit wenigen langen Krystallen, die neben den bauchigen, fast isodiametrischen Raphidenzellen sehr schmal sind. Die Raphidenzellen der Smilax-Arten sind kurz und breit und fallen schon am Querschnitt durch ihre Größe auf. Erwähnt sei, daß auch hier die Rinde mit mächtigen Stärkemassen erfüllt ist und daß Raphidenzellen und stärkeführende Zellen oft in denselben Längsreihen miteinander abwechseln. Die Stärkekörner, die übrigens für alle Vegetationsorgane aller untersuchten Smilax-Arten charakteristisch sind, sind vielfach zusammengesetzt, zeigen nur undeutliche Schichtung und sind bisweilen von bedeutender Größe. In diesem Zusammenhange sei erwähnt, daß ich in einem Falle bei Smilax sagittaefolia (Taf. IV, Fig. 35) eine auffallend starke Wandverdickung (aus unverholzter Cellulose) einer Raphidenzelle beobachtet habe. Vergleiche auch die unterirdischen Caulome von Smilax sagittaefolia (p. 21 |417]). (1°) Die mehrschichtige Intereutis ist in erster Linie für die Arten der Gattung Asparagus charakteristisch und am schönsten bei Asparagus plumosus (Taf. II, Fig. 9) entwickelt. Am Querschnitte beginnt der Korkmantel mit dieckwandigen, langgestreckten, gelbgefärbten Zellen, die hauptsächlich Kork- reaktion zeigen; nach außen zu werden die Zellwände immer dünner und zeigen deutliche Holzreaktion; auch der Übergang in das mehrschichtige Epiblem ist ein allmählicher. Die Korkzellen sind langgestreckt, parenchymatisch und vereinzelt fein getüpfelt. Weniger mächtig ist die Intercutis bei Asparagus officinalis, maritimus und acntifolins, bei dem ebenfalls die dem Epiblem zunächstliegenden Zellen Holzreaktion zeigen. Bei Asparagus medeoloides läßt sich in jungen Wurzeln eine deutliche einschichtige Intercutis nachweisen, der jedoch eine Differenzierung in Lang- und Kurzzellen abgeht. Darüber liegt das ein- schichtige Epiblem. In älteren Wurzeln werden jedoch die der Intercutis zunächstliegenden peripheren Rindenzellen in den Verkorkungsprozeß einbezogen, so daß ebenfalls ein vielschichtiger Intercutismantel entsteht, dessen äußerste Zellen die dicksten Wände besitzen, die innersten dagegen allmählich in das unverkorkte Rindenparenchym übergehen. Mit den Asparagus-Arten stimmen die von mir untersuchten Arten der Gattung Smilar durch den Mangel kurzer Zellen überein. Die Intercutis umfaßt nur sehr wenige Schichten, ist bisweilen nur ein- schichtig und ihre Zellen zeigen sehr regelmäßige Wandverdickungen, die manchmal intensiv braun gefärbt sind (vgl. Taf. III, Fig. 26, für Smilax syphilitica).! Von den bisher besprochenen Arten und Gattungen verschieden verhalten sich die schon oft gemein- sam genannten Gattungen Dracaena und Sansevieria, als hier trotz der Mehrschichtigkeit der Intercutis stets deutliche Kurz- und Langzellen auftreten, die am Querschnitt zwar gar nicht, am Längs- und Flächenschnitt jedoch sofort wahrgenommen werden können und eine typische gemischte »Intercutis« repräsentieren. Die Kurzzellen-Intercutis. Charakteristisch ist für diese Intercutis der Wechsel von langen und kurzen Zellen. Die langen Zellen zeigen den chemischen Charakter von Intercutiszellen, sind paren- chymatisch und von variabler Länge: so besitzt Ruscus aculeatus solche von 98 u, R. hypoglossum von 146 u, R. hypophyllum von 122 u, Aspidistra elatior von 36—122 1 Länge usw. Die Maße sind sehr ver- schieden und nur annähernd feststellbar. Die kurzen Zellen, die Durchlaßzellen sind, sind ursprünglich IK. Kroemer, der einige Vertreter der Unterfamilien: Asparagoideae ete. ... untersuchte, fand eine einheitliche einschichtige Intereutis bei Sınilax aspera, eine einheitliche mehrschichtige Intereutis für Asparagus plumosus, Smilax officinalis. Kurzzelleninter- euten stellte er fest u.a. für Smilax herbacea, für die Nebenwurzelzweige von Asparagus officinalis und Asparagus Sprengeri, gemischte Intereuten für Aspsragus officinalis Sprengeri, und verticillatus. Ich habe an alten Wurzeln der genannten und anderer Asparagus-Arten niemals kurze Zellen finden. können, desgleichen nicht an den Arten von Smilax. Kurzzellen-Intereuten scheinen jedenfalls den jungen Zweigen der Nebenwurzeln zuzukommen, 54* 408 Dr. F. Zweigelt, zartwandig, erfahren aber später, wenn das Epiblem als Absorptionsgewebe zu funktionieren aufgehört hat, verschiedenartige sekundäre Wandverdickungen, die eingehend besprochen werden müssen. Undeutlich und beständig zartwandig sind die kurzen Zellen von Liruriaga vadicans (Taf. II, Fig.8). Für Smilaeinia, Polygonatum officinale, multiflorum und verticillatum gilt im allgemeinen, daß auch die längst als Durchlaßzellen außer Funktion gesetzten kurzen Zellen sich hinsichtlich der Wandverdickungen nicht. von den langen Zellen unterscheiden. Die radialen Längswände sind besonders schön bei Polygonatum multiflorum gewellt, schwächer bei P. officinale, fast gar nicht bei Polygon. verticillatum; die kurzen Zellen zeigen im Flächenschnitt eine quergestellte, kaum wellig konturierte Ellipse bei ?. multiflorum (Taf. II, Fig. 12), annähernd ein Quadrat bei P. verticillatum; unregelmäßige Konturen bei ?. officinale; Majanthemum bifolium zeigt bereits die Tendenz zur Ausbildung stärkerer Celluloselamellen an den Außen- und den äußeren Rändern der Radialwände, so daß eine sanft auslaufende Cellulosekappe gebildet wird. Noch weiter geht diese Erscheinung bei Convallaria und Reineckia. C. majalis (Taf. II, Fig. 13 a, b) besitzt kurze Zellen, die in der Fläche einen sehr regelmäßigen Kreis darstellen und deren Außenwände mächtige Cellulosekappen besitzen, die jedoch nur ein kurzes Stück an den Radialwänden herunterlaufen, während sie bei Reineckia carnea zwar nicht so mächtig, jedoch viel gleichmäßiger auch die Radialwände bedecken, so daß sie an jedem beliebig tiefgeführten Flächenschnitt stets deutlich in die Erscheinung treten (Taf. III, Fig. 16a, b). In weiterer Konsequenz dieses Prinzipes kommt es entweder zur Beschränkung des Cellulose- polsters auf die Außenwände oder auf die Radialwände, für welche letztere Tatsache als typisches Beispiel Aspidistra elatior dienen mag (Taf. III, Fig. 21). Hier zeigen allerdings alle Zellen, auch die Langzellen, in gleicher Welse die Verstärkung der Seitenwände durch Celluloselamellen, die gegen die Innenkante der Radialwände zu verschmälert sind, gegen die Außenkante dagegen divergieren und an den äußeren und inneren Tangentialwänden nur zarte Beläge bilden. In der Flächenansicht sind die kurzen Zellen ungefähr doppelt so breit als lang. Auch Semele androgyna zeigt vereinzelt so verdickte Radialwände an den kurzen Zellen (Taf. III, Fig. 31), doch treten diese Bildungen selten auf und beschränken sich bisweilen auf eine einzige Raumecke. Das andere Extrem, die vorwiegende Verdickung der Außenwände scheint bei Ruscus, Dana& und Rohdea verwirklicht. Die Verdickungsschichten bilden bei Dana Laurus (Taf. III, Fig. 28a, b) ungemein mächtige, manchmal von wenigen Tüpfeln durchquerte Außenpolster, die senkrecht auf die Radialwände aufsetzen. Passend geführte Flächenschnitte zeigen die starken Wandverdickungen. Etwas weniger scharf ist der Ansatz der Celluloseschichten an den Radialwänden von Ruscus acnleatus und noch schwächer bei Rohdea, die sich wieder dem Typus Convallaria nähert; in der Fläche sind die kurzen Zellen elliptisch oder dreieckig, die radialen Längswände der langen Zellen schwach gewellt und oft von unregelmäßigem, schrägen Verlauf. H. ©. Juel! ist bezüglich Rohdea japonica, Ruscns aculeatus und Polygonatum multiflorum zu demselben Resultate gekommen. Juel und H. Leitgeb ? geben an, daß häufig die unter den Kurzzellen liegenden Rindenzellen verkorken. Unregelmäßig auftretende Ver korkungen von Rindenzellen beobachtete ich bei Ophiopogon Jaburan dessen Intercutiszellen gleich- mäßige Celluloseverdickungen tragen, ähnlich wie Smilax syphilitica (Taf. III, Fig. 26). Die Verdickungen der kurzen Zellen von Ophiogopon Jaburan und namentlich von O. japonicns kommen in ganz anderer Weise zu Stande, was auch Juel schon beobachtet hat. Die Celluloselamellen werden nicht von den kurzen Zellen selbst, sondern von den darüberliegenden Epiblemzellen geliefert (Taf. III, Fig. 25), wovon man sich namentlich durch Einwirkung von Schwefelsäure leicht über- zeugen kann. DasEpiblem, dessen Zellen zu Wurzelhaaren auswachsen (wenigstens in der Mehrzahl der Fälle), geht jedoch als Absorptionsgewebe bald zugrunde. In manchen Fällen aber, so bei Paris quadrifolia, 1 H.O. Juel, »Beiträge zur Kenntnis des Hautgewebes der Wurzeln«, Bihang Till. K. Svenska Vet. Akad. Handlingar, Bd. 9 Nr. 9, 1884. 2H. Leitgeb, »Die Luftwurzeln der Orchideen«, Wien 1864, Denkschrift. d. math.-naturw. Klasse der Wiener Akademie der Wissensch., Bd. XXIV, p. 197; p. 21 d. S. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 409 _Trillium, Ruscus-Arten, Polygonatum officinale (Taf. III, Fig. 22), P. verticillatum, teilweise auch bei P. multiflorum und Luzuriaga radicans, nehmen die Epiblemzellen eine konsistentere Gestalt an, bilden eine sekundäre, durchwegs verkorkte und meist gebräunte physiologische Epidermis, die die Intereutis in ihrer Schutzfunktion zu unterstützen hat. In der Flächenansicht bilden diese Zellen ein dichtes, derb- wandiges Netz kurzer, polygonaler Komponenten, unter denen die typische Kurzzelleninterkutis ge- legen ist. An dieser Stelle muß aber eine sekundäre Veränderung des mehrschichtigen Epiblems besprochen werden, die ich bei Semele androgyna und Aspidistra elatior beobachtet habe! (Taf. III, Fig. 21). Die Epiblem- zellen zeigen nämlich, unmittelbar über der Interkutis am stärksten, die Eigentümlichkeit, daß vorwiegend die Innenwände dichte schwarzgraue Massen feiner Leisten und Stäbchen aufweisen, die manchmal bis ein Drittel des Zellumens erfüllen; die Bildungen steigen, immer schwächer werdend, an den radialen Längs- und Querwänden hinauf und hören schließlich an den äußeren Tangentialwänden auf. Unmittelbar über den innersten Epiblemzellen folgen zentrifugal weitere, welche dieselbe Erscheinung, aber schwächer, zeigen, bis sie schließlich in den äußersten Zellen verschwindet. Die Untersuchung der chemischen Natur (1!) dieses Filzes hat unzweideutig ergeben, daß es sich um eine spezifische Bildung der Zellwand handelt. Jedenfalls kommt diesen Bildungen, die Regelmäßigkeit in ihrer Verteilung zeigen, eine Schutzfunktion zu. Unstreitig erinnern sie an den Faserkörper, den die Deckzellen unmittelbar über den Durchlaßzellen der Exodermis bei den Orchideenluftwurzeln zeigen. ? (1?). — In vielen Fällen bleiben die abgestorbenen Haare des Epiblems erhalten, sie werden braun und bilden einen dichten Filz (Smilacina) auf der Ober- fläche der Wurzel. Bezüglich der Entwicklungsgeschichte des Epiblems und der Intercutis bestehen in der Literatur nur Angaben über Convallaria majalis,® denen zufolge Epiblem und Intercutis unmittelbar hinter der Scheitelzelle gemeinsame Initialzellen haben und erst etwa vier Zellen hinter der Scheitelzelle sich trennen. Bezüglich der Entwicklung des mehrschichtigen Epiblems vgl. Anh. (1?). Den Untersuchungen Müller’s (l. c., p. 62) zufolge sind ferner die Wurzelspitzen aller rhizomtragenden Liliaceen im Gegen- satze zu denen der zwiebeltragenden Liliaceen nachträglich kutinisiert (metakutinisiert). Es metakutini- sieren die äußersten Schichten der Wurzelhaube, ein Ring von Epiblemzellen und acrofugal eventuell einige Embryonalinterkutiszellen, die dann den direkten Anschluß an die verkorkte Dauerinterkutis ver- mitteln. — Die Entstehung der Wurzelverzweigung und der Adventivwurzeln im Rhizom nimmt immer im Pericambium ihren Ursprung. Über das Verhalten der Zellen des Pericambiums und der angrenzenden Rindenzellen vergleiche H. Müller, p. 60 (I. c.), der diese Verhältnisse für viele Monokotylen studiert hat. Wurzelknollen. Das Auftreten von Wurzelknollen ist für die Asparagoideen und Ophiopogonoideen bekannt. Mir selbst standen nur Knollen von Asparagus Sprengeri, plumosus und medeoloides und Ophiopogon Jaburan zur Verfügung. Hinsichtlich der Anatomie werde ich mich kürzer fassen und immer auf die entsprechen- den Kapitel der Wurzelanatomie hinweisen. Für die knollige Erweiterung der Wurzel sind folgende anatomischen Tatsachen wesentlich: 1. Der Durchmesser des Zentralzylinders erfährt eine Erweiterung um ungefähr das Doppelte. 2. Die mechanisch wirksamen Elemente, namentlich diejenigen, welche die Schutzscheiden ver- stärken halfen, treten zurück und verschwinden bisweilen ganz. 3. Die leitenden Elemente werden mit Rücksicht auf die gesteigerte Inanspruchnahme vermehrt. 1 Schon H. O. Juel hat bei Semele androgyna diese Erscheinung beobachtet, sich mit der Erwähnung der Tatsache jedoch zufriedengestellt. Für Aspidisira liegen diesbezügliche Angaben von K. Kroemer vor. Außer den von mir in Anm. 11) angegebenen Reaktionen, die auch K. Kroemer durchgeführt hat, bringt er noch weitere, welche sämtlich für die Membrannatur dieser Bildungen sprechen. 2 G. Haberlandt, Physiol. Planzenanatomie, 4, Aufl., p. 214, 3H. Müller, 1. c., p. 55. 410 Dy, BR, Znlengelt: 4. Das Rindenparenchym erfährt eine Massenzunahme um das 250 370fache, seine Zellen werden in zentripetaler Richtung enorm gestreckt. Der Zentralzylinder zeigt gewisse Veränderungen. Während bei Asparagus Sprengeri das Mark verholzt war, wird es hier wieder dünnwandig und von unregelmäßigen, zum Hadrom ge- hörenden verholzten Zelleruppen durchzogen, die durchwegs reich getüpfelt sind (Taf. III, Fig. 29). Auch bei Asp. medeoloides löst sich der Holzzylinder in den Knollen auf, doch treten hier keine weiteren Differenzierungen im Mark auf. Bei Ophiopogon macht sich die schon in den Wurzeln hervortretende Differenzierung in Haft- und Nährwurzeln auch in den Knollen geltend, indem in dem einen Falle auch der Spezialzylinder erhalten bleibt, die Endodermis die Tertiärlamellen behält und auch die sklerotischen Rindezellen im ganzen Verlaufe des Knollens nicht verschwinden, während in den Knollen an den Wurzeln der zweiten Art davon nichts mehr wahrgenommen werden kann. Betont sei, daß alle diese Veränderungen, die die Knollen bieten, unmittelbar nach der Erweiterung der Wurzel zum Knollen beginnen und daß der Zentralzylinder ebenso rasch wieder nach Verschwinden der Erweiterung den für die betreffende Wurzel charakteristischen Bau annimmt. Das Rindenparenchym wird in zenttri- fugaler Richtung bedeutend gestreckt, während seine Längendimensionen geringeren Veränderungen unterworfen sind. Es entsteht auf diese Weise ein großzelliges Gewebe, dessen Zellwände ungemein zart -und tüpfellos sind. Dazwischen sind vielfach Raphidenzellen eingeschaltet. Die Höhe der Parenchym- zellen ist bedeutend und beträgt im Maximum für Asparagus medeoloides 210, für Asparagus Sprengeri 250-360 »; die Intercutis besteht bei den Asparagus-Arten aus mehrschichtigen Korkzellen, die im allgemeinen dünnwandig bleiben. Bei Ophiopogon tritt auch in den Knollen eine einschichtige Intercutis auf, die Mächtigkeit der Tertiärlamellen, die sich überall gleichmäßig anlegen, steht in innigem Zusammen- hang mit der mechanischen Festigkeit des Zentralzylinders und in weiterer Konsequenz mit der Frage, ob der Knollen an einer Haft- oder an einer Nährwurzel gebildet wurde. In dem Rindenparenchym der Knollen habe ich nirgends Stärkekörner gefunden, wohl aber waren sie erfüllt mit einem dünnflüssig- schleimigen Zellsaft. Caulome. Morphologie. Die Caulome gliedern sich in oberirdische (Stengel und Schaft) und in unterirdische (Rhizome), die in morphologischer und anatomischer Hinsicht von den ersteren beträchtlich abweichen. Die Rhizome sind jedoch nicht bei allen hieher gehörigen Unterfamilien typisch entwickelt. Typische Rhizome finden sich bei den Asparagoideae (Asparageae, Polygonateae, Convallarieae, Parideae), ferner bei den Ophiopogonoideae und Aletroideae. Die Sträucher und Halbsträucher (Zuzuriagoideae und zum größten Teil auch die Smilacoideae) dagegen besitzen vielfach verzweigte Caulome, die, oberirdisch laufend, Laubblätter und Blüten tragen, unterirdisch verlaufend dagegen Niederblätter und Adventiv- wurzeln erzeugen. Weder morphologisch noch anatomisch ist in solchen Fällen eine scharfe Grenze zwischen ober- und unterirdischen Organen nachzuweisen. Allenfalls noch Smilax (so Sm. syphilitica) können Rhizome zugesprochen werden, während Smilax sagittaefolia und aspera den echten Sträuchern zugerechnet werden müssen. Ich werde solche Fälle im Anschluß an die anatomische Behandlung des Rhizoms erörtern, wenn ich allgemein auf die Grenzzone zwischen Rhizom und oberirdischem Stengel beziehungsweise Schaft zu sprechen kommen werde. ! Das oberirdische Caulom ist entweder ein beblätterter Stengel (Asparagus, Ruscus, Disporum, Majanthemum, Polygonatum, Smilacina, Paris, Trillium, Luzuriaga, Lapageria, Smilax) oder ein Schaft, während die Laubblätter unmittelbar aus der Grundachse entspringen (Convallaria, Reineckia, Rohdea, Sansevieria, Ophiopogon) oder es entspricht nur einem Blütenstiel, der in der Achsel eines Niederblattes unmittelbar am Rhizom entspringt (Aspidistra). Ausläufer (Stolonen) finden sich_bei der Gattung Ophio- pogon. Zu Assimilationsorganen umgewandelte Achselsprosse besitzen ausnahmslos die Asparageen Phyllocladien). Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 411 Das Rhizom. Das Rhizom besitzt als Stengelorgan stets eine typische Epidermis; allerdings bleibt dieselbe nicht immer deutlich erhalten, namentlich dann, wenn durch die Bildung einer vielschichtigen Intereutis die Entstehung eines vielschichtigen, oft sehr mächtigen Korkmantels eingeleitet wird, dessen äußerste Zone häufig zerklüftet und zerstört wird. Späteren Erörterungen vorgreifend, will ich eine Übersicht über die Rhizome geben nach Maßgabe des Vorhandenseins oder Fehlens von Intercuten und im letzteren Falle auch von dem Gesichtspunkte aus, ob die Epidermis Spaltöffnungen besitzt oder nicht. Tabelle 1. Epidermis mit Spaltöffnungen 1 Epidermis ohne Spaltöffnungen ! Intereutis, einschichtig Intercutis, mehrschichtig Periderm Ruscus aculeatus, Ruscus hypophyllum, Ruscus hypoglossum, Polygonalum multiflorum, Polygonatum officinale, Polygonatum verticillatum, Convallaria majalis. 2 Reineckia carnea, Aspidistra elatior, Trillium recurvalt., Trillium sessile, Majanthenum bifolium. Paris quadrifolia. Asparagus offieinalis, Asparagus Sprengeri, Asparagus plumosus, Asparagus medeol. Asparagus acutifol. Asparagus tenuifolius, Asparagus maritimus, | | | | | | Sansevieria fasciata. > Danae Laurus, Rohdea japonica, Smilacina racemosa, 3 Ophiopogon Jab. u. japon. * 1 An der Ansatzstelle der Niederblätter tritt auch hier ein mehrschichtiges Korkgewebe auf. 2 Spaltöffnungen sehr spärlich. 3 Mit Rhizomhaaren (siehe unten !). 4 Müller erwähnt Ophiop. japonicus als Beispiel für Rhizome ohne Intercuten und Periderm. 5 Sansevieria steht in dieser Hinsicht ganz isoliert. Dracaena habe ich darauf nicht untersucht. Für die Rhizome ist im allgemeinen eine Unterscheidung eines Zentralzylinders von einer gefäß- bündelfreien Rinde charakteristisch. Besonders in jenen Fällen, wo der Zentralzylinder von einer deutlichen Endodermis umscheidet wird, ist die Feststellung einer Grenze leicht möglich, in anderen Fällen geht jedoch das Grundgewebe des Zentralzylinders allmählich in das der Rinde über, so daß nur aus dem Vorhandensein und Fehlen der Fibrovasalstränge die Grenze festgelegt werden kann. Auch hinsichtlich des Vorkommens einer Zylinderendodermis im Rhizom, will ich eine Tabelle II folgen lassen, aus der sich übrigens ohne weiteres ergibt, daß verwandtschaftliche Beziehungen nicht als Ursache des Vorhanden- seins oder Fehlens zur Verantwortung gezogen werden können. Die Epidermis. Die Epidermiszellen sind gewöhnlich von polyedrischer Gestalt, ohne daß die Längenausdehnung besonders vorwiegen würde. Die Außenwände sind zumeist stark verdickt und tragen eine derbe Cuticula und vielfach auch Cuticularschichten, die entweder auf die Außenwände beschränkt bleiben oder auf die Radialwände übergreifen; bisweilen erscheinen alle (auch die Innen)-Wände cutinisiert (Taf. II, Fig. 20 für Paris quadrifolia), wodurch ein direkter Anschluß an die verkorkte Hypodermis geschaffen wird. Bei Majanthemum bifolium beschränkt sich die Cutinisierung auf eine derbe, an jungen Rhizomepidermen regelmäßig gewellte Cuticula. In den meisten anderen Fällen, wenn wie bei Paris und Trillium alle Wände cutinisiert sind, erscheinen die Epidermen meist intensiv gebräunt und häufig greift die Bräunung auch auf das tieferliegende Gewebe über, wenn Verletzungen der Haut ’erfolgt sind u. a. 412 Dr. F. Zweigelt, Tabelle II. Endodermis (Zylinderendodermis) vorhanden Endodermis fehlt 3 Asparagus tennifolius, Asparagus maritimus, Ruscus aculeatus, Asparagus officinalis, 4 Ruscus hypophyllum, Asparagus medeoloides, 4 Ruscus hypoglossum, Asparagus Sprengeri, Smilacina racemosa, Asparagus plumosus, Majanthemum bifolium, Asparagus acutifolius, Convallaria majalis, Dana& Laurus, Reineckia carnea,! Polygonatum verticillatum, Aspidistra elatior, Polygonatum maultiflorum, Paris quadrifolia, Polygonatum officinale, Ophiopogon japonicus. ? Rohdea japonica, Trillium sessile, Trillium recurvatum, Luzuriaga radicans, Ophiopogon Jaburan, Smilax syphilitica, Sansevieria fasciala. 1Nur an der Unterseite des dorsiventral gebauten Rhizoms; Müller führt diese Pflanze als Sanseviella carnea (Syn. Remeckia carnea) an. 2Nach Müller außerdem noch Smilacina siellala, Smilax China, Streplopus roseus und Str. bistorlus. 3Nach Müller auch verschiedene Dracaena-Arten. 4 Müller gibt für beide Formen das Vorhandensein einer Endodermis an. Eingehender muß die Rhizomepidermis von Aspidistra elatior und den 3 Ruscus-Arten besprochen werden (Taf. III, Fig. 24). Während die Cuticularschichten normalerweise einheitliche und zusammen- hängende Beläge bilden, kommt es hier zu einer sehr mannigfaltigen, eigenartigen Auflösung derselben zu einzelnen Cutinkörnern, -lamellen, -knoten usw. in den Radial- und Innenwänden. Bei Aspidistra schalten sich diese Körner ganz unregelmäßig in alle Wände ein, während die zusammenhängende Außen- lamelle verhältnismäßig zart bleibt. Bei Ruscns aculeatus, hypophyllum und hypoglossum dagegen bleiben die in die Radialwände vorspringenden Cuticularschichten mit denen der Außenwände zwar in Zusammen- hang, bilden aber knopfähnliche, wulstartige, markante Vorsprünge, die am Querschnitt, namentlich aber in der Flächenansicht in die Augen springen (Taf. III, Fig. 18, 23). Manchmal bilden die Außenwände unter Verkürzung der in Mitleidenschaft gezogenen Radialwand tiefe Einstülpungen oder es sind ganze Radialwände kutinisiert (Taf. III, Fig. 27). Die Epidermiszellen aller Rhizome sind kurz und zeigen keine Regelmäßigkeiten in ihrer Anordnung oder in bezug auf die Längsausdehnung des Rhizoms. Spaltöffnungen fanden sich bei den Arten der Gattungen Ruscus, Polygonatum und Convallaria. Die Längsrichtung der Spaltöffnungen fällt annähernd mit der des Rhizoms zusammen.! Die Zahl der- selben ist nicht überall gleich, relativ selten finden sich Stomata an den Rhizomen von Convallaria 1 Guilland H. [»Recherches sur l’anatomie comparee et le developpement de tissus de la tige dans les Monokotyledones« Ann. d. sc. nat. Botan., 6. serie, T. 5, 1878] gibt p. 52 an, daß die Spaltöffnungen von C. majalis quergestellt seien, was nach meinen und Müller’s Untersuchungen nicht richtig ist. (Vgl. auch H. Müller, 1. c., p. 58.) Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 413 majalıs. Die Spaltöffnungen aller Polygonatum-Arten sind über das Niveau der Epidermiszellen empor- gehoben (Taf. III, Fig. 32). Die Schließzellen besitzen stark verdickte Bauch- und dünne Rückenwände, die Nebenzellen tragen deutliche, äußere Hautgelenke. Die vorderen Cuticularleisten sind sehr stark aus- gebildet, die hinteren relativ schwach. Der Vorhof ist durchgehend mit dunklen, gelblichen, lichtbrechenden wachs- oder harzähnlichen Massen erfüllt.2 (Ob immer oder nur zu bestimmten Jahreszeiten, konnte ich nicht beobachten.) Die Schließzellen sind kaum doppelt so lang als breit, der ganze Apparat in der Fläche annähernd kreisrund. Häufig kommt ein Funktionsloswerden der Spaltöffnungen vor, indem nicht nur die Schließzellen, sondern auch das tieferliegende Rindengewebe einem Verkorkungsprozeß unterliegen. Die hier nur fakultative Vernichtung von Luftspalten erreicht bei den Ruscus-Arten einen viel höheren Grad. Vergleiche Taf. III, Fig. 17 als Beispiel für Ruscus hypophyllum, Taf. III, Fig. 30, als solches für R. hypoglossum. Die Variationen sind höchst mannigfaltig. In den meisten Fällen verschwindet die Zentral- spalte, die Rücken- und Bauchwände werden dick und kutinisieren, die Kutinisierung greift rasch tiefer; häufig verschmelzen die hinteren Cuticularhörner zu einer einheitlichen Leiste, an der bisweilen die Hörnchen noch zu erkennen sind. Schließzelle, Vorhof und Hinterhof sind in anderen Fällen mit braunen sranulierten Massen erfüllt usw. usw. Die Mannigfaltigkeit kann nur angedeutet, doch nie erschöpfend behandelt werden. Zudem sei bemerkt, daß der Grad der Rückbildung bei den drei Arten nicht gleich ist, daß vielmehr R. hypophyllum die weitestgehende Reduktion aufweist, daß sich ihm im Prozentsatz R. hypoglossum anschließt, während R. acnleatus die größte Zahl funktionstüchtiger Spaltöffnungen besitzt. Eine ganz analoge Erscheinung wird uns bei den reduzierten Laubblättern begegnen, so daß wir aus der Kombination beider auf die phylogenetischen Beziehungen der drei Ruscus-Arten zueinander schließen können (siehe p. 57 [453]. Die Intercutis. Im einfachsten Falle haben wir eine einschichtige Intercutis vor uns, das heißt, eine subepidermale Lage von Zellen (f. Paris quadrifolia, Taf. Ill, Fig. 20), die durchwegs untereinander gleich- wertig sind und sich von einer gewöhnlichen Hypodermis der oberirdischen Caulome nur durch den Besitz einer Suberinlamelle unterscheiden. In allen anderen, in Tabelle I (p. 15 [411]) angeführten Fällen mit mehrschichtiger Interkutis, beginnt die Bildung der Interkutiszellen in einer tiefer gelegenen Zellschicht. Die an sich zarte Mittel- lamelle erfährt an allen (periklinen und antiklinen) Wänden eine Auflagerung einer Suberinlamelle, auf die dann eine Celluloseschichte folgt. Die letztere ist verschieden stark: verhältnismäßig schwach bei Smilacina, auffallend mächtig und verholzt bei sämtlichen Asparagus-Arten und den übrigen in der Tabelle aufgezählten Formen. Von einer Regelmäßigkeit in der Gestalt und Anordnung dieser Zellen ist keine Rede. Sie bilden vielmehr einen mächtigen sklerotischen Mantel, der nicht nur biologisch (durch seine Undurchlässigkeit) für die Pllanze von Wert ist, sondern wohl auch einen mechanischen, peripheren Zylinder darstellt. Die Epidermiszellen bleiben vielfach intakt, in anderen Fällen fallen sie der Zerstörung anheim. An dieser Stelle muß auf das eigenartige Verhalten der Epidermis hingewiesen werden, wie es bei Smilacina racemosa® und nach Müller auch bei Smilacina stellata entgegentritt. Die Zellen der Epi- dermis über dem Intercutismantel sind in lange wurzelhaarähnliche Trichome ausgezogen (Taf. IV, Fig. 38). Die Intercutis ist in vielen Fällen arm an Schichten, so beträgt sie bei Dana& Laurus nur 2 bis 4 Zellreihen. Die Abgrenzung gegen das unverkorkte Rindenparenchym ist mehr oder weniger deutlich. ? 1 Vgl. Th. Wulff, »Studien über verstopfte Spaltöffnungen.«, Öst. bot. Zeitschrift 1898, p. 201. 2 Einer späteren Arbeit bleibt es vorbehalten, die Entwicklungsgeschichte und Bedeutung dieser Haare klarzulegen. Schon Müller hat für Sımilacina stellata darauf hingewiesen, daß sie kaum als Wurzelhaare (beziehungsweise per analogiam Rhizomhaare) also als Absorptionsorgane gelten können, da sie sich immer an älteren Rhizomen finden, die bereits eine lückenlose, mehrschichtige Interkutis besitzen. Ortmann (Beiträge zur Kenntnis unterirdischer Stengelgebilde, 1886) hat dieselben auf feuchtem Sande nicht zum Auswachsen bringen können, was bei Wurzelhaaren allgemein möglich ist. 3 Bezüglich Aspidisira elatior vgl.: Yasuda H. The Botanical Magazine, Vol. VIII, Nr. 84, Tokyo 1894 (japanisch). [Referat im Botan. Zentralblatt, 58, p. 338.] Rhizom besitzt eine Cuticula, auf die mehrere Epidermiszellreihen folgen ohne Spaltöfinungen Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIL. Bd. 55 414 Dr. E. Zweigelt, Periderm. Nur in einem Falle, bei Sansevieria fasciata, konnte ich typische Bildung von Periderm beobachten. Die Rhizome, die einen bedeutenden Durchmesser erreichen und sekundäres Dickenwachstum aufweisen, sind mit einem schon mit freiem Auge sichtbaren ziegelroten Hautgewebe umkleidet, das sich als vielschichtiges Periderm erweist. Das Phellogen erzeugt radiale Zellreihen bis zu einer Mächtigkeit von zirka 20 Zellen, die durchwegs aus ihren Suberinlamellen beim Erhitzen mit Sudanglyzerin reichlich schmelzbare Korkstoffe austreten lassen. Phelloderm wird keines gebildet. Die Grenze gegen die Rinde ist scharf. Die Peridermzellen sind ungefähr zweimal so lang als breit. Den Bau der Rinde und des Zentralzylinders möchte ich an einem typischen Beispiel, an Convallaria majalis (Taf. IV, Fig. 33), schildern. Der Querschnitt durch ein solches Rhizom zerfällt in zwei scharf voneinander gesonderte Partien, den Zentralzylinder und die Rinde, welche beide durch eine typische Endodermis getrennt sind. Die Endodermis (Zylinderendodermis) hat hier sogar von seiten der Rindenzellen eine 1- bis 2schichtige sekundäre Verstärkung erfahren, wobei die letzteren Zellen mit den eigentlichen Endodermiszellen in ihrer Gestalt vollständig übereinstimmen, nur mit dem Unterschiede, daß die Endodermiszellen im Gegensatze zu den ersteren keine Tüpfel besitzen. Von der Wurzelendodermis unterscheidet sich die Zylinderendodermis durch das Auftreten schiefer Querwände, die überhaupt nur Rhizomen zuzukommen scheinen. Der Zentralzylinder, der durch die Endodermis abgegrenzt wird, stellt nicht ein einziges radiales Gefäßbündel dar, sondern wird von einer größeren Anzahl selbständig verlaufen- der konzentrisch gebauter Bündel durchzogen; die peripheren Bündel stoßen mit dem Leptom an das Pericambium, die zentralen stellen typische leptozentrische (amphivasale) Bündel dar; das Mark und die Rinde werden von einem parenchymalischen, dünnwandigen, intercellularenreichen Gewebe gebildet. Die übrigen Pflanzen bieten im Bau der Endodermis, der Gefäßbündel, in der Verteilung der Raphiden und Einzelkrystalle, im Auftreten von Stärke, in der Ausbildung einer Dorsiventralität und schließlich durch die Erscheinung des sekundären Dickenwachstums geringere oder größere Verschiedenheiten. Die Zylinderendodermis zeigt, soweit sie abgesehen von Convallaria auftritt (Tabelle II, p. 16 [412]), im allgemeinen in den Rhizomen denselben Bau wie in den Wurzeln derselben Pflanze. Für Smilacina ist nur ein Caspary’scher Strich deutlich nachweisbar, Aspidistra zeigt sehr schön die Suberin- lamellen und äußerst zarte Celluloseschichten; sehr deutlich ist auch die Endodermis von Majanthemum bifolium. In den meisten Fällen aber ist die Endodermis undeutlich, stellenweise unterbrochen und oft nur durch geeignete Korkreaktionen nachweisbar. Für Reineckia carnea ist charakteristisch, daß eine Endodermis nur an der morphologischen Unterseite der plagiotropen Rhizome auftritt, während an der Oberseite keine Spur davon zu erkennen ist. Im Zusammenhange damit, beziehungsweise mit dem Auf- treten der Blattorgane und Wurzeln steht auch die Erscheinung, daß die Ventralseite eine gefäßbündel- freie Rinde besitzt, während an der Dorsalseite Mestomstränge regellos das Grundgewebe zu den ein- zelnen Laubblättern durchziehen (Taf. III, Fig. 19). In viel schwächerem Maße als hier zeigen manche Asparagus-Arten (A. tenuifolius, acutifolius, maritimus) Dorsiventralität, als die Endodermis, die an und für sich unregelmäßig auftritt, hauptsächlich auf die Unterseite beschränkt ist. Auch die Verteilung der Gefäßbündel deutet bisweilen auf ähnliche Verhältnisse. Plagiotrope Rhizome (zum Beispiel Polygonatum- Arten) tragen an ihrer ganzen Oberfläche trotz der Plagiotropie die Spaltöffnungen in gleichmäßiger Ver- teilung. Auch das Verhältnis des Durchmessers des Zentralzylinders zu dem des ganzen Rhizoms ist, soweit es sich überhaupt annähernd feststellen ließ, sehr variabel. Für Convallaria, besonders aber für Paris, Trillium und Majanthemum bifolium gilt die Tatsache, daß sich die Gefäßbündel auf einen kleinen Zentralzylinder zusammendrängen, der vielleicht !/,—!/, des Rhizomdurchmessers mißt, während bei- spielsweise beiden Asparagns-Arten und in noch vielausgesprochenerem Maße bei den Arten der Gattung (Schutz gegen Austrockung). Dazu sei bemerkt, daß ich bei Aspidistra nur eine einschichtige Epidermis gefunden habe, und daß mehrere verkorkte Zellreihen nur an der Ansatzstelle der Niederblätter auftreten, was’jedoch mit der Epidermis und ihrem Bau nichts zu tun hat. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 415 Polygonatum ein sehr breiter Zentralzylinder auftritt, so daß nur ein schmaler Streifen für die bündelfreie Rinde übrigbleibt. An weiteren Beispielen die Variabilität zu zeigen, erscheint überflüssig. Die Gefäßbündel sind in der Mehrzahl der Fälle konzentrisch. Und zwar bestehen sie aus einem Leptomstrang (Siebröhren und Geleitzellen, um den sich die wasserleitenden Elemente (Ring-, Schrauben-, Netz-, Treppen- und die an Masse alle anderen Typen überwiegenden Hoftüpfelgefäße, beziehungsweise -tracheiden) gruppieren. In vielen Fällen (Ophiopogon Jaburan und japonicus, Asparagus medeoloides, Rohdea japonica, Polygonatum offieinale (Taf. X, Fig. 111 u.a.) ist der konzentrische Bau unvollkommen, als die Gefäße,! bezienungsweise Tracheiden nur in einzelnen Gruppen um das Leptom gelagert sind und Parenchymzellen den geschlossenen Ring herstellen. Bei Smilacina racemosa kommen beispielsweise neben konzentrischen Gefäßbündeln auch solche vor, bei denen das Leptom vom Hadrom in weitem, Bogen umlagert wird, während die peripheren Teile vom Hadrom frei bleiben, wodurch ein Übergang zu den typisch collateralen Bündeln der meisten oberirdischen Caulome geschaffen wird. Das Leptom ist meist zartwandig, manchmal auch collenchymatisch verdickt. Die Hoftüpfel besitzen meist einen elliptischen Hof und einen spaltenförmigen schmalen Kanal. In seltenen Fällen besitzen zwei Tüpfel einen gemeinsamen Hof. Das Grundparenchym des Zentralzylinders ist meist dünnwandig und bildet in der Umgebung der Gefäßbündel keine Bastscheiden. Für Ophiopogon japonicus konnte ich zum Beispiel beobachten, daß die verholzten Zellen des mehrschichtigen Hadroms durchaus nicht aus lauter rein wasserleitenden Elementen zusammengesetzt sind, sondern daß namentlich die peripheren Zellen an mechanische Elemente durch das Auftreten einfacher, schräger, wenn auch zahlreicher Tüpfel erinnern; zweifellos kommt ihnen neben der wasserleitenden Funktion auch die der Festigung des Gefäßbündels zu. Am Querschnitt ist natürlich davon nichts zu erkennen. In einzelnen Fällen erfahren die peripheren Zellen des Zentralzylinders, zum Teil im Zusammenhang mit dem sekundären Dickenwachstum, unabhängig von dem Vorhandensein oder Fehlen einer Endodermis eine sklerenchymatische Ausbildung und bilden dadurch einen mehr oder weniger deutlichen mechanischen Ring (bei Smilacina, Polygonatum verti- cillatum, Asparagus Sprengeri, Dana), in anderen Fällen (Asp. plumosus) wird jedoch auf diese Weise der ganze Zentralzylinder verholzt (die Sklereiden sind reich getüpfelt) und bei Asparagus plumosus geht der Prozeß auch auf die Rinde über, so daß das ganze Rhizom einen soliden Holzzylinder darstellt, der von einem vielschichtigen Korkmantel umgeben ist. Das sekundäre Dickenwachstum, das ich bei Asparagns Sprengeri, Dana Laurus, Sansevieria fasciata, Ophiopogon Jaburan und japonicus, Smilax syphilitica beobachtete, geht stets in typischer Weise vor sich. Die sekundären Gefäßbündel zeigen den- selben Bau wie die primären. Das sekundär gebildete Parenchym bleibt entweder dünnwandig oder ver- stärkt den Holzzylinder. Die Rinde besteht in den meisten Fällen, wofern sie überhaupt deutlich genug vom Zentralzylinder geschieden ist, aus parenchymatischen Zellen, die zuweilen unter der Intercutis collenchymatisch werden. Bei Paris und Trillium führt die Rinde und das Mark sehr viel Stärke. Ferner wurde für alle Rhizome das Vorhandensein von Raphiden und auch Einzelkrystallen nachgewiesen. Die Raphidenzellen stimmen hinsichtlich Gestalt und Größe im allgemeinen mit den für die Wurzeln wesentlichen Formen überein. In anderen Fällen aber, so bei Smilaxr syphilitica und Polygonatum officinale, sind die Zellen sehr groß und fallen schon am Querschnitte auf; bei P. multiflorum zeigte sich eine interessante Differenzierung in »Maero- und Microraphiden«, indem neben großen Zellen mit großen Bündeln kleine mit winzig kleinen Bündeln auftraten (Taf. IV, Fig. 36). Erwähnen möchte ich dann noch eigentümliche Zellen, die bei Smilacina racemosa und Poly- gonatum verticillatum zur Beobachtung gelangten (Taf. V, Fig. 43). Die Zellen unterscheiden sich von den 1 Für die Gefäße der Asparagus-Rhizome ist, soweit es sich um die zu den Niederblättern verlaufenden Fibrovaselstränge handelt, das Vorhandensein einer eigentümlichen, gelblichen, stark lichtbrechenden, granulierten, die Lumina vollständig erfüllenden Substanz charakteristisch. Vgl. auch die Niederblätter der Asparagus-Arten (p. 57 ft.), deren Sklereiden dieselbe Erscheinung zeigen. 99” . 416 Dr. F. Zweigelt, übrigen Parenchymzellen gestaltlich gar nicht, sind reichlich mit Schleim erfüllt, in den eingebettet zahl- reiche, kleine Krystallnädelchen auftreten. Ob diese Kryställchen auch Calciumoxalat sind, war nicht leicht zu ermitteln; in Essigsäure blieben sie beständig, doch hat auch die Salzsäure nach längerer Einwirkung keine merkliche Veränderung hervorgerufen. Daneben kommen bei einer Reihe von Rhizomen auch ein- zelne oder sehr wenige große Krystalle in den Schläuchen vor. Nur Raphiden ! in den Rhizomen: Neben Raphiden auch Einzelkrystalle: Alle Asparagus-Arten, Dana Laurus, alle Ruscus-Arten, Reineckia carnea, Smilacina vacemosa, Aspidistva elatior, Majanthemum bifolium, i Ophiopogon Jaburan? und japoniens. alle Polygonatum-Arten, . Paris, Trillium sessile’ und recurv.,? Rohdea japonica, Sansevieria fasciata, Convallaria. Der Gefäßbündelverlauf im Rhizom, hinsichtlich dessen ich auf die Untersuchungen Falken- bergs? verweise, der Paris quadrifolia, Majanthemum bifolium, Asparagus officinalis und Ruscus hypo- glossum prüfte, folgte im allgemeinen dem Palmentypus. Derselbe tritt allerdings in den Knoten nicht deutlich hervor, da sich dort nicht behaupten ließe, daß die Mehrzahl der Bündel in einem weiten Bogen durch die Mitte zieht, wohl aber lösen sich unmittelbar unter der Insertion des Blattes einzelne Bündel von der Peripherie los und ziehen vor ihrem Austritte in die Blätter in weitem Bogen durch die Mitte. Für Reineckia carnea habe ich selbst an Serienschnitten beobachtet, daß die Bündel auch im Innern des Zentralzylinders verlaufen, also einen weiten Bogen beschreiben. Im Rindengewebe finden sich meistens keine Gefäßbündel, da die Blattspurstränge stets auf dem kürzesten Wege den Zentralcylinders verlassen und in die Blätter ausbiegen. Dasselbe gilt auch für die Wurzeln, die fast senkrecht auf die Rhizome aufsetzen.* Nur in einem Falle, bei Trillium recurvatum, beobachtete ich am Querschnitte in die Rinde eingebettete, querdurchschnittene Wurzeln, die eine Strecke im Rhizom parallel mit dem Zentralzylinder liefen und erst weiter hinten hervorbrachen. Übergangszone vom Rhizom zum oberirdischen Caulom. Ohne Rücksicht darauf, ob das Rhizom ein Sympodium ist (zum Beispiel Majanthemum. bifolium Ruscus hypoglossum, Polygonatum u.a.) oder ein Monopodium (zum Beispiel Paris guadrifolia), gruppieren sich, ganz allgemein gesprochen, Gefäßbündel in bestimmter Zahl zu einem Zylinder, der in manchen Fällen von einer Zylinderendodermis umscheidet wird. Allmählich ? treten unter der Endodermis mehrere Reihen kleiner Zellen auf, die, nach oben verfolgt, schließlich collenchymatisch werden und endlich einem mehrschichtigen Bastring Platz machen, von dem aus bisweilen eine Verholzung des Markparenchyms 1 Die Raphidenzellen liegen in Rinde und Zentralzylinder; nur bei Conv. majalis habe ich sie in der Rinde sehr selten, im Zentralzylinder gar nicht gefunden. Treten sie überall auf, so finden sie sich in der Rindenschichte reichlicher als im Zentralzylinder. 2 Die Rhizome führen reichlich Stärke. ® Falkenberg, »Vergleichende Untersuchungen übeı den Bau der Vegetationsorgane der Monokotyledonen, Stuttgart 1876, p. 52 ff. * Anhangsweise sei erwähnt, daß die Entstehung der Wurzel im Pericambium des Rhizoms häufig von einem Verholzungs- prozeß im angrenzenden Geweb:: des Rhizoms begleitet ist, wodurch die Zugfestigkeit erhöht wird. ® Die Darstellung bezieht sich nicht auf entwicklungsgeschichtliche Vorgänge, sondern auf die aufeinanderfolgenden Quer- schnitte und die sich dabei ergebenden geänderten Bilder, die immer natürlich Dauergewebe zeigen, Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 417 {>} {> einsetzt. Vielfach (zum Beispiel Majanthemum bifolium, Convallaria majalis, Asparagus tenuifolius) bleibt die Endodermis noch lange erhalten, wenn auch der Bastring schon längst entwickelt ist; schließlich aber bleiben in den oberen Zellen die Verkorkungen usw. aus und die Zellen der Endodermis werden in den Verband des Rindenparenchyms aufgenommen. Gleichzeitig mit der Ausbildung eines mechanischen Ringes haben auch die Gefäßbündel eine Veränderung erfahren: Die konzentrischen Bündel werden zu collateralen, indem die Hadromelemente der Außenseite zurücktreten, die der Innenseite sich aber ver- mehren. Die einzelnen Vorgänge sind schwer zu durchschauen, namentlich dann, wenn, wie bei den Ruscus-Arten, die Bündel der Rhizome arm an Zellen sind, die der Caulome dagegen aus einer großen Menge von leitenden Elementen sowohl im Leptom als im Hadrom zusammengesetzt werden. Die Gefäßbündelbastscheiden, die unabhängig vom mechanischen Ring auftreten, dürften mit Rück- sicht darauf, daß die mechanischen Zellen selten typischen Bast darstellen und überdies in der Mehrzahl der Fälle, durch morphologische Zwischenglieder mit dem Grundparenchym verbunden sind, aus letzterem hervorgehen (vgl. unten p. 34 [430]). Erwäbnen möchte ich auch, daß die Holzkörper mancher Asparagus- Arten zum Beispiel officinalis, als mächtige Zapfen in die Rhizome vorragen und dort allmählich aufhören. Solche Bildungen haben mit einer cambialen Entwicklung nichts zu tun, sondern sind sekundäre Erscheinungen, die eine mechanische Festigung bezwecken. Bei Pflanzen, deren oberirdische Caulome keinen mechanischen Ring haben (Rhodea, Paris, Trillium), bleıben alle»Veränderungen an der Peripherie des Zentralzylinders aus; die außerhalb desselben laufenden Bündel gehen schließlich zu den Nieder- blättern und Laubblättern ab, so daß die Rinde allmählich gefäßbündelfrei wird. In der Übergangszone ist die Rinde meist noch vielschichtig, ihre Zellen sind häufig gebräunt. Die unterirdischen Caulome der Sträucher und Halbsträucher. Schon Smilax syphilitica, die ich unter den Pflanzen mit typischem Rhizom erwähnt habe, hat durchwegs collaterale Bündel, Hadrom und Leptom liegen einfach nebeneinander. Gleichwohl sprechen die übrigen Merkmale für ein typisches Rhizom. Anders verhalten sich Smilax sagittaefolia und Sm. aspera. Die Gefäßbündel dieser beiden unterscheiden sich von denen im oberirdischen Stengel dadurch, daß die mechanischen Zellen die Bündel vollständig umscheiden. Der mechanische Ring, der immer vor- handen ist, zeigt jedoch vielfach Unterbrechungen und wird an solchen Stellen von verholztem Gründ- parenchym überbrückt (Taf. IV, Fig. 34); Smilax aspera, auf die sich diese Figur bezieht, zeigt eine weitere Eigentümlichkeit: In der unmittelbar am Erdboden befindlichen Stengelregion tritt um den Zentralzylinder herum eine mächtige Schutzscheide auf. Schon mit freiem Auge gibt sie sich als braune Linie zu erkennen. Sie ist ein- bis mehrschichtig, c-förmig verdickt und wandert dort, wo der mechanische Ring unterbrochen ist, auch tiefer in das Grundgewebe hinein. Die Verdickungsschichten sind hauptsächlich auf die Innen- und Seitenwände beschränkt. Bemerkt sei, daß diese Endodermis bei Smilar aspara nicht ein konstantes Merkmal für die unterirdischen Caulome dieser Sınilar gelten kann, sondern daß sie, nach unten verfolgt, wieder aufhört; was die Pflanze veranlaßt haben mag, gerade unmittelbar am Erdboden zur Ausbildung einer so mächtigen Schutzscheide zu schreiten, bleibt allerdings dunkel. 1 Smilax sagittaefolia besitzt allerdings keine Schutzscheide, dafür aber finden sich in der Rinde andere Eigentümlichkeiten; die Rinde, die im oberirdischen Stengel durchgehends verholzt ist (siehe p. 29 [425], zeigt hier Gruppen von sklerenchymatischen Zellen (Taf. IV, Fig. 39). Diese Sklereiden, die teils als Hypodermis, teils tiefer im Rindengewebe auftreten, sind zunächst umgewandelte Raphidenzellen, denn es ist charakteristisch, daß in der besagten Stengelregion Raphidenbündel nur in Sklereiden auf- IR. Schulze, »Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Liliaceen, Haemodoraceen, Hypoxidoideen und Velloziaceen«, Engler, Botanische Jahrbücher, Leipzig 1893, Bd. 17, p. 380, erwähnt, daß Smilax glyeyphylla und Heterosmilax Gandichiana eben- falls eine Endodermis besitzen. Für die zweite Form erwähnt er, daß die Innenwandungen der äußersten Schichten des mechanischen Gewebes stärker verdickt seien als die Außenwandungen. 41 Di R- ZwvlenSeilt, [0} treten (Taf. V, Fig. 50). Die Lumina dieser reich getüpfelten Zellen sind unregelmäßig, bis kreisrund (im Querschnitte), oft exzentrisch. Die Mittellamellen dieser und anderer Zellen sind häufig gebräunt; dünn- wandige Zellen sind außerdem oft mit braunen Inhaltskörpern erfüllt. Neben den Raplıidenzellen skleroti- sieren auch andere, erstere jedoch konstant. Auch bei Sınilax sagittaefolia hört die aberrante Bildung tiefer im Erdboden auf, hat also denselben Verbreitungsbezirk auf der Pflanze wie die Endodermis von Smilax aspera. (*) Über die strauchigen Zuzuriagoideae ist nicht viel hinzuzufügen. Im unterirdischen Caulom sind so wie bei den letztgenannten Smilax-Arten die Gefäßbündel von gleichmäßigen mechanischen Scheiden umgeben, deren Elemente hier nicht echten Bast darstellen. Vereinzelt laufen Bündel auch in der Rinde, die sich mehr oder weniger vom mechanischen Ring entfernen. An deren unteren, noch oberirdischen Stengeln, die bereits einen Übergang zum unterirdischen Caulom darstellen, finden sich Spaltöffnungen, die im Flächenschnitte von denen oberer Stengelglieder abweichen. Während die beiden Schließzellen dort in der Fläche nahezu zu einem Kreis zusammentreten, sind. sie hier (Taf. IV, Fig. 37) vielmehr isoliert und individualisiert, so daß der ganze Apparat in der Richtung der Zentralspalte eingezogen erscheint. Lapageria habe ich hinsichtlich der Rhizome nicht untersucht. Der Stengel. Die Zellen der Epidermis stellen mit wenigen Ausnahmen ziemlich regelmäßige Prismen dar, deren obere und untere Begrenzungsflächen auch schief aufsitzen, wenn die Zellen im Verbande pros- enchymatisch werden. Die Epidermis besitzt stets eine Cuticula, die entweder allein auftritt (Asparagus tennifolius und medeoloides, Smilacina, Majanthemum, Paris, Trillium sessile und recurvatum und Aspidistra) oder in Verbindung mit Cuticularschichten, die entweder auf die Außenwände beschränkt bleiben (Asparagus officinalis, Sprengeri, maritimus, acutifolius, Ruscus hypoglossum, hypophyllum, Disporum) oder mehr oder weniger tief auf die Seitenwände übergreifen (Asparagus phnmosus, Krausii, Dana&, Semele, Ruscus aculeatus, Polygonatum maultiflorum, Lapageria rosea, Smilax syphilitica) oder “endlich die Cutinisierung erfaßt alle, auch die Innenwände (Polygonatum verticillatum) und bildet solcher- weise einen direkten Anschluß an das verholzte Rindengewebe (Luzuriaga, Smilax sagittaefolia, Smilax aspera). Die Cuticula bildet ein zartes, aber immerhin deutliches Häutchen, das entweder gar nicht gewellt ist (Asparagus tenwifolius) oder mit längsverlaufenden Doppelrillen über jeder Radialwand versehen (Asp. medeoloides) oder, wie bei Smilacina und Polygonatum, über den Radialwänden schwach gefurcht ist. Für Majanthemum, noch mehr aber für Paris und Trillium (Taf. V, Fig. 44) gilt das Auftreten einer ungemein zart und reich gefältelten Cuticula. Für Aspidistra ist am Stengel das Vorhandensein einer gleichmäßig dicken, gewellten, mächtigen Cuticula charakteristisch. Inwieweit wir berechtigt sind, hier von einer Cuticula allein zu sprechen, ist schwer zu entscheiden, da weder das optische Bild noch die Chlorzinkjodreaktion genügend Aufschluß gibt. Überhaupt scheint für die mehr am Schlusse im System stehenden Gruppen in dieser Hinsicht eine gewisse Variabilität vorzuliegen, die uns bei den Blättern noch stärker entgegentreten wird. Auch hinsichtlich der unten zu besprechenden Cuticularschichten ist in vielen Fällen keine Grenze zu ziehen, namentlich dann, wenn die Cutinisierung auf die Innenwände über- greift oder (Polygonatum verticillahım) das ganze Rindenparenchym beherrscht. Für die Asparagus-Arten ist meistens das Vorhandensein mächtiger Cuticularschichten charakteristisch (A. offieinalis). In den in der Einleitung (siehe oben) angeführten hieher gehörenden Fällen beschränken sie sich ‚auf die Außen- wände oder bilden (im Ouerschnitt) über den Radialwänden nur kleine Zäpfchen, die aber nicht in die Radialwände vordringen. Bei Ruscus hypoglossınm und hypophyllum beschränken sich die Cuticular- schichten auf die äußere Hälfte der Außenwände. Die Außenwände sind demgemäß von sehr variabler Mächtigkeit. Bei typisch xerophilen Formen wie Asparagus Krausii (Taf. V, Fig. 42), Asp. plumosus Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 419 (Taf. V, Fig. 45), Smilax aspera (Taf. V, Fig. 46) und Sm. sagittaefolia erreichen die Außenwände eine Mächtigkeit, die die Höhe des Lumens zuweilen übertrifit. Die Seitenwände sind in ihrer Ausbildung abhängig von der Entwicklung der Cutieularschichten. Für Asparagus-Arten gelten zarte Radialwände, wofern nicht xerophytische Anpassung sie verändert hat. Die Seitenwände sind immer getüpfelt. Die Cuticularschichten ragen entweder mit zarten Lamellen in die Radialwände hinein (Dana& und Semele) oder sie dringen keilförmig vor und verursachen eine konische Divergenz der Konturen nach außen (Ruscus aculeatus, Taf. V, Fig. 4b). Hier zeigt sich auch in interessanter Übereinstimmung mit dem Rhizom eine fakultative Auflösung der Cutieularschichten in einzelne Körner und Lamellen. Am weitesten geht die Versteifung der Seitenwände bei den xerophytisch lebenden Smilax-Arten (Taf. V, Fig. 46), wo das Hautgewebe einen massiven Panzer darstellt und von einem elastischen epidermalen Wassergewebe nicht die Rede sein kann. Die Innenwände sind dann immer sehr dick. Auffallend sind die dicken Innenwände bei den Trillium-Arten (Taf. V, Fig. 44) und bei Paris» deren Seitenwände sehr dünn sind; an die dicken Innenwände schließt sich dann entweder eine Hypo- dermis oder ein mehrschichtiges Plattencollenchym. Erwähnt sei hier die interessante Erscheinung der »sekundären Querwände«, die ich bei Semele androgyna (Taf. V, Fig. 41) und Asparagus Sprengeri beobachtet habe. Es handelt sich dabei um ein Ausspannen dünner Membranen zwischen den primären Wänden, an die diese sekundären Wände fast senkrecht ansetzen und untereinander nahezu pa.allel vellaufen. Die Erscheinung, die schon R. Schulze! beobachtet hat, tritt sehr schön dann hervor, wenn die primären Wände relativ dick sind, wie bei Semele androgyna. Die Wände bestehen immer aus reiner Cellulose, wenn auch die primären Wände in gleicher Höhe cutinisiert sind. Nicht alle Epidermiszellen einer und derselben Pflanze sind gleich gebaut; abgesehen von Ver- schiedenheiten, die sich in dieser Hinsicht zwischen unteren und oberen Stengelteilen ergeben, auf die ich bei Besprechung der Spaltöffnungen kurz zu sprechen kommen werde, schalten sich in den Verband normaler Zellen andere ein, welche entweder vereinzelt oder in Gruppen auftreten und in Größe und Gestalt abweichen. Die am Stengel auftretenden abweichend gebauten Epidermiszellen zerfallen in zwei Gruppen: 1. Solche, welche in Begleitung mit Kantenbildung auftreten, wobei das darunterliegende Parenchym gewuchert hat, oft collenchymatisch verdickt wurde usw., und 2. solche Zellen, die als unregelmäßige Ver- änderungen der Oberflächenbeschaffenheit bezeichnet werden müssen, die nicht in kontinuierlichen Längsreihen auftreten, wohl aber durch nachträgliche Anordnung der Buckel zu Längsriefen werden können. Am schönsten tritt die Kantenbildung bei Polygomatum officinale auf (vgl. Abbildung 3, p. 31 [427], dessen kantiger Stengel ja auch ein Bestimmungsmerkmal abgibt. Taf. X, Fig. 115, zeigt den Querschnitt durch eine Stengelkante. Von dem aus dem Verbande des mechanischen Ringes heraustretenden Gefäß- bündel zunächst abgesehen, liegt eine Wucherung des Parenchyms vor, dessen subepidermale Zellen einen Collenchymstrang darstellen. Darüber läuft die Epidermis, deren Zellen, von geringfügigen Ände- rungen der Dimensionen abgesehen, keinen abweichenden Bau zeigt. Ähnlich verhalten sich die Epidermis- zellen in den Kanten der Stengel und Blütenstiele von Asparagus officinalis, Disporum pullum, Luzuriaga radicans. In anderen Fällen (Asparagus maritimus, Danae Laurus) greifen in den Epidermiszellen der Kanten bei vollständiger Wahrung der Zellgestalt die Cuticularschichten nicht nur auf die Radial- sondern auch auf die Innenwände’ über, selbst dann, wenn dieselben normalerweise auf die Außenwände beschränkt waren. In vielen Fällen treten aber außerdem Unregelmäßigkeiten in der Gestalt der Epidermis- zellen auf (so bei Asparagus Sprengeri, Ruscus aculeatus u. a.), bei denen die Kantenepidermiszellen höher sind und eine stärker gewellte Cuticula tragen. Anhangsweise möchte ich noch auf die Kanten IR. Schulze, 1. c., p. 295. Schulze erwähnt mit sekundären Querwänden auch die Schäfte von Sansevieria, Liriopa und Ophiopogon japonicus. Einen abweichenden Bau in der Epidermis von Asparagus acutifolius konnte ich nicht finden. 420 Dr. F. Zweigelt, in den Blütenstielen von Paris quadrifolia (Taf. V, Fig. 5l) hinweisen, die zum größten Teil nicht solid, sondern hohl sind, indem die vorgewölbten Epidermiszellen einen mit Luft erfüllten Hohlraum umspannen. Um die für Paris eigentümlichen Bildungen an der Epidermis des Stengels im Zusammenhang zu behandeln, möchte ich auf die gelegentlich beobachteten Abweichungen zu sprechen kommen, die die Bildung von Cuticularepithel? vortäuschen, es aber nicht sind. Die Epidermis setzt sich abwechselnd aus Zellen der ersten und solchen der zweiten Reihe zusammen, indem einfach hypodermale Zellen den Charakter von Epidermiszellen annehmen. Daß es aber -abnorme Bildungen sind, dafür spricht die Cutinisierung, die auch die Innenwände ergreift, wo doch normalerweise Paris nur eine zarte Cuticula zukommt. Die betreffenden Zellwände sind meistens gebräunt. Viel schöner sind dagegen die ähnlichen Bildungen bei Ruscus aculeatus, die ohne weiteres als mehrschichtige Epidermis aufgefaßt werden können (Taf. V, Fig. 54). Die in den Verband der Epidermis aufgenommenen tieferliegenden Zellen stimmen in ihrer Gestalt vollständig mit den ursprünglichen Epidermiszellen überein. Die Cuticularschichten sind hier ja die normale Bildung. Spaltöffnungen, die in die kritische Zone fallen, werden unter dem Einflusse des Cutinisierungsprozesses vernichtet. Bei Paris quadrifolia fand ich überdies, abgesehen von den früher erwähnten Bildungen, große Unregelmäßigkeit in der Zellgestalt (Tabelle V, Fig. 49): neben kleinen Zellen treten sehr große auf, die an Höhe die ersteren wohl um das Dreifache übertreffen und bisweilen tief in das zum Teil collenchymati- sche Rindenparenchym hinabsteigen. Vereinzelte, buckelig aufgeworfene, besonders dickwandige Zellen finden sich bei Asparagus Krausii, medeoloides, ferner Polygonatum verticillatum und Lapageria rosea.” Lapageria rosea (Taf. V, Fig. 53) zeigt Gruppen von Zellen, deren Außenwände sehr mächtig und cutinisiert sind, über die sich die vielfach gewellte und gefaltete Cuticula legt. Im Längsschnitte sieht man deutlich, daß diese Zellen nicht Längs- reihen darstellen, die am ganzen Stengel herunterlaufen, sondern auf sehr kurze Gruppen neben- und hintereinander geordneter Zellen beschränkt bleiben. Bei Asparagus medeoloides zeigt die Cuticula dieser Höckerzellen nur einige große Fetzen, die besonders in der Flächenansicht sehr deutlich werden. Am auffallendsten sind jedoch diese Bildungen bei Polygonatum verticillatum, wo die betreffenden Zellen (Taf. V, Fig. 56) die übrigen Epidermiszeilen bis sechsmal an Höhe übertreffen. Betont sei, daß an dieser Bildung nicht die ganze Außenwand der betreffenden Zelle teilnimmt, sondern, wie Längs- (Taf. V, Fig. 47) und Flächenschnitte lehren, die Außenwand der Zellen sich plötzlich papillös zu dieser bedeuten- den Höhe vorwölbt. Im Flächenbild gewinnt man den Eindruck, als säße auf den langgestreckten, schmalen Zellen je 1 Warze. Bei Asparagus Sprengeri, Luzuriaga und Semele androgyna finden sich vereinzelte Zellen, die nur von Epidermiszellen begrenzt sind und sich keilförmig einschalten. Auf nächstfolgender Seite seien für einige Pflanzen die Maße der Epidermiszellen in Mikromillimetern angegeben. Die Spaltöffnungen. Der Amaryllis-Typus? kann für unsere Pflanzen als der herrschende bezeichnet werden. Seine wesentlichsten Eigenschaften sind folgende: Die Schließzellen besitzen zarte Rückenwände und starre, verdickte Bauchwände, lassen zwischen einander eine deutliche Differenzierung in Vorhof, Zentralspalte und Hinterhof erkennen und zeigen stets deutliche vordere und hintere Cuticular- leisten. (Verschiedene Differenzierungen in den Höfen später!) Um die Spaltöffnungen funktionsfähig zu 1 Vgl. Haberlandt, 1. c., p. 113. ? Die Haare an den Blütenstielen von Smilacina racemosa werden bei den Phyllomen (Laubblätter, p. 45) besprochen. ® Vgl. H. C. Schellenberg, »Beiträge zur Kenntnis von Bau und Funktion der Spaltöffnungen«. Bot. Zeitung 1896, p. 169 ff. W. Benecke, »Die Nebenzellen der Spaltöffnungen«, Bot. Zeitung 1892, p. 520. G. Haberlandt, |. c., p. 407. 0. Porsch, »Der Spaltöffnungsapparat im Lichte der Phylogenie«, Jena 1905, p. 28 ft. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 421 Höhe ohne mit Länge Breite Außenwand Asparagus medeloids . ...... 19 p. 24-4 ıı 240 — 360 u. 36°6 1 RE EN ee art 61 68°5 IDARBErLaUFUSI.. 0 an 29 40 48 — 170 u. 17 —24 y. Semele androgyna . » ....... 145 20°8 24 u 24 ıu Ruscus hypophylluum ........ 24-4 32 118—146 ıı 24—36 u. Ruscus hypoglossum . . .. 2... 29 40 ca.48—61 19—27 Ruscussachleatus ) . . . 2. .n.> 27 38-5 48 — 120 p. 22 — 29 NERLEN 6110. 0) ON EOR on Bee 44 63°5 72 1 3661 Disporum pullum . . . . 2.2... 32 40 150— 320 p. 365—48 p. Polygonalum verlicillatum . . . . . . 12-2 19 122— 170 15— 19 Kanten ee el a been tere 85 98 machen, müssen die Außenwände der Nebenzellen Hautgelenke tragen. Die Innenwände sind meistens dünn genug, so daß Hautgelenke überflüssig sind. Mit Ausnahme von Paris und Trillium ist dieser Typus überall realisiert. Ich will mich in diesem Zusammenhange damit begnügen, einige markantere Fälle herauszugreifen und schließlich eine übersichtliche Tabelle folgen zu lassen. Die Variationen beziehen sich auf die Größenverhältnisse zwischen Schließzellen, Nebenzellen und den übrigen Epidermiszellen, die relativen Größenverhältnisse zwischen Länge, Breite und Höhe der Schließzellen, die Entwicklung der Cuticularleisten, die Verdickung der Bauchwände, Gestalt des Zellumens u. dgl. m. 1 Einen der häufigsten Fälle zeigt Polygonatum multiflorum. Die Schließzellen sind etwas kleiner als die Nebenzellen, aber annähernd gleich groß als die übrigen Epidermiszellen. Die Bauchwände zeigen unmittelbar an der Zentralspalte die dünnste Stelle. Äußere Hautgelenke deutlich entwickelt. Die Bauch- wände, die hier relativ dünn sind, sind in anderen Fällen ziemlich dick (so bei Asparagus medeoloides), so daß das Lumen am Querschnitt dreieckig erscheint. Häufig sind die Schließzellen höchstens halb so hoch als die Nebenzellen und diese wieder größer als die übrigen Epidermiszellen. Verschiedene weniger wichtige Abweichungen übergehend, möchte ich zunächst zwei Asparagus- Arten besprechen, deren Spaltöffnungen an eine xerophytische Lebensweise angepaßt sind. Asparagus Krausii wurde schon bei Besprechung der Epidermisaußenwände erwähnt. Die Spaltöffnungen, die häufig zu Zwillingen vereinigt vorkommen (Taf. V, Fig. 42), zeigen ungemein starke Verdickungsschichten, die jedoch nicht auf die Bauchwände beschränkt sind, sondern den inneren Teil der Bauch- und den äußeren Teil der Rückenwände umfassen, so daß das schmal spaltenförmige Lumen von außen schräg nach auf- wärts steigt und die dünnste Stelle an der Bauchwand nach oben verschoben erscheint. Mit Rücksicht auf die teilweise Verdickung der Rückenwände, den völligen Mangel innerer Hautgelenke scheint die Funk- tionsfähigkeit des Apparates trotz der deutlichen äußeren Hautgelenke in Frage gestellt oder sind doch der Beweglichkeit sehr enge Grenzen gesetzt. Die inneren Cuticularleisten sind sehr schwach. Die Spalt- Öffnungen sind infolge der Mächtigkeit der Außenwände, die sogar eine kleine äußere Atemhöhle ent- stehen lassen, eingesenkt. Eine ganz andere Anpassung an xerophytische Lebensweise zeigt Asparagus plumosus (Taf. V, Fig. 45), indem die Bauchwände weit hinein mächtig cutinisiert sind. Die Hautgelenke sind zwar undeutlich, aber die Rückenwände durchwegs dünn, so daß die Funktionsfähigkeit viel mehr als im vorhergehenden Falle gesichert ist. Der Vorhof ist in beiden Fällen winzig klein, oft überhaupt nur angedeutet. Auch der Hinterhof ist infolge der Rleinheit der Cuticularleisten undeutlich. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIL. Bd. 56 422 Dr. BE. Zwieigelt, Am Schlusse seien noch die xerophytischen Typen der Smilax-Arten einer Betrachtung unter- worfen. Smilax aspera (Taf. V, Fig. 46) und S. sagitiaefolia haben durchwegs Spaltöffnungen, deren Schließzellen um ein Bedeutendes größer sind als die gewöhnlichen Epidermiszellen. Da die Stomata nicht über das Niveau der Epidermis hervorragen, müssen sie eingesenkt sein. Diese Einsenkung, die besonders schön bei S. aspera beobachtet werden kann, wird hervorgerufen durch Nebenzellen, die tief unter das Niveau der Innenwände der Epidermiszellen hinabsteigen. Die Nebenzellen sind 2—3 mal so hoch als die anderen Epidermiszellen; die xerophytische Anpassung kommt hauptsächlich dadurch zur Geltung, daß die Außenwände der Nebenzellen die zarteren Schließzellen wie ein mächtiges Gewölbe überdachen. (Über den Bau der Nebenzellen siehe weiter unten.) Die Spaltöffnungen der Ruscus-Arten, Semele und Dana& zeigen teils am Stengel, deutlicher aber an den Phyllokladien (siehe p. 43 [439]) eine zuerst von H. v. Guttenberg! beobachtete Teilung des Vor- hofes durch eigentümliche Cuticularleisten, die den äußeren normalen Leisten ähnlich, doch wesentlich kleiner sind und oft kaum mehr nachgewiesen werden können, in zwei Etagen. Indem ich auf die Fig. 40 und 48, Taf. V, verweise, möchte ich, um den Zusammenhang zwischen den Tatsachen nicht zu zer- reißen, in der Hinsicht Stengel und Phyllokladium (siehe p. 43 [439]) gemeinsam besprechen. Am schönsten findet sich diese Bildung bei Ruscus aculealus an dem Phyllokladium, am Stengel entsprechend undeutlicher. Bei R. hypoglossum, hypophyllum und Dana Laurus kommen diese zweiten Hörnchen in einigen Spaltöffnungen vor, in anderen fehlen sie. Bei Semele androgyna scheinen diese Bildungen kon- stant, aber sehr schwach entwickelt aufzutreten. Auf eine analoge Erscheinung werde ich bei den Schäften von Rohdea japonica (p. 36 [432]) zurückkommen. Hinsichtlich des Baues der Schließzellen möchte ich noch gewisse Verschiedenheiten erwähnen, die die Spaltöffnungen einer und derselben Pflanze zeigen, je nachdem, ob sie hoch oben oder tief unten am Stengel auftreten. Als Beispiel diene Smilacina racemosa. Die Epidermiszellen am unteren Stengel zeigen eine einfache Cuticula, aber sehr starke Cellulosewände und auch das angrenzende Rindenparenchym ist von ähnlichem Bau. Im Gegensatze dazu sind alle Wände am Stengel höher oben dünn. Das gleiche gilt auch für die Schließzellen, deren Wände, namentlich Bauchwände, entsprechend dünner sind. Die Nebenzellen sind in der Mehrzahl der Fälle gegeben durch das Hautgelenk und die bedeu- tende Höhe. Die Flächenbilder lehren jedoch, daß sich die Neben- von den übrigen Epidermiszellen gestaltlich gar nicht unterscheiden. In manchen Fällen ragen die Rückenwände der Schließzellen gegen die Nebenzellen bauchig vor, so daß es manchmal zur Verwachsung der Rückenwand der Schließzelle mit der Längswand der Epidermiszelle kommt (Zuzuriaga radicans); in anderen Fällen ist die Vorwölbung ganz unbedeutend. Einen sehr bemerkenswerten und phylogenetisch wertvollen Unterschied zeigen in dieser Hinsicht die Smilax-Arten (Taf.V, Fig. 52 für Smilaxr aspera): Die Schließzellen scheinen zwischen vier Nebenzellen aufgehängt, von denen die beiden seitlichen das Hautgelenk bilden, die zwei andern sich aber hauptsächlich durch die relativ dünnen Radialwände sofort von den übrigen Epidermiszellen unter- scheiden. Diese sechs Zellen (die Schließzellen mitgerechnet) bilden einen sehr regelmäßigen, markanten Komplex, durch dessen Vorhandensein auch die übrigen benachbarten Epidermiszellen hinsichlich der Gestalt und der Dicke der Radialwände bis zu einem gewissen Grade beeinflußt werden. Bei anderen Smilax-Arten sind die Bilder nicht so regelmäßig, die Zahl der Nebenzellen ist etwas variabel usw. Dieses Verhalten ist in phylogenetischer Hinsicht von großer Wichtigkeit, als wir darin die Andeutung einer Entwicklung vor uns haben, die beim Gramineentypus in verschiedenen Abstufungen verwirklicht ist. Es deutet diese Tatsache aus dem Bereiche der Liliifloren hinaus, vielleicht auf Beziehungen zu den ‚perales. In dieser Hinsicht stehen die Smilax-Arten isoliert, wohl kommen zum Beispiel bei Lapa- geria kürzere Zellen als Nebenzellen vor, nirgends aber tritt dieses Verhalten zutage. ’H. v. Guttenberg, »Anatomisch-pbysiologische Untersuchungen über das immergrüne Laubblatt der Mediterranflora«, stematik, 38, p. 383. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 123 Hinsichtlich der Größe der Schließzellen in bezug auf die übrigen Zellen, weiterer Ausbildung der Höfe, Spezialisierung von Nebenzellen, lassen sich die bisher besprochenen Pflanzen, die sämtlich dem Amaryllis-Typus angehören, übersichtlich gruppieren. Il ; ' Asparagus officinalis, Sprengeri, tenuifolius, Schließzellen halb so groß als die Nebenzellen, diese | ; } i j 1 maritimus, acutifolius; Majanthemum bifolium; größer als die Epipermiszellen Pins 5 y Luzuriaga radicans. Zwischentypen: Smilacina racemosa, Polygonatum offieinale. IT. Asparagus plumosus,t medeoloides, Krausii, ‘ Schließzellen, Epidermiszellen annähernd gleich | : i a z , Disporum pullum; Polygonatum multiflorum; groß ! © | Lapageria rosea. II. Rudimentäre Leisten im Vorhof, sonst wie I. oder II. | Dana& Laurus; Semele androgyna, Ruscus Lumen im Querschnitt meist abgerundet ] aculeatus, hypoglossum, hypophyllum. IV. Schließzellen größer als die Epidermiszellen und tief eingesenkt. Nebenzellen sehr groß und auch in | Sınilax syphilitica, aspera,t sagittaefolia.! der Fläche sehr deutlich differenziert Eine Sonderstellung nehmen die Arten von Träöllium und Paris ein (dazu Fig.55, Taf. V). Von einem Amaryllis-Typus ist hier überhaupt keine Spur. Die Schließzellen haben verdickte Bauchwände, zarte, gegen die übrigen Epidermiszellen gar nicht vorspringende Rückenwände und ein besonders bei Trillium recurvatum deutliches Hautgelenk in der Außenwand der Schließzellen. Zentralspalte, Vor- und Hinterhof deutlich entwickelt, ebenso sind Cuticularleisten vorhanden. Die Nebenzellen, die beim Amaryllis- Typus wenigstens durch das Hautgelenk gegeben waren, fehlen vollständig; die anschließenden Epidermiszellen unterscheiden sich von gewöhnlichen Epidermiszellen in gar nichts. In der Flächen- ansicht sind die Schließzellen sehr einfach, häufig dreimal so lang als breit und ragen kaum oder gar nicht mit ihren Rückenwänden vor. Von einem bestimmten, vielleicht neuen Typus zu sprechen, ist verfrüht, so lange nicht der Mechanismus, wofern die Spaltöffnungen überhaupt funktionsfähig sind, experimentell festgelegt ist. Funktionslose, rückgebildete Spaltöffnungen finden sich an Stengeln ziemlich verbreitet. Die Schließ- zellen werden aufirgend eine Weise funktionsunfähig gemacht. Die Zahl der Spaltöffnungen am Stengel ist bei den einzelnen Pflanzen sehr verschieden; gar keine Stomata hat der Blütenstiel von Aspidistra elatior. Am Schlusse möchte ich noch die Maße für die Schließzellen einiger Species anführen, aus denen sich eine große Variabilität erkennen läßt. n | Höhe Breite | Absolute Höhe der (zwischen den Cu- (im geschlossenen | Länge tieularleisten) | Zustande) | | Nebenzellen | Epidermiszellen Smilaxaspera. . .». . 2... 32 1 17 u. 44 y 36—43 y. 18 —24 u Paris quaarifola . ..... 36'5 17 96 Trillium recurvalum » .... 365 22 51 1 Xerophytische Anpassung. 56# 424 DER ZN eilt, | Höhe | Breite | Absolute Höhe der (zwischen den Cu- (im geschlossenen Länge ticularleisten) Zustande) Nebenzellen Epidermiszellen | Polygonalum verticillatum . . . 36 1. 17 u 49». Disporum pullum . . .... 34° 29 73 Ruseusaculeatus. . .. 2... 34 22 485 Ruscus hypophyllum . .... 36 21 44 2“ 8 Ruscus hypoglossum . . . .. 34 19 49 Semele androgypna . ..... 29 19 39 I) ARaERLGDUNN SEE 27 17 34 Asparagus medeoloides . . . . 19 14:5 41 Das Grundgewebe. Das Grundgewebe, das den Stengel erfüllt und in das die Mestomstränge eingebettet sind, zerfällt in den. meisten Fällen in zwei scharf geschiedene Teile, die Rinde und das Mark, an deren Grenze ein mechanischer Ring auftritt, dessen Zellen gegen die Rinde scharf abgegrenzt sind, in das Mark jedoch vielfach allmählich übergehen. Die Gefäßbündel verlaufen vorwiegend innerhalb des mechanischen Ringes, doch kommen in manchen Fällen solche auch in der Rinde vor, so bei den Asparagus- und Ruscus-Arten und bei Polygonatum officinale. Die Rinde besteht, allgemein gesprochen, aus parenchymatischen Zellen, zwischen welche sich Intercellulargänge einschalten. Da der Stengel sekundär berufen ist, die Blätter in der Kohlensäure- assimilation zu unterstützen, so finden wir in allen Stengeln größere oder kleinere Mengen von Chlorophyll. Den höchsten Grad der Entwicklung eines Assimilationsgewebes im Stengel zeigen die phyllokladien- tragenden Asparagoideen, und zwar verhalten sich in dieser Hinsicht Asparagus und die drei anderen Genera verschieden. Bei Asparagus (A. officinalis) besteht das Rindenparenchym im unteren Stengel aus im Querschnitt kreisrunden-polygonalen, parenchymatisch gestreckten, chlorophyllarmen Zellen. Kommen wirjedoch in dünnere Zweige, so tritt ein deutliches, ein- bis zweischichtiges Palisadengewebe auf (Taf. VI, Fig. 66), dessen Zellen senkrecht zur Oberfläche gestreckt sind und reichlich Chlorophyll enthalten. Die folgende Zellschicht zeigt diese Eigenschaften weniger deutlich und unmittelbar über dem mechanischen Ringe liegt eine Schichte farbloser Zellen, die als Leitparenchym aufgefaßt wird. Bei allen Asparagus-Arten ist dieser Typus mit einem größeren oder geringeren Grade von Vollkommenheit verwirklicht. (1?) Danae, Semele und die Ruscus-Arten zeigen einen wesentlich anderen Bau. In der Rinde von Ruscus hypoglossum (Taf. VI, Fig. 63) finden wir folgenden Bau: Unmittelbar unter der Epidermis liegen 2—3 Lagen annähernd isodiametrischer oder etwas im Sinne der Längsrichtung des Stengels gestreckter chlorophyllreicher Zellen, die allgemein als Assimilationsparenchym bezeichnet werden können. Mit dem Vordringen in die Tiefe nimmt jedoch der Chlorophyligehalt nicht allmählich wie bei Asparagus ab, sondern Bänder von Assimilationsparenchymzellen dringen gegen den Zentralzylinder vor, während dazwischen wasserklare, großlumige Zellen eingeschaltet werden, die jedenfalls in erster Linie ein Wassergewebe darstellen, zumal die Epidermis als peripherer Wassermantel kaum in Betracht kommt. Eine kontinuielicrhe Parenchymscheide fehlt, ja vielfach führen die innersten Zellen des Rindenparenchyms reichlich Chloro- phyli. Ein reiches Netz von Intercellulargängen sorgt für eine ausgiebige Durchlüftung. Für alle Polygonateen und Convallarieen gilt der in der Einleitung skizzierte Bau. In diesem Zusammenhange soll nur noch der collenchymatische Bau der subepidermalen Zellen besprochen werden, Smilacina racemosa besitzt nur in den unteren Stengelpartien dickwandiges Assimilationsparenchym» während dasselbe weiter oben dünnwandig wird. Polygonatum officinale bildet Collenchym nur in den Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 425 Kanten (vgl. Taf.X,Fig.115). Die Rinde von Polygonatırm verticillatum ist durchwegs collenchymatisch und sroßenteils cutinisiert. Polygonatum multiflorum verhält sich entgegengesetzt wie Smilacina. Das Coll- enchym tritt erst weiter oben auf. Anschließend daran möchte ich das Rindengewebe der Luzuriagoideen und Smilacoideen besprechen: Gegenüber den früher besprochenen Fällen tritt hier bei einigen Vertretern beider Unterfamilien eine konstante Verholzung der Rinde auf (Zapageria, Smilax aspera, sagittaefolia). Die parenchymatischen Zellen von zum Beispiel Sm. sagittaefolia (Taf. VI, Fig 59) sind dickwandig, grob getüpfelt und durchwegs verholzt. Für alle Smilax-Arten ist außerdem die Entwicklung einer mächtigen, einschichtigen Hypodermis charakteristisch (Smilax syphilitica), deren verholzte Verdickungsschichten sehr stark sind. Den höchsten Grad dieser Ausbildung zeigen die Kanten von Smilax sagittaefolia, in denen auch die Epidermiszellen die weitestgehende xerophytische Anpassung zeigen. Raphidenzellen kommen der Rinde fast aller Species zu. Gegenüber den bisher besprochenen Fällen, bei denen die Rinde scharf durch einen mechanischen Ring abgegrenzt wird, geht das Rindenparenchym der von mir unter- suchten Parideen und Aspidistrinen allmählich in das anatomisch nicht anders gebaute Markparenchym über. Bei keiner Pflanzengruppe ist das Grundgewebe von einem so mächtigen Durchlüftungssystem beherrscht als bei den Parideen (Taf. VI, Fig. 64). Im Querschnitte reihen sich die Parenchymzellen rosen- kranzartig zu einem zierlichen Netzwerk aneinander und lassen zwischen einander mächtige Hohlräume frei. Die parenchymatischen Zellen sind ungefähr dreimal so lang als breit und zeigen Kerbungen in den tagentialen und radialen Längswänden. Das subepidermale Gewebe zeigt eine an Smilax erinnernde Hypodermisbildung nur bei Trillium sessile (Taf. VI, Fig. 61), die einschichtig, eine kurze Strecke sogar zweischichtig wird und auf die unterste Stengelregion (im Bereiche der Niederblätter) beschränkt ist. Weiter oben tritt ein mehrschichtiges Collenchym an ihre Stelle. Bei Paris und Trillium recurvatum scheint eine solche Hypodermis zu fehlen. Die Collenchymbildung ist im Anschluß an die Hypodermis bedeutend, wird acropetal schwächer und nimmt (bei Paris) unmittelbar unter den Blättern wieder an Stärke zu. Es handelt sich um ein typisches Plattencollenchym (Taf. V, Fig. 44), das im Anschluß an die Innenwände der Epidermis am stärksten ist. Die Wandverdickungen, die hauptsächlich an den peri- klinen Wänden auftreten, sind besonders an den Intercellularräumen stark. Auf Flächenschnitten durch die subepidermalen Collenchymzellen, die im Querschnitt lückenlos aneinanderzustoßen scheinen, zeigen sich zahlreiche, zur Epidermis senkrecht laufende Intercellulargänge, an denen die Zellwände ebenfalls dicker sind; Aspidistra schließt sich im Mangel eines mechanischen Ringes Paris und Trillium an, doch fehlen fast alle collenchymatischen Bildungen. An Inhaltskörpern treten neben Raphiden insbesondere auch Stärkekörner auf, so besonders reich- lich bei den Smilax-Arten, auf deren Bau schon bei den unterirdischen Caulomen näher eingegangen wurde. Im Anschluß an die Betrachtung der Rinde möchte ich die Stachelbildungen der Smilax-Arten, die sich an Stengeln und Blättern vorfinden, besprechen. Die Stacheln sind Emergenzen, an deren Bildung die Epidermis und das darunterliegende Rindenparenchym beteiligt sind. Die Epidermiszellen zeigen in den Stacheln einen sehr derben Bau, sind durchwegs cutinisiert und umschließen einen Konus von Sklereiden, die gegen die Spitze zu immer kleinere Lumina und häufig gebräunte Wände zeigen. Im Gegensatze zur Rinde zeigen die Stacheln bisweilen Raphidenschläuche von abweichender Gestalt (Taf. VI, Fig. 58, Sm. aspera). Mitten in das sklerenchymatische Gewebe, dessen innerste Zellen fast senkrecht auf den längslaufen- den Rindenparenchymzellen aufsitzen, eingebettet liegen große, unregelmäßige Zellen mit stark verholzten und getüpfelten Wänden, die Raphidenbündel führen. Der mechanische Ring besteht in der Mehrzahl der Fälle aus echten Bastfasern, deren Mittel- lamellen im allgemeinen stark, die Verdickungsschichten schwach verholzt sind. Die typischen Bastfasern sind durchwegs von bedeutender Länge, sie zeigen die charakteristischen, schmalen, schräg gestellten Tüpfel und sind häufig durch zarte Querwände gefächert, Die Fächerung, auf die manche Autoren großes A426 Dr. FE. Zweigelt, Gewicht! legen, findet sich bei den meisten Asparagus-Arten, Danae, Semele, Ruscus, Polygonatum (zum Teil), Dracaenen ? und Sansevieria.” Wesentlicher ist für uns die Frage nach der Abgrenzung des Bastes gegen die anschließenden Gewebe: Für alle Asparagus-Arten gilt die Tatsache, daß der Bastring gegen die Rinde scharf abgegrenzt ist, daß sich seine prosenchymatischen Elemente unmittelbar an die relativ kurzen Rindenparenchym- zellen anschließen. Gegen das Mark hin verfolgt, verlieren jedoch die aufeinander folgenden Zellschichten allmählich ihre prosenchymatische Gestalt, statt der schrägen, schmalen Tüpfel treten runde oder ellip- tische quergestellte Tüpfel auf, kurz, der Übergang in das Mark ist ein allmählicher. Schon Falkenberg? hat ausführlich auseinandergesetzt, daß solche Bastfasern zum Grundgewebe gerechnet werden müssen, ebensogut wie die entsprechend gebauten mechanischen Scheiden um die ein- zelnen Mestomstränge. Die Entwicklungsgeschichte, die namentlich G. Haberlandt* für die Zikum- und Allium-Arten® klargelegt hat, spricht in den Fällen, wo es sich um eine geschlossene Kette von Über- gangstypen handelt, für die Entstehung des Stereoms aus dem Grundparenchym. Mitbeweisend sind unter anderem die zahlreichen Intercellulargänge, die sich mitten in den Komplex mechanischer Zellen einschalten. Im Gegensatze dazu hat Haberlandt (l.c., p. 29) die Entwicklungsgeschichte des Stereoms für Convallaria verticillata (= Palygonatum verticillatum) untersucht und seine Entstehung aus einem echten Cambiumring nachgewiesen. Tatsächlich sind die Bastringe der Pölygonateen durchwegs diskrete Bildungen: die Grenze nach innen ist, wenn auch manchmal nicht so scharf wie gegen die Rinde, doch‘ immer deutlich zu ziehen. Ob wir berechtigt sind, auf Grund dieses Merkmales den Asparageen eine Sonderstellung anzuweisen, ist immerhin zweifelhaft, da zum Beispiel die Ruscus-Arten eine intermediäre Stellung einnehmen und wir aus der Anatomie der fertigen Pflanze keine Schlüsse auf die Entwicklungs- geschichte ihres Stereoms zieher: können. Die Luzuriagoideen schließen sich in dieser Hinsicht den Poly- gonateen an. \ Einer gesonderten Besprechung bedürfen die Arten der Gattung Smilaxr. Während bei allen übrigen Formen ein mechanischer Ring, mochte er sich nun so oder so entwickelt haben, in toto entsteht, haben wir bei den Smilax-Arten keinen geschiossenen mechanischen Ring vor uns, worauf ich schon bei Besprechung der unterirdischen Caulome (p. 21 [417]) aufmerksam gemacht habe. Ein Querschnitt durch die genannte Region lehrt, daß der mechanische Ring sich aus einzelnen Bastschienen zusammensetzt, die entweder unabhängig von Gefäßbündeln oder in Verbindung mit solchen auftreten und mit Rücksicht auf ihre scharfe Abgrenzung echtem Cambium ihre Entstehung verdanken dürften. Zwischen denselben bleiben Streifen von parenchymatischem Grundgewebe, dessen Zellen allerdings später verholzen und die Kontinuität des Ringes nachträglich herstellen. Auch in hoch oben am Stengel geführten Querschnitten, wo Fig. 1. 0 © % Ge die Bastschienen größtenteils schon zu einem einheitlichen Ring zusammengeflossen sind, läßt sich zuweilen noch die getrennte Entstehung nachweisen (vgl. Textfig. 1). (*°) 3 Falkenberg, 1. e., p. 135 und 139. Taberlandt, »Entwicklungsgeschichte des mechanischen Gewebesystemes«, Leipzig 1879, p. 34. der Anatomie vgl. J. Menz, ]. c., p. 13. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 427 Verteilung der Gefäßbündel in bezug auf den mechanischen Ring. Die Verteilung und Anordnung der Gefäßbündel am Querschnitt steht in innigem Zusammenhange damit, ob ein mechanischer Ring vorhanden ist oder nicht. Fehlt derselbe, so nehmen die Gefäßbündel nahezu den ganzen Querschnitt ein, so zwar, daß zu äußerst die kleinsten, zu innerst die größten Mestom- stränge liegen (Textfig. 2a). Eine regelmäßige Anordnung der Gefäßbündel ist bei Trillium sessile und recurvatum nicht zu erkennen. Paris quadrifolia dagegen (Textfig. 2b) zeigt die Gefäßbündel in drei Fig. 2a. Fig Kreisen angeordnet; zu äußerst 8 kleine, dann alternierend damit S große und jedem zweiten derselben annähernd opponiert, zu innerst 4 weitere Gefäßbündel. Diese Verteilung ist bei Paris immer konstant und steht zur Vierzahl der Blätter in Beziehung (vgl. p. 49 [445]). Bei Aspidistra ist der von den Gefäßbündeln gebildete Zentralzylinder von relativ geringerem Durchmesser. In allen anderen Stengeln ist ein Bastring vorhanden. Für die meisten Polygonateen ist nun charakteristisch, daß die Gefäßbündel sich an die Innenseite des Ringes anlehnen, teilweise in denselben eingebettet sind und das ganze Mark in annähernd gleichmäßigerVerteilung erfüllen (Palmentypus). Nur in einem Falle, bei Polygonatum officinale, treten größere Bündel in die Rinde hinaus (Textfig. 3), die dann entweder durch Bastzellen mit dem mechanischen Ring in Verbindung bleiben (Taf. X, Fig. 115) oder jeden Zusammenhang verlieren. Über die Bedeutung dieser Stränge als stammeigene Bündel siehe Gefäß- bündelverlauf, p. 35 [431]; für die Ruscus-Arten gilt eine ähnliche Erscheinung (Textfig. 4). Über die Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. j A] Fr eilparenchymscheide Q "mechanischer Ring nr Bedeutung dieser und der bei allen Asparagus-Arten zu beobachtenden, sich außen an den mechanischen Ring anlegenden Cambiformstränge vgl. ebenfalls Gefäßbündelverlauf. Weiters sei erwähnt, daß bei den Smilax-Arten rindenständige Gefäßbündel nur an den untersten Caulomgliedern auftreten. An den fast vierkantigen Stengeln von Smilax sagittaefolia (Textfig. 6) treten srößere Bündel gegen die Kanten vor, ohne aus dem mechanischen Ringe auszuscheiden. In den obersten 428 Dr. F. Zweigelt, ® Zweigen werden die Zentralzylinder bündelarm und umschließen nur mehr einen Kreis von Gefäßbündeln Zap eg U (Textfig. 7, Smilax sagittaefolia). Fig. 7. Nehmen wir S. Schwendener’s! Einteilung zur Grundlage, so gehören die Smilax-Arten seinem sechsten System an, während alle übrigen Genera und Species seinem siebenten System einzuordnen sind und sich auf die einzelnen Spezialfälle verteilen. Bau der Gefäßbündel. Der Bau der Gefäßbündel bietet so weitgehende Verschiedenheiten, ? daß es vorteilhaft erscheint, an der Hand der systematischen Einteilung die einzelnen Typen gesondert zu besprechen. Alle Asparagus-Arten® zeigen Mestomstränge von sehr charakteristischem Querschnitte (Taf. VI, Fig. 57, Asparagus officinalis);. Das Hadrom umschließt das Leptom in Form zweier \ -förmig zu- sammentretender Schenkel, so daß letzteres dazwischen eingebettet ist. Die größten Gefäße (Tüpfelgefäße) treten an den divergierenden Enden der beiden Schenkel auf, wärend am Zusammentritt der beiden Schenkel die kleinsten (Treppen-, Netz-, Schrauben- und Ring-) Gefäße, beziehungsweise Tracheiden liegen. Die Leptomelemente sind im Winkel am größten (auffallend große Siebröhren und kleine Geleit- zellen) und werden nach außen hin immer kleiner, wo wir zerdrückte Cribralprimanen in Verbindung mit Collenchymbildungen finden, die für die Asparagus-Arten, aber auch für die Vertreter anderer Unter- familien sehr charakteristisch sind. -Das größte Interesse müssen wir jedoch der Entwicklung und dem weiteren Schicksal der größten, zu äußerst gelegenen Gefäße entgegenbringen. H. Molisch* führt an, bei jungen Stengeln von Asp. officinalis große, weite Schlauchzellen gefunden zu haben, die seitlich vom Phloem auftreten; die Holzreaktion ergab jedesmal eine scharfe Unterscheidung der Elemente des Holzkörpers von den großen Schlauchzellen. »An jedem Gefäßbündel sind auf dem Querschnitte meistens 2, seltener 3 oder mehr Schlauchzellen angelagert. Die weiten, langen Schlauchzellen stoßen mit schiefstehenden, zarten Querwänden aneinander. Jede besitzt einen riesigen Kerne > Untersucht man ausgewachsene Stengel vom Spargel, so findet man an Stelle der be- schriebenen Schlauchzellen Holzgefäße, daß heißt, die Schlauchzellen sind nichts anderes als die jungen 1 5.Schwendener, »Das mechanische Prinzip im Bau der Monokotyledonen«, Leipzig 1874, p. 75. ? Schon Schulze, 1. c., hat auf die große Mannigfaltigkeit hingewiesen, sich aber mit den Bündeln im Stengel nur flüchtig ® Die Arbeit von E. Scholz [Entwicklungsgeschichte und Anatomie von Asparagus offieinalis (Sonderabdruck aus der Fest- schrift zum 50. Jahresberichte der Schottenfelder k. k. Staats-Realschule im VII. Bezirk in Wien)] lasse ich unberücksichtigt, weil sie nichts Wertvolles bietet, I. Molisch, »Studien über den Milchsaft und Schleimsaft der Pflanzen.«, Jena 1901, p. 15. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 429 Gefäßzellen, die sich relativ spät zu Holzgefäßen formieren. In Übereinstimmung damit steht, daß die älteren Stengel unmittelbar nach Verwundung auch keinen Safttropfen mehr liefern............ «. Diese Beobachtung findet in der anatomischen Betrachtung anderer Asparagus-Arten eine wertvolle Bestätigung und Erweiterung. Betrachten wir zunächst die Gefäßbündel von Asparagus acutifolius und A. Sprengeri. Während Schnitte durch den unteren Stengel dieselben Bilder geben wie bei 4. officinalis, treten in den dünneren Zweigen daneben auch solche auf, wie sie aus Fig. 60, Taf. VII hervorgehen: Statt der großen Gefäße treten bedeutende Intercellulargänge auf. In anderen Fällen verschwinden auch diese und wir haben scheinbar einen ganz anderen Gefäßbündeltypus vor uns. Bei A. Sprengeri tritt übrigens noch eine andere Modifikat'on auf: Die Gefäße der einen Seite sind mit Ausnahme der kleinsten verschwunden, die der andern Seite dagegen sämtlich erhalten geblieben. Das nunmehr direkt an das Leptom anschließende Parenchym hat seine Wände verdickt (Taf. VI, Fig. 65). Wie sind diese Tatsachen mit den Angaben von Molisch in Einklang zu bringen? Der Umstand, daß die Gefäßbildung oder, besser gesagt, die Umwandlung der Schlauchzellen in Gefäße nur in den älteren Stengelteilen erfolgt, spricht zunächst dafür, daß dieselbe relaliv spät erfolgt, in einem Stadium, wo die Ansprüche an die Wasserleitung bereits bedeutend höher geworden sind. Die Figuren 60 und 65 (Taf. VI) lehren aber auch, daß die Umbildung nur unter bestimmten physiologischen Bedingungen erfolgt, daß sie dagegen unter gewissen Umständen unterbleibt, daß die Schlauchzellen, nachdem ihre Funktion weggefallen ist, zugrunde gehen und an ihrer Stelle sich die Intercellulargänge wenigstens eine Strecke weit erhalten. Viel schwerer ist es allerdings, in die Motive Einblick zu nehmen, die zu einseitigen Rück- bildungen geführt haben. Abweichungen vom echten Asparagus-Typus zeigt Asparagus Krausii, dessen Leptom überhaupt nicht seitlich von Gefäßen umschlossen wird, bei dem vielmehr das Hadrom aus sehr wenigen in einer Geraden angeordneten Gefäßen, beziehungsweise Tracheiden besteht. Die Zahl der großen Gefäße ist auf zwei reduziert. Für Dana&ö Laurus und Semele androgyna ist ein Typus gegeben, der mit dem von Asparagus nichts zu tun hat. Die Gefäße sind hier nicht regelmäßig oder symmetrisch angeordnet, sondern liegen zwischen verholztem Hadromparenchym zerstreut. Das Leptom, das sich teilweise zwischen die beiden offenen Enden der Hadromäste hineinschiebt, zeigt bedeutende Veränderungen: Es ist, obwohl seine Wände nicht erheblich verdickt sind, durchgehends verholzt. In Taf. VII,Fig.70, die sich auf Dana bezieht, ist der Grad der Verholzung durch die Schattierung zum Ausdrucke gebracht. Daraus ergibt sich, daß der Kern des Leptoms am stärksten verholzt ist, daß die anschließenden Leptomelemente schwächer oder gar nicht verholzt sind und sich an diese sofort wieder verholzte Parenchymzellen schließen, die an der Leptom- seite von einer Bastschiene begleitet sind. Zweifellos steht fest, daß hier zum großen Teile Elemente des Leptoms selbst, Siebröhren und Geleitzellen, dem Verholzungsprozeß unterworfen werden, eine Tatsache, an deren Möglichkeit bisher noch immer gezweifelt wurde. ! Die Ruscus-Arten zeigen im Vergleiche zu den bisher besprochenen Asparageen wieder einen ganz anderen Gefäßbündelbau (Taf. VII, Fig. 67). Das Hadrom, das im ganzen betrachtet einen annähernd elliptischen Zylinder darstellt, besteht aus zahlreichen, ziemlich gleich großen Gefäßen, beziehungsweise Tracheiden der verschiedenen Typen. Die ganze Masse von Leitelementen wird in der Symmetrieebene von verholzten Hadromparenchymzellen auseinandergedrängt, so daß auch hier zwei Schenkel entstehen, an deren Verbindungsbrücke die kleinsten Wasserleitungsröhren liegen. Über dem Hadrom, dasselbe seitlich teilweise umgreifend, liegt das Leptom, dessen zahlreiche, kleine, bisweilen deutlich in radiären Reihen angeordnete Zellen weder Collenchymbildungen noch Verholzung zeigen. Hauptsächlich das Leptom, in schwächerer Ausbildung auch das Hadrom sind von einer mechanischen Scheide umgeben, deren Zellen nur am Leptom teilweise wenigstens echte Bastzellen sind. 1 Vgl. L. Kny, »Über einige Abweichungen im Bau des Leitbündels der Monokotyledonen«. Sonderabdruck aus den Ver- handlungen des bot. Vereines der Provinz Brandenburg, Jhrg. 1881, p. 103, Denkschriften der mathem.-naturw. Ri, LXXXVITL Bd. Su = 430 Dr. HB. Zmieigellt, Die Polygonateen erinnern wieder mehr an den Asparagus-Typus. Bei Polygonatum maultiflorum sind die Hadromelemente mehr oder weniger regelmäßig \ -förmig angeordnet. Darüber liegt das Leptom, dessen äußere Begrenzung durch eine mächtige Collenchymplatte über den Cribralprimanen gegeben ist. An das Hadrom schließt sich centripetal ein kleinzelliges parenchymatisches Gewebe an, das nicht verholzt ist. Die collenchymatische Ausbildung im Leptom erreicht ihren Höhepunkt bei der Parideengattung: Paris (Tat. VII, Fig. 68, zeigt die rechte Hälfte eines Gefäßbündelquerschnittes).* Das ganze Zentrum des Leptomzylinders ist zu einer mächtigen Collenchymplatte geworden, die jedoch nachträglich im Innern aufgelöst und zerklüftet erscheint. In manchen Fällen kann man deutlich beobachten,daß Parenchymzellen- eingewandert und collenchymatisch verändert worden sind. Von diesem zentralen Collenchym strahlen durch das ganze Leptom, das im übrigen zart und kleinzellig ist, Collenchymbildungen aus. Auch das Hadrom zeigt bei Paris einige Eigentümlichkeiten: Die Gefäße sind in m&hreren Reihen, zwischen die sich plasmareiche Parenchymzellen einschalten, in weitem Bogen um den Leptomzylinder gelegt (was bei Trillium im allgemeinen nicht der Fall ist). Diese Umscheidung geht in vereinzelten Fällen so weit, daß konzentrische Bündel mit exzentrischem Leptom vorliegen, die also einen Übergangstypus von den echt konzentrischen zu den kollateralen Bündeln darstellen. Die Zuzuriagoideae und Smilacoideae erinnern durch die großen Gefäße teilweise an die Asparagus- Arten, besonders an Asparagus Krausii. Bei Smilax aspera sind die beiden großen Gefäße von einem Durchmesser von zirka 122. und von einem sehr regelmäßigen, einschichtigen Leitparenchym umgeben. Auch die Siebröhren sind teilweise sehr groß. Das Markparenchym zu besprechen, bedarf nur noch weniger ergänzender Bemerkungen zu früheren Kapiteln. Bei den Asparageen greift die Verholzung verschieden weit gegen das Zentrum vor; bei Asparagus plumosus und Sprengeri speziell ist der ganze Zentralzylinder wenigstens in den unteren Stengelteilen, wie auch bei den Luzuriagoideen und Smilacoideen intensiv verholzt. Die untersuchten Smilax-Arten führten im Mark durchwegs reichlich Stärke. In allen übrigen Fällen bleiben die Elemente des Markes dünnwandig und zeigen reichliche Intercellulargänge, die, wie schon oben erwähnt, bei den Paris- und Trillium-Arten die weitestgehende Entwicklung erfahren. Was die Differenzierung des Grund- gewebes zu mechanischen, die Bündel umscheidenden Zellen anbelangt, so kann hier ganz allgemein gesagt werden, daß diejenigen Bündel, die dem mechanischen Ring am nächsten liegen, die stärksten, die zentralen die schwächsten oder gar keine Bastbeläge besitzen. Gefäßbündelverlauf. Bezüglich des Gefäßbündelverlaufes in den Stengeln folge ich in erster Linie den grundlegenden Untersuchungen Falkenberg)s (l. c.), der eine Reihe von für uns wichtigen Species daraufhin geprüft hat und dessen Untersuchungen ich in einigen Fällen teilweise durch eigene Beobachtungen bestätigen kann. P. 175 seiner Arbeit bringt Falkenberg eine Übersicht über den Gefäßbündelverlauf und ordnet die Ergebnisse in 3 verschiedene Typen, von denen der zweite Typus: »Grundgewebe und Fibrovasal- stränge sind deutlich differenziert; die Fibrovasalstränge treten fast horizontal aus den Blättern zum Teil bis in die Mitte des Zentralzylinders, biegen dann nach unten und verlaufen nach abwärts allmählich divergierend, bis.sie in den oberflächlichen Schichten des Zentralzylinders in verschiedener \Weise endigen (Palmentypus)« für uns in Betracht kommt. Von hierher gehörenden Pflanzen untersuchte Falkenberg Majanthemum, Paris, Ruscus hypoglossum, Asparagus officinalis und Aspidistra.? 1E.Scholz, »Morphologie der Smilaceen mit besonderer Berücksichtigung ihres Sproßwechsels und der Anatomie der Vez etationsorgane«, 23, Jahresbericht des niederösterr. Landes-Realgymnasiums, Stockerau 1887/88 erwähnt diese auffallende Tat- sache nicht. 2 Zu die Lilioideen seinem dritten Typus zugerechnet werden, was hier des Überblickes halber erwähnt sein mag. em Typus gehören ferner die Zwiebeln der Allioideen und Lilioideen, während die oberirdischen Organe verschiedener ’ergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 431 Die Blattspurstränge, die schräg in das Caulom eintreten, dringen nun nach meinen Beobachtungen bei Rusceus acnleatus nicht immer weit gegen die Mitte vor, sondern verlaufen nahe dem Stereomring allmählich divergierend nach abwärts. Sie scheinen sich nach Falkenberg (R. hypoglossum) hernach an andere Stränge anzusetzen, während sie bei Asparagus officinalis zum Beispiel blind endigen. Zwischen den einzelnen Blattspursträngen treten, wie ich für R. aculeatus beobachten konnte, häufig Anastomosen auf, die auf möglichst kurzem Wege eine Verbindung zwischen zwei Strängen herzustellen suchen. Die Gefäßbündel, die aus den Achselsprossen in den Zeniralzylinder einwandern, dringen bei R. aculeatus wenigstens durchaus nicht tief gegen die Mitte vor, sondern legen sich bald an ältere Gefäßbündel an, die im Zentralzylinder bereits, aus höheren Blättern oder Seitensprossen kommend, vorhanden waren; namentlich blieben die Bündel der morphologischen Unterseite fast immer in Kontakt mit dem mechani- schen Ring. Von größerem Interesse ist das Auftreten stammeigener Bündel. Bei Asparagus officinalis treten unmittelbar an der Peripherie des mechanischen Ringes Cambiformbündel auf, deren Verlauf, wie ich auch bei Asparagus tennifolius feststellen konnte, mit den Blattspursträngen nichts zu tun hat. Daß sie nach oben und unten blind enden, wie Falkenberg meint, scheint mir zweifelhaft. Jedenfalls ist ihr Anschluß nach oben schwer festzustellen, da die Zone der Abspaltung von Blättern und Seitensprossen, in der das Grundgewebe sklerenchymatisch wird und der Bastring sich zum Teile auflöst, eine Weiter- verfolgung kaum möglich machte. Stammeigene Bündel wurden ferner für Ruscus-Arten beobachtet. Die- selben sind bedeutend größer und entfernen sich besonders in jüngeren Verzweigungen der Stengel weit vom mechanischen Ring, frei in der Rinde verlaufend. Nach Falkenberg stehen sie immer mit Blattspur- strängen in Verbindung, bilden auch untereinander häufig Anastomosen. Blattspurstränge sind es, soviel steht fest, nicht. An Schnittserien vermochte ich ferner die noch immer nicht erledigte Frage zu lösen, ob die bei Polygonatum officinale ! auftretenden Rindenstränge in den Stengelkanten, wie man auf Grund morphologischer Befunde annehmen zu müssen glaubte, Blattspurstränge sind oder nicht. Auch bei Polyg. officinale treten die Blattspurstränge direkt in den Zentralzylinder und laufen, dem Palmentypus ent- sprechend, nach abwärts. Unabhängig davon treten nun die peripheren Rindenstränge auf, die die Kanten- bildung beherrschen, also stammeigene Bündel darstellen. Hiermit ist die Frage im verneinenden Sinne erledigt. Der Schaft. Die Trennung der Schäfte von den Stengeln ist in dieser Arbeit anatomisch kaum gerechtfertigt und nur die konventionelle Auffassung der morphologischen Begriffe hat mich dazu bewogen. Leider standen mir zur Untersuchung nur 3 Pflanzen zur Verfügung: Convallaria majalis, Ophiopogon Jaburan und Rohdea japonica. Die anatomischen Tatsachen sollen viel kürzer besprochen werden, da in den meisten Fällen auf frühere Kapitel zu verweisen genügt. Die Epidermis besteht durchwegs aus zart- wandigen Zellen mit einer einfachen gewellten Cuticula, dünnen Radialwänden und (bei Convallaria) etwas dickeren Innenwänden. Im folgenden seien einige Maße mitgeteilt: | | Höhe | | > n Länge | Breite ae ... | der ganzen des Lumens | Zelle | Ophiopogon Jaburan | 27 1. | 31:51 98— 190 u | zirka 24 u. Rohdea japonica , . . . | 36°5 | 45 190 — 270 » 36 | | I 1 Schulze erwähnt Polygonalum anceps (synon. Polvgonalum offieinale) und beruft sich dabei auf E. Scholz, der die Bündel richtig für stammeigene hält. 57# 432 Div. RB, Zen get, Die Spaltöffnungen sind durchwegs nach dem Amaryllis-Typus gebaut und zeigen keine xerophytischen Anpassungen (Ophiopogon Jaburan). Häufig finden sich auch reduzierte Spaltöffnungen: Die Schließzellen sind emporgehoben, zusammengedrückt, die Zentralspalte ist verschwunden. Inter- essanter ist für uns Rohdea japonica: An einer Reihe von Spaltöffnungen tritt unmittelbar hinter der Zentralspalte, annähernd in der Mitte des Hinterhofes, dieselbe Erscheinung einer überzähligen Leisten- bildung auf, wie wir sie bei Ruscus usf. im Vorhof beobachtet haben; die Leisten sind hier winzig klein (Taf. VI, Fig. 62), manchmal treten sie überhaupt nicht auf oder sind nur einseitig entwickelt. Überdies zeigen die Spaltöffnungen mancherlei Unregelmäßigkeiten: die Bauchwände oder die Rückenwände der beiden Schließzellen sind ungleich stark verdickt oder es legen sich die Rückenwände direkt an die radialen Längswände der Nebenzellen an und verwachsen, so daß die Nebenzellen an dieser Stelle in zwei Lumina geteilt sind (Taf. VI, Fig. 62), oder es kommt, wie ich in der Fläche beobachtet habe, zu einer eigen- tümlichen Verzerrung, so daß die Zentralspalte asymmetrisch liegt und nicht mit der Längsrichtung der Spaltöffnung, was man aus der Lage anderer Stomata am selben Schnitt feststellen kann, zusammenfällt. Die Spaltöffnungen sind im allgemeinen selten, bei Rohdea treten sie erst hoch oben am Schafte auf. Im Folgenden wieder einige Maßangaben: Schließzellen, absolute Höhe zwischen Breite Länge den Cuticularleisten Für Rhodea japonica . . 46 u. 29 y. 85 pn Für Ophiogogon Jaburan 27 145 56 Die Höhe der Nebenzellen beträgt bei Rohdea 681, die gewöhnlicher Epidermiszellen 49 u. Eine Scheidung des Grundgewebes in Rinde und Zentralzylinder ist immer deutlich gegeben. In manchen Fällen, wie Rohdea japonica, unterbleibt die Ausbildung eines mechanischen Ringes (vgl. Textfig. 9). Der Querschnitt von Rohdea erinnert an Trillium und Paris, doch ist der Zentralzylinder relativ viel kleiner, die Rinde vielschichtig und die Gefäßbündel zeigen keine bestimmte Anordnung; im Zentrum liegen (wie überall) die größten Gefäßbündel. Convallaria majalis (Textfig. 8) ist ausgezeichnet durch einen annähernd dreikantigen Stengel, in dem ein verholzter Collenchymring auftritt, dem sämtliche Gefäßbündel in geringerem oder größerem Grade genähert sind, so daß ein bündelfreies Mark entsteht (Gegensatz zu den Polygonateen). Bastzellen fehlen gänzlich. Ophiopogon dagegen besitzt einen sehr wohl ausgebildeten Bastring, der gegen die Rinde sowohl als gegen das Mark scharf abgegrenzt ist. Das Rindenparenchym ist durchwegs zartwandig, auch in den eigentümlichen Falten, die am Schafte von Ophiopogon Jaburan auftreten; damit ist häufig ein In-die-Tiefe-Rücken von Epidermiszellen verbunden, die in diesem Falle viel kleiner und namentlich niederer werden als an der freien Schaftober- lläche. Die Rinde führt in allen Fällen Raphidenzellen, bei Rohdea kommen auch Einzelkrystalle mit abge- stumpiten Enden vor. Länge der Krystallzellen bis 250 p, Breite 24 u; Raphidenzellänge 150 u, Breite 27 u, die Raphidenbündel selbst sind winzig klein. Die Gefäßbündel zeigen entweder ein einheitliches Hadrom (Ophiopogon, Taf. VII, Fig. 71), und Convallaria) oder es treten zwei Schenkel auf (Rohdea,! Textfig. 10), die entweder an der Außenseite * Die Anatomie von Rohdea japonica (alle Vegetationsorgane) bringt auch E. Baroni: »Ricerche sulla struttura istologica della Rohdea japonica e sul suo processo d'impollinazione (N. G. B. J., XXV, 1893, p. 152 bis 175 [Referat im Botan. Jahresbericht, 1893, 1, p. 575]). Besonders betont er den Amaryllis-Typus der Spaltöffnungen. Die Hörnchen im Hinterhof und die Einzelkrystalle in der Rinde, auf die sich auch die Raphiden beschränken, scheint er nicht beobachtet zu haben. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 433 (Leptomseite) miteinander verbunden sind oder überhaupt getrennt verlaufen und nur durch Hadrom- parenchym miteinander verbunden werden. Rohdea zeigt im Bau des Leptoms gar keine abnormen Bildungen, die Bündel sind von einem sehr mächtigen Bastring umscheidet. e Bei Convallaria treten an der äußeren Begrenzung des Leptoms Collenchymbildungen auf und bei Ophiopogon wandern vom Bastbelag Elemente in das Leptom hinein, so daß dasselbe in zwei Arme geteilt wird (Taf. VII, Fig. 71). Bei Dasvlirion (vgl. Kny,l. c., p. 100, Fig. 3) ist dieser Prozeß bis zu einer voll- ständigen Zweiteilung des Leptomzylinders gesteigert worden. Ich erwähne diese Tatsache, weil sie mit ein Kriterium für die Beziehungen zwischen Ophiopogonoideen und Dracaenoideen darstellt. Über den Gefäßbündelverlauf existieren keine Arbeiten. Wohl hat Euker! Comvallaria majalis untersucht, aber hauptsächlich die Bündelverbindungen zwischen Wurzeln und Laubblättern behandelt Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. B == Bast, H = Hadrom, L = Leptom. (es können wohl nur die Rhizome gemeint sein, denn Wurzeln tragen keine Psyllome; übrigens geht das auch aus seinen Angaben über die Anatomie hervor). Auf den Schaft kommt er nicht zu sprechen. Das eine steht jedenfalls für Convallaria fest, daß die Blattspurstränge aus den Tragblättern, sowie die Stränge aus den Achselsprossen (Blütenstielen) nie bis ins Zentrum vordringen, was an jedem beliebigen Quer- schnitt festgestellt werden kann. Die Stolonen. Stolonen kommen nur den Ophiopogonoideen zu, mir selbst stand in dieser Hinsicht bloß Ophiopogon Japonicus zur Verfügung. Die Epidermiszellen, die durchwegs dicke Radial- und Innenwände besitzen, tragen einen derben Cuticularmantel, der ebenfalls eine scharfe Trennung zwischen Cuticula und Cuticular- schichten nicht gestattet, sondern vielfach unregelmäßige knollige Verdickungen zeigt und in der Flächen- ansicht ein zerfetztes gekörneltes Aussehen darbietet. Auf der Oberfläche der Stolonen zerstreut liegen Spaltöffnungen, die den Amaryllis-Typus noch erkennen lassen, deren Rückenwände jedoch derb sind; die Bauchwände tragen unregelmäßige Verdickungen, die Cuticularschichten, die Cuticularleisten und auch die äußeren Hautgelenke sind mannigfachen Veränderungen unterworfen (vgl. Taf. VII, Fig. 69). Unterhalb der Epidermis tritt nun mit manchen Unterbrechungen eine einschichtige Intercutis entgegen, deren Zellen zarte, aber deutliche Suberinlamellen tragen (Taf. X, Fig. 109). Dieses Vorkommen läßt uns im Zusammenhang mit dem Bau des mechanischen Ringes die engen-Beziehungen der Stolonen zu den Rhizomen erkennen. Die äußersten Zellen des mechanischen Ringes (Taf. X, Fig. 114) zeichnen sich nach Art von Endodermiszellen durch Verkorkung der Mittellamelle und einseitig entwickelte Verdickungs- schichten aus. Die folgenden Zellen des mechanischen Ringes sind Stereiden, die von Bastzellen abweichend gebaut sind. Innerhalb des mechanischen Ringes liegen die Gefäßbündel von einem ähnlichen Bau wie in den Schäften von Ophiopogon Jaburan. Leider konnte ich nicht einen direkten Vergleich 1 Euker Reinhard, »Zum Gefäßbündelverlauf von Convallaria majalis L. (Ber. d. d. Bot. Ges., XXIV, 1906, p. 330 bis 339, tab. XV). Referat im Bot. Jahresb. 1906, Bd. II, p. 57. 134 Dr. RB. Zwieigelt, zwischen Schäften und Stolonen einer und derselben Art durchführen, da mir eben das nötige Unter- suchungsmaterial fehlte. An der Ansatzstelle der Niederblätter, dieim Bau sehr einfach sind, findet sich eine mehrschichtige Korkbildung in dem peripheren Gewebe der Stolonen. Raphidenbündel und Einzel- krystalle, beziehungsweise wenige in einer Zelle kommen vor. Die Phyliokladien. Die Phyllokladien der Asparageen sind Flachsprosse, die an Stelle der sehr reduzierten Laubblätter die Kohlensäureassimilation übernehmen. Ihre Gestalt ist sehr verschieden: Bei den beiden ersten Unter- gattungen von Asparagus (Euasparagus und Asparagopsis) sind sie nadelförmig-pfriemlich (Kladodien), bei der dritten Untergattung (Myrsiphyllum) dagegen, sowie bei den Gattungen Danae, Semele und Ruscus breit, blattartig (Phyllokladien s. s.). Mit Rücksicht schon auf diese grob morphologischen Differenzen, ferner auf die damit zusammen- hängende variable Zahl von »Blatt<-Nerven, schließlich in Hinblick auf die Veränderungen, die sich aus dem Bestreben der Organe, Dorsiventralität zu erreichen, ergeben, scheint es zweckmäßig, die einzelnen Gattungen getrennt zu besprechen und an der Hand der Anatomie die Veränderungen zu konstatieren, die schließlich im extremsten Falle bis zu völliger Blattähnlichkeit führen. Das Asparagus-Phyllokladium. Die Phyllokladien der Asparagus-Arten (mit Ausnahme des Subgenus Myrsiphyllum) sind im Quer- schnitt entweder annähernd kreisrund oder etwas elliptisch gestreckt und nur von einem einzigen Nerven, der allerdings meistens aus mehreren Gefäßbündeln zusammengesetzt ist, durchzogen. Die Besprechung des Myrsiphyllum-Phyllokladiums wird an die von Dana& und Semele angeschlossen werden. Als Typus habe ich zunächst Asparagus officinalis (Taf. VIII, Fig. 74) im Auge; die Epidermiszellen stimmen im Bau annähernd mit denen am Stengel überein. Cuticularschichten, die am Stengel häufig zu finden waren, treten in den Phyllokladien (ähnlich wie in Laubblättern) meistens zurück; die Cuticula ist stets deutlich ausgebildet. Bedeutend zarter sind die Epidermiszellen von Asparagus tennifolius (Taf. X, Fig. 113), plumosus u. a. Sie sind durchwegs langgestreckt, parenchymatisch bis prosenchymatisch und tragen die für die betreffenden Stengel bekannten Spaltöffnungen ohne wesentliche Veränderung und in regelmäßiger Verteilung, so daß daraus noch keine Dorsiventralität ersichtlich ist. Während der Querschnitt der Phyllo- kladien der bisher besprochenen Asparagus-Arten annähernd kreisrund war, sind die Phyllokladien von Asparagus Sprengeri flach ausgebreitet und demgemäß auch im Querschnitt mit vorherrschender Breiten- MechanZellen“ Assimil. Gewebe ANDRES dimension (Textfig. 11). Nun sind aber die Epidermiszellen durchaus nicht überall gleich gebaut, schon an einem Querschnitt durch den Nerv (Taf. VII, Fig. 73) läßt sich erkennen, daß die Epidermiszellen unmittelbar über den Gefäßbündeln am niedrigsten sind und daß sie mit zunehmender Entfernung von denselben bedeutend an Größe zunehmen; diese Differenz wird nun am Rand des Phyllokladiums am größten, dessen Epidermiszellen die über der Mittelrippe in der Höhen- und Breitendimension ungefähr um das Dreifache übertreffen. (17) Die Spaltöffnungen, die an der Unter- und Oberseite, wofern man über- haupt schon eine solche Unterscheidung vornehmen kann, gleich häufig auftreten, beschränken sich auf die Region unmittelbar am Nerv des Phyllokladiums, während der Rand frei bleibt. Die verschiedenen Epidermiszellen differieren in der Längendimension nicht. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 439 Das Mesocaul! differenziert sich in ein hochentwickeltes Assimilations- und ein schwach ent- wickeltes Leitungsgewebe, das in unseren Fällen den Mittelnerv bildet. Das Assimilationsgewebe besteht aus mehreren Reihen von Palisadenzellen, die direkt dem Leitparenchym, das den Zentralstrang umgibt, aufsitzen. Die Zahl der Palisaden ist, wenn wir zunächst von Asparagus Sprengeri absehen, je nach der Art verschieden. Asp. officinalis 2—3, tenuifolius 1—2, ferner je nachdem wir die physiologische Ober- oder Unterseite betrachten (Taf. VIII, Fig. 74 und Taf. X, Fig. 113). Der Begriff »physiologische Oberseite« ist einzig und allein durch dieses Merkmal gegeben, er stimmt mit der morphologischen Oberseite, wenn man diese aus der Anordnung eines einzigen Leit- bündels überhaupt feststellen kann, meistens nicht überein (Taf. X, Fig. 113). Die Palisadenzellen sind durchwegs im Sinne der Radien bedeutend gestreckt und gestatten einen Stoffverkehr nur auf kürzestem Wege zum Leitparenchym, da einem solchen im Sinne der Längsrichtung des Phyllokladiums zahlreiche quer-radiär verlaufende Intercellulargänge hindernd in den Weg treten. Die Höhe (radiale Streckung) der Palisadenzellen ist bei den einzelnen Arten verschieden, am bedeutendsten ist sie bei Asparagus plumosus und maritimus. Für Asparagus Sprengeri gilt eine noch weitergehende Spezialisierung. Die hier ein- schichtigen, ziemlich kurzen Palisadenzellen (Taf. VII, Fig. 73) sitzen Sammelzellen auf, an die sich ein reichliches Schwammparenchym anschließt. Hauptsächlich in den beiden Flügeln ist es stark entwickelt und macht einem vorwiegend quer-radial verlaufenden Durchlüftungssystem Platz, in welcher Richtung auch die Ableitung der Assimilate zum Leitparenchym erfolgt. Das Stranggewebe bestehtim einfachsten Falle aus einem einzigen Gefäßbündel, das keine Gruppierung seiner Elemente, wie etwa im Stengel, erkennen läßt, sondern dessen Hadrom das Leptom gar nicht oder im leichten Bogen teilweise umgreift. Im Umkreis liegen verstreut einige Bastzellen. Asparagus officinalis besitzt in seinem Mittelnerv zwei Bündel, die ihre Leptomseiten nach außen kehren und im Zentrum durch einen ziemlich starken Bast- strang miteinander verbunden sind. In solchen Fällen ist natürlich eine morphologische Dorsiventralität nicht zu erkennen. (Das schließt naturgemäß die Möglichkeit einer physiologen Dorsiventralität nicht aus!) Für Asparagus Sprengeri sind 4 Bündel nachweisbar, deren Gruppierung keine Dorsiventralität zu erkennen gibt. Erst gegen die Spitze des Phyllokladiums wird das möglich, dann, wenn das morphologisch oben liegende Bündel früher rückgebildet wird als die anderen. Eine physiologische Oberseite tritt bei Asparagus Sprengeri nicht auf. Nun soll uns noch die Frage beschäftigen, wieso in den Phyllokladien zwischen den Gefäßbündeln Bast auftritt. Verfolgen wir die Bilder auf succedanen Querschnitten, so ergibt sich zunächst für den Phyllokladiengrund ein mechanischer Ring wie für den Stengel. Je weiter hinauf wir aber kommen, umso mehr Elemente wandern unter gleichzeitiger Auflösung des peripheren Stereoms zwischen die Leitbündel, wo sie sich am längsten erhalten.(!%) Umgeben ist der Zentralstrang von einem 1—2schichtigen mächtigen Leitparenchym, dessen Massigkeit sich sofort aus der Correlation der Gewebe erklärt, An der Peripherie der Parenchymscheide finden sich vereinzelt Raphidenzellen. Die Phyliokladien von Myrsiphyllum, Dana& und Semele. Die Phyllokladien der drei genannten Genera (Myrsiphyllum ist das dritte Subgenus von Asparagus) stimmen vor allem darin überein, daß ihr Mesocaul von mehreren nicht zu einer Säule zusammen- gedrängten Bündeln durchzogen wird, sich also wie das Mesophyll irgend eines flach ausgebreiteten Laubblattes verhält. Von dem später zu besprechenden Ruscus-Phyllokladium unterscheidet sich dieses durch den Mangel der sogenannten Zentralzylinderchen, so daß wir also in unseren drei Formen (natürlich wieder in verschiedenem Grade) die weitestgehende Blattähnlichkeit vor uns haben. Im folgenden beziehe ich mich nur auf jene Region, in der die Bündel bereits in einer Ebene liegen, und werde erst später die Entwicklung dieser Anordnung aus einem zylindrischen Organ erklären. 1 Ich halte es für zweckmäßig, in Fällen, wo es sich um physiologisch den Laubblättern gleichartige Caulome handelt, das dem Mesophyll entsprechende Innengewebe des Phyllokladiums ohne weitere Detaillierung desselben mit dem Namen Mesocaul zu bezeichnen, 436 Dry. E. Zwieigelt, Die Epidermiszellen sind in den meisten Fällen derbwandig; die Größenverhältnisse derselben sind an der Ober- und Unterseite geringen Schwankungen unterworfen, nur bei Asparagus Krausii und medeoloides sind die Zellen der morphologischen Oberseite (die hier ebenfalls zur physiologischen Unter- seite geworden ist) unmittelbar über dem Mittelnerv kleiner als in den beiden Flügeln, und stehen dort im direkten Zusammenhang mit den Zellen der Gefäßbündelscheide. In manchen Fällen, so bei Semele androgyna und Danae Laurus, sind außer der Cuticula auch Cuticularschichten vorhanden, die auf die Außenwände beschränkt sind und nur im Phyllokladienrand auch die Seiten- und Innenwände im Sinne einer xerophytischen Anpassung ergreifen. An den Epidermiszellen der physiologischen Oberseite von Asparagus Krausii (Taf. VIl, Fig. 72a, b) treten eigenartige, linsenförmige Verdickungen der Radialwände auf, die allmählich auf den Außenwänden auslaufen. An den Epidermiszellen der Oberseite von Semele androgyna treten vereinzelt sekundäre Querwände auf. Die Spaltöffnungen schließen sich in ihrer Ausbildung dem Typus an, der am Stengel der betreffen- den Pflanze realisiert war. Auch für Asparagus Krausii gelten die Stomata am Stengel (Taf. X, Fig. 106), nur erscheinen sie infolge der Kleinheit der Schließzellen, beziehungsweise der dünnen Außenwände der Epidermiszellen eingesenkt. Interessant und für unseren Zusammenhang wichtig ist die Frage nach der Funktionsfähigkeit und Verteilung der Spaltöffnungen.* Nachdem die Phyllokladien Caulomgebilde sind, die ursprünglich überall an der ganzen Oberfläche Spaltöffnungen tragen, müssen wir vermuten, daß solche auch an der Seite auftreten, die sekundär zur physiologischen Oberseite geworden ist. Szafer, ! der dieser Frage als erster nähertrat, fand nun tatsächlich an der physiologischen Oberseite von Danae Spaltöffnungen, von denen allerdings nur der kleinste Teil funktionstüchtig geblieben ist. Die meisten sind reduziert, entweder dadurch, daß sie nach ihrer Ausbildung durch sekundäre Veränderungen außer Dienst gestellt wurden oder überhaupt auf einem früheren Stadium der Entwicklung stehen geblieben sind. Unter Hinweis auf seine Abbildungen 9— 14 und meine Figur 75 (Taf. VIII) möchte ich betonen, daß die Rückbildungsmöglichkeiten nach den verschiedensten Richtungen durchlaufen werden und eine erschöpfende Darstellung der bezüglichen Variationen unmöglich ist. Auch bei Semele androgyna, bei welcher Gattung sich die Begriffe »morphologische« und »physiologische Oberseite«, decken, sind an der Oberseite vereinzelte Spaltöffnungen in starker Rückbildung vorhanden, die ebenfalls die Caulomnatur der Phyllokladien beweisen. Die Spaltöffnungen an der morphologischen Unterseite (bei Semele) sind sehr zahlreich und lassen selten Rückbildungen erkennen. Auffallend ist jedenfalls, daß Myrsiphyllum (Asparagus Krausii und medeoloides) an der physiologischen Oberseite überhaupt keine Spaltöffnungen besitzt (wenigstens habe ich keine gesehen), daß also hier die Umbildung zu physiologischen Blatt- organen am weitesten vorgeschritten ist. Die Epidermiszellen sind, in der Fläche betrachtet, meist lang- gestreckt, so besonders bei Asparagus Krausii und medeoloides (der physiologischen Oberseite), polygonal bei Semele und Danaö, bei welchen Formen durch das Auftreten von Spaltöffnungen ein sehr charakte- ristisches Netzwerk entsteht. Das Mesocaul bildet an der physiologischen Oberseite ein mehr oder weniger deutliches Assi- milationsgewebe, das wieder bei den Asparagus-Arten Krausii und medeoloides (Taf. X, Fig. 106) die höchste Entwicklung erfährt. Besonders A. medeoloides zeigt ein sehr vollkommenes Palisadengewebe, Sammelzellen und Schwammparenchym. Die Zellen der physiologischen Unterseite führen ebenfalls Chlorophyll, ihre Zellen sind aber vielarmig und lassen zwischen einander große Intercellulargänge frei, die das Phyllokladium hauptsächlich in der Richtung senkrecht zur Längsausdehnung durchziehen. Bei Semele und Danaö dagegen liegt eine so reiche Differenzierung nicht vor. Die Zellen der Ober- und Unter- seite zeigen annähernd ein gleiches Verhalten, sie sind kubisch-ellipsoidisch und 2—3 Zellreihen stark. Das Binnengewebe ist jedoch kein Schwammparenchym, sondern wird von wenigen, großen, farblosen ı Vgl. W. Szafer, »Zur Kenntnis der Assimilationsorgane von Danaö racemosa Mönche, Österr. bot. Zeitschrift, LX, Juli Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 437 Zellen ausgefüllt, die jedenfalls ein Wassergewebe repräsentieren. Die Durchlüftung erfolgt auch hier vor- wiegend senkrecht zur Längsrichtung des Organes. Die Interzellullarräume zwischen den Assimilations- zellen sind kleine Gänge, die wiederholt Einbuchtungen der Zellen verursachen. Raphiden sind weit ver- breitet, Einzelkrystalle fanden sich bei A. Krausii, wo sie sich merkwürdigerweise in die ersten Reihen des Assimilationsgewebes der Ober- und Unterseite einschalten und unmittelbar unter der Epidermis liegen. Die, Dorsiventralität kommt also im Assimilationsgewebe zum Ausdruck, bedeutend stärker bei Myrsiphyllum, während sie bei Dana& und Semele kaum mehr zu erkennen ist. Die beiden letzten Pflanzen stellen überhaupt einen phylogenetisch viel jüngeren Typus dar. Die Gefäßbündel zeigen einen sehr einfachen Bau und sind häufig mit Bastscheiden umgeben, die zum Beispiel bei Asparagus Krausii in direkte Beziehung zum Hautgewebe der morphologischen Oberseite treten. Die Anatomie bietet nichts Neues. Bei A. medeoloides verlaufen die Mestomstränge vereinzelt, bei A. Krausii dagegen wird die Mittelrippe von zwei einander mit dem Hadrom zugekehrten Bündeln gebildet. Das Leptom zeigt bei Semele eine schwächere Verholzung als im Stamme. Mit Rücksicht darauf, daß die Phyllokladien Caulomgebilde sind, muß sich die Flächenverteilung der Gefäßbündel erst allmählich herausentwickeln, das heißt: Der Querschnitt durch die Ansatzstelle des Phyliokladiums muß ein anderes Bild ergeben als der durch eine höher gelegene Zone. Ich halte mich hiebei an die genauen Untersuchungen von Szafer, umsomehr, als die anderen von ihm nicht untersuchten Formen im großen und ganzen dieselben Erscheinungen zeigen. Der Zentralzylinder stellt anfangs einen Strang von ovaler Querschnittsform dar. Hand in Hand mit der seitlichen Abflachung rücken große Bündel nach außen, nur die, die von vorne herein in der Richtung der Abflachung gelegen waren, während alle zwischenliegenden anders orientierten Bündel rückgebildet werden. Diese Auflösung des Zentral- zylinders geht immer weiter, bis schließlich alle Bündel in einer Ebene liegen und alle ihre Hadromseiten nach der einen (bei Dana& physiol. Unter-)seite kehren. Die Richtung der Bündel ist nicht immer konstant. Bei den beiden zu Myrsiphyllum gerechneten Asparagus-Arten decken sich die Begriffe »morphologisch« und »physiologisch« ebensowenig als bei Dana, während Semele sich normal verhält. In manchen Fällen, so bei A. medeoloides, sind die Bündel überdies schräg orientiert, das heißt, die Symmetrieebene durch das Leitbündel steht nicht auf der Phyllokladiumfläche senkrecht. Erwähnt sei ferner, daß bei Danaö, wie Szafer beobachtete, die Auflösung des Stereomzylinders nicht spontan und nicht gleichmäßig auf dem ganzen betreffenden Querschnitt erfolgt, sondern daß dieselbe von der einen Seite beginnt und allmählich auf das ganze Phyllokladium übergreift, was der erwähnte Autor mit der verschiedenen mechanischen Inanspruchnahme der beiden Hälften des Basalteiles in Übereinstimmung bringt. Das Ruscus-Phyllokladium. Die Phyllokladien der drei Ruscus-Arten unterscheiden sich von den bisher besprochenen Fällen in erster Linie dadurch, daß — von den lateral laufenden Bündeln abgesehen — eine größere Zahl von Bündeln den Mittelnerv konstituieren und sich dort zu einem mehr oder weniger deutlichen Zentralzylinder, dem Zentralzylinderchen, 1 gruppieren, das meist bis in die Spitze als solches deutlich verfolgt werden kann. Zum näheren Verständnis will ich unter gleichzeitigem Hinweis auf Falkenberg und Bernätsky die Veränderungen schildern, die sich aufsuccedanen Querschnitten für Ruscus hypoglossum ergeben (Text- fig. 12). An der Ansatzstelle bilden die Bündel einen mehr oder weniger elliptischen, geschlossenen Zylinder, indem die Bündel annähernd so orientiert sind wie im Stengel. Nach Maßgabe der Verflachung des Phyllokladiums treten nun in der Richtung der Abflachung des Phyllokladiums Einzelbündel aus dem Verbande heraus, jedes mit einem starken Bastring umgeben /@); die äußersten Bündel liegen annähernd symmetrisch zur Caulomfläche, die folgenden aber zeigen alsbald die endgültige Orientierung, so daß daraus der Begriff »morphologische Ober- und Unterseite« festgestellt werden kann; die Bündel des 1J. Bernätsky, »Das Ruscus-Phyllokladium«, Botan. Jahrbücher für Systematik, XXXIV, p. 161. Denkschriften der mathem,-naturw. Kl. LXXXVIIl. Bd. 58 438 Dry. EB. Zwievgelt, Zentralzylinderchens vermehren sich durch Abspaltung innerer Bündel, aus denen das Strangsystem der Blütenstiele zusammengesetzt wird; die peripheren Bündel rücken auseinander, gruppieren sich in vier Hauptstränge, von denen der dem Phyllokladium als Mittelnerv angehörende Strang sehr deutlich wieder einen Zentralzylinder bildet, während die beiden seitlichen Zylinder unregelmäßig sind und bald weiteren Veränderungen unterliegen. Mit Ausnahme des Mittelnerves im Zentralzylinder lösen sich alle übrigen Fig. 12. Knospe ‚physiolog. L „Oberseite Gefäßbündelgruppen in Einzelbündel auf und verlaufen in das sich gleichzeitig bildende Tragblatt; das Tragblatt, das so wie die Blütenzweige in unserem Falle an der Unterseite des Phyllokladiums entsteht, verliert alsbald seinen lateralen Zusammenhang mit dem letzteren. Das Zentralzylinderchen bleibt bis in die Spitze des Phyllokladiums erhalten, wird immer bündelärmer und besteht unmittelbar vor seiner Auf- lösung und Rückbildung nur mehr aus einem Bündel, das sich in seiner Orientierung so verhält wie die Lateralbündel im Phyllokladium. Bei Ruscus aculeatus ist der ursprüngliche Zentralzylinder an der Abzweigungszone sofort aus mit dem Hadrom im allgemeinen nach unten gewendeten Bündeln zusam- mengesetzt. Die aus dem Verbande heraustretenden Bündel haben also schon jetzt die definitive Orien- tierung. Auch hier entspringt das Tragblatt mit dem Blütenzweig an der Unterseite. Die Gruppierung der Gefäßbündel ist viel weniger deutlich und das Zentralzylinderchen besteht eine kurze Strecke hinter der Abspaltung des Hochblattes nur mehr aus einem großen Gefäßbündel. Ruscus hypophyllum unterscheidet sich von den beiden anderen dadurch, daß Tragblätter und Blüten an der morphologischen Oberseite entstehen, daß ferner in die rudimentären Tragblätter nur 2 oder 3 Bündel verlaufen, von einer Zer- gliederung des Zentralzylinders in Gefäßbündelgruppen wie bei hypoglossum (Textfig. 124) hier, den Mittelnerv des Phyllokladiums ausgenommen, keine Rede ist und dieser schließlich ähnlich wie bei R. aculeatus bald arm an Bündeln wird. Erwähnt sei ferner, daß die stärkeren Lateralnerven bei allen drei Arten aus zwei Bündeln bestehen, die einander das Hadrom zukehren. Das kleinere Bündel liegt immer an der morphologischen Oberseite. An dieser Stelle möchte ich die morphologischen Tatsachen, die sich aus dem Gefäßbündelverlauf und deren Orientierung ergeben, nochmals übersichtlich zusammenfassen, weil in systematischen Werken immer noch unrichtige Angaben gebracht werden. Engler betont p. 79 des II. Bd, 5, seiner »Natürlichen Pflanzenfamilien«: »Auf der Mitte der durch Drehung häufig seitwärts oder nach unten gerichteten Ober- seite (!) stehen in der Achsel eines Hochblattes eine oder einige Blüten... .« Demgegenüber steht fest: Die Lage der Phyllokladien am Stengel ist konstant und zwar immer so, daß die morphologische Unterseite nach oben gerichtet ist, die allerdings (vgl. unten die Anatomie) sekundäre wenn auch schwache Kriterien einer physiologischen Oberseite erhalten kann. Seitliche Verdrehungen des Phyllokladiums kommen bei Vergleichende Anatomie der Asparagoideae ete. 439 R. acnleatus häufig vor, doch auch dann bleibt das oben gesagte aufrecht. Eine völlige Umwendung, wie Engler meint, um etwa 180°, gibt es nicht. Bei Ruscus hypoglossum und aculeatus entstehen die Hoch- blätter und Blüten oben (also an der morphologischen Unterseite), bei R. hypophyllum unten (an der morphologischen Oberseite). Von einem konstanten Auftreten der Blüten an der Oberseite ist somit keine Rede. — Die Anatomie bietet nichts Wesentliches: Die Epidermiszellen zeigen durchwegs sehr schöne xerophytische Anpassungen, außer der Cuticula auch Cuticularschichten, die meistens auf die Außen- wände beschränkt bleiben. Vereinzelt (bei Ruscus hypoglossum) treten im Verbande der gewöhnlichen Epidermiszellen Höckerzellen auf. Die Epidermiszellen sind ziemlich kurz, so daß am Flächenschnitte Länge und Breite sich nicht voneinander unterscheiden. Die Spaltöffnungen, bezüglich deren ich auf das p. 26 [422] Gesagte verweise, sind an der Ober- und Unterseite annähernd gleichmäßig verteilt und treten zuweilen auch an den Rändern des Phyllokladiums auf, eine Tatsache, die Bernätsky zugunsten der Caulomnatur mit Recht ins Feld führt. Die Schließzellen sind etwas kleiner als am Stengel: Mür Ruscus acnleatus .. .H=29u = 20:89 L=44y, für Ruscus hypoglossum . .H = 27 B—31456 L=34 Das Mesocaul differenziert sich in ein ober- und unterseits gleich mächtiges, mehrschichtiges Assi- milationsparenchym vom gleichen Bau wie bei Dana£ö. Das Binnengewebe wird ebenfalls von einem groß- zelligen Wassergewebe gebildet, dessen Zellen einen mittleren Durchmesser von 110. erreichen. Das Durchlüftungsgewebe ist ähnlich wie bei Dana und Semele schwach entwickelt. Um die Gefäßbündel, die mächtige Bastscheiden besitzen, legt sich ein Mantel von Leitparenchym, dessen Elemente radiär- strahlig laufen. Raphiden stets vorhanden. Größeres Interesse vom anatomischen Standpunkte bietet die Dornenbildung bei Ruscus aculeatus. Das Zentralzylinderchen ist in diese Region bereits stark reduziert und besteht nur mehr aus einem oder zwei Bündeln. Nun wandeln sich aber die Zellen des Grundgewebes in Sklereiden ! um, die größten- teils prosenchymatisch, langgestreckt und reich getüpfelt sind. Sie sind überdies durchwegs verholzt (Taf. VIII, Fig. 76). Im Zentrum des nunmehr gebildeten Holzkegels liegen die Reste des Gefäßbündels, dessen Elemente durch den Sclerotisierungsprozeß allmählich zurückgedrängt werden. (Ob sich Zellen der Bündel selbst in Sclereiden umwandeln, wie mir wahrscheinlich erscheint, kann nur die Entwicklungsgeschichte end- gültig entscheiden.) Dieser Prozeß geht nun auch peripherwärts immer weiter und erfaßt die letzten Parenchymzellen, die die Sclereiden von der Epidermis trennen, ja sogar die Epidermiszellen erhalten schließlich eine stark verholzte Celluloselamelle, so daß wir schließlich einen soliden Holzkegel vor uns haben, dessen peri- phere Schichten überdies cutinisiert sind und von einem derben Cuticularmantel umspannt werden. Aus den anatomischen _Kriterien ergibt sich, daß es normalerweise noch nicht zur Prägung einer physiologi- schen Oberseite gekommen ist. In manchen Fällen, so bei Ruscus hypoglossum, spricht allerdings der größere Chlorophyligehalt für den Beginn einer solchen Differenzierung, doch kann diesem Merkmale noch nicht der Charakter eines Konstitutionsmerkmales zugesprochen werden. Auch die Verteilung der Spalt- öffnungen sagt nichts aus. Nur bei Ruscus hypoglossum finden sich an der physiologischen Oberseite auch rückgebildete Stomata als erste Andeutung einer physiologischen Differenzierung. Aus dem Obigen ergibt sich, daß die Phyllokladien der Ruscus-Arten noch relative junge Gebilde sind, deren Caulomnatur aus der Verteilung der Gefäßbündel, der Stomata noch deutlich zu erkennen ist. (19) Vergleichend mit den anderen Asparageen würden sich hieran zunächst die Genera Dana& und Semele und dann die Asparagus-Arten der Sektion Myrsiphyllum anschließen. 1 Der Ausdruck Sklereiden ist hier in etwas weiterem Sinne gebraucht, als Haberlandt es mit Tschirch getan hat (Pflanzen- anatomie, 1. c., p. 147), da Stereiden ein zu allgemeiner Terminus ist, der über den näheren Bau der mechanischen Zelle gar nichts aussagt. 98* 440 Dr. Es Zwieigielit, Übersicht: Asparagus-Arten (Euasparagus, Asparagopsis) »-—————— > Asparagus-Arten (Myrsiphyllum) Danae ,/ Ruscus-Arten Semele (Der Pfeil bedeutet die Richtung, in welche die Blattähnlichkeit angestrebt und bereits in höherem Grade erreicht wird.) Die große Unbestimmtheit in der Orientierung der Phyllokladien, der häufige Wechsel morpho- logischer und physiologischer Begriffe (Ober- und Unterseite), scheint mir ebenfalls für die Caulomnatur zu sprechen. Während bei Blättern die aus dem Stengel laufenden Blattspurstränge von Anfang an eine bestimmte Orientierung haben, die sich hernach den Blättern aufprägt, handelt es sich bei den Phyllo- kladien um Zylinderorgane, in denen Bündel in allen Richtungen oder doch vorherrschend in zwei Richtungen verlaufen, so daß die endgültige Orientierung der Gefäßbündel durchaus nicht vorbestimmt ist. Aus solchen Tatsachen erklärt sich auch die häufige Schrägstellung der Bündel. Phyllome. Das Laubblatt. I. Funktionstüchtige Laubblätter. Hieher gehören die Laubblätter aller Pflanzen mit Ausnahme der im vorhergehenden Kapitel besprochenen Asparageen, deren Laubblätter stark reduziert sind. Die Epidermiszellen der stets dorsi- ventral gebauten Laubblätter sind im Vergleiche zu den Stengelepidermen zarter, die Zellen sind häufig mitnach außen vorgewölbten Außenwänden versehen, die Radial- und Innenwände meist dünn, Cuticular- schichten treten zurück, nur die meist gewellte oder in Zäpfchen ausgezogene (Zuzuriaga) Cuticula ist Fig. 13. Schwammparenchym stets deutlich vorhanden. Auffallend starke Wellungen und Faltungen mit je einer großen Falte über einer Epidermiszelle (Taf. VIII, Fig. 78) zeigt Polygonatum verticillatum, Mächtige Cuticularschichten finden sich in den Epidermen der xerophilen Smilax-Arten, namentlich in den Blatträndern, in denen auch die Innenwände der Epidermiszellen cutinisiert sind. Bei Lapageria rosea (Taf. X, Fig. 107) sind die Cuti- eularschichten im allgemeinen zart, nur in der Mittelrippe werden sie an der Unterseite, die in direkten Ancchlıß nsen hluß an die mechanischen Zellen der Gefäßbündelscheiden (Textfig. 13) tritt, mächtiger, dringen Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 44 keilförmig in die Radialwände vor und stehen so in direktem Zusammenhang mit den verholzten Stereiden. Aspidistra elatior zeigt im Blatt in noch höherem Maße als im Stengel Cutieularschichten, die keine scharfe Grenze nach innen zu aufweisen. Auch hier ist die Grenze zwischen Cuticula und Cuticular- schichten kaum nachzuweisen. Die Zellen des Blattrandes aller bisher besprochenen Pflanzen (Polygona- teen, Convallarieen, Parideen) sind durchwegs stärker gebaut als die der Blattfläche. Die Zellen des Blatt- randes sind höher und ragen infolgedessen weit vor (zum Beispiel Paris). Dort, wo schon auf der Blatt- fläche Haare vorhanden gewesen sind (Smilacina racemosa), treten sie auch im Blattrande auf und stehen dann entweder einzeln oder zu zweien nebeneinander. Die an den Smilax-Arten auf Blättern auftretenden Stacheln stimmen anatomisch mit denen am Stengel überein. Die Ophiopogonoideen zerfallen in zwei anatomisch scharf geschiedene Gruppen, von denen die eine Sansevieria, die andere dagegen ÖOphiopogon und nach Schulze auch ZLiriope und Peliosanthes umfaßt. Für Ophiopogon ist in erster Linie die Ausbildung von Hypodermstreifen charakteristisch; diese Hypodermstreifen bilden zunächst einen die Ober- und Unterseite bekleidenden subepidermalen Mantel, der anfangs geschlossen ist, später aber (zuerst an der Unterseite) sich in Längsbänder auflöst (Text- fig. 14 ab). Diese so entstandenen Hypodermisstreifen lassen sich bei Ophiopogon bis gegen die Blatt- spitze hin (länger auf der Oberseite) verfolgen (Textfig. 14c de). Mächtiger sind diese Streifen bei Ophio- pogon japonicus als Jaburan. Mit Rücksicht darauf, daß die Hypodermis geschlossene Bänder bildet, können die Spaltöffnungen naturgemäß nur in den davon freigelassenen Zwischenräumen, also ebenfalls Fig. 14. Oberseite nur in Streifen auftreten, eine für Ophiopogon sehr charakteristische Tatsache. Die Hypodermiszellen sind langgestreckt, prosenchymatisch reich getüpfelt und niemals verholzt. Die Epidermiszellen haben in Zusammenhang mit dem Auftreten von Hypodermiszellen einen ver- schiedenen Bau: Diejenigen Zellen, die unmittelbar über der Hypodermis liegen, haben sehr mächtige, zapfenförmig gegen die Radialwände vorspringende Cuticularschichten (Taf. VIII, Fig. 82); liegen jedoch keine Hypodermiszellen unter der Epidermis, so sind die Außenwände dieser viel schwächer, die Cuticular- schichten bilden eine derbe, ziemlich stark gewellte Haut. Im Gegensatze zu Ophiopogon Jaburan zeigt die Spaltöffnungen führende Epidermis von Oph. japonicus noch eine weitere Eigentümlichkeit (Taf. VII, Fig. 81, 79): Die Außenwand einer solchen Zelle ist wiederholt papillös vorgewölbt, so daß Längsreihen von Papillen entstehen, die sich besonders regelmäßig, meist zu 6, um die Stomata gruppieren. Die 442 Dr. E. Zweigelt, Epidermen der Oberseite zeigen solche Differenzierungen gar nicht oder in viel geringerem Maße. Den Höhepunkt der Unregelmäßigkeiten in den Größenverhältnissen der Epidermiszellen über den Hypoderm- streifen erreichen dieselben im Blattrand: Dort sind die Zellen bedeutend höher (Taf. VIII, Fig. 84), zahn- artig ausgezogen, durchwegs stark cutinisiert, häufig durch zarte Querwände gefächert und bedingen durch ihre konstante Orientierung gegen die Blattspitze zu eine feine aber starre Zähneiung des Blattrandes. Bei Sansevieria ist von solchen Bildungen keine Rede. Die Epidermiszellen von Sansevieria fasciata haben sehr mächtige, keilförmig gegen die zarten Radialwände vorspringende Cuticularschichten (Taf. X, Fig. 105) und eine bei starker Vergrößerung deutlich wahrnehmbare Einlagerung feiner Calcium- oxalatkrystalle in die Außenwand (Taf. VII, Fig. 80), eine Tatsache, die auf Beziehungen zu den Dracaenoideen hinweist. Ich habe zu diesem Zwecke auch Dracaena fragrans untersucht und dort ähnliche aber bedeutend größere Kıystalle in der Epidermis gefunden (Taf. VIII, Fig. 77). Dieselben liegen nicht so dicht wie bei Sansevieria und sind schon bei schwacher Vergrößerung erkennbar. Auch hier ragen die Cuticularschichten weit gegen die Innenwände vor. Schulze führt für eine Reihe anderer Sansevieria-Arten Krystalle in der Epidermis an. Wir werden im weiteren Bau des Blattes noch weitere Beziehungen zwischen Ophiopogonoideen und Dracaenoideen finden. Spaltöffnungen. Allgemein gesprochen sind die Spaltöffnungen durchwegs zarter und kleiner. Bei Sanseviera (Taf. X, Fig. 105) sind die Außenwände der Nebenzellen ganz besonders dick und legen sich wie an den Stengeln der Smilax-Arten nach Art eines Gewölbes um die kleineren etwas eingesenkten Schließzellen, während an den Blättern der Smilax-Arten die für ihre Stengel eigenartigen Bildungen zurücktreten. Bei Rohdea japonica kommen die Leistchen im Hinterhof an den Blättern nirgends vor. Smilacina und besonders Polygonatum haben eingesenkte Stomata. Noch deutlicher und unter gleich- zeitiger Ausbildung einer deutlichen äußeren Atemhöhle liegen die Dinge bei Zuzuriaga (Taf. VIII, Fig. 85), deren Stomata nach außen völlig geschützt sind und die Kommunikation mit der Außenwelt nur durch einen schmalen im Querschnitt vierseitigen prismatischen Kanal hergestellt wird. Der so sehr aberrante Typus der Parideae kommt an den Blättern infolge der von vorneherein gegebenen Dünnheit der Außen- wände aller Epidermiszellen viel weniger zum Ausdruck. Doch lassen sich auch hier wie dort dieselben Bauprinzipien erkennen (vgl. p. 27 [423]). Obwohl Zuzuriaga eingesenkte Spaltöffnungen hat, Zapageria aber nicht, lassen doch die beiden Spaltöffnungen große Übereinstimmung erkennen. Ja, beiden Gattungen kommt sogar dieselbe Rückbildungserscheinung zu, die in der Eindrückung und Vernichtung der einen Schließzelle durch Verdickung ihrer Bauch- und Rückenwände besteht. Zum Vergleiche mit den stengelständigen Spaltöffnungen sollen auch hier einige Maßangaben folgen: | | | Höhe der Höhe zwischen den ER: | e: | der Breite Länge ER Hörnern Enlcune | zellen Luzuriagaradicans . . . 2. ....»| 19 1 16, =. 58 u Tapageriavosea:. 2: N. nn 29 22 44 Polygonalum verticillatum ..... 19 17 36 22 1 Disporumpullum er 24 29 73 LA SPA SI GREAT 29 19 41 Dracama ragans... ......| 25°6 17 34 2451 Verteilung der Spaltöffnungen an der Ober- und Unterseite. Alle Polygonateen haben nur an der Unterseite Spaltöffnungen. Diesem Verhalten schließen sich an: Rohdea japonica, Paris und Trillium, Lapageria, Ophiopogon und Smilax; Aspidistra dagegen, ferner Convallaria, Reineckia, Sansevieria und Dracaena tragen Spaltöffnungen an der Ober- und Unterseite, Aspidistra allerdings Vergleichende Anatomie der Asparasoideae etc. 443 2) 7 8 oben spärlicher als unten, die anderen Gattungen beiderseits annähernd gleich häufig. Bei Zuzuriaga treten sie, als einzigem Ausnahmsfall, an der morphologischen Oberseite auf, weil es hier wie bei vielen Phyllokladien zu einer Drehung um 180° gekommen, die morphologische Oberseite zur physiologischen Unterseite geworden ist. Spaltöffnungen an Blattstielen sind selten oder fehlen ganz. Die Flächenansicht der Epidermiszellen. Während am Stengel die Epidermis ein Netz polygonaler, vorwiegend in einer (der Längs-) Richtung gestreckter Zellen darstellt, kommt es bei den Blättern namentlich dann, wenn dieselben eine breite Blattspreite haben, zur Ausbildung gewellter Seiten- wände, so daß die Zellen mit ihren lappigen Ausbuchtungen mehr weniger tief ineinandergreifen. Von Einfluß auf das Gesamtbild sind ferner die Spaltöffnungen, die vielfach mit großer Regelmäßigkeit auftreten. Bei Polygonatum officinale entsteht auf diese Weise ein Netzwerk diagonaler Reihen von Spalt- Öffnungen, die durch schwach gewellte Wände der Epidermiszellen miteinander verbunden sind. In allen vier Winkeln jeder rhombischen Epidermiszelle liegen Spaltöffnungen; im Gegensatze dazu sind zum Beispiel bei Polygonatum verticillatum die Spaltöffnungen immer in Längsreihen angeordnet (Taf. VIII, Fig. 83). Merkwürdig ist hier das häufige Auftreten isodiametrischer (in der Fläche kreisrunder) Zellen, die vielfach dort auftreten, wo wir aus dem Prinzipe der gleichmäßigen Verteilung heraus normalerweise Spaltöffnungen erwarten sollten. Es wäre immerhin möglich, daß eine Reihe von Spaltöffnungen aus inneren Gründen rückgebildet wird, indem sie nicht einmal mehr die Teilung der Mutterzelle mitmachen. In diesem Falle könnten wir auf die biologischen Verhältnisse schließen, unter denen die Vorfahren in früheren geologischen Epochen existiert haben. Mehr oder weniger gewellte und gelappte Radialwände finden sich bei Majanthemum bifolium, Paris und Trillium, Lapageria und den Smilax-Arten. In allen Fällen gilt der Satz, daß durch das Auftreten der Spaltöffnungen stärkere Lappungen bedingt sind, diese also an der Unterseite stärker als an der Oberseite sind. Bei Paris, noch stärker aber bei Majanthemum (Taf. VII, Fig. 37), werden die Radialwände dort, wo eine scharfe Biegung auftritt, leistenförmig verdickt. Solche Leisten, die als Strebepfeiler aufgefaßt werden müssen, finden sich besonders gerne an den Schließzellen der Spaltöffnungen in der Längsrichtung derselben und ragen dann weit in die Epidermiszellen vor. Trillium recurvatum ist schwächer gewellt als die übrigen Parideae, bei den Smilax-Arten ist der Grad der Wellung abhängig von der flächenförmigen Verbreitung der Blatt- spreite, demgemäß dieselbe stärker bei Smilax syphilitica, am wenigsten bei S. sagittaefolia. Orientierung der Spaltöffnungen zu den Hauptdimensionen des Blattes. Die Längsrichtung der Spaltöffnungen stimmt in den meisten Fällen mit der der Blätter überein. Das gilt für die Polygonateen, Ophiopogonoideen und die Aspidistrineen. Bei den Parideen und Smilacoideen sind die Stomata ohne bestimmte Orientierung. Dieses Merkmal ist so durchgreifend, daß man schon am Flächenschnitt ein Blatt von Majanthemum von einem Vertreter der beiden letzten Gruppen sofort unterscheiden kann. Von den Luzuriagoideen nimmt nur Zapageria eine gewisse Sonderstellung ein, als die Spaltöffnungen mit einem bestimmten Winkel (etwa 30°) in ihrer Orientierung von der Längsrichtung des Blattes abweichen. Das Mesophyll differenziert sich, von den Gefäßbündeln abgesehen, in ein Assimilationsgewebe, das an der Unterseite schwächer als an der Oberseite ist, und ein zwischen beide eingeschaltete Parenchym, das entweder ein Schwammparenchym oder ein Wassergewebe darstellt. Bemerkt sei schon jetzt, daß die Laubblätter in der Ausbildung eines möglichst vollkommenen Assimilationsgewebes hinter ‚den Phyllokladien (namentlich der Gattung Asparagus) weit zurückbleiben. Im einfachsten Falle (Polygonateen, Convallaria, Reineckia) besteht das Assimilationsgewebe aus 2, 3 Schichten annäherd isodiametrischer, ziemlich breiter aber kurzer, chlorophyllreicher Zellen, zwischen denen Durchlüftungskanäle auftreten. Mit Rücksicht darauf, daß zwischen den Assimilationszellen auch in - den übereinander liegenden Zonen ein inniger Kontakt herrscht, ist der Ableitung keine genaue Bahn vorgezeichnet, die Assimilate wandern annähernd parallel mit der Oberfläche nach abwärts. Dieses Gewebe 444 Dr. FR. Zweigelt, geht (bei Convallaria allmählich, bei Reineckia unvermittelt) in ein großzelliges, farbloses ein- bis mehr- schichtiges Wassergewebe über. Das Durchlüftungssystem ist an der Unterseite in Zusammenhang mit dem Auftreten der Spaltöffnungen stärker entwickelt. Zuzuriaga radicans (Taf. VII, Fig. 85) zeigt an der physiologischen Blattoberseite Zellen, die senkrecht zur Oberfläche gestreckt sind. Mit Rücksicht auf die geringe Zahl von Mesophylizellagen (3) ist eine Differenzierung in ein farbloses Binnengewebe nicht vor- handen, alle Zellen führen annähernd gleichmäßig Chlorophyli. Die Blätter von Rohdea und Aspidistra sind bei gleicher Entwicklung des Assimilationsgewebes wie in den früheren Fällen durch eine reich- lichere Durchlüftung und eine damit verbundene präzisere Ableitung der Assimilate ausgezeichnet. An der Oberseite von Rohdea finden sich 3—4 Schichten von Assimilationsparenchym, dessen Zellen in der Richtung senkrecht zur Längsausdehnung des Blattes bedeutend gestreckt sind; auch an Quer- und Längsschnitten ist dieses Prinzip deutlich zu erkennen; wie aus den Bildern hervorgeht, schalten sich die Intercellulargänge hauptsächlich in der Richtung der Stoffleitung ein, während senkrecht darauf nur ver- einzelte Luftgänge auftreten. Eine gleiche Streckung wie im Assimilationsgewebe tritt auch in dem ein- bis zweischichtigen großzelligen Wassergewebe auf; die Durchlüftungswege der Blattunterseite schalten sich wieder hauptsächlich senkrecht zur Oberfläche ein, die Assimilationszellen dieser Seite erscheinen dadurch vielarmig und zeigen keine Streckung in der Querrichtung. Bei Aspidistra ist der Übergang des Assimi- lationsgewebes in das Wassergewebe weniger scharf. Für Ophiopogon gilt in weiterer Ausbildung dieses Typus die palisadenförmige Anordnung der ersten Reihe von Assimilationsgewebe, ferner die Beschränkung des Durchlüftungssystems auf die Richtung senkrecht zur Längsachse. Sansevieria ist ähnlich gebaut, nur fehlen an der Oberseite im Assimilationsgewebe die Intercellulargänge fast ganz. S. fascinata und andere Sansevieria-Arten! besitzen aber außerdem ein reich entwickeltes Wasser- gewebe. Die Zellwände dieser annähernd isodiametrischen Zellen tragen nämlich äußerst zarte Cellulose- leisten, die zweifellos große Ähnlichkeit mit Speichertracheiden haben (Taf. IX, Fig. 102, und die Abb. von H. Greilach). Doch sind diese Leisten ungemein zart, nicht verholzt und die Zellen unterscheiden sich in sonst gar nichts von den gewöhnlichen Mesophylizellen; neben Zellen mit solchen Leisten liegen wieder andere, die derselben entbehren. Raphidenzellen sind im Grundgewebe verstreut, ihre Länge beträgt zirka 250p. Im Assimilationsgewebe finden wir allerdings wenig Anknüpfungspunkte an Dracaena. Überdies entbehrt Dracaena dieser Wasserspeicherzellen vollständig; dafür aber treten im ganzen Blattgewebe besonders reichlich an der Unterseite (Taf. IX, Fig. 89) Krystallschläuche auf, die mit zahllosen kleinen Krystallen aus Calciumoxalat erfüllt sind und, unmittelbar unter dem Assimilationsgewebe der Oberseite beginnend, sich fast bis an die Epidermis der Unterseite vordrängen. Ich erwähne diese Erscheinung des- halb, weil bei Smilax (siehe unten) im ganzen Mesophyli eine Menge von solchen Krystallen auftreten. — Die bisher noch nicht besprochenen Gattungen Trillium, Paris, Lapageria und Smilax zeichnen sich durch ein gemeinsames Merkmal aus: Das Assimilationsgewebe besteht (oft allerdings in sehr primitiver Ausbildung) aus Armpalisaden (Taf. VIII, Fig. 88); das Binnengewebe stellt ein Schwammparenchym dar. Die Armpalisadenzellen entstehen dadurch, daß die Membran nach innen vorgestülpt wird, indem sich die Durchlüftungsräume Platz schaffen und die Berührungsoberfläche der Assimilationszellen bedeutend ver- größern. Diese Lappenbildung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Radialwände, sondern erfolgt auch an den periklinen Wänden, so daß die Zellen im Querschnitte oft unregelmäßige und unbestimmte Konturen aufweisen. Werden die Falten so schmal, daß es zu einerBerührung und Verschmelzung der beiden Lamellen kommt, so erreichen wir den Typus, der am schönsten bei Smilax-Arten, so Smilax syphilitica, realisiert ist (Taf. VII, Fig. 86): Die Intercellulargänge sind schmal und spärlich und von den Assimilationszellen ragen dicke und lange Membranleisten in deren Lumen vor. Wir haben ein typisches Armpalisadengewebe t Vgl. DrabbeE., Sansevieria guineensis Willd. (Quart. Journ. Inst. Comm. Research Tropics, Liverpool Univ., II, 1907, p: 137—140 with plate). H. Greilach, Zur Anatomie des Blattes von Sanseviera und über die Sanseviera-Faser, Österreichische botan. Zeitschrift, LI, 1001 nn 132 Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 445 vor uns. Smilax aspera und S. sagittaefolia schließen sich vielmehr dem ursprünglichen Typus (Paris, Trillium usw.) aus. Die Höhe der Zellen des Armpalisadengewebes ist verschieden, am höchsten sind sie bei Smilax sagittaefolia. Die Assimilationszellen sitzen sehr häufig Sammelzellen auf, an die sich dann eine dicke Schichte von Schwammparenchym anschließt. Chlorophyllreiche Zellen der letzteren Art sind es auch, welche das Assimilationsgewebe der Unterseite darstellen. Demgemäß sind die Flächen- bilder der beiden Blattseiten auch im Assimilationsgewebe verschieden (Zapageria rosea). Das Durch- lüftungssystem kann an der Unterseite als das herrschende bezeichnet werden. In anderen Fällen (Smilax syphilitica) sind die Intercellulargänge der Unterseite viel kleiner. (Die Polygonateengattung Disporum schließt sich im Bau des Assimilationsgewebes an Paris an, als auch hier schwache Armbildungen auf- treten.) R. Schulze, |. c,, hat von diesen Bildungen keine Notiz genommen, obwohl die Bilder sehr auf- fallend sind und die Tatsache für einige systematische Gruppen konstant bleibt. Die Zellen des Mesophylis von Smilax syphilitica führen ausnahmslos Calciumoxalatkrystalle (Taf. VIII, Fig. 86). Diese finden sich somit auch im Assimilationsgewebe. Raphiden sind überall, meist in schmalen, langen Zellen vorhanden. In den Blattnerven der Blattunterseite tritt das Chlorophyll zurück und diese Zellen nehmen häufig collen- chymatischen oder sklerenchymatischen Charakter an (vgl. hiefür Textfig. 13). ” Verteilung und Verlauf der Gefäßbündel. Die Fibrovasalstränge, die als Blattspurstränge aus dem Zentralzylinder des Cauloms durch die Rinde in das Blatt ausbiegen, bestehen aus einer sehr variablen Anzahl. Bei Paris quadrifolia entsendet jedes der 4 Laubblätter 5 Stränge in den Stengel, von denen jedoch nur die beiden äußeren und der Medianus getrennt verlaufen, während die beiden anderen schon frühzeitig mit schon vorhandenen verschmelzen. Falkenberg (l. c.), der sich damit eingehend beschäftigt hat, gibt weiters an, daß die 4 medianen zwischen die 4 stärkeren aus dem Blütenstiel kommenden Bündel treten und den Kreis auf 8 ergänzen. Die Lateralstränge, die weniger tief in den Stengel treten, bilden einen äußeren Kreis. So regelmäßig wie hier liegen die Verhältnisse selten. In den meisten Fällen ist nicht ein bestimmter Nerv im Zentralzylinder als Medianus eines Blattes vorbestimmt, sondern erst nachträglich übernimmt einer der vielen Spurstränge, deren Zahl an den Blättern derselben Pflanze in verschiedener Höhe variabel ist, die Rolle eines solchen. Mit Rücksicht auf die Orientierung der Bündel im Stengel liegt in den Blättern der Hadromteil normalerweise oben, das Leptom an der Unterseite. 1. Die Gefäßbündel sind in den Blättern in einer Reihe angeordnet, ihre Symmetrieebenen stehen senkrecht zu den in den Blattflächen gezogenen Tangentenflächen. Zu diesem Typus gehören: die Polygonateen, Convallarieen, von den Aspidistrinen nur Rohdea japonica, die Parideen, Luzuriagoideen und Smilacoideen. Allerdings treten bei den Smilax-Arten die lateralen Bündel in bezug auf den Medianus unter einem spitzen Winkel geneigt auf, jedoch das gemeinsame Grundprinzip bleibt aufrechterhalten, Ferner sei erwähnt, daß die Blattstiele der meisten Smilax-Arten infolge ihrer Umbildung zu Ranken die Bündel annähernd in einem Kreise angeordnet haben. 2. Die Gefäßbündel treten zunächst in großer Zahl in den Blattstiel; ein mechanischer Ring wird wohl ausgebildet und erst in der Blattspreite kommt es nach Rückbildung der überflüssigen Bündel zu einer einreihigen Anordnung derselben, ihre Orientierung wie im Typus 1. Hieher gehört Aspidistra elatior. 3. Die Gefäßbündel treten einreihig auf, aber nur der Medianus, beziehungsweise allgemeiner: Der mittlere Nerv ist senkrecht zur Oberfläche orientiert, die äußersten lateralen Bündel liegen so, daß ihre Symmetrieebenen mit den Blattflächen annähernd zusammenfallen, alle übrigen nehmen eine intermediäre Stellung ein. Die Bedeutung dieser Tatsache für die systematische Verwertung spricht sich schon darin aus, daß dieser Typus unmittelbar vor dem nächsten erwähnt wird. Hierher gehören Ophiopogon Jabnran undjaponicus. Über Liriope und Peliosanthes, die ich nicht untersuchen konnte, sagt Schulze nichts aus. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. . 59 446 Dr. E. Zweigelt, 4. Die Zahl der aus dem Blattstiel aufsteigenden Bündel ist sehr groß; die Orientierung zunächst variabel. Zwischen den Bündeln laufen zahlreiche, isolierte Baststränge; die Orientierung der großen, für die Dorsiventralität entscheidenden Bündel stimmt mit Ophiopogon überein. In der Blattspitze treten die Bündel bei Sansevieria kreisförmig zusammen und bilden eine scharfe Spitze. Hieher gehören die Arten von Sansevieria, ferner die von mir untersuchte Dracaena fragrans. Für alle 4 Typen gilt natürlich überdies, daß die einzelnen parallelen Nerven durch zahlreiche, kleine, oft senkrecht darauf gestellte Bündel miteinander verbunden werden (Queranastomosen). Zum 1. Typus sei folgendes nachgetragen: Die Gefäßbündel tragen in den meisten Fällen Bast- schienen, entweder vorwiegend auf der Leptomseite oder geschlossen um das ganze Bündel. Ein Mittel- nerv ist bisweilen nicht deutlich ausgeprägt und ergibt sich dann aus der Lage am Punkte der stärksten Krümmung (Rhodea japonica, Textfig. 15). Im Gegensatze dazu besitzen die Smilax-Arten stets einen deutlichen Mittelnerv, der meistens aus einer größeren Anzahl von Gefäßbündeln zusammengesetzt ist, deren Bastscheiden dann häufig zusammenfließen. So besitzt Smilax aspera konstant 3 Bündel (Text- fig. 16), Sm. syphilitica meist 5 Bündel, indem zwischen den größeren je ein kleines auftritt, Sm. sagittae- folia nur 1 Bündel im Mittelnerv. Aus Textfig. 16 geht zugleich die eigentümliche Verteilung der Bündel hervor, die sich schon makroskopisch im Auftreten einiger weniger Hauptnerven (bei Sm. aspera und syphilitica zum Beispiel 3) Fig. 15. Fig. 16. zu erkennen gibt. Hinter den beiden großen Seitennerven sind die Blattränder häufig nach aufwärts geschlagen und führen in diesen Abschnitten der Blattspreite einige größere Bündel. Wie schon oben erwähnt, sind die Blattstiele in Ranken umgewandelt. | Aus den beiden Textfig. 17 und 18, die sich auf zwei verschiedene Species beziehen, erhellt, daß die Bündel in den Blattstielen annähernd in einem Kreise stehen, das Leptom nach außen, das Hadrom nach innen kehren. Die Blattränder sind miteinander verwachsen. Die Auflösung der Ranke zur Blatt- lamina beginnt damit, daß an der Oberseite eine Rinne entsteht, die immer tiefer wird und die Bündel nach "zwei Spreiten auseinanderlegt. Durch nachträgliche Verflachung wird die normale Blattgestalt hergestellt. ! Der Gefäßbündelverlauf von Aspidistra muß uns jedoch etwas ausführlicher beschäftigen. Das Blatt beginnt am Rhizom mit einem stengelartigen, fleischigen Stiel, in dem die Gefäßbündel in großer 1 Anschließend daran möchte ich die Besprechungen deı eigentlichen Ranken von Smilax einschalten, die paarweise (links und rechts) an den Blattstielen auftreten, deren morphologische Natur noch nicht aufgeklärt ist, nachdem die alte Ansicht, es wären Nebenblattranken, aufgegeben werden mußte (J. Wiesner und K. Fritsch »Organ und System der Pflanzen« 3. Aufl. 1909, p. 82). Die Ranken zeigen durchwegs einen sehr mächtigen Zentralzylinder, der der Hauptsache nach aus echten Bastzellen gebildet wird; nur im Zentralteil liegt verholztes Markparenchym vor. Die wenigen Gefäßbündel zeigen nirgends die großen Gefäße wie im Stengel. Bei Smilax aspera lassen sich Hadrom und Leptom auch in alten Ranken noch deutlich unterscheiden, bei Smilax sagitiaefolia dagegen sind die Mestomstränge vielfach rückgebildet, gebräunt und funktionslos geworden. Häufig kommt es dabei zu Zerreißungen der Wände und Bildung von Hohlräumen. Die Rindenparenchymzellen sind durchwegs verholzt und schließen mit ihren Holzlamellen irekt an die Cuticularschichten der Epidermiszellen, über die eine stark gewellte Cuticula läuft, Spaltöffnungen habe ich keine gelunden. Leider stand mir nur altes Material zur Untersuchung zur Verfügung. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 447 Zahl und in mehreren Reihen nach aufwärts laufen (Textfig. 19 a). Die größten Gefäßbündel ordnen sich in einem weiten Bogen an der Unterseite an, während kleinere das ganze »Mark« erfüllen. Natürlich ist jetzt der Begriff Unterseite noch nicht sofort festzustellen. Denn alle großen, peripheren Bündel kehren die Leptomseite nach außen, das Hadrom nach innen und nur an einer Stelle findet sich Fig. 17. Fig. 18. eine rinnenförmige Einbuchtung, von der aus sich durch weitere Entfaltung der Blattfläche die Oberseite entwickelt. An dieser Vertiefung finden sich keine Gefäßbündel und alle kleineren zentralen Bündel ordnen sich wie in einem Caulom im gleichen Sinne wie die peripheren. Gleichzeitig mit der regelmäßigen Fig. 19. Gruppierung der Stränge entwickelt sich in einer Entfernung von zirka 5—8 Zelllagen von der Epidermis ein. mechanischer Ring, dessen Zellen zunächst collenchymatisch sind, sich aber bald zu echten Bast- fasern differenzieren, die nur zwei Lagen umfassen und ungemein scharf gegen Rinde und Mark abgegrenzt sind. Geschlossen ist dieser Ring nie. Er bildet an der präformierten Oberseite (der Einbuchtungsstelle) einen Strang, der immer sehr deutlich ist und dessen Zellen sich bald unmittelbar an die Epidermis anlegen, zu beiden Seiten derselben aber ist der Ring durch indifferentes Parenchym unterbrochen und 1 Nur sind im Caulom die größten Bündel zentral, die kleinsten peripher gelagert, 59* 448 DIESER: Zweigelt, setzt sich erst jenseits davon, die ganze Unterseite umfassend, deutlich fort. Die Gefäßbündel streben mit Ausnahme der Dorsalseite, die davon frei bleibt, alsbald dem Bastringe zu und verschmelzen ‚mit ihren Bastscheiden mit demselben, so daß der Anteil der ursprünglichen Scheide und des mechanischen Ringes am ventralen Bastbelag nicht mehr auseinander gehalten werden kann. Sodann löst sich der mechanische Ring zwischen den Bündeln auf; diese streben immer mehr der Epidermis zu, an die sie sich früher oder später direkt anlegen. Die Zahl der kleinen, markständigen Gefäßbündel wird alsbald völlig reduziert, die Bastplatte der Dorsalseite verwandelt sich sukzessive in einen Bastzylinder, der genau dem Mittelnerv gegenüber zu liegen kommt. Die großen Bündel bilden schließlich dann, wenn sich das Blatt völlig ver- flacht hat, die Hauptnerven, während die Zwischennerven aus ursprünglich markständigen Bündeln hervorgegangen sind, die schließlich in dieselbe Ebene wanderten, in der die großen Bündel liegen. Dann verschmilzt die Dorsalplatte mit der mechanischen Scheide des Medianus zu einem soliden, zwischen den beiden Epidermen gelegenen Mittelnerven (Textfig. 19» —]). Falkenberg (l. c.) erwähnt, daß sämtliche Gefäßbündel bei Aspidistra von gleichem Werte sind, indem sie aus dem Blattstiel in den Zentralzylinder des Stammes eintreten, ohne sich längere Zeit in der Rinde aufzuhalten, und die den Palmentypus in reinster Form darstellen. S. Schwendener rechnet in seinem »Mechanisches Prinzip...«, |. c., p. 82, die Blattstiele von Aspidistra lurida zum 2. System (»der inneren Träger, die Bastbeläge berühren die Epidermis nicht, sondern sind durch chlorophyliführende Zellen von derselben geschieden«), und zwar zum 7. Typus »unterbrochener Ring mit nach innen vorspringenden Rippen«. Er schließt somit diesen Fall unmittelbar den Stammorganen mit Bastring an. Die Blätter (Lamina) rechnet Schwendener dagegen in seinen 6. Typus. Ophiopogon vorläufig übergehend, will ich nun den Gefäßbündelverlauf von Sansevieria (Textfig. 20) besprechen. Auch hier beginnen die Laubblätter fast stengelartig und dickfleischig und sind die Bündel am Querschnitte in großer Zahl verstreut vorhanden. Doch ein Blick ins Mikroskop lehrt, daß hier die Dinge ganz anders liegen, an einen auch entfernten Vergleich mit Aspidistra gar nicht zu denken ist. Ober- und Unterseite sind von Anfang an schon ausgebildet. Die Bündel liegen zerstreut, und zwar die größten zu innerst (von einem Mark kann man nicht sprechen) kleinere Bündel der Peripherie genähert (Textfig. 20, I). Die Orientierung der Bündel ist allgemein so, daß die Hadromseite der ventral laufenden Bündel nach oben oder innen gerichtet ist, während kleine dorsallaufende Bündel ihr Leptom nach außen (zur morphologischen Oberseite) kehren. Während bei Aspidistra trotz der großen Zahl von Bündeln, deren Symmetrieebenen immer zu den Tangentenflächen in den betreffenden Schnittlinien der Epidermen senkrecht standen, nehmen dieselben hier sehr verschiedene Lagen ein: Die Symmetrieebenen erscheinen in der Weise gedreht, daß der Winkel, den die beiden Ebenen (Symmetrieebene und Tangentialebene) an der Ventralseite auf der dem Medianus zugekehrten Seite miteinander einschließen, immer größer wird, je mehr wir uns dem Blattrande nähern und schließlich in bezug auf das äußerste (randständige) Bündel nahezu den Wert von 180° erreicht, die beiden Ebenen also fast parallel laufen. Die kleinen dorsalen, zu den ventralen im allgemeinen entgegengesetzt orientierten Bündel zeigen in ihrer Lage zueinander noch größere Variabilität, da ihrer Lage mehrere Zentren zu entsprechen scheinen. Für die großen Bündel, deren allgemeine Orientierung zu den Blattflächen oben gegeben wurde, gilt im allgemeinen der Satz, daß ihre Symmetrieebenen einander an der Oberseite schneiden, wobei die Symmetrieebenen der äußersten Bündel die des Medianus zuerst schneiden, während sie an der Unterseite divergieren. Zwischen den Bündeln liegen nun in ziemlich regelmäßiger Anordnung Bastbündel, deren größte (aus mechanischen Gründen gerechtfertigt!) an der Unterseite auftreten. Verfolgen wir die Bilder auf Querschnitten aufwärts, so bleiben die peripheren Bündel allmählich aus (II, III, IV), und außer den stärkeren ventralen bleiben konstant einige dorsale erhalten, die sich bis weit hinauf noch verfolgen lassen. Die isolierten Bastbündel werden schließlich reduziert. Gehen wir jedoch acropetal weiter, so krümmen sich die Blattspreiten nach oben, die Bündel sind am Querschnitte sichelförmig angeordnet (V). Schließlich krümmen sich die Ränder gegeneinander, die Dorsalseite wird auf eine kleine Rinne reduziert, die endlich auch verschwindet (VI, VII, und in der äußersten Blattspitze haben wir die Bündel in einem Kreise angeordnet (VIII). Die ganze « Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 449 ‚ Außenfläche entspricht nunmehr der ursprünglichen Blattunterseite. Auch die Niederblätter zeigen, was hier erwähnt sein mag, ein gleiches Verhalten in der Ausbildung der Blattspitze. Es erscheint am Platze, zum Vergleiche damit Dracaena fragrans heranzuziehen. Die Blätter beginnen bei Dracaena (Textfig. 21) allerdings nicht so dick und fast stielrund, sondern sind vielmehr Fig. 20. Zn FÜRS S N ee 2 CN av > .° SU abgeflacht, doch wird auch hier die Mittelrippe von einer größeren Anzahl von Bündeln gebildet, das heißt in der besagten Zone des Blattes bilden die Bündel mehrere Ebenen; die meisten wenden das Hadrom nach der Oberseite zu, nur einige kleine Bündel der Dorsalseite sind entgegengesetzt orientiert, Die Bilder 450 Dr Zuwien tellin, stimmen in dieser Hinsicht und namentlich mit Bezug auf die Schrägstellung der lateralen Bündel voll- ständig mit Sansevieria überein. Während aber bei Sansevieria die Bastrippen am ganzen Querschnitt verstreut waren, beschränken sie sich hier auf die beiden subepidermalen Zonen; in der Einzelentwick- lung sind sie mächtiger an der Oberseite, schwächer an der Unterseite, wo jedoch die starken Bast- schienen an der Leptomseite der Gefäßbündel das scheinbare Mißverhältnis korrigieren. Später über- wiegen an Mächtigkeit, wenigstens in der Region der Mittelrippe, die Bastbündel der Unterseite. Die Fig. 21. 0096 ) OHOWEOEO o.0 00909 Sn 008085 Olon76 & [e) = ”. ®e9% 8 o® o o o o [eXo) s =O 000.00000.0.00° a SS SoSese no 090 000 092000 G9°%0 095080802 SOIEE 50,0000° 03 a =) o © © & © o&8 9 _» © s © ® 0,0 0.00% 29,90 0002 0.2 beiden dorsalen Gefäßbündel, die entgegengesetzt orientiert sind, bleiben wie bei Sansevieria lange er- halten. Und Ophiopogon? Ophiopogon zeigt, wie in der Übersicht schon angeführt wurde, einen einfachen Typus, der für den rein deskriptiv-anatomisch arbeitenden Botaniker vor den letzten, eben besprochenen Typus gestellt werden muß. Für uns aber ist besonders die Lage der Gefäßbündel interessant, da hier die phylogenetische Betrachtung einzusetzen hat. Die Blätter von Ophiopogon stellen nach meiner Ansicht nicht einen einfachen, primären, sondern einen vereinfachten, rückgebildeten Typus dar; von den Gefäß- bündeln sind alle, die nicht mit den großen ventralen Bündeln in eine Reihe zu bringen waren, also auch die dorsalen, vollständig verschwunden, nur die ersteren mit ihrer so charakteristischen schrägen Orien- tierung sind erhalten geblieben. Die Bastrippen, die isoliert auftraten, sind bei Ophiopogon vollständig ver- schwunden. Aber es wird erinnerlich sein, daß bei den Ophiopogon-, Liriopa- und Peliosanthes-Arten Hypodermisstreifen auftraten, die unwillkürlich an die Bastbündel erinnern. Und dieser Vergleich ist um so eher statthaft, als die Hypodermiselemente bastähnlich sind, wenn sie nicht vielleicht teilweise wenigstens echte Bastfasern darstellen. Wir haben hier also eine im systematischen Teile noch zu behandelnde phylogenetische Reihe vor uns. Wennes Schulze auch als »verkehrt« bezeichnet, etwa aus dem Auftreten isolierter Bastfasern auf verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Sansevieria und Dracaena schließen zu wollen, so muß doch dieses Kriterium in Verbindung mit der Schrägstellung der Gefäßbündel, dem Auftreten von Krystallen in der Epidermis im positiven Sinne ausschlaggebend werden. Wie gesagt, ist es notwendig, die Blätter aller Dracaenoideen auf ihren anatomischen Bau zu untersuchen, um den Anschluß der Ophiopogonoideen an richtiger Stelle vornehmen zu können. Die Antwort auf die Frage, wieso denn überhaupt die Schiefstellung der Symmetrieebenen der Gefäßbündel erklärt werden kann, ist schwer zu ermitteln. Es macht den Ein- druck, als wären Bündel wie bei den Phyllokladien, denen manchmal auch unregelmäßige Orientierung zukommt, aus einem Ring lateral ausgewandert. Daß namentlich den dorsalen Bündeln manchmal mehrere Zentren zugesprochen werden müssen, kompliziert die Sache noch mehr. Ich habe weder selbst an Serien- Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 451 Y gefunden, glaube aber, daß es sich um ein phylogenetisches, nicht näher erklärbares Merkmal einer Pflanzengruppe handelt. Bau der Gefäßbündel. Die Bündel zeigen im Blatte geringere Variationsweiten; namentlich gilt die Tatsache, daß Leptom und Hadrom einfach aneinandergrenzen, ohne daß das Leptom vom Hadrom teil- weise umscheidet und eingeschlossen wäre; auch die Gefäße zeigen keine solchen Größenverschieden- heiten, wie etwa im Stengel von Asparagus usw. Im einfachsten Falle finden wir auch gar keine Schutzscheiden vor; das Leptom zeigt an seiner Außenseite bisweilen recht deutliche Collenchymbildungen in der Umgebung der Cribralprimanen. Hieher gehören: Majanthemum, Smilacina, Polygonatum multiflorum, officinale und verticillatum, ferner Paris und Trillium. Die wasserleitenden Elemente zeigen dieselben Typen wie im Stengel. Die Bastscheiden, beziehungsweise solche anderer, physiologisch gleichwertiger Elemente umgeben die Bündel entweder vollständig (Luzuriaga, Lapageria, Textfig. 13, p. 44 [440], Aspidistra, Ophiopogon und Smilax), oder sie bilden nur Schienen, welche entweder auf der einen oder auf beiden Seiten verlaufen; nur das Leptom schützen sie bei Sansevieria, Dracaena, Leptom und Hadrom begleiten sie bei Disporum, Convallaria Reineckia, Rohdea. Speziell besprochen seien in folgendem einige interessante Bildungen: die Gefäßbündel von Rohdea japonica (Taf. X, Fig. 110) sind ungemein schmal und plattenförmig. Die Gefäße und Tracheiden sind zu zwei deutlichen parallelen Strängen angeordnet, die entweder V-förmig zusammen- schließen oder offen bleiben und dann durch Hadromparenchym verbunden werden. Das Leptom ist ungemein stark collenchymatisch, so daß am Querschnitt große Celluloseplatten auftreten; im Sinne der Streckung treten dorsal und ventral mächtige Bastschienen auf, deren Elemente ungemein scharf gegen das Grundgewebe abgesetzt sind. Die Gefäßbündel von Dracaena und Smilax unterscheiden sich von den bisher besprochenen Pflanzen dadurch, daß Bastzellen aus der Bastscheide in das Leptom einwandern und dasselbe in mehr oder weniger gesonderte Stränge zerlegen. Für Dracaena beobachtete ich zwei Bast- brücken, so daß neben einer zentralen Hauptmasse des Leptoms 2 kleine Seitenstränge auftreten. Ferner wird das Hadrom, dessen äußere Gefäße den größten Durchmesser haben, überdies von Bastzellen über- lagert, so daß Hadrom und Leptom vollständig getrennt sind. Bei Smilax sind die Bilder je nach der Species verschieden: Smilax syphilitica (Tektfig. 22) zeigt in der Mittelrippe (die lateralen Bündel sind durchwegs einfacher) Gefäßbündel, deren Leptom durch eine zwischengelagerte Bastbrücke in 2 getrennte Zylinder zerlegt wird. Das Hadrom von Sm. syphilitica besteht aus zahlreichen kleinen Gefäßen und Tra- cheiden, während bei Sn. aspera außerdem auch große Gefäße auftreten. Am Schlusse möchte ich noch Veränderungen besprechen, die im Leptom von Convallaria, Aspi- distra und Ophiopogon auftreten und auf die sich (Taf. IX, Fig. 95), Textfig. 23, und die Fig. 4, p. 102, in Fig. 22. Fig. 23. L = Leptom. o a) I 6 AO 09% © 5 H = Hadrom. Kny, l. c., beziehen. Auf Querschnitten erscheint das Leptom (bei Convallaria am wenigsten) durchwegs verholzt. Hinreichend dünne Querschnitte lehren jedoch, daß zartwandige, unverholzte Zellen (Siebröhren) 45: Dr. E. Zweigelt, in ein dichtes Netz mechanischer, verholzter Zellen eingesprengt sind (Taf. IX, Fig. 95). Ebenso Textfig. 23 für Ophiopogon Jaburan. Die Zellen der Scheide sind prosenchymatisch (echte Bastzellen) und gehen allmählich in die parenchymatischen reich getüpfelten Zellen im Leptom über. Daß die Zellen keine Bast- zellen sind, ist klar und die in der Literatur vertretenen Anschauungen gehen dahin, daß wir in ihnen wahrscheinlich veränderte Geleitzellen vor uns haben, während die Siebröhren unverändert geblieben sind, wofür wohl auch die Verteilung am Querschnitte spricht. Bei Convallaria haben wir gewissermaßen erst das Anfangsstadium, als im Leptom vereinzelt mechanische Zellen auftreten, die kaum eingewandert, sondern aus dem Leptom selbst hervorgegangen sein dürften. Nach Schulze durchzieht bei Dracaena densifolia ein Netzmaschenwerk das Leptom am Querschnitt, während ich bei D. fragrans nur 2 Bast- brücken beobachtet habe. Ferner schließen sich nach seinen Angaben dem Typus Aspidistra, Ophiopogon usw. noch an: Peliosanthes, Liriope, Speirantha, Aletris, wie wir sehen, Vertreter verschiedener Unter- familien und Tribus, weshalb dieses Merkmal kaum ausgedehnt verwendet werden darf. Interessant ist es immerhin, daß Peliosanthes und Liriope mit Ophiopogon übereinstimmen, während nur Sansevieria von diesem Typus ausscheidet. Schulze bringt in seiner Arbeit (p. 329) eine übersichtliche Zusammenstellung des Leptombaues bei den Liliaceen, auf die hier verzichtet sein mag. II. Rudimentäre Laubblätter. Mit Rücksicht darauf, daß bei den Asparageen die Achselsprosse (Phyllokladien) zu Assimilations- organen geworden sind, ist diese Funktion bei den Laubblättern überflüssig geworden, sie wurden rück- gebildet. Diese Rückbildungserscheinungen erfaßten naturgemäß alle Organe des Blattes. Porsch (l.c.) hat sich nur mit dem Spaltöffnungsapparat eines Vertreters (Ruscus hypoglossum) beschäftigt und die Rück- bildungen mitgeteilt. Im folgenden sollen aber, soweit sich Besonderheiten ergeben, alle Gewebesysteme berücksichtigt werden. In jedes Laubblatt von Asparagus officinalis (wie auch anderer Asparagus-Arten) zieht nur ein einziger Fibrovasalstrang, während in den phylogenetisch noch jüngeren Laubblättern der Ruscus-Arten eine größere Zahl von Gefäßbündeln auftritt. Der Grad der Rückbildung ist sehr verschieden: Ziemlich unverändert sind die Bündel der Ruscus-Arten. Jedes Bündel besteht aus einem deutlich entwickelten Hadrom und einem zartwandigen Leptom, beide umgeben von einem starken, verholzten mechanischen Ring, der scharf gegen das Mesophyll abgegrenzt ist. Demgegenüber ist der nur in der Einzahl vorhandene Fibrovasalstrang bei Asparagus viel weiter rückgebildet und verändert worden. Eine Unterscheidung von Leptom und Hadrom ist nicht mehr möglich, die kleinzelligen Elemente des Leitbündels sind stark gebräunt und von unregelmäßigen Collenchymplatten. durchzogen. Eine Grenze gegen das Mesophyll ist nicht gegeben, da von einem mechanischen Ringe nichts zu erkennen ist. Auch das Mesophyll zeigt vielfach collenchymatische Verdickungen. Raphidenbündel finden sich in vielen Zellen. Die übrigen Asparagus-Arten weichen von dem für A. maritimus gegebenen Verhalten nicht wesentlich ab. Die Epidermiszellen bilden eine Lage an der Ober- und an der Unterseite, die gegen das subepidermale Gewebe nicht scharf gesondert ist, da die Epidermiszellen verschieden hoch sind, Zellen des subepider- malen Gewebes in das Niveau der Epidermis hinaufragen, anderseits Zellen der letzteren wieder in das darunterliegende Gewebe hinabsteigen. Bei den Ruscus-Laubblättern sind die Epidermiszellen durchwegs eutinisiert, alle Wände sind gleich dick und auch das anschließende Mesophyligewebe zeigt denselben Bau wie die Epidermiszellen, so daß letztere nicht scharf vom ersteren getrennt werden können. Im Gegensatze dazu bleiben die Epidermiszellen der Asparagus-Laubblätter meist dünnwandig, bilden unregelmäßige Konturen, lokale Verdickungen und sind durchwegs gebräunt. Die Chlorzinkjodreaktion färbt die Wände aller Zellen (auch des Mesophylis) bei Asparagus und Ruscus braun, was auf eine allgemeine Cutinisierung schließen läßt. Für die phylogenetische Betrachtung bietet der Bau der Spaltöffnungen sehr wertvolle Anhalts- punkte. Bei den Asparagus-Arten treten sie im allgemeinen spärlich auf, sind großenteils funktionsfähig, ° Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 453 teilweise rückgebildet (Taf. IX, Fig. 104). Bauchwände mäßig verdickt, Cuticularleisten deutlich, Rücken- wände dünn. Hautgelenke sind bei der Zartheit der Außenwände überflüssig. Die Konturen in der Fläche sind unregelmäßig. Interessanter und mannigfaltiger sind die Rückbildungserscheinungen im Spaltöffnungs- apparat der drei Ruscus-Arten. Die Stomata sind trotz der Kleinheit der Blätter noch sehr zahlreich und über die ganze Unterseite verteilt. Die normalen Spaltöffnungen sind im Bau nicht viel von denen am Stengel verschieden: Die Schließzellen sind kleiner, die Spaltöffnungen scheinen etwas emporgehoben, die Bauchwände sind mäßig verdickt, Hautgelenk vorhanden. Bisweilen besitzen die Spaltöffnungen sehr kleine Schließzellen, ohne innere Cuticularleisten und ohne Hautgelenke in den Nebenzellen (Taf. IX, Fig. 100). Die Lumina der Schließzellen sowie der Epidermis- und angrenzenden Mesophylizellen sind übrigens mit feinen Körnchen erfüllt, die an den Wänden auftreten und deren histologischer und chemi- scher Charakter in ihnen dieselben faserkörperähnlichen Bildungen erkennen läßt, die uns beim Epiblem (p. 13 [409]) beschäftigt haben. Bezüglich der weiteren Rückbildungen möchte ich folgendes mitteilen: Ruscus acnleatus besitzt den größten Prozentsatz funktionsfähiger Spaltöffnungen. Reduktionen kamen hauptsächlich in dem Sinne vor, daß die Zentralspalte vernichtet wurde, indem die hinteren Cutieular- hörner zu einer einheitlichen Leiste verwachsen sind. Weit höher ist die Zahl der funktionslos gewordenen Spaltöffnungen bei Ruscus hypoglossum (Taf. IX, Fig. 93). Entweder bleibt die Zentralspalte erhalten, die Wände (auch die Rückenwände) werden so verdickt, daß jeder Bewegungsmechanismus aufhören muß, oder die eine Schließzelle ist zerdrückt, die Zentralspalte verschwunden und dergleichen mehr. Ruscus hypophyllum zeigt die weitestgehende Reduktion: Zentralspalten sind fast nirgends mehr erhalten, entweder bleibt die Entwicklung auf dem ersten Teilungsstadium stehen oder die eine Schließ- zelle entwickelt sich normal, die zweite fehlt vollständig (Taf. IX, Fig. 94) oder es treten andere Ver- zerrungen auf, die ein Funktionieren ausschließen. — Anschließend an diese Betrachtungen möchte ich auf die Tatsache hinweisen, daß die Rückbildungen der Stomata am Laubblatt und am Rhizom ziemlich gleichen Schritt halten (s. p. 17 [413]); daß wir also aus der Kombination beider Erscheinungen auf die phylogenelische Reihenfolge schließen können, nach welcher Ruscus aculeatus als das jüngste, hypoglossum als ein älteres, hypophyllum als das älteste Glied zu gelten hat, in dem die Reduktionen am frühesten eingesetzt haben, demzufolge am weitesten vorgeschritten sein mußten. Es ist eigentlich selbstverständlich, daß die'Rückbildung der Laubblätter und die morphologische Umgestaltung der Caulome zu blattähnlichen Phyllokladien gleichen Schritt gehen. Unter Hinweis auf das von den Phyllokladien Gesagte genügt es festzustellen, daß die Laubblätter der noch jugendlichen Ruscus-Arten die größte Ursprünglichkeit bewahrt, die ältesten Typen dagegen wie Asparagus, deren Phyllokladien die höchste Entwicklung zeigen, in den Stätten ehemaliger Assimilationstätigkeit die weitestgehende Rückbildung erfahren haben. Die Niederblätter. Die Niederblätter zeigen eine sehr große Mannigfaltigkeit; dieselbe besieht darin, daß dieselben ent- weder der einen Hauptfunktion, die mechanische Festigkeit der von ihnen bedeckten Knospen und cam- bialen Gewebe zu erhöhen, angepaßt sind (zum Beispiel Asparagus) oder daß sie, um das zweite Extrem heranzuziehen, die Laubblätter ausgiebig in ihrer Assimilationstätickeit unterstützen (Sansevieria, Aspi- distra) und demgemäß auch laubblattartig entwickelt sind. Die meisten Niederblätter nehmen jedoch eine intermediäre Stellung ein, wie aus dem beschreibend anatomischen Teil dieses Abschnittes hervorgehen wird. Leider hatte ich nicht Gelegenheit, die Niederblätter aller Pflanzen zu untersuchen, so daß mir ein diesbezügliches Urteil namentlich über die Vertreter der letzten Unterfamilien abgeht. Das Niederblatt der Asparagus-Arten. Die Gründe, warum diese Niederblätter herausgegriffen und gesondert besprochen werden, ergeben sich unmittelbar aus gewissen Rigentümlichkeiten, die dem inter- calaren Aufbau zu dienen scheinen, für Liliaceen aber meines Wissens noch nicht beobachtet wurden. Die Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIl. Bd. 60 454 Dr. F. Zweigelt, Epidermis der Unter- (Außen)seite besteht meistens aus höheren Zellen als die der morphologischen Oberseite. Die Mittellamellen aller dieser Zellen sind stark cutinisiert, beziehungsweise verkorkt und ringsum lagern sich gleichmäßig Celluloseschichten an. Besonders schön lassen sich die Tatsachen an A. officinalis (Taf. IX, Fig. 91) beobachten. In sehr vielen Fällen, wie auch hier, geht dieser Umbildungs- prozeß weiter und sonach finden sich an der Ober- und Unterseite 2—3 Schichten von Zellen mit ver- korkten Mittellamellen und angelagerten Celluloseschichten. Jedoch verhält sich nicht das ganze Blatt in seiner ganzen Ausdehnung gleich; spitzenwärts treten die Celluloselamellen zurück und wir haben nur mehr die verkorkten Mittellamellen, beziehungsweise genauer gesagt, Suberinlamellen, die sich den primären Membranen angelagert haben (Taf. IX, Fig. 98). Spaltöffnungen treten an der Unterseite ziemlich häufig auf, doch sind sie nur in wenigen Fällen funktionsfähig (A. officinalis, acntifolius). Mit Rücksicht darauf, daß die Celluloselamellen in den den Schließzellen benachbarten Epidermiszellen auch den Rücken- wänden der Schließzellen sich anlagern, wird die Bewegungsmöglichkeit vollständig aufgehoben; daß diesen Stomaten doch eine gewisse Bedeutung für die Transpiration, wenigstens eine kurze Zeit hindurch zukommen mußte, dafür spricht die relative Dünnheit der periklinen Wände der unmittelbar darunter liegenden Zellen. Daneben kommen auch normale Spaltöffnungen mit kleinen, emporgehobenen Schließ- zellen vor, so bei A. maritimus und anderen. Das Mesophyll ist dünnwandig, relativ großzellig, von Raphidenzellen durchzogen ünd, abgesehen von den spezifisch mechanischen Einrichtungen, in einigen Fällen, so bei A. maritimus auch collen- chymatisch verdickt. Die Gefäßbündel, wenn man überhaupt noch von solchen reden kann, sind völlig verändert. Dort, wo wir die Bestandteile von Mestomsträngen erwarten sollten, liegen Gruppen von Sklereiden, die ver- einzelt (Taf. IX, Fig. 91) noch einige wenige dünnwandige Zellen umschließen, die wir wohl als Reste von Leitelementen auffassen müssen. Die Sklereiden sind parenchymatisch bis prosenchymatisch, reich getüpfelt und von einer stark lichtbrechenden gelben Masse erfüllt, die uns schon in den Rhizomen begegnet ist. Mit Rücksicht darauf, daß die gelben Massen im Rhizom nur in den Tracheiden der den Niederblättern zustrebenden Bündel auftraten, ferner, daß die Zellen schon im Rhizom auffallende Ver- dickung ihrer Wände aufwiesen, sind wir einigermaßen berechtigt, in den Sklereiden teilweise wenigstens umgewandelte Teile des Gefäßbündels zu erblicken. Neben diesen Sklereidengruppen finden sich in der Lamina überall auch andere, die nachweislich mit Leitbündeln gar nichts zu tun haben und, aus I bis 2 oder mehr Zellen bestehend, in gleichmäßiger Verteilung das ganze Blatt erfüllen. Die Anordnung der mechanischen Zellen in bezug auf die Lage näher der Ober- oder der Unterseite oder in annähernd gleichem Abstand zwischen beiden ist variabel. So finden sich die Zellgruppen bald außen und innen bei A. officinalis, vorwiegend außen (an der Unterseite) bei A. tenuifolius. Interessant ist Fig. 24. ferner, daß sich diese Zellen vereinzelt oder in Gruppen bis in die äußersten Teile des Blattrandes vor- drängen, selbst dann, wenn die auslaufende Blattspreite nur mehr zweizellig geworden ist. Wir haben es hier also mit der Erscheinung zu tun, daß die Niederblätter sich selbst zu einem den wachsenden Stengel umscheidenden mechanischen Ring zusammensetzen. (20) Nur bei A. medeoloides als Vertreter der Unter- gattung Myrsiphyllum liegen auch im Mittelnerv gar keine Sklerenchymbildungen vor. Die Zellen sind zart, machen meristematischen Eindruck, geben sich aber sofort durch die Braunfärbung der Wände als Dauergewebe zu erkennen. Der Übergang ist in das großzellige, intercellularenreiche Mesophyll ist unscharf. Die Niederblätter der übrigen Gattungen mit Ausnahme von Aspidistra und Sansevieria sind durchwegs häutig, selten schwach grün und umgeben in mehreren Lagen (wie auch bei Asparagus) Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 455 den Stengel, beziehungsweise den Schaft. Besonders bei Convallaria, Texfig. 26, kann man die einzelnen Schichten schön beobachten. In dieser Region sind die Niederblätter vollständig zu einer Röhre geschlossen und erfahren erst viel weiter oben eine Aufschlitzung, nach welcher sie sich blattartig ausbreiten. Das einzelne Niederblatt zeigt in groben Zügen einen übereinstimmenden Bau, Texfig. 25 (für Majanthemum bifolium): Die Blätter sind flach, von einer größeren Anzahl von Bündeln durchzogen, zwischen denen das parenchymatische Mesophyli häufig zu großen regelmäßig angeordneten Luftgängen zerreißt. Die Epidermiszellen der Außenseite sind immer deutlich entwickelt, ihr näherer Bau schließt sich dem der Laubblätter an. Die Cuticula ist deutlich ausgebildet, doch schließen die Epidermiszellen immer polygonal aneinander, ohne gewellte, ineinandergreifende Radialwände zu besitzen, wenn solche auch den Laubblättern der betreffenden Pflanzen eigen waren (Trillium, Paris, Majanthemum). Die Epidermis der Ober- (Innen) seite ist immer sehr zart gebaut. Die Zellen sind breit und nieder und nicht im Sinne der Längsrichtung des Niederblattes gestreckt, eine Cuticula oft kaum nachweisbar. Die Radialwände besitzen häufig reiche Tüpfelung, so besonders bei Ruscus aculeatus (Taf. IX, Fig. 97), Fig. 25. Fig. 26. dessen Radialwände auffallend lange senkrecht zur Oberfläche orientierte Tüpfel tragen, so daß die ver- dickten Membranpartien ein Netz bilden. Die innere Epidermis geht später, wenn die Niederblätter ihre Funktion erfüllt haben, bald zugrunde. Wir haben in solchen Fällen nur mehr die Epidermis der Unter- seite mit den sich anlegenden Fibrovasalsträngen erhalten, denen zu innerst noch Fetzen des zugrunde- gegangenen Mesophylis anhängen. Manchmal geht der Prozeß noch weiter, daß zum Beispiel bei ver- schiedenen Polygonatum-Arten nur mehr Borsten von den äußersten gebräunten Niederblättern aufragen, die aus den konsistenteren Fibrovasalsträngen bestehen, in denen die Leitelemente ebenfalls zugrunde- gegangen sind und hauptsächlich mechanische Zellen den Strang aufbauen. Spaltöffnungen treten nur an der Unterseite und dort mit ziemlicher Regelmäßigkeit auf. Sie schließen sich im Bau dem für die betreffende Pflanze herrschenden Typus an. Einsenkungen unterbleiben, so daß die Schließzellen mit den Außenwänden der Epidermiszellen im gleichen Niveauliegen (Ruscus aculeatus), oder die Einsenkungen sind minimal, wenn sie auch für die betreffenden Laubblätter typisch waren (Polygonatum-Arten). Sehr spärlich finden sie sich an den recht einfach gebauten Niederblättern von Trillium und Paris. Rückgebildete Spaltöffnungen fand ich ziemlich häufig bei Polygonatıum verticillatum. Die inneren Hautgelenke sind durch die Verwachsung der Schließzellenwandung mit den Wänden darunterliegender Zellen häufig verschwunden oder die Schließzellen wurden durch teilweise Verwachsung der Rücken- und Bauchwände unbeweglich gemacht. Vereinzelt treten auch kleine, im Querschnitte drei- seitige Zellen auf, die möglicherweise auch mit Spaltöffnungen, die auf frühem Entwicklungsstadium stehen geblieben sind, in Zusammenhang gebracht werden können. Die Leitbündel zeigen durchwegs einen einfachen Bau; den einfachsten wohl bei Trillium und Paris. Daran schließen sich die Polygonatum-Arten, denen jede mechanische Scheide fehlt. Das Hadrom umgibt in schwachem Bogen die meisten Teile des Leptoms, während dessen äußere Partien frei gegen das Mesophyll vorragen. Mechanische Beläge an der Leptom- und Hadromseite finden sich nur bei Smilacina 60* 456 De WRSZ ner) tell, racemosa, Wo sie durch einıge wenige Bastzellen repräsentiert werden. Stärker ist die Bastschiene an der Leptomseite bei Convallaria majalis, Majanthemmum, Reineckia, Danad und Ruscns-Arten. Erwähnt sei, daß bei Dauad und den Ruscus-Arten die mechanischen (Stereiden, von echten Bastzellen kann man nicht sprechen) Scheiden sich sichelförmig um die Leitbündel legen, dieselben bisweilen ganz umschließen, daß dann die Bündel in den dünneren Blattspreiten fast nur mehr aus mechanischen Zellen bestehen, ein Ver- halten, das lebhaft an Asparagus erinnert. Doch treten hier unabhängig von den Gefäßbündeln keine mechanischen Zellen auf. Das Grundgewebe ist durchwegs dünnwandig, reich an Intercellulargängen, und führt Raphiden- bündel in Zellen, die gestaltlich denen im Rhizom gleichen. Eigenartig ist das Auftreten von großen Luft- räumen, die nur an der Oberseite vorkommen und durch Zerreißung des Gewebes entstehen. Das Niederblatt von Aspidistra elatior. Die Niederblätter (Textfig. 27) treten in größerer Zakl zusammen und bilden nach außen einen geschlossenen Zylinder, obwohl die Blätter keine verwachsenen, sondern nur übereinandergreifende Ränder besitzen. Je weiter nach innen, desto fleischiger und reicher Fig. 28. = . N. Gefäßbindel Rn an Gefäßbündeln sind die Blätter. Ähnlich wie bei den Laubblättern in einer höheren Region, treten auch hier die größeren Bündel der Hauptsache nach in einer Reihe auf, dazwischen liegen kleinere von deı- selben Orientierung wie die großen Bündel, jedoch häufig in mehreren Reihen (Textfig. 28). Der Bau der Epidermiszellen zeigt keine Verschiedenheiten gegenüber den Laubblättern; Spalt- öffnungen finden sich an der Unterseite in größerer Menge. Während jedoch die Laubblätter um die Gefäßbündel mächtige Bastscheiden besaßen und mechanische Elemente auch das Leptom durchsetzten, findet sich hier eine mechanische Scheide nur an der Leptomseite (Taf. IX, Fig. 92). Die Zellen derselben können größtenteils wenigstens nicht als Bastzellen angesprochen werden. Es verhalten sich überdies die einzelnen Niederblätter nicht gleich. Während die äußersten eine sehr starke Bastschiene besitzen, sind die innersten mechanisch fast gar nicht geschützt, so daß dort die Entwicklung der mechanischen Zellen auf einem embryonalen Stadium stehen geblieben ist. Auch das Leptom ist fast gar nicht von mechani- schen Zellen durchsetzt. Merkwürdigerweise findet sich auch an der Hadromseite ein Strang von Zellen, die durch ihre Kleinheit und den Mangel von Intercellulargängen auffallen und hinsichtlich der Aus- dehnung dem Bastbelag entsprechen, der in den Laubblättern an dieser Seite auftritt. (In den bezüglichen schematischen Figuren wurde er angedeutet.) Um diesen kleinzelligen Strang tritt nun eine deutliche Einzelendodermis auf, die nur den Caspary’schen Strich zeigt (Taf. IX, Fig. 92) und die ich merkwürdiger- Weise nie um das ganze Bündel herum verfolgen konnte, sondern entweder auf der einen oder andern Seite. Einzelendodermen sind mir sonst nirgends untergekommen. Das Mesophyll bietet nichts besonderes: Raphidenzellen und solche mit Einzelkrystallen sind vorhanden. Spitzenwärts führen die Parenchymzellen des peripheren Mesophylis Chlorophyll. Das Niederblatt von Sansevieria fasciata erinnert ebenfalls sehr an das dazugehörige Laubblatt, doch ist die Schrägstellung der Gefäßbündel weniger deutlich, die Epidermis der Oberseite ist bedeutend Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 457 zarter als die der Unterseite, Spaltöffnungen treten in der ganzen Ausdehnung des Blattes nur an der Unterseite und unmittelbar vor der Spitze in beschränkter Zahl auch auf der Oberseite auf. Die Spitzen der Blätter selbst zeigen dieselbe Eigentümlichkeit in der Gruppierung wie die der Laubblätter, die Bilder (Textfig. 20, V—VIIN) können ohne weiter auch für die Niederblätter gelten. Die Hochblätter. Hochblätter, in deren Achseln Blütenstiele entspringen, zu untersuchen hatte ich nur Gelegenheit bei den drei Ruscus-Arten, Ophiopogon Jaburan und Convallaria majalis. Hinsichtlich des Gefäßbündel- verlaufes bei Ruscus genügt es, auf das bei den Phyllokladien Gesagte hinzuweisen. Der Bau der Hochblätter ist nach dem Grade der blattartigen oder schuppenartigen Entwicklung verschieden. Ruscus hypoglossum besitzt Tragblätter, die im feineren anatomischen Bau (Assimilations- gewebe, Epidermiszellen, Spaltöffnungen etc.) mit den betreffenden Phyllokladien übereinstimmen, auch treten die Spaltöffnungen auf beiden Blattflächen auf, doch .sind die Blattnerven immer aus einzelnen Gefäßbündeln aufgebaut, die einen starken Bastbelag tragen. Bei R. hypophyllum gehen die Veränderungen schon bedeutend weiter. Die Epidermiszellen sind viel kürzer als am Phyllokladium, die Spaltöffnungen besitzen kleine Schließzellen, die in das Niveau der Außenwände der Epidermiszellen emporgehoben sind, die Hörnchen im Vorhof, die bei dem Phyllokladium ein Charakteristikum darstellen, scheinen durchwegs zu fehlen. Gegen die Blattspitze verholzen die subepidermalen Zellen sehr stark und lehnen sich direkt an die Epidermiszellen an oder es sind die Bastzellen der Gefäßbündelscheiden selbst, die sich bis an die Epidermiszellen herandrängen. Auch die Gefäßbündel erfahren in dieser Region eigenartige Veränderungen (Taf. IX, Fig. 101). Hadrom und Leptom sind kaum mehr zu erkennen. Bastzellen sind an der einen Seite vorhanden und anschließend daran umgibt den kleinzelligen teilweise collenchymatischen zentralen Strang eine Gruppe von Zellen sehr aberranter Gestalt. Man gewinnt den Eindruck, als ob ganze Zellen zu soliden Celluloseprismen geworden wären; ungefärbt sind sie stark lichtbrechend und schwach gelblich und lassen deutliche, weiße Mittellamellen erkennen; die Holzreaktion, die die Bastzellen intensiv rot färbt, gibt diesen Zellen einen gelbroten Ton, was zweifellos für die Verholzung spricht. Wie diese Zell- gruppen entstanden sind, ob sie Teilen des Gefäßbündels, etwa dem Hadrom, ihren Ursprung verdanken, ist vorläufig noch rätselhaft. Erwähnt sei ferner, daß andere Zellen innerhalb des Bastbelages einseitige Wandverdickungen zeigen, wie solche Bildungen sonst nur für Wurzeln charakteristisch sind. In vielen Zellen des Mesophylis finden sich braune Inhaltskörper. Bei Ruscus acnleatus sind die Bündel der Hoch- blätter sehr schwach, abnorme Bildungen habe ich keine gesehen, Spaltöffnungen kommen nur an der Unterseite vor. Ophiopogon Jaburan besitzt Hochblätter, die am Grunde noch 3, in der oberen Hälfte nur mehr 1 Gefäßbündel enthalten, dem sich an der Unterseite einige Bastzellen anlegen. Das Bündel liegt in einem Mantel von Mesophylizellen, die nach außen durch die beiden, nur an der Unterseite mit Spaltöffnungen versehenen Epidermen begrenzt sind. Die Epidermiszellen des Blattrandes sind unregelmäßig papillös vorgewölbt. Convallaria majalis besitzt im Mesophyll des Hochblattes zarte Leitbündel mit einigen Bast- zellen an der Leptomseite und im übrigen ist das ganze Mesophyll einschichtig; große, farblose Zellen spannen sich zwischen den beiden Epidermen aus. An der Unterseite treten Spaltöffnungen auf. Die Perianthblätter. Die Blütenblätter sind entweder Perigonblätter, von sepaloider oder petaloider Ausbildung, deren beide Kreise keine anatomischen Verschiedenheiten zeigen oder die äußeren und inneren Perianthblätter sind anatomisch mehr oder weniger verschieden wie bei Paris und Trillium. Perigonblätter untersuchte ich bei Asparagus officinalis, Ruscus aculeatus und hypophyllum, Majan- themum bifolium, Smilacina racemosa, Polygonatum officinale und multiflorum, Rohdea japonica, Aspi- distra elatior, Convallaria majalis und Ophiopogon Jaburan. 458 Dr. E. Zweigelt, Die Perigonblätter sind im allgemeinen zart gebaut. Die Epidermiszellen tragen eine häufig gewellte Cuticula, während Cuticularschichten durchwegs fehlen. Die Epidermen der Ober- (also Innen) seite zeigen häufig papillöse Vorwölbungen; so finden wir schon bei Polygonatum officinale Ausbauchungen der Außenwände; diese Erscheinung geht noch viel weiter bei den Blüten der Ruscus-Arten (Taf. IX, Fig. 90). Die Epidermiszellen sind in ungemein zierlicher Weise in lauter Zäpfchen ausgezogen, über deren Oberfläche feine Cuticularleisten laufen. Diese die ganze Oberseite bedeckenden Zellen greifen auch über den Blattrand hinüber und hören an der Unterseite allmählich auf. Für Ruscus aculeatus sei überdies bemerkt, daß in allen diesen Zellen Antheyan auftritt. Während bei Polygonatum officinale die Zellen der Oberseite nur schwach vorgewölbt sind, treten bei P. multiflorum an der Oberseite neben Papillen schon mit freiem Auge sichtbare Haare auf, die, besonders stark im unteren Teil der Blumenkronröhre, nach oben allmählich abnehmen (Taf. IX, Fig. 99). Diese Haare sind untereinander recht verschieden. Neben kurzen 1 bis 2zelligen treten lange vielzellige Haare auf, deren Zellen große Zellkerne besitzen und deren Oßer- wände häufig in einer Erweiterung des zylindrischen Haares liegen, so daß recht charakteristische Bilder entstehen. Die Bedeutung dieser Haare ist rätselhaft. (**). Spaltöffnungen treten nur an der Unterseite auf. Unabhängig davon, wie die Stomata an den übrigen Vegetationsorganen ausgesehen haben, sind sie an den Blütenblättern nirgends eingesenkt, die Schließzellen sind sehr klein und werden in das Niveau der Außenwände der Epidermiszellen gerückt (Aspidistra elatior). Im Gegensatze zu diesem Bautypus Aspidistra, Ophiopogon Jaburan und Convallaria majalis sind die Spaltöffnungen an den Blütenhüllblättern von Rohdea, Polygonatum- und Ruscus-Arten durchschnittlich größer. In manchen Fällen treten Rückbildungen auf, so bei Ruscns-Arten dadurch, daß eine innere Atemhöhle nicht mehr ausgebildet wird, bei Aspidistra (Taf. IX, Fig.96.a,b,c) dadurch, daß die eine Schließzelle senkrecht zur Längsrichtung geteilt wird oder daß beide Schließzellen unter gleich- zeitiger Fixierung des Punktes der stärksten Krümmung an der Rückwand konkav einsinken u. dgl. mehr. Die Zahl der Stomata ist im allgemeinen verschieden; relativ klein bei den beiden Ruscus-Arten. Die Flächenansicht der Spaltöffnungen stellt nicht immer Ellipsen, sondern wie bei Convallaria majalis (Taf. IX, Fig. 103) auch Polygone dar, welche zwischen die polygonalen Epidermiszellen eingeschaltet werden. Die Zahl der Gefäßbündel ist im allgemeinen gering; mechanische Zellen sind in ihrem Umkreis selten und wenn die Gefäßbündel in zwei Reihen hintereinander liegen, wie in der Perianthröhre von Poly- gonatum officinale oder zum Beispiel Rohdea japonica (Textfig. 29), dann erklärt sich diese Erscheinung aus der Verwachsung der Pilamente mit der Blumenkronröhre und der innere Kreis en. von Gefäßbündeln gehört den Filamenten an. Demgemäß sind die Bündel auch im ER selben Sinne orientiert, alle kehren die Hadromseite nach Innen. Das farblose Grund- N S gewebe führt häufig Raphidenzellen und namentlich möchte ich die großen Raphiden- zellen von Aspidistra erwähnen, die unmittelbar unter der Epidermis liegen und ls BI welche die kleinen Epidermiszellen über sich emporwölben. In der Fläche sind die RS Ir Fpidermiszellen von Aspidistra schwach gewellt. Stärkekörner und Fetttröpfchen kommen in Blütenblättern häufig vor. Die äußeren Perianthblätter von Paris und Trillinm schließen sich im anatomischen Bau enge den Laubblättern an. Die Epidermiszellen greifen ebenso wie. dort mit ihren Radialwänden ineinander, nur mit dem Unterschied, daß hier trotzdem die Längsrichtung der Zellen im Sinne der des Blattes immer deutlich zu erkennen ist. Die Unterseite trägt reichlich Spaltöffnungen vom gleichen Bau wie in den Laub- blättern. Für Trillium sessile ist überdies im Gegensatze zu den Laubblättern das Auftreten warzig oder papillös vorgewölbter Epidermiszellen der Unterseite charakteristisch, die in Längsreihen angeordnet sind. Für den Bau des auf die Oberseite beschränkten Assimilationsgewebes gilt die interessante Tatsache, daß die Bildung von Armpalisaden weiter vorgeschritten ist als im Laubblatt. Bei Paris sind die Luftgänge schmal, die sie umgrenzenden Wandpartien an ihrer stärksten Krümmung verdickt und stellenweise kommt Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 459 es sogat' unter Vernichtung’ der Hohlräume zur Bildung solider Membranfalten, die in das Lumen vor- springen. Die Leitbündel entbehren jeder mechanischen Scheide. Die inneren Perianthblätter weichen ziemlich stark von den äußeren ab. Die Blätter sind schmal und nur von wenigen, bei Paris zum Beispiel 3 Nerven durchzogen, die durch einige schief ansetzende Anastomosen miteinander verbunden werden. Die lateralen Nerven bleiben indes bald aus und nur der Medianus zieht bis in die Spitze des Blattes. Die Seitenwände der Epidermiszellen sind bei Trillium gar nicht, bei Paris kaum und nur an der Unterseite gewellt. Die Spaltöffnungen sind sehr spärlich, so kommen auf das Blatt von Paris nur 10 oder 11 Stomata. Die Schließzellen sind weniger breit, ihre Innenwände sind häufig mit den Wänden des darunterliegenden Parenchyms verwachsen. Das Mesophyll zeigt keine Bildungen von Armpalisaden und erinnert an das im Laubblatte von Convallaria majalis. Die Zellen, deren äußerste Schichte Chlorophyll, allerdings nur in geringen Mengen führt, sind abgerundet und reichlich durchlüftet. Raphidenzellen sind vorhanden. Anhangsweise zur Anatomie der Phyllome möchte ich noch das Auftreten von Luteofilin besprechen, dessen Natur zuerst Molisch! untersucht und beschrieben hat. Indem ich bezüglich des Wesens dieses Körpers auf Molisch verweise, möchte ich nur seine Verbreitung besprechen. Nach Molisch kommen in erster Linie die Amaryllideae in Betracht, daran schließen sich einige Liliaceen, Commelinaceen, Gramineen und Lobeliaceen. Bei einigen Liliaceen: Convallaria majalis, Aspidistra elatior, Asparagus officinalis, Polygonatum multiflorum und vertieillatum kommt nach Molisch Zufteofilin konstant vor, während andere Gattungen, wie Ruscns hypoglossum, nach meinen Beobachtungen aber auch R. aculeatus und Sansevieria fasciata in dieser Hinsicht vollständig versagen. Weitere Beobachtungen liegen nicht vor. Es scheint aus dem Gesagten sich zu ergeben, daß das Auftreten dieses Körpers nicht in unmittel- bare Beziehungen zu den Fragen näherer oder entfernterer Verwandtschaft (die Amaryllideen vielleicht ausgenommen) gebracht werden kann. 1 H. Molisch, »Studien über den Milchsaft und Schleimsaft der Pflanzen«, Jena 1901, p. 94. 460 Dr. F. Zweigelt, ANHANG. Physiologische und andere Fragen. (Die Ziffern in Klammern ( ) anfangs der Zeile beziehen sich auf den laufenden Text des ersten Teiles.) (1) Nach meinen Untersuchungen, die im wesentlichen mit den Angaben M. ©. Reinhardt’s (Fuß- note !, p. 6 [402]) übereinstimmen, beschränkt sich das Hadromparenchym ausschließlich auf die unmittel- bare Umgebung der Gefäße, die es in 1 bis 2 Lagen umgibt. In größerer Entfernung und namentlich ohne Anschluß an Gefäße oder Tracheiden gibt es solche Elemente nicht. Denn wenn auch im Querschnitt eines verholzten Zentralzylinders ein Unterschied zwischen Hadromparenchym und den Stereiden nicht zu erkennen ist, so gibt doch der Längsschnitt die nötige Aufklärung. An einen direkten Stoffverkehr zwischen den größten Gefäßen ist daher normalerweise nicht zu denken; sondern alle streben der Peri- pherie (dem Pericambium) zu, wodurch der Verkehr zwischen den einzelnen Strahlen des radiären Bündels ermöglicht ist. Auch eine starke Verholzung des Pericambiums tut diesem Prinzipe keinen Abbruch, da die Zellen reich getüpfelt sind. (2) Ob es sich in den braunen Massen um eine bestimmte Gerbstoffart, den Wundgummi, handelt, konnte nicht endgültig entschieden werden. Gewisse Reaktionen sprachen dafür: Holzreaktion mit Phloro- gluein und Salzsäure (allerdings schwach), Unlöslichkeit im Alkohol, intensive und rasche Färbung mit Fuchsinlösung u.a. (Vgl. Strasburger, »Das botanische Praktikum«, 4. Aufl., Jena 1902, p. 280). Die physiologische Bedeutung des Spezialzylinders ist vollkommen unklar, namentlich das Auftreten von zweierlei Zellformen; vielleicht handelt es sich um gewisse Schutzeinrichtungen älterer Wurzeln, womit das Braunwerden der Wände in Einklang stehen würde. (2) Die Unterscheidung von Nähr- und Haftwurzeln ist natürlich nicht so zu verstehen, daß die einen nur Absorptionsorgane, die anderen nur Haftorgane wären, sondern die in Rede stehenden Haupt- funktionen wiegen bei den beiden verschieden stark vor; esist immerhin möglich, daß eine und dieselbe Wurzel zuerst Nähr- und später Haftwurzel wird, der Unterschied also nur vom Alter abhängt. Immerhin ist es interessant, daß zwei gleich dicke Wurzeln verschieden entwickelt sind, ja daß eine dickere sogar mechanisch viel schwächer ausgerüstet sein kann als eine relativ dünne Wurzel. () K. Kroemer (»Wurzelhaut, Hypodermis und Endodermis der Angiospermenwurzel«, Bibliotheca botanica, Heft 59, 1903) und mit ihm H. Müller, |. c., bringen für die einzelnen Bildungsstadien der Endo- dermen eine reiche Terminologie, indem sie außer Embryonalendodermen auch noch Primär-, Sekundär- und Tertiärendodermen unlerscheiden, wobei für sie das Vorhandensein eines Caspary’schen Striches, beziehungsweise außerdem das einer Suberinlamelle oder schließlich von Celluloseschiehten maßgebend ist. Der Kürze halber wird hier und da der eine oder andere Terminus erwähnt. Allerdings ist ja diese vom ontogenetischen Standpunkte sehr wertvolle Spezialisierung für eine vergleichend anatomische Arbeit ziemlich belanglos, als wir es hauptsächlich mit dem Endstadium der Entwicklung zu tun haben, und überdies zwischen den einzelnen Stadien an einer und derselben Wurzel meist keine scharfen Grenzen gezogen werden können. Wie ersichtlich, hat für uns hauptsächlich das Studium der Tertiärendodermen und der sie bedingenden Tertiärlamellen tiefere Bedeutung. ®) Hinsichtlich des chemischen Verhaltens ergibt sich folgendes: Die Mittellamelle zeigt bei schwacher Vergrößerung Holz- und Korkreaktion. Das versteht sich so, daß die Radialwand der Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 461 Embryonalendodermis, in der meistens der Caspary’sche Strich, dessen Korknatur noch zweifelhaft ist, ‘in Erscheinung tritt, später, wenn die Suberinlamelle angelegt wurde, verholzt, daß dann mit Sudan- glyzerin aus der letzteren schmelzbare Korkstoffe austreten, während die Holzreaktion der Embryonal- wand durchschimmert. Die Tertiärlamellen bestehen aus Cellulose, können aber nachträglich verholzen. Die schmelzbaren Korkstoffe treten im Gegensatz zu den Angaben H. Müller’s in den Endodermen sehr häufig auf, wofern man das Präparat in Sudanglycerin nur genügend intensiv (etwa bis zur Rauchent- wicklung) und hinreichend lange (zirka 10 Minuten) erhitzt. Allerdings bleiben sie an Masse hinter den Intereutiszellen (siehe dort) erheblich zurück. (©) Bei der Plasmolyse kontrahieren sich diese Protoplasten, ohne den Zusammenhang mit den radialen Wänden zu verlieren, so daß zarte Plasmabrücken entstehen, die, flüchtig betrachtet, zarten Membranen täuschend ähnlich sehen. H. Müller untersuchte die Ursache des Anhaftens der Protoplasten am Caspary’schen Strich (denn um eine solche Erscheinung handelt es sich ja) und kam zu dem Schlusse, daß zarte Plasmafäden die Sekundärlamellen durchsetzen (vgl. seine Fig. 14, Taf. 1, für Paris quadrifolia) und höchstwahrscheinlich auch die Primärlamellen durchqueren. Es scheint nach seinen Darlegungen der plasmatische Zusammenhang zwischen den einzelnen Endodermiszellen nachgewiesen. (‘) Die Holzreaktion läßt in den meisten Fällen deutliche Schichtung erkennen, so daß man von abwechselnd stärkerer und schwächerer Verholzung sprechen kann. (8) Obwohl hier die Zellen der Verstärkungszone und die Endodermiszellen gleichzeitig stark ver- holzt sind, gestattet die Phlorogluein-Salzsäurereaktion doch eine deutliche Unterscheidung, als die Endodermiszellen rosenrot und homogen, die Rindenzellen dagegen rotviolett und deutlich geschichtet sind, was ich auch durch die verschiedene Schattierung in Taf. I, Fig. 2, zum Ausdruck zu bringen suchte. () Im folgenden will ich die Terminologie des Hautgewebes und der darunterliegenden Zellen besprechen, da gerade in dieser Hinsicht in der Literatur die größte Mannigfaltigkeit herrscht. H. ©. Juel! bezeichnet die äußerste Zellschichte als Epidermis (vgl. auch G. Haberlandt, Physiol. Pflanzenanatomie, 4. Aufl., p. 200). Verschiedene Autoren, so J. Wiesner?, R. Kroemer (l. c.) u. a. aber schließen sich der von Schleiden eingeführten Bezeichnung »Epiblem« an; Kroemer spricht dann, wenn, wie Aspidistra, das Epiblem mehrschichtig (3—5schichtig) wird, von einem Velamen radicum (Wurzelvelamen). Das unter dem Epiblem liegende Gewebe kann topographisch ganz allgemein als Hypodermis bezeichnet werden, die allerdings manchmal mehrschichtig ist. Juel faßt mit Chatin die unmittelbar unter dem Epiblem liegende Zellage als »Epidermoidale Schichte« [membrane (assise) epidermoidale] auf, nachdem der von Oudemans eingeführte Ausdruck Endodermis für die innere Schutzscheide reserviert worden war (De Bary). Ist dieses Gewebe mehrschichtig, so faßt er alle übrigen Zellen als Suberoid zusammen, ein Terminus, der keine weitere Berechtigung haben kann. Der von Haberlandt und anderen Forschern verwendete Ausdruck »Exodermis«, der hauptsächlich für einschichtige Wurzelhypodermen Verwendung findet, ist zu speziell, da eine Unterscheidung in verschiedene den Intercuten analoge Typen in der Literatur nicht besteht. ® Die gründlichsten Arbeiten über dieses schwierige Gebiet verdanken wir K. Kroemer, der scharf umschriebene Termini aufgestellt und auf Grund genauer Untersuchungen exakte Kriterien gefunden hat. R. Kroemer bezeichnet (p. 32 ff.) die verkorkte Hypodermis im allgemeinen als Intereutis, für die nach 1 H. ©. Juel, »Beiträge zur Kenntnis des Hautgewebes der Wurzeln«, Bihang Till. k. Svenska Vet. Akad. Handlingar, Band 9, Nr. 9, 1884. 2 J. Wiesner, Anatomie u. Physiologie d. Pflanzen, 5. Aufl., Wien, 1906, p. 111. 3 Die Verwendung des Begriffes »Exodermis« habe ich konsequenterweise auch deshalb vermieden, weil derselbe für die homologen Gewebe in Rhizomen keine Verwendung gefunden hat. (Für die Exodermis gibt Haberlandt die Merkmale der Endo- dermis an, ohne auf das konstante Fehlen des Caspari’schen Striches hinzuweisen.) Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. Gl 462 Dr. BE. Zweigelt, seinen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen gegenüber der Endodermis der Mangel eines Caspary’schen Striches angeführt wird: Die primäre Membran erfährt keine Veränderung. Im sekundären Stadium lagert sich allen Wänden spontan eine Suberinlamelle an, auf die dann eine häufig verholzende Celluloselamelle folgt. Wie schon Winbach! festgestellt hat, handelt es sich in der Wellung der radialen Längswände, die im Querschnitt einem die ganze Radialwand beherrschenden Caspary’schen Striche täuschend ähnlich sieht, um eine analoge physikalische Erscheinung, aber in der Suberinlamelle. In den meisten Fällen handelt es sich um eine typische Kurzzellenintercutis, lange Zellen werden von kurzen (Durchlaß-)Zellen unterbrochen. Bleibt dieser Typus erhalten und wird die Intercutis gleichzeitig mehr- schichtig, so liegt eine gemischte Intercutis vor, fehlen die kurzen Zellen, dann spricht man von einer einheitlichen mehrschichtigen Intereutis. Dieselben Termini werden auch für die Anatomie im Rhizom maßgebend sein. (49) Es ist jedenfalls auffallend, daß in manchen Zellen in den Zellängsreihen häufig Raphidenzellen und Zellen mit Einzelkrystallen oder auch Raphidenzellen mit stärkeführenden Rindenzellen abwechseln, und daß solche übereinanderliegende Zellen ganz gleich gebaut sind. Ferner sei hier auf die Tatsache hin- gewiesen, daß die Zellen mit Einzelkrystallen vorwiegend in der Nähe des Zentralzylinders auftreten, die Raphidenzellen dagegen die periphere Partie einnehmen, daß ferner dann, wenn nur Raphidenbündel vor- handen sind, dieselben reichlicher und größer in der Rand- als in der Innenzone entwickelt sind. Jedenfalls spielen ernährungsphysiologische Fragen dabei eine hervorragende Rolle Haberlandt führt in seiner Physiologischen Pflanzenanatomie mit J. Möller aus, daß Einzelkrystalle vorwiegend in sklerotischen Zellen oder in der Nähe solcher Zellen auftreten (vgl. Danaö Laurus) und bringt diese Erscheinung mit der Verlangsamung des osmotischen Stoffverkehres in Zusammenhang. (4) Der Filz ist unlöslich in Salzsäure, Schwefelsäure, Eau de Javelle, kochendem Alkohol und Äther, gibt mit Phloroglucin-Salzsäure sehr schwache Holzreaktion und wird in Chlorzinkjod gelblich. (*?) In physiologischer Hinsicht wird wohl die Schutzfunktion eine Hauptrolle spielen, die Auf- fassung, die über die Faserkörper herrscht, daß sie Wasser ansaugen (Leitgeb) oder daß sie als Konden- sationsapparate wirken (Haberlandt), kommt in unserem Falle wohl weniger in Betracht, da diese Bildungen nicht auf die Durchlaßzellen beschränkt sind, sondern überall gleichmäßig entwickelt sind, auch dort, wo sie in obigem Sinne zwecklos wären. (?) Außer K. Kroemer hat namentlich M. Treub? an einigen unserer Pflanzen (Aspidistra, Rohdea und Ophiopogonoideen) die Entstehung des mehrschichtigen Epiblems studiert; p. 18 schreibt er: ....»I est fort interessant d’observer que dans /’Aspidistra elatior la dermatogene se divise en trois couches, & une distance considerable du sommet. Avant que la premiere division definitive se soit op£ree, elle est, pour ainsi dire annonc&e par la segmentation tangentielle de quelques cellules.« Für Rohdea japonica fünrgeridapesenwan-ter sr »Dans le Rohdea japonica les cellules de la serie contre laquelle s’appuie le dermatogene sont grandes relativement, plus tard; mais cette serie appartient au peribleme et ne derive pas d’une division du dermatogene. Celui-ci n’a pas de segmentation tangentielle de ses cellules dans le Rohdea.« Für Ophiopogon gibt er nur ganz allgemein an: »....Quelques cellules du dermatogene offrent une partition tangentielle, absolument locale....« (*#) Es ist jedenfalls auffallend, daß die beiden Arten ein erhöhtes Schutzbedürfnis — denn um ein solches handelt es sich ja — unmittelbar am Erdboden zeigen. Die Art, wie die Pflanze auf biologische Verhältnisse reagiert, ist bei beiden Species vollkommen verschieden. Vielleicht sind es Tiere, die die Pflanzen gefährden. 1 Winbach, »Beiträge zur Kenntnis der Schutzscheide« (Dissertation Weimar 1887). ? M. Treub, »Le meristeme primitif de la racine dans les Monocotyledones«, Extrait du musee botanique de Leide, Tom II, 1876. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae ete. 463 " 5) Die Asparagus-Arten besitzen unstreitig den höchsten Grad der Ausbildung im Assimilations- gewebe, was.sofort verständlich wird, wenn wir den Mangel der Laubblätter und die relative Kleinheit der Phyllokladien berücksichtigen, von denen sich die dünnen Zweige des Stengels in extremer Ausbildung nur durch die verschiedene Anordnung der mechanischen Elemente und der Gefäßbündel unter- scheiden. (46) S. Schwendener, »Das mechanische Prinzip im Bau der Monokotylen« (Leipzig 1874, p. 75), erklärt, »daß die tangentialen Parenchymverbindungen zwischen den Bastscheiden gewissermaßen als Vorstufe eines kontinuierlichen Bastringes zu betrachten sind, dafür liefern...«, wobei er sich auf Juucus bezieht; weiter oben sagt er: »In meinen Augen sind die fraglichen Abweichungen der naturgemäße, wenn auch unvollständige Ausdruck der Schwankungen, welche meist beim Übergange von den Cyperaceen zu den lilienartigen Gewächsen (oder umgekehrt) stattgefunden haben; es ist dies einer der Fälle, wo die Metamorphosen des mechanischen Systems in der gegenwärtigen Vegetation vollständiger vertreten sind als diejenigen der Blüte und Frucht.« Ich glaube, daß wir eine ähnliche Anschauung auch hinsichtlich der Smilax-Arten aufrecht erhalten können, daß sich die schon im Bau der Spaltöffnungen angedeuteten möglicherweise vorhandenen Beziehungen zu den Cyperales! auch im mechanischen System ausdrücken, da beides Gewebesysteme sind, die ihre Ursprünglichkeit am längsten bewahren und uns in phylo- genetische Beziehungen Einblick nehmen lassen. (4?) Verständlich wird diese Erscheinung dadurch, daß hier infolge Mangels an Seitennerven die für das Organ nötige Festigkeit durch den Bau der Epidermiszellen erzielt werden muß, die hier ein zartes, von Intercellulargängen umsponnenes Schwammparenchym zu schützen haben. Daraus erklärt sicn zum Teile auch der Mangel an Spaltöffnungen am Rande, die durch erhöhte Transpiration die Gefahr einer Vertrocknung der Phyllokladien heraufbeschwören würden, (48) Abgesehen von den mechanischen Vorteilen, die dabei mitsprechen, ist diese Auflösung des geschlossenen peripheren Mantels im Interesse des Stoffverkehres zwischen Leitungssystem und Assimi- lationsgewebe nur von Vorteil. (19) Ohne über den Rahmen meiner Arbeit hinausgehen zu wollen, muß ich jedoch im folgenden zu den Theorien Stellung nehmen, die über die Natur der Phyllokladien verfochten werden. Velenovsky (Zur Deutung der Phyllokladien der Asparageen (Beih. z. Botan. Centralbl., XV, 1903, p. 257) muß uns als Vertreter der Phyllomnaturtheorie in erster Linie beschäftigen. Der genannte Autor stützt sich bei seinen unten zu widerlegenden Folgerungen ausschließlich auf morphologische und teratologische Verhältnisse und läßt die Anatomie, die gerade in unserer Frage das letzte Wort zu sprechen hat, vollständig außer acht. Wohl erwähnt er einmal (p. 260), daß seine Deutung »auch durch die anatomischen Verhältnisse des Phyllokladiums von Ruscus am besten bestätigt« wird, doch hat er, wie aus seinen Ausführungen hervor- geht, selbst gar keine anatomischen Untersuchungen vorgenommen und beruft sich nur auf Autoren älteren Datums, deren Angaben durch neuere entweder korrigiert oder widerlegt wurden. Bernätsky, der sich speziell damit befaßt, in seiner im I. Abschnitt zitierten Arbeit die Ansichten Velenovsky’s zu widerlegen, beschäftigt sich nur mit dem Ruscus-Phyllokladium, Szafer (l. c.) nur mit dem von Dana£. Es ist natürlich in diesem Zusammenhange nicht möglich, alle Behauptungen Velenovsky’s kritisch zu beleuchten, sondern ich will nur besonders wesentliche Punkte herausgreifen und meine Ansichten mitteilen, beziehungsweise auch auf andere Autoren verweisen. Unter anderem erwähnt Velenovsky, »daß die Stützbraktee und die obere Partie des Phyllokladiums morphologisch homogen sind«, daß also der Begriff unseres anatomisch einheitlichen Ruscus-Phyllokladiums keine morphologische Einheit darstellt, 1 Der Systematik ist das System K. Fritsch in Organographie und Systematik der Pflanzen, Wiesner-Fritsch, 3. Aufl., Wien, 1909, zugrunde gelegt, speziell siehe dort p. 376, 61* 464 Dr. F. Zweigelt, sondern daß das Phyllokladium aus zwei total verschiedenen Komponenten zusammengesetzt ist. Seine auf teratologische Fälle begründete Annahme klingt recht merkwürdig und ist durch keine anatomische Tatsache gestützt. Er behauptet zwar, daß in dem flügelartig gesäumten Stengel (der unteren Phyllo- kladienhälfte) der Mittelnerv viel stärker sei und daß sich derselbe in den »beiden, meist freilich ungleich entwickelten Brakteen« gleich verhalte; doch lehrt die Anatomie, daß der Mittelnerv als Zentralzylinderchen bei Ruscus hypoglossum immer deutlich bis in die Spitze verfolgt werden kann, während die Nerven der Hochblätter, wie bei Phyllomen überhaupt, nie aus mehreren zu einem Zylinder gruppierten Bündeln gebildet werden. Ich erwähnte R. hypoglossum, weil bei den beiden andern infolge der Kleinheit und Unscheinbarkeit der Hochblätter eine Verwechslung ausgeschlossen ist und bei diesem in den Hoch- blättern noch andere Erscheinungen dazukommen (vgl. p. 61 [457]). In weiterer Konsequenz seiner Auf- fassung behauptet er: »Demzufolge erscheint tatsächlich die Infloreszenz bei R. hypoglossum und R. hypo- phyllum bald auf der Oberseite, bald auf der Unterseite des »Phyllokladiums«, je nachdem, ob die adossierte oder die gegenständige Braktee größer wird.« Ob er da nun der Ansicht ist, daß in dieser Hin- sicht an einer und derselben Pflanze Variationen auftreten oder die Species sich dabei konstant verhält, ist mir nicht ganz klar. Jedenfalls aber gilt das auf p. 43 [439] Gesagte. Von einem Zweifel ist dabei keine Rede. Bezüglich Semele kommt er in Konsequenz seiner Auffassung von den gesäumten Stengeln unterhalb der Brakteen zu der recht merkwürdig klingenden Folgerung: »Jede Infloreszenz von Semele mit ihren Zipfeln und Brakteen ist gleich einem blühenden Phyllokladium von Ruscus und alle diese Phyliokladien sind in der Fläche zusammengewachsen.« Auch für Dana& nimmt Velenovsky die Blattnatur an und läßt sich dabei in einen Vergleich mit den flachen Blättern von Convallaria ein, deren Blätter er mit dem »Phyllokladium« von Dana& so ähnlich findet, »daß wir schon aus dieser Ähnlichkeit auf ihre Homologie urteilen müssen«. (Ein Vorgang, der bei genauer arbeitenden Forschern wenig Anklang finden dürfte.) Die Anatomie von Dana£& zeigt wie kaum eine andere so schön die Caulomnatur und die Umbildungserscheinungen zu blattartigen Organen, daß ein direkter Vergleich mit den Laubblättern von Convallaria gänzlich unstatthaft ist. Die sterilen Phyllo- kladien von Ruscus erklärt er für einfache Blätter, in denen wir nach seiner Auffassung Terminalblätter vor uns hätten. Gegen eine solche Auffassung spricht wieder die Anatomie, die den Beweis erbringt, daß solche »terminale Blätler« sich in nichts von den fertilen Phyllokladien unterscheiden und daß auch sie anatomisch echte Caulomgebilde sind (Bernätsky). Bezugnehmend auf die Verhältnisse bei Danae erklärt er: »Es ist auch begreiflich, daß ein Blatt, welches auf der ganzen Pflanze zur Schuppe reduziert wurde, wenn es eine terminale Stellung auf einer Achse allein einnehmen soll, sich mächtig in seiner ursprünglichen Form entwickelt.« Abgesehen davon, daß wir von einer solchen ursprünglichen Form gar nichts wissen, ist diese Behauptung an und für sich ungemein kühn. In erster Linie ist uns die physio- logische innere Veranlassung der Pflanze zu einem solchen Schritte ganz unbegreiflich und höchst rätsel- haft, warum denn ein solch »terminales Laubblatt« (in weiterer Konsequenz muß Velenovsky auch die terminalen Phyllokladien von Ruscus mit .den schuppenförmigen Laubblättern homologisieren) in ana- tomischer Hinsicht mit einem fertilen Phyllokladium vollständig übereinstimmt und schließlich mußten sich aus den vergleichenden Betrachtungen des »terminalen Laubblattes« und der reduzierten Laubblätter gemeinsame Züge ausfindig machen lassen. Die Anatomie der Laubblätter (vgl. p. 56 [452] ff,, ferner O. Porsch, der den Spaltöffnungsapparat an den reduzierten Laubblättern von Ruscus hypoglossum unter- sucht hat) läßt uns jedoch vollständig im Stich. Und nun einige Worte zum Begriff: Terminales Laubblatt. Bernätsky betont p. 164, daß jeder oberirdische Sproß mit einem Caulom abschließt, eine Erscheinung, die im Pflanzenreich die regelmäßige ist. Die ontogenetischen Untersuchungen, die Bernätsky in dieser Hinsicht angestellt hat, haben ergeben, daß auch entwicklungsgeschichtlich keine Spur eines terminalen Vegetationskegels auftritt, sondern daß das Phyllokladium selbst die Stengelspitze darstellt. Velenovsky bezieht sich dabei auf andere Beispiele (Polygonatum), von denen er behauptet, daß manchmal tatsächlich keine terminale Knospe mehr vorhanden ist, daß also in solchen Fällen ein terminales Laubblatt auftritt. Gegen diese Auffassung spricht aber die Entwicklungsgeschichte, die Irmisch (Beiträge zur vergl. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae elc. 465 -Morphol. d. Pflanzen, VI, in Abhandlungen d. Nat. Ges. zu Halle, III. Bd.) klargelegt hat, der stets am Grunde eines scheinbar terminalen Laubblattes einen kleinen Kegelstumpf beobachtet hat, der die Spitze des Stengels bildet. Die Morphologie der ausgewachsenen Pflanze allein kann eben solche Probleme nicht lösen. Zu meinem Erstaunen tritt Velenovsky für die Phyllokladiennatur bei der Gattung Asparagus (auch Myrsiphyllum) ein: »daß die Infloreszenz auf den Cladodien von Ruscus ebensowenig terminal wie bei der Gattung Danaö sei, während die ähnliche Infloreszenz bei Myrsiphyllum und Asparagus seitlich ist. Infolgedessen kann das Cladium von Myrsiphyllum mit dem blühenden Cladodium von Ruscus über- haupt nicht verglichen und identifiziert werden«, obwohl gerade die Anatomie von Myrsiphyllum die Caulomnatur am schwersten erkennen läßt, da durch Dorsiventralität, Gefäßbündelverteilung u. a. die Ähnlichkeit mit einem typischen Laubblatte hier am größten geworden ist. Die teratologischen Verhältnisse, auf die sich Velenovsky in erster Linie stützt, sind gewiß sehr wertvoll, doch darf ihnen nicht von vorneherein jene tatsachenumwälzende Bedeutung beigemessen werden. Auch soll in der Verwertung solche Erscheinungen nicht einseitig vorgegangen werden. — Bernätsky beschreibt sternförmig entwickelte Phyllokladien von Ruscus aculeatus, deren Entstehung nur aus der Caulomnatur erklärt werden kann, indem der Zentralzylinder vielleicht infolge von Hyper- trophie Flächen nicht nur in einer, sondern in mehreren Ebenen entwickelt hat. Vielleicht hätte auch die Anatomie der Anomalien manche interessante Tatsache ans Licht gefördert. (@9) Schon Westermaier! hat in seinen Untersuchungen an den Scheiden der Kompositenköpfchen (Armeria) die Erscheinung beobachtet, daß die Zone des intercalaren Längenwachstums von einem mechanischen Ring umgeben wird. Diesen Ring liefern allerdings die Scheiden, da ja das meristematische Gewebestück des Schaftes doch mechanisch unwirksam sein muß. Experimentell hat Westermaier die Richtigkeit seiner Folgerungen nachgewiesen. Seine bezüglichen Zeichnungen stimmen mit meinen Bildern von den Asparagus-Niederblättern vollständig überein, weshalb wir mit viel Wahrscheinlichkeit hier ähnliche Gründe für eine solche mechanische Einrichtung annehmen können. Allerdings sind die Exemplare, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, durchwegs schon erwachsen, ein allfälliges inter- calares Längenwachstum schon beendet gewesen; doch wäre es interessant, an jungen Pflanzen auch experimentell der Frage näherzutreten und dies um so mehr, als Haberlandt (Physiol. Pflanzenanatomie, l. c., p. 167) mit Schwendener ein typisches Spitzenwachstum vor allem den Palmen, Dracaenen, Pandaneen, verschiedenenLiliaceen usw. zuspricht. Eine andere Funktion als eben eine Schutzvorrichtung für den intercalaren Aufbau kann in unserem Falle kaum verantwortlich gemacht werden. Anmerkung. Einige Monate nach Abschluß der Arbeit durhgeführte Zerreißungsversuche haben mich von der großen Wahrscheinlichkeit meiner Schlußfolgerung überzeugt: Die Zerreissung erfolgte fast immer innerhalb der Niederblattscheiden. (2}) Im Anschlusse daran möchte ich die Blüten von Polygonatum officinale und multiflorum kurz beschreiben, mit dem Bemerken, daß möglicherweise Beziehungen zum Insektenbesuche dabei im Spiele sind. Bei Polygonatum officinale sind die Filamente sehr lang, sie heben die Antheren in dieselbe Höhe empor, in der sich die Narbe befindet, so daß 6 zwischen den Perianthblättern und den Filamenten in die Tiefe steigende Kanäle auftreten. Bei P. multiflorum dagegen sind die Filamente kürzer, die Narbe liegt tiefer unten und es besteht hauptsächlich nur ein Zentralkanal, der direkt zur Narbe führt, da die von den Wänden der Perigonröhre hereinragenden Haare den ganzen übrigen Innenraum erfüllen. Vielleicht stellt die starke Behaarung eine Einrichtung für den Insektenbesuch dar, die allerdings noch eingehender zu untersuchen wäre. 1 M. Westermaier, »Beiträge zur Kenntnis des mechanischen Gewebesystems«, Monatshefte d. königl. Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1. Januar 1881, p. 61 ft. 466 Dr. BR Zwieigiellt, IL SEELE: Verwertung der anatomıschen Befunde für die Systematik. Die in der Übersicht (p. 3 ff. [399]) angeführten Gattungen werden nach Engler-Prantl, »Natür- liche Pflanzenfamilien«, II, 5, in die fünf Unterfamilien: Asparagoideae, Ophiopogonideae, Aletroideae, ! Luzuriagoideae und Smilacoideae eingereiht, von denen die erste Unterfamilie wiederum in vier Tribus: Asparageae, Polygonateae, Convallarieae und Parideae zerfällt. Die Convallarieae bestehen aus den beiden Subtribus: Convallarinae und Aspidistrinae. Die von Engler gegebene Einteilung fußt ausschließlich auf morphologischen Kriterien, wobei in erster Linie der Blütenbau maßgebend war. Im folgenden will ich versuchen, auf Grund der Anatomie festzustellen, inwieweit dieses System Anspruch auf Natürlichkeit hat und ob nicht in manchen Fällen eine andere Gruppierung dem phylogenetischen Standpunkte besser entspricht. Allerdings ist es mit Rück- sicht darauf, daß die Liliaceen zweifellos polyphyletischen Ursprunges sind, daß mir ferner sehr wichtige Vertreter überhaupt nicht zugänglich waren, sehr schwer, positive Vorschläge zu bringen, da überdies auch die Anatomie lange nicht so konstante Merkmale bietet, wie wir sie von vornherein vielleicht er- warten, und der Wert gewisser, einer Pflanzengruppe gemeinsamer Merkmale durch ihr Vorkommen bei nachweislich ferne stehenden Pflanzen sehr problematisch wird. I. Unterfam. Asparagoideae. I. Tribus: Asparageae. Die Asparageen umfassen im ganzen vier Genera, von denen das erste: Asparagus das artenreichste ist und in drei Untergattungen: Euasparagus, Asparagopsis und Myrsiphyllum zerfällt. Von Asparagopsis habe ich allerdings keinen Vertreter untersucht. Hinsichtlich der beiden anderen Untergattungen: Euaspa- ragus und Myrsiphyllum möchte ich betonen, daß die Abweichungen im anatomischen Bau recht bedeu- tend sind. So finden wir im Stengel von Asparagus medeoloides und Krausii nicht mehr jenen Gefäß- bündeltypus, bei dem das Leptom vollständig zwischen den Schenkeln des Hadroms eingeschlossen ist, sondern das letztere besteht aus einigen wenigen Gefäßen und Tracheiden in symmetrischer Anordnung und über demselben verläuft der Leptomstrang. Ferner zeigen die Phyllokladien, worauf besonders Gewicht gelegt werden muß, einen bedeutenden Unterschied: die Phyllokladien von Euasparagus sind weder morphologisch noch physiologisch deutlich dorsiventral gebaut, in den meisten Fällen besteht der Mittelnerv aus einer größeren Zahl von Gefäßbündeln, aus deren Orientierung sich in den seltensten Fällen der Begriff einer morphologischen Oberseite ableiten läßt. Die Spaltöffnungen treten in gleichmäßiger Ver- teilung auf der ganzen Oberseite auf. Selbst dann, wenn die Phyllokladien fast blattartig abgeflacht werden, wie bei Asparagus Sprengeri, treten die Stomata oben und unten auf. Demgegenüber besitzt Myrsiphyllum zahlreiche Nerven, eine hochentwickelte Dorsiventralität, die sich sowohl aus der Lage der Bündel als auch aus dem Auftreten der Spaltöffnungen (nur an der physiologischen Unterseite) ergibt. Dazu kommt als sehr wichtiges Kriterium, daß die Niederblätter von Myrsiphylium nicht mehr eine Spur von jenen eigen- 1 Vertreter der Aletroideae habe ich selbst allerdings nicht untersucht, doch will ich der Vollständigkeit halber die bezüglichen Angaben in der Literatur mitteilen. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 467 - tümlichen Bildungen der echten Asparagus-Arten zeigen, die dem intercalaren Wachstum zu dienen scheinen, mit anderen Worten, daß, wenn wir richtig schließen, sich Zuasparagus und Myrsiphyllum in bezug auf das Längenwachstum (Spitzenwachstum oder intercalares) verschieden verhalten. Diese eben angeführten Merkmale allein scheinen zu genügen, um dem Subgenus Myrsiphyllum die Berechtigung zu einem eigenen Genus zuzusprechen. Die Verholzung der tertiären Schichten in den Endodermiszellen kann ebenfalls herangezogen werden, da sie erst bei Asparagus Sprengerü, Krausii und medeoloides beginnt, sich bei Danaö Laurus gleich schwach erhält und erst bei Semele und Ruscus eine bedeutende Intensität erzielt. Gegenüber Danae, Semele und Ruscus ist Asparagus (im weiteren Sinne des Wortes) ebenfalls durch eine Reihe anatomischer Merkmale abgegrenzt. Bei Asparagus finden wir noch eine mehrschichtige, meist einheitliche Intercutis in der Wurzel, während den drei anderen Gattungen stets eine typische Kurz- zellenintercutis zukommt. Ruscus unterscheidet sich wiederum von allen übrigen durch das Auftreten einer Endodermis und Fehlen einer mehrschichtigen Intercutis im Rhizom. Im Bau des Gefäßbündels im Stengel steht vornehmlich Asparagus den drei anderen Gattungen isoliert gegenüber, wobei bemerkt sein mag, daß auch nur Dana und Semele in dieser Hinsicht nähere Beziehungen zueinander verraten. Asparagus unterscheidet sich ferner durch den Bau des Assimilationsgewebes im Stengel, das hier typisches Palisadengewebe ist und nicht netzartig zwischen Wassergewebe eingesprengt ist. Auch in den Phyllokladien kommt es in dieser Hinsicht bei Asparagus zur höchsten Differenzierung, in vielen Fällen zur Ausbildung von Schwammparenchym, während bei Danae, Semele und Ruscus nur Wassergewebe zwischen die beiden annähernd gleich entwickelten Streifen von Assimilationsgewebe der Ober- und Unterseite eingeschaltet ist. Ferner fehlen bei Asparagus die Hörnchen im Vorhof der Spaltöffnungen, die mehr oder minder deutlich allen drei anderen Gattungen zukommen. Danae, Semele und Ruscus unter- scheiden sich auch untereinander in erster Linie im Bau der Gefäßbündel im Stengel, in der Beschaffenheit des Mittelnerves des Phyllokladiums, dem Auftreten der Spaltöffnungen dortselbst, dem Grade ihrer Reduktion und dergleichen mehr. Die 'Niederblätter von Ruscus (die von Danaö und Semele habe ich nicht untersucht) erinnern durch die starken Bastscheiden um die Gefäßbündel in etwas an Asparagus. Wollen wir die drei Gattungen anschließend an Myrsiphyllum in möglichst natürlicher, phylo- genetisch begründeter Reihenfolge bringen, so müssen sich zunächst die Formen anschließen, die die ältesten sind: das sind Semele und dann Danae. Die Spaltöffnungen auf der Oberseite der Phyllokladien von Semele sind bereits sehr spärlich, viel seltener als bei Danae, einer Form, in der noch alles in Umbildung ist, die eben erst vor unseren Augen im Begriffe ist, ihre Phyllokladien durch Ausbildung einer physiologischen Oberseite blattähnlich zu gestalten. Dann folgt Ruscus, das phylogenetisch jüngste Glied unserer Reihe, das noch keine oder fast keine Verschiedenheiten seiner beiden Phyllokladienseiten zu erkennen gibt. Aber auch die drei Ruscus-Arten sind verschiedenen Alters. Die Rückbildungen der Spalt- öffnungen am Rhizom und an den Laubblättern, die gleichen Schritt halten, lassen den Schluß zu, daß Ruscus hypophyllum die älteste Form ist, daß sich ihm R. hypoglossum anschließt, während R. aculeatus das jüngste Glied darstellt. Die Asparageen stehen ziemlich isoliert. Der Bau der Gefäßbündel von Asparagus erinnert allerdings etwas an die Polygonateen, ferner an die Smilacoideen, doch sind zu den letzteren nachweislich gar keine näheren Beziehungen vorhanden, wie aus dem Vergleiche mit dem betreffenden Kapitel hervorgehen wird. Erwähnt sei im Anschlusse daran, daß der mechanische Ring, bei Asparagus wenigstens, zweifellos aus dem Grundgewebe entsteht, wodurch sich ein schroffer Gegensatz gegenüber den Polygonateen und überhaupt allen anderen Tribus und folgenden Unterfamilien geltend macht. Für die 3 anderen Gattungen ließ sich aus der Anatomie des entwickelten Stengels nichts erschließen. 468 Dr. E. ZwieigeNt, II. Tribus: Polygonateae. Die Polygonateen besitzen als gemeinsames Merkmal einen sehr deutlichen mechanischen Ring im Stengel (Disporopsis ist in dieser Hinsicht nicht untersucht), der, wie Haberlandt nachwies, aus echtem Cambium entsteht. Gemeinsame Merkmale sind ferner das Auftreten von kurzen Zellen in der Intercutis der Wurzel, welche im Gegensatze zu den Convallarieen keine auffallende Verdickung durch Cellulose- lamellen erfahren, ferner die Beschränkung der Spaltöffnungen auf die Unterseite des Blattes (wieder im Gegensatze zu den Convallarieae des I. Subtribus: Convallaria und Reineckia). Die Gefäßbündel zeigen einen übereinstimmenden Bau, der an Asparagus erinnert, jedoch sind die Hadromelemente nicht so regelmäßig angeordnet und finden sich an der äußeren Begrenzung des Leptoms sehr häufig Collenchym- platten zu den Cribralprimanen gesellt, die auch für die Convallarieae fast durchwegs charakteristisch sind und bei der Parideengattung Paris ihr Maximum erreichen. Doch ergeben sich zwischen den Gattungen auch Unterschiede: Während alle anderen (Disporum und Streptopus wurden daraufhin nicht untersucht) eine Rhizomepidermis besitzen, die bei Polygonatum überdies regelmäßig Spaltöffnungen führt, sind die Epidermiszellen bei Smilacina zu Haaren (Rhizcmhaaren) ausgewachsen, während das darunterliegende Gewebe eine mehrschichtige Intercutis gebildet hat. Majanihemum unterscheidet sich von Polygonatum, abgesehen von dem Mangel an Spaltöffnungen am Rhizom, durch die ineinandergreifenden Epidermis- zellen im Blatte, ein Verhalten, das an die Parideae und Smilacoideae, ferner auch an Lapageria erinnert, dem aber mit Rücksicht auf sein nicht konstantes Auftreten bei bestimmten Gruppen keine Bedeutung beigelegt werden kann und das vielmehr im Zusammenhang mit der Verbreiterung der Blattspreite steht; Majanthemum besitzt ferner eine sehr deutliche Endodermis im Rhizom, während Polygonatum derselben ermangelt und bei dieser Gattung die Gefäßbündel fast das ganze Innengewebe des Rhizoms erfüllen; durch dieses Merkmal sowie durch die schwache Verholzung in den Endodermiszellen der Wurzel erinnert Majanthemum ein wenig an Convallaria. Ein wichtiges gemeinsames Merkmal aller Polygonateen gegenüber Conmvallaria liegt darin, daß die Gefäßbündel des Stengels den ganzen Zentralzylinder gleich- mäßig erfüllen, während im Schafte von Convallaria dieselben in der Nähe des mechanischen Ringes bleiben und einen zentralen Markzylinder freilassen. Das Assimilationsgewebe in den Laubblättern ist übereinstimmend einfach gebaut, besteht durchwegs aus annähernd isodiametrischen Zellen und zeigt nur bei Disporum pullum vereinzelt Einbuchtungen der Zellen, die an das Assimilationsgewebe der Parideae und Smilacoideae erinnern. Die Niederblätter aller daraufhin untersuchten Polygonateen besitzen, mit Ausnahme von Polygonatum selbst, in Übereinstimmung mit Convallaria mechanische Scheiden an * ihren Gefäßbündeln. Die Unterschiede zwischen Convallaria und Polygonatum sind immerhin so bedeutend, daß die Aufstellung der beiden Gattungen, die früher in eine zusammengefaßt wurden, anatomisch gerechtfertigt ist. Anschließend sei erwähnt, daß die Gattungen der Polygonateen, wie Bernätsky! bereits ausgeführt hat, ja selbst die Arten einer Gattung schon bloß auf die Untersuchung eines einzigen Vegetationsorganes hin sicher bestimmbar sind. Zu beachten ist jedenfalls seine Angabe, daß der Grad des konzentrischen Baues der Gefäßbündel im Rhizom bei den einzelnen Gattungen verschieden ist. Bernätsky bringt überdies jedesmal genaue Maßangaben für die größten Gefäße in den Leitbündeln der einzelnen Vegetationsorgane. Seine Behauptung, daß die rindenständigen Gefäßbündel im Stengel von Polygonatum offieinale Blattspurstränge sind, ist, wie schon im ersten Teile gesagt wurde, unrichtig. II. Tribus: Convallarieae. Engler teilt die Convallarieae nach der Gestalt von Griffel und Narbe in zwei Subtribus: die Convallarinae und Aspidistrinae. Bemerkt sei, daß hier eine ganze Reihe von Formen zusammengefaßt werden, die eine Menge von Abweichungen im anatomischen Bau zeigen. ’ Bernätsky J, »A Polygonatum-felek rendszertani anatömiäja«, Növenytani Közlemenyck, 1906, Bd. 5, Heft 4. Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 469 1. Subtribus: Convallarinae. Von den vier Gattungen: Speirantha, Theropogogon, Convallaria und Reineckia habe ich nur die beiden letzten untersucht; hinsichtlich der ersteren bin ich auf Literaturangaben angewiesen.t Für Reineckia und Convallaria ergeben sich eine Reihe gemeinsamer Merkmale: Das Auftreten der Spalt- öffnungen an der Unter- und Oberseite des Blattes, der einfache Bau des Assimilationsgewebes, dessen Zellen isodiametrisch und nicht wie bei den Aspidistrinen senkrecht zur Längsrichtung des Blattes gestreckt sind, die Kurzzellenintercutis der Wurzel, deren kurze Zellen gleichartige Celluloseverdickungen zeigen. Demgegenüber gelten folgende Verschiedenheiten: Convallaria besitzt im Rhizom eine ungemein deutliche, durch Rindenzellen verstärkte Endodermis und in der Epidermis vereinzelt Spaltöffnungen, während Reineckia carnea nur an der Unterseite seines dorsiventral gebauten Rhizoms eine deutliche Endodermis und Spaltöffnungen überhaupt nicht besitzt. Im Stamm von Speirantha convallarioides Baker und R. carnea fehlt ein mechanischer Ring, während ein solcher in Form eines Collenchymringes bei Convallaria majalis vorhanden ist. Während das Leptom von Reineckia carnea und auch das von Con- vallaria majalis noch normal gebaut ist, finden sich im Leptom von Speirantha ähnliche verdickte Zellengruppen, wie wir sie in typischester Ausbildung bei Aspidistra und Ophiopogon kennen gelernt haben. Auch dieses Merkmal, das vereinzelt bei Convallarieen und Ophiopogonoideen auftritt, kann wegen seiner Inkonstanz nur beschränkt verwendet werden. Die Gefäßbündel der Niederblätter besitzen stets deutliche Bastschienen. 2. Subtribus: Aspidistrinae. Zwischen Rohdea und Aspidistra bestehen relativ wenige gemeinsame Merkmale. Beide besitzen zwar Kurzzellenintercuten, doch sind die sekundären Verdickungen der kurzen Zellen völlig verschieden und überdies kommen den Epiblemzellen von Aspidistra die faserkörperähnlichen Membranbildungen zu. Während das Rhizom von Aspidistra eine Zylinderendodermis und als Hautgewebe eine einfache Epidermis besitzt, fehlt die Endodermis bei Rohdea und ist das Rhizom von einer mehrschichtigen Inter- eutis umkleidet. Durch die Spaltöffnungen an beiden Blattflächen und die eigentümlich gebauten Blatt- stiele, deren Bündel in mehreren Reihen angeordnet sind und die sich durch das Vorhandensein eines mechanischen Ringes auszeichnen, steht Aspidistra völlig isoliert. Gemeinsame Züge im Bau des Blattes: Nicht nur für Rohdea und Aspidistra, sondern auch für Gonioscypha und Tupistra squalida Gatol. gilt eine Streckung der Assimilationszellen der Blattoberseite senkrecht zur Längsrichtung des Blattes in der Blattfläche. Auch der Leptombau zeigt wenig einheitliche Züge. Während Gonioscypha eucomoides Baker und die früher zu Capylandra gestellten Arten der Gattung Tupistra ein normales Leptom besitzen, treten bei Rohdea und Tupistra (im engeren Sinne) collenchymatische Veränderungen auf, die zu dem aberranten Bau von Aspidistra elatior hinüberleiten. Eine Trennung der Convallarieae in die beiden Subtribus scheint nur durch den Blattbau und die Ent- wicklung des Assimilationsgewebes gerechtfertigt, Kriterien, die allerdings, so weit meine Untersuchungen reichen, konstant sind und ohne weiteres Bedenken verwendet werden können. Der mechanische Ring, der den Aspidistrinen fehlt, ist bei den Convallarinen nur teilweise vorhanden. Die Tertiärlamellen der Ende- dermis aller Convallarieen sind durchwegs schwach, nur bei Convallaria stark verholzt. IV. Tribus: Parideae. Die von mir untersuchten beiden Gattungen Paris und Trillium stimmen in vielen Punkten nicht nur habituell, sondern auch anatomisch überein. Der Bau der Rinde in der Wurzel, das Vorhandensein von kurzen Zellen in der Intercutis, die keine weiteren Besonderheiten zeigen, eine deutliche Epidermis im 1 Alle Angaben über Pflanzen, deren Anatomie nicht schon im ersten Teile behandelt wurde, sind R. Schulze, I. c., entlehnt. Leider sind sie vielfach sehr unvollständig. Die Nomenklatur solcher Pflanzen, die Schulze bringt, habe ich, um Verwechslungen zu vermeiden, beibehalten. Sie stimmt im allgemeinen mit Engler-Prantl, 1. c., überein. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 62 470 Div. Rs Zivieiigieiis, Rhizom, zu der sich bei Paris allerdings eine einschichtige, einheitliche Intercutis gesellt, der große Reich- tum an Stärke im Rhizom, das Fehlen eines mechanischen Ringes im Stengel sind durchwegs gemeinsame Merkmale. Ein mechanischer Ring kommt nach Schulze allerdings Medeola virginiana L. zu, welche Gattung dadurch eine gewisse isolierte Stellung einnimmt. Das wichtigste Merkmal, den Bau des Spalt- öffnungsapparats, hat Schulze allerdings nicht untersucht, so daß über denselben nur bezüglich Paris und Trillium Klarheit herrscht. Diese beide letzten Genera stehen durch den ganz anderen, vielleicht neuen Spaltöffnungstypus vollständig isoliert im Systeme und können vorderhand noch nirgends eingereiht werden. Die gleiche Ausbildung der Blätter, die Wellung der Epidermiszellen (die auch Medeola zukommt), das Vorhandensein eines Armpalisadengewebes und von typischem Schwammparenchym, der Mangel einer bestimmten Orientierung der Spaltöffnungen an der Blattunterseite, alle diese Tatsachen bringen die Parideen allerdings den Smilacoideen näher, doch dürfen sie mit Rücksicht auf den Bau der Spalt- öffnungen und des mechanischen Ringes bei den Smilax-Arten denselben nicht direkt angeschlossen werden. Im Stengel von Paris polyphylla Sm. und Trillium sessile, tritt eine verholzte Hypodermis auf, die den anderen Gattungen, beziehungsweise Arten von Trillium und Paris fehlt und durch ein mehr- schichtiges Plattencollenchym ersetzt wird. Die Wurzelendodermen sind nur teilweise und schwach verholzt. In erster Linie ist es wohl der Spaltöffnungsapparat, der jede nähere Verwandtschaft negiert, und ganz besonders ist es ungerechtfertigt, die Parideen den Asparagoideen unterzuordnen. Allen anderen Tribus kommt der Amaryllis-Typus der Spaltöffnungen zu, nirgends zeigt das Assimilationsgewebe eine so hohe Entwicklung als gerade bei den Parideen. Meines Erachtens ist es notwendig, nach Klarlegung der Anatomie aller Liliaceen, besonders hinsichtlich des Spaltöffnungsapparates, die Parideen im Falle, als sich kein Anschluß finden lassen sollte, aus den Liliaceen auszuscheiden, wie ja, vgl. unten, ein Gleiches sich auch für die Smilacoideae als notwendig wird herausstellen müssen. Es ist ja klar, daß in einem linearen System die zahlreichen, ich möchte sagen, nach allen Richtungen des Raumes verlaufenden Fäden phylogenetischer Beziehungen nicht ersichtlich gemacht werden können, wohl aber kann durch die voll- ständige Isolierung solcher Formen das Aberrante im Bau zum Ausdruck kommen. II. Unterfam. Ophiopogonoideae. Eine phylogenetisch hoch interessante Gruppe stellen die Ophiopogonoideae dar, von deren vier Gattungen: Sansevieria, Liriope, Peliosanthes und Ophiopogon ich allerdings nur zwei untersucht habe; bezüglich der beiden anderen bestehen jedoch ziemlich viel Literaturangaben, so daß eine Revision des Systems auf Grund der Anatomie ermöglicht wird. Die Ophiopogonoideen umfassen Formen, die, wie schon auf p. 54 [450] ausführlich dargetan wurde, zweifellos in zwei Gruppen zerlegt werden müssen, deren eine Sansevieria, die andere die drei übrigen Gattungen umfaßt. Im folgenden sollen zunächst die wichtigsten Unterschiede der beiden Gruppen mitgeteilt werden und gleichzeitig mit Sansevieria werde ich Dracaena dort nennen, wo sich gemeinsame Züge finden. (Dracaena wurde als Vertreter der Unterfamilie der Dracaenoideae untersucht, welche nach Engler den Asparagoideae vorausgeht.) Sansevieria fasciata und Dracaena fragrans besitzen stets eine gemischte Intercutis, während Ophiopogon eine Kurzzellen- intercutis zukommt. Während das Hautgewebe im Rhizom von Sansevieria ein Periderm ist, entwickelte sich bei Ophivpogon stets eine mehrschichtige Intercutis. Spaltöffnungen treten bei Sansevieria und Dracaena an der Öber- und Unterseite, bei Ophiopogon dagegen nur an der Unterseite auf. Der Bau der Epidermiszellen ist im Zusammenhang mit der Ent- wicklung einer Hypodermis in verschiedenen Streifen des Blattes bei Ophiopogon, Lirope und Pehiosanthes verschieden, während bei Sansevieria und Dracaena alle Epidermiszellen gleich entwickelt sind, da es dort eine Hypodermis nicht gibt; bei den beiden letzten Gattungen sind die Epidermiszellen durch eine starke, mit mächtigen, zapfenartig gegen die Radialwände vorspringenden Cuticularschichten ausgestattete Außenwand xerophytisch angepaßt, obwohl Sansevieria durchwegs feuchte und schattige Standorte bewohnt, wir es hierin also durchaus nicht mit einem Anpassungsmerkmal zu tun haben, sondern viel- Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 471 mehr phylogenetische Beziehungen zur Verantwortung heranziehen müssen. Ferner besitzen nur Sanse- vieria und Dracaena in der Außenwand ihrer Epidermiszellen Caleiumoxalatkryställchen, die sich bei keiner Ophiopogonoidee sonst vorfinden. Im Mesophyll von Sansevieria allein kommen speichertracheiden- ähnliche Zellen und in Übereinstimmung mit Dracaena isoliert laufende Baststränge vor. In den Gefäß- bündeln ist das Leptom von Sansevieria fasciata und Dracaena fragrans höchstens mit Ausnahme einiger Bastbrücken normal gebaut oder zeigt schwache Collenchymbildung, während im Leptom von Ophiopogon, Liriope und Peliosanthes die von Aspidistra her bekannte Verholzung eines Teiles seiner Elemente vorwaltet. Über den Schaft von Sansevieria kann ich nichts aussagen. Ophiopogon besitzt stets einen sehr starken mechanischen Ring, innerhalb dessen die Gefäßbündel laufen. Und nun zur Frage verwandtschaftlicher Beziehungen: Obwohl diese Merkmale dafür sprechen, daß die beiden Gruppen getrennt werden müssen und nicht ohne weiteres in eine und dieselbe Unterfamilie gestellt werden dürfen, so sind doch bei schärferem Zusehen gewisse Kriterien gegeben, welche einen engeren Anschluß möglich machen: der Verlauf und die Schrägstellung der Gefäßbündel. Dieses Kriterium deutet auf die Dracaenoideen hin und zwingt uns, die beiden Gruppen der Ophiopogonoideen an ver- schiedenen Stellen des Systems den Dracaenoideen anzureihen. Vergleichen wir nochmals Sansevieria und Dracaena in dieser Hinsicht, so ergibt sich, daß Sansevieria den ursprünglichen Typus zeigt und dort der Verlauf der Bündel und die Verteilung der Baststränge viel durchsichtiger und klarer zum Aus- druck kommen. Weniger kompliziert liegen die Bilder bei Dracaena. Die Zahl der Gefäßbündel, die immer noch sehr deutlich schräg orientiert sind, ist rückgebildet und die isolierten Baststränge treten nur mehr unmittelbar unter den beiden Epidermen auf. Und gerade die Verwertung dieses letzten Merkmales bietet den Ausgangspunkt für den Anschluß der drei letzten Gattungen der Ophiopogonoideen. Hier finden wir außer der Schrägstellung der in einer Ebene angeordneten Bündel nur noch Hypodermstreifen, deren Bastzellennatur jedoch die Wahrscheinlichkeit, daß wir es hier mit homologen Bildungen zu tun haben, bedeutend erhöht. An welcher Stelle im System der Dracaenoideae der Anschluß erfolgen muß, das kann erst dann entschieden werden, wenn über eine größere Zahl von Vertretern derselben genauere Unter- suchungsresultate vorliegen werden. Schulze versucht p. 377,1. c. ebenfalls die Ophiopogonoideae im engeren Sinne (mit Ausschluß von Sansevieria) ihren verwandtschaftlichen Beziehungen entsprechend im System unterzubringen und kommt zu dem Schlusse, daß sie am nächsten den Convallarinen ständen. Gegen diese Auffassung möchte ich Stellung nehmen. Mit Ausnahme von Speirantha stimmt keine Convallarine mit unseren drei Gattungen im Leptombau überein, ein Merkmal, das aber, wie wir wissen, infolge seines inkonstanten Auftretens überhaupt keine Verwendung zur Lösung phylogenetischer Fragen finden kann. Ebensogut könnte man zum Beispiel den Leptombau von Dasylirion mit dem von Ophiopogon im Schafte vergleichen, da bei beiden das Leptom von einer Brücke mechanischer Zellen in zwei Stränge ganz oder teilweise zerlegt wird. Mit Rücksicht darauf aber, daß auch bei Smilax-Arten, die den Ophiopogonoideen absolut nicht nahestehen, ähnliche Bilder gelegentlich beobachtet werden, ist eine Homologisierung dieser Tatsachen gänzlich unstatthaft. Wollte Schulze den Vergleich mit den Convallarinen konsequent zu Ende führen, so müßten gerade infolge des Auftretens der Spaltöffnungen an der Ober- und Unterseite Sansevieria und Dracaena den Gattungen Convallaria und Reineckia näher gebracht werden, Gattungen, die durch dieses Merkmal tatsächlich unter den Asparagoideen eine gewisse Sonderstellung einnehmen. Meines Erachtens haben alle vier Gattungen der Ophiopogonoideen mit den Asparagoideen überhaupt nichts gemein, und nur ein noch näher zu untersuchender Anschluß an die Dracaenoideen kann unserem Bestreben, das System auf eine möglichst natürliche phylogenetisch begründete Grundlage zu stellen, gerecht werden. Auch J. Bernätsky ! ventiliert die Frage nach der systematischen Stellung der Ophiopogonoideen. In seiner Arbeit beschäftigt er sich mit den morphologischen, pflanzengeographischen und auch anatomi- 1 J. Bernaätsky, »Über die Convallarieen und Ophiopogonoideen«, Beihl. zu den Növenytani közlemenyek, Bd. VII, 1908, Heft 2, p. (9). 62* 472 Dr. E. Zweigelt, schen Tatsachen, die alle für eine nahe Verwandtschaft der Ophiopogonoideen mit den Convallarieen sprechen sollen. Doch bin ich mit dem anatomischen Teile seiner Abhandlung durchaus nicht einver- standen. Gerade diejenigen Kriterien, die inkonstant sind und die, wie ich im zweiten Teile gezeigt habe, gar keine Verwertung finden können (Mangel wellig ineinandergreifender Blattepidermiszellen, Verhältnis- zahlen zwischen Höhe und Breite der Schließzellen und Epidermiszellen u. a.), werden von Bernätsky zur Beurteilung phylogenetischer Fragen herangezogen und die von mir als wertvoll bezeichneten ana- tomischen Eigentümlichkeiten (siehe oben) kaum oder gar nicht erwähnt. Insbesondere scheint ihm die Schrägstellung der Gefäßbündel gar nicht aufgefallen zu sein. Ich glaube, der Fehler liegt hauptsächlich darin, daß solche Untersuchungen immer zwischen zwei oder mehreren Gruppen vorgenommen werden, die im gegenwärtigen Systeme nahe beisammenstehen, ohne daß man an die Möglichkeit naher Beziehungen zu fernerstehenden Gruppen denkt, aus deren gegenwärtiger systematischer Stellung jedoch kein absolut sicherer Schluß auf den Grad der Verwandt- schaft gestattet ist. Infolgedessen muß der Schlußsatz: »Das auf morphologischem und pflanzengeographischem Wege gefundene Resultat, daß die Ophiopogonoideen mit den Convallarieen zumindest so nahe verwandt sind wie letztere mit den Parideen, Polygonateen und Asparageen, wird somit durch die anatomischen Befunde bekräftigt« schon deshalb und aus einem anderen Grunde als unrichtig bezeichnet werden, weil die Parideen nachweislich gar nicht in den Verwandtschaftskreis der Asparagoideen hineingehören.! III. Unterfam. Aletroideae. Die Aletroideae, die die Moore und Heiden Ostasiens und des östlichen Nordamerikas bewohnen, habe ich seibst nicht untersucht und werde hier der Vollständigkeit halber nur das mitteilen, was Schulze in seinen Untersuchungen bringt. Demzufolge sind die Epiderimszellen durchwegs zartwandig, das Assimilationsgewebe einfach gebaut. An Ophiopogon erinnert das Leptom, in dem bereits im Stengel, noch deutlicher aber im Blatt dickwandige Elemente auftreten. Das Vorhandensein eines mechanischen Ringes ist nicht konstant, beständig vorhanden ist er bei Aletris japonica Lamb. während er zum Beispiel bei Aletris farinosa L. nur auf den unteren Teil des Stengels beschränkt bleibt. Die Blätter der Aletris-Arten besitzen nicht wie die von Ophiopogon Hypodermstreifen. Über die Stellung der Symmetrieebenen der Gefäßbündel zu den Blattflächen wird nichts ausgesagt. Engere verwandtschaftliche Beziehungen scheinen nicht zu bestehen, namentlich ist aus diesen Angaben eine Berechtigung des Anschlusses an die Ophiopogonoideen nicht ersichtlich. IV. Unterfam. Luzuriagoideae. Die Luzuriagoideen umfassen eine Reihe von Gattungen, von denen ich nur Zapageria und Luzu- riaga untersucht habe; doch liegen Angaben über Geitonoplesium, Eustrephus, Behnia und Philesia vor so daß es möglich wird, einen Überblick über den anatomischen Bau zu gewinnen. Im Stamme aller kommt ausnahmslos ein mechanischer Ring zur Ausbildung, der im Gegensatze zu den Smilacoideen immer geschlossen ist und dessen Bastzellen nur vereinzelt eine Fächerung erfahren. Am Stamme wie an der physiologischen Unterseite der Blätter treten Spaltöffnungen auf, die einen typischen Bau zeigen und in manchen Fällen an den Blättern (zum Beispiel bei Zuzuriaga radicans) ein- gesenkt sind. Die Begriffe, »morphologische und physiologische Unterseite«, sind bei L. radicans und anderen Arten, so L. polyphylla F.v.M., ferner bei Geitonoplesinm cymosum (R. Br.) A. Cunn. nicht identisch, da durch Drehung des Blattstieles eine Verwendung der Blattspreite (um 180°) erfolgt ist. Die Epidermiszellen schließen bei L. radicans polygonal aneinander, während sie bei EZ. polyphylla und 1 Erfreulicherweise hat Engler in seinen Nachträgen (1897, p. 75) die Notwendigkeit, Sansevieria den Dracaenoideen anzu- schließen, richtig erkannt und dieses Genus bei den Ophiopogonoideen gestrichen. Allerdings sind trotzdem die Ophiopogonoideen im engeren Sinne an ihrem alten Platze stehen geblieben, wohin sie gewiß nicht gehören, Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 473 Lapageria rosea mit gewellten Radialwänden ineinandergreifen. Das Mesophyll besteht bei Zuzuriaga radicans aus sehr wenigen, chlorophylireichen Zellschichten, die oberste Zellschichte zeigt bei Philesia buxifolia Lam. typisch palisadenförmige Anordnung; das Mesophyli von Zapageria rosea zeigt, was ich im anatomischen Teile nicht erwähnt habe, kräftige Verdickungsleisten in allen Zellen des Assimilations- gewebes, namentlich des Schwammparenchyms. Es handelt sich dabei um eine Modifikation der Tüpfel- bildung: die Tüpfel werden unregelmäßig konturiert und die verdickten Wandteile treten als verästelte, derbe Leisten auf, die nicht im geringsten eine Regelmäßigkeit etwa wie im Mesophyli von Sansevieria zeigen. Das Assimilationsgewebe von Lapageria erinnert durch seine Armpalisaden und sein Schwamm- parenchym an Smilax-Arten, womit auch die ineinandergreifenden Epidermiszellen übereinstimmen. Die Gefäßbündel zeigen normalen Bau, in den Blättern werden sie von Bastschienen begleitet. Die Orientierung der Spaltöffnungen stimmt mit der Längsrichtung der Blätter überein, nur bei Lapageria rosea fand ich die Längsrichtung der Spaltöffnungen gegen die des Blattes unter einem bestimmten Winkel geneigt. Verwandtschaftliche Beziehungen: Es läßt sich nicht leugnen, daß solche zu den Asparagoideen be- stehen; sie erscheinen mir in manchen Fällen wahrscheinlicher als solche zu den Smliacoideen. Schulze behauptet zwar, daß ein Stammstück von Smilax myrtillus einem solchen von Zuzuriaga zum Verwech- seln ähnlich gebaut sei, doch hat er dabei wichtige Unterschiede im Bau des mechanischen Ringes und der Spaltöffnungen, die unten besprochen werden, außeracht gelassen, obwohl gerade sie einen direkten Anschluß verbieten. Immerhin ist Zapageria rosea in seinem Blattbaue einer Smmilax sehr ähnlich und sind die Unterschiede gegenüber einer Zuzuriaga so bedeutend, daß man sich des Eindruckes der Unnatürlich- keit dieser Zusammenfassung nicht erwehren kann. Jedenfalls wird auch in dieser Unterfamilie eine weitere Zergliederung erfolgen und in erster Linie Lapageria von den anderen Gattungen abgespalten werden müssen. V. Unterfam. Smilacoideae. Das.Pericambium in den Wurzeln der von mir untersuchten Smilax-Arten ist meistens mehrschichtig, die Leptomstränge sind tiefer in den Zentralzylinder versenkt. Verschiedene Eigentümlichkeiten im Bau der unterirdischen Caulome bei Smilax aspera, glycyphylla Smith (Endodermis), bei Smilax sagittaefolia (Raphidensklereiden) und Heterosmilax Gaudichiana DC. (starke Verdickung der Innenwände der äußeren Zellen im mechanischen Ring) sind schon im ersten Teile erwähnt worden. Allen untersuchten Smilax-Arten kommt ein mechanischer Ring zu, der aus einzelnen Bastschienen besteht, die entweder im Zusammenhang mit Gefäßbündeln oder unabhängig davon entstehen und selten zu einem vollständig geschlossenen Ring zusammentreten. Die Angaben Schulze’s, daß Heterosmilax Gandichiana und Smilax glycyphylla einen vollständig geschlossenen Bastring hätten, daß Smilax odoratissima Bl., lencophylla Bl. etS. und herbacea L. geschlossene Hohlzylinder hätten, die durch Verschmelzung der Bastmassen der äußeren Gefäßbündel hervorgegangen seien, während nur Smilax lanceaefolia Boxb. und Rhipogonum scandens Forst..getrennte, in einen Kreis gestellte Bastschienen hätte, teile ich mit großer Reserve mit, da sie mir recht unglaubwürdig erscheinen. Vielleicht hat er nur die dünneren Zweige unter- sucht, in denen tatsächlich sekundär geschlossene Ringe auftreten können. Ich habe bei allen untersuchten Smilax-Arten getrennte Bastschienen beobachten können. Gar nicht erwähnt Schulze das Auftreten der Nebenzellen an den Spaltöffnungen der Stengel, die mir überall untergekommen sind und deren Vor- handensein die systematische Stellung der Smilax-Arten in ein ganz anderes Licht rückt. Diese Tatsache, die ich bei keinem Vertreter der anderen Unterfamilien beobachtet habe, weist, wie schon im ersten Teile betont wurde, im Zusammenhang mit dem Auftreten getrennter Baststränge vielleicht auf phylogenetische Beziehungen zu den Cyperales hin. Die Blätter der Smilacoideae besitzen gewellte Radialwände der Epidermiszellen, und diese Wellung ist abhängig von dem Grade der flächenförmigen Verbreiterung der Blattspreite. Die Spaltöffnungen, die an den Blättern nicht die charakteristischen Nebenzellen zeigen, sind in keiner bestimmten Richtung orientiert, was in etwas an die Parideen erinnert. Auch das Assimilationsgewebe, von dem Schulze gar nicht 474 Dr. BE. Zweigelt, spricht, stimint in seinem Bau (Armpalisaden und Schwammparenchym) vollkommen mit dem der Parideen und auch mancher Luzuriagoideae, so Lapageria rosea, überein. Mit Rücksicht auf den verschiedenen Bau des mechanischen Ringes und der Spaltöffnungen stehen die Smilacoideen unter den Liliaceen isoliert und auch an eine nähere Beziehung zu den Asparagoideen ist mit Ausnahme der Parideae, mit denen sie den Blattbau gemeinsam haben, nicht zu denken, obwohl Schulze, hauptsächlich gestützt auf den ähnlichen Bau der Gefäßbündel und auf gewisse Analogien in der Verdickungsweise der Wasserleitungsröhren, dafür eintritt. Wie aus der Gedankenfolge in diesem Kapitel hervorgeht, sind die Unterfamilien, mit denen wir uns beschäftigten, recht heterogenen Charakters, und nur in wenigen Fällen sind wir imstande, auf nahe phylogenetische Beziehungen hinzuweisen. Erst wenn die anatomische Bearbeitung aller Liliaceen vor- liegt, werden wir imstande sein, unter gleichzeitiger Verwertung der Morphologie eine durchgreifende Änderung in der Systematik vorzunehmen und die Liliaceen, wie wahrscheinlich ist, in mehrere Familien zu zerlegen, eine Vermutung, die Prof. Dr. K. Fritsch! schon aus morphologischen Gründen aus- gesprochen hat. 1 J. Wiesner und K. Fritsch, »Organographie und Systematik....s,1l. c., p. 407, Anm. 304. Graz, Institut für systematische Botanik, April 1911. | Vergleichende Anatomie der Asparagoideae etc. 47: L.iteraturverzeichnis. De Bary A., Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane. Leipzig 1877. Baroni E., Ricerche sulla struttura istologica della Rhodea japonica e sul suo processo d’impollinazione, N. G. B. J., XXV, 1893, p. 152—175 (Referat im Bot. Jahresbericht 1893, I, p. 575). Benecke W., Die Nebenzellen der Spaltöffnungen, Botan. Zeitung, 1892, p. 520. Bernätsky J., Das Ruscus-Phyllokladium, Bot. Jahrb. f. 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Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. BON NA we — Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. Klasse, Bd.LXXXVII. eiel ill Fake il: ..a, b, c Querschnitte durch die Endodermis und ihre Verstärkung aus der Wurzel von Smilax sagiltaefolia, die einzelnen 3ilder beziehen sich auf verschiedene mechanisch verschieden stark entwickelte Wurzeln. EZ = Endodermis. . Kurzzellenintereutis von Zuzuriaga (Flächenschnitt). Die Intereutiszellen sind schwächer ausgezogen. . Intereutis und Epiblem von Asparagus plumosus (Querschnitt). . Querschnitt durch den Spezialzylinder aus der Wurzel von Ophiopogon Jaburan mit den eigentümlichen äußeren und inneren Zellen. . Partie aus dem stark verholzten Zentralzylinder der Wurzel von Asparagus Sprengeri (Querschnitt); Hadrom (H); Leptom (Z); Pericambium (P); Endodermis (Z). . Kurzzellenintereutis der Wurzel von Polygonatum multiflorum (Flächenschnitt). . a Flächenschnitt, D Längsschnitt durch die Kurzzellenintercutis von Convallaria majalis. . Raphiden und Kırystallgruppen aus der Wurzelrinde von Dana& Laurus (Längsschnitt). . Raphiden und Einzelkrystalle aus der Wurzelrinde von Asparagus Krausii (Längsschnitt). Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. Tar.dl. Fig.7 3. Fig.7c. Fi TR y MN NN HIN ) \ ANL SS ANZAGRN OFT Nr > x Fig.13b. Lith. Anst.Th. Bannwarth,Wien Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw.Rlasse, Bd.LXXXVIN. Rare Il: Tarelail: a Längs-, b Flächenschnitt durch die Kurzzellenintereutis von Reineckia carnea. . Funktionsuntüchtige Spaltöffnung am Rhizom von Ruscus hvpophyllum im Querschnitt. Die Bräunung der Zellwände ist durch die graue Farbe zum Ausdruck gebracht. 3. Knopfförmiges Vordringen der Cuticularschichten gegen die Radialwände an der Rhizomepidermis von Ruscus hypophyllum im Querschnitt. . Querschnitt durch das dorsoventrale Rhizom von Reineckia carnea, Endodermis (E). . Querschnitt durch die Rhizomepidermis von Paris quadrifolia. . Querschnitt durch Intercutis und Epiblem von Aspidistra elatior. . Epiblem von Polygonatum officinale im Querschnitt. 3. Flächenschnitt durch die knopfförmigen Cuticularbildungen an den Radialwänden der Rhizomepidermis von Ruscus hypo- phyllum (vgl. Fig. 18). . Cutinkörner und -lamellen in den Radial- und Innenwänden der Rhizomepidermis von Aspidistra elatior im Querschnitt. . Kurzzelle aus der Intercutis von Ophiopogon japonicus nach Behandlung mit Schwefelsäure (Längsschnitt). - Querschnitt durch die Intercutis von Smilax syphilitica. Die grau gehaltenen Zellen sind gebräunt. . Veränderte Radialwand (Cutinisierung) aus der Rhizomepidermis von Ruscus hypophyllum (Querschnitt). . a Querschnitt, b Flächenschnitt durch die Kurzzellenintercutis von Dana Laurus. . Partie aus dem Zentralzylinder des Wurzelknollens von Asparagus Sprengeri (Querschnitt). 0. Querschnitt durch eine Spaltöffnung am Rhizom von Ruscus hypoglossum. . Flächenschnitt durch Kurzzellen der Intereutis von Semele androgyna. . Querschnitt durch die Spaltöffnung am Rhizom von Polygonatum verlicillatum. (Die Spaltöffnung ist verstopft). Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. Tar.I. Fig. 16a. ‚Suberinlamelle Holzl amelle Fig 6b. Lith.Anst‘Th. Bannwarth, Wien. Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. Klasse, Bd.LXXXVIE. Talea! > 835 » 36 » 37 >» 38 >» 39 Tafel IV. . Sektor des Rhizomquerschnittes von Convallaria majalis,; E = Endodermis. . Querschnitt durch die Endodermis des unterirdischen Cauloms von Swilax aspera. gebräunt. 5. Dickwandige Raphidenzelle aus der Wurzelrinde von Smnilax sagittaefolia. . Macro- und Microraphiden im Rhizom von Polvgonalum multiflorum (Längsschnitt). . Spaltöffnung an der unteren Stengelpartie von Zuzuriaga in der Fläche. . Epidermis und »Rhizomhaare« am Rhizom von Smnilacina racemosa (Querschnitt). . Querschnitt durch die Rinde im unterirdischen Caulom von Smilax sagittaefolia. Die Endodermiszellen sind intensiv Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. Taf. W. Ver L | „ıL_ Q kırh. Anst Ih. Banrwarth, Wien Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss:math.naturw. Klasse, Bd.LXXXVIN Tafel V. Fig. 40. Querschnitt durch Epidermis und Spaltöffnung am Stengel von Ruscus aculeatus. +1. Flächenschnitt durch Epidermis und Spaltöffnung am Stengel von Semele androgyna. » 42. Epidermiszellen und Spaltöffnungen am Stengel von Asparagus Krausii (Querschnitt). 43. Zelle aus dem Rhizom von Smmilacina rasemosa mit feinen Kryställchen > 44. Epidermiszellen am Stengel von Triiium recurvatum (Querschnitt). > 45. Querschnitt durch die Spaltöffnung am Stengel von Asparagus plumosus. >» 46. Querschnitt durch die Spaltöffnung am Stengel von Sınilax aspera. » 47. Epidermiszellen von Polygonalum verticillatum (Stengellängsschnitt). 43. Querschnitt durch die Spaltöffnung am Phyllokladium von Rersers aculeatus. » 49. Querschnitt durch die Stengelepidermis von Paris quadrifolia. » 50. Längsschnitt durch eine Raphidenzelle aus dem unterirdischen Caulom von Smilax sagittaefolia (Raphidensklereide). >» 51. Querschnitt durch eine Kante am Blütenstiel von Paris quadrifolia. » 52. Flächenschnitt durch die mit Nebenzellen ausgestattete Spaltöffnung von Smilax aspera (Stengelepidermis). > 53. Längsschnitt durch die Höckerzellen am Stengel von Lapägeria rosea. » 54. Bildung einer mehrschichtigen Epidermis am Stengel von Ruscus acnleatus (Querschnitt). » 55. Querschnitt durch die Spaltöffnung am Stengel von Drillium recurvatum. 56. Einzelne Höckerzellen aus der Epidermis des Stengels von Polygonalum verlicillatum im Querschnitt (vgl. Fig. 47). Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. Taf. V. Lith. Anst.Th. Bannwarth, Wien, Denkschriften d.kais. Akad.d.Wissmath.naturw. Klasse, Bd.LXXXVIL Tauell WIL . Stengel von Asparagus offieinalis: Querschnitt durch ein Gefäßbündel. . Längsschnitt durch das verholzte Gewebe eines Stachels von Smilax aspera; R — Raphidenzelle, . Querschnitt durch den Stengel von Smilax sagittaefolia: Epidermis, Hypodermis, Rindenparenchym und Zellen des mechani- schen Ringes. . Stengel von Asparagus aculifolius: Querschnitt durch ein Gefäßbündel; 7 = Intercellulargang (vgl. auch Fig. 57). . Epidermis und Hypodermis im Stengel von Trillium sessile (Querschnitt). . Querschnitt durch die Spaltöffnung am Schaft von Rohdea japonica. . Rindenparenchym von Ruscus hypoglossum (Stengelquerschnitt); die chlorophyliführenden Zellen sind schraffiert. . Grundgewebe mit eingebettetem Gefäßbündel von Trillinm sessile (Stengelquerschnitt); die Zellumina sind der Deutlichkeit halber schraffiert. . Stengel von Asparagus Sprengeri: Querschnitt durch ein Gefäßbündel. Rindengewebe von Asparagus officinalis (Querschnitt durch einen dünnen Zweig). Die Schraffierung entspricht der Menge des Chlorophyligehaltes. Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. Taf. I. au? Lrth.Anst,Th, Bannwarth Wien. Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. Klasse, Bd.LXXXVIl. = Ey Kin — aD! > v u 93) — ale WI Fig. 67. Stengel von Ruscus hypoglossunm: Querschnitt durch ein Gefäßbündel. 68. Stengel von Paris quadrifolia: Rechte Hälfte ‚eines Querschnittes durch ein Gefäßbündel. Die collenchymatischen Bildungen ‚(mitsamt den zerdrückten Cribralprimanen) sind grau gehalten. Im Innern des Leptoms infolge Auflösung von Zellen ein Intercellulargang; die Hadromparenchymzellen sind granuliert. 69. Querschnitt durch eine Spaltöffnung an den Stolonen von Ophiopogon japonicus. 70. Stengel von Danae Laurus: Querschnitt durch ein Gefäßbündel. Der Grad der Verholzung in den einzelnen Teilen ist durch verschiedene Schattierung zum Ausdrucke gebracht. 71. Schaft von Ophiopogon Jaburan: Querschnitt durch ein Gefäßbündel. » 72.a Querschnitt, 5 Flächenschnitt durch abnorme Epidermiszellen am Phyllokladium von Asparagus Krausii. Normale Epidermis- zelle (D). » 73. Teil eines Querschnittes durch das Phyllokladium von Asparagus Sprengeri. Taf. VII. 1weig elt,E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. } x N ( OR ( N S N—f ST Salz SG 7 Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.mathnnaturw. Klasse Bd.LXXXVIM. Au Bu FOR AN TER, Nie, As nn, Nana ll | Fig. 74. Querschnitt durch das Phyllokladium von Asparagus officinalis. Die Raphien erscheinen in ihren Zellen in der Aufsicht als Punkthäufchen. » 75. Reduzierte Spaltöffnungen an der physiologischen Oberseite des Phyllokladiums von Danae Laurus. 76. Querschnitt durch die verdornte Spitze des Phyllokladiums von Ruscus aculeatus. 77. Caleiumoxalatkrystall in der Epidermis des Laubblattes von Draeaena fragrans (Querschnitt). 78. Laubblatt von Polvgonatum vertieillatum: Querschnitt durch die Epidermis der Unterseite mit Spaltöffnung. 79. Laubblatt von Ophiopogon japonicus: Unterseite — Flächenbild; die Epidermiszellen mit den Papillen. 80. Caleiumoxalatkrystalle in der Epidermis des Laubblattes von Sansevieria fasciala (Flächenschnitt). 81. Laubblatt von Ophiopogon japonicus: Epidermis der Unterseite im Längsschnitt. » 82. Dasselbe im Querschnitt. » 83. Laubblatt von Polygonatum verticillatum: Flächenbild der Blattunterseite; Z sind die im Texte besprochenen, möglicher- weise in der Entwicklung stehengebliebene Spaltöffnungen darstellenden Zellen. 84. Längsschnitt durch die Zähne des Blattrandes von Ophiopogon japonicus. » 85. Blattquerschnitt von Zuzuriaga radicans. Die durchwegs gleichmäßig chlorophyliführenden Zellen des Mesophylis sind schraffiert. 86. Laubblatt von Smilax svphilitica: Assimilationsgewebe im Flächenschnitt (mit scharfen Konturen). Die in den Assimilations- zellen liegenden Krystalle sowie die Konturen der Epidermiszellen sind matt. » 87. Laubblatt von Majanthemum bifohium: Blattunterseite im Flächenschnitt. >» 88. Laubblatt von Trillium recurvatum: Querschnitt durch das Assimilationsgewebe. Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. Taf.VaT. Mm 2 Lrth. Anst.Th. Bannwarth, Wien. Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. Klasse, Bd.LXXXVII. Bus) En ARSLeReIA aan, ne RD nn 291 » 92 >08, » 94 >» 95 » 96 97 Tate IX . Laubblatt von Dracaena fragrans: Querschnitt-durch das Mesophyll mit Krystallschläuchen. . Querschnitt durch den Rand des Perianthblattes von Ruscus hypophyllum. . Querschnitt durch das Niederblatt von Asparagus officinalis. . Querschnitt durch das Gefäßbündel im Niederblatte von Aspidistra elatior. . Reduzierte Spaltöffnung am rudimentären Laubblatte von Ruscus hypoglossum (Querschnitt). . Reduzierte Spaltöffnung am rudimentären Laubblatte von Ruscus hypophyllum (Querschnitt). . Partie aus dem Gefäßbündelquerschnitt vom Laubblatte von Aspidistra elatior. L— Leptom, H= Hadrom. Die dünnwandigen Leptomelemente sind schraffiert. . a, b, c Reduzierte Spaltöffnungen am Blütenblatte von Aspidistra elatior in der Flächenansicht. . Epidermiszelle an der Oberseite des Niederblattes von Ruscus aculeatus. . Querschnitt durch den Niederblattrand von Asparagus tenuifolius, Skl — Sklereiden. . Haare an den Perianthblättern von Polygonatum multiflorum. 0. Spaltöffnung am rudimentären Laubblatte von Ruscus hypophylium. . Querschnitt durch das Gefäßbündel aus dem Hochblatte von Ruscus hyvpophrllum. Die Zellumina sind schraffert. . Laubblatt von Sansevieria fasciata: Wassergewebe. 3. Perianthblatt von Convallaria majalis: Spaltöffnungen in der Fläche. . Spaltöffnungen aus rudimentärem Laubblatte von Asparagus maritimus (Flächenschnitt). Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. TafIX. Fig. 91. Fig. 100. EN 5 A N Fig. 103. Fig. 104. Lrth. Anst.Th. Bannwarth,Wien Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. Klasse, Bd.LXXXVIE. Ba DIPL 1 RE Pe Fig. 105 106. 114. . Intereutis (Hypodermis) in den Stolonen von Ophiopogon japonicus. Tafel X. . Laubblatt von Sansevieria fasciata® Querschnitt durch Spaltöffnung und Epidermiszellen. Querschnitt durch das Phyllokladium von Asparagus Krausii. . Querschnitt durch die Epidermiszellen des Laubblattes von Zapageria rosea. - Querschnitt durch die Endodermis aus der Wurzel von Aspidistra elatior. f die subepidermale Zellage ist schärfer konturiert, \ was die Suberinlamelle zum Ausdruch bringen soll. . Querschnitt durch das Gefäßbündel aus dem Laubblatte von Rhodea japonica. Die Collenchymbildungen und zerdrückte Cribralprimanen sind schattiert. . Gefäßbündel aus dem Rhizom von Polygonatum officinale im Querschnitte. . Wurzelendodermis von Zuzuriaga radicans. . Querschnitt durch das Phyllokladium von Asparagus tenuifolius. Das Assimilationsgewebe ist schraffiert. Querschnitt durch einen Teil des mechanischen Ringes in den Stolonen von Ophiopogon japonicus. Die verkorkten Mittel lamellen sind stärker ausgezogen. 115. Querschnitt durch die Stengelkante von Polygonatum officinale. Das subepidermale Collenchym ist grau gehalten. Taf. X. Zweigelt, E : Vergleichende Anatomie der Asparagoidcae etc. A or SIR a® a ®.9% Y ® \ 2 le) ®) Oo SO) ) —{ Lith.Anst.Th.Bannwarth,Wien Denkschriften d.kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. Klasse, Bd.LXXXVIL - Fig. 110. _ MONOGRAPHIE DER PALÄARKTISCHEN ARTEN DER COLEOPTERENGATTUNG MICROLESTES VON KARL HOLDHAUS Mit 32 Textfiguren VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 20. JUNI 1912 INIEIENEIE Seite Seite Vorbemerkungen i 2 [478 Microlestes minululus . « ». . .... 27 [503 Der Bau der Genitalorgane . ..... 4 [480 > ScHeloip.s 2 0.0 00 00.0 29 [505 1. Die männlichen Geschlechtsorgane 4 [480 > NLEIIKULCD Eee 30 [506 2. » weiblichen » © 5 [481 » DO EATUSEE 32 [508] 3. Korrelationen zwischen männlichem » Pla DE SEE Er: 34 [510 und weiblichem Copulationsapparat 7 [483] SchmiedeknechüU - 2... 35 [511] Bestimmungstabelle, vorwiegend auf äußere Merk- > RERDLERDN N NEL SEN“ 35 [511] malerseeiunderne ee. 8 [484 » SKNBESS aan 80 36 [512] Tabelle zur Bestimmung der 9 auf Grund des » ISCH NO DEN 38 [514 Copulationsapparates .... 2... 12 [488 > SRHNS- os en e 40 [516 Diagnosen: > EORLRCH DS 41 [517] Migrolestes Inctuosus . » . . .... 13 [489] » leVGBeN ES ee 44 [520 » BENSECHSTA EN ee > 15 [491 » Tb EHACUSE, Eee 47 [523] » IBnacHlaconmisE 16 [492 > AUKUSSELL-D -lyen er Mor ealelhr 49 [525] » ISIKICHCOU SE rn: 18 [494] > IESSUHAIS 51 [527] » Viipenms so. 2... 18 [494] > FADerI ED a 52 [528] » 13 DE 19 [495 » SYHLACUSEE RE RE: 55 [531] WERD 0 0 on oo di 20 [496 Katalog der paläarktischen Arten der Gattung MOWFANACHS rn 22 [498 NMIICKWSUES 00 dr 5000 8 08% 58 [534 WNEHS 0 onoro 5 000% 23 [499] Phylogenetische und tiergeographische Bemer- KEITEN EEE REES: 24 [500 kamyaanı a a co no DB oo. 0a d dc 61 [537 SANDER Er 25 [501 Über die Speciessystematik in der Gattung Micro- gallieus . 25 [501 lestesunWalleremeinien re ee 64 [540] Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIT, Bd. 63 478 RK. Holdhaus, Vorbemerkungen. Als ich die Arbeiten zu einer Monographie der Gattung Microlestes begann, hatte ich das Ziel vor Augen, zu untersuchen, ob die entomologische Speciessystematik durch möglichst weitgehende Heran- ziehung der anatomischen Merkmale zu anderen Resultaten gelangen könne als bei der allgemein gebräuchlichen ausschließlichen Berücksichtigung der äußerlich sichtbaren Charaktere.? Eine solche Untersuchung war bisher für keine Insektengattung unternommen worden und hat immerhin eine gewisse prinzipielle Bedeutung, da ja eine wohlgegründete Speciessystematik das unentbehrliche Fundament für verschiedene andere zoologische Disziplinen, im besonderen auch für die Behandlung vieler allgemeinerer Fragen aus den Gebieten der Biogeographie und Deszendenztheorie darstellt. Die Gattung Microlestes wurde gewählt, da diese Gattung als besonders schwierig bekannt war und infolge der Häufigkeit der einzelnen Arten sich leicht und zu jeder Jahreszeit Material für anatomische Untersuchungen beschaffen ließ. Durch die geringe Größe der Objekte wurde die anatomische Untersuchung allerdings etwas erschwert. ? Die gestellte Aufgabe wurde durchgeführt, soweit es die äußeren Umstände gestatteten. Von den meisten mitteleuropäischen und südeuropäischen Arten ? hatte ich hinreichendes frisches Material für anatomische Untersuchungen zur Verfügung. Aber von einigen seltenen südeuropäischen und ebenso von allen außereuropäischen Arten lagen mir nur getrocknete Sammlungsexemplare vor. Bei diesen Arten mußte sich die anatomische Untersuchung auf die chitinösen Organe beschränken. Im einzelnen erstreckten sich meine anatomischen Untersuchungen auf folgende Organe: 1. Die Mundteile wurden bei allen Arten untersucht mit Ausnahme jener wenigen, von denen mir nur einzelne Stücke vorlagen. Es fanden sich keinerlei spezifische Differenzen, wohl aber bei Microlestes luctuosus eine auffallende Variabilität in der Gestalt der Zunge. 1 Eine Ausnahme von dem Gebrauch, bei den Insekten für die Speciessystematik nur die äußerlichen Merkmale zu berück- sichtigen, wurde bisher nur insofern gemacht, als manche Autoren in schwierigen Artgruppen auch die Penisbeschaffenheit unter- suchten. Hier fanden sich wichtige Differenzen. Aber die zu erwartenten korrelativen Merkmale in den weiblichen Geschlechtswegen wurden bisher bei Coleopteren niemals, in anderen Insektengruppen nur in ganz vereinzelten Fällen untersucht. So kam es, daß die‘ Weibchen in vielen Gattungen unbestimmbar blieben. Auch die Untersuchung des Penis erstreckte sich meist nur auf seine äußere Gestalt, nicht aber auf seinen inneren Bau. Vgl. Escherich, Die biologische Bedeutung der »Genitalanhänge« der Insekten. Verh. Zool. bot. Ges. Wien, 42 (1892), p. 225 bis 239. 2 Ich danke an dieser Stelle allen jenen Museen und Besitzern von Privatsammlungen, welche meine Untersuchungen durch Mitteilung von Material unterstützten. Microlestes-Material wurde mir anvertraut vom Deutschen entomologischen Nationalmuseum in Berlin, von den Museen in Brüssel, Budapest, Genua, London, Sarajevo, St. Petersburg, ferner von den Herren 1.. Bedel (Paris), Josef Breit (Wien), Dr. A. Chobaut (Avignon), Friedrich Deubel (Brassö-Kronstadt), Agostino Dodero fu Giustino (Genova), H. Diener Budapest), J. Sainte-Claire Deville (Paris), Henry C. Fall (Passadena, Cal.), Prof. Andrea Fiori (Bologna), Edmond Fleutiaux (Nogent sur Marne), R. Formänek (Brünn), J. M. de la Fuente (Pozuelo de Calatrava), J. Gerhardt (Liegnitz), Louis Gavoy Carcassone), Bernardino Halbherr (Rovereto), F. Hauser (München), Prof. L. v. Heyden (Frankfurt a. M.), H. Hochhuth Nemirow), Martin Holtz (Rodaun), Josef Kaufmann (Wien), Otto Leonhard (Blasewitz-Dresden), A. L. Montandon (Bukarest), 3 Die Apophyse am linken Polende des Annulus receptaculi als dünnes, einfaches, mehr oder minder mützenschirmartigesChitimplättehenlentwiekelt A ur: Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 489 — Die Apophyse am linken Polende des Annulus receptaeuli viel dicker, bei seitlicher Betrachtung so hoch oder höher als der Körper des Ringes erscheinend, im Innern ausgehöhlt. (Obstruktions- lamellesstersguo zhandem) ar ee ne 1 SE A 0 SD SEHR DEE ONE 4. Annulus receptaeculi sehr klein, ohne Obstruktionslamelle .. -. .. . 2.2.2... .M. maurus. — Annulus receptaculi größer, mit Obstruktionslamelle . -. . . . ... ..M. gallicus, Seladon, negrita, ou . Die Apophyse am linken Polende des Annulus receptaculi ziemlich klein, bei seitlicher Betrachtung nicht oder nur sehr wenig höher erscheinend als der Körper des Ringes . . M. fulvibasis, politulus. — Diese Apophyse sehr groß, aufgeblasen, viel höher als der Körper des Ringes M. minutulus, flavipes, plagiatus, Schröderi, corticalıis. 6. Receptaculum seminis in zwei oder mehrere Schläuche gespalten . . M. luctuosus, apterus, creticus. — EReeepraculumsseminisanichtwsespalten re re 7. Receptaculum seminis lang schlauchförmig, Annulus receptaculi von der Form eines hohen Kegel- ante IS ee ellaan 2a Haare ef el een rl ee RS — Receptaculum seminis ein länglich birnförmiger Ballon. Annulus receptaculi viel niedriger, mit wesentlich größerem Durchmesser. . . . . 2.2... ....M. vittipennis, persicus, gracilicornis. 8. Die Vagina an der Mündung des Receptaculum seminis sehr stark chitinisiert . . . ... M. vittatus. — Die Vagina ohne stärker chitinisierte Partie . . . . . . zn nn... .n.n . M: mauritanicas. Diagnosen. 1. Microlestes luctuosus Holdh. 1842. ? Dromius minutus Motsch. Ins. Sib., p. 60, nee Fourer. 1849. Dromius glabratus Luc. Expl. scient. Alg., p. 16, nec Duft. 1854. Dromius glabratus W ollast. Ins. Mad,, p. 9. 1857. Dromius maurus Wollast. Cat. Mad. Col., p. 5, nec Sturm. 1864. Blechrus maurus Wollast. Cat. Col. Canar., p. 15. 1865. Blechrus maurus W ollast. Col. Atlantid., p. 18. 1392. Blechrus maurus Ganglb. Käf. Mitt. I, p. 404, ex part. 1900. Blechrus exilis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 380, ex part. 1900. Blechrus minutus Reitt. Ibid., ex part. 1904. Metabletus maurus Desbr. Faunule Col. France Cors. in Le Frelon XII, p. 196 (64). 1904. Microlestes exilis luctuosus Holdh. Apfelb., Käferfaun. Balkanhalbins., I, p. 330. An der tiefschwarzen Färbung und der charakteristischen Körperform bei einiger Übung leicht kenntlich; meist mit M-maurus konfundiert, von dieser Art durch breitere, etwas flachere Körperform, nach hinten im Durchschnitt schwächer konvergierende Schläfen, im Durchschnitt viel breiteren Halsschild mit sehr prononeierten, in der Anlage fast stets nahezu rechtwinkeligen Hinterecken, im Durchschnitt breitere, nach hinten minder verbreiterte Flügeldecken, beim 5 nicht erweiterte Vorderschenkel und minder stark verbreiterte Tarsen sowie total differenten Bau des Copulationsapparates leicht zu unterscheiden. Körper breit gebaut, gefllügelt, tiefschwarz, glänzend; Fühler einfarbig dunkel, Beine nahezu ein- farbig schwarz oder mit etwas helleren Hüften und Knieen. 490 RK. Holdhaus, Kop!! breit gebaut, mit nicht sehr großen, nicht sehr hoch gewölbten Augen, Schläfen wenig lang, nach hinten nicht sehr stark konvergierend, mit dem Halsteil des Kopfes unter sehr stumpfem, meist ver- rundetem Winkel zusammentreffend, selten die Seiten des Kopfes hinter den Augen nahezu ohne Andeu- tung einer Einschnürung. Fühler kräftig. Halsschild eben merklich bis sehr ausgesprochen breiter als der Kopf, in der Regel sehr breit, breiter als bei jeder anderen Art der Gattung, das Dorsalfeld etwa um ein Drittel oder selbst fast um die Hälfte Fig. 5. Fig. 4. Fig. 4. Penis von Microlestes luctuosus. > Fig. 5. Receptaculum seminis von Microlestes luctuosus. Am Annulus receptaculi ist auch der ventrale Abschnitt des Ringreifens teilweise sichtbar. breiter als lang; am Vorderrand ist der Halsschild flach ausgebuchtet, an den Seiten vor der Mitte flach gerundet erweitert, nach hinten nicht sehr stark verengt, vor den Hinterwinkeln sehr deutlich ausge- buchtet, die Hinterwinkel meist sehr prononciert, entweder nahezu rechtwinkelig oder schwach stumpf- winkelig und nur am äußersten Ende des Basalrandes leicht — oft kaum merklich — seitlich abgeschrägt, oder der Basalrand des Halsschildes ist jederseits in etwas größerer Breite abgeschrägt, so daß die Hinter- winkel mehr oder minder ausgesprochen stumpfwinkelig — nur in der Anlage annähernd rechtwinkelig — erscheinen. Hinterrand des Halsschildes relativ stark nach hinten gezogen. Flügeldecken breit, in der Länge etwas variabel, nach hinten nur sehr wenig verengt oder nahezu parallel, an den Seiten nur sehr schwach oder mäßig stark gerundet; auf der Scheibe nur schwach gestreift, in der Regel nahezu glatt. Beine wenig kräftig, Tarsen mäßig schlank. Beim / sind die Vordertarsen auffallend schwach verbreitert, die Mittelschienen am Innenrande nahezu gerade, an ihrer inneren Apicalecke nach innen leicht stumpfeckig erweitert oder nahezu einfach, Hinterschienen einfach. Weitere Sexualauszeichnungen fehlen. 5 Long. 2:2 bis 2:8 mm. Bei Microlesles lucluosus zeigt die Zunge eine auffallende Variabilität. Neben Exemplaren, deren Zunge wie bei allen übrigen ı am Vorderrande ziemlich tief dreieckig ausgeschnitten ist, finden sich solche mit nahezu geradlinig abgestutztem e., Von Castelnuovo in Süddalmatien besitze ich beide Extreme nebst Intermediärformen. Die Figuren 4 bis 32 sind in gleicher Vergrößerung gezeichnet. Monographie der Coleopterengattumg Microlestes. 491 Der Penis ist auffallend zart und schwächlich gebaut, schwaclı chitinisiert, seitlich mehr oder minder stark komprimiert, etwa von der Mitte oder vom distalen Drittel ab gegen die Spitze ziemlich gleichmäßig verengt, die Spitze selbst sehr kurz abgestumpft, ohne alle Differenzierung. Bei Dorsalansicht erscheint der Penis nahezu gerade oder nur an der äußersten Spitze sehr schwach nach rechts gekrümmt, bei seit- licher Ansicht schwach und gleichmäßig gekrümmt. Die leicht längsriefige, am getrockneten Objekt oft eingefallene Präputialpartie der Peniswandung reicht fast bis an die Spitze des Penis, nur einen äußerst kurzen Apex freilassend. Sie nimmt den Penisrücken und fast die ganze Höhe der rechten Peniswandung ein, an der linken Peniswandung reicht sie in der Regel etwa bis zur Mitte hinab. Der oft undeutliche Ostialschlitz liegt in der distalen Hälfte der Präputialpartie, median oder submedian. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht ausschließlich aus kleinen, rundlichen Schuppenkörnchen. Der Penis erreicht eine Länge von 0:375 bis 0:42 mm. Q Copulationsapparat. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin, ohne irgendwelche Differenzierung. Das Receptaculum seminis ist ein länglicher Ballon, der sich in seiner terminalen Partie in zwei breite Blindschläuche spaltet. Infolge Schrumpfung ist diese Bildung, die nur bei M. luctuosus auf- tritt, an vielen Präparaten nicht gut zu beobachten, ich sah dieselbe an Exemplaren von Spanien, Italien und Attika. Der Annulus receptaculi, in einiger Entfernung der Mündungsstelle des Receptaculums ge- legen, hat die Form eines annähernd kreisrunden oder leicht in die Länge gezogenen Ringes mit einem größten Durchmesser von 0:086 bis O:128 mm. Der Ringreifen ist dünn, zart, von geringer Höhe, jeglicher Differenzierung in Form von Apophysen entbehrend. Bei Ansicht im Profil (Dorsalansicht in situ) erscheint der Ring in flacher, ovalwärts konvexer Rundung gekrümmt. Der dünnschlauchförmige Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet am rechten Polende des Ringes, am Hinterrand des Ringreifens. Verbreitung: M. luctuosus findet sich im nordwestlichen Afrika von Tunis bis Marokko, auf Madeira und den Kanarischen Inseln, in Spanien, Südfrankreich, in ganz Italien, im südlichsten Tirol (Montisel bei ° Rovereto, Coll. Halbherr), aufden Tyrrhenischen Inseln und Balearen, im größten Teil der Balkanhalb- insel,! auf Kreta, in Kleinasien, im Kaukasus, in Syrien, Palästina (Jerusalem) und bis nach Turkestan und Buchara. Eine der häufigsten Arten. 2. Microlestes persicus nov. Spec. Dem M. gracilicornis nahestehend, von demselben durch etwas kräftigere Fühler und Tarsen, etwas ‘dunklere Färbung der Fühler und Beine, im Durchschnitt schmäleren Halsschild, von M. Iuctuosus durch minder tiefschwarze Färbung, hinter den Augen nicht oder kaum eingeschnürten Kopf, viel schmäleren Halsschild, schmälere Flügeldecken, rudimentäre Flügel (ob konstant?), von beiden Arten durch differente Beschaffenheit des. Copulationsapparates abweichend. Kopf an den Seiten hinter den Augen an den mir vorliegenden Exemplaren fast geradlinig oder unter flacher konkaver Rundung nach hinten verengt, Fühler lang, aber ziemlich kräftig, sehr dunkel pech- braun gefärbt, ihr erstes Glied mitunter eben merklich heller als die folgenden. Dorsalfeld des Halsschildes quadratisch oder leicht transversal. Flügeldecken zart gestreift oder nahezu glatt. Flügel an den mir vor- liegenden Exemplaren rudimentär. Beine etwas kräftiger als bei M. gracilicornis, mit minder schlanken Tarsen, pechbraun, Schienen und Tarsen kaum heller gefärbt. Äußere Sexualauszeichnungen wie bei M. gracilicornis. Long. 2:2 — 2:4 mm. Der Penis unterscheidet sich von jenem des M. gracilicornis namentlich durch viel kürzeren, breiteren, in anderer Richtung komprimierten, an der Spitze transversal abgestutzten Apex, etwas differente 1 Soweit dieselbe zur meridionalen Subregion gehört, daher in Bosnien, Serbien ete. fehlend. Detailfundorte bei Apfelbeck, Käferfaun. Balkanhalbins., I, p. 330. Auch bei Monfaleone nächst Triest wurde M. Zuctnosus gefunden. 492 K. Holdhaus, Bildung des Stammteils, von jenem des M. Inctuosus durch kräftigeren Bau, viel breiteren Apex, differente Bewaffnung des Präputialsackes. Stammteil des Penis seitlich nur schwach komprimiert; Präputialfeld die rechte Hälfte des Penisrückens und die rechte Peniswandung mitAusnahme eines ziemlich breiten ventralen Randsaumes einnehmend, in seiner distalen Partie unbeträchtlich auf die linke Peniswandung über- greifend, Östialschlitz dorsal. Apex kurz, etwa ein Siebentel der ganzen Penislänge einnehmend, bei schräger Ansicht von rechts oben am breitesten erscheinend und in dieser Lage fast etwas breiter als lang, an der Spitze unter flacher Rundung transverisal abgestutzt, die abgestutzte Kante in kontinuierlicher Rundung in den linken Seitenrand des Apex übergehend, mit dem rechten Seitenrand unter sehr kurz vor- gezogenem, annähernd rechtem Winkel zusammentreffend. Bei direkter Ansicht von oben erscheint der Penis von der Mitte bis zur Spitze sehr gleichmäßig verschmälert, der Apex daher in keiner Weise abge- setzt, die Richtung des Penisstammes fortsetzend, an der Spitze breit verrundet. Bei Lateralansicht erscheint der Apex schmal, distalwärts sich leicht erniedrigend, schwach ventralwärts gekrümmt. Fig. © 6. Penis von Microlestes persicus. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht aus zarten Schuppenkörnchen, etwas basalwärts des distalen Drittels der Penislänge liegt im Inneren des Penis eine längliche Gruppe zahlreicher, etwas größerer, chitinbrauner, dichtgedrängter Zähne. Der Penis hat an einem mittelgroßen Exemplar eine Länge von 0:48 mm. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin. Das Receptaculum seminis hat die Form eines länglichen Ballons. Der Annulus receptaculi, in einiger Entfernung von der Mündunssstelle gelegen, ist ein dünnwandiger, analwärts sich trichterförmig verschmälernder Ring von rundlichem Umriß, mit einem größten Durchmesser von 0:07 mm. Die Höhe des Ringreifens beträgt an einem Präparate etwa ein Drittel des Durchmessers. Der Ringreifen ist dünnwandig, ohne Apophysen, der schmalschlauchförmige Aus- führungsgang der Anhangsdrüse mündet an seinem Hinterrande, rechtsseitig. Verbreitung: In Nordpersien und bei Schiraz (Koll. Doria, Mus. Genova). 3. Microlestes gracilicornis nov. spec. 1844. ? Drominus minutus Motsch. Ins. Sib., p. 60, nec Fourcroy. 1900. Blechrus minutus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 380, ex part. Dem M. Iuctuosus zunächststehend, von demselben durch minder tiefschwarze Färbung des Körpers, hellere Färbung der Fühler und Beine, sehr ausgesprochen schlankere Fühler und Tarsen, im Durchschnitt niger breiten, nach rückwärts stärker verengten Halsschild und etwas längere Flügeldecken sowie rente Beschaffenheit des Copulationsapparates abweichend. Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 493 Körper geflügelt oder ungeflügelt, schwarz, mehr oder minder stark glänzend, namentlich-auf Kopf und Halsschild oft mit sehr charakteristischem mattem Schimmer, die Fühler heller oder dunkler rötlich- braun, die Beine pechbraun mit heller rötlichbraunen Hüften, Schienen und Tarsen. Der Kopf kräftig gebaut, mit relativ großen, stark vorspringenden Augen, Schläfen nach hinten in der Regel recht stark konvergierend, gegen den Halsteil des Kopfes unter leicht verrundetem stumpfen Winkel abgesetzt, selten den Kopf an den Seiten hinter den Augen unter kontinuierlicher konkaver Rundung oder selbst nahezu vollkommen geradlinig, ohne deutliche Einschnürung, nach hinten verengt. Die Fühler auffallend schlank, wesentlich oder doch sehr merklich schlanker als bei M. luctuosus. Halsschild im Durchschnitt sehr merklich minder stark quer als bei M. luctuosus, aber gleichwohl fast stets mit sehr ausgesprochen transversalem, äußerst selten nahezu quadratischem Dorsalfeld, an den Seiten vor der Mitte stark gerundet erweitert, nach hinten meist recht stark verengt, vor den Hinterwinkeln deutlich ausgebuchtet, die Hinterecken mehr oder minder stark stumpfwinkelig. Fig. 7. Penis von Microlestes gracilicornis. Flügeldecken im Durchschnitt etwas länger und etwas weniger flach als bei M. luctnosus, schwach gestreift oder nahezu glatt. Flügel wohlentwickelt, seltener rudimentär und auf einen ganz kurzen, rund- lichen Lappen reduziert. E Tarsen, namentlich die Hintertarsen, sehr lang und schlank. Beim 5 die Vordertarsen mäßig stark verbreitert, die Mittelschienen am Innenrande fast gerade, in ihrem distalen Drittel innen meist mit einigen undeutlichen Kerben, ihre innere Apicalecke sehr schwach, oft undeutlich, nach innen vortretend, Hinterschienen einfach. Weitere Sexualauszeichnungen fehlen. Long. 2:2 bis 3:1 mm. Der Penis ist viel länger (long. 0:47 bis 0:56 mm) und kräftiger chitinisiert als bei M. Zuctuosus, seitlich komprimiert, er gliedert sich in einen Stammteil und einen nicht ganz ein Fünftel der gesamten Penislänge einnehmenden Apex. Das längsgeriefte, relativ kräftig chitinisierte Präputialfeld beginnt etwa im zweiten basalen Fünftel der Penislänge und endet hinten an der Basis des Apex, es nimmt die ganze Höhe der rechten Peniswandung ein mit Ausnahme eines wenig breiten ventralen Randsaumes und schlägt sich in seiner distalen Hälfte auch auf die linke Peniswandung hinüber, daselbst indes nicht sehr tief hinabsteigend. Der meist sehr deutliche, geschwungen verlaufende Ostialschlitz liegt in der distalen Hälfte des Präputialfeldes dorsal. Der Penis verschmälert sich etwa von seiner Mitte ab allmählich distal- wärts, so daß der Apex sich nicht scharf absetzt. Bei Dorsalansicht erscheint der Apex geradlinig die Richtung des Penisstammes fortsetzend oder in seiner distalen Partie äußerst schwach nach links gebeust, schmal, distalwärts sich sanit verschmälernd, spitz; bei seitlicher Ansicht erscheint der Apex wesentlich Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIII. Bd. 65 494 K. Holdhaus, breiter als bei Dorsalansicht, parallelseitig, sehr schwach ventralwärts geknickt, an der Spitze in schräger Richtung abgestutzt, die abgestutzte Kante kurz verrundet in die Dorsal- und Ventralkante des Apex übergehend, in der Mitte ihres Verlaufes leicht ausgebuchtet. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht aus zarten, rundlichen Schuppenkörnchen, etwa im distalen Drittel der Penislänge liegt in der ventralen Präputialwand eine längliche Gruppe von zahlreichen, etwas größeren, länglichen, chitinbraunen Schuppen- zähnen. Die Vagina ist ganz dünnhäutig, hyalin. Das Receptaculum seminis ist ein länglicher Sack, der Annulus receptaculi, in einiger Distanz von der Mündungsstelle gelegen, ist ein zarter Ring von kreis- rundem Umriß mit einem größten Durchmesser von etwa 0:07 mm. Der Ringreifen ist wenig hoch, gleich- mäßig dünnwandig, ohne Apophysen, analwärts mehr oder minder stark konisch verengt. Der dünn- schlauchförmige Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet rechtseitig am Hinterrand des Annulus. Verbreitung: Transkaspien, Turkestan, Buchara, anscheinend häufig. 4. Microlestes stricticollis Baudi. 1864. Blechrus stricticollis Baudi, Berl. ent. Zeitschr., 1864, p. 202. 1875. ? Blechrus stricticollis Pioch. Ann. Soc. Ent. Fr., 1875, p. 152. An der geringen Körpergröße, der schlanken Körperform, dem Besitz von Flügeln, dem auffallend schmalen, nach hinten stark verengten Pronotum und den schmalen Elytren von den übrigen einfarbigen Arten der Gattung habituell leicht zu unterscheiden. Körper geflügelt, schlank, mäßig glänzend, schwarz mit leichtem metallischem Anflug; die Flügel- decken mit einem Stich ins Bräunliche, die Fühler, Palpen und Schenkel schmutzig-braun, die Tibien und Tarsen heller gelbbraun, die Unterseite des Thorax und Abdomens schwärzlichbraun. Kopf groß, schlank gebaut, mit ziemlich großen, ziemlich hochgewölbten Augen, Schläfen lang, nach hinten mäßig stark konvergierend, mit dem Halsteil des Kopfes unter sehr stumpfem Winkel zusam- mentreffend. Clypeus von der Stirne durch eine sehr deutliche Nahtlinie getrennt (ob konstant?). Fühler nicht sehr schlank. Re RE Pronotum auffallend lang und schlank, kaum merklich breiter als der Kopf, mit merklich längerem als breitem Dorsalfeld, im oralen Fünftel am breitesten, von da nach hinten sehr stark verengt, vor den sehr stumpfwinkeligen Hinterecken sehr deutlich ausgeschweift, der Hinterrand jederseits sehr stark schräg abgeschnitten, der Vorderrand gerade. i Flügeldecken lang und schlank, plan, nach hinten leicht erweitert, an den Seiten nur äußerst schwach gerundet, auf der Scheibe mit sehr zarter, aber deutlicher Streifung. Die Beine ziemlich lang und schlank. Tarsen relativ zart gebaut, aber nicht auffallend schlank. Äußere Sexualauszeichnungen am Abdomen zweifellos fehlend. Den Copulationsapparat konnte ich nicht untersuchen. Long. 2°3 mm. Verbreitung: Insel Cypern; vielleicht auch nach Syrien übertretend. Mir liegt zur Beschreibung nur ein einzelnes, von Baudi stammendes © der Koll. Kraatz vor. Infolge Unkenntnis des Copulations- apparates läßt sich über die verwandtschaftliche Stellung der Art derzeit kaum ein Urteil abgeben, ich vermute jedoch, daß M. stricticollis mit dem Formenkreis von M. vittatus und vittipennis in Beziehung zu 5. Microlestes vittipennis Sahlb. 1875. ? Blechrus stricticollis Piochard, Ann. Soc. Ent. Fr., 1875, 152, nec Baudi. 1907. Microlestes vittipennis Sahlberg. Öfvers. Finsk. Vet. Soc. Förh., L, Nr. 7, p. 16. 1909. Microlestes vittipennis var. Chakouri Reitt. Bull. Soc. Ent. d’Egypte, II, p. 30. Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 495 Von dem nahestehenden, in Ägypten gemeinsam vorkommenden M. vittatus durch geringere Durch- schnittsgröße, abweichende Färbung der Fühler und Beine, an den Seiten hinter den Augen nahezu geradlinig verengten oder nur sehr leicht eingeschnürten, schmäleren Kopf, sehr merklich kürzere, kräftigere Tarsen, sowie in beiden Geschlechtern durch abweichenden Bau des Copulationsapparates differierend. Dieselben Charaktere trennen M. viltipennis auch von M. Baudii Fairm. Die Fühler sind an den mir vorliegenden Exemplaren nahezu einfarbig schmutzig gelbbraun bis schwärzlichbraun, an den Beinen sind auch die Mittel- und Hinterschenkel leicht angedunkelt. Die helle Längsbinde der Flügeldecken mitunter ziemlich verwaschen, selten sind die Flügeldecken einfarbig dunkel- braun (var. Chakouri Reitt.). Long. 2 bis 2:3 mm. Der Penis ist äußerlich jenem von M. vittatus sehr ähnlich, aber spitziger zulaufend, an der Spitze minder breit abgerundet als bei dieser Art. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht aus- schließlich aus zarten Schuppenkörnchen. Der Penis hat eine Länge von ungefähr O4 mm. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin. Das Receptaculum seminis hat langgestreckt birnförmige Gestalt, an seiner Mündungsstelle zeigt sich keinerlei Fig. 8. stärkere Chitinisierung. Der Annulus receptaculi,.in einiger Entfernung der Mündungs- stelle gelegen, ist ein zarter, mäßig hoher, wenig stark chitinisierter, rundlicher Ring, mit keinerlei Apophysen. An meinen Präparaten beträgt der Durchmesser des Annulus 0:05 mm. Bei Profilansicht (Dorsalansicht in situ) erscheint der Ring etwa ein Drittel so hoch als lang, vollständig in einer Ebene liegend, seine etwas bauchigen Wandungen konvergieren oft leicht analwärts. Verbreitung: Ich kenne einige Exemplare aus der Umgebung von Kairo (Memphis — J. Sahlberg; Wüste bei den Pyramiden — Reimoser), ferner ein ein- zelnes Q aus Tunesien (Fond.-Djedid, Koll. Dr. Normand.) Blechrus stricticollis Piochard nec Baudi von Jericho dürfte gleichfalls auf diese Art zu beziehen sein. Penis von Die im folgenden charakterisierte Form ist höchstwahrscheinlich eine Farben- Microlestes vittipennis. Varietät von M. vittipennis. M. vittipennis var.? pallidior Pic, Echange, XVII (1901), p. 2. Bei dieser Form besitzt die helle Färbung der Elytren eine viel größere Ausdehnung. Die Elytren sind hellgelb, ein äußerst schmaler, linienförmiger Streifen an der Naht, die Spitzenregion und ein sehr schmaler Saum entlang des Seitenrandes eben merklich gebräunt. Bei flüchtiger Betrachtung erscheinen die Flügeldecken fast einfarbig strohgelb. Die Fühler sind wie bei M. vittipennis form. typ. einfarbig bräunlich, alle Schenkel gebräunt. Der Penis wie bei M. vittipennis gestaltet, im Inneren nur mit zarten Schuppenkörnchen. Den weiblichen Copulationsapparat konnte ich nicht untersuchen. Von dieser Form kenne ich ein / von Aden, das mir von Herrn L. Bedel überlassen wurde. Die Type, ein @ von Jericho, befindet sich in Koll. Pic. 6. Microlestes Baudii Fairm. 1864. Blechrus vittatus Baudi. Berl. ent. Zeitschr., 1864, p. 203, nec Motsch. 1875. Blechrus vittatus Pioch. Ann. Soc. Ent. France, 1875, p. 152. 1892. Blechrus Baudii Fairm. Rev. d’Entom., XI, p. 84. 1900. Blechrus vittatus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 373. Dem M. vittatus äußerst nahestehend und von demselben nach äußeren Charakteren wohl kaum zu trennen, durch abweichende Bewaffnung des Präputialsackes vermutlich spezifisch verschieden. An dem einzigen mir derzeit vorliegenden Exemplar, einem 5 von Haiffa in Syrien, sind die Seiten des Kopfes hinter den Augen in sehr flacher konkaver Rundung gleichmäßig nach hinten kon: 65* 496 H.Holdhaus, vergierend; der Halsschild relativ breit mit quadratischem Dorsalfeld. Körperform von breiteren Exem- plaren des M. vittatus. Länge des Exemplares 2:09 mm. Der Penis (Länge 0:52 mm) ist jenem des M. vittatus äußerst ähnlich, jedoch mit abweichender Bewaffnung des Präputialsackes: Der für M. vittatus charakteristische lange Haken im Innern des Penis findet sich auch bei M. Baudii in übereinstimmender Ausbildung. Hingegen fehlt der einzelne große Haken in der Dorsalwand des Präputialsackes, er wird vertreten durch eine dichtgedrängte, längliche Gruppe von schätzungsweise gegen 30 wenig langen, schlanken, geraden, spitzen Zähnen, die mit ihren Spitzen nach hinten und abwärts gerichtet sind. Diese Zähne erreichen etwa ein Siebentel der Länge des langen Hakens. Bei seitlicher Betrachtung des Penis erscheint diese Zahngruppe in der Dorsalwand des Präputialsacks, dorsalwärts derterminalen Partie des langen Hakens gelegen; sie nimmt etwa ein Viertel der Penislänge ein. Ventralwärts der terminalen Partie des langen Hakens liegt — wie bei M. vittatus — eine Gruppe wenig langer, schlanker, gerader, spitzer, gleichfalls schräg nach hinten und abwärts gerichteter Zähne; diese Zahngruppe ist etwas größer als bei M. vittatus, schätzungsweise gegen 20 Zähne ent- haltend. Die bei M. vittatus in der Ventralwand des Präputialsackes auftretende Gruppe von 4bis5 Haken fehlt bei M. Baudii vollständig. Den @ Copulationsapparat konnte ich nicht untersuchen, er dürfte ähnlich beschaffen sein wie jener von M. vittatus. Verbreitung: Syrien, Cypern; nach Piochard dela Brulerie: »assez commun en diverses localit&s de la Syrie, ordinairement reuni en petites colonies sous les pierres — Ghor! Hidjaneh!«. Die Art ist von Cypern beschrieben; mir lagen nur syrische Exemplare vor. 7. Microlestes vittatus Motsch. 1859. Blechrus vittatus Motsch. Etud. Entom., 1859, 122, nec Baudi, nec Reitt. 1909. Microlestes Ferrantei Reitt. Bull. Soc. Ent. d’Egypte, II, p. 30. Subsp. fedjedjensis Mayet. 1887. Dromius fedjedjensis Mayet, Ann. Soc. Ent. Fr., 1887, Bull., p. 89. 1888. Metabletus ‚vittatus Bedel, Ann. Soc. Ent.Fr., 1888, p. 285. 1900. Blechrus vittatus Bedel, Cat. rais. Col. Tunisie, I. part., p. 49. Fig. 9. a==Penis von Microlestes Baudii. db und c= Penis und weiblicher Copulationsapparat von Microlestes vitlatus. Von mäßig breiter oder selbst ziemlich schlanker Körperform, geflügelt, schwarz, mit mattem Glanz, die Fühler rötlichgelb mit mehr oder minder stark angedunkeltem ersten und zweiten Gliede, die Palpen Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 497 bräunlich, die Beine hellgelb, die Vorderschenkel mitunter leicht angedunkelt, die Flügeldecken mit gelber Längsbinde. Kopf mäßig breit gebaut, mit nicht sehr großen, nicht sehr stark gewölbten Augen. Schläfen mäßig lang, nach hinten mäßig stark konvergierend, mit dem Halsteil des Kopfes in der Regel unter sehr aus- gesprochenem stumpfen, selten stärker verrundeten Winkel zusammentreffend. Fühler recht kräftig. Halsschild eben merklich oder selbst ziemlich beträchtlich breiter als der Kopf, sein Dorsalfeld an- nähernd quadratisch, mitunter selbst eben merklich länger als breit. Vorderrand des Halsschildes sehr Nach ausgebuchtet, Halsschildseiten vorne gerundet erweitert, nach hinten in der Regel stark konvergierend, vor den Hinterecken sehr deutlich ausgebuchtet, Hinterecken prononciert, nahezu rechtwinkelig oder bei stärkerer seitlicher Abschrägung mehr oder minder stark stumpfwinkelig, Halsschildbasis meist relativ stark nach hinten gezogen. Flügeldecken in der Länge einigermaßen variabel, nach hinten wenig stark verbreitert oder selbst nahezu parallelseitig, nur sehr schwach gestreift oder nahezu glatt. Die helle Längsbinde beginnt an der Schulter, zieht zunächst auf kurze Erstreckung in etwas schräger Richtung nach hinten und innen, um in ihrer weiteren Fortsetzung nahezu geradlinig und parallel der Naht bis ins distale Fünftel bis Siebentel der Flügeldecken nach hinten zu verlaufen. Die Längsbinde ist in der Breite etwas variabel. Beine lang, aber ziemlich kräftig, Tarsen, namentlich die Hintertarsen, lang und schlank. Beim g’ sind die Vordertarsen ziemlich stark verbreitert, die innere Apicalecke der Mittelschienen sehr kurz nach innen vortretend. Weitere äußere Sexualauszeichnungen fehlen. Long. 2°2 bis 2:6 mm. Der Penis ist nach demselben Typus gebaut wie bei M. luctuosus, aber etwas länger, schlanker, kräftiger chitinisiert und an der Spitze etwas breiter verrundet abgestutzt als bei dieser Art, vor allem aber durch die eigenartige Bewaffnung des Präputialsackes sehr ausgezeichnet. Etwa im zweiten Fünftel der Penislänge — bei eingezogenem Präputialsack — entspringt aus der Präputialsackwandung ein schlanker, distalwärts sich allmählich verjüngender, sehr flach gekrümmter, zugespitzter, außerordentlich langer Chitinhaken, welcher, in der Längsrichtung des Penis und annähernd in der Mitte des Penislumens verlaufend, etwa zwei Fünftel der Penislänge erreicht. Der Haken sitzt einem schwach entwickelten, flachkonischen Basalsockel auf. Von der Dorsalwand des Präputialsackes entspringt ungefähr in der Mitte der Penislänge ein weiterer sehr kräftiger, distalwärts sich allmählich verjüngender, nahezu gerader, spitzer Haken, welcher etwa die halbe Länge des beschriebenen langen Hakens erreicht und in schräger Richtung nach hinten und abwärts zieht. Bei Exemplaren von Kairo wird dieser Haken von einem zweiten nicht ganz um die Hälfte kürzeren Haken begleitet (viftatus f. typ.), welcher algerischen und tunesischen Exemplaren konstant fehlt (subsp. fedjedjensis). Etwa im zweiten Fünftel der Penislänge von vorne liegt in der Ventralwand des Präputialsackes eine dichte Gruppe von vier oder fünf kleinen, zugespitzten, geraden Haken, die in schräger Richtung nach hinten und oben geneigt sind. Der längste dieser Haken erreicht nicht ganz ein Sechstel des langen Hakens. Endlich beobachtet man unweit des Ostialschlitzes im Inneren des Penis eine weitere längliche Gruppe von sehr dichtgedrängten, schlanken, geraden, wenig langen Haken, deren Spitzen in schräger Richtung nach hinten und unten gerichtet sind. Ich kann an meinen Präparaten nicht mit Sicherheit feststellen, welchem Teil der Präputialsackwandung diese Zahn- gruppe angehört, bei Betrachtung des Penis von der Seite erscheint dieselbe ventralwärts der Endpartie des langen Hakens und dorsodistalwärts der erwähnten ventralen Hakengruppe gelegen. Die Zahl der Haken dieser Zahngruppe läßt sich infolge ihrer dichten Stellung nicht klar feststellen, sie mag 10 bis 15 betragen. Ventrodistalwärts dieser Zahngruppe zeigt die Präputialsackwandung eine etwas kräftigere, rauhere schuppige Skulptur als in ihren übrigen Partien. Der Penis hat eine Länge von 0'508 bis 0:56 nm. Den sehr eigenartig gebauten weiblichen Copulationsapparat untersuchte ich an einem Exemplar von Biskra. Die Vagina ist dünnhäutig, hyalin, ohne Bursa copulatrix. Das Receptaculum seminis hat die Form eines sehr langen, analwärts sich verschmälernden, mäßig breiten Schlauches. An der Mündungs- 498 K. Holdhaus, stelle des Receptaculums in die Vagina findet sich ein sehr kräftig chitinisierter, oralwärts konisch zulaufender Trichter, in dessen Spitze der schmale Ausführungsgang des Receptaculums eintritt. Diese Bildung, die bei keiner anderen Art — vermutlich mit Ausnahme von M. Baudii, dessen © ich’ nicht untersuchen konnte — auftritt, hat offenbar den Zweck, das Receptaculum seminis bei der Copula vor Zerreißungen zu schützen, und steht vermutlich in Korrelation mit dem Auftreten des exorbitant langen, scharfen Präputialhakens des J'; ein zufälliges Eintreten dieses stilettförmigen Hakens in die Mündung des Receptaculums müßte Verletzungen zur Folge haben, welchen durch Ausbildung des chitinösen Trichters vorgebeugt wird. Der Annulus receptaculi liegt in geringer Entfernung von der Mündung des Receptaculums und ist nach demselben Typus gebaut wie bei M. mauritanicus,; er hat die Form eines hohen, analwärts sich verschmälernden Kegelstumpfes. An meinem Präparat, einem 2:3 mm langen Exemplar entstammend, beträgt die Höhe dieses Kegelstumpfes etwa 0°024 mm, der vordere Durchmesser 0:03 mm, der hintere Durchmesser 0'012 mm. Der Ring 'st mäßig stark chitinisiert, ohne Apophysen. Der schmalschlauchförmige Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet in den Ringmantel unweit seines Hinterrandes, rechtsseitig. Verbreitung: Ich kenne M. vittatus aus Ägypten (form. typ.) sowie aus Algerien und Tunesien (subsp. fedjedjensis). Die Art scheint relativ selten. 8. Microlestes mauritanicus Luc. 1849. Dromius mauritanicus Luc. Expl. scient. Alg. Coleopt., p. 16, pl. 2, Fig. 6. 1859. Microlestes tantillus Motsch. Etud. Ent., 1859, p. 121. 1900. Blechrus manritanicus Bedel, Cat. rais. Col. Tunisie, 1. part., p. 49. 1900. Blechrus tantillus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 378 [nec BI. mauritanicus- Reitt. ibid. 375.] Unter den einfarbig schwarzen Arten an der geringen Körpergröße, dem schlanken, an den Seiten hinter den Augen vollkommen oder nahezu geradlinig nach hinten verengten Kopf, dem stark herzförmigen Halsschild, dem Fehlen der Flügel sowie an der Beschaffenheit des Copulationsapparates leicht kenntlich. Körper sehr klein und nicht sehr breit gebaut, ungeflügelt, tiefschwarz, glänzend, die Fühler einfarbig schwarz oder dunkel pechbraun, die Beine entweder nahezu eintarbig schwarz oder mit etwas helleren Hüften, Schienen und Tarsen. Kopf relativ langgestreckt, mit wenig großen, wenig vortretenden Augen, die langen, wenig stark nach hinten konvergierenden Schläfen liegen mit den Seiten des Halses vollständig in einer Ebene oder Fig. 10. =D V Receptaculum seminis von Mierolestes maurilanicus. sind nur durch eine kaum merkliche Knickung abgesetzt, so daß der Kopf hinter den Augen vollkommen oder nahezu geradlinig nach hinten verschmälert erscheint. Die Fühler sind lang und kräftig. Halsschild stets sehr merklich breiter als der Kopf, stark herzförmig, sein Dorsalfeld in der Regel isch, selten leicht quer oder eben merklich länger als breit; Vorderrand des Halsschildes seicht chnitten, Halsschildseiten vorne stark gerundet erweitert, nach hinten sehr stark verengt, vor den Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 499 Hinterecken deutlich ausgebuchtet, die Hinterecken meist ziemlich prononciert, nahezu rechtwinkelig oder mehr oder minder stark stumpfwinkelig, Hinteirand des Halsschildes recht stark nach hinten gezogen. Flügeldecken relativ kurz oder mäßig langgestreckt, nach hinten nicht sehr stark erweitert, an den Seiten sanft gerundet, wenig stark gestreift oder selbst nahezu glatt. Beine kräftig mit wenig langen, relativ kräftigen Tarsen. Beim 5° sind die Vordertarsen wenig stark erweitert, die Mitteltibien an ihrer Innenseite im hinteren Drittel ihrer Länge sehr flach bogenförmig ausgerandet, ihre innere Apicalecke leicht nach innen vor- tretend. Im übrigen fehlen äußere Sexualauszeichnungen. Long. 1:8 bis 2:1 mm. Der Penis (Länge 0:3 bis 0:33 mm) ist ungemein zart gebaut, auffallend schwach chitinisiert, seit- lich sehr stark komprimiert, bei Dorsalansicht sehr schmal und geradlinig erscheinend; bei Seitenansicht erscheint der Penis sehr hoch, bis etwa in sein distales Siebentel annähernd gleichbreit oder selbst leicht erweitert, von da zur Spitze durch sehr steile Abschrägung des Penisrückens plötzlich verengt, die Spitze selbst sehr kurz verrundet. Das Präputialfeld beginnt in ziemlich beträchtlicher Distanz von der Penis- wurzel und reicht distalwärts bis an die Penisspitze, die ganze Höhe der rechten Peniswandunsg ein- nehmend. , Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht ausschließlich aus zarten, runden Schuppen- körnchen. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin. Das Receptaculum seminis hat die Form eines etwa 0:4 mm langen, oralwärts des Annulus etwa 0'032 mm breiten Blindschlauches. Der Annulus recep- taculi liegt in geringer Entfernung von der Mündungsstelle des Receptaculums, er hat die Gestalt eines analwärts sich leicht verschmälernden Hohlzylinders von kreisrundem Querschnitt, welcher eine Länge von etwa 0023 und eine größte Breite von 0:02 mm besitzt. Der Annulus ist nicht sehr stark chitinisiert und daher an korrodierten Präparaten oft leicht geschrumpft, er besitzt keinerlei Apophysen. Der Aus- führungsgang der Anhangsdrüse ist sehr lang, er mündet rechtsseitig in das Receptaculum, unmittelbar analwärts des Annulus. Kurz vor seiner Mündung zeigt der in den übrigen Teilen seines Verlaufes schmal schlauchförmige Ausführungsgang eine länglich-ballonförmige Auftreibung.! Verbreitung: M. mauritanicus findet sich in Andalusien, im nordwestlichen Afrika ostwärts bis Tunesien sowie auf Sizilien (Ficuzza). Die Art scheint recht häufig. Anmerkung: Von Tanger liegen mir wenige Exemplare einer dem M. mauritanicus außerordent- lich nahestehenden neuen Art vor, welche sich von mauritanicus durch etwas breitere Körperform, sehr ausgesprochen transversalen Halsschild, eben merklich breitere Flügeldecken sowie differenten Bau des Copulationsapparates unterscheidet. Der Penis jenem des mauritanicus sehr ähnlich, aber bei seitlicher Betrachtung wesentlich schlanker erscheinend. Der Annulus receptaculi ist viel niedriger und viel breiter als bei M. mauritanicus, er besitzt einen Durchmesser von 0'045 mm und eine Höhe von 0023 mm. Receptaculum seminis an meinen Präparaten leider sehr geschrumpft, anscheinend viel kürzer schlauch- förmig als bei M. mauritanicus. Ausführungsgang der Anhangsdrüse an derselben Stelle mündend wie bei manuritanicus, relativ breit schlauchförmig, in seiner hinteren Partie gleichbreit, nicht ballonförmig auf- getrieben. — Das mir vorliegende Material ist durchaus ungenügend, ich beschränke mich daher darauf, die Art zu signalisieren. 9. Microlestes apterus nov. spec. 1857 Blechrus exilis Schaum. Deutsch. ent. Zeitschr., 1857, p. 132, nee Schmidt-Goeb. 1900. Blechrus exilis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 378, ex part. 1904. Microlestes exilis var. Holdh. Apfelb., Käf. Balk., I, p. 330. 1 Daß es sich tatsächlich um eine Anhangsdrüse und nicht um einen Ast des Receptaculums handelt, ergibt sich aus der für die Intima dieser Anhangsdrüsen charakteristischen terminalen Zerfaserung, die ich an mehreren Präparaten beobachten konnte. 500 R. Holdhaıs, Von M. luctuosus durch viel geringere Größe, an den Seiten hinter den Augen im Durchschnitt schwächer eingeschnürten Kopf, im Durchschnitt schmäleren, nach hinten stärker verengten Halsschild, an den Seiten sehr merklich stärker gerundete Flügeldecken sowie durch Fehlen der Flügel, von dem nahe- stehenden M. mauritanicus durch breiteren Kopf und Halsschild, an den Seiten stärker gerundete Flügeldecken, von beiden Arten durch differente Beschaffenheit des Copulationsapparates abweichend. Kopf etwas breiter als bei M. mauritanicus, an den Seiten hinter den Augen unter leicht konkaver Rundung nach hinten verengt; Halsschild merklich oder sehr ausgesprochen transversal, meist stark herz- förmig, Flügeldecken an den Seiten relativ stark und gleichmäßig gerundet. Flügel fehlen. Beine wie bei M. mauritanicus gebildet. “ Long. (der mir vorliegenden Exemplare) 2— 2:2 mm. Der Penis sehr ähnlich gebildet wie bei M. mauritanicus, seitlich stark komprimirt, etwa von der Mitte gegen die Spitze allmählich verengt, Präputialfeld fast bis an die Penisspitze reichend, nur einen sehr kurzen, schmalen Apex freilassend. Die Skulptur des Präputialsacks besteht ausschließlich aus zarten, rundlichen Schuppenkörnchen. Der © Copulationsapparat ist nach ähnlichem Typus gebildet, wie bei dem im folgenden beschrie- benen M. creticus. Leider gestatteten die mir vorliegenden Exemplare nicht die Anfertigung klarer Präparate. Die Vagina ist dünnhäutig, hyalin. Annulus receptaculi sehr schwach chitinisiert, von der Form eines nach hinten äußerst schwach verschmälerten, nahezu zylindrischen Rohres, welches fast doppelt so lang als breit ist und analwärts in einen dünnhäutigen, ziemlich langen Ausführungsgang übergeht. An dem Vorderende des Annulus receptaculi entspringen mehrere Schläuche, welche einen dıchten, nicht zu entwirrenden Knäuel bilden. An einem meiner Präparate kann ich die Enden von vier starken Schläuchen deutlich wahrnehmen. Es scheinen aber noch mehr Schläuche vorhanden zu sein. Verbreitung: Zante, Peloponnes (Hagios Wlassis, Cumani, Taygetos). Ich sah eine Type (2) ex Koll. Schaum. 10. Microlestes creticus nov. spec. Dem M. apterus ungemein nahestehend, von demselben durch sehr merklich bedeutendere Größe, an den Seiten im Durchschnitt noch etwas stärker gerundete Flügeldecken und anscheinend differenten Bau des Receptaculum seminis, von dem gemeinsam vorkommenden M. Iuctuosus durch geringere Durchschnittsgröße, stärker nach hinten verengten Halsschild, an den Seiten viel stärker gerundete Flügeldecken, Fehlen der Flügel, differente Beschaffenheit des Copulationsapparates leicht zu unter- scheiden. Long. 2:15 — 2:4 mm. Der Penis mit jenem von M. apterus in der Gestalt sehr übereinstimmend, eine Länge von 041 mm erreichend. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin. Das Receptaculum seminis besteht aus einer Anzahl von Schläuchen, welche sich zu einem gemeinsamen Ausführungsgang vereinigen. Der Ausführungsgang ist von mäßiger Länge, in seinem ganzen Verlaufe annähernd gleichbreit, einen Durchmesser von 0:Ol8 mm erreichend. In seiner oralen Endpartie ist die Intima stärker chitinisiert, auch an korrodierten Präparaten sehr deutlich chitinbraun. Diese Partie ist als Annulus receptaculi anzusprechen. Oralwärts gabelt sich der Annulus receptaculi zunächst in zwei Blindschläuche, die in ihrer hintersten Partie gleich- falls chitinisiert sind, oralwärts hyalinen Charakter annehmen. Der rechtsseitige dieser Blindschläuche setzt in seiner basalen Partie zunächst auf äußerst kurze Erstreckung die Richtung des Ausführungs- anges fort und biegt dann nach rechts, in seinem weiteren Verlaufe oralwärts einen sichelförmigen ogen beschreibend. An der oralwärts gerichteten Wandung der Basalpartie dieses Blindschlauches Monographie der Coleopterengattung Microlestes. vol entspringen zwei weitere, etwa um die Hälfte kürzere Blindschläuche, welche unter sehr schwacher Krümmung nach vorne verlaufen. An der Basis jedes dieser beiden Blindschläuche entspringt ventralwärts je ein kurzer Blindsack. Der linksseitige der beiden Blindschläuche, welche sich im Annulus receptaculi vereinigen, verläßt den Annulus nahezu unter rechtem Winkel und zieht in seinem weiteren Verlaufe unter allmählicher sanfter Krümmung oralwärts, nicht ganz zwei Drittel der Länge des sichelförmigen Blindschlauches erreichend. Etwa im basalen Siebentel seines Verlaufes entspringen aus der Ventralwand Fig. 11. . Penis und Receptaculum seminis von Microlestes crelicus. Das Receptaculum seminis ist von der Ventralseite gesehen. dieses Blindschlauches nahezu an derselben Stelle zwei weitere Blindsäcke, von denen der eine be- trächtliche Länge erreicht und unter sanfter Krümmung nach vorwärts zieht, während der andere auf ein ovales Bläschen reduziert ist. Der dünnschlauchförmige Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet in das Receptaculum seminis rechtsseitig etwas analwärts des Annulus. M. creticus ist vielleicht Rasse des M. apterus. Verbreitung: Mir liegen fünf Exemplare vor, von M. Holtz auf Kreta bei Candia gesammelt. B 11. Microlestes Sahlbergi nov. spec. 1900. ? Blechrus stricticollis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 378, ex part., nec Baudi. Unter diesem Namen signalisiere ich eine Art, von der ich mangels genügenden Materials nur eine lückenhafte Beschreibung zu geben vermag. In die Verwandtschaft des M. apterus und creticus gehörig, wie diese ungeflügelt, von beiden Arten äußerlich durch etwas schmäleren Kopf und Halsschild und durch etwas schmälere und längere, an den Seiten viel weniger gerundete Flügeldecken verschieden. Das Dorsalfeld des Halsschildes nur sehr wenig breiter als lang. Penis wie bei M. creticus gestaltet, eine Länge von O'3 mm erreichend. Das © liegt mir nicht vor. Long. 2:2 mm. Verbreitung: Syrien (Sanamein, J. Sahlberg leg.) Ich beschreibe die Art nach einem einzelnen o. Type bei Herrn Prof. J. Sahlberg (Helsingfors). Anmerkung: Die Sammlung des Wiener Hofmuseums besitzt zwei Exemplare einer Microlestes- Art aus Syrien (Beirut, leg. Appl 1878), welche äußerlich von Stücken des M. apterus in keiner Weise unterschieden werden können. Auch der Penis zeigt durchaus ähnliche Gestalt. Das Präparat des weiblichen Copulationsapparates ergab leider kein brauchbares Bild. 12. Microlestes gallicus nov. spec. Habituell vielen Exemplaren des M. maurus sehr ähnlich und von dieser Art durch den total differenten Bau des Copulationsapparates, durchschnittlich kleineren Kopf mit flacheren Augen, an- scheinend konstante Reduktion der Flügel, abweichende Bildung der Mittelschienen beim 5 zu unter- Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. ’ 66 502 K. Holdhaus, scheiden, von den systematisch zunächststehenden M. animutulus, Seladon und negrita durch geringere Durchschnittsgröße, abweichenden Habitus, anscheinend konstante Atrophie der Flügel sowie durch differenten Bau der Copulationsorgane abweichend. . Tiefschwarz, stark glänzend, Fühler stets einfarbig dunkel, die ganzen Beine oder nur die Schienen und Tarsen gebräunt. Kopf nicht sehr breit gebaut, Augen meist relativ flach, Schläfen nach hinten mäßig stark kon- vergierend, Fühler kräftig. Dorsalfeld des Halsschildes meist nicht sehr beträchtlich, aber doch deutlich breiter als lang, selten quadratisch. Flügeldecken meist wesentlich schmäler und minder flach und parallelseitig als bei M. minutulus, gegen die Schultern stärker verengt, in der Regel mit undeutlicher Streifung oder nahezu glatt. Flügel an allen mir vorliegenden Exemplaren auf ein sehr kurzes, rundliches Läppchen reduziert. Tarsen ziemlich schlank. Beim 5 sind die Vordertarsen in normaler Weise erweitert, die Mitteltibien in ihrer distalen Hälfte am Innenrande ungemein flach, eben merklich ausgebuchtet, ihre innere Apicalecke nach innen in einen spitzigen, stets sehr deutlichen zahnförmigen Dorn ausgezogen. Im übrigen fehlen äußere Sexual- auszeichnungen. Long. 2:5 bis 3°3 mm. Der Penis ist jenem des M. minutulus am ähnlichsten, aber von wesentlich geringerer Größe (Länge 0:58 bis 0:63 mm), der Penisrücken bei seitlicher Ansicht gleichmäßiger gerundet erscheinend, Fig. 12. Penis und Annulus receptaculi von Microlestes gallicus. der Apex nicht oder kaum merklich ventralwärts abgebogen, im Verhältnis etwas breiter und länger als bei M. minntulus, an der Spitze breit zugerundet. Präputialregion der Peniswandung wie bei M. mimutulus gelagert, mitunter noch ein wenig auf die linke Peniswandung übergreifend. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht ausschließlich aus kleinen Schuppenkörnern; an einer beschränkten Stelle in der Ventralwandung des Präputialsackes erfahren diese Schuppenkörnchen eine geringfügige Vergrößerung. Der © Copulationsapparat ist jenem des M. Seladon ungemein ähnlich, die rechtsseitige Apophyse Annulus receptaculi etwas kleiner, die mützenschirmartige Verbreiterung an der linksseitigen Polregion ist entweder schräg nach hinten und abwärts gerichtet (in situ) oder nahezu in die Ebene des Ringes fallend. Die Obstruktionslamelle versperrt an meinen Präparaten etwas mehr als ein Drittel des Ring- ( ) ri )er Annulus hat an den von mir gemessenen Exemplaren einen äußeren Durchmesser von Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 909 Verbreitung: Ich kenne M. gallicus nur aus Südfrankreich (Carcassone, Avignon, Montpellier) und von der Iberischen Halbinsel (Medinacoeli, Cartagena). Diese geringe Verbreitung steht wohl mit dem Fehlen der Flügel in Zusammenhang. Bei Avignon scheint die Art häufig. 13. Microlestes minutulus Goeze. 1762. Buprestis Nr. 26 (Le bupreste noir sans stries)Geoffroy. Hist. des Insectes, I, p. 153. 1777. Carabus minutulus Goeze. Ent. Beytr., 1, p. 669. 1785. Buprestis minutus Fourcr. Ent. Par., p. 48. 1802. ?2 Carabus femoralis Marsh. Ent. Brit. I, p. 463. 1812. Lebia glabrata Duftschm. Faun. Austr., Il, p. 248. 1825. Dromius glabratus Dejean. Spec. Col., I, p. 244, ex part. 1827. Dromius glabralus Sturm. Deutschl. Ins., VII, p. 54, tab. 171, Fig. c, C. 1828. ? Dromius femoralis Steph. Ill. Brit. Entom., Mand,, I, p. 25. 1829. Dromins glabratus Dej. Icon. Col. Eur., I, p. 121, pl. 13, Fig. 1, ex part. 1831. Dromins glabratus (longulus Mannerh. i. 1.) Dejean. Spec. Col., V, p. 350. 1839. ? Dromius femoralis Steph. Man. brit. Col., p. 8. 1841. Dromius glabratus Heer. Faun. Col. Helvet., I, p. 11. 1860. Blechrus glabratus Schaum. Naturg. Ins. Deutschl., I, p. 275, ex part. 1874. Blechrus maurus Redtb. Faun. Austr., 3. Aufl., I, p. 26. 1881. Metabletus minutulus Bedel. Faun. Col. Bass. Seine, I, p. 216, ex part. 1887. Blechrus glabratus Fowler. Col. Brit. Isl., I, p. 145. 1892. Blechrus minutulus Ganglb. Käf., Mitt. I, p. 403, ex part. 1896. Blechrus glabratus Grill. Cat. Col. Scandinav., Dan, Fenn., p. 7. 1898. Blechrus minutulus Everts. Col. Neerland, I, p. 102. 1900. Blechrus minutulus Reitt. Deutsch. Ent. Zeitschr. 1900, p. 379, ex part. 1900. Blechrus longulus Reitt. Deutsch. Ent. Zeitschr. 1900, p. 379. 1904. Metabletus glabratus Desbr. Faun. Col. France, Cors. in Le Frelon, XII, p. 195 (63), ex part. 1904. Microlestes minutulus form. typ. Holdh. Apfelb. Käferfaun. Balkanhalbins,, I, p. 329. Geflügelt, schwarz, die Tibien und Tarsen etwas heller, nicht sehr stark glänzend. Körper parallel und kräftig gebaut. Kopf breit gebaut, mit großen Augen, Schläfen kurz, nach hinten relativ stark konvergierend und mit dem Halsteil des Kopfes unter stumpfem Winkel, selten unter Verrundung zusammentreffend. Fühler kräftig, stets einfarbig dunkel. Pronotum breit gebaut, sehr ausgesprochen breiter als der Kopf, etwa im vorderen Viertel am breitesten, nach rückwärts mäßig stark verschmälert, an den Seiten vor den Hinterecken leicht ausge- buchtet. Dorsalfeld des Halsschildes stets merklich, meist sehr ausgesprochen breiter als lang. Hinterecken sehr prononeiert, rechtwinkelig oder infolge stärkerer seitlicher Abschrägung der Halsschildbasis mehr oder minder stumpfwinkelig. Halsschildbasis in der Mitte mäßig stark nach hinten gezogen. Elytren breit und flach, an den Seiten sehr schwach gerundet, nach rückwärts leicht verbreitert, im hinteren Drittel am breitesten, auf der Scheibe mehr oder minder deutlich gestreift oder nahezu glatt. Tarsen kräftig gebaut. Beim g sind die Vordertarsen kräftig erweitert, die Mitteltibien an ihrem Innenrande in der terminalen Hälfte Nach und gleichmäßig bogenförmig ausgebuchtet, die innere Apicalecke medialwärts in einen kräftigen, zähnchenförmigen Sporn ausgezogen. Hintertibien einfach. Im übrigen fehlen äußere Sexual- differenzen. Long. 2:9 bis 3:4 mm. 66* 504 KR. Holdhaus, Der Penis hat eine Länge von 0:74 bis 0:79 mm, er ist robust gebaut und kräftig chitinisiert und hat die Form eines terminalwärts sich verjüngenden Zylinders ohne irgendwelche Fortsätze. Bei direkter Ansicht von oben erscheint der Penis vollkommen gerade gestreckt, etwa in der Mitte am breitesten, von da zur Basis wenig stark, zur Spitze stärker, nahezu geradlinig und gleichmäßig verengt, so daß der Apex in der Kontur in keiner Weise abgesetzt erscheint. Bei Ansicht von der Seite erscheint der Penis in der Partie zwischen der Paramerenwurzel und dem zweiten Fünftel der Penislänge von hinten nahezu gerade gestreckt und gleichbreit, im zweiten Fünftel der Penislänge von hinten erfährt der Penisrücken eine verrundete Abbeugung und verläuft von hier bis zur Spitze nahezu geradlinig schräg nach hinten und unten. An der Ventralseite des Penis verläuft die Peniswandung bis ins terminale Fünftel oder Sechstel geradlinig horizontal, von da bis zur Spitze in schräger Richtung nach hinten und abwärts, so daß der Fig. 13. Penis und Annulus receptaculi von Microlestes minutulus. Apex des Penis bei seitlicher Ansicht konstant deutlich nach abwärts geknickt erscheint. Das Präputialfeld beginnt etwa in der Mitte der Penislänge und reicht analwärts bis in geringe Entfernung der Penisspitze, es nimmt die ganze Breite des Penisrückens mit Ausnahme eines schmalen, linksseitigen, stark chitini- _ sierten Randstreifens sowie die rechte Flanke der Peniswandung ein. Der Penis erscheint dadurch in seiner terminalen Hälfte asymmetrisch, nach rechts abgeschrägt. Das Präputialfeld wesentlich schwächer als die Peniswandung chitinisiert, der Ostialschlitz fast stets deutlich, in der terminalen Hälfte des Präputialfeldes gelegen. Der Apex des Penis hat die Form einer ziemlich dünnen, kurzen, an der Spitze verrundeten Platte, welche infolge der Asymmetrie des Penis aus der Horizontale leicht nach: rechts herabgedreht erscheint. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht ausschließlich aus kleinen, rundlichen Schuppenkörnern. © Copulationsapparat. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin, ohne einzelne stärker chitinisierte Bezirke. Das Receptaculum seminis zeigt die Gestalt eines in oroanaler Richtung etwas in die Länge gezogenen Ballons. Der Annulus receptaculi liegt nahe der Einmündunsgsstelle des Receptaculums in die Vagina, er hat die Form eines großen, quergestellten, ungemein kräftig chitinisierten Ringes von der Totallänge von 0:22 bis 0:24 mm bei einer Maximalbreite von etwa 0'105 mm. Das Lumen dieses Ringes hat einen Durchmesser von etwa 0:05 mm und ist in die nach rechts blickende Hälfte des Annulus rt, indem der nach links blickende Abschnitt eine mächtige Apophyse zum Ansatz von Muskeln j Apophyse nimmt etwa zwei Fünftel der Länge des Annulus ein, sie erscheint bei Ansicht von en fast so breit als der eigentliche Ring und gegen denselben jederseits durch eine leichte flache Ein- schnürung abgesetzt, so daß der Annulus receptaculi einen breit biskuitförmigen Umriß erhält. Bei Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 505 Ansicht des Annulus von der Seite präsentiert sich die Apophyse in Form einer kolbigen, in der Ebene des Ringes gelegenen Erweiterung. Die Apophyse ist im Innern hohl, ihr Lumen kommuniziert mit dem Lumen des Ringes. Von der in situ oralwärts gelegenen Wandung der Apophyse springt gegen das Lumen des Ringes eine dünne, plane, an ihrem rechten Rande breit und flach ausgebuchtete, etwa die Hälfte des Ringlumens versperrende Chitinlamelle vor. Der schmale Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet in den Annulus receptaculi nahe dessen rechtem Polende. Etwas innerhalb des rechten Polendes entsendet der Ring eine kurze, bei seitlicher Betrachtung sichtbare Apophyse nach hinten. M. minutulus variiert hinsichtlich seiner äußeren Körperform in nicht allzu beträchtlichem Umfang. Auf einige relativ schlanke Exemplare aus Ostsibirien hat Reitter seinen blechrus longulus aufgestellt. Der Copulationsapparat ist trotz der enormen Verbreitung der Art vollkommen konstant. Verbreitung. M. minutulus findet sich im südlichen Skandinavien,! im südlichen Finnland (Karisiojo, J. Sahlberg), im ganzen mitteleuropäischem Faunengebiete, in Ober- und Mittelitalien, in Rußland (St. Petersburg, Nemirow in Podolien, Rjasan, Astrachan), im Kaukasus (Swanetien, Araxestal, Reitter), in Turkestan (Aulie Ata) und Sibirien (Irkutsk, Chabarowka, Blagowestschensk). In England fehlt die Art nach Fowler. In Mitteleuropa ist M. minutulus nicht selten, namentlich in Flußauen. Aus Italien kenne ich nur wenige Exemplare (Val Pesio, Coll. Solari; Emilia, Pracchia, Koll. Fiori; Gombo bei Pisa, Koll. Dodero; Toscana, ex Koll. Staudinger.) Aus Südfrankreich liegt mir die Art nicht vor. Von der Balkanhalbinsel kenne ich M. minutulus nur ‘aus Bosnien (Sarajewo, Bjelasnica etc.), aus der nördlichen Herzegowina (Velez-planina), von Abbazia und Triest. 14. Microlestes Seladon Holdh. nov. spec. Blechrus minutulus div. auct. ex part. Blechrus glabratus div. auct. ex part. Mit M. minutulus und negrita nahe verwandt, von beiden Arten durch die beim 5 am Innenrande eben merklich seichter ausgebuchteten Mittelschienen sowie in beiden Geschlechtern durch abweichenden Bau des Copulationsapparates abweichend. In Habitus und Größe mit M. minutulus übereinstimmend; anscheinend konstant geflügelt. Dorsal- feld des Pronotums oft nur sehr wenig oder kaum breiter als lang. Beim / sind die Vordertarsen kräftig erweitert, die Mitteltibien an ihrem Innenrande in der distalen Hälfte nur sehr schwach ausgebuchtet, ihre innere Apicalecke kurz und spitz zahnförmig nach innen gezogen. Im übrigen fehlen äußere Sexualdifferenzen. D Long. 2:9 — 3:4 mm. Der Penis hat eine Länge von 067 bis O'71 mm; er ist in seiner äußeren Gestalt jenem des M. minutulus sehr ähnlich, aber sehr merklich schlanker und etwas schwächer chitinisiert. Der Apex ist meist etwas länger als bei M. minutulus, wie bei dieser Art deutlich leicht nach abwärts geknickt. Bei direkter Dorsalansicht des Penis erscheint der Apex entweder geradlinig, die Richtung des Penisstammes fortsetzend oder leicht nach links abbiegend. Der Präputialsack zeigt neben der normalen Körnchen- skulptur drei Gruppen von kräftigen, relativ schlanken, zugespitzten, bei Ruhelage mit ihren Spitzen dorsoanalwärts gerichteten Zähnen. Die hinterste dieser Zahngruppen liegt in der ventralen Präputial- wandung, etwas oralwärts der Basis des Apex und enthält etwa ein Dutzend schlanker Zähne. Die zweite Gruppe liegt gleichfalls in der Ventralwandung des Präputialsackes, etwa in der Mitte oder etwas hinter der Mitte der Penislänge. Diese Zahngruppe enthält etwas weniger und wesentlich breitere Zähne. Die dritte Zahngruppe liegt in geringer Distanz dorsooralwärts dieser zweiten Gruppe, sie besteht aus einer geringen Anzahl kräftiger, breiter Zähne. Die Anordnung dieser Zahngruppen ist sehr konstant, die Zahl ! Nach Angaben von seiten verschiedener Autoren. Ich sah keine skandinavischen Exemplare, 806 K. Holdhaus, der Zähne in jeder Gruppe läßt sich infolge der dichten Stellung dieser Zähne nicht leicht genau fest- stellen und dürfte vielleicht etwas schwanken. Q Copulationsapparat. Die Vagina ist vollkommen hyalin, ohne ausgesprochen stärker chitinisierte Partien. Das Receptaculum seminis hat die Gestalt eines birnförmigen Ballons. Der Annulus receptaculi ist in geringer Entfernung von der Mündung des Receptaculums gelegen, er hat die Form eines recht kräftig chitinisierten, nahezu kreisrunden, niedrigen Ringes mit einem äußeren Durchmesser von 0:155 bis 0:17 mm. Das linke Polende dieses Ringes trägt nicht wie bei M. mminutulus eine große, kolben- förmige Apophyse, sondern zeigt nur eine geringfügige dünnplattige Verbreiterung nach außen, welche lig. 14. SH Penis und Annulus receptaculi von Microlesies Seladon. nach Art eines Mützenschirmes in schräger Richtung nach links und hinten (in situ) zieht. Das rechte Polende ? des Ringes entsendet nach hinten eine kurze, abgestutzt-zahnförmige Apophyse, an deren Spitze der Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet. Die linke Polregion des Ringes trägt eine sehr dünne, an ihrem Innenrande flach ausgeschnittene Obstruktionslamelle, welche etwa ein Drittel des Ringlumens versperrt. Verbreitung. M. Seladon ist eine im allgemeinen seltene Art, deren Verbreitung noch nicht erschöpfend bekannt ist. Ich kenne Exemplare von Südfrankreich (Camargue, von Puel und Dr. Chobaut in Anzahl gefangen, Vendres sur mer, leg. Gavoy), aus Italien (Aquila nell’ Abbruzzo, Rom), aus der Herzegowina (Mostarsko blato, Mus. Sarajewo) und aus Kleinasien (Mersina). 15. Microlestes negrita W oll. 1825. Dromius glabratus Dej. Spec. Col., I, p. 244, ex patt. 1829. Dromius glabratus Dej. Icon. Col. Eur., I, p. 121, pl. 13, Fig. 1, ex part. 1848. ? Dromius interstitialis Küst. Käf. Eur., XIV, p. 2. 1854. Dromius negrita W ollast. Ins. Mad. p. 9. 1857. Dromius glabratus W ollast. Cat. Mad. Col., p. #. 1860. Blechrus glabratus Schaum. Ins. Deutschl., ], p. 275, ex part. 1864. Blechrus glabratus W ollast. Cat. Col. Canar., p. 15. 1 Die linksseitige Apophyse ist in die Messung nicht einbezogen. inen Präparaten zeigt das Receptaculum meist eine leichte (wohl kaum natürliche) Torsion, so daß die zahnförmige ht nach rechts, sondern nach aufwärts blickt. Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 07 1892. Blechrus minntulus Ganglb. Käf., Mitt. I, p. 403, ex paıt. 1900. Blechrus minutulus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 379, ex patt. 1904. Metabletus glabratus Desbr. Frelon, XII, p. 195 (63) ex paıt. 1904. Microlestes minutulus Apfelbecki Holdh. Apfelb., Käferfaun. Balkanhalbins., I, p. 330. Von M. minutulus und Seladon durch den abweichenden Bau des Copulationsapparates, von letzterem außerdem im 5° Geschlechte durch differente Bildung der Mitteltibien abweichend. Habituell vollständig mit M. minutulus übereinstimmend. Beim 5 sind die Vordertarsen in normaler Weise kräftig verbreitert, die Mitteltibien an ihrem Innen- rande in den distalen drei Fünfteln ihrer Länge flach und gleichmäßig, aber stets sehr auffallend bogen- förmig ausgebuchtet, ihre innere Apicalecke nach innen spitz vorgezogen. Im übrigen fehlen äußere Sexual- auszeichnungen. Die Art variiert in bemerkenswerter Weise hinsichtlich der Ausbildung der Flügel. Bei der überwiegenden Mehrzahl der vorliegenden Exemplare sind die Flügel vollkommen Nug- tüchtig, unverkürzt. Bei allen mir von Madeira vorliegenden Exemplaren sind die Flügel etwa auf die Hälfte ihrer Länge reduziert. Von anderen Lokalitäten kenne ich diese Form nicht, doch dürfte sie auch im übrigen Ver- breitungsgebiet der Art sporadisch auftreten. Von der Balkanhalbinsel (Herzegowina: Trebinje; Morea: Hagios Wlassis) und aus Kleinasien (Samsun, Trapezunt) liegen mir einige Stücke vor, bei denen die Flügel auf einen ganz kurzen, länglich- runden Lappen reduziert sind. In Korrelation damit sind die Elytren minder breit gebaut, gegen die Basis Fig. 15. Penis und Annulus receptaculi von Microlestes negrila. etwas stärker verengt. Die Exemplare haben geringe Größe. Neben dieser ungeflügelten Varietät und viel häufiger als diese tritt sowohl auf der Balkanhalbinsel als in Kleinasien die geflügelte Form auf. Von Trebinje und Hagios Wlassis kenne ich beide Formen (ohne Übergänge). Long. 2:6—3°5 mm. Der Penis unterscheidet sich von jenem der übrigen Arten der Minutulus-Gruppe durch symmetrische Lage der Präputialregion, Fehlen eines deutlichen Apex, abweichende Bewaffnung des Präputialsackes etc. Der Penis hat eine Länge von 0:60 bis 0:66 mm. Bei seitlicher Betrachtung erscheint die distale Hälfte des Penis terminalwärts verengt und in eine kurz verrundete Spitze endigend, an der Ventralseite ohne Differenzierung. Die Ventralwandung verläuft in der distalen Hälfte des Penis entweder fast vollkommen geradlinig oder in sehr schwacher Krümmung. Von oben betrachtet erscheint der Penis vollkommen gerade gestreckt, etwa von der Mitte ab terminalwärts verschmälert, an der Spitze schmal verrundet. Die 508 K. Holdhaus, Präputialpartie der Peniswandung beginnt in der Regel schon etwas basalwärts der Mitte der Penislänge und endet erst unmittelbar vor der Spitze, so daß ein deutlicher, selbständiger Apex nicht zur Ausbildung kommt. Die Präputialregion okkupiert in gleicher oder nahezu gleicher Ausdehnung sowohl die linke als auch die rechte Peniswandung, beiderseits sehr tief herabsteigend und in der terminalen Partie des Penis oft selbst noch leicht auf die ventrale Peniswandung übergreifend. Die Präputialregion ist bald schwächer, bald stärker (stets aber wesentlich schwächer als die übrige Peniswandung) chitinisiert.! Der Östialschlitz liegt dorsal, median oder nahezu median, sein. nächster Umkreis ist oft etwas stärker chitinisiert als die übrige Präputialregion. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht aus acht bis zehn kräftigen Zähnen, die mit ihren scharfen Spitzen analwarts gerichtet sind. Jeder Zahn zeigt einen sehr kräftigen, oblongen, im Penis in longitudinaler Richtung geiagerten Basalsockel, von dessen analem Ende die viel kürzere, scharf zahnförmig zugespitzte Zahnkrone in sehr schräger Richtung abgeht. Die Zahl der Zähne ist infolge ihrer dichten Anordnung nicht immer ganz leicht festzustellen, sie beträgt acht bis zehn. Die von mir untersuchten Exemplare aus Nordatrika, Madeira, Sizilien, Südfrankreich zeigen ausnahmslos neun oder zehn Zähne, Stücke aus Andalusien und Corsica acht? (oder neun?), alle untersuchten Exemplare von der Balkanhalbinsel und aus Kleinasien acht Zähne, ein Stück von Cherson in Südrußland neun Zähne. ? Diese Zähne liegen bei ruhendem Präputialsack etwa im Niveau des dritten Fünftels der Penis- länge (von vorne — in situ — gezählt), ihre Anordnung erscheint, jedenfalls im Zusammenhang mit wechselnden Faltungszuständen des Präputialsackes, eine ziemlich wechselvolle. In der Regel scheint ein Teil der Zähne (mindestens drei) in der rechten, die übrigen in der linken Wandung des Präputial- sackes zu liegen, mitunter bilden alle Zähne einen einheitlichen, oft schwer zu entwirrenden Haufen. Zwei oder drei der Zähne sind meist etwas kleiner als die übrigen und daher leicht zu übersehen. Der © Copulationsapparat ist mit jenem des M. Seladon weitgehend übereinstimmend. Der Annulus receptaculi hat einen äußeren Durchmesser von 0:145 bis 0:16 mm. Die zahnförmige Apophyse am rechten Polende ist durchschnittlich etwas größer und mehr zugespitzt, die mützenschirmartige Ver- breiterung in der linken Polregion ist deutlicher ausgeprägt und fällt entweder vollständig in die Ebene des Ringes oder zieht in etwas schräger Richtung nach links und vorne (bei M. Seladon fällt der Mützen- schirm anscheinend stets nach links und hinten ab). Verbreitung. Ich kenne M.negrita von Madeira (typische Lokalität), aus dem nordwestlichen Afrika (Tunisie: Kairouan, Gabes, Soliman, Fond. Djedid, Teboursouk, Bulla regia [Koll. Dr. Normand|; Prov. d’Alger [Koll. Reitter]), aus Spanien (Andalusia), Südfrankreich (Camargue, Carcassone, B£ziers, Montbard), Corsica (Ajaccio, Koll. Vodoz), Sizilien, Apulien (Mte. Gargano), von vielen Punkten der Balkanhalbinsel (siehe Apfelbeck, Käferfaun. Balk., I, p. 330), von Bukarest, Cherson, aus Kleinasien, dem Kaukasus und von Jerusalem (Mus. Pstersburg). In vielen Teilen ihres Verbreitungsgebietes, so namentlich auf der Balkanhalbinsel, scheint die Art häufig, in Corsica, Sizilien, Syrien seltener. 16. Microlestes politulus Reitt. 1900. Blechrus politulus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr. 1900, p. 377. Sehr ausgezeichnet durch in der Regel recht beträchtliche Körpergröße und namentlich durch ungemein starken Lackglanz der tiefschwarz gefärbten Oberseite. 1 Der ausgetrocknete Penis bietet daher, je nachdem die Präputialpartie mehr oder minder in sich zusammengesunken ist, ein etwas wechselvolles Bild. 2 Für die mit rassenartiger Konstanz auftretende achtzähnige Form, die hauptsächlich (oder ausschließlich?) im östlichen Mittelmeergebiet vorkommt, kann der Name M. negrita Apfelbecki, für die neun- bis zehnzähnige, vorwiegend westmediterrane Form r Name M. negrita form. typ. verwendet werden. Mir liegt zu erschöpfenden Untersuchungen leider nicht genügendes Material vor. ıtersuchten Exemplaren (von beiden Arten zusammengenommen) sehr verschiedener Provenienz erwies sich iese subtile Unterscheidung als konstant. Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 509 © & Tiefschwarz, mitunter mit leichtem grünlichen Reflex, sehr stark lackglänzend, die Fühler einfarbig schwarz oder dunkel pechbraun, selten die Fühlerwurzel eben merklich heller als der übrige Teil des Fühlers. Beine schwarz mit helleren Hüften, Schienen und Tarsen. Kopf robust gebaut, mit großen, stark gewölbten Augen, Schläfen wenig lang, nach hinten in der Regel stark konvergierend, unter stumpfwinkeliger Verrundung in den Halsteil des Kopfes übergehend. Fühler lang, mäßig schlank. Halsschild in der Regel ausgesprochen, mitunter aber kaum merklich breiter als der Kopf, in seinen Dimensionsverhältnissen sehr variabel, sein Dorsalfeld quadratisch oder mehr oder minder ausgesprochen, oft recht beträchtlich transversal, mitunter aber selbst eben merklich länger als breit. Am Vorderrande ist der Halsschild sehr sanft ausgebuchtet, an den Seiten im vorderen Drittel mäßig stark gerundet erweitert, nach hinten in der Regel beträchtlich und fast geradlinig verengt, vor den Hinterwinkeln leicht aus- gebuchtet, die Hinterecken mitunter nahezu rechtwinkelig, in anderen Fällen infolge seitlicher Abschrägung der Halsschildbasis mehr oder minder ausgesprochen, mitunter sehr stark stumpfwinkelig. Halsschild- basis relativ stark nach hinten gezogen. Flügeldecken breit und kurz, nach hinten meist nur sehr wenig verbreitert, in der Regel vollkommen glatt, selten fein und undeutlich gestreift. Tarsen relativ lang und schlank. Beim 5 sind die Vordertarsen ziemlich stark verbreitert, die Mittelschienen an ihrer inneren Apical- ecke nach innen spitz dreieckig zahnförmig vorgezogen, die Hinterschienen einfach. Weitere äußere Sexual- auszeichnungen fehlen. Long. 2:9 — 3:6 mm. Der Penis hat an einem 34 mm messenden Exemplar eine Länge von 0'765 mm, er ist sehr lang und schlank, seitlich komprimiert, bei Dorsalansicht nahezu geradlinig, bei Seitenansicht von der Basis Penis von Microlesles polilulus. zur Spitze sanft und gleichmäßig gekrümmt erscheinend und sich kontinuierlich verschmälernd. Die dünn- häutige, an getrockneten Exemplaren eingefallene Präputialpartie der Peniswandung beginnt etwas distal- wärts des basalen Viertels und reicht nach hinten etwa bis ins distale Siebentel oder Achtel der Penis- Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 67 510 K.Holdhaus, länge. Diese Präputialregion nimmt die ganze Höhe der rechten Peniswandung und die linke Hälfte des schmalen Penisrückens ein. Ein Ostialschlitz ist an meinen Präparaten infolge Verschrumpfung nicht deut- lich wahrnehmbar. Der Penisapex ist ohne irgendwelche Differenzierung, leicht ventralwärts abgebogen, schmal, schlank, fast gerade, an der Spitze kurz zugerundet. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht neben der normalen Körnerskulptur aus drei Gruppen von wenig großen Zähnen. Die größte dieser Zahn- gruppen liegt bei eingezogenem Präputialsack etwa in der Mitte der Penislänge, anscheinend in der dorsalen Präputialsackwandung, sie besteht etwa aus 15 dichtgestellten, eine längliche Gruppe bildenden, zuge- spitzten, schlanken Zähnen, die etwa ein Fünfzehntel der Penislänge erreichen. Eine zweite sehr unschein- bare, nur aus wenigen kleinen, oft schwer sichtbaren Zähnen bestehende Zahngruppe liegt etwas distal- wärts der größeren Gruppe in der Dorsalwand des Präputialsackes, eine dritte kleine, aus wenigen kurzen Zähnen zusammengesetzte Gruppe liegt in der ventralen Präputialsackwandung etwa im distalen Drittel der Penislänge. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin, ohne Differenzierung, das große Receptaculum seminis hat birnförmige Gestalt. Der kräftig gebaute Annuius receptaculi zeigt bei flächenhafter Ansicht sehr regelmäßigen ovalen Umriß, an einem Exemplar von 3:6 mm Länge zeigt der Annulus eine Länge von etwa 0:15 mm und eine Breite von 0'095 mm (äußere Kontur). Der Ringreifen ist breit, so daß das ovale Ringlumen an demselben Exemplar nur eine Breite von 0:06 mm besitzt. Am linken Polende zeigt der Ringreifen bei Nächenhafter Ansicht eine mäßig starke Verbreiterung; diese Apophyse ist im Inneren hohl, ihr Lumen kommuniziert mit jenem des Ringes. Von der in situ vorderen Wand der Apophyse springt gegen dasLumen des Ringes eine dünne, an ihrem rechten Rande sanft gerundet vorgezogene Obstruktions- lamelle vor, die etwa das linke Viertel des Ringlumens versperrt. Bei seitlicher Ansicht erscheint der Ringreifen recht hoch, in der Region der Apophyse leicht an Höhe zunehmend. Am rechten Polende ist der Ring nach hinten in eine kurze zahnförmige Erweiterung ausgezogen, an der vermutlich der Aus- führungsgang der Anhangsdrüse mündet. Verbreitung: M. politulus findet sich in Transkaspien (Askhabad), Turkestan (Samarkand, Margelan, Aulie Ata), in der Buchara, nach Reitter auch im Araxestal. Ich habe Stücke aus dem Araxestal nicht gesehen und halte diese Provenienzangabe für irrtümlich. 17. Microlestes flavipes Motsch. 1859. Microlestes flavipes Motsch. Etud. Entom., 1859, p. 122. 1900. Blechrus glabrellus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 380. Unter den paläarktischen Arten mit M. minutulus zunächst verwandt, von dieser Art ebenso wie von M. negrita, Seladon ete. durch abweichende Färbung, abweichende Bildung der Mitteltibien beim g° sowie differenten Bau des Copulationsapparates zu unterscheiden. Oberseite dunkel bronzefarbig, matt chagriniert, die Elytren oft mit einem Stich ins Gelblichbraune. Die Fühler einfarbig schwärzlichbraun bis rotbraun. Die Beine bräunlichgelb bis gelbbraun, alle Schenkel oder nur die Vorderschenkel schwärzlichbraun. In der Körperform sehr an M. minutulus erinnernd, aber im Durchschnitt etwas kleiner, mit schlankeren Fühlern und Beinen. Geflügelt. Beim Z sind die Vordertarsen mäßig stark erweitert, die Mitteltibien am Innenrande gerade, in ihrer distalen Hälfte innen mit vier oder fünf flach buckelförmigen Kerben, die innere Apicalecke kurz und stumpf buckelig nach innen vortretend. Im übrigen fehlen äußere Sexualauszeichnungen. Long. 3—3°3 mm. Der Penis hat an dem von mir gemessenen Exemplare eine Länge von 0'606 mm, er ist jenem des M. mminntulus ähnlich, aber wesentlich schlanker. Die Apex ist wie bei M. minutulus sehr merklich Monographie der Coleopterengattung Microlestes. Söll ventralwärts abgebeugt, bei llächerhafter Ansicht viel länger und schlanker erscheinend als bei dieser Art; bei seitlicher Betrachtung erscheint der Apex dünn, gerade gestreckt, an seinem äußersten Ende leicht, aber sehr deutlich nach aufwärts gebogen. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht ausschließlich Fig. 17. aus kleinen Schuppenkörnchen. Der © Copulationsapparat unterscheidet sich von jenem des M. minutulus Fi nur durch etwas differente Beschaffenheit des Annulus receptaeuli. Der Annulus receptaculi zeigt an dem einzigen, mir zur Verfügung stehenden 9 eine Total- länge von 0:272 mm bei einer Maximalbreite von 0°179 mm, er ist sehr kräftig ehitinisiert und gliedert sich wie bei M. minutulus in einen annähernd kreis- runden ringförmigen Abschnitt und eine kolbenförmige, im Inneren hohle, das linke Polende einnehmende Apophyse. Im Gegensatz zu M. minutulus erscheint diese Apophyse jedoch bei flächenhafter Ansicht des Annulus nur etwa halb so breit als der eigentliche Ringabschnitt. Bei Ansicht von der Seite erscheint die Apophyse nicht wie bei M. minutulus in der Ebene des Ringes liegend, sondern vecht beträchtlich analwärts abgebeugt. Im übrigen stimmt der Annulus receptaeuli mit jenem von M. minutulus weitgehend überein. Verbreitung: Unterägypten (Fayum, Helouan). Mir liegen nur wenige Penis von Mierolestes flavipes. E xemplare vor. 18. Microlestes Schmiedeknechti Pic. 1900. Blechrus Schmiedeknechti Pic. Echange, XV], p. 91. Die von Pic gegebene Diagnose lautet: »Nigro-subaeneus, antennis pedibusque obscuris vel piceis; thorace satis breve, posterius fortiter angustato; elytris subparallelis, paulum striatis, abdomine brevioribus, plaga lata discoidali pallida ornatis. Long. 3 mill.« »Palestine: Jericho (Pic). Voisin de vittatus Mots. par la coloration Elytrale macul&e, mais la forme est plus large et les pattes sont fonc&es. Differe de plagiatus Dufts. par la macule elytrale plus elargie, commune sur la suture.« »Dedie au savant hymenopteriste de Thuringe, mon compagnon de voyage en Orient.« Herr Pic hatte seinerzeit die Freundlichkeit, mir die Typen zur Ansicht zu senden. Da ich aber einige Stücke dieser Art für die Sammlung des Wiener Hofmuseums erwerben zu können hoffte, machte ich mir leider nur unzureichende Notizen und fertigte auch keine Zeichnurgen an. M. Schmiedeknechti gehört in die Gruppe des M. minutulus. Der Habitus ist jenem des M. flavipes ähnlich, die Fühlerwurzel ist dunkel, der Penis den für die Arten aus der Verwandtschaft des M. minutulus charakteristischen Bau zeigend. Die Beschaffenheit des Präputialsackes und des weiblichen Copulationsapparates habe ich nicht untersucht. Es wäre möglich, daß M. Schmiedeknechti Pie mit dem von Obock beschriebenen Blechrus discoi- dalis Fairm. Rev. d’Ent. XI (1892), p. 83 zusammenfällt. 19. Microlestes Reitteri nov. spec. Habituell wohl gewissen Exemplaren des M. maurus mit quadratischem oder schwach transversalem Dorsalfeld des Halsschildes, schwach prononcierten Halsschildhinterecken und nach hinten schwach konvergierenden Schläfen am nächsten kommend, von dem gemeinsam vorkommenden M. ibericus durch eben merklich geringere Durchschnittsgröße, im Durchschnitt etwas breiteren Halsschild, schwächer gestreifte Flügeldecken, etwas abweichend gebildete Mittelschienen und einfache Hinterschienen des 5 sowie durch total differenten Bau des Copulationsapparates abweichend. o12 K. Holdhaus, Die Fühler sind einfarbig dunkel. Der Kopf ist mäßig breit gebaut, mit mäßig großen, mäßig hoch sewölbten Augen, Schläfen nach hinten mäßig stark konvergierend, mit dem Halsteil des Kopfes unter sehr stumpfem, verrundetem Winkel zusammentreffend. Halsschild ziemlich beträchtlich breiter als der Kopf, sein Dorsalfeld nahezu quadratisch bis mäßig quer, Hinterecken nicht sehr prononciert, stumpf. Flügeldecken relativ breit und kurz, nicht sehr stark gestreift oder selbst nahezu glatt. Tarsen mäßig schlank. Beim 9 sind die Vordertarsen stark erweitert, die Mittelschienen am Innenrande nahezu gerade, nicht gekerbt, ihre innere Apicalecke nach innen nur sehr kurz winkelig vorgezogen. Hinterschienen einfach. Weitere äußere Sexualauszeichnungen fehlen. Long. 2:5 — 2:6 mm. Der Penis ist ungemein breit und kurz gebaut (Länge 0:49 mm), kräftig chitinisiert, seitlich stark komprimiert. Bei Ansicht von der Schmalseite (Dorsalansicht) erscheint der Penis kaum gekrümmt, etwa von der Mitte ab gegen die Spitze ziemlich gleichmäßig verschmälert, der Apex gegen den Stammteil des Penis nicht abgesetzt, sehr stark komprimiert, an der Spitze leicht nach links geknickt, die linke Apex- wandung an der Knickungsstelle leicht ausgehöhlt. Bei Seitenansicht erscheint der Penis ungemein hoch, Fig. 18. Penis von Microlestes Reitteri. von der Basis bis etwa zur Mitte verbreitert, von da zur Spitze sich verengend, der Apex gegen den Penis- stamm nur durch schwache Aushöhlung der Dorsalwand und Ventralwand des Penis abgesetzt, etwa ein Fünftel der Penislänge erreichend, etwa anderthalbmal so lang als breit, an den Seiten nahezu parallel, an der Spitze breit verrundet. Das längsgeriefte Präputialfeld des Penis liegt in der rechten Peniswandung, es hat breitovalen Umriß, beginnt etwas distalwärts des basalen Penisdrittels und reicht, fast die ganze Höhe der rechten Peniswandung einnehmend, etwa bis zum distalen Fünftel nach hinten. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht neben den normalen Schuppenkörnchen aus einem bei eingezogenem Präputialsack etwa in die Mitte der Penislänge fallenden Gürtel kräftiger Haken. Die Haken sind nach demselben Typus gebaut wie bei M. levipennis, einer großen Basalplatte aufsitzend. Die größtenHaken erreichen nicht ganz ein Sechstel der Totallänge des Penis. Mit Sicherheit auf M. Reitteri zu beziehende Q liegen mir nicht vor. Verbreitung: Ich kenne von dieser Art nur zwei Exemplare aus Andalusien (Reitter) und ein Exemplar von Medinaceli in Zentralspanien (leg. Strobl, ex Koll. Plason). 20. Microlestes fulvibasis Reitt. 1900. Blechrus fulvibasis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 377. 1904. Microlestes plagialus fulibasis Holdh. Apflb., Käferfaun. Balkanhalbins., I, p. 335. Monographie der Coleopterengaltung Microlestes. 513 Unter den Arten mit einfarbig schwarzen Flügeldecken an der schlanken Körperform, dem schmalen Halsschild sowie namentlich an der fast stets gelbroten Färbung des ersten Fühlergliedes leicht kenntlich. Tiefschwarz, stark glänzend, die Fühler schwarz, ihr erstes Glied fast stets gelbrot, mitunter noch das zweite, selten auch das dritte und vierte Fühlerglied leicht aufgehellt, die Beine schwarz mit helleren Hüften, Schienen und Tarsen. Kopf relativ schmal gebaut, mit mäßig vortretenden Augen, Schläfen relativ lang, nach hinten relativ schwach konvergierend, mit den Seiten des Halses unter sehr stumpfem Winkel zusammentreffend. Fühler nicht sehr schlank. : Halsschild merklich breiter als der Kopf, sein Dorsalfeld normal etwa so lang als breit, mitunter selbst etwas länger als breit, nur selten eben merklich breiter als lang. Vorderrand des Halsschildes sehr flach ausgebuchtet, die Seiten des Halsschildes im vorderen Drittel gerundet erweitert, nach hinten mäßig stark unter äußerst flacher Krümmung verengt, vor den Hinterecken deutlich, oft recht stark, ausgebuchtet, die Hinterecken stets sehr prononciert, infolge wenig beträchtlicher, seitlicher Abschrägung der Halsschild- basis in der Anlage nur schwach stumpfwinkelig oder selbst nahezu rechtwinkelig erscheinend, an ihrer Spitze oft kaum verrundet. Hinterrand des Halsschildes mäßig stark nach rückwärts gezogen. Flügeldecken langgestreckt, kräftig chitinisiert, nach rückwärts verbreitert, in der Regel nur in ihrer inneren Hälfte mit deutlichen Spuren von Streifung, oft fast ganz ohne Andeutung einer solchen. Flügel fast stets wohlentwickelt, nur sehr vereinzelt finden sich Exemplare mit rudimentären Flügeln. Tarsen ziemlich lang und schlank, beim / die Vordertarsen kräftig erweitert; Mitteltibien beim 5’ in der terminalen Hälfte ihres Innenrandes äußerst flach ausgebuchtet, ihre innere Apicalecke in eine feine, kurz spornförmige Spitze ausgezogen. Im übrigen fehlen äußere Sexualauszeichnungen. Pons#2-. 220157322 mm. ; Der Penis ist kurz und kräftig gebaut (long. 0:51 bis 0:56 mm), kräftig chitinisiert, vollkommen oder nahezu symmetrisch, stielrund, bei Dorsalansicht von der Mitte bis zur Spitze nahezu gleichmäßig verschmälert erscheinend, an der Spitze schmal verrundet abgestutzt. Bei seitlicher Ansicht erscheint die Fig. 19. Penis und Annulus receptaculi von Mierolestes fulvibasıs. Ventralseite des Penis in ihren distalen zwei Dritteln nur sehr schwach konkav gekrümmt, die stark gewölbte Dorsalseite in ihrem distalen Drittel oder Viertel verrundet abgeschrägt, so daß sich der Penis in seiner distalen Partie sehr rasch verjüngt und in eine nur an ihrem äußersten Ende abgestumpfte Spitze ausläuft. Eine leichte dorsale Einschnürung läßt die kurze Spitze des Penis oft deutlich abgesetzt erscheinen. Der Ostialschlitz liegt am Penisrücken median oder nahezu median, er beginnt kurz innerhalb der Penis- spitze und reicht basalwärts etwa bis ins distale Viertel des Penis. Sein Umkreis ist in der Regel nur wenig schwächer chitinisiert als der übrige Penisrücken, unter starker Lupenvergrößerung meist deutlich längs- riefig, das durch diese längsriefige Skulptur charakterisierte Präputialfeld basalwärts nur wenig weit über o1l4 K. Holdhaus, las basale Ende des Ostialschlitzes hinausreichend, an den Seiten des Penis nicht sehr tief und beiderseits annähernd gleichweit hinabsteigend. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht, neben den normalen Schuppenkörnchen aus drei Gruppen schlanker, langer, spitziger Zähne. Bei eingezogenem Präputialsack präsentiert sich folgendes Bild: Die in situ vorderste dieser Gruppen liegt etwas vor der Mitte der Penis- länge, sie hat länglichrunden Umriß und besteht aus etwa fünfzig distalwärts blickenden Zähnen, von denen die längsten etwa ein Zehntel der Penislänge erreichen. Distalwärts dieser Gruppe, der Dorsalwand des Präputialsackes angehörend, liegt eine zweite kleinere Gruppe von schätzungsweise 25 bis 30 Zähnen, welche schräg nach hinten und unten gerichtet sind. Eine dritte Gruppe von etwa 20 großen Zähnen liegt in der ventralen Wandung des Präputialsackes und erstreckt sich vom distalen Viertel des Penis bis kurz vor die Penisspitze. Die Zähne dieser Gruppe sind distalwärts gerichtet. Beim © ist die Vagina vollkommen gleichmäßig dünnhäutig, hyalin, ohne Differenzierungen. Das Receptaculum seminis hat die Gestalt eines länglichbirnförmigen Ballons. Der Annulus receptaeuli liegt etwas oralwärts der Mündungsstelle des Receptaculums, er zeigt die Form eines kleinen, mäßig stark chitini- sierten Ringes von länglich ovalem äußeren Umriß. Der größte Durchmesser des Ringes (äußere Kontur) beträgt 0-11 bis O°13 mm, der Breitendurchmesser beträgt etwa zwei Drittel des Längsdurchmessers. Das Lumen des Ringes hat einen größten Durchmesser von 0:045 bis 0:05 mm, es liegt zur Gänze in der rechten Hälfte des Ringes, indem die linke Hälfte von einer zum Ansatz von Muskeln dienenden Apophyse eingenommen wird. Diese Apophyse ist gegen die übrige Partie des Annulus in keiner Weise abgesetzt und liegt fast vollkommen in der Ebene des Ringes; sie ist im Innern hohl, ihr Lumen kommuniziert mit dem Lumen des Ringes. Von der in situ oralwärts gelegenen Wand der Apophyse schiebt sich eine dünne Chitinplatte gegen das Lumen des Ringes vor, etwa das rechte Viertel desselben versperrend. Am rechten Polende des Annulus ist die oralwärts gelegene äußere Ringkante nach außen in eine sehr kurze, dünne, in der Ebene des Ringes gelegene Apophyse ausgezogen, die analwärts gelegene Ringkante ist nach hinten in einen kurzen Zahn erweitert, auf dem der schmalschlauchförmige Ausführungsgang der Anhangs- drüse einmündet. Äußerst selten finden sich wohl im ganzen Verbreitungsgebiete der Art Exemplare mit einfarbig dunklen Fühlern. Solche Stücke sind in der Regel wohl nur durch Untersuchung des Copulationsapparates mit Sicherheit zu bestimmen. Verbreitung: M. fulvibasis findet sich im größten Teil von Südeuropa, in Südrußland, im Kaukasus, in Turkestan, Nordpersien, Syrien, Kleinasien. Aus Südeuropa kenne ich die Art von Spanien (Pozuelo de Calatrava, Koll. de la Fuente), aus Südfrankreich (häufig), Corsica, Sardinien, aus ganz Italien (häufig), aus Südtirol (Vallunga, Valdiriva, Brione, Koll. Halbherr, Rovereto), von Görz, aus dem südlichen Istrien, aus Dalmatien, von den Jonjschen Inseln, aus Griechenland (häufig). In Sizilien wurde die Art bisher nicht auf- gefunden. In der Kollektion von Heyden befindet sich ein Exemplar dieser Art mit der Provenienzangabe Frankfurt (vgl. Heyden, Käf. Nassau und Frankfurt, 2. Aufl, p. 49). Ich bin überzeugt, daß hier eine Fundortverwechslung vorliegt. Dieselbe Sammlung enthält in ganz übereinstimmender Weise präparierte M. corticalis aus Südfrankreich. 21. Microlestes Schröderi nov. spec. Habituell zwischen M. fulvibasis und M. corticalis escorialensis in der Mitte stehend, von ersterem in der Regel durch deutlicheren Metallglanz der Oberseite, ausgedehntere Hellfärbung der Fühlerbasis, nach hinten in der Regel viel stärker konvergierende, kürzere Schläfen sowie durch breiteren Halsschild, von letzterem durch geringere Durchschnittsgröße, zarteren, flacheren Körperbau, nach rückwärts viel vächer verengten Halsschild und vollständiges Fehlen sexueller Auszeichnungen am Abdomen, von beiden Arten ferner durch differenten Bau des Copulationsapparates abweichend. Monographie der Coleopterengattumg Microlestes. 15 Schwarz, mit mehr oder minder ausgesprochenem Metallschimmer, an den Fühlern in der Regel das erste und zweite Glied, seltener das erste Glied allein von rötlichgelber Färbung. Beine schwarz mit helleren Hüften, Schienen und Tarsen. Kopf breit gebaut mit großen Augen, Schläfen nach hinten stark konvergierend, relativ kurz, mit den Seiten des Halses unter verrundetem stumpfem Winkel zusammentreffend. Fühler nicht sehr schlank. Halsschild stets sehr merklich oder selbst ziemlich beträchtlich breiter als der Kopf, stets mit aus- gesprochen, in der Regel stark querem Dorsalfeld, Vorderrand flach ausgebuchtet, Seiten des Halsschildes im vorderen Drittel mäßig stark gerundet erweitert, nach hinten nicht sehr "stark verengt, vor den Hinter- winkeln ausgebuchtet, diese stets sehr prononciert, infolge sehr geringer seitlicher Abschrägung der Halsschildbasis meist nahezu rechtwinkelig, nur an der äußersten Spitze abgestumpft. Hinterrand des Halsschildes nur schwach nach rückwärts gezogen. Flügeldecken relativ schmal und lang, an den Seiten fast parallel oder analwärts doch nur schwach erweitert. Tarsen ziemlich schlank; beim 5 die Vordertarsen kräftig erweitert, die Mitteltibien in der distalen Hälfte ihres Innenrandes äußerst flach ausgebuchtet, ihre innere Apicalecke in ein kurzes dornartiges Zähnchen ausgezogen. Das Abdomen in beiden Geschlechtern gleichgebildet, einfach. Long. 2:4— 3 mm. Der Penis äußerlich jenem des M. fulvibasis sehr ähnlich, etwas kürzer (Long. an den von mir gemessenen Exemplaren 0:45—0'46 mm) und schlanker, namentlich bei Ansicht von oben merklich schmäler erscheinend als bei dieser Art, das Präputialfeld meist etwas deutlicher abgegrenzt. Die Bewaff- Ris..20. een ae E —— ea Penis und Annulus receptaculi von Microlestes Schröderi. nung des Präputialsackes besteht ausschließlich aus kleinen Schuppenkörnchen, die an keiner Stelle eine nennenswerte Vergrößerung erfahren. Beim 9 ist die Vagina vollkommen dünnhäutig, hyalin, das Receptaculum seminis hat die Gestalt eines länglichrunden Ballons. Der Annulus receptaculi ist im Zusammenhang mit der schwachen Bewaffnung des Präputialsackes ungemein kräftig gebaut, er besteht aus einem stark chitinisierten, annähernd kreisrunden Ring, an dessen linkem Polende eine kräftige, halsförmig abgesetzte Muskel- apophyse inseriert. Der Ringteil des Annulus zeigt an einem Exemplar vom Neusiedler See, bei flächen- hafter Ansicht, eine Länge von 0:19 mm und eine Breite von 0:16 mm (äußere Kontur!), das kreisförmige Ringlumen hat einen Durchmesser von 0'118 mm; die Apophyse besitzt eine Länge von 0095 mm. und eine Breite von 0:145 mm. Die Gesamtlänge des Annulus beträgt 0:285 mm. An einem Exemplar von Cherson in Südrußland beträgt die Gesamtlänge des Annulus 0'295 mm, die übrigen Maße sind jenen des Neusiedler Stückes proportional. Der Ringteil des Annulus zeigt an seiner linken Polregion, bei flächenhafter Ansicht, eine beträchtliche Verbreiterung, die Apophyse erscheint bei seitlicher Ansicht 516 K.Holdhaus, kolbenförmig aufgebläht, sie ist im Innern hohl, ihr Lumen kommuniziert mit dem Lumen des Ringes. Bei flächenhafter Ansicht erscheint die Apophyse beiderseits durch einen tiefen Einschnitt gegen den eigent- lichen Ring abgesetzt, die auf diese Weise zustande kommende halsförmige Einschnürung zeigt eine Breite von etwa 0:04 mm. Von der in situ oralwärts gelegenen inneren Ringkante springt in der linken Polpartie des Ringes eine dünne Ostruktionslamelle gegen das Ringlumen vor, dieselbe ist an ihrem rechten Rande seicht ausgebuchtet und versperrt etwa den dritten Teil des Ringlumens. Diese Obstruktions- lamelle ist oft auch bei seitlicher Betrachtung des Annulus sichtbar, da der Ring in seiner linken Polregion oralwärts eine Erhöhung erfährt. Diese erhöhte Partie des Ringes entsendet von ihrem Außenrande nach links gleichfalls eine kurze, bei seitlicher Ansicht sehr deutlich sichtbare Lamelle. Der schlauchförmige Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet am rechten Polende des Annulus am Außenrande einer kurz zahnfö:mig vorspringenden Apophyse. Verbreitung: M. Schröderi ist eine sehr seltene Art. Ich kenne Exemplare aus den Donauauen und von Oberweiden bei Wien, vom Neusiedler See, aus Südrußland (Lepssinsk, leg. Ballion, Mus. Wien; Cherson, leg. Hochhuth, Mus. Wien), endlich drei Exemplare aus der nördlichen Mongolei (Chara-gol, Exp. Zichy, leg. Csiki, Mus. Budapest). Ich widme die Art Herrn Dr. Christoph Schröder (Berlin). 22. Microlestes plagiatus Duftschm. 1812. Lebia plagiata Duftschm. Faun. Austr. II, p. 249. 1825. — lineellus Fischer. Ent. Russ. IIl., p. 93, t. IV, Fig. 7. ! 1860. Blechrus plagiatus Schaum. Naturg. Ins. Deutschl., I, p. 277, ex part. 1874. Blechrus plagiatus Redtb. Faun. Austr., 3. Aufl., I. Bd., p. 26. 1892. Blechrus plagiatus Ganglb. Käf. Mitt., I, p. 404 ex part. 1900. Blechrus plagiatus Reitt. Deutsch. Ent. Zeitschr. 1900, p. 374. 1904. Microlestes plagiatus form. typ. Holdh. Apfelb., Käf. Balk., I, p. 335. In Färbung und Habitus mit M. corticalis frm. typ. sehr weitgehend übereinstimmend, von demselben vornehmlich im 5 Geschlechte durch Fehlen der Sexualauszeichnung am Abdomen sowie durch etwas differente Bildung der Mitteltibien zu unterscheiden. Vorderkörper fast stets ausgesprochen metallglänzend, an den Fühlern die zwei oder drei Basalglieder bräunlichgelb, mitunter auch noch das vierte Glied auf- gehellt, die Flügeldecken stets mit heller, länglichrunder Dorsalmakel, welche in Form und Größe recht variiert. Der Kopf oft mit auffallend großen Augen, in extremen Fällen kaum schmäler als der Halsschild. Halsschild stets stark herzförmig, an den Seiten nach rückwärts stark verengt, sein Dorsalfeld quadratisch oder mehr oder minder ausgesprochen transversal. Fühler und Tarsen relativ schlank. Beim 5 die Vorder- tarsen stark erweitert, die innere Apicalecke der Mitteltibien äußerst kurz, kaum merklich, nach innen zähnchenartig vorgezogen. Unterseite des Abdomens in beiden Geschlechtern gleichgebildet, einfach. Long. 2:4 bis 3:4 mm. Der Penis hat an den von mir gemessenen Exemplaren eine Länge von 0'486 bis 0:495 mm, er stimmt äußerlich fast vollständig mit jenem von M. corticalis überein. Die Bewaffnung des Präputial- sackes besteht ausschließlich aus kleinen Schuppenkörnchen, welche an keiner Stelle eine nennenswerte Vergrößerung erfahren. Der weibliche Copulationsapparat zeigt mit jenem von M. corticalis weitgehende Übereinstimmung. ina I ohne Differenzierung, Receptaculum seminis länglich birnförmig. Annulus receptaculi mit n von M. corticalis weitgehend übereinstimmend, doch ist die Apophyse etwas größer, bei flächen- Tao Vag nen nafter Ansicht nahezu ebenso breit erscheinend als der Ring selbst. Die Diagnose war mir nicht zugänglich. ) ’ Monographie der Coleopterengattung Microlestes. öl Verbreitung: M. plagiatus findet sich in der Umgebung von Wien, im ungarischen Becken, in der südlichen Herzegowina und in Dalmatien, in Ober- und Mittelitalien (Oriolo, Voghera: Solari; Torino: Mus. Genova; Emilia, S. Pancrazio: Fiori; Toscana: Mus. Wien; Seravalle, Scrivia: Koll. Dodero), in Fig. 21. Penis und Annulus receptaculi von Microlestes plagiatus. Südrußland (Nemirow in Podolien, Sarepta), im Kaukasus und in Turkestan. Aus Ungarn führt Kuthy, Faun. Regni Hung., Coleopt., p. 40, folgende Fundorte an: Budapest, Kalocsa, Lacus Fertö (Neusiedler See), Tasnäd, Temesvär. M.plagiatus ist allenthalben relativ selten. 1820. 1825. 1829. 1842. 1846. 1857. 1860. 1864. 1864. 1869. 1892. 1900. 1900. 1900. 1900. 1901. 1904. 1904. 1885. 1900. 1904. 23. Microlestes corticalis Duf. Lebia corticalis Dufour. Ann. gen. Scienc. phys. (Bruxelles), VI, p. 322. Dromius corticalis Dej. Spec. Col., I, p. 245. Dromius corticalis Dej. Icon. Col. Eur., I, p. 122, pl. 13, Fig. 2. Dromius suturellus Motsch. Ins. Sib., p. 58. ? Dromius plagiatus Schmidt. Goeb. Faun. Col. Birm., p. 39. Dromius plagiatus Wollast. Cat. Mad. Col., p. 5. Blechrus plagiatus Schaum. Naturg. Ins. Deutschl,, I, p. 277, ex part. ? Blechrus plagiatus Baudi. Deutsch. ent. Zeitschr., 1864, p. 203: blechrus plagiatus W ollast. Cat. Col. Canar., p. 15. Blechrus plagiatus W ollast. Col. Atlantid., p. 19. Blechrus plagiatus Ganglb. Käf. Mitt. I, p. 404, ex part. Blechrus plagiatus Bedel. Cat. rais. Col. Tunisie, I, part., p. 49. Blechrus binotatus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 373. Blechrus suturellus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 374. Blechrus corticalis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 374. Blechrus corticalis Reitt. Wien. ent. Zeitschr., XX, p. 176. Microlestes plagiatus corticalis Holdh. Apfelb. Käferfaun. Balkanhalbins,, I, p. 334. Metabletus plagiatus Desbr. Faun. Col. France Cors., Le Frelon, XII, p. 195 (63). Var. escorialensis Bris. Blechrus escorialensis Ch. Bris. Ann. Soc. Ent. France, VI. ser., vol. V, Bull. p. CIIl. Blechrus escorialensis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, 375. Microlestes plagiatus escorialensis Holdh. Apfelb., Käf. Balkanh. I, p. 335. Denkschriften der mat" em.-naturw. Kl. LXXXVIII. Bd. 68 K. Holdhanus, (61 J fer [02) In Färbung und Körperform sehr variabel, im 5 Geschlechte an der Sexualauszeichnung der letzten Ventralschienen stets leicht kenntlich. Schwarz, glänzend, mit mehr oder minder ausgesprochenem Metallschimmer, Fühler dunkel, ihr erstes und zweites Glied fast stets rötlichgelb, selten auch das dritte oder selbst noch das vierte Glied leicht aufgehellt, mitunter das erste oder auch das zweite Fühlerglied auf der Oberseite mehr oder minder angedunkelt, in sehr seltenen Fällen die ganze Fühlerwurzel angedunkelt, mehr oder minder dunkel rot- braun, so daß die Fühler nahezu einfarbig erscheinen. Flügeldecken entweder einfarbig dunkel oder auf der Mitte der Scheibe mit einer hellem Längsmakel von sehr wechselnder Form und Größe, Beine entweder nahezu einfarbig schwarz oder die Hüften, Schienen und Tarsen heller. Kopf breit gebaut, mit sehr großen, stark gewölbten Augen, Schläfen nach rückwärts mehr oder minder stark konvergierend, unter sanfter, konkaver Rundung in den Halsteil des Kopfes übergehend. Fühler relativ kräftig oder doch nur mäßig schlank. Halsschild merklich breiter als der Kopf, in der Regel stark herzförmig, in der Breite recht variabel, sein Dorsalfeld sehr ausgesprochen transversal bis annähernd quadratisch, in extremen Fällen selbst eben merklich länger als breit. Vorderrand des Halsschildes äußerst flach ausgeschnitten, die Halsschildseiten im vorderen Drittel mehr oder minder stark gerundet erweitert, nach rückwärts sehr beträchtlich ver- schmälert, vor den Hinterecken stets sehr deutlich, oft sehr stark ausgebuchtet, die Hinterecken sehr prononciert, infolge schwacher seitlicher Abschrägung der Halsschildbasis in der Regel nahezu recht- winkelig, nur an der äußersten Spitze abgestumpft, selten mehr oder minder stumpfwinkelig und obtus. Halsschildbasis mäßig stark nach hinten gezogen. } ? Bien KR Flügeldecken in ihren Dimensionen sehr variabel, nach hinten nur schwach erweitert oder an den Seiten nahezu parallel, auf der Scheibe in der Regel wenig stark gestreift, oft fast ohne Andeutung einer Streifung. x Tarsen mäßig kräftig oder relativ schlank. Beim g' sind die Vordertarsen stark erweitert, die Mittelschienen in der distalen Hälfte des Innen- randes sehr flach ausgebuchtet, die innere Apicalecke nach innen in eine dreieckig zahnförmige oder kurz spornförmige Spitze ausgezogen, die letzten freiliegenden Ventralschienen des 5 mit eigenartiger Sexual- auszeichnung. Bei schwächster Ausbildung zeigt die letzte freiliegende Ventralschiene einen seichten, annähernd halbkreisförmigen medianen Eindruck, welcher am Hinterrande des Sternits seine größte Breite besitzt und daselbst nicht ganz ein Drittel der größten Sternitbreite einnimmt; oralwärts verschmälert sich dieser Eindruck allmählich und reicht nach vorne etwa bis ins orale Fünftel des Sternites. Das ganze Areal dieser medianen Impression ist dicht und etwas rauh punktiert und mit dichter, ziemlich langer, abstehender gelblicher Behaarung besetzt. Vorletzte Ventralschiene in der Mitte mit einer Anzahl entfernt stehender, zarter, härchentragender Punkte. Diese Ausbildungsweise findet sich namentlich bei Exemplaren aus Zentralasien (Aulie Ata, Bagdad). Bei den Exemplaren aus Mitteleuropa und dem Mittelmeergebiet nimmt die skulptierte Fläche normal ein größeres Areal ein. Die behaarte Impression der letzten Ventralschiene reicht oft bis an den Vorderrand des Sternites, an sie schließt sich in der hinteren Partie der vorletzten Ventralschiene ein mehr oder minder halbkreisförmiges, planes, wie die Impression des 7. Sternites dicht punktiertes und abstehend behaartes medianes Feldchen, welches am Hinterrande des Sternites etwa ein Fünftel bis ein Achtel der Sternitbreite einnimmt und etwa bis in die Mitte des Sternites oder selbst über die Mitte hinaus nach vorne reicht. Die drittletzte Ventralschiene zeigt in der Mitte mitunter eine Anzahl zerstreuter Pünktchen. In sehr seltenen Fällen erscheint die skulptierte Partie der letzten Ventral- schiene nur äußerst schwach eingedrückt oder nahezu plan. Long. 2°4 bis 3:5 mm. Der Penis zeigt in Größe und Gestalt viele Übereinstimmung mit jenem von M. fulvibasis. Er ist im ältnis zur beträchtlichen Durchschnittsgröße des M. corticalis etwas kürzer (long. 0:48 bis’0'53 mm) und schlanker als bei M. fulvibasis, bei Dorsalansicht erscheint er gegen die Spitze sehr merklich weniger Br Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 519 verschmälert und an der Spitze beträchtlich breiter verrundet abgestutzt als bei dieser Art. Auch bei seitlicher Ansicht erscheint der Penis minder scharf zugespitzt als bei M. fulvibasis. Das Präputialfeld zeigt eine ähnliche Beschaffenheit wie bei M. fulvibasis, es steigt aber an der rechten Peniswandung in der Regel merklich tiefer hinab als an der linken, so daß seine Lagerung eine etwas asymmetrische wird. In der Regel ist das Präputialfeld etwas schwächer chitinisiert als bei M. fulvibasis. Die Bewaffnung des Präputialsackes ist total different, sie besteht ausschließlich aus kleinen, dichtgedrängten Schuppen- körnchen, welche nur auf einem sehr beschränkten Areal etwa in der Mitte des Penis eine geringe Ver- größerung erfahren und sich daselbst zu sehr kleinen, schlanken, in der Regel stärker chitinbraunen Zähnchen umbilden. Diese unscheinbare Zähnchengruppe liegt bei eingezogenem Präputialsack ganz im Inneren des Penis und ich konnte nicht feststellen, welchem Teile der Präputialwand sie angehört. Die Vagina ist vollkommen dünnhäutig, hyalin, ohne Differenzierung. Das Receptaculum seminis besitzt die Gestalt eines länglich birnförmigen Ballons. Der ungemein kräftig entwickelte Annulus receptaculi hat die Form eines stark chitinisierten, annähernd kreisrunden, transversal gestellten Ringes, an dessen linker Polpartie eine ungemein kräftige Apophyse inseriert. Der Ring selbst (ohne Apophyse) hat einen Durchmesser von etwa 0:14 bis0°17 mm (äußere Kontur), die Apophyse eine Breite von 0:11 bisO: 12. mm Fig. 22. Penis und Annulus receptaculi von Microlestes corticalis. und eine Länge von 0:8 bis 0:9 mm. Die Apophyse hat die Form eines in oroanaler Richtung oft etwas komprimierten Ballons, dessen Lumen mit dem Lumen des Ringes kommuniziert. Bei flächenhafter Ansicht erscheint die Apophyse scharf abgesetzt, indem die in situ ventrale Kontur des Annulus an der Insertions- stelle der Apophyse einen tiefen Einschnitt zeigt, während die dorsale Kontur in derselben Region breit und flach ausgebuchtet erscheint. Von der in situ oralwärts gelegenen Wandung der Apophyse springt gegen das Lumen des Ringes eine dünne, an ihrem rechten Rande breit und flach ausgebuchtete, mehr als die Hälfte des Ringlumens versperrende Chitinplatte vor. Bei seitlicher Ansicht erscheint die Apophyse ‚kolbenförmig aufgebläht. Der dünnschlauchförmige Ausführungsgang der _Anhangsdrüse mündet am rechten Polende des Ringes auf einer sehr kleinen, analwärts vorspringenden, kurz zahnförmigen Apophyse. _M. corticalis s.. ist über das südliche Mitteleuropa, über ganz Südeuropa, über das ganze palä- ar ktische Nordafrika und bis Nordpersien und Turkestan verbreitet, er zerfällt in zwei sich im wesentlichen in ihrer Verbreitung gegenseitig ausschließende Rassen, die sich vornehmlich durch Färbungsdifferenzen unterscheiden: Mh \ N ER Ehe fn M.: un. ya. or Disc Eee ‚zeigen in. en Res ei em. ‚ausgesprochenen;soft recht intensiven Metallglanz, der Halsschild ist in .der.Breite. sehr:variabel,- in der. Regel, nur wenig breiter als lang, oft:mehr-oder minder quadratisch, selten stark quer, Flügeldecken stets mit Seiner longitudinalen hellen Medianmakel. Diese Medianmakel ist in. der Größe sehr variabel, -in extremen Fällen vom oralen Sechstel der Flügeldecken bis ins distale Fünftel nach rückwärts reichend. Bei extrem kleiner Decken- f 68* 820 K. Holdhaus, makel erreicht dieselbe nur etwa ein Fünftel der Deckenlänge; zwischen beiden Extremen alle Übergänge. Subspezies corticalis findet sich im ganzen paläarktischen Nordafrika (häufig), auf Madeira und den Kanarischen Inseln (häufig), in Spanien (anscheinend selten), auf den Balearen, in Südfrankreich (häufig), auf Sizilien, Malta, Kreta, in der Kirghisensteppe, Transkaspien, Turkestan (anscheinend ziemlich häufig), Mesopotamien sowie vermutlich in Syrien. Wahrscheinlich ist M. plagiatus Baudi, Deutsch. ent. Zeitschr., 1864, p. 203, von der Insel Cypern (selten) auf M. corticalis zu beziehen. M. corticalis escorialensis Ch. Bris. Metallglanz der Oberseite wenig ausgesprochen, Halsschild fast stets stark quer, selten annähernd quadratisch. Flügeldecken einfarbig dunkel oder auf der Mitte der Scheibe nur sehr schwach gebräunt. Solche Exemplare mit leicht gebräunter Deckenmitte finden sich allenthalben unter typischen M. escorialensis. Der Übergang zu M. corticalis wird in der Weise vermittelt, daß sich diese mediane Deckenmakel sukzessive aufhellt. Eine derartige Übergangsserie besitze ich von Kreta. Subsp. escorialensis wurde nach einem sehr kleinen Exemplar von Madrid beschrieben, ich kenne die Form aus Öber- und Mittelitalien, Corsica, Sardinien, fast von der ganzen Balkanhalbinsel, vom Neusiedler-See bei Wien, aus Rumänien (Comana Vlasca und Macingebirge, Montandon, Koll. Dodero). AufKreta und im Kaukasus neben typischen M. corticalis Exemplare, die sich sehr M. escorialensis nähern. Nach Reitter, Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 375, findet sich M. escorialensis auch in Süditalien. Subsp. escorialensis ist fast in allen Teilen seines Verbreitungsgebietes mehr oder minder selten, nur in Griechen- land scheint er relativ häufig. 24. Microlestes levipennis Luc. 1849. Dromius levipennis Luc. Expl. scient. Alg., p. 18, pl. 2, Fig. 18. 1885. Blechrus confusus Bris. Ann. Soc. Ent. France, 1885, Bull. p. 103. 1900. Blechrus levipennis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 377. Blechrus minutulus auct. ex part. Blechrus glabratüs auct. ex part. Diese vielfach mit M. minutulus konfundierte Art ist in der Regel schon äußerlich durch die charakteristische Halsschildform, die viel schlankeren Fühler und Tarsen sowie mit Sicherheit im Z' Ge- schlecht durch das Auftreten kurzer Endsporne an der Spitze der Hintertibien von dieser Art zu unter- scheiden. Körper schlank gebaut, schwarz, glänzend, Fühler einfarbig schwarz oder gegen die Spitze eben merklich heller werdend, Hüften, Schienen und Tarsen mitunter etwas heller. Kopf sehr merklich schmäler als das Pronotum, mit großen Augen, Schläfen nach hinten unter verrundetem stumpfen Winkel in den Halsteil des Kopfes übergehend. Fühler lang und schlank, sehr merklich schlanker als bei M. minutulus. Halsschild lang und schmal, sein Dorsalfeld so lang als breit, mitunter selbst etwas länger als breit, nur sehr selten eben merklich breiter als lang. Vorderrand des Hals- schildes tief eingebuchtet, die Vorderecken viel stärker vorgezogen und spitzer vortretend als bei M. minu- tulııs. An den Seiten ist der Halsschild im vorderen Drittel viel schwächer und sanfter gerundet erweitert als bei M. minutulus, von da nach rückwärts nahezu geradlinig oder unter äußerst schwacher konvexer Rundung verschmälert, vor den Hinterecken in der Regel viel schwächer ausgebuchtet als bei M. minutulus, die Hinterecken daher auffallend obtus und wenig vortretend, infolge starker seitlicher Abschrägung der Halsschildbasis sehr stumpfwinkelig, der Hinterrand des Halsschildes nach hinten stärker vortretend als bei M. minutulus. Flügeldecken im Durchschnitt merklich schlanker als bei M. minutulus, kräftig chitinisiert, nur sehr flach gewölbt, in der Regel fein, aber sehr deutlich, nur selten schwach oder kaum merklich gestreift. Beine layg, die Tarsen lang und schlank, viel zarter als bei M. minutulus. Beim Z sind die Vordertarsen stark erweitert, die Mitteltibien innen fast gerade, an ihrer Spitze mit einem kurzen, schräg nach innen und hinten gerichteten Sporn, die innere Apicalecke der Hintertibien medialwärts in einen sehr kurzen, nur bei sehr starker Lupenvergrößerung deutlich sichtbaren, dreieckig Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 921 zahnförmigen, auf die Längsachıse der Tibie nahezu senkrecht stehenden spornartigen Fortsatz ausgezogen. Im übrigen fehlen äußere Sexualauszeichnungen. Long. 2:7 bis 34 mm. Der Penis ist lang (Länge O7 bis 0:82 mm), kräftig chitinisiert und gliedert sich in einen breiten Stammteil und einen die Richtung des Penisstammes fortsetzenden, etwa ein Drittel der gesamten Penis- länge einnehmenden, scharf abgesetzten, stilettförmigen Apex. Die Präputialregion der Peniswandung beginnt etwa im basalen Fünftel der Penislänge, sie bedeckt nahezu die ganze Breite des Penisrückens sowie die rechte Peniswandung und endet an der Basis des Apex, ohne freie Spitze oder nur mit äußerst schwacher Andeutung einer solchen. Der Ostialschlitz liegt in der vorderen Partie der Präputialregion, am Penisrücken. Die ganze präputiale Partie der Peniswandung ist deutlich längsgerieft und ziemlich stark chitinisiert, daher auch an vertrockneten Exemplaren nur selten eingesunken. An seiner Innenwandung Fig. 23. Penis von Microlestes levipennis form. typ. zeigt der Präputialsack neben den zarten Schuppenkörnchen eine sehr kräftige Hackenskulptur. Nach Differenzen in der Bildung des Apex und in der Bewaffnung des Präputialsackes lassen sich zwei geo- graphische Rassen unterscheiden: M. levipennis form. typ. Der Apex erreicht etwas mehr als ein Drittel der gesamten Penislänge, er erscheint bei Ansicht von oben als schmaler, von der Basis bis zur Spitze nahezu gleichbreiter, in sanfter, gleichmäßiger, nach rechts konvexer Krümmung gebogener Chitinstab. Bei Ansicht von der Seite zeigt der Apex an seiner ventralen Wandung eine flach dreieckige, flossenartige Erweiterung, welche etwa im basalen Drittel der Apexlänge einsetzt und etwas vor Erreichung der Penisspitze sanft verstreicht. Diese Chitinflosse ist im Inneren vollkommen solid, nur von schmalen Drüsenausführungsgängen durchsetzt. — Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht aus einem Kranz kräftiger Chitinzähne, welcher bei ein- gezogenem Präputialsack etwa in die Mitte der gesamten Penislänge zu liegen kommt. Die Zähne sind von wechselnder Größe, sehr stark chitinisiert, an der Basis in einen sehr kräftig chitinisierten, mäßig hohen Basalsockel auslaufend, welcher etwa die Länge des Zahnes erreicht und ihn an Breite oft ums-Doppelte übertrifft. Der Zahn entspringt am proximalen Ende der Basalplatte und verläuft in schräger Richtung distalwärts, zur Bagsalplatte etwa unter einem Winkel von 45° ger.eigt. Dıe Zähne sind innen hohl. Die Anordnung und das gegenseitige Größenverhältnis der Zähne erweisen sich sehr konstant. Die dorsale 522 = K. Holdhaus, Wandung des Präputialsackes wird von einem einzigen, sehr großen Zahn eingenommen, der fast ein Zehntel der Penislänge erreicht und weit gegen das Lumen vorspringt. Ventralwärts dieses Zahnes folgen an der rechten Präputialwand zunächst fünf bis sechs in einer Transversalreihe stehende kleinere Zähne, die etwa ein Viertel der Länge des großen Dorsalzahnes erreichen, ventralwärts des untersten dieser kleinen Lateralzähne und noch der rechten Präputialwand angehörend wieder ein sehr großer Zahn, der an Länge dem Dorsalzahn kaum nachsteht. In der Ventralwand und der unmittelbar anschließenden untersten Partie der linken Wandung des Präputialsackes liegt eine Gruppe von 6 bis 7 kräftigen, dichtgedrängten Zähnen, die nicht ganz halb so groß sind als der Dorsalzahn. Zwischen dieser ventralen Zahngruppe und dem großen Dorsalzahn verläuft — in der linken Präputialwand — eine Reihe von 6 bis 7 kleinen Zähnen, die ungefähr ein Fünftel der Größe des Dorsalzahnes erreichen. Diese linke Zahnreihe zieht nicht gerad- linig, sondern ist gegen die Peniswurzel bogenförmig vorgezogen. — M. levipennis form. typ. findet sich im nordwestlichen Afrika. 2. M. levipennis Bedeli nov. subsp. Bei dieser Rasse ist der Apex etwas verkürzt, er erreicht nicht. ganz ein Drittel der Penislänge. Die bei Dorsalansicht hervortretende Krümmung des Apex ist viel weniger Fig. 24. Fig. 25. Fig. 24. Penis von Microlestes levipennis Bedeli. Fig. 25. Vagina und Receptaculum seminis von Microlostes levipennis Bedeli. ar = Annulus receptaculi. b ce Bursa copulatrix. i gleichmäßig und beginnt erst etwa im proximalen Viertel des Apex, unter: leichter Knickung. Eine zweite leichte Knickung liegt in der Mitte des Apex. Die flossenartige Erweiterung an der Ventralseite des Apex liegt im Spitzenteil des Apex, sie beginnt etwas distalwärts der Apexmitte und-reicht bis an die Spitze selbst. Die Bewaffnung des Präputialsackes entspricht im Prinzip vollkommen jener bei M. levipennis form. typ: und unterscheidet sich im wesentlichen nur durch. etwas differente Größenverhältnisse der Zähne,-eine geringe Verminderung der Zahnzahl und eine leichte Drehung des ganzen Systems im. entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers. Der große Dorsalzahn ist merklich kleiner als beim typischen M. levipennis,.er ist im Verhältnis zur typischen Form etwas nach links verschoben, so daß er in den obersten Teil der linken Prä- putialwandung zu liegen kommt. An ihn schließen sich nach rechts vier in einer Transversalreihe stehende 1 kleine Zähne an, von denen die zwei obersten in die Dorsalwand des Präputialsackes zu liegen kommen. 23 Du Monographie der Coleopterengattumg Microlestes. Ventralwärts des untersten dieser kleinen Zähne folgt der charakteristische große Lateralzahn, der etwa ein Zehntel der Penislänge erreicht. Dieser: große Lateralzahn liegt infolge der erwähnten Drehung des ganzen Zahnsystems nicht wie bei M. levipennis form. typ.in der untersten Partie der rechten Präputialwand, sondern etwa in der Mitte derselben, ventralwärts folgen in der linken Wandung noch drei weitere große Zähne, die etwa halb so groß sind als der große Lateralzahn. und etwas vergrößerten ventralen Zähnen bei M. levipennis form. typ. entsprechen. In der ventralen und der untersten Partie der linken Wandung des Präputialsackes liegt eine Gruppe von vier dichtgedrängten Zähnen, die etwa ein Drittel der Größe des Dorsalzahnes erreichen. An diese schließt sich dorsalwärts, die Verbindung mit dem großen Dorsalzahn herstellend, wie bei der typischen Form eine bogenförmige Reihe von sechs etwas kleineren Zähnen. Subsp. Dedeli findet sich in ganz Sizilien, sowie im südlichsten Kalabrien (Gerace am Aspromonte, leg. Paganetti 1905); von letzterer Lokalität kenne ich leider nur ©, doch dürften wohl auch die g' mit sizilianischen Exemplaren übereinstimmen. Der © Copulationsapparat ist in beiden Rassen im wesentlichen übereinstimmend gebildet. Die Vagina ist sehr ausgezeichnet durch lokale kräftige Chitinisierung sowie namentlich durch das Vorhanden- sein einer Bursa copulatrix. Diese Bursa copulatrix liegt an der Dorsalseite der Vagina, im rechten vor- deren Viertel derselben, sie hat die Form einer in dorsoventraler Richtung stark komprimierten, an der Basis etwa die halbe Breite der Vagina einnehmenden, an ihrem vorderen Ende breit verrundeten Tasche, welche etwa im zweitel Fünftel der Vaginallänge, von vorne aus gerechnet, entspringt und in der Regel annähernd soweit, mitunter minder weit nach vorne reicht als die Vagina selbst. Sowohl dorsale als ventrale Wan- dung der Bursa sind sehr kräftig chitinisiert. Anschließend an die Basis der Bursa sopulatrix zieht sich hinter derselben ein breites, kräftig chitinisiertes Band quer über den Rücken der Vagina. Bei Subsp. Bedeli liegt in der vordersten Partie des Vaginarückens, etwas links der Mitte, ein weiteres chitinisiertes Feld von geringerer Ausdehnung, welches mitunter mit dem dahinter gelegenen transversalen Chitingürtel mehr oder minder verschmilzt. Den von mir untersuchten Exemplaren des typischen M. levipennis fehlt dieses vordere chitinisierte Feld. Alle diese chitinisierten Bezirke zeigen eine wenig hervortretende raspelartige Skulptur. Die übrigen Partien der Vagina, namentlich die ganze Ventralseite, sind hyalin. Der Bileiter mündet in die Vagina etwa im rechten Viertel ihres Vorderrandes, das Receptaculum seminis entspringt gleichfalls rechtsseitig aus der Furche zwischen Bursa copulatrix und vorderer Vaginalpartie. Das Recep- taculum hat die Form eines lang birnförmigen Sackes; der Annulus receptaculi, etwas oralwärts der Mündung des Receptaculums gelegen, zeigt die Gestalt eines quergestellten, sehr breit ovalen, wenig kräftigen, relativ schwach chitinisierten Ringes mit einem längsten Durchmesser von etwa 0:09 mm. Bei seitlicher Ansicht erscheint der Ringreifen ziemlich hoch, an seinem rechten Polende am höchsten, nach links sich leicht erniedrigend; am linken Polende entspringt von der hinteren Ringkante nach Art eines Mützenschirms eine sehr kurze, dünnplattige, endoskeletale Apophyse, welche bei flächenhafter Betrach- tung des Annulus sich als leichte Verbreiterung des Reifens präsentiert. Der schlauchförmige Ausführungs- gang der Anhangsdrüse mündet am rechten Polende des Annulus. Verbreitung: M. levipennis findet sich im ganzen nordwestlichen Afrika von Tunis bis Marokko, in Sizilien und am Aspromonte in Kalabrien. Die Angabe, daß die Art in Spanien vorkommt, scheint unrichtig und auf Verwechslung mit Micro- lestes ibericus zu beruhen. 25. Microlestes ibericus nov. spec. Habituell dem M. levipennis außerordentlich ähnlich, von demselben äußerlich nur durch merklich kräftigere Tarsen sowie namentlich durch abweichend gebildete Hintertibien des 5 abweichend, außerdem in beiden Geschlechtern durch ‘den Bau des Copulationsapparates differierend. Flügeldecken an den mir vorliegenden Exemplaren auffallend stark gestreift. 524 K. Holdhanus, Beim 5° die Vordertarsen stark verbreitert, die Mittelschienen an ihrem Innenrand nahezu vollständig gerade, in der terminalen Hälfte desselben mit einigen leichten Kerben, ihre innere Apicalecke nach innen in einen sehr deutlichen, kurzen, spitzen Dorn ausgezogen. Die Hintertibien an ihrer inneren Apicalecke nur äußerst schwach, auch unter stärkster Lupenvergrößerung kaum merklich, zähnchenförmig nach innen vortretend. Weitere äußere Sexualdifferenzen fehlen. Long. 2:8 bis 3° 14 mm. Der Penis ist im wesentlichen nach demselben Typus gebaut wie bei M. levipennis, er differiert durch abweichende Bildung des Apex und wesentlich verschiedene Bewaffnung des Präputialsacks. An einem Exemplar von 2:9 mm Länge hat der Penis eine Länge von 0:68 mm. Der Stammteil des Penis ist wie bei M. levipennis gebaut. Der scharf abgesetzte, stilettförmige Apex erreicht etwas mehr als ein Viertel der Totallänge des Penis, er erscheint bei Dorsalansicht in sanfter Krümmung leicht nach links gebogen, ‚von der Basis zur Spitze sich sehr sanft verschmälernd, an der Spitze sehr schmal verrundet. Bei Ansicht von der Seite zeigt der Apex im basalen Drittel eine sanfte, verrundete, ventralwärts konvexe Knickung, die Spitze selbst ist kurz hakenförmig nach abwärts gekrümmt. Die Bewaffnung des Präputialsacks besteht neben der normalen Körnchenskulptur aus einer Anzahl kräftiger, schlanker, zugespitzter, nahezu gerader Haken von verschiedener Länge. Die Haken sind nach demselben Typus gebaut wie bei M. levipennis, sie ruhen auf einer Basalplatte, gegen die sie unter sehr schiefem Winkel geneigt sind. Die Penis von Microlestes ibericus. Basalplatte ist an den meisten Haken minder groß als bei M. levipennis. Die Anordnung der Haken ist folgende. Etwas vor der Mitte des Penis zieht transversal über die linke Wandung des Präputialsacks eine Reihe von acht Haken. Der oberste dieser Haken ist schlank, gerade, zugespitzt und außerordentlich lang, fast ein Fünftel der gesamten Penislänge erreichend, seine Basalplatte reicht distalwärts etwa bis zur Mitte des Hakens; der ventralwärts folgende Haken ist etwa um ein Drittel kürzer als der oberste, die übrigen sechs Haken sind an Größe untereinander gleich, etwas mehr als ein Drittel der Länge des obersten Hakens erreichend. An den untersten dieser kleinen Haken schließen sich nach rechts drei weitere kleine Haken an, von denen der eine in der Ventralwand des Präputialsackes liegt, während die beiden anderen bereits in die rechte Peniswandung zu liegen kommen. In der Dorsalwand des Präputial- sacks, etwas basalwärts der beschriebenen Hackenreihe, liegt ein kräftiger Haken, der etwa ein Zehntel erreicht und dessen auffallend kräftige Basalplatte ein wenig kürzer ist als der Haken selbst. Basalwärts der rechtsseitigen Transversalreihe von Chitinhaken ist bei seitlicher Ansicht des Penis Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 525 eine zweite, aus vier Haken bestehende Querreihe zu beobachten; mein Präparat gestattet mir leider keine Entscheidung, welcher Partie der Präputialwand diese Haken angehören. Die beiden ventralwärts gelegenen Haken dieser Reihe sind schlank, gerade und sehr groß, annähernd ein Fünftel der Penislänge erreichend; eine Basalplatte kann ich an diesen beiden Haken nicht wahrnehmen. Die beiden anderen, dorsalwärts gelegenen Zähne dieser Reihe sind etwas kürzer, etwa zwei Drittel der langen Zähne er- reichend, mit deutlicher, mäßig großer Basalplatte. In der terminalen Partie der Präputialregion erscheint bei eingezogenem Präputialsack im Penisinnern ein Komplex von kleinen Zähnchen. O Copulationsapparat. Die Vagina ist dünnhäutig, hyalin, mit zarter raspelartiger Skulptur. Etwa in der Mitte ihrer Dorsalwand entspringt eine nicht sehr tiefe, in dorsalventraler Richtung stark kom- primierte, etwa die Hälfte der Vaginalbreite einnehmende, in ihrer vorderen Partie flach zugerundete Bursa copulatrix, deren dorsale Wandung mäßig stark chitinisiert erscheint. An meinem Präparate reicht die Bursa copulatrix viel weniger weit nach vorne als die Vagina selbst. Das sehr langgestreckt sackförmige Receptaculum seminis entspringt in der Furche zwischen Vagina und Bursa copulatrix; der Annulus receptaculi zeigt dieselbe Bildung wie bei M. levipennis, er hat einen Durchmesser (äußere Kontur) von etwa 0055 mm. Verbreitung: Spanien. Ich kenne von dieser Art ein @ von Algeciras, ex Koll. Reitter, ein SQ mit der Provenienzangabe: Andalusia, gleichfalls der Reitter'schen Sammlung entstammend, ferner ein Z von Valencia (Koll. Leonhard). 26. Microlestes maurus Sturm. 1827. Dromius maurus Sturm. Deutschl. Ins., VII, p. 55, Tab. 171, Fig. d, D. 1828.?Dromius glabratnus Steph. Ill. Brit. Ent., Mand., Vol. I, p. 25. 1839. Dromius maurus Steph. Man. of brit. Col., p. 8. Dromius angustatus Steph. Ibid. ?Dromius glabratus Steph. Ibid. ? Dromius femoralis Steph. Ibid. 1841. Dromius glabratus var. pygmaeus Chevr. Heer. Faun. Col. Helvet., p. 11. 1860. Blechrus maurus Schaum. Naturg. Ins. Deutschl., I, p. 276. 1874. Blechrus glabratus Redtb. Faun. Austr., 3. Aufl., Bd. ], p. 26. 1887. Blechrus maurus Fowler. Col. Brit. Ins., I, p. 144, pl. 22, Fig. 4. 1891. Blechrus maurus Ganglb. Käf. Mitt. I, 404. 1896. Blechrus maurus Grill. Cat. Col. Scandin., Dan., Fenn,, p. 7. 1898. Blechrus maurus Everts. Col. Neerland., I, p. 102- 1900. Blechrus maurus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 379. 1900. Blechrus cordatulus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 378. In der äußeren Körperform sehr variable Art. Tiefschwarz, glänzend, Fühler einfarbig schwarz, Beine schwarz oder sehr dunkel pechbraun, Schienen und Tarsen kaum heller. Kopf robust gebaut, mit großen, stark gewölbten Augen, Schläfen in der Regel nach hinten sehr stark konvergierend und gegen den Halsteil des Kopfes sehr ausgesprochen stumpfwinkelig verrundet abgesetzt, selten nach hinten schwächer konvergierend und mit den Halsseiten in sanfter Rundung zusammentreffend. Fühler kräftig. Halsschild sehr merklich breiter als der Kopf, in der Breite sehr variabel, sein Dorsalfeld bei Exemplaren aus Mitteleuropa, Italien und Südrußland fast stets sehr ausgesprochen quer, mitunter fast um ein Drittel breiter als lang, bei Exemplaren aus Dalmatien, dem südlichen Teil der Balkan- Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIL. Bd. 69 526 K. Holdhaus, halbinsel, Kleinasien und Syrien in der Regel nur etwa so breit als lang oder selbst eben merklich länger als breit. Vorderrand des Halsschildes sanft ausgeschnitten, Halsschildseiten im vorderen Drittel gerundet erweitert, nach rückwärts meist ziemlich stark, oft sehr beträchtlich in sanft konvexer Rundung ver- schmälert, vor den Hinterecken stets sehr deutlich, oft sehr beträchtlich ausgebuchtet, die Hinterecken mehr oder minder prononcitt, infolge starker seitlicher Abschrägung der Halsschildbasis meist sehr stumpf- winkelig, Hinterrand des Halsschildes in der Mitte stark nach rückwärts gezogen. Flügeldecken kräftig chitinisiert, in ihren Dimensionen recht variabel, bei mitteleuropäischen Stücken relativ kurz und breit, bei südlichen meist merklich schlanker, relativ stark nach rückwärts erweitert, meist fein, aber sehr deutlich gestreift, selten nur mit undeutlicher, erloschener Streifung. Flügel fast stets wohl- entwickelt, selten (an den von mir untersuchten Exemplaren etwa auf die Hälfte ihrer Länge) reduziert und Nuguntüchtig. x Tarsen ziemlich schlank. Beim Männchen sind die Vordertarsen stark verbreitert, die Vorderschenkel eben merklich verdickt, die Mitteltibien am Innenrande nahezu gerade, im distalen Drittel des Innenrandes Fi 27. © 8- Penis und Annulus receptaculi von Microlestes maurus. meist mit einigen unregelmäßigen, sehr flachen Kerben, ihre innere Apicalecke sehr kurz und stumpf zahn- förmig nach innen vortretend. Im übrigen fehlen äußere Sexualauszeichnungen. Long. 2°2 bis 3:2 mm. Der Penis ist von sehr geringer Größe (Long. 0:35 bis 0:5 mm), kräftig chitinisiert und kurz gebaut, in der distalen Hälfte sich allmählich verschmälernd, mit kurzem, bei Ansicht von oben die Richtung des Penisstammes fortsetzendem, zugespitztem Apex. Die Präputialpartie der Peniswandung beginnt etwa im basalen Drittel der Penislänge, sie nimmt nahezu die ganze Breite des Penisrückens, sowie die ganze Höhe der rechten Peniswandung ein und endet rechts neben der Basalpartie des Apex mit kurzer, freier Spitze. Der Ostialschlitz liegt subdorsal im vorderen Drittel der Präputialregion. Der Apex ist sehr kurz, kaum ein Zehntel der Penislänge erreichend, von geringer Breite, gegen die Spitze sanft verschmä- lert, an der äußersten Spitze kurz verrundet abgestumpft, an der Ventralseite etwas vor der Mitte seiner en \ x) =} [0je} ;e in einen nach abwärts gerichteten, scharf zugespitzten, schmal dreieckigen Zahn ausgezogen. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht, neben den normalen Schuppenkörnchen, aus einem Komplex von etwa 40 langen, kräftigen, zugespitzten, geraden Chitinzähnen. Die größten dieser Zähne erreichen etwa ein Siebentel der Penislänge, die kleinsten sind sehr beträchtlich kürzer. Bei eingezogenem Präputialsack diese Zähne in einem transversalen Gürtel angeordnet, welcher etwas distalwärts der Penismitte legen ist. Bei vorgestülptem Präputialsack bilden sie in der vorderen Partie desselben einen Hakenkranz in Form eines dem Penis dorsal aufruhenden, senkrecht gestellten Dreiviertelkreises, die Spitzen der Zähne nach au) gerichtet, Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 527 Die Vagina ist vollkommen hyalin oder nur in ihrer dorsalen Wandung sehr schwach chitingebräunt, sie zeigt an günstigen Präparaten eine zarte raspelartige Skulptur. Das Receptaculum seminis hat die Form eines birnförmigen Ballons, der Annulus receptaculi, etwas oralwärts der Mündungsstelle gelegen, zeigt die Gestalt eines sehr flachen, wenig stark chitinisierten Ringes, dessen annähernd kreisrundes Lumen einen Durchmesser von etwa 0:04 bis 0:045 mm besitzt. Von der linken Polregion des Ringes geht eine endoskeletale Apophyse aus in Form einer äußerst dünnen, mützenschirmartigen, in der Ebene des Ringes gelegenen (nur bei einem Exemplar von Beyrut liegt die Apophyse nicht in der Ebene des Ringes, sondern ist leicht analwärts geknickt) Chitinplatte, welche den äußeren Umriß des Annulus receptaculi zu einem länglichen Oval ergänzt, dessen längster Durchmesser etwa doppelt so lang ist als der Durchmesser des Ringlumens. Der schmalschlauchförmige Ausführungsgang der Anhangsdrüse mündet am rechten Pol des Annulus receptaculi auf einer sehr kleinen, kurz zahnförmig nach hinten vorspringenden Apophyse. M. maurus variiert namentlich hinsichtlich der Dimensionen des Halsschildes. Bei der über Mittel- europa, Italien, die nördlichen Teile der Balkanhalbinsel und Südrußland verbreiteten typischen Form ist das Dorsalfeld des Pronotums fast ausnahmslos ausgesprochen breiter als lang, bei einer namentlich in Griechenland, den Jonischen Inseln, auf Kreta, in Kleinasien, Syrien dominierenden, in der Regel durch beträchtlichere Körpergröße ausgezeichneten Form ist das Dorsalfeld nur so breit als lang, die Tarsen sind im Durchschnitt schlanker als bei typischen Exemplaren. Auf solche schlanke Exemplare ist M. cordatulus Reitt. aufgestellt. Beide Extreme sind durch Übergänge verbunden. Verbreitung. M. maurus findet sich im ganzen mitteleuropäischen Faunengebiete, in Italıen süd- wärts bis Rom und in die Abbruzzen (Aquila), auf der ganzen Balkanhalbinsel und den vorgelagerten Inseln, in Kleinasien, im Kaukasus, in Syrien, auf Cypern, im mittleren und südlichen Rußland (Nemirow, Cherson), ferner — als einzige Microlestes-Art — im südlichen England; äußerst selten scheint die Art in Südfrankreich, ich kenne nur einige Stücke von Lyon (Rhöne, Inondation, leg. Carret, und ein Z aus den Pyrenäen (Gesse) in Koll. Puel. Im größten Teil ihres Verbreitungsgebietes ist die Art häufig, in Italien wird sie durch andere Arten etwas zurückgedrängt. 27. Microlestes fissuralis Reitt. 1900. Blechrus fissuralis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 376. 1900. Blechrus fissuralis integer Reitt. Ibid. 1904. Microlestes fissuralis Holdh. Apfelb., Käf. Balk,, I, p. 332. Habituell mit dem im folgenden beschriebenen M. Abeillei vollständig übereinstimmend, von dem- selben nur durch differente äußere Sexualauszeichnung beim g', sowie in beiden Geschlechtern durch abweichenden Bau des Copulationsapparates differierend. Beim 5 sind die Mittelschienen an ihrer inneren Apicalecke nach innen nur äußerst kurz aus- gezogen, der Innenrand in seinem distalen Drittel in der Regel mit 2 bis 3 undeutlichen, sehr flachwelligen Kerbungen, die Hinterschienen einfach. Das mediane granulierte Feldchen an der letzten freiliegenden Ventralschiene ist viel kleiner als bei M. Abeillei, nahezu in der Mitte des Sternites gelegen, von mehr oder minder ausgesprochenem, verkehrt dreieckigem Umriß, nicht ganz ein Drittel oder nur ungefähr ein Viertel der Segmentslänge erreichend, ungemein zart, um sehr vieles schwächer als bei M. Abeillei granuliert. Long. 2°4 bis 3:1 mm. Der Penis (Länge 0:7 bis 0:73 mm) ist jenem von M. Abeillei sehr ähnlich, durch etwas differente Bildung des Apex konstant verschieden. Der Apex ist schlank gebaut, der Widerhaken an der Ventral- seite desselben sehr merklich länger als bei M. Abeillei, nicht wie bei dieser Art annähernd vertikal nach abwärts, sondern in schräger Richtung nach unten und vorn (in situ) gerichtet, der distalwärts des Wider- hackens gelegene Endteil des Apex erscheint bei Dorsalansicht nur an seiner äußersten Spitze leicht nach links gebeugt; bei Seitenansicht erscheint der Rücken des Apex höher gekrümmt als bei M. Abeillei, der 69 528 K.Holdhaus, distalwärts des Widerhakens gelegene Endteil in jeder Lage sehr beträchtlich länger als breit, bei Ansicht von der Breitseite (seitlich von rechts) etwa anderthalbmal so lang als breit. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht — neben der normalen Körnchenskulptur — aus schätzungsweise gegen 30 kräftigen Zähnen, welche bei eingezogenem Präputialsack etwa in der Mitte des Penis in vier bis fünf oft wenig regelmäßigen Längsreihen angeordnet erscheinen. Die Zähne sind etwas kürzer, breiter und stumpfer als bei M. Abeillei. Der © Copulationsapparat ist gleichfalls jenem von M. Abeillei recht ähnlich, er ist dünnhäutig, hyalin, nur in der vorderen Hälfte der Dorsalwand der Vagina findet sich rechts der Mitte ein etwas stärker chitinisierter Bezirk von einigermaßen variabler Form und Größe. An seinem Vorderrand erscheint diese chitinisierte Zone kurz nach vorn übergefaltet, so daß eine seichte, in dorsoventraler Richtung Fig. 28. Penis von Mierolestes fissuralis. komprimierte Ausstülpung zustandekommt, die als Bursa copulatrix zu deuten ist. An manchen Präparaten ist diese Bildung infolge von Deformierung nicht deutlich wahrzunehmen. Die ganze Vaginalwand ist zart raspelartig skulptiert. Receptaculum seminis wie bei M. Abeillei gebildet, Annulus receptaculi gleichfalls nahezu übereinstimmmend. Verbreitung: M. fissuralis findet sich in der Umgebung von Wien (Donauauen, Laaerberg), beim Neusiedler See (und wohl noch an vielen Punkten des pannonischen Beckens), in Ober- und Mittel- italien südwärts bis Rom, am Mte. Gargano in Apulien, im österreichischen Küstenland (Triest, Pola), fast auf der ganzen Balkanhalbinsel, auf Corfu, in Südrußland, im Kaukasus, in Syrien, ferner in Transkaspien, Buchara. Endlich kenne ich eine kleine Serie von Exemplaren von Aleria auf Corsica (Koll. ©. Leonhard, leg. Hilf, und Koll. St. Claire Deville, leg. Caraffa). Bei Aleria auch M. Abeillei (Koll. Deville). 28. Microlestes Abeillei Ch. Bris. 1885. Blechrus Abeillei Ch. Bris. Ann. Soc. Ent. Fr., 1885, Bull., p. CI. 1892. Blechrus Abeillei Ganglb. Käf. Mitt. I, 404. 1900. Blechrus mauritanicns Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 375, nec Luc. 1900. Blechrus mauritanicus Abeillei Reitt. Ibid. [d}1 {66} lo) Monographie der Coleopterengattung' Microlestes. 1904. Metabletus Abeillei Desbr. Faun. Col. France Cors., in Le Frelon, XII, p. 194 (62). 1904. Microlestes Abeillei Holdh. Apfelb., Käf. Balk., I, p. 332. Subsp. Brisouti m. 1885. Blechrus laevipennis Ch. Bris. Ann. Soc. Ent. Fr., 1885, Bull., p. CIIT, nee Luc. 1900. Blechrus Abeillei Bedel. Cat. rais. Col. Tunisie, I. part., p. 49. An der hinten in der Regel auf lange Erstreckung klaffenden Flügeldeckennaht sowie an der Sexual- auszeichnung des 5 auf der letzten Ventralschiene leicht Kenntliche schlanke Art. Schwarz, glänzend, Oberseite meist mit sehr zartem metallischem Anflug, die Fühler meist einfarbig braunschwarz bis pechbraun, selten ihr erstes Glied eben merklich heller als die folgenden, die Flügel- decken fast stets mit mehr oder minder ausgesprochenem bräunlichen Anflug, die Beine dunkel mit helleren Hüften, Schienen und Tarsen. Körperform mehr oder minder schlank, Kopf ziemlich breit gebaut, Augen ziemlich groß, mäßig hoch gewölbt, Schläfen nach hinten ziemlich stark konvergierend, unter oft kaum verrundetem stumpfen Winkel gegen den Halsteil des Kopfes abgesetzt. Fühler ziemlich kräftig. Halsschild merklich breiter als der Kopf, sein Dorsalfeld annähernd quadratisch oder nur sehr wenig breiter als lang. Der Vorderrand des Halsschildes sehr schwach ausgebuchtet, die Halsschildseiten im vor- deren Drittel mäßig stark gerundet erweitert, nach rückwärts mäßig stark konvergierend, vor den sehr pro- noncierten Hinterecken stets deutlich ausgebuchtet, die Hinterecken entweder annähernd rechtwinkelig oder infolge seitlicher Abschrägung der Halsschildbasis mehr oder minder stumpfwinkelig, Hinterrand des Halsschildes mäßig stark nach hinten gezogen. Flügeldecken in ihren Dimensionen sehr variabel, mehr oder minder stark nach hinten erweitert, mit- unter nahezu parallelseitig, in der Regel nur sehr zart gestreift, oft nahezu glatt. Die Flügeldecken sind beträchtlich schwächer chitinisiert als bei anderen Arten, daher auch an vollkommen ausgereiften Exem- plaren im eingetrockneten Zustande sehr häufig mehr oder minder verkrümmt oder eingefallen, wodurch in der distalen Hälfte der Flügeldecken meist ein deutliches Klaffen der Naht zustande kommt. Dieses Kennzeichen, das im Verein mit dem bräunlichen Ton der Flügeldecken meist schon dem unbewaffneten Auge eine leichte Agnoszierung ermöglicht, teilt die Art nur mit M. fissuralis und M. syriacus. Die Beine robust, mit kurzen kräftigen Tarsen. Vorderschienen auffallend breit. Beim 5 sind die Vorderschenkel leicht verdickt, die Vordertarsen sehr stark erweitert, die Mittelschienen an ihrer inneren Apicalecke zähnchenförmig oder kurz dornförmig nach innen gezogen, im- distalen Drittel des Innenrandes oft mit einigen leichten flachwelligen Kerbungen, die innere Apicalecke der Hinterschienen äußerst kurz zähnchenförmig, oft undeutlich, nach innen erweitert. Letzte freiliegende Ventralschiene beim g' in der Mitte mit einem großen, durch kräftige, granulose Skulptur ausgezeichneten Feldchen. Dieses granulierte Feldchen okkupiert in der Regel etwa ein Viertel der Sternitbreite und etwa die Hälfte der Sternitlänge, es erreicht weder den Vorderrand noch den Hinterrand des Sternites. Die Form des Feldchens ist sehr variabel. Bei Exemplaren aus Südfrankreich, Italien und Spanien hat dasselbe in der Regel die Gestalt eines mit der Spitze nach rückwärts gerichteten, annähernd gleichseitigen Dreiecks, bei Stücken von Nordafrika, Sizilien, Sardinien, Corsica zeigt das skulptierte Feldchen meist recht regelmäßig ovalen Umriß. Long. 2:4 bis 3:3 mm. ‘Der Penis gliedert sich in einen seitlich komprimierten Stammteil und einen mehr oder minder schlanken, ventralwärts in einen scharfen Widerhaken ausgezogenen Apex. Die Gesamtlänge des Penis beträgt 0:58 bis 0:7 mm. Der Penis ist kräftig chitinisiert, die viel schwächer chitinisierte, deutlich längs- riefige Präputialpartie der Peniswandung beginnt etwa im basalen Fünftel der Penislänge, sie okkupiert die ganze Höhe der rechten Peniswandung und fast den ganzen Penisrücken mit Ausnahme eines schmalen linksseitigen Saumes und endet, sich distalwärts allmählich verschmälernd, mit freier Spitze rechtsseitig 830 K. Holdhaus, der Apexbasis. Ein Ostialschlitz ist von außen nicht sichtbar, er liegt vermutlich in der terminalen Partie der Präputialregion, in der an den Apex geschmiegten Wandung. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht neben den normalen Schuppenkörnchen aus schätzungsweise gegen 40 bis 50 schlanken, kräftigen, zugespitzten Zähnen, von denen die längsten etwa ein Zehntel der Penislänge erreichen. Bei eingezogenem Präputialsack liegen diese Zähne im Inneren des Penis, etwas basalwärts der Mitte desselben, in sechs bis sieben Längsreihen angeordnet. Der Apex des Penis liegt in der Richtungsfortsetzung der linken Peniswan- dung, welche, bei seitlicher Ansicht, etwa von der Mitte des Penis bis an die Basis des Apex allmählich verschmälert erscheint. Bei Seitenansicht von links erscheint daher der- Apex in der Regel nur wenig aus- gesprochen abgesetzt oder geht ganz allmählich in den Stammteil des Penis über. Der Apex hat die Form eines mehr minder schlanken Stieles, von dessen ventraler Wandung, in größerer oder geringerer Ent- Fig. 29, Fig. 30. Fig. 29. Penis von Microlestes Abeillei form. typ. Fig. 30. Penis von Microlestes Abeilei Brisonti. Die anscheinenden Differenzen in der Zahnbewaffnung im Inneren des Penis gegenüber Fig. 29 ergeben sich daraus, daß der Präputialsack in abweichender Weise gefaltet ist. fernung von der Spitze, ein kräftiger, schlanker, zugespitzter Widerhaken entspringt. Dieser Widerhaken ist im Inneren hohl. Die distalwärts dieses Widerhakens gelegene Partie des Apex ist leicht nach links und abwärts gekrümmt und endet unter mehr oder minder stumpfer Verrundung. Hinsichtlich der Dimensions- verhältnisse des Apex ergeben sich Variationen, welche eine Rassengliederung der Art zulassen: A. Abeillei form. typ. Bei dieser Form ist der Penis robust gebaut, der Apex relativ kurz und kräftig, die distalwärts des Widerhakens gelegene Endpartie des Apex kurz, breit, bei Seitenansicht von rechts visser Lage nicht oder kaum länger als breit erscheinend, an der Spitze breit abgestutzt. Große, kräftig gebaute Form. Das granulierte Feldchen auf der letzten Ventralschiene mehr oder minder dreieckig. M. Abeillei form. typ. findet sich in Südfrankreich, Spanien (auch südlich des Guadalquivir), dem »stländischen Mittel- und Unteritalien, im toskanischen Archipel, in Dalmatien und der Herzegowina. M. Abeillei Brisonti nov. subsp. Penis schlanker und zarter gebaut, minder stark chitinisiert als bei ler {ypischen Form, Apex viel länger und schlanker, der distalwärts des Widerhakens gelegene Endteil ”- Monographie der Coleopterengattung Microlestes. Sl des Apex stark verlängert, auch bei Seitenansicht von rechts in jeder Lage sehr beträchtlich länger, mit- unter fast doppelt so lang als breit erscheinend. Im Durchschnitt wesentlich kleiner und schlanker als die typische Form; das granulierte Feldchen an der letzten Ventralschiene anscheinend stets oval. Subsp. Brisouti findet sich im ganzen nordwestlichen Afrika von Tunis bis Marokko, ferner in Sizilien und Corsica. Widerspruchslose Übergänge zwischen beiden Rassen liegen mir nicht vor; mein Material ist unzureichend. In mancher Hinsicht intermediär erscheint die Form von Sardinien. M. Abeillei sardous nov. subsp. Die Rasse ist von geringer Größe, schlank, das granulierte Feldehen des 5 oval. Der Penis ist etwas schlanker und zarter als bei der typischen Form, Apex schlank, der distal- wärts des Widerhakens gelegene Endteil des Apex erscheint jedech bei Seitenansicht von rechts wie bei Abeillei form. typ. nur so lang als breit. Im Bau des © Copulationsapparates ergeben sich zwischen diesen Formen keine wesentlichen Differenzen. Die Wandung der Vagina ist größtenteils dünnhäutig, hyalin, nur in der Dorsalwand befindet sich eine stärker chitinisierte Partie von einigermaßen wechselndem Umriß. Annähernd in der Mitte der Dorsalwand der Vagina oder etwas vor der Mitte entspringt eine sehr seichte Bursa copulatrix in Form einer sehr wenig tiefen, mäßig breiten, in dorsoventraler Richtung stark komprimierten Tasche, deren dorsale Wandung sehr stark chitinisiert ist, während die ventrale Wandung nahezu hyalin bleibt. Die hinten an die Dorsalwand der Bursa copulatrix anstoßende Partie der Vaginalwand erscheint in größerer oder geringerer Ausdehnung chitinisiert, in extremen Fällen kommt es zur Ausbildung eines breiten, trans- versalen Chitinbandes, das vom rechten Seitenrand der Vagina bis über die Mediane der Dorsalwand hinwegzieht. Letzteres ist bei Subsp. Drisouti der Fall, während an den von mir untersuchten Exemplaren des typischen M. Abeillei das chitinisierte Feld die rechte Vaginalwand nicht erreicht. Die ganze Vaginal- wandung, auch die hyaline Partie, zeigt eine deutliche, raspelartige Skulptur. Das große Receptaculum seminis hat lang birnförmige Gestalt, es entspringt an der Dorsalwand der Vagina, etwas oralwärts der Bursa copulatrix. Der Annulus receptaculi, etwas vor der Mündungsstelle gelegen, zeigt die Form eines zarten, wenig stark chitinisierten, nahezu kreisförmigen Ringes. Von der Seite betrachtet, erscheint der Ring sich von rechts nach links allmählich leicht erniedrigend, die linke Polregion des Ringes entsendet eine ganz in die Ebene des Ringes fallende, endoskeletale Apophyse in Form einer sehr dünnen Platte, welche sich bei flächenhafter Ansicht des Ringes als mäßig starke Verbreiterung der linken Polpartie präsentiert. Der Annulus receptaculi zeigt einen größten Durchmesser (äußere Kontur, Apophyse in die Messung einbezogen) von 0:07 bis O1 mm. Verbreitung: M. Abeillei s. 1. findet sich in Südfrankreich, Spanien, im nordwestlichen Afrika von Tunis bis Marokko, auf Corsica, Sardinien, in Unter- und Mittelitalien, im toskanischen Archipel (Elba, Giglio), auf Sizilien, Malta, endlich in der südlichen Herzegowina (Capljina, Dracevo, Domanovic) und in Mitteldalmatien (Zara, Knin). 29. Microlestes syriacus Ch. Bris. 1885. Blechrus syriacus Ch. Bris. Ann. Soc. Ent. France, 1885, Bull., p. CI. 1900. Blechrus syriacus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 376. Habituell mit M. Abeillei und fissuralis weitgehend übereinstimmend, im Durchschnitt etwas größer, die Fühler oft von schwarzbrauner bis rotbrauner. Färbung, oft mit etwas stärker aufgehelltem Basalglied, die Schläfen oft etwas länger als bei M. Abeillei, Halsschild im Durchschnitt etwas schlanker, nach hinten etwas stärker verengt, sein Dorsalfeld mitunter selbst eben merklich länger als breit, in der Regel annähernd quadratisch, die Tarsen, namentlich die Hintertarsen auffallend lang und schlank, viel länger und schlanker als bei M. Abeillei und fissuralis. Von diesen beiden Arten außerdem in den äußeren Sexualcharakteren des Z sowie im Bau des Copulationsapparates beider Geschlechter weitgehend differierend. 532 K. Holdhaus, Beim 5 ist die Spitze der Mittelschienen in einen relativ kräftigen, in schräger Richtung nach hinten und innen streichenden Sporn ausgezogen, die Hinterschienen in den distalen zwei Dritteln ihres Innen- randes breit und flach ausgebuchtet, im distalen Viertel ihres Verlaufes nach einwärts gekrümmt, ihre innere Apicalecke nach hinten in einen sehr kräftigen, langen, zugespitzten Sporn ausgezogen. Die letzte freiliegende Ventralschiene am Hinterrande in der Mitte seicht ausgebuchtet, vor demselben mit einem oralwärts etwas über die Mitte des Sternites hinausreichenden, in seiner größten Breite, am Hinterrande, etwa ein Drittel der größten Sternitbreite einnehmenden, halbkreisförmigen, skulptierten Felde. Die Skulptur dieses halbkreisförmigen Feldes besteht in seinem peripheren Teil aus sehr großen, fast vertikal gestellten, Fig. 31. Penis von Microlestes syriacus. zahnförmig zugespitzten Körnern, gegen das Zentrum zu verkleinern sich diese Körner etwas und machen im Zentralteil des Halbkreises ziemlich unvermittelt einer sehr flachkörnigen Skulptur Platz. Eine sehr schmale, glatte oder kaum skulptierte Randzone trennt das skulptierte Feld von dem Hinterrande des Sternits. 1 Long. 2°8 bis 3:4 mm. Der Penis gliedert sich in einen kräftigen Stammteil und einen robusten, sehr eigenartig differen- zierten Apex. Der Stammteil ist im wesentlichen nach demselben Typus gebaut wie bei M. Abeillei, die Präputialregion der Peniswandung ausgedehnt, wie bei M. Abeillei stark nach rechts verlagert, ohne äußer ch sichtbaren Ostialschlitz, rechtsseitig der Apexbasis mit freier Spitze endigend. Der Apex setzt nur in seiner basalen Partie die Richtung des Penisstammteils fort, die distale Partie ist vogelklauenartig zugespitzt und in schräger Richtung nach rechts und abwärts gekrümmt. Bei seitlicher Ansicht zeigt der Apex an seiner Ventralseite eine hohe, schmale, gegen Basis und Spitze sanft ausstreichende, flossenartige Erweiterung. Die Bewaffnung des Präputialsackes besteht aus schätzungsweise gegen 40 langen, pfahl- Vagina ein breites, schr kräftig chitinisiertes, transversales Band. Etwas oralwärts dieses Chitinbandes, D a ihm an dem von mir untersuchten Exemplar von Jerusalem durch eine sehr schmale hyaline Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 033 Zone getrennt, entspringt eine geräumige, oralwärts annähernd soweit als die Vagina selbst nach vorne reichende, etwa die rechten zwei Drittel der Vaginalbreite einnehmende, in dorsoventraler Richtung sehr stark komprimierte Bursa copulatrix. Die Dorsalwand der Bursa copulatrix ist sehr kräftig chitinisiert, die Ventralwand anscheinend nahezu hyalin, der Vorderrand der Bursa ist breit zugerundet. Im linken Drittel der vorderen Partie der Dorsalwand der Vagina liegt ein weiteres kleines, durch stärkere Chitinisierung ausgezeichnetes Feldchen. Die ganze Vaginalwand ist zart raspelartig skulptiert. Das große, lang birn- Vagina und Receptaculum seminis von Microlestes syriacus. b. c. — Bursa copulatrix. förmige Receptaculum seminis entspringt in der Furche zwischen Bursa copulatrix und Vagina, der Annulus receptaculi hat die Gestalt eines kleinen, dünnen Ringes, dessen annähernd kreisrundes Lumen einen Durchmesser von etwa 0:05 mm zeigt. Die linke Polpartie des Ringes entsendet nach außen eine äußerst zarte, endoskeletale Apophyse in Form einer ungemein dünnen, ziemlich breiten, fast ganz in die Ebene des Ringes fallenden plattigen Verbreiterung. Das Auftreten dieser Apophyse verleiht der äußeren Kontur des Annulus ovalen Umriß mit einem längsten Durchmesser von 0:095 mm. Verbreitung: Aus Syrien beschrieben. Ich kenne Exemplare von Jerusalem (Pic, Sahlberg), aus Mesopotamien (leg. Helfer) sowie von Mä’an im Golf von Akabah (leg. Peyerimhoff). Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXNVII. Bd. 70) K. Holdhaus, Katalog der paläarktischen Arten der Gattung Microlestes. 1. Microlestes Iuctuosus Holdh. Apfelbeck, Käferfaun. Balkanhalbinsel, I (1904), p. 330 (Europa merid., Africa bor. occid., Madeira, Ins. Canar., Caucasus, Asia minor, Syria, Asia centralis). ? — minulus Motsch. Ins. Sib. (1842), p. 60, nec Fourcr. — exilis Reitt. Deutsch. Entom. Zeitschr., 1900, p. 380 ex paıt. — maurus div. auct. ex part. — ‚glabratus div. auct. ex part. persicns Holdh. Denkschr. ‘Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVIII (1912), p. 491 (Persia). gracilicornis Holdh. Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVIII (1912), p- 492 (Asia centralis). stricticollis Baudi. Berl. ent. Zeitschr., 1864, p. 202 (Ins. Cyprus, ? Syria). vittipennis Sahlberg. Öfvers. Finsk. Vet. Soc. Förh., L, Nr. 7 (1907), p. 16 (Tunesia, Aegyptus). var. Chakouri Reitt. Bull. Soc. Ent. d’Egypte II (1909), p. 30 (Aegyptus). var.? pallidior Pic, Echange XVII (1901), p. 2 (Arabia, Jericho). Bandii Fairm. Rev. d’Ent., XI (1892), p. 84 (Ins. Cyprus, Syria). — vitiatus Baudi. Berl. ent. Zeitschr., 1864, p. 203, nec. Motsch. vittatus Motsch. Etud. Entom., VIII (1859), p. 122, nec Baudi, nec Reitt. (Aegyptus). | — Ferrantei Reitt. Bull. Soc. Ent. d’Egypte II (1909), p. 30. subsp. fedjedjensis Mayet. Ann. Soc. Ent. Fr., 1887, Bull., p. 89 (Tunesia, Algeria). manritanicus Luc., Expl. scient. Alg., Col&opt. (1849), p. 16, pl. II, Fig. 6, nec Reitt. (Africa bor. occid., Andalusia, Sicilia). — dantillus Motsch. Etud. Ent., VIII (1859), p. 121. apterus Holdh. Denkschr. :Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVII (1912), p. 499 (Ins. Zante, Peloponnes.). — exilis Schaum. Deutsch entom. Zeitschr., 1857, p. 132, nee Schmidt-Goeb. ereticus Holdh. Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVII (1912), p. 500 (Ins. Creta). Sahlbergi Holdh. Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVIII (1912), p. 501 (Syria). Zallicus Holdh. Denkschr. Akad. Wiss, Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVIII (1912), 901 (Gallia merid., Hispania). Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 939 13. Microlestes minutulus Goeze. Ent. Beytr., I (1777), p. 665 (Fennoscandia merid., Europa media, Italia bor. et centr., Istria, Bosnia, Rossia, Caucasus, Asia centralis, Sibiria). — wminutus Fourcr. Ent. Par. (1785), p. 48. — glabratus Duftschm. Faun. Austr., II (1812), p. 248. — longulus Reitt. Deutsch. Entom. Zeitschr., 1900, p. 379. 14. — sSeladon Holdh. Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LNXXVIII (1912), p. 905 (Gallia merid., Italia, Herzegowina, Asia minor). — minululus div. auct. ex part. — glabratus div. auct. ex part. 15. — negrita Woll. Insecta Mad. (1854), p. 9 (Ins. Madeira, Africa bor. occid., Hispania, Gallia merid., Corsica, Sicilia, Italia merid., Penins Balcan., Rossia merid., Caucasus, Asia minor, Syria). — ?interstitialis Küst. Käf. Eur., XIV (1848), p. 2. — Apfelbecki Holdh. Apfelbeck, Käferfaun. Balkanhalbins. I (1904), p. 330. — glabratus div. auct. ex. part. — minutulus div. auct. ex part. 16. — politulus Reitt. Deutsch. entom. Zeitschr., 1900, p. 377 (Asia centralis). de — flavipes Motsch., Etud. entom., VIII (1859), p. 122 (Aegyptus). — glabrellus Reitt. Deutsch. entom. Zeitschr., 1900, p. 380. 18. — sSchmiedeknechti Pic, Echange, XVI (1900), p. 91 (Jericho). — 2? discoidalis Fairm. Rev. d’Ent., XI (1892), p. 83 (Obock). 19. -— Keitteri Holdh.Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVII (1912), p. 511 (Hispania). 20. — fulvibasis Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 377 (Europa merid., Rossia merid., Caucasus, Asia centralis, Asia minor, Syria). 2. — Schröderi Holdh. Denkschr. Akad. Wiss, Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVIII (1912), p. 914 (Austria inferior, Hungaria, Rossia merid., Mongolia bor.). 22. — plagiatus Duftschm. Faun. Austr., II (1812), p. 249 (Austria inferior, Hungaria, Herzegowina, Dalmatia, Italia bor. et centr., Rossia merid., Caucasus, Asia centralis, Algeria). — lineellus Fisch. Entom. Russ., III, p. 95, Tab. IV, Fig. 7. 23. — corticalis Dufour. Ann. gen. Sc. phys. Bruxelles, VI (1820), p. 322 (Ins. Madeira, Ins. Canar., Africa bor., Hispania, Ins. Balear., Gallia merid., Sicilia, Malta, Creta, Kirghisia, Asia centralis, ? Ins. Cyprus, ? Syria). — sulurellus Motsch. Ins. Sib. (1842), p. 58. — binolatus Reitt., Deutsch entom. Zeitschr., 1900, p. 373. — plagiatus div. auct. ex part. — var. escorialensis Brisout, Ann. Soc. Ent. France, 1885, Bull., p. 103 (Hispania, Italia bor. et centr., Corsica, Sardinia, Penins. Balcan., Hungaria, Romania). TOR 536 KonEnoldlranvs, 24. Microlestes levipennis Luc. Expl. seient. Alg. Coleopt. (1849), p. 18, pl, Il, Fig. 18 (Africa bor. occid.). — confusus Bris., Ann. Soc. Ent. Fr., 1885, Bull., p. 103. — minululus div. auct. ex part. — glabratus div. auct. ex part. — subsp. Dedeli Holdh. Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVIII (1912), p- 922 (Sicilia, Calabria merid.). 29: — ibericus Holdh. Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.- nat. Klasse, Bd. LXXXVII (1912), p. 923 (Hispania merid.). 26. — maurus Sturm. Deutschl. Ins., VII (1827), p. 55, Tab. 171, Fig. d, D (Britannia, Europa media, Gallia merid., Italia, Penins. Balcan, Rossia centr. et merid., Caucasus, Asia minor, Syria, Ins. Cyprus). — anguslalus Steph. Man. Brit. Col. (1839), p. 8. — pygmaeus Chevr. Heer, Faun. Col. Helvet. (1841), p. 11. — cordatulus Reitt. Deutsch. Entom. Zeitschr., 1900, p. 378. 27. — fissuralis Reitt. Deutsch. entom. Zeitschr, 1900, p. 376 (Corsica, Italia, Istria, Penins. Balcan., Austria inferior, Hungaria, Rossia merid., Caucasus, Syria, Asia centralis). — integer Reitt. ibid. 28. — Abeillei Ch. Bris. Ann. Soc. Ent. Fr., 1885, Bull., p. 103 (Hispania, Gallia merid., Italia merid. et centr., Ins. Elba et Giglio, Dalmatia). — manurilanicus Reitt. Deutsch. ent. Zeitschr., 1900, p. 375, nec Luc. — subsp. sardous Holdh. Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. LXXXVII (1912), p. 531 (Sardinia). — subsp. Brisouti Holdh. Ibid., p. 530 (Africa bor. occid., Sicilia, Corsica). 29. — syriacus Bris. Ann. Soc. Ent. Fr., 1885, Bull., p. 102 (Syria, Mesopotamia, Sinai). Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 537 Phylogenetische und tiergeographische Bemerkungen. Mit Aufstellung eines Stammbaumes, der allzuviel Hypothetisches enthalten müßte, wäre kaum etwas gewonnen. Hingegen lassen sich einige phylogenetische Richtlinien ziehen und manche Tatsachen der geographischen Verbreitung stehen in schöner Übereinstimmung mit dem phylogenetisch Erschließbaren. Phylogenetische Einblicke lassen sich bei Microlestes leichter gewinnen als in vielen anderen Gattungen, da die Arten nicht nach vielen verschiedenen Richtungen auseinanderfallen, sondern in den meisten Charakteren sehr uniform sind und nur in wenigen Merkmalen spezifische Differenzen zeigen. Die Speciesunterscheidung in der Gattung Microlestes beschränkt sich im wesentlichen auf Differenzen in den äußeren Sexualcharakteren der 5, im Bau des Copulationsapparates in beiden Geschlechtern, in der Ent- wicklung der Flügel. Dazu kommen noch als Merkmale von geringerer spezifischer Valenz bei gewissen Arten Färbungsdifferenzen und Unterschiede in den Körperdimensionen. Die phylogenetische Wertung müßte von folgenden Voraussetzungen ausgehen: 1. Arten mit einfach gebautem Copulationsapparat sind unter sonst gleichen Verhältnissen primitiver als Arten mit differenziertem Copulationsapparat. Als primitivster Penistypus erscheint sonach jener des M. minutulus, gallicus, luctuosus. Dies ist zugleich der bei den Carabiden ganz im allgemeinen vor- herrschende Typus. Alle Fortsätze, Widerhaken, Zähne außen am Penis oder in der Wandung des Prä- putialsackes sind als sekundäre Differenzierungen aufzufassen. Als primitivster Typus des weiblichen Copulationsapparates erscheint jener des M. gracilicornis oder M. vittipennis: Vagina ohne stärker chitini- sierte Partien und ohne Bursa copulatrix, Receptaculum seminis länglich ballonförmig, nicht in mehrere Schläuche gespalten, Annulus receptaculi ein niedriger Chitinring ohne Apophysen und ohne das Lumen einengende Obstruktionslamelle. Alle Komplikationen, durch welche sich die einzelnen Arten von diesem einfachsten Typus entfernen, sind als sekundäre Differenzierungen zu beurteilen. 2. Arten ohne äußere Sexualauszeichnungen am Abdomen des 7 sind unter sonst gleichen Verhält- nissen als primitiver zu betrachten als solche mit derartigen Auszeichnungen. 3. Arten mit wohlentwickelten Flügeln sind unter sonst gleichen Verhältnissen als primitiver zu betrachten als Arten mit rudimentären Flügeln. 4. Eintarbig schwarze Arten sind unter sonst gleichen Verhältnissen als primitiver zu betrachten als solche mit zweifarbigen Fühlern oder mit eine helle Längsmakel tragenden Elytren.! Diese Färbungs- differenzen besitzen aber im allgemeinen geringe Konstanz und kommen für die Unterscheidung der Species und daher auch für die Phylogenie nur in sekundärer Weise in Betracht. Unter Annahme dieser Voraussetzungen gelangen wir zu folgenden phylogenetischen Einblicken. Es ist keine Art bekannt, die in allen ihren Merkmalen durchaus primitives Verhalten zeigte. Eine sehr altertümliche Artgruppe ist jene des M. Iuctuosus. Hieher gehören außer M. luctuosus noch M. gracilicornis, persicus, vielleicht auch stricticollis. Aus der Luctuosus-Gruppe abzuleiten sind einige gefleckte Arten (M. vittipennis, vittatus, Baudii), ferner die durch auffallend geringe Größe und konstantes Fehlen der Flügel ausgezeichneten M. mauritanicus, creticus, apterus, Sahlbergi. Der Penis dieser letzt- I Die große Mehrzahl der terricolen Carabiden besitzt einfarbigen Körper, wie es dem dunklen Aufenthaltsorte entspricht, 938 K. Holdhaus, genannten Arten ist einfach gebaut, aber der weibliche Copulationsapparat zeigt sehr eigenartige Diffe- renzierungen. Als ein zweiter sehr ursprünglicher Typus sind die Arten der Minutulus-Gruppe aufzufassen. Hierher gehören in der paläarktischen Fauna außer M. minutulus noch M. negrita, Seladon, gallicus, als etwas abgeleitete Glieder auch M. flavipes und Schmiedeknechti. M. gallicus besitzt unter diesen Arten den einfachsten Bau des Copulationsapparates; der Penis ist durchaus primitiv, am @© Copulationsapparat zeigt nur der Annulus receptaculi einige Abweichungen vom einfachsten Typus. Aber die Flügel sind bei M. gallicus anscheinend konstant atrophiert. Die anderen Arten der Minutulus- Gruppe sind geflügelt, jedoch in der Beschaffenheit des Copulationsapparates minder primitiv als M. gallieus. Aus der Minutulus- Gruppe direkt ableitbar ist zweifellos M. politulus Reitt. Auch M. Reitteri ist vielleicht aus der Minu- tulus Gruppe durch extreme Verbreiterung des Penis hervorgegangen. Scharf in sich geschlossen ist eine kleine Artgruppe, die sich aus vier Arten (M. fulvibasis, Schröderi, corticalis, plagiatus) zusammensetzt und wohl in der Minutulus-Gruppe wurzelt. Eine andere, gut umgrenzte und vermutlich auf den Minutulus-Typus zurückzuführende Artgruppe besteht aus M. levipennis und ibericus. Im Bau des Copulationsapparates hat sich diese Artgruppe von dem primitiven Typus bereits sehr weit entfernt. Eine isolierte Stellung nimmt M. maurus ein. Die Wurzel ist nicht erkennbar. Einem sehr abgeleiteten Typus gehören M. Abeillei und fissuralis an. Beide Arten gehen wohl auf eine gemeinsame Wurzel zurück. Auch M. syriacus ist eine sehr abgeleitete Form, mit M. fissuralis und Abeillei noch am nächsten verwandt. Die Gattung Microlestes hat ihr Verbreitungszentrum zweifellos in der alten Welt. Aus der nearkti- schen Region sind nur wenige Arten bekannt, welche in die Gruppen des M. minntulus und Inctuosus gehören, aber mit paläarktischen Arten nicht identisch sind. Im kontinentalen Afrika reichen Formen vom Typus des M. minntulus südwärts bis in die Kapkolonie, daneben besitzt die äthiopische Region einige sehr abgeleitete Arten, die in der paläarktischen Fauna keine näheren Verwandten besitzen. In der orientali- schen Region finden sich Arten aus der Verwandtschaft von M. minutulus und luctuosus, ferner einige Arten (M. annamensis Bates, unbeschriebene Formen von Celebes und Manila), die zu dem paläarktischen M. fissuralis in Beziehung stehen (eine ähnliche Sexualauszeichnung am Abdomen des 9’ besitzend wie dieser) und mehrere sehr abgeleitete Formen, die in anderen Regionen keine näheren Verwandten besitzen. Nach Schmidt-Göbel, Faun. Col. Birm., p. 39, soll der paläarktische M. plagiatus in Indien vorkommen. Aus Südamerika, Madagaskar, Australien und Polynesien sind mir Microlestes-Arten nicht bekannt. ! Die Mehrzahl der paläarktischen Arten besitzt eine sehr weite geographische Verbreitung. Dies gilt namentlich für die geflügelten Formen. Die ungeflügelten Arten bewohnen im Durchschnitt viel kleinere Areale als die geflügelten. Die meisten Microlestes-Arten sind relativ wärmeliebend. In Nordeuropa finden wir nur eine einzige Art (M. mimutulhıs), auch diese nur in den südlichen Teilen von Fennoskandia. Auch in den kälteren Teilen von Mitteleuropa leben nur M. minutulus und maurus. Aber bereits in der Umgebung von Wien, in Gebieten, wo der pontische Fauneneinschlag vorhanden ist, treffen wir sechs Arten, neben M. minutulus und mmaurus noch plagiatus, Schröderi, corticalis und fissuralis. Am reichsten an Microlestes-Arten sind erländer und Zentralasien. Das Wärmebedürfnis der- Microlestes-Arten drückt sich auch in der len Verbreitung aus. Die Arten leben in tiefer Lage, und mit Ausnahme von M. minutulus, der nach Apfelbeck im alpinen Areal der BjelaSnica vorkommt, ist mir nicht bekannt, daß jemals ein Micro- res in d balpinen oder alpinen Zone unserer Gebirge gefunden worden wäre. Stett. ent. Z., 1883, p. 393, aus Buenos Aires, gehört in die Gattung Melabletus. Microlestes Soe. N. S, Wales, XXXV (1910), p. 404, gehört wohl sicher nicht in die Gattung Microlestes, ebenso- 1. c.p. 405 als Microlesles angesprochene Dromius humeralis Macl. Ob die aus Australien beschriebenen raliensis 51. wirklich zu Microlesies gehören, vermag-ich nicht zu beurteilen. Monographie der Coleopterengattung Microlestes. 539 Von einer vergleichenden Charakteristik einzelner Teilgebiete der paläarktischen Region in Bezug auf die Microlestes-Verbreitung möchte ich absehen, da sich mit Hilfe des Kataloges leicht ein Überblick gewinnen läßt. Doch seien einzelne bemerkenswerte Verbreitungstatsachen im folgenden hervorgehoben. Auf Madeira und den Kanarischen Inseln leben insgesamt nur drei Microlestes-Arten, und zwar M. negrita, luctuosus und corticalis. Von diesen sind M. negrita und luctuosus sehr ursprüngliche und weitverbreitete Arten, auch M. corticalis ist überaus weitverbreitet und wohl relativ alt. Alle drei Arten leben auch in Nordwestafrika. Aber von den jüngeren Microlestes-Arten, die zu den Charaktertieren der nordwestafrikanischen Fauna gehören (M. levipennis, Abeillei Brisouti, mauritanicus), hat keine die Kanarischen Inseln erreicht. M. gallicus scheint eine Reliktart, deren geographische Verbreitung sich auf Südfrankreich und Spanien beschränkt. Der isoliert stehende M. Reitteri ist in Spanien endemisch. Der ungeflügelte M. mauritanicus findet sich nur in Nordwestafrika, in Sizilien und Südspanien. Einen analogen Verbreitungstypus zeigt der geflügelte M. levipennis. Diese Art lebt nur im nordwestlichen Afrika und in einer leicht abweichenden Rasse in Sizilien und Kalabrien (Aspromonte). Eine dem M. levi- pennis äußerst nahestehende vikariierende Art (M. ibericus) ist in Südspanien endemisch. Die ostmediterranen Arten der Mauritanicus-Gruppe folgen in ihrer geographischen Verbreitung in merkwürdiger Weise dem Gebirgsstreichen. Wir haben M. apterus von Zante und dem westlichen Peloponnes, M. creticus von Kreta, M. Sahlbergi und noch eine zweite Art aus dem nördlichen Syrien. ! Die Nordgrenze der geographischen Verbreitung von M. luctuosus fällt mit der Nordgrenze der meridionalen Subregion in Europa so scharf zusammen, daß man M. luctuosus in dieser Hinsicht als eine ausgezeichnete Leitform betrachten kann. M. Schröderi scheint eine Charakterform des pontischen Faunentypus. Die beiden Rassen von M. corticalis stellen sich nach dem Klima ein. Die dunkle Var. escorialensis vorwiegend in kühleren, feuchteren Gebieten, der hellgefleckte M. corticalis form. typ. in trockenen und wärmeren Gegenden. M. fissuralis und Abeillei könnte man fast als vikariierende Arten ansprechen, denn ihre aus- gedehnten Verbreitungsgebiete sind nahezu ganz getrennt, nur auf Corsica, in Italien und in Mitteldalmatien übereinandergreifend. M. Abeillei ist westmediterran, M. fissuralis ostmediterran. Das Übergreifen von M. Abeillei auf die Balkanhalbinsel erfolgt im Bereiche des jungtertiären Adriatisfestlandes, das die Ver- bindung von Mitteldalmatien und Apulien herstellte. 1 Für diese Verbreitungslinie gibt es bei ungeflügelten Insekten nicht wenige Beispiele. Leider sind Rhodus, das südwestliche Kleinasien und die Insel Cypern noch wenig exploriert. Hier wären die Bindeglieder zu suchen. Die Microlesles-Arten der Maurilanicus- Gruppe scheinen petrophil. 540 K. Holdhaus, Monographie der Coleopterengattung Microlestes. Über die Specıiessystematik ın der Gattung Microlestes ım alleemeinen. Meine Untersuchungen über die Speciessystematik der Gattung Microlestes haben folgendes gezeigt: 1. Eine korrekte Speciesunterscheidung ausschließlich auf Grund der äußerlich sichtbaren Merkmale ist nicht möglich. Es gibt verschiedene Arten, die nur durch anatomische Merkmale voneinander mit Sicherheit getrennt werden können. Solche Arten sind: M. Schröderi und fulvibasis. M. minutulus und negrita. M. Baudii und vittatus. M. luctuosus, creticus, apterus. Die Weibchen zahlreicher Arten können nur nach Differenzen des Copulationsapparates mit Sicher- heit bestimmt werden. 2. Die anatomische Arbeit darf sich nicht, wie es vielfach üblich ist, nur auf die Untersuchung der äußeren Gestalt des Penis beschränken. Ausschlaggebende Speciesdifferenzen finden sich bei Microlestes in der Bewaffnung des Ductus ejaculatorius sowie beim © in der Beschaffenheit der Vagina und des Receptaculum seminis. An anderen inneren Organen konnten Speciesdifferenzen nicht nach- gewiesen werden. 3. Die meisten Arten der Gattung Microlestes stehen sich als scharf gesonderte, in sich geschlossene, reale Einheiten (etwa im Sinne der Linne’schen Species) gegenüber, so daß Zweifel in der Species- auffassung gar nicht möglich sind. Die Speciesauffassung wird nur arbiträr in jenen wenigen Fällen, in denen beginnende Artbildung vorzuliegen scheint.! Dies trifft zu für Microlestes levipennis und dessen Rasse Bedeli, die man ebensowohl als Arten trennen könnte, da Übergänge zwischen den beiden durch sehr subtile und geringfügige Sexualdifferenzen getrennten Formen bisher nicht gefunden wurden. Dies trifft in gleicher Weise zu für die in der vorliegenden Arbeit in den Rahmen des Microlestes Abeillei zusammen- gefaßten Formen. In beiden Fällen sind die als beginnende Arten aufzufassenden Formen voneinander geographisch isoliert. Hier ist natürlich abzusehen von jenen wenigen Arten aus der Verwandtschaft von M. vitiatus und aplerus, bei welchen infolge Mangels an Untersuchungsmaterial eine vollständige Klärung der Speciessystematik nicht möglich war. DIE MORAVISCHEN FENSTER UND IHRE BEZIEHUNG ZUM GRUNDGEBIRGE DES HOHEN GESENKES VON BIRANZIESSURSS K. M. AK. WISS. Mit 3 Textfiguren und 5 Tafeln VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 4. JULI 1912 I. Grundlagen und Hauptergebnisse. Meine Aufnahmstätigkeit im Dienste der k. k. Geologischen Reichsanstalt vom Jahre 1893 bis 1908 war zum großen Teile dem mährisch-niederösterreichischen Grundgebirge gewidmet. Das wichtigste Ergebnis der Studien in den neu aufgenommenen und in benachbarten Gebieten war die Unterscheidung zweier nach Bau und Zusammensetzung gänzlich verschiedener Gebiete kristallinischer Schiefergesteine; das ausgedehnte moldanubische Gebiet im Westen, welches sich gegen Süden bis über das Donautag bei St. Pölten und gegen Westen quer über das böhmisch-mährische Hochland bis an die Randbrüche der böhmischen Masse in Bayern erstreckt, und die moravische Zone, welche an dem Östrande der Masse zutage tritt und durch einen Vorsprung der moldanubischen Gesteine zwischen Oslawan und Mährisch- Kromau in eine nördliche und eine südliche Abteilung geteilt wird.! Erstere soll hier als die Schwarzawa- kuppel, letztere als die Thayakuppel bezeichnet werden. Die Angaben der älteren Autoren, CZjZek, Lipold, Foetterle, Wolf, sowie die späteren Auf- nahmen von Paul und Tausch, ferner die Berichte Rosiwal’s über das Gebiet von Oels und Swojanow, vor allem aber Becke's? petrographische Beschreibungen der Gesteine des niederösterreichischen Wald- viertels, haben mir, unterstützt durch meine eigenen Beobachtungen auf späteren Exkursionen, die Mög- lichkeit gegeben, den eigentümlichen Verlauf der Grenze in den Hauptzügen festzustellen und den Nach- 1 Der Bau des Gneisgebietes von Namiest und Groß-Bittesch in Mähren. Jahrb. Geol. Reichsanst. 1897, p. 505. Bau und Bild der böhmischen Masse. Wien, Tempsky, 1903, p. 29 und 62. 2 C2jZek, Erläuterungen zur geologischen Karte der Umgebung von Krems und Manhartsberg, Beil.-Bd. z. Bd. VII d. Stzgber. d. math. nat. Kl. d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien, 1853. — M.V.Lipold, Die kristallinischen Schiefer und Massengesteine in Nieder- und Oberösterreich nördlich der Donau, Jahrb. d. Geol. Reichsanst., Bd. III, 1852, p. 35. — Graphitlager nächst Swojanow in Böhmen, Jahrb. d. Geol, Reichsanst., Bd. XIII, 1863, p. 261. — T. Foetterle, Bericht über geologische Aufnahmen im Jahre 1854. Denkschriften der mathem,-raturw. Kl. LXXXVII. Bd. 71 & >42 FERSES2SMWESS, weis zu führen, daß hier zwei vollkommen verschiedene Gebirgskörper ohne Übergang und ohne Wechsellagerung aneinanderstoßen, ohne daß die bedeutsame Grenze irgendwie in der Oberflächen- gestaltung zum Ausdrucke käme, und ferner, daß man in der ganzen Ausdehnung des Gebietes eine ver- kehrte Lagerung insofern beobachten kann, als Gneise der tieferen Umwandlungsstufe von Glimmer- schiefern und diese von Gneis und Schiefern der oberen Umwandlungsstufen unterteuft werden. Es wurde auch bereits erkannt, daß ein ähnlicher Gegensatz der Gesteine auch in den kristallinischen Gebieten der Sudeten hervortritt; auch dort wird die weniger metamorphe Schieferserie von der höher metamorphen überlagert. ; Ich konnte aber damals noch nicht wagen, den eigenartigen Verband- und Lagerungsverhältnissen eine bestimmte Deutung zu geben. Nach meinem Scheiden aus dem Dienste der k. k. Geologischen Reichsanstalt widmete ich zwei Sommer ferneren Exkursionen in den moravischen Gebieten und in den kristallinischen Gebieten der mährisch-schlesischen Sudeten. Die älteren Aufnahmen geben ja nur recht unvollkommene Anhaltspunkte für die hier in Betracht kommenden Fragen. Aus manchen Teilen der Sudeten und des Waldviertels liegen seit mehr als einem halben Jahrhundert keine neuen Aufnahmen vor. Die Untersuchungen Becke’s im niederösterreichischen Waldviertel beziehen sich fast ausschließ- lich auf moldanubische Gesteine und geben eine vorzügliche Charakteristik fast aller Typen dieser alten Schiefer. Derselbe Autor beschrieb den Bau des Hohen Gesenkes.” Sonst kennt man aus dem kristal- linischen Gebiete der Sudeten nur die Aufnahmsberichte Camerlander’s. Die neueren Aufnahmen Rosi- wal’s liegen noch nicht vor. Dagegen sind in neuerer kartographischer Darstellung bereits erschienen die Gebiete um Mährisch-Schönberg, Schildberg, Müglitz und Olmütz durch Bukowski und Tietze und jenseits der Boskowitzer Furche das Gebiet von Stiepanau und Tischnowitz durch Tausch. Die Karten- blätter Groß-Meseritsch, Trebitsch — Kromau und Brünn, ferner auch die Osthälfte des Blattes Drosendorf habe ich selbst aufgenommen. Das letztgenannte Gebiet schließt im Osten an die Aufnahmen von Paul im Kartenblatte Znaim und nähert sich im Süden bereits dem Gebiete der alten Karte des Manhartsberges und des Waldviertels von C2jZek, welche eine gute, allgemeine Übersicht gibt über die Verbreitung und den Verlauf der Gesteinszüge. Wenn auch somit aus großen Teilen des Gebietes jüngere kartographische Darstellungen zur Verfügung standen, so fehlten doch im einzelnen die maßgebenden Gesichtspunkte für eine Zusammenfassung. In den meisten Fällen wird eine strengere petrographische Charakteristik der kristallinischen Gesteine ver- mißt und das Interesse an den Fragen der Geologie des Grundgebirges ist bei den Aufnahmen der mannig- fach zusammengesetzten Kartenblätter verhältnismäßig zurückgestellt worden. Das Ergebnis einer allgemeinen Revision der ausgedehnten Gebiete sind die Kartenskizzen Tafel I, II und III. Man wird es begreiflich finden, daß manche Einzelheiten vorläufig schematisiert und unsicher bleiben mußten und daß manche Grenzlinie, die mit Anlehnung an die älteren Aufnahmen ein- getragen wurde, durch eine neuerliche Prüfung verändert werden mag. Doch glaube ich, daß die Haupt- N üge des Baues festgelegt und durch detaillierte Aufnahmenaller Teile keine durchgreifenden Veränderungen in der ganzen Auffassung zu erwarten sind. ; L Seit meiner ersten Feststellung der verkehrten Gesteinsfolge im mährisch-niederösterreichischen gebirge (1897) hat sich die entscheidende Wendung in der Auffassung des Baues der Kettengebirge iner Bericht über die im Jahre 1855 ausgeführte geologische Aufnahme der Gegend nordwestlich von Brünn. Fünfter mkeit des Werner-Vereines. Brünn, 1856, p. 43 u. S. 65. — C.M. Paul, Erläuterungen z. geol. Karte XIV.) 1898.— L. v. Tausch, Über die kristallinischen Schiefer und Massengesteine etc. nördlich von eolog. Reichsanstalt, 1896, p. 295. — A. Rosiwal, Schlußergebnisse der Aufnahme des kristallinischen Gebietes m Kartenblatte Brüsau und Gewitsch. Verh. d. Geolog. Reichsanst, 1896, p. 176 und frühere Aufnahmsberichte ebenda. — ke, Die Gneisformation des niederösterreichischen Waldviertel, Tschermak’s Mineralog. petrograph. Mttlgen., Bd. IV, N. F. Die moravischen Fenster. 543 vollzogen und zahlreiche Forscher sind seit Jahren damit beschäftigt, die Lehre vom Deckenbau der Alpen durch neue Tatsachen und vergleichende Studien immer vollkommener auszubauen und fester zu begründen. Die Erfahrungen in den Alpen und in anderen großen Überschiebungsgebieten unterstützen die folgende Feststellung, zu welcher die Erkenntnis der Lagerungsverhältnisse im mährisch-niederöster- reichischen Grundgebirge geführt hat: Moldanubisch und moravisch sind zwei vollkommen verschiedene, voneinander unabhängige, durch verschiedene Geschehnisse entstandene Gebirgsmassen; erstere ist über diese an einer ausgedehnten Überschiebungsfläche hinwegbewegt worden; der gewundene Verlauf der Grenzlinie ist durch die Erosion bedingt. Die moravischen Gesteine erscheinen als Aufwölbungen unter den moldanubischen: als unvollkommen umrahmte Fenster; dadurch entstanden, daß die moldanubische Scholle über Hindernisse, und zwar über Gneis- und Schiefermäntel im Dache der Batholithen hinweggleiten mußte, ver- gleichbar den Tauernfenstern in den Zentralalpen (Fenster am Joch). Die Glimmerschiefer- zone, welche fast allenthalben, in wechselnder Breite und mit konkordantem Streichen, die Grenze der moravischen Aufwölbungen umrahmt, stellt keinen stratigraphischen Horizont dar. Sie gehört zur moldanubischen Scholle und ist durch Umkrystallisation in einer Gleit- zone aus moldanubischen Gneisen entstanden. Jenseits einer Zone jüngerer Störungen und Transpression zwischen Mährisch-Trübau und Hohenstadt kommt in den Sudeten die Überschiebung der moldanubischen Tiefenscholle über ein Gebirge von alpinem Bau wieder in voller Klarheit zum Vorschein und läßt sich bis an den Rand der schlesischen Ebene bei Friedeberg verfolgen. Ihre nach- weisbare Länge beträgt etwa 250 km. Diese Bewegungen haben sich in tieferen Teilen der Erdrinde vollzogen als die Ausbildung der alpinen Deckschollen. Die Vorstellungen von den gebirgsbildenden Vorgängen können deshalb hier manche bemerkenswerte Ergänzung erfahren und es scheint, daß hier im Gegensatz zu den Alpen das bewegte und vorgeschobene Rückland (vielleicht die eigentliche Schub- scholle) sichtbar wird. Die Darlegung der geologischen Verhältnisse des Grundgebirges im allgemeinen, nebst einer kurzen Charakteristik der moravischen Gesteine, der Nachweis der großen Überschiebung, die Beziehung zu den kristallinischen Gebieten der Sudeten, einzelne Ergebnisse zur Deutung der Metamorphose in den beiden Hauptgebieten, die Frage nach dem Alter der Bewegung und Vergleiche mit dem alpinen Gebirgsbau sind der Gegenstand dieses Aufsatzes. Manche Wiederholungen aus meinen früheren Darstellungen werden zur Wahrung des übersicht- lichen Zusammenhanges notwendig sein. Sie sollen jedoch nach Tunlichkeit eingeschränkt werden. Vieles erscheint mir nun in anderem Lichte als früher und viele Ergänzungen und Richtigstellungen haben hier Platz gefunden. Vor allem gelten mir ‚die Glimmerschieferzone und die Zone der äußeren Phyllite nicht mehr als stratigraphische Horizonte und an Stelle der früheren Annahme, daß die Haupt- linien des Gebirgsbaues vorkambrisch seien, wird hier das postdevonische Alter der Gebirgsbewegung dargetan. In der weiteren Darstellung werden die Einzelbeobachtungen, je nach den Beziehungen zu den allgemeinen Fragen, eine ungleiche Verwertung finden. Die moldanubische Scholle soll als größere Einheit nur im allgemeinen gekennzeichnet werden. Die zonenförmig verschiedene Metamorphose in den mora- vischen Aufwölbungen und in deren Dache, die in innigem Zusammenhange steht mit der gesamten Tektonik, verlangt häufiger ein genaueres Eingehen auf die Einzelheiten der Gesteinsbeschaffenheit. Es gilt ja hier einen Gebirgsbau fast ohne stratigraphische Anhaltspunkte, allein nach petrographischen Merkmalen, zu enträtseln. Es zeigt sich, daß insbesondere die Art und der Grad der Metamorphose maß- gebend ist für weitere Schlußfolgerungen. als D44 RE. Swess; II. Allgemeine Umrisse. Im Steinkohlengebiete von Ostrau—Karwin liegt der Außensaum der variszischen Faltungszone tief unter der Ebene verborgen, ebenso wie an der Ruhr und im französisch-belgischen Kohlengebiete. Erst der Nlötzleere Unterkarbon hebt sich im Westen hügelig empor über die lößbedeckte, tertiäre Über-. lagerung. Diese Gesteine streichen vorwaltend NS; ja am äußersten Rande, insbesondere bei Weißkirchen, biegen sie um in die südwestliche Richtung, parallei dem Streichen des angrenzenden Karpathenrandes.! Im Westen folgen zunächst als einzelne Inseln im Kulm, dann als zusammenhängende Zone devonische Gesteine und noch weiter gegen innen das kristallinische Gebirge der Sudeten. Der äußere Gebirgsrand aber, der den Zusammenhang des variszischen Bogens gegen NW herstellen sollte, ist jenseitsBeuthen verschwunden. BeiStrehlen und imZobtensüdwestlichvon Breslau treten Krystalli- nische Gesteine weit hinaus in die Ebene. Erst am Nordrande der Granitmasse des Riesengebirges und der Lausitz werden wieder paläozoische Gesteine sichtbar. Vermutlich können sie aber ebenso wenig zum eigentlichen Außensaume des Faltungsbogens gerechnet werden wie die Vorkommnisse von Glatz und von Waldenburg zu beiden Seiten des Eulengebirges. Im Innern der böhmischen Masse sieht man die bogenförmige Anordnung sich wiederholen, wenn man sich die Verbindung im Gedanken ergänzt zwischen den altpaläozoischen Gesteinen, welche bei Prag und Brandeis gegen NO streichend verschwinden und im Eisengebirge mit NW-Streichen wieder auf, tauchen. Die orographische Gestaltung des Gebirgslandes, welches die Elberniederung im Nordosten umrandet. wird aber nicht durch einen bogenförmigen Verlauf des Schichtstreichens, sondern durch die Anordnung der NW streichenden Brüche bedingt. Am schärfsten zeichnet sich der fast geradlinige Bruch ab, welchen das Eulengebirge und die anschließenden Höhen zwischen Jauer und Ziegenhals abgrenzt gegen die Ebene Es folgen gegen innen die Brüche bei Glatz, welche einerseits mehr gegen Süd umschwenkend über- gehen in die Randbrüche des tiefen Grabens der Neissesenke, andrerseits hinüberführen zur Tafel der Heuscheuer und dem teilweise überschobenen gewaltigen Bruch von Hronow—-Schwadowitz. Eine noch größere bogenförmige Anlage von Brüchen wird hervorgerufen durch die Lausitzer Ver- werfung mit ihrer Fortsetzung in der Flexur bei Liebenau, den Abbruch des Zwiezinberges und die kleineren Brüche in der Kreide bei Hohenstadt,? welche in einem Bündel paralleler Störungen bei Lands- kron und Zwittau immer mehr gegen Süden umbiegen und zuletzt in einer schmalen Zone von Brüchen den langgestreckten Graben der Boskowitzer Furche bilden. Dieser war schon im Oberkarbon vorgebildet durch eine tiefgehende Störung, welche in südsüdwestlicher Richtung die paläozoischen Falten mit der Brünner Intrusivmasse abschnitt gegen das hochmetamorphe Grundgebirge im Westen. Weiter im Norden sieht man, daß auch postcretacische Bewegungen an denselben Linien vor sich gegangen sind.° Noch ältere Brüche zertrümmern die Brünner Intrusivmasse in nordsüdlicher Richtung. An solchen Brüchen sind devonische Quarzkonglomerate und Kalke zugleich mit einem Streifen von Uralitdiabas in m von Brünn nordwärts streichenden Graben zwischen den Graniten abgesunken.* Mit parallelem W. Petraschek, Vhdälg. d. Geolog. Reichsanst., 1908, p. 155. 2 W. Petraschek, Das Bruchgebiet des böhmischen Anteils der Mittelsudeten westlich des Neissegrabens, Monatsber. d. ses., 1904, N. 11, p. 210. etze. Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Landskron und Gewitsch., Jahrb. d. Geolog. Reichsanst., 1901, er Bericht über die geologische Aufnahme im südlichen Teile der Brünner Intrusivmasse, Vhdlg. d. Die moravischen Fenster. 545 Verlaufe trennt südlich von Mährisch-Kromau der Misslitzer Bruch ein keilförmiges Stück ab zwischen den südlichsten Ausläufern der Brünner Intrusivmasse und den Devonkalken und Kulmgrauwacken,! welche in der Fortsetzung der Boskowitzer Furche als deren Unterlage und als die südlichsten Ausläufer der paläozoischen Faltungszone der Sudeten jenseits der Boskowitzer Furche noch einmal zum Vorschein kommen (siehe Karte I und I]). Nordsüdlich verläuft auch der Graben von Tasswitz bei Znaim, in dem abermals, wie am Roten und Gelben Berge bei Brünn, Unterdevon-Quarzkonglomerate abgesunken sind. Alle diese Brüche ver- schwinden mit nordsüdlichem Streichen unter der tertiären Überdeckung. Der Verlauf der südöstlichen Grenze des Massivs hat mit den tektonischen Linien nichts zu tun; er wird allein bedingt durch die unregelmäßige Abrasionsgrenze der jüngeren Ausfültungen des außeralpinen Beckens. Nur zufällig verläuft der Kamm des Adlergebirges parallel mit dem Schichtstreichen. Brüche bestimmen hier den Umriß; ebenso wie in den in gleicher Richtung gestreckten Horsten des benachbarten Nesselgrundes und des Habelschwerdter Gebirges. Sie durchschneiden den Granitstock von Lewin parallel mit den kleineren Brüchen, welche die kleineren granitischen Horste im Kreidegebiete bis bei Pottenstein und Senftenberg hervortreten lassen. Die orographische Gliederung der Gebirge durch die postcretaeischen Brüche, welche im Norden den bogenförmigen Verlauf der Gebirgszüge bedingt, wird undeutlicher gegen Süden. Eine ehemalige Kreide- decke wurde hier zerstört. Das zeigen die einzeln verstreuten großen Quarzitbiöcke auf dem Grund- gebirge bei Trebitsch und bei Oslavan und in den Kulmgebieten des Plateaus von Drahan östlich von Brünn. Es scheint, daß die weitübergreifende miocäne Überflutung eine ältere durch Absenkungen und Gesteinsgegensätze bedingte orographische Gliederung verwischt hat. Die Richtung einiger Täler im Hohen Gesenke scheint durch das Schichtstreichen gegeben. Die Furche der oberen March zwischen Eisenberg und ihre Fortsetzung in das Mittelbordwasser und über das Tal von Lindewiese begleitet im Streichen einen auffallenden Kalk- und Schieferzug. Das Tesstal von Mährisch-Schönberg bis zum Rotenbergpasse und das Rotenbergwasser folgen beiläufig dem Streichen der Gneise und ihrer schiefrigen Einlagerungen. Im übrigen sieht man keine Beziehungen des Streichens der älteren Gebirgsglieder zur Anordnung der Tiefenlinien und Gebirgszüge. Neben der groben Gliederung des Gebirges durch jüngere Brüche ver- schwinden im Relief vollkommen die hier in Betracht kommenden Linien. Die Kartenskizze Taf. I zeigt, wie sich in sonderbar gewundenen Linien die moravischen Kuppeln abgrenzen von der viel ausgedehnteren moldanubischen Region im Westen; die Grenze ist in keiner Weise in der Oberflächengestaltung bemerkbar; bald bleibt sie unter lachem Ackerlande verborgen, bald quert sie die Mäander der engen Täler, bald streicht sie frei aus gegen den Ostrand des Grundgebirges und wird von den jüngeren Störungen der Boskowitzer Furche willkürlich durchschnitten. Nirgends bieten sich dem Auge größere felsige Entblößungen, die den Verband der Gesteine unmittelbar erkennen ließen; und während in den Alpen und in anderen Hochgebirgen irgendein weiterer Ausblick zumeist auch Decken, Schollen und Aufwölbungen in den Linien der Landschaft zu unterscheiden und die großen Züge des Auf- baues auf weite Strecken einheitlich zu überschauen gestattet, ist man im mährisch-niederösterreichischen Grundgebirge angewiesen auf die Kombination der Aufschlüsse an Taiwänden, in Hohlwegen oder Stein- brüchen und auf die Anhaltspunkte, welche die Lesesteine im Wald- und Ackerboden darbieten. Mancher Gipfel der deutlicher gegliederten Randberge des Hohen Gesenkes in den Sudeten und manche Talweitung daselbst gestattet wohl einen zusammenhängenden Überblick, aber gerade dort sind wichtige Gesteinsverbände auf weite Strecken durch Gehängeschutt verhüllt und es läßt sich aus der srößeren Zahl kleiner Aufschlüsse im mährisch-niederösterreichischen Hochlande vielleicht noch ein voll- kommeneres Bild des Gebirgsbaues zusammenfügen als dort. 1 F.E. Suess, Die Tektonik des Steinkohlengebietes von Rossitz und der Ostrand des böhmischen Grundgebirges, Jahrb. d. Geolog. Reichsanst. 1907, p. 793 bis 834. 046 IR EM Sylkeisisı Wiederholt habe ich bereits Gelegenheit gehabt hervorzuheben, daß im Hohen Gesenke ein dem moravischen Bau verwandtes Gebirge hervortritt. Es begrenzt sich im Westen an der Überschie- bungslinie des Ramsausattels (Karte ]), gegen die devonischen Schiefer und soll hier als silesische Zone den moravischen Gebieten an die Seite gestellt werden. Es wird sich zeigen, daß die moravischen und silesischen Gebirgszüge in ähnlichen Beziehungen stehen zu der benachbarten moldanubischen Scholle und höchstwahrscheinlich der gleichen, nun zerstückelten Faltungszone angehören. II. Die moldanubische Scholle. N In der moldanubischen Scholle herrschen, außer den Intrusivgesteinen, vor allem Schiefer der untersten Umwandlungsstufen (RKatagneise Grubenmanns’). Gesteine mit dem Mineralbestande der mittleren Umwandlungsstufe begleiten in einem Randstreifen von 2 bis 3 km Breite, manchmal auch schmäler, allenthalben, wo nicht jüngere Brüche dazwischen treten, die moravische Grenze. Diese Glimmerschieferzone ist selbst ein Bestandteil der moldanubischen Scholle und ihre Gesteine gehen durch allmählichen Übergang aus den verbreiteten Katagneisen hervor, und zwar in der Weise, daß die schieferholden Minerale und die Charaktere einer höheren Umwandlungsstufe mit der Annäherung an die moravische Grenze immer mehr hervortreten. Das Problem ihrer Entstehung wird unten in einem besonderen Abschnitte besprochen. Die mannigfachsten chemischen Typen der Ortho- und Paraschiefer sind in den wechselreichen moldanubischen Gesteinsserien vertreten. ; Zu den moldanubischen Orthogneisen gehören vor allem die mittel- bis feinkörnigen weißen ortho- klasreichen Biolitgneise, welche Becke als »Zentralgneise« beschrieben hat;! ich habe sie Gneise vom Typus von Gföhl (Waldviertel) genannt. Die Textur ist schwankend, von streifig flaserig bis regellos körnig; oft führen sie Granat oder Fibrolith. Sie gehen über in echte, plattig-schiefrige Granulite und treten bald als weniger mächtige Streifen, bald als größere Körper von linsenförmigem Umriß auf, stets sind sie frei von karbonatischen Einlagerungen. Augengneise sind in dieser sauersten Gneisgruppe relativ selten und wenig ausgeprägt. Basische Eruptivmagmen sind in den Orthogneisen ebenfalls in mancherlei Typen vertreten. Teils als Streifen und Schlieren von Plagias-Amphiboliten, mit oder ohne Granat, in manchen Gneisen, insbe- sondere in biotitreicheren Körnel- und Flasergneisen, die durch Übergänge mit der mittelkörnigen Randzone der Batholithen von Amphibolgranitit verbunden sind. Sie können als Augit führende Randmassen mit glimmerarmen Abarten der weißen Gneise auftreten und hier und da mehrere Kilometer breite Züge bilden, Sie enthalten häufig hellfarbige und reinweiße Lagen, die zum großen Teil oder ganz aus basischem Pla- gioklas bestehen (Becke’s Anorthitschiefer zum Teile). Massen von gabbroider Zusammensetzung, Eklogite, Granatamphibolite, Amphibol- und Granatfelse vor allem Serpentine findet man in dem moldanubischen Gebiete allenthalben regellos verstreut, von n Dimensionen bis zu mehreren Quadratkilometern Umfang; stets mit ganz unregelmäßiger Um- g; niemals in Form langanhaltender Züge, wie sie etwa bei den Amphiboliten häufig sind. Zumeist, wenn auch nicht ausschließlich, treten sie in dem Randgebiete der orthoklasreichen Gneise und Granulite ! Tschermak, Mineral, Mttign., Bd. IV, 1882, p. 194. Die moravischen Fenster. 547 Pyroxengranulite sind bisher an einzelnen Punkten im Waldviertel! und südlich der Donau bekannt geworden. Im Vergleiche mit dem sächsischen Granulitgebirge ist ihre Verbreitung spärlich; sie stehen aber nicht in Verbindung mit dem eben erwähnten ultrabasischen Gesteine in Granulit. Die Pyroxengranulite werden aber, wie es scheint, manchmal von ausgedehnteren Zügen von augitführendem Amphibolit ver- treten.” Auch Amphibolite der schiefrigen Ausbildung der Flasergabbros des sächsischen Granulitgebirges vergleichbar, werden als breitere Randzone angetroffen (zum Beispiel Windschnur bei St. Pölten). ® Als umgewandelte Ergüsse und Lagergänge werden die meist sehr dunklen Amphibolite zu betrachten sein, die allenthalben in großer Zahl und mit wechselnder Mächtigkeit den Paragneisen und Schiefern ein- gelagert sind. Auch durchgreifende Lagerungen, gangähnliche Durchdringungen mit unregelmäßig verlaufenden zum Teile verschwommenen Salbändern verschiedener Gneisarten, die durch Korngröße und Glimmer- gehalt unterschieden sind, werden beobachtet.* Die Einlagerungen zeigen gneisartige Textur und die Merk- male der Krystallisationsschieferung. Es sind verschiedene Generationen von sauren Magmen von der gemeinsamen regionalen Metamorphose betroffen worden. Diese Erscheinungen haben nichts zu tun mit jenen pegmatitischen und aplitischen Gängen und aderartigen Durchdringungen, welche von den später oder zugleich mit der Metamorphose emporgestiegenen granitischen Batholithen herzuleiten sind. Als charakteristische Vertreter der Paragneise können zunächst -die feinkörnigen bis dichten Gneise der Umgebung von Drosendorf in Niederösterreich genannt werden. In typischer Ausbildung gleichen sie sehr einem massigen oder schiefrigen Glimmerhornfels. Sie bestehen vorwiegend aus kalk- armem Oligoklas, Quarz und dunklem Glimmer. Lichter Glimmer fehlt selten, Orthoklas erscheint nur als Lückenfüllung oder in Form spärlicher Einschlüsse. Granat und Turmalin sind oft charakteristische Über- gemengteile. Fibrolith kann in Form kleiner Linsen örtlich sehr angereichert sein. Auch Augit führende Streifen und Lagen in diesen Gneisen wurden nachgewiesen, als Anzeichen örtlicher Anreicherung des Kalkgehaltes im ursprünglichen, vorwiegend tonigen Sediment. Übergänge von diesen Gesteinen vollziehen sich nach verschiedenen Richtungen. Cordieritgneise von gleichem Typus wie jene des Böhmerwaldes und ähnlich den Kinzigitgneisen im Schwarzwald sind auf größere Strecken im Westen und Nordwesten des mährisch-niederösterreichischen Grundgebirges und bis nach Böhmen nachgewiesen worden. Ferner sieht man aus den feinerkörnigen Sedimentgneisen in großer Ausdehnung sehr eigenartige, körnig-flaserige Plagioklasgneise hervorgehen. (Besonders Umgebung von Raabs und Drosendorf, Granitrand bei Jarmeritz und Trebitsch und anderen Orten.) Die mineralogische Zusammensetzung ist wenig verändert. Der charakteristische saure Oligoklas mit spärlicher Zwillingsstreifung und schwach ausgeprägtem inversem Zonenbau bleibt der vorwiegende Bestandteil neben Quarz und Biotit. Granat und Fibrolith sind seltener, als in den dichten Sedimentgneisen. Turmalin scheint volkommen zu fehlen, Das Korn ist bedeutend größer geworden; häufig sind Körnel- und Perlgneisähnliche Texturen mit rundlich hervortretenden Plagioklaskörnern. So kommt das Gestein im äußeren Ansehen oft sehr nahe den körnig- schiefrigen Gneisen im Mantel des Amphibolgranitites, von denen es sich aber durch den geringen Ortho- klasgehalt unterscheiden. Amphiboliteinlagerungen bilden nicht scharf gesonderte Bänke wie in dichten Sediment- oder Pla- gioklasgneisen, sondern verschwommene schlierige Streifen, die aber auch zu mächtigen selbständigen Körpern anschwellen können. Überhaupt ist der vielhundertfache Wechsel schlierenartiger dunkler und 1 Nach H. Gerhart’s, Beobachtungen im Kartenblatte Drosendorf, nördlich von Raabs (Verh. geolog. Reichsanst. 1911, p. 109). 2 S. auch die neuere Arbeit vonR. Grengg, Der Diallag-Amphibolit des mittleren Kamptales. Tschermak’s Mineralog.-petrogr. Mttlgn., Bd. XXIX, 1910, p. 1 bis 42. 3 Jahrb. d. Geolog. Reichsanst., 1904, p. 402. 4 Vergleichbar manchen von R. Beck beschriehenen Erscheinungen aus dem sächsischen Erzgebirge. Über einige Eruptiv- gneise aus dem Sächsischen Erzgebirge. Tschermak, Mineralog. Mttlgn., Bd. XX, 1901, p. 331, Bd. XXI, 1904, p. 276. 5 Zum Beispiel Umgebung von Drosendorf. S. F. E. Suess, Verhdig, der Geolog. Reichsanst., 1908, p. 402. 548 IHRE SSMIDIENSESE heller Streifen und Bänke sehr bezeichnend. Amphibolite wechseln mit glimmerigen Schichten und mit rein weißen Plagioklasapliten; die verschiedenen Lagen bleiben in Bezug auf Korngröße und allgemeine Textur nahe verwandt. Sie sind scharf begrenzt oder gehen ineinander über. Sehr oft schneiden sie spitzwinkelig aneinander ab, ähnlich einer transversalen Schichtung. Die dunkleren Lagen keilen oft spitzwinkel aus oder sind zu gestreckten Linsen oder Knollen abgeschnürt. Häufig sind lichte Adern und selbst adergneisartige Gesteine. Man könnte nach der äußeren Er- scheinung an Imprägnationsgneise denken, aber der geringe Orthoklasgehalt widerspricht dieser Deutung. Die Plagioklase sind chemisch identisch mit denen des Nebengesteines und sie sind wohl zu unterscheiden von den orthoklasreichen gröberen Imprägnationen, mit denen sie jedoch durch Übergänge verbunden erscheinen.! Da und dort enthalten diese Gesteine Linsen von weißem Marmor oder Kalksilikatfels. Es fehlen ihnen aber die im dichten Sedimentgneis so häufigen Quarzitbänke und Graphitlinsen. Auf der anderen Seite gehen die dichten Sedimentgneise über in schuppig schiefrige Biotit- gneise oder auch Zweiglimmergneise, mit meist nur spärlichem Muscovit oder auch in gröber- schuppige Gneisglimmerschiefer. Es entsteht die mannigfache und verbreitete Gruppe, welche Becke unter dem Namen Schiefergneise zusammenfaßte; sie umfaßt ebenso wie die Sedimentgneise selbst viele Einschaltungen von schiefrigen Orthogneisen, vor allem die zahlreichen, oft dichtgedrängten Züge und Streifen von dunkelm Amphibolit, plattigem Quarzit und Graphitquarzit, Marmorzügen, die in der Regel von Graphitlagern begleitet werden. Die weißen grobkrstallinischen Kalke (auch Dolomite) dieser Para- gneisgebiete sind nicht selten bituminös oft graphitisch gebändert und die an zahlreichen Stellen technisch verwerteten Graphitlinsen sind nach meiner Ansicht das Produkt der Reduktion der reichen Bithumina dieser Sedimente. Sehr bezeichnend für die moldanubischen Marmore, im Gegensatz zu den moravischen Kalken, ist der Reichtum an Kalksilikatmineralen, wie insbesondere Tremolit, Augit, Skapolith, basischer Plagioklas, Granat, Phlogopit (seltener Wollastonit? und Vesuvian) und andere. Einschlüsse von Kalksilikatfels und Über- gänge in Augitgneise sind häufig. Ein großer Teil des moldanubischen Grundgebirges wird von batholithischen Intrusionen einge- nommen. In der ganzen Ausdehnung des südböhmischen Grundgebirges bis weit nach Bayern kehren Gesteinsmassen von ähnlichem allgemeinen Habitus wieder, und sind begleitet von ähnlichen aplitischen und lamprophytischen Ganggesteinen. Trotz mancher Differentiation im einzelnen, trotzdem im Osten und im mittelböhmischen Granitstocke im allgemeinen basischere Typen vorherrschen als im Böhmer- walde und im bayerischen Walde, so tritt doch in den allgemeinen Texturverhältnissen die Verwandtschaft recht deutlich hervor und es kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß alle diese Intrusionen einen gemeinsamen Stammagma angehören, beziehungsweise Teile sind eines einzigen, gewaltigen und un- regelmäßig verzweigten Batholithen, der mit zunehmender Abtragung immer mehr zutage tritt. Demselben dürften auch die Granite des Riesengebirges und des Erzgebirges angehören. ° Mit großer Gleichförmigkeit herrschen auf weite Strecken namentlich in den niederösterreichischen und mährischen Gebieten grobporphyrische Amphibolgranitite und Granitite mit großen Orthoklasen, deren rechteckige Querschnitte allenthalben auffallend hervortreten. Im Böhmerwaldgebiete werden sie von einförmigen Massen von gleichmäßig grobkörnigem Zweiglimmergranit abgelöst. Mittelkörnige Granitite sind in dem inneren Gebiete der großen Stöcke Oberösterreichs und im mittleren Böhmen gl. die interessanten Untersuchungen von F. Reinhold, Pegmatit und Aplitadern aus den Liegendschiefern des Gföhler ises im niederösterreichischen Waldviertel. Tschermak, Mineralog. Mttlgn., Bd. XXIX, 1910, p. 43— 147. Vhdlgn. des naturforsch. Ver. Brünn, Bd. XLVIII, 1910, p. 175. sionen durch geologisch lange Zeiträume angehalten haben mögen. Nach Rimann sind im Riesen- 1 5 yartiger Granite, die letzte in karbonischer Zeit erfolgt. Der geologische Bau des Isergebirges und Vorlandes, Verhdlgn. der königl. preuß. geolog. Landesanst., 1910, Bd. XXXI, p. 482 bis 533. Die moravischen Fenster. 549 sehr verbreitet. Glimmerarme Zweiglimmergranite und Muscovitgranite, zumeist mit Nestern oder kleinen Säulen von Turmalin, sind wechselnd breite Randbildungen der einzelnen Aufbrüche. Rundliche basische Konkretionen, reich an Glimmer und Hornblende, sind häufig im Amphibolgranitit. Dagegen sind mir kantig umgrenzte Einschlüsse der umgebenden Gesteine in diesen Batholithen bisher nicht bekannt geworden. Das aplitische Ganggefolge macht sich in dem ganzen Gebiete viel auffallender bemerkbar als das lamprophyrische. Man kann unschwer alle Übergänge nachweisen von glimmerarmen granitischen Gängen zu turmalinführenden Apliten und bis zu ganz grobkörnigen Schriftgraniten und Pegmatiten mit dezimeter- großen Orthoklasperthiten, Muscovitafeln und fingerlangen Turmalinsäulen. Nach meiner Erfahrung sind die Aplite, welche die geradlinigen Schwundklüfte innerhalb der Granit- massen selbst ausfüllen, meist nur mittelkörnig; die Turmaline daselbst in meist relativ kleinen Säulen- gruppen und Nestern mit Quarz verteilt. Mit zunehmender Entfernung von den Graniten werden die Krystallindividuen größer. In den wasserreicheren Lösungen, die aus dem erstarrenden Batholithen in die Umgebung abgeschieden wurden, konnten wegen geringerer Viskosität des Mittels vollkommene Krystalle sich abscheiden. Abseits von den Hauptmassen des Granites, in Entfernungen von zehn oder mehr Kilometern von der Granitgrenze, findet man zumeist die größten und schönsten Turmaline in Riesen- pegmatiten, die freien Drusen von Bergkrystall oder Rauchquarz, deren plumpe Säulen selbst Fußlänge erreichen können; oder auch die als Mineralfundpunkte bekannten Anreicherungen seltener Stoffe (zum Beispiel die Lepidolithe und Rubellite von Roczinka bei Bobrau, Triplit von Wien bei Groß-Meseritsch, der Bertrandite und andere Minerale von Pisek in Böhmen und zahllose ähnliche Vorkommnisse). An vielen Rändern der großen Batholithen sind mittelkörnige Aplite und Museovitgranite in zahl- reichen Gängen gehäuft, so daß das Hauptgestein fast gänzlich verdrängt erscheint. Dieses kommt in solchen Gegenden nur in spärlichen Aufschlüssen zum Vorschein, während die Gangtrümmer in großer Zahl die Oberfläche bedecken. Außerdem vollzieht sich wohl an den meisten Grenzen ein Übergang von der grobporphyrischen Textur zur mittelkörnigen, streckenweise schiefrigen Ausbildung und weiterhin zu mittel- bis kleinkörnigen Perl- und Körnlgneisen, in denen das vorherrschende biotitreiche Gestein mit amphibolitischen und aplitischen Schlieren wechselt. In diesen Gesteinen stellen sich häufig auch Granaten ein und der Struktur nach vollkommen diffus und unbestimmt vollzieht sich auf verschiedenen Strecken der Übergang zu weißen Granatgneisen, zu Cordieritgneisen oder zu den körnigen Biotit-Plagioklasgneisen, dienach den obigen Bemerkungen wieder mit den feinerkörnigen Sedimentgneisen verbunden sind. Supra- krustale und infrakrustale Gesteine (Sederholm) müssen hier ganz Ähnlichen physikalischen Bedingungen durch längere Zeit ausgesetzt gewesen sein. Die gleichen Minerale sind in nahezu gleicher Gestaltung in beiderlei Massen verschiedener Herkunft zur Ausbildung gelangt. Sie verschwimmen gleichsam ineinander. Die mineralogische Zusammensetzung und Krystallinität der hochmetamorphen Gesteine ist in einem gewissen Grade abhängig von der größeren oder geringeren Entfernung der größten Batholithen. Die kleineren Durchbrüche üben aber keinen ersichtlichen Einfluß auf die unmittelbare Umgebung aus. So tritt Cordieritgneis nur im Westen auf; innerhalb des äußeren Gürtels von kleineren Granitmassen bei Bistritz, Groß-Meseritsch, Trebitsch, Rastenfeld und in der Nähe des nordsüdlich erstreckten Haupt- stockes, so bei Radostin und Bobrau nördlich von Groß-Meseritsch und im Gebiete von Deutschbrod, Iglau, Startsch und bei Zwettl. Weiter im Östen, insbesondere in der Umgebung von Drosendorf, wo größere Granitdurchbrüche fehlen, tritt an ihre Stelle der glimmerige Sedimentgneis oder Plagioklasgneis. Die tiefergehende Metamorphose im Westen an den Hauptgranitgebieten ist aber, wie aus den allgemeinen Verhältnissen ersichtlich ist. als eine regionale Einwirkung der heißen intrusiven Magmen zu betrachten. Die schiefrigen Gesteinskörper sind zumeist zu flachlinsenförmigen Gestalten auseinandergezogen. Insbesondere fällt die gestreckte Gestalt der Granulitgebiete in die Augen, ihr wechselnder Umriß, ihre Schieferung, Parallelstruktur und Kıystallisation ist ganz analog jener der umgebenden Paragneise; meist 1 Zum Beispiel südlich von Trebitsch. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Ba. 1 10 290 EN ERESYUNERSESE sind sie diesem mit konkordantem Fallen eingeschaltet; bald fallen die dünnplattigen Bänke divergierend, dann wird aber nicht in der Mitte flache Lagerung beobachtet, wie das bei einem Gewölbe vorauszusetzen wäre, sondern steile Schichtung (Granulit von Borry). * Dabei folgt das Streichen aller Gesteine in großen mannigfach geschwungenen Kurven, als deren Zentren die größeren granitischen Batholithen gelten können. Die kleineren Granitaufbrüche üben keinen Einfluß aus auf den allgemeinen Verlauf des Streichens. Die Schiefer legen sich aber nicht als regelmäßige Gewölbe über die Granite, bald sind sie dem Granit steil angelagert, bald tauchen sie auf große Strecken mit steilem Einfallen unter den Granit hinab. Ein großer Formationskomplex, bestehend aus tonigen und grauwackenartigen Sedimenten, den jetzigen Sediment- und Plagioklasgneisen, aus Quarziten und bituminösen Kalken, reinen Kalken und mergeligen Gesteinen, wechsellagernd mit basischen Ergüssen und Lagergängen, den jetzigen Einschaltungen von Hornblendeschiefer und vergesellschaftet mit größeren basischen und sauren Eruptivkörpern, wurde in große Tiefen versenkt und innig durchdrungen, zum Teile vielleicht auch aufgezehrt von großen grani- tischen Batholithen. Hiebei wurden die Gesteinskörper zu gestreckten Linsen umgeformt und ihnen eine neue Parallelstruktur zugleich mit dem Mineralbestande der untersten Temperaturzonen aufgeprägt. Durch- dıingung der Gesteine mit granitischem Geäder und langsame Sammelkrystallisation in hochdurchwärmten Gebieten haben zu den Strukturübergängen zwischen den Sedimentgneisen und den Randbildungen der Granite geführt. Die moldanubische Masse ist eine Tiefenscholle, ein Teil der Bathosphäre, vergleichbar etwa dem ausgedehnten Grundgebirge des südlichen Schweden, in dem ebenfalls Granitstöcke den größten Raum einnehmen und die Gneise mit unbestimmten Streichungsrichtungen den Mineralbestand der tiefsten Um- wandlungsstufen erworben haben. Auch dort bleibt der Einfluß der Granitstöcke noch bemerkbar. IV. Allgemeine Charakteristik der moravischen Gebiete. Gleichwie in der moldanubischen Scholle sind auch in den moravischen Gebieten mannigfache - Typen metamorpher Sedimente, Tongesteine, Kalke und Kalksilikatgesteine und Quarzite, ferner salische Orthogneise, sowie auch Vertreter basischer Ergüsse und granitische Tiefengesteine vertreten. Wie aber die weiteren Ausführungen sofort zeigen werden, wiederholt sich hier kein einziger der moldanubischen Gesteinstypen. Es fehlen die feinkörnigen Biotitgneise und Granulite unter den Orthogneisen, die feinkörnigen Sedimentgneise mit Granat oder Fibrolith, die flaserig körnigen Plagioklasgneise und Cordieritgneise, die großen Zonen von Amphibolit und Granatamphibolit, ebenso die häufigen basischen Massen von Eklogit, Gabbro, Granatamphibolit oder Serpentin, kurz alle bezeichnenderen Vertreter der Ortho- und Paragneise der untersten Umwandlungsstufen. Die Kalkzüge sind nur ausnahmsweise und ganz örtlich weiß marmorartig geworden; es fehlen ihnen die für moldanubische Marmore so bezeichnenden grauen und weißen Tremolithe, ebenso wie die Augitlinsen und sonstigen zahlreichen Kalksilikatminerale; Kalksilikatgesteine sind, wie sich unten zeigen wird, im moravischen Gebiete nur örtlich und unter besonderen Umständen zur Ausbildung gelangt. Nur selten enthalten die Kalke Graphit, und keine der zahlreichen Graphitgruben des mährisch-niederösterreichi- schen Grundgebirges befindet sich auf moravischem Gebiete. Dieser Umstand, sowie das Fehlen der sonstigen bezeichnenden Begleitgesteine der moldanubischen Kalke, der Quarzite, Graphitquarzite und der lager- haften Bänke von dunklem Amphibolit, läßt erkennen, daß die beiden Zonen von Karbonatgesteinen nicht nur durch den Grad und die Art der Metamorphose unterschieden sind, sondern daß sie vom Anfang an verschiedene sedimentäre Serien, beziehungsweise Formationsgruppen dargestellt haben. Tonige oder quarzige Gesteine sind im moravischen Gebiete durch Phyllite aller Art, durch granat- reie zie Zonen < lich wenig metamorphe Schiefer, oder durch chloritische, serizitische Phyllite, und in manchen südlichen Gebietes auch durch biotit- und turmalinführende, kleinschuppige Glimmerschiefer 1 Jahrb. der Geolog. Reichsanst, 1900, p. 615. Die moravischen Fenster. Sal mit kleinen Granaten vertreten. Niemals erreichten aber die Krystallindividuen die Größe und Vollkommen- heit der Ausbildung wie in den Glimmerschiefern der moldanubischen Randzone. Das bezeichnende und gemeinsame Merkmal aller moravischen Schiefergesteine ist die Metamorphose unter herrschendem Volumgesetz und die Neigung zur Ausbildung hydroxilreicher Minerale, entsprechend Becke’s oberer Tiefenstufe.! Aber nicht nur in dem verschiedenen Mineralbestande auch in der Gestalt und in Anordnung der Gesteinskörper tritt der Gegensatz zwischen beiden Gebieten höchst auffallend hervor. An die Stelle der bizarren Windungen der moldanubischen Gesteinszüge und der regellosen Vermengung und des regellosen Wechsels in raschem Auskeilen und linsenförmigen Abschnürungen treten hier bis 100 km lange, in gleichmäßigem Bogen dahinstreichende Linien. Ja, man kann auf große Entfernungen eine gleichmäßige Gesteinsfolge nachweisen. In der ganzen Zone folgt zunächst unter dem moldanubischen Glimmer- schiefer, als Hangendes der großen Gewölbe, der Bittescher Gneis; an der Grenze dieses Gesteines gegen die darunter folgenden Phyllite oder phyllitischen Glimmerschiefer ist fast in der ganzen Strecke ein Band von grauem krystallinischem Kalke eingeschaltet. Es läßt sich fast ununterbrochen verfolgen in der ganzen Erstreckung des Thayagebietes vom Manhartsberge bis in die Nähe von Mährisch-Kromau, und erscheint im Schwarzawagebiete wieder genau in der gleichen Stellung unter dem Bittescher Gneis und über dem Bogen der Phyllite von Tischnowitz, Laschanko und Swatoslau in der Schwarzawakuppel (siehe Karte II). Gegen die Mitte der moravischen Aufwölbungen sieht man kompliziertere Lagerungsverhältnisse, horizontale Überfaltungen und Einfaltungen. Es wird sich zeigen, daß einerseits die Phyllite den Grad der Metamorphose im Streichen ändern, daß jene des Schwarzawagebietes im allgemeinen etwas weniger metamorph sind als jene im Süden, daß ferner zwei (oder auch mehrere) Serien von Sedimentgesteinen vorhanden sind, von denen jene im Inneren der Aufbrüche im allgemeinen weniger verändert ist (wenn sie nicht durch den benachbarten Batholithen beeinflußt wurden, wie insbesondere in den Gegenden westlich von Znaim). Zu den wichtigsten Ergebnissen der Exkursionen der letzten Jahre gehört die Erkenntnis der großen Ausbreitung granitischer Tiefengesteine im moravischen Thayagebiete. Vor längerer Zeit wurden bereits die Granite von Eggenburg und Maissau mit der Brünner Intrusivmasse verglichen. ? Till hat die verwandten Granite östlich von Znaim erwähnt. ® F. Mocker* und F. Reinhold’ haben vor kurzem nachgewiesen, daß große Strecken des von Czjzek am Manhartsberge als Gneis kartierten Gebietes teils massige, teils gebankte, teils flaserig- schiefrige Ausbildungen des Granites von Eggenburg und Maissau darstellen; und ich konnte mich davon überzeugen, daß das ganze Gebiet vom Manhartsberge über Eggenburg, Therasburg, Nieder-Fladnitz, Brenditz bis Durchlaß nordöstlich von Znaim einem zusammenhängenden, freilich großenteils durch jüngere Bedeckung verhüllten Batholithen angehört (siehe Karte II). Von massigen Varietäten im Süden und Südosten vollzieht sich ein allmählicher Übergang zu gestreckten Flasergraniten, zu zweiglimmerigen Stengelgneisen und streng geradlinig linearen Serizitgneisen. An den Rändern sind aderartige Intrusion und Kontakt an den benachbarten Phylliten, wenn auch durch dynamische Veränderung nachträglich ver- wischt, dennoch mit Sicherheit nachzuweisen. Die granitischen Gesteine enthalten Schollen von fein- körnigem Glimmerhornfels (Reinprechtspölla, Zuckerhandl, Töstitz) oder Kalksilikatgesteine (Straße nördlich von Kühnring bei Eggenburg). 1 Wenn auch Biotit und Augit und andere Minerale der unteren Tiefenstufen in gewissen Gesteinszügen unter besonderen Bedingungen auftreten. 2 Bau-und Bild der böhmischen Masse, p. 290. 3 A. Till, Geolog. Exkursionen im Gebiete des Kartenblattes Znaim, Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1906, p. 81. 4 F. Mocker, Der Granit von Maissau, Tschermak’s Mineral. Mitteil., Bd. XXX, 1910, p. 334 bis 352. 5 F. Reinhold, Bericht über die geologisch-petrogr. Aufnahme im Gebiete des Manhartsberges (n. ö. Waldviertel), Mitteil. der Wiener mineral. Ges., Tschermak’s, Mineral. Mitteil., Bd. XXX, 1910, p. 361 bis 370, SQ 19 592 HN D% Sin’esis! Nicht minder auffällig als die Unterschiede zwischen den moravischen und moldanubischen Gneisen und Schiefern sind jene zwischen den beiderseitigen Batholithen. Hiezu kommen noch die erwähnten Beziehungen zur Brünner Intrusivmasse, die nahe Verwandtschaft der Granite von Maissau und Eggenburg mit den Graniten jenseits der Boskovitzer Furche bei Wedrowitz. C. v. John’s Analysen haben die chemi- schen Unterschiede der Gesteine der Brünner Intrusivmasse gegenüber den Batholithen der moldanubischen Scholle erkennen lassen. Diese sind reicher an Kali, jene reicher an Natrium und Kieselsäure.! Dies bedingt das starke Hervortreten porphyrischer Orthoklase in den moldanubischen Batholithen. ? Im Brünner Gebiet ebenso wie im Gebiet von Znaim und Eggenburg herrschen ganz allgemein mittel- körnige Granitite, relativ arm an dunklen Bestandteilen. Beide enthalten gelegentlich Schollen von gneis- artigem Glimmerhornfels und Kalksilikatfels; im Znaimer Batholithen werden freilich auch diese schiefrig in der schiefrig gestreckten Randzone. Ein äußerliches Kennzeichen, durch welches sich die Verschiedenheit der moravischen Intrusionen von den moldanubischen auffallend bemerkbar macht, ist das Fehlen der Turmaline sowohl in den moravi- schen Apliten und Pegmatiten ? des Znaimer Batholithen, wie auch in der Brünner Intrusivmasse. Nirgends greifen die moldanubischen Gänge oder Eruptivmassen auf moravisches Gebiet über oder umgekehrt. Die Verschiedenheit der sedimentären Serien, die verschiedene Metamorphose, der verschiedene Bauplan im Großen und die verschiedene chemische Mischung der Intrusionen in beiden Gebieten können nur dadurch verstanden werden, daß beide Gebiete, moldanubisch und moravisch, unabhängig und getrennt voneinander entstanden und erst durch spätere Bewegung aneinander und übereinander gerückt worden sind. Die folgende Beschreibung der wichtigsten moravischen Gesteinstypen macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es bleibt noch ein weites Feld offen für petrographische Detailstudien. V. Haupttypen der moravischen Gesteine und deren Verbreitung. 1. Bittescher Gneis. Diesen Namen erteilte ich den Augengneisen und Serizitgneisen, die ich bei Groß-Bittesch zum ersten Male antraf, als ich im Jahre 1896 mit der geologischen Aufnahme des Kartenblattes Groß-Meseritsch süd- wärts vorrückte. Spätere Studien haben die große Verbreitung dieser Gesteine vom Manhartsberge bis Oels im Norden, nahe der mährischen Grenze dargetan. Keiner unter den moldanubischen Gneistypen bewahrt nur annähernd eine so gleichmäßige Beschaffenheit mit so großer Ausdehnung und Mächtigkeit wie der Bittescher Gneis. Das Gestein ist ein schiefrig gewordener porphyrischer Granit; stets hellfarbig; stellenweise rein weiß. Da und dort bildet er lichte Felsen an den Talkanten und die helle Farbe des Zersetzungslehmes in dem ganzen Gebiete verrät die Eisenarmut des Gesteins. 1 F.Mocker (Tschermak’s Mineral. Mitteil., Bd. XXIX, 1910, p. 343) gibt eine Analyse des Granites Maissau und hebt die ede dieses Gesteines hervor gegenüber dem moldanubischen Hornblendegranit von Rastenfeld. Der Granit von Maissau zeigt SiO,-Gehalt als die vorliegenden Analysen der Granite von Königsfeld und Deutsch-Branitz aus der Brünner Masse. Die Gau- tschaft und der Gegensatz gegenüber den moldanubischen Graniten wird besonders deutlich durch das Zurücktreten von "hältnis CaO : Na50 : K,O (Maissau = 3:7 :4°5:1'8, Königsfeld = 3:5:4'1:2°4, Deutsch-Branitz 4:8:3-9= 1:3). v. John u. F. E. Suess, Die Gauverwandtschaft der Gesteine der Brünner Intrusivmasse, Jahrb. der Geolog. Reichs- t., 1903, p. 261. ahme bildet nur ein von F. Reinhold am Manhattsberge beschriebenes Vorkommen von flächerigen, feinverteilten alinnädelchen Aplit. Aber auch dieses Vorkommen unterscheidet sich wesentlich von den sroben Turmalinsäulen und Garben gänge (l. c., p. 368). Die moravischen Fenster. 9983 Im großen ist der Bittescher Gneis stets recht gleichmäßig grob gebankt. Massige granitische Ab- arten ohne jede Paralleltextur sind mir bisher nicht bekannt geworden. Wie man an Felswänden oder in Steinbrüchen sehen kann, verlaufen die Gesteinsbänke nicht streng parallel; mit wechselnder Breite und Länge schwellen sie an und keilen wieder aus, und die Trennungsfugen durchschneiden einander in spitzen Winkeln. In den meisten größeren Aufschlüssen bleibt die Bankung durchwegs ebenflächig und gleich- mäßig geneigt; doch findet man auch stellenweise starke Faltungen mit Auswalzung der gestreckten Faltenschenkel. Im Querbruche treten die Orthoklasaugen auffallend hervor, manchmal zeigen sie noch die Krystall- umrisse in mehr oder weniger verzogenen Formen. (Nördlich von Groß-Bittesch, in einzelnen Lagen unter Schloß Frain, beim Bahnhof Klein-Meiseldorf und anderen Orten.) Dann können sie über 1 cm groß werden; zumeist aber sind sie nur erbsengroß oder kleiner und augenartig in die Länge gezogen, von serizitischen Gleitflasern umflossen. Die kleinen Orthoklasknoten auf dem seidenglänzenden, durch die beigemengten zartesten Biotit- schuppen etwas grau gefärbten Hauptbruche bleiben ein konstantes, bezeichnendes Merkmal in diesem Gneisgebiete. Dazu kommen zumeist auch in wechselnden Abständen verstreute Porphyroblasten von Museovit. Sie können 1 cm” groß werden und noch größer. Meist umfassen aber die teilweise krystallo- graphisch umgrenzten Flächen nur wenige Quadratmillimeter. Auch auf Klüften wird Muscovit jüngerer Entstehung neben Epidot und papierdünnen Häuten von Prochlorit angetroffen. “ Lagen, Linsen und Gänge von weißem Quarz finden sich überall und die große Zahl der Quarz- trümmer im Verwitterungsboden kennzeichnet große Strecken des Bittescher Gneisgebietes; namentlich in den Gegenden von Groß-Bittesch, Namiest und Segengottes. Von dem Haupttypus führen Übergänge nach zwei Richtungen zu weniger verbreiteten Extremen. Im Suditzer Tale und im Chvoinitzatale, S von Kralitz (Namiest OSO), Aujezd bei Rapotitz, SO von Krzowy und in einigen anderen Gegenden finden sich Gneise, welche nur kurzflaserigen Biotit in nicht sehr großer Menge enthalten. Die verdrückten Kalifeldspate stehen dicht gedrängt, das Gestein, manchmal blaßrot, wird in Handstücken einem grobflaserigen Granit ähnlich. Die Zunahme der Streckung führt auf der anderen Seite zu serizitisch dünnschiefrigen oder linear gestreckten Gesteinen. Sie werden manchmal phyllitartig gefältelt. (Rziczan bei Segengottes.) Manch- mal sind die Feldspate zu kleinen Knötchen zerdrückt oder zu gestreckten, dünnen, serizitischen Bändern aufgelöst, während der Biotit noch vorhanden bleibt. Es entsteht dünnsplitteriger, linear stengeliger Zerfall. Solche Gesteine finden sich zum Beispiel in der Umgebung von Riegersburg, Felling und Mallersbach (Frain SW). Die Streckung fällt dort in der Regel mit der flachen Fallrichtung zusammen. Überhaupt nimmt die Neigung zu serizitischer Ausbildung im allgemeinen gegen Süden zu und vorherrschend in dem ver- schmälerten Bande von Bitescher Gneis, westlich vom Manhartsberge. Aber auch schon im Schwarzawa- gebiete wie in der Umgebung von Segengottes (Zelena hora), südlich von Groß-Bittesch und bei Wessely westlich von Lomnitz findet man stellenweise reinweiße, dünn gefältelte, serizitische Schiefer.! Die nahezu richtungslos körnigen Gesteine vom Suditzer Tale und in manchen Lagen im Gebiete von Groß-Bittesch bestehen, wie das Mikroskop zeigt, aus Gruppen größerer Körner, meist Karlsbader Zwillingen, von Orthoklas oder Mikroklin, in allen Stadien der Verdrängung durch Schachbrettalbit. Oft sind nur mehr spärliche verzerrte Fetzen des Kahfeldspates übrig geblieben. Eine feine wolkige Trübung scheint hier im allgemeinen auf Orthoklas und Albit gleichmäßig verteilt, manchmal auch in letzterem 1 Eine besondere Abart findet sich in den Hügeln nördlich und östlich von Tischnowitz; bei Lomnitschka mit kleinen rötlichen Feldspataugen und reichlich schuppigem Muscovit. Die rote Farbe der Verwitterungsböden und die Ansammlung von Hämatit auf Kluftflächen haben hier die Gneise gemeinsam mit den benachbarten Phylliten und Quarzkonglomeraten der Kwetnitza. Sie sind wohl auf sekundäre Infiltration zurückzuführen. [11 o4 Es Sialesis, angereichert. Manche randlich eingedrungene, schön gestreifte Albitkörner sind dagegen besonders klar; sie enthalten oft, aber nicht immer, myrmekitischen Quarz. In letzteren Fällen konnten sie zum Teil als saurer Oligoklas bestimmt werden (y — 0). Die Phenokristen, obwohl sie makroskopisch manchmal verzogene Krystallumrisse zeigen, sind im kleinen zackig umgrenzt und mit kleinen zackigen Orthoklasapophysen übergehen sie randlich gleichsam in das verworren ungleichkörnige Mosaik von Quarz und Feldspat, welches manchmal nach Art kataklastischer Zertrümmerungszonen die Phenokristen umsäumt, meist aber mit einer Neigung zu paralleler Anordnung der granoblastischen Körner die Hauptmasse des “esteines bildet. In dem Mosaik befinden sich zumeist einzelne etwas größere Körner von protogenem Plagioklas (saurem Oligoklas) mit oder ohne Zwillingsstreifung. Er enthält meist zahlreiche Schüppchen oder Täfelchen von Biotit. Nicht immer, aber häufig sind die fzrb- losen, stark doppelbrechenden Schüppchen für diese Körner bezeichnend. Da und dort finden sich klare Säume oder isolierte Körner von gestreiftem Albit. Manchmal scheinen auch die Plagioklase in Gruppen von kleineren Körnern aufgelöst. Das lockere Netz von xenoblastischem Orthoklas deutet auf die krystalloblastische Entstehung dieses Grundgewebes. Die grobflaserigen Varietäten enthalten nur ziemlich spärlichen dunkeln Glimmer in lokeren Reihen von kleinen braunen oder grünlichen Schüppchen; selten schließen sie zu dünnen Flasern zusammen. Hie und da geben sie in sehr zarter Zeichnung durch ihre reihenförmige Anordnung noch den verzogen rhombischen Umriß der randlich aufgelösten Feldspataugen an oder sind als gleich- mäßigere, eng gedrängte, flachwellige Streifen im Grundgewebe verteilt. Überhaupt ist die bedeutende Armut in dunklen Bestandteilen bezeichnend für das ganze Gebiet des Bittescher Gneises. Nur in einigen mehr granitischen Blöcken (Suditzer Tal) fand sich ein merklicher Gehalt von intensiv gefärbter riebekitähnlicher Horn- blende (a = bräunlich grün, 5b —= grün, i —= tiefsaftgrün, fast undurchsichtig) in zerfressenen, auch siebartig durchlöcherten unvoll- kommenen Säulen und unregelmäßigen Perimorphosen um größere, ebenfalls intensiv gefärbte Biotitschuppen. In der Nähe dieser Körner sind auch die sonst spärlichen Nebengemengteile Apatit und Zirkon häufiger. Dazu kommen noch größere Körnergruppen von Titanit mit Ilmenit und Ilmenitglimmer. Lebhaft grüner Pennin als Umwandlungsprodukt ist nicht selten. Die Paralleltextur mag ziemlich ausgeprägt sein und die Bildung des krystalloblastischen Grund- gewebes weit vorgeschritten, ohne daß sich serizitische Strähnen einstellen. Sie umschmiegen zunächst in gewundenen Flächen die Orthoklasaugen. Später werden sie mehr gestreckt und mehr zusammen- hängend, mit Nachwelligem Verlaufe, öfter sich teilend und ausweichend um gestreckte Augen und Körner- gruppen. Wenn auch im großen Ganzen parallel mit der zarteren, feiner gewellten Zeichnung, welche häufig durch die lockeren Züge kleinerer Biotitschuppen hervorgerufen wird, bezeichnen sie doch neue Texturflächen, abwechselnd auftauchende und wieder verklingende, oft enggedrängte Abgleitungszonen. Manchmal sind diesen Gleitflasern kleinere ganze oder zerrissene Biotitschüppchen zugesellt und in den- selben gleichsam zerflößt. Im allgemeinen sind aber die meist größeren, wellig gebogenen Muscovite gesondert vom feiner verteilten Biotit. Auch sie weichen größeren Augen aus, es kommt aber auch vor, daß die Phenokristen von den serizitischen Gleitflasern an den Ecken abgestumpft oder sogar quer durch- setzt werden. In manchen Gesteinslagen findet sich auch Plagioklas in größeren augenartig hervortretenden Körnern (6 mm Rodingersdorf bei Sigmundsherberg) umflossen von Serizit und durchquert von parallelen durch Quarz ausgekeilten Klüften; sonst sind die aus der Grundmasse hervortretenden Plagioklase zumeist bedeutend kleiner als die Kalifeldspate. Es sind fast stets nur Na-reiche, dem Albit nahestehende Mischungen, seltener basischer Oligoklas oder Oligoklas-Andesin, mit Na-reicheren Rändern (Steinbrüche südlich der Straße Segengottes—Groß-Bittesch). Im Gegensatze zu den klaren, gestreiften Albiten des Grundgewebes sind sie erfüllt mit stark doppelbrechenden, farblosen Schüppchen; manchmal enthalten sie massenhaft Biotitschüppchen; kleinere Fetzchen von Orthoklas als Einschlüsse sind häufig; überdies sind die Körner oft getrübt durch kleinste, staubartige Einschlüsse. Gerade in ganz reinweißen, serizitischen Gesteinen, wie sie zum Beispiel in den Querschlägen im Ferdinandsschacht und Juliusschacht in Segengottes angetroffen wurden, treten die größeren, proterogenen Plagioklase ausschließlich hervor aus der von breiten Muscovitbändern durchzogenen Grundmasse. Es scheint, daß bei weit vorgeschrittener krystalloblastischer Umbildung die Orthoklase früher auf- gezehrt werden als die Plagioklase und diese als proterogene Reste länger erhalten bleiben. In vielen Jt 37 Die moravischen Fenster. ö\ Gesteinsproben bestehen aber die kleinen Augen im Grundgewvebe aus Gruppenvon wenigen Nörnern eines % & S P S Na-reichen Plagioklases. Hier dürfte Verdrängung eines kalkreicheren Plagioklases stattgefunden haben. Mit weiter fortschreitender krystalloblastischer Umwandlung sondert sich auch reiner Quarz in etwas breiteren, ein wenig srobkörnigeren Lagen vom trüberen Quarzfeldspatmosaik; die Körner dieser Lagen löschen einheitlicher und gleichmäßiger aus. Im Grundgewebe sind die mehr rundlichen Oligoklas-Albite meist etwas wolkig getrübt, im Gegensatz zum eckenfüllenden Netzwerk von Orthoklas. Die eigentlichen Augen von Mikroklin oder Schachbrettalbit sind dann bis auf Reste verschwunden. Dagegen findet man größere Orthoklasfelder mit xenoblastischem Umriß ohne Mikroklingitterung in Lagen angereichert. Die Zahl der Myrmekitzapfen ist eher vermehrt als vermindert; oft sitzen sie an den Rändern von ganz kleinen Orthoklasfetzen. Biotit ist, wenn überhaupt noch kenntlich, in dünne, wellige Reihen kleiner dunkler Fetzchen aufgelöst, welche von den breiteren in flacheren Bögen dahinstreichenden Muscovitflasern spitzwinkelig gequert oder streckenweise auch begleitet werden. In solchen Gesteinen sind weitaus die größten Bestandteile die Nachgebogenen Schuppen in den Flasern und insbesondere die noch größeren isoliert entwickelten Porphyroblasten von Muscovit. Eigentliche basische Schlieren oder Konkretionen habe ich in dem ausgedehnten Gebiete des Bittescher Gneises nirgends beobachtet. Ebenso verdient die große Seltenheit pegmatitischer Gänge (im Gegensatz zu den gleich zu beschreibenden Graniten und Flasergraniten) hervorgehoben zu werden. Pegmatitartige Einlagerungen bis SO cm breit, queren manchmal unter spitzem Winkel die Schieferung; die Schuppen und Flasern von Biotit im Pegmatit sind aber ganz oder annähernd parallel der allgemeinen Schieferung des umgebenden Gesteins orientiert (Ziegelei bei Hluboky, Namiest NO). Eine große Rolle spielen dagegen Einlagerungen von Amphibolit und Biotitamphibolit in einer dem Glimmerschiefer zunächst gelegenen Randzone des Bittescher Gneises beider Kuppeln. Die schönsten und lehrreichsten Aufschlüsse bieten die Felsen zu beiden Seiten der Thaya bei Frain.t Die ganze Höhe des Gehänges von 200 sn wird beherrscht von dem vieltausendfachen Wechsel beider Gesteine und die dunkeln, fast schwarzen Amphibolite sowie die tiefviolettbraunen Biotitschiefer heben sich "außerordentlich scharf ab von den weißen Gneisbändern. Die Mächtigkeit der einzelnen Lagen kann mehrere Meter betragen, sinkt-aber auch bis zu dünnen Streifen und Amphibol- oder Biotit- belägen auf den Schieferungsflächen des Gneises herab. Die mächtigeren Gneisbänke sind oft schöner, typischer Augengneis, die schwächeren Bänke sind feinkörniger, dünnschiefrig oder dünnplattig brechend, sehr feldspatreich, oft fast ohne Glimmer. In diesen Gneisen wurde übrigens kein lichter Glimmer, sondern nur spärlicher und kleinschuppiger Biotit beobachtet. Im großen bilden sowohl Gneis als Amphibolit linsenförmig gestreckte Gesteinskörper, deren Grenzen einander spitzwinkelig durchschneiden. Die einzelnen Lagen können sehr dünn und weithin gleichmäßig bandartig gestreckt sein oder auch rasch ansschwellend zu 1 bis 27u Mächtigkeit auf eine Strecke von wenigen Metern wieder auskeilen. Hie und da kann man auch sehen, daß ein Streifen von Amphibolit die Schieferungsflächen zwischen den Gneisbänken verläßt und eine Gneisbank in spitzem Winkel quer durch- setzt. (Fig. 1.) Am Wege längs des Thayaufers zum Hammer sind beide Gesteine mannigfach und verworren gefaltet. Die Gneisbänke schwellen in den Biegungen mächtig an und sind in den Schenkeln dünn aus- gezogen. Manchmal sind dick S-förmige Durchschnitte oder knollige Körper von Gneis rings von dunklem Amphibolit umgeben. Die Amphibolite sind manchmal zu seitlich ausgezackten und unregelmäßigen Körpern zerquetscht. Die schmäleren Bänke bilden engere und mannigfaltigere Subfalten zwischen den gleichmäßigeren größeren Bögen der Hauptbänke. Die ganze Gesteinsmasse ist in der Streichungsrichtung zumeist hochgradig linear gestreckt, so daß sie streifig, stengelig, holzscheitartig zerbricht. Eine im Streichen geschnittene Gesteinsfläche erscheint schnurgeradlinig, bandstreifig, liniiert, aber auch in einem solchen Schnitte sieht man, daß die einzelnen Gesteinskörper sehr flach und spitzwinkelig auskeilend einander ablösen. 1 Verh, der Geol. Reichsanst., 1908, p. 406. 396 12,1, SMESS, Allenthalben beobachtet man an den verschmälerten und ausgequetschten Stellen der Amphibolitlager eine bedeutende Anreicherung von Biotit und sehr oft sieht man Übergänge von hartem, massigem Amphi- bolit zu ganz mürbbröckeligem Biotitschiefer. Wenn auch die Amphibolite und Biotitschiefer als basische Differentiationsprodukte aus dem Magma des Bittescher Gneises gelten müssen und der bandstreifige Wechsel an eine schlierig gestreckte Fluidal- struktur erinnert, so dürften sie doch nicht als gleichzeitige Schlieren aufzufassen sein: Das Eindringen der Amphibolitbänke zwischen die Gneisbänke, welche an schiefen Klüften wieder von Amphibolitstreifen quer durchsetzt werden, scheint mir darauf hinzudeuten, daß zur Zeit des Eindringens oder der Krystallisation des basischen Magmas die Parallelstruktur vielleicht in Form einer bankförmigen Absonderung des Gneises bereits vorbereitet war. Dagegen kann man aus der mannigfachen Zerdrückung und Umformung der Amphibolitlinsen, aus der Anreicherung von Biotit in den verengten und zerquetschten Teilen sowie aus der Ansammlung von Quarz in den toten Räumen unter den verbreiterten Faltensätteln des Gneises schließen, daß die ganze Masse noch nach der Verfestigung von lebhaften Bewegungen ergriffen worden ist. Fig. 1. Bandweiser Wechsel von Amphibolit und Bittescher Gneis, Hammer bei Frain. Vereinzelt findet man amphibolitische Zwischenlager verschiedener Art, meist nur mit geringem Feldspatgehalt, manchmal auch etwas grobkörniger und feldspatiger an verschiedenen Stellen beider Bittescher Gneisregionen. Sie sind aber, wie gelegentliche günstige Aufschlüsse lehren, in einer der Glimmerschiefergrenze zunächst gelegenen Randzone von etwa 1 bis 3 km Breite in größerer Zahl ange- reichert. Die Felsen und neuen Bahneinschnitte an der Schwarzawa zwischen Doubravnik und Boratsch am Rande der Schwarzawakuppel zeigen das gleiche Bild reichen Wechsels beider Gesteine, wie die Felsen bei Frain in der Thayakuppel. Nach einigen Schliffen (Frain, Segengottes, Putzov, Kralitzer Bahnhof, Biglovsky-Mühle) bestehen diese Gesteine zu zwei Dritteln bis vier Fünfteln aus Hornblende; der Rest ist Plagioklas, in einzelnen Fällen auch Biotit, in sehr wechselnder Menge. Die i v granoblastischen Masse ist meist durch die Lage der länglichen Hornblendenindividuen ziemlich ausgeprägt. Doch t unregelmäßig ausgezackte Umrisse, die Prismenflächen sind nur wenig entwickelt (a blaßgelblichgrün ıgrün,c=b> a). Plagioklas ist, nach der Lichtbrechung zu schließen, hauptsächlich basischer Oligoklas Die moravischen Fenster. 557 mit deutlichen basischen Reaktionssäumen gegen die Hornblende. Es sind rundliche Körner, zumeist ohne Zwillingsstreilen. Er ent- hält sehr spärliche Einschlüsse von Orthoklas in Form vereinzelter Fetzen und Spindel antiperthitähnlicher, netzförmiger Gerüste ; manchmal auch rundliche und tropfenförmige kleine Einschlüsse von Quarz, örtlich gedrängt. In anderen Schliffen fehlt der Quarz. Als Übergemengteile sind Apatit und Titanit sehr häufig, letztere oft in längeren, querdurchsetzenden Körnerstreifen ange- reichert. Vereinzelte Zirkonkörnchen veranlassen pleochroitische Höfe, sowohl im Biotit, als auch in der Hornblende. Ausgit scheint vollkommen zu fehlen. Kleine rötliche Granaten fand ich als seltene Ausnahme in einer Lage im Bahneinschnitte an der Schwarzawa bei Doubrawnik. Am linken Ufer des Plenkowitzer Baches bei Tief-Maispitz fand ich dichte Lagen im Gneis, welche bei einer zarten Parallelstreifung im großen unter dem Mikroskop die typische Struktur eines sehr fein- körnigen Biotithornfelses zeigen. Ein lockeres, etwas einseitig gestrecktes Netz von blaßroten Biotit- schuppen umgibt rundliche Körner und Körnergruppen von saurem Oligoklas. Die kohlige Bestäubung des Gesteins ist in manchen Streifen und in der Nähe des Glimmers etwas angereichert. Rotbraune säulen- förmige Kryställchen und Körner von Rutit sind häufig, neben Apatit. Weitere Einschlüsse sedimentären Ursprunges habe ich im Bittescher Gneis nicht gefunden. Sollten solche vorhanden sein, sind sie gewiß sehr selten. Stengelgneise von Weitersfeld. Im Inneren des Phyllitbogens der Thayakuppel von Pleissing über Weitersfeld und Nonnersdorf, Wolkenstein und Kainreut erstreckt sich ein Zug von feinkörnigen, zum Teil knotigen Gneisen, welche durch hochgradige lineare Streckung ausgezeichnet sind. Dünnplattige, stengelige und längsflaserige Textur wird ebenso durch gestreckte Anordnung der Quarzfeldspatlinsen wie durch die lockeren Häute lichter Glimmerschuppen hervorgerufen. Dunkler Glimmer in wechselnder Menge und in Form sehr feiner, kaum mit der Lupe unterscheidbarer Schüppchen ist in dunklen, zart verschwommenen, aber geradlinigen Streifen auf dem Hauptbruche angeordnet. In einem feinkörnigen neoblastischen Grundgewebe mit Orthoklas und Quarz und etwas saurem Oligoklas finden sich nicht sehr große Reste von Orthoklasaugen (zum Teil Mikroklin) mit Myrmekitzapfen oder, seltener, Gruppen von Oligoklaskörnern, in Pseudomorphosen nach einem kalkreicheren Plagioklas. Die Orthoklasaugen sind dann nicht mehr sichtbar und jede Spur von Kataklase verschwunden; auch dann tritt noch meistens Muscovit in Form relativ größerer, porphyroblastischer Schüppchen oder zusammenhängender Strähne hinzu. Manche Lagen enthalten dunklen Glimmer in Form scharf umgrenzter kleiner Schüppchen im eigentlichen Grundgewebe. Das Gestein ist dem Bittescher Gneis sehr nahe verwandt und unterscheidet sich von diesem vor allem durch das Zurücktreten der Kataklase und das Überwiegen des neoblastischen Grundgewebes örtlich auch durch größeren Reichtum an dunklem Glimmer. Bei Weitersfeld unter der Kirche werden die Gesteine stellenweise grobflaseriger und reicher an beiden Glimmern und es vollzieht sich innerhalb einer kurzen Strecke ein Übergang in den angrenzenden phyllitartigen Granatglimmerschiefer. 2. Moravische Granite. A. Thayabatholith. Der östliche Teil der Thayakuppel wird, wie bereits erwähnt wurde, von einem zusammenhängenden Batholithen eingenommen, welcher zwischen Eggendorf am Walde im Süden und Durchlaß nordöstlich von Znaim in hügeligen Ausläufern allmählich hinabsinkt unter das tertiäre Niederland. Nahe dem Rande, in den Gegenden von Znaim, Retz, Pulkau, Eggenburg und bis Limberg herrschen allenthalben granitische Gesteine, wohl zumeist grob gebankt, aber ohne ausgeprägte Parallelstruktur. Ja, streckenweise, namentlich bei Regenburg und in der Umgebung von Maissau, tritt auch die Bankung zurück und macht einer sehr ausgeprägten Rlüftung Platz. Dann sieht man auch stellenweise wollsackförmige Blockbildung, die sonst Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXNXXVIIL Ba. 73 898 Ti ERS1D.CLSIS, in diesen kataklastisch zerdrückten Graniten dieses Gebietes ebensowenig angetroffen wird, wie in den Graniten der Brünner Intrusivmasse. Westwärts und nordwestwärts von dem genannten Gebiete nimmt die Parallelstruktur immer mehr zu und es entsteht am Rande gegen die Phyllite im Hangenden eine Zone von hochgradig linear gestreckten Stengelgneisen, welche als flaserig-schiefrige Ausbildung des Granites aufzufassen sind. Die enge Flaserung der Randzone verläuft, ebenso wie die grobe Bankung im Innern des Batholithen, parallel mit den Umrissen, im großen nach Westen und Nordwesten unter die benachbarten Phyllite einfallend. Die Flaserung ist von zweierlei Art: die eine wird hervorgerufen durch die zunehmende Anreicherung und Parallelordnung der Biotitschüppchen in der Nähe des Randes. Sie mag entweder durch eine Art fluidale Erstarrung unter Druck des nachdrängenden Magmas (Piözokrystallisation) bewirkt oder, was mir wahrscheinlicher ist, übernommen worden sein aus den angrenzenden dünnschiefrigen Phylliten durch Imprägnation und teilweise Resorption. Die zweite Art der Flaserung wird begleitet von zunehmender kataklastischer Zertrümmerung und Ausbildung der serizitischen Gleitflasern. Sie wurde dem Gesteine nach der Verfestigung durch gebirgs- bildende Prozesse aufgeprägt; ihre Anfänge lassen sich fast überall in dem ganzen Gebiete nachweisen und allenthalben ist sie in höherem oder geringerem Grade auch neben der ersten Art der Flaserung vertreten. Im Gegensatze zum Bittescher Gneis wird der Batholith von zahlreichen blaßfleischroten Aplit- gängen, mit oder ohne Muscovit (fast stets ohne Turmalin, siehe oben p. 12 [552]) durchschwärmt. Im Flasergranit sind solche Gänge oft wenig mächtig und in größerer Zahl konkordant oder schief durch- setzend eingeschaltet. (Strasse nordwestlich von Znaim und bei Winau.) In einzelnen Fällen sind sie allerdings auch quer gebrochen und um ein geringes seitlich verschoben. Granit.! Manche weiße und blaßrote Granite im Gebiete von Eggenburg — Pulkau sehen fast identisch aus mit solchen im Gebiete von Wolframitz und Wedrowitz im Süden der Brünner Intrusivmasse; namentlich wenn in dem grobkörnigen, quarzreichen Gestein die etwa 2 bis 5 mm großen Täfelchen und kurzen Säulchen von schwarzem Biotit unzerdrückt erhalten sind (Limberg-Niederschleinz, in einzelnen Lagen bei Leodagger u. a. a. O.). Dann sieht man die Spaltflächen der weißen oder sehr blaß fleischroten Kalifeldspate noch deutlich glänzen. Die Individuen können 8 bis 1Omm groß werden; sie enthalten kleine Biotitschüppchen und umwachsen die matteren, meist rein weißen, seltener etwas grünlichen Plagioklaskörnchen. Aber fast an allen diesen Gesteinen wird man schon mit freiem Auge an dem matteren, trüberen Glanz der Plagioklase, an der unförmlichen Zerquetschung und zarten Zerfaserung des schwarzen Glimmers die Wirkung der Kataklase erkennen. In dem weitaus größten Teile des Gebietes hat die mechanische Zer- trümmerung bereits zur Neubildung von Serizit und plattig gestreckter Parallelstruktur geführt; die extremsten Glieder sind auch hier wieder weiße Serizitgneise mit Feldspatknoten, die den serizitischen Lagen des Bittescher Gneises zum Verwechseln ähnlich werden können. (Östlich von Grübern bei Maissau, nordöstlich von Winau bei Znaim u. a.a. O.) Die Gesteine sind bei ähnlichem Habitus im allgemeinen reicher an Orthoklas und Quarz als die mehr tonalitähnlichen Granite der Brünner Masse; die Plagioklase gehören Na-reicheren Gliedern an (basischer bis saurer Oligoklas, seltener saurer Andesin); der zonare Bau ist weit weniger ausgeprägt. Im« Gegensatz zu großen Gebieten der Brünner Intrusivmasse wurde Hornblende nur ausnahmsweise gesehen und Übergänge in eigentlichen Diorit sind sehr selten. Der Titanit ist wohl vorhanden, aber nicht in dem- selben Reichtum und Größe der Ausbildung, in welcher er für die Granite und Diorite der Brünner Masse bezeichnend ist; trotz dieser Unterschiede bleibt die Verwandtschaft beider Batholithen unverkennbar. auch die genauere Beschreibung und Analyse des Granites von Maissau von F.Mocker, Tschermak'’s gn., Bd. XXIX, 1910, p. 335. Die moravischen Fenster. 909 Das Mikroskop zeigt auch schon in den rein massigen ungeschieferten Graniten (Limberg, Maissau, Eggenburg) hoch- sradige Kataklase. Größere Felder von Kalifeldspat und die mehr oder weniger scharf umgrenzten, idiomorphen Plagioklase sind umgeben von hochgradig undulösem, in Mörtel aufgelöstem Quarz. Der Kalifeldspat ist zum Teile Mikroperthit mit zarten, geradlinigen Albitspindeln, zum Teile Mikroklin, mit verbogenen und unregelmäßig flammenförmigen Albitstreifen und Übergängen zwischen beiden oder mit kleineren und größeren Feldern von Schach- brettalbit. Plagioklas, fast stets mit Zwillingsstreifen verschiedener Art ist meistens durch die zahlreichen eingeschlossenen Muscovit- und manchmal auch Epidotschüppchen gekennzeichnet. Eine Anreicherung derselben im Kerne der Individuen ist im allgemeinen nicht zu bemerken oder tritt wenigstens nicht so auffallend hervor wie in den meisten Gesteinen der Brünner Intrusiv- masse. Oft ist er von einem schmalen Saum von klarem Albit umgeben oder es sind ihm mit gleicher Orientierung und ähnlicher Zwillingsstreifung sehr große Felder von klarem Albit oder Oligoklas-Albit angeschlossen, durchwachsen von besonders zarten Stengeln von myrmekitischem Quarz. Auch granophyrische Verwachsung von Quarz und Orthoklas mit parallelstreifiger Auslöscheung beider Substanzen wurde manchmal beobachtet. Biotit, wenn auch fast stets zerdrückt und zerfasert, ist oft noch frisch schön holzbraun, häufiger aber grünlich bei hoher Doppelbrechung, manchmal aber auch chloritisiert oder in rein grünen Pennin umgewandelt; in letzteren Fällen ist er mit schwarzem Erzstaub reichlich durchsetzt und stark doppelbrechende Epidotminerale sind ihm zugesellt. Im übrigen sind dunkle Bestandteile und Erze nur sehr spärlich vertreten. Nebengemengteile: Titanit, Apatit und Zirkon. Vorwiegend kataklastischer Flasergranit. In den sehr verbreiteten dünnschiefrigen und dünn- stengelig gestreckten serizitischen Gesteinen ist krystalloblastische Neubildung, mit Ausnahme der kräftigen Flasern von lichtem Glimmer, Zonen und Streifen von Quarz, nur spärlich zu beobachten. Die hochgradige Parallelstruktur wird durch Kataklase hervorgerufen. Der Kalifeldspat fast durchwegs Mikroklin, sowohl in den kleinkörnigen Trümmerzonen als auch in größeren, zackig umgrenzten Augen, welche meist von einem lockeren Kranz von Oligoklas-Myrmekit umgeben sind. Als Einschlüsse in diesen Augen, welche mehrere Millimeter Größe erreichen können, sind noch die Plagioklase mit idiomorphem Umrisse und hiermit die Reste der Granitstruktur erhalten geblieben, während sie in den umgebenden Trümmerzonen mit gebogenen Zwillingsstreifen zerdrückt wurden. Biotit ist meist nur noch in spärlichen, zerfetzten Resten nachweisbar; die Serizitflasern umfließen auch hier noch im allgemeinen die größeren Feld- spataugen, durchschneiden aber auch häufig die Plagioklase oder trennen die Myrmekitzapfen ab vom benachbarten Kalifeldspat. Noch östlich der massigen Granite von Maissau, an der Straße von Vilmersdorf und östlich von Grübern finden sich solche weiße, serizitisch-schiefrige Gesteine, vergesellschaftet mit aplitischen Gesteinen, welche Mocker als eine besondere Zone ausgeschieden hat. Mit ihren Mikroklinaugen, welche am seidenglänzenden Hauptbruche knotig hervortreten, werden sie, hier wie auch anderwärts, den seri- zitischen Abarten des Bittescher Gneises sehr ähnlich, zumal sich auch hier Porphyroblasten von Muscovit einstellen können. (Auf den Feldern zwischen Skalitz und Hosterlitz, nordöstlich von Znaim.) Biotitreiche Granite und dioritische Gesteine. Im Gebiete östlich von Znaim bei Mühlfraun und Zuckerhandl,! ferner bei Töstitz und bei Durchlaß trifft man einen mannigfacheren Gesteinswechsel. Es sind vorwiegend mittel- bis feinkörnige, meist auch ziemlich mürbe biotitreiche Granite, welche durch Aufnahme von Hornblende in dioritische Gesteine übergehen. Ein ziemlich feinkörniges Gestein im Orte Zuckerhandl bei Znaim besteht aus stark schuppig zersetztem Plagioklas mit zweierlei Zwillingsstreifung, auch Karlsbader Zwillingen (vorwiegend basischer Oligoklas), ohne Krystallumriß, unvollkommene Stengel und Säulen grüner Hornblende, zerdrückten Lappen von holzbraunem Biotit, ziemlich zahlreichen verstreuten Körnern von stark undulösem Quarz und vereinzelten Partien von Orthoklas. Neben reichlichem Apatit, manchmal in zertrümmerten Säulchen, und spärlichen Erzen finden sich noch vereinzelt relativ große (bis 2 mm) spitzkeilförmige Umrisse von Titanit. Abgesehen von der bedeutenderen kataklastischen Zertrümmerung haben diese Gesteine große Ähn- lichkeit mit manchen Vorkommnissen in der Brünner Intrusivmasse? (zum Beispiel Mjeltschan); doch werden sie von zahlreichen Gängen von grobkörnigem Granit und Aplit durchdrungen und stehen auch 1 Siehe auch Till, Vhdlg. der Geolog. Reichsanst., 1906, p. S6. 2 Siehe Vhdlg. der Geolog. Reichsanst., 1903, p. 382. 73 560 RP. E. Smesss, in Verbindung mit dichten, biotitreichen, hornfelsähnlichen Gneisen. Es scheint, daß das Auftreten dieser biotitreichen, mittelkörnigen, zum Teil dioritischen Schlieren mit der Resorption von Einschlüssen in Zusammenhang steht.t Ebenso sind die Gesteine von Zuckerhandl und Töstitz mit hornfelsähnlichen Massen vergesellschaftet; im Steinbruche auf dem Wege von Töstitz zur Hackermühle enthalten sie zum Beispiel steilstehende Bänke eines harten, splittrig brechenden, dichten Gesteines, bestehend aus einem sauren Plagioklas mit streng parallelen Streifen zartester Hornblendesäulchen und kleinster quergeglie- derter Stengel von Zoisit.? Auch nächst der Bahnbrücke bei Eggenburg und östlich von Eggenburg gegen Gauderndoif, Jetzels- dorf und Roggendorf sind mittelkörnige Granite, reicher an Biotit, ziemlich verbreitet. Biotitreicher Granit? und Flasergranit der Randzone. Wie schwer häufig die scharfe Grenze zwischen dem Flasergranit und dem anschließenden Schiefer zu bestimmen ist, sieht man zum Beispiel in den ziemlich guten Aufschlüssen der Täler, welche westlich und südlich von Theras (Sigmundsherberg nordöstlich) zum Passendorfer Bache und zum Pulkaubache führen. Die Strecken südlich von Rafing und die Talwände an der Vereinigung der beiden genannten Bäche sind grobkörnige, massige Granite mit senkrechter Klüftung und charakteristischer Blockbildung. (Eine sonst in den Thaya- batholithen wie auch in der Brünner Intrusivmasse wegen der weitgehenden kataklastischen Zertrüm- merung seltene Erscheinung.) Nahe dem Seitentälchen von Theras wird das Gestein grob gebankt; die ziemlich großen Biotitschuppen werden zahlreicher und stellen sich beiläufig parallel. Ein Typus von grobschiefrigen, grobschuppig bis grobflaserigen biotitreichen Gneisgranites, der in der gleichen Aus- bildung weiter nördlich bis Ober- und Unter-Mixnitz und im Süden über Engelsdorf bis zur Bahnstrecke bei Eggenburg verfolgt werden kann. Eine etwa 300,n breite Zone nun anschließender Gesteine ist gekennzeichnet durch den Reichtum an ziemlich großen ausgequetschten Schüppchen und Paketen von tiefschwarzglänzendem Biotit in feinkörniger Grundmasse ohne Feldspatknoten. Die Biotite schließen sich dann zu dünnen, stark gestreckten Flasern, scharf abgezeichnet zwischen kurzen, unregelmäßigen Feldspatschmitzen, in denen kleine Quarzkörner sichtbar sind. In manchen Lagen treten noch einzelne größere Biotittafeln mit freiem Auge sichtbar hervor. Hochgradig gestreckte Gesteine, teils hartplattig, teils dünnschiefriger, mit wechselndem Glimmergehalt, aber stets mit überwiegendem schwarzen oder grünlichen Biotit, mit granitisch kleinkörnigem Aussehen im Querbruche gehören zu den Endgliedern einer wechsel- vollen Serie von Randgneisen, die durch zunehmenden Gehalt an feinschuppigen Glimmern und immer unruhigerer Flaserung anscheinend ohne scharfe Grenze hinüberführt zu den Schiefern im Dache des Batholithen. Die Gesteine aus der Grenzzone von Theras, welche makroskopisch grobschuppig und relativ wenig schiefrig sind, weichen im mikroskopischen Bilde schon stark ab von den Graniten, doch sind die Reste der Granitstruktur noch gut wahrnehmbar. Die größeren Biotitschuppen (lebhaft pleochroitisch, holzbraun, manchmal etwas grünlich) sind noch schön erhalten geblieben, wenn auch zerdrückt und verzogen, verbogen und von Ansätzen aus kleineren Biotitschüppchen umgeben, so doch im allgemeinen klar ohne chloritische Umwandlung. An die Stelle der größeren lichten Bestandteile ist dagegen kleinkörniges Haufwerk getreten. Quarz bildet größere Flecken von stark zerdrückten und innig verzahnten Körnern, ehemalige basische Plagioklase sind ersetzt durch sauren, oft gestreiften Oligoklas in Form von Körnergruppen oder vermengt mit Quarz in kleinkörnigem Mosaik und stets erlüllt von kleinen und kleinsten Körnern von Zoisit mit spärlichen Schuppen von farblosem Glimmer. Der idiomorphe Umriß gegen Quarz ist häufig erhalten geblieben. Anhäufungen von gedrängten und größeren Körnern von Zeisit, die umgeben sind von Zonen, in denen diese Substanz nach außen spärlicher wird, geben deutliches Zeugnis von ehemaligem normalen Zonenbau der nun zerstörten basischen Plagioklase. Auffallend ist die Seltenheit von Kalifeldspat; nur in einzelnen Schliffen sieht man kleine, xenomorph ausgezackte Flecken zwischen feinem Mosaik von saurem Plagioklas und Quarz (Apatit, relativ groß und häufig, Zirkon, besonders im Glimmer). 1 Sie sind verschieden von den eckigen Diorittrümmern, welche als Einschlüsse im Granit zwischen Kanitz und Eibenschitz in der Brünner Intrusivmasse auftreten. Vhdlg. der Geolog. Reichsanst., 1903, p. 383. 2 Zunächst der Aumühle bei Durchlaß finden sich körnige feldspatige Hornblendegesteine neben mürbem Biotitgranit häufig in Lesesteinen. Sie wurden noch nicht näher untersucht. » Basische Faeies nach Mocker zum Teile. Die moravischen Fenster. o61 Größere Verbreitung besitzen die Gesteine, in denen durch parallele Lagerung der lebhaft braunen Biotite die ausgesprochene Schielerung erzeugt wird; diese wechselnmit Streifen von gröberem Quarzmosaik und gestreckten Linsen von schr feinem Korngemenge von Orthoklas und Quarz, dem Säulchen und Körner eingestreut sind, und zwar zumeist in lockeren Zonen und Streifen, selten örtlich zu dichten Wolken und Haufen geballt, die als die Vertreter der erwähnten Plagioklaskerne in den granitischen Abarten dieser Gesteine angesehen weıden können. Zoisit in größeren Individuen ist mit etwas Epidot in den Glimmerzonen angereichert. Hier und da heben sich von der kleinkörnigen Masse größere, unregelmäßig ausgezackte Körner von Oligoklas ab, oft mit enger Zwillings- streifung zweierlei Art, mit spärlich eingestreutem Epidotstaub und stets mehr oder minder dicht siebartig durchlöchert von kleinen, rundlichen, tropfenförmigen oder verzogen wurmförmigen Quarzkörnchen. Kalifeldspat wird in diesen Gesteinen nicht gesehen. Selten liegen größere dünne Hornblendestengel, manchmal zerbrochen, im Mosaik. (a = äußerst blaß gelblich, b = grün, etwas bräunlich, € = intensiv saftgrün. a>D > ct.) Eigentliche Kataklase wurde in diesen Gesteinen nicht gesehen. Die Parallelstruktur ist nur durch Kristallisationsschieferung hervorgerufen. Von den Kontaktwirkungen und granitischen Adern im Nachbargestein ist noch weiter unten die Rede. B. Flasergranite von Louczka und Deblin (Schwarzawabatholith). In den innersten Teilen der Schwarzawakuppel, an den Abhängen des schönen Engtales des Louezkabaches sind dünngeschieferte und wohlgebankte Gneise steil westfallend aufgeschlossen; sie setzen sich nach Süden fort in das Zawisttal nach Deblin und über Marschov hinaus, hier im Streichen umschwenkend und gleichmäßig umrahmt von den auflagernden Phylliten. Bei Czischek liegen die Gesteine mit flacherem Westfallen auf dem Kwetnitzaphylliten. Die nördliche Grenze ist nicht aufgeschlossen. (Siehe Karte II). Trotz des mannigfachen Wechsels in wohlbegrenzten ebenschiefrigen Bänken bleibt nach den Wahr- nehmungen an einigen Dünnschliffen aus dem Louczkatale, bei Czischek, bei Zavist, bei Deblin und von Marschow, doch der allgemeine Habitus dieser Gneise recht charakteristisch. Sehr verbreitet sind linear gestreckte, kleinkörnige Knotengneise, oft dünnschiefrig, mit feinschuppigem, meist grünlich entfärbtem Biotit, oft chloritisch weich, wie ausgeschmiert. Andere Lagen enthalten weißen Glimmer oder werden rein serizitisch, wieder andere zeigen massige Textur. Hier und da (Mühle im Louczkatale, Straße östlich von Deblin) trifft man Bänke von großaugigem Gneis, in welchem die zerdrückten Feldspate mehrere Milli- meter, ja selbst Zentimeter groß werden. Selten sind größere Xenoblasten von Biotit in der schiefrig-fein- körnigen Gesteinsmasse. Manche Schliffe geben das Bild eines hochgradig kataklastisch zerdrückten Granites nahe verwandt den Flasergraniten der Thayakuppel (zum Beispiel unterhalb Louczka). Neben den zerdrückten Augen von Kalifeldspat (zum Teil Mikroklin und Schach- brettalbit mit Myrmekit) sind auch zerdrückte und zerbrochene, gestreifte, mit farblosen Schüppchen erfüllte Plagioklase, an denen nicht selten noch die idiomorphen Umrisse und der zonare Bau gut kenntlich sind. Ebenso wie in den Graniten der Thayakuppel treten auch hier im Kalifeldspat rundliche und teilweise idiomorph umgrenzte Plagioklase als Einschlüsse auf. Biotit ist ziemlich spärlich in diesen Gesteinen, meist entfärbt oder häufiger in zerdrückte Flasern von blaßgrünen Pennin umgewandelt. Neu gebildete kräftige, aber feinschuppige Strähnen von farblosem Glimmer umfließen und durchschneiden die größeren Feldspataugen. Quarz bildet größere, gänzlich zerdrückte Felder und Körnergruppen oder ist zugleich mit breit gestreiftem, klarem Albit in Form von größeren Körnern in die Spalten und Zertrümmerungsräume der Feldspate eingedrungen. Auch größere keilförmige Titanite sind zer- brochen und verflößt. Allgemeiner verbreitet sind freilich kleinaugige, knotige oder knotigflaserige Gesteine, in denen man aus der Anordnung der Züge von feinschuppigem Biotit, welche an den Umrissen der größeren Feldspate abstauen oder diese umfließen, auf eine ursprüngliche Paralleltextur schließen kann. Aber schiefrige Kata- klase unter Entwicklung von Serizitsträhnen und Zertrümmerung der Feldspate ist diesen Gesteinen in höherem Maße aufgeprägt. Auch hier schwimmen im kleinkörnig gestreckten Mosaik zerdrückte, zerbrochene und umgeformte Plagioklase mit verbogener Zwillingsstreifung (saurer Oligoklas) mit Zonenbau (Zawisttal bei Czischek). Manche gestreckte Augen erscheinen unter dem Mikro- skop als unregelmäßige Felder von Kalifeldspat mit Quarz und Albit durchwachsen, als Körnergruppen oder Mosaik, durchzogen von feinkörnigen Zonen und vorwiegend bestehend aus Albit und Quarz, stellenweise mit großen und kleinen Orthoklasresten und myrmekitischen Körnern. F. E. Swess, O1 or} ID Epidotminerale und Zoisit wurden nur in wenigen Schliffen (Zawisttal), und zwar ziemlich reichlich in den Glimmerlagen angetroffen. Manche Schliffe enthalten ziemlich viel Caleit. Wenn auch die Flasergranite von Louczka keinem Gesteinskomplexe des Thayabatholithen voll- kommen gleichen, so ist doch die allgemeine nahe Verwandtschaft der Gesteine nicht zu verkennen. Sie werden insbesondere manchen Gesteinen aus der Randzone im Tale unterhalb Theras sehr Ähnlich (p- 20[560]) doch sind diese nicht als Augengneise entwickelt und nach meinen bisherigen Beobachtungen ärmer an Kalifeldspat und reicher an Epidotmineralen. In beiden Fällen dürfte eine kataklastische Parallel- struktur über eine ursprüngliche fluidale Parallelstruktur aufgepreßt worden sein. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß in diesem Gebiete stark zerdrückte, randliche Teile eines Batholithen zum Vorschein kommen, der genau dieselbe Stellung im Liegenden der moravischen Schiefer einnimmt, wie der Thayabatholith und auch diesem in petrographischer Hinsicht sehr nahe steht. Die Flasergranite von Louczka werden aber noch von den Serizitphylliten der Kwetnitzaserie unter- teuft (siehe Abschnitt IV). Die unmittelbare Grenze gegen diese Gesteine fand ich nicht bloßgelegt, weder bei Marschow, noch ım Zawisttale, noch an der Schwarzawa gegenüber von Tischnowitz. Es konnte nicht festgestellt werden, ob eine Kontaktwirkung an der Grenze gegen diese Schiefer stattgefunden hat. 3. Moravische Paraschiefer. An den Gürtel des Bittescher Gneises schließt, ebenso in der Thayakuppel wie im südlichen Teile der Schwarzawakuppel, ein zusammenhängender Bogen von vorwaltend tonigen metamorphen Sedi- menten, begleitet von Kalken, Quarziten und Grünschiefern; im Innern dieses Bogens erscheinen im Süden die beschriebenen Flasergranite und Granite von Znaim und Eggenburg; im Norden die eigentümlichen chloritischen und epidotführenden Ortho-Albitgneise von Deblin und Louczka. In dem Teile der Schwar- zawakuppel nördlich von Deblin und Tischnowitz ist der tiefste Teil des Gewölbes nicht bloßgelegt; der südliche Gürtel der Sedimente ist hier durch die unregelmäßigen Phyllitpartien mit den Kalkbänken von Lomnitz, Brumow und Bedrzichau vertreten. Sie treten auch hier zum Teil im Liegenden des Bittescher Gneises auf; zum Teil als Einfaltungen zwischen den Bänken dieses Gneises. Diese Auffassung wird wohl bestehen bleiben, wenn vielleicht eine neuerliche genauere Begehung die Grenzen der Phyllit- partien in der Karte verändern wird. Die moravischen Sedimente, sowohl Phyllite als auch Kalke, bleiben relativ wenig metamorph in der Schwarzawakuppel und im Nordosten der Thayakuppel, bis Skalitz und Ober-Dannowitz. Gegen Süd- westen nimmt der Grad der Umwandlung allmählich zu. Die Gesteine, obwohl im allgemeinen noch plattig, dünnschiefrig, grau und mürbe, werden allmählich grobschuppiger. Massigere, zum Teil härtere grobflaserige Gesteine, in denen Biotit oder Chlorit deutlicher sichtbar werden, treten in dem Gebiete nördlich von Znaim auf. Weiter im Westen, etwa von Znaim an, zersplittert sich der Zug in zwei Äste, welche durch die flaseriggestreckten und stengeligen Gneise des Zuges von Weitersfeld getrennt bleiben (p. 17 [557]). Der nordwestliche Zug von Fronsburg, Hötzelsdorf und Pernegg, durch flache Lagerung und mannig- fachen Schichtwechsel und mehrfachem Wiederholung der Kalklagen verbreitert, ist im großen ganzen höher metamorph. Makroskopische Granaten machen sich schon in einzelnen Lagen der Umgebung von Pleising bemerkbar und sind in dem westlichen Bogen sehr verbreitet, ja stellenweise, zum Beispiel in der Umgebung von Weitersfeld, ist das Gestein ganz durchspickt von hirsekorngroßen Granaten. Die Gesteine den zugleich mehr grobflaserig, wenn auch Zwischenlagen von dünnschiefrigen und dünnplattigen, grau oO o- 0) to) fo) fe ‚_öo xörnigen Biotitphylliten noch recht verbreitet sind. In dem östlichen Zuge, im Liegenden der zweiglimmerigen Stengelgneise von Weitersfeld, treten die am wenigsten metamorphen Schiefer auf. Die moravischen Fenster. 5683 Den ganzen inneren Rand des Schieferbogens in der unmittelbaren Nachbarschaft des Flasergranits des Thayabatholithen begleiten Gesteine, in denen dunkler Glimmer und Feldspat mehr hervortreten. Wo in der Gegend von Sigmundsherberg die beiden Schieferzüge wieder zusammenfließen, wechseln feinkörnige graue Biotitphyllite häufig mit feldspatigen Biotitschiefern. Der verschmälerte Schieferzug gegen den Manhartsberg umfaßt, wie unten weiter ausgeführt wird, eine mannigfaltige Serie von Phylliten, Kalksilikatgesteinen und Gesteinen, die als Schieferhornfelse und Imprägnationsgneise aufzufassen sind, häufige Bänke von dünnschiefrigem Flasergranit und auch massige Granite (Burgschleinitz). Die ganze Serie scheint hier nachträglich auf engeren Raum zusammengepreßt und stark mechanisch beeinflußt. Dievon Tausch als Kwetnitzagesteine bezeichneten Komplexe von Phyllit, Quarzkonglomeraten und Kalken in der Schwarzawakuppel nehmen sowohl nach ihren Lagerungsverhältnissen, als auch nach ihrer petrographischen Beschaffenheit eine gesonderte Stellung ein (siehe Taf. II). Sie werden unten in einem besonderen Kapitel besprochen. Ein äußerer Saum von mannigfachen Paraschiefern, der die Schwarzawakuppel umgibt und der im Norden (in den Blättern Brüsau-Gewitsch und Boskowitz-Blansko) von Rosiwal und Tausch mit den genannten inneren Paraschiefern als Phyllitgruppe vereinigt und auch von mir in seiner südlichen Fort- setzung (Blatt: Groß-Meseritsch und Trebitsch— Kromau) als Phyllit kartiert wurde, gehört, wie noch weiter auszuführen sein wird, ebenso wie die anschließenden Glimmerschiefer bereits zu den moldanubischen Gesteinen. Ihre Fortsetzung sind in der Thayakuppel die bei Rakschitz südlich von Mährisch-Kromau als Phyllit kartierten Gesteine (Blatt: Trebitsch—Kromau und Znaim). A. Phyllite und Glimmerschiefer der beiden Hauptzüge. Die Gesteine der beiden Hauptzüge moravischer Sedimente in der Thayakuppel und in der Schwarzawakuppel gehören ohne Zweifel dem gleichen stratigraphischen Komplex an, denn die ver- schiedenen Grade der Metamorphose im Norden und im Süden sind durch allmähliche Übergänge und Wechsellagerungen miteinander verbunden. Es bleibt noch immer eine große Kluft zwischen den am höchsten kristallinen Lagen dieser Zone, zum Beispiel den granatführenden Schiefern von Fugnitz bei Geras, und den grobschuppigen, granatreichen Glimmerschiefern des moldanubischen Randgebietes. Eine Ver- wechslung von Handstücken der Glimmerschiefer aus beiden Zonen ist kaum möglich. An Stelle der erwähnten Granatglimmerschiefer, welche auf den Süden der Thayakuppel beschränkt sind, herrschen weiter im Norden und insbesondere in der Schwarzawakuppel die sehr feinkörnigen, blei- grauen, seltener schwarzen oder grünlichen Phyllite, in denen Granaten mit freiem Auge nicht wahr- genommen und auch unter dem Mikroskop nur selten in kleinen Individuen nachgewiesen werden. a) Phyllite der Schwarzawakuppel. Diese Gesteine sind meist stark verwittert, sehr brüchig, splittrig oder dünnschiefrig, manchmal auch plattig zerfallend. Ihr Gesamthabitus bleibt recht gleichmäßig sowohl in dem Hauptbogen der Schwarzawakuppel über Swatoslau und Larchanko gegen Tischnowitz, wie auch in den unregelmäßigen Partien im Norden in der Umgebung von Lomnitz. Einzelne Schliffe (Radoschkow und nördlich von Strzemochowy) erweisen sich unter dem Mikroskop als äußerst feinkörnig, mit stärker hervortretenden, wellig gestreiften oder gefältelten Serizitsträhnen, welche in der Regel dicht erfüllt sind von zartem kohligem Staub und von größeren Flecken bräunlich verwitternder Erze. Biotit, in Form zart blaßbrauner Streifen, häufiger aber grün entfärbt oder gänzlich in Chlorit umgewandelt, ist spärlich den Serizitsträhnen zugestellt oder bildet mit Quarzfeldspatmosaik vermengt selbständige Lagen. Aber auch neophytischer Chlorit spielt eine große Rolle und ist namentlich in Form kleiner Schüppchen in den gestauchten oder gestreckten Linsen von Quarzfeldspatmosaik reichlich eingestreut. Der Plagioklas des Mosaiks erwies sich als schwächer lichtbrechend als der Kanadabalsam (Albit), Orthoklas wurde nicht nachgewiesen. Allgemein verbreitet sind wohl sehr kleine Säulchen und Körnchen von Turmalin (zirka 0:03 bis 0-1 sum) von blasser violettgrauer Farbe mit Anreicherungen kleinster dunkler Einschlüsse in der Nähe des einen Endes. 564 I SINE, Neben diesem ziemlich gleichmäßig verbreiteten Haupttypus der Phyllite finden sich in der Schwarzawakuppel noch verschiedene, allerdings nicht sehr auffallende Einlagerungen. So zum Beispiel gröbere krystallinische Gesteine am Waldrande im Tale gegenüber von Drnowitz bei Lissitz. Auch diese sind gefältelt und bestehen aus grünem und schmutzig braungrün geflecktem Glimmer, vergeseil- schaftet mit zart grünem Chlorit. Sie enthalten rundliche Körner von gestreiftem Albit, dem häufig kleine Chloritschüppchen oder auch starke doppelbrechende farblose Schüppchen eingelagert sind. Dazu kommen noch dunkle Eisenerze und kleine gelblich zersetzte Körnerhäufchen von Titanit und häufige Adern und Nester von Calcit. Dieses Gestein enthält keinen Turmalin. Am rechten Ufer der Schwarzawa oberhalb Brzezina gegen Tischnowitz sind dem grauen Phyllit neben quarzitischen Bänken auffallendere, zum Teil ziemlich massige Grünschiefer eingelagert. Das etwas schiefrige Grundgewebe besteht aus blaßgrünem und wenig regelmäßigem Chlorit (schwach doppel- brechend, optisch positiv), kleinen rundlichen oder gestreckten Plagioklaskönern, unregelmäßig eingestreuten kleinen Körnergruppen von Zoisit und Epidotmineralen. In der Masse liegen größere, zum Teil deutlich idiomorphe, selbst leistenförmige Plagioklase mit Zwillingsstreifung. Die Häufung kleiner Einschlüsse (Zoisit und Epidot) im inneren Teile der Körner deutet auf ehemaligen normalen Zonenbau; doch sind die Plagioklase nur pseudomorph und erweisen sich schwächer lichtbrechend als Kanadabalsam. Ohne Zweifel liest ein verändertes diabasartiges Eruptivgestein vor. b) Phyllite der Thayakuppel. Mannigfaltiger sind die Gesteine des großen bogenförmigen Zuges im Liegenden des Bittescher Gneises aus der Gegend von Hosterlitz südlich von Mährisch-Kromau über Hardegg, Pernegg und Sig- mundsherberg zum Manhartsberge. Im nordwestlichen Teile des Zuges, etwa bis über die Gegend von Mrambotitz bis Znaim hinaus, sind auch hier graue Phyllite, ganz ähnlich denen der nördlichen Gebiete und auch von ganz ähnlicher mikroskopischer Beschaffenheit. In den Serizitlagen sind die staubartigen, dunklen Massen zu scharf hervortretenden Streifen angereichert und zeigen durch ihre Verbiegungen und Zer- reissungen nachträgliche Bewegungen deutlich an. Allmählich machen sich nördlich von Znaim gröber schuppige Zwischenlagen bemerkbar. An der Nordwestbahn finden sich zum Beispiel neben gewöhnlichem grauem Phyllit ziemlich quarzreiche Chlorit- Musecovitphyllite. Der rein grüne und lebhaft pleochroitische Chlorit (optisch negativ, sehr schwach doppelbrechend) ist fast ausschließlich und in ziemlich gut entwickelten Schuppen dem Quarzmosaik beigemengt. Der farblose Glimmer (optisch zweiachsig mit mittlerem Winkel) ist auch hier vorwiegend auf kräftigere Strähne zusammengedrängt; die Anreicherung von Erzflecken, sowie dünne undurchsich- tige Schnüre, aus Zersetzung hervorgegangen, und kleine verschwommene blaßbraune, pleochroitische Flecken deuten darauf hin, daß auch entfärbter Biotit an der Zusammensetzung dieser Lagen beteiligt ist. Kleine Turmalinsäulchen. Diese Gesteine, in Felsen anstehend, bleiben von den Flasergraniten durch härtere, reichlicher biotit- führende, stark gefältelte Schiefer getrennt, welche bereits der weiter unten zu besprechenden inneren Grenzzone des Phyllitzuges angehören. Vermutlich in der Fortsetzung der oben erwähnten Chloritgesteine an der Nordwestbahn stehen beim Teich von Kaja grobflaserig gefältelte und stengelig gestreckte und gewundene Chloritgesteine mit Quarz- knauern an. Sie sind sehr verschieden von den granatführenden Biotitschiefern im Osten. Es scheinen Übergänge vorhanden zu sein in die Stengelgneise von Weitersfeld (siehe p. 17 [557)). Auch feiner gefältelte, graue, dünnplattige Schiefer sind in der Nähe und die klüftigen Felsen an der Thaya gegen Neuhäusel sind im allgemeinen graue, biotitführende Gesteine, von phyllitischem Habitus, stellenweise aber sehr reich an Muscovit. Den geringsten Grad der Metamorphose unter den mir bekannt gewordenen moravischen Phylliten in der Thayakuppel zeigen gewisse Lagen auf den Kuhbergen östlich von Weitersfeld, vergesellschaftet mit plattigen Quarziten. Es sind dünnschiefrige, äußerst fein gefältelte Gesteine, bleigrau und matt glänzend; zum Teil von tonschieferähnlichem Aussehen. Sie bestehen vorwiegend aus sehr feinschuppigem Serizit, dem Quarz in sehr wechselnder Menge, bis zum Übergang in Quarzit, zugesellt ist. Die moravischen Fenster. 565 Die Gesteinsmasse und insbesondere der durchwegs farblose Glimmer ist dicht durchstäubt von feinen undurebsichtigen Flocken Pünktchen und Krümelchen. Neben Quarz wurde im gröberen Mosaik Oligoklasalbit nachgewiesen (zweiachsige Körner 0o< Kanadabalsam). Örtlich finden sich nicht selten kleine blaß honiggelbe Säulchen (zirka 0:05 mm) oder auch allerfeinste Nädelchen von Rutil. c) Granatglimmerschiefer von Fugnitz. Das entgegengesetzte Extrem innerhalb der Serie der moravischen tonigen Sedimente wird zum Beispiel vertreten durch die granatreichen Glimmerschiefer bei Fugnitz nördlich von Hötzelsdorf. Hier, im Hangenden des Schieferzuges, treten die Merkmale einer tieferen Umwandlungsstufe auffallend hervor. Ja, manche feldspatreiche Lagen werden im Dünnschliffe moldanubischen Sedimentgneisen (Plagioklasgneisen) in Struktur und Zusammensetzung recht Ähnlich. Biotit, in ziemlich gut entwickelten Schüppchen, lebhaft pleochroitisch in reinen Farbentönen, von tiefholzbraun, etwas rötlich grau zu sehr blaß gelblichbraun mit pleochroitischen Höfen ist der herrschende Glimmer; manchmal mehr als zwei Drittel des Gesteines. Muscovit findet sich weit spärlicher. Saurer Plagioklas (in feldspatreichen Lagen; Andesin 7) «, «) e) ist dem reichlichen Quarz zuge- sellt. Orthoklas konnte nicht nachgewiesen werden. Granat erscheint im Schliff manchmal blaßrötlich, in unregelmäßigen Gestalten und bis in die Randzone siebartig durchlöchert von kleinen rundlichen Quarzeinschlüssen. Größere Einschlüsse sind manchmal in Reihen geordnet parallel der Schieferung des Gesteins. Dazu kommen noch die häufigen Turmalinsäulchen im gewöhnlichen Habitus und kleine Körnchen und Nädelchen von Apatit. Kontaktgesteine vom Wolfsteich bei Hardegg. Inder Gegend von Kaja(südöstlich von Hardegg), auf demWege nach Karlslust und zwischen Sackteich und Wolfsteich sind in der Grenzzone gegen den Flasergranit zahlreiche Imprägnationen im dunklen Biotitschiefer zu sehen, deren örtliche Anreicherung förmliche Adergneise entstehen läßt. Die Zone schließt an die gestreckt und knotig-schiefrigen stengeligen, bald serizitischen, bald zweiglimmerigen Randgesteine des Thayabatholithen bei Nieder-Fladnitz. Erst unter mannigfachem Wechsel des Gesteins- charakters nehmen unterhalb des Wolfsteiches die hornfelsähnlichen, biotitreichen Schiefer allmählich überhand. Sie enthalten sowohl feldspaireiche Lagen in gleichsinniger Schieferung, welche die Faltungen mitmachen, als auch Adern von Aplit, handbreite und breitere Gänge von feinkörnigem Granit, welche Faltung und Paralleltextur quer durchbrechen und Stücke des losgelösten Schiefers umschließen. Größere Stücke von massigem Granit und schriftgranitischem Aplit mit fleischrotem Feldspat fand ich in der Nähe. Gegen den Sackteich verschwinden die Adern und die Schiefer werden mattglänzend bleigrau mit unruhiger Fältung; bei Kaja selbst stehen bereits gestrecktstengelige Chlorit-Serizitschiefer an. Die dunkeln ziemlich feinkörnigen Schiefer vom Wolfsteich zeigen unter dem Mikroskop keine Spur von Kataklase und wohl ausgebildete Krystallisationsschieferung, erzeugt vor allem durch die mangelhaft zusammenhängenden Lamellen von schön rötlich- braunem Biotit (zahlreiche pleochroitische Höfe), stellenweise mit etwas Muscovit. Manche Lagen enthalten auffallend viel Orthoklas, der dann mit xenoblastischen Umrissen lagenweise im gröberen Quarzmosaik angereichert ist und spärliche Einschlüsse von Oligoklas umschließt. In anderen Gesteinspartien ist der Oligoklas etwas getrübt in feinkörnigen Linsen und Streifen mit Quarz zusammengedrängt, ähnlich wie in den Gesteinen von Theras, doch fehlen hier die Zoisite. Manchmal sind auch größere Oligoklaskörner mit unregelmäßig ausgezackten Grenzen im Mosaik eingeschaltet; sie enthalten Quarzeinschlüsse und Schuppen von farblosem Glimmer, aber keinen Zoisit. Vereinzelt wurden kleine Granatkörnchen beobachtet. Einlagerung von Schiefer im Granit gegen Amelsdorf. Mannigfaltig, bald sehr feinkörnig und dünnschiefrig, oft splittrig, glimmerarm, weiß, quarzitisch oder feldspatig, bald wieder biotitreich und dunkel, seltener grobflaserig sind die Gesteine des Schieferzuges, welcher zwischen Eggenburg und Kühnring südwärts zieht und gegen Amelsdorf auskeilt. Besonders auffallend sind weiße, dünnschiefrige Gesteine bei Kapellenäcker westlich von Eggenburg: sie gleichen einem hochgradig zerdrückten, äußerst feinkörnigen Aplit mit etwas gestrecktem, zum Teil verzahnten, wirren Quarzmosaik, dem Serizitbüschel und kleine, etwas trübe, von Schüppchen erfüllte, gestreifte, unregelmäßig Denkschriften der mat: em,-naturw. Kl. LXXXVIII. Bd. 74 566 IR. EB. Sweisis, umgrenzte Plagioklase (Albit) ziemlich reichlich eingestreut sind. Zirkon- und Apatitkörnchen sind im Verhältnis zum feinen Korn des Gesteins auffallend groß und häufig. Dazu kommen noch bis 2mm große, unregelmäßige Körner, Körnergruppen und Skelette von braunem Turmalin; ein Mineral, das, wie bemerkt, sonst im moravischen Gebiete nur in den Phylliten, nicht in den Gneisen und nur ausnahms- weise in Gängen eruptiven Ursprunges angetroffen wird. Es scheint mir übrigens fraglich, ob dieser dünn- schiefrige Aplit vom Znaimer Batholithen abzuleiten ist und nichtschon vor dessen Intrusion in der Schiefer- serie enthalten war. Noch jenseits Sachsendorf werden feinschuppige, glimmerreiche Biotitgneise zu Straßenschotter gebrochen. Sie sind wie die Gesteine der Übergangszone von Theras gekennzeichnet durch die zahlreichen, ziemlich idioblastischen, gestreiften, von farblosen Glimmerschüppchen reichlich durchsetzten Albite (bis Imm) in feinkörnig schiefrigem, biotitreichem Grundgewebe ohne Kalifeldspat. Bei Gumping endigt nach Reinhold’s Angaben (l. c. p. 48) die Schiefereinlagerung zwischen angrenzendem basischem, schiefrigem Granit. Züge von Schiefer und Flasergranit westlich vom Manhartsberge. In dem verschmälerten Schieferzuge südlich von Sigmundsherberg nehmen, wie gesagt, feldspatige Gesteineimmermehrüberhand. Häufigfindetein diffuser Übergang in glimmerige Phyllite stattund das Gebiet von hier bis zum Manhartsberge wird beherrscht von einem wiederholten Wechsel von glimmerigem Schiefer und dünnstengligem Gneis (Flasergranit)." Dazwischen haben sich aber noch stellenweise dünn- plattige, feingefältelte dunkle Phyllitlagen vom ursprünglichen Habitus erhalten. So zum Beispiel an ver- schiedenen Stellen im Pulkabache (östlich von Brugg); in der Umgebung des Bahnhofes Sigmundsherberg, im Tale unterhalb Maigen und in der südlichen Fortsetzung des Zuges westlich von Engelsdorf bei Eggen- burg; noch weit im Süden östlich von den Schieferzügen des Manhartsberges am Waldrande gegen Diendorf findet man spärlich aufgeschlossen, aber deutlich dünnschiefrige, wenig metamorphe Phyllite. Ihnen folgen gegen Osten neuerdings Kontaktschiefer und zersetzte Stengelgneise (Flasergranite). Der dunkelgraue Gneis, welchen Reinhold als felsig anstehendes Gestein aus der Gegend östlich von Stiefern erwähnt, dürfte in die Gruppe der plagioklasreichen Grenzgesteine (wie bei Theras) gehören, wenn er auch nahe am Westrande der Schieferzone gelegen ist und unmittelbar an den moravischen Kalkzug anschließt; denn schon bei Maigen unweit Sigmundsherberg erscheinen feldspatige Schiefer in der Phyllitzone. Sie werden südlich von Harmannsdorf immer reichlicher und das Gebiet des Manharts- berges bis zum Südende des moravischen Schieferzuges am Kugelberge östlich von Schönberg am Kamp, besteht aus vorherrschend feldspatigen, gneisartigen Gesteinen, denen schmälere Züge von grauem Phyllit (zum Beispiel Diendorf am Walde) eingelagert sind. Diaphtorite an der Diendorfer Verwerfung südlich vom Manharttsberge. Die eben erwähnten Gesteine vom Kugelberge und bis Diendorf am Walde sind stark diaphtori- tisch verändert; manchmal ungleichkörnig, von mylonitischem Aussehen, mit schmutzigen Farben, die Glimmer grünlich zersetzt und ausgeschmiert; oft ist das Gestein durch Eisenoxyd fleckig gebräunt. Häufig ist es vollkommen in feldspatigem Chloritschiefer umgewandelt und an die Stelle der Glimmer ist sehr blaßgrüner Pennin getreten, der als feinfaseriges und wirr schuppiges Netzwerk dem kleinkörnigen Mosaik vom trüben Albit und Quarz eingefügt ist. Rundliche, kleine Porphyroblasten von gestreiftem Albit, erfüllt mit Glimmerschüppchen, heben sich oft noch deutlich ab vom Mosaik. An die Stelle der häufigen Titanite sind gelbliche, undurchsichtige Flecken (Leukoxen) getreten. Wenig Orthoklas ist manchmal in xenoblastischen Gruppen mit Plagioklaskörnern vereinigt. Flasern von farblosem Glimmer Ill sind nur in manchen Stücken, aber dann kräftig entwickelt. Den Quarzlagen ist mitunter reichlich Caleit iese Zonen gehören die Schiefer vom Lateintale bei Eggenburg, in denen Mocker (l. c. p. 349) Pseudomorphosen von it angibt. Die moravischen Fenster. 567 B. Kalke des Phyllitzuges. Die Kalke des moravischen Phyllitzuges sind trotz der Schwankungen in der Größe der Krystall- körner und des Glimmergehaltes in ihrer allgemeinen Beschaffenheit recht gleichartig und man kann nichtzweifeln, daß die relativ wenig mächtigen, aber auf große Erstreckung vom Manhartsberg bis Brumow nördlich von Lomnitz wiederkehrenden Bänke der Hauptsache nach einem stratigraphischen Horizont angehören. Wıe bereits erwähnt wurde, begleitet ein Kalkband von 30 bis 40 m Mächtigkeit ebenso in der Thayakuppel wie in der Schwarzawakuppel fast überall die Grenze zwischen dem Bittescher Gneis und den phyllitischen Gesteinen im Liegenden desselben. Doch finden sich auch Einlagerungen in den Phylliten, besonders in der Gegend westlich von Weitersfeld und bis Pernegg, in großer Ausdehnung. Hier sind ohne Zweifel wiederholte Überfaltungen des gleichen Kalklagers flach übereinandergeschoben (siehe p. 38 [978]). Auch im nördlich vorgelagerten Bittescher Gneis, zwischen Hardegg, Mallersbach und Her- furth, ist eine Bank gleichartigen Kalkes eingeschaltet. Ein zweiter Kalkzug aber, der parallel mit dem äußeren Randzug im NO der Thayakuppel von Oberdannowitz über Skalitz gegen Kodau zieht, ist weniger krystallinisch. Auch die Kalkzüge der Kwetnitza, welche im Liegenden der Schwarzawakuppel bei Tischnowitz auftreten, sind in mancher Hinsicht verschieden und im allgemeinen weniger metamorph als die moravi- schen Kalke im Hangenden; sie sollen später besprochen werden. Im westlichen Bogen der Thayakuppel, auf denselben Strecken, in welchen die moravischen Phyllite in Granatglimmerschiefer übergehen, von Hardegg bis Harmannsdorf, sind auch die moravischen Kalke in höherem Grade krystallinisch. Die Epimarmore in den zahlreichen Steinbrüchen dieses Gebietes sind mittelkörnig, dunkelgrau oder bläulichgrau, manchmal, bei besonderem Reichtum an Glimmer, mit violettem oder bräunlichem Farbenton. Die lebhaft braunen Biotitschuppen können 0:5 mm groß werden. Die Gesteine sind plattig-schiefrig, seltener grob gebankt. Glimmerreiche Zwischenlagen werden bröckelig-schiefrig, oft ganz mürbe. Dünne Streifen oder kurze Flammen von weißem Caleit bedecken mit gleichmäßiger enger Zeichnung größere Gesteinsflächen. Rostrote Flecken sind manchmal auf den Schichtllächen regelmäßig verteilt und schmale Limonitstreifen füllen oft die querdurchsetzenden Cleavageklüfte. Manchmal ist Brauneisenerz in faustgroßen oder größeren Knollen angereichert. Auf den grobspatigen Calcitadern, welche, oft vergesellschaftet mit gelblichem Eisenspat, den Kalk- stein reichlich durchschwärmen, findet man nicht allzu selten Drusen von Doppelspatoder auch Stengel von Klinozoisit (Hardegg).! Auf Klüften ist manchmal, ebenso wie im Bittescher Gneis, Muscovit und Prochlorit angesiedelt. Fast für alle Vorkommnisse dieser Kalke sind die zahlreichen rundlichen Einschlüsse von milch- weißem Quarz höchst bezeichnend. In Ausnahmsfällen werden sie kopfgroß; zumeist erreichen sie nicht Faustgröße. Es scheinen umkrystallisierte Quarzgerölle zu sein, welche nun von der Parallelstruktur des Kalkes in der Regel konzentrisch umflossen werden. Noch kleinere Gruppen von Quarzkörnern und ein- zelne versprengte Körnchen enthüllt das Mikroskop in sehr großer Zahl. Die kleinen, schwach lichtbrechenden Körnchen können bis zu ein Viertel der Gesteinsmasse ausmachen; ein kleiner Teil darunter ist Albit oder Oligoklas-Albit (optisch zweiachsig, schwach lichtbrechend); er zeigt selten Zwillingsstreifung und Andeutung von zonarem Bau, aber ohne idiomorphen Umriß. In glimmerreichen Lagen überwiegt der schön holzbraune oder etwas rötlichbraune Biotit (verschwommene pleochroitische Höfe, häufig, r :0:015) in parallel gestreckten Strähnen; aber farbloser Glimmer ist ihm, zum Teil in parallelen Verwachsungen, stets beigemengt. In den glimmerarmen, gröber granoblastischen Arten sind dagegen meist nur farblose Glimmer in isolierten Schüppchen vorhanden. 2 A, Himmelbauer. Neue Mineralvorkommen aus Niederösterreich. Zentralblatt für Mineralogie ete., 1909, p. 397. 74* 568 HE SSSYHIEISISEE Chlorit, vollkommen farblos, optisch positiv, findet sich in gestreckten oder wirrfaserigen Aggregaten und erfüllt mit undurch- sichtigen Stäubehen sowohl häufig in den glimmerreichen Lagen als auch allein, besonders in den glimmerfreien, feinkörnigen und weniger krystallinischen Kalken (Laschanko). Undurchsichtige Stäubchen (graphitischer Substanz) sind in lockeren Wolken häufig im farblosen Glimmer und im Chlorit angereichert; in den reinen Kalkpartien sind sie nur sehr selten. Pyrit ist relativ sehr selten und in kleinen Körnern. Kalksilikatminerale wurden nicht beobachtet. Die grauen Kalke vom Kalkberg nordwestlich von Oberdannowitz sind, wenn auch lagenweise noch ziemlich glimmerreich, doch schon etwas weniger krystallinisch als die Kalke im SW, und die Korngröße nimmt noch mehr ab gegen NÖ in den Aufbrüchen beim Meierhof von Skalitz und auf den Feldern im W der Kodauer Straße. Der innere, parallele Kalkzug aber, welcher im Dorfe Oberdannowitz, an der Straße bei Moratitz, dann am SO-Ende des Dorfes Skalitz und auch in einem kleinen Aufbruch in den Feldern im NO von Nispitz angetroffen wird, ist ganz feinkörnig bis dicht, gebändert, hellgrau bis schwarz, ohne Glimmer- minerale; er enthält nur stellenweise schwarze, schwach glänzende Streifen und Schmitze. Es sind wirr- faserige Chloritnester, erfüllt mit kohligen Stäubchen. Hier ist die Abnahme der Metamorphose von den hangenden zu den liegenden Schiefern in den moravischen Gewölben besonders deutlich. Diese Gesteine werden dunklen devonischen Kalken rechtähnlich und man fühlt sich veranlaßt, nach Fossilien zu suchen; freilich ohne Erfolg. Beiläufig in der Verlängerung des inneren Kalkzuges von Skalitz liegen die unzweifelhaften Devon- kalke von Kodau und Lisnitz. Trotzdem kann nicht angenommen werden, daß die moravischen und die devonischen Kalke einem Zuge angehören. Die Kalke der Straße bei Kodau, welche an den Kulm von Hosterlitz anschließen, sind bereits vollkommen gleich den fossilführenden Devonkalken von Brünn und in den mährischen Sudeten; wie diese massig, grobgebankt, dunkelgrau bis schwarz und von weißem Caleit durchädert. Sie zeigen keine Spur von nachträglich aufgeprägter Paralleltextur, die der Bänderung der Kalke von Skalitz gleichkäme. Beide Vorkommnisse bleiben durch eine große Verwerfung in der Fortsetzung der Boskowitzer Furche getrennt und der Gegensatz zwischen beiden Kalken ist ein ähnlicher wie zwischen den Graniten der Brünner Intrusivmasse und jenen des Thayabatholithen; dort richtungslose kata- klastische Zertrümmerung, hier Pressung, verbunden mit der Tendenz zur Entwicklung einer Parallel- textur. 2 Während die Kalke am äußeren Phyllitsaum im S der Schwarzawakuppel und jene der Phyllit- gebiete im N bei Brumow vollkommen denen am äußeren Phyllitsaum der Thayakuppel gleichen und etwa genau so wie die Kalke von Dallein und Pernegg erfüllt sind mit weißen Quarzknauern, sind die inneren Kalkzüge bei Laschanko und gegen Herotitz (Tischnowitz SW) in einzelnen Partien schon etwas dichter und nähern sich im Aussehen den inneren Kalkzügen von Skalitz in der Thayakuppel. Die innersten Kalkzüge, jene der Kwetnitza, sind, wie die nähere Beschreibung noch zeigen wird, am wenigsten krystallinisch. C. Kontaktschiefer zwischen Bittescher Gneis und Kalk.! (Fugnitzer Kalksilikatschiefer.) Ein eigentümliches Gestein ist in der Thayakuppel zwischen dem äußeren Kalkband und dem Bittescher Gneis eingeschaltet. Wegen seiner Mineralzusammensetzung, wegen der Mischung der Charak- tere eines Kontaktgesteins und eines extrem gestreckten krystallinischen Schiefers verdient es besondere Erwähnung. Am Kalkberg bei Oberdannowitz ist es bereits in Spuren nachweisbar. In vollkommenster Ent- icklung und am mächtigsten ist es in den Brüchen bei Heufurth, Fugnitz, Harth und Nödersdorf auf- geschlossen. Es gleicht in Bruch und Gefüge einem harten, ebenschiefrig-feinkörnigen, granulitartigen iche Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1908, p. 407, Die moravischen Fenster. 569 Gneis. Die streng geradlinige Parallelstruktur tritt am Querbruch durch die verschiedenfarbigen, meist sehr scharf begrenzten Bänder und zarten Linien auffallend hervor. Weiß und weißlichgrau sind die quarz- und orthoklasreichen Streifen. In gelblichgrünen Streifen zeichnen sich Minerale der Epidotgruppe ab und dunkler grün sind jene Streifen, in denen man zumeist noch mit der Lupe die ungemein zarten und dünnen Hornblendenädelchen wahrnehmen kann. Ganz unregelmäßig wechseln handbreite oder mächtigere Lagen von dichtem Amphibolitgestein mit weißen, feldspatigen Bänken; zumeist sind die Gesteine auch im kleinen mit zarten Farben gestreift (Nödersdorf, Harth und an anderen Orten). Die einzelnen Streifen laufen wohl zumeist auf lange Strecken schnıal und gleichmäßig fort; aber das spitzwinkelige Auskeilen mancher verschiedenfarbiger Lagen und ihr verschwommenes Ineinanderfließen deuten darauf hin, daß die Parallel- textur durch schlierige Mischung und Auswalzung entstanden ist. Spitzwinkelige, sehr flache Isoklinal- faltung wird stellenweise beobachtet (Heufurth). Die gleichen Gesteine begleiten den schmalen Kalkzug, der nächst dem Rosental nördlich von Herfurth dem Bittescher Gneis eingeschaltet ist, und setzen sich über den Kalk hinaus noch fort durch den Tiergarten am Harthberg bei Fronsburg (siehe Karte II). Quarz, Orthoklas, saurer Oligoklas, Hornblende, Augit, Epidotminerale, Zoisit und Titanit in sehr wechselnder Mischung setzen das Gestein zusammen. Dazu kommen noch als Übergemengsteile: Apatit und Zirkon und ausnahmsweise noch vereinzelte Biotit- schüppchen. Die Struktur ist granoblastisch mit sehr ausgeprägter, ebenflächiger Lagentextur. Nur die Prismenflächen der grünen Horn- blende sind idioblastisch und auch diese nur unvollkommen und vielfach eingebuchtet; oft sind die Säulen beinahe siebartig durch- löchert und poikiloblastisch aufgelöst. Die äußerst schmalen, scheinbar unterbrochenen Nadeln können im Mikroskop manchmal auf 5, ja selbst auf 8 mm verfolgt werden. Ihre Länge kann dann das Hundertfache der Breite betragen. Die parallele Lagerung dieser Nadeln markiert die gleichmäßige Streckungsrichtung;; seltener sind sie lach gebogen. In den hornblendeführenden Lagen ist der Orthoklas angereichert und kann dort zum weitaus vorwiegenden Bestandteil werden. Ihm sind Quarz und spärlicher Oligoklas zugesellt. Beide, miteinander innig verwachsen, bilden zusammen mit Horn- blende fein diablastische Linsen und Körner zwischen gröberen, quarzreichen Lagen. Farbloser oder äußerst blaßgrünlicher Augit ist zwar örtlich mit Hornblende verwachsen, vorwiegend aber neben Zoisit und dispersivem Epidot in den Lagen mit Plagioklas und Quarz in Form ungleich großer und unregelmäßiger Körner und Körnerhauf- werk eingestreut. Plagioklas zeigt manchmal zonaren Bau und basische Reaktionssäume gegen Caleit. Es finden sich aber-auch andere Mischungen der Bestandteile und Augit neben Zoisit kann auch in Lagen reichlich auftreten die fast zur Hälfte aus Orthoklas bestehen. Caleit in einzelnen Körnern fehlt selten in den silikatreichen Lagen. Er nimmt in manchen Lagen sehr überhand; am Fugnitzer Berge sind zum Beispiel dünne Kalkbänder zwischen die Silikatgesteine eingeschaltet. Krystalloblastische Reihe: Titanit— Augit, Epidot, Zoisit—Hornblende (Prismenflächen)—Quarz, Oligoklas—Hornblende (End- flächen) — Orthoklas—Caleit. In der Schwarzawakuppel wurde dieses Gestein bisher noch nicht beobachtet. Nach Lage und Zusammensetzung muß dieses Gestein als eine Kontaktbildung zwischen Kalk und Bittescher Gneis aufgefaßt werden. Es steht aber in vielen Merkmalen weit ab von den sonst bekannten und verbreiteten Kalkkontakten an tiefen Intrusivgesteinen. Die Struktur ist völlig die eines krystallinen Schiefers; die extremste Parallelstruktur, die schnurgerade Bänderung, wird in imprägnierten Gesteinen, Adergneisen oder Imprägnationsgneisen, wohl nur selten angetroffen. Auf Kontaktmetamorphose scheint der häufige Augit zu deuten, ein Mineral, welches sonst in den moravischen Schiefern nicht gefunden wird. Der lagenweise Wechsel und die innige Mischung von Quarz und Kalifeldspat mit Kalksilikatmineralen, Augit, Hornblende, Zoisit und Epidot deutet auf eine Mengung der Stoffe aus den benachbarten Gesteinen. Man sieht jedoch keine eigentlichen Intrusionen von Bittescher Gneis, keine pegmatitischen Adern und keine Kalksilikatminerale im Kalkstein selbst. Es fehlt überdies dem Gestein jede Spur der Kataklase, welche in dem Bittescher Gneis die Pheno- kristen zertrümmert hat. Das Gestein ist in dieser Hinsicht vollkommen vergleichbar dem fein- körnigen, krystalloblastischen Grundgewebe im Bittescher Gneis. 570 F.E. Suess, Eine Überlegung über die Entstehung dieses eigenartigen Kontaktgesteins soll noch bei der zusammenfassenden Betrachtung der Metamorphose der moravischen Gesteine Platz finden (siehe p. 80). D. Kwetnitzagesteine. Eine Sonderstellung unter den moravischen Schiefern nehmen die Gesteine des Berges Kwetnitza bei Tischnowitz ein, sowie deren Fortsetzung auf einer nordwestlichen Höhe und am rechten Ufer der Schwarzawa bis gegen Marschow bei Laschanko. Der geringe Grad der Metamorphose dieses Gesteins- komplexes hat schon früher die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gelenkt und war die Ursache, daß sie häufiger einer eingehenden Besprechung gewürdigt wurden als die umgebenden Gebiete des west- mährischen Grundgebirges.! Die Kalke sind wegen ihrer zum Teil wenig krystallinischen Beschaffenheit von einigen Beobachtern, insbesondere von Camerlander mit Anschluß an eine ältere Tagebuchnotiz von Wolf, vermutungsweise den Devonkalken im O der Boskowitzer Furche gleichgestellt worden. Die beiden durch den Odrabach gequerten Hügel nördlich von Tischnowitz sind im großen aus folgenden Gesteinsgruppen zusammengesetzt: 1. Graue krystallinische Kalke. Sie nehmen den Süd- abhang der Kwetnitza und die Felsen und Steinbrüche unmittelbar über der Stadt ein und sind im Aussehen sehr ähnlich den moravischen Kalken vom Rande des Hauptpbyllitzuges, doch im allgemeinen weniger krystallinisch. Sie fallen mit zirka 40° gegen O und SO. 2. Rote und weiße Quarzite, vergesellschaftet mit Bänken von dünnschiefrigem Serizitquarzit und bröckeligem Serizitschiefer und Lagen von Quarzkonglomerat, welche den Südgipfel (Kleine Kwetnitza, C. 452) zusammensetzten; sie enthalten ebenso wie die Kalke Lagen von Quarzkonglomerat mit krystallinischem Bindemittel und auch schmälere Bänke von Kalk und Serizitphyllit. 3. Gipfelkalke der Kwetnitza. Verschieden von den Hangendkalken der Gruppe, dicht, noch weniger krystallin, meist lichtgrau oder dunkler, oft etwas gebändert, mit tonigen Zwischenlagen. Sie erstrecken sich über den Kamm der Kwetnitza gegen NO mit SO-Fallen. 4. Kata- klastisch-schiefriger Granit, durchsetzt von aplitischen Adern (von früheren Beobachtern nicht erwähnt). wird am Ostgehänge unmittelbar unter dem Gipfelkalk schon in einer Höhe von 400 m sichtbar; ist sehr gut aufgeschlossen im Liegenden des mittleren Kalk- und Phyllitkomplexes an der Straße nächst der Bahnbrücke bei Vorkloster, umfaßt den größten Teil des steilen Nordabhanges der Kwetnitza und wird noch am Fuße der Kuppe jenseits des Odrabaches (C. 381) sichtbar. 5. Grüner, hartplattiger Plagio- klas-Chloritschiefer (Hornblendegestein von Camerlanderund Tausch?).Dieses Gestein ist sowohlin einem Schotterbruch am Westfuße der Kwetnitza, als auch noch am Gehänge jenseits des Odrabaches mit SO- Fallen aufgeschlossen und ist ein hochgradig zerdrückter Diaphtorit, dessen ursprüngliche Natur sich schwer bestimmen lassen wird. 6. Hellgrauer, feinkrystalliner bis dichter Kalk, massig oder geschichtet, verwandt den Kalken vom Kwetnitzagipfel, im großen Steinbruch unter C. 381 an der Schwarzawa. Hierauf folgen graue Phyllite, welche ich nicht mehr der Kwetnitzagruppe, sondern dem moravischen Hauptsedimentzug zurechne. Allen diesen Gesteinen der Kwetnitzagruppe ist gemeinsam die hochgradige kataklastische Zertrümmerung sowohl im großen wie im kleinen und der geringe Betrag krystalloblastischer Neubildungen. Sie stehen durch diese Merkmale sowie durch das deutliche Hervortreten klastischer Bestandteile in vielen Lagen in bemerkenswertem Gegensatz zu den übrigen moravischen Gesteinen. ı F. Fötterle, V.Jahresbericht über die Wirksamkeit des Werner-Vereines, 1855. Brünn 1856, Anhang, p.75.— Camerlanden Angaben Heinr. Wolf’s über Devon westlich vom Brünner Syenitzug, Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1883, p. 87. — Geologische en aus Zentralmähren, Jahrb. der Geolog. Reichsanst., 1884, p. 407. — A. Makowsky und A. Rzehak, Die geologischen ltnisse der Umgebung von Brünn. Erläuterungen zur geolog. Karte. Verhandl. der nat. Ver. Brünn, 1884, p. 157. — Cameı- zu den geologischen Verhältnissen der Umgebung von Brünn, Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1885, p. 47. — sch, Über die krystallinischen Schiefer und Massengesteine sowie über die sedimentären Ablagerungen nördlich von Brünn, b, der Geolog. Reichsanst., 1895, p. 303 ff. Die moravischem Fenster. 571 Die Kalke oberhalb Tischnowitz (1) enthalten nicht selten, örtlich gehäuft, ungleich große Quarzgerölle. Serizitschiefer sind eingelagert, in denen man unter dem Mikroskop zahlreiche arg zer- drückte und verzogene, klastische Quarzkörner (seltener Orthoklase und Plagioklase) erkennen kann; sie sind eingebettet in feinkörnig-gestrecktes Quarzbindemittel mit kräftigen Serizitflasern. Windungen, Faltungen, fingerförmige Verknetungen, kleine Zonen von Verreibungsmaterial sowohl auf Querklüften als auch in flach linsenförmigen Abquetschungen auf den Schichtflächen sind häufige Erscheinungen. Rote Kalkbänder, von weißem Calcitgeäder durchsetzt, treten vorwiegend im Liegenden des Kalk- komplexes auf; an örtlichen Störungszonen hat auch in zusammenhängenderen Partien Umkrystallisation zu weißem Marmor stattgefunden. Schmälere Bänke von gebändertem Kalk, zum Teil mit roten Verwitterungsflächen, liegen zwischen Quarziten und lichtem Quarzkonglomerat auf dem Sattel zwischen der großen und kleinen Kwetnitza. Die Gipfelkalke der Kwetnitza (3) sind, wie gesagt, im ganzen weit weniger krystallinisch, licht- grau, seltener dunkel oder weiß, eng gebändert, durch tonige Zwischenlagen oft rot auf Klüften. In hohem Grade stengelig gestreckt, flach geknickt und verworren gefaltet, wie das besonders auf dem Wege südlich unterhalb des Gipfels zu sehen ist. Auch in diesen Kalken sind anthigene Breccien mit gebänderten Kalk- trümmern und weißer Calcitfüllung häufig. Dicht, von flach-muscheligem Bruche, meist hellgrau, seltener dunkel oder auch von rotem Adernetz durchzogen, sind auch die steil stehenden Kalkbänke in dem Steinbruchjenseits des Odrabaches (6). Sie sind niemals glimmerig und im Grade der Krystallinität weit abstehend von den moravischen Kalken des Hauptzuges. Auch sie sind von weißem Calcit reichlich durchtrümmert; etwa in ähnlichem Grade wie das bei den dunkleren, dichten Devonkalken des Hadiberges bei Brünn der Fall ist. Die Konglomerate (2) der quarzreichen Sedimente zwischen den beiden Kalkzügen von Tischnowitz und vom Gipfel der Kwetnitza enthalten haselnußgroße, seltener bis eigroße, weiße, rötliche oder auch blaßviolette, stark deformierte, plattgedrückte oder gestreckte Quarzgerölle mit weißem, seltener rötlichem, quarzitischem oder sandsteinähnlichem Bindemittel; meist laserig gestreckt und schiefrig bei zunehmendem Serizitgehalt. Indem die gröberen klastischen Elemente zurücktreten, geht das Gestein über in die Haupt- masse der bald weißen oder grauen, bald grünlichen oder rot-eisenschüssigen Quarzite. Auch sie sind stark durchsetzt von Zertrümmerungszonen, an denen Auflösung und Neukrystalli- sation der Kieselsubstanz durch zirkulierende Wässer stattgefunden hat. Auf der sogenannten Kleinen Kwetnitza, südlich vom Hauptgipfel, die als auffallende Felskuppe aus dem Waldboden hervorragt, sieht man rote, zellige und zerfressene Quarzitlagen mit niedlichen Drusen von Quarz und Eisenkiesel und daneben anthigene Breccien, in denen kantige Bruchstücke von rotem Quarzit, nach Art mancher Gang- füllungen, mit kokardenerzähnlichen Strukturen umgeben werden von weißer Quarzmasse. Der Granit am Nordabhang der Kwetnitza (4) ist mittelkörnig mit hellgrauen oder blaßroten Feldspatkörnern bis 5 mm Größe und ziemlich viel Quarz, gebankt und stengelig-schieferig, mit grünlichen Serizithäuten auf den Schieferungsflächen und überdies in hohem Grade kubisch zerklüftet. An der Straße gegenüber Vorkloster nächst der Eisenbahnbrücke ist er reichlich durchtrümmert von blaßroten Aplitadern und wechsellagert mit dünnschiefrigem Serizitphyllit. Auf dem Wege südlich unter dem Kwetnitzagipfel ist weißer Caleit eingedrungen und liegt in breiteren Streifen auch zwischen den Schieferungsflächen und ist wie diese zu wiederholten liegenden Falten zusammengeschoben. Das Mikroskop zeigt einen hochgradig kataklastisch zertrümmerten, glimmerarmen, orthoklasreichen Granit. Die Orthoklas- trümmer, oft mit sekundärer, lammenförmiger Perthitbildung und stellenweiser Umwandlung in Schachbrettalbit werden von äußerst feinschuppigen Serizitflasern umflossen und häufig auf Sprüngen durchsetzt von Quarz, der sonst mit typischer Mörteistruktur mit einer Tendenz zu etwas unregelmäßiger, wie zerflossener Streckung im Gestein verbreitet ist, Plagioklas mit Zwillingsstreifung tritt in größeren Gruppen von stark zerdrückten Körnern auf, an denen nicht selten noch der normale Zonenbau mit idiomorphen Umrissen kenntlich ist; farblose Zersetzungsschüppchen sind im Kern angereichert; der Rand, manchmal ganz klar, ist schwächer lichtbrechend O2 IRRE Sun. elsish als Quarz und als Kanadabalsam. Daß Biotit ehemals vorhanden war, wenn auch nur in spärlichen Schuppen, kann aus den rot- braunen und gelblichbraunen Streifen in dem nunmehr farblosen, arg zerfaserten Glimmer geschlossen werden. Caleit ist häufig auf Adern und Klüften. Von den Flasergraniten des Louczkabaches unterscheidet sich der schieferige Granit der Kwetnitza durch das Fehlen jeder Anzeichen der primären Paralleltextur oder Krystallisationsschieferung, wie sie dort in manchen Beispielen durch die Anordnung der kleinen Biotitschüppchen im Quarzmosaik angedeutet wird. Hier ist die Paralleltextur ausschließlich Kataklasschieferung ohne eigentliche Krystalli- sationsschieferung, hervorgerufen durch die Serizitsträhne. Hierin verhält sich der Granit genau so wie die Sedimente der Kwetnitza und es ist hierdurch gerechtfertigt, ihn mit diesen zu einer von den übrigen moravischen Gesteinen unterschiedenen Gruppe zu vereinigen. Die gleichen Merkmale hochgradiger mechanischer Umbildung zeigen die grünen, schieferigen Gesteine zwischen Granit und Kalk zu beiden Seiten des Odrabaches (5). ’ Sie sind feinkörnig, etwas schuppig-schieferig und bestehen der Hauptmasse nach aus augenartig zerdrückten und zerbrochenen Plagioklasen in einer bald nur spärlichen, bald reicheren Zerreibungsmasse; diese wird von äußerst feinschuppigen Serizitsträhnen durchzogen und enthält lockere Serizitschüppchen eingestreut. Häufiger ist es von äußerst blaßgrünen, wenig pleochroitischen und sehr schwach doppelbrechenden kleinsten Chloritschüppchen in paralleler Streckung durchflochten. Die Plagioklase, zumeist mit enger Zwillingsstreifung, sind von farblosen Schüppchen erfüllt oder auf Klüften durchwachsen. Die schwache Lichtbrechung läßt auf eine Pseudomorphose von Oligoklasalbit nach basischeren Plagioklasen schließen. Manchmal scheinen die Plagioklase durch sehr feines und dichtes Körnerhaufwerk von Zoisit mit etwas Epidotmineralen ersetzt. Quarz in Form sehr stark zerdrückter Körner ist in manchen Lagen in nicht geringer Menge der Zermalmungsmasse eingestreut. Titanminerale sind in dünne Streifen und unregelmäßige, allent- halben im Gestein verbreitete, gelblichweiße Fleckchen (Leukoxen) umgewandelt. Caleit ist als feinschuppige Masse im Gestein partien- weise verteilt oder auf den zahlreichen Klüften angesiedelt. Diese grünen Gesteine werden stellenweise auch als deutliche, eckige Bruchstücke vom Granit um- schlossen. Die ursprüngliche Beschaffenheit dieser Gesteine läßt sich kaum mehr feststellen und es muß unentschieden bleiben, ob hier eine basische Randfacies des Granites oder ein basisches Eruptivgestein, oder vielleicht eine silikatische Kontaktbildung zwischen Granit und Kalk bis zur Unkenntlichkeit ver- ändert wurde. ! Mit ähnlichem Streichen, doch seitlich verschoben und mit veränderter Tektonik, werden die Gestein- züge der Kwetnitza an der rechten Seite des Schwarzawatales wieder sichtbar. Die Kalke im Steinbruche an der Straße SO von Stepanowitz können als die nicht ganz Ikm gegen NW verschobene Fortsetzung der Kalke im Steinbruche oberhalb der Mündung des Odrabaches gelten; sie sind von gleicher petro- graphischer Ausbildung, dicht bis-feinkörnig, eigentümlich klingend, meist sehr licht, hellgrau bis grau; in manchen Lagen auffallend rot und grau gefleckt und bunt marmorartig. Südlich von diesem Steinbruche an der Straße gegen Tischnowitz ist der kataklastische Kwetnitza- granit mit zahlreichen rötlichen Aplittrümmern und mit OSO fallender Schieferung aufgeschlossen; auch er erscheint mit Beziehung zu den Granitaufschlüssen am Fuße der Kwetnitza um den gleichen Betrag gegen NW verschoben. Die Kalke beim Kalkofen gegenüber vom Bahnhofe Tischnowitz sind vermutlich die Fortsetzung des Zuges am Südfuße der Kwetnitza, vielleicht etwas gegen SO verschoben und mit steilerem Winkel (45 bis 50°) gegen SO auffallend. Sie sind, wie die Kalke von Tischnowitz, begleitet von weißen und rötlichen Serizitschiefern und Quarzkonglomeraten. Erwähnung verdient eine graphitische Lage in diesem Kalke, da sonst Graphitvorkommen in den moravischen Schiefern selten sind. veitgehende mechanische Zertrümmerung; des Kwetnitzakomplexes hat auch Raum geschaffen für die zahlreichen Gänge on Baryt, welche sowohl Kalk wie Schiefer in sehr wechselnden Dimensionen durchsetzen und über welche Professor er Zeit berichtet hat. Sie finden sich allerdings vereinzelt auch in anderen Teilen der Schwarzawakuppel, wie bei ‘,l. c., p. 172) und im Norden bei Ober-Czerny (Stepanau SO). — A. Rzehak. Über einige geologisch bemer- lineralvorkommnisse Mährens, Verhandl. des nat. Ver, Brünn, Bd, XLVIII, 1909, p. 169. Die moravischen Fenster. 573 Der Hauptzug der Quarzkonglomerate zur Rechten der Schwarzawa befindet sich nach Tausch so wie auf der Kwetnitza im Liegenden dieses Kalkzuges. Im Zawisttale bespült der Bach an verschiedenen Stellen harte Bänke von Quarzkonglomerat, zum Teil mit noch größeren ausgequetschten weißen und röt- lichen Quarzgeröllen, hartem quarzitischen oder serizitischen Bindemittel, welches mit seiner Streckung die Gerölle umfließt. Nach Tausch setzen sie sich über Pejschkov bis an die Lehne unterhalb Mar- schow fort. !. Makowsky und Rzehak unterschieden bereits 1884? in dem Gebiete südlich von Tischnowitz gegen Laschanko. zwei Kalkzüge von verschiedener Ausbildung. Den Liegendkalkzug von Hero- titz, feinkörnig, bläulichweiß, und den Hangendzug von Laschanko, dunkler, bitumenreich und mit glim- merigen Zwischenlagen. Hier zeigt sich abermals die wiederholt betonte Regel des moravischen Aufbaues, nach welcher die weniger metamorphen Schichten unter die höher metamorphen einfallen. Der Zug von Herotitz, welcher in den Steinbrüchen nördlich der Straße von Laschanko nach Marschow mit bedeutender Breite unvermittelt endigt, ist den Kalken vom Südfuße der Kwetnitza sehr ähn- lich und im höheren Grade krystallinisch als jene vom Gipfel der Kwetnitza. Mehrere Kalkaufbrüche, welche am Gehänge zur Schwarzawa unterhalb der Roten Mühle und am Eingange in das Zavisttal zwischen Quarzit und Serizitschiefer hervortreten, dürften Wiederholungen des gleichen Kalklagers dar- stellen. Die grauen Phyllite mit Grünschiefereinlagerungen und quarzitischen Bänken an der Schwarzawa oberhalb Brezina sind dagegen bereits dem Hauptzuge der moravischen Phyllite zuzurechnen, von dem auflagernden Bittescher Gneis trennt ihn in der krystallinische Kalkzug von Laschanko (Hangendzug nach Makowsky und Rzehak) ebenso, wie sich der Hauptalkzug in der Thayakuppel einschiebt zwischen Phyllit und Bittescher Gneis. Unter dem breiteren Gewölbe des Hauptzuges von Laschanko über Swatoslau und Louczka westlich der Schwarzawa taucht außer dem schiefrigen Dache der Schwarzawabatholithen noch die Kwetnitza- gruppe, wie es scheint im großen in Form einer Aufwölbung mit mehreren sekundären Einfaltungen hervor. Jenseits der Schwarzawa, auf der Kwetnitza, ist die Aufwölbung durch ein verschmälertes, ein- seitig, aber mit wechselndem Winkel gegen SO fallendes Schichtpaket ersetzt, welches nordwärts bei Lomnitschka unmittelbar unter dem Bittescher Gneis hinabsinkt. Der Zug des Bittescher Gneises ist bei Tischnowitz sehr verschmälert oder gänzlich abgeschnürt, denn schon am Fuße des Kluczanina, östlich von Tischnowitz, beim Sanatorium, trifft man auf die dem moldanubischen Dache angehörigen Granat- glimmerschiefer. 1 Die (nicht konglomeratischen) Quarzite, welche Tausch (l. c., p. 299), aus dem Bilytale zwischen Marschower Mühle und Schmelzhütte erwähnt, dürften nicht mehr zur Kwetnitza, sondern zum Hauptzuge der moravischen Phyliite gehören. 2 Die geologischen Verhältnisse der Umgebung von Brünn, p. 31. Denkschriften der mathem,-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 7 (s)1 574 100195, SUN2DS, VI. Tektonık der moravischen Kuppeln. 1. Gesteinsfolge. Einer kurzen Übersicht des Aufbaues der moravischen Kuppeln und von deren Verhältnis zu den Nachbargebieten soll hier eine Zusammenstellung der Gesteinszüge, aus denen sich die beiden Auf- wölbungen in zwiebelschaliger Überlagerung autbauen und wie er in den großen Umrissen aus der Karte, Taf. I, ersichtlich ist, vorangehen. Die Tabelle gibt die Gesteinsfolge von oben nach unten wieder. Thayakuppel. Schwarzawakuppel. Hangendes. Moldanubische Granatglimmerschiefer. j Phyllitähnliche Diaphtorite (sogenannte »Phyllitgruppe«) \ | nur im nördlichen Teile der Umrandung. in der ganzen Umrandung. j (Moldanubische phyllitische Einfaltungen im Dache?)! Moravische Gesteine: Bittescher Gneis Fugnitzer Kalksilikatschiefer Hauptkalkzug Hauptzug der Phyllite im SW in NO übergehend in Granatglimmer- Kalkzug von schiefer und Wechsellagerung Selletitz mit Flasergraniten (Einschaltung der Stengelgneise von Weitersfeld). Biotitreiche Schiefer an der Grenze gegen den Flasergranit. Flasergranit und Granit des Thaya- batholithen. Bittescher Gneis Hauptkalkzug Hauptzug der Phyllite Kalkzug von Herotitz, Phyllit mit Grünschiefern und Quarziten an der Schwazawa. Biotitreiche Schiefer an der Grenze gegen den Flasergranit. Kwetnitzagesteine: Kalke von Tischnowitz. Quarzkonglomerat und Serizitphyllit. Gipfelkalke der Kwetniza und Kalke lith). der Odrabachkuppe. Granit am Odrabache. Flasergranit des Louczkatales (Schwarzawabatho- Das Verhältnis des Kalkzuges von Herotitz, welchem wohl in der Thayakuppel der Kalkzug von Selletitz entspricht, zu den Kwetnitzakalken ist noch nicht sichergestellt. 2. Der Querbruch von Diendorf. Während typisch-moldanubische Granulite, Serpentine und Sedimentgneise mit dem ganzen Reichtum ‚ewöhnlichen Begleitgesteine sich noch weit südlich der Donau ausbreiten und die ausgedehnten ı des Dunkelsteinerwaldes südlich der Wachau bis nahe an den Alpenrand bei St. Pölten zusammen- setzen, erreichen die vom Manhartsberge her streichenden moravischen Schiefer nicht mehr die Donau. ı | 1 Die moravischen Fenster. Bei Wagram und Etsdorf kommen am alten Steilrande biotitreiche Sedimentgneise mit Amphibolitlagen zum Vorschein und in die gleichen Gesteine, noch begleitet von Serpentin, ist, teilweise von Brüchen begrenzt, die flach nach Süd geneigte mächtige Rotliegendscholle von Zöbing eingesenkt. Typische Gföhlergneise und Grannulitgneise, zum Teil fibrolithführend, trifft man noch bei Bösendürnbach, bei Diendorf a. W. und bis in die Nähe von Olbersdorf, Amphibolit am Südabhange des Kugelberges östlich von Schönberg am Kamp. Hier treten die moldanubischen Gesteine unmittelbar heran an den verschmälerten Zug von Bitte- scher Gneis und an die Flasergneise; bei Diendorf unmittelbar an die inneren Phyllite. Es bleibt kein Platz für die Glimmerschieferzone, die sonst allenthalben zwischen den beiden Massiven eingeschaltet ist; eine ONO-streichende Verwerfung — sie sei als der Querbruch von Diendorf bezeichnet — hat hier die moravischen Züge quer durchschnitten und in unmittelbare Berührung gebracht mit den inneren moldanubischen Gesteinstypen. Knapp an der Verwerfung, neben dem Tiergarten- zaun am Südfuße des Kugelberges, ist der Bittescher Gneis und mit ihm der anschließende Flasergranit aus der allgemeinen Richtung gelenkt und streicht nach Stunde 5 parallel der Verwerfung mit steilem Nord- fallen.! Zugleich sind auch die Gesteine in der unmittelbaren Nachbarschaft zu beiden Seiten des Bruches in hohem Grade diaphtoritisch, und zwar sind die moldanubischen Gesteine in höherem Grade als die moravischen verändert, in mylonitartige Formen übergehend, mit grünlich chloritischen Neubildungen, oft sehr mürbe und stark zersetzt (siehe p. 26 [566)). Diese Bewegung hat sich in viel geringerer Tiefe vollzogen als die Umwandlungen an den Gleit- flächen der moravischen Überschiebung. Sie ist ein weit jüngeres Ereignis und steht wahrscheinlich mit der Ausbildung der Boskowitzer Furche im Zusammenhang. Bei Lissnitz südlich von Mährisch-Kromau gabelt sich der östliche Randbruch der Boskowitzer Furche in zwei Trümmer (siehe Karte ]), von denen das östliche NS streichende als Misslitzer Bruch bezeichnet wurde.” Zwischen beide schiebt sich keilförmig eine Scholle vom Grundgebirge vor, der sogenannte Misslitzer Horst (siehe Karte II. Schollen von Kulm und Devonkalk begleiten den öst- lichen Hauptbruch der Boskowitzer Furche auf seiner ganzen Erstreckung von Boskowitz südwärts. Im westlichen Aste der Teilung am Misslitzer Horst liegt die gestreckte Devonscholle von Kodau und dann der Kulm von Hosterlitz; dieser ist somit die Fortsetzung des Boskowitzer Hauptbruches. Im Norden trennt der Bruch die sudetischen Gesteine und die Brünner Intrusivmasse von dem mol- danubischen und moravischen Grundgebirge im Westen. Obwohl südwärts von Lissnitz Grundgebirge auf beiden Seiten den Graben flankiert, bedeutet er auch hier eine wichtige tektonische Scheide. Vom Westen her streichen die moravischen Schiefer und Kalkzüge gegen Kodau und bleiben bis knapp an die im Graben eingeklemmten Kulm- und Devonschollen sichtbar. Der östlich angrenzende Misslitzer Horst besteht aber zum großen Teil aus moldanubischen Gesteinen. Mit 50 bis 60° südostfallend legen sich hier Granulite, Granat-Biotitgneise und Amphibolite auf ein Band von Muscovitgneis und Glimmerschiefer; dieses liegt wieder auf Phyllit. Granitische und aplitische Adern in diesem Phyllit werden auf den Thayabatholithen zurückzuführen sein, der als nächstes Glied in der Tiefe folgen mag. Der Bittescher Gneis fehlt in diesem Profil, das im übrigen, wenn auch gekürzt, dieselbe »verkehrte« Folge aufweist, wie die sonstige moravische Umrandung jedoch mit entgegen- gesetzter Neigung. So ist der Misslitzer Horst ein an jüngeren Brüchen versenktes Stück des SO geneigten Flügels der Überwölbung und zeigt an, daß einst die moldanubische Scholle, sowie über die Schwarzawakuppel, auch quer über die Thayakuppel ausgebreitet war. Im Süden folgen noch weitere Spuren des südostfallenden moldanubischen Gegenflügels. Es sind die Glimmerschiefer und Amphibolite, welche östlich von Znaim an die in einem kleinen NS-Graben versenkten Quarzkonglomerate des Unterdevon angrenzen, und ferner weit im Süden ein isolierter 1 Siehe auch Reinhold, 1. c., p. 45. 2 Die Tektonik des Steinkohlengebietes von Rossitz und der Ostrand des böhmischen Grundgebirges, Jahrb. der Geolog. Reichsanst., 1905, p. 826 ff. 75* 076 MB. Swessis, Aufbruch von stark diaphtoritisch zerquetschtem Granatglimmerschiefer unter der Kirche von Frauenberg am Schmiedabache (s. Karte Taf. II). Dies mögen Trümmer derselben Scholle sein, welche im Misslitzer Horste aus der jüngeren Bedeckung hervorragt; ihre Anordnung deutet auf einen bogenförmigen Verlauf der Trennungslinie gegen den Thayabatholithen. Es ist anzunehmen, daß sie an die Verwerfung von Diendorf anschließt. Demnach wäre der Randbruch der Boskowitzer Furche im Süden unter der tertiären Ebene bis an den Südabfall des Manhartsberges fortzusetzen. ! Die bogenförmige Reihe von Dislokationen, welche won der Lausitzer Verwerfung her über die Flexur von Liebenau am Abhang des Jeschken, über die Brüche am Zwiezinberge und in der Kreideebene bei Josefstadt zum Bruchsystem der Boskowitzer Furche führt, wird somit um ein gewaltiges Stück gegen Süden ergänzt. Eine fast halbkreisförmige Bruchzone umfaßt den ganzen Osten der innerböhmischen Grundgebirge von Meissen in Sachsen bis Zöbing in Niederösterreich. Es zeigt sich, daß die Granite von Znaim und Eggenburg nicht als Fortsetzung der Brünner Intrusivmasse gelten können. Zwischen beide ist der keilförmige Misslitzer Horst eingeschoben. Eine Andeutung über die Fortsetzung der krystallinischen Massen liefern vielleicht noch die krystallinischen Gerölle und Blöcke im Waschbergzuge bei Stockerau. Freilich ist nun erwiesen, daß der Granit des Waschberges nicht ein anstehendes Stück des Vorlandes ist, sondern ebenso wie die Kon- glomerate am Praunsberg bei Niederfellabrunn, den regionalen noch nicht befriedigend erklärten Block- einstreuungen der alpin-karpathischen Sandsteinzone angehören. ” Wie ich mich überzeugen konnte, sind die Gerölle und eckigen Trümmer der nummulitenführenden Schichten am Praunsberg moldanubische Gesteine, und zwar hauptsächlich dichte Biotitgneise, auch helle Gneise, rote Aplite und Amphibolite. Die Blöcke am Hallingstein sind vorwiegend dichte Diorite mit lichten Ganggraniten, wie man sie auch in der Brünner Intrusivmasse antrifft. Auf die Verwandtschaft der großen Granitblöcke vom Wasch- berge mit den Graniten von Wedronitz im Süden der Brünner Masse und jenen von Eggenburg wurde wiederholt hingewiesen. Stengelig-schiefrige und serizitische Abarten, die als eckige Trümmer in Nummulitenkalk eingestreut sind, verweisen eher auf den Thayabatholithen als auf die Brünner Masse. ? Dies sind die etwas unbestimmten Anzeichen einer verhüllten Ausbreitung des Batholithen und auch der moldanubischen Gesteine weit gegen Südosten. 3. Thayakuppel. Zug des Bittescher Gneises. Gleichsinnig mit dem allgemeinen Streichen der moravischen Schiefer am Manhartsberge zieht von Schönberg am Kamp, zunächst gegen NW, dann sanft umbiegend gegen NNO ein schmales Band von weißem, serizitischem Bittescher Gneis. Wie man an mehreren Aufschlüssen, an der Straße oberhalb Schönberg, bei Fernitz, bei Kotzendorf, an der Harmannsdorfer Straße und bei Stockern beobachten kann, wechselt das Einfallen gegen W zwischen 30 und 60°, beträgt aber zumeist 40 bis 50°. Bei Stockern wendet sich der Zug direkt gegen N, und hier beginnt der Bogen, in welchen vollkommen gleichförmig sowohl die Bittescher Gneise wie die anschließenden Glimmerschiefer in die Ostwestrichtung umschwenken. Die allmähliche Änderung des Streichens kann in zahlreichen Aufschlüssen verfolgt werden.* Indem sich der Zug verbreitert, nimmt der Fallwinkel allmählich ab; am Möderingbach (nördlich von Horn und nördlich von St. Bernhard) beträgt er zirka 30°, während OW-Streichen am äußeren Rande des Zuges ziemlich elegentlich einer Exkursion mit Studierenden fand ich an der Straße zwischen Elsarn und Bösendürnbach auffallend viele serundete erundete Blöcke von Devonkalk im Löß; vermutlich die Spuren einer am Bruche eingeklemmten Devonscholle, vergleichbar den ähnlichen Vorkommnissen von Kodau und anderen Punkten im Norden. Vielleicht wird sich auch noch eine tektonische Beziehung nden von Zöbing mit der Ausfüllung der Boskowitzer Furche feststellen lassen. ®V. Kohn, Geologische Beschreibung des Waschbergzuges, Mittlg. d. geolog. Ges. Wien, Bd. IV, 1911, p. 117. Vgl. auch A. König, Die exotischen Gesteine vom Waschberg bei Stockerau, Tschermak’s Min, petr. Mttlg.. Bd. XV, 1895, = si! S Die moravischen Fenster. gleichmäßig anhält. Die anschließende Glimmerschieferzone, die im konkaven Bogen von Dreieichen weit mächtiger war, scheint hier wieder verschmälert und großenteils durch Tertiär und Löß verdeckt. Die moldanubischen Gneise jenseits dieser Hülle bei Frauenhofen und Horn sind in ihren Streichungsriehtungen (NO) bereits unabhängig vom moravischen Bogen. Eine breit ausflachende Wölbung mit regelmäßig bogenförmigem Rande schiebt sich westwärts vor gegen Messern. Nahe dem Rande (zum Beispiel Messern unter der Kirche) beträgt das Fallen gegen \W noch zirka 25°, wird immer flacher gegen innen und horizontal in den anschließenden Phyllitgebieten bei Pernegg. In der langen Strecke von Wappoltenreith gegen NO bis in die Nähe von Mähr. Kromau ist das Fallen wieder recht gleichmäßig gegen NW gerichtet; die Glimmerschiefer sind im allgemeinen etwas mehr geneigt als der Bittescher Gneis im Innern des Zuges; hier und da bis zu 50 und 60° (Trabernreith, Langau, Schaffa), wenn auch dazwischen flachere Neigungswinkel beobachtet werden (zum Beispiel Finstermühle bei Kottaun 20°). Die Verbreiterung des Glimmerschieferzuges bei Frain steht mit dem geringeren Fallwinkel im Zusammenhang. Die Gneisbänke und Glimmerschiefer unter dem Clarykreuze an der Thaya fallen mit 25 bis 30° gegen NNW. Noch flacher, 15 bis 25°, liegt die Schieferung in dem anschließenden Gebiet des Bittescher Gneises bei Frainwald, Riegersburg, Rastenberg und Felling. In dem verschmälerten Streifen von Frain westwärts herrscht wieder allgemein steileres Einfallen mit 40 bis 50°. Doch kann die Verschmälerung nicht durch die Steilstellung allein erklärt werden. Beide Gesteinszonen, sowohl der Glimmerschiefer als auch der Bittescher Gneis, nehmen bedeutend ab an wahrer Mächtigkeit und an der Rokytna südlich von Rakschitz bei Mähr. Kromau ist der Bittescher Gneis ebenso wie die Phyllite aut einen ganz schmalen Streifen ausgequetscht. Der anschließende Diaphtoritphyllit (siehe unten p. 49 [589]) und Glimmerschiefer verbreitert sich wieder allmählich bei etwas flacherem Westfallen (30 bis 40°), bis er unter die Oberkarbon und Rotliegendsedimente der Boskowitzer Furche hinabtaucht. Moravische Phyllite und phyllitartige Glimmerschiefer. Die Hauptmomente der Lagerung der Gesteine dieses Zuges und die Verbreitung der wichtigsten Typen sind bereits oben gelegentlich der Gesteinsbeschreibung besprochen worden: wie ein nicht sehr mächtiger Zug von grauem krystallinischem Kalkstein auf der ganzen Strecke den Rand des Bogens metamorpher Sedimente nahezu ohne Unterbrechung umsäumt, wie zum Beispiel feldspatige Phyllite und gneisähnliche Imprägnationsgesteine, mit Anzeichen nachträglicher Kataklase über den Manhartsberg nord- wärts ziehen, wie sie unregelmäßig geteilt werden durch Lager schiefriger Granite, deren genaue Umgrenzung schwer festzustellen ist. Ebenso wurde auch der felsige Zug gneisartiger Gesteine bei Kriegenreith westlich vom Manhartsberge bereits erwähnt. Auch sei hier nochmals in Kürze hingewiesen auf die zum Teil glimmerarmen feldspatigen plattigen Injektionsgesteine südlich von Kühnring und auf die grünen Kalk- silikatgesteine an der Straße nördlich von diesem Orte. Allmählich nimmt die Metamorphose gegen NÖ immer mehr ab, die glimmerschieferartigen granatreichen Gesteine treten in der Thayagegend immer mehr zurück und graue Phyllite werden alleinherrschend; aber im äußersten NO, bei Selletitz, bei Oberdannowitz und Skalitz kommt im Liegenden noch ein zweiter sehr wenig metamorpher Kalkzug zum Vorschein, schon ähnlich den devonischen Kalken, begleitet von Quarzit, grauem Phyllit und Chloritschiefer. Im doppelten Sinne wird eine Abnahme der Metamorphose dieser Gesteine beobachtet, erstens von SW gegen NO in der Richtung des Streichens und zweitens vom Hangenden gegen das Liegende, quer zum Streichen, nach dem allgemeinen Gesetz des moravischen Aufbaues. In den Übergangsstrecken zum schiefrigen Granit sind aber wieder biotitreiche Schiefer (stellenweise mit Granat), nach Mocker auch mit Pseudo- morphosen nach Cordieit (Lateinbach) durch den Granitkontakt entstanden. Die metamorphen Sedimente sind nicht auf den zusammenhängenden Zug beschränkt, auch im Bittescher Gneis ist bei Heufurth und Hardegg ein Kalkzug mit den begleitenden Kalksilikatgesteinen eingefaltet. 878 F. E.Suess, Die westliche Grenze des Phyllitzuges wiederholt nahezu parallel die scharfe Biegung der äußeren moravischen Grenze nördlich von Horn gegen Messern. Die Grenze gegen den Batholithen im Osten ver- läuft aber in gleichförmig, leicht geschwungenem Bogen, von der Nordrichtung in die nordöstliche allmählich übergehend. Hiedurch entsteht die Verbreiterung zwischen Mixnitz und Pernegg. Hier wird auch Platz für die Einschaltung der Zone der Stengelgneise von Weitersfeld und hier weichen auch die Lagerungsverhält- nisse ab von dem regelmäßig nach außen fallenden Gewölbebau und schwer auflösbare Unregelmäßigkeiten, verschiedentlicher Wechsel im Streichen und Fallen stellen sich ein. In der Ausweitung des Phyllitzuges von Pernegg und weiterhin gegen Fugnitz und Oberhöflein treten mehrere Kalklager innerhalb der Phyllite auf. Die unregelmäßige Umgrenzung und die verhältnis- mäßig große horizontale Ausdehnung dieser Züge erklärt sich durch die flache Lagerung. Im äußeren Kalksaume und den begleitenden Kalksilikatgesteinen ist das Fallen noch etwas stiller; der Winkel beträgt zum Beispiel bei Harth und bei Raisdorf noch 25 bis 30°. Die Schieferung der Kalke in den Bänken an der Straße Pernegg—Hötzelsdorf liegt dagegen bereits vollkommen horizontal; ebenso in den Phylliten am Trampelberge südlich von Posseldorf; eine dritte sehr flache Wölbung gipfelt in den schwebend gelagerten Kalkbänken westlich von Purgstall. Zwischen diesen Punkten fallen die Schichten nach verschiedenen Liegende Falten, im horizontal, plattig-schiefrigen Kalkstein. Steinbruch an der Straße östlich von Pernegg. Richtungen ab, sehr flache Mulden bildend. Noch in dem ganzen Phyllitgebiete von Dallein bis an den Fugnitzbach bei Fronsburg herrscht sehr flaches Einfallen (10 bis 15°) gegen NNO, mit nur örtlichen Unregelmäßigkeiten. Erst jenseits des Fugnitzbaches nimmt die Neigung wieder zu. In den seichten Brüchen an der Straße östlich von Pernegg sieht man an einer Stelle in dem scheinbar vollkommen schwebend gelagerten Kalke die parallele Bänderung häufig in spitzem Winkel zusammen- laufen, oder auch in etwas breitere liegende Falten gebogen (Fig. 2). Die horizontale Schieferung folgt wohl im großen Ganzen der ursprünglichen Schichtung, sie überspringt aber gelegentlich die quer umge- bogenen Faltenschenkel und folgt nicht. den Windungen der Bänderung; die Schieferung wurde dem eng- gefalteten Schichtkomplexe erst nachträglich aufgepreßt. Gleiches sieht man auch in anderen Aufbrüchen mit ebener und wenig geneigter Schieferung (Dallein, Wächterhaus südlich von Harth, Kuhberge bei Heufurth). Was als schwebende Lagerung erscheint, ist in der Tat extremste, horizontale Überfaltung; eine Tatsache, bedeutungsvoll für die Auffassung des gesamten moravischen Aufbaues. Sie berechtigt auch zu der Folgerung, daß die einzelnen Kalklager in diesem Phyllitgebiet nicht verschiedene Horizonte, sondern che Einfaltungen desselben Lagers darstellen. Die moravischen Fenster. 979 Die Zone der Stengelgneise von Weitersfeld schließt sich mit ihrem Streichen und Fallen wieder an den allgemeinen Aufbau.. Unter Schloß Wolkenstein fallen sie mit zirka 40° gegen S; weiter im N liegen sie NW fallend konkordant mit den phyllitartigen Glimmerschiefern im Hangenden und mit den Quarziten und weniger metamorphen Phylliten im Liegenden, bis sie, soweit meine bisherigen Begehungen schließen lassen, in der Richtung gegen Kaja durch Übergänge mit den Nachbargesteinen verschwimmend, allmählig auskeilen. Die wenig metamorphen Phyllite östlich der Zone von Weitersfeld und die Einlagerungen von Flaser- gneis in der Umgebung von Therasburg wurden bereits oben besprochen. Gleichförmiges Fallen NW (30 bis 45°) herrscht in der ganzen Strecke des Phyllitzuges von der ‚Thaya an gegen NO. Die allmähliche Einengung des Zuges bis gegen Wairowitz erfolgt in demselben Maß- stabe, wie in den benachbarten Zügen von Bittescher Gneis und Glimmerschiefer. Ein bemerkenswerter Umstand, der darauf schließen läßt, daß die Abnahme nicht durch die ursprünglichen Mächtigkeiten der ein zelnen Schichtglieder bedingt ist, sondern daß hier Eigenheiten des allgemeinen Gebirgsbaues maß- gebend sind. Bei Zerotitz und Selletitz springt das Phyllitgebiet vor gegen Südost, oder vielmehr es tritt der zweite innere oben beschriebene Zug weniger metamorpher Phyllite und Kalke an die Stelle der Flasergranite. Mit Vorbehalt weiterer Untersuchungen stelle ich hieher noch einen dünnen Streifen phyllitischer Gesteine nächst der Straßenbiegung Rakschitz-Lissnitz am rechten Ufer der Rokytna südlick von Mährisch- Kromau. Es ist vielleicht der letzte Rest der stark ausgequetschten Phyliitzone, zwischen einem schmalen Band von Bittescher Gneis auf der einen und der äußerst dünnschiefrig serizitischen Abart des Granits auf der anderen Seite. Thayabatholith. Der Thayabatholith ist die Westhälfte eines einfachen Gewölbes, der Rand ist schiefrig mit glimmer- reichen Abarten und geht über in das imprägnierte Dach von Biotitschiefer. Ein schiefriger Saum zieht in sanftem Bogen von Diendorf a. W. über Eggenburg und nördlich an Znaim vorbei bis Wairowitz. Gegen Osten herrschen gröbere granitische Gesteine, nicht selten mit hornfelsartigen Einschlüssen (Reinprechtspölla, Zuckerhandl, Töstitz) und dioritischen Schlieren (Mühlfraun, Tasswitz). Sie sind sehr ähnlich den Graniten im Süden der Brünner Intrusivmasse, von diesen nur unterschieden durch eine innigere Einwirkung des Gebirgsdruckes, welche sich nicht nur in der größeren Zahl von Zertrümmerungs- zonen und flaserig-schiefrigen Quetschstreifen, sondern auch durch matteres Aussehen der grobkörnigeren Gesteinsmassen bemerkbar macht. Weiße serizitisch-schiefrige Gesteine, erzeugt durch spätere tektonische Bewegungen, finden sich besonders im Süden in den Gegenden von Grübern und Meissau und streichen dort gegen NO, vielleicht in der Richtung beeinflußt durch die Diendorfer Dislokation (p. 34 [574)). Das ziemlich unvermittelte Ende des Granites bei Wairowitz ist vielleicht die Folge einer Quer- störung. An den Abhängen zwischen Selletitz und Chlupitz machen sich noch dünnschiefrig-serizitische Randgestein des Granites in Lesestücken bemerkbar; und dieselben Gesteine erscheinen wieder in der Nähe von Lissnitz und Petrowitz und an der Straße Wolframitz—Rakschitz, so daß dort die geschieferten Gesteine des Tayabatholithes sehr nahe herantreten an die massigeren Granite des Zwittawabatholithen (Brünner Intrusivmasse); zwischen beiden liegt aber, wie erwähnt, der große östliche Randbruch der Boskowitzer Furche, der in seiner unmittelbaren Nachbarschaft auch in den Graniten der Brünner Masse schiefrig-serizitische Quetschzonen veranlaßt hat. 4. Schwarzawakuppel. Von Jassenitz bei Groß Bittesch gegen NO nach Louczka zieht fast geradlinig eine jüngere Störung, genannt die Bittescher Dislokation.! An ihr ist das moldanubische Dach versenkt, die anschließenden moldanubischen Granite sind serizitisch schiefrig umgewandelt. Östlich von Louczka endigen auch unver- 1 Dei: Bau des Gneisgebietes von Namiest und Gr. Bittesch in Mähren, Jahrb, geol. Reichsanst., 1397, p. 505. >80 II 18, SM@SS; mittelt die nordstreichenden Flasergranite des Thayabatholithen. Dieser Umstand sowie die Unregel- mäßigkeiten der Lagerung in der Umgehung von Louczka und Stiepanowitz überhaupt machen es wahr- scheinlich, daß sich die Bittescher Dislokation auch in das moravische Gebiet, vermutlich gegen Osten abgelenkt, fortsetzt. Der Teil der Schwarzawakuppel im Norden der Verschmälerung zwischen Louczka und Tischnowitz mag zugleich mit dem moldanubischen Dache tiefer hinabgesunken sein, daher erscheint er in der Horizontalprojektion verschmälert und die tieferen Glieder des moravischen Baues unter dem Bittescher Gneis kommen hier nicht mehr zum Vorschein. Eine genauere Feststellung über den Verlauf der Störungen östlich von Louczka wird in dem wenig aufgeschlossenen Gebiete schwierig sein. Im Süden ist ein Teil des moravischen Gewölbebaues in seiner typischen Regelmäßigkeit erhalten geblieben. Der Grenzbogen zwischen dem Debliner Flasergneis und dem Phyllit wiederholt sich mit nahezu parallelem Verlaufe in der Grenze zwischen Phylit und Bittescher Gneis und dann wieder im äußeren Randbogen; hier ist er allerdings nicht mehr vollständig. Aber die Wendung im Streichen der Glimmer- schiefer von Oslawan gegen NO knapp an der Grenze gegen die flözführenden Schichten von Padochau- Segengottes entspricht genau dem bogenförmigen Verlauf der Phyllitgrenze bei Rudkau-Domaschow; ebenso beschreibt das Streichen und Fallen der Gneisbänke in dem Gebiete westlich von Segengottes genau den gleichen Bogen. Nach diesen Anzeichen würde sich der ursprüngliche Umriß der südlichen breiteren Abdachung der Schwarzawakuppel ergeben durch eine Ergänzung des Bittescher Gneises bis zu einem Randbogen, der die westliche Kurve der Glimmerschiefer im Osten beiläufig symmetrisch wieder- holt. Erst durch die spätere Bildung der Boskowitzer Furche wurde ein Segment des Bogens abgeschnitten. Meist mit recht steilem Einfallen, manchmal in saigerer Stellung, stoßen die moldanubischen Gneise ab von der Zone der Randschiefer, welche mit ziemlich gleichmäßiger Neigung an den Bittescher Gneis angelehnt ist. Bei Jassenitz fallen die phyllitartigen Schiefer mit zirka 50° unter die schiefrig-serizitischen Randbildungen des Granites. Die gleiche Neigung, selten etwas steiler bis 60° (Namiest), herrscht fast in dem ganzen westlichen Teile des Bogens, erst südlich von Brzeznik nimmt sie allmählich etwas ab (40 bis 50°) und bleibt dann im großen Ganzen gleich bis zum Abbruche bei Oslawan. Nur örtlich findet man in den felsigen Aufschlüssen des tiefen Oslawatales flacheres Einfallen (10-bis 20°). Die Bankung des Bittescher Gneises schließt sich zunächst vollkommen konkordant an den Schieferzug (50° Wfallen zwischen Jestrzaby und Jindrzichov) und ändert sich nur wenig gegen innen. Der Fallwinkel beträgt in einer Zone von Neudorf-Gurein über Krzowy und Groß-Bittesch gegen Hluboky im allgemeinen 40 bis 50°, wird kaum merklich flacher in der nach Süd fallenden Strecke (zum Beispiel 30° nördlich von Czuczitz) und wieder steiler (45 bis50°) in dem eingeengten, gegen N streichenden Zuge. Der Kalkzug am Innenrande des Gneisbogens liegt zumeist etwas flacher (30 bis 35°); nördlich von Zbraslau bei Litostrow ist eine schmale Einfaltung von Phyllit dem zusammenhängenden Hauptzuge vorgelagert. Während die graphitführenden, moldanubischen Streifen zwischen Groß-Bittesch und Krzowy, alleı= dings mit örtlichen Lokalfalten, doch im ganzen 30 bis 45° W fallend, dem allgemeinen Bau gemäß zwischen die Bänke des Bittescher Gneises konkordant eingeklemmt sind, machen sich östlich davon am Phyllitrande bei Swatoslau, Prosatin und Jestrzaby einige Unregelmäßigkeiten im Aufbaue bemerkbar. Flachere Lagerung mit wechselndem Einfallen herrscht bei Prosatin und bis Jestrzaby sowohl im Kalkstein wie im benachbarten Gneis. Weiter im Norden aber mit der Annäherung an den Louezkabach biegen sie nach NO um mit steilem Einfallen gegen NW an der Bittescher Dislokation. Es wurde bereits auseinandergesetzt, daß die Flasergranite des Schwarzawabatholithen nicht das tiefste Glied im Aufbaue der Kuppel darstellen. Im Tale unterhalb Czischek sieht man deutlich, wie den ıen der Schwarzawabatholithen die Quarzkonglomerate und Serizitphylliten der Kwetnitzaserie auflagern. Die Auflagerung ist jedoch nur einseitig; im Osten bei Herotitz unterteufen die Kwetnitza- phyllite und -kalke den verschmälerten moravischen Phyllitzug. Bei Tischnowitz nähern sich die Kwetnitza- lem Gegenflügel der moldanubischen Glimmerschiefer auf 1 km. Sie scheinen diese mit konkor- 1 Ostfallen zu unterteufen; der unmittelbare Kontakt zwischen beiden Gesteinen ist aber nicht Die moravischen Fenster. 581 aufgeschlossen. Weiter nördlich, an der Straße bei Lomnitschka, fallen die serizitischen Kwetnitzaphyllite flach gegen Ost und der Bittescher Gneis, welcher sich in der benachbarten Kuppe allerdings nur durch die zahlreichen Lesesteine kundgibt, dürfte ihnen hier unmittelbar auflagern. Im Westen wieder zwischen Strzemchowy und Stiepanowitz bilden die moravischen Phyllite das Dach über den Kwetnitzakalken und -graniten. Gerade diese Unregelmäßigkeiten der Umgrenzung zeigen die Selbständigkeit des Kwetnitza- komplexes gegenüber dem auflagernden Gebirge an, ebenso wie der gemeinsame Charakter der Metamorphose, welcher die verschiedenen Gesteine des Kwetnitzakomplexes, Granite, Kalke, Konglomerate und Phyllite, miteinander verbindet und in gemeinsamen Gegensatz bringt zu den anderen moravischen Gesteinen. Mit unregelmäßigem Umriß tauchen bei Lomnitz und nörälich davon einige Partien typischer moravi- scher Phyllite und Kalke mit der Beschaffenheit des Hauptkalkzuges aus dem Bittescher Gneis hervor Die tieferen Lagen der moravischen Aufwölbung sind aber hier nicht bloßgelegt. Die Grenzen dieser Phyllit- partien werden sich nach einer detaillierten Neuaufnahme vielleicht etwas verändert darstellen. Zwischen Oels und Swojanow breiten sich die phyllitischen Gesteine in Form eines flachwelligen Sattels über den Bittescher Gneis und senken sich mit sehr sanfter Neigung nordwärts unter das mol- danubische Dach. ! Die Decke des Bittescher Gneises ist im Osten des Kwetnitzakomplexes bei Tischnowitz nicht sichtbar; wenn vermutlich auch vorhanden und dem Tertiär verdeckt, so ist sie jedenfalls sehr verschmälert. Auch in dem Stücke der östlichen Abdachung der Thayakuppel, welches im Misslitzer Horste sichtbar geblieben ist, ist die moravische Gesteinsserie reduziert und der Bittescher Gneis fehlt in dem Profil über den Phylliten mit den granitischen Intrusionen folgt dort unmittelbar der moldanubische Glimmer- schiefer (p. 33). Dies deutet auf eine Asymmetrie der moravischen Kuppeln, die verständlich wird, wenn man die oberen Glieder der Schichtserie, insbesondere die Decke des Bittescher Gneises, als überbogene Sättel auffaßt, die im Westen wurzeln und mit ihrem verschmälerten Scheitel gegen Osten hinabtauchen. VII. Moldanubische Schiefer in der unmittelbaren Auflagerung über den moravischen Kuppeln. | A. Die moldanubischen Glimmerschiefer und deren Bildungsweise. Zugehörigkeit der Glimmerschiefer zur moldanubischen Scholle. In meiner ersten zusammenfassenden Darstellung der moravischen Gebiete wurden, gemäß den allge- mein herrschenden Vorstellungen, die Glimmerschiefer mit ihren Einlagerungen von Schiefergneis und anderen Begleitgesteinen als gesonderter stratigraphischer Horizont gegenüber der Hauptmasse der mol- danubischen Gneise aufgefaßt, und ebenso galt die von Rosiwalund Tausch als Phyllitgruppe bezeich- nete Folge von mannigfachen Schiefern als eine besondere, im ganzen wenig veränderte Schichtserie, welche sich nach dem Habitus der Metamorphose bereits den moravischen Gesteinen anschließt; sie waren als »äußere Phyllite« von den »inneren Phylliten« der moravischen Gebiete unterschieden worden.? Die Einschaltung von Phyllit und Glimmerschiefer in anscheinend verkehrter Lagerung zwischen dem Bittescher Gneis und den moldanubischen Gneismassen in der Umrahmung der moravischen Aufwölbungen war 1 Das Profil Rosiwal’s, Verhandlg. der geolog. Reichsanst. 1896, p. 187, zeigt die flache Auflagerung an; in der Strecke Veselka—Oels konnte ich in Gegensatz zur Angabe des Profils auch nur Ostfalten als Auflagerung der Glimmerschiefer auf den »Phylliten« beobachten. Die Umbiegung der Kalklagen der »Phyllitgruppen« zu Synklinalen im SW des Profils ist wohl hypothetisch ergänzt, 2 Bau und Bild der böhm. Masse, 1903, p. 31 ff. und p. 66. j Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIII. Bd. 76 582 F. E. Suess. vielleicht das auffallendste unter den Rätseln, welche die unverstandenen Lagerungsverhältnisse darboten und deren Lösung in der Zukunft erwartet wurde.! Aber schon damals war der innige Zusammenhang und der allmähliche Übergang zwischen den Glimmerschiefern und den sogenannten Phylliten bekannt und ebenso wurde festgestellt, daß die Gesteine des Glimmerschieferzuges in die moldanubischen Gneise im Westen allmählich und ohne scharfe Grenze über- sehen; daß sie aber mit konkordanter Parallelstruktur dem moravischen Baue vollkommen anschmiegen, während die moldanubischen Gneise mit ungeordnetem Streichen ohne einheitliche Leitlinien die Umrisse der Batholithen umfließen (p. 10 [550)). Spätere Erfahrungen haben indessen zu der Überzeugung geführt, daß die granat- und turmalin- führenden Glimmerschiefer nichts anderes sind als die der mittleren Umwandlungsstufe Grubenmann's entsprechende grob lepidoblastische Ausbildung der Sedimentgneise des moldanubischen Gneiskomplexes; dasselbe tonige Sediment mit seinen kalkigen, quarzigen und amphibolitischen Einlagerungen liegt hier in einer anderen Form der Metamorphose vor. In ähnlichem Verhältnisse stehen die Einlagerungen von Zweiglimmergneis im Glimmerschieferhorizont zu den orthoklasreichen Biotit-Orthogneisen im Westen. In der ganzen Randzone sind durch gesteigerte Streßwirkung mehr »schieferholde« Minerale (Becke) zur Ausbildung gelangt.? Diese Erfahrungen lassen wohl keinen Zweifel mehr bestehen über die Zugehörigkeit des Glimmerschieferzuges zur moldanubischen Schale; sie erklären aber noch nicht deren Bildungs- weise und die eigentümliche Beziehnung zur moravischen Tektonik; ebenso bleibt die Stellung der soge- nannten Phyllitgruppe noch unerklärt. Im folgenden wird versucht zu zeigen, daß die Lösung dieser beiden Fragen, wie ich glaube in befriedigender Weise gelungen ist, wenn auch die Deutung vieler Einzelheiten weiteren petrographischer Studien überlassen bleiben muß. Vorher soll aber noch ein Überblick über die tatsächlichen Verhältnisse nach meinen neueren Erfahrungen wiedergegeben werden. Verbreitung der Glimmerschiefer und der sogenannten Phyllitgruppe. In den Karten Ii und III ist die Verbreitung der Gesteine, welche als »Glimmerschieferzone« zusammengefaßt werden, ersichtlich. Ihre Grenze gegen den Bittescher Gneis ist stets vollkommen scharf, ohne Übergang; ihre Grenze gegen die moldanubischen Gneise dagegen häufig unsicher und einer gewissen Willkür überlassen. Sie liegen als eine zusammenhängende Decke überall auf den moravischen Kuppeln. Nur wo eine jüngere Verwerfung, die Bittescher Dislokation bei Groß-Bittesch, quer durchschneidet, stoßen moldanubische und moravische Gneise ohne dieses Zwischenband unmittelbar aneinander. Die Zone ist wechselnd breit, bald beträgt sie mehrere Kilometer, bald ist sie auf einige hundert Meter oder noch weniger reduziert. In der nördlichen Randstrecke der Thayakuppel, zwischen Frain und Stiegnitz, wo ich nach der geologischen Karte von Paul eine Unterbrechung der Glimmerschieferzone durch jüngere Störungen vermutete,? haben mich neuere Begehungen gelehrt, daß die Zone bei Niklowitz und Ober-Dannowitz (am Krepitzbache) zwar stark verschmälert ist und daß granulitartige Biotit-Ortho- gneise (Gföhler Gneise, p. 6 [546]) sich dem Bittescher Gneis auf zirka 250 m nähern, daß sie aber doch überall nachweisbar bleibt, wo die Aufschlüsse eine Beobachtung gestatten. Die infolge flacher Lagerung sehr verbreiterte Zone der sogenannten »Phyllitgruppe« (siehe p. 41 [581]) zwischen Glimmerschiefer und Bittescher Gneis setzt sich nach den Aufnahmen Rosiwal’s* nordwärts fort bis Swojanow; die westlich anschließenden Glimmerschiefer können bis an den Kreiderand bei Mährisch-Rothmühl verfolgt werden. Der Ostflügel der Aufwölbung wird bei Lissitz von dem Randbruche ».P- 76. lungen der geolog. Reichsanst., 1908, p. 405, und Mitteil. der geolog. Gesellsch. in Wien, Bd. II, 1909, p. 274. und Bild der böhm. Masse, p. 74. Verhandlungen der geolog. Reichsanst., 1896, p. 176 ff. Die moravischen Fenster. 583 der Boskowitzer Furche und der Rotliegendgrenze nahe im Streichen durchschnitten, so daß hier nur mehr die Gesteine von mehr phyllitischem Aussehen erhalten sind, der grobschuppige Glimmerschiefer und Zwei- glimmergneis aber erst weiter im Süden bei Hajanek und Zelezny wieder zum Vorschein kommt, bis er in den Hügel östlich von Tischnowitz an der Schwarzawa plötzlich endet. Von den Gesteinszügen, welche bei Groß-Bittesch und Krzowy mit der Farbe der Phyllitgruppe ein- getragen sind, wird noch unten die Rede sein. Feinschuppigere phyllitartige Gesteine liegen auch unmittelbar auf dem breiteren südlichen Grenz- bogen der Schwarzawakuppel von Jassenitz über Kralitz bis Oslawan; dort biegt der Streifen deutlich und konkordant mit den auflagernden Glimmerschiefern gegen Nordost und parallel mit dem bogenförmigen Rande der Phyllite des inneren Hauptzuges. Die weitere Ergänzung des Gewölbes gegen Osten wird aber durch die Boskowitzer Furche abgeschnitten. Gesteine ganz gleich jenen der »Phyllitgruppe« von Swojanow und Oslawan kommen südlich von Kromau, zugleich mit den Glimmerschiefern, noch in beträchtlicher Entwicklung zum Vorschein. Dieser Zug verschmälert sich aber ebenso rasch, wie die Glimmerschiefer; am Krepitzer Bach bei Niklowitz sind die Phyllite noch in geringer Breite nachweisbar und von hier an bis zum Manhartsberge scheint fast allenthalben der Glimmerschiefer bis unmittelbar an den Bittescher Gneis heranzureichen; nur von einzelnen Punkten (bei Riegersburg, Wappoltenreith, Klein-Haselberg) sind mir spärlich Spuren von feingefältelter phyllit- ähnlicher Ausbildung an der Grenze beider Gesteine bekannt geworden. Übergänge in die Gneiszone, unabhängiges Streichen. In den Karten II und III konnten die Streichungsschichten der moldanubischen Gesteine wegen der ungleichen Genauigkeit verschiedener Grundlagen nur schematisiert zur Darstellung gebracht werden.! Man überblickt aber leicht die völlige Unabhängigkeit dieser Richtungen von dem Verlauf und dem Streichen der Glimmerschieferzone. Nach der alten Aufnahme von CZjzek verlaufen noch in der Gegend südwestlich von Horn die Amphibolite und Granulite parallel mit dem Bogen der Glimmer- schiefer; diese Züge verschwinden aber bei St. Marein und Brunn a. d. Wild und werden hier von nord- wärts ziehenden Gneiskomplexen mit Einlagerungen von Kalk und Amphibolit abgelöst. Der westwärts ausgreifende Bogen der Glimmerschiefer von Messern und an der Wild übt gar keinen Einfluß auf die Richtungen im westlich anschließenden Gneisgebiete. In sehr lehrreicher Weise haben mir die Detailaufnahmen südlich von Drosendorf gezeigt, wie die Züge von Plagioklasgneis, glimmerarmem Orthoklasgneis, Kalk, Quarzit und Amphibolit mit welligem Ver- lauf von Norden kommend in die nordstreichende Zone von grobschuppigem Glimmerschiefer förmlich hineinfließen.? Ganz unregelmäßig verschwimmen die Grenzen westlich von Frain und weiter gegen O wo zusammenhängendere Komplexe von Orthogneisen und granulitischen Gesteinen sich der moravischen Grenze nähern, erscheint die Glimmerschieferzone verengt und zusammengepreßt. Nicht minder deutlich als bei Drosendorf ist der Gegensatz der Richtungen an der westlichen Um- rahmung der Schwarzawakuppel im Gebiete der Kartenblätter Groß-Meseritsch und Trebitsch-Kromau. Weit im Norden bei Bistrau und Hartmanitz hat bereits Lipold? das Nordweststreichen der Gneise im Gegensatz zur Nordsüdrichtung der Glimmerschiefer und »Urtonschiefer« (»Phyllitgruppe«) fest- gestellt. Im Gebiete des Kartenblattes Drosendorf konnte auch gut verfolgt werden, wie die glimmerigen Sedimentgneise mit Annäherung an die Glimmerschieferzone immer grobschuppiger werden; wie zugleich mit den Muscovitschüppchen auch die Granate und Turmaline größer werden und wie sich auch in den feldspatreichen Orthogneisen und granulitartigen Gesteinen bereits Muscovitschuppen einstellen, bevor 1 Besonders spärlich sind die Angaben über die Streichrichtungen im Norden des Kartenblattes Znaim. 2 Verhandlungen der geolog. Reichsanst., 1908, p. 396. 3 Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1863, p. 261. 76* 54 IRB. Sues's, [j1 noch die grobschuppige Zone erreicht wird, welche gleichsinnig dem moravischen Gewölbe auflagert. Die Tendenz zur Entwicklung des lichten Glimmers erstreckt sich über eine breitere Zone und greift weiter in das moldanubische Gebiet als die Umprägung der Parallelstruktur zur Konkordanz über dem moravischen Gewölbe. Die einzelnen Gesteinszüge scheinen umgeschleift in die neue Parallelstruktur. Manchmal tauchen sie noch in die Glimmerschieferzone hinein, schwenken leicht ab und endigen dann plötzlich (wie zum Beispiel die einzelnen Kalkzüge, welche von Drosendorf her nach Unter-Thumeritz streichen).: Will man aber innerhalb der Glimmerschieferzone die einzelnen Gesteinszüge im Sinne des Streichens verfolgen. so wird dies auf längere Strecken nicht gelingen. Die Kalke scheinen in gestreckte Linsen zerrissen, Bänke von härterem feldspatreichen Zweiglimmergneis keilen plötzlich aus (wie zum Beispiel gegenüber dem Clary- Kreuz oberhalb Frain an der Thaya). Mit unregelmäßigem Umriß sind Gesteinskörper von zweiglim- merigem Gneis in die Glimmerschieferzone eingefügt, von derselben teilweise umflossen oder ihr randlich angegliedert (zum Beispiel'Landschau westlich von Frain). Das Auftreten der weißen Glimmer erweist sich somit im großen abhängig von der Nähe der mora- vischen Grenzen. Er stellt sich ziemlich gleichmäßig in verschiedenen Gesteinstypen ein und ist in seinem Auftreten somit nicht an ein stratigraphisches Niveau gebunden, sondern abhängig von tekto- nischen Beziehungen.” Sekundäre Entstehung des Muscovits. Im Mikroskop zeigt der Muscovit der Zweiglimmergneise und auch jener der Glimmerschiefer anderes Verhalten als der Biotit und viele Merkmale sekundärer Entstehung im verfestigten Gestein. Becke verwies auf die verschiedene Ausbildung von Biotit und Muskovit im Zweiglimmergneis und Glimmerschiefern des Waldviertels.” Muscovit bildet im Gneis einzelne dünne Schuppen von 2 mm Größe, im Glimmerschiefer feinschuppige gestreckte Membranen, welche die wellig dünne Schieferung veranlassen, der Biotit dagegen kurze kleinschuppige Flasern. Ebenso verhalten sich die beiden Glimmer in der ganzen nördlichen Zone, sowohl in den Glimmer- schiefern wie auch in den zahlreichen feldspatreicheren zweiglimmerigen Einlagerungen, die in ihrer Korn- größe und Textur bald den feinkörnigen Orthogneisen (Gföhler Gneis) der westlichen Gebiete gleichen, bald durch hervorragende Entwickung der Glimmer sehr grobschuppig und hochgradig schiefrig werden. Auch im echten feinkörnigen Granulit, ein Gestein, dem in seiner typischen Ausbildung der weiße Glimmer fremd ist, kann sich Muscovit in Form zarter glänzender Schüppchen auf dem dünnplattig-ebenflächigen Hauptbruche einstellen (zwischen Kottaun und Stallek, Niederösterreich; Olschy südwestlich von Ned- wietitz, Mähren). Die Umwandlung von Ralifeldspat in Muscovit in den Zweiglimmergneisen läßt sich zumeist recht deutlich erkennen; beide Minerale sind sehr häufig aneinander gebunden und der Glimmer greift finger- förmig und mit ausgezackten Rändern tief in den meist schön perthitisch gefaserten Orthoklas; manchmal löst er sich in Gruppen von Schüppchen auf mit poikilitähnlichen Durchwachsungen; manchmal ist ein regel- mäßig umgrenztes Muscovitschüppchen am Rande besetzt mit schmalen Fleckchen von Kalifeldspat. Ebensohäufig wie aus Kalifeldspat dürfte farbloser Glimmer aus Biotit hervorgehen, wenn auch der Nachweis nicht so deutlich ist, denn beide Minerale in inniger Gesellschaft und paralleler Verwachsung findet man schon in schuppigen und glimmerreichen Abarten der Plagioklasgneise, welche nach meiner Annahme dem Ausgangspunkte der Umwandlung zum eigentlichen Glimmerschiefer nahestehen. Aber sehr oft, namentlich in grobschuppigen Granatglimmerschiefern, denen der Kalifeldspat vollkommen fehlt (zum Beispiel unter den Kalken bei Nedwietitz), seht man noch dünne, verschwommene, oft quer ıe Kärtchen, Verhandlungen der geolog. Reichsanst., 1908, p. 404. vit bleibt natürlich nicht absolut beschränkt auf diese Zone. In den Sedimentgneisen finden sich auch gelegentlich ©, Muscovit führende Lagen; auch in Becke’s Westflügel der Waldviertelgneise, 1. c., p. 217. > L. c., p. 215 und 230. Die moravischen Fenster. 985 absetzende, hell oder blaßbraun pleochroitische Flecken und Streifen in den großen Muscovitschuppen und auf den Spaltflächen derselben dünne Erzausscheidungen mit stäbchenförmigem Querschnitt, welche zumeist jenem Museovit fehlen, der an Kalifeldspat gebunden ist. Es sind im wesentlichen dieselben Erscheinungen, welche Milch! als Nachweise der sekundären Entstehung des Muscovits im Granit des Riesengebirges angeführt hat. Bänke von Zweiglimmergneis in der Glimmerschieferzone. In dem orthoklasreichen Gneisen, welche im allgemeinen Habitus dem westlichen Gföhler Gneis ähn- lich, häufig als lichte Bänke im Granitglimmerschiefer auffallend hervortreten, wird der Gegensatz in der Ausbildung von Muscovit und Biotit in der Regel schon für das freie Auge sehr deutlich. Noch deutlicher werden die Unterschiede im Mikroskop. In der Ortschaft Peınstein (westlich von Nedwietitz) zum Beispiel ist neben. den sekundären größeren und klaren Muscovitschuppen holzbrauner oder rötlichbrauner Biotit in Form kleinerer, unregelmäßig zerrissener und ausgezackter Gestalten locker eingestreut. Orthoklas und Quarz bilden die Hauptmasse dieser Gesteine, dazu kommen außer den Glimmern noch ziemlich viel gut entwickelter und schön gestreifter Oligoklasalbit, Apatit und Zirkon. In anderen ähnlichen Gesteinsbänken von analogem Mineralbestand, wie zum Beispiel nächst der Mittermühle oberhalb Frain, bei schwacher mechanischer Beeinflussung, die sich durch Entwicklung von perthitischen Flammen im Kalifeldspat mit Myrmekit und kleineren Körnern von Mikroklin bemerkbar macht, sind die einzelnen Biotitschuppen gestreckt und etwas zerquetscht; der farb- lose Glimmer bildet dennoch häufig unzerdrückte größere und mehr einheitliche Schuppen, manchmal im Vereine mit Biotitresten zu kurzen Lamellen auseinandergezogen. Vereinzelte kleine Granaten scheinen an die Nachbarschaft von Biotit gebunden. Allenthalben wird ein stärkeres Hervortreten der Granaten bemerkt, die ja in den westlichen Ortho- und Paragneisen auch recht häufig sind, aber keineswegs die Dimensionen erreichen wie in den Glimmer- schiefern. Erbsengröße ist häufig und manchmal, wie in manchen flaserigen Zweiglimmergneisen werden sie nußgroß, ja in einzelnen Fällen hühnereigroß (Senohrad bei Oslawan). Sehr grobschuppige muscovitreiche Gesteine von lagenweise wechselndem Glimmergehalte begleiten im Westen die Glimmerschieferzüge von Pernstein und Nedwietitz und erstrecken sich von den Graniten bei Aujezd (Louczka nordwestlich) nach Wiechnow und weiterhin gegen Skrey und Littawa. Sie scheinen aus grobschuppigen fibrolithführenden Biotitgneisen hervorzugehen. Stellenweise sind sie reich an prächtig regelmäßigem Mikroperthit, manchmai in großen Individuen poikilitisch verwachsen mit schön holzbraunem etwas rötlichem Biotit. An einigen Stellen ist Fibrolith unter gleichzeitiger Bleichung des Biotits aus- geschieden. Die größeren neugebildeten Muscovitschuppen liegen oft zwischen Biotit und Kalifeldspat. An die Grenze gegen den ersteren schließt sich häufig ein dunkelgefärbter Saum, gegen den letzteren ver- läuft die Grenze zackig, mit fingerförmigen Einbuchtungen und schriftgranitähnlichen lappigen Durch- wachsungen. In anderen quarzreichen und granatführenden Gesteinen derselben Zone wurde nur spärlicher Oligoklasalbit oder überhaupt kein Feldspat gesehen; der Kalifeldspat scheint ganz ersetzt durch die großen Muscovitschuppen (2 bis 3 mm), denen nur wenig Biotit in kleineren buchtigen Formen zugesellt ist (zum Beispiel im Wald östlich von Wiechnow und zwischen Bor und Sejrzek). Dies sind einige Beispiele der mannigfaltigen bald körnigen, bald grobflaserigen Gneistypen aus der Glimmerschieferzone und deren Übergängen in die moldanubische Gneisregion. Glimmerschiefer. Die Hauptmasse der eigentlichen grobschuppigen Glimmerschiefer geht wohl aus den mannigfachen plagioklasreichen und glimmerigen Paragneisen im Westen hervor, welche auch innerhalb der moldanubischen Region infolge des Reichtums an Biotit nicht selten schuppig-schiefrige Textur annehmen und auch 1 L. Milch, Beiträge zur Kenntnis der granitischen Gesteine des Riesengebirges, II. Teil, N. Jahrb. f. Min., Beilage Bd. XV, 1902, p. 151 ff. 5 2 Siehe Beschreibungen Becke's, 1. c., p. 217 ff. und Reinhold’s, Pegmatit- und Aplitadern aus den Liegendschiefern des Gföhler Zentralgneises, Tscherm ak’s Min. Mitteil., Bd. XXIX, 1910, p. 49 ff. P} 886 ENBNSiweisis, manchmal selbst in den westlichen Gebieten etwas farblosen Glimmer enthalten, sei es als spärliche Verwach- sungen mit Biotit im granoblastischen Grundgewebe, sei es als schuppige Strähnen mit oder ohne Biotit; es ist dies die erste Andeutung des Überganges von der granoblastischen zur lepidoblastischen Textur, welche dann in den Glimmerschiefern zur vollen Ausbildung gelangt. Die grobschuppig-bröckelige Textur der Glimmerschiefer wird durch den großen Reichtum an weißen oder blaßbraunen Muscovittafeln hervorgerufen, welche nicht selten 2 bis 3 mm groß werden; der braune Glimmer findet sich vorwiegend in den gestreckten Quarz-Feldspatlagen, die mit grobem Glimmer vergesellschaftet häufig fingerdick oder noch breiter werden können. In keinem der typischen grobschuppigen Gesteine, wie vom Rybniker Berge bei Mährisch-Kromau, unter den Kalken bei Nedwietitz und anderorts wurde Kalifeldspat gesehen. Dagegen kann der Plagioklas von rundlichem Quarz durchwachsen, mehrere Millimeter große, klare, schön und regelmäßig eng gestreifte Körner bilden; es ist zumeist ein Oligoklasalbit von etwa 10 bis 15 Prozent An oder noch Ca-ärmerer Mischung; ohne Zonenbau. Granat fehlt nur ausnahmsweise; häufig ist er erbsengroß, oft bis haselnußgroß, selten noch größer, in rundlichen und unregelmäßigen Gestalten und Perimorphosen, wo er größer wird auch mit Andeutung von rhombendodekaedrischer Umgrenzung, aber unregelmäßigen Umrissen unter dem Mikroskop. Undeutlich zonar angeordnete Quarzeinschlüsse und kohlige Stäubchen sind sehr verbreitet. Oft hat er auch die honigbraunen Rutilkörner umwachsen, seltener enthält er kleinere Zirkone und die gleichen kleinen Turmaline wie das umgebende Gestein. Im allgemeinen sind die granatreichsten Glimmerschiefer ärmer an Biotit und sehr reich an lichtem Glimmer. Biotiteinschlüsse im Granatund in dessen randlichen Buchten sind klarer gefärbt und unzerdrückt im Gegensatz zu den meist stark gestreckten Biotiten des Grundgewebes. Turmalin, in mannigfacher Ausbildung und Farbe (grau, bläulich, bräunlich, oft mit dunklerem Kern oder dunkler Farbe an den einem Ende, häufig mit Gruppen kohliger Flocken) fehlt selten, meist sind es schmale oder breitere, oft quer gebrochene Säulchen von durchschnittlich O°2 bis O°3 mm Länge; in besonders grobschuppigen Schiefern, wie zum Beispiel bei Frain oder an der Schwarzawa unterhalb Nedwietitz die Turmalinsäulchen werden bis 8 mm groß. Lange bekannt sind die großen Cyanite aus den Glimmerschiefern von Stockern, Breiteneich und Dreieichen bei Horn.! Auch an einigen anderen Stellen der Glimmerschieferzone findet sich Disthen neben Granat sowohl in Niederösterreich an einigen Stellen des Glimmerschieferzuges von Krems bis Kottaun? und Frain in Mähren als auch in den nördlichen Strecken (Pernstein, Stepanau). Seltener ist Granat und Disthen mit Staurolith vergesellschaftet (Längenfeld bei Langenlois, Niederösterreich,’ Hexenberg bei Roveczin an der böhmisch-mährischen Grenze)!. Dazu kommen noch Zirkon, Apatit, Erze, Rutil. Letzterer manchmal fehlend, manchmal sehr reichlich; Rutil bevorzugt ebenso wie der Turmalin im allgemeinen die muscovitreichsten, dünnschiefrigen und schuppigen Abarten des Glimmerschiefers, welche äußerlich schon etwas phyllitähnlichen Charakter annehmen. Er bildet durchschnittlich 0°2 mm große, unregelmäßige, tiefbraune Körner. Erze sind im allgemeinen spärlich in den Glimmerschiefern. Begleitgesteine der Glimmerschieferzone. Becke unterschied bereits im niederösterreichischen Waldviertel die Amphibolite an den Grenzen seiner mittleren und oberen Gneisstufe von jenen der Liegendhorizonte der mittleren Stufe; die ersteren: körnig-streifige, feldspatige Amphibolite, Granatamphibolite und auch Diallagamphibolite gehören wohl zum großen Teil als basische Ausscheidungen und Facies zu den Orthogneisen und Granuliten. Die dunkleren, vorwaltend aus Hornblende bestehenden Bänke, welche in so außerordentlicher Zahl und wechselnder Mächtigkeit den Sedimentgneisen, Kalken und Glimmerschiefern eingelagert sind, werden als umgewandelte basische Ergüsse aufzufassen sein. Unter den letzteren, in den von Becke als zweite Gruppe unterschiedenen Amphiboliten, in der ganzen Ausdehnung der Zweiglimmergneise und Glimmerschiefer von Langenlois bis über Stiefern und Plank, finden sich auch Epidot und Zeisit führende Gesteine. Auf diese Weise kommt, ebenso wie in den Gneisen, auch in den amphibolitischen Einlagerungen die Tendenz zur Entwicklung der Minerale mit kleinerem Volumen mit dem Fortschreiten in das Liegende und mit der Annäherung an die moravische Grenze zum Ausdrucke. 1 Becke,].c., p. 231. gmund, Minerale Niederösterreichs, Wien, 1909, p. 115. e auch Reinhold, Mitteil. der Mineralog. Gesellsch. 1910, p. 49. } bachtung. Die moravischen Fenster. 587 Die basischen Gesteine: Serpentine, Granatamphibolite und Gesteine mit gabbroiden Strukturen, welche den moldanubischen Gneisen in unregelmäßiger Verteilung eingelagert sind, erweisen sich, inso- ferne sie als massige Kerne zwischen dem durch Streß schiefrig umgeformten Gesteinen erhalten geblieben sind, auch in ihrer mineralogischen Zusammensetzung unempfindlicher gegenüber der Verschiebung in die höhere Umwandlungsstufe. Ihre Äquivalente werden in diesen Schieferhorizonten nicht selten umflossen von schiefrigen Hornblendegesteinen und die kleineren, faustgroßen oder kopfgroßen, grobkörnigen Knollen und Linsen solcher Gesteine, die an vielen Punkten in stark gestreckte Amphibolite oder Glimmergesteine eingelagert sind (zum Beispiel nächst der Peitnermühle bei Frain), werden als Reste mit massiger Struktur in der durch Streß überwältigten Gesteinsmasse zu betrachten sein. Weiße Marmore und Kalksilikatgesteine mit großem Mineralreichtum, insbesondere mit Mineralen, die als bezeichnend gelten für die Kontaktmetamorphose der Tiefen (Tremolit, Skapolith, diopsidischer Augit, Plagioklas), treten hier in derselben Häufigkeit und in ähnlicher Ausbildung auf, in der sie als Begleiter der Sedimentgneise über dieganze moldanubische Scholle verbreitet sind (siehe p. 8 [548]). So wie dort enthalten sie fast stets dunkle Bänke von Amphibolit, graphitische Lagen und pegmatitische Gänge. Die Quarzite und Graphitquarzite der Glimmerschieferzone unterscheiden sich kaum von jenen der Sedimentgneise. Manche Umstände zeigen an, daß die Bildung der oben genannten Kontaktminerale {p. 8 [548]) nicht durch einen einzigen Akt der Intrusion und nicht durch unmittelbaren Eruptivkontakt gebildet wurden. Schon ihre allgemeine Verbreitung auf weite Strecken spricht dagegen. Durch längere Zeit, noch während der Bewegung der bereits völlig metamorphosierten und von pegmatitischen Gängen durchschwärmten Massen, waren die Gesteine noch in genügendem Maße durchwärmt, um die Bildung von Mineralen der tieferen Umwandlungsstufen zu gestatten. Ich verweise auf die früher von mir beschriebene Neubildung von Augit und kalkreichem Plagioklas im Bruchkontakt von zertrümmerten Amphibolitbänken und Aplit- gängen mit umschließendem Marmor.! Den glimmerreichen Übergangsgesteinen zwischen Sedimentgneis und Glimmerschiefer im Kainzengraben bei Frain sind gestreckte Linsen von gebändertem Marmor einge- lagert, sie enthalten reichlich weißen und grauen Tremolit, und zwar sind die Krystalle nicht nur auf den ursprünglichen Schichtflächen parallel der etwas verworrenen zarten Bänderung, sondern auch auf jünge- ren, senkrecht zur Schieferung durchsetzenden, ebenen Kluftflächen angesiedelt. Muscovitbildung in Randapliten moldanubischer Granite. Es wurde oben erwähnt, daß mit der Annäherung an die Hauptgranitmassen im Westen sich Cordieritgneis und Körnelgneis einstellen, daß aber der Kontakt an den Rändern der kleineren Granit- aufbrüche die allgemeine Beschaffenheit der Gneise weniger beeinflußt. Die Ausbildung der muscovit- führenden Zone und der Glimmerschiefer bleibt auch unabhängig von der Nähe des Granitrandes. Zwischen Drahonin und Aujezd westlich von Louczka, am Rande der Schwarzawakuppel ragen die Granitmassen herein in die Zone der Zweiglimmergneise und Glimmerschiefer, ohne dieselben in ihrer allgemeiner Be- schaffenheit zu beeinflussen. Es haben aber, nach allem Anscheine, die Granitmassen, ebenso wie manche grobkörnige basische Gesteine, der schiefrigen Umkrystallisation weit größeren Widerstand entgegen- gesetzt als die glimmerreichen Sedimentgneise und es ist wahrscheinlich, daß in den Strecken nördlich von Aujezd und Drahonin die parallele Streckung der porphyrischen Orthoklase, welche in biotitreichen Abarten des Granites bis zur knotigen Flaserung werden kann, nicht durch nachträgliche Einflüsse, sondern durch die ursprüngliche Krystallisation unter Druck entstanden ist. In den Randapliten aber, mit denen der Granit durch Übergänge verbunden ist — biotitarme lichtrötliche Gesteine mit Turmalin in Quarznestern oder mit vereinzelten Granaten, welche die Talgehänge bei Aujezd, knapp angrenzend an die Glimmer- schieferzone bilden ist — Muscovit mit den gleichen Merkmalen sekundärer Entstehung aus Kalifeldspat wie im Zweiglimmergneis reichlich ausgeschieden; ja, es scheint, daß ein Teil der grobschuppigen Muscovit- 1 Beispiele plastischer und krystalloblastischer Gesteinsumformung, Mittlgn. der geolog. Ges. Wien, Bd. II, 1909, p. 250. SS /d, SW@SS, und Zweiglimmergneise, die sich von dem genannten Gebiete nordwärts erstrecken, aus solchen. Rand- apliten hervorgegangen ist. Entstehung der Glimmerschieferzone. Für die Deutung der Zone der Muscovitgneise und Glimmerschiefer ist die Lagerung im großen minde- stens ebenso maßgebend wie die Einzelheiten der mikroskopischen Beobachtung. Der parallele Verlauf dieser mit den moravischen Grenzen sagt deutlich, daß die Umformung bedingt und abhängig ist von der Nähe und dem Umriß der moravischen Kuppeln. Gesteigerte Streßwirkung hat an die Stelle der moldanubischen Gneise die moldanubischen Glimmerschiefer gesetzt. Die regelmäßige Konkordanz der neu aufgeprägten Parallelstruktur mit den Umrissen und Zwiebel- schalen der beiden moravischen Kuppeln ruft zunächst den Anschein hervor, daß der einseitig gerichtete Streß, welcher die Umformung bewirkte, von diesen Kuppeln selbst ausging. In einem späteren Kapitel sind die Gründe zusammengefaßt, aus denen sich ergibt, daß die moldanubische Scholle über die bereits vor- handenen moravischen Wölbungen hinwegbewegt wurde und daß die Intrusion der moravischen Batho- lithen älter ist als die Überschiebung. Erst diese Bewegung hat die Umformung der moldanubischen Sedimentgneise zu Glimmerschiefern bewirkt. Es hat hier »rückschreitende Metamorphose« stattgefunden. Becke! bezeichnet als »Dia- phtorite« Gesteine, die aus Gneisen und Glimmerschiefern hervorgegangen sind und denen Struktur und Mineralbestand von gewöhnlichen Phylliten und Serizit-Chloritschiefern, das ist die Merkmale der oberen Umwandlungsstufe aufgeprägt wurden. Auch in der moldanubischen Glimmerschieferzone wurden typomorphe Bestandteile einer höheren Umwandlungsstufe auf Kosten der Minerale der tiefsten Tempe- raturzone gebildet. Die Neubildung gehört aber nicht den obersten sondern den mittleren Umwandlungs- stufen an. Der Vorgang hat sich offenbar in größeren Rindentiefen abgespielt und in diesem Sinne bezeich- nete ich die Zone der Zweiglimmergneise und Glimmerschiefer als Tiefendiaphtorit. Die verschiedenen Gesteine reagierten in verschiedener Art und in verschiedenem Grade auf die Streßwirkung in der Tiefe; am stärksten die sedimentären Gruppen, weniger stark die Orthogneise; manche basische Massen sind unverändert geblieben. Die Umwandlung ist fast durchwegs ohne Zertrümmerung der Bestandteile allein durch krystalloblastische Neubildung vor sich gegangen. In den seltenen Fällen, in denen man Kataklase beobachtet, wie in manchen Amphiboliten, ist sie durch spätere örtliche Einwirkung entstanden. B. Glimmerschiefer von diaphtoritischem Habitus und deren Entstehung (Phyllitgruppe früherer Beschreibungen). Äußere Merkmale: undeutlichere Krystallisation, verbogene flaserige Aggregate der Glimmer an Stelle der wohlentwickelten Schüppchen im Glimmerschiefer, auch uneben schmierige Beschaffenheit der Schieferungsflächen, die auch in phyllitartige Fältelung übergehen kann, im allgemeinen auch eine unreinere, etwas dunklere bleigraue Färbung, haben die früheren Beobachter veranlaßt, eine Zone von Gesteinen, welche der Schwarzawakuppel unmittelbar auflagert, als »Phyllitgruppe« vom Hauptzuge der Glimmer- schiefer abzutrennen. Aber alle Beobachter stimmen darin überein, daß sich der Übergang zwischen beiden Gesteinsgruppen ganz allmählich vollzieht und eine scharfe Grenze nicht gezogen werden kann. Zunächst sei hervorgehoben, daß ein großer Teil der in den Karten von Tausch der »Phyllitgruppe« zugewiesenen Gesteine eigentlich nach allgemeinem Gebrauch als Glimmerschiefer zu bezeichnen wäre. Hier hat offenbar nur das Bestreben, den Unterschied gegen die besser ausgebildeten Glimmerschiefer und Gneisglimmerschiefer mit ebenflächigen, unverbogenen Glimmerschüppchen hervorzuheben, zu der Bezeich- Bec Über Diaphtorite, Mittlgn. der Wiener Minerelog. Gesellschaft, 1909, Nr. 45, p. 17, in Tschermak’s Mineralog. len., Bd, XXVIII, Heft 4. Bern. Die moravischen Fenster. 589 nung »Phyllit« geführt. Die Unterschiede werden am auffallendsten, wenn die Glimmer kleinfältelig zer- stoßen, nicht mehr weiß glänzend sind, sondern im ganzen eine graue Farbe mit matterem Schimmer ange- nommen haben. Entgegen den Angaben anderer Autoren muß ich feststellen, daß Granat und ‘oft auch Turmalin den Gesteinen der Phyllitgruppe durchaus nicht fehlen und manchmal in den Gesteinen bis an den Rand des Bittescher Gneises (zum Beispiel bis Doubrawnik und Nedwietitz) in gleicher Ausbildung vorhanden sind wie im grobschuppigen Glimmerschiefer. Immer stehen die Gesteine dieser sogenannten Phyllitgruppe weit ab von den oben beschriebenen moravischen Phylliten (siehe p. 23 [563]). Auch sie gehören so wie die Glimmerschieferzone, mit der sie innig verknüpft sind, zur moldanubischen Scholle: auch die bezeichnenden Begleitgesteine, graphitführende Marmore, dunkle Amiphibolite, Serpen- tine usw. bleiben dieselben. In dem dreieckförmigen Gebiete von Oels-Swojanow und auch in den beiden anschließenden Streifen gegen Kunstadt im Osten und gegen Nedwieditz im Westen bleibt die mineralogische Zusammensetzung der verschiedenen Schieferarten im allgemeinen die gleiche wie in der benachbarten Glimmerschieferzone (siehe Taf. II) dazu kommen aber Neubildungen und sonstige Merkmale, welche eine echt diaphtoriti- sche Umwandlung, ein Hinaufrücken der Gesteine in die obersten Umwandlungsstufen anzeigen. Granaten und Turmaline sind in ihrer Ausbildung nicht verschieden von denen der Glimmerschiefer und oft kann man noch die Sonderung der kräftigen Muscovitsträhnen von den Quarzfeldspatlagen mit den lose eingestreuten Biotitschuppen gut beobachten. Im allgemeinen sind aber die farblosen Glimmer- schüppchen kleiner, mehr verbogen und zerfasert als im Glimmerschiefer. ' In Schliffen von verschiedenen Gesteinsproben aus der Strecke zwischen Öls und Veselka sieht man häufig längere, chloritisch umgewandelte Streifen oder Haufwerk von Chloritschuppen,-in den toten Winkeln der vom Glimmer augenartig umflossenen Granaten. Auch größere, wohlausgebildete Pakete von. neugebildetem Ripidolith oder Reihen von Epidot und Zoisitkörnern (zum Beispiel Przedmesti) in biotitreichen Streifen sind in manchen Schliffen nicht selten. ä Den äußerlich phyllitischen Charakter dieser Gesteine bestimmen aber nicht diese sekundären chlo- ritischen Umwandlungen, sondern die größere Feinheit der gefältelten Glimmerschüppchen, unter denen der dunkle Glimmer immer mehr zurücktritt. In besonders fein gefältelten Schiefern, in denen der serizitähnliche Glimmer häufig durch kohlige Stäubchen bleigrau gefärbt ist, treten keine Merkmale diaphtoritischer Umwandlung äußerlich hervor. Man sieht hier keinen Chlorit und keine verflößten Reste größerer Glimmerschuppen. Solche Gesteine finden sich fast stets unmittelbar am Rande der moravischen Aufwölbung, seltener in dünnen Zwischenlagen der grobschuppigen Schiefer. Überhaupt sind die Gesteine in der unmittelbaren Nachbarschaft des Bittescher Gneises (somit im tiefsten Liegenden des moldanubischen Schieferkomplexes) stets am feinsten gefältelt und dem äußeren Ansehen nach am wenigsten metamorph. Dies ist besonders deutlich in einem schmalen Saume am Östrande der Schwarzawakuppel bei Zelezny, nordöstlich von Tischnowitz. Aber auch noch im nördlichen Teile der Thaykuppel wird das gleiche beobachtet. Wo die Straße Rakschitz — Lissnitz (südlich von Mährisch-Kronau) die moravische Grenze quert, ist ein nur wenige Schritte breiter Streifen von phyllitisch-brüchigen Gesteinen eingeschaltet. Am Krepitzbache südlich von Stiegnitz keilen diese Phyllite allmählich aus, während sich auch der Glimmerschieferzug sehr verschmälert. Hier findet man noch viele Stücke von grauem gefältelten phyllitartigem Schiefer, neben plattigem Amphibolit. Auch noch in den westlichen Gebieten, wo der Glimmerschieferzug im allgemeinen grobschuppiger bleibt, habe ich sehr schmale, aber ausgesprochen phyllitische Spuren im Liegenden des Zuges ange- troffen, und zwar südlich von Pomitsch bei Frain, westlich vom Wappoltenreith mit Glimmerschiefer und plattigem Quarzit wechsellagernd, an der Straße Klein-Haselberg— Messern; diese Gesteine sind durch- wegs reich an kohligen Stäubchen und treten auf in Verbindung mit graphitischen Lagen. (Übrigens stellen sich auch in den Sedimentgneisen in der unmittelbaren Nachbarschaft der Graphitlinsen manchmal phyllitartige Schmitzen ein, wie zum Beispiel an der Straße von Frain nach Landschau.) Trotzdem diese Gesteine in ihrer äußeren Beschaffenheit und auch in den Hauptzügen des mikro- skopischen Bildes wie in der feinen Fältelung der Glimmerstreifen ganz den Eindruck von wenig meta- Denkschriften der mat!:em.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 77 590 F. E. Swess, morphen Phylliten machen, sind Anzeichen vorhanden, daß auch sie aus den Glimmerschiefern durch dia- phtoritische Umwandlung hervorgegangen sind. So kann man vor allem häufig erkennen, daß ein Teil des farblosen Glimmers aus Biotit entstanden ist. Nicht immer, aber in manchen Vorkommnissen sieht man noch verschwommen blaßbraune Flecken und Streifen in den farblosen Glimmerflasern; häufig sind limo- nitische Flecken und braune Erzstreifen. Oft durchziehen scharf gezeichnete dunkelbraune Linien, vielleicht von gelblichbraunem, durchsichtigem Hof gesäumt, wellig und schief durchschneidend die feinflaserige Parallelstruktur; sie sind als eisenschüssiger Belag aufzufassen, der auf Gleitflächen parallel zur Schieferung, vermutlich aus den nun gebleichten Glimmern ausgeschieden wurde. Das Auftreten von großen Granaten in phyllitartigen Gesteinen an verschiedenen Stellen der moravischen Grenze wurde bereits erwähnt. Disthen in ähnlicher Größe und Ausbildung wie in dem Glimmerschiefer fand ich neben Granat und kleinen Turmalinsäulchen zum Beispiel indem dunkeln, stark kohligen, feingefältelten Serizitschiefer nächst der Wiska-Mühle an der Straße Kunstadt— Braslawitz am Ostrande der Schwarzawa- kuppel. Die farblosen Krystalle enthalten ziemlich scharf begrenzte Wolken von kohligem Staub, sind stark verbogen und zertrümmert und an den ausgefransten Rändern und auf quer durchsetzenden Spalten in feinschuppigen Serizit aufgelöst. Ganz lichte serizitische Gesteine begleiten im Hangenden die Kalke an der moravischen Grenze bei Zelezny (nordöstlich Tischnowitz); auch sie haben äußerlich vollkommen den Habitus von Serizitphyllit. Unter dem Mikroskop sieht man in dem quarzreichen Gestein große, durchlöcherte Granaten und in der fein- körnigeren Masse große, zerstoßene Schuppen von farblosem Glimmer. Braune Erzstreifen in manchen Glimmerschuppen lassen vermuten, daß auch hier teilweise entfärbter Biotit vorliegt; wäre die Zer- trümmerung noch weiter vorgeschritten, so wären auch diese Reste einer gröberen Struktur verschwunden und das Gestein würde auch unter dem Mikroskop nur mehr für einen feinschuppigen Serizitphyllit gelten können. Es scheint mir vor allem bemerkenswert, daß in allen Gesteinsproben dieser Art, sowohl in den lichten Schiefern als auch in der durch kohlige Substanz dunkel gefärbten, der Rutil nicht in der den Phylliten zukommenden Form kleiner Nädelchen auftritt, sondern in der gleichen Ausbildung und Größe wie in den Glimmerschiefern; nämlich in Form unregelmäßiger Körner oder kurzer Säulchen von brauner Farbe mit einer durchschnittlichen Länge von etwa O0'2 mm. Vereinzelte Gruppen von Sagenitnädel- chen dürften als Ausscheidungen aus den nun umgewandelten Biotiten aufzufassen sein. Turmaline fand ich allerdings in diesen Gesteinen niemals in der makroskopischen Größe wie in manchen Glimmerschiefern; sie sind in Form sehr blaß gefärbter, bläulicher oder graubrauner Säulchen mit ungleicher Färbung an den Enden und oft mit Gruppen kohliger Einschlüsse allgemein verbreitet; sie sind allerdings auch in den Sedimentgneisen und manchen Lagen der Glimmerschieferzone nicht voll- kommener entwickelt.! Es ergibt sich somit, daß die alsäußere Phyllite (Phyllitgruppe noch Tausch und Rosiwal) unterschiedenen Gesteine zum großen Teile der moldanubischen Glimmerschieferzone anzuschließen sind als ein schmaler Saum im Liegenden, unmittelbar im Dache der moravischen Aufwölbungen, in welchem die Umwandlung in der Richtung auf eine obere Temperaturzone unter Streß noch weitergeführt worden ist als in den Glimmerschiefern. Auch diese Gesteine zeigen eigentliche Kataklase nur in geringem Maße und sind durchaus nicht mit den Myloniten an den Dislokationen .in geringsten Tiefen zu verwechseln. Die Um- wandlung ist auch hier im wesentlichen durch Neukrystallisation kleinschuppiger Massen unter Auf- ! Um mich zu vergewissern, ob die dunkle Farbe der spärlichen serizitischen »Phyllite« an der Grenze zwischen dem Glimmer- und Bittescher Gneis im südlichen Teile der Thayakuppel nicht von etwa aus dem Glimmer ausgeschiedenen Erzpartikel- "ührte, ersuchte ich Herrn Vorstand des chemischen Laboratoriums der k. k. geologischen Reichsanstalt C. Eichleiter um ; Kohlenstoffgehaltes in einem feingefältelten Serizitphyllit von der Straße Klein-Haselberg—Dornau bei Horn (Nieder- timmte 1°450/, C in dem Gestein. Auch Ätzversuche am ungedeckten Schliff ergaben ein negatives Resultat und Die moravischen Fenster 591 zehrung und Bleichung größerer Glimmerindividuen erfolgt. Daher rührt die große Ähnlichkeit mit Phylliten, die aus tonigen Sedimenten unter ähnlichen. mechanischen Einflüssen in der gleichen Temperaturzone entstanden sind. C. Echte Phyllite und moldanubische Einfaltungen im Dache der Schwarzawakuppel. Aber nicht für alle Schiefervorkommnisse des moravischen Daches kann die eben angegebene Deutung unbedingt gelten. Auch echte Phyllite treten stellenweise im Hangenden des Bittescher Gneises auf. An vielen Punkten sind die Grenzverhältnisse der rasch wechselnden Gesteinszonen wegen mangel- hafter Aufschlüsse nur schwer zu bestimmen. 'Glimmerschiefer und Phyllite scheinen in mannigfacher Weise miteinander verbunden und der anscheinende Übergang von Diaphtorit nach Glimmerschiefer und Phyllit wirkt verwirrend. s In der östlichen Grenzzone der Schwarzawakuppel in der Umgebung von Lissitz, insbesondere im Tiergarten und am Wege zur Schießstätte, sieht man zum Beispiel zwischen vorherrschend phyllitischen Gesteinen einen raschen Wechsel von gneisartigen Gesteinen, Biotitschiefern und Amphiboliten,; dazu kommen noch Linsen von grünlichem Kalksilikatfels in grobkrystallinem Marmor mit Tremolit, ferner auch Knollen mit Garben von federkieldickem Skapolith, rotem Feldspat und grünlichem Aktinolith, eine charak- teristisch moldanubische Gesteins- und Mineralgesellschaft, welche dafür spricht, daß auch die begleitenden »Phyllite« noch in die moldanubische Serie und zu den Diaphtoriten nach Glimmerschiefer gehören. Man wird sich aber schwer zu einer gleichen Auffassung entschließen für die weiter im S an der Straße nach Sczechow und bei Lacznow auftretenden grauen, dünnblättrigen, zum Teil gefältelten Gesteine, welche von grauen, graphitischen Kalken begleitet sind, wenn man auch, außer dem Fehlen der oben erwähnten Einlagerungen, ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal nicht namhaft machen kann. Auch hier sind die gestreckten, farblosen Glimmerflasern teilweise aus Biotit hervorgegangen. Turmalin und Zirkon finden sich in der gleichen Ausbildung wie in obigen Gesteinen, Rutil dagegen nach bisherigen Beobachtungen nicht immer und dann in Form noch kleinerer Körnchen. Die Stellung dieser vorwiegend aus sehr feinschuppig gestrecktem Serizit und Quarz bestehenden Gesteine muß vorläufig unsicher bleiben. Dagegen stelle ich die gröberschuppigen, grünlichen Phyllite im Schotterbruch am Waldrand west- lich von der Drahtstiftenfabrik Drnowitz (nördlich Lissitz) noch zum moravischen Komplex. Das Gestein besteht aus fleckig-grünlichem Biotit mit viel Chlorit und farblosem Glimmer; Quarz ist relativ spärlich vertreten. Ziemlich auffallend sind rundliche und gestreckte Körnchen von Plagioklas (Albit), zum Teil mit farblosen Schüppchen. Sie erinnern an die klastischen Reste, welche häufig in moravischen Phylliten angetroffen werden. Kleines Körnerhaufwerk, in Gruppen reichlich im Gestein verstreut, gehört zum Titanit. Zirkon und Apatit finden sich in der gewöhnlichen Ausbildung; Caleitadern und limonitische Ausscheidungen. Durch die grünschieferartigen Einlagerungen (nicht Amphibolit, wie in den moldanubischen Diaphtoriten) und durch die Schwerspatadern,! welche auf parallelen NS-Klüften das Gestein durchsetzen, sind weitere Merkmale der Zugehörigkeit zum moravischen Gebiet gegeben. Ein Serpentinvorkommen südlich von diesem Punkte an der Straße Lissitz—Lhotka wird bereits wieder für moldanubisch zu erklären sein. Die Grenzen verlaufen hier ohne Zweifel recht unregelmäßig. Die anderwärts so gleichförmige, im sroßen Bogen verlaufende Auflagerung der moldanubischen Schiefer auf dem moravischen Gewölbe scheint in diesen Strecken in hohem Grade gestört. Man müßte nach den Umrissen im großen hier etwa° nordsüdliches Streichen erwarten. Die erwähnten moravischen Phyllite bei Drnowitz streichen WNW—- OSO mit 35 bis 40° SSW-Fallen. Die Gesteine im Tiergarten und bei der Schießstätte von Lissitz streichen zum Teil im gleichen Sinne, zum Teil wie die Phyllite bei Laeznow gegen ONO—WSW mit OSO-Fallen. Weiteren Detailuntersuchungen muß die Entscheidung überlassen bleiben, ob es möglich sein wird, die Gesteinstypen bestimmter abzugrenzen und den Aufbau vollkommen zu entwirren, ob die moravische Grenze, wo sie von Kunstadt her gegen SSO streichend bei Braslawitz sich der Boskowitzer Furche nähert, tatsächlich gegen S umbiegt oder nicht vielmehr von der Bruchlinie am Rotliegenden durchschnitten wird 1 Siehe p. 32 [572] Anmerkung. ds 592 RE. BE. Sıwessis, und der Grenzbogen weiter nach O ausgreifend zu ergänzen wäre. Die moravischen Phyllite von Braslawitz und Drnowitz scheinen sich hier an die Stelle der phyllitischen Randdiaphtorite einzuschieben. Im Gebiete des Bittescher Gneises und der inneren Phyllite bei Lhotka-Lissitz, Bedrzichau, Brumow und Kuntschinow gewahrt man bereits große Unregelmäßigkeiten im Streichen und Abweichungen vom regelmäßigen Kuppelbau. Der nordwestlich streichende Gesteinszug von Lissitz ist offenbar eine quer- gestellte Einfaltung der moldanubischen Hülle im Dache der Aufwölbung, ähnlich wie die gleich zu besprechenden. Vorkommnisse von Krzowy und Groß-Bittesch. Im O, jenseits der Bruchlinie, mag der An- satz dieses zungenförmigen Vorsprunges an den zusammenhängenden Glimmerschiefermantel zu denken sein, verdeckt durch das Rotliegende und verworfen durch die Boskowitzer Furche. Südlich von Bukowitz ist der phyllitische Streifen sehr eingeengt und echte Glimmerschiefer, begleitet von weißen Marmoren, treten nahe heran an den Bittescher Gneis. In dem Randprofl am Südabhang zwischen Zelezny und Lomnitschka folgen auf die kurze Strecke von etwa 300 m von O nach W, das ist vom Hangenden zum Liegenden, mit ziemlich steilem Fallen gegen OSO (45 bis 50°) zuerst grobschuppige Zweiglimmergneise, darunter weißer Marmor mit Tremolit,! graphitisch gebändert, begleitet von Glimmer- schiefer und graphitischen Bänken (aus diesem Horizont vom Nordabhang des Hügels stammen die p. 90 [590] erwähnten weißen Serizitschiefer mit Granaten) mit dem von Tausch erwähnten Durchbruch von Olivindiabas.” Zu unterst am Westrand der Kuppel liegen grünliche und graue, feinschuppige Biotit- phyllite und einige Bänke von grauem, ziemlich krystallinischem Kalkstein. Diese beiden letzten Gesteine dürften bereits zum moravischen Gebiete gehören. Dem Bittescher Gneis der weiteren. Umgebung von Groß-Bittesch, von Krzischinkau und Krzowy westwärts bis zur Grenze bei Jassenitz sind zahlreiche breitere und schmälere Streifen von ähnlicher Beschaffenheit wie die erwähnten Gesteine bei Lissitz (p.51 [591]) eingeschaltet. Es sind graue phyllitische Gesteine, wechselnd mit plattigen Biotitschiefern, mit Einlagerungen von Amphibolit, plattigem Quarzit, Graphitlinsen und weißem Marmor mit Tremolit: die bezeichnende Vergesellschaftung der moldanubischen Sedimentgruppen; hier ist aber, wie es scheint, die teilweise phyllitische Beschaffenheit eine ursprüngliche und nicht durch nachträgliche Umwandlung erworben. D. Zusammenfassung. Folgendes sei als Hauptergebnis obiger Ausführungen noch einmal wiederholt: Die Glimmerschiefer- zone und der äußere Zug der sogenannten Phyllitgruppe sind keine selbständigen stratigraphischen Stufen, sondern Teile der moldanubischen Scholle; sie sind durch nachträgliche Umkrystallisation unter gesteigerte Streßwirkung durch Ausbildung schieferholder Minerale (insbesondere Muscovit) entstanden. Als eine mächtige Gleitungszone mit neu aufgeprägter Parallelstruktur liegen sie konkordant auf den moravischen Aufwölbungen. Diese Gesteine sind jedoch keine Mylonite, sie zeigen zumeist keine ausgesprochene mechanische Zertrümmerung; die Umformung hat sich unter krystalloblastischer Neubildung und Krystalli- sationsschieferung vollzogen, so daß neue vollkrystalline Schiefer entstanden sind. Ja, man muß annehmen, daß die gesteigerte Bewegung der Massen gesteigerte Zirkulation der Lösungen zur Folge hatte, so daß die Bildung größerer Krystallindividuen, insbesondere der Muscovite, Granaten, Turmaline und zum Teil auch der Albite, in den Glimmerschiefern begünstigt wurde. Wie durch das Um- rühren in einer Lösung wurde der chemische Austausch der Stoffe gefördert. In der unmittelbar aufliegenden Zone, namentlich in den nördlichen Teilen des Gebietes, kommt wieder die mechanische Einwirkung in höherem Maße zur Geltung und führt zur stellenweisen Zertrümmerung größerer Individuen und unvoll- 1 Der Ka bruch wird gequert von einer Störung, die von einer anthigenen Marmorbreccie mit rotem Bindemittel erfüllt wird Klüften durchzogen ist. Vielleicht sind jüngere Störungen im Zusammenhang mit der Ausbildung der Boskowitzer ler Einengung des Glimmerschieferbandes in dieser Strecke. Die moravischen Fenster. 98 kommener Entwicklung der neugebildeten Bestandteile. Es wird sich unten zeigen, daß noch weiter im N jenseits der Boskowitzer Furche wahre Diaphtorite und Verruschelungszonen den Rand der moldanubischen Überschiebung kennzeichnen. In der Gesteinsbeschaffenheit und deren Beziehungen zu den Lagerungsverhältnissen im Großen; in der Zunahme des weißen Glimmers in dem moldanubischen Gestein mit der Annäherung an die moravische Grenze, in der Umstellung der Parallelstruktur zugleich mit zunehmender Schiefrigkeit, in der strengen Anlehnung der sogenannten Phyllitgruppe und der Glimmerschiefer an die moravischen Auf- wölbungen kommt der tektonische Einluß im großen auf die Umformung der moldanubischen Gesteine von granoblastischen zu lepidoblastischen Strukturen am deutlichsten zum Ausdruck. Man wird sich den Vorgang in seiner Gesammtheit vielleicht folgendermaßen vorstellen können: In großen Rindentiefen wurde ein Komplex von Sedimenten, basischen Ergüssen und älteren Intrusivkörpern zur Serie der moldanubischen Gneise und Schiefer umgewandelt und zugleich durchdrungen von mächtigen granitischen Batholithen. Erst später erfolgte die tektonische Bewegung. Langsam gleitend wurde die gewaltige Scholle emporgetragen; unter dem Einfluß dieser Bewegung wurde noch in großer Tiefe die Umbildung von Kalifeldspat und Biotit zu Muscovit eingeleitet; die Umwandlung vollzog sich in einer breiten Zone und am intensivsten in den unmittelbar dem moravischen Gebirge auflagernden Teilen In geringeren Tiefen mag die Bildung der phyllitartigen Diaphtorite erfolgt sein; vielleicht sind hier auch noch weniger metamorphe Teile der moldanubischen Scholle im moravischen Dache eingefaltet worden und haften geblieben, während nachrückend aus immer größeren Tiefen zunächst die Serie von Glimmer- schiefern, dann die Gneise samt den Granitstöcken darüber hinweggleiten mußten. So erklärt sich die scheinbar verkehrte Schichtfolge, auf die schon CZjZek im niederösterreichischen Waldviertel ‘aufmerk- sam gemacht hat, und so erklärt sich die Konkordanz des moldanubischen Daches mit dem Bau der moravischen Fenster. Die Gleitung hat sich, wie es scheint, vorwiegend auf den Paraschiefern vollzogen, die Sediment- gneise wurden hauptsächlich von der Umwandlung in Glimmerschiefer ergriffen, aber auch die Orthogneise haben unter Umwandlung in Zweiglimmergneise eine neue schuppige Parallelstruktur erhalten. Wie bereits erwähnt wurde, verschmälert sich der Saum phyllitartiger Diaphtorite allmählich immer mehr gegen S, ist am mittleren Rande der Thayakuppel nur mehr in Spuren vorhanden und südlich von Horn grenzen überall die grobschuppigen Glimmerschiefer unmittelbar an den Bittescher Gneis. Gegen S steigert sich auch die Metamorphose innerhalb der moravischen Wölbungen immer mehr, das ist aus der Beschreibung der Übergänge in den einzelnen Zonen der moravischen Sedimente ersichtlich geworden. Hier hat sich der Vorgang der Überschiebung in größerer Tiefe vollzogen; es ist nicht zur Ausbildung der phyllitischen Gesteine gekommen und es sind keine Anzeichen von Einfaltungen solcher Gesteine hier mehr vorhanden. Beide großen Grundgebirgsgebiete (moravisch und moldanubisch) befanden sich hier in größerer Rindentiefe als im N. Die Steigerung der Metamorphose, die Größenzunahme der Krystall- individuen vollzieht sich ganz allmählich im gesamten Grundgebirge, von N gegen S. Außerdem findet eine allmähliche Verschiebung der Gesteinszusammensetzung statt vom Rande der großen moldanubischen Granitstöcke westwärts quer über die moldanubische Grenze; die Cordieritgneise und Körnelgneise werden abgelöst von den biotitreichen Plagioklas- und Sedimentgneisen, diese wieder von den Glimmer- schiefern; im blastoporphyrischen Bittescher Gneis finden sich noch große Porphyroblasten von Muscovit und immer undeutlicher wird die Krystallisation in den inneren moravischen Phylliten bis zu den seriziti- schen und kataklastischen Kwetnitzagesteinen. 594 IR. BE, SıWess, VII. Fortsetzung der moldanubischen Gesteine gegen NO, jenseits der Boskowitzer Furche. ı. Im Westen der Olmützer Ebene. An die Wölbung, welche im Norden bei Oels die Schwarzawakuppel umhüllt, lehnen sich noch im Osten zwischen Kunstadt, Krzetin und Lettowitz, in den Lücken der enormen Transgression entblößt, Glimmerschiefer mit Amphibolit und schuppige Muscovitgneise; sie behalten im allgemeinen den Charakter der Glimmerschieferzone bei und sind ebenso wie die Amphibolite und Serpentine von Lettowitz zum östlichen Flügel der moldanubischen Scholle zu rechnen. Tietze beschreibt im allgemeinen nördliches und nordöstliches Streichen und wechselndes Fallen dieser Gesteine zwischen Lettowitz und Brüsau. Weiter östlich erfolgt eine Unterbrechung des zusammenhängenden krystallinischen Gebietes; nur Inseln bleiben sichtbar unter den Sandsteinen des Rotliegenden, im Graben der Boskowitzer Furche und unter der Kulmdecke, welche sich jenseits des Grabens bis an die Olmützer Ebene und an das Marchtal bei Müglitz und Hohenstadt erstreckt. Hier sind die feinschuppigen Biotitschiefer und feinkörnigen Gneise mit Amphibolitlagen bei Mährisch- Trübau, ebenso auch die graphitführenden Schiefer nördlich von Bodelsdorf!, und gewiß die Granatglimmer- schiefer mit den Pegmatiten, Ophicalciten und Amphiboliten, und mit den Graphitbauen bei Schweine unweit Müglitz zur schiefrigen Randzone der moldanubischen Scholle zu rechnen.” Einige Begehungen haben mich dies gelehrt und ferner auch, daß bei Wessely (NW-Ecke des Kartenblattes Olmütz) der ‚Glimmer- schıefer mit silikatführenden Marmorlagen, nordwestlich fallend, von phyllitartigen Gesteinen unterteuft- werden, die den diaphtoritischen Gesteinen unter den Glimmerschiefern bei Swojanow und Oels gleichen. Wo weiter im S im Netztal und bei Kladek®? wieder älteres Gebirge zum Vorschein kommt, befindet man sich bereits außerhalb der moldanubischen Scholle. Die Bittescher Gneise, Devonkalke und Phyllite daselbst und das eigentümliche devonische Fenster bei Dreibuchen im NW des Glimmerschieferzuges von Schweine — Braunölhütten werden weiter unten besprochen. Lipold* erkannte bereits, daß das Marchtal zwischen Hohenstadt und Müglitz, als eine bedeutsame Störungszone zwei Gebirgsmassen von verschiedenem Bau trennt, und Bukowski? beschrieb aus- führlicher den Gegensatz der von NW vom böhmischen Kamme her und der von NO vom hohen Gesenke her an der Marchlinie zusammentreffenden krystallinischen Gesteinszüge. Nicht nur der Bau, sondern auch die Gesteinsbeschaffenheit ist zu beiden Seiten der Marchlinie völlig verschieden. Von dem östlichen dieser beiden Gebiete wird später die Rede sein. Die erwähnten Glimmerschiefer von Schweine und Lexen streichen zwar nordöstlich so wie das sudetische Gebirgsstück jenseits der March. Es wäre aber irrig, sie mit diesem im Untergrund unter der Kulmdecke verbinden zu wollen. Die Gesteine sind verschieden und so wie der kleine Aufbruch von granat- führendem, schiefrigem Muscovitaplit bei Aujezd südwestlich von Müglitz, nehmen sie allem Anschein nach gegenüber den NW-streichenden Gesteinen jenseits der Kulmdecke von Müglitz dieselbe Stellung ein wie der Saum von Glimmerschiefer gegenüber den inneren moldanubischen Gesteinszügen mit abweichendem Streichen. ! E. Tietze, Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Landskron und Gewitsch, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1901, p. 654. 2 Tietze gibt hier Phyllit an, erwähnt aber den glimmerschieferartigen Habitus der Gesteine. — F. Kretschmer, Die nutz- Mincerallagerstätten Westmährens, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1902, p. 355, gibt eine genaue Beschreibung dieser Prof. Becke. etze, Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Olmütz, Jahrb. der geoiog. Reichsanst., 1893, p. 517 u. f. ‚ipold, Geologische Arbeiten im nordwestlichen Mähren, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1859, p. 235. 5 G. v. Bukowski, Nachträge zu den Erläuterungen des Blattes Mährisch-Neustadt—Schönberg, Verhandl. der geolog, Die moravischen Fenster. 595 Im N des Kulmgebietes von Müglitz-Mürau treten krystallinische Gesteine anderer Beschaffenheit zutage, die sogenannten »Wackengneise« vonE. Tietze und Bukowski. Es sind Biotitgneise, übergehend in Biotitphyllite; ehemalige Grauwacken, in denen die Spuren klastischer Struktur noch kenntlich sein sollen. Sie werden von mächtigen Amphibolitmassen begleitet, in welchen Kretschmer noch Reste von Diabasstruktur erkannt hat.! Seiner Schlußfolgerung, daß dem- zufolge die ganze Schichtserie bei Müglitz dem Devon zuzuzählen sei, kann ich — übereinstimmend mit Petraschek? — nicht folgen. Diabase sind in älteren paläozoischen Gesteinen überhaupt sehr verbreitet, so auch im mittelböhmischen Silur, und durchaus kein besonderes Kennzeichen für Devon. Die devoni- schen Sedimente im OÖ der March zeigen andere Beschaffenheit und sind in anderer Weise metamorphosiert als die Gesteine bei Müglitz. Vermutlich sind die zahllosen, scharf begrenzten Bänke von dunklem Amphi- bolit in den moldanubischen Schiefern und Kalken großenteils ehemalige Diabaslager und -gänge. Gegen Hohenstadt und insbesondere auch weiter nordwärts darüber hinaus vollzieht sich ein Über- gang in höher metamorphe Gesteine, in wahre Biotitgneise, zunächst in gröberkörnige, den Plagioklasgneisen des Waldviertelgebietes vergleichbar, und fernerhin in körnig-flaserige Gneise mit hornblendereichen Schlieren, welche den schiefrigen und flaserigen Rand- und Übergangszonen der moldanubischen Amphi- bolgranitite im S gleichzustellen sind (siehe p. 9 [549)]). Bukowski und Petraschek erwähnen Lagen von Amphibolgranitit. Die Gesteine vom rechten Marchufer können nordweststreichend weithin verfolgt werden bis in das Adlergebirge. Petraschek hat den Zusammenhang dargetan und die mannigfachen Gesteine des Gebietes von Nachod, Neuhradek und Deschney eingehend beschrieben.’ Er erkannte eine Serie von Glimmer- schiefern mit Kalkeinlagerungen im Liegenden, darüber die Phyllite und Gneisphyllite, welche Tietze’s Wackengneisen von Hohenstadt entsprechen; sie werden, wie es scheint, diskordant überlagert von der Grünschieferserie, einer Gruppe von metamorphen basischen Effusiv- und Intrusivgesteinen, Diabasen und Gabbros, begleitet von Quarzit und tonschieferähnlichem Phyllit. Mehrere Granitintrusionen, jünger als die Faltung und die Hauptmetamorphose, mit nur geringfügigen Kontaktwirkungen durchdringen die Schiefer des Adlergebirges. Als langgestreckter Gesteinszug ist der graue Biotiteranit von Cudowa beiläufig im Schichtstreichen den Schiefern eingefügt. Petraschek ver- weist auf die ähnliche Lage der zum Teil hornblendeführenden Granitite von Kunwald und Rokitnitz und unweit Geiersberg in der südöstlichen Fortsetzung der Schieferzüge. Er ist der Ansicht, daß sie derselben Intrusion angehören wie die ausgedehnten, zumeist schiefrigen Amphibolgranitite und Perlgneise im Gebiete von Schildberg und Hohenstadt. Von dem gleichen Stammagma wären sowohl die Amphibol- granitite wie die von John beschriebenen tonalitartigen Gesteine und Quarzdiorite* von Chudoba (bei Schildberg) und Hakelsdorf als auch die grauen Granitite von Deschney abzuleiten. Auch die von Hinterlechner° beschriebenen Amphibolgranitite von Lukawitz und Studanka bei Reichenau werden hier angeschlossen und ein Zusammenhang mit den im einzelnen oft vielfach differenzierten Hauptmassen von Amphibolgranitit der moldanubischen Scholle im Süden kann mit der gleichen Berechtigung voraus- gesetzt werden. Ohne Zweifel wurden die Sedimente und alten Ergüsse in dem ganzen vom Adlergebirge quer zum Marchtal herabstreichenden Gebirgszug in weit geringerem Grade verändert als in der südlichen molda- nubischen Region. Das reichliche Auftreten der dunklen Glimmer in Plagioklasreichen Gneisen deutet aber 1 F. Kretschmer, Die nutzbaren Minerallagerstätten Westmährens, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1902, p. 370. [C} Petraschek, Die krystallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1909, p. 520. 3 Hierher gehören wohl auch die von Hinterlechner beschriebenen Phyllitgneise und Phyllite vom Rande der Amphibol- granitite der Umgebung von Reichenau, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1904, p. 601. 4 C,v.John, Über die sogenannten Hornblendegneise aus der Gegend von Landskron und Schildberg und von einigen anderen Lokalitäten Mährens, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1897, p. 189. 5 Hinterlechner, Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens (das krystalline Gebiet bei Reichenau a, d. Kn.), Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1904, p. 598. 596 RK. B. Swes's, auf eine Metamorphose in demselben Sinne, noch mehr die Übergänge in flaserige und körnig-schlierige Injektionsgneise am Rande gegen den schiefrigen Amphibolgranitit. Ich halte den ganzen Zug vom Adler- gebirge bis zum Marchtal bei Müglitz und Hohenstadt für ein nachträglich gestörtes Stück der moldanubi- schen Scholle, welches jedoch, nur von kleineren Granitmassen durchdrungen, nicht so tief eingetaucht war zwischen die großen Batholithen und durch diese nicht so sehr aus dem einheitlichen Streichen gelenkt wurde, wie die Gneise und Schiefer im Süden.! 2. Im Westen der Ramsaulinie. Der Zug vom Adlergebirge wird im N schiefwinkelig abgeschnitten an der Störung von Buschin. Sie fällt mit einem Seitentälchen der March, in welchem das Dörfchen Buschin liegt, zusammen. Schon Lipold war es aufgefallen, daß hier die von NNO heranstreichenden Zuge von Glimmerschiefer und Amphibolit unvermittelt abbrechen.” Bukowski hat die Störung in neuerer Zeit genauer beschrieben und im Kartenblatt Mährisch-Neustadt ersichtlich gemacht. Tietze konnte den auffallenden Wechsel der Streichungsrichtungen an dieser Linie im Kartenblatt Landskron — Mährisch-Trübau verfolgen. Sie bleibt bis an den Rand der Kreide in der Neissesenke sichtbar. Im Norden dieser bemerkenswerten Linie erscheinen wieder Gesteine und Gesteinskomplexe von typisch moldanubischem Charakter; und von hier an bleibt die Ostgrenze der moldanubischen Scholle wieder im Zusammenhange sichtbar. Von der Beschaffenheit der Grenze und der östlich anschließenden Gebirgsmassen soll erst weiter unten die Rede sein. In dem Gebiete nördlich der March bei Platsch und Waltersdorf traf ich lichte Biotitgneise vom Habitus der Gföhler Gneise und körnig-Naserige Gneise in schlieriger Mengung mit Amphibolitmassen; letztere besonders ausgedehnt, häufig mit aplitischen Lagen; im ganzen eine Vergesellschaftung von Gesteinen, die zum Beispiel jenen bei Vöttau oder Raabs an der mährisch-niederösterreichischen Grenze vollkommen gleichzustellen ist. Aus der Umgebung von Mährisch-Altstadt — Goldenstein beschrieb Kretschmer die typisch molda- nubischen Gesteine: die graphitführenden Kalklager in Verbindung mit granitführenden Glimmerschiefern, Zweiglimmerschiefern, plattigen Quarziten, Serpentinen und ausgedehnten amphibolitischen Gesteinen von wechselnder Beschaffenheit.’ « Der mannigfache Wechsel von granatführendem Glimmerschiefer und Zweiglimmergneis mit Amphi- bolitlagen, die Zahl und Mächtigkeit der letzteren hält an bis in das Bielen- und Reichensteiner Gebirge in Preußisch-Schlesien.* Im Süden in der Nähe der March und bei Altstadt treten noch weitere Analogien des Gebirgsbaues mit der südlichen moldanubischen Scholle auffallend hervor; die Gneismassen nehmen zu an Glimmer mit der Annäherung an die Ostgrenze des Gebietes, die wie dort von einer parallel streichenden, westwärts unter die Gneise einfallenden Glimmerschieferzone begleitet wird. Im W gegen das Innere der großen krystallinischen Scholle schwenken abermals die Gesteinszüge mit wechselndem Streichen nach ver- schiedenen Richtungen ab. Dies wird bereits in dem kleinen Gebiete, das Kretschmer bei Altstadt karto- graphisch dargestellt hat, ersichtlich. 3. Reichensteiner upd Bielengebirge und die Kuppen der Ebene. Guckler* beschrieb das Abschwenken der Glimmerschieferzüge an der Reichsgrenze zwischen Ficht- lich und Spitzberg gegen SW und W mit NW- und N-Fallen von dem N und NW streichenden Grenzsaume 1 Petraschek hält auch noch die jüngste der Schieferserien des Adlergebirges, die Grünschiefergruppe, für älter als Silur, gar vorcambrisch; sie sind verschieden von den vorwiegend grobklastischen cambrischen Sedimenten im Eisengebirge. 2 M. V.Lipold, Jahrb. der geol. Reichsanst., 1859, p. 235. — Bukowski, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1892, p, 327, 1008 n BAR 1905, p. 648. schmer, Die Graphitablagerung bei Mährisch-Altstadt—Goldenstein, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1897,p. 21 bis 56. *J. Guckler, Das Reichensteiner und Bielengebirge, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1897, p. 157 bis 198. Die moravischen Fenster. 597 bei Setzdorf. Aus den zahlreichen Einzelbeobachtungen Guckler's ergibt sich auch, daß die Gneis- und Schieferzüge im großen Ganzen in nördlicher und nordnordöstlicher Richtung über den Kamm des Reichen- steiner und Bielengebirges hinwegstreichen, im einzelnen aber häufig von dieser Richtung abbiegen, im © zwar vorwiegend westlich einfallen, streckenweise aber auch mit entgegengesetzter Neigung zu unregelmäßigen Mulden und Sätteln umgeformt sind. Glimmerschiefer mit Zweiglimmergneis kehren neben den vorherrschend flaserigen Biotitgneisen auch im Westen im Reichensteiner Gebirge wieder; die weiteren Begleitgesteine, Hornblendeschiefer und Hornblendegneise, silikatführende Marmore begleitet von Graphit, Amphibolgranitit und vereinzelt Serpentine und Gabbros, ergänzen die typisch moldanubische Serie; sie gleicht aber weniger denen der inneren südlichen Teile, sondern mehr jenen mit vorherrschendem, grob- schuppigem Zweiglimmergneis, wie sie etwa im Gebiete von Bistritz und Stiepanau von dem breiten Zuge der Grenzglimmerschiefer gegen Ingrowitz an der böhmisch-mährischen Grenze und weiterhin gegen Swratka nordwestlich abschwenken. i Ziemlich einförmige Zweiglimmergneise, zum Teil granitisch, beherrschen auch weiter im Süden mit fast meridionalem Streichen! das Gebiet des Spieglitzer Schneeberges jenseits der Kalkzüge im Marchtale nördlich von Grulich. An den Gneis des Spieglitzer Schneeberges grenzt im Osten Glimmerschiefer und Amphibolit, und dann zieht, wie Rosiwal angibt, die Fortsetzung der oben erwähnten Flaser- und Perlgneise von Blaschke, überggehend in einen amphibolgranititähnlichen Gneistypus, über Altstadt zum Saalwiesenberg an der Reichsgrenze. Sie schließen wieder westfallend an den Amphibolit-, Zweiglimmergneis- und Glimmerschiefer- zug, welcher die graphitführenden Kalke von Goldenstein enthält. Eine ähnliche Zusammensetzung zeigt jenseits der paläozoischen Auflagerung zwischen Salzbrunn und Silberberg das Gneisgebiet des Eulengebirges;? zu den Biotit- und Zweiglimmergneisen mit Graphit und Einlagerungen von Serpentin gesellen sich hier auch noch granulitartige Gesteine und fibrolith- und cordieritführende Gneise; der Gesamtcharakter des Gebietes wird hiedurch den moldanubischen Gebieten im Süden noch ähnlicher. Auch häufiger unvermittelter Richtungswechsel, wie ihn Dathe beschrieb, wenn er durch scharfe Umbiegungen und nicht durch Brüche bedingt ist, kann ebenfalis als eine für die mol- danubischen Gneisgebiete bezeichnende Eigenheit hervorgehoben werden. Nach den vorliegenden Beschreibungen zweifle ich nicht, daß die Kuppen in der schlesischen Ebene die Fortsetzung derselben Grundgebirgsmasse sind, welche der große Randbruch im Eulengebirge und im Reichensteiner Aebirge durchschneidet. Hieher gehören zunächst die Berggruppe von Strehlen, die aus NS streichenden, zum Teil fibrolithführenden Gneise mit Quarzitbänken besteht und von Granit durchbrochen wird, ferner alle westlichen Gneiskuppen von Niemptsch bis Schweidnitz, mit den Serpentinen nördlich von Wartha und die Berge nördlich von Frankenstein bis zu der aus Granit, Gabbro und Serpentin aufgebauten Masse des Zopten südlich von Breslau (siehe Karte ]). 4. Übersicht. Das ganze vielfach zerstückelte und durch jüngere Gräben unterbrochene Grundgebirge von St. Pölten südlich der Donau bis zum Zopten in der schlesischen Ebene muß trotz seiner mannigfachen Zusammensetzung, trotz des etwas wechselnden Charakters im großen als Einheit betrachtet werden; die ursprüngliche Mengung der Sedimente ist überall sehr ähnlich. Bezeichnend sind die graphitführenden Marmore und auch die Lager von Amphibolit, ferner die reichlich eingestreuten basischen Intrusionen und der im großen gleichbleibende Typus der Tiefenmassen. Die südlichsten Gebiete zeigen den oben ange- gebenen Charakter der tiefsten Umwandlungsstufen in reinster Ausbildung. 1 Rosiwal, Verhandlungen der geolog. Reichsanst, 1903, p. 9. 2 E. Kalkowsky, Die Gneisformation des Eulengebirges, Habilitationsschrift, Leipzig 1878. —F.M. Stapff, Aus dem Gneis- gebiete des Eulengebirges, Jahrb. der preuß. geolog. Landesanst., 1883, p. 529, und E. Dathe, Über die Gneisformation am Ostabfalle des Eulengebirges, ebenda, 1886, p. 188. Denkschriften der mat'.em.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 78 898 1 1 SMESS, Schon in den nördlichen Teilen der großen südmoldanubischen Scholle bei Ingrowitz und Swratka findet man Zweiglimmergneise in größerer Ausdehnung und nicht allein auf eine östliche Randzone beschränkt. Sie gewinnen neben reinen Biotitgneisen nach allgemeinere Verbreitung im N im Gebiete des Spieglitzer Schneeberges und im Reichensteiner Gebirge; es hat den Anschein, wie wenn die große moldanubische Scholle in dem Maße, als die batholithischen Intrusionen an Umfang abnehmen, in seichtere Umwandlunesstufen hinaufrücken würde. Noch weniger verändert ist die an Brüchen quer eingeklemmte Zone vom Adlergebirge bis zum Marchtale bei Hohenstadt; hier sind in den phyllitischen Gneisen noch klastische Spuren nachweisbar und die grünen Gesteine noch als uralitisierte und chloritisierte Diabase kenntlich. Aber auch hier bewegt sich die Metamorphose im großen in derselben Richtung, wie in der süd- lichen moldanubischen Scholle und es finden Übergänge statt von Sedimentgneisen zu Biotitflasergneisen und schiefrigen Amphibolgranititen von echt moldanubischem Typus. IN. Das Hohe Gesenke („silesisches Grundgebirge“). ı. Grenze gegen das Devon im Osten. Das kıystallinische Gebiet des Altvater, Kepernik und der Urlichkuppe wird im Westen scharf begrenzt von der Ramsaulinie und geht nach Osten hin unbestimmter über in die weniger metamorphen Schiefer, Quarzite und Grauwacken, Diabase und Grünschiefer des Devon. Einige Grundlinien seines Baues sind dank der Arbeiten von Römer, Camerlander, Becke, Bukowski und Kretschmer bisher bekannt geworden; aber eine vollkommene Enträtselung seiner Struktur, eine sichere Deutung der einzelnen metamorphen Schieferkomplexe wird ganz besonderen Schwierigkeiten begegnen. Im Untergrunde der prächtigen Wälder, welche die Gehänge überkleiden, trifft man nur selten anstehendes Gestein, kaum irgend- wo bedeutendere Felsen; nur auf den Heiden und Wiesenflächen der äußerst flach gerundeten Höhen befinden sich ausgedehntere steinige und blockreiche Gebiete, auf denen sich der Zusammenhang und das Streichen der Gesteinszüge auf größere Strecken verfolgen läßt. Nach dem Eindrucke, den ich auf einigen Durchquerungen des Gebietes im Jahre 1909 erhielt, er- schien es mir zweifelhaft, ob es je gelingen werde, zu entscheiden, ob ein den in ähnlichem Grade meta- morphen zentralalpinen Gebieten analoger Faltenbau und Schuppenbau das Ganze beherrscht, etwa veır- gleichbar der alpinen Grauwackenzone am Semmering. Es fehlen hier fast alle Anhaltspunkte, die ander- wärts durch Fossilien gegeben werden. Die gleichen Horizonte sind, wie es scheint, an verschiedenen Stellen in ungleichem Grade umgewandelt und die verschiedenartigen Schichtglieder des Devon treten in meta- morphem Zustande mit älteren krystallinen Gesteinen in enge Wechsellagerung, ohne daß es möglich wäre, die Art des Verbandes festzustellen. Bukowski (l. c., p. 685) wies insbesondere darauf hin, daß manche Gesteine des Unterdevon durch ihre krystallines Gepräge sich gewissen Sorten des Chloritgneis so sehr nähern, daß eine Verwechslung leicht stattfinden kann, und betonte ausdrücklich, daß in dem bedeckten Terrain eine scharfe karto- graphische Abgrenzung der Gesteinszüge meist unmöglich sei. Da das Unterdevon im Gebiete von Frankstadt und am Fichtlingpasse an seinen Grenzen mit ver- schiedenen Gliedern der krystallinischen Serie in Verbindung tritt, schließt Bukowski auf eine diskordante ıflagerung. Nachträgliche Faltungen haben in einigen breiteren und schmäleren Zügen den Chloritgneis n antiklinalen Durchbrüchen emporgehoben, so insbesondere in einem größeren Zuge von Deutsch-Liebau en Altendorf bei Römerstadt. An der inneren Grenze aber, im Gebiete des Fichtlingpasses, am Haidstein, veine und Deutsch-Liebau bis an das Marchtal verzeichnet Bukowski’s Karte westliches Einfallen :vonischen Schiefer unter die Glimmerschiefer und Gneise des Teßtales. Er hält die Erklärung or gleich für ganz unberechtigt, daß hier eine später wiedergefaltete große Aufschiebung vorliegt«, und nend sagt Schirmeisen, daß in dem Gebiete von Frankstadt bis Aussee die jüngeren Gebilde, Die moravischen Fenster. 599 im SO unter die krystallinen Gesteine einfallen und daß man es mit vielfach gegen SO überkuppten Falten zu tun habe.! Camerlander? erwähnt Westfallen von Gneis und Phyllit am Leierberg östlich vom Altvater, doch herrscht in diesem Gebiete Östfallen vor. Er beschreibt ferner wiederholte Wechsellagerung von Gneis mit Phylliten und Quarzit, die er zum Unterdevon stellt, in der Umgebung von Karlsbrunn und weiter südlich an verschiedenen Stellen im oberen Kesseltale, am Bachofen und bis in die Nähe des Fichtlingpasses. Bukowski hält es am wahrscheinlichsten, daß auch hier verwickelte Einfaltungen und Einpressungen vorliegen. Becke? erwähnt, daß die Teßgneise oberhalb Warnsdorf nordwestliches Einfallen beibehalten bis nahe an die Grenze, dort aber südöstlich umbiegen unter das auflagernde Unterdevon. Die Umbiegung wird aber verschleiert durch die beständig gegen NW gerichtete Cleavage, die auch noch in den devonischen Phyliten anhält. Am Peterstein zwischen dem Altvater und der Hohen Heide neigt sich die Bankung des Chloritgneises ostwärts unter die unmittelbar benachbarten Tonschiefer, und nördlich von Karlsbrunn fällt das Devon wieder ostwärts, auch hier anscheinend dem Gneis auflagernd. An der Linie Gabel-Waldenburg durchschneidet nach Becke ein Querbruch die Einfaltungen meta- morpher, vermutlich devonischer Sedimente und amphibolisierter Ergüsse im Gneis des Altvatergebietes; jenseits des Bielatales sind grobkörnigere und granitische, zum Teil feinschiefrige, aber stets hochgradige diaphotritische Gneise im Waldgebiet der Urlichkuppe weithin ausgebreitet; sie haben so wie die Rand- gneis im Süden den Habitus der Chloritgneise angenommen. Die schiefrigen Biotitgneise des Altvatergewölbes gehen nach Becke’s? Darstellung in der Nähe der Grenze gegen das Devon und auch in einer Zone, welche an die genannte Verwerfung des Bielatales angrenzt, über in zum Teil epidotführende Chloritgneise und Phyllitgneise. Es sind ebenfalls typische Diaphtorite, mit kataklastischer Zertrümmerung aus verschiedenen Gesteinstypen entstanden. Mit ihnen zugleich wurden auch die angrenzenden devonischen Sedimente und Ergüsse zu Phylliten und Grünschiefern metamorphosiert. An der Grenze bei Würbenthal, wo vom Dürrberge bei Einsiedel durch Kalfar’s Funde und Römer'’st Beschreibung die fossilführenden unterdevonischen Quarzite vom Dürrberge bei Einsiedel bekannt ge- worden sind, und in den nördlichen Strecken gegen Zuckmantel wird zwar steile und stark gestörte Schichtstellung des Devon an der Grenze gegen die krystallinischen Gesteine, aber im allgemeinen öst- liches Abfallen angegeben. Aber auch hier kann es sich im großen nicht um eine normale Auflagerung handeln. Als ich vor kurzem das Gebiet in Begleitung einer Studienexkursion des geologischen Institutes der Universität Wien besuchte, wurde ich vom Herrn Oberförster Peschek in Buchbergsthal bei Würbenthal freundlichst zu einem zweiten von ihm entdeckten Fundpunkte unterdevonischer Fossilien geführt. Etwa 800 m westlich der Grenze des zusammenhängenden Devongebietes an den Abhängen der sogenannten Raubersteine in den Forstgebieten des Urlich befindet sich, soweit man nach der Blockausstreuung im steilen Waldgehänge schließen kann, eine etwa 500 m breite Einlagerung von weißem, plattigem, etwas glimmerigem Quarzit in den sogenannten Chloritgneisen (Granitdiaphtoriten) des Gebietes. Er enthält deut- liche Abdrücke von Grammysia und andere Bivalvenspuren. Komplizierte Verfaltungen von Unterdevon und krystallinischen Gesteinen müssen auch hier stattgefunden haben. 1 F. Schirmeisen, Geognostische Beobachtungen in den Sudetenausläufern zwischen Schönberg und Mährisch-Neustadt Zeitschr. des mährischen Landesmuseums, Brünn 1901. 2 Verhandlungen der geolog. Reichsanst., 1886, p. 299 bis 300, und 1889, p. 260. 3 F. Becke, Vorläufiger Bericht über den geologischen Bau und die krystallinischen Schiefer des hohen Gesenkes (Altvater- gebirge), Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissenschaften, Wien, Math.-nat. Cl. Bd’ CI., 1892, p. 294. 4 F. Römer, Über die Auffindung devonischer Versteinerungen auf dem Ostabhange des Altvatergebirges, Zeitschr. der deutschen geolog. Ges., 1864, p. 579. 78# 600 Br E. Swess; Das wechselnde Einfallen an der Grenze, ebenso wie das Auftreten einer Zone mit den Merkmalen einer Metamorphose in geringer Tiefe, welche ebenso die Gneise wie die benachbarten Sedimente ergriffen hat, deuten auf einen komplizierten tektonischen Verband zwischen dem sicheren Devon und dem Grund- gebirge des Altvater. Spätere Untersuchungen werden vielleicht entscheiden, ob, wie Bukowski an- nimmt, bloß komplizierte Verfallungen des Grundgebirges mit dem transgredierenden Devon stattgefunden haben oder ob die genannte diaphtoritische Zone durch ausgedehntere Bewegungsflächen bedingt ist, welche das zusammenhängende Kulm- und Devongebiet im O und die krystallinischen Gebiete des Hohen Gesenkes im W als größere Einheiten voneinander scheiden. 2. Hochschar-Kepernikgneis. Den Aufbau der zentralen Teile des Hohen Gesenkes, die Gruppe des Hochschar und des Altvater, hat Beckein klarer Übersicht dargestellt. Es sind im wesentlichen zwei Gneisgewölbe mit auflagernden und eingefalteten Schieferzügen (siehe Profil auf Taf. ]). Regelmäßig und einfach gebaut ist das Gewölbe des Hochschar-Kepernik westlich vom Rotenberg- passe. Ziemlich glimmerarmer Granitgneis mit kurzen Biotitflasern und erbsengroßen, selten bis haselnuß- großen Orthoklasaugen bildet den Kern des Gewölbes. Gegen den Rand zu werden die Gneise feinkörniger, mehr ebenschiefrig und reicher an Muscovit. Die Orthoklasaugen treten auffallender hervor und die Ge- steine auf den Höhen zwischen Hochschar und Kepernik, mit dem seidenglänzenden knotigen Haupt- bruche, gleichen sehr vielen typischen Vorkommnissen des oben beschriebenen Bittescher Gneises. Mit unregelmäßig ausgelappten Grenzen legt sich auf den Gneis die Schieferhülle. Sie umfaßt ihn im NO bei Freiwaldau vollständig und ummantelt in ziemlicher Mächtigkeit die gegen SO und NW hinab- tauchenden Flügel des Gewölbes. In der mannigfachen Gesteinsserie überwiegen grobschuppige, hell- flaserige Glimmerschiefer mit Staurolith und Granat, und Andalusit auf Quarzlinsen. Dazu kommen verschiedene Einlagerungen von Quarzit mit graphitischen Schiefern, plattige, biotit- reiche Gneise, Hornblendegesteine, augitführende Caleitgesteine und krystallinische Kalke. Lager von lichtem, feldspatreichem Flasergneis zweigen als schiefrige Apophyren von den gleichartigen Rand- gesteinen des Zentralgewölbes ab oder sind selbständig der Schieferhülle eingeschaltet. Die Staurolithglimmerschiefer sind kein stratigraphischer Horizont; ihre Entwicklung aus der Schiefer- hülle steht mit dem Gneiskontakt im Zusammenhang. Es wird weiter unten noch gezeigt, wie im NW Flügel der Schieferhülle die Metamorphose mit der Entfernung von der Gneisgrenze abnimmt. Die Kepernikgneise erstrecken sich noch weit gegen SW über das von Becke beschriebene Gebiet hinaus. In ziemlich granitischer Ausbildung, mit kurzen schwarzen Biotitflasern, meist ohne lichten Glimmer und ohne die kataklastische Schieferung, werden sie an der Straße von Primiswald nach Neu-Ullersdorf und weiter südlich bei Wüstseibersdorf, Beckengrund und Geppersdorf angetroffen. Aber weiterhin wird der Zug immer mehr eingeengt durch Granatglimmerschiefer und schiefrige Biotit- und Zweiglimmergneise mit Amphibolitlagen. Das Gesteinsgemenge dieser Art, wie man es in zahlreichen Blöcken bei Stollenhau antrifft, gleicht weniger der Schieferhülle im N und erinnert durch die Mischung seiner Typen mehr an die mol- danubische Glimmerschieferzone im W. Für eine schiefrige Modifikation in der südlichen Fortsetzung des Granitgneises möchte ich auch die plattig brechenden, dünnschiefrig-kleinaugigen Gneise halten, welche Bukowski bei Eisenberg an der March als Chloritgneise kartierte. Als gllmmerarme Ausbildung derselben Gneismasse, in der die Feldspat- augen weit seltener und, wenn vorhanden, noch kleiner werden, ist der östlich anschließende Zug bei Rabenau, Bukowski’s »heller, glimmerarmer, zum Teil granulitischer Gneis« zu betrachten. Hieran schließt gegen O, mit gleichsinnigem Einfallen den Gneis steil westwärts unterteufend, ein g von granatführendem Glimmerschiefer, mit schmalen Bänken von krystallinischem Kalk und chen Streifen, aber ohne amphibolitische Einlagerungen. Die moravischen Fenster. 601 Nach Kretschmer! sind die Glimmerschiefer und Gneisglimmerschiefer bei Mährisch-Schönberg auch stellenweise staurolithführend und als Fortsetzung der Schieferhülle der Kepernikgneise anzusehen. Nach Bukow ski’s Darstellung fallen hier allerdings die Glimmerschiefer unter den Gneis ein; die Schiefer- hülle müßte hier durch eine nachträgliche Faltung umgewendet worden sein. Eine Reihe von Kalksilikat- linsen: Augit-, Amphibol-, Zoisit, Skapolith- und Prehnitfelse, die in einer nordsüdlichen Linie von Reigersdorf über Hermesdorf gegen Blauda angeordnet sind, stellt Kretschmer zu den Kontaktprodukten des »Gneis- lakkolithen«. Sie sind zumeist dem »Orthobiotitaugengneis« unmittelbar eingelagert und von zahlreichen Pegmatitgängen durchsetzt. Bukowski brachte das Kalksilikatgestein von Blauda mit den jüngeren Intrusionen von Biotitgranit in Zusammenhang, welche die Gneise und Glimmerschiefer bei Mährisch- Schönberg durchbrechen. V. Neuwirth? verglich sie mit den noch später zu erwähnenden schönen \ Kontaktlagerstätten, die bei Friedeberg in Österreichisch-Schlesien einer Granitmasse ähnlich jener von Schönberg eingelagert sind. Diese treten jedoch nach Kretschmer in typischen Pegmatiten auf, sie sind durch Resorption im granitischen Magma entstanden und genetisch verschieden von den lagerförmigen Kalksilikathornfelsen im Gneis westlich von Mährisch-Schönberg. Jenseits der Linie des Rotenbergpasses erheben sich in weit unregelmäßigerer Auffaltung, als das Kepernikgneisgewölbe, die Gneise des Teßtales. Die intensive Fältelung im kleinen mit vielgewundenen Quarzlagen, wie man sie an vielen Blöcken im Teßtale wahrnimmt, bringt den Gegensatz besonders zum Ausdrucke. Nach Becke sind sie im allgemeinen ärmer an Feldspat als die Kepernikgneise und besonders reich an beiderlei Glimmern an den Rändern der Aufwölbung. Sie werden besonders dünnschiefrig gegen SO, gegen den Altvater. Die Biegungen im kleinen sind oft verhüllt durch die steil nach NW fallende Fältelungscleavage und gegen die Devongrenze werden diese Gesteine, wie oben erwähnt wurde, diaphtoritisch und bilden zum Teil den sogenannten Chloritgneis. Nach Bukowski setzen sich die dunkelgrauen, feingeschieferten Teßgneise südwärts fort bis an den Haidstein bei Rudelsdorf, wo sie nordsüdlich streichend und mit zahlreichen Einlagerungen von Amphi- bolit an die devonischen Phyllite grenzen. Sie sind hier wie anderwärts von zahlreichen pegmatitischen Adern durchsetzt und nehmen Chlorit und Amphibol auf.? Die Chloritgneise im Gebiete des Kartenblattes Mährisch-Neustadt— Schönberg sind gewiß nicht nur diaphtoritische Modifikationen der Teßgneise. Auch andere Gneistypen, wie serizitische Augengneise mit Krystalloblasten von Serizit, Orthogneise, vielleicht verwandt den schiefrigen Formen der Kepernik- gneise, deren ursprünglicher Biotit zumeist in Chlorit verwandelt wurde, und serizitische Gneise, Chlorit und Epidot führende Schiefermassen, auch Gesteine mit massiger Struktur (bei Ehlend, Bladensdorf und Rohle im Gebiete südlich von Mährisch-Schönberg) treten nach Bukowski hier auf; in vielen dieser Ge- steine ist grobgranitische Struktur noch sehr gut erhalten, wie zum Beispiel am Pelankaberge bei Rohle. Es werden erst systematische petrographische Untersuchungen notwendig sein, um die Abgrenzung der verschiedenen Gneisgruppen gegeneinander festzustellen, welchen hier durch spätere Bewegungen gemein- same Merkmale aufgeprägt wurden, und deren Verhalten zu den besser unterschiedenen Gneis- und Schiefergruppen im W. 3. Schieferzug vom Uhuberge und Chloritgneise. Zwischen den beiden zusammenhängenden Gneisgewölben, jenes des Kepernik-Hochschar und jenes des Teßtales, ist eine Gruppe von Schieferzügen eingeschaltet. In der Nähe des erwähnten Querbruches von Waldenburg-Gabel, am Uhuberg und am kleinen Seeberg, sind es kohlige Phyllite und phyllitähnliche 1 F. Kretschmer, Die Petrographie und Geologie der Kalksilikatfelsen in der Umgebung von Mährisch-Schönberg, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1908, p. 527; A. Scheit, Der Kalksilikatfels von Reigersdorf bei Mährisch-Schönberg, Jahrb. der geolog. Reichs- anst., 1910, p. 115. i 2 V. Neuwirth, Die Kontaktminerale von Blauda, Zeitschr. des mährischen Landesmuseums, 1907, Bd. VII, 1, Heft, p. 125. 3 Erläuterungen zur geologischen Karte, Bl. Mährisch-Neustadt und Schönberg, Wien 1905, 602 RE. Sıwess, gefältelte Glimmerschiefer mit Quarzit und Amphibolit; sie fallen nach Becke's Darstellung gegen NW und tauchen unter eine Bank von Kepernikgneis. Aus Becke's Profil ersieht man (s. Profil Taf. I), daß der Keper- nikgneis nicht einen einfachen, ungestörten, gewölbeförmigen Lakkolithen bilden kann; er hebt sich im S nochmals empor und die auflagernde Schieferhülle von Staurolithglimmerschiefer im Kontakt nimmt sattelfürmige- Lagerung an. Ein Zug von dichtem, grünem Kalksilikatfels, westlich über dem Rotenbergpaß, gehört vielleicht demselben kontaktmetamorphen Horizont an wie die erwähnten Kalksilikatfelse bei Mährisch-Schönberg. Darüber folgt zwischen Bründlheide und Rotenbergpaß noch eine kleine Partie phyllitischer Gesteine; Beck ee verbindet sie durch einen hypothetischen Luftsattel mit jenen Gesteinen. Ein Gneislager zwischen beiden Phyllitzügen ist stark gefältelt, führt in der Nähe der Waidenburger Störung Chlorit, der weiter gegen S ganz durch Biotit verdrängt wird. Es fehlt hier zunächst in diesen Schiefern Staurolith, aber gegen Winkelsdorf zu werden sie höher krystallinisch und nehmen Staurolith und Granat auf. Schon bei Zöptau wurden die Teßgneise von mächtigen Amphibolitmassen begleitet; im O, im Tale oberhalb Wermsdorf und nach Bukowski weiter im S in der Nähe des Fichtlichpasses bilden die Teßgneise zusammen mit Amphiboliten, Hornblende- Epidotschiefern und Aktinolithschiefern eine geologische Einheit. Sie umschließen im W staurolith- und granatführende Glimmerschiefer und Quarzite. Die Serie streicht in gleichbleibender Beschaffenheit, steil nordwestlich fallend, fort bis Zautke an der March. Erst am Rande des Marchtales und, wie man annehmen muß, unweit der Grenze gegen die moldanubische Scholle, wendet sich das Streichen ziemlich unvermittelt gegen SO. Sowohl Bukowski alsauch Schirmeisen!geben an, daß in dieser Gegend die Glimmerschiefer allmählich in den Chloritgneis übergehen; nach Schirmeisen kann auch keine scharfe Grenze nachgewiesen werden zwischen dem grobporphyrischen Chloritgneis mit vielen Quarzlinsen und den devonischen Schiefern. Bukowski (l. c.,p.644) läßt es unentschieden, ob dieser ausgedehnte Zug von Glimmerschiefer, Gneis und Quarzit, vom Mittelstein bis zum Marchtal als die höher metamorphe Fortsetzung des Phyllitzuges vom kleinen Seeberge aufzufassen sei. Die Frage wird sich entscheiden, wenn die neue Aufnahme des dazwischen liegenden Gebietes zur Veröffentlichung gelangt. Denselben Zug unterbrechen die auffallenden Massen dunkler Hornblendegesteine des Gebietes von Zöptau mit ihren Eisenerzen. und den berühmten Mineralfundstätten. Becke und Schuster” beschreiben hier bereits die großenteils zu Amphiboliten umkrystallisierten dioritischen und gabbroiden Massengesteine, in denen aber streckenweise spätere dynamische Veränderung in höherem Niveau zur Bildung von Epidot und Chlorit und zur Zertrümmerung der Feldspate geführt hat. Eine ausführliche Beschreibung des Gebietes aus jüngster Zeit verdanken wir F. Kretschmer.’ Er unterscheidet in dem gestreckten Stocke, welcher dem Glimmerschiefer und Chloritgneis mit einer Maximalbreite von 4:4 km und 10 km Länge ein- geschaltet ist, randliche Lager von massigem Hornblendegabbro, plattige Gabbroamphibolite und fein- körnige Gabbroschiefer, welche einen Kern von Dioritgneis umgeben. Die massige Struktur wird in den schiefrigen Abänderungen durch die granoblastische Struktur verdrängt. Kretschmer betrachtet die Masse als einen ursprünglich gewölbeförmigen Intrusivkörper, der durch nachträglichen Tangentialschub zu isoklinalem NO-Fallen umgewendet wurde. Nach Rosiwal* setzt sich der Zug von Waldenburg in einem Streifen von Phyllit, Tonschiefer und Quarzit fort, der nordostwärts über den Nordabfall des Geiersbergrückens und Reihwiesen gegen Zuck- 1 K. Schirmeisen, Geognostische Beobachtungen in den*Sudetenausläufern zwischen Schönberg und Mährisch-Neustadt, Zeitschr. des mährischen Landesmuseums, Brünn 1901. ?2 F. Becke und M. Schuster, Geologische Beobachtungen im Altvatergebirge, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 7, p. 109. F. Kretschmer, Das metamorphe Diorit- und Gabbromassiv in der Umgebung von Zöptau, Jahrb. der geolog. Reichsanst., handl. der geolog. Reichsanst., 1899, p. 20. Die moravischen Fenster. 603 mantel streicht. Dort werden die Gesteine dieses Zuges den als sicheres Devon erkannten Tonschiefern bereits recht ähnlich. Daran schließt sich im Westen, wie es scheint, in derselben Linie des Streichens wie die Hornblende- gesteine von Zöptau ein ausgedehntes Gebiet von ähnlichen mannigfachen Amphibolgesteinen, ebenfalls begleitet von Strahlsteinschiefern, Biotit- und Talkschiefern. Es läßt sich von Reihwiesen durch die Wälder an der Ostseite der Biela bis zum Urlsberge bei Waldenburg verfolgen. Die Goldkoppe bei Frei- waldau bilden wieder Glimmerschiefer mit verschiedenen Einlagerungen. Den Gesteinen der Urlichforste vom Koberstein bei Reihwiesen bis zum Oppatale bei Würbental ist wieder der allgemeine diaphtoritische Charakter der Chloritgneiszone aufgeprägt. Die gemeinsamen Merk- male dieser Zone sind, wie bereits oben gesagt wurde, erst durch nachträgliche Einwirkungen erworben worden. Ebenso wurde bereits auf die verschiedene Herkunft dieser Gesteine hingewiesen. Ein großer Teil der Chloritgneise im Süden, im Kartenblatt Mährisch-Schönberg, sind protoginähnlich umgewandelte Granite. Kretschmer! gab ein Bild von der Mannigfaltigkeit dieser Zone im Gebiet östlich von Zöptau:; sie umfaßt, dort neben verschiedenen Modifikationen der Teßgneise, Chlorit-, Serizitschiefer und Quarzite unter anderem auch grobkörnige Augengneise, Turmalin und Muscovitpegmatite, Amphibolite, Uralit- diabase und konglomeratische Zwischenlagen. In den Urlichforsten sind es vorwiegend grobkörnig-granitische Gesteine, dazwischen auch schiefrige Biotitgneise und grobe Augengneise (Koberstein); auch sie haben die stumpfgrüne, matte Färbung und die unrein diaphtoritische Beschaffenheit der Gesteine angenommen, die unter dem Namen Chloritgneis zusammengefaßt werden. Ein augenfälliges Merkmal fast aller Gesteine sowohl der alten Eruptivmassen als auch der Schiefer edimentärer Herkunft, in der ganzen Zone von der Marchebene bis Reihwiesen bleiben die eingestreuten Muscovite, welche sich als Tafeln oder Schuppen oder als dünne verbogene Häute auf den Schieferungs- flächen oder auch auf der Verwitterungsoberfläche des Gesteins durch den Glanz auffallend bemerkbaı” machen. - Bei Zöptau fallen nach Kretschmer die Chloritgneise unter die Teßgneise und Amphibolite ein. So entspricht die Chloritgneiszone, wie schon Becke festgestellt hat, keinem bestimmten Altershorizont, sondern ist in ihrer Verbreitung und Ausbildung offenbar durch tektonische Vorgänge im großen bedingt. Sie steht in engerer Beziehung zu den weniger metamorphen devonischen Sedimenten, umfaßt aber ohne Zweifel auch veränderte Gesteine, die höheren Temperaturzonen entstammen. Nach einer Andeutung Rosiwal’s (l. c.) gehen auch die Teßgneise an der Biela bei Waldenburg in Chloritgneise über. So bestehen die krystallinischen Gesteine des Hohen Gesenkes im großen ganzen aus zwei Gneis- gebieten, zwischen die eine wechselnd breite Zone eingeschaltet ist, in der schiefrige Gesteine, und zwar im N Phyllite, im W und S Glimmerschiefer vorherrschen. Die Einlagerungen von Hornblendegesteinen in der Schieferzone schwellen ebenso im S bei Zöptau wie imN beiFreiwaldau zu mächtigen zusammen- hängenden Massen an. Durch eine jüngere tektonische Bewegung ist in einer östlichen Grenzzone gegen die wenig meta- morphen devonischen Sedimente die diaphtoritische Umwandlung verschiedener Glieder der krystallini- schen Serie zu Chloritgneisen erfolgt. Gebirgsbewegung hat diese Zone erzeugt, ebenso wie die Zone der moldanubischen Glimmerschiefer, aber unter ganz anderen Bedingungen. Ob auch diese diaphtoritische Zone große Bewegungseinheiten: das Devongebiet im OÖ und das silesische Grundgebirge, voneinander trennt, werden spätere Untersuchungen zu entscheiden haben. Aber auch der Komplex des silesischen Grundgebirges enthält sicherlich devonische Gesteine. Es sei aber gleich hier erwähnt, daß noch weit im W an der ganzen Linie von Eisenberg bis in die Nähe von Friedeberg der Rand des silesischen Grundgebirges gegen die moldanubischen Glimmer- 1 Jahrb. der geolog, Reichsanst., 1911, p. 155, 604 INERSKEISISE, schiefer von einem Saume wenig metamorpher Gesteine begleitet wird. Es sind tonschieferartige Phyllite mit Kalken. Erstere gehen bei Goldenstein über in die Staurolithglimmerschiefer der Schieferhülle über dem Repernikgneis. Bei Lindewiese und in den zahlreichen Zügen bis Setzdorf und Friedeberg enthalten sie auch häufig Bänke von weißem Marmor. Die obersten Kalkzüge aber, knapp an der Glimmerschiefergrenze bei Sporn- hau und Lindewiese, sind hell- oder dunkelgrau bis schwarz, feinkörnig bis dicht und, wie schon Becke erkannte, von den Devonkalken, wie sie im OÖ die Tonschiefer und Quarzite begleiten, nicht zu unter- scheiden. Von dieser Zone wird noch weiter unten die Rede sein. 4. Vergleich des silesischen und moravischen Grundgebirges. Aus dem Gesagten wird bereits ersichtlich sein, daß das silesische Grundgebirge andere Gesteine und anderen Bau aufweist als die moravischen Aufwölbungen. Die krystallinischen Schiefer umfassen hier einen größeren Umfang in der Skala der Metamorphose. Zonen von Granatglimmerschiefer und Zweiglimmergneis mit Kalksilikatfels, wie sie sonst dem äußeren Rande der moldanubischen Scholle eigen sind, ziehen von Schönberg nordwärts und gehen nach Becke am Uhustein und Kleinen Seeberg über in kohligen Phyllit und Quarzit. Beide Extreme wird man in den moravischen Gebieten vermissen und ebenso die dioritischen Gesteine und Amphibolite der Gebiete von Zöptau und Freiwaldau; die basischen Feldspate dieser Gesteine sind unter den Umwandlungsbedingungen des moravischen Gebietes nicht erhaltungsfähig. Staurolith und Andalusit, die Kontaktminerale der Schieferhülle des Kepernikgneises, sind dort noch niemals gefunden worden. Massig-kurzflaserige Granitgneise, etwa wie sie bei Geppersdorf oder Märzdorf im Kern des Kepernik- gewölbes auftreten, werden im Bereiche des Bittescher Gneises kaum angetroffen werden. Dort sind die Gesteine recht allgemein und gleichmäßig in knotig-serizitische Augengneise umgewandelt worden, wie sie hier nur im äußeren Mantel des Gewölbes, besonders zwischen Hochschar und Kepernik, zur Aus- bildung gelangt sind. Noch auffallender sind die Unterschiede im Bau der beiden Gebiete. Das Gefüge des silesischen Grundgebirges ist weit mannigfacher gegliedert und durchaus nicht so einheitlich wie die moravischen Aufwölbungen. Es wurde oben gezeigt, wie in regelmäßiger Folge über den moravischen Batholithen die gleichen Gesteinshüllen, Schiefer, Kalke und Bittescher Gneis, ebenso in der Thayakuppel wie in der Schwarzawakuppel wiederkehren. In den Sudeten sind verschiedene eruptive Gneismassen aneinander- gepreßt und Schieferzüge in dieselben eingeschaltet. Ostwärts treten die Gesteine in enge, nech nicht voll- kommen aufgeklärte Verbindung mit den wenig metamorphen devonischen Sedimenten und Grünsteinen. Solche Übergänge und Beziehungen gibt es nicht in den moravischen Gebieten. Nur nahe am Westrande des silesischen Grundgebirges kann man eine Gruppe von Kalkzügen zusammenhängend verfolgen vom Marchtal bis zur schlesischen Ebene bei Friedeberg, vergleichbar den zusammenhängenden moravischen Kalkzügen. Während aber die moravischen Kalke in dem ganzen Gebiete ihrer Verbreitung vom Manharts- berg bis nahe an die böhmisch-mährische Grenze unter den Bittescher Gneis hinabtauchen, gehören die grauen Kalke der Ramsaulinie zur Schieferhülle, welche gewölbeartig dem Kepernikgneis auflagert. Trotz dieser und anderer wichtiger Unterschiede werden doch beide Gebiete durch eine Anzahl gemeinsamer Eigenarten und insbesondere durch gemeinsame Gegensätze gegenüber dem Bau und den Gesteinen der moldanubischen Scholle miteinander verbunden. Die Umwandlung der Randgneise des Kepernikgewölbes ist genau in demselben Sinne erfolgt wie ittescher Gneis und viele Handstücke des letzteren gleichen ganz den serizitischen Augengneisen vom Gebiete des Hochschar und Kepernik. Phyllitische uud grünschieferartige Gesteine, zum Teil mit glimmerigen grauen und weißen Marmoren, sind beiden Gebieten gemeinsam. silesischen Grundgebirge fehlen alle echt moldanubischen Gesteinstypen, wie feinkörnige © (Gföhler Gneise), Granulite, Cordieritgneise, Serpentine u. a.; auch in der nachträglichen Um- Die moravischen Fenster. 605 wandlung der dioritischen Amphibolite des Gebietes von Zöptau zu chloritischen Gesteinen und Talk- schiefern findet eine Annäherung statt an die höheren Umwandlungsstufen mit vorwiegend dynamischer Einwirkung. Beide Gebiete können in bezug auf die Beschaffenheit und Anordnung der Gesteinszügs, nach Art der Einschaltung von schiefrigen Falten zwischen Gneisgewölben, den alpinen krystallinischen Gebieten verglichen werden. Silesisch und moravisch sind somit zwar untereinander verschieden, gehören aber ohne Zweifel im großen zu der gleichen, von der moldanubischen Scholle wohl geschiedenen Gebirgsmasse. Obwohl der Vergleich beider Gebiete im einzelnen noch genaueren Studiums bedarf, will ich hier den Eindruck nicht verhehlen, daß mir der Unterschied zwischen moravisch und silesisch im wesentlichen darauf zu beruhen scheint, daß die moravischen Gebiete von einer einheitlicheren umwandelnden Ein- wirkung ergriffen und in dem gesamten äußeren mächtigeren Mantel, auf eine nahezu gleiche Stufe der Metamorphose gebracht worden sind, während die krystallinen Schiefer des silesischen Gebietes in mehr ursprünglicherer Form erhalten geblieben sind. Die moravischen Gesteine wurden durch die moldanubische Überschiebung vollkommen überwältigt? undin hohem Grade gleichmäßig aus- gewalzt. Die Sudetengesteine waren, wie sich gleich zeigen wird, nicht vollkommen überlagert; die ursprüngliche Gesteinsbeschaffenheit ist dort mit geringeren Veränderungen erhalten geblieben; neben höher krystallinen Gesteinen finden sich Diaphtorite und der gleichen tektonischen Einheit gehören auch die fossilführenden Quarzite und die wenig veränderten Tonschiefer und Kalke des Devons im Osten an. 5. Silesische und moravische Granite. Obwohl diesbezügliche genauere Untersuchungen noch fehlen, gestattet doch der gegenwärtige Überblick schon zu sagen, daß sich der erwähnte Gegensatz gegenüber der moldanubischen Scholle auch auf die Tiefengesteine bezieht, welche an verschiedenen Stellen nachträglich in die silesischen Schiefer und in die älteren granitischen Gneise eingedrungen sind. Es ist hier vor allem zu nennen das recht ausgedehnte Granitgebiet von Friedeberg nördlich von Freiwaldau mit seiner nördlichen Fortsetzung unter der schlesischen Ebene bis über Ottmachau hinaus; ferner der kleine Granitaufbruch am Erzberg bei Marschendorf, nördlich von Zöptau! und die Granite von Mährisch-Schönberg und Blauda.? Es sind zumeist graue, kleinkörnige Biotitgranite, selten auch mit Muscovit, nur ausnahmsweise treten porphyrische Varietäten im Friedeberger Granitstock auf.” Sowohl im Schönberger Gebiet als auch bei Friedeberg umschließt der Granit häufig mächtige Biotitschlieren und teilweise aufgelöste, schiefrig-blättrige Gneiseinschlüsse, die dann wieder von Pegmatiten reichlich durch- setzt sind; zu den Einschlüssen in Granit gehören auch die bekannten mineralreichen Kalksilikatfelse vom Gotthausberg bei Friedeberg* und von Blauda bei Mährisch-Schönberg.’ Es fehlen vor allem in dem ganzen Gebiete die für die weite moldanubische Region so bezeichnenden Stöcke von grobporphyrischem Granitit und Amphibolgranitit. Dagegen bin ich geneigt, noch die ent- fernteren Granitvorkommnisse der Olmützer Ebene nach ihrer Beschaffenheit mit den erwähnten Intrusionen in Beziehung zu bringen. 1 Becke und Schuster, Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1887, p. 112. 2 Bukowski, Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1892, p. 329. 3 Magerstein, Geologische Verhältnisse des nordwestlichen Schlesiens, Jahresber. der landwirtschaftl. Landesmittelschule zu Oberhermsdorf pro 1887/88. 4 Rosiwal, Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1906, p. 141. 5 Kretschmer deutet dieselben allerdings als Kontaktprodukte des Granitgneises. Die Petrographie und Geologie der Kalk- silikatfelsen in der Umgebung von Mährisch-Schönberg. Jahrb. der Geolog. Reichsanst., 1908, p. 527 bis 572. Siehe auch V. Neu- wirth, Die Kontaktminerale von Blauda, Zeitschrift des mährischen Landesmuseums, 1907, Bd. VII, p. 125, Denkschriften der mathem,-naturw. Kl, LXXXVII. Bd. 79. 606 MR. BE. SYlesıs;, Der Aufbruch von Krtschman am Ostrande der Olmützer Ebene ist nach Camerlander ein peg- matitischer oder schriftgranitischer Muscovitgranit mit viel weißem Mikroklin;! verschieden von den sonstigen Granitvarietäten der mährisch-schlesischen Sudeten und bemerkenswert wegen des Fehlens der sonst in Pegmatiten so häufigen Begleitminerale. Dieses Vorkommen muß nach meiner Ansicht mit großer Wahrscheinlichkeit als eine örtliche Abänderung, eine saure, gangförmige Abscheidung der größeren, in der Tiefe verborgenen Granitmasse angesehen werden. Der Glimmerschiefer in der Nähe des Granits wäre nach Camerlander nicht als Biotitschliere im Granit, sondern als ein Stück alten Grundgebirges auf- zulassen. Es finden sich nach Tietze hier sowohl feinkörnige als auch grobkörnige Varietäten. Im Westen der Olmützer Ebene bei Andersdorf treten wieder mittelkörnige Biotitgranite auf; mit ihren weißen und rötlichen Feldspaten sind sie verbreiteten Abarten der Brünner Intrusivmasse sehr ähnlich. Die südlich davon als Gneis kartierten Vorkommnisse möchte ich nach Handstücken, welche mir Herr Stud. P. Altar überbrachte, als schiefrige Schlieren im Granit betrachten, wie sie nicht selten und in großer Ausdehnung in der Brünner Intrusivmasse auftreten. Es mag vorläufig unentschieden bleiben, ob die ausgedehnte Brünner Intrusivmasse im S dem- selben Magmaherd und der gleichen Eruptionsepoche zuzurechnen ist wie die jüngeren sudetischen Granitdurchbrüche. Trotz der Mannigfaltigkeit der Gesteinstypen, die in der Brünner Masse von sauren granitischen bis zu basischen quarzfreien Dioriten schwankt, läßt sich eine gewisse Verwandtschaft nicht verkennen. Camerlander bemerkte ausdrücklich das Fehlen von Turmalin in dem pegmatitartigen Granit von Krtschman bei Olmütz. Auch sonst wird meines Wissens Turmalin unter den Gangmineralen der Sudeten- granite nicht erwähnt.” Diese Eigenheit scheint das nördliche Sudetengebiet und die Brünner Intrusivmasse in denselben Gegensatz zu bringen zur moldamubischen Scholle wie die moravischen Gebiete. Auch dort fehlt bis auf örtliche Ausnahmen der charakteristische Schörl auf den Pegmatit- gängen (p. 12 [552)). Die moravischen Batholithen liegen aber, um eine neuere Bezeichnung von Lepsius zu gebrauchen, konkordant unter den moravischen Aufwölbungen; die Granite der Sudeten durchbrechen diskordant die älteren Gneise und Schiefer; sie umschließen bei Friedeberg Schollen von Gneis und metamorphen Kalk mit Vesuvian, Wollastonit und Granat. Am Abhang von Gräfenberg gegen Freiwaldau steigert sich die Häufigkeit eckiger Trümmer von Hornblendegesteinen in den aplitischen Ausläufern des Friedeberger Granits bis zur Bildung wahrer Eruptivbreccien. Die gleiche Lagerungsform kann nach den häufigen Ein- schlüssen von eckigen Schollen und Trümmern von Diorit, von Kalksilikatfels und hornfelsähnlichen Glimmergneisen für die Granite der Brünner Masse angenommen werden. Abgesehen von den sekundären diaphtoritischen Quetschzonen sind ausgesprochen schiefrige Abarten in nennenswerter Ausdehnung unter den Graniten der Brünner Masse nicht bekannt.* Die den moravischen Batholithen analogen Tiefengesteine im © der Boskowitzer Furche sind entweder in höheren Niveaus erstarrt als jene, oder späteren dynamischen Einwirkungen, die dort zur Schieferung der Hangendteile geführt haben, nicht unterworfen gewesen. Diese Unterschiede lassen aber die Merkmale der Verwandtschaft des moravischen mit dem silesischen Grundgebirge umso deutlicher hervortreten; hierzu gesellt sich noch, als entscheidendes Merkmal der Zugehörigkeit beider Gebiete zu einer größeren und komplizierter gebauten Gebirgsmasse, ihr ı Camerlander, Geologische Aufnahmen in den mährisch-schlesischen Sudeten. Jahrb. der Geolog. Reichsanst. 1390, p. 187. 2 Kretschmer beschreibt turmalinführende Pegmatite vom Radkersberg bei Philippsthal, bemerkt jedoch, daß dieselben nicht folge des Erzberger Granites gehören; auch turmalinführende Pegmatitgänge im Chloritgneis sollen älter sein. Jahrb. der hsanst., 1911, p. 172 und 160. 4 Die seri ch-schiefrigen Quetschzonen, wie sie insbesondeıe in der Nähe der Randbrüche am Mistkogel und z. B. nördlich t sind, kommen hier natürlich nicht in Betracht, Die moravischen Fenster. 607 gleichartiges tektonisches Verhalten gegenüber der moldanubischen Scholle. So wie die moravischen Fenster tauchen auch die krystallinen Gesteine des Altvatergebietes an allen sichtbaren Grenzen unter die moldanubischen Gesteine hinab. Freilich sind auch hier die Einzelheiten der Lagerung an der Über- schiebung des Ramsausattels verschieden von denen an den moravisch-moldanubischen Grenzen im S. 6. Die Überschiebung an der Ramsaulinie. Schon im Jahre 1897 hat F. Kretschmer die Überschiebung der höher krystallinen Komplexe von Zweiglimmergneis, Glimmerschiefer, Amphibolit und graphitführenden Marmoren über einer weniger krystallinen Serie von Kalken mit kohligen Phylliten und Quarziten in einem Kärtchen des Gebietes von Goldenstein am Mittelbordwasser samt Profil aufs deutlichste ersichtlich gemacht.! Die weniger krystalline Serie stellte er mit Anschluß an Becke’s Meinung zum Devon. In der Tat gleichen die Kalke und Schiefer in ihrer petrographischen Ausbildung vollkommen den als Devon erkannten Gesteinen im OÖ des silesischen Grundgebirges und manchen Vorkommnissen am Rande der Ölmützer Ebene. Sie fallen mit flachem Winkel westwärts unter die moldanubischen Gesteine; und vom Mittelbordwasser durch den Ort Goldenstein westwärts ansteigend, trifft man zweierlei Kalke; über dem wenig metamorphen dunklen Devon- kalk folgt fast unmittelbar der weiße, graphitführende, moldanubische Marmor. Schon in der relativ kleinen Fläche, welche die Karte Kretschmer’s zur Darstellung bringt, kommt der Unterschied im Verlauf der Gesteinszüge in beiden Gebieten deutlich zum Ausdruck. Die wechselvolle moldanubische Schichtfolge mit den auskeilenden Marmorzügen ist mit mancherlei Windungen im einzelnen zu einer Mulde zusammengebogen. Dagegen behalten die Züge von Phyllit, Kalk und Glimmer- schiefer im Hangenden des Kepernikgneises gleichmäßiges Streichen, im Gebiet des Kärtchens und auch darüber weit hinaus. Sie treten aber in ihrem weiteren Verlauf an ihrer westlichen Grenze mit verschiedenen moldanubischen Gesteinen, bald mit Glimmerschiefern, bald mit Amphiboliten in Berührung. Becke?hat die innige Verbindung der granat- und staurolithführenden Glimmerschiefer mit dem Dache des Kepernikgneises und deren allmählichen Übergang in undeutlicher krystallinische und zuletzt tonschieferartige Phyllite beschrieben. Ebenso deutlich ist die Abnahme der metamorphosierenden Einflüsse mit der Entfernung vom Gneisgewölbe an den Kalkeinlagerungen zu erkennen, deren an verschiedenen Stellen drei bis vier in konkordant-paralleler Lagerung gezählt werden können. Die innersten östlichsten Züge, wie sie im Orte Spornhau und in den Steinbrüchen am Sandurlich nächst der Bahn bei Ober-Lindewiese aufgeschlossen sind, bestehen aus ziemlich grobkörnigen Marmoren, blaugrau, etwas glimmerig, verschwommen gebändert; manchmal bituminös mit spärlichen graphitischen Spuren, aber ohne eigentliche Graphitflötze; oft werden sie in Lagen grobkörnig, rein weiß, moldanubischen Marmoren ähnlich, aber ohne die bezeichnenden Kalksilikatminerale; so z. B. in den Steinbrüchen am Fichtenstein bei Oberlindewiese (III in Fig. 3). An diesen innersten Kalkzug schließt sich zumeist noch gegen W ein Streifen von dünn- schiefrigem, serizitischem Gneis. Bei Lindewiese folgt in einer Entfernung von zirka Ikm auf das erste das zweite Kalklager (II). Es ist mit weniger grobem Korne krystallin, aber häufig von lichten Calcitadern reichlich durchsetzt oder örtlich in anthigene Breccien aufgelöst, in denen dunklere, eckige Trümmer mit feinerem Korn in regenerierten, gröberen Marmor eingebettet sind. Über dunklen, feingefältelten Phylliten liegt das oberste dritte Kalklager (bei Lindewiese aufC. 709 zwischen Bogenberg und Nesselkoppe) (lin Fig. 3). Auf der ganzen Strecke bis Goldenstein kann es mit gleicher Beschaffenheit knapp unter den moldanubischen Glimmerschiefern verfolgt werden. Es ist fein- krystallinisch bis dicht, dunkel, am wenigsten metamorph und im Äußern nicht zu unterscheiden von den fossilführenden Devonkalken der Olmützer Ebene. Doch habe ich, ebenso wie die früheren Beobachter, vergeblich nach Fossilspuren in dieser wenig veränderten Kalkbank gesucht. 2 F. Kretschmer, Die Graphitablagerung bei Mährisch-Altstadt-Goldenstein, Jahrb. d. Geolog. Reichsanst., 1897, p. 1. 3” F. Becke, Vorläufiger Bericht über den geologischen Bau und die krystallinischen Schiefer des Hohen Gesenkes (Altvater- gebirge), Sitzungsberichte der kaiserl, Akademie der Wissensch., Wien 1892, Bd. 101, p. 290. 79# 608 ER. B. Siwess, Zu beiden Seiten des Tales von Oberlindewiese, an den Abhängen des Sandurlich und der Nessel- koppe, kann man das Hinabtauchen der mit zirka 40° westfallenden Kalk- und Schieferbänke unter die moldanubischen Höhen mit großer Deutlichkeit überschauen (Fig. 3). Zur Zeit meines letzten Besuches, gelegentlich einer Studienexkursion des geologischen Institutes im April 1912, war im obersten Teil des großen Steinbruches oberhalb der Straße nördlich von Goldenstein (gegenüber der Wirtschaftsflöße) die Überschiebungsfläche auf den silesischen Kalken in einer Breite von etwa 20 Metern bloßgelegt. Die ebene Oberfläche des Kalkes fiel mit 37 bis 38° gegen WNW. Darüber lag eine gänzlich zerquetschte, an unzähligen kleinen Harnischflächen in flache, dunkelgraue, phyllitähnliche Stücke bröckelig zerfallende Gesteinsmasse, an dem Glanze der zerdrückten und ausgeschmierten Glimmer- flasern leicht kenntlich als ein mylonitartiger Diaphtorit nach Glimmerschiefer. Ihr entstammen offenbar rein weiße, gänzlich kaolinisierte Trümmer von Aplit im Steinbruchabraum. An der Gesteinsgrenze war dem Mylonit eine Bank hellgelber Trümmerrauchwacke in einer Mächtigkeit von etwa 1 m neben los- gelösten Trümmern und Schollen derselben Masse eingeschaltet. Fig. 3. &n709 Nessel- Eu \ © koppe Bogen- = 1 OR De 2 Lindewiese 3 ’ = Devon Moldanubischer ; m — Glimmerschiefer ; e° > ? N > I. Dunkler Tonschiefer II. Serieit- III. Serieitgneis schiefer. und plattiger Biotitgneis Profil durch die Ramsauer Überschiebung bei Lindewiese. I—-III Kalklagen (siehe p. 67 [607]). In den Steinbrüchen hinter Goldenstein sieht man im dichten grauen (devonischen) Kalkstein flach liegende unregelmäßige Einfaltungen von Phyllit; sie sind von plattig-schiefrigen, in kleine Falten gelegten Kalkpartien umgeben. Vom Fichtenstein bei Lindewiese nordwärts verläuft die Überschiebungslinie noch eine Strecke weit geradlinig weiter. Am Ziegenrücken, nahe der Straße bei Setzdorf, biegt sie aus der nordnordöstlichen Richtunggegen NNW um. Es sieht aus, als ob die moldanubische Grenze durch eine Aufwölbung über dem hier eingeschalteten Granit von Friedeberg in der Projektion seitlich verschoben würde. Die Kalke werden zwischen dem sich im © ausbreitenden Granit und den moldanubischen Gesteinen im W aufeinen schmäleren Streifen zusammengedrängt und höher krystallinisch. In diesem Zuge liegen die Steinbrüche von Setzdorf, Sorge, Wildschütz und Sörgsdorf in blaugrauem oder weißem, grobkrystallinischem Marmor, der stellenweiße außer lichtem Glimmer noch etwas Graphitschüppchen und kleine Tremolitsäulchen enthält. Die Teilung der Kalkzüge des Ramsausattels am Granit von Friedeberg in einen westlichen Ast gegen Setzdorf und Wildschütz und einen östlichen Ast zu den großen Marmorbrüchen bei Saubsdorf und Kunzendorf, ferner die Einschlüsse von Marmor im Granit, insbesondere die erwähnten Kontaktgesteine am Gotthausberg, erweisen aufs deutlichste den jüngeren Durchbruch und dessen Einfluß. auf die Tektonik; demnach ist die höhere Marmorisierung und der Gehalt an Tremolit in den Kalken bei Setzdorf f Nähe des jüngeren Granits zurückzuführen. \ Die moravischen Fenster. 609 Mit geringen Unregelmäßigkeiten setzt der Phyllitstreifen von Goldenstein nahezu geradlinig süd- wärts fort und gelangt mit einer Breite von etwa 1 km und nur mit einer einzelnen Bank von grauem krystallinischem Kalk bei Eisenberg an das Marchtal. Camerlander hat ihn beschrieben und faßt ihn als isoklinal westfallende Einfaltung jüngerer Gesteine im Gneis und Glimmerschiefer auf! Bukowski erkannte aber die Verschiedenheit der höher krystallinen Gesteine zu beiden Seiten des Phyllitzuges, ebenso wie zu beiden Seiten des Marchtales? und spricht von »der mutmaßlichen Überschiebungs- linie bei Eisenberg a. M. mit dem eingeklemmten entweder paläozoischen oder algonkischen Phyllit- streifen «. Im Marchtale wird der sichtbare Überschiebungsrand durch die von NW her streichende Störung von Buschin (siehe p. 56 [596]) schief abgeschnitten. Das Marchtal, welches von nun an die Grenze bildet, behält zunächst noch die Richtung dieser Störungslinie bei. Bei Lesche und Raabe begleitet den Ostrand der Marchniederung auf einige Kilometer ein Zug von grauem oder graublauem, plattig gebändertem krystallinischem Kalkstein. Er fällt im großen zirka 60° gegen W mit Knickungen, Faltungen und Zertrümmerungszonen im einzelnen. Bukowski erkannte hier mit Recht die verschobene Fortsetzung der an der Störung von Buschin plötzlich endigenden Kalkzüge von Eisenberg. Er vermutete, daß die Störung, welche zwei Gebirgssysteme mit verschiedenem Streichen scheidet, unter dem Marchtal fortsetzt. Die Störung von Buschin muß jünger sein als die moldanubische Überschiebung, welche von ihr durchschnitten wird. Ich vermute, daß durch sie ein bogenförmiges Stück des überschobenen Daches westlich vom Marchtale zur Absenkung gebracht wurde, so daß im S und W der March die Glimmerschiefer, welche sonst allgemein an der Basis der überschobenen Scholle liegen, nicht mehr sichtbar sind, sondern nur die höheren Teile der Scholle, bestehend aus Amphibolgranititen, Körnelgneisen mit amphibolitischen und relativ wenig veränderten, manchmal grauwackenartigen Sedimentgneisen. Erst südlich von Müglitz bei Schweine kommen die granatführenden Glimmerschiefer mit Kalk und Graphit wieder zum Vorschein. Die Störung von Buschin beeinflußt, wie es scheint, auch noch das Streichen des silesischen Grundgebirges jenseits der March. Die Glimmerschiefer bei Zautke an der Mündung des Teßtales, ebenso die Chloritgneise und Kalke bei Lessnitz und Raabe wurden nach Bukowski’s Darstellung durch sie aus der südwestlichen in die südsüdöstliche Richtung umgebogen. Auch hier tauchen die Gesteine mit süd- westlichem Fallen unter die moldanubische Scholle hinab.’ Den Zusammenhang zwischen moravischem und silesischem Grundgebirge unterbricht somit vor allem das an der Störung von Buschin quer versenkte moldanubische Schollenstück, welches großenteils unter der Kulmdecke im W der Marchebene verborgen bleibt. Die in der Oberflächengestaltung weit auffälligere Boskowitzer Furche übt hier keinen so entscheidenden Einfluß aus, denn noch jenseits derselben finden sich typisch moravische Gesteine. 7. Moravische und devonische Gesteine im Osten der Boskowitzer Furche (zwischen Neu-Türnau und Konitz). Als unregelmäßig verstreute Inseln tauchen aus der Olmützer Ebene und den westlich anschließenden Kulmgebieten Devonkalke zum Teil in Verbindung mit Diabas; die Klippe vom Rittberg bei Czelechowitz ist als reicher Fossilfundpunkt lange bekannt. Die Vorkommnisse weiter im W bei Brzezina, Ludmirau und im Siroka(Netz)tal sind stellenweise ziemlich Krystallinisch und haben bisher keine Fossilien geliefert; niemand zweifelt aber, daß sie ebenfalls dem Mitteldevon angehören. 1 Verhandl. der Geolog. Reichsanst., 1890, p. 217. 2 Jahrb. der Geolog. Reichsanst., 1905, p. 643. 3 Jahrb. der Geolog. Reichsanst., 1905, p. 649. 610 IE 2 Sıueis!s, Sie treten hier in inniger Verbindung mit Gesteinen auf, welche moravische Typen wiederholen, und die nordwestlichsten Vorkommnisse grenzen an die moldanubische Scholle. Aus diesem Zusammentreffen ergeben sich wichtige Anhaltspunkte für die Altersdeutung und die Beziehung des Grundgebirges zum fossilführenden Devon, trotzdem die Aufbrüche des älteren Gebirges unter der transgredierenden Kulmdecke unregelmäßig und unzusammenhängend sind und eine detaillierte Untersuchung des Gebietes in Hinsicht auf die hier im besonderen in Betracht kommenden Fragen noch durchzuführen sein wird. Auch die genauen Karten von Tietze, Blatt Olmütz und Blatt Landskron— Mährisch-Trübau, wurden zu einer Zeit abgefaßt, als auf derartige petrographisch-tektonische Probleme, wie sie erst durch Erfahrungen in entfernteren Gebieten angeregt worden sind, noch nicht eingegangen werden konnte. Das Kartenblatt Büsau—Gewitsch, in welchem vor allem die hier zu besprechenden Vorkommnisse gelegen sind, ist bisher noch nicht im Druck erschienen. Die höchst eingehenden Beschreibungen Tietze’s! lieferten mir aber treffliche Anhaltspunkte zur Abrundung und Vervollständigung meiner eigenen, allerdings nicht reichlichen, Beobachtungen und zur Eintragung der Linien in die Kartenskizze (Karte III). Der meist glimmerarme, manchmal an helleren Glimmerblättchen reichere Gneis, der sich nach Tietze's Darstellung (I. c., p. 368) auf den Höhen westlich vom Netztaie ausbreitet, ist, wieich mich bei Brzezinek überzeugen konnte, ein serizitisch-kleinaugiger Gneis und ohne Zweifel zum Bittescher Gneis zu stellen. Er fällt hier gegen W und liegt, wie Tietze ebenfalls ausdrücklich hervorhebt (l. c., p. 371), auf dunklen, mattglänzenden Schiefern, von Tietze, wohl mit Recht, zum Devon gestellt. Es herrscht hier volle Übereinstimmung mit den Lagerungsverhältnissen in den moravischen Fenstern, insofern auch dort der Bittescher Gneis allenthalben von Phyllit unterteuft wird. Doch sind die Gesteine von Netz, weit weniger glimmerig als selbst die am wenigsten veränderten moravischen Phyllite (wie etwa bei Laschanko oder Radoschkow), fast schon als Tonschiefer zu bezeichnen. Mehrere Kalkeinlagerungen, zum Teil mangelhaft aufgeschlossen, begleiten die Schiefer des Netz- tales. Aus Tietze’s genauer Beschreibung (l. c., p. 371 f.) sind die Einzelheiten zu entnehmen, an die ich nach meinen Beobachtungen noch einige vergleichende Bemerkungen anknüpfen kann. Bald unter dem Bittescher Gneis folgen bei Brzezinek dunkle, graue, plattige, feinkörnige, Krystalline, vielfach gewundene Kalke; an ihren Rändern wechseln sie in glimmerigen Lagen mit dem benachbarten Phyllit. Sie sind den grauen Kalken des moravischen Hauptzuges im Hangenden der Phyllite der Schwarzawakuppel gleichzustellen. Etwa 1 km im Netztal aufwärts enthält der Schiefer eine weitere Kalkeinlagerung von anderer Beschaffenheit, weniger krystallin, zum Teil rötlich und grau in manchen Lagen. Das massig gebankte Gestein nimmt namentlich in der Nähe der Grenze gegen die Schiefer eine mehr körnig krystalline, plattig- schiefrige Beschaffenheit an. Tietze vermutet einen Zusammenhang dieses Aufschlusses mit einigen Kalkvorkommnissen in dem nördlich anschließenden Waldgehänge und an der Straße von Brzezinek nach Kladek. Mich erinnern die roten Partien dieser Kalke in ihrer Beschaffenheit an manche Kalke der Kwetnitzaserie, insbesondere jene von Stiepanowitz und am Odrabach (siehe p. 32 [572]); dunkle, gebän- derte Lagen mahnen an die Kalke von Skalitz. Ein dritter Kalkzug ist zu Anfang des von Rladek zum Netztal herabführenden Waldtales in einem großen Steinbruch aufgeschlossen. Das meist recht dunkle, graue, seltener bläuliche, dichte Gestein gleicht, wie Tietze hervorhebt, vollkommen den Devonkalken des benachbarten Olmützer Gebietes. Mechanische mgestaltung überwiegt auch hier. Neukrystallisation spielt eine geringere Rolle. Der Steinbruch erschließt ein breites Gewölbe von massigem über mehr schiefrig gebanktem, in Lokalfalten gelegtem Kalk. Massige Partien sind zwischen schiefrigen eingequetscht; zahlreiche ausgeschmierte Harnischflächen und auch ietze, Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Landskron und Gewitsch, Jahrb. der Geolog. Reichsanst., 1901, Die moravischen Fenster. Gl weiß geäderte Zertrümmerungszonen durchziehen das Gestein; graphitische Anflüge finden sich auf Schichtfugen, wie im Devonkalk bei Goldenstein. Weiter im Osten folgt in schwer zu klärendem Zusammenhang mit den eben besprochenen Schiefern das Phyllitgebiet vonKladek. Es sind zumeist fein gefältelte, wenig metamorphe, lichte, auch schwarze, tonschieferartige Phyllite, in denen Quarzkonglomerate mit serizitischem Bindemittel in der ganzen Erscheinungsweise und auch in der Art der Metamorphose lebhaft an die Quarzkonglomerate der Kwet- nitzaserie (siehe p. 31 [571]) erinnern. Sie finden sich in zahlreichen Blöcken im Dorfe Kladek und an einigen Stellen zwischen dem Phyllit und grauem, etwas krystallinischem Devonkalk, der sich im SO bei Ludmirau und Jessenetz, begleitet von einer größeren Diabasmasse, weithin ausbreitet. Beim Jägerhaus Jalovcze, nördlich von Ludmirau, fand ich diese Gesteine mit Phyllit anstehend an der Grenze gegen den Devonkalk und begleitet von rötlichen, unreinen, zum Teil auch grauen, schiefrigen Kalken, welche ebenfalls manchen Begleitgesteinen der Kwetnitzakonglomerate ähnlich sind. Tietze! kartierte diese Bildungen als Unterdevon und verglich sie mit dem weniger metamorphen Quarzkonglomeraten und Sandsteinen an der Basis der Devonkalke vom Rittberg und bei Grügau in der Olmützer Ebene. Nach seinen genauen Angaben setzen sich die devonischen Kalke und Schiefer in vereinzelten Aufschlüssen zwischen Kulm und Rotliegendem von Brzezinek nordwärts fort gegen Brohsen und Neu- Rowen. Dabei vollzieht sich eine Umbiegung im Streichen aus der nördlichen in die ostwestliche Richtung. Südlich von Neu-Rowen, am Abhang des Straßnitzer Berges, liegt nach Tietze (l. c., p. 381) nordfallend glimmerreicher Gneis auf Quarzit und dunklem Kalk »in überkippter Lagerung«, ebenso wie an der West- flanke des Netztales (siehe p. 70 [610]). Der moravische Gneis kann hier aber nur sehr geringe Mächtigkeit besitzen; denn die graphit- führenden »Phyllite« und Urkalke bei Neu-Rowen und östlich davon am Sikoraberge sind ohne Zweifel bereits moldanubisch. Sie gehören demselben Komplex an wie die Granatglimmerschiefer mit Graphitlagern von Schweine und Lexen südlich von Müglitz (siehe p. 54 [594)). Im großen ganzen wiederholt sich also hier die Lagerungsfolge der moravischen Fenster, wenn auch einzelne Glieder der normalen Folge stark reduziert sind. Als Hangendes müssen auch hier die moldanubischen Gesteine im N angenommen werden, unter welche der Kalk und der Bittescher Gneis südlich von Neu-Rowen einfallen. In der Schichtfolge des Netztales sieht man, ebenso wie in zahl- reichen Profilen im S — ich verweise insbesonders auf das Profil bei Ober-Dannowitz gegen Skalitz in der Thayakuppel (siehe p. 28 [568]) — unter dem Bittescher Gneis eine Serie von Gesteinen hinabtauchen deren Metamorphose gegen unten abnimmt. Dies kommt besonders deutlich in den einzelnen Kalklagern zum Ausdruck. Die grauen krystallinischen Kalke von Brzezinek waren den moravischen Kalken von Ober-Dannowitz vergleichbar; die schiefrigen Kalke in der Mitte des Netztales sind in den dunklen Lagen denen von Skalitz, in den roten unreinen Partien manchen Kalken des Kwetnitzakomplexes ähnlich. Die Devonkalke folgen weiter im SO in ähnlicher Lage und Beschaffenheit wie die Kalke von Kodau in dem Profil Ober-Dannowitz— Skalitz. Die Lage der serizitischen Quarzkonglomerate hat insofern eine gewisse Analogie mit der Lagerung der Kwetnitzagesteine, als sie zusammen mit dem Devonkalk am weitesten nach Osten gerückt, vermutlich den tiefsten Teilen eines nach W fallenden Deckenkomplexes angehören. Das Umschwenken des Streichens der Bittescher Gneise vom Netztal gegen Neu-Rowen aus N gegen OW erinnert an die bogenförmige Umrandung der moravischen Fenster. Aber noch viel weiter im N, wo unter der unvollständigen Kulm- und Kreidedecke zusammen- hängendes moldanubisches Gebiet erwartet werden sollte, unweit Bodelsdorf, verzeichnet Tietze’'s Karte (Blatt Landskron—Mährisch-Trübau) Devonkalke neben Phyllit. Ich ‚habe diese Stelle in Begleitung von Dr. L. Kober und stud. P. Altar besucht. Es ergab sich folgendes: Devonkalk etwas krystallinisch, steht am Nretze, Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Olmütz, Jahrb. der Geolog. Reichsanst., 1893, p. 518, 612 EB. EB. Smess, in ziemlicher Ausdehnung an am Westabhang des Grabens zwischen dem Nordende von Bodelsdorf und dem Gehöfte Dreibuchen. Die südöstlich anschließenden Schiefer in dem Graben gleichen ganz den wenig serizitischen Tonschiefern des Netztales. Was aber im W, im nördlichen Teile des Dorfes als Phyllit verzeichnet ist, sind unverkennbare phyllitähnliche, kleinbröcklige, dunkle Diaphtorite nach Glimmerschiefer; ihnen gehört der Graphitschurf von Bodelsdorf an. Die Fläche, welche Tietze hier als Phyllit kartierte, mit der ausdrücklichen Bemerkung, daß dieser Name im gegebenen Falle einem Sammelbegriff sehr mannigfaltiger Gesteine entspricht, umfaßt somit zwei sehr verschiedene Gesteinsarten und wird in nordost-südwestlicher Richtung 'entzweigeteilt von der moravisch-moldanubischen Grenze. Nahe unter der oberen Kante des erwähnten Grabens bot zur Zeit unseres Besuches ein kleiner Bruch bemerkenswerte Aufschlüsse. Im Liegenden befand sich intensiv gefalteter und gebänderter, ziemlich krystallinischer, dunkler Kalk, der weiter gegen unten in feinkörnigeren, massigeren Kalk übergeht. Die Biegungen des Kalkes wurden von einer horizontal bloßgelegten Fläche abgeschnitten; das Material unmittelbar im Kontakt war lettig verschmiert, darüber folgten in einer aufgeschlossenen Höhe von etwa 2 nm, nichtt leich zu bestimmende, gänzlich verruschelte, hochgradig brüchige, diaphtoritische Gesteine. Sie enthalten dunkle Lagen von feinschiefrig-phyllitischer Beschaffenheit und undeutlich umgrenzte, zertrümmerte Lagen von dunklem krystallinischem Kalk. In.schöner Deutlichkeit war hier die ost-west- streichende und nordfallende Überschiebungsfläche höher krystalliner Gesteine über dem Devonkalk bloß- gelest. Das moldanubische Gebiet wird somit jenseits des Glimmerschieferzuges Schweine— Neu-Rowen nochmals von einem kleinen Fenster durchbrochen. Aber die im Netztal bereits sehr verschmälerten typischen moravischen Gesteine sind hier nicht mehr sichtbar, sie scheinen gänzlich auszukeilen und die moldanubischen Glimmerschiefer liegen hier unmittelbar auf Devonkalk, ebenso wie an der Überschiebung der Ramsaulinie (p. 68 [608)]). X. Die moldanubische Überschiebune. Die moravischen Aufwölbungen sind unvollkommen umrahmte Fenster unter der überschobenen moldanubischen Scholle. Die beiden Regionen moldanubisch und moravisch enthalten verschiedene Serien von Sedimenten, die voneinander räumlich getrennt entstanden sein müssen. Ein gleicher Gegensatz herrscht bezüglich der nachträglichen Intrusionen; nirgends greifen die Eruptivmassen oder Gänge des einen Gebietes auf das andere über. Jedes der beiden Gebiete hat später seine besondere Geschichte durchgemacht; jedem der beiden verschiedenartigen Formationskomplexe wurde in durchgreifender und einheitlicher Weise eine besondere Metamorphose, eine besondere Struktur im kleinen und eine besondere Umgestaltung der Gesteinskörper im großen aufgeprägt. Nach unseren gegenwärtigen Vorstellungen über die Metamorphose der Gesteine müssen wir annehmen, daß die moldanubischen Gesteine bei höherer Temperatur, vermutlich unter dem Einfluß der großen granitischen Batholithen, umkrystallisiert sind. Die Umformung der moravischen Schiefer ist dagegen nach ihrer Analogie mit den krystallinischen Zonen der Alpen vorwiegend unter dem Einfluß gentialer Bewegungen erfolgt. An allen sichtbaren Grenzen tauchen die moravischen Gesteine mit wechselnd steilem Winkel unter den moldanubischen Saum hinab. Es ist überall eine scharfe Grenze, niemals eine Vermengung der Gesteinstypen oder eine Intrusion der moravischen Gneise in das Dach zu beobachten. Die abnormalen Lagerungsverhältnisse, das Hinabtauchen weniger metamorpher Gneise und phyllitischer Gesteine unter die Glimmerschiefer und höher metamorphe Gneise kann nicht durch örtliche Die moravischen Fenster. 613 Absenkungen oder lokale Überschiebungen erklärt werden. Der regelmäßige Bogen, in welchem die moldanubischen Glimmerschiefer den Südrand der Schwarzawakuppel bei Oslawan und den Nordrand bei Oels umfassen, ebenso wie die Reste des ostfallenden Gegenflügels bei Tischnowitz, lassen sich nur durch die Vorstellung erklären, daß einst das ganze Gewölbe von der moldanubischen Scholle überdeckt war und erst später durch Erosion bloßgelegt wurde. Zur gleichen Erkenntnis führen die moldanubischen Reste im O der Thayakuppel jenseits der Diendorfer Verwerfung (p. 36 [576)). Der Mißlitzer Horst, bestehend aus Glimmerschiefer, Granulit und Amphibolit, die Glimmerschiefer und Amphibolite von Rausenbruck bei Znaim, die Glimmerschiefer von Frauenberg am Schmiedabache sind Stücke des Daches, das einst über die ganze Aufwölbung ausgebreitet war; sie sind infolge der späteren Absenkung erhalten geblieben. Ihre Parallelstruktur ist gegen O oder SO geneigt, wie das von den Resten einer östlichen Umrahmung der Kuppel zu erwarten ist. Die Fortsetzung der Diendorfer Verwerfung durchschneidet das Südende der Thayakuppel bei Schönberg am Kamp und tief unter den moldanubischen Gneisen und Amphiboliten, welche bei Wagram an der Donau zutage treten, mögen noch moravische Gesteine verborgen sein. Eine weitere Bestätigung für die Auffassung der gegenseitigen Lagerung der moldanubischen und moravischen Komplexe wird durch die Überschiebung an der Ramsaulinie gegeben (p. 67 [577]). Dort kann man die Überschiebung der moldanubischen Scholle über ein anders geartetes krystallinisches Gebirge, das sich in manchen Eigenheiten ebenso wie die moravischen Gebiete dem alpinen Baue nähert, auf eine Strecke von nahezu 50 km mit großer Klarheit verfolgen. Die moravischen Kuppeln sind Fenster am Joch, der Lage nach vergleichbar dem lepontinischen Tauernfenster unter der ostalpinen Decke. Hier wie dort ist die Überschiebungsdecke über die entgegen- stehenden, aufgewölbten Gneiskuppeln mit ihren Schiefermänteln hinweggeglitten. Doch ist die moldanubi- sche Überschiebungsdecke eine weit ausgedehntere, einheitlichere Scholle, welche aus tieferen Teilen der Erdrinde, ohne Anzeichen einer einheitlichen tangentialen Bewegung einer »Bathosphäre« (siehe p. 10[550]) entstammt. Sie hat in ihren oberen Teilen während der großartigen Bewegung die Züge ihres Baues und die Gesteinsbeschaffenheit bewahrt; ihre Basis wurde zu Glimmerschiefern mit konkordanter Anlagerung an die moravischen Gewölbe umgeschleift. Das entgegenstehende Hindernis, welches die antiklinale Lagerung der überschobenen Scholle hervorrief, dürften die widerstandsfähigeren moravischen Batholithen in der Tiefe unter den Schiefer- mänteln gewesen sein. Es scheint, daß die kleine Granitmasse von Friedeberg am Westrand des silesischen Grundgebirges in ähnlicher Weise gewirkt hat wie die moravischen Batholithen im großen. Auch dort wurde die Form der Überschiebungsfläche durch den widerstandsfähigeren Kern in der Schiefer- masse beeinflußt. Die Aufwölbung wird im Kartenbilde (Karte ]) ersichtlich durch das Abschwenken des Überschiebungsrandes gegen W, welcher vor dem Friedeberger Granitstocke ausweicht. Die moravischen Aufwölbungen sind wieder aus mehreren Überschiebungsdecken in zwiebel- schaliger Überlagerung aufgebaut, welche sich ähnlich wie im Simplongebiet oder in den lepontinischen Fenstern der Ostalpen als Komplexe von Gneis-, Kalk- und Schieferzügen auf weite Strecken mit großer Gleichförmigkeit verfolgen lassen. Unter dem Bittescher Gneis, der streckenweise auch phyllitische Ein- faltungen enthält, folgt zumeist das moravische Kalkband, darunter in verschiedenem Grade metamorphe tonige Sedimente, Grünsteine und Quarzite; sie enthalten auch Wiederholungen der Kalkbänke, aber in weniger krystalliner Ausbildung. Im südlichen Teile der Thayakuppel wechseln auf weite Strecken in enger Folge Phyllite und Glimmerschiefer mit serizitischen Gneisen und Flasergraniten: Einfaltungen oder nachträglich ausgewalzte Intrusionen im Dache des Batholithen, etwa wie die Schollen der Schieferhülle, dieBecke im Hangenden Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 10) 614 F. E. Swess, der Ankogelmasse in den Radstädter Tauern beschrieben hat! und wie sie ähnlich aus vielen alpinen Gneismassiven bekannt sind. In der Schwarzawakuppel aber taucht noch unter den schieferigen Graniten des Schwarzawa- Batholithen eine weitere Decke hervor; es sind die Kwetnitzagesteine, die bei niedersten Temperaturen mechanisch veränderte Gesteinsgruppe der ganzen moravischen Serie, dichte bisfeinkrystalline Kalke, Quarz- konglomerate mit serizitischem Bindemittel und kataklastisch zertrümmerte Granite ohne Anzeichen einer schiefrigen Erstarrung. Der Bittescher Gneis hat sich gegenüber der Faltung vollkommen passiv verhalten. Als gleichartige, aber wechselnd mächtige Decke liegt er schiefrig ausgewalzt auf den moravischen Kalken, etwa wie die Gneisdecken des Simplon über den mesozoischen Einfaltungen. Im silesischen Grundgebirge sind die höheren Decken der moravischen Fenster, soweit man die Sachlage bisher beurteilen kann, nicht mehr vorhanden. Die Decke des Bittescher Gneises ist im Netztale südöstlich von Mährisch-Trübau bereits sehr verschmälert (p. 71 [611]); unweit nördlich, bei Bodelsdorf, liegen die moldanubischen Diaphtorite nach Glimmerschiefer bereits unmittelbar auf den wenig krystallinen Kalken, die unbedenklich als Devon zu bezeichnen sind. Es sind Kalke von genau der gleichen Beschaffenheit wie jene, die an der Ramsaulinie bei Goldenstein unmittelbar unter der Überschiebungslinie liegen. Nach diesen Lagerungsverhältnissen sollte man annehmen, daß sich zwischen die moldanubische Scholle und die silesische Gesteinsserie gegen S der Bittescher Gneis und die höheren moravischen Decken einschieben und daß die Vertretung der silesischen Gesteine im S erst an der Stelle der am wenigsten metamorphen Kwetnitzaserie oder noch tiefer zu erwarten wäre. Der ausgedehnte, zum Teil massig-granitische Thayabatholith ist aber sicherlich autochthon. Es muß vorläufig unentschieden bleiben, ob im S die Schiefer des silesischen Grundgebirges durch die sich immer mehr ausbreitenden granitischen Gesteine im Thayabatholithen und in der Brünner Intrusiv- masse verdrängt werden und ob in den Kalken und Phylliten unmittelbar über dem Batholithen nachträglich mechanisch umgeformte Vertreter der silesischen Schiefergesteine enthalten sind. Die schiefrigen Abarten des Kepernikgneises, der serizitischen Augengneise vom Hochschar und Kepernik werden dem Bittescher Gneis zum Verwechseln Ähnlich. Dennoch kann der Kepernikgneis nicht als ein Vertreter des Bittescher Gneises angesehen werden. Er bildet kein deckenförmiges Lager, sondern eine Kuppel mit granitischem Kern und mit meist nur spärlicher Entwicklung von Serizit auf den Druckflächen. Die Kalke unter der Ramsaulinie, welche höchstwahrscheinlich den tieferen moravischen Kalkzügen entsprechen, liegen nicht wie in dem moravischen Fenster unter dem Gneis, sondern liegen ihm auf, als ein Glied des kontaktmetamorphen Daches. Ihre marmorartig-krystalline Beschaffenheit erhielten sie durch den Einfluß des Granites und während in den moravischen Fenstern die Metamorphose gegen innen in den tieferen Decken abnimmt, liegen an der Ramsaulinie die am wenigsten veränderten Kalke und Tonschiefer zu oberst, unmittelbar unter der Überschiebungsfläche. Die moravischen Gesteine waren jedenfalls vollkommen überdeckt von der moldanubischen Über- schiebungsscholle; dies beweisen die Reste des Gegenflügels im Osten (p. 36 [576]). Beim silesischen Grundgebirge war dies nicht der Fall; dies beweist die Art der Anlagerung der devonischen Sedimente und der Übergang in seichte Diaphtorite im O (p. 63 [603]). Hier ist keine Spur eines Gegenflügels vorhanden. Es scheint, daß die silesischen Gneise und Schiefer zur Zeit der moldanubischen Überschiebung m wesentlichen an Ort und Stelle geblieben sind, während der Bittescher Gneis und ein Teil der moravischen Schiefer zu Decken über den autochthonen Batholithen umgelagert wurden. 1 F.Becke, Bericht über die Aufnahmen am Nord- und Ostrand des Hochalmmassivs, Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie ler Wässensch,, Bd. 57, 1908, p. 371 bis 404. Die moravischen Fenster. 615 Vielleicht ist auf die größere und allgemeinere Bewegung und Belastung unter der mächtigen Über- schiebungsdecke, die sich in der Umformung der Gesteinskörper zu einheitlichen Decken kundgibt, auch die einheitliche Metamorphose der moravischen Gesteine zurückzuführen und ebenso auch das Ver- schwinden der Minerale, welche nicht unter das Volumgesetz fallen, wie Staurolith und Andalusit. So wäre es auch verständlich, warum keine den Amphiboliten Zöptaus analoge Gesteine mit basischen Plagioklasen in der moravischen Zone erhalten geblieben sind. Im großen: zeigen die beiden Gebiete, moldanubisch und moravisch, volle Selbständigkeit des gesamten Bauplanes und der tektonischen Richtungen. Ein scheinbarer Übergang findet aber statt in der Glimmerschieferzone, die einerseits petrographisch aus den moldanubischen Gneisen hervorgeht und dieselben Einlagerungen enthält wie diese, andrerseits aber unter Umformung der Parallelstruktur sich konkordant dem moravischen Gewölbe anschmiegt. Die Deutung der sogenannten »äußeren Phyllite«, welche im Liegenden aus den Glimmerschiefern hervorgehen und dem Bittescher Gneis in der Schwarzawakuppel und im Norden der Thayakuppel auflagern, ist mir noch nicht in befriedigender Weise gelungen. Ein Teil derselben, wie die granatführenden Schiefer bei Nedwieditz, die disthenführenden Gesteine an der Straße—Kunstadt Braslawitz sind weitere Stadien in der Richtung echter diapthoritischen Umwandlung aus Glimmerschiefer (p. 48 [588)). Bei anderen Gesteinsgruppen, wie die unzweifelhaft moldanubischen Einfaltungen im Dache des Bitte- scher Gneises bei Groß-Bittesch und Krzowy und einem Teile der Phyllite bei Swojanow mit den grauen Kalken, ist eine solche Deutung minder wahrscheinlich. Hier scheinen weniger metamorphe Sedimente von phyllitischem Habitus, die aber ohne Zweifel ebenfalls der moldanubischen Masse angehören, unter dem grobschuppigen Glimmerschiefer und mit diesem durch Übergänge verbunden erhalten geblieben zu sein. Vielleicht kann das Gebiet nördlich von Müglitz (p. 55 [595]) Anhaltspunkte darbieten zum Verständnis dieser Lagerungsverhältnisse. Dort treten Gesteine des moldanubischen Komplexes in verhältnismäßig geringer Umwandlung auf. Die sogenannten Wackengneise von Hohenstadt sind, wie erwähnt, phyllitische, manchmal grauwackenartige Gesteine mit noch kennbaren klastischen Resten. Sie setzen sich fort in den phyllitartigen Granatglimmerschiefern, die bei Mährisch-Trübau inselartig aus den jüngeren Sedimenten hervorragen. Gegen Süden tauchen sie anscheinend unter die Glimmerschiefer und Gneise hinab. Vermutlich sind hier eingeklemmte Reste, weniger metamorpher moldanubischer Schiefer, während der Bewegung der Hauptscholle auf dem moravischen Gewölbe haften geblieben. Sie keilen gegen Süden immer mehr aus und verschwinden vollkommen im südlichen Teile der Thayakuppel. Der gegenwärtige Umriß der moravischen Fenster und der Überschiebungsrand an der Ramsaulinie sind durch die Erosion bedingt und geben durch ihre Lage und Verlauf keinen Aufschluß über die Richtung, in welcher die große Schubscholle gewandert ist. Die Strukturlinien des moravischen und des silesischen Grundgebirges deuten auf Zusammenschub in der Richtung NW—SO und W—O. Vom Manhartsberg unweit der Donau bis in die schlesische-Ebene, auf eine Strecke von mehr als 250 km ist, wenn auch mit Unterbrechungen, die Überschiebung der moldanubischen Tiefenscholle über ein Gebirge von alpinem Bau nachweisbar. Die Breite der Überschiebung in ostwestlicher Richtung beträgt in den moravischen Fenstern mindestens 40 bis 50 km, wahrscheinlich jedoch weit mehr. Die Erscheinung ist einheitlicher und großzügiger als die alpinen Überschiebungen, denn über einer Folge von metamorphen Decken liegt noch eine mächtige, ungeteilte Scholle, die in ihren höheren Teilen die ursprüngliche, in größerer Tiefe, unter hohen Temperaturen, erworbene Struktur unverändert beibehalten hat. Sie kann vielleicht in ihrer Bewegungsart dem hypothetischen »traineau &craseur« der Dinariden verglichen werden, welcher, nach Termier über die Alpen hinweggleitend, die Auswalzung zu flachen Deckfalten bewirkte. Unsere Vorstellungen von dem Bau der großen Kettengebirge und auch die Lehren von der Gesteins- metamorphose werden durch die großartige Bloßlegung eines tiefen Gebirgsbaues im mährisch-nieder- österreichischen Grundgebirge in mancher Hinsicht ergänzt und in besonderer Weise beleuchtet. Sof 616 12% 195, S DES, XI. Vergleich mit anderen Überschiebungsgebieten. Es ist nicht allzu lange her, daß das Gebiet des Simplon in den Schweizer Alpen ganz allgemein als regelmäßiges Gewölbe einer konkordanten Serie altkrystallinischer Gesteine angesehen wurde. Erst die Durchteufung des Tunnels und die Untersuchungen in den umgebenden Gebieten haben die außerordent- liche Komplikation des Gebirgsbaues klargemacht. In fünffacher Folge wechseln sehr flache Isoklinalfalten von mesozoischen Sedimenten mit Antiklinalen oder flachen Überfaltungsdecken des krystallinischen Grundgebirges; von Süden sanft ansteigend und gegen Norden wieder hinabtauchend, formen sie das Gewölbe. Am Rande des Aarmassives werden sie durch Rückstau wieder steil emporgerichtet. ! So bestehen ohne Zweifel auch die moravischen Fenster aus einer Reihe von flachen Überfaltungs- decken, in denen Orthogneis mit kalkigen und tonigen Paraschiefern wechselt. Die tieferen Batholithen sind als autochthon ihrer Lage nach vielleicht dem wenig veränderten Verampiogranit zu vergleichen; den überfalteten Decken von zweiglimmerigem Orthogneis, Antigoriogneis und Lebedungneis entspräche etwa der Bittescher Gneis Wie in den Alpen ist auch hier die scheinbar einfache flache Lagerung das Ergebnis der weit- gehendsten Dislokation in tangentialer Richtung. Die flach gestreckten Rleinfalten in den Kalken bei Pernegg (siehe p. 38 [578]) können neben anderen als Argument angeführt werden, so wie die von Wilckens beschriebenen Faltungserscheinungen aus dem Adulamassiv, * das in früherer Zeit als erstaunlich regel- mäßiges, breites Gewölbe beschrieben worden ist. Über die gestreckten Deckfalten des lepontinischen Systems wurde auf einer großen Überschiebungs- fläche das ostalpine System als einheitliche Masse hinwegbewegt. Ihr zusammenhängender Westrand erstreckt sich vom Berninagebiet bis in den Rhätikon. Die mannigfach zusammengesetzte krystallinische Grundscholle unter den mesozoischen Sedimenten ist besonders mächtig in der Silvretta, im Bernina- gebirge und in den Schiefern und Gneisen der Ötztaler Masse. In gewölbeartiger Aufbiegung treten unter der ostalpinen Scholle im Engadiner Fenster die lepontinischen Bündnerschiefer hervor und schon westlich der Brennerlinie beginnt der Zug der Tauerngesteine. Das langgestreckte Fenster, in welchem Gneis und krystallinische Schiefer des lepontinischen Systems ähnlich wie im Simplon- und Tessinergebiete in flache Tauchdecken umgeformt und innig verquickt sind mit den Tauerndecken, bietet wieder manche Vergleichs- punkte mit den moravischen Fenstern. Mit einer Länge von 160 km bis in die Gegend von Gmünd in Steiermark sicher erschlossen, über- trifft das Tauernfenster an Ausdehnung jedes einzelne der moravischen Fenster; es erreicht aber nicht die Dimensionen des gesamten bloßgelegten moravischen Gebietes vom Manhartsberge bis Oels an der böhmisch-mährischen Grenze. Auch das Tauernfenster galt einst als das Muster eines regelmäßig-symmetri- schen Gewölbes. Die Zentralgneise, die man nun in fünf gesonderte Stöcke innerhalb der Schieferhülle zerlegt, galten als die aktiven Eruptivmassen in der Hebungsachse des Gebirges. Sie bieten manche bemerkenswerte Vergleichspunkte mit den moravischen Batholithen. Es sind ebenso wie diese den Tonaliten in chemischer Hinsicht nahestehende Granite. Die schiefrige Ausbildung ist im Thayabatholithen weniger verbreitet als in den alpinen Zentralkernen, aber sie nimmt wie dort immer mehr zu gegen den Rand und wie dort ist eine sichere Feststellung der Grenze gegen die Schieferhülle oft nur schwer durch- zuführen. Hier und dort scheint neben einer örtlichen ursprünglichen piezokrystallinen Flaserung, welche durch die parallele Lage der dunklen Bestandteile gekennzeichnet ist, eine zweite Parallelstruktur, gekenn- zeichnet durch die serizitische Flaserung, die kataklastische Zertrümmerung der größeren Bestandteile — ı €. Schmidt, Über die Geologie des Simplongebietes und die Tektonik der Schweizer Alpen, Eclogae geol. Helvetiae, IX, Nr. 4, p. 484, 2 Über Faltung im Adulagebirge, Neues Jahrb. für Mineralogie etc., Bd. I, 1910, p. 79. Die moravischen Fenster. 617 oft auch begleitet von krystalloblastischer Umformung des Grundgewebes — dem Gesteine durch mechani- sche Einwirkung nach der Verfestigung — sei es durch den Druck des nachströmenden Magmas, sei es durch den Druck der auflastenden Decken — aufgeprägt. Hier wie dort sieht man höhere Krystallinität und Durchaderung der Schieferhülle in der Kontaktzone. Hier und dort fehlen die typischen Minerale der plutoni- schen Metamorphose, wie Andalusit, Cordierit und Staurolith und die Neubildung der Minerale folgt dem Volumgesetze. Über der Schieferhülle der moravischen Batholithen liegt aber an Stelle der mesozoischen Tauern- decken das Gewölbe des Bittescher Gneises, wie schon gesagt, vergleichbar den lepontinischen Gneis- deckfalten. Die zusammenhängende ostalpine Decke beginnt zumeist, namentlich in der südlichen Umrandung, mit mächtigen Massen von Granatglimmerschiefer. Sie sind häufig in der unmittelbaren Auflagerung zu phyllitartigen Diaphtoriten zerdrückt und auf die Gesteine vom Katschberg über der Schieferhülle der Ankogelmasse hat bekanntlich Becke zunächst den Begriff Diaphtorit gegründet. In bezug auf das Fenster im Liegenden nehmen somit diese Glimmerschiefer eine ganz ähnliche tektonische Stellung ein, wie jene der moravischen Umrandung, welche ebenfalls, insbesondere in den nördlichen Gebieten im unmittelbaren Kontakt mit den moravischen Gneisen, einer weiteren diaphtoritischen Umwandlung anheim- gefallen sind. Die moldanubischen Glimmerschiefer sind jedoch selbst eine Art Tiefendiaphtorit, hervorgegangen aus moldanubischen Gneisen (p. 47 |587]). Das Verhältnis der Glimmerschiefer an der Basis der ostalpinen Scholle zu den begleitenden Schiefergneisen und Granitgneisen wird erst festzustellen sein. Überhaupt herrscht kein so durchgreifender petrographischer Gegensatz zwischen der ostalpinen Grundscholle und den lepontinischen Gneisen und Schiefern. Es greifen noch tonalitische Massen reichlich ein in die ostalpine Unterlage und die eingeschalteten und mitbewegten Massen von älterem, granitischem Gneis haben in mancher Hinsicht eine ähnliche Umwandlung erfahren, wie der Bittescher Gneis. Abgesehen von den Rändern der jüngeren granitischen Durchbrüche ist die Umwandlung nirgends in die Zonen jener hohen Temperaturen hinabgerückt, in welcher der Mineralbestand der moldanubischen Scholle entstanden ist. ? Auch in den Schiefern der moravischen Fenster ist die Umkrystallisation viel weiter vorgeschritten als in jenen der Tauerndecken. Dort ist jede Fossilspur verwischt, während hier auch stellenweise die stratigraphischen Horizonte durch Belemniten, Gyroporellen, Crinoidenstielglieder und ähnliche caleitische Skelettreste festgestellt werden konnten. Über den ostalpinen, krystallinischen Grundschollen folgt bald die in weitere Decken gegliederte sedimentäre Serie vom Silur bis in die jüngere Kreideformation mit den Deformationen, wie sie durch die heftigen Bewegungen in der Nähe der Oberfläche erzeugt werden. Die moldanubische Masse aber, soweit sie hier zunächst in Betracht kommt, zeigt in ihren höheren Teilen keine Umformung der Gesteine, keine tangentiale Faltung, welche auf die Bewegung während des Überschiebungsvorganges zurückgeführt werden könnte. Sie wurde als einheitliche Masse bewegt. Die moldanubisch-moravische Überschiebung hat sich in viel größeren Tiefen der Erdrinde, in einem weit gewaltigeren Gesteinskörper, gegensätzlichere Gesteinsmassen übereinanderbringend und somit auch in größeren horizontalen Dimensionen vollzogen, als jene Überschiebungen, die uns der Bau der Alpen gegenwärtig erkennen läßt. Das ausgedehnteste bekannte Überschiebungsgebiet ist wohl jenes der Caledoniden. Mit großer Gleichartigkeit läßt sich die Zone der Decken in den skandinavischen Hochgebirgen auf 1400 km ver- 1 Über Diaphtorite, Mitteil. der Wiener Mineralog. Ges., Tschermak’s Min.-petrog. Mitteil., Bd. XXVIII, 1909, Heft 4, und Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch., Bd. 58, 1909, p. 1064. Die Diaphtorite von der Katschbergstraße gleichen vollkommen vielen Typen der Diaphtoriten der sogenannten Phyllitgruppen am Rande der Schwarzawakuppel. 2 Die Gesteine der Ivreazone sowie jene der westalpinen älteren Massive kommen hier natürlich nicht in Betracht. 618 ER. E. Suess, folgen. Die Überschiebungsbreite erreicht zumeist 40 bis 100 km, im südlichen Jämtland nach Törne- bohm Selbst 140 km. Auch hier liegen die mächtigen flachen Decken auf relativ wenig veränderten Sedimenten, deren silurisches und kambrisches Alter durch einige Fossilfunde erwiesen ist. Aus verschiedenen Gesteinen bauen sich die überschobenen Decken auf. Hier sind unter anderen zu nennen die relativ wenig metamorphen Sedimente der Sevegruppe, wie die mächtigen Gabbromassen von Jotunheimen und die flache Syenitscholle im Sarekgebirge; dazu kommen noch ausgedehnte Decken von höher metamorphen krystallinischen Schiefern; bald sind es vorwiegend umgewandelte Eruptiv- gesteine, wie in der höchsten Decke des Sarekgebirges, der sogenannten Amphibolitscholle, bald aus- schließlich metamorphe Sedimente, wie die einförmigen grobflaserigen Glimmerschiefer in der obersten Decke des Torneaträsk. ? Auch hier sind aus tieferen Zonen stammende Schiefer auf flacher Bahn über wenig veränderte Sedimente hinwegbewegt worden. Die krystallinen Massen in den höchsten Decken sind nach der Beschreibung oft intensiv gefaltet und haben wohl ihre Struktur im großen, wie auch ihre petrographische Beschaffenheit aus tieferen Zonen der Erdrinde mitgebracht. Es werden übrigens in diesen höheren Überschiebungsmassen, in der Amphibolitscholle des Sarekgebirges und in den Glimmerschiefern am Torneaträsk von Hamberg und von Holmquist noch weitere Teildecken vermutet. ? An den Überschiebungsgrenzen ist allenthalben bedeutende mechanische Zertrümmerung erfolgt. In der Syenitscholle des Sarekgebirges erreichen die Produkte der »Druckmetamorphose« an der Über- schiebungsbasis Mächtigkeiten bis zu 50 und 100 ız (»in situ Breceien« nach Hamberg). Die Metamorphose in dieser Zone steht aber nach den Beschreibungen von Holmquist und Hamberg noch durchaus unter dem Zeichen der typischen Kataklase mit verbogenen Feldspaten, zerdrückten Quarzen und vorwiegen- der Mineralneubildung nach dem Volumgesetz (Albit, Zoisit, Hornblende, manchmal auch Biotit). Die Abbildungen der »kakiritisierten« oder mylonitisierten Syenite bei Holmquist (l. c.) mit der Neubildung von Serizitflasern gleichen ganz dem Bilde der zerdrückten Granite der Kwetnitza aus der tiefsten der moravischen Decken, in der wie gesagt wurde, im Gegensatz zu den höheren Decken eigentliche krystalloblastische Umwandlung nicht stattgefunden hat. Die Silurgesteine im Liegenden der harten Syenitscholle haben durch die Bewegung viel weniger gelitten als diese selbst. Sie sind nach Hamberg nur auf eine geringe Breite, auf höchstens 10 bis 12 m, zu Scherben zerdrückt worden. Auch dies scheint mir darauf hinzudeuten, daß die mylonitische Beschaffen- heit der Syenitscholle nicht an Ort und Stelle, sondern in einem Gebiete noch größerer Belastung und während der Wanderung erworben wurde. Eine intensivere Durchwärmung der Gesteine hat während der Bewegung nicht stattgefunden. Mylonitische Zertrümmerung an bewegten granitischen und syenitischen Tiefenmassen ist als Begleiterscheinung großer Überschiebungen wiederholt beschrieben worden. * Ich kenne aber aus der bisherigen Literatur kein Beispiel, an welchem sich so klar wie im mährisch-niederösterreichischen Grund- gebirge erkennen läßt, daß die Bewegung zwischen zwei völlig krystallinen Gebirgsmassen in jener Tiefe vor sich gegangen ist, in welcher an die Stelle der kataklastischen Zertrümmerung vollkommen bruchlose, krystalloblastische Umwandlung tritt. 5 1 A.E. Törnebohm, Grunddragen af det centrale Skandinaviens Bergbyggnad, Svenska Veten s kaps Akademiens Handlingar, Bd. 29, N. 5, Stockholm, 1896. 2 A.Hamberg, Gesteine und Tektonik des Sarekgebirges nebst einem Überblick der skandinavischen Gebirgskette, Geolog. Fören., Stockholm, Förhandl. 1910, Bd. 32, p. 681 bis 724. ® Holmquist, Die Hochgebirgsbildungen am Torneaträsk in Lappland, Geolog. Föreningen i Stockholm, Förhandl., 1910, >. 913 bis 981. — W. v. Seidlitz, Das Sarekgebirge in Schwedisch Lappland, Geolog. Rundschau, Bd. II, 1911, p. 25. 7 v. Seidlitz, Über Granitmylonite und ihre tektonische Bedeutung, Geolog. Rundschau, Bd. I, 1910, p. 188. tben erzeugt. Die moravischen Fenster. 61 co XII. Bemerkungen zur Metamorphose der moravischen Gesteine. Aus dem Studium der Lagerungsverhältnisse des mährisch-niederösterreichischen Grundgebirges im großen ergeben sich einige Lehren über die Metamorphose, die aus der Beobachtung örtlicher Kontakte und aus dem Studium der Dünnschliffe allein kaum zu gewinnen wären. Wie oben ausführlich beschrieben wurde, nehmen die Granite des Thayabatholithen gegen den Rand und gegen das Dach zu immer mehr schiefrige Textur an. Zweierlei Schiefrigkeit scheint manchmal übereinander geprägt. Die parallele Lagerung der dunklen Glimmer, wie sie am Granitrande bei Eggen- burg und bei Theras beobachtet wird, mag zum Teil schon während der Erstarrung im Kontakt mit tonigen Sedimenten durch Piezokrystallisation oder durch aufblätternde Impregnation und Resorption entstanden sein, wenn auch die schwarzen Biotite zumeist nachträglich zerdrückt und zerflasert wurden. Manchmal können zweierlei Generationen von Biotit beobachtet werden (p. 20 [560]): größere sechsseitig umgrenzte Tafeln mit Ausscheidungen von Sagenit und kleinere Schüppchen ohne diese; die letzteren sind bereits in paralleler Lagerung krystallisiert. Oft ist die Abtrennung der biotitreichen Flasergranite schwierig von den im Kontakt angrenzenden Biotitschiefern. Die Schieferung der letzteren muß zur Zeit der Intrusion bereits vorhanden gewesen sein, denn sie wird von den eingedrungenen aplitischen Adern parallel und winkelig durchschnitten (p. 8 [548)). Größeren Anteil an der Parallelstruktur des Granitmantels hat aber die zweite Art der Schieferung, begleitet von stärkerer Kataklase, Serizit auf Gleitflächen, Bildung von Schachbrettalbit, Saussuritisierung, Umformung der Biotite, stellenweise krystalloblastische Erneuerung der feineren Grundmasse unter Bildung von Albit, Zoisit und Serizit. Sie wurde ohne Zweifel dem bereits erstarrten Granite aufgeprägt und hat ihn zonenweise sogar in weißen, seidenglänzenden, dünnschiefrigen Serizitgneis umgewandelt, wie im Gebiete von Eggenburg gegen Maissau und in den breiten Randzonen NW und NO von Znaim Die Reste der Granitstruktur sind freilich wohl immer noch im Mikroskop nachzuweisen. Durch den gleichen, vorwiegend mechanischen Vorgang wurden die Kontaktschiefer zum größten Teile in flaserige zweiglimmerige, serizitische oder chloritische Phyllite umgeformt. Auch die jüngere, rein dynamische Parallelstruktur begleitet konkordant den Umriß des Batholithen bei den alpinen Zentralkernen. ! Ich kann aber nicht annehmen, daß sie den äußeren, bereits verfestigten Teilen des Batholithen durch andauernden Intrusionsdruck des nachdrängenden Magmas aufgepreßt wurde. Denn die Parallelstruktur bleibt vollkommen gleichartig mit strenger Einhaltung der parallelen Richtungen nicht nur in dem ganzen Schiefermantel, sondern auch in der ganzen mächtigen Decke des Bittescher Gneises. Sie wird durch die regelmäßige Bankung dieser Augengneise und die Streckung der Bestandteile im kleinen noch schärfer betont als innerhalb des Batholithen und seines Schiefermantels. Den extremsten Ausdruck erlangt die konkordant schiefrige Ausbildung des Gewölbes erst in der Unter- lage der moldanubischen Scholle, in den grobschuppigen Granatglimmerschiefern; das ist erst über und außerhalb der moravischen Kuppeln. Es ist nicht denkbar, daß ein Intrusionsdruck vom Kerne des Batholithen aus quer durch die Decke des Bittescher Gneises mit zunehmendem Effekte und mit gesteigerter Mineralneubildung bis in das moldanubische Dach fortgepflanzt wurde. Man beachte hierbei noch, daß der äußere Rand des großen, zwiebelschaligen Gewölbes nicht durchwegs parallel mit dem Rande des Batholithen verläuft, sondern bei Messern in gleichmäßig geschwungenem Bogen weit ausgreift gegen Westen (siehe Karte Taf. II), daß in dem Gebiete östlich von diesem Bogen in der Umgebung von Pernegg die Kalke und Schiefer flache Lagerung annehmen und selbst östlich gegen den Granitrand einfallen. Die horizontale Schieferung durch- schneidet die flachen spitzwinkeligen Falten im Kalke von Pernegg (p. 38 [578]). Sie wurde dem Gestein erst ı Vgl. Becke’s Beschreibung des Hochalmkernes, Sitzungsber. kais, Akad. Wiss., Wien, 1906, Bd, 65, p. 1693. 620 E, E.Swesss, während oder nach der Faltung aufgeprägt und verläuft hier durchaus nicht parallel mit der steilen einfallenden Granitgrenze weiter im ©. Man sieht vielmehr, daß die Schieferung vom äußeren Rande des großen Gewölbes gegen das Innere, gegen den Kern des Batholithen allmählich abklingt, während zugleich die Minerale der höheren Temperaturzonen immer mehr zurücktreten und an die Stelle der Krystallisationsschieferung immer mehr die schiefrige Rataklase tritt; auch sie wird am schwächsten in den tiefsten und innersten Teilen des Batholithen. Am vollkommensten und gleichmäßigsten ist, wie gesagt, die Parallelstruktur in den grob- schuppigen Granatglimmerschiefern und Zweiglimmergneisen der Glimmerschieferzone ausgeprägt. Ihre Bildung aus moldanubischen Gneisen in der Pressungszone zwischen beiden Massiven unter völliger Umkrystallisation und Neubildung »schieferholder« (Becke) Minerale in grober Ausbildung wurde oben besprochen (p. 41 [581]). Die Orthogneise zeigen hierbei weit geringere Tendenz zur Glimmerbildung als die tonerdereichen Paragneise. Die Glimmerschieferzone oder, wie man auch sagen kann, die muscovit- reiche Zone am moldanubischen Rande, grenzt sich vollkommen scharf ab von dem moravischen Bittescher Gneis, klingt aber ganz allmählich aus gegen W und NW in die eigentlichen moldanubischen Gneise. Die Glimmerschiefer müssen ihre Parallelstruktur und ihren Mineralbestand bei höheren Tem- peraturen erworben haben als die Gneise im Liegenden. Biotit ist unzerdrückt; er ist zugleich mit der Ausbildung der Krystallisationsschieferung entstanden. In den oberen Komplexen des Bittescher Gneises herrscht noch die Tendenz zur Bildung großer Porphyroblasten von Muscovit (p. 13 [553]), selten auch zur Bildung von Biotit, vermutlich Anklänge an die Vorgänge, welche den Granatglimmerschiefer erzeugt haben. Im übrigen ist das Lager des Bittescher Gneises ein treffliches Beispiel homogener mechanischer Umformung eines gewaltigen Gesteinskörpers. Jedes einzelne Feldspatauge der enormen Masse ist zerdrückt, das Grundgewebe wohl großenteils krystalloblastisch erneuert, aber mit erhaltenen Biotit- schüppchen und mit Resten von Mörtelstruktur (blastoporphyrische Struktur). An die Bittescher Gneise schließen in der Thayakuppel die glimmerschieferartigen Granatphyllite; sie gehen gegen N stellenweise in serizitische, chloritische und tonschieferartige Phyllite über (p. 24 [564)). IKlastische Reste sind im Mikroskop noch häufig zu sehen. Am deutlichsten kommt die Abnahme der Metamorphose gegen innen in den Kalklagern zum Aus- drucke und am wenigsten krystallin ist der innerste Kalkzug bei Selletitz im NO der Thayakuppel. Die Kontaktgesteine an der Grenze zwischen Bittescher Gneis und Kalk, die Fugnitzer Kalksilikat- schiefer, verdienen hier nochmals besondere Erwähnung (siehe Beschreibung, p. 28 [568]). Zwei Erklärungsmösglichkeiten bieten sich zunächst für dieses höchst eigenartige, feinstreifige, krystalloblastisch- schiefrige Gemenge von Orthoklas, Quarz, Hornblende, Zoisit und Augit. Man könnte eine unmittelbare Kontaktwirkung des schiefrig erstarrten Gneises, eine Piezokontaktmetamorphose im Sinne Wein- scheink’s oder eine spätere Verschieferung eines ursprünglichen Kontaktgesteines annehmen. Die erwähnten allgemeinen Gründe sprechen gegen eine Intrusion des Bittescher Gneises als mächtiges Lager. Eine solche könnte natürlich erst nach der moldanubischen Überschiebung erfolgt sein, aber es bliebe dann die ungleiche Metamorphose im Hangenden und im Liegenden und insbesondere der Mangel eines eigentlichen pyrogenen Kontaktes und die Metamorphose in relativ geringer Temperatur der Gesteine im Liegenden des mächtigen Lagers unerklärt. Weder im Hangenden noch im Liegenden des Gneises zweigen Gänge ab in die Nachbargesteine. Größere Wahrscheinlichkeit hat die zweite Annahme, daß die Fugnitzer Schiefer durch spätere ‘ystalloblastische Umformung eines Kontaktgesteines entstanden sind. Sie würde die größere Menge von Mineralen erklären, welche dem pyrogenen Kontakt fremd sind, wie Zoisit, Albit und Hornblende, und vor allem stimmt mit ihr überein die gleichmäßig feinkörnige, krystalloablstische Struktur des Gesteines. Die orthoklasreichen Lagen könnten als umgeformte aplitische Adern angesehen werden. Die Körner von Die moravischen Fenster. 621 Augit könnten aber nach ihrer Stellung in der krystalloblastischen Reihe (p. 29 [569]) kaum als Relikte eines früheren Mineralbestandes gelten. Beide Annahmen wären aber nicht imstande, die Tatsache zu erklären, daß die Fugnitzer Schiefer nur in der Thayakuppel und auch hier nur von Ober-Dannowitz an südwärts nachgewiesen werden konnten und sichtlich mächtiger und typischer werden in dem Maße als auch die krystallinischen, Kalke an Korngröße zunehmen und sich im Sinne einer allgemeiner Steigerung der Temperaturwirkung gegen S allmählich an Stelle der Phyllite die gröberschuppigen Granatglimmerschiefer einstellen. Es scheint mir diesem Umstande zufolge noch die weitere Annahme der Erwägung wert, daß auch die Fugnitzer Schiefer erst während der Bewegung entstanden Sind, ebenso wie das krystallo- blastische Grundgewebe des Bittescher Gneises, dem sie in Korngröße, Gestalt und Anordnung der Bestand- teile sehr ähnlich sind. Ich bin geneigt anzunehmen, daß während der Gleitbewegung in der Nachbar- schaft des Kalkes Carbonatlösungen in den Gneis difundieren konnten, welche zur Bildung von Horn- blende, Augit und Zoisit in dem orthoklasreischen Gestein geführt haben. Befremdend bleibt freilich zunächst das Auftreten von Augit unter diesen Verhältnissen, doch glaube ich nicht, daß sein Auftreten unbedingt an pyrogenen Kontakt gebunden sein muß; und die Annahme, daß die zu seiner Bildung nötigen Temperaturen im Süden der Thayakuppel erreicht wurden, kann nicht von vornherein abgelehnt werden. ! Die verkehrte Lagerung der metamorphen Schiefer in den moravischen Kuppeln, die Abnahme der Metamorphose von außen gegen innen, beziehungsweise von oben gegen unten, kommt am schärfsten zum Ausdrucke in dem Hervortreten der serizitischen Konglomerate, Phyllite und kataklastischen Granite der Kwetnitza unter den Flasergraniten des Louczkatales, dem tieften Gliede der moravischen Serie in der Schwarzawakuppel. Die Metamorphose in den moravischen Gesteinen kann nicht allein durch die Belastung unter den gegenwärtig sichtbaren Decken hervorgerufen worden sein; denn die Gesteine mit vollkommenerer Krystallisation und den Anzeichen der Umwandlung bei höherer Temperatur nehmen nun die höhere Lage ein. Sie müssen ihre gegenwärtigen Merkmale zum Teil bereits in größeren Tiefen während der Bewe- gung erworben haben. Man erhält den Eindruck, daß die Umkrystallisation in hervorragendstem Maße durch dieBewegung der Gesteinskörper gefördert wird. Die Differentialbewegung an Gleitzonen im kleinen und im großen bringt verschiedene Bestandteile nacheinander in innige Berührung, befördert die Mischung der Stoffe und somit die Neubildung der Moleküle. Sie erreicht ihr Maximum in der Zone der Granatglimmerschiefer, in der Hauptgleitzone zwischen beiden großen Gebirgsmassen. Von hier aus klingt sie ab gegen oben und unten, und zwar rasch gegen oben in die moldanubische Scholle, welche als ein Stück der Bathosphäre emporgetragen wurde, welche während der Bewegung keine neue Belastung erfahren hat und somit in Struktur und Gesteinsbeschaffenheit unverändert bleiben konnte. Unterhalb der mächtigen, zu einem gleichmäßig gebankten und geschieferten Körper umgeformten Granitmasse des Bittescher Gneises, an dessen Basis durch das Gleiten über den Kalkbänken vermutlich die oben beschriebenen Fugnitzer Schiefer entstanden sind, pflanzt sich die von oben her neu aufgeprägte Schieferung noch fort, quer durch die leichter bewegliche moravische Schieferzone und quer durch den geschieferten Kontakthof, bis in die äußeren Zonen des Thayabatholithen. So führt die Betrachtung des Gebirgsbaues im großen notwendig zu der Vorstellung, daß die Regel- mäßigkeit des zwiebelschaligen Gewölbes, die Konkordanz der Parallelstruktur des Gränites mit den auf- lagernden Schiefern, der lagenförmige Wechsel von serizitischen Flasergraniten mit verschiedenen 1 Ich erinnere hier an meine Beobachtungen über Neubildung von Augit durch Mengung der Lösungen am Bruchkontakte zer- trümmerter Aplitgänge und„Amphibolitbänke in moldanubischen Marmoren. Auch dort wurde der Augit nicht durch unmittelbaren pyrogenen Kontakt erzeugt: Beispiele plastischer und krystalloblastischer Gesteinsumformung, Miiteil. der geolog. Ges., Wien, Bd. III, 1909, p. 250 bis 277. Denkschriften der mathem,-naturw, Kl. LXXXVII, Bd. gl 622 It, ld, S29 5, Schiefern im Thayabatholithen (und wohl ebenso in den alpinen Zentralkernen) nicht durch einen Druck von unten aus dem Innern der Granitmasse erzeugt, sondern von oben her aufgepreßt wurde durch den Druck und die Bewegung der über den Batholithen hinweggleitenden Decken. Dabei mögen die ursprüng- lichen Unregelmäßigkeiten und scharfen Ränder des Kontaktes verwischt, seitliche Intrusionen zu flachen Gneiseinlagerungen, wie die Stengelgneise von Weitersfeld, umgeformt worden sein. Kontaktminerale, welche nicht unter das Volumgesetz fallen, wie Cordierit, Staurolith und Andalusit, mußten hierbei ver- schwinden.! Es ist zu vermuten, daß das silesische Grundgebirge einer anderen, tieferen Decke angehört als die moravischen Kuppeln. Es enthält weniger veränderte Kalke; jenen der tiefsten moravischen Decke, der Kvetnitza vergleichbar. Dennoch sind die Unterschiede zwischen moldanubisch und silesisch nicht so scharf und durchgreifend, wie zwischen moldanubisch und moravisch. Im silesischen Grundgebirge findet man noch Anklänge an die thermische Metamorphose, Reste ursprünglicher Erstarrung in den basischen Massen von Zöptau mit Granatglimmerschiefer und Biotitgneise den moldanubischen ähnlich. Es wurde oben gesagt, daß die krystallinischen Gesteine des silesischen Grundgebirges eine ur- sprünglichere Beschaffenheit aufweisen als. die moravischen Fenster (p. 64 [604]). Dort findet man noch basische Plagioklase und Augite in den Amphiboliten, Minerale, die einer stärkeren, dynamischen Ein- wirkung nicht widerstehen würden. So wie von innen gegen außen quer durch die verschiedenen Gesteinskomplexe und Decken der moravischen Kuppeln, so vollzieht sich auch von N gegen S entlang der ganzen Ausdehnung. der. moravischen und moldanubischen Gesteine von Oels bis zur Donau eine allmähliche Steigerung der Temperaturwirkung und der Metamorphose, welche gleichmäßig die verschiedenen Gesteinszüge ergreift. An die Stelle der moravischen Phyllite treten ganz allmählich in der Thayakuppel die granat- führenden Glimmerschiefer; die Kalke werden gröber krystallinisch und reicher an Glimmer, die Fugnitzer Kalksilikatschiefer stellen sich an der Grenze gegen den Bittescher Gneis ein. Auch die moldanubischen Glimmerschiefer werden im S gröber krystallinisch und die diaphtoritischen Randbildungen, die phyllit-. artigen Gesteine an der moravischen Grenze verschwinden allmählich gegen Süden. Es wurde erwähnt, daß auch die moldanubischen Sedimentgneise in einzelnen Zonen bei Hohenstadt jenseits der Boskowitzer Furche durch phyllitartige Gneise mit Resten klastischer Struktur vertreten sind. Die Steigerung der Metamorphose gegen Süden ist im wahren Sinne regional; nicht bedingt durch örtliche Tiefenstöcke, sondern durch das Hinabrücken eines großen krystallinischen Decken- systems, zusammen mit der überschobenen Tiefenscholle in Zonen intensiverer, allgemeiner Durchwärmung. XIH. Weitere Beziehungen zum variszischen Bau. Becke und Kretschmer haben den Sedimentzug vom Ramsausattel im Hangenden des Kepernik- gneises dem Devon der östlichen Sudeten gleichgestellt, gestützt auf die Ähnlichkeit der Kalke und Ton- schiefer und deren hier und dort gleichartige Vergesellschaftung mit Quarziten und Grünschiefern. Dieser Gesteinszug ‚wurde von der moldanubischen Überschiebung überwältigt [p. 67 [607]); hieraus ergibt sich das postdevonische Alter der großen Bewegung, ein Ergebnis, das noch bestätigt wird durch die jüngst erkannte Auflagerung moldanubischer Diaphtorite auf Devonkalk bei Bodelsdorf (p. 72 [612]) und das sich gut anschließt an die Vorstellung der mittelkarbonischen, respektive variszischen Epoche der IX, 1910, p. 349). Ein ähnlicher Vorgang wird hier vorausgesetzt, wie er mit überzeugender Klarheit von Granitgneisen löineschiefer in Rossshire beschrieben wurde. Indem an die Stelle der Hornfelsstruktur Schieferung tritt, verschwinden Andalusit, . Ersterer wird häufig durch Cyanit ersetzt; zugleich stellt sich reichlich Muscovit ein. Clough, Crampton kugen-Gneiss and Moine-Sediments of Ross-Shire, Geolog. Magazin, London, Dec. V, Vol. VII, 1910, p. 337. Die moravischen Fenster. 623 Schwieriger wird die Entscheidung der Frage sein, ob die gesamte Serie der moravischen Sedi- mente dem Devon zuzurechnen ist. Es liegen, wie wiederholt erwähnt wurde (p. 27 [567]), in der Thaya- kuppel zwei, in der Schwarzawakuppel drei Folgen verschiedenartiger moravischer Ralke übereinander. Die untersten, am wenigsten krystallinen sind die Kalke der Kwetnitza und von Stiepanowitz (p. 31 [571]), sie sind vergesellschaftet mit serizitischen Phylliten und Konglomeraten. Ganz ähnliche Gesteine treten in nahe Beziehungen zu den Devonkalken bei Kladek (p. 71 [611]). Eine Gleichstellung der Kwetnitzagesteine mit den ebenfalls aus Kalk, Schiefer und Granit bestehenden Inseln im Kulmgebiete und in der Ebene von Olmütz scheint naheliegend. Jene wurden unter Last der Überschiebungsdecken kataklastisch zertrümmert während diese unbedeckt und weniger verändert geblieben sind. Die anderen Kalklagen gehören höheren Decken an. Die dunklen Kalke des mittleren Bandes werden an manchen Stellen, wie bei Selletitz, den devonischen Kalken noch ähnlicher, als die lichten und zum Teil roten Kalke von Stiepanowitz in der Kwetnitzaserie. Die Deutung, daß auch die höher krystallinen Kalke, Phyllite, Quarzite und Grünschiefer im Han- genden dem Devon angehören, scheint mir weit wahrscheinlicher, als die Annahme einer zweiten sedimen- tären Serie ähnlicher Zusammensetzung, aber von anderem geologischen Alter. R Einige Schwierigkeiten stellen sich vorläufig der Deutung aller silesischen und moravischen Sedi- mente als Devon entgegen; sie scheinen mir aber nicht von entscheidendem Gewichte. Es sind die folgenden: Bukowski beschrieb, wie die Glimmerschieferzüge in der Fortsetzung der Phyllite vom Seeberg im Altvatergebirge, in denen Becke eingefaltetes Devon vermutete, unter das sichere, weit weniger meta- morphe Devon am Haidstein und bei Schönthal hinabtauchen.! Seine Aufnahmen im Kartenblatte Mährisch- Neustadt— Schönberg zeigen, wie am Rande der Marchebene bei Lesche und Raabe (östlich von Hohen- stadt) die grauen Kalke, die verschobene Fortsetzung des Kalkzuges vom Ramsausattel, nur durch einen schmalen Saum von Chloritgneis, getrennt bleiben von den Ausläufern des ostsudetischen Devons, den Quarziten und Schiefern vom Hohen Rücken und von Dubitzko. Es scheint in der T’at zunächst schwierig, die beiden verschiedenartigen Gesteinszüge, welche hier von OÖ und W konvergierend fast unmittelbar aneinandertreten, in einen stratigraphischen Horizont zu vereinigen. Eine ähnliche Schwierigkeit zeigt sich in der Annäherung der sudetischen Devonkalke an die mora- vischen Kalke entlang der Boskowitzer Furche. Am Ostrande des großen Grabens sind zwischen den ober- carbonen Konglomeraten und der Brünner Intrusivmasse auf der ganzen Strecke von Boskowitz bis Hosterlitz zahlreiche Reste von Devonkalk eingeklemmt.” Bald sind es nur faustgroße Blöcke, wie in der Verwerfungskluft bei Budkowitz, bald tischgroße Blöcke, wie beim Bahnhofe Mährisch-Kromau oder bei Neslowitz, bald aber auch mehrere Kilometer lange Züge, vergesellschaftet mit Kulm, wie bei Eichhorn- Bittischka oder bei Kodau. Die Kalke sind stellenweise fossilführend, dicht, nur auf Adern gröber krystalli- nisch (siehe Karten Taf. I— III). In der Gegend südlich von Tischnowitz nähern sich diese Ausläufer der ostsudetischen paläozoischen Sedimente bis auf Akım den in ihrer petrographischen Beschaffenheit sehr verschiedenen glimmerigen Marmoren des moravischen Hauptzuges mit ihren Phylliteinlagerungen. Sie bleiben von den fossilführenden Devonkalken bei Czebin und Malostowitz nur durch den Graben der Boskowitzer Furche getrennt. Der petrographische Gegensatz zwischen den unveränderten Devonkalken und den moravischen Epimarmoren (p. 27 [567]) diesseits und jenseits der Boskowitzer Furche kann, wegen der geringer Entfernung, als ein Argument gegen die Einreihung beider in einen stratigraphischen Horizont geltend gemacht werden. ? 1 Bukowski, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1905, p. 644. 2 Die Tektonik des Steinkohlengebietes von Rossitz und der Ostrand des südböhmischen Grundgebirges, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1907, p. 182. 3 Dieser Gegensatz hat auch Camerlander bestimmt, seine Ansicht über das devonische Alter des Kwetnitzagesteines wieder aufzugeben. 81* 624 RB SYINIENSIS, Noch näher rücken die moravischen Kalke an den Devonkalk und Kulm bei Kodau und Hosterlitz in der Nordostecke der Thayakuppel; hier fehlen die Sedimente des Rotliegenden und Obercarbon, welche weiter im N den Graben ausfüllen und zwischen beiden Gesteinszügen bleibt nur ein schmaler Streifen von Löß und Tertiär, welcher die trennende Verwerfung verhüllt. Allerdings sind hier insbesondere die inneren moravischen Kalkzüge bei Ober-Dannowitz und Skalitz sehr wenig metamorph und den devoni- schen Kalken auch äußerlich recht ähnlich (siehe p. 28 [568)). Eine dritte Schwierigkeit für die Entscheidung der Altersfrage der moravischen Sedimente steht im Zusammenhange mit der noch strittigen Frage nach dem Alter der Brünner Intrusivmasse. Die Identität der Granite des Thayabatholithen mit den Gesteinen im Süden der Brünner Intrusivmasse läßt Gleich- zeitigkeit beider Intrusionen vermuten. Der Thayabatholith ist jünger als seine moravische Schieferhülle; Kontakt und Durchäderung sind unverkennbar, trotzdem sie streckenweise durch nachträgliche Dynamo- metamorphose verwischt wurden. Dagegen soll nach Rzehak die Brünner Intrusivmasse älter sein als das Devon. Als entscheidender Beweis für diese von ihm seit langer Zeit vertretene Ansicht gilt ihm ein Fund vom Südrand des Haidenbergsteinbruches bei Brünn; es ist ein Stück von rotem Granit, das allseits von devonischem Kalkstein umschlossen wird.! Doch scheinen mir auch durch diese dreierlei Einwände die Wahrscheinlichkeitsgründe, welche für das devonische Alter der moravischen Sedimente sprechen, nicht endgültig widerlegt. Die tektonischen Verhältnisse der Sudeten sind jedenfalls viel komplizierter, als Bukowski noch 1905 annahm. Konkordanz der Schieferung gibt in einem Gebirge, bei dem die neueren Erfahrungen über die alpine Tektonik zur Anwendung kommen müssen, keinen Anhaltspunkt für die ursprüngliche Lagerung der Gesteine, zumal wenn krystallinische Gesteine überdies mit verkehrter Lagerung in Betracht kommen, wie an den erwähnten Hügeln am Rande der Marchebene. Hier können nach unseren gegenwärtigen Vor- stellungen leicht Zonen von gleichem geologischen Alter aber mit verschiedenen Charakteren der Meta- morphose nahe aneinandergebracht worden sein. Ebenso würden zur Beurteilung der Annäherung von Devonkalk und moravischem Kalk bei Tisch- nowitz die tektonischen Verhältnisse im großen heranzuziehen sein. Die Boskowitzer Furche ist kein ein- facher Graben, ihr Ostrand kein einfacher Bruch und keine Gruppe einfacher Senkungen. Die eigentliche Natur dieser ganz gewaltigen Störung entzieht sich, so weit ich urteilen kann, vorläufig noch unserer Erkenntnis. Auf der ganzen Strecke von Gewitsch bis Misslitz, wo der Randbruch unter der Ebene ver- schwindet, sieht man zu beiden Seiten der großen Dislokation verschiedene Gesteine und verschiedenen Bau. Die Gesteine mit dem Habitus der sudetischen Außenzone, Kulm und wenig verändertes Devon, sind noch in der Verwerfung eingeklemmt, treten aber nirgends auf die Westseite über. Nirgends sieht man, daß sich ein Gesteinszug quer über die Grabensenkung fortsetzt. Südlich von Gewitsch erscheint kein moldanubisches Gestein mehr an der Ostseite des Grabens. Der regelmäßige Bogen der Schwarzawakuppel zwischen Oslawan und Tischnowitz wird gleichsam glatt durchschnitten. Ebenso finden die südoststreichenden Züge von Glimmerschiefer bei Kunstadt keine Fortsetzung jenseits des Grabens. Das Gewölbe der Schwarzawakuppel konnte unmöglich an der Ostseite geradlinig begrenzt sein. Es sieht aus, wie wenn hier ein Stück des Gebirges fehlen würde, als ob es weggeschnitten und herausgenommen wäre. Nur die Brünner Intrusivmasse entspricht, wie gesagt, zum Teil der massigen Ausbildung des Thaya- botholithen jenseits des Grabens. Aber auch hier sind wesentliche Unterschiede namhaft zu machen. Die Brünner Granite zeigen nur spärlich schiefrige, schlierige oder gebankte Ausbildung.” Sie enthalten massen- haft eckige Blöcke und Schollen von Diorit.? Ein schiefriger Mantel ist nicht bekannt, * was allerdings 1 A. Rzehak, Das Alter der Brünner Eruptivmasse, Zeitschr. des mähr. Landesmuseums, Brünn, Bd. XII, 1912, p. 93. Die »Syenitschiefer=, welche Tietze von Wratikow anführt, werden wohl als Quetschzonen zu deuten sein. Jahrb. der geol. p. 327. di. der geolog. Reichsanst., 1903, p. 383. en Hlina und Eibenschütz werden mächtige Schollen von schiefrigem Diorit von Granit durchbrochen. Die moravischen Fenster. 625 damit zusammenhängen mag, daß die gegenwärtig sichtbaren Grenzen hauptsächlich Bruchgrenzen sind.! Immerhin sind keine Anzeichen dafür vorhanden, daß die Brünner Masse einst von der moldanubischen Scholle überwältigt war und in ähnlicher Weise mechanisch beeinflußt wurde wie die moravischen Batholithen. Nordsüdliche Quetschzonen und nordsüdliche Brüche, wie sie durch die Grabenversenkung der Unterdevonscholle mit dem Diabaszuge vom Babylom nördlich von Brünn besonders deutlich hervortreten (Karte Taf. II), sind bezeichnend für die Brünner Intrusivmasse, so wie überhaupt das sudetische Gebiet im OÖ der Furche in viel höherem Grade durch jüngere Brüche zerstückelt ist als das Grundgebirge im W. Bei dieser durchgreifenden Verschiedenheit der Gebirge zu beiden Seiten des Grabens wird es nicht gestattet sein, auf eine ehemalige Verbindung von Gesteinszügen diesseits und jenseits zu schließen. Die gleichen Gesteinskomplexe können in den beiden so gänzlich verschiedenen Gebirgsteilen verschiedene Oe- ge Geschichte durchgemacht haben, hier krystallinisch umgewandelt, dort wenig verändert erhalten blieben sein. Nur bei Wedrowitz südlich von Mährisch-Kromau treten die Gesteine der Brünner Masse und jene des Thayabatholithen nahe aneinander und bleiben nur durch spärliche tertiäre Umlagerung getrennt. Aber gerade dort sind die Thayagranite in hochgradig serizitisch-schieferige Gesteine umgewandelt (siehe Karte Taf. II). Die Bruchgrenze bleibt immer deutlich und wenig weiter südlich schiebt sich der völlig fremd- artige, moldanubische Mißlitzer Horst keilförmig zwischen die beiden Intrusivkörper. Der Zug eingekeilter Reste von Devonkalke vom Ostrande der Boskowitzer Furche wird mit dem RKalkzuge von Kodau-Lissnitz südwestlich abgelenkt in die Diendorfer Dislokation; gerade dort kommen ihm aber die auffallend wenig veränderten moravischen Kalke von Skalitz entgegen und es scheinen die devonischen Kalke von Kodau und die moravischen Kalke von Skalitz über die Diendorfer Dislokation hinweg ineinander überzugehen. Auch der erwähnte, anscheinend gewichtige Einwand Prof. A. Rzehak’s kann mich vorläufig nicht überzeugen. Gerölle von rotem, oft aplitischem Granit aus den Konglomeraten und Sandsteinen, welche am Ostrande der Brünner Eruptivmasse in steiler Stellung die Devonkalke des Haidenberges unterteufen, sind mir seit langer Zeit bekannt. Niemals fand ich eckige Stücke und ich konnte unter diesen Gesteinen die charakteristischen Typen der Brünner Intrusivmasse nicht erkennen. Ich stimme mit Prof. Rzehak darin überein, daß die Vorkommnisse von Kalksilikatfels bei Neslowitz und an anderen Orten im Westen der Brünner Intrusivmassen nicht unmittelbar entscheidend sind für die Altersbestimmung. Es sind zwar ohne Zweifel im Intrusivkontakt veränderte Kalke, durchdrungen von aplitischen Abscheidungsprodukten aus dem granitischen Magma; sie nehmen aber als eingeschlossene Schollen eine andere geologische Position ein als die Devonkalke, welche an jüngeren Störungen im O und W der Brünner Intrusivmasse angelagert sind. Sie sind allerdings — und auch hierin nähert sıch meine Ansicht der Prof. Rzehak'’s (l. c., p. 110) — vergleichbar den Kalksilikatschollen in den moravischen Batholithen, wie jene von Kühnring bei Eggenburg (p. 25 |565]) oder auch denen vom Gotthausberge bei Friedeberg, welche von den morävischen Kalken respektive den Kalken des Ramsauzuges abzuleiten sind. Aber noch weitere Momente sind zu berücksichtigen. Das sogenannte Unterdevon, bestehend aus Sandsteinen, Quarziten und Konglomeraten, begleitet durchaus nicht, wie früher angenommen wurde, als zusammenhängendes Band im Liegenden den Devonkalk; am Westrande der Masse wurde es bisher noch nicht nachgewiesen.” Am Östrande schwillt es zunächst am Haidenberge und am Kanitzer Berge breit an und läßt wieder aus weiter gegen N; in steilen Störungen grenzt es an das kalkige Devon und es scheint durch eine andere Gruppe von Störungen mit der Brünner Masse inniger verbunden als jene, welche das kalkige Devon abgrenzen. ° 1 Aus dem Devon- und Kulmgebiete östlich von Brünn, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1905, p. 31. 2 Die diesbezüglichen Angaben von Tausch konnte ich auf meinen Exkursionen nicht bestätigt finden. Tausch, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1895, p. 339. 3 Jahrb, der geolog. Reichsanst., 1905, p. 31. 626 RE. Smwess; Das Unterdevon am Östrande ist nicht völlig identisch mit dem von Lelekowitz und vom Gelben und Roten Berge in der Mitte der Brünner Intrusivmasse; dort sind Granitsandsteine mit den erwähnten Granit- geröllen häufig; hier überwiegen grobe Quarzkonglomerate, Quarzite und Quarzsandstein. Die letzteren Vorkommnisse stehen in innigem Zusammenhange mit einem nordsüdlich versenkten Streifen von Uralit- diabas; eine solche Begleitung fehlt den östlichen Vorkommnissen. Es liegt nahe, die Diabase als unterdevonische Ergüsse anzusehen, zumal sie bei Lelekowitz nicht nur von Quarzit, sondern auch von Kalken in steil gestörter Lagerung und Druckschieferung begleitet werden. Weithin verfolgbare aplitische Gänge durchsetzen den Diabas nördlich von Medlanko und Komein unweit Brünn. In der südlichen Fortsetzung des Diabaszuges, jenseits der Tertiärbucht von Morbns, liegen die dunklen Hornblendite von Schöllschitz, ebenfalls von aplitischen Gängen reichlich durchschwärmt.! Neuerliche Begehungen bei Schöllschitz und Morbes haben in mir immer mehr die Ansicht gefestigt, daß die Hornblendite das kontaktmetamorphose Umwandlungsprodukt des in den Granit versenkten Südendes des Diabaszuges darstellen (siehe Karte Taf. III). Die Geröllführung der Konglomerate verschiedener Formationen bietet ja hier wie auch anderwärts in großen Gebirgen manche Eigentümlichheiten dar, die auf große tektonische Veränderungen schließen lassen, die sich aber vorläufig noch unserer genaueren Beurteilung entziehen. So fehlt in den mächtigen Konglomeraten und Geröllagen der verschiedenen Stufen innerhalb der Boskowitzer Furche jede Spur der unmittelbar benachbarten Brünner Intrusivmasse. Den ausgedehnten Kulmkonglomeraten im © von Brünn fehlen diese Gesteine ebenfalls und die Mischung der krystallinischen Gerölle entspricht nicht der Zusammensetzung des nahen Grundgebirges jenseits der Boskowitzer Furche,? und ebenso fehlen nach meiner Erfahrung in den Unterdevonkonglomeraten die typischen Gesteine der Brünner Intrusivmasse. Die Frage nach der Herkunft der Konglomeratbestandteilen, die der unmittelbaren Nachbarschaft fremd sind, ist den Rätseln Ähnlich, die einst durch die fremden Gerölle im Flysch und in der Schweizer Nagelfluh den Geologen aufgegeben wurden, die zur Annahme des hypothetischen vindelizischen Gebirges führten, später aber durch die Erkenntnis des Deckenbaues der Alpen eine überraschende Lösung gefunden haben. Nicht nach einem einfachen Schema werden alle diese Fragen zu behandeln sein. Man denke sich einen Gebirgsbau von ähnlicher Komplikation wie in den Alpen, in dem in verschiedenen Decken gleich- alterige Formationskomplexe übereinanderliegen, wie etwa die Trias des Ortler über lepontinischen Laaser Marmoren und Bündener Schiefern, später zerstückelt und tief abgetragen. Schon zur Zeit des Kulm war die Hauparbeit der Abtragung bis an das Grundgebirge vollzogen. Spätere große Bewegungen sind gefolgt; der Kulm ist neuerdings hochgradig gestört; die Transgressionen des Jura und der Oberen Kreide haben das Werk der Einebnung fortgesetzt. Zerstückelung des Gebirges an großen Verwerfungen dauert an vom Perm bis in die Kreidezeit. In vormiocäner Zeit war die meso- zoische Decke größtenteils wieder abgeräumt und die miocäne Überflutung, bis über 400 m ansteigend, hat ihre Spuren in den verschütteten Tälern im nordöstlichen Mähren, in ausgedehnten Abrasionsebenen und deutlichen Staffeln mit Schotterresten im niederösterreichischen Waldviertel und im angrenzenden Mähren zurückgelassen. Es muß fraglich erscheinen, ob sich aus den tief abgetragenen Trümmern des gewaltigen Gebirgs- rumpfes die Zusammenhänge der einzelnen Teile und die Hauptlinien des Gebirgsbaues werden je in völlig befriedigender Weise ergänzen lassen. Dennoch ist es gelungen, die großen Linien des Baues in dem bis zur Tiefenwurzel abgetragenen Gebirgsrumpfe festzustellen. Noch eine weitere Beziehung der moldanubisch-moravischen Tektonik zum variszischen Bau scheint sich darzubieten; freilich kann sie hier nur in Form einer noch recht unsicheren Hypothese zur Sprache q gebracht werden. ufiger Bericht über die geologische Aufnahme im südlichen Teile der Brünner Intrusivmasse, Verhandl. der geolog. chsanst., 1903, p. 384. 2 Jahrb, der geolog. Reichsanst., 1905, p. 43. Die moravischen Fenster. 627 Die große moldanubische Überschiebung ist jünger als Oberdevon. Die Transgression des Kulm traf aber die Lagerung zwischen moldanubisch und moravisch-silesisch, und auch die Beschaffenheit der Ge- steine schon ebenso an, wie sie jetzt vorliegt. Der Kulm liegt ebenso auf Devon wie auf den moldanu- bischen Gesteinen und umschließt hier und dort die Bruchstücke seiner Unterlage (zum Beispiel die Basiskonglomerate auf moldanubischen Schiefern zwischen Mährisch-Trübau und Hohenstadt). Dagegen werden sichere oder mutmaßliche Gesteine des sudetischen Devons niemals im Gebiete der moldanubischen Scholle angetroffen. Sie schließen sich enge an das Faltensystem des moravisch- silesischen Grundgebirges und gehören ohne Zweifel der gleichen großen tektonischen Einheit an, welche von der moldanubischen Scholle überschoben wird. Das Devon der Sudeten mit den grammysienführenden Quarziten und der sandig-tonigen Facies des Unterdevons mit den Stringocephalen- und Clymenkalken des Mittel- und Oberdevon der Umgebungen von Olmütz und von Brünn schließt sich bekanntlich enge an die Entwicklung im rheinischen Schiefer- gebirge. ; Völlig fremd steht ihm die Ausbildung des Devon in Mittelböhmen gegenüber, wo das Unterdevon in fossilreicher kalkiger Entwicklung konkordant den bitumenreichen Orthocerenkalken des Obersilur auflagert und wo sich bereits im oberen Mitteldevon sandige Sedimente mit Anzeichen von Landnähe einstellen, das Oberdevon dagegen nicht vertreten ist. Es kann als sicher angenommen werden, daß die Sedimente des mittelböhmischen Silur-Devons, insbesondere die mannigfache Serie der Kalke, die dunklen, bitumenreichen Kalke‘ von BE, die vein weißen Kalke von F,, die häufig kieseligen oder mergeligen Knollenkalke der Stufen G, und G, in den moravischen Serien nicht enthalten sind. Die moravischen Kalkzüge sind weit einförmiger, wohl auch weniger mächtig, es fehlen ihnen die Vertreter der in den Obersilurkalken von Mittelböhmen so häufigen Einlagerungen von Diabas. Hinterlechner hat wiederholt die Ansicht vertreten, daß in dem moldanubischen Gneis auch meta- morphe silurische Gesteinszüge vertreten sejen.! Er stützt sich hierbei insbesondere darauf, daß gewisse dunkle Schiefer des Eisengebirges, die er mit J. Jahn zum Untersilur stellt, gegen Süden in der Nähe des Granites in graphitische Schiefer übergehen, und ist geneigt, alle die zahllosen Graphitvorkommnisse in den moldanubischen Gneisgebieten sowohl im O als auch im W des großen mittelböhmischen Granitstockes für Kennzeichen silurischen Alters zu betrachten. Ich muß gestehen, daß mich die Aus- führungen Herrn Dr. Hinterlechner’s nicht überzeugen. Dennoch möchte ich mich gegenüber der Annahme, daß in den moldanubischen Gesteinen silurische Sedimente böhmischer Facies enthalten sind, nicht gänzlich ablehnend verhalten. Das moldanubische Gebiet enthält eine ähnliche Mannigfaltigkeit der Sedimente wie das böhmische Silur-Devon; die Plagioklas-, Cordierit- und Fibrolithgneise werden von Grauwacken und Tonschiefern abzuleiten sein. Übergänge in augitführende Gesteine, ehemalige mergelige oder kohlige Zwischenlagen sind häufig; dazu kommen die zahllosen mächtigeren oder schwächeren Bänke von Quarzit und Graphit- quarzit. Insbesondere sind die carbonatischen Gesteine in weit mannigfaltigeren Mischungen vertreten als im moravischen Gebiete. Neben rein weißen Marmoren findet man Gesteine mit wechselndem Gehalt an Kalksilikatmineralen und zahlreiche Linsen und Einlagerungen, und auch ausgedehnte Züge von Augit- gneis und anderen Kalksilikatgesteinen. Es scheint nicht ausgeschlossen, daß die weitverbreiteten graphit führenden Marmore ein Umwandlungsprodukt sind der dunklen bituminösen Kalke der obersilurischen Stufe E,. Die Bitumina wurden dabei wegen ihrer leichteren Beweglichkeit bei der Umkrystallisation örtlich angereichert oder zu streifigen Entmischungshäuten als zarte Graphitbänderung im Marmor abgesondert. 1 Siehe insbesondere K. Hinterlechner, Über metamorphe Schiefer aus dem Eisengebirge in Böhmen, mit chemischen Analysen von C. v. John, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1910, p. 337, und Geologische Mitteilungen über ostböhmische Graphite und ihre stratigraphische Bedeutung für einen Teil des krystallinen Territoriums der böhmischen Masse, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1911, p. 366. 628 ir 385 905.258, Die zahllosen, wechselnd mächtigen Bänke von Amphibolit in den graphitischen Marmoren und den begleitenden Sedimentgneisen wären als die Umwandlungsprodukte der gleich zahlreichen Lagergänge und Ergüsse von Diabas im Obersilur zu deuten. Die genauen Beschreibungen des Kontakthofes von Rziczan bei Prag durch F. Katzer lassen keinen Zweifel darüber, daß zum mindesten ein Teil des großen mittelböhmischen Granitstockes jünger ist als das Untersilur.! Vorcambrische Konglomerate und Tonschiefer und untersilurische Tonschiefer und Quarzite wurden in einem Kontakthof von I bis 4km Breite zu Fruchtschiefern, Garbenschiefern, Chia- stolitschiefern und cordieritführenden Glimmerhornfelsen, manchmal auch zu glimmerschieferartigen Gesteinen umgewandelt. Soviel bisher bekannt ist, erfährt der Phyllit mit seiner Annäherung an den Granit? in der ganzen Grenzstrecke bis Klattau ähnliche Umwandlungen in Knollenschiefer und glimmer reichere Gesteine. Von Sulitz nordöstlich von Eule erwähnt Katzer von Granitapophysen durchbrochene Hornfelsschiefer; meist ist die Umwandlungszone schmal, aber bei Klattau, weit im SW, soll die glimmer- reiche und krystallinische Umwandlungszone sogar 10 km Breite erreichen. : Die von SW gegen NO gestreckten Schieferinseln im mittelböhmischen Granitstock sind zum Teile wenigstens mit ziemlicher Sicherheit als Untersilur zu erkennen. Dies gilt insbesondere für die nördlichste dieser Inseln bei Ondrzejov.” Untersilurische Gesteine wurden zu Chiastolitschiefern, die Phyllite in dem Liegenden wurden aber in größerer Ausdehnung und vollkommener in Glimmerschiefer umgewandelt als bei Rziczan. Überhaupt sind nach Katzer die Kontakterscheinungen in diesen Inseln metamorpher Sedimente besser ausgeprägt als am äußeren Granitrand.! Er ist der Ansicht, daß auch die großen Schieferinseln im SW von Neweklau, von Selczan und Schöneberg und von Mirowitz zum großen Teil aus metamorpho- sierten Silurschichten bestehen, und er hofft, daß durch das Studium der zu cordierithältigen, glimmer- reichen Kontaktschiefern umgewandelten Grauwacken der konglomeratischen und quarzitischen Ein- schaltungen eine genauere Gliederung möglich sein wird.’ x Nach Jokely's alten Beschreibungen muß man auch weiter im S allenthalben an der Grenze Übergänge in glimmerreiche und auch gneisartige Gesteine annehmen.® Es wurde oben die Ansicht ausgesprochen, daß die moldanubischen Gneise und Schiefer ihre gegen- wärtige Struktur und Mineralbestand durch die Erwärmung zwischen aufdringenden Granitstöcken er- worben haben (p. 10 [550]). Folgt man der wahrscheinlichen Annahme, daß die gleichartigen Granitmassen in Mittelböhmen und ihre satellitischen Begleiter im mährisch-niederösterreichischen Hochland der gleichen Eruptionsepoche angehören, so ist dies in postsilurischer, vielleicht erst in devonischer Zeit geschehen. Im © und im S des großen mittelböhmischen Granitstockes waren die Gneise und Schiefer tiefer hinabgetaucht zwischen die emporquellenden Granitmassen, inniger durchtränkt von aplitischen Abscheidungen. Hochgradig erhitzt gerieten sie förmlich in Fließen und schmiegen sich nun, teils ihnen auflagernd, teils sie unterteufend, in gestreckten und bizarr gewundenen Bänken um die großen Tiefen- massen, die sich selbst im großen als ungeheuer mächtige, unbestimmt lagerhafte Intrusionen von schwankender Breite und mit verschwommenen Rändern darstellen. Die Kontaktmetamorphose wird in dieser Durchwärmungszone zur regionalen Metamorphose. 1 F. Katzer, Geologische Beschreibung der Umgebung von Rziezan, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1888,-p. 355 bis 466. — Nachträge zur Kenntnis des Granitkontakthofes bei Rziezan, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1904, p. 225 bis 236. — Auch A. Pelikan, Cordierithornfels aus dem Kontakthof von Rziezan, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1905, p. 187 bis 190. 2 Siehe F. Katzer, Geologie von Böhmen, p. 637 ff. 3 F. Katzer, Die isolierte Silurinsel zwischen Zwanowitz und Woderad in Böhmen, Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1888, p- 285 bis 288. * Verhandl. der geolog. Reichsanst., 1904, p. 225. > F. Slavik beschrieb die Kontaktwirkungen an Kalksteinen aus der Gegend von Beneschau. Sie sind metamorphen Schiefern gert, die Slawik in Barrande’s präcambische Stufe B stellt. Wohl kennt man auch sonst einige spärliche Kalkeinlagerungen Stufe. Bulletin international de l’Academie de Boheme, 1904, No. 12, p. IX. kely, Jahrb. der geolog. Reichsanst., 1855, p. 400, Die moravischen Fenster. 629 Wenn sich die freilich noch recht unsichere Vermutung bewahrheiten sollte, daß neben älteren Para- und Orthoschiefern auch hochmetamorphe Sedimente des mittelböhmischen Silur-Devon als Sedimentgneise, graphitreiche Marmore, Kalksilikatgesteine und Quarzite über das ganze moldanubische Gebiet verbreitet sind, dann ergibt sich die bemerkenswerte Tatsache, daß die Grenze zwischen moldanubisch und moravisch zugleich auch die Grenzeist zwischen der böhmischen und der rheinischen Facies des Devon innerhalb der böhmischen Masse. Dann ist die eigentümliche geographische Situation des rheinischen Devon in den Sudeten gegenüber dem mittelböhmischen Devon bedingt durch den tektonischen Gegensatz zwischen liegender und überschobener Scholle. Genauere Studien in verschiedenen Gebieten, insbesondere im Eisengebirge, in den Schieferinseln des mittelböhmischen Granitstockes und an dessen Grenzen, ferner vielleicht auch über die Lage der Devon- und Silurvorkommnisse von Ebersdorf in Schlesien, von Glatz, von Görlitz und im Fichtelgebirge werden vielleicht zur Entscheidung dieser Frage führen können. Wenn außer diesen fernerliegenden Beziehungen auch noch viele wichtige Punkte der Tektonik des mährisch-niederösterreichischen und des sudetischen Grundgebirges der Klärung bedürfen, so ist dies leicht verständlich, denn die entscheidendsten Feststellungen betreff der großen moldanubisch- moravischen Überschiebung, die Deutung der verschiedenen Decken und ihrer Metamorphose, das Ver- ständnis der Glimmerschieferzone, das Verhältnis zum Devon, konnten sich auf keine Vorarbeiten anderer Beobachter in den diesbezüglichen Fragen stützen. Es ist zu erwarten, daß nachfolgende Beobachter vieles klären und vielleicht in manchen Punkten die Auffassung verändern werden. Das Hauptergebnis aber wird, wie ich glaube, bestehen bleiben, demzufolge den bisher bekannten großen Überschiebungsgebieten der Erde — wie den Alpen, den Caledonieden, den Apallachen, dem Wasatchgebirge — ein neues bisher gänzlich unbekanntes, durch eine besondere Eigenart ausgezeichnetes Beispiel mitten in Europa — das Gebiet der moldanubischen Überschiebung in Niederösterreich, Mähren und Schlesien — anzureihen ist. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 63 E. E. Swess, I. Grundlagen und Hauptergebnisse . II. Allgemeine Umrisse III. Die moldanubische Scholle IV. Allgemeine Charakteristik der moravischen Gebiete . . . . » u. 2 a nn 2 neu V. Haupttypen der moravischen Gesteine und deren Verbreitung . 1. Bittescher Gneis (Stengelgneis von Weitersfeld) 2. Moravische Granite A. Thayabatholith . B. Flasergranite von Louczka und Deblin (Schwarzawabatholith) 3. Moravische Paraschiefer A. Phyllite und Glimmerschiefer der beiden Hauptzüge a) Phyllite der Schwarzawakuppel . b) Phyllite der Thayakuppel c) Granatglimmerschiefer von Fugnitz d) Kontaktgesteine vom Wolfsteich bei Hardegg e) Einlagerung von Schiefer im Granit bei Amelsdorf J) Züge von Schiefer im Flasergranit westlich vom Manhartsberge . £) Diaphtorite an der Diendorfer Verwerfung südlich vom Manhartsberge . B. Kalke des Phyllitzuges €. Kontaktschiefer zwischen Bittescher Gneis und Kalk (Fugnitzer Kalksilikatschiefer) 4. Kwetnitzagesteine VI. Tektonik der moravischen Kuppeln . 1. Gesteinsfolge . 2. Querbruch von Diendorf . 3. Thayakuppel . Zug des Bittescher Gneises .. .. 2... 0 Moravische Phyllite und phyllitartige Glimmerschiefer . Thayabatholith . 4. Schwarzawakuppel VII. Moldanubische Schiefer in der unmittelbaren Auflagerung über den moravischen Kuppeln A. Die moldanubischen Glimmerschiefer und deren Bildungsweise . Zugehörigkeit der Glimmerschiefer zur moldanubischen Scholle . Verbreitung der Glimmerschiefer und der sogenannten Phyllitgruppe . nge in die Gneiszone, unabhängiges Streichen sekundäre Entstehung des Muscovits . 26 [566 26 [566] 27 [567] 28 [568] 30 [570] 34 [574] 34 [574] 34 [574] 36 [576] 36 [576] 37 [577] 39 [579] 39 [579] 41 [581] 41 Die moravischen Fenster. Bänke von Zweiglimmergneis in der Glimmerschieferzone Beschartenheitden@limmerschiefene re 2 er Begleitgesteine der Glimmerschieferzöne Muscovitbildung in Randapliten moldanubischer Granite . Enntstehugetde@lmnterschieferzonee B. Glimmerschiefer von diaphtoritischem Habitus und deren Entstehung (Phyllitgruppe früherer Beschreibungen) C. Echte Phyllite und moldanubische Einfaltungen im Dache der Schwarzawakuppel DEZusammenta SS a ee VIII. Fortsetzung der moldanubischen Gesteine gegen NO, jenseits der Boskowitzer Furche . 1. Im Westen der Olmützer Ebene . . 2, Iim Wesen der Kamsatlina ur one 00 a ern er 0 Kronen BgReichenstemenzundsBielengebirgerundfdie Kuppen der Ebene. Sr Er A Übersee SCI EEE lee BSD aserioheu@esenker(silesischesi@rundgeburge)e. 1 2 er Wa@menzefzezeukdasaDeyvonmNOstenken en. er ee ZaBLIGchschatzixepernikkonei sr ee 3. Schieferzug vom Uhuberge und Chloritgneise 4. Vergleich des silesischen und moravischen Grundgebirges . . . » . 2 2 2 2 2 2 m non 0. DESilesischegundemorayischei@raniten re, 6. Die Überschiebung an der Ramsaulinie . Moravische und devonische Gesteine im Osten der Boskowitzer Furche . . . 2 2 2 2... =S] X. Die moldanubische Überschiebung . . 2.2.2... RIsVersieichimitfanderen; Überschiebungsgehteten ne XI. Bemerkungen"zur Metamorphose. der moravischen Gesteine "a... 2 ann nun nenn. BUS YVerterepBeziehungenszumsvarıszischenu Bauer a En 82# 631 61 [801] 64 [604] 65 [605] en er. IR AR a R a de Karte I. SUESS, F. E.: Umrisse des moravischen und silesischen Grundgebirges 2 [6) BRESLAU Farben-Erklärung: Moldanubisches Grundgebirge Moravische und silesische Schiefer und ‚Gneise 7] Moravische und silesische Granite und Brünner Intrusivmasse ) en % Devon (und älteres Paläozolcum (?) | SpiglitzerSchneebg. 1 2 [Em] Ew] S von Eulengebirge) Es] 6 I Kulm n rm P> w Ober-Karbon und Rotliegendes % n Ob. Kreide (Jura in der Umgebung von L n Brünn) (8 Miocän und Jüngere Bildungen Maßstab. 1:800.000. ( \ Panten De —H Bas | Kopeppik Keiäppppndt Roter der Denkschriften d. kals. Akad. d; Wiss. math-naturw. Klasse, Bd, LXXXYIIL. Kartogr. Annalt . Freytag & Berndt, des. m. b. Il, Wien. in MAN j nee Er Karie Il. SUESS, F.E.: (Moravische Fenst u Iz 3 ? f 5 N 35 ‚ Ss ü SI ıY ; 2 E 7 er er AL, m x rn r U suESS, F. E.: (Morayische Fenster) Geologische Skizze der Thaya-Kuppel. 1 Gnelse und Schiefer I] 2 “ Granitstöcke r > © » | Sllmmerschieferzone o = sog.‚Phyliiigruppe' („dlaphtoril.Glimmer- schlefer und Einfaltungen im Dach über len moravischen Kuppeln‘) Bittescher Gneis Fugnitzer Kalksilikat-Schiefer Moravische Kalke (inklusive Kalke der Kwetnitza) Moravische Phyllite und Begleitgesteine "| (Übergang in Granatglimmerschlefer im Süden der Thayakuppel) Feldspätige Phyllite und imprägnierte Schiefer Stengelgneis von Weitersfeld Schieferiger Granit und Flasergranit desThaya-BatholithenundSchwarzawa- Batholithen Massiger Granit des Thaya-Batholithen und der Brünner Masse Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIL. Farben-Erklärung (für die Karte II und II) Granit der Kwatnliza Quarzit und Phylit der Kwatnitza (und Phyllite von Kladek) Uralit-Diabas [er Brünner Intrusiv- sso | 1: Hornblendit Devon-Tonschiefer Im Natztale Unter-Dovon (?) Quarzit, Konglomerat und Sandstein Kalk des Mittel- und Ober-Devon Misslitzer Konglomerat Rotliegend (Ober-Karbon bei Segen- gottes) Ob. Kreide (Jura bei Brünn und Olo- | muczan) Miocäin und Jüngere Bildungen 4 Karıogr. Anstall 0. Freyiag A Berodt, Ges. m. b, H., Wien. Karte M. & Er (eb) En an je! («b} E [«D} Be | [>] RZ) r {a} ni [o) < 2] | [77 N ea] =) ın SUESS, F. E: (Moravische Fenster) Geologische Skizze der Schwarzawa-Kuppel Kartogr. Anstalt 0. Freytag & Berndt, Ges. un. b. H., Wien. Maßstab 1:200.000. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. malh.-naturw. Klasse, Bd. LXNXVIIL VERSUCH EINER TEKTONISCHEN AUFLÖSUNG DES NORDOSTSPORNS DER ZENTRALALPEN VON D*- HANS MOHR Mit einer tektonischen Übersichtskarte VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 14. MÄRZ 1912 In den Jahren 1907 bis 1909 war es mir gegönnt, unter der Führung meines hochverehrten Lehrers, des uns allzufrüh entrissenen Prof. Dr. V. Uhlig, in die Rätsel des Deckenbaues der Semmeringtrias und der sie überlastenden Grauwackenzone einzudringen. Diese Untersuchungen, welche von der Basis der ostalpinen Trias ihren Ausgang nahmen, strebten — südwärts vordringend — der kristallinen Achse der Nordostalpen zu und ergaben Anzeichen einer Carapace im Wechselstock.! Mittlerweile begann ein hochinteressanter Bahnbau (Aspang—Friedberg: »Wechselbahn«) mit zahl- reichen Tunnels die Ostflanke der Wechselmasse in ungeahnter Weise zu erschließen. Die Tunnelkommission der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften betraute mit der Untersuchung der durch den Bahnbau erzielten Aufschlüsse den Verfasser, dem während seiner Tätigkeit die Mitglieder dieser Kommission, Prof. F. Becke und Prof. V. Uhlig, wiederholt mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind. Einige vorläufige Berichte geben über die Resultate dieser Studien Auskunft (1909 bis 1910.) ? Ein von der Wechselcarapace ostwärts abstürzender Deckenhang war das Hauptergebnis. Diese Vorarbeiten erleichterten erheblich den Plan, den Kranz der Beobachtungen im Westen und Süden zu schließen, dessen Durchführung durch die gütige Verleihung einer Subvention aus der Boue&- stiftung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ermöglicht wurde (1911). Dem ergebensten Dank hiefür sei hier gleichzeitig Ausdruck verliehen. Der vorliegende Bericht verarbeitet in Einem die Ergebnisse dieser letzteren Studien und zieht die runde Summe aus all den Beobachtungen seit dem Jahre 1907. 1 H. Mohr: Zur Tektonik und Stratigraphie der Grauwackenzone zwischen Schneeberg und Wechsel (N. Ö.) Mitt. d. Geol. Ges. Wien, 1910, Bd. III, p. 104 bis 213, 2 H. Mohr: Bericht über die Verfolgung der geologischen Aufschlüsse längs der neuen Wechselbahn, insbesondere im Gr. Hartbergtunnel. Akadem. Anzeiger, 1909, Nr. XXIII. Ders.: Zweiter Bericht über die Verfolgung etc. Akadem. Anzeiger 1910, Nr. IV. Deıs.: Dritter Bericht über geolog. Untersuchungen längs der neuen Wechselbahn. Akadem. Anzeiger 1910, Nr. XX. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 83 D 634 Dr. H. Mohr, Die Basıs. Einer der hervorstechendsten Züge der Semmering-Tektonik ist der unmodulierte Gegensatz zwischen heimischer und fremder Trias.! Es »sind zwei Zonen von Trias vorhanden«, sagt E. Sueß von dieser Region, »die Trias des Semmering und die typische ostalpine Trias der Kalkalpen, beide getrennt durch limnisches Karbon und sonstigen Schiefer«. Dadurch wird jener tiefgreifende Schnitt bewirkt, der eine reinliche Scheidung zwischen ostalpinen und zentralalpinen (lepontinischen) Decken ermöglicht. Derselbe Gegensatz setzt aber bis ins Grundgebirge hinein: Das ostalpine Mesozoikum liegt teils auf Altpaläozoikum (obere ostalpine Decke), teils auf Jungpaläozoikum (untere ostalpine Decke). ? Das Band des altpaläozoischen Trägers spitzt sich im oberen Mürztale aus, ist aber durch eine zusammenhängende Kette von Rauhwacken (auch Kalk-) keilen mit dem nordöstlichsten Beweis dieser Zweiteilung des .ostalpinen Grundgebirges, der Kleinen Kalkkuppe (»erzführender Kalk« Vaceks) des Kalvarienberges bei Sieding in deutlicher Verbindung. Darunter liegt »sonstiger Schiefer und limnisches Karbon,« dem wir mit Rücksicht auf die Veitsch und Sunk noch höheres Unterkarbon (der Stufe von Vise) zuordnen. Die Merkmale der primären Gesteinsstruktur, nur schwach verdeckt durch den Firnis der ersten Metamorphose, sind dieser ganzen Grauwackenserie häufig erhalten geblieben. Anders im Grundgebirge der Semmeringtrias. Der »Semmeringquarzit« (permotriadisch) ist ein Transgressionsprodukt auf einer sogenannten »altkrystallinen« Basis. Massige und schiefrige Granite mit ihrem Ganggefolge, Granatglimmerschiefer und echte Marmore, Amphibolite und Eklogite bilden das Grundgebirge, dem ein »Grauwackencharakter« — in der Metamorphose vor allem — vollständig fehlt. Es mangeln die Reste von Lebewesen und in der Regel die Merkmale der primären Gesteinsstruktur? (»Kernserie«). Umso beachtenswerter mußte daher die Erkenntnis gelten, daß unter dem Deckengebirge mit »alt- krystalliner« Basis neuerlich ein Metamorphikum auftauchte, das sich in seinen geringen Umwandlungs- erscheinungen enger an die Grauwackenzone anschloß (feinkörniger Albitgneis bei Böhm * — Wechsel- schiefer bei Mohr). ? Zudem liegt Semmeringquarzit, der im ganzen Westen der Wechseldeckenverbreitung auch dieser tektonischen Einheit eigen ist, nichttransgressiv auf dem metamorphen Grundgebirge (wie bei den Kerndecken (»Kernserie«) und in den Karpathen), sondern er geht durch Zwischenschaltung von Sericitschiefern und Konglomeraten aus den obersten Partien der Wechselserie (»\Wechselschiefer«) hervor. In der Tat ist der Bindruck der Verschiedenheiten zwischen Kernserie und Wechselserie ein derart tiefgreifender, daß ein Deckenschema, aufgestellt »in situ«, die Wechselserie der Kern- und ostalpinen Serie als gleichwertig hätte gegenüberstellen müssen. Eine Verfolgung des Verbreitungsgebietes der Wechselschiefer hatte aber ein merkwürdiges Ergebnis. Die Krystallinität nahm zu gegen Osten und damit verschwanden rasch alle Merkmale der primären Gesteinsstruktur. Gegen Südost aber bildete sich nach und nach jener Mineralbestand heraus, 1 E. Sueß: Antlitz der Erde. Bd. III/2, p. 179, 189, 220. 2L. Kober: Untersuchungen über den Aufbau der Voralpen am Rande des Wiener Beckens. Mitt. d. geolog. Ges. in Wien iterien werden vorläufig nur für das Semmeringgebiet geltend gemacht, weiter ausgreifende Vergleichsarbeit wird erst iesen Beobachtungen eine größere Reichweite innewohnt. 2. Böhm: Über die Gesteine des Wechsels. Tscherm. min. u. petrogr. Mitt., Bd. V, p. 197 bis 214, > H. Mohr: Zur Tektonik und Stratigraphie etc., p. 178, 179. Tektonik des Nordosisporns der Zentralalpen. 635 den wir als charakteristisch für die krystallinen Schiefer der Kernserie bezeichnet hatten. Dadurch wurden die Gegensätze zwischen Kern- und Wechselserie gemildert und die Auffassung der tektonischen Selb- ständigkeit letzterer empfing einen empfindlichen Stoß. Immerhin imponiert die Wechseldecke durch die Mächtigkeit ihrer Schichtfolge, ihrem überragend großen Verbreitungsgebiet, durch ihre orographisch — und wie sich später ergeben wird — auch tekto- nisch dominierende Stellung. Sie ist in der Tat eine Carapaceregion im umfassendsten Sinne des Wortes. Die Wechselcarapace. Höhere Niveaus als der Semmeringquarzit scheinen der Wechseldecke nicht eigen zu sein. Dieser selbst von normaler Beschaffenheit, ! bildet in stratigraphischem Zusammenhange mit den Wechsel- schiefern auf weite Erstreckung deren Bedeckung. Sein Verbreitungsgebiet mag der Karte entnommen werden. Die nunmehr unter dem Quarzit folgende mehr phyllitische Gruppe der Wechselgesteine (feinkörniger Albitgneis bei Böhm) zeigt in vielen Fällen noch die Merkmale der primären Gesteins- struktur (schwarzgraue Sandsteine) und die diesem Komplex eingeschalteten diabasischen Lager haben ganz den Charakter echter Grünschiefer. Durch das merkbare Aufkeimen der Albitknoten steigert sich die Metamorphose, welche schließlich zu den Wechselgneisen hinüberleitet. Die ganze Mitte, der Norden und Osten, wird von ihnen eingenommen. Die Hauptmasse bilden die von Böhm? zuerst, dann von Richarz? beschriebenen Albitgneise und albitärmere, Glimmerschiefer ähnliche Gesteine. Den Albit- gneisen — welche wir, wie auch eine von Dr. M. Dittrich*, Heidelberg, durchgeführte Analyse klar ergeben hat, als Sedimentgneise anzusprechen haben — scheinen die »Hornblendegneise« (M. Vacek’s) des Lafnitztales (keine Amphibolite!) sehr nahezustehen. Als basische Effusiva wurden Lager von Albit- chloritepidotschiefer erkannt, durch Aufnahme von Hornblende können sie einen Übergang zu reinen Biotit führenden Amphiboliten vermitteln, deren Vorkommen auf die Südostregion der Wechseldecke beschränkt ist. Echte Granatglimmerschiefer begleiten ebenda eine Intrusivmasse eines stark sauren, etwas aplitischen Gneisgranits, in dessen Umgebung Aplite und Turmalin führende Quarzgänge das Nebengestein durchschwärmen. Diese Südostregion zeigt also in ihren petrographischen Eigentümlichkeiten eine überaus weit- gehende Übereinstimmung mit den Gesteinen der Kernserie. Eine höchst merkwürdige Tatsache ist die von der Gesamttektonik fast unabhängige Streichrichtung (NNW bis SSO), die sich nur im NW, W und SO im Einklange mit dem periklinalen Deckenmantel zeigt. Das Streichen markieren ausgeprägt die basischen Einlagerungen (Amphibolite etc.) und auch der saure Intrusivkern im SO. Das Verflächen ist unter verschiedenen Winkeln nach WSW gerichtet. 1 H. Mohr: Tektonik, p. 151/152. 227049200: 3 St. Richarz: Die Umgebung von Aspang am Wechsel (N.-Ö.) J. G. R. 1911, Bd. 61, Heft 2. * Die Mittel zu dieser und mehreren anderen Analysen, deren Auswertung noch aussteht, wurden in dankenswerter Weise durch die kaiserliche Akademie aus der Zepharovitsch-Stiftung bestritten. ’ 83% ıQ 636 Dr. H. Mohr, Die Kernserie und deren Mesozoikum. Sogenanntes »altkrystallines« Grundgebirge mit einem ziemlich mächtig entwickelten Permo- mesozoikum, welches der Basis transgressiv aufliegt, bildet nunmehr ein mehrfach geteiltes Deckenpaket, welches der Wechselserie auflastet. In der Basis herrschen Gneisgranite vor, von auffällig porphyrischer Entwicklung; sie setzen sich dadurch zum Grundgebirge der Kerngebirge in den Karpathen in Beziehung, als deren erstes eigentlich bereits das Leithagebirge anzusprechen ist. Biotitführende Granatglimmerschiefer schmiegen sich den Graniten an, welche überaus häufig Pegmatit- und Aplitgänge in ihre Hülle entsenden. In diesen überwiegend durch Kontaktmetamorphose umgewandelten Sedimenten der Hülle finden sich äußerst spärlich marmorisierte Kalkbänder. Ihr Vorkommen ist stratigraphisch bedeu- tungslos. ! Am Eingange in das Fröschnitztal bei Steinhaus ist knapp an der Straße ein kleiner Schurfstollen angeschlagen, der eine ankeritisierte Zone eines blaugrauen bis schmutzigweißen Kalkbandes verfolgt. Das Hangend ünd Liegend bildet normaler Glimmer- schiefer. Auch im oberen Schlattental, einem Seitental der Pitten, zeigt sich eine weiße Marmorbank fast ganz in blaugrauen, spätigen Ankerit umgewandelt (Tauchner Säge). Weißer, körniger, aber durch Hornblende und Granat verunreinigter Marmor bildet schwache Bänder im Amphibolit von Schwarzenbach (Wismath NO), desgleichen im Granatamphibolit von Schäffern (Friedberg NO). Hingegen kommt den Hornblendeschiefern und Granatamphiboliten, vorzüglich im Osten der Kern- serienregion, eine erhebliche Bedeutung zu. Nach Richarz? sind sie als metamorphe Diabase zu deuten. Auf diesem Grundgebirge unbekannten Alters (präpermisch) transgrediert nun die Semmering- quarzitgruppe (Quarzite, Konglomerate, Sericitschiefer mit Gips und Porphyroide), die in allem und jedem diesem gleichen Niveau der Wechseldecke entspricht. Ihr folgt in der stratigraphischen Reihe der Diploporendolomit (mit Diplopora debilis Gümb,, Encrinus lihiformis etc). Wenn wir die Semmeringquarzitstufe der Permotrias zuordnen, so beginnt die Dolomitregion ober dem Werfener Schieferhorizont und reicht bis ins Rhät. Es sind gar keine Verdachts- gründe vorhanden, die eine stratigraphische Lücke erklärlich machen würden. Die Rhätgruppe hat die relativ reichste Fauna geliefert (Krenthalers Steinbruch im Göstritz- graben).” Schiefer vom Habitus der Pyritschiefer aus den Radstädter Tauern, schwarze Dolomite mit Lithodendronbänken, fleckige Kalke mit Rhät-Bivalven der schwäbischen Fazies und endlich Eisendolo- mite sind dieser fossilreichsten Stufe des Semmeringmesozoikums zuzurechnen. Darüber zeigtsich ein gut ausgeprägter Horizont mit viel Pentacrinus. Die fünfeckigen Täfelchen sind meist klein, aber in großer Zahl auf den Schichtflächen verbreitet. Diese Kalkschiefer dürften dem Lias zugehören. Die nunmehr darüber sich stauenden Bändermarmore und massigen Kalke, oft von zipollinartiger Beschaffenheit, werden ganz allgemein dem Jura zugerechnet. Sehr schlecht erhaltene fünfkantige Krinoidenstengel von etwa 10 mm Durchmesser (Ramsscholle bei Kirchberg *) sind die einzigen Fossil- reste, die aus dieser so mächtigen Schichtfolge bekannt wurden. 1 Der Verfasser erwähnt aber an dieser Stelle kurz diese Vorkommnisse, weil sie in der älteren Literatur noch keinen Platz gefunden haben 2 St. Richarz: Die Umgebung von Aspang, p. 314. 3 Fr. Toula: Denkschr. 1885, p. 138 bis 140. * Mohr: Tektonik 1910, p. 161. Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 637 Das Verhältnis der Wechseldecke zu ihrem tektonischen Hangend. Die Kerndecken bilden nun, indem sie das Wechseldeckenmassiv mantelförmig umwallen, einen fast allseits geschlossenen Rahmen. Nur im Südosten haben wir eine ziemlich breit klaffende Lücke zu verzeichnen, deren allfälliger Abschluß durch die Transgression des Tertiärs der pannonischen Niederung verhüllt wird. Diese Gesamttektonik übt aber keinerlei Einfluß aus auf die Lagerungsverhältnisse der Wechsel- gesteine. Im ganzen Norden, Nordosten und Südosten zeigt sich das Streichen und Fallen der Wechsel- gneise in merkwürdigem Gegensatze zu dem seiner tektonischen Überlagerung. (Es ist sicher, daß es gerade Erscheinungen von dieser Art waren, welche den Glauben an wiederholte Transgressionen im metamorphen Grundgebirge der Alpen erheblich zu stützen vermochten. Vacek.) Schon die Untersuchungen der Jahre 1907 bis 1909 haben dies aufs deutlichste ergeben. Kirchberg am Wechsel. Solange die Profile im Koronagraben (St. Corona N) und bei den Kreuzbauern (zwischen Kirchberg a. W. und dem Molzgraben) nicht bekannt waren, bot die Enträtselung der Tektonik am Nordrande des Wechselmassivs einfach unüberwindliche Schwierigkeiten. Erst diese leicht übersehbaren eingeklemmten mesozoischen Bänder schufen volle Klarheit. Das Profil des Möllbachls (bei St. Corona) ist ungemein instruktiv.1 Über Albitchloritschiefern der Wechseldecke liegt diskordant, aber ziemlich flach, ein meso- zoischer Liegendschenkel, der mit mylonitischer Rauhwacke anhebt, über Bändermarmoren noch Spuren von Dolomit zeigt und dann durch ein überlagerndes Band von Quarzit, darüber von Glimmerschiefer, der wieder den Granit von Kirchberg unterteuft, das Bild der vollständigen Inversion harmonisch ergänzt. Wenn nun Quarzit und Kalkband fehlen, so bietet es Schwierigkeiten, die so tief greifende tekto- nische Kluft im Streichen zu verfolgen. Ein etwa Akm weiter im Westen aufgefundener mesozoeischer Keil erleichterte erheblich diese Arbeit. Bei den Kreuzbauern (Kirchberg a. W. S) tauchen unter dem sehr-steil nach Norden einfallenden Porphyrgranit ein etwa 100 Schritte mächtiges Band von stark ruiniertem Glimmerschiefer, darunter etwas (kaum 7 m) zermalmter Quarzit und etwa ebensoviel Bänderkalk (Jura) auf. Die dahinter und darunter liegenden Wechsel (-Albit-) gneise streichen deutlich NNW bis SSO und fallen fast lach nach WSW. Der Eindruck des scharfen Abstoßens der erstgenannten Schichtserie gegen die Wechseldecke ist deshalb hier ein besonders sinnfälliger. N Die Kontaktstelle wird durch eine schwache Schicht eines grünlichschwarzen Ganglettens, dem hier augenscheinlich die Rolle des Mylonits zukommt, bezeichnet. In der Gegend des Sonnwendstein. Jetzt aber werden die Verhältnisse komplizierter, die Wechseldecke, welche gegen den Trattenbach zu allmählich die petrographische Beschaffenheit der »feinkörnigen Albitgneise« Böhms angenommen hat, versieht sich mit einer ihr engverbundenen Quarzitauflagerung und diese erst wird-von dem vorhin verfolgten Liegendschenkel der Kernserie, der in der Regel mit einem deutlichen Mylonitband beginnt, berührt. 1 Mohr: Tektonik 1910, p. 193. w 0) Dr. H Mohr, So erkennt der Verfasser die Tektonik am Südfuße des Gr. Otter, am Dürrkogl und westlich vom Alpkogl.! „In der Fröschnitz“. (Bei Steinhaus am Semmering.) Kurz vor dem Talausgange steht die Ruine eines alten Hochofens. Die Erze, die er verschmolz, waren zweierlei Art. Erstens kalkige, die aus der Glimmerschieferregion im Süden von Steinhaus stammten; sie hängen mit Marmorbändern, die metasomatisch teilweise in Eisenerz umgewandelt wurden, aufs engste zusammen. Gerade beim Talausgange zeigt ein solch ankeritisiertes Kalkband, von echtem Glimmerschiefer eingeschlossen, ein deutliches, nach NNW egerichtetes Einfallen. Dieses gleiche Ver- flächen bekunden aber auch die (Diploporen —) Dolomite des Fröschnitzgrabens, welche nicht nur gegen NNW, sondern auch gegen SW am linken Talhange die Glimmerschiefer des Arzberges (Hocheck N) unterteufen. Talaufwärts ins Liegende der Diploporendolomite vorgehend erkennen wir deutliche Vertreter der Pentakrinitenkalkschiefer (Lias), welche unter Vermittlung eines Mylonitbandes auf den Gesteinen der Quarzitgruppe aufruhen. Sie birgt nahe dem Kontakt (die Analogie mit der Lagerstätte des Erzkogels scheint sehr groß zu sein) einen Erzkörper mit stark saurer Gangart, dessen Fördergut ebenfalls dem Hochofen beim Talausgange zugeführt wurde. Dieses gleiche Quarzitband findet sich etwas höher oben in normalem Verbande mit den grau- schwarzen Sandsteinen und den dunklen Phylliten der oberen Wechselschiefer. Die Überlagerung einer Kernserie, welche gegen SW zu den Kamm des Stuhleck und der Pretulalpe aufbaut, läßt sich also hier mit ausgezeichneter Klarheit verfolgen. Bei den beiden „Pfaffen‘“. Schöberl Rgl. (1473), Harter Kgl: (1506), Großer (1519) und Kleiner Pfaff (1556) bilden eine Rippe, welche den Knotenpunkt der Wechselgabel: den Arabichl (1593) mit dem Stuhleck (1783) verbindet. Am Arabichl selbst und von ihm nach Westen zu treffen wir allenthalben die wenig metamorphe Gruppe der Wechselschiefer. Der Steinergraben, ein linkes Seitental des obersten Fröschnitzgrabens, läßt uns diese Gesteine noch gut studieren. Ein westwärts einfallendes Band von Arkosen und Sericitschiefern legt sich darüber. Mächtige Schüblinge von Triasdolomit kennzeichnen eine Scheide gegen einen zweiten Schichtkopf von Semmering- quarzit, der Glimmerschiefer mit einer Amphiboliteinlagerung unterteuft. Sehr quarz- und muskovitreicher Glimmerschiefer baut nun mit konstantem Westfallen den Gipfel des Stuhleck auf und wird gegen die Pretulalpe zu von stark ruiniertem Porphyrgranit überlagert. Dieser Schichtkopf läßt uns also einen der Kirchberger inversen Serie völlig analogen Liegendschenkel am westlichen Carapaceabfall erkennen. Der Kamm selbst, von dem eingangs die Rede war, zeigt nur eine Verbreiterung dieses Schichten- baues — in der liegenden Quarzitgruppe teilweise durch untergeordnete Faltung bedingt — sonst eine übereinstimmende Tektonik. I. Mohr: Tektonik 1910, p. 194, 195. Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 639 Rettenegg. Die eben beschriebenen tektonischen Verhältnisse treffen wir in der gleichen Art längs des Pfaffen- baches bis Rettenegg anhaltend. Das nunmehr vorwiegend aus Juramarmor bestehende Trennungsband ist — beiderseits eingefaßt von Semmeringquarzit — vom Sattel ins Tal heruntergezogen und bildet im Orte selbst eine von einem Kreuze gekrönte Klippe. Eine scharfe Wendung leitet das Band das Tal des Feistritzbaches aufwärts. Glimmerschiefer legen sich im Süden darüber (linkes Ufer, Kaltenegg 1122). Bei der Einmündung des Rettenbaches (K. 1219 S) übersetzt die Straße das Feistritzer Wasser und das Kalkband den zwischen diesem und dem Kaltenbach (Kaltenegg) hinziehenden Rücken. Ungemein mächtige Quarzite (s. auch Vacek) zeigen sich im Liegend und ziehen den Feistritz- und Kaltenbach aufwärts. Waldbach an der Lafnitz. Der tief eingeschnittene Steinwänder Graben (Ochsenkopf 1189 O) zeigt wieder mit entschiedener Eindeutigkeit das westwärts gewendete Einschießen eines Quarzitbandes unter die auflagernde Kernserie, Ein Kalkband konnte hier nicht mehr beobachtet werden. Bei Waldbach sind die aus NW herunterziehenden Wechselschiefer langsam in ein reines OW- Streichen übergegangen (Waldbach, Nordgehänge des Tales). Das Verflächen ist mittelsteil unter die mächtigen Quarzitbänke gerichtet, die in ununterbrochenem Zusammenhange aus dem Steinwänder Graben dem Waldbache zustreben und hier den »Weißen Sandberg« (K. 1102) die »Mühlsteinleiten« und den »Steinberg« aufbauen (Waldbach Ort NW, W und WSW). Nunmehr scheint unsere tektonische Leitlinie die Richtung nach dem Stifte Vorau einzuschlagen, um über Puchegg in der Nähe des Beisteins (K. 815) unter der jugendlichen Auskleidung des pannoni- schen Beckens zu verschwinden. Aspang. Wir kehren nach Kirchberg zurück und nehmen die Verfolgung des tektonischen Rahmens nach Osten zu auf. Die gefestigte Erkenntnis des petrographischen Hiatus zwischen den Wechsel- und Kerngesteinen lassen hier ein mesozoisches Trennungsband bereits entbehrlich erscheinen. Daneben unterstützt uns der grelle Unterschied in der Streichrichtung der beiden Gebirge. 2 An den NNW bis OSO streichenden Schichtköpfen der Albitgneise des Wechsels stoßen die nach N bis NO ein- fallenden Glimmerschiefer der Kernserie ersichtlich scharf ab. Die über die Paßkapelle, den Hafnitzgraben etc. verfolgbare tektonische Kluft streicht bei Ober- Aspang ins Haupttal der Pitten aus. Von hier ab hat ein neuer Bahnbau (Aspang—Friedberg: »Wechselbahn«) ganz ausgezeichnet das Verhältnis der Kerndecken zur Wechseldecke klargestellt. Eine eigene Arbeit, welche die Geologie der Wechselbahn zum Gegenstande hat, wird auf diese hochinteressanten Verhältnisse genauer eingehen. Hier kann nur kurz folgendes gesagt werden. Geschlossen umziehen die Kerngesteine die Nordostecke der Wechseldecke und bilden auch längs der ganzen Ostflanke des Wechselmassivs die Begrenzung des Verbreitungsgebietes der Wechselgesteine. Ein Denudationszeuge der Kernserie, bestehend aus Porphyrgranit und etwas Glimmerschiefer (Kote 666, westlich Ober-Aspang), zeigt nicht allein, daß die Überschiebungsfläche sehr sanft nach Osten 1 Siehe auch St. Richarz: Die Umgebung von Aspang p. 325. 640 Dr. H. Mohr, zu abgeböscht sein muß, sondern führt auch eine Verfrachtungsweite von mehr als 1000 m überaus sinn- fällig vor Augen. ; Der benachbarte Gerichtsberg-Tunnel wurde derart angesetzt, daß seine Röhre im Albitgneis aus- gebrochen werden mußte, während der Rücken der durchörterten Bergzunge auf eine weite Erstreckung hin typischen Porphyrgranit durch einen tief eingeschnittenen Hohlweg erschlossen zeigt. ! Die Überschiebungsfläche läuft fast dem nach SW ansteigenden Gelände parallel. Von km 6 bis 8 verläuft die Trasse beständig auf der Kluft selbst und hat hier eine Fülle der instruktivsten Profile freigelegt. Im Kohlgraben, auf der Nordseite des Gr. Hartberg-Tunnels, treffen wir nach langer Pause wieder auf permo-mesozoische Gesteine. Eine weite Fläche nehmen Quarzite, Arkosen und Sericitschiefer ein, welchem Schichtkomplex in Lagerlinsen die sogenannte »Weißerde« des Kohlgrabens eingelagert ist, nach der Auffassung des Verfassers ein durch die mechanischen Vorgänge an der Überschiebungsfläche und durch zirkulierende Wässer gänzlich zerstörter Porphyr. Bereits Richarz? erwähnt Dolomitbrocken, welche auf ‚den Halden des Bergwerks gesammelt werden können. Sie stammen unzweifelhaft von der Überschiebungsfläche und sind als Fetzen des triadischen Kalk-Dolomitbandes aufzufassen. In diesem Glauben werden wir durch das Auftreten einer kleinen Dolomitklippe südwestlich des Spitzer Rgls. bestärkt, welche ersichtlich die Quarzitdecke durch- spießend hier in der Tiefe des Sattels zum Vorschein kommt. Der ganze permo-mesozoische Schichtkomplex liegt — wie dies der Bergbau ergeben hat — flach den grauen Albitgneisen der Wechselserie auf und unterteuft die Glimmerschiefer und Porphyrgranite des Spitzer Rgls. Friedberg. Die weitere Verfolgung der tektonischen Kluft wird erschwert durch den von Süden bis über die Wasserscheide reichenden Tertiärlappen (Sinnersdorfer Konglomerat Hofmann's), der über die fertige Tektonik unseres Gebietes transgrediert. ; Bei Tauchen, unweit Mönichkirchen, reichen die Aufschlüsse beider krystalliner Schieferserien bis auf 1000 m einander nahe. Zwischen Dirnegg östlich Friedberg (Entblößungen von Albitgneis) und dem Sulzbachl (Glimmer- schiefer und Porphyrgranit) liegen ungefähr 2 km tertiärbedeckten Landes. Hiedurch wird der Raum abgemessen, innerhalb dessen die tektonische Kluft zu suchen ist. Es ist sehr wahrscheinlich, wenn nicht gewiß, daß sie sich in dem Verwurf selbst, der östlich der Straße Mönichkirchen—Friedberg verläuft und das Sinnersdorfer Konglomerat scharf gegen die Albit- gneise und Albitchloritschiefer abstoßen läßt, verbirgt. Dieser Bruch bewiese, daß längs dieser Überschiebung noch heute tektonisches Leben herrscht. Etwa sieben Achtel des Rahmens der Wechseldecke werden demnach von periklinalen Kern- gesteinen eingenommen. Der südöstliche Winkel erscheint offen. Transgressives Tertiär der pannonischen Niederung ver- wehrt hier eine weitere Nachforschung. Eine Krönung der Erkenntnis der Carapacestellung, welche die Wechseldecke einnimmt, hätte die Erreichung des Gegenflügels der Kernserie von Friedberg in südwestlicher Richtung bedeutet. Die Verquerungen, welche von Rohrbach a.d. Lafnitz, von Hartberg etc. aus nach Westen vor- genommen wurden, verliefen vorläufig ohne positiven Erfolg. Dieser Mißerfolg kann in verschiedenen Ursachen begründet sein. kursion nach Aspang. Mittl. d. Geol. Ges. in Wien, 1910, p. 487, 488. : Die Umgebung ete. p. 330. Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 641 Vorerst wird die Unterscheidung beider krystalliner Schieferserien in dieser Region durch ihre petrographische Übereinstimmung erschwert, die sich langsam herausgebildet hat. Es legt dies überhaupt die Vermutung nahe, daß die tektonische Kluft, welche aus der Gegend von Waldbach herabzieht, in dieser südlichen Region ihr natürliches Ende gefunden hat, das heißt, daß sich die Deckenspaltung (oder die Synkline) zwischen Wechsel- und Kernserie hier bereits verloren hat. Ein permisch-mesozoisches Trennungsband, das die Erkenntnis der Kluft hätte erleichtern können, konnte leider nicht nachgewiesen werden. 5 Es kann aber nicht gesagt werden, daß dieses negative Ergebnis auf die Deutung der tektonischen Stellung der Wechseldecke noch von irgend welchem Belange sein wird. Die Decken der Kernserie. Bereits das Beispiel von Kirchberg am Wechsel hat gezeigt, daß die permisch-mesozoischen Bänder nicht selbständig, sondern in der Regel an große krystalline Deckenmassive gebunden auftreten. Allein im engsten Semmeringgebiet treffen wir einen Deckenbau, der die Beteiligung sogenannter altkrystalliner Gesteine vermissen läßt. Im ganzen übrigen Verbreitungsgebiet beherrschen den geotektonischen Aufbau übereinander- geschlichtete Massive der krystallinen Kernserie, deren Gliederung durch die mesozoischen Bänder erkennbar wird. Die Deckengliederung ist im Westen der Wechselcarapace am leichtesten durchführbar. Unser Versuch beginne deshalb im Mürztal. Im Westen der Fröschnitz—Waldbacher Linie liegt das erste krystalline Deckmassiv, dessen Abgrenzung gegen Nordwesten und Südosten wir Heritsch ? verdanken. Wir nennen sie Pretuldecke. Sie ist, wie Heritsch nachweist, gegen eine höhere Decke gleicher Beschaffenheit durch den meso- zoischen Zug Spital am Semmering— Mürzzuschlag— Langenwang —Kindberg— Stansertal— Fischbach getrennt. Ein antiklinaler Bau zwischen Krieglach und der Fochnitz, also zwischen Mürz- und Stansertal, kann als eine tektonische Folgeerscheinung des nasenartigen Vorbaues der Wechseldecke bei Rettenegg aufgefaßt werden. Eine zweite Decke gleicher Beschaffenheit liegt der Pretuldecke auf. Im Unteren Adlitzgraben beginnt ihr krystalliner Körper, überquert die Mürz zwischen Mürzzuschlag und Kapellen, ein zweitesmal bei Allerheiligen und steht ersichtlich, wie schon Heritsch ? gezeigt hat, im Zusammenhange mit der Rennfeldantiklinale. Wir nennen sie in unserem Gebiet die Stürzer- (Kgl.-) Decke. (Westlich Mürzzuschlag Kote 1169). Der Kalk-Dolomitzug Spital—Kindberg birgt nach Heritsch den Liegendschenkel dieses Decken- körpers. Eine dritte Decke der Kernserie fügen wir an. Der Verfasser hat es aus verschiedenen Gründen geboten gefunden, den krystallinen Zug Roßkogel — Troiseck nicht als die Basis des darüber lagernden Karbons, sondern als den Kern einer neuen zentral- alpinen Decke zu bezeichnen. Ein Hauptgrund ist das Auftreten der krystallinen Schiefermasse des 1 H. Mohr: Zur Tektonik etc. p. 210, 211. 2 Fr. Heritsch: Zur Kenntnis der obersteirischen Grauwackenzone, Zentralblatt für Mineralogie etc. Stuttgart 1910, Nr. 21. Ders.: Zur Kenntnis der Tektonik der Grauwackenzone im Mürztal. Zentralblatt für Mineralogie etc. Stuttgart, 1911, Nr. 3, 4. Sr kleritsch:l.c. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 84 642 Dr. H. Mohr, Drahte Kogel (1567 m). Dadurch, daß sie von dem nördlicher liegenden Karbon durch ein mesozoisches Band getrennt ist, zeigt sie ihre tektonische Selbständigkeit. Die Verbindung der tektonischen Leitlinien über das Mürzquertal ergibt aber einen ehemaligen Zusammenhang der Drahte Kgl.-Masse mit der Roß- (Kgl.-) Decke (wie wir diese vierte Decke im zentralalpinen Schema benennen wollen). Das wiederholte Auftauchen von Semmeringquarzitschuppen im Liegend des Karbonzuges wirkt mitbestimmend (siehe Törl bei Napfenberg!). Weiters zögerte der Verfasser nicht, die Einöder Kalke, welche in einem älteren Versuch einer Deckengliederung eine mehr unentschiedene Stellung einnehmen, dem zentralalpinen Mesozoikum zuzu- teilen. Eine Exkursion, die unter Prof. Uhlig’s Führung stattfand, stellte die große petrographische Ähn- lichkeit der Einöder Kalke mit dem Semmeringjura fest. Große Schüblinge von Semmeringquarzit, die im Hangenden dieser Kalke, also im Kontakt mit dem Glimmerschiefer der Kernmasse auftreten, bekräftigten ausgiebig diese Zuordnung. ! Welcher Kernmasse aber dieses Mesozoikum als Hülle zuzuweisen ist, ob der Stürzerdecke als Hangend- oder der Roßdecke als Liegendschenkel, wird sich nicht so leicht entscheiden lassen. Denn wie gerade die Einöder Kalke lehren, zeigen diese mesozoischen Streifen keinen einfachen Bau, sondern sind in mehrere Kalkbänder oder -linsen auflösbar, zwischen denen wieder mylonitische Rauhwacke, sehr häufig auch Quarzitschüblinge auftreten. Die Stürzer- und Roßdecke finden im Südwesten dadurch ihr scheinbares Ende, daß eine deutliche Depression ihrer Scheitelregion von einem Grauwackenlappen (Karbon etc.) bei Bruck eingenommen wird. Dies ist L. Kober’s und des Verfassers Deutung. Vetters? nimmt bekanntlich eine von Ost nach West gerichtete Blattverschiebung an. Wir begeben uns auf die Ostseite der Wechselcarapace. Heritsch? hat zuerst versucht das Deckenschema der Westregion auf den Osten zu übertragen. Es ist vorläufig, so. scheint es, leider noch völlig ausgeschlossen, eine Parallele zwischen der Deckeneinteilung im Westen und der des Ostens aufzustellen, für deren Richtigkeit eine weitgehende Sicherheit geboten werden könnte. Denn erstens sind die Decken des Westens einzeln nicht durch Unterscheidungsmerkmale gekenn- zeichnet. Es entfällt daher die Möglichkeit, diese Charakteristika im Osten wiederzufinden. Und zweitens verbieten es vorläufig die höchst komplizierten Verhältnisse des engeren Semmering- gebietes, die tektonischen Leitlinien, dargestellt durch die mesozoischen Bänder, aus dem Mürztale ins Schwarzatal hinüber zu verfolgen. Die Deckengliederung muß deshalb im Osten gleichfalls ihre eigenen Wege gehen. CZjZek t verlegt den Brennpunkt der Tektonik des ganzen Wechsel- und Rosaliengebirges in die Gegend von Scheiblingkirchen im Pittentale. In der Tat läßt sich von hier aus ein gewisses zentrifugales Abfallen der Kernserien nach drei Richtungen erkennen. 1 Siehe auch neuerdings Fr. Vetters: Die »Trofaiachlinie.« Verh. d. k. k. Geolog. Reichsanst. 1911, p. 152. 2 Fr. Vetters:]. c »h: Zur Kenntnis der Grauwackenzone im Mürztal. Zentralbl. Stuttgart, 1911, p. 115. )as Rosaliengebirge und der Wechsel in Niederösterreich. Jabrb. d. Geol. Reichsanst. 1854, p. 465 bis 530. Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 643 7 fl Für größere Radien, insbesondere für die Umgebung des Wechselmassivs, trifft diese Gesetzmäßig- keit nicht mehr zu. Es ist erstlich beachtenswert, daß Scheiblingkirchen als tektonische Dominante — wenn auch nur für einen engeren Horizont — keineswegs orographisch gipfelnd, sondern in der Tiefe eines Tales gelegen ist. Ringsherum häufen sich, fast zentral gruppiert, permisch-mesozoische Gebilde der Semmering- fazies, die, wie die Aufschlüsse des Pitten- und Schlattentales beweisen, deutlich unter Gesteinen der Kern- serie in nordwestlicher und nördlicher Richtung verschwinden. Nach Südosten ist ein Gleiches bei gewendeter Fallrichtung teilweise nicht nachweisbar. Nach Westen zu aber bemerken wir ein ziemlich unvermitteltes Abschneiden des Verbreitungsgebietes dieser Semmeringgesteine, denn die Kernmasse des Eselsberges bei Kirchberg erweist sich über Ödenkirchen hinaus einheitlich und von keinerlei Teilung betroffen. Nach Nordosten verliert sich — die untermiocänen Schotter von Schauerleiten erschweren hier bereits sehr die Beobachtung — ein immer schmäler werdendes Band permisch-mesozoischer Schichten, westwärts einfallend gegen den Haidenberg (K. 647) südlich Walpersbach. Diese Beobachtungen drängen dem Schlusse zu, daß die mesozoische Region von Scheiblingkirchen einem Aufbrechen einer tieferen Decke zuzuschreiben ist, deren Antiklinalkern nach Südosten umge- schlagen sich in einem Luftsattel ausspitzt. (Fenster von Scheiblingkirchen; Buch- (berg-) decke (I), Buch- berg südöstlich von Scheiblingkirchen.) Das Fenster der Buchdecke wird durch die »Esels- (berg-)Jdecke« (Il) umrahmt. Vom Sonnleiten-Graben östlich Raach bei Gloggnitz nach Südosten gewinnt sie rasch Raum. An ihrer Südbegrenzung liegt diese Kernmasse stellenweise unter Vermittlung von Rudimenten eines Liegend- schenkels auf der Wechseldecke auf, im Norden unterteuft sie ausgeprägt auf der Linie Syhrntal (südlich Gloggnitz) — Karlshöhe (K. 827 S)— oberes Haßbachtal, die Tachen-(berg-)decke (Tachenberg: Glogg- nitz SO; III). Ein Quarzit-Marmorband macht diesen Schnitt sichtbar. Durch das Aufbrechen tieferer Deckenteile in der Umgebung von Scheiblingkirchen wird eine Teilung dieser Kernmasse in einen nordwestlichen, schmäleren und einen südöstlichen, weitaus breiteren Ast bedingt. Dieser letztere übersetzt zwischen Edlitz und Aspang den Oberlauf der Pitten und erfüllt nun ungegliedert den ganzen Raum zwischen Pinkafeld (S) und der Nordspitze des Rosaliengebirges. Wohl deuten die in mehreren Zügen angeordneten Granatamphibolite des Ostrandes, welche an- nähernd N—S verlaufen, und die Auflösung des Porphyrgranits, welche wieder durch Zwischenschaltung von Hüllschiefern (Glimmerschiefer etc.) hervorgerufen wird, auf eine wurzelartige Unterteilung. In Ermang- lung permisch-mesozoischer Bänder kommt ihr aber nur ein sehr problematischer Wert zu. Das Verflächen strebt auf der ganzen Ostseite gegen die pannonische Niederung; es ist im allge- meinen gegen Osten, im Quellgebiet des Schlattenbaches mehr nach Südosten gerichtet. Von der Karlshöhe im Norden des Eselsberges also zieht das mesozoische Band, welches die Tachen- berg-Kernmasse von der darunter liegenden des Eselsberges abscheidet, ins obere Haßbachtal und von da, allmählich mit nordöstlichem Einfallen auf Unter-Gleißenfeld im Pittentale zu, wo sich ein Zusammen- hang mit den ausgedehnten Semmeringkalken des rechten Ufers (Türkensturz—Seebenstein bis Pitten) ergibt. Während nun das Einfallen dieser Kalke im Westen von Gleißenfeld noch ein nordwestliches war, scheint es in dem tief eingeschnittenen Graben südlich des Türkensturzes eine entgegengesetzte Richtung anzunehmen: die Glimmerschiefer des Arzberges bei Scheiblingkirchen (Reitersberg) steigen den Südhang des Türkensturzes hinan. Die gleiche geänderte Tektonik zeigen die Rauhwackenbänke in Außerschildgraben (Graben südlich von Schildern). gar 644 Dry. H. Mohr, So vermuten wir hier ein recht seichtes Schweben des Arzberger Krystallinums über dem Permo- mesozoikum von Scheiblingkirchen, welches unter diesem schmäleren Ast der Eselsdecke nordwärts durchtaucht. Die Tachendecke rückt bis an den Rand des inneralpinen Einbruchsfeldes. Zwei unscheinbare, aber sehr interessante Zeugen wird man ihr zuzuordnen haben. Ganz knapp östlich Unter-Aspang trennen Quarzit- und Juramarmorschüblinge eine Glimmerschiefer- masse mit etwas Granit von den darunter lagernden Kerngesteinen der Eselsdecke. Ein zweiter Zeuge verlor teilweise seine Beweiskraft durch die Bedeckung mit Süßwassermiocän am Kulma Rgl. (östlich Ober-Aspang). Die Grauwackendecken. A. Das Pflanzencarbon. Am Nordgehänge des Adlitzgrabens (Klamm S) bei Gloggnitz stellen sich über dem letzten Gliede der Semmeringpermotrias, einer Quarzitschuppe, ein schmales Band von schwarzen Tonschiefern, Sand- steinen und groben Konglomeraten ein, die nach Toula-Stur dem Schatzlarer Niveau (Obercarbon) ent- sprechen. N Stur und später Vacek haben dann gezeigt, daß dieser obercarbone Zug bis ins Paltental verfolg- bar ist und kraft seiner ausgezeichneten Merkmale (und Fossilführung) einen wichtigen Horizont zur Gliederung der nördlichen Grauwackenzone abgibt. Gleichwohl begegnete gerade die Frage seiner tektonischen Stellung bei den Studien des Verfassers im Semmeringgebiet ganz merkwürdigen Schwierigkeiten. Schon E. Sueß! hebt hervor, wie das limnische Carbon immer die Nähe der fremden Trias (Semmering— Brenner) liebe. Es war deshalb die Frage, ob das limnische Carbon sicher als ostalpin anzusprechen sei, für den Verfasser im Jahre 1909 noch keineswegs entschieden.? Heute können alle diese Schwierigkeiten als bereinigt gelten. Dazu haben nicht wenig die Untersuchungen Heritsch’s im Sunk (Paltental) beigetragen.? Bislang war es eine allgemeine Annahme, das limnische Carbon wurzle auf einem altkrystallinen Unter- grunde, der im Mürztal in dem krystallinen Kern: Troiseck—Roßkogl, im Murtale im Rennfeld und im Sunk in den Bösensteingneisen gefunden wurde. Insbesondere das sogenannte »Rannachkonglomerat«, welches als Basiskonglomerat des Obercarbon angesprochen wurde, hat diese Annahme nicht wenig zu festigen vermocht. Es ist aber bereits auffallend, daß Vacek, der die Eigentümlichkeiten der obercarbonen Ablagerungs- reihe auf ihrer ganzen Erstreckung vom Ennstal bis zur Schwarza zu überblicken vermochte, dieses Kon- glomerat als Basisbildung seiner Quarzphyllitstufe ansprach. Diese Quarzphyllite sind aber im Mürz- tal und im Wechselgebiet, wo gleichfalls große Komplexe dieser Stufe zur Ausscheidung gelangten, in den meisten Fällen echte Granatglimmerschiefer, denen nur die »Diaphtoritis« den Anschein einer geringeren Metamorphose aufgeprägt hat. Merkmale dieser »Quarzphyllite« sind die aplitisch-pegmatitische Durchaderung, die Turmalinisie- rung, Granat und Biotit. 1 E. Suess, Antlitz der Erde, III., 2, p. 180. 2 H.Mohr, Zur Tektonik etc., Tal, V (Karte). Fr ritsch, Geologische Studien in der Grauwackenzone der nordöstlichen Alpen. I. Sitzungsberichte der kaiserlichen ensch. in Wien, Bd. 116, Abt. I, 1907. — Derselbe, Geologische Studien. Il. Ebenda, Bd. 118, Abt. I, 1909. Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 645 Dieses wieder sind petrographische Eigentümlichkeiten, die den carbonen Schichten der Ostalpen nach den Erfahrungen des Verfassers fast ausnahmslos fehlen. Magmatische Injektionen konstatiert Weinschenk.! Der Verfasser selbst wieder fand in mehreren Schliffen reichliche Turmalinisierung und unzweifel- hafte Reste von Biotit. Diese sind aber nicht detritäre Bestandmassen des Konglomerats, sondern sekundäre Neubildungen in der Matrix. Dadurch aber fühlt sich der Verfasser veranlaßt, der alten Auffassung Vacek’s, welche das Rannach- konglomerat in die »Quarzphyllitstufe« stellt und vom Carbon abscheidet, beizutreten und bezeichnet sie als der Glimmerschieferhülle der Bösenstein— Sekkauer Granitgneise zugehörig. Nunmehr gewinnen aber die Lagerungsverhältnisse der obercarbonen Schichtgruppe ein ganz anderes Bild: Überall zeigt jetzt ihre Sedimentreihe die pelitischen Schichten an der Basis, die konglome- ratischen im Hangend, worauf ebenfalls bereits Vacek hinweist. Und wenn wir uns nun diese merkwürdige Tektonik des Sunk vergegenwärtigen, diese auffällige falsche Synklinale des Triebensteiner Produktuskalkes, welche ihre Stirn in die obercarbonen Schiefer des Paltentales taucht, so werden wir nur die eine Annahme als zutreffend gelten lassen, welche in der nach Nordosten einschießenden Schichtfolge Untercarbon auf Obercarbon eine invers gelagerte Serie sieht.? Dadurch erledigen sich aber auch die rätselhaften Lagerungsverhältnisse am Häuselberg bei Leoben und in der Veitsch bei Mitterdorf, wo überall eine marine Fauna über limnischem Carbon angetroffen wird. Der Klärung bedarf jetzt nur mehr jene auffällige Kluft zwischen dem limnischen Carbon am Semmering und dem dortigen Magnesit-(Silbersberg-)carbon im Hangenden. Auch dieser Gegensatz findet eine zwanglose Lösung, wenn wir einem Scheitelriß die Vorfrachtung des normalen Schenkels (Magnesitcarbon+ Verrukano + Werfener) über den zurückbleibenden inversen Schenkel (Limnisches Carbon) zuschreiben. Dadurch gelangen Regionen der beiden Teildecken über- einanderzuliegen, deren Ablagerungsgebiet ehedem weit voneinander entfernt lag und eben dadurch facielle Unterschiede in beiden Schuppen bedingte. Die untere Grauwackendecke im Sinne Kober’s? ist also eine Tauchdecke mit teil- weise vorgefrachtetem Hangendschenkel. Ein sogenannter »altkrystalliner« Kern, der als Basis dieser Entwicklung angesprochen werden könnte, ist vorläufig völlig unbekannt. B. Der trianguläre Bau. I. Die beiden Grauwackendecken im Mürz — Schwarzatal. Wenn wir uns nunmehr die Aufeinanderfolge der Schichten in der unteren und oberen Grauwacken- decke ohne Rücksicht auf die stratigraphische Reihenfolge vergegenwärtigen, so erkennen wir nach- stehende Anordnung. Zu tiefst — d. h. über der letzten Kerndecke — liegt ein Band von obercarbonen Schiefern, glimmerigen Sandsteinen und groben Konglomeraten. Es sind das die Schichten von Klamm. 1 E. Weinschenk, Zur Kenntnis der Graphitlagerstätten. B. Alpine Graphitlagerstätten. Abhandl. der königl. Bayr. Akad, der Wissensch., München. 2 Vgl. auch des Autors Referat in Mitteil. d. geol. Ges. i. Wien, 1911, p. 174. 3 L. Kober, Über die Tektonik d. südl. Vorlagen des Schneeberges und der Rax. Mitt. d. geol, Ges., Wien, 1909, p. 510, 646 Dr. Es Mora, Bereits in diese äußerst plastische Zone eingekeilt, in der Regel aber in stratigraphisch innigerem Verbande mit höher folgenden Phylliten, metamorphen Sandsteinen und Konglomeraten (»Silbersberggrau- wacken«) treffen wir eine Zone der Magnesite und marmorisierten Kalkbänder. Schon diese Zone ist am Semmering durch sogenannte »Blasseneckgneise«, metamorphe Quarz- porphyre, ausgezeichnet. Höher, aber noch stratigraphisch diesem Niveau zugehörig, zieht ein Band von echten Grünschiefern, metamorphen Diabasen und deren Tuff durch, stellenweise (Payerbach) durch mechanisch und etwas chemisch zerstörte Augiteinsprenglinge die Form echter Fleckschiefer annehmend. Nunmehr folgt eine Zone vorwiegend quarziger Sedimentation. Grobe Quarzkonglomerate und Sand- steine, häufig mit rötlichgrauen oder braunen Farbentönen und spärlichen Serizitschiefereinlagerungen beherbergen den zweiten, weitaus wichtigeren Zug von Porphyroiden. Eine vonaltersher bekannte und ziemlich beträchtliche Erzführung hat Vacek dazu bewogen, diese Schichtgruppe als Eisenerzformation auszuscheiden. Wir stellen sie mit ihm ins alpine Perm (»Verrucano«). Dadurch und aus anderen Gründen! ordnet sich die Zone der Grünschiefer und Silbersberggrau- wacken ins Obercarbon ein, das in der Region der Magnesit- und Kalkzüge vielleicht bereits von den obersten Schichten des Untercarbon unterteuft wird. Der Zug der Magnesit- und Kalkkeile wird demnach in dieser Auffassung als Überfaltungskern angesprochen (vgl. Sunk). Auf diesem »Träger« ruht nunmehr nach Kober? die voralpine Entwicklung des Mesozoikums, von dem wir längs des südlichen Schichtkopfes nur ein wenig Werfener Schiefer und da und dort Reste triadischer Kalke (Payerbach, vor der »Eng«) und Rauhwacken konstatieren können. Silurische Schiefer und »erzführender Kalk« (vorwiegend Devon) bezeichnen im Mürztale auf weite Strecken die Basis der oberen Grauwackendecke. Die Stellung dieser Gesteine zu den vorhin besprochenen »Grauwacken« der südlicheren Decke ist — wie das schon oftmals betont wurde — eine überlagernde. Eine zweite (permische) Porphyrzone oder unmittelbar transgressiver Werfener Schiefer (mit Grund- konglomerat) leiten die Hallstätter Decke ein, deren Schichtkopf wir dank der Untersuchungen Kober’s auf weite Strecken im oberen Mürz- und im Schwarzatale wiedererkennen. Verstreute Keile des »erzführenden Kalkes«, insbesondere aber Rauhwackenlinsen?® bezeichnen einen Zusammenhang der bei Kapellen zu Ende gehenden altpaläozoischen Basis mit dem äußersten Zeugen dieser Deckenteilung: der »erzführenden Ralk«-Klippe bei Sieding in Niederösterreich (Floriani- kogel). II. Das Grazer Paläozoikum. (Anzeichen eines südwestlichen Gegenflügels der Grauwackenzone.) Die stratigraphisch-tektonischen Verhältnisse des Grazer Paläozoikums gelten mit Recht seit jeher als etwas mystisch. Seine geringe Metamorphose in Verbindung mit dem relativ großen Fossilreichtum der devonischen Schichten und die scheinbar recht wenig gestörten Lagerungsverhältnisse nährten den Verdacht, diese Scholle stehe dem alpinen Deckenbau uneinfügbar fremd gegenüber.* Andrerseits wieder widersprach die Gneisantiklinale des Rennfeldes, welche einen Gegenflügel zur nordöstlichen Grauwackenzone im Grazer Feld unbedingt erheischte. 2 H. Mohr, Zur Tektonik ete., p. 137. 2 L. Kober, Über die Tektonik d. südl. Vorlagen des Schneeberges und der Rax. Mitt. d. Geol. Ges., Wien, 1909, p. 510. e die Karte Taf. V von H. Mohr, Zur Tektonik etc. * E. Suess, Antlitz der Erde, III./2, p. 176, 221. Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 647 So kam Heritsch,! der sich bislange am ausdauerndsten bestrebte, diesem Widerstreit der Auf- fassungen zu begegnen, zur Erkenntnis, das gesamte Grazer Paläozoikum entspräche einem Gegenflügel der oberen Grauwackendecke (altpaläozoische Reihe) und sei durch eine tiefgreifende tektonische Kluft von seiner altkrystallinen Unterlage getrennt. Die Äquivalente der zwischen beide einzuschiebenden unteren Grauwackendecke galten als unbekannt. Kober? scheint einen Gegenflügel der unteren Grauwackendecke in den eingeklemmten Carbon- testen, welche das Murtal bei Pernegg verqueren, vermutet zu haben, wodurch sich der südlich davon liegende Anteil des Rennfeldkrystallinums als Unterlage (Träger) des Grazer Paläozoikums an- sprechen ließ. Von.den Untersuchungen Vacek’s in der hinteren Breitenau (Nordabhang des Hochlantsch) aus- gehend, hat es dann der Verfasser selbst versucht,’ ob sich von der Klar’schen Stufeneinteilung, welche wir — wohl nicht im Einklang mit Vacek’s Auffassung — noch heute mit Hoernes als unbedingt zurecht bestehend bezeichnen müssen, Schichten abgliedern lassen, welche als der unteren Grauwacken- decke äquivalent angesprochen werden könnten. Dieser Versuch war nun der Hauptsache nach jedenfalls von positivem Erfolg begleitet. Vacek beschreibt als erster das Carbon der Breitenau, welches hier am Nordrande des Grazer Paläozoikums von »Grauwackenmagnesiten« begleitet mit genau den gleichen Merkmalen ansteht, wie sie dem carbonen Schiefer- und Sandsteinzug eigen sind, welcher den Hauptanteil der unteren Grau- wackendecke darstellt. Die beachtenswerten Gesteine von Breitenau verflächen — die Neuaufschlüsse beim Magnesitwerke dürften darüber keinen Zweifel aufkommen lassen — unter die altpaläozoischen Kalke des Hochlantsch. Wenn nun Heritsch sagt, man könne beweisen, daß Vacek’s Breitenauer Carbon in die Stufe des Grenzphyllits und des Schöckelkalkes gehören, so müssen wir ihm hierin vollkommen beipflichten, denn eine Begehung des Nordrandes der Lantschgruppe ergibt in der Tat eine Gleichstellung dieser Niveaus. Wir rechnen die im Hangenden folgenden Semriacher Phyllite und Grünschiefer, deren fleckige Varietäten gerade so gut aus dem Payerbacher Grünschieferzuge stammen könnten, noch hinzu und erhalten dadurch in der Tat einen Körper, den wir in allem und jedem der unteren Grauwackendecke gleichstellen müssen.‘ Im Lantschgebiet trennen merkwürdige rote Konglomerate mit einer abnorm jugendlichen Geröll- kameradschaft diesen unteren Schieferkomplex vom altpaläozoischen Kalk des Gipfels. Der Verdacht, daß es sich möglicherweise um Gosau handelt, die hier diesen wichtigen tektonischen Schnitt zur Veranschaulichung bringt, ist in mancher Hinsicht jedenfalls gerechtfertigt. Eine verzettelte Verbindung dieser Gosaureste mit der Nordostecke der Kainacher Mulde rückt dadurch in den Bereich der Diskussion. Zu einer Verfolgung dieser Zweiteilung des Deckenbaues im Grazer Gebiet war vorläufig im tieferen Süden noch keine Möglichkeit geboten. 1 Fr. Heritsch, Zur Kenntnis der Grauwackenzone im Mürztal. Zentralbl. f. Min., Geol. ete. Stuttgart, 1911, p. 113, 114. 2 L. Kober, Untersuchungen über den Aufbau der Voralpen am Rande des Wiener Beckens. Mitt. d. Geol. Ges., Wien 1911, p. 116. 3 H. Mohr, Was lehrt uns das Breitenauer Carbonvorkommen? Mitt. d. Geol. Ges. in Wien, 1911, p. 305 bis 310. 4 Es kommen andere Fingerzeige hinzu, wie die Gleichstellung der »Semriacher« Schiefer mit den »Quarzphylliten« des Eich- berg—Kobermannrückens am Semmering durch Vacek (Verh. d. Geolog. Reichsanst., 1906, p. 211); eine der unteren Grauwacken- decke völlig analoge Erzführung; spärliche Funde runder, dickstengeliger Krinoiden im Schöckelkalkniveau, die auch den carbonen Magnesitzug jenseitS des Rennfeldes begleiten. 648 Dr. H. Mohr, III. Das Rechnitzer Schiefergebirge — der südöstliche Gegenflügel der Grauwackenzone. (Bernstein — Rechnitz— Hannersdorf.) Der Südostabfall des Gebirges gegen die pannanische Niederung wird von einer ausgedehnten Schiefermasse begleitet, deren weitaus geringerer Umwandlungsgrad frühzeitig ihre stratigraphische Sonderstellung zur Folge hatte. Bei Schönau, in der Gegend von Krumbach — und vielleicht noch in vorgeschobenerer, nordwest- licher Position — stellen sich die ersten Lappen ein. Dann bedecken diese Schiefer phyllitischen Charakters ein ausgedehntes Areal zwischen Lebenbrunn und Bernstein und bauen gleichfalls in zusammenhängender Form den Inselberg des Geschrieben Stein (K. 465) auf, dessen Kamm von Schlaining gegen Güns zieht. Ein letztesmal taucht gleichartiger Untergrund im Eisenberge (K. 219) bei Hannersdorf auf. Eine Schar von unscheinbaren Entblößungen in seiner südlichen Umgebung sind paläontologisch wertvoll geworden. C2jZzek (1854)! ward die Fremdartigkeit dieses Gebirges nicht bewußt. Seine Individualisierung verdanken wir erst Hoffmann (1877)? und Vacek (1892).? Die Schichtfolge beginnt — sagt Vacek — mit einem Komplex von tonreichen Schiefern, die meist grau von Farbe, doch stellenweise, besonders auffallend an der Basis, durch graphitische Bei- mengungen dunkel gefärbt sind. Auch das Profil von Rettenbach gegen Bernstein zeigt dies deutlich. Der westliche Talhang besteht bei Rettenbach noch aus Gesteinen der Kernserie (Granitite und Pegmatite, Muskovitglimmerschiefer und Amphibolite). In der Nähe der Talsohle stehen solche Gesteine ziemlich steil mit südöstlichem Verflächen. Licht grünlichgraue Phyllite mit schwärzlichken wechsellagernd und teilweise ganz vom Typus der Silbers- bergphyllite im Süden von Payerbach (Schachnergraben) eröffnen mit gleicher Fallrichtung das Profil auf der Ostseite des Tales. Höher hinan stellen sich Kalkschmitze ein, die von einer mächtigeren Grünschiefer- bank (»Chloritschiefer« der älteren Literatur) überlagert werden. Zwei Kalkmarmorbänder im Hangenden werden von einem Paket grauer Phyllite, die mit Grünschiefern wiederholt wechsellagern, auseinander- gehalten. Ein neuer Grünschieferzug überdeckt die obere Kalkbank und enthält zugleich die mächtige Serpentinmasse von Bernstein, auf welcher der Ort zum guten Teil erbaut wurde. Dies ist der Bauplan des Schiefergebirges, welches von Bernstein gegen Lebenbrunn zieht. Zwischen Goberling, Schlaining und Rechnitz treffen wir den gleichen Reichtum an Kalkphylliten mit Marmorbänken und Grünschiefern mit Serpentineinschaltungen. Auch die Devoninsel von Hannersdorf zeigt eine gleichgebaute Basis. Etwas ärmer an kalkigem Sediment und basischen Einschaltungen ist die Kammhöhe des Geschrieben Stein mit der ganzen Östhälfte dieses Inselberges. Graue Phyllite mit einem im allgemeinen wohl etwas höheren Quarzgehalt setzen diese Region zusammen. Ein sehr breites Band von lichten Quarziten, das etwas östlich vom Gipfel in nordwest— südöstlicher Richtung den Kamm überquert, sei ausdrücklich hervorgehoben. Es zeigt Verrucanocharakter. Nun wäre noch des großen Erzreichtums Erwähnung zu tun. Bekannt sind die Kieslagerstätten (Eisenkies mit geringem Kupfergehalt) von Bernstein und Glashütten, welche als lagerartige Imprägnations- zonen im Grünschiefer auftreten. Von weitaus größerer wirtschaftlicher Bedeutung aber sind die Antimonit- Czjzek J., Das Rosaliengebirge und der Wechsel in Niederösterreich. J. G. R., 1854, p. 465 bis 530. 2 K. Hoffmann, Aufnahmsbericht. V. G.R., 1877, p. 14 bis 18. — Dazu siehe F. Toula, Über Devonlossilien aus dem V.G. R., 1878, p. 47 bis 52. k, Über die krystallinischen Inseln am Ostende der alpinen Zentralzone. V. G. R., 1892, p. 367 bis 377, Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 649 lagerstätten von Neustift, Goberling, Unterkohlstätten (auf ungarischem) und Maltern bei Hochneukirchen (auf österreichischem Gebiet). Etwas östlich von Bernstein sollen auch Bergbaue auf Eisenstein bestanden haben. Die große Schieferinsel des Geschrieben Stein zeigt von NW im Bogen gegen OSO quer über die Mitte des Kammes verlaufend eine beherrschende Synkline, daneben nördlich von Schlaining augen- scheinlich eine weniger ausgeprägte antiklinale Aufwölbung. Das Sockelgebirge der Hannersdorfer Devoninsel ist deutlich in flachwellige Falten gelegt. Ein Denudationsrest fossilführender Schichten, der zwischen Hannersdorf und Burg dem eben besprochenen versteinerungsleeren Schieferkomplex aufruht, verdient besonderes Interesse. Graue, sehr dünnschichtige Tonschiefer, die wahrscheinlich dolomitisch sind, bilden das Tiefste, Darüber legt sich eine ziemlich mächtige, schwarzblaue bis grauweißliche Dolomitmasse, welche im Hangenden neuerdings von zarten Schiefern mit weniger dolomitischen Kalkeinlagerungen ab- gelöst wird. Vielleicht haben wir diesem Schichtkomplex noch den dichten Quarzit zuzurechnen, der im Pinka- tale bei Woppendorf gebrochen wird. Der Lagerung nach scheint er wohl dem Sockelgebirge der Grün- schiefer näherzustehen. Die kalkigen Schiefer, die Kalkeinlagerungen und auch der Dolomit lieferten ein recht beträchtliches, wenn auch sehr artenarmes Fossilmaterial, das von K. Hoffmann! aufgesammelt und von Fr. Toula? bestimmt wurde. Es werden namhaft gemacht: Favosites Goldfussi d’Orb. vom Hohensteinmaisberg bei Kirchfidisch; Favosites reticulata Blainv. sp. von ebendort und aus einem Steinbruch im Harmischer Wald; Heliolites porosa Gldf. sp. vom Ostende des Kienisch- (oder Königs-) bergrückens im Süd- osten von Hannersdorf; Cyathophyllum sp. vom gleichen Fundorte; Cupressocrinus abbreviatus Gldf. vom Hohensteinmaisberg und Entrochi div. sp. von verschiedenen Fundorten; Spirifer sp. vom Ostende des Kienischbergrückens. Diese Fauna läßt in der Ablagerungsreihe des Kienischberges devonische Schichten erkennen, und zwar glaubt Toula hauptsächlich eine Vertretung des Mitteldevons annehmen zu sollen. Sowohl Hoffmann als später Vacek finden die Beziehungen zum Grazer Devon offenkundig. Diese Erkenntnis gibt einen wertvollen Fingerzeig. Denn bezüglich der fossilleeren Sockelschiefer und des Schiefergebirges, aus welchem die Höhen zwischen Güns und Bernstein modelliert sind, galten bis heute die Beziehungen zu keiner einzigen alpinen Schiefergruppe für inniger als zur Kalkphyllit- gruppe der Schieferhülle in den Hohen Tauern. Diese Anklänge bestehen, sie sind aber nicht sinnfälliger als überhaupt die Analogien, die sich zwischen Schieferhülle und Grauwackenzone herstellen lassen.’ Wir wollen aber zuerst an die Unterlage des Grazer Devon selbst anschließen. Die Basis bilden — hier wie dort — häufig dunkle, graphitische Schiefer (»Grenzphyllit«). Ein mächtiges Kalkniveau (»Schöckelkalk«), Grünschiefer und kalkige Phyllite (»Semriacher und Kalkschieferstufe«) legt sich im Grazer Revier darüber. Ausdrücklich aber wird von manchen Autoren (Hoernes) hervorgehoben, daß sich der Schöckelkalk als massiges Glied nicht überall nachweisen lasse. Es scheine stellenweise eine Vertretung durch kalkige Schiefer platzzugreifen. [7 1 K. Hoffmann, Aufnahmsbericht. V. G. R., 1877, p. 16. 2 Fr. Toula, Über Devonfossilien aus dem Eisenburger Komitat. V. G. R., 1878, p. 47 bis 52. 3 Siehe neuerdings Br. Sander, Zur Systematik zentralalpiner Decken, Verh. der k. k. Geol. Reichsanst. Wien, 1910, Nr. 16. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 85 650 DEN Mohr, Deshalb kann es uns nicht befremden, wenn ein dem Schöckelkalk gleichartiges Glied im Rechnitzer Gebirge vermißt wird. Um so auffälliger finden sich die übrigen Niveaucharaktere in den Bernsteiner, Rechnitzer und Hannersdorfer Schiefern wieder: die bald mehr, bald weniger kalkigen Schiefer, welche sich stellenweise zu stärkeren Kalkbänken verdichten, die nämlichen Grünschiefer und eine analoge Ver- erZUng. Und auf einem derart gebauten Sockel ruht nun — wie im Grazer Feld — eine ziemlich fossilreiche Schichtfolge, deren petrographischer Aufbau wie Fauneninhalt in mannigfache Beziehungen zum Devon von Graz gesetzt werden kann. Die Anklänge an die ‚nördliche Grauwackenzone sind natürlich ähnlicher Natur (»Silbersberg- phyllite«, Kalkbänder des Kobermann-Eichbergrückens, Payerbacher Grünschiefer). Den Beziehungen anfügen wollen wir noch die verrucanoähnlichen Quarzsandsteine am östlichen Gipfelkamm des Geschrieben Stein und die charakteristischen Serpentine. Es ist wohl auffällig, daß der gleiche lauchgrün durch- scheinende Edelserpentin, der bei Bernstein zu Kunstgegenständen verarbeitet wird, sich mit den näm- lichen mineralogischen Eigentümlichkeiten am Preiner Gscheid (Payerbach W) findet.! (Von Lockenhaus gegen den Geschrieben Stein ansteigend trifft man übrigens auch verdächtige Anhäufungen von roten glimmerigen Quarzsandsteinen [Verrucano oder Werfener?], die den Eindruck tertiär-eluvialer Entstehung erwecken.) Sind demnach paläontologisch und petrographisch keinerlei Bedenken bezüglich der Gegenflügel- natur der Rechnitzer Schiefergesteine mit Rücksicht auf die Grazer und nordalpine Grauwackenzone berechtigt, so zeigen vollends die Lagerungsverhältnisse, daß das Rechnitzer Gebirge auch tektonisch dem Grauwackengebirge gleich horizontiert ist. Die Parallelisierung mit der Schieferhülle der Hohen Tauern würde wohl in erster Linie die Vor- bedingung einer tiefgreifenden Aufbruchsregion in sich schließen. S Davon ist jedoch nichts zu bemerken. Die tektonisch tiefst gelegene Partie stellt die Wechseldecke dar, die im Osten von periklinalen Kerngesteinen, welche der pannonischen Niederung zufallen, um- wallt wird. Und diesen erst, den Gesteinen der krystallinen Kernserie, ruhen die Rechnitzer Schiefer auf. »Auch einzelne Profile lassen«, sagt Hoffmann,? »die Auflagerung der in Rede stehenden Gesteine auf den Schiefermassen der ersten Gruppe (‚Kerngesteine‘, Mohr) unzweideutig entnehmen.« (Wir erinnern nur an die Lappen bei Schönau oder an das beschriebene Profil von Rettenbach — Bernstein.) : Demnach kann die Lösung der stratigraphischen und tektonischen Stellung des Rechnitzer Schiefer- gebirges nur im Einklange mit dem Grazer Paläozoikum und dem der nördlichen Grauwackenzone gefunden werden. Folgerungen. Ältere Auffassungen wollen in den mesozoischen Decken des Semmering ein örtlich beschränktes Auftauchen tieferer — lepontinischer — Gebilde erblicken. Das sogenannte »altkrystalline« Grundgebirge galt in seiner Hauptverbreitung als Träger der ostalpinen Serie, der Grauwackenzone und ihres Meso- zoikums. Unsere Untersuchungen haben zu einem anderen Endergebnis geführt. Mit der Erkenntnis der Inversion des Pflanzencarbons der Grauwackenzone schwand die Aussicht, dieses auf einem tektonisch \ntimonit fand sich neuerdings in Begleitung der Magnesitlagerstätten des Eichberg—Kobermannrückens. ?2 K. Hoffmann, Aufnahmsbericht. V. G. R., 1877, p. 15. Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. 651 tiefer liegenden Gebirgsglied von altkrystallinem Habitus transgredieren oder aufruhen zu lassen. Es scheinen überhaupt keinerlei Anzeichen vorzuliegen, die unserer Grauwackenzone ein hochmetamorphes Grundgebirge am Nordabfall der Alpen zuweisen würden. Das sogenannte »altkrystalline« Grundgebirge — unsere Kernserie — besitzt keine Grau- wackenzone. Immer ist es eine Ablagerungsreihe vom Charakter des Semmeringmesozoikums, das sich mit einer vermutlich bis in die Permzeit hineinreichenden Quarzittransgression über dem Grundgebirge einleitet. Wenn wir uns der herrschenden Auffassung anschließen, welche das metamorphe und ärmliche Meso- zoikum der Radstädter Tauern und des Semmering als lepontinisch anspricht, ! so sind es auch die Kern- serien, welche wir von ihrem lepontinischen Mesozoikum nicht zu trennen vermögen. Dadurch aber wird nun der Schnitt zwischen (nord-) ostalpin und lepontinisch an der (tektonischen!) Basis des Pflanzencarbons sichtbar. Als ostalpin und ledig jedes altkrystallinen Trägers sprechen wir auch das Grazer Paläozoikum und das Rechnitzer Schiefergebirge an. Unter den lepontinischen Decken nimmt die Wechseldecke mit Rücksicht auf ihren petrographisch- stratigraphischen Aufbau eine gewisse Sonderstellung ein. Bestimmte Anhaltspunkte deuten auf eine reichliche Vertretung hochmetamorpher carboner Schichten.” Ein gewisser Grauwackencharakter ist ihr im westlichen Drittel sicher nicht abzusprechen. Es eröffnen sich dadurch Beziehungen zur Schieferhülle des Tauernfensters, deren genauere Kon- trolle keineswegs aussichtslos erscheint.” Dieser Nordostsporn der Zentralalpen zeigt demnach eine gewisse tektonische Abrundung im Bau und reizt zu mancherlei Vergleichen. Daß krystalline Schiefer vom Typus der Kernserie zu den weitverbreitetsten Gesteinen der ganzen Östalpen gehören, erscheint ziemlich sicher. Das ganze »altkrystalline« Grundgebirge zwischen dem Liesing—Palten-- Ennstal und dem Drauzug bis zur Katschberger Linie im Westen erweist sich aus den gleichen Gneisgraniten, pegmatitisch und aplitisch durchäderten Granatglimmerschiefern, Marmoren und Amphiboliten aufgebaut wie der Kernserienmantel der Wechselgesteine. Hingegen stößt man auf Schwierigkeiten, sucht man für die Wechselgesteine selbst nach Analogien. Nur die Schieferhülle des Tauernfensters allein scheint Gesteine zu beherbergen, die in bezug auf ihre Krystallgesellschaft und krystalloblastische Durchbildung zu Vergleichen herausfordern. Jedenfalls sind dort Grünschiefer von ähnlicher makroblastischer Struktur wie im Wechselmassiv vorhanden. Für den merkwürdigen Sediment-(Albit-)gneis des Wechsel fehlen noch Vergleichsobjekte, was jedoch noch nicht dahin ausgelegt werden kann, als sei er in der Tauernschieferhülle nicht nachweisbar. Die Erkenntnis der Tektonik stellt aber auch mancherlei Fragen, die Metamorphose selbst betreffend, zur Diskussion, insbesondere:“Zeigen sich Abhängigkeitsverhältnisse und welcherlei Art? Und diesbezüglich scheint in der Tat unser Gebiet manch wertvollen Fingerzeig geben zu können. Erstlich glauben wir einen Krystallhof zu erkennen, dessen Reichweite und Intensität vom Decken- bau unabhängig auftritt. 1 E. Suess, Antlitz der Erde, III./2, Karte III. 2 H. Mohr, Zur Tektonik und Stratigr. ete., p. 179. 3 Der Grauwackencharakter eines Teiles der Schieferhülle wird neuerdings von Sander energisch und überzeugend verfochten. 85# 652 Dr. H. Mohr, Tektonik des Nordostsporns der Zentralalpen. Es ist das eine primäre Metamorphose der Hüllschiefer unserer Kernserie. Ihr Hof zeigt eine ent- schiedene Ortsbeziehung zu den granitischen Kernmassen. Als Kriteria betrachten wir die häufig recht reichliche granitische Durchaderung der Hüllschiefer, welche meist zu biotitführenden Glimmerschiefern mit mehr oder weniger Porphyroblasten von Granat ausgeprägt sind. Basische (in der Regel wohl diabasische) Einlagerungen zeigen sich in der Form von Amphiboliten, die ebenfalls mit oder ohne Granat angetroffen werden. Eine feinverteilte mikroskopische Turmalinisierung verrät die weitreichende magmatische Beeinflussung. Vielleicht kann man diesen Kenn- zeichen noch eine gewisse Verquarzung der Hüllschiefer (in Adern und Schwielen) hinzurechnen. Diese Art der Metamorphose — sie muß wegen des örtlichen Junktims als eine Modifikation der Kontaktmetamorphose bezeichnet werden — zeigt also keinerlei Beziehungen zum jugendlichen Deckenbau. Ihr Hof ist ein alter und konnte deshalb durch spätere tektonische Einflußnahme irritiert werden. Örtliche dynamische Vorgänge haben eine solche Zerstörung der ursprünglichen Prägung bewirkt. (An Überschiebungen; Diaphthoritis nach Becke). Daneben aber läßt sich eine allgemeinere Diaphthoritis großer Deckenkomplexe, d. h. eine ganze bis teilweise Auflösung des ursprünglichen Krystallhofes erkennen, welche ebenfalls die Krystallgesell- schaft einer sogenannten geringeren Tiefenstufe (der ersten im Sinne Becke’s) aufkeimen läßt; und diese erweist sich — soweit sich bis jetzt beurteilen läßt — in direkter Abhängigkeit von der relativen Deckentiefe. Im Einklange mit dieser Erkenntnis zeigt die Wechseldecke als die tiefste schon makroskopisch den größten Fortschritt des Umbaues der primären Prägung.! Die gesteinsanalytische Beweisführung wird diesen Fingerzeigen im Detail nachzugehen und die maßgebende Kontrolle beizustellen haben. Auch die Frage nach dem Alter der Metamorphose zeigt sich durch derartige Beobachtungen gewissermaßen einengbar. Ein genaueres Eingehen auf diesen vielumstrittenen Punkt mag aber einer späteren Zeit vorbehalten bleiben. 1 Turmalin und auch Granat scheinen diesem Umwandlungsprozeß einen unbedingten bis sehr großen Widerstand entgegen- zusetzen, so-daß sie noch häufig als Reliktmineralien in den umgeprägten Schiefern beobachtet werden können. Dr. H. Mohr: Tektonische Karte des Nordostsporns der Zentralalpen. ö ‚(Unter Benützung älterer Aufnahmsarbeiten.) Eu Br Dr Boy. Pe Farben- und Zeichenerklärung. Ostalpin: Lepontinisch: Mesozoikum. | Kalk und Dolomit -_ il rg Überschiebungs- und Strukturlinien. „Kernseriet. „Wechselserie“, y Generalstreichen. ‚Ausgeführı im k. u. k. Milliärgeographischen Institute Mafsstab 11200000 uN. oder Icm-2’km et naar ram r Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIIT UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE BEWEGUNG DER PLASMUDIEN II. TEIL STUDIEN ÜBER DIE PROTOPLASMASTRÜMUNG VON D®- VALE VOUK UNIVERSITÄTS - ASSISTENT AUS DEM PFLANZENPHYSIOLOGISCHEN INSTITUT DER K. K. UNIVERSITÄT IN WIEN ZWEITE FOLGE, NUMMER 38 Mit 2 Tafeln und 12 Textfiguren VORGELEGTINDERSITZUNGAMA4 JULT 1912 I. Einleitung nebst Bemerkungen über die Form der Plasmodien. Nachdem festgestellt worden war, daß die Plasmodienbewegung die unmittelbare Folge der rhythmischen Protoplasmaströmung ist, gewann besonders die letztere an Interesse. Im ersten Teil meiner Untersuchungen über die Bewegung der Plasmamassen innerhalb des Plasmodiums (50) habe ich mit der physikalisch-physiologischen Analyse dieser Erscheinung begonnen und hauptsächlich auf folgende wichtigen Momente des Strömungsvorganges hingewiesen: 1. Die Zeit, innerhalb welcher das Protoplasma sich hin und zurück bewegt, 2. den Weg, welchen das Protoplasma bei der Hin- und Zurückströmung zurücklegt, 3. die Geschwindigkeit, mit welcher das Protoplasma sich bewegt und 4. die äußeren Bedingungen, unter welchen sich das Plasmodium befindet. Die ersten drei Momente, Zeit, Weg und Geschwindigkeit, sind die bestimmenden Glieder des rhythmischen Vorganges der Strömung und mit dem ersten habe ich mich in dem erwähnten I. Teil der Untersuchungen beschäftigt. Es konnte festgestellt werden, daß die Komponenten der Strömung, der progressive und regressive Strom, einer ganz bestimmten Gesetzmäßigkeit unterliegen, indem die Summe der Zeitdauer der beiden Komponenten für eine bestimmte Entwicklungsphase eine ganz Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. SB 654 Dir. V. Vonuk, bestimmte, Rhythmusdauer genannte Größe hat (P+ R= T).! Die Rhythmusdauer ist nur für Haupt- ströme giltig und nimmt mit der Entwicklung der Plasmodien stetig zu. Meine nächste Aufgabe war, die beiden anderen Glieder, die Geschwindigkeit und den Weg oder die sogenannte Amplitude der Rhythmik zu untersuchen. Daß die drei Glieder der Rhythmik in einem unmittelbaren Zusammenhange stehen, war naturgemäß auch vorauszusehen, weniger aber war zu erwarten — wie ich hier vorgreifend bemerke — daß sie sich in einer mathematisch definierbaren Form ausdrücken lassen. Nachdem die Rhythmik der Plasmaströmung in später mitgeteilter Weise analysiert wurde, unter- suchte ich auch die Einwirkung der äußeren wirksamen Faktoren, das heißt die Wirkungen ver- schiedener Reize. Daß uns das Studium der Reizwirkungen auf die lebendige Substanz mancherlei wichtige Aufschlüsse über die normalen Vorgänge der Bewegung beziehungsweise der Kontraktions- erscheinungen geben kann, brauche ich wohl kaum betonen. Über die taktischen Bewegungen der Plasmo- dien (Phototropismus, Hydrotropismus, Rheotropismus) sind wir zwar durch die Untersuchungen von Baranetzky (3), Stahl (45), Jönsonn (24) und anderen, wenigstens in den Hauptzügen unterrichtet, jedoch war es notwendig festzustellen, inwiefern diese Bewegungen mit der Plasmaströmung in Zusam- menhang stehen. Ebenso gab es auch einige Streitfragen, zum Beispiel die Frage über die Geotaxis der Plasmodien, zu entscheiden. In folgenden Untersuchungen k amen hauptsächlich die wichtigsten Reize in Betracht, wie Licht, Temperatur, Schwerkraft, hyper- und hypotonische Medien (osmotische Reize), Narkotika und einige Gifte. in meiner ersten Mitteilung habe ich bereits darauf hingewiesen, daß die progressive Phase des Rhythmus immer länger dauert als die regressive und daß durch die erstere auch die Richtung der Plasmodienbewegung gegeben wird. Die Bewegungsrichtung kommt auch in der polaren Ausbildung des Plasmodiums zum Ausdruck. Der vordere Teil des Plasmodiums, in welchem auch De Bary (4, p. 40) lebhaftere Bewegung der PlJasmamassen beobachtet hat, ist durch die charakteristische Ausbreitung der fast regelmäßigen Verästelung der Ströme und durch einen breiten, glatten Rand gekennzeichnet. Der rückwärtige Teil des Plasmodiums besteht nur aus Strängen, welche wenig verästelt sind. Am besten sieht man die Polarität an den ersten zwei Mikrophotographien auf Taf. I. In der Fig. 1 ist der vordere Teil — der Kopf — des Plasmodiums und in der Fig. 2 der rückwärtige Teil — der Fuß — desselben Plasmodiums dargestellt. Wenn ein Plasmodium durch irgend einen Umstand veranlaßt wird, die Bewegungsrichtung im entgegengesetzten Sinne zu ändern, so fließt das Plasma in größerer Menge beziehungsweise eine längere Zeit nach rückwärts. Dabei wird der regressive Strom zum progressiven und der Fuß nimmt die Form des Kopfes an. Die Umkehrung der Polarität wird hier durch die Bewegung des Plasmas hervorgerufen. Das Plasmodium kann aber bipolar beziehungsweise multipolar ausgebildet sein. Nicht selten beobachtete ich auch zwei »Köpfe«, welche durch einen längeren Strang miteinander verbunden waren. Auch mehrere »Köpfe« können bei größeren Plasmodien ausgebildet sein. Hilton (18) hat höchstwahr- scheinlich ähnliches beobachtet, indem er bei der Beschreibung der Plasmaströmung von Badhaımia utricnlaris von Zentren spricht, aus welchen die Hauptströmungen ihren Anfang nehmen. Jedenfalls ist aus den bisherigen Darlegungen zu entnehmen, daß die charakteristische Form der Plasmodien durch die Verteilung der Plasmamassen bei denrhythmischen Strömungen bedingt wird. Ich untersuchte die Rhythmik der Protoplasmaströmung vorläufig nur an den Plasmodien der beiden Didymiaceen: Didymium nigripes Fr. und Chondrioderma difforme Pers. Mein Plan, diese Untersuchungen auch auf Plasmodien anderer Myxomyceten auszudehnen, scheiterte vorläufig an den Schwierigkeiten der 1 P= die Zeitdauer des progressiven Stromes. R = die Zeitdauer des regressiven Stromes. T = die Rbythmusdauer, Bewegung der Plasmodien. 655 Kultur anderer Arten. Es ist zwar die Art des Hin- und Zurückströmens des Plasmas bei anderen Arten schon wiederholt beschrieben worden, so von De Bary für Didymiaceen, Stemoniteen und Trichiaceen von Hilton (18) für Badhamia und man dürfte wohl auf den ähnlichen beziehungsweise gleichen Rhythmus schließen, doch Gewißheit werden wir erst durch die künftigen Untersuchungen erhalten. Bei den vorliegenden Untersuchungen bediente ich mich der Methodik, welche schon in der ersten Mitteilung beschrieben worden ist. Ich kultivierte die Plasmodien von Didymium nigripes durch hundert Generationen hindurch in sogenannter »gemischter Reinkultur« auf Vicia-Extrakt-Agar. Verbessert habe ich die Kulturmethode insofern, daß ich Pepton als Zusatz zum Nährboden vermieden habe, und zwar aus folgendem Grunde. In meinen Kulturen befand sich derrMyxomycet in symbiotischer (?) Gemein- schaft [Nadson (35)] mit einer Bakterie (höchstwahrscheinlich Bacillus fInorescens liquefaciens). Nach Zusatz von Pepton entwickelten sich die Bakterien gewöhnlich zu kräftig, so daß aus dem symbiotischen Verhältnis ein parasitäres entstanden ist. Die Plasmodien kamen in solchem Falle regelmäßig nicht auf. Im anderen Falle aber, wenn das Nährmedium weniger günstig für Bakterien war, entwickelten sich die Plasmodien üppig, und zwar auf Kosten der Bakterien. Diese werden, wie besonders durch die Unter- suchungen von Pinoy (37, 38) nachgewiesen worden ist, direkt von den Plasmodien aufgefressen. Nach Pinoy handelt es sich hier keinesfalls um eine Symbiose, wie dies Nadson behauptete, sondern vielmehr um Parasitismus, und zwar übernehmen die Bakterien die Rolle des Wirtes und die Plasmodien die Rolle des Parasiten. Nach dieser kleinen Abschweifung kehren wir wieder zur Betrachtung der Protoplasmaströmung zurück. II. Beginn und Aufhören der Rhythmik. Es wurde schon früher gezeigt, daß die Rhythmusdauer (7) von der Größe, beziehungsweise dem Entwicklungsstadium des Plasmodiums abhängig ist, und zwar nimmt sie immer mit dem Alter und der Größe des Plasmodiums zu. Zum Beispiel: Approximative Größe des Plasmodiums Die Rhythmusdauer OT ee A er Se ee: IH USE > 54 Io 59 ER 63 4 » 72 9 » 86 15 » az Damals habe ich aber auf den ersten Beginn und auf das Aufhören der Strömung oder überhaupt auf die Art der Rhythmik vor der Fruchtbildung keine Rücksicht genommen. Daher wollen wir zunächst die Frage beantworten: In welchem Entwicklungsstadium beginnt die Strömung? Für die Plasmodienbildung sind nach W.F. Bruck (9) drei getrennte Vorgänge charakteristisch: 1. Verschmelzung relativ weniger, größerer Amöben eines gewissen Reifezustandes zu Plasmo- diellen. 2, Massenhafte Aufnahme von Amöben durch die Plasmodiellen, wodurch Plasmodien entstehen. 3. Die Bildung größerer Plasmodien durch Verschmelzung von kleineren. S6# 656 Dr. V. Voık, Bruck bezeichnet das Produkt der Amöbenvereinigung als einen besonderen Entwicklungszustand, welcher dadurch charakterisiert ist, daß bei ihm die Protoplasmaströmung fehlt. Ich hatte sehr oft die Gelegenheit, in meinen Kulturen die ganze Entwicklungsreihe der Plasmodien zu beobachten und ich kann die Beobachtungen von Bruck bestätigen. Der Name »Plasmodielle« ist für den Amöbenverschmelzungszustand morphologisch vollständig berechtigt, wenn auch ent- wicklungsgeschichtlich diese Bezeichnung einer Berechtigung entbehrt. Die Plasmodiellen haben noch keine charakteristische Formen eines Plasmodiums; es ist noch keine Differenzierung in Stränge und Verzweigungen vorhanden und auch vom Kopf und Fuß kann man nicht sprechen. Die Plasmodielle ist also ein Übergangsstadium von einer Amöbe zum Plasmodium. 1. Die Bewegung der Plasmodiellen. Bruck (9) hat bereits darauf hingewiesen, daß sich die Plasmodiellen, was ihre Bewegung anbelangt, ähnlich verhalten wie Amöben. »Sie dehnen sich durch amöboide Bewegungen aus, treiben kleine Fort- sätze und ziehen sie wieder ein.«< Diese amöboide Bewegung geht, wie ich beobachtet habe, sehr Biosle 11 12 13. 14 En N IN ER ee N “ 7 —n \ J < nr % )) ur“ S N > 5 N. (Ca 77 Bi ———— Sy, y AR 15 16 1l}o 18 Amöboide Bewegung der Plasmodiellen. langsam vor sich, so langsam, daß man die amöboiden Veränderungen der Oberfläche kaum direkt wahr- nehmen kann. Erst durch die Beobachtung nach längeren Zwischenpausen kann man die Formverände- rungen der Plasmodiellen beobachten. Ich habe mit dem Zeichenapparat ungefähr jede zweite Minute eine solche in Bewegung befindliche Plasmodielle skizziert (Fig. 1). Man sieht, wie sich die Form der Plasmodielle in 5 Minuten sehr wenig verändert hat. Die 18 Skizzen sind im Zeitraume von etwa Bewegung der Plasmodien. 657 40 Minuten ausgeführt. Die Bewegung ist also ungemein träge. Bei gewöhnlichen Amöben sieht man ein förmliches Herausschießen von Pseudopodien und die Form verändert sich schon innerhalb weniger Sekunden. Die Plasmodiellen sind hingegen durch eine sehr träge amöboide Bewegung ausgezeichnet. Wie bei den Plasmodien, so kann auch bei den Plasmodiellen die Bewegungsrichtung multipolar sein. Das Ausstrecken von Pseudopodien kann auch an entgegengesetzten Seiten der Plasmodielle vor sich gehen, so daß es durch das Auseinanderziehen derselben zu einer Teilung kommen kann. Bruck hat die Verschmelzungen der Plasmodiellen und Plasmodien genau beschrieben, aber von der Teilung dieser ist bisher nichts bekannt gewesen. In der mit dem Zeichenapparat aufgenommenen Skizzenreihe in Fig. 2 Fig. 2. DR) Zu Ni N 7 N L LT — N me —n \ N \ x \ SET Sr) AN L II; ) r J , ) < SIE ET > 9 1 <- 3 SEINES e RB N j FR e J Ber 2 Bel nn < — N - \ | \ a [ v \ N \\ J N 4 Do 6 an in PEN m) \ Rx 2 T ) ( mE > m € 1. we SER a \ Sn = =] Die Teilung der Plasmodiellen. ist eine solche Zweiteilung wiedergegeben. Die Plasmodielle hat zwei Ausbreitungen oder Pole, die mit einem Plasmastrang verbunden sind. Jede von dieser Ausbreitungen strebt in entgegengesetzter Richtung sich zu bewegen. Die Folge davon ist, daß durch dieses Auseinanderziehen der Verbindungsstrang immer schmäler wird und schließlich zerreißt. Die beiden zurückgebliebenen pseudopodienähnlichen Stränge werden dann eingezogen und die beiden auf diese Weise entstandenen Plasmodiellen runden sich ab. Wenn eine Plasmodielle zu einer Größe von zirka 0:2 bis 0:5 mm? herangewachsen ist, so bemerkt man im Plasmakörper eine ganz langsame, kaum merkbare Bewegung der Plasmakörnchen. Diese Körnchenbewegung wird immer mehr sichtbar, bis sich ein regelmäßiger Strom herausdifferenziert. Die Strömung ist anfangs rhythmuslos, wenn auch schon die beiden Phasen der Rhythmik vorhanden sind. Die Pausen zwischen beiden Phasen sind ziemlich groß (bis 20 Sekunden). In vier Tage alten Kulturen kann man bereits junge Plasmodien beobachten, welche den Rhythmus zeigen, wie ich dies schon in 658 Dr. V. Voık, meiner ersten Mitteilung beschrieben habe. Anfangs ist der Rhythmus durch unregelmäßig lange, 6 bis 15 Sekunden andauernde Pausen zwischen den beiden Rhythmusphasen unterbrochen. Ein Beispiel dafür. Größe des Plasmodiums zirka 0:7 mm’. Keine Äste und Stränge entwickelt. 2 R Ss 29 (Pause 11) 25 (Pause 5) 4 30( » 8) 26( >» 8) 56 Isle 2 ao) 23( » 9) Do % sy 32( >» 6) 22 12) 54 23( »..8) 25 bp) Das junge Plasmodium zeigt also schon den regelmäßigen Rhythmus, wenn er auch durch ein- getretene Pausen unterbrochen wird. Zwischen der Plasmodielle und dem Plasmodium besteht ein scharfer Unterschied, welcher sich in dem verschiedenen Bewegungsvermögen äußert. Die Plasmodielle ist charakterisiert durch eine sehrträge amöboide Bewegung und das Plasmodium durch die rhythmische Protoplasma- strömung. Daraus ist zu ersehen, wie sich die Protoplasmaströmung aus der amöboiden Bewegung heraus- differenziert. Bei einem Plasmodium dürfte also das Ausstrecken von Pseudopodien oder noch besser gesagt, das Hervorschieben des Kopfrandes primär und die Protoplasmaströmung sekundär sein. Diese genetische Betrachtung läßt auch vermuten, daß die Ansicht von der Passivität der Plasma- strömung doch vielleicht die richtigere ist. 2. Das Aufhören der Rhythmik. Die Rhythmusdauer nimmt mit der Größe des Plasmodiums bis zu einem gewissen Maximum zu, dann bleibt sie bis zum Stadium der Vorbereitung zur Fruchtkörperbildung konstant. Das Plasmodium wird in diesem Stadium etwas deformiert. Die Kopfform, das heißt die vordere flächenförmige Ausbreitung, verschwindet und das Plasmodium besteht nun bloß aus ungleichmäßig dicken Strängen, welche ein unregelmäßiges Netz bilden. An mehreren Stellen des Netzes bilden sich knotenartige Verdickungen, welche zu Bildungsherden der Fruchtkörper werden. Hier möchte ich einige Bemerkungen über die Physiologie der Fruchtkörperbildung hinzufügen. Es wird oft in. der Literatur angegeben, daß man die Plasmodien beliebig lang in demselben Stadium erhalten kann, wenn man nur für genügende Feuchtigkeit beziehungsweise Ernährungsbedingungen sorgt. »Das Plasmodium geht nur dann zur Fruchtbildung über, wenn eine Änderung der für das Wachs- tum ungünstigen Ernährung eintritt, wie Klebs gezeigt hat. Übertrug er ein Plasmodium immer wieder auf neues Nähragar, so blieb jede Fruchtbildung jahrelang hindurch aus« (Bruck 9). Ich habe bei Plasmodien von Didymium nigripes diese Wahrnehmung nicht gemacht. In meinen Kulturen fruktifi- zierten die Plasmodien regelmäßig nach etwa zwei, höchstens „drei Wochen. Wenn ich auch das Plas- modium benetzte, erfolgte doch eine Fruktifikation. Vielmehr scheint es nach meiner Erfahrung, daß die Plasmodien nur eine bestimmte Lebensdauer haben. Auch mit einigen anderen Literaturangaben stimmen meine Beobachtungen nicht überein. Stange (46) und Ensch (13) haben niemals in Kulturen die Fruchtkörperbildung an den Glas- wänden der Kulturgefäße beobachtet. Ensch hat sogar daraus geschlossen, daß die Myxamöben unter dem Einflusse eines chemotaktischen, von dem Stengelstücke ausgehenden Reizes stehen. Ebenso hatte er niemals die Plasmodien in Flüssigkeit fruktifizierend beobachtet. Beide erwähnten Angaben kann ich als unrichtig bezeichnen, denn oft habe ich die Plasmodien an den Glaswänden der Kulturgefäße, wie auch unter Wasser fruktifizierend gefunden, wenn auch diese unter Wasser gebildeten Fruchtkörper abnormal ausgebildet waren. bewegung der Plasmodien. 659 Wir wollen noch untersuchen, wie es sich mit der Rhythmik der Plasmaströmung vor der Frucht- körperbildung verhält. Ich bringe nun hier eine von den diesbezüglichen Beobachtungen vor. Beobachtung eines Stromes, der in einer knotenartigen Verdickung endete. Je R Ss 48 0 98 48 49 ©7 93 51 104 5%) I 106 06 >) 111 63 44 107 709 ++ 114 40 54 124 40 39 125 Die Beobachtung wurde auf 10 Minuten unterbrochen und dann wieder fortgesetzt. I R Ss 46 97 103 | 66 48 114 Die Strömung sehr langsam, 74 45 119 65 50 1116) 63 52 115 62 93 119 70 4 124 Wir können aus dieser Beobachtung entnehmen, daß der Rhythmus zunächst kleineren Schwan- kungen unterworfen und die Strömungsgeschwindigkeit verlangsamt wird. In späteren Stadien wird die Rhythmik gänzlich zerstört und wir können nur beobachten, wie das Plasma immer mehr zu den Knoten hinströmt, welche sich als kleine weiße Flecken vom Agar stark abheben. Aus diesen Plasmaansammlungen bilden sich dann die Fruchtkörper. Mit dem Verschwinden der Rhythmik geht das Plasmodium in eine neue Entwicklungsphase — in die sogenannte Fruktifikationsphase — über. Il. Die Geschwindigkeit der Protoplasmaströmung. Wenn man die Plasmaströmung bei Plasmodien betrachtet, so kann man auch ohne Messung wahr- nehmen, daß die Stromgeschwindigkeit nicht konstant ist. Sie nimmt während jeder Phase zunächst allmählich zu bis zu einem gewissen Maximum und dann wird sie wieder kleiner, bis schließlich der Strom zur Ruhe kommt. Während der regressiven Phase wiederholt sich dieser Vorgang. Zahlenmäßig ist die Stromgeschwindigkeit des Plasmas bei Plasmodien bisher ein einziges Mal von Hofmeister (20) bestimmt worden. Für Plasmodien von Didymium” Serpula gibt Hofmeister den Geschwindigkeitswert von 1O mm pro Minute und für Physarum 5°4 mm pro Minute. Das Zu- beziehungs- weise Abnehmen der Geschwindigkeit wurde von Hofmeister gar nicht berücksichtigt. Bei der Analyse der Rhythmik erschien es unter anderem auch als sehr wichtig, das Ansteigen beziehungsweise Abfallen der Geschwindigkeitskurve zahlenmäßig zu verfolgen. 860 De \enaorık, Die Geschwindigkeit wurde in folgender Weise bestimmt. Ich suchte zunächst einen womöglich geraden Strom aus und stellte ihn auf den Maßstab des Okularmikrometers ein. Nun beobachtete ich die Bewegung eines Plasmakörnchens innerhalb einer Strecke des Okularmikrometers und notierte mittels einer Stoppuhr die Zeit, innerhalb welcher das Plasmakörnchen die bestimmte Strecke durchlaufen hatte. Diese Bestimmung ist selbstverständlich nicht absolut genau, jedoch kann man nach einer gewissen Übung in der Beobachtung der Bewegung der Plasmakörnchen gute und ziemlich genaue Werte bekommen. Da es kaum durchführbar ist, allein die Bestimmungen zu machen und zugleich dieselben zu notieren, so half mir bei der Bestimmung Herr Kollege OÖ. Hagem, dem ich dafür hier meinen herzlichsten Dank ausspreche. In der folgenden Tabelle sind einige Beobachtungszahlen angegeben. Die Bestimmungen sind nach- einander ohne Unterbrechung durchgeführt, und zwar sowohl für die progressive, wie auch für die regres- sive Phase der Rhythmik. Tabelle 1. Die beobachtete Strecke von 30 Teilstrichen des Okularmikrometers beträgt 0:51 mm. Die Zahlen bedeuten die Zeit in Sekunden, innerhalb welcher die Strecke durchlaufen wird. 1. 1. In. IV. V. VI. — —— D-oo0—_— D{o070——— 098——o 08—2l oe EUER WB RE zer 7 zer dere { | Bye, Aa eo gran 7220| Aa 2a | 1.8 | 6:6 4:4 »8| 2a | ao Aal el 20 | >| ar 2 2-8 220 | eg | ea || 22 | 880 | 14 | arm new | @eo 108 1 | fe ar de fe | Bel 1° 1-8 2°, | em teR || ne. e@ | neo | Bew || mei | Dem 1:2 18 || ie | | Bel ne) ie 2 er; 18 0:8 23:0 | dem || Be |ı lea] es | usa | sea Ben | 26 1:0 28 1 2 Te ee 2 ea | 2“ 1-8 28 | 12 | | AA Be] BB 98 dal e@ıl ec 2:6| &0| 3-0 2.0 | 2-0 2-8 3:4| 5:0 4-4 Diese Werte wurden dann in Millimeter-Sekundenmaß umgerechnet. Die Messung des Rhythmus Ill ergibt in der Umrechnung folgende Werte. 72 R 0:069 mm sec7! 0-113 mm sec! Os » 0525 » 020m VS» OD, » 0:417 » O2 0500 0-312 Ole Oo 0:357 > O2, » 0:25 » Va VEN 0:25 » Bewegung der Plasmodien. 661 Die graphische Darstellung dieser Werte gibt uns in anschaulicher Weise den Verlauf der Geschwindigkeit während der progressiven und regressiven Phase der Rhythmusdauer. Auf der Ordinate sind die Geschwindigkeiten und auf der Abszisse die Zeit, beziehungsweise die Rhythmusdauer auf- getragen. Trotz der unvermeidlichen Fehler bei der Bestimmung der Stromgeschwindigkeit sieht man aus dieser Kurve, daß das Ansteigen und Abnehmen der Geschwindigkeit ziemlich gleichmäßig verläuft. Eine Fig. 3. rybrpinanpsan P-60 R-45 Rhythmusdauer Geschwindigkeitskurve. besondere Gesetzmäßigkeit läßt sich aus den bestimmten Werten nicht entnehmen. Wir können nur sagen, daß die Plasmaströmung eine ungleichmäßig beschleunigte beziehungsweise ver- zögerte Bewegung ist. Jedenfalls ist die Geschwindigkeit der Plasmaströmung von sehr vielen Faktoren abhängig. Die wichtigsten davon sind: Die innere Reibung oder Viskosität des Nüssigen Plasmas, der Strömungsdruck und die Temperatur. Von der letzteren wird in einem späteren Kapitel die Rede sein. Auch die Beschaffen- heit der kapillaren Wege, durch welche das Plasma fließt, ist von großem Einfluß auf die Plasma- geschwindigkeit. In einem geraden Strom wird die Geschwindigkeit viel gleichmäßiger sein als in einem geschlängelten Strang, bei welchem die Reibung zwischen flüssigem und festem Plasma eine größere ist. Die mittlere Geschwindigkeit der Protoplasmaströmung bei der Temperatur von 18 bis 20° C beträgt etwa 1/, Millimeter in einer Sekunde. In einem Falle beobachtete ich bei derselben Temperatur in einem progressiven Strom folgende Geschwindigkeit. 0-113 mm sec! 0:178 » VD » 0-277 0:417 MIL25 » 1:00 » 0:277 » Die 1:25 mm sec”! -Geschwindigkeit ist bisher die größte beobachtete Geschwindigkeit für Protoplasmaströmung. Hofmeister beobachtete bei Didyminm Serpula eine etwa zehnmal kleinere Geschwindigkeit von 0: 16 mm sec-!. Die angegebenen Werte für die Geschwindigkeit gelten natürlich nur für den normalen Verlauf der Strömung. Die Geschwindigkeit läßt sich, wie wir in späteren Kapiteln erfahren werden, noch bedeutend erhöhen, sogar so bedeutend, daß man sie kaum bestimmen kann. Wenn wir die Kleinheit der beweglichen Teilchen berücksichtigen, so erscheint uns die Geschwindig- keit von etwas mehr als 1 mm pro Sekunde sehr groß, besonders aber, wenn wir diese Geschwindigkeit in Vergleich ziehen mit der Protoplasmaströmung in den behäuteten Zellen höherer Pflanzen. Die Übersicht Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIll. Bd. 87 662 Dr. VW. Vouk, über die Geschwindigkeit der Plasmaströmung hat schon Hofmeister zusammengestellt, jedoch hat er die Geschwindigkeit nicht in absolutem Einheitsmaß, sondern auf den Zeitraum einer Minute berechnet. Ich bringe hier die Tabelle der Stromgeschwindigkeiten in absolutem Maß mit der Vervollständigung auf Grund neuerer Beobachtungen. Geschwindigkeitstabelle der Protoplasmaströmung. 1 Geschwindig- Pflanze Organ keit in Autor mm sec”! Didymium nigripes Plasmodium 1132/5 Vouk, 1912 n Serpula 0:16 Hofmeister, 1867 Physarum > 0-09 » 1867 Mucor stolonifer Hyphen 0:055 Arthur, 1897, Schröter, 1905 Nitella sp. 00503 Ewart, 1903 » flexilis 0:0271 Hofmeister, Nägeli Vallisneria spiralis Blattgewebe 0026 Mohl, 1846 Elodea canadensis > 00154 Ewart, 1903 Tradescantia virginica Staubfadenhaare 0:0138 Hofmeister, 1867 Vallisneria spiralis Blattgewebe 0.012 Ewart, 1903 Tradescantia virginica Staubfadenhaare 0.0108 H. v. Mohl Hydrocharis morsus ranae Wurzelhaare 000905 Hofmeister Cucurbita Pepo Blattstielhaare 0.0083 Urtica baccifera Stengelzellen 0.0052 » Sagitiaria sagittifolia Stolo. 0.0044 H. v. Mohl » » Blattzelle 0.0029 » Ceratophyllum demersum » 00015 > Potamogeton crispus > 000015 Hofmeister. Es ist selbstverständlich, daß diese Geschwindigkeitswerte mehr oder weniger relativ sind, da die Geschwindigkeit durch verschiedene Reize, besonders durch die Temperatur wesentlich beschleunigt beziehungsweise verzögert wird. Doch lassen sich die Werte vergleichend betrachten. Wir sehen, daß an der ersten Stelle die Plasmodien stehen, dann die Pilzhyphen, Algen und dann erst die Zellen höherer Pflanzen. Dies ist höchstwahrscheinlich durch den osmotischen Druck beziehungsweise Turgor zu erklären, welcher, wie ich vorgreifend bemerke, bei den Plasmodien minimal ist, während er bei den Zellen höherer Pflanzen mehrere Atmosphären beträgt. Dies erscheint umso wahrscheinlicher, als Kohl (31) und Ewart (14) gezeigt haben, daß schwache Plasmolytika die Protoplasmaströmung beschleunigen. Kohl sagt dies- bezüglich folgendes: »Zweifellos übt die Zellsaftvakuole einen mehr oder minder starken Druck auf das sich bewegende Plasma aus; je mehr dieser Druck vermindert wird, umso leichter geht die Plasma- bewegung von statten oder umgekehit.« Das letztere zeigt uns auch die zusammengestellte Tabelle der Protoplasmabewegung. Bewegung der Plasmodien. 663 IV. Die Amplitude der Rhythmik. Der Weg, den das bewegliche Plasma während einer Rhythmusdauer durchläuft, läßt sich durch die direkte Beobachtung kaum bestimmen, da er gewöhnlich viel länger ist als der Durchmesser des Gesichts- feldes im Mikroskop. Die absolute Größe dieses Weges interessiert uns wenig, wir wollen vielmehr das Verhältnis dieses Gliedes zu den anderen beiden Gliedern der Rhythmik, der Geschwindigkeit und der Rhythmusdauer, genau ermitteln. Ich habe schon in der ersten Mitteilung den Vergleich zwischen der Rhythmik der Strömung und der Schwingungsbewegung gezogen und habe daher die Zeitdauer eines Hin- und Zurückganges des Stromes vergleichsweise statt Schwingungsdauer Rhythmusdauer genannt. Ich möchte daher auch. die Entfernung, welche die Masse von ihrer Gleichgewichtslage bei der Bewegung erreicht oder in un- serem Falle den von einem Plasmateilchen durchlaufenen Weg die Amplitude der Rhythmik nennen. Auch wenn sich die Amplitude direkt kaum bestimmen läßt, so kann man doch auf Umwegen über deren Gesetzmäßigkeit einiges erfahren. Naturgemäß ist die Amplitude der Rhythmik von der Größe der Plasmodien abhängig. Je größer das Plasmodium, desto größer sind auch die Wege, das heißt die Amplituden der Rhythmik. Die Amplitude kann aber nur eine bestimmte Größe erreichen, denn ein Strang kann manchmal die Länge von einigen Zentimetern haben und trotzdem bewegt sich ein Plasmateilchen nicht auf dem ganzen Weg, sondern nur innerhalb einer bestimmten Strecke. Es sind aufeinem so langen Weg manchmal auch mehrere Amplituden verteilt und auf diese Weise stoßen mehrere Rhythmen zusammen. Die bedeutendsten Faktoren, welche die Amplitude der Rhythmik bestimmen, sind jedenfalls auch die treibenden Kräfte, welche die Plasmateilchen in Bewegung bringen. Leider sind wir bisher über diese teilweise unbekannten Kräfte noch vollständig unorientiert. Daß diese unbekannten Kräfte den Rhythmus bestimmen, ist vorauszusehen und das Studium dieser bildet auch einen Programmpunkt meiner künftigen Untersuchungen. Die Amplitude können wir indirekt bestimmen aus dem Elementargesetz der Bewegung. Diese Bestimmung gibt uns zwar nur relative und annähernde, jedoch der Gesetzmäßigkeit entsprechende Werte. Wir haben die Geschwindigkeit der Strömung in der Weise bestimmt, daß wir die Bewegung eines Plasmateilchens innerhalb einer bestimmten Strecke, das heißt des Weges beobachtet haben. Nehmen wir an, das Plasma bewege sich mit einer konstanten Geschwindigkeit eine bestimmte Zeit, so haben wir den Weg nach s = ct bestimmt. Das Plasma bewegt sich aber nicht mit gleichmäßiger sondern mit einer ansteigenden und dann abnehmenden Geschwindigkeit, und daher nehmen wir als mittlere Geschwindigkeit das arithmetische Mittel aus den Bestimmungen während eines Rhythmus. Nehmen wir zum Beispiel das Mittel der Geschwindigkeitswerte aus der Geschwindigkeitskurve, so bekommen wir für je R 0:234 mm sec! 0'308 mm sec! 0:234.60 At n le Es ıst daheı Ap = 14:04 mm 0:308xX 40 2 AR= — EI: 12:32 mm Diese Werte entsprechen auch ziemlich genau der Wirklichkeit, da in diesem Falle der ganze Plasmodiumstrang ungefähr 2 cm lang war. 1 Ap = die Amplitude des progressiven Stromes. AR = die Amplitude des regressiven Stromes. 664 ö Dr. V. Vonk, Aus dieser Berechnung erfahren wir weiters, daß die Amplitude des regressiven Stromes kleiner ist als die Amplitude des progressiven Stromes. Aus der Differenz ergibt sich der Zuwachs der fortschreitenden Bewegung. Es ist also Ap > Ar. Wenn Ar > Ar wird, so wird die Bewegungsrichtung des Plasmodiums im entgegengesetzten Sinne verlaufen. Es gilt hier dasselbe Gesetz, wie für die Zeitdauer des progressiven und des regressiven Stromen. Wir haben für die Zeitdauer die Regel PR und für die Amplitude Ap > Ar. Es folgt daraus, daß die Zeitdauer der Bewegung direkt proportional ist der Amplitude. Andrerseits haben wir auf einer anderen Stelle gezeigt, daß die Geschwindigkeit umgekehrt proportionalist der Rhythmusdauer. Aus den Untersuchungen über den Einfluß der Temperatur auf die Rhythmik, welche in einem späteren Kapitel in der Gänze dargelegt sind, möchte ich, um das früher Gesagte zahlenmäßig zu illustrieren, nur folgendes herausgreifen. Für ein mittelgroßes Plasmodium war bei Temperatur Rhythmusdauer Geschwindigkeit 19° 188 0:067 mm sec! 25 87 0:16 und daher ist die Amplitude bei 15° = 12.596 mm 25° = 13:92 mm. Bei beiden Berechnungen ist nur eine kleine Abweichung von I mm. Daß der Weg derselbe, erscheint selbstverständlich, da sich die Berechnung auf ein und dasselbe Plasmodium bezieht. Auf diese Weise ist auch begründet, daß die Bewegung des Plasmas dem Elementargesetz der Mechanik folgt. Es ist also AG oder 7A G das heißt die Rhythmusdauer ist direkt proportional der Amplitude undindirekt propor- tional der Geschwindigkeit. V. Der Einfluß des Lichtes auf dıe Protoplasmaströmung. 1. Der Lichtwechsel und die Rhythmik. Da die Richtungsbewegungen der Plasmodien schon mehr oder weniger genau untersucht sind, so interessierte mich hauptsächlich das Verhalten der Rhythmik der Protoplasmaströmung unter dem Ein- flusse des Lichtes. So ist durch die Untersuchungen von Baranetzki (3), Stahl (45), Hofmeister (20) und Schleicher (42) bekannt, daß die Plasmodien (Aethalium und Didymium) bei schwachem Lichte positiv und bei stärkerem Lichte negativ phototaktisch sind. Über etwaige besondere Reizwirkungen des Lichtwechsels auf die Plasmodien fehlen, wie bereits Zopf (52, p. 81) in seiner Monographie der Pilztiere bemerkt, noch Beobachtungen. Ich bemühte mich, diese Lücke in bezug auf die Rhythmik der Protoplasmaströmung auszufüllen. £ Bewegung der Plasmodien. 665 Sorokin (44) hatte an Plasmodien von Didymium ambiguum beobachtet, daß die Körnchenströmung im Dunkelschrank bei 22° C nach einer Stunde aufhörte. An das Licht gebracht, konnte er erst nach 30 Minuten die Körnchenströmung wieder wahrnehmen. Sorokin fand weiters, daß die Strömung bei diesem Myxomyceten während der Nacht sistiert wird und glaubt, daß auch bei anderen Myxomyceten die Strömung im Dunkeln nicht stattfindet. Diese Angaben muß ich nach meiner Beobachtung und Erfahrung an Plasmodien von Didymium nigripes und Chondrioderma difforme bezweifeln. Zunächst ist die Beobachtung der Strömung im Dunkeln ausgeschlossen und es wäre immerhin möglich, daß die Strömung durch die eintretende Belichtung bei der Beobachtung hervorgerufen wird. Ich habe aber oft die erwähnten Didymiaceen in vollständiger Dunkelheit kultiviert, konnte aber immer beobachten, daß die Plasmodien sich um bedeutende Strecken bewegt hatten, was der beste Beweis ist, daß auch die Strömung im Dunkeln vor sich geht. Öfters machte ich die Wahrnehmung, daß der Rhythmus der Strömung bei der Betrachtung mit Gaslicht gestört wird. Höchstwahrscheinlich wirkt der Lichtwechsel als ein Reiz, auf welchen als Reaktion die Störung des Rhythmus folgt. Diese Vermutung stellte sich nach dahinzielenden Versuchen als eine Tatsache heraus und zu deren Erläuterung bringe ich hier einen von den mehreren Versuchen vor. Versuch vom 26. Februar 1912. Ein mittelgroßes Plasmodium wurde in schwachem diffusen Lichte am Nordfenster des Institutes um 5% nachmittag beobachtet. Der Himmel war fast ganz mit Wolken bedeckt. Die Rhythmik im diffusen Tageslicht. 12 R S 65 42 107 67 Sl 118 68 48 116 | 70 43 113 ) Die Strömung etwas langsamer. 68 43 111 | 66 45 111 Die Rhythmik bei Auerlicht. Nachdem konstatiert wurde, daß die Rhythmik im schwachen diffusen Lichte konstant bleibt, wurde das Plasmodium mit dem Lichte eines Auerbrenners bestrahlt und dann sofort die Rhythmik bestimmt. 12 R S 65 } 48 113 70 Pause 10 45 Pause 7 115 Die Geschwindigkeit verlangsamt 90 105 195 87 40 117 Die Geschwindigkeit erhöht 75 Pause 12 68 143 Ein anderer Strom: 68 75 143 90 45 135 Die Störung der Rhythmik kommt viel deutlicher in der vorliegenden Kurve, die auf die in der ersten Mitteilung besprochene Art konstruiert wurde, zum Ausdruck. Durch den plötzlichen Lichtwechsel wird das Plasmodium gereizt und der Rhythmus gestört. Die Störung gibt sich ähnlich wie bei der mechanischen Reizung (Druck, Erschütterung) im Steigen und Sinken der Rhythmusdauer kund. Nach einer bestimmten Zeit tritt das Plasmodium wieder in den früheren Gleichgewichtszustand mit dem konstanten Rhythmus über. Es wurde auch untersucht, ob die Rhytnmusdauer bei einem verschieden starken diffusen Lichte verschiedene Werte annimmt. Die Untersuchung ergab ein negatives Resultat, da sich beim verschieden starken diffusen Lichte keine Differenzen in der Rhythmusdauer zeigten, 666 Dr. V. Vouk, Dies gilt nur für senwaches, diffuses Licht. Für die Wirkung der direkten Sonnenstrahlen hat bereits Hauptfleisch (16) gezeigt, daß sie nach kurzer Einwirkung eine Verlangsamung und Sistierung der Protoplasmaströmung in den höheren Pflanzenzellen hervorrufen. In den Kulturen, die sich an einem Fig. 4. N Vor der Belichtung Nach der Belichtung sonnigen Standorte befinden, entwickeln sich keine Plasmodien und bereits gebildete gehen unter Ein- wirkung des direkten Sonnenlichtes zugrunde. Da diese Schädigung voraussichtlich auf die Wirkung der stark brechbaren Strahlen, beziehungsweise ultravioletten Strahlen zurückzuführen ist, so führte ich auch Versuche mit dem ultravioletten Lichte einer Quarzglasquecksilberlampe (von der Firma Heraeus) aus. 2. Versuche über den Einfluß der ultravioletten Strahlen auf die Plasmodien. Von einer größeren Anzahl der Arbeiten über die schädigende beziehungsweise vernichtende Wirkung der ultravioletten Strahlen [vgl. die historische Übersicht in der Arbeit von A.J. Kluyver (30)] interessiert uns hauptsächlich jene von Hertel (17), der auch den Einfluß des ultravioletten Lichtes auf die Protoplasmaströmung in den Zellen höherer Pflanzen untersucht hat. Blattzellen von Elodea zeigen nach den Untersuchungen von Hertel eine deutliche Verlangsamung der Protoplasmaströmung in den Randpartien der Blätter hörte die Bewegung schon nach 2 bis 3 Minuten dauernder Strahlungszeit auf. Viel empfindlicher zeigten sich die Diatomeen, welche schon nach der Bestrahlung von 30 Sekunden die Bewegungen einstellten. Es erschien daher auch als nicht uninteressant, die Plasmodien auf die Empfindlichkeit gegen ultra- violette Strahlen zu untersuchen. Versuch 1. 24. November 1910, Quarzglasquecksilberlicht bei Stromstärke 4 Amp. und Spannung 125 Volt. Die Rhythmik vor der Bestrahlung. P R S 57 36 93 55 35 90 56 36 92 ol Ein anderer Strom 47 43 90 49 42 91 Nach dieser Rhythmusdauerbestimmung wurde das Plasmodium in der Petrischale bestrahlt und zwar durch den Deckei der Schale. Die Bestrahlung dauerte 5 Minuten, die Entfernung von der Quarzröhre betrug 30 cn. Bewegung der Plasmodien. 667 Die Rhythmik nach der Bestrahlune. jR R 60 47 53 59 Pause 35 _ 47.» 25 7) Die Geschwindigkeit bedeutend erhöht ee 48 » 20 Ein anderer Strom 37 61 85 30 63 — Man sieht aus diesem Versuche, wie die Rhythmik durch den starken Lichtreiz gänzlich zerstört wird. Das Plasmodium kommt in einen starken Erregungszustand, da die Geschwindigkeit bedeutend erhöht wird. Da durch das Glas der größte Teil von ultravioletten Strahlen absorbiert wird, so führte ich die folgenden Experimente in der Weise durch, daß ich die Agarschichte mit Plasmodien direkt dem ultravioletten Lichte exponierte. Versuch 2. 1. Juni 1910. Quarzglasquecksilberlicht 31/, Amp., 125 Volt. Die Rhythmik vor der Bestrahlung. IR R S 40 43 83 36 3 ae) 183 42 43 85 44 41 85 Direkte Belichtung 1 Minute lang in der Entfernung 25 cm von der Quarzröhre. Nachher beobachtet bei dem Lichte einer 25 NK Glühlampe. In allen Strängen Stillstand der Strömung. Nur in den hinteren Ästen sieht man hie und da eine Verlagerung der Körnchen, man merkt, daß das Plasmodium noch am Leben ist. Fig. 5. Fig. 6a. ; j r Ri violettem Lichte. Mikrophotographie. Vergr. 60. % ’ Ein Plasmodiumstrang a normal, b gereizt mit ultra- Erst nach etwa mehr als 5 Minuten beginnt wieder in den hinteren Ästen das Plasma, wenn auch sehr langsam, zu strömen. Nach etwa 20 Minuten strömt das Plasma im ganzen Plasmodium, doch ohne Rhythmik. Außerdem sieht man auffallende Veränderungen an den Strängen. Die ursprünglich geradlinigen Stränge (Fig. 5 A) werden kontrahiert und welligunregelmäßig kontouriert (Fig. 5 B). Es ist dies höchstwahrscheinlich die Folge eines Koniraktionszustandes, hervorgerufen durch die starke Lichtreizung. 668 Dr. V. Vouk, Nach längerer Zeit sieht man oft auch merkwürdige Anschwellungen an einigen Strängen. Das Plasma fließt nämlich vor- wiegend zu gewissen Stellen, an welchen es sich zu knotenartigen Bildungen ansammelt. Diese knotenartigen Anschwellungen der Stränge (Fig. 6 a und 2) sind die Charakteristika des Kontraktionszustandes. Die weiteren Versuche sind nun in der tabellarischen Übersicht dargelegt: RT Tee — A Bestrahlungszeit Erfolg der Bestrahlung Anmerkung 3 Sekunden Schwache Störung der Rhythmik. Quarzglasquecksilberlicht bei Stromstärke 30 » Starke Störung der Rhythmik und starke Erhöhung der | 31/, Amp., Spannung 125 Volt in der Ent- Geschwindigkeit. fernung von der Quarzröhre 25 cm. 1 Minute N h _ Andauernder Stillstand der Strömung. 2 Minuten J 5 » Gänzlicher Stillstand, Eintritt des Todes. Diese Tabelle lehrt, daß zwei kritische Momente bei der Bestrahlung vorhanden sind: 1. Der Moment des andauernden Stillstandes der Strömung und 2. der Moment des- Todes. Im Momente des Stillstandes scheint das Plasmodium sich in einem Starrezustand zu befinden. Da aber diesem Starrezustand eine starke Erhöhung der Stromgeschwindigkeit, also ein Erregungszustand vorausgeht, so könnte man vielleicht auch von einem Lichttetanus sprechen. Der Eintritt des Todes ist charakterisiert durch das Verschwinden der Plasmakörner, das heißt durch das Hyalinwerden des Plasmas bis zum gänzlichen Zerfließen in eine gleichmäßig hyaline Masse. Anhang. Über den Einfluß des Lichtes auf die Ausbildung der Fruchtkörper. Gelegentlich machte ich die Beobachtung, daß die Fruchtkörper von Didymium nigripes in der Kultur bei vollständiger Dunkelheit früher zur Ausbildung kommen als im diffusen Tageslichte. Im bezug auf den Einfluß des Lichtes auf die Ausbildung der Myxomycetenfruchtkörper gibt Zopf (52) in seiner Monographie folgendes an: »Auf die Ausbildung der Fruktifikationsorgane scheint das Licht keinen besonderen Einfluß auszuüben. Für Dictyostelium mucoroides und Polysphondelinm violaceum wenigstens wurde von Brefeld durch das Experiment festgestellt, daß diese Organismen im Dunkeln ebenso baldige und ebenso üppige Fruktifikation eingehen wie im Licht. Ob andere Formen sich in gleicher Weise verhalten, bleibt noch zu untersuchen.« Nun konnte ich durch Versuche zeigen, daß das Licht für die Entwicklung von Didymium nigripes gar nicht notwendig ist; es fruktifiziert sogar diese Art im Dunkel 1 bis 2 Tage früher als im diffusen Lichte. Im Sonnenlichte kommt es überhaupt nicht zur Entwicklung der Plasmodien. Es wurden die Versuche durchgeführt mit Kulturen auf sterilisierten Bohnenstengeln, wie auch in Eprouvetten auf Viciaextrakt-Agar. Versuch vom 6. Juni 1911 ergab folgendes Resultat: Im Sonnenlichte — keine Plasmodien auch nach 15 Tagen Im diffusen Tageslichte — Fruchtkörper reif nach 8 Tagen Im Dunkeln — Fruchtkörper reif nath 6 Tagen. Bewegumg der Plasmodien. Versuch vom 22. Ju ni 1911. e}) [e}) do‘ Im Sonnenlichte — keine Plasmodienbildung auch nach 12 Tagen Im diffusen Tageslichte — Fruchtkörper reif in S Tagen Im Dunkeln — Fruchtkörper reif in 7 Tagen. Zur genaueren Orientierung führe ich hier eine Versuchsreihe an, in welcher auch untersucht wurde, ob die roten, langwelligen Strahlen ebenso wirken wie die Dunkelheit. Jeder Versuch wurde mit je vier Eprouvetten, in welche je zwei Fruchtkörper geimpft wurden, durchgeführt. Versuchsreihe vom 7. Juli 1911. Südfenster des Institutes bei der Temperatur von 18 bis 20° C. Plasmodien Fruchtkörper Anzahl der |Fruchtkörper Anmerkung Sonnen- licht Nach 14 Tagen keine Plasmodien entwickelt Keine Die Schwärmer werden durch das Sonnenlicht getötet Diffusses Nach 3 Tagen Plasmodien Nach 8 Tagen in allen r 2 DYs} Tageslicht entwickelt R ON a reife Fruchtkörper Na Ta in alle r au Ä 2 5 } F r Blaues Neal e | aan ı Ellen Nach 7 Tagen in der Mehr- h | Blaues Licht einer Senebier-Glocke mit Licht OSB OR zahl der Eprouvetten reif = Kupferoxyd iak schöne Plasmodien 6% SE SBEOUNSESE Kupferoxydammoniak Rotes Plasmodien nach 3 Tagen Nach 5 Tagen in allen es Rotes Licht einer Senebier-Glocke mit Licht entwickelt Eprouvetten reif Si Kaliumbichromat Dunkelheit detto detto 38 Die Versuchsreihe ergibt, daß das rote Licht ebenso wirkt wie die Dunkelheit und daß die Ver- zögerung der Fruchtkörperbildung durch die stark brechbaren Strahlen hervorgerufen wird. Der Unter- schied im diffusen Lichte ist allerdings kein so großer. Jedenfalls können wir aus diesen Versuchen den sicheren Schluß ziehen, daß das Licht einen ver- zögernden Einfluß aufdie Fruchtbildung ausübt. VI. Der Einfluß der Temperatur auf die Rhythmik. ' Kühne (32) hat als erster den Einfluß der Temperatur auf die Bewegung der Plasmodien unter- sucht und er fand, daß die Plasmodien von Didymium Serpula, wenn sie nur 5 Minuten lang in den auf 30° erwärmten feuchten Raum gelegt wurden, ihre Bewegungen aufgaben; die Plasmodienstränge ver- wandeln sich dabei in klumpige Massen mit vielen Hervorragungen. Nach der Abkühlung nehmen die Plasmodien wieder die ursprüngliche Form an und bewegen sich normal. Bei 35° C tritt die Wärmestarre und bei 40° € der Tod mit den bekannten Koagulationserscheinungen ein. Die Ränder werden in hyalinen Massen kugelig abgeschnürt und zerfließen dann gänzlich. Auch die tropistischen beziehungsweise taktischen Bewegungen der Plasmodien infolge einseitiger Temperaturwirkung sind schon von Wortmann (51) und später von Clifford (10) beschrieben worden 1 Dieser Abschnitt der Untersuchung wurde in der biologischen Versuchsanstalt in Wien durchgeführt. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 88 670 Dr. V.Vouk, — daher beschränkte ich mich bei meinen Untersuchungen bloß auf die Frage, inwiefern die Temperatur die Rhythmik der Protoplasmaströmung beeinflussen kann. . Es ist ein Verdienst von Kanitz (28), auf Grund der älteren Angaben von Nägeli (34) und Velten (48) gezeigt zu haben, daß die Protoplasmaströmung in den Zellen von Nitella und Elodea in bezug auf die Temperatur der sogenannten Van t’Hoff’schen RGT-Regel folgt. Diese Temperaturregel, welche J. Van tHoff zuerst für die Reaktionsgeschwindigkeit gewisser chemischer Reaktionen bewiesen hat, lautet: Kı + 10 kı —an 2, das heißt durch eine Temperaturerhöhung von 10° wird die Reaktionsgeschwindigkeit ver- doppelt oder verdreifacht. Es ist heute auf Grund der vorhandenen Literatur — ich verweise diesbezüglich auf die Zusammen- fassungen von Kanitz (26, 27) und Przibram (39) — anzunehmen, daß diese Temperaturregel im allge- meinen auch für die Reaktionsgeschwindigkeit verschiedener physiologischen Prozesse im Organismus Geltung hat. Es war daher auch vorauszusehen, daß die RGT-Regel auch für die Rhythmik der Protoplasma- strömung Geltung hat, wie dies die folgenden Versuche zeigen werden. Die Versuche sind durchwess in der k. k. biologischen Versuchsanstalt in Wien durchgeführt, die für solche Untersuchungen geeignete Temperaturkammern, eingerichtet auf konstante Temperaturen, besitzt. Ich benütze hier die Gelegenheit der Leitung der Anstalt, den Herren W. Figdor, L. v. Portheim und H. Przibram für die Überlassung des Arbeitsplatzes und für liebenswürdiges Entgegenkommen meinen besten Dank auszusprechen. Ich benützte hauptsächlich zwei Räume, die auf konstante Temperatur von 15° C und 25° C ein- gerichtet waren und nur einige Versuche führte ich in den Kammern mit 5° und 35° C. Bei diesen Ver- suchen stellte ich gewöhnlich die Kulturgefäße (Petrischalen) samt dem Mikroskop in die entsprechende Kammer, ging nach einer Zeit selbst in die Kammer, wo die Beobachtung direkt bei entsprechender Temperatur vorgenommen wurde. 1. Die RGT-Regel und die Rhythmusdauer. Daß die Temperaturerhöhung die Geschwindigkeit der Protoplasmaströmung erhöhen wird, war nach den Untersuchungen an Zellen höherer Pflanzen von Nägeli (34), Velten (48), Hörmann (21) und Kanitz (l. c.) vorauszusehen, jedoch wie sich die Rhythmusdauer verhalten wird, mußte eingehender untersucht werden. Das Verhalten der Rhythmusdauer bei der Temperaturerhöhung wird aus folgenden Versuchen ersichtlich. 1. Versuch. (3. Jänner 1912.) Die Petrischalen mit Plasmodien standen 24 Stunden im 15° C-Raume. Die Beobachtung zeigte dann folgenden Rhythmus IP} R Ss 95 88 183 73 104 177 68 104 172 52 100 152 58 88 145 % T,— 163 72 5 147 87 7 165 87 78 165 Bewegung der Plasmodien. ya Die Petrischale mit dem Plasmodium wurde dann in den 25° C-Raum übertragen und der Rhythmus nach 1 Stunde wieder bestimmt. 2 R S 55 28 83 45 40 S5 35 52 837 0 T,—88. 43 5 95 45 47 92 2. Versuch. (3. Jänner 1912.) Der zweite Versuch wurde mit der Umänderung durchgeführt, daß das Plasmodium zuerst bei 25° Temperatur war und dann erst in den 15°-Raum übertragen worden ist. Petrischalen standen 24 Stunden im 25°-Raume. Plasmodium Il. Plasmodium II. 85 34 119 53 54 107 80 35 115 57 52 109 Ty; = 108 75 41 116.) 73; = 116, 50 57 107 De 60 62 112 54 55 ‚ 109 47 72 119 Strömung lebhaft. Strömung lebhaft Die Petrischalen wurden nach der Bestimmung sofort in den 15°-Raum übertragen, wo die Bestimmung der Rhytmik erst nach 1 Stunde erfolgte. Plasmodiuml. Plasmodium II. 208 20 228 86 113 199 120 105 225 ) 7), — 222. 85 120 205 2 7, — 202. 108 105 213 85 123 203 Strömung langsam. Strömung langsam. Schon diese zwei Versuche lehren, daß die Rhythmusdauer bei höherer Temperatur ungefähr mehr als doppelt kleiner ist. Um also den Van t’Hoff’schen Koeffizienten zu bekommen, müssen wir den reziproken Wert des Koeffizienten nehmen. Die weiter durchgeführten Versuche habe ich in folgender Tabelle zusammengestellt. T bei 15° T bei 25° 1/10 T bei 15° T bei 25° 1/gıo 163 83 1-9 | 211 100 ziel 222 116 1:9 | 185 86 2:2 202 108 1:9 183 39 2-1 185 92 220) 189 89 21 188 88 2-1 Wir sehen also aus dieser Tabelle, daß die Mehrzahl der Bestimmungen von 1/g,, tatsächlich den Wert über 2 erreicht, was der Temperaturregel vollkommen entspricht. Wir können also sagen: Mit der Temperaturerniedrigung auf 10° wird die Rhythmusdauer verdoppelt beziehungsweise verdreifacht. Die Koeffizienten hätten jahöchstwahrscheinlich größere Werte erreicht, hätte ich vielleicht die Bestimmungen nach längerer Zeit als 1 Stunde nach der Übertragung in den anderen Temperatur- raum vorgenommen. 38# 672 Dr. V. Voıuk, Während dieser Bestimmungen machte ich die Wahrnehmung, daß die Geschwindigkeit der Strömung bei höherer Temperatur erhöht wird und deshalb machte ich die folgenden Versuche. 2. Die RGT-Regel und die Stromgeschwindigkeit. Die Messung der Geschwindigkeit führte ich in der schon beschriebenen Weise durch. Es wurde eine Strecke von 40 Teilen eines Okularmikrometers beobachtet. Vor der Geschwindigkeitsmessung wurde auch die Rhythmusdauer bestimmt. 6. Versuch (nach Versuchsprotokoll). (9. Jänner 1912.) 25°-Raum. P R S 45 41 36 47 40 37) T,—=86 45 40 85 Danach wurde die Geschwindigkeit bestimmt. Mittel Sram o.6 0 0 0 2.0 Br &, 200, 2, 80 ! N: Mittlere Geschwindigkeit pro 40 Teilstriche StromO EEE EAST 32 —= 3:5 Sekunden. Sto mW TIER Re 2101209 08512,0.850298328 36 Daraus berechnet in absolutem Maß ist C=0'2 mm sec. 15°-Raum. Dasselbe Plasmodium wurde sofort in den 15°-Raum übertragen und erst nach 1 Stunde die Geschwindigkeit bestimmt. P R S 90 99 189 92 96 188 % 7, —= 189 9 98 189 Mittel om. oono00 829,0 848, Mi 7:7 | Mittlere Geschwindigkeit pro 40 Teilstriche Sram ll 5 oo Nah, NO, 7 Ve 9 — 8:8 Sekunden. So ee N 9:8 Daraus berechnet in absolutem Maß ist C = 0:075 mm sec—. 7. Versuch, (9. Jänner 1912.) Von diesem Versuch bringe ich nur das Ergebnis: OS Raum j 188 | 0:056 | | | PASS R AUT: | 38 =] os Bewegung der Plasmodien. 0) Temperaturkoeffizient q,, ist vom 6. Versuch 7. Versuch 2°8 De was der RGT-Regel vollkommen entspricht. Wir können also sagen: Die Stromgeschwindigkeit wird bei der Temperaturerhöhung um [0° um das doppelte beziehungsweise dreifache erhöht. 3. Das Verhalten der Plasmodien bei extremen Temperaturen. Im Jahre 1864 hatte bereits Kühne (32) das Verhalten der Plasmodien bei tiefen und hohen Temperaturen untersucht. Ich wiederholte Kühne's Versuche und konnte sie auch bestätigen. Versuch im 5° C-Raume. Ein mittelgroßes Plasmodium wurde aus dem 15°-Raume in den 5°-Raum übertragen. Nachdem bereits in 1/, Stunde die Petrischale samt dem Plasmodium die Temperatur des Raumes angenommen hat, wird die Strömung immer langsamer und nach !/, Stunde sieht man nur in einzelnen Strömen Spuren von Bewegung. Das Plasmodium hat seine ursprüngliche Form beibehalten, nur an den Rändern war es schwach kontrahiert. Nach einer Stunde sieht man überhaupt keine Bewegung mehr — das Plasmodium befindet sich im Zustande der Kältestarre. Wenn man aber dasselbe Plasmodium wieder in die normale Temperatur überträgt, so beginnt es bereits in der kurzen Zeit von 5 Minuten wieder lebhaft zu strömen. Kühne hat ähnliche Beobachtung bei 0° C gemacht. Er sagt diesbezüglich: »Läßt man die Äthalien und Didymien auf einer Kältemischung einfrieren, so verlieren sie ihre Beweglichkeit gänzlich, ihre Form erhält sich aber dabei, nur zeigten die Körnchen an manchen Stellen in der hyalinen Substanz eine gitter- artige Anordnung, die ihren Winkeln nach den krystallinischen Gittern des frierenden Wassers gleicht.« Das wesentlichste der beiden Beobachtungen ist, daß der Kältestarrezustand durch die Bewegungs- losigkeit und schwache Kontraktion charakterisiert ist. Versuch im 35°-Raum. Ein mittelgroßes Plasmodium wurde aus dem 25°-Raume in den 35°-Raum übertragen. Zunächst strömt das Plasma normal, doch schon nach etwa 15 Minuten beginnt eine intensivere Strömung, wobei der Rhythmus gänzlich verschwindet. Die Stränge werden stellenweise knotig verdickt. Das Plasma strömt vorzugsweise gegen die knotigen Stellen, welche an Größe zunehmen. Die Rand- partien nehmen homogenes Aussehen an, teilweise kontrahieren sie sich stark, teilweise zerfließen sie. — Nach etwa 1 Stunde sieht man, daß das ganze Plasmodium in acht einzelne Plasmaklumpen zerfallen ist, welche aus den knotigen Stellen entstanden sind. Durch starke Kontraktion infolge hoher Temperatur geht das Plasmodium in den Zustand der Wärmestarre über. Als ich die Petrischale in die normale Temperatur (25°-Raum) übertrug, begannen die kontrahierten Plasmodienteile nach etwa !/, Stunde die Pseudopodien wieder auszustrecken und nach etwa 4 Stunden bildeten sich aus 8 Plasmaklumpen 8 kleine Plasmodien, welche ursprünglich ein Plasmodium bildeten. Wenn man das Plasmodium auf längere Zeit, das heißt auf einige Stunden, im 35°-Raum läßt, so zerfließen die kontrahierten Plasmateile und sterben ab. Jedenfalls sehen wir, daß sich der Zustand der Wärmestarre von der Kältestarre wesentlich unter- scheidet. Wärmestarreist durch die Bewegungslosigkeit und starke Kontraktion und die Kältestarre durch die Bewegungslosigkeit und schwache Kontraktion (Beibehaltung der Form der Plasmamassen) charakterisiert. 674 ID V WKonik, 4. Die Ergebnisse der Temperaturversuche. Die Ergebnisse der Temperaturversuche lassen sich in folgender Tabelle zusammenfassen: aA i IF 1 | 7 l/gr \ Cmm sec—1 | 4c 55.6 Kältestarre 15°C 188 \ 0:067 \ 2:2 2-4 25° C 32) oe ii 39° C Wärmestarre Diese Tabelle lehrt uns also nicht allein, daß die Rhythmik der Protoplasmaströmung der Van tHoffschen Temperaturregel folgt, sondern daß auch die Stromgeschwindigkeit umgekehrt proportional ist der Rhythmusdauer, wie dies bereits im Kapitel IV erwähnt wurde. VII. Der Einfluß der Schwerkraft auf die Rhythmik und die Frage von der Geotaxıs der Plasmodien. Die Frage, ob die Schwerkraft die Protoplasmaströmung in den Zellen höherer Pflanzen zu beeinflussen vermag, wurde schon von Hauptfleisch (16) und Ewart (14) untersucht. Beide Forscher stimmen in der Ansicht überein, daß die Schwerkraft möglicherweise nur insofern einen Einfluß ausübt, als die schweren im Plasma eingelagerten Körnchen sich bei vertikaler Stellung der Zellen der Schwere folgend langsamer bewegen im Vergleiche zu strömendem Protoplasma. Ewart hat sogar Geschwindigkeiten gemessen in horizontaler und vertikaler Lage der Zellen und hat gefunden, daß die Unterschiede in Geschwindigkeiten sehr gering sind. Sie betrugen in horizontaler Lage nur einige Tausendstel Millimeter pro Minute. Zum Beispiel: In vertikaler Lage In horizontaler Lage in mm pro Minute in znın pro Minute Vallısneriose are 0:702 0'716 Blodeaa BR 0:924 0928 Naila oo oo oa an 2:94 3.04 Die Unterschiede in den Geschwindigkeiten sind sehr minimal, aber doch glaubt Ewart sie gefunden zu haben, denn er sagt: »It ist possible that gravity exercises a very slight and barely perceptible physiological retarding action in streaming...... « 1. Wird die Plasmodienströmung von der Schwerkraft beeinflußt? Nun untersuchte ich auch, ob die Schwerkraft einen Einfluß auf die Plasmodienströmung ausübt. Denn wenn ein solcher Einfluß besteht, so dürfte er sich auch in der Veränderung der Rhythmusdauer kundgeben. Die Versuche wurden in der Weise durchgeführt, daß ich die Petrischale auf dem Objekttisch eines umkippbaren Mikroskops mit einer Holzklemme befestigte. Nachdem der Rhythmus in Horizontallage Bewegung der Plasmodien. 675 bestimmt worden war, wurde das Mikroskop um 90° umgekippt und nach Wegnahme des Spiegels im durchfallenden Lichte weiter beobachtet. Ich bringe hier die Versuche in der tabellarischen Übersicht, ohne die Werte des progressiven und regressiven Stromes anzugeben, da diese keine merkliche Veränderung zeigen. Rhythmusdauer | Versuch | Bemerkung in Horizontallage | in Vertikallage | Die Beobachtung in Vertikallage wurde 1. Kt) 19) ohne Pause sofort nach der Umkippung durchgeführt. Die Beobachtung nach der Horizontallage 2. KO) 118 wurde erst nach 10 Minuten in Vertikal- lage eingesetzt. - > Nach dem Umkippen in die Vertikallage oo osnoch 102 102 = sofort beobachtet. | Das Plasmodium in der Vertikallage invers ED 1245 | 124 aufgestellt, das heißt mit dem Kopf nach unten. Wir entnehmen aus dieser Tabelle, daß keine Unterschiede der Rhythmusdauer in den beiden Lagen vorhanden sind. Da man eventuell einwenden könnte, daß das Plasmodium nach etwa 15 Minuten in der Vertikallage noch nicht reagieren könnte, so stellte ich einige Versuche in der Weise an, daß ich die Beobachtung in Vertikallage in Intervallen von !/, Stunde untersuchte. Auch nach 2stündigem Verweilen in der Vertikal- lage zeigte sich keine merkliche Veränderung der rhythmischen Strömung. Schließlich untersuchte ich, ob vielleicht ein Einfluß ausgeübt wird, wenn sich das Plasmodium in verschiedener Lage befindet. In der früheren Tabelle ist bereits ein solcher Versuch, wo sich das Plas- modium in inverser Lage, das heißt mit dem Kopf nach unten gerichtet befand, angegeben. Es zeigte sich kein Unterschied in der Rhythmusdauer. Ich bringe hier noch einen entscheidenden Versuch vor. 5. Versuch. Nachdem sich das Plasmodium drei Stunden in vertikaler Lage befand, bestimmte ich den Rhythmus wie folgt: 2 R Ss 57 40 97 61 38 99 63 40 103 7 T= 1016 (abgerundet 102). 63 41 104 67 38 105 Der untersuchte Hauptstrom befand sich während der Beobachtung in der Richtung des Lotes. Ich drehte jetzt die Petrischale um 60°, so daß der Hauptstrom auch um 60° schief zu liegen kam. Rhythmus wie folgt: P R S 60 43 103 61 42 103 60 39 By il 61 40 101 60 38 98 676 Dr. V: Wowr, Bei weiterer Beobachtung war das Plasmodium um 180° von der ursprünglichen Lage gestellt, so daß das Plasmodium in die inverse Lage mit ?P nach unten gerichtet zu liegen kam. Rhythmus wie folst: je R S 60 44 104 60 42 102 61 42 102 10102 52 40 102 63 37 100 Nach 1/, Stunde die Beobachtung fortgesetzt: 12 R S 62 38 100 66 38 104 60 44 104 70 38 108 , T= 106. 72 42 114 66 42 108 67 37 104 Der Versuch lehrt, daß keine Differenzen der Rhythmusdauer in verschiedener Lage sich zeigen, abgesehen von den kleinen Unterschieden von etwa 4 Sekunden bei der letzten Bestimmung, die man wohl nicht in Betracht zienen kann, da ich nach wiederholten Versuchen auch oft eine minimale Differenz Eprouvettenkulturen. Photographie in 1/, nat. Größe. Die schwarzen Punkte in der Mitte der Eprouvetten sind die Fruchtkörper, welche sich am oberen Rande der Agarschichte entwickeln. beobachten konnte. Ich glaube somit erwiesen zu haben, daß die Schwerkraft keinen Einfluß weder auf die Richtung, noch auf die Rhythmus- dauer der Plasmodienströmung ausübt. Wenn also die Schwerkraft auf die Strömung keinen Einfluß ausübt, so wird sie auch auf die Bewegung der Plasmodien keine Einwirkung haben. 2. Die Frage über die Geotaxis der Plasmodien. Hofmeister (l. c.) hat als erster behauptet, daß die Form und die Bewegungsrichtung der Plasmodien durch die Schwerkraft beeinflußt wird. Rosanoff (49) schrieb dann später eine ausführliche Abhandlung, in welcher er zu begründen versuchte, daß die Plasmodien einen negativen Geotropis- mus besitzen. Spätere Untersuchungen von Schleicher (47), Jönnson (24) und Stahl (45) machten es wahrscheinlich, daß die Schwerkraft keinen Einfluß auf die Bewegung der Plasmodien ausübt. Ich glaube diese Streitfrage durch den Nachweis, daß die Strömung unabhängig von der Schwere ist, entschieden zu haben. Dieser indirekte 3eweis wird durch folgende Versuche bestätigt. Das in schiefer Ebene erstarrte Agar wurde mit je einem Fruchtkörper geimpft. Am Grunde der Eprouvette befindet sich immer etwas Kondenswasser und in diesem entwickeln sich die Schwärmer und Amöben vorzüglich und als Plasmodien kriechen sie auf die Agarschichte. In solchen Kulturen auf schiefer Agarschicht bilden sich die Fruchtkörper immer regelmäßig oben am Rande der Agarschichte (Fig.7). Wenn die Plasmodien nicht geotaktisch sind, so dürften sich die Fruchtkörper beiinverser Aufstellung der Eprou- vetten nicht am oberen Rande, sondern am Grunde der Eprouvette, das heißt Bewegung der Plasmodien. 677 auf der Impfstelle ausbilden. Ich verfuhr gewöhnlich in der Weise, daß ich die Eprouvetten erst dann, wenn die Plasmodien schon entwickelt waren, invers aufstellte. Vor der Impfung wurden die Eprouvetten gewöhnlich auf einige Stunden invers aufgestellt, um Kondenswasser auszuschalten. Auf diese Weise wurde gleichmäßigere Feuchtigkeit in der Eprouvette hergestellt. Zur Illustration der Ergebnisse hebe ich einen Versuch hervor. Versuch Nr. 3. Es wurden 8 Eprouvetten am 28. Mai 1911 mit je 2 Fruchtkörpern geimpft. 4 Eprouvetten davon wurden invers und 4 aufrecht im Thermostaten bei konstanter Temperatur von 24° C und bei vollständiger Dunkelheit aufgestellt. Das Versuchs- ergebnis war folgendes: I. Inverse Stellung. Nach etwa vier Tagen sieht man schon junge Plasmodien, welche auf der schiefen Agarschichte umherkriechen, und zwar vollständig richtungslos. Einige davon manchmal in der Schwerkraft entgegengesetzter Richtung. Nach acht Tagen sieht man schon Früchte, welche vorwiegend, wie ich früher erwähnte, sich am oberen Rande der Agarschichte entwickelten. Nur einzelne Fruchtkörper in der Mitte der Agarschichte. U. Aufrechte Stellung. Die Kulturen verhalten sich wie bei inverser Stellung. Kein Unterschied in der Bewegungsrichtung der Plasmodien, wie auch in der Fruktifikation. Die fünfmal wiederholten Versuche ergaben ein eindeutiges Resultat, daß die Bewegungs- richtung von der Schwere keinesfalls beeinflußt wird, das heißt, daß die Plasmodien gar nicht geotaktisch sind. Dieser Nachweis bezieht sich vorläufig nur auf Didymium nigripes, doch nach den Versuchen von Schleicher und Jönnson mit Äthalium und anderen Didymiaceen zu schließen, dürfte es wahrscheinlich sein, daß das gefundene Ergebnis allgemeine Bedeutung für die Myxomyceten hat. VII. Der Einfluß der Narkotika und einiger Gifte auf dıe Plasmodien- bewegung. Kühne (l. c.) hat bereits einige Versuche über die Narkose der Plasmodien durchgeführt und die Ergebnisse dieser Versuche in folgenden Sätzen ausgedrückt. »In Äther- und Chloroformdämpfen erlischt die Bewegung zuerst nur an einigen Stellen, sie. kann aber dort nach einem Aufenthalte von mehreren Stunden im feuchten Raume wiederkehren. Setzt man die Myxomyceten diesen Dämpfen längere Zeit aus, in Äther 5 Minuten, in Chloroform 15 Minuten, so kehrt die Bewegung nicht wieder, das Protoplasma scheint nun offenbar koaguliert zu sein und auch die Körnchen sind entfärbt.« Was die Plasmaströmung in den höheren Pflanzenzellen anbelangt, so hat Kühne gezeigt, daß diese durch kleine Mengen von Äther und Chloroform beschleunigt und durch größere Mengen gehemmt wird. Diese Angaben wurden später von Josing (25) bestätigt und vervollständigt. Zunächst interessierte mich die Frage, wie die verschiedenen Mengen der Narkotika auf die Rhythmik der Strömung wirken und erst in zweiter Linie kam auch das Verhalten der Plasmodien in Narkotika- Atmosphäre in Betracht. ı. Versuche mit Ätherdämpfen. Eine bestimmte Menge von reinem Äthyläther wurde in einem Schälchen in die Petrischale gestellt. Die Petrischale wurde um- gekehrt aufgesteltt, so daß der Deckel nach unten zu liegen kam. In den Rand der umgekehrten Petrischale wurde als Abschluß Wasser hineingegossen. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 89 Dr. V.Vouk, [or] SI [02) 1. Versuch. (20. November 1911.) Ein kleines Plasmodium zeigte vor dem Versuche folgenden Rhythmus: R R S 60 52 112 60 53 113 RN, 60 57 116 54 51 111 Nachdem konstatiert wurde, daß der Rhythmus normal ist, wurde Icm? Äther in die Petrischale von 140cm® Fassungs- raum hineingegeben und der Raum mit Wasser abgeschlossen. Das Ergebnis des Versuches war folgendes: In den ersten Minuten wurde die Stromgeschwindigkeit bedeutend erhöht, jedoch nach mehreren Minuten wieder verlangsamt. Die Rhythmik wurde vollständig gestört. Nach etwa 3 Stunden zeigte das Plasmodium den normalen Rhythmus. 2. Versuch. Ein größeres Plasmodium mit normalem Rhythmus (Rhythmusdauer 140), Äthermenge: 2 cm? pro 140 cm? Luftraum. Im Anfang strömte das Plasma langsam, doch schon nach einigen Minuten wurde die Stromgeschwindigkeit kolossal erhöht. Das Plasma strömte nur in einigen bestimmten Richtungen mit rasender Geschwindigkeit. In einigen Punkten stoßen die Strom- richtungen zusammen und es bilden sich hier knotenartige Anhäufungen (Fig. 8), die makroskopisch als kleine, weiße, bis 3 1m? Fig. 8. Knotenförmige Anhäufungen der Plasmastränge in Äthernarkose. große Flecke erscheinen. Im ganzen Plasmodium bildeten sich fünf solche Anhäufungen. Außerdem ist noch zu bemerken, daß das Piasma in den Strängen schwach vakuolisiert war. Es war natürlich auch keine Rhythmik mehr zu beobachten, Auch nach 3 Stunden beobachtete ich in den Strängen Strömungen — ein Zeichen, daß das Plasmodium lebend war. Die weitere Beobachtung wurde dann abgebrochen und der Versuch dann über die Nacht stehen gelassen. Nach 14 Stunden war das Plasmodium wieder normal ausgebildet. Die knotenförmigen Anhäufungen waren verschwunden und das Plasmodium bewegte sich normal. Nach 48 Stunden konnte ich den normalen Rhythmus konstatieren. Nach Abheben der Petri- schale konnte man den Äthergeruch noch immer wahrnehmen. Bei dieser Ätherdosis wird die Strömungsgeschwindigkeit zunächst bedeutend erhöht — es geriet das Plasmodium in einen Erregungszustand, der durch die erwähnten knotenartigen Plasmaanhäufungen charakterisiert ist. 3. Versuch. (20. November 1911.) Äthermenge: 5 cm? pro 140 cm? Luftraum. Außer den im Versuch 2 beschriebenen Erscheinungen treten nach etwa 3 Minuten nekrobiotische Wirkungen auf. Das Plasma wird immer mehr homogen, die Körnchen verschwinden, die Strömungen hören auf, einzelne Stränge zerfließen in eine hyaline Masse. Nach etwa 5 Stunden war das Plasmodium tot. Nach diesen Versuchen sieht man, daß die Wirkung des Äthers darin besteht, daß das Narkotikum zunächst in kleineren Mengen eine Erregung und in größeren Mengen eine Lähmung der Plasmabewegung hervorruft. Bewegung der Plasmodien. 679 2. Versuche mit Ätherwasser. Bei diesen Versuchen mußte ich naturgemäß auch die Wirkung der Benetzung mit Wasser allein ohne Äther berücksichtigen. Es hat sich nämlich gezeigt — wie das im nachfolgenden Kapitel auseinandergesetzt wird — daß nach der Benetzung sofort die Bewegung auf einige Sekunden sistiert wird, daß heißt, daß eine Arte »Chokwirkung« eintritt, Außerdem wird die Rhythmik auf einige Minuten aufgehoben, worauf auch eine schwache Kontraktion der Stränge erfolgt. Diese Wirkungen muß man also bei diesen Versuchen in Rechnung ziehen. 19/9 Ätherwasser. Nach dem Benetzen tritt momentaner Stillstand der Strömung ein. Nach einigen Sekunden strömt das das Plasma wieder weiter, nur ein wenig beschleunigt, doch rhythmuslos. Außerdem zeigen sich als Wirkungen der Benetzung schwache Kontraktionen der Stränge. Das strömende Plasma wird schwach vakuolisiert. Nach 3 Stunden ist der Rhythmus wieder normal. 2%/, Ätherwasser. Es zeigen sich dieselben Erscheinungen wie bei 10/9 Ätherwasser. 30/, Ätherwasser. Außer den bekannten Wirkungen der Benetzung mit Wasser treten die Wirkungen des Äthers auf: die Beschleunigung der Stromgeschwindigkeit, Zerstörung der Rhythmik und die bei den Ätherdampfver- Fig. 9. suchen beschriebenen knotenförmigen Anhäufungen. 50/0 Ätherwasser. Außer den bei früheren Versuchen beschriebenen Erscheinungen treten noch hinzu: Starke Kontraktionen der Stränge und Ablösen vom Substrate schon nach 10 Minuten. Auftreten von tropfenartigen Aufblähungen an den Rändern des Kopfes. 100/9 Ätherwasser. Nach einigen Minuten treten außer den früher erwähnten Erscheinungen an den pseudopodienartigen Fortsätzen des Kopfrandes blasenartige, hyaline Aufblähungen (Fig. 9). Dieses Stadium kann man als Nekrobiose betrachten, da die erwähnte Desorganisationstätigkeit des Äthers rapid fortschreitet, bis nach etwa 1/, Stunde das ganze Plasmodium in dieser Weise zer- fließt. Ob dieses Auftreten von blasenartigen Aufblähungen eine Folge des Auflösens der Lipoide durch Äther ist, wage ich nicht auszusprechen. Wir kommen durch diese Versuche zu demselben Resultate wie bei den Ätherdampfversuchen: Kleine Äthermengen wirken auf die Plasma- strömungbeschleunigend und größere Mengen (5°, Ätherwasser) Jlähmend, woraufbei noch größeren Mengen nach der charakteristischen Nekrobiose der Todeintritt. Da dieses Ergebnis mit den bekannten Erscheinungen der Narkotikawirkung auf die Protoplasma- strömung bei Zellen höherer Pflanzen in den Hauptzügen übereinstimmt, so nahm ich von der Unter- suchung anderer Narkotika Abstand. 3. Über den Einfluß des Tabakrauches auf die Plasmodien. Molisch (33) hat in der letzten Zeit gezeigt, daß der Tabakrauch auf die Pflanzen überaus schäd- lich wirkt. Verschiedene Mikroorganismen, Myxomycetenschwärmer und Bakterien werden nicht allein geschädigt, sondern auch getötet, und die jungen Keimpflanzen werden ähnlich wie in Laboratoriumsluft im Wachstum stark gehemmt. Es erschien mir die Frage über den Einfluß des Tabakrauches auf die Plasmodien aus rein theo- retischen Gründen nicht uninteressant. Der Tabakrauch besteht aus einem Komplex von verschiedenen giftigen Substanzen wie Ammoniak, Pyridinbasen, Nikotin, Blausäure usw. und die Wirkung einiger dieser Komponenten habe ich anschließend untersucht. Die Durchführung der Versuche war sehr einfach. In die umgekehrte Petrischale wurden Züge von Tabakrauch einer Zigarette (»Sport«) hineingeblasen und der Rand mit Wasser abgeschlossen. In den ersten Sekunden nach dem Einblasen war die Beobachtung unter dem Mikroskop nicht möglich, da der kleine, mit Tabakrauch dicht erfüllte Raum .der Petrischale undurchsichtig war. Erst nach einigen Minuten setzte sich der Tabakrauch an den Wänden der Petrischale an, worauf die direkte Beobachtung erfolgte. 89* 680 Dr. V.Vouk, Versuch vom 26. Juni 1911. Der Rhythmus vor dem Versuch war folgender: 2 R Ss 43 39 78 45 40 89 T—80 43 39 78 43 36 79 Darauf wurde ein guter Zug vom Tabakrauch in die Petrischale geblasen und dann mit Wasser abgeschlossen. In den ersten Sekunden der Beobachtung zeigte sich fast in allen Strömen der Stillstand, und nur hie und da sieht man eine schwache Bewegung des Körnchenplasmas. Nach einigen Minuten strömte das Plasma wieder, jedoch langsamer als früher. Es wurde folgender Rhythmus bestimmt. 72 R S 60 74 134 9 61 81 ale 62 76 138 60 56 116 Die Rhythmusdauer ist also erhöht worden, weil die Geschwindigkeit kleiner war. In auffallender Weise wird der regressive Strom größer — es strömt nämlich das Plasma gegen die mittleren Partien des Plasmodiums zu. Die Rhythmik verschwindet mehr und mehr, da R immer länger wird. In den mittleren Partien kommt es auf diese Weise zur Bildung von Plasmaanhäufungen, die immer größer werden, da sich mehrere Ströme in diesen vereinigen. Außerdem sieht man, daß die Ströme schwach vakuolisiert sind. Nach etwa 10 Minuten ist das ganze Plasmodium zu einem großen Plasmaklumpen geworden — es ist dies das Stadium der maximalen Kontraktion. Nach etwa drei Stunden beginnt sich der Plasmaklumpen wieder aufzulösen, man sieht kleine Ströme und nach 12 Stunden hat das Plasmodium wieder normale Form und Bewegung erlangt. Ich habe diese Versuche öfters wiederholt und wenn ich den Versuch abends aufstellte, so erfolgte schon in 15 bis 30 Minuten vollständige Kontraktion — den nächsten Tag aber in der Früh war das Plasmodium wieder normal ausgebreitet. Wenn man die Petrischale den nächsten Tag aufmachte, so roch es noch stark nach Tabakrauch. Denselben Erfolg hatten auch drei Züge, es erfolgte zunächst die maximale Kontraktion und nach etwa 12 Stunden waren die Plasmodien normal ausgebreitet. Wir sehen also, daß die Plasmodien gegenüber Tabakrauch viel resistenter sind als andere Mikroorganismen und Keimlinge. Dieselbe Menge von Tabakrauch auf ein viel größeres Volum schädigt zum Beispiel die Keimlinge bedeutend, sie bleiben gegenüber den Kontrollpflanzen in reiner Luft im Wachstum zurück. Die Plasmodien kommen nur in den Zustand der maximalen Kontraktion, der aber nur eine bestimmte Zeit andauert. Von den zahlreichen Komponenten des Tabakrauches untersuchte ich nur die Wirkung von Nikotin, Pyridin und Ammoniak. 4. Versuche mit Nikotin. Versuch vom 12. Juli 1911. Etwa 1 cm’ reines Nikotin wurde in einem Schälchen in die umgekehrte Petrischale, in welcher sich zwei mittelgroße Plasmodien befanden, hineingestellt. Ein Plasmodium war knapp ober dem Nikotin- schälchen gelegen, das andere befand sich etwas mehr am Rande der Schale. Bewegung der Plasmodien. 681 Nach etwa !/, Stunde war die Rhythmik der Strömung gestört und nach 1'/, Stunden zeigte sich in den Strömen auffallend starke Vakuolisation (Fig. 10). Außerdem war das Plasmodium schwach kon- trahiert und die Kopfränder abgerundet. Das zweite Plasmodium, das sich weiter von dem Schälchen befand, zeigte nach drei Stunden noch immer normales Aussehen und den normalen Rhythmus. ‘Das erste Plasmodium war nach vier Stunden teilweise stark vakuolisiert, teilweise auch ganz in eine homogen hyaline Masse zerflossen. Die direkte Einwirkung der Nikotindämpfe hat sogar in etwa fünf Stunden den Tod des Plasmodiums verursacht. Das Charakteristikum der Nikotinwirkung ist die starke Vakuolisation des Plasmas, die höchst- wahrscheinlich auf die Wirkung der Alkaleszenz zurückzuführen ist. Es ist bekannt, daß die Alkalien im Fig. 10. Starke Vakuolisation, hervorgerufen durch Nikotin. Plasma Vakuolisation hervorrufen [Bokorny (5, 6), Ewart (14), Klemm (29)] und ich selbst untersuchte die Wirkung von Ammoniak und beobachtete ähnliche Wirkung. Ob diese Vakuolisation allein durch Alkalien hervorgerufen werden kann, bleibt dahingestellt. Pfeffer (36) beobachtete solche Vakuolisation der Plasmodien nach Zusatz von Asparagin. we Die erwähnte vergiftende Wirkung des Nikotins zeigte sich nur bei den Plasmodien, die sich knapp ober dem Schälchen mit Nikotin befanden. Bei Plasmodien, die sich vom Schälchen weiter entfernt befanden, war nur die charakteristische, wenn auch schwache Vakuolisation zu beobachten. 5. Versuch mit Pyridin. In die Petrischale mit jungen Plasmodien wurde eine Uhrschale mit einigen Tropfen von reinem Pyridin hineingestellt. Die Wirkung war sehr stark toxisch. Die Strömung war momentan sistiert, in mehreren Sekunden war das Plasmodium bereits tot. Das Plasma verlor die Differenzierung in Polio- und Hyaloplasma, wurde gleichmäßig hyalin — ein sicheres Zeichen des Todes. Pyridin ist also schon in kleinen Mengen für Plasmodien ein starkes Gift. 6. Versuche mit Ammoniak. “. . Kühne.(l. c.) sagt: in"seinem .oft erwähnten grundlegendem Werke »Untersuchungen über das Protoplasma« bezüglich der Wirkung von Ammoniak auf die Plasmodien folgendes: »Legt man die 682 Dr. V. Voık, Plasmodien nur einen Augenblick in einen Raum, der nur schwach nach Ammoniak riecht, so findet man alles Protoplasma platt ausgebreitet, zerflossen. Unter dem Mikroskop erscheint es dabei umgewandelt in eine große Zahl gefärbter Tropfen, die auch nach längerer Aufbewahrung nicht wieder zusammenfließen und keine Bewegung zeigen.« Diese Beobachtung kann ich bestätigen und einigermaßen auch vervoll- ständigen. Wenn man nur einige Tropfen von konzentriertem Ammoniak unter die Petrischale, in welcher sich die Plasmodien befinden, bringt, so sterben diese fast momentan unter der bekannten Erscheinung des Hyalinwerdens des Protoplasmas ab. Nach dem Benetzen der Plasmodien mit einer verdünnten Lösung von Ammoniak (1 : 1.000) sterben die Plasmodien auch ab, aber erst nach etwa 5 bis [0Minuten. Dabei zeigen sie ganz ein eigen- tümliches Verhalten. Die Stränge werden hyalin, blasenartig aufgetrieben, und zwar verwandelt sich ein jeder Strangin eine Kette solcher blasenartigen Aufblähungen (Fig. 11), die schließlich nach etwa 5 Minuten Fig. 11. Nekrobiosis der Plasmodien in einer verdünnten Ammoniaklösung (1 : 1.000). zerfließen. Dieses Stadium können wir auch als Nekrobiose betrachten, wenn wir auch nıcht in der Lage sind, die Erscheinung irgendwie deuten zu können. In einer sehr verdünnten Ammoniaklösung (1 : 10.000) tritt die früher erwähnte auffällige Vakuolisation des Plasmas auf. In dieser verdünnten Ammoniaklösung können die Plasmodien etwa 48 Stunden aushalten, doch sterben sie auch in dieser Konzentration unter den beschriebenen Erschei- nungen ab. Es zeigt sich nun in allen diesen Experimenten in Übereinstimmung mit Molisch, daß der Tabak- rauch und seine Komponenten die mannigfaltigen Störungen im Lebensgetriebe des Plasmodiums hervor- rufen. IX. Das Verhalten der Plasmodien in hypo- und hypertonischen Flüssigkeiten. Das Studium des Verhaltens der Plasmodien in hypo- und hypertonischen Flüssigkeiten hat zwei- fache Bedeutung, erstens gelangen wir dadurch zur Kenntnis der osmotischen Reizwirkungen auf die Bewegung der Plasmodien und zweitens werden wir auch über die Größe des gesamten Innendruckes — des Turgors — der Plasmodien orientiert. Kühne (l.c.) hat auch osmotisch wirksame Substanzen auf die Plasmodien einwirken lassen und ihre Wirkung beobachtet. Seine diesbezüglichen Angaben sind aber unvollständig, so daß wir aus diesen kaum mehr erfahren können, als daß starke Lösungen (mehr als 10°/,) von Kochsalz oder Zucker die Beweglichkeit der Plasmodien für immer aufheben. Bewegung der Plasmodien. 683 Was verdünnte Lösungen betrifft, so sagt Kühne folgendes: »Sehr verdünnte Zuckerlösungen, oder Lösungen, die nicht mehr als O:1°/, Kochsalz, gewöhnliches phosphorsaures Natron oder schwefelsaures Natron enthalten, zeigen eine ganz andere Wirkung als die konzentrierten Salzlösungen. Während die letzteren Schrumpfungen, Keulen- und RKugelbildungen mit stark glänzenden, sehr scharfen Rändern erzeugen, heben diese verdünnten Lösungen gerade die scharfe Konturierung der Myxomyceten, wo sie existiert, auf.« Oft hatte ich Gelegenheit, die Plasmodien bei der Benetzung mit Wasser zu beobachten und immer konnte ich einige charakteristische Reizbeantwortungen wahrnehmen. Auch bei der Untersuchung der Wirkung verschiedener Stoffe in Lösungen auf Plasmodien war es notwendig zu wissen, ob die Reaktion eine Folge der Einwirkung des betreffenden Stoffes oder des Wassers allein ist. Aus diesem Grunde untersuchte ich zunächst die Wirkung des destillierten Wassers und dann erst die der verschiedenprozen- tigen molaren Lösungen von KNO,, Na Cl und Zucker. I. Das Verhalten der Plasmodien im destillierten Wasser. Wenn man ein Plasmodium mit Wasser benetzt, so tritt zunächst in allen Strömen momentaner Stillstand der Strömung ein. Diese »Chokwirkung« dauert aber nur höchstens 5 Sekunden an, dann beginnt die Strömung allerdings mit gestörter Rhythmik von neuem. In etwa 5 Minuten zeigen die Stränge eigentümliche Kontraktionserscheinungen, die in der regelmäßigen Einschnürung der Stränge bestehen. Nach 10 bis 15 Minuten sieht man wieder Veränderungen an den Strängen. Diese ursprünglich glatten Stränge (Taf. I, Fig. 5) werden höckerig konturiert (Taf. II, Fig. 6) und aus diesen Höckern entwickeln sich Ausstülpungen, die zunächst ganz hyalin sind, später aber an Größe bedeutend zunehmen (Taf. II, Fig. 7) und auch Differenzierung in Polio- und Hyaloplasma zeigen. Schließlich zeigen diese Aus- stülpungen den Bau eines jungen Plasmodiums mit Kopf und Fuß und man bekommt den Eindruck, als ob an den beiden Seiten der Stränge junge Plasmodien durch Sprossung entstanden wären. Diesen ganzen Vorgang der Bildung von Ausstülpungen kann man sich wohl durch die Expansion des Plasmas erklären. Nach etwa 1 Stunde beginnen sich die kleinen Ausstülpungen wieder einzuziehen und in 2 Stunden nimmt das Plasmodium die normale Form an. Der Kopf des Plasmodiums bleibt aber immerhin etwas verändert. Die Randpartien des Kopfes sind mit keulenförmigen Fortsätzen besetzt und vom Substrate abgelöst. Während dieses ganzen Vorganges können wir folgende charakteristische Stadien beobachten: 1. Momentaner Stillstand der Strömung auf einige Sekunden. 2. Schwache Kontraktion der Stränge (Einschnürung). 3. Phase der Expansion, d. h. Austreiben seitlicher kleiner Äste. 4. Einziehen der seitlichen Ausstülpungen durch Kontraktion. Es folgt also auf eine schwache Kontraktion eine Expansion und darauf wieder eine Kontraktion und Übergehen in den ursprünglichen Zustand. Diese beiden Kontraktionszustände sind gewiß ver- schiedenen Ursprungs. Der momentane Stillstand — eine Art »Chokwirkung« — und die darauffolgende schwache Kontraktion dürften wohl mechanischen Ursprungs sein. Die plötzliche Benetzung mit Wasser wirkt als mechanischer Reiz, auf welchen das Plasmodium mit einer Kontraktion antwortet. Die darauffolgende Expansion und Kontraktion sind höchstwahrscheinlich osmotischen Ursprungs. Es besteht jedenfalls zwischen Wasser und Plasmodium eine osmotische Differenz und es ist denkbar, daß zunächst eine Exosmose gewisser Stoffe aus dem Plasmodium in die hypotonische Außenflüssigkeit stattfindet. Außerdem besteht auch eine Differenz in der Oberflächentension zwischen Plasmodien und Wasser, denn Czapek (12) hat gezeigt, daß die Oberflächentension der Plasmahaut geringer ist als die des Wassers. Durch die Stoffexosmose aus dem Plasmodium einerseits und durch die Diffusion, beziehungsweise Auflösung gewisser Stoffe aus dem Nährboden anderseits erreicht auch das Wasser ein bestimmtes osmotisches Potential, so daß auch das Gleichgewicht zwischen Plasmodium und dem Wasser hergestellt wird. Der Rückgang der Expansion und die darauffolgende Kontraktion erklärt 684 Dv2 U. Von, sich durch die Herstellung des erwähnten osmotischen Gleichgewichtes. Die charakteristischen Reiz- wirkungen, hervorgerufen durch destilliertes Wasser, sind demnach eine Folge desosmotischen Ausgleiches. Ich führte auch einige Versuche mit Wiener Leitungswasser (Hochquellenwasser) aus, konnte aber feststellen, daß die besprochenen Reizwirkungen des destillierten Wassers viel weniger zum Ausdruck kamen, was auf den geringen Salzgehalt des Hochquellenwassers zurückzuführen ist. _ Anschließend an diese Untersuchungen möchte ich auch einiges bemerken über die Fruktifikation der Plasmodien im Wasser. Constantineanu (11) und später auch Pinoy (37) haben beobachtet, daß einige Myxomyceten zwar im Wasser fruktifizieren können, die Fruchtkörper sind aber immer abnormal ausgebildet. Ich kann diese Beobachtungen bestätigen, möchte aber besonders hinzufügen, daß bei der Fruktifikation von Didyminm nigripes im Wasser die Kalkablagerung in der Fruchtkörperwand spärlich ist oder auch gänzlich ausbleibt. Außerdem ist noch zu bemerken, daß die Fruchtkörper im Wasser unregelmäßig gestaltet sind und das Plasma nicht gänzlich für die Fruchtkörperbildung aufgebraucht wird, so daß ein Rest der Stränge zurück- bleibt, wie dies die Fig. 10 auf Taf. II illustriert. 2. Das Verhalten der Plasmodien in Lösungen von Kaliumnitrat, Kochsalz und Zucker. Ich habe bereits im III. Kapitel erwähnt, daß nach den Versuchen von F. G. Kohl (31) und von Ewart (l. c.) die schwachen Konzentrationen der Plasmolytika.die Plasmabewegung in höheren Pflanzen- zellen beschleunigen und daß diese Beschleunigung höchstwahrscheinlich auf Turgorverminderung zurückzuführen ist. Die Aufgabe der folgenden Versuche war, die Wirkung der plasmolytischen Lösungen auf Plas- modien als membranlose Organismen mit besonderer Berücksichtigung der Plasmaströmung zu unter- suchen. a) Versuche mit KNO.,. I. 1. Mol. Nach der Benetzung tritt sofort der Stillstand der Strömung ein. Das Plasmodium kontrahiert sich stark, schrumpft wulstartig und löst sich vom Substrate ab. Nach 5 Minuten war es schon gänzlich geschrumpft und abgelöst vom Agar und auch nach Übertragen in reines Wasser zeigte es keine Bewegungen, es war bereits tot. II. 0-1 Mol. Nach einem sekundenlangen Stillstand strömt das Plasma ıhythmuslos, doch langsamer weiter. Das Plasmodium beginnt sich vom Substrate abzulösen und nach etwa ‚10 Minuten war es bereits gänzlich abgelöst und stark wulstartig kontrahiert. Die Strömung war in einigen Strängen noch immer zu sehen. Nach mehreren Stunden war das Plasmodium gänzlich desorganisiert. In der schaumartigen Masse des Plasmodiums treten große Blasen auf (Fig. 12). Diese nekrobiotische Fig. 12. Desorganisationserscheinung ist höchstwahrscheinlich als eine Folge der osmotischen Verhältnisse zu erklären. Die eindringende KNO,-Lösung kann weniger hinausdiffundieren, nimmt aber mit großer Kraft das Wasser von außen auf und durch diese Erhöhung des osmotischen Druckes kommt es zur Bildung: der Vakuolen, die immer. größer werden und schließlich die Desorganisation des Plasmodiums hervorrufen, auf die auch der Tod erfolgt. Bewegung der Plasmodien. 685 Ill. 0-05 Mol. Die Strömung wird nur auf einige Sekunden sistiert und dann beginnt sie von neuem, aber mit gestörter Rhythmik, Nach etwa 10 Minuten kontrahieren sie sich schwach und lösen sich nur teilweise vom Substrate ab. Am Kopfrande treten keulenförmige und pseudopodienartige Fortsätze. Auffallend ist, daß die Plasmamembran sehr scharf kontu- riert erscheint. Die Kontraktion der Stränge infolge der osmotischen Wirkung der KNO;-Lösung ist sehr charakteristisch. DieStränge bilden Einschnürungen, die regelmäßig in bestimmten Intervallen erfolgen (Fig. 12, Taf. II). Diese Schrumpfungen, beziehungsweise Einschnürungen, können auch tief in die Plasmodienstränge eingreifen. IV. 0-01 Mol. Nach momentanem Stillstand strömt das Plasma weiter mit etwas gestörter Rhythmik. Nach einigen Minuten treten an den Strängen schwache Schrumpfungen auf, ähnlich wie im destlilierten Wasser. Die Expansionen treten nicht wie im destilierten Wasser auf. In 24 Stunden war der Rhythmus normal. V. 0:005 Mol. Die Plasmodien verhalten sich wie in destilliertem Wasser. Als Ergebnis dieser Versuche fällt uns vor allem auf, daß starke Lösungen (1 Mol bis0'1 Mol) früher oder später nach starker Kontraktion infolge Wasserentzug den Tod des Plasmodiums hervorrufen. Bei schwächeren Konzentrationen unter 0:05 Mol treten charakteristische Schrumpfungen (Plasmorhyse) auf. Bei der Konzentration von ungefähr 0-01 Mol verhält sich das Plasmodium normal (plasmorhytische Grenzkonzentration). Von einer Beschleunigung der Strömung bei schwachen Konzentrationen kann hier keine Rede sein. Die Plasmaströmung wird in hypertonischen Konzentrationen immer verlangsamt und die Rhythmik wird gestört. Infolge des Wasserentzuges durch osmotisch wirksame Substanzen tritt nicht allein bei umhäuteten Protoplasten, sondern auch bei membranlosen Organismen eine Volumverminderung (vgl. Höber. c. p. 70 ff. und Botazzi (7), p. 217 bis 222) auf. Da es sich aber bei zellhautlosen Organismen um keine Ablösung von der Wand handelt, so hat Balbiani (2), der diese Erscheinung an Paramaecien studiert hat, vorgeschlagen, den Ausdruck »Plasmolyse« in diesem Falle zu vermeiden und anstatt dieses den Aus- druck »Plasmorhyse« ! zu gebrauchen. Ich schließe mich der Ansicht Balbianis an und werde auch im folgenden diese Erscheinung bei Plasmodien »Plasmorhyse« nennen. Balbiani hat für die Paramecien als plasmorhytische Grenzkonzentration eine Lösung von 0:3°/, Kochsalz gefunden und diese wirkt ebenso wie eine 0:3°%, KNO,-Lösung. Für die Plasmodien ist die plasmorhytische Grenzkonzentration viel niedriger, sie beträgt ungefähr !/,,, Mol-Lösung von KNO,. b) Versuche mit Kochsalz und Rohrzucker. Yasuda Atsuchi (22) hat für einige Infusorienarten festgestellt, daß isotonische Lösungen ver- schiedener Substanzen einen annähernd gleichen physiologischen Effekt haben und daß die toxische Wirkung derselben eine Funktion des osmotischen Druckes ist. Denselben Gedanken verfolgend, führte ich auch einige Versuche mit Kochsalz und Zuckerlösungen durch, die dieselben Resultate ergaben wie die Versuche mit KNO,. Die plasmorhytische Grenzkonzentration liegt bei zirka 0 01 Mol. Da die Werte sehr niedrig sind, zeigte sich keine wesentliche Differenz zwischen der Wirkung von Kochsalz und Zucker. 3. Über die Größe des Innendruckes der Plasmodien. Aus der gefundenen plasmorhytischen Grenzkonzentration kann man die Größe des gesamten Innendruckes im Plasmodien bestimmen. Eine 0:01 Mol-Lösung von Rohrzucker entspricht ungefähr dem Drucke von ?/,, Atmosphären. Von den Komponenten des Innendruckes dürfte der Quellungsdruck, dessen Größe aber bis jetzt nicht meßbar ist (Höber, p. 69), die Hauptrolle spielen und dann erst kommt die Größe des Zentraldruckes (Oberflächentension) und des osmotischen Druckes in Betracht. Es verhält sich das Plasmodium wie die embryonalen Zellen ohne größere Zellsafträume, bei denen osmotisch wirksame Substanzen im Plasma verteilt sind. Der Quellungsdruck arbeitet gegen den osmoti- schen Druck, indem er einerseits das Wasser mit großer Kraft festhält, anderseits dem Lösungsmittel das 1 Plasmorhysis — rhasu.o. und pvaos (Falte oder Schrumpfung). Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVLUI. Bd. 90 686 Dr. V. Vouk, Wasser entzieht, wodurch auch der relative kleine Wert des Innendruckes erklärbar ist. Über die Größe der Oberflächenspannung bei Pflanzenzellen sind wir erst in der neuesten Zeit durch die Untersuchungen von Czapek (12) orientiert und ich zweifle nicht daran, daß man die Czapek’sche Methode auch auf Plasmodien wird anwenden können. Durch die Ermittlung der plasmorhytischen Grenzkonzentration sind wir also zur Kenntnis des gesamten Innendruckes, man könnte sagen des Turgors der Plasmodien, der dem Drucke von zirka ?/,, einer Atmosphäre Gleichgewicht hält, gelangt. X. Zusammenfassung der Ergebnisse. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Bewegungserscheinungen der Plasmodien. Der erste Teil behandelt die Analyse der Rhythmik der Plasmaströmung, der zweite Teil hauptsächlich die Wirkungen von Reizen auf die Plasmaströmung. Die wichtigsten Resultate dieser Untersuchungen sind folgende: 1. II. IV. Die Bewegung der Plasmodien von Didymium nigripes Fr. ist ein rhythmischer Vorgang, der darin besteht, daß die Summe der progressiven und regressiven Stranddauer für eine bestimmte Entwick- lungsphase eine bestimmte Größe darstellt, die ich Rhythmusdauer genannt habe. Der progressive und regressive Strom deutet auf eine Polarität der Plasmodien hin, denn der progressive Strom ergießt sich immer in den Kopf des Plasmodiums und der regressive strömt gegen den Fuß. An jenem Ende des Plasmodiums, zu dem eine größere Menge des Plasmas sich ergießt, bildet sich auch der durch die Ausbreitung charakteristische Kopf des Plasmodiums. Das Plasmodium kann auch multipolar ausgebildet sein, wenn sich mehrere solche Köpfe mit einem gemeinsamen Fuß bilden. Die Form des Plasmodiums wird also durch die Plasma- bewegung bedingt. . Die jungen Plasmodien, nach Bruck »Plasmodiellen« genannt, bewegen sich amöboid. Diese amö- boide Bewegung der Plasmodiellen ist sehr träge und kann auch multipolar sein, was even- tuell auch die Teilung der Plasmodielle zur Folge haben kann. Die Plasmaströmung beginnt bei jungen Plasmodien mit kleiner ihnen amd längeren Zwischenpausen. Vor der Fruchtkörperbildung ist die Rhythmik zunächst kleineren Schwankungen unter- worfen und in späteren Stadien verschwindet sie gänzlich. Man sieht dann nur, wie das Plasma zu einigen Zentren, an denen knotenartige Anhäufungen entstehen, sich hinbewegt. Aus diesen Plasma- anhäufungen, welche makroskopisch als kleine weiße Flecken erscheinen, erheben sich dann die Fruchtkörper. Die Geschwindigkeit der Plasmaströmung ist eine ungleichmäßig beschleunigte, beziehungsweise verzögerte. Das Plasma nimmt, von dem Ruhezustand ausgehend, immer größere Geschwindigkeit an bis zur Hälfte des Weges und dann wieder ab bis zur neuen Ruhelage. Die größte Geschwindigkeit, die gemessen wurde, war 1'25 mmsec!- Der Weg, den das Plasma während einer Rhythmusdauer durchläuft oder die Amplitude der Rhythmik ist zunächst von der Größe des Plasmodiums abhängig. Je größer das Plasmodium, desto größer die Amplitude. Weiter ergeben sich folgende Gesetzmäßigkeiten: 1. Die Amplitude des progressiven Stromes (Ap> Ar), das heißt, die Zeitdauer der Bewe- gungist direkt proportional der Amplitude. 3 V. VI. vn. Bewegung der Plasmodien. 687 2. Die Geschwindigkeit ist umgekehrt proportional der Rhythmusdauer und 3. die Rhythmusdauer ist direkt proportional der Amplitude und umgekehrt pro- portional der Geschwindigkeit oder in die Formel gesetzt: A ci Sogar sehr kleine Lichtwechsel wirken auf die Plasmaströmung störend. Das ultraviolette Licht ist für die Plasmodien sehr schädlich. Schon kurze Zeit (1 Minute) nach der Bestrahlung mit Quarzglasquecksilberlicht folgt ein Stillstand der Bewegung in allen Strömen des Plasmodiums. Diesem Stillstand der Bewegung geht zunächst eine kolossale Steigerung der Stromgeschwindigkeit und auch eine charakteristische Kontraktion voraus. Nach weiterer Be- = strahlung folgt diesem Erregungsstadium eine Lähmung und nach 5 Minuten der Tod. Nebenbei wurde die Beobachtung gemacht, daß die Fruchtkörperbildung in der Dunkelheit etwas rascher vor sich geht, als im Lichte. Die Fruchtkörper von Dydimium nigripes Fr. werden im Dunkeln etwa 1 bis 2 Tage früher ausgebildet als im diffusen Tageslichte. Im Sonnenlichte werden nicht einmal Plasmodien gebildet. Es wurde auch untersucht, ob die Rhythmik der Plasmaströmung der Van t'Hoff’schen Temperatur- regel folgt. Es zeigte sich volle Übereinstimmung mit der R-G-T-Regel, und zwar wird die Stromgeschwindigkeit bei einer der Temperaturerhöhung von 10° um das doppelte, beziehungsweise dreifache erhöht und die Rhythmusdauer um dasselbe erniedrigt. Schon bei 5° C. geht das Plasmodium in den Zustand der Kältestarre und bei 35° C. in den Zustand der Wärmestarre über. Die Wärmestarre ist durch die Bewegungslosigkeit und starke Kontraktion (Klumpenbildung) und die Kältestarre durch die Bewegungslosig- keit und sehr schwache Kontraktion (Formbeibehaltung) charakterisiert. Die Schwerkraft übt wedergauf die Richtung noch aufdie Rhythmusdauer der Plas- modienbewegung einen Einfluß aus. Es wurde entgegen der Ansicht von Hofmeister und Rosanoff und in Übereinstimmung mit Schleicher, Jönnson und Stahl gezeigt, daß die Plas- modien von Didymium nigripes keine Geotaxis aufweisen. VII. Die Versuche mit Äther lehrten, daß kleine Mengen dieses Narkotikums auf die Plasmaströmung beschleunigend, beziehungsweise erregend und größere Mengen (5°/, Ätherwasser, 3:6Volum- prozent) lähmend wirken. Nach einem charakteristischen Nekrobiosezustand erfolgt bei starken Konzentrationen der Tod des Plasmodiums. Charakteristisch für die Narkose der Plasmodien sind die knotenartigen Anschwellungen der Stränge. Die Bewegung des Plasmas wird nach der Äthernarkose erst beim Absterben aufgehoben. Im Anschluß an die Untersuchungen von Molisch über den Einfluß des Tabakrauches auf die Pflanzen wurde auch das Verhalten der Plasmodien im Tabakrauch untersucht. Es konnte konstatiert werden, daß ein Zug des Tabakrauches einer Zigarette pro 140cm? Luftvolum auf die Plasmodien nicht tötend wirkt, aber stark störend. Es gehen die Plasmodien in den Zustand der maximalen Kontraktion über, indem sie sich zu Plasmaballen kontrahieren. Nach längerer Zeit (1 bis 2 Tagen) erholen sie sich wieder und breiten sich normal aus. Nikotindämpfe (einige Tropfen reines Nikotin in einer Petrischale von 150 cm’) wirken schädigend, sogar tötend auf die Plasmodien. Zunächst wird das Plasmodium stark vakuolisiert und wenn es sich in der Petrischale knapp über dem Nikotinschälchen befand, erfolgte bereits in 4 Stunden der Tod. Pyridin ist für Plasmodien ein sehr starkes Gift. Ein Tropfen unter die Petrischale gegeben bewirkt schon den Tod, 90% 688 Dr. W. Vonvk, Ebenso Ammoniak. Die Nekrobiose, hervorgerufen durch Ammoniak, ist charakterisiert durch die auffallende Vakuolisation und blasenartige Ketten; sie erfolgt noch in einer 1: 1.000 verdünnten Ammoniaklösung. In Ammoniaklösung 1: 10.000 tritt nur die Vakuolisation auf, die, wie bei Nikotin- vergiftung, als Wirkung der Alkaleszenz zu betrachten ist. IX. Schließlich wurden auch die osmotischen Reizwirkungen auf Plasmodien untersucht. Das Benetzen der Plasmodien mit destilliertem Wasser ruft eine eigentümliche Reaktion hervor, die sich in folgende Stadien gliedern läßt: 1. Momentaner Stillstand auf einige Sekunden. 2. Schwache Kontraktion und Störung der Rhythmik. 3. Phase der Expansion, das heißt Austreiben seitlicher Äste, und 4. Phase der zweiten Kontraktion, d. heißt, Einziehen seitlicher Ausstülpungen. Die ersten zwei Stadien, der momentane Stillstand und die darauffolgende Kontraktion sind die Folge der mechanischen Reizung, hervorgerufen durch das plötzliche Benetzen. Die darauffolgende Expansion und Kontraktion sind die Folge der osmotischen Reize. Die hypertonischen Lösungen von KNO,, NaCl und Zucker wirken in gleicher Weise. Die stärker konzentrierten Lösungen (bis 91 Mol.) wirken alle tötlich, indem durch den starken Wasserentzug eine überaus starke Kontraktion erfolgt. Die Nekrobiose in !/,, Molarlösung ist charakterisiert durch das Auf- treten einer schaumartigen Struktur. Die niederen Konzentrationen bis 1/,,, Mol. verlangsamen die Strom- geschwindigkeit und zerstören den Rhythmus. Außerdem zeigen sich die charakteristischen Schrumpfungen der Stränge, welche Erscheinung mit Balbiani als Plasmorhyse bezeichnet wird. Da sich in 1/,.. Mol. Lösungen keine Plasmorhyse zeigt, so ist diese Konzentration als beiläufig plasmorhytische Grenzkonzen- tration anzusehen. Durch die Auffindung-der plasmorhytischen Grenzkonzentration sind wir zur Kenntnis des gesamten Innendruckes — des Turgors — gelangt. Der Innendruck bei dem untersuchten Plasmodium beträgt etwa 2/,, einer Atmosphäre. Dieser verhältnismäßig kleine Druck erklärt sich durch das Entgegenwirken der wichtigsten Komponenten des Innendruckes, des Quellungdruckes und des osmotischen Druckes. 1) Bewegung der Plasmodien. 689 L.iteraturverzeichnis. Arthur J. C.: Movement of protoplasma in coenotic hyphae. Bot. Gaz., XXIV, 1897, p. 181, und Annals of Botany, 1897, Bd. 11, p. 493. Balbiani E. G.: Etudes sur l’action des sels sur les Infusoires. Archiv de Anat. microsc., Bd. 2 1898, p. 518. ) Baranetzki J.: Influence de la lumiere sur les plasmodia des myxomycetes. Memoir. de la soc. de sc. nat. de Cherbourg, 1876. De Bary A.: Die Mycetozoen (Schleimpilze). Leipzig 1864. Bokorny Th.: Einige vergleichende Versuche über das Verhalten von Pflanzen und niederen Tieren gegen basische Stoffe. 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Jena 1878, p. 71. Velten V.: Die Einwirkung der Temperatur auf die Protoplasmabewegung. Flora, 59, 1876. VerwornM.: Allgemeine Physiologie 1909, p. 380. Vouk V.: Untersuchungen über die Bewegung der Plasmodien, I. Teil. Die Rhythmik der Protoplasma- strömung. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, Bd. 119, 1910. Wortmann: Über Thermotropismus bei Plasmodien von Fuligo. Ber. d. deutsch. botan. Gesellsch, 1885, p. 117. Zopf W.: Die Pilztiere oder Schleimpilze. Breslau 1885. 692 Dr. V. Vouk, Bewegung der Plasmodien. Inhaltsverzeichnis. I. Einleitung nebst Bemerkungen über die Form der Plasmodien II. Beginn und Aufhören der Rhytmik 1. Die Bewegung der Plasmodiellen 2. Die Rhytmik vor der Fruchtbildung III. Die Geschwindigkeit der Protoplasmaströmung IV. Die Amplitude der Rhythmik . V. Der Einfluß des Lichtes auf die Protoplasmaströmung . 1. Der Lichtwechsel und die Rhytmik . 2. Versuche über den Einfluß der ultravioletten Strahlen auf die Plasmodien 3. Anhang über den Einfluß des Lichtes auf die Ausbildung der Fruchtkörper VI. Der Einfluß der Temperatur auf die Rhytmik 1. Die RGT-Regel und die Rhytmusdauer . 5 2. Die RGT-Regel und die Stromgeschwindigkeit . 3. Das Verhalten der Plasmodien bei extremen Temperaturen . 4. Die Ergebnisse der Temperaturversuche VII. Der Einfluß der Schwerkraft auf die Rhytmik und die Frage von der Geotaxis der Plasmodien 1. Wird die Plasmodienströmung von der Schwerkraft beeinflußt? 2. Die Frage über die Gentaxis der Plasmodien . VIII. Der Einfluß der Narkotika und einiger Gifte auf die Plasmodien . 1. Versuche mit Ätherdämpfen 2. Versuche mit Ätherwasser 3. Der Einfluß des Tabakrauches auf die Plasmodienbewegung 4. Versuch mit Nikotin 5. Versuche mit Pyridin 6. Versuche mit Ammoniak . IX. Das Verhalten der Plasmodien in hyper- und hypotonischen Flüssigkeiten 1. Das Verhalten der Plasmodien in Wasser . 2. Das Verhalten der Plasmodien in Kaliumnitrat-, Kochsalz- und Zuckerlösungen 3. Über die Größe des Innendruckes bei Plasmodien.. . . X. Zusammenfassung der Ergebnisse . Literaturübersicht Tafel ll . Der Kopf eines Plasmodiums. . Der Fuß eines Plasmodiums. . Eine Partie aus dem Kopfe eines Plasmodiums mit dem Hauptstrom. Vergr. 120f. . Ein Hauptstrom mit Nebenströmen. . Eine Partie aus dem mittleren Teile eines Plasmodiums. . Eine mittlere Partie eines Plasmodiums mit der charakteristischen Verzweigung der Stränge. Sämtliche Mikrophotographien (ausgenommen Fig. 3) bei 60facher Vergrößerung. . Fig. 5 Fig. [03 Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIM. 1 R HEINE) EN Baresll 11. >» 12. Tafel ll. « Beginn des Expansionsstadiums nach der Benetzung mit destiliertem Wasser. Fortschreitende Expansion und Bildung der Seıtensprosse. Maximale Expansion mit den Seitenästen. . Anomale Fruchtkörperbildung im Wasser. Sehr schwache Plasmorhysis in 0:01 Mol NaCl-Lösung. Plasmorhysis in 0:05 Mol KNO,-Lösung. Sämtliche Mikrophotographien bei 60facher Vergrößerung. Vouk, V.: Bewegung der Plasmodien. Karl: Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9 Fig. 10 Fig, 11 Fig, 12 Eichtdruck v. Max Jafle, Wien. Denkschriften d. kais, Akad. d. Wiss. math,-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIII. e2 IE ae A Mi Lun NDR a ne re en H Y N * 1 UNTERSUCHUN GEN ÜBER DIE SKELETTBILDUNGEN DER KIESELSCHWAMME VON ROBERT VON LENDENFELD. HERAUSGEGEBEN MIT EINER UNTERSTÜTZUNG AUS DEM LEGATE SCHOLZ. I. DIE MIKROSKLERE DER CAMINUS-ARTEN. Mit 6 Tafeln und 15 Textfiguren. VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 11. JULI 1912. Zu Anfang der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts fand ©. Schmidt an der dalmatinischen Küste, im Becken von Sebenico, einen Schwamm, für den er das Genus Caminus aufstellte und den er (1862, p. 48, Taf. 3, Fig. 27: Taf. 4, Fig. 6) als Caminus vulcani beschrieb. Von Skelettbildungen bemerkte er in diesem Schwamme zwei Arten: Sterraster in der Rinde und amphistrongyle Megasklere im Choanosom. Später hat W. J. Sollas diesen Schmidt'schen Schwamm nachuntersucht und im Jahre 1883 eine neue Beschreibung desselben veröffentlicht (1888, p. 241), aus welcher hervorgeht, daß derselbe außer den Sterrastern und Amphistrongylen auch Orthotriaene sowie große, wenigstrahlige Oxyaster und kleine, kugelige Skelettbildungen enthält. Im Jahre 1888 beschrieb Sollas auch eine andere, neue Art von Caminus aus der Gegend von Bahia unter dem Namen C. sphaeroconia (1888, p. 214, Taf. 27, Fig. 1 bis 22). Dieser Schwamm unterscheidet sich von C. vulcani durch den Besitz von großen Sphären, durch die viel geringere Größe der Sterraster und durch das Fehlen der Oxyaster. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts sind zur Spezies Caminus vulcani O. S. gehörige Spongien an drei verschiedenen Orten der mediterranen Küste gefunden worden. Topsent erhielt zahlreiche Stücke vom Cap l’Abeille bei Banyuls aus einer Tiefe von 30 bis 40 m; Vosmaer fand den Schwamm zwischen Neapel und Capri in einer Tiefe von 150 bis 200 m und Bucchich in der Bucht von Lesina. Ich selbst brachte hier, an der Küste von Lesina, einige Dutzend schöne Stücke aus geringer Tiefe mit dem Schlepp- netz herauf. ’ Im Jahre 1886 veröffentlichte Bucchich (1886, p. 3) eine Notiz über seinen Fund. Die beiden anderen oben genannten Autoren und ich haben ihr Caminus-Material im Jahre 1894 beschrieben (E. Topsent, 1894,..p. 319, Taf. 12, Fig. 2,3; Taf. 16, Fig. 7; Vosmaer, 1894, p. 276; v. Lendenfeld, 1894, p. 148, Taf. 1, Fig. 6; Taf. 2, Fig. 29; Taf. 3, Fig. 47; Taf. 8, Fig. 136 bis 142). Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. gi [o}} (No) NS R.v. Lendenfeld, Eine dritte Caminus-Art, von der Küste von Formosa (Tiefe 54 bis 80 »n) wurde 1898 von Lindgren (1898, p. 339, Taf. 17, Fig. 16; Taf. 20, Fig. 2 a bis e, c’) als C. chinensis beschrieben. Diese unterscheidet sich von C. sphaeroconia dadurch, daß sie Euaster besitzt und von €. vulcani dadurch, daß ihre Euaster kleiner sind, mehr Strahlen haben und nicht alle Oxyaster, sondern zum Teil auch Strongylaster sind. Im Jahre 1902 teilte Wilson (1902, p. 386) mit, daß in einer von ihm untersuchten, von der Küste von Portorico stammenden Spongiensammlung ein Exemplar von Caminus sphaeroconia Soll. enthalten ist, welches sich aber aurch etwas geringere Größe der Skeletteile von dem früher von Bahia beschriebenen Stücke unterscheidet. Ich (1903, p. 92) war geneigt, außer den drei Arten €. vulcani O.S., C. sphaeroconia Soll. und ©. chinensis Lindgren auch den von Carter (1876, p. 400, 401, Taf. 16, Fig. 46, 47) als Geodia megastrelle beschriebenen und von Sollas (1888, p. 248) ebenso benannten Schwamm zu Caminus zu stellen. Topsent (1911) hat aber nachgewiesen, daß derselbe nicht in dieses Genus gehört. Das Genus Caminus umfaßt gegenwärtig die drei angeführten Arten €. vnlcani, C. sphaeroconia und C. chinensis. Dieselben weichen in mancher Hinsicht von jenen der übrigen Gattungen der Familie Geodiae, zu der Caminus gehört, erheblich ab und weisen, namentlich in bezug auf ihre Microsclere, einige interessante, bisher noch nicht recht gewürdigte Besonderheiten auf. Es erschien mir daher wünschenswert, diese Spongien, namentlich ihre Mikrosklere, mit Hilfe der neuen Methoden, der frak- tionierten Sedimentation, der Mikrophotographie mit starken Linsen in gewöhnlichem und besonders in ultraviolettem Lichte, und der biometrischen Betrachtung der Aster einer erneuten Untersuchung zu unterziehen. Als Material zu dieser Untersuchung dienten mir: 1. mehrere von mir selbst in Lesina gesammelte Stücke von Caminus vulcani; 2. ein Teil des Typstückes von C. sphaeroconia aus der Sammlung des Britischen Museums in London, welches mir von HerrnR. Kirkpatrick, und 3. ein Teil eines Exemplares von ©. chinensis aus dem Zoologischen Museum der Universität Upsala, welches mir von Herrn G. Kolt- hoff zur Verfügung gestellt wurde. Ich spreche den Genannten meinen besten Dank für die Überlassung dieses Materials aus. Wie die früheren Angaben und meine neuerliche Untersuchung derselben zeigen, stimmen diese Spongien in bezug auf den Bau des Weichkörpers und die Anordnung der Skeletteile annähernd mit- einander überein. Bei allen durchzieht eine oder durchziehen mehrere weite, senkrecht emporsteigende Oscularröhren den massigen Körper, um oben mit großen, runden Osculis auszumünden. Die Dermal- membran (Taf. 1, Fig. 49 a) ist von zahlreichen kleinen, ausgedehnte Siebe bildenden Einströmungsporen durchbrochen. Die Einfuhrkanäle (Taf. 1, Fig. 49 b), die von den Poren eines und desselben Siebes herab- ziehen, vereinigen sich zu einem ziemlich weiten, die Rinde (Taf. 1, Fig. 47 b) radial durchsetzenden Haupteinfuhrkanal (Taf. 1, Fig. 47 c), welcher, an der unteren Rindengrenze durch einen Chonalsphinkter verengt, in einen kleinen Subcorticalraum mündet. Von den Subcorticalräumen geht das Kanalsystem des Choanosoms (Taf. 1, Fig. 47 d) aus. Dieses mündet schließlich in das Oscularrohr (in eine der Oscular- röhren) aus. In beträchtlichen Massen der Dermalmembran eingelagert und in großer Anzahl auch in den tieferen Teilen der Rinde und im Choanosom finden sich kleine kugelige, knollige oder mit abgerundeten Vor- ragungen ausgestattete Skelettbildungen, die Acanthosphäroide. Die starke, unter der Dermalmembran ausgebreitete Rinde ist von Sterrastermassen dicht erfüllt (Taf. 1, Fig. 47, 49 c). Sterraster-Jugendformen werden in größerer oder geringerer Anzahl im Choanosom angetroffen (Taf. 1, Fig. 47). Im Choanosom von Caminus sphaeroconia finden sich auch große Sphäre. Das Choanosom der beiden anderen Arten, ©. vulcani und C. chinensis, enthält Euaster, welche bei ersterem weniger zahlreich und auf gewisse kleine Partien in der Umgebung der Proximalteile der Oscularröhren beschränkt (Taf. 1, Fig. 48), bei letzteren häufiger und in allen Teilen des Choanosoms zerstreut zu sein scheinen. Das Cheanosom wird von losen Skelettbildung der Kieselschwämme. 695 Bündeln von amphistrongylen Megaskleren durchsetzt, welche zur Rinde emporziehen. Dicht unter der Rinde kommen bei allen Orthotriaene mit kurzen radialen Schäften und bei den Lesinaer Stücken von C. vulcani auch ähnliche Dichotriaene vor. Die beträchtliche Festigkeit des ganzen Schwammes beruht viel weniger auf den ziemlich kleinen und zarten rhabden und triaenen Megaskleren im Choanosom als auf dem mächtigen Sterrasterpanzer der diese Spongien nicht nur schützt, sondern auch stützt. In dieser Hinsicht verhalten sie sich ähnlich wie die Geodinella-Arten. Nach diesen einleitenden Bemerkungen will ich mich der Beschreibung der Euaster, Sterraster, Acanthosphäroide und Sphäre der drei Caminus-Arten zuwenden. Die Euaster. Euaster finden sich nur in ©. vulcani und €. chinensis. Die Euaster des ersteren sind durchwegs Oxyaster, jene des letzteren zum größeren Teile Oxyaster, zum geringeren Teile Strongylaster. Die Oxyaster von Caminus vulcani. (Taf. I, Fig. 35 bis 40, 48, 50 bis 70.) Diese Nadeln wurden von Sollas entdeckt. Er hat (1888, p. 242) jene des Schmidt'schen Original- stückes von Sebenico folgendermaßen beschrieben: »Oxyaster with but few slender actines which are sometimes not more than two in number, and thus indistinguishable Fig. 1. from centrotylote microxeas.« Er gibt die Länge eines Strahles eines triactinen Oxyasters mit 39 u, die Länge eines ganzen Diactins mit N | 79 an. Ich (1894, p. 149, Taf. 3, Fig. 47) habe diese Nadeln der > > Lesinaer Stücke wie folgt geschildert: »Die Oxyaster der Pulpa bestehen aus einem mehr oder weniger deutlich verdickten Zentrum, I 4 von welchem zwei bis sechs gerade und konische, scharfspitzige, 0:033 bis 0:043 mm lange, basal ungefähr 0 :002 mm dicke Strahlen abgehen. Bemerkenswert und charakteristisch für die Art sind die ziemlich häufigen zweistrahligen Formen, welche wie leicht ge- krümmte Amphioxe mit Zentralverdickung aussehen.« Meine da- malige Abbildung einiger dieser Nadeln ist in der nebenstehenden Oxyaster von Caminus vulcani O. Schmidt Fig. 1 wiedergegeben von Lesina. Vergr. 500. Nach R. v. Lenden- 2 k feld (1894, Taf. 3, Fig. 47 i bis n). Topsent (1894, p. 319, Taf. 16, Fig. 3 a) schildert die Oxyaster der Stücke von Banyuls folgendermaßen: »Oxyaster A actines peu nn nombreuses (deux a cing), lisses, et pointues, longues en moyenne de 40 u; quand il s’en develeppe deux seulement, l’aster resemble a un microxe centrotylote.« Seine Abbildung dieser Nadeln ist in der nebenstehenden Fig. 2 wiedergegeben. Bei den Stücken von Caminus vulcani von Neapel-Capri sind die Oxyaster nach Vosmaer (1894, p. 277) »Typically with smooth actines, sometimes with spined ones. They are not unfrequently re- duced to microxeas.« Meine jetzt mit Hilfe der neuen Methoden durchgeführte Unter- en le DR = NR u von Banyuls, Vergr. 340. Nach E. Topsent suchung der Oxyaster der Lesinaer Stücke von Caminus vulcani 1894, Taf. 12, Fig, 3 a). El“ 696 OR. v:’Lendenfeld, " hat ergeben, daß diese Nadeln ein bis sieben Strahlen und einen Maximaldurchmesser von 42 bis 100 u. haben. Die Dimensionen der Oxyaster mit verschiedener Strahlenzahl von Caminus vulcani aus Lesina sind aus folgender Tabelle zu entnehmen: Die Oxyaster mit 1 Strahl halten 56 bis 58 , durchschnittlich 57° 27Strahlenw > 70251009 » 83:1 3 » » 6AN293 » 78 4 » > 47 » 92 » 67 5 » » 42 » 87 » 593 6 » » 43 » 44 > 435 7 » » 43 » 73 » 6083 im größten Durchmesser. Die Tabelle zeigt, daß bei den zwei- bis sechsstrahligen Oxyastern die Größe (der Maximaldurch- messer) im umgekehrten Verhältnis zur Strahlenzahl steht. Das Zentrum der Nadel ist mehr oder weniger verdickt und hält 3 bis 8 im Durchmesser. Bei den ein- und zweistrahligen Oxyastern tritt diese Verdickung besonders deutlich hervor (Taf. I, Fig. 40, 50, 52, 65 bis 70). Die Strahlen sind am Grunde meist 2 bis. 3p dick und in der Regel einfach, völlig gerade, kegelförmig und scharf zugespitzt (Taf. I, Fig. 51, 52). Ausnahmsweise kommen Strahlen vor, die etwas geknickt erscheinen und an der Knickungsstelle einen nach rückwärts gerichteten geraden Aststrahl tragen (Taf. I, Fig. 59) oder verkürzt und zu einer kugeligen oder eiförmigen Masse verdickt sind (Taf. I, Fig. 57). Die meisten Oxyaster sind durchaus dornig (Taf. I, Fig. 50, 51). Die Dornen sind sehr klein, nach den 2000fach vergrößerten U. V. Mikrophotographien zu schließen, kaum mehr als 0:5 u lang. Einige Oxyaster scheinen völlig glatt und dornenlos zu sein (Taf. I, Fig. 52). Die Strahlen solcher sind besonders dünn, und es wäre wohl möglich, daß diese glatten Oxyaster Jugenformen der gewöhn- lichen dornigen sind. Die Anordnung der Strahlen ist zwar immer eine konzentrische, insofern aber oft eine unregel- mäßige, als sie sehr häufig nicht gleichmäßig im Raume verteilt sind: Zweistrahler, deren Strahlen einen Winkel von 180° miteinander einschließen, das heißt in einer geraden Linie liegen, also »gleichmäßig« im Raume verteilt sind, sind sehr selten. Gewöhnlich schließen die beiden Strahlen solcher Nadeln Winkel von 130 bis 160° ein, zuweilen (Taf. I, Fig. 70) übersteigt dieser Winkel kaum 90°. Die meisten von diesen diactinen Astern sehen daher wie weit geöffnete Zirkel aus. Auch bei den mehrstrahligen Oxy- astern sind die Zwischenstrahlenwinkel meist mehr oder weniger ungleich. Einen. besonders hohen Grad erreicht diese Unregelmäßigkeit in dem in Fig. 56 (auf Taf. I) abgebildeten Fünfstrahler. Die Euaster von Caminus chinensis. Diese Nadeln werden von Lindgren (1898, p. 339) folgendermaßen beschrieben: »Oxyaster choano- somal, 24 bis 32 im Durchmesser, davon der zentrale Teil 41. Stacheln 10 bis 15 an der Zahl. Zahlreich.« Lindgren’s Abbildung einer dieser Nadeln ist in der nachstehenden Fig. 3 wiedergegeben. Fig. 3. Oxyasier von Caminus chinensis Lindgren. Vergr. 250. Nach N. G. Lindgren (1898, Taf. 20, Fig. 2 e). Meine jetzt durchgeführte Nachuntersuchung dieser Nadeln hat ergeben, daß dieselben nicht durch- aus Oxyaster, sondern zum Teil auch Strongylaster sind. Die Oxyaster haben im allgemeinen eine bedeutendere Größe und weniger Strahlen als die Strongylaster. Obwohl die (größeren, wenigstrahligen) Skelettbildumg der: Kieselschwämme. 697: Oxyaster durch Übergangsformen mit den (kleineren, mehrstrahligen) Strongylastern verbunden sind, scheint es mir doch wünschenswert, diese beiden Euasterformen für sich zu beschreiben, weil die sie ver- bindenden Übergangsformen selten und die morphologischen Unterschiede zwischen beiden nicht un- beträchtlich sind. Die Oxyaster von Caminus chinensis. Taf. IV, Fig. 12, 13, 15 bis 21, 24, 34, 35, 37 a, 38a. Meine jetzt durchgeführte Nachuntersuchung hat ergeben, daß diese Nadeln fünf bis elf Strahlen haben und 20 bis 33 u im Durchmesser halten. Die Dimensionen der Oxyaster mit verschiedener Strahlen- zahl sind aus folgender Tabelle zu entnehmen: Die Oxyaster mit 5 Strahlen halten 331 w, durchschnittlich 33 u. 6 » » 25 bis 29 » 27 \ 7 > 26 32 » 28:3 8 » >23 31 27 9 > 22 » 31 » 26-2 10 Oil 24:9 11 » 321 32 im größten Durchmesser. Die Tabelle zeigt, daß die Oxyaster mit verschiedener Strahlenzahl’in bezug auf ihre Größe nicht wesentlich voneinander abweichen und eine Abnahme ihrer Größe mit zunehmender Strahlenzahl nur schwach angedeutet ist. Die Oxyaster bestehen aus einer kugeligen, 3 bis 6:5 im Durchmesser haltenden Zentralverdickung. von welcher die konzentrisch angeordneten und im Raume ziemlich gleichmäßig verteilten Strahlen abgehen. Die Strahlen derselben Nadel pflegen annähernd gleich groß zu sein. Sie sind am Grunde ungefähr 2 u dick. Ihre Grundteile stoßen so aneinander, daß kein Raum zwischen denselben übrig.bleibt und die Oberfläche der Zentralverdickung nirgends frei ist. Die Strahlen sind gerade und im ganzen kegelförmig, es nimmt ihre Dicke von der Basis zur Spitze jedoch nicht stetig, sondern im Grundteil lang- samer als im Endteil ab. Die proximale Hälfte der Strahlen pflegt ganz glatt zu sein, während die distale Hälfte Dornen trägt. Die meisten dieser Dornen sind sehr klein, wohl nicht mehr als 0:5 u lang. Gewöhn- lich kommen auch einige größere Dornen vor, welche nicht selten einen losen, unregelmäßigen Wirtel dicht unterhalb der Spitze bilden, was den betreffenden Strahlen einen einigermaßen acanthtylen Charakter verleiht. Die Strongylaster von Caminus chinensis. Taf. IV, Fig. 11, 14, 22, 23, 33, 36, 37 b, 38 b. Meine jetzt durchgeführte Nachuntersuchung hat ergeben, daß diese Nadeln aus einer kugeligen Zentralverdickung bestehen, von welcher 12 bis 18 Strahlen abgehen, und daß sie 14 bis 241 im Gesamt- durchmesser halten. Die Dimensionen -der Strongylaster mit verschiedener Strahlenzahl sind aus folgender Tabelle ersichtlich: 1 Von diesen Astern habe ich ihrer Seltenheit wegen nur je einen messen können, 598 R. v. Lemdenfeld, Die Strongylaster mit 12 Strahlen halten 17 bis 21 p, durchschnittlich 19:7 u. 13° h8> > 221 > 22 all 5 > 191 > 19 I » 21 bis 22 > 21-3 16 » len >21 > 18:2 I 3 ld > 16:3 ls > 191 > 19 im größten Durchmesser. Die Tabelle zeigt, daß bei diesen Nadeln von einer Größenabnahme mit zunehmender Strahlenzahj kaum die Rede sein kann, Das verdickte Zentrum hält 4 bis 8 im Durchmesser. Die Strahlen sind am Grunde meist 2:5 bis 3 u dick. Ihre Grundteile stehen nicht ganz dicht beisammen, so daß zwischen denselben Teile der Ober- fläche der Zentralverdickung sichtbar sind. Die Strahlen derselben Nadel sind ungefähr gleich groß. Die Strahlen sind gerade, kegelstutzartig und am Ende breit abgerundet oder plötzlich zu einer stumpfen Spitze verschmälert. Die Grundteile der Strahlen sowie die freien Teile der Oberfläche der Zentral- verdickung sind glatt. Die Endteile der Strahlen tragen kleirıe Dornen und zuweilen auch einzelne, breite, abgerundete Vorragungen. Die Sterraster. n Sterraster kommen bei allen drei Caminus-Arten vor. Die Sterraster von Caminus vulcani. Taf. I, Fig. 44, 49 c; Taf. II, Fig. 1 bis 11; Taf. 3, Fig. 1 bis 8. OÖ. Schmidt (1862, p. 49) beschreibt die Sterraster-Jugendformen seiner Stücke von Sebenico als kugelige Körper mit einem zellenartigen Zentrum, von dem allseitig dünne, spitze Stacheln abstehen. Die Oberfläche der ausgebildeten Sterraster sieht aus »wie macadamisiert, indem statt der ursprünglichen langen Stacheln nur kurze prismatische Fortsätze übrig geblieben. Die meisten Kugeln haben eine Art von Nabel. Sie sind durch und durch solid und spalten in der Richtung der Stacheln und prismatischen Fortsätze, von denen aus man eine zentrische Streifung bemerkt.« Seine bezüglichen Abbildungen sind in der nachstehenden Fig. 4 wiedergegeben. Fig. 4. Sterraster von Caminus vulcani ©. Schmidt von Sebenico. Vergr. 185. Nach OÖ. Schmidt (1862, Taf. 3, Fig. 27 abis d: A Die nabeltragende Seite eines ausgebildeten Sterrasters; B Oberflächliches Bruchstück eines ausgebildeten Sterrasters; C ein junger Sterraster; D oberflächliches Bruchstück eines noch nicht ganz ausgebildeten Sterrasters.) Sollas (1888, p. 242) sagt über die Sterraster des Schmidt’schen Originalexemplars von Sebenico. ‚Sterraster spherical, depressed; 0:10 mm in diameter«. 1 Nur einen gefunden und gemessen, Skelettbildung der Kieselschwämme. 699 Ich selbst (1894, p. 149) beschrieb die Sterraster der Lesinaer Stücke als 120 u lange, 110 u breite und 83 u dicke Sphäroide mit einem in der Mitte einer Breitseite liegenden, 30 u. breiten und 20 p. tiefen Nabel. Meine damaligen Abbildungen derselben sind in der nachstehenden Fig. 5 wiedergegeben. Topsent (1894, p. 319) beschrieb die Sterraster der Stücke von Banyuls als »formees d’actines a epines faibles, souvent nulles, elles sont ellipsoides et mesurent 105 a 115 1 de longueur et 85 a SS y. de largeur«. Seine Abbildung eines Sterrasters ist in der nachstehenden Fig. 6 wiedergegeben. Vosmaer (1894, p. 277) sagt von den Sterrastern der von ihm untersuchten Stücke von Neapel- Capri nur, sie seien »rather large«. In meiner Bearbeitung der Tetraxoniden fürs Tierreich gab ich (1903, p. 93) folgende Maße für die Sterrasterven Caminus vulcani an: Länge 105 bis 115 w, Breite 110 u, Dicke 83 bis 88 u. Meine jetzt durchgeführte Untersuchung der Lesinaer Stücke von Caminnus wulcani hat gezeigt, daß zahlreiche, 30 bis 60 u im Durchmesser haltende Sterraster-Jugendformen im Choanosom vorkommen. Die kleineren (jüngeren) von diesen (Taf. Il, Fig. 9, 10) bestehen aus kugeligen Gruppen ungemein feiner, wohl noch unter 0:51. dicker, scharfspitziger, konzentrischer Strahlen. Die meisten von diesen Nadeln sind einfach. Manche (Taf. II, Fig. 9) haben zwei Zentren und sehen wie Zwillingsbildungen aus. In älteren Stadien (Taf. II, Fig. 11) findet man die Strahlengrundteile verdickt und zu einer kompakten Zentralmasse verschmolzen, von deren Oberfläche die Strahlenendteile frei aufragen. Schon in diesem Stadium ist der Nabel als eine leichte Einsenkung, welcher die Strahlen aus- weichen, deutlich zu erkennen. Die ausgebildeten Sterraster sind breite, etwas abgeplattete Ellipsoide, die nur unbedeutend von der Kugelgestalt abweichen. Sie sind 97 bis 116 1 lang, 94 bis 105 breit und 78 bis 95 u. dick. Das Verhältnis Länge : Breite : Dicke ist 100.:87 bis 98:74 bis 95, durchschnittlich 100: 92:82. Abgesehen von der etwas unregel- mäßig gestalteten, meist 14 bis 20 u im Durchmesser haltenden Nabeleinsenkung ist die Oberfläche gleichmäßig bedeckt mit den Sterraster von Caminus vulcani OÖ. Schmidt von Lesina. Vergr. 500. Nach R. v. Lenden- frei vorragenden Endteilen jener proximal verschmolzenen Strahlen, reid (1894, Taf. 3, Fig. 47 h, h': A Ansicht der woraus der ganze Sterraster besteht. nabeltragenden Seite; B Querschnitt). Die Nabeleinsenkung (Taf. II, Fig. 1 bis 4, 7, 8; Taf. Ill, Fig. 1 | bis 4) ist kegelförmig und ungefähr ebenso tief als breit. Ihre a Seitenwände werden von weniger weit hinauf verschmolzenen und stärker divergierenden, dornigen Strahlen gebildet. Die in allen übrigen Teilen der Oberfläche (Taf. II, Fig. 1 bis 8; Taf. III, Fig. 1 bis 8) frei vorragenden Strahlenenden sind meist 2 bis 35 u. i - 7 „ brei Spalträume voneinander getrennt. Er: £ : breit und durch etwa I he breite SP < de > Sterraster von Caminus vulcani OÖ. Schmidt Sie sind terminal quer abgestutzt und tragen am Rande ihrer un- \on Banyuls. Vergr. 185. Nach E. Topsent regelmäßig abgerundet-polygonalen Endfläche sowie auf der End- (1894, Taf. 12, Fig. 3 s). fläche selbst Dornen. Die Randdornen sind zur Strahlenachse steil und stehen seitlich schief ab; die End- dornen sind der Strahlachse mehr gleich gerichtet und ragen mehr oder weniger radial von der Endfläche empor. Die Dornen sind bis I u lang und entweder einfach und regelmäßig, dick kegelförmig oder unregel- mäßig, terminal, in zwei oder noch mehr Enddörnchen zerteilt. Namentlich kommen in der Umgebung der Nabeleinsenkung häufig solche terminal verzweigte Dornen vor (Taf. Ill, Fig. 2). 700 vu. Deindenfeld; Die Sterraster von Caminus chinensis. Taf. IV, Fig. 26 bis 32. Lindgren (1898, p. 339) gibt die Dimensionen der Sterraster dieses Schwammes folgendermaßen an: Länge 136 u, Breite 1081 und Dicke 90 y. Seine Abbildung derselben ist in der nebenstehenden Fig. 7 wiedergegeben. Die jetzt von mir durchgeführte Nachuntersuchung des Lindgren’schen Materials von Caminus chinensis hat ergeben, daß die Sterraster dieses Schwammes beträchtlich abgeplattete Ellipsoide sind. Sie sind 114 bis 128 x lang, 94 bis 107 breit und 84 bis 98 u dick. Das Ver- hältnis Länge: Breite: Dicke ist 100:77 bis: 88::67 bis 84, durchschnittlich 100:84:73. Die Nabeleinsenkung (Taf. IV, Fig. 26 bis 29, 32) istrundlich oder oval und etwa 20 u breit. Die alle übrigen Teile der Sterrasteroberfläche bedeckenden freien Strahlenenden sind abgestutzt. Ihre Endflächen sind meist unregelmäßig polygonal und am Rande sowohl als in der:Mitte mit Dornen besetzt. Die End- flächen der die Nabeleinsenkung begrenzenden Strahlen sind in einer zu dieser radialen Richtung in die Länge gestreckt und größer, die Endflächen der übrigen nicht langgestreckt und kleiner. Die ersteren sind meist 4 bis 5 u lang und 3 ı. breit, die letzteren 2:5 bis 3 breit. Die Spalten zwischen benachbarten Strahlen- B Sterraster von Caminus enden sind ungefähr 1 u breit. chinensis Lindgren. Vergr. 250. Nach N. G. Lindgren (1898, Taf. 20, Fig. 2 0,0 Die Sterraster von Caminus sphaeroconia. A Ansicht der dem Nabel Taf. V, Fig. 39 bis 67; Taf. VI, Fig. 1 bis 11. gegenüberliegenden Seite; - B Ansicht der nabeltragenden Sollas (1888, p. 215, Taf. 27, Fig. 5) beschreibt die Sterraster von Caminus Seite). sphaeroconia folgendermaßen: »small, spherical, the ends ofthe actines granulated, diameter 0'0553 amın.« Seine Abbildung dieser Sterraster istin der nebenstehenden a Fig. 8 wiedergegeben. Meine jetzt durchgeführte Nachuntersuchung dieses Schwammes hat gezeigt, daß hier ebenso wie bei den Lesinaer Stücken von Caminus vnlcani zahlreiche Sterraster-Jugendformen im Choanosom vorkommen. Zu den jüngsten von diesen gehören die 28, beziehungsweise 321 im Durchmesser haltenden, ar Sterraster von Caminus sphae- roconia Sollas. Vergr. 125. Nach W. J. Sollas (1888, Taf. 27, Fig. 5). welche ich in. den Fig. 52 und 53 auf Taf. V und den Fig. 1 bis 3 auf Taf. VI abgebildet habe. Diese jungen Nadeln bestehen aus einer großen Zahl kon- zentrischer, gleich großer, sehr dünner und distal in feine Spitzen auslaufender Strahlen, welche proximal verdickt erscheinen und deren Grundteile zu einer kompakten Zentralkugel von 13, beziehungsweise 17 Durchmesser verschmolzen sind. In den Fig. 54 bis 63 auf Taf. V sind weitere Stadien der Entwicklung dieser Nadeln abgebildet, welche, der Reihe nach nebeneinandergestellt, eine Vorstellungvon demModus des Sterrasterwachstums ermöglichen. Zunächst (Taf. V,Fig. 54, 55) wachsen die einzelnen Strahlen durch Appo- sition weiterer Kieselschichten in die Länge sowohl als auch in die Dicke. Das Längenwachstum führt zu einer Vergrößerung der ganzen Nadel (Taf. V, 54,55), das Dickenwachstum zu einem distalen Fortschreiten der Verwachsung der Strahlengrundteile und damit zu einer Vergrößerung der kompakten Zentralkugel. Der Gesamtdurchmesser nimmt rascher als der Durchmesser des kompakten Zentralteiles an Größe zu und es wird die volle Größe des ausgebildeten Sterrasters erreicht, lange bevor die Strahlenverschmelzung bis zu dem bei ausgebildeten Sterrastern beobachteten Grad vorgeschritten ist (Taf. V, Fig. 56, 57). Hieraus ergibt sich, daß das Längenwachstum der Strahlen beträchtlich schneller erfolgt als ihr Dickenwachstum. Das Weiterschreiten des Dickenwachstums der Strahlen führt dann dazu, daß 1. die kompakte Zentralmasse größer wird (Taf. V, Fig.58, 59) und 2. die nun dornartig über die Oberfläche der kompakten Zentralmasse vorragenden Strahlenenden verdickt werden. Zunächst (Taf. V, Fig. 58, 59) erscheinen-diese noch als zwar Skelettbildung der Kieselschwämme. 701 stumpfe, aber doch recht schlanke Kegel, später (Taf. V, Fig. 60, 61) werden sie breiter und mehr abgerundet, schließlich (Taf. V, Fig. 62, 63) völlig zylindrisch. Die in diesem Stadium noch abgerundete Terminalfläche wird zu einer Ebene, von deren Rand und,auch von deren Innenteil kleine dornartige Fortsätze emporwachsen, womit der Sterraster seine volle Ausbildung erlangt. Die ausgebildeten Sterraster (Taf. V, Fig. 39 bis 51, 64 bis 67; Taf. VI, Fig. 4 bis 11) von Caminus sphaeroconia sind wohl auch abgeplattete Ellipsoide, aber nur sehr wenig länger als breit und nur sehr wenig breiter als dick. Ihre Dimensionen sind: Länge 50 bis 59, Breite 48 bis 57 ı. und Dicke 46 bis 53 1. Das Verhältnis Länge : Breite : Dicke ist 100: 90 bis 98:88 bis 95, durchschnittlich 100: 96 : 92. Die Nabeleinsenkung liegt in der Mitte einer der Breitseiten und ist etwa 12 breit. Die freien terminal abgestutzten und dornbedeckten distalen Strahlenenden, welche alle übrigen Teile der Oberfläche bedecken, sind meist 2 bis 3y breit und stehen sehr dicht: die sie trennenden spaltförmigen Räume sind schmal, häufig weit unter I y breit. Die dorntragenden Terminalflächen der Strahlen sind rundlich bis unregelmäßig polygonal und tragen außer den schief seitlich abstehenden Randdornen auffallend viele der Strahlenachse mehr oder weniger parallele, radial aufragende Dornen in ihren inneren Teilen. Die Dornen sind klein und erscheinen oft sehr unregelmäßig (Taf. VI, Fig. 8 bis 11). Man gewinnt den Ein- druck, daß das, was man für einzelne Dornen hält, in Wirklichkeit Gruppen von zwei, drei oder mehr kleinsten, am Grunde miteinander verschmolzenen Einzeldornen sein könnten. Die Acanthosphäroide. Acanthosphäroide kommen bei allen drei Caminus-Arten vor. Die Acanthosphäroide von Caminus vulcani. Taf. I, Fig. 1 bis 34, 42 bis 46. Die Acanthosphäroide des Schmidt'schen Caminus vulcani von Sebenico wurden zuerst von Sollas (1888, p. 242) beschrieben. Er nennt sie »spherules« und gibt an, daß sie 39 im Durchmesser halten. An anderer Stelle (1888, p. 218) gebraucht er für diese Nadel den Namen Fig. 9. »globule« und bemerkt, daß sie »frequently produced into a little rounded z 298 HR Ad process on one side« ist. ee Die Acanthosphäroide von Caminus vulcani von Lesina fand ich (1894, Acanthosphäroide von p. 149) teils kugelig, teils unregelmäßig. Die kugeligen nannte ich »Sphäre« RES REN { h er h A r von Lesina. Vergr. 500. Nach und beschrieb sie als »Kieselkörper von etwas unregelmäßiger Kugelgestalt von x. y. Lendenfeld (1894, 0:003 bis 0:006 mm Durchmesser«. Die unregelmäßigen nannte ich »Mikro- Taf. 3, Fig. 47 a bis g). desme« und beschrieb sie als »Kieselklumpen mit unregelmäßigen, abgerundeten Fig. 10. Auswüchsen und 0:004 bis 0:006 mm Durchmesser«. Ich fügte damals dieser = Beschreibung hinzu, daß die regelmäßigen Sphären durch Übergangsformen mi = den Mikrodesmen verbunden seien. Die Abbildung, die ich damals von diesen ES B : R Acanthosphäroide von 'S ‚® ; Ä Nadeln gab, ist in der vorstehenden Fig. 9 wiedergegeben en: Topsent (1894, p. 319) hat auch in den von ihm untersuchten Stücken von Banyuls. Vergr. 340. Nach von Caminus vulcani von Banyuls Acanthosphäroide gefunden. Er nennt sie E- Topsent (1894, Taf. 12, »spherules« und beschreibt sie, wie folgt: »atteignant a peine 4 u de diametre Me “et orn&ees de petites tuberosites qui les designent comme des spherasters A rayons atrophies«. Seine Abbildung dieser Nadeln ist in der nebenstehenden Fig. 10 wiedergegeben. Vosmaer (1894, p. 277) hat die Acanthosphäroide der von ihm zwischen Neapel und Capri gefundenen Stücke von Caminus vulcani »spherule« genannt und er sagt von ihnen, daß sie »small, almost lıke those of Isops« seien. In derselben Arbeit sagt er (1894, p. 274) bezüglich dieser Nadeln von /sops Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXX VII. Bd. 92 702 R.v. Lendenfeld, maculosus, auf welche sich wohl jener Hinweis beziehen dürfte, diese wären »with short tubercules« besetzt und »irregularlysphaerical«. In meiner Bearbeitung der Tetraxoniden für das Tierreich nannte ich (1903, p. 93) ebenso wie früher (1894) die kugeligen Acanthosphäroide von Caminus vnlcani »Sphäre«, die unregelmäßigen aber, die ich 1894 als «Mikrodesme« beschrieben hatte, » Ataxaster«. Das Ergebnis meiner jetzt durchgeführten Untersuchung dieser Skelettteile des Caminus vulcani von Lesina ist folgendes: Sie sind kugelige, knollige oder mit einem oder zwei kurzen und dicken, terminal abgerundeten Fort- sätzen ausgestattete Kieselkörper von 1'9 bis 6°3 1, durchschnittlich 4:2 u Maximaldurchmesser. Am häufigsten sind die mehr oder weniger kugeligen Formen (Taf. I, Fig. 1 bis 25), seltener die mit Fortsätzen ausgestatteten (Taf. I, Fig. 26 bis 34, 45, 46). Die Fortsätze der letzteren sind 1'3 bis 2:5 w lang und 0:7 bis 1’Sp dick. Die ganze Nadel ist ziemlich dicht mit niederen, meist wohl unter 0:5 1 langen, wie es scheint, relativ ziemlich breiten Dornen besetzt. Von einer inneren Struktur, besonders von Achsenfäden in den Fortsätzen konnte ich nichts wahrnehmen. Die Acanthosphäroide von Caminus chinensis. Taf. 1V, Fig. 1 bis 10. Lindgren (1898, p. 340) nennt die Acanthosphäroide von Caminus chinensis »Sphaerulae« und sagt von ihnen, daß sie 2 bis 5 groß. seien. Seine Abbildung derselben ist in der nachstehenden Fig. 11 wiedergegeben. In meiner Bearbeitung der Tetraxoniden fürs Tierreich habe ich (1903, p. 93) diese Nadeln »Sphäre« genannt. Meine jetzt durchgeführte Nachuntersuchung dieser Nadeln hat ergeben, daß sie ebenso mit Fig. 11. kleinen Dornen dicht besetzt sind wie die Acanthosphäroide von Caminus vulcani, daß sie aber insofern von den letzteren abweichen, als sie durchwegs Ne a .. . . ” ar . ” © kugelförmig und etwas kleiner sind. Ihr Durchmesser beträgt 3 bis 4:5 u, im EEOSDITOEENEN CLRD Durchschnitt 3°7 u. Eine innere Struktur konnte in diesen Nadeln ebenso- chinensis Lindgren. Vergr. : erg: rd G 5 1 R 5 250. Nach N. G. Lindgren Wenig wie in den Acanthosphäroiden von Caminus vulcani nachgewiesen (1898, Taf. 20, Fig. 2 d). werden. Die Acanthosphäroide von Caminus sphaeroconia. Taf. V, Fig. 1 bis 24. Sollas nennt diese Nadel an einer Stelle (1888, p. 215) »spherule« und beschreibt sie als »a minute sphere with a smooth surface, 0:00395 mm in diameter«. An einer anderen Stelle (1888, p. 218) benützte er für sie den Ausdruck »globule« und sagt, daß sie ebenso groß wie das Acanthosphäroid von Caminus vulcani sei. Seine Abbildung dieser Nadel ist in der nachstehenden Fig. 12 wiedergegeben. In meiner Bearbeitung der Tetraxoniden für das »Tierreich« habe ich en (1903, p. 92) diese Nadeln »Sphäre« genannt. ® Meine jetzt durchgeführte Nachuntersuchung der Acanthosphäroide von ES Caminus sphaeroconia hat gezeigt, daß diese Kieselbildungen meist kugelig, Acanthosphäroidevon Caminus seltener knollenförmig und stets mit kleinen Dornen dicht bedeckt sind. Sie sphaeroconia Sollas. Vergr. halten 3-1 bis 5°1 a, durchschnittlich 3:8 u im Durchmesser. 430. Nach W.J. Sollas (1383, Taf. 27, Fig. 6). Von einer inneren Struktur konnte ich auch bei diesen Nadeln nichts wahrnehmen. Skelettbildung der Kieselschwämme. 703 Die großen Sphäre Diese Nadeln kommen nur bei Caminus sphaeroconia vor. Die großen Sphäre von Caminus sphaeroconia. Taf. V, Fig. 25 bis 29, 31 bis 38. Sollas (1888, p. 21) beschreibt die großen Sphäre von Caminus sphaeroconia als »large globules, which sometimes occur singly, sometimes united together, two or three at a time. These show concentric rings of growth surrounding a central core of substance of the same character as the axial fibre of actinal spicules«. Seine Abbildung dieser Nadeln ist in der nachstehenden Fig. 13 wiedergegeben. Meine jetzt durchgeführte Nachuntersuchung dieser Nadeln führte zu folgendem Ergebnis: Zerstreut im Choanosom finden sich teils als einfache Kugeln, teils als Gruppen von zwei bis drei verwachsenen Kugeln erscheinende Skelettbildungen mit vollkommen glatter Oberfläche. Die einfachen Kugeln (Taf. V, Fig. 25, 26, 28, 29, 36 bis 38) halten 10 bis 46 w im Durchmesser und bestehen (Taf. V, Fig. 25, 26) aus einem Kern, welcher von Kieselmasse umgeben ist. Der Kern ist unregelmäßig, abgerundet polyedrisch, hält etwa 4 im Durchmesser und bestebt aus einer etwas granulösen Substanz. Die ihn um- gebende Kieselmasse weist eine deutliche konzentrische Schichtung auf, welche zeigt, daß die nach- einander abgelagerten Kieselschichten, aus denen sie zusammengesetzt ist, nicht von durchaus gleichem Brechungsindex waren. Ich vermute, daß die Differenzen derselben Differenzen ihres Wassergehaltes sind. Öfter scheinen zwei oder drei Kerne, auf denen dann Kieselschichten apponiert wurden und die so zu Sphären heranwuchsen, dicht beisammen gelegen zu sein, was zur Bildung von Zwillings- (Taf. V, Fig. 27, 32, 33, 34), beziehungsweise Drillingssphären (Taf. V, Fig. 31) führte. Lagen zwei solche Kerne Fig. 13. Große Sphäre und Aggregate von solchen von Caminus sphaeroconia Sollas. Vergr. 430. Nach W.J. Sollas (1888, Taf. 27, Fig. 7 bis 9). sehr nahe beisammen, so kamen kurz ovale Bildungen (Taf. V, Fig. 27, 34) zustande, deren Länge die Breite nur um weniges übertrifft und in denen keine deutliche Grenze zwischen den beiden Einzelsphären, aus denen sie bestehen, wahrzunehmen ist. Waren aber die Kerne weiter voneinander entfernt, so ist die Zusammensetzung des Zwillings aus zwei Einzelsphären durch das Überwiegen der Länge über die Breite, durch eine leichte Einschnürung und durch das Vorhandensein einer im optischen Durchschnitt als Linie erscheinenden Trennungsfläche an der Grenze zwischen beiden deutlich gekennzeichnet (Taf. V, Fig. 32, 33). Die seltenen Drillinge weisen dieselben Merkmale wie diese Zwillinge mit entfernteren Kernen auf (Taf. V, Fig. 31). In allen Fällen geht die Konzentrische Schichtung um die einzelnen Kerne gleich- mäßig über beide, beziehungsweise über alle drei zu Zwillingen, beziehungsweise zu Drillingen vereinten Einzelsphäre hinweg. s Es kommen Übergänge zwischen diesen Sphären und den megascleren Stabnadeln vor, welche zum Teil als sehr stark verkürzte, an beiden Enden abgerundete Rhabde erscheinen, und es bilden gewöhnliche Sphäre auch Zwillinge mit solchen stark verkürzten Rhabden. Eine derartige Bildung ist in Fig. 30 auf Taf. V abgebildet. Die von Sollas (1888, p. 217) erwähnten Tylestzonzyie sind auch als Übergangsformen zwischen den Sphären und den Rhabden anzusehen. 92: 704 R.v. Lendenfeld, Ergebnisse. A. Methodologische. Ein Vergleich der früheren in den Textfig. 1 bis 13 wiedergegebenen Abbildungen der Caminus- Microsclere mit den jetzt von mir hergestellten, auf den Taf. I bis VI mechanisch reproduzierten Mikro- photographien dieser Nadeln bringt die große Überlegenheit der photographischen über die zeichnerische Abbildungsart solcher Objekte deutlich zum Ausdruck. Weiterhin zeigt ein Vergleich der mit dem 280 py. Magnesiumfunkenlicht und den monochromatischen Quarzlinsenkombinationen hergestellten Photographien mit den mit gewöhnlichem (Nernstlampen-) Licht und der homogenen Immersion hergestellten die Über- legenheit jener über diese in allen den Fällen, wo es auf die feinsten, mit Hilfe von Lichtwellen überhaupt noch darstellbaren Gestaltungen ankommt. Mit Hilfe meiner Methode (1904, p. 24) der fraktionierten Sedimentation der durch Salpetersäure isolierten Nadeln können leicht mikroskopische Präparate hergestellt werden, welche sehr zahlreiche Nadeln derselben Kategorie und wenig anderes enthalten. Indem man dann in der von mir (1911, p. 27) kürzlich beschriebenen Weise entsprechend vergrößerte Bilder dieser Nadeln mittels Spiegel von hinten her auf eine große Mattscheibe projiziert, kann man ohne allzu große Mühe und ohne allzu großen Zeitaufwand größere Serien derselben sehr präzis ausmessen und so nicht nur die Dimensionen selbst genau bestimmen, sondern auch zu biometrischen Untersuchungen hinreichend exakte und hinreichend zahlreiche Einzelmessungen herstellen. Wenn die jetzt von mir gegebenen Maße die früheren an Genauigkeit übertreffen und wenn ich aus meinen Maßen jetzt neue biometrische Schlüsse habe ziehen können, so verdanke ich das der Anwendung jener Methoden. B. Sachliche. I. Die Nadeln betreffende. 1. Die Euaster. Euaster finden sich bei Caminus vnlcani und C. chinensis, sie fehlen aber bei C. sphaeroconia. a) Spezielles. Die zweistrahligen Oxyaster von Caminus vulcani von Sebenico sind nach Sollas (1888, p. 242) 79. lang, während ich diese Nadeln bei den Lesinaer Stücken 77 bis 100, durchschnittlich 88:1 y lang gefunden habe. Die Oxyaster von Caminus vulcani von Lesina haben, nicht wie früher von mir (1894, p. 149), angegeben, zwei bis sechs, sondern ein bis sieben Strahjen. Diese sind basal nicht 2, sondern 2 bis 3 u dick. Die Grenzen ihrer Größenvariation sind weitere, als früher angegeben wurde. Die Oxyaster von Caminus vulcani von Banyuls haben nach Topsent (1894, p. 3:9) zwei bis fünf glatte Strahlen, während ich, wie oben erwähnt, jetzt finde, daß diese Nadeln bei den Lesinaer Stücken ein bis sieben in ihren distalen Teilen meistens dornige Strahlen haben. Nach Vosmaer (1884, p. 277) sind die Oxyasterstrahlen des Caminus vulcani aus Neapel-Capri meistens glatt, zuweilen dornig, während ich jetzt finde, daß die Strahlen der Oxyaster der Lesinastücke meistens dornig sind. ! Die Details der Dornelung der Oxyaster, die Dimensionen der Zentralverdickung, die Stellung der Strahlen und die Beziehungen zwischen Strahlenzahl und Größe werden hier zuerst erörtert. Die Euaster von Caminus chinensis sind nicht, wie Lindgren (1898, p. 339, 340) angab, alle Oxyaster, Es kommen vielmehr außer den (größeren) Oxyastern auch (kleinere) Strongylaster in diesem Skelettbildung der Kieselschwämme. 705 Schwamme vor. Beide Euasterarten zusammengenommen, haben nicht, wie Lindgren sagt, 10 bis 15 sondern 5 bis 18 Strahlen. Die kleinsten sind viel kleiner als sie nach Lindgren’s Angabe sein sollen Die Zentralverdickung ist nicht 4, sondern 3 bis 8 u im Durchmesser. Die Dornelung und die Beziehungen zwischen Strahlenzahl und Größe werden hier zuerst erörtert. db) Allgemeines. Die Euaster von Caminus vulcani und C. chinensis sind meist dornig und zeichnen sich durch den Besitz einer Zentralverdickung aus. 2. Die Sterraster. Sterraster finden sich bei allen drei Caminus-Arten. a) Spezielles. N Die Sterraster von Caminüs vulcani von Sebenico sind nach Sollas (1888, p. 242) 110 lang, während ich jetzt finde, daß jene der Stücke von Lesina 97 bis 116 u lang sind. Sie sind etwas kleiner als ich “früher (1894, p. 149) angegeben habe. Die Struktur ihrer Oberfläche und die durchschnittliche Proportion Länge: Breite: Dicke werden hier zuerst erörtert. Die Sterraster von Caminus vnlcani von Banyuls sind nach Topsent 105 bis 115 y lang und 85 bis 88 u. breit und tragen auf den frei vorragenden Strahlenenden sehr schwache oder gar keine Dornen, Dementgegen finde ich jetzt, daß diese Nadeln bei den Stücken von Lesina relativ breiter, 97 bis 116 u. lang und 94 bis 105 p. breit sind, und ziemlich große Dornen tragen Die Sterraster von Caminus chinensis sind etwas kleiner und relativ etwas dicker als Lindgren (1898, p. 339) angegeben hat. Die Struktur der Oberfläche und die durchschnittliche Proportion Länge: guaite: Dicke werden hier zuerst erörtert. Die Entwicklung, die Oberflächenstruktur und die durchschnittliche Proportion Länge: Breite: Dicke der Sterraster von Caminus sphaeroconia werden hier zuerst erörtert. db) Allgemeines. In bezug auf die Entwicklung weisen die Caminus-Sterraster keine Besonderheiten auf. Die aus- gebildeten zeichnen 'sich durch den Reichtum der frei vorragenden distalen Strahlenenden an Dornen sowie vielfach auch durch die Unregelmäßigkeit (Verzweigung, Zusammensetzung aus noch kleineren Einzeldornen) dieser Dornen aus. 3. Die Acanthosphäroide. Acanthosphäroide finden sich bei allen drei Caminus-Arten. a) Spezielles. Die Acanthosphäroide von Caminus vulcani von Sebenico halten nach Sollas (1888, p. 242) 4 u im Durchmesser, während ich jetzt finde, daß diese Nadeln der Stücke von Lesina 19 bis 6°3 u im Durch- messer halten. | Ich finde die untere Grenze der Größenvariation der Acanthosphäroide von Caminus vulcani von Lesina jetzt beträchtlich weiter vorgeschoben (bis 1:9 u) als früher (1894, p. 149) (bis 3 pe). Die Acanthosphäroide von Caminus vulcani von Banyuls halten nach Topsent (1894, p. 319) kaum 4 im Durchmesser, während ich bei meinen Lesinaer Stücken jetzt bis 6:3 u im Durchmesser haltende beobachtet habe. Die Acanthosphäroide von Caminus chinensis weisen nach Lindgren (1898, p. 340) weitere Größen- variationsgrenzen (2 bis 5 u) auf, als ich bei ihnen gefunden habe (3 bis 45 u). 706 R.v. Lendenfeld, Die Acanthosphäroide von Caminus sphaeroconia sind nach Sollas (1888, p. 215) glatte Kugeln von 3:95 u Durchmesser. Ich finde jetzt, daß sie dornig sind und 3°1 bis 51 a im Durchmesser halten. b) Allgemeines. Die Acanthosphäroide der drei Caminns-Arten sind einander sehr ähnlich und haben auch annähernd dieselbe Größe. Die arithmetischen Mittel ihrer Durchmesser schwanken nur zwischen 3:7 und 42 y. Sie unterscheiden sich voneinander nur insofern als bei C. chinensis und C. sphaeroconia nur kugelige, bei C. vulcani aber außerdem auch solche mit ein oder zwei abgerundeten Fortsätzen vorkommen. Alle stimmen darin überein, daß ihre Oberfläche dicht mit kleinen Dornen besetzt und in ihrem Innern keine Struktur wahrzunehmen ist. Nadeln von der Art der Caminus-Acanthosphäroide sind sehr selten. Meines Wissens kommen sie außer bei Caminus und der verwandten Gattung Caminella nur bei gewissen, noch unbeschriebenen japanischen metastrosen Tetractinelliden vor, die jetzt Herr Lebwohl im Prager Deutschen Zoologischen Institut bearbeitet. Über die wahre Natur dieser seltenen Kieselbildungen war man nicht recht im klaren, ja man wußte nicht einmal, wie man sie nennen sollte. Ihr Entdecker Sollas meinte (1888, p. LXII), daß die Acantho- sphäroide von Caminus sphaeroconia, wo er sie als kugelig und irrtümlich als glatt beschreibt (1888, p. 215), wahrscheinlich Euasterderivate seien, hervorgegangen aus gewöhnlichen Euastern durch Verlust der Strahlen. Bezüglich des Acanthosphäroids von Caminus vulcani von Sebenico bemerkt er (1888, p. 218), daß es »frequently produced into a little rounded process on one side« ist, welcher »evidently indicates a tendency to return to the astral form from which we must regard it as derived«. Er nennt diese Nadeln einmal »Sphaerules« (1888, p. LXII, 215, 243), einmal »Globules« (1888, p. LXI, LXII, LXIV, 218). Schulze und ich haben (1889, p. 28, 29) die einzige damals bekannte Abbildung einer Nadel dieser Art, nämlich die Sollas’sche von einer Caminus sphaeroconia-Sphaerule, gemäß seiner bezüglichen Angaben (Sollas, 1888, p. 215) für das Bild einer glatten und deshalb den gewöhnlichen großen Sphären. gleichartigen Nadel gehalten und »Sphär« genannt. Jetzt, da es sich herausgestellt hat, daß jene Angabe von Sollas irrtümlich war, die Nadel nicht glatt ist, muß natürlich auch der von uns aus der Sollas’schen Angabe gezogene Schluß, daß diese Nadel ein Sphär sei, als verfehlt bezeichnet werden. Ich (1894, p. 149) bezeichnete die mehr weniger regelmäßigen, kugeligen Acanthosphäroide von Caminus vulcani von Lesina als »Sphäre«, die unregelmäßigen, namentlich die zweigtragenden, als »Microdesme«. Topsent, p. 319) nennt die Acanthosphäroide »Spherules« und sagt von ihnen (Il. c. in der Diagnose des Genus Caminus) »le microsclere somal et une spheraster ä actines tres reduite (spherule)«. Vosmaer (1894, p. 277) und Lindgren (1898, p. 340) haben die Acanthosphäroide von Caminus vnlcani von Neapel-Capri, beziehungsweise von Caminus chinensis, ebenfalls Sphaerule, Vosmaer »Spherules« Lindgren »Sphaerules« genannt. In meiner Bearbeitung der Tetraxoniden für das Tierreich habe ich (1903, p. 92, 93) die kugeligen Acanthosphäroide der Caminus-Arten »Sphäre«, die unregelmäßigen mit Vorragungen (von Caminus vulcani) »Ataxaster« genannt und an anderem Orte (1903, p. 12) das Sphär als »annähernd kugeliges Centroscler mit glatter Oberfläche«, den Ataxaster als »Centroscler mit unregelmäßigen, dicken und knorrigen Strahlen, die stets kurz und zuweilen so stark verkümmert sind, daß die ganze Nadel wie ein knorriger Kieseknollen aussieht« definiert. Für die von Sollas ausgesprochene und bezüglich der unregelmäßigen Formen (Ataxaster) früher auch von mir geteilten Meinung; daß die Acanthosphäroide Euaster mit verkümmerten Strahlen seien, spricht die Tatsache, daß bei Caminella loricata den unregelmäßigen Caminus-Acanthosphäroiden ähnliche Nadeln vorkommen, welche aber zahlreichere, regelmäßigere und schlankere Fortsätze haben und als Skelettbildung der Kieselschwämme. 707 Übergänge zwischen den unregelmäßigen Caminus-Acanthosphäroiden und regelmäßigen Euastern erscheinen. Pflichtet man dieser Anschauung bei, so liegt es nahe, die Fortsätze der unregelmäßigen Acantho- sphäroiden unmittelbar als Strahlenrudimente anzusehen. Da jedoch diese Vorragungen bei den unregel- mäßigen Acanthosphäroiden von Caminus vnlcani durchaus nicht immer konzentrisch mit dem Mittelpunkt der zentralen Kieselmasse und oft sehr unregelmäßig, kurz und dick sind und namentlich, da ich in ihnen nie einen Achsenfaden habe nachweisen können, scheint mir die Deutung derselben als verkürzte Euaster- strahlen doch recht zweifelhaft. Wenn man andrerseits wie Topsent die Acanthosphäroide von Sphärastern ableiten wollte, so wären nicht ihre unregelmäßigen Fortsätze, sondern ihre Dornen als die Strahlenreste aufzufassen. Da jedoch die Dimensionen dieser Dornen sehr klein, von der gewöhnlichen Größenordnung kleiner Dornen sind und da auch sie der Achsenfäden entbehren, glaube ich, daß sie eben nur als Dornen und nicht als Strahlenrudimente angesehen werden können. Die von mir seinerzeit verwendete Doppelbezeichnung, Sphäre für die kugeligen Acanthosphäroide aller drei Arten, und Microdesme (1894), beziehungsweise Ataxaster (1903) für die mit Fortsätzen aus- gestatteten von Caminus vulcani, möchte ich, angesichts des Umstandes, daß die ersteren mit den letzteren durch Übergangsformen eng verbunden sind, auch nicht aufrecht erhalten, alle Acanthosphäroide vielmehr für Nadeln derselben Art ansehen und demgemäß auch alle mit demselben Namen bezeichnen. Es dürften wohl, wie ich anderswo (1906, p. 109 ff.) nachzuweisen versucht habe, die großen Sphäre mit glatter Oberfläche in Beziehung zu den zusammen mit ihnen vorkommenden, dicken und kurzen rhabden Megascleren stehen und als Derivate von diesen anzusehen sein. Deshalb scheint es mir nicht unwahrscheinlich, daß auch die kleinen, dornigen Acanthosphäroide in einer solchen Beziehung zu anderen, zusammen mit ihnen vorkommenden Nadeln stehen. Da die Acanthosphäroide dornig sind, wird anzunehmen sein, daß diese Nadeln, mit denen sie so in Beziehung stehen und als deren Derivate man sie ansehen. könnte, auch dornig sein dürften. Die einzigen dornigen Nadeln der Caminus-Arten sind, außer den Acanthosphäroiden selbst, die Euaster von €. vulcani und C. chinensis. Es ist oben betont worden, daß diese Nadeln durch den Besitz einer Zentralverdickung ausgezeichnet sind. Obwohl diese Zentral- verdickungen etwas größer als die Acanthosphäroide sind, scheint es mir doch höchst wahrscheinlich, daß zwischen dieser Verdickung und dem Acanthosphäroid eine Beziehung besteht, daß die Bildung jener Verdickung gewissermaßen als der erste Schritt zur Umwandlung der Euaster in Acanthosphäroide auf- gefaßt werden könnte, die Acanthosphäroide also Derivate der Euaster wären. Bei Caminus chinensis sind die Euaster vielstrahlig und zahlreich. Bei dieser Art wäre jener Umwandlungsprozeß der Euaster in Acanthosphäroide noch nicht sehr weit gediehen. Bei Caminus vulcani sind die Euaster strahlenarm und ziemlich selten. Bei dieser Art wäre der Umwandlungsprozeß schon weiter vorgeschritten. Bei Caminus sphaeroconia endlich, wo die Euaster vollkommen fehlen und nur mehr Acanthosphäroide vorkommen, könnte man diesen Umwandlungsprozeß als vollendet ansehen. Im Hinblick auf das oben Gesagte möchte ich die Acanthosphäroide als Derivate der bei Caminus vulcani und C. chinensis vorkommenden Euaster ansehen, bei denen die Strahlen ganz oder fast ganz verschwunden sind und das Zentrum allein oder fast allein übrig geblieben ist. Die Vorragungen der unregelmäßigen Acanthosphäroide von Caminus vulcani könnten als Reste der rückgebildeten, Euasterstrahlen oder auch als durch ungleichmäßiges, radiales Wachstum hervorgebrachte, neu gebildete Protuberanzen angesehen werden. Wie oben erwähnt, halte ich es für angemessen, für alle Formen dieser Nadeln einen gemeinsamen Namen zu benützen, Sphär oder Sphärule (Spherule) kann dieser Name nicht sein, weil einesteils nicht alle diese Nadeln kugelig sind und weil andrerseits diese Nadeln durch die Dornelung ihrer Oberfläche und durch ihre vermutliche Herkunft von Astern grundsätzlich verschieden sind von jenen glatten und viel größeren, einfache Kugel- oder Komplexe von solchen darstellenden rhabdderivaten Kieselbildungen, für welche der Name Sphäre allgemein gebräuchlich ist, 708 R.v. Lendenfeld, Die Namen Microdesme und Ataxaster, die ich seinerzeit für die unregelmäßigen Formen dieser Nadeln benützte, sind auch nicht für die Gesamtheit verwendbar, weil die allermeisten kugelig oder knollig sind und nur eine kleine Minderzahl' wie kleine Desme oder unregelmäßige Aster aussehen. Ich schlage deshalb vor, diesen Nadeln einen neuen Namen zu geben, der ihre Dornelung und ihre zuweilen sehr unregelmäfige, von der einfachen Kugelform weit abweichende Gestaltung zum Ausdruck bringt: Acanthosphäroide. 4. Die großen Sphäre. Eigentliche, große Sphäre sind nur bei Caminus sphaeroconia gefunden worden. a) Spezielles. Die Sphäre von Caminus sphaeroconia (Taf. 5, Fig. 25 bis 38). Die Dimensionen dieser Nadeln sind hier zuerst angegeben worden. b) Allgemeines. Aus der oben gegebenen speziellen Beschreibung ist zu ersehen, daß diese Nadeln als Derivate der im selben Schwamme vorkommenden rhabden Megasklere aufzufassen sind. II. Die Phylogenie und Systematik betreffende. Durch die Ergebnisse meiner neuen Untersuchung der kleinen Skeletteile der Caminus-Arten hat die Richtigkeit des systematischen Begriffes Caminus eine neue Stütze dadurch gewonnen, daß die Gleich- artigkeit der bei allen Arten vorkommenden Acanthosphäroide nachgewiesen wurde. Daß Caminus zu der Familie Geodidae gehört, kann nicht zweifelhaft sein. Vor allen anderen Gattungen dieser Familie mit Ausnahme von Caminella ist Caminus durch den Besitz der Acanthosphäroide unterschieden, von Caminella aber unterscheidet sie sich durch eine weitgehende Differenz im Baue des Kanalsystems. Eine andere Frage ist es, ob die Caminus-Arten nicht in zwei generische Gruppen geteilt werden sollten, denn es unterscheidet sich C. sphaeroconia von den beiden anderen Arten durch das Fehlen der Euaster und die viel geringere Größe der Sterraster doch sehr wesentlich. Wenn aber, wie oben angedeutet, das Fehlen der Euaster bei dieser Art nur als ein im Vergleich mit den anderen Arten weiterer Fortschritt in der von allen Caminus-Spezies eingeschlagenen Entwicklungsrichtung (Umwandlung der Euaster in Acanthosphäroide) anzusehen ist, könnte man, da der Größenunterschied der Steraster nicht so wichtig ist, dem Begriff Caminus wohl den Rang einer Gattung lassen, dann aber innerhalb dieser Gattung zwei Subgenera, Caminus (für ©. vulcani und C. chinensis) und Sphaerocaminus (für C. sphaeroconia) etwa, unterscheiden. Wünschenswert wäre es wohl auch, den systematischen Begiff des im Mittelmeer weit verbreiteten Caminus vulcani zu gliedern und auf Grund der Differenzen zwischen den von verschiedenen Orten stammenden Stücken Lokalformen dieser Spezies zu unterscheiden und besonders zu benennen. Nach den Beschreibungen der Autoren zu urteilen, scheinen die Stücke von den adriatischen Fundorten unter- einander und auch mit jenen von Neapel-Capri ziemlich nahe übereinzustimmen, von jenen von Banyuls aber merklich abzuweichen. Ich möchte daher vorschlagen, innerhalb der Art Caminus vulcani zwei Formen aufzustellen, adriatica (für die adriatischen und die von Neapel-Capri) und lugdunensis (für die von Banyuls im Golf von Lion). Skelettbildung der Kieselschwämme. 709 Literaturliste. Buechich, G.: 1836. Alcune Spugne dell’ Adriatico sconosciute e nuove. Boll. Soc. adriat. Vol. IX, No 2. Cantber Ele 1876. Description and Figures of Deep-Sea Sponges and their Spicules. Ann. Mae. Nat. Hist. Ser. 4, Vol. 18. Lendenfeld,R. v.: 1894. Die Tetractinelliden der Adria. Denkschriften der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien, Ba. LXI. 1903. Tetraxonia. »Das Tierreich«. 19. Lieferung. 1904. Über die Herstellung von Nadelpräparaten. Zeitschr. für wissensch. Mikr. Vol. XXI. 1906. Die Tetraxonia. Wissenschaftliche Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Expedition 1898 bis 1899, Vol. 11. 1911. Bemerkungen über die technische Ausführung und biologische Verwertung mikroskopischer Messungen. Zeitschr. für wissensch. Mikr. Vol. NXVII. Lindgren, N.G.: 1898. Beitrag zur Kenntnis der Spongienfauna des Malayischen Archipels und der chinesischen Meere. Zool. Jahrb. Syst. Vol. XI. Schmidt, ©.: 1862. Die Spongien des adriatischen Meeres. Schulze F.E. und R. v. Lendenfeld: 1889. Über die Bezeichnung der Spongiennadeln. Abhandlungen der preußischen Akad. der Wissen- schaften in Berlin, 1889. Sollas, W. ]J.: 1888. Tetractinellida. Rep. Voy. Challenger. Vol. 25. Topsent, E.: 1894. Etude monographic des Spongiaires de France. I. Tetractinellida. 1911. Sur une magnifique Geodia megastrella Carter du Museum de la Rochelle. La Rochelle, 1911. Vosmaer,G.C.: 1894. Preliminary Notes on some Tetractinellida of the Bay of Naples. Tidschr. d. Ned. Dierk. Ser. 2, Vol. IV. Wilson, H.V.: 1902. The Sponges collected in Porto Rico in 1899. Bull. U. S. Fish. Comm. 1900, Vol. 2 (erschienen 1902). Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 93 ER 1 Na ENDE NINE A TEN DEE SUR Fig. 1 bis 70 Fig. 1 bis 34. Fig. 35 bis 40. Fig. 41. Fig, 42, 43. Fig. 44 Fig. 45, 46 Fig. 47 Fig. 48 Fig. 49. Fig. 50 bis 52 Fig. 53 bis 70. Tafel 1. . Mikrosklere und Schnitte von Caminus vulcani o. S. (von Lesina). Acanthosphäroide; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 1 bis 16 annähernd regelmäßig kugelige Formen; 17 bis 25 unregelmäßigere, mehr knollige Formen; 26 bis 34 Formen mit einem oder mit zwei lappen- oder fingerförmigen Fortsätzen. Oxyaster; Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6: 35 bis 37, 39 triactine; 38 ein tetractiner; 40 ein diactiner. h Ein Sterraster, dessen Nabel oben in der Mitte liegt; Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. Zwei Gruppen von Acanthosphäroiden aus einem Zentrifugnadelpräparat; Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6. . Eine Gruppe von Acanthosphäroiden aus einem Zentrifugnadelpräparat; Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. . Eine Gruppe von Acanthosphäroiden; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 45 bei höherer Einstellung; 46 bei tieferer Einstellung. . Dicker, longitudinal-radialer Schnitt durch einen oberflächlichen Teil des Schwammes; Vergr. 10; phot. Zeiß, Planar 50. a äußere Oberfläche; b Sterrasterpanzer; c einführender Stammkanal im Sterrasterpanzer; d oberflächlicher Teil des Choanosoms mit zahlreichen jungen Sterrastern; e an Strängen von rhabden Megaskleren reicher Teil des Choanosoms; Ff große, ausführende Kanäle des Choanosoms. 3. Schnitt durch den zentralen, von den großen Ausfuhrkanälen durchsetzten Teil des Choanosoms; Vergr. 100; phot. Zeiß, Apochr. 16, Kompens. Ok. 6: a Kanallumen; b Choanosom mit Astern. Dünner, longitudinal-radialer Schnitt durch einen oberflächlichen Teil des Schwammes; Vergr. 100; phot. Zeiß, Apochr. 16, Kompens. Ok. 6: a äußere Oberfläche: Dermalschicht mit vielen eingelagerten Acanthosphäroiden; b einführende Kanäle im Sterrasterpanzer; c Sterrasterpanzer. . Teile von Oxyastern; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 50 das Zentrum und die Grundteile der Strahlen eines winkelig gebogenen, diactinen Oxyasters; 51 der größere Teil eines geraden, diactinen Oxyasters; 52 der Endteil eines Strahles eines tetractinen Oxyasters. Oxyaster; Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6: 53 bis 56, 60 bis 64 normale, vier- bis fünfstrahlige Oxyaster; 97 bis 59 abnorme, vier- bis fünfstrahlige Oxyaster. 65 bis 70 diactine Oxyaster. [ae Lendenfeld, R. v.: Skelettbildungen der Kieselschwämme. 1. Taf. I. Tan SE Era Eger Va! Fa rs I AN ER ER 1. Lendenield phot. Fig. 1—70 Caminus vulcani O. Schm. nein Max Jatie, Wien. Denkschriften d. kais. Akad, d. Wiss. math.-naturw, Klasse, Bd. LXXXVII. a u RL r 3 Er PER N N Kur Tafel IL Tafel I. Fig. 1 bis 11. Junge und ausgebildete Sterraster von Caminus vulcani o. S. von Lesina. Fig. { >» 4. Ein ausgebildeter Sterraster, dessen Nabel oben liegt; Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6: 1 Einstellung hoch, auf die obersten Dornen des Sterrasters; Einstellung tiefer, auf den höchsten Teil des Nabelrandes; 3 Einstellung noch tiefer, auf die Mitte des Nabelrandes; 4 Einstellung am tiefsten, auf den tiefsten Teil des Nabelrandes. Fig. 5, 6. Zwei ausgebildete Sterraster, deren Nabel unten liegt; Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6. Fig. 7, 8. Zwei ausgebildete Sterraster, deren Nabel oben liegt; Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6. Fig. 9 bis 11. Jugendform von Sterrastern; Vergrößerung 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 9 der zentrale Teil eines jungen, unregelmäßigen Sterrasters; 10 ein sehr junger regelmäßiger Sterraster; 11 eine weiter ausgebildete Jugendform. Lendenfeld, R. v.: Skelettbildungen der Kieselschwämme. 1. Fig. 1—11 Caminus vulcani ©. Schm. Kunstanstalt Max Jaffe, Wien. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIII. Y Br. T JERER ybl Tafel II. Tafel II. Fig. 1 bis 8. Die Oberflächenstruktur der ausgebildeten Sterraster von Caminus vulcani o. S. von Lesina. Fig. 1 bis 4. Ausgebildeter Sterraster, dessen Nabel oben liegt (der Nabel und seine Umgebung); Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 1 Einstellung hoch; 2 Einstellung tiefer; 3 Einstellung noch tiefer; 4 Einstellung am tiefsten. Fig. 5 bis 8. Ausgebildeter Sterraster, dessen Nabel unten liegt; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 1 Einstellung hoch; 2 Einstellung tiefer; 3 Einstellung noch tiefer; 4 Einstellung am tiefsten. Taf. II. Skelettbildungen der Kieselschwämme. 1. Lendenield, R. v.: Wien, Lichtdruck v. Max Jaffe 8 —8 Caminus vulcani ©. Schm. Denkschriften d, kais,. Akad. d. Wiss, math.-naturw. Klasse, Bd, LXXXVII, Fig. 1 Lendenfeld phot. Tafel IV. Fig. 1 bis 38. Fig. 1 bis 10. 11 bis 24. Fig. 25. Tafel IV. Caminus chinensis Lindgr. von Formosa. Gruppen von Acanthosphäroiden aus Zentrifugnadelpräparaten: 1 bis 7. Vergr. 2000 u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10; 8, 9. Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6; 10. Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. Euaster: 12, 13, 15 bis 21, 24. Oxyaster. 11, 14, 22, 23 Strongylaster. 11 bis 14, 21 bis 24 Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6; 15 bis 20, Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens Ok. 6. Ein junger Sterraster; Vergr. 200 ; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. Fig. 26 bis 29. Der Nabel und die anstoßenden Teile der Oberfläche eines ausgebildeten Sterrasters; Vergr. 500; phot. Zeiß, H.1. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6: 26 Einstellung hoch; 27 Einstellung etwas tiefer; 28 Einstellung noch tiefer; 29 Einstellung am tiefsten. Fig. 30, 31. Ein Teil der Oberfläche der dem Nabel gegenüberliegenden Seite eines ausgebildeten Sterrasters; Vergr. 500; phot. 33 bis 38. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6: 30 Einstellung höher; 31 Einstellung tiefer. x . Gruppe von Sterrastern aus einem Nadelpräparat; Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. Euaster und Gruppen von solchen aus Nadelpräparaten; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q.-Monochr. 1:7, Q.-Ok. 10. 33 ein Strongylaster mit sehr großem Zentrum; 34 ein Oxyaster bei höherer Einstellung; 35 dieselbe Nadel bei tieferer Einstellung; 36 Teil eines Strongylasters; 37, 38 Gruppe von Euastern aus einem Zentrifugnadelpräparat; 37 bei höherer Einstellung; 38 bei tieferer Einstellung; a Oxyaster; b Strongylaster. Taf. IV. Lendenfeld, R. v.: Skelettbildungen der Kieselschwämme. I. NT Te TE Kunstanstalt Max Jaffe, Wien. ir Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVIII, Lendenfeld phot. E77 tele %. ae WW Fig. 1 bis 67. Caminus sphaeroconia Sollas von Bahia. Ei fe g. 1 bis 24. Acanthosphäroide: 1 bis 21 Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10; 22, 23. Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6. 24. Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. Fig. 25, 26. Der größere Teil eines Sphäre; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 25 bei höherer Einstellung; 26 bei tieferer Einstellung; Fig. 27 bis 29. Sphäre; Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens. Ok. 6. Fig. 30. Eine aus der Verwachsung eines Sphärs mit einem verkürzten Megaskler entstandene Nadel; Vergr. 500; phot. Zeiß, HA. I. Apochr., Kompens. Ok. 6. Fig. 31 bis 38. Einfache und mehrfache Sphäre; Vergr. 200; phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6: 31 ein Sphärdrilling; 32 bis 34 Sphärzwillinge; 35 bis 38 Einfache Sphäre, Fig. 39 bis 51. Ausgebildete Sterraster. 39 bis 49 Vergr. 200: phot. Zeiß, Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. 90, 51 Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 8, Kompens. Ok. 6. . Eine Reihe von Sterrastern in verschiedenen Entwicklungsstadien; Vergr. 500; phot. Zeiß, H. I. Apochr. 2, Kompens Ok. 6. Si [5] Er u [e>} =] (Je zwei übereinanderliegende Figuren stellen immer denselben Sterraster, die obere Figur mit der geradzahligen Nummer bei tieferer Einstellung auf den Mittelpunkt und Äquator der Nadel, die untere Figur mit der ungeradzahligen Nummer bei höherer Einstellung auf die obersten Strahlen, dar. Die Fig. 52, 53 stellen das jüngste Stadium dieser Reihe, die Fig. 66, 67 einen vollkommen ausgebildeten Sterraster dar.) Lendenfeld, R. v.: Skelettbildungen der Kieselschwämme. I. E32 ea Lendenfeld phot. Fig. 1-67 Caminus sphaeroconia Soll. Kunstanstalt Max Jaffe, Wien. Denkschriften d, kais. Akad. d. Wiss, math.-naturw, Klasse, Bd. LXXXVII. Tafel VI. Iaıel ML Fig. 1 bis 11. Caminus sphaeroconia Sollas von Bahia. = Q ig. 1 bis 3. Ein junger Sterraster; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1°7, Qu. Ok. 10: 1 bei höherer Einstellung; 2 bei mittlerer Einstellung; 3 bei tieferer Einstellung; Fig 4 bis 7. Ein Teil der Oberfläche der dem Nabel gegenüberliegenden Seite eines ausgebildeten Sterrasters; Vergr. 2000; u.v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, Q. Ok. 10: 4 bei hoher Einstellung; 5 Einstellung tiefer; 6 Einstellung noch tiefer; 7 Einstellungam tiefsten. 8 bis 11. Ein Teil der Oberfläche der dem Nabel gegenüberliegenden Seite eines ausgebildeten Sterrasters; Vergr. 2000; u. v. phot. Zeiß, Q. Monochr. 1:7, @. Ok. 10: 8 bei hoher Einstellung; 9 Einstellung tiefer; 10 Einstellung noch tiefer; 11 Einstellung am tiefsten. Lendenield, R. v.: Skelettbildungen der Kieselschwämme. 1. Lendenfeld phot. 3 Kunstanstalt Max Jaffe, Wien. Fig. 1—11 Caminus sphaeroconia Soll. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Klasse, Bd. LXXXVII, ERGEBNISSE EINER BOTANISCHEN FORSCHUNGSREISE NACH DELTSCH-OSTAFRIKAUND SÜDAFRIKA (KAPLAND, NATAL UND RHODESIEN VON JOSEF BRUNNTHALER I BEE Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 24. OKTOBER 1912 INHALT. Einleitung. 1. Reptilien und Amphibien, bearbeitet von Prof. Dr. F. Werner (Wien). 2. Termiten, bearbeitet von Prof. Dr. Y. Sjöstedt (Stockholm). 3. Süßwasserproben aus Südafrika, bearbeitet von Prof. Dr. V. Brehm (Eger). 4. Hepaticae, bearbeitet von F. Stephani (Oetzsch bei Leipzig). 5. Musci, bearbeitet von Prof. V. F. Brotherus (Helsingfors). Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIl. Bd. 94 zu J. Brunnthaler, EINLEITUNG. Die Reise wurde am 28. Juni 1909 von Neapel aus mit dem Dampfer »Feldmarschall« der Deutsch- Ostafrikalinie angetreten. Ankunft in Tanga am 16. Juli.! Nach kurzem Aufenthalt an der Küste wurde die Reise nach Amani, der landwirtschaftlich-biologischen Station in Ost-Usambara fortgesetzt und dort ein mehrwöchentlicher Aufenthalt genommen, der durch eine lötägige Rundtour durch Öst- und West- Usambara unterbrochen war. Diese Tour, welche mit Zelt und Trägern ausgeführt wurde, führte zuerst nach Kijonga, von wo aus der Lutindi (1411 m) bestiegen wurde. Weiter nach Magomba, von wo der Kilemele-See besucht wurde; über Kulasi, welches im Luengera-Tale liegt, wurde der Aufstieg in das gebirgige West-Usambara genommen und über Kalange, Mazumbei, Mzinga und Baga, Kwai (1640 m) erreicht. Von hier aus erfolgte die Besteigung des Kingo (2248 m). Die weitere Reise führte über den Magambasattel auf das Plateau des Schumewaldes (zirka 2000 #2) mit großen Juniperus procera-Beständen. Der Abstieg nach Mkumbara ergab eine Höhendifferenz von 1450 m. Ein kurzer Abstecher wurde nach Buiko am Rande der Massaisteppe unternommen, hierauf ein mehrtägiger Aufenthalt in Mombo, um die Steppe kennen zu lernen. Hierauf wurde die Rückreise nach Amani angetreten, wo die nächste Zeit mit dem Verpacken und Absenden der gesammelten Materialien zugebracht wurde. Die Weiterreise von Amani führte über Segoma und Ngomeni nach Tanga, von wo aus die Reise nach Südafrika angetreten wurde. Am 27. September erfolgte die Ankunft in Beira, am 2. Oktober in Victoria Falls am Sambesi, dessen Umgebung einer mehr- tägigen Untersuchung unterzogen wurde. Die Ankunft in Kapstadt erfolgte am 10. Oktober. Von hier aus wurden zahlreiche Exkursionen in die nähere und weitere Umgebung unternommen. Der Tafelberg wurde mehrfach bestiegen. Caledon und Genadendal wurden besucht, ebenso führte eine längere Tour in die Große Karroo. Es wurden hauptsächlich die Orte Tulbagh, Worcester, Matjesfontein, Laingsburg und Grootfontein besucht. Es wurde nunmehr per Schiff Port Elizabeth erreicht und dessen Umgebung, besonders der Addobush, untersucht. Die weitere Reise ging nach Durban in Natal, dessen Strand- und subtropische Formationen eingehend studiert wurden und schließlich, um die Gebirgsflora kennen zu lernen, wurde ein Aufenthalt auf dem Van Reenen-Paß (zirka 1600 m) der Drakensberge genommen. Hierauf wurde die Rückreise nach Kapstadt angetreten, wo das Material verpackt und nach Europa gesandt wurde. Die Heimreise nach Europa wurde über Madeira nach Southampton angetreten. Die Ankunft in Wien erfolgte Ende Jänner 1910. Die Ausbeute bestand außer reichem Herbarmateriale, aus zahlreichen Objekten in Alkohol und Formalin für Museal- und Studienzwecke, aus einem umfangreichen Material von für entwicklungs- geschichtliche Untersuchungen bestimmten Samenanlagen, zahlreichen Kryptogamen, Hölzern, Früchten und Samen. Die Zahl der in lebendem Zustande an den botanischen Garten in Wien gesandten Pflanzen überstieg 300. Die Objekte kamen fast ausnahmslos in gutem Zustande an und werden weiter kultiviert. Über 200 Photographien wurden aufgenommen, von welchen 13 charakteristische als Doppelheft mit begleitendem Text in Karsten und Schenck’s Vegetationsbildern, Heft 4. und5. (9. Reihe) unter dem Titel: »Karroo und Dornbusch« 1911 (bei G. Fischer, Jena) erschienen sind. 1 Vgl. den Reisebericht im Akademischen Anzeiger 1910, Nr. X. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 713 Es wurde auch eine kleine Anzahl zoologischer Objekte gesammelt, von welchen die Schildkröten bereits von Herrn Kustos F. Siebenrock unter dem Titel: »Schildkröten aus Süd- und Südwestafrika, gesammelt von Dr. R. Pöch und J. Brunnthaler« in den Sitzber. d. math.-naturw. Klasse der kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 119, Abt. I, 1910, p. 709, publiziert wurden. Für die Ermöglichung der Reise bin ich in erster Linie den wärmsten Dank schuldig der hohen kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien, welche durch die munifizenteste Bewilligung von Mitteln aus der Treitl-Stiftung mich instand setzte, mein Reiseprogramm auszuführen. Ich danke ferner für die gütige Zuwendung von Subventionen dem hohen k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht, Seiner Hoheit dem regierenden Fürsten Johann von und zu Liechtenstein, Hon. Lady Cath. Hanbury in La Mortola, Herrn Bergrat Dr. Max v. Gutmann und Herrn Franz Thonner. Herrn Hofrat Prof. Dr. R. v. Wettstein, meinem verehrten Chef, bin ich für sein stetes Wohl- wollen und die Ermöglichung der Reise zu großem Danke verpflichtet. Es ist nicht möglich, alle jene Behörden und Personen anzuführen, welche mir mit Empfehlungen sowie durch Rat und Tat während der Reise zur Seite standen, und danke ich ihnen allen herzlichst. Besonderen Dank schulde ich Herrn k. u. k. Generalkonsul Otto Lieder d’Ellevaux in Kapstadt, Prof. Dr. A. Zimmermann und Dr. A. Braun in Amani (Deutsch-Östafrika), Dr. R. Marloth in Kapstadt, Apotheker J. Drege in Port Elizabeth. Das gesamte Material wurde dem botanischen Institut der k. k. Universität Wien zur Verfügung gestellt. ı. REPTILIEN UND AMPHIBIEN. Bearbeitet von Prof. Dr. F. Werner (Wien). Mit 1 Tafel. Das von Herrn Konservator Brunnthaler in Amani (Deutsch-Ostafrika) undin Südafrika gesammelte Material an Reptilien und Amphibien bietet, obwohl naturgemäß nicht umfangreich, doch mehrfaches Inter- esse, namentlich durch die verhältnismäßig zahlreichen Chamäleon-Arten, die mir Gelegenheit boten, mich über ihre systematische Stellung zu äußern, sowie durch einige andere wenig bekannte, beziehungsweise erst in letzter Zeit beschriebene Formen. Über die Reptilienfauna von Amani sind wir durch ein Verzeichnis von Nieden, das sich auf die Ausbeute von Krefft stützt, unterrichtet. Unter den wenigen südafrikanischen Reptilien befindet sich trotzdem eine neue Art, die der artenreichen Gattung Pachydactylus angehört. Durch das Entgegenkommen von Herrn Dr. Paul Krefft bin ich in der Lage, obigen Ausführungen einige gute photographische Abbildungen, zum Teil nach dem Leben, hinzufügen zu können. A. Reptilien und Amphibien aus Deutsch-Ostafrika. Chamaeleon fischeri fischeri Reichenow. Reichenow, Zool. Anz., X, 1887, p. 371. Die übrige Literatur siehe in meiner Chamäleontenarbeit (Das Tierreich, 27. Lief. 1911). Eine Abbildung dieser Art findet sich auch noch in Hesse und Doflein, Tierbau und Tierleben, I, 1910, Taf. XIV. In der Ausbildung der Hörner des Z£ finde ich keinen Unterschied von Ch. fischeri matschiei Wern., dagegen ist die Beschuppung der oberen Schwanzschneide an der Basis charakteristisch verschieden von derjenigen dieser letzteren Unterart, wie später noch ausgeführt werden wird. Auch scheint es mir, als ob der Helm bei Ch. fischeri hinten weniger erhöht sei als bei matschiei. Die Färbungsunterschiede hat Nieden, wie ich nach den Angaben von Krefft beschrieben, sie sind auch an Spiritusexemplaren von Z oft noch deutlich erkennbar. Zu bemerken wäre, daß das vorliegende @ und das eine der beiden Jd eine Streifenzeichnung der Bauchmittellinie vermissen lassen, die bei dem zweiten, sehr bunt gezeichneten 5 wenigstens spurweise vorhanden ist, und der von Ch. ischeri matschiei 9 entspricht. Die Kopfzeichnung dieses Jist sehr auffallend und besteht 1. aus einem Y-förmigen Flecken, dessen Gabeläste zu dem Vorder- rande der Augen, beziehungsweise der Hörnerwurzel hinziehen, während der Stamm in der Medianlinie zwischen den Augen gelegen ist. 2. Ein glänzend schwarzer, großer Flecken befindet sich auf dem Hinter- kopf, jederseits einen hellgelben Fleck zwischen sich und der dunklen Schläfe freilassend und je einen Gabelast zum Hinterrand der Augen entsendend. 3. Vom Unterrand des Augenlides, das deutliche radiäre Streifung aufweist, zieht ein dunkler Flecken bis zum Mundwinkel; zwischen ihm und dem breiten dunklen Schläfenbande, das sich unregelmäßig an die Rumpfseiten fortsetzt, ein lebhaft gelbweißer Längsfleck. Rücken rötlichbraun mit schwärzlichen Vertikalbinden, die in das Seitenband einmünden. Die Weibchen haben keine dunklen Querbinden auf dem Schwanze. Da die vorliegenden Exemplare die bekannten Maximaldimensionen nicht überschreiten, so ist es wohl nicht nötig, Maßangaben für diese nicht seltene Art zu geben. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 715 Ich habe außerdem zahlreiche, von Herrn Prof. S. Awerinzew in Amani gesammelte Exemplare dieser Art (meist ') gesehen. Chamaeleon fischeri matschiei Wern. Werner, Das Tierreich, 27. Lief., 1911, p. 28. Nieden, Sitz. Ber. Ges. naturf. Fr., Berlin 1910, p. 443. Ich habe bereits im »Tierreich« festgestellt, daß mein Chamaeleon tornieri zu dieser Form gehört, es ist ein noch nicht ganz erwachsenes @. Mir liegt nun aus Amani ein etwas älteres © vor (Kopflänge von der Schnauzenspitze bis zum Hinterende des Helmes 29, Kopfrumpflänge 80, Schwanzlänge 115, Schnauzenhörner 6 mm). Die Hörner sind deutlich nach einwärts gerichtet, mit vergrößerter, terminaler Kegelschuppe. Der Helm ist im allgemeinen flach, aber zu beiden Seiten der deutlichen Parietalleiste schwach gewölbt, der Außenrand mit stumpfhöckerigen Tuberkelschuppen eingefaßt. Die Schuppen auf der Oberseite des Kopfes sind ziemlich groß, flach, polygonal, und, namentlich auf dem Hinterkopf, ungleich. Im Nacken finden wir einen kontinuierlichen Kamm von 12 Kegelschuppen. Färbung im Alkohol schwarz- grau, Hand- und Fußflächen rein gelbweiß, die dunkle Bauchmittellinie ist jederseits hell eingefaßt. Ich habe Gelegenheit gehabt, nicht nur durch die Freundlichkeit von Herrn Dr. Paul Krefft dessen Chamäleonmaterial aus Amani, namentlich erwachsene g' und @ des Ch. matschiei zu sehen, sondern auch mehrere erwachsene 5 und 9, die von Herrn Prof. S. Awerinzew ebenfalls bei Amani gesammelt worden waren. Außer den immerhin noch bemerkbaren Färbungsunterschieden ist mir namentlich die Beschaffenheit der oberen Schwanzschneide des 5 aufgefallen; sie trägt bei Ch. fischeri fischeri wenigstens an der Wurzel einen sehr deutlichen Schuppenkamm und verläuft ganz gerade, während sie bei Ch. fischeri matschiei einen welligen Verlauf besitzt und der Kegelschuppen völlig entbehrt. Über die Verschiedenheit beider Formen kann wohl kein Zweifel mehr bestehen; ob man sie, wie ich es vorläufig getan habe, als subspezifische oder als spezifische betrachtet, ist Ansichtssache, und gerade bei Chamäleons gehen die Ansichten oft recht weit auseinander. Während zum Beispiel Boulenger sogar Ch. quilensis und roperi als artlich von Ch. dilepis Leach verschieden betrachtet, obwohl die Unterschiede ganz graduell sind und zum Beispiel bei Exemplaren aus Deutsch-Südwestafrika (im Museum Berlin, Hamburg, Wiesbaden) die Zuweisung zu einer dieser Arten bei manchen Individuen dem Untersucher oft ganz und gar mißlingt, bin ich geneigt, auch das Ch. gracilis der Art Ch. dilepis als Anfangsglied der Reihe zuzuweisen und stütze mich hiebei ebenfalls auf südwestafrikanisches Material. Daß auch Chamaeleon malthe Gthr. als eine extreme Form des Ch. brevicornis Gthr. zu betrachten ist, daran möchte ich gleichfalls nicht mehr zweifeln, nachdem ich drei Exemplare dieser seltenen Art zu untersuchen Gelegenheit hatte. Chamaeleon tenuis Matschie. Matschie, Sitz. Ber. Ges. naturt. Fr., Berlin 1892, p. 106. Werner, Zool. Jahrb., XV, 1902, p. 385, Taf. 15 (Fig. oben [/] und Mitte [9 ]) und Tierreich, 27. Lief., 1911, p. 38. Ein & dieser bisher aus Derema in Usambara und aus Mkoya in Ukami sowie aus Amani (Nieden) bekannt gewesenen Art. Der Schnauzenfortsatz ist bedeutend kürzer als bei dem von mir beschriebeneng‘, seine Länge beträgt nur 4 mm bei 19 mm Kopflänge (bei dem Ukami- 5 aber Smm bei 20 mm Kopflänge); es ist am oberen, vorderen und unteren Rande durch kegelförmige Tuberkelschuppen gezähnelt. Die Kopf- schuppen sind nicht sehr ungleich, der Helm gewölbt dachförmig, seine Färbung hell rötlichbraun, die übrige Oberseite mit zwei hintereinander liegenden sehr großen, dunkelrotbraunen Flecken, die seitlich bis in die Körpermitte herabragen, auf schiefergrauem Grunde gezeichnet; Kehle dunkelgrau, gegen die Halsseiten schwärzlich; Bauch etwas heller, Schwanz und Beine grünlichgrau. Auf der rechten Seite hinter dem zweiten großen Rückenflecken ein sehr undeutlich begrenztes, unregelmäßiges weißes Band vom Rücken zum Bauch. Sı er [o7) J.Brunnthaler, Chamaeleon deremensis Matschie. Matschie, Sitz. Ber. Ges. naturf. Fr., Berlin 1892, p. 103. Werner, Zool. Jahrb. Syst., XV, 1902, p. 396, Taf. 19, und Tierreich, Lief. 27, 1911, p. 34. Ein junges 5, bei dem die drei Hörner bereits in Form kleiner kegelförmiger Schuppen angedeutet sind. Färbung dunkelgrau mit kleinen runden in unregelmäßigen Längsreihen stehenden schwarzen Tüpfeln an den Körperseiten. Bauchmittellinie und Lidränder weiß. Flossensaum (mit Ausnahme der Nackengegend), Schwanz und Hinterbeine (mit Ausnahme der Füße, die schwarz, und der Unterschenkel, die mehr weniger schwarz gefleckt sind) hell braugrau, diese Färbung vor dem Hinterbeinansatz und unterhalb der Wirbelsäule in Weiß übergehend. Innenseite der Beine bläulichweiß, die der vorderen dunkler getüpfelt. Aus Amani ist die Art bereits durch Nieden erwähnt (leg. Krefft). Chamaeleon melleri (Gray). Werner, Tierreich, 27. Lief., 1911, p. 37. — Abbildung bei Tornier, Aus der Natur, Bd. I, 1905, Farbentafel bei p. 16. Ein großes Exemplar. — Die Art wird von Nieden aus Amani genannt (leg. Krefft). Außerdem sammelte Dr. Krefft bei Amani noch Chamaeleon spinosus und Rhampholeon brevican- datus, die weder von Brunnthaler noch von Prof. Awerinzew mitgebracht wurden; sowie Ch. dilepis, das sichin einem einzigen Exemplar in der Kollektion Awerinzew vorfindet. Demnach leben bei Amani nicht weniger als 8 Chamäleontenarten, nebst einer von Brunnthaler im Freien photographisch auf- genommenen und mit keiner der bekannten übereinstimmenden, aber nicht mitgebrachten kleinen Art. Chamaeleon temporalis (Matschie). Matschie, Sitz. Ber. Ges. naturf. Fr., Berlin 1892, p. 108. Tornier, Die Kriechtiere Deutsch-Ostafrikas, Berlin 1897, p. 62, Taf. II, Fig. 5. Wie Tornier bereits festgestellt hat, ist diese Art ein echtes Chamäleon, freilich einem Rhampholeon überraschend ähnlich. Ich kann mich des Gedankens nicht entschlagen, daß Rampholeon platyceps damit identisch ist. Dagegen würden zwar einige von Günther angegebene Merkmale sprechen: so fehlt die akzessorische Spitze der Krallen, die aber auch bei einem echten Rhampholeon (brevicaudatus) vollständig fehlen kann; der Interorbitalraum ist nicht flach, sondern deutlich vertieft und Paare kleiner Tuberkel- schuppen längs der Rückenfirste sind nicht unterscheidbar. Dagegen stimmt die Beschuppung im übrigen, die deutlich abgesetzte dunkle Färbung des Vorderkopfes (oben bis zur interorbitalen Tuberkelquerreihe, Seiten der Schnauze bis zum Augenvorderrand, Ober- und Unterlippe) sowie die relative Länge von Rumpf und Schwanz 40:18 (bei dem g' von Tschiromo 55:20) gut überein, ebenso ist auch ein sehr kleiner, weicher, fein beschuppter Schnauzenfortsatz vorhanden. Die Färbung ist, vom Vorderkopf abgesehen, hell graubraun, mit wenigen dunkleren Flecken auf der Außenseite der Gliedmaßen; ein rundlicher, ober- halb der Mitte des horizontal nach hinten gerichteten Oberarmes gelegener dunkler Fleck entsendet eine dunkle Linie gegen die Flanke, erreicht diese aber nicht; in der Verlängerung dieser Linie nach aufwärts über den großen Fleck hinaus, über der Wirbelsäule ist ein ebensolcher kleinerer Fleck zu bemerken. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese Art die Kluft zwischen den beiden festländisch-afrikanischen Chamäleontengattungen wenigstens in mancher Beziehung überbrückt, indem sie mit dem vollkommenen Habitus eines Rhampholeon Merkmale von Chamäleon, freilich zum Teil negativer Natur, wie das Fehlen der Nebenzacken an den Krallen, verbindet; es wäre daher die Untersuchung des Skelettes notwendig, um über die systemastische Stellung der Art Klarheit zu erhalten. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. N | Agama mossambica Peters. Boulenger, Cat. Liz., I, p. 353. Ein halbwüchsiges 5S-Exemplar, das sich dadurch vom Typus unterscheidet, daß seine Rücken- schuppen nicht merkar größer sind als die Bauchschuppen; es sind etwa 75 Schuppen rund um den Körper vorhanden. 4. Finger und 4. Zehe deutlich länger als die vorhergehenden. Nach der Anzahl der mir von Herrn Prof. S. Awerinzew zur Bestimmung eingesandten Exemplare. muß diese Art bei Amani sehr häufig sein. Holaspis guentheri Gray. Boulenger, Cat. Liz., III, p. Werner, Verh. Zool. bot. Ges., Wien 1895, p. 191, Taf V, Fig. 4. Tornier, Kriechtiere Deutsch-Ostafrikas, Berlin 1897, p. 40. Ein @ mit 22 bis 23 Femoralporen und 13 Halsbandschildchen. In dem Verzeichnisse von Nieden (Sitz. Ber. naturf. Fr., Berlin 1910, p. 442) ist diese Art von Amani noch nicht angegeben. Typhlops punctatus Leach. Ein etwa 500 mm langes Exemplar der var. congesta DB. Durchmesser 33mal in der Gesamtlänge enthalten: 23 Schuppen um die Rumpfmitte. Die horizontale Schnauzenkante ist so verrundet, daß man das Exemplar leicht der Sektion IIB zurechnen könnte; auch ist das Präoculare weder vom Nasale noch vom Oculare in der Breite wesentlich verschieden. Dessen- ungeachtet halte ich es für diese Art, mit deren Beschreihung es in allen wesentlichen Punkten über- einstimmt. Tropidonotus olivaceus Peters. Unterseite schön gelbrot. Boodon lineatus Dum. Bibr. Ein junges Exemplar, der anscheinend in Ostafrika ausschließlich vorkommenden var. bipraeocularis Gthr. angehörig. Unter den zahlreichen mir von Herrn Prof. S. Awerinzew zur Bestimmung eingesandten Exemplaren dieser Art aus Amani war nur ein einziges mit einem Präoculare jederseits. Chlorophis macrops (Blngr.). Boulenger, Ann. Mag. N.H. (6) XVI, 1895, p. 171 (Oligolepis). Sternfeld, Sitz. Ber. Ges. naturf. Fr., Berlin, Nr. 4, 1908, p. 95. Ein g' mit 140t/, Bauchschildern und 95 Schwanzschilderpaaren. Dieses ist die einzige normalerweise melanotische Art der Gattung. Bei dem vorliegenden Exemplare ist auf die Oberseite nur das hintere Nasale, der größte Teil des Loreale, der untere Teil des Präoculare, der obere Teil des unteren Postoculare, das 2. bis 4. und die vordere Hälfte des 5., das 7. (mit Ausnahme der unteren hinteren Ecke) bräunlich. Die Unterseite des Kopfes mit großen gelblichweißen Flecken (unsym- metrisch, zum Beispiel Kinnschilder rechts hell, links grau), das 1., 3. bis 5., die linke Hälfte des 13. und 21. sowie die rechte des 39. Ventrale hell, sonst ganz schwarz. Ganz alte Exemplare häufig mit verein- zelten hellen Flecken von der Größe einer Schuppe. Philothamnus semivariegatus Smith. Oberseite einfarbig grün. 718 J. Brunnthaler, Chiromantis xerampelina Peters. Ein Exemplar, das ich dieser Art zurechne, obwohl die Schnauze länger ist als der Augendurch- messer. Unterarm durch eine an der Beugeseite vorlaufende dicke Hautfalte distalwärts stark verbreitert. Brust mit starker Querfalte, glatt, Kehle mit kleinen, undeutlich in Längsreihen geordneten Höckerchen. Oberseite hell gelbgrau, mit spärlichen, verstreuten schwarzen Punkten. Unterseite gelblich. Die Opponierbarkeit der beiden Innenfinger ist bei diesem Exemplare recht deutlich erkennbar. Arthroleptis whytii Blugr. Ein g dieser von A. stenodactylus Pfeff. kaum unterscheidbaren Art. Kehle schwarzbraun, Unter- kieferränder abwechselnd weiß und schwarz gefleckt. - Bufo brauni Nieden. Sitz. Ber. Ges. naturf. Fr., Berlin, Nr. 10, 1910; p. 450. Eine sehr charakteristische und auffallende Verwandte der im tropischen und südlichen Afrika ebenso wie in Ägypten weitverbreiteten Pantherkröte. Außer der gleich zu beschreibenden Färbung wäre auch die schärfer ausgeprägte und gebogene Schnauzenkante, die viel kleineren und spärlichen Warzen der Oberseiten und die etwas längeren und schlankeren Gliedmaßen hervorzuheben im Vergleich zu Exem- plaren von D. regularis aus Deutsch-Ostafrika, die ich damit vergleichen konnte. Die Oberseite ist hell rötlichbraun mit zwei Paaren von dunkelbraunen, an den Rändern in die helle Grundfarbe übergehenden Flecken, von denen das vordere in der Schultergegend zwischen den Hinterenden der beiden Parotoiden, das hintere in der Kreuzbeingegend gelegen ist; eine feine gelblichweiße Spirallinie ist auf dem Rücken bemerkbar. Kopfseiten bis zur Schnauzenkante dunkelbraun; ein weißlicher Fleck zieht vom unteren Augenrande schief nach hinten zum Mundrande. Parotoiden in der unteren Hälfte scharf abgesetzt dunkel- braun; die dunkle Färbung setzt sich unterhalb einer vom Hinterende der Ohrdrüse schief nach abwärts zum Hinterbeinansatz ziehenden Reihe vergrößerter Warzen an den Körperseiten fort. Gliedmaßen sehr deutlich dunkelbraun gebändert, namentlich Unterarm und Fußwurzel. Unterseite gelbbräunlich. Länge des vorliegenden, wohl halbwüchsigen Exemplares 44 mm. Die spärliche und undeutliche Fleckenzeichnung des Rückens, die dunkle Färbung der Seiten und die scharfe Querbänderung der Füße sind so verschieden von dem mir zum Vergleich vorliegenden Material von B. regularis Rss. aus Togo, Kamerun, Deutsch- Südwestafrika, Transvaal, Deutsch- und Portugiesisch - Ostafrika sowie aus Uganda, dem Sudan und Ägypten, daß die Aufstellung einer besonderen Art wohl gerechtfertigt erscheint. Sie ist übrigens bereits von Tornier (Kriechtiere Deutsch-Ostafrikas, p. 161) ganz gut beschrieben worden. B. Reptilien und Amphibien aus Südafrika. Pachydactylus Brunnthaleri n. sp. Gehört in die Gruppe mit homogener Beschuppung und weit vom Nasenloch getrenntem Rostrale, unterscheidet sich aber durch die deutlich geschindelten Schuppen am Rücken und Schwanz von den übrigen Arten der Gruppe; von P. serval Wern. außerdem noch durch das breitere Rostrale, von P. amoenus Wern. durch die einfarbige Oberseite und von den meisten übrigen durch die bedeutend längere Schnauze, deren Länge dem 1°?/, Augendurchmesser gleichkommt. Rostrale sehr stumpfwinkelig, fünfeckig, über doppelt so breit als hoch, durch ein großes Supranasale vom Nasenloch getrennt; Supranasalia hinter dem Rostrale im Kontakt; Nasenloch von dem Supranasale und zwei kleineren Schildchen begrenzt, nicht in Berührung mit dem 1. Supralabiale; Supralabialia 8 bis 9, Sublabialia 6. Symphysiale schmal, etwa doppelt so lang als breit, nach hinten wenig verschmälert, hinten und Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. ' 719 abgerundet und nicht über die angrenzenden Sublabialia vorragend. Kopfoberseite mit gleichartigen Körner- schuppen, Rumpf und Schwanz mit Schindelschuppen, die kleinsten in der Medianlinie des Rückens, die größten auf dem Schwanz, namentlich dessen Unterseite. Kehlschuppen winzig klein. Der schwach erweiterte distale Teil der Finger und Zehen trägt unterseits 4 bis 5 Lamellen, doch ist auch der basale Teil mit solchen versehen. Die Gliedmaßen sind kräftig, der Schwanz allmählich nach hinten zugespitzt; der Kopf ist etwas abgeplattet, länglich eiförmig, die Entfernung der kleinen, rundlichen Ohröffnung vom Augenhinterrand kommt der Schnauzenlänge nahezu gleich. Färbung der Oberseite hell graubraun, auf dem Schwanze mehr rötlichbraun, Rücken mit sehr kleinen dunklen Flecken. Lippenschilder schwarzbraun gefleckt; Unterseite weißlich. Gesamtlänge 61, Kopfrumpflänge 27, Kopflänge 9 mm. Das einzige vorliegende Exemplar stammt aus Buluwayo (Rhodesien). Eremias burchelli Dum. Bibr. Ein 5 von Matjesfontein (Kapkolonie) (9./XI. 1909) mit 14 Längsreihen von Ventralschildern und 73 Schuppen rund um die Körpermitte. Femoralporen 12— 12. Mabuia homalocephala Wiegm. Ein Exemplar mit 30 Schuppenreihen, von Port Elizabeth (Kapkolonie). Homorelaps lacteus L. Ein 9 mit 207 !/, Ventralen und 32 Subcaudalenpaaren. Frontale, Parietalsutur und eine etwa 3 Schuppenreihen breite mediane Rückenzone leuchtend orangerot, sonst blaßgelb, dunkle Ringe glänzend schwarz. Tulbagh, Kapkolonie, 5./XI. 1909.) Bufo regularis Rss. Boulenger, Proc. Zool. Soc. London 1907. p. 479. Taf. XXI. Ein Exemplar von Port Elizabeth. Bei dieser Gelegenheit möchte ich bemerken, daß Burfo polycerus Werner die Priorität vor B. lati- frons Blngr. hat. Es ist kein Zweifel darüber, daß die von mir in den Sitz. Ber. kgl. bayer. Akad. Wiss. München, Bd. XXVII, 1897, Heft 2, p. 211, beschriebene Art mit B.latifrons Blngr. (Proc. Zool. Soc. London 1900, p. 435, Taf. XXVIL, Fig. 1) identisch ist, obwohl das hauptsächlich wichtige Unterscheidungs- merkmal: dieser Art von B. regularis Rss., die starke Entwicklung der spitzkegelförmigen Warzen an Augenlidern und Rumpfseiten, erst von Nieden (Amphibienfauna von Kamerun, Mitt. Zool. Mus. Berlin, III. Bd., 4. Heft. 1908, p. 509) hervorgehoben wurde. Die Kürze der Hinterbeine und des 1. Fingers bei der Type von B. polycerus ist jedenfalls nur als eine individuelle Eigentümlichkeit zu betrachten. Breite des Interorbitalraumes, Größe des Tympanums, Form der Parotoiden (die beiden letzteren Merkmale aller- dings von geringerer Bedeutung) stimmen ebenfalls bei polycerus und latifrons überein. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIl. Bd. 95 2. TERMITEN. Bearbeitet von Prof. Dr. Y. Sjöstedt (Stockholm). Auf seiner Reise nach Deutsch-Ostafrika und Kapland im Jahre 1909 hat Jos. Brunnthaler sein Augenmerk auch auf Termiten gelenkt und das eingesammelte Material mir freundlichst zur Bestimmung gesandt. Dasselbe umfaßt drei Arten, von denen eine sich als für die Wissenschaft neu erwiesen hat. Termes bellicosus Smeath. Sjöstedt, Monogr. der Termiten Afrikas, p. 96. Größere und kleinere Soldaten und Arbeiter aus Mombo, Usambara, Deutsch-Ostafrika. Eutermes usambarensis Sjöst. Sjöstedt, Monogr., Nachtr., p. 40 und 103. Nasuti und Arbeiter aus Amani, Usambara, Deutsch-Ostafrika. Eutermes trinervoides n. sp. Geflügelte Imago: Körper oben rotbraun; Kopf teilweise heller, gelblich; Prothorax, Meso- und Metathorax, Beine, Fühler und Bauchplatten hellgelb, die letzteren an den Stigmen mit einem rotbraunen Fleck; Kopf oval, nach vorn nicht triangulär verengt, !/, länger als zwischen den Augenspitzen breit; Epistom hellgelb, hinten gebogen, vorn etwas eingebogen; Augen klein, kreisrund; Ocellen oval, näher als um die halbe Länge ihres Durchmessers an die Augen gestellt; Leiste zwischen den Augen und dem Unterrand des Kopfes so breit wie der halbe Durchmesser der Augen; Fühler 17 gliedrig, das Basalglied so lang wie die zwei folgenden Glieder zusammen; das 2. und 3. Glied gleich lang, das 2. nach unten all- mählich etwas verengt, das 4. und 6. Glied gleich groß, das 5. etwas kleiner; an der Mitte der Fühler die Glieder etwas größer, nach außen etwas schmäler und länger; Prothorax halbkreisförmig mit sehr kleinem Vorderlappen, an der Mitte nicht eingeschnitten; Vorderecken breit abgerundet und etwas aus- gehöhlt; Hinterrand abgeplattet und breit eingebuchtet; Hinterrand des Meso- und Metathorax seicht winkelig eingeschnitten mit abgerundeten Ecken; Flügel hyalin, graugelblich angehaucht; die Äderung teilweise ziemlich undeutlich, die Nebenzweige der Submediana am kräftigsten; deutliche, gewöhnlich schräg gehende, die Subcosta nicht erreichende Nebenadern von der Mediana in das Costalfeld hinein; Mediana oft nur einfach gefurcht. Spannweite 48, Länge und Breite der Flügel, respektive 18 bis 18°5 und 5 bis 5:5, Körper mit dem Kopf 10 mm. Diese Art steht Eutermes trinervins Rauch (Sjöstedt, Monogr., Nachtr., p. 28) sehr nahe und hat wie diese deutliche, gewöhnlich schräg gehende, die Subcosta nicht erreichende Nebenadern von der Mediana in das Costalfeld hinein. Die Fühler sind aber 17 gliedrig (nicht 15 bis 16gliedrig) und das 2. Fühler- glied ist eben so lang, nicht deutlich kürzer als das 2. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. nal Größerer Nasutus: Ist nur durch etwas bedeutendere Größe von demselben der ostafrikanischen Entermes rapulum Sjöst. (Monogr., Nachtr., p. 40 bis 99), dessen geflügelte Imago bisher unbekannt ist, zu unterscheiden. Länge 4 bis 4:5, Kopf 2mm. Kleinerer Nasutus: Kopf gelbrot mit ziemlich langer, gerader Nase, die nicht völlig in derselben Linie mit dem etwas gewölbten Scheitel liegt; Nase fast schwarz mit etwas rötlicher Spitze; die Fühler- gruben liegen’an der Mitte des Kopfes; Fühler !/, länger als der Kopf, braungelblich, l4gliedrig, das 3. und 4. Glied gleich lang, das 4. etwas gröber, das 2. kaum kürzer als diese; an der Mitte der Fühler die Glieder am längsten, ziemlich dreimal so lang wie breit, naeh außen wieder kürzer, das Endglied lang- gestreckt oval; Kopf von oben gesehen rund, nach vorn verengt, von hinten gesehen breit oval; Prothorax an der Mitte des Vorderrandes nicht eingebuchtet; Vorderlappen etwas kürzer und dunkler als der Hinter- lappen, bogenförmig. Länge 3°5, Kopf 1:6, Breite des Kopfes 0:82 mm. Unterscheidet sich sofort von dem kleineren Nasutus des Eutermes rapulum (Monogr., Nachtr., p. 38 und 99) durch die 14gliedrigen, nicht 12gliedrigen Fühler. Der Kopf ist größer und viel höher (respektive 0:35 und 0:65 mm) und breiter (respektive 0-5 und 0:82 mm) als bei dieser Art. Von dem sehr ähnlichen kleineren Nasutus des Eutermes trinervius mit 14gliedrigen Fühlern unter- scheidet er sich durch längere Nase und breiteren Kopf (respektive 0:66 und 0:82 nm). Größerer Arbeiter: Kopf oval, von der Seiten gesehen etwas zusammengedrückt, an den Fühlern etwas breiter, hell braunrot, mit drei weißen, in der Mitte zusammenstoßenden Linien; die Seiten des Kopfes weiß, Stirn weiß geflammt; Epistom gelbweiß, oval, ziemlich groß, Hinterrand etwas stärker gebogen als der Vorderrand; die zwei ersten Zähne der Mandibeln gleich groß; Fühler 15 gliedrig, das Basalglied ziemlich so lang wie die zwei folgenden Glieder zusammen, das 2. und 4. Glied gleich lang, das 3. etwas kürzer, vom 2. Glied an die Glieder gegen die Basis verengt, nach außen etwas länger, Endglied schmal oval; Vorderlappen des Prothorax etwas länger, aber bedeutend schmäler als der Hinterlappen mit fast geraden Seiten; der Vorderrand an der Mitte deutlich ausgerandet; Hinterlappen breit abgerundet. Länge 4, Breite des Kopfes 13 mm. Ähnelt fast völlig dem größeren Arbeiter des Eutermes rapulum (Monogr., Nachtr., p. 44 und 100), der Vorderrand des Prothorax ist aber viel deutlicher ausgerandet und der Hinterlappen ist verhältnismäßig etwas länger. Von dem auch sehr nahestehenden Arbeiter des Termes canithorax (Monogr., p. 131, Nachtr., p. 100) unterscheidet er sich durch die Länge des 2. Fühlergliedes, das viel kürzer als das 3. und 4. zusammen, bei canithorax so lang wie diese erscheint. Der Vorderlappen des canithorax ist auch viel kleiner, nur etwas länger als der Hinterlappen und etwas triangulär. Fundort etc.: Kapland, Laingsburg, aus dem innersten Teile der Karroo, in einer sehr heißen und trockenen Gegend. Nest ein runder grauer Hügel von 40 bis 50 cm Höhe und etwas größerem Durch- messer (Brunnthaler). SÜSZWASSERPROBEN AUS SÜDAFRIKA. Bearbeitet von Prof. Dr. V. Brehm (Eger). - Von den acht Proben verdienen eigentlich nur die beiden im Sambesi gesammelten besonderes Inter- esse, denn die Proben 6 bis 8 aus Port Elizabeth enthalten von dort bereits bekanntes Material (Zeptestheria siligua G. OÖ. Sars und Artemia salina) und die Proben 3 bis 5 (Plankton des Baakens River bei Port Elizabeth, Algenwatten in den Cape Flats bei Kapstadt und Characeenrasen aus dem Baakens River) enthalten nichts zoologisch bemerkenswertes. Während die wenigen Tuben, die kürzlich von Prof. Schultze und Pr. Neumann in Südafrika gesammelt wurden, eine überraschende Bereicherung unserer Canthocamptus brunnthaleri Q Abdomen und Furca dorsal. Kenntnis von der Süßwasserfauna Afrikas mit sich brachten (F. van Douwes Bearbeitung dieses Materials), bereitete das vorliegende Material insofern eine Enttäuschung, als gerade die für Südafrika charakteristischen Centropagidengattungen gänzlich fehlten. Um so angenehmer mußte es überraschen, als endlich einmal ein Harpaktizide — wenn auch nur in einem einzigen, lädierten Exemplar — in der einen Sambesiprobe angetroffen wurde. Weder die beiden oben genannten Sammlungen von Schultze und Neumann noch das umfang- reiche Material der deutschen Zentral-Afrikaexpedition enthielten auch nur ein Exemplar eines Harpaktizi- den, so daß van Douwe in den drei bezüglichen Publikationen diesen negativen Befund besonderer Besprechung unterzieht. Wenn wir von den halbmarinen Formen, die G. ©. Sars aus dem Tanganyika beschrieben hat, absehen, dürfte seit der von Brady im Jahre 1904 beschriebenen Attheyella aus Natal‘ der vorliegende Canthocamptus wieder der erste Harpaktizide aus Südafrika sein. Nach diesen Vorbemerkungen sei das Ergebnis der Untersuchung mitgeteilt: In der ersten Probe, die oberhalb der Viktoriafälle im Sambesi am 2. Oktober 1909 gesammeltes Plankton enthält, fanden sich Anmraea cochlearis sowohl in der typischen Form als auch in der var. Zecta. An Individuenzahl überwog, soweit die geringe Quantität des Materials einen solchen Schluß gestattet, die Varietät, die auch in eiertragenden Exemplaren vertreten war. Das Genus Brachionus ist durch Br. falcatus Zach. und eine kleinere Form repräsentiert, von der ich eine Panzerskizze gebe, da mir die Zugehörigkeit zu einer der mir bekannten Arten nicht ganz sicher schien. Endlich ist die im tropischen Afrika wohl sehr verbreitete Bosmima longirostris in der cornuta-Form vorhanden. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 723 Die zweite am selben Tag in einem ruhigen kleinen Tümpel des Sambesibettes gesammelte Probe enthält Cathypna hına, Alona cf. cambouei und den vorhin erwähnten Canthocamptus, der leider etwas beschädigt war und derart in Algenfäden verwickelt, daß ich nur vom vierten Fußpaar und vom Abdomen samtFurcaein genaues Bild bekommen konnte. Die beigegebenen Skizzen zeigen, daß der Innenast des vierten Canthocamplus brunnthaleri 2 IV. Fuß. Fußpaares eingliedrig ist, daß das Analoperculum mit nahezu 20 außerordentlich langen, schmalen Zähnen bewaffnet ist.! Die Bewaffnung des Analdeckels (die mittleren Zähne erreichen etwa die halbe Länge der Furcaläste) allein genügt, um diese Art von den übrigen zu unterscheiden. Obwohl nach diesen nur allzu Fig. 3. \ / \ / N A NIIAnN | f I \ N Brachionus spec. aus dem Sambesi. fragmentarischen Angaben, denen noch das Vorhandensein Sgliedriger Antennen angeschlossen sei, nicht einmal die Zugehörigkeit zu einer der bisher aufgestellten, übrigens recht problematischen Untergattungen von Canthocamptus festgestellt werden kann, mag die sehr auffällige Bewehrung des Analdeckels, die ein Wiedererkennen der Art sehr leicht und sicher macht, es rechtfertigen, wenn ich für diesen neuen Ver- treter der noch so wenig bekannten afrikanischen Harpaktizidenfauna den Namen Canthocamptus brunnthaleri zu Ehren ihres Entdeckers in Vorschlag bringe. 1 Von den beiden wohlentwickelten Apikalborsten der Furca ist die äußere halb so lang als die innere. 1. HEPATICAE. Bearbeitet von F. Stephani (Oetzsch bei Leipzig). I. Anacrogynae. 1. Riccia capensis Steph. nov. spec. Sterilis, minor, fusco viridis gregarie crescens. Frons ad 8 mm longa, 2:5 mm lata, tenax, crassa, duplo latior quam alta, postice late rotundata, lateribus erectis, antice acute sulcata, sulca in sectione transversa rectangulata, simplex vel furcata, medio infero solida, supero dense angusteque cavernosa; squamae posticae confertae, atropurpureae. Sporae desunt. Kapland: Genadendal bei Caledon, auf Erde; X. 1909. 2. Riccia villosa Steph. nov. Spec. Dioica parva, in solo arenoso humido gregaria. Frons ad 5 mm longa, bifurcata vel bisbifida, valida, duplo latior quam alta; costa humilis, plana, stratum cavernosum quam costa duplo altius, antice planum, cellulis superficialibus in pilum longiusculum attenuatis. Squamae posticae giganteae, erectae, incurvae, frondis superficiem obvelantes, in plano semicordatae, apice acutae, cellulis marginalibus crenatim prominulis, ceterum integrae, hyalinae, ipsa basi purpureae. Sporae desunt. Kapland: Karroo bei Matjesfontein, auf sandigem Boden, zirka 900 m; XI. 1909. 3. Riccia Welwitschii Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Erde zwischen Ipomoea-batatas, zirka 800 m; VII. 1909. 4. Riccia flnitans L. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Erde zwischen Ipomoea-batatas-Versuchsbeeten, zirka 800 m; VIII. 1909. 5. Riccia flnitans L. forma terrestris. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, quellige Stelle am oberen Ende eines »Kloof«, zirka 1600 m; XII. 1909. 6. Targionia hypophylla L. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, am oberen Ende eines »Kloof«, zirka 1600 m; XII. 1909. 7? Fimbriaria dissoluta Steph. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Mtai bei Mzinga, auf Erde, zirka 1200 m; VIII. 1909. Capitula zu wenig entwickelt, um sicher bestimmbar zu sein. 8. Aneura angusticosta Steph. nov. Spec. Sterilis, exigua, olivacea in ligno decorticato repens. Frons ad 5 mm longa, irregulariter ramosa, pertenuis, latissime alata, alis 7 cellulas latis, unistratosis; costa tres cellulas crassa, cellulis exiguis. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VIII. 1909. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 725 9. Metzgeria Brunnthaleri Steph. nov. spec. Sterilis medioeris, intense viridis, in cortice repens. Frons ad 15 mm longa, 2 mm lata, repetito-furcata, plana, omnino nuda; costa valida, 6 cellulas alta, cellulis corticalibus antiecis quadriseriatis, posticis 8 seriatis, alae latissimae. Natal: Drakenberge, Schwarzer Berg nächst dem Van Reenen-Paß, zirka 1700 m; XII. 1909. 10. Metzgeria madagassa Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka SOO m; VII. 1909. 11. Metzgeria tabularis Steph. nov. spec. Sterilis minor, flavo-virens, in cortice late expansa. Frons ad I cm longa, repetito-furcata, plana, angusta, margine simpliciter breviterque setuloso. Alae 12 cellulas latae, nudae; costa tenuis, setulifera, celiulis corticalibus 6, quarum 2 anticae, 4 posticae. Cellulae alarum 27 x 45 u, ad costam 27 x 54 trigonis parvis. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, an Stämmen, zirka 400 ın; X. 1909. 12. Symphyogyna podophylla M. et N. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Quelle auf dem Plateau, zirka 1000 m; X. 1909. 13. Fossombronia sp. Kapland: Tulbagh, in einem Rinnsal, am Wege zum Wasserfall, in großer Menge, aber steril; RIELIOI! 14. Fossombronia Zeyheri Steph. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Kloof Neck, zirka 200 bis 300 an; X. 1909. ll. Acerogynae. 15. Jamesoniella colorata (Lehm.) Spruce. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Quelle auf dem Plateau, zirka 1000 m; X. 1909. 16. Plagiochila angustifolia Steph. nov. spec. Dioica, mediocris flavicans, rigidula, in cortice gregaria. Caulis ad 4cm longus, vage pauciramosus, tenuis, fuscus; Folia caulina imbricata oblique patula, margine postico arcte incurvo, in plano anguste ligulata, 173 mm longa, medio 0:86 mm lata, integerrima, apice late rotundata, basi postica parum decurrentia. Cellulae superae 181. basales 18 x 361 trigonis ubique majusculis acutis. Perianthia (juvenilia) ore late rotundata, regulariter denseque spinosa, spinis majusculis. Folia floralia caulinis aequilonga subovata, margine antico nudo, postico grosse irregulariterque spinoso, apice similiter armato, spinis brevioribus. Androecia ignota. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VIII. 1909. 17. Plagiochila angustitecta Steph. Deutsch-OÖstafrika: West-Usambara, Magambasattel, zirka 1500»; VIII. 1909. 18. Plagiochila Brunnthaleri Steph. nov. spec. Sterilis mediocris rigida, rufo-brunnea, in cortice laxe caespitans. Caulis ad 4 cm longus fuscus et durus, parum longeque ramosus, ramis squarrose patulis, simpiicibus. Folia caulina conferta, oblique patula, canaliculatim concava, antice longe decurrentia, in plano ovato-oblonga, 2:4 mm longa, medio 1:4 mm lata, margine antico nudo, postico parum ampliato, caulem longe angusteque tegente, paueis dentibus remotis armato, apice rotundato regulariter denticulato, dentibus 6-7. Cellulae superae 18 y. trigonis majusculis acutis, basales 18 X 36 u parietibus validis, subtrabeculatis. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Kwamkorowes, auf Felsen, zirka 800»; VII. 1909. 26 J.Brunnthaler, | 19. Plagiochila Cambouena Steph. Deutsch-Ostafrika: OÖst-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis im Dodwe-Tale, zirka 700 m, VI. 1909. 20. Plagiochila crispnlo-caudata Gottsche. Natal: Drakensberge, Schwarzer Berg nächst dem Van Reenen-Paß, zirka 1300 m; XII. 1909. 21. Plagiochila dschaggana Steph. Deutsch-Östafrika: West-Usambara, zwischen Mazumbei und Mzinga, zirka 1200 m; VII. 1909. 22. Plagiochila natalensis Pearson. Kapland: Auf dem Plateau des Tafelberges bei Kapstadt, zirka 1000 m; X. 1909. 23. Plagiochila parvula Steph. nov. spec. Sterilis parva gracillima flaccida, flavicans, in cortice laxe caespitans. Caulis ad 2cm longus, tenuis, rigidus, simplex vel pauciramosus, ramis longiusculis saepe attenuatis parvifoliis. Folia caulina imbricata, oblique patula, subplano-disticha, oblique ovato-oblonga 1'2 mm longa, medio 0:65 mm lata, margine antico stricto nudo, postico bene arcuato, caulem longe tegente, apice inaequaliter breviterque bilobato, lobulis triangulatis acutis, antico parvo, postico duplo latiore; adsunt folia apice valde angustata acuta, vel bidentula, alia late truncata breviterque quadridentata. Cellulae superae 181. trigonis parvis acutis, basales 18x 36 u trigonis magnis. Deutsch-Östafrika: West-Usambara, an Stämmen, zirka 1200 m; VIII. 1909. 24. Plagiochila replicatula Steph. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 25. Plagiochila rubricaulis Steph. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Lutindi, an Stämmen, zirka 1000 bis 1100 »»; VII. 1909; West- Usambara, Schumewald, zirka 1800 n, VIII. 1909. 26. Plagiochila subguadrata Steph. nov. spec. Sterilis major flavicans vel flavo-virens, valida, rigidula, densissime caespitosa. Caulis ad 4 cm longus, fuscus, validus, irregulariter pauciramosus, ramis brevibus hamatim decurvis, apice saepe parvifoliis attenuatis radicantibus. Folia caulina opposita imbricata, decurvo-homomalla, brevissima basi inserta, margine antico valde incurvo, in plano subquadrata regulariter valideque dentata vel dentato-spinosa, basin versus integra. Cellulae superae 18x 27 ı. trigonis parvis acutis, basales 18x72 u trigonis magnis acutis. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, an einer Quelle auf dem Plateau, zirka 1000 m; X. 1909. 27. Lophocolea amanica Steph. nov. spec. Dioica, minor, pallide flavo-virens, in humo caespitans. Caulis ad 15 mm longus, debilis et tenuis, vage pauciramosus. Folia caulina imbricata, subopposita, recte patula, leviter adscendentia, ovato-oblonga vel subrectangulata, apice plus minus late truncata, angulis apiculatis. Cellulae superae 36, basales 27x 54 u trigonis nullis. Amphigastria caulina parva, cauli aequilata, basi utrinque decurrentia foliisque connata, apice ad medium emarginato-bifida, laciniis angustis divergentibus, sub apice utrinque spina longa armata. Perianthia maxima, 4 mm longa, ore profunde trilobato, lobis profunde bifidis, sub apice utrinque grosse spinosis. Folia floralia caulinis parum longiora, duplo angustiora, apice oblique truncata, bidentula, margine externo ceterum nudo, interno remote dentato. Amphigastrium florale parvum, foliis plus duplo brevius breviterque coalitum, obcuneatum, apice profunde bifidum, sub apice utrinque lacinia lanceolata armatum. Androecia ignota. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Wegrändern auf Laterit, zirka 800 »»z; VIII. 1909. Forschungsreise nach Deutsch- Ostafrika und Südafrika. TOR 28. Lophocolea Cambouena Steph. Natal: Drakensberge, Van Reenen Paß, am oberen Ende einer »Kloof«, zirka 1600 m; XII. 1909. 29. Lophocolea difformis Nees. Kapland: Port Elizabeth, Brakens River Valley, zirka 100 m; XI. 1909. 30. Lophöcolea Elliotii Steph. Kapland: Newlands bei Kapstadt, an Böschungen; XII. 1909. 31. Lophocolea Macleana Steph. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, zirka 600 bis 700 an; X. 1909. Newlands bei Kapstadt, am Grunde alter Eichen; XII. 1909. 32. Lophocolea Rehmannii Steph. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Schumewald, auf Erde, zirka 1900 »z; VIII. 1909. 33. Chiloscyphus fasciculatus Nees. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, auf dem Plateau, zirka 1000 m; X. 1909. 34. Calypogeia bidentula (Weber) Nees.- Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, am oberen Ende eines »Kloof«, zirka 1600 12; XII. 1909. 39. Mastigobryum convexum Ldbg. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Schumewald, an Stämmen, zirka 1900 m; VIII. 1909. 36. Radula autoica Steph. nov. spec. Mediocris flavescens flaccida, in cortice late expansa. Caulis ad 3 cm longus, regylariter pinnatus, pinnis ad 5 mm longis, oblique patulis. Folia caulina parum imbricata, recte patula, subplano-disticha, late ovato-trianguläta, apice rotundata, dorso caulem vix tegentia, basi antica exappendiculata. Cellulae superae 18 1 trigonis nullis, basales 18 x 27 u trigonis parvis acutis. Lobulus magnus acutangulus, carina conjunctionis subrecte patens substricta, in folii marginem excurrens, apice recte truncatus, angulo obtuso, basi ad medium accretus, medio supero libero ampliato caulem tegente. Perianthia anguste oblonga ore repando. Folia floralia obovato-oblonga, subspathulata, caulinis aequilonga lobulo duplo-breviore duploque angustiore, lanceolato, fere ad medium soluto, subacuto. Androecia hypogyna, bracteis quadrijugis profunde saccatis. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 »»; VII. 1909. v 37. Radula comorensis Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Kwamkoroweg, an Stämmen, zirka 800 m; VIII. 1909. 38. Radula epiphylla Mitten. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Blättern im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 39. Radula macroloba Steph. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Schumewald, an Stämmen, zirka 1900 m; VII. 1900. 40. Radula madagascariensis Gottsche. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis im Dodwe-Tale, zirka 700 m; VII. 1909. 41. Radula mascarena Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Laterit im Regenwvalde, zirka 800 m; VII. 1909. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIl. Bd. 96 728 J. Brunnthaler, 42. Radula Perrottetii Gottsche. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen, Kwamkoroweg, zirka 800 m; VIII. 1909. 43. Radula recurvifolia Steph. Deutsch-OÖstafrika: West-Usambara, Hermannsplatte im Schumewald, zirka 2000 »z; VIII. 1909. 44. Frullania (Diastaloba) Brunnthaleri Steph. nov. spec. Dioica parva, rufo-brunnea rigidula, in cortice gregaria. Caulis ad 15 mm longus bi vel tripinnatus lateque expansus. Folia caulina parum imbricata, recte patula, decurva, in plano obovata, hic illic apiceu- lata, 0-65 mm longa, medio O'4 mm lata, apice rotundata, antice caulem tegentia, basi antica ex appendicu- lata, longe truncata. Cellulae superae 15 u trigonis majusculis, basales 18 X 36 u trigonis magnis, trabecu- latim, confluentibus. Lobulus parvus, a caule remotus, cauli aequilatus et parallelus, anguste cucullatus, duplo longior quam latus, ore oblique truncato, marginem folii superante; stylus majusculus, obtusus. Amphigastria caulina parva, caule parum latiora, obovato-obcuneata, vix ad medium inciso-biloba, lobis acutis, rima angusta. Perianthia quoad plantae magnitudinem gigantea, obovato-oblonga, rostro angusto elongato. Folia floralia caulinis duplo-majora, late ligulata, apiculata, utringue remote mamillata, lobulo aequilongo profundissime soluto, late lanceolato, grosse lacerato, acuminato acuto. Amphigastrium florale foliis floralibus subaequimagnum, late ovatum utrinque pauci-spinum, apice ad 1/,exciso-bifidum, lobis e lata basi abrupte attenuatis, basi utrinque mamillatim dentatio. Androecia ignota. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VIII. 1909. 45. Frullania (Diastaloba) clavellifera. Steph. nov. spec. Sterilis parva pallide flavicans, in cortice repens. Caulis ad 15mm longus, regulariter denseque pin- natus. Foliacaulina imbricata, recte patula, parum decurva, in plano late ovata, apice rotundata, in ramis saepe subacuta. Cellulae superae 14 parietibus tenuibus, basales 18 x 27 1 trigonis magnis acutis saepe trabeculatim confluentibus. Lobulus 'anguste clavatus, a caule remotus, oblique patens; stylus majusculus triangulatus, lobulo appressus. Amphigastriacaulina parva, caule parum latiora, alte obcuneata, superne utrinque angulata, apice breviter inciso-biloba, lobis oblique truncatis acutis. Reliqua desunt. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 46. Frullania Ecklonii Sprengel. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Lutindi, an Stämmen, zirka 1000 bis 1100 »z; VII. 1909. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, zirka 1700 »n; XII. 1909. 47. Frullania (Galeiloba) eplicata Steph. nov. spec. Autoica, mediocris, flaccida, fusco-brunnea, corticola. Caulis ad 3 cm longus, vage pauciramosus, ramis floriferis quidem numerosis. Folia caulina imbricata, recte patula, apice arcte decurva, in plano subrotunda, antice caulem superantia, basi antica circinatim appendiculata. Cellulae superae 18 ı. trigonis magnis, basales 18 x 36 u trigonis maximis acutis, parietibus ubique strictis. Lobulus magnus erectus, cauli approximatus, alte galeatus, symmetricus, subduplo longior quam latus, vertice rotundatus, ore recte truncato, folii marginem breviter superante, sub ore leviter constrictus. Amphigastria caulina parva, caule duplo latiora, obcuneata, superne utrinque angulata, apice ad !/, inciso-biloba, sinu recto, lobis late triangulatis parrectis acutis. Perianthia obovata, compresso-inflata, eplicata, levissima, rostro majusculo, sub ore profunde constricto. Folia floralia intima caulinis duplo. longiora, oblongo-spathu- lata, apice late arcteque decurva, rotundata, integerrima, lobulo subduplo breviore, oblongo, ad medium soluto, acuto, margine interno recurvo remoteque paucidenticulato. Amphigastrium florale intimum lobulo aequilongum, ligulatum, superne irregulariter spinulosum, ad medium inciso-bifidum, sinu angusto edentato, laciniis anguste lanceolatis acutis. Androecia numerosa, perianthio approximata, capitata, bracteis trijugis. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 729 48. Frullania exigua Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Lutindi, an Stämmen, zirka 1000 bis 1100 »n; VIIL, 1909. Kapland: Caledon, an Stämmen; X. 1909. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, an Stämmen, zirka 1700 m, XII. 1909. 49. Erullania Hildebrandtii Steph. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Oranjezicht, an Stämmen; X. 1909, c. per. 90. Frullania socotrana Mitten. Kapland: Zwartkops bei Port Elizabeth, auf Portulacaria afra; XI. 1909. 51. Frullania squarrosa Nees. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Baga, an Stämmen, zirka 1100sr; VIII. 1909. 92. Frullania (Thyopsiella) substricta Steph. nov. spec. Dioica, major, fusco-brunnea, rigidula, in cortice laxe caespitans maximeque intricata. Caulis ad 8 cm longus, maxime ramosus, ramis primariis 2 cm longis regulariter consecutivis bipinnatis aliis longiori- bus interjectis tripinnatis. Folia caulina remotiuscula (ramulina imbricata) oblique patula, decurva, in plano late ovata, acuta vel apiculata. Cellulae superae 9 x 18 y trigonis majusculis, parietibus flexuosis, basales 18 x 27 u trigonis magnis, parietibus strictis, purpureae. Lobulus semper evolutus, lanceolatus, canaliculatus longeque attenuatus, folio subaequilongus. Amphigastria caulina magna, imbricata, appressa, canaliculatim concava, in plano ovata, basi utrinque hastatim lobata, apice ad medium inciso- biloba, lobis triangulatis acuminatis acutis. Perianthia anguste oblonga, triplicata, longe rostrata. Folia floralia intima, caulinis duplo longiora, profundissime (ad ?/,) bifida, laciniis e lata basi attenuatis, repandis, apice setaceis. Amphigastrium florale intimum foliis floralibus simillimum, parum brevius, marginibus magis repandis crispulis. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Gipfelregion des Lutindi, zirka 1400 m; VIII. 1909. Die Pflanze steht der Frullania Holstii St. sehr nahe, ist aber in allen Teilen größer und robuster. 93. Frullania tatanarivensis Steph. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, zirka 1700 m; XII. 1909. 54. Frullania usambarensis Steph. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Schumewald, zirka 1900 m; VIII. 1909, und Hermannsplatte . im Schumewald, zirka 2000 m; VIII. 1909. 55. Cololejeunea autoica Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Blättern im Regenwalde, zirka 800 m; VIII. 1909. 56. Cololejeunea vittata Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis im Dodwethale, zirka 700 m; VI. 1909. 87. Eulejeunea Breutelii Steph. q Deutsch- Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 98. Enlejeumea cancellata N. et M. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis im Dodwetale, zirka 700 m; VII. 1909. ; 730 J.Brunnthaler, 59. Enlejeunea capensis Gottsche. Kapland: Newlands bei Kapstadt, an Böschungen und am Grunde der Stämme; XII. 1909. 60. Eulejeumea Corbieri Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis im Dodwetale, zirka 700m; Ya, 1SORL Rhodesien: Victoria Falls, an Stämmen in der »Palm Kloof«, zarka 900 m; X. 1909. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, zirka 600 bis 700 m; X. 1909. 61. Eulejeunea expansa Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis im Dodwetale, zirka 700 m; VI. 1909. 62. Eulejeunea flavo-virens Angstr. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 »»; VII. 1909. 63. Eulejeunea isomorpha G. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis im Dodwetale, zirka 700m; VI. 1909. An Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, an Stämmen, zirka 400 m; X. 1909. 64. Eulejeunea Parisiü Steph:. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Cyathea usambarensis in Dodwetale, zirka 700 m; VI. 1909. Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 65. Microlejeunea africana Steph. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VI. 1909. 66. Microlejeunea heterophylla Steph. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen’im Regenwalde, zirka 800 m; VI. 1909. 67. Microlejeumea usambarensis Steph. nov. spec. Sterilis exigua capillacea pallida, -foliicola. Caulis ad 2cm longus, multiramosus, longe lateque expansus. Folia caulina remota, adulta parum oblique patula vel suberecta, juvenilia cauli parellela, omnia ovata, obtusa vel apice rotundata, 0:33 mm longa, 0:15 mm lata, integerrima. Cellulae superae 12 u, basales 12 x 18. parietibus tenuibus. Lobulus magnus, ovatus, inflatus, folio duplo minor, subrecte patens carina bene armata, levi sinu in folii marginem excurrens, apice profunde emarginatus, angulo in dentem angustum attenuato. Amphigastria caulina bisetula, setulis divergentibus, 2 cellulas latis, attenuatis, disco basali integro 2 cellulas alto. Reliqua desunt. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Blättern im Regenwalde, zirka 800 »z; VII. 1909. 68. Cheilolejeunea Corbieri Steph. Rhodesien: Victoria Falls, an Stämmen in der Palm Kloof, zirka 900 m; X. 1909. 69. Cheilolejeunea latistipula Steph. nov. spec. Dioica parva, pallide virens, corticola. Caulis ad 1 cm longus, parum longeque ramosus. Folia caulina contigua recte patula, plano-disticha, late ovata (0:7 mm longa, medio 0'6 mm lata) apice rotun- data, dorso caulem vix superantia, cauli ad medium accreta. Cellulae superae 13x 27 u, basales 27 x 361, parietibus ubique tenuibus. Lobulus parvus, ad plicam anguste reductus, oblique truncatus, angulo acuto. Amphigastria caulina caule triplo latiora, oblique patula, latiora quam ionga, ad medium biloba, lobis Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 731 ovato-triangulatis porrectis obtusis, in ramis subacutis. Flores feminei in ramulo parvo terminalis, simplieiter innovati. Folia floralia caulinis aequilonga, anguste ligulata obtusa, lobulo duplo breviore, parum soluto, angusto obtuso. Amphigastrium florale caulinis aequilongum, lobis utrinque longius coalitum, obovato- oblongum, apice ad !/, bilobatum, sinu angusto acuto, lobis oblongis obtusis. Religua desunt. Hab. Rhodesia. Rhodesien: Victoria Falls, an Stämmen in der »Palm Kloof«, zirka 850 bis 900 m; X. 1909. 70. Taxilejeunea conformis N. et M. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Mazumbei, an Stämmen, zirka 1200 m; VIII. 1909. 71. Ceratolejeunea Belangeriana G. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka SOO m; VII. 1909. 72. Ceratolejeunea usambarensis Steph. nov. spec. Autoica parva brunnea, rigidula, corticola. Caulis ad 2 cm longus, fuseus et tenax, vage multiramosus. Folia caulina parum imbricata, valde decurva, in plano late obovata, dorso caulem vix superantia, apice obtusa, integra vel paucidenticulata, denticulis irregularibus. Cellulae superae 18 p, basales 27 u parietibus tenuibus. Amphigastria caulina maxima, foliis parum minora, contigua, cauli plano-appressa, subeircu- laria, basi profunde cordata, apice ad t/, inciso-biloba, rima angusta, lobis acutis. Perianthia in ramis terminalia, uno vel utroque latere innovata, obovato-oblonga, papulosa, quadricornuta, cornubus levibus angustis, posticis porrectis, anticis divergentibus, rostro parvo angusto. Folia floralia caulinis aequilonga, obovato-oblonga, acuta, marginibus superis irregulariter obtuseque dentatio; lobulus parvus, duplo brevior, anguste ligulatus, ad medium solutus, apice rotundato, paucidentato vel solum angulato. Amphigastrium florale folis flor. aequimagnum, ex angusta basi obovato-spathulatum, apice obtuse et irregulariter den- tatum, ad ?/, inciso-bilobatum, rima angusta, lobis acutis. Androecia perianthio approximata, numerosa, breviter spicata, bracteis ad 4 jugis. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909; auf Cyathea nsambarensis im Dodwetale, zirka 700 m; VII. 1909, 73. Leptolejeunea papuliflora Steph. nov. spec. Dioica, parva, dilute, brunnea, foliicola. Caulis ad 6 mm longus, tenuis, multiramosus, ramis primariis remote longeque pinnatis. Folia caulina remotiuscula, subrecte patula, plano-disticha, ligulata (0:54 mm longa, 0'27 mm lata) apice parum angustiora, rotundata, dorso caulem vix tegentia. Cellulae superae 18, basales 18 x 27 u parietibus tenuibus. Ocella 4, seriata, 36 u, supera minora. Lobulus minimus, ad plicam parvam reductus, apice oblique truncatus, acutus. Amphigastria caulina graeillima, disco integro rectangulato, 3plo latiore quam longo, caulem utrinque late superante, angulis superis in setam longissimam horizontaliter patulam abeuntibus. Perianthia obovato-obconica, papulosa, quadriplicata, plieis tryncatis, acutis vel apiculatis, rostro majusculo. Folia floralia anguste ligulata, erecta, truncato-rotundata, lobulo subaequali vel parum breviore; Amphigastrium florale foliis floralibus subaequilongum, duplo latius, subrectangulatum, lobulis alte coalitum, apice truncato, emarginato, angulis apiculatis. Reliqua desunt. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Blättern im Regenwalde, zirka 800 2; VII. 1909. 74. Strepsilejeumea usambarana Steph. nov. spec. Autoica, parva, dilute brunnea, in cortice dense caespitosa. Caulis ad 15 mm longus, vage multi- ramosus. Folia caulina conferta, recte patula, valde decurva, in plano ovato-falcata (0:53 mm longa, medio 0:33 mm lata) apice acuta antice caulem tegentia. Lobulus recte patens, ovatus, carina recte patula, bene arcuata, in folii marginem abrupte abeunte (sinu angusto profundo) apice oblique truncatus, subapice constrietus. Amphigastria caulina appressa, subrotunda, parum longiora quam lata, trans- verse inserta, ad medium inciso-biloba, lobis porrectis, ovato-triangulatis obtusissimis. Folia floralia 132 J. Brunnthaler, caulinis simillima parum majora, similiter decurva, lobula duplo breviore, oblongo, ad medium soluto acuminato obtuso. Amphigastrium florale foliis aequilongum, obcuneato-oblongum, breviter inciso- bifidum, lobis acutis; perianthia desunt. Androecia parva, capitata, bracteis trijugis. Deutsch-OÖstafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 75. Acrolejeunea Pappeana Nees. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 76. Acrolejeunea pulopenangensis. Rhodesien: Victoria Falls, an Stämmen in der »Palm Kloof«, zirka 850 bis 900 m; X. 1909. 77. Lopholejeunea sagraeana Mont. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 n; VII. 1909. 78. Lopholejeunea sphaerophora L. et L. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 79. Mastigolejeunea brevifissa G. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m; VII. 1909. 80. Mastigolejeumea trigona Steph. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 »z; VII. 1909. Rhodesien: Victoria Falls, an Stämmen in der »Palm Kloof«, zirka 850 bis 900 m; X. 1909. 81. Lencolejeunea xanthocarpa Evans. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Kingo, an Stämmen, zirka 2000 m; VIII. 1909. 82. Ptychanthus integrifolius Steph. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Schumewald, zirka 1900 m; VIII. 1909. IN. Anthocerotaceae. 83. Anthoceros Brunnthaleri Steph. nov. spec. Planta autoica, parva, dense caespitosa, flavo-virens. Frons ad 15 mm longa, tenuis solida, postice tuberifera, tuberibus magnis longe peduneulatis, ceterum repetito-furcata, ramis anguste linearibus, integris, tenuibus, costa bene distincta. Involucra solitaria, cylindrica, 2 mm longa. Capsula 3 cm longa, validissima. Sporae 45 u pallidae, cuticula granulata. Elateres reticulati. Androecia ignota Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, oberhalb des Sattels bei Kalange, zirka 1100; VIII. 1909. 34. Anthoceros natalensis Steph. nov. spec. Planta autoica, parva, fusco-viridis laxe caespitans. Frons ad 5 mm longa, cavernosa, subcircu- laria, grosse inciso-lobata, lobis obcuneatis decurvis truncatis. Involucra solitaria, cavernosa 2 mm longa, ceylindrica. Capsula 1 cm longa. Sporae 45 p hispidae. Elateres reticulati, pallidi. Antheridia geminata; tubera pedicellata sparsa. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, am oberen Ende eines »Kloof«, zirka 1600 m; XII. 1909. 85. Anthoceros sambesianus Steph. Deutsch-Östafrika: West-Usambara, Mazumbei, auf Erde; VII. 1909. c. caps. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 733 86. Anthoceros usambarensis Steph. nov. spec. Planta autoica, parva, flavo-virens, dense caespitosa, late expansa. Frons ad 8 ınm longa, furcata, integerrima, tenuis, solida flaccida. Involucra solitaria, cylindrica, 3 mm longa; Capsula 3 cm longa. Sporae 36 u pallidae, asperae. Elateres reticulati. Androecia involucro femineo approximata. Antheri- dia ignota. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Laterit am Wege zum Bomole, zirka 900 cm; VII. 1909. Auf Laterit an"Wegrändern, zirka 800 m; VIII. 1909. West-Usambara: Zwischen Kwai und Schumewald, zirka 1900 m; VII. 1909. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, am oberen Ende einer »Kloof«, zirka 1600 ın; XII. 1909. = MUSEL Bearbeitet von V. F. Brotherus (Helsingfors). Dicranaceae. 1. Trematodon (Eutrematodon) usambaricus Broth. nov. spec.. Autoicus;tenellus, caespitosus, caespitibus laxiusculis, lutescenti-viridibus; caulis brevissimus, basi fusco-radiculosus, dense foliosus, simplex; folia sicca valde crispata, humida erecto-patentia, strictiuscula, e basi semivaginante, oblonga sensim lanceolato-ligulata, obtusissima, ca. 2:5 mm longa, lamina usque ad apicem folii distincta, marginibus recurvis, apice plus minusve anguste denticulatis, nervo infra apicem evanido, cellulis subquadratis, basilaribus elongate rectangularibus; seta vix Icm alta, flexuosulo, tenuissima, lutea; theca erecta, sporangio oblongo-cylindracea, collo estrumoso, duplo vel paulum ultra longiosa, haud arcuato, pallide fuscescens; annulus latus; exostomii dentes per totam longitudinem pertusis, cruribus cohaerentibus, longitudinaliter striolati, papillosi; spori 0'023 mm, fusci, papillosi; operculum e basi conica longa subulatum. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Magambasattel, auf Erde, zirka 1500 m ü. M., 22./VII. 1909. Species foliis e basi oblonga sensim lanceolato-ligulata, obtusissima, lamina usque ad apicem a nervo distincta, nervo infra apicem evanido dignoscenda. 2. Dieranoloma commutatum (Hamp.) Par. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Plateau, feuchte Stellen auf Erde, 19./X. 1909. 3. Campylopus Höhnelii (C. Müll.) Par. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Gipfelregion des Lutindi, zirka 1300 bis 1400 m ü. M., 15./VIIL., 1909. Fissidentaceae. 4. Fissidens obsoletidans C. Müll. . Deusch-OÖstafrika: West-Usambara, Schumewald, auf Erde, zirka 2000 m ü. M., 22./V III. 1909. 5. Fissidens glaucescens Hornsch. Kapland: Newlands bei Kapstadt, auf Erde, 17./XII. 1909. 6. Fissidens eschowensis Broth. et Bryhn. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Mazumbei, auf Erde, zirka 1200 »n, 19./VIlL. 1909. 7. Fissidens glaucissimns W elw. et Dub. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Wegränder in Amani, zirka 500 m ü. M., 30./VIlI. 1909. 8. Fissidens (Semilimbidinm) Brunnthaleri Broth.n. sp. Autoicus: tenellus, caespitosus, caespitibus laxis, viridibus, opacis; caulis vix ultra I mm longus, infima basi fusco-radiculosus, dense foliosus, simplex; folia usque ad 12-juga, sicca homomella, humida sj} Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 7% strietiuscula, erecto - patentia, oblongo -ligulata, breviter acuminata, apiculata, marginibus ob cellulas prominentes minutissima serrulatis nervo crassiusculo, pallido, brevissime excedente, lJamina vera ad medium folii acute evanida, infima basi indistincta limbata, lamina dorsali ad basin nervi anguste enata, elimbata, cellulis minutissimis, angulato-rotundatis, papillosis, chlorophyllosis; seta terminalis, ca. 3 mm alta, flavi- dula, tenuissima; theca erecta, minuta, ovalis, pallida; operculum e basi conica oblique rostratum. Calyptra ignota. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Urwald, auf Erde, zirka 850 m ü. M. (Typus) und an Wegrändern, zirka 900 m ü. M. (f. major), VIII 1909. Species a congeneribus africanis foliis lamina vera infima basi tantum indistincte limbata faciliter dignoscenda. 9. Fissidens cymatophylius €. Müll. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, in einer kleinen »Kloof«, zirka 1650 m, 4./XII: 1909. 10. Fissidens procerior Broth. et Bryhn. Rhodesien: Victoria Falls, Regenwald, auf Baumstämmen. 4./X. 1909. Leucobryaceae. 11. Octoblepharum albidum (L.) Hedw. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Urwald, auf Baumstämmen. VIII. 1909. Rhodesien: Victoria Falls, Palm Kloof, an Baumstämmen. 4./X. 1909. Pottiaceae. 12. Hymenostomum Zeyheri (Hamp.). Kapland: Despatch bei Port Elizabeth, auf Erde, 20./XT. 1909. 13. Weisia Vallis Gratiae Hamp. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Kloof Neck, auf Erde, zirka 300 bis 400 m ü. M. 13./X. 1909. 14. Trichostomum (Oxystegus) Rhodesiae Broth. n. sp. Dioicum; gracile, caespitosum, caespitibus densis, viridissimis, opacis; caulis 5 mm vel paulum ultra longus, erectus vel adscendens, basi fusco-radiculosus, dense foliosus, simplex vel furcatus; folia sicca circinnato-incurva, humida patentia, canaliculato-concava, fragilia, e basi perbrevi, vix latiore elongate linearia, breviter acuminata, acuta, marginibus erectis, integerrimis, nervo crassiusculo, infra summum apicem folii evanido, dorso prominente albido, cellulis quadratis, 0-010—0 012mm, chlorophyllosis, pellu- cidis, laevibus, basilaribus laxe rectangularibus, teneris, hyalinis. Caetera ignota. Rhodesien: Victoria Falls, Regenwald auf Baumstämmen. 4./X. 1909. Species 7. cylindrico (Bruch.) C. Müll. affinis, sed foliorum forma et structura dignoscenda. 15. Hyophila perrobusta Broth. n. sp. Dioica; robusta, caespitosa, caespitibus laxiusculis, atroviridibus, opacis; caulis vix ultra 1 cm longus, erectus vel adscendens, inferne fusco-radiculosus, laxiuscule foliosus, simplex; folia sicca incurva, humida patula, planiuscula, e basi brevissime spathulata oblonga, subrotundato-obtusa, mutica vel brevissima macronata, ca. 3mm longa et ca. O:9mm lata, marginibus erectis, apice minutissime eroso- denticulatis, nervo rufescente, superne multo angustiore, continuo vel brevissime excedente cellulis minutis- simis, angulato-rotundatis, dein quadratis et breviter rectangularibus, basilaribus multo majoribus, oblongo- rectangularibus. Caetera ignota. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVIIL. Bd. 97 736 J. Brunnthaler, Rhodesien: Victoria Falls, Regenwald auf Baumstämmen, 4./X. 1909. Species distinctissima, statura multo robustiore ab omnibus congeneribus oculo nudo jam dignoscenda. 16. Triquetrella tristicha (C. Müll.) C. Müll. Kapland: Caledon, auf Erde, 28./X. 1909. — Port Elizabeth, Baakens River Valley, mis Stellen, 21./X. 1909. — Port Elizabeth, Despatch, auf Erde, 20./X1. 1909. 17. Tortula recurvata Hook. Kapland: Matjesfontein, Große Karroo, auf Sandboden, zirka 900 m ü. M., 9./X1. 1909. — Caledon, auf Erde, 28./X. 1909. 18. Tortula muralis (L.) Hedw. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Kloof Neck, auf Felsen, zirka 300 bis 400 »z ü. M., 13./X. 1909. 19. Tortula brachyachme (C. Müll.) Broth. Kapland: Newlands bei Kapstadt, an Ouercus, 17./XI. 1909. 20. Tortula (Syntrichia) brevitubulosa Broth. nov. spec. Dioica? sat gracilis, laxe caespitosa, viridis, aetate fuscescens; caulis, ca. 5 mm longus, basi fusco- radiculosus, inferne remote, superne densiuscule foliosus, simplex; folia sicca subtorquata, humida patula, carinato-concava, comalia elongate spathulata, obtusissima, mucronata vel breviter aristata, marginibus erectis, integerrimis, nervo crassiusculo, in mucronem vel aristam brevem, rufescentem integrem, excedente, dorso laevi, cellulis rotundato-hexagonis, chlorophyllosis, verrucosis, basilaribus rectangularibus, laevissimis, internis hyalinis, externis angustioribus, parce chlorophyllosis, limbum ca. 6 seriatum efformantibus; seta ca. Smm alta, tenuis, rubra; theca erecta, anguste cylindracea, fusca; annulus angustus, longe persistans; peristomium sat breve, tubo brevissimo, dentibus semel contortis, densissime papillosis, pallide rubris. Caetera ignota. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, auf Stämmen, zirka 1800 m ü. M., 4./X1l. 1909. Species ab omnibus congeneribus africanis tubo peristomii brevissima dignoscenda. Grimmiaceae. 21. Glyphomitrium crispatum (Hook et Grev.) Broth. Natal: Drakensberge, Van Reenen Paß, Schwarzer Berg, zirka 1800 n, 4./X1l. 1909. 22. Grimmia Eckloni C. Müll. Kapland: Caledon, auf Felsen, 28./X. 1909. — Tafelberg bei Kapstadt, Kloof Neck, zirka 400 ın ü. M., auf Granit, 13./X. 1909. 23. Grimmia campestris Burch. Kapland: Matjesfontein, auf Sand, zirka 900 m ü. M., 9./XI. 1909. Orthotrichaceae. 24. Orthotrichum subexsertum Schimp. Kapland: Abhang des Tafelberges bei Kapstadt, Oranjezicht, an Bäumen, zirka 300 bis 400 m ü.M., 14./X. 1909. — Tafelberg, Skeleton Ravine, zirka 500 bis 600 m ü.M., 19./X. 1909. 25. Leiomitrium capense Broth. nov. spec. Gracile, caespitosum, caespitibus laxiusculis, late extensis, depressis, viridissimis; caulis elongatus, repens, parce radiculosus, subpinnatim ramosus, ramis brevibus, patentibus, dense foliosis, obtusis; folia Forschungsreise mach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 737 ramea sicca imbricata, haud contorta, humida squarroso-patula, lanceolato - ligulata, rotundato-obtusa, marginibus inferne anguste recurvis, integerrimis, nervo crassiusculo, viridi, infra apicem folii evanido, cellulis minutis, rotundatis, papillosis, chlorophyllosis, basilaribus internis ovalibus, infimis oblongis, teneris, hyalinis. Caetera ignota. Kapland: Abhang des Tafelberges bei Kapstadt, Oranjezicht, an Bäumen, zirka 300 bis 400 m ü. M., 14./X. 1909. Species L. plicato (Palis.) habitu simillima, sed foliis siceis haud spiraliter adpressis eorumque forma optime diversa. 26. Macromitrium tenne Brid. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, »Worlds View«, zirka 1600 m ü. M., an Stämmen, 3./XII. 1909. 27. Macromitrium lycopodioides Schwaegr. Kapland: Despatch bei Port Elizabeth, auf Portulacaria afra. 20./X1. 1909. 28. Schlotheimia rigescens Broth. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Baumrinde häufig, 24./VII. 1908. Funariaceae. 29. Funaria (Entosthodon) pertenella Broth. nov. spec. Tenella, gregaria crescens, pallide viridis; caulis brevissimus, basi fusco-radiculosus, comoso-foliosus, simplex; folia sicca contracta, humida erecto patentia, e basi breviter et late spathulata obovata, breviter acuminata, longe aristata, marginibus erectis, integris vel subintegris, limbata, limbo e serie unica cellularum instructo, nervo lutescente, in aristam longam, integram vel parce serrulatam excedente, cellulis laxis, hexagono-ovalibus vel oblongis, basilaribus rectangularibus; seta 5—6 mm alta, tenuis, flexuosula, lutescens; theca erecta, minuta, symmetrica, pyriformis, lutescens, aetate fuscescens, gymnostoma; spori 0:025 mm; operculum planum, cellulis in seriebus rectis dispositis. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Sattel oberhalb Kalange, zirka 1000 bis 1100 m ü.M., 18./VII. 1909. Species minutie omnium partium, foliis integris, angustissime limbatis, longe aristatis necnon theca gymnostoma dignoscenda. 30. Funaria calvescens Schwaegr. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Kingo, auf Erde, zirka 2100 m ü. M., 21./VII. 1909. — Magamba-Sattel, auf Erde, zirka 1500 m ü. M., 22./VIll. 1909. — Mazumbei, auf Erde, zirka 1200 m ü. M., 19./VIlI. 1909. ® Splachnaceae. 31. Tayloria Isleana (Besch.) Broth. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Stämme im Urwald, zirka 500» ü. M., Aug. 1909. Bryaceae. 32. Brachymenium pallido-jnlaceum (C. Müll.) Par. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Erdbruch, zirka 1600 m ü. M., 3./X1I. 1909. 33. Brachymerium pulchrum Hook. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, zirka 1800 m ü. M., 4./XII. 1909. 34. Brachymenium speirocladum C. Müll. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Bäumen, zirka 850 m ü. M., Aug. 1909. 738 J. Brunnthaler, 35. Bryum (Erythrocarpa) usambaricum Broth. nov. spec. Dioicum; gracile, caespitosum, caespitibus laxis, mollibus, rubescentibus, nitidiusculis; caulis erectus, brevissimus, basi dense fusco-radiculosus, dense foliosus, innovationibus binis, erectis, brevissimis, comoso-foliosis; folia sicca contracta, flexuosula, humida, erecto-patentia, carinato-concava, breviter decur- rentia, ovato- vel oblongo-lanceolata, breviter acuminata, aristata, marginibus erectis, apice serrulatis, lim- bata, nervo rubescente, in aristam brevem, serrulatam excedente, cellulis laxis, teneris, ovati- vel oblongo- hexagonis, basilaribus rectangularibus, marginalibus elongatis, angustis, limbum distinctissimum, pluri- seriatum, rufescentem efformantibus; seta 2cm vel paulum ultra alta, tenuis, sicca flexuosula, humida stricta, intense rubra; theca nutans, paulum asymmetrica, pyriformis, collo sicco valde contracto, sporan- gium subaequante, pachydermis, intense rubra; peristomium normale; spori 0:010—0:012 mm, lutes- centi-virides, laeves; operculum convexum, apiculatum, nitidum. Deutsch-Östafrika: West-Usambara, Böschung bei Baga, zirka 1000 m ü. M., 20./VIIL. 1909. Species pulcherrima, Br. Macleano C. Müll. affinis, sed nervo in aristam excedente jam dignoscenda. 36. Bryum areoblastum C. Müll. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Böschungen im Sigital, zirka 500 bis 600 m ü. M., 8./VIlI. 1909. 37. Bryum arachnoideum C. Müll. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, auf Erde, bei Baga, zirka 1100 bis 1200 »» ü. M., 20./V III. 1909. 38. Bryum Pappeanum C. Müll. Kapland: Genadendal bei Caledon, auf Erde, 31./10. 1909. 39. Bryum torquescentulum C. Müll. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Kloof Neck, auf Erde, zirka 300 bis 400 m ü. M., 13./X. 1909. 40. Bryum Mundti C. Müll. Kapland: Genadendal bei Caledon, auf Ouercus 29./X. 1909. — Tafelberg, Platte Klipp, auf Erde, zirka 400 m ü. M., 13./X. 1909. Bartramiaceae. 41. Bartramia afra-strieta C. Müll. Kapland: Matjesfontein, Große Karroo, auf sandigem Boden, zirka 900 mn ü. M., 9./XI. 1909. 42. Philonotis mauritiana Aongstr. Deutsch-Ostafrika: Ost- Usambara, Sigital, auf Laterit an einer Böschung, zirka 600 m ü. M., 8./VII. 1909. 43. Philonotis marangensis Broth. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an einer Quelle im Kwamkuyutale, zirka 800 m ü. M., 8./VIH. 1909. Polytrichaceae. 44. Catharinaea andvogyna C. Müll. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, in einer kleinen »Kloof«, zirka 1650 m ü. M., 4./XII. 1909. 45. Pogonatum nsambaricum (Broth.). Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Wegränder, Urwald, zirka 500 »z ü. M., 30./VIII. 1909. Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 739 46. Polytrichum subpilosum Palis. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Lutindi, Gipfelregion, auf Erde, zirka 1400 m ü. M,, 15./VIII. 1909. Hedwigiaceae. 47. Hedwigia albicans (W eb.) Lindb. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, zirka 1800 m ü. M., 4/XIl. 1909. - 48. Braunia diaphana C. Müll. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, »Worlds View«, an Stämmen, zirka 1800 m ü. M,, 3./&1l. 1909. 49. Rhacocarpus Ecklonianus (C. Müll.) Broth. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Plateau, nasser Platz bei einer Quelle, zirka 1000 m ü. M., 19./X. 1909. Neckeraceae. 50. Hildebrandtiella Holstii Broth. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, Bomoleweg, Urwald, zirka 950 m ü. M., 28./VIIL., 1909. 51. Hildebrandtiella robusta Broth.n. sp. Dioica; robusta, caespitosa, caespitibus densiusculis, lutescentibus, nitidis; caulis primarius longe repens; caules secundarii dense congesti, erecti vel adscendentes, vix ultra 2cm longi, stricti vel arcuatuli, corpuscula puccinioidea, hyalina gerentes, dense foliosi, breviter cuspidati, simplices; folia sicca imbricata, humida erecto-patentia, cochleariformi concava, e basi cordata ovate-oblonga, breviter et lata acuminata, marginibus erectis, apice subconniventibus, integerrimis, enervia, cellulis angustissima linearibus, basilaribus laxioribus, inter se porosis, fusco-aureis, alaribus numerosis, subquadratis, fusco-aureis. Caetera ignota. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Hermannsplatte, Schumewald, zirka 2000 m 23./VIII. 1909. Species pulcherrima, ab omnibus congeneribus statura robusta oculo nudo jam dignoscenda. ü. M,, 52. Pterobryopsis julacea (Broth.) Broth. Deutsch-Ostafrika: West- Usambara, Wald bei Kwata, an Bäumen, zirka 400m ü. M., 17./VII. 1909. 53. Pilotrichella Grimaldii Ren. et Card. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, Bomoleweg, an Bäumen, zirka 850 m ü. M., Aug. 1909. 54. Pilotrichella (Orthostichella) attenuata Broth. nov. spec. Dioica; robustiuscula, fuscescenti-viridis, nitida; caulis primarius repens, divisionibus confertis, dense foliosis, brevibus, vix ultra 15 cm longis, obtusis vel elongatis, pendulis, inferne crassis, dein multo tenuioribus, pinnatim ramosis, ramis vix ultra 1 cm longis, arcuato-patulis, e basi crassiuscula sensim anguste attenuatis; folia imbricata, distincte seriata, cochleariformi-concava, e basi subcordata panduraeformi- oblonga, in cuspidem brevem, angustum subito attenuata, marginibus minutissime serrulatis, apice sub- conniventibus, nervis binis, brevissimis vel obsoletis, cellulis linearibus, angustissimis, basilaribus infimis brevioribus et latioribus, alaribus numerosis, minutis, subquadratis, omnibus laevissimis. Caetera ignota. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Wald unterhalb Mazumbei, an Bäumen, zirka 1200 m ü. M., 18./VIII. 1909. 740 J. Brunnthaler, Species divisionibus basi crassis, dein multo tenuioribus ramisque arcuate patulis, anguste attennuatis valde peculiaris. 00. Papillaria filifonalis C. Müll. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m ü. M., Aug. 1909. — Amani, auf Baumstämmen, zirka 500 m ü. M., 26./VII. 1909. 56. Papillaria africana (C. Müll.) Jaeg. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, zirka 1800 m ü. M., auf Podocarpus, 4./X1. 1909. 57. Floribundaria patentissima (C. Müll.) Fleisch. Deutsch-Östafrika: West-Usambara, zwischen Mazumbei und Mzinga, auf Bäumen, zirka 1300 mn ü. M., 19./VII. 1909. 58. Adrobryopsis capensis (C. Müll.) Fleisch. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Dodwetal, auf Cyathea usambarica, zirka 750 m ü.M., 30./VII. 1909. 59. Leptodon Smithiüi (Dicks.) Mohr. Kapland: Newlands, an alten Ouercus. 17./X1. 1909. — Tatfelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, zirka 400 bis 600 m ü. M., 19./X. 1909. 60. Calyptothecinm Beyrichii Broth. Rhodesien: Victoria Falls, Palm Kloof, auf Phoenix recl., 4./X. 1909. 61. Neckera capensis Schimp. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Plateau, zirka 1000 »» ü. M., 19./X. 1909. Natal: Drakensberge, Van Reenen Paß, Schwarzer Berg, zirka 1800 m ü. M., 4./XII. 1909. 62. Finnatella Dupuisii (Ren. et Cord.) Broth. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Urwald, zirka 950 nm ü. M., 28./V1I. 1909. 63. Porotrichum comorense C. Müll. Deutsch-Ostafrika: ÖOst-Usambara, Amani, Kwamkoroweg, auf Stämmen, zirka 800 m ü. M., 5./VII. 1909. 64. Porotrichum pennaeforme C. Müll. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, auf Erde, zirka 400 m ü. M., 19./X. 1909. 65. Thamnium pennaeforme (Hornsch.) Kindb. Deutsch-Ostafrika: \West-Usambara, Magambasattel, Schumewald, zirka 1900 m ü. M., 22./VIII. 1909. Entodontaceae. 66. Erythrodontium subjulaceum (C. Müll.) Par. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Bäumen, zirka 850 m ü. M., Aug. 1909. — Amani, auf Baumstämmen im Urwalde, zirka 900 »» ü. M., 24./V1I. 1909. 67. Stereophyllum Brunnthaleri Broth. nov. spec. Autoicum, robustiusculum, caespitosum, caespitibus densiusculis, depressis, laete viridibus, opacis; caulis repens, fusco-radiculosus, subpinnatim ramosus, ramis densiuscule foliosis, complanatis, cum foliis Forschungsreise nach Deulsch-Ostafrika und Südafrika. 741 ca. 2 mm latis, obtusis; folia sicca laxe imbricata, sicca patula, concaviuscula, lateralia ovato-ligulata, breviter acuminata, acuta, marginibus basi uno latere inflexis, caeterum erectis, integris, nervo crassiusculo, superne tenuiore, infra apicem folii evanido, cellulis ovalibus vel rhombeis, valde chlorophyllosis, supe- rioribus papilla media notatis, basi uno latere numerosis quadratis, obscuris; bracteae perichaetii multo minores, intimae e basi vaginante raptim longe subulatae, minutissime serrulatae; seta vix L’5 cm alta, tenuis, rubra; theca inclinata, asymmetrica, oblonga, sicca deoperculata sub ore constricta fusca; oper- culum e basi conica rostratum. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Wald bei Mazumbei, auf Bäumen, zirka 1200 m ü.M,, 18./VIII. 1909. Species S. omalosekos (W elw. et Dub.) Jaeg. affinis. Fabroniaceae. 68. Fabronia pilifera Hornsch. Kapland: East London, auf Encephalartos, 28./XI. 1909 69. Ischyrodon seriolus (Hamp.) €. Müll. . Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Oranjezicht, zirka 400 m ü. M., auf Erde, 14./X. 1909. 70. Dimerodontium africanım €. Müll. Kapland: Newlands bei Kapstadt, auf Baumstämmen, 17./XII. 1909. Hookeriaceae. 71. Hookeriopsis versicolor (Mitt.). Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Kingo bei Kwai, unterhalb des Gipfels, zirka 2200 m ü. M., 21./VIIl. 1909. 72. Hookeriopsis Pappeana (Hamp.) Jaeg. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, Kwamkoroweg, an Stämmen im Regenwalde, zirka 800 m ü. M., 5./VIIl. 1909. 73. Callicostella africana Mitt. Deutsch-OÖstafrika: Ost-Usambara, Wegränder in Amani, zirka 500 m. ü. M., 30./VIIT. 1909. 74. Callicostella rigida Broth. nov. spec. Spezies C. usambaricae (Broth.) Broth. affinis, sed rigiditate foliisque longioribus et angustioribus oculo nudo jam dignoscenda. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Erde, zirka 900 »n ü. M., VIII. 1909. Hypopterygiaceae. 75. Hypopterygium usambaricum Broth. nov. spec. | Autoicum; tenellum, caespitosum, caespitibus laxis, depressis, laete viridibus; caulis elongatus, repens, fusco-tomentosus, stipitibus erectis, vix ultra 5 mm altis, basi radiculis, dein foliis sguamaeformibus remotis praeditis, apice dendroideo-ramosis, ramis erecto-patentibus, brevibus, plerumque pinnatis, in frondam subtriangularum dispositis; folia sicca vix mutata, deorsum spectantia, concava, asymmetrica, late ovata, acuta-apiculata, usque ad 1’2 mm longa et O'85 mm lata, marginibus erectis, superne serru- latis, limbata, limbo hyalino triseriato, vervo tenui, medio evanido, cellulis ovali hexagonis, chlorophyllosis; amphigastria multo minora, late cordato-orbicularia, nervo in subulam robustam producto, limbata, 742 J. Brunnthaler, serrulata; seta solitaria, ca. S mm alta, rubra; theca nutans, ovalis; operuculum e basi convexo-conica aciculare. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, Kwamkoroweg, auf Gneisfelsen, zirka 800 n ü. M., 5./V Ill. 1909. Species pulchella, minutie omnium partium oculo nudo jam dignoscenda. 76. Hypopterygium laricinum (Hook.) Brid. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, auf Erde, zirka 400m ü. M., 19./X. 1909. Leskeaceae. 77. Psendoleskea claviramea (C. Müll.) C. Müll. Kapland: Newlands bei Kapstadt, am Grund von QOuercus, 17./XI. 1909. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, zirka 1800 m ü. M., auf Podocarpus, 4./X1l. 1909. 78. Rania subfilamentosa (Kiaer) Broth. Deutsch-Östafrika: West-Usambara, zwischen Mazumbei und Mzinga, zirka 1200 bis 1300 »z ü.M., 19./VI. 1909. 79. Thuidium versicolor (Hornsch.) Schimp. Rhodesien: Victoria Falls, Regenwald, auf Baumstämmen, 4./X. 1909. 80. Thuidum laevipes Mitt. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, an Bäumen, zirka 850 n ü. M., Aug. 1909. — Amani, Kwamkoroweg, auf Gneisfelseen, zirka 800 m ü. M., 5./VIIl. 1909. Hypnaceae. 81. Stereohypnum psendoreptans (C. Müll.). Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton Ravine, an Bäumen, zirka 400 bis 500 m ü. M., und Plateau, zirka 1000» ü. M., 19./X. 1909. 82. Stereodon cupressiformis (L.) Brid. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Plateau, zirka 1000 m ü. M., 19./X. 1909. — Newlands bei Kapstadt, am Grunde von Öuercus, 17./X1l. 1909. — Genadendal bei Caledon, auf Erde, 29./X. 1909. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Lutindi, auf Stämmen, zirka 1200 m ü. M., 15./VIII. 1909. 83. Ectropothecium Engleri Broth. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Amani, Kwamkoroweg, auf Gneisfelsen, zirka 800 nm ü. M., 5./VIII. 1909. Var. planissimum Broth. nov. var. Caulis minus regulariter pinnatim ramosis, ramis planissimis; folia vix falcatula. Deutsch-Ostafrika: Ost-Usambara, Felsen im Kwamkuyutale bei Amani, zirka 800 bis 900 mn ü. M., 8./VII. 1909. Leucomiaceae. 84. Lencomium perglaucum €. Müll. Deutsch-Östafrika: Ost-Usambara, Amani, Wegränder auf Erde, zirka 900 m ü. M., 30./VIII. 1909. Forschumgsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika. 743 Sematophyllaceae. 85. Rhaphidostegium brachycarpum (Hamp.) Jaeg. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Skeleton-Ravine, an Bäumen, zirka 400 bis 500 ın ü. M., und Plateau, zirka 1000 m ü. M. 19./X. 1909. 86. Rhaphidostegium peralare Broth. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Schumewald, auf alten Stämmen, zirka 1900 m ü. M., 23./VII. 1909. — Ost-Usambara, Amani, Wegränder, zirka 900 n ü. M. 87. Rhaphidostegium Gueinzi (Hamp.) Jaeg. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Plateau, zirka 1000 m ü. M. 19./X. 1909. 88. Trichosteleum (Papillidium) usambaricum Broth. nov. spec. Autoicum; gracile, caespitosum, caespitibus densiusculis, late extensis, lutescentibus, opaeis; caulis repens, fusco-radiculosus, dense ramosus, ramis vix ultra 5 mm longis, adscendentibus vel erectis, dense et complanate foliosis, cum foliis ca. 1 mm vel paulum ultra latis, obtusis; folia patentia, concava, e basi constricta oblongo-elliptica, lanceolato-acuminata, marginibus erectis, superne minutissime serrulatis, enervia, cellulis linearibus, papilla media, dorso valde prominente instructis, basilaribus brevioribus, aureis, alaribus magnis, vesiculosis, oblongis, hyalinis vel aureis; bracteae perichaetii internae erectae, lon- gissime subulatae ibidemque argute serrulatae; seta. vix I cm alta, tennissima, rubra, laevissima; theca pendula, minutissima, ovalis, sicca deoperculata sub ore haud constriceta ztrofusca, tuberculosa; oper- eulum e basi conica longo subulatum. Deutsch-OÖstafrika: Ost-Usambara, Amani, auf Erde, zirka 850 bis 900 ın ü. M., Aug. 1909. Species statur gracili, colore cellulisque angustis faciliter dignoscenda. Brachytheciaceae. 89. Brachythecium afro-salebrosum C. Müll. Natal: Drakensberge, Van Reenen-Paß, Schwarzer Berg, zirka 1800 m ü. M., 4./XII. 1909. 90. Brachythecium afro-glareosum (Broth.) Par. Deutsch-Östafrika: West-Usambara, Schumewald, zirka 1900 m ü. M. auf Erde, 23./VIII. 1909. 91. Rhynchostegiella Zeyheri (Schimp.) Broth. Kapland: Tafelberg bei Kapstadt, Plateau, auf Bäumen, zirka 1000 m ü. M., 19./X. 1909. Rhacopilaceae. 92. Rhacopilum capense €. Müll. Deutsch-Ostafrika: West-Usambara, Schumewald, auf Erde, zirka 1900 m ü. M., 23./VII. 1909. — West-Usambara, Wald von Mazumbei, an Bäumen, zirka 1100 bis 1200 m.ü. M., 18./VIIl. 1909. Rhodesien: Victoria Falls, Regenwald, auf Baumstämmen, 4./X. 1909. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. LXXXVII. Bad. 98 Figurenerklärung zu der Tafel. (Zur Bearbeitung Werner.) Fig. 1. Chamaeleon fischeri matschiei, altes Männchen. » 2. Chamaeleon fischeri malschiei, Weibchen, trächtig, mit herausgezerrtem Ei. » 3. Bufo brauni, beim Laichen (Amani). Brunnthaler, J.: Forschungsreise nach Deutsch-Ostafrika und Südafrika, Werner, F.: Reptilien und Amphibien. Tichliriek v. Max Jaffe, Wi 5 Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw, Klasse, Bd, LXXXVII. Inn, P N “ RT: a a er er Mm: De E\ at Au) UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GRÖSZE UND HELLIGKEIT DER KUMETEN UND IHRER SCHWEIFE HESEENE BIBIKOMETEN VON 1801 BIS 185355 UND AUSZUGSWEISE AUCH NOCH DIE HELLEREN BIS 1884 VON D* JOHANN HOLETSCHEK VORGELEGT IN DER SITZUNG AM 24. OKTOBER 1912 Im Anschluß an meine früheren Untersuchungen über die Helligkeitsverhältnisse der Kometen und ihre Beziehungen zur Mächtigkeit der Schweifentwicklung! folgt hier der III. Teil, weicher die Kometen von 1801 bis 1835 und auszugsweise auch noch die helleren bis 1884 enthält, wobei jedoch die periodi- schen Kometen dieses Zeitraumes (1812, 1815, 1S19 III, Encke und Biela) ausgeschlossen blieben, weil ich die Absicht habe, die vollständige Untersuchung derselben in einer eigenen Abhandlung zusammen- zustellen; in dieser soll dann auch eine Vergleichung der Erscheinung des Halley’schen Kometen von 1910 mit früheren Erscheinungen mitgeteilt werden. Den Biela’schen Kometen findet man übrigens schon in meiner Abhandlung »Über die Helligkeitsverhältnisse der vier Sternschnuppen-Kometen«? bezüglich aller Erscheinungen bis 1852 untersucht. Es wurde wieder hauptsächlich darauf gesehen, für jeden Kometen einen Wert seiner auf die Distanzenr=1'0,A=1:°0 reduzierten Helligkeit 7, abzuleiten, um sodann die Resultate samt den schon früher gefundenen in einer Tabelle zusammenzustellen, welche nach dem Argument q (Perihel- distanz) fortschreitend den für jeden Kometen mit einer gewissen Periheldistanz abgeleiteten Maximalwert von H, und eventuell auch die Schweiflänge S enthält. 1 Diese Denkschriften, Band 63 und 77. 2 Sitzber. d. math.-naturw. Klasse Bd. 117, Abt. IIa (1908), p. 1015. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bad. 99 746 Dr. J. Holetschek, Bestimmte Angaben über den Helligkeitsgrad eines Kometen finden sich aber in dieser Zeit nur sehr wenige, bei vielen Kometen gar nicht, weshalb in den meisten Fällen versucht werden mußte, aus anderen Beobachtungsnotizen oder nebensächlichen Umständen wenigstens angenähert Helligkeitswerte zu ermitteln. Es wurde daher, um für die erwähnte Tabelle eine größere Zahl von sicheren Resultaten zu gewinnen, auch noch ein großer Teil der helleren Kometen nach dem Jahre 1835 herangezogen, zu denen insbesondere die gehören, welche bezüglich ihrer Größe und Helligkeit von J. F. Julius Schmidt beobachtet worden sind. Aus dieser Tabelle, welche den Schluß der Abhandlung bildet, ist so gut wie unmittelbar zu ent- nehmen, daß die Größen X, und S bei allen Kometen in derselben, durch die Annäherung an die Sonne (r beziehungsweise qg) zum Ausdruck gebrachten Beziehung zu einander stehen, und zwar in einem solchen Grade, daß durch die Tabelle die Möglichkeit geboten ist, irgendeinen Kometen mit einer gewissen Periheldistanz bezüglich seiner reduzierten Helligkeit und seiner Schweifentwicklung (soweit diese durch die Länge-und Helligkeit des Schweifes definiert erscheint) zwischen zwei oder nach Umständen auch mehrere benachbarte Kometen einzuschätzen und dadurch unter Voraussetzung analoger Verhältnisse auch den Verlauf seiner Helligkeitsänderungen und seiner Schweifbildung wenigstens versuchsweise anzugeben oder vorauszusagen. In diesem II. Teil ist nach der ersten kurzen Charakterisierung einer Kometenerscheinung meistens auch angegeben, wie sich dieselbe zur »Perihel-Helligkeitsregel« verhalten hat. Ich meine damit jene Beziehungen zwischen den besten Sichtbarkeitsbedingungen und gewissen Bahnelementen, welche ich in mehreren Abhandlungen! dargelegt und auf der letzten Wiener Astronomenversammlung unter einem verallgemeinernden Titel ? zusammengefaßt habe. Sie finden ihre Begründung darin, daß die Kometen desto leichter gesehen und daher auch gefunden werden können, je größer die Helligkeit und je günstiger die Stellung ist, die sie für uns erreichen. Die Helligkeit eines Kometen wird für uns am größten, wenn seine Erdnähe, soweit es möglich ist, mit der Zeit seiner Sonnennähe zusammentrifft. Je mehr die Kometen bei ihrer Erscheinung diese Bedingung erfüllen, desto heller werden sie für uns, desto leichter können sie also gefunden werden, und um so mehr werden solche Kometen unter den uns bekannten die überwiegende Mehrzahl bilden. Bezeichnet man mit I, und b, die heliozentrische Länge und Breite des Perihelpunktes, welche beiden Größen aus den Bahnelementen durch die Relationen cos b, cos (,— .R) = cos (T— SL) cos b, sin (,— 2) = sin (R— N) cosi Sim, = Sn (e—Q) Sim 2 berechnet werden können, und mit Z,+& 180° die zur Zeit des Periheldurchganges stattfindende helio- zentrische Länge der Erde, so werden also unter den uns bekannten Kometen die am häufigsten vertreten sein, bei denen die Differenz zwischen den perihelischen Längen, also /,—ZL, + 180° klein ist. In welchem Grade diese Regel bestätigt wird, zeigt die folgende Abzählung, in welcher alle Kometen bis Ende 1911 berücksichtigt und nur solche mit ganz zweifelhaften Bahnen weggelassen sind: 1 Sitzber. der math.-naturw. Kl. Abt. IIa, und zwar: Über die Richtungen der großen Axen der Kometenbahnen, Bd. 94 (1886); über den scheinbaren Zusammenhang der heliozentrischen Perihellänge mit der Perihelzeit der Kometen, Bd. 99 (1890); Über die Unsichtbarkeit von Kometen für den Äquator und für höhere geographische Breiten, Bd. 109 (1900); Über die scheinbaren Beziehungen zwischen den heliozentrischen Perihel- breiten und den Periheldistanzen der Kometen, Bd. 111 (1902). 2 Über die in der Verteilung der uns bekannten Kometen bemerkbaren Regeln und ihre Erklärung durch optische Selektion; Vierteljahrsschrift der Astı. Gesellschaft, 43. Jahrgang (1908), p. 299. Größe und Helligkeit der Kometen. 747 1—Lg + 180° Zahl der Kometen 0°— 30° 126 30 «—- 60 74 60 — 90 68 90 — 120 43 120 — 150 40 150 — 180 42 | Das ist die auffallendste, am meisten hervorstechende Relation; sie gilt für die Erde überhaupt, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Hemisphäre. Sie ist unzutreffend bei Kometen mit kleinen Periheldistanzen, weil diese unserer Erde nicht in der Nähe des Perikels, sondern nur weit vom Perihel nahe kommen können, so daß also bei ihnen im allgemeinen nicht die Differenz /,— L, = 180°, sondern Z,—_Z, klein ist. Würde man diese Kometen aus der soeben mitgeteilten Übersicht ausscheiden, so wäre die Zahl der Kometen in den zwei letzten Intervallen, nämlich von 120° bis 180°, beträchtlich kleiner und somit die Abnahme von der obersten bis zur untersten Zahl noch auffälliger, als sie es hier ist. Die Perihelregel kann auch eine Abschwächung erleiden, wenn die Perihelbreite b, sehr groß ist, aber nur darum, weil in diesem Falle /, und die Differenz /,— _L, = 180° unsicher wird, und zwar um so mehr, je näher b, gegen = 90° rückt. Dafür zeigen sich in diesen Fällen andere Eigentümlichkeiten, die jedoch erst zu bemerken sind, wenn man die Perihelbreite eines Kometen db, in Verbindung mit seiner Periheldistanz g betrachtet. Die eine darunter ist, daß stark südliche Perihelbreiten (d, von etwa —30° bis — 90°) fast ausschließlich mit sehr kleinen Periheldistanzen (g < 0:3) verbunden vorkommen; eine andere ist, daß etwas größere Perihel- distanzen (q etwa 0'5 bis gegen 1'’O und manchmal auch noch darüber hinaus) hauptsächlich mit nörd- lichen Perihelbreiten verbunden vorkommen. Die Begründung dieser zwei Regeln ergibt sich leicht von selbst; die erstere war übrigens schon früher bekannt (Schiaparelli, Lehmann-—Filhes). In dieser Form gelten die zwei letzten Regeln für die Nordhemisphäre der Erde. Für die südliche müssen sie, den entgegengesetzten Verhältnissen entsprechend, umgekehrt werden. Außer diesen Regeln sei noch eine andere erwähnt, die für die Erde überhaupt gilt, aber erst bei einer längeren Reihe von Kometen zu bemerken ist. Sie besteht darin, daß große Periheldistanzen (q gegen 10 und auch noch weit darüber hinaus) am häufigsten mit niedrigen, das ist kleinen, nördlichen oder südlichen, Perihelbreiten 5, verbunden vorkommen, und kann damit begründet werden, daß bei dieser Kombination am leichtesten ein Zusammentreffen des Periheldurchganges mit der kleinsten Distanz von der Erde, also die größte für uns erreichbare Helligkeit ermöglicht wird. Überhaupt sind, um es nochmals hervorzuheben, die hier dargelegten (vier) Regeln alle darauf zurückzuführen, daß die Kometen umso leichter gesehen, also auch gefunden werden können, je größer die Helligkeit und je günstiger die Stellung ist, die sie für uns erreichen. Werden statt der Längen und Breiten der Perihelpunkte (2, und b,) die Rektaszensionen und Deklina- tionen (a, und ö,) eingeführt (und dementsprechend statt der Länge der Sonne Z, ihre Rektaszension A,), so zeigen sich die gefundenen Regeln im allgemeinen auch in diesem Falle bestätigt, aber doch in einem etwas geringeren Grade. Das durfte übrigens nicht überraschen; denn wenn die Kometen bezüglich ihrer größten Helligkeit an die Nähe der Sonne, die ja stets in der Ekliptik ist, gebunden sind, so ist zu erwarten, daß sich die obigen Regeln am meisten bei den auf die Ekliptik bezogenen Bahnelementen bemerkbar machen, dagegen weniger bei solchen Elementen, die sich auf eine andere Ebene beziehen, 748 Dr. J. Holetschek, Indem wir nun zu dem eigentlichen Gegenstand der vorliegenden Abhandlung übergehen, sollen vorerst noch die Formeln, nach denen die zur Untersuchung eines Kometen dienlichen Größen in der Regel berechnet wurden, aus dem I. und II. Teil wiederholt werden. Ist aus den Bahnelementen die wahre Anomalie v und der Radiusvektor 7 gerechnet, so erhält man mit u=(V +rT—) durch die Relationen cos b cos (l— I) = cosu cosb sin (I—) = sin u cosi sindb = sin a sin i zunächst die heliozentrischen Größen /, cos b, sin b und durch die Formeln AcosßcosA—LZ)=r cos b cos(—-L)+R Acosßsin A—L)=r cosbsin (I—L) Asinß=r sin b die Größen (A—L), ı, ß und A. Aus der scheinbaren Schweiflänge C wurde die wahre Länge S! stets unter der die Rechnung wesentlich vereinfachenden Annahme berechnet, daß der Schweif in der geradlinigen Verlängerung des Radiusvektors liegt, also nach der Formel _.. AG 8m (B=6) 2 worin k! der in dem Dreieck Erde—Komet— Sonne von den Distanzen r und A eingeschlossene Winkel am Kometen ist und aus k GEN) 1 tan = Se 8 5 GER) 5 (r+A+R) berechnet werden kann; oder auch aus y2 + AR COS’R' = 2rA und 5 Rsin E Sina, — ; V 1 Es ist also für den Winkel am Kometen, der in den zwei früheren Abhandlungen mit y bezeichnet wurde, jetzt der Buch- stabe k und für die wahre Schweiflänge statt des früher gebrauchten kleinen Buchstaben c jetzt der große Buchstabe S gewählt. Da sonach in diesem III. Teil zwei Bezeichnungen gegen früher geändert wurden und auch schon im zweiten Teil ein paar Änderungen eingeführt worden sind, erscheint es notwendig, übersichtlich zusammenzustellen, welche Bezeichnungen in diesen drei Teilen gleich- bedeutend sind: Abhandlung | Helligkeit Reduzierte Helligkeit nel | Wale Lie am Kometen |des Schweifes I. M reduzierte Größe. . M, y c II. H reduzierte Helligkeit H, 7 c II. H reduzierte Helligkeit A, k Ss Die scheinbare Länge des Schweifes ist auch jetzt so wie früher mit C bezeichnet. Größe und Helligkeit der Kometen. 749 worin E die Elongation des Kometen von der Sonne ist und aus n cos E= cos (A—L) cos $ gefunden wird, womit, wenn die Bestimmung von sin Z aus cos E unsicher ist, noch zu verbinden ist: sin EcosP= sin A—L) cos ß sinEsin P= sin ß; der Winkel ? selbst braucht nicht ermittelt zu werden. Ist in einer Kometenbahnbestimmung eine Ephemeride mit logr und log A enthalten, so kann die obige Rechnung bis zur Bestimmung des Winkels % unterbleiben. Die wahre Länge des Schweifes S ergibt sich durch die obige Rechnung in Einheiten der mittleren Entfernung der Erde von der Sonne; soll sie, was nicht nur in populären Büchern, sondern öfters auch in strengeren wissenschaftlichen Werken gerne gesehen wird, in Kilometern ausgedrückt werden, so hat man sie noch mit 149500000 oder rund 150 Millionen zu multiplizieren. Will man den in Bogenminuten angegebenen auf A= 10 reduzierten scheinbaren Durchmesser eines Kometen D, in Erddurchmessern ausdrücken, so findet man denselben aus: 60D, 126 Die Perihelzeiten 7 und die anderen, besonders in den ephemeridenartigen Rechnungen gebrauchten Zeitpunkte sind, wo nichts anderes bemerkt ist, stets in mittlerer Pariser Zeit ausgedrückt. 1801. Ein Komet mit einer ziemlich kleinen Periheldistanz (qg = 0256), der vor dem Perihel in die Erdnähe gekommen ist und zu dieser Zeit in der nördlichen Circumpolargegend des Himmels beobachtet werden konnte, bis er auf seinem nach Süden gerichteten Lauf in den Sonnenstrahlen verschwand. Position des Perihelpunktes: ei del, Keira er oder S = 1789, 5, = —-13°8, a—-4,+180° = — 139°5. Hier kann aus der südlichen Lage dieses Punktes in Verbindung mit der Kleinheit der Periheldistanz gefolgert werden, daß die Sichtbarkeit des Kometen hauptsächlich der nördlichen Hemisphäre zuge- fallen ist. Bahnbestimmung von Doberck (Inaugural-Dissertation und Astr. Nachr. Bd. 81, p. 324). T= 1801, Aug. 3:-5630, = 219° A727, 9 —42° 28’ 54", i— 159° 15’ 0”, log g — 9-40894. Zur Untersuchung des Kometen schien es, da er nur verhältnismäßig kurze Zeit, nämlich vom 12 _ bis 23. Juli, beobachtet worden ist und über sein Aussehen keine besonderen Angaben überliefert sind, ° völlig hinreichend, bloß den ersten und den letzten Beobachtungstag in Rechnung zu ziehen. 1801 [7 | Ö | h | B | A—L logr | logA |5log | k il Juli 12:4 109°8| + 6929| 99° 51'|+47° 7'|—10° 5'| 9911 9.573 | —2'6 11221 23-4 1516| + 28°5|143 24 +15 45 +22 58 9:747 SORRR —2'4 1227 Der Komet wurde am 12. Juli abends zu Paris von Messier, Mechain und Bouvard entdeckt, nachdem er von Pons in Marseille schon einen Tag früher gesehen worden war (Zach, Mon. Korr., Bd. 4, p. 179; Berl. Astr. Jahrb. 1804, p. 266, und 1805, p. 128; Lalande Bibliographie p. 849). 790 Dr. J. Holetschek, Nach einer Notiz im Berl. Astr. Jahrbuch (1805, p. 128/9) wäre er von Reissig in Cassel schon am 30. Juni und zwar zwischen dem Kopf des Großen Bären und dem Kamelopard gesehen worden. Das kann jedoch nicht dieser Komet gewesen sein. Dieser befand sich nämlich am 30. Juni auf Grund der obigen Bahn von Doberck bei «= 0°9,8 — + 45°6, also in der Andromeda und somit in einer von der angegebenen so weit entfernten Gegend, daß jeder Versuch einer Identifizierung schon von vorneherein als vergeblich bezeichnet werden muß. Auch war die Helligkeit des Kometen zu jener Zeit noch wesentlich geringer als bei der tatsächlichen Entdeckung und zwar, da am 30. Juni nach der Rechnung log r =0:030, log A=9:761 war (vgl. die für den 12. Juli gefundenen Zahlen), um 1”5 schwächer. Übrigens hat man jene Nachricht niemals im Ernst auf den Kometen von 1801 bezogen und dieser darf mit Recht als ein Fund von Pons, und zwar als sein erster bezeichnet werden; das ist in neuerer Zeit (1886) insbesondere von W. T. Lynn klargelegt worden (The Observatory, Vol. 9, p. 336/7). Der Komet war nach den Angaben in der Mon. Korr. (Bd. 4, p. 179) klein, rund, ohne Schweif und mit einem kleinen Lichtnebel umgeben, der später etwas zugenommen hat. Bezüglich seines Helligkeits- grades gilt er als ein teleskopischer Komet. Abgesehen davon, daß der damals von Lalande für eine Kometenentdeckung ausgesetzte Preis, welcher bei diesem Kometen an Pons ausgezahlt worden ist, für die Entdeckung eines mit freiem Auge nicht sichtbaren Kometen bestimmt war (Mon. Korr., Rd. 4, p. 67), ist aus der Anzeige von Mechain (Mon. Korr., Bd. 5, p. 136) direkt zu entnehmen, daß dieser den Kometen mit einem Fernrohr entdeckt hat. Die Auffindung scheint jedoch keine schwierige gewesen zu sein, da Mechain auch noch bemerkt hat, er habe den Kometen aus den Fenstern seiner Wohnstube entdeckt. Beachtet man auch noch, daß der Komet von mehreren Beobachtern fast zu derselben Zeit entdeckt worden ist, so drängt sich die Folgerung auf, daß er, wenn er schon zu den teleskopischen Gestirnen gerechnet wurde, unter diesen zu den hellsten gehört haben muß. Es erscheint daher berechtigt, als Helligkeit zur Zeit der Entdeckung die 6. Größe mit einer Unsicherheit von etwa einer Größenklasse anzunehmen und die reduzierte Helligkeit würde demnach nicht weit von 81/," liegen, so daß 4, = 8'/,” == 1” angesetzt werden kann. : Dieser ziemlich geringe Wert macht es erklärlich, daß die Beobachter von einem Schweif nichts berichtet haben, 1802. Auch dieser Komet war nur wenig ansehnlich. Er ist der Sonne nicht näher gekommen als bis q=1'09 und hat von einem Schweif nichts gezeigt als eine schwache Spur; auch ist er nicht so hell geworden, daß er mit bloßen Augen zu sehen gewesen wäre, obwohl seine Erscheinung für die Erde insofern eine günstige war, als er nicht weit von der Sonnennähe auch in die Erdnähe und zwar in eine ziemlich bedeutende gekommen ist, worauf auch schon die Kleinheit der Differenz zwischen den periheli- schen Längen oder Rektaszensionen hindeutet (I, = 322°6, db, = + 18°2, I, — L, + 180° = — 24°3 oder 2, = 319°1, d, = + 3°3, 0, — A, + 180° = — 28°8). Bahn von Olbers (Mon. Korr. VI, p. 507): 5 1802,Sept. 39132, men = 210 530 23101533 Zar VA 0 005308: Zur Rechnung bieten sich fünf besonders markierte Tage dar. 1802 [7 5 N Bß A—L logr | logA !5logrA| k Aug. 26-4 |249°| — 11°|248° 41'\4+10°48'|4+95°51'| 0049 9-595 —1'8 63°8 28-4 | 249 — 61248 36 15 47 93 50 0047 9.612 —1'7 645 Sept. 2-4 1251 + 4 |243 38 26 30 892 0:042 9661 —1'5 66°3 20-4 | 256 27 12507 23 49 27 73 14 0.044 9841 —0'6 62:8 Okt. 5.4 | 260 + 36 1253 58 |+59 19 |+62 4 0068 9.952 +01 999 Größe und Helligkeit der Kometen. In diesem Zeitraum war am 11. September Vollmond. Entdeckt wurde der Komet am 26. August von Pons in Marseille (Mon. Korr. VI, p. 376), am 28. von Mechain in Paris (Berl. Jahrb. 1805, p. 229/30) und am 2. Sept. von Olbers in Bremen (a. a. O, p. 232). Nach der Angabe des letzteren war er von sehr blassem Lichte und glich einem schlecht begrenzten, in der Mitte etwas helleren Nebel von 2—3’ Durchmesser. Der auf A=1:0 reduzierte scheinbare Durch- messer D, wäre demnach 0'9 bis 1'4 gewesen, also nahe an 1:1 oder 1:2. In dem Bericht von M&echain findet sich eine Bemerkung, die einen Anhaltspunkt zur Ermittlung des Helligkeitsgrades gibt, nämlich die, daß der Komet am 28. August an der westlichen Hüfte des Schlangenträgers, einige Grade unterhalb der beiden südlich vom Äquator stehenden Nebelflecke entdeckt worden ist, mit bloßen Augen nicht zu erkennen war und sehr diesen beiden Nebelflecken glich. Damit sind nun offenbar die beiden kugeligen Sternhaufen Messier Nr. 12 und 10 (d. i. B.D.—1°3245 respektive — 3°4031) gemeint, deren Positionen für 1802 sind: Beer oe 16 46:7 —83 47. Der Helligkeitseindruck eines jeden dieser zwei Objekte kann nach meinen Beobachtungen einem Stern der Helligkeit 6"8 gleichgesetzt werden und es liegt daher nahe, diese Helligkeit auch für den Kometen anzunehmen. Es ist zwar in der Zusammenstellung der Entdeckungsmitteilungen von Zach (Mon: Korr., a. a. O.) zu lesen, der Komet sei nach Me&chain an Licht viel schwächer erschienen, als diese beiden Nebelflecken, doch daıf auf diese Heruntersetzung kein besonderes Gewicht gelegt werden, weil bei Zach die Sucht zu bemerken ist, die teleskopisch entdeckten Kometen jener Zeit als recht klein und unansehnlich hinzustellen. Um aber doch diese Abschwächung: nicht ganz außer acht zu lassen, soll 7m für den Kometen die 7. Größe angenommen werden. Unter 7”O darf man wohl kaum hinabgehen, weil sonst der Umstand, daß der Komet im September zur Zeit des Vollmondes nur schwer, aber doch noch zu sehen war, nicht leicht erklärt werden könnte. Wird demnach für den 28. August als Helligkeit 7”O0 angenommen, so ergibt sich als reduzierte Helligkeit 8”7, oder wenn man einen Spielraum von einer Größenklasse zulassen will, 8"2 bis 9"2. Der Komet war nach M&Echain ohne bestimmten Kern, der ihn umgebende Nebel verwaschen, etwas länglich, aber ohne merklichen Schweif. In der Zeit vom 28. August bis 1. September hat Mechain an ihm keine Veränderung bemerkt. Nach einer Mitteilung von Harding (Berl. Jahrb. 1805, p. 257), der den Kometen zu Lilienthal bei Bremen am 5. September zum erstenmal beobachtet hat, erschien derselbe in einem dreifüßigen achromati- schen Fernrohre als ein matter, blasser Nebel, durch dessen Mitte ein kleiner, heller Punkt durchblinkte; im 13füßigen Teleskop zeigte er sich äußerst verwaschen und auch der Kern so unbegrenzt, daß an keine Messung zu denken war. Es schien, als wenn an der östlichen Seite des Kometen ein leichter schweif- artiger Nebel absproßte, am 7. aber machte es das Mondlicht (Vollmond am 11. September) unmöglich, sich davon zu versichern. Am 12. September sah Olbers (Mon. Korr., Bd. 6, p. 378), was schon oben hervorgehoben wurde, den Kometen bei fast vollem Monde nur mit Mühe, so daß eine Beobachtung nicht möglich war; auch am 13. war der Komet bei dem starken Mondschein Kaum zu sehen, konnte aber doch, wenn auch nicht ganz sicher, beobachtet werden. Am 20. September zeigte sich der Komet nach Bode (Berl. Jahrb. 1805, p. 266) als ein äußerst schwach schimmernder, unordentlich begrenzter Nebelfleck. Das ist also eine Bestätigung der Angaben anderer Beobachter. An demselben Tage (nicht am 2. Sept., wie im 6. Bd. der Mon. Korr., p. 506 wohl nur infolge eines Druckfehlers steht) um 9" abends wurde in Bremen die Bedeckung eines Sternes 10. Größe beobachtet, wobei der Komet, während der Stern, im Kometennebel eingehüllt, ungeschwächtes Licht behielt, vor dem hellen Licht des Sternes beinahe verschwand. Der Stern war nach der Bestimmung des Senators Gildemeister, der an diesem Abend den Kometen mitbeobachtete, gegen den Stern Herkules 782 Dr. J. Holetschek, Bode Nr. 242, das ist B. D. + 27°2780 (6”8), um 3” 44° früher und etwa 21'/,’ südlicher; diese Angabe führt aber nicht genau auf den Ort des Kometen (a — 17" 3” 24°, = + 26° 54°) und auch nicht sicher auf einen Stern von entsprechender Helligkeit. Übrigens hat auch Mechain berichtet (Mon. Korr., Bd. 6, p. 586), er habe zweimal den Kometen über einen kleinen Stern vorüberziehen sehen, wobei weder der eine noch der andere Stern verschwunden ist. Was die verschiedenen Sichtbarkeitsgrade der Gestirne bei einem solchen Vorübergang betrifft, so wird man wohl in den allermeisten Fällen die von J. F. Julius Schmidt beim Kometen 1855 IV gemachten Erfahrungen bestätigt finden (Astr. Nachr., Bd. 42, p. 250), daß im dichten Kometennebel nur diejenigen feinen Sterne verschwanden, deren Licht auf das Auge einen geringeren Eindruck machte als das des Kometen, während die helleren Sterne sichtbar blieben und nicht die geringste Veränderung ihres Glanzes zeigten. Anfang Oktober wurde der Komet, nachdem er überhaupt schon schwach geworden war, durch das Mondlicht (erstes Viertel am 4. Oktober) ganz unsichtbar gemacht. Am 2. Oktober endet die Beobachtungs- reihe von Olbers (Mon. Korr. VI, p. 506), am 3. die von M&Echain (Berl. Jahrb. 1806, p. 130) und die von Vidal in Mirepoix (Conn. d. T., An XIV, p. 374) und am 5. die von Messier (a. a. ©. p. 236). Die »Neue Reduktion« der von Olbers in Bremen angestellten Kometen- und Planetenbeobachtungen, bearbeitet und herausgegeben von W. Schur und A. Stichtenoth (Berlin 1899), in welche auch die in den Manuskripten vorgefundenen Bemerkungen über das Aussehen der beobachteten Objekte mit auf- genommen wurden, enthält über diesen Kometen unter anderem das folgende: Am 2. September war der Komet in dem schwachen Hofmann’schen Kometensucher nur eben zu erkennen, in dem größeren Weickhardt’schen zeigte er sich deutlich und im großen Fernrohr (öfüßigen Dollond) glich er einer unbegrenzten in der Mitte etwas helleren Nebelmasse. Am 4. schien er an Licht zugenommen zu haben; am 5. aber (Mond im ersten Viertel) war sein Aussehen schwächer und am 7. (also zwei Tage nach dem ersten Viertel) war er im Mondschein sehr schwach. Beim 12. und 13. September findet man wieder die schon erwähnten Bemerkungen über die schwierige Sichtbarkeit des Kometen im Vollmondschein. Am 19., also nach dem Vollmond, war er bei sehr heiterem Wetter noch recht gut zu sehen. Am 23.jedoch, wieder bei sehr heiterem Wetter, zeigte sich, daß das Aussehen und die Größe des Kometen merklich abgenommen hatte; nur die Mitte war noch ziemlich lebhaft, fast kernartig. Am: 25. war er schon schwer zu beobachten, weil sich sein Mittelpunkt nicht gut schätzen ließ, und am 30. war er schon sehr schwach geworden. Am 3. Oktober war der Komet noch zu sehen, aber Berufsgeschäfte unterbrachen und verhinderten die Beobachtung. Aus den wenigen Angaben über diesen Kometen hat sich also ergeben, daß der auf A=1'0 reduzierte scheinbare Durchmesser D, nahe an 1'1 oder 1'2 und die reduzierte Helligkeit 7, nahe an 81/,” oder 9" ist. Der geringe Betrag dieser Werte läßt es in Verbindung mit der verhältnismäßig geringen Annäherung des Kometen an die Sonne begreiflich erscheinen, daß von einem Schweif so wenig gesehen worden ist. 1804. Dieser Komet ist so wie der vorige bei nur mäßiger Annäherung an die Sonne (q = 1:07) anscheinend schweiflos geblieben und wurde auch nicht mit bloßen Augen gesehen, obwohl seine Erscheinung für die Erde eine recht günstige war, indem er bald nach seiner Sonnennähe auch in die Erdnähe, und zwar in eine recht bedeutende gekommen ist. Dieses günstige Verhältnis ist wie bei dem vorigen Kometen aus der Kleinheit der Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen zu erkennen (I, 160°4, 5, = _—23°1,1, —L, + 180% = + 16°2 oder ,—153°1, 9, 1327,0, A, 1807 +.626); außerdem deutet die südliche Lage des Perihelpunktes in Verbindung mit der ziemlich großen Perihel- distanz an, daß der Komet zur Zeit seiner größeren Helligkeit mehr für die südliche als für die nördliche Hemisphäre zu sehen war. we Größe und Helligkeit der Kometen. 153 Die zur Untersuchung des Kometen nötigen Größen hätten zwar vollständig und hinreichend sicher aus einer von Olbers mitgeteilten Tabelle (Berl. Jahrb. 1807, p. 232) entnommen werden können; ich habe jedoch diese Größen auch hier direkt gerechnet, und zwar mit der Bahn von Gauss (a. a. OÖ. und Mon. Korr., Bd. 9, p. 433): 11804, Bebr. 13:59463, € 0, — 331° 56 53”, 9 = 176° 47! 58", i —56° 28’ 40”, log q = 0:0298575. “ Mit Rücksicht auf den Umstand, daß das Intervall zwischen dem ersten Entdeckungs- und dem letzten Beobachtungstage 25 Tage beträgt, wurden sechs um je fünf Tage voneinander abstehende Tage gewählt. | | N B h—L logr | logA |5logrä k März 7:5 |219°| — 16°| 222°34'|— 1°35'\-124°41'| 0-055 | 9:351 | —3:0 46°0 12-5 [220 | + 7 | 215 30 |+21 33 | 136 44 | 0-067 | 9:369 | —2:8 38:9 17:5 | 220 26 | 207 40 | 39 30 | 149 33 | 0:079 | 9-446 | —2-4 38-3 22:5 | 220 39 | 199 29 | 50 44 | 162 42 | 0-093 | 9-540 | —1:8 39-9 27-5 [219 Au 19132 05715 175,33. 0-102| 9=63001, 143 41-1 April 1:5 [218 | + 52 | 184 31 |4-60-56 1+172 29 | 0-122 | 9:709 | —0'8 414 Am 26. März war Vollmond. Der Komet wurde zuerst von Pons in Marseille am 7. März entdeckt (Berl. Jahrb. 1807, p. 225, Conn. d. T., An XV, p. 374; Mon. Korr., Bd. 18, p. 250). Unabhängig davon fand ihn Bouvard in Paris am 10. März (Conn. d. T. 1808, p. 336) und Olbers in Bremen am 12. März (Mon. Korr., Bd. 9, p. 344 und Berl. Jahrb. 1807, p. 229). Daß er nur teleskopisch zu sehen und ohne Schweif war, ist von jedem seiner drei Beobachter, nämlich sowohl von den Entdeckern Bouvard und Olbers als auch von Messier hervorgehoben worden. Bouvard hat seinen Bericht (a. a. ©.) mit folgenden Worten eingeleitet: »Am 10. März 1804 (19. Ventöse) gegen 11% abends entdeckte ich im Sternbild der Wage einen kleinen, runden Kometen, eingehüllt von einer Nebulosität, aber ohne Schweif und für das bloße Auge unsichtbar während der ganzen Dauer seiner Erscheinung.« Aus einer späteren Bemerkung, in welcher gesagt ist, daß es bei der Beobachtung schwierig war, die Mitte der Nebulosität genau zu schätzen, ist zu entnehmen, daß der Komet auch keinen besonders auffallenden Kern hatte. Die Bemerkung zum vierten Beobachtungstag (13. März), daß der Komet zu schwach war, um im Meridian sichtbar zu sein, darf jedenfalls so gedeutet werden, daß er zu schwach war, um beim Meridiandurchgang beobachtet werden zu können. Messier, der den Kometen vom 11. bis 17. März an denselben Tagen wie Bouvard beobachtet hat (Conn. d. T., An XV, p. 374/5), hat außer den mit den Angaben von Bouvard identischen Bemerkungen, daß der Komet'nur mit den Instrumenten zu sehen und sein Kern wenig ansehnlich war, auch noch die Angabe gemacht, daß der Durchmesser der ziemlich runden Nebulosität 5 bis 6’ war. Eine ziemlich sichere Helligkeitsangabe, nämlich eine Vergleichung des Kometen mit einem Nebel- gestirn, findet sich in dem Bericht von Olbers, welcher beginnt wie folgt: »Am 12. März 1804 abends gegen 12" entdeckte ich einen Kometen zwischen dem Bootes und der Jungfrau... Er war größer und augenfälliger als der bekannte Nebelfleck über der Wage am Berge Mänalus, aber auch blasser und unbegrenzter.« Die letzten fünf Worte stehen jedoch nur in der Mon. Korr., nicht im Astr. Jahrbuch. Dieses Nebelgestirn ist der kugelige Sternhaufen Messier Nr. 5, der damals nach Bode als der Nebel am Berg Mänalus bezeichnet wurde (Position für 1804: « = 15" 8”6, © = + 2° 48). Der Helligkeits- grad desselben liegt nach meinen Vergleichungen zwischen 6”5 und 6"8, und wenn wirklich, wie es scheint, die Gesamthelligkeit des Kometen um einen sehr merklichen Betrag bedeutender gewesen ist als die des Nebels, so wird man wohl nicht weit fehlgehen, wenn man für den Kometen 6 bis 6!/,” annimmt; die reduzierte Helligkeit wäre somit 8"8 bis 9"3. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 100 754 Dr. J. Holetschek, Olbers hat ferner bemerkt (Astr. Jahrb. 1807 a. a. O.), daß der Komet am 13. März bezüglich seines Ansehens so wie am Vortag war; im Kometensucher sehr lebhaft, im Achromat von blassem und konfusem Lichte, mit bloßen Augen gar nicht zu sehen. Am 15. und 16. März wurde die Sichtbarkeit durch dunstige Luft und Wolken, am 20. und 22. durch starkes Mondlicht (Vollmond am 26. März) sehr beeinträchtigt. Am 22. wurde der »des hellen Mondscheins wegen kaum zu erkennende« Komet durch das Fadenmikrometer mit einem Stern 7. Größe verglichen; dieser ist nach den Angaben des Beobachters der Stern B. D. + 38°2593 (6”3) und kommt auch bei Heis (Bootes 93) und Argelander vor, wo er zur 6. Größe gerechnet ist. Der Komet ist also jedenfalls schwächer erschienen als 6. bis 7. Größe und die reduzierte Helligkeit wäre auch nach dieser Bemerkung sehr gering gewesen; schwächer als etwa Ber Am 27. März war der Komet vor Aufgang des Mondes noch gut zu sehen, obgleich sein-Licht schon sehr abgenommen hatte. Auch am 28., bei sehr heiterem Himmel, war er noch gut zu sehen und zuweilen schien sogar ein kleiner Kern durchzublicken. Am 29. war er aber trotz heiterem Himmel viel licht- schwächer als am Vortag. Auch in Paris, wo der Komet nach einer durch bewölkten Himmel und sodann durch Mondschein verursachten längeren Unterbrechung nach dem 17. März von Bouvard erst wieder am 29. März beob- achtet wurde, sah man ihn zu dieser Zeit schon sehr schwach, so daß die Beobachtungen nach dem 31. März (10. Germinal) nicht mehr fortgesetzt wurden. Messier konnte ihn aus demselben Grunde am 31. März nur mit Mühe finden, hat ihn aber nicht mehr beobachtet. Zum letzten Mal ist der Komet von Olbers am 1. April beobachtet worden. Er war im Nachtfernrohr »ungewöhnlich glänzend«, was aber nur daher rührte, daß ein kleiner Fixstern 8. oder 9. Größe mit in seinem Nebel gehüllt stand; im Achromat konnte man des Kometen nur mit vieler Mühe bei dem Fixstern gewahr werden. Dieser Stern war zufolge der von Olbers für den Kometen angegebenen Position B. D. + 51°1942 (8”1). Auf Grund dieser letzten Partien von Bemerkungen scheint die Helligkeit des Kometen am 31. März und 1. April nur mehr die eines Sternes der 9. Größe oder noch schwächer gewesen zu sein. Am 8. April konnte Olbers, nachdem es inzwischen immer trüb gewesen war, den Kometen trotz aller Mühe nicht mehr finden. Es haben sich also die folgenden Helligkeitswerte ermitteln lassen: | 1804 v H 5 log rA HA, März 12 alt, 6 — 2:8 gu8 22 102 As 2965 — 1:8 < 83 | April 1 1:32 9 | 2,08 9-8 Die erste und letzte der Zahlen 7, würden, wenn sie sicherer wären, auf eine Abnahme der reduzierten Helligkeit deuten; jedenfalls kann man aber schließen, daß 7, für diesen Zeitraum nicht weit von 9*0 liegt. Olbers hat am Schluß seiner Mitteilungen (Astr. Jahrb. 1807, p. 233, siehe auch Mon. Korr., Bd. 9, p. 507) noch die Bemerkung beigefügt, er habe an diesem Kometen einen deutlichen Kern nicht unter- scheiden können, so wenig als irgendeine Spur von einem Schweif. Der Durchmesser des ihm sehbaren Nebels mochte ungefähr 6 Halbmesser unserer Erde betragen. Danach wäre also der auf A=1:'0 reduzierte scheinbare Durchmesser D, ungefähr 5& oder 0'9 gewesen. Wenn man die Durchmesserangabe von Messier (5'5) auf den Il. März verlegt, so erhält man D,=1'3, und wenn auf den 17. März, D=1'5, also für irgend einen Tag dieses kurzen Beobachtungs- zeitraumes jedenfalls einen sehr nahe an D, =1'4 liegenden Wert. (Komet 1805 war der Encke’sche, 18061 der Biela’sche Komet.) Größe umd Helligkeit der Kometen. 13061. Dieser Komet stimmt bezüglich seiner nur mäßigen Annäherung an die Sonne (g=1:08) und nur N [911 [it sehr geringen Schweifentwicklung in einem auffallenden Grade mit den zwei vorigen, 1802 und 1804, überein. Überdies war, wie bei den zwei vorigen, seine Erscheinung für die Erde eine sehr günstige, indem er zur Zeit der Sonnennähe auch in die Erdnähe gekommen ist, was sich auch hier in der Rleinheit der perihelischen Differenz angedeutet findet (2, = 102°7, b, = —24°1, ,—L, = 180° = + 5°6 oder = 101°6, &, = — 1°2, u — A, = 180° = + 3°9). Eine Abweichung von den zwei vorigen zeigt sich aber darin, daß dieser Komet während seiner bedeutendsten Erdnähe über den Himmel der Südhemisphäre gezogen ist und infolgedessen auf der Nordhemisphäre nur am Anfang und am Ende seiner Erscheinung beobachtet werden konnte. Bahn von Bessel (Mon. Korr. Bd. 16, p. 181 und Berl. Jahrb. 1810, p. 206): T= 1808 DE EINTRITT ET ee a el log q = 0:034 198. Da Bessel mit seinen ersten Bahnelementen eine von 5 zu 5 Tagen fortschreitende Ephemeride berechnet hat (Mon. Korr., Bd. 15, p. 87, und Berl. Jahrb. 1810, p. 203), aus welcher unter anderem hervor- geht, daß der Komet in der Neujahrsnacht dem Südpol der Ekliptik sehr nahe vorbeigegangen ist, wurde hier auch der 31. Dezember in Rechnung gezogen. 1806/07 0 D) ) | B | A—L E 2 logA |5logrA k Nov. 9:7 |182°| —+ 3°) 180°36'|+ 3° 3')—-46°32'| 0°128 0:259 —+1°9 32° Dez oral — 14 | 183 9 |—13 48 72 19 0:056 9'968 +01 55° 19:7 | 167 36 | 184 16 37 38 |—83 25 0038 9:758 —1'0 63°7 31'5 89 67 | 297 33 89 19 [+17 51 0:035 9:668 —1'5 65°2 Jansal35 24 37 4 51 42 47 67 48 0053 9:950 0:0 56°8 24:3 21 30 3 26 35 48 61 29 0:066 0046 +0'6 ol"2 Febr. 1.3 19 25 6 9 30 33 54 4 0:086 0:137 Tl 442 12-3 17 — 21 710 |-—26 0 |+43 57 0:117 0'233 —+1'8 351 In dieser Zeit war Vollmond am 26. November und 25. Dezember 1806 und am 24. Jänner 1807. Der Komet wurde zu Marseille von Pons am Morgen des 10. November entdeckt (Mon. Korr., Bd. 15, p: 87) und daselbst von Thulis auch am öÖftesten und längsten beobachtet, nämlich zunächst bis 20. Dezember 1806 und sodann nach seiner Rückkehr vom Südhimmel noch vom 24. Jänner bis 12. Februar 1807 (Mon. Korr., Bd. 16, p. 178). Eine Beschreibung des Kometen ist aber hier nicht gegeben, ebenso auch nicht in den Pariser Beobachtungen (Conn. d. T. 1810, p. 298, und 1819, p. 378). Nach Bessel, der den Kometen in Lilienthal zum ersten Mal am Morgen des 8. Dezember und auch da nur durch Dunstwolken beobachten konnte (Mon. Korr., Bd. 15, p. 85, und Berl. Jahrb. 1810, p. 202), hatte derselbe einen schwachen Kern, der bei weniger ungünstiger Luft merklicher gewesen sein würde; sein Schweif war kaum zu unterscheiden. Günstiger scheinen die Luftverhältnisse bei der Beobachtung von Olbers gewesen zu sein, da dieser zum 8. Dezember folgendes bemerkt hat (»Neue Reduktion«, p. 80): »Komet glänzend und augenfällig; schien in der Mitte einen Kern zu haben, auch zeigten sich schwache Spuren eines Schweifes.« Nach dieser letzteren, etwas lebhafteren Schilderung scheint der Komet, wenn auch nicht mit bloßen Augen sichtbar, doch immerhin so hell gewesen zu sein, daß er unter den teleskopischen Objekten zu den ansehnlichsten gehörte. Diese Folgerung erhält noch eine Bekräftigung durch die von Bessel mit Sicherheit ausgesprochene Erwartung, der Komet werde auch nach seiner Rückkehr vom Südhimmel wieder zu sehen sein und werde sich im Meridian bis etwa 25. Jänner beobachten lassen (Mon. Korr., 786 Dr. J. Holetschek, Ba. 15, p. 87 u. 88); ebenso auch durch die Bemerkung, mit welcher Bessel die Einsendung seiner ersten Beobachtungen und Rechnungen an Bode geschlossen hat (Berl. Jahrb. 1810, p. 203): »Ich fürchte, daß der Komet bei seinem niedrigen Stande für das Fernrohr Ihres Quadranten zu schwach ist; allein in Ihrem schönen Passageninstrumente wird er gewiß bemerklich sein.« Man wird demnach wohl nicht weit fehlgehen, wenn man annimmt, daß die Helligkeit des Kometen am 8. Dezember zwischen der 6. und 7. Größe oder bei Rücksichtnahme auf seinen südlichen, ziemlich tiefen Stand zwischen 5" und 6" gewesen ist. Ebenso groß wäre dann, da die Reduktionsgröße an diesem Tag fast Null ist, auch die reduzierte Helligkeit; also A, = 5" bis 6". Als der Komet nach seiner Rückkehr vom Süden wieder für die Nordhemisphäre sichtbar wurde, soll er, wie bei Delambre zu lesen ist, von Pons schon am 17. Jänner wieder gesehen worden sein, doch ist über eine Beobachtung an diesem Tage in den hier genannten Publikationen nichts zu finden. Er ist in dieser zweiten Sichtbarkeitsperiode außer zu Marseille nur dreimal von Bessel (Mon. Korr. Bd. 15, p. 374, und Berl. Jahrb. 1810, p. 204) und dreimal von Burckhardt beobachtet worden (Conn. d. T. 1819, p. 378). Nach Bessel war er zu dieser Zeit (27. Jänner bis 7. Februar) schon sehr lichtschwach, was aber zum Teil gewiß durch seinen tiefen Stand am südlichen Horizont mitverursacht worden ist. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, daß auch Burckhardt hervorgehoben hat (Conn. d. T. 1819, p. 378), das Gestirn wäre im Jänner und Februar wohl nicht mehr beobachtet worden, wenn nicht er die Astronomen auf die Wiederkehr aufmerksam gemacht hätte. Am 27. Jänner ist der Komet von Karoline Herschel zwischen fliegenden Wolken erhascht und am 1. Februar von ihrem Bruder mit einem 10füßigen Reflektor näher untersucht worden; dabei hat sich unter anderem ergeben, daß der Komet keinen eigentlichen Kern hatte und seine Koma sich über einen Durchmesser von 5, 6, ja sogar 7 Minuten erstreckte, bei stärkerer Vergrößerung aber beträchtlich reduziert erschien. Die Mitteilung, aus der diese Angaben entnommen sind, findet sich in »Philos. Trans- actions« 1807, p. 266, und ist auch ins Berl. Astr. Jahrb. (1812, p. 230) aufgenommen, wo jedoch im Titel in der ersten Zeile 1807 durch 1806 und in der.dritten 1808 durch 1807 ersetzt werden muß. Der auf A=1:0 reduzierte Durchmesser D, ist nach dieser Bestimmung 6°9 bis 9:6’, also unge- wöhnlich groß. Dieses Ergebnis ist offenbar darauf zurückzuführen, daß der Komet in einem Reflektor von bedeutender Lichtstärke bei nur geringer Vergrößerung betrachtet worden ist. Wählt man von den zwei für 4, oben abgeleiteten Grenzwerten den bedeutenderen zum Ausgang für die mutmaßliche Anfangshelligkeit und den geringeren für die Endhelligkeit, so zeigt sich, daß der Komet unter dieser Annahme bei der Entdeckung nahe an der 7. und bei den letzten Beobachtungen nahe an der 8. Größe gewesen wäre. Daß er danach im Februar trotz der Gleichheit der theoretischen Hellig- keitswerte um eine Größenklasse schwächer gewesen wäre als bei der Entdeckung, kann leicht durch seine geringere Höhe verursacht worden sein. Es sind somit diese Helligkeitswerte völlig annehmbar und man braucht von dem Ergebnis H, = 5” bis 6" nicht wesentlich abzugehen. Es ist danaclı auch sehr wahrscheinlich, daß der Komet zur Zeit seiner größten Helligkeit auf der Südhemisphäre für das bloße Auge zu sehen gewesen wäre und ebenso, daß sein Schweif zu dieser Zeit mehr entwickelt war, als er auf der Nordhemisphäre gesehen worden ist. Wird als Länge der von Bessel und von Olbers am 8. Dezember bemerkten Schweifspur !/, oder 1/, des scheinbaren Durchmessers des Kometen angenommen, so ergibt sich als wahre Länge S= 0:001. 1807. Der hellste Komet seit dem von 1769. Er ist jedoch der Sonne nicht so nahe gekommen wie jener (Periheldistanz g dort 0-21, hier 0:65) und noch weniger der Erde (kleinste Distanz A dort 0:33, hier 1:16), war aber trotzdem durch eine große Helligkeit des Kopfes und einen recht ansehnlichen, lange Zeit auch für das bloße Auge sichtbaren Schweif ausgezeichnet. Er wurde zunächst um das Perihel herum gesehen und von da bei ziemlich langsam abnehmender Helligkeit noch ein halbes Jahr lang beobachtet. [Bit 1 Größe und Helligkeit der Kometen. Lage des Perihelpunktes: 7, = 268°6, 4, = +3°7, I,—_L, & 180° = —86°7oder 2,—=268°6, &, =—19°8, %,— A, = 180° = —87°1. Zur Berechnung des Laufes und der zur Untersuchung des Kometen dienlichen Zahlen wurde die von Bessel abgeleitete Parabel benutzt (Mon. Korr., Bd. 17, p. 553 und Berl. Jahrb. 1811, p. 156): T= 1807, Sept. 18:82718, rg = 4° 29! 167, = 266% 36192007682 14228 1029928192108: Gerechnet wurde, mit dem ersten Entdeckungstag beginnend, ephemeridenartig für jeden 8. und gegen: das Ende für jeden 16. Tag, so daß, da die Zeit zwischen dem ersten Entdeckungs- und dem letzten Beobachtungstag genau 200 Tage beträgt, schließlich der letzte Rechnungstag mit dem letzten Beob- ‚achtungstag zusammentrifft. 1807/08 & D le RL | logr | logA |SlogrA | | | Sept. 9-5 | 194°1| —16°6| 199°24'|— 9°45'|433° 5'| 98316 | 0-0802 — 0:4 | 56°47' 17-5 1206-01 10-3] 207 51 + 0 28 | 33 44 | 9-8126 | 0-0674 0-6 | 59 12 25-5 [2167| — 2-8] 215 ıs | ı1 5 | 33 21 | 9-8224 | 0-0630 0-6 | 59 45 Okt. 3-5 [226:0| + 4-s8| 222 ı | 21 14 | 32 11 | 9-8570 | 0-0654 0-4 | 58 41 11-5 [234-3 12-0| 228 32 | 30 27 | 30 48 | 9-9052 | 0-0726 0-1 | 56 31 19-5 |242-2| 18-4) 235 28 | 38 38 | 29 48 | 9-0574 | 0-0828 | -+0-2 | 53 48 27-5 |250:01| 24-1] 243 24 | 45 46 | 29 45 | 0-0084 | 0-0954 0-5 | 50 48 Nov. 4:5 [258-0 29-1] 252 53 | 5% 54 | 31 14 | 0-0561 | 0- 1101 0:8 | 47 42 12-5 [266-3] 33-4) 264 24 | 56 51 | 34 42 | 0-0997 | 0- 1271 1:1 | 44 37 20-5 |275:01| 37-1| 278 ı1 | 60 28 | 40 25 | 0-1395 | 0- 1466 1-4 | 41 36 28-5 [2841| 40-2] 293 46 | 62 sı | 47 54 | 0-1758 | 0- 1687 1:7 | 38 43 Dez. 6-5 |293-3) 42-7| 309 6 | 62 56 | 55 46 | 0-2090 | 0- 1932 2-0 |36 3 14-5 |302-5| 44-5) 324 39 | 61 58 | 62 31 | 0-2395 | 0-2199 2:3 | 33 36 22-5 [s11-6| 45-9 337 27 | 60 0 | 67 10 | 0-2676 | 0-2483 2:6 | 31 24 30-5 |a20:2]| 46-8| 318 5 | 57 20 | 69 38 | 0-2936 | 0-2780 2:9 | 29 25 Jän. 7:5 |a28-4| 47-5) 356 52 | 54 45 | 70 16 | 0-3178 | 0:3082 | 3-1 | 27 38 23:5 | 343°3 48:01 10 35 49 22 67 41 | 0:3616 | 0:3684 | 3:6 | 24 30 Febr. 8-5 [356-1 48:3| 21 1 | 44 39 | 61 53 | 0-4004 | 0-4259 4-1 | 21 42 24:5| 7-2] 4s-al 29 36 | 40 45 | 54 20 | 0-4350 | 0:4787 4-6 |19 2 März 11-5 | 17:01 4s-6| 37 0 | 37 39 | 45 43 | 0-4663 | 0-5258 5-0 | 16 27 27:5 | 25-8) +48-9| 43 35 |+35 15 |+36 26 | 0-4947 | 0:5667 | +5-3 | 13 57 Vollmondtage: 16. Sept., 16. Okt., 15. Nov., 15. Dez. 1807, 13. Jänn., 12. Febr., 12. März 1808. Notizen über die Größe und Helligkeit des Kometen findet man nicnt nur in den schon öfters zitierten periodischen Publikationen jener Zeit (Mon. Korr., Berl. Astr. Jahrb., Conn. d. T.), sondern auch in zwei Monographien, welche diesem Himmelskörper gewidmet sind. Zunächst enthalten die von J.H. Schröter in Lilienthal bei Bremen angestellten »Beobachtungen des großen Kometen von 1807 « (Göttingen 1811) eingehende Darlegungen über das Aussehen und die Dimensionen des Kometen; außer- dem sind auf derselben Sternwarte von Bessel nebst den Positionsbestimmungen ziemlich häufig auch Notizen über die Helligkeit des Kometen gemacht worden, und diese findet man zugleich mit jenen im ersten Abschnitt der bekannten Bahnbestimmung von Bessel: »Untersuchungen über die scheinbare und wahre Bahn des im Jahre 1807 erschienenen großen Rometen« (Königsberg 1810). Der Komet wurde, nachdem er schon am 9. September zu Castre Giovanni in Sizilien bemerkt worden war (Mon. Korr., Bd. 18, p. 251 und 361), am 20. September zu Palermo (a. a. ©.) und im Mississippi Territory (Mon. Korr., Bd. 25, p. 529) gesehen, am 21. September von Pons in Marseille (Mon. Korr., Bd. 18, p. 251) usw. und war nach wenigen Tagen ein den Abendhimmel zierendes allgemein auffallendes Beob- achtungsobjekt., ST or [02] Dr. J. Holetschek, Am 26. September, an welchem Tage der Komet von Flaugergues zu Viviers zum erstenmal gesehen wurde (Schröter, p. 28), war derselbe bezüglich seines Kernes einem Stern 2. Größe ähnlich, hatte einen Lichtnebel von etwa 6’ Durchmesser um sich und einen Schweif von 1!/,°. Am nächsten Tage, an welchem er zu Mirepoix von Vidal aufgefunden wurde (Conn. d. T. 1810, p. 376), war sein Schweif, durch den er zuerst bemerkt worden war, mit bloßen Augen 7 bis 8° lang zu sehen und sein Kern hatte den Glanz eines Sternes 1. bis 2. Größe; in einem Nachtfernrohr schien sich jedoch der Schweif nur 4° weit zu erstrecken. Am 29. September war der Komet nach einem Schreiben von Huth zu Frankfurt a. d. Oder (Berl. Jahrb. 1811, p. 116) scheinbar so groß wie Jupiter, wenn auch nicht so hell (1”?), mit einem langen, dem bloßen Auge recht wohl sichtbaren Schweife; dieser konnte in einem Reflektor 5° weit verfolgt werden und war höchstens !/,° breit. Am 30. September glich der Kern (vermutlich im Fernrohr) nach einer Mitteilung von Eule aus Dresden (Berl. Jahrb. 1811, p. 254) einem nebeligen Stern 1. Größe in einem rötlichen Lichte. Der Schweif erschien im Oktober gespalten in zwei Teile von verschiedener Richtung, Gestalt und Länge; ein Phänomen, das, wie man gleich sehen wird, schon in einer Beschreibung von Bode vom 1. Oktober angedeutet war, bestimmter aber vom nächsten Tage an von Huth bemerkt worden ist. Der geradeaus gehende, von der der Sonne entgegengesetzten Richtung weniger abweichende Teil war ver- hältnismäßig lang und schmal, der andere, nach Süden gekrümmte, kürzer, aber breit und buschig. Die Helligkeit der beiden Zweige wechselte in den ersten Tagen, doch nahm später der längere an Helligkeit immer mehr ab, bis er schließlich verschwand, während der kurze, breite Schweifnoch immer sichtbar war. Am 1. Oktober erschien nach Huth (a. a. O.) der Kern (anscheinend ebenfalls im Fernrohr) als eine hellgelbe, scharf begrenzte Kugel, so groß wie Mars, wenn er uns am nächsten ist; am 2. Oktober etwas kleiner, nämlich so groß wie Mars in seiner mittleren Entfernung. Bezüglich des Schweifes ist aus den Bemerkungen von Huth zu diesen zwei Tagen und insbesondere aus der Zeichnung vom 2. Oktober zu entnehmen, was sehr bald als eine bestimmte Tatsache hervortrat, daß derselbe gegen das Ende in zwei Teile auseinanderging. Auch Bode, der den Kometen auf eine Meldung von Huth am 1. Oktober aufgesucht und sogleich mit bloßen Augen gefunden hatte (Berl. Jahrb. 1811, p. 164), hat bemerkt, daß der Schweif, welcher etwa 5° Länge hatte, geteilt schien. Am 4. Oktober machte der Komet nach Bessel auf das unbewaffnete Auge einen stärkeren Eindruck als der in seiner Nachbarschaft stehende Stern o. Serpentis, welchem man die 2. Größe beilegt. Nach den neueren photometrischen Bestimmungen ist zwar die Helligkeit des genannten Sternes nur 2"8, aber trotzdem wird man auf Grund der Angaben von Bessel für den Kometen doch keine geringere Größe als die 2. annehmen dürfen. Der Schweif war mehrere Grade lang. Nach Huth warerin zwei Teile zerspalten; 20 der geradeaus gehende erstreckte sich über 6° weit, der nach Süden hin gekrümmte war weniger lang, buschiger und etwas heller. Am 5. Oktober sah Schröter den Kern im Fernrohr größer als einen Fixstern der 1. Größe, aber lichtmatter. Der Schweif reichte nach Bode fast bis a Serpentis. (Als Länge ergibt sich daraus 6°.) Am 5. und 6. Oktober hat Olbers den Kern des Kometen heller als einen Fixstern der 2. Größe gefunden (Schröter a. a. O., p. 29). Am 8. Oktober erschien der Komet sowohl nach Bessel als nach Schröter trotz dem Licht des im ersten Viertel stehenden Mondes viel heller als » Serpentis. Am 11. Oktober (Mondlicht) war die Schweiflänge nach Schröter 2t/,°. Am 14., bei hellem Mond- schein (Vollmond am 16.), erschien der Kern nach Schröter matter an Licht; auch der Schweif erschien geschwächt, war aber doch trotz des Mondlichtes auch mit unbewaffneten Augen zu unterscheiden. Nahezu dasselbe berichtet Bode am 15. Oktober; der Komet zeigte sich des fast vollen Mondscheins ungeachtet mit bloßen Augen, schien aber doch kleiner zu werden. Größe und Helligkeit der Kometen. 759 Am 18. Oktober glich der Kern nach Schröter im Kometensucher einem Fixstern 2. Größe, jedoch mit dem Unterschied, daß sein Durchmesser beträchtlich größer war. (Man kann wohl 2"”5 annehmen). Am 20. Oktober stand der Komet nahe bei 7 Herculis (3"8). In der Dämmerung war die Helligkeit des Kometen nach Bessel so genau der Helligkeit des Sternes gleich, daß es nicht möglich war, einen Unterschied zu bemerken; späterhin machte aber der Komet einen lebhafteren Eindruck auf das unbe- waffnete Auge als der Stern (hier darf wohl die 3. Größe angenommen werden). Der Schweif wurde an diesem Tage von Schröter mit bloßen Augen und auch im Fernrohr wenigstens 1t/,° lang gesehen. Olbers hat am 20. Oktober (siehe Schröter a. a. O., p. 67 und Fig. 6) den nördlich absprossenden schmalen Streifen des Schweifes bis zu 5 bis 6° Länge beobachtet; am 22. Oktober (Berl. Jahrb. 1811, p. 123) konnte er ihn trotz seines blassen Lichtes im Kometensucher über 10° lang verfolgen. Der andere Teil war viel heller und breiter, aber kürzer und stark nach Süden gekrümmt. Am 21. Oktober entwickelte sich, wie Schröter bemerkt hat, in der Abenddämmerung bei reiner Luft y Bootis (3”2) und mit ihm zugleich der nördlich darüber stehende Komet, dessen Schweif schon mit unbewaffneten Augen zu erkennen war. Bode bemerkt zu diesem Tag, daß sich der Komet zwar sehr schön zeigte, aber lange nicht mehr so hell war, wie bei seiner ersten Erscheinung. Am 22. Oktober sah Schröter den Schweif mit unbewaffneten Augen gewiß 2° lang; im Fernrohr ergab sich als Länge 41/,° (das war der südliche, hellere, aber kürzere Teil des Schweifes). Im Vorbeigehen soll hier bemerkt werden, daß Bredichin bei seinen Untersuchungen über die Typen der Kometenschweife für den Kometen von 1807 (Annales de l!’Obs. de Moscou, Vol. 5, livraison 2, p. 55) nichts benutzen konnte als eine Angabe von Bessel vom 22. Oktober (Astr. Nachr., Bd. 13, p. 228). Am 23. Oktober sah Schröter den südlichen Schweif mit bloßen Augen anfangs über 2°, später gegen 4° fortspielen und konnte ihn im Kometensucher bisweilen 5° weit verfolgen; der nördliche, schmale Schweif war aber nur von Zeit zu Zeit zu bemerken, wie nordlichtartige Strahlenschüsse. Am 25. Oktober erstreckten sich beide Ausläufer des Schweifes anfangs wieder gegen 5° weit; bald aber zeigte sich auch wieder, »daß der nördliche Schweif ebenso spielte, wie die aufschießenden weißen Lichtstrahlen eines Nordlichts«. Über dieses Spielen und Dahinschießen des nördlichen, schmalen und lichtschwächeren Schweifes hat nun Schröter an fast allen folgenden Beobachtungstagen bis 6. Dezember sehr eingehend berichtet, wobei sich aber im allgemeinen immer wieder dasselbe wiederholt hat, nur mit dem Unterschied, daß die Intensitäten und Dimensionen nach und nach kleiner geworden sind. Was die Erklärung dieser Wahrnehmungen betrifft, so erscheint mir nichts einfacher und natur- gemäßer als eine (schon im I. Teil dieser meiner Untersuchungen, p. 20, zitierte) Bemerkung von Winnecke!, wonach solche Strahlenschüsse gar nicht reell zu sein brauchen, indem vorüberziehende Dünste der Luft, welche dem Auge gänzlich entgehen, nicht selten bei Kometenschweifen ein nordlichtartiges Verlängern und Verkürzen hervorbringen. Diese Erklärung erhält eine Bekräftigung durch den Umstand, daß die scheinbaren Verlängerungen und Verkürzungen gewöhnlich nur an dem lichtschwachen und weit weniger an dem helleren Schweifende beobachtet wurden, ebenso auch durch den Umstand, daß an dem großen Kometen von 1811, dessen Schweif durch eine sehr große Lichtstärke ausgezeichnet war, solche Fluktuationen im allgemeinen nicht bemerkt wurden, wohl aber an einem kleinen, vom Schweif absprossenden Zweig von matterem Licht; das findet man bei Schröter in seinem Buch über diesen großen Kometen selbst hervorgehoben, so ins- besondere in den Bemerkungen zum 11., 15. und 16. Oktober 1811. Während also hier auf die von Schröter nach dem 25. Oktober beschriebenen Einzelheiten nicht mehr weiter eingegangen wird, zumal da sie für die vorliegende Untersuchung nur von untergeordneter 1 »Über den vielfachen Schweif des großen Kometen von 1744«, Bulletin der Petersburger Akademie, 7. Bd, 1864, p. 81 beziehungsweise 87, 760 Dr. J. Holeischek, Bedeutung sind, sollen dagegen die Angaben über die Länge der einen und der anderen Schweifpartie nicht unbenutzt bleiben. Man findet sie, soweit sie zur Berechnung der wahren Länge herangezogen worden sind, in der unten folgenden Übersicht zusammengestellt. Der nördliche Ausläufer ist mit n, der südliche mit s bezeichnet. Dabei ist, wie überhaupt in der ganzen Reihe, auf jene Längen, die mit bloßen Augen beobachtet worden sind, durch Beisetzung eines Ausrufzeichens (!) aufmerksam gemacht. Übrigens sind aus dieser letzteren Zeit wie auch sonst öfter nur die größeren oder die mit bloßen Augen gesehenen Längen ausgewählt. Und nun wenden wir uns wieder zu den Angaben über die Helligkeit des Kopfes. Am 31. Oktober hat Bessel abermals den Kometen mit y Herculis verglichen. Der Abend war sehr heiter und ruhig; in der hellen Dämmerung war der Komet nicht mehr völlig so hell wie y Herculis, allein bei zunehmender Dunkelheit wurde er augenfälliger als dieser Stern (hier kann vielleicht 3"5 angenommen werden). Zum 3. November hat Bessel bemerkt, daß der Komet in der Dämmerung später erschien als x Herculis (3"8), allein früher als ö Herculis (3""2). Diese zwei Angaben sind jedoch, da y von diesen zwei Sternen der schwächere ist, miteinander nicht vereinbar, auch dann nicht, wenn man beachtet, daß y tiefer und ö samt dem Kometen höher stand. Vielleicht ist diese Ungenauigkeit durch den vom Beobachter erwähnten heftigen Sturm verursacht worden. Jedenfalls darf man aber annehmen, daß die Helligkeit des Kopfes in der Nähe der 3. oder 4. Größe gewesen ist; also 3 bis 4”, Am Abend des 6. November wurde der Komet nach Schröter im Lichte des schon beinahe halb erleuchteten Mondes mit unbewaffneten Augen später sichtbar als die zunächst stehenden Sterne 3. Größe m e und £ Herculis. Da nach photometrischen Bestimmungen der erste dieser Sterne nahe an 4"0, der zweite nahe an 3"2 ist, so ist es wohl am einfachsten, für den Kometen einen zwischen diesen Grenzen liegenden Wert, also etwa 3”6 anzunehmen. Zum 10. November ist von Bessel bemerkt worden, daß der Komet bei dem sehr hellen Mondschein nur wenig lebhafter erschien als p Herculis (4"”3). Demnach darf wohl 4”0 gewählt werden. Am 15. November erschien der Komet nach einer Bemerkung von Bode im Mondschein (Vollmond) sehr schwach. Am 20. November wurde er von Bessel unter dem heftigsten Sturme beobachtet; er war nun, mit bloßen Augen gesehen, in der Dämmerung schon etwas dunkler als e und & Lyrae (4"1, 4"3); später wurde er ihnen gleich. Am 25. war er schon beträchtlich dunkler als die zwei genannten Sterne. Es kann demnach als Helligkeit des Kometen für den ersten dieser Tage 4”2, für den zweiten etwa 4”5 gewählt werden. Zufolge einer Bemerkung in der Mon. Korr. von Zach (Bd. 16, p. 562) war der Komet zur Zeit der Ausgabe des Dezemberheftes für das bloße Auge nicht mehr sichtbar. In der ersten Hälfte des Monats, so namentlich am 3., 4., 6. und 10. Dezember hat ihn Schröter noch bestimmt mit unbewaffneten Augen gesehen; auch am 14, am Tage des Vollmondes, gelang ihm dies trotz des vollen Mondlichtes, aber anscheinend nicht mehr leicht, da Bessel zu demselben Tage bemerkt hat, der Komet sei bei dem hellen Mondscheine mit bloßen Augen kaum zu erkennen gewesen. Daß der Komet um den 10. Dezember noch mit bloßen Augen, wenngleich nur bei einiger Aufmerksamkeit, zu sehen war, geht auch aus einer Bemerkung von Beck-Kalkoen in Utrecht hervor, der mit einem Sextanten Distanzen des Kometen von Sternen gemessen und zum 10. Dezember beigefügt hat, er habe den Kometen zwar noch gesehen, allein sein Licht sei so schwach gewesen, daß keine Distanzen gemessen werden konnten (Mon. Korr., Bd. 17, p. 478). Die Helligkeit des Kometen scheint demnach gegen die Mitte des Dezember schon bis zur 5. Größe (3 bis 51/,”) gesunken zu sein. Aus der späteren Zeit, insbesondere von Ende Dezember an, ist nichts mehr darüber zu finden, daß der Komet noch mit bloßen Augen zu sehen gewesen wäre. Der schon früher erwähnte Eule in Dresden hat ihn am 27. und 28. Dezember als einen Nebelfleck, somit vermutlich schon ohne Schweif gesehen und glaubte ihn auch noch am 23. Jänner 1808 gesehen zu haben (Astr. Jahrb. 1811, p. 255). Bessel hat ihn Größe und Helligkeit der Kometen. 761 am 24. Februar zum letztenmal beobachtet und auch noch am 29. Februar gesehen, worauf er ihn aber am 15., 16. und 17. März vergebens gesucht hat. Anderseits ist der Komet von Wisniewski in Peters- burg noch vom 18. bis 27. März beobachtet worden (Astr. Jahrb. 1812, p. 95 bis 101; Bessel’s Bahn- bestimmung, p. 30). Einen kurzen und guten Überblick über den Verlauf der äußeren Erscheinung des Kometen geben die Bemerkungen von Vidal (Conn. d. T. 1810, p. 376 bis 378), von denen die erste schon früher erwähnt worden ist. Die Länge des Schweifes, die am ersten Beobachtungstag 7 bis S° war, ist immer kleiner geworden; Ende Oktober war sie nur ungefähr 1°, während die Breite etwa !/, der Länge betrug. In den ersten Monaten war die Breite des Schweifes in seiner ganzen Länge ziemlich dieselbe; in dem folgenden aber faltete er sich etwas auseinander wie ein halbgeöffneter Fächer. Später wurde er so schwach, daß er gegen den 15. Dezember keine merkliche Länge zu haben schien; man bemerkte nur einen ziemlich runden Schimmer mit einem lichten Punkt in der Mitte. Dieser war im Anfang des Dezember einem Stern 7. bis 8. Größe vergleichbar; am 15. glich er nur einem Stern 9. Größe. Ende Jänner war er nicht mehr zu erkennen; man sah bloß einen unsicheren Schein. Dieser brauchte gegen den 15. Februar 4 Zeitsekunden, um den Stundenfaden zu passieren. Daraus ergibt sich, daö = 48°3 war, als scheinbarer Durchmesser des Kometen 0'6 bis 0'7. Ich habe die Beobachtungsnotizen vom Dezember etwas eingehender betrachtet, weil ich sehen wollte, ob sich der Umstand, daß die Erde am 19. Dezember durch die Ebene der Kometenbahn gegangen ist (Z= Q), durch eine besondere Länge oder Schmalheit des Schweifes verraten hat. Davon ist jedoch nichts zu bemerken und das war übrigens auch zu erwarten; einerseits darum, weil der Schweif an sich zu jener Zeit schon beträchtlich vermindert war, und anderseits, weil der Komet auch von der Erde weit entfernt war (A= 1:7). Es macht sich nämlich, wie aus meiner diesbezüglichen Abhandlung »(Über die scheinbare Verlängerung eines Kometenschweifes beim Durchgange der Erde durch die Ebene der Kometenbahn« !) hervorgeht, das Phänomen einer scheinbaren Verlängerung des Schweifes nur dann auffallend bemerkbar, wenn die Erde dem Kometen und insbesondere seinem Schweif ziemlich nahe ist. Überdies sind die Beobachtungen von Schröter, die wegen ihrer sonstigen Reichhaltigkeit und Voll- ständigkeit dazu besonders geeignet gewesen wären, gegen die Mitte des Dezember zunächst durch Mond- licht gestört und sodann durch schlechtes Wetter ganz unterbrochen worden, indem der Himmel vom 15. bis 28. Dezember immerfort bedeckt war. Es ist aber trotzdem nicht ausgeschlossen, daß zur Zeit dieser Unterbrechung noch eine letzte Steigerung im Aussehen des Kometenschweifes stattgefunden hat, und zwar darum, weil der Schweif nach den Angaben von Schröter in der ersten Hälfte des Dezember und so insbesondere am 3., 4. und 6. noch »Strahlenschüsse« von beträchtlicher Länge gezeigt hat, sodann aber am 28. Dezember und 1. Jänner, an welchen Tagen der Komet wieder gesehen werden konnte, schon sehr unansehnlich gewesen zu sein scheint, da die früheren, manchmal beinahe enthusiastischen Beschreibungen mit einem Male ganz auf- gehört haben. - Indem wir nun zur Reduktion der Größen- und Helligkeitsangaben übergehen, soll gleich voraus- geschickt werden, daß Schröter nicht nur die Dimensionen des Schweifes, sondern auch die des Kopfes und insbesondere die des Kernes sehr sorgfältig zu ermitteln gesucht hat. Die Resultate sind in seiner Monographie (p. 113 beziehungsweise 168) übersichtlich zusammengestellt und auch in Zach’s Mon. Korr. (Bd. 25, p. 364) zu finden. Hier sei daraus nur hervorgehoben, daß als Größe des auf A=1:0 reduzierten scheinbaren Durchmessers des Kernes im Mittel 9°'86, also nahe 10 Sekunden, sich ergeben hat, während der Durchmesser des ganzen Kometenkopfes einige Zeit (wenigstens in den 14 Tagen vom 20. Oktober bis 3. November) größer geworden ist, obwohl die Entfernung des Kometen von der Erde zugenommen hat; es ergab sich beispielsweise aus den Beobachtungen vom 1 Sitzber. der math.-naturw. Kl. Bd. 115 (1906). Denkschriften der mathematisch-naturw. K1. .XNXXVIIT. Rd. 101 Dr. J. Holetschek, = © ID 20. Oktober 1807 D, = 4#'3 23. > D2 22% | 3. November Eine ähnliche Zunahme geht auch aus den Angaben von J. H. Fritsch in Quedlinburg hervor (Berl. Jahrbuch 1811, p. 150), indem der Kometennebel in der Zeit vom 12. bis 15. Oktober hinter einem im Fernrohr angebrachten Streifen von Messingblech innerhalb 9 Sekunden vollkommen ver- schwand, während dieseVerschwindung am 25. Oktober 14 und am 26. gar 15:5 Sekunden dauerte. Diese Durchgangszeiten sind zwar etwas kleiner als die von Schröter beobachteten, zeigen aber die Zunahme während dieser Tage ebenso deutlich. Was den Kern betrifft, so schreibt Fritsch auf der unmittelbar vorangehenden Seite (p. 149) sehr bezeichnend, daß derselbe mehr ein zusammengedrängter Lichtball ohne bestimmte Abrundung, als ein fester Körper zu sein schien. Da nun Schröter selbst wiederholt hervorgehoben hat, daß der Kern schlecht begrenzt und verwaschen war (gerade wie der des Kometen von 1799), so haben seine Durch- messerbestimmungen trotz der auf die Messungen verwendeten Mühe und Sorgfalt gewiß nur einen relativen Wert. Auch W. Herschel hat Beobachtungen über die physische Beschaffenheit dieses Kometen ange- stellt (Philos. Trans. 1808, auszugsweise auch in Mon. Korr., Bd. 20, p. 512, und Berl. Jahrb. 1813, p. 218). Darnach hatte der Kern im Oktober 21/,’ Durchmesser und der ihn umgebende Nebel 4’ 45”. Die Länge des in zwei Äste geteilten Schweifes war am 18. Oktober 33/,°, am 20. November 2!/,° und am 6. De- zember 23’. Was im Berl. Jahrb. für 1812, p. 230, mitgeteilt ist, bezieht sich nicht auf diesen Kometen, sondern auf 18061. Den Durchmesserangaben von Schröter können also jetzt noch die folgenden hinzugefügt werden: D D, September 26 Flaugergues 6’ 6'9 Oktober ? Herschel 4°/, 5:7. Es folgt nunmehr die Zuzammenstellung der Helligkeitszahlen. 1807 r Beobachter | H | 5logrA H, | Sept. 26 | 0:67 | Flaugergues | 2mO —0-6 2m6 27 | 0:68 Vidal 1:5 05 2-0 29 | 0:69 Huth 1? 0:5 15 30 | 0:70 Eule 1% 0:4 1'4 Okt. 4 | 0:73 Bessel 2 0:4 2.4 5, 6 | 0:74 Olbers le 0:3 2-0 8 | 0:77 Schröter, 237 —0'2 2122 Bessel 18 | 0:89 Schröter Bo —+0'2 28 20 I 0:92 Bessel SR? 0-2 2'8 21 | 0:93 Schröter 327 0:3 2:9 31 | 1:08 Bessel Buy 0:7 2-8 Nov. 3] 1:12 » 3—4 0:8 2:2 —3°2 (| Schröter 36 0:9 27. 10 | 1:23 Bessel 4:0 on 29 . 20 | 1-38 > 4:2 1:4 2:8 25 | 1:45 » 45 1:6 2:9 Dez. 14 | 1:74 Schröter, 9% +2:'3 20 Bessel Größe und Helligkeit der Kometen. 763 Die Zahlen 7, weichen von einander so wenig ab, daß die angenäherte Übereinstimmung strecken- weise geradezu überraschend ist. Dieses Zusammentreffen darf im großen und ganzen sogar als reell bezeichnet werden; denn wenn auch bei der Aufstellung oder Ableitung der Zahlen willkürliche Annahmen gemacht worden sind, so ist der noch zulässige Spielraum doch kein so großer, daß dadurch die genäherte Übereinstimmung in Frage gestellt werden könnte. Es ist übrigens auch ein Gang angedeutet, Und zwar eine geringe Abnahme der reduzierten Helligkeit, indem sich aus der Zeit von Ende September bis Mitte Oktober im Mittel 2”O und von da an bis Mitte Dezember 2”8 ableiten läßt. Später hat die reduzferte Helligkeit allerdings sehr bedeutend abgenommen. Nach Bessel war der Komet am 23. Jänner noch in den Suchern der Teleskope zu sehen, bei den Beobachtungen am 19. und 24. Februar schon sehr lichtschwach und in der Mitte des März, wie schon erwähnt, nicht mehr zu finden: anderseits ist zu beachten, daß er in Petersburg noch bis 27. März beobachtet worden ist. Erlaubt man sich, was von der Wirklichkeit wohl kaum weit abweichen dürfte, für den 23. Jänner als Helligkeit des Kometen die 7., für den 24. Februar die 9. und für den Zeitraum vom 18. bis 27. März die 10. Größe anzu- nehmen, so erhält man als reduzierte Helligkeit in derselben Reihe die Werte: 31/,®, 41/,m, 5m, Der Vollständigkeit halber sollen hier auch die Zahlen reduziert werden, welche von Vidal für die Helligkeit des Kernes angegeben worden sind: 1807 | h Anfang Dezember 7— 8m + 19 5—6m Mitte Dezember . 9 203 | 85,7 Indem wir nun zu den Ergebnissen über die Länge des Schweifes gelangen, sei noch folgendes bemerkt: Einen von J. Hartmann ausgesprochenen Wunsch, es möge jedem Helligkeitswert 4, auch der zugehörige Radiusvektor r beigefügt werden!, habe ich so berechtigt und naturgemäß gefunden, daß ich den Radiusvektor nicht allein den Helligkeitswerten, sondern auch den Schweiflängen beigesetzt habe, und zwar bei sämtlichen Kometen der vorliegenden Abhandlung. 1807 r Beobachter C S Sept. 27. 0:68 Vidal ve 0:192 29 0:69 Huth 5 0125 Okt. 1 0-71 Bode 5! 0:125 4 0:73 Huth n 6 0'154 5 0:74 Bode 6 0155 11 0:80 Schröter (21/9) 0064 18 0:89 Herschel 33/4 0:102 20 0:92 Olberss n 5—6 0157 Olbers n 10 0'313 22 0:95 2| 0055 Schröter s { 41lg 0:129 23 0:96 > s 4! 0115 25 0:99 DNS 5 0:148 1 Vierteljahrsschr. der Astron. Gesellschaft, 32. Jahrg. (1897), p. 236 und 242, 764 Dr. J. Holetschek, 1807/08 r Beobachter C Ss Okt. 27 1:02 Schröter 3—4° 0103 29 1:05 » 3 0:090 n 5 0158 31 1:08 » s 21], 0076 Nov. 3 a2, » n 5 0164 5 1-15 » n {5} 0:168 7 118 » n ) 0-172 10 1:23 » 3 0:103 Herschel 21, 0:097 20 1:38 3 Schröter n 2 0077 21 1:39 » 10) 0:038 2535| 1-45 > 115 — 21/5 | 0-061—0:104 U 0:045 Dez 3 1:57 » 21/5 0-117 f| Schröter 45' —21/, 0:035— 0'123 6 1:62 2, \| Herschel 23" 0.018 10 1:68 Schröter AS 0038 28 1:94 » >) >>( Jän 1 1499 » >>) >>) 23 2:30 >0 >) 18081. Ein Komet mit einer ziemlich kleinen Periheldistanz (7 = 0:39), der vor dem Perihel in die Erdnähe gekommen und zu dieser Zeit in der nördlichen Circumpolargegend des Himmels beobachtet worden ist, aber mit bloßen Augen nicht gesehen wurde und auch keinen Schweif zeigte. Er wurde von Pons zu Marseille am 25. März, von Wisniewski zu St. Petersburg am 29. März entdeckt und dort bis 31. März, hier bis 2. April beobachtet. Die ersten Nachrichten über den Kometen sind von Olbers gesammelt und im Berl. Astr. Jahrbuch (1811, p. 215 bis 217) bekannt gemacht worden. Notizen über die Entdeckung des Kometen zu Marseille findet man in der Mon. Korr. (Bd. 18, p. 252, und Bd. 26, p. 493), über die Entdeckung und die Beob- achtungen zu Petersburg in Mon. Korr., Bd. 18, p. 172, und Berl. Astr. Jahrb. 1812, p. 227. Später ist Olbers wieder auf diesen Kometen zurückgekommen (Astr. Nachr. I, p. 307) und, als sodann auch die Originalbeobachtungen von Wisniewski bekannt gemacht worden waren, versuchte Encke eine Bahnbestimmung, bei welcher die anscheinend durch grobe Fehler entstellten Beobachtungen aus Marseille, da die Originale nicht mehr zu erhalten waren (Corr. astr. Vol. 12, p. 510 und 511), nur angenähert mitberücksichtigt werden konnten. Das Resultat dieser Berechnung (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 1 bis 8) war das folgende: 7 1808, Mai 12.959, 17 02539 415, 33.70 = 322800584 361, 3 1842 6 Fo32nlosrg— 35590 Daß der Komet nur weit vom Perihel und hauptsächlich nur auf der Nordhemisphäre zur Beobachtung gelangen konnte, ist deutlich auch in der Position des Perihelpunktes angezeigt (, =76°, b, =—-483°, IL, = 180° =— 157° oder „— 79°, 9, = 21°, «4, 1807 = 1517) und speziell derletztere Umstand durch die bedeutend südliche Lage in Verbindung mit der Kleinheit der Periheldistanz erklärt. Die Rechnungstage bieten sich fast von selbst dar, nämlich die zwei Entdeckungstage und der letzte 3eobachtungstag, Größe und Helligkeit der Kometen. 765 | 1808 ö IN B \—L logr | logA |5logrA k | — — März. 25-5 |146°|° -+82°| 104°28"\+61° 5'|-+99e18'| 0-077 | 9-764 —0'8 56°5 29-5 | 96 74 | 92 46 50 21 83 39 0-049 9.764 —0°9 62:9 April 2-5 | 83 +63 85 58 |+3% 27 +72 54 0019 9.782 —1'0 68°8 Nach den Angaben aus Marseille erschien der Komet wie ein runder Nebel, ziemlich gut sichtbar im Nachtfernrohr, aber sehr schwer zu unterscheiden in einem achromatischen Fernrohr. Licht und Größe haben vom 25. März bis 1. April keine merkliche Änderung erfahren. Nach Wisniewski erschien der Komet am 29. März im 31/, füßigen Dollond rund, etwa 3’ groß, ohne Schweif, und war, wie von Fuss noch bemerkt worden ist (Astr. Jahrb., 1811, p. 217), wahrscheinlich wegen nicht ganz reiner Luft dem bloßen Auge unsichtbar. Seine Helligkeit ist nach den Bemerkungen aus Petersburg im Gegensatz zu denen aus Marseille vom 29. März bis 2. April beträchtlich schwächer gewor- den, was der Beobachter zum Teil dem zunehmenden Mondschein, mehr aber noch der in Petersburg damals schon eintretenden Dämmerung zugeschrieben hat (Astr. Jahrb. 1812, p. 227). Tatsache ist, daß der Komet am 4. April, an welchem Tage der Mond im ersten Viertel war, nicht mehr gesehen werden konnte. Der Bemerkung von Fuss zufolge scheint der Komet am 29. März nahe an der 6. Größe gewesen zu sein; wenn auch nicht heller, so doch anderseits nicht viel schwächer. Die reduzierte Helligkeit 7, darf sonach in der Nähe von 7"O angenommen werden. Aus der Durchmesserangabe D= 3’ folgt D,.=1:7'. Der Komet gehört also nicht nur bezüglich seiner Helligkeit, sondern auch bezüglich seiner Größe zu den minder ansehnlichen. 1808 11. Dieser Komet ist so wie der vorige der Erde ziemlich nahe gekommen und zu dieser Zeit in der nördlichen Circumpolargegend des Himmels beobachtet worden, wurde aber gleichfalls mit bloßen Augen nicht gesehen und hatte keinen Schweif. Position des Perihelpunktes: =23, Eid Tr eig ee een ne 18 Er wurde von Pons in Marseille am 24. Juni entdeckt; er war sehr klein, hatte »wenig Nebel« und wurde vom Entdecker sogar als der kleinste unter allen von ihm bis dahin aufgefundenen Kometen bezeichnet. Beobachtet wurde er ausschließlich von Pons, und zwar am Mittagsfernrohr bei seiner unteren Kulmination vom 26. Juni bis 3. Juli: »Mit Mikrometern war nichts auszurichten, weil der zu schwache Komet gar keine Beleuchtung vertrug.« Nach dem 3. Juli war es nicht mehr möglich, den Kometen zu sehen; seine Annäherung an den Horizont und der Mondschein (8. Juli Vollmond) verhinderten und vereitelten jeden Versuch (Mon. Korr., Bd. 18, p. 245 bis 249). Bahn von Bessel (Mon. Korr. Bd. 18, p. 359; Astr. Jahrb. 1812, p. 129): Tz= 1808, Jut LIT, Ede ai ei Zee al le log q = 9:783 870. Da der Komet so wie der vorige nur kurze Zeit beobachtet worden ist, schien es auch hier aus- reichend, bloß drei Beobachtungstage in Rechnung zu ziehen. 1808 [2 Ö h B A—L logr logA | 5logrA k [ [ Juni, 24:5 | 54°) + 59°| 67° 6'+38° 6'|-26° 4'| 9-857 9:867 —1'4 8826 29:5 | 90 63 89 59 39 40 |— 7 57 9.825 9-819 1'8 1000 Juli 3:5 [122 + 58 | 110 23 |+36 30 + 8 38 9:304 9:813 —1'9 1044 766 Dr. J. Holetschek, Die von Pons angegebenen Umstände führen zu der Vermutung, daß der Komet, wenn er trotz der vom Beobachter hervorgehobenen Unansehnlichkeit bei der unteren Kulmination in Höhen von nur 11 bis 16° beobachtet werden konnte, kaum schwächer als der vorige gewesen sein dürfte; somit, wenn- gleich nicht 6. Größe, so doch anderseits kaum schwächer als 7. Größe. Die reduzierte Helligkeit darf demnach zwischen 7!/," und 9", also nahe an 8 bis 81/,'" angenommen werden. 1810. Auch dieser, von Pons am 22. August 1810 entdeckte Komet war klein und lichtschwach; er hatte das Ansehen eines schwachen runden Nebelflecks (Mon. Korr., Bd. 23, p. 302). Beobachtet wurde er zu Marseille vom 29. August bis 21. September; diese Observationen sind, wie Bessel bei seiner Bahn- bestimmung des Kometen bemerkt hat (Mon. Korr. Bd., 24, p. 71, und Astr. Jahrb. 1814, p. 179), mit Aus- nahme der vom 16. September durchgehends Meridianbeobachtungen und wahrscheinlich mit dem Äquatorialinstrumente gemacht. Nach dem 21. September war der Komet nur noch im Kometensucher zu vermuten, aber nicht mehr zu beobachten; er blieb sichtbar bis zum 8. Oktober, wo er sich im Sternbilde der Jagdhunde verkroch (Mon. Korr., Bd. 23, a. a. O.). Bahn von A. Thraen (Astr. Nachr., Bd. 99, p. 348): = 1810, Okt06.24422 7 = 112567 1310308502316 5550 log q = 9'986 603. In der Lage des Perihelpunktes (I, = 84°5, b,= +53°8, 1,—-L, = 180° = +71°'7; a, = 75°3, ö, = +77°0, 0,— A, & 180° = + 63°5) macht es die stark nördliche Breite, beziehungsweise Deklination in Verbindung mit der ziemlich bedeutenden Größe der Periheldistanz (gq = 0:97) erklärlich, daß der Komet nur auf der nördlichen Hemisphäre der Erde zur Beobachtung gelangt ist. Er wurde aber auch hier in keiner beträchtlichen Erdnähe, sondern erst bei A> 1:0 beobachtet; hätte übrigens, wie auch Bessel (a. a. ©.) bemerkt hat, schon früher gesehen werden können. logr | logA | 5logrA k Aug. 22:5 |214°| + 83°[106° 26'|+ 69°36'|—42°42'| 0:091 0006 +0°5 5223 29-5 | 192 76 |125 13 69.311 30741 0067 0019 04 53.9 Sept. 21°5 [181 54 1151 54 48 41 26 23 0-001 0:074 0:4 53:8 Okt. 8-5 [179 + 41 1160 8 |+37 2 |—34 53 IEIS7 0102 +04 510 Am 13. September war Vollmond, und das mag der Grund davon sein, daß der Komet an den sechs Tagen zwischen dem 9. und 16. September nicht beobachtet worden ist. In der oben zitierten Quelle (Mon. Korr., 23, p. 302), nach welcher der Komet das Aussehen eines schwachen runden Nebelfleckes hatte, ist derselbe überdies noch als ein äußerst kleiner Komet bezeichnet, was vielleicht nur eine Zutat des Herausgebers der Zeitschrift gewesen sein mag. Trotzdem soll hier darauf Rücksicht genommen werden und zwar in der Weise, daß nicht, wie beim vorigen Kometen, 6 bis 7”, sondern eine etwas geringere Helligkeit, etwa 61/, bis 71/,'"" angenommen wird. Die reduzierte Helligkeit H, würde demnach zwischen 6 und 7" liegen. Daß der Komet nach dem 21. September nur mehr im Kometensucher und nach dem 8. Oktober auch mit diesem nicht mehr zu sehen war, kann durch die Änderungen seiner Distanzen allein nicht erklärt werden, sondern ist wohl auch dadurch mit verursacht worden, daß der in der Circumpolargegend unter dem Nordpol befindliche Komet immer mehr gegen Süden, also gegen den Horizont gerückt und deshalb immer mehr geschwächt erschienen ist, Größe und Helligkeit der Kometen. 767 1olhl: Die große Helligkeit des Kopfes und des Schweifes, welche dieser Komet gezeigt hat, erscheint noch bedeutender, wenn man weiß und beachtet, daß er sowohl der Sonne als auch der Erde nur wenig nahe gekommen ist; der Sonne bis g=1:035, der Erde (im zweiten Monat nach der Sonnennähe) nur bis A=1:22. Es ist daher zu erwarten, daß sich auch für die Mächtigkeit des Kometen, soweit sie durch die reduzierte Helligkeit 7, definiert erscheint, eine außerordentlich bedeutende Größe ergibt; und das ist in der Taat der Fall, auch wenn man die Helligkeit auf Grund der wenig bestimmten Angaben, auf die man größtenteils angewiesen ist, nur gering taxiert. In der Lage des Perihelpunktes (), = 1079, b,=+60°4, 1,—ZL, = 180° = +- 118°9 oder a, NO, > 80°0, a,— A, = 180° = + 161°0) ist bei diesem Kometen die Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen weniger entscheidend als bei anderen, weil die Breite und ebenso die Deklination des Perihelpunktes eine sehr hohe ist. Diese hohe und zwar nördliche Lage hatte übrigens in Verbindung mit der ziemlich bedeutenden Größe der Periheldistanz zur Folge, daß der schönste Teil der Erscheinung des Kometen für die Nordhemisphäre zu sehen war. Was die Bahnbestimmung des Kometen betrifft, so sind bekanntlich mehrere Ellipsen ermittelt worden, von denen aber keine einzige sämtliche Beobachtungen, insbesondere bei strenger Mitberück- sichtigung derjenigen vom August 1812, ganz befriedigend darzustellen vermag; die am häufigsten zitierte ist die von Argelander: SR SeHte12E>0380 0 m 1605.22 1000 AO DAS 1062 372.295 log O0 SL 178, 2049950933 Die zur vorliegenden Untersuchung nötigen Rechnungsgrößen konnten mit Ausnahme von r alle der Bahnbestimmung vonN. Herz! entnommen werden und speziell der darin mitgeteilten Ephemeride, welche mit der elliptischen Bahn von Bessel berechnet ist. Die Logarithmen von r hatte ich schon vor längerer Zeit behufs einer Vergleichung der Helligkeit dieses Kometen mit der des Halley’schen nach einer parabolischen Bahn berechnet, und zwar mit der von Bowditch, also einstweilen nur provisorisch, weil ich später die nach der elliptischen Bahn berechneten vom Autor der Ephemeride direkt zu erhalten hoffte; da aber das nicht mehr gelang und überdies bald klar wurde, daß die durch Einführung der elliptischen Radienvektoren erreichte Verbesserung für die Resultate dieser Untersuchung völlig belanglos ist, wurden die Radienvektoren der provisorischen Rechnung auch als definitive beibehalten. In der nun folgenden abgekürzten Ephemeride sind zwei große Unterbrechungen zu erkennen, die ihren Grund darin haben, daß die Beobachtungen des Kometen auf drei, von einander durch zwei Kon- junktionen mit der Sonne (August 1811 und Februar 1812) getrennte Zeiträume verteilt sind. | März 25°5 120° 45'|— 29° 42'|4+116° 42'| 0-4351 0:3337 —+ 3:84 a April 16°5 116 45 Isai6 92 37 03920 0:3334 3:63 —_ Mai 11°5 116 56 4 5 69 5 03363 03547 3:45 | _ 20°5 117 54 | — 2 61 10 03142 03635 3:39 _ x Juni 10-5 121 34 + 14 |+ 43 26 0:2580 03791 3:19 = h Aug. 21°5 147 47 33 12 — 2719 0.0404 02965 1:68 1923 Sept-32.(45 161 34 40 47 4 3 0:0163 0:2283 122 33°6 11'5 166 5)|+42 3939| - 3 7 0:0150 0:2096 15212) 36°8 1 Publikationen der v. Kuffner’schen Sternwarte in Wien (Ottakring); 2. Band. al or} [02] Dr. J. Holetschek, 1811/12 0. Ir ö = log 7 log A 5logrA Sept. 15:5 | 171° 19'| 44° 29' 1° 29'| 0-0156 0.1902 1 20-5| 179 6 46 38 + 1 48 | 0-0189 0-1658 (0 25:5 | 188 26 48 22 6 38 | 0:0250 0:1420 0: 30-5 | 199 23| 49 24 13 5| 0-0334 0-1205 0: ok, »5 || 2 Di 48 4l 25 45 | 0-0513 0-0950 0: 12-5 | 229 31 70 32 15 | 0-0617 0:0885 0° 16:5 | 239 10 44 28 38 11 | 0-0730 0:0870 0: 20:5 | 247 57 41 16 43 12 | 0-0849 00907 DE 24-5 | 255 42 338 47 10 | 0:0973 00996 0: 28-5 | 262 28 33 49 50 5] 0-1100 01130 1- Nov. 5-5 | 273 23 26 22 53 10 | 0-1359 0: 1500 1° 9:5] 277 49 22 57 53 36 | 0-1489 0-1717 1 12-5 | 285 12 17. 0) 52 49 | 0-1748 0-2178 1: 25:5 | 291 19,12 50 22 | 0-2001 02639 2 Dez. 3-5| 296 7 8 24 46 45 | 0-2246 0-3077 2: 15:5 | 302 22 4 10 39 49 | 0-2596 0.3668 3: 31:5| 309 14 | +0 3 28 57 | 0-3029 0-4321 3° km &s|ı Sa 5) = 0 23 10 | 0-3231 4593 3 20-5 | 316 23 2 9a) eo 04939 4 Juli 10-5 | 332 22 is 41 |-187 35 | 0-6196 05210 5 14-5 | 331 24 19 31 |-142 37 | 0-6239 0.5211 5 Aug. 17:5 | 321 50 | —26 A|+174 44 | 0-6582 0:5499 —.® Vollmondtage: 8. April, 8. Mai, 7. Juni, ferner 2. September, 2. und 31. Oktober, 30. November, 29. Dezember 1811, 28. Jänner, 24. Juni 1812. Da dieser Komet schon mehrmals zum Gegenstand eingehender Untersuchungen gemacht worden ist, und zwar sowohl bezüglich seiner Bahn als auch hinsichtlich der Form und Richtung seines Schweifes, soll hier außer dem, was für die vorliegende Untersuchung selbst notwendig ist, nur das auffallendste von dem hervorgehoben werden, was ziemlich vereinzelt dasteht. Dahin gehört vor allem, daß fast sämtliche Beobachter an dem Kometen keinen eigentlichen Kern, sondern nur eine größere Kernscheibe gesehen haben und daß der Schweif, wie Olbers als einer der ersten bemerkt hat (Mon. Korr., Bd. 25, p. 4/5), nicht mit dem eigentlichen Körper des Kometen zusammenhing, sondern von diesem allenthalben, selbst gegen die Sonne zu, durch einen beträchtlichen dunklen Zwischenraum getrennt war, so daß er also wie um den Kopf herumgeschlungen aussah. Der Komet wurde zuerst von Flaugergues in Viviers (geogr. Breite + 44°5) am 25. März abends (bei „= 120°, 5 = — 29°) entdeckt und konnte, wie in der Mon. Korr. (Bd. 24, p. 295) gesagt ist, in dieser ersten Epoche seiner Sichtbarkeit wegen seiner Lichtschwäche in Deutschland nicht gesehen werden. Diese Lichtschwäche kann jedoch, wie aus den nachstehenden Mitteilungen hervorgeht, nur eine relative gewesen sein. So wird berichtet (a. a. ©. p. 526), daß der Komet wenige Tage nach seiner Entdeckung in Marseille von mehreren Personen, welchen jedoch die Stelle, wo er stand, gezeigt worden, mit bloßen Augen wahrgenommen wurde. Dies muß, da der Komet zu Marseille von Pons erst am 11. April entdeckt worden ist, jedenfalls in der Mitte dieses Monats gewesen sein. In demselben Band (p. 97) findet sich in einem Schreiben von Olbers vom 18. Juli die Bemerkung, er habe von Humboldt (vermutlich in Paris) ver- nommen, daß dieser den Kometen (an einem nicht mehr eruierbaren Tage, aber jedenfalls noch in der ersten Sichtbarkeitsperiode) mit bloßen Augen erkennen konnte. Zu den Beobachtungen aus Viviers ist unter anderem bemerkt (siehe N. Herz, a. a. O., p. 182), daß der Komet am 11. und 20. Mai mit freiem Auge gesehen wurde. Größe und Helligkeit der Kometen. 769 Noch bestimmter ergibt sich eine bedeutende Helligkeit des Gestirnes aus dem Umstand, daß im Mai und Juni in südlicheren Gegenden Abstände des Kometen von helleren Fixsternen gemessen worden sind (Sextantenbeobachtungen), so von Ferrer auf Cuba vom 18. Mai bis 10. Juni (Mem. Astr. Society, Vol. 3) und an Bord eines Schiffes im Ostindischen Ozean vom 17. Mai bis 15. Juni (Berl. Jahrb. 1816, p. 161). Der Komet muß also in diesen Gegenden won der Mitte des Mai angefangen ein schon leicht auf- fallendes Gestirn gewesen sein. Auf dem erwähnten Schiffe ist er noch gegen Ende Juni gesehen worden, worauf er am Abendhimmel in den Sonnenstrahlen verschwand. In dieser letzteren Zeit, fügt der Beob- achter noch.hinzu, erschien der Komet beinahe so helle wie am 7. September, an welchem Tage er ihn wieder sah. Auf Grund dieser Angaben darf man für die Mitte des April (etwa den 16.) mit großer Berechtigung 6” oder mit Rücksicht auf die ziemlich geringe Höhe des Kometen 51/,” und für die Mitte des Mai (11. und 20.) mindestens 5”0 annehmen. Was die spätere Zeit betrifft, so erscheint für die zweite Hälfte des Juni 3 bis A" und für Anfang September 2 bis 3" zulässig, doch soll darauf kein besonderes Gewicht gelegt werden, weil man sich sonst schon zu sehr ins Ungewisse verlieren würde. Über den Schweif des Kometen ist aus dieser ersten Periode nichts Sicheres zu entnehmen. In der zweiten Periode, in welcher der Komet vom 20. August 1811 bis 20. Jänner 1812 beobachtet worden ist, hat er sich, besonders als er durch die nördliche Circumpolargegend des Himmels zog, sowohl hinsichtlich seines Kopfes als auch seines Schweifes in seiner bedeutendsten Größe und Helligkeit gezeigt. Bezüglich der Helligkeit des Kopfes ist man allerdings größtenteils auf nebensächliche Bemerkungen angewiesen, doch führen dieselben, wie man sie auch deuten mag, trotzdem in jedem Falle auf eine außer- ordentlich ansehnliche reduzierte Helligkeit. Nach einer Bemerkung von Olbers (Mon. Korr., Bd. 24, p. 301, und Berl. Jahrb. 1814, p. 244) war der Komet bei der ersten Beobachtung, nämlich am Morgen des 22. August, viel früher sichtbar als der Stern Nr. 20 im kleinen Löwen (6. Größe) und hatte, als er etwas höher heraufgekommen war, reichlich soviel Licht (oder wie es im Berl. Jahrb. heißt, seine Lichtstärke wurde auffallender gefunden) als d (nicht %, wie in Mon. Korr. gedruckt ist) im kleinen Löwen (5. Größe), obgleich er einige Grade niedriger stand. Dieser Stern d (Bezeichnung nach Bode) ist 21 Leon. min. und nach den neueren photometrischen Bestim- mungen von der Helligkeit 4"5 bis 4”7. Der Komet muß auf Grund dieser Vergleichung und in Anbetracht seines tiefen Standes in der Dämmerung um eine oder zwei Größenklassen heller gewesen sein als der genannte Stern und erscheint durch die Annahme der 3. Größe gewiß nicht zu hell geschätzt. Auch aus Angaben anderer Beobachter dieser Tage geht eine beträchtliche Lichtstärke des Kometen hervor. Es sei hier auf Bessel hingewiesen (Mon. Korr., Bd. 24, p. 303, und Berl. Jahrb. 1814, p. 258), der den Kometen zuerst am 22. und 23. August abends bei Höhen unter 4° beobachtet und dazu bemerkt hat, daß derselbe trotz seiner Nähe am Horizont sehr gut mit bloßen Augen zu sehen war. Wir müssen nun zu den Aufzeichnungen von J.H. Schröter übergehen, der über diesen Kometen ebenso wie schon früher über den von 1807 eine große Monographie veröffentlicht hat (»Beobachtungen und Bemerkungen über den großen Kometen von 1811«, Göttingen 1815); sie ist zwar hauptsächlich den Beobachtungen des Schweifes und der Bestimmung der Größe der »Kernlichtkugel« gewidmet, enthält aber doch auch einige Andeutungen über den Helligkeitsgrad des Kopfes. Gleich am ersten Beobachtungstage, nämlich am Abend des 25.- August, sah Schröter den Kometen sofort mit unbewaffneten Augen. Noch auffälliger war die Erscheinung am 26. August, indem der Beobachter bemerkt hat, es sei ein großes Vergnügen gewesen, mit unbewaffneten Augen zu sehen, wie der Komet, als er hinter einem ihn bedeckenden Wolkenstreifen vortreten wollte, vorher das am Rande leichtere Gewölk durch einen hellen Schein erleuchtete. Es wäre danach zulässig, in diesen Augusttagen für den Kometen eine noch bedeutendere Helligkeit als früher, nämlich statt der 3. sogar schon die 2. Größe anzunehmen. Im Oktober war der Komet am auffälligsten; er zeigte sich für die Erde am hellsten und größten. Aus dieser Zeit können zwei Angaben von Schröter benützt werden. Am 20. Oktober abends wurde mit Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIII. Bd, 102 779 Dr. J. Holetschek, dem Kometensucher während einer kurzen Aufheiterung der Komet oder eigentlich nur seine »Licht- kugel« gesehen, als in einer Elevation von derselben Größe außer Wega nirgends ein Stern zu sehen war. Noch bestimmter geht die große Auffälligkeit des Kometen aus der Bemerkung hervor, daß Schröter am 22. Oktober bei heiterer Luft in der Abenddämmerung und beim Licht des 5 T’age alten Mondes den Kometen mit bloßen Augen sah, als er in jener Himmelsgegend nur erst Wega, Cynosura und noch einen dritten Stern sah, welcher eben die »Kernlichtkugel« des Kometen, das heißt der Komet als Stern ohne Nebel war. Bei einer so großen Helligkeit ist es wohl gestattet, für den Kometen wenn auch nicht gerade die Helligkeit der Wega so doch immerhin eine zwischen der 1. und 2. Größe liegende Helligkeit, also etwa 1"5 anzusetzen. Um die Mitte des November hatte der Komet an Helligkeit und Größe schon recht merklich abge- nommen; dies ist in der Mon. Korr. an einigen Stellen (Bd. 24, p. 423 und 507, Bd. 25, p. 382) ausdrücklich gesagt und ebenso auch aus einer Bemerkung von Schröter zum 15. November zu entnehmen. Gegen Ende Dezember war er mit bloßen Augen nur mehr mit Mühe zu erkennen (Mon. Korr., Bd. 24, p. 585). Nichtsdestoweniger hat ihn Schröter noch am 31. Dezember am Ende der Abenddämmerung samt einem Teil des Schweifes mit unbewaffneten Augen gesehen und schließlich auch noch am Abend des 3. Jänner, nachdem er ihn zuvor mit dem Fernrohr gefunden hatte. Auf Grund dieser letzten Angaben muß die Helligkeit des Kometen Ende Dezember und Anfang Jänner noch mindestens von der 5. Größe gewesen sein, ja es erscheint auch die Annahme der 4. Größe noch nicht unzulässig. Es soll hier noch eine Bemerkung von Schröter eingeschaltet werden, die als eine Helligkeits- bestimmung verwendet werden kann, aber für den Fall ihrer Verläßlichkeit die Helligkeit des Kometen noch bedeutend größer ergeben würde, als sie bisher angenommen worden ist. Schröter berichtet nämlich, er habe am 17. Dezember abends den Stern 1. Größe Atair in sehr mattem Lichte durch eine Dunst- wolke erblickt, die sich von dem übrigen dunstigen Himmel bloß durch ihre dunklere Farbe unterschied, und durch eben dieselbe Wolke habe er auch den hellen Flecken des Kometenkopfes und den Schein des Schweifes gesehen. Hiernach wäre also, wenn eine Gleichsetzung der Helligkeiten erlaubt wäre, für den Kometen 1”0 anzunehmen. Auf der Insel Cuba ist der Komet in diesem zweiten Zeitraum vom 23. September bis 9. Jänner beobachtet worden; während der letzten Tage, nämlich 4. bis 9. Jänner, konnte er daselbst von dem schon genannten Beobachter mit bloßen Augen nur mehr schwer (also doch noch!) erkannt werden. Am längsten, nämlich bis 20. Jänner 1812, ist er in Mailand beobachtet worden (Effemeridi astron. 1814). Im Jänner kam er immer mehr in Konjunktion mit der Sonne (bei A> 1:0), die er sodann im Februar wirklich passiert hat. Aus der dritten und letzten Periode besitzen wir die für die Bahnberechnung sehr wichtigen, aber nicht sicher verwendbaren Beobachtungen, welche von Wisniewski in Neu-Tscherkask (geogr. Breite + 47°4) vom 8. bis 17. August 1812 angestellt worden sind. Der Komet ist aber auch diesmal wieder auf Cuba gesehen worden, und zwar zuerst am 10./11. Juli (Mem. Astr. Soc., Vol. 3, p. 36). Er wurde gefunden mit einem Nachtfernrohr von 4 Zoll Objektivdurchmesser, 5° Gesichtsfeld und Sfacher Ver- größerung, uni erschien als ein schwacher Dunstnebel mit einem der Sonne entgegengesetzten kaum 10’ langen Schweif. Bei Beleuchtung der Fäden verschwand der Komet vollständig. Am 14./15. Juli wurde er wieder gesehen und hiemit schließen die Beobachtungen auf Cuba. Den ersten dieser Angaben zufolge kann der Komet, wenn auch nicht mehr besonders hell, doch anderseits kaum schwächer gewesen sein als 8. Größe. Eine ziemlich anschauliche Vorstellung von der Größe und Helligkeit des Kometen in der aller- letzten Zeit geben die Bemerkungen, welche Wisniewski seinen Beobachtungen beigefügt hat (Berl. Jahrb. 1316, p. 261). Der Komet wurde am 31. Juli 1812 mit einem 31), füßigen Dollond als ein äußerst schwacher, schlecht begrenzter Nebelfleck von gelblichem Lichte entdeckt; sein Durchmesser war kaum 11/,’ und von einem Schweif war keine Spur zu bemerken. Am 8. August erschien er gegen den ersten Tag nicht merklich verändert, Am 12. August zeigte er sich unter einem Durchmesser von etwa 1’ und Größe und Helligkeit der Kometen. 771 hatte kaum die Lichtstärke eines Sternes 11. Größe. Nach dem 17./18. August konnten die Beobachtungen wegen ungünstiger Witterung und immer geringerer Höhe des Kometen nicht mehr fortgesetzt werden. Die hier enthaltene Größenangabe ist die einzige, welche direkt verwendet werden könnte; sie erscheint mir aber in Rücksicht auf das benutzte Fernrohr und den tiefen Stand des Kometen (Maximal- höhe 16 bis 18°) viel zu gering und darf wohl um eine bis zwei Größenklassen bedeutender angenommen, also durch etwa 9!/,” ersetzt werden. Es sind somit für den Kometen die folgenden Helligkeitsergebnisse gewonnen worden: 1811/12 Y H 5logrA H, April 16 2:4 5m5 + 3-6 19 Mai 11,20 2=T 5 3:4 16 Aug. 21 121 3? Noel NS) 26 1-1 20? 1:5 | 0°5 Okt. 22 122 Kom? 09 0:6 Dez. 17 1:8 | 3:2 — 2:2) Jän. 3 20 5 38 1,6522 Juli 10 41 802 5°7 2°3 Aug. 12 45 9-5 + 6°0 3:5 Die reduzierte Helligkeit 4, ist, wie man sieht, eine außerordentlich bedeutende, so zwar, daß ihr Maximalwert gewiß nicht unter der 1. Größe (genähertes Mittel aus August 21 und 26), sondern höchst- wahrscheinlich sogar noch etwas über derselben liegt und bei Rücksichtnahme auf die Vergleichung vom 17. Dezember sogar noch um 2 oder 3 Größenklassen bedeutender angenommen werden dürfte. Dem Kometen können in dieser Beziehung, wenn man von solchen mit ganz kleinen Periheldistanzen absieht, nur die von 1729 und 1747 an die Seite gestellt werden. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, daß Bode (Berl. Jahrb. 1815, p. 171) am 24. Oktober bei sehr heiterem Himmel versucht hat, diesen großen Kometen bei Tage im Meridian zu beobachten, aber in den Fernrohren des Passageninstrumentes und des Mauerquadranten keine Spur von ihm entdeckt hat. Über die Größe des Kopfes sind von mehreren Beobachtern sehr sorgfältige Bestimmungen gemacht worden, die aber wegen der eigentümlichen Form des Kopfes untereinander nicht alle direkt vergleichbar sind. Am 14. September hatte nach einer Bestimmung von Olbers (Mon. Korr., Bd. 25, p. 6) die runde, aber schlecht begrenzte Kernscheibe reichlich 2’ im Durchmesser, und der dieselbe in einem beträchtlichen Abstand umgebende helle, parabolisch gekrümmte Reifen war so groß, daß der Abstand seines Scheitels vom Kern 6'9 und der auf der Achse senkrecht stehende, durch den Kern gehende Durchmesser 23'3 betrug. Zu Rom (Collegio Romano) ist am 13. September, 6. Oktober und 7. November der Durchmesser des Kernes und der der »Atmosphäre« ermittelt worden (Opuscoli astronomici 1813). Die Ergebnisse findet man in dem unten folgenden Zahlentableau. W. Herschel hat über den Kometen eine größere Abhandlung veröffentlicht (Phil. Trans. 1812, auszugsweise im Berl. Jahrb. 1816), aus welcher hier zunächst einiges über die Größe des Kopfes heraus- gehoben werden soll. Am 18. September erschien der Kopf im 10füßigen Reflektor wie ein runder heller Nebelfleck von 5 bis 6’ im Durchmesser, von denen eine oder zwei um den Mittelpunkt von beinahe gleicher Helligkeit waren. Am 6. Oktober erstreckte sich die den Kopf umgebende lichtschwache Atmosphäre im 20füßigen Teleskop über einen scheinbaren Durchmesser von 15’ und die noch weiter außen befindliche Lichthülle über 2 x 91/,, das ist 19. Aus Schröter’s zahlreichen Bestimmungen, deren Resultate a. a. O., p.220, in einer Tabelle zusam- mengestellt sind, sollen hier bloß die extremen und die mittleren Werte herausgenommen werden. Als größter scheinbarer Durchmesser der »Kernlichtkugel« wurde in der Zeit vom 6. September bis 20. November 95”, als kleinster 67” beobachtet; auf A= 1-0 reduziert ergab sich als größter Wert 126”, 102 Dr. J. Holetschek, als kleinster 90” und im Mittel aus 26 Bestimmungen, die bis 3. Jänner 1812 reichen, 109”. Als größter scheinbarer Durchmesser des ganzen Kopfes wurde in der Zeit vom 18. September bis 20. November 28:6, als kleinster 19:7 beobachtet; auf A= 1:0 reduziert ergab sich als größter Wert 40:9, als kleinster "6 und im Mittel aus 12 Bestimmungen 34#'1. 28 In der Zeit vom 6. Dezember bis 3. Jänner, in welcher sich schon einiges Detail des Kopfes verloren und insbesondere der »Kopfschweif« dicht an den »sphärischen Lichtnebel« gezogen hatte, ergab sich die Größe des Kopfes schon wesentlich kleiner, so daß diese Bestimmungen von den früheren getrennt betrachtet werden müssen; der beobachtete scheinbare Durchmesser war nahe an 6’ und der auf A= 10) reduzierte nahe an 14". Reduziert man schließlich noch die beiden Durchmesserangaben von Wisniewski au A= 1:0, so können die wichtigsten Beobachtungsergebnisse über die Größe des Kometenkopfes in Kürze zusam- mengestellt werden wie folgt: nn nn 1811j12 ee achungsen) 2 di z 2 Sept. 13 (Rom) 1978 2:8 23:9 37:9 14 Olbers 2 sl 2373 36°6 18 Herschel — —_ (95) (82) Okt. 6 » = _ 15—19 18-9— 23:9 6 (Rom) 21223 2.8 322 40'6 Nov. 7 » 22 33 23-3 3327, Sept. —Nov. Schröter (1:3) 1228 (24) 34-1 Dez. 6—Jänn. 3 » (09) 18) (6) 14:4 Juli 31 Wisniewski — _ lo) Be Aug. 12. » _ _ 1:0 35 Die ungewöhnlich großen Differenzen zwischen den Werten D, haben ihren Grund natürlich nicht nur in der Verschiedenheit der Beobachtungsinstrumente und der lokalen Verhältnisse, sondern, wie schon aus den Angaben über die Struktur des Kopfes zu entnehmen ist, ganz besonders auch darin, daß in der zweiten Sichtbarkeitsperiode, also namentlich zur Zeit der bedeutendsten Annäherung des Kometen an die Sonne und an die Erde, auch noch Einzelheiten an ihm beobachtet werden konnten, welche vorher und nachher nicht zu sehen und vermutlich auch gar nicht vorhanden waren. Bezüglich der Konstitution des Kernes hat Olbers die Ansicht ausgesprochen, der Komet habe einen festen Kern gehabt, der in dem lichten Dunst der »eigentümlichen Atmosphäre« enthalten und von dieser verdeckt gewesen sei (Mon. Korr., 25. Bd., p. 98). Auch Schröter war dieser Meinung. Was Herschel über den Kern oder Kopf bemerkt hat, ist in seiner schon zitierten Publikation zu lesen. Indem wir nun zu den Bestimmungen der Länge des Schweifes übergehen, soll vorerst noch etwas über die bekannt gemachten Abbildungen des Kometen vorausgeschickt werden. N Die von Schröter in seiner Monographie gegebenen Zeichnungen scheinen trotz ihrer großen Menge nur wenig beachtet worden zu sein. Was man in verschiedenen Büchern und namentlich in populären Schriften von Abbildungen dieses Kometen findet, ist von anderen Beobachtern, und hier sind vor allem die Zeichnungen zu erwähnen, welche dem 24. Band der Mon. Korr. beigegeben sind. Sie stammen von der Seeberger Sternwarte, deren Direktor damals B. v. Lindenau war, und sind vom 10. September, 11. und 15. Oktober. An der ersten tritt besonders auffällig hervor, wie der Schweif vom Kopf des Kometen getrennt schien und daß die beiden Schweifäste gegen das Ende hin weit auseinander gingen. Olbers hat, wie schon angegeben, am 14. September die Gestalt und die Dimensionen des Kometen, besonders in der Nähe des Kopfes, genauer untersucht und auch in einer Zeichnung dargelegt (Mon. Korr., Bd. 25, Jänner 1812), die in mehrere Bücher hinübergenommen worden ist, Je} Größe und Helligkeit der Kometen. Tick Was’Schröter über die scheinbare Länge des Schweifes beobachtet hat, ist meistens direkt in Graden ausgedrückt; in einigen Fällen aber indirekt durch Angabe der Sterne, bis zu denen der Schweif reichte. Diese letzteren Fälle sind insbesondere die folgenden. Am 20. September erstreckte sich der Doppelschweif, wann es heiter war, 2 bis 3° über 7 Ursae majoris. , Am 23. September war der Schweif 12° lang; er erstreckte sich 2!/, bis 3° über ö Ursae majoris hinaus. Am 1. Oktober morgens 31/," (das heißt 30. September 15!/,"), einen Tag vor dem voll erleuchteten Monde, zeigte sich der Doppelschweif zwar lichtschwächer und kürzer, aber mit bloßen Augen dennoch bis gegen 3° nördlich über Mizar hinaus. Am 14. Oktober sah Schröter den Doppelschweif 15 bis 16° lang, nämlich bis an 8 Draconis. Dieser Stern konnte aber nicht gemeint sein, sondern nur » oder 7 Draconis; als scheinbare Länge des Schweifes ergibt sich für den ersten Fall 13°6, für den zweiten 17°3, im Mittel 15°5. Am 22. Oktober erstreckte sich der Schweif, mit unbewaffneten Augen betrachtet, reichlich bis an die beiden nördlich stehenden Sterne v und & am Drachenkopfe fort. Am 23. Oktober erstreckte er sich nur bis Etanin im Kopfe des Drachen (y Draconis); am 24. bis links an demselben Stern. Am 28. Oktober erstreckte sich der zweifache Schweif, mit unbewaffneten Augen gesehen, 2° lang rechts über & Lyrae weg, obgleich der Mond, über zwei Drittel erleuchtet, sehr viel Licht verbreitete. Am 8. November sah Schröter den Schweif mit unbewaffneten Augen neben ß und y Lyrae bis in die Höhe von Wega und ein paarmal noch !/,° höher fortspielen. Am 12. November strich der Doppelschweif, mit unbewaffneten Augen gesehen, rechts neben Albireo (B Cygni) weg, und sein Ende war von der Milchstraße nicht wohl zu unterscheiden. Am 20. November fand Schröter den Schweif mit unbewaffneten Augen noch so lang als die Distanz zwischen o.und y Lyrae, »mithin an 9° lang.« Nach der Rechnung ist aber diese Distanz nur 7!/,°. Auch am 21. November wurde der Schweif so lang gesehen. Am 1. Dezember, während einer kurzen Aufheiterung, fiel der Komet mit seinem Schweife sofort ins Gesicht. Letzterer wurde mit bloßen Augen noch reichlich so lang gesehen wie der Abstand zwischen Alioth und Mizar, das ist e und & im Großen Bären, »mithin 6 bis 7° lang«. Der Rechnung zufolge ist aber die Größe dieser Distanz kaum 41/,°. Aus der Bemerkung, daß im Kometensucher der nachfolgende Schweif Verlängerungen und Verkürzungen zeigte (ähnlich wie der des Kometen von 1807), während der vorangehende ohne alle Veränderungen blieb, darf wohl geschlossen werden, daß der nachfolgende der lichtschwächere, der vorangehende der wesentlich hellere war. Am 5. Dezember sah Schröter den Schweif mit unbewaffneten Augen länger als den Abstand der beiden Sterne y und ö im Delphin, »mithin an 7° lang«. Diese Angaben entsprechen aber einander nicht; wohl aber, wenn ö durch s ersetzt wird. Am 18. Dezember sah ihn derselbe Beobachter anfangs reichlich so lang wie die Distanz zwischen ß und y Aquilae, und später noch etwas länger als den Abstand zwischen = und y Delphini, »mithin noch wenigstens 7° lang«. Bei der Ableitung der scheinbaren Länge des Schweifes aus diesen indirekten Angaben von Schröter wurden die Positionen des Kopfes durchgehends der Ephemeride von N. Herz entnommen; die Längen sind schließlich nur auf ganze Grade abgerundet oder auf einfache Bruchteile eines Grades abgekürzt worden. Stellt man nun die so ermittelten Längen mit den von Schröter direkt angegebenen Längen zusammen, so ergibt sich eine recht stattliche Reihe, die nicht nur wegen ihrer Reichhaltigkeit, sondern auch wegen ihrer Einheitlichkeit besonders dazu geeignet ist, einen Überblick über die Länge des Schweifes während dieser zweiten Sichtbarkeitsperiode des Kometen zu bieten; und zwar zeigt sich, daß die Länge ohne nennenswerte Sprünge, also ziemlich kontinuierlich, bis zu gewissen Maximalwerten im 774 Dr. J. Holetschek, Oktober zugenommen und sodann im November ziemlich rasch abgenommen hat. Sehr beachtenswert ist es, daß diesen Angaben von Schröter auch die der meisten anderen Beobachter ziemlich gleichkommen; so insbesondere die von Piazzi und Cacciatore in Palermo (Della cometa del 1811, im Auszug in der Beobachtungssammlung von Triesnecker, p. 96, die Originalbeobachtungen in den Annalen der k. k. Sternwarte in Wien, 32. Teil oder Neuer Folge 12. Band), ferner die Angaben von der Sternwarte Seeberg und die von Olbers in Bremen (Mon. Korr., Bd. 24 und 25), ebenso auch die von Bode in Berlin (Astr. Jahrb. 1815, p. 167). Aus dieser recht auffälligen Übereinstimmung zwischen den von verschiedenen Beobachtern ange- gebenen Längen darf geschlossen werden, daß der Schweif, wenigstens bis zu der jeweilig angegebenen Länge, recht hell gewesen sein muß, da es nur in diesem Falle leicht erklärlich ist, daß Auffassungs- differenzen zwischen den Beobachtern und Verschiedenheiten zwischen den Luftverhältnissen sehr wenig Einfluß üben konnten. Schweiflängen, welche über die hier angedeuteten weit hinausgehen, sind so wenige zu finden, daß sie direkt als Ausnahmen bezeichnet werden dürfen. Die auffälligsten Längen sind die von W. Herschel, derfür den 6. Oktober 25° und für den 15. Oktober 231/,° angegeben hat (Phil. Trans. 1812 und Berl. Jahrb. 1816, p. 190). Sonderbarerweise ist der Schweif am 6. Oktober auch in Rom (Collegio Romano) auf 25° geschätzt worden (Opuscoli astronomici 1813, p. 5). Und das ist die größte für diesen Kometen angegebene scheinbare Länge. Übrigens war der Schweif doch nicht in seiner ganzen Länge gleich hell, sondern gegen das Ende wesentlich schwächer; das zeigt unter anderem eine Bemerkung aus Paris, nach welcher der Schweif am 9. Oktober bei 12° 14’ Abstand vom Kern noch sehr hell war und weiter noch Spuren bis 18° 25’ zeigte (Obs. Paris I, p. 125, und Conn. d. T. 1820, p. 417). Bezüglich der Breite des Schweifes sei hier nur erwähnt, daß diese Dimension nach Herschel am 12. Oktober an der breitesten Stelle 6°/,° betragen hat. Die wahre Länge ist wieder unter der Annahme gerechnet worden, daß der Schweif in der gerad- linigen Verlängerung des Radiusvektors gelegen war, obwohl dies, besonders gegen das Ende hin, gewiß nicht der Fall war. Die berechneten Werte sind, wie schon öfters bei längeren Reihen, nur für die größeren Längen angesetzt. ü Zu der nun folgenden Zusammenstellung sei noch bemerkt, daß die von Schröter am 4. und 14. Dezember angegebenen Längen sowie die von-der Sternwarte Seeberg am 15. September angegebene (Mon. Korr., Bd. 24, p. 311) nicht mit bloßen Augen, sondern im Kometensucher beobachtet worden sind. Unter den Beobachtern ist Schubert in Petersburg durch Schub. P. und Fritsch in Quedlinburg durch Fr. Q. bezeichnet. 0 Beobachter (oder | Yan ! Beobachtungsort) S 5 Sept. 3 1:04 (Seeberg) 32 _ 6 1:04 Schröter 6 —_ 7 1:04 » 12 0:95 8 1:04 » 12 0:91 f Herschel 9— 10° _ 9 1:04 \ (Palermo) 10° — 11 1:04 Schröter 12 0:80 12 1:04 » 12 0:77 f (Palermo) 13 — 14 1:04 i \ Schröter 13— 14° 0:85 15 1:04 (Seeberg) 9° — Größe und Helligkeit der Kometen. Beobachter (oder Noll Beobachtungsort) S S = f Bode >10° = Sept. 20 1:04 |« ke, \ Schröter 11 0-52 21 1:05 (Palermo) 16 0:86 23 1:05 Schröter 13 0:60 25 1:06 > 15 0:70 29 1:08 > >10 _ 30 1:08 | < g1/,° _ Okt. 1 1:09 > 10— 11 -- 2 1:09 = 122 = 3 1:10 2 15 0-60 1-11 Heıschel u. (Rom) 25 (I 1:30 f Bode 12° = 8 1°13 ER \ Schröter 16 0°62 , 3 1222 0:43 9 1-13 (Paris 18°4 076 10 1:14 (Palermo) 15= 056 f Olbers 13 — 11 Verl je Eh \ Schröter 13— 14° 0:49 f Schröter 16—17 _ 12 Tlogaln \ Herschel 17° 0°67 13 1:16 (Palermo) 13 re 14 T7, Schröter 151/,° 0-59 | (Seeberg) 15° = 15 TE Schröter 15— 16° 0:59 | Herschel 231/,°(!) 1:13 16 18318 Schröter 16° 0:62 f (Palermo) 12 _ 18 1:20 \ Schröter 16 0:63 19 1221 Schröter 15— 16° 0-61 22 1:23 > 183], 0-84 23 1:24 > 16° 0:67 24 125 > 161/,° 0-71 25 1-26 > 18° 0:83 28 1:29 > 15 0:67 29 1.30 » 13— 14° 0-59 30 Il Schub. P. Ds _ Nov. 4 1'36 (Palermo) 6 — (Palermo) 7 = 5 Na Bode 10 _ Herschel 121/,° 0-63 f (Rom) le = [7 oe) ||N \ Schröter 13 0:70 1:40 Schröter 15 0:89 141 > 14 0-82 10 1:42 > 14 0-85 12 1:44 > 111/5° 0:68 15 1:47 > >= (° = 776 Dr. J. Holetschek, | n Beobachter (oder b) Y Lolu 2 ; Beobachtungsort) 2 > Nov. 16 1:48 Schröter 59 = 19 11752 Herschel 6 _ 20 1:53 Schröter 81/,° 0:57 21 1:54 » 8—9° 0-59 24 oh » 4° — 25 1:59 . » 5—6° _ f (Palermo) 4° _ Dez. 1 1:65 \ \ Schröter 67° 0-57 f Bode Di _ 4 1:69 \ \ Schröter 56% — 5 1:70 Schröter wo 0-71 Lori » 9 1203 Schröter 4 —_ 9 1-75 2 Ölbers 5 — 10 1:76 Schröter 91/,° 1-24 14 1-81 » 3, - 2 —14 SD Herschel 5 _ 15 1.82 Schröter 6:6° 0:92 17 1:84 > Zul as - 18 1:85 » Ya 1:10 20 1:88 (Palermo) 2 _ 24 1-93 » 1 — 31 2-01 Schröter 4 0:83 Jänn. 3 2:04 » 4 0:93 s 2-10 Fr. Q. 3 0:78 Aus der Zeit der ersten Entwicklung und allmählichen Entfaltung des Schweifes haben wir keine Nachricht; dieses Stadium fiel jedenfalls in die Zeit, in welcher der Komet wegen seiner ersten Konjunktion mit der Sonne nicht beobachtet werden konnte. Als er sodann gegen Ende August und Anfang September 1811 wieder zum Vorschein kam, hatte sein Schweif schon eine beträchtliche Länge und Helligkeit. In die Zeit der zweiten Konjunktion mit der Sonne fiel die ernstliche Abnahme des Schweifes, die daher aus diesem Grunde nur sehr unvollständig beobachtet werden konnte. Die letzte Nachricht über das Vorhanden- sein des Schweifes findet man in der Bemerkung des Beobachters zu Havanna vom 10. Juli 1812, daß im Fernrohr ein der Sonne entgegengesetzter Schweif sichtbar war, aber kaum 10’ Länge zeigte. Nach dieser Angabe war am 10. Juli 1812 die wahre Länge des Schweifes S= 0069. 18111. Ein Komet mit einer ziemlich großen Periheldistanz (g = 1:58), der unter den in diesem Falle günstigsten Verhältnissen, nämlich zur Zeit der Sonnennähe bei gleichzeitiger Opposition mit der Sonne in die Erdnähe gekommen ist. Dieser Umstand ist in der Lage des Perihelpunktes (7, =51°9, b, =—21°8, l,—L,=& 180° = + 3°7, oder: 0,—=55°0, &, = — 2°8, ,—4A,+180°= + 9°3) aus der Kleinheit der Differenz zwischen den heliozentrischen Längen oder Rektaszensionen zu erkennen, während aus der ziemlich südlichen Position in Verbindung mit der bedeutenden Größe der Periheldistanz entnommen werden kann, daß der Komet zur Zeit seiner Erd- und Sonnennähe mehr für die südliche als für die nördliche Erdhemisphäre zu sehen war. Er wurde mit bloßen Augen nicht gesehen und zeigte von einem Schweif nur einen kurzen Änsatz. ® Größe und Helligkeit der Kometen. 7 u | Zur Berechnung einiger Distanzen und Positionen des Kometen wurde die parabolische Bahn von Nicolai (Mon. Korr., Bd. 27, p. 207) benutzt. 1811/12 0. | Elli ok B | A-L logr | logA |5logrä k Nov. 165 ou _ 2085) 59° 32'|—47°38'|-174°14'| 0201 | 9.874 | + 0°4 27°4 Dez. 16°5 [63:0 ee 6071| 25° 2 #155 49 0.220 | 9876 0°5 19°5 Jänn. 16:5 |64°2| +18:2| 65. 30 ı— 3 6 | 129 42 0-261 , 0-013 14 24:6 Febr. 16:5 |72:8| +30 | 75 5 I 7 56 |+107 51 0-312 | 0-182 | + 2°5 27.8 | | Am 30. November, 29. Dezember 1811, 28. Jänner 1812 war Vollmond. Da von Nicolai auch eine Ellipse berechnet-worden ist (Mon. Korr., Bd. 27, p. 215), sei der Voll- ständigkeit halber noch erwähnt, daß vor kurzem von A. Nekrassow eine neue elliptische Bahn abgeleitet worden ist, und zwar die folgende (Astr. Nachr., Bd. 182, p. 69): 71/81, Nov. 1107988 m. Z. Berlin, rg = 3142 27720, 2 = 937 2 440 31530 102 = 01I9EDAHN Te = 059801916: Der Komet ist von Pons in Marseille in der Nacht vom 16. zum 17. November 1811 entdeckt und gleich von der nächsten Nacht an zu Capellete bei Marseille, auf anderen Observatorien vom Dezember an beobachtet und auf den meisten bis in den Februar 1812 verfolgt worden. Was sein Aussehen betrifft, so findet man in der Mon. Korr. von Zach einer jedenBeobachtungs- reihe auch diesbezügliche Bemerkungen beigefügt. Man sieht aber diesen Notizen, wie auch schon einigen anderen bei früheren teleskopischen Kometen, das Bestreben an, den Kometen als recht unansehnlich hin- zustellen; vielleicht darum, damit das Verdienst von Pons, einen so kleinen Kometen entdeckt zu haben, und ebenso das, einen solchen Kometen in brauchbarer Weise zu beobachten, um so mehr hervortritt. Das Wichtigste über den Kometen erfährt man hier aus der Bemerkung zur ersten Beobachtungs- nacht (Mon. Korr., Bd. 24, p. 552): Er ist klein, sehr blaß und hat das Ansehen eines Milchfleckchens, zeigt aber in der Mitte einen Kern und man bemerkt an der von der Sonne abgekehrten Seite ein kleines Bärtchen. Er verträgt keine Beleuchtung. An einer späteren Stelle (a. a. ©., Bd. 25, p. 87) ist folgendes bemerkt. Wir haben dieses äußerst lichtschwache und kleine Gestirn (nach dem 21. November) wegen des heranrückenden Vollmondes nicht weiter beobachten können, da der zu helle Mondschein alle Spur des- selben gänzlich vertilgte. Doch haben wir es den 30. November (Vollmond!) wieder erblickt, aber nur erblickt; beobachtungsfähig war dieses Atom eines Kometen nicht usw. Wenn nun Zach in dem günstig gelegenen Marseille, das er zwei Seiten früher (p. 85) wegen seiner atmosphärischen Vorzüge das Quito von Europa nennt, den Kometen in solcher Weise als ein recht arın- seliges Objekt klassifiziert hat, muß es um so mehr erfreulich sein, wenn man liest, daß die Beobachter in Deutschland den Kometen (allerdings nicht bei hellem Mondschein) recht gut beobachten konnten. So schreibt Lindenau zu den Seeberger Beobachtungen vom 8. und 9. Dezember (Mon. Korr., Bd. 24, p. 595): Der Komet ist sehr lichtschwach, zeigt aber mehr Kern als der erste dieses Jahres (18111). Ähnlich schreibt Olbers zu seiner ersten, vom 9. Dezember bis 6. Jänner reichenden Beobachtungsreihe (Mon. Korr., Bd. 25, p. 99): Er würde viel schärfer zu beobachten sein als der große, wenn die Witterung nur heiter wäre. Nach Bessel, der den Kometen auf die am 19. Dezember erhaltene Anzeige während einer geringen Aufheiterung sogleich gefunden hat, war er klein, aber ziemlich hell und begrenzt, ohne merk- lichen Schweif; im Kometensucher gut sichtbar, aber mit bloßen Augen nicht zu sehen (Mon. Korr., Bd. 95, p. 289/90). Gauß bemerkt in einem Schreiben vom 9. Jänner 1812 (a.a.O., p. 94): Der Komet ist noch ziemlich hell und wird hoffentlich noch geraume Zeit zu beobachten sein. Daß der Komet an sich recht ansehnlich gewesen sein dürfte, dagegen bei einer Erhellung des Seh- feldes bedeutend geschwächt erschienen sein mag, kann auch daraus ersehen werden, daß er von Burckhardt zu Paris (vermutlich auf der Sternwarte der Ecole militaire) am 14., 22. und 25. Dezember Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl, LXXXVIM. Dad. 103 es] 0,0) Dry. J. Holetschek, im Meridian beobachtet wurde (Mon. Korr., Bd. 25, p. 99), ohne daß etwas über schwieriges Sehen bemerkt ist, während er anderseits auf der Pariser Sternwarte bei den Beobachtungen mit der parallakti- schen Maschine am 5., 6. und 14. Dezember nur mit Mühe zu sehen war (Conn. d. T. 1820, p. 417 und Obs. Paris I, p. 127). In Mailand wurde der Komet erst vom 3. Jänner an beobachtet, zeigte sich aber auch zu dieser Zeit nahe so, wie er von den meisten anderen Beobachtern schon früher beschrieben worden war: Er konnte mit bloßen Augen nicht gesehen und nur schwer mit einem guten achromatischen Fernrohr von 5 Fuß beobachtet werden; er hatte das Ansehen eines kleinen Sternnebels, in dessen Mitte ein hellerer Punkt wahrzunehmen war (Effem. Mil. 1814, p. 31). Wie wenig man die Klagen des Beobachters zu Capellete über die Unansehnlichkeit dieses Gestirnes ernstnehmen darf, hat er selbst dadurch gezeigt, daß er den Kometen auch im Jänner bis zum 20. und zwar an dem letzteren Tage trotz des hellen Mondscheins (nahe am ersten Viertel) gut beobachten konnte (Mon. Korr. Bd. 25, p. 193), ja auch noch im Februar bis zum 9. verfolgen und darauf noch einige Tage vermuten konnte (a. a.O.p. 191); erst in dieser Zeit war der Komet tatsächlich so lichtschwach geworden,daß die Be- obachtungen auch auf allen anderen Observatorien (Göttingen, Mailand, Bremen) aufgegeben werden mußten. Es erscheint demnach, wenn man für diese letztere Zeit eine sehr geringe Helligkeit, etwa 9”5 wählt, gar nicht ungerechtfertigt, für die erstere, das heißt für die Zeit von der Entdeckung bis etwa Mitte Dezember, eine viel bedeutendere Helligkeit, etwa 6 bis 7" anzunehmen. Als reduzierte Helligkeit würde sich demnach aus der ersten Zeit der Erscheinung etwa 6"1, aus der letzten etwa 7"O ergeben, so daß man als Resultat annehmen kann: 4, = 61), & 1/,”. In der Mon. Korr. (Bd. 25, p. 90) ist darauf hingewiesen, daß die Lichtstärke des Kometen nach den Beobachtungen zu la Capellete in den ersten Zeiten zugenommen hat, während nach der Rechnung das Gegenteil zu vermuten war; eine photometrische Täuschung, die mit Recht darauf zurückgeführt wurde, daß der Komet anfangs wegen seines südlichen Standes nur sehr tief am Horizont, später dagegen in größeren Höhen beobachtet werden konnte, und daß daher bei zunehmender Höhe seine scheinbare Hellig- keit in größerem Verhältnis zunehmen konnte, als seine wirkliche Lichtstärke abnahm. W. Herschel hat diesen Kometen in der Zeit vom 1. bis 20. Jänner 1812 an mehreren Tagen mit verschiedenen Teleskopen beobachtet und insbesondere mit dem zu dieser Zeit schon recht klein gewordenen Kometen 18111 verglichen (Phil. Trans. 1812, im Auszuge im Berl. Jahrb. 1816, p. 203, die wichtigsten Beobachtungsdaten daraus auch in Cooper’s Cometic Orbits). Dabei hat sich als besonderer Unterschied das folgende gezeigt. Während der Komet 18111 hauptsächlich als eine gegen die Mitte stufenweise hellere Nebulosität von großer Ausdehnung erschien und von einem hellen, sphärischen Nebelfleck bloß durch seinen Schweif, der am 2. Jänner noch eine Länge von 2° 20’ hatte, zu unterscheiden war, bestand der Komet 1811 II hauptsächlich nur aus einem von einer schwachen Nebelhülle umgebenen, ziemlich gut begrenzten Kern, dessen Durchmesser auf 5” geschätzt werden konnte; ein an der, der Sonne entgegengesetzten Seite sichtbares schwaches Licht bildete den Schweif, dessen Länge am 18. Jänner auf 9° 40” geschätzt wurde. Aus dieser Angabe folgt als wahre Länge des Schweifes S = 0007. Der Umstand, daß der Komet bezüglich seines Aussehens von W. Herschel mit dem großen Kometen 18111, der zu jener Zeit schon bedeutend abgenommen hatte, verglichen worden ist, hat augen- scheinlich dazu Veranlassung gegeben, daß er in dem bekannten Kometenbuch von J. R. Hind als »ein anderer schöner, wiewohl bedeutend schwächerer Komet« bezeichnet ist; eine Bemerkung, die in ihrem ersten Teil eine irrige Auffassung zuläßt und zur Folge gehabt hat, daß der Komet in einigen Verzeich- nissen so hingestellt ist, als ob er, ähnlich wie sein großer Vorläufer, wiewohl teleskopisch entdeckt, später auch dem bloßen Auge auffallend geworden wäre. Das ist aber unrichtig; soweit hat es dieser Komet nicht gebracht. Er ist vielmehr, wie die obige Zusammenstellung der Beobachtungsnotizen zeigt, immer nur teleskopisch geblieben. So haben also die Beschreibungen dieses Kometen zu zwei ganz 'entgegengesetzten Vorstellungen von ihm Veranlassung gegeben. Einerseits ist er, weil er bei den Posilionsbestimmungen die Beleuchtung Größe und Helligkeit der Kometen. 779 nicht vertrug und bei Mondschein sehr schwer oder gar nicht zu beobachten war, als recht unansehnlich hingestellt worden, anderseits ist der Umstand, daß er bezüglich seines physischen Aufbaues mit einem außerordentlich großen Kometen verglichen. worden ist, so gedeutet worden, als ob er diesem auch Mächtigkeit Diese Behauptungen lassen sich aber mit einander völlig in Einklang bringen, wenn man auf die hinderlichen bezüglich seiner fast gleichwertig gewesen wäre. weit auseinander gehenden beziehungsweise förderlichen Beobachtungsumstände achtet, und wir gelangen auf Grund sämtlicher Notizen zu der Folgerung, daß der Komet, wie so viele andere, ein zwar teleskopischer, aber unter diesen einer der ansehnlichsten gewesen ist. 18122 Die eingehende Untersuchung dieses periodischen Kometen (Pons-Brooks) anderen Abhandlung mitgeteilt werden; hier sollen nur die Maximalwerte von 4, und S, welche aus den zwei bisher beobachteten Erscheinungen abgeleitet werden konnten, samt D, einen Platz finden. wird in einer | 3] | Erscheinung q | D, H, | S I | 1812 0:777 le 4m4 | 0-09 1884 I 0776 4—9' | 4:4 | 0-11 18131. Dieser Komet ist trotz ziemlich bedeutender Annäherung an die Sonne (g = 0:70) schweiflos geblieben und trotz bedeutender Annäherung an die Erde (A = 0:3) für das bloße Auge unsichtbar gewesen. Vor der Untersuchung selbst muß hier noch vorangeschickt werden, daß in den Bahnbestimmungen von Werner und von Nicollet irrtümlich % statt Q angesetzt ist, eine Verwechslung, die von mir in Astr. Nachr. Nr. 4205 (das ist Bd. 176) angezeigt wurde, aber inzwischen auch schon von H. A. Peck bei seinen Rechnungen über die Bahn dieses Kometen erkannt worden war. Da zu der folgenden Rechnung das zweite Elementensystem von Werner (Mon. Korr., Bd. 27, p. 570) benutzt worden ist, soll dasselbe in der nunmehr richtig gestellten Form angesetzt und der Vollständigkeit halber auch gleich das Resultat der Bahnberechnung von Peck (Astr. Journal Nr. 601, das ist Vol. 26) beigefügt werden. Nee Marz ed N 17057 33128.7 = 2405 33,342 91582 3001 März 4:52846, 17100730323, 240 35 36, 158 51 2873, log q = 9844 5998 (Werner). 9:844 672 (Peck). Lage des Perihelpunktes nach diesen letzten Elementen: INNE 2 N 11.3.922,, 1, 1, =221602 = 9422197, odeson 072 620, = 25,12, 0, A, 1807 — 987 15% Gerechnet wurde für den ersten und letzten Beobachtungstag überhaupt und außerdem noch für den ersten Pariser Beobachtungstag. Eine vollständige Ephemeride mit log r und log A ist in der zitierten Bahnbestimmung von Peck gegeben, doch war mir diese zur Zeit der Untersuchung dieses Kometen noch nicht bekannt. 1813 [7 D) h B \—L logr logA |5logrA k Febr. 5-3 |340° -+ 45°| 5° 37'|+48°13'|+48°56'| 9948 9588 —2'4 9229 18:3 11 19 | 17 21 |+13 24 47 32 9:879 9:893 —1'1l 80:0 März 11'3 16 + 6/16 49 |— 1 9 +25 57 9:853 0164 +01 376 =] & (>) Dr. J. Holetschek, Der Komet wurde von Pons in Marseille am 4. Februar entdeckt; beobachtet nur zu La Capellete bei Marseille und in Paris. Nach einer Bemerkung von Zach vom 8. Februar (Mon. Korr., Bd. 27, p. 194) war er sehr klein, ohne Schweif, Haar und Baıt; er zeigte sich wie ein konfuser Nebelfleck und vertrug keine Beleuchtung. In einer späteren Mitteilung (a. a. O., p. 285/86) ist bemerkt, daß am 8. 12. und 28. Februar vom Kometen kleine Sterne 8. bis 9. Größe bedeckt wurden, welche dabei ungeschwächt durch den Nebel desselben durchschimmerten. Zu Ende des Februar war der Komet schon sehr klein und schwach und überdies wurde seine Sichtbarkeit durch den Schimmer des sehr hell scheinenden Zodiakallichtes vermindert; er konnte aber trotzdem (dank dem Klima von Marseille!) bis zum 11. März verfolgt werden (a. a. ©. p. 568). Außer diesen Notizen, die zum Teil auch in das Berl. Astr. Jahrb. (1816, p. 230) aufgenommen sind, ist über den Kometen nichts zu finden, als die Bemerkung zu den Pariser Beobachtungen (Obs. Paris ], p. 131, und Conn. d. T. 1820, p. 419), daß er für das bloße Auge unsichtbar und schwer zu beobachten war. Nach diesen Angaben können für die Helligkeit des Kometen zwei Grenzwerte ermittelt werden. Einerseits darf als größte Helligkeit kaum mehr als 6” bis 61/,"” angenommen werden, und da dieser Wert naturgemäß auf die Zeit der größten theoretischen Helligkeit zu verlegen ist, kann die reduzierte Helligkeit kaum bedeutender als 8"5 sein. Anderseits kann die Endhelligkeit im März in Anbetracht der schon wenig günstigen Sichtbarkeits- verhältnisse, zu denen auch die geringe Elongation von der Sonne und die damit verbundene geringe Höhe des Kometen am Abendhimmel beigetragen hat, noch nicht besonders klein gewesen sein und anscheinend nicht geringer als 9 bis 10”, so daß also die reduzierte Helligkeit kaum geringer als etwa 9”5 wäre. Sie liegt demnach mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen 81/,” und 91/,”. 18131. Ein Komet mit einer ziemlich großen Periheldistanz (g = 1'215), der es nur zu einer geringen Schweifentwicklung gebracht hat, aber für die Erde unter günstigen Verhältnissen erschienen ist, indem er kurze Zeit vor dem Perihel in Opposition mit der Sonne und in die Erdnähe kam und zu dieser Zeit mit bloßen Augen zu sehen war. In der Lage des Perihelpunktes (l, = 218°5, db, = —24°7, l,—L, + 180° = —-20°0 oder a, — 206%, = 37%, m,-4A, + 180° = —29°9) ist der Umstand, daß die Erdnähe nicht weit von der Sonnennähe eingetreten ist, aus der verhältnismäßig geringen Größe der Differenz zwischen den heliozentrischen Längen oder Rektaszensionen zu erkennen; außerdem deutet die stark südliche Lage des Perihelpunktes in Verbindung mit der ziemlich bedeutenden Größe der Periheldistanz an, daß die günstigste Partie der Erscheinung hauptsächlich der südlichen Erdhemisphäre zugefallen ist. In der Tat konnte der Komet in Europa nur während seiner geringeren Helligkeit, nämlich im April, dagegen während der größeren, nämlich in der ersten Hälfte des Mai, nur in südlicheren Ländern beobachtet werden. Die zur Untersuchung des Kometen nötigen Reduktionsgrößen könnten zwar mit hinreichender Genauigkeit aus der kleinen Tabelle entnommen werden, welche Olbers für den Lauf des Kometen gerechnet hat (Berl. Jahrb. 1817, p. 100), sind aber doch so wie bei den meisten anderen Kometen direkt gerechnet worden, und zwar nach der Bahn von Gerling (Mon. Korr. Bd., 28, p. 502): T— 1813, Mai 19-42394, n— 9, = 204° 57! 8", = 42° 40! 15”, d— 98° 57'481, log q = 0.084921. Damit wurden außer dem Entdeckungs- und dem letzten Beobachtungstag noch vier andere Beobachtungstage in Rechnung gezogen; die dazwischen noch eingefügten Distanzen r und A sind der erwähnten Tabelle von Olbers entnommen. Größe und Helligkeit der Kometen. 7 s1 | | 1813 [7 D) ) ß IE logr logA |5logrA k April 2.6 [2232| + 8el273° 11'\ 431039" 99°46'| 0-150 | 9:937 | +0-4 | 44°5 3:7 [272 re = - 0-148 | 921 | +03 | - O5 || — = = 0:135. | 9-828 | ua = 14.6 [267 | — 1266 >22 | 2247 is 2ı | 0.124 | 9790| 0:7 | 42:7 21:5 | 257 ER Fr VER rg — 0-111 | 9:570 | 1-6 = 246 |248 22 249 57 +0 8 |-144 31 | 0-106 | 9-497 2-0 | 27-3 | 29-6 | 223 40 232 37 |-22 37 166 42 | 0-098 | 9-228| 2:4 | 20:7 30:5 [219 Ze nl 0:097 | 9499| 2-4 Mai 2-5 [200 48 — = — 0-095 9-443 2-3 = 6°6 | 169 49 196 3| 48 7 |+149 57 | 0-091 | 9-502 | 1:9 | 42-0 17:6. [185 | — 40 I155 56 |-53 31 + 99 14 | 0-085 | 9-767 | 0-7 | 55-9 | | | | Vollmond: 15. April und 15. Mai. Auch dieser Komet wurde von Pons zu Marseille entdeckt, und zwar am 2. April; am nächsten Tag auch von Harding zu Göttingen. Nach der Angabe des letzteren (Mon. Korr., Bd. 27, p. 387, auch im Berl. Jahrb. 1816, p. 231) erschien er klein, ohne Schweif, aber mit einem ziemlich hellen Kern und runder Nebelhülle. Nach einer Bemerkung des Beobachters zu Seeberg (Mon. Korr. a. a. OÖ.) war er am 7. und 8. April noch nicht mit bloßen Augen sichtbar. Dagegen ist in der ersten Mitteilung aus Capellete bei Marseille (a. a. ©. p. 390) bemerkt, daß ihn schon damals ein scharfes Gesicht auch mit bloßen Augen wahrnehmen konnte; »im Fernrohr buschig, der Kern etwas gedrängter als sein Milchbart«. Die zwei verschiedenen Angaben über den Grad der Sichtbarkeit in den ersten Tagen lassen sich leicht durch die Annahme vereinigen, daß der Komet in dieser Zeit bis zum Merklichwerden des Mond- lichtes (Vollmond am 15. April) nicht weit von der 6. Größe gewesen ist; demnach würde sich für das erste Drittel des April auch als reduzierte Helligkeit ungefähr 6"0 ergeben. Daß der Komet zu dieser Zeit schon recht ansehnlich gewesen sein muß, geht auch daraus hervor, daß er bald nach der Entdeckung im Meridian beobachtet wurde, so zu Paris vom 13. bis 22. April an o Tagen (Berl. Jahrb. 1817, p. 99; Mon. Korr., Bd. 28, p. 100 und 503; Conn. d. T. 1820, p. 419; Obs. Paris I., p. 85) und zu Göttingen am 21. April (Mon. Korr., Bd. 27, p. 388). Diese Beobachtungen wurden besonders dadurch ermöglicht, daß der Komet, wie die meisten Beobachter hervorheben, einen ziemlich hellen, fixsternähnlichen Kern oder mindestens eine kernähnliche Verdichtung hatte. Gegen Ende April hatte der Komet, wie in der Mon. Korr. (Bd. 27, p. 490) bemerkt ist, an Größe, Licht und Schweif so ansehnlich zugenommen, daß er auch dem unbewaffneten Auge auffallend sichtbar erschien. In der Tat war er zufolge einer Bemerkung von Gauss in Göttingen (Mon. Korr. Bd. 28, p. 502) am 24. und 25. April (als er schon bis 6= — 22° beziehungsweise —25° nach Süden gerückt war) auch mit bloßen Augen sichtbar. Auch nach den Bemerkungen von Olbers (Berl. Jahrb. 1817, p. 98) war er an diesen zwei Tagen sehr gut mit bloßen Augen zu sehen, und zwar erschien er (wie a.a.O. p. 100 bemerkt ist) am 24. ungeachtet seines niedrigen Standes schon so hell wie ein Stern 3. Größe. Aus dieser Angabe folgt als reduzierte Helligkeit A, = 5"0. Von einem Schweife konnte Olbers keine zuverlässige Spur bemerken. Zu den in Paris mit der parallaktischen Maschine gemachten Beobachtungen (Obs. Paris I., p. 132), die mit dem 28. April schließen, ist am Ende bemerkt, daß der Komet mit bloßen Augen sichtbar war, rund und ohne Schweif erschien. In der Conn. d. T. 1820, wo diese Beobachtungen zugleich mit den schon erwähnten Meridianbeobachtungen mitgeteilt sind, ist (p. 420) gesagt, daß Personen, welche imstande waren, Sterne der 4. Größe (!) zu unterscheiden, den Kometen mit bloßen Augen wahrnehmen konnten. Diese Helligkeitsangabe ist zwar so abgefaßt, als ob die erwähnten Personen ziemlich kurzsichtig gewesen wären, könnte aber trotzdem direkt verwendet werden, wenn noch gesagt wäre, für welchen Tag 782 Dr. J. Holetschier, diese Angabe gilt. Wahrscheinlich war sie aber nur ein Mittelwert aus einigen flüchtigen Schätzungen in der zweiten Partie der Pariser Beobachtungen, das heißt aus der Zeit nach dem April-Vollmond bis zum vorletzten oder letzten Beobachtungstag; und wenn das der Fall ist, so würde diese Angabe zu einer reduzierten Helligkeit führen, die näher an 6” als an 5” liegt. Jedenfalls verdient aber der aus der Angabe von Olbers abgeleitete Wert von H, ein größeres Gewicht und ich meine, daß man sich von diesem nicht weiter als bis etwa 5”3 entfernen sollte. Der Komet rückte nun, während er an der Erde in einem Abstand von nur A = 0:27 vorüberging, beträchtlich nach Süden und wurde in dieser Zeit von J. J. Ferrer zu Havanna auf Cuba an acht Tagen beobachtet, nämlich zunächst vom 29. April bis 6. Mai mit einziger Ausnahme des 4. Mai an jedem Tag und sodann noch am 17. Mai (Mem. Astr. Society, Vol. 3). Gemessen wurden die Distanzen des Kometen von 0. Hydrae und a. Virginis; am 17. Mai statt des letzteren Sternes die von ß Leonis. Welche Helligkeit der Komet in dieser Zeit gehabt hat, ist nicht angegeben; daß sie aber, wenigstens am Anfang, eine sehr bedeutende war (wohl mindestens 2. Größe), ist daraus zu entnehmen, daß der Komet bei der Beobachtung am 29. April nahe am Horizont und noch tiefer als « Hydrae stand, dessen Höhe bloß 101/,° war. Daß die Helligkeit am 17. Mai, wenigstens der Rechnung zufolge, schon wieder um beinahe 2 Größenklassen abgenommen hatte, macht es erklärlich, daß die Beobachtungen auf Cuba nicht mehr weiter fortgesetzt wurden. Es konnten also vier Helligkeitswerte zusammengebracht werden; zwei aus direkten Angaben und zwei durch Annahmen: m De Te rn gg SEITE ET Se I er re rer EEE SET ER Ser ToSJEET OSTEN Pe VIE ER ZUERST nee PETERS EZE EEE 1813 | v | H 5logrA H, April 3—6 () 14 oe? 0:0 6m April 24 1'3 3 —2'0 50 24 — 1'3 4 20 6:0 29? 112; 2? —2'4 4:4 Das Mittel aus den Zahlen H, wäre 5"3 oder 5"4, doch ist dasselbe nichts als ein Rechnungsresultat. Als Maximum kann der aus der Angabe von Olbers abgeleitete Wert 4, = 5"0 gewählt werden, welchem übrigens auch das Mittel aus den zwei letzten Zahlen recht nahe kommt. Der Beobachter in Havanna versuchte es einige Male, mit einem 41/,füßigen Achromaten auch den Kern des Kometen zu sehen; es war aber nichts zu bemerken, als daß in der Mitte der Nebulosität dann und wann ein lichter Punkt aufblitzte, dessen Durchmesser nach der Folgerung des Beobachters kleiner als 1” gewesen ist. Der Komet war zu dieser Zeit (29. April) sehr nahe an der Opposition und sein Schweif kaum 8 lang; eine Angabe, die auf S = 00018 führt. Diese Schweiflänge ist wegen ihrer Kleinheit etwas befremdend, besonders weil nach der Bemerkung aus Marseille, daß der Komet gegen Ende April an Größe und Schweif ansehnlich zugenommen hatte, eine viel größere zu erwarten wäre; man wird daher annehmen dürfen, daß sie nur als eine untere Grenze anzusehen ist. 1815 (Olbers). Dieser periodische Komet ist wie der von 1812 bereits vollständig untersucht, wobei sich aus den bisher beobachteten Erscheinungen die folgenden Zahlenwerte ergeben haben: 1815 1:213 6'? | 4m6 0:04 1837 V 1'199 3 | 5m3—4m8 0:02 Größe und Helligkeit der Kometen. 783 1816. Von diesem Kometen ist außer der im Briefwechsel zwischen Olbers und Bessel (2. Bd., p. 32 und 434) enthaltenen, von Burckhardt berechneten Bahn nichts überliefert als eine Pariser Beobachtung vom 1. Februar (Obs. astr. Paris I., p. 138), wo das Gestirn als ein von Pons in Marseille am 22. Jänner ent- deckter Komet bezeichnet ist. Die Bahn ist die folgende: 1816, März 173521, EN = 804° 20'377, 2 = 323° 14564, di = 43250726" jooeg = 8:68577. e) , 2” \ be) 6 Danach war dies ein Komet mit einer sehr kleinen Periheldistanz, der vor dem Perihel in die Rrd- nähe gekommen ist. Aus der Position des Perihelpunktes (}, = 276°, , =--34°, \—L, = 180° = + 115° oder 0, = = 280%, W=-58°, %-4, = 180° — + 117), und zwar aus der ziemlich stark südlichen Lage des- selben in Verbindung mit der Kleinheit der Periheldistanz (7 = 0:049) ist auch zu entnehmen, daß der Komet fast nur für die nördliche Erdhemisphäre zu beobachten war. \ Die Rechnung wurde nur für die zwei genannten Tage gemacht und als Beobachtungszeit am Entdeckungstag die Pariser Beobachtungsstunde vom 1. Februar angenommen. 1816 Can ö N | | N log A | 5logrA | k Jänn. 22-33 |241°0| -+8529| 95° 53'|+70° 4'|+154°7'| 0-086 | Febr. 133 1339-7) —+59°5) 20 57 I|+59: 23 |-+ 69 1 9-997 i | Der Komet war, wie es in dem zweiten der zitierten Briefe von Olbers heißt, sehr klein und schwach und wurde außer zu Paris auch einige Male vom Entdecker, aber wie gewöhnlich ziemlich schlecht beobachtet; bei der Pariser Beobachtung, die mit der parallaktischen Maschine gemacht wurde, ist er als außerordentlich schwach bezeichnet. Trotzdem dürfte er in Anbetracht der damaligen Verhältnisse und Beschreibungen, wenn auch nicht heller als 6., so doch anderseits kaum schwächer als 7. Größe gewesen sein, und das gilt sowohl von der Zeit der Entdeckung als auch von der letzten Beobachtung. Es erscheint danach nicht unzulässig, wenn man für den ersten Tag die 7., für den letzten die 6. Größe annimmt, wodurch sich als reduzierte Helligkeit H, ungefähr 8"O ergibt, mit einer Unsicherheit von etwa & 1”. Durch das Mondlicht kann die Sichtbarkeit des Kometen nicht gestört worden sein, da am 29. Jänner Neumond war. 18131. Auch dieser Komet war nur wenig ansehnlich und ist ziemlich mangelhaft, und zwar ausschließlich von Pons beobachtet worden. Diese Beobachtungen samt einer kurzen Beschreibung des Kometen hat Zach in der »Zeitschrift für Astronomie« (5. Bd., p. 150/1) bekannt gemacht. Danach ist der Komet von Pons am 23. Februar abends entdeckt und sodann noch am 24., 26. und 27. Februar bezüglich seiner Positionen angenähert beobachtet worden. Er war, wie der Entdecker und Beobachter schreibt, beinahe ebenso klein wie der vorige (das ist der am 26. Dezember 1817 entdeckte Komet 1818II); man sah ihn nicht mit bloßen Augen, er vertrug keine Beleuchtung, hatte weder Schweif noch Bart, seine Mitte war etwas heller, der Nebel wenig ausgedehnt. Zach hat in der zitierten Mitteilung aus den Angaben von Pons verwendbare Positionen des Kometen abzuleiten gesucht, die von da ins Berliner Astr. Jahrb. (1821, p. 166) hinübergenommen worden sind. Später wurden diese Angaben von Hind neuerdings reduziert und nunmehr auch zur Berechnung einer Bahn benutzt. ‘Die erste wurde von Pogson abgeleitet, eine zweite von Hind selbst (Monthly 784 Dr. I. Hioletscherk, Notices, Vol. 10, p. 135, und Vol. 33, p. 90), doch zeigt ihre Gegenüberstellung, daß sie einander nur entfernt ähnlich sind. == al, Bee ZN Eee al DER = 2X 03 [ei POLEN) Bebr. 3:2245, 180 17 8 34 11 9:84255 (Hind). Da für die vorliegende Untersuchung hauptsächlich die Distanzen von Wichtigkeit sind, wurden dieselben nach jeder der beiden Bahnen berechnet und zwar, was hier völlig hinreichend ist, nur für den ersten und den letzten Beobachtungstag. Nach der Bahn von Pogson: | | | 1818 | a | ö EN B | AL logr log A | 5logrA | k | | | 3 2 | | Febr. 23-3 | 31°| 15° | 23° 14"\_26° 71 +48ea6'| 9-902 | 9:724 | —1-9 | 94°2 27:3| ss | -ıs |29 A|-31 27 |+50 25 | 9.921 | 9.697 | 1-9 | 92-8 Nach der Bahn von Hind: | Rebr. 23.301 312) 15° 23° 16 26211 -Fa8easl) 990771 93852 —iE 811 27:3 | 38 — 18 29 91-31 29 +50 30 9-929 | 9849 I tell 78:5 | | | j | | I w Die Helligkeit des Kometen dürfte, wenngleich schwächer als 6"0, doch anderseits kaum schwächer als etwa 7!/,” gewesen sein. Unter dieser Annahme ergibt sich, wenn man auf beide Bahnbestimmungen Rücksicht nimmt, daß die reduzierte Helligkeit 7, durch 7!/,” und 91/,” begrenzt zu sein scheint und gewiß nicht weit außerhalb dieser Strecke liegt. Das Mondlicht kann den Beobachtungen nicht hinderlich gewesen sein, da sie am Abend angestellt wurden und der Mond täglich später aufging, indem am 21. Februar Vollmond und am 28. das letzte Viertel war. Es bietet sich hier Gelegenheit dar, eine im I. Teil dieser »Untersuchungen« p. 86 enthaltene ungenaue Folgerung zu verbessern. Da man nämlich Versuche gemacht hat, die Kometen 18181 und 1873 VI, ebenso auch 1457 J und 1873 VII mit einander zu identifizieren, habe ich beim Kometen 1457 1 auch für den Kometen 1873 VII einen Helligkeitswert zu ermitteln gesucht. Der dort abgeleitete ist aber viel zu gering, weil, was ich erst später bemerkt habe, der Komet 1873 VII von Winnecke am 16. No- vember jenes Jahres in kaum 4° Höhe beobachtet worden ist (Astr. Nachr., Bd. 91, p. 249) und daher viel heller gewesen sein muß (vielleicht um zwei Größenklassen oder noch mehr), als ich früher bei Nicht- beachtung dieses Umstandes angenommen hatte. Man ist daher berechtigt, für den Kometen 1873 VII statt der früher angenommenen 10. oder 11. Größe nicht viel weniger als die 8. Größe zu wählen und für die reduzierte Helligkeit statt 14” etwa 11"5 anzusetzen. 18131. Ein lichtschwacher Komet, der sich der Sonne nur wenig genähert hat (7 =1:20) und schweiflos geblieben ist. In der Position des Perihelpunktes (l, = 249°8, b, = + 67°7, 1,—L, + 180° = + 92°5 oder 9, = 259°3, 8, = + 45°0, ,— A, + 180° = + 100°3) läßt die stark nördliche Lage desselben (b, oder ö,) in Verbindung mit der Größe der Periheldistanz g erkennen, daß der Komet zur Zeit des Perihels mehr für die nördliche als für die südliche Hemisphäre der Erde zu sehen war. Infolge seiner eigenartigen Bahn- lage ist er erst im dritten Monat nach dem Perihel in eine bedeutendere Erdnähe gekommen, war aber zu dieser Zeit schon so lichtschwach geworden, daß die Beobachtungen nicht weiter fortgesetzt werden konnten. Größe und Helligkeit der Kometen. 788 Bahn von Encke (Zeitschr. f. Astr., Bd. 5, p. 254, und Berl. Astr. Jahrb. 1821, p. 162): r=.1818, Fobe BER ae mei rer arte nr log q = 0.078371. Da Encke für eine lange Reihe von Tagen (14) die Distanzen r undÄA samt den theoretischen Helligkeiten berechnet hat (Astr. Jahrb. 1821, p. 164), sind hier zur direkten Rechnung nur wenige Tage ausgewählt worden, und zwar außer dem ersten Entdeckungs- und dem letzten Beobachtungstag sowie dem Zeitpunkt des Periheldurchganges nur noch vier Tage in der Weise, daß zwei davon solche sind, an denen zu Marseille Bemerkungen über den Kometen gemacht worden sind, und die zwei anderen um so viele Tage nach dem Perihel liegen, wie jene vor demselben. 1817/18 2 ö x B JE logr logA |5logrA| % Dez. 26-25 | 297°) +55° |331° 21'|4+72°31'|+ 56°39'| 0-184 0'123 | +16 3924 Jänn. 18:33 | 300 40 1318 3 58 47 |+ 19 49 Om OBLAST | 1°5 39.9 Febr. 13:33 | 302 30 |314 29 48 47 |- 10 6 0-084 0203 | l 38°3 25965] 303 26 1313 b) | 45 0 24 13 0:078 0195 | 1.247392 2 März 10:60 | 302 223110220 41 28 38 37 0:084 | 0173 1143 41'6 April 5:60 [299 +13 [304 40 33 25 Tl 0°:127 0080 1:0 460 . Mai 1:50 1287 — 3 |287 45 |+19 8 |-113 12 0191 9937 +0'6 371 Am 22. Jänner, 21. Februar, 22. März und 21. April war Vollmond. Der Komet wurde’von Pons in Marseille am 26. Dezember 1817 abends als ein schwacher Nebel- fleck »zwischen dem Cepheus und dem linken Flügel des Schwanes« entdeckt, konnte aber erst am 29. wiedergefunden werden, woraufer zunächst an diesem Tage und sodann wieder am 7. und 10. Jänner 1818 angenähert beobachtet wurde (Zeitschr. f. Astr. Bd. 4., p. 483 bis 486, zum Teil auch im Astr. Jahrb. 1821, p. 158). Der Entdecker hat auch einige Bemerkungen über die geringe Ansehnlichkeit des Gestirnes gemacht (»keinen Bart, keinen Schweif, keinen Kern«) und insbesondere hervorgehoben, dies sei der schwächste von allen seinen bis dahin entdeckten Kometen. Weitere angenäherte Beobachtungen von Pons, bis zum 24. Februar 1818 reichend, sind im 5. Band der »Zeitschrift für Astronomie«, p. 148 bis 150, mitgeteilt. Genauer als von Pons ist der Komet in Marseille von Blanpain beobachtet worden, und zwar vom 4. Jänner bis 13. Februar (Conn. d. T. 1821, p. 338). Nach diesem Beobachter war er in den ersten Tagen sehr klein, unförmlich, ohne Kern, ohne Schweif, sehr lichtschwach und infolgedessen unsichtbar für das bloße Auge. Am 18. Jänner hatte er merklich zugenommen sowohl an scheinbarer Größe als auch an Helligkeit; er war ohne Spur eines Schweifes, zeigte aber den Beginn eines Kernes. Am 13. Februar war der Kern ziemlich gut ausgeprägt, wenngleich schlecht begrenzt, aber noch immer ohne Anzeichen eines Schweifes. Nach Pons war jedoch der Komet am 6. Februar »un peu chevelu« erschienen. Das von Blanpain hervorgehobene und auch von Pons angedeutete Sichtbarwerden eines Kernes darf wohl auf das allerdings nicht sehr beträchtliche, aber immer nicht unwesentliche Näherrücken des Kometen zur Sonne (7 am 26. Februar) zurückgeführt werden. Die Angabe in Carl’s Repertorium, daß die Beobachtungen aus Marseille bis zum 9. April 1818 reichen, ist unrichtig und wahrscheinlich durch eine nur flüchtige Betrachtung der Mitteilungen in der » Zeitschrift für Astronomie« (Bd. 5, p. 185 und 186) veranlaßt worden, wo auf der ersten der hier zitierten zwei Seiten »frühere Beobachtungen in Marseille« und auf der zweiten »neuere Beobachtungen« angeführt sind; diese letzteren sind aber nicht mehr aus Marseille, sondern aus Bremen und Seeberg. Zu Marseille selbst ist der Komet nur bis 24. Februar beobachtet worden. Nachdem er während des Zeitraumes der Marseiller Beobachtungen von &= + 55° bis + 27° heruntergerückt war, wurde er in den folgenden zwei Monaten auf anderen, mehr nördlich gelegenen Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIT, Bd. 104 786 Dr. J. Holetschek, europäischen Sternwarten beobachtet (Zeitschr. f. Astr., Bd. 5, p. 152, 186, 253, und Astr. Jahrb. 1821, p. 145). Bei den Pariser Beobachtungen (Conn. d. T. 1821, p. 338) ist zum 3. April die so häufig wieder- kehrende Bemerkung beigefügt, der Komet sei so schwach gewesen, daß das kleinste ins Fernrohr ein- geführte künstliche Licht genügte, ihn unsichtbar zu machen. Überhaupt nahm seine Helligkeit jetzt sehr merklich ab, obwohl man auf Grund seiner bedeutenderen Annäherung an die Erde eine Zunahme erwartet hätte, eine Erscheinung, auf die fast alle Beobachter aufmerksam gemacht haben; so namentlich Olbers (Astr. Jahrb. 1821, p. 147), Encke (a. a. O., p. 164) und Lindenau (Zeitschr. f. Astr., Bd.5, p. 181). Olbers hat den Kometen zum letzten Mal am 1. Mai beobachtet; am 12. Mai sah er mit seinem großen Dollond nichts mehr von ihm, obwohl zeitweise Sterne bis zur 13. und 1#. Größe (nach der Skala von Argelander vermutlich 11. Größe) zu sehen waren, und kam zu der Folgerung, daß diese unerwartete Lichtschwäche des Kometen nicht bloß optisch war, sondern in physischen Veränderungen desselben ihren Grund hatte (a.a.O.). Die Ursache der überraschenden Helligkeitsabnahme ist aber ganz einfach nur in der schon wieder sehr wesentlich zunehmenden Größe des Radiusvektors 7 zu suchen. Es bedarf dann, wenn die abnehmende Helligkeit einmal bis zu einem gewissen Grad von Lichtschwäche gesunken ist, nur noch einer verhältnis- mäßig geringen Zunahme des Abstandes von der Sonne, um einen Kometen so schwach und matt erscheinen zu lassen, daß er gar nicht mehr zu erkennen ist. Der Abstand von der Erde kommt dann schon weniger zur Wirksamkeit. Hätte Encke a. a. O. nebst der nach dem Verhältnisse 1 : A? und nach 1:7? A? berechneten Lichtstärke auch noch die nach 1 : r? berechnete zur Anschauung gebracht, so wäre er dadurch den tatsächlichen Verhältnissen, also insbesondere der bedeutenden Helligkeitsabnahme wesentlich näher gekommen. Damit soll aber natürlich (wie ich schon mehrmals und namentlich bei meinen Untersuchungen über die Helligkeit des Halley’schen und des Encke’schen Kometen dargelegt habe) nicht gesagt sein, daß der Faktor A? außeracht zu lassen ist, sondern nur, daß bei einer solchen Licht- abnahme der Teil der Helligkeitsänderungen, welcher von den Änderungen des Radiusvektors 7 her- rührt, das Übergewicht hat über den, welcher von den Änderungen der Distanz A herrührt. Auf den Einwand, daß ja der Komet auch vor dem Perihel, als er zu Marseille entdeckt wurde, in einem fast ebenso großen Abstand von der Sonne 7 und überdies in einer viel größeren Distanz von der Erde A war, demnach seine theoretische Helligkeit wesentlich geringer war als im Mai, kann entgegnet werden, daß die Sichtbarkeitsverhältnisse unter dem klaren Himmel von Marseille höchstwahrscheinlich günstiger gewesen sind als an den übrigen Beobachtungsorten. Überhaupt sind die Helligkeitsandeutungen aus Marseille mit denen von den anderen europäischen Sternwarten auch schon darum nicht direkt ver- gleichbar, weil der Komet dort nur in den ersten zwei Monaten, hier dagegen nur in den letzten zwei Monaten, also nirgends während des ganzen Zeitraumes verfolgt worden ist und weil er überdies zu Marseille noch in ziemlich nördlichen, auf den anderen Sternwarten aber nur mehr in viel südlicheren Deklinationen beobachtet werden konnte. Es darf somit der bemerkte Widerspruch zwischen den Hellig- keitsandeutungen bei gleich großen Radiusvektoren vor und nach dem Perihel (26. Dezember und 1. Mai) als ein nur scheinbarer bezeichnet werden. Wenn nun gefragt wird, wie groß der Helligkeitsgrad des Kometen gewesen sein mag, so wird man unter Rücksichtnahme auf die Andeutungen und Bemerkungen von Pons und Blanpain als Maximal- wert immerhin die 7. Größe annehmen und, was die Zeit betrifft, denselben in die zweite Hälfte des Februar, in welcher der Periheldurchgang stattgefunden hat, verlegen dürfen, so daß sich unter dieser Annahme H, =5"6 ergeben würde. Anderseits kann der Komet zur Zeit seiner schon besonders auffälligen Lichtschwäche, nämlich im April, da er am 15. trotz Mondlicht von Olbers in Bremen und am 14. mit wesentlich geringeren optischen Mitteln von Bürg. in Wien beobachtet worden ist (Zeitschr. f. Astr., Bd. 5, p. 254, und Astr. Jahrb. 1821, p. 160), kaum schwächer gewesen sein als 9. bis 10. Größe. Nimmt man demgemäß für die Mitte dieses Monats 9”5 an, so folgt, da 5logrA= +0:9 war, als reduzierte Helligkeit H, =8"6. Diese ist daher mit großer Wahrscheinlichkeit durch die zwei hier abgeleiteten, rm o)" allerdi weit von einander abstehenden Werte 6 und 8”6 begrenzt und man wird als Resultat, etwas ‚ schreiben dürfen: 7" — 11/,". Größe und Helligkeit der Kometen. 787 18181. Dieser Komet ist, obwohl er sich der Sonne bis z= 0855 genähert hat, anscheinend schweiflos geblieben und hat, obwohl er der Erde bald nach seinem Periheldurchgang bis A= 0:16 nahe gekommen ist, keine größere Helligkeit erlangt, als daß er für das bloße Auge nur eben noch sichtbar geworden ist. Die günstige Stellung zur Erde ist in der Lage des Perihelpunktes (7, = 95°4, b, = —10°6, ,— L,&180°— —=+22°7 oder „=95°5, %,= + 12°7, u — A,+180° = + 24°2) aus der Kleinheit der Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen zu erkennen. Zur Rechnung wurde die parabolische Bahn von Rosenberger und Scherk benutzt (Astr, Jahrb, 1824, p. 144): N— 188, Dez. 4,9418, TR = 348° 4 517, = 897 5975307 ü= 116° 547 31% log q = 9:932 0148. Ausgewählt wurden sieben besonders markierte Beobachtungstage. [nu 1 nn en 3 nn te ee SS SS 66 1818/19 a. | 0) A | B | AL logr | log A | 5logrA k Nov. 27°75 1 177°| —30° |190° 49'|—-28°46'|-54°38'"] 9937 9.822 | —1:°2 79°1 Dez 1:75 I 181 —29 1192 54 |—-25 54 56 36 9:933 22 \ 07 874 13:75 | 224 0 1221 28 |+16 20 |—-40 14 9:940 92 42 1297 18:75 | 279 —+32 |284 4 55 22 I+17 16 9.951 9:294 38 W222 2225 1303 37 1819 7 4 46 48 45 9:960 9471 28 949 Jänn. 225 1325 36 1344 29 46 28 62 54 0000 9.825 — 09 68°9 30:25 | 336 —+35 1354 36 I-+41 26 |+44 31 0:119 0:189 —1'5 39:2 Am 12. Dezember und 11. Jänner war Vollmond, doch ist von einer Störung durch Mondschein nichts bemerkt; vermutlich darum, weil im Dezember zu dieser Zeit überhaupt keine Beobachtungen gemacht wurden und im Jänner trübes Wetter war. Der Komet wurde von Pons am Morgen des 28. November in der Nähe von ß Hydrae entdeckt und in Marseille zunächst bis 1. Dezember beobachtet (Corr. astr., Bd. 1, p. 519). Er war klein, rund, gut begrenzt und viel ansehnlicher als der von Pons zwei Tage früher entdeckte Komet (18191, der Encke’sche), den man übrigens gegen den 28. Dezember auch schon mit bloßen Augen vermuten konnte (a. a. O., p. 602). Im Dezember konnte der Komet in Marseille schlechten Wetters wegen nur einige Male gesehen werden. Am Morgen des 14. Dezember sah ihn Pons nahe am Äquator und am 19. morgens durch eine Wolkenlücke schon in der Lyra bei ungefähr 33° Deklination. Am Abend desselben Tages zeigte sich der Komet sehr ansehnlich, rund, mit ziemlich weißem Licht; man fing an, ihn mit bloßen Augen zu sehen (Corr. astr., Bd. 1, p. 602). Sonst ist aber hier über die Sichtbarkeit des Kometen für das bloße Auge nichts mehr gesagt. An einer späteren Stelle (Corr. astr., Bd. 2, p. 108) sind die erwähnten Positionsschätzungen, vereinigt mit den drei ersten Beobachtungen, in einer Tabelle zusammengestellt; denselben hätte mit noch mehr Recht als den Marseiller Beobachtungen des Kometen 1818II die Bemerkung beigefügt werden können (Zeitschr. f. Astr., Bd. 5, p. 150), eine aus ihnen berechnete Bahn dürfte wohl ebenso zuverlässig sein als die von so manchen chinesischen Kometen. Inzwischen wurde der Komet am 22. Dezember von Bessel in Königsberg entdeckt und erst infolge dieser Auffindung konnten die zu einer sicheren Bahnbestimmung nötigen Beobachtungen gewonnen werden. Der Komet war »ohne Kern und Schweif, mit bloßen Augen unsichtbar, aber im Sucher hell genug« (Astr. Jahrb. 1822, p. 171). Auch in einer Mitteilung von Lindenau (Corr. astr., Bd. 2, p. 106) ist gesagt, daß man den Kometen sehr gut in einem Nachtfernrohr sieht, wenn auch ohne Schweif und ohne Kern; doch scheint diese Notiz nur eine Wiedergabe der Beschreibung von Bessel zu sein. 788 Dr. J. Holetschek, In Königsberg ist der Komet zunächst bis 2. Jänner 1819 an acht Tagen und hierauf, nachdem er schon sehr lichtschwach geworden war, noch am 25. und 27. Jänner beobachtet worden (Astr. Jahrb. a. a. O., ferner 1824, p. 143, und Astr. Beobachtungen auf der Sternwarte Königsberg, 5. Abt., p. 100). Zur Zeit dieser schon beträchtlichen Lichtschwäche ist er auch noch von Harding in Göttingen beobachtet worden, und zwar vom 26. bis 30. Jänner mit einem lichtstarken 10füßigen Herschel’schen Reflektor (Astr. Jahrb. 1824, p. 142 und 143). In Marseille hat man ihn nach dem 14. Jänner nicht mehr gesehen (Corr. astr., II, p. 306). Zur Ermittlung des Helligkeitsgrades bietet sich die letzte Bemerkung von Pons zum 19. Dezember dar. Dabei soll aber auf zwei Umstände geachtet werden. Da in dem Bericht gesagt ist, daß man an dem genannten Tage anfing, den Kometen mit bloßen Augen zu sehen (voir), und nicht, wie es am angeführten Orte auf derselben Seite weiter unten beim Kometen 1819I heißt, daß man anfing, ihn mit bloßen Augen m zu vermuten (soupconner), so wird man schon eine etwas größere Helligkeit als 6°0, beispielsweise "0 wählen dürfen. Da ferner ein Blick auf die theoretischen Heiligkeiten, das heißt auf die Größen 5 log r A lehrt, daß der Komet nicht nur am 19. Dezember, sondern, obwohl der Beobachter darüber nichts berichtet hat, vermutlich auch schon fünf Tage früher für das bloße Auge sichtbar gewesen ist, so soll auch auf diesen Umstand Rücksicht genommen werden, was am einfachsten dadurch geschehen kann, daß man zur Reduktion das Mittel aus 4:2 und 3:8, also 4:0 wählt; als reduzierte Helligkeit ergibt sich demnach 9"0. Zu derselben Größe gelangt man auch, wenn man für den letzten Beobachtungstag, den 30. Jänner, als Helligkeit 10 bis 11”, also etwa 10”5 annimmt. Nach dem Resultat 4, =9"0 wäre die Helligkeit des Kometen am 22. Dezember, an welchem Tage er von Bessel entdeckt worden ist, 6”2 gewesen, was der Helligkeitsandeutung dieses Beobachters gewiß nicht widerspricht. Es scheint daher, daß man von dem Resultat 4, = 9*0 nicht wesentlich abzugehen braucht. Aus der Zeit der Sonnennähe selbst würde sich der Helligkeitsgrad allerdings sehr wahrscheinlich etwas bedeutender ergeben haben. (18191 war der Encke’'sche Komet.) 18191. Ein Komet mit einer ziemlich kleinen Periheldistanz (g= 0'341), der wenige Tage nach seiner Sonnennähe mit einem lebhaft leuchtenden Kern und hellen Schweif aus den Sonnenstrahlen gegen den nördlichen Himmel herausgetreten ist und einen Monat für das bloße Auge sichtbar war, teleskopisch aber noch viel länger beobachtet werden konnte. Die Lage des Perihelpunktes (), =275°9, b,= +13”3, h-L, = 1807 = +.023%odero, — — 275°8, &, =—10°1, ,— A, + 180, =—0°3) läßt unter anderm erkennen, daß der Komet zur Zeit des Periheldurchganges diesseits der Sonne war. Der Rechnung zufolge ist der Komet am 26. Juni morgens über die Sonnenscheibe gezogen, ein Umstand, der schon von Olbers bemerkt (Astr. Jahrb. 1822, p. 179) und später auf Grund genauerer Bahnbestimmungen neuerdings untersucht worden ist; zunächst von Hind (Monthly Notices, Vol. 36, p. 309) und dann "wieder von H.A. Peck (Astr. Journal, Vol. 25, p. 61, 137 und 184). Für die folgende Untersuchung ist, da sie schon vor den Publikationen von Peck gemacht wurde, die von Hind (a. a. O.) abgeleitete Parabel benutzt worden. 7 1819, Juni 2772197 = 2 — 132 26120 = 273 A157 8074173300277 190033232 Als Rechnungstage konnten durchgehends besonders markierte Beobachtungstage ausgewählt werden. j Dazu sei gleich hier bemerkt, daß am 7. Juli, 5. August, 4. September und 3. Oktober Voll- mond war. Größe und Helligkeit der Kometen. 789 1819 ER h | B N=JE logr logA |5logrA k | | | RS Juli 1:5 | 100°7| +40°0| 98° 31'|4+-16°51'|— 0°43'| 9-5549) 9-8856| —2:8 |124°44' 5-5 [105-0 46-4101 15 | 2330 |. 147 | 9-6116| 9-9486| 2-2 |.96 77 17°5 114-9 51-7|107 28 | 29 47 id 9-8057| 0-0979| —-0-5 | 53 49 23-5 |118-4| 51-9109 52 | 30 22 | 10 21 9-8831] 0-1478| —+0:2 | 44 40 28:5 [120.8] 51-7111 37 | 30 33 | 13 23 9:9379| 01810 0:6 | 39 44 Aug. 35 1123-3] 51-4113 27 | 30 35 | 17 17 | 9-9944| 0-2133| 1:0 | 35 48 11-5 126-1) 50-9115 34 | 30 36 | 22 50 00579) 02468 1-5 | 32 40 30-5 |131-0| 50-3lıı9a ı6 | 30 53 | 37 27 0- 1730 0:2968| 2-3 | 29 44 Sept. 18-5 133-7 50-7121 2 | 31 51 | 54 10 | 0-2576| 0:3192) 2-9 | 28 46 Okt. 12 5 |133:3| 53-0119 50 | 33 58 | 78 59 | 0-3396| 0-3242| 3-3 | 26 46 25-5 130-4) —+55-0117 6 +35 19 94 39 | 0:3764| 0-3215| +3-5 | 24 38 | | | Angaben über den Helligkeitsgrad des Kometen, die der Rechnung unterzogen werden können, sind nur sehr wenige überliefert; eine Schätzung der Helligkeit des Kopfes bei seinem Auftauchen, eine Bemerkung über das Aufhören der Sichtbarkeit für das bloße Auge und schließlich die immer schwieriger werdende Sichtbarkeit in Teleskopen von verschiedener Stärke. Als der erste, der den Kometen bei seinem Heraustreten aus den Sonnenstrahlen nicht nur gesehen, sondern auch seine Position zu bestimmen gesucht hat, und zwar am Abend des 1. Juli, muß Tralles in Berlin genannt werden (Astr. Jahrb. 1822, p. 214 und 252). An demselben Abend sah man den Kometen samt seinem Schweif auch zu Kupferberg in Schlesien (a. a. O., p. 255). Am 3. Juli hatte zufolge einer Bemerkung von Olbers (Astr. Jahrb. 1823, p. 139) der höchstens 10 bis 12” im Durchmesser haltende Kern viel mehr Licht als ein Stern 2., fast so viel wie ein Stern 1. Größe. Nimmt man demzufolge für den Kometen 1”3 an, so ergibtsich, da für den genannten Tag die Reduktions- größe —2'5 war, als reduzierte Helligkeit 3"8. Die Abnahme der Helligkeit muß schon in der dritten Woche nach dem Periheldurchgang sehr auf- fällig gewesen sein, wie aus zwei Bemerkungen von Olbers (»Neue Reduktion«) hervorgeht. Beim 12. Juli ist gesagt, daß der Komet seit 3. Juli an Licht beträchtlich abgenommen hatte, aber doch sehr schön war, der Kern hell und vorzüglich gut begrenzt; beim 15. Juli, daß die Abnahme des Kometen an Helligkeit sehr bemerkbar war. Der Schweif des Kometen war nach Olbers (Astr. Jahrb. 1822, p. 179) in guten Kometensuchern bis 7 oder 8° zu verfolgen, aber im allgemeinen konnte man von ihm wegen der hellen Dämmerung und zum Teil auch wegen des Mondscheins nur wenig sehen. Günstiger waren die Sichtbarkeitsverhältnisse in mehr südlich gelegenen Ländern und so findet man insbesondere unter den zu Palermo angestellten Beobachtungen (Della cometa apparsa in Luglio del 1819, osservazioni e risultati di N. Cacciatore) sechs Angaben über die scheinbare Länge des Schweifes aus der Zeit vom 4. Juli bis 3. August. In dieser Monographie ist auch zu lesen (p. 16 und 46), daß der Komet an einigen Tagen, so zunächst am 5. Juli, Lichtphasen nach Art des zunehmenden Mondes gezeigt hat. Davon haben jedoch andere Beobachter nichts berichtet. Olbers hat es in seinen Schlußbemerkungen über diesen Kometen (Astr. Jahrb. 1823, p. 139) sogar als erwiesen vorausgesetzt, daß ein Kometenkern keine Phasen zeigt. Übrigens findet man berichtet, das der Kern etwas länglich gesehen worden ist. In den Pariser Beobachtungen (Observations astr., Tome I, p. 140) ist zum 3. Juli zunächst bemerkt, daß der Schweif anfangs 4°, nach Untergang des Mondes 6 bis 7° lang und gegen die Mitte 20’ breit erschien, worauf es heißt: Son noyau bien termine, paraissait un peu allonge. In ähnlicher Weise hat Bode in Berlin (Astr. Jahrb. 1822, p. 216) zum 26. August, somit allerdings wesentlich später, bemerkt, daß der Komet als ein blasser, etwas länglicher Nebelfleck erschien und nordwärts noch schwache Spuren vom Schweif zeigte, hier bezieht sich also die längliche Form nicht mehr auf den Kern, sondern auf den Kometen als Ganzes. 790 Dr: I. Holetschek, Nach den Beobachtungsnotizen aus Palermo (a. a. O., p. 46) behielt der Komet vom 3. bis 23. Juli immer dieselbe Lebhaftigkeit des Lichtes. Der Kern fing gegen den 23. an, sich mit der Nebulosität zu vermengen und bald darauf erschien der Komet nur wie ein Nebelstern, dessen Licht von der Mitte gegen die Peripherie sich allmählich verlor. Der Schweif, der in den ersten Tagen in zwei Äste geteilt schien, wurde nach dem 23. Juli viel kürzer und erschien fächerartig. Am 28. Juli und überhaupt gegen Ende Juli war der Komet, obwohl nur schwer, auch noch mit bloßen Augen zu erkennen; von da an konnte man ihn aber nur mit dem Teleskop sehen. Da die Höhe des Kometen bei diesen Beobachtungen nur eine maz mo 7 u\D geringe, nämlich nahe an 15° war, soll hier statt 6"0 eine um 0"7 bedeutendere Helligkeit, also 5"3 angenommen werden, wodurch sich als reduzierte Helligkeit für Ende Juli 4, = 4"6 ergibt. So wie im Juli scheint die Helligkeitsabnahme auch in den folgenden Monaten eine ziemlich kon- tinuierliche gewesen zu sein, indem die Beobachtungen an den verschiedenen Sternwarten ungefähr der Stärke der Instrumente entsprechend nach und nach aufgehört haben. In Palermo hat man den Kometen schon am 16. August mit dem bisherigen Beobachtungsinstrument nicht mehr finden können. Die Green- wicher genaueren Beobachtungen reichen bis 11. August; später wurde, da der Komet schon zu schwach war, um die nötige Fadenbeleuchtung zu vertragen, nur noch das Verschwinden seiner Mitte am Rande des Gesichtsfeldes beobachtet, und zwar vom 22. bis 29. August (Astr. Observations, III, p. 223). Von Gauss wurde der Komet nach dem 4. August noch mehrmals, zuletzt am 21. August, am Mittagsfernrohr gesehen, doch konnten die Antritte nur mehr geahnt als wirklich beobachtet werden (Astr. Jahrb. 1822, p. 235). Am 24. August schließt die Beobachtungsreihe von Bürg in Wien (Astr. Jahrb. 1823, p. 145), am 28. die von Leski in Krakau (a. a. ©. 1822, p. 241), am 30. die von David und Bittner in Prag (a. a. ©. 1823, p. 130) usw. Trotzdem scheint der Komet Ende August noch nicht besonders lichtschwach gewesen zu sein, da er zum Beispiel in Prag von Bittner allein auch noch vom 12. bis 18. September beobachtet worden ist (a. a. O. p. 131); die Beobachtungen wurden daselbst mit einem 7 füßigen astronomi- schen Fernrohr angestellt, in welchem man Sterne 10. bis 11. Größe noch unterschied. Erst im Oktober war die Helligkeit schon so gering, daß nur mehr wenige Beobachtungen gelangen. In Mailand (Effem. astr. 1824, p. 97) ist der Komet nach dem 30. September nur noch am 15. Oktober beobachtet worden. Von Olbers (Astr. Jahrb. 1823, p. 133) wurde er am 20. Oktober zum letztenmal gesehen, nachdem er am 12. zuletzt beobachtet worden war. Er erschien zu dieser Zeit zwar schon blaß, aber nicht klein; Durchmesser bei der letzten Beobachtung gegen 2'. In Dorpat (Observationes II.) ist er im Oktober zunächst am 12. und dann noch am 15. beobachtet worden; er war jetzt, wie beim ersten dieser Tage bemerkt ist, schon sehr schwach, aber sein Durchmesser noch ziemlich groß, sicherlich größer als 1'. Am 25. wurde er zu Dorpat zum letztenmal gesehen, aber erst nach längerer Untersuchung der Gegend erkannt. Das benutzte Fernrohr. war ein Sfüßiger Achromat von Troughton, welcher, wie im 1. Band der zitierten Beobachtungen bemerkt ist, den Begleiter des Polarsterns und den Ringnebel in der Lyra zu sehen gestattete. Es scheint nun, daß man auf Grund dieser Beobachtungsnotizen den mutmaßlichen Helligkeitsgraden des Kometen in den letzten Monaten recht nahe kommt, wenn man für den 11. August ungefähr 61/,”, für Ende August 71/,”, Mitte September 8t/,"”, für den 12. Oktober ungefähr 9!/,” und für den 25. die 11. Größe annimmt. Der Verlauf der Helligkeitsänderungen dürfte demnach der folgende gewesen sein. 1819 (2 H 5logrA H, Juli 3 0-38 1m3 — 98 3mg Ende Juli 0.87 53 0:7 4:6 Aug. 11 11-T4 6°5 1:5 5.0 , 30 1-49 7:5 2-3 5"2 Sept. 18 1-81 8-5 2:9 56 OR 2-19 9-5 3-3 672 25 2:38 11 13125 75 Größe und Helligkeit der Kometen. 791 Die Abnahme der Helligkeitswerte steht sicherlich außer Zweifel, denn obschon die Zahlen 7 wegen der Willkür in den Annahmen mit beträchtlichen Unsicherheiten behaftet sind, so ist der noch zulässige Spielraum doch nicht so groß, daß dadurch die Abnahme der Helligkeitswerte, sowohl der direkten als der reduzierten, in Frage gestellt werden könnte. Der Kopf des Kometen war nach Tralles am 2. Juli in einem starken Fernrohr als eine Scheibe von etwa 40” im Durchmesser erschienen (Astr. Jahrb. 1822, p. 252). In Palermo hat man einige Male den scheinbaren Durchmesser des Kernes zu schätzen gesucht. Am 5. Juli abends fand man 8”, am 7. morgens 7 bis 8” und am 19. abends 6”; am 23. abends, an welchem Tage, wie schon bemerkt, die Kernscheibe von der Nebulosität nicht mehr zu unterscheiden war, schien der Durchmesser derselben nicht mehr als 50” zu sein. Für den 12. Oktober kann, da der Durchmesser nach Olbers gegen 2’, nach W. Struve wesentlich größer als 1’ war, etwa 1:8 gewählt werden. Man hat demnach: 1819 D D, al Juli 2 0'67 0'5 23 0:83 132 Okt. 12 1:8 3-8 Von diesen Zahlen ist die letzte insofern von größerer Wichtiekeit, als sie den Durchmesser des Kometen im Zustand der Schweiflosigkeit angibt. Leitet man jetzt noch aus den Angaben über die scheinbare Länge des Schweifes die wahren Längen ab, so hat man: 1819 | c | S achtungsort) Juli 3 0:38 (Paris) 6—7° 0096 ? ? Olbers ? 7—8 (im Sucher) 4 0-40 (Palermo) 6 0090 B) 0-41 > 6—7 0-101 17 | 0-64 Sana oda 23 0:76 > 2 0-072 28 0:87 | 11/, 0064 Aug. 3 0:99 1 0-050 1819 11. Dieser Komet ist gegenwärtig als der kurzperiodische Komet von Winnecke bekannt; was aus “ den bisher beobachteten Erscheinungen über seine Größe und Helligkeit abgeleitet werden konnte, findet man in der nach dem Kometen 1835 I folgenden Übersicht zusammengestellt. 1819 IV. Dieser Komet ist ebenso wie der vorige ein kurzperiodischer, doch konnte die Rlliptizität seiner Bahn bisher nur durch die Rechnung, nicht durch eine tatsächlich beobachtete zweite Erscheinung erwiesen werden. Die Beobachtungen, und zwar die Positionen sind sämtlich in der Bahnbestimmung von Encke (Berl. Jahrb. 1824, p. 217 bis 220) zusammengetragen. Der Komet ist zunächst zu Marseille, nachdem er dort von Blanpain am 27. November entdeckt worden war, bis zum 2. Dezember beobachtet worden; ferner am 21. und 22. Dezember zu Bologna, 792 Dr. J. Holetschek, 11. bis 24. Jänner 1820 zu Mailand, am genauesten und längsten, nämlich vom 13. Dezember bis 14. Jänner zu Paris. Aus diesen letzteren Beobachtungen hat Encke, nachdem die Versuche, eine Parabel abzuleiten, zu keinem befriedigenden Resultat geführt hatten, eine elliptische Bahn berechnet. Vor kurzem sind die Pariser Beobachtungen neuerdings von Lagarde zur Berechnung einer elliptischen Bahn benutzt worden (Comptes rendus 144, p. 182). Diese zwei Bahnen sind: T Bl DM | D | log q | E | 1819 Nov. 20:25203 | 350° 4' 51”| 77° 13" 57") 9° ı' 16" | 9-950637 | 0:686746 | (Encke) ic Aa 20-35390 | 350 6 48 |7z 26 22\ 9 6 >21 9950520 | 0:698752 | (Lagarde) 18200 Da aber trotz dieser zwei Bahnbestimmungen die Dimensionen der Ellipse nicht sicher zu ermitteln sind und überdies, wie zu erwarten stand, keine bestimmten Helligkeitsangaben zu finden waren, erschien es hinreichend, zur Berechnung einiger Distanzen eine parabolische Bahn zu wählen, und zwar die von Encke (Corr. astr., Vol. 4, p. 519). 1819/20 0. ö x B | A—L logr logA |5logrA k Nov. 27-7 1 183° 0° |182° 53"+ 0°55'|- 62°16'I 9948 9477 — 2:9 | 100°3 Dez. 4:7 1186 —+ 4 |184 21 6 10 67 54 9:961 9.559 24 90:4 13:7 1190 BOT, 10 45 US 7 9:987 9641 1:9 78°8 29:7 1 194 11 |188 34 16. 8 89 8 0049 9783 ol 61°5 Jän. 12:7 1195 14 |188 6 19 19 | 103 53 0107 9-796 0-5 48-5 24:7 | 194 —+17 [185 37 +21 23 |-118 35 0°155 9:835 —0°1 38-1 Vollmond: 1. und 31. Dezember, 30. Jänner. Den Pariser Beobachtungen, die man in den »Observations« (l., p. 143) ausführlich mitgeteilt findet, sind dort einige Bemerkungen beigefügt, welche den anderen aus jener Zeit ziemlich gleichwertig sind. Der Komet wurde mit der parallaktischen Maschine beobachtet, deren Fernrohr 1 m Länge, 65 mm Öffnung und eine 40 bis 50fache Vergrößerung hatte. Am 13. Dezember, 17", erschien der Komet sehr schwach, so daß es fast unmöglich war, die Fäden zu beleuchten, ohne ihn verschwinden zu machen; am 29. De- zember, 18%, war er sehr schwach wegen des Mondes (Vollmond am 31. Dezember) und am 14. Jänner war er überhaupt schon außerordentlich schwach. Diese Notizen sind schon im I. Teil beim Kometen 1743 1 erwähnt worden, weil man diesen mit dem Kometen 18191V zu identifizieren gesucht hat. Mehr brauchbar sind die Angaben von Pons, der den Kometen zu Marlia bei Lucca unabhängig von der zu Marseille schon früher geglückten Entdeckung in der Nacht vom 4. zum 5. Dezember um 4" morgens aufgefunden hat (Corr. astr., Vol. 3, p. 193). Der Komet war schwach, für das bloße Auge unsichtbar, ohne Schweif, Bart und Kern. Im Sucher erschien er wie ein runder, schlecht begrenzter Nebelfleck von 5 bis 6’ Durchmesser; als Kometen erkannte man ihn nur aus seiner Bewegung. Ziemlich dasselbe ist auch im nächsten Band (Corr. astr., Vol. 4, p. 520) gesagt; es heißt dort noch weiter, das Gestirn sei so blaß und schwach gewesen, daß mehrere Personen, denen Pons den Kometen im Fernrohr eingestellt hatte, nicht dazu gelangen konnten, ihn zu sehen. (Das will jedoch nicht viel bedeuten!) Pons hat den Kometen zum letztenmal am 30. Dezember gesehen, als derselbe, vielleicht wegen des Mond- lichtes, recht schwach erschien, und konnte ihn sodann (a. a. O., p. 194) am 2. und 14. Jänner nicht mehr finden. Nach einer auf derselben Seite stehenden Bemerkung soll der Komet außer zu Bologna auch zu Wien und Augsburg beobachtet worden sein. Sicher ist (siehe Berl. Jahrb. 1823, p. 148), daß er von Hallaschka in Prag nach einer Mitteilung des Direktors der Wiener Sternwarte, Littrow, aufgesucht und Größe und Helligkeit der Kometen. 793 am 9. Jänner 1820 nach 12° nachts gefunden worden ist; er zeigte sich mit einem milchweißen Licht und glich einem sehr schwachen Nebelfleck, in dem ein Kern kaum zu erkennen war. Was nun den mutmaßlichen Helligkeitsgrad des Kometen betrifft, so erscheint es auf Grund der vorgefundenen Angaben wohl gestattet, eine recht bedeutende, aber doch noch teleskopische Helligkeit anzunehmen. Dies kann in recht naheliegender Weise dadurch geschehen, daß man für den 4. Dezember, den Tag der Auffindung durch Pons, 6”5 und für den 27. November geradezu 6"0 wählt. Die reduzierte Helligkeit wäre demnach A, = 8"9. Die Durchmesserangabe von Pons führt auf D, —=2'0. Es ist bemerkenswert, daß diese für den Kometen 18191V gefundenen Zahlenwerte von 4, und D, den für seinen Vorgänger 1819 III gefundenen sehr nahe kommen, so zwar, daß man in Anbetracht der Unsicherheit dieser Werte fast ebenso gut auch von einer Übereinstimmung sprechen könnte. 1821. Ein Komet mit einer sehr kleinen Periheldistanz (g = 0'092), der sowohl vor als auch nach dem Perihel am Abendhimmel bei ziemlich großen Abständen von der Erde (A>1:0) beobachtet wurde und bloß um die Zeit des Periheldurchganges, in welcher er in den Sonnenstrahlen verborgen war, diesseits der Sonne sich befand. (Lage des Perihelpunktes: I, = 231°8, d), = + 10°3, 1,—L, + 180° = + 50°7 oder o, = 232°1, &, = —8°2, a,—4A, + 180° = + 51°0). Er war bei seinem Näherrücken zur Sonne kurz vor seinem Verschwinden in der Abenddämmerung, noch mehr jedoch bei seinem abermaligen Sichtbarwerden nach dem Perihel mit bloßen Augen zu sehen und hat es zur Entwicklung eines ziemlich ansehnlichen Schweifes gebracht. Er ist am 59. Tage vor dem Perihel, nämlich am 21. Jänner 1821, von zwei verschiedenen Beobachtern, von Pons zu Marlia bei Lucca und von Nicollet zu Paris, entdeckt worden. Nach den Bemerkungen des ersteren (Corr. astr., Vol. 4, p. 413) zeigte er sich an diesem Tage wie ein lichter Fleck ohne ausgeprägten Kern, mit einer kleinen Spitze, welche den Beginn eines Schweifes anzukündigen schien. Mit bloßen Augen war er nicht sichtbar, aber man sah ihn sehr leicht im Sucher. Nach Nicollet (Conn. d. T. 1824, p.355, und Observations de Paris, II, p. 23), war er klein, lichtschwach, ohne auffälligen Kern und hatte einen Schweif von ungefähr 30'. Am 22. Jänner hatte die Helligkeit nach Pons zugenommen, ebenso auch der Schweif, welcher bis ungefähr 2° verlängert war; der Beobachter verglich ihn mit einem Wasserstrahl oder Springbrunnen (jet-d’eau). Am 23. Jänner war der Schweif auch nach der Angabe von Nicollet ungefähr 2° lang. Pons begann an diesem Tage unter Mithilfe eines anderen Beobachters mit Positionsbestimmungen des Kometen durch Beobachtung von Azimuten und Höhen im Anschluß an y Pegasi, hat sie aber außer an diesem Tage nur noch an zwei anderen gemacht. Am Abend des 25. Jänner wurde von Pons und auch von Nicollet bemerkt, daß der Kopf des Kometen mit einem kleinen Stern 7. Größe vereinigt schien (B. D. + 16° Nr. 3). Dieser Umstand hätte, wie Nicollet hinzufügt, Gelegenheit zu irgend einer Folgerung über die Beschaffenheit des Kometen geben können, doch war dazu das Gesamtbild der zwei Körper zu schwach an Licht und zu unbestimmt in der Gestalt. An demselben Abend ist der Komet von Blanpain in Marseille entdeckt worden, und zwar mit einem sehr schwachen Nachtfernrohr (Corr. astr., Vol. 4, p. 415). Man sah ihn, wie dort gesagt ist, ziemlich gut mit diesem Fernrohr. Sein Kern war »tres marque«, aber schlecht begrenzt und seine Helligkeit ungefähr gleich der eines Sternes 7. bis 8. Größe. Dieser Kern war umgeben von einer schwachen, anscheinend runden Nebelhülle von ungefähr 4' Durchmesser und begleitet von einem ebenso licht- schwachen Schweif von ziemlich regelmäßiger Form und ungefähr 1!/,° Länge, am Ende etwas breiter als am Anfang. Die Richtung des Schweifes war der zur Sonne nahezu entgegengesetzt. " Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIN. Bd. 105 794 Dr. J. Holetschek, Die Durchmesserangade D=4' führt auf D,=6'8.Die Notiz über die Helligkeit des Kernes wäre eine willkommene Helligkeitsangabe, wenn nicht durch die Bemerkungen von Pons und Nicollet bekannt geworden wäre, daß der Komet an diesem Abend über einen Stern 7. Größe hinweggegangen ist. Man kann daher als fast gewiß annehmen, daß das von Blanpain als ein gut markierter Kern bezeichnete Objekt nichts anderes gewesen ist als der erwähnte Fixstern und das um so mehr, als der Beobachter von diesem Stern, den er doch sehr nahe beim Kometen gesehen haben mußte, gar nichts berichtet hat. Am 30. Jänner fand zufällig auch Olbers das neue Gestirn, und zwar mit seinem Kometensucher (Astr. Jahrb. 1824, p. 99). »Ich erkannte einen kleinen schwachen Kometen mit einem ungemein blaßen, doch fast auf ®/,° bis 1° im Fernrohr zu erkennenden Schweif.« Bei der Betrachtung mit dem großen Dollond schien im Nebel des Kopfes zuweilen ein sehr kleiner verwaschener Kern durchzublicken. Nicollet hat zu diesem Tage bemerkt, daß der Komet heller wird und daß man anfängt, den Kern zu unterscheiden; Schweif fast 31/,°. Aus der nächstfolgenden Zeit ist auch noch eine Angabe über die Helligkeit des Kernes überliefert; es hat nämlich Carlini zu den ersten in Mailand gelungenen Beobachtungen, die vom 31. Jänner bis 3. Februar reichen, bemerkt, daß der Komet noch sehr klein ist und sein Kern nur wie ein Stern der 8. Größe erscheint. In der zweiten Hälfte des Februar wurde der Komet für das bloße Auge sichtbar. Schon bei der Mitteilung der von Pons am 23., 25. und 26. Jänner angestellten Beobachtungen (Corr. astr., Vol. 4, p. 414) ist (vermutlich von Zach) die Bemerkung gemacht, daß die Helligkeit und der Schweif immer mehr zunimmt und daß es Personen gibt, welche ihn (den Kometen) mit bloßen Augen vermuten; es ist jedoch nicht gesagt wann? Der erste bestimmt genannte Tag ist der 19. Februar; es hat nämlich Santini (Padua), nachdem er den Kometen am 2. Februar zum erstenmal gesehen und dabei wie andere Beobachter in jener Zeit bemerkt hatte, daß derselbe für das bloße Auge unsichtbar und nur im Fernrohr deutlich zu sehen sei (Corr. astr. Vol. 4, p. 508), in einer späteren Mitteilung (a. a. O., p. 510) berichtet: Die Helligkeit des Kometen hat so zugenommen, daß er mit bloßem Auge erkannt werden kann (19. Februar). Der Schweif wurde dabei im Sucher auf 21/,° geschätzt. Nicollet hat zum 22. Februar folgendes bemerkt: Der Komet ist mit bloßen Augen sichtbar. Der Schweif hat 4 bis 5° Länge; er ist beim Ursprung breiter als gegen das Ende. Der Kern ist sehr hell. In der Conn. des Temps ist die letzte Sichtbarkeit auf die ersten Tage des März bezogen und noch hinzugefügt, daß der Schweif zu dieser Zeit ungefähr 7° Länge hatte. Die letzte Beobachtung zu Paris ist am 1. März gemacht worden. Gauss hat in einem vom 2. März 1821 datierten Brief an Olbers bemerkt, daß der Komet »gestern« etwa so hell war wie ein Stern der 3. oder 3. bis 4. Größe (Olbers’ Leben und Werke, herausgegeben von Schilling, 2. Band, 2. Abt., p. 82). Wählt man 3"3, so ergibt sich Z, = 3"1. Mit diesen Notizen sind wir bei der Zeit angelangt, in welcher der Komet bezüglich seiner Helligkeit und Schweifentwicklung sehr beträchtlich zugenommen hat, aber wegen immer tieferen Standes am Abendhimmel immer schwächer erschienen und sodann ganz unsichtbar geworden ist. Aus dieser Zeit sind noch die folgenden Mitteilungen beachtenswert. Nach einer Bemerkung von Luthmer in Hannover, der den Kometen am 5. Februar mit einem »sehr guten Aufsucher« gefunden und schließlich am 6. März zum letztenmal gesehen hat, erschien der Kern — vermutlich in den letzten Tagen vor dem Verschwinden — lichthell und der Schweif wenigstens 4° lang (Astr. Jahrb. 1324, p. 243). In den Beobachtungen aus Palermo (Del reale Össervatorio di Palermo VII—-IX, p. 209), wo der Komet erst vom 23. Februar an beobachtet werden konnte, ist derselbe als klein bezeichnet; sein Kern, welcher sich mit der ihn umgebenden Nebulosität vermengte, war im Sucherfernrohr nur mit Mühe sichtbar und hatte einen Totaldurchmesser von zirka 2'. Schweiflänge im Nachtfernrohr nicht größer als zirka 3°. Zufolge einer Notiz im I. Band der »Memoirs of the Astronomical Society of London« (p. 156) ist der Komet vom »Foreign Secretary« (J. F.W. Herschel) zu Slough am 27. Februar bezüglich seines sehens beobachtet worden; man findet darin unter anderem das Folgende. Der Komet wurde leicht Größe und Helligkeit der Kometen. 795 mit einem Nachtglas in der Nähe von y Pegasi gefunden; er war zu dieser Zeit für das bloße Auge nicht sichtbar und auch y konnte nur schwer gesehen werden. Es scheint jedoch zur Zeit der Beobachtung, wie aus der weiteren Mitteilung hervorgeht, noch nicht völlig dunkel gewesen zu sein. Bei der Betrachtung mit dem 17 füßigen Reflektor konnte kein sternähnlicher Punkt gesehen werden; es zeigte sich nur eine nebelige Masse, doch war die Höhe des Kometen bloß 8 bis 10°. Der Schweif war ziemlich ansehnlich; er erstreckte sich über das halbe Feld des Nachtglases oder ungefähr 21/,°. Aus dem ersten Teil dieser Notiz wäre also zu entnehmen, daß der Komet für das bloße Auge minder hell war als y Pegasi; 4. Größe? Nach einer angeblich von Olbers gemachten Beobachtung (Corr. astr., Vol. 4, p. 619) ist in dem Maße, in dem sich der Komet sowohl der Sonne als der Erde näherte, die ihn umgebende Nebulosität immer mehr unbestimmt und schlechter begrenzt geworden. Olbers hat jedoch in einem Brief an Gauss vom 6. Juli 1821 (Briefwechsel a. a. O., p. 116) erklärt, daß er von dieser ihm zugeschriebenen physikali- schen Beobachtung nichts weiß. Olbers hat übrigens den Kometen nicht, wie es in Carl’s Repertorium p. 173 irrtümlich heißt, bis zum 21. März, sondern nur bis 6. März beobachtet; wahrscheinlich ist beim eiligen Abschreiben (siehe Astr. Jahrb. 1824, p. 174) der neun Zeilen später stehende Tag des Perihels für den letzten Beobachtungs- tag gehalten worden. Am längsten, nämlich bis 10. März, ist der Komet in Europa von Carlini zu Mailand beobachtet worden (Corr. astr., Vol. 5, p. 81). An einer früheren Stelle (a. a. O., Vol. 4, p. 621) hat der Beobachter bemerkt, daß der Komet am Ende ein sehr lebhaftes Licht erlangt hatte. Da wegen der bedeutenden Zunahme der theoretischen Lichtstärke in der zweiten Hälfte des März einige Hoffnung vorhanden schien, den Kometen vielleicht auch bei Tage im Meridian beobachten zu können, hat Nicolai in Mannheim am 17. und 25. März, an welchen Tagen es um die Mittagszeit ungemein heiter war, diesbezügliche Versuche angestellt; es erschien jedoch auch nicht die geringste Spur vom Kometen im Felde des Mittagsfernrohrs (Astr. Jahrb. 1824, p. 169). Ebenso sind zwei Versuche von Encke auf der Sternwarte Seeberg mißlungen, obgleich der Himmel heiter und der Ort des Kometen genau bekannt war (a. a. O., p. 221). Auch Gauss schrieb in einem Brief an Olbers am 18. März, er habe bisher jeden Mittag den Kometen am Meridiankreise erwartet, aber umsonst (Briefwechsel a. a. O., p. 91). Beim Übergang von den Beobachtungen vor dem Perihel zu denen nach dem Perihel erschien es mir wünschenswert, die lange Reihe von Notizen an dieser Stelle ein klein wenig zu unterbrechen; zu diesem Zweck wurde hier das Rechnungstableau eingeschoben, welches einerseits den Rückblick auf die frühere Zeit unterstützt und anderseits den Ausblick auf die spätere vorbereitet. Benutzt wurde die Bahn von Rosenberger (Astr. Nachr. I., p. 425): T= 1821, März 2154305, 7—-S = 169° 11’31”, 2 = 48° 40756”, i = 106° 2653”, log q = 8962952. Bei der Rechnung wurden, da das Intervall zwischen dem ersten Entdeckungs- und dem letzten Beobachtungstag sowohl vor als auch nach dem Perihel eine durch 8 teilbare Zahl von Tagen beträgt, hier wie dort ephemeridenartig Zwischenzeiten von je 8 Tagen gewählt. Durch diese Wahl fallen fast sämtliche Rechnungstage auf Beobachtungstage oder wenigstens auf Nachbartage von Beobachtungstagen. 1821 [7 ö x Bß rA—L log r logA |5logrA k Jän. 213 026) +17?0 7° 30'|+15°19'+65°59'| 0:2001 | 0:2274 —2:1 |34° 49' 29-3 | 3596 16-2 6 11 14 59 56 32 | 0°1559 | 0:2276 1:9 \35 37 Febr. 6'3 [358-8 15°5 5 15 14 42 47 30 | 0:1038 | 02233 1:6 [36 1 14:3 | 358°3 151 4 34 14 28 38 43 | 0:0407 | 02132 IK32 367 22°"3 13578 14:6 3 57 14 16 30 3 | 99606 | 0:1953 0-8 136 9 März 23 1357:2 14:0 3 10 13 58 21 14 | 98511 | 0:1665 —+0:1 136 34 10:3 1356°2] +12:8 1 39 |+13 14 +11 43 | 9:6787 | 0:1199 —1:0.139 3 796 Dr. J.Holetschek, 1821 [2 ö | 2 B NE logr logA | 5logrA k April 1125 2828| — 9°3 | 23° 17") —-19°44'|+11°22'| 9-6704 | 0-0752 — 1:3 |55° 23" 9-5 39-6 7:6 | 34 37 21 57 14 50 | 9:8463 | 01592 00739713 17°5 46°7 6:0 | 42 22 22733 14 46 | 9:9573 | 0:2261 —+0:9 129 55 25.0 51:9 4:6 | 48 12 22 40 12 48 | 0:0382 | 0:2801 1.6 123743 Mai 3°5 56°11— 3:4 | 52 53 |—22 38 |+ 9 43 | 0:1018 | 0:3244 —+2°1 |19 22 Vollmond: 17. Februar, 18. März, 17. April. Nach dem Perihel ist der Komet vom 1. April bis 3. Mai zu Valparaiso von Offizieren eines englischen Schiffes, Kapitän Basil Hall, Leutnant William Robertson und Midshipman Henry Foster, beobachtet worden (Philosophical Transactions 1822, p. 46 bis 49). Zunächst wurden von den zwei zuletzt genannten Beobachtern gleich vom ersten Tage angefangen, an welchem der Komet am Abendhimmel sichtbar geworden war, Abstände desselben vom Aldebaran, Sirius und Canopus gemessen, und diese Beob- achtungen so lange fortgesetzt, bis das Mondlicht (erstes Viertel am 9. April) den Kometen zu sehr über- strahlte; solche Messungen (offenbar Sextantenbeobachtungen) konnten im ganzen an sechs Tagen, nämlich zunächst am 1., 2., 3. April und nach einer Unterbrechung durch Bewölkung wieder am 7., 8. und 9. April gemacht werden. r Inzwischen war der Kapitän des Schiffes, der zur Zeit des Sichtbarwerdens des Kometen im Innern des Landes gewesen war, zurückgekehrt, und nun begannen mit dem 8. April die genaueren Beobachtungen, indem mittels eines Fadenmikrometers bei 80Omaliger Vergrößerung (wobei aber über das benutzte Teleskop nichts gesagt ist) Rektaszensions- und Deklinationsdifferenzen zwischen dem Kometen und einem helleren Fixstern bestimmt wurden. Da der Komet, wenn er abends nach Sonnenuntergang sichtbar wurde, immer schon nahe am Horizont war, konnte an keinem Abend seine Rektaszension und Deklination mehr als einmal gemessen werden. Man mußte oft eine beträchtliche Zeit warten, bis ein bekannter heller Stern durch das Gesichtsfeld ging; so am 11. und 12. April bei Benutzung von 20 r Orionis mehr als zwei Stunden. 2 Es sind auf diese Weise in dem Zeitraum vom 8. April bis 3. Mai 13 Beobachtungen geglückt. Diese wurden von J. Brinkley zunächst für sich allein und sodann unter Einbeziehung einiger europäischer Beobachtungen zu einer Bahnberechnung benutzt, die a. a. ©. (p. 50 bis 63) ziemlich ausführlich mitgeteilt ist. Später sind sie von Rosenberger bei seiner oben zitierten Bahnberechnung mitbenutzt worden; sie sind zwar, wie sich dabei gezeigt hat, etwas weniger genau, als die von den europäischen Beobachtern vor dem Perihel angestellten, haben sich aber sehr brauchbar erwiesen, besonders darum, weil durch sie der Beobachtungszeitraum auch noch weit über den Periheldurchgang hinaus verlängert worden ist. Die Beobachtungszeit war in den ersten Tagen nahe an 7#, in den letzten nahe an 61/," abends. Bezüglich des Kometen selbst sei aus dem zitierten Bericht zunächst hervorgehoben, daß der Kern während der ersten Woche sehr deutlich war (very distinct), später aber, als die genaueren Beobachtungen begannen, schon so undeutlich geworden war, daß dadurch die Messungen unsicher gemacht wurden. Die den einzelnen Beobachtungen vom 8. April bis 3. Mai beigesetzten »Remarks« enthalten haupt- sächlich nur Angaben darüber, ob die Umstände für die Beobachtung mehr oder weniger günstig waren. Als ein Anhaltspunkt zur Beurteilung der Gesamthelligkeit des Kometen kann die Bemerkung zum 17. April (Tag des Vollmondes) benutzt werden, welche besagt, daß der Komet für das bloße Auge durch das Mondlicht fast ganz überstrahlt oder unkenntlich gemacht war (almost obliterated); die Beobachtungen waren aber trotzdem gut. Den Schluß des Kometenberichtes aus Valparaiso bilden Bemerkungen über das Aussehen des Gestirnes und besonders über seinen Schweif (a. a. O., p. 49). Bei seiner ersten Erscheinung war der Komet von einer matten weißen Farbe; der Schweif schien gespalten zu sein oder einen dunklen Streif Größe und Helligkeit der Kometen. 797 zwischen seinen zwei Seiten zu haben. Am zweiten Abend (also am 2. April) erstreckte sich der Schweif über einen Winkel von 7°, indem er bis p Ceti reichte; der nördliche Teil war der längere. Am 3. war das Aussehen fast dasselbe. Der Komet konnte nun bewölkten Himmels wegen nicht gesehen werden bis zum 7. April. An diesem Abend erschien der Schweif schon kürzer und der Kern weniger hell. Diese Ver- änderungen wurden anfangs der Störung durch das Mondlicht zugeschrieben; zum Schluß aber meinte der Einsender, daß sie von der zunehmenden Entfernung des Kometen herrührten. Der Schweif war anfangs gegen den Horizont fast unter einem rechten Winkel, in jeder folgenden Nacht aber mehr nach Süden geneigt. Die Dauer der Sichtbarkeit war an jedem Abend eine sehr kurze und diese mußte größtenteils zur Adjustierung des Mikrometers benutzt werden, so daß zum Zeichnen und daher auch zum längeren Betrachten des Kometen nur wenig Zeit blieb. Auf einer Tafel (Plate IV) ist zunächst das Aussehen des Kometen und insbesondere seines Schweifes am 2. April gezeichnet; dieser Zeichnung zufolge sind die beiden Arme oder Zweige des Schweifes unter einen Winkel von etwa 45° auseinandergegangen. In der unteren Partie dieser Tafel befinden sich die am Schluß des Textes erwähnten Skizzen; sie sind von 20., 21., 24. April, 1. und 3. Mai und zeigen den Schweif mit jedem Tage kürzer und schwächer. In welchem Verhältnis die Abnahme erfolgt ist, zeigen die folgenden Längen, die man durch direkte Abmessung auf der Tafel findet: 60, 43, 42, 36, 25 mm; beim letzten Tag ist die Zeichnung des Schweifes schon so zart und undeutlich, daß auch die Länge nur unsicher zu entnehmen ist. Am 3. Mai ist, wie schon bemerkt, der Komet zu Valparaiso zum letztenmal beobachtet worden, und es scheint, daß man ihn solange verfolgt hat, als es seine immer mehr zunehmende Lichtschwäche überhaupt gestattete. Zu dieser Vermutung gelangt man sowohl durch die Betrachtung und Vergleichung der erwähnten Kometenskizzen, insbesondere derjenigen vom 1. und 3. Mai, als auch durch eine Stelle in dem vom 4. Mai datierten Begleitschreiben des Kapitäns Hall (a. a. O., p. 46), wo es heißt, daß der Komet jetzt fast verschwunden ist (it is almost gone) und daß kaum zu hoffen sei, noch eine andere zufrieden- stellende Positionsbestimmung zu erhalten. Der Komet ist auf der Insel St. Helena (geogr. Breite — 15°9) einige Zeit vor dem Ende Bonaparte’s gesehen worden (Briefwechsel zwischen Olbers und Gauss, Il. Bd,, p. 123/124), und dieser war, wie in einem Feuilleton der »Wiener Zeitung« vom 10. Mai 1893 (»Tod und Begräbnis Napoleons«) zu lesen ist, abergläubig genug, um in dieser Erscheinung am Himmel ein Anzeichen seines baldigen Endes zu erblicken; in der Tat verschwand, wie es dort weiter heißt, der Stern an demselben Tage, an welchem Napoleon starb (somit am 5. Mai). Hier wurde also das Verschwinden (Unsichtbarwerden für das bloße Auge) eines Kometen in ähnlicher Weise mit dem Ableben eines Regenten in Verbindung gebracht, wie zum Beispiel das Verschwinden des Kometen von 1264 mit dem Tod des Papstes Urban IV. Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt werden, daß der Komet am 7. April auch zu Sydney auf Neuholland gesehen worden ist (Briefwechsel zwischen Olbers und Bessel, II. Bd., p. 219). Auf p. 217 des hier zitierten Bandes sagt Bessel, Herschel habe ihm geschrieben, daß Kapitän Hall den Kometen in Valparaiso im April in dem schönsten Glanze gesehen und beobachtet hat. Wenn man nun aus diesen Beobachtungsnotizen einige Helligkeitszahlen ableiten will, so bietet sich dazu von verwendbaren Angaben außer den zwei Notizen über den Kern nur die Schätzung von Gauss vom 1. März dar. Bei einer so geringen Zahl kann es nicht befremden, daß auch von Durchmesserangaben nur eine einzige überliefert ist, die beinahe selbstverständlich aus der Zeit der Schweiflosigkeit stammt, da ja bei einem Schweifkometen hauptsächlich Kern und Schweif hervortritt, während die den Kern umgebende Nebelhülle in den Hintergrund gedrängt wird und das umso mehr, je bedeutender die Schweifentwicklung ist. Man ist daher bezüglich der Gesamthelligkeit des Kometen wieder größtenteils auf Annahmen ange- wiesen, die sich jedoch hier mit einem nur geringen Spielraum fast von selbst ergeben, so daß die in der folgenden Übersicht enthaltenen Zahlen sowohl den überlieferten Bemerkungen Genüge leisten als auch der tatsächlichen Helligkeit des Kometen recht nahe kommen dürften, 798 Dr. J. Holetschek, 1821 | r H 5logrA H, Jänn. 25 1-51 (75)? —+ 2:0 (95)? Jän. 31-Febr. 3 1:36 (>83) 1:8 (6:2) 22 0-91 5? 0:8 4:2 27 VO 4? 04 3:6 März 1 0:73 33 —+ 0'2 31 April 1 0:47 2? — 1'3 383 17 0:91 4? —+ 0'9 31 Mai 3 1:26 51/9? —+ 21 34 Nach dem Periheldurchgang scheint der Komet, wie aus diesen Zahlen trotz ihrer geringen Sicher- heit zu entnehmen ist, heller gewesen zu sein als vor demselben. Als mittleres Maximum der reduzierten Helligkeit kann vor dem Perihel 4, = 3"6, nach demselben 3"3 angesetzt werden. Bei der Berechnung der wahren Schweiflänge sind von den scheinbaren Längen nur die jeweilig größten ausgewählt worden. Neal “ ee S > Jänn. 22 1:57 Marlia DE 0-11 23 1:55 Paris 2 0-11 25 151 Marseille 11/5 0:08 30 141 Paris 31/, 0:19 Febr. 22 0:91 » 41/, 0:23 März 2 0:71 ? 7 0:36 April 2 050 Valparaiso 7 0-21 18221. Ein Komet mit einer ziemlich kleinen Periheldistanz (g = 0'504), der zur Zeit des Perihels diesseits der Sonne, aber in den Sonnenstrahlen verborgen war und erst nach dieser Zeit beobachtet wurde, als er sich nicht nur von der Sonne, sondern auch von der Erde schon wieder entfernte. Er war einige Zeit für das freie Auge erkennbar, ohne aber ein allgemein auffälliges Objekt zu sein, und hatte einen Schweif, über den aber aus den Berichten nichts zu entnehmen ist, als daß er während des Beobachtungszeitraumes bis zur Unsichtbarkeit abgenommen hat. In der Lage des Perihelpunktes (}, = 186°7, b,= —12°2, I,—L, = 180° =-38°3 oder o, = — 181°?1, ,=-—13°9, ,—4A,= 180° =—-41°3) zeigt zunächst die ziemlich kleine Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen, daß die Erdnähe nicht weit von der Sonnennähe einge- treten ist, während es durch die einigermaßen südliche Richtung in Verbindung mit der ziemlich kleinen Periheldistanz erklärlich gemacht wird, daß der Komet auf einer vom Perihel ziemlich weit entfernt liegen- den Strecke nur auf der Nordhemisphäre beobachtet werden konnte. Bahn von Nicollet (Conn.d. T. 1826, p. 278): 11822, Mai 59-0125, zn = 344243050, = 12 267584 = 10622273827 1039702786: Zur Rechnung wurden außer dem ersten.Entdeckungs- und dem letzten Beobachtungstag nur noch zwei Tage ausgewählt; der, an dem der Komet bestimmt mit bloßen Augen gesehen wurde, und der, an ] s schweiflos bezeichnet worden ist, Größe und Helligkeit der Kometen. 799 | | | | | j 1822 0. D N N—4JL logr | logA |5logrA| X | | | Mai 12:4 181°8|+28?2 82° 47'|4+- 4°57'|+31°16'| 9-724 9-945 —1'7 8729 21:4 |89:0| 38:7 Sala 15 15 DIE 922938 0068 —0'7 60.0 Juni 2-4 193-2| 45-6 92 23 2211 20 41 gsaTT 0-181 —+0°5 38°5 22:4 1 96°94+51°7 94 53 +28 20 | + 4 5 0062 0:288 +1:'8 249 Am 4. Juni war Vollmond. Entdeckt wurde der Komet am 12. Mai von Gambart zu Marseille, am 14. von Pons zu La Marlia und am 16. von Biela zu Prag (Corr. astr., Vol. 6, p. 381). Das Wichtigste und Brauchbarste über sein Aussehen ist von Hallaschka berichtet worden, der ihn zu Prag gleich nach der Entdeckung durch Biela am 17. und 18. Mai gesehen und vom 19. Mai bis 22. Juni beobachtet hat (Astr. Nachr. I, p. 297, und Astr. Jahrb. 1825, p. 157). Der Kern war, als mit den Beobachtungen begonnen wurde, sehr hell und deutlich und daher beim Ein- und Austritt am Mikrometer ziemlich genau zu beobachten. Die Licht- atmosphäre breitete sich zu dieser Zeit schon mehr aus und wurde stets mehr sichtbar. Am 21. Mai sah Hallaschka den »Fremdling« als einen weißlichen schwachen Nebelfleck, dessen Mittelpunkt etwas lichter war, mit freien Augen. Die Lichtstärke und der Schweif nahm aber in den folgenden Tagen nach und nach ab, so daß der Komet am 22. Juni nur noch mit Mühe zu beobachten war. Am 25. Juni konnte er nicht mehr gefunden werden. Daß der Kometin den ersten Tagen recht hell gewesen sein muß, zeigt auch eine Bemerkung von Zach (Corr. astr., Vol. 6, p. 384), durch welche sein Sichtbarwerden für das freie Auge bei Abnahme des Mondes in Aussicht gestellt worden war, wenngleich dasselbe nicht zu der angegebenen Zeit eingetreten ist. Den Beobachtungen aus Marseille, die vom 17. Mai bis 17. Juni reichen, sind mehrmals Bemerkungen über die Helligkeit des Kometen beigefügt (Conn. d. T. 1826, p. 236), die aber keine bestimmte Verwendung finden können, da sie anscheinend nur dazu gemacht worden sind, zu zeigen, ob der Komet zum Beobachten hinreichend hell war oder nicht. So war er zum Beispiel am 2. Juni nur mit Mühe zu sehen, am 3. sehr hell, am 4. gut sichtbar, am 5. trotz wolkigen Himmels wieder sehr ansehnlich. Jedenfalls ist daraus zu ent- nehmen, daß er gewiß kein lichtschwacher, sondern ein recht heller Komet gewesen ist. In den zu Paris angestellten Beobachtungen (Obs. II., p. 25) findet sich nur eine einzige Bemerkung, die beachtenswert erscheint, nämlich die zum 2. Juni: Comete faible et sans queue. Über den Durchmesser des Kometen und die Länge seines Schweifes ist nirgends etwas angegeben. Nimmt man für den 21. Mai, an welchem Tage der Komet mit freien Augen gesehen wurde, als Helligkeit 5 bis 6” an, so ergibt sich als reduzierte Helligkeit 5"7 bis 6"7. Bezüglich des Schweifes kann wohl nicht viel mehr geschrieben werden als: C > O0. (1822 II war der Encke’sche Komet.) 1822 1. Dieser Komet ist der Sonne bis = 0'847 nahe gekommen, aber während des Beobachtungszeit- raumes kern- und schweiflos gewesen; der Erde hat er sich vier Wochen vor seinem Periheldurchgang bis auf die sehr geringe Distanz A= 0:14 genähert und war zu dieser Zeit auch dem freien Auge sichtbar. Zur Rechnung ist die Bahnbestimmung von Hind benutzt worden (Nature, Vol. 22, p. 205); die neuere von Peck (Astr. Journal, Vol. 25, p. 165), welche auch eine vollständige Ephemeride mit log r und log A enthält, war mir damals noch nicht bekannt. 1 NEL5B5e N=p37arsar, N 97a el Y— 1457427301, logrg = 3292797 Sso0 Dr. J. Holetschek, In der, Lage des Perihelpunktes (l, — 225°83, &,— 830°0, 5 L, = 180°Z—67°3 oder o,— —= 21195, , =—-4°9, ,-4, = 180° =—83°5) läßt die südliche Position desselben in Verbindung mit der nicht sehr kleinen Periheldistanz g=0'8 erkennen, daß die südliche Erdhemisphäre die bevorzugte war, was auch in der Tat der Fall gewesen ist. Der Komet wurde, nachdem er in Europa entdeckt und einige Male beobachtet worden war, auf der Südhalbkugel bei besonderer Erdnähe mit bloßen Augen gesehen und einige Tage mit sehr einfachen Instrumenten beobachtet. Diesen Beobachtungen entsprechend sind die in Rechnung gezogenen Tage ausgewählt worden. Mai 30:6 |340°7| — 022 | 342° 7'|+- 7°25'|—86°54'| 0075 9-832 —0'5 | 5824 Juni 8'6 | 3479 8:8 | 345 24 |— 3 19 92 13 0036 9-542 2210769121 126 | 3584 21-1 | 349 49 18 37 \—91 37 0.019 9.329 8.130 10,101%7, 18:4 | 91-3 50-5 93 2 7358 |+6 3 9.994 9154 4:3 | 98-0 19:4 | 1081 45:6 | 125 8 66 45 37 12 9:990 9-209 4:0 | 99-3 22-4 1131-9 32:1 | 147 4 47 35 56 16 9.979 9:396 3:1 | 98:0 24-4 |137:9| —26:8 | 150 48 |-40 40 |+58 6 9.971 9-501 —2:6 | 95°5 Der Komet erschien, als er am Morgen des 31. Mai von Pons zu La Marlia gefunden worden war, als ein gegen die Mitte verdichteter Nebel, ohne Schweif und ohne Kern. Er war übrigens so auffällig, daß der Entdecker meinte, man könnte ihn bei Abwesenheit des Mondes (am 27. Mai war erstes Viertel, am 4. Juni Vollmond) auch mit bloßen Augen erkennen (Corr. astr., Vol. 6, p. 385). Beobachtet wurde er vom 9. bis 13. Juni (bürgerl.) von Caturegli zu Bologna (a. a. O., p. 482) und am 10. und 11. Juni von Gambart zu Marseille (a. a. OÖ. und Conn. d. T. 1826, p. 238). Weiter konnte er in Europa trotz zunehmen- der Helligkeit nicht mehr verfolgt werden, weil er immer mehr in den Himmel der Südhemisphäre rückte. Am 18. Juni (gerade am Tag der bedeutendsten Erdnähe) wurde er zu Rio de Janeiro von Offizieren eines englischen Schiffes (W. Robertson und Ch. Drinkwater) gesehen und von denselben mit den ihnen zur Verfügung stehenden Apparaten bis 24. Juni beobachtet. Der Bericht ist von Henderson zugleich mit seiner aus diesen Beobachtungen abgeleiteten Bahn veröffentlicht worden (Phil. Trans. 1831, p. 1 bis 7) und enthält über den Kometen unter anderem das Folgende. Am 18. Juni, 6" 30" abends, wurde mit bloßen Augen nahe beim Stern Canopus ein heller runder Nebel bemerkt, der bei Betrachtung durch ein Teleskop das Aussehen eines Kometen zeigte. Obwohl er an diesem Tage in Konjunktion mit der Sonne war, gestattete seine große südliche Breite dennoch, ihn nach Sonnenuntergang zu sehen. Um 6" 40" wurden durch Sextantenbeobachtungen die Abstände des Kometen von hellen Sternen, und zwar Canopus, Sirius, & Hydrae und a Crucis bestimmt, obwohl die geringe Helligkeit des Kometen und die Unsicherheit bei der Schätzung seiner scheinbaren Mitte beträcht- liche Schwierigkeiten verursachte. Dasselbe geschah nun an den meisten der folgenden Tage. Am 19. Juni erschien der Komet schwächer als in der ersten Nacht; es war jedoch ein dünner Dunstschleier in der Luft. An den nächsten zwei Tagen war der Himmel bewölkt und erst am 22. wieder klar; Mond drei Tage alt. Der Komet wurde an diesem Tage wieder ohne Fernrohr bemerkt; er zeigte sich noch immer von runder Gestalt, ohne Schweif und Kern, auch wenn er mit einem Fernrohr angesehen wurde. Am 23. und 24. Juni konnte er bei klarem Wetter wieder beobachtet werden, doch machte sich schon das Mondlicht bemerkbar; an dem letzteren Tage wurden nur mehr zwei Distanzen gemessen. Am 25. Juni wurde der Komet gesehen, war aber wegen des hellen Mondlichtes zu einer Beobachtung mit dem Sextanten zu schwach. Am nächsten Tage war es bewölkt. Am 27. war der Abend schön, der Komet wurde aber nicht gesehen. Nachdem es am nächstfolgenden Abend wolkig gewesen war, wurde am 29. bei schönem Abendhimmel, aber bedeutender Mondeshelle (Alter des Mondes zehn Tage) nochmals nach dem Kometen ausgeschaut; er konnte jedoch nicht mehr gefunden werden. Größe und Helligkeit der Kometen. sol Es hat also in den letzten Tagen das zunehmende Mondlicht und die eigene Lichtschwäche des Kometen die Beobachtungen immer schwieriger und ihn schließlich für das bloße Auge oder ein schwächeres Instrument ganz unsichtbar gemacht. Nach der oben zitierten letzten Bemerkung von Pons dürfte der Komet am Entdeckungstag zwischen der 6. und 7. Größe gewesen sein; anderseits ist er am 18. Juni, als er zu Rio de Janeiro bemerkt wurde, wohl kaum schwächer als 3. Größe gewesen. Die reduzierte Helligkeit wäre nach diesen zwei Annahmen sehr nahe an der 7. Größe, nämlich: : = 1822 | r H | Skgra | 4, | | | | | Mai 30 1:19 | 6m5 | —0-5 | 7mO Juni 18 0-99 | 3 — 4:3 | (lo) 1822 IV. Dieser Komet hat es bei einer Annäherung an die Sonne bis g= 1'145 zur Entwicklung eines Schweifes von mäßiger Länge und geringer Helligkeit gebracht, konnte aber auf der Nordhemisphäre nur vor dem Perihel zur Beobachtung gelangen. Nach demselben wurde er zwar auf der Südhemisphäre beobachtet, doch ist aus dieser Zeit über den Schweif und überhaupt über das Aussehen des Kometen nichts berichtet. Seine Erscheinung war übrigens keine günstige zu nennen, indem die Annäherung an die Erde schon zwei Monate vor der Sonnennähe eingetreten ist und daher keine bedeutende sein konnte (nur bis A= 1:02), während anderseits der Komet zur Zeit des Perihels und nach demselben schon wieder recht weit von der Erde entfernt und nur für die Südhemisphäre zu beobachten war. Diese beiden Umstände sind auch in der Lage des Perihelpunktes angedeutet (4, = 272°1, , = —0°8, ,—L,=& 180° = —118?2 oder a, = 272°3, 8, = —24°3, «,— A, + 180° = — 115°9), und zwar der erste durch die bedeutende Größe der Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen, der zweite durch die südliche Deklination des Perihelpunktes in Verbindung mit der ziemlich bedeutenden Größe der Periheldistanz. Die Zeit vom ersten Entdeckungs- bis zum letzten Beobachtungstag (13. Juli bis 11. November) erstreckt sich über 121 Tage. Zur Rechnung wurde die in der Bahnbestimmung dieses Kometen von A. Stichtenoth enthaltene Ephemeride benutzt, welche mit der letzten elliptischen Bahn von Encke berechnet ist; die dort fehlenden Distanzen von der Sonne wurden nach einer parabolischen Bahn, und zwar der letzten von Hansen gerechnet. Das durch ‘die neue Untersuchung von Stichtenoth selbst gefundene Elementensystem (siehe auch Astr. Nachr. Bd. 145, p. 383) ist das folgende: n= 1822, Ok, Danger, A es, a al ee el el ll, i= 127° 20’ 47:95, log q= 0'058 8426, e= 0'9963021 (mittl. Äq. 1822-0). Für die Rechnung wurden meistens Tage ausgewählt, die durch besondere Beobachtungsnotizen markiert sind oder solchen sehr nahe liegen; der 28. August wegen der kleinsten Distanz des Kometen von der Erde. 1822 0 ö a— A logr | log A | 5logrA [2 | | Juli 17°5 352° 56'| 465° 22'|-123° 44'| 0.2747 | 0:2309 —+ 2°5 3225 26°5 337 25 68 43 |—148 13 02512 | 01715 Pohl 347 Aug. 8°5 298 3| +67 55 +159 48 0:2160 | 00842 —+ 15 37°9 | | Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. L.XXXVIIT. Bd. 106 Ss02 Dr. J. Holetschek, 1822 2 ö a— A logr logA | 5logrA k | As, 20:5 267° 35'| +55° 13'|+118° 4'| 01826 00230 = 1120) 41°4 28-5 256 55 A205 100° 72 01603 00089 0:8 44:2 Sept. 105 248 14 197,59 79 35 0:1254 00407 0:8 47°6 145 246 43 14 0 74 28 0°1153 00604 0:9 479 15°5 245 32 Ss 34 69 41 01057 00825 0-9 476 22:5 244 35 | +3 40 6809 00967 01057 150 468 Okt. 85 242 237 11 27 48 - 27 00689 01961 1:3 39-4 225 241 33 20) 42 3433 00594 02593 1:6 29-5 Nov. 10:5 241 8 | —30 16 |+ 15 32 00725 03155 = loR) 162 Vollmond war in dieser Zeit am 3. August, 1. September, 1. und 30. Oktober. Entdeckt wurde der Komet am 13. Juli von Pons zu Marlia (Corr. astr., Vol. 6, p. 483), am 16. von Gambart in Marseille (a. a. ©., p. 596) und am 20. von Bouvard in Paris (Observations, II., p. 27, und Conn. d. T. 1826, p. 279). Er war damals noch schwach, ohne Schweif und ohne auffällige Kernbildung. Aus der späteren Zeit, in welcher der Komet für das bloße Auge sichtbar wurde und es auch längere Zeit blieb, sind sehr brauchbare Bemerkungen über sein Aussehen überliefert, und zwar außer zwei längeren Reihen von Gambart (Conn. d. T. 1826, p. 238 bis 245) und Olbers (»Neue Reduktion«) auch noch vereinzelte Mitteilungen, insbesondere aus Mailand (Corr. astr., Vol. 7) und Palermo (Del Reale Össervatorio, p. 212). Die ersteren findet man auch in der zitierten Abhandlung von Stichtenoth übersichtlich zusammengestellt. Auch den schon zitierten Pariser Beobachtungen (Obs. II., p. 27), die bis 10. Oktober reichen, Sa Notizen beigefügt, die sich aber fast alle nur auf den Sichtbarkeitsgrad des Kometen beim Beobachten beziehen und dabei recht auffällig die jeweiligen Störungen durch das Mondlicht erkennen lassen; bloß die Angabe vom 7. September über die scheinbare Länge des Schweifes ist direkt verwendbar. Am 26. Juli bemerkte Gambart in der Mitte der Nebulosität zeitweilig einen Punkt, ähnlich einem Stern 9. bis 10. Größe. Am 8. August war der Komet nach der Angabe desselben Beobachters mindestens so hell wie der große Nebelfleck im Hercules das ist Messier Nr. 13 (4 = 5"8). Am 20. August war der Komet auch zufolge einer Bemerkung von Olbers heller als der große Nebel im Hercules und, wenn man seinen Ort wußte, bei dem sehr heiteren Wetter eben mit bloßen Augen zu erkennen (angenommen 5”5). Gambart bemerkte an diesem Abend zum erstenmal eine schwache Schweifspur, die sich in der der Sonne entgegengesetzten Richtung bis zu etwa 40’ erstreckte. Am 26. August war der Komet nach Ölbers bei nicht sehr günstiger Witterung in hellen Zwischen- zeiten gut mit bloßen Augen zu erkennen. Auch der Schweif war sichtbar; ob mit bloßen Augen oder nur im Fernrohr, ist zwar nicht gesagt, aber jedenfalls darf für den Kometen im Anschluß an die vorher- gehende Angabe jetzt schon die 5. Größe angenommen werden. Am 27. August war er nach einer Bemerkung desselben Beobachters zugleich mit dem Nebelfleck bei der Wade des Hercules im Felde des Fernrohres und ihm ungemein ähnlich, allein bedeutend heller und größer. Das Nebelobjekt ist Messier Nr. 92; H = 6"2. In diesen Tagen kam der Komet in die Mondeshelle und Olbers hat ihn auch jetzt verfolgt, so daß durch die diesbezüglichen Notizen eine wenngleich nur schwache Brücke zu den späteren Beschreibungen hergestellt ist. Am 29. August war über die Lichtstärke des Kometen wegen des hellen Mondscheines nicht zu urteilen; auch sah man van Schweif nur eine schwache Spur. Am 1. September, bei Vollmond und dunstiger Luft, war der Komet nur schwach, aber doch beträchtlich heller als der Nebel Messier Nr. 13 (5”8). Am 6. September, bei abnehmendem Mondlichte, war er wieder sehr hell; auch waren schwache Spuren seines Schweifes zu bemerken, Größe und Helligkeit der Kometen. 803 Am 8. September war der Schweif nach einer Notiz von Gambart ungefähr 2° lang, aber immer noch lichtschwach; die Nebulosität ziemlich hell, aber keine Spur von Kern. Es können nun zwei direkte Helligkeitsangaben vorgeführt werden, die im 7.Band der »Correspondance astronomique« von Zach enthalten sind. Bei der ersten (a. a. O., p. 95) ist kein Beobachtungstag genannt, doch war sie jedenfalls für Ende August oder Anfang September gemeint. Wegen der bedeutenden Größe des Helligkeitswertes darf sie aber auch auf die Zeit der größten theoretischen Helliskeit bezogen werden. »Der Komet wird immer mehr ansehnlich, und zwar ziemlich rasch; man sieht ihn sehr gut mit bloßen Augen, wie einen Stern der 3. Größe. Seit dem 21. August zeigt er einen der Sonne entgegengesetzten Schweif von ungefähr 1!/,°. Es hat den Anschein, daß er sehr schön werden wird.« Am 10. September hat der Beobachter in Mailand (a. a. ©., p. 373) unter anderem folgendes bemerkt: »Diesen Abend sah ich bei sehr heiterem Himmel zum erstenmal den Kometen mit bloßen Augen; er erschien wie ein blasser Stern 4. Größe. Er war aber schon einige Tage früher von scharfsichtigen Personen, denen man die Position gezeigt hatte, gesehen worden.« Olbers hat zu diesem und dem nächsten Tag bemerkt, daß der Komet sehr wohl mit bloßen Augen zu sehen war und daß sich sein blasser Schweif im Kometensucher auf 1!/,° verfolgen ließ. Auch am 13. September war der Schweif nach Olbers noch immer schwach, aber deutlicher und auf 21/,° zu ver- folgen. An einer anderen Stelle (Astr. Nachr., Bd. 1, p. 340) ist gesagt: »Ich sehe den Kometen jetzt ganz gut mit bloßen Augen, würde ihn aber damit nicht als Kometen erkennen.« Aus dieser Bemerkung darf wohl mit Sicherheit gefolgert werden, daß der Schweif und vielleicht auch der äußere Rand der Nebulosität mit bloßen Augen nicht zu sehen war. Der Kern nahm jetzt, was man zuerst von Harding (Astr. Nachr., Bd. 1, p. 351) am 15. September hervorgehoben findet, an Helligkeit und schärferer Begrenzung zu. Dabei wurde aber nicht nur der Kern, sondern auch der ganze Komet trotz der Helligkeitszunahme kleiner. Das wurde zu Mailand am 16. Sep- tember (Corr. astr., Vol. 7, p. 375), von Olbers am 19. und 21. September bemerkt. Zu Palermo wurde mehrere Male die Größe des Kernes d und der Nebulosität D bestimmt; werden diese Bestimmungen auf A= 1:0 reduziert, so ergibt sich: 1822 d dy D D, Sept. 15 ze s’2 RN 2!7 P) = <9IO 2 | 2-6 Okt 5 4 61 1 | 125 Aus den Zahlen D, ist zu ersehen, daß das Kleinerwerden des Kometen durch die Zunahme seiner Entfernung von der Erde nicht vollständig erklärt werden kann. Zu dieser Zeit nahm aber anderseits der Schweif bedeutend zu. Nachdem Olbers noch zum 14. September bemerkt hatte, der Schweif sei blaß, aber doch im Sucher erkennbar, hat er gleich am 16. und dann wieder am 19., 20. und 21. September hervorgehoben, daß der Schweif immer deutlicher sichtbar und heller werde. Harding konnte am 14. September den Schweif im Sucher bis zu einer Ausdehnung von 21/,°, Olbers am 20. September im Kometensucher über 4° verfolgen. Daß der Komet in dieser Zeit noch immer mit bloßen Augen zu sehen war, findet man bei Olbers am 14. und 21. September hervor- gehoben. Gegen Ende September war das Mondlicht den Beobachtungen etwas hinderlich. Am 25. schwächte zufolge einer Bemerkung von Olbers der starke Mondschein das Ansehen des Kometen, ohne jedoch die Spuren des Schweifes ganz vertilgen zu können. Nach diesem Vollmond und insbesondere in der zweiten und dritten Woche des Oktober wurde die Sichtbarkeit des Kometen durch seinen immer tieferen Stand am südwestlichen Horizont immer mehr beeinträchtigt, bis sie schließlich ganz ihr Ende fand. s04 Dr. J. Holetschek, Am 6. Oktober war der Komet nach ®lbers sehr gut zu sehen, selbst glänzend, der Kern etwas weniger deutlich, der Schweif trotz der niedrigen Lage sichtbar. In ähnlicher Weise hat Gambart zum 7. Oktober bemerkt, daß der Komet gut zu sehen war und daß man den Schweif trotz der geringen Höhe in einer Länge von °/,° erkannte. Zum 8. Oktober hat der Beobachter zu Mailand (Corr. astr., Vol. 7, p. 383) folgendes bemerkt: Der Komet zeigte sich bei zunehmendem Nachtdunkel sehr deutlich und erschien heller, obgleich tiefer, als der Stern 6. Größe Nr. 17 im Skorpion (=y Scorpii). Am 10. Oktober mußte Olbers den Kometen schon in der Abenddämmerung suchen, doch war derselbe noch sehr hell und zeigte noch Spuren des Schweifes. Auch am 15. Oktober war der Komet zufolge einer Bemerkung des Beobachters zu Mailand (Corr. astr., Vol. 7, p. 388) noch merklich hell, als er sich schon dem Horizont näherte. Zum letzten Mal wurde er hier am 21. und in Florenz am 22. Oktober beobachtet. Inzwischen war der Komet schon seit 22. September (nach Phil. Trans. 1829 seit 21. September) von Rümker zu Paramatta in Australien beobachtet worden, nachdem ein junger Mechanikus zuerst auf ihn aufmerksam gemacht hatte (siehe Berl. Astr. Jahrb. 1826, p. 180 und Astr. Nachr. Bd. 2, p. 207). Diese Art der Auffindung ist wohl mit der Annahme vereinbar, daß der Komet nicht weit von der 4. Größe gewesen sein dürfte. Rümker hat ihn sodann noch bis 11. November beobachtet, aber gar nichts über sein Aus- sehen berichtet. Es scheint jedoch, daß der Komet auch in dieser Zeit noch ziemlich hell war und nur wegen seiner geringen Elongation von der Sonne nicht noch länger beobachtet werden konnte. Stellt man nun die angegebenen beziehungsweise angenommenen Helligkeitswerte samt ihren Reduktionen zusammen, so hat man: 1822 Ben Z er Aug. 8 1:64 - Gambart Oz) == 105 4m2 20 1:52 Olbers 5.5? 1:0 45 26 1:47 » 5 0:9 41 Sept. ? _ (Genua ?) 3 08 2.2 10 1:33 (Mailand) E: 0:8 3:2 22 1:25 (Paramatta) 4? 1:0 30 Okt. 8 AT. (Mailand) >6 —+ 1:3 Sa In den Werten H, ist trotz der Unsicherheit der meisten Zahlen eine Zunahme unverkennbar, indem man fast mit Bestimmtheit sagen kann, daß-die reduzierte Helligkeit im August kaum bedeutender als 4?0 (im Mittel etwa 4”3), im September jedoch schon nahe an 3"0 und vielleicht noch etwas bedeutender war. Ob sie im Oktober, also zur Zeit der Sonnennähe, noch größer oder schon kleiner war, läßt sich aus den überlieferten Angaben nicht mit Sicherheit entnehmen. Die Helligkeitswerte könnten übrigens unter einander noch besser in Übereinstimmung gebracht werden, wenn man annehmen dürfte, daß der Komet durch die für Ende August oder Anfang September angegebene 3. Größe überschätzt worden ist. Es folgt jetzt noch die Zusammenstellung der Angaben über die Länge des Schweifes. Beobachter 1822 V (oder Beob- (& S | achtungsort) Aug. 20 1:52 Gambart 2/3° 0019 Sept. 7 1:36 (Paris) 1 0026 8 1:35 Gambart 2 0.053 1 "33 Olbers 4 Abu 0040 Größe und Helligkeit der Kometen. 805 Beobachter 1822 r (oder Beob- C S achtungsort | = I 7 - = Sept. 13 1:31 Olbers 21/00 | 0070 14 1:30 Harding 20-063 20 1:26 Olbers 4 Ion Okt. 7 1:18 Gambart >2]z >0:028 | Dazu sei noch bemerkt, daß auf Grund der überlieferten Angaben zwar der Kometenkopf, aber nicht der Schweif mit bloßen Augen gesehen worden ist, 1823. r Ein Komet mit einer ziemlich kleinen Periheldistanz (g =0'227), der drei Wochen nach seinem (am 9. Dezember 1823 erfolgten) Periheldurchgang in großer Helligkeit und mit einem ansehnlichen Schweif am Morgenhimmel aufgetaucht ist (Ende Dezember 1823) und in der vierten Woche seiner Sichtbarkeit (22. bis 31. Jänner 1824), als er dem bloßen Auge schon zu entschwinden begann, das ungewöhnliche Phänomen eines zweiten, dem ersten fast gerade entgegengesetzten, Schweıifes gezeigt hat. Er ist von da an noch durch zwei Monate (bis 31. März 1824) beobachtet worden, wobei er in den ersten Wochen wenigstens teleskopisch noch ein recht ansehnliches Nebelgestirn war und erst in den letzten Wochen so abgenommen hatte, daß er nur mehr mit stärkeren Instrumenten zu sehen war. Die Beobachtungen erstrecken sich also über etwas mehr als drei Monate. Daß der Komet zur Zeit des Perihels für uns in einer ungünstigen Stellung war, ist in der Lage des Perihelpunktes (I, = 295°7, 5b, = + 27°6, 1-L,= 180° =-141°4 oder a,= 292°7, = +6'l, %— 4A, & 180° = —143°3) durch die bedeutende Größe der Differenz zwischen den perihelischen Längen, beziehungsweise Rektaszensionen gekennzeichnet. Zur Ermittlung der zur Reduktion dienlichen Zahlen konnte direkt die in der Bahnbestimmung dieses Kometen von A. Hnatek! gegebene (mit den Bahnelementen von Schmidt, Berl. Jahrb. 1827, p. 129 berechnete) Ephemeride benutzt werden. Die von Hnatek selbst als definitive abgeleitete Bahn ist die folgende: 1118237 08749.4133985m 7. Greenwich, z 9, = 287 301 17.25, Q = 3037 348257 7= 1032482163. log q = 9:3555318 (mittl. Ägq. 18240). Für die Zeit der größten Auffälligkeit des Kometen wurden in dem hier folgenden Zahlentableau die in der zitierten Ephemeride hervortretenden viertägigen, für die spätere Zeit aber größere Intervalle gewählt. | | | 1823/24 7 ö | aA losr | TlogA [| 5 logrA | k Dez. 28:5 De allen ee ir 9:9138 — 1'42 SIE Jänn 1-5 252 9 14 56 29 24 9:8640 9-8717 132 83 35 3-5 250 5) 21 2 35 02 9.9159 9:8276 1:28 81 29 9=5 247 29 23 12 42 50 9:9608 97829 1.728 77 43 1375 243 53 37 1 50 47 00003 9.7409 I) 212) 17-5 238 18 47 14 60 40 0.0354 9-7071 1:29 64 56 zuleh) 228 27 +58 21 |— 74 45 00670 9:6884 — 1722 56 22 1 Diese Denkschriften, 87. Band. 806 Dr. J. Holetschek, nn nn nn ne nn nn nn nn nn = Tl SU U 1824 [2 ö a—A logr log A 5logrA | 12 6909 — 107 47° 35' 7150 0-81 39 58 Bebr. 165 118 583 64 39 |+159 12 0° "8057 — 013 31 18 Jänn. 255 208° 44'|+ 68° 24'|— 98° 40'| 00958 I 9 9 9 15°5 102. 16 49 36 130 48 0.2279 9:9632 —0'96 28 45 0 0 u) la ©) 73 16 |—139 14 0° 26°5 99 836 43 20 120 31 02617 1:59 28 36 ) 98 52 33 58 oe, 02922 1375 215 28 15 17°5 99 23 34 31 101 48 0:3328 0°2400 "86 ZERO +31 5 + 90 54 0:3742 03369 —+356 24 59 Vollmond war in diesem Zeitraum am 16. Jänner, 14. Februar und 15. März. März 5°: D&D wo = [Sl Va () pr [Se In der Abhandlung von Hnatek sind auch die Bemerkungen der Beobachter über das Aussehen des Kometen Tag für Tag fast vollständig wiedergegeben. Eine besonders erwünschte Zugabe bildet darin die Bekanntmachung der bisher nur im Manuskript vorhanden gewesenen Beobachtungen und Unter- suchungen von Gambart über die zwei Schweife des Kometen. Der erste Astronom, der den Kometen wahrgenommen hat, und zwar schon am 29. Dezember, scheint Pons gewesen zu sein. Dieser sah ihn zu Marlia an dem genannten Tage am Morgenhimmel über einem kleinen Hügel erscheinen; zuerst den Schweif und bald darauf den Kometen selbst. Man sah ihn, wie es in dieser ersten Mitteilung heißt (Corr. astr., Vol. 9, p. 595), ziemlich gut mit bloßen Augen; der Schweif mochte 3 bis 4° Länge haben. Es sind auch ein paar Angaben bekannt geworden (Corr. astr., Vol. 10, p. 83 und 186), nach denen der Komet noch früher gesehen worden sein soll, doch ist aus denselben, auch wenn sie sich wirklich auf den Kometen beziehen würden, nichts zu verwenden. Nach einer Mitteilung von Biela (Astr. Nachr. Bd. 2, p. 455 und Berl. Jahrb. 1827, p. 123), der den Kometen zu Prag am 30. Dezember Morgens entdeckt und am 31. auf der Prager Sternwarte gemein- schaftlich mit dem Direktor David beobachtet hat, erschien derselbe heller als der große von 1819, mit einem Schweif von 3° Länge und war sehr gut mit bloßen Augen sichtbar. Die erste bestimmte Helligkeitsangabe ist von Olbers (Zirkular zu Nr. 48 der Astr. Nachr.), der den »Fremdling« lange bewölkten Himmels wegen erst am Morgen des 5. Jänner sehen konnte. Es heißt dort: Zwischen Wolken und bei etwas dunstiger Luft schien er doch die Lichtstärke eines Sternes 3. Größe und einen Schweif von wenigstens 5° zu haben; im Fernrohr zeigte er einen scharf begrenzten lichten Kern im dünnen Nebel. Wegen der ziemlich großen Menge von Angaben sollen von hier an zunächst nur die über die Größe oder Helligkeit des Kopfes vorgeführt und reduziert werden und erst nach diesen die Angaben über den Schweif folgen. Am 6. Jänner morgens erschien der Kern nach Harding in Göttingen (Astr. Nachr. Bd. 2, p. 471) in einem Fraunhofer’schen Fernrohr von 4 Fuß unter 126maliger Vergrößerung so hell wie ein Stern 6. Größe; Durchmesser fast 3”. Nach den Mitteilungen von Cacciatore in Palermo (Del Reale Osservatorio, Libr. VII—IX) hatte der Kern am 9. Jänner 8” und am 21. etwa 10” Durchmesser, war aber jedesmal mit der ihn umgebenden Nebulosität vermengt; diese hatte am ersten der genannten Tage 1’ 40”, am zweiten 11/,’ Durchmesser, worauf sie am 27. Jänner bis zu 1’ verkleinert war. Der Kern war übrigens nach den Bemerkungen fast aller Beobachter nicht scharf begrenzt. Die Lichtstärke des Kopfes scheint in den ersten Tagen, abgesehen von einigen Schwankungen, welche insbesondere von Biela bemerkt worden sind und leicht auf Verschiedenheiten der Durchsichtigkeit der Luft in geringen Höhen zurückgeführt werden können, bis zur Mondzeit des Jänner im allgemeinen ziemlich gleich geblieben zu sein. Größe und Helligkeit der Kometen. 307 Die erste auffällige, wenngleich nur scheinbare Schwächung hat der Komet durch das Mondlicht erlitten. Nach Olbers (Astr. Nachr., Bd. 2, p. 469) war er am 11. Jänner ungeachtet des starken Mond- scheins mit bloßen Augen noch gut zu erkennen; der Kern war aber bei weitem nicht so hell und so begrenzt wie die ersten Tage. In der schon zitierten ersten Mitteilung (Corr. astr., Vol. 9) findet man (p. 598), anscheinend vom 20. Jänner, folgendes bemerkt. Der Komet ist noch immer für das bloße Auge sichtbar, obgleich der Kern an Glanz ein wenig abgenommen und die Länge des Schweifes nicht zugenommen zu haben scheint; der letztere ist nur etwas breiter geworden. Der Mond hat dem Aussehen des Kometen viel geschadet; er hat ihm beinahe den Schweif genommen. In einem Schreiben vom 31. Jänner (Corr. astr., Vol. 10, p. 89) hat Pons bemerkt, es habe ihn sehr überrascht, daß dieser schöne Komet, obgleich für das bloße Auge so ansehnlich, im Meridianfernrohr bei der Beleuchtung der Fäden nur sehr schwierig und wenig deutlich zu sehen gewesen sei. Das ist aber wieder nur ein Beweis für die Richtigkeit des in meinen Untersuchungen wiederholt hervorgehobenen und auch zur Anwendung gebrachten Erfahrungssatzes, daß ein Komet jener Zeiten, von dem berichtet ist, er sei schwer zu beobachten gewesen und habe die Beleuchtung nicht vertragen, trotzdem sehr ansehnlich und sogar für das bloße Auge sichtbar gewesen sein kann. Daß der Komet auch nach dem Jänner-Vollmond und insbesondere zu der Zeit, in welcher er zwei Schweife zeigte, noch recht gut mit bloßen Augen zu sehen war, hat Ölbers zweimal, nämlich in einer Bemerkung zum 23. und einer zum 28. Jänner ausgesprochen (Astr. Nachr., Bd. 3, p. 5 und 7). Aus dieser Zeit haben wir von Harding in Göttingen nicht nur ziemlich anschauliche Beschreibungen des Doppelschweifes, sondern auch verwendbare Angaben über die Helligkeit des Kopfes (Berl. Jahrb. 1827, p. 133). Leider sind dieselben mit anderen Nachrichten unter einem so langen und irreführenden Titel zusammengefaßt (a. a. O., p. 131), daß sie irrtümlicherweise schon mehrmals dem zu jener Zeit von einer Reise in Ägypten zurückgekehrten J. H. Westphal zugeschrieben worden sind; so zuletzt in der hier benutzten Bahnbestimmung von Hnatek und schon früher in Cooper’s »Cometic Orbits« (p. 147) und in der »Bibliographie astronomique« von Houzeau und Lancaster (Il. p. 702). Sie sind jedoch, wie man bei einem genaueren Einblick in die Mitteilung von Harding findet und von mir auch schon an einem anderen Orte (Astr. Nachr., Bd. 188, p. 245) dargelegt worden ist, nicht von Westphal, sondern von Harding selbst, dem Einsender der ganzen Mitteilung; von Westphal sind nur die auf der letzten Seite (p. 135) stehenden Bemerkungen über den Anblick des gestirnten Himmels in Ägypten. Am 23. Jänner, an welchem von Harding zum erstenmal der anomale Schweif bemerkt wurde, und zwar von fast gleicher Helligkeit wie die des von der Sonne abgekehrten, erschien er so hell, daß er von verschiedenen Personen sogar mit bloßen Augen wahrgenommen wurde; der Komet hatte gerade das Ansehen wie der bekannte spindelförmige Nebelfleck in der Andromeda. Nach diesen Angaben erscheint die Folgerung gestattet, daß der Komet selbst auffällig heller als das genannte Nebelgestirn, vielleicht 3. bis 4. Größe gewesen ist. Am 24. Jänner erschien der Kopf des Kometen größer als vorhin und fast ganz so hell wie der in seiner Nähe befindliche Stern » Draconis (36). Den 27. Jänner erschien der Kern im Sucher noch so helle wie ein Stern 4. bis 5. Größe und wie aus mehreren lichten Punkten zusammengesetzt; ein stärkeres Teleskop zur näheren Untersuchung dieser Erscheinung ließ sich des Gewölkes wegen nicht aufrichten. Soviel aus den Beobachtungen von Harding. Zu Beginn des Februar scheint man nicht mehr darauf geachtet zu haben, ob der Komet auch mit bloßen Augen zu sehen war. Nach Gambart war er am 6. Februar im Sucher gut sichtbar und erschien in demselben etwas heller als der Nebel im Hercules. Da der Helligkeitseindruck dieses letzteren Objektes nahe an 5”8 liegt, soll für den Kometen 5"3 gewählt werden. Vom 16. Februar ist noch eine Durchmesser- und vom 17. eine Helligkeitsangabe überliefert. Am 16. glich zufolge einer von Wisniewski in Petersburg an die Astr, Nachr. eingesendeten Notiz der schon 808 Dr. J. Holetschek, lichtschwache und dem bloßen Auge unsichtbare Komet einem Nebelfleck von 3’ Durchmesser. Am 17. sah man zufolge einer Bemerkung von Gambart (Conn.d. T. 1827, p. 315) den Kometen sehr gut im Sucher, wo derselbe ungefähr so ansehnlich war wie der Nebel beim Antares (a peu pres aussi apparente que la nebuleuse d’Antares). -Mit diesem Vergleichungsobjekt ist offenbar der sechs Zeitminuten vor dem Stern «a Scorpii stehende Sternhaufen Messier Nr.4 gemeint, dessen Helligkeitsgrad nach mehreren Beob- achtungen nicht weit von 6"8 ist. Diese Helligkeit soll nun, obwohl die Vergleichung wegen des großen Abstandes zwischen den beiden Objekten wahrscheinlich nur nach dem Gedächtnis gemacht worden ist, auch für den Kometen angenommen werden. Es folgt nun die Reduktion der Helligkeitswerte auf die Distanzeneinheit. Die in Klammern () gesetzten beziehen sich bloß auf den Kern. 1824 Beobachter H SlogrA |; H, | ı Jänn. 4/5 Olbers Om — 1:3 4m3 5/6 Harding (6) 1:3 (7:3) 23 » 35? 122 47 24 » 3:6 151 47 27 > (4:5) 029 5:4) Febr. 6 Gambart 53? — 0:1 54 17 » 68 —+ 0:9 rg Wenn noch versucht werden soll, auch aus den Angaben der späteren Zeit einen Helligkeitswert abzuleiten, so kann dazu nur der Umstand benutzt werden, daß der Komet im März wegen schon weit vorgeschrittener Helligkeitsabnahme nur mehr mit den stärksten Instrumenten jener Zeit beobachtet werden konnte. Am 24. März zeigte sich der Komet nach Harding (Berl. Jahrb. 1827, p. 133, und Astr. Nachr. Bd. 3, p. 193) im Schroeter’schen 13schuhigen Reflektor noch so helle und mit einem so lichten Kernpunkte, daß die Erwartung berechtigt schien, er hätte mit diesem starken Teleskop bei günstigerem Wetter noch acht Tage länger verfolgt werden können. Die vorletzte Beobachtung ist am 28. März von Wisniewski in Petersburg und die letzte am 31. von Knorrein Nikolajew gemacht worden. Pons hat den Kometen zum letztenmal am 1. April gesehen oder eigentlich nur mehr vermutet (Corr. astr., Vol. 10, p. 293), nachdem er ihn am 26. März noch ein wenig im Sucher zugleich mit dem Stern % Geminorum gesehen hatte. Als Helligkeit des Kometen kann demnach für Ende März wohl schon die 10. Größe angenommen werden oder, wenn man einen Spielraum von einer Größenklasse zulassen will, etwa 9/, bis 10!/,”; die reduzierte Helligkeit 7, wäre somit 6 bis 7”. Stellt man jetzt die einigermaßen gesicherten oder wenigstens nicht unwahrscheinlichen Helligkeits- werte H, zugleich mit den zugehörigen Radiusvektoren r zusammen, so hat man: 1824 (2 | H, Jänn. 4/5 0:82 4m3 24 1:23 47 Febr. 6 1:48 54 17 1:67 5:9 März 31 2:37 6°5 Indem wir nun vom Helligkeitsgrad zu den Dimensionen des Kometen übergehen, sollen hier zunächst die wenigen Angaben über den Durchmesser des »Kernes« d und der ganzen Nebulosität D zusammengestellt, dabei aber wie gewöhnlich nur die letzteren auf A = 10 reduziert werden. Größe und Helligkeit der Kometen. 809 1824 Beobachter | d | D D, Jänn. 5/6 Harding 3 _ _ 9 Cacciatore 8 12/3" 1'0 21 > 10 Lil 0-7 27 > _ 1 0:5 Febr. 16 | Wisniewski _ 3 2-6 Aus den bedeutenden Unterschieden zwischen den Zahlen der Kolumne D, und insbesondere gegen die letzte derselben kann entnommen werden, daß wir über die Größe eines Kometenkopfes zur Zeit der lebhaftesten Schweifentwicklung viel weniger urteilen können, als zur Zeit der Schweiflosigkeit. Der Schweif des Kometen scheint, obwohl er in den ersten Tagen so hell war, daß er auch dem freien Auge auffiel, diese seine bedeutende Helligkeit ziemlich bald verloren zu haben. Schon am 9. Jänner liest man bei den in Palermo gemachten Beobachtungen, daß sich die angegebene Länge des Schweifes auf die im Nachtfernrohr gesehene Dimension bezieht; ebenso beim 21. und 27. Jänner. Immerhin muß er aber in dieser Zeit doch noch ziemlich auffällig gewesen sein; als der zweite Schweif am 23. Jänner gesehen wurde, konnte er nach der oben zitierten Mitteilung von Harding (ver- mutlich samt dem mit ihm fast gleich hellen gewöhnlichen Schweif) auch mit bloßen Augen wahrgenommen werden. Gegen Ende Jänner und Anfang Februar nahm aber mit dem Unsichtbarwerden des zweiten Schweifes auch der erste rasch ab. Gambart hat beide Schweife nach dem 30. Jänner noch am 1. Februar gesehen, dagegen am 3. und 6. Februar nur mehr den der Sonne entgegengesetzten, der sodann am 17. zum letzten Mal erwähnt ist. Sehr befremdend ist es, daß man zu Palermo, wo man doch fast bei jeder Beobachtung und so insbesondere am 23., 24. und 27. Jänner auch das Aussehen des Kometen notiert hat, den zweiten Schweif nicht bemerkt zu haben scheint; der 24. Jänner muß wohl außer acht gelassen werden, weil der Komet an diesem Tage nur durch Wolken gesehen wurde, aber beim 23. und 27. Jänner muß es gewiß befremden, daß an diesen zwei Tagen ganz so wie an anderen nur die Länge des bisherigen gewöhnlichen Schweifes angegeben und über einen zweiten gar nichts bemerkt ist. In die nun folgende Zusammenstellung sind die Angaben über die scheinbare Länge des Schweifes so gut wie alle aufgenommen. Die wahre Länge ist jedoch wie gewöhnlich nur für die größeren Längen gerechnet; für die Zeit der Duplizität des Schweifes dann, wenn die scheinbare sowohl für den einen wie für den anderen Schweif angegeben ist. Die beiden Schweife sind in diesen Fällen in der Weise unter- schieden, daß der von der Sonne abgewendete, normale Schweif mit I und der der Sonne zugewendete, zweite Schweif mit II bezeichnet ist. Bei der Berechnung der Länge des zweiten Schweifes wurde die Annahme gemacht, daß der- selbe direkt gegen die Sonne gerichtet war, obwohl dies, besonders in den letzten Tagen, anscheinend nicht der Fall gewesen ist. Es ergibt sich also unter dieser Annahme, wenn die Länge des von der Sonne Asin C abgekehrten, normalen Schweifes S; — ma) ist, die genäherte Länge des der Sonne zugekehrten, sin (k— . & Asin C zweiten Schweifes aus — Er en) Beobachter 1823 Y (oder Beob- C Ss achtungsort) Dez. 29| 066 Pons | 3—4° | 0050 f Biela 3 | _ 30 | 0-68 \ (Paris) 3 0-048 | Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVII. Bd. 107 s10 Dr. J. Holetschek, | Beobachter 1824 r (oder Beob- C | achtungsort) Jänn. 1 | 0:73 (Greenwich) 4° 3 | 0-78 Nicolai 11/5 4 | 0:80 Ölbers, Harding >5 5 I 0-82 Harding 43, IE 70-91 (Palermo) 6 10 | 0:94 Harding 3 13 | 1:00 Gambart 5 Ze N (Palermo) 5 (Palermo) 4 pi 21/, Olbers 23 | 1-21 lu ? 1 31 Harding m Fi \ 2 l 41 | Harding { m 2 24 | 1:23 Gambart I 4 (Paris) u g (Palermo) 21/g o7 | ı- I 3 27 | 1:29 Harding { in 5 > ja 1°5 30 | 1:34 Gambart \ it > f I 1:5 Febr. 1 | 1:38 Gambart \ N: 2 5 | 1:46 (Palermo) > a 01767, Gambart >o0 18241. Über das Aussehen dieses Kometen ist nichts berichtet, und da man überdies bezüglich seines Helligkeitsgrades nur auf Annahmen von beträchtlicher Unsicherheit angewiesen ist, läßt sich für ihn nichts bestimmtes ableiten. Er ist von C. Rümker in Australien zu Stargard, einer 6 Meilen von Paramatta entfernten Farm, am 14. Juli entdeckt und vom nächsten Tag angefangen bis 6. August an 18 Tagen beobachtet worden. Das Datum der Entdeckung ist im Briefwechsel zwischen Olbers und Bessel (Il, p. 267) und ebenso im Briefwechsel zwischen Olbers und Gauss (IlI., p. 370) angegeben; die Beobachtungen selbst sind an mehreren Stellen publiziert (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 107, Mem. Astr. Soc., II., p. 284, Phil. Trans. 1829, p. 58). Außerdem wurde der Komet von Brisbane in Paramatta vom 28. Juli bis 11. August an 9 Tagen beobachtet (Mem. Astr. Soc. Il., p. 281). Aus diesen Beobachtungen sind von Doberck vier Normalorte gebildet und daraus die nach- stehenden Bahnelemente gerechnet worden, welche die äußeren Orte völlig darstellen, aber in den zwei mittleren noch ziemlich beträchtliche Fehler übrig lassen, die wohl gänzlich der geringen Genauigkeit der Beobachtungen zuzuschreiben sind (Astr. Nachr., Bd. 84, p. 79, und Monthly Notices, Vol. 34, p. 426): T— 1894, Juli 11751423, Er IR = 3302037 ERBE AR aN5oerg IE Lage des Perihelpunktes: /, = 250°1, db, =-20°9, 1,—L, = 180° = -39°4 oder 4, = 244°4, 8, =—42°6, 0-4, —& 180" = —46°7. vu Größe und Helligkeit der Kometen. stl Als Rechnungszeitpunkte wurden, da kein einziger Beobachtungstag durch eine besondere Bemerkung hervorgehoben ist, gleichweit von einander abstehende Tage gewählt (Pariser Mittag), wozu sich, da der Abstand zwischen dem Entdeckungs- und dem letzten Beobachtungstag 28 Tage beträgt, am nächsten ein 7tägiges Intervall darbot. 1824 “| ö N B A—L logr logA |5logrA k Juli 14:0 | 144°1| + 2?1 [145° 44'|_11°30' —+33°52'| 9:774 9-883 | — 1:7 | 96°0 21°0 | 157-9 10-4 1155 40 +1 4 376 9:798 9:976 NR Re) 28-0 | 166-0 16°1 [160 49 9719 35 34 9-841 0062 — 0751607 Aug. 4-0 1171-1 20:1 1163 46 14 53 31 49 9:893 0:133 —+0'1 | 47°8 11:0 [1747| +22:9 |165 42 +18 52 |427 2 9:945 0189 —+0:7 | 38°2 \Wenn nun für den Kometen trotz des sehr bedauerlichen Mangels an Beobachtungsnotizen wenig- stens ein Versuch zur Ermittlung seines mutmaßlichen Helligkeitsgrades gemacht werden soll, so steht zu diesem Zweck nichts zur Verfügung als der Umstand, daß der Komet von Rümker mit einem Teleskop von Gilbert (Kreismikrometer) beobachtet worden ist. Danach scheint immerhin die Folgerung zulässig, daß der Komet in den ersten Beobachtungstagen einerseits nicht besonders hell, andrerseits auch nicht besonders schwach gewesen ist, also vermutlich zwischen der 4. und 7. Größe war, wobei aber die größere Helligkeit wahrscheinlicher ist als die kleinere, und demnach mit einer ziemlich beträchtlichen Unsicherheit 5” gewählt werden darf. Die reduzierte Helligkeit 7, wäre somit zwischen 5"”7 und 8"7 oder, wenn man der bedeutenderen Helligkeit ein größeres Gewicht geben will, nicht allzuweit von 61/, bis 7". In der schon zitierten Mitteilung an Olbers (Briefwechsel a. a. O.), die vom 28. Juli datiert ist, sagt Rümker, daß der Komet an dem genannten Tage, an welchem er nahe bei » (nicht ö!) Leonis war, schon an Lichtstärke abgenommen hat. Diese Bemerkung stimmt, wie man sieht, mit der Rechnung überein, ohne aber eine bestimmte Helligkeitsangabe zu liefern. Wenn nun die Helligkeit des Kometen in den ersten Tagen tatsächlich, so wie hier angenommen wurde, nicht weit von der 5. Größe gewesen ist, so dürfte sie, da sie während des Beobachtungszeitraumes nach der Rechnung um mehr als 2 Größenklassen abgenommen hat, in der letzten Zeit schon zwischen der 7. und 8. Größe gewesen sein; und diese verhältnismäßig geringe Helligkeit macht es im Verein mit der Störung durch das Mondlicht (indem am 1. August der Mond im ersten Viertel und am 9. August Vollmond war) leicht erklärlich, daß Rümker die Reihe seiner Beobachtungen schon mit dem 6. August geschlossen hat. Daß der Komet zu Paramatta auch noch am 8. und 11. August beobachtet worden ist, läßt vermuten, daß dort ein stärkeres Fernrohr zur Verfügung stand. Was für eines und wie dasselbe war, ist nicht angegeben. Man kann also auch auf Grund dieser letzten Erwägung dabei stehen bleiben, daß die reduzierte Helligkeit in der Nähe der Strecke 6!/, bis 7" angenommen werden darf. 18241. Dieser Komet ist sowohl an sich als auch für die Erde nur wenig ansehnlich gewesen. Der Sonne hat er sich bis g = 1:05 genähert und ist dabei anscheinend schweiflos geblieben. Für die Erde ist er unter recht günstigen Verhältnissen erschienen, indem sein Erdabstand A trotz der langen Zeit von od Monaten, über die sich die Beobachtungen erstrecken, stets < 1:0 geblieben ist, aber trotzdem findet man nichts darüber bemerkt, daß das Gestirn auch mit bloßen Augen gesehen worden wäre. Daß die Erscheinung für die Erde eine günstige war, ist in der Lage des Perihelpunktes (,=1*°1, b, = +54°3, ,—L,& 180° = —5°2 oder = 331°7, &,= +48°6, u,— A, + 180° = —34°0) durch die Kleinheit der Differenzen zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen angedeutet; s12 Dr. J. Holetschek, andrerseits läßt die bedeutend nördliche Position des Perihelpunktes in Verbindung mit der Größe der Periheldistanz erkennen, daß der Komet um die Zeit des Periheldurchganges besonders für die Nord- hemisphäre zu sehen gewesen ist, was in der Tat der Fall war. Der Komet ist innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes an vier verschiedenen Orten entdeckt worden; am 23. Juli von Scheithauer in Chemnitz (zufolge einer Mitteilung von Encke in der Corr. astr., Vol. 11, p. 193), am 24. von Pons zu Marlia (Corr. astr., Vol. 10, p. 615), am 27. von Gambart in Marseille (Astr. Nachr., Bd. 3, p. 257) und am 2. August von Harding in Göttingen (a. a. O.p. 241). Nach Pons war er damals sehr klein, völlig unsichtbar für das bloße Auge, ohne Schweif und ohne »chevelure«; ein schwacher Lichtfleck von geringer Ausdehnung. Ebenso schrieb Gambart, daß der Komet sehr schwach, ohne Kern und ohne Schweif war. Harding nannte ihn am 2. August einen ziemlich hellen, aber doch nur im Fernrohr sichtbaren Kometen. Immerhin war das Gestirn nach einer Bemerkung von Olbers (a. a. O., p. 242) am 6. August nach Untergang des Mondes auch im Kometensucher zu sehen. Von den weiteren Notizen soll zunächst eine von Pons hervorgehoben werden, der den Kometen bis zum 24. Dezember verfolgt und über seine Sichtbarkeit wiederholt Mitteilungen gemacht hat (Corr. astr., Vol. 11, p. 98, 383, 489, 584, 588). Pons bemerkte nämlich (p. 98) am 20. August eine Ausdehnung des Kometen auf der der Sonne entgegengesetzten Seite, also eine Andeutung von Schweifbildung, aber zu schwach, um als gesichert gelten zu können. Auch Olbers hat (»Neue Reduktion«), und zwar zum 25. August die Bemerkung gemacht, daß sich der sehr diffuse Nebel auf der der Sonne entgegengesetzten Seite mehr auszudehnen schien. Später findet man darüber nichts mehr berichtet. Vielleicht war diese angedeutete, aber nicht zum Durchbruch gelangte Schweifbildung die Ursache davon, daß im August von Carlini in Mailand und von Capoceci in Neapel (Corr. astr., Vol. 11, p. 192 und 589) Anomalien in den Helligkeitsverhältnissen des Kometen bemerkt worden sind. (Man wird dadurch an die am Kometen 1908 c im September und Anfang Oktober beobachteten Vorgänge erinnert.) Bedeutend kann die Helligkeit zu dieser Zeit wohl nicht gewesen sein, da der Komet nach einer Bemerkung von Carlini (a. a. O., Vol. 11, p. 192) fast an der Grenze der Unsichtbarkeit (natürlich in dem benutzten Fernrohr) stand. Aus den Beobachtungsnotizen von Ölbers ist auch zu entnehmen, daß der Komet in dem Zeitraum zwischen 28. August und 3. Oktober am besten zu sehen war und einen Kern gezeigt hat, der am 18. September als glänzend, jedoch verwaschen bezeichnet ist. Auch in den von Littrow in Wien an. die »Astr. Nachr.« (Bd. 3, p. 367) eingeschickten Beobachtungen ist, und zwar zum 15. und 16. September bemerkt, daß der Komet einen deutlichen Kern hatte. Nach den Mitteilungen von Capoceci (Corr. astr., Vol. 11, p. 589/590) hat der Komet gegen den 20. September seine größte Helligkeit erreicht. Anfang Oktober hatte er schon abgenommen; gegen Ende dieses Monats war er abermals schwächer, ebenso auch wieder zu Anfang des November und von da an wurde er noch schwächer, so daß er nur mehr mit Mühe beobachtet werden konnte und Capocei zu dem Schlusse kam, die Gesamtheit dieser Erscheinungen könne nur dargestellt werden, wenn in der Helligkeitsformel 7? durch r? ersetzt wird. Diese Folgerung hätte übrigens viel gewonnen, wenn versucht worden wäre, die beobachteten Helligkeiten durch Zahlen auszudrücken. Daß der Komet in der letzten Zeit schon bedeutend abgenommen hatte, ist auch von anderen Beobachtern, die ihn bis November oder Dezember verfolgt haben, hervorgehoben worden; so insbesondere von Pons in den letzten seiner oben zitierten Mitteilungen. Nach Olbers war er am 15. November klein und im Kometensucher kaum zu erkennen. Nach Argelander (Observationes Äbo, I) war er am 10. De- zember zwar schon sehr schwach, aber doch noch gut zu beobachten. Es sind auch Meridianbeobachtungen des Kometen versucht worden. Pons hat zu Marlia vom 18. Oktober bis 4. November an 7 Tagen mühsam Fadenantritte beobachtet (Corr. astr. Vol. 11, p. 384). Zu Altona (Astr. Nachr., Bd. 3, p. 361) und Neapel (Corr. astr. Vol. 12, p. 119) geschahen die Beobachtungen im völlig dunklen Gesichtsfeld, worin aber Vorrichtungen angebracht worden waren (ein Kreismikrometer iehungsweise eine viereckige Platte), welche einen Anschluß an den Mittel- und Horizontalfaden gestatteten. Auf diese Weise wurde der Komet zu Altona vom 22. Oktober bis 27. November, zu Neapel Größe und Helligkeit der Kometen. s13 vom 16. bis 28. November in der unteren und dann noch vom 14. bis 25. Dezember in der oberen Nul- mination beobachtet. Und das waren die letzten Positionsbestimmungen dieses Kometen. Zur Untersuchung dieser Helligkeitsverhältnisse konnte eine Ephemeride benutzt werden, welche Dr. R. Klug für eine neue Bahnbestimmung des Kometen angelegt und mir freundlichst zur Verfügung gestellt hat. Sie ist nach der letzten Parabel von Encke (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 123) gerechnet u. zw. für 0" m. Z. Berlin. Die von R. Klug selbst abgeleitete, aber noch nicht publizierte Bahn ist die folgende.Ellipse I EPARSED 2 IETOFEETTNTZE Berlin m = 857 15780706, = PIC i= 54° 34 11'3, log qg = 0:0210574, e= 09992982 (m. Aeq. 18240). Wegen der geringen Änderungen, die der Komet in dem sehr langen Beobachtungszeitraum gezeigt hat, erschien es hinreichend, aus jedem Monat durchschnittlich nur zwei Tage auszuwählen, wobei nur noch darauf gesehen wurde, daß darunter nebst der Zeit der Sonnennähe auch die der ersten und zweiten Erdnähe (23. Juli und 5./6. Dezember) und die der größten Distanz von der Erde (3./4. Oktober) zum Vorschein kommt. 1824 0, | ö a— A log r log A 5logrÄA | k Jule 2370 | 268° 22" 120° 47° 1450 43'| 01821 98028 0:08 | 2923 Aug. 801 254 21 | 2825, Me 71 0218132779283611 0:16 | 46-6 24:0 243 42 | 38 30 | 90° 30 0:0822 | 98958 | 0-11 | 562 Sept. 9-01 2386 9 45 21 | 68 25 | 0-0483 9-9443 0-07 | 59° 8 19:0 Dar? 48 55 | 55.29 0:0267 | 99635 | 0-05 603 29-0 228 22 Dos au 4923811020201 1959730 0:03 60-1 Okt. 4:0| 226 23| 53 5ı| 36 7| o:0224 | 9-9740 | — 0:02 | 59-8 26-0 | 215 47 61 37 |+ 4 591 00575 | 9-9511 | + 0:04 | 56-9 Nov. 15-0 194 42 zii 2136, Koylır (02114972 |0949002 0:08 49:2 Dezar 570 118 39 ZA 33 aa 01783 | 9-8623 0:20 | 33-4 25-451 79 A6ı| +52 51 |+165 1A | 0-2404 | 9.9152 + 0-78 17-1 Vollmondtage: 9. August, 8. September, 8. Oktober, 6. November, 6. Dezember. Die theoretische Helligkeit hat sich, wie man sieht, während des ganzen Beobachtungszeitraumes nur außerordentlich wenig geändert; vom 23. Juli bis gegen die Mitte des September war 5 log r A nahe an —0'1 (am größten, nämlich —0:165, am 6. August), von der zweiten Hälfte des September bis Ende Oktober nahe an 0:0, im November nahe an +01, und erst im Dezember wurde die Änderung eine größere. Wenn man nun versucht, die oben dargelegten Beobachtungsnotizen durch Annahme von bestimmten Helligkeitswerten sowohl unter einander als auch mit anderweitigen Erfahrungen in Übereinstimmung zu bringen, so scheint es, daß dies in ziemlich einwandfreier Weise geschehen kann, wie folgt: 1824 r H | H, Juli 23 1:5 7m5? zum6 Aug. 1:31 7 —71jm an —7Am6 Sept. 20 reil 6m5 6m5 Anfang Okt. el 63/0 6:8 Ende Okt. 1-2 7 7 - Ende Nov. u. Anf. Dez.| 14 Allg 74 Dez. 14—25 1:6 8— 81/,m lm —8 Nimmt man auf den hier zur Anschauung gebrachten Gang in den Werten von H, keine Rücksicht, so kann im Mittel 4, = 7"0 + 05 angesetzt werden. sı4 Dr. J. Holetschek, 18251. Dieser Komet hat sich der Sonne bis g= 0:89 genähert, ist aber nur zu einer sehr geringen Schweif- entwicklung gelangt. Für die Erde war seine Erscheinung eine recht günstige; er ist bald nach seiner Sonnennähe auch in die Erdnähe gekommen (bis A= 0:78) und konnte zu dieser Zeit in der nördlichen Circumpolargegend des Himmels in bedeutender Helligkeit beobachtet werden, ohne aber für das bloße Auge auffällig gewesen zu sein. In der Lage des Perihelpunktes (}, = 262°2, b,= + 53°4 1 L, = 180” = + 13°0 oder 0, = 264°7, 9, = + 301, ,—-4, = 180° = + 17°1) ist die günstige Stellung des Kometen zur Erde überhaupt durch die Kleinheit der Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen und die günstige Stellung für die nördliche Hemisphäre durch den nördlichen Stand des Perihelpunktes in Verbindung mit der ziemlich großen Periheldistanz angedeutet. Was die Beobachter über das Aussehen des Kometen berichtet haben, ist von H. Boegehold in seiner im Jahre 1908 erschienenen Bahnbestimmung (Astr. Nachr., Ergänzungsheft Nr. 14) fast vollständig mitgeteilt worden, so daß hier nur noch wenig hervorzuheben übrig bleibt. Aus der in dieser Publikation enthaltenen Ephemeride sind für einige Tage die zur Untersuchung des Kometen dienlichen Zahlen ent- nommen worden, während die dort fehlenden Werte von log r mit einer der am verläßlichsten erscheinen- den Parabeln, und zwar mit der von Clausen, berechnet wurden. 1825 | [2 | ° a— A logr log A 5logrA 7? Mai 18:5 4° 54'| 48° 15'| —50° 29'| 9:9618 0:0622 —+ 0:1 57°2 27°5 12 46 63 16 | —51 40 9:9498 9:9716 — 04 67°3 Juni2625 STEIN) 80 30 | +12 30 99533 9:8987 0°7 73-5 12-5 146 29 68 57 65 37 9:9637 9:8961 0:7 726 24°5 163° 31 397 55 7 il 9:9986 9:9830 — 01 62°5 Juli 14°5 168 56 | +14 14 | —+55 1 0:0769 0:1747 —+ 1:3 42'6 Am 1. und 30. Juni war Vollmond. Der Vollständigkeit halber soll hier auch die von Boegehold als wahrscheinlichste Bahn abgeleitete Ellipse einen Platz finden: 118253 Ma113029292 9 Baris, 7 0521062 0023 DU 75847 Pal losq—=,923928907, 2039965331: Der Komet wurde von Gambart zu Marseille am Morgen des 19. Mai entdeckt (Corr. astr., Vol. 12, p- 513) und zuletzt von Rümker in Australien am 15. Juli beobachtet; die größte Auffälligkeit zeigte er im Juni. Gambart hat über seine Beobachtungen und die Bahnberechnung ein kleines Memoire ver- öffentlicht (Conn. d. T. 1829, p. 322) und später auch das Detail der Beobachtungen bekannt gemacht (Conn. d. T. 1830, p. 121 bis 125). Über den Kometen selbst ist unter anderem das folgende bemerkt. Nachdem derselbe am Ent- deckungstage wegen der schon zunehmenden Tageshelle fast nur wie ein Stern erschienen war, zeigte er sich am folgenden Tag als eine ziemlich runde Nebulosität von 2’ Durchmesser, in der Mitte stark verdichtet, aber ohne Kern. Am Morgen des 28. Mai wurde der Durchmesser auf 5’ geschätzt, auch war im Nachtfernrohr eine schwache Schweifspur zu vermuten. Am 8. Juni war der Schweif etwas ansehnlicher, zwar nur schwach und fein, aber immerhin 40’ lang. Am nächsten Tag war er, vermutlich wegen der in der Luft enthaltenen Dünste, minder gut sichtbar. Nach den Bemerkungen zum 12., 14. und 18. Juni hat der Komet in dieser Zeit an Helligkeit immer mehr abgenommen und die Beobachtungen zu Marseille wurden schon mit dem 26. Juni geschlossen. Größe und Helligkeit der Kometen. 815 Mit einem der letzten Tage des Juni oder einem der ersten des Juli schließen übrigens die Beob- achtungen der meisten Observatorien; weit in den Juli hinein wurden sie nur zu Speyer (bis 10. Juli) und Mailand (bis 11. Juli) fortgesetzt. Pons, der den Kometen zu Marlia am 6.7. und 8. Juni an einem Passageninstrument in der unteren Kulmination beobachtet und dazu unter anderem bemerkt hat, daß am 7. ein lichtschwacher und schmaler Schweif in der Länge von ungefähr 1!/,° zu erkennen, dagegen an den zwei anderen Tagen nur ein kleiner Ansatz zu vermuten war (Corr. astr. Vol. 12, p. 610), hat später (a. a. O., Vol. 13, p. 87) noch mitgeteilt, daß er den Kometen zum letztenmal am 14. Juli gesehen habe und daß derselbe am 13. Juli zugleich mit dem Stern 7 des Löwen im Gesichtsfeld gewesen sei; der Stern scheint aber nicht 7, sondern ®# Leonis gewesen zu sein. Daß die europäischen Beobachtungen des Kometen gegen Ende Juni oder in der ersten Hälfte des Juli aufgehört haben, ist wohl nicht ausschließlich durch seine jetzt schon geringere Lichtstärke, sondern gewiß auch durch die helle Dämmerung verursacht worden. Er scheint zu dieser Zeit sogar noch ziemlich ansehnlich gewesen zu sein, was besonders daraus hervorgeht, daß er von Rümker zu Stargard in Neu- holland am 9. Juli aufgefunden und noch bis 15. Juli beobachtet worden ist, worauf die Fortsetzung durch »beständiges Regenwetter« verhindert wurde; ein Umstand, den auch Boegehold in seiner Bahn- bestimmung des Kometen hervorgehoben hat. Die Beobachter zu Marseille und La Marlia scheinen die einzigen gewesen zu sein, die von einer Schweifentwicklung etwas gesehen haben. Schwerd, der den Kometen zu Speyer zum erstenmal am 8. Juni gesehen und sodann vom 10. Juni bis 10. Juli beobachtet hat, sagt geradezu (Astr. Nachr. Bd. 4, p. 179), er habe von einem Schweif nie etwas bemerkt. Am 10. Juni erschien ihm der Komet am hellsten; an diesem Tage wurde der Durchmesser des Nebels zu 7’ geschätzt. Wenn nun der Komet mehrere Male in der unteren Kulmination beobachtet werden konnte und, wie aus mehreren Berichten zu entnehmen ist, im allgemeinen auch die Beleuchtung vertrug, muß er, auch wenn er wirklich nur ein teleskopisches Gestirn gewesen sein sollte, unter diesen zu den hellsten gehört haben. Diese Vermutung erhält eine Bekräftigung durch eine Beobachtungsnotiz von Olbers, der in einem Brief an Gauss vom 8. Juni 1825 (Briefwechsel, Il., p. 406) nach der einleitenden Bemerkung, er habe den Kometen bedeckten Himmels wegen erst einmal, nämlich am 6. Juni, sehen können, folgendes geschrieben hat: Er ist klein, aber sehr hell; ich glaube, wenn die nächtliche Dämmerung nicht hinderlich wäre, würde man ihn mit bloßen Augen erkennen können. Er hatte etwa 85° A. R. und 81° nördl. Dekl. Auf eine ebenfalls sehr beträchtliche Helligkeit deutet auch die folgende Angabe von Olbers, welche sich in dem nächsten, vom 15. Juni datierten Briefe findet (a. a. O., p. 409): »Jetzt kann ich ihn schon vor Mitternacht mit meinem Dollond erreichen. Am 12. stand er beim Ohre des Großen Bären, und es war angenehm, ihn in seiner Gestalt und seinem Licht mit den beiden nicht weit von ihm befindlichen bekannten Nebelflecken zu vergleichen. Er übertraf beide weit an Größe, Helligkeit und Lichtstärke, ist gegen seine Mitte viel heller, aber ohne bestimmten Kern. Von einem Schweife kann ich, vielleicht wegen der Dämmerung, keine gewisse Spur entdecken.« Die zwei erwähnten Nebelgestirne beim Ohr des Großen Bären sind die nahe beisammen stehenden Objekte Messier Nr. 81 und 82, von denen das letztere ein »Nebelstrahl«, das erstere ein heller und großer Nebel von der Gesamthelligkeit eines Sternes 8. Größe ist. Es soll noch erwähnt werden, daß Olbers am 24. Juni die Bedeckung eines Sternes 7. bis 8. Größe durch den Kometen beobachtet hat, wobei der Komet fast völlig verschwand, während die Helligkeit des bedeckten Sternes dieselbe blieb (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 156/57). Der Stern ist B. D. + 39°2410 (76), und die Bedeckung war, wie schon Olbers bemerkt hat und was auch durch die Bahnberechnung bestätigt wird, eine fast völlig zentrale. Nach Erwägung aller hier dargelegten Umstände dürfte man dem mutmaßlichen Helligkeitseindruck des Kometen am nächsten kommen, wenn man für die Zeit der größten Helligkeit (um den 10. Juni), welche anscheinend auch die der größten theoretischen Helligkeit war, die 5. Größe annimmt. Die reduzierte s16 Dr. J. Holetschek, Helligkeit wäre demnach nicht weit von 3"7, und der Komet wäre gegen die Mitte des Juli, als er von Rümker in Australien aufgefunden und beobachtet wurde, bei 6!/, bis 7" gewesen. Es folgt nun die Reduktion der Angaben über den scheinbaren Durchmesser des Kometen auf — 1:0; dazu sei bemerkt, daß die Angabe aus Prag durch die Bahnbestimmung von Boegehold bekanntgemacht worden ist. 1825 Beobachtungsort u») D, Mai 19 Marseille 2 2103 27. 5 47, Juni 10 Speyer 7 5:5 23 Prag 2 1:9 Die bedeutenden Unterschiede zwischen den Werten von D, lassen sich leicht durch die Annahme erklären, daß der Komet an den Rändern recht lichtschwach, also unsicher begrenzt gewesen ist. Das Mittel ist D, = 36. Aus den zwei Angaben über die scheinbare Länge des Schweifes am 7. Juni, nämlich 40’ nach Gambart, 1° 30’ nach Pons, ergibt sich als wahre Länge S= 0'010 beziehungsweise 0022. 18251. Dieser Komet hat sich der Sonne ungefähr ebenso weit wie der vorige genähert (g = 088), ist aber anscheinend ganz schweiflos geblieben, obwohl er um das Perihel herum bei einer nicht unbeträchtlichen Erdnähe beobachtet werden konnte. Lage des Perihelpunktes: 4, =12°9, = +2°7, 1—L,= 180° = + 47°1, el a, rue ee 7 Er ist an zwei verschiedenen Orten entdeckt worden. Am 9. August, 2 Uhr morgens wurde er von Pons in Florenz gefunden (Corr. astr. Vol. 13, p. 185) und daselbst von Inghirami bis 25. August (astr.) beobachtet (a. a. O., p. 187 und 284, auch in Astr. Nachr., Bd. 4, p. 321 und 325). Er rückte während dieser Zeit vom Fuhrmann bis zum Orion, wo er in die Morgendämmerung kam, und schien, wie von Pons in einem Schreiben vom 29. August bemerkt worden ist (a. a. O.,p. 284), während seiner Sichtbarkeit an Helligkeit nicht zugenommen zu haben; er war überhaupt immer sehr klein. Unabhängig davon wurde der Komet in der Nacht vom 23. auf den 24. August auch von Harding in Göttingen entdeckt und war nach der Angabe dieses Beobachters (Astr. Nachr. Bd. 4, p. 219 und Zirkular zu Nr. 84) wie ein runder Nebel, ohne Schweif und bestimmten Kern, aber dennoch ziemlich lichtstark, so daß er noch bis zum 26. August (astr.) bei hellem Mondlichte (Vollmond am 28. August) verfolgt werden konnte. Die Beobachtungen von Harding sind auch im Berl. Jahrb. 1828, p. 191, und später in Astr. Nachr., Bd. 5, p. 265 in allen ihren Einzelheiten mitgeteilt worden. Für den Kometen sind zwei etwas genauere Bahnen berechnet worden; eine von Clausen aus den Beobachtungen vom 11., 20. und 25. August (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 327) und eine von Olbers aus denen vom 10., 20. und 24. August (Berl. Jahrb. 1829, p. 121). Benutzt wurde die von Clausen: 1=1829, Aug. 18:7.1784, 7 VE la SEO — IA log q = 9:946192. Außerdem findet man auch eine in das Kometenbahnverzeichnis von Galle nicht aufgenommene Bahn von Peters (Berl. Jahrb. 1828, p. 219), welche nur aus den drei (beziehungsweise vier) eng aneinander liegenden Beobachtungen von Harding abgeleitet ist. Größe und Helligkeit der Kometen. 817 Aug. 8:6 | 82°) —+ 42°| 83° 38"|+18°31'|—-52°29'| 9-956 9.976 | — 03 66°4 20-6 | 89 23 | 89 26 |— 0 33 58 14 9947 9868 09 76°5 26:6 | 94 + 9/94 0 |-13 58 |—-59 27 97952 9.826 | — 11 78.9 Die Helligkeit des Kometen ist auf Grund der obigen Beobachtungsnotizen mit großer Wahr- scheinlichkeit zwischen der 5. und 7., also nicht weit von der 6. Größe gewesen. Gegen das Ende der Beobachtungen darf sie auf Grund der Rechnung noch etwas bedeutender gewählt werden, obwohl Pons bemerkt hat, der Komet habe nicht zugenommen; denn die Helligkeitszunahme kann sich leicht mit der immer ungünstiger gewordenen Stellung des Kometen kompensiert haben. Nimmt man demzufolge für den ersten Entdeckungstag 6"0 und für den letzten Beobachtungstag 5”5 an, so ergibt sich als reduzierte Helligkeit 6"3 respektive 6"6, demnach im Mittel 61/,”, und zwar mit einer Unsicherheit von etwa — 1", (1825 III war der Encke’sche Komet.) 1825 IV. Dieser »im Taurus entdeckte« Komet des Jahres 1825 ist öfters als der große Komet dieses Jahres bezeichnet worden, und zwar mit Recht. Er hat es, obwohl er der Sonne nur bis g= 1:24 nahegekommen ist, zu einer sehr bedeutenden Schweifentwicklung gebracht, so daß er in dieser Beziehung einigermaßen an den großen Kometen von 1811 erinnert. Außerdem ist er samt seinem Schweif längere Zeit ein allgemein auffälliger Himmelskörper gewesen, obwohl seine Erscheinung nur in einem entfernten Grade als eine günstige erklärt werden kann, da er nicht zur Zeit des Periheldurchganges, sondern zwei Monate vor demselben in die Erdnähe gekommen ist und zur Zeit des Perihels schon wieder jenseits der Sonne war. Dieser für den Grad der Sichtbarkeit ungünstige Umstand ist in der Position des Perihelpunktes (/, = 321°2, I 5256, 1, 7, = 1807 = _-117°7 oodera, = 337.7, &,= 4427, a, 4, = 180721002) durch die große Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen angedeutet; außerdem zeigt die sehr südliche Lage des Perihelpunktes in Verbindung mit der bedeutenden Größe der Perihel- distanz, daß bei der Sichtbarkeit des Kometen die südliche Hemisphäre die bevorzugte war. Zur Untersuchung des Kometen wäre wohl die definitive Bahnbestimmung von Hubbard (Gould, Astr. Journal, Vol. 6) die geeignetste; da aber bei dieser ebenso wie bei den anderen elliptischen Bahnen keine Distanzen angegeben sind, wurde eine parabolische Bahn gewählt, und zwar die von Schwerd (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 343), weil bei dieser Wahl auch gleich die in der Ephemeride (a. a. O., p. 345) angegebenen Distanzen r und A mitbenutzt werden konnten. Die Unterschiede gegen die wahrscheinlichste Bahn sind zwar merklich, können aber nur die Berechnung der wahren Schweiflängen etwas beeinflussen, die übrigens bei diesem Kometen wegen der Änderungen in der Form des Schweifes und seiner Richtung ohnehin nicht sicher ermittelt werden können. I Hey 27 10.520682, 7 N = 25062 52293779 — 218, An ao log q = 0:093784. s Die Zahlen vom 8. Oktober bis zum Ende sind der erwähnten Ephemeride von Schwerd ent- nommen, die vorangehenden direkt nach seinen hier vorgeführten Elementen berechnet, wobei als Rechnungstage die Zeitpunkte der von Hubbard gebildeten Normalorte gewählt wurden. Denitschriften der mathemalisch-naturw. K1. LXXXVIIT. Bd. 108 s18 Dy.J. Holetschek, Juli 24:0 | 62°23)+ 25°7 65° 8'| + 4° 39'|— 56° 3'| 0371 4141| —+ 41 Aug. 9-0 | 63:6 23-9 66 1 | 239 0, 29 0338 361 "5 25:0 | 63°5 20-8 65 24 | — 23 86 31 0.302 00-254 2-8 Sept.10°0 | 60-5 148 61 25 48 106 0 0'264 0110 129 18:0 | 56°8 3 56 38 10 24 118 36 0'245 0:019 13 26°0 | 50°2)+ 6 47 58 7 16) 135 6 0"225 9920 0:7 Okt. 4:0 | 39:0/— 13:0 32 32 26 46 158 54 0205 9:8238 | + 0:2 8:6 | 29:4 22-8 17 58 224 1a Sl 0:194 95797 0:0 10:6 | 244 27-2 10 49 34 24 |4173 21 0189 97912 — 01 11-6 | 21:7 29-3 Ü 8 35 14 168 39 0187 za = Wei 21:6 [8511 44:2 | 331 51 36 36 123 27 0163 9-851 | + 0-1 31'6 [3263 47:3 | 311 30 31 35 EB U 0142 9-962 0:5 6 Nov. 10-6 |312- 1 46°5 | 301 22 27 34 72 56 0/7122 0:070 1:0 Dez. 10:6 [297 1 42:5 | 291 6 21 3 |+ 327 17 0.094 0'270 1:8 April 9-8 12558 40:7 | 258 44 17 5012110 0331 0165 25 Mai 9:8 ]219:0 28-3 | 225 32 2229211162027; 0.392 0168 "8 Juni 8:8 |200-6 14:0 | 204 16 4 59 126 23 0'446 0316 8 Juli 8-8 1196°1|— 7:7 | 19750 |- 0 47 + 91° 20 0.494 0.466 | + 48 Vollmondtage: 29. Juli, 28. Aug., 27. Sept., 26. Okt., 25. Nov. 1825; ferner 22. April, 21. Mai, 19. Juni 1826. Der Komet ist im Juli 1825, obwohl damals noch teleskopisch, von drei, an verschiedenen Orten tätigen Beobachtern entdeckt worden; am 15. zu Marlia bei Lucca von Pons (der jedoch bald darauf nach Florenz übersiedelte und den Kometen anfangs für den Encke’schen hielt), am 19. zu Josefstadt von Biela und am 21. zu Paramatta von Dunlop. Anfang September wurde er für das freie Auge sichtbar und kam bei immer mehr zunehmender Helligkeit und Schweifentwicklung im Oktober der Erde am nächsten (bis A=0:6), konnte jedoch nach dem zweiten Drittel dieses Monats wegen seines schon sehr weit südlichen Standes in Europa nicht mehr gesehen werden. Er ist aber noch lange in Australien beobachtet worden und zwar von Rümker zu Stargard vom 2. Oktober bis 20. Dezember und von Dunlop zu Paramatta bis zum 24. Dezember. In den ersten drei Monaten des Jahres 1826 blieb der Komet unbeobachtet. Im Jänner war er in der oberen Konjunktion mit der Sonne (bei A= 2:22, 8 = —40°). Anfang April (2. respektive 3.) gelang es auf südlich gelegenen europäischen Sternwarten, ihn trotz seines noch immer weit südlichen Standes wieder aufzufinden und zu beobachten, doch hatte er inzwischen natürlich schon bedeutend abgenommen. Unter den Aufzeichnungen über das Aussehen des Kometen und insbesondere seines Schweifes ragen vor allen die Beschreibungen und Zeichnungen von Dunlop hervor. Diese sind ursprünglich im Edinburgh Journal of Science, Band 6 (1827) erschienen und in der neueren Zeit durch die Kometen- untersuchungen von Bredichin (Annales de l’Obs. de Moscou, Vol. 8) weiter bekanntgemacht worden. Außerdem haben jedoch auch die meisten anderen Beobachter ziemlich viele und mitunter recht anschauliche Bemerkungen über den Kometen und seinen Schweif gemacht, so gleich der Entdecker Pons (nunmehr in Florenz), der die Änderungen im Aussehen des Kometen in lebhafter Weise durch manchmal recht seltsame Vergleiche anschaulich zu machen gesucht hat (Corr. astr., Vol. 13, p. 283, 390 bis 394, 489 bis 493). Sodann sind, wenn zur Anordnung der jeweilig erste Tag der verschiedenen Beobachtungsreihen gewählt wird, zunächst zu nennen die Bemerkungen von Olbers in Bremen (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 265 und »Neue Reduktion«) und die von Harding in Göttingen (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 181 und 220, Bd. 5, p. 270; Berl. Jahrb. 1828, p. 192); ferner die von Schwerd in Speyer (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 436), David in Prag (Berl. Jahrb. 1829, p. 111), Argelander in Äbo (Obs, astr,, I), Santini in Padua Pr Größe und Helligkeit der Kometen. 819 (Corr. astr., Vol. 13, p. 591), Capocci in Neapel (a. a. O., p. 282/3, 494) und Cacciatore in Palermo (a. a. O., p. 592 bis 595, und Del Reale Osservatorio di Palermo, libro VII, p. 224). Außerdem wäre noch zu erwähnen: Göbel in Coburg (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 293), A. Lang zu St. Croix (a. a. O., p. 449) und ein kurzer Bericht von Reeves aus Canton (Monthly Notices, Vol. 1, p. 27), in welchem unter anderem bemerkt ist, am 30. Oktober sei der Komet so nahe bei a Gruis gewesen, daß dieser Stern den Kern des Kometen zu bilden schien. Aus der letzten Periode der Beobachtungen, insbesondere vom April 1826, haben wir Notizen von Pons (Corr. astr., Vol. 14, p. 402 bis 405, 495, 591), Valz in Nimes (a. a. ©. p. 407, 502), Caceciatore in Palermo (p. 408) und Capocci in Neapel (p. 505). Am längsten, nämlich bis 8. Juli, ist der Komet von Inghirami in Florenz, und zwar mit einem Sfüßigen Fraunhofer’schen Fernrohr beobachtet worden. Zur Ermittlung eines Zahlenwertes der mutmaßlichen Helligkeit bietet sich kaum etwas anderes dar, als der Übergang des Kometen von seiner teleskopischen Sichtbarkeit zum Sichtbarwerden für das freie Auge. Pons hat schon zum 27. August bemerkt (Corr. astr., Vol. 13, p. 283), daß der Komet denı bloßen Auge sichtbar zu werden beginne. Nach dieser Bemerkung darf als Helligkeit 6"5 angenommen werden. Die ersten Angaben über die tatsächliche Sichtbarkeit für das bloße Auge sind aus der Zeit vom 8. bis 11. September. Olbers hat (»Neue Reduktion«) zum 8. September folgendes geschrieben: Man sah den Kometen, wenn man seine Stelle wußte, mit bloßen Augen; der Kern war (offenbar bei Betrachtung mit dem Fernrohr) verwaschen, der Schweif etwas struppig, sehr blaß, gegen 3° lang. Bei der Mitteilung der ersten, vom 8. bis 11. September reichenden Gruppe von Positionsbestimmungen hat derselbe Beob- achter bemerkt: Der Komet ist jetzt sehr schön mit bloßen Augen zu sehen. Capocci hat unterm 10. September berichtet (Corr. astr., Vol. 13, p. 282/3), daß das Gestirn schon dem bloßen Auge sichtbar geworden ist und im Oktober, besonders gegen die Mitte des Monats, durch seine Größe und Schönheit allgemein auffällig sein werde. Von Argelander ist zu der am 11. September angestellten Beobachtung, der ersten nach dem 7. September, bemerkt worden, daß der dem bloßen Auge schon sichtbare Komet im Kometensucher einen Schweif von mehr als 3° Länge zeigte. Man wird nach diesen Angaben die Helligkeit des Kometen wohl nicht zu hoch taxieren, wenn man annimmt, daß sie am 10. September schwach 5. Größe gewesen ist. Die weitere Zunahme der Helligkeit geht aus den meisten Berichten unzweifelhaft hervor, ohne daß man jedoch aus den Angaben bestimmte Zahlen ableiten könnte. Besonders zahlreich sind die Bemerkungen von Olbers (»Neue Reduktion«). 15. September: Sehr heiter; ich habe den Kometen noch nie so schön gesehen; seinen Schweif konnte man auf 5° verfolgen. 18. September: Komet sehr gut mit bloßem Auge zu sehen; Schweif über 6° lang. An dieser Stelle soll auch nicht unerwähnt bleiben (Berl. Jahrb. 1828, p. 221), daß der Komet am 17. und 18. September bei Potsdam gesehen wurde, wobei er sich dem bloßen Auge mit einem Schweif zeigte. j Weitere Bemerkungen von Olbers. Zum 29. September: Ungemein heiter, aber Mondlicht; im Kometen blickte oft ein kleiner fixsternartiger Kern durch. 3. Oktober: Komet für das bloße Auge genau so hell wie die vom Monde erleuchteten leichten Wolken; Schweif der Sonne entgegengesetzt gerichtet. o. Oktober: Komet sehr schön, Schweif über 7° lang. 8. Oktober: Heiteres Wetter, doch der Komet nicht so schön, wie ich ihn schon gesehen hatte, obgleich sich sein Schweif mit bloßem Auge bis y und & Ceti verfolgen ließ (Länge demnach 12°). Die in der letzten Bemerkung angedeutete Abnahme des Kometen ist natürlich durch seinen schon sehr tiefen Stand am Südhimmel verursacht worden; er war an diesem Tage bei 22° und am 12. Oktober, dem letzten Beobachtungstag von Olbers, bei 31° südlicher Deklination. Die größte Helligkeit scheint der Komet, naheso wie Capocci angekündigt hat, in der Mitte des Oktober gezeigt zu haben, also bald nach der Zeit, in welcher auch seine theoretische Helligkeit am bedeutendsten war; auf diese Zeit weisen nebst den Beschreibungen des Kometen von Dunlop auch die bis 17. Oktober reichenden Schilderungen der Erscheinungen des Schweifes von Pons hin. Wie groß die Helligkeit im Maximum gewesen ist, läßt sich nicht entnehmen; sie dürfte aber in Anbetracht dessen, daß sie schon um den 10. September eine ziemlich ansehnliche war und von da noch 820 Dr. J. Holetschek, mehr als einen Monat lang zugenommen hat, immerhin so weit angestiegen sein, daß sie mit der 3. Größe nicht zu hoch geschätzt erscheint. Hiemit ist wohl alles hervorgehoben, was zur Ermittlung der mutmaßlichen Helligkeit vor dem Perihel dienen kann; die erhaltenen Helligkeitswerte sind demnach: 1825 Jel | 5logrA H, Aug. 25 6m5 —+ 2'8 3m7 Sept. 10 53 + 1:9 34 Okt. ? 3? 0:0 3 34 Bezüglich der kleinsten Helligkeit, bis zu welcher der Komet nach dem Perihel beobachtet worden ist (8. Juli 1826), wird man kaum fehlgehen, wenn man annimmt, daß diese Endhelligkeit in der Nähe von 970 gewesen ist; die reduzierte Helligkeit wäre also für diese letzte Zeit nahe bei 42. Der Kern des Kometen war nach einer Bemerkung von Harding (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 270) vom 3. (richtiger wohl vom 13.) Oktober 1825 immer sehr klein und zeigte sich nicht größer als ein Stern 10. Größe. Fast dieselbe Größe hat auch J. Herschel angegeben (Mem. Astr. Soc. Il, p. 486); am 3. Oktober zeigte sich nämlich in einem 7 füßigen Reflektor die kernähnliche Mitte nahe so hell, nur nicht so scharf wie ein Stern der 9. oder 10. Größe. Allerdings ist die Helligkeitsskala der zwei Beobachter wohl kaum dieselbe gewesen. Den Schweif hat J. Herschel am 4. Oktober auf 7° bis 8° geschätzt und zum 7. Oktober eine Zeichnung beigefügt, welche die beobachtete Zweiteiligkeit des Schweifes veranschaulicht. Über den scheinbaren Durchmesser des Kometen finden sich mehrere Angaben in den zu Palermo gemachten Beobachtungen: 1825/26 | (Beschreibung) D D, \ I Sept. 8 (Nebulositas) 2) Be Okt. 5 (Nucleus) 31lo' 228 11 > 8" 1.9 April 3 (Rara Nebulosa) 3 4:4 20 Der Schweif des Kometen scheint bis in die erste Hälfte des September nur teleskopisch sichtbar gewesen zu sein; wenigstens ist bei den von Cacciatore am 8.und von Argelander am 11. und 12. September angegebenen Längen ausdrücklich gesagt, daß sie sich auf die im Fernrohr gesehenen Dimensionen beziehen. Am 17. und 18. September war jedoch, wie die oben zitierte Potsdamer Notiz (Berl. Jahrb. 1828, p. 221) lehrt, der Schweif auch schon mit bloßen Augen zu erkennen. Viel mehr aber und anscheinend ganz allgemein war der Komet samt seinem Schweif im Oktober zu sehen. So sagt Schwerd ausdrücklich, er habe den Schweif am 5., 8. und 11. Oktober mit bloßen Augen über 12 bis 13° lang gesehen. Dasselbe ist von Olbers in der Bemerkung zum 8. Oktober aus- gesprochen. Auch die Beschreibungen von Pons, besonders die vom 7. und 12. Oktober, heben die auf- fällige Sichtbarkeit des ganzen Gestirnes für das bloße Auge hervor. Daß in dieser Zeit nicht nur der Komet, sondern auch sein Schweif recht hell gewesen sein muß, geht aus einer schon zitierten Stelle von Harding (Astr. Nachr. Bd. 5, p. 270) hervor, der den Kometen am 12. Oktober zuletzt gesehen und dazu bemerkt hat, daß sich derselbe besonders in den letzten Tagen seiner Sichtbarkeit in starkem Glanze zeigte und daß sich sein Schweif bei sehr dunstiger Luft in einer Ausdehnung von 14° erkennen Jieß. Größe umd Helligkeit der Kometen. s2t Zur Zeit seiner größeren Entwicklung hat der Schweif sehr auffallende Eigenheiten gezeigt, die zum Teil schon bemerkt wurden, als der Komet noch in Europa gesehen werden konnte. Besonders auffallend war es, daß der Schweif wiederholt in mehrere Arme geteilt erschien, so daß man in dieser Beziehung unter anderen an einige Abbildungen des Kometen 1907 d erinnert wird. Pons hat diese Mehrarmigkeit des Schweifes am 22. September und dann wieder am 6. und 7. Oktoker besonders erwähnt; am letzteren dieser Tage erschien ihm der Schweif aus drei Strahlen zusammengesetzt. ‚Ebenso hat Capocci bemerkt, daß der Schweif in der Nacht vom 7. zum 8. Oktober in drei Arme geteilt war; der Hauptarm war durch einen beträchtlichen, absolut leeren Raum unterbrochen, nach welchem die Nebulosität wieder sichtbar war und sich bis zu einem großen Abstand erstreckte. Eine ähnliche Dis- kontinuität in der Helligkeit des Schweifes ist später von C. H. F. Peters in Clinton an dem Kometen 1861 I am 4. Mai beobachtet worden und hat sich in der neuesten Zeit wieder an dem Kometen 1908 c gezeigt. In wesentlich größeren Höhen und noch viel länger ist der Komet von Dunlop in Paramatta gesehen worden, dessen Zeichnungen vom 5. Oktober bis zum 8. November reichen, während die Beschreibungen schon mit der Auffindung des Kometen beginnen. Aus diesem reichhaltigen Material sei hier nur hervor- gehoben, daß der Schweif am 7. Oktober in fünf Arme geteilt schien, welche durch dunkle Zwischenräume getrennt waren; es bestelt also zwischen den zu ziemlich derselben Zeit gemachten Wahrnehmungen der europäischen Beobachter und des australischen nur ein quantitativer, aber kein qualitativer Unterschied. Überhaupt erhalten durch die Zeichnungen von Dunlop nicht nur seine eigenen Beschreibungen, sondern zum Teil auch die Schilderungen von Pons eine willkommene Illustration. Der beobachtete Wechsel im Aussehen und manchmal sogar in der Richtung des Schweifes bringt es mit sich, daß es bei der Berechnung der wahren Länge nicht überall angeht, die Richtung des Schweifes in der Verlängerung des Radiusvektors anzunehmen. Dies zeigt sich namentlich bei den Längen vom 4. bis 11. Oktober, wo sich unter jener hier jedenfalls nicht zutreffenden Voraussetzung infolge der Kleinheit der Winkeldifferenz (k--C) ungewöhnlich große Längen ergeben; diese dürfen daher nur als bloße Rechnungsresultate angesehen werden. Es folgt nun die Zusammenstellung der Angaben über die Länge (in Klammern auch über die Breite) des Schweifes. Die berechnete wahre Länge ist nur bei den größeren Längen angesetzt. nn Te nn IEeejds 4 (oder eh @ 5 Juli 21 2:38 Dunlop DB) _ 27 2:32 » 0 15 (4—5') _ Aug. 10 27 Harding 130% 0-14 21 2:05 Argelander >0 3 —_ 25 2:00 Harding 1 45 0-12 25— 28 1:98 (Neapel) 1 = Sept. 8 1:86 (Palermo) >% — 8— 11 1:84 Olbers 3 0'195 11 1:83 Argelander >3 > 0-14 ia en f Dunlop 280) — \ Argelander 4 0:18 15 1:79 Olbers B) 0-22 7 1077 (Palermo) 330 ei 18 1:76 Olbers > > 0:26 On h eco f Herschel 7—8° — 3 i \ Dunlop 10— 11°(21],°) 0:73 [0,2] DI [66] Dr. J. Holetschek, Beobachter | | un 2 | (oder Beobachtungsort) @ | > (Prag) > 8° 2 = | (St. Croix) 5—6 _ Okt. 5 1:59 bes GE = (Palermo) 7—8 -- | Dunlop 10 (2) _ Schwerd 12— 13 1-08 6 1-58 f Santini 7 _ \ Pons 8 _ 7 157, Dunlop 9 — | Olbers 12 = © 1a \ Schwerd 12— 13 _ | (St. Croix) 13 115 10 1:55 f Pons, Santini 9 _ \ Dunlop 1 12 0:70 in eg f (Palermo) 11 = \ Schwerd 12— 13 0:74 m 1o5R f Dunlop = = \ Harding (Datum ?) 14 — 14 1-51 Dunlop 10— 11 0:41 15 1:50 » 11—12 0:44 18 1:48 > 12 0:39 19 1:47 > 8—9 0°23 20 1:46 > 7 0:17 24 1:43 > 31/5 = Nov 1 1:38 » 7 0-18 2 1:37 > 7 0:19 U 1-34 > 9 0:28 8 1:33 » 10 0:33 April 3 2-08 (Palermo) 0° 42' 0:04 16 2:22 (Nimes) 15—20' — 17 2:23 Pons 19 0:08 (1826 I war der Biela’'sche Komet.) 18261. i Dieser gegen Ende 1825 im Eridanus entdeckte Komet konnte infolge seiner sehr großen Periheldistanz (g= 2:01) weder der Sonne noch der Erde besonders nahe kommen. Er blieb immer schweiflos und war nur teleskopisch zu sehen. Lage des Perihelpunktes: }, = 119°8, b, = — 39°4, 1,—-L, = 180° = — 91°9 oder , = 113°9, &, = — 18°4, —-4A, = 180° = — 95°7. Zur Untersuchung bot sich die in der Bahnbestimmung dieses Kometen von E.B. Cowley und J. Whiteside mitgeteilte Ephemeride dar (Astr. Nachr. Ergänzungsheft Nr. 13), wobei nur die dort fehlen- Logarithmen von r nochmals berechnet werden mußten. Diese Rechnung geschah wie die Berechnung jener Ephemeride nach der parabolischen Bahn von Nicolai (Astr. Nachr. Bd. 4, p. 531): 71826, Ap129952 37m ZB eilin ro 9207002601021 10.2302743: Größe und Helligkeit der Kometen. 823 Zur direkten Rechnung wurde aus jedem Monat nur ein Tag ausgewählt, und zwar außer dem ersten und dem letzten Ephemeridentag unter anderem die Zeit der geringsten Distanz des Kometen von der - Erde und die seiner südlichsten Deklination. (O" m. Z. Berlin.) 1825/26 a BER logr logA | SlogrA | 3% Nov. 13-0 | 52° 34' | 16° 26'| 175° 49'| 0-4396 | 0-2742 | + 3-6 11°8 Dez. 3:0 | 49 28 21 10 |+159 59 | 0-4155 | 0-2634 3-3 16-2 Jänn, 40 | 47 17 23 54 | 122 27 | o-3778 | 0-2795 3-3 23-2 Febr. 7:0 | 52 33 2ı 3 | 91 52 | 0-s418 | 0-3077 3-2 26-6 März 13-0 | 65 27 16 501 72 26| o-s150 | 0-3298 3-2 27-3 April 16°0 84 8 = 11 33 |+ 64 6 0:3030 03512 —+ 3:3 26°6 Vollmondtage waren in dieser Zeit: 25. Nov. und 25. Dez. 1825, 24. Jänner, 22. Febr. und 23. März 1826. Der Komet ist von Pons in Florenz am 6./7. November 1825 entdeckt und von demselben zunächst unter dem 10. November beschrieben worden wie folgt (Corr. astr., Vol. 13, p. 598). Er ist klein, rund, geschoren und rasiert bis zu den Ohren, eine lichtschwache Weiße, in der Mitte ziemlich verdichtet; es scheint, daß er einen Kern besitzt, aber man sieht nicht Glanz, nicht Schimmer. Ich habe noch keinen schwächeren gesehen. Aus den späteren Notizen (Corr. astr., Vol. 14, p. 87) ist hier die vom 5. Jänner 1826 von einiger Wichtigkeit: Die Nebulosität ist etwas mehr ausgebreitet, die Mitte ansehnlicher, es scheint sich ein ziemlich sichtbarer Kern zu bilden, ohne jedoch bis jetzt glänzend oder hell zu sein. Obwohl nun der Komet nach diesen und anderen Bemerkungen von Pons als recht schwach und unansehnlich hingestellt ist und seine Lichtschwäche und schwierige Sichtbarkeit auch von Cacciatore in Palermo (wo er allerdings erst im März beobachtet wurde) hervorgehoben worden ist (Corr. astr., Vol. 14, p- 390), ist er doch recht lange verfolgt worden; so insbesondere von Inghirami zu Florenz vom 16. No- vember 1825 bis 11. April 1826. Aber auch auf nördlicher gelegenen Sternwarten, also namentlich in Deutschland und sogar zu Äbo geogr. Breite +60°), ist er, soweit es die wegen der kleineren Höhen ungünstigeren Verhältnisse zuließen, beobachtet und fast ebenso wie vom Entdecker, nur in einfacherer Weise, beschrieben worden. So ist vor allem auch der Umstand, daß der Komet nach und nach einen Kern gezeigt hat, von Clausen in Altona und von Schwerd in Speyer bemerkt worden. Nach Nicolaı in Mannheim schien der Komet am 26. und 27. Jänner ein wenig lichtstärker zu sein, als zu Beginn desselben Monats. Die verschiedenen Angaben über die Sichtbarkeit des Kometen sind wohl am einfachsten zusammen- gefaßt und verständlich gemacht durch die übereinstimmenden Bemerkungen von Olbers in Bremen und von Encke in Berlin (Astr. Nachr., Bd. 4, p. 371 und 380), daß der Komet (Ende Jänner und Anfang Februar) im Kometensucher, also bei stärkerer Konzentration, ohne Mühe zu sehen war, während er anderseits im Beobachtungsfernrohr sehr schwach erschien, so daß, wie der erstere geschrieben hat, recht durchsichtige Luft sein mußte, wenn man den so kleinen und schwachen Kometen sicher beobachten wollte. Nach all diesen Bemerkungen kann der Komet, auch wenn er wirklich, wie es den Anschein hat, nur ein teleskopischer war, doch nicht zu den allerschwächsten gehört haben, und es darf, wenn man schon einerseits nicht mehr als etwa 6"5 annehmen will, doch anderseits kaum weniger als 9" angenommen werden. Man wird aber, wenn man sich erlaubt, die Grenzen enger zu ziehen und, was nicht unberechtigt erscheint, der größeren Helligkeit ein größeres Gewicht zu geben, dem mutmaßlichen Helligkeitsgrad des Kometen gewiß auch noch dann sehr nahe bleiben, wenn man 7 bis 8" annimmt. Die reduzierte Helligkeit würde demnach, da als Reduktionsgröße einfach der Mittelwert + 3:3 gewählt werden darf, auf oder nicht weit von der Strecke 3"7 bis 4”7 liegen, wofür geschrieben werden kann: 4, =4"2 &0"5 (?). Der Durchmesser des Kometennebels war nach einer Angabe von Schwerd (Astr. Beob. in Speyer, p. 105) am 26. Jänner 2 bis 3. Danach ist, da an diesem Tage log A=0:2981 war, der auf A=1:0 reduzierte scheinbare Durchmesser D, nahe an 5'0 gewesen. 324 Dr. J. Holetschek, 1826 Ill. Diesen Kometen hat Flaugergues in Viviers am 29. März 1826 entdeckt und sodann vom 1. bis 6. April beobachtet, aber während dieser ganzen Zeit für den Kometen 18261 (Biela-Gambart) gehalten, und das war, wie der Entdecker selbst angedeutet hat, ein Grund davon, daß auf die Beobachtungen nicht allzuviel Sorgfalt verwendet worden ist (Mem. Astr. Soc., Vol. 3, p. 95, und Astr. Nachr., Bd. 5, p. 457). Es sind zwei Bahnen bekannt gemacht worden. Die eine wurde vom Entdecker selbst berechnet, aber erst, nachdem er auf die Neuheit des Gestirnes aufmerksam gemacht worden war, und überdies nur aus den drei zwar verhältnismäßig genauen, jedoch zu enge an einander liegenden Beobachtungen vom 4,, 5. und 6. April (Mem. Astr. Soc., a. a. O.,p. 97); die andere wurde von Clüver unter Mitbenutzung auch der ‘ersten dieser »nicht sonderlich geratenen« Beobachtungen abgeleitet (Astr. Nachr., Bd. 12, p. 281/82, wo auch die von Flaugergues berechnete Bahn mit angeführt ist). ZUENIRE April. . . .26°95972 | 29° 22" 21°) 193° 31'11"| 9° 32' 26"| 9-8103306 Iilstgagsnes 29-04558 | 4 41 0| 40 29 ı3 [174° 42 58 | 9-2744275 | (Clüver) Die erste Bahn stellt die Beobachtungen vom 1. und 3. April nur in einem sehr entfernten Grade dar, aber trotzdem erschien es mir nicht unnütz, die zur Ableitung eines mutmaßlichen Helligkeitswertes nötigen Distanzen nach einer jeden der beiden Bahnen zu berechnen. Es ergab sich: Nach der Bahn von Flaugergues: 1826 [2 ö 7 ß rY—L logr logA 5logrA März 29-34 } 69°4 4- 1223 69° 35", — 9° 42'|+60° 59'| 9-943 | 9666 | — 2:0 April 2:34 | 66:0 13.5 66 26 8 1 53 54 9-917.1926387 | 7 122 6:34 61°6 —+ 148 6283127006 1,445 58 9.891 | 92.6091 — 12.5 Nach der Bahn von Clüver: 1826 [2 D) 8 ß —L logr logA |5logrA März 29-34 | 7528 + 13°5 76° 1.| — 9° 19"\+ 67° 25'| 9967 9.652 | — 19 April 2:34 68°3 14°9 65 51 7 0 56 19 92922 9:743 177 6:34 | '62-9 —+ 15'7 6349| —5 21 +47 21 9:869 9821 | — 1:5 Bei der Rechnung nach der Bahn von Clüver ist die unliebsame Wahrnehmung gemacht worden, daß durch diese Bahn die Aprilpositionen des Kometen nicht so gut dargestellt werden, wie der Berechner Astr. Nachr. Bd. 12, p. 281/82) angegeben hat. Man findet beim 6. April die Länge X um 1° 20’ größer, die Breite & um 39’ nördlicher, als sie nach der Beobachtung war, beim 2. April die Rektaszension o um 1° 25’ größer, die Deklination 6 um 1° 34’ nördlicher, als sie der Berechner nach seinen Elementen gefunden hat. Es können also die Bahnelemente von Clüver, so wie sie in Astr. Nachr., a. a. O., mitgeteilt sind, nicht ganz richtig sein; wo der Fehler stecken mag, muß durch eine mehr eingehende Untersuchung klargelegt rden. Was nun den Kometen selbst betrifft, so erschien derselbe nach der Angabe des Entdeckers und igen Beobachters am 29. März als eine runde, weiße, schwer sichtbare Nebulosität oder, wie es in der anderen Quelle (Astı. Nachr.) heißt, wie ein weißer, nur mit Mühe sichtbarer Punkt, umgeben von einer Größe und Helligkeit der Kometen. 825 blassen, konfusen Nebulosität. Das in lateinischer Sprache geschriebene Original (Astr. Nachr., Bd. 5, p. #64) enthält sogar eine Größen- oder Helligkeitsangabe, indem zum 29. März folgendes bemerkt ist: Der Komet ist klein, einem Stern 7. oder 8. Größe ähnlich, eingehüllt in eine Nebulosität, unsichtbar im Nachtfernrohr oder Sucher. Beodachtet wurde er mit einem Achromaten von 40t/, Zoll Brennweite und 301/, Linien Öffnung. Schon in den ersten Tagen, nämlich am 30. und 31. März, zeigte sich, daß der Komet an Helligkeit beträchtlich abnahm, und auch im April wurde er fortwährend schwächer; am 6. war er im Beobachtungs- fernrohr nur mit Mühe sichtbar und am 7. konnte er nicht mehr gefunden werden. Diese rasche Lichtabnahme wird durch die erste Bahn nicht erklärt, wohl aber, allerdings auch nur teilweise, durch die zweite. Wählt man für den Entdeckungstag, um auch auf die Nebulosität des Kometen Rücksicht zu nehmen, von den zwei Grenzhelligkeiten die bedeutendere, also etwa 70 bis 7"3, so ergibt sich, daß die reduzierte Helligkeit in der Nähe von H, = 9"0 liegt. 1826 IV. Ein nur wenig ansehnlicher Komet. Er hat sich der Sonne bis g= 0:85 genähert, ist aber nur zu einer sehr geringen Schweifentwicklung gelangt. Für die Erde war seine Erscheinung, wie die Lage des Perihelpunktes zur Erde lehrt (2, = 56°5, db, = + 6°0, ,—L, & 180° = + 40°9, oder o, = 52°6, % = —= + 25°2, ,— 4, = 180° = + 38°3), eine ziemlich günstige; er ist verhältnismäßig kurze Zeit, nämlich 25 Tage, vor dem Perihel in die Erdnähe gekommen, und zwar bis A= 0:52, aber trotzdem für das bloße Auge nur eben noch sichtbar geworden. Zu einem Überblick über den Lauf des Kometen und zur Ableitung der Reduktionsgrößen konnte die von R. Klug in seiner »Bahnbestimmung des Kometen 1826 IV«! mitgeteilte Ephemeride benutzt werden, da dieselbe auch die Distanzen log r und log A enthält. Sie ist mit den folgenden Bahnelementen gerechnet: 820 OK IE0220 NT Z. Berlin = N ler As NEAR E25 804,66 log q = 9930837, e = 0.997622. Bei der Auswahl der Tage wurde, da über den Kometen selbst nur sehr wenige direkt verwendbare Angaben vorliegen, hauptsächlich nur darauf gesehen, von jedem Monat zwei oder drei Tage heraus- zuheben und dabei unter anderem auch die der Erdnähe und der Sonnennähe zu berücksichtigen. Die Zahlen gelten für den Berliner Mittag. 1326 [7 | & Mi logr log A | SlogrA k Aug. 8 46° 49'|— 25° 45'|— 90° 57'| 01422 9-9137 — 0:3 46°4 27. u le) lcBse7 84 17 00621 9-7821 — 0:8 61:0 Sept 8 907725 |—- 3.8 75 59 0:0105 9.7264 1:3 73"0 14 100 51 |+ 1 33 70 56 9:9864 9-7176 1:5 78-5 29 deraa16 16 33 58 1 9-9410 9:7613 1°5 84:7 Okt. 9 143 20 Zora, Bil 9:9309 9.8231 1-2 81:2 23 161 55 26 2 45 32 9-9503 9-9139 07 70:9 Nov. 6 175 54 26 16 45 10 9:9983 9:9888 — el 603 22 187 21 25 29 50 7 00662 00500 2026 Sl’1 30 191 42 +25 11 |— 54 17 01006 0-0724 — 0:9 47°5 Am 17. August, 16. September, 15. Oktober und 14. November war Vollmond. 1 Diese Denkschriften, 80. Band. Denkschriften ‚ler mathemalisch-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd “ 109 826 Dr. J. Holetschek, Entdeckt wurde der Komet am 6./7. August von Pons in Florenz (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 145), am 14./15. August von Gambart in Marseille (a. a. O., p. 151). Was über sein Aussehen berichtet ist (fast alles im 5. Bd. der Astr. Nachr.), kommt größtenteils darauf hinaus, daß er wie ein runder, gegen die Mitte hellerer Nebelfleck erschienen ist. Diese hellere Mitte ist von Olbers (»Neue Reduktion«) ein paarmal als verwaschener Kern bezeichnet, während andere Beobachter, so namentlich Gambart und Schwerd (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 152 und 169) bemerkt haben (allerdings noch im August und zu Anfang des September), daß der Komet ohne Kern war. Die Schweifbildung war sehr gering, aber doch bestimmt vorhanden. Man findet sie bei drei Beob- achtern erwähnt. Nach einer Bemerkung von Harding in Göttingen (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 154) schien am 3. September eine Spur von einem Schweif zum Vorschein zu kommen. Im Beobachtungsbuch von Kremsmünster findet sich, wie in der zitierten Abhandlung von R. Klug mitgeteilt ist, beim 8. September die Bemerkung: Helleuchtender Kern; Schweif nach Nord. In den Bemerkungen von Olbers (»Neue Reduktion«) ist die schwache Schweifspur an drei Tagen, am 11. und 29. September und am 6. Oktober, erwähnt; am 6. November war von einem Schweif nichts mehr zu sehen, wohl aber noch immer ein ziemlich lebhafter verwaschener Kern. Bezüglich der Lichtstärke des Kometen sei zunächst erwähnt, daß zufolge einer Bemerkung von Schwarzenbrunner in Kremsmünster zu seinen ersten, die Tage vom 30. August bis I. September umfassenden Beobachtungen (Astr. Nachr., a. a. O., p. 174) der Komet nur durch ein gutes Fernrohr sichtbar war; ebenso ist von Schwerd in Speyer bei der Mitteilung seiner ersten, vom 31. August bis 12. September reichenden Beobachtungen (a. a. O., p. 169) bemerkt worden, der nur durch Fernrohre sichtbare kleine Komet sei in dieser Zeit wie ein runder Nebelfleck von etwa 4’ Durchmesser, ohne Kern und Schweif erschienen. Dagegen hat Olbers (»Neue Reduktion«), nachdem er am 11., 13. und 17. Sep- tember die bedeutende Lichtstärke und Augenfälligkeit beziehungsweise gute Sichtbarkeit des Kometen im Fernrohr (an den zwei letzteren Tagen trotz starken Mondscheins!) hervorgehoben hatte, zum 29. Sep- tember folgendes geschrieben: Der Komet nun ohne Mondschein sehr hell und eben mit bloßen Augen sichtbar; er hatte einen lichten, doch ganz verwaschenen Kern. Von einem kurzen Schweif zeigten sich nur sehr schwache Spuren. Am 30. September war die Erscheinung des Kometen dieselbe. Es scheint hiernach zulässig, als Helligkeit des Kometen für den 29. oder 30. September 5"5 anzu-- nehmen, so daß sich H, = 70 ergibt. Nach einer weiteren Bemerkung von Olbers war der Komet am 14. Oktober bei Mondschein im Fernrohr zwar ziemlich gut zu sehen, hatte aber gegen die Helligkeit und Lichtstärke, die er beim Voll- mond im September zeigte, offenbar ungemein verloren. Daß er von Olbers im Oktober bald besser, bald schwächer gesehen wurde, nötigt nicht zu der Annahme von reellen Helligkeitsschwankungen, sondern kann völlig auf die Verschiedenheiten in der Klarheit der Luft zurückgeführt werden, die aus den Notizen des Beobachters unzweifelhaft hervorgehen. Olbers hat den Kometen zum letztenmal am 26. November beobachtet, nachdem ihn fast alle anderen Beobachter schon früher aufgegeben hatten. Nur von Del Re in Neapel wurde er auch noch später, und zwar am 7., 10. und 11. Dezember beobachtet, wobei er aber schon so bedeutend abgenommen hatte, daß er im Äquatoreal der Sternwarte nur mit großer Mühe zu sehen war (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 429). Nimmt man als Helligkeit des Kometen für diese Tage 9 bis 9!/,” an, so ergibt sich, da die Reduktions- größe für diese Zeit nach dem Gang der vorangehenden Werte jedenfalls schon nahe an + 1:5 gewesen ist, als reduzierte Helligkeit 7”5 bis 8"0, ein Resultat, das mit dem für Ende September abgeleiteten 7”O ganz gut vereinbar ist. Da der scheinbare Durchmesser des Kometen nach der obigen Angabe von Schwerd in der Zeit vom 31. August bis 12. September ungefähr 4’ war, so ergibt sich, auf A=1:0 reduziert, je nach der ] eobachtungstages D, = 2'3 bis 2']. des jedenfalls nur sehr kurzen Schweifes ist kein Zahlenwert gegeben. Nimmt man, lie Länge Größe und Helligkeit der Kometen. (0,2) rc S wie der scheinbare Durchmesser des Kometen, also 4, so ergibt sich, wenn diese Länge auf Ende September oder Anfang Oktober verlegt wird, als wahre Länge 00007. 1826 V. Ein Komet mit einer sehr kleinen Periheldistanz (7=0:027), der vor und nach dem Perihel beob- achtet worden ist und durch seine Annäherung an die Sonne eine ziemlich ansehnliche Schweitentwicklung erlangt hat, wobei er einige Zeit auch mit bloßen Augen gesehen werden konnte, ohne aber, wie es scheint, allgemein auffällig gewesen zu sein. Betrachtet man die Position des Perihelpunktes (l, — 238°8, D, = —80°%4, 1)-—L,+ 180° — =-177°3 oder a, = 108°3, &%, = —74°0, ,—4, + 180° = + 54°6), so läßt die stark südliche Lage desselben in Verbindung mit der Kleinheit der Periheldistanz erkennen, daß der Komet fast aus- schließlich für die Nordhemisphäre zu sehen war. In der Tat war auch sein geozentrischer Lauf vor dem Perihel von Norden her fast direkt auf die Sonne gerichtet und nach dem Perihel wieder nach Norden, so zwar, daß die Differenz zwischen den Rektaszensionen des Kometen und der Sonne während der ganzen Beobachtungszeit klein war. Die Erscheinung hat mit der des Kometen 1819II das gemein, daß der Rechnung zufolge der eine wie der andere Komet genau zwischen Erde und Sonne hindurchgegangen ist, ein Phänomen, welches bei diesem Kometen schon im voraus rechtzeitig angekündigt worden war, und zwar durch Gambart (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 243); der Komet ist jedoch auf der Sonnenscheibe nicht wahrgenommen worden. Dieser Vorübergang des Kometen vor der Sonnenscheibe ist unlängst von A. Hnatek! neuerdings rechnerisch untersucht worden auf Grund einer definitiven Bahnbestimmung dieses Kometen, welche zu folgenden Elementen geführt hat: T== 11826, Nov. 1840916 m. Z. Greenwich, T— 2 = 279° 36’ 11", = 235° 7! 32, 719057382 82 logg = 8xA2 915: Dieser Bahnbestimmung und speziell der darin enthaltenen (nach Clüver’s Elementen berechneten) Ephemeride konnten die meisten der zur Untersuchung des Kometen dienlichen Zahlen entnommen werden; die übrigen, nämlich die Distanzen zum 22. Oktober, 6. und 12. November und zum 2. Dezember, wurden direkt gerechnet, und zwar nach denselben Elementen (Greenwicher Mitternacht). EEE EEE se: 1 1826/27 [7 ö a—A logr log A 5logrA R Okt 22125 214° A46'|+ 44° 37'| + 7° 45'| 99831 0:0192 0:0 5922 R 28°5 219 49 35 49 ” 3 9:9080 99715 — 0°6 68:9 Nova 15 2283 2 ei 2 69522 9-8445 9:9419 oa du°2 6°5 226 49 + 17 8 ODEEIl2) 9:7389 9.9127 kr: 90:7 12335 230 50 I|— 0 5 ae 9:5249 99047 2.9 114-3 29-5 247 38 |+ 2 15 2 9 9-7173 00923 1:0 50:0 Dep. 2296) 250 31 5b 4646| —+ 1 47 9:7896° 01075 — 0°5 48:3 258 268 34 23.851 6 31 0:0783 0:2099 + 14 ze Jänn. 95 275 41 + 29 30 | —-10 33 0:1549 02511 = 21:0 33.4 Vollmond war in diesem Zeitraum am 14. November und 14. Dezember. Der Komet ist im Sternbild Bootes innerhalb weniger Tage von drei verschiedenen Astronomen entdeckt worden; am 22. Oktober von Pons in Florenz, am 26. von Clausen in Hamburg und am 28. von Gambart in Marseille (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 241). Nach einer Bemerkung des letzteren war er zu jener 1 Diese Denkschriften, 77. Band. 828 Dr. J. Holetschek, Zeit ziemlich ansehnlich und von einem schwachen Schein (d’une legere lueur) in der Form eines Schweifes begleitet. Auch zwei Wochen später war die Erscheinung des Kometen noch ziemlich dieselbe, nur viel intensiver; dies zeigt die folgende Bemerkung von Santini in Padua, wo der Komet zunächst vom 6. bis 12. November beobachtet worden ist: Elle etait treslumineuse, avec un noyau rond et precis; accompagnee aussi d’une queue sensible (Astr. Nachr., a. a. ©., p. 257). Diese Bemerkung für sich allein würde die Frage, wie groß der Helligkeitsgrad in dieser Zeit gewesen sein mag, ziemlich unentschieden lassen; da aber, wie in einem Schreiben von Olbers vom 20. November (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 244) hervorgehoben ist, der Komet am 1. November von Nicollet in Paris mit bloßen Augen gesehen worden ist, und seine Lichtstärke gegen das Perihel hin jedenfalls zugenommen hat, ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß er auch in Padua in der angegebenen Zeit mit bloßen Augen gesehen wurde. Man kann demnach, wenn man für den 1. November 5 bis 6" annimmt, für den 6. November etwa die 5. und für den 12. vielleicht gar schon die 4. Größe annehmen. Auf die nächstliegende ganze oder halbe Größe abgerundet, wird man I, = 61/5" wählen dürfen. Als der Komet vom Perihel zurückkehrte, war er, wie in einem Schreiben von Inghirami anläßlich einer am 6. Dezember geglückten Beobachtung bemerkt ist (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 290), für das bloße Auge sichtbar und hatte einen sehr schönen Schweif. Die erste Beobachtung in dieser Zeit ist am 29. November von Argelander in Äbo gemacht worden, nachdem schon am 28. der Schweif gesehen worden war, während der Kern hinter einer Wolkenbank war. Am 29. November glaubte dieser Beobachter auch auf der der Sonne zugekehrten Seite etwas Neblichtes wie einen kurzen zweiten Schweif zu bemerken, hat aber diese Wahrnehmung wegen der großen Nähe des Horizonts als zweifelhaft hingestellt (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 357/8). Eine gut verwertbare Bemerkung ist die von Olbers (»Neue Reduktion«) zum 2. Dezember: Der Komet hatte einen kleinen Kopf, einen blassen 6 bis 8° langen Schweif und war eben mit bloßem Auge zu sehen. Am 2. Dezember ist der Komet auch von Bessel in Königsberg (Beobachtungen, 12. Bd., p. 62) beobachtet worden, indem seine Entfernungen von zwei Sternen gemessen wurden; es war aber nur .wenige Minuten heiter, weshalb die Messungen nicht wiederholt werden konnten. Am 3. und 5. Dezember hat Olbers je eine Kreismikrometer-Beobachtung angestellt und außerdem noch zum 10. Dezember die Bemerkung gemacht, daß er an diesem Tage wegen des starken Mondscheins (am 14. Dezember Vollmond!) den als ein kleines, blasses, kaum merkbares Wölkchen sich zeigenden Kometen im Dollond nur mit großer Mühe finden, aber nicht beobachten konnte. Inwiefern sich der Komet vor und nach dem Perihel verschieden gezeigt hat, ist von Santini, der ihn zu Padua nicht nur vor, sondern auch nach dem Perihel mehreremale beobachtet hat, dargelegt worden wie folgt (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 354/5). Vor der Perihelpassage hatte der Komet einen kleinen, licht- schwachen Schweif und einen sehr hellen, gut begrenzten Kern, so daß derselbe fast einem kleinen Planeten glich. Nach dem Perihel, insbesondere am I. und auch noch am 5. Dezember, hatte er einen ®) Ibegrenzten und gut sichtbaren Schweif, während sein Kern nicht wie früher genau abgegrenzt, rn unförmlich und nebelig war, wie man es an Kometen gewöhnlich beobachtet. Zufolge einer merkung zum 25. Dezember, dem vorletzten Beobachtungstag, war der Komet an diesem Tage sehr :lein, aber ziemlich hell und mit einer kleinen Nebulosität umgeben, U a nn Größe und Helligkeit der Kometen. 329 Zum letztenmal überhaupt ist der Komet am 5. Jänner 1827 in Abo beobachtet worden; er war an diesem Tage schon äußerst blaß, obgleich sein Schweif noch auf 15 bis 20’ zu verfolgen war. Was nun den Heiligkeitsgrad des Kometen nach dem Perihel betrifft, so kann zunächst für den 2. Dezember die 5. Größe angenommen werden; für den 5. Jänner, den letzten Beobachtungstag, erscheint 8 bis 9" zulässig. Aus diesen Annahmen ergibt sich: T 1826/27 | ı H BlgrA | 4, Dez. 2 0-62 5m? — 05 5m5 Jan. 5 1:43 sw5? + 2:0 6-5 6m0 (?) Die reduzierte Helligkeit wäre also auf Grund der hier abgeleiteten Zahlen nach dem Perihel etwas bedeutender als vor demselben, was zwar recht wahrscheinlich ist, aber nicht sicher nachgewiesen werden kann. Jedenfalls ist, wenn man sich mit einem Mittelwert begnügen will, derselbe in der Nähe von ım ) 0 anzunehmen, während der Maximalwert in die Nähe von 5"5 verlegt werden darf. Wird aus der scheinbaren Schweiflänge unter der gewöhnlichen Voraussetzung die wahre abgeleitet, so ergibt sich: | | | | | 1826/27 r | Beobachter | [0% S | | Dez. 2 | 0:62 Olbers | 6-8° |0-199-0-275 | Jänn. 5 | Argelandee | 15—-20' | 0-014—0:019 | | Ein besonders auffälliges Phänomen scheint der Schweif trotz der ziemlich bedeutenden Länge, bis zu welcher er verfolgt werden konnte, nicht gewesen zu sein. 18271. Ein Komet mit einer ziemlich kleinen Periheldistanz (4 = 0'506), der vor dem Perihel beobachtet worden, aber in keine besondere Erdnähe gekommen ist (A >10) und nur eine sehr geringe Schweif- entwicklung gezeigt hat. b — lo) 140°4. — — ea — 35729) 28°3, 30,94 echo 9%, — 4, = 180° Lage des Perihelpunktes: /, oder %, Zur Rechnung wurde die neue Bahnbestimmung von Strömgren benützt (Astr. Nachr., Bd. 160, p. 250): A ae log q = 9:704293. = 184° 347 40", T = 1827, Rebr. 494822 m. Z. Berlin, = 102 BA a, Bei der Auswahl der Rechnungstage wurden die folgenden Umstände berücksichtigt. Der Komet ist am Morgen des 26. Dezember 1826 von Pons entdeckt worden und scheint zufolge einer Bemerkung von Harding (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 301) unabhängig auch von Gambart gefunden worden zu sein. Beob- achtet wurde er zunächst vom 27. bis 31. Dezember 1826 (Florenz) und nach einer langen Pause, zu welcher gewiß auch der Mondschein (Vollmond am 13. Jänner 1827) beigetragen hat, erst wieder vom 17. bis 26. Jänner 1827 (Göttingen, Bremen, Kremsmünster). Diese vier Grenztage sind nun als Rechnungstage gewählt worden, 330 Dr. J. Holetschek, A—L | logr logA | 5logrA k Dez. 27-762] 250°| + 21°1244° 32'|+ 43° 17')— 31° 30'| 0-003 0:100 | + 0:5 | 49°9 15 | 258 22 1254 7 44 32 |— 25 56 9:973 0:076 | + 0:2 | 534 1 296 17 1301 50 37 12 + 4 54 9826 0.034 | — 0:7 | 63:3 26.255|315 | + 9 |320 33 [+ 24 55 I+ 14 29 9:746 0-065 | — 0-9 | 57:8 Bei den ersten Beobachtungen, die zu Florenz in den letzten Tagen des Dezember gemacht wurden und für eine Bahnberechnung sehr wenig brauchbar sind (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 301), ist über den Kometen selbst gar nichts bemerkt. Am 17. Jänner fand ihn Harding zu Göttingen (a. a. ©. unten) während einer kurzen Aufhellung als einen kleinen, aber sehr hellen Nebelfleck, ohne Kernpunkt, aber mit einem kurzen Schweife. Der unbeständigen Witterung wegen konnte seine Position bloß geschätzt werden. Am 18., 19. und 22. Jänner ist der Komet von Olbers (»Neue Reduktion«) beobachtet worden; zum letzten dieser Tage ist bemerkt, daß sich ein Kern deutlicher zu entwickeln schien und auch Spuren eines Schweifes kenntlicher waren. Diese Bemerkungen erhalten ihren Abschluß durch die folgenden, welche Schwarzenbrunner in Kremsmünster seinen am 20. 21., 24. und 26. Jänner gemachten Beobachtungen beigefügt hat (Astr. Nachr., Bd. 5, p. 343). Der Komet ist, dem äußeren Ansehen nach, sehr klein, fast nur Kern ohne Schweif, und ohne bedeutende Lichthülle; von den Fixsternen hauptsächlich bloß durch seinen blasser, matten Glanz und durch seine wenige Begrenzung unterscheidbar. Will man sich nun eine Vorstellung von dem mutmaßlichen Helligkeitsgrad des Kometen bilden, so ist zu berücksichtigen, daß nirgends über eine besondere Lichtschwäche geklagt worden ist und der Komet doch teleskopisch gewesen zu sein scheint; es liegt daher nahe, als größte Helligkeit die 6. und und als geringste ungefähr die 7. Größe anzunehmen. Verlegt man die letztere auf die Zeit der Entdeckung oder überhaupt auf die erste Partie der Beobachtungen und die erstere auf die zweite Partie, so ergibt sich als reduzierte Helligkeit im Mittel ungefähr 7, =6"7 oder bei Zulassung eines kleinen Spielraumes ungefähr 6!/, bis 7”. Eine Zunahme von H, gegen das Perihel ist zwar wegen der ziemlich bedeutenden Annäherung des Kometen an die Sonne sehr wahrscheinlich, aber aus den Berichten nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Dasselbe gilt von der Bildung eines Kernes und der Entwicklung eines Schweifes. Erlaubt man sich die Annahme, die scheinbare Länge des am 17. Jänner gesehenen kurzen Schweifes sei 3 bis 6’ gewesen, so würde sich unter dieser Annahme als wahre Länge 0'001 bis 0:002 ergeben. 18271. Dieser Komet scheint mit dem vorigen ziemlich gleichwertig gewesen zu sein. Er ist der Sonne bis 4=0'808 nahegekommen, aber anscheinend schweiflos geblieben und konnte bald nach dem Perihel- durchgang in einer ziemlich bedeutenden Erdnähe (bis A = 0:5) beobachtet werden, ohne aber, wie es scheint, heller als bloß teleskopisch gewesen zu sein. Lage des Perihelpunktes: /, = 302°9, 4, = + 14°1, —-L, = 180° = + 46°2 oder , = 3020, %, =— 5°8, a,-4,=& 180° = + 46°4. Zur Untersuchung des Kometen wäre es wohl ausreichend gewesen, die Distanzen zu benutzen, welche von Heiligenstein bei seiner Bahnbestimmung des Kometen (Astr. Nachr., Bd. 6, p. 305), auf zwei Dezimalstellen abgekürzt, mitgeteilt worden sind; es wurden aber doch, zum Teil zur Kontrolle, die hier üblichen Zahlen so wie bei anderen Kometen gerechnet, und zwar genau für die der erwähnten Bahn- bestimmung zugrunde liegenden Zeitpunkte. I 1827. )un101284100,,2- 0202138746 Alle Oel log q = 9907494. [0 0) Je) Ex Größe und Helligkeit der Kometen. Das Resultat der Rechnung ist das folgende: I | M. Z. Paris e ö | N | ß IL, logr | logA 5logrA | 7 1827 u £ | | I | | Juni 205229| 30°|+ 66° 57° 42"|+ 49° 15") — 31° 6'| 9926 | 9-730 | — 1:7 | 9222 Juli 6°3956 | 181 58 1147 46 Eee 9-987 9903 | — 0:6 | 69-4 | | 21°3759 | 186 + 40 |166 44 + 35 15 | —+ 48 31 0057 | 0103 | —+ 0:8 | 49:5 | | | Der Komet ist am 20. Juni von Pons und, wie aus der Einleitung zu der schon zitierten Bahn- bestimmung von Heiligenstein hervorgeht, auch von Gambart entdeckt worden. Eine Beschreibung ist nirgends gegeben, doch mag eine solche vielleicht in dem a. a. ©. erwähnten, aber leider nicht auffind- baren Zirkular vom 5. Juli enthalten gewesen sein. Wenn man nun trotzdem einen Anhaltspunkt zur Beurteilung des Sichtbarkeitsgrades gewinnen will, so bietet sich dazu kaum etwas anderes dar, als der Anblick der Beobachtungen von Pons (Astr. Nachr., Bd. 6, p. 159 bis 164). Diese reichen vom 20. Juni bis 21. Juli und sind fast durchgehends Kreis- mikrometerbeobachtungen. Am 24. und 25. Juni wurde aber versucht, den Kometen im Meridian bei seiner unteren Kuimination zu beobachten, und als Resultat sind die Fadenantritte angegeben; die Zenitdistanzen wurden mit einem Pappendeckelfernrohr (avec une lunette de carton) bestimmt, welches man so gut als möglich an das große Meridianfernrohr angebracht hatte. Diese letzteren Beobachtungsumstände lassen nun die Folgerung zu, daß der Komet, wenn auch kein besonders auffälliges Objekt, so doch immerhin recht ansehnlich gewesen ist, und man wird daher gewiß nicht weit fehlgehen, wenn man die Helligkeit für den 24. oder 25. Juni zwischen 5 und 61/,” annimmt. Die reduzierte Helligkeit wäre demnach, da die Reduktionsgröße —1'4 ist, zwischen 6"4 und 7"9 oder, wenn man sich erlaubt, die Grenzen etwas enger zu ziehen, nicht weit von der Strecke 6"'9 bis 74, wobei der größere Helligkeitswert wahrscheinlicher ist als der kleinere; also in der Nähe von 4, =7". Der Vollständigkeit halber soll hier erwähnt werden, daß der Komet außer von Pons nur noch von Valz in Nimes beobachtet worden ist, und zwar zunächst angenähert am 5. Juli morgens, sodann ziemlich genau am 6. Juli morgens und schließlich noch einmal angenähert am 6. Juli abends (Astr. Nachr., Bd. 7, p. 95/06). (Am 8./9. Juli war Vollmond.) Nach dem 21. Juli konnte Pons den Kometen nicht mehr beobachten und nicht einmal mehr sicher erkennen, und zwar sowohl wegen der Lichtschwäche des Gestirnes als auch wegen der Menge von Nebelflecken, die sich auf seinem Wege befanden, seit er den Großen Bären verlassen hatte. Zu dieser Schwierigeren Sichtbarkeit scheint aber nebst der Helligkeitsabnahme auch die immer geringere Höhe des Kometen am Abendhimmel beigetragen zu haben. 182711. Ein Komet mit einer recht kleinen Periheldistanz (7 = 0:138), der vor dem Perihel in der nördlichen Cireumpolargegend des Himmels beobachtet wurde (2. bis 29. August) und in der zweiten Hälfte dieses Zeitraumes eine mäßige Schweifentwicklung gezeigt hat. Auch nach dem Perihel war er wieder sichtbar, ist aber da nur ein einzigesmal beobachtet worden. In der Lage des Perihelpunktes (2, = 258°5, b, = —52°6, ,—L, + 180° =—-90°1 oder o, = 242°1, 6, =—-174°9, u—4A, = 180° = —107°4) ist aus der sowohl von O° als von 180° weit entfernt liegenden Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen zu entnehmen, daß die Erscheinung des Kometen im allgemeinen keine günstige zu nennen war, während die stark südliche Lage des Perihel- punktes in Verbindung mit der Kleinheit der Periheldistanz zeigt, daß bezüglich der Sichtbarkeit des Kometen die Nordhemisphäre die bevorzugte war. 332 Di) Elolleiesicihieik, Zur Rechnung wurde die parabolische Bahn von Clüver benutzt (Astr. Nachr., Bd. 7, p. 62): N Ne27, Sept. 1267883, 7 = 120982 A131 0 ASTA 1059258 log ISIS Die Auswahl der Rechnungstage ergab sich mit Rücksicht auf die Beobachtungsnotizen beinahe von selbst. (Am 7. August war Vollmond.) 1827 0. ö 8 B —L logr logA |5logrA Rk Aug. 2:56 Ze 622182521151 27393172) 0067 119 | + 0:9 | 47?8 3:58 79 62717837720 Be 8) 47 32 0:059 0:109 | + 0:8 | 48-9 16.4 112 60 1103 38 37 47 O2 9.932 9-962-| — 0-5 | 69-6 20:4 125 962 13720 35 46 33 41 9:879 9-910 ol. Si 23.4 135 121756 33 6 eu 58 9.832 9:373 HB) IEXOS IL 29-4 153 36 [141 46 23 15 13 56 9:711 9.822 | — 2:3 |117-4 Okt. 16:65 [175 | + 22 1166 18 | + 18 34 |— 36 41 0.024 0:202 | + 1:1 | 37-8 Dies ist der letzte von Pons entdeckte Komet. Er wurde am 3. August, 2 Uhr morgens gefunden und zunächst in Florenz am 4. und 5. August und nach einer längeren Unterbrechung wieder am 13., 14. und 15. August beobachtet (Astr. Nachr., Bd. 7, p. 291 bis 294). Auf den übrigen Sternwarten, an denen er beobachtet wurde, geschah dies erst in der zweiten Hälfte des August; er konnte aber dafür bei seiner unteren Kulmination im Meridian beobachtet werden: am 20., 21. und 22. August von Gauss in Göttingen, am 22. und 23. August von Nicolai in Mannheim (Astr. Nachr., Bd. 6, p. 43/44). Der Komet war, wie der zuletzt genannte Beobachter zu seinen zwei Beobachtungstagen bemerkt hat, ziemlich hell, hatte etwa # im Durchmesser und einen schwachen schweifähnlichen Schein. Am längsten und öftesten ist er von Schwerd in Speyer beobachtet worden, nämlich vom 17. bis 29. August an neun Tagen (Astr. Nachr., Bd. 6, p. 45); darunter befinden sich sechs Meridianbeobachtungen (vgl. auch Astr. Nachr., Bd. 7, p. 63). i Da sonach der Komet wiederholt im Meridian und noch dazu in der unteren Kulmination beobachtet werden konnte, erscheint die Annahme gestattet, daß erin dieser Zeit kaum schwächer als 6. Größe und wahrscheinlich sogar noch etwas heller gewesen ist. Schwerd hat zwar zu seinen Meridianbeobachtungen bemerkt (Astr. Nachr., Bd. 6, p. 47), er habe, um den Kometen im Fernrohr des Meridiankreises gut beobachten zu können, die Beleuchtung des Gesichtsfeldes so sehr schwächen müssen, daß er die feinen Spinnefäden kaum mehr erkennen konnte, und habe sich deswegen mit einer anderen Vorrichtung geholfen, aber trotzdem braucht man von der hier ausgesprochenen Vermutung über den Helligkeitsgrad des Kometen nicht abzugehen. In dem schon mehrmals zitierten Sammelwerk: »Astronomische Beobachtungen in Speyer« hat Schwerd mehrere Bemerkungen über das Aussehen des Kometen gegeben, die hier noch einen Platz finden müssen. Zum 16. August, an welchem Tage der Komet in Speyer zum erstenmal gesehen wurde, ist bemerkt, daß er klein und ohne Schweif, aber ziemlich glänzend war. Zum 20. August ist bemerkt: Der Komet hat 4’ im Durchmesser und fängt an, einen Schweif zu bekommen. Zum 22. August: Der Komet erscheint mit einem dünnen spitzen Schweif, der etwa 10’ lang und von der Sonne abgewendet ist. Zum 23. August: Der Schweif erscheint heute 15’ lang, fein zugespitzt und sehr dünn. Der Kern ist heller als gestern und mit einem Nebel von 6 bis 7’ im Durchmesser umgeben. Nach dem Perihel ist der Komet, wie schon oben hervorgehoben wurde, nur einmal beobachtet worden, und zwar am 16. Oktober von Nicolai in Mannheim; er war bereits sehr lichtschwach und glich einem kleinen, matten Nebelfleck (Astr. Nachr., Bd. 6, p. 211/212). Größe und Helligkeit der Kometen. 333 Wenn nun für den Helligkeitsgrad des Kometen eine den Beobachtungsnotizen entsprechende Zahl angegeben werden soll, so dürfte es am passendsten sein, für den 16. August 5 bis 6” und für den 23. August 4 bis 5” anzunehmen. Die reduzierte Helligkeit 7, wäre demnach 6”0 und daraus würde folgen, daß der Komet bei einer Helligkeit von 7” entdeckt und fast bei derselben zuletzt beobachtet worden ist. Die Reduktion der Durchmesserangaben auf A = 1:0 führt zu folgenden Zahlen: 1827 Beobachtungsort | D | D, August 20 Speyer 4' 3083 22, 23 Mannheim 4 3:0 23 Speyer 6—7' 4-9 Mittel. . 317 1827 r | C | Ss August 22 0-71 23 0:68 10' | 0002 15 | 0003 Daß der Schweif sehr dünn und zugespitzt erschienen ist, war wohl eine Folge des Umstandes, daß die Erde in dieser Zeit durch die Ebene der Kometenbahn gegangen ist, indem am 23. August L= Q, war, Da dies der letzte der von Pons entdeckten Kometen ist und dieser Kometenentdecker zweimal sein Domizil gewechselt hat, dürfte es nicht unangebracht sein, hier noch eine Übersicht darüber zu geben, wie sich die von Pons entdeckten Kometen auf die drei Entdeckungsorte verteilen. Die Kometen 1801, 1802, 1804, 1805 (Encke), 1806 I (Biela), 1806 II, 18081, 180811, 1810, 181111 1812, 18131, 181311, 1816, 18181, 181811, 1818 III, 18191 (Encke), 1819 III (Winnecke) entdeckte Pons, als er in Marseille war; die Kometen 1819IV, 1821, 18221, 1822 III, 1822IV, 1823, 1824 II, 18251V zu La Marlia bei Lucca und schließlich die Kometen 18251, 18261I, 18261IV, 1826 V, 18271, 1827 Il, 1827111 zu Florenz. Die genaueren Beobachtungen der ersteren wurden meistens auf der Sternwarte zu Marseille selbst, von einigen zu Capellete gemacht, die der letzteren von Inghirami auf dem Össervatorio delle Scuole Pie di Firenze. (In den letzten Monaten des Jahres 1828 wurde der Encke’sche Komet beobachtet, dessen Perihel- durchgang jedoch erst im Jänner 1829 stattgefunden hat.) 18301. Ein Komet mit einer mäßigen Periheldistanz (g = 0:92), der kurze Zeit vor seiner Sonnennähe in eine bedeutende Erdnähe gekommen ist (bis A= 0:147) und zu dieser Zeit samt einem Schweif von mehreren Graden Länge, aber anscheinend nur mäßiger Helligkeit, mit bloßen Augen gesehen wurde; aller- dings wegen seines sehr südlichen Standes nur auf der Südhemisphäre. Als er für die Nordhemisphäre sichtbar wurde, war er schon in der Abnahme begriffen. InedeniPace des Perinelpunktes (2, = 211°83, 5, —-+.221, I, 2, = 1807 — 7 127A odersay— 210°%4, &%,= — 10°, a,— 4, + 180° =+ 12°5) tritt als besonderes Merkmal hervor, daß die Differenz zwischen den perihelischen Längen und Rektaszensionen recht klein war. Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LXXXVIIT. Bd. 110 Dr. J. Holetschek, = [09) [3% NS Zur Reduktion der wenigen direkten und einiger indirekter Angaben bieten sich zwei Ephemeriden dar, von denen aber keine die ganze Dauer der Sichtbarkeit des Kometen umfaßt. Die eine, welche sich in der Mitteilung von Henderson über diesen Kometen findet (Memoirs of the R. Astr. Society, Vol. 8, p. 195), erstreckt sich über die Zeit vom 16. März bis 5. April (12” mittl. Zeit Greenwich) und ist mit den folgenden parabolischen Elementen gerechnet, welche von Haedenkamp und Mayer an die Königsberger Heliometerbeobachtungen angeschlossen worden sind (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 172): : ES NEID EN = 227, EAN 227, 7er 1283, er IT. Die zweite, umfangreichere Ephemeride ist der Bahnbestimmung dieses Kometen von L. R. Schulze (Leipzig 1872) zugrunde gelegt und erstreckt sich über die Zeit vom 21. April bis 17. August (12" mittl. Zeit Berlin). In diese Bahnberechnung sind jedoch, was hier nebenbei erwähnt werden soll, mehrere Beobachtungs- reihen nicht mit einbezogen worden, vermutlich weil sie nicht so leicht erhältlich waren wie die anderen; auf diese soll daher noch aufmerksam gemacht werden. Der Komet ist beobachtet worden zu Greenwich (Astr. Observations 1830, zweite Partie, p. 19) von 4. Mai bis 1. Juni an 6 Tagen, zu Modena (Atti del Osservatorio, I., p. 366) vom 21. Mai bis 6. Juni an 13 Tagen, zu Palermo (Giornale astr. e met., I., p. 223) vom 23. Mai bis 13. Juni an 9 Tagen; ferner sei darauf aufmerksam gemacht, daß in Göttingen außer den im 8. Bd. der Astr. Nachr. veröffentlichten 5 Beobachtungen noch weitere 11 in der Zeit vom 3. Mai bis 25. Juni angestellt worden sind (Harding und Wiesen, »Kleine astronomische Ephemeriden« 1831, p. 122). Die 40 Wiener Beobachtungen hätten durch Einsichtnahme in den 11. Band der »Annalen der k. k. Sternwarte in Wien« neu reduziert werden können. In der nun folgenden abgekürzten Ephemeride sind die in den zwei oben erwähnten Ephemeriden nicht mitgeteilten Logarithmen von r nach den daselbst angeführten Bahnelementen berechnet worden. Die ersten Tage sind ganz nach der Ephemeride von Henderson gewählt (12% Greenwich). Für den späteren Zeitraum (12% Berlin) schien es ausreichend, nebst den Grenztagen zunächst die zwei Tage zu wählen, an denen Olbers Angaben über die Länge des Schweifes gemacht hat, hierauf den Tag, an dem man zum letztenmal den Schweif erwähnt findet (30. Mai), sodann vom Juni den Tag der größten nörd- lichen Deklination und vom Juli den, an welchem die Distanz des Kometen von der Erde zum erstenmal srößer als 1:0 war. 1830 [7 ö a— A logr log A 5logrA R März 16°5 99° 31'|— 81° 35'/4+103° 15'I 00060 Out? — 3°6 OS OL 13-5 Sl 2 85° 6145257 99999 99-2385 3:8 83 50 20-5 349 53 81 41 |— 10 1 99942 9-2092 40 83 54 22-5 331157 74 14 29 46 99888 9:1861 4-1 94 6 24°5 325 13 65 30 35 19 9:9839 ORTEN, 4.2 99 6 26-5 321 54 56 11 43 27 9.9795 91676 4:3 103 29 28-5 319 54 46 51 47 16 99756 91752 4:2 106 54 30-5 318 27 37 56 50 33 OO M22 9.1937 42 108 54 April 1-5 317 52 |— 29 56 92, 157. 9:9694 9:2194 4° 109 46 21°5 317 32 |+- 9 2 E37, 9.9762 9.5389 2:4 89 39 28-5 318 18 14 37 77 26 9:9924 9.6201 19) 81 18 Mai 16°5 Ahle) 26 22 36 GB Bo 00529 9:7634 0-9 63 18 305 318 50 25 56 108 24 01069 9:8347 — 0'3 52 6 Juni 18-5 314 53 27 33 131 58 0:1778 99053 + 0'4 39 1 Juli 16-5 305 46 23 54 |—-169 56 02691 00021 14 23 18 Aug. 17°5 298 57 |+ 14 35 4152 11 0:3543 0:1414 —+ 2'5 16 27 Vollmond: 8. April, 7. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 4. August, Größe und Helligkeit der Kometen. 8335 Die ersten Tage, die man als Entdeckungstage angegeben findet, sind der 16., 17. und IS. März. Am 16. März abends wurde der Komet von Dabadie auf Mauritius entdeckt (zwischen dem Chamäleon und dem Großen Nebel). Am nächsten Tage war er um 5° gegen Norden gerückt und nun verblieb er, wie es in der Anzeige dieser Auffindung heißt (Monthly Notices, Vol. 1., p. 196), in dieser Richtung mit abnehmender Geschwindigkeit, bis er den östlichen Flügel des Schwanes erreichte, wo er gegen Ende Mai verschwand. Die Länge seines Schweifes überstieg niemals 5°. Am 17. März, 7* abends wurde er auf einem Schiffe, welches von Calcutta nach Boston fuhr, unter 351/,° südl. Breite und 231/,° östl. Länge von Greenwich gesehen (Astr. Nachr., Bd. 8, p. 351). »Discovered a comet near the southpole.... With the naked eye it compared in size with stars of the third magnitude. The tail could be traced through 7 or 8 degrees. It appeared like a mass of luminous matter, brilliant in the centre and becoming fainter towards the edges; it diminished rapidly in brillianey.« Es wurden Distanzen des Kometen von hellen Sternen gemessen, und zwar von dem genannten Tage angefangen an 7. Tagen bis zum 5. April, an welch letzterem sich das Schiff unter S° südl. Breite und 20° westl. Länge befand. Zum Schluß ist bemerkt: »Last seen (very faint) April 21.« Aus der Größenschätzung vom 17. März eranbissichWzE 167: In der Nacht des 18. März (night of the 18th) wurde der Komet von einem Offizier des englischen Schiffes »Adventure«, dessen damalige Position aber nicht angegeben ist, nahe beim Südpol des Himmels entdeckt (Monthly Notices, Vol. I., p. 195). Er war »very bright and large«. Drei Wochen später, als das Schiff die Magalhaens-Straße erreicht hatte, war er schon zu schwach, um (mit dem Sextanten) beobachtet zu werden; er wurde jetzt nahe bei v, v, ö im Pfau gesehen. Vom 18. März bis 4. April wurden zu Buenos Ayres Abstände des Kometen von Sternen gemessen (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 369); dort ist aber von den Beobachtern (Dwerhagen und Kiernau) hervor- gehoben worden, daß der Komet keinen Schweif hatte und bloß aus einem Kern bestand, der sich von sehr schwachem Haar umgeben zeigte. Am 22., 23. und 24. März ist er am Kap der guten Hoffnung im Meridian beobachtet worden; eine Bemerkung über sein Aussehen ist aber nicht beigefügt (Mem.R. Astr. Soc., Vol. 19, p. 102). Die letzte Nachricht von einer Auffindung mit bloßen Augen ist von der Insel Ascension, wo das Gestirn am 29. März morgens von dem Kapitän Henry Foster gesehen und an drei Tagen beobachtet wurde; die Beob- achtungen sind von Henderson reduziert worden (Mem. R. Astr. Soc., Vol. 8, p. 191). Ganz unabhängig von diesen ersten Auffindungen mit bloßen Augen ist der Komet in Europa bei schon abnehmender Helligkeit entdeckt, aber trotzdem sehr lange beobachtet worden. Zuerst wurde er hier am 21. April morgens von Gambart in Marseille gesehen und als »tres apparente« bezeichnet (Astr. Nachr., Bd. 8, p. 251). Von Nicollet, der ihn zu Paris am 26. April morgens auffand, ist folgendes bemerkt worden (a. a. O.): »Elle a une queue d’environ trois quart de degre, son noyau est brillant, et le tout fait un ensemble, que l’on distingue a l’oeil nu sous la forme d’une belle nebuleuse allongee«. (4"?) Auch die Bemerkungen anderer Beobachter zeigen, daß der Komet in diesen Tagen noch recht ansehnlich war. So die von Santini in Padua (Opuscoli astron. intorno alle comete...p. 3/4) zum 30. April/ 1. Mai: Komet an diesem Tage ziemlich hell, so daß er die Fadenbeleuchtung vertrug; er hatte einen kleinen Schweif und sein Kern war gut begrenzt. Obwohl er dem bloßen Auge nicht sofort auffiel, konnte ihn doch ein geübtes und auf diese Stelle gerichtetes Auge leicht erkennen (9”?). Zu den Beobachtungen von James South in Kensington (Monthly Notices, Vol. 1, p. 180, und Memoirs Astr. Soc, Vol. 4, p. 625) ist unter anderem bemerkt, daß der Komet am 1. Mai (dem ersten Beob- achtungstag) trotz des Mondlichtes (2 Tage nach dem ersten Viertel) ohne die geringste Schwierigkeit gefunden wurde; am 14. Mai morgens (dem letzten Beobachtungstag) war er für das bloße Auge unsichtbar, aber wahrscheinlich nur infolge des Mondlichtes (letztes Viertel). Der Schweif zeigte sich (im Fernrohr) am ersten Tage schwach, am letzten von Äußerster Zartheit. Der Komet war während dieser Zeit ziemlich rund und hatte ungefähr 2’ im Durchmesser, 836 Dr. J. Holetschek, In den Beobachtungen von Greenwich (Astr. Observations 1830, a. a. O.) ist zum 4. Mai bemerkt, daß der Komet hell erschien, mit einem leidlich begrenzten Kern, und daß das Licht des Mondes hinderlich war, ihn mit bloßen Augen zu sehen. Nach diesen letzten zwei Mitteilungen dürfte der Komet zu Anfang des Mai gewiß noch von der 5,, nach der Mitte aber schon nahe an der 6. Größe gewesen sein, so daß für die Mitte des Mai 5”5 ange- nommen werden kann. Eine anscheinend ziemlich genaue Beschreibung des Kometen aus der Zeit, in welcher er für Europa sichtbar zu werden begann, findet sich in den schon zitierten Astron. Ephemeriden von Harding 1831: »Am 21. April entdeckte Gambart zu Marseille einen mit unbewaffnetem Auge sichtbaren Kometen, welcher 4 Tage später auch auf der hiesigen Sternwarte (Göttingen) bemerkt wurde. In der Mitte seines hellweißen Nebels zeigte sich ein glänzender, scharf begrenzter Kern, dessen Durchmesser etwa 3” haben mochte; der spitzig auslaufende Schweif war ebenfalls sehr hell und ließ sich in einer Ausdehnung von 2° erkennen.« Daß die kernähnliche Verdichtung trotz ihrer großen Helligkeit und scharfen Begrenzung kein kom- pakter Kern gewesen ist, hat Bessel durch die folgende Bemerkung dargelegt (Astr. Nachr., Bd. 8, p. 426): Der Komet zeichnete sich durch so starke Verdichtung seines Nebels um seine Mitte aus, daß er, mit schwachen Vergrößerungen gesehen, einen Kern zu besitzen schien, welcher aber verschwand, wenn man stärkere Vergrößerungen anwandte, oder (wie es im 16. Band der Königsberger Beobachtungen, p. 78, heißt), welcher durch stärkere Vergrößerungen in Nebel aufgelöst wurde. Längere Reihen von Bemerkungen über den Kometen sind von Olbers in Bremen (»Neue Reduktion«) und von Lambert Mayer in Wien (Annalen, 11. Teil, p. XXVII) gemacht worden. Aus denen von Olbers, die vom 28. April bis 24. Juni reichen, ist zunächst verwendbar, daß der Schweif am 28. April nach Unter- gang des Mondes — vermutlich nur teleskopisch — auf 21/,° zu verfolgen und am 16. Mai im Kometen- sucher über 1° lang war; am 28. April war auch der Komet überhaupt und insbesondere der Kern am ansehnlichsten. Aus den weiteren Bemerkungen ist eine ziemlich stetige Abnahme zu erkennen, mit der einzigen Unterbrechung durch den 14. und 16. Juni, an welchen Tagen der Komet — vielleicht infolge einer besonderen Klarheit der Luft — besser zu sehen war als an allen anderen Tagen dieses Monats. Auch die Bemerkungen zu den Beobachtungen von L. Mayer, die bis zum 30. Juli reichen, lassen die Abnahme, besonders gegen das Ende des Beobachtungszeitraumes, deutlich erkennen. Vom Schweif war am 5. und 9. Mai nichts zu bemerken, am 12. eine schwache Spur, aber am 17. Mai war der nahe °/,° lange Schweif sehr gut erkennbar; am 30. Mai war noch eine schwache Spur des Schweifes bemerkbar und das ist der letzte Tag, an dem vom Schweif etwas erwähnt wird. Am 10. Juli war der Kern des Kometen noch immer gut erkennbar, ein Umstand, der sehr beachtens- wert ist und auch durch Bemerkungen zu den in Altona angestellten Beobachtungen bestätigt wird, wonach am 1. und am 14. Juli noch eine Spur des Kernes gesehen wurde und der Komet an dem letzteren Tage ganz gut zu beobachten war (Astr. Nachr., Bd. 8, p. 373 und 376). Die Altonaer Beobachtungen schließen ebenso wie die Wiener mit dem 30. Juli; noch länger, nämlich bis zum 17. August, ist der Komet in Florenz verfolgt worden. Bessel berichtet (Königsberger Beobachtungen, 16. Bd., p. 84), daß er den Kometen (nach dem 28. Juni) zu Ende des August noch einmal gesehen hat, daß aber die gleich darauf aufsteigenden Wolken den Versuch vereitelten, ihn zu beobachten. Der Komet ist also in Europa trotz abnehmender Helligkeit mehr als vier Monate lang gesehen worden. Für den August kann, da Bessel den Kometen zu Ende des Monats anscheinend noch ziemlich leicht gesehen hat, 9” oder 91/,” angenommen werden. Stellt man nun die Ergebnisse über den mutmaßlichen Bo des Kometen zusammen, so hat man: Größe und Helligkeit der Kometen. ee) (4%) in } 1830 r | H 5logrA | H, | | a März 17 1-01 3m palar, 6m7 April 21 095 4? 2-4 6-4 30 1:00 5? 1:8 6-8 Mai 16 1-13 5m5? _ 0-9 6:4 Juni 18 1:51 7m? + 0-4 6:6 Juli 16 1-86 8? 1:4 6:6 Aug. 17 2-26 gm5? lo 7-0 Es sind also, wie man aus den Zahlen X, ersieht, durch diese Annahmen, die allerdings einigermaßen willkürlich und mit Unsicherheiten behaftet sind, alle mutmaßlichen Helligkeitsgrade des Kometen sowohl untereinander als auch insbesondere mit der einzigen direkten Helligkeitsschätzung in Übereinstimmung gebracht worden. Andrerseits wird man fragen dürfen, ob die gemeinsame Höhe dieser Werte von H, die richtige ist, und da scheint es, daß man im Hinblick auf die nicht unbedeutende Schweifentwicklung des Kometen berechtigt ist, die Werte der reduzierten Helligkeit, wenigstens zur Zeit der Sonnennähe, wesent- lich zu vergrößern, und zwar bis auf mindestens 6"0; der Endwert 7"'O kann ungeändert bleiben. Dem- gemäß soll als Maximalwert 7, = 6"0 angesetzt werden. Was den scheinbaren Durchmesser des Kometen betrifft, so führt die Angabe, daß derselbe in den ersten zwei Wochen des Mai 2' war, auf D, =1'0bis 1'1; ein Ergebnis, daß sich gewiß nur auf den helleren Teil des Kometenkopfes bezieht. Die Ableitung der wahren Schweiflängen aus den scheinbaren führt, wenn man nur die bedeutenderen Längen berücksichtigt, zu folgenden Zahlen: 0 % ee C | S März 17 1:01 Zur See 7—8° 0:024 11—26? 0:97 Mauritius De 0013 April 26 0:97 Göttingen 2 0-014 28 0:98 Bremen 215° “ 0019 Mai 16 1:13 » ll == Ye 18301. Ein Komet mit einer ziemlich kleinen Periheldistanz (g = 0'126), der bald nach seinem am 27. De- zember 1830 erfolgten Periheldurchgang im Jänner 1831 am Morgenhimmel aus den Sonnenstrahlen herausgetreten ist und zu dieser Zeit auch schon seine größte Auffälligkeit hatte, indem er von da sowohl bezüglich seiner Helligkeit als auch hinsichtlich seines ohnehin nicht langen Schweifes ziemlich rasch abgenommen hat. Lage des Perihelpunktes: },=318°1I, ,=+ 18%, b—-L, = 180° =-137°9, oder.a, =.31429, 0, = 4,2283, A,==218 071126: Zur Untersuchung wurde die Bahn von Wolfers benutzt (Astr. Nachr., Bd. 10, p. 68), welche unter den bisher bekannt gewordenen die wahrscheinlichste ist, obwohl bei ihrer Berechnung einige Beob- achtungen nicht verwendet worden sind; so zunächst die zwei, welche W.R. Dawes in Omskirk bei Liverpool am 24, und 25. Jänner angestellt hat (Monthly Notices, Vol. II, p. 106), und die aus Nikolajew (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 173). Dafür findet man aber sechs Wiener Beobachtungen aus der Zeit vom 838 Dr. I Holeischek, 23. Jänner bis 6. Februar, zu deren Kenntnis der Berechner vermutlich auf brieflichem Wege gelangt ist, mit verwendet. T— 1830, Dez. 27:6669, =, = 26° 53/481, = 337° 5377, 7 135° 14130”, losq= 9.099982 Als Rechnungstage wurden fast durchgehends solche gewählt, welche durch besondere Beobachtungs- umstände markiert sind. Jänn. 6:7 |264°|— 13°| 264° 20'|+ 10° 38'|— 21° 52\I 9625 0.009 | — 1:8 | 7320 12-7 1258 11 | 257 52 12, @ 34 28 OCT, ST 123907655 14:7 1256 10 | 255 47 12529 38 834 9-815 9956 1:1 | 76-4 21°7 |248 81 248 7 13 44 83 22 Soil 9902 0:9 | 74:2 26°7 1242 ı— 6 | 241 38 14 34 64 56 9979 9.859 0-8 | 70-5 Febr. 10:6 [215 |+ 3 | 211 58 15 59 109 43 0106 9-741 0-8 | 47-0 19-6 | 192 10 | 186 43 13° 54 |-144 2 0163 9:735 | — 0:5 | 24-9 März 8:5 1156 + 17 | 152 2 4 6 24 |+164 19 0247 9:899 | 4- 0:7 974 Vollmond: 28. Jänner, 26. Februar, 28. März. Der Komet wurde in der ersten Jännerhälfte 1831 an mehreren Orten mit bloßen Augen wahr- genommen; zuerst wie es scheint, am 7. Jänner morgens von Herapath zu Hounslow Heath in England (Monthly Notices, Vol. II., p. 6; Memoirs Astr. Soc., Vol. IV, p. 626; Observatory, Vol. 16, p. 70). »Der Schweif war nahe senkrecht auf dem Horizont, gegen Süden geneigt und von weißer Farbe; anscheinend zwischen 1° und 2° lang. Der Kopf war von derselben Farbe wie der Schweif, aber weit mehr glänzend; an Helligkeit (in light) erschien er Sternen der 2. Größe gleich, während er sie an Umfang (in size) übertraf.« Die hier enthaltene Helligkeitsschätzung führt auf Grund der ersten der obigen Reduktionsgrößen ZU JE = Der Entdecker hat auch mit einem Sextanten die Distanz des Kometen von Arktur und a Lyrae: bestimmt und demnach die erste Beobachtung des Kometen angestellt; ungefähr 48 Stunden späfer, also am 9. Jänner morgens, wurde eine Beobachtung von James South in Kensington gemacht (a. a. O.). Am 7. Jänner morgens soll der Komet auch in Nordamerika gesehen worden sein (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 148). Einer der ersten, die über den Kometen berichtet haben, war auch der Hauptmann v. Biela, der sich damals zu Bozen in Tirol befand; er schrieb unterm 15. Jänner 1831 (Astr. Nachr., Bd. 8, p. 475), er sehe seit einigen Tagen vor Sonnenaufgang mit bloßen Augen einen Kometen mit einem 21/,° langen Schweif, und hat dabei auch zwei am 14. und 15. Jänner morgens geschätzte Positionen desselben mitgeteilt. Einen anscheinend ziemlich vollständigen Überblick über den Verlauf der Sichtbarkeit des Kometen gibt der Bericht von Santini in Padua (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 287, und Opuscoli astronomiei intorno alle comete...). Darnach hat sich schon in den ersten Tagen des Jahres das Gerücht verbreitet, daß auf den benachbarten Bergen an Stellen, die über den Nebel und Dunst hinausragten, ein schöner Komet mit bloßen Augen zu sehen sei; später erfuhr man, daß er auch schon zu Perugia seit 8. Jänner gesehen worden ist. In Padua konnte er erst am 22. Jänner morgens beobachtet werden; er war noch für das bloße Auge zu erkennen und hatte einen kleinen Schweif samt einer großen Nebulosität, in welcher nur mit Mühe ein dichterer Punkt zu erkennen war. Bei den folgenden Beobachtungen (nämlich am Morgen des 27., 28. Jänner usw.) konnte er nur mehr mit dem Fernrohr gesehen werden und zeigte sich in demselben als eine unförmliche Nebelmasse, weshalb die Positionsbestimmungen unsicher wurden. Am 3. März war er schon sehr matt und schwach geworden und am 8. konnte er nur als ein kleiner, weißer Fleck erkannt werden, der sehr unsicher zu beobachten war, Größe und Helligkeit der Kometen. 839 Den Beobachtungen von Cacciatore in Palermo (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 281) ist unter anderm die Bemerkung beigefügt, daß der Komet am ersten Beobachtungstag (am Morgen des 23. Jänner) einen hellen Kern von zirka 20” Durchmesser zeigte, eingehüllt in eine Nebulosität, die sich auf fast 3° erstreckte, mit einem Schweif von zirka 3°. Nach einer Bemerkung von Nicolai in Mannheim, der den Kometen nur vom 10. bis 14. Februar beobachtet hat (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 187), bildete er in dieser Zeit eine nahezu runde, fast gleichförmig beleuchtete Nebelmasse von 3 bis 4’ Durchmesser, ohne merkliche Verdichtung nach der Mitte zu, welcher Umstand bewirkte, daß die Beobachtungen weniger genau wurden als die des Kometen 1830 1. - In den Greenwicher Beobachtungen (Observations 1831, p. 23) ist zum 10. Februar bemerkt, daß der Komet an diesem Tage sehr schwach war und gegen den Vortag an Helligkeit beträchtlich abge- nommen zu haben schien. Das dürfte jedoch keine reelle Abnahme gewesen sein, besonders da man bei anderen Beobachtern von einem Helligkeitssprung in dieser Zeit nichts bemerkt findet. Hier muß auch erwähnt werden, daß der Komet in den Manuskripten von Olbers (»Neue Reduktion« p. 145), der ihn jedoch nur am 16. Februar und 4. März beobachtet zu haben scheint, als ein blaßer konfuser Nebel von mehr als 20’ im Durchmesser bezeichnet ist. Zum letztenmal ist der Komet am 8. März, und zwar einerseits zu Padua, anderseits zu Hamburg beobachtet worden. Außerdem ist aber beachtenswert, . daß er zu Nikolajew, wo er vom 12. Jänner bis 7. Februar (mit einem 5füßigen Fraunhofer’schen Achromaten) beobachtet worden ist, nach einer Reihe trüber Tage noch am 19. März, somit am 11. Tage nach dem letzten unter allen Beobachtungstagen, wieder gesehen worden ist, wobei er allerdings schon ziemlich schwach war (Astr. Nachr., Bd. 9, p. 173). Es soll nun versucht werden, aus diesen Beobachtungsnotizen einige Helligkeitswerte zu gewinnen. Die Bemerkungen aus Padua legen die Vermutung nahe, daß die Helligkeit am 22. Jänner nicht weit von der 5. und am 27. nicht weit von der 6. Größe gewesen sein dürfte, und die reduzierte Helligkeit wäre sonach für diese Zeit nahe an 6!/,”. Da aber auf Grund eines solches Resultates die Abnahme seit dem 7. Jänner eine ungewöhnlich bedeutende gewesen wäre, so drängt sich der Wunsch auf, nachzusehen, ob nicht die Helligkeiten so gewählt werden können, daß diese Abnahme weniger grell wird. Sucht man dementsprechend für die genannten zwei Tage etwas größere, aber doch noch zulässige Helligkeitswerte einzuführen, so wird man doch kaum weiter gehen dürfen als bis 41/,”, beziehungsweise 5" und es bleibt also auch dann noch immer eine nicht unbedeutende Abnahme von H, bestehen. Ja noch mehr. Sucht man auch die letzten Beobachtungstage in Rechnung zu ziehen und wählt man, da der Komet am 8. März zum letztenmal beobachtet, aber am 19. nochmal gesehen worden ist, für den ersten dieser Tage 8!/, bis 9”, für den letzten 9!/,”, so erhält man als reduzierte Helligkeit ungefähr die 8. Größe, und es tritt also auch hier eine bedeutende Abnahme von ZH, zutage. Weiter als um eine Größenklasse wird man aber die Helligkeiten auch hier nicht ändern dürfen, und es ist daher, wenn man sich von dem Sinne der Beobachtungsnotizen nicht um eine ganz unzulässige Differenz entfernen will, eine bedeutende Abnahme der reduzierten Helligkeit nach dem Perihel in keinem Falle abzuweisen. Eine solche Abnahme ist übrigens auch schon wegen der Kleinheit der Periheldistanz q gar nicht unwahrscheinlich. Der Verlauf der Helligkeitsänderungen wäre demnach ungefähr der folgende gewesen: 1831 v H JEh Jänner 6 0-42 2m amg 21 0:83 4:5 (2) (5-4) 26 0:95 5 (Bd) (5-8) inet, 110 1728 6-5 (?) (73) März 8 1077 8:7 (2) (SW) Ss40 Dr. J. Holetschek, Die Angaben über den scheinbaren Durchmesser lassen sich zusammenstellen wie folgt: 1831 Beobachter D Dı f au 2:4 Jänner 22/23] Cacciatore |: 3% 0:3 (Kerngegend) Febr. 10-14] ° Nicolai 3—4! 19 Olbers 20' (2) — (vielleicht 2'0) Wie über die Größe des Kopfes so sind auch über die Länge des Schweifes nur wenige Angaben überliefert: 1831 r Beobachter Jänner 6/7 042 Herapath 14/15 0:65 Biela 22/23 0:86 Cacciatore Vom 26./27. Jänner an findet man über den Schweif nichts mehr bemerkt und im Februar ist der Komet nur mehr als eine rundliche Nebelmasse bezeichnet. Es scheint, daß der Schweif gegen Ende Jänner, wenngleich noch ziemlich lang, schon sehr lichtschwach und im Februar ganz unsichtbar gewesen ist. (18321 war der Encke’sche Komet.) 18321. Ein nur wenig ansehnlicher Komet. Es hat sich der Sonne bis qg = 1:18 genähert, ist aber nicht zu dieser Zeit, sondern schon lange vorher in die Erdnähe gekommen (bis A = 084) und von da bei stetig zunehmender Entfernung von der Erde und immer kleiner werdender Elongation von der Sonne beob- achtet worden, so daß die Beobachtungen schon einen Monat vor dem Perihel aufgegeben werden mußten. Er war nur teleskopisch sichtbar und zeigte keinen Schweif. Lage des Perihelpunktes: /, = 234°0, db, —-16°6, I1,-L, = 180° =_-128°9 oder a, = 226°7, &9,—34°8, a4, = 180° —=_136°0. Für die Rechnung ist die Bahnbestimmung von L. R. Schulze benutzt worden (Astr. Nachr., Bd. 82, p. 110), zu welcher aber hier noch bemerkt werden soll, daß bei ihr 15 zu Mailand in der Zeit vom 27. Juli bis 24. August angestellte Beobachtungen nicht benutzt worden sind; ebenso ist eine von Har- ding zu Göttingen am 21. August (Astr. Nachr., Bd. 10, p. 253) außer acht gelassen, offenbar darum, weil sie an mehreren Stellen irrtümlicherweise als eine dem Encke’schen Kometen angehörende Beobachtung bezeichnet worden ist, was sie aber, wie ich schon anderswo (Astr. Nachr., Bd. 177, p. 343) dargelegt habe, nicht ist. D=18324Sept.25:58003, == = 204864107 = 172227230. 7218924027 291029 00729860 Als Rechnungstage wurden außer dem ersten und dem letzten Beobachtungstag noch zwei andere Tage in der Weise gewählt, daß die Intervalle durchgehends dieselben sind. Größe und Helligkeit der Kometen. S4l 1832 [7 ö x B Ne 978 logr logA |ölogrA k nlt9252 12342227262 7224707 38% —- 48° 517130 a 0:198 9.928 | +°0:6 | 35°4& Aug. 1-5 1232 |+ 11 226 9 28 28 Iomral 0:164 9.979 0:7 | 43°8 14:5 1219 | 1 PATE 2:2; 13 15 TOmEUG 0131 0073 1:0 | 46°5 Zion rl 9 23 240-2. 73716 122 587 47 0103 0161 | + 1°3 209 Am 11. August war Vollmond. Gleich in der ersten Anzeige von Gambart, der den Kometen zu Marseille am 19. Juli entdeckt hat (Astr. Nachr., Bd. 10, p. 217), ist gesagt, daß derselbe weder Schweif noch Kern hatte und bei der Beob- achtung nur schwer die Fadenbeleuchtung vertrug; und diese Angabe wird auch durch die späteren Bemerkungen von Gambart (a.a. O., p. 259 und 271) sowie durch die von Santini in Padua (a. a. O,, p. 821) nicht mehr wesentlich erweitert. Die Beobachtungen aus Padua reichen ebenso wie die aus Marseille bis zum 27. August, beginnen aber nicht, wie durch die Zusammenstellung a. a. O., p. 319, irre- führend vorgetäuscht wird, mit dem 19., sondern erst mit dem 31. Juli, denn die dort unter dem 19. Juli angesetzte Position ist nichts anderes, als die auf den Meridian von Padua reduzierte Marseiller Beobachtung. Zum 22. Juli ist von Gambart bemerkt worden, daß es sehr schwierig war, den Kometen und die Fäden zugleich zu sehen; daraus darf gefolgert werden, daß der Komet, wenngleich nur teleskopisch, doch kaum wesentlich schwächer als von der 7. Größe war. Zum 26. August ist gesagt, daß der Umfang (etendue) der Nebulosität des Kometen immer mehr eingegrenzt (limitee), aber die zentrale Partie ziemlich glänzend war und sogar eine Art von Szintillation zeigte; dadurch hat sich wohl schon die Ein- wirkung der Sonne auf den ihr näher rückenden Kometen geäußert. Auch nach den Bemerkungen von Santini zeigte sich der Komet bei seinem ersten Erscheinen als eine Nebulosität, die gegen das Innere heller und zeitweise veränderlich war; man unterschied keinen begrenzten Kern. Der Komet war fast immer lichtschwach, niemals für das bloße Auge sichtbar (Astr. Nachr., Bd. 10, p. 321, und Memoirs R. Astr. Society, Vol. 6, p. 228). Ebenso ist von Harding, der diesen »kleinen, mit unbewaffneten Augen nicht zu erkennenden Kometen« am 29. Juli ganz unabhängig gefunden hat, berichtet worden, daß sich derselbe wie ein runder, verwaschener blasser Nebel mit einem etwas helleren Kernpunkte in der Mitte, aber ohne alle Schweif- absprossung zeigte (Astr. Nachr., Bd. 10, p. 217, und Kleine astr. Ephemeriden 1833, p. 126). Nimmt man nun als mutmaßliche Maximalhelligkeit 6 bis 7" und als Minimalhelligkeit 81/, bis 91/," an, so dürften das die Grenzen sein, über die man wohl nicht hinausgehen darf. Die reduzierte Helligkeit ist unter dieser Annahme zwischen ungefähr 6 und 71/,®, so daß man mit einer nicht allzu großen Unsicherheit 7, = 6”"8 + wählen kann. Nach diesem Resultat in Verbindung mit der Periheldistanz q = 1:18 wäre in der Nähe des Perihel- durchganges eine wenn auch nur geringe Schweifentwicklung nicht unwahrscheinlich gewesen, doch ist der Komet in dieser Zeit, wie man sieht, nicht mehr beobachtet worden. (1832 III war der Biela’sche Komet.) 1833. Der Komet dieses Jahres hat mit dem des nächstfolgenden mehrere Umstände gemein. Der eine wie der andere ist von Dunlop zu Paramatta beobachtet worden, und zwar der erste ausschließlich, der zweite größtenteils. Beide Kometen sind von Henderson in der Mitteilung seiner aus den Dunlop’schen Beobachtungen abgeleiteten ersten Bahnen (Astr. Nachr., Bd. 12, p. 117) als teleskopisch bezeichnet, Denkschriften der mathematisch-naturw. Kl. LAXXVIN. Bd. 111 842 Dr. J. Holetschek, müssen aber doch verhältnismäßig hell gewesen sein, da der erste am Abendhimmel bald nach Sonnen- untergang, der zweite am Morgenhimmel vor Sonnenaufgang entdeckt worden ist. Die Bahnen beider Kometen sind bei direkter Bewegung nur wenig gegen die Ekliptik geneigt und aus diesem Grunde in der neueren Zeit von L. Schulhof bezüglich einer etwaigen Elliptizität ihrer Bahnen genauer untersucht worden (Bulletin astronomique, Tome 5 et 6). Überdies sind bei dem einen wie bei dem anderen Kometen die Periheldistanzen ziemlich klein, nämlich beim ersten 0°46, beim zweiten 0:51, nur ist der erstere nach dem Perihel, der letztere hauptsächlich vor dem Perihel und um dasselbe herum beobachtet worden. Die Dunlop’schen Beobachtungen beider Kometen sind im 8. Band der Memoirs of the R. Astr. Society voll- ständig mitgeteilt; die des ersteren auch im 42. Band der Astronomischen Nachrichten. Betrachten wir nun den Kometen von 1833, und zwar zunächst die Lage seines Perihelpunktes VE) = 02 nn == 180° — 12429 oderla, — 2181,00, —. 2226,20, 4, 180 — -130°6), so zeigt hier die große Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen, daß die Erscheinung für die Erde keine günstige zu nennen war. Zur Untersuchung der wenigen Notizen über den Kometen erschien es genügend, aus der von Schulhof nach Hartwig’s erster Parabel berechneten Ephemeride (Bull. astr., Tome 5, p. 484) drei Tage auszuwählen (Anfang, Mitte, Ende), wobei die gegebenen Zahlenwerte nur noch durch log r und k zu ergänzen waren. 1833 [23 ö a— A log ı log A 5logräA k | Sept. 29958 221° 17'|— 18° 34'\+ 34° 50'| 98235 00254 — 0°8 66°3 Okt. 7958 238 40 2209 44 57 9:9056 0-0192 — Mei | 15:958| 255 30 |— 23 43. |4+ 54 22 9.9768 0.0365 | —+ 0:1 58-1 Am 28. September war Vollmond. Der Vollständigkeit halber soll hier auch noch diejenige parabolische Bahn angeführt werden, welche unter den von Schulhof abgeleiteten (Bull. astr. T. 5, p. 537) als die wahrscheinlichste angesehen werden kann: { 1 18334Sepr 10219768. 7° 9 25939 53a = 523 10110 a — ne Asl 0er 9,0009 Der Komet wurde von Dunlop am 90. September 1833 etwas nach Sonnenuntergang als ein sehr kleiner kometenähnlicher Körper gefunden, welcher zwei kleinen Sternen der 8. Größe voranging. Am 1. Oktober erschien er schweifförmig verlängert, 2’ lang, I’ breit. Beim 6. Oktober sind drei kleine Zeichnungen gegeben, durch welche veranschaulicht werden soll, daß die größte Verdichtung der Nebel- materie nicht, wie am 1. Oktober, in der vorangehenden Partie, sondern näher gegen die Mitte der Nebulosität gesehen wurde, während der Komet am 3. Oktober, allerdings bei merklich dunstiger Luft, ganz ohne Verlängerung, mit einem Durchmesser von nur 1’ erschienen ist, Diese Verschiedenheiten sind jedoch wahrscheinlich nicht reell gewesen, sondern nur durch Änderungen im-Luftzustand vorgetäuscht worden, und dasselbe gilt wohl auch von den Bemerkungen, daß der Komet in manchen Nächten recht schwach, ein anderesmal aber wieder ziemlich hell gewesen ist. Am 7. Oktober erschien die Nebelhülle »confused and scattered« an der vorangehenden Extremität, der nachfolgende Schweif kürzer und schwächer; die ganze Länge, das heißt wohl die des Kometen selbst samt dem Schweif, überstieg nicht 2/. Am 15. Oktober, dem vorletzten Beobachtungstage, erschien der Komet anfangs ziemlich hell, trotz des Mondlichtes (Mond im ersten Oktanten), später aber schon wieder sehr schwach. Nachdem er auch am 16. Oktober sehr schwach erschienen war, wurden die Beobachtungen nicht mehr fortgesetzt und nach dem Vollmond (28. Oktober) konnte der Komet nicht mehr gefunden werden. Aus diesen Angaben ist also kein bestimmter Helligkeitswert zu entnehmen, wohl aber, daß die it vom 30. September bis Ende Oktober beträchtlich kleiner geworden ist. Macht man, was am Größe und Helligkeit der Kometen. 843 nächsten zulässig erscheint, die Annahme, daß die Helligkeit des Kometen in den ersten Tagen des Beobachtungszeitraumes zwischen der 5. und 7. Größe gewesen ist, so ergibt sich als reduzierte Helligkeit o1/, bis 71/,”, so daß also 7, = 61/,” + 1" angesetzt werden kann. Daß der Komet trotz dieses nicht unbedeutenden Helligkeitsgrades gegen Ende Oktober nicht mehr gesehen worden ist, läßt vermuten, daß er rascher abgenommen hat, als nach dem quadratischen Ver- hältnis der Distanzen zu erwarten gewesen wäre, eine Abnahme, deren Raschheit wegen der Kleinheit der Periheldistanz (g = 046) recht wahrscheinlich ist. Die Dimensionen des Kometen ergeben sich aus den Notizen von Dunlop außerordentlich klein; man findet D, = 1'1, S=0:0007. Es ist daher die Vermutung zulässig, daß sie bedeutend größer waren und nur wegen der ungünstigen Luftverhältnisse sehr reduziert erschienen sind. 1334. Die Erscheinung dieses Kometen hat sich gegen die Perihelregel indifferent verhalten, indem die Lage des, "Perihelpunktes (l, — 276°3, 5, =+4°6, L-L,= 180° + 83°2, oder 0, = 2766 = —=—18°7, %,-4,=& 180, = + 84°6) zeigt, daß die Differenz zwischen den perihelischen Längen oder Rektaszensionen sowohl von O° als auch von 180° weit entfernt war. Zur Bestimmung der Reduktionsgrößen bietet sich wie beim vorigen Kometen zunächst eine von Schulhof (nach der Bahn von Petersen) berechnete Ephemeride dar (Bull. astr, T. 6, p. 109), welche aber die ersten und die letzten Beobachtungstage nicht enthält. Da sonach für diese Tage ohnehin direkt gerechnet werden müßte, war es naheliegend, nebst diesen zweien auch gleich ein paar Ephemeriden- tage mit in Rechnung zu ziehen und dabei sogleich die von Schulhof gefundene wahrscheinlichste Parabel zu benutzen (Bull. astr., T. 6, p. 115): KE3ErARrI279907, 7 = 50492187 0 226933222 = 525922047 1029 = 9574109072 Das gewählte Intervall beträgt 12, wenngleich nicht durchgehends ganze Tage. 1834 0. ö \ B A—L logr logA |5logrA k | März 9:7 [30224 | —22°6 | 299° zo — 2°22'|—49° 30" 98788 9.7924 | — 1:6 | 91°9 21:3 |] 326°4 12:9 | 324 15 | + 0 33 36 27 | 9-7727 | 9-9012 1"6 | 90-5 April 2:3 [3444| — 4:3 | 343 58 28) 28 35 | 9:7103 | 0-0252 17321206942 14:3 1 3596 | —+ 2°7 0 46 | + 2 36 I|—23 34 | 9-7644 | 0:1263 | — 0-5 | 44-0 Der Komet wurde zuerst von Gambart in Marseille am 7./8. März entdeckt und am 9./10. März beobachtet, unabhängig davon aber auch von Dunlop zu Paramatta am 19./20. März entdeckt und von diesem bis 14./15. April beobachtet. Am 8. März morgens bemerkte Gambart (Astr. Nachr., Bd. 11, p. 373), als er seine Arbeiten geschlossen hatte, in der östlichen Partie des Sagittarius ziemlich nahe am Horizont ein Nebelgestirn, dessen Anwesenheit ihn etwas überraschte. In der Umgebung waren keine mit bloßen Augen sichtbaren Sterne, und zur parallaktischen Maschine zurückzueilen war es schon zu spät. Durch Anschluß an die Sterne des Bogens (£toiles de l’arc), welche allerdings etwas weit entfernt waren, ergab sich, daß dies die Gegend des kugeligen Sternhaufens Messier Nr. 75 war. Am 10. war der Horizont etwas dunstig, aber das Nebelgestirn wurde wieder gesehen; es hatte sich vom Bogen des Sagittarius merklich entfernt und befand sich in der Nähe des Sternes 4 Capricorni (6. Größe). Mit diesem wurde die Position des Kometen angenähert ermittelt. Am 11. und 12. war der Himmel bedeckt und am 13. war alles Nachsuchen erfolglos. Da der Komet am 10. nur in einer Vertiefung des Terrains zwischen zwei Bergen sichtbar war, lag die Vermutung nahe, daß er am 13. hinter einem dieser Berge, und zwar dem nördlicheren, verborgen war, S44 Dr. J. Holetschek, Der Komet war rund und von blassem Licht; Durchmesser 4 bis $. Von Dunlop (Mem. R. Astr. Soc., Vol. 8, p. 259) ist der Komet am 19. März (am Morgen des 20.) im Osten vor Sonnenaufgang entdeckt worden; er war zugleich mit 42 Capricorni (5. Größe) im Gesichtsfeld, aber das zunehmende Tageslicht gestattete an diesem Tage keine genaue Ortsbestimmung. Eine solche gelang zuerst am 21. März. Der Komet war zufolge der Bemerkung zu diesem Tage ziemlich hell, ähnlich einem kleinen, hellen Nebel, ungefähr 11/,’ im Durchmesser; von Zeit zu Zeit war eine vom Kopf aus- gehende sehr schwache Ausströmung zu bemerken, außerordentlich zart und von blaß-bläulicher Farbe. Der Farbenunterschied zwischen dem Kopf und der Ausströmung war sehr auffallend. Am 25. März morgens war Vollmond. Von einer Störung durch das Mondlicht ist zwar nichts erwähnt, doch ist die Beobachtungsreihe von Dunlop in der Zeit vom 26. März bis 1. April unterbrochen. Es findet sich nun keine nähere Angabe über den Kometen bis zum 14. April, dem letzten Beob- achtungstage (a. a. O., p. 263). An diesem war der Komet bezüglich seiner Helligkeit ungefähr einem Stern der 7. Größe gleich und sein Durchmesser übertraf nicht eine Bogenminute; er war rund, gut begrenzt und glich einem ziemlich hellen, kleinen, runden Nebel. Hier ist also eine direkte Helligkeitsangabe enthalten. Außerdem kann auch für die Zeit der Ent- deckung des Kometen durch Gambart ein allerdings nur mutmaßlicher Helligkeitswert ermittelt werden, und zwar scheint es nach den Angaben dieses Beobachters, welche zu diesem Zweck oben ausführlich mitgeteilt sind, daß der Komet zu jener Zeit nicht weit von der 4. Größe gewesen sein dürfte. Man hat demnach: 1834 | (2 | H | 5logrA H, März 9 0:76 4m — 1'6 5m6 April 14 0:58 7 — 0:5 7°5 Die zwei Werte von H, weichen beträchtlich von einander ab und sind. überdies mit unseren Erfahrungen über den Helligkeitsgrad eines Kometen bei verschiedenen Radiusvektoren 7 nicht vereinbar. Sie sind daher höchstwahrscheinlich mit großen Unsicherheiten behaftet, und man wird den Versuch machen dürfen, sie durch zulässige Änderungen einander näher zu bringen. Was zunächst die Helligkeits- angabe vom 14. April betrifft, so ist es, da kein Vergleichsobjekt genannt ist, immerhin möglich, daß der Komet durch die Angabe der 7. Größe zu schwach geschätzt worden ist und vielleicht von der 6. Größe war; was andrerseits die Entdeckungshelligkeit betrifft, so kann dieselbe etwas geringer gewesen sein, als sie oben angenommen wurde, aber doch kaum geringer als 5. Größe. Dadurch wären also die beiden Werte der reduzierten Helligkeit einander nicht nur nahe, sondern sogar völlig in Übereinstimmung gebracht und man könnte demzufolge als reduzierte Helligkeit 6!/,"” ansetzen oder, wenn man die Abweichungen von diesem Wert als Unsicherheitsgrenzen hinzufügen will: 7, = 6"5 = 1”. Es folgt nun die Reduktion der Angaben über den scheinbaren Durchmesser- auf A= 1°0: 1834 | Beobachter D D; März 9 Gambart A—h" 2!8 21 Dunlop 1°5 12 April 14 > dh 1°3 Daß sich die Größe des Kometen aus den Angaben des zweiten Beobachters wesentlich geringer ergibt, läßt vermuten, daß dieser die schwachen Ränder des Kometen weniger beachtet oder vielleicht gar nicht gesehen hat. Jedenfalls ist die Annahme gestattet, daß der Komet gegen die Mitte ziemlich hell, Größe und Helligkeit der Kometen. oo T si segen die Ränder aber recht lichtschwach gewesen ist. Dasselbe gilt dann wohl auch für den vorigen Kometen, den von 1833. Da in dem Bericht von Dunlop die Entwicklung eines Schweifes angedeutet, aber keine Dimension angegeben ist, wird man schreiben dürfen: C > 0°0. 18391. Ein Komet mit einer sehr großen Periheldistanz (g = 2:04), der bald nach seiner Erd- und Sonnen- nähe beobachtet wurde, aber nur teleskopisch zu sehen war und bloß eine geringe Schweifentwicklung zeigte. Lage des Perihelpunktes: /, = 208°0, db, = —4°6, 1,—L, # 180° = + 21°3 oder ©, = 204°3, &%, = —-15°1, ,—-4A,& 180° = + 18°2. Zur Ermittlung der Reduktionsgrößen bietet sich die von G. Rechenberg in seiner Inaugural- dissertation (Breslau 1896) mitgeteilte, nach der Bahn von W. Bessel berechnete Ephemeride dar, welche nebst log A auch log r enthält. Es sind daraus vier Tage ausgewählt worden (12" m. Z. Berlin). 1835 [2 ö a—A logr | logA 5logrA k April 20-5 Mosessul 127 15107732517 053142 00485 —+ 1:8 13°2 Mai 35 1032090 E-24= 311 123 41 03199 0:1316 2.3 BEIET 17.5 ISA AO Tr 0037 100 43 03285 0.2328 2:8 27:9 PA) 150 58 | + 249 |+ 87 0 03360 0.2977 —+ 3:2 278 Die von Rechenberg selbst als die wahrscheinlichsten gefundenen Bahnelemente (auch in Astr, Nachr., Bd. 143, p. 13) sind: 118354 Marz127724238 m zZ Berlin, = = 2102 2672207 9 =15832 20723207 7 40752737, log q = 03096627. 1 Der Komet wurde von Boguslawski zu Breslau in der Nacht vom 20. zum 21. April aufgefunden; ein kleiner, runder, verwaschener Nebelfleck, der, wie in einer Bemerkung zum nächsten Tag gesagt ist, 3 bis 4’ groß war (Astr. Nachr., Bd. 12, p. 253). Überhaupt sind die Angaben über die äußere Erscheinung des Kometen so gut wie alle vom Entdecker selbst. Dieser hat in einer vom 26. April datierten Mitteilung (a. a. Ö., p. 256) unter anderem noch das folgende bemerkt. Am ersten Tage war der Komet beinahe ganz rund, obwohl ohne die geringste Begrenzung; am folgenden zeigte sich nach östlicher Richtung die Andeutung eines breiten Schweifes. In den wenigen Momenten, wo die Luft einmal ganz aufgeheitert war, blitzte zuweilen eine größere Verlängerung eines Schweifes auf. Nur an den beiden ersten Abenden, wo der Komet etwa um !/, im Durchmesser größer erschien als der Biela’sche im letzten Drittel des November 1832, war eine punktähnliche Verdichtung des Lichtes in der Mitte wahrzunehmen. Seitdem habe ich den Kometen nur immer wie einen fortwährend schwächer werdenden, formlosen Lichthauch beobachten können. Außer am Entdeckungsort ist der Komet nur noch an wenigen Observatorien beobachtet worden. In der Zeit vom 3. bis 17. Mai ist die Beobachtungsreihe vollständig unterbrochen (Vollmond am 12. Mai!) und nach dieser Zeit wurde das Objekt bei immer mehr abnehmender Lichtstärke nur noch an zwei Orten weiter beobachtet, nämlich zu Breslau bis 20. und zu Mailand bis 27. Mai (Astr. Nachr., Bd. 12, p. 411, und Bd. 13, p. 383). Wenn nun nach diesen wenigen Bemerkungen über den Kometen ein mutmaßlicher Helligkeitswert angegeben werden soll, so ist auch noch darauf zu achten, daß die Beobachtungen fast durchgehends mit Instrumenten von nur mäßiger optischer Kraft geschahen; so zu Breslau mit einem Heliometer von 7!/, cm Öffnung, zu Altona mit einem Fraunhofer'schen Achromaten von 30 Zoll Brennweite. Es ist demnach die 846 Dr. J. Hioletschiek, Annahme gestattet, daß der Komet in der ersten Zeit der Beobachtungen, wenngleich nicht heller als 6., so doch andrerseits nicht schwächer als 8. Größe gewesen ist und daß seine Helligkeit in der letzten Zeit schon bis 8!/, oder 9", aber doch nicht unter 91/2" gesunken sein dürfte. Außerdem kann auch noch der Umstand benutzt werden, daß der Komet von Weisse in Krakau am 30. April im Meridiankreisfernrohr gesehen wurde, daß aber seine Schwäche keine Beleuchtung ver- trug und daher seine Position nur geschätzt werden konnte (Astr. Nachr., Bd. 12, p. 410). Nach dieser Bemerkung erscheint es gestattet, die Auffälligkeit des Gestirnes bei 8 oder 8!/," anzunehmen. Man gelangt durch diese Annahmen zu folgenden Zahlen: H 5logrA H, April 20, 21 2:06 a, —+ 1:8 om2 30 2:08 8n3 2 2-1 6:2 Mai 20—27 2:15 em? —+ 3:0 6:0 98 Se Aus der Durchmesserangabe vom 21. April folgt D, = 3'4 bis 4'5. Nimmt man an, daß der am 21. April gesehene Schweifansatz so lang wie der Halbmesser oder der Durchmesser des Kometen war, so findet man als wahre Länge 0'002, beziehungsweise 0005. (1835 II war der Encke’sche, 1835 III der Halley’sche Komet.) Nachdem nun alle Kometen des Zeitraumes 1801 bis 1835 mit Ausnahme der anfangs genannten so eingehend, als es mir möglich war, untersucht sind, sollen die gefundenen Zahlenwerte ganz so, wie dies auch schon beim I. und II. Teil geschehen ist, in abgekürzter Form tabellarisch zusammengestellt werden. Zu dieser Zusammenstellung sei zunächst bemerkt, daß die in der dritten Kolumne angegebenen - Radiusvektoren r die Bahnstrecke bezeichnen, welche ein Komet während der Dauer der Beobachtungen durchlaufen hat. In den meisten Fällen beziehen sich dieselben auf den ganzen Zeitraum, in welchem ein Komet zur Beobachtung gelangt ist, bei einigen Kometen aber nur auf die Zeit, in welcher die neben- stehenden Beobachtungen über die Helligkeit oder Größe gemacht wurden. Befand sich ein Komet in der Nähe des Perihels oder umfassen die Beobachtungen nur eine so kurze Zeit, daß sich die Distanzen während derselben nicht wesentlich geändert haben, so ist nur ein einziger Radiusvektor angesetzt. Für D, ist, wenn mehrere Werte vorliegen, ein Mittelwert angesetzt, und dort, wo sich besondere Extreme zeigen, jedes derselben angegeben. Bei H, ist, wo die Beobachtungsnotizen ausreichend waren, mehrere zu verschiedenen Radius- vektoren gehörende Helligkeitswerte abzuleiten, sowohl der größte dieser Werte als auch einer der kleineren oder der kleinste angegeben; in den meisten Fällen mußte aber, da wegen ungenügenden Beobachtungsmaterials nur ein einziger und überdies wenig sicherer Wert abgeleitet werden konnte, dieser eine angesetzt werden, ohne Rücksicht darauf, ob derselbe als Maximalwert angesehen werden darf oder nicht. Bei der Schweiflänge S ist fast überall bloß der größte Zahlenwert angegeben und nur dort, wo dieser Maximalwert nicht ganz gesichert schien, auch einer der kleineren. Die mit bloßen Augen beob- achteten Schweiflängen sind durch ein Sternchen (*) kenntlich gemacht; in zweifelhaften Fällen ist das Sternchen weggelassen. Es sind auch die für die periodischen Kometen Pons-Brooks, Olbers und Winnecke gefundenen Resultate eingefügt worden, obwohl die Untersuchungen selbst in der vorliegenden Abhandlung noch Größe und Helligkeit der Kometen. 847 nicht enthalten sind; dies geschah hauptsächlich deshalb, damit diese Kometen dann auch in die am Ende zusammengestellte Haupttabelle mit den Argumenten q und H, samt S eingereiht werden können. In jener Tabelle ist, was gleich hier gesagt werden soll, bei periodischen Kometen, die in mehreren Erscheinungen beobachtet sind, von 4, und S in der Regel der Maximalwert, in einigen Fällen aber ein aus allen Erscheinungen gebildeter Mittelwert angesetzt. Hat ein periodischer Komet, wie dies namentlich bei dem von Winnecke der Fall ist, in verschiedenen Erscheinungen sehr verschiedene Periheldistanzen g erreicht, so ist, obwohl das eigentlich nicht gestattet ist, auch aus diesen das Mittel genommen, und zwar deshalb, damit ein solcher Komet bezüglich seiner Periheldistanz zwischen die anderen an einer einzigen, ganz bestimmten Stelle eingereiht werden kann; die Mittelwerte sind alsdann in Klammern ( ) gesetzt. Nach dem letzten der nun folgenden Kometen sind auch die für den Halley’'schen Kometen aus der Erscheinung von 1910 gefundenen Hauptresultate beigefügt. | | | | jr Komet q | u, en 2 Ss von — bis \ | m | 1801 0-256 0:8—0-6 — s1/,? 0? 1802 1094 1-1—-1-2 1°2 sıl,? 0? 1804 1-071 12013 1-4 92 0 1806 II 1082 ago nle®) 700 6? == 1807 0646 0:7—1'7—3°1 4—7 2—-3—5 (0°19—0:10* 1808 I 0-390 132-160 1107 7 0 1808 II 0:608 0:7—0:6 — 8? 0 1810 0:970 1:2—1'0 —_ 6—7?2 0) f RASCH 36 RR) ? 18111 1:035 | \ 1224-5 14—5 0:6—3-3 0:9—0-5# 1811 I 1.582 er 220 = 6-5 0:007 fi 1812 0777 0-9—0:8 => lo) 4-4 0-09 (Pons-Brooks); A aaa ıı 0:776 2-1—0:8—0-9 49 4-4 0-11 18131 0.699 0-9—0°7 = 92 0) 1813 Il 1:215 1-4—1'2 _ 5-4-5:0 | >.0:002 j 1815 1213 is lea1leh) 62 4:6 0:04 Olbers E \. 1887V 1199 131.2 2:0 3 5.3 Aug 0:02 1816 0-049 1202 150 _ 8? 0) 18181 0:7 0-8 = s1l, 2 0 1818 11 1:198 lee = 72 0 1818 III 0-855 0:9—1-3 — 92 0 1819 II 0-341 0-4 2-4 an 4—_7-5 0-1* 0-18 1819 III 0:774 1:0—0-8 = 8-32 0 1858 II 0:769 eye le! 1-8 sa 0) j 1869 1 0-782 lei Mel 2:8 9-72 0) Winnecke 1886 VI 0-885 0-9—1-1 0-9 10 0 1892 IV 0:887 ae 059 2-0 10 0 1909 d 0:973 1:0—1:6 28 9 0 1819 IV 0893 091-4 2 92 0 f io 07 6-8 Bei 0-23 1821 0.092 \ 0-5 1-3 = 3-3 0-21 18221 0504 OS = 6? >o0 1822 III 0-847 1:2—0:9 — 7°9 0 1822 IV 1:145 1-6—1:2 2-6 — 3-0 0-12 1823 0:227 0r8— 1.7 — 2-4 2 —(05) 0: 06* [02 m (02) Dy.J. Holetschek, | Komet q % D, H, Ss von — bis | m 15241 0-592 0:6—0'8 — 61/2 ? 1824 II 1:050 lo loll—il>7 — 71/9-61/9-71/,2 ) 1525 1 0.889 0-9—1'2 3:6 Dia, 0:02 1825 II 0.883 0.9 _ 61), ? 0) 1825 IV 1:241 2:0—1'3— 2:2 28 3:4—4'2 0-7#2 1826 II 2.007 2:7—2:0 6) 4:2? 0) 1826 IIL 02.9) 0872 —_ OR 0 1826 IV 0:853 se 908 7-7? |> 0:0 1826 V 0-0207 \ S Vr=ee = 61/5 ? > 0:0 \ Re — 6? 0:24 1827 1 0506 1-0—0:6 — 61/, 2 > 0:0 1827 1 0:08 0-8— 11 _ 7 (0) 1827 Il 0135 1:1—-0°5—-1°1 37 62 0003 18301 0.921 1:0— 2:2 > le 6—7? 002:°= 1830 II 0:126 0:4—1'8 292 3:8—8? 0:04 1832 11 1'183 1:6—1°3 E 6:3? ? 1833 0-458 0-7—0-9 >= lei 61, ? > 0:0 1834 0:513 0-8-0-6 2:8 61/9 ? > 0:0 1835 1 2:040 Yo 22 “+ 5.82 > 0:0 ö £ 3:4— 1:0 4 10-2 — 4:9 >o0 (7) 1910 0587 ‘ 0:6-5:0 3 3:6—8-3 0-5 Ich habe nicht die Absicht, diese Untersuchungen für die Kometen nach dem Jahre 1835 in der bisherigen Ausführlichkeit und Vollständigkeit weiter fortzusetzen. Mehrere Umstände, so besonders der, daß ich bestrebt war, alles, was über einen Kometen berichtet worden ist, zu verwerten oder wenigstens zu prüfen und die Resultate sämtlich in eine naturgemäß erscheinende Übereinstimmung zu bringen, ebenso auch die Tatsache, daß ich dabei in jeder Beziehung auf mich allein angewiesen war (was aller- dings für die Einheitlichkeit der Behandlung sehr förderlich war), haben zur Folge gehabt, daß die Arbeit namentlich in der letzten Zeit nur sehr langsam vorgeschritten ist; so zwar, daß ich von meinem anfäng- lichen Plan, sie auch noch bis zu den Kometen der Gegenwart fortzuführen, immer mehr abkommen und mich dafür mit dem Gedanken befreunden mußte, schon früher irgendwo abzubrechen. Und so habe ich getrachtet, die Arbeit möglichst lückenlos wenigstens bis 1835 fertigzustellen, welches Jahr als eine Abschnittsepoche schon lange in Aussicht genommen war und daher jetzt zum Abschlußjahr geworden ist. Jedenfalls ist aber auch schon durch die Untersuchungen der Kometen bis 1835 mehr als zur Genüge dargetan, daß es möglich ist, aus den Berichten über ältere Kometen außer ihren Bahnen auch noch etwas Astrophysikalisches abzuleiten und dadurch die Kometen untereinander in einen neuen ursächlichen Zusammenhang zu bringen; nämlich dadurch, daß man die vorfindlichen Angaben über die Lichtstärke und ebenso über die Schweifentwicklung einer einheitlichen Reduktion unterzieht. Andrerseits soll hier auch nicht unerwähnt bleiben, daß durch diese Untersuchungen ziemlich viele Notizen, über welche bei Bahnberechnungen gewöhnlich ganz achtlos hinweggegangen wird, so ins- besondere die von Tycho Brahe, Hevelius, Gottfried und Christfried Kirch, Messier, ja auch schon die Angaben der Chinesen über die erste und letzte Sichtbarkeit eines Kometen, in verdienter Weise ver- wertet und in vielen Fällen zu Ehren gebracht worden sind. Es war somit ein großer Teil dieser Unter- suchungen auch zugleich eine Kritik der Beobachtungsnotizen. Übrigens sind bei Positionsbestimmungen eines Kometen über sein Aussehen meistens nur dann 1 1 verwertbare Angaben gemacht worden, wenn derselbe durch einen Schweif oder einen sternartigen Kern Größe und Helligkeit der Kometen. 849 ausgezeichnet war. Sonst aber ist über das Aussehen eines solchen Himmelskörpers gewöhnlich nur dann etwas bemerkt, wenn durch dasselbe die Positionsbestimmungen wesentlich erleichtert oder erschwert worden sind; erleichtert durch einen hellen scharfen Kern, erschwert durch den Mangel eines Kernes oder durch das verschwommene Aussehen des Gestirnes, und zwar wird im letzteren Falle das unbestimmte Aussehen gewöhnlich nur erwähnt, um damit die geringe Genauigkeit der Beobachtungen zu entschuldigen. Trotzdem kann aber auch für solche Kometen, von denen so gut wie gar keine Helliskeitsangaben überliefert und gewöhnlich auch gar nicht gemacht worden sind, wenigstens angenähert ihr Helligkeits- grad ermittelt werden, wenn es gelingt, sich unter Benutzung von anderen Notizen in die damaligen Beobachtungsumstände hineinzudenken und einen Kometen gewissermaßen noch nachträglich so zu betrachten, wie man ihn gegenwärtig ansehen und durch Rücksichtnahme auf die Beobachtungsumstände seinen Helligkeitsgrad ermitteln würde. Immerhin mußten bei solchen Kometen öfters versuchsweise Annahmen gemacht werden, um die Wahl so zu treffen, daß alles sowohl untereinander als auch mit den bei anderen Kometen gewonnenen Erfahrungen in Übereinstimmung gebracht wird. Durch diese Versuche dürften aber, obwohl immer getrachtet wurde, recht objektiv zu verfahren, dennoch manche Resultate subjektiv beeinflußt worden sein und überdies waren diese Versuche auch einer der Hauptgründe, durch welche meine Arbeit wiederholt aufgehalten worden ist. Dies gilt namentlich von den vielen teleskopischen Kometen der letzten Zeit- periode, bei denen man meistens nur auf Annahmen angewiesen ist. Ich habe daher, um dieses von mir mit großer Vorliebe begonnene und fortgesetzte Unternehmen nicht mitten in einer wenig ergiebigen Zeit abzubrechen, auch noch einen großen Teil der helleren Kometen nach dem Jahre 1835 untersucht. Dazu gehören insbesondere die, welche bezüglich ihrer Größe und Helligkeit von J. F. Julius Schmidt beobachtet worden sind und wegen der großen Zahl, stetigen Einheitlichkeit und direkten Verwendbarkeit dieser Beobachtungen vor anderen in einem solchen Grade hervortreten, daß sie zu einer Bearbeitung geradezu einladen und infolge dieser Vorzüge die geringe Mühe der Reduktion weit mehr lohnen, als dies bei vielen anderen der bisher untersuchten Kometen der Fall ist. Diese Kometen können daher als eine besonders wertvolle Bereicherung in die am Ende des zweiten Teiles zusammengestellte Tabelle mit den Argumenten g und dem Maximalwert von H, (samt S) ein- gereiht werden; die vervollständigte Tabelle bildet, wie schon erwähnt, den Schluß der vorliegenden Abhandlung. Von einigen dieser Kometen sind die Untersuchungen schon an anderen Stellen publiziert worden; so die über die Kometen 1858 VI, 1874 III, 1881 III in der Abhandlung »über die mutmaßliche Zeit der Wiederaufindung des Halley'schen Kometen bei seiner nächsten Erscheinung20 7 1340 I 9-94 — 18 _ 5'3 _ _ 1843 1 _ _ — —_ 64° 039% 9:92 —+ 0:9 Ba 94 =) = 1843 II 9:30 — 3:1 5 2 8.4 >= 0) >02 1844 | 0:167 2 007 5-52 4:8 0 >= 1844 Il 9:985 — tl 21lg 3:6 10 0:19* 1844 III 9:68 — 1:0 U 8 0) 0 1845 Il 9:907 — 2'4 3 54 —— — 1845 III 9928 — 2'2 2—3 47 3 0:04 9648 — 2°3 De 7-3 0 0 1846 VII 9:785 — 1'7 6 wer >00 > 9-929 en, 4 5.7 41a 0-06 1847 1 9:39 — 3:0 b) 8:0 _ = 1847 VI 9:28 — 3'7 4 Ko —_ = 9-28 — 3'8 35 Ue®) —_ = 9:34 — 3:6 4:2 78 >o0 > 9:994 — 0:15 Bl 6:0 30' 0-01 1849 I 9:692 — 13 5 6:3 1°6 0-02 18501 9:667 — 1'5 4:7 6°2 - —_ 9:839 — 0°3 DIR 93 40' 0:01 1852 IV 9:897 0-0 9.3 53 — _ 9:24 — 4°0 27. 6? 6— 10° 0:01 —0:02* 1853 II 9:962 — 24 11077 41 11°4 0:18* 1853 III 9:932 —.2°7 eo 42 12-5 0-18 9822 — 2:3 | 4-4 (5Bb) 6:7 3-8 0-05 1853 IV 9.929 — 21.6 2.0 4:6 4—3 0:06—0:05* 1854 II 0007 — 0:9 4—5 54 1-5 0-03 1854 III 9-507 — 2:0 6:3 ? 83 0) 0 1855 IV 9:948 — 23 Han? 76 30' 0-01 1857 IU 9-98 — 1-0 4 90 3 006 1857 V 0-07 — 0:8 3 3:8 4 -10 9-761 — 2'3 02 25 60 0:55* 1858 VI 9-698 — 0'7 6? 67 0) 0 1858 VII ar = — — 20 0:28* 1860 III 9:849 — 2°5 1°5 4:0 _ —_ ei a — _ 3 0:02 1861 I 9-526 2 2:9 5-1 31], 02 9:746 — 1'7 2 3-7 _ _ 1861 II 9:314 — 3:8 OsJom 43 _ — 9190 — 4'2 0:0 ? 4:2 97 29# 9-00 — 5'0 5—6 10—11 1,2 001 ? 1862 II 9-770 — 1'2 3'2 4:4 —_ = 1862 IIT 9.662 — 1'8 2:3 41 _ _ 9.565 — 2'3 21 4:4 2% 0:17* — = = _ 10— 30 0:07—0:22* Dr. J. Holeischek, Komet 1863 II 1863 III 1863 IV 1863 V 1864 II 1865 I 1866 I 1868 II 1871 1 1873 V 1873 VII 1874 III 1877 I 1877 II 1880 I 1880 III 1880 V 1881 II 1881 IV 1832 I 1832 II 1833 II April . April. November Dezember . .27°8 August. . . . 156 Janner ma 22 148 Jannersrsr 1 Junier22 00 Duni rer 0.0 Oktopere li Dezember . . 1:2 el oo 5 0 Be Jannersr sem 19l.2 PN DB 7467 Jannera 0271.46 September te) November "4 Juniser rer 16 August... . „22-3 UT 0 Septemberär .u.117.22 Dezember . .25'3 q | Beobachtungstage logr 1'068 Mai 0:09 0629 April 16 9803 April 20, 21 9:798 0707 November 12—17 9'855 November 22 a 0771 (64) Jänner 3 9:89 Februar 1 ei 0'909 August 5 9:967 August 11 9.961 0:026 Jänner 20 — Jänner 26 9-75 Jänner 30 _ Februar 17? 0:05 0:977 (65) Dezember ? 0:02 (66) Februar ? 0:05 0579 Juni 17 9-788 0:654 April 26, 27 0-047 Mai 9 9.970 0'385 September 9 bezw. 2 9-84 0:734 November 16 9-894 0:676 Juli 9— 13 9-832 Juli 14 _ Juli 18 _ Juli 20 _ 0807 Februar 12— 18 9.981 0950 April 15 9.978 0005 Februar 5 9-6 0°355 Oktober 2 9-880 0660 Dezember 22 0:034 0:734 Juni 22 bis Juli 2 9-89 0634 August 25 9-807 0061 Mai 29 BezAle) Juni 16 9-495 Juni 17 == 0.008 September 23 _ September 28 9:736 November 1 0:142 (83) Februar 049 0309 (84) Jänner 19 9-871 Größe und Helligkeit der Kometen. logA 5logrA H | H, | € S Komet m m 9-91 0:0 5—6 5—6 ss 0:05 1863 II 9950 — 1'2 45 37 3 0:05 1863 III 9.982 — 11 5 6-1 _ — 9865 — 14 4 94 _ —_ 1863 IV = — _ — 10°6 015 9:85 — 1'3 Ole, 7 _ _ 1863 V = = _ -- 120 Dt 9-123 — 4 2-3 6-8 30— 40° 0-07 —0:09* 1864 II 9.263 —_ 3 2: 6 — — _ = _ = 25 0:45* 1865 I 0:06 — 0:9 3 3:9 — — = = —_ = 17 0:48* 0:18 —+ 1:2 ? 3:8 _ — 9-32 — 3-3 62 9 0) ) 1866 I 0:25 -- 1° 101], ? 9 0 0 9:884 — 1'6 5 6°6 1—2° 0:02 1868 II 0'247 —+ 1'5 8 6°5 — — 1871 1 0'238 —+ 1:0 8 7:0 10' 0:01 9:78 — 11°) 4? 5:9 3% 0:04 1873 V 9398 — 3-5 8? 11°5 0 0 1873 VII 9-642 2a 1107/ 4:3 — = 1874 Ill = _ = _ 36° 23# m; — = — 56 -28* ne _ = — 63 0:29* 9.465 — 2:8 6 8:8 0 0) 1877 I 0081 00 6 57 22 0:05 1877 1 0:0 — 2:0 5? ei 40 10772 1880 I 9:754 — 1:8 5502 7:3 2 0:02 1880 III 0:204 —+ 1:2 25 63 ? ” 1880 V 9:57 — 2:7 18 4-5 298 0:15* 1881 III 9.7769 — 2-1 3:4 55 7 0:07# 1881 IV 9.961 — 1:6 2 3:6 — — 1882 I 9979 — 2:6 2 4:6 — = = ver = = 40 — 45° 0:80—0:94* PT Sr == = 20— 25 0:85—1'25* 1882 II 0107 — 0:8 0-0 ? 0:8 _ = 0:169 —+ 1'6 2-8 1542 16° 0:98* 0:41 —+ 4:5 6 1-5 ven = 0034 — 05 62 6°5 11/, 0:03 1883 II 854 Dr. J. Holetschek, Die außerordentlich hohen Helligkeitsgrade, durch welche es bei einigen Kometen mit sehr kleinen Periheldistanzen (1843 I, 1847 I, 1853 III, 18821, 1882 II) ermöglicht worden ist, diese Himmelskörper zur Zeit der Sonnennähe sogar am Tage in einem geringen Abstand von der Sonne zu beobachten, sind dabei nicht berücksichtigt. Die Zeit, in welcher die hier auszugsweise vorgeführte Kometenreihe endigt, reicht fast bis an die- jenige, in welcher ich mit dem I. Teil der vorliegenden Untersuchungen begonnen und zugleich auch selbst die jeweilig sichtbaren helleren Kometen bezüglich ihrer Helligkeit und Größe zu beobachten angefangen habe (1885/86). Dabei habe ich, um ein Verfahren anzuwenden, welches so wie jetzt ebensogut auch schon bei Kometen früherer Zeiten hätte angewendet werden können, nach einigen Versuchen gefunden, daß es zu diesem Zweck am einfachsten und sichersten ist, nebst der Helligkeit des Kernes oder der Kernpartie auch den »Helligkeitsgrad« oder die »Wahrnehmbarkeit« des ganzen Kometen zu bestimmen, und zwar in der Weise, daß man den Kometen (oder überhaupt einen Nebelstern) durch das kleinste (zur Verfügung stehende) Fernrohr, in welchem er noch sichtbar ist, wenn möglich auch mit bloßen Augen betrachtet und die Sterne angibt, welche so leicht oder so schwer gesehen werden können wie der Komet; wenn es die Umstände erfordern oder zulassen, kann der Komet bezüglich seiner Wahrnehmbarkeit auch zwischen zwei Sterne von verschiedener Helligkeit eingeschätzt werden. An dieses Verfahren habe ich mich seit März 1890 fast durchgehends gehalten und so sind die verhältnismäßig zahlreichen Helligkeits- bestimmungen entstanden, welche ich seit jener Zeit in den »Astronomischen Nachrichten« und den »Annalen der k. k. Universitätssternwarte in Wien« publiziert habe. Diese Kometen habe ich hier aber nicht mehr aufgenommen, weil sie ähnlich wie die von J.F. Julius Schmidt beobachteten, wegen der größeren Zahl von Helligkeitsangaben, die sämtlich nach demselben Vorgang gefunden wurden, zu einem anderen, mehr eingehenden Unternehmen benutzt werden können, auf dessen Bedeutung von Prof. J. Hartmann aufmerksam gemacht worden ist.! Es kann nämlich, wenn die Zahl der ausreichend beobachteten Kometen eine größere ist, daran- gegangen werden, diejenigen zusammenzusuchen, die bezüglich ihrer Helligkeit und Schweiflänge mehr- mals und namentlich bei verschiedenen Radiusvektoren beobachtet sind, und sodann sämtliche Resultate zu einem besonderen Tafelwerk zu vereinigen in der Weise, daß ein Komet nicht einfach nach q und dem jeweiligen Maximalwert von H, (der ja bei vielen Kometen ohnehin nicht sicher ermittelt werden kann), sondern mit allen für ihn gefundenen Werten von FH, eventuell auch S eingetragen wird, zu welchem Zweck die Tafel nicht nach dem vertikalen Argument q, sondern nach r fortzuschreiten hat und jeder Wert von H, nebst S in der Höhe des zugehörigen Radiusvektors einzuschreiben ist. Die Einrichtung wäre demnach so, wie dies schon früher für den Halley’schen Kometen geschehen ist,’ nur mit dem Unter- schied, daß dasjenige, was dort für die verschiedenen Erscheinungen dieses einen Kometen geschah, jetzt für die Erscheinungen verschiedener Kometen zu geschehen hat. Auf Grund einer solchen Zusammenstellung ist sodann unter der Voraussetzung, daß die Steigerung der Helligkeit vor und ihre Abnahme nach dem Perihel (ebenso auch die Schweifentwicklung) bei ver- schiedenen Kometen in analoger Weise vor sich geht, die Möglichkeit geboten, für irgendeinen Kometen, von dem die bei einem gewissen Radiusvektor beobachtete Helligkeit bekannt ist, den zu erwartenden weiteren Helligkeitsverlauf samt dem Grade der Schweifentwicklung auf empirischem Wege, das heißt durch genäherte Einschätzung zwischen benachbarte Kometen, wenigstens versuchsweise vorauszu- bestimmen. Kometen, die sich dazu eignen, sind allerdings noch nicht besonders zahlreich, doch können, wenn man sich auf solche beschränkt, die durch eine recht auffällige Schweifentwicklung ausgezeichnet waren, immerhin die folgenden genannt werden: 1 Vierteljahrsschr. d. Astron, Gesellschaft, 32. Jahrg. (1897), p. 244. ? A.a. O., p. 243, und Astron. Nachr., Bd. 185, p- 273, Größe und Helligkeit der Kometen. 355 Für die Zeit vor dem Perihel vor allem der Halley’sche Komet; sodann: 1665, 1744, 1853 III, 1858 VP 1874 III, 18841 (Pons-Brooks). Für die Zeit nach dem Perihel: 1577, 161811, 1664, 1807, 1819 II, 1823 (), 1844 III, 1854 II, 1860 III, 1861 II, 1881 II. Vor und nach dem Perihel (wobei aber die Zahl der Helligkeitsangaben bei den meisten nur eine geringe ist): 1680, 1769, 1821, 1862 III, 18821. Zu diesen kommen jetzt noch die helleren der seit 1885/86 erschienenen Kometen, von denen ich selbst verhältnismäßig viele bezüglich ihrer Helligkeit und Größe beobachtet habe und unter denen aus der letzten Zeit besonders 1907 d und 1911c zu nennen sind. Die Mitteilung eines auf diese Weise zusammengestellten Tabellenwerkes soll aber hier noch unterbleiben. Übrigens kann aus einer jeden der hier erwähnten Zusammenstellungen, sowohl aus der zum Schluß wirklich gegebenen (mit q und dem Maximalwert von H, samt S) als auch aus der soeben ange- deuteten (mit allen Radiusvektoren r samt den zugehörigen Werten von 4, und S) fast unmittelbar herausgelesen werden, daß ein Komet, der bezüglich seines Helligkeitsgrades und seines Abstandes von der Sonne zwischen zwei bestimmte Kometen eingereiht werden konnte, auch bezüglich seiner Helligkeits- änderungen und seiner Schweifentwicklung durch dieselben Kometen wenigstens angenähert begrenzt sein wird. Überhaupt hat sich schon während dieser Untersuchungen selbst, je weiter sie vorgeschritten sind, um so deutlicher herausgestellt, daß dasjenige, was bei den zuerst untersuchten Kometen nur lose neben- einander behandelt wurde, nämlich Helligkeit und Schweiflänge, in einem innigen, durch die Annäherung an die Sonne zum Ausdruck gebrachten Zusammenhange steht, der als ein naturgemäßer bezeichnet werden darf und von mir schon früher! in der Weise ausgesprochen worden ist, daß (bei der Wanderung eines Kometen zum Perihel) jeder in dem gewöhnlichen Helligkeitsverhältnis 1:7? A? über das Quadrat von r hinausgehende Helligkeitszuwachs als ein Anfang zur Schweifbildung und umgekehrt jede Schweif- entwicklung als ein höherer Grad dieser gesteigerten Helligkeitszunahme angesehen werden kann, so daß also Helligkeitszuwachs und Schweifbildung eigentlich nur verschiedene Phasen desselben Entwicklungs- vorganges sind und infolgedessen bei der Untersuchung der Helligkeitsänderungen eines Kometen natur- gemäß auch der gleichzeitige Grad der Schweifentwicklung in Betracht zu kommen hat. Die Größe des Kopfes D oder D, tritt dabei gegen den Helligkeitsgrad desselben an Bedeutung wesentlich zurück. Man könnte daher diese ganze Arbeit jetzt auch bezeichnen als Untersuchungen über die Helligkeits- und Schweifentwicklungsgrade der Kometen oder auch als Untersuchungen über die Helligkeitsverhältnisse (oder Helligkeitsgrade) der Kometen und ihre Beziehungen zur Mächtigkeit der Schweifentwicklung. Es folgt nun zum Schluß die schon mehrmals erwähnte Tabelle mit den Argumenten q und Maximum von H, (samt S), welche zu den hier dargelegten Folgerungen, beziehungsweise Einschätzungen ver- wendet werden kann. Die Zahl der in dieser Tabelle zusammengestellten Kometen ist, da zu den am Schluß des II. Teiles vorgeführten 91 Kometen nunmehr die aus dem Zeitraum von 1801 bis 1835 ein- gehend und vollständig untersuchten 44 Kometen und sodann auch noch die aus der Zeit von 1840 bis 1884 ausgewählten 5l Kometen hinzugekommen sind, 186. 1 Vierteljahrsschr. d. Astron. Gesellschaft, 31. Jahrg. (1896), p. 262. F S56 Dr. J. Holetschek, Kometentabelle mit den Argumenten: Periheldistanz q und Maximum der reduzierten Helligkeit H, (samt S). - n | | | \ | ; en omg | 3MO—3m9 | mo _4mg | 5m0_5m9 | 6mo—6mg | 7mO—111/;m Komet GER | von — bis | | | BER NR S: TERN S als ESS: HESS ERS 18431 |0:005| 0-5--0-8 5-3 |>0-9* 18501 |0-005) 0-4-0-5 72 | 1-0 1-2—0:6 .2 & = 1680 0006 0-2—1°7 4+1| 0:6 * ıss2 11 |0-008| 0-3-4-4 | 0-8 1:0* 1 “5 = ae Ex 1865 I 026| 0-6-1-1 — - 3-8 | 0-48 u s2 a 2 j 07—0:3 61, )>0.0| — - 1826 V_ |0-027 \ 0-6—1°4 _ 6 VB — — 1847 I 0431| 0:7—0-5 _ — 5-7 | 0:06 1816 0:049| 1:2—1°0 = a s2|o [ 2:00:5 = = 3:69) 2 ß = 18821 |0-061 & \ 0-3—1-8 4-62| 0-8 * 1593 0:089| 0-5—1:3 5-0 | 0-05* 1-5—0:7 _ an 3-6 | 0-23#) — = = — a — Eu — 1821 0:092 0-5—1:3 — — 3-3 | 0:21 17801 098| 0-9-1°7 5 Kon? 1665 106| 0:9—0-2 = _ 3-5 | 0-3 *® — = — 1:6— 0-8 a _ 3-5 | 0-5 ® — = — 1769 0:123 0-6—1°4 — = 3:2 | 0-2 1830 II |0-126| 0-4—1-8 — dr 3:8 | 0:04 x = = a 1827 III |0-138 | 1-1-0-5-1°1 6? o-008 — _ 1582 0-168| 0-3—0 551028 — — = _ 1853 IV |0-173|) 0:6-0 — = 3-8 | 0:05 1577 Var Ba it 0-5* = = _ - 1826 III |0-2? 0-8 _ = zu — — = 92,0 j 82 |. — = — 4 | 0:03*) — = — - — - 1758 0-215 | 1eB=ils® 5 0 - _ — — 1744 0:222| 1:8—-0:2 — || 0072 _ = - - 17371 |[0-223| 0-3—1-3 - — 3-5 | 0-16* 1823 0:227| 0:8—2-4 4-3 | 0:06* 1844 II |0-252| 0-5—0-6 - — 3:6 | 0:19 — — — = 1801 0-256| 0-8-0-6 81, 2) 0 1854 II |0-278| 0:3—0-4 4:6 | 0:06*) — - = - - = 1677 0-281] 0-4—0-3 = — 3 |0-.1* = — - = 1860 II |0-293| 0-4—-0:7 4:0 | 0:28 — = - = — _ 1853 11 |0-307| 0-4-0-3 4-1 | 0-18#) — - - - _ _ 188311 |0:309| 0:7—-0-9 = = 6:52] 0-08 | — = 1533 0-327| 0-6-1°0 — _ = = A, | gi = - - —_ = = 149 1|0-327| 0-5-1-5 4:5 | 0.08%) — - - - = _ 1847 VI \0-328| 1-0—0-9 73|>0 Größe und Helligkeit der Kometen. 857 5 ae omg | 3MO— 379 | 40 — 4m9 5m — 5m9 | 6m0—6m9 | 7mO— L11/,m Komet | q | | von — bis | | I" N H, S A, | Se la 18 S HA, S H, | S H, S 1686 0:336| 0:9—0'4 4 VE ern a r 2 a 1757 0:338| 1:0—0'4 _ — = 2 4+51>00 — e L he Encke | (0:34) = _ — _ = _ = Bu - (6-5) | (0:01 1819 II |0:341| 0:4—2°4 — — = - 4 0-18 5 N a — 1787 0:349 | 0:9-0°4-1°7 — 2 5 ? 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Bd. 113 8 Dr. J2 Hhioleischier, | | | x Karen on | 30 —3m9 40 — 49 | 5m0—5mg | 6m0—6m9 | 790 — 111/;m Komet I q von — bis | H, S | H, S H, S H, Ss Er Ss | H, Ss 1799 II |0:626| 0°:6—0'7 51j, | 0:03 _ _ _ _ 1863 III | 0629 06 57 | 0°05 1881 IV |0:634] 0°:9—0'6 5:5 | 0:07#|, — _ _ = 1846 VII | 0634| 0:8—0'7 —_ = ed >= 0 1807 0:646| 0:7—3°1 2 0:2* _ — 1702 0:647| 1:0—-1-2 9,| 0 1854 III | 0648| 0:6—0'7 _ _ — = 54 | 0:03 18711 0:654| 1:4—08 = = _ 6°5 | 0:01 — — 1850 V [0'660] 1:0—2°0 —_ 63 ? — — 1739 0674 | 0:8-0:7-1'4 _ = 3"8 | 0:05 1'2—1°0 _ _ 7 0 17701 0674 1 = 81), | 0:01? 1874 III |0:676| 1°7—0:7 4.3 | 0.29* _ 1672 0:695 |) 0:7—1:2 3:9 |>0:04 _ — _ 1813 1 0:699| 0°9—0'7 - — —_ —_ 957 0) 1818 I 0:72 0:8 _ - _ _ 81/92] 0 1863 IV |0:707| 0°7—0:8 54 | 0:15 —_ _ —_ _ et or iin 0°7-1:2 31, | 0-082)| — - | ee |) =. - -— | - — 2-0—2-3 a m - - 51, | 0 — = — = 1779 0:713| 0:7— 2:4 6°8 | 0.005) — —_ 16983 0729| 1:1—0:8 = — 5:5 | 0:01?) — — = _ 1873 VII | 0734 0-8 = — —_ 111/52] 0 1881 III |0°734| 0:7—3:7 = Zen —_ _ 4.5 | 0:15%| — —_ — — _ —_ 1699 0744| 1:0—1°2 = — 6°5 02 — —_ 1790 1 0:747 08 - — _ _ U (0) 1788 II |0:757| 10-16 — = _ _ _ _ eP ) 1457 II |0:760 1:3—0°8 018 — _ _ _ _ _ 1742 0:770| 0°9—1:7 4:3 | 0:06# — 1863 V [0771| 0°:8—-1°1 — = — = _ 7.2 10:01 17811 |0:776 0:8 _ = = _ _ 71/9, |0:001? 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