I 3 ın ın I nr ıNn air oO um] D nr Du | m Handle with EXTREME CARE This volume is damaged or-brittle and CANNOT be repaired! photocopy only if necessary - return to staff « do not pa in baskdrop Der Boden die landwirthschaftlichen Verhältnisse des Preussischen Staates. Sy } Der Boden die landwirthschaftlichen Verhältnisse Preussischen Staates nach dem Gebietsumfange vor 1866. Im Auftrage Ihrer Excellenzen des Ministers der Finanzen und des Ministers für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten unter Benutzung der amtlichen Quellen dargestellt von August Meitzen, Dr. phil., Königl. HR er ngs:Ratı. vs e Ei Erster Band. N d a S Gedruckt in der Königlichen Staatsdruckerei. In Kommission in der landwirthschaftlichen Verlags- Buchhandlung Wiegandt & Hempel. a Bis? 5 PS N j u E% 4 a 20 MSIE vr Bene, ara; dien ieh Y 4 KT: I‘ - u Y er Er Re days a FAR RR 2 u, a 4 ITDrRr, I: ®% N ar ER KEToN i i i "R y IM PIrBeRT ‚ Ur R Dr REN, AN IR j N ek ae au Mc a IN Ku N GA ’ % a F h 1 at F “ f ie re PN, RER ' IR uT a P f = 4 2 ey L 4 "y ji / R x . wie h an ee, ed a « aan R y Vorwort. Dahon ehe die Ereignisse des Jahres 1866 eingetreten, forderte die erreichte Entwickelung der landwirthschaftlichen Verhältnisse dazu auf, aus dem aufgesammelten Material der landwirthschaftlichen und Finanz- Verwaltung ein beschreibendes Werk über den Boden des Preussischen Staates, seine Bewirthschaftung und Besteuerung nach dem Stande des Jahres 1865 bearbeiten zu lassen, das als statistische Quelle für die Kenntniss des Landes sowohl den Behörden, als den Landwirthen und dem Geschäftsverkehr überhaupt von Nutzen werden könnte. Das den gesammten Staat umfassende, neue Grundsteuerveranlagungs- werk und die allgemeine Besteuerung der Gebäude, beide durch Gesetze vom 21. Mai 1861 angeordnet, waren am 1. Januar 1865 bis auf geringe Vorbehalte zur Durchführung gebracht, und dabei in den Katastral- einschätzungen und ihren Vorarbeiten gleichmässige Grundlagen für die Beurtheilung des Bodens und des Anbaues gewonnen. Es war ferner . die im Anfange des Jahrhunderts legislatorisch eingeleitete Bewegung auf dem agrarischen Gebiete durch die Beendigung der meisten bäuerlichen Regulirungen, Gemeinheitstheilungen und Reallasten- Ablösungen zu einem gewissen Abschluss gelangt, und der Einfluss, welchen die Aufhebung der Frohndienste und des Flurzwanges und die Zusammenlegung der Grund- stücke auf den freien, kräftigen Betrieb der Wirthschaft äussert, im grössten Theile des Landes sichtbar geworden. Endlich hatten auch die weiteren Förderungsmittel des Landbaues, das Vereins- und Unterrichtswesen, die Landesmeliorationen, die Kredit- und Kommunikations- Anstalten einen solchen Standpunkt erlangt, dass ein Rückblick auf das Geschehene und eine öffentliche Darlegung der Resultate nicht zu frühzeitig erschien. Gemäss den unter dem 26. und 30. Dezember 1864 ergangenen Auf- trägen des Herm Finanzministers und des Herrn Ministers für die land- wirthschaftlichen Angelegenheiten ist demnach der Plan einer solchen Arbeit von dem Königlichen Landes-Oekonomie-Kollegium, welches bereit- willig seine Mitwirkung zusagte, berathen worden. Die unterzeichnete Redaktionskommission hat die Ausführung durch Auswahl der zu behan- delnden Gegenstände geleitet und durch Zuweisung von Materialien nach Möglichkeit zu fördern gesucht. Die spezielle Bearbeitung hat der dazu berufene Regierungsrath Dr. Meitzen selbständig bewirkt. Der im 45. Bande der Annalen der Landwirthschaft veröffentlichte Entwurf der Anordnung hat bei der Behandlung nur unerhebliche Ab- änderungen erfahren. Den Mitgliedern des Königlichen Landes-Oekonomie- Kollegiums ist durch Zusendung von Korrektur-Abzügen Gelegenheit ge- geben worden, vor Abschluss des Druckes Bemerkungen über den Inhalt zur Kenntniss des Verfassers zu bringen, und dieselben haben durch erschöpfende Beantwortung einer grösseren Reihe von Fragen die für mehrere Abschnitte nur ungenügend vorhandenen Materialien ergänzt. Das Werk umfasst ausser zwei Bänden Text einen Band tabellari- scher Anlagen und einen Atlas. Eine für den Abschluss weiter, als geschehen, hinausgesteckte Frist hätte durch Herbeiziehung vermehrter Hülfsmittel die Ausfüllung mancher Lücken ermöglicht, aber mit der Rücksicht auf das Veralten des vorhan- denen Stoffes zu wenig im Einklang gestanden. Die Aufgabe des Werkes ist desshalb der Hauptsache nach auf den Versuch begrenzt worden, das theils amtlich, theils literarisch vorhandene Material so übersichtlich zu ordnen, dass daran ein weiterer Ausbau der Einzelheiten angeschlossen werden kann. Der Bearbeiter hat indess neben der Ausführlichkeit und Vergleichbarkeit der Nachweisungen, den leitenden Gedanken und den thatsächlichen Erfolgen der Gesetzgebung, so wie dem geschicht- lichen Verlaufe der wirthschaftlichen Entwickelung eingehende Behand- lung gewidmet. Die inzwischen erfolgte Erweiterung des Preussischen Staates durch die drei Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau legt den Wunsch nahe, deren Beschreibung ebenfalls in das Werk aufzu- nehmen. Dies muss jedoch einem späteren Nachtrage so lange vorbe- halten bleiben, bis durch das Grundsteuerkataster eine gleichmässige Grundlage für die Bearbeitung gewonnen und das sonstige Material herbei- geschafit sein wird. Der Einblick, welchen die vorliegende Darstellung in die landwirthschaftlichen Zustände der alten Provinzen, sowie in die auf Entfaltung der Landeskultur gerichtete Thätigkeit der Preussischen Re- gierung gewährt, wird aber auch den Bewohnern der neuen Landestheile von Interesse sein. Berlin, im April 1868. Die Redaktionskommission. Bitter. Wehrmann. Engel. Inhalt des ersten Bandes nach der im Text durch den Druck hervorgehobenen Wortfassung. Erstes Hauptstück: Statistik und allgemeine Beschreibung des Staatsgebietes, Abschnitt I—X. I. Die Entwickelung der lJandwirthschaftlichen Statistik in Preussen. Aufgabe. Die älteste statistische Aufnahme. Der Grosse Kurfürst. Friedrich Wilhelm I. Das statistische Büreau des General-Direktoriums. Friedrich der Grosse. Friedrich Wilhelm II. L. Krug. v. Stein. J. G. Hoffmann. Das statistische Büreau. Die Bearbeitung der Volks- und Viehzählungen. — Die für die Landwirthschaft erheblichen Aufnahmen. Vieh- standszählungen. Gebäudezählungen. Die Aufnahme der Gewerbtreibenden. Die Markt- preise. Der ländliche Kredit. C. F. W.Dieterici. Die Fläche der nutzbaren Grundstücke. Die ländliche Bevölkerung. Die Errichtung des meteorologischen Instituts. H. W. Dowe. Kalenderverwaltung. E. Engel. — Die Publikationen. Hoffmann. Dieterici. Engel. Die Kreis- und Regierungsbezirks-Statistiken. Statistische Dezernenten bei den Regierungen. Das statistische Seminar. Einsetzung der statistischen Central- Kommission. — Die durch die einzelnen praktischen Verwaltungszweige dargebotenen Grundlagen und Hülfsmittel. Aus- bildung der Landesvermessung. Friedrich der Grosse. v. Schmettau. Grosser Generalstab. Dreieckskette. Neue Triangulation. Detailaufnahme. Generalstabskarte. Spezialkarte von G. D. Reymann. — Die Förderung der Einsicht in die wirthschaftliehen Zustände. Steuern auf bestimmte Produktions- und Konsumtionsgegenstände. Rübenzuckersteuer. Die Mahl- und Schlachtsteuer. Salz. Nachweisung der Grenzzölle.. Errichtung des Landes- Oekonomie- Kollegiums. Errichtung des Ministeriums für landwirthschaftliche Angelegenheiten. Gestüts- verwaltung, Annalen der Landwirthschaft. Veröffentlichungen des Staatshaushaltes. Die Klassen- und klassifizirtte Einkommensteuer. Grund- und Gebäudesteuerveranlagung. — Die statistische Thätigkeit der Privaten. Die nicht amtliche Literatur der landwirtschaft- lichen Statistik. II. Das Grund- und Gebäudestenerveranlagungswerk. Die Abgaben von Grundstücken und Gebäuden in den verschiedenen preussischen Lan- den. Der Grosse Kurfürst. Akzise. Friedrich WilhelmI. Friedrich II. Friedrich Wilhelm II. Die neue Abgabengesetzgebung von 1820. Grundsteuer. Rheinisch-westfälische Grundsteuer- kataster. Die Grundsteuer der Provinz Posen. Realsteuern auf den Gebäuden. Die Ab- weichungen von dem Verhältnisse des Reinertrages.. Das Bedürfniss der Ausgleichung. Die Nothwendigkeit einer neuen, vollständig durchgreifenden Regulirung der Grundsteuer. Die Hauptgedanken der neuen Gesetzgebung. Seite 16 17 A. Die Grundsteuerveranlagung. Das Gesetz vom 21. Mai 1861, betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer. 1. Allgemeine Grundsätze. Methoden der Schätzung. Sie fordert den Ausspruch über den Reinertrag unmittelbar nach dem Gesammteindrucke. Die Anhaltspunkte. Klassi- fikationsdistrikte. Bonitätsklassen. Reinertrag. Die eigentliche Bodenrente. Kultnrarten. Von der Schätzung ausgeschlossen. Hausgärten. Die Registrirungen des Grundsteuerkatasters. 2. Ausführungsorgane. Veranlagungskommissionen. Bezirkskommissionen. Central- kommission. Centraldirektion zur Regelung der Grundsteuer. Forsttechnische Beiräthe. Freiwillig thätige Grundbesitzer. Personal an Feldmessern. Obergeometer. Vermessungs- Inspektor. Die vollbeschäftigten Feldmesserkräfte, 3. Flächenermittelung. Für die westlichen Provinzen. Für die östlichen Provinzen. Gemarkungskarten. Kopirung bereits vorhandener Karten, Neu zu vermessen. Dreiecksnetz. Die Berechnung der Neumessungen. Reklamationsverfahren, Amsler Laffon’s Polarplanimeter. Die Leistung an geometrischen Arbeiten. Flächenermittelung des gesammten Staatsgebietes. Differenz von 18,322 D Meilen. 4. Reinertragsermittelung. Die vorbereitenden Arbeiten. Kreisbeschreibungen. Entwurf eines Klassifikationstarifs. Klassifikationsdistrikte. Klassifikationsprotokolle. Muster- stücke. Freiheit bewahrt, die Tarifsätze in den einzelnen Kreisen zu erhöhen oder zu erniedrigen. Probeweise Einschätzungen. Beschreibungen der Bezirke. Feststellung des vorläufigen Tarifes vom 27. Mai 1862. Das praktische Verfahren der Schätzung. Erleichterungen. Schätzung jeder Gemarkung. Forsteinschätzungen. Einschätzungsregister. Vorläufige Uebersichten des Flächeninhaltes und Reinertrages. Kreisübersichten. 5. Abschlussverfahren. Vorprüfung der Veranlagungskommissionen. Reklamations- verfahren. Gutachten der Bezirkskommissionen. Schlussberathungen. Der Gesammtreinertrag der eingeschätzten Liegenschaften. Untervertheilung. Fortschreibung. Flurbücher. Grund- steuermutterrolle. 6. Kosten. B. Das Gebäudesteuerveranlagungswerk. Allgemeine Gesichtspunkte. Nach dem Bruttonutzungswerthe zu veranlagen. Gebäude, welche vorzugsweise zum Bewohnen dienen; zum Gewerbebetriebe; zum Betriebe der Landwirthschaft. Höhe der Gebäudesteuer. Gleichmässigkeit der Besteuerung. Befreit von der Gebäudesteuer bleiben. Veranlagung der Gebäudesteuer. Bezirksregierungen. Veranlagungskommissionen. Nachweisungen und Be- schreibungen. Gang des Verfahrens. Der örtliche Miethswerth als Anhalt für die Einschätzung. 1. Die Ermittelung des Nutzungswerthes der Gebäude in den Städten, so- wie in denjenigen ländlichen Ortschaften, in welchen eine überwiegende Anzahl von Wohn- gebäuden regelmässig durch Vermiethung benutzt wird. Badeorte. Schlösser. Villen. Zum Gewerbebetriebe dienende Gebäude. 2. Die Ermittelung des Nutzungswerthes der Gebäude in denjenigen länd- lichen Ortschaften, in welchen es an einer überwiegenden Anzahl von Wohngebäuden, welche regelmässig durch Vermiethung benutzt werden, fehlt. Die Gesammtverhältnisse der Be- sitzungen. Beschaffenheit der Gebäude. Drei Hauptklassen. a. Die zu ländlichen Besitzungen gehörigen Wohngebäude. Mehrere Wohn- gebäude. Der Besitzung angemessene Wohngebäude. Wenn kein Wohngebäude vorhanden. Wohnungen, welche über die Wohnungs- und Wirthschaftsbedürfnisse des gegenwärtigen Be- sitzers hinausgehen. Gebäude, in welchen Wohnungen vermiethet werden. Ländliche Wohn- gebäude niemals höher einzuschätzen, als die der nächst belegenen Landstädte. Wohngebäude auf grossen Gütern. b. Die sonstigen steuerpflichtigen Gebäude auf dem platten Lande. Land- und Gartenhäuser. Zum Gewerbebetriebe dienende Gebäude. 3. Endergebnisse der Gebäudesteuer. Der Betrag. Die Nachweisungen. Ge- bäudesteuerrollen. Erhaltung der Steuer bei der Gegenwart. Steuerremission. Revision der Gebäudesteuerveranlagung. — Die Bedeutung des gesammten Grund- und Gebäudesteuerwerkes. III. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. Zerstückelung des preussischen Staatsgebietes. Geographische Lage. Die Gesammt- fläche. Exklaven. Enklaven. Lauf der Landesgrenzen. Hauptabschnitte der politischen Eintheilung. Preussen und Pommern. Posen und Brandenburg. Schlesien. Sachsen. West- Seite sl 36 4l öl BR) or (7) or De} 61 xI falen. Rheinprovinz. Die Flächenverhältnisse. Gesetzliche Grundlagen. Die Provinzen und Regierungsbezirke. Die Kreiseintheilung. Hohenzollernsche Lande. Das Jadegebiet. Oertliche Gemeindebezirke. Die Zugehörigkeit einzelner Grundstücke. Die ländlichen Ge- meinden. Selbständige Gutsbezirke. Amts- und Schlossbezirke. Die Magistrats- und Stadt- bezirke. Bürgermeistereien. Der Begriff der Stadtgemeinden. Die Städteordnung vom 19. November 1808. Eine besondere städtische Verfassung: in den östlichen Provinzen; in Neuvorpommern und Rügen; in der Provinz Westfalen; in der Rheinprovinz. Ein Anhalt für die Trennung von Stadt- und Landgemeinden. Ihre Vertretung im Stande der Städte. Stadtkreise. Alle Verwaltungsbezirke in den nördlicheren Landestheilen bedeutend grösser. Territorialbestandtheile der Provinzen und das Alter ihrer Zugehörigkeit. a. Pro- vinz Preussen. b. Posen. c. Pommern. d. Brandenburg. e. Schlesien. f. Sachsen. g. West- falen. h. Rheinland. i. Hohenzollern. Jade. Anhang: Verzeichniss der Exklaven und Enklaven des Staatsgebietes. IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. Erstreekung von den mitteldeutschen Gebirgen zum Meere. Zwischen dem 50. und 51. Breitengrade ein zusammenhängender Bergzug. Erhöhter Rand der süddeutschen Hoch- ebenen. Südgrenze der preussischen Lande. Drei Zonen. Höhenangaben von geodätischer Genauigkeit. Eisenbahnnivellements. Barometrische Höhenbestimmungen. Landesyermessungen der Nachbarstaaten. 1. Gebirgsland. Die Hauptketten: Sudeten; Gebirge zwischen der Tafelfichte und dem Fichtelgebirge; zwischen dem Fichtelgebirge und dem Meissner; zwischen dem Meissner und der Schneeeifel. — Die Gestaltung der Vorberge. Thal der Oder. Schlesischer Landrücken. Der Harz. Thal zwischen Harz, Thüringerwald und Erzgebirge. Wasserscheide der Elbe und Weser. Hügelketten zu beiden Seiten der Weser. Die von den Weserketten südlich bis zum Rhein gelegenen Gebirge. Die nördlichen Abhänge der Eifel. Südlich der Wasserscheiden der Mosel. Hohenzollern. Allgemeine Verhältnisse der Gebirgshöhen. Ein Horizont von 400 Fuss Meereshöhe. 2. Der baltische Höhenzug. Drei verschiedene Rücken. Küste der Ostsee. Durch- bruchthäler. Terraincharakter. Von stehenden Gewässern eingenommen. Quer über die Hauptrichtung des Höhenzuges eingebrochene Einschnitte. Die Höhenverhältnisse. Die höch- sten Punkte des preussischen Landrückens; des pommerschen Landrückens; des mecklen- burgischen Landrückens. Breite Einrisse an der Küste. Strand. Dünenreihe. 3. Die Ebenen. Die Geest. Die Marsch. Watten. Jadegebiet. Die münsterlän- dische und die niederrheinische Ebene. Das weite Thal zwischen dem baltischen Landrücken und dem südlichen Gebirgslande. Die tiefsten Punkte des Thalbettes. Die tiefste Einsenkung bildet die Oder. Die Wasserscheide der Weichsel zur Oder. Die Wasserscheide der Elbe zur Oder. Flussniederungen. Flache Terrainwellen. Weit fortgesetzte Wasserrisse. Ge- sammtbild der Höhenschichten. Anhang: Die wichtigsten Höhenpunkte der preussischen Eisenbahnnivelle- ments. V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. Feststellung der Wasserflächen durch das Kataster. Uebersicht des Flächeninhaltes. Die Meere. Ihre Strandverhältnisse. Häfen. Die Höhe des Wasserspiegels. Salzgehalt der Ostsee. Haffbildungen. Gewässer um Rügen. Landseen. Rohr- und Fischteiche. Das Flussnetz. Stromgebiete. Memel. Pregel. Passarge. Weichsel. Die hinterpommerischen Küstenflüsse. Oder. Die Küstenflüsse westlich der Oder. Elbe. Weser. Ems. Rhein. Das Maasgebiet. Donau. Schiffbare Gewässer. Wasserreichthum des Staatsgebietes. Eigen- thümliche Verzweigung der Flussläufe. Fruchtbarkeit. Anhang 4. Die grossen Strandgewässer der Ostsee. Anhang 2. Die schiffbaren Strom- und Kanalstrecken. Seite 66 73 79 s4 90 94 101 103 106 125 126 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Meteorologische Beobachtungen. A. v. Humboldt. Meteorologisches Institut. H. W. Dowe. Veröffentlichungen. Klimatische Lage. Kältere gemässigte Zone. Die Vertheilung der feuchten Nieder- schläge. Lage des Staatsgebietes gegen das Meer. Der Golfstrom. Die Ostsee, Luftströ- mungen. Günstige Ausnahmestellung. Höchst wechselvoller Gang der Witterung. — Land- wirthschaftlich vorzugsweise einflussreiche Witterungserseheinungen. Die Ent- faltung der Vegetation. Das Eingreifen des Frostes. Frostwechsel. Erster und letzter Frost. Die Sommerwärme. Das Sonnenlicht. Verlauf des Herbstes. Durchschnitt der heissesten und kältesten Tagesmittel. Extreme der geringsten Wärme. Der Gegensatz der einzelnen Landestheile. Verhältnisse des Anbaues. Bau der Getreidearten. Futterbau. Bau von Handelspflanzen. Gemüsebau. Obst. Ausserordentliche Ereignisse oder Gefahren für die Landwirthschaft. Ueberschwemmungen. Gewitter. Hagelwetter. Seenebel. Stürme. Haar- rauch. Einfluss des Klimas auf den Wirthschaftsbetrieb. Wirthschaftszeiten. Wichtig- keit der Zahl der warmen Tage im Frühjahr und Herbst: für Handel, Industrie, für die ge- sammten Lebensverhältnisse der Bevölkerung. Die Wärmetabellen geben eine Stufenleiter für Hauptbedingungen der bürgerlichen Gesellschaft. VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Formen des Berglandes und des Schwemmlandes. Die Grenze beider Gebiete. Unsere wissenschaftliche Kenntniss. Geognostisch-geologische Spezialkarten. Bearbeitungen. Die Verbreitung der Gesteine nach ihrem geologischen Charakter. a. Bildungen des Berglandes. Das Gebiet der festen Gesteinsmassen. Hebungen des niederländischen Gebirgssystems, des rheinischen Systems, des Sudetensystems, des Alpen- systems. — Eruptiv- und Sedimentgesteine. Sudentenkette. Das oberschlesische Stein- kohlengebirge. Das Lausitzer Gebirge. Das Becken zwischen dem Erzgebirge, dem Thüringer- walde und dem Harze. Nordabhang des Harzes. Rheinisch-westfälische Gebirgsmassen. Der Nordrand der rheinischen Gebirge. Das Münsterland. Der Teutoburgerwald. Die rechts- seitigen Weserketten. Der südliche Rand der rheinischen Gebirge. Hohenzollern. b. Bildungen des Schwemmlandes. Jüngere Braunkohlenbildungen. Durch- brüche von Muschelkalklagern, Juraschichten, weisser Kreide. Diluvium. Die erratischen Gesteine. Steinlager. Lehm, Lehmmergel und Sandschichten. Gesetz. Uebergangszeit. Zusammenschlämmungen. Der Kujawische Boden. Südseite des Trebnitzer Gebirges. Der Löss. Alluvium. Die bewesten Massen. Bildung der Flussthäler. Serpentinen. Niederungen. Das Verhalten der Gesteine in agronomischer Beziehung. Ihren Bestand- theilen nach. Eruptivgebirgsarten. Verhältnisse der chemischen Zusammensetzung. Der Granit. Syenit- und Felsitporphyr, Gneuss- und Glimmerschiefer. Grünsteine. Melaphyr, Dolerit und Basalt. Trachyte und Phonolithe. Laven, Obsidiane, Bimssteine. Sediment- gesteine. Schwemmlandsbildungen. Die physikalischen Eigenschaften. Reinerde. Die aus den verschiedenen Gebirgsarten hervorgehenden Kulturböden. Der Granit- boden. Die Schuttmassen auf den Gneuss- und Glimmerschieferbildungen, Felsitporphyr, Grünsteinmassen. Der Serpentinboden. Die Melaphyr- und Basaltgesteine. Die Trachyte und Phonolithe. Lavaböden. Bildungen der Sedimentgesteine. Die besonders verbreiteten charakteristischen Vorkommen. Boden auf Urthonschiefer, Grauwackenschiefer, Muschelkalk, Buntsandstein und Keupersandstein, Liassandstein, Jurakalk, Quadersandstein, weisser Kreide. Die Verzeichnung in die geognostischen Spezialkarten. Das Gebiet des Schwemmlandes. Gleichartige Bodenarten besitzen eine grössere Verbreitung. Dieses Gebiet ist noch zu wenig durchforscht. Die Verhältnisse des Kulturbodens haben ausserordentlich an Interesse ge- wonnen. Untersuchungen im Gange. Für die Landwirthschaft entscheidende Charakteristik des Bodens nach seiner Mischung. Ausgeführte Arbeiten bei der Grundsteuerveranlagung. Bodenkarten. VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 1. Baumaterial. Bruch- und Hausteine. Chausseedeckungen. Mühlsteine. Dach- schiefer. Ziegellehm. Kalk. 2. Brennmaterial. Die mineralischen Brennstoffe. Der Torf. Die Braunkohlen. Die Steinkohlen. Seite 151 133 139 147 151 161 164 185 3. Erze. Gewinn an Erzen. Eisenerze. Zink. Bleierz. Kupfererz. 4. Salz. Ausbeute an Salz. Salzmonopol. Salinen. Steinsalzlager. Das Salzlager zu Stassfurt. Die Abraumsalze. Das Ergebniss des bergwerksmässigen Salzbaues. Das Er- gebniss der Salzsiedereien. Das Vieh- und Gewerbesalz. Salz in Sperenberg erbohrt. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. Die amtlichen und privaten Arbeiten. Ergebnisse der Katastrirung. 1. Provinz Preussen. Allgemeine Terraingestaltung. Verhältniss der Hauptboden- arten. Ostpreussen. Der preussische Landrücken. Die Einsenkung zwischen dem preussi- schen Landrücken und dem kurischen Plateau. Nordwestliche Abdachung des preussischen Landrückens. Die Niederung: auf der rechten Seite des Russ, zwischen Russ und Gilge, auf dem linken Ufer der Gilge. Moosbruch. Samland. Höhere Stufe südlich des Pregels bis gegen Elbing. Trunzberge. Westpreussen. Westliche Abflachung des preussischen Land- rückens. Wasserrisse (Parowen). Die Niederungen der Weichsel. Das Deltaland. Kleiner oder Marienburger Werder. Elbinger Niederung. Der grosse Werder. Die Nehrung. Dan- ziger Werder. Pommerischer Landrücken. Gebirgige Höhe. Abfall zur See. Südabhang des Landrückens. Kassubei. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Marienburg, Friedland, Labiau, Jo- hannisburg. 2. Provinz Pommern. Terraingestaltung. Hauptbodenarten. Regierungsbezirk Köslin. Die Höhe des pommerischen Landrückens. Die mittle Zone. Die Küstenzone. Das wendische Gerstland. Regierungsbezirk Stettin. Ausläufer des pommerischen Land- rückens. Gebiet südlich von Stargard, Pyritzer Weizacker, nördlich von Stargard bis zur See und zum Haff. Die Oderniederung. Linkes Oderufer. Regierungsbezirk Stralsund. Die Insel Zingst und der Dars. Die Insel Rügen. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Rügen, Randow, Fürstenthum, Rum- melsburg. 3. Provinz Posen. Die allgemeine Vertheilung der Hauptbodenarten. Regierungs- bezirk Bromberg. Das Netzethal. Gebiet nördlich der Netze, südlich der Netze. Kreis Inowraclaw. Kujawischer Boden. Regierungsbezirk Posen. Höchste Erhebung. Breite Stufen. Der gesunde Hopfenboden. Die Bruchböden. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Inowraclaw, Kroeben, Chodziesen, Meseritz. 4. Provinz Brandenburg. Allgemeine Verhältnisse der Hauptbodenarten. Die einzelnen Gebietsabschnitte. Regierungsbezirk Frankfurt. Oderniederungen. Wartheniede- rung. Netzeniederung. Rechts der Oder. Links der Oder. Spreewald. Regierungsbezirk Potsdam. Elbniederung. Die Bruchniederungen. Höhenland. Fläming. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Prenzlau, Oberbarnim, Westpriegnitz, Lübben. 5. Provinz Schlesien. Allgemeine Vertheilung der Hauptbodenarten. Terraingestal- tung. Oberschlesien. Rechtes Oderufer. Das Oderthal. Der Uebergang aus dem Oder- thale zu den Gebirgsgegenden. Der Gebirgsrand. Mittelschlesien. Die Hochgebirgs- gebiete. Uebergang der Berge zur offenen Ebene. Die Verwandlungsprodukte von Granit und Porphyrgesteinen. Gebiet älterer und jüngerer Grünsteine. Der schwarze Boden. Die Oderniederung. Jenseits der Oder. Niederschlesien. Das Riesengebirge. Uebergänge des Gebirges zur Ebene. Thalebene. Das Katzengebirge. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Striegau, Landeshut. Glogau, Lublinitz. 6. Provinz Sachsen. Hauptverhältnisse des Terrains. Die Hauptbodenarten. Schwemmland. Elbniederung. Gebiet zwischen dem Fläming und der Elbe. Delitzsch und Bitterfeld. Die Altmark. Gebirgsland. Umgebung von Magdeburg. Frühere Wasser- becken. Der Harz. Südöstliche und südliche Gehänge des Gebirges. Flussthäler. Thal zwischen dem Harz und dem Thüringerwald. Buntsandstein. Schwindboden. Muschelkalk. Flussboden. Haselboden. Keuperboden. Zechstein. Grauwacke. Regierungsbezirk Merseburg. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Wanzleben, Langensalza, Mansfelder Gebirgskreis, Gardelegen. 3%. Provinz Westfalen. Terraingestaltung. Hauptbodenarten. Einzelne Abschnitte der Provinz. Das Grauwackengebirge. Das Kohlengebirge. Kreidebildungen. Der Klai- boden. Der Hellweg. Das Emscherbruch. Die Hardt. Die Hohe Mark. Das obere Lippetbal. Koesfeld. Die Baumberge. Platte von Altenberge und Münster. Beckum. Der Senkelboden., 211 214 215 219 XIV Die Münsterländische Ebene. Analysen. Teutoburger Wald. Die Weserniederungsböden. Paderborner Gebirgsland. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Dortmund, Bielefeld, Koesfeld, Witt- genstein. 8. Rheinprovinz. Hauptcharakter des Terrain. Die Hauptbodenarten. Nörd- licher Theil der Provinz. Grosse Bucht zwischen den Grauwackengebirgen. Rechts des Rheins. Links des Rheins. Umgebung von Aachen. Ebene. Rheinschlickboden. Alluvial- böden. Diluvium. Der südliche Theil der Provinz. Hochfläche des hohen Venns und der Schneeeifel. Ardennenschiefer. Gebiet der jüngeren Grauwacke. Koblenzschichten. Das Mayfeld. Bimsstein und Tuffboden. Die Niederung der Saar. Das Nahethal. Das Rheinthal. Beispiele der Ackerklassifikation: Kreis Grevenbroich, Kreuznach, Koblenz, Malmedy. Gesammtüberblick über die Vertheilung der Hauptbodenarten. Fruchtbarkeit. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Abstammung. Die deutschen Volksstämme. Die fränkischen Stämme. Die Sachsen. Die Thüringer. Die Slawen. Albrecht der Bär. Die systematische Kolonisation deut- scher Bauerngemeinden. Erzbischof Friedrich von Bremen. Brandenburg. Pommern. Schlesien. Provinz Preussen. Die jetzt preussischen Gebiete des polnischen Reiches. Die spätere Vermehrung der Bevölkerung. Der Grosse Kurfürst. FriedrichI. Friedrich Wilhelm I. . Friedrich der Grosse. Friedrich Wilhelm II. Zahl und Dichtigkeit der Bevölkerung. Bevölkerung im Jahre 1802. Nach dem Tilsiter Frieden: Freizügigkeit, die Auswanderung völlig frei. Bestimmungen über die Auf- nahme in den preussischen Staat. Zahl der Ein- und Auswanderung. Das Anwachsen und die Vertheilung der Bevölkerung. Nationalitäten. Sprachverschiedenheit. Persönliche Eigenschaften der Bevölkerung. Lebensdauer. Alter und Ge- schlecht. Familiengründung. Geburten. Körpergrösse und Rüstigkeit der Männer. Zahl der zum Kriegsdienst völlig Unbrauchbaren, der Diensttauglichen, der unter 5 Fuss Grossen. Geistige und körperliche Ausbildung. Militairdienst. Schulbildung. Religionsbekenntniss. Die wirthschaftliche Beschäftigung der Bevölkerung. Gewerbetabellen. Das öffentliche Recht bezüglich der Wahl und Befugniss zu Erwerb und Beruf. Geschicht- liche Trennung von Stadt und Land. Rechtsschranken zwischen bürgerlichem und ländlichem Gewerbe. Die brandenburgischen Lande für keine der Beschränkungen der Erwerbsthätigkeit ein günstiger Boden. Edikt vom 9. Oktober 1507. Jede Beschränkung in der Wahl des Be- rufes aufgehoben. Neue Gewerbeverfassung von 1811. Ueberraschend schnelle volkswirth- schaftliche Entwickelung. Die gewerblichen Verhältnisse der neuerworbenen Landestheile. Bedürfniss einer gleichmässigen Behandlung. Allgemeine Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845. Wichtigste Ergänzungen. Der Bruchtheil der Bevölkerung, der der Landwirthschaft angehört. Als Haupt-, als Nebengewerbe. Hülfspersonal und Gesinde. Die ländliche industrielle und hand- werksmässige Thätigkeit. Die landwirthschaftlichen Fabrikationsanstalten und Handwerke und die Zahl der durch sie beschäftigten Leiter, Gehülfen und Arbeiter. Seite 301 303 309 317 334 XV Zweites Hauptstück: Agrarverfassung und Landeskulturgesetzgebung nach Entwickelung und Ergebnissen. Abschnitt XI— XV. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. Agrarverfassung. Deutsche Auffassung des Landgutes als hauptsächlichen Trägers der Rechte. 1. Besiedelung und Flureintheilung. Die ältesten Ansiedelungen. Die Mark- genossenschaften. Die westfälische und niederrheinische Ebene. Einzelhöfe. Vöhden. Esche. Die Marschen. Von der Mosel bis zur Elbe. Geschlossene Dörfer. Gehöfer- schaften. Freihöfe. Sondereigenthum nur an der Hausstelle. Die Perioden der Ausloosung der gehöferschaftlichen Ackerländereien. Die Theilung. Gewanne. Die Antheilsrechte. Bei den verschiedensten Völkern verbreitet. Entwickelung des Anbaues auf einer solchen Flur. Jede neue Vertheilung eine Konsolidation. Die gehöferschaftliche Flur Saarhoelzbach. Seit lange in unveränderten Gewannen liegende Fluren. Die wirthschaftlichen Nachtheile dieser Anordnung. Flurzwang. System der 3-Felderwirthschaft. Land- und Düngerverschwendung. Abhülfe wurde dringende Nothwendigkeit. Kolonieen in den Slawenländern. Anlage in langen zusammenhängenden möglichst parallelen Streifen. Die lämischen Hufen. Die frän- kischen Hufen. Karte von Schoenbrunn. Die näheren Verhältnisse dieser Unterscheidung. Karte von Zedlitz. Die späteren Kolonisationen. Die Dörfer der früher slawischen Landstriche. Geschlossene Ortschaften. Kunälinge. Rechteckige Dorfanlagen. Anschein von Gewannen. Karte von Domnowitz. In völlig geordnete Gewanne eingetheilte Feldfluren. Karte von Domslau. Vor ihrer Umwandlung aus dem polnischen Rechte in deutsches bestand eine andere Flureintheilung. Bei deutschen Kolonieen fehlen Andeutungen späterer Konsoli- dationen auf Grund von Verloosungen. Flurzwang. Grundgerechtigkeiten auch auf den in Waldhufen aufgetheilten Fluren. Grosse geschlossene Güter. Die Vorwerke. Allodia. Selbständige Gutsbezirke. 2. Die gutsherrlich -bäuerlichen Verhältnisse. — Entstehung der grund- herrlichen Gewalt: bei den Deutschen; in den früher slawischen Landestheilen. Der Do- minialbesitz wird mit dem Ritterstande verknüpft. Unvollkommene Territorialhoheit. Städte. Dominialherr, die geborene lokale Behörde. Landräthe. Reallasten. Hufenverfassung. Begriff eines bestimmten Landmasses. Fester Anhalt für den Bestand und die Vertheilung der Reallasten. Die persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse. Hauptwendepunkt in der Herstellung des modernen Staatswesens. Ideen des römischen Rechts. Der 30jährige Krieg. Den einzelnen Landestheilen nach gewisse Rechtskreise ausgebildet. Die deutschen Volksländer links der Elbe. Westfalen. Die Meier. Das Kolonatsverhältniss. Das Leib- eigenthumsverhältniss. Die hofhörigen Güter. Rheinland. Provinz Sachsen. Walzende Grundstücke. Die früher slawischen Länder. Die Mark Brandenburg. Theils Lehnbauern, theils Freibauern. Kossäthen. Lassbauern. Leibeigenschaft. Leibgedinger und unangesessene Einwohner. Errichtung des Kammergerichts. Willkür in der Behandlung fern gehalten. Provinz Pommern. Die Bauern im allgemeinen Leibeigene. Kaufhöfe. Spuren des ehe- maligen Eigenthums.. Provinz Preussen. Kulmische Güter. Preussisch-freie Güter. Unterworfene Preussen. Emphyteutische Besitzverhältnisse. Elokationsgüter. Lahn-, Quart- oder Gratialgüter. Aufkündbare Zeitpacht. Die späteren Ansiedler. Chatoullkölmer. Chatoull- bauern. Hochzinser. Schaarwerksfreibauern. Erbpachtsbauern. Eigenkäthner. Pustkowier. Schlesien. Polnisches Recht. Deutsches Recht. Die zinspflichtigen Bauerhufen. Das erb- liche Scholzenamt. Freihufen. Die alten polnischen Dörfer. Zeit nach dem 30jährigen Kriege. Der eigenthümliche und erbliche, der lassitische Besitz. Die Dreschgärtnerstellen. Ueberraschend geringe Veränderungen der Geld- und Getreidezinsen im Laufe der Jahrhun- derte. Die Dienste. Die beiden Lausitzischen Lande. Lassitischer Besitz. Art der Seite 343 344 345 347 356 361 364 367 369 371 373 376 378 381 382 384 387 XVI Abhängigkeit. Provinz Posen. Die nach deutschem Rechte angesetzten Eigenthümer wieder nach polnischem Rechte behandelt, Robotdienste, und Eigenthum des Grundherrn. Friedrich der Grosse, der geistige Urheber der preussischen Landeskulturgesetzgebung. XI. Die 6emeinheitstheilungen, Zusammenlegungen, Regulirungen und Reallastenablösungen. Friedrich der Grosse erklärt alles, was man G@emeinheiten nennt, als dem öffent- lichen Wohle nachtheilig. Kommissarien. Minderung der schädlichsten Grundgerechtigkeiten. Die erste vollständige Instruktion für das Gemeinheitstheilungsverfahren von 1771. Kein fundamentum eontradicendi zulässig. Gemeinheiten erster Klasse, Gemeinheiten zweiter Klasse. Die Schäfereien. Spezielle Bestimmungen. Kommissionen. Rezessirung. Bonitirung. Felder auf einen Fleck zusammenzulegen. Einsprüche gegen den Plan. Erfolge der Gemeinheits- theilungen. Friedrich der Grosse suchte die Heibeigenschaft zu beseitigen. Selbst auf den landesherrlichen Aemtern nur unvollkommen zur Ausführung gebracht. Pflicht der Guts- herren, jede Bauern- oder Kossäthenstelle mit einem geeigneten Wirthe zu besetzen. Volks- thümliche und staatswirthschaftliche Absicht. Die Erleichterung der Lage des Landvolks. Revision der Urbarien. Edikt vom 9. Oktober 1807, über den erleicherten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigenthums. Albrecht Thaer. Die neuen Vorschriften für die Auseinandersetzungen. Edikte vom 14. September 1811 zur Beförderung der Landeskultur und zur Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Möglichkeit einer theil- weisen Aufhebung und Erleichterung der Servituten. A. Verfahren in Auseinandersetzungssachen. Die Verordnung vom 20. Juni 1817. Die Hauptergänzungen. Die Hauptgesichtspunkte. 1. Bezüglich der Organisation der Behörden. Die Generalkommissionen. Die Regierungsabtheilungen. Revisionskollegien. Spezialkommissionen. Oekonomiekommissarien. Protokollführer. Feldmesser und Sachverständige. Kreisvermittelungsbehörden. 2. Die Einleitung des Verfahrens. Der Antrag auf Auseinandersetzung. Die Formalien. Bevollmächtigte. Die Legitimation zur Sache. Genaralverhandlung. Die Streit- fragen. Interimistische Entscheidung. 3. Werthsermittelung. Den Parteien ist möglichst einfach ein richtiges Urtheil zu verschaffen. Versuch eines Vergleichs, Die genaue Feststellung der Werthe. Vermessung der Grundstücke. Bonitirung. Forsttechniker. Der Ausspruch von Schiedsrichtern. Voll- ständige Werthsberechnung. Sämmtlichen Interessenten vorzulegen. 4. Bearbeitung des Auseinandersetzungsplanes. Urkunde, welche das Gesammt- resultat der Auseinandersetzung enthält. Für die Reallastenablösungen. Für die Gemein- heitstheilungen. Das Planprojekt. Erklärung der Parteien. Prozess zwischen den Wider- sprechenden und den Genehmigenden. Antrag auf Revision der Karte. Antrag auf Boniti- rungsrevision. Akten zum Spruch. Entscheidung über den Plan durch Erkenntniss. 5. Ausführung. Ausdrückliche Ueberweisung der Landpläne. Geldforderungen exigibel. Unterzeichnung des Rezesses. Vorbehaltene Ausführungsgegenstände. Rezessbestätigung. 6. Kosten. Von den Parteien getragen. In Gemeinheitstheilungen. In Reallasten- ablösungen. B. Gemeinheitstheilungen und Zusammenlegungen. Sitz der materiellen Be- stimmungen. Die Gemeinheitstheilungsordnung vom 7. Juni 1821. Die Ergänzungen. Die wesentlichsten Gesichtspunkte. 1. Begriff der Gemeinheitstheilungen. Nur in bestimmter Art gemeinschaftlich benutzte Grundstücke dürfen Veränderungen im bestehenden Besitzstande unterworfen werden. Rechtskreis der Um- und Zusammenlegung. Das gemeinschaftliche Eigenthum, welches nach Verkündignng dieser Ordnung entsteht. Neubegründete Grundgerechtigkeiten. Erwerb der Grundgerechtigkeiten durch Verjährung. Ablösbare Grundgerechtigkeiten. 2. Provokation. Bei jeder solchen Theilung wird die Nützlichkeit vermuthet. Ge- meinheiten bleiben im Mangel der Provokation bestehen. Nicht Gemeindegliedervermögen oder Bürgervermögen, sondern nur Privatvermögen kann getheilt werden. Einverständniss mit der wirthschaftlichen Um- und Zusammenlegung. Die Zurücknahme einer Provokation. 3. Bestimmungen über die Theilnehmungsrechte. Bei Gemeindeweiden. Bei Plaggen-, Heide- und Bültenhieb. Bei unbestimmten Holzungsberechtigungen. Bei der Mastungsgerechtigkeit. Bei der Waldweide. Bei Gräserei im Forst. Bei Streu- und Brenn- Seite 388 390 s9l 397 400 406 407 408 409 , 410 411 412 Xvo holzberechtigungen. Bei Berechtigung zur Gräserei oder zum Krauten oder zum Nachrechen. Bei Fischereiberechtigungen. 4. Theilungsgrundsätze. Theilnehmer durch Land abgefunden. Abbau. Die Na- turaltheilung eines Waldes. Entschädigung in Rente. Solche Renten sind ablöslich. Auch Naturalabgaben und Arbeitsleistungen zur Aushülfe zulässig. Oeffentlicher gerichtlicher Ver- kauf. Dotirung der Schullehrerstelle. 5. Wirkung der Auseinandersetzung. Die Land- oder Rentenabfindung ist das Surrogat der früheren Rechte. Kapitalabfindungen. Die öffentlichen Lasten. Unbekannt ge- bliebene, zur Mitbenutzung Berechtigte. Bestimmungen wegen Einschränkung der Gemein- heiten. Gemeinheitstheilungsordnung vom 19. Mai 1851 für die Rheinprovinz mit Ausnahme der Kreise Rees und Duisburg und für Neuvorpommern. Aufhebung der Grundgerechtigkeiten. Das Verfahren. Gesetze für Hohenzollern. €. Eigenthumsregulirungen und Reallastenablösungen. Das Edikt vom 9. Oktober 180%. Aufhebung der Unterthänigkeit. Alle wahren Reallasten vorbehalten. Bedürfniss, die Schranken in der Erwerbung und in der Veräusserlichkeit der Grundstücke aufzuheben. Aufrechthaltung der bisherigen Verpflichtung zur Wiederbesetzung der Stellen. Gestattet aus dem Bauernlande Vorwerksland bis zur Hälfte zu machen. Was als Bauern- land und was als Vorwerksland anzusehen. Das Regulirungsedikt vom 14. Septbr. 1811. Erwägungen Thaer's. Umlegung der Ländereien. Die Deklaration vom 29. Mai 1816 be- schränkte die Regulirungsfähigkeit. Ausdehnung der Gesetze in den östlichen Provinzen. In den westlichen Provinzen. Regime feodal aufgehoben. Gegen Entschädigung ablösbare Reallasten im Gebiete des linken Rheinufers. Auf dem rechten Rheinufer sehr ausgedehnte Reallasten. Alle späteren Gesetze schlossen die kleineren lassitischen Wirthschaften von der Verwandlung in eigenthümliche Besitzungen aus. Neue Begründung unablöslicher Reallasten, Die ersten Tilgungskassen. 1848 eine baldige Aufhebung der noch bestehenden Lasten und Dienste erwünscht. Feststellung der Normalpreise und Normalmarktorte. Kommissionen. Verfassungsurkunde. Gesetz vom 2. März 1850, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Seiner äussern Form nach. Ergänzungen dieses Gesetzes. Die Hauptgesichtspunkte. 1. Herstellung vollen Eigenthums. Ohne Entschädigung aufgehobene Obereigen- thumsrechte. Die Vorkaufs-, Näher- und Retraktrechte. Regulirung behufs der Eigenthums- verleibung. 2. Unentgeldlich aufgehobene Reallasten. Die Jurisdiktions- und die gewerb- lichen Abgaben. 3. Rentifizirung der nicht aufgehobenen Reallasten. a. Dienste. b. Feste Abgaben in Körnern. c. Feste nicht in Körnern bestehende Naturalabgaben. d. Natural- fruchtzehnt. e. Besitzveränderungsabgaben. f. Feste Geldabgaben. g. Andere Abgaben und Leistungen. Ablösungsrente. Ein Dritttheil des schiedsrichterlich zu ermittelnden Rein- ertrages der Stelle frei. 4. Rentenablösung. Die Kapitalzahlung. Die Rentenbanken. Den 18fachen Betrag der Rente baar oder den 20fachen Betrag derselben in Rentenbriefen. Amortisations- rente. Erlass von Yıo. Tilgung der Rentenbriefe durch Ausloosung. Ausgenommen: a. Die im $ 65 des Gesetzes vom 2. März 1850 gedachten Reallasten. b. Die den Kirchen, Pfarren, Küstereien, Schulen und milden Stiftungen zustehenden Reallasten. c. Schlesische Zehnten. Schluss der Rentenbanken. Domainenfiskus. Reallastenablösung in den Hohenzollernschen Landen. D. Erfolge der Agrargesetzgebung. Nachweisungen über die erlangten Resultate bis Ende 1820, bis Ende 1848, bis Ende 1865. Zahl der regulirten Eigenthümer, der durch Ablösung von den Reallasten befreiten Wirthschaften, der abgelösten Hand- und Spanndienst- tage. Höhe des Abfindungskapitals. Ergebnisse der Gemeinheitstheilungen. XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Begriff und Aufgabe. — Die Kolonisirung der Slawenländer. Kunde und Kunst der Meliorationsarbeiten. Periode überaus kühner Wasserbauten. Deichordnungen. Der Grosse Kurfürst. Friedrich I. Die oberste Leitung aller Entwässerungen durch den Staat. Friedrich Wilhelm I. Die Bruchflächen des Rhin- und Havelländischen Luchs. Friedrich der Grosse. E Seite 414 416 417 419 421 425 429 430 442 445 XVII Melioration des Oderbruches. Andere Meliorationsunternehmungen. Meliorationspläne. Kon- trolle des Fortganges. Graben-, Deich-, Ufer- und Schauordnungen. Edikt wegen zu ver- schaffender Vorfluth. Friedrich Wilhelm II. Das Allgemeine Landrecht. Das Edikt zur Beförderung der Landeskultur. Vorlluthsgesetz vom 15. November 1811. Rechtsver- hältnisse der Entwässerungen. Administratives Verfahren. Gebiete des französischen Rechtes. Auf den Gebieten des deutschen gemeinen Rechtes. Bestimmungen zur Förderung der Bewässerung. Gesetz über die Benutzung der Privatflüsse vom 28. Februar 1843. Ge- nossenschaften. Präklusionsverfahren gegen unbekannte und später auftretende Einsprüche. Die den Bewässerungen gewährte gesetzliche Förderung auch auf die Entwässerungen ausgedehnt. Drains. Das Deichwesen. Ergänzung der Vorfluthsgesetze. Kultur von Oeden und Blössen durch Bewaldung. Haubergsgenossenschaften. Die praktischen Erfolge. Der Siegensche Wiesenbau. Friedrich Wilhelm IV. In den Jahren 1541 —1849. Ent- und Bewässerungen. Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten. Seit dem Jahre 1850 ein Dispositionsfonds. Haupigedanke des neueren Meliorationswesens. Ad- ministratiikommissarien. Bautechnische Organe. Deichregulirungen. Die Instruktion zur Bildung von Deichverbänden vom 24. August 1850. Die Begründung der Meliorationsgenossen- schaften zur Ent- und Bewässerung. Uebersicht der Zahl, des Baukapitals und des Schulden- wesens der bestehenden Deich- und Meliorationsverbände. Monographische Dar- stellungen der Erfolge. XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. o jo) © {o) A. Dismembrationsgesetzgebung. Im Laufe des vorigen Jahrhunderts: für bäuer- liche Nahrungen, für Erbäcker, für alle gutsherrlichen Dörfer, für Veräusserung von adligen Vorwerksgründen. Edikt vom 9. Oktober 1307. Hreie Befugniss zu dismembriren. Landeskulturedikt vom 14. September 1811. Ausführung. Gesetz vom 3. Januar 1845. Er- weiterungen. Hauptgedanken. 1. Die Dismembrationsverträge. Vor dem Gericht, welches das Hypothekenbuch führt. Legitimation. Ausnahmefälle. Zweck dieser Bestimmungen. Bei meistbietender Ver- steigerung. 2. Regulirungsplan für Abgaben und Leistungen. Jeder Erwerber eines Trenn- stückes ist verpflichtet, seinen Besitztitel berichtigen zu lassen. Regulirung eines Regulativs. Auseinandersetzungsbehörden. Verwaltungsbehörden. Grundsteuer. Geld- und Naturalabgaben. Dienste oder Leistungen. Keinerlei Verfassungswidrigkeit oder Unsicherheit. Streitigkeiten. Interimistikum. Definitive Entscheidung. Plan hat Wirkung einer gerichtlich bestätigten und vollstreckbaren Urkunde. 3. Gründung neuer Ansiedelungen. Jedes Entstehen neuer selbständiger Wohn- stätten erfordert Regulirung. Weitere Gesichtspunkte. Kann untersagt werden. Wegschaffung der Anlage. Kolonieen. 4. Erleichterung der Dismembrationen. Stempel- und gebührenfrei. Kosten. Beseitigung wesentlicher Weiterungen. Abverkauf kleiner Grundstücke. Unschädlichkeits- zeugniss. Sicherstellung der Realgläubiger durch Verwendung wie bei Abfindungskapitalien. Austausch einzelner Parzellen. 5. Besondere Bestimmungen. In Neuvorpommern. Gericht der belegenen Sache. Auf dem linken Rheinufer. Auf dem rechten Rheinufer. Gesetzgebung vom 25. April 1325. Tilgungskasse. Opfer, um der Zerstückelung der Bauerngüter auch ferner vorzubeugen. Die neuen Ansiedelungen in der Provinz Westfalen: einige abweichende Bestimmungen. Die städtischen und vorstädtischen Grundstücke. B. Wirkung der Dismembrationsgesetzgebung. Umfassende Untersuchungen angeordnet. Sicherung der Gleichmässigkeit der Aufnahmen. Auffassung der Spannfähig- keit in den einzelnen Provinzen: Preussen; Pommern; Posen; Brandenburg; Schlesien; Sachsen: Magdeburg, Merseburg, Erfurt; Westfalen. Aufzeichnung in die Matrikeln. 1. Erfolge der Bodenbeweguug seit dem Jahre 1816, resp. 1823 bis Ende 1859 im allgemeinen, 2. Wirkungen der Eigenthumsregulirungen, Gemeinheitstheilungen und ähnlichen Aus- einandersetzungen. 3. Erfolge der in den Jahren 1816 resp. 1823 bis Ende 1859 durch den freien Ver- kehr hervorgerufenen Bodenbewegung im allgemeinen. 4. Erfolge der Dismembrationen. Seite 463 468 483 484 XIX 5. Von Erbtheilungen insbesondere. 6. Erfolge der Konsolidationen, sowie des freien Verkehrs zwischen den spann- fähigen Bauerngütern einerseits und den nicht spannfähigen bäuerlichen Kleinstellen, sowie den nicht bäuerlichen Besitzungen andererseits. 7. Gesammtübersicht der Erfolge. 8. Statistik der Bodenbewegung im Regierungsbezirk Stralsund vom Jahre 1816 bis Ende 1859. Endergebniss. Beweis, dass die bestehende Gesetzgebung eine starke Boden- zersplitterung nicht zur Folge gehabt, und der Kleinbesitz überhaupt im Laufe von mehr als 40 Jahren keineswegs überhand genommen. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Spuren der zum Theil sehr fernen Vergangenheit. A. Vertheilung des Grundeigenthums nach dem Umfang der Besitzungen. Durch das Grundsteuerwerk gewonnene Grundlagen. Forensen. Leerhäuser. Landbesitzungen. Zahl der grösseren Güter, der mittlen Güter, der kleinen Nahrungen. Uebersichten nach der Anzahl, nach dem Verhältniss auf der Quadratmeile. Hauptverhältnisse des kleinen Be- sitzes. Leerhäuser. Der kleine Land- und Parzellenbesitz. Mittle Güter, der grosse Besitz. Landbesitzungen überhaupt. B. Die Vertheilung des in fester Hand liegenden Grundbesitzes. 1. Eigenthum der Krone, der Mitglieder des Königlichen Hauses und der beiden hohenzollernschen Fürstenhäuser. Die preussischen Domainen. Aufhebung des Unter- schiedes zwischen Domainen und Chatoullgütern. Krondotationsrente. Hausfideikommiss- güter. Königl. Prinzliches Familienfideikommiss. Königliche Chatoullgüter. Kronfidei- kommissgut. Königliche Schlösser und Gärten. Fürstliche Hofkammer in den hohenzollern- schen Landen. 2. Dem Staate gehörige ertragsfähige Liegenschaften. Oeffentliche Sachen. Rechtsverhältnisse. Für die gesammten Schulden Garantie. Veräusserung von Domainen. Benutzung der Domainenlandgüter. Die Bewirthschaftung der Staatsforsten. Sonstiges Eigen- thum des Staates. 3. Eigenthum der Stadt- und Landgemeinden. Korporationen und Gemeinden dürfen ohne besondere Genehmigung weder erwerben, noch veräussern oder verpfänden. Stadtgemeinden. Dorfgemeinden. 4. Das Grundeigenthum der Kirchen und Pfarren, Universitäten und höheren Lehranstalten, der anderen Schulen und der frommen und milden Stiftungen. Erwerb und Veräusserung. 5. Die Lehn- und Fideikommissgüter. Verwandlung der Lehne in Erbgüter. Errichtung von Lehnen ist untersagt. Thronlehne. Familienfideikommisse. Errichtung. Auflöslich. Familienstiftungen. Bauernlehne. Fideikommissarische Besitzverhältnisse im Bauernstande nicht entwickelt. Ermässigte Erbtaxen. Uebersicht des Besitzstandes nach dem Flächenverhältnisse. ©. Verschiedenheit des Grundeigenthums nach seinen politischen Rechten. Gutsherrlichkeit. Landstandschaft. Rittergüter. Die gutsherrliche Gerichtsbarkeit: am Rhein und in Westfalen; in den sechs östlichen Provinzen, die Polizeiverwaltung eine guts- herrliche. Befugnisse der örtlichen Polizei. Kreis- und Landstandschaft. Die Rekon- stituirung der Stände. Gesetz wegen Anordnung der Provinzialstände vom 5. Juni 1323. In den einzelnen Provinzen. Stimmenverhältnisse. Kreisständische Versammlungen. Kreis- ordnungen. Gegenstand der Berathungen und Beschlüsse. Uebersicht über die Zahl der Rittergüter und das Stimmenverhältniss auf den Kreistagen. Der erste Stand. Der alte und befestigte Grundbesitz. Bedingte Rittergutsqualität. Stimmberechtigte Güter ohne Ritterguts- qualität. Provinz Preussen. Kulmische Güter. Rheinprovinz. Das geringste Mass des Rittergutes. Eine Abänderung der kreisständischen Verfassung. Kommunallandtage. Bildung von Ausschüssen. Der vereinigte Landtag. Landesvertretung. Herrenhaus. Zusammen- setzung des Herrenhauses. Söll 512 520 520 Br Y Ben en na Erstes Hauptstück. Statistik und allgemeine Beschreibung des Staatsgebietes. A u RER? tr anumalle Bir .... I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. Die Statistik hat die Aufgabe, alle Grundlagen des Staatswohls, die geistige und materielle, wie die sociale und politische Kultur, in ihren zahlenmässig vergleichbaren Erscheinungen nach den räumlichen Verhältnissen des Staatsgebietes aufzufassen und im Zusammenhange von Ursache und Wirkung darzustellen. Es ist ebenso anerkannt, wie unentbehrlich für den Staat die statistische Erkennt- niss seiner Zustände ist, als, wie nothwendig alle statistische Thätigkeit nach Stoff und Erfolg von dem Kreise sicherer Thatsachen abhängt, welchen ihr die auf die unmittelbar praktischen Zwecke gerichteten Massregeln der Staatsregierung zu erschliessen geeignet sind. Die Bearbeitung und Erweiterung der Statistik hat deshalb mehr und mehr einen amtlichen Charakter erlangt, und mehrere deutsche Staaten haben unter dem mass- gebenden Vorgange Preussens sogar besondere Centralbehörden für sie ins Leben gerufen. Die Entwickelung der allgemeinen, wie der landwirthschaftlichen Statistik ver- knüpft sich daher auf das engste mit einer Reihe mehr oder weniger hervortretender Vorgänge in der Fortbildung der Gesetzgebung und Verwaltung, welche von kleinen Anfängen aus nach und nach breite und feste Grundlagen für die Beurtheilung von Land und Volk gewährten, — Die älteste statistische Aufnahme in Preussen, die mit Sicherheit als solche be- zeichnet werden kann, veranlasste der Grosse Kurfürst*). Er sah, bei der Verödung, die der dreissigjährige Krieg zurückgelassen, ein Hauptziel seiner neuen, einheitlichen Staatsverwaltung darin, die Lücken der Einwohnerzahl wieder zu füllen. Um Kenntniss von der Bewegung der Bevölkerung zu erhalten, forderte er durch einen Befehl vom 5. Januar 1683 an das kurmärkische Konsistorium jährliche Verzeichnisse der in der Residenzstadt Geborenen, Verheiratheten und Gestorbenen, und diese Weisung wurde in den folgenden Jahren auf alle Lande des Kurhauses Brandenburg ausgedehnt. *) R. Böckh, Geschichtliche Entwickelung der amtlichen Statistik des preussischen Staats, Berlin 1863. S. 3. ff. 1 9) I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. Unter Friedrich Wilhelm I. wurden schon tabellarische Nachweisungen von grosser Ausführlichkeit über den Zustand der Städte, wie des flachen Landes erhoben. Für letz- teres ergaben sie die Zahl aller Einwohner, den Hufenstand, die Beiträge zu den öffent- lichen Lasten und von 1730 an in zahlreichen Rubriken Nachrichten über die Art der Beschäftigung, das Alter, die Kantonpflicht u. dgl. Seitdem bestand auch ein statistisches Büreau des Generaldirektoriums. 1733 wurde genehmigt, dass die sogenannte historische Tabelle vom platten Lande nur von 3 zu 3 Jahren eingesendet werde. Friedrich der Grosse fand in dem vorzüglichen Werke J. P. Süssmilch’s: „Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechtes“ Anregung, 1747 die Wiederaufnahme, Fortführung und Verbesserung der sogenannten Populations- (auch Propagations-) Listen in allen Provinzen zu befehlen und dieselben für die letzten 15 Jahre nachträglich ergänzen zu lassen. Nach dem 7jährigen Kriege wurde die Auf- nahme aufs neue geregelt und ist von 1766 an in allen Landestheilen vollständig erfolgt. Auch der Erweiterung der historischen Tabelle wendete er schon 1749 seine Aufmerk- samkeit zu, sie wurde theils durch neue Rubriken, theils durch Nebentabellen und besondere Aufnahmen über ein sehr bedeutendes Detail ausgedehnt. Für die Gesichts- punkte der Landwirthschaft enthält sie seit 1751 Angaben der Zahl der Adligen, Generalpächter und Beamten, der Verwalter und Unterpächter, der Förster und Jagd- bedienten, der Prediger, Küster und Kirchen- und Schulbedienten, der Freischulzen, Käthner und Freien, der Bauern, Halbbauern und Krüger, der Kossäthen, Gärtner, Händler, Instleute, Losgänger, Einlieger; ferner Rubriken für die Handwerker nach den Gewerben mit Angabe der Zahl der Frauen und Kinder; endlich die Zahl der Dörfer und Güter, die Hufenzahl, den Betrag gewisser Grundabgaben. Später finden sich daneben Retablissements- Tabellen über Wiederherstellung eingezogener Stellen und Etabli- rung von Kolonisten mit Angabe der persönlichen Verhältnisse und des Geld- und Vieh-Inventariums, auch Nachweisungen über Urbarmachung von Ländereien, Deckung von. Sandschollen, über Neuland und ausgesäten Holzsamen. 1778 wurden zur historischen Tabelle Angaben in Betreff der Getreide- Aussaat, und zwar für Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Hülsenfrüchte, erfordert, und der Minister Graf Hoyın wies 1796 darauf hin, dass der grosse König einen Kammer-Präsidenten seines Amtes ent- hoben, weil er die Getreideproduktion und Konsumtion der Provinz nicht im allge- meinen anzugeben wusste und Schwierigkeiten der Ermittelung vorschützte. Viehstands- Tabellen kommen für mehrere Provinzen schon 1756 vor, die regelmässige Aufstellung derselben fand im ganzen Lande von 1768 oder 1770 an statt. Die Aufnahmekolonnen waren zahlreich, provinziell indess abweichend. Auch über Lein- und Hanfbau, über Maulbeerbäume und Seidengewinn, über Tabackskultur, Hopfenstühle, Obstbäume und Bienenstöcke finden sich Erhebungen. ! Dieses Aufnahmewesen wurde mit mehr oder weniger Regelmässigkeit und nach erweiterten oder veränderten Schematen und Aufnahmeperioden, im Wesentlichen aber in demselben Sinne fortgeführt, bis die Finanz-Kommission, welche Friedrieh Wilhelm II. nach dem Antritte seiner Regierung durch die Order vom 13. März 1798 niedersetzte, um von dem Zustande seiner sämmtlichen Staaten genau unterrichtet zu werden, wegen der Wichtigkeit dieser Aufgabe erhöhte Thätigkeit hervorrief. Der Hauptträger der- selben war der Geh. Finanzrath v. Borgstede. Die Resultate dessen, was mit den damaligen Mitteln erreichbar war, liegen in den Arbeiten Leopold Krug’s aus jener Zeit vor, namentlich in den ıg05 erschienenen, in ihrer Bedeutung im hohen Grade I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. 3 anerkannten „Betrachtungen über den Nationalreichthum des preussischen Staates“, auf die sich die Vergleichung der früheren Zustände im wesentlichen stützen muss. In demselben Jahre regte der Staats-Minister Freiherr v. Stein den Plan eines ständigen statistischen Büreaus an und zwei Allerh. Kab.-Ordern vom ı8. Mai 1805 befahlen die Errichtung dieser Staats-Anstalt*), indem sie mit Bezug auf das Krug’sche Werk als Veranlassung die Absicht bezeichneten, die aus den statistischen Tabellen genommenen Darstellungen zu berichtigen und jährlich fortzusetzen, um die Verän- derungen, welche vorgehen, ersichtlich zu machen. Die Arbeiten des Büreaus, welche Krug und der Finanzrath v. Beguelin neben- geordnet ausführten, wurden von der französischen Invasion unterbrochen. Es lässt sich nicht verkennen, dass, so gewiss einzelne Fragen ihrer Natur nach aus den bisherigen statistischen Bestrebungen richtige Beantwortung fanden, die Auf- nahmen bis dahin doch ausserordentlich mangelhaft waren. Die Erhebungen lagen grösstentheils in den Händen von ununterrichteten Unterbeamten, Kreisausreitern oder Gensdarmen, fanden, je spezieller sie waren, desto weniger eine genügende Prüfung, und die Resultate wurden um so unsicherer, je höher die Ansprüche des Tabellen- wesens stiegen. Krug betonte dies häufig, gleichwohl aber zeigte auch er sich vielfach in seinem Urtheil über den Werth der Erhebungen und die Zweckmässigkeit ihrer weiteren Ausdehnung befangen. Als durch das neue Büreau die Einrichtung der Tabellen und das Aufnahmeverfahren reorganisirt werden sollten, vermochten sowenig der Minister v. Stein als die deshalb befragten Regierungspräsidenten bei sorgfältiger Prüfung Krug’s Vorschläge als ausführbar und genügenden Erfolg versprechend anzuerkennen. Namentlich machte sich die schlagende Kritik des von dem Regierungspräsidenten v. Auerswald für die Begutachtung zugezogenen damaligen Bauassessors Johann Gottfried Hoffmann in aus- führlichen Bearbeitungen geltend. Nach Eintritt ruhigerer Zeit, als an die Wiederherstellung des Büreaus gedacht werden konnte, wurde dieser geniale Statistiker, der inzwischen zum Staatsrath und Professor ernannt war, zum Direktor der Anstalt berufen. Das statistische Büreau datirt von der Allerh. Kab.-Order vom 4. Oktober ıgı0, die diese Berufung vollzog, seine Begründung**). Hoffmann verzichtete seinen Absichten nach auf alle Erhebungen, von denen er nicht hinreichend sichere Resultate voraussah, und nahm die äusserste Rücksicht auf eine möglichst geringe Belastung der aufnehmenden Beamten. Seine Veröffentlichungen gingen von ungemein beschränkten Materialien aus, welche er durch den Reichthum seiner wissenschaftlichen Erfahrungen zu ergänzen und dadurch weniger die statistischen Ergebnisse selbst zum Gemeingut des Landes zu machen, als als Staats- mann belehrend auf die öffentliche Meinung einzuwirken bemüht war. Die Arbeiten des statistischen Büreaus blieben gleichwohl äusserst ausgedehnt. Es besteht seitdem als ein anfangs selbstständiges, seit 1g24 dem Ministerium des Innern zugeordnetes Staats-Institut für die Aufsammlung, Zusammenstellung und Bear- beitung statistischer Nachrichten, sowohl zum Zweck der Auskunft für die Behörden, als der Aufklärung des Publikums: Es werden ihm die einschlagenden Materialien, die es nach statistischen Gesichtspunkten sichtet, von den Ministerien und höheren Centralstellen mitgetheilt, wie sie sich in deren Verwaltuugszweigen ergeben. Dabei *) Zeitschrift des Königl. preussischen statistischen Büreaus, Jahrgang I, Berlin 1861, S.2. — Böckh a. a. O. S. ı8 fi. — **) Böckh a. a. O. S. ı. 1 A I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. liegt die Bearbeitung der Volks- und Viehzählungen, die Verzeichnung der Handwerker, Künstler und Fabrik-Anstalten, der Gebäude, der geistlichen und Schul-Anstalten und des Sanitätspersonals, wie der Kranken- Anstalten in seinen Händen, und ebenso die Prüfung der von den Kirchenbehörden einzureichenden Nachweisungen der Geborenen, Getrauten und Gestorbenen. Die Klarstellung und Verbesserung dieses Listenwesens, wie die Berechnung und Bearbeitung der Resultate für die Bedürfnisse der Landes- statistik ergiebt eine sehr umfangreiche Thätigkeit, seine Sammlungen an statistischen und literarischen Hülfsmitteln sind höchst werthvoll, und die seit 1833 von Hoffmann selbst begonnene, von seinen Nachfolgern aber in grösserem Umfange fortgesetzte Reihe werthvoller Publikationen zeigt, welchen Erfolg es erreichte. Grade die landwirthschaftliche Statistik indess wurde wegen der unleugbaren Schwierigkeiten ihrer Erhebung von der im Sinne Hoffmanns eingetretenen Wendung am meisten betroffen. Die allerdings höchst unzuverlässigen Aufnahmen über die Grösse der Güter, über ihre Aussaat, über die Erträge der Ernte, über die Kom- munalbelastung hörten auf. Eine Unterscheidung der ländlichen Bevölkerung in die selbstständigen Vorsteher von Gütern unter ı5, ı5 bis 300, und über 300 Morgen nach Eigenthümern und Erbpächtern, Zeitpächtern und Zeitbesitzern, sowie des Hülfs- personals*) führte Hoffmann nur zweimal, bei der Erhebung von 1816 und 13925, eine Unterscheidung der Gebäude, als massiv, von Fachwerk oder von Holz, und — feuerfest, mit Holz oder mit Stroh bedacht, nur einmal 1816 durch. Noch 1939 wies er in seiner Bevölkerungs-Statistik auf die verfehlten Versuche hin, welche früher angestellt wurden, um zu einer Uebersicht dieses wichtigsten Zweiges der Gewerbsamkeit zu gelangen, und sprach seine Meinung dahin aus, dass zur Wiederholung solcher Versuche mit der Hoffnung besseren Erfolges eine Ausbildung der Kommunal- und Kreisverfassung und überhaupt eine Stufe allgemeiner Bildung gehöre, welche bis dahin noch nicht erreicht sei. Erst seine Nachfolger nahmen unter vorgeschritteneren Verhältnissen allmählich Erweiterungen der von Hoffmann inne gehaltenen Grenzen in Aussicht. Im allgemeinen blieben auf dem landwirthschaftlichen Gebiete die eigentlich statistischen Feststellungen in ziemlich enger Beschränkung. Ausser den allgemeinen Registrirungen der Bevölkerung nach Zahl, Geschlecht, Alter, Lebensdauer nnd Todesursachen, nach Verehelichung, Familie, Religion, und ähn- lichen bekannten Gesichtspunkten bestanden seit 1816 die für die Landwirthschaft erheb- lichen Aufnahmen mit ihren späteren Erweiterungen im wesentlichen aus folgenden Kategorien: a. Die Viehstandszählungen, in deren ununterbrochener, in 3 jährigen Perioden seit 1816 vorhandener Reihe Preussen eine Besonderheit besitzt, die kein anderer Staat aufzuweisen vermag. Es sind in diesen Nachweisungen von Anfang an Füllen und Pferde unterschieden worden, seit 1837 auch Pferde im Alter von 3 bis 10 Jahren und von mehr als 10 Jahren; seit 1861 ist eine besondere Kolonne für landwirthschaftlich benutzte Pferde, die mehr als 3 Jahr alt, aufgenommen, seit 1864 3 weitere für Zucht- hengste, Zuchtstuten und Lastpferde. Als Rindvieh wurden stets Stiere, Ochsen, Kühe und Jungvieh, seit 1861 auch Kälber, die unter Y2 Jahr alt, getrennt. Die Schafe sind *) Nach männlichen und weiblichen Gehülfen und Lehrlingen, Schafmeistern und deren Knechten, und männlichen und weiblichen Domestiken, bei denen indess die anderer Gewerbe mitgezählt waren, geordnet. I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. h) in Merinos und ganz veredelte, in halb veredelte Schafe und in unveredelte Landschafe, seit 1864 nur in Merinos (oder feine Wollschafe) und andere Schafe, beides einschliess- lich der Lämmer, unterschieden. Von den Schweinen wurden 1861 die Ferkel unter 6 Monaten, von den Ziegen die Böcke getrennt, nur letztere Unterscheidung ist 1864 beibehalten. Die Bienenstöcke werden seit 1864 gezählt. b. Die Gebäudezählungen, bei denen seit 1816 als öffentliche Gebäude: rı. Kirchen und 2. andere Baulichkeiten zu verschiedenen Staats- und Gemeindezwecken, und als private: ı. Wohnhäuser, 2. Fabrik-, Mühlen- und Privatmagazingebäude, und 3. Ställe, Scheunen und Schuppen unterschieden wurden. Seit 1955 sind die öffentlichen Gebäude genauer nach ihrer Bestimmung, in 6 Rubriken, getrennt. e. Die Aufnahme der @ewerbtreibenden zählt seit 1816 die Meister und Gehülfen in den für die ländlichen Verhältnisse erheblichen Handwerken, wie Schmiede, Fleischer, Bäcker, die Zahl der Mühlen und Mahlgänge, die Ziegeleien, Kalkbrennereien, auch die Webstühle, welche sie dabei je nachdem sie als Haupt- oder Nebengewerbe dienen scheidet. Seit 1937 wird Zahl und Betrieb der Anstalten für Stärke- und Zucker- fabrikation erhoben. Seit 1846 aber sind die verschiedenen Arten der Fabriken nach ihren Hauptzwecken in zahlreichen Unterscheidungen auseinandergehalten und der Um- fang jeder Gattung durch die Zahl der Arbeiter näher bezeichnet, auch in einem be- sonderen Nachweise diejenigen Etablissements einzeln angegeben, welche so und mehr Arbeiter beschäftigen. In der Aufnahme von 1861 lassen sich endlich alle für den land- wirthschaftlichen Nebenbetrieb erheblichen Anstalten nach ihrem Zweck und nach der Zahl der bei ihnen beschäftigten Personen ersehen. Solche Aufnahmen werden in je 6jährigen Zeiträumen wiederholt werden. d. Die Marktpreise der ländlichen Produkte, insbesondere von gelbem und weissem Weizen, Roggen, grosser und kleiner Gerste, Hafer, gelben und grauen Erbsen, Kar- toffeln, Hopfen, Rindfleisch, Schweinefleisch, Rindstalg, Butter, weissem und braunem Bier, Kornbranntwein, Stroh und Heu, sind seit 1816 anfangs von 38, 1852 von 62, 1859 schon von g2 Städten monatlich gesammelt, ebenso von den massgebenden Börsen und Marktorten die Kurszettel und die Leinen- und Wollpreise. e. Bezüglich des ländlichen Kredites ist die Höhe der Belastung mit Pfandbriefen der öffentlichen Kreditinstitute seit 1816 unausgesetzt festgestellt. Der Zusammenstellung der sonstigen Hypothekenschulden wurden 1824, wider Hoffmann’s Wunsch, die Gerichte wegen der erheblichen Arbeitslast enthoben, so dass für später nur einzelne bruchstücks- weise Erhebungen bestehen. Im Jahre 1844 wurde auf Hoffmann’s Antrag dem Geh. Ober-Regierungs-Rathe €. F. W. Dieteriei das Direktorat des statistischen Büreaus übergeben. Ausser den Erweiterungen, die nach dem vorstehend Erwähnten in seine Zeit fallen, nahm er f. 1849 Feststellungen über die Fläche der nutzbaren Grundstücke, und zwar der Gärten, Weinberge und Obstplantagen, ferner des Ackers, der Wiesen, beständigen Weiden und des Waldes, sowie über die Zahl der Besitzer von Gütern unter 5 Morgen, von 5 bis 30, 30 bis 300, 300 bis 600 und über 600 Morgen, in die Gewerbetabelle auf; 1852 wurde auch das Areal jeder dieser Klassen zusammengestellt, und die ländliche Bevölkerung nach Landwirthen, ihren Familienangehörigen, den Knechten, Jungen oder Mägden, und den Tagelöhnern gesondert. 1858 trat noch eine besondere Kolonne für bis dahin nicht aufgenommene Bodennutzungen, Torfstiche, Steinbrüche, Haus- und Hofräume, Gewässer und Unland hinzu, und es wurde eine weitere Sonderung der 6 I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. ländlichen Bevölkerung in diejenigen Personen, welche die Landwirthschaft als Haupt- gewerbe und diejenigen, welche sie nur als Nebengewerbe betreiben, eingeführt, die Zahl der Wirthe wurde in Eigenthümer und Pächter, und das Gesinde und die Tage- löhner nach dem Geschlecht getrennt. g. Eine neue und wesentliche Errungenschaft Dieteriei’s war die Errichtung des meteorologischen Institutes *). Meteorologische Beobachtungen wurden zwar schon seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts in Berlin und Breslau angestellt, und zum Theil vom statistischen Büreau benutzt, aber ein Netz meteorologischer Stationen wurde erst nach Dietericj’s Ernennung durch Alexander v. Humboldt angeregt, und die Allerhöchste Kabinets-Order vom g. Januar 1846 genehmigte die Errichtung des Central-Institutes bei dem statistischen Büreau. Nach dem 1848 erfolgten Tode des mit der Einrichtung der Anstalt betrauten Dr. Mahlmann hat Professor H. W. Dove die Wirksamkeit derselben über den. ganzen Staat und einige Nachbarländer ausgedehnt. 1859 wurde schon auf 40 preussischen und 29 auswärtigen Stationen täglich zu bestimmten Stunden nach Barometer, Thermometer, Psychrometer, Windfahne, Regenmesser und Himmelsansicht beobachtet, und 1866 beträgt die Zahl der preussischen Stationen 85, der aus dem übrigen Deutschland beigetretenen 52. 1853 erfolgte auch die Vereinigung der Kalender- Verwaltung mit dem Büreau. Seit dem r. April 1860 liegt die Leitung des letzteren in der Hand des Geh. Ober-Regierungs-Raths Dr. E. Engel, und alle vorerwähnten in diese Zeit fallenden Erweiterungen der ländlichen Statistik sind sein Verdienst. — Die Publikationen des Büreaus bestanden lange Zeit nur in zwei kurzen Darstel- lungen des Areals, der Bevölkerung und des Viehstandes, welche Hoffmann 1317 und 1821 veröffentlichte. Erst 1928 entschloss er sich zu den zahlreichen, mustergiltigen Aufsätzen, die der Staatsanzeiger, die medizinische Zeitschrift, die Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und zwei Sammlungen seiner kleinen Schriften brachten. Für die landwirthschaftlichen Gesichtspunkte ergiebiger sind die grösseren Werke: „die Bevölkerung des preussischen Staates nach den Ergebnissen der 1837 aufgenommenen Nachrichten“, „die Lehre von den Steuern“, 1940, und „die Befugniss zum Gewerbe- betriebe*, 1841. Dieteriei begann die Arbeiten seines Direktorats mit dem Werke über „den Volks- wohlstand im preussischen Staate“, 13946, einer Vergleichung der damaligen Zustände mit denen vor 1806 und von 1828 bis 1832, welche eine ähnliche Bedeutung erlangte, wie die erwähnte Arbeit Krug’s über den Nationalreichthum. Gleichzeitig unternahm er die erste Veröffentlichung des statistischen Materials in der Form, wie es dem Büreau zugeht. Im Jahre 1945 erschienen die „statistischen Tabellen des preussischen Staats nach der amtlichen Aufnahme des Jahres 1843, in welchen die statistische Tabelle, die Bevölkerungsliste, die Sanitäts-, Kirchen- und Schultabelle und die Gewerbetabelle nach den Regierungsbezirken abgedruckt sind. Von der Aufnahme für 1846 wurde zunächst nur der Haupttheil, „die Bevölkerung mit der Uebersicht der Einwohnerzahl nach Kreisen“, herausgegeben. Als 1850 durch Kammerbeschlüsse grössere Mittel bewilligt waren, um dem Publikum die Resultate der statistischen Zählungen in weiterer Aus- führlichkeit bekannt zu machen, veröffentlichte er in den „Tabellen und amtlichen Nach- richten über den preussischen Staat* alle von dem Büreau ressortirenden Aufnahmen *) Böckh a. a. O. S. 65. I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. 7 des Jahres 1849 in voller Ausführlichkeit, nämlich sämmtliche Zahlen für jeden Kreis und jede Stadt, und fügte ihnen erläuternde Bemerkungen bei. Dies setzte er durch ro Bände für die Aufnahmen von 1852, 1855 und 1858, wenn auch nicht in gleicher Vollständigkeit, fort *). Daneben gab Dieteriei zur Behandlung der Tagesfragen von statistischen Stand- punkten seit April 1948 die „Mittheilungen des statistischen Büreaus“, als ein in halb- monatlichen Lieferungen erscheinendes Journal heraus, welches bis zum Jahresschlusse 1860 fortgesetzt wurde, und in welchem auf Grund der verschiedenen Aufnahmen des Büreaus in grösseren und kleineren Aufsätzen auch landwirthschaftlich interressirende Fragen eingehend behandelt sind, wie: die ländlichen Besitzverhältnisse, die Kaufpreise der Ackerländereien, die Pfandbriefinstitute und die Versicherungen, die Viehstands- zählungen, der Bau von Rüben, Taback, Wein, die Fleisch- und Brodkonsumtion, der durchschnittliche Konsum an Quantität und Werth auf den Kopf der Bevölkerung, und ähnliches. Den Abschluss seiner Arbeiten bildet das 1861 zum Theil nach hinterlassenen Papieren beendete „Handbuch der Statistik des preussischen Staates.“ Der gegenwärtige Leiter des Büreaus, Dr. Engel, hat die Publikationen in drei verschiedene organisch zusammenhängende Formen übergeführt. Es wird von ihm r. die „Zeitschrift des Königl. statistischen Büreaus“ herausgegeben, welche bis Ende 1866 dem Staatsanzeiger als Monatsbeilage beigegeben worden ist, 2. das „Jahrbuch für die amtliche Statistik des preussischen Staates* und 3. die „preussische Statistik* in hin- sichtlich der Zeit des Erscheinens zwanglosen Heften. Die Bestimmung der Zeitschrift ist beschleunigte Mittheilung des neuesten sta- tistischen Stoffes aus der ganzen Monarchie und deren einzelnen Theilen, Besprechung wichtiger, das Interesse der Gegenwart berührender statistischer und staatswirthschaft- licher Fragen, Vergleichung der Verhältnisse des preussischen Staates und seiner Gebietstheile unter sich selbst, sowie Vergleichung der preussischen Zustände mit den entsprechenden anderer Länder, endlich übersichtliche Darstellung der statistischen und staatswirthschaftlichen Literatur und kritische Besprechungen ihrer wichtigsten Erzeugnisse. *) Es erschienen 1849 im ı. Bande die statistische Tabelle mit der Liste der Wohn- plätze, den Aus- und Einwanderungen und den Verhältnissen der Juden, im 2. Bande (1851) die Bevölkerungslisten mit ihren Beilagen, die Sanitätstabellen, die Kirchen- und Schultabellen mit den Nachweisungen der höheren Unterrichtsanstalten, im 3. Bande (1851) die meteoro- logischen Beobachtungen für 1848 und 1849, im 4. (1353) die Resultate der Verwaltung, eine Zusammenfassung des bei den einzelnen Ministerien vorhandenen Materials, im 5. (1854) die Tabelle der Handwerker nach der Aufnahme von 1849 und 1852, ebenso im 6. (1855) die Fabrikentabelle mit der Spezialnachweisung der grösseren Fabriken, im 7. (1855) die übrigen Aufnahmen von 1852, jedoch nicht in gleicher Spezialität, sondern für die einzelnen Städte nur die Einwohnerzahl, für die Kreise die Zahlen der statistischen Tabelle, die Zahlen der übrigen Tabellen nur für die Regierungsbezirke. In gleicher Weise sind die Tabellenaufnahmen vom Jahre 1855 im 8. Bande (1858) und ähnlich, nur mit Unterscheidung der Zahlen für Stadt und Land, nach Dieterici’s Tode die noch von ihm veranlassten Aufnahmen von 1858 als ıo. und letzter Band von seinem Nachfolger herausgegeben worden. Der 9. Band (1858) enthält die meteorologischen Beobachtungen bis 1857, von Dove bearbeitet. 8 I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. Sie hat dieses Ziel seit r86r mit Auszeichnung verfolgt; die sehr erheblichen, das landwirthschaftliche Gebiet berührenden Abhandlungen werden am einschlagenden Ort zu erwähnen sein. Das Jahrbuch beabsichtigt die Veröffentlichung des auf die neueste Zeit bezüg- lichen statistischen Stoffes aus dem preussischen Staate in einer systematischen Reihen- folge. Der erste Jahrgang ist 1863 abgeschlossen worden, und behandelt die ländlichen Verhältnisse auch von ihrer wirthschaftlichen Seite in eingehender Weise. In den zwanglosen Heften für preussische Statistik finden die grösseren Arbeiten und Tabellen des statistischen Büreaus in derjenigen Ausführlichkeit Aufnahme, für welche weder die Zeitschrift noch das Jahrbuch hinlänglichen Raum darbieten *). — Neben diesen amtlichen Publikationen des statistischen Büreaus liefern seit ziem- lich früher Zeit die Unterbehörden statistische Bearbeitungen in den Kreis- und Regierungsbezirks- Statistiken. Die Regierungsbezirks-Statistiken haben nach der gegebenen Anordnung zunächst den Charakter topographischer Uebersichten, sind jedoch in den vorzüglicheren Arbeiten bis zu umfassenden historisch - statistischen Darstellungen erweitert. Die Kreis- statistiken sind beschreibende Darstellungen der verschiedenen statistischen Verhältnisse des Kreises. Bezirksstatistiken wurden schon 1917 vom Minister des Innern angeregt und es gingen bis ıg21 von allen Regierungsbezirken Ortschaftsverzeichnisse ein, denen einige ähnliche Nachweisungen in den Jahren 1931 bis 1834 folgten. Die erste bedeutende Arbeit auf diesem Gebiete aber war die des Regierungspräsidenten G. v. Viehbahn: „Die Statistik und Topographie des Regierungsbezirks Düsseldorf,“ ıg4r. Seit 1859 haben 17 Bezirke, unter ihnen auch Hohenzollern, meist sehr eingehende Bearbeitung gefunden. Für Kreisstatistiken gab der Minister des Innern unter dem 2. September 1838 eine Uebersicht der für die Behandlung erwünschten Gegenstände. Es entstanden einzelne zum Theil sehr werthvolle Beschreibungen. Indess erst die Darstellung des Bütower Kreises durch den Kreisdeputirten Gribel wurde Veranlassung in dem Erlasse des Ministers des Innern vom ı1. April 1859 (Mstbl. S. 128) allgemein den Landräthen solche Bearbeitungen aufzugeben, und ihre Wiederholung von 3 zu 3 Jahren im Anschluss an die amtlichen statistischen Aufnahmen zu empfehlen. Diese Anordnung wurde unter dem 27. Juni 1862 (Mstbl. S. 230) unter Mittheilung eines ausführlichen Schema’s wiederholt **). Seitdem liegen von 315 Kreisen zum Theil sehr erschöpfende und ausgezeichnete Darstellungen vor. Den Provinzen nach sind in Preussen 5ı, in * Von diesen grösseren Publikationen sind bis jetzt im I. bis IV. Heft die vergleichende Uebersicht des Ganges der Industrie, des Handels und Verkehrs nach den Berichten der Handelskammern und kaufmännischen Korporationen für 1859, 1860, 1861 und 1862, im V., die Ergebnisse der Volkszählung und Volksbeschreibung nach der Aufnahme vom 3. Dezember 1861, im VI. die Witterungserscheinungen des nördlichen Deutschlands von 1858 bis 1863, im VII. der Stand und Gang der preussischen Landwirthschaft in den Jahren 1862 und 1863 nach den an das Königliche landwirthschaftliche Ministerium erstatteten Berichten der land- wirthschaftlichen Provinzial- und Centralvereine, im VII. und IX. die vergleichende Ueber- sicht des Ganges der Industrie, des Handels und Verkehrs für 1863 und 1864 erschienen. *) Böckh a. a. O. S. 70. — Vergl. Zeitschr. d. St. B. II. 1862 S. 161. I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. N) ” Pommern 23, Posen 25, Brandenburg 30, Schlesien 59, Sachsen 32, Westphalen 35, und in Rheinland 60 Kreise, die meisten derselben wiederholt bearbeitet. Im Interesse erweiterter statistischer Thätigkeit der Behörden wurde die von Dieteriei angeregte Bestallung besonderer statistischer Deeernenten bei den Provinzial- Regierungen aus der Zahl der Mitglieder der letzteren seit 1g59 allgemein durchgeführt. Um einer genügend grossen Zahl jüngerer Verwaltungsbeamten die für ein solches Decernat wünschenswerthe Vorbereitung zu geben, ist seit ıg62 mit dem statistischen Büreau ein statistisches Seminar verbunden worden, an welchem durch die Mitglieder des Büreaus und durch andere geeignete Lehrkräfte Vorlesungen und praktische Uebungen aus dem Gesammtgebiete der Statistik in einem jährlichen Lehrkurse gehalten “werden. Der Eintritt in dieses Seminar wird nach Massgabe des Reskripts des Ministers des Innern vom 15. August 1862 (Ministerialbl. f. d. innere Verwaltung S. 257) und vom 30. April 1866 (ebendas. S. 73) jährlich ı2 Regierungs-Assessoren verstattet, steht aber auch anderen wissenschaftlich Qualifieirten frei. Als der jetzige Leiter des Büreaus sein Amt übernahm, sprach er den auch von anderer Seite empfohlenen Gedanken aus, die Entwickelung der Statistik nach Stoff und Methode durch näheren Austausch der Gesichtspunkte und Erfahrungen zwischen dem statistischen Büreau und sämmtlichen Spitzen der Staatsverwaltung zu fördern. Die eingehenden Vorberathungen führten im April 1861 zur Einsetzung der statistischen Central-Kommission, in welche ausser dem Direktor des Büreaus und dem Professor der Statistik an der Universität Berlin aus jedem Ressortministerium ein Vertreter berufen wurde. Diese Kommission, welche mehrfach Gutachten abgab und verschiedene Gegen- stände der statistischen Bearbeitung in den Kreis ihrer. Verhandlungen zog, beruhte wesentlich auf dem Bedürfnisse der amtlichen Statistik, die vorhandenen Mittel, welche die praktische Verwaltung in ihrem massenhaften Material an Nachweisen und Berichten bietet, leichter und ausgebreiteter kennen zu lernen, und auf entstehende Anordnungen rechtzeitig soweit Einfluss zu gewinnen, dass sie nach Thunlichkeit eine auch für die Statistik verwerthbare Tragweite erhalten. — Werfen wir von der Thätigkeit, welche die für die Statistik besonders geordneten Behörden auf dem landwirthschaftlichen Gebiete entfalteten, einen Blick auf die wichtigsten, diesen Arbeiten durch die einzelnen praktischen Verwaltungszweige darge- botenen Grundlagen und Hülfsmittel, so sind solche Ergebnisse bis zu den letzten Jahren allerdings weniger reich, als nach dem überaus regen Leben des Staatsorganismus er- wartet werden könnte. Die landwirthschaftliche Statistik macht theils durch ihren topographischen Cha- rakter auf Vorarbeiten von sehr grosser Ausdehnung und Kostspieligkeit Anspruch; — ihre wichtigste Grundlage, die Grösse und Vertheilung der Grundstücke, lässt sich nur durch eine Landesvermessung erreichen; — theils steht dem Gewinn klarer zahlenmässiger Verhältnisse auf den meisten ihrer Gebiete das Unberechnenbare der wirthschaftlichen Zustände entgegen; auf Fragen, welche von der ersten Bedeutung sind, wie nach der Höhe des durchschnittlichen Bruttoertrages, der Konsumtion und der Wirthschaftskosten, des Reinertrages vom Boden und vom Betriebskapital, gelingt eine sichere Beantwortung selten dem Wirth für sein eigenes Gut, um so weniger amtlichen Erhebungen in einer Allgemeinheit, wie sie für statistische Zwecke erforderlich ist. 10 I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. Gleichwohl hat sich der Kreis der statistischen Thatsachen auch für die Land- wirthschaft nicht unerheblich erweitert. Was zunächst die allmähliche Ausbildung der Landesvermessung betrifft, so waren die Anstrengungen, welche für die Herstellung von Spezialkarten gemacht wurden, im Laufe der Zeit bedeutend. Schon Friedrieh der Grosse legte dazu den Grund *). Er sammelte mit Eifer und Sachkenntniss einen seltenen Schatz topographischer Karten seiner Länder und ihrer Umgebungen. Cesar Francois Cassini war damals mit der Ausführung der Triangulation von Frankreich beschäftigt. Trigonometrische Aufnahmen waren von preussischen Ge- bieten bis dahin nur für Schlesien vorhanden **). Der König beförderte deshalb das 1750 begonnene Unternehmen des Feldmarschalls v. Sehmettan, ein Dreiecksnetz in Mittel- deutschland zu legen. Es dehnte sich von Grünberg bis Cassel aus. Mit Benutzung dieser Grundlagen trug der Oberst Graf Friedr. Wilh. v. Schmettau 1767 bis 1787 eine Spezialkarte von Brandenburg, Preussen, Pommern, Mecklenburg, Sachsen, Thüringen, Böhmen und Schlesien als handschriftliche Kabinetskarte im Mass- stabe von "/sooooo zusammen, die in 270 Sektionen 3 764 ÜMeilen umfasst und für die späteren Kartenwerke wesentlicher Anhalt geworden ist. 5 Unter Friedrich Wilhelm II. und III. wurden selbst während der Kriegsoperationen erhebliche Arbeiten unternommen, um das Kartennetz zu verbessern und zu vervoll- ständigen. Namentlich die Ingenieur-Geographen Sotzmann, v. Oesfeld I. und I., v. Textor, Gilly und Engelhardt triangulirten und kartirten in verschiedenen Landes- theilen. So entstanden unter anderen 1789 die Karten der Herzogthümer Vor- und Hinterpommern von Gilly, 1796 bis 1802 die unter Leitung des Staatsministers v. Schrötter durch Engelhardt und v. Textor aufgenommene sogenannte Schrötter’sche Karte von Ost- und Westpreussen, Litthauen und dem Netzdistrikt, 1804 bis ıgr4 die Lecog’sche Karte von Westphalen und dem ostrheinischen Rheinlande, auch die Sotzmann’sche Karte von Magdeburg und der Altmark, die Oesfeld’sche von Halberstadt, die Güssfeld’sche von Erfurt, und die Lengermann’sche vom Eichsfelde. Nach Herstellung des Friedens wurde im Winter ıgı5 zu 1816 das Unternehmen der Landesvermessung, sowohl der Triangulirung, als der Detailaufnahme und Kartirung, im grösseren Masstabe organisirt. Es wurde von dem statistischen Büreau, dem es seit 1805 übertragen war, abgezweigt und, wie in Oesterreich und Frankreich, dem grossen Generalstabe, zuerst unter General v. Grolmann, später v. Müffling und v. Krauseneck, überwiesen; v. Oesfeld stand dem trigonometrischen Büreau vor. Preussen überkam damals die von der französischen Regierung ıg0g bis ıgr3 unter Leitung des Obersten Tranchot ausgeführte, auf die mehrfach rektifizirten französischen Gradmessungen gestützte und mit dem englischen Netze in Verbindung stehende Dreiecks- messung des linken Rheinufers. Dieses westrheinische Netz wurde durch eine 1817 *) G. v. Viebahn, Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands, Berlin 1858, Bd. I S. 487. — Böckh a. a. O. S. 35. ** Hier schwebte seit 1721 die Umwandlung der Indiktion in eine Grundsteuer, und das Bedürfniss einer Spezialkarte hatte die schlesischen Fürsten und Stände bestimmt, durch die Kaiserl. Genieoffiziere Wieland und v. Schubarth Vermessungen vornehmen zu lassen, aus denen die 1736 bis 1739 durch die Homann’schen Erben in Nürnberg herausgegebenen vortrefllichen Fürstenthumskarten hervorgingen. I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. 44 begonnene grosse Dreieckskette mit dem märkisch-sächsisehen in Verbindung gebracht und in den westlichen Provinzen von ıgıg an für die Zwecke der Katasterberichtigung spezieller durchgeführt. 1920 bis 1925 erfolgten auf Anordnung des Baudepartements trigonometrische Aufnahmen der Umgebungen des Oderstroms von der See bis zur österreichischen Grenze; 1338 bis ıg49 wurde die Triangulirung der baltischen Küsten- gegenden unter der Leitung Bessel’s und des Generals v. Baeyer vorgenommen, und dieses Netz auf der einen Seite mit Berlin und Altona, auf der anderen mit dem russi- schen Dreiecksnetze in Verbindung gebracht; neuerdings ist dasselbe durch General v. Baeyer an das rheinische angeschlossen worden, und es hat sich zwischen beiden eine sehr befriedigende Uebereinstimmung gezeigt. Seit dem Jahre 1962 ist eine neue Triangulation der Provinz Preussen in Ausführung. r Die Detailaufnahme, mit der seit 1917 eine grosse Zahl von Offizieren beschäftigt wurde, war mit Ausnahme der Provinz Preussen schon mit Ausgang der zwanziger Jahre im Croquis beendet, es wurde aber für zweckmässig erachtet, sie nochmals neu zu bearbeiten. Die Ausführung, welche in den östlichen Provinzen noch nicht abgeschlossen ist, geschieht unter Leitung von Generalstabs- Offizieren, welche wechselweise als Vermes- sungsdirigenten fungiren, und unter Mitarbeitung von Ingenieurgeographen durch Offiziere der Armee, die je auf 3 Jahre zur topographischen- Abtheilung des Generalstabes kommandirt werden. Durchschnittlich zählt diese Abtheilung 30 Offiziere, von denen jährlich 10 ausscheiden und ebensoviele neu eintreten. In den westlichen Provinzen liegt diesem Detail das durchgeführte alte Parzellar- kataster zu Grunde. Es wurde dort für den Zweck des Katasters das Tranchot’sche Netz revidirt, und in den Jahren ıgrg bis ıg28 Westphalen und der obere Theil der Rheinprovinz neu aufgenommen*). 1837 waren die rheinisch-westphälischen Grundsteuer- kataster beendet, und dadurch in den Flur- und Gemeindekarten Detaildarstellungen gewonnen, welche von den Generalstabs-Offizieren nur in den Terrainformationen (Höhen etc.) zu vervollständigen blieben. In den östlichen Provinzen war die Aufgabe schwieriger. Es boten sich hier zur Benutzung nur die fiskalischen Forst- und Do- mainenkarten und die zum Zwecke der Regulirungen und Gemeinheitstheilungen meist im Massstabe von "sooo oder "soo aufgenommenen Flurkarten, deren Fläche sich zu- sammen auf gegen 3000 DMeilen berechnet. Diese Materialien waren bisher die einzige Grundlage für die Messtischblätter, die danach im Massstabe von "ssooo zusammen- getragen und nach Legung von äquidistanten Horizontalen von den Aufnahmeoffizieren örtlich berichtigt und ausgefüllt, auch unter Angabe der Erhebungen durch bezifferte Linien gleicher Höhenschichten mit der Terrainzeichnung und sonstigen Nacharbeiten versehen wurden. Die Reduktion aus diesen Messtischblättern unter Vervollständigung durch Bergstriche erfolgte in einem dem Königlichen Generalstabe untergebenen litho- graphischen Institute, für die westlichen Provinzen auf '%oooo, für die östlichen auf 1ooooo der Wirklichkeit. Auf diesem Wege ist bis zur Gegenwart das Material der von dem Königlich *) F. G. Schimmelpfennig, die preussischen direkten Steuern, 2. Aufl, Potsdam 1843, Thl. I S. 480 fl. — Geographische Bestimmungen im Regierungsbezirk Minden von J. J. Vor- länder, Minden 1853. 12 I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. preussischen grossen Generalstabe der Oeffentlichkeit übergebenen topographischen Karte von Preussen erreicht worden. *) Diese Generalstabskarte ist die Quelle einer grossen Zahl mehr oder minder reduzirter Provinzial- und Kreiskarten. Für Provinzen, die sie nicht umfasst, wie Ost- und Westpreussen, liegen diesen die obengedachten älteren Karten zu Grunde. Als vollständige, alle Landestheile in dem gleichmässigen Massstabe von "90029 umfassende .Spezialkarte ist aus ihr und den besten sonst vorhandenen Materialien seit 1806 die topographische Spezialkarte von 6. D. Reymann bearbeitet worden **). Dieses topographische Material war bisher die einzige Grundlage für die Beur- theilung der Flächenverhältnisse des Staates. Nur aus der Berechnung auf diesen Karten von verhältnissmässig so kleinen Massstäben vermochte man die Grösse jedes einzelnen Kreises zu bestimmen. Eine solche Rechnung führte Engelhardt 1809 in Magdeburger Morgen, ıg12 aufs neue in "/oooo geographischen Meilen aus, und wiederholte sie später nochmals bei der 1816 erfolgten neuen Kreiseintheilung ***). Ebenso wurde die Länge der Gränzen nach diesen Karten gemessen, und die Flächeninhalts-Ermittelungen 1831 durch sphäroidische Berechnung verbessert. . Erst die neue Grundsteuerregelung bietet, wie genauer zu zeigen sein wird, eine vollständige Spezialkartirung. Die Förderung der Einsicht in die wirthschaftlichen Zustände des flachen Landes ist seit der mit Errichtung des statistischen Büreaus gegebenen Organisation der Bevölkerungs-, Gewerbebetriebs- und Viehstandserhebungen vorzugsweise der Gesetz- gebung über die Steuern auf Maischraum, Taback, Wein, Malz, Mahl- und Schlachtgut und der späteren Steuergesetzgebung des Zollvereins mit der Rübenzuckersteuer, ferner der Errichtung des Landes-Oekonomie-Kollegiums und der des Ministeriums für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, dann der Veröffentlichung der Etats und Rech- nungen des Staatshaushaltes, dem Gesetze über die Klassen- und klassifizirte Einkommen- steuer, und endlich dem auf der Gesetzgebung vom 21. Mai 1861 beruhenden neuen Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerke zuzuschreiben. Die erstgedachten Stenern auf bestimmte Produktions- und Konsumtionsgegen- stände bilden Glieder der ıg19 durchgeführten Reorganisation des gesammten Steuer- wesens. Sie sind seitdem im wesentlichen unverändert geblieben und haben sämmtlich das Gemeinsame, welches auch der seit 1840 bestehenden Rübenzuckersteuer einwohnt, dass sie ein genaues Bild entweder der Ausdehnung des Anbaues, oder der Höhe der Konsumtion der betroffenen landwirthschaftlichen Gegenstände geben. Die Mahl- und *) Die „topographische Karte der Provinz Westphalen und der Rheinprovinz mit Be- nutzung der Katastervermessungen von der topographischen Abtheilung des Königl. preussischen grossen Generalstabes herausgegeben“ in 72 Blatt zu Yoooo, ist bereits 1856 in 2. Aufl. be- endet worden. Von der „topographischen Karte vom östlichen Theile der Monarchie“ in 249 Blatt, zu denen noch 70 für die Provinz Preussen und den Netzdistrikt hinzutreten sollen, so dass das Ganze 319 Sektionen bildet, sind bis jetzt 247 Blatt erschienen. *) Böckh a. a. O. S. 36, 45. ! *#) Sie ist von C. W. v. Oesfeld fortgesetzt und erscheint jetzt im Verlage von C. Flemming in Glogau. Für Preussen ist sie seit lange vollständig auch fortwährend durch neue und verbesserte Stiche ergänzt. Im Plane ist sie auf 445 Blatt für Deutschland und über seine Grenzen hinaus bis Paris, die Schweiz und den grössten Theil von Polen berechnet. Erschienen sind davon bis jetzt 330 Blatt. L Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. 13 Schlachtstener weist allerdings den Verbrauch von Fleisch und Mehl nur innerhalb eimer, im Laufe der Zeit mehrfach verminderten Zahl von Städten nach. i Der statistische Werth der einzelnen Steuereinrichtungen wird am einschlagenden Orte genauer zu zeigen sein. Die Ergebnisse der indirekten Steuern werden in dem „Centralblatte der Abgaben-, Gewerbe- und Handelsgesetzgebung und Verwaltung“ veröffentlicht, welches in regelmässiger Folge der Jahrgänge seit 1939 erschienen ist. Die Resultate der Mahl- und Schlachtsteuer, welche in diesen Nachweisungen nicht berücksichtigt werden, sind in der Zeitschrift des Königl. statistischen Büreaus Jahr- gang III für 1863 S. 2ı5 ff. seit 1838 mitgetheilt. Die Konsumtion an Salz wird bis zur Gegenwart nicht durch eine Steuer, sondern durch den Ueberschuss betroffen, welchen der gesetzlich bestimmte Preis des Salzes der zur Salzbereitung ausschliesslich berechtigten Staatsverwaltung über die Produktions- kosten gewährt. Der Verbrauch ergiebt sich gleichwohl durch diesen monopolisirten Betrieb seinem Umfange nach mit grosser Genauigkeit. Zugleich lässt die seit 1338 eingetretene bedeutende Preisermässigung für Salz, welches durch Zusätze nur dem Vieh geniessbar gemacht ist, den landwirthschaftlichen Bedarf dieses besonderen Artikels übersehen. Die Produktion der Salinen wird mit der Produktion der Bergwerke und Hütten in der „Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preussischen Staate“ veröffentlicht, welche seit ıg51 in regelmässigen Jahrgängen erscheint. Die Nachweisungen der Grenzzölle sind für die meisten Staaten ein wesentliches statistisches Hilfsmittel, für Preussen ist ihre* Verwendbarkeit durch die Organisation des Zollvereins einigermassen eingeschränkt. Der Kreis des Zollvereins umfasste nach den Vertragsschlüssen des Jahres 1933 zunächst nur Preussen, die beiden Hessen, Bayern, Würtemberg, Sachsen und die thüringischen Staaten, denen bald auch Baden, Nassau und Frankfurt beitraten; eine weitere unbedeutende Ausdehnung trat 13941 und 1842 durch Braunschweig, Luxemburg und einige lippesche und kurhessische Landes- theile ein; die wesentlichste Vergrösserung aber erfolgte erst ıg5ı und 1952 durch die Vereinigung mit Hannover und Oldenburg, dem früheren Steuervereine. Die seit 1834 von der preussischen General-Steuer-Direktion jährlich veröffentlichten sogenannten Kommerzialnachweisungen, welche in zahlreichen Heften, übersichtlich geordnet, den Betrag der Eingangs-, Ausgangs- und Durchgangsabgaben mit dem Gewicht, Stück oder Mass der über die Grenze gegangenen zollpflichtigen Gegenstände aufführen, sind deshalb an sich zwar ein ausgezeichnetes - statistisches Material und geben für die Entwickelung der Landwirthschaft bedeutsame Grundlagen; sie beziehen sich aber zugleich auf die nach den angegebenen Jahrgängen zugetretenen fremdländischen Gebiete, und gestatten deshalb für Preussen nur bedingte Urtheile.. Für manche Gegenstände geben die Nachweisungen der einzelnen Grenzzollämter, welche mitgetheilt werden, ge- nügenden Anhalt für genauere Sonderung der inländischen Ein- und Ausfuhr. *) *) Eingehende Darstellungen der früher bestehenden Verhältnisse hat die Steuer- Verwaltung in den 1829 erschienenen „Beiträgen des Geh, Oberfinanzrathes Ferber zur Kenntniss des gewerblichen und kommerziellen Zustandes des preussischen Staates “ gefunden. Diese Darstellungen hat derselbe Verfasser 1832 in den „Neuen Beiträgen“, und Dieterici durch die „Uebersichten vom Verkehr und Verbrauch im preussischen Staate und deutschen Zollvereine“ fortgesetzt. Von letzteren erschien der ı. Band 1838, der 2. 1842, der 3. 1844, der 4. 1848, der 5. 1851 und der 6. und letzte 1857. 14 I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. Die Errichtung des Landes - Oekonomie - Kollegiums erfolgte 1842, die des Ministeriums für landwirthschaftliche Angelegenheiten im Jahre 1848. Ersteres ist anfangs als amtlicher Centralpunkt für die landwirthschaftlichen Vereine geschaffen, wurde aber 1859 dem landwirthschaftlichen Ministerium als technischer Beirath zu- geordnet. Ein besonderes Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten besteht in keinem anderen Staate, und beide Einrichtungen werden den Gegenstand spezieller Darstellung bilden. Hier ist nur bezüglich des Einflusses, den sie auf den Fortschritt der landwirthschaftlichen Statistik hatten, zu bemerken, dass beide Behörden die Entwickelung derselben umsomehr als einen ihrer wesentlichen Zwecke betrachteten, als der Mangel genauerer Vergleichspunkte der Thätigkeit auf ihrem speziellen Gebiete sehr fühlbare Hindernisse in den Weg legte. Es wurden vom Landes- Oekonomie- Kollegium und in noch erhöhtem Grade von dem landwirthschaftlichen Ministerium eingehende Berichte aus allen Landestheilen über den wirthschaftlichen Zustand und den Kulturfortschritt im allgemeinen, wie in einzelnen Zweigen erfordert, die unter- geordneten Behörden zugleich auf dieses Ziel für ihre Verwaltungs- und Jahresberichte hingewiesen und durch besondere Kommissare Nachrichten über spezielle Fragen von Wichtigkeit eingezogen. Auch zu allgemeinen statistischen Erhebungen von grösserer Ausdehnung wurde geschritten, so über den Zustand der ländlichen Arbeiter (durch den General-Sekretair des Landes-Oekonomiekollegiums Dr. Alex. v. Lengerke, 1849, bearbeitet), über die Veränderungen, welche die spannfähigen Nahrungen in den östlichen Provinzen und Westphalen durch die Bodenbewegung von 1816 bis 1859 erlitten (Zeitschrift des statistischen Büreaus 1865, Jahrg. V, No. ı), über die Ausdehnung der Drainage und andere. Namentlich aber gehörten zu diesen Erhebungen seit 1846 jährliche Ermittelungen seitens aller landwirthschaftlichen Vereine über das Prozentverhältniss, in welchem in den einzelnen Landestheilen die Masse der wirklich eingeernteten Früchte, Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen, an Korn und Stroh, sowie Kartoffeln und Raps, zu demjenigen. Quantum steht, welches als gute Mittelernte betrachtet wird. Auch die Geschäftsnachweisungen der Auseinandersetzungsbehörden, die zahlenmässigen Angaben des Fortschrittes der Servitut- und Reallastenablösungen, der gemessenen und befreiten Flächen, der aufgehobenen Lasten und der Höhe und Art ihrer Entschädigung, welche früher nur sehr unregelmässig und unvollständig, seit 1849 aber berichtigt und gleich- mässig bearbeitet wurden, ebenso Nachweisungen über den Fortgang der Meliorationen, über die Bewegung der landwirthschaftlichen Vereine, über die Unterrichtsanstalten und besonders das am einschlagenden Orte zu beschreibende Listenwesen der Gestüts- Verwaltung, durch welches dieselbe die Resultate ihrer Thätigkeit kontrolirt, ergaben ein neues und werthvolles statistisches Material. Als Organ für die Publikation des geeignet erachteten Stoffes erscheinen unter der Redaktion des Generalsekretairs des Landes-Oekonomiekollegiums seit 1843 ununter- brochen die „Annalen der Landwirthschaft in den preussischen Staaten.“ Die ausführlichen Veröffentlichungen aller Grundlagen des Staatshaushaltes, die schon 1847 dem vereinigten Landtage, seit 1849 beiden Häusern des Landtages zu- gingen, haben für die landwirthschaftlichen Gesichtspunkte nieht blos den allgemeinen Werth einer genauen Vergleichung der Ausgaben und Einnahmen auf den verschiedenen Gebieten der Verwaltung und Besteuerung, sondern sie bieten noch einen besonderen Gewinn in der Beurtheilung, die sie für die Ertragsverhältnisse der Staatsdomainen und der Staatsforsten zulassen. Namentlich sind die genauen Berechnungen der I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. 15 Staats-Forstverwaltung über die Bestände der Staatswaldungen und ihren Zuwachs, sowie die Nachweisungen über den Erlös aus Haupt- und Nebennutzungen, und die Kosten der Kulturen und der Verwaltung eine wichtige, auch Schlüsse auf die Privatwaldungen, auf Preis- und Lohnverhältnisse u. ähnl. gestattende Quelle. Das ältere Klassensteuergesetz vom 30. Mai 1820 (G.-S. S. 140) erfasste nur die nicht von der Mahl- und Schlachtsteuer betroffenen Haushaltungen, und galt seinen Steuersätzen nach nur als ein Ersatz für diese Komsumtionssteuer. Abweichend davon wurde die Klassen- und klassifizirte Einkommensteuer unter dem r. Mai ı85r (G.-8. S. 193) dem Wesen nach als eine Einkommenbesteuerung eingeführt. Allerdings trifft nur diejenigen, welche ein Einkommen von rooo und mehr Thaler jährlich besitzen, eine wirkliche Einkommensteuer. Die Klassensteuer, die das geringere Einkommen erfassen soll, hat die gesammten Verhältnisse des Steuerpflichtigen und seine von ihnen bedingte besondere Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, und es ist für ihre drei niedrigsten Steuerstufen massgebend, dass in dieselben im allgemeinen diejenigen Grundbesitzer und Gewerbtreibenden veranlagt werden sollen, welche nach dem Umfange und der Be- schaffenheit ihres Besitzthums oder Gewerbes durch das dadurch gewährte Einkommen nicht selbständig bestehen können, sich daher noch Nebenverdienst, namentlich durch Tagelohn oder diesem ähnliche Lohnarbeit suchen müssen; ausserdem sollen hierher die gewöhnlichen Lohnarbeiter, die Handwerksgesellen, das gewöhnliche Gesinde und die Tagelöhner gehören. Für die Einkommensteuer ist es aber im Gesetz vorgeschrieben, und für die höheren Stufen der Klassensteuer wird es als ein allgemeiner Anhalt gel- tend, dass die Steuer 3 pCt. des Einkommens nicht überschreiten darf. Die Veran- lagung zur Klassensteuer geschieht unter Aufsicht und Prüfung der Behörden durch Kommissionen, deren Mitglieder theils von der Gemeinde- oder Kreisvertretung, theils von den Steuerpflichtigen gewählt werden. Die Ermittelung der Höhe des Einkommens soll zwar ohne lästiges Eindringen in die Verhältnisse, aber doch auf Grurd möglichst genauer Erkundigungen geschehen, deren Resultat, namentlich auch bezüglich der Grösse und des Ertrages des Grundbesitzes, in Nachweisungen einzutragen ist. Im Reklamationsverfahren hat der Ueberlastete Gelegenheit, irrige Angaben oder An- schauungen zu berichtigen. Diese Steuereinrichtung giebt also, abgesehen von den Ein- wohnern der mehr und mehr sich vermindernden mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Städte — welche von der Klassensteuer ganz und von der Einkommensteuer bis zur Höhe von 20 Thalern jährlich für jeden Steuerpflichtigen frei sind — eine, soweit es möglich ist, die Vermögenslage des Einzelnen richtig zu ermitteln, nach gleichen Ge- sichtspunkten hergestellte Uebersicht über die Verhältnisse aller Bürger des Staates, geordnet nach den Wohnorten, und unterschieden nach 42 besonderen Stufen. Es ist leicht zu erkennen, dass in diesem Veranlagungswesen eine vorzügliche und sehr grosser Ausbil- dung fähige Grundlage für statistische Ermittelungen und Vergleichungen dargeboten ist. Alle vorgedachten Hülfsmittel wurden der Natur der Sache gemäss durch die neue, am ı. Januar 1365 in allen wesentlichen Theilen abgeschlossene 6rund- und Gebäudesteuerveranlagung an Wichtigkeit weit übertroffen. Dieses grossartige und in überraschend kurzer Zeit bewältigte Steuerwerk führte die vollständige Parzellarver- messung des ganzen Landes und eine nach überall gleichen Grundsätzen geleitete Rein- ertragseinschätzung aller Grundstücke, sowie eine Ermittelung des Nutzungswerthes aller Gebäude im Staate durch, und schuf damit zum erstenmal eine umfassende Grund- lage für die statistische Betrachtung der ländlichen Verhältnisse Preussens. Es wird im folgenden Abschnitte selbständig und zusammenhängend dargestellt werden. 16 I. Die Entwickelung der landwirthschaftlichen Statistik in Preussen. So vielseitig die bis dahin theils unmittelbar vom statistischen Büreau aus, theils in den verschiedenen Zweigen der praktischen Verwaltung erzielten statistischen Nach- richten erscheinen können, so waren doch die Lücken, die vor 1865 namentlich der Mangel eines Katasters fühlbar machte, zu gross, als dass sich hinreichende Aufforde- rung zu zusammenfassender amtlicher Bearbeitung des besonderen Gebietes der land- wirthschaftlichen Statistik geboten hätte. — Die statistische Thätigkeit der Privaten benutzte zwar in sehr anerkennenswerther Weise den vorhandenen Stoff, vermochte aber selbstverständlich über die Ergebnisse der amtlichen Erhebungen nur in beschränkten Grenzen hinauszugehen. Die Beiträge, welche sie für einzelne Fragen und auf kleineren Gebieten durch selbständige Er- mittelungen sammelte, werden in den einschlagenden Abschnitten der Darstellung be- sprochen und in ihrer Bedeutung nachgewiesen werden. Die den preussischen Staat in seinen Gesammtverhältnissen betreffende nieht amt- liche Literatur der landwirthschaftlichen Statistik, soweit sie nicht bereits erwähnt ist, findet sich für die Zeit vor 1804 in L. Krug’s Abriss der neusten Statistik des preussi- schen Staats, Halle 1804. Später folgten als umfassendere Bearbeitungen: J. D. F. Rumpf, und P. Sinnhold, Neuste Geographisch -statistische Darstellung des Preussischen Staats, Berlin 1816. C. G. Stein, Handbnch der Geographie und Statistik des Preussischen Staats, Berlin 1818. T. G. Voigtel, Versuch einer Statistik des Preussischen Staats, Halle 1819 — 21. 2. Aufl. 1830, 3. 1835, 4. 1837. J. D.F. Rumpf, Die Preussische Monarchie, Berlin 1825. 2. Aufl. 1830, 3. 1839. Fr. B. Weber, Historisch-statistisches Jahrbuch 1830— 35, Breslau 1834 — 37. R. v. Bennigsen-Förder, Der Preussische Staat in seinen wesentlichsten Beziehungen, Magdeburg 1837. L. v. Zedlitz, Die Staatskräfte der Preuss. Monarchie unter Friedrich Wilhelm III., Berlin 1828 — 29. K. F. R. Schneider, Der Preussische Staat in geographischer, statistischer, topo- graphischer etc. Hinsicht. 2. Aufl. Bunzlau 1334. 3. Breslau 1839. Fr. B. Weber, Handbuch der staatswirthschaftlichen Statistik und Verwaltungs- kunde der Preussischen Monarchie, Breslau 1840. A. v. Lengerke, Landwirthschaftliche Statistik der Deutschen Bundesstaaten, Braun - schweig 1840. j Fr. W. Schubert, Handbuch der allgemeinen Staatskunde des Preussischen Staats, Königsberg, Bd. I. 1846, Bd. I. Ackerbau 1848. Fr. v. Reden, Vergleichende Kulturstatistik der Grossstaaten Europas, Berlin 1848. A. Kotelmann, Die Preussische Landwirthschaft, Berlin 1853. Fr. v. Reden, Staatshaushalt und Abgabenwesen des Preussischen Staats, Darm- stadt 1856. Endlich G. v. Viebahn, Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands, Berlin, Bd. I. 1858, II. 1862, unter besonders eingehender Berücksichtigung des Bodens und der landwirthschaftlichen Verhältnisse. I. Das Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. Die Abgaben von Grundstücken und Gebäuden in den verschiedenen preussischen Landen, welche in Höhe von ungefähr ıo Millionen Thalern jährlich unter dem Namen der Grundsteuer vor Erlass der Gesetze über die Grund- und Gebäudesteuer vom 21. Mai 1861 (G.-S. S. 253 und 317) erhoben wurden, waren ihrem Wesen und ihrem Betrage nach sehr mamnigfaltig. Sie entstanden theils aus mittelalterlichen Leistungen von meist dunklem Ur- sprunge, welche als verschieden benannte Zinsen, Renten, Geschosse, Gerichts-, Dienst- und Lehnsgelder auf allen oder einzelnen Besitzungen grösserer oder kleinerer Gebiete für den Träger der Staatsgewalt hafteten und die Natur der Steuern angenommen hatten, theils gingen sie aus Beden, Kontributionen zu Heeresbedürfnissen, oder Abgaben anderer Art hervor, die von den Ständen der einzelnen Territorien in älterer oder neuerer Zeit nach höchst ungleichen Massstäben übernommen worden waren, theils endlich be- ruhten sie auf eigentlichen landesherrlichen Steuergesetzen. Je verschiedenartiger der Zuwachs neuer Landestheile zu dem sich unausgesetzt vergrössernden Staate war, desto ungleichmässiger gestaltete sich dies Realsteuerwesen. Für die alten Lande begann der Grosse Kurfürst in ausgedehnterem Masse Re- formen der herkömmlichen Einrichtungen *). Genöthigt alle Kräfte des kleinen Staates für seine Vertheidigungsfähigkeit zusammenzuraffen, erklärte er offen die überkommenen Verfassungen gegenüber dem drohenden Unheil des Krieges für unhaltbar. Er führte statt der bisherigen Leistungen in den Städten Akzise und Konsumtions- steuern ein und zog die Abgaben des platten Landes, deren Veranlagung bis dahir. lediglich den Land- und Kreisständen überlassen war, unter die genauere Aufsicht der Staatsbehörden. Die bestehenden Verpflichtungen wurden überall amtlich festgestellt, und die Steuerverzeichnisse mehrerer Provinzen zu vollständiger Berichtigung gebracht. *) F. G. Schimmelpfennig, die preussischen direkten Steuern, 2. Aufl., Potsdam 1843, Einl. XVIII £. 2 18 II. Das Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. Diese Regulirung des Geschoss- und Kontributionswesens nahm Friedrich Wilhelm I. mit seinem besonderen Sinne für wirthschaftliche Ordnung während der Jahre 1714 bis 1720 im Königreich Preussen, im Herzogthum Magdeburg, in Hinterpommern und dem eben erst erworbenen Vorpommern, ebenso in der Neumark und in mehreren Kreisen der Kurmark nach besonderen Klassifizirungsgrundsätzen wieder auf. Auch vermehrte er die Einnahmen dieser Art durch die Aufhebung der bis dahin vom Adel auf eigene Kosten geleisteten Kriegsdienste, sowie der auf den Dörfern haftenden Quartierung und Verpflegung der Kavallerie, indem er alle solche Lasten in laufende Geldabgaben, Lehn- pferdegelder, Kavalleriegelder und dergleichen umwandelte. Friedrich Il. übertrug die musterhafte Steuerverwaltung der Erblande auf seine neuen Erwerbungen. Er fand bei der Eroberung Schlesiens ein seit 1721 geschaffenes, weitläufiges Material für die Veranlagung einer auf den Ertrag der einzelnen Landgüter begründeten Grundsteuer vor. Diese Arbeiten liess er im Laufe von kaum 3 Jahren zum Abschluss bringen, und stellte 1743 das später nur revidirte schlesische Grundsteuer- kataster fest. Ein ähnliches Werk führte er 1772 und 1773 in Westpreussen, unmittel- bar nachdem er die Provinz in Besitz genommen, auf eigener Grundlage aus. Den Städten gab er hier, wie in Schlesien, die kurmärkische Servisverfassung. In der Zeit nach ihm musste es bis zum Abschluss der tiefen Erschütterungen des Staates vor allem auf Erhaltung der bestehenden Einnahmen ankommen. Friedrich Wilhelm II. überkam mit den Besitzungen, die ihm im Wiener Frieden zufielen, auch in der Realbesteuerung eine grosse Anzahl neuer, nach Umfang wie nach Grundsätzen sehr auseinandergehender Einrichtungen. Der Hauptsache nach bestanden in Neuvor- pommern und Rügen, in Posen, in der Ober- und Niederlausitz, in Henneberg, Querfurt, Erfurt, im sonstigen Sachsen, in Wetzlar und einzelnen kleineren Territorien alther- kömmliche, ständische Verfassungen von grosser Mamnigfaltiskeit. Auf dem linken Rheinufer dagegen und in einem Theile des Fürstenthums Münster war seit 1790 das französische Grundsteuerkataster mit seiner gesammten, jede Exemtion beseitigenden Gesetzgebung eingeführt und ermangelte nur noch eines vollständigen Parzellarkatasters. Die vorher nassauischen, bergischen, grossherzoglich-hessischen und königlich - west- phälischen Lande aber hatten nach diesem Muster zwischen 1806 und ıgır ähnliche, wenn auch verschiedenartig ausgebildete Grundsteuer-Einrichtungen erhalten, von denen nur die des Königreichs Westphalen noch nicht vollständig vollendet war. Die neue Abgabengesetzgebung des Jahres 1820 verzichtete darauf, Gleichmässigkeit in diesen Steuerverfassungen anzustreben. Mit Ausnahme des städtischen Servises und einiger auf speziellen Erhekungstiteln beruhenden Leistungen hob $9 des Gesetzes über das Abgabenwesen vom 30. Mai 1820 (G.-S. S. 134) alle diejenigen Abgabenantheile auf, welche nicht lediglich auf dem Ertrage des Grund und Bodens und der sonstigen Realitäten hafteten, und die bestehen- bleibenden Steuern wurden als Grundsteuer zusammengefasst. Für die Erhebung dieser Grundsteuer aber blieben nach $ 3 ebend. in jeder Provinz innerhalb der Grenzen der früheren Territorien die bis dahin massgebenden Grundsätze und Vorschriften mit ge- ringen Modifikationen bestehen. — Eine eingreifendere Ausbildung hat bis zum Gesetze vom 2r. Mai 186r die Grundsteuerverfassung nur in den westlichen Provinzen und in der Provinz Posen erfahren. II. Das Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. 19 Um den Beschwerden über die Verschiedenheiten der Kataster und die Mangel- haftigkeit der Subrepartition in Rheinland und Westphalen abzuhelfen, bestimmte die Allerh. Kab.-Order vom 26. Juli 1820*), dass die in den westlichen Provinzen bestehende Grundsteuer auf alle Theile derselben gleichmässig vertheilt werden solle. Es wurden die schon 1818 begonnenen Berichtigungsarbeiten zur Herstellung einer vollständigen Parzellarvermessung unter Durchführung von Triangulirungen erweitert, nach Instruktionen vom ır. Februar und 3. Juni 1822 eine neue Reinertragsermittelung aller Grundstücke auf Grund lokaler Einschätzungen und Reinertragsberechnungen vorgenommen und nach Anweisung der Allerh. Kab.-Order vom 7. April 1928 eine Ausgleichung zwischen den bisher getrennt behandelten Bezirken verschiedener Grund- steuerverfassung herbeigeführt. Vorbehaltlich geringer, von 1835 bis 1837 nachträglich ausgeführter Ergänzungen, konnte das neue rheinisch- westphälische Grundstenerkataster 1834 abgeschlossen und von 1935 an der Steuererhebung zu Grunde gelegt werden. Das Gesetz vom 21. Januar 1839 (G.-S. S. 30) über die Veranlagung und Erhebung der Grundsteuer in den westlichen Provinzen stellte die Resultate endgültig fest und ordnete die Fortschreibung des Katasters. Die Grundsteuer der Provinz Posen ®*) ruhte nach Einrichtungen der ältesten slavischen Zeit zum Theil auf der Zahl der Rauchfänge und hatte deshalb trotz ihres geringen Betrages Ueberlastungen der kleinen Hausbesitzer und verschiedene Schwierig- keiten bei Dismembrationen und bei der Durchführung baupolizeilicher Anordnungen zur Folge. Die Allerh. Verordnung vom ı4. Oktober 1844 (G.-S. S. 6or) über die anderweite Regulirung der Grundsteuer in der Provinz Posen mit den drei Anweisungen zur Feststellung der Grundsteuerkontingente der einzelnen Güter, der Städte und der Landgemeinden vom 19. Oktober 1844 (G.-8. S. 622, 634, 646) stellte deshalb die, von jedem einzelnen Gute, jeder Stadt, oder jeder Landgemeinde bisher zur Grundsteuer erhobenen Beträge als Kontingente derselben fest und veranlasste auf Grund besonderer, durch Schätzungskommissionen aufgestellter Ertragskataster die Vertheilung bei jedem selbstständigen Gute auf dessen etwa abgezweigte Parzellen, bei jeder Stadt- und Land- gemeinde auf die einzelnen Besitzungen. Die Herstellung eines richtigen Steuerverhältnisses konnte durch diese Grundsteuer- katastrirungen für Posen überhaupt nicht, für die westlichen Provinzen wenigstens nicht gegenüber den übrigen Landestheilen erreicht werden. — Realsteuern auf den Gebäuden hafteten als solche in den ländlichen Ortschaften nur in geringem Umfange, weil sie sich, wie die vorgedachten polnischen Rauchfang- steuern, mehr und mehr in Steuern von der Gesammtbesitzung und dem Grund und Boden umgestaltet hatten; dagegen waren die städtischen Gebäude in mannigfacher Weise zu solchen Abgaben herangezogen. Theils lagen aus älterer Zeit den einzelnen Hausstellen spezielle Zinsungen und Prästationen an die Staatskasse ob, theils waren die städtischen Kämmereien oder die Stadtgemeinden und Stadtfluren zu solidarischen Leistungen dieser Art verbunden, deren Vertheilung auf die Realitäten der Bürger den Stadtgemeinden selbst überlassen und deshalb auf das verschiedenartigste geordnet war. Zu diesen den Steuern gleichgestellten Leistungen gehörte mit verschiedenen Grund- und Haussteuern, Geschossen und ähnlichen örtlichen Abgaben auch der gedachte, nach $ 6 des Gesetzes über die Einrichtung des Abgabenwesens vom 30. Mai 1820 *) Schimmelpfennig a. a. O. Th. I S. 430 ff. — **) Ebend. Th. IS. 175. 2* Ze SÜD >> #0 fs eBBBEEEEEn _ sn in 0 Be ZU nnd üb un u wine U u umecse cn Tu Zu tn m 20 II. Das Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. zu entrichtende städtische Servis, sowie die nach dem Gesetze vom ı. August 1855 (6.-S. S. 579) oder nach früheren Spezialverträgen den Städten an Stelle ihrer vorher bestandenen Verpflichtung zur Tragung der Kriminalkosten obliegenden Renten. Nach der rheinisch- westphälischen Grundsteuer waren die Gebäude und die zu denselben gehörigen Hofräume und Hausgärten unter Feststellung von Katastralerträgen zur Grundsteuerhebung herangezogen. — Die neue Gesetzgebung vom 2r. Mai 1861 fand also etwa 20 Hauptgrundsteuer- systeme mit mehr als ı00 verschiedenen Grundsteuerarten und für die Gebäude, namentlich für die städtischen, eine kaum festzustellende Zahl verschiedenartiger Besteuerungen vor, die zur Grundsteuer gerechnet wurden. Die bei Ausführung der neuen Gesetze ermittelten Werthe zeigen, wie gross die Abweichungen von dem Verhältnisse des Reinertrages oder der Steuerfähigkeit in der Vertheilung der Beträge waren, mit denen diese Steuern die Realitäten belasteten. Selbst für so grosse Gesammtdurchschnitte, wie die der Provinzen, stellte sich heraus, dass, um dieselben in der Steuer den Reinerträgen gemäss unter einander gleich zu stellen, Pommern, Posen, Brandenburg und Preussen zusammen mit den der Provinz Schlesien angehörigen Kreisen der Oberlausitz von dem bisherigen Grundsteuer- betrage der Provinzen Sachsen, Rheinland, Westphalen und Schlesien, mit Ausschluss der Oberlausitz, eine Summe von jährlich 1062604 Thalern hätten übernehmen müssen, um welche letztere also überbürdet waren, *) Die Grundsteuer hat bisher in der Provinz: Preussen .... 6,14 pÜt. Bosenunt eo e Pommern... . 62 - Schlesien .... 1053 - Brandenburg .. 7,5 - Sachsen een, Westphalen. ... 10,0 - Rheinprovinz... 8,89 - des ermittelten steuerpflichtigen Reinertrages betragen. Bei Einrechnung der Besteuerung der Städte werden diese Sätze bedeutend schroffer. Der Unterschied der einzelnen Kreise aber ist wegen der früher in einigen Landestheilen erheblich ausgedehnten Grundsteuerbefreiungen so beträchtlich, dass als äusserste Extreme der Kreis Lauenburg gegenwärtig einschliesslich der Gebäudesteuer 403 pCt. mehr, der Kreis Landeshut 41,2 pCt. weniger zu zahlen hat, als bisher, und dass die Zahl der Kreise, welche 100 pCt. mehr als vorher zahlen, 55, die derer, welche weniger als bisher zahlen, go beträgt. Innerhalb der einzelnen Gemarkungen und Parzellen bestanden selbstredend die zahlreichsten Abstufungen vom steuerfreien bis zum weit überlasteten Grundbesitz. Das Bedürfniss der Ausgleichung trat also ebenso unter dem Gesichtspunkte, dass Steuern nach der Steuerfähigkeit vertheilt sein sollen, als unter dem weiteren hervor, dass die Realsteuern für zahlreiche andere Abgaben und Naturalleistungen an den Staat und die verschiedenen Kommunalverbände und Genossenschaften, ja selbst für die politischen *) Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 21. Mai 1861, betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer. Berlin 1865. S. 99. II. Das Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. 21 und Gemeinderechte einen Massstab bilden, der sich durch keinen zweckmässigeren ersetzen lässt. Es sprach deshalb schon das Allerh. Patent vom 5. Dezember 1848 (G.-S. 8.393) und die Königl. Verordnung vom 29. Juni 1849 (G.-S. 8.237) aus, dass die Grundsteuer- befreiungen aufzuheben und zunächst in jedem Kreise vorbereitende Massregeln durch Aufstellung von Steuervertheilungsnachweisungen zu treffen seien. Das Gesetz vom 24. Februar 1850 (G.-S. S. 62) ordnete an, dass die Grundsteuer fortan von allen Grund- stücken im Staate, welche einen Reinertrag gewähren, entrichtet werden solle, und hob unter Vorbehalt der Entschädigung die einzelnen Gütern und Grundstücken des platten Landes und gewissen Klassen von solchen nach den Steuersystemen oder nach besonderen Privilegien noch zuständigen Grundsteuerbefreiungen oder Bevorzugungen auf. Aus- genommen blieben nur die dem Staate, den Provinzen, Kreisen oder Gemeinden gehörigen Grundstücke, insofern sie zu eimem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt sind, ebenso die der kirchlichen und Unterrichts- Anstalten, der Eisenbahnen und ähnliche. In den beiden westlichen Provinzen sollten die Grundstücke nach den Vorschriften des vorerwähnten Grundsteuergesetzes vom 21. Januar 1839, innerhalb der 6 östlichen Provinzen aber vorläufig und unter Zuziehung der Betheiligten nach Massgabe einer vom Finanzminister zu ertheilenden Instruktion zur Grundsteuer veranlagt werden. Für den Abschluss dieser vorläufigen Veranlagung war die Vorlage der Resultate mit einem dem angewendeten Verfahren entsprechenden Gesetzentwurfe an die Kammern vorgesehen. Diese Vorarbeiten wurden im ganzen Staate soweit durchgeführt, dass sie die Nothwendigkeit einer neuen, vollständig durchgreifenden Regulirung der Grundsteuer zur Ueberzeugung machten, Es zeigte sich, dass die inzwischen vielfach, besonders vom Rhein her gehäuften Beschwerden über die Unverhältnissmässigkeit der Besteuerung ganzer Provinzen, und namentlich der westlichen gegenüber den anderen, auf dem Wege der Ausgleiehung innerhalb der Hauptsteuersysteme keine Aussicht auf Beseitigung hatten. Dabei gehörte es mit zu dem Gesammtgedanken der Wehrhaftstellung unseres Staates, dass für Kriegs- leistungen, die immer zunächst und bis zur späteren Ausgleichung des Anschlusses an das real vorhandene Grundkapital bedürfen, grade zwischen den verschiedenen Landes- theilen ein richtiges Verhältniss der Vertheilung feststehe. Auch hatte das Finanzedikt vom 27. Oktober ıgı0 schon gleiche Grundsteuer verheissen. Endlich machten sich auch mehr und mehr die Vortheile geltend, welche eine allgemeine Katastrirung für das ge- sammte übrige Steuerwesen, für Kommunallasten und Untervertheilungen aller Art, für die Beurtheilung der Kreditfähigkeit, für Bodenverkehr und gewerbliche Unternehmungen und für die Kenntniss der landwirthschaftlichen Verhältnisse überhaupt bietet. Die bisherigeu Vorarbeiten konnten zwar einer eigentlichen Katastrirung nur geringe Erleichterung gewähren, sie gaben aber genügenden Anhalt, die ihr entgegen- stehenden Schwierigkeiten, die Masse der bevorstehenden Arbeit und das ungefähre Resultat zu beurtheilen. Die Staatsregierung legte auf diese Grundlagen hin dem Landtage in den Jahren 1859 und 1860 den Entwurf eines Gesetzes in dem erweiterten Sinne vor. Eine Um- gestaltung desselben, welche das Verfahren durch die beigegebenen Anweisungen in sehr spezieller Weise vorschrieb, die Zeit der Ausführung bis zur Erhebung der neuen Steuer auf die kurze Frist bis zum r. Januar 1865 beschränkte, und zugleich die, abgesehen 22 II. Das Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. von der Gebäudesteuer zu erhebende neue Grundsteuer auf ıo Millionen Thaler fest- stellte, gelangte im Mai 1861 zur Annahme, und erhielt unter dem 21. desselben Monats die Allerhöchste Genehmigung. Obwohl für die Ausführung wegen der Unsicherheit des Ausganges der Landtags- verhandlungen erst mit Erlass des Gesetzes die ersten Schritte geschehen konnten, ist der gestellte Termin gleichwohl inne gehalten worden. Die neuen Steuern sind mit Vorbehalt geringfügiger Ausgleichungen seit dem ı. Januar 1865 in Hebung. — Die Hauptgedanken der neuen Gesetzgebung fassen sich in den folgenden Sätzen zusammen: I. 2. Die Grundsteuer (G.-S. No. 5379, $ ı, 9. 253) zerfällt: a. in die von den Gebäuden und den dazu gehörigen Hofräumen und Haus- gärten unter dem Namen Gebäudesteuer zu entriehtende Staatsabgabe, und b. in die eigentliche Grundsteuer, welche mit Ausschluss der zu a, bezeichneten, von den ertragfähigen Grundstücken — den Liegenschaften — zu entrichten ist. Hausgärten, deren Flächeninhalt einen Morgen nicht übersteigt, gehören zur Gebäudesteuer, grössere zur Grundsteuer. Die Grundsteuer von den Liegenschaften wird vom Gesetz auf einen bestimmten jährlichen Gesammtbetrag festgestellt ($ 3 $. 254), und dieser ist auf alle steuerpflichtigen Liegenschaften im Staate gleichmässig nach Verhältniss des ermittelten Reinertrages zu vertheilen. Die Gebäudesteuer (G.-S. No. 5380, $ 4 und 5, $. 318) ist in ihrer Summe nicht bestimmt, sie wird von dem ermittelten jährlichen Nutzungswerthe der Gebäude und der zugehörigen Hofräume und Hausgärten erhoben, und zwar von solchen, welche vorzugsweise zum Bewohnen benutzt werden, mit 4 pCt., von solchen, welche ausschliesslich oder vorzugsweise zum Gewerbebetriebe dienen, mit 2 pCt. des Nutzungswerthes. Die Gebäudesteuerveranlagung wird nach je ı5 Jahren vollständig revidirt. ($ 20, S. 324.) . Befreit von diesen Steuern sind im allgemeinen (G.-S. No. 5 378, $ 4, 9. 254 — No. 5 380, $ 3, 8. 317) nur die Gebäude der Mitglieder des Königlichen Hauses, die Dominialgrundstücke und Gebäude der besonders dazu berechtigten Reichs- unmittelbaren, die Grundstücke und gewisse Gebäude des Staates, die bisher befreiten Grundstücke und die Gebäude der Kirchen, Schulanstalten und milden Stiftungen; ebenso Provinzial-, Kommunal- und Privatgrundstücke und Gebäude, sofern sie zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt sind, Wege, Gewässer, öffentliche Anlagen und ähnliche genau bezeichnete Realitäten, auch ge- wisse unbewohnte landwirthschaftliche oder gewerbliche Gebäude und Nebengelasse. Die Befreiungen sind also möglichst beschränkt, die Reinertragsermittelung (G.-S. No. 5379, $ 6, S. 255, Anweisung $ 2, S. 257) aber ist wegen der Möglichkeit von Besitzwechseln auf alle, auch die von der Steuer befreiten Grundstücke ausgedehnt, sofern sie nicht ihrer Natur nach dem Verkehr entzogen sind. . Die Besitzer solcher ländlicher oder städtischer Grundstücke, welchen eine Grund- steuerbefreiung oder Bevorzugung mittelst eines lästigen Vertrages, speziellen Privilesiums oder anderen privatrechtlichen Titels vom Staate zusteht (G.-S. No. 5381, $ 2, $. 327), erhalten als Entschädigung, sofern ihr Titel nicht andere Bestimmungen deshalb getroffen hat, den zofachen Betrag der jährlichen Grund- steuer, welche sie nach der neuen Regulirung mehr, als früher, zu zahlen haben. I. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 23 Alle anderen, bisher von der Grundsteuer befreiten, oder in derselben bevorzugten Grundstücke, sofern diese Vorrechte nicht durch steuerfreie Abzweigung von landesüblich besteuerten Grundstücken zu Unrecht entstanden, oder nach der be- treffenden Steuerverfassung zu Unrecht bestehen und jederzeit ohne Entschädigung aufgehoben werden können ($ 6, S. 328), sind durch ein Gesammtkapital zu ent- schädigen, welches unter sie nach Verhältniss des Betrages, den sie nach der neuen Steuer mehr, als früher, zahlen müssen, zur Vertheilung kommt. Dieses Kapital wird in seiner Höhe durch den ı13'/fachen Betrag derjenigen Summe bestimmt, welche die bezeichneten Grundbesitzer zusammengenommen mehr, als seither, von ihren Grundstücken zu entrichten haben würden, wenn dieselben überall nur nach Massgabe der in den einzelnen Landestheilen bestehenden Steuer- verfassungen zu den dort landesüblichen Grundsteuern veranlagt wären. Für Mehrzahlungen, welche nur daher rühren, dass ein bisher bestehendes Steuersystem die Grundstücke oder Gebäude im Verhältnisse zu ihrem Reinertrage oder Nutzungswerthe geringer traf, als ein anderes, findet dagegen eine Entschä- digung nicht statt. Nach diesen Hauptgesichtspunkten zerfiel also das Regulirungswerk in ein drei- faches Verfahren, es umfasste die Veranlagung der neuen Grundsteuer, die der Gebäude- steuer, und die Feststellung der Grund- und Gebäudesteuerentschädigungen. Das letztere Verfahren der Entschädigung setzt den Abschluss der beiden ersteren voraus, und ist deshalb noch in der Bearbeitung begriffen. Einem wahrscheinlich zutreffenden Anschlage nach wird das zu zahlende Entschädigungskapital etwa ro Millionen Thaler betragen, worunter nur ungefähr 20000 Thaler auf titulirte Befreiungen und Bevorzugungen fallen. Dieses Kapital hat der Staat im unkündbaren, vom ı. Januar 1865 an mit 4'. pÜt. zu verzinsenden und mit 's pÜt. jährlich zu amortisirenden Staatsschuldverschreibungen oder baar zu leisten ($ 20, S. 336). In Betreff der Aushändigung sind im wesentlichen ähnliche Bestimmungen getroffen ($ 23 ff., S. 337), wie sie für Abfindungskapitalien bei Ablösungen und Gemeinheitstheilungen gelten. Die Entscheidung von Streitigkeiten, welche über die Entschädigungsansprüche und ihre Höhe ausbrechen, ist theils den Regierungen, theils und namentlich auch als höhere Instanz einer überwiegend aus Mitgliedern des Obertribunals zusammengesetzten Kommission übertragen ($ 16 ff., S. 334). Gegen deren Aussprüche können aber Ein- wendungen, welche die Frage über die Existenz titulirter Rechte betreffen, an die zuständigen Gerichte zurückgehen. Der Abschluss des Entschädigungsverfahrens hängt also von dem Umfange und der Erledigung dieser Streitsachen ab. Die nachfolgende Darstellung hat bei dieser Sachlage nur das Grundsteuer- und das Gebäudesteuerveranlagungswerk in Betracht zu ziehen. A. Die Grundsteuerveranlagung. Das Gesetz vom 21. Mai 1861, betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer (G.-S. S. 253), stellt sich in seinem Texte nur die Aufgabe, die Grundsteuer auf die steuerpflichtigen Liegenschaften nach Verhältniss des zu ermittelnden Reinertrages 24 I. Grund- und Gebändesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. gleichmässig zu vertheilen, es lässt kaum erkennen, dass es sich dabei um eine Katastrirung aller Grundstücke des Staates, um eine grossartige Flächenermittelungs- und Ein- schätzungsarbeit über alle, in demselben vorhandenen Parzellen handelt. Die beigegebene „Anweisung für das Verfahren bei Ermittelung des Reinertrages der Liegenschaften behufs anderweiter Regelung der Grundsteuer“ (G.-S. S. 257) aber, auf welche der $ 6 des Gesetzes hinweist, zeigt den Gesammtumfang der Gesichts- punkte. Sie enthält insbesondere auch diejenigen Anordnungen, welche vorzugsweise das Interesse der Statistik in Anspruch nehmen. Formal bestimmt sie unter I. über die allgemeinen Grundsätze der Katastrirung, unter II. über die ausführenden Beamten und Kommissionen, unter III. über die Vor- bereitungen zum Abschätzungsgeschäft, unter IV. über das Verfahren bei Ermittelung der Reinerträge, und zwar hier unter A. über die Herstellung der Gemarkungskarten, für welchen Zweck eine besondere „Anweisung für das Verfahren bei Herstellung der Gemarkungskarten und Feststellung des Flächeninhaltes der Liegenschaften* (G.-S. S. 304) beigegeben ist, ferner unter B. über das Verfahren bei Aufstellung der Klassi- fikationstarife, zu welchem Abschnitte drei weitere Anlagen beigefügt sind: eine „Zu- sammenstellung der hauptsächlichsten, bei Aufstellung der Kreisbeschreibung zu berück- sichtigenden Punkte“ (G.-S. S. 309), eine Instruktion: „Allgemeine Grundsätze bei Abschätzung des Reinertrages der Liegenschaften“ (G.-S. S. 312) und die „Klassifi- kationsskala* (G.-S. S. 316). Die folgenden Abschnitte handeln unter IV. C. über das Verfahren bei der Einschätzung, unter D. über das Reklamationsverfahren, unter E. über den Schluss des Ab- und Einschätzungswerkes, unter V. über besondere Bestim- mungen für die beiden westlichen Provinzen, und endlich unter VI. als „allgemeine Bestimmung,“ über die Befugniss des Finanzministers, einzelne Vorschriften der An- weisung den zu machenden Erfahrungen entsprechend abzuändern, sofern dadurch die allgemeinen Grundlagen des Abschätzungssystems nicht berührt werden. Zu diesem Mittel ist in keinem Punkte gegriffen worden, die Ausführungsanwei- sungen des Finanzministers haben sich nur auf Erläuterungen und Ergänzungen be- schränkt. Der Ueberblick über das gesammte Grundsteuerwerk lässt sich am leichtesten gewinnen, indem man im wesentlichen dem Gedankengange der Anweisung folgt. ı. Allgemeine Grundsätze. ‚Jedes Kataster muss seinem Zwecke gemäss die Grösse der katastrirten Grund- stücke und ihren in Anwendung gleichmässiger Grundsätze gewonnenen Schätzungswerth, sei es nach Kapital oder nach Reinertrag, feststellen. Auch ist für jedes Kataster Vor- aussetzung, dass die Schätzung nicht auf eine vorübergehende, zufällige oder willkür- liche Werthsminderung oder Steigerung Rücksicht nehme, sondern den dauernden Eigen- schaften des Grundstückes in einem durchschnittlichen und für die gewöhnliche Wirthschaft erreichbaren Werthe einen Ausdruck gebe, weil es darauf ankommt, einen richtigen Massstab für denjenigen Grad der Steuerfähigkeit zu gewinnen, auf welchen sich für das Grundstück in der Regel in den Händen jedes Wirthes rechnen lässt. Es muss deshalb auch jede Katastraleinschätzung für das einzelne Grundstück neben der Bodenbeschaffenheit die verschiedenen Bedingungen der örtlichen Lage, Terrain, Klima, Einwirkung nützlicher und schädlicher Feuchtigkeit, die Schwierigkeit der II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 25 Bestellung und Abfuhr, die Kosten der Wirthschaft und des Absatzes, Verkehr, Kredit, überhaupt alle Umstände angemessen in Betracht ziehen, welche auf den Ertrag dauernd von Einfluss sind. Das Unterscheidende in den verschiedenen Methoden der Schätzung liest in der Grundidee, wie diese zahlreichen Beziehungen klar zu stellen, gegen einander abzu- wägen und nach mehr oder weniger bestimmten Merkmalen zur Geltung zu bringen sind. Die Schätzung kann entweder unmittelbar auf den Reinertrag oder den Kapitals- werth selbst, oder zunächst nur auf die Feststellung des grössten Theiles oder einzelner der Merkmale dieser Werthe gerichtet werden. 2 Für die Mehrzahl der älteren Kataster ist der Bruttoertrag direkt nach Bodenklassen oder nach einer gewissen Fruchtfolge, nach den einzelnen Nutzungen, oder nach der Kornvermehrung, also mehr oder weniger vermittelt angeschlagen und von ihm der Betrag der Kosten nach verschiedenen mehr oder weniger speziellen Ansätzen in Abzug gebracht worden; die sächsische Katastrirung hat die Bodenbeschaffenheit an sich ge- schätzt, und den Einfluss der Meereshöhe, der Wärme, der Entfernung von Wohnung und Markt, und andere der gedachten Umstände in Zahlenverhältnissen, nach welchen der Bodenwerth zu vermindern oder zu vermehren war, ausgedrückt. Alle diese Methoden erlangten in grösserer oder geringerer Ausdehnung den Reinertrag des Grundstückes oder seinen Werth als ein rechnungsmässiges Resultat aus verschiedenen Faktoren. Die Anweisung für die preussische Katastrirung hat in Anerkennung einer in neuerer Zeit für alle landwirthschaftlichen Taxen mehr und mehr gewürdigten Erfahrung die grösstmöglichste Sicherheit für eine richtige Schätzung in der Beseitigung jedes rechnungsmässigen Mitteleliedes für die Reinertragsbestimmung gesehen, sie fordert den Ausspruch über den Reinertrag unmittelbar nach dem Gesammteindrucke, den das Grundstück auf den ortskundigen landwirthschaftlichen Sachverständigen macht. Die Anhaltspunkte, die sie dem Taxator giebt, sind von jeder theoretischen Vor- aussetzung fern. Sie beruhen nur darin, dass r. jedes Grundstück im wesentlichen innerhalb der- jenigen Kulturart, also als Acker, Garten, Wiese, Forst, abgeschätzt wird, in der es sich vorfindet, und 2. dass der Tarif in jeder einzelnen der unterschiedenen Kulturarten nicht mehr als g Klassen haben darf, die Sätze also vom höchsten bis zum niedrigsten Ertrage in verhältnissmässig grossen Intervallen abstufen müssen. Allerdings folgt aus diesen Prinzipien, dass innerhalb der Kulturart eine Rück- sicht auf höhere Erträge, welche ein Grundstück etwa in einer anderen Kulturart bringen würde, nieht überall genügend zur Geltung kommen kann, und dass bei grossen Stufen der Reinertrag selten genau so, wie ihn der Taxator anschlagen würde, ausgesprochen werden darf, sondern alles, was zwischen der Halbscheid der nächst höheren und der nächst niedrigeren Stufe steht, zu dem mittlen Satze in Anrechnung kommt. Aber diese Abweichungen von der Idee der genauesten Reinertragsschätzung sind in der That nur scheinbare. Erfahrungsgemäss machen viele und wenig auseinanderliegende Tarifklassen den Taxator schon da unsicher und schwankend, wo er es nnr mit Flächen von geringer Ausdehnung zu thun hat, wo er aber, wie hier, durch mehrere Jahre denselben Tarif gebrauchen muss, und wo nicht blos ein Taxator, sondern eine grössere Anzahl an verschiedenen Orten unabhängig wirkender Sachverständiger mit demselben Tarife eine gleichmässige Taxe erzielen soll, da würden unzweifelhaft die Fehler, welche ein 26 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. speziellerer Tarif vermeiden will, grade durch seinen Stufenreichthum erheblich vergrössert worden sein. Dasselbe lässt sich von der Bestimmung über die Kulturarten sagen. Auch in ihrer Unters heidung liest ein bestimmter Halt für das Verfahren so vieler Betheiligter. Die Fälle, in welchen von einem Kulturstück nach Abrechnung aller Um- wandlungskosten dauernd höhere Erträge, als sich in der vorgefundenen Kulturart ein- schätzen lassen, zu erreichen wären, sind bei den bestehenden Kulturverhältnissen des Staatsgebiets nur selten. Eine Veranlassung dagegen, für die Veranlagung eine andere als die vorhandene Kulturart vorauszusetzen, würde sich häufig finden. Solche Annahmen aber können sich einer gewissen Willkür nicht entziehen, und würden bei verschiedenen Taxatoren und in auseinanderliegenden Orten und Zeiten gewiss nicht gleichmässig zu erwarten sein. Ausserdem aber würde durch die Einschätzung von Forst als- Acker, von Wiese als Garten u. dergl. so viel Gelegenheit zu Irrthümern und Zweifeln bei der geometrischen Verzeichnung und Berechnung und bei der Prüfung -durch die Ober- leitung und die Steuerpflichtigen gegeben worden sein, dass auch hierin mit Sicherheit das eingeschlagene Verfahren als das angesehen werden darf, welches von den verschie- denen möglichen Fehlern die meisten zu vermeiden vermochte. Alle sonstigen Hilfsmittel, welche das Gesetz den Taxatoren an die Hand gab, sind, wie sich noch genauer zeigen wird, lediglich darauf gerichtet gewesen, den Schätzen- den, deren Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnissen Voraussetzung war, möglichst eingehend die Verschiedenartigkeit in den wirthschaftlichen Beziehungen ihres Bezirkes zu vergegenwärtigen, ihre Aufmerksamkeit auf alle den Reinertrag bestimmenden Ein- flüsse rege zu erhalten und ihnen möglichst viele Anhaltspunkte für die Gleichmässigkeit ihrer Beurtheilung zu bieten. Unter diesen Gesichtspunkten sind die allgemeinen Grundsätze der Anweisung zu betrachten. Behufs der Abschätzung der Grundstücke (Anw. $ 6, S. 259) wird für jeden land- räthlichen Kreis oder für jede innerhalb eines solchen wegen wesentlicher Verschieden- heiten etwa zu bildende besondere Abtheilung — Klassifikationsdistrikt — die Auf- stellung eines eigenen Klassifikationstarifes gefordert, in welchem die für jede Kulturart festzusetzenden Bonitätsklassen nach dem Reinertragswerthe eines Morgens in Silber- groschen anzugeben sind. Die Zahl der Klassen in jeder Kulturart ist nach den vor- handenen Unterschieden in den Bodenverhältnissen festzusetzen, darf jedoch niemals mehr als g betragen. Kein Kreis oder Distrikt ist in Zahl oder Höhe der Klassen irgendwie von dem anderen abhängig. Durch die Einschätzung der Grundstücke der =) entsprechenden Kulturart in eine dieser Tarifklassen wird der Reimertrag derselben für jeden Morgen Fläche in Silbergroschen ausgesprochen. Als Reinertrag ist nach den Worten des Gesetzes (Anw. $ 3, S. 258) der nach Abzug der Bewirthschaftungskosten vom Rohertrage verbleibende Ueberschuss anzu- sehen, welcher von den nutzbaren Liegenschaften nachhaltig erzielt werden kann. Der Kulturzustand der Grundstücke ist für die Schätzung durchweg als ein mittlerer (ge- meingewöhnlicher) anzunehmen. Auf den wirthschaftlichen Zusammenhang der Grund- stücke ist dabei keine Rücksicht zu nehmen, es kommt vielmehr (Allgem. Grunds. $ 2, S. 312) überall darauf an, dass mit der Anwendung der Tarifsätze auf die einzelnen Grundstücke der mittlere Reinertrag der letzteren, d. h. derjenige erfasst wird, welchen dieselben jedem Besitzer bei einer gemeingewöhnlichen Bewirthschaftungsweise nach Abzug der nothwendigen Gewinnungs- und Bewirthschaftungskosten im Durchschnitt II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 27 einer die gewöhnlichen Wechselfälle im Ertrage umfassenden Reihe von Jahren sicher gewähren können. Für diese Beurtheilung ist zugleich daran festgehalten worden, dass durch die Tarifsätze nur die eigentliche Bodenrente (Denkschr. S. 19) und zwar unter der Annahme zu erfassen sei, dass den von den Roherträgen in Abzug zu bringenden Wirthschafts- kosten auch die Zinsen des erforderlichen Gebäude- und Inventarienkapitales im vollen Umfange beizuzählen seien. Für die Veranschlagung der Naturalerträge in Geld sollen (Allgem. Grunds. $ 3, G.-S. S. 312) überall die Martinimarktpreise des zuständigen Marktortes während des Zeitraumes von 1937 bis 1860 unter Weglassung der zwei theuersten und der zwei wohlfeilsten Jahre berücksiehtigt werden, im übrigen aber ist nur die thunlichste Beachtung aller Momente, welche im allgemeinen in den verschie- denen Theilen des Kreises auf den Reinertrag der Grundstücke von Einfluss werden können, vorausgesetzt. Als Kulturarten werden innerhalb der steuerpflichtigen Grundstücke Ackerland, Gärten, Wiesen, Weiden, Holzungen, Wasserstücke und Oedland unterschieden (Anw. $ 55 8. 258). a. Zum Ackerland sind alle diejenigen Grundstücke gerechnet, welche, abgesehen von ihrer etwaigen Benutzung zur Erzielung von Futterkräutern, Handelsgewächsen und Hackfrüchten, der Hauptsache nach zum Anbau von Getreide dienen. b. Gärten sind nach dem Gesetz solche Grundstücke, welche ohne Rücksicht darauf, ob sie eingefriedigt sind oder nicht, der Hauptsache nach zum Anbau von Ge- müsen, Hackfrüchten, Handelsgewachsen, Sämereien, Obst, Wein, Blumen oder als Baumschulen benutzt werden. Forstgärten, Lustgärten und Parkanlagen sollen zu der Kulturart eingeschätzt werden, zu der sie ihren Hauptbestandtheilen nach gehören. c. Als Wiesen sind alle Grundstücke betrachtet, deren Graswuchs in der Regel abgemäht wird, und die nur ausnahmsweise beweidet oder aufgebrochen werden; d. als Weiden solche, deren hauptsächlichste Benutzung darin besteht, dass ihr Graswuchs vom Vieh abgeweidet wird. Dieser letzteren Kulturart sind auch die Haiden und ähnliche Grundstücke beizuzählen, deren Nutzung wesentlich in der Gewinnung von Streu und Dungmaterial besteht. e. Zu den Holzungen werden diejenigen Grundstücke gerechnet, deren haupt- sächlichste Benutzung in der Holzzucht besteht; f. als Wasserstücke solche, welche, wie Seen und Teiche, fortdauernd oder zeitweise mit Wasser bedeckt sind und hauptsächlich in diesem Zustande benutzt werden. &. Dem Oedlande sind alle diejenigen Grundstücke zuzurechnen, welche nach der Art ihrer hauptsächlichsten Benutzung keiner der vorstehend genannten Kulturarten beizuzählen sind, aber in anderer Art einen Ertrag gewähren, wie Kalk-, Sand-, Kies-, Mergel-, Lehm-, Thongruben, Fennen, Sümpfe und ähnliche Grundstücke. Soweit solche Grundstücke keinerlei Ertrag gewähren, sollen sie als Unland be- handelt werden. An sich ertragsfähige und nur deshalb grundsteuerfreie Grundstücke, weil sie Staatseigenthum, Domainen der Reichsunmittelbaren, oder bevorrechtetes Kirchen -, Schul- oder Stiftungsvermögen sind, waren, wie erwähnt, wegen des möglichen Ueber- ganges in Hände, in denen sie nicht steuerfrei bleiben, gleichwohl der Reinertrags- schätzung zu unterwerfen ($ 2, S. 257). 23 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. Von der Schätzung ausgeschlossen bleiben nur: ı. die den Provinzen, den kommunalständischen Verbänden, den Kirchen, den Ge- meinden oder die zu selbstständigen Gutsbezirken gehörenden Grundstücke, in- sofern sie zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt sind, insonder- heit also Gassen, Plätze, Brücken, Fahr- und Fusswege, Leinpfade, Bäche, Brunnen, schiffbare Kanäle, Häfen, Werfte, Ablagen, Kirchhöfe, Begräbnissplätze, Spaziergänge, Lust- und botanische Gärten, sowie lediglich zur Bepflanzung öffentlicher Plätze, Strassen und Anlagen bestimmte Baumschulen; 2. Brücken, Kunststrassen, Schienenwege der Eisenbahnen und schiffbare Kanäle, welche mit Genehmigung des Staats von Privatpersonen oder Aktiengesellschaften zum öffentlichen Gebrauche angelest sind; endlich diejenigen Grundstücke, welche nicht der eigentlichen Grundsteuer, son- w dern der Gebäudesteuer im Sinne des $ ı des Gesetzes vom 2r. Mai 1861 unter- liegen, also die Grundfläche der Gebäude, die zu diesen gehörigen Hofräume und diejenigen Hausgärten, deren Flächeninhalt einen Morgen nicht übersteigt. Den Begriff der Hausgärten hat die Anweisung vom 14. Oktober 1862 zur Aus- führung des Grundsteuergesetzes (Ministerialbl. für die innere Verwaltung, Jahrg. 1862 St. ı1, $.333) im $3 genauer dahin erläutert, dass darunter solche Gärten zu verstehen sind, welche — ohne Rücksicht darauf, ob sie mit dem betreffenden Gebäude in derselben Befriedigung, oder auch nur im unmittelbaren Anschluss an ersteres oder dessen Hof- raum liegen —, als Zubehör des betreffenden Gebäudes für den Nutzungswerth dessel- ben mitbestimmend sind; dass ferner, wenn zu einem Gebäude mehrere Hausgärten gehören, immer nur einer dieser Hausgärten, — dessen Auswahl dem Eigenthümer an- heimzugeben ist —, von der Grundsteuer freigelassen werden darf, auch wenn jeder einzelne derselben die Grösse von einem Morgen nicht erreichen sollte. Auch ist für die Befreiung des Hausgartens von der Grundsteuer festzuhalten, dass Garten und Ge- bäude ein und demselben Eigenthümer gehören müssen (Cirkul.-Verfügung vom 16. Fe- bruar 1862). . Danach ist die nicht überall leichte Scheidung zwischen dem Gebiete der Gebäude- steuer und der Grundsteuer erfolgt. Die Registrirungen des Grundsteuerkatasters enthalten iu Folge der angegebenen Ausnahmen von der Reinertragsschätzung, neben den vorgenannten 7 Kulturarten: Acker, Gärten, Wiesen, Weiden, Holzungen, Wasserstücke und Oedland, welche zu einem Reinertrage angesprochen sind, noch vier fernere Kategorieen ohne Reinertragsschätzung 1. Unland, 2. wegen ihrer Benutzung zu öffentlichen Zwecken ertraglose Grundstücke an Land (Wege, Eisenbahnen u. dgl.), 3. ebenso an Wasser (Flüsse, Bäche u. dgl.), endlich 4. Gebäudeflächen, Hofräume und Hausgärten u. dgl., welche zur Gebäude- steuer veranlagt sind. 2. Ausführungsorgane. Das Gesetz bestimmte, dass die Reinertragsermittelungen innerhalb der Kreise von Veranlagungskommissionen zu bewirken, welche unter Leitung eines Veranlagungs- kommissars je nach der Grösse und den Verhältnissen des Kreises aus 4 bis ro Mit- gliedern und einer Anzahl Stellvertreter bestehen, und zur Hälfte von der kreisständischen Versammlung gewählt, zur Hälfte von den Organen der Staatsregierung berufen werden II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 29 sollten. Für jeden Regierungsbezirk war als kontrolirende Instanz eine von einem Bezirkskommissar geleitete Bezirkskommission von 8 bis ız2 Mitgliedern einzusetzen, die ebenso zur Hälfte von den Provinziallandtagen zu wählen, zur Hälfte vom Finanz- minister zu berufen waren. Die obere Leitung für den ganzen Staat lag dem Finanz- minister ob, unter welchem 4 Generalkommissarien die Ausführung zu überwachen hatten Unter dem Vorsitze des Finanzministers sollte ferner eine Centralkommission gebildet werden, in welche die Generalkommissarien und 4 vom Finanzminister zu be- rufende Sachverständige als Mitglieder einzutreten hatten, und zu welcher ausserdem für jede Provinz zwei Mitglieder abzuordnen waren, von denen das eine durch das Herrenhaus, das andere durch das Haus der Abgeordneten zu wählen war. Dieser gesammte Organismus trat mit dem r. Juni ıg6r unter die Leitung der „Centraldirektion zur Regelung der Grundsteuer‘, welche unter dem Vorsitz eines Mit- gliedes des Finanzministeriums, aus den 4 Generalkommissarien und einem dem Finanz- ministerium angehörigen höheren Forstbeamten zusammengesetzt war. Auch den Bezirks- und Veranlagungskommissarien wurden mit Rücksicht darauf, dass die Beurtheilung der Ertragsverhältnisse der Forsten besondere technische Kennt- nisse voraussetzt, aus höheren königlichen oder privaten Forstbeamten forsttechnische Beiräthe zugeordnet. Der "Regierungsbezirk Stralsund ist bei der Ausführung mit dem Regierungsbezirk Stettin, und der von Erfurt mit dem von Merseburg unter je einer gemeinschaftlichen Bezirkskommission vereinigt worden. Auch erhielten 4o Veranlagungskommissarien je zwei Kreise unter ihre Leitung, so dass 23 Bezirks- und 302 Veranlagungskommissarien in Thätigkeit kamen. Die Bezirkskommissare (Denkschrift S. 7) waren sämmtlich höhere Beamten aus den Kollesien der Regierungen und Auseinandersetzungsbehörden. Unter den 200 Mitgliedern der Bezirkskommissionen befanden sich 97 Ritterguts- besitzer und 4o andere Gutsbesitzer; unter den 302 Veranlagungskommissarien 22 Ritter- gutsbesitzer, unter den 2494 Mitgliedern der Veranlagungskommissionen 7or Ritterguts- besitzer, ı ıgr andere Grundbesitzer und 168 Gutspächter, welche sich sämmtlich, ohne dazu durch ein Staatsamt veranlasst zu sein, unter Hintenansetzung ihrer Privatinteressen, für die sie in den mässigen Diäten keine irgend genügende Entschädigung finden konnten, und unter mancherlei Entbehrungen den sehr mühsamen und anstrengenden Einschätzungsarbeiten unterzogen. 73,6 pÜt. der an den Kommissionen Betheiligten waren also freiwillig thätige Grundbesitzer. Der Rest bestand überwiegend aus Staats- und Kommunalbeamten, zum Theil aber auch aus solchen Landwirthen, welche nach Veräusserung ihrer Güter ausser Thätiskeit waren, und aus ihrer Musse Veranlassung nahmen, ihre Zeit dem Schätzungsgeschäfte ganz zu widmen. Der Wechsel in den Per- sonen ‚war bis zum Schluss der Arbeiten nicht bedeutend. In die Veranlagungs- kommissionen traten im Laufe der Zeit 522 andere Mitglieder ein, welche indess zum bei weitem grössten Theil schon vorher als Stellvertreter mehr oder weniger Kenntniss von den Geschäften erlangt hatten. Für das Vermessungswesen (Denkschrift S. ıor) war ein zahlreiches Personal an Feldmessern vorhanden, welches bisher theils bei der Katasterverwaltung in den Provinzen Rheinland und Westphalen, theils bei den Gemeinheitstheilungen in den sechs östlichen Provinzen beschäftigt, die für die auszuführenden Arbeiten erforderliche Vorübung bis auf einen gewissen Punkt schon erworben hatte, 30 I. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. In den beiden westlichen Provinzen zeigte es sich, wegen des dort schon vor- handenen rheinisch-westphälischen Katasters möglich, durch die Katasterbeamten und anderweit bei der Katasterverwaltung beschäftigte Feldmesser und Vermessungsgehülfen, sowie durch Personen, welche früher bei den Katasterarbeiten betheiligt waren, und durch die Mitglieder der Veranlagungskommissionen selbst die geometrischen Arbeiten zu bestreiten. In den sechs östlichen Provinzen aber reichten die vorhandenen Kräfte bei weitem nicht aus, um die viel bedeutendere Arbeitsmasse innerhalb der hierzu bestimmten Zeit in befriedigender Weise bewältigen zu können. Es wurden deshalb theils aus anderen Verwaltungen, aus dem Baufach und Eisenbahndienst, theils aus den Nachbarstaaten qualifizirte Feldmesser herbeigezogen. Zugleich aber wurden zu allen Arbeiten, welche genügender Kontrole unterliegen konnten, geeignete Vermessungsgehülfen benutzt, auch einer grösseren Anzahl derselben, denen bei tüchtigen geometrischen Leistungen für die Zulassung zur Feldmesserprüfung das formelle Hinderniss entgegenstand, dass sie ein Gymnasium oder eine Realschule nicht bis zu der vorgeschriebenen Klasse besucht, oder keinen Unterricht in den alten Sprachen genossen hatten, das Examen ohne Bei- bringung dieser vorgeschriebenen Schulzeugnisse gestattet. Alle auf diese Weise verfügbaren Feldmesser wurden in die einzelnen Kreise der Östprovinzen nach Bedürfniss vertheilt, und standen zunächst unter der Aufsicht des Veranlagungskommissars. In der Regel war diesem ein besonders tüchtiger Feldmesser als ein technischer Beirath beigegeben, dem indess die Stellung eines Vorgesetzten vor den übrigen Feldmessern im Kreise nicht zukam. Die eigentlich technische Leitung und Kontrole der Feldmesser (Denkschr. S. ror) war in jedem Regierungsbezirke der östlichen Provinzen in die Hände des Bezirks- kommissars gelegt, und diesem ein technisch qualifizirter Beamter (Obergeometer) bei- gegeben, welcher bei den allgemeinen Geschäftsdispositionen in betreff des Vermessungs- wesens mitzuwirken, sämmtliche geometrische Arbeiten zu überwachen, speziell zu prüfen, auch an Ort und Stelle zu revidiren, und die Liquidationen der Feldmesser behufs ihrer Festsetzung und Anweisung durch den Bezirkskommissar in technischer Beziehung zu begutachten hatte. In allen Regierungsbezirken mussten den Obergeometern nach und nach geeignete Feldmesser oder Vermessungsgehülfen zur Unterstützung in den häus- lichen Revisionsgeschäften beigegeben werden, deren Zahl nach den Geschäften wechselte, für den Abschluss der Flächeninhaltsberechnungen sich aber zeitweise auf ıo bis 20 steigerte. Behufs der speziellen Bearbeitung der allgemeinen Direktorialgeschäfte für den ganzen Staat, soweit sie sich auf das Vermessungswesen bezogen, wurde bei der Öentral- direktion ein technisch qualifizirter Beamter unter dem Titel „Vermessungsinspektor* angestellt. Die Zahl sämmtlicher bei dem Vermessungswesen zur Zeit des grössten Umfanges des Geschäftsbetriebes beschäftigt gewesenen Personen ist auf etwa 3 300 bis 3 500 zu veranschlagen (Denkschr. S. 109). In den westlichen Provinzen erreichte dieselbe etwa 300. Für die östlichen Provinzen sind über die Arbeitskräfte genauere Berechnungen angelegt. Es waren hier wechselnd 704 bis 850 Feldmesser, 56 bis 198 selbstständige Feldmessergehülfen, 384 bis 1470 Gehülfen, ı17 bis 348 Zöglinge, überhaupt ı 261 bis 2755 Personen in Thätigkeit, und die vollbeschäftigten Feldmesserkräfte stiegen von 919, die für den ı. Oktober 1861 berechnet wurden, allmählich bis zum rı. Januar 1864 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 31 auf 2046, und sanken zum ı. Juli 1864 auf 1481. Durchschnittlich aber betrugen sie 1547- Keine der an dieser Organisation betheilisten Persönlichkeiten hat für den Zweck der Grundsteuerregelung eine förmliche Anstellung erhalten. Alle sind nur kommissarisch unter dem Vorbehalt des unbeschränkten Widerrufs zur Mitwirkung herangezogen worden (Denkschr. S. 162 ff.). So viel als thunlich hat jeder nur für das einzelne vor- genommene Geschäft zu liquidiren gehabt und entsprechend Bezahlung erhalten. Die Feldmesser hatten ihre Arbeiten nach einem dem Gebührenreglement für andere feld- messerische Arbeiten nahezu gleichkommenden besonderen Gebührentarife in Ansatz zu bringen. Alle Einschätzungsdeputirten und Kommissionsmitglieder, einschliesslich der Beamten, erhielten für die Tage, an denen sie beschäftigt waren, Reisekosten und Tage- gelder, welche den Sätzen des allgemeinen Diätenreglements ungefähr entsprachen. Für häusliche Geschäfte wurden den Beamten keine Diäten, sondern jährliche, auf die mässige Höhe von 120 bis 5oo Thlr. normirte Remunerationen, in denen zugleich die Ent- schädigung für Büreaukosten enthalten war, gezahlt. Sie haben dabei ihr gewöhnliches Gehalt fortbezogen, und es sind nur die Ausgaben für eine etwa nöthige Vertretung als Kosten der Grundsteuerregelung behandelt worden. Nur wenige sind während der Regulirungsgeschäfte ihrer eigentlichen Dienststellung gänzlich entzogen geblieben. 3. Flächenermittelung. Der Zweck des Regulirungsverfahrens konnte ohne die Aufstellung eines vollstän- digen Parzellarkatasters für den ganzen Staat nicht erreicht werden. In den westlichen Provinzen bestanden, wie im Abschnitt I. S. ır gezeigt ist, bereits durch das ältere rheinisch-westphälische Kataster vollständige, auf Grund hin- reichend ins Detail durchgeführter Triangulirungen erzielte Spezialaufnahmen, sowie Kartirungen aller Steuerverbände, nach ihren Einzelgrundstücken, Gewannen und Fluren. Für die östlichen Provinzen aber war eine zusammenhängende Spezialkartirung von keinem Theile des Landes vorhanden, und die im I. Abschnitt gedachten General- stabskarten und Messtischblätter nach ihrem kleinen Massstabe wie ihrer angegebenen Entstehung nicht geeignet, den Katasterarbeiten zur Grundlage zu dienen. Eine allge- meine Landesvermessung über diese Provinzen auszuführen, war in der gesteckten Frist undenkbar, das Verfahren blieb also auf die einzelnen Guts- und Flurkarten, in den Händen der Privaten und der Behörden, angewiesen. Es liess sich indess übersehen, dass diese Vermessungen und Kartirungen einen sehr bedeutenden Umfang erreichten, weil schon die Anzahl der durch die Auseinandersetzungsbehörden zum Zwecke der Gemeinheitstheilungen und Eigenthumsregulirungen durchgeführten Aufnahmen eine sehr grosse ist, dabei aber noch auf die von Deichverbänden, von den landschaft- lichen Kreditinstituten, der Forst- und Domainenverwaltung und von zahlreichen Privat- besitzern für ihr wirthschaftliches Bedürfniss beschafften Karten zu rechnen war. Allgemein schreibt die gedachte Anweisung ($ 20 S. 263) vor, dass behufs der Veranlagung Gemarkungskarten herzustellen seien, sofern ein hierzu brauchbares Exemplar einer im Auftrage der Auseinandersetzungsbehörden oder der Kreditinstitute gefertigten Karte nicht dauernd zur Verfügung gestellt werden könne. In der Regel sollten die zu einer Gemeinde (Ortschaft) oder einem selbstständigen Gutsbezirke gehörigen Grund- stücke eine Gemarkung bilden. Die Herstellunz der Gemarkungskarten aber sollte nach EEE, Kar u 32 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. “ der erwähnten, besonders beigegebenen Instruktion (G.-S. S. 304 $ r) soweit als irgend möglich, auf dem Wege der Kopirung bereits vorhandener Karten erfolgen. Neue Auf- nahmen zu dem fraglichen Zwecke sollten auf die dringendsten Fälle beschränkt werden. In diesem Sinne ordnet der $ zo der Hauptanweisung an, dass alle Behörden, Kreditinstitute, Gemeinden und Privatpersonen den Bezirks- und Veranlagungskom- missarien auf deren Ansuchen die in ihrem Besitz befindlichen Flurkarten, Risse, Pläne, Zeichnungen, Vermessungs- und Bonitirungsregister, Taxen, Kataster und ähnliche Schriftstücke, welche bei der Ausführung des Abschätzungsgeschäftes von Nutzen sein können, unter Garantie der Staatskasse zur Benutzung zugänglich zu stellen ver- pflichtet seien. Die Karten und Register der Privaten wurden allgemein eingefordert, die der Be- hörden auf den Plankammern besichtigt und auf diese Weise ermittelt, in welchem Umfange öffentliche und private Vermessungsdokumente vorhanden seien, welche als Grundlage für die Katasterberechnungen brauchbar erachtet werden könnten. Auf eine solche Brauchbarkeit konnte bei äusserlich guter Erhaltung um so mehr gerechnet werden, als die Feldmesser in Preussen seit alter Zeit der Prüfung und Ver- eidigung durch die Regierung unterliegen, und wenn auch nicht eigentliche Staatsbeamte, doch für die Richtigkeit ihrer Arbeiten innerhalb bestimmt vorgeschriebener Maximal- grenzen der Fehler verantwortlich, und gehalten sind, ihre Geschäfte nach festgestellten Regeln so auszuführen und übersichtlich zu erhalten, dass sie auf Antrag eines jeden, der dabei Interesse hat, seitens der Behörden der Revision unterworfen werden können *). Bei der Ermittelung der Dokumente erwiesen sich dieselben in folgendem Ver- hältnisse als vorhanden und zur Kopirung und Berechnung tauglich: Von der Fläche in Spalte 4 | Die Fläche Flächeninhalt | _Vermessene sind in Gesamnt- der und in den N s 5 ß 0 een | nicht kartirten | Spezialkarten vorhandene r | Bl Regierungsbezirk fücheninhalt grossen dargestellte na ei e en t sorfli “] benutzt e in Frozenten Wasserfächen Fläche Se vermessen | ger Fläche in Spalte 4 Morgen Morgen Morgen Morgen 1. 2. 3. 4. 5. | 6. 1. Königsberg . . | 8944 051,09| 675 221,13 | 8 268'829,95| 7 160 046 1 108 784 | 86,6 | 13,4 2. Gumbinnen .. | 6399 691,71| 185 681,67 | 6214 010,%4| 5311908) 902 102| 85,5 | 14,5 | 3.Danziersur. 3 223 413,99| IIO395,0| 3 II3 OI&,4g| 2725 642] 387 376 | 87,6 | 12,4 | 4. Marienwerder . | 6 859 793,9 = | 6 859 793,90| 6341345 518449 | 9214 | 7,6) 5: Stettin ae 5081 034,52] 364 765,21 4 716 269,31] 3 889 825| 826444] 82,5 | 17,5 6. Köslin . .... 5 498 775,56 = 5.498 775,56] 4 001 233| 1 497 543 | 72,8 | 27,2 7. Stralsund ... | 1 817 04428| 237 838,66| 1579 205,62] 1417 6991 161 507 | 89,3 | 10,2 8.#Bosene are. 6 851 560,52 — | 6851 560,52] 6377 261] 4743001 93,1| 6,o| 9. Bromberg .... | 4480 169,66 _ 4.480 169,66| 4 272 812| 207 358] 95,4 | 4,6 Latus .. . [49 155 534,73| 1573 901,67 \47 581 633,06 |41 497 771\ 6 083 863 *) Feldmesserreglement vom 19. April 1813. v. Rönne, Baupolizei des preussischen Staats S. 143, 173, Th. VI. Bd. 4, Abthl. . — Lette und v. Rönne, preuss. Landeskultur- Gesetzgeb. Bd. IIb S. 328. — Feldmesserreglement vom I. Dezember 1857 G.-S. 1858 S. 234. Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 G.-S. S. gı $ 53. B7 Pr I. Grund- und Gebäudesteuerveranlagung. A. Grundsteuer. 33 Von der Fläche in Spalte 4 | Die Fläche Flächeninhalt Vermessene sind in Gesammt- der und in den ln Pe ivshezirk nicht kartirten | Spezialkarten vorhandene a LE ZELSLUNDS Us Flächeninhalt grossen dargestellte Karten nen ’ beträgt a Wasserflächen Fläche benutzt vermessen 1" Prozenten worden der Fläche Morgen. Morgen. Morgen. Morgen. | Morgen. u Spalte 1. 1. 6. | Transport . [45 155 534,73| 1573 901,67 \ 47 581 633,06 |41 497 771) 6083863 | 10. Potsdam ... | 8 105 245,12 —_ 8 105 245,12| 7 252000) 8532451 89,5 | 10,5 11. Frankfurt... $ 7 517 144,46 — 7517 144,46] 6 560476 956668] 87,3 | 1277 12° Breslau....| 5274 197,38 — 5274 197,38] 3 862 173| 14120241 73,2 | 26,3 13. Liegnitz - | 5 325 015,02 —_ 5 325 OL5,o2| 3 292 445) 2032 570 61,8 , 38,2 14. Oppeln .... | 5 169 796,46 = 5 169 796,46] 3 652 553, 1517244] 70,7 | 29,3 15. Magdeburg... | 4 503 293,2: — 4503 293,21| 4237 680° 265613] 94,1 | 59 16. Merseburg ... | 3 997 476,30 _ 3 997 476,301 3 723 686 273 790| 932 | 6,8 17. Erfurt. ...... 1380 586,04 _ 1380 586,.4| 851933) 528653| 61,7 38,3 Ueberhaupt . 190 428 288,721 573 901,67 | 88 854 387,0574 930 71713 9236701 84,3 | 15,7 | | Danach waren also nur 15,7 pCt. der Fläche der östlichen Provinzen nen zu vermessen. Sehr erhebliche Antheile Fläche fielen auf schlesische Gebirge und den Regierungsbezirk Erfurt, wo nach Lage der Verhältnisse sehr wenige an dieser das Gemeinheitstheilungen stattgefunden hatten. In den Regierungsbezirken Königsberg, Gumbinnen und Köslin waren zwar die Gemeinheitstheilungen überall ausgeführt, im Gegensatz zu den anderen Bezirken aber sehr wenige Rittergüter vermessen. Für die Neumessungen wurde im Anschluss an die alten Hauptdreiecke des Generalstabes über die gedachten Gebirgsbezirke in der Grafschaft Glatz ein Dreiecks- netz von etwa 30 U] Meilen, im Riesengebirge. vom Kreise Landshut bis über den Kreis Lauban ein solches Netz von etwa 4o D] Meilen, und in einem "Theil des Kreises Wernigerode ein kleineres von etwa 3 D Meilen gelest. Auch bei Neumessungen von geringem Umfange war für alle Flächen, auf denen es noch zweckdienlich erscheinen konnte, die Ausführung von Dreiecksnetzen mit einer die gewöhnlichen Spezialaufnahmen weit übersteigenden Genauigkeit gefordert (Denk- schrift S. 126), und wenn die Messung auch bei der Nothwendigkeit zahlreiche, mit dem Theodoliten ungeübte Feldmesser zu beschäftigen, in verschiedenen Methoden aus- geführt wurde, wurden die Dreiecksmessungen doch überall zur Kontrole der Aufnahmen benutzt. Die Berechnung der Nenmessungen erfolste für jeden einzelnen Abschnitt der Karte zweimal und ausserdem durch eine Gesammtmassenberechnung, deren Resultat mit dem der Einzelberechnungen bis auf "/soo stimmen musste (Denkschrift S. 129). Bei der Benutzung schon vorhandener Karten musste den sichersten Anhalt für den Flächeninhalt das zu der benutzten Karte gehörige und zur Zeit, als sich letztere noch in gutem Zustande befand, von dem Bearbeiter derselben berechnete Vermessungs- Register bieten. Es kam nur darauf an, sich durch genaue Vergleichung der Grenzen aller anstossenden Gemarkungen zu überzeugen, dass nicht Theile der Flur entweder weggelassen, oder auf mehreren Karten aufgenommen waren, auch musste nothwendig auf Eintragung der inzwischen eingetretenen Veränderungen Bedacht genommen werden. Boden d, preuss. Staats. 3 * 34 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. Oertliche Arbeiten einiger Tage waren also auf jeder Flur nöthig. Indess hat man sich damit nicht begnügt, sondern den älteren Flächennachweis zunächst nur zur Herstellung eines richtigen, dem gegenwärtigen Zustande der Karte entsprechenden Maasstabes benutzt. Mit diesem wurde dann die Karte, wie eine Neumessung, nochmals in allen Abschnitten berechnet, und dadurch die Beseitigung der etwa bei der früheren Berechnung übersehenen Fehler, sowie der völlig sichere Anschluss an die ergänzten Theile der Messung und die richtige Registrirung erreicht. Wo ältere Flächennachweise zu sonst geeignet scheinenden Karten nicht vorlagen, sind, soweit sich Erfolge möglich zeigten, Grenzvergleichungen, Kontrollinien und alle sonst zweckdienlichen Mittel angewendet worden, bei der Berechnung jedes Bedenken, das der Zustand der Karte bot, zu beheben. Zur möglichsten Sicherstellung der Resultate ist ein erheblicher Theil der von den Feldmessern abgeschlossenen Arbeiten, sowohl der Vermessungen als der Kopieen, an Ort und Stelle der Revision unterworfen worden. Ausserdem aber wurde in allen Kreisen ein Reklamationsverfahren (Anw. $ 45, S. 271) durchgeführt, in welchem die Karten und Register der Einsicht der Vorstände der betheiligten Gemeinden und der Besitzer selbständiger Gutsbezirke offen gelegt, und deren Beschwerden wegen unrichti- gen Ansatzes einzelner Grundstücke, wegen unrichtiger Ermittelung des Flächeninhaltes und wegen vorgekommener Fehler in den aufgestellten Berechnungen entgegengenommen und entschieden wurden, Wie gross die durch die Benutzung der vorhandenen Karten erwachsenen Vor- theile sind, ist daraus ersichtlich, dass in den in der obigen Tabelle genannten 17 Re- gierungsbezirken durchschnittlich auf r Morgen nur in 1,0 Ruthe Länge veränderte oder neu entstandene Grenzlinien aufgemessen worden sind (Denkschrift S. 124), während bei allgemeinen Neumessungen die Grenzlinien auf ı Morgen nach der auf 8,22 Morgen ermittelten durchschnittlichen Grösse jedes Flächenabschnittes mindestens das Vierfache betragen hätten. Ueberdies aber konnten für die Berechnung zahlreiche Arbeitskräfte benutzt werden, welche zu eigentlichen Vermessungsarbeiten in der gesteckten Frist die nöthige Vorbereitung nicht hätten gewinnen können. Es darf nicht übergangen werden, dass alle Flächenberechnungen durch das kurz vorher von Amsler Laffon in Schaffhausen erfundene, in der benutzten Gestalt erst im Februar 1861 dargestellte Polarplanimeter, von welchem etwa 2000 Exemplare in An- wendung kamen, wesentlich erleichtert wurden. Das Format der Gemarkungskarten ist überall gleich gross, 38 Zoll duodez. lang und 26 Zoll breit (Anw. A. $ 3, S. 304). Wo die Gemarkung auf einem solchen Bogen nicht dargestellt werden konnte, ist sie derart auf mehrere Blätter vertheilt, dass dieselben durch paralleles Nebeneinanderlesen in die richtige Lage zu einander kommen. Neumessungen waren in dem Massstabe von "ssoo bis "/sooo der Natur vorzunehmen, Für die Kopieen haben bei der dargestellten Art der Behandlung der älteren Karten äusserst verschiedene, durch das Verziehen der letzteren begründete Massstäbe in An- wendung gebracht werden müssen (Denkschr. $. ı17). Genau die Hälfte aller Karten aber ist in dem Massstabe von "sooo, 18 pCt. in dem von "/iooo und ebensoviel in dem von '/ssoo der Natur gezeichnet. Auch die für das Einschätzungsgeschäft dauernd zur Verfügung gestellten fremden Karten sind nach und nach kopirt worden, so dass sich gegenwärtig ein vollständiges Spezialkartenmaterial über alle Theile des Staates in den Händen der Grundsteuer- behörde befindet. IL. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 35 Die Leistung an ‚geometrischen Arbeiten stellt ‚sich vom 1. Juli 1861 bis ı. Juli 1864 folgendermassen: A. In den östlichen Provinzen (Denkschr. S. 148): ı. Bei Benutzung vorhandener Karten: Anfertigung von Kopieen von . . 74478 790 Morgen, Vervollständigung der Kopieen und sta en zur Verfügung gestellten Karten . . . . . 74930717 ” Aufmessung veränderter Grenzlinien . . . . . 76692292 lauf. Ruthen. 2. Bei Neumessungen: Aufnahme im Felde . . . . 2. 2.2.2.2. 13923670 Morgen, Kar EunD rer dieselbe@kläche; 3. Einschätzung: Ausführung im Felde . .„ . “2... 88854387 Morgen, Eintragung der Ergebnisse in die Karte . . . dieselbe Summe; 4. Flächeninhaltsberechnungen: Feststellung der Flächeninhalte . . . . 88854387 Morgen, Aufstellung der Einschätzungsregister und N zusammenstellungen . . . . dieselbe Summe. Da daran (s. S. 31) 1547 volle Feldmesserkräfte dark 3 Jahre beschäftigt waren, stellte eine jede in 3 Jahren 57400 Morgen oder 2,66 geogr. DJMeilen, in ı Jahr von 30o Tagen 19138 Morgen, und in ı Tage 63,7 Morgen fertig. B. In den westlichen Provinzen sind in derselben Zeit geleistet (Denkschr. S. 153): ı. Vorbereitung der Einschätzungsregister. . . . . 15626832 Parzellen, 2. Ausführung der Einschätzung und Pre der Ergebnisse in die Karten. . . 2. 18401461 Morgen, 3. Uebertragung der Eeeengerechuiasn in die Re- guter . o . 0. 15626832 Parzellen, 4. Aufstellung und Kbachhessung der Klassen ihamnen stellungen . . - 30 Be dieselbe Summe, 5. Anfertigung de Khechäiften es Ridschätsungere rien dieselbe Summe. Weil die Rustikalgemeinden der östlichen Provinzen verbunden sind, die Grund- steuer gemeinschaftlich abzuführen, war für die Grundsteuererhebung zunächst nur die Ermittelung des Werthes der Gemeindefluren nach ihrer Gesammtheit unbedingt erfor- derlich, und es konnte deshalb auch die Parzellarvermessung nöthigen Falles über den ı. Januar 1365 hinaus aufgeschoben werden. Indess hat dieses Auskunftsmittel nur in geringer Ausdehnung, hauptsächlich im Regierungsbezirk Erfurt ergriffen werden müssen, Im Laufe des Jahres ı865 wurde die Parzellaraufmessung überall beendet. — Diese allgemeine Kartirung und Flächenermittelung des gesammten Staatsgebietes hat, worauf im J. Abschnitt hingewiesen ist, schon als solche grossen Werth. Zum erstenmale werden hinreichend genaue Angaben über die Lage der Grenzen zwischen den einzelnen Gemeinden, Kreisen, Bezirken und Provinzen möglich, die von den bisher auf den Spezialkarten im Mangel entsprechender Hülfsmittel oft ungenau verzeichneten bis auf DMeilen abweichen. Ebenso berichtigt sich nunmehr der Flächen- inhalt aller dieser Landesabschnitte und des ganzen Staates. Die Ergebnisse sind in der vorliegenden Darstellung überall zur Grundlage ge- nommen und für die Kreise, Bezirke und Provinzen in der Tatelle A. der Anlagen 3* 36 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. im einzelnen angegeben. Die Unterschiede gegen die früheren Annahmen weist die Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 21. Mai 1861. Berlin 1865, in ihrem Abschnitt II. S. 154 und der zugehörigen Anlage J. speziell nach. Als Resultat für das ganze Staatsgebiet hat sich gegen die älteren Berechnungen eine Differenz von 18,382 T Meilen oder o,6 pCt. auf den gesammten Flächeninhalt er- geben. Nach den bisherigen statistischen Nachriehten wurde der Länderbestand von 1865 für die östlichen und westlichen Provinzen auf zusammen . . . . 5082, OMeilen angenommen, undihab schwanz 2 ES RER also tn a ER ee ee RA BAR 36,2 OD Meilen geringer herausgestellt. Der Unterschied hat jedoch nur ungefähr die Hälfte der be- zeichneten Höhe, weil die Grösse der geographischen D]Meile bei den erstgedachten Berechnungen zu 21490345 Morgen angenommen worden ist, während die späteren Untersuchungen von Bessel sie auf 21 566,02; Morgen pr. festgestellt haben, und danach die Flächen bei der Grundsteuer reduzirt sind. Die Differenz ist in Betracht der Grundlagen verhältnissmässig gering. Uebrigens ist selbstverständlich, dass auch diese neueste Grössenangabe nicht völlig genau ist. Theils können die anlässlich des Verfahrens bei der Untervertheilung der Grundsteuer bewirkten speziellen Zusammenstellungen, sowie die der Grundsteuer nicht unterliesenden Flächen, Wege, Flüsse, Bäche noch kleine Irrungen ergeben, theils ist, wie gezeigt worden, das Vermessungswerk der neuen Grundsteuer überhaupt, wenig- stens in den östlichen Provinzen, nicht auf Grundlagen geschaffen, welchen die voll- kommene Zuverlässigkeit einer allgemeinen Triangulirung und Landesvermessung beigelegt werden kann. 4. Reinertragsermittelung. Neben der Kartirung und Berechnung aller Grundstücke im Staate, war »die Schätzung ihres Reinertrages ein Werk von ebenso grosser Bedeutung und musste gleichzeitig erreicht werden. e Das einzuschlagende Verfahren war, wie gezeigt, durchaus neu und originell, und das glückliche Resultat ist ebenso der Einfachheit der Grundgedanken, als der lebendi- gen Theilnahme und Mitwirkung der steuerpflichtigen Grundbesitzer selbst zuzuschreiben, welche das Gesetz in hohem Grade in Anspruch nahm. - An vorbereitenden Arbeiten konnte dem Veranlagungskommissar nur ein sehr geringfügiges Material zu Gebote gestellt werden. Er erhielt vom Kreislandrathe (Anw. 8 21, S. 263) ein Verzeiehniss sämmtlicher Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke, ein Verzeichniss der Preise der landwirthschaftlichen Erzeugnisse nach den Martini- Marktpreisen des zuständigen Marktortes aus den Jahren 1837 — 18960, eine Uebersicht der bekannten statistischen Verhältnisse des Kreises, in welcher zugleich angegeben war, auf welchen Feldmarken grössere Gemeinheitstheilungen stattgefunden, und Nachweisun- gen über von der Grundsteuer befreite und bevorzugte oder künftig zu befreiende Grundstücke, so weit solche Nachweisungen bis dahin, namentlich in Folge des Gesetzes vom 24. Februar 1950, zusammengestellt waren. Zunächst lag ihm ob, sich, nöthigenfalls durch Bereisung des Kreises, in den Stand zu setzen, die nach der Anlage B. zum $ 23 der Anweisung (G.-S. S. 309) vorgeschriebene II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 37 Kreisbeschreibung, welche alle den wirthschaftlichen Ertrag bedingenden Verhältnisse berühren sollte, zu bearbeiten. Um die Vollständigkeit und Klarheit der Darstellung zu sichern, war dafür ein ausgeführtes Muster mitgetheilt, welches deutlich zeigte, in welcher Weise die Behandlung jedes Titels der vorerwähnten Anlage gefordert werde. Der Forstsachverständige hatte dieser Kreisbeschreibung einen forstlichen Theil beizufügen, und sie war überdies durch eine möglichst vollständige Erhebung der in den letzten ıo Jahren im Kreise gezahlten Kaufpreise für grosse und kleine Güter und Parzellen, wofür dem Kommissar die Einsicht der Hypothekenbücher offen stand, zu vervollständigen. Es gehörte zu den ersten. Geschäften der zusammentretenden Veranlagungskom- mission, diese Kreisbeschreibung gemeinschaftlich durchzugehen, und nach der örtlichen Kenntniss der Mitglieder zu ergänzen oder zu berichtigen. Bei diesen Berathungen sollte sich die Kommission zugleich über den vorläufigen Entwurf eines Klassifikations- tarifes einigen, welcher sodann gemeinsamer, örtlicher Prüfung zu unterwerfen blieb ($ 27, S. 266). Für diesen Tarif war in jeder Kulturart behufs der Bestimmung der Bonitäts- klassen ($ 25, S. 265, Allg. Grundsätze $ 2, S. 312) die Beurtheilung erforderlich, zu welchem Satze der im Gesetze vorgeschriebenen, zur Erleichterung des Rechnungswesens auf bestimmte Zahlen beschränkten Klassifikationsskala (G.-S. S. 316) der Reinertrag der im Kreise in einem gewissen Umfange vorhandenen tragbarsten Ländereien anzuschlagen sei; ebenso musste beurtheilt werden, welcher Reinertragssatz den geringsten im Kreise in hinreichendem Umfange vorhandenen Ländereien derselben Kulturart auf den Morgen beizumessen. Dann waren die höchstens sechs Zwischenstufen so zu bestimmen, dass sich hoffen liess, damit die zwischen der besten und geringsten liegenden Abstufungen der zu der fraglichen Kulturart verwendeten Böden nach ihrem durchschnittlichen Rein- ertrage richtig zu treffen. Dabei musste sich ergeben, ob sich erwarten liess, den Kreis überhaupt durch einen einheitlichen Tarif nach seinen Haupteigenthümlichkeiten angemessen zu veran- lagen, oder ob es zweckmässiger sei, ihn im Sinne des $ 26 der Anweisung (S. 265) in einen oder mehrere von einander im Tarife unabhängige Abschnitte — Rlassifikations- distrikte — zu theilen. Von den 333 Landkreisen, welche nach Abschnitt II. im alten Staatsgebiete vor- handen sind, wurde nur bei 66 eine Theilung in je zwei, drei bis vier für nöthig er- achtet, so dass aus diesen 66 Kreisen 149 Klassifikationsdistrikte gebildet wurden. Zur Grundlage für den Tarif und zum Anhalt für das weitere Verfahren hatte die Kommission (Anw. $ 27, S. 266) auf einem gemeinschaftlichen Begange die in die einzelnen Tarifklassen einzureihenden Bodengattungen der verschiedenen Kulturarten nach ihrer Beschaffenheit an der Oberfläche (Krume) und im Untergrunde, sowie nach den charakteristischen auf Werth und Ertrag Einfluss übenden Umständen in einem besonderen, schematisch vorgeschriebenen Klassifikationsprotokolle des näheren zu be- schreiben. In demselben Protokolle hatte sie auch anzugeben, in welchen Theilen des Kreises die einzelnen Klassen und Bodengattungen hauptsächlich vorkommen, wie sich die einzelnen Kulturarten und deren Bonitätsklassen ihrem Gesammtflächeninhalte nach innerhalb des Kreises ungefähr zu einander verhalten, und welches nach der Ansicht der Kommission der durchschnittliche ungefähre Reinertrag und Kauf- und Pachtwerth für den Morgen einer jeden Kulturart im Kreise und für den Morgen im Durchschnitt aller Kulturarten zusammen genommen ist. 38 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. Auf diesem Begange waren zugleich ($ 28) für jede Bonitätsklasse einer jeden Kulturart aus allen in derselben Klasse vorkommenden Bodenarten Normal- oder Musterstücke in möglichst grosser Anzahl aufzusuchen, welche dazu bestimmt blieben, nach ihrer Beschaffenheit und Ertragsfähigkeit mit den übrigen Liegenschaften, bei deren Einschätzung in den Tarif, verglichen werden zu können. Die Musterstücke waren in einem dem Klassifikationsprotokolle beizufügenden Verzeichnisse nach besonderem Schema (G.-S. S. 277) so genau nach ihrer örtlichen Lage und unter Angabe der Eigenthümer und Grenznachbaren, des Namens der Flur- abtheilung u. dgl. zu beschreiben, dass sie zu jeder Zeit mit Leichtigkeit wieder auf- gefunden werden konnten. Mit den auf diese Weise gewonnenen Unterlagen war der Entwurf des Klassifika- tionstarifes dem Bezirkskommissar einzureichen. Dieser vermochte schon an den Vor- bereitungsarbeiten entweder selbst oder durch dazu abgeordnete Mitglieder der Bezirks- kommission einen gewissen persönlichen Antheil zu nehmen und war angewiesen, inzwischen möglichst alle Schritte zu thun, welche den Einblick in die Boden- und Wirthschaftsverhältnisse der verschiedenen Kreise zu erweitern vermochten. Obwohl ein grosser Theil der bei den verschiedenen Kommissionen Betheiligten aus den Geschäften der Ablösungen und Gemeinheitstheilungen oder der landschaft- lichen und ‚gerichtlichen Taxen daran gewöhnt war, den mittlen Reinertrag eines Grundstücks nach der Beschaffenheit des Bodens und der Kenntniss der sonstigen Ver- hältnisse sofort für den Morgen in Geld auszusprechen, und dies auch jedem Landwirthe für die Beurtheilung und Feststellung der Kauf- und Pachtpreise nahe liegt, so war doch nicht zu erwarten, dass die erste Aufstellung der Tarife dem allgemeineren Zwecke der Tarifirung überall zu entsprechen vermögen werde. Jeder Tarifsatz sollte nicht blos einzelne, sondern die Gesammtheit der als seiner Klasse angehörig charakterisirten Grundstücke so trefien, dass er wirklich als der mittle Reinertragswerth derselben zu betrachten. Weiter aber sollte der gesammte Tarif bei richtiger Anwendung auch den Kreis zu seinen Nebenkreisen und zum ganzen Staate in ein dem Gedanken der Kontingentirung entsprechendes, der Leistungsfähigkeit dauernd angemessenes Verhältniss bringen. Es liess sich also wohl von der oberen Leitung. das einzelne Musterstück gegen den dafür angenommenen Tarifsatz prüfen, für das eigentliche Ziel aber kam es nicht sowohl auf den Tarif allein, als, wie bei jeder Schätzung, wesentlich auch ‚auf die Art seiner Anwendung an, und es musste der Centralbehörde deshalb bis zum Abschluss des Katasters die Möglichkeit und Freiheit bewahrt werden, die Tarifsätze in den einzelnen Kreisen zu erhöhen oder zu erniedrigen, wenn nach der Summe aller während des Veranlagungsverfahrens im ganzen Staate gesammelten Erfahrungen das Resultat der Schätzung der gerechten Abwägung der Verhältnisse nicht entsprach. Es wurden deshalb zunächst die von den Veranlagungskommissionen vorgeschla- genen. Tarife durch die Bezirkskommissionen und Mitglieder der Centralkommission auf das Eingehendste unter Bereisungen sämmtlicher Kreise und Vergleichungen der Muster- stücke, sowohl in sich, wieim Verhältniss zu denen der benachbarten Kreise und Bezirke, geprüft. Zur Gewinnung zuverlässiger Anhaltspunkte wurde in jedem Kreise ein grösseres Gut, für dessen Beurtheilung in den ermittelten Kauf- oder Pachtpreisen und land- schaftlichen Taxen eine zutreffende Unterlage vorhanden war, von der gesammten Ver- anlagungskommission probeweise eingeschätzt. Es wurde ferner ($ 31, S. 267) durch II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 39 Publikation der vorgeschlagenen Tarife den Gemeindevorständen und Inhabern der selbstständigen Gutsbezirke, sowie den Kreistagen Gelegenheit geboten, ihre Einwen- dungen und Bemerkungen binnen einer auf 4 Wochen bestimmten Frist auszusprechen. Unter Betheiligung der Generalkommissarien stellten die Bezirkskommissionen ihre Vor- schläge für die Umgestaltung der fraglichen Tarife fest, und die Bezirkskommissare bearbeiteten auf Grund der gesammten Vorlagen Beschreibungen ihrer Bezirke, in wel- chen die auf den Reinertrag der Liegenschaften Einfluss übenden Verhältnisse in ein klares Bild zusammenzufassen und die Vorschläge der Kommission zu beurtheilen waren. Alles dieses Material, dem ausser den Kreisbeschreibungen und Protokollen der Veranlagungskommissionen auch die Verhandlungen der Bezirkskommissionen und forst- technische Gutachten hinzutraten, hatte die Öentraldirektion zu sichten; die General- kommissare verarbeiteten es provinzenweise zu Uebersichten, und so wurde es den Berathungen der Centralkommission zu Grunde gelegt, welche danach, gestützt auf die Erfahrung und die Ortskenntniss ihrer Mitglieder und alle vorhandenen Hilfsmittel der Statistik, die Feststellung des vorläufigen Tarifes vom 27. Mai 1862 beschloss. Die leitende Behörde sah in diesem Tarife eive Grundlage, über deren Mangel- haftigkeit sie sich nicht täuschte, welche aber konsequent auch da festgehalten werden musste, wo sich Unrichtigkeiten im Laufe des Schätzungsverfahrens klar herausstellten, weil es vor allem darauf ankam, die Gleichmässigkeit der Schätzung innerhalb desselben Kreises oder- Distriktes in keiner Weise zu stören. Unter der Voraussetzung einer gleichmässigen, den allgemeinen Anhaltspunkten der Klassifikation angemessenen An- wendung konnte die Veranlagung eines Bezirkes, deren Resultat als zu hoch oder zu niedrig, oder als in einigen oder mehreren Klassen unrichtig gegriffen erkannt wurde, nach dem Abschlusse durch Abänderungen des Tarifes sehr wohl zur Berichtigung 'ge- bracht werden. Die gesammmte Schätzung wurde also nach dem gedachten Tarife vom 27. Mai 1862, dessen später abgeänderte Positionen die Anlage A. der oben angeführten Denkschrift vermerkt, vollständig ausgeführt. — Was das praktische Verfahren der Schätzung betrifft, so waren für dasselbe im Gesetz selbst einige wesentliche Erleichterungen vorgesehen (Anw. $ 39, S. 269). Es sollten vorübergehende Benützungsweisen der Grundstücke, welche nicht in der Natur und Lage des Bodens begründet sind, unberücksichtigt bleiben. Kulturmassen von einer geringeren Grösse als r Morgen sollten zu der umschliessenden Kulturmasse, oder, falls sie von verschiedenen Kulturarten begrenzt werden, zu derjenigen der letzteren gezogen werden, welcher sie nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Ertrage am nächsten kommen; ebenso sollten innerhalb einer Kulturmasse Bonitätsklassenabschnitte von einer geringeren Grösse als 3 Morgen zu einem angrenzenden Bonitätsklassenabschnitt der- selben Kulturart gerechnet werden: beides allerdings nur, wenn der Reinertrag der zu- sammengefassten Stücke dadurch nicht um mehr als ıo pCt. vermehrt oder vermindert wird. Waldkörper aber sollten in der Regel, wenn die Fläche nicht mindestens ıoo Morgen gross, und nach Waldart und Boden sehr erheblich verschieden war, nach der durchschnittlichen Ertragsfähigkeit des Bodens und der dominirenden Holz- und Betriebsart nur zu einer Bonitätsklasse eingeschätzt werden. Die örtliche Schätzung jeder Gemarkung erfolgte unter Kontrole des Veranlagungs- kommissars von je 2 Mitgliedern der Veranlagungskommission in der Regel in Begleitung eines Feldmessers oder Vermessungsgehülfen. Der Boden wurde unter besonders 40 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. günstigen Verhältnissen mit dem Erdbohrer, in der Regel durch Aufgraben, zu welchem Zwecke bezahlte Arbeiter angenommen wurden, untersucht, und die Klassengrenzen im Anhalt an feste Punkte durch Abschreiten oder Nachziehen der Kette bestimmt und sofort in Kupons eingetragen. Durchschnittlich haben je 2 Deputirte einschliesslieh der Regentäge täglich 568 Morgen zur Einschätzung gebracht, und dies Geschäft ist im ganzen Staatsgebiete zusammen in 188587 Tagen beendet worden, was eine sehr erhebliche Anstrengung voraussetzt. In den östlichen Provinzen erreicht die durchschnittliche Schätzungsfläche täglich sogar 658 Morgen, in den westlichen Provinzen dagegen nur 344. Dieses ge- ringere Ergebniss beruht aber nicht auf einer kleineren Arbeitsleistung, sondern darauf, dass hier neben der für die Kontingentirung der Grundsteuer massgebenden allgemeinen Einschätzung wegen der an die bereits bestehenden Katasterabschnitte anzuschliessenden Untervertheilung nach $ 4 des Gesetzes vom 26. September 1862 (G.-S. S. 336) zugleich eine vollständige auch unter r Morgen herabgehende Parzellareinschätzung aller einzelnen Katasterparzellen oder Parzellentheile nach Kulturart und Bonität vorzunehmen war (Denkschr. S. 22, 23). F Zum Zweck der Forsteinschätzungen hatte es sich als erforderlich ergeben, für die Bonitätsklassen speziellere Anhaltspunkte als den blossen Geldsatz des Tarifes zu gewinnen. Es erging auf Grund vielfacher Begutachtungen und Anschläge der Forst- techniker mit dem vorläufigen Klassifikationstarife eine Anweisung, wie jede der Tarif- klassen für Holzungen in jedem Kreise zu ermitteln sei. In dieser Anweisung ist der Wald in g Kategorien: nach den Hochwaldsgattungen 1. Eichen, 2. Buchen, 3. Birken oder Erlen, 4. Fichten oder Tannen und 5. Kiefern oder Lärchen, ferner 6. nach ge- mischtem Mittelwald, und endlich 7. nach gemischtem Erlen-, Birken- oder Buchen- niederwald, 8. Eichenschälwald und g. Weidenheeger, unterschieden; jeder dieser Kate- gorien ist ein Spezialtarif von 5 nach der Standortsgüte d. h. nach den günstigeren oder ungünstigeren Bodenverhältnissen anzuwendenden Tarifsätzen gegeben, von welchen Tarifsätzen jeder unter den höchstens g Tarifsätzen zu finden ist, die der Klassifikations- tarif für die Holzungen des bezüglichen Kreises enthält. Die Anwendung ist einfach, um sie aber noch mehr zu sichern und zu erleichtern, wurden wenigstens alle grösseren Waldmassen einer Voreinschätzung durch die den Veranlagungskommissarien beigeordneten Forstsachverständigen unterworfen, welche dieses Geschäft im Staate in Zusammen 13 892 Tagen beendet, und täglich durchschnittlich 1551 Morgen Forst vorgeschätzt haben. Die Einschätzungsdeputirten konnten von dieser Voreinschätzung abweichen, es wurde aber aus wesentlichen Abweichungen von der oberen Leitung Veranlassung genommen, die Gründe zu prüfen. Von der Fläche des Staatsgebietes waren am ı. Januar 1863 49, pCt., am 1. April 1863 52,4 pCt., ai r. Juli 1863 95,0 pCt., und am r. Januar 1864 die Gesammt- heit eingeschätzt (Denkschr. S. 23). Es wurde alles dafür gethan, dass die eingeschätzten Gemarkungen möglichst bald von den Feldmessern nach den Bonitätsabschnitten berechnet in die Einschätzungsregister, wie sie das Muster 4 (G.-$. S. 285) zeigt, eingetragen, und durch die Klassenzusammen- stellung (Muster 5, G.-8. $. 289) zusammengefasst und abgeschlossen wurden. Sobald auf diese Weise eine gewisse Anzahl Schätzungen nach ihren Resultaten vergleichbar wurden, wurden sie in „Vorläufige Uebersichten des Flächeninhaltes und Reinertrages“ eingetragen, welche die Veranlagungskommissare zu führen und von Zeit zu Zeit den I. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 4 Bezirkskommissaren einzureichen hatten. Letztere vermochten durch diese Zusammenstel- lungen der in den einzelnen Kreisen erzielten Ergebnisse mehr und mehr die Wirkungen der verschiedenen Tarife und die Art ihrer Anwendung zu vergleichen und zu beurtheilen, Nach völlig beendeter Schätzung und Berechnung war das Gesammtresultat jedes Kreises in die als Muster 6 (G.-S. S. 293) vorgeschriebene Kreisübersicht einzutragen, und danach die Hauptübersicht (Muster 7, G.-S. S. 299) abzuschliessen. 5. Abschlussverfahren. Die Schätzung war, wie erwähnt, bereits Ende 1863 völlig beendet. Die definitive Feststellung der Tarife erfolgte erst am 26. November 1864. Die Zwischenzeit wurde dazu verwendet, nicht sowohl die Tarife, als die An- gemessenheit der Schätzungen, deren Resultate durch Benutzung massenhafter Rechnungs- kräfte in kurzer Zeit übersichtlich vorlagen, zu prüfen. Die Schätzungsresultate unterlagen zunächst der Vorprüfung der Veranlagungs- kommissionen, welche unzutreffende Schätzungen vielfach durch örtliche Revisionen be- seitigten. Das schon für die Vermessungsresultate erwähnte Reklamationsverfahren (Anw. $ 45, 8. 271) war auch auf Beschwerden wegen unrichtiger Einschätzung irgend welcher nicht blos in der eigenen Gemarkung, sondern auch innerhalb des gesammten Kreises oder Klassifikationsdistriktes belegener Grundstücke ausgedehnt, welche nicht im richtigen Verhältnisse zu stehen schienen. Es gingen im ganzen Staate gegen die Einschätzung überhaupt nur 3 023 Reklamationen ein, und von diesen wurden nur 1219 durch die Bezirkskommissionen als begründet anerkannt. Die nochmalige und vielseitige Prüfung, welche das Reklamationsverfahren ‘nöthig machte, befestigte die Ueberzeugung von der Möglichkeit, die noch obwaltenden wesentlichen Differenzen zwischen den Kreisen und Bezirken durch Abänderungen des Tarifes zu beseitigen. Ueber diese Abänderungen wurden die Gutachten der Bezirkskommissionen bis Mitte September 1864 herbeigeführt. Die übrige Zeit benützte die Centralkommission zum Schlussverfahren. Für dieses wurde über jede Provinz eine auf alle zweifelhaften Tarifpositionen eingehende Denkschrift durch die Generalkommissare bearbeitet. Die Uebersicht der ausgedehnten nunmehr gewonnenen Materialien erleichterten verschiedene rechnungsmässige Nachweisungen und graphische Zusammenstellungen. Unter anderem lag für jeden ein- zelnen Kreis die Generalstabs- oder eine ähnliche Spezialkarte vor, auf welcher die Gemarkungen nach ihren Grenzen und mit den Reinertragsdurchschnitten ihrer Ge- sammtfläche, und ihres Ackerlandes verzeichnet worden waren. Ebenso war durch die Veranlagungskommissare auf kleinere, meist die Reymannschen, Spezialkarten für jeden Kreis die örtliche Vertheilung der verschiedenen Bodenarten nach den Hauptcharakteren: Lehm- und Thonboden in Niederung oder Höhe, gemischtem Lehm- und Sandboden, Sand, Moorboden und Kalklagern, eingetragen worden. Aus den sorgfältigen Schlassberathungen gingen 2229 Veränderungen einzelner Tarifpositionen hervor, in deren Feststellung die endliche Berichtigung der gesammten Reinertragsschätzung lag. Das Resultat jeder Aenderung liess sich leicht übersehen nnd in seinem Einflusse auf die Bezirks- und Kreiskontingente berechnen. Die Schätzungsresultate wurden einerseits um 2957 377,87 T’hlr. erhöht, anderer- seits um 1019 116,30 Thlr. ermässigt, überhaupt also um 1938 261,57 Thlr. erhöht, 42 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. Der Gesammtreinertrag der eingeschätzten Liegenschaften im Staate berechnete sich dadurchVschliesslichnaufs Er U ee 1 aaw2snslhlie, darunter der der steuerfreien auf Role Alönnde © 78667349 der der grundsteuerpflichtigen also auf jährlich . . » » . . 104.446 993,46 Thlr. Die Grundsteuer in Höhe von jährlich ı0 Millionen Thalern erfordert deshalb 9,57 pCt. des Reinertrages. Zwei Verordnungen vom ı2. Dezember 1864 (G.-S. S. 673 und 683) über die Feststellung und Untervertheilung der Grundsteuer in den östlichen und in den westlichen Provinzen setzten die den einzelnen Landestheilen aufzuerlegenden Antheile für Preussen auf . . . . . . 1330042 Thlr. 22 Sgr. — Pf., Pommern . a 825.612 nn 7 IOSEn MW se ers 0177 2.073 07 Arge AS ER TÜEIS Brandenbursg Een LE ERETTTIOAgE Sn Schlesien@ nn ar ne 2a Tr 7a 87 ra een Sachsen era nr ur ee 16421084 \Wieshfelen ern rue. er 961122 Ge EN Ar Rheinland ee E66 a Erru enkeat, Das Einzelergebniss der gesammten Einschätzung bis auf die Kreise herab, dabei getrennt in die verschiedenen Kulturarten, im Acker auch in die einzelnen Klassen, ist nach Fläche und Reinertragsdurchschnitten, mit Angabe der Prozentverhältnisse, in Ta- belle A. der Anlagen mitgetheilt. Die Umrechnung der Register für die Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke und die Aufstellung der entsprechenden Steuerrollen war das Werk weniger Wochen, so dass die Steuererhebung bei der schon erwähnten Verpflichtung der Gemeinden zur gemeinschaftlichen Einzahlung, vom r. Januar 1965 an gesichert war. — Nachdem auf diesem Wege der nächste Zweck des Gesetzes erreicht war, blieb noch übrig, durch vollständige Buchung aller Parzellen unter Feststellung ihrer zeitigen Besitzer die Untervertheilung zu ermöglichen und die Fortschreibung des Katasters zu organisiren. Durch Anweisungen für das Verfahren bei Anfertigung der Katasterbücher, welche für die westlichen Provinzen am ır., für die östlichen am ı$. Januar 1864 (Mstbl. S. 74 und $. 59) ergingen, wurde die massgebende Form derselben vorgeschrieben. Für jeden Gemeinde-, selbstständigen Guts- und Grundsteuererhebungsbezirk war ein Flurbuch anzulegen, welches sämmtliche Liegenschaften des betreffenden Bezirks in ihrem natürlichen Zusammenhange und mit Angabe ihres Flächeninhaltes und Reinertrages nachweist, so dass dasselbe also alle einzelnen Eigenthumsparzellen und alle innerhalb derselben wegen der Verschiedenheit der Kulturart oder der Bonitätsklasse oder wegen Zwischengrenzen gemachten Kartenabschnitte, wie sie nachbarlich aneinander grenzen, der Reihenfolge nach aufführt. Im wesentlichen muss sich die Art der Buchung an das im Gesetz vom 2ı. Mai 1861 vorgeschriebene Einschätzungsregister (G.-S. $. 285) anschliessen. Für die west- lichen Provinzen sind (s. u. Kolonne 2—4) besondere Nachweisungen der Nummern ein- gefügt, welche die fragliche Parzelle in dem älteren rheinisch- westfälischen Kataster gehabt hat; dadurch wird es überflüssig, den Eigenthümer der Parzelle (Kolonne 6, 7) namhaft zu machen, und dieser erscheint deshalb in den westlichen Provinzen nur in der Grundstenermutterrolle. Das im übrigen völlig übereinstimmende Schema des Flur- buchs ist für die östlichen Provinzen folgendes: I. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 43 Bezeich- As B. ca = Wegen ihrer nung Steuer- Stener- Benutzung zu der pflichtige freie öffentlichen D. Lage, | Kul- Liegen- Liegen- Zwecken traglose = | schaften schaften SIM2E Hof, . Separa- Grundstücke tur- | Klasse tions- räume 1 R | L ; d- | B: Blau Flä- > lä- and- | \ Rein- SE | Rein- | (Wege, | Wasser nummer chen- | chen- | E (Flüsse, 2 ertr. ertrag| EISen- | Bäche u. dgl. inhalt | inhalt | babven | ır) I ete.) | E > ste. De me1.De.|üte. De. (moi. De |Stre. Dez. Ittr2. Dez.|ütre. Der. 9. |10.| ı1.| 12. | 13.] 14.| 15. | 16. | 17. etc. s 2 = 5 s SZ E < m =] Jahrgang dor Formveränd Ebenso war in jedem der Bezirke eine Grundsteuermutterrolle aufzustellen, welche die dem Bezirke angehörigen Liegenschaften mit Angabe ihres Flächeninhaltes und Rein- ertrages, so wie der demgemäss veranlagten Grundsteuer, in besonderen die sämmtlichen Liegenschaften desselben Eigenthümers umfassenden Artikeln nachweisen. Das Schema dafür ist nachfolgendes: Artikel No. Bezeichnung nach dem Name des Eigenthümers Hypothekenbuche No. | Nachweisung der | | Fortschreibungen ds = ; betrag zuge- abge- | Lage Kultar- | Flächen- || Rein- der schrieben | schrieben | | plannummer | steuer u. dgl. m. | Mrg. Dz. | Thir. Dez. |Tht. s2. pf 3. |&. B 6. - . 9. 10. 11. | | er] | #1 | | In einigen östlichen Landestheilen wurden nicht die demselben Eigenthümer, sondern die zu derselben Hypothekennummer gehörigen Liegenschaften in einen Artikel zusammen- gefasst. Für die westlichen Provinzen war die Untervertheilung durch die S. 4o erwähnte besondere Parzellareinschätzung und den Nachweis der Eigenthümer im älteren Kataster überall gegeben, so dass nur die rechnungsmässige Aufstellung der Bücher und ein Reklamationsverfahren zur Berichtigung von Irthümern anzuordnen blieb (Verordn. vom ı2. Dezember 1364 G.-S. S. 683). Für die östlichen Provinzen hatte die Anweisung vom ı$. Januar 1964 das be- sondere Untervertheilungsverfahren schon durch Bestimmungen geregelt, welche in die Verordnung vom 12. Dezember 1964 (S. 673) übergingen. Die Ermittelung der Besitzer geschah hier mit Hülfe von Hypothekenbuchauszügen durch örtliche unter die Leitung der Veranlagungs- (Ausführungs-) Kommissare gestellte Verhandlungen des Feldmessers mit sämmtlichen in der Gemarkung betheiligten Wirthen. Die Feststellung, mit welcher meist die Aufmessung der neu ermittelten Eigenthums- grenzen verbunden wurde, nahm in jeder Gemeinde einen oder einige Tage in Anspruch, und konnte gröstentheils schon im Laufe des Jahres 1364 erledigt werden. Für die Berechnung des Reinertrages wurde keine neue Schätzung vorgenommen, dagegen ordnete das über die definitive Untervertheilung für die östlichen Provinzen ergangene Gesetz vom $. Februar 1867 (G.-S. S. 185) im Reklamationsverfahren eingehende Untersuchungen und eine ausgleichende Vertheilung durch besondere Kommissionen an. Nummer des Bezeichnung Jahres- Gemarkung Klasse Separations- art inhalt ertrag | Grund- Juhreang des Kturbuches an den r 44 I. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. Dieses Gesetz erledigte zugleich den Vorbehalt des $ g des Gesetzes vom 21. Mai 1861, indem es für alle Provinzen binnen bestimmter Frist Beschwerden wegen Ueber- bürdung ganzer Bezirke um mehr als den 4. Theil zuliess, und auf begründet befundene die entsprechende Absetzung der Steuer zusicherte. Um die Bücher und Karten bei der Gegenwart zu erhalten, ist für jeden Kreis ein Fortschreibungsbeamter angestellt, welcher Kenntniss von allen Veränderungen erhält, und sowohl Eigenthumswechsel und Dismembrationen, als den Uebergang grundsteuer- pflichtiger Grundstücke in die Klasse der grundsteuerfreien oder gebäudesteuerpflichtigen oder unbesteuerten und umgekehrt, sowie Aenderungen der Bezirksgrenzen oder entdeckte materielle Irrthümer entsprechend einzutragen hat. 6. Kosten. Die Vortheile einer Landeskatastrirung sind genügend anerkannt, es kommt für die Be- urtheilung wesentlich darauf an, ob sie mit verhältnissmässig zu hohen Kosten erkauft sind. Die Kosten der preussischen Grundsteuerregulirung zerfallen: a. in die der Vertheilung der Gesammtgrundsteuersumme auf die Provinzen, die Kreise und die einzelnen Gemeinde- und selbstständigen Gutsbezirke; b. in die Kosten der Untervertheilung der für die Gemeinden festgestellten Grundsteuersummen auf die einzelnen Grundstücke. Erstere stehen bereits fest und fallen nach dem Gesetz vom 8. Februar 1867 (G.-S. S. 185) dem Staat zur Last; letztere, die sich vorläufig nur überschlagen lassen, sind von den betheiligten Grundbesitzern binnen ro Jahren dem Staate zu erstatten. Die zu a. gedachten Kosten sind nachstehend zusammengestellt, und ist dabei den verschiedenen Rategorieen derselben der verhältnissmässige Antheil an den General- kosten und den auf 50647 Thlr. berechneten Kosten für Formulare und sonstige Druck- kosten vorab hinzugesetzt worden (Zeitschr. des Königl. statistischen Büreaus 1866, No. r bis 3, $. 23). A. B. C. Kosten Kosten Kosten der geschäftlichen des geometrisch- des ökonomisch- Leitung technischen Theils f technischen Theils Zusammen Provinz der Veranlagungs- | des Veranlagungs- | des Veranlagungs- arbeiten werkes werkes auf den auf den auf den auf Thlr. Morgen Thlr. Morgen Thlr. Morgen Thlr. den Morgen Pf. Pf. Pf. Ser. Preussen 202 765| 3,0 782 461 582 221 1 567 447 Pommern 97535 | 3» | 423 839 218 472 739 846 88787 | 2,8 | 334 301 253 608 676 696 Brandenburg ...| 124576| 29 500 874 389 829 I 015 279 Schlesien 159737 3,7 728 013 418 944 1 306 694 Sachsen 126 977 | 46 351325 288 801 767 103 Oestl. Provinzen .| 800577 | 3,2 13120813| 12,712 151 875 6.075 065 Westfalen... ... 96688 | 4,4 50249| 23| 321310| 1461 468247| ı 9,3 Rheinland ..... 137 842 | 4,7 147 929| 5,11 491234| 1681| 777005| 2 | 2,6 Westl. Provinzen .| 234550| 4,8 198178| 3,91 812544| 159]1245252| 2 | 04 Ueberhaupt . .... .1/1034907 | 3,5 13318991 | 11,112964419| 10,|7518517| 2 | 0,6 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. 45 Unter A. sind alle Kosten zusammengefasst, welche durch die Besoldung der Beamten der Centralverwaltung, durch die Remunerirung der Bezirks- und Veranlagungs- kommissarien und der Bureaubeamten, ferner durch die Dienstreisen der Beamten der Centralverwaltung, der Bezirks- und Veranlagungskommissarien, endlich durch die Unter- haltung der Bureaus u. s. w. entstanden sind; unter B.: die Tagegelder und Reisekosten der Mitglieder der Centralkommission, sowie der Bezirks- und Veranlagungskommissionen, der Forstsachverständigen, der bei der Einschätzung thätig gewesenen Feldmesser und Vermessungsgehülfen, endlich die sonstigen Kosten der Ab- und Einschätzungsarbeiten; unter C.: die Remunerationen und Reisekosten u. del. der Obergeometer, die Diäten u. dgl. der Gehülfen der letzteren, die Gebühren der Feldmesser für Anfertigung der Gemarkungskarten und Flächeninhaltsberechnungen (in den 6 östlichen Provinzen) und für Anfertigung der Register, sowie die sonstigen Kosten der geometrischen Arbeiten. Die geringeren Kosten der geometrischen Arbeiten in den westlichen Provinzen unter B. erklären sieh durch das bereits vorhandene Kataster, die höheren der Ein- schätzung zu ©. durch den grösseren Wechsel der Bodenbeschaffenheit und die grosse Zerstückelung des Landes in Kulturarten und Besitz. Stellt man die Kosten der allgemeinen Veranlagung mit denen der Untervertheilung, wie sich letztere nach binreichend sicheren Ueberschlägen berechnen, zusammen, so er- giebt sich nachfolgende Uebersicht: Kostenbetrag | Kostenbetrag für eine D]Meile || für einen Morgen Kosten \ Kosten der ul der allgemei- Zu- R Unter- Provinz nen - ver- 8 : | i- so) Veranla- a Ver- | = sammen || Yer 5 sammen | theilung agung | (Sp. 4) |anlagung | | (Sp. 4) VER Thir. |jSgr. Pf. | Ser. Pf. |Ser. Pf. 7.98: 9 Preussen... . .[1567447| 395355 | 1962 802| 1388| 349 | 1737 |1. ı1,2| o Pommern....| 739845| 165019| 9048641 1352| 302 | 165411. 10,6| o, Hosenlaner. = 213 909 | 8go606| 1289| 407 | 1696 |I1. 9,5] o Brandenburg. .|1015280| 384 949|1400229| 1403 | 531 | 1934 ||1. 11,4 o Schlesien... .|1306694 | 653 817 | 1960511] 1788| 894 | 268212. 5,8| 1. Sachsen .....| 767102) 395 891 |1 162993 | 1675 | 864 | 253912. 3,9| 1. 2,4 0. ee) () 0 [c> Es [o >) a (Ne) SI Oestl. Provinzen 16 073 065 | 2208 940 | 8282005] 1474| 536 | 2010 12. 0,8 Westfalen ...| 468 247. 33052| sor299| 1276| go | 1366||r. 93 Rheinproyinz. .| 777005| 50014 27 019| 1596| 103 | 169912. 2,6 Westl.Provinzen | / 245 252 83.066 |1328318| 1461| 97 | 15582. 03 Ueberhaupt. . .|7 318317 |2 292006 |9610323| 1473 461 | 1 9342. 06 0. 7,7 u . Alle Schätzungs- und Kartirungsarbeiten, welche nur zum Zweck der Unter- vertheilung vorgenommen wurden, namentlich auch in den westlichen Provinzen die BP LH DWERDPH . *) Zur Vergleichung der Kosten anderer Katastrirungen, theils in Preussen selbst, theils in den Nachbarstaaten, ist nachstehend nach der erwähnten Zeitschr. (S. 25) zusammengestellt, wie hoch sich dieselben auf einen preussischen Morgen belaufen haben, und zwar A. für die Vermessungsarbeiten, B. für die Abschätzungsarbeiten, C, für die Aufstellung der Kataster, a 46 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. A. Grundsteuer. erwähnte besondere Einschätzung der Katasterparzellen, sind als Untervertheilungskosten besonders ausgeworfen worden. Kosten der Anfertigung der Flurbücher und Mutterrollen zu rechnen. %4 aller Untervertheilungskosten aber sind auf die die Anfertigung von Duplikaten der Karten, bezüglich für deren Vervielfältigung durch Litho- graphie u. dgl., D. im Ganzen genommen. D an pw 14. 15. 16. . Sachsen, Königreich (1835 — 1843) . Baden (1852 — 1862) . Hessen, Kurfürstentum (1834 — 1848) . Oldenburg (1836 — 1865) . Braunschweig (1849— 1857). . Preussen, östliche Provinzen, neue Veranlagung in den’ Jahren 1861 — 1865 . Preussen, westliche Provinzen, erste Katastrirung in den Jahren 1818— 1834 . Preussen, Hohenzollern-Hechingen (1859 — 1865) . Oesterreich (1817 — 1856) . Baiern (von 1807 ab) . Hannover (1817 — 1826). (Die Vermessungsar- beiten bestehen lediglich in der geometrischen Ueberschlagung einer Fläche von 276 DJMeilen. Die Abschätzung beruht auf ganz summarischen Ermittelungen): a. Für die geometrisch überschlagene Fläche. b. Für die Gesammtfläche . Württemberg (rg18— 1850). (In Betreff der Ab- schätzungsarbeiten fehlen die Angaben.)..... (Eine Abschätzung ist nicht ausgeführt.) . Hessen, Grossherzogthum (von 1824 ab)..... (Die Abschätzung ist nur eine summarische). Es sind nur 3,2 pCt. der Fläche neu gemessen, vielfach Karten nicht gefertigt, die Separations- ergebnisse in ausgedehntem Masse benutzt. a. Wirklich enstandene Kosten b. Bei Nichtbenutzung der Separationsboniti- rungen wären Kosten entstanden Sachsen-Koburg (bis 1865) (Eine Abschätzung ist nicht ausgeführt.) Waldeck-Pyrmont 1851 — 1863 Schwarzburg-Sondershausen (von 1853 ab)... (Eine Abschätzung ist nicht ausgeführt.) Bear- beitete Fläche A. OMeil. | ser. Pr Die Zusammenstellung mit der hier allein vergleichbaren neuen Katastrirung der öst- lichen Provinzen zeigt, wie erheblich geringer trotz einer Aufwendung von 8", Millionen Thalern die Kosten der letzteren gewesen sind, selbst wenn dabei nicht ausser Betracht ge- lassen wird, dass die Flächenermittelung auf keine vollständige Vermessung, sondern zum grossen Theil auf Kopirung begründet war. U. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer.' 47 B. Das Gebäudesteuerveranlagungswerk, Die Gebäudesteuer ist ihren allgemeinen Gesichtspunkten nach als eine noth- wendige Ergänzung der Grundsteuer gedacht. Sie soll nach dem bezüglichen Ge- setze betreffend die Einführung einer allgemeinen Gebäudesteuer vom 21. Mai 1861 (G.-S. No. 5380, S. 317) die Gebäude und die unmittelbar als Pertinenz der Häuser aufgefassten Grundstücke der Hofräume und Hausgärten, soweit letztere nicht ı Morgen an Fläche übersteigen und deshalb zur Grundsteuer veranlagt sind, nach Massgabe ihres jährlichen Nutzungswerthes erfassen. Dies soll der Absicht nach ungefähr in dem gleichen Grade geschehen, in welchem die Grundsteuer die sonstigen Liegenschaften zu den Staatslasten heranzieht. Dem Entwurfe des Grundsteuergesetzes lag die Annahme zu Grunde, dass der Betrag von ıo Millionen Thlrn. jährlich, welcher vermittelst der Grundsteuer aufgebracht werden sollte, etwa g pCt. des zu ermittelnden Reinertrages der Grundstücke in Anspruch nehmen werde. Da die Gebäude nicht nach dem Rein- ertrage, sondern nach dem Bruttonutzungswerthe besteuert werden sollen, so musste, um ein richtiges Verhältniss zum Reinertrage der Grundstücke herzustellen, im Steuer- satz eine den Unterhaltungskosten, der Abnutzung der Gebäude und der Amortisation des Baukapitales entsprechende Ermässigung herbeigeführt werden. Es schien angemessen, diese mit der Hälfte des Bruttonutzungswerthes in Anschlag zu bringen. Der Satz von 4 pCt. des geschätzten Werthes der Wohngebäude entspricht also den Voraus- setzungen nach dem Satze von g pCt. des Reinertrages der durch landwirthschaftlichen Anbau genutzten Grundstücke. Die Steuer soll indess nicht alle Gebäude gleichmässig treffen. Den Gebäuden, welche vorzugsweise zum Bewohnen und nur in Ansehung einzelner Räume zu gewerblichen Zwecken, z. B. zu Kauf- und Kramläden, Werkstätten u. s. w. benutzt werden, auch den Schauspiel-, Ball-, Bade-, Gesellschaftshäusern und ähnlichen den Wohnhäusern gleich geachteten, mit 4 pCt. des Nutzungswerthes zu besteuernden Gebäuden ($ 5, 1, S. 318), werden solche Gebäude gegenübergestellt, welche ausschliess- lich oder vorzugsweise zum Gewerbebetriebe dienen, namentlich Fabriken und Manufaktur- gebäude, Ziegel-, Kalk- und Gypsbrennereien, Brauereien und Brennereien, Hammer- und Hüttenwerke, Schmieden und Schmelzöfen, Dampf-, Wasser- und Windmühlen, ebenso solche Keller, Speicher, Remisen, Scheunen und Ställe, welche als selbstständige Gebäude betrachtet werden müssen, und nicht zur Benutzung für die Landwirthschaft und Fabriken bestimmt sind, Alle diese Gebäude sind nur mit 2 pCt. ihres Nutzungs- werthes zur Steuer herangezogen worden, und es kommt bei ihnen nur der Miethswerth des räumlichen Gelasses, ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Triebwerke oder die darin befindlichen Maschinen oder Geräthschaften in Betracht ($ 5, 2, S. 319). Diejenigen unbewohnten Gebäude ($ 3,7, S. 318), welche nur zum Betriebe der Landwirthschaft, z. B. zur Unterbringung des Wirthschaftsviehes, der Wirthschafts- geräthe, der Bodenerzeugnisse u. s. w. bestimmt sind; nicht minder solche zu gewerb- lichen Anlagen gehörige Gebäude, welche nur zur Aufbewahrung von Brennmateralien und Rohstoffen, sowie als Stallung für das lediglich zum Gewerbetriebe bestimmte Zug- vieh benutzt werden, und die zu Entwässerungs- oder Bewässerungsanlagen dienenden unbewohnten Gebäude ($ 3, 3), sind in Rücksicht auf die anderweite Besteuerung des 48 "II. Grund- und Gebäudestenerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. landwirthschaftlichen und gewerblichen Betriebes gänzlich von der Grundsteuer befreit geblieben. . Eine bestimmte Summe, welche die Höhe der Gebändestener besrenzen sollte, wie eine solche für die Grundsteuer auf ıo Millionen Thaler festgesetzt war, wurde nicht ausgesprochen, weil es sich zu wenig übersehen liess, welcher Schätzungswerth sich für die Gebäude des gesammten Staates herausstellen werde, und eine feste Summe Ueberlastungen oder wenigstens Ungleichmässigkeiten gegen die grundsteuerpflichtigen Liegenschaften befürchten liess. In dem Zwecke, alle Ungleichmässigkeiten der Besteuerung zu beseitigen, steht die Gebäudesteuer der Grundsteuer völlig gleich. Es sind durch die neue Steuer ($ 2, S. 317) alle Grund- und Hausstenern und grundsteuerartigen Abgaben für den Staat aufgehoben, welche bisher auf den einzelnen zur Gebäudesteuer gezogenen Reali- täten, auf den in den Städten oder deren Feldmarken befindlichen Gebäuden, oder auf den Städten im Ganzen ruhten. Sowohl der oben gedachte städtische Servis, als die nach dem Gesetz vom ı. August 1355 (G.-S. S. 579) oder nach früheren Spezial- verträgen statt der Verpflichtung zu den Kriminalkosten aufgelesten Renten, fallen weg. Befreit von der Gebäudesteuer bleiben ausser den vorgedachten, zum Betriebe der Landwirthschaft, der gewerblichen und der Ent- und Bewässerungsanlagen dienenden unbewohnten Gebäuden nur ($ 3, 8. 317): 1. die Gebäude, welche sich im Besitz der Mitglieder des Königlichen Hauses oder eines der beiden Hohenzollernschen Fürstenhäuser befinden, oder zu den im Besitz des Staates befindlichen Gütern gehören, desgleichen die zu den Standesherrschaften der vormals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen in dem durch $ 24 der Instr. vom 20. Mai ıg20 (G.-S. S. g1) bezeichneten Umfange gehörigen Gebäude, sofern nicht die gedachten Fürsten und Grafen in besonderen Verträgen auf die Grund- steuerfreiheit verzichtet haben; 2. die Gebäude, welche dem Staate, den Provinzen, den kommunalständischen Ver- bänden, den Kreisen oder. den Gemeinden, resp. zu selbstständigen Gutsbezirken gehören, insofern sie zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauch bestimmt sind, insonderheit also die zum Gebrauche öffentlicher Behörden oder zu Dienst- wohnungen für Beamte besimmten Gebäude, als Militair-, Regierungs-, Justiz-, Polizei-, Steuer- und Postverwaltungsgebäude, Kreis- und Gemeindehäuser, sowie Bibliotheken und Museen; Universitäts- und andere zum öffentlichen Unterrichte bestimmte Gebäude; 4. Kirchen, Kapellen und andere dem öffentlichen Gottesdienste gewidmete Gebäude, sowie die gottesdienstlichen Gebäude der mit Korporationsrechten versehenen w Religionsgesellschaften; die Diensthäuser der Erzbischöfe, Bischöfe, der Dom- und Kurat- oder Pfarr- geistlichen und sonstiger mit geistlichen Funktionen bekleideter Personen der mit nn Korporationsrechten versehenen Religionsgesellschaften; ferner die der Gymnasial-, Seminar- und Schullehrer, der Küster und anderer Diener des öffentlichen Kultus; Armen-, Waisen- und Krankenhäuser, Besserungs-, Aufbewahrungs- und Gefängniss- anstalten, sowie Gebäude, welche milden Stiftungen angehören und für deren Zwecke unmittelbar benutzt werden. Für die Veranlagung der Gebäudesteuer, welche unter Leitung der Bezirks- regierungen stattfand, waren Veranlagungsbezirke gebildet, die den Kreisen entsprachen, = II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. 49 soweit nicht wegen einzelner Städte Ausnahmen stattfanden. In jedem dieser Bezirke war eine Veranlagungskommission unter dem Vorsitze eines Ausführungskommissars eingesetzt ($ 9, S. 320). Die Zahl der Mitglieder derselben wurde mit Rücksicht auf den Umfang des Veranlagungsbezirks und die Anzahl der dazu gehörigen Städte von der Bezirksregierung bestimmt, und diese Mitglieder wurden für den Landkreis von der kreisständischen Versammlung, die für die Städte berechnete verhältnissmässige An- zahl aber von den Stadtverordnetenversammlungen gewählt. Die Organisation war im übrigen der der Grundsteuerveranlagungskommissionen sehr ähnlich, und eine grosse Anzahl Mitglieder war bei beiden Kommissionen betheiligt. Die Gebäudesteuerveranlagung konnte zum Theil in denjenigen Zeiten des Jahres vorgenommen werden, in denen wegen Frost, Nässe oder hohem Stande der Feldfrüchte die Grundsteuereinschätzungen un- thunlich waren. Die Gemeindevorstände hatten den Veranlagungskommissionen, nöthigenfalls aus Grund spezieller, von Haus zu Haus vorzunehmender Erhebungen genaue Nachweisungen und Beschreibungen der in ihrem Gemeindebezirke vorhandenen ‚Gebäude nach den um- stehend S. 5o folgenden für die Städte und das platte Land verschiedenen Schematen aufzustellen, welche soweit als thunlich auszufüllen waren. Diese Schemata ergeben den gesammten Gang des Verfahrens. Die Veranlagungs- kommission gewann aus ihnen ein Verzeichniss aller überhaupt im Orte vorhandenen Gebäude. Die für die Steuerveranlagung erheblichen näheren Angaben hatte sie durch kommittirte Mitglieder auf ihre Genauigkeit zu prüfen, und wo der Gemeinde- vorstand sie nicht zu geben vermochte, durch besondere Ermittelungen nachzutragen. Endlich hatte sie in derselben Nachweisung den ihren Beschlüssen nach anzunehmenden Nutzungswerth und die Steuerstufe zu verzeichnen, und schliesslich die Nachweisung durch eine dem Schema ebenfalls beigegebene Zusammenstellung zu vervollständigen, welche für die gesammte Ortschaft die verschiedenen vorgefundenen, nach der Besteuerung zu 4 pCt. oder zu 2 pCt. geschiedenen Steuerstufen, den Steuersatz, die Anzahl der dazu veranlagten Gebäude und den Gesammtjahresbetrag der Steuer übersehen liess. Alle Behörden, Gemeinden und Privatpersonen waren verpflichtet ($ 13, S. 322), die in ihrem Besitz befindlichen Zeichnungen, Risse, Pläne, Taxen und sonstigen Schriftstücke, welche für die Veranlagung von Nutzen sein konnten, auf Erfordern vor- zulegen. Zum Theil konnten auch schon die Flächenermittelungen und Einschätzungen der Grundsteuer benutzt werden, um die Angaben über Grösse und Ertrag der zu den einzelnen Gebäuden gehörigen Besitzungen näher zu prüfen. — Den Tarif für die Einschätzung des Nutzungswerthes giebt das Gesetz (G.-S. S.326) selbst. Die 1. Stufe ist bis 4, die 2. bis 6, die 3. bis 8, die 4. bis ı2, die 5. bis r5 Thlr. jährlichen Nutzungswerthes festgesetzt; zwischen der 5. und r2. (bis 50 Thlr.) steigt jede Stufe um je 5 Thlr., zwischen der ı2. und 17. (bis ı00 Thlr.) um je 10 Thlr., zwischen der 17. und 22. (bis 200 Thlr.) um je 2o Thlr., zwischen der 22. und 30. (bis 400 Thlr.) um je 25 Thlr., zwischen der 30. und 42. (bis roco Thlr.) um je so Thlr.; über diese bis 2000 Thlr. steigt jede Stufe um je r00 Thlr., und weiter um je 200 Thlr. Trifft der ermittelte Nutzungswerth zwischen zwei Stufen, so ist das Gebäude zu der niedrigeren einzuschätzen (G.-S. S. 318, $ 4). Im allgemeinen soll bei jedem räumlichen Gelasse der örtliche Miethswerth der Anhalt für die Einschätzung sein, und dabei sollen Hofräume und Hausgärten nicht Boden d, preuss. Staats. 4 50 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. Oertliche Bezeichnung der Besitzung Gattun Nähere Bezeichnung und Grösse der Hofräume, & f der Name, Gebäudeflächen und Hausgärten der An- Beschreibung Ba Lau.| Besitzung | Vornamen nach dem Kataster Gebäude ht Baulicher Bauart der adt- za = | d d Gebäude . |fen- l hi DT TI TERNeT] HR 1 Zustand der E emein- N = 5 & | Stand Artikel Nummer Bezeichnung r Tafakatuge. ie) den Strasse, | des der der Stock- der in denselben No. Plat 1% Eigenthü- | Grund- = Grösse Hofräume kr Gebäudes wände enthaltenen atz |No. eslns R werke : mers = = und Räume u.S. W. mutter-| & & 5 alle = = Hausgärten u. S. W. [= = |Morg |Q.-R.\Fuss 5. ,].6..] | 8.19:110:] | 15. EEE nn —— Bezeichnung der Besitzung Gaktın Banart Nähere und Grösse der Hofräume, & Beschreibung Name a = 2 der Ortsübliche ’ Gebäudeflächen und Hausgärten Y An- der Lau. Vornamen nach dem Kataster Gebäude Baulicher | einzelnen Gebäude Bezeich- zahl [> | Plattes | fen- und en und E Zara unter Angabe | a nung Stand Artikel Nummer Bezeichnung | der z der heizbaren Land e = des der des der der Stock] & und No. a -llgtrand- | 2 Grösse x = er Gebäudes nicht heizbaren Besitzung Eigenthü- | "run | © Hoft&um& werke|l & E Zi steuer- | = S < 5) immer mers = | = uud f=1 = mutter-| & eu E D A und rolle | 5 | 5 | Hansparien 5 3 Kammern |» org. |O-R.|uss =) = Te: 5. [.6. | 7..1.8.1.8. TS NE 14 | 15. Die Kolonnen 5—ıo für die Städte und 4-9 für das platte Land sind nach dem alten theinisch-westfälischen Kataster auszufüllen. Für die östlichen Provinzen, welche ähnliche Angaben bisher niedriger als zum Doppelten desjenigen Betrages geschätzt werden, welcher bei der Veranlagung zur Grundsteuer ihren Reinertrag gebildet haben würde. Auch sollen die mit einem Gebäude verbundenen besonderen Berechtigungen oder Lasten nur so weit berücksichtigt werden, als dieselben den Miethswerth erhöhen oder erniedrigen. Die Schwierigkeiten der Veranlagung konnten danach da, wo in der Regel Ver- miethungen stattgefunden hatten, nicht bedeutend sein, sie mussten aber, was das Gesetz scharf ins Auge fasst, in allen den Fällen mehr oder minder erheblich werden, in denen, wie für die überwiegende Zahl der ländlichen und gewerblichen Gebäude, ein Mieths- werth, der sich nur auf die Räume selbst bezieht, vom Eigenthümer niemals berechnet wird, und auch kaum von ihm angegeben werden kann, Es sind deshalb vom Gesetz selbst schon, wie die beiden Schemata zeigen, die Ortschaften in solche, in denen ein Miethswerth der Wohngebäude im allgemeinen fest- steht, und in solche, in denen dies nicht der Fall ist, geschieden worden, zugleich aber sind auch die Gebäude nach der grösseren oder geringeren Leichtigkeit der Werths- ermittelung in Kategorien zusammengefasst und gesonderte Bestimmungen für jede der- selben ertheilt worden, welche die Ausführungsinstruktion mehrfach eingehender aus- bildete und ergänzte (Anweisung vom 14. Oktober 1962 zur Ausführung des Gesetzes, II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. 51 Nach dem Beschluss | Nach dem Gut- Innerhalb Seit dem Jahre 1853 | achten des Ge-| Der ee des Zeitraums Der der Veranlagungskommission - = meindevorstan-| ;; der der Jahre jährliche S S ähr- J ist ‚an .Miathe des ist der jähr- 7 4 Gesellschaft, | 1853 bis 1862 |Nutzungs x Gemd gezahlt worden liche Mieths- iche [bei welcher, | einschliesslich | werth Jahresbetrag werth derjenigen] Durch- und ist das Gebäude| beträgt der Steuer der Räume, für |sehnitts- S verkauft nach dem| jähr- | welche ein wirk-| . ARSESENN worden Gut- ß Bemer- | etwaigen = lich gezahlter | mieths-| für welche achten | cher Steuer- |Bezeich-| = „ Mietliswerth | werth [das Gebäude des Nut- | Steuer-| nach n nach |kungen i nung \35| Be- nicht hat beträgt gegen | Gemein- zungs-Instulen If zul|$5zu2 freiheit PIE: ermittelt werden Feuers- 2 . de- > zu zu des or | trag ko dem- im | für Torkt h o, Bi, Önnen, gefahr vorstan- | wert 4 nCt 2 pCt Gebäude-| S 3 anzunehmen nach ° r | des P pP hei =] Am versichert | Jahre | Thaler | E ist | | | Fr Thir. Thir. Thlr. | Thlr. Thlr. Thlr.| Sgr.|ThIr | Sgr. 98.|29.| 30.|31.| 32. Der % Ist das Gebäude Innerhalb des Nach dem Beschluss zur Besitzung zehnjährigen Zeitraums] Angabe Der der Veranlagungskommission | Anzahl vom Jahre 1853 bis 1862 der jährliche an Personen ehörigen a 2 5 a S R ne vermiethet, einschliesslich Gesellschaft, |Nutzungs- Jalresbe # Grund + | jien Bu zen die weder zur | ist von dem Gebäude | bei welcher, | werth ahresbetrag » | Grundstücke E vermiethet gewesen beträgt der Steuer wel- Bewirthschaf- und “% der a 3 3 nach dem| jähr- chen tung der Summe, Gut- A Bemer- etwaigen das der Besit | > | für welche achten licher | A, 5 Gebäu- 2 esi a Ne | a dasigehaude das Nut- Steuer- nach nach kungen | euer. de : | bestimmt sind Mage JENE i $5zu1lS$ 2 | Woh Rein- > an | 55 gegen Gemein-| „unes- | stufe [S? zul |S 5zu2 | freiheit ne Grösse noch | z = | lich Reuerk- de- 8 Ar an | äu- 3 R | En ertrag Sm Dsenste äu Eee gefahr er werth 4 pCt. 9 pCt. | währt des Besitzers men As versichert = | stehen? E ist | | Morgen | Thlr. | 2 Thlr. Thlr. Thlr. Thlr.| Sgr. |Thir. | Szr | So mare 20... 21. 1-22. |:8.| 2% 2]. 3. 1.26. 127..-|28.]29.|30.]31.] 32. nicht besassen, tritt deshalb an Stelle dieser Kolonnen nur eine einzige: „Bezeichnung der Besitzung nach dem Hypothekenbuche.“ betreffend die Einführung einer allgemeinen Gebäudesteuer, Mstbl. für die innere Ver- waltung 1862 S. 333). Neben dem Endergebnisse der Veranlagung nehmen die Grundsätze für die Fest- Feststellung des Nutzungswerthes und die bei der Ausführung praktisch berücksichtigten Gesichtspunkte das Hauptinteresse in Anspruch. Im Anschluss an die mitgetheilten Schemata ist das Ausführungsverfahren im übrigen in hohem Grade einfach. ı. Die Ermittelung des Nutzungswerthes der Gebäude in den Städten sowie in denjenigen ländlichen Ortschaften, in welchen eine überwiegende Anzahl von Wohngebäuden regelmässig durch Vermiethung benutzt wird. In Städten und anderen Ortschaften, die eine näher zusammengedrängte, gewerb- treibende Bevölkerung besitzen, und in denen eine grössere Zahl von Gebäuden durch Vermiethung regelmässig genutzt wird, bieten die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erzielten Miethspreise genügenden Anhalt, um nach ihnen den Nutzungswerth auch der- jenigen demselben Orte angehörigen Häuser, welche durch Vermiethung nicht benutzt 4* 52 I. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. werden, mit ausreichender Sicherheit zu bemessen. Als den in Betracht zu ziehenden Zeitraum hat das Gesetz die dem Veranlagungsjahr unmittelbar vorangegangenen zehn Jahre von 1853 bis 1862 festgestellt. . Für alle diejenigen Gebäude, welche während der Jahre 1853 bis 1862 einschliesslich oder während einzelner dieser Jahre ganz vermiethet waren und für welche die innerhalb des zehnjährigen Zeitraumes wirklich gezahlten Miethspreise zu ermitteln waren, ist nach dem Durchschnitt der letzteren der mittlere jährliche Bruttomiethswerth zu berechnen und dem entsprechend die Steuerstufe festzustellen gewesen. Wenn in der betreffenden Stadt oder Ortschaft oder in einzelnen Theilen derselben im Laufe der Jahre 1953 bis 1862 die Miethswerthe der Gebäude erheblich gestiegen oder gefallen sind, so ist bei der Einschätzung derjenigen Baulichkeiten, hinsichtlich deren nur für einzelne Jahre gezahlte Miethspreise haben ermittelt werden können, der durchschnitt- liche Miethswerth höher oder niedriger in Ansatz gebracht worden. Für diejenigen Gebäude, welche nur zum Theil vermiethet gewesen sind, war der durchschnittliche Nutzungswerth derjenigen Theile, in betreff deren ein wirklich gezahlter Miethspreis nicht vorliegt, im Verhältniss zu den bekannten Miethspreisen der übrigen Theile abzuschätzen. Entsprechend ist der Nutzungswerth derjenigen Gebäude, für welche ein während der Jahre 1853 bis 1862 gezahlter Miethspreis sich nicht feststellen liess, unter Berücksichtigung ähnlicher in derselben Stadt oder Ortschaft befindlicher Gebäude angeschlagen worden. Haben in einer Stadt oder Ortschaft wirklich gezahlte Miethspreise nur für so wenige Gebäude ermittelt werden können, dass im Vergleich mit den letzteren die Ein- schätzung der übrigen Gebäude auf dem vorbezeichneten Wege nicht erfolgen konnte, oder war die Höhe der Miethspreise von Umständen bedingt, welche in jedem Jahre zu wechseln pflegen, wie in Badeorten, in welchen die Höhe des Miethsziuses jährlich nach der Anzahl der Badegäste wechselt, so ist zunächst nach billigem Ermessen der Nutzungswerth der schlechtesten in der Stadt oder Ortschaft befindlichen Gebäude fest- gestellt, und demnächst im Vergleich mit den letzteren die Einschätzung der übrigen Baulichkeiten von den minder schlechten zu den besseren und besten aufsteigend be- wirkt worden. Wo es rathsam erschien, sind die Schätzungskommissionen vorher mit der Aufstellung von Mustergebäuden für die hauptsächlichsten Abstufungen vorgegangen. Bei Einschätzung von Gebäuden ganz ungewöhnlicher Beschaffenheit — Schlössern, Villen und ähnlichen — für welche der Massstab eines Miethswerthes durch Vergleichung mit anderen Gebäuden am Orte nicht zu finden war, ist auf den Grad der Möglichkeit, das Gebäude zum gewöhnlichen Gebrauche und zur Vermiethung nutzbar zu machen, sowie auf die nach den Verhältnissen des Ortes sich darbietende Gelegenheit, die um- gestalteten Räume zu vermiethen, besondere Rücksicht genommen worden. Ausserhalb des eigentlichen Beringes der Stadt oder Ortschaft belegene, zum Kommunalverbande der letzteren gehörige, bewohnte Gebäude wurden in der Regel verhältnissmässig niedriger eingeschätzt, als Gebäude von ähnlicher Grösse und Beschaffenheit im Innern der Stadt oder Ortschaft. Schauspiel-, Ball-, Gesellschaftshäuser, Gasthöfe und ähn- liche Gebäude sind zum Zwecke der Einschätzung mit gewöhnlichen Wohnhäusern nach billigem Ermessen in Vergleich gezogen worden. Die Schätzung des steuerbaren Nutzungswerthes der mit Zwei vom Hundert desselben heranzuziehenden, ausschliesslich oder vorzugsweise zum Gewerbebetriebe dienenden Gebäude hat in vielen Fällen ganz besondere Bedenken gehabt, weil auch in - II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. 53 Städten Gebäude dieser Art entweder gar nicht, oder nur in Verbindung mit den dazu gehörigen Triebwerken und Maschinen vermiethet zu werden pflegen. Dieser Schwierig- keit ist in der Mehrzahl der Fälle durch eine mittelbare Vergleichung abgeholfen worden. Es wurden a. die Baukosten entsprechender Wohngebäude, d. i. solcher von mittlerer, gemein- gewöhnlicher Beschaffenheit in derselben Stadt, b. die Miethswerthe dieser Wohngebäude, c. der Prozentsatz, welchen die Summe der Miethswerthe zu b. von der Summe der _ Baukosten zu a. ausmacht, und d. die Baukosten des einzuschätzenden gewerblichen Gebäudes ermittelt. Die Anwendung des zu ce. gedachten Prozentsatzes auf die Baukosten zu d. ergab dann den Nutzungswerth für das fragliche Gebäude. Da auf diese Weise der Nutzungswerth für die gewerblichen Gebäude zu keinem höheren Prozentsatze ihres Anlagekapitals berechnet wurde, als die Miethswerthe der Wohngebäude von dem gleichen Anlagekapitale erreichen, durfte das Resultat dieses Verfahrens als ein ange- messenes und billiges angesehen werden. 2. Die Ermittelung des Nutzungswerthes der Gebäude in den- jenigen ländlichen Ortschaften, in welchen es an einer über- wiegenden Anzahl von Wohngebäuden, welche regelmässig durch Vermiethung benutzt werden, fehlt. Für alle diejenigen Ortschaften, in welchen ein bestimmter Miethswerth für die Gebäude auf regelmässig stattgefundene Vermiethungen nieht zurückgeführt werden konnte, war ein anderer Besteuerungsmassstab aufzusuchen, mittelst dessen die Veran- lagung der ländlichen Gebäude in ein nach Möglichkeit richtiges Verhältniss zu der den städtischen Gebäuden aufgelegten Steuer gesetzt, zugleich aber neben den Vortheilen einer einfachen und zuverlässigen Ausführung die Einziehung der Steuer genügend sicher- gestellt werden konnte. Die Bauart, Beschaffenheit und Einrichtung eines ländlichen Wohngebäudes wird in der Regel durch den Umfang, Ertragswerth und die Bewirthschaftungsart der zum Gute gehörigen Grundstücke bedingt, und unter sachgemässer Berücksichtigung der hierauf bezüglichen Eigenthümlichkeiten und Gewohnheiten der einzelnen Landstriche ist es sehr wohl statthaft, schon nach dem äussern Ansehen des Wohngebäudes und des dazu gehörigen Gehöftes mit genügender Sicherheit auf die Gesammtverhältnisse der Besitzung zu schliessen. Die Mehrzahl der Abweichungen von diesem Verhältnisse lässt sich aus zufälligen Umständen herleiten, welche, weil sie keine Bürgschaft für ihre Stätigkeit gewähren, bei Bemessung des steuerbaren Gebäudewerthes nur in entfernter Weise in Rücksicht gezogen werden dürfen. Für die Veranlagung einer Haussteuer auf dem platten Lande sind also, wenn dieselbe einen der Gerechtigkeit und Steuersicher- heit entsprechenden Erfolg erwarten lassen soll, die Gesammtverhältnisse der Besitzungen vorzugsweise ins Auge zu fassen. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass, wenn aus dieser Rücksicht die Steuer lediglich von der Höhe des Reinertrages der zu dem Ge- bäude gehörigen Besitzung abhängig gemacht wird, — wie es bei Ausführung des Grundsteuergesetzes vom 2ı. August ıg08 in den ehemals Westfälischen Landestheilen 54 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudestener. geschehen ist, — durch diese Ausschliesslichkeit die Steuer ihres eigentlichen Charak- ters beraubt und in eine Abgabe von den Liegenschaften verwandelt wird. Um in dieser Beziehung innerhalb der Absicht der Steuer, welche die Gebäude als die eigentlichen Steuerobjekte treffen soll, ein sachgemässes Verhältniss zu erreichen, hat das Gebäudesteuergesetz den Umfang sowie die Ertragsfähigkeit der zu den Gebäuden gehörigen oder von denselben aus bewirthsehafteten ländlichen Besitzungen oder nutzbaren Grundstücke einerseits, und die Grösse, Bauart und Beschaffenheit der Gebände andererseits, als die beiden neben einander zu berücksichtigenden Hauptkennzeichen für die Einschätzung der ländlichen Wohngebäude aufgestellt. Der aus den Gesammt- verhältnissen der ländlichen Besitzungen oder der Grundstücke hergeleitete wirthschaft- liche Reinertrag ist als der oberste leitende Massstab festgehalten und darnach die Eintheilung der Tarifstufen in drei Hauptklassen angeordnet worden; die Grösse, Bauart und Beschaffenheit der Gebäude hat die Schätzung in die einzelnen Stufen innerhalb jeder der gedachten 3 Hauptklassen bestimmt. Die erste Hauptklasse ($ 7, S. 319) begreift die Stufen ı bis 6 des Tarifs oder eine Jahressteuer von 4 bis 24 Sgr. In der Regel sind in dieselben diejenigen Wohn- gebäude eingeschätzt, welche zu ländlichen Grundstücken von so geringem Ertrage ge- hören, dass die Besitzer zu ihrem Unterhalte noch anderweiten Verdienst durch Tage- lohn oder ähnliche Lohnarbeit suchen müssen, ingleichen die Wohnhäuser der kleinen Handwerker und Fabrikarbeiter. Zur zweiten Hauptklasse ($ 7,2), d.i. zur 7. bis 22. Stufe und einer Jahressteuer von ı bis g Thaler, gehören in der Regel die Wohngebäude, welche zu solchen selbst- ständigen ländlichen Besitzungen gehören, deren wirthschaftlicher Reinertrag nach unge- fährer Schätzung durchschnittlich weniger als 1.000 Thaler jährlich beträgt. Der dritten Hauptklasse ($ 7, ;) oder den Stufen ı7 bis 37 des Tarifs mit einer Jahressteuer von 4 bis 30 Thaler sind die Wohngebäude zugetheilt, zu welchen solche grössere ländliche Besitzungen gehören, .deren wirthschaftlicher Reinertrag auf ı ooo Thlr. jährlich oder darüber geschätzt wird. Als „selbstständige“ und daher nicht mehr zur ersten Hauptklasse gehörige Be- sitzungen sind diejenigen erachtet, deren Umfang ausreicht, um die Arbeitskräfte einer mit ihren eigenen Händen arbeitenden Familie zu beschäftigen und um so viel Ertrag zu gewähren, dass der Lebensunterhalt der Familie dadurch gesichert ist. Bei der übereinstimmenden Anordnung im Absatz 2 $ 7 des Klassen- und Einkommenstener- gesetzes vom ı. Mai ıg5r (G.-S. S. 193) sind im allgemeinen und sofern besondere Umstände nicht etwas Anderes bedingten, diejenigen Grundbesitzer, welche wegen des Einkommens aus dem Grundeigenthume zur ersten Hauptklasse der Klassensteuer — bis 3 Thaler Jahressteuer — veranlagt sind, auch mit ihren Wohngebäuden der ersten Hauptklasse der Gebäudesteuer überwiesen. Für die 2. und 3. Hauptklasse stellt das Gesetz die „wirthschaftlichen Reinerträge* als Anhalt auf. Dieser wirthschaftliche Reinertrag ist zu unterscheiden von demjenigen Reinertrage, welcher zur Ausführung des Grundsteuergesetzes vom 2ı. Mai 1861 ermit- telt ist. Bei Feststellung des wirthschaftlichen Reinertrages ist der bestehende wirth- schaftliche Zusammenhang der zu einer Besitzung gehörigen Grundstücke und gewerb- lichen Anlagen, der wirkliche Kulturzustand der Grundstücke und die Wirthschaftsart des Eigenthümers zu berücksichtigen, während die Ermittelung des Grundsteuerrein- ertrages das einzelne Grundstück für sich, ohne Rücksicht auf den wirthschaftlichen II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. 55 Zusammenhang mit anderen Grundstücken oder gewerblichen Anlagen, sowie unter An- nahme eines mittleren Kulturzustandes und einer gemeingewöhnlichen Bewirthschaftung ins Auge fasst. Jener, der „wirthschaftliche* Reinertrag nähert sich weit mehr als der letztere dem wirklichen Einkommen des Steuerpflichtigen aus dem Grundbesitze, und von diesem ist das Wohnungsbedürfniss desselben vorzugsweise abhängig. Für diese Beurtheilung des wirthschaftlichen Reinertrages konnten die Klassensteuerrollen und Einkommensteuernachweisungen unter gehöriger Ausscheidung derjenigen Verhält- nisse, welche lediglich bei den letzteren Steuerarten massgebend sind, mit gutem Erfolge zu Grunde gelegt werden, weil es weniger auf eine genaue Ermittelung, als auf eine ungefähre Schätzung des wirthschaftlichen Ertrages des Grundbesitzes ankommen musste, Um eine möglichst genaue, den besonderen Eigenthümlichkeiten einzelner Landes- theile entsprechende Einschätzung in die Klassen und Stufen zu sichern, sind nach den Anordnungen des $ g des Gesetzes (S. 320) die Provinziallandtage über etwaige leitende Merkmale für dieselbe in Berathung getreten. Die Gutachten der Provinziallandtage der Monarchie sind indess übereinstimmend dahin abgegeben worden, das solche Merk- male aus der fast überall von Alters her bestehenden Eintheilung der ländlichen Be- sitzungen nach Bauern, Halbbauern, Gross- und Kleingärtnern, Kossäthen, Häuslern, Kolonen, Köttern, Brinksitzern u. s. w. zur Zeit nicht mehr zu entnehmen seien, dass vielmehr die gutsherrlich-bäuerlichen Auseinandersetzungen, die Gemeinheitstheilungen und die Ab- und Zukäufe die wirthschaftlichen Zustände der ländlichen Bevölkerung in einer Art verändert haben, welche eine hinreichend sichere Beurtheilung der Grösse der Besitzungen und der Bauart der Gehöfte aus den Klassenbenennungen derselben ausschliesst. Es haben daher lediglich die gesetzlich ertheilten Vorschriften die Richt- schnur der Veranlagung geboten. a. Die zu ländlichen Besitzungen gehörigen Wohngebäude waren nur unter mannigfachen Unterscheidungen in die Steuerklassen und deren Stufen einzuordnen. i Bezüglich der ersten Hauptklasse ist dabei davon ausgegangen worden, dass in die erste Stufe des Tarifes — bis 4 Thaler Nutzungswerth und 4 Sgr. Jahressteuer — nur Wohngebäude von geringem Werthe einzuschätzen sind, zu welchen Grundstücke gehören, die nicht über einen halben Morgen gross sind und den Reinertrag von 3 Thaler jährlich nicht überschreiten, und welche nur für r Familie Wohnungsräume darbieten. Wenn mit einem Gebäude dieser Art Grundstücke von einem grösserem Umfange oder höheren Reinertrage verbunden sind, oder ein solches massiv gebaut ist, oder für mehr als r Familie Wohnungsraum gewährt, so ist dasselbe seinen Verhältnissen ent- sprechend in eine der folgenden bis zur 6. Stufe des Tarifes verwiesen. Insbesondere sind in denjenigen wohlhabenden Kreisen, in welchen sich die Wahrnehmung bot, dass die dort vorhandenen geringsten Gebäude noch nicht zu den kleinsten und schlechtesten im ganzen Staate zu rechnen seien, theils gar keine, theils nur sehr wenige Wohn- gebäude zur untersten Stufe veranlagt. Gehören zu einer ländlichen Besitzung mehrere Wohngebände, so ist nur das Haupt- wohngebäude zu der den Gesammtverhältnissen der Besitzung entsprechenden Stufe des Tarifes eingeschätzt. Die übrigen zu derselben Besitzung gehörigen Wohngebäude, wie Pächter-, Inspektoren-, Hofmeister-, Gesinde-, Tagelöhner-, Drescherhäuser, sowie b 56 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk, B. Gebäudesteuer. diejenigen Gebäude, welche unentgeldlich oder gegen Miethszins den Hausoffizianten, Generalbevollmächtigten, Rentmeistern, höheren und niederen Forstbeamten, überhaupt solchen Personen, welche sich verpflichtet haben, ihre Dienste der Hauptsache nach aus- schliesslich dem Besitzer des betreffenden Gutes oder Güterkomplexes zu widmen, als Wohnung dienen, sind mit Berücksiehtigung der Grösse und Wohnungsräume zu einer der Stufen von ı bis 6 eingeschätzt. Wenn von mehreren in der Hand eines und desselben Besitzers vereinigten Gütern nur ein Theil abwechselnd den herrschaftlichen Wohnsitz bildet, so sind die Haupt- wohngebäude auf den übrigen, welche von Wirthschaftsbeamten, Pächtern u. s. w. be- wohnt werden, lediglich mit Berücksichtigung der Bauart und Beschaffenheit ohne Be- ziehung auf den Reinertrag der Grundstücke bewirkt worden. Für die der zweiten Hauptklasse überwiesenen Wohngebäude wurde die Steuerstufe in der Weise ermittelt, dass in der Regel Wohngebäude von mittlerer gemeingewöhn- licher Grösse, Bauart und Beschaffenheit, welche zu solchen ländlichen Besitzungen gehören, deren durchschnittlicher jährlicher Reinertrag etwa bis zu 250 Thaler anzu- nehmen ist, in die Stufen 7 bis g des Tarifes eingeschätzt sind, solche aber mit einem Reinertrage von 250 Thaler bis etwa soo Thaler in die Stufen 10—ı3 des Tarifes, be) ee nn nA 7A 1008, » rn lern) oe »» et) » Die der dritten Hauptklasse angehörigen Wohngebäude sind theils Eaiehe, deren Grösse, Bauart und Beschaffenheit hinsichtlich des Wohn- und Wirthschaftsbedürfnisses mit der dazu gehörigen Besitzung in einem angemessenen Verhältnisse stehen, theils solche, welche hinter diesem Bedürfniss zurückbleiben und ein entsprechendes Wohn- haus nicht haben, theils endlich solche, welche über dieses Bedürfniss hinausgehen, und in den genannten Beziehungen weniger durch den Umfang der einzelnen Besitzung, als durch die gesammten Vermögens- und Besitzverhältnisse des Eigenthümers bestimmt worden sind. a. Der Besitzung angemessene Wohngebäude, deren Beschaffenheit den Gesammt- verhältnissen des Gntes entspricht, sind, wenn der durchschnittliche wirthschaftliche Reinertrag auf jährlich 1000 bis 2000 Thaler anzunehmen ist, in die Stufen 20 bis 25 des Tarifes eingeschätzt worden, wenn er auf 2000—3 000 Thaler anzunehmen ist, in die Stufen 26—30 des Tarifes, 3000—4000 „5 b) » nn n. 3133769 n 4000—5000 9 » nn» n 34—36 » ” 5000 Thaler DRS SLUl0037 n Für die nicht erhebliche Karel von Wohngebäuden auf solchen Tandhen Be- sitzungen, deren Reinertrag 5 ooo Thlr. jährlich überschreitet, hat das Gesetz eine höhere Besteuerung in ähnlicher Art ausgeschlossen, wie nach dem Einkommensteuer- gesetz von einem jährlichen Einkommen von über 240000 Thlrn. ein höherer Steuer- betrag als 7200 Thlr. nicht erhoben werden darf. Nur in den seltenen Fällen, in welchen zu Gebäuden von ausgezeichneter Beschaffenheit gar keine oder nur Besitzungen von geringem Umfange gehören — wenn sich z. B. das Schloss des Besitzers mehrerer selbstständiger Güter gerade auf dem kleinsten derselben befindet, oder wenn zu dem Schlosse überhaupt kein grösseres Gut mit Wirthschaftsbetrieb gehört — ist die 37. Stufe überschritten worden. IL Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. 57 b. In den Fällen, in welchen überhaupt kein Wohngebäude vorhanden ist, wel- ches seiner Bestimmung und Einrichtung nach geeignet erscheint, dem Besitzer des Gutes eine den Gesammtverhältnissen desselben entsprechende Wohnung zu gewähren, sind die vorhandenen Vogt-, Gesinde- u. s. w. Häuser nach den oben angegebenen Grundsätzen zu einer der Stufen ı bis 6 des Tarifes eingeschätzt. e. Wohngebäude aber, welche über die Wohnungs- und Wirthsehaftsbedürfnisse des gegenwärtigen Besitzers hinausgehen und von demselben auch anderweit nicht ver- wendet werden können, also z. B. zu ländlichen Besitzungen gehören, die in früherer Zeit einen grösseren Umfang und Werth gehabt haben und diesen früheren Verhält- nissen entsprechend nach Bauart, Grösse oder Beschaffenheit eingerichtet sind, sind mit überwiegender Rücksicht auf die Gesammtverhältnisse der zur Zeit dazu gehörigen länd- lichen Besitzungen und nutzbaren Grundstücke eingeschätzt. — Da die Höhe der Miethspreise, sowie die Möglichkeit zur Vermiethung eines Gebäudes auf dem platten Lande in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von Zu- fälligkeiten abhängt, so sind nur ausnahmsweise diejenigen Gebäude, in welchen Woh- nungen vermiethet zu werden pflegen, nach dem Masse der bezogenen Vortheile und nach der Sicherheit, mit welcher auf die Fortdauer dieser Vortheile zu rechnen ist, um eine oder einige Stufen höher, als zu dem nach den übrigen Veranlagungsmerk- malen zu bemessenden Nutzungswerthe eingeschätzt. Eine hiernach modifizirte Schätzung ist in denjenigen Gegenden erforderlich gewesen, welche einen Uebergang aus ländlichem in städtisches Wesen, aus der landwirthschaftlichen in eine andere gewerbliche Thätig- keit zeigen. Das Gesetz bestimmt im $ 7, dass ländliche Wohngebäude niemals höher einzu- schätzen, als die der nächstbelegenen Landstädte, soweit sie von gleicher Grösse, Bauart und Beschaffenheit. Die in die drei Hauptklassen veranlagten Gebäude haben daher überall so weit eine Ermässigung erfahren, als dies durch die Höhe der in den be- treffenden Landstädten bewirkten Einschätzungen geboten wurde. Um jedoch die da- durch unter Kreisen und Bezirken entstehenden Verschiedenheiten auf das richtige Mass zurückzuführen, ist den Zufälligkeiten der Miethspreise einer einzelnen kleinen Landstadt und der grösseren oder geringeren Nähe derselben zu den in Vergleichung zu stellenden ländlichen Wohngebäuden kein Einfluss auf die Einschätzung eingeräumt: vielmehr sind nur die durehschnittlichen Nutzungswerthe der Wohngebäude in sämmtlichen Land- städten, welche für eine ganze Landschaft — einen oder mehrere Kreise oder grössere Absehnitte von solehen — als die nächstbelegenen zu betrachten waren, zur Erfüllung der fraglichen Vorschrift in Betracht gezogen worden. Dieses Verfahren ist von keiner oder nur unerheblicher Einwirkung auf die der ersten Hauptklasse angehörigen, sowie auf die zu den Stufen 7 bis ı2 der zweiten Hauptklasse — bis zu so Thlrn. jährlichen Nutzungswerthes — eingeschätzten Wohn- gebäude gewesen. Gerade die Tagelöhner, Lohnarbeiter und kleinen Handwerker woh- nen, wie sich herausgestellt hat, in den Städten, selbst in den kleinsten Landstädten, verhältnissmässig am theuersten. Für die Wohngebäude in den höheren Stufen der zweiten Hauptklasse, besonders aber für eine sehr grosse Anzahl in der dritten Hauptklasse ist die fragliche Vorschrift dagegen von nicht unerheblicher Wichtigkeit geworden. Wo eine unmittelbare Ver- gleichung zwischen städtischen Wohnhäusern und den zu ländlichen Besitzungen ge- hörigen der zweiten Hauptklasse überwiesenen Wohngebäuden wegen abweichender Bauart 58 II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. B. Gebäudesteuer. der letzteren oder dadurch ausgeschlossen wurde, dass sich die Räume zur Unter- bringung der Bodenerzeugnisse, des Viehes u. s. w. mit der Wohnung unter demselben Dache befanden, ist lediglich das für die Befriedigung des Wohnungs- und häuslichen Wirthschaftsbedürfnisses des Besitzers und seines Hausstandes bestimmte räumliche Gelass in Betracht gezogen und festgestellt worden, wie sich die Nutzungswerthe von Wohnungen ähnlichen Umfanges und ähnlicher Beschaffenheit in:der betreffenden Land- stadt durchschnittlich stellen. Hinsichtlich der zur dritten Hauptklasse gehörigen umfangreichen Wohngebäude auf grossen Gütern, für welche es an entsprechenden Vergleichsobjekten in den mass- gebenden Landstädten fehlte, hat die Vergleichung darauf Rücksicht genommen, wie das betreffende Wohngebäude, wenn es in einer jener Städte belegen wäre, nach Grösse, Bauart und Beschaffenheit den in der ersteren bestehenden Miethsverhältnissen gemäss einzuschätzen sein würde, und zwar mit besonderer Beziehung auf die durch die soziale Stellung des Besitzers bedingten Wohnungsansprüche, dagegen aber obne Rücksicht darauf, wie dasselbe nach Theilung des Raumes in eine Anzahl kleinerer Wohnungen zu vermiethen sein würde. b. Die sonstigen steuerpflichtigen Gebäude auf dem platten Lande, welche nicht als zu ländlichen Besitzungen gehörige Wohngebäude zu erachten waren, sind entweder solche Wohngebäude, bei welchen der Umfang und Ertrag der ländlichen Besitzung von ganz untergeordneter Bedeutung ist — die Wohngebäude von Kaufleuten, Rentnern, Aerzten, Schankwirthen u. ähnl. —, oder gewerbliche Bauten. Erstere sind, insoweit aus wirklichen Miethspreisen ein zureichender Anhalt nicht zu gewinnen war, nach Massgabe der Grösse, Bauart und Beschaffenheit, sowie der zugehörigen Hofräume und Hausgärten unter Vergleichung mit den Nutzungswerthen ähnlicher Gebäude in den nächstbelegenen Landstädten eingeschätzt worden. Ebenso wurde mit solchen Land- und Gartenhäusern verfahren, welche nur zum Sommeraufenthalt bestimmt sind; bei ihnen wurde nach $ 8, ; (S. 320) des Gesetzes auf den Ertrag der dazu gehörigen Ländereien keine Rücksicht genommen. Die zu anderen als den in Verbindung mit Landwirthschaft betriebenen Fabriken und ähnlichen Anlagen gehörigen Wohngebäude, und alle sonstigen nicht zum Bewohnen bestimmten steuerpflichtigen Gebäude, z. B. Schauspiel-, Ball-, Bade- und Gesellschafts- häuser, sowie die ausschliesslich oder vorzugsweise zum Gewerbebetriebe dienenden Ge- bände, endlich solche nicht zur Benutzung für die Landwirthschaft und Fabriken be- stimmte Keller, Speicher, Remisen, Scheunen und Ställe, welche als selbstständige Ge- bäude betrachtet werden müssen, sind in diejenige Stufe eingeschätzt, zu welcher die Gebäude von derselben Art und von gleichem oder ähnlichem Umfange in denjenigen Städten veranlagt sind, welche zum Zwecke der Vergleichung nach Anhörung der Provinziallandtage für jeden Kreis bezeichnet wurden ($ 8,4). Als solche sogenannte Normalstädte sind diejenigen aufgestellt worden, in denen sich eine möglichst grosse Anzahl solcher Gebäude fand, welche nach Beschaffenheit, Grösse und Bauart, sowie nach Umfang und Art des Gewerbes oder der Fabrikation den genannten darnach ein- zuschätzenden Baulichkeiten gleichen. In der Regel ist es für ausreichend erachtet worden, für jeden Kreis nicht mehr als eine, sei es in demselben, sei es in benachbarten gelegene Normalstadt festzustellen. II. Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk, B. Gebäudesteuer. 59 3. Endergebnisse der Gebäudesteuer. Das Resultat der Veranlagung ist zunächst einem durch $ 10 des Gesetzes be- stimmten Reklamationsverfahren unterworfen, dann aber soweit festgestellt worden, dass die Erhebung vorbehaltlich gewisser Berichtigungen zu dem vorgeschriebenen Termine des 1. Januar 1865 beginnen konnte. Der Betrag der Gebäudesteuer hat sich danach auf jährlich 3 365 823 Thlr. 18 Sgr. ATI eT EEBTENT SEHE SESNZTEO2OF ZORBEST NN alsyzawaup Bosun de o . EA PR: 150803 3.» als zu 2 pCt. vom Nutzungswerth ver anlagt; berechnet, und sich im Ganzen auf 2 461 583 Gebäude vertheilt. Ausserdem sind 2 918 154 Gebäude steuerfrei. Die Nachweisungen der Gebäudesteuer sind nach den oben mitgetheilten Schematen ortschaftsweise vorhanden. Die nach den Kreisen geordneten Zusammenstellungen tren- nen die Gebäude unter den Gesichtspunkten des Gesetzes nach Gebäuden a. in Städten, und b. in ländlichen Ortschaften, für welche im Sinne des $ 6 des Gesetzes Mieths- preise massgebend werden konnten, endlich e. in den übrigen ländlichen Ortschaften, in denen Miethspreise nicht zum Anhalt dienen konnten. Sie geben ausser den Be- trägen des in jeder Stufe ermittelten Steuerquantums die Anzahl der zu 4 pCt. und der zu 2 pCt. besteuerten Gebäude, den Gesammtjahresbetrag der Steuer in jeder dieser beiden Gebäudegattungen und den Durchschnittsbetrag, den jedes Haus in einer derselben steuert, dabei auch die Zahl der Einwohner und die Vertheilung derselben auf jedes besteuerte Haus, sowie die auf den Kopf fallende Steuer, ferner den Gesammtnutzungs- werth der Gebäude an, und führen endlich, nach den oben im Einzelnen angegebenen 8 verschiedenen Kategorien des $ 3 des Gesetzes gesondert, die Anzahl der von der Gebäudesteuer freigelassenen Gebäude auf. Danach sind die Angaben in die Tabelle B. der Anlagen aufgenommen worden. Dem Zirkularerlass vom 2r. Dezember 1864 und der Instruktion vom ı7. Januar 1865 (Mstbl. f. d. innere Verw. S. 90) gemäss sind in allen Gemeinden Gebändestener- rollen angelegt, welche mit den Grundsteuermutterrollen zusammengehalten eine voll- ständige Beschreibung jeder ländlichen und städtischen Besitzung durch das gesammte Staatsgebiet darbieten. — Ueber die Erhaltung der Steuer bei der Gegenwart ist bestimmt, dass neu er- baute oder.vom Grunde aus wieder aufgebaute Gebäude erst nach dem Ablaufe zweier Kalenderjahre seit dem Kalenderjahre, in welchem sie bewohnbar bezgl. nutzbar gewor- den sind, zur Steuer herangezogen werden. Dieselbe Frist gilt für Steuererhöhungen in Folge von Verbesserungen der Gebäude, wenn dieselben durch das Aufsetzen eines Stockwerkes, Anbauen eines Gebäudetheiles oder Vergrösserung der Hofräume und Gärten an Nutzungswerth gewinnen. Tritt in ähnlicher Weise eine Verminderung des Nutzungswerthes ein, so erfolgt die Ermässigung der Steuer von dem auf die erfolgte Anzeige folgenden Monate ab. Für solche Gebäude, welche durch Brand, Ueber- schwemmung oder sonstige Naturereignisse vollständig zerstört, oder von ihrem Eigen- thümer gänzlich abgebrochen werden, wird die Steuer von dem ersten Tage desjenigen Monats ab, in welchem die Zerstörung erfolgt oder der Abbruch vollendet ist, abgesetzt. Wenn durch Ereignisse der zuletzt gedachten Art der Jahresertrag eines Gebäudes um den dritten Theil des jährlichen Nutzungswerthes oder mehr vermindert wird, so ist als Stenerremission ein dem Verhältniss des Verlustes entsprechender Theil, nach 60 II. Das Grund- und Gebäudesteuerveranlagungswerk. Umständen der ganze Jahresbetrag der Gebäudesteuer, zu erlassen. Der gänzliche Er- lass der Steuer tritt auch dann ein, wenn ein Gebäude erweislich während eines ganzen Jahres unbenutzt geblieben ist. Dass bei der Veränderlichkeit, welcher die den Nutzungswerth der Gebäude be- stimmenden Verhältnisse, namentlich in den Städten, unterworfen sind, unter Anwendung der im Gesetz gegebenen Bestimmungen alle r5 Jahre eine Revision der Gebäudesteuer- veranlagung eintreten soll, ist erwähnt. Das Nähere der Ausführung soll durch ein besonderes Gesetz angeordnet werden. Die Bedeutung des gesammten Grund- und Gebäudesteuerwerkes bedarf an dieser Stelle keiner näheren Darlegung. Es wird in der folgenden Darstellung keinen Ab- schnitt geben, welcher nicht den Reichthum des durch dasselbe geschaffenen Materials und den Umfang der dadurch gewonnenen topographischen, agronomischen und statisti- schen Erkenntniss zu zeigen und zu benutzen haben wird. Die Zahl volkswirthschaftlich höchst wichtiger Fragen, welche durch Kombina- tionen der bis auf die einzelne Parzelle hinabgehenden positiven Zahlenangaben ihre Beantwortung finden können, ist schlechterdings unerschöpflich. Gegenwärtig ist das Eindringen in dieselben allerdings noch auf einen gewissen engeren Kreis beschränkt. Es kann vorläufig nur so viel Aufschluss erwartet werden, als durch die für das Ver- fahren selbst nothwendige Anordnung und Zusammenstellung der ermittelten Thatsachen in den verschiedenen, genauer beschriebenen Nachweisungen und Uebersichten geboten wird. Fragen, deren Beantwortung mit diesen unmittelbar vom Zwecke erforderten Angaben und Aufrechnungen nicht zusammenfällt, können ihre Erledigung nur durch mehr oder minder weitläufige Arbeiten finden, welche überall, wo sie der Mitwirkung der Katasterbeamten bedürfen und sich über grössere Landestheile ausdehnen sollen, die Aufgabe von Jahren bleiben. Schon jetzt aber muss jede allgemeinere Betrachtung ländlicher Verhältnisse ihre erste und sicherste Grundlage in den Zahlen und Begriffsstellungen des Katasters suchen, und diese werden fortan Form und Inhalt der landwirthschaftlichen Statistik Preussens um so unbedingter beherrschen, als für ihre Unterscheidungen durch die Fortschreibung sehr bald auch geschichtlich nach Jahrgängen vergleichbare Zahlen- grössen in Aussicht stehen. Mm. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. Die grossen Ereignisse des Jahres 1866 fanden anerkannt eine ihrer wesentlichsten Ursachen in der bisherigen beispiellosen Zerstückelung des preussischen Staatsgebietes. Die unzusammenhängende Lage der verschiedenen Landestheile erzeugte für die äussere Politik ebenso grosse Gefahren, als für den Verkehr und die Verwaltung erhebliche Nachtheile, unter denen die Entwickelung der öffentlichen Wohlfahrt aller betheiligten Nachbarstaaten fühlbar litt. Noch gegenwärtig lässt sich kein grösserer Staat mit Preussen an Unregelmässig- keit der Grenzen vergleichen, aber das in innerer Nothwendigkeit erstrebte und erreichte Doppelziel festerer Geschlossenheit des Staatskörpers und gesicherter bundesfreundlicher Gemeinschaft mit denjenigen Nachbarn, welche an dem Gesammtleben desselben un- mittelbar Theil haben, hat die bestehen gebliebenen Mängel der Gebietslage in jeder Beziehung weniger nachtheilig gestaltet. Das alte bis zu den Friedensschlüssen von 1866 bestandene preussische Staats- gebiet, auf welches sich die nachfolgenden Darstellungen beschränken, erstreckt sich seiner geographischen Lage nach von 49° 6’ 45" bis 550 52’ 56‘ nördlicher Breite und von 230 31° so’! bis 40% 32' 35 östlicher Länge von Ferro. Dabei ist Hohenzollern nicht berücksichtigt, welches in erheblicher Entfernung südlich zwischen 48° 27' 20" und 47° 36' nördlicher Breite, und 26° ı7' und 27° 27' östlicher Länge liegt. Die kartographische Anschauung theilt Europa durch den zo. Breitengrad in eine nördliche und südliche, und durch den 35. Längengrad von Ferro in eine östliche und westliche Hälfte. Der Mittelpunkt Europas fällt danach an die südschlesische Grenze, und der gesammte preussische Länderbestand verbreitet sich im unmittelbaren Anschluss an diesen Punkt fast ausschliesslich im norstwestlichen Quadranten, Die Gesammtfläche des alten Staatsgebietes, soweit es katastrirt ist, umfasst 108 829 749 preussische Morgen. Der Grad der Genauigkeit der Messung und Berechnung ist im Abschn. II S. 36 besprochen. Der preussische Morgen enthält 1go preussische ORuthen, und die preussische Ruthe wird in ihrer Länge durch ı2 preussische oder rheinische Fuss bestimmt. Dieser Fuss ist nach dem zur Ausführung der Mass- und 62 IH. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen, Gewichtsordnung vom 16. Mai 1816 ergangenen Gesetze über das Urmass des preussi- schen Staates vom ıo. März 1839 (G.-S. S. 94) die Grundlage aller preussischen Längen- masse und enthält 139,13 Linien des französischen d. h. des alten pariser Fusses (pied de roi) oder o,3133;, Meter. Die preussische Längenmeile enthält 2 000, die geographische Läpgenmeile 1 970,25 preussische Ruthen, und die geographische DJMeile, welche in nachstehender Darstellung überall zur Anwendung kommen wird, berechnet sich also auf 21 566,023 preussische Morgen *). Die oben nachgewiesenen 108 829 974 Morgen ergeben deshalb 5 046,35: geograph. OD Meilen. Dazu tritt Hohenzollern mit 21,1; DJ Meilen und das Jadegebiet mit o,.; D Meilen, so dass die Gesammtfläche des Staates, ohne die 1866 zugetretenen Erweiterungen, eine Ausdehnung von 5 067,75 geogr. DMeilen besitzt **). — Dieses Gebiet theilt sich, abgesehen von Hohenzollern und Jade, in zwei völlig getrennte Hauptmassen, die östlichen und westlichen Provinzen. Zwischen ihnen liegen zahlreiche Exklaven, welche je nach der grösseren oder geringeren Entfernung zu dem östlichen oder westlichen Haupttheile gerechnet werden. Die bedeutendsten sind Schleu- singen und Ziegenrück, welche den östlichen, und Wetzlar und Lügde, welche den westlichen Provinzen angeschlossen sind, Die Exklaven der östlichen Provinzen berechnen sich auf 15,7, die der west- lichen auf 102; DMeilen. Ihr genaues Verzeichniss folgt im Anhange zu diesem Abschnitte. Den Exklaven gegenüber steht eine Anzahl fremder Gebietstheile, welche als Enklaven innerhalb des preussischen Gebietes, und zwar sämmtlich ebenfalls in der Nähe der Scheidung zwischen den östlichen und westlichen Provinzen liegen. Die umfangreichsten derselben sind das Herzogthum Anhalt, die schwarzburgischen Herr- schaften Sondershausen nnd Frankenhausen, und das braunschweigische Amt Calvörde. *), Die näheren Angaben über die Eintheilung der preussischen Masse und ihr Ver- hältniss zu den in den einzelnen Landestheilen üblichen älteren, sowie zu den Massen der Nachbarstaaten, enthält die Einleitung zu den Anlagen. *) Die durch die Friedenschlüsse von 1866 annektirten Landgebiete umfassen nach den bekannt gewordenen Flächenberechnungen: Schleswig-Holstein-Lauenburg nach Abzug von 2,67, [Meilen für das an Oldenburg abgetretene Amt Ahrensböck . . . . a ae Hannover (Landdrosteien Stade, Lüneburg, ner Hildesheim, Osna- brück, Aurich, Berghauptmannschaft Klausthal) . . . . gr Kurhessen (Regierungsbez. Rinteln, Schmalkalden, Niederreisen) ober hessen; Kulda, Hanau)nob. era. Bine. mn kenne Sn SEET72 34 5 Nassau (27 Amtsbezirke) . . aiklariee 85,20 Hessen-Homburg (Grafschaft enberz at N en a 5,0% Frankfurter Gebiet . . . B I,530 5 Von Bayern abgetretene Tandestkeie Bear Gersfeld ns Orb, Exklaye Kaulsdort ar er < 985 » Von Hessen-Darmstadt ee (Kr. Vochl, Biedenkopf, Antheil‘, von Giessen una mVslbeljns ee re ker re Sen More ee I 1323,12 []M. Das jetzige Staatsgebiet enthält also 6390,87 geogr. TJMeilen. (Zeitschr. des Königl. stat. Büreaus, Jahrg. 6, 1866, S. 266: Der preuss. Staat in seiner neuen Gestalt v. K. Brämer). III. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. 63 Auch die Enklaven sind im Einzelnen im Anhange nachgewiesen. In den öst- lichen Provinzen sind 56,.:, in den westlichen nur os DMeilen fremder Territorien enklavirt. Der Mangel an Zusammenhang des Staatsgebietes wird durch den Lauf der Landes- grenzen erheblich gesteigert. Die Provinz Sachsen ist zur Hälfte in schmale, zungen- förmige Ausläufer aufgelöst. Aehnlich ist der Osten von Westfalen gestaltet. Von den beiden Hauptlandestheilen grenzt der östliche im Norden auf einer Strecke von 1155 geogr. Meilen an die Ostsee, im Osten auf 175 Meilen an Russland und Polen, im Süden mit ro4 Meilen an Oesterreich; der westliche Haupttheil grenzt im Norden und Nordwesten mit 5rY/, Meilen an die Niederlande, im Westen mit 123, Meilen an Belgien und mit 195% Meilen an Luxemburg, im Südwesten mit ı5Y, Meilen an Frankreich und im Süden mit 221), Meilen an die bayrische Rheinpfalz. Die genaue Länge der in weiten Verschlingungen unverhältnissmässig ausgedehnten Grenzzüge zwischen der Westgrenze der östlichen und der Östgrenze der westlichen Provinzen hat aus den angegebenen Gründen kein näheres Interesse. Im Ganzen wird in den östlichen Provinzen auf je 5,9, DMeilen Inhalt eine Meile Grenzlinie, in den westlichen schon auf je 2,75, OJMeilen Inhalt eine Meile Grenzlinie berechnet. Hohenzollern liest trotz seines geringen Umfanges in jeder Beziehung ebenso ungünstig arrondirt zwischen Würtemberg und Baden. Die südlichste Exklave Achberg stösst auf eine kurze Strecke an das bayrische Gebiet in der Nähe von Lindau. Das Jadegebiet, das aus zwei Landparzellen am Nord- und Südstrande der Jade besteht, ist nach dem Lande zu überall von Oldenburg umschlossen. Den Hauptabschnitten der politischen Eintheilung nach zerfällt das bisherige Staats- gebiet in 8 Provinzen, und diese in 25 Regierungsbezirke, denen als ein besonderer, nicht zum Provinzialverbande gezogener Regierungsbezirk Hohenzollern hinzutritt. Geographisch nehmen von diesen Gebietsabschnitten die Provinzen Preussen und Pommern den Norden des Staates längs des Ostseestrandes ein. Preussen erstreckt sich so weit nach Nordosten, dass es fast ganz jenseits des gedachten 35. Längengrades fällt, und seine OÖstgrenze 3'/;0 östlicher liegt, als die Schlesiens, seine Nordgrenze aber nahezu den 56. Breitengrad berührt. Pommern erreicht im Westen etwa den 30. © der Länge, und liegt durchschnittlich zwischen 54Y, und 531° der Breite. Beide Provinzen über- schreiten nach Süden nur mit den äussersten Punkten den 53. Breitengrad. Den Re- gierungsbezirken nach theilt sich Preussen in Gumbinnen und Königsberg, oder Östpreussen, und in Danzig und Marienwerder, oder Westpreussen. Nur Königsberg und Danzig berühren die Seeküste. Marienwerder läuft mit dem schmalen Gebiet der Kreise Flatow und Deutsch-Krone westlich bis gegen den Eisenbahnkreuzungspunkt Kreuz aus. Pom- mern zerfällt von Osten nach Westen in die Bezirke Köslin, Stettin, und den durch die Peene begrenzten verhältnissmässig kleinen Regierungsbezirk Stralsund oder Neu- vorpommern mit Rügen. An Westpreussen und Pommern schliessen sich südlich die Provinzen Posen und Brandenburg an. Beide reichen nur mit unbedeutenden Landstrichen bis 511° der Breite hinab. Nach Osten tritt Posen auf eine kleine Strecke über den 36. Grad der Länge; die Grenze zwischen Posen und Brandenburg liegt durchschnittlich auf 331% °; im Westen erreicht Brandenburg 29°. In der Provinz Posen nimmt der nördlichere und kleinere Regierungsbezirk Bromberg ungefähr das Gebiet der Netze, Posen, der südlichere, das der Warthe ein. In Brandenburg liest die Grenze zwischen den II. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. S Regierungsbezirken Frankfurt und Potsdam von Norden nach Süden auf dem linken Ufer der Oder und über den mittleren Spreelauf. Schlesien bildet den südöstlichsten Theil des Staates. Es ist von Polen, Galizien, österreichisch Schlesien, Böhmen und Sachsen eingeschlossen. Nördlich erstreckt sich ‚die Provinz nur mit einem geringen Gebiete über 51'/;° hinaus, südlich überschreitet sie an der oberen Oder um einige Meilen den 5o. Breitengrad. Nach Ost berührt sie nahezu den 37. Längengrad, nach West bildet die Lausitz eine schmale Zunge, und stösst bei etwa 31'/,° auf einige Meilen an die Provinz Sachsen. Die 3 Regierungs- bezirke Oppeln oder Oberschlesien, Breslau oder Mittelschlesien, und Liegnitz oder Niederschlesien und Oberlausitz folgen von Ost nach West das Oderthal entlang. Die Provinz Sachsen umfasst alle links der Elbe gelegenen Theile der östlichen Hauptmasse des Staats. Auf das rechte Elbufer greift sie nur mit einigen Kreisen über. An der nördlichen Grenze der Altmark erreicht sie den 53. Breitengrad. Ihre südlichen Exelaven in Thüringen gehen bis 50° 20‘ hinab; der Hauptkörper aber bleibt überall nördlich des ;5ı. Grades. Nach Westen überschreitet das Eichsfeld den 28. Längengrad um einige Meilen. Von den 3 Regierungsbezirken nimmt Magdeburg den Norden ein und hängt mit der übrigen Provinz nur zwischen Anhalt und Braun- schweig auf der Südgrenze des Kreises Aschersleben zusammen. Der Regierungsbezirk Merseburg erstreckt sich südlich von Anhalt nach Osten bis jenseits der Elbe zur schlesischen Grenze. Gegen Westen grenzt er gegen den Regierungsbezirk Erfurt, der die übrigen zerstreuten Theile der Provinz einnimmt, in der Nähe von Nordhausen und an der Unstrut oberhalb der Einmündung der Wipper. Westfalen ist in dem zusammenhängenden Gebiete der beiden westlichen Pro- vinzen als die kleinere, nordöstlich gelegene Hälfte, von Rheinland auf einer Linie ge- schieden, welche an der holländischen Grenze nahe dem rechten Rheinufer ‘beginnt, und sich von diesem nur allmählich bis auf g Meilen entfernt, so dass sie im Süden die Nassauische Grenze auf der Höhe des Westerwaldes in der Nähe von Burbach berührt. Die Provinz überschreitet im Norden den 52. Breitengrad mit beträchtlichen Flächen und reicht bis 521°. Südlicher als 5r Grad liegen dagegen nur geringe Gebirgsstriche des Siegener Landes. Von Ost nach West dehnt sie sich zwischen dem 27. und 24. Längengrade aus. Von ihren 3 Regierungsbezirken liegt Arnsberg südlich der Emscher, Lippe und Alme. Minden und Münster scheiden sich im Norden von Lippstadt nach Ost und West. Die Rheinprovinz erreicht nördlich nahezu den 52., südlich nahezu den 42. Breiten- grad. Von Ost nach West wird es ungefähr von 26° und 24'/° östlicher Länge ein- geschlossen. Von ihren 5 Regierungsbezirken nimmt Düsseldorf den gesammten Norden bis zum Dünnfluss auf der rechten und zur Schwalme auf der linken Rheinseite ein. Die 4 anderen Bezirke stossen auf der Höhe der Eifel um die Quellen der Aar, der Röhr und Lieser so zusammen, dass sich Aachen nach Nordwest, Köln nach Nordost, Koblenz nach Südost und Trier nach Südwest ausbreitet Die Flächenverhältnisse dieser Hauptabschnitte, sowie Zahl und Grösse ihrer Untereintheilung ergiebt die nachstehende Uebersicht. Die Regierungsbezirke zerfallen zunächst in Land- und Stadtkreise, denen die Hohenzollernschen Oberamtsbezirke gleichgestellt sind, die Kreise wieder in die örtlichen Gemeindeverbände, als welche Stadt- und Landgemeinden, selbstständige Gutsbezirke, Bürgermeistereien, Amts-, Magistrats- und Schlossbezirke nebengeordnet bestehen, lII. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. 65 2 Zahl Fläche ie in Land- geographischen | und Däeilen | Stadt- kreise Provinzen und Regierungsbezirke Königsberg ... . 414,728 288,139 *(296,749) 144,348 *(149,47) 318,08 Gumbinnen .... Marienwerder 1. Preussen 1 133,959 *(1 179,027) *(23 5,653) 254,974 73,226 *(84,225) 3751834 348,564 4. Brandenburg . 724,38 Breslau Liegnitz 244,560 246,917 239,720 5. Schlesien... . 731,197 Magdeburg .... Merseburg Erfurt 208,814 185,360 64,017 6. Sachsen... . 458,191 Oestl. Provinzen | 2 120,109 (*4 193,085) Boden d. preuss. Staats. Durch- schnitt- liche Fläche jedes Kreises Zahl der örtlichen Gemeindebezirke Daurch- schnittliche | Land- | gemeinden Fläche jedes örtlichen Gemeinde- | bezirkes in pr. Morgen | \ Belbst- Sunma | der örtli ständige er örtlichen Gutsbezirke Gemeinde- bezirke 4079 4 116 1349 956 4.089 2433 11 977 699 15 603 66 II. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. Uebertr, östl, Prov. Münster our. Mindener.uekun. Arnsberg ..... 7. Westfalen 8. Rheinprovinz . 9. Hohenzollern. To2dadee n..r..: Provinzen Fläche und un geographischen Regierungsbezirke | —yeilen 4 120,108 *(4 193,089) 131,571 95,360 139,697 366 6238 109,366 99,286 72177 130,373 75,831 486,533 21,ız Im Staate [| 4 994,770 *(5 067 ,750) Zahl der Länd- und Stadt- kreise 12 17 II 13 II 64 a Oberamts- bezirke Durch- schnitt- Zahl der örtlichen Gemeindebezirke liche Fläche jedes Kreises Nelbst- Land- ständige gemeinden| Äuts- bezirke | Städte m ‘ 16,3 | 761 |25590|15603 u nn 11,9 28 236 951 28 482 9,9 44 813 105 | 100 1531 14,4 | 1001 Numma der örtlichen Gemeinde- bezirke 8. 41 954 Magistrats- und Amtsbezirke 119 — Amts-u.Stadtbez.) 7! — Magistr.-, Amts- u. Schlossbez. 777 u nn Magistr.-, Amts- u. Schlossber. (einschl.d.Städte) 307 Bürgermeiste- reien (einschl. der Städte.) IOI 218 106 172 167 764 Durch- schnittliche Fläche jedes örtlichen Gemeinde- bezirkes in pr. Morgen 2118 — QM. zu 21 566,028 pr. Morgen I,ır 1,29 Die Gestaltung dieser politischen Eintheilung ist überwiegend durch die historische Entwickelung der einzelnen Territorien bedingt geblieben, aus denen der Staat allmäh- lich anwuchs. In ihren gesetzlichen Grundlagen beruht sie nur zum geringen Theil auf Bestimmungen, welche tief in die herkömmlichen Verhältnisse eingriffen, Auch die Form der verschiedenen Abschnittte ist häufig wenig gerundet; obwohl darin nach und nach einige Veränderungen vorgenommen wurden, haben sich doch meist die oft sehr *) Mit Einrechnung der Wasserflächen der grossen Strandgewässer: des kurischen und frischen Haffs, des Dammschen Sees, des grossen und kleinen Hafls, ihrer Ausgänge zum Meer und der Bodden und Seeen um die Inseln Rügen und Zingst. Abschnitt V, E Vergl. 1. Anhang zu III. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. 67 unregelmässigen Abgrenzungen grösserer oder kleinerer Sondergebiete erhalten, deren kommunale und ständische Verbände, polizeiliche, gerichtliche und kirchliche Sprengel oder andere Eigenthümlichkeiten in Rechtsbildung und Verwaltung vorzugsweise Berück- sichtigung geboten. Die Provinzen und Regierungsbezirke wurden durch die Verordnung vom 16. De- zember 1808 (G.-S. S. 361) über die Verfassung und Geschäftsverwaltung der obersten Staatsbehörden gemäss den Instruktionen vom 23. dess. Mts. (G.-S. S. 373) für die Oberpräsidenten, und vom 26. dess. Mts. (G.-S. S. 481) für die Regierungen eingerichtet. Diese Erlasse bildeten mit dem Edikt vom g. Oktober 1807 (G.-S. S. ı7r), das den Landbewohnern Freiheit der Person und des Grundbesitzes gab, und der Städteordnung vom ıg. November 1908 (G.-S. S. 324) die ersten Schöpfungen der v. Steinschen Ver- waltung nach dem Tilsiter Frieden. Die Kreiseintheilung beruht ihrem Gedanken nach auf dem Edikte vom 30. Juli 1gı2 (G.-S. S. 141) über Errichtung der Gendarmerie. Nach Ausgang des Befreiungskrieges brachte die Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April ıg15 (G.-S. S. 35) die durch die Wiederherstellung und Erweiterung des Staates bedingten Ergänzungen. Die gesammte Organisation kam im wesentlichen im Jahre 1816 zur Ausführung. Die vorstehende Uebersicht der gegenwärtig geltenden Eintheilung zeigt gegen den Stand von 1816 darin wichtigere Abweichungen, dass sich die anfangs eingerichteten ıo Provinzen durch die ıg22 erfolgte Vereinigung von Kleve-Berg mit Niederrhein, sowie durch die am 3. Dezember 1929 angeordnete Verbindung von Ost- und West- preussen zu je einer Provinz, auf 8 verminderten. Ferner wurde die Zahl der ursprüng- lich festgestellten Regierungsbezirke sehr bald um Stralsund, Aachen und Trier vermehrt, dagegen aber die Regierung zu Reichenbach 1920, zu Kleve 1922 und die zu Berlin 1923 aufgehoben. Berlin gehört seitdem zum Regierungsbezirke Potsdam, hat aber für einige Verwaltungszweige in der Königlichen Ministerial-, Militair- und Baukommission einen im Stadtbezirke wirksamen Ueberrest der früheren Behörde behalten. *) Aus den Hohenzollernschen Landen ist der Regierungsbezirk Sigmaringen gebildet worden, welcher unmittelbar unter den Ministerien steht. Die Einrichtung desselben beruht auf dem Erlass vom ı3. Januar 1354 (G.-S. S. 47). Das Jadegebiet steht zunächst unter dem Amte des Jadegebietes zu Jever, die Stelle der Regierung vertritt nach der Verordnung vom 5. November 1854 (G.-S. S. 595) für alle Verwaltungssachen das Kommissariat der Admiralität zu Oldenburg. Auch die Kreiseintheilung hat nachträglich einige Aenderungen erlitten. So sind die ursprünglich eingerichteten Kreise St. Vith, Braunfels, Linz, Ukerath, Homburg, Opladen, Bünde, Brakel und Küstrin mit denjenigen, welchen diese Orte gegenwärtig angehören, vereinigt, die Kreise Schleiden, Euskirchen, Hoyerswerda, Neurode, Rybnik, Beeskow und Bütow dagegen sind von benachbarten abgetrennt worden; einzelne Kreise wurden auch mit anderen verbunden und später wieder hergestellt; einige endlich haben nur ihre Benennungen gewechselt. Die in Hohenzollern ursprünglich eingerichteten 7 Oberamtsbezirke wurden wenige Jahre später auf die bestehenden 4 vermindert. — *) Jahrbuch für amtliche Statistik des preussischen Staats. Berlin 1863. S. 28 u. 35. — J. G. Hoffmann, die Bevölkerung des preuss. Staats, Berlin 1839. 5* 68 HI. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. Der Bestand der örtlichen Gemeindebezirke beruht mit wenigen Ausnahmen auf der in früher Vorzeit begründeten Bildung der Gemarkungen, welche bei der Dar- stellung der Agrarverfassung näher zu besprechen sein wird. Die Gemeindeverbände können in keiner Weise als Gebietsabtheilungen gelten, welche von der Staatsgewalt zur Erleichterung der Verwaltung angeordnet wurden, vielmehr sind sie vom Staate in ihrem Wesen als dauernde und einheitliche Organismen von individueller Selbstständigkeit so anerkannt, dass er auch die Abgrenzung ihrer Gebiete ihrer eigenen nachbarlichen Ausgestaltung im wesentlichen überlassen hat. Es stand deshalb nicht selten und noch bis in die letzten Jahrzehnte die Zugehörigkeit einzelner Grundstücke zu den politischen Gemeindebezirken, namentlich bei Forsten und Gewässern nicht überall mit Sicherheit fest. Neuerdings sind darüber bestimmte An- ordnungen ergangen. Jedes Grundstück muss nach dem Gesetze, betreffend die Landgemeindeverfassungen in den 6 östlichen Provinzen vom 14. April 1856 $ ı (G.-8. S. 359), der gedachten Landgemeindeordnung für Westfalen $ 1, und der Gemeindeordnung für die Rhein- provinz vom 23. Juli 1845 $ 4 (G.-S. S. 523) einem Gemeinde- oder Gutsbezirke zu- geschlagen sein, und schon bei der Trennung einzelner Grundstücke von Landgemeinden oder selbstständigen Gutsbezirken und Zuschlagung zu anderen unterliegt diese Ab- änderung nach $ ı des vorgedachten Gesetzes vom 14. April 1856 (G.-S. S. 359) der Einwilligung der Betheiligten und der Genehmigung des Oberpräsidenten der Provinz. Die ländlichen Gemeinden pflegt die Theorie in solche, die nach Dorf- und solche, die nach Hofverfassung leben, zu unterscheiden. Die ersteren werden als Gemeinschaften an sich gleichberechtigter Genossen, die unter einem selbstgewählten oder landesherrlich eingesetzten Vorstande stehen, betrachtet; die letzteren dagegen als Besitzungen eines Grund- oder Hofesherrn, deren Einwohner in dinglicher und persönlicher Abhängigkeit von demselben in der Hauptsache seinen wirthschaftlichen Zwecken und ebenso seinen Absichten bei der Gemeindegestaltung dienstbar sind. Dieser Unterschied ist für die Rechtsentwickelung auf preussischem Boden in sofern nicht zutreffend, als die deutschen Dorfgemeinden, wie zu zeigen sein wird, im Laufe der Zeit fast ohne Ausnahme unter die gutsherrliche Gewalt gekommen sind, in den hofhörigen Gemeinden aber anderer- seits die Abhängigkeit trotz des weit verbreiteten Rechtes der Leibeigenschaft niemals einen solchen Grad erreicht hat, dass der Gutsherr durch willkürliche Eingriffe in den wesentlichen Bestand der hofhörigen Wirthschaften eme mit der Dorfverfassung über- einstimmende Gemeindebildung und Verwaltung unmöglich gemacht hätte. Selbst sehr kleine Gemeinden als Gärtner und Häusler ansässiger, fast nur von Lohnarbeit. lebender Wirthe haben immer die deutsche Gemeindeverfassung unter Schulzen und Schöppen oder Gerichtsleuten ausgebildet. Das besondere Verhältniss, das sich gegenwärtig in dem oben nachgewiesenen Bestande der sogenannten selbstständigen Gutsbezirke äussert, ist deshalb nur darauf gegründet, dass die eigene gutsherrliche Wirthschaft, und die zu ihr gehörigen Personen an Beamten und Gesinde mit ihren Angehörigen in der Regel als nicht zur Dorfgemeinde gehörig betrachtet wurden. Sie lebten in einer oft nicht klar ausgesprochenen Sonder- stellung neben den Gemeinden, welche nur darum zu wenig Unzuträglichkeiten führte, weil der Gutsherr die Gerichtsbarkeit und die Polizei über alle Einwohner der Gemarkung besass, und der Staat dieselben in Betreff des Armenwesens, der Schulverwaltung und III. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. 69 verschiedentlicher öffentlicher Verhältnisse und Verbindlichkeiten als zusammen ver- bunden behandelte. Genauere Bestimmungen darüber gehören erst der neuesten Aus- bildung der Gemeindeverfassung an. Diese beruht in den sechs östlichen Provinzen, soweit nicht besondere Statuten, Urbarien oder Observanzen bewiesen werden, im wesentlichen auf Abschn. 2, Tit. 7, Th. I. Allg. Landrechts.*) $ ıg desselben besagt: „die Besitzer der in einem Dorfe oder dessen Feldmark gelegenen bäuerlichen Grundstücke machen zusammen die Dorf- gemeinde aus“, bäuerliche Grundstücke aber sind diejenigen, welche mit den Lasten, die ehemals hauptsächlich dem Bauernstande oblagen, beschwert sind, oder beschwert waren. Deshalb gehören schon, soweit nicht besondere Rechte gelten, Kirchen- und Pfarrgrundstücke nicht zur Dorfgemeinde. Auf die Dominien aber bezieht sich der gedachte Abschnitt überhaupt nicht, für ihre Verhältnisse sind nähere Bestimmungen nicht gegeben. In Sachsen wurde die abweichende Stellung der letzteren in den Ver- ordnungen vom 31. März 1833 (G.-S. S. 61, 62) bei Einführung des Allg. Landrechts für die Verwaltungsangelegenheiten der Landgemeinden ausdrücklich hervorgehoben, und den Dominien gestattet, aus dem Kommunalverbande mit den Dorfgemeinden, in welchem sie nach der fremdländischen Gesetzgebung standen, wieder herauszutreten. Das Gesetz vom 14. April 1856 (G.-S. S. 356) betreffend die ländlichen Ortsobrigkeiten in den sechs östlichen Provinzen, führte für diese Landestheile die Unterscheidung zwischen länd- lichen Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirken systematisch und mit bestimmter Abgrenzung durch. Für die Bildung eines neuen Gemeinde- oder Gutsbezirkes ist seit- dem die Anhörung des Kreistages und Allerhöchste Genehmigung erforderlich. Die in der Uebersicht aufgeführte Zahl dieser Bezirke ist Angaben der Kataster -Behörden entnommen. In den westlichen Provinzen wurde für Westfalen durch die Landgemeinde- ordnung vom 31. Oktober ıg41 (G.-S. S. 279), welche die bis dahin bestandenen fremd- herrlichen Gesetze ausser Kraft setzte, bestimmt, dass die bestehenden Bürgermeistereien, Kantons- und Verwaltungsbezirke als Amtsbezirke beibehalten werden sollten, welchen ein Amtmann vorsteht. Dies sind die im Verzeichniss genannten Amts- und Schloss- bezirke, von denen letztere bei den beiden standesherrlichen Schlössern Berleburg und Wittgenstein bestehen. Ein solches Amt kann eine einzige Gemeinde umfassen, es kann sich aber auch aus mehreren Gemeinden nebst den nicht im Gemeindeverbande stehenden Rittergütern zusammensetzen. Alle diejenigen Orte, (Dörfer, Bauerschaften, " Kirchspiele), welche bei Erlass des Gesetzes für ihre Kommunalbedürfnisse einen eigenen Haushalt hatten, es sei auf den Grund eines besonderen Etats oder einer Abtheilung des Etats der Bürgermeisterei oder des Kantons, sollen fortan eine Gemeinde mit den Rechten einer öffentlichen Korporation unter einem Gemeindevorsteher bilden, so- weit nicht eine Trennung gewünscht und genehmigt wird. Wo die landtagsfähigen Rittergüter mit den Ortsgemeinden verbunden sind, kann die Trennung aus Rücksicht auf ihr ursprüngliches Recht hierzu jederzeit eintreten, wenn beide Theile einig sind; auf einseitigen Antrag hat der Minister des Innern zu entscheiden. Die Landgemeinde- ordnung für Westfalen vom ıg. März 1856 (G.-S. S. 265) änderte diese Verfassung nur in soweit, als letztere Entscheidung Allerhöchste Genehmigung voraussetzt. *) v. Rönne, Staatsrecht der preuss. Monarchie. Leipzig 1863. Bd. II. S. 389, 370. Das Gesetz vom 14. April 1856 (G.-S. S. 359) s. o. S. 68, giebt nur Ergänzungen, 70 II. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. Die Magistrats- und Stadtbezirke bestehen für Städte. Es umfasst also jeder der für Westfalen in der Nachweisung gezählten örtlichen Gemeindebezirke eine mehr oder weniger grosse Zahl besonderer dem Amte untergeordneter Gemeinden und einzelner Güter, deren Bestand, wie Spalte 6 und 7 angiebt, ermittelt ist. Für die Rheinprovinz erging erst unter dem 23. Juli 1845 (G.-S. S. 523) eine Gemeindeordnung und zwar auf wiederholte Anträge der rheinischen Provinzialstände ohne Unterscheidung der Stadt- und Landgemeinden. Nach derselben bilden alle die- jenigen Orte (Städte, Dörfer, Weiler, Bauerschaften, Herrschaften, Kirchspiele u. s. w.), welche bei Erlass des Gesetzes einen eigenen Haushalt hatten, es sei auf den Grund eines besonderen Etats oder einer Abtheilung des Bürgermeistereietats, fortan eine Gemeinde unter einem Gemeindevorsteher. Mehrere Gemeinden bilden einen Verwal- tungsbezirk (eine Bürgermeisterei) unter einem Bürgermeister. Die Bürgermeisterei kann auch aus einer einzigen Gemeinde bestehen, wenn diese von dem Umfange ist, um den Zwecken einer Bürgermeisterei für sich allein zu genügen. Diese Gesichts- punkte sind durch das neuere Gesetz, betr. die Gemeindeverfassung für die Rheinpro- vinz vom ı5. Mai 1856 (G.-8. S. 435) nur bezüglich derjenigen Städte beseitigt, welche die Städteordnung erhalten haben. Selbstständige Gutsbezirke sind am Rhein nicht vorhanden, Der Begriff der Stadtgemeinde ist sehr schwankend, seitdem der reale Inhalt, den die mittelalterlichen Privilegien des Stadtrechtes hatten, veraltet und gefallen ist. Die Städteordnung vom 19. November 1808 (G.-S. S. 324) vermied mit grosser Bestimmtheit an irgend eine der überkommenen Institutionen, Patriziat, Zunftrecht, Bannrecht und ähnl. anzuknüpfen, die nur noch als Schranken empfunden wurden und, soweit sie noch geltend waren, im Laufe des folgenden Jahrzehnts sämmtlich zur Aufhebung kamen, Man kann sagen, dass aus diesem Rechtskreise in die neue Form, welche den Inhalt des Städtewesens wesentlich in der Selbstverwaltung durch die Gemeinschaft aller Bürger suchte, nur der Anspruch auf die Bezeichnung als Stadt mit hinüber genommen war. Die Städteordnung wurde ursprünglich nur für die Städte in den zur Zeit ihrer Publikation den preussischen Staat bildenden Landestheilen erlassen*), später aber auch auf die dem provinzialständischen Verbande der Provinz Preussen nach der Verordnung vom ı7. März 1828 hinzugetretenen Städte (Kab.-Order vom 13. März 1831, @.-S. 1832, S. ır5) und auf diejenigen Städte des provinzialständischen Verbandes des Herzogthums Schlesien, der Grafschaft Glatz und des preussischen Markgrafenthums Oberlausitz, in welchen sie noch nicht eingeführt war (Kab.-Order vom 26. April 1831, G.-S. 1832, 8. 115), ausgedehnt. Aus der Revision, welcher sie unterworfen wurde, ging die revidirte Städte- ordnung vom 17. März 1831 (G.-S. S.9) hervor. Den Städten, in welchen die Städte- ordnung von 1808 galt, wurde die Wahl gelassen, ob sie die letztere beibehalten, oder auf Verleihung der revidirten antragen wollten. Es beantragten sie nur Königsberg in der Neumark, Wendisch Buchholz und Kremmen. Dagegen wurde die revidirte Städte- ordnung eingeführt a. in denjenigen Städten des provinzialständischen Verbandes der Mark Brandenburg nebst dem Markgrafenthum Niederlausitz, in welchen die ältere Städteordnung noch nicht galt, b. in der Provinz Sachsen, ce. in der Provinz West- falen, wo dieselbe indess nur für die Städte mit mehr als 2 500 Einwohnern zur Aus- führung gelangte, während für die kleineren Städte die Landgemeindeordnung vom *) v. Rönne a. a. O. S. 373 fi. III. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. 71 31. Oktober ıg4r eingeführt wurde, endlich d. in der Provinz Posen, in der jedoch die Einführung nur nach und nach für die bedeutenderen Städte dureh besondere Kabinets- ordern angeordnet wurde, während die kleineren Städte die frühere herzoglich War- schauische Verfassung behielten. In Neuvorpommern wurden die dort bestehenden statutarischen Verfassungen der einzelnen Städte aufrecht erhalten. Für die Rhein- provinz erging die erwähnte, für Stadt- und Landgemeinden gemeinsame Gemeinde- ordnung vom 23. Juli 1845. Wenn danach also allerdings die meisten Orte, welche Mittelpunkte gewerblichen Verkehrs und einer unter städtischen Verhältnissen lebenden Bevölkerung sind, auch vom Gesetz eine besondere städtische Verfassung erhielten, so konnte doch eine grössere Zahl, welche nach historischem Herkommen als Städte ange- sehen werden, und manche jüngere, die diesen gleich stehen, die Befugniss des neuen Stadtrechts nicht in Anspruch nehmen. Dieses Verhältniss besteht im wesentlichen bis zur Gegenwart fort. Die Gemeinde- ordnung vom ır. März 1850, welche zur Erfüllung der bezüglichen Bestimmungen der Verfassungsurkunde erging, sollte für sämmtliche Stadt- und Landgemeinden Geltung haben, wurde indess wegen der an ihrer Ausführbarkeit entstandenen Zweifel durch das Gesetz vom 24. Mai 1853 (G.-S. S. 238) aufgehoben, und es ergingen an ihrer Stelle die jetzt geltenden Gesetze: die Städteordnung vom 30. Mai 1853 (G.-S. S. 261) für die 6 östlichen Provinzen mit Ausnahme von Neuvorpommern und Rügen, das Gesetz vom 31. Mai 1853 (G.-S. S. 29r) betreffend die Verfassung der Städte in Neuvorpommern und Rügen, die Städteordnung vom 19. März 1856 (G.-S. S. 237) für die Provinz West- falen, und die Städteordnung vom ı5. Mai 1856 (G.-S. S. 406) für die Rheinprovinz. Die Städteordnung vom 30. Mai 1853 kommt in den östlichen Provinzen in allen bisher auf den Provinziallandtagen im Stande der Städte vertretenen Städten, des- gleichen in den im Stande der Städte nicht vertretenen Ortschaften, in welchen bis dahin eine der beiden Städteordnungen vom 19. November ıg08 und vom 17. März 1831 gegolten hatte, zur Anwendung. Die Verleihung für die Orte, in welchen weder eine dieser Städteordnungen, noch die ländliche Gemeindeverfassung bestanden hat, sowie die Verleihung der Städteordnung an Landgemeinden und der Landgemeindeordnung an Stadtgemeinden ist Allerhöchster Bestimmung nach Anhörung der betreffenden Landtage vorbehalten. : Den Städten in Nenvorpommern und Rügen sind unter gewissen Bedingungen ihre bisherigen Verfassungen belassen, oder wieder in Kraft gesetzt. In der Provinz Westfalen findet die für dieselbe erlassene Städteordnung vom 19. März 1856 nur auf diejenigen Städte Anwendung, in denen bei Verkündigung der Gemeindeordnung vom ır. März 1850 die revidirte Städteordnung vom 17. März 1831, oder in denen zur Zeit der Publikation der Städteordnung vom ı9. März 1856 der Tit. II. der Gemeindeordnung vom ır. März 1850 galt, auf letztere jedoch nur dann, wenn sie bei Einführung dieser Gemeindeordnung aus dem Amts- (oder Sammtgemeinde-) Verbande ausgeschieden sind, in welchem sie bis dahin mit den ländlichen Gemeinden gestanden haben. Indess können unter gewissen Bedingungen Landgemeinden die Städte- ordnung und Städte die Landgemeindeordnung durch Königliche Verordnung erhalten. In der Rheinprovinz kommt die Städteordnung vom 15. Mai 1856 für die auf dem Provinziallandtage im Stande der Städte vertretenen Gemeinden von mehr als 10000 Einwohnern zur Anwendung, sowie für diejenigen Städte von geringerer Einwohnerzahl, in denen zur Zeit der Verkündigung der Gemeindeordnung vom ıı. März 1850 die 72 II. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. revidirte Städteordnung vom ı7. März 18931 galt. Durch Königliche Verordnung kann die Städteordnung aber auch anderen auf dem Provinziallandtage im Stande der Städte vertretenen Gemeinden der Rheinprovinz auf ihren Antrag verliehen werden. Ein Anhalt für die Trennung von Stadt- und Landgemeinden ist also nach allem Angeführten aus den gesetzlich bestehenden städtischen Verfassungen nicht mit Be- stimmtheit zu gewinnen. Es werden deshalb für statistische Zwecke diejenigen Gemein- den als Städte angesehen, welche in den provinzial- und kreisständischen Versamm- lungen im wesentlichen auf Grund älteren Herkommens durch die noch näher darzu- stellenden für die Zusammensetzung dieser Versammlungen gegebenen gesetzlichen Be- stimmungen ihre Vertretung im Stande der Städte erhielten. Dieser allerdings nur äusser- liche Unterscheidungsgrund, in welchem aber gleichwohl eine grössere Gewähr für das Vorhandensein der sozialen Bedingungen städtischer Verhältnisse liegt, ist auch für die Unterscheidung in der obigen Nachweisung massgebend gewesen. In der Regel stehen die aufgeführten Städte vorbehaltlich der dureh die Städte- ordnungen gegebenen Selbstständigkeit und gewisser besonderen Rechte als Theile des Kreises unter der landräthlichen Verwaltung desselben. Einzelne durch ihre Bedeutung besonders ausgezeichnete Stadtgemeinden aber sind ausser alle Beziehung zu den Land- rathsämtern gesetzt, werden mit ihrem Gebiete von ihren Magisträten verwaltet und als Stadtkreise den landräthlichen Kreisen gleich geachtet. Als solche Städte werden zur Zeit folgende 16 gerechnet: Königsberg, Danzig, Stettin, Posen, Berlin, Potsdam, Frankfurt, Breslau, Magdeburg, Halle, Münster, Cöln, Elberfeld, Barmen, Trier und Aachen. Letztere stehen selbstverständlich auch für die Aufsammlung der statistischen Erhebungen unmittelbar unter den Regierungen und widmen der Statistik in Verbindung mit ihrem Stadthaushaltswesen zum Theil sehr grosse, durch jährliche Publikationen auch allgemeiner nutzbar gemachte Aufmerksamkeit. In Berlin besteht ein eigenes städtisches statistisches Büreau. Die übrigen Städte stehen in dieser Beziehung zwar der Regel nach unter der Verwaltung des Kreises, indess werden von jeher die Angaben aus den Städten von denen aus den ländlichen Orten geschieden und besonders zusammengestellt. — Der Ueberblick aller aufgeführten Haupt- und Unterabtheilungen des Staatsgebietes ergiebt nach der Zahlenzusammenstellung als charakteristisch und in vielen Beziehungen erheblich, dass im allgemeinen alle Verwaltungsbezirke in den nördlicheren Landestheilen bedeutend grösser, als in den südlicheren sind. Von den Provinzen ist Preussen hei weitem die ausgedehnteste und nimmt nahezu ‘/; des gesammten Staatsgebietes ein, nächst ihr folgen der Grösse nach Brandenburg, Schlesien, Pommern, Posen, Rheinland, Sachsen und endlich Westfalen, welches nur etwa '/ des Flächeninhalts der Provinz Preussen umfasst. Von den Bezirken besitzt Brandenburg durchschnittlich die grössten, dann folgt Preussen, Posen, Schlesien, Pommern, Sachsen, Westfalen, Rheinland und Hohenzollern. In Bezug auf die Kreise weicht die Reihenfolge von letzterer nur darin ab, dass Pommern die zweite Stelle einnimmt. Die Gemeindebezirke lassen sich nicht überall vergleichen. Für die östlichen Provinzen zeigen auch sie in Brandenburg die grössten Flächen, dann folgt Pommern, Sachsen, Preussen, Posen und Schlesien, dessen Gemeindebezirke durchschnittlich um mehr als '/; kleiner sind als die brandenburgischen. Die Amtsbezirke und Bürgermeistereien IIT. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. 73 der östlichen Provinzen umfassen durchschnittlich 8 mal so viel Fläche als ein Gemeinde- bezirk der östlichen Provinzen, und sind in Westfalen nahezu doppelt so gross, als am Rhein. Die Städte vertheilen sich der Fläche nach in der Art, dass in Preussen . . . auf je 937 geogr. DJ Meilen ineRommern nn 7150 5 in Brandenburg . . „2 9» 5a: N in Schlesien ra or 5 in Rheinland. a. , » 38: er a\WVestfalenae se ern aıro = InHEDSenWer Se en 63 > Ing Sachsen nen ano en und in Hohenzollern . . „= 3,05 = eine Stadt kommt *). — Die verschiedenen Territorialbestandtheile der Provinzen und das Alter ihrer Zu- gehörigkeit zum Staatsganzen lassen sich nach den grösseren, für die Kulturverhältnisse erheblicheren Vorgängen folgendermassen überblicken **): a. Die Provinz Preussen ist in ihrer Hauptmasse östlich der Weichsel derjenige Theil des Staates, welchen Friedrich I. als ein souverain regiertes Land ausserhalb des deutschen Reiches, indem er sich am ı$8. Januar 1701 die Krone aufsetzte, zum König- reich erklären konnte. Dieser Besitz war 1618 bei dem Ableben Albrecht Friedrichs, des Nachkommen Herzog Albrechts, des letzten Hochmeisters, an das Kurhaus Branden- burg gefallen. Der anfänglich fortbestehende Lehnsverband zu Polen hörte 1655 auf. Culmerland, Ermeland und Land Marienburg, welche rechts der Weichsel polnisch ge- blieben waren, sowie links der Weichsel das gesammte Westpreussen (Pommerellen) mit den zum Netzdistrikt gehörigen jetzigen Kreisen Deutsch-Krone und Flatow, wurden 1772 bei der ersten Theilung Polens in Besitz genommen. Von dieser Erwerbung waren nur die Städte Danzig und Thorn mit ihren Gebieten ausgenommen, welche erst 1793 bei der zweiten Theilung hinzutraten. Der zeitweisen Besitzwechsel 1807 — 1814 wird unter h. gedacht. b. Zur Provinz Posen ist das 1772 erlangte Hauptgebiet des Netzedistriktes, der aus Theilen der Woywodschaften Posen, Gnesen und Inowraclaw gebildet wurde, mit den im Jahre 1793 zwischen diesem Distrikte, der Mark und Schlesien erworbenen, 1815 bei Preussen verbliebenen Landestheilen, vereinigt worden. e. Von der Provinz Pommern bilden die Kreise Schievelbein, Dramburg und der Osten von Saatzig den ältesten Theil. Sie gehören der seit der Mitte des 13. Jahr- hunderts brandenburgischen, indess durch die luxemburgischen Fürsten veräusserten, *) Die Städte sind einzeln genannt im Jahrbuch für die amtl. Statistik, S. 49. Sämmt- liche Ortschaften im übrigen Staatsgebiete giebt alphabetisch das topographisch - statistische Handbuch des preuss. Staats von Messow, Magdeburg 1846. *) C. W. v. Lancizolle Geschichte der Bildung des preussischen Staates. Berlin 1828. — Dess. Uebersicht der deutschen Territorialverhältnisse. Berlin 1830. — A. F. Büsching Erdbeschreibung, mit Forts. 13 Bde. 1754— 1807. — Als alphabetische Zusammenstellung: W. Fix, Uebersichten zur äussern Geschichte des preuss. Staats, Berlin 1858. 74 II. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen. und erst 1455 im Schlussvertrage mit dem deutschen Orden zu Mewe wiedererworbenen Neumark an. Vom eigentlichen-Pommern kam im westfälischen Frieden das Herzogthum Hinter- pommern mit Wenden nebst dem Fürstenthum Cammin an Preussen; 1657 traten Lauen- burg, Bütow und Draheim durch den Frieden zu Wehlau von Polen hinzu, Vorpom- mern bis zur Peene mit Stettin und den Inseln trat Schweden 1720 im Frieden zu Stockholm, und Neuvorpommern mit Rügen, den heutigen Regierungsbezirk Stralsund, im Wiener Frieden ıgı5 ab. d. Die Provinz Brandenburg *) besteht fast ganz aus der 1356 zur Kurwürde erhobenen Mark Brandenburg, wie dieselbe 1415 Friedrich von Hohenzollern von Kaiser Sigismund überkam,. Von ihr hatte Albrecht der Bär schon die Priegnitz, Zauche und Havelland gewonnen; seine Nachfolger erwarben bis zum ‚Jahre 1260 die übrigen Theile der Mittelmark, sowie die Ueckermark und das Land Sternberg. Schon seit ältester Zeit gehörte der Mark die Grafschaft Ruppin als Lehn zu, welches 1524 heimfiel. Zu dem märkischen Besitz von ı415 trat 1455, wie erwähnt, die Neumark, 1462 die früher böhmisch-lausitzischen Herrschaften Kottbus, Peitz, Teupitz, das Land Beer- walde und Gross-Lübbenau, 1479 Vierraden und Schwedt, 1482 im Frieden zu Kamenz das glogauische Fürstenthum Krossen mit Züllichau, Sommerfeld und Boberberg, 1490 durch Kauf die Herrschaft Zossen, 1571 die lausitzisch-böhmischen Herrschaften Beeskow und Storkow, endlich in Folge des westfälischen Friedens das zum Erzstift Magdeburg gehörige Luckenwalde. Im Jahre 1686 wurde der Schwiebuser Kreis als Ersatz für den Anfall der schlesischen Fürstenthümer übernommen, zuletzt ıgr5 unter den von Sachsen erworbenen Landestheilen die Distrikte Belzig, Jüterbog und die gesammte Niederlausitz mit Finsterwalde und Senftenberg zur Provinz Brandenburg gezogen, und dieselbe dadurch zu ihrem heutigen Bestande abgeschlossen. e. Die Provinz Schlesien setzt sich aus dem 1742 im Frieden zu Berlin ab- getretenen grössten Theile des Herzosthums Ober- und Nieder-Schlesien mit der Graf- schaft Glatz und dem erst ıgı5 von Sachsen überkommenen Antheile der Ober-Lausitz zusammen. f. Von der Provinz Sachsen gehört die Altmark (nahezu die heutigen Kreise Gardelegen, Stendal, Salzwedel und Osterburg) und der später sogenannte Ziesarsche Kreis zu dem alten Besitz Albrechts des Bären, und ging ı415 mit Brandenburg auf Friedrich von Hohenzollern über. Von den übrigen Landestheilen kam die schon in älterer Zeit brandenburgische Grafschaft Wernigerode 1450 wieder unter branden- burgische Hoheit. Die ausgedehnten Besitzungen des Erzstiftes Magdeburg, welche mit geringen, noch zu nennenden Ausnahmen den gesammten heutigen Regierungsbezirk Magdeburg bis zur Altmark, sowie Halle und den Saalkreis umfassten, fielen durch den westfäli- schen Frieden mit dem Bisthum Halberstadt und den Hohensteinschen Aemtern Lohra und Klettenberg, im heutigen Kreise Nordhausen, an Brandenburg. Die Distrikte Mans- feld und Schraplau nahm erst 1780 Friedrich der Grosse als den Magdeburgischen Antheil der Grafschaft Mansfeld in Besitz. Die Gebiete von Erfurt, das Eichsfeld, den Mainzischen Antheil von Treffurt und Dorla, die Abtei Quedlinburg und die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, besetzte *) R. Böckh, Ortschaftsstatistik des Regierungsbezirks Potsdam, Berlin 1861, S. 2 fl. III. Das Staatsgebiet nach Lage, Grösse, politischer Eintheilung und Bestandtheilen, 75 Preussen 1802, und erhielt sie durch den Reichsdeputationshauptschluss; endlich wurde 1815 der gesammte übrige Theil der Provinz, der sächsische Kurkreis, der thüringer Kreis und die Stifte Merseburg und Naumburg, Zeitz und andere kleinere Landestheile, sowie auch der vormals sächsische Antheil der Grafschaft Mansfeld erworben. Zum Regierungsbezirk Magdeburg sind von diesen Vergrösserungen nur Barby, Frose und Gommern im Kreise Calbe geschlagen worden. &. In der Provinz Westfalen schreibt sich der älteste Besitz aus der 1609 eröff- neten Jülich-Kleveschen Erbschaft her. Kurfürst Johann Sigismund nahm bis zum Austrag des Streites alle erledigten Lande, unter ihnen Ravensberg, die Grafschaft Mark und das Herzogthum Kleve, in Besitz, welche dem Kurhause dauernd verblieben. Ravensberg gehört gegenwärtig zum Regierungsbezirk Minden, Mark zum Regierungs- bezirk Arnsberg. Das Bisthum Minden wurde im westfälischen Frieden, die Grafschaft Tecklenburg 1707 durch Kauf erworben. 1902 nahm Preussen das Bisthum Paderborn, die Abteien Herford und Cappenberg und die Stadt, sowie den östlichen Theil des Bisthums Münster bis Lüdinghausen und Rheine, in Besitz und erhielt endlich ıg15 den westlichen Theil des Münsterlandes und die Herrschaft Rheda, ferner die vormalige Reichsstadt Dortmund, die Abtei Corvey und das Fürstenthum Siegen, endlich das ge- sammte kurkölnische Herzogthum Westfalen und die Grafschaften Recklinghausen und Wittgenstein. h. Von der Provinz Rheinland bildet den ältesten Theil das obenerwähnte Herzogthum Kleve, welches den Norden des Regierungsbezirks Düsseldorf einnimmt. Die Grafschaft Moers mit Crefeld besetzte Friedrich I. 1702 als seinen Antheil an der durch den Tod Wilhelms III. von Grossbrittanien eröffneten Oranischen Erbschaft. 1713 trat diesem Besitze durch den Frieden zu Utrecht ein Theil des Oberquartiers Geldern hinzu. Dazu kamen 1802 bei Abtretung der linksrheinischen Besitzungen die Ge- biete der Abteien Elten, Essen und Werden. Den gesammten übrigen Hauptkörper der Rheinlande mit dem Kreise Wetzlar, nur das Fürstenthum Lichtenberg ausge- nommen, erwarb Preussen 1815. Lichtenberg, der gegenwärtige Kreis St. Wendel, wurde erst durch Vertrag vom 31. Mai 1834 (G.-8. S. 159) von Sachsen-Coburg-Gotha erkauft. Durch die französische Invasion gingen ıgor im Lüneviller Frieden alle Besitzun- gen auf dem linken Rheinufer verloren und blieben bis zum ersten Pariser Frieden mit Frankreich vereinigt. ı806 wurde auch das rechtsrheinische Kleve mit Essen, Werden und Elten von Napoleon in Besitz genommen. 1807 entriss der Tilsiter Friede Preussen alle Besitzun- gen bis zur Elbe, welche theilweise zum neugebildeten Königreiche Westfalen, theilweise zum Grossherzogthum Berg gelegt wurden. Erfurt hielt Napoleon besetzt. Jenseits der Elbe trat Preussen Kottbus und Peitz an Sachsen, den grössten Theil des Netz- distriktes, Posen und das Culmer Land, mit Ausschluss von Graudenz, an das Herzog- thum Warschau ab. Danzig wurde mit einem Stadtgebiete zum Freistaat erklärt. Die Wiederbesitznahme erfolgte grösstentheils schon 1813. i. Die Fürstenthümer Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen sind durch Staats- vertrag vom 7. Dezember 1849 (G.-S. 1850 S. 289) an die Krone Preussen abge- treten. Das Hafengebiet am Meerbusen der Jade wurde durch Vertrag vom 20. Juli 1853 (G.-S. 1854 S. 65) von Oldenburg erworben, ri Anhang zu III. Exklaven und Enklaven des Staatsgebietes. Der Zeitfolge und den Flächen nach zusammengefasst bildeten also den Besitz Albrechts des Bären in der Alt- und Mittetmark, von dem der Staat ausging, nur etwa 250 D Meilen. Kaiser Sigismund übertrug an Friedrich von Hohenzollern die Kurmark und das Land Sternberg, welche auf 423,33 DO Meilen berechnet werden. Dieses Gebiet vergrösserte sich bis 1608, ehe ‚Johann Sigismund die ersten Erwerbungen am Rhein machte, in Pommern und der Lausitz auf 715, DJMeilen. Bei dem Ableben des Grossen Kurfürsten umfasste der Staat schon 2013 DMeilen, davon am Rhein und in Westfalen 121,1, in Ost- und Westpreussen 657,133. Friedrich der Grosse trat seine Regierung mit einem Besitz von 2 159,9; DJ Meilen an und hinterliess seinem Nachfolger 3 529,62. Friedrich Wilhelm II. und III. erweiterten das Staatsgebiet auf 5724,91, der Friede von Tilsit beschränkte es auf 2 869,76, aus dem Wiener Kongresse aber ging es mit 5086,» DMeilen Ausdehnung hervor. Seitdem wurde bis zum Ableben Friedrich Wilhelms IV. Neufchatel und Valengin mit 13,9; OD Meilen abgetreten, Lichtenberg, Hohenzollern und Jade dagegen erworben, so dass König Wilhelm I. nach der früheren Berechnung 5 103,97, nach den neueren Flächenermittelungen 5 067,7; geogr. DMeilen übernahm, welche 1866 auf 6390,37 DMeilen erweitert worden sind. Anhang zu IM. Verzeichniss der Exklaven und Enklaven des Staatsgebietes. 1. Exklaven. A. Zu den östlichen Provinzen geschlagen: 1. | Die Orte Duckow, Zettemin, | 5 Meilen W. von Trep- | in Mecklenburg-Schwerin. Pinnow, Karlsruhe, Roth- | tow, im Süden des | mannshagen u. Rützenfelde, | Cummerowsees, | 2. | Das Vorwerk Menow, 2M.NO. v.Rheinsberg, | in Meeklenburg-Strelitz. 3. | Der Wolfsburger Werder, | 2M. W. v. Oebisfelde, | zwischen Braunschweig und | \ Hannover. 4. , Hehlingen, ı M. W. v. Oebisfelde, | zwischen Braunschweig und | | | Hannover. 5. | Der Kludener Pax, ' 11a M. NW. v. Neu- | im braunschweigschen Amte | haldensleben, \ Calvörde, welches preussi- | sche Enklave ist. 6. | Der Regenstein bei Blanken- | 1, M. SW, v. Halber- | in Braunschweig. burg, stadt, 7. , Die Stadt Benneckenstein, | 2Y» M. S. v. Wernige- | zwischen Hannover und | . \ rode. \ Braunschweig. I Anhang zu III. Exklaven und Enklaven des Staatsgebietes. 77 8. | Das Dorf Steinbrücken und |)ryM. WNW. v. Mans- A RSIE- Dessau: . | Das Dorf Abberade, feld, ı0. | DieAemter Wanderslebenund | 2/. M. SW. v. Erfurt, | in Sachsen-Gotha. Mühlberg, ır. | Das Dorf Molschütz und ıM.SSW.v.Naumburg |. Rx r ; : r in Sachsen-Meiningen. ı2. | Die Abtei Löbnitz, a. d. Saale. > 13. | Das Dorf Löbnitz, ıM.WS\W.v. Koethen. | 14. | Das Dorf Repau, ı M. SO. v. Koethen, |[jn den von Preussen völlig ı5. | Das Dorf Pösigk, 2 M.SO. v. Koethen, |f enklavirten Anhaltischen 16. | Die Orte Moest, Niese, Schie-.| 1’; M. S. v. Dessau, Landen. rau und Priorau, =: € Ri & 17. Kischlitz und ZEN ESS Naumbursu Prse Beer = in Sachsen-Altenbure. ı8. Dorftheil Königshofen, a. d. Saale, > 19. | Der Kreis Schleusingen, 7 M. SW. v. Erfurt, | zwischen Kurhessen, Ko- burg, \Weimar, Schwarz- burg - Sondershausen und Meiningen, 8,37, DMeilen. 20. | DerKreis Ziegenrück, Haupt- | 8 M. SO. v. Erfurt, | parzelle Ziegenrück, mit 21. | Gross- und Klein-Camsdorf | 3Y M. ONO, v. Zie- N . senrüück & oe . und Gossewitz, genrück, Pr zwischen Meiningen, Wei- 22. | Gefell, 31» M. SO. v. Ziegen- mar, Reuss, Schwarzburg- f N. . zück, er Pi Rudolstadt und Bayern, 23. | Blintendorf mit einer kleinen | 1, M. ONO. v. Gefell, zusammen 3, OMeilen. Nebenparzelle ohne Ort- | schaft, 24. | Sparnberg und ı M. WSW. v. Gefell, 25. | Arlass und Blankenberg, 1Y»M.WSW.v. Gefell, B. Zu den westlichen Provinzen geschlagen: 26. | Die Stadt Lügde, 5'M.NO.v. Paderborn, | zwischen Lippe - Detmold [3 M. NW. v. Höxter, | und Waldeck. 27. | Der Kreis Wetzlar, Haupt- | 9M. ONO,. v. Coblenz, | parzelle Wetzlar, mit Den Orten Gleiberg, Votz- berg, Crofdorf, Launspach, | '{ und Hessen-Darmstadt. Wissmar, Odenhausen, Salz- | | böden und Schmelz, | 28. 2 M. NO. v. Wetzlar: | zwischen Nassau, Kurhessen Diese Exklaven nehmen zusammen einen Flächenraum von 255: DMeilen ein, davon gehören 0,7, DO Meilen zur Provinz Pommern, o, zu Brandenburg, 14, zu Sachsen, 0,59 zu Westfalen und 9,6; zur Rheinprovinz, indess sind für diese Angabe, ausser bei den Kreisen Schleusingen und Ziegenrück die älteren Flächenberechnungen zu Grunde gelegt. Die Hohenzollernschen Lande umfassen neben ihrem Hauptkörper westlich im badischen Gebiete 4 Exklaven: Thalheim, Bärenthal und 2 kleinere Besitzungen, östlich im würtembergischen Gebiete die Exklave Enslingen, und südlich in der Nähe des Bodensees zwischen den Grenzen von Würtemberg und Bayern die Exklave Achberg. 78 Anhang zu III. Exklaven und Enklaven des Staatsgebietes. 2. Enklaven. A. Innerhalb der östlichen Provinzen: 1. | Rossow, 3M.NW.v.Neu-Ruppin, 2. | Schönberg und Netzeband, 2% M. NW. v. Neu- |) aus Mecklenburg-Schwerin. Ruppin, 3. | Amt Calvörde, 2 M. NW. v. Neuhal- | aus Braunschweig. densleben, 4. | Die Herzogthümer Anhalt- | zwischen Provinz Bran- | Herzogthum Anhalt. Dessau-Köthen und Anbalt- denburg und Sachsen, Bernburg, mit 5. , Gross- und Klein-Atzleben | rM.S.v. Oschersleben, | aus Anhalt-Dessau-Köthen. und Alikendorf, 6. | Dornburg mit einer Neben- | ıM.O.v. Schoenebeck, desgl. parzelle ohne Ortschaft, 7. | Jödnitz, 2 M.OSO,. v. Schöne- desgl. beck, 8. , Gross- und Klein-Mühlingen, | ı M. S. v. Schönebeck, | aus Anhalt-Bernburg. 9. | Amt Altstädt, ı M. S. v. Sanger- | aus Sachsen-Weimar. hausen, 10. | Die SchwarzburgischenHerr- | von dem Reg.-Bezirk | aus Schwarzburg- Sonders- schaften Sondershausen und | Erfurt umschlossen, hausen, Schwarzburg- Ru- Frankenhausen und das dolstadt und Sachsen-Co- Sachsen-Coburgische Amt burg-Gotha. Volkenrode, ı1. | Ortschaft Namsdorf, 1a M. O. v. Zeitz, aus Sachsen-Altenburg. B. Innerhalb der westlichen Provinzen: ı2. | Das Dorf Grävenhagen, | 2M.NO.v. Paderborn, | aus Lippe-Detmold. 13. | Stift Cappel, | 1a M. W. v. Lippstadt, desgl. 14. | Amt Lipperode, 1»M. NO. v. Lippstadt. desgl. Der Flächeninhalt sämmtlicher Enklaven berechnet sich auf 56, D]Meilen, und zwar liegen davon in der Provinz Brandenburg 1,16 OD Meilen aus Meeklenburg-Schwerin, zwischen Brandenburg und Sachsen 35,4. DMeilen aus Anhalt, in der Provinz Sachsen 1,4 OM. aus Anhalt, 1,9: DM. aus Braunschweig, 2,5 O’M. aus Sachsen-Weimar, 1,4 OM. aus Sachsen-Coburg-Gotha, 0,6 JM. aus Sachsen-Altenburg, 9,5 UM. aus Schwarzburg- Sondershausen und 3,74 O’M. aus Schwarzburg-Rudolstadt, endlich in der Provinz West- falen 025 ODM. aus Lippe-Detmold, Die Hohenzollernschen Lande enklaviren 2 zu Baden und 3 zu Würtemberg ge- hörige Besitzungen. Iv. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhen- verhältnisse. Das bisherige preussische Staatsgebiet ist in der Gestaltung seiner Oberfläche durch seine Erstreekung von den mitteldeutschen Gebirgen zum Meere charakterisirt. Es nimmt den grössten Theil des Nordabhanges dieser Gebirge und zwar in den östlichen Provinzen bis zur Ostsee, in den westlichen bis etwas über die Hälfte der Entfernung zur Nordsee ein. Quer durch das gesammte mittle Deutschland liegt zwischen dem 50. und 5l. Breitengrade ein zusammenhängender Bergzug, welcher sich in vier Gruppen von ziemlich gleicher Länge, aber verschiedener Richtung scheidet. Die östlichste bilden die Sudeten vom Jablunkapass an der ungarischen Grenze bis zur Tafelfichte in der Nähe von Zittau, die folgende das Lausitzer, Erz- und Fichtelgebirge von der Tafelfichte bis zum ÖOchsenkopf bei Bayreuth, die dritte der Franken- und Thüringerwald mit den Werragebirgen von dem ÖOchsenkopf aus bis zum Meissner in der Nähe von Cassel und die vierte die nördlichen Ufergebirge der Lahn und der Mosel vom Meissner bis zu der an die Ardennen um Montjoie und St. Vith anschliessenden Schneeeifel. Diese Gliederung ist für das Flussnetz Deutschlands entscheidend, denn vor den Sudeten und dem Erzgebirge sammeln sich die oberen Zuflüsse der Elbe, als Moldau, Elbe, Polsnitz und Eger, vor dem Thüringer-, Westerwald und der Eifel die des Rheins, als Rhein, Main, Lahn und Mosel, und beide Ströme durchbrechen die vor- liegende Gebirgskette nur in engen und tiefen nach Nordwesten geöffneten kanalartigen Einsehnitten. Neben diesen beiden Hauptströmen wird der gesammte Gebirgszug trotz seiner grossen Ausdehnung von keinen anderen Gewässern, als denen eines kleinen hochgelegenen Gebietes zwischen Thüringer- und Westerwald durchsehnitten, die in den Rinnen der Werra und Fulda und der nahen Schwalm zu beiden Seiten des Meissners Abzug gewinnen und sich an dessen Nordwestfusse zur Weser vereinigen. Die Reihe der angeführten Bergketten bildet also den erhöhten Rand der süd- deutschen Hochebene. Die auffallende Regelmässigkeit der aus- und einspringenden Winkel, in denen die ziemlich geraden 30 bis 4o Meilen langen Linien auf einander 80 IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenyerhältnisse. treffen, entspricht ungefähr einer Gegenstellung von 120 Grad und wird geologisch durch die Kreuzung zweier Gebirgserhebungen von verschiedenem Alter erklärt. Die gewonnene Gestalt giebt eine zusammenhängende Front, in welcher die Sudeten und der Thüringerwald nach Nordosten, das Erzgebirge und die nördlichen Lahn- und Moselgebirge nach Nordwesten gerichtet sind. Den Kamm dieser Hauptwasserscheiden überschreitet die bisherige Südgrenze der preussischen Lande auf wenigen Punkten. Im östlichen Sehlesien erreicht sie nur die nördlichen Vorberge; in Mittel- und Niederschlesien läuft sie unmittelbar auf den höch- sten Gipfeln der Sudetenkette hin. Hier gehört der gesammte Abfall des Landes ohne Unterbreehung bis zur Ostsee den altländischen Provinzen an. Den Hauptzug des Erzgebirges und des Thüringerwaldes berührt das preussische Gebiet allein in der Exklave Schleusingen, die Provinz Sachsen nimmt indess den grössten Theil der dort weit verbreiteten Vorberge ein. Die Höhen zwischen Meissner und Eifel gehören nordöstlich der Lahnquelle zu Hessen, südwestlich derselben aber liegen die Gebirgs- scheiden ausschliesslich in Preussen, und es erstreckt sich von ihnen aus nach Norden die Provinz Westfalen und Rheinland an Weser, Ems und Rhein der Nordsee zu, an deren Gestade der Staat bisher schon durch die Jade Theil hatte; nach Süden dagegen breiten sich hier die Regierungsbezirke Koblenz und Trier mit bedeutenden Flächen in das Gebiet jenseits der Eifel nach der Mosel, Saar und Nahe aus. Hohenzollern liegt im hohen schwäbischen Jura, von Saarbrücken in gerader Linie noch ıg Meilen entfernt, quer durch die Thäler der oberen Donau und des Neckar, zwischen den Wasserscheiden der Nagold und des Ueberlinger Sees. Mit wenigen Ausnahmen sind die höchsten Erhebungen auf den geschilderten Scheidegebirgen selbst zu suchen. Nördlich umgiebt dieselben zunächst ein Stufenland von niedrigeren Vorbergen, am Fusse dieser Vorberge folgen tiefe Ebenen und zwischen den Ebenen und der Ostsee erhebt sich das Terrain wieder zu flachen aber ausge- dehnten Landrücken, deren Abfall zur See nur an den Flussmündungen grössere Nie- derungen vor sich hat. Nach diesen drei Zonen, dem Gebirgslande, dem nördlichen Höhenzuge und der Tiefebene, von denen jede dem Flächeninhalte nach etwa den dritten Theil des preussischen Gebietes einnimmt, lassen sich die Höhenlagen des Staates in den Hauptverhältnissen übersehen. — Höhenangaben von geodätischer Genauigkeit sind zur Zeit leider nur für wenige Punkte vorhanden. Obwohl, wie im Abschnitt I. gezeigt ist, den ganzen Staat ein altes trigonometrisches Hauptnetz überzieht, ist dasselbe doch weder im Detail durch- geführt, noch hat man bei den älteren Triangulirungen auf die genauere Feststellung der Höhen hinreichenden Werth gelegt. Zusammenhängende Profile sind deshalb nur aus den vorhandenen Strom-, Fluss- und Kanalnivellements und den ausgeführten und projektirten Eisenbahnlinien zu gewinnen. Die wichtigsten Höhenpunkte, die sich aus den bisher veröffentlichten preussischen Eisenbahnnivellements ergaben, sind im Anhange zu diesem Abschnitt nach Berlin orientirtt und auf den Amsterdamer Pegel bezogen zusammengestellt. Sie geben die Höhe der für den Land- und Wasserverkehr wichtigsten 'Thaleinsenkungen und Ueber- gangspunkte für den ganzen Staat mit grosser Zuverlässigkeit an, weil sie sich durch die verschiedenen Anschlüsse gegenseitig kontroliren. Für die von ihnen nicht berührten Gebirgshöhen dagegen, deren völlig genaue Bestimmung indess auch geringere prak- tische Bedeutung hat, giebt es nur wenige genügend berichtigte Messungen. Für das IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. S1 Innere des Staatsgebietes stehen meist nur barometrische Höhenbestimmungen von mehr oder weniger Zuverlässigkeit zu Gebote. In den Grenzbezirken lassen sich einige Er- gänzungen durch die trigonometrischen Landesvermessungen der Nachbarstaaten er- reichen. *) Eine Arbeit, welche für das gesammte Staatsgebiet die Höhenzahlen aus *, Die Quellen für die Eisenbahn- und Stromnivellements sind im Text angegeben, Spezielle Werke über Höhenbestimmungen sind für die östlichen Provinzen: Zobel und v. Carnall, Zusammenstellung gemessener Höhenpunkte im Riesen-, Eulen- und Mährisch- schlesichen Gebirge, im Archiv für Mineralogie etc. v. Karsten, IV. 1832 S. 434. — R. v. Carnall, Die vorzüglichsten Höhenpunkte Oberschlesiens gegen den Öderspiegel beim Einflusse der Neisse und über der Meeresfläche. Ebend. XVIII. 1829 S. 283, — und A. W. Fils, Baro- meterhöhenmessungen aus dem Kreise Schleusingen, Suhl 1862. Für die westlichen Pro- vinzen besteht H. v. Dechen's Sammlung der Höhenmessungen in der Rheinprovinz, Bonn 1852, — und J. J. Vorländer, Höhenbestimmungen im Königl. Preuss. Regierungsbez. Minden und den benachbarten Grenzländern, Minden 1863. Zahlreiche Höhenangaben enthalten die Karten des Königl. Generalstabes, die Rey- mann’sche Spezialkarte (s. o. Abschn. I. S. 12) und die von dem Königl. Handelsministerium in 12 Blättern im. Masstabe von ";ooooo herausgegebene „Karte vom preussischen Staate mit besonderer Berücksichtigung der Kommunikationen,“ Berlin, 4. Aufl. 1865. Für Hohenzollern giebt W. Liebenow’s „Karte der Hohenzollernschen Lande“, ı Blatt im Masstab !/ıooooo, Berlin 1854, die Zahlen der würtembergischen Landesvermessung. Den Versuch, aus dem vorhandenen amtlichen und ausseramtlichen Material eine spezielle Höhenschichtenkarte festzustellen, hat C. R. Wolf im Masstab von !/sooooo für den Regierungsbezirk Frankfurt in der „Hypsographie“ dieses Bezirkes, Berlin 1864, gemacht. Die trigonometrischen Aufnahmen der Nachbarländer sind in folgenden Werken und Karten veröffentlicht: Hannover: A. Papen, Topographischer Atlas des Königreichs Hannover und Herzogth. Braunschweig, 67 Bl. (:ooooo), Hannover 1832 — 47. Kurhessen: Topographische Karte des Kurfürstenthums Hessen go Bl. (Massstab '/s0000)- Nassau: C. L. P. Eckhardt, Karte vom Grossherzogthum Hessen und dem Herzogthum Nassau, $ Bl. (!/200000), Darmstadt 1822 — 29. Hessen-Darmstadt: Generalstab des Grossherzogthums, Karte vom Grossherzogthum Hessen, 31 Bl. ('js0000), seit 1832. Thüringen: v. Hoff, Höhenmessungen in und um Thüringen 1833. — A. W. Fils, Höhenmessungen in den schwarzburgischen Oberherrschaften Rudolstadt und Arn- stadt und in dem weimarischen Amte Ilmenau, Sondershausen 1854. Braunschweig: W. Lachmann, Nivellements des Herzogthums Braunschweig und des Harzgebirges, 1851. Sachsen: Karte des Königreichs Sachsen durch die Königl. Kameralvermessung, (Yı20000) 27 Sect., Dresden 1834 —43. Bayern: J. Camont, Verzeichniss der vorzüglichsten in Bayern gemessenen Höhenpunkte. 2. Aufl. München ıg5r. — Königl. bayrischer Generalstab, Topographischer Atlas von Bayern, München 1812 ff. ('/s0000). Würtemberg: Statistisch-topographisches Büreau, das Königreich Würtemberg und die Hohenzollernschen Fürstenthümer, mit Höhenkarten (!/ooooo), Stuttgart 1850. Oesterreich: Karl Koristka, Hypsometrie von Mähren und österreichisch Schlesien, Brünn 1863. — Kreil und Fritsch, Magnetische und geographische Ortsbestimmungen im österreichischen Kaiserstaat, 5 Bände, Prag 1848— 52. — Spezialkarte des Königreichs Böhmen, astronomisch-trigonometrisch vermessen von dem k. k. mili- tärisch-geographischen Institut in Wien, 1847. Boden d, preuss. Staats, 6 82 IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. den Angaben derer, die die Messungen vorgenommen haben, mit hinreichender Kritik unter genauer Bezeichnung des gemessenen Ortes, namentlich der Boden- oder Wasser- höhe, und unter Reduktion auf ein gleiches Mass und einen gleichen Horizont zu- sammenstellt, fehlt zur Zeit noch; es können deshalb auch die in der nachfolgenden Darstellung angeführten Zahlen, nur wo es besonders hervorgehoben ist, Anspruch auf Genauigkeit machen. Es hat dabei wegen der Vergleichung mit den Eisenbahnnivelle- ments überall eine Reduktion auf preuss. Duodezimalfuss unter der Annahme stattge- funden, dass der Spiegel des Adriatischen Meeres ıo Fuss über dem mittlen Spiegel der Ostsee, und dieser 5,;, Fuss über dem Nullpunkt des Pegels zu Amsterdam liegt. Die Pegelnullpunkte zu Amsterdam und zu Kuxhafen stimmen mit der mittlen Nordsee- höhe, d. h. dem mittlen Stande der Ebbe, nahezu überein. Für das Gefälle der Flüsse erschien es nothwendig, den Bezug auf das Meer, in das sie münden, beizubehalten. 1. Gebirgsland. Die nach ihrer allgemeinen Lage bezeichneten vier Hauptketten haben durch ihre Kammhöhen und Uebergänge vorzugsweise Einfluss auf Klima, Anbau und Verkehr. Die Sudeten werden im Südost durch den bis 1900 pr. Fuss Seehöhe ein- schneidenden Jablunkapass von den Karpathen geschieden, und beginnen in den Beskiden als ein hoher zusammenhängender Bergzug, der sich in der Lissahora bis 4 225 pr. Fuss über den Nullpunkt des Nordseepegels zu Amsterdam erhebt, und erst nach einem Verlaufe von etwa 6 Meilen zum Thale von Neutitschein herabsinkt. Jenseits Neu- titschein gegen die Oderquellen steigt die Bergkette im Altvatergebirge wieder bis 4755 Fuss Meereshöhe an, und hängt in ununterbrochenem Kamme über die Saalwiesen südlich mit dem Schneeberge und dem Heuscheuergebirge, nördlich mit dem Eulengebirge zusammen. Diese Aeste des Gebirgszuges umgeben die Grafschaft Glatz und das Braunauer Länd- chen kesselartig, und vereinigen sich wieder bei Waldenburg. Der Glatzer Schneeberg wird auf 4424, die Heuscheuer auf 2929, die hohe Eule auf 3277 Fuss über dem Nordseepegel angegeben. Westlich der Waldenburger Berge jenseits Liebau setzt das Riesengebirge die Kette fort. Es steigt im Forst-, Riesen- und Iserkamme zu 4000 Fuss an, erreicht in der Schneekoppe die höchste Höhe Preussens mit 5 117,59 pr. Fuss *) Holland: Topographische en militaire Kaart van het Koningr. der Nederlanden ver- vardigd door de officieren van den generalen Staf en gegraveerd op het topogr. Bureau v. h. Ministerie, ('/0000), 62 Bl. Belgien: Carte topographique de la Belgique levee par ordre du gouvernement & l’echelle de ı : 20000 et gravee a l’echelle de r : 40000. Frankreich: Carte topographique de la France, 258 Bl., seit 1832. Russland: Katalog der im russischen Reiche und seinen Angrenzungen bestimmten trigonometrischen Punkte, vom milit.-topograph. Depot, (in russ. Spr.) Petersburg 1863 u. 1866. Ueber weitere Hülfsmittel ist zu vergleichen: v. Sydow, Der kartographische Stand- punkt Europa’s am Schlusse des Jahres 1856, mit Rücksicht auf den Fortschritt der topo- graphischen Spezialarbeiten in Dr. Petermanns Mittheilungen aus J. Perthes geographischer Anstalt. Jahrg. 1857. II. — Dess. Uebersicht der wichtigsten Karten Europas, Berlin 1864. *) Die Schneekoppe ist neuerdings durch v. Baeyer und Sadebeck nach trigonome- trischer Messung auf 4 938,56 par. Fuss über der Ostsee, also nach der oben erwähnten Re- duktion auf den Amsterdamer Pegel zu 5 117,39 pr. F. berechnet (Abhandl. der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, Breslau 1864, Heft II. S. ı1). Die österreichische IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. 83 und behält noch in der Tafelfichte 3 462 Fuss Meereshöhe. Nur in der erwähnten breiten Einsenkung zwischen der oberen Oder und der March liegt ein tiefer Einschnitt: die Wasserscheide erreicht hier nicht mehr als goo Fuss Meereshöhe. Auch wegsame höhere Pässe finden sich nicht häufig; die bekanntesten und brauchbarsten Chaussee- übergänge führen von Neisse über Zuckmantel und Freudenthal, von Glatz über Mittel- walde nach Ullersdorf und über Reinerz nach Nachod, ferner von Liebau nach Trautenau, und von Hirschberg über Schreiberhau nach Hochstadt. Von diesen erreicht der Pass bei Mittelwalde ı 571, der bei Liebau gegen ı 800, der bei Reinerz 2264 Fuss Seehöhe. Die übrigen steigen beträchtlich höher an und liegen zugleich ungünstiger. Die Gebirgsmassen zwischen der Tafelfichte und dem Fichtelgebirge bilden nörd- lich, nahe dem Riesengebirge, eine Verzweigung, die das Thal von Reichenberg ein- schliesst. Die Wasserscheide liest im südlichen Rande dieses Kessels und erhebt sich im Jeschkenberg bis zu 2925 Fuss; der nördliche Rand, der in der Lausche bei Zittau 2497 Fuss Meereshöhe erreicht, wird von der Lausitzer Neisse durchbrochen. Von Zittau ziehen die Berge in grader Richtung zum Winterberg und an die Elbe. Das Elbthal schneidet bis zu einer Tiefe von nur 390 Fuss Seehöhe ein, auf beiden Seiten aber erheben sich die Berge, die unmittelbar an den Strom stossen, zu 1700 Fuss. Westlich der Elbe ist bis zum Fichtelgebirge kein Pass unter ı goo Fuss bekannt; indess hat der Gebirgszug einen plateauartigen Charakter, so dass ihn zahlreiche Strassen überschreiten. Die höchsten Höhen finden sich hier mit 3 944 Fuss bei Wiesenthal. Auf den Gebirgen zwischen dem Fichtelgebirge und dem Meissner liegen die Haupt- übergangsstellen in der Nähe der beiden Endpunkte. Im Osten überschreitet die Eisen- bahn den Kamm am Fusse des Fichtelgebirges bei Schorgast 1735 pr. F. über Amsterd. Pegel-Null; im Westen bildet der Einschnitt der Werra bei Hörschel ein breites Thor von nur 650 Fuss Seehöhe. Der zwischen diesen Punkten liegende Franken- und Thüringer- wald bildet eine fortlaufende Erhebung, welche zwar vielfach von Chausseen überstiegen wird, doch aber so zusammenhängend bleibt, dass eine uralte Strasse auf dem höchsten Kamme entlang vom Wetzstein bei Lobenstein bis zur Wartburg führt. Die höchsten Gipfel erreichen im Schneekopf bei Suhl 3 150, im Inselsberg bei Gotha 2 960 Fuss. Von der Werra bis zum Meissner heben sich der Gravertberg mit dem Hundsrück und die etwas südlicher liegenden Wasserscheiden im Stolzkopf auf etwa ı 500 Fuss Seehöhe. Die Höhe des Meissner ist durch die kurhessische Landesvermessung auf 2401 Fuss festgestellt. Die Bergzüge endlich zwischen dem Meissner und der Schneeeifel durehbricht der Rhein bei Koblenz ungefähr auf der Mitte ihrer Linie. Bei 6 Fuss Wasser am Pegel zu Koblenz erreicht die Einsenkung eine Tiefe von nur 190,3; Fuss über dem Nullpunkt Triangulirung hat sie auf 4 929 par. Fuss über dem Spiegel des Adriatischen Meeres ergeben, und letzteren ungefähr ıo Fuss höher als den der Ostsee gefunden. Bei Ausführung des Odernivellements durch Hoffmann und Salzenberg (Trigonometr. Nivellement der Oder, Berlin 1841, S. 216) ist die Schneekoppe auf 5 000,7 par. Fuss bestimmt worden. Durch barometrische Messung hat Heinrich Steffens 1820 4939, Scholz und Feldt 1822 4.959, Hawlicezek und Hallaschke 4 960, Graf Schweinitz 1835 4930, Lutz 1839 4 932 und Prudlo 1335 (nach Reduktion der von ihm 18,3 Fuss zu hoch angenommenen Breslauer Sternwarte) 4931 par. Fuss gefunden. Die barometrischen Messungen weichen also weniger als die trigonometrischen ab. 6* 84 IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. des Amsterdamer Pegels. Der Austritt der Fulda bei Melsungen in der Nähe des Meissners, und der der Schwalm bei Harle liegen übereinstimmend etwa 540 Fuss über der Nordsee. Die Berge am Durchbruch der Fulda und Schwalm erreichen ı 200 bis ı 600 Fuss und erheben sich auf der Wasserscheide der Lahn zur Edder, im Kellerwald, in der Aschkoppe und an anderen Punkten über 2000 Fuss. Die Höhe von etwa 1700 Fuss bleibt auf dem gesammten Westerwald von den Lahnquellen bis zum Rhein die durch- schnittliche, einige Gipfel steigen darüber noch 300 Fuss an, die Strassenübergänge senken sich etwa um ebensoviel ein. Der höchste Punkt der Köln-Giessener Eisenbahn bei Burbach ist nur mit Hülfe grosser Einschnitte auf 1325, Fuss über dem Amster- damer Pegel vertieft. Einen ebenso ausgebildeten Plateaucharakter hat die Eifel. Im Westen von Koblenz hebt sie sich zu ıooo Fuss, bis Kelberg zu ıs5oo und bleibt dann bis zur Grenze bei Malmedy durchschnittlich in ı 900 Fuss Seehöhe. Die höheren Punkte er- reichen 2200, der Kegel der Hohen Acht sogar 2524 Fuss. Die Strassenzüge finden nirgend tiefe Einschnitte, können aber die flachen Rücken leicht überschreiten, — Die Gestaltung der Vorberge und Verzweigungen, in denen sich die Hauptstöcke des Gebirges zu den Tiefebenen herabsenken, zeigt grosse Gegensätze. Die Sudeten fallen auf ihrer ganzen Linie nordöstlich ziemlich schroff ab. Es liegt ihnen in bedeutender Längenausdehnung das Thal der Oder vor, welches schon bei Oderberg nur 628 Fuss Höhe über dem Nordseepegel besitzt, an seiner tiefsten Stelle, dem Durchbruch der Oder bei Leubus aber nur 303 Fuss erreicht. Westlich von Leubus setzt sich die Thaleinsenkung im Bett der Sprottau und Tschirne zur oberen Spree und Elster fort. Der tiefste Punkt auf der Wasserscheide zwischen Elbe und Oder liegt hier in der Nähe von Rothenburg (Oberlausitz) und hat nur 385 Fuss Seehöhe. Der Elbpegel bei Wittenberg liegt etwa 215 Fuss über dem Amsterdamer. Der Höhenunterschied des Kammes gegen dieses Hauptthal ist also sehr bedeu- tend, und die Neigung des Gebirges um so stärker, als das eigentliche Bergland am Fusse der Kette nur geringe Ausdehnung hat. Längs des überall ziemlich scharf ab- geschnittenen Gebirgsfusses treten nur vereinzelt unregelmässige Gruppen meist steiler und wenig zusammenhängender Bergkuppen auf, deren Seehöhe zwischen 1000 und 2 500 Fuss schwankt, unter ihnen Rummelsberg, Zobten, Gröditzberg, Landskrone. Jenseits des Oderthales, welches auf seiner 6 bis 7 Meilen breiten Sohle zwischen den überwiegend ebenen Lagen nur sanfte Hügel zeigt, erhebt sich der schlesische Landrücken, der im Osten mit den Ausläufern der Beskiden zusammenhängt, auf den Wasserscheiden der Weichsel und Oder als oberschlesisches Kohlengebirge, westlich bis Leubus als Trebnitzerberge, dann südlich der Oder bis gegen Sagan als Katzen- gebirge, weiter über Sorau und Spremberg als Lausitzer Grenzhöhen fortzieht, jenseits der Spree aber sich als niederer und hoher Fläming bis gegen Magdeburg ausdehnt, also eine Vorstufe der Sudeten, wie des Lausitzers und Erzgebirges bildet. Das Oderthal steigt in kaum bemerkbaren Terrassen durch Mittel- und Ober- schlesien allmählich bis in die Gegend von Oderberg auf, wo die Quellgewässer des Stromes fächerförmig von allen Seiten zusammenfliessen. Die umgebenden Höhen er- reichen hier gegen die Beskiden hin zwischen der Olsa und Weichsel noch 3 000 Fuss, sinken aber in der Richtung des Längenthales so tief ein, dass sie auf der grössten Annäherung der Oder und Weichsel nur ungefähr g0o Fuss Meereshöhe behalten. IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. 35 Nördlich dieser Senkung auf der polnischen Grenze steigen sie wieder bis zu 1320, in der Losniea gora zwischen Pilica und Czenstochau sogar bis ı 555 Fuss Seehöhe an. Auch innerhalb des preussischen Schlesiens erreicht der Landrücken bei Beuthen 1 147, bei Koschentin 1225 Fuss. Im westlichen Verlaufe über Lublinitz, Rosenberg und Kreuzburg aber wird er allmählich flacher und senkt sich zwischen den Bartsch- und Weidequellen auf etwa soo Fuss, .die er als mittle Höhe bis in den Kreis Jerichow beibehält. Oder, Bober, Neisse und Spree durchschneiden ihn alle in ziemlich gleichem Niveau, die Eisenbahnen ausserhalb der Flussthäler aber überschreiten ihn bei Obernigk mit 567, bei Klopschen mit 483, bei Sorau mit 5ı6, und bei Jüterbogk mit 298 und 347 Fuss. Seine höchsten Höhen bei Trebnitz, bei Sorau, im Golmberge und bei Belzig erreichen 895, 750, 575 und 665 Fuss Meereshöhe. Viel reicher gegliedert sind die Vorberge der westlicheren Ketten. Dem Thüringer- walde liest als eine sehr bedeutende Gebirgsmasse der Harz vor; beide stehen über das Eichsfeld durch einen Rücken in Verbindung, der nicht unter 1200 Fuss einsinkt, und die Wasserscheide der Elbe und Weser bildet. Der Harz steigt im Brocken bis 3634 Fuss, im Brockenfeld auf 3161 Fuss an, im übrigen aber steht sein Hauptkörper dem Thüringerwalde etwa gleich. In seiner Haupterstreckung hält der Harz die Richtung des Thüringerwaldes und der Sudeten inne, derselben Richtung folgen im Osten der Kyffhäuser, die Schmücke, die Finne und einige kleinere Bergzüge, welche mit dem breiten Terrassenlande im Zusammenhange stehen, in welchem das Erzgebirge nach Nordwesten abfällt. Sie schliessen das weite Thal zwischen Harz, Thüringerwald und Erzgebirge ab, und geben ihm die Gestalt einer breiten Mulde, welche in dem tiefsten Einschnitte der Gewässer um Weissenfels auf gegen 300 Fuss Seehöhe herabsinkt, in der durchschnittlichen Sohle aber zu 600 Fuss Höhe angenommen werden kann. Nördlich fällt der Harz ähnlich wie die Sudeten sehr steil zur Ebene ab; Halber- stadt liest nur 380 Fuss über dem Meere, Es erheben sich aber in einiger Entfernung der Huywald und der Elm als einzelne Rücken bis über goo Fuss, und die Wasserscheide der Elbe und Weser setzt sich von da weiter nördlich in flachen Höhen fort, welche noch in der Nähe von Lüneburg (bei Wilsede) 50oo Fuss übersteigen. Nach Nordwesten ziehen sich vom Meissner aus bedeutende Hügelketten zu beiden Seiten der Weser fort. Rechts der Weser folgen sich Bramwald, Sollinger Wald, Hils, Thüsterberg, Osterwald und endlich das Süntelgebirge, das von der Weser in der Porta durchbrochen wird, und sich dann als Wiehengebirge westlicher fortsetzt. Links der Weser stehen diesen Höhen der Habichtswald, Reinhardswald, Egge und Teutoburger Wald gegenüber, von denen der letztere mit den Wiehen weit hinaus in das sonst ebene Land in schmalen und steilen mehr und mehr sich senkenden Kämmen verläuft und erst am Ufer der Ems bei Rheine endet. Diese Erhebungen erreichen in ihren Gipfeln bis in die Gegend von Höxter 1 500 selbst 1900, bis gegen Bielefeld und die Porta r000—ı200 Fuss und haben noch um Ibbenbüren und Tecklenburg gegen 700 Fuss Meereshöhe; die Höhe der Weser wird bei Hannöverisch Münden auf 397 Fuss angegeben, ihr Hochwasser in der Porta erreicht 139,7. Fuss über dem Amsterdamer Pegel. Die von den Weserketten südlich bis zum Rhein gelegenen Gebirge folgen nicht der Richtung des Thüringerwaldes, sondern laufen dem Westerwald ziemlich parallel. Zu- nächst der Hauptmasse des Westerwaldes liegt als ein wenig unterbrochener Bergzug 86 IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. vom Rhein aus das Siebengebirge und das Rothhaargebirge bis zum langen Walde bei Korbach; als eine zweite Parallelkette folgt dann das Sauerländische Gebirge mit der Ebbe, endlich als dritte das Haarstranggebirge mit dem Arnsberger Walde. Der letztere Höhenzug verfolgt indess schon eine erheblich mehr westöstliche Richtung, so dass die Gegend um Winterberg, welche auch die höchsten 2600 Fuss erreichenden Höhen besitzt, einen Knotenpunkt für die rheinisch-westfälischen Gebirge bildet. Die stumpfen Kuppen der beiden ersten Ketten bleiben in ihrer Höhenlage ziem- lich gleichmässig auf r200—ıg00 Fuss. Die Thäler, in denen die Sieg, Wupper und Ruhr mit der Lenne und zahlreichen anderen Nebenbächen vielfach gewunden hinziehen, sind eng, und an den Abhängen sind die anbaufähigen Flächen beschränkt. Das Haar- stranggebirge ist ebener und bleibt erheblich unter 1000 Fuss Seehöhe zurück. Die nördlichen Abhänge der Eifel jenseits des Rheins bilden keine Bergzüge, sondern bewahren, abgesehen von einzelnen vulkanischen Kegeln, die plateauartige Ge- stalt und flachen sich in sanften, welligen Stufen zur Ebene ab. Schon um Jülich hört der Gebirgscharakter auf, die Anhöhen, die sich bis Kleve fortsetzen, sind nur Sand- rücken von selten 300 Fuss Seehöhe. Derjenige Theil der Rheinprovinz, welcher sich südlich der Wasserscheiden der Mosel ausbreitet, behält bis zu diesem Strome die Natur der Hochebene bei. Die Höhen sinken allmählich unter ro00 Fuss, die Flussufer aber bleiben tief eingeschnitten und schroff, bis sich von Trier aus das breite Thal der Saar öffnet. Der Pegel zu Trier liegt 395,28 Fuss über dem Amsterdamer, der zu Saarbrück 581,4,. Zwischen der Saar, der Mosel und dem Rhein treten wieder Gebirgslagen auf, die der Eifel sehr ähnlich sind. Ihre Gipfel erheben sich im Idarwald und Hundsrück in einzelnen Spitzen bis zu 2450 und 2600 Fuss Höhe. Auch die Exklave Wetzlar auf dem rechten Rheinufer an der mittlen Lahn ge- hört demselben Gebirgscharakter an. Die Höhen sind plateauartig im Durchschnitt 1000 Fuss hoch und von wenigen stumpfen Gipfeln überhöht, die rsoo Fuss Seehöhe erreichen; die Thäler sind eng und schroff. Der Bahnhof in Wetzlar liegt am flachen Ufer der Lahn 479,5: Fuss über dem Amsterdamer Pegel. Hohenzollern, als der entlegenste Theil des preussischen Gebirgslandes, steht mit keinem der eben dargestellten Gebirgssysteme in Beziehung. Seine höchste Höhe, die Burg Hohenzollern, wird nach würtembergischen Landesmessungen auf 2886 pr. Fuss über dem Meeresspiegel angegeben, die übrigen Höhen durchschnittlich auf 2 400 Fuss. Das Thal der Donau mit Sigmaringen gehört der höheren Terrasse der schwäbischen Alp an. Die Donau fliesst an der Mündung des Schmiechebaches in 1770 Fuss See- höhe, das Thal des Neekars mit Hechingen dagegen bildet den Fuss des Gebirges. Der Neckar hat bei Sulz nur ı 351 Fuss Seehöhe. Danach lässt sich der starke Fall seiner Nebenthäler beurtheilen. — Ueberblickt man nach allem Angeführten die allgemeinen Verhältnisse der Gebirgs- höhen, so zeigt sich, dass von den Kämmen der vier Hauptketten jeder, von Osten aus- gehend, den nächsten nach Westen anschliessenden um etwa 700 Fuss überragt. Der ganze Zug stuft von den Sudeten bis zur Eifel aus etwa 4000 bis zu 2000 Fuss Seehöhe ab. Er hat höhere Erhebungen, die vereinzelte Spitze des grossen Feldberges im Taunus ausgenommen, bis tief nach Süddeutschland hinein nicht hinter sich. Die Ebenen von Böhmen, Franken und dem Mittelrhein sind gegen den Gebirgsrand. beträchtlich eingesenkt. Während aber die tiefsten Punkte Süddeutschlands im Rhein bei Koblenz IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. 87 nur bis 1905, in der Werra und der Fulda bis etwa 540, in der Elbe bei Herrnskret- scham bis 390, und i.ı der Donau bei Theben oberhalb Pressburg bis ungefähr 430 Fuss Seehöhe eingeschnitten sind, würde nördlich nach Norddeutschland hinab ein Horizont von 400 Fuss Meereshöhe von den gedachten Gebirgskämmen aus nur bis zu einer Linie reichen, welche, von den Weichselufern etwa bei der Pilicamündung ausgehend, über Lowiez, Lenezyca, Kalisch und Adelnau den Fuss der Trebnitzerberge erreichen, dann über Stroppen, Glogau, Spremberg, Hoyerswerda, Ortrand an die Elbufer bis Belgern, weiter über Eilenburg, Delitsch, Halle, Oschersleben nach Hildesheim laufen, den ganzen Harz umfassen, die Weserufer bei Hameln schneiden, endlich über Paderborn, Soest, Mühlheim die Ufer des Rheins oberhalb Köln, und über Düren und Geilenkirchen die Ufer der Maas bei Mastricht berühren würde. Mit anderen Worten: wenn der Spiegel der Nord- und Ostsee sich um 400 Fuss höbe, so würde das Meer nur in das tiefste Rheinthal, etwa bis Heidelberg hineintreten, das übrige Süddeutschland aber völlig frei- lassen, von Norddeutschland dageger würde zum Festlande nur so viel gehören, als die vorbezeichnete Linie am Abhange der Berge umschreibt. Das gesammte vor dieser Linie nördlich gelegene Gebiet würde nur in einer‘Anzahl einzelner Punkte über den Wasser- spiegel hervorragen; die Fläminge in der Mark, der Huywald und der Elm bei Magde- burg, die Weserketten um Minden würden kleinere und nähere, die entfernten Land- rücken von Pommern und Preussen aber grössere und verzweigtere Inseln bilden. Was die Höhengestaltung im Hinblick auf die Bewirthschaftung des Bodens be- trifft, so lässt sich von dem gesammten preussischen Gebirgslande sagen, dass der Cha- rakter aller der verschiedenen Bildungen, die es zeigt, nur selten gradezu kultur- hinderlich ist. Oede Gipfel, kahle unzugängliche Felsen, wilde Schluchten und Abgründe sind sehr beschränkt und nehmen selbst auf den höchsten Höhen des Riesengebirges und Harzes nur sehr unbedeutende Flächen ein, fast ohne Ausnahme ist wenigstens Forstbetrieb möglich. Dagegen sind in den höheren Gebirgen die Höhen und Abhänge allerdings vielfach so schroff, dass sie den Ackerbau erheblich erschweren. In den niedrigeren Vorbergen tritt dieser Nachtheil nur ausnahmsweise hervor. Zwischen den höheren Gebirgslagen der östlichen und denen der westlichen Provinzen besteht indess der Gegensatz, dass in den östlichen Gebirgen der Ackerbau seltener die Höhen be- nutzen kann, dagegen in der Regel weitere, oft ziemlich ebene Thäler zur Verfügung hat, in den westlichen Provinzen dagegen überwiegend Hochflächen und breite Gipfel auf- suchen muss, weil die Thäler meist sehr eng und an den Abhängen schroff und felsig sind, so dass sie, wo nicht der Wein die Möglichkeit einer ausgiebigeren Kuliur ge- währt, fast nur zur Holzzucht dienen können. 2. Der baltische Höhenzug. Der nördliche den Strand der Ostsee begleitende Höhenzug bildet den mittleren Theil eines weiten Walles, der von Kurland aus durch Preussen, Pommern und Mecklen- burg bis nach Holstein und Jütland den Fuss der skandinavischen Gebirgsmasse in beträchtlicher aber ziemlich gleichbleibender Entfernung umgiebt. Er wird deshalb auch der baltische genannt. Bei genauerer Betrachtung scheidet er sich, soweit er die alten preussischen Lande berührt, in drei verschiedene Rücken von völlig ähnlichem Charakter und gleicher Rich- tung, aber von einer Stellung, die den Höhenzug nicht als einen zusammenhängenden, sondern als mehrere parallel laufende Terrainwellen erscheinen lässt. Diese drei Rücken 88 IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. sind der preussische Landrücken, dessen höchste Erhebung vom Wystytensee und Gol- dapp nach der mittleren Drewenz verläuft und sich im Kulmerlande zum Weichselthale abflacht, weiter nordöstlich der pommerische Landrücken, der seine höchste Erhebung bei Karthaus und Schönberg im Westen von Danzig hat und in der Richtung der west- preussisch-pommerischen Grenze über Dramburg und Arnswalde zur Oder verläuft, end- lich der mecklenburgische Landrücken, der im allgemeinen niedriger und flacher, von den Höhen der Inseln Rügen und Usedom aus durch Mecklenburg und Lauenburg die dem pommerischen und preussischen Rücken entsprechende Richtung bis zur Elbe inne hält. Die geologische Darstellung wird zeigen, dass an den nordöstlichen Endpunkten der Erhebungen gleichmässig die Spuren älterer Gesteinschichten zu Tage treten. Diesem bemerkenswerthen Parallelismus, der mit der Richtung des Erzgebirges und des Westerwaldes nahe übereinstimmt, folgt ersichtlich auch die Küste der Ostsee von Lübeck bis Rügen, von Swinemünde bis zum Vorgebirge Rixhöft und von Danzig nach Königsberg. Von hier beginnt der Strand sich am Fusse des inselartigen Sam- landes und des kurischen Plateaus nach Norden zu wenden. Die Höhen der Landrücken sind terrassenförmig gelagert und fallen nördlich ent- weder zur Küste selbst, oder zu Niederungen, die sich am Strande gebildet haben, ziemlich steil ab; flacher verlaufen sie nach Süden. In der Einsenkung zwischen dem kurischen Plateau und dem preussischen Land- rücken hat die Memel, in der zwischen dem preussischen und pommerischen die Weichsel, und in der zwischen dem pommerischen und mecklenburgischen Landrücken die Oder ihren Durehbruch zum Meere gefunden. Diese Durehbruchthäler sind durch die Gewalt der Ströme tief eingeschnitten, schroff und eng. Auch die Uferhöhen bleiben indess weit unter der Höhe der bezeich- neten Rücken selbst zurück. Der Terraincharakter stimmt von der Memel bis zur Elbe in allen seinen Eigen- thümlichkeiten überein. Jeder dieser Rücken bildet ein weites Plateau von etwa ıo Meilen Breite, welches in seiner Hauptmasse einerseits von einzelnen unregelmässig gestellten flachen Hügelkuppen überhöhet ist, andererseits tiefe und schroffe Einrisse zeigt, deren Bodenfläche meist von stehenden Gewässern eingenommen wird. Diese erreichen namentlich auf der Mittel- linie des Plateaus eine oft meilenbreite und weit verzweigte Ausdehnung, so dass auf den Hochflächen schiffbare Seen in sehr grosser Zahl und bis zu einem Umfange von einer halben Quadratmeile und mehr liegen. Die Ränder der Hochebene steigen in der Regel etwas höher an, und über sie ziehen die Seegewässer nördlich in rascher fliessenden, eng eingeschnittenen Wasserrinnen, südlich in breiten Sumpfllächen ab. Häufig sind die Seen so gross und zuhammenhängend, dass sie über beide Seiten des Plateaus einen Abfluss haben, und der Ort, wo in ihnen die Wasserscheide gesucht werden kann, von zufälligen Stauungen und Strömungen, Regengüssen, Wind und ähnlichen Einflüssen abhängt. Uebereinstimmend ist dieser grossen Seenzone, die sich über Preussen, Pommern und Mecklenburg erstreckt, dass unverkennbar die langen Thalgründe, in denen sich diese Gewässer sammeln konnten, quer über die Hauptrichtung des Höhenzuges einge- brochen sind. Die Höhen enthalten kein festes Gestein, der lockere Boden spült sich deshalb überall ab, gleichwohl bleiben die Abhänge steil genug, um die ebenen Lagen auf der Höhe, auf denen der Anbau stattfinden muss, schwer und nur auf Umwegen ersteigbar zu machen. IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. 89 Die Höhenverhältnisse dieser Landrücken sind bisher nicht unerheblich unterschätzt worden, Die seit 1862 durch den Königlichen Generalstab begonnenen Triangulirungen der Provinz Preussen haben gezeigt, dass der höchste Punkt des prenssischen Landrückens bei Friedrichswalde südlich von Goldapp 1036 Fuss Seehöhe hat, und dass in der Nähe bis zum Wystytensee mehrere Höhen von nahezu 1000 Fuss liegen. Im südwestlichen Verlaufe des Rückens ist im- Süden von Johannisburg ein Punkt von 635 Fuss bei Gruhsen durch die russische Landesvermessung festgestellt. An westlicheren Höhen wird eine bei Jedwabno im Westen von Ortelsburg mit 609, eine bei Lahna im Norden von Neidenburg mit 550, eine bei Grieslienen im Nordosten von Hohenstein mit 541 Fuss Meereshöhe angegeben, und Berge im Norden von Gilgenburg sollen diese noch übertreffen. Der Spiegel der Seen liest im Osten in den grossen Flächen des Mauer- und Spirdingsees 425 Fuss über dem Nordseepegel, kleinere Seen liegen zum Theil höher. Im Südwesten ist die weitverzweigte Seenverbindung, durch welche der Elbing- Öberländische Kanal geführt worden ist, auf durchschnittlich 323 Fuss Meereshöhe ab- gewogen. Im pommerischen Landrücken ist die höchste Höhe der Schönberger Berge im Süden von Karthaus auf 1085 Fuss Seehöhe gemessen, und in der Umgegend finden sich viele Punkte von über gco Fuss. Der Spiegel des von ihnen eingeschlossenen Radaunesees ist auf 525 Fuss ermittelt. Südwestlich findet sich auch bei Kremerbruch im Westen von Bütow eine Höhe von goo Fuss, im allgemeinen aber wird das Land niedriger. Ein Einschnitt in der Nähe von Kremerbruch wird auf nur 348 Fuss ange- geben. Weiterhin kommt bei Pollnow noch eine Höhe von 792, bei Tempelburg eine von 678, bei Nörenberg eine von 440 Fuss Seehöhe vor, die Einschnitte und Seen aber sinken bis unter 300 Fuss. Die Erhebungen des mecklenburgischen Landrückens werden im Westen des Kummerowsees bei Demmin auf 547, andere im Süden von Parchim gegen 600 Fuss an- gegeben. Die Seen um Neu-Strehlitz liegen in 189 Fuss Meereshöhe. Stubbenkammer auf Rügen ist auf 549 Fuss über dem Nordseepegel gemessen. Im nördlichen Mecklenburg sollen sich Höhen befinden, die diese nahezu erreichen. Im allgemeinen entsprechen diese Angaben dem Ansteigen der baltischen Höhen nach Nordosten. j Die Stromniederungen senken sich in den Zwischenthälern sehr tief ein. Zwischen dem kurischen Plateau, zu welchem die Kreise Tilsit und Heidekrug im Osten aufsteigen, und dem preussischen Landrücken schneidet die Memel an der russischen Grenze auf 27,2, am Rombinusberge bei Ragnit auf 14, Fuss über dem mittlen Stande der Ostsee ein. Die Weichsel in ihrem Durchbruch zwischen dem preussischen und pommerischen Landrücken fliesst bei Fordon in ungefähr ı17, bei der Montauerspitze in 40,4 Fuss, die Oder zwischen dem pommerischen und mecklenburgischen bei Hohensaathen nur in 8,2, bei Stettin sogar nur in 1,; Fuss mittler Ostseehöhe. Endlich ist die Elbe bei Wittenberge auf 64,.,, an der Mündung der Elde bei Dömitz auf 44, Fuss mittler Nordseehöhe eingesenkt. Die steilen Uferhöhen aller dieser Stromthäler aber, und die höheren Terrainlagen in der Nähe der Küste schwanken von ı00 bis über 200 Fuss. An einzelnen Stellen laufen auch höhere Hügel zum Meere aus, so vom preussischen Rücken das Samland 90 IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. mit dem 390 Fuss über den Nordseepegel aufsteigenden Galtgarbenberge, bei Elbing die Trunzberge, die sich bis 640 Fuss erheben. Im pommerischen Landrücken bildet der Revekol mit 369 Fuss einen Ausläufer der Höhen an der Leba, und der Gollenberg bei Köslin mit 46r Fuss einen solchen der Höhen bei Pollnow. Wo die Küste weit ins Meer tritt, ist die Hochebene durch tiefe und zum Theil sehr lange und breite Einrisse in das Land zerschnitten. Einzelne Bruchstücke sind dadurch abgetrennt und stehen inselartig entfernt: so das Schwarzauer und Oxhöfter Werder bei Putzig am Vorgebirge Rixhöft. Die über '/; Meile breiten Moorgründe, die zwischen den steil abfallenden Thalrändern sich hinziehen, liegen etwa 6 bis ı2, oft nur 3 Fuss über dem Meeresniveau. Aehnliche ersichtlich durch das Zusammenwirken des Meeres und der Binnengewässer ausgehöhlte Schlünde zeigt der Lauf der Leba und Grabow in Hinterpommern, und die Recknitz, Peene und Ziese in Neuvorpommern. Auch Pregel und Deime, welche das Samland vom Festlande abschneiden, lassen sich damit vergleichen. Unmittelbar den Strand selbst bilden die Höhen von Kranz bis Brüsterort und südlich bis Sorgenau im Samlande, ferner am erwähnten Vorgebirge Rixhöft, bei Jershöft nördlich Rügenwalde und zwischen Kolberg und Sorenbohm nord- westlich von Köslin, endlich entlang Jasmund und Wittow auf der Insel Rügen. An diesen Stellen finden noch fortdauernd Abspülungen statt. Wo die Höhen den Strand nicht unmittelbar erreichen, liegt auf ihm eine Dünenreihe, welche oft bedeutende Aus- dehnung und Höhe erlangt. Der Dars, die Inseln Zingst und Hiddensöe, ebenso Use- dom und Wollin sind fast ganz von Dünen bedeckt. Längs der pommerischen und preussischen Küste liegen sie häufig als ein schmaler Streif zwischen dem Meere und den Binnengewässern. Ganz ungewöhnlich ausgestaltet tritt diese Bildung in der vom Vorgebirge Rixhöft auslaufenden Halbinsel Hela, und in der Frischen und Kurischen Nehrung auf, auf denen die Höhe der Dünen mehrfach 100, ja 150 Fuss erreicht. 3. Die Ebenen. Die Ebenen der alten preussischen Lande zerfallen in ein kleineres westliches und ein grösseres östliches Gebiet. Jenseits der Uferhöhen der Elbe bei Lübtheen und Hitzacker, wo sich der bal- tische Höhenzug und die nach Norden abflachenden Vorstufen des Harzes berühren, breitet sich westlich an dem unteren Laufe der Elbe, Weser, Ems, des Rheins und der Maas eine weite Ebene aus, welche zwar an einzelnen Stellen durch Dünenhügel über- höhet ist, im wesentlichen aber aus 100 bis rso Fuss über dem Meeresspiegel gelegenen Moor- und Haideflächen besteht, in welche sich die Zuflüsse der Hauptströme bis auf verhältnissmässige Tiefe zu fruchtbareren Wiesenniederungen eingesenkt haben. Dem Meere zu dehnt sich vor dieser sogenannten Geest die neuste, grösstentheils durch Dämme dem Meere abgewonnene Alluvion oder die Marsch aus. Wo das Meer die zum Theil sehr jungen Schlickablagerungen nur zur Ebbezeit frei lässt, zur Fluthzeit aber noch bedeckt, werden diese sogenannten Watten durch mühsames Vorschieben der Deiche trocken zu legen und Erweiterungen der Marsch zu erreichen gesucht. Die Nordsee ist durch ihre Hochfluthen und ihren starken Ansturz bei Nordwest- stürmen den hohen Ufern und Dämmen höchst gefährlich und hat schon innerhalb Menschengedenken erhebliche Theile von Helgoland und den friesischen Inseln unter- waschen und fortgespült. Dieser Andrang bewirkt aber andererseits, dass die Wogen IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. 9 die Sinkstoffe der Flüsse nicht fortführen, sondern in der Nähe der Mündungen wieder anlanden. Aus ihnen, vermischt mit dem organischen und unorganischen Inhalte des Seewassers, bildet sich der Marschboden, der seiner Entstehung nach die Fluthhöhe des Meeres nicht erreicht. Preussen nahm bisher an diesem Landstriche nur durch das Jadegebiet Theil. Die Grenzen der westlichen Provinzen senken sich im Rhein bei Bimmen nur bis 32,81, in der Ems bei Rheine bis 97,,, und in der Weser bei Schlüsselburg bis 85,01 Fuss über dem Amsterd. Pegelnull hinab. Zwischen diesen Grenzen und dem Abfall des Gebirgslandes liegt die münsterländische und die niederrheinische Ebene, welche sich in ibrer Hauptmasse nur unbeträchtlich über das angegebene Niveau der Ströme erheben. Zerstreut treten in der Nähe der beschriebenen Hügelzüge nördlich der Ems und im Kleveschen auch in der mittlen Lage des Münsterlandes um Haltern, Koesfeld und Ahaus einzelne flache Anhöhen auf, ohne jedoch den Charakter des Terrains erheblich zu unterbrechen. — Diesem kleinen westlichen Abschnitte steht im Osten das weite Thal zwischen dem baltischen Landrücken und dem südlichen Gebirgslande als der grössere und etwas mannigfaltiger gegliederte Theil des norddeutschen Tieflandes gegenüber. Es umfasst ungefähr ein Viertheil des gesammten bisherigen Staatsgebietes. Die Sohle dieses Thales erstreckt sich, dem Zuge der Gebirge entsprechend, von Ost nach West, und wird durch eine Reihe von Wasserverbindungen bezeichnet, die sich am Südabfall der nördlichen Höhen von der mittlen Weichsel über die Oder bis zur unteren Elbe hinziehen und durch ihre mittlen Wasserstände die tiefsten Punkte des Thalbettes bemessen lassen. Diese Linie beginnt in Polen in den Brüchen des Narew, welche im Lyck und Pisch die Gewässer des südöstlichen Preussens vom Haasznen und Spirdingsee her in sich aufnehmen. Sie verfolgt den Lauf des Narew, des Bug und der Weichsel bis Fordon. Hier verlässt das Längenthal den Weichsellauf und zieht westlich die untere Brahe, den Netzekanal und die Netze entlang zur Oder. Von Küstrin bis zur Einmün- dung des Finowkanals nimmt die Oder selbst die Thalsohle ein, von dort aber wird sie durch diesen Kanal und den Lauf der Havel bis zur unteren Elbe bezeichnet. Die massgebenden Niveauhöhen sind im Vorhergehenden bereits angegeben. Die Weichsel fliesst bei Fordon ungefähr in rı7 Fuss, die Elbe bei Wittenberge in 64,0, bei Dömitz wenigstens noch in 44,., die Oder bei Hohensaathen am Ausgangspunkt des Finowkanals aber in nur 8, pr. Fuss Meereshöhe. In der gesammten T'halebene bildet also bei weitem die tiefste Einsenkung die Oder. Auch in ihrem oberen Laufe liegt diese niedriger als die beiden Nachbarströme; denn ihr Wasserstand bei Ratzdorf an der Mündung der Neisse hat 103,9 Fuss, der der Elbe in der entsprechenden Lage bei Magdeburg 142, Fuss und der der Weichsel schon bei Warschau 245, pr. Fuss Meeres- höhe. Elbe und Weichsel fliessen also westlich und östlich der Oder auf höheren Terrainstufen. Die Breite der Ebene ist auf der Oderlinie zwischen Hohensaathen und Forste am Fusse der Lausitzer Grenzhöhen ungefähr der von Magdeburg bis Dömitz gleich, und beträgt gegen ıs Meilen; zwischen dem ostpreussischen Landrücken und den Er- hebungen, die sich im Osten von Warschau bis in die Nähe des Bug ziehen, ist sie erheblich geringer. Die Wasserscheide der Weichsel zur Oder hat ihren tiefsten Punkt im Netzekanal 92 IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. in dem sogenannten langen Trödel zwischen der 8. und g. Schleuse bei 202,4 pr. Fuss über dem mittlen Ostseestande. Von da nach Norden, wie nach Süden bleibt sie der Weichsel bei weitem näher, als der Oder. Nördlich erhebt sie sich im pommerischen Landrücken sehr bald zu 300 Fuss und zieht über Zempelburg zum Ziethner See, nach Süden aber berührt sie Inowraclaw, Radziejewo, Izbica, Krosniewice, Lenezyea, Lodz, Petrikau und Radomsk und gewinnt zwischen den oberen Warthe- und Pilicazuflüssen über die Losnica-Gora Anschluss an den oberschlesischen Landrücken. Radziejewo ist durch die russische Vermessung. auf 409,6 pr. Fuss, Petrikau durch die Eisenbahn auf 629, Radomsk auf 754 Fuss Meereshöhe bestimmt und die Losnica- Gora wird, wie erwähnt, auf 1555 Fuss angenommen. Es senkt sich also von dieser südöstlich ansteigenden Scheidelinie eine breite Ebene zur Oder hin, die von der Prosna und Warthe durchzogen wird, und auf der die Bartsch eine obere Terrasse von etwa 300, die Obra eine mittle von 200, und der Netze- und Warthebruch eine untere von 60 Fuss mittlerer Seehöhe einnehmen. Die Wasserscheide der Elbe zur Oder dagesen liegt nicht in der Nähe”der höher fliessenden Elbe, sondern zieht sich in geringer Entfernung von der Oder, von der höchsten Lage des Finowkanals zwischen Zerpenschleuse und Liebenwalde, welche 124,3 pr. Fuss über der Ostsee erreicht, nördlich über Gross-Schoenebeck und Joachimsthal zwischen dem Dölln- und Grimnitzsee nach den Bergen bei Greiffenberg, südlich aber entfernt sie sich auf der langen Linie der Oder und Neisse nirgend über 2 Meilen vom Strom und liegt oft unmittelbar in den Uferhöhen selbst. Es ist also die Abdachung der Ebene westlich der Oder fast in ihrer gesammten Breite zur Elbe gerichtet; die zahlreichen Gewässer und ausgebreiteten Sumpfllächen des Gebietes zwischen Oder und Elbe fliessen deshalb ausschliesslich zur Elbe ab und haben durch diese Terrain- gestaltung bei ungefähr gleicher Entfernung bis Wittenberge ein um 56 Fuss ge- ringeres Gefälle, als ein Durchriss durch die Wasserscheide der Oder nach Hohensaathen hin gewähren könnte, — Im ganzen entspricht das Tiefland zwischen Weichsel und Elbe nur in den eigent- lichen Flussniederungen dem vollen Begriff der Ebene; diese Niederungen sind aber aller- dings selbst an den unbedeutenden Gewässern sehr ausgebreitet; sie nehmen östlich im Oder-, Netze- und Warthebruch und im Bartsch und Obralauf, westlich im Spreewald, an der Notte, in den weit verzweigten Moorflächen des Rhin und des Havellandes, ebenso an der unteren Elbe sehr beträchtliche Flächen ein. Zwischen diesen fast wasser- gleichen Lagen treten plateauartige flache Terrainwellen auf, welche sich hier und da auch zu sanften Hügeln erheben, und häufig Einschnitte und weit fortgesetzte Wasser- risse zeigen, deren nahe Aehnlichkeit mit den Terrainspalten von grösserem Massstabe, in welchen die Seen des preussischen und pommerischen Landrückens eingebettet sind, unverkennbar ist. Es lässt sich sogar die südwestliche Richtung der Landrücken in den welligen Hügelzügen durch die Neumark über die Lage von Berlin nach den Havelseen und ebenso in der Seenzone um Inowraclaw und Gnesen, in der Umgebung von Meseritz und an der oberen Spree deutlich wiederfinden, zugleich auch die Eigenthümlichkeit, dass die Landspalten und Wasserrisse die Hauptrichtung der Terrainerhebung kreuzen. Jedenfalls ist das Land vielfach kupirt und bietet Schwierigkeiten im Wasserabzuge; von Hindernissen des Anbaues durch Abhänge und Steigungen lässt sich indess nicht sprechen. Die Flussniederungen erheben sich so wenig über den höheren Wasserstand der IV. Gestaltung der Oberfläche, Gebirge, Ebenen, Höhenverhältnisse. 93 Gewässer, dass ihre Höhenlage durch die angegebenen Niveaus genügend charakterisirt ist. Das höhere Terrain steigt von ıoo zu 200 und 300 Fuss Seehöhe auf. Eine ein- zelne Kuppe bei Schermeissel erreicht 500, einige Gruppen bei Züllichau ‚und auf den Wasserscheiden der Oder bei Frankfurt und Buckow 400 Fuss Seehöhe. Der oft ge- nannte Kreuzberg bei Berlin erhebt sich nur 219 pr. Fuss über den Nordseepegel. — Ueberblicken wir schliesslich im Anhalt an das im Atlas mitgetheilte Uebersichts- blatt das Gesammtbild der Höhenschichten, nach welchen sich die Oberfläche des Staates vertheilt, so liegen die tiefsten Abschnitte, die in ihrer Höhenlage go Fuss Meereshöhe nicht übersteigen, in den Niederungen der ost- und westpreussischen Küste und an der unteren Oder, wo der nahezu die Mitte des Staatsgebietes einnehmende fruchtbare Oderbruch zu ihnen gehört. Unter 200 Fuss bleibt ein bedeutender Theil der Kulturflächen der Mark und der niederrheinischen Ebene, von Sachsen ein Theil des Elbthales um Magdeburg und die östliche Altmark, endlich von Posen, Pommern und Preussen einige schmale Zonen, die sich an die Niederungen anschliessen. Niedriger als 400 Fuss liegt der grösste Theil von Brandenburg und Posen, das ebene Oderthal in Mittel- und Niederschlesien, die Umgebung von Halle und das nord- östliche Sachsen, Westfalen bis zur Lippe und bis Paderborn, von Ostpreussen die fruchtbaren Striche an der Inster und Alle und von Preussisch Holland bis Thorn, von Pommern aber ganz Vorpommern und das Land um Stargard bis zur Oder und zur See. Den Lagen unter 600 Fuss ist mit wenigen Einschränkungen das gesammte übrige Preussen und Pommern, das nordwestliche Oberschlesien, das Trebnitzer, Gebirge und die Lausitz, in Sachsen das Unstrutgebiet, in Westfalen der Hellweg, und jenseits des Rheins Düren und Aachen zuzurechnen. Indess treten in dieser Zone zerstreut einzelne grössere Höhen auf, und es beginnt mit ihr der gebirgige Charakter, der überall da, wo Hauptkulturflächen goo und 1000 Fuss erreichen, wie am Südrande von Schlesien, im Westen von Sachsen, am Mittelrhein, an der Mosel, schon so weit herrscht, dass die Neigung der Hänge, die Stellung gegen die Himmelsgegenden und der Schutz be- nachbarter Höhen grösseren Einfluss äussern, als die Erhebung um 200 Fuss mehr oder weniger. Auf Höhen über 1200 Fuss sind nur in Schlesien, im Leobschützischen und im Kreise Landshut, in Sachsen, auf dem Eichsfeld und in Schleusingen und Ziegenrück, am Rhein, auf den Plateaus des Westerwaldes, der sauerländischen Gebirge und der Eifel, endlich in Hohenzollern Lagen vorhanden, welche sich noch zu erheblicher, wenn auch vielfach benachtheilister Ackerkultur eignen. 94 IV. Gestaltung der Oberfläche. — Anhang. Eisenbahn - Nıvellementspunkte. Anhang zu IV. Die wichtigsten Höhenpunkte der preussischen Eisenbahn- Nivellements. Die nachstehenden Angaben der wichtigsten Höhenpunkte der preussichen Eisen- bahn-Nivellements sind der seit 1852 erscheinenden Zeitschrift: Statistische Nachrichten von den Preussischen Eisenbahnen, bearbeitet von dem technischen Büreau des Mini- steriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Berlin, Ernst Korn, Bd. 3—ı1 entnommen, in welcher die Nivellements, graphisch dargestellt, veröffentlicht sind. Zur Erleichterung des Ueberblicks sind die nachfolgenden Aufstellungen nach den von Berlin ausgehenden Hauptlinien so geordnet, dass die nördliche beginnt, und darauf der Folge nach die östlichen, südlichen, endlich die westlichen sich anschliessen; an jede Hauptlinie sind in derselben Folge die bis zur nächsten Hauptlinie vorhandenen Zwischenverbindungen überall mit Angabe des Namens der bezüglichen Bahn angereiht. Alle Höhen bedeuten preussische Duodecimalfusse über dem Nullpunkte des Amster- damer Nordseepegels. Ueberall sind die im Laufe der Bahn wechselnden höchsten Höhen und grössten Tiefen und die Pegel und Wasserstände, wie und soweit sie das Nivellement mittheilt, aufgenommen. Höhe in preuss. Duodezimalfuss. Pegel 0 der Nordsee zu Amsterdam 0, [Berlin-Stargardter Bahn.] Berlin, Null des Spreepegels an der | [Pasewalk - Stettin.) pr. Fuss | Fischer Brücke. . . » 2. 99,45 | [Berlin - Stettin - Stargard.] Neue Ucker, Wasserhöhe . . . 35,30 Höhe hinter Grambow . . . . 154,30 Hochwasser der Spree: Angermünde . . 2 2 0... 5889 Unterwasser . © 2 2 2.0. 10295 | Welse, Hochwasser . . 2 2. 9434 Oberwasser . = = =... 112,95 | Randow, Hochwasser bei Passow . 34,0 Höhe hinter Bernau . . . » . 241,18 | Höhe hinter Tantow . . . . . I54sı Finowkanal . . - . 4451 | Stettin, Hochwasser der Oder . . 13;or Höhe hinter Neustadt- Eberswalde „168,55 | Null des Oderpegels . . . .. 4,01 [Angermünde-Stralsunder Bahn.] Angermünde, Hochwasser . . . 130,32 Höhe hinter Wilmersdorf . . . 2150 | Mittler Stand der Ostsee . . . 5,53 Pegel 0 zu Swinemünde . . - 2,03 Ober-Uckersee, Wasserstand . . 64,3 | Stargard . . 114,43 INuklam ee Me Re ER RR Tag (Htergarat -Cöslin- -Cnberg] Peoneflusswrer en Ener. 77 , Ihna, Hochwasser . . “72,00 Höhe hinter Züssow . . . . . 137,7» | Wothschwiensee, W ade 25, Greiswalde er Far era eHchesdahınter zen: 320 Höhe vor Miltzow . - -» =» . . 101,o | Rega bei Schievelbein, Hochs 272,00 Stralsund . . . “2830 | Höhe hinter Schievelbein . . . 321,43 [Züssow- „Wolgast. Persante, Hochwasser . . . “80,20 Höhe hinter Züssow . . . . 15937 , Radue, Hochwasser hinter N 80,20 Wölgast ne ao Degen. = 5 EEE «0: IV. Gestaltung der Oberfläche. — Anhang. Eisenbahn - Nivellementspunkte. pr. Fuss Strand bei Kolberg : 13,19 Mittler Stand der Ostsee . 5,50 Köslin . 119,93 [Stargard-Posen.] Tiefe hinter Stargard . 78,68 Höhe hinter Arnswalde 277,88 109,66 Drage, Hochwasser. [Niederschlesisch-Märkische Bahn.] Berlin, Bahnhof . 116,69 Höhe hinter Briesen 304,95 [Ostbahn.] Frankfurt, Bahnhof 183,18 Oderpegel . 65,27 Küstrin . 60,79 Öderpegel . 39,52 Warthepegel 30,07 Tamsel, Hochwasser 54,29 Höhe hinter Driesen I81,7ı Kreuz III,yı Schönlanke 270,55 Küddow, Hochwasser 0 189,04 Höhe dahinter 311,71 Neue u. alte Dohshndgs Bechmasler 183 24 Nakel N 239,56 Brahe, Hochwasser . 130,11 Höhe hinter Bromberg 308,64 Schwarzwasser, Hochwasser . 82,24 Lipinker See . 259,64 Höhe dabei 306,64 Ferse, Hochwasser . 116,83 Dirschau 58,73 Tiefe vor Danzig 13,85 Stand der Ostsee 5,44 Dirschau, Weichselhochwasser - 40,11 Tiefe im grossen Werder 17,7 Binnenstauwasserhöhe . 21,73 Nogat, Hochwasser . 42,50 Marienburg 477 Tiefe hinter Grunau 10,44 Elbing > 22,94 Tiefe hinter Elbing 12,94 Höhe hinter Schlobitten . 179144 95 pr. Fuss Gardienefliess hinter Mühlhausen . 110, Höhe dahinter 160,44 Passarge, Hochwasser . 24,21 Braunsberg 25,44 Höhe hinter Heiligenbeil . 72,44 Königsberg 15,66 Insterburg . & 116,93 Höhe hinter Stallupöhnen 238,11 Eydtkuhnen TIg,ıı Bromberg . 160,11 Höhe hinter Schulitz 195,34 Thorn, Weichselhochwasser . 134,56 Tonzynna Ufer 196,74 [Stargard-Posener Bahn.] Netzehochwasser bei Kreuz . 102,81 Höhe hinter Mialla 224,31 Warthe, Hochwasser 147,22 Rokitnice . 302,45 Posen oe 276,85 [Posener Bahn.) Tiefe vor Moseyn 200,01 Höhe vor Lissa . 372,8: Tiefe vor Reisen 275,81 Höhe vor Bojanowo . 364,01 Bartsch, Hochwasser . . . » 294,03 Höhe hinter Gellendorf 567,82 Schebitz 369,72 Weide, Hochwasser 368,36 Oder, Hochwasser . 376,03 Tiefe hinter Lissa . 270,59 Landgraben, Hochwasser . 292,22 Höhe hinter Fraustadt 333,10 Glogau, Oderhochwasser . . . .» 238,78 Alte Oder, Hochwasser 247,47 Null des Oderpegels 0230,05 [Niederschlesische Zweigbahn.] Glogau, Bahnhof “0.2 246,10 Glogau, Null des Oderpegels 241,71 Höhe vor Klopschen 483,35 Bober, Hochwasser . 340,35 Sagan, Bahnhof . 364,22 Tsehirne, Hochwasser. . . . . 336,35 96 pr. Fuss [Niederschlesisch-Märkische Bahn.] Frankfurt, Bahnhof . Guben, Bahnhof . Neisse, Hochwasser Lubbes, Hochwasser vor Sorau Höhe vor Sorau Hansdorf Halbau, Bahnhof Höhe hinter Kohlfurt . Queis, Hochwasser . Höhe hinter Siegersdorf Bober, Hochwasser Bunzlau, Bahnhof Schnelle Deichsel, Hoc en Tiefe vor Liegnitz . Katzbach, Hochwasser Tiefe vor Maltsch Höhe hinter Nimkau Lohe, Hochwasser ee esjerhen Bahn] Breslau, Null des unteren Oderpegels Unteres Hochwasser Oberes Hochwasser . Central-Bahnhof. E Ohlau, Hochwasser bei Oblau . Lossen, Bahnhof Neisse, Hochwasser Szeppelwitz Oderhochwasser bei. O [Oppeln-Tarnowitz.| Oppeln . rs Höhe hinter Dembiohammer Malapane Tarnowitz . [Oberschlesische Bahn.]| Höhe vor Gogolin . 190 Klodnitz, Hochwasser . Höhe hinter Rudzinitz Klodnitz, Hochwasser . Gleiwitz, Bahnhof . Beuthener Wasser, Hochwasser Höhe hinter Ruda . Przemsa, Hochwasser . Grenze hinter Myslowitz . 117,80 147,50 152,75 430,40 516,80 438,60 398,80 623 ‚30 584,30 658,80 554,05 612,80 451,93 377139 377, 346,25 427,40 342,75 351,78 | 368,44 | 376,48 380,83 414,99 530,6 | 471,58 516,52 499,55 506,17 641,42 588,17 952,17 565,95 555,38 738,01 668,83 717123 796,45 948,6 784,75 | 821,32 IV. Gestaltung der Oberfläche. — Anhang. Eisenbahn -Nivellementspunkte. pr. Fuss [Wilhelms -Bahn.] Nullpunkt des Oderpegels zu Kosel 3525,93 Hochwasser Unterwasser 547,35 Hochwasser Oberwasser 548,10 Ratibor, Oderhochwasser . 594,38 Annaberg, Oderhochwasser 638,28 Oderberg, Grenze 643,65 Nendza, Bahnhof 3 586,56 Höhe im Tunnel vor Czernitz . 359,29 Paruschowitz . 736,29 Burghardsgrube . . 1039,29 Nicolai . 945,29 Idahütte 880,79 Ratibor . : 600,44 Höhe vor Teobschitz © 896,44 Leobschütz 364,4 a Bahn.] Brieg 466,03 Höhe vor Bösdorf . 634,43 Höhe vor Neisse 683,43 Neisse, Bahnhof. 664,23 [Breslau-Schweidnitz-Freiburger Bahn.] Breslau, Bahnhof 372138 Weistritz, Hochwasser bei Kanth . 421,52 Weistritz, Hochw. bei Schweidnitz 751,75 Reichenbach, Bahnhof. 826,38 Königszelt, Bahnhof 738,25 Freiburg, Bahnhof . .. 882,01 Waldenburg, Bahnhof . . 1338,58 Ladegleis für Hermsdorf. . 1485,67 Liegnitz, Bahnhof 380,66 Jauer, Bahnhof . 615,34 Striegau, Bahnhof . 709,08 Striegauer Wasser, Hochwasser 675,31 Polsnitz, Hochwasser 720,53 [Schlesische Gebirgsbahn.| Kohlfurth . 609,15 Gersdorf 755,89 IV. Gestaltung der Oberfläche. — Anhang. Eisenbahn-Nivellementspunkte. 97 pr. Fuss. | pr. Fuss. Lauban 682,79 | Null des Unterpegels der Düren- Greiffenberg . . 1021,57 berger’Schleusse. . . . . . 273,06 Höhe hinter Rabaanı . 1424,77 | Corbetha . . . 2 0 2 0000. 355,6 Tiefe vor Hirschberg . . 1o65,0g | Kösen, Hochwasser der Saale .» . 37657 Ruhbank . 1402,68 | Ilm, Hochwasser vor Weimar . . 377,6 Gottesberg . 1705,27 , Höhe hinter Weimar . . . “847,47 Waldenburg . . 147097 | Gerafluss hinter Erfurt, Hoch 659,35 [Ruhbank -Liebau.] Höhe hinter Gotha . . . . . Io4L, ß | Hörsel, Hochwasser vor Fröttstädt 938,4 Landeshut . 14258 | 7, = Nyuprda 0 wo 0,8, © or oJo 0. Jene en r 2605124 Werra, Hochwasser hinter Herles- Preussische Cena . 1621,74 | Kenn, oo ara ar [Eörlitz - Lauban.] Gerstungen ro Tiefe vor Nielasdorf 643,67 —— Höhe hinter Nielasdorf 857% [Weissenfels - Gera.] —— ee: | Weissenfels . . . . 7720165 [&örlitz -Kohlfurt.] Elsterhochwasser hinter Keosh - 573,26 Kohlfurt 6OTSoH Gera Dr VL z7e Höhe dahinter 657,30 Tiefe vor Hennersdorf 577,60 | [Magdeburg - a we Neisse, Hochwasser 588.99 | Leipzig . . 5 Se 349,2 Görlitz, Bahnhof 704,6 | Höhe vor Schkeuditz EN RAT Halle, Elsterhochwasser . . . . 260,6 Saalehochwasser. ru he [Berlin-Anhaltische Bahn.] Höhe hinter Halle . . . . 2. 3656 Berlin, Landwehrgraben Hochwasser 104,10 | Fuhnebach, Hochwasser . . . . 247,8 Höhe dahinter 152,85 , Höhe vor Koethen . . . . 292,10 Tiefe vor Trebbin 122,50 | An der Saale, Sualehochwaser‘ . 1877 [Jüterbogk - Riesa] | Schoenebeck . . . . » . . . 167 Oehna 0 29119, | Eisgersdorii Bears rer 24066 Hochwasser der Yelwarzen Eihter Stassturthr De: 208,33 bei Holzdorf . 248,9 | Kalbesche Kanal vor W Eetechusen. Röderau 315,18 Hochwasser . . . „2... . 160,5 [Berlin-Anhaltische Bahn.] [Berlin-Anhaltische Bahn.] Jüterbog ur 257.70, |" Wittenbere ra a Höhe hinter Seehausen 347,9; | Höhe hinter Koswig . . “266,04 Elbpegel bei Wittenberg . 203,73 | Rosslau, Hochwasser der Elbe . TOR Höhe vor Bitterfeld 311,43 Pegel Null zu Rosslau. . . . 175,65 Höhe vor Leipzig 422,65 Leipzig On 351,23 | 1: [Thüringische Bahn.] | [Berlin-Potsdam - Magdeburger Bahn.| Hochwasser der Nahle 329,o | Berlin, Bahnhof. . . . . . . 115,8 Markranstädt . 397,75 | Höhe hinter Berlin . . . . . 152,75 Hochwasser der Saale. 291,8: | Nuthe, Hochwasser. . . . . . 107,58 Boden d. preuss. Staats. id BE 95 IV. Gestaltung der Oberfläche. — Anhang. Eisenbahn-Nivellementspunkte. pr. Fuss. Potsdam, Havelpegel 96,75 Havelhochwasser dort . 105,26 Tiefe hinter Brandenburg 100,68 Höhe hinter Burg 166,26 Alte Elbe, Hochwasser 155,81 Elbe, Hochwasser 136,74 Maedeburg . 1577 Neuer Elbpegel . . 136,27 [Magdeburg - Hatberstank] Höhe vor Blumenberg So 310,92 Sarrebach, Hochwasser 257,31 Hadmersleben S- “250,23 Hochwasser der Holzemme vor Hal- berstadt 353 22 Halberstadt 0a 367,27 [Hannöverische Bahn.] Oschersleben . 273,27 Hannover 177,04 Wunstorf . 154,27 Bückeburg 193,38 Minden rer FR 144,88 [Köln-Mindener Bahn.| Porta, Bahnhof a 154,26 Weser, Hochwasser 139,70 Werre, Hochwasser 186,50 Höhe hinter Bielefeld 429,81 Ems, Hochwasser 228,04 Höhe vor Beckum . > 329,23 Lippe, Hochwasser bei a © 189,03 [Königlich a Bahn.) Soest < 311,52 Tiefe vor it, 241,76 Paderborn . 379,96 Buke . 984,63 Höhe vor W. dlebadeasen : . 1022,23 Warburg Ai 651,13 Kurhessisch-preussische Grenze 560,13 [Bergisch-Märkische Bahn. | Höhe vor Alplerbeck . 396,93 Dortmund . 259,13 Emscher Hochwasser 250,40 Höhe vor Witten D 362,00 Ruhr, Hochwasser vor ala 286,14 Volme, Hochwasser vor Hagen 302,47 pr. Fuss. [Ruhr -Siegbahn.] Hagen 338,co Kabel 324,80, IN ten a on a Eno2rer Höchster Punkt im Tunnel hinter Welscheneunest . 1311,98 Siegen . ETC SEN © 762,73 [Köln - Giessen. Betzdorf 590,00 Neunkirchen 879,86 Höchste Höhe hinter Burbach o EENZ2BID2 Haiser . 8839,68 Wetzlar 479,51 Giessen 524,56 Betzdorf 590,00 Schladern . 413,64 Siegburg 182,00 Deutz I4I,oo [Bergisch-Märkische Bahn.] Hagen 30 338,00 Hochwasser der Er 418,00 Gevelsberg Sr: 600,28 Hochwasser der Ennepe . 537,20 Höhe vor Schwelm 736,18 Wupper, Hochwasser . 514,40 Elberfeld 509,25 (Düsseldorf _Elberfelder Bahn. ] Wupper, Hochwasser . 428,38 Höhe vor Haan . 545,78 Hochdahl . 430,33 Eckrath 170,33 Düsseldorf 118,58 Rheinhafen . III,sg Rheinpegel 85,08 Hochwasser des Rheins II2,25 eg Mühlheim . 5 T51,40 Köln Rheinpegel- Null . 114,207 Bahnhof 154,12 Bonn . 180,19 Rheinpegel . 138,66 Rhein, Hochwasser . 168,06 Ahr, Hochwasser 190,23 IV. Gestaltung der Oberfläche. — Anhang. Eisenbahn-Nivellementspunkte. pr. Fuss. Tiefe vor Niederbreisig 167,67 "Koblenz, Rheinpegel-Null 184,30 Rheinhochwasser . 214,07 Bahnhof 226,00 Bingerbrück . 268,42 Rheinpegel-Null . 243,13 Rheinhochwasser . 263,03 [Rhein-Nahebahn.| Kreuznach 331,85 Oberstein . 844,85 Birkenfeld . 1084,35 Höhe hinter Türkismühle” . 1226,45 Neunkirchen . 816,57 Blies, Hochwasser . 755,33 Tunnel vor Friedrichsthal 979,7 St. Johann-Saarbrücken 661,57 Saar, Hochwasser 605,08 [Saarbrücken-Trier-Luxemburger Bahn.] Saarlouis Konz ae Hochwasser ar Mosel Mittelwasser Trier Moselpegel Null . Hochwasser der Sauer Mittelwasser Wasserbillig, Pegel Null. [Rheinische Bahn.] Köln, Bahnhof : Höhe hinter dem Tunnel vor Kö. nigsdorf j Erft, Hochwasser Düren . Roer, Hochnaseer Eschweiler Jude, Hochwasser Tunnel vor Aachen Aachen : Tunnel Ronheide Belgische Grenze 583,84 435,28 429,28 405,28 425,61 395,28 437,36 423,58 420,55 152,71 297,88 233,28 409,56 398,88 506,40 476,48 584,56 591,64 778,16 802,57 99 pr- Fuss [Aachen -Mastrichter Bahn.] Aachen, Bahnhof 594,05 Holländische Grenze 581,72 Mastricht . . 149,69 [Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Bahn.] Kohlscheidt 546,55 | Geilenkirchen 234, Tiefe hinter Lindern 189,10 Erkelenz 314,65 Gladbach . 160,41 Viersen 125,68 [Köln -Krefelder Bahn.] Köln £ 2 154,62 Krefeld 120,56 [Aachen - Düsseldorf- „Rührerter Bahn.] Uerdingen Ne TOI,g3 Homberg er: 96,00 Hochwasser des Rheins 95,08 Neuss 123,45 Oberkassel, Rheinieeitieen 114,28 Gewöhnlicher Wasserstand 97,72 Düsseldorf, Pegel Null 85,08 [Köln - Minden. Düsseldorf 115,56 Tiefe vor Duisburg 103,ır Duisburg, Hafen 8I,go [Witten - a Bahn.] Witten . B ZoRice Höhe vor Boch E 357,16 Mülheim 5 115,00 Ruhr, Hochwäster s 103,50 [Köln - Minden. | Ruhrort 97135 Oberhausen 117,08 [Oberhausen - Arnheim. Sterkrade . 130,6 Emmerich . 59,3 Holländische Grenze 50,53 100 IV. Gestaltung der Oberfläche. — Anhang. Eisenbahn-Nivellementspunkte. pr. Fuss. | [Prinz Wilhelms -Bahn.| Steeler u re ee a er ro4F3s Asbruche 2 Re RS eroziEn \Vion wun kel Er er [Köln - Minden. ID oxtunund Gr Pe 225 Hamm . . EP RIOTTE Lippe, Ha EEE EMLHELZE SG Höhe vor Drensteinfurt . . . . 248,96 Emmerbach, Hochwasser . . . . 1697 Münster erst Rheinerkprne., SEE: NE T26 [Rheine -Osnabrück.| Höhe hinter Ibbenbüren . . . . 289,4 Tiefe vor Osnabrück . . . . . 196,9 Osnabrück N en 22710 [Magdeburg - Wittenberge.| Masdebure ee es Ohre, Hochwasser . . 2 147 31 Tanger bei Mehlwinkel, Haas 120,80 Höhe vor Stendal m. RK ra: Uechte, Hochwasser dort Alandfluss, Hochwasser Elbe, Hochwasser [Berlin-Hamburger Bahn.] Berlin, Bahnhof Hochwasser Havelpegel bei RER Havelhochwasser . Friesack Höhe vor Neustadt Dosse, Hochwasser . Höhe vor Glöwen Stepenitz, Hochwasser Wittenberge, Elbpegel Wittenberge Elde, Hochwasser Höhe vor Ludwigslust Steckenitz, Hochwasser Schwarzenbeck Tiefe hinter Bergedorf Hamburg . . Pegel Null am Dachtkore pr. Fuss. 97,3 69,52 75,86 115,87 IIO,ı3 IOO,22 108,56 104,97 138,47 116,17 153,82 85,54 53744 83,66 98,10 I31,6 47,82 140,14 15,17 26,44 IO,14 NM Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Strom- gebiete, Gefällverhältnisse. Für die Beurtheilung der Bewässerungsverhältnisse des preussischen Staats- gebietes haben die bei der Katastrirung ausgeführten Arbeiten eine bis in sehr kleines Detail gehende Feststellung der Wasserflächen ergeben. Es sind bei der Veranlagung im Sinne des $ 4 des Gesetzes vom 2ı. Mai 1861 (G.-S. S. 254) die einen Reinertrag gewährenden Gewässer in der Regel als nutzbare Grundstücke zur Vermessung und Einschätzung gekommen, von ihrer Gesammtheit aber wurden diejenigen ausgesondert, welche dem Staate, den Provinzen, den kommunalstän- dischen Verbänden, den Kreisen, den Gemeinden oder den selbstständigen Gutsbezirken zugehören, insofern sie zu einem öffentlichen Gebrauche oder Dienste bestimmt sind; also namentlich die Bäche, Brunnen, schiffbaren Kanäle des Staates, die Häfen, ebenso schiffbare Kanäle, welche mit Genehmigung des Staates von Privatpersonen oder Aktien- gesellschaften zum öffentlichen Gebrauche angelegt sind. Diese Gewässer sind als ertraglos nicht eingeschätzt, sondern nur ihrer Fläche nach bestimmt. Ihnen waren die öffentlichen Flüsse, Ströme, Häfen und Meeresufer, welche nicht im nutzbaren Domainen- besitz des Staates, sondern im Sinne des Th. II. Tit. XV. Abschn. II. des Allg. Land- rechts als Regal in den Händen des Staates sind, zuzurechnen. Neben diesem gesetzlich geforderten Unterschiede zwischen ertraglosen, und steuer- fähigen und deshalb auf ihren Reinertrag eingeschätzten Gewässern hat noch der zu- fällige Umstand eine Unterscheidung herbeigeführt, dass die grossen Haffe und Bodden nicht füglich auf die Gemarkungskarten aufgenommen werden konnten und deshalb einer besonderen Flächenberechnung aus den Küstenkarten bedurften. Das Resultat dieser Feststellung ist in den allgemeinen Nachweisungen getrennt fortgeführt worden, so dass es für die Regierungsbezirke Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Stettin und Stralsund, die an diesen grossen Strandgewässern Theil haben, und für jede einzelne betroffene Wasserfläche besonders angegeben werden kann. Nachfolgende Tabelle giebt die Uebersicht des Flächeninhaltes der Gewässer nach den verschiedenen Gesichtspunkten geschieden für die einzelnen Regierungsbezirke. 102 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. In den westlichen Provinzen mit Ausnahme des Regierungsbezirks Trier sind ursprünglich die als ertraglos angenommenen Grundstücke nicht nach.Land und Wasser getrennt, sondern gemeinschaftlich nachgewiesen worden, und es ist für einige Kreise Es hat deshalb in Ausscheidung der ertraglosen Gewässer für bis jetzt nicht gelungen, diese Sonderung vollständig nachzuholen. der nachstehenden Zusammenstellung die die Kreise Bochum, Dortmund, Hamm und Siegen im Regierungsbezirk Arnsberg, und für die Kreise Adenau, Kreuznach, Neuwied und Wetzlar im Regierungsbezirk Koblenz nur nach überschläglichen Schätzungen vorgenommen werden können. Erstere sind mit ‚zusammen 2 598,98, letztere mit zusammen 9 154,4 Morgen in Ansatz gebracht. Ueberhaupt aber ist bezüglich der genauen Richtigkeit der Nachweisung schon im Ab- schnitt II. S. 36 darauf hingewiesen, dass die Flächenermittelung bei den ertraglosen Grundstücken im allgemeinen und bei Flüssen und Bächen im besonderen leicht ge- wissen kleinen Irrungen unterlegen haben kann, über welche nachträglich noch Sicher- heit zu erlangen versucht wird. Be darunter Gewässer Prozentrerhältnisse Provinzen 5x wegen anf den zur Gesammtfäche und > Zu Benutzung | Gemarkungs- Col. 2. TR: anLand und | Grundstener )\ zu öffentlichen karten n P Regierungs- R : Zusammen Gewässer : = Wasser veranlagte Zwecken nicht dargestellte bezirke nM Wasserstücke | ertraglose grosse Col. | Col. \Zusam- eaen Flüsse, Bäche ete.| Strandgewässer 3 |&4n.5 | men Zu SER Königsberg. .| 8944051,9| 186935,%9 | 31 289,29 675 221,13 | 893 445,51 | Gumbinnen. .| 6399691,71| 306667,35 | 41458,56 | 185 681,67| 533 807,58 Danzig ....| 3223413,49| 84155,29| 31875,34 | IIO395,c0 226 425,63 Marienwerder | 6859793,9 | 179 176,30] 50004,62 — 229 180,92 | Preussen | 25426950,.19| 756 934,03| 154627,51 | 97129790 | 1882 859,4 Köslin 5498775,6| 182473,92| 17 183,26 = 199 657,16 Stettin 508103452] 95255,56| 35412,4 | 36476571| 495 433,2: Stralsund. ...| 1817 044,28 12 461,51 9127,92 | 237 838,66 | 259428,9 Pommern | 12396 854,36| 290190, | 61723,52 | 602603,87| 954518,46 Bromberg...| 4480169,66| 95149, | 17 576,69 _ 112 726,12 Rosen. 6851560,52| 89413,00| 22.847,86 _ 112 260,36 Posen | 11331730,18| 184562,43| 40424,55 224.986,8 Frankfurt... .| 7517144,6| 135 650,15 | 57 907,13 = 193 557,28 Potsdam 8105 245,12] 2093203: | 71681, — 281 001,42 Brandenburg | 15622389,58 | 344970, | 129 588,34 _ 474 558,70 Oppeln 5169796,46| 31285,17| 24 238,56 = 55 523,73 | Breslau ... 527419738| 4414325 | 26232,65 = 7903759 | Liegnitz...... 5325015,.2| 40650,6| 26638,59 _ 67 288,85 | Schlesien | 75769008,s5| 116078,68| 77 109,50 -- 193 188,48 | Magdeburg . .| 450329371] 14.879,14 | 50086,32 — 64.965,46 | Merseburg . .| 399747630] 16683,65| 36787,9 — 53 471,59 Erfurt ne 2. 1380 586,04 698,98 9 606,24 —_ 10 305,22 Sachsen ... 38135: 32261,75 | 96.480,52 128742,27 | 0,3| 1, | Oestl. Prov.| 90428288/72|1724998,22| 559 954,62 | 1573 901,67| 3858 854,53 | 1,e| 2324| 43 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 103 runter Gewässer Prozentverhältnisse IB Gesammt- | - n 2 Provinzen dad wegen auf den zur Gesammtfäche äche il zur Benutzung (emarkungs- Col. 2. Be anLand und | Grundsteuer | zu öffentlichen karten eurer Vegierungs- Yurack |: & 5 aasfer veranlagte Zwecken nicht dargestellte bezirke an Wasserstlicke ertraglose | grosse Col, | Col. |Zusam- lorgen assersllicke |, E | 2, IV TS Flüsse, Bäche ete.| Strandgewässer 3 /Au.5 | men | D I 1» 2. 3. 4. 5. — Uebertr. Oestl. Provinzen „| 90428 288,72|1724998,22\ 559954,64 |1573901,87| 3858 854,53| 1,9\ 2,2 | 4,3 Minden... .| 2056537334 1098,02 9778,44 _ 10876,4610,0| 0,5 | 0,5 Münster. ...| 28337 463,27 2361,49 9 364,49 = 11725,98|0,1| 0,3 | 0,4 Arnsberg ....| 30127II,o2 774,62 7 503,87 — 8278,49 | 0,0| 0,3 | 0,3 Westfalen | 7906 711,63 4254,13 | 26 646,50 _ 30880,33\0,1\ 0,3 | 0,4 Düsseldorf ..| 2141 199,48 6603,89 | 41 812,20 — 48416,9|03| 1,9 | 2,2 Kölner nr. 1556 579,63 1024,90 | I7721,ıı _ 18745,52|0,1| I,ı | I, Aachen... .| 1626760,61 1406,01 5 064,41 — 6470, |0,1| 0,3 | 0,4 Koblenz ...| 2358 580,96 1795,7| 29435,10 — 31230,87|0,:) I,z | I,4 MOD 080 2811 628,90 755,07 | 17 878,26 _ 18 633,33 |0,>| 0,6 | 0,6 Rheinland | 70494749,58| 11585,12 | 111911,08 _ 123496, 22|0,1\ 1,1 Westl. Prov.| /840146121| 15819, Staatsgebiet .|108829749,9| 1740817,49| 698 512,22 |1573 901,97| 4013231,88| 16| 2,1 | 377 (ohne Hohenzol- lern und Jade.) Das Jadegebiet enthält bei o.; DJMeilen Fläche o,ıs TJMeilen Wasser. Die auf den Gemarkungskarten nicht dargestellten grösseren Strandgewässer sind im ersten Anhange zum vorliegenden Abschnitt V. nach Bestandtheilen, Zugehörigkeit und Flächeninhalt im einzelnen nachgewiesen, — Bezüglich der örtlichen Lage, sowohl der stehenden, als der fliessenden Gewässer, ist im vorhergehenden Abschnitt IV. schon so viel beigebracht, als durch die Bezie- hungen zur Terraingestaltung geboten war. Die Meere, welche die preussischen Küsten bespülen, sind Ostsee und Nordsee. Ihre Strandverhältnisse sind dargestellt in „Preussens See-Atlas“, herausgegeben vom Ministerium des Handels, Berlin 1g4r —44, 2 Blatt Segelkarten in 1:400000, 20 Blatt Küstenkarten in 1:100000 und ı Bd. erläuternder Text: Geschichte, Uebersichtskarten, Leuchtthürme, Küstenansichten u. s. w. Für die Nordsee besteht: „Der See-Atlas der Jade-, Weser- und Elbmündungen“, herausgegeben von der Königl. preussischen Ad- miralität; im Massstabe von 1: 50000, Berlin 1859. Zum Strand der Ostsee steigt der Meeresboden von grosser Entfernung allmählich an, und ist in der Nähe der Küste so gleichmässig flach, dass er auf preussischem Ge biete selbst in den Strommündungen keinen wirklich guten und allen Ansprüchen des grossen Seeverkehrs genügenden Hafen bietet. Die Tiefe beträgt auf der ersten Viertel- meile vom Strande durchschnittlich 3, nach der ersten Meile g bis 10 Faden (zu 6 pr. Fuss). Die Einfahrt zum Hafen hat in Swinemünde 21-22, in Neufahrwasser 17, in Pillau 104 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 18—19Ya, in Memel in der Regel ı5 Fnss pr. gewöhnliche Wasssertiefe. Wechselnde Sandmassen werden nur vor Memel zeitweise bemerkbar. Der Mangel an Häfen aber bleibt für die Ostseeschifffahrt ein, wie es scheint, unüberwindliches Hinderniss, welches auf die landwirthschaftliche Entwickelung der Küstenbezirke fühlbar zurückwirkt. Entgegengesetzt liegen vor dem Strande der Nordsee weit verbreitete treibende Sandbänke; zwischen ihnen aber vermögen, unterstützt von der starken Fluth, die ein- strömenden Flüsse, selbst die kleine Jade, Tiefen von gegen soFuss als Fahrwasser offen zu erhalten. Dieser Vorzug sichert den Nordseestädten dauernd die Richtung des Grosshandels. Die Höhe des Wasserspiegels der Ostsee steht nach mehrmals ausgeführten und sorgfältig kontrolirten Eisenbahn- und Kanalnivellements im Mittel 5,; Fuss über dem Spiegel der Nordsee *). Dieser Unterschied ist darin begründet, dass die Verbindungen zwischen Ost- und Nordsee im Sund und grossen und kleinen Belt verhältnissmässig zur ganzen Fläche der Ostsee sehr eng, auch durch die Hochfluth der Nordsee häufig verschlossen sind, und deshalb keine vollständige Ausgleichung, sondern verschieden- artiger Aufstau stattfindet. Der überwiegende Zufluss an süssem Wasser, den das Östseebecken durch zahlreiche Flüsse und Ströme erhält, zeigt sich in dem sehr ge- ringen Salzgehalt der Ostsee. Derselbe wird auf nur 1,1 pCt. angegeben, während er in der Nordsse durchschnittlich 3,; pCt. beträgt. Eine die Bodenverhältnisse näher berührende Besonderheit der Ostsee sind die an ihrer Küste in grosser Ausbreitung auftretenden Haflbildungen. Sie erscheinen als ausgedehnte tief in das Land eintretende Seebuchten, welche vom offenen Meere meist durch schmale Dünenstreifen und Inseln oder Halbinseln von geringer Ausbreitung ge- trennt sind und nur durch verhältnissmässig sehr enge Kanäle mit ihm in Verbindung stehen. Ihre nähere Prüfung zeigt, dass sie nicht zum Meere gehören, sondern nur Ueberfluthungen des Strandes durch Binnenwasser sind, welches sich hinter den gedach- ten Dämmen und Inseln sammelt. Der Strand mit seiner regelmässigen Tiefe und Böschung setzt sich ausserhalb der dammartigen Vorlande fort, die Haffgewässer er- reichen höchstens in einzelnen Rinnen und Kesseln 30, meist nicht ıo Fuss Wasser- tiefe, haben also noch den Körper des Festlandes unter sich. Bei gewöhnlichem Stande des Seewassers strömt das Wasser der Haffe, welches sich durch Binnenzuflüsse erhöht, zum Meere aus, wenn aber Fluth oder Wind das Meer aufstauen, tritt umgekehrt das Seewasser in die Haffe ein. Dies giebt ihnen eine brackische Beimischung. Die Flüsse und Bäche, welche in solche Strandseen münden, setzen in denselben ihre Sinkstoffe ab, verringern dadurch die Tiefe und verkleinern allmählich die Wasser- fläche. Sie bilden von der Stelle ihres Eintrittes aus sumpfige im Laufe der Zeit fester verlandende Niederungen, welche wenig über den Wasserspiegel erhöht sind und sich ungestört erhalten und vergrössern, weil sie dem Ansturm der Meereswellen nicht aus- gesetzt sind. Das bedeutendste Haff der preussischen Küste ist, wie der Anhang ı näher nach- weist, das Kurische an der Mündung der Memel. Es hat 29,4: DMeilen Ausdehnung und ist gegen das Meer durch die Kurische Nehrung, einen Dünenstreifen von 13 Meilen *) Einleitung zu den statistischen Nachrichten von den preussischen Eisenbahnen Bd. 3, Ss. 0. S. 94. — Lentze, Denkschrift über den Entwurf zum Bau eines Kanals von der Ostsee zur Nordsee. Berlin 1865, S. ı2. — Vergl. o. Abschn. IV. S. 82 und 95. V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 105 Länge und roo bis 800 Ruthen Breite abgeschlossen, der sich bei Memel für einen engen Ausfluss öffnet. Grössere Schiffe können nur bis zur Mündung der Dange unmittelbar bei Memel einlaufen, der grösste Theil des Haffs ist keinen anderen Fahr- zeugen als Fischerbooten zugänglich. Am östlichen Ufer dehnt sich das Delta der Memel in weiten Sümpfen und Anlandungen über eine dem Haff an Ausdehnung ziem- lich gleiche Fläche aus. Von ähnlicher Gestaltung ist das Frische Haff, in welches der Pregel und Seiten- arme der Weichsel einmünden. Es umfasst 15,63 D Meilen Fläche und hat die Frische Nehrung in 8‘ Meilen Länge mit der Mündungsöffnung bei Pillau vor sich. Zwischen Pillau und Königsberg kann nur durch Baggerung ein Fahrwasser von 101/,—ız Fuss erhalten werden, das übrige Haff ist noch flacher. Von Königsberg bis Elbing sind die süd- lichen Ufer durch den schroffen Abfall des hohen Landes gebildet, daran schliesst sich von Elbing an das ausgedehnte Delta der Weichsel, welches sich nach dem Haff er- sichtlich durch Anlandung vergrössert, obwohl die Weichsel den grössten Theil ihres Wassers durch die Mündung bei Neufähr unmittelbar dem Meere zuführt. Weiter nach Westen folgen der pommerischen Küste entlang zahlreiche kleinere Strandseen: der Zarnowitz, der Lebasee, der Gardesche, Vietzinger, Buckowsche, Jas- mundsche, der Campsee und mehrere unbedeutendere. Vor der Mündung der Oder aber liest das sehr umfangreiche Grosse und Kleine Haff, welches durch die Inseln Usedom und Wollin vom Meere getrennt ist. Seine weiten Verzweigungen haben zu- sammen 17,;; DMeilen Fläche. Peene, Swine und Dievenow bilden die Ausfluss- öffnungen, tief ins Binnenland tritt es als Dammscher See. Auch die Gewässer um Rügen können in einer Fläche von 10,9 []Meilen nicht zum offenen Meere gerechnet werden. Die Wasserbecken vom Ausfluss der Recknitz an bis durch den Grabow, denen der Dars und die Insel Zingst vorliegen, sind ersicht- lich Strandseen; selbst Fahrwaser von nicht mehr als 8 Fuss reicht nur bis Barth. Ebenso aber hat alles Wssser, welches sich zwischen den weitverzweigten Halbinseln und Inseln vor Rügen ausbreitet, mit Ausnahme vereinzelter Stellen, eine sehr geringe Tiefe. Von Stralsund aus findet die nördliche Fahrt mehrmals nur g'% und ıo Fuss mittles Wasser, und grössere Schiffe können erst hinter dem sogenannten Trog, zwischen Hiddensöe und Wittow, vollständig laden; durch den Greifswalder Bodden werden meist ı4 Fuss Fahrwasser künstlich erhalten, am Palmer Ort aber erreicht es nur rr!y. Die Bodden haben deshalb den Charakter von Ueberfluthungen des Festlandes durch Meerwasser, und da sich auch von den Nehrungen annehmen lässt, dass sie bei dem jetzigen Wasserstande zwischen der See und einem Binnenwasser nicht hätten ent- stehen können, so liest es nahe, für ihre Bildung an eine Senkung der Küste, oder einen Wechsel von Hebungen und Senkungen zu denken, welche als sogenannte säkulare an vielen Küsten, und namentlich auch an der schwedischen, beobachtet sind. — An Landseen ist Preussen ausserordentlich reich. Vorzugsweise liegen sie, wie die Beschreibung der Gebirgserhebungen gezeigt hat, in den baltischen Provinzen, doch besitzt auch Posen und Brandenburg eine sehr grosse Anzahl, in den übrigen Provinzen kommen sie nur vereinzelt vor. Der Fläche nach wird von den ostpreussischen Seen der Spirdingsee auf 1,36, der Mauersee auf o,., der Dargainensee auf o,4, der Löwentin auf o,4, und der Ge- serichsee auf 0,48 DMeilen berechnet. Der Madüesee in Pommern umfasst gegen 0,75, der zum Theil mecklenburgische Cummerowsee gegen o,2; D Meilen. 406 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. In der Provinz Sachsen ist der süsse und der salzige See im Mansfelder See- kreise von Bedeutung. Beide zusammen haben 0,3 D]Meilen Fläche. Der Salzgehalt des salzigen Sees wird auf nahe 0,4 pC. angegeben. In den westlichen Provinzen finden sich Seebildungen nur im vulkanischen Theile der Eifel, so der Laacher See, der fast kreisrund eine Meile im Umfang hat, und eine Anzahl ihm verwandter sogenannter Mare. Die Landseen sind als nutzbare Gewässer der Reinertragsschätzung unterworfen worden und werden ebenso wie die Rohr- und Fischteiche unter dem Namen der Wasser- stücke als Theile der landwirthschaftlich nutzbaren Bodenfläche bei der Darstellung der Beschaffenheit der letzteren, sowie unter den weiteren Gesichtspunkten der Besitz-, Be- wirthschaftungs- und Ertragsverhältnisse näher in Betracht zu ziehen sein, worüber auf die bezüglichen Abschnitte verwiesen wird. — Das Flussnetz des preussischen Staates umfasst die Hauptströme Mitteleuropas von der Memel bis zur Maas. Auf die einzelnen Stromgebiete vertheilt sich die Fläche des Staates nach älteren Berechnungen *), für welche dieselbe auf zusammen 5 104 D]Meilen angenommen ist, folgendermassen: Preussische erh Küst Wer ä Rhein . Nemel | Pregel Oder sen ZU pe! und | Ems | nnd | sel flüsse | sammen sammen Jade Maas gebiet | sammen Provinzen Östseebassin Nordseebassin Donan-| zu- O Meilen 1. Preussen, Pom- mern und Posen | 100 |370 |627 | 858| 336 12291) — 2291 2. Schlesien, Bran- denburgnu. Sach- sen . 1037| 852 1936 3. Westfalen, Rhein- land u. Hohen-| zollern s65| ı2 | 877 Zusammen das alte Staatsgebiet . . . | 100 |370 | 648 |1874| 356 |5328 852\118| 74 \720\1764| 12 | 5104 Den bei weitem grössten Theil des bisherigen Staates nimmt also das Gebiet der Oder ein, die demnächst grösseren Flächen das der Elbe, des Rheins, endlich das der Weichsel. Ueber die Wasser- und Gefällverhältnisse der einzelnen Hauptströme lassen sich folgende Angaben machen: 1. Die Memel oder der Niemen **) entspringt bei Horszow im Gouvernement Minsk, hat einen Stromlauf von ro6 Meilen Länge und umfasst ein Stromgebiet von *) v. Viebahn a. a. ©. Bd. I. S. 256. — Jahrbuch f. d. a. St. S. 14. *) Koppin, („Der Memelstrom“) aus: Nachrichten über die Ströme des preussischen taats, in der Zeitschr. für Bauwesen, Jahrg. XI. 1861, S. 156. V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 107 über 2000 []Meilen. Sie tritt bei Smaleningken 14, Meilen vor ihrer Mündung über die preussische Grenze und besitzt dort eine mittle Wasserstandshöhe von 27,62 Fuss über der Ostsee, so dass sie auf jeder Meile ihres Laufes in Preussen durchschnittlich nur 1,34 Fuss Fall erreicht. Ihr oberes Gefälle ist viel bedeutender. Oberhalb Kowno wird es auf 7 Fuss, zwischen Kowno und Smaleningken auf 4° Fuss für die Meile berechnet. Die Geschwindigkeit auf letzterer Strecke ist 2 Fuss in der Sekunde, die Tiefe 2'/2 bis 3 Fuss; es fahren deshalb. kleine Dampfschiffe von Kowno nach Tilsit. Auch auf der Strecke von Smaleningken zur Mündung ist die Geschwindigkeit trotz des geringen Gefälles wegen der Gleichmässigkeit des Strombettes und der Grösse der Wassermasse bedeutend; sie wurde bei einem Wasserstande von 4 Fuss am Tilsiter Pegel auf der Strecke von Ober-Eiseln bis Karnewischken durchschnittlich auf 2°%ı Fuss, bei An- schwellungen aber bis 4» und 5 Fuss in der Sekunde gefunden. Die vorbeifliessende Wassermenge ist für das Stromgebiet zwischen der Jura und Hagelsberg bei 4 Fuss ıı Zoll Tilsiter Pegel auf 14 300 Kubikfuss in der Sekunde ermittelt; bei den höchsten Anschwellungen beträgt sie etwa 160 ooo Kubikfuss. Zwischen den Höhen von Ragnit und dem Rombinusberge durchbricht die Memel den Rand der tieferen Terrainstufe, die dem preussischen Landrücken nach Nordwesten vorliegt. Oberhalb dieses Durchbruches nimmt sie rechts die Jura, links die Tzeschuppe auf. Unterhalb desselben beginnt die _ Niederung. Diese durchzieht der Strom in 2 Hauptarmen, der Gilge und dem Russ, welche sich bei Schanzenkrug theilen. Zahlreiche andere Verzweigungen sind durch die gegen den Strom gerichtete Eindeichung der Niederung geschlossen. Sie werden indess durch Grundwasser und von Bächen aus benachbarten grossen Brüchen gespeist. Von ihnen steht der Nemonin durch die schiffbaren Kanäle des grossen und kleinen Friedrichsgrabens und den Lauknenstrom mit der Deime und dem Pregel in Ver- bindung. 2. Der Pregel*) gehört mit seinem Stromgebiete ausschliesslich Preussen an. Seine Quellflüsse Angerapp, Pissa und Inster laufen in tief eingeschnittenen Thälern mit starkem Gefäll bei Insterburg von Nordost, Südost und Süd fächerförmig zu- sammen. Bei Wehlau tritt von Südwest dem Laufe der Inster entgegengesetzt die Alle als der bedeutendste Nebenfluss hinzu. Die Angerapp entspringt im Mauersee, die Pissa im Wystytensee, die Inster im Schorellener und Plinismoor nahe dem Memelstrom, und die Alle bei Lahna im Norden von Neidenburg. Schon auf der halben Entfernung zwischen Insterburg und Wehlau findet im Auergraben eine rechtsseitige Gabelung des Pregels nach dem Kurischen Haff zu statt. Unterhalb Wehlau bei Tapiau liest die zweite, bedeutendere in der schiffbaren Deime, die mit dem Auergraben bei Labiau ausmündet. Die Gefällverhältnisse bestimmen sich nach folgenden Angaben: Der Nullpunkt des Kanalpegels bei Lötzen zwischen dem Löwentin und Mauer- see, also etwa die Quellenhöhe der Angerapp liest . . . 2 2. 391,94 pr. Fuss über dem mittlen Stande der Ostsee bei Pillan. Der mittle Wasserstand unter der Angerappbrücke bei Inster- burg liegt bei einer Entfernung von . . . . . . 32168 Ruthen, im Stromlauf vom Litthauer Baum zu Königsberg gemessen, . . 2 2 3008 =, *) Oppermann, „Der Pregel mit seinen Neben- und Ausflüssen“, in den Nachrichten u. s. w. Zeitschr. f, Bauwesen Jahrg. XVII. 1867, Heft I. u. I. S. 35. 108 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. das Oberwasser der Bubainer Schiffsschleusse . . . 2. 2 2.2... 27jo18 pr. Fuss, das Unterwasser . . Se rer. 22,870 684 huujhen egrorcas un die Wasserhöhe zu an Re 5‘ ıı'” Wasser am |) 16288 „ aa zu Tapiau Taplacker Pegel \NET2/000E“ 16, zu Popelken bei der mittlen Was- 7AS'OS WEN O0 y zu Palmburg serhöhe von 4’ 10'’am SA37n Oro y zu Königsberg }Deimepegel zu Tapiau 8 O)10 y Bezüglich des Wiederansteigens des Niveaus vor Königsberg wird die völlige Richtigkeit des Nivellements bezweifelt, indess genügt der zeitweise beträchtliche Stau des Haffs zur Erklärung. Der Nullpunkt des Litthauer Baumpegels zu Königsberg liegt . . 4,4: pr.Fuss, der Nullpunkt des Königsberger Hauptpegels . » . 2. 2 2 2.2 38 derAderyBıllaneräliotsenpegels@r se up ar N am Pegel zu Neufahrwasser. Die Breite des Pregels bei Königsberg beträgt 720 Fuss, die wechselnde Tiefe 14 bis 50 Fuss. Die Schiffbarkeit des Stroms beginnt in Insterburg. Die Wasserstände an den Hauptpegeln sind nach Beobachtungen längerer Jahres- reiben folgende: höchster _ Bemerkungen. Fuss | Zoll | Fuss Zoll Fuss | Zoll Wasserstand kleinster | mittler am Pegel zu Pillau zu Königsberg .| 4 | ıo 8 | — | ı5 | — | 1801 sollen 16 Fuss erreicht sein. Die Niederung hat 9, die Soemmerdämme 10!/a Fuss Pegelhöhe, 5 | —| 15 | ıo | Am 10. April 1829 sollen ı8 Fuss erreicht sein. Die Niederung hat ı2 Fuss Pegelhöhe. zu Bapraugasa. 82 lerr Ka 5 — | ıı 6 | Letzterer Stand ist 1829 erreicht. an der Allebrücke bei Wehlau ..| ı 5 an der Pregel- brückeb.Wehlau| ı | ıı zu Insterburg ..| ı | — 5 | 4Y| 17 | ro | Seit 1853 beobachtet. 5 2!/| 18 2 | Seit 1856 beobachtet. löse 6 | Der Thalgrund liegt auf 14 Fuss Pegelhöhe. Die Wassermenge bei Tapiau ist für den niedrigen Wasserstand von 4 Fuss 6 Zoll am Pegel auf ı 033 Kubikfuss in der Sekunde berechnet, von denen 452 durch den Pregel und 581 durch die Deime abfliessen, für den höchsten Wasserstand von ı5 Fuss 10 Zoll beträgt die Wassermasse 58 027 Kubikfuss, von denen 42 273 im Pregel und nur 15 754 in der Deime abziehen. Dabei ist die Geschwindigkeit im Flussbett 4,1, auf der Niederung 1,3 Fuss in der Sekunde. h Die Höhenlage der Inster ist an ihrer ne Se 2 oVanbaprBHluER> bei Stablacken, 4 175 Ruthen oberhalb . . . . oa (ACER 5 und bei Kraupischken, weitere 8 850 Ruthen Bean BE EA 2200 en V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 409 Wegen dieses sehr geringen Gefälles in der unteren Strecke staut der Pregel von der Schiffschleusse der Bubainer Mühle aus, welche keine Freischleusse besitzt, weit in den niederen Theil der Inster hinein, nnd diese wässert sich oft erst im Monat Juni ab. Zur Vermeidung dessen ist ein Kanal aus der Inster in das Unterwasser projektirt. Ueber die Höhenlage der Alle lässt sich angeben: Gefälle | Seehöhe ; pr. Fuss | pr. Fuss Mündung bei Wehlau . . . - 2,612 Zwischen der Mündung und der Allenhusger Brücke beträgt das Gefälle, einschliesslich der Pinnauer Schiffsschleusse, ungefähr | 12, _ Die mittle Wasserhöhe unter letzterer also . . . — 14,612 Friedland, . -. . » =» » . . Stromlänge 8 025 Ruthen 2426 | 38,872 Sehippenberlg m Fr 912,79 47,8: 86,682 Bartensteiny seo De: 5 590 „ 31,95 I18,632 IHexlcber oe re. ” Bert 64,12 182,752 Die Schiffbarmachung der Alle wurde schon 1796 von dem Mühlenbesitzer Döhnecke zu Schippenbeil auf Staatskosten begonnen, ist aber bis jetzt nur unterhalb Friedland wirklich erreicht; oberwärts zeigt die Alle zwischen den meist 60 Fuss ein- geschnittenen Ufern zahlreiche ungleiche Tiefen (Brasten), die nur durch Schleussen- anlagen überwunden werden könnten. Der Zufluss bei Wehlau theilt sich bei 2’ g'/s“ Wasser am Pegel der Pregelbrücke, und 2’ 8'/; am Pegel der Allebrücke in 303 Kubik- fuss in der Sekunde im Pregel und 636 Kubikfuss in der Alle. 3. An kleineren Küstenflüssen ist bis zur Weichsel die Passarge zu nennen, welche bei Grieslienen im Nordost von Hohenstein entspringt und in ziemlich gradem und raschem Laufe bei Braunsberg ins Haff mündet. 4. Die Quelle der Weichsel*) liest auf den Nebenbergen des Jablunkapasses. Der Strom bildet in der Nähe von Krakau auf 7 Meilen die Grenze von Oberschlesien, durchzieht dann Polen und tritt erst bei Otloczin im Osten von Thorn, 33 Meilen vor der Mündung bei Neufähr, wieder auf preussisches Gebiet. Der gesammte Stromlauf ist I4o Meilen lang, das Stromgebiet wird auf 3 300 [Meilen geschätzt. Bei Krakau wird der Spiegel der Weichsel auf 670 Fuss über der Ostsee angegeben, für die preussische Grenze bei Otloezin ist er auf 164 Fuss ı Zoll über der Ostsee nivellitisch festgestellt. Das Gefälle beträgt von da bis zur Montauerspitze, wo sich der Strom gabelt, durchschnittlich auf die Meile 5 Fuss. Der Pegel an der Montauerspitze liegt noch 4o Fuss 5 Zoll über der Ostsee. Es ist nach genauen Untersuchungen berechnet, dass hier bei dem niedrigsten Wasserstande von ı Fuss ı'/ Zoll unter dem Pegelnull in der Sekunde 8770 Kubikfuss Wasser mit ı,,; Fuss Geschwindigkeit, bei einem mittlen Wasserstande von 6 Fuss ır Zoll 40 310 Kubikfuss Wasser mit 2,6; Fuss Ge- schwindigkeit und bei sehr hohem Wasser von 21 Fuss 7 Zoll 269 300 Kubikfuss Wasser mit 5% —6 Fuss Geschwindigkeit in der Sekunde durchfliessen; der höchste eisfreie Wasserstand ist ebenda zu 23 Fuss 3 Zoll beobachtet. Unter diesen grossen Differenzen und dem starken Gefälle leidet die Schiffbarkeit der Weichsel, Ihr *) Spittel, „Die Weichsel“ ebend. Zeitschr. f. Bauwesen, Jahrg. VII. 1858, S. 141 und Jahrg. XII. 1862, S. 23. 410 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. Eisgang ist um so gefährlicher, als der Strom nach Norden gerichtet ist, und deshalb die Decke im Süden eher bricht, als in der Nähe der Mündung. Die Gabelung beim Austritt nach der Niederung ist bis zur Mündung eine mehr- fache. Der linksseitige Arm behält stets den Namen Weichsel und sendet zuerst an der Montauerspitze in einer Entfernung von 10, Meilen von der See die Nogat zum Frischen Haff, die dort in der Nähe von Elbing mündet. Die zweite Gabelung findet bei Rothebude in geringer Entfernung von der See statt. Der Strom hat hier den Werder, die eigentliche Niederung, schon fast durchschritten und stösst an die Danziger Nehrung an. Diese besteht aus einem Dünenstreifen längs des Strandes, der völlig die Natur der Frischen Nehrung zwischen der See und dem Frischen Haff zeigt, indess durch die Anlandungen des Weichseldeltas mit dem Festlande verbunden ist. Die Danziger Nehrung läuft im unmittelbaren Zusammenhange mit der Frischen Nehrung von dieser westlich bis jenseits Danzig fort. Binnenwärts theilt sich der Strom vor ihr und sendet von Rothebude aus einen östlichen Arm nach dem Frischen Haff, west- lich zieht der Hauptarm am Fusse der Dünen nach Danzig und zur Mündung bei Neufahrwasser, Bis zum Jahre 1840 erlitt er auf diesem Wege keine weitere Theilung. In diesem Jahre aber brach der Strom in Folge grosser Eisversetzungen die Nehrung bei Neufähr durch, und gewann eine direkte viel kürzere Einmündung zur See. Was anfangs als ein schweres Unglück betrachtet wurde, stellte sich bald als eine sehr günstige Veränderung der Stromverhältnisse heraus *). Es wurde bei Neufähr, aller- dings mit sehr bedeutenden Kosten, eine grosse Fluthschleusse angelegt, welche den Eintritt des Hochwassers in den ncch 2 Meilen langen weiteren Lauf der Weichsel nach Danzig abschnitt, dadurch wurde dieser Arm, der den Danziger Hafen bildet, von Eisgang und Versandungen frei, und seine ganze Fläche wurde für die siehere Unter- bringung von Schiffen gewonnen. Ueberdies aber vermehrte der direkte Ausfluss das Gefälle so erheblieh, dass alle Theile der Niederung bedeutend an Abzug gewannen, und an eine erfolgreiche Umgestaltung des Entwässerungssystemes des Danziger Wer- ders gedacht werden kann. Zur besseren Vertheilung des Hochwassers der Weichsel und zur Verringerung der Gefahren beim Eisgang ist 1848 —54 durch die Montauer Spitze der Kanal von Pieckel gestochen, der bisherige Eingang zur Nogat kupirt, und dadurch die Gabelung etwas nördlicher verlegt worden, Die Weichsel empfängt rechtsseitig aus Preussen die Abflüsse des preussischen Landrückens, den Lyek, Pisch, Omulew, Orzye und andere, die zur Narew fliessen. Auf preussischem Gebiete selbst mündet rechtsseitig nur die Drewenz, welche von Strassburg bis in die Nähe von Thorn die Grenze gegen Polen bildet, und oberhalb Thorns die Weichsel erreicht. Ihr oberer Lauf ist durch den Elbing-Oberländischen Kanal im Jahre 1860 mit dem Drausensee und Elbing verbunden worden **), Dieses Werk ist nach r6jähriger Arbeit mit 1‘ Million Thaler Kosten durch den Baurath Steenke ausgeführt. Von der Drewenz bei Osterode aus sind die nach Norden gele- genen Seen durch Schifffahrtskanäle in Verbindung gebracht und dabei theilweis um 4—ı7 Fuss unter Gewinn von Land gesenkt, so dass ihr Niveau jetzt auf 317 Fuss steht. Von dem Samrodtsee, als dem nördlichsten, aus, ist ferner die etwa 5o Fuss *) Meliorationsplan des Danziger Werders, Danzig 1859. *) Der Elbing-Oberländische Kanal, Zeitschr. für Bauwesen, Jahrg. XI. 1861, S. ı51 — Der Elbing-Oberländische Kanal und seine Bauwerke, Elbing 1863. V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 411 höhere Wasserscheide bei Draulitten durchstochen und die Kanalsenkung von der Höhe von 317 Fuss bis zur Tiefe von 44 Fuss Meereshöhe durch Anlage von 4 geneigten Ebenen erreicht worden, auf denen die Kanalschiffe auf Wagen gestellt und mit Hülfe von Drahtseilen und Wassertriebwerken herabgelassen, oder heraufgezogen werden. Vom Fusse dieser Anlagen aus wird der ı Meile entfernte Drausensee, der schon fast im Niveau des Hafis liegt und durch den Elbingstrom in dasselbe ausmündet, durch ge- wöhnliche Schleussen erreicht. Auf der linken Seite nimmt die Weichsel den Grenzfluss Tonzynna oder den grünen Fluss auf. Wichtiger ist die bei Fordon mündende Brahe. Sie entspringt in der Nähe von Rummelsburg in Hinterpommern, fliesst durch die Tuchler Heide und bildet von Bromberg an die Fortsetzung des Netzekanals. Ihr Gefälle beträgt von Bromberg bis Fordon ıo Fuss; der Netzekanal steigt von Bromberg durch 7 Schleussen mit zusammen 75,4 Fuss Gefälle bis zum höchsten Punkt im Langen Trödel auf; da das Gefälle von der Brücke in Thorn bis zum Pegel bei Glugowko oberhalb Schwetz auf 9%; Meilen 54 Fuss 5 Zoll 10 Linien beträgt, und der Pegel von Glugowko 88 Fuss 5 Zoll 9 Linien über der Ostsee und 5"; Meile unterhalb der Mündung der Brahe liegt, so muss letztere auf ungefähr ı17 Fuss über dem Meeresspiegel angenommen und der höchste Punkt des Netzekanals auf 202,4 Fuss Seehöhe berechnet werden. Nördlicher nimmt die Weichsel noch das Schwarzwasser, die Ferse, die Mottlau und die Radaune, sämmtlich von der Höhe des pommerischen Landrückens, auf. Die Mottlau tritt in das Danziger Werder schon in der Nähe von Dirschau ein. Die Ra- daune ist den Höhen entlang in einem Kanal nach Danzig geleitet, um die Stadt mit besserem Wasser zu versorgen. Der Schutz gegen die Ueberfluthungen beider Gewässer bedingt in der Niederung ein zusammengesetztes Dammsystem *). In Danzig besitzt die Weichsel 10—ı2, von Holm an ıs— zo Fuss Wassertiefe. 5. Die hinterpommerischen Küstenflüsse zwischen der Weichsel und der Oder, die Leba, Lupow, Stolpe, Wipper, Persante und Rega, fliessen sämmtlich mit beschränk- ten Gebieten von der Höhe des pommerischen Landrückens in gewundenen, tief ein- geschnittenen Thälern zur See. Ihr Gefälle ist auf den mittlen Strecken ihres Laufes meist sehr beträchtlich, 3 bis 4 Meilen vom Meere aber sehr unbedeutend; hier sind ihre Betten, wie o. Abschn. IV. S. go zeigt, fiordartig ausgehöhlt und mit tiefem Moor gefüllt. Nur die Mündungen der Stolpe bei Stolpemünde, der Wipper bei Rügenwalder Münde und der Persante bei Kolberg können kleinen Seeschiffen als Hafen dienen. 6. Die Oder entspringt im Westen von Neutitschein zwischen Haslich und Koslau in Mähren bei 1779 pr. Fuss Seehöhe am östlichen Abhange des Altvatergebirges. Sie tritt nach einem Laufe von ır3/, Meilen in Preussen ein und verlässt das Staatsgebiet bis zur Mündung nicht wieder. Ihr Stromgebiet ist einschliesslich des österreichischen und polnischen Antheiles auf 2098, DMeilen berechnet**). Davon umfasst der Strom oberhalb und ausschliesslich des Gebietes der Warthe 935,,, das Warthegebiet 967,1, und das Gebiet unterhalb des Einflusses der Warthe 195,3; DMeilen. Die Höhenlagen des Wassers und der Pegel auf den verschiedenen Strom- abschnitten sind nach Nivellements, für welche der mittle Stand des Ostseespiegels mit 3 Fuss 6 Zoll am Pegel zu Swinemünde zu Grunde gelegt ist, folgende: *) Vergl. Meliorationsplan des Danziger Werders, Danzig 1859, mit Karte. *) Die Oder und ihre Gebietsfläche von C. Becker, Berlin 1864. 441% V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. Wasserhöhe Gefälle Höhe des Pegel- | Höchster Niedrigster über dem mittlen] Strom- [in Fuss nullpunktes Dan bekannter Oderstrom Ostseespiegel länge a über dem mittlen sen, Wasserstand am 4. Juni 1841 er Ostseespiegel | Pegelnull am Pegel Fuss | Zoll| Lin. |Meil.|Ruthen [2000Rth.| Fuss | Zoll] Lin. [Fuss] Zoll |Lin. Fuss|Zoll Grenze b. Oderberg | 622 | ır | 4Ys| o ol) 807! N 5| Ylı5| 2 |—|untr0o|— | 6 Ratibor.. ea 575 |ıo| 11%] 5| 5ogl) 1572 6| 1%] 23 | — |—| über o | 2 Mündung des Klod- \ 755 nitzkanals (Kosel) |527 | 6| 5Ylıır) 711 Sul 527| 9lııYs]2ı| ı |—|unter 0) — | ıı Krappitz ...... 503 | 6| 6Yelı5 289|| nl a99| 6| 6Y|23 | 2 |—|über 0 | 3 | — Oppeln re 475! 9| 9%] ı9 43) "\az2| al 9%lız | SI —| » 2|6 Neisse-Mündung .|441 | ıı| 23%] 22 | 1840|! 87 Brieg, Oberwasser .|428| 3| 4'|25 403 61er Unterwasser.|419| 5| 3% — | — | am 416) —ı 3Y%l2ı| 21 —| „» 1|ıo Ohlau, Oberwasser |410 | 9| 97/|27| 598|) " Unterwasser |401 | — | 27/| — | — 397.| 5:1 9yalıızz jur | » | —ı I Breslau,Oberwasser |369 | 8| 7/s| 32 ai O5 Unterwasser |358| 4 97%] — | — | 7. |356| 5| 9% 16| 6-1 „ |-|3 Weistritz-Mündung | 344 | 10 |10'] 34 | 590|\ g Katzbach-Mündung |298 | 5 | 7?/s| 40 | 960 ” Amnellnoeogoare 296| 9| 13s|qT| 390] 788 1292| 5| 4%]20| 6) | „ | 2 Bartsch-Mündung.|241|) 6, 2%|49| 40 Glogaumenarer. 229| ı| %sl5o|ıgs5olt 6,65 |226| 4| Ylı5l 4 | » ıl4 Landgraben-Münd. |203 | 2| 27/s] 54 1560 Neusalz....... 196 | 9| 6Yal55 |1685|% 6,57 | 194 | zo| 64814 | 9 |—|untero| — | 6 Faule Obra-Münd.|163 |) ı| 33/| 60 | 1770 Krossen ee 126| 6| 7867| 95|r 597 |125 | 4| 1%] 13 | — |—| übero | — | 3 Neisse-Mündung .|103 | ıı | 1%] 70|1585 FriedrichWilhelms- | 6,91 Kanal-Mündung .| 71 g9| 2%|75| 895 | 5.80! 7ı| 8| 6% Frankfurt. ..... 65|ıı | 5%] 76 | 890|! = N 64| a| 5Y%|ıı) 6 |—|unter0 I) — | 3 Kiüstrne ee 39| 5| 2%| 80 |r ı70[| "| 37 |10| 2%| 9glıo—| „ || 7 Neuenglietzen ...| 9| 6| 9%| 86 |1 610 43 | 5s| 8| 9%|ı7| 3 | 6|übero | — | 6 Hohensaathen ...| 8| 2| 5%%|87 1265 Stettingg.ns ei. el © : 98 | 3861 9,63 zele S Lotsenwarte bei ea Swinemünde. ..| o| o| o [1071574 3I|6| — | Die Wasserstände sind nur aus einer kürzeren Reihe von Jahren festgestellt. Nach anderen Angaben ist ihre Differenz zum Theil bedeutender, in Garz 12,4, in Küstrin 15,5, in Krossen 17 Fuss. Für Krossen ist berechnet, dass die Schiffe jährlich 83 Tage wegen des Eises gar nicht, 158 Tage mit höchstens 40, 81 Tage mit 42 bis 48, und nur 42 Tage vollgeladen mit über 50 Zoll Einsenkung (= 6 F. a. Pegel) fahren können. Von grösseren Nebenflüssen empfängt die Oder rechtsseitig an der Landesgrenze die vom Jablunkapasse kommende Olsa und bei Kosel die Klodnitz; letztere ist zur Anlage eines Schifffahrtskanals benutzt, der über Gleiwitz nach Zabrze in den Königsstollen führt und zum Aufschluss des Kohlengebirges dient. Später münden Malapane und Stober oberhalb Brieg, die Weide unterhalb Breslau, und in der tieferen Lage jenseits V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 113 des Trebnitzer Gebirges die Bartsch und die mehrfach getheilte Obra, welche beide die Abzüge grosser in der Provinz Posen ausgebreiteter Sumpf- und Bruchniederungen sind. Sehr weit nördlicher bei Küstrin nur zo Meilen oberhalb des Haffs nimmt die Oder die Warthe auf. Dieser auf preussischem Gebiet überall schiffbare, sehr bedeutende Nebenstrom hat seine Quelle auf der mehrgenannten Losnica Gora, südlich Czenstochau, und empfängt auf der linken Seite die Liswartha und Prosna vom nördlichen Abhang des oberschlesischen Kohlengebirges, auf der rechten Seite die Welna und oberhalb Landsberg die Netze. Die Netze entspringt in einem See bei Przedeez im Nordwesten von Lenezye im Warschauer Gouvernement und dehnt ıhr Gebiet im Süden bis zum Skorzenzyner See im Gmnesener Kreise, im Norden bis zur Höhe des pommerischen Landrückens aus, von dem sie die Rakitka, Lobsens, Küddow und Drage empfängt. Dadurch ist der dem Gebiete der Oder gleichkommende Umfang des Warthegebietes gegeben. Der bei der Weichsel erwähnte Netzekanal erhält seine Speisekanäle im langen Trödel aus dem oberen Netzelaufe. Von Nakel an, wo sie 16 Fuss tiefer als der lange Trödel, also in 186,4 Fuss Seehöhe liest, dient die Netze selbst der Schiff- fahrt. Das Hochwasser der Netze bei Kreuz erreicht 102,31, das der Warthe bei Mialla 147,22 Fuss über O0 des Amsterdamer Pegels. Zwischen Moszyn und Posen geht die Bahn hart am Ufer der Warthe und liest mit 200,0: Fuss über dem Amsterdamer Pegel höchstens 20 Fuss über dem mittlen Wasserstande der Warthe. Die Einmün- dung bei Küstrin liest 40, Fuss über dem mittlen Östseespiegel, also ungefähr 45,7 über dem Amsterdamer Pegelnull. Nördlich von Küstrin nimmt die Oder rechtsseitig noch die unbedeutende Mietzel und die Ihna auf. Linksseitig fliessen dem Strome von der österreichischen Grenze an zuerst die Oppa als Grenzfluss, später die Zinna bei Ratibor und die Hotzenplotz bei Krappitz zu. Bedeutender ist die Neisse, welche die Gewässer der Grafschaft Glatz und eines grossen Theils des Eulen- und Altvatergebirges sammelt und wegen der grossen Nieder- schläge und Schneemassen in diesen Gebirgen um so günstigeren Einfluss auf die Wasserstände des Stromes hat, als sie ihn durch ihren nach Osten gewendeten Lauf schon an der Grenze Öberschlesiens erreicht. Die Höhenlage des Nullpunkts des Neissepegels an der Schleussenbrücke bei Glatz ist auf 897,60 Fuss über Null des Amsterdamer Pegels ermittelt. Bei Breslau mündet ferner die Ohlau, der Weide gegenüber die Weistritz, bei Leubus die Katzbach, sämmtlich unbedeutende, aber leicht anschwellende Flüsschen, die ihre Quellen im Gebirge haben. Bedeutend ist der Bober, welcher auf der preussischen Grenze oberhalb des Passes von Liebau entspringt, die Gewässer des Waldenburger und des Riesengebirges von Gottesberg bis jenseits Lauban sammelt und bei Krossen zur Oder führt. Der letzte Zufluss dieser Richtung ist die dem Bober an Bedeutung gleiche Lausitzer Neisse. Sie entspringt am südlichen Fuss der Tafelfichte, vereinigt um Reichenberg und Zittau den grössten Theil der Gewässer des Lausitzer Gebirges und fliesst dann in ziemlich gradem Laufe über Görlitz, den nahen Wasserscheiden der Elbe entlang, Guben vorbei, bei Ratzdorf zur Oder. Von hier, 37 Meilen von der See, schlägt der Hauptstrom seine nördliche Richtung ein und empfängt linksseitig nur noch ganz kleine Bäche. Unter ihnen ist der Pottack zu nennen, weil er dem Friedrich- Wilhelms-Kanal dient, welcher ı Meile oberhalb Frankfurt aus einer Stromhöhe von 73,9 Fuss über der Ostsee bis zu 133,6 Fuss nach Müllrose und der oberen Spree ansteigt. Das Kanalspeisewasser gehört dem Elbgebiete an. Ebenso ist nördlicher die Boden d. preuss, Staats, 8 114 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. Finow zu beachten, weil sich in ihr der schon erwähnte Finowkanal zur oberen Havel von einer Stromhöhe von 8, bei Hohensaathen, zu 124, Fuss Seehöhe bei Liebenwalde erhebt. Bei Schwedt fliesst der Oder die Welse zu, welche mit der oberen Randow in einem sumpfigen breiten Wasserrisse, der zur Ucker ausmündet, in Verbindung steht. Schon bei Garz spaltet sich die Oder in die grosse Reglitz und die eigentliche Oder. Beide bleiben indess durch natürliche Kanäle in Verbindung. Die linksseitige Oder behält als ein Arm von geringer Breite, aber überwiegender Tiefe das Fahrwasser. Die Reglitz erweitert sich zu dem 1,0; DJMeilen grossen, den Haffbildungen zugerech- neten, meist sehr flachen Dammschen See. Alle diese Gewässer vereinigen sich vor der Jassnitzer Fahrt und münden durch diese und die Weite und Enge Strewe in das Papen- wasser und zum Grossen Haft. Der Hauptstrom der Oder wird von Ratibor mit kleinen, von Kosel aus mit grösseren Stromkähnen und unterhalb Frankfurt mit Dampfschiffen befahren. Der Wasserstand ist aber zu schwankend und das Strombett zu leicht Versandungen aus- gesetzt, um eine günstige Entwickelung des Schifffahrtsbetriebes zu gestatten *). *) Die Grösse der Schifisgefässe, welche auf den Wasserstrassen zwischen der Oder und Spree gehen, ist durch die Kab.-Order nnd das zugehörige Regulativ vom 8. November 1845 (G.-S. S. 785) sowie durch die Allerh. Erlasse vom 4. April 1853 (G.-S. S. 158) und vom 23. März 1857 (G.-S. S. 239) genauer bestimmt. Fahrzeuge von grösserer äusserer Breite als 16 Fuss $ Zoll und von einer Länge von mehr als 128 Fuss von einer zur anderen Kaffespitze (ungerechnet die Klappkaffe) gemessen, durften vom 1. Januar 1853 an im Friedrich-Wilhelms-Kanal, dem Finowkanal und der Havel von Liebenwalde bis zur Mündung der Spree bei Spandow nicht mehr zugelassen werden. Vom ı. Januar 1860 an durften dieselben nicht mehr als 14'% Fuss Breite und 128 Fuss Länge haben. Grössere Schiffe dürfen nur leer und auf besondere Erlaubniss der Regierungen zu Potsdam oder Frankfurt passiren. Fahrzeuge, welche über Bord geladen haben, sind mit Ausnahme derer unzulässig, welche Hen oder Stroh führen und der Ladung nicht mehr als ı5 Fuss Breite und ıo Fuss Höhe vom Wasserspiegel geben. Holzflösse, die durch den Finowkanal gehen, dürfen nur 7 Fuss, solche, die durch den Friedrich-Wilhelms-Kanal gehen, nur ıo Fuss breit verbunden sein. Unverbundenem Holz ist die Durchfahrt untersagt. Ueber die bisher auf den schiffbaren Gewässern der Provinz Brandenburg gebräuch- lichen Fahrzeuge ist nach Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg Th. I. S. 300, folgen- des zu bemerken: Ein sogenannter grosser Elbkahn oder Hamburger Rebenkahn, auch Magdeburger oder Berliner Fahrzeug genannt, ist im Boden 92 Fuss lang und ı4 Fuss breit, oben von Spitze zu Spitze 138 Fuss lang und ı8Ya Fuss breit. Er geht beladen 4Ys Fuss tief und trägt 3 000 Centner. Ein mittlerer Elb- oder Spreekahn ist dagegen 86 Fuss im Boden lang und ır Fuss breit und oben von Spitze zu Spitze 128 Fuss lang und 15" Fuss breit. Er geht beladen 3Ya bis 4 Fuss tief und hat eine Tragkraft von 2 000 bis 2 500 Centnern. Ein kleines Fahrzeug unter den Elbkähnen ist im Boden 60 bis 70 Fuss lang und 9 bis ro Fuss breit. Es trägt 800 bis 1 300 Centner, weil es deren zwei Sorten giebt, von denen die kleinere noch geringere Abmessungen als die angeführten hat. Unter den sogenannten Oderkähnen ist ein grosser Kahn 136 Fuss von Spitze zu Spitze, und 86 Fuss im Boden von Knie zu Knie lang; die Breite beträgt oben von Bord zu Bord 15 Fuss und im Boden 10 bis 10Ys Fuss. Er lässt sich bis zur Windlatte 31 Fuss tief einsenken, und trägt dann 1000, auch wohl ı 200 Centner. V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse.. 4115 Die Wassermasse, welche die Oder führt, ist mehrfach berechnet worden *). Bei dem mittlen Wasserstande von 3 Fuss am Garzer Pegel, der eine Seehöhe von 2 Fuss 6 Zoll 6 Linien hat, ist eine mittle Geschwindigkeit von O,5. Fuss in der Sekunde, und in Oder und Reglitz zusammen eine Masse von 7869 Kubikfuss, die in der Sekunde durchfliesst, ermittelt. Für den hohen Wasserstand von 17 Fuss 31, Zoll am Glietzener Pegel ist die in Stettin durchfliessende Wassermasse auf 119 845, für den höchsten bekannten Wasserstand von 20 Fuss ı'/, Zoll an diesem Pegel ist sie auf 146 o4ı Kubik- fuss berechnet. Das bei der Mündung ausströmende Wasser verbreitet sich nur auf der Ober- fläche des Hafis. 5 Fuss unter der Oberfläche zeigt das Haff keinen Strom mehr; alle Sinkstoffe, die die Oder mit sich führt, lagern sich in der Tiefe als ein feiner thoniger Schlamm ab. Die Hafföffnungen zum Meere sind deshalb auch von der Oder aus nicht in Gefahr versandet zu werden; der Peene und Dievenow liegen aber be- deutende seewärts eingeschwemmte Sandbänke vor. Früher diente die Peene zur Fahrt, 1720 aber wurde, weil die Schweden die Peeneschifffahrt hinderten, der viel zweck- mässiger gelegene Swinestrom zur Schiffbarkeit geöffnet. Bei seiner Kürze fliesst durch ihn das Stauwasser der See sehr rasch, mit 7,2 Fuss Geschwindigkeit in der Sekunde, ein und aus, und dadurch bleibt das Fahrwasser offen. Die Tiefe zwischen Stettin und Swiuemünde wird durch Baggern auf 14—ı5 Fuss gehalten. 7. Die Küstenflüsse westlich der Oder bis zur mecklenburgischen Grenze, Ucker, Peene, Ziese, Recknitz, sind in ihrem flachen sumpfigen Laufe schon charakterisirt. Die Ein mittelgrosser Oderkahn hat von Spitze zu Spitze 129 bis 133 Fuss, und im Boden von Knie zu Knie go bis 84 Fuss Länge; die Breite ist oben von Bord zu Bord 14 bis 14'ya Fuss und im Boden 9! bis ıo Fuss. Seine grösste Ladung beträgt 600 bis 800 Centner und seine Einsenkung 3! Fuss. Ein Mittel-Oderkahn ist 96 bis ıoo Fuss von Spitze zu Spitze und 68 bis 70 Fuss im Boden lang; oben beträgt die Breite 10\/» bis ıır Fuss und unten 7 bis 7Y, Fuss. Die grösste Ladung ist 400 bis soo Centner, und die Einsenkung 3'/; Fuss. Ein kleiner Oderkahn hat von Spitze zu Spitze 66 bis 70 Fuss und im Boden 38 bis 41 Fuss Länge, oben aber eine Breite von 9 bis 9'/ Fuss; beladen geht er 21 Fuss tief und kann dann 200 bis 300 Centner tragen. Es giebt indess auch noch Oderkähne mittlerer Sorte, die ıro Fuss lang und 13 Fuss breit sind. Sie gehen bei hohem Wasserstande mit voller Ladung 3 Fuss tief, bei gewöhn- lichem Sommerwasserstande aber nur mit halber Ladung 2 Fuss tief. Im ersteren Falle kann dieser Kahn 600 bis 700, im letzteren Falle aber nur 300 bis 400 Centner laden. Eine sogenannte Gölle oder Schute ist ıro bis 112 Fuss von Spitze zn Spitze lang und ı8 bis 19 Fuss von Bord zu Bord breit, lässt sich 31 Fuss einsenken und trägt dann 2000 Centner; bei halber Ladung von etwa 1000 Centnern geht sie 2'/ Fuss tief. Die grössten Kähne, welche die Warthe befahren können, sind von Wrange zu Wrange 86 Fuss, die vordere Kaffe 26 Fuss und die hintere 16 Fuss, überhaupt also von Spitze zu Spitze 128 Fuss lang; im Boden sind sie ro Fuss und oben von Bord zu Bord 13 bis ı4 Fuss breit, der Bord ist vom Boden 4 Fuss hoch und der Boden selbst 3% Zoll stark. Kähne dieser Art können, wenn das Wasser hoch ist, 700 bis 800, auch bis 1 000 Centner tragen, und sie sinken beladen 3 Fuss 4 Zoll und leer 13 Zoll tief ein. Diese Warthekähne korre- spondiren in der Hauptsache mit den Abmessungen eines mittelgrossen Oderkahns. *) Der Oderstrom mit seinen Ausflüssen in die Ostsee, von Herz. Zeitschrift für Bauwesen, Jahrgang XIV. 1864, S. 367. 8* 446 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. Ucker, welche aus einer Seenreihe im Templiner Kreise entspringt, fliesst im oberen Uckersee nur 64 Fuss über der Ostsee, der Tollensesee wird auf 56 Fuss angegeben, und der Cummerowsee liegt noch niedriger. Die Peene wird von Dampfschiffen befahren. $. Die Elbe hat ihre Quelle in dem 4 450 Fuss hoch gelegenen sog. Elbbrunnen auf dem Riesengebirge, an der Südseite des hohen Rades. Ihr Stromgebiet ausserhalb Oesterreichs wird auf 3 426 D]Meilen berechnet. Die für den österreichischen Antheil zutretende Fläche umfasst beinahe ganz Böhmen, etwa goo D]Meilen. Nach Preussen tritt die Elbe aus Sachsen bei Fichtenberg ı Meile oberhalb Mühlberg ein. Später durchzieht sie unterhalb Wittenberg auf etwa 5 Meilen Anhalti- sches Gebiet; auch bei Schoenebeck berührt sie eine Anhaltische Enklave; im übrigen aber gehören beide Ufer bis Schnackenburg und unterhalb Wittenberge noch das rechte bis zur Mündung der Elde oberhalb Dömitz dem alten preussischen Gebiete an. Die Höhen- und Längenabstände der verschiedenen Elbpegel gegen den Pegel zu Kuxhafen, sind nach den neuesten Niveaubestimmungen, bezogen auf die Nullpunkte der Pegel und im Stromlaufe gemessen, folgende: Höhe über Entfernung dem Null RI e Rn x des Pegels K ä Standort des Pegels. | © “ese's | „ xhafen Bekannte Wasserstände. zu Kuxhafen in in pr. Duod. Fuss) pr. Ruthen Melnik,Moldaumünd. | 504,50 224 665 Leitmeritz. ....- 464,17 212 805 Aussig....0.... 432,41 205 755 Metschen., „u... .. 398,62 199 209 Schandaufsretewersn. 381,16 193 870 BiIvnapse er . 361,o0r 187 777 MDTESÄEN, area 348,81 181 893 Meissen... ...r 321,67 174.797 Riesan.ye -nereche eye 297,44 167 818 Mühlberg (der neue e ar Denen Besen. 275,36 162 Höchster Wasserstand 2 en ne ee 3 5 154 Es Höchster Wasserstand ” a (BergbeusLend: > ! buch der Mark Barlaya een 160,22 116 209 Brandenburg Magdeburg (der neue Th.I. S. 305) Bepel)earer ale: 138,9 107 459 | Mittler 8’ 0,4”, höchster 18’ 6 Tangermünde... . 97,37 gro6g Sandaulper.i. ste. 79,46 83 539 Hayelberg “0... .. 76,29 81789 | 1811—50 höchster 19'4' niedr. 1’ 10". Ebd.355. Wittenberge... .. 61,28 73 009 | Seit 1820 niedrigster Wasserstand 1’ o‘, höch- Schnackenburg . . . Due 67 559 ster bei Bisstonfuug 20' 5", bei offenem Deemit ri h ar 59 301 Weser 29 su ‚(Der Bau der Elbbrücke zu | ittenberge, Zeitschr. f. Bauwesen Jahrg.IV. | Lauenburg...... 15,90 42 409 1854.) Hamburgs are 3,10 27 606 | Mittler Wasserstand 1,48‘ über O des Hambur- Glückstadt ©... 0,2 13 814 ger Pegels. Mittle Fluthhöhe 6’ 8‘ (pr. Seeatl.) Kuxhafenı rare 0,00 o Höchste Fluth (1825) 22‘ 6' über 0 tiefste Ebbe (1844) 5' 5“ unter 0, mittle Fluth 9’ 9” (preuss. Seeatlas.) Das Eisenbahnnivellement S. 98 zeigt bei Magdeburg 1,32' Differenz. V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 117 Der Strom nimmt in Preussen rechtsseitig bei Wittenberg die schwarze Elster auf, deren Quellen in der Nähe von Bunzlau liegen, und welche sische Grenze regulirt, und auf einige Meilen schiffbar gemacht Nebenfluss als weitverzweigte Wasserstrasse ist die Havel. Sie meceklenburgischen Landrücken in den Seen bei Neustrelitz, fliesst Spandau vorbei südlich bis Potsdam, wendet sich dann westlich nach Plaue und von da wieder nördlich, wo sie bei Werben unterhalb Havelberg mündet, nachdem sie Rhin und Dosse aufgenommen hat. Linksseitig fliesst der Havel bei Spandau die Spree zu, welche in der Nähe von Zittau entspringt und einen Theil der Gewässer der Oberlausitz und des niedern Flämmings sammelt. bis gegen die schle- ist. Der wichtigste entspringt auf dem an Liebenwalde und Die Abflüsse vom Nordabhange des hohen Flämmings ziehen in der Nuthe und Plaue unmittelbar zur Havel. Die Kanalverbin- dungen der Havel mit der Oder im Friedrich-Wilhelms- und Finowkanal sind erwähnt. An künstlichen Kanälen ist ferner bei Berlin südlich der Stadt zur Erleichterung der Schifffahrt der sogenannte Landwehrgraben aus dem ÖOber- in das Unterwasser der Spree geführt, ein zweiter Kanal geht nördlich von der Pankemündung nach den Havel- seen oberhalb Spandau. Endlich ist unterhalb Brandenburg zur Verbindung mit der Ober-Elbe der Plauesche Kanal von Plaue nach Parey, 7 Meilen nördlich von Magde- burg, angelegt. Die zahlreichen für kleine Kähne schiflbaren Gräben, welche auf dem rechten Havelufer durch die ausgedehnten Bruchflächen des Havellandes führen und die Gewässer der oberen und unteren Havel verbinden, dienen nur der Entwässerung und dem Transport des Torfes. Die Hauptpunkte der Gewässer zwischen Oder und Elbe berechnen sich: ——_ oo Ueber Ueber dem Ueber Ueber dem dem Ostsee-| Pegelnull Ss pree dem Ostsee-| Pegelnull spiegel |zu Kuxhafen spiegel zu Kuxhafen pr. Fuss. pr. Fuss. pr. Fuss. pr. Fuss Havelberg, Begelnull...... . -... Mittelwasser..... Brandenburg, Pegelnull ...... Unterwasser... .. Oberwasser Potsdam, Begelnulle rn... Mittelwasser..... Berlin, mittles Unterwasser Pegel 0 a. Unterbaum Pegel 0 a. Oberbaum mittles Oberwasser . höchstes Oberwasser Köpenicker Pegel 0 Kalkfliessmünduug Fürstenwalder Pegel 0 Oberwasser ..... Oranienburg, Begelnullär. 222.7 Unterwasser Müllroser Schleusse, Oberwasser (Scheitel) . Brieskower Schleusse, 133,57 Spandau, Neuhäuser Schleusse Pegelnull....... (Eriedrich-Wilhelms-Kanal) Spreemündung ... Begel.OW 0... 2. 129,50 | 135,00 Unterwasser. .... Unterwasser. .... 132,33 | 137,83 139,07 Oberwasser ..... > RR SO 7:7 777 Liebenwalde (Finowkanal), Meng nnder: Mae 7712 Oberdrempel .... Swinlugsee....... 136,26 141,76 Mittelwassser ... . Lübbener Pegel 0...| 158,55 164,05 Stolpgeer. a. es A Kottbusser Wehr ...| 228,7 233,77 418 VW. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. Die Nivellements sind nach Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg I. 342 und II. 82— 96, angegeben. Die Reduktion auf die Nordsee ist für die Havel nach dem Unterschiede von 6,9 Fuss erfolgt, den das von der Ostsee ausgehende Nivellement gegen das Elbniveau S. 116 im Havelberger Pegelnull zeigt. Für die Spree sind nur die mehrgedachten 5,; Fuss Differenz zwischen beiden Meeren (S. 82) angewendet. Das Mehr von 1,4 Fuss bei der Havel beruht auf unbekannten Irrungen. Das Pegelnull zu Kux- hafen wird nur auf o,o4 Fuss unter dem von Amsterdam angenommen.*) Unterhalb der Havel empfängt die Elbe vom Müritz- und Plauer See her bei Wittenberge die Stepenitz, und bei Dömitz die schon als Grenzfluss genannte Elde. Die linksseitigen Nebenflüsse der Elbe sind, soweit sie preussisches Gebiet be- rühren, die Mulde, Saale und Ohre. Erstere vereinigt in ihren Quellflüssen den grössten Theil der Gewässer des Erzgebirges, fliesst durch die Kreise Delitzsch und Bitterfeld und mündet bei Rosslau in Anhalt-Dessau. Die Saale nimmt alle Gewässer zwischen Fichtelgebirge, Thüringerwald und Harz auf, rechts die Elster, links die Ilm und die Unstrut mit der Gera, Wipper und Helme. Der Vereinigungspunkt der Unstrut und Saale liegt bei Hochwasser 376,2; Fuss über dem Amsterdamer Pegel. Die Unstrut hat von Sachsenburg bis zur Saale auf ır“) Meilen go Fuss 8 Zoll 8 Linien Gefälle, von denen 49 Fuss 3 Zoll in 14 Wehren konzentrirt sind**). Jenseits der Hügel, welche das linke Unstrutufer begleiten, fliessen der Saale von der Nordostseite des Harzes die Salza und Bode zu. Letztere steht durch den grossen Bruchgraben bei Oschersleben und den nach Hornburg geführten Schiffisgraben mit der Ilse und deshalb durch die Aller mit der Weser in Verbindung. Die bei Rogätz unterhalb Magdeburg unmittelbar zur Elbe mündende Ohre hat eine ähnliche nordöstliche Verbindung zur Aller durch die Kanäle des Drömling, einer mehrere DJMeilen grossen, bei Oebisfelde in etwa 200 Fuss Seehöhe gelegenen, fast ebenen Bruchfläche. Alle diese Verbindungen dienen indess nur zur Entwässerung. Die grösste durchlaufende Wassermasse der Elbe bei Torgau ist auf 60 000 Kubikfuss, die kleinste auf etwa 3 ooo Kubikfuss in der Sekunde berechnet. Der Strom ist durch seinen Schlickgehalt ausgezeichnet. Nach verschiedenen Untersuchungen be- trägt derselbe an der Mündung auf 5 ooo Kubikfuss Wasser durchschnittlich ı Kubik- fuss feste Masse. 9. Die Weser entsteht durch die Vereinigung der Werra und Fulda bei Han- növerisch Münden, 3 Meilen unterhalb Kassel. Die Quellen der Fulda liegen auf der Rhön bei Obernhausen, die der Werra am südwestlichen Abhange des Thüringerwaldes zwischen Masserbergen und Friedrichshöhe im Westen von Schleusingen. Ihr Gebiet wird auf 864 DMeilen berechnet. Sie bildet von Karlshafen die westfälische Grenze bis r Meile unterhalb Holzmünden, tritt dann näch längerem Laufe unterhalb Rinteln nach Westfalen ein, und gewinnt, durch die Porta und Minden fliessend, bei Schlüssel- burg wieder die hannöyrische Grenze. Nebenflüsse von Bedeutung nimmt sie im alten preussischen Gebiete nicht auf. Ihre Seehöhe bei Schlüsselburg beträgt 85,0: Fuss über dem Amsterdamer Pegelnull, die Steigung des ziemlich unregelmässigen Gefälles von da bis zur hessischen Grenze unterhalb Rinteln 78,32 Fuss ***). Die oberen Höhen werden bei Kassel mit 425, *) Statistische Nachrichten von den preussischen Eisenbahnen, Bd. III. S. 190. *” Wurffbain, die Regulirung der Unstrut, 1855. *=) Nachrichten über die Ströme. Zeitschr. f. Bauwesen, Jahrg. VII. 1857, S. 525. V, Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 119 Hannöverisch Münden 397, Karlshafen 329 und bei Höxter mit 257 Fuss Seehöhe angegeben*). Indess lässt sich damit die durch die Eisenbahnnivellements festgestellte Hochwasserhöhe von 294,6: bei Höxter nicht vereinigen. Der höchste Wasserstand am Höxter Pegel ist auf 21, der mittle auf 5 Fuss ermittelt. Der höchste Stand der Weser tritt nach demEisgange ein. In den Monaten November, Dezember, Januar, Februar und März besteht in der Regel ein vollbordiger Wasser- stand, im Juli, August und September der kleinste, in den übrigen Monaten ein mittler. Die Schifffahrt findet gewöhnlich von März bis Anfang November statt. Der Strom ist von der Vereinigung mit der Fulda an schiffbar. Er führt viel Sand, auch schweres Geröll mit sich. Die Wassermenge, welche bei eisfreiem Strom und höchstem Wasser- stande durch die Weser und Bautebrücke bei Preussisch Minden geht, ist auf 104 776 Kubikfuss in der Sekunde berechnet. 10. Die Ems entspringt in der Senne nördlich von Paderborn am Abhange des Teutoburger Waldes. Die Quelle im Stuckenbrock wird auf 346 Fuss, die Wasserhöhe in Telgte bei Münster auf 140, in Rheine, wo der Fluss aus dem preussischen Gebiete austritt, auf 87 Fuss über der Nordsee angegeben**). Auf der rechten Seite empfängt sie von Bielefeld die Lutter, auf der linken bei Telgte die Werse. Der Ems parallel fliessen Vechte und Berkel aus dem Münsterlande nach Holland, letztere zur Yssel. Der 1724 begonnene, 1768 erweiterte Münstersche Kanal aus der Aa zur Vechte wird wegen Mangels an Wasser wie an Frachtgut nicht befahren. ll. Die Hauptquellen des Rhein***) liegen zwischen den höchsten Gipfeln des St. Gotthardt und der Adula. Sein Stromgebiet wird auf 3 600 DMeilen berechnet. Nach Preussen tritt er bei Bingen ein, und verlässt den Staat nach einem Laufe von 44‘ Meilen bei Bimmen unterhalb Emmerich wieder. Die Höhenlagen über dem Nullpunkt des Amsterdamer Pegels sind folgender- massen ermittelt: mittle Wasserhöhe, Nullpunkt des Pegels. Binverer gr ae 246,46 243,13 Bacharacha 2 FE: 225,30 — Oberwesel 215,53 _ St. Goar . 210,92 — Boppard . . 202,37 — Koblenz 190,30 184,297 Andernach 170,75 = Binzue sit en: 158,64 —— Rolandswerth 152,98 — Bonn — 138,666 Kolngenn 11427 *) v. Viebahn, a. a. O. I. 581, unter Umrechnung in preussische Fusse. Die kurhessische Generalstabskarte giebt in rheinischem Maass über der Ostsee Münden 396, Kassel 430, die Edermündung 460, die Schwalmmündung 493, Pfiefemündung 533, Efizemündung 531 und die Werra bei Hörschel 611 Fuss än. Das Hochwasser der Werra dort bestimmt jedoch das Eisenbahnnivellement o. S. 97 auf 654,3: Fuss über dem Amsterdamer Pegelnull. * v. Viebahn. I. 580. ==) Nobiling in: Nachrichten über die Ströme. A.a. 0. Jahrg. VI. S. 307. 120 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. mittle Wasserhöhe. Nullpunkt des Pegels. Düusseldoris re ed: == 85,077 Ruhrortgeeseee — 64,977 Wieselog 3. 92 Hesle ner —_ 491328 Emmerıchggre rn re: _ 32,614 Bimmeng me: 32,81 — An Nebenflüssen, soweit sie preussisches Gebiet berühren, nimmt der Rhein auf der rechten Seite den Neckar auf, welcher durch die Exklave Hohenzollern, und die Lahn, welche durch die Exklave Wetzlar fliesst. Die Lahn ist von Wetzlar aus schiff- bar gemacht. Ihr zunächst, dem alten preussischen Gebiete völlig angehörig, folgt die Sieg, welche bei Walpersdorf am Ederkopf in 1921 Fuss Seehöhe entspringt, bei Siegen 700 Fuss, bei Betzdorf 593 Fuss, bei Hennef 204 Fuss und bei der Einmündung unter- halb Bonn 137 Fuss Seehöhe hat*). Kurz vor der Mündung nimmt sie von Norden die Asger auf. Die Wupper, die Düssel, die Anger sind unbedeutender. Die Ruhr, welche am Ruhrkopf bei Winterberg in 2 120 Fuss Seehöhe entspringt, fliesst bei Olsberg ı 080, bei Meschede 797, bei Arnsberg 576, an den Mündungen der Röhr 514, der Möhne 485, der Hönne 391, der Lenne 307, der Volme 297 und bei Witten 261 Fuss hoch. Von hier ist ihr Lauf auf eine Länge von ıo Meilen durch ıı Schleussen schiffbar gemacht. Das ganze Gefälle auf der schiffbaren Strecke beträgt 185 Fuss, davon liegen 87 in den Schleussen, so dass im Flussbett 98 Fuss übrig bleiben. Der niedrige Wasserstand unterbricht die für den Kohlentransport wichtige Schifffahrt häufig. Nördlicher folgt die Emscher, deren Quelle bei Rausingen in 400 Fuss Seehöhe liegt, endlich die Lippe, welche bei Lippspringe in 403 Fuss Seehöhe entspringt und bei Lippstadt 230, bei Hamm 175, an der Mündung der Stewer ro2 und in der Mün- dung in den Rhein bei Wesel 5o Fuss hoch fliesst. Die Lippe ist bis Lippstadt auf 24" Meilen mit Hülfe von 8 Schleussen schiffbar. Auf der linken Seite des Rheins bildet die Nahe die südliche preussische Grenze. Sie entspringt bei Selbach unfern Birkenfeld in Höhe von ı 320 Fuss und fliesst eine Streeke durch das Amt Meisenheim, dann Kreuznach vorbei nach Bingen. Bei Koblenz mündet die Mosel, welche ausser dem Main der beträchtlichste Zufluss des Rheins mit einem Stromgebiet von 5oo D]Meilen ist, das grösstentheils Frankreich angehört. Sie erreicht die preussische Grenze bei Sierk unterhalb Thionville und bleibt von da Grenzfluss zwischen Preussen und Luxemburg bis zur Mündung der Sauer. Ausser dieser nimmt sie auf der linken Seite nur unbedeutende Bäche von der Eifel auf. Auf der rechten Seite aber empfängt sie bei Trier in der Saar, die ihrerseits wieder die Blies auf- nimmt, einen bedeutenden Zufluss. Die Saar entspringt am Abhange der Vogesen, südlich von Pfalzburg, berührt zuerst am Einflusse der Blies bei Saargemünd das preussische Gebiet und bildet von da bis in die Nähe von Saarbrück die Grenze gegen Frankreich. Die Blies entspringt in Preussen oberhalb St. Wendel, *) Die Höhenzahlen sind nach v. Dechen: Sammlung der Höhenmessungen in der Rhein- provinz, Bonn 1852, und v. Viebahn a. a. O. Bd.I. S. 567 fl. unter Reduktion auf preussische Fuss angegeben. Sie beziehen sich auf den Spiegel der Nordsee, welcher mit dem Amster- damer Pegelnull beinahe zusammenfällt, V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. 121 Die Mosel ist über das preussische Gebiet hinaus bis nach Pont a Mousson ober- halb Metz, die Saar von Trier bis Saarbrücken ohne Schleussen schiffbar. Die Höhenlage über dem Amsterdamer Pegelnull ist folgende: Null des Pegels bei Saarbrück . . . . 581,39 pr. Fuss. Saarlouis . . -. 2. 556,980 » Schwemmelingen . . 523,39 - Mettloch . . . . . 499,mo n Saarburg . . . 2. 444,80 n Conzerbrücke . . . 404,80 9 IiNar 0 3 0 cn Eee > Bernkastel . . . . 330,360 5 Traben Be. Fam 206,850 > Delle 2 2906 5 Kocheme 2 Er 280,0 » Gondorier. er 2 10;70 n Koblenz . . . = 184,297 Der mittle Wasserstand der Saar liest 1% bis 2‘ Fuss an den Pegeln. Unterhalb der Mosel empfängt der Rhein linksseitig nur die Brohl, die Aar, Erft und andere unbedeutende Bäche. y Die Wassermasse des Rheins ist wegen seiner bis spät in den Sommer von schmelzendem Schnee gesättigten alpinen Zuflüsse im Verhältniss zu anderen Strömen wenig schwankend. Die bei Basel durchgehende Wassermenge ist bei dem höchsten Wasser auf 150 ooo Kubikfuss in der Sekunde, bei dem kleinsten auf den vierten Theil davon, und die an der holländischen Grenze durchgehende grösste Wassermenge ist auf 200 ooo Kubikfuss, die kleinste auf den 6°. Theil davon berechnet. Diese Unterschiede zwischen dem höchsten und niedrigsten Wasser sind sehr gering und sichern dem Rhein besondere Bedeutung als Verkehrsstrasse. Gleichwohl steigt das höchste Wasser bei Köln um 26 Fuss höher, als das niedrigste, und selbst die gleichzeitigen Wasser- stände sind wegen mancher Unregelmässigkeiten des Rheinbettes und wegen des von der Witterung abhängigen verschiedenen Steigens und Fallens der grösseren Neben- flüsse oft sehr ungleichmässig. Die gefährlichsten Stromschnellen auf preussischem Gebiete sind das bekannte Binger Loch, mit 1,;; Fuss Gefälle auf 148 Ruthen Länge, das’ wilde Gefähri ı.... 5 23! » = nz ) 5) n Aufgder) Schotlel Az 73.1.9: 12724 015 > = Bo ur bei Engers. . . . ».:2797 n » » 2990 nm » und bei Gödersickerhamm a ee 5 236000, a 12. Das Maasgebiet. Die Maas entspringt auf dem Plateau von Tangres und vereinigt sich bei Woudrichem mit den Verzweigungen des Rheins. Die Mündung unter- halb Rotterdam wird als die Maasmündung angesehen. Die Maas berührt Preussen nicht, die preussisch-niederländische Grenze bleibt in geringer Entfernung von ihrem rechten Ufer. Das Maasgebiet in Preussen wird durch die Roer und Niers gebildet. Die Roer entspringt bei Sourbrodt auf dem hohen Venn in 1849 Fuss Seehöhe und fliesst an der Mündung der Erkenruhr 845, der Urft 798, der Inde oberhalb Jülich 268 und an der Grenze von Limburg 33 Fuss über dem Amsterdamer Pegelnull. Die Niers entspringt bei Wanlo im Osten von Erkelenz. Der unter französischer 122 V. Vertheilung der Gewässer, Meere, Seen, Stromgebiete, Gefällverhältnisse. Herrschaft begonnene Nordkanal, der aus dem Rhein von Neuss zur Maas nach Venlo gehen, seine Höhe in der Nähe der Niers mit ı2ı Fuss gewinnen und von dieser ge- speisst werden sollte, ist nicht vollständig zur Ausführung gekommen. Zahlreiche Kanäle auf dem hohen Venn und den nördlicheren Sumpfgebieten dienen nur zur Ent- wässerung. 13. Die Donau berührt Sigmaringen in geringer Entfernung von ihrer Quelle auf ungefähr 3 Meilen Länge. Ihre Seehöhe ist Abschn. IV. S. 86 angegeben. — Ueberblickt man dieses Flussnetz mit seinen zahlreichen Verzweigungen, so zeigt sich, dass das preussische Staatsgebiet verhältnissmässig sehr reich bewässert ist, und wasserarm zu nennende Gegenden sich gar nicht angeben lassen. Auf welchen Strecken die verschiedenen Gewässer Schiffbar sind, weist der An- hang 2 zu diesem Abschnitte im einzelnen nach. Hinreichend gesichert ist ein den kaufmännischen Bedürfnissen entsprechender Schiffsverkehr leider nur auf der Linie des Rheins und dem untern Laufe der Elbe, Oder, Weichsel und Memel mit den dazwischen liegenden Kanalverbindungen. Die weiter in das Land reichenden Wasserwege sind durch die Unregelmässigkeit der Wasserstände sehr beeinträchtigt. Ueberall von grosser Wichtigkeit aber ist der Wasserreichthum des Staatsgebietes für den Anbau und die Vegetation überhaupt, und es ist in dieser Beziehung die eigenthümliche Verzweigung der Flussläufe in der Mehrzahl der geschilderten Strom- gebiete besonders beachtenswerth. Im allgemeinen haben alle Flüsse Norddeutschlands eine Hauptrichtung nach NW. Der mittle Lauf der Weichsel, der obere und mittle Lauf der Oder, der obere und untere Lauf der Elbe, die obere und untere Weser, die obere Ems folgen ebenso wie Bartsch, Bober, Elster, Spree, Mulde, Saale, die untere Havel, Ilmenau, Aller, Leine, Niers und Roer diesem Gefälle, welches zugleich die Hebungsrichtung der Sudeten, des Tbüringerwaldes und des Harzes ist. Aber in einem Parallelismus, der überzeugend auf eine gemeinsame Ursache hin- weist, nimmt die Weichsel bei Fordon, die Oder bei Freienwalde, die Elbe zwischen Magdeburg und Havelberg, die Weser zwischen Minden und Verden, die Ems von Lingen bis Weener und der Rhein, sowohl in seinem oberen Laufe von Basel bis Man- heim, als unterhalb in der Yssel von Arnheim bis Deventer, eine völlig übereinstimmend - nord-nordöstliche Richtung an. Dieselbe plötzliche Wendung machen auch zahlreiche Nebenflüsse: die Warthe von Zaleneze bis Uniejöw und von Schrimm bis Obornik, die Prosna von Pitschen bis Kalisch, die beiden Neissen, die Ohlau und der Bober, ebenso ' die Spree von Lübben nach Beeskow, die Leine bei Neustadt und fast alle Küstenflüsse der Ostsee und Nordsee; auch folgen ihr nicht ausschliesslich die nach Norden ab- fliessenden Gewässer, sondern auf grösseren oder geringeren Strecken ebenso die nach Süden gerichteten, wie die Drewenz, die Netze mit der Küddow, die Havel von Lieben- walde bis Baumgartenbrück, die Stepenitz, die Elde, die Sude. Vielfach scheinen diese Wendungen in den Flussläufen durch die Abschn. IV. S. 88 gedachten weit verbreiteten Thalspalten und Bodeneinrisse bestimmt. Sehr häufig aber sind im Terrain keinerlei genügende Gründe ersichtlich, im Gegentheil lassen sich in demselben wenigstens bei den Hauptströmen die Spuren davon nicht verkennen, dass die von Süden nach Norden gehende Richtung nicht die ursprüngliche gewesen ist. Von der Oder bei Krossen bis zur Mündung der Havel zur Elbe finden sich Anhang 1. zu V. Die grossen Strandgewässer der Ostsee. 123 ununterbrochen Bodenaushöhlungen, Seen, Sümpfe und Wasserläufe, welche bei einer ‘geringen Senkung des Terrains nach NW. die Wässer der Oder aufnehmen und nach der untern Elbe ausmünden lassen würden. Auch Weichsel und Warthe würden, im Falle die Durchbruchkanäle durch den pommerisch-preussischen Landrücken noch ver- stopft wären, ohne erhebliche Terrainerniedrigung ihren Abfluss in der natürlichen Thalsohle zwischen diesem Landrücken und dem südlichen Gebirge nach der Nordsee nehmen. Selbst die Elbe scheint von Magdeburg aus statt ihres gegenwärtigen Laufes einen natürlichen Abfluss in dem Bett der Ohre und Aller zur Wesermündung gehabt zu haben. Es bestätigt sich dadurch die schon oben S. 104 bei Erwähnung der Haffbildungen angedeutete Wahrscheinlichkeit einer wenn auch unbedeutenden und allmählichen Ein- senkung der norddeutschen Ebene nach dem Ostseestrande zu. Welches aber auch die Ursache dieser eigenthümlichen Gestaltung der Flussthäler sei,*) und in wie naher oder ferner Beziehung sie mit den geschilderten Terrainspalten und Seebetten stehen möge: sicher ist, dass wenn diese fast gitterartige Kreuzung in dem Gange der Gewässer nicht bestände, wenn der Charakter der norddeutschen Ge- wässer nicht wie gegenwärtig Aufstau und Vertheilung, sondern Sammlung und rascher Abzug wäre, das Land im überwiegenden Theile an Fruchtbarkeit erheblich einbüssen würde; denn bei der Beschaffenheit der Diluvialböden in Höhen und Niederungen hängt die Fruchtbarkeit wesentlich von der reichen durch die Querrichtungen der Flüsse, Bäche und Grabenlagen ausserordentlich individualisirten Bewässerung ab. Anhang l. zu V. Die grossen Strandgewässer der Ostsee. Von den grossen Strandgewässern der Ostsee sind nachfolgende auf den Ge- markungskarten nicht dargestellt, sondern aus den See- und Küstenkarten und, soweit thunlich, auf Grund der neuesten vom Königl. Generalstabe herausgegebenen Gradabthei- lungskarten und sonstigen Unterlagen mit einem nur annähernden Genauigkeitsgrade berechnet worden **). ı. Das Kurische Haff mit 29,4: DMeilen oder . . . . 634 282,3 pr. Morgen, davon kommen auf Kreis Fischhausen 167 316,4. Morgen, Landkreis Königsberg. . . . 59 661,3 KreisXBabiau 7... 2 125 408,0 » De Memo Sr 96, Pr Heidekrus 2 nen 2 937990 5 „Niederung aaa Egger - *) Vergl. H. Girard die norddeutsche Ebene. Berlin 1855. *", Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 21. Mai 1861, Berlin 1865, Anlagen S. 350 (J). 124 Anhang 1. zu V. Die grossen Strandgewässer der Ostsee. Uebertrag 634 282,23 pr. Morgen, 2. das Frische Haff mit 15,%@7 DOJMeilen oder. . . . . 337 015,57 n davon kommen auf Kreis Braunsberg 14 000,0 Morgen, Kreis Fischhausen . . . . . 1100760 „ >, Heiligenbeile 22. 22.2891870)x0 2% Landkreis Königsberg. . . . 1267437 ,„ > Danziess a 5135 To Kreis Elbing. . - en 3. das Kleine Haff mit 5,15 DlMeilen Oder: . IIO.293,38 5 davon kommen auf Kreis Anklam . 5483,54 Mörsen: Kreis Uckermünde. . . . . 4734823 » SE Usedom-\Vollin gr as A6r ra, 4. das Grosse Haff mit 6,327 DMeilen oder . . . x . 136 430,36 > davon kommen auf Kreis Kammin . 30 917,2; Morgen, Kreis Uckermünde. . . . . 429383: » „ Usedom-Wollin . . . 62574180 > 5. der Peenestrom mit 07323 DMeilen oder . . ... 6 983,80 en davon kommen auf Kreis Anklam . 903,3, Morgen, Kreis Usedom-Wollin . . . 31528 ,„ De Greitswaldesse 2200221928137 5 6. der Dievenowstrom mit dem Kamminer Bodden und Fritzower See mit o,g3 DOMeilen, oder. . - . . 17 308,78 3 davon kommen auf den Kreis Kammin 10 771,9; Morgen, Kreis Usedom-Wollin . . . 6536,38 > 7. der Maade im Kreise Kammin mit 0,12; DMeilen oder 2 689,88 5 8. das Papenwasser mit 0,49 O)Meilen oder . . - 10 576,66 davon kommen auf den Kreis Kammin 6 695,9 Mesen Kreis) Random Em. 74332 Ueckermünde... 2 We sp 220737135 5 9. der Dammsche See im Kreise Randow mit 0,934 OD Meilen oder: de Ser 21 215,36 5 ro. der Neuwarper Be im Kreise Dekomainde mit 0,327 Om. oder Su 0 a a a Er Pr 7 054,6 > ıı. das Achterwasser mit 2,40 OMeilen Oder. eg 2A 3 davon kommen aufKreis Usedom-Wollin 43 801,66 Morgen, Kreis ‚Greifswald . . ...,. .. 8122,66 I, ı2, der Balmsche See im Kreise Usedom-Wollin mit 0,.: UM. Oderss ee a ae 451,89 13. das Jamitzower Wasser mit 0,209 O Meilen oder nr: 4 504,76 a davon kommen auf Kreis Usedom-Wollin ı 947,40 Morgen, Kreis) Greitswald 22 ER 14. der Krienker See im Kreise Usedom-Wollin mit 0,056 OJM. Oderser- se a ra, SE © I 209,78 5 15. der Nepperminsche Se im Kreise en -Wollin mit O:caxı [all Merlengoder re me Re, er 447184 Veheriag 1 342 388,67 Pr. Morgen) Anhang 1. zu V. Die grossen Strandgewässer der Ostsee. 125 Uebertrag ı 342 388,67 pr. Morgen. . die Swinestroms-Mündung im Kreise Usedom -Wollin mit 0,66 DMeilen oder . . . . , . der Usedomsche See im Kreise Usedom Wollin mit 0,062 DO Meilen oder. . der Grosse und Kleine Viziger See im en, Uran. Wollin mit 0,200 OD Meilen oder . der Barther Bodden im Kreise Franzburg mit 0,363 „OM. oder . der Barthke im Kreise hie mit 0,045 = Meilen dee . der Bodstedter Bodden, desgl. mit 0,3: D)Meilen oder . der Devinsee, desgl. mit 0,06 DMeilen oder . . die Fitt, desgl. mit 0,07: Meilen oder 5 . der Grabow mit Zipker Busen und Tanbebenke, a mit 1,034 DJ Meilen oder . der Koppelstrom, desgl. mit 0,175 DO Meilen der . der Redensee, desgl. mit 0,44 DMeilen oder . . Der Saaler Bodden, desgl. mit 0,33 DUJMeilen oder. . der Zingster Strom, desgl. mit o,.5 DMeilen oder. . der Gristower Bodden und der Gristower Wiek im Kreise Grimmen mit 0,6 DMeilen oder . der Bodden und das Stralsunder Fahrwasser im Kreise Rügen mit 1,04 DMeilen oder . der Breeger Bodden, desgl. mit o,153 DO Meilen ner . der Breetzer Bodden, desgl. mit 0,25; D]Meilen oder . der Buser Wiek, desgl. mit 0,3 DMeilen oder . . der Glewitzer Wiek, desgl. mit 0,03; D)Meilen oder . der Having, desgl. mit 0,149 OD) Meilen oder > . der grosse Jasmunder Bodden mit dem Liddower Strom, desgl. mit 1,1» DOJMeilen oder. . . . SIR . der kleine Jasmunder Bodden, desgl. mit 0,45; DM. oder . der Koselower See mit dem Barbelwitzer Bodden, desgl. mit 0,13 D Meilen oder . der Kubitzer Bodden, die Breite, der Vierendehls- Strom; der Prohnsche Wiek, desgl. mit 1,92 DJ Meilen oder . der Neuendorfer Wiek, desgl. mit 0,4 OD Meilen oder . der Schaproder Bodden mit dem Mittelgrund und dem Gillenstrom, desgl. mit o,gıs DJMeilen oder . der Sehoritzer Wiek, desgl. mit o,egg DMeilen oder . der Udarser Wiek, desgl. mit 0,143 DJMeilen oder . . der Vitter Bodden, desgl. mit 0,25 DMeilen oder . . der Wieker und Bugger Bodden mit der Rassower Bucht, desgl. mit 0,65 DMeilen oder. . . . der Zicker See, desgl. mit 0,7 DO) Meilen Oker T 424,58 1 347,58 4 510,57 7 322,22 978,54 8 195,24 569,05 I 528,46 22 299,85 3 839,34 I 051,32 17 933,08 9309,02 I 424,70 22 541; 3 400,68 5 443,07 597198 744126 3 222,34 25 046,49 IO 427,12 2 968,32 39 296,52 957154 17 63 1,32 I 908,27 3 078,80 5 291,76 I4 294,23 808,62 SISZ3ZS73S n n Summe ı 573 901,67 pr. Morgen, 126 Anhang 2. zu V. Die schiffbaren Strom- und Kanalstrecken. Anhang 2. zu V. Die schiffbaren Strom- und Kanalstrecken. In den Landestheilen, welche bis 1866 das preussische Staatsgebiet bildeten, finden sich folgende, ihrer Länge nach in preussischen Meilen verzeichnete, schiffbare Haupt- und Nebenflüsse und künstlich angelegte Kanalstrecken.*) A. Natürliche Wasserstrassen. I. Provinz Preussen. 1. die Dange mündet ins Kurische Haff bei Memel . . . . . . 370 Pr. Meilen. 2. die Minge mündet ins Kurische Haff bei Minge . . . 6,0 n 3. die Memel (bis Kallwen 8,5) mit dem Russ (bis Russ D- änd dem Atmath (mündet ins Kurische Haff und ist 1,72 Meilen lang) 14,85 ” 4. der Skirwieth, Mündungsarm des Russ . . 5... 2000. Ip n 5. der Pokallnafluss, Mündungsarm des Russ . . 2. 2. 2.2.05 n 6. die Gilge, linker Mündungsarm der Memel. . ». 2. 2 2.2.47 5 7. die Tawe, rechter Mündungsarm der Glge . . . 2... ge n 8. der Nemonin, linker Mündungsarm der Gilge . . ». . ... 18 _ 9. die Laukne, linker Zufluss des Nemonin. . 2» 2. 0... 16 n ıo. der Timber, linker Zufluss des Nemonin. . 2.» 2 ee ee 25 n ır. der Beckfluss, mündet ins- Kurische Haf. . . .- 0,4 5 ı2. der Pregel, von Insterburg ab bis zur Mündung ins Frische Haft 17,0 n 13. die Deime, Mündungsarm des Pregels ins Kurische Haft . . . 48 n 14. die Alle, linker Zufluss des Pregels von Friedland ab. . . . 11,6 n ı5. der Pischfluss, rechter Zufluss des Narew aus dem Warschausee 430 n 16. die Passarge, von Braunsberg ab bis zur Mündung ins Frische Haff 1,25 n 17. der Elbing, aus dem Drausensee zur Mündung ins Frische Haft 1,8 n 18. die Sorge, Zufluss des Drausensees, von Dolstädt abe 20. 28EE Iyı =, 19. die Weichsel, bis zur Mündung-in die Ostsee bei Neufahrwasser Gerz SV - oe a n 20. die Nogat, rechter Münd: \e Weichsel zum Frischen Haff, vom Kanalzutritt ab (v N O5 © 26,85 en 21. die Elbinger Weichsel, rechter Mündungsarm ae Weichsel‘ zum Rrischen Haft 222% “1 Herr = 22. die Mottlau, linker Zufluss den w Ehe, von Dankig ab a or 5 *) Zeitschr. des Königl. statischen Büreaus, Jahrg. VI. 1866. N. ıo. der preussische Staat in seiner neuen Gestalt v. K. Brämer, Anhang 2. zu V. Die schiffbaren Strom- und Kanalstrecken. II. Provinz Pommern (mit Hinzuziehung der Hafiströme). 1. die Oder bis zur Mündung ins Papenwasser (vgl. IV. ı. und V. 3.) 2. das Papenwasser, zum Stettiner Haff gehörig, bis Ziegenort . . 3. das Grosse Haff bis zur Swne . . . 2... 4. der Querstrom, vom Grossen Haft zur Swine : 5. die Swine, mittlere Haffmündung bis zur Ostsee . . . 2... 6. die Dievenow, östliche Haffmündung bis zur Ostsee . 7. das Kleine Haff, vom Grossen Haff bis zur Peene $. die Peene, westliche Mündung des Stettiner Haffs (vgl. 1. 18) 9. die grosseReglitz, Arm der Oder, von Garz ab und der Dammsche See ıo. die kleine Reglitz, Verbindung der Oder zur Parnitz 5 ı1. die Parnitz, rechtsseitige Verbindung der Oder zur grossen Reglitz 12. der Dunsch, rechtsseitige Verbindung der Oder zum Dammschen See 13. die Schwante, degl. . . ... . Due 14. die Ihna, rechter Zufluss der Oder, von Stargard bis zum Damm- schen See : . Eck 15. die Larpe, linker Zufluss er Oder von Pölitz bis zum Danneech oder Papenwasser . . oo. 16. die Ucker, linker Zufluss 2 Oderbeckens, von Bea bis zum Kleinen Haffi . . . . SL DENT a: 17. die Randow, rechter Zufluss Ei Dicken von Eggensee ab 18. die Peene, linker Zufluss des Oderbeckens, aus dem Cummerow- see bis zur Peenemündung . . 5 > ah 19. die Trebel, linker Zufluss der Bi: von Basnendort ah 20. die Ziese, desgl., von der Hohendorfer Brücke ab 21. der Riekfluss, von Greifswald bis zur Mündung in die Ostsee 22. die Barthke, von Planitz ab bis zur Mündung in den Barther Bodden 23. die Recknitz, von Kamitzer Holz ab bis zur Mündung in den Saaler Bodden IIL Provinz Posen. ı. die Brahe, linker Zufluss der Weichsel, von Bromberg ab. 2. die Warthe, rechter Zufluss der Oder (vgl. IV. 4) ». .»... 3. die Netze, rechter Zufluss der Warthe (vgl. IV. 5). . ... IV. Provinz Brandenburg. 1. die Oder (vgl. V. 3 und II. ı). . . SZ = 2. die alte Oder, linker Arm der Oder von Wı riezen Fa 3. der Obrzycko, oder die faule Obra, rechter Zufluss der Oder . die Warthe, rechter Zufluss Ber Oder Gel Im. a von Schmölln b . . . 5 5 die Netze, rechter Zufluss der Warthe (vgl. IH. 3) . . . die Drage, rechter Zufluss der Netze, vom Zufluss des Plötzen- NBOSIHElD. 9 0 8. 0 810 8.0. © 127 10,2 pr. Meilen. 1,3 ” 315 5) 9,3 n ı7 2 4,6 n 4,0 „ 5,8 » 6,5 n 0,9 „ 0,7 67) 0,6 „ 0,6 „ 75 Nn 9,4 n 4ı8 9 03 - Il, b>) 3,0 b>) O,r >} 0,6 % 0,8 Pr 1,5 ” 2, pr. Meilen, 38,8 ” 23,9 9 30,57 pr. Meilen, 4,3 6) 1,8 = TO,ı5 b>) 6,64 n 128 nn £RWw DD \ Anhang 2. zu V. Die schiffbaren Strom- und Kanalstrecken. die Görlitzer Neisse, linker Zufluss der Oder, von Guben ab . der Werbellin-See, links der Oder, (speist den Finowkanal) . “die Elbe (vgl. VI. ı) . die Havel, rechter Zufluss der Elbe . der Rhin, rechter Zufluss der Havel, von Zippelsförde ao . die Dosse, rechter Zufluss der Havel, von Hohenofen ab die Seenreihe oberhalb Templin links der Havel . . . die Spree, linker Zufluss der Havel . . die Malxe und der Hammerstrom, rechter Zufluss der Spree, von IDeitze ah: . das Rüdersdorfer Kalkfliess, EN zwei Ouellernen ae . die Dahme, linker Zufluss der Spree, vom Streganzer See ab . die Teupitzer Gewässer, linksseitiger Zufluss aus dem grossen Teupitzer See zur Dahme . . die Notte, linker Zufluss aus dem een Sa zur Dahme : das Emsterfliess, linker Zufluss der unteren Havel, von Lehnin ab V. Provinz Schlesien, . die Weichsel, von Zabrzeg ab (vgl. I. 19) bis zur polnischen Grenze . die Przemsa, linker Zufluss der Weichsel, von Myslowitz ab . die Oder (vgl. I. 1) von Ratibor ab . a 5 die Malapane, rechter Zufluss der Oder, von Gzamowanz ab. die Glatzer Neisse, linker Zufluss der Oder, von Löwen ab j=1 VI. Provinz Sachsen. 1. die Elbe, ausschl. der Unterbrechung durch Anhalt (vgl. IV. 9) die schwarze Elster, rechter Zufluss der Elbe . 3. die Saale, linker Zufluss der Elbe a der Unserprichune - durchw Anhalt ren = Au Ace: die Unstrut, linker Zufluss der u von Brettleben ab . die Ohre, linker Zufluss der Elbe, von Rogätz ab . die Aland, desgl., von Seehausen ab di di Jeetzel, desgl., von Salzwedel ab. . ». 2.2... en\Vlerra) (Grenzfluss) a rn VII. Provinz Westfalen. mE ® . die Weser, in 2 Strecken, als Grenzfluss auf 5, im Regierungs- bezirk Minden auf 10,4 Meilen Br AO a OO 2. die Ems, von Greven ab . . : ö Ar 3. die Ruhr, rechter Zufluss des Bene von Witten ab De 4. die Lippe, desgl., von Boke ab. . . .... 5 oa Ne 5. die Berkel, linker Zufluss der Yssel, von Vreden ab bis zur niederländischen Grenze er VIII. Rheinprovinz. . der Rhein, von Bingerbrück bis zur niederländischen Grenze . . die Lahn, rechter Zufluss des Rheins, durch Exkl. Wetzlar 2,o pr. Meilen, I,3 1574 6,8 313 23,7 1,6 46,1 42 N pr. Meilen, pr. Meilen, - pr. Meilen, n b2) - os own pw Anhang 2. zu V. Die schiffbaren Strom- und Kanalstrecken. . die Sieg, rechter Zufluss des Rheins, von Hennef ab . . . die Ruhr, desgl., von der westfälischen Grenze ab (vgl. VII. 3) . erdier Iippe, desela(velavwa)ee. ne ae die Mosel, linker Zufluss des Rheins . . . 2. 2 2.2. die Saar, rechter Zufluss der Mosel, von Saarbrücken ab die Sauer, linker Zufluss der Mosel, von Wallendorf ab B. Künstliche Wasserstrassen. I. In der Provinz Preussen. ı. König Wilhelms-Kanal, aus der Minge in das Tief des Kurischen Haffs 2. Seckenburger Kanal, aus der Gilge in den Nemonin . . 3. Sziesse, kanalisirter Fluss von Heidekrug in den Rus . . . 4. Grosser Friedrichsgraben, vom Nemonin zur Deime . . 2... 5. Kanalstrecken vom Spirding- nach ‘dem Löwentin- und Mauersee . 6. Johannisburger Kanal, vom Spirding- zum Warschausee . . e 7a. Hauptstrecke des Elbing-oberländischen Kanals (von Liebemühl bis Elbing mit 7 Seitenkanälen) aus den oberländischen Seen zum Elbing 7b. östliche Vorstreeke desselben (von Osterode bis Liebemühl mit 3 Seitenkanälen) . . . : 3 7c. westliche Vorstrecke desse Iben on Deutsch, Ey Ten bis Liebemühl mit 6 Seitenkanälen). . Me 8. Weichsel-Nogat-Kanal (bei Piekel) . Pl N ae 9. Kraffohlkanal, von der Nogat zum Elbing . Io. vos au we HH o Weichselhaffkanal nebst der Tiege (von Röthehude i ins ersche Hal) II. In der Provinz Pommern. . Die Kreuzfahrt, oberh. Garz, zur Vermeidung vonKrümmungen der Oder o . die Schillersdorfer Fahrt, aus der Reglitz unterhalb Greifenhagen zura der er, a en ae are Pepe ae ee . der Stepenitzer Schiffahrtekanal, von Stepentiz zum Papenwasse III. In der Provinz Posen. . Bromberger Kanal, aus der Netze zur Brahe, von Nakel bis Bromberg IV. In der Provinz Brandenburg. . Der Friedrich Wilhelms-Kanal, aus der Spree zur Oder (über Müllrose) . der Katharinengraben (Abzweigung von IV. 12). . . a: . der Finowkanal, aus der oberen Havel zur unteren Oder (über Neustadt) . der Vosskanal, aus der oberen Havel zum Finowkanal (bei Liebenwalde) . der Werbellinkanal, aus dem Werbellinsee zum Finowkanal . . Landgraben, rechter Zufluss zum Finowkanal, von Freienwalde ab . Oranienburger Kanal, auf der rechten Seite der Havel, oberhalb Pinnow . der Wentowkanal, durch die \Wentowseen rechts zur Havel (b. Burgwall) . der Ruppiner Kanal, vom Rhingraben rechts zur Havel, oberhalb Oranienburg . . . ar . se der grosse hav ‚elländische Hauptkanal) rechte des El @o on Biöie: lange biz Neuendorf) eg Boden d, preuss, Staats. 129 2, pr. Meilen, 67 4ı5 327,1 13,7 5,8 3, pr. Iys5 0,74 2,47 1,49 0,70 IO,r 3,55 PY- 317 PL. O,2 8,7 0,2 Iy4 I,6 I,z n n N Meilen, ", Meilen, Meilen. Meilen 7 $)) 130 Anhang 2. zu V. Die schiffbaren Strom- und Kanalstrecken. ır. das Lindower Fliess, vom Gudelacksee zum Rhin (bei Lindow) . 12. die neue Jägelitz, aus der alten Jägelitz in die Havel (bei Stüdnitz) 13. der Lychener Kanal, links der Havel, vom Lychen- zum Stolpsee ı4. der Templiner Kanal, von Templin aus links zur Havel. . . . ı5. der Malzer Kanal, aus der faulen Havel links zur Havel. . . . 16. der Storkower Flösskanal, vom Scharmützelsee rechts zur Dahme 17. der Landwehrkanal, auf der linken Seite der Spree, oberhalb Berlin bis@Charlottenb unse se SE ı8. der Luisenstädtische Kanal, links aus der Spree zum Landwehr- kanallın Berlin nr RR WIEN ee ha u 19. der Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, rechts aus der Spree in GIeWELA ven re a ee 20. Schleussenkanal und Kupfergraben, links an der Spree in Berlin . 21. Königs- und Zwirngraben, rechts daselbt . . ». . 2 2.2... 22. der grüne Graben, links aus der Spree in Berlin zur Walkmühle V. In der Provinz Schlesien. ı. Der Klodnitzkanal, von Gleiwitz zur Oder bei Kosel . . . .. VI. In der Provinz Sachsen. ı. Der Plauesche Kanal, aus der Havel (dem Piaueschen See) zur Elbesber@Bareyar 20 Po Re are. 2. Torfkanal, von der Mohrer Kalkschleusse zum Plaueschen Kanal VII. In der Rheinprovinz. ı. Der Duisburger Ruhrkanal, von der Ruhr in den Rheinkanal . . 2. der Duisburger Rheinkanal, von der Ruhr in den Rhem . . . . 3. der: Ruhrorter Kanal, ander Ruhr: nn . 2 nn ann 4. der Erftkanal, von der Erft zum Rhein, von. Neuss ab. . . . . der Rheinberger Kanal, von Rheinberg zum Rhein . . 2... . 5. der Spoygraben, von Kleve durch den alten Rhein zum Rhem . . der. Saarkohlenkanal, an der Saar. . . . . 2 2 no... I,o pr. Meilen, To » I,z - 1,6 n 0,95 » Zr n T,4 7 O7 b;) 1,6 n 9,4 b,) 0,2 5 O1 a Q 6,0 pr. Meilen. 4,3 pr. Meilen, I,4 ” . 0,3 pr. Meilen, 93 n O,1 - O5 b) preuss. Meilen | | OmmerD a ee ee 73x III ar or AN a een ae eh On 68,2 Brandenbunes Ver N SEEN er. 205,7 Schlestenne.e (RE RE ek See 66,0 SAChBenWEe N Er ER 94,7 Westfalen a2 en ee RR ao re 51,4 Rheinproyinzer eur re 120,7 zusammen im alten Staatsgebiete . . 8304 Dazu treten in den 1866 erworbenen Provinzen: Ins Holstein u er 43,4 in@ Hannovers Se re Re re ee 155,3 in Hessens Re EEE AN PER nERe Be 51,8 Hauptsumme . . 1080,9 | aa | in pr. Meilen 5 6 7 Provinzen überhaupt rovinze | Preussen. . EEE re a. je} Al 150,6 | 36,0 | runter Kunst- strassen I,ı 315 35,7 6,0 5,7 5,9 94,8 WI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Di. grosse Abhängigkeit der Landwirthschaft von der Witterung und die Hoft- nung, aus irgend welchen Erscheinungen Anzeichen und eine Gewähr für den Verlauf des Jahres zu gewinnen, hat schon sehr früh zu gewissen Beobachtungen und zu zahl- reichen Gedenktagen und Spruchregeln geführt, die sich im Volksmunde erhalten. Die fortschreitende Wissenschaft erkannte Wetterbestimmungen auf mehr als wenige Tage hinaus als vergebliche Versuche. Ihre Arbeiten befestigten aber die Erkenntniss von den Bedingungen und dem Einflusse der Witterung und zeigten, welches Gewicht für die Vergleichung landwirthschaftlicher Bodenwerthe auf den im Gange der wirthschaft- lich nutzbaren Zeiten auftretenden Wärme- und Feuchtigkeitsgraden und anderen der zahlenmässigen Feststellung zugänglichen klimatischen Vorgängen ruht. Regelmässige meteorologische Beobachtungen unter wissenschaftlichen Gesichts- punkten sind zwar an einzelnen Orten, wie in Florenz, Paris und unter anderen auch in Berlin*), sehr bald nach der Konstruktion der ersten Thermometer und Barometer begonnen und in längeren Jahresreihen verzeichnet worden, wahren Werth aber haben dieselben erst durch die vervollkommnete, einsichtige Behandlung der Instrumente und *) Berlin besitzt einen seltenen Reichthum meteorologischer Beobachtungen. Die frühesten schon von 1676 datirenden, aber nicht regelmässig fortgesetzten Notizen benutzte noch 1790 Gronau in seinem Versuche über die Witterung der Mark Brandenburg. Seitdem scheinen sie verloren zu sein. Die von der Akademie der Wissenschaften erworbene Samm- lung beginnt mit dem neuen Jahrhundertstage 1701. Anfangs besteht sie aus blossen Notaten über Wind und Witterung, die Beobachtung der Instrumente beginnt erst 1718, und erfolgte dreimal täglich. 1721 trat eine Lücke ein, von 1730— 1751 ist alles vollständig, dann folgen bis 1755 nur Bruchstücke, von 1755 aber beginnt die seitdem nicht wieder unterbrochene Reihe, an welcher anfangs die Geschwister Gottfried, Christfried und Christine Kirch, später Dr. Brand, Gronau, Beguelin, Tralles, Mädler u. a. betheiligt waren. (Mädler, „Ueber den Gang der Temperatur im Lauf des Jahres“, in H. C. Schumacher's Jahrbuch für 1843, Stutt- gart 1843, S. 76. — Vergl. Näheres im Archiv für Landeskunde, 1856 Bd. II. ar.) 9* 432 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. die grössere Verbreitung geschulter Beobachter erhalten, welche die neueste Zeit zu erreichen vermochte. Von grosser, epochemachender Bedeutung sind in dieser Bezie- hung die Arbeiten und Anregungen Alexander von Humboldts geworden. Auf ihn ist die Abschnitt I. S. 6 gedachte Errichtung des meteorologischen Institutes zurückzuführen. Die Ausbildung und die reichen Erfolge desselben sind das Werk H. W. Dove’s. Auf den Stationen dieses Institutes werden die Angaben des Thermometers, Baro- meters, Psychrometers, Regenmessers, der Windfahne, ferner die Himmelsansicht und Bewölkung, der Wolkenzug und sonstige ungewöhnliche meteorische Erscheinungen von den Beobachtern in regelmässigen, bestimmten Perioden aufgezeichnet, nach fest- stehenden Grundsätzen auf tägliche und monatliche Summen und Durchschnitte berechnet, und dem Institute zur Aufstellung der Hauptübersichten und Bearbeitung der Resultate vorbereitet*). Die Beobachtungen am Thermometer werden der Vorschrift nach dreimal täglich, um 6 Uhr Morgens, 2 Uhr Mittags und ıo Uhr Abends gemacht. Das Mittel aus die- sen drei Angaben ist nach vielfachen Feststellungen der durehschnittlichen Wärme von Tag und Nacht gleich. Von den Tagen werden je 5 zu einer Periode zusammengefasst und ztägige Durchschnitte der Wärme berechnet. Je 6 solcher stägiger Perioden bilden die Monate, welche desshalb mit den Kalendermonaten nicht genau übereinstimmen, sondern häufig die ersten Tage des folgenden, oder die letzten des vorhergehenden Monats mit einschliessen. Auch die Jahreszeiten sind nicht nach den Kalenderquartalen, sondern so zusammengestellt, dass Dezember, Januar, Februar als Winter, März, April, Mai als Frühling, Juni, Juli, August als Sommer und September, Oktober und November als Herbst betrachtet werden. Damit stimmt das Verfahren für die Beobachtung des Thaupunkts am Psychro- meter und der Schwere der Luftsäule am Barometer überein. Da letztere durch sehr verschiedene Ursachen, durch Eindrängen von Wasserdunst und Wasserdampf, oder durch je nach ihrem Wärmegrade oder ihrer Bewegung mehr oder weniger verdünnte Luftmassen verändert wird, können die zur Zeit wirkenden Zustände nur durch Kom- binationen mit Thermometer, Psychrometer, oder Windfahne erkannt werden. Auch für diese zusanımengesetzten Ermittelungen müssen desshalb die entsprechenden Grundlagen gewonnen und rechnungsmässig zusammengestellt werden. Die Beobachtung der Menge der feuchten Niederschläge geschieht durch den Regenmesser. Sein Behälter, der diejenige Masse Regen oder Schnee, welche auf eine genau bestimmte Quadratfläche gefallen ist, aufsammelt, wird in der Regel täglich ein- mal um 2 Uhr Mittags unter Messung der vorgefundenen Niederschlagsmasse geleert. Der Schnee wird geschmolzen, und die gefundene Masse des wässerigen Niederschlages, vertheilt auf die Sammelfläche, zeigt an, wie viel Wasser nach Linien und Zollen in einer gewissen Zeit auf jeden Punkt in der Umgebung der Station gefallen ist. Aus der Himmelsansicht wird das Verhältniss, in welehem der Himmel bedeckt ist, nach Bruchtheilen, ferner die Form der Wolken und ihre Richtung, Morgen- und Abendröthe, Nordlichter u. dgl. angegeben, dabei wird auch die Art und Beschaffenheit der Meteore, Regen, Schnee, Graupen und ähnliches notirt. Die ausführlichen Veröffentlichungen, welche Dove bearbeitete und zu einer *) Instruktion für die Beobachter an den meteorologischen Stationen im preussischen Staat. Berlin 1858. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschatt. 133 Fundgrube der wichtigsten Entwickelungen gestaltete, giebt für die Jahre 1848 bis 1857 der 1858 herausgegebene 9. Band der Tabellen und amtlichen Nachrichten des statistischen Büreaus. Seitdem erschienen 1858. 1859 und 1860 besondere Uebersichten der Witte- rung im nördlichen Deutschland, ferner 1861 der Aufsatz „das Klima des preussischen Staates“ in No, 6 des Jahrg. I. der Zeitschrift des statistischen Büreaus, 1864 unter den zwanglosen Heften der preuss. Statistik die umfangreiche No. VI. „die Witterungs- erscheinungen des nördlichen Deutschlands im Zeitraum von 1858 bis 1863“, endlich 1865 die No. 4 des Jahrgangs V. und 1866 die No. 1—3 des Jahrgangs VI. über die Witterung der Jahre 1864 und 1865. Seiner durch die meteorologischen Arbeiten zu genauerem Verständnisse gebrachten klimatischen Lage nach ist das gesammte Gebiet des preussischen Staates in der kälteren gemässigten Zone ausgebreitet, welche vom 45. bis zum 58. Breitengrade gerechnet wird, und gehört damit einer Region an, in der schon wenige Wärmegrade mehr oder minder im Durchschnitte des ‚Jahres oder der Jahreszeiten über die Möglichkeit einer gedeihlichen Entwickelung der gewöhnlichen Kulturpflanzen entscheiden. Während in der tropischen Zone die Wärme so hoch und gleichbleibend ist, dass für die Entfaltung der Vegetation und die Reichhaltigkeit der Ernten fast alles Gewicht auf die Masse und Vertheilung der feuchten Niederschläge fällt, wird in der kälteren gemässigten Zone ein gewisses hinreichendes Mass von Feuchtigkeit nur ausnahmsweise vermisst, dagegen erniedrigt sich in ihr die Temperatur durch einen Theil des Jahres bedeutend; es tritt ein Winter ein, welcher die Vegetation vollständig zum Stillstand bringt, und es kommt für die von ihr umfassten Landstriche wesentlich darauf an, wie früh sich in einzelnen Lagen die Wärme bis zu einem Masse wieder erhöht, welches den neuen Beginn der Vegetation ermöglicht, und wie lange Zeit sie Höhegrade bei- behält, die zur vollkommenen Entwickelung der Pflanze in Blüthe und Frucht erfor- derlich sind. Auf der westlichen Hemisphäre bezeichnet der 58. Grad nördlicher Breite schon eine äusserste Grenze, über welche hinaus das Gedeihen der meisten unserer Kultur- pflanzen unmöglich wird, und auch auf der östlichen kommt derselbe wenigstens der Linie, innerhalb welcher der Bau von Winterfrüchten aufhören muss, sehr nahe. Die verschiedenen in Tabelle ©. 3 u. 4 der Anlagen bezüglich der Regen- und Schnee- menge gegebenen Nachweisungen zeigen, dass die Vertheilung der feuchten Niederschläge dem angedeuteten Charakter der klimatischen Zone entspricht. Keine der Stationen steht gegen das Durchschnittsmass der Gesammtheit erheblich zurück. Der ‚Jahres- durchschnitt der regenreichsten Punkte übersteigt die trockensten kaum um das doppelte, und die Differenzen in der Reihenfolge der Jahrgänge sind auf dem einzelnen Stations- orte weit grösser, als die Unterschiede irgend welcher Stationsorte gegen einander. Dove hat in der nachstehenden Uebersicht“) die Beobachtungsreihen der ver- schiedenen Stationen so ergänzt und verbunden, wie sie sich für die Beurtheilung der durchsehnittlichen Regenmenge ganzer Landestheile verwenden lassen. *) Preussische Statistik VI. Berlin 1864. S. 70. 434 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Regenmenge in Pariser Zoll Winter | Frühling | Sommer Herbst Jahr — Östpreussen De ame Harn 4,003 3,855 71503 5,956 21,318 Wiestpreussen. Arena Sn 2,791 3,626 71444 5,100 19,434 Eommern?. WAlraREn Eu EEE, 4,181 4,264 71975 5,073 20,594 BIOBEDE-IE Bel ee SE ER EN 3,428 3,723 717236 3,969 18,356 Brandenburg . . 3 2 NR 3,972 4,695 7,617 3,906 19,766 Oberlausitz und eh Detr: 4,280 5,014 * 9,726 41495 23,496 Schlesische Ebene . . In 3,146 4,427 9,441 4,473 21,487 Hirschberger Thal in Schlesien 8% 3,549 5,841 11,875 5,643 27,06 Sächsische Ebene. . . . ... 3,356 4,586 8,727 3,894 20,514 Thüringen Lan JO in ER 5,358 | 8,476 5,037 22,676 1a E72, ra Naar En eaao 8 fe 71325 7 156% II,431 71289 33,437 Wiesifaleny Pe er. 5,043 Doz 7,860 5,603 24,020 IRheinland es Nr Er 5,593 5,888 7,647 5,955 25,233 Kreuznach'bis Trier... ... 4,776 5304 | 6,006 5,213 22,198 Hohenzollern een 2 ea Se. 2,77 5,090 10,772 6,893 25,492 Die Beobachtungszahlen über die Wärmeverhältnisse, wie sie Tabelle ©. r und 2 der Anlagen mittheilt, hat Dove unter demselben Gesichtspunkte folgendermassen kombinirt®): Unterschied Wärmemittel in Gr. Reaumur Winter | Frühling | Sommer | Herbst Jahr des Winters u. Sommers Le er Be Sa REIFE EEEE En Gau. nn Osiprenssons Er 210: 4,2 13,28 5,92 5,12 16,29 Westpreussen, Plateau . . . .| — 2,3 3,97 12,74 5,34 4,94 15,04 Westpreussen, Küste. . - - - | — 06% | 47 | 134 6,82 6,9 14,1 Hinterpommern . . .,. . „el — 09 4,76 13,12 6,52 5,86 14,05 Vorpommern EN — NG )32 5,26 13,56 7,0% 6,38 13,87 Brandenburgs ei. ml 10,23 6,35 14,37 7,3 6,91 14,60 Bosenul.tir ul Sl are ci une 70) 5,55 14,13 6,32 6,97 15,83 Oberschlesien . . 22..| — 169 5,87 13,85 6,58 6,16 15,54 Schlesisches el Be Ra ER 4,55 12,15 5,45 4,90 14,7 Provinz Sachsen . . ....[| —07 5,90 13,47 6,44 6,43 13,64 Westfalen. . » SAUER D —,0,87, 6,21 13,42 7176 6,94 12,55 Niederrheinische Een | 6,88 13,94 7176 7153 12,42 Rhemthale rue u ea 01545 7,25 I4,30 7,9 7174 12,85 Sie ergeben, dass die Ungunst der geographischen Breite für das Staatsgebiet, obwohl es sich von der Mitte der Zone erheblich mehr nach Norden als nach Süden erstreckt, dennoch nicht im vollen Masse zur Geltung kommt. Denn es erweisen sich alle Jahreszeiten, namentlich aber der Winter erheblich wärmer, als es die dem Stande der Sonne entsprechende durchschnittliche Wärmevertheilung unter gleichen Breiten- graden fordern würde. Dieser Unterschied ist so bedeutend, dass für Berlin, welches im Durchschnitt im Winter eine Temperatur von O,or, im Frühling von 6,4,, im Sommer von 14,66, im Herbst von 7,3, und im ganzen Jahre von 7,ır Grad Reaumur besitzt, die der geographischen Lage entsprechende Temperatur für den Winter auf — 6,2, für *) Dove, Witterungserscheinungen. S. 40. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 135 den Frühling auf 2,s, den Sommer auf ı2,., den Herbst auf 3,; und für das ganze Jahr auf 3,. berechnet ist, das Klima von Berlin also dem Stande der Sonne nach etwa dem thatsächlich erst in Petersburg herrschenden entsprechen müsste*). Indess treten auf allen Beobachtungspunkten auch ähnlich ungewöhnliche Schwan- kungen ein. Wie Tabelle C. 4 für 8 Stationen von entgegengesetzter Lage nachweist, differiren die Jahrgänge an demselben Orte um 2 bis 3 Grad, die Monatsmittel im Winter bis zu ro und ı2, und noch in den für die Landwirthschaft entscheidenden Monaten Mai und Juni um 5 und 6 Grad, je kleiner aber die Perioden werden, desto grösser werden die Differenzen. Im Minimum und Maximum der einzelnen Wärme- beobachtung giebt es keine Station des Staates, auf welcher nicht im Laufe längerer Zeit 28 Grad Hitze und 29 Grad Kälte erreicht worden wären. — Als Regel werden erhebliche Verschiedenheiten zwischen den östlichen und west- lichen Stationsorten geltend. Sie betragen im Jahresmittel bis 3 Grad und steigen in den Monatsmitteln auf 4 und 5 Grad. Während der Winter in Kleve und Köln selbst in keiner der fünftägigen Perioden im Mittel unter den Gefrierpunkt sinkt, fallen diese Perioden auf mehreren östlichen Stationen bis unter — 5 Grad und ganze Monate bis unter — 4 Grad Kälte. Der grosse Unterschied des Winters gleicht sich zwar im Verlaufe von Frühjahr und Herbst allmählich zum Sommer aus, in dessen Mittel sich alle Stationen bis auf nahezu einen Grad nähern. Aber auch in den Sommermonaten erhebt sich der Süden und die Mitte des Landes zu 3 bis 5, Berlin sogar bis zu 7 fünftägigen Perioden, welche 15 Grad übersteigen, während die nördlichen und nordöstlichen Stationen solche Hitze nur in Tagesmitteln erreichen. Diese starken Gegensätze finden ihre Ursachen zum Theil darin, dass der Haupt- körper des Staatsgebietes im Osten erheblich nördlicher gelegen ist als im Westen. Die Rheinprovinz dehnt sich, wie gezeigt ist, zwischen dem 49. und 52., die Provinz Preussen zwischen dem 53. und 56. Breitengrade aus. Auch hat die Beschreibung der Gebirge näher nachgewiesen, dass die das Flachland beherrschenden Höhen gegen Osten beträchtlich ansteigen; eine Erhebung von 600 Fuss mehr oder weniger darf aber etwa einem Wärmegrade der mittlen Jahrestemperatur gleichgerechnet werden. Es müssen sich also wesentliche Verschiedenheiten des Ostens gegen den Westen schon aus der klimatisch mehr von SW. nach NO. gerichteten Stellung ergeben. Die Steigerung dieses Verhältnisses aber und zugleich die allgemeine Milderung des Klimas erklärt sich aus den Besonderheiten der Lage des Staatsgebietes gegen das Meer. Preussen wird im Norden von der Ostsee, im Westen nahezu von der Nordsee berührt. Beide Meere wirken zusammen, um seinem Gebiete auf gewisse Entfernung ein Inselklima zu verleihen, welches im Sommer durch die Verdunstung, im Winter durch die langsame und nicht erheblich unter den Gefrierpunkt sinkende Abkühlung des Seewassers gemässigt wird. Indess übt in dieser Beziehung die Nordsee den weitaus mächtigeren Einfluss, denn sie empfängt in starken Strömungen das bedeutend erwärmte Wasser des Golfstromes. Im mexikanischen Meerbusen beträgt die Meereswärme 24—25°R. So erhitzt stürzt sich der Golfstrom mit grosser Geschwindigkeit in die nördlichen Breiten und erzeugt dort noch zwischen dem 65. und 70. Grade an der Oberfläche des atlantischen *) Dove in der Abh. über die Rückfälle der Kälte im Mai. Berlin 1856. S. 3. 436 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Ozeans eine mittle Jahrestemperatur von 4,5°, während dieselbe der Sonne nach unter dem Gefrierpunkte stehen müsste. Die Wirkung dieser Gewässer auf die gesammte Westküste Europas von Norwegen bis zu den Azoren zeigt sich darin, dass östlich ihres warmen Bereiches ein Winter, welcher durchschnittlich 0° erreicht, erst an einer Linie angetroffen wird, welche von den Donaumündungen durch Ungarn und Böhmen ungefähr die Elbe entlang über Dresden, Magdeburg und Hamburg nach Jütland und Norwegen läuft, Bergen als noch zu warm im Westen lässt, und zwischen Island und den Lofoden den Polarkreis bis zum 68. Breitengrade übersteigt. Es haben also die Lofoden und Island genau dieselbe Wintertemperatur wie Berlin und Breslau, und ‚der Golfstrom erhöht die Temperatur des gesammten Norddeutschlands ebenso direkt durch sein Anschlagen an die Küste, als dadurch, dass die hohe Erwärmung der nörd- licheren Gegenden den rauhen Einfluss aufhebt, den sie naturgemäss auf die südlicheren Lagen üben müssten, Seine Wirkung aber wird von Westen, wie schon die angegebene Linie der gleichen Winterkälte zeigt, gegen Osten immer schwächer. Auch die Ostsee wirkt, wenngleich in geringerem Grade, doch erweislich vortheilhaft auf die allgemeine Milderung des Klima’s ein, dabei aber steigert sie im Frühjahr wegen der Enge und der nordwestlichen Richtung ihrer Verbindungen zur Nordsee die Tempe- raturverschiedenheit nach Osten mehr, als man es nach der sonstigen Lage erwarten sollte. Es gehört offenbar zu der besonderen Gunst der Umstände, dass die Gewässer der Ostsee sich nicht in der Richtung des Bottnischen Meerbusens oder der finnischen Seen nach dem Eismeer öffnen. Es würden dann dessen schwimmende und schmelzende Eismassen, wie in der Hudsonsbai und am Lorenzgolf, die Küsten noch im späten Früh- jahr bis tief nach Süden erkälten. Im kleineren Massstabe aber macht sich in diesem Sinne gleichwohl das Eis des Bottnischen Meerbusens und der russischen Zuströme geltend. Die Ostsee friert nicht selten in soleher Ausdehnung zu, dass sie schon bei den Alandsinseln zu Fuss überschritten werden kann. Das Eis bricht in der Newa erst um den 20. April, in den Flüssen bis Torneo erst mit Anfang Mai. In anderen Meeren kann das kalte, herabsinkende Schmelzwasser in tiefen unterseeischen Strömungen nach Süden abziehen, die Ostsee aber hat durch die geringen Oeffnungen zum Kattegat die Natur eines geschlossenen Bassins, und ihre ge- sammte Winterkälte muss durch die Sommerwärme überwunden werden. Ihr Wasser steht deshalb im Frühjahr an der Südküste ı bis 2 Grad gegen den Durchschnitt der Lufttemperatur zurück und drückt diese herab. Die bekannte kalte Periode um Ser- vatius und Pankratius, den ı1. bis 14. Mai, ist eine Rückwirkung dieser Verhältnisse, welche sich nicht weiter erstreckt, als der Einfluss des kälteren Ostseebeckens reicht *). Sie wird in Berlin schon kaum mehr bemerkbar, wohl aber in dem östlichen Schlesien allgemein empfunden. — Klimatisch in vieler Beziehung von bedeutendem Einfluss sind die Besonderheiten der über die Ländergebiete Preussens wehenden Luftströmungen. Es ist hinlänglich bekannt, dass zwischen den Wendekreisen die senkrechten Strahlen der Sonne eine Region der Windstillen erzeugen, in welcher die stark erhitzte Luft sich sehr hoch in die Atmosphäre erhebt und ihrer grösseren Leichtigkeit wegen über die kälteren Luftschiehten der mittleren Breiten den Polen zu abfliesst, während die kältere und schwerere Luft der Polargegenden am Boden hin den Wendekreisen *) Dove: Rückfälle der Kälte im Mai. Berlin 1856. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 137 zudrängt und den dort entstehende: Verlust ersetzt. Daraus bildet sich ein Kreislauf der Luft zwischen jedem der Pole und dem Aequator, in welchem der nach dem Pole gerichtete wärmere Luftstrom gleichwohl nicht immer der höhere, und der nach dem Aequator gerichtete kältere der niedrigere bleibt, sondern auch beide neben einander vorbeidrängen, weil sie sich wegen der Kugelgestalt der Erde auf den mittleren Breiten wie auf einer Höhe begegnen. Dabei eilt die Aequatorialluft der langsamer werdenden Drehungsgeschwindigkeit weit voraus, die von den Polargegenden nach rascher krei- senden Breiten einströmende Luft dagegen bleibt zurück, und es entsteht statt des Süd- und Nordwindes auf der nördlichen Halbkugel überall ein Wechsel zwischen Süd- west- and Nordost-, auf der südlichen zwischen Südost- und Nordwestwinden. Da nun für Preussen in dem atlantischen Meere eine einem Welttheile an Aus- dehnung gleichkommende Wasserfläche nach SW. liegt, so müssen seinem Gebiete von da warme und mit dem unter heissen Breiten verdunsteten Wasser reichgeschwängerte Luftmassen zuströmen, dagegen muss Russland für dasselbe die Quelle solcher nord- östlicher Winde sein, welche im Winter und Frühling der Luft sehr hohe Kältegrade mittheilen, im Sommer und Herbst aber, wenn auch durchschnittlich nicht heisser als die Südwestströmung, doch durch ihre Trockenheit heitern Himmel und damit eine besonders starke Einwirkung der Sonne herbeiführen. Es ist durch Beobachtungen festgestellt und beruht auf der Natur der Kurven, welche die gedachten Hauptluftströmungen beschreiben müssen, dass der Nordoststrom leicht in Ost und Südost übergeht, der Südwest in West und Nordwest, aber nicht umgekehrt“). Es wehen desshalb über das preussische Gebiet häufig Südostwinde mit der Natur der Nordost-, und Nordwestwinde mit der Natur der Südwestwinde. und die Stellung der Gebirge unterstützt diese Mittelrichtung. Im Sommer treten Nordwestwinde, welche gegen Südostströmungen ankämpfen, auch wegen der Lage der Nordsee gegen das südliche Russland häufig auf. Die russischen Ebenen erhitzen sich im Juni und ‚Juli bedeutend, und die Luft- massen über ihnen lockern sich auf, dagegen bleibt der nordatlantische Ozean, in den um diese Zeit die schmelzenden Eismassen der Baffinsbai einströmen, trotz der höheren Wärme des Golfstromes erheblich gegen das Land zurück und hat desshalb schwerere Luftschichten über sich. Dadurch kehren sich auf einige Sommerwochen die gewöhn- lichen Verhältnisse um. Die relativ kälteste Region ist in den Nordwest, die relativ heisseste in den Südost verlegt. Kalte Nordwestwinde stürzen sich in den erhitzten Südost, und dort entstehen mehr oder weniger heftige Gegenströmungen. Desshalb wehen also im Sommer Winde aus allen 4 Mittelrichtungen der Wind- rose über Preussen. Als wärmster Wind zeigt sich dabei im Sommer der Südost, im Winter der Südwest: als der kälteste Wind im Sommer der Nordwest, im Winter der Nordost; und der Unterschied der wärmsten und kältesten Luftströmungen ist im Winter viel bedeutender, als im Sommer. Gegen den Einfluss der nordischen Winde gewährt der baltische Landrücken seiner flachen Hebung wegen nur geringen Schutz, und soweit er ihn gewährt, dem Westen mehr, als dem Osten. Im Osten tritt der Nordost ungehindert bis zu den Sudeten ein und kann den Kampf mit dem Südwest um so leichter aufnehmen, als er seiner Schwere wegen am Boden bleibt, der Südwestwind aber durch die südlichen Gebirge *) Dove: Das Gesetz der Stürme. Berlin ı$61. 138 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. eine Ableitung in die Höhe erfährt, die sich nur äusserst selten in ihr Gegentheil, in ein direktes, wasserfallähnliches Herabstürzen des heissen Föhns in die Gebirgsabhänge umkehrt. Der Abfall der südlichen Gebirgsketten von Osten nach Westen ist dagegen be- deutend genug, um dem feuchteren und wärmeren Südwestwinde je mehr nach Westen, desto leichter den Zugang zu öffnen. Die Ebenen des Niederrheines und Westfalens bilden noch einen Theil des Küsten- saumes. Der Südwest streicht über sie bis zum Harz fast frei hin, und diese isolirte, kalte Berghöhe, die zugleich direkt von dem sommerlichen Nordwest getroffen wird, wird dadurch für Norddeutschland zum Hauptkondensator der Wasserdämpfe. Potsdam und Torgau erhalten ihren meisten Regen noch von Südwest, Berlin schon von West, Schlesien aber ist gegen den Südwest und seine Niederschläge durch die Richtung des Riesengebirges sehr bemerkbar abgeschnitten. Auf beiden Seiten des Erzgebirges, das in der Richtung dieses Windes fortläuft, sind die im Jahre niederfallenden Regenmengen ungefähr gleich, am Südabhange des Riesengebirges aber, wo er sich anstaut, beträgt die Niederschlagsmenge nach Trautenauer Beobachtungen 45,, am Nordabhange in Eichberg bei Hirschberg nur 25,; par. Zoll im Jahre. Auf allen Stationen des Oder- thales überwiegt in der Windrichtung der Nordwest. Die Wirkung dieser verschiedenen Luftströmungen auf die Klarheit oder Trübung des Himmels und auf das langsame oder schnelle Trocknen des Bodens ist eine sehr mannigfaltige und wird nicht immer richtig aufgefasst. Die Fähigkeit der Luft, verdunstendes Wasser in sich aufzunehmen, wächst mit der zunehmenden Wärme sehr schnell. Die trockene Luft vermag bei o Grad ungefähr zweimal soviel, bei 9 Grad Reaumur Wärme viermal, und bei 17 Grad achtmal so viel Wasser in Dunstform aufzunehmen, als bei — 7 Grad Reaumur Kälte. Wässerige Nieder- schläge treten erst ein, wenn die Luft so weit erkältet wird, dass sie den Wasser- dunst, den sie bei grösserer Wärme aufgenommen hat, nicht mehr aufzunehmen im Stande sein würde. Sie scheidet das mehr aufgenommene Wasser dann als Wolken und Regen aus. Erst wenn diese beginnen, sprechen wir von feuchter Luft, und im allgemeinen wird die Feuchtigkeit auch dann erst für die Vegetation von Einfluss*). Die Trockenheit richtet sich also nicht nach der Menge des in der Luft vertheilten Wassers, sondern nach dem Verhältniss dieser Wassermenge zur Temperatur. Bei hoher Temperatur wird eine Luft trocken genannt werden, welche bei weniger hoher Wärme ausserordentlich viel Feuchtigkeit abgeben würde, und nur diejenige Luft wird für uns feucht sein können, welche sich bei uns abkühlt. Für das preussische Gebiet bringt desshalb der Südwest im Winter so lange *, Auch der Gehalt der Luft an Wasserdunst oder die Dampfspannung wird aus den Beobachtungen am Barometer, Thermometer und Psychrometer auf den meteorologischen Stationen berechnet. Im Mittel sind danach von dem Gesammtdrucke der Atmosphäre etwas über 3 Linien am Barometer auf den Dampfdruck zurückzuführen. Im Sommer, in dem das Land wärmer, als das Meer ist, beträgt derselbe überall etwa 5 Linien, im Winter in den östlichen Provinzen nur gegen I‘, in den westlichen über 2. Daraus lässt sich die in der Luft vor- handene Wassermenge anschlagen. Untersuchungen über ihren Einfluss auf Boden und Vege- tation müssen indess schwer festzustellende Phänomene der Verdichtung und Abkühlung in der unmittelbar die Oberfläche berührenden Luftschicht in Rücksicht ziehen. (Tabellen und amtliche Nachrichten 1858 Bd. 9, S. XVII. — Preuss. Statistik Heft VI. 1864, S. 49.) VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 139 Wolken, Schnee und Regen, als er kälteren Boden, oder kältere Luftschichten sich gegenüber antrifft; der Nordost aber, der wenig Wasserdunst mit sich führt, kann nur so lange mit Schneewetter verbunden sein, als er den Südweststrom zurückdrängt und erkältet, seine eigene Luftmasse wird, je länger er weht, desto durchsichtiger und er- zeugt einen klaren Himmel, der im Winter durch Ausstrahlung um so höhere Kältegrade herbeizuführen vermag, je weniger Niederschläge, des geringen Wassergehaltes der Luft wegen, eintreten können. Je tiefer aber im Sommer, desto weniger wird der Südwest am Nordost sich abkühlen und desshalb den Himmel nur dann eintrüben, wenn er durch den unten einbrechenden Polarstrom zu Höhen emporgehoben wird, die ihm seine Wärme ent- ziehen. Dagegen wird im Sommer der kalte Nordwest die Rolle des winterlichen Nord- osts übernehmen. Obwohl er vom Meere kommt, wird er doch selten die Bedingungen finden, sich weiter abzukühlen, und desshalb als trocken erscheinen. Dagegen wird er in dem wärmeren Südost, wenn dieser hinreichenden Wassergehalt besitzt, jedenfalls aber in dem äquatorialen Südwest bei der Berührung Regen und Gewitter erzeugen. — Es wirken also für Preussen mit den allgemeinen Gesetzen der klimatischen Be- wegung verhältnissmässig sehr mannigfaltige und sonst nirgend vereinigte Besonderheiten theils der geographischen Lage überhaupt, theils der Verhältnisse in den einzelnen Landestheilen zusammen, um dem Klima des Staatsgebietes die ungewöhnlichen Eigen- thümlichkeiten zu geben, welche die Beobachtungen nachweisen. Es liegt nahe, dass eine so günstige Ausnahmestellung die Gefahr in sich tragen muss, dass hin und wieder einmal die naturgemässeren Verhältnisse, wie sie der Stand der Sonne mit sich bringt, zur Geltung kommen. Den unberechnenbaren Wechseln des Kältepoles und anderen grossen, aus dem Gesammtleben des Erdkörpers entspringenden Schwankungen gegenüber können sich örtliche Einflüsse nur untergeordnet behaupten. Indess sind solche Ereignisse, wie sie beispielsweise der harte Winter des Jahres 1864 brachte, erfahrungsmässig sehr selten. Wohl aber erzeugt sich aus dem Zusammen- wirken und den Gegensätzen so verschiedenartiger Beziehungen ein fortdauernd höchst wechselvoller Gang der Witterung, wechselvoller und vibrirender, als er vielleicht in irgend einem anderen Abschnitt der Erde zu finden ist. Es wird für das Klima Preussens die Veränderlichkeit, damit aber auch der Vorzug der Abwechselung zwischen Regen und offenem Sonnenschein der naturgemässe und durchschnittliche Zustand. Ausnahms- weise aber kann jeder dieser vielfachen Einflüsse mit mehr oder weniger Stärke und mehr oder weniger Dauer überwiegend werden, und die Folge solcher Erscheinungen sind die Extreme in Kälte oder Wärme, Trockenheit oder Nässe, die wir als mehr oder weniger ungünstige Jahrgänge empfinden. — Für ein näheres Bild des jährlichen Verlaufes der Witterung und insbesondere des Auftretens der landwirthschaftlich vorzugsweise einflussreichen Witterungserschei- nungen steht nur die Vergleichung von Beispielen zu Gebote. Es lassen sich für die Folge der Jahrgänge seit 1849 über den Beginn der Vegetation, das Auftreten des Frostes und der Sommerwärme, den Sonnenschein und die durchschnittliche Höhe be- sonderer Kälte oder Wärme in den wirthschaftlich entscheidenden Zeiten Angaben machen, welche geeignet sind, das Uebereinstimmende, sowie die Gegensätze und die Wechselfälle des Klimas in den Hauptlagen des Staatsgebietes zu veranschaulichen. Die 140 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. in diesem Sinne in der Tabelle ©. 4 mitgetheilten Zahlen sind den Beobachtungs- reihen der 8 Stationen: Königsberg, Arys, Breslau, Berlin, Erfurt, Kleve, Köln und Trier unter besonderer Zusammenstellung aus den Originalberichten entnommen. — Die Entfaltung der Vegetation findet bei unseren phanerogamischen Gewächsen im allgemeinen dann statt, wenn das Tagesmittel 5 Grad Reaumur erreicht. Sie wird naturgemäss durch jeden wärmeren Tag gefördert, durch jeden kälteren zurückgedrängt, und durch Frost mehr oder weniger gefährdet”). Die nachstehende Tabelle ergiebt, wie viel Tage in den ersten Monaten des Jahres auf den einzelnen Stationen dieses Mittel durchschnittlich in jedem Jahre erreichten, und wie viele sich dazu im besten, wie viele noch im schlimmsten Falle erhoben. [e] | | | | a ahr. | Königs- Beobachtungen aus den Jahr Sue Breslau | Berlin | Erfurt Köln | Trier gängen 1849 — 1864 Zahl der Tage mit einem Tages- | mittel von 5°Reaumur und mehr. | Tage über 5° R. im Januar: durchschnittlich . höchste Zahl . . Tage über 5° R. im Februar: durchschnittlich . . . . höchste Zahl. . Tage über 5° R. im März: durchschnittlich. . . niedrigste Zahl . ä höchste Zahl . . > Tage über 5° R. im April: durchschnittlich . . . . niedrigste Zahl . . . . höchste Zahl. . . . Tage über 5° R. im Mai: durchschnittlich . . . niedrigste Zahl . . . . 19 Danach zeigt sich, dass im Nordosten des Staates in Königsberg und Arys An- reize zur Vegetation im Januar und Februar völlig ausgeschlossen sind, dass sie sich aber auch im März in der Regel auf einen Tag beschränken und in keinem höheren Grade auftreten, als sie in Breslau und in der Mitte des Staates in allen Wintermonaten vorkommen. Dagegen haben die rheinischen Stationen in gewöhnlichen und aussergewöhnlichen Jahrgängen nahezu ebenso viel warme Tage im Januar und Februar, als Breslau, Berlin und Erfurt erst im März erreichen. Nur in den kältesten Jahren fehlen am Rhein im Januar und Februar und in den mittlen Provinzen im März Tage mit 5 Grad Reaumur gänzlich, der Durchschnitt in diesen Monaten aber ist für diese Landestheile 4 bis 6 solcher Tage, und in den wärmsten ‚Jahren treten ı2 und mehr ein. *) Alph. de Candolle: Geographie botanique raisonnee. Paris 1855. Bd. I. 395 ft. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 141 Im weitern Verlaufe nähern sich alle Stationen rasch. Der April der Provinz Preussen steht dem März des Rheinlandes ganz gleich, der April des Rheinlandes und der der mittlen Provinzen unterscheiden sich wenig, im Mai aber ist im ganzen Staate die Zahl der Tage über 5 Grad R. schon ziemlich dieselbe, nur in den kältesten Jahren bleibt der Nordosten gegen den Südwesten bis zu ro Tagen zurück. — Das anscheinend für den Westen überaus günstige Verhältniss, nach welchem am Rhein die Wintermonate dieselbe Vegetation gestatten, wie in den mittleren Provinzen der März, wird indess durch die nachfolgenden Beobachtungen über das Eingreifen des Frostes in hohem Grade getrübt. Id en | Beobachtungen aus den | Köniss- | | > = berz Arys Breslau | Berlin | Erfurt | Köln Trier Jahrgängen 1849—64 S 1. Letzter Frost durch- | schnittlich . . . 28. Apr. 28. Apr. 13. Apr. 17. Apr.|1g. Apr.|1$. Apr.|Io. Apr.|7. Apr. am frühesten. .|2. „ |4& „ |13.März 31.März| 2. „ I. „ |10.März|12.März am spätesten. . |17.Mai 17.Mai | 9. Mai | 7. Mai | 6. Mai |g. Mai 128. Apr. 25. Apr. . Erster Frost durch- | schnittlich . . . |21.Okt.|14.Oet | 1. Nov. | 3. Nov. |29. Okt.| 1. Nov. |12. Nov.|4. Nov. am frühesten . 23.Sept. 23.Sept.) 4. Okt. |13. Okt. | 4. Okt. | 5. Okt. |26. Okt.|ro. Okt. am spätesten . . |16. Nov. ır. Nov. 15. Nov.|16. Nov.|T2. Nov.|19. Nov.) 2. Dez. |20. Nov. | . Tage zwischen dem ersten und letzten Frost durchschnitt. | 169 kürzeste Frist . 130 längste Frist . . 205 . Zahl der Frosttage mit Tagesmittel 00 oder darunter: im März durchschn. grösste Zahl . kleinste Zahl . . im April durchschn. höchste Zahl . . Es ergiebt sich aus dieser Zusammenstellung, dass der Rhein auch in den wärmsten Lagen von Köln und Trier durchschnittlich 3 Tage im März zu erwarten hat, deren Mittel nicht über den Gefrierpunkt steigt, und dass sich diese Zahl bis auf 15 Tage steigern kann. Fröste aber, d. h. einzelne Beobachtungen von Temperaturen des Ge- frierpunktes und darunter, treten durchschnittlich in Köln noch am ro., in Trier noch am 7. April ein und kommen auch in Arys und Königsberg durchschnittlich nicht später, als am 28. April, in Breslau sogar nicht später als am 13. April vor. Ebenso besteht in betreff der Zeit, in welcher der letzte Frost in den wärmsten und kältesten Jahren zu erwarten ist, kein grösserer Unterschied zwischen den einzelnen Landestheilen. Der 17. Mai ist der äusserste Termin für Königsberg und Arys, der 25. und 28. April für Trier und Köln, 442 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Dieses Verhältniss beweist hinreichend, dass der Westen des Staates aus dem frühen Erwachen der Vegetation nur geringen Vortheil ziehen kann, denn es drohen ihm bis in den März harte Fröste, und durchschnittlich sinkt die Temperatur noch in der 2. Woche des April unter den Gefrierpunkt. Späte Fröste müssen aber am Rhein gefährlicher wirken, als in Ostpreussen; sie sind für die schon weiter vorgeschrittene Entfaltung der Pflanzen weit empfindlicher, als für die erst beginnende. Auch ist ein häufiger Wechsel von Thauen und Frieren, ein Schwanken der warmen und kalten Temperaturen ganz besonders nachtheilig. Nachfolgende Tabelle zeigt das Verhältniss dieser sogenannten’ Frostwechsel, bei denen jedes Ueberschreiten des Gefrierpunktes nach oben oder nach unten eine Ein- heit bildet. Le] Beobachtungen aus den Jahr- gängen 1849 — 1864 Breslau | Berlin | Erfurt | Frostwechsel im Februar: durchschnittlich . höchste Zahl . . geringste Zahl im März: durchschnittlich . höchste Zahl . geringste Zahl im April: durchschnittlich . höchste Zahl . geringste Zahl Auch aus diesen Zahlen ist die grössere Gefahr für den Westen ersichtlich, denn die Vegetation des Ostens ist im Februar und März noch fast todt. — Zwischen dem ersten und letzten Frost liegen, wie die Nachweisung [d] berechnet, im Nordosten durchschnittlich 173, im Südwesten 214 Tage, in den mittlen Stationen, von denen Erfurt am ungünstigsten seht, 198. Der Frostabschluss im Frühjahr differirt unter den einzelnen Stationen im allgemeinen nur ı4 Tage, der Hauptunterschied fällt in den Herbst. Der Beginn der frostfreien Zwischenzeit hat indess im Süden eine andere Bedeutung als im Norden, wo der Boden tief einfriert und desshalb erst sehr allmäh- lich aufthaut und sich erwärmt. Wie weit darin mehr oder weniger günstige Verhält- nisse obwalten, kann nur im einzelnen Jahrgang durch genaue Vergleichung des Verlaufs der Frühjahrswitterung ermittelt werden. Ihren späten Anfang ersetzt die Vegetation im Norden zum grossen Theil durch eine höchst energische Entfaltung der lange zurück- gehaltenen Kräfte. Im Herbst schneidet der Frosteintritt die wirthschaftlieh nutzbare Entwickelung, mit Ausnahme der der Forsten, überall in ziemlich gleicher Weise, ab. Ueber das Verhältniss, in welchem die Sommerwärme die Ausbildung der Pflanzen in den verschiedenen Landestheilen begünstigt, giebt die nachstehende Tabelle der Tage, welche ı5s Grad R. Tagesmittel erreichen, Anhaltspunkte. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 143 {f) Beobachtungen aus den | Königs- Jahrgängen 184964 | Ps rn | ———————————— Breslau Berlin Erfurt Tage von ı5’ Reau- mur und mehr Ta- gesmittel. I. der erste Tag mit 15° R. tritt durch- | schnittlich ein am .|28. Mai|23. Mai |22. Mai|22. Mai|28. Maij3r. Mai |23. Mai| 28.Mai frühester Eintritt..| 5. „ 29. Apr.|12. „ 4 „ lıı. „ I4. „ 26. Apr.|26. Apr. spätester „ .|13. Juni ro. Juni| 7. Juni | 7. Juni |r8. Juni 23. Juni|17. Juni 24. Juni . Zahl der Tage mit | 150 R. bis Ende Juli durchschnittlich . . : 16 höchste Zahl .. . niedrigste „ . Zahl der Tage mit 15°R.im August und Septbr. durchschn. .| 9,44 grösste Zahl .. . 29 niedrigste „ -.-» [6) . der letzte Tag mit I5°R. tritt ein dureh- 2 | schnittlich am .. .|23. Aug. 25. Aug.| 3. Sept. | 4. Sept. | 2. Sept. |2. Sept. |Y. Sept. |4. Sept. frühestens... . .|25. Julil13. „ 17. Aug. 6. Aug. 16. Aug.|14. Aug. |18. Aug. 14. Aug. spätestens... . 12.Sept. 12.Sept. 20.Sept. 30.Sept. 27.Sept.|29.Sept.|15. Okt.|27.Sept. . Zahl der Tage zwi- | schen demerstenund letzten von ı5° R. oder mehr Tagesmit- tel durchschnittlich . 86 97 94 | 9 höchste Zahl ...| 113 126 147 159 niedrigste „ ... 43 ) 71 63 69 Die Zahl der Tage, welche bis Ende Juli 15 Grad Tagesmittel erreichen, ist darnach für die verschiedenen Stationen schon so annähernd gleich, dass Arys in der höchsten und niedrigsten Zahl Trier, dass Breslau und Berlin Köln gleich stehen, und Königsberg von Erfurt nur wenig übertroffen wird. — Neben der Einwirkung der nöthigen Wärme ist für das Gedeihen der Pflanzen das Sonnenlicht von grosser Bedeutung. Die Entwickelung des Chlorophylis und damit über- haupt die Kraft der Stengel- und Blattbildung hängt davon ab. Die nachstehende Uebersicht über das Verhältniss der Tage, an welchen der Himmel bei jeder der 3 Beobachtungen völlig heiter, oder höchstens zu %/s bewölkt gefunden wurde, ergiebt, dass darin nur einer der Stationsorte gegen die anderen erheblich im Nachtheil steht, näm- lich Kleve, dessen trüber Himmel von der offenen Lage gegen die Seeküste abhängt und zugleich die Ausnahmestellung erklärt, in der sich Kleve auch in betreff der Wärme- erscheinungen gegen die übrigen rheinischen Stationen zeigt. Nächst Kleve steht Breslau. 444 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. mM | n) 1 5 Königs- | | Beobachtungen aus den Jahr Rn | Arys |Breslau | Berlin | Erfurt | Kleve | gängen 1849 — 1864 | | | | 1. durehschnittlich im März . 975 | 84 | 7,89 8,8: Il,zs 6,69 | 12,94 | IO,o6 Köln Trier Sennentage | | | April . | 13,99 | 11,19 7187 9,94 | I4;o | 7,94 | 15,06 | II,ız Mair. 16,58 | 13,19 | 9,37 II,37 | 14,37 8,25 | 15,6 II,25 Juni. .| 17,19 | 15,066 | IO,so | 12,31 | 15,82 | 7,15 | 1537 | 12,3 zusammen durchschnittlich . | 57,52 | 47,8 | 35,33 | 42,8 | 55,4 | 30,03 | 58,99 | 44,56 höchste Zahl dieser 4 Monate 89 74 770 7 87 52. ., 84 71 34 | u 352 niedrigste desg. . 2. .| 24 | 260 TA 13 2. Monat September: | | | durchschnittlich . . . . | 13,94 | IL87 | TO | TO | Län | 10,50 | 16,37 | In höchste Zahl. . ... .. | 23 Tun 26 20 | 26 15 24 21 || niedrigste Zahl . . » .» 4 | 6 3 5 6 A I 1 \ Es ergeben sich also für das sommerliche Klima auch in der Besonnung keine ersichtlichen Vorzüge des Südens gegen den Norden. — Für den Verlauf des Herbstes zeigt der September eine gewisse Steigerung des Sonnenscheins für Köln und Trier, namentlich in den Jahren, in welchen am meisten ein getrübter Himmel herrscht, ebenso kann sich der Zwischenraum zwischen dem ersten und letzten Tage mit 15 Grad R. für den Westen weiter erstrecken, als für den Osten. Der Rhein hat also darin Vorzüge, dass er in einzelnen Jahren, wie es auch seine Weinernten zeigen, günstigeres Herbstwetter erwarten darf. Durchschnittlich aber und in den kurzen Sommern steht, wie Nachweisung [f] ergiebt, nur Königsberg in der Herbstwitterung erheblich nachtheiliger, als die übrigen Landestheile. — Ündlich gehört der Durchschnitt einerseits der heissesten und andererseits der kältesten Tagesmittel, welche sich im Laufe der landwirthschaftlich nutzbaren Periode in den einzelnen Monaten zeigen, zu den für ein bestimmteres Bild der Witterung er- heblichsten Zahlen. Die extremen Witterungserscheinungen, namentlich in Wärme und Kälte, bestimmen die wirthschaftlichen Verhältnisse in hohem Grade. Der Landwirth muss eine Witterung, welche sich dem mittlen Durchschnitte der Öertlichkeit und Zeit nähert, in der Regel als günstig empfinden. Auf dieses Mittel- klima müssen seine Einrichtungen und Betriebsweisen nothwendig berechnet sein. Seine Gefahren kann er also nur aus den Extremen erwarten und ersehen. Die Existenz der wildwachsenden Pflanzen hängt ersichtlich von den äussersten Extremen ab. ‚Jeder Fall übermässiger Hitze oder Kälte wird in einer Gegend ge- wisse Pflanzen absterben machen, welche erst allmählich wieder einwandern können, oder ganz verdrängt werden. Die Kulturpflanzen unterliegen darin veränderten Bedingungen. Wenn sie durch ein solches Extrem vernichtet sind, trägt der Anbau Sorge, dass sie wieder ergänzt werden. In Wald und Wiese kann der Ausfall unbeachtet bleiben. Der Acker aber wird mit neuem Samen bestellt. Hier ist es also erst die Wieder- holung solcher Unfälle, die dazu bestimmt, andere Kulturpflanzen oder Wirthschafts- weisen vorzuziehen. Deshalb sind einzelne ungewöhnliche Maxima für die Landwirth- schaft weniger erheblich. Es wird vielmehr zweckmässig, wie nachfolgend geschehen, VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 145 den Durchschnitt der Extreme zu suchen, der die äussersten Zufälligkeiten ausschliesst und zeigt, welchen Gefahren und Schwankungen die örtliche Wirthschaftsführung jährlich entgegenzusehen hat. [h] Beobachtungen aus den Jahr- gängen 1349 — 64 Arys |Breslau| Berlin | Erfurt | Durchschnitte der extre- men TagesmittelderJahre 1849—64 im Monat Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . Monatsmittel...... Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel | Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . . { Monatsmittel Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . . Monatsmittel Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . . Monatsmittel Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . . Monatsmittel Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . . Monatsmittel Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . . Monatsmittel...... Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel Durchschnitt der höch- sten Tagesmittel . . Monatsmittel Durchschnitt der nie- drigsten Tagesmittel Sep- tember Boden d. preuss. Staats, 10 446 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Nach dieser Zusammenstellung zeigen die Durchschnitte der grössten Wärme eine bemerkenswerthe Annäherung der Stationen. Sie sind schon im April im Osten und Westen kaum um ı Grad unterschieden. Vom Mai an aber ist die grösste Wärme auf allen Beobachtungsorten so weit gleich, dass sich nicht mehr der Westen gegen den Osten, sondern nur die Mitte des Staates, namentlich Berlin, gegen die übrigen Stationen um etwa ı Grad erhebt. In den Extremen der geringsten Wärme aber, welche fast ohne Ausnahme als die gefährlichen erachtet werden müssen, sind die Unterschiede grösser. Ein ziemlich gleieher Stand aller Stationen findet in ihnen nur im August statt, in welchem Monate keine Station ausser Arys tiefere Tagesmittel als 7 Grad kennt. Für die früheren Monate aber sondern sich deutlich die auch für die übrigen klimatischen Verhältnisse hervor- tretenden Gruppen. Im Februar und März kaun sich das Extrem der Kälte im Nord- osten bis 8 Grad unter die südwestlichen Stationen erniedrigen, und noch im Juli haben Königsberg und Arys Tagesmittel von 3 Grad zu fürchten. Später steht der Südwesten gegen den Nordosten noch um 2 Grad günstiger, hat aber keine Vorzüge gegen die mittlen Provinzen, vielmehr haben die mittlen Stationen und namentlich Breslau nach Ablauf des April durchschnittlich nur geringere Temperaturerniedrigungen zu gewärtigen, als der Rhein. Im Herbst kehrt sich dies Verhältniss um. Der September sinkt auch in den ungünstigsten Jahren am Rhein durchschnittlich um r Grad weniger tief, als in dem übrigen Staatsgebiete. Arys kann sich in diesem Monate schon bis auf r Grad dem Gefrierpunkte nähern. — Der Gegensatz der einzelnen Landestheile im Gange der Witterung ist danach nicht unbedeutend, indess ergiebt sich andrerseits als bemerkenswerth, dass sich der Unter- schied der durchschnittlichen Extreme dauernd für alle Zeiten des Jahres und auf allen Stationen zwischen 16 und 18 Grad abgrenzt, und dass das Mittel zwischen den Ex- tremen jedes Monats selten mehr als r Grad von dem zur Vergleichung beigefügten durchschnittlichen Monatsmittel abweicht. Nur Königsberg, Arys und Breslau sind im Monatsmittel im Februar bis zu 2 Grad wärmer, Arys, Berlin und Erfurt im April bis zu 2 Grad kälter als das Mittel der Extreme. Dies ist der rechnungsmässige Ausdruck für den Umstand, dass, wenn auch die grossen Schwankungen in den Extremen zweifellos eine erhebliche Erschwerung der Landwirth- schaft in allen Theilen des Staates bilden müssen, sich gleichwohl innerhalb dieser un- ausgesetzten Vibrationen und des veränderlichen Verlaufes der Jahreswitterung für die einzelne Oertlichkeit ein gewisser gleiehmässiger Charakter des Klimas ausgebildet hat, welcher der wirthschaftlichen Fürsorge als ein erfahrungsmässiger und hinreichender Anhalt für ihre Unternehmungen dienen kann, Es ist nicht unthunlich, nach den Zahlenangaben der vorstehend benützten 8 Beob- achtungsorte annähernd zu beurtheilen, welche entsprechenden Werthe für die übrigen meteorologischen Stationen des preussischen Staates zur Geltung kommen müssen, deren Beobachtungsreihen in den Tabellen ©. ı—3 der Anlagen mitgetheilt sind. Alle Witterungserscheinungen, die von der Wärme abhängen, oder auf sie ein- wirken, werden in einem nahezu ähnlichen Verhältnisse zu den Mitteln der fünftägigen Perioden und der Monate stehen, wie es sich für die genauer behandelten 8 Stationen ergiebt. Auch die tieferen und höheren Lagen zwischen den Beobachtungsorten können für ein nur allgemeines Bild nach ihrer Meereshöhe hinreichend eingeordnet werden. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 147 Wenn die Breslauer Sternwarte bei nahezu 400 Fuss Seehöhe 6,4. Grad Reaumur Jahresmittel besitzt, so kann das Riesengebirge bei 4000 Fuss, r Grad auf je 600 Fuss Meereshöhe gerechnet, schon höchstens ı Grad Wärme als Jahresmittel besitzen, muss also in seinem Klima, wie auch anderweit festgestellt ist, etwa dem mittlen Lappland entsprechen. Dazwischen müssen herabsteigend alle Zwischenklimate nach der sinken- den Höhe gefunden werden können. — Der Nachweis der genaueren Beziehungen der klimatischen Zahlen zu den Be- sonderheiten der Landwirthschaft, zu den Verhältnissen des Anbaues, den Unterschieden in der Produktion, der Abstufung der Bodenwerthe, ist eine noch ungelöste Aufgabe. Im allgemeinen lässt sich sagen, dass ein gedeihlicher Bau der Getreidearten in keinem Theile des Staatsgebietes ausgeschlossen ist. Es liegen anerkannt ausgezeichnete Getreidestriche selbst in den nördlichsten Regionen des Staates. Die Insel Rügen ist wegen ihres vorzüglichen Saatgetreides bekannt, zwischen Kolberg und Köslin besteht reicher Weizenbau, im Nordwesten von Stolp, im sogenannten wendischen Gerstlande, gedeiht besonders schöne Gerste, und die Provinz Preussen erzeugt alle Getreidearten im Ueberfluss. Wo die Bodenbeschaffenheit den Getreidebau nicht beschränkt, ist er klimatisch nur den wenigen Höhen versagt, welche, wie oben vom Riesengebirge angeführt ist, ihrer bedeutenden Erhebung wegen einen viel rauheren, nördlicheren Charakter tragen, als der sonstigen Lage des Landes entspricht. Man darf annehmen, dass bei 1800 Fuss Seehöhe auf dem Riesengebirge, wie auf dem Harz, aller Anbau mit Ausnahme einiger Gartenfrüchte und etwas Hafer und Kartoffeln aufhört. Jede Kultur in solcher Höhe ist nur ein Versuch, die Ernte ist sehr zweifelhaft. Auch auf dem Westerwald und der Eifel können in den höchsten Ackerlagen des Plateaus nur mit der grössten Unsicherheit Hafer, Kartoffeln und Buchweizen gesäet werden. Der baltische Landrücken ist zwar erheblich flacher, bei ihm aber macht sich theils die nördlichere und allen Winden ausgesetzte Lage, theils der Umstand besonders geltend, dass die grossen Seen, die ihn bedecken, ihr Eis, welches sich an der Sonnenwärme verzehren muss, meist bis tief in den April bewahren und auch später noch zu kalten Nebeln und Luftströmungen Veranlassung geben, die den Getreidebau in den weniger geschützten Lagen auf Hafer und Roggen be- schränken. Das Erfrieren des Roggens in der Blüthe ist hier eine nicht seltene Erscheinung. Aehnliche Gefahren gehen allerdings auch in tiefere und geschütztere Gegenden hinab. Die Nordlehnen selbst niedriger Berge leiden durch Schneeanhäufungen, welche öfterer Frostwechsel zu sehr festen, der Wärme lange widerstehenden Massen umgestalten kann. Alle höheren Lagen, auch die nicht mehr den Gebirgscharakter tragenden, verlieren strichweise nicht selten erhebliche Bruchtheile der Winterung durch scharfen, offenen Frost, Glatteis oder langes Liegen unter dem Schnee. Diese Uebel sind aber, wie die bei Nachweisung [d] besprochenen späten Fröste, über alle Theile des Staates verbreitet; sie treffen am Rhein weniger die Thäler, wohl aber die Höhen; und wenn die Beschädigungen, die sie zufügen, auch im Norden und Osten unzweifel- haft ausgedehnter sind, so treten sie gleichwohl nirgends als ein bedeutendes Hinderniss des Anbaues auf. Wo Getreide mit Nutzen gedeiht, vermag dies auch der grösste Theil unserer übrigen Kulturpflanzen. Erbsen, Bohnen, Kartoffeln, Lein, überhaupt alle Sommerfrüchte gehen meist weiter in nördliche Klimate hinauf, als die Winterung und finden in der Hitze des Hochsommers genügende Entwiekelung. 10* 448 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Der Futterbau hat eine so grosse Auswahl von Pflanzen, dass er auch in un- günstigeren Lagen immerhin ausreichende Erfolge erzielen kann. Der Norden des Staatsgebietes, besonders Litthauen, ist reich an mehrjährigen Kleefeldern. In den Ebenen der mittlen Provinzen, namentlich im Osten, gedeiht der Klee weniger gut, weil er durch Trockenheit im Frühjahr und offenen Frost gefährdet wird. Dieselben erlangen aber in Kartoffeln, einjährigem Klee, in Mais, der im Norden nicht mehr reift, in Rüben, Gemenge, Gras und anderen Kulturen vollkommenen Ersatz. Dagegen stellt das Klima in der Erzeugung von Handelspflanzen den Norden er- heblich nachtheiliger. Raps und Oelfruchtbau wird in Ostpreussen selbst auf sehr kultivirtem Boden nur mit grosser Gefahr versucht, und er bleibt auf der Nordseite des baltischen Land- rückens überall ohne wesentlichen Nutzen. Zuckerrüben, die in den mittlen Provinzen, in Sachsen und Schlesien vortrefflich gedeihen, haben in Preussen und Westfalen in der Regel zu geringen Gehalt. Der Rhein kann auf seinen Ebenen jede Frucht, auch die dem Gartenbau schon näher stehende kultiviren, wie auch Schlesien um Breslau und Liegnitz schon Karden, Cichorien, Krapp, Anis u. dgl. baut. Taback kommt zwar auf den wärmeren Lagen in allen Provinzen fort, in den südlichen aber mit besserem Erfolge, Der Gemüsebau ist im Nordosten dadurch im Nachtheil, dass bei der Kürze der Sommerzeit nur auf eine Frucht gerechnet werden kann, während der Südwesten deren zwei und mehrere folgen lassen kann. Auch muss sich der Norden auf die weniger zarten Pflanzen beschränken. Zwiebeln, Kohl, Kraut, Rüben werden aber in grosser Masse und von guter Qualität in der Weichselniederung und selbst von den Fischer- dörfern am Kurischen Haff erbaut und weit hin verhandelt. Obst steht im Norden in der Reife sehr zurück und wird wenig gepflegt. Die Blüthe des Kernobstes tritt in Memel 8 Tage später, als in Königsberg, hier 14 Tage später, als in Berlin, und in der Rheinprovinz 30 bis 32 Tage früher, als in Memel ein, Der Norden muss sich also in der Ernte so verspäten, dass er mit der Einfuhr aus Süden, die überdies bessere Qualität zu bieten vermag, nicht konkurriren kann. Gleich- wohl gehen auch aus den Weichselniederungen und vom grünen Flusse erhebliche Aus- fuhren nach Russland. Dass der Weinbau aber durch das Klima auf eine bestimmte Grenze angewiesen ist, ist bekannt. Ein trinkbares Gewächs giebt er nur in den Sonnen- lagen der Thäler an der Mosel und Nahe und am Rhein bis an seinen Austritt zur Ebene bei Bonn; nördlich, wie genauer zu zeigen sein wird, allein an einzelnen bevor- zugten Punkten um Werder in der Mark und Grünberg in Schlesien. — Von ausserordentlichen, mit dem Klima zusammenhängenden Ereignissen oder Ge- fahren hat die Landwirthschaft im Staatsgebiete nur wenig zu leiden. Im Frühjahr, nach dem Schmelzen des Schnees, erreichen die Gewässer aller Flüsse und Ströme besondere Höhe und verursachen fast ohne Ausnahme grössere Ueberschwemmungen, welchen indess theils durch Deichschutz vorgebeugt ist, theils der Anbau hinreichend Rechnung trägt, so dass nur in aussergewöhnlichen Fällen ausge- dehntere Beschädigungen vorkommen. Mit der Reichhaltigkeit der Sommerregen aber, welche gegen Mitte Juni eintreten, und als deren Ursache der Zusammenstoss der Nord- west- und Südwestwinde gezeigt worden ist, hängt das sogenannte Johanniswasser, eine erhebliche Steigerung der Wassermasse in den Flüssen um den Anfang des Juli, zu- sammen; diese ist für die Schifffahrt sehr willkommen, für die Heuernten aber oft ge- fährlich und hat bisweilen im Bereich einzelner Flussgebiete so bedeutende und plötzliche VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 149 Anschwellungen zur Folge, dass die Sommerdämme, und selbst die Hauptdeiche durch- brochen, und in den Niederungen die Ernten vernichtet werden. Gewitter können zur Steigerung dieser Gefahren beitragen, in der Regel aber bleiben sie für die Ebenen ohne erhebliche Nachtheile. Dagegen ziehen sie meist den Höhen und namentlich der Südwestseite derselben entlang und häufen sich in den Ge- birgen leicht so an, dass die Folge ihrer raschen Entladung heftige Regengüsse sind, die sich bis zu Wolkenbrüchen steigern. Die Zerstörungen, welche solche in die Thal- gründe reissend zusammenströmende Wässer an Brücken, Wegen und Häusern anrichten, bilden eine nicht unbeträchtliche Belastung der Gebirgskreise. Der Harz und das Riesengebirge sind von solchen Unfällen ziemlich häufig betroffen. Indess ist die Ab- lagerung weit verbreiteter, unfruchtbarer Schutt- und Geröllmassen in den Flussbetten unbekannt. Hagelwetter hängen zumeist von dem Gange der Gewitter ab. In der Regel sind sie in den Gebirgen weniger häufig und gefährlich, als in den Ebenen. Besonders dem Lauf der Ströme entlang, auch an den Südwestseiten der Höhenzüge, werden sie beob- achtet, jedoch findet in diesen sogenannten Hagelstrichen ein steter Wechsel statt, und es giebt wenige Gegenden, welche im längeren Durchschnitt der Jahre in der That erheblich häufigere Hagelbeschädigungen erfahren, als andere. In der Nähe der Küsten kommen sie sehr selten vor, weil die schweren Gewitter auf das Meer hinaus ziehen und sich erst dort entladen, namentlich der Norden der Provinz Preussen kennt wenig Hagel. Auf die Strandgegenden wirkt die feuchte Atmosphäre des Meeres anerkannt vortheilhaft, indess wird noch in grösseren Entfernungen über den Einfluss der kalten Seenebel geklagt. Sie sind zu allen Jahreszeiten häufig. Nur der Beginn des Herbstes ist davon frei. Eigenthümlich ist besonders der sogenannte Seedaak, der unmittelbar über dem Meeresspiegel entsteht und sich auf ihm zuweilen mit grosser Schnelligkeit, zuweilen langsamer dem Lande zu hinrollt. Diese Nebelbildung ist in ihrer vorderen Linie scharf abgeschnitten und so dicht, dass, während vor ihr alle Gegenstände in voller Klarheit sichtbar bleiben, die dahinter liegende Gegend völlig verhüllt wird. Man will solehen Nebeln Befallen des Getreides mit Rost zuschreiben; gewiss ist, dass der rasche Wechsel des Sonnenscheins und der eigenthümlichen Kälte des Nebels den weichen Blattbildungen nicht ungefährlich bleiben kann und Schmarotzer begünstigen muss. Erheblichen Schaden riehten an der Küste auch die Stürme an. Namentlich Rügen und Usedom und Wollin sind durch deren besondere Heftigkeit heimgesucht. Sie schlagen das halbreife Korn aus, knieken die Halme und brechen und verdrehen Obst- und Waldbäume. Wirbelwinde von grosser, zerstörender Kraft sind zwar sehr seltene Erscheinungen, indess im Laufe der letzten Jahrzehnte namentlich in der Provinz Schlesien, welehe ihrer Lage nach klimatischen Extremen am meisten ausgesetzt ist, mehrmals in bedeutender Ausdehnung beobachtet worden *). In Westfalen und bis an den Unterrhein wird der sogenannte Haarrauch als eine nachtheilige Belastigung empfunden, der sich im Mai und Juni meist in der Zeit der Obstblüthe zeigt und seinen Ursprung in dem Brennen der Torfmoore in Oldenburg und Friesland hat. Er bringt eine erhebliche Verdüsterung der Luft und brenzlichen Geruch mit sich, und es ist nicht gewiss, ob die Kälte, die ihn begleitet, nur der *) Vergl. F. Cohn im 39. Jahresbericht der schles. Gesellschaft für vaterländ. Kultur, Breslau 1862. S. 34. 450 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. verringerten Einwirkung des Sonnenlichts, oder auch kalten Seenebeln, mit denen er sich mischen soll, zuzuschreiben ist. Einige genauere Angaben über die Oertlichkeiten, in der diese besonderen klima- tischen Einflüsse wirken, giebt die untenfolgende Uebersicht [i]. Im allgemeinen zeigen die Bemerkungen, welche über die klimatischen Beziehungen des Anbaues und die Einwirkungen, denen er unterliegt, gemacht werden konnten, dass in der Vegetation, Fruchtentwiekelung und Kulturfähigkeit der Hauptfrüchte die Land- wirthschaft keines grösseren Gebietstheiles, soweit es sich überhaupt um fruchtbaren Boden handelt, in sehr ungünstigem Verhältnisse und vorzugsweise benachtheiligt ist. Es ist genügend anerkannt, dass im allgemeinen für den Landbau auf dem guten Ge- deihen der Brod- und Futterfrüchte das Hauptgewicht ruht. Dass der Weinbau dafür nur ein sehr zweifelhafter Ersatz ist, ist unbestritten; aber auch der Anbau zarterer Garten- und Handelsfrüchte, der fast ebenso ausschliesslich dem Süden des Staates zu- fällt, wird in den meisten Fällen nur dadurch besonders lohnend, dass es möglich bleibt, in demselben Sommer mehrere Früchte von demselben Beete zu ziehen, oder wenigstens die Arbeitskräfte auf die nothwendigen Kulturen in günstiger Weise zu vertheilen. Gi] Provinzen und Regierungs- bezirke A. Preussen. 1. Königsberg . vw . Gumbinnen . 3. Danzig. 4. Marienwerder B. Pommern. 1. Köslin . ') Bemerkung. Zeit der Frühjahrsbestellung *) Bestellung in’der 2. Woche des 4. Sommersaat M. 4, in Memel A. 5. Ebenso in Masuren, auf den Höhen dauert sie bis A. 6. Beginnt M. 4. In der tiefen Nie- derung E. 5 bis M. 6; auf der Höhe des Rückens E. 4 und A.5 und dauert bis in den 6, in dem noch Gerste und Buchweizen ge- säet werden. In der Niederung M. 4 bis M. 5. Auf der Höhe des Landrückens in der zweiten Hälfte des 4 bis A. 5, in geschützten Lagen auch A. 4 bis M. 4. Auf den Trunz- höhen bei Elbing 14 Tage bis 3 Wochen später als in der Nie- derung. Selten E. 3. Im Kulmerland in der Regel A. bis M. 4. Auf Mittelhöhen M. 4 bis A.5 In der Weichselniederung A. bis E. 5. In den Waldgegenden A. 5. bis M. 6. Im Westen auf leichtem Boden E. 3; sonst A. bis M. 4 und auf der Höhe des Landrückens E. 4 bis A. 6. Zeit der Heuernte 1. Schnitt 24/6 bis E. 6. 2. Schnitt A. bis M. 9. Klee desgl. Der 1. Schnitt der 2schü- rigen Wiesen findet um den 24/6, auf der Höhe auch A. 7 statt, der 2. Schnitt E. 8. bis M.9. — Klee 1. Schnitt um den 24/6, der zweite Schnitt um E. 8. 1. Schnitt 20/6. 2. Schnitt 1/9, wird aber meist ab- geweidet. 1. Schnitt M- bis E. 6. 2. Schnitt A. 9 bis M. 9. 1. Schnitt E. 6. A. bis M. 9. 2. Schnitt Eintritt der Roggenernte E. 7. Auf den wärmeren Böden (auch an der Sorge) 8 Tage früher. Auf den Höhen und im N. des Samlandes 8 bis 14 Tage später. E. 7. Im Berenter Kreise schon in der ersten Hälfte des 7, in Kart- haus E. 7. In der Niederung 25/7, bei ungünstigem Sommer auch 8 bis 14 Tage später. Im Kulmerlande M. 7; auf den Mittelhöhen gegen E. 7; auf den Höhen E. 7. E. 7. Auf der Höhe A. 8. Beendigung der Getreideernte Zweite Hälfte 8. Auf den Höhen und in Memel bis A:/9, In den wärmeren Gegen- den bis M. 9. Auf der Höhe muss die Ernte bis E. 8 beendet sein. M. 8 oder in der zweiten Hälfte des 8. beendet. M. 8 beendet. Höhen M. 9. Auf den E. 8 beendet. Die Monate sind in der Nachweisung mit Zahlen bezeichnet, und der Raumersparniss wegen Anfang in A., VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 151 Dies führt auf die Untersuchung der letzten noch in Betracht zu ziehenden Frage, nämlich der nach dem Einflusse des Klimas auf den Wirthschaftsbetrieb. Sie tritt nach dem bisher Angeführten augenscheinlich vor allen anderen in den Vordergrund, wenn es sich um die verschiedene Wirkung des Klimas in den einzelnen Gebietsabschnitten des Staats und den verhältnissmässigen Einfluss auf die Bodenwerthe in denselben handelt. Von der Zeit, die dem Landwirthe für die Frühjahrs- und Herbstbestellung und für das Einbringen der verschiedenen Früchte zu Gebote steht, hängt die gesammte Anordnung seiner Wirthschaft, alles, was er in ihr unternehmen kann, die Menge der erforderlichen Arbeitskräfte und schliesslich die Höhe seiner Betriebskosten ab, die bei der Landwirthschaft gegenüber dem Reinertrage unter allen Verhältnissen so bedeutend sind, dass selbst eine unerhebliche Vermehrung oder Verminderung den Reinertrag un- verhältnissmässig verringern oder aufbessern kann. Ueber die Wirthschaftszeiten sind für die Zwecke der Grundsteuerveranlagung Angaben durch die Veranlagungskommissionen gesammelt worden, welche nachstehend im Auszuge mit einigen Bemerkungen über sonstige klimatische Einflüsse nach den Re- gierungsbezirken zusammengestellt sind. a ee Zn Hagel x R t - b r er e a z e der Herbstbestellung und Gewitter merkungen A. 10. Wintersaat E. 8 bis in die | Hobensteiner Gegend (Oste- | NO-Wind und Dürre werden oft im Frühjahr schädlich. Vege- zweite Hälfte 9. Auf sehr | rode) jährlich Hagel, sonst tationszeit nur 5 Monat. In Neidenburg missräth in der Re- warmen Böden A. 10. selten. Häufiger Regen in gel die Winter- oder die Sommerernte. Die Ausdünstung des der Ernte. An der Alle viele Meeres und der vielen Seen schützt vor Dürre. | Gewitter. A. 1. |E. 8. bis höchstens M. 9. | Hagel im Kr. Pillkallen, Gol- Vegetationszeit nur 4": Monat. Das rauhe Klima schadet der A.bisE.10. Wruk- ken 10. A.10bis11.Wrucken E. 10 u. A.,11: Weizen M.9 gesäet und nicht nach dem 1/10. — Brachbe- stellung im 6 u. 7. In der Niederung kann Winterung bis A. 10 gesäet werden. Auf der Höhe bis E. 9 be- endet. In der Niederung wird die Saat M. 9 begonnen und dauert etwa 3 Wochen. A. 9 bis 1/10. In der Weich- selniederung auch später. Auf der Höhe bis E.9, sonst in der ersten Hälfte 10 be- endet. Mitte in M., Ende in E. abgekürzt. dapp und Oletzko. Gewitter an der Küste, im Kr. Tilsit und Niederung durch Sturm schädlich, häufig. Am Spirdingsee Gewitter u. Hagelwetterziehen nach dem Meere. Nicht erheblich. Gewitter u. Hagel sind längs des Landrückens besonders im Süden des Kreises Lauen- burg nicht selten. Ausbildung der Körner. Eis liegt auf den Masurischen Höhen bis M. und E. 4. Schnee auf den Anhöhen bis A.5. Kalte Luftströmungen herrschen, daher Befallen. In der Roggen- blüthe vom 6/6 bis 20/6 häufig Nachtfröste. Nachtfröste schaden an der Küste weniger als im Innern. Kalte N.- u. O.-Winde schaden den Saaten. Sehr andauernde Regen- wetter verderben oft das Heu und das üppig aufgeschossene Getreide. Im Frühjahr herrschen kalte und ausdörrende NO.-Winde. Gerste und Hülsenfrüchte gerathen auf dem Landrücken nur selten. Sehr kalte NO.-Winde und Seenebel, Fröste. Häufiges Befallen besonders der Erbsen. Tage und kalte Nächte. = späte Heisse Trockene NO.-Winde im Mai. 152 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Prövinzen und Regierungs- bezirke (. Posen. 1. Bromberg 2. Posen. © D. Brandenburg. 1. Frankfurt E. Schlesien. 1. Oppeln 2. Breslau 2. Stettin - . 0. 3. Stralsund. . . » Zeit der Frühjahrsbestellung In den Vorpommerschen Kreisen um E. 3 eingesäet, in Hinter- pommern A. bis M. 4. — Som- merweizen, Frühgerste, Hafer bis M. 5. Kleine Gerste noch später. Sommersaat A. 4 bis E. 5. In Rügen in der zweiten Hälfte 5. M. 4. In Chodziesen auf leichtem Boden A.4. — Kleine Gerste bis M. 6. Auf leichtem trockenen BodenE.3 In den Niederungen und auf den höheren Lagen A. 4 bis M. 4 und bis M. 5 beendet. Um Guben oft schon im 2, sonst in der Ebene A. 3, im Oder- bruche M. 3, auf den höheren Lagen E. 3. Im Warthebruch und Sternberg im 4. Kleine Gerste hier mehrfach bis zum E. 6 gesät. E. 3. Auf dem Fläming M.3. In der Westpriegnitz 4. Im Oder- bruche A. 3. In der Ebene M. bis E.3. Aufden höheren Lagen A. bis M. 4. Auf den wärmeren Böden des Flachlandes bei trockenem Wet- ter A. 3, sonst E. 3. In Fran- kenstein und Trebnitz A. 4 bis M.4. Im höheren Gebirge M. 4 bis gegen E. 5. Zeit der Heuernte 1. Schnitt M.' bis E. 6. 2. Schnitt E. 8 bis M. 9. Klee 1. Schnitt M. bis E. 6. 2. Schnitt im 9. 1. Schnitt M. bis E. 6. 2. Schnitt 9. — Klee dgl. 1. Schnitt M. bis E. 6. 2. Schnitt A. 9. — Klee 1. Schnitt M. bis E. 6. 2. Schnitt A. bis E. 8. 1. Schnitt M.6. 2. Schnitt A. 9. — Klee 1. Hälfte des 6. 1. Schnitt M. bis E. 6. 2.Schnitt E. 8 bisM.9. 1. Schnitt M. bis E. 6. 2. Schnitt E. 8 bis A. 9. Im Havellande E. 9. 1. Schnitt M. bis 24/6. 2. Schnitt E. 8 bis A. 9. dgl.Klee. In Grottkau ist selten vor 6aufergiebiges Grünfutter zu rechnen. 1. Schnitt M. 6. 2. Schnitt E. 9. Eintritt der Roggenernte Im Süden M. 7, sonst E. 7. E. 7. Auf Rügen in der ersten Hälfte 8. Um den 10]7 bis M. 7. Kottbus A. 7, sonst M. 7, um Sorau 8 Tage, im NO. in Bruch und Höhe $ bis 14 Tage später. (Rapsernte 24/6.) M. 7. Im Oderbruch A. 7. Auf dem Fläming und dem meck- lenburgischen Rücken E. 7. (Rapsernte 24/6.) Zweite Hälfte bis E. 7. In den gebirgigen Theilen $ auch 14 Tage später, Im flachen Lande, auch in Strie- gau und Schweidnitz M. 7. In den südlichen Vorbergen und auf dem Trebnitzer Höhenzuge E. 7. In den höheren Bergen A. bis M. 8, Beendigung der Getreideernte A.bisM.9 beendet. Buch- | weizen E. 8. | Bis A.9. Auf Rügen bis M. 9 beendet. Die Sommerung steht im | Osten mitunter bis in den 9 auf dem Felde, sonst E. 8 beendet. In den Niederungen oft 8 Tage bis 3 Wochen spätere Ernte, E. 8 beendet. A. bis M. 8 beendet. A. 8. Auf dem Fläming M. 8, und in der Prieg- nitz E. 8 beendet. Im ÖOderthal um M. 8, sonst A. 9 beendet. In der Ebene A. 8 beendet. In den Vorbergen E. 8. Auf den höchsten Lagen E. 9 und A. 10. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 1 Zeit der Kartoffel- ernte Zeit der Herbstbestellung Hagel und Gewitter Bemerkungen 10, 4.10. A. 10. M.10, auch bisE. 10. Um Potsdam und Berlin schon M.7 bis E. 7 Früh- kartoffeln, sonst 9 bis 10. A. 10. 10. M. 9 bis E. 10, im Süden bis E. 11. — Roggen- u. Weizen- saat M. 9. Raps u. Rübsen M. 8. M. 9 bis M. 10. Brache am 24/6. Wintersaat, Roggen A. 9, Weizen E. 9. A. 9 bis M. 10. In der Spreeniederung wird die Brache schon im 5 ge- stürzt, sonst 6 u. 7. Herbst- bestellung im Bruch M. 8, sonst A. 9 u. bis E. 10. 9 bis 10. Herbstwitterung im ganzen günstig. Wintersaat A.9 bis E. 9, in den Ebenen bis E. 10 beendet. M. 8 bis E. 10. Treten erheblich nur am süd- westlichen Ende des pomme- rischen Landrückens auf Nicht erheblich. Gewitter mit Hagel am Süd- rande d. pommerischen Land- rückens. Ebenso besonders mit Wirbelwinden auf den Höhen im Südwesten von Gnesen. Häufig und heftig im Süden, in den Kreisen Krotoschin und Kroeben. Nicht erheblich. Hagel und Gewitter unbedeu- tend, am heftigsten am süd- westlichen Abhang des Flä- ming und auf dem Südrande des mecklenburg. Rückens. Gewitter u. Hagelwetterziehen am Gebirgeentlang,der Anna- berg wird besonders betrof- fen und das Kohlengebirge um Nicolai. Gewitter ziehen sehr häufig am Gebirge und den Treb- nitzer Höhen hin, auch mit Hagelschlag; dieser ist aber nicht bedeutend, im höheren Gebirge ist er selten, dagegen sind heftige und gefährliche Regengüsse sehr gewöhnlich. | Im Frühjahr häufig Nachtfröste und kalte NO.-Winde. Oestlich der Dievenow besonders kalt; langer Winter und häufige Stürme, welche halbreifes Korn ausschlagen. Im Süden Be- fallen der Früchte, besonders der Erbsen. Klima rauh, häufige Stürme und Nebel. Im Frühjahr späte Kälte durch NO.-Wind. Die Vegetation beginnt im Osten erst in den letzten Wochen des April. Die Höhenzüge des linken Wartheufers sind im Winter sehr kalt, im Sommer sehr heiss und trocken. Spree- und Elsterniederung haben schroffe Wechsel, häufiges Befallen. Im O. trockenes Frühjahr und scharfer NO.-Wind. Auf den Lausitzer Höhen um Spremberg die Vegetation um 14 Tage zurück. Klima günstig, aber im SO. trocken, auf der Höhe im N. in der Vegetationszeit bis um 14 Tage verkürzt. Frostschäden in den östlichen Niederungsgegenden. Auf den Höhen wer- den starke Winde für leichten Boden schädlich. Auf dem Oberschlesischen Rücken reifen Mais und ;Lupine selten. In der südlichen höheren Hälfte der Kreise Leob- schütz und Neustadt können Weizen und Gerste nur wenig gebaut werden. — Das Oberschlesische Kohlengebirge ist sehr rauh, kalte NO.-Winde, viele Niederschläge, späte Nacht- fröste. Die Vegetation ist gegen das Oderthal um 14 Tage zurück. Auch der höhere Theil von Leobschütz ist sehr kalt, man rechnet vom 252. ab noch auf 40 Fröste. Ueberall viel schroffer Wechsel und Befallen. Im Gebirge kann wenig Weizen gebaut werden. Im höheren Gebirge viele Niederschläge, aber von A. 11 bis A.5 Winter und nicht selten Frost im 7. Auch in den niedrigeren Ber- gen häufiges Auswintern des Getreides durch Schneeanhäu- fungen; die Oelfrüchte wintern auch im Striegauer Kreise noch aus. — An den Nordlehnen ist Beschattung, Sturm und Schneefall, an den Südlehnen ausdörrende Hitze und Befallen zu fürchten. Die Grafschaft Glatz leidet durch heisse trockene S.-Winde besonders. Die Trebnitzer Berge sind um 14 Tage hinter Breslau in der Vegetation zurück. 154 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Provinzen F | ß una Zeit | Zeit Eintritt Beendigung unse der Frühjahrsbestellung | der Heuernte der Roggenernte der Getreideernte ezirke | 3. Liegnitz F. Sachsen. 1. Magdeburg . 2. Merseburg 3. Erfurt . 6. Westfalen. 1. Minden 2. Münster 3. Arnsberg . Saat in der Ebene E. 3. Auf den In der Ebene auf Sandboden A.3, Ebene Ebene 3. Höhen A. 4. In der Ebene E. 3. Um Jauer, | Liegnitz, Lauban, Glogau M. 3.4 Auf den höheren Lagen A. 4. | Auf den Bergen im 5 bis 6. Im Elbthale A. 3. Auf den höhe- ren Bergen M.3. Am Harz A.4. Auf der Höhe des Harzes und im Drömling M, 4 bis 5. Mitte 3. Auf schwerem Boden und in der Niederung A.4. Auf den höheren Bergen gegen E. 4 und auf dem Harz und in der Finne A.5 bis M. 5. Erbsen in Halle und im Saalkreise schon im 2. mittlen Höhenlagen A. 4. Auf dem höheren Eichsfelde M. 4 bis5. sonst M. 3. Auf Höhen A. 4. Auf den höchsten Theilen M. 4. — Hafer, Buchweizen bis M. 5. in leichtem Boden A. 3, sonst A. 4 bis M. 4. Tecklen- burger Höhen nach derM. 3. — Buchweizen auf Moorboden 24/6. Im Ge- birge gegen 5. Buchweizen M. 6. Bochum überall A. 3. 1. Schnitt M. 6. 2. Schnitt A.9,. Auf den niedrigen Schnitt E.7 genommen, der zweite, der wegen des Frostes unsicher, im 9. | und 10. Die Wiesen des Hochgebirges werden nur | jedes 2. Jahr im 8. oder 9. geschnitten. — Klee in guten Lagen 1. Schnitt M. 5. 2. Schnitt M. 6. Wiesen 1. Schnitt M. bis E. 6. 2. Schnitt A. bis M.9. Wiesen 1. Schnitt M. 6 bis E. 6. — Kleeschnitt M. 6. 2. Schnitt M. bis E. 9. 1. Wiesenschnitt E. 6. E. 6 bis M. 7. 1. Wiesenschnitt M. 6. Es verdirbt viel Heu durch Nässe. Weidegang E. 5 oder M. 6. 1. Wiesenschnitt E. 6. Im flachen Lande in der zweiten E. 7, in späten Jahren M. 8. In den höchsten Dörfern frühe- stens A. 9, und oft im 9. u.10. wenn schon Schnee auf die stehenden Früchte gefallen ist. Vergeht dieser nicht wieder völlig, so ist die Ernte ver- | loren. Elbthal M. 7. Auf den höheren | Bergen E. 7 bis A. 8. Im ho- | hen Gebirge 8 bis 14 Tage | später. In den Kreisen längs der Elbe M. 7. In den höheren gegen E. 7. Auf den Gebirgen A. 8 und bis M. 8. |E. 7. In den höheren Lagen | 8 bis 14 Tage, auf den Gebir- gen 3 bis 4 Wochen später. ‚In der Ebene letzte Woche 7. Auf den Höhen A. 8. In den höchsten Lagen M. 8. Um den 25/7. Auf leichtem Bo- den 8 Tage früher, auf Klai- boden etwas später. Ebene E. 7. den höchsten gegen E. 8. | Woche des 7. In den Vorbergen | Gebirgen wird der erste | ' Im flachen Lande in der ersten Woche des 8 be- endet. In den Vorbergen in der zweiten Hälfte des 9. In den höheren Ortschaften bis 10. Der Hafer schneit oft ein. Ernte ist M. $, in den höheren Lagen A.9, auf dem Gebirge 14 Tage später beendet. In der Elbgegend A. 8 beendet. Auf den Höhen M.u. E. 9. Ebene bis A. 9 beendet. Auf den Höhen bis M.9. In den Bergen steht häu- | fig noch Mitte 10 Hafer auf dem Felde. Die Ebene endet A.9, die Höhen E. 9. Auf leichtem Boden M. 9. Auf schwerem A. 10. Buchweizen A. 9. Höhen M. 8. Auf | Ebene gegen A.9 bis Ende 9. Höhen M. u. E. 9. Zeit der Kartoffel- ernte 10. M. 9 bis E. 10. Zuckerrüben um Magdeburg M. 9. E. 9 bis M. 10. E. 9 bis M. 10. VL Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Zeit der Herbstbestellung M. 8 bis E. 10. Rapssaat in der ersten Hälfte des 8. Winterung M. 9 bis gegen E. 10. In den ersten Wochen des 9. bis M. 10. "In dem Elbthale oft noch spät im 11. ausführ- bar. Auf den Gebirgen muss sie mit A. 10 beendet sein. In der Ebene M.9. In höhe- ren Lagen gegen E. 9. * Die Höhe E. 8 bis in der ersten Hälfte des 9. Die Ebene im Norden bis E. 10, im Süden bis in den späten 11. Winterung auf dem Klaiboden M. 9, sonst M. 9 bis M. 10. Die feuchte Witterung macht aber die Bestellung in den nassen Niederungen zu Zei- ten unmöglich. Auch verdirbt die Ernte durch Auswach- sen, und das Stroh fault oft. Im höheren Gebirge M. 9 bis M. 10, sonst 10 und bis in den 12. Hagel und Gewitter Gewitter u. Hagel sind dem ganzen Gebirge entlang, be- sonders am Gröditzberge, sehr häufig, und beschädigen die höheren | erheblich durch Hagelschlag u. heftige Güsse an den Früchten, und durch Dörfer Abschwemmung der | Aecker und Zerreissen der Wege und Brücken. Hagel u. Gewitter im ganzen selten, nur die Nordseite des Harzes, Öschersleben und Aschersleben, sowie die Süd- westseite des Fläming leiden darunter. Hagel und Gewitter mässig, am meisten längs der Elbe und am Fläming bei Ortrand u.a. 0. Hagel selten, Gewitter häufig. Siemachen durch Absch wem- mung und in den Flussthä- durch Ueberschwem- Schaden. lern mung Hagel und starke Gewitter sind in den östlichen Bergen ganz besonders häufig und zerstörend. Hagel u. Gewitter nicht selten, besonders heftig auf dem Striche längs der Lippe und am Teutoburger Walde hin. Gewitter auch Hagel, beson- ders aber starke Regengüsse in den südwestlichen Gebir- gen und bis Wittgenstein häufig. Durch Abschwem- | mungen nachtheilig. Bemerkungen In den Vorbergen des Riesengebirges kann auf den Bergrücken kein Wintergetreide gebaut werden. In der Nähe wenig Weizen wegen des Rostes. Kartoffeln werden auf den höch- sten Dörfern wenig gebaut, weil sie nur bei einem günstigen Herbste gedeihen. — Das Riesengebirge ist durch 8 Monate mit Schnee bedeckt, der in den nördlichen Schluchten im Gegen E. 5 wird das Ge- birge in der Regel noch bis an den äussersten Fuss einige Male mit frischem Schnee bedeckt. Der Frühling tritt 14 Tage bis 3 Wochen später und der Winter 14 Tage früher als im flachen Lande ein. In der Nähe rauhe Luftströmun- gen, Nebel und starke Temperaturwechsel. — Im flachen Lande sind Sprottau und Rothenburg rauher als die übri- gen Kreise. Sommer selten ganz schwindet. Auf dem Harz sehr reiche Vegetation auch auf ungünstigem Boden wegen der Niederschläge, am Fusse ist wegen.schroffen Temperaturwechsel Befallen häufig, auch im Drömling. Günstiges Klima an der unteren Elbe. Auf der Höhe des Harzes und in den Flussthälern der Elster und Saale ist Befallen häufig. Auf den hohen Lagen des Eichsfeldes erreicht das Winter- getreide wegen kalter Niederschläge im Herbst oft nur Noth- reife. Um Beneckenstein und Sorge ist nur der Anbau von Sommerroggen, Hafer und Kartoffeln statthaft. In den Fluss- thälern treten besonders für Weizen und Erbsen schädliche Thaue ein. Auf den Höhen des Eichsfeldes und der Hain- leite ist wegen der Temperaturwechsel Befallen häufig. Auf den SO.-Höhen von Paderborn kann der Hafer sehr oft nicht eingebracht werden, weil der Winter vor der Reife eintritt. Im N. beginnt die Vegetation auf Sandböden E. 3, auf Lehmböden im 5, Haarrauch 1/4—1044. Im O. befallen die Früchte wegen raschen Temperaturwechsels in den Thä- lern. Sehr feucht. Höhenrauch. In der Emscher und Boyer Niederung kommen oft noch sehr spät, selbst bis in 6. Nachtfröste vor. Im 5. und 6. Haar- rauch über das ganze Land. Klima feucht, günstig für Gras- wuchs, aber weniger für die Körnerbildung. Späte Nacht- fröste. Befallen häufig. Auf den Höhen von Brillon gedeihen keine Winterfrüchte. In der böchsten Region nur isländisch Moos und Knieholz. Winter auf den Höhen von A. 11. bis in den 4. In Wittgen- stein Nachtfröste in allen Jahreszeiten bis zu 100—120 Fuss über der Thalsohle. Nebel im Spätherbst und Frühjahr. Haarrauch. 156 Provinzen und Regierungs- bezirke H. Rheinprovinz. 1. Düsseldorf 2.Köln ... 3. Aachen . . 4. Koblenz 5. Trier. . einer Frist, welche 10 Monate umfasst. Zeit der Frühjahrsbestellung Saat in der Ebene E. 3. Auf den Höhen A.4. Buchweizen M. 5. In der Ebene A. 3, Gemüse oft im 2. Auf der Höhe A.4. Ein- saat M. 4 bis A. 5. M.bis E.3. Auf den schlechteren Höhen und nässeren Lagen A. 4. Auf dem hohen Venn M. 5. In der Ebene E. 3 oder A. 4 be- endet. Auf den Höhen M. 4 be- gonnen. Hafer M. 4 gesät, an- dere Sommerfrüchte A. 5. In der Ebene A. 3, bei günstiger Witterung schon in der zweiten Hälfte 2. Auf den Hängen M. 53 Auf dem Plateau A. 4. Kartof- feln und Buchweizen A.5. Kein Frühjahr, auf der Höhe folgt dem Winter schroff Sommerhitze. Zeit der Heuernte Die Wiesen der Niederung werden meist nur im 6. oder auch im 4., 3. oder 2. Jahre zwischen E. 6 und A. 7. geschnitten, die übrige Zeit aber mit Vieh beweidet. 1.Schnitt M.6. 2. Schnitt A. 9. — Klee 1. Schnitt A. 6. 2. Schnitt E. 8. 1. Wiesenschnitt E. 6 bis A. 7. 2. Schnitt E. 8 bis M. 9. 1. Schnitt A. 7. 2. Schnitt M. 9. — Klee 1. Schnitt E. 6 bis M. 7. 2. Schnitt 25/8. 1. Schnitt E. 6. bis A. 2.Schnitt E.S bis M. — Klee in Wetzlar 1. Schnitt A. 5; sonst 1. Schnitt E. 5. 2. Schnitt in der zweiten Hälfte 7. a 1. Wiesenschnitt E. 6. 2. Schnitt im 9. Eintritt der Roggenernte In der Ebene M. 7, sonst E. 7. In der Ebene M. 7. Auf den mittlen Gebirgen E. 7. Auf den Höhen A. 8. In der Ebene M. bis E. 7. Auf den höheren Lagen A. bis M. 8. Um Malmedy im hohen Venn A.9. In der Ebene M. 7. Auf den Höhen 14 Tage bis 3 Wochen später. In Ahrweiler auf den Höhen 4/8. In der Ebene von Trier und Saarbrück A. 7. Auf den Hän- gen M. 7. Auf der Höhe E. 7. bis A. 8 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. Beedigung der Getreideernte In der Ebene A. 9 beendet. Auf den Höhen M. 9. Auf der Ebene in der zweiten Hälfte des 8. In den höheren Theilen 3 bis 4 Wochen später be- endet; auch erst E. 9. Bis M.8. Auf den Höhen bis E.9. Auf dem hohen Venn M, 10 und später. Bis A.9. Auf den Höhen 14 Tage bis 4 Wochen später. Dauert in der Ebene bis M. 8. Auf den Hängen bis M.9. Auf dem Hoch- plateau bis E. 9. Die gesammte wirthschaftlich nutzbare Zeit, deren Eintheilung in den einzelnen Bezirken nach der Uebersicht genügend verständlich wird, verkürzt sich danach für den Nordosten und die ihm gleichstehenden höheren Gebirgslagen, wie es auch die oben mitgetheilten Nachweisungen [d u. c] über die Frosteintritte und die Tagesmittel über 5 Grad Reaumur bestätigen, auf etwa 4". Monat und erweitert sich allmählich bis zu Dabei sind in den wärmsten Gegenden selbst in dem übrigen Theile des Jahres Feldarbeiten nicht gänzlich ausgeschlossen, während in den kältesten die Frist scharf abschneidet, und keine Gelegenheit bleibt, durch Vor- arbeit oder durch Nachholungen Versäumnisse wieder gut zu machen. Dieser Zeitunterschied wird den nordöstlichen Landestheilen nothwendig in hohem Grade fühlbar. Zeit der Kartoffel- ernte T————————— nn ne A. 10. A. bis M. 10. E. 9 bis A. 10. In der Ebene bis gegen 11. Auf den Höhen M.9 bis 10. Saat sehr spät in den Boden. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 157 Zeit der Herbstbestellung Auf der Höhe nach der M. 10 beendet, sonst kann das ganze Jahr gepflügt werden, wenig- stens bis spät in den 12. und der in der Ebene im 12. ge- säete Roggen missräth we- niger leicht, als der im 11. gesäete. j In der Ebene kann die Be- stellung bis M. 12 fortgesetzt und schon M. 2 wieder be- gonnen werden. Im Gebirge A.9 bis E. 10. Wintersaat M. 9 bis A. 10. Weizen bis zum 11. Auf der Höhe Roggen A. 9. In der Ebene 3 bis 4 Wochen später. Weizen bis gegen 11. In der Ebene kann mit der Wintersaat bis in den 10, selbst gegen 11 gewartet wer- den. Die Höhe muss E. 3 oder A. 9 einsäen, die Hänge E.9. Auf der Eifel sehr we- nig Bestellzeit, viel Arbeit und Gespann nöthig. Hagel und Gewitter Gewitter und Hagel ziehen an den Höhen von Südwest her, oft sehr heftig bis zur Ueber- schwemmung, Hagel ist aber häufiger in der Ebene, als auf den Höhen. Hagel selten, Gewitter selten heftig, ziehen nach Nordost an den Höhen. Hohe Venn ist von Gewit- ter und Hagelschlag, heftigen Sturmwinden und Wolken- brüchen in hohem Grade heimgesucht, der Nordhang bisnachJülich leidet darunter. Hagel selten, Gewitter verur- sachen an der Westseite von Eifel und Westerwald in Adenau und Ahrweiler Ab- schwemimungen. Die Thäler von Prüm u. Eux und Kellerthal leiden häufig vom Hagel. Die vielen Ge- witter verursachen das Ab- schwemmen des abhängigen Landes u. bedecken die nach Südwest offenen Thäler und Hänge nachtheilig mit Geröll. Bemerkungen Oestlich von Solingen ist Anbau von Weizen und Gerste bis auf geschützte Stellen ausgeschlossen. — Im N. und in Kleve sehr feucht, Vegetation oft zu üppig, Lagern in Kleve. — Auf die wärmeren Rheinweiden wird das Vieh oft schon in der zweiten Hälfte des 4. getrieben. Im Kreise Rheinbach am SW.-Hange der Eifel sind Roggen, Weizen, Gerste und Hülsenfrüchte sehr unsicher. — Eifel- und Sieggebirge sind sehr rauh und haben schroffe Wechsel in Hitze. Eifel sehr rauh, feucht, graswüchsig, bis in 6. Nachtfröste. Mittle Höhen leiden von kalten NO.-Winden und die Winterung muss nicht selten ausgeackert werden. Schroffe Wechsel bringen Mehlthau. Mäusefrass ist häufig. Auf den Höhen Höhenrauch und Honigthau. In den Thälern ist der Ostwind gefährlich. Auf der Höhe kommt Auswin- tern wegen kalter Winde, im 5. noch Schnee und Nachtfrost, auch schon im 9. Nachtfrost vor. Auf dem Plateau können nur in geschützten Lagen Roggen, Weizen und Erbsen, sonst nur Hafer, Kartoffeln und Heide- korn gebaut werden. Das Klima in den Thälern ist sehr günstig; auf den Höhenlagen des Plateaus aber sehr rauh. Winter vom Oktober bis April. Noch im Mai und Juni Nachtfröste oder doch kalte N. und O.-Winde, und Nebel, welche Reif geben und die Vegetation tödten; Erfrieren der Obstblüthe; Auswerfen der Saat; kurze Bestellzeit; Eintritt schroffer Hitze; kein Frühjahr. Ueberall in den Regierungsbezirken Gumbinnen, Königsberg, Danzig, zum grossen Theil auch Marienwerder und Köslin weicht die Winternässe spät, und es tritt dann sehr rasch hohe, austrocknende Hitze ein; der günstige Augenblick für die Frühjahrs- bestellung muss sorgsam abgewartet werden und unter allen Verhältnissen kommt die Es folgen sich dann schnell Bracharbeit, Heuernte und Getreideernte, und die Winterung muss schon im August, spätestens Mitte September untergebracht sein, damit sie sich noch vor dem mit Beginn des Oktober eintretenden festen Froste genügend bestocken kann; sie hat sonst keine Aussicht, den harten Winter zu ertragen. Es fällt deshalb die Winterbestellung mit der Ernte aller Getreidefrüchte völlig zusammen, und in der Erntezeit, überhaupt durch den ganzen Herbst, wird das Bedürfniss an Menschen und Gespannkräften so gross, dass es nur schwer und kostspielig 458 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. und um so weniger genügend zu befriedigen ist, weil es auf weiten Landstrecken gleich- mässig empfunden wird. Alle Thätigkeit muss auf das Nöthigste berechnet und nach dem Bedürfnisse des Augenblicks verwandt werden. Die Brachhaltung erscheint, auch wo sie der Boden nicht fordert, unumgänglich. An Meliorationsarbeiten ist fast gar nicht zu denken. Mit dem überaus schnellen Verlaufe des Sommers verknüpft sich der lange und strenge Winter. Die Wirthsehaft hat sehr bedeutende Wintervorräthe nöthig. Das Vieh muss so lange trocken im Stalle ernährt werden, dass es erforderlich ist, alles Futter, wel- ches im Sommer gewonnen werden kann, für den Winter aufzusparen. Die Thiere, selbst das Zugvieh, werden desshalb im Sommer möglichst auf Weiden getrieben und verlieren an ihrer Nutzung. Dabei sind besonders grosse Scheunen- und Bodenräume und die Stallungen für das starke Gespann zu bauen und zu unterhalten; alle Gebäude aber müssen wegen des Winters gut verwahrt sein und nutzen sich in jedem ihrer Theile schnell ab. Die Arbeiter werden im Verhältniss zu ihrer Lebensweise um so theuerer, als sie für die lange Zeit der Beschäftigungslosigkeit Fürsorge zu treffen haben. Meist müssen sie als dauernd gemiethetes Gesinde oder Jahresarbeiter gehalten werden. Auch sie fordern Wohnung. Für jeden Einzelnen wird warme Kleidung und für alle Wohn- räume sehr viel Feuerung nöthig. Die Wintertage sind äusserst kurz *). Abfuhr der Produkte und Anfuhr der Materialien ist im Sommer nicht ausführbar, im Winter- wetter und bei schlechten Wegen aber sehr erschwert und kostet viel Geräth und Geschirr. Die ganze Wirthschaft ist theuer, jede neue Unternehmung schwierig und dadurch jede Erweiterung der Kultur von besonderen Betriebskräften und besonderer Energie abhängig. Dieses Bild der unleugbaren Nachtheile des nördlichen Klimas trifft in den meisten Zügen auch für die Gebirge zu. Ueber letztere sind in der Uebersicht einige nähere Angaben enthalten. Offenbar haben aber die Gebirgshöhen vor den Verhältnissen der nördlichen Landstriche den bedeutenden Vorzug, dass sie in den benachbarten Thälern und Ebenen Hülfsmittel finden, die jenen nicht zu Gebote stehen. Für die südlicheren und tieferen Lagen gestalten sich alle die gedachten ungünsti- gen Bedingungen der Wirthschaftsführung mit der erweiterten Wirthschaftszeit zum Besseren um, und wenn sich auch mit diesem klimatischen Vortheile verschiedene schwer zu sondernde Vorzüge in den Boden-, Absatz- und Bevölkerungsverhältnissen verknüpfen, so zeigt sich in ihm doch die vorzugsweise Wichtigkeit der Zahl der warmen Tage im Frühjahr und Herbst. Nothwendig verbreitet sich der wirthschaftliche Einfluss derselben auch auf weitere Beziehungen, als auf die Landwirthschaft allein, Zunächst wird davon der Handel betroffen. Im Norden unterbrieht der Winter einen grossen Theil des Handelsverkehrs. Die Schlittenbahn bietet keinen genügenden Ersatz für die sonstigen Hemmnisse, Die Oertliehkeiten, in denen sie zu einem ganz sicheren, andauernden, von Wind und Thau- wetter so wenig gefährdeten Kommunikationsmittel wird, dass der grössere Verkehr *) Der längste Tag hat unter dem 5o. Breitengrade zwischen Sonnenauf- und Unter- gang ı6 Stunden g Minuten, unter dem 55° 17 Stunden 7 Minuten; der kürzeste aber unter dem 50° 7 Stunden 5ı Min,, unter dem 55° nur 6 Stunden 53 Min. Nach den Aequinoktien hin gleicht sich die Tageslänge aus. Die längere Dauer des Sommertages im Norden, welche allerdings für Wärme und Vegetation sehr einflussreich wird, kann durch Arbeit nicht aus- genützt werden. VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. 159 auf sie rechnen kann, sind, wie die Extreme der Wärme zeigen, auch in der Provinz Preussen sehr beschränkt. Ihre Nutzbarkeit kommt erst im russischen Norden zur Geltung. Zudem ist ihr die Chaussirung der Strassen hinderlich, welche als für Herbst und Frühjahr nothwendiges Bedürfniss mehr und mehr Ausdehnung gewinnt. Die Flüsse des Staatsgebietes sind im Winter überall mit Eis bedeckt. Selbst der Rhein ist nur in besonders warmen Jahren frei. Je mehr nach Nordosten aber, desto eher endet jeder Schiffsverkehr, und desto später ist an eine Wiedereröffnung zu den- ken. Der Eisgang der Memel findet erst im späten März, der der Weichsel und Oder um Mitte März statt. Auch die Seehäfen der Ostsee schliessen sich im Winter. Von den alt- preussischen hat nur Memel den Vorzug, dass es in der Regel von der See aus zu- gänglich bleibt, vom Lande aus aber unterliegt es denselben Schwierigkeiten, wie die benachbarten. Wo also nicht Eisenbahnen bestehen, müssen die Produkte im Winter lagern, verur- sachen Speicher- und Arbeitskosten, und können erst spät in Geld umgesetzt werden. Mit dem Handel leidet aber im Norden auch alle Industrie, weil sie zum Theil im Winter in der Art ihrer Arbeit erschwert wird und höhere Kosten hat, jedenfalls aber im Bezuge und in der Abfuhr nicht in der gleichen Weise frei ist, wie im Süden. Ebenso muss der nachtheilige Einfluss, welchen eine lange Winterzeit auf Land- bau, Handel und Gewerbe ausübt, auch in den gesammten Lebensverhältnissen der Bevölkerung geltend werden. Für kaum 6 Breitengrade lässt sich nicht sagen, dass das nördlichere Klima gefähr- licher für die Gesundheit, nachtheiliger für Geist und Körper sei, als das südlichere, so wenig als man sicher behaupten kann, dass es zu grösserer Kraft und Abhärtung führt. Eine Bevölkerung, welche genöthigst ist, sich wegen der Strenge des Winters in Kleidung und Wohnung sehr warm zu verwahren, wird darin im Frühjahr und Herbst eher zu weit gehen, weil alle Mittel und Einrichtungen dafür vorhanden sind; Bewohner wärmerer Landstriche dagegen mit milden Wintern werden sich für die kalte Zeit in Haus und Anzug leicht zu wenig versorgen und dadurch mindestens nicht mehr verweichlicht werden. Aber die Bedürfnisse des Nordens sind bei gleichen Ansprüchen an das Leben entschieden grösser und schwerer zu befriedigen, und unzweifelhaft erleichtern sich auch mit dem wärmeren Jahresverlaufe der Witterung in steigendem Verhältnisse die Lebens- erhaltung und der Lebensgenuss. So haben also wenige Grade der Wärme und ihre Abstufung nach Süd oder West in der Region, in der Preussen klimatisch belegen ist, nicht blos für die Ent- faltung der Pflanzenwelt entscheidendes Gewicht, sondern es verknüpfen sich damit die eingreifendsten Fragen des Volkswohlstandes in einer Weise, die in der That aus den Wärmetabellen eine Stufenleiter für Hauptbedingungen der bürgerlichen Gesell- schaft macht. Glücklicherweise aber können wir sagen, dass, wenn unser Klima schon den allgemeinen Verhältnissen nach eigenthümliche Vorzüge und an keinem Orte für das animalische oder vegetative Leben besonders ungesunde oder gefährliche Erscheinungen zeigt, es im Vergleich mit den übrigen Theilen der bewohnten Erde für das bürgerliche und staatliche Leben der Nation mit noch viel höherem Recht als ungewöhnlich günstig zu bezeichnen ist. Es stellt schon gegen die nächst benachbarte südlichere Zone gehalten 460 VI. Klimatische Lage, Witterungsverhältnisse, Einfluss auf die Landwirthschaft. allerdings sehr starke Anforderungen an ernste wirthschaftliche Arbeit, und steigert diese Anforderungen je nach Verhältniss der gedachten Abstufung der Wärme bis zu einem Grade, der an Strenge nur in sehr wenigen der höheren Kultur noch nutzbaren Landstrichen überboten wird, aber es gewährt gleichwohl in allen, selbst den rauhesten Oertlichkeiten sichere, selten getäuschte Hoffnungen lohnender Erfolge, und bildet dess- halb eine glückliche Grenze nach Norden, auf der sich der Mangel an Milde noch reichlich durch den volkswirthschaftlichen Gewinn eines weit über den allgemeinen Durchschnitt hinausgehenden Anreizes zur Energie und Intelligenz ersetzt. vn. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Die Gesteine oder Gebirgsarten, die Grundlage aller Bodenbildung, treten auf dem vom preussischen Staate eingenommenen Theile Mitteleuropas in den beiden scharf ausgeprägten Formen des Berglandes und des Schwemmlandes auf. Das Schwemmland ist dasjenige Gebiet, welches in einer der Gegenwart noch verhältnissmässig nahe liegenden Zeit vom Meere bedeckt gewesen ist und als Meeresboden seine letzte Gestalt erhalten hat. Das Bergland besteht aus Erhebungen, die von diesen jüngeren Ueberfluthungen nicht erreicht worden sind. Der Charakter beider Gebiete ist wesentlich verschieden, denn im Berglande zeigen sich die Gesteine der älteren geologischen Bildungen in fester Beschaffenheit und ursprünglicher Verbindung; sie treten entweder als Felsmassen zu Tage, oder sind nur von einer aus ihnen selbst durch den Einfluss der Atmosphäre und der Vegetation hervorgegangenen Schicht von Zersetzungsprodukten bedeckt; auch die Thäler sind nur von dem Schutte und den aufgelösten Massen der benachbarten Höhen, soweit Einsturz, Wasser, Gletscher oder andere örtliche Kräfte einzuwirken ver- mochten, erfüllt. Das Schwemmland dagegen besteht überall aus mächtigen Ablagerungen loser Massen, aus Sand, Lehm, Thon, Kies und Gerölle, in denen sich zwar die einzelnen Bruchstücke fester Gesteine noch bis zu einer gewissen Grösse ihrer ursprünglichen Gebirgsart nach unterscheiden lassen, in ihrer Mischung und Schichtung aber ausser allem Zusammenhange mit den früheren Lagerstätten nur nach dem Einflusse der wechselnden Schlämmungen, Strömungen und Stauungen theils des Meeres, theils der Binnengewässer geordnet sind. Die Grenze beider Gebiete fällt nicht genau mit der im Abschnitt IV. bezeichneten zwischen dem Gebirgslande und der Ebene zusammen, Die Hauptketten der Gebirge zeigen zwar überall anstehende ältere Gesteine; in den Vorbergen aber treten solche nur innerhalb einer Linie auf, die von den Beskiden ausgehend den Öberschlesischen Landrücken bis in die Gegend von Pitschen einschliesst, Boden d, preuss. Staats. 11 462 VU. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. von dort über Brieg, Strehlen, Liegnitz und Rothenburg zur Elbe in die Gegend von Mühlberg, dann über Leipzig, Köthen, Magdeburg, Kalvörde und Hannover nach Minden und von da über Kappeln, Rheine und Vreden nach Duisburg und Mastricht läuft. Buchtenartig tritt das Schwemmland auch innerhalb dieser Linie noch in die tieferen Stromthäler ziemlich weit hinein, so in das Oderthal bis gegen Oderberg, in das Elstergebiet bis Zeitz, in das gesammte Gebiet der oberen Ems und Lippe zwischen den Teutoburger Wald und den Haarstrang, und endlich in das Rheinthal bis Siegburg, Bonn und Eschweiler. Die Höhen ausserhalb des angegebenen Grenzzuges aber bestehen in grosser Mächtigkeit aus denselben losen Massen, wie die Ebenen, und nur an wenigen ganz vereinzelten Punkten, meist in grosser Tiefe, sind anstehende Gesteine von unbekannter Verbreitung aufgefunden worden. Unsere wissenschaftliche Kenntniss des Berglandes ist bei weitem genauer, als die des Schwemmlandes. Seit A. G. Werner gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die systematische Mineralogie und die Geognosie insbesondere begründete, welche die einzelnen Gebirgsarten unterscheiden und nach ihren räumlichen und Lagerungsverhält- nissen zusammenordnen lehrte, hat diese Wissenschaft eine überaus grossartige Entwicke- lung gewonnen und als eine tief in alle Gebiete der Naturanschauung eingreifende Er- weiterung die Geologie geschaffen, welche die Bildungsgeschichte der Erdrinde als eignen Zweck erfasst. Obwohl aber der Fortschritt der Untersuchungen in einem grossen Theil der festen Gesteine nach Entstehung und Bestandtheilen nur das Schwemmland früherer Perioden erkannte und dadurch die Phänomene auch des jüngsten mehr und mehr erheb- liche Wichtigkeit erlangten, musste die Forschung doch vorzugsweise den Bildungen zu- gewendet bleiben, die durch ihre feste und ursprüngliche oder doch ältere Lagerung am leichtesten auf Unterscheidungen und Feststellungen ihrer Natur und ihrer gegenseitigen Beziehungen führten und eine genauere örtliche Abgrenzung und Vergleichung gestatteten. Desshalb sind die auch den landwirthschaftlichen Gesichtspunkten nutzbaren, praktischen Hilfsmittel, welche die Bearbeiter der Geognosie und Geologie für Vergleichungen der Bodenbeschaffenheit und für die Kenntniss der örtlichen Verbreitung ihrer Unterschiede herstellten, fast auschliesslich auf die festen Gesteine und das Bergland bezogen. Von geognostisch-geologischen Spezialkarten sind folgende neuere vorhanden: a. Für die westlichen Provinzen: Geologische Karte der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen von H. v. Dechen, nach der Gradabtheilung der Generalstabskarte, in 35 Blättern (Berlin, Simon Schropp u. Comp.) nebst einem 1866 besonders erschienenen Uebersichtsblatte. b. Für Sachsen: Geognostische Karte des Königreichs Sachsen und der angrenzenden Länderabthei- lungen von ©. F. Naumann und B. Cotta, Dresden 1846, ız Blatt, mit dem Anhange: Geognostische Karte von Thüringen von B. Cotta, 4 Blatt. C. Predigers Karte vom Harzgebirge, "soooo, 4 Blatt, geognostisch kolorirt von. Fr. Ad. Roemer, 1865. Geologische Karte der Provinz Sachsen von Magdeburg bis zum Harz von Jul. Ewald, 4 Sekt. im Masstabe von Yıooooo (1867 2 Blatt erschienen). Die seit 1863 von Professor E. Beyrich begonnene geologische Kartirung der Süd- seite des Harzes und des Eichsfeldes in 25000 auf den Messtischblättern der Generalstabskarte (vgl. o. S. ız), welehe gegenwärtig vom Königlichen Ministerium VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 163 des Handels lithographisch publizirt werden. Mit der geologischen Zeichnung wer- den 5 bis 10 dieser Blätter im Winter 1867/68 erscheinen. Für je 20, welche das Unter- nehmen von 1868 ab jährlich in Aussicht nimmt, ist ein Uebersichtsblatt zu erwarten. ce. Für Schlesien: Geologische Karte von dem Niederschlesischen Gebirge, bearbeitet von E. Beyrich, G. Rose, J. Roth und W. Runge, g Blatt, Berlin 1860— 1863. j Geognostische Karte von Oberschlesien, entworfen von R. v. Carnall, 2 Blatt. Flötzkarte des Steinkohlengebirges in Oberschlesien von J. C. Mauve I, Breslau, ıg Blatt mit ı Uebersichtsblatt und Erläuterungen. Geognostische Karte von Oberschlesien von Ferd. Römer, im Auftrage des Mini- steriums für Handel etc. auf Grund spezieller Detailaufnahmen, "ıoo0o0o, ı2 Blatt. 1867 4 Blatt erschienen. d. Für das gesammte Bergland des Staates finden sich an Spezialkarten nur ältere: Geognostische Karte vom nordwestlichen Deutschland in 24 Blättern von Fr. Hoff- mann, Berlin 1829, und deren Erweiterung: Geognostische Karte von Sachsen, Schlesien, einem Theile Böhmens und der Rheinlande, in 5o Blättern, Berlin 18336. (Auf den Blättern der Reymann’schen Karte aufgetragen.) Geognostische Karte von Deutschland und den umliegenden Staaten (Leopold v. Buch) in 42 Blättern, Berlin 1833. Uebersichtskarten sind vorhanden: v. Dechen, Geologische Karte von Deutschland, Berlin 1839. Neue Aufl. 1867. Geognostische Uebersichtskarte von Deutschland, der Schweiz und den angren- zenden Ländertheilen von H. Bach, Gotha, J. Perthes 1855. e. Für das Schwemmland bestehen bis jetzt Spezialaufnahmen geognostischer Natur nur in sehr beschränktem Massstabe. Die erste derartige Arbeit war: Die geognostische Karte der Umgegend von Berlin von R. v. Benningsen -Förder mit Erläuterungen, Berlin 1843. Später folgten: E. F. Glocker, 2 Karten zur geognostischen Beschreibung der preuss. Oberlausitz mit Text, 1857. Berendt, Die Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg in der Umgegend von Potsdam, 1863. An Bearbeitungen, welche sich im Sinne der vorliegenden Darstellung unter den Gesichtspunkten der Bodenkultur an die Oertlichkeit anschliessen, sind zu nennen: B. Cotta, Deutschlands Boden, sein geognostischer Bau und dessen Einwirkungen auf das Leben der Menschen, 1354. Die Darstellung der geognostischen Beschaffenheit und der nutzbaren Mineralien von v. Dechen in v. Viebahn’s Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands, Berlin 1858, Bd. I. Buch I, Abschn. 2 u. 3, wo auch ein ausführlicher Nachweis der Literatur gegeben wird. Als die erste systematische Entwickelung von speziell agronomischem Standpunkte aber: Fr. A. Fallou, Pedologie oder Bodenkunde, Dresden 1862. Zahlreiche monographische Bearbeitungen über einzelne Landestheile, und Nach- weise über die einschlagende Literatur finden sich ferner in: der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Berlin, seit 1849; dem neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde von C. v. Leonhard und N. G. Braun, Stuttgart, seit 1930; 11° 164 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. dem Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde von C. J. B. Karsten, 1829— 1854. Neue Reihe von Karsten und v. Dechen 1855. Eingehende Bearbeitungen des Schwemmlandes bieten: H. Girard, Die norddeutsche Ebene, Berlin 1855. Das nordeuropäische Schwemmland von Rud. v. Benningsen-Förder, Berlin 1863. Monographische Bearbeitungen über Sand, Schlick und ähnliche Gebilde enthält ausser den angeführten Zeitschriften: Die Zeitschrift für Bauwesen, Berlin seit 1851. Die Verbreitung der Gesteine nach ihrem geologischen Charakter. a. Bildungen des Berglandes. Das Gebiet der festen Gesteinsmassen umfasst in Preussen, wie gezeigt ist, die Sudeten mit dem oberschlesischen Kohlengebirge, ferner das Erzgebirge, den Thüringer- wald und Harz mit dem grossen, zwischen ihnen ausgebreiteten Thalbecken, nördlich des Harzes die Gegend der Elm und des Huywaldes bis gegen Neuhaldensleben, endlich alle rheinisch-westfälischen Gebirge, Westerwald, Eifel, das Sauerland, die Weserketten und einen grossen Theil der hügeligen Ebene des Münsterlandes. Die Darstellung der Höhenverhältnisse hat schon darauf hingedeutet, dass die eigenthümlich gradlinig und in gleichen Winkeln gegeneinander laufende Stellung der Hauptgebirgsketten auf eine Folge von der Zeit und Richtung nach verschiedenen Hebungserscheinungen zurückgeführt wird *). Als die älteste dieser Hebungen wird die von SW. nach NO. gerichtete des niederländischen Gebirgssystems betrachtet, welcher Eifel, Westerwald und alle rheinisch- westfälischen Gebirge bis zu den Weserketten angehören, und deren Spuren sich auch vielfach im Erzgebirge wiederfinden. Die Art, wie die Schichten des Steinkohlengebirses längs den Rändern dieser Erhebung gehoben, die des Rothliegenden dagegen wagerecht abgelagert sind, lässt darauf schliessen, dass die Erhebung vor der Bildung des Rothliegeuden beendet gewesen ist. Das hebende Gestein tritt in keinem dieser Gebirge zu Tage. Die Masse derselben besteht aus mächtigen Schichten von Grauwacke und Thonschiefer, welche den innern unbekannten Kern überlagern. Indess finden sich unter den Auswürflingen des Laacher Sees Brocken von Granit, Gneuss und anderen granitischen Gesteinen, welche das Anstehen solcher Massen unter der Grauwacke erweisen **). Als die nächstfolgende Erhebung wird die von N. nach S. gerichtete der mittel- rheinischen Gebirge, des Schwarzwaldes und der Vogesen mit Odenwald, Spessart und Rhön oder des rheinischen Systems betrachtet, welche sich nördlicher im Sollinger- walde und anderen Theilen der Weserketten verfolgen lässt. Sie ist während und *) Die Darstellung folgt ‚der angeführten Bearbeitung von Dechen’s in v. Viebahn Bd. I. p. 614. — Vgl. oben Abschn. IV. S. 79 fi. *) Vgl. Wolf im 3. Heft der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft für 1867. VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 165 nach der Bildung des Buntsandsteins mit besonderer Kraft wirksam geworden und hat schwächer noch in den folgenden Formationen fortgedauert. Im Süden sind bei ihrer Hebung bedeutende Granit-, Gneuss- und Syenitmassen zu Tage getreten; nördlicher dagegen, namentlich auch im Sollinger Walde, ist die Decke des Buntsandsteins nicht mehr durchbrochen. Die nächst spätere, von SO. nach NW. laufende Hebung des Sndetensystems hat den nördlichen Verlauf der früheren Gebirgsbildungen in hohem Grade verändert. Nach dem allgemeinen Gesetz dieser Hebungen, wonach sich die jüngeren als die energischeren erweisen, hat sie ganz Mitteldeutschland in ihren Bereich gezogen. Die gesammten Sudeten, das Lausitzer und das Erzgebirge, der Böhmerwald, das Fichtel- gebirge und der Thüringerwald, endlich der Harz mit dem Kyffhäuser und der Schmücke auf der einen und dem grössten Theil der Weserketten auf der anderen Seite gehören ihr an. Sie ist bis zu dem Ende der Kreideformation in Thätigkeit gewesen. Ueberall in den bezeichneten Gebirgszügen ist Granit, Gneuss und Porphyr in mächtigen Massen hervorgebrochen, nur in den Weserketten ist auch bei ihr der Buntsandstein die oberste Decke geblieben. Später, erst in der jüngeren Braunkohlenzeit, trat die letzte Hebung, die des Alpensystems ein, welche um ihren hohen granitischen Kern auf beiden Seiten alle späteren Formationen und namentlich auch die Braunkohlenkonglomerate zu Höhen wie den Rigi aufgeworfen hat. Sie berührt das preussische Gebiet nur im Süden von Hohenzollern. — Das Auftreten dieser Granit- und Porphyrmassen wird entweder als ein eigentlicher Ausbruch aus dem Erdinnern, oder als das Resultat von Senkungen der anstossenden, mehr oder weniger ausgedehnten Landstrecken angesehen. Bei beiden Bildungsarten des Gebirgskernes müssen überall längs der Durchbruchsspalten der gedachten, un- geschichteten Ernptivgesteine die geschichteten oder Sedimentgesteine, welche im wesent- lichen unbestritten Ablagerungen aus dem Wasser sind, in der Folge, in der diese Ablagerung stattgefunden hat, entweder als Kanten der gehobenen Schichten zu Tage treten, oder doch, wenn sie verschüttet sind, aufgedeckt und beim Bergbau gefunden werden können. ‘ Der Wechsel und die Lage dieser Schichten bestimmen den geognostischen Charakter des Gebirges. Längs ‚der Sudetenkette zeigt sich, soweit dabei preussisches Gebiet berührt ist, die gesammte Folge der Sedimentformationen zwar sehr zerstreut, doch ziemlich vollständig. Devonische Grauwacke und Kulmschichten treten von dem Zusammenflusse der Oppa und Oder längs des Abhanges des Altvatergebirges bis in die Nähe von Neisse, ebenso in der Grafschaft Glatz am Eulengebirge, ferner zwischen Landshut und Lähn, und in geringerer Verbreitung bis Lauban und Görlitz auf; Steinkohlengebirge findet sich bei Hultschin; Zechstein bei Schönau und Löwenberg; Muschelkalk bei Krappitz und Bunzlau; endlich Quadersandstein zwischen Löwenberg, Bunzlau und Naumburg a./B. und vereinzelt auch bis hinter Kohlfurth, Kreideschichten aber liegen zwischen Goldberg und Schönau. Das von der Grafschaft Glatz bis nach Waldenburg ausgedehnte, niederschlesische Kohlenrevier gehört dieser Folge nicht an, sondern liegt in einer, von der Südwest- seite des Gebirges meerbusenartig eintretenden Mulde, welche ausserdem von Roth- 466 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. liegendem und von den bekannten, durch Porphyrmassen unterbrochenen Quader- sandsteinen der Heuscheuer und anderen Kreidebildungen erfüllt ist. Der gesammte Nordostabhang des Sudetenzuges ist in seinen Schichtenlagen durch die Reste älterer, der mittelrheinischen Hebung angehöriger Granite und nicht beträchtlich jüngerer Gabbro- und Serpentinmassen gestört, welche ziemlich weit ver- breitet in Mittelschlesien in den bedeutenden Kuppen des Zobtens und Rummelsberges zu Tage treten. Später in der Tertiärzeit sind auch Basalte durch die Spalten ge- drungen und haben die kleinen, aber schroffen und äusserst zahlreichen Kegel gebildet, die sich vom Annaberge bis tief nach Sachsen verfolgen lassen. Das Gebirgs- land ist dadurch ausgebreiteter und dem landschaftlichen Reize nach abwechselnder geworden. Jenseit des Oderthales liegt inselartig aus dem Schwemmlande hervortretend auf unbekannter Grundlage das bis in grosse Tiefen verfolgte Oberschlesische Steinkohlen- gebirge, überdeckt von Muschelkalk, Keuper und Jura. Der Muschelkalk reicht von Krappitz bis über Krakau hinaus und nördlich bis Siewierz. Keuper und Jura ziehen sich von Polen her über den gesammten ober- schlesischen Landrücken nach Rosenberg, Landsberg und bis gegen Schildberg. Ueber dem Muschelkalk in der Nähe des Annaberges lagert an den Öderufern bis über Oppeln hinaus die mittle Kreide als Plänerkalkstein, Auf der Absenkung des Lausitzer Gebirges, soweit sie Preussen berührt, setzt sich von der Tafelfichte in der Richtung des Harzes bis gegen Mühlberg der Granit von Porphyr- und Melaphyrmassen begleitet und durchbrochen von Basaltkuppen fort. Den Eruptivmassen schliessen sich zunächst aufgekantet oder überlagernd der Grauwacke zugehörige ältere Bildungen an; dem schroffen Nordostabfall des gesammten Sudeten- systems entsprechend sinken aber die Schichten der Sedimentgesteine sehr bald zur Tiefe und sind von mächtigen Diluvialablagerungen verschüttet. — Das weite Becken zwischen dem Erzgebirge, dem Thüringerwalde und dem Harze ist auf allen Seiten von Eruptivgesteinen begrenzt. Im Erzgebirge haben sie als Granit, Granulit, Syenit und Porphyr eine sehr grosse Verbreitung und reichen bis über den Lauf der Zwickauer Mulde hinweg. Im Thüringerwalde tritt der Granit von mächtigen Porphyr- und Melaphyrmassen begleitet in der Nähe des Inselsberges und in der Exklave Schleusingen auf. Im Harz bildet er den starken, massigen Kern des Brockens, der mit einem eigenthümlich gleich- mässigen und zusammenhängenden, als Hornfels bezeichneten Mantel aus älteren, durch Erhitzung oder Infiltration modifizirten Sedimentgebilden umschlossen ist. Zwischen Harz und Erzgebirge endlich sind um Gernrode und am Kyffhäuser kleinere Granit- hebungen und an mehreren Stellen, besonders aber um Halle, bedeutende Porphyr- massen durchgebrochen, welche die Verbindung mit den bis in die Nähe von Leipzig herantretenden Eruptivgesteinen des Erzgebirges andeuten und das gedachte Becken schliessen. In das Innere des letzteren sind, wie schon erwähnt, Braunkohlen- und Diluvial- massen südlich von Leipzig etwa bis Naumburg, Zeitz und Glauchau eingedrungen. Von den festen Gesteinen lagern in der Mitte des weiten Thalkessels als jüngste Schicht Keuperbildungen, welche zwischen Mühlhausen, Kindelbrück, Eckartsberga und Arnstadt sehr grosse Verbreitung haben. Von diesem Mittelpunkte aus hat man nach allen Seiten dieselbe Folge älterer Schichten, wenn auch in verschiedener VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 467 Ausdehnung, zu überschreiten, um zu den bezeichneten granitischen Höhen zu ge- langen. Zunächst schliesst sich an den Keuper Muschelkalk an, der die ebeneren Lagen im Westen bis Eisenach und Heiligenstadt, im Norden bis Sondershausen mit einem schmalen Striche von Heldrungen nach Eckartsberga und Kösen, im Osten aber bis nahe an die Saale ausfüllt und im Süden bis Stadt-Ilm, Liebenstein und Ohrdruff reicht. Den weiteren Kreis bildet der Buntsandstein, der sich vom Werrathal über das Eichsfeld zwischen Heiligenstadt, Duderstadt, Nordhausen und Sondershausen und am Abfall des Kyffhäusers zu beiden Seiten der Unstrut ausbreitet, das Saalethal um Weissenfels und Naumburg, und die Gegend zwischen Naumburg, Zeitz und Saalfeld einnimmt. Endlich umschliesst noch der Zechstein, der durch seine geringe Ausbreitung und die aufgekantete Stellung seiner Schichten schon überall den Fuss der höheren Gebirgshebungen bezeichnet, das gesammte Becken. Von ihm aus steigt nach dem Erzgebirge und dem Frankenwalde eine breite Decke versteinerungsleerer, der Grau- wacke zugerechneter Thonschiefer, Sandsteine und Kalkmassen an. Sie umfasst den Osten der Exklave Schleusingen und den grössten Theil des Vogtlandes mit dem Kreise Ziegenrück. An den Höhen des Thüringerwaldes lagert Rothliegendes und Steinkohlen- gebirge. Auch am Harz und Kyffhäuser steigt das Gebirge vom Zechstein zum Roth- liegenden, dann zur Steinkohle und endlich zur Grauwacke und den Urschiefern auf, bis es in Porphyr und Granit den höchsten Rand des Kessels wieder erreicht. — Jenseits der Brockengranite am Nordabhange des Harzes haben die aufgerichteten Schichten keine grosse Verbreitung. Es zeigen sich nur einige schmale Ränder von Bunt- sandstein, von Muschelkalk und von Lias, darauf folgt sofort Quadersandstein und Kreide, dann Braunkohlenbildungen und Diluvium. Weiter nördlich aber hat im SW. von Nenhaldensleben eine lang gestreckte Porphyr- und Melaphyrhebung nochmals die Folgereihe aller genannten Schichten zu Tage gebracht. Von Magdeburg bis Walbeck findet sich desshalb Grauwacke, Roth- liegendes und Buntsandstein, westlicher bis gegen Braunschweig Muschelkalk, Keuper und Lias; nach Süden ist die Buntsandsteinbildung, in der hier die Stassfurther Salzmassen in weiter Verbreitung eingebettet sind, bis zum Anschluss an die Harzschichten verfolgt. Sie ist zwischen Wanzleben und Stassfurth von Muschelkalk und Braunkohle überlagert, tritt rechts der Bode wieder an die Oberfläche, und erstreckt sich gegen SO. bis zu dem Steinkohlengebiet von Löbejün, welches die Porphyre von Halle gehoben haben. — Die geognostischen Verhältnisse der westlichen Provinzen sind durch die breite Entwickelung der Grauwacke und des Grauwackenschiefers in den um Eifel und Wester- wald gruppirten Theinisch-westfälischen Gebirgsmassen bestimmt. Die Haupterhebung, die sich weit in die Ardennen fortsetzt, liegt, wie dargestellt, zwischen dem Ederkopf bei Laasphe und der Schneeeifel bei St. Vith. Einen kürzeren und schmäleren, wenn auch zum Theil höheren Parallelzug bildet südlicher der Taunus, Hunsrück und Hochwald. Nördlich gehören rechts des Rheins alle Gebirgslagen bis auf etwa 2 Meilen Entfernung von der Ruhr, also das Rothhaargebirge, die Ebbe und die Sauerländischen Berge, links des Rheins die Hohe Veen bis Eupen und Eschweiler zu derselben Bildung. Sie nimmt also eine Fläche von über 40o DMeilen ein. Das ganze Gebirgssystem ist rechtwinklich auf seine Erhebungsrichtung vom Rhein- thale durchbrochen, und dieses hat sich vom Siebengebirge bei Bonn rheinab zu einem tiefen und ziemlich breiten Einrisse erweitert, in welchen sich mächtige Braunkohlen- und Diluvialmassen eingelagert haben. 468 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Zwischen den gedachten Parallelzügen von Westerwald und Eifel, und Taunus und Hunsrück liegt ein Gebiet bedeutender späterer Erschütterungen. Im NO. von Koblenz sind weit verbreitete Dolerit-, Basalt- und Trachytmassen zum Durchbruch gekommen, die sich nordwestlich bis zum Thüringerwalde erstrecken, und denen auch der Meissner angehört. Weniger bedeutend treten sie links des Rheins auf. Hier aber findet sich um den Laacher See zwischen Brohl, Andernach, Kettich, Mayen und Kempenich auf einer Fläche von ziemlich genau 4 DMeilen ein Schauplatz lebhafter und verhältnissmässig noch junger vulkanischer Thätigkeit. Die Höhen sind fast ohne Ausnahme feuerflüssig empor getriebene Trachytkegel, welche entweder verschlossen geblieben sind, oder sich zu mehr oder weniger umfangreichen Kratern geöffnet und Lavaströme oder Bimsstein- massen ausgeworfen haben. Als der grösste und wirksamste dieser Krater wird der Laacher See betrachtet, der über eine Meile im Umfang hat, und um den noch gegen- wärtig starke Gasexhalationen stattfinden. Der Boden ist mit mächtigen Schichten nuss- grosser Bimssteine und vulkanischer Asche meilenweit bedeckt. Vom Laacher See aus zieht sich durch das ganze Brohlthal ein Strom weichen vulkanischen Tuffes, der in über 100 Fuss hohen, von den Tageswässern ausgespülten und von der Industrie zur Öement- fabrikation abgearbeiteten Wänden ansteht. Die Lava wird ihrer ausserordentlichen Härte und Dauer wegen zu Mühlsteinen und zum Bau gebrochen. — Der Nordrand der rheinischen Grauwackengebirge fällt in wenigen, ziemlich schmalen und parallel verlaufenden Gesteinsfolgen zur Ebene ab. Rechts wie links des Rheins findet sich nur Kohlenkalk, Steinkohle und Steinkohlensandstein, die in der Linie Meschede, Iserlohn, Elberfeld, Eschweiler und Eupen beginnen und schon am Haarstrang und bei Aachen von Quadersandstein und Kreide bedeckt werden. Um Aachen ist auch die Kreide nur von geringer Verbreitung. Es schliesst sich bald Braunkohle an sie an, auf welche über Heinsberg hinaus nur Diluvium folgt. Dagegen gewinnen Kreide und Quadersandstein bedeutende Ausdehnung längs des Haarstranges von Ruhrort bis Soest und Paderborn, sowie nördlich in dem gesammten Münsterlande von Hamm bis Rheine und westlich bis zur holländischen Grenze. Die Kreide bildet hier ein weites Becken, welches zwischen Rheine, Hamm und Paderborn vom Diluyium erfüllt ist, längs des Fusses des Teutoburgerwaldes von Paderborn bis Rheine aber in einem schmalen, jedoch ununterbrochenen Rande wieder zu Tage tritt, Die Hügelketten des Teutoburgerwaldes steigen von diesem Kreiderande aus über- all ziemlich steil über weitverbreiteten Lias zu Muschelkalk und einzelnen Partieen von Buntsandstein auf. Bei Ibbenbüren treten unter der Liasbildung mächtige Stein- kohlenflötze zu Tage. Jenseit des Teutoburgerwaldes und der Egge bis gegen die Wiehenkette und die Porta hat Keuper ein grosses Gebiet. Um Pyrmont tritt Buntsandstein und Muschel- kalk aus ihm hervor, sonst nimmt er das gesammte Thal ein und wird nördlich wie süd- lich von Lias begrenzt. Die höchste Höhe des Wiehengebirges und der rechtsseitigen Weserketten wird über dem Lias von einer schmalen, aber auf dem gesammten Hügelzuge fortlaufenden Schicht des jüngeren weissen Jura gebildet, an diesen lehnen sich nördlich in geringer Verbreitung Wealdenschichten. Alles Entferntere ist nur Diluvium. — An dem entgegengesetzten südlichen Rande des rheinischen Grauwackengebirges tritt auf der Linie von Bingen bis Merzig scharf abgeschnitten Kohlengebirge und Rothliegendes auf. Das Kohlengebirge ist besonders entwickelt. Es reieht von Kreuznach VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 4169 und dem Donnersberge als seiner östlichen, bis Nonnweiler und Saarlouis als seiner west- lichen Grenze. Porphyr- und Melaphyrmassen durchbrechen es an zahlreiehen Stellen. Die bauwürdige Kohle liegt besonders im Saarthale von Saarbrück bis gegen Saarlouis; dort schliesst sich der Buntsandstein, dann der Muschelkalk an, und in dem Thale der Mosel und zwischen ihren von der Eifel her nach Süden strömenden Zuflüssen findet sich auch Keuper und zuletzt der Lias von Luxemburg eingebettet. — Hohenzollern liegt tief im Süden auf dem südöstlichen Abfall des Rheinischen Systems quer über dem breiten Rücken des Schwäbischen Jura. Auf dem Südabhange die- ser Höhe lagert bis gegen Sigmaringen die mittlere Braunkohlenbildung des Alpensystems; das schwache Zwischenglied der jüngsten Braunkohle ist in Hohenzollern verschwunden; das Plateau zwischen Sigmaringen und Hechingen bildet der Kalk des weissen Jura; um die Burg Hohenzollern zeigt sich die schmale Kante von oolithischem Jura, welche längs des Nordrandes der schwäbischen Alp hervortritt; Hechingen liegt im Lias, dann folgt als jüngstes Glied der Trias eine unbedeutende Keuperschicht, und Haigerloeh mit dem oberen Neckarthal steigen schon zum Muschelkalk des Schwarzwaldes auf. b. Bildungen des Schwemmlandes. Die weite Fläche des Schwemmlandes gehört trotz ihrer Einförmigkeit mehreren, charakteristisch unterscheidbaren und der Zeit nach auf einander folgenden, geologischen Gestaltungen an. Die Hauptgrundlage ihrer Bodenmassen ist in der grössten Verbreitung den jüngeren Braunkohlenbildungen zuzurechnen. Diese Formation kennzeichnet sich durch bedeutende Massen plastischer Thone, blauer und gelber Letten, von Mergelknollen durchsetzter Lehme, und Mergel- und Walkererden, ebenso durch mächtige Schichten feinen weissen, fast glashellen Schlief- oder Quellsandes, auch gelben, eisenschüssigen Grobsandes und endlich gröberer Kiesbänke, welche durch die geringe Grösse und be- deutende Abrundung der Gerölle und ihre vorherrschend reinen, oft durchscheinenden Quarzmassen weithin einen gewissen gleichmässigen Charakter haben. In diesen Schichten liegen ziemlich häufig bauwürdige Flötze von Braunkohle eingebettet, höchst verbreitet aber kleinere Lagen von geringerer oder ganz unbedeutender Mächtigkeit, und in vielen Oertlichkeiten einzelne Stämme oder Bruchstücke bituminösen Holzes. Es giebt in der norddeutschen Ebene wenige Landstriche, in denen nicht an der Oberfläche, oder in einer gewissen Tiefe, theils bei Brunnen- und anderen Bauten, theils’bei den allgemeiner gewordenen Bohrversuchen die Braunkohlenformation nach- gewiesen worden wäre, Dass diese Braunkohlenschiehten auf älteren Sedimentgesteinen ruhen, lässt sich mit naheliegender Wahrscheinlichkeit annehmen. Die Orte aber, wo solche Gesteine vorgefunden worden sind, sind sehr vereinzelt und beschränkt. Die ältesten treten in dem mächtigen Maschelkalklager von Rüdersdorf bei Berlin auf. Diese Kalkmassen stehen etwa 150 Fuss hoch am Ufer des Krien- und Kalksees zu Tage. Der Spiegel des Kalksees hat 109 Fuss Meereshöhe. Die Schichten streichen ungefähr von Nordost gegen Südwest und fallen mit zo Grad Neigung gegen Nordwest unter das Schwemmland ohne Mittelglieder ein. Die Mächtigkeit des Lagers ist zu- sammen auf 340 Fuss ermittelt, darunter sind bis zu goo Fuss Schichten des oberen Buntsandsteins erbohrt worden. Spuren des Buntsandsteins sind an keinem weiteren Punkte des Schwemmlandes aufgefunden, Muschelkalk aber hat sich auch bei Altmersleben 470 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. auf dem sogenannten Werder nördlich von Kalbe in der Altmark und weit im Osten bei der Fundamentirung des Eisenbahnviaduktes von Terespol an der Ostbahn gefunden. Gyps, der eine dem Muschelkalk verwandte Stelle in der Trias einnimmt, aber auch in jüngern Schichten vorkommt, ist in starken Lagern in der Mark 6 Meilen süd- westlich von Rüdersdorf bei Speerenberg, und im Osten in ähnlicher Lage gegen Terespol in dem sogenannten Gypsberge von Wapno, 5 Meilen südwestlich von Bromberg, so- wie in der Höhe, auf welcher die Stadt Inowraclaw erbaut ist, aufgefunden worden. Von jüngeren Gesteinen treten Juraschichten bei Kammin in Pommern und auf der Linie von dort bis zu dem 4 Meilen südlicher gelesenen Schwanteshagen zu Tage. Ueber ihnen liegen nördlich und südlich von Kammin bei Dobberpfuhl und bei der Heringspackerei an der Ostseeküste, sowie auch westlich bei Wollin, Massen weisser Kreide, welche sich in Spuren über Usedom fortsetzen und die gesammte Nordosthälfte der Insel Rügen einnehmen. Sie zeigen hier ihre Mächtigkeit und ihre Neigung sehr charakteristisch, denn sie steigen am Vorgebirge Arkona bis zu 545 Fuss über die See empor und sind schon um Puttbus und Trent in etwa 200 Fuss Seehöhe vom Diluvium wieder gänzlich verdeckt. Es liegen also die nördlichen dieser Fundstellen älterer Schichten in der Hebungs- richtung des mecklenburgischen, wie des pommerischen Landrückens am Ostfusse der höchsten Ansteigungen. Auch im Osten des preussischen Landrückens treten auf dem Kurischen Plateau Kreidebildungen und weiterhin an der Windau Jurakalke auf. Ebenso finden sich Gyps, Muschelkalk und Kreideschichten westlich, am Ufer der Elbe bei Lübtheen und bei Lüneburg. Es ist desshalb allerdings zu vermuthen, dass sie sich in grösserer Tiefe allgemeiner unter der Braunkohle des norddeutschen Schwemmlandes verbreiten. — Ueber den Braunkohlenbildungen liegt das Diluvium, theils flach, theils in grosser Mächtigkeit als breite Decke, oder als Füllung von Mulden und Spalten und angehäuft zu nicht unbedeutenden Hügeln. Es charakterisirt sich auf dem Gebiete unserer Betrachtung durch Thon, Mergel, Lehm, Sand und Geröllmassen, welche zwar denen der Braunkohle ähnlich sind, als wesent- lichen Unterschied von den analogen Gebilden der letzteren aber eine merklich geringere Zerreibung, Verwitterung und Auslaugung der Gesteinsbestandtheile zeigen. Während sich im Braunkohlengebirge fast nur die festen Kieselmassen der Urgesteine in selten mehr als faustgrossen Brocken, und auch als Sand ganz überwiegend nur die oft bis zum feinsten plastischen Staube zerriebenen Quarze erhalten haben, Thon und Mergel- massen aber ebenso fein ausgewaschen in derben Schichten zusammenlagern, finden sich in der Regel in allen Formen des Diluviums, auch im diehten Thon, noch unverwitterte, wenigstens mikroskopisch erkennbare Granit- und Gneussstückcehen mit ihrem Feldspath-, Hornblende- und Augitgemenge; der Glimmer tritt selbst im feinen Schwemmsande in deutlichen Blättchen, der Quarz vielfach in Splittern auf, und alles deutet darauf hin, dass die zerstörenden Kräfte an diesen Gesteinen, der Vermuthung entgegen, verhältniss- mässig nur kürzere Zeit wirksam gewesen sind, als an denen der Braunkohlenform. Allerdings ist vorläufig höchstens für die einzelne Oertlichkeit die Grenze beider Bildungen mit einer gewissen Sicherheit zu behaupten, bei den im allgemeinen gleichen geologischen Bedingungen aber, denen seit der Braunkohlenzeit das Becken des nord- deutschen Tieflandes unterlegen haben muss, lässt sich erwarten, dass dafür genügende und übereinstimmende Anhaltspunkte aufzufinden sein werden. Man darf nach den bis jetzt gemachten Beobachtungen annehmen, dass, während die Tertiärperiode wesentlich nur VII. Das Auftreten der Gesteine undähre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 4741 die Zerstörungsprodukte älterer Sedimentgesteine in ihren Bereich zog und unter Bil- dung grosser Vegetationsmassen umlagerte, dem norddeutschen Diluvium durch den Gang der geologischen Ereignisse auch beträchtliche Massen bis dahin festgelagerter, erst in Verwitterung übergehender Eruptivgesteine zugeführt wurden. Dieser Gesichtspunkt findet eine nähere Stütze in den sogenannten erratischen Gesteinen oder nordischen Findlingen, welche als eine charakteristische Eigenthümlichkeit des Diluviums vom Argonnenwalde bis zum Quellgebiete der Dwina mit Ausnahme weniger, vielleicht zeitweise geschützter Lagen überall und in allen Niveauhöhen in demselben verbreitet sind’*). Es sind dies Gesteinsbrocken von Faustgrösse bis zu ıooo Üentner und mehr Schwere, deren Ursprung in den granitischen Gebirgsmassen der Kiölen und ihrer Vor- berge durch die völlige Uebereinstimmung der Gesteine hinreichend erwiesen ist, und welche für eine so bedeutende Wanderung eine verhältnissmässig äusserst geringe Ab- schleifung der Kanten und einen kaum begonnenen Zustand der Verwitterung zeigen. Man nimmt desshalb an, dass sie durch Gletscher von den nördlichen Gebirgen zum Meer bewegt, mit dem Eis nach Süden geschwommen und beim Schmelzen desselben auf ihre Fundstelle niedergefallen sind. Dies erklärt auch die gleichmässige Zerstreuung über Höhen und Tiefen, die Zwischenlagerung in allen Schichten und die dammartige Anhäufung auf einigen fortlaufenden Strandlinien. Die Zahl dieser Steinbrocken ist so gross, dass sie häufig, wo seit alter Zeit Forst oder Heide ohne Anbau bestanden hat, dem Neulande unverhältnissmässige Kulturschwierigkeiten entgegenstellen. Auch in den Ackerlagen finden sie sich noch überall trotz der seit Jahrhunderten fortgesetzten Klärung und des grossen Ver- brauches zu Haus- und Wegebau an der Oberfläche, oder doch in geringer Tiefe. Wo der Acker nicht sehr überwiegend aus Sand oder aus zähem Lehm besteht, sondern milde ist und leicht erweicht, sinken die mittelgrossen Stücke soweit, als die Frühjahrsnässe und die Wurzeln der Sommerpflanzen reichen, in den Boden ein, und es bildet sich bei ı bis 2, auch 3 Fuss Tiefe ein allen Unebenheiten der Oberfläche folgendes, schwaches, einem Steinpflaster ähnliches Lager, zwischen dem sich die aus dem Oberboden aussinternden, zeolithischen Massen als zäher Lehmkitt festsetzen. Die meisten der Findlinge bestehen aus Granit, zum Theil aus sehr grobkörnigem und ziemlich leicht verwitterndem. Mehr im Osten, besonders auf der Nordseite des preussischen und pommerischen Landrückens, finden sich aber auch Kalkbrocken in solcher Verbreitung, dass sie zusammengelesen und zu Bau- und Düngekalk gebrannt werden. — Lehm, Lehmmergel und Sandschichten von in sich gleichartigem Charakter haben oft eine sehr weite Verbreitung. So bedeckt ein magerer, sandiger, aber ziemlich fester und durch grossen Eisengehalt rothgefärbter Lehm (sogenannter Sprocklehm) die meisten Höhenlagen und Hügelkuppen des preussischen Landrückens und breitet sich nördlich bis gegen das Frische Haff und südwestlich über die Höhen an der oberen Netze, auch vereinzelt im Süden der Warthe bis Meseritz aus. Unter demselben findet sich meist ebenso gleichmässig tiefer Grobsand, welcher da zu Tage tritt, wo die Lehmdecke weggespült ist. *) Vergl. Ferd. Roemer: „Ueber die Diluvialgeschiebe von nordischen Sedimentär- gesteinen in der norddeutschen Ebene“, in der Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellsch. Bd. XIV. Heft 3. 472 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Auf dem pommerischen Landrücken ist den hohen Lagen von Bütow bis Dram- burg ein sehr kalkreicher Mergel eigenthümlich, welcher auch im Osten der grossen Sandmassen der Tucheler Heide längs der Ostbahn zwischen Kotomiers und Czerwinsk in grosser Verbreitung wieder auftritt. In der Umgebung von Potsdam *), in der tiefsten Mulde zwischen dem mecklen- burgischen Landrücken und den Vorbergen der Sudeten und des Harzes wird zu den untersten Schichten des Diluviums ein weit verbreitetes Lager von derbem, verhältniss- mässig leicht in Wasser zerfallendem, braunem, blaugrauem oder gelblichem Thon mit einem meist beträchtlichen, doch zo pCt. nicht übersteigenden Gehalte an kohlen- saurem Kalk und einer grösseren oder geringeren Beimischung von feinkörnigem Quarz- sand und Glimmerblättchen gerechnet, zwischen denen sich rothe Feldspathkörnchen und schwarze oder schwarzbraune Braunkohlentheilchen bemerkbar machen. Geschiebe finden sich in dieser Thonschicht gar nicht, wohl aber in dem braunen Thon Bernsteinkörn- chen und bis handgrosse Braunkohlenstücke, in dem gelblichen aber hohle, vorwie- gend aus Kalk bestehende Konkretionen, und sehr unregelmässig gestaltete Mergel- knollen von '/; bis 3 Zoll Grösse, welche von vielen kleinen Rissen durchsetzt sind und, wie sich annehmen lässt, als Reste von Wurzelfasern, feine oder stärkere Fäden umschliessen. Diese Thonmasse ist zwar vielfach zusammengeschoben oder aufgequollen, so dass sie wellenförmig theils in die Tiefe sinkt, theils zu beträchtlicher Höhe an- steigt und sich der Oberfläche nähert, anscheinend aber ist sie ursprünglich in ebener Lage abgelagert, und die Schichten des zunächst darauf liegenden feinen, dem Form- sand ähnlichen Glimmersandes, sowie des gröberen, noch erkennbar granitische Bruch- stücke enthaltenden Spathsandes folgen diesen Wellen in ersichtlichem Parallelismus, bis sie zu Tage treten, oder sich allmählich ausgleichen. Die Oberfläche bilden meist jüngere von Geschieben erfüllte Sandmergel, oder gemischte Sandmassen, welche theils grob, theils feinkörnig, auch lehmführend und eisenschüssig sind, dagegen durchaus keine Kalkbestandtheile besitzen. Im Gegensatz zu solchen gleichmässiger verbreiteten Vorkommen zeigen andere ausgedehnte Strecken des Schwemmlandes einen sehr grossen Wechsel in der Schich- tung. Sehr häufig sind Lehm, Grand und verschieden gefärbte Sandlager in Nestern und ungleichen, wellenförmigen Bändern von wenigen Schritt Länge und wenigen Fuss Höhe mit der grössten Unregelmässigkeit durcheinandergeworfen, so dass man darin die Wirkung heftiger Wellen erkennen darf. Der Einfluss der Meereswellen ist zwar bis in Tiefen von über 5oo Fuss nachgewiesen **), besonders kräftige Spuren aber müssen überall auf geringere Wasserhöhe, auf Strand- oder Flachwasser hindeuten. Im allgemeinen unterliegen alle Bildungen des Schwemmlandes nothwendig dem- selben Gesetz, aus dem man hoflen darf, zu grösseren Aufschlüssen über dieselben zu gelangen. Mit Ausnahme der organischen Reste und etwa der Kalkausscheidungen, die im Meere durch Pflanzen und Thiere stattfinden, gehören alle Schwemmlandmassen der Einfluthung und Einschlämmung vom Festlande an. Alles aber, was dem Meere an Geröll und Schlamm zugeführt wird, kann nur so weit getragen werden, als irgend eine Stoss- kraft, sei es die des ausströmenden Binnenwassers und der in Sturm und in Fluth *) Die Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg v. G. Berendt. Berlin 1863. *) Aime und Siau in Poggendorfis Annalen 1842 Bd. 57, S. 584 u. 598. (Aus Annal. de chim. et phys. S. IH. T. V. pag. 417 und T. I. p. 118.) — E. H. und W. Weber, Die Wellenlehre auf Experimente gegründet. Leipzig 1825. VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 173 und Ebbe bewegten Brandung, oder sei es die der eigenen Strömungen des Seewassers, in genügendem Grade wirksam bleibt. Steingeschiebe von gewisser Schwere werden desshalb an dem zur Zeit bestehenden Strande liegen bleiben, in einer weiteren Zone wird sich der gröbere, in einer noch weiteren der feinere Sand absetzen, und endlich werden nach dem Zeugniss jedes Schlemmapparates die feinsten Thontheile in beruhigtem Wasser zu Boden sinken und eine mehr oder weniger zähe Lehmschicht bilden. Alles dieses wird gleichzeitig geschehen, aber bei einem allmählich abfliessenden Meere zu verschiedenen Zeiträumen an verschiedenen Orten. Darin findet die wechselnde Folge der Ablagerungen, aber auch zugleich die Unsicherheit ihre Erklärung, wie weit es zulässig ist, aus gleichen Massen, oder selbst aus zusammenhängend fortlaufenden Schieh- ten auf völlige Gleichzeitigkeit der Bildung zu schliessen. Die Höhen, bis zu denen das Diluvium nachgewiesen ist, schwanken am Nordost- rande der Sudeten zwischen r 800 und ı 000 Fuss Seehöhe. Es spricht niehts dafür, dass das Meer von so hohem Niveau plötzlich abgeflossen sei, eine allmähliche Hebung des jetzigen Festlandes ist wahrscheinlieher. Welches aber auch die Ereignisse waren, die das Zurückweichen des Wassers bedingten, die Unebenheiten des Bodens waren jedenfalls so gross, dass dabei zunächst nieht unbeträchtliche Binnengewässer, ausge- dehnte Seen und Sümpfe von ungleicher Höhenlage stehen bleiben, und sich zwischen ihnen Wasserläufe von verschiedener Stärke und Gefällhöhe ausbilden mussten. Einer solchen Uebergangszeit werden gewisse Umwandlungen und Umlagerungen zugeschrieben, für welche andere Bedingungen, als die des offenen Meeres, wirksam gewesen sein müssen. Verschiedene Besonderheiten in der Terrainformation, in der Gestalt der Hügel und Stromthäler werden aus ihrem Einflusse erklärt. Von Boden- arten aber werden auf sie besonders gewisse bedeutende Ablagerungen tiefer, gleich- mässiger Lehmmassen zurückgeführt, welche keine erratischen Geschiebe, wie das darunter liegende eigentliche Diluvium zeigen, auch nicht die feinere Schichtung haben, welche durch allmähliche Ablagerung aus den Strömen erzeugt wird, und die desshalb als massenhafte Zusammenschlämmungen aus höher liegenden Gebieten erscheinen. Sie finden sich in bedeutender Höhenlage und Mächtiskeit an verschiedenen Stellen, an denen sich grössere Binnengewässer aufstauen konnten. Der durch seine Fruchtbarkeit bekannte Kujawische Boden, der aus einem mit Sand gemischten, mergeligen, feinen Lehme besteht, lagert im Weichselgebiete längs des Südabhanges des preussischen Landrückens bis zu ungefähr 400 Fuss Meereshöhe durch das polnische Kujawien und durch den preussischen Kreis Inowraclaw, auch bis zu demselben Niveau nördlich von Bromberg und im Kulmerlande. Sein hoher Kalk- gehalt weist auf die Verbreitung des Jura an der oberen Weichsel hin. Im Oderthal, an der Südseite des Trebnitzergebirges, finden sich Lager eines bis in grosse Tiefe gleich bleibenden Lehmes, der, der Beschaffenheit der Sudeten ent- sprechend, vorzugsweise thonig ist. Auch gewisse Lehmbildungen in der Uckermark und Priegnitz scheinen ähnlichen Ursprungs. Am untern Rhein und an der Saale bildet der sogenannte Löss, der als eine Abschwemmung der nahen Grauwackengesteine angesehen wird, in Schluchten und an Hügelhängen ähnliche, von jedem erratischen Gestein freie Massen über dem Geröll und Sande des Seebodens. Diese Lehmniassen und alle sonstigen auf das Zurücktreten des Diluvialmeeres zurückgeführten Ablagerungen werden in der Regel noch dem Diluvium zugerechnet. — 474 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Die jüngsten Bildungen, welche sich durch die Wirkungen des gewöhnlichen Niederschlagwassers genügend erklären lassen, und die ähnlich auch auf dem Festlande jeder früheren Periode auftreten mussten, bezeichnet man für die gegenwärtige als Alluvium. Das Alluvialland bildet sich durch die Ansammlung der in den fliessenden Ge- wässern fortgeführten, theils schwimmenden, theils auf dem Grunde rollenden Sinkstoffe und Geröllmassen. Es füllt die Thalsohlen, Niederungen und Seebetten und erhöht den Meeresboden an der Mündung der Ströme. Diese Einschwemmungen sind nur sehr allmähliche. Sie beginnen in den kleinsten Wassergräben, die auf Berg oder Ebene zusammenlaufen, erdige Stoffe aufnehmen und bei ruhigerem Laufe -wieder fallen lassen. So weit der Bereich der Tageswässer geht, werden solche Bodentheile immer wieder in kleinen Brocken weggerissen, und ehe sie zum Meere oder in Lagen gelangen, in denen sie die Strömung nicht mehr erreicht, an den verschiedensten Stellen längere oder kürzere Zeit abgesetzt. Die auf diese Weise bewegten Massen sind gleichwohl sehr beträchtlich, und gewissermassen befindet sich ein grosser Theil der Niederungen in fortdauernder Wanderung. Die Elbe führt, wie oben gezeigt worden, auf 5 ooo Kubikfuss Wasser r Kubik- fuss feste Masse mit sich, ungerechnet den im Grunde treibenden Sand. Wird die durchschnittlich abfliessende Wassermasse aller preussischen Ströme auf 100 000 Kubikfuss in der Sekunde angenommen, so wird nach diesem Massstabe jährlich allein an schwimmendem Schlamm '/; Million Schachtruthen oder die 6zöllige Ackerkrume von einer Achtelquadratmeile ins Meer geführt. Die volle Wirkung zeigt sich in der Bildung der Flussthäler. Selbst mässige Flüsse sind in der Region des Schwemmlandes von mehreren Ufer- terrassen oder Stufen auf beiden Seiten des Wasserlaufes begleitet. Die obersten und ältesten liegen bei den grösseren Strömen oft einige Meilen auseinander; sie sind steil, häufig von nicht unbeträchtlicher Höhe, und zwischen den jüngsten und tiefsten bewegt sich der Fluss in eigenthümlichen Schlangenlinien, in denen er bald die eine, bald die andere‘ Seite des Thales erreicht. Auch wo er zeitweise eine grade Richtung hat, zeigt jede genauere Karte die Spuren solcher alter, verlassener Stromschlingen, Diese sogenannten Serpentinen entstehen durch oft nur geringe Hindernisse, die sich dem Strome entgegenstellen; die Ablenkung, die der Stoss des Wassers erfährt, erzeugt eine, wenn auch anfangs kleine, nach und nach aber immer ausgedehnter an- wachsende Kurve, in der die Strömung mit grosser Gewalt wendet und ihre Richtung auf das entgegengesetzte Ufer erhält. Dem Schwingungsgesetz entsprechend müssen sich diese Kurven nach aussen erweitern, nach innen einander immer mehr nähern, bis sie sich berühren und der Stromlauf im Durchbruch wieder die Mittelrichtung gewinnt, von der er bald von neuem abweicht. Im Verlauf der Zeit folgen auf diese Weise Serpentinen in grösserer Anzahl auf einander, jede senkt sich tiefer ein, und Uferreste und Inseln, welche stehen geblieben, werden durch die Hochwässer hinweggeräumt. Die weggespülte Masse aber berechnet sich bei nur 20 Fuss Austiefung für jede Längsmeile eines Flussthales von einer halben Meile Breite auf 40 Millionen Schachtruthen oder so viel, als die 6zöllige Ackerkrume von zo Quadratmeilen. Daraus wird klar, wie sich Niederungen von dem bedeutenden Kubikinhalte des Oder- und Warthebruches, der Moore des Havellandes, der Delta- bildungen der Weichsel, der Memel und des Rheins und der Marschen der Elbe und VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 4175 Weser mit Alluvium anfüllen könuten, und die Flussthäler des Schwemmlandes nach und rach eine ziemlich grosse Gleielimässigkeit des Gefälles erreichten. — Für den anschaulicheren Ueberblick über die örtliche Vertheilung der einzelnen Bildungen sowohl des Gebirgslandes nach den einzelnen, angeführten Gesteinsformationen, als des Schwemmlandes nach seinen Hauptgruppen ist die dem Atlas beigegebene geognostische Karte zu vergleichen. Das Verhalten der Gesteine in agronomischer Beziehung. Die landwirthschaftliche Bedeutung der verschiedenen Gesteinsbildungen hängt theils von den Bestandtheilen und der grösseren oder geringeren Leichtigkeit, wie die- selben durch Verwitterung aufgeschlossen werden, theils von den physikalischen Eigen- schaften der kleinen und kleinsten Bruchstücke ab, in welche die Gesteine zerfallen. Ihren Bestandtheilen nach sind die sogenannten Eruptivgesteine, welche nach dem Dargestellten das Grundmaterial aller übrigen Gebirgsarten bilden, keine einfachen Mineralien, sondern in gröber oder feiner vertheilten Massen aus mehreren Gesteinen, welche in der Natur auch selbständig vorkommen, zusammengesetzt. Diese verschie- denen, in der Zusammensetzung enthaltenen Mineralien treten für das Auge zuweilen völlig deutlich auf, wie im Granit, Gabbro u. a.; in vielen, namentlich jüngeren Eruptiv- massen sind sie nur mehr oder weniger unvollkommen erkennbar. Je nach dem Vorwiegen des einen oder des anderen werden die zahlreichen Gattungen unterschieden. Verwandte Minerale vertreten sich vielfach, ohne den Charakter des Gesteins wesentlich zu verändern. Im Ganzen ist die Summe der Bestandtheile in den Eruptivgebirgen überraschend ähnlich. Auch erweist sich in der Regel, dass einer Graniterhebung in späteren Zeiträumen Porphyr-, dann Basalt- und Trachyt-Durchbrüche gefolgt sind, die wie eine Nachwirkung des ersten Phänomens erscheinen. Man nimmt desshalb an, dass sie sämmtlich aus einer im allgemeinen gleichen Grundmasse hervor- gehen und nur Modifikationen derselben durch veränderten Einfluss von Druck, Hitze oder Wasser darstellen. Auch die geschichteten Gneuss-, Glimmer- und Hornblende- schiefermassen werden ihnen angeschlossen. Sie sind zwar als die ersten, allmählich ausgeschiedenen Bildungen der Erdrinde anzusehen, zeigen sich aber, abgesehen von der Schichtung, den Eruptivmassen völlig gleichartig und sind mit ihnen naturgemäss so untermischt und verschmolzen, dass das Auftreten einen zufälligen Charakter ge- winnen muss und keinen Schluss auf eine Zeitfolge mehr zulässt. Gleichwohl ist die Zusammensetzung der Eruptivgesteine örtlich sehr wechselnd. Namentlich aber weicht dieselbe Gebirgsart in ihrem mehr feinen und derben, oder mehr groben, durch grosse Konkretionen und Krystalle der einzelnen Minerale gebildeten Korne oft auf geringe Entfernungen sehr ab. Von dem mehr oder weniger dichten Gefüge der Masse aber hängt ihre Verwitterungsfähigkeit und ihre Löslichkeit zu Acker- erde meist nicht minder wesentlich ab, als von ihrer chemischen Zusammensetzung. Die wichtigsten und verbreitetsten Arten der Eruptivgebirgsarten charakterisiren sich folgendermassen: Der Granit besteht aus einem Gefüge von Quarz, Feldspath und Glimmer. Die Verhältnisse sind sehr verschieden, durchschnittlich findet man ı5 bis 30 pCt. Quarz, 60 bis 70 pCt. Feldspath und 2 bis ro pÜt. Glimmer oder ihm ähnliche Mineralien. 176 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Der Quarz ist reine, sehr schwer lösliche Kieselsäure (Kieselerde). Der Feld- spath besteht aus einer Verbindung von kieselsaurer Thonerde und kieselsaurem Kali, Natron oder Kalk in wechselndem Verhältnisse, welehe durch ihren hohen alkalischen Gehalt und ihre leichte Verwitterung und Löslichkeit für alle Ackererden von der grössten Bedeutung ist. Die Auslaugung der Alkalien verwandelt den Feldspath in Thon, Porzellanerde und ähnliche Massen, Glimmer hat eine dem Feldspath sehr ähnliche Zusammensetzung, ist aber in derselben ausserordentlich schwankend. Bei allen Untersuchungen hat sich etwas Kali gefunden, andere Bestandtheile aber, wie Eisenoxyd, Eisenoxydul, Bittererde, Lithion oder Fluor fehlen oft gänzlich in ihm, oft steigen sie bis zu sehr hohen Prozenten. Charakteristische Eigenthümlichkeit ist die Struktur in äusserst feinen, biegsamen Blättchen, welche im Gegensatz zum Feldspath der Verwitterung sehr lange Widerstand leisten *). *) Die genaueren Verhältnisse der chemischen Zusammensetzung der bei gemengten Gesteinen vorkommenden Mineralien stellt folgende nach Dr. Rob. Hoffmann’s für die Praxis bearbeiteter Ackerbauchemie (Prag 1866 S. ı2) mitgetheilte Uebersicht zusammen Chemische Zusammensetzung der einfachen Minerale, welche als Gebirgsgesteine oder Gemengtheile der Gebirgs- gesteine vorkommen. Namen der Minerale h Natron Mangan-| Eisen- | Eisen- B oxyd oxydul oxyd 2 | Quarz (Si O5) . - » .. — — _ _ —_ _ 100,0 | — | — | — [100,0 Thon (Ala Os Si O3 3H0). .. = 4, 3906| — | — | — | 15,8 | 100,00 Talk (Si 03, Mg0O) .. ..... _ — 30,5 = = ersetzt zu- N 69; | 100.0 weilen die | Talkerde Kali (Ortoklas). - 16,70 A it _ _ _ _ _ 1810 [65201 — | — | — | — 1100,00 eılweise (Si Os KO + 3Si 0: Ale 0) ans Kalı Natron- (Albit) . = 11,0 1920 6910 | — | — — | — [100,00 (SiOs NaO +3Si 0: Alk 0) Feld- Kalknatron- (Oligoklas) . - spath prereelt 14,10 pe eilt = — u 2320 1670| — | — | — | — [100,0 eılweise jeilweise heılweise (Si 05 Na0+28i 03 Alz 0) g) d. Natron d. Natron | d. Natron Kalk- (Labrador). . _ 4,50 _ 12,10 _ _ _ 2930 5340| — | — | — | — 100,00 (SiOs NaO SiOs Als '0s+3 | | [Si 05 CaO +8i0s Als 0s]) Hornblende- (Amphibol) . . - » -| Sehr variirende Zusammensetzung aus kieselsaurer Magnesia und kieselsaurem Kalk mit kleinen Beimen- gungen von Fluorcalcium; Magnesia und Kalkerde sind theilweise durch Eisenoxydul, und Kieselsäure durch Thonerde vertreten. Augit- (Pyroxen) . » 2 ee. Eine Verbindung von kieselsaurem Kalk mit kieselsaurer Magnesia oder kieselsaurem Eisenoxydul; Kieselsäure wird theilweise durch Thonerde vertreten. Magnesin-Glimmer . » x... + Aeusserst verschiedenartige Zusammensetzung. Kieselsäure, Thonerde, Talkerde, Eisenoxydul und Eisen- xyd kommen in variirenden Mengen vor. Charakteristisch und unterscheidend von Kaliglimmer ist der 9—30 pCt. betragende Gehalt an Talkerde. Kali-Glimmer . . | 1220 _ _ _ ersetzt | ‚ersetzt ersetzt | 39 [4800| — | — | — | — [100,00 (3 Ale O3 Si O3 + KÖ Si 0:) theil- | theilweise || (heilw. weise | das Kali yelkn hon- Chlorit:- 2, 0. Lk ee _ -— 30,4 = das Kali 27,0 erde 12,1 23: | — — | — | 6, [100,00 Serpentin . » = — 40,92 = _ —_ _ geaalet A 42] — | — | — 13,86 | 100,00 5 weilen die (2 [2 Si O3 3 Mg 0] =L 3 Mg 0, 210) Kealanurs Granat . . » N — [0,0—13,43) 0,0,—32,00| 0,,—32,00|0,0—39,10| 0,0—31,30 | 0,0, —22,00|34,s—51,0 ll | = Kalkspath (Ca o c 0: 5% oo — — _ 56,0 _ - 44,0 100,00 Gyps (Ca0OSO5s+2H0) ... . _ _ _ 32,6 465| — | — |20, | 100,00 Magneteisenerz (FeO, Fe: 05). . - _ _ _ — _ 31,0 69,0 _ — 100,00 Steinsalzu(Na.Ch) 2. . ar ara _ Natrium — u _ —_ _ _ — | — |) — /60,5 | — |100,00 39,34 *) Im Ortoklas ist ein Theil des Kali gewöhnlich durch Natron vertreten. Der Albit enthält gewöhnlich etwas Kali und Kalk. Im Oligoklas ist ein Theil des Natron durch Kalk, Kali und Talkerde vertreten. Ganz rein, in der Zusammensetzung wie diese Minerale hier auge- führt sind, kommen sie in der Natur als Ge steine nur äusserst selten vor, indem sie fast immer fremde Stoffe beigemengt enthalten; ganz besonders gilt dies von Thon und Quarz. Die Analysen der zusammengesetzten Gebirgsarten sind gesammelt in Just. Roth, Die Gesteins-Analysen, tabellar. mit Erläuter. Berlin 1861 VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 177 Dem Granit stehen Syenit und Felsitporphyr, Gneuss und Glimmerschiefer sehr nahe. Syenit unterscheidet sich durch vorwaltende Hornblende, Felsit durch vorwaltende Quarz- massen, Gneuss und Glimmerschiefer aber durch eine deutliche Schiehtung. Im Glimmer- schiefer überwiegt der Glimmer die übrige Zusammensetzung. Von den anderen Eruptivmassen ist die Gruppe der Grünsteine (Diabas, Gabbro, Diorit) durch Gemenge von Feldspath mit Augit oder Hornblende gebildet. Der Augit enthält ebenso, wie die nur durch eine geringe Abweichung im spezifischen Gewicht und in der Krystallform unterschiedene Hornblende, Kalk, Bittererde und Eisenoxydul an Kieselsäure gebunden, von welcher geringe Mengen in der Regel durch Thonerde vertreten sind. Augit wie Hornblende verwittern schwer. Das Resultat ihrer Zersetzung sind die bittererdehaltigen Massen des Serpentins, Talks, Specksteins, auch kalk- und eisenoxydhaltige Thone. Das Mischungsverhältniss zwischen Feldspath und Augit ist in den Grünsteinen sehr verschieden, und je nachdem der Feldspath überwiegt, zerfällt das Gestein leichter. Diabas hat mehr Kali-, Gabbro mehr Kalk-, Diorit fast aus- schliesslich Natron-Feldspath beigemengt. Die Gruppe des Melaphyrs, Dolerits und Basalts enthält neben den Bestandtheilen der Grünsteine noch Magneteisen, auch kohlensaures Eisen und kohlensauren Kalk. Alle zeigen übereinstimmend eine dichte, schwärzliche Grundmasse, in der einzelne Krystalle von Augit, Feldspath, Kalkspath und verschiedenen Kieselgesteinen theils fest, theils in hohlen Räumen eingeschlossen vorkommen. Der Basalt ist durch seine säulen- und kugelförmigen Absonderungen bekannt; auch der Dolerit zeigt oft kugelige Trüm- mer. Die Verwitterungsfähigkeit ihrer Massen ist in der Regel sehr geriug. Verwandte Gesteine sind Traehyte und Phonolithe, erstere reich an Kali und Natron, letztere auch an Zeolithen oder Kieselsäurehydraten, d. i. chemischen Verbin- dungen kieselsaurer Salze mit Wasser. Aus dieser Zusammensetzung folgt ihre in der Regel leichte Zersetzbarkeit und der Bestand an für die Vegetation nutzbaren Stoffen, den sie dem Boden zuführen können. Einzelne Trachyte besitzen indess grosse Festigkeit. Die letzte Gruppe der Eruptivmassen sind die Laven, Obsidiane, Bimssteine, Die- selben sind deutliche, im vulkanischen Feuer mehr oder weniger vollständig geschmolzene Schlacken, während die Entstehung der vorhergenannten Eruptivgesteine aus feuer- flüssigen Massen bestritten ist und mindestens durchgreifende Umwandelungen durch Wasser und Chemismus voraussetzt. Die Zusammensetzung der Laven stimmt wechselnd theils mit der der granitischen, theils der der augitischen Eruptivgesteine überein. Sie sind mehr oder weniger, namentlich in den der Oberfläche näheren Lagen, alkalireiche Glasflüsse, mit der grossen Unzerstörbarkeit des Glases ausgerüstet. Die Lava befindet sich in dem Zustande der gewöhnlichen Verschlackung, der Obsidian ist eine derbe, meist durchsichtige, dunkel- gefärbte Glasmasse, der Bimsstein ein aus Obsidian zu den feinsten Blasen aufgetriebener und desshalb weisser und leiehter Schaum. Daneben finden sich Aschen und alle Zu- stände der Vermischung mit Brocken der durchbrochenen Massen. Diese spröden Ge- steine erreichen zwar eine dem Sande ähnliche Zertrümmerung, aber nur äusserst schwer eine eigentliche Verwitterung und Auflösung. — fl Ueberall, wo sich eine dieser verschiedenen Eruptivmassen der Oberfläche ge- nähert, oder selbst die Oberfläche eingenommen hat, muss sie nothwendig durch das lang- same aber stetige Eindringen des Wassers mit der von ihm aufgenommenen Kohlensäure, Boden d. preuss. Staats. 12 478 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Kieselsäure oder anderen zusammengesetzteren Lösungen unausgesetzten chemischen Ein- wirkungen unterliegen, von denen wir nicht ermessen können, bis in welche Tiefe sie sich erstrecken; diese wird ebenso von der örtlichen Beschaffenheit des Minerales, als den Bestandtheilen der Infiltrationsflüssigkeit, ihrer Wärme, ihrem Druck, ihrer grösseren oder geringeren Sättigung abhängen müssen. Dass Granit und Porphyrmassen in Lagern von meilenweiter Erstreckung und der Tiefe von dreissig und mehr Fussen auf ihrem ursprünglichen Orte in Porzellanerde und ähnliche Thonbildungen umgewandelt worden sind, erweisen beispielsweise zahlreiche Fundorte vom Zobten durch die Lausitz und Sach- sen bis an den Lauf der Mulde. Diese Vorkommen stimmen darin überein, dass sie von mehr oder weniger mächtigen Diluvialmassen überdeckt sind, also der Einwirkung des Diluvialmeeres unterlegen haben. Wo die Gesteine nur dem Einflusse der Atmo- sphäre und der Tageswässer ausgesetzt gewesen sind, ist die Felsmasse bis auf eine gewisse Tiefe zerklüftet und zertrümmert, die Verwitterung und chemische Zersetzung “der einzelnen Trümmerstücke aber ist in der Regel sehr beschränkt. — Im Gegensatz zu den Eruptivgesteinen haben die geschichteten oder Sediment- gesteine, deren Oberflächenverbreitung auf dem preussischen Gebiete im Vorhergehenden dargelegt ist, eine durchaus abweichende Natur. Sie sind ausschliesslich entweder aus der Zerstörung vorher bereits gebildeter Gesteinsmassen durch Umlagerung und Umbildung der Bruchstücke und Zersetzungs- produkte hervorgegangen, oder aus den Resten und Ausscheidungen zahlloser animalischer und vegetativer Organismen gebildet, welche als Kalk und Kohle in Schichten und Felsmassen abgelagert sind, die an Mächtigkeit und Ausbreitung den unorganischen Bildungen in Nichts nachstehen. Ueberall lässt die gesammte Struktur der Schichtenfolgen und Bänke, die Art und Einlagerung der organischen Einschlüsse und die Vertheilung der Gerölle und Schutt- und Staubmassen deutlich erkennen, dass bei diesen Bildungen dieselben äusseren Umstände und Einflüsse und dieselben bewegenden Kräfte wirksam gewesen sind, aus welchen, wie oben gezeigt worden, das neuere Schwemmland hervorgegangen ist. Ins- besondere erweisen sich auch die allgemeinen tellurischen Verhältnisse, in ein wie hohes Alter die Sedimentgesteine immer hinaufreichen, durch alle Zeiten von denen der Gegen- wart wenig abweichend, weil auch in den ältesten Schichten zahlreiche Reste von Thieren und Pflanzen gefunden werden, welche bei aller Verschiedenheit in ihrer Organisation der jetzigen Fauna und Flora doch soweit nahe stehen, dass ihre Existenz nothwendig ähnliche Zustände von Wärme und Luft, Meer und Festland erforderte. Je häufiger diese alten Schwemmlandsbildungen neuer Zerstörung und neuen Durch- schlämmungen unterlagen, desto leichter mussten die leicht löslichen Bestandtheile aller Art aus den ursprünglichen Gesteinsmassen verloren gehen; ebenso mussten ältere Ab- lagerungen durch Druck und Infiltrationen kieselsaurer, kalkiger oder anderer Lösungen leichter zu festen, scheinbar homogenen Massen verhärten, als jüngere; andererseits konnten aber auch bei sonst ähnlichen Verhältnissen sehr junge Sand-, Thon- oder Kalkschichten Formen annehmen, die mit denen der älteren völlig übereinstimmen. Alle diese Formationen von der ältesten Grauwacke bis zur jüngsten Kreide ent- halten desshalb Schichten mehr oder weniger festverkitteter Konglomerate, lockere oder stark verkieselte oder verkalkte Sandsteine, mehr oder weniger verhärtete Thonschiefer, oder derbere aus Sand und Thon gemischte Massen. In allen kommen grosse Ab- lagerungen mehr oder weniger reinen, mit mehr oder weniger Resten von Organismen VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 179 erfüllten kohlensauren Kalkes, ebenso in allen ohne Ausnahme grössere oder kleinere Steinkohlenlager vor, die allerdings in der Steinkohlenformation bei weitem am mäch- tigsten auftreten. Auch das Vorkommen von Erzen, namentlich Eisenerzen, gehört nicht einer der Formationen ausschliesslich an und ist augenscheinlich nicht durch Pro- zesse bedingt, die nur zu einer bestimmten Zeit vorgekommen wären. An der Öber- fläche, oder wo starke Grundwässer dauernd einwirkten, bilden ältere wie jüngere For- mationen lockern Sand und Thon, Lehm oder Mergelmassen in wechselnden Mischun- gen und Uebergängen. Die näheren Beziehungen dieser Vorgänge sind hier nicht zu erörtern; für die landwirthschaftliche Anschauung tritt die Frage in den Vordergrund, in welcher Weise das zu Tage tretende Gestein nach den besonderen und nothwendigen Eigenthümlichkeiten der erdigen Oberlage, die sich auf ihm erzeugt, die Bildung einer Pflanzendecke ge- stattet, wie viel oder wie wenig Mittel kräftiger Ernährung dieser Boden bietet, und wie leicht oder wie rasch es möglich wird, diese Mittel durch Bearbeitung zu ver- mehren, Bedingungen, die wir unter dem Begriffe der Fruchtbarkeit zusammenzufassen pflegen. } Es kommen also neben den chemischen wesentlich auch die physikalischen Eigen- schaften, die Art der Zertrümmerung des Gesteins in Schutt und Erde, die Form der Zusammenlagerung, das Korn und die Farbe in Betracht, und die erfahrungsmässigen Thatsachen grösserer oder geringerer Tragbarkeit geben den nothwendigen Anhalt für die Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Beobachtung. Physikalisch vorzugsweise entscheidend ist das Verhältniss, in welchem sich in der Krume und im Untergrunde die sogenannte Reinerde, d. h. der Steinstaub findet, der durch Zerreibung und Verwitterung solche Feinheit erreicht hat, dass das ursprüngliche Mineral in ihm nicht mehr erkannt wird. Dieser Staub ist, wenn in ihm auch keineswegs eine durchgreifende chemische Lösung der einzelnen Bestandtheile stattgefunden hat, doch dasjenige Element im Boden, welches sich die Vegetation, theils vermöge der leichten Durchdringlichkeit, theils vermöge der beginnenden Lösung und der in die Poren ein- ziehenden Feuchtigkeit, vermöge Wärme, Verdichtung von Gasen und des Zutritts der Luft nutzbar macht, während die grösseren Bruchstücke des Gesteins in der Regel den Boden nur belasten und der Wurzelbildung Hindernisse in den Weg legen. Form und Anziehung dieses Staubes und der kleinsten Bruchstücke bedingen die Art des Zusammenlagerns bei Nässe oder bei Trockenheit, das Aufsaugen und Fest- halten, wie das Durchlassen des Wassers. Die bündigere oder lockerere Beschaffenheit der Reinerde und ihr Prozent-Verhältniss zu den feineren und gröberen Bruchstücken, sowie deren Härte, Sprödigkeit und Gestalt bestimmen das Gefüge der Bodenlagen, ob sie fest oder mürbe, bröcklich und rauh oder fein und milde sind, der Vegetation und Bearbeitung also mehr oder weniger zugänglich werden. Das Verhältniss der Reinerde wird durch Schlämmproben festgestellt *). *) Die Untersuchung durch Schlämmproben hat in neuerer Zeit dadurch den nöthigen Grad von Genauigkeit und die Möglichkeit wissenschaftlich vergleichbarer Resultate erhalten, dass die Vorstände der deutschen landwirthschaftlichen Versuchsstationen auf der Versamm- lung der Agrikulturchemiker am 17. und 13. Mai 1863 zu Leipzig übereingekommen sind, für ihre Arbeiten gleichmässig den Schlämmapparat von Noebel zu benutzen. Dieser Apparat besteht im wesentlichen aus 4 Glastrichtern von wachsender Grösse, Der erste, der das zu schlämmende Material aufnimmt, fasst etwa Ys, der letzte ungefähr 12* 480 VU. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Die Sammlung der wissenschaftlichen Erfahrungen über die aus den verschiedenen Gebirgsarten hervorgehenden Kulturböden ist Gegenstand einer Richtung der Bodenkunde, um welche sich namentlich Professor F. A. Fallou durch die erste systematische Be- arbeitung besonderes Verdienst erworben hat“). ® Unter den von ihm gewonnenen Gesichtspunkten unterscheiden sich die aus den ver- schiedenen Eruptivgesteinen zu erwartenden Böden bezüglich ihrer Fruchtbarkeit in der Hauptsache folgendermassen: Der Granitboden**), der sich auf den Höhen der eigentlichen Gebirge bildet, kann nicht als besonders fruchtbar bezeichnet werden. In den mitteldeutschen Granitgebir- gen sind die schroffen Felsgrate, welche die jüngeren, von Eis umhüllten Alpengipfel zeisen, durch den langen Einfluss des Klimas zerträmmert und Kuppen und Ab- hänge mit zahllosen Blöcken überstürzt, so dass sie oft jeder Ackerkultur unzugänglich lediglich dem Forst überlassen bleiben müssen; wo aber die Berglehnen mit dem ge- wöhnlichen Grundschutte bedeckt sind, ist der lockere Grus und das Steingetrümmer in der Regel so dürftig, dass sich die gewöhnliche Mächtigkeit dieses Bodens höchstens auf 3 Zoll bestimmen lässt. Der Gehalt an Reinerde steigt im Lausitzer Gebirge, wo der Granit im Boden meist schon durch die eingemengten tombakbraunen Glimmer- Nitter erkannt werden kann, bisweilen auf 50 pCt., im ganzen aber darf derselbe nicht höher als 30 pCt. angeschlagen werden. Von besserer Beschaffenheit ist der Boden in ı ganzes Liter. Aus einem höher stehenden Gefässe tritt das destillirte oder genügend reine Wasser in einem feinen Strahle unten in die Spitze des ersten Trichters ein, bringt das darin liegende Material durch sein Aufsteigen in Bewegung und nimmt die leichteren Massen über den oberen Rand in ein Abzugsrohr mit, welches in den zweiten Trichter ebenso von unten einmündet. In den folgenden Trichtern wiederholt sich derselbe Vorgang. Es blei- ben in jedem derselben die Körner, welche zu schwer sind, sich durch den Stoss des lang- sam durchdrängenden Wassers bis zum Rande in die Höhe zu heben, zurück, und aus dem letzten fliesst das Schlämmwasser nur mit den feinsten Schlammtheilen beladen in ein Gefäss ab, welches gross genug sein muss, um von den 8 Liter Schlämmwasser alles aufzunehmen, was nicht in den Trichtern bleibt. Die in jedem der Trichter zurückgebliebene Masse wird ausgeschüttet und filtrirt, der Inhalt des letzten Gefässes kann leider nicht anders als durch Abdampfen vom Wasser befreit werden. Der Schlämmoperation werden etwa 30 Gramm bei r20 Grad Reaumur getrockneter Bodenmasse unterworfen; da aus derselben vorher alle Körper bis zum Durchmesser einer Linie auszusieben sind, so wird durch die ganze Behand- lung eine Scheidung in 6 Feinheitsgrade erlangt, welche durch Messung unter dem Mikros- kope und durch Wägung in ihrem Verhältnisse zu einander genau bestimmbar sind. Die auf diese Weise überraschend gleichmässig nach ihrer Grösse gesonderten Gesteinsfragmente lassen sich mikroskopisch und durch Löthrohrproben selbst noch bis auf sehr kleine Körner nach ihrer Mineralmasse erkennen, und geben desshalb eine Einsicht in den Verwitterungs- zustand des Gesteins, welche allein auf dem Wege der chemischen Prüfung unerreichbar ist. Die wissenschaftlichen Bodenanalysen sammelt der Jahresbericht über die Fortschritte der Agrikulturchemie von Rob. Hoffmann u. Ed. Peters, seit 1858 (Berlin 1860) 8 Jahrgänge. *) Pedologie oder Bodenkunde. Dresden 1862. — Die älteren Bearbeitungen der Bodenkunde: Hundeshagen (Tübingen 1830), Sprengel (Leipzig 1837 und 1844), Krutzsch (Dresden 1842 und 18947), Fallou (Dresden 1857) und Trommer (Berlin 1857) gingen im wesentlichen von der Betrachtung der allgemeinen, landwirthschaftlich unterschiedenen Boden- arten aus und behandelten die geognostischen Gesichtspunkte nebensächlich. *, Fallou a. a. O. S. 274. VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 481 den Gesenken und Thalgründen. Hier, wo der zersetzte ursprüngliche Boden einen ansehnlichen Zuwachs von dem abgespülten Grus und Steinstaub der nächsten Anhöhen erhielt, ist die Reinerde auf 50—65 pÜt. gefunden worden; dabei hat sich gezeigt, dass in solchen Bodenlagen, obwohl sich darin bereits über die Hälfte des Gesteins zu Erde zerkleint hat, doch nur wenig von dem Kali, Thon und den übrigen Bestand- theilen desselben gelöst war, vielmehr auch die völlig zerkleinten Theile des Bodens der chemischen Lösung erst entgegengingen. Unverhältnissmässig besser und als ein in der That fruchtbarer Ackerboden zu beurtbeilen ist der Granitboden aber da, wo er sich nieht im eigentlichen Gebirge, sondern, wie oben schon genauer angegeben, zur Ebene auslaufend in der Region befindet, welche die Diluvialfluthen erreicht haben. Hier ist er in ein scheinbar gleichartiges, fein- körniges, doch poröses, polliges und mehlig abfärbendes Erdreich umgewandelt, welches im Wasser leicht zu einem milden, schleimigen Schlamme erweicht. Es bleibt sich in dieser Beschaffenheit bis zu einer Tiefe von 5—6 Fuss gleich, ist wegen der Ein- sickerung der alkalischen Lösungen in der Sohle zwischen 3—6 Fuss bisweilen gehalt- reicher, als in der Krume, und geht erst weiter abwärts in Grus über, besteht also fast ganz aus Reinerde, ' Die dem Granit verwandten Gesteine widerstehen der Verwitterung länger, Felsen und Bruchstücke bleiben schärfer und zackiger. Die Schuttmassen auf den Gneuss- und Glimmerschieferbildungen, welche in den Gebirgen bei Neisse und in der Grafschaft Glatz, sowie auf dem östlichen Theile des Riesengebirges bis zur Schneekoppe und im Westen auf dem Iserkamm um Flinsberg ziemlich weit verbreitet sind, haben nur 1— 2, selten 4 Zoll Tiefe und enthalten 40—5o pCt. Reinerde, welche beim Bruch überall die Blättchen des Glimmers zeigt. Wie der Granitboden wird diese Erde in den Thal- gründen reicher und findet sich an Orten, wo lange Moor und Sumpf auf ihr gelegen, bis auf grössere Tiefe in einen feinkörnigen, derben, ziemlich festen Lehm verändert, der zu Ziegeln gebrannt werden kann. Namentlich wandelt sich Felsitporphyr durch Verwitterung in Thonsteinporphyr und bis in fast reinen Kaolin um. Von den 6rünsteinmassen scheinen die körnigen und gabbroartigen leichter zu zerfallen, als die dichten*). Die Reinerde kann auf den höheren Lagen auf 50, in den Thalgründen auf 80 pCt. angenommen werden. Die Farbe des Bodens ist gelb, oder gräulichbraun, auch weiss gefleckt. Das Gefüge ist in der Krume bündig, übrigens bröcklieh und zeigt bei grösserer Tiefe eckige Stücke. Der Boden ist ungeachtet seiner Flachgründigkeit ziemlich ergiebig. Der Serpentinboden aber, in welchem bei der Zersetzung des Grünsteins die kieselsaure Bittererde durch chemische Bindung von Wasser zum Hydrat geworden ist, hat diese Vorzüge nicht.“*) Er ist feucht zwar eine klebende, schmierige, grobkörnige Masse, ausgetrocknet aber schwindet er und berstet in Brocken, durch den Frost wird er lockerer Staub. Er hat keine Bündigkeit, brennt leicht aus und enthält wenig Pflanzennahrungsstoffe. Alle Melaphyr- und Basaltgesteine stimmen darin überein, dass sie in steilen, schroffen Kuppen aus den älteren Schichten hervortreten und mit seltenen Ausnahmen in jeder ihrer sehr wechselnden Mischungen schwer verwittern. Ihre kegel- und dach- förmigen Berge stehen also in der Regel kahl und wüst, die steilen Abhänge sind mit losen Blöcken und Säulentrüämmern bedeckt, zwischen denen ein schwarzer, zäher Boden E *) Fallou_a. a. O. S. 336. **) Ebd. S. 342. 482 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. eine im Verhältniss zu der geringen Masse sehr üppige Waldvegetation gestattet. Der entstandene Boden kann nur in den Thalschluchten, wo er massenhafter zusammen- geschlämmt ist, beobachtet werden '). Er bleibt sich bis zu 3 oder 4 Zoll Tiefe ziemlich gleich, ist trocken in der Regel gelblich oder gräulichbraun, feucht schwarzbraun von bündigem Gefüge. In feuchtem Zustande wird er äusserst zähe und wirft hinter dem Pfluge schlifige, glänzende Schollen, trocken ist er steinhart. Er gehört zu den er- giebigsten Ackerböden, hält sich lange feucht und ist seiner dunklen Farbe wegen warm. Die seltenen Trachyte und Phonolithe treten überall als steile Kegel und Fels- zacken auf, von denen das Wasser den zerbröckelten Schutt in die Thäler wäscht und ihn dort, ehe er noch als besondere, wirklich zersetzte Bodenart geltend werden kann, mit den tiefer liegenden Erden der durchbrochenen älteren Gesteine vermischt. Lavaböden nehmen in Preussen nur das näher beschriebene kleine Gebiet um den Laacher See ein. Asche und Bimsstein sind zwar von da nordöstlich über eine Fläche von etwa 32 DMeilen sporadisch verweht ?), als Bodenart treten sie indess fast aus- schliesslich zwischen Mayen und Andernach, hier aber in grosser Mächtigkeit auf. Sie bilden in der Oberlage einen losen, schüttigen Sand, der viel Feuchtigkeit fordert, dann aber nicht untragbar ist. Er giebt bis 2 Zoll Tiefe 36 pCt., der bessere 42 pÜt. Rein- erde?) und gleicht dem Heideboden. — Innerhalb der nach Gestaltung und Bestandtheilen sehr wechselnden Bildungen der Sedimentgesteine gelingt zwar dem Geologen aus der Kenntniss der Lagerung und der Reihenfolge der Nachbarschichten und durch die Vergleichung der eingeschlossenen für bestimmte Perioden charakteristisch auftretenden Thier- und Pflanzenversteinerungen und Abdrücke eine genügende Sichtung und Unterscheidung; der Agronom aber vermag nur mit Schwierigkeit aus dem Erscheinen der geologischen Formation im allgemeinen einen Schluss auf den Werth des auf ihr örtlich vorhandenen Kulturbodens zu ziehen. Dies hängt nach den dargelegten Umständen davon ab, ob sich mächtigere Schichten, sei es von Sandstein, Thonschiefer, Kalkstein oder Mittelgliedern derselben, in grösserer Verbreitung vorfinden, welche in Zusammensetzung und Gefüge einen wesentlich gleich- artigen Charakter tragen und desshalb auch für die Pflanzendecke ziemlich gleichartige Wirkungen äussern. Solche Schichten können der Natur der Sedimentbildungen nach in derselben Formation von sehr entgegengesetzter Beschaffenheit und in sehr aus- einander liegenden Formationen von sehr ähnlicher Beschaffenheit sein, Es kann sich desshalb für die vorliegende Darstellung nur darum handeln, die bekannteren auf dem preussischen Gebiete besonders verbreiteten, charakteristischen Vor- kommen dieser Art bezüglich ihres Verhältnisses zur Vegetation zu besprechen. Als solche sind für die preussischen Gebirgslagen aus der Grauwackenformation der Urthonschiefer und der Grauwackenschiefer, aus der Trias der Muschelkalkstein, der Buntsandstein und der Keupersandstein, aus den Liasbildungen der Liassandstein, aus dem Jura der Jurakalk, endlich unter den Kreidebildungen der Quadersandstein und die weisse Kreide hervorzuheben. Der Urthonschiefer *) findet sich in grösserer Verbreitung im Eulengebirge, im Harz und im Kreise Ziegenrück, vor allem aber auf dem Taunus, Hunsrück und in den 1) Fallou a. a. O. S. 331. 2) v. Dechen, Geologische Karte von der Rhemprovinz und der Provinz Westfalen. %) Fallou a. a. O. S. gr. °) Ebd. $, 243. VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 183 rheinisch- westfälischen Grauwackengebirgen. Es charakterisirt ihn ein silber- oder bläulichgrauer, dünn- und gradblättriger Thonschiefer. Dieses weiche, blättrige Gestein zerfällt an der Luft leicht zu losem Gesplitter, dies aber mit der Zeit zu kleinen, zarten, den Glimmerflittern ähnlichen Blättehen. Indess sind die Thonschiefergebirge mit keiner mächtigen Krume bedeckt, der leichte, auch feucht nur locker zusammen- hängende Staub und Grus wird in die Thäler gespült, die steilen Abhänge sind oft nur Steinschutt, und allein in den Thalgründen zeigt sich bisweilen ein bündiger und tiefgründiger Boden. Seine Mächtigkeit wird indess nur auf 5 Zoll, die anbaufähige Tiefe auf 2 Zoll angegeben. „Bis zu 2 Zoll Tiefe enthält der Boden auf den Höhen 40—50, in den Thälern g0—go pÜt. Reinerde. Die Farbe ist bräunlichgrau oder gelb, weiss und braun gefleckt, das Gefüge meist nur in der Krume bündig, in der Sohle bei 2 Zoll Tiefe lose und schüttig. In den Thälern zeigt er bis 3 Fuss eine derbe, fein- körnige, ziemlich fest zusammenhaltende Masse. Nur hier findet sich desshalb ein frucht- barer Ackerboden; auf den Höhen ist er für Acker zu flachgründig. Im Harz zeigt “ sich der Urthonschiefer auf der Höhe nur der Waldvegetation, besonders der Fichte und Buche günstig. g Der Grauwackenschiefer nimmt auf preussischem Gebiete sehr bedeutende Flächen ein. Er bildet bei weitem die Hauptmasse aller Grauwackengebirge am Rhein, im Thüringerwalde, im Harz und in Schlesien. Er ist dem Thonschiefer ähnlich, aber von viel dickschieferigerer Absonderung, bläulicehgrau mit silberweissem Glimmerstaub reich- lich durchsprengt und in der Regel härter, als der Thonschiefer. Er enthält einen hoben Thongehalt bis zu 34 pCt., am Rhein ist seine Zusammensetzung etwa 60 pCt. Kieselerde, 17 pCt. Thonerde, 8 pCt. Eisenoxyd, die übrigen wechselnden Nebenbestand- theile sind Kali, kohlensaurer Kalk und Talk, Wasser und Kohlenstoff. Der Felsgrund ist selten über 3 Zoll tief von der Verwitterung ergriffen. Der Boden besteht grössten- theils aus schieferigem, unzersetztem Gebröckel, verbunden durch die bündige, letten- artige Reinerde, die feucht schmierig und klebrig ist. Er ist auf den Höhen und im Thal fester, als der Thonschieferboden und steht demselben auch an Fruchtbarkeit nach, namentlich zeigen die einförmigen Rücken des Vogtlandes, zu dem Ziegenrück gehört, nur eine schwache Lage von zusammengebackenem Steinschutt mit einer überall dürftigen, kümmerlichen Vegetation. Der Muschelkalk*), der ein gelblicher, derber, von zahlreichen Schalthierversteine- rungen angefüllter, ziemlich reiner, kohlensaurer Kalk ist, kommt an der Oberfläche in dünnen Platten, meist wagerecht, aber auch in geneigter, vielfach durchklüfteter Lage vor. Tiefere Schichten zerspringen in unregelmässige, krummschiefrige und scharfkantige Stücke. Die Gebirge bilden Plateaus mit schroffen Gehängen; die Oberfläche zeigt sich wasserarm, ohne Thalsenkungen, aber gleichwohl auch ohne viel Boden. Der letztere hat auf der Höhe 40o— 50, in den Thalgründen g0— go pCt. Reinerde. Das Gestein bekundet sich überall durch seine hellfarbigen Trümmer. Der Boden selbst ist bräunlichgelb, eine mit abgerundeten Steinsplittern durchmengte, bündige, derbe, grobkörnige, porös und rauh anzufühlende Masse, welche die Kalkgeschiebe zu festen Klumpen verkittet, und in feuchtem Zustande zäh und klebrig ist, in trockenem in eckige, scharfkörnige Stücke zerbröckelt und schwer erweicht. Gleichwohl ist derselbe nichts weniger als unfruchtbar. Sein Mischungsverhältniss wird durchschnittlich auf 50 pCt. kohlensauren *) Fallou a. a. O. S. 304. 484 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Kalk, 5—ıo pCt. kohlensauren Talk, 20—30 pCt. Thon und Kieselerde und ıo pCt. Eisenoxyd und andere zufällige Stoffe angenommen. Buntsandstein ') und Kenpersandstein bilden beide meist wellenförmige Gebirgs- ebenen und flachgewölbte Kuppen. Die Flüsse wühlen darin tiefe Thäler mit nicht selten schroffen, felsigen Gehängen aus. Beide Bildungen unterscheiden sich im wesent- lichen nur durch das feinere Korn und den grösseren Gehalt des Buntsandsteines an Eisenoxyd. Die Körner des Buntsandsteins sind meist kugelrund abgeschliffen und von gleicher Grösse, in Masse röthlich oder gräulichgelb, einzelne quarzig durchsichtig. Bei dem Keupersandstein sind die Körner meist eckig und unregelmässig, auch in der Grösse verschieden. Zufällige Gemengtheile sind bei beiden Flitter von Glimmer und Feldspath und kleine Geschiebe von gelbem Thoneisenstein. Das Bindemittel ist eisen- schüssiger Thon. Die bunte, streifige Färbung rührt von der verschiedenen Vertheilung des Eisenoxyds her. Helle Schichten sind weniger fest als rothe; dies zeigt sich auch nach der Auflösung in der Bündigkeit des Ackerbodens; der Farbenwechsel kann in frisch gepflügtem Boden auf demselben Felde unterschieden werden. Je lichter, desto loser, schüttiger und grobkörniger ist der Boden. Der dunklere zeigt sich allenthalben, , zumal in den Thälern, als ein bauwürdiger Ackerboden. Die durchschnittliche Mächtigkeit bis auf das Gestein wird auf 4—5 Fuss, der Gehalt an Reinerde auf 20—30opCt. angegeben. Der Liassandstein ?) ist ein feinkörniger, gräulich- oder gelblichweisser, oft stark mit Glimmer gemengter, lockerer Sandstein. Sein Bindemittel ist Thon, bisweilen Mergel. Der Boden, welcher durch seine Verwitterung entsteht, ist eine Masse von Thon, Glimmer und Kieselstaub mit feinem Quarzsand, auch einzelnen grösseren Körnern von Quarz und Hornstein. Als Ackerboden hat er Vorzüge vor dem Jurasandstein und dem Quadersandstein. Die Juraformation °) hat ihr Hauptglied in der überwiegend verbreiteten Kalkschicht des oberen oder weissen Jura, welche in der Regel feinkörniger, derber und fester, als der Muschelkalk, in der Plateaubildung aber und dem Verhalten als Ackerboden mit diesem ganz übereinstimmt. Der Quadersandstein ‘) gehört den Kreidebildungen an. Seiner natürlichen Lagerung nach bildet er horizontale Schichten, welche vertikal zerklüftet sind, und deren Klüfte sich rechtwinklig schneiden. Von den würfelförmigen Absonderungen, welche sich da- durch bilden, ist der Name Quadersandstein hergenommen. Durch Auswaschen dieser Spalten und Klüfte entstehen die grotesken Felsgebilde, durch welehe das Heuscheuer- gebirge und die sächsische Schweiz, sowie der Regenstein und die Teufelsmauer im Harz bekannt sind. Zwischen Bunzlau und Löwenberg zeigen seine stark gestörten Schichten, die unter dem Einflusse des Diluviums standen, nur ebene Hochflächen. Das Ge- stein besteht überall aus weissem oder lichtgraugelbem, feinkörnigem Quarzsand, dessen einzelne Körner fast ohne Bindemittel mit einander verwachsen sind. Thon und Eisenoxyd betragen nur 2—4 pÜt., der Quarzsand bildet 96—98 pCt. der ganzen Masse. Selten tritt in einzelnen Bänken Glaukonit hinzu. Der Boden ist desshalb ge- haltlos und unfruchtbar. Er giebt nass nur eine locker gebundene Masse, ausgetrocknet aber verliert er allen Zusammenhang und wird beweglicher Sand. Die steilen Felsen stehen kahl; eine Vegetation kann sich nur hier und da in Rissen und auf dem Grunde der Thalschluchten bilden und bleibt ärmlich, wo nicht fremde Bodenarten sich 1) Fallou a. a. O. S. 231. 2) Ebd. S. 226. 3) Ebd. S. 223. ) Ebd. S. 229. VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 185 einmischen. Selbst Forst ist durch die vielen Trümmer und den Wechsel von flachem Fels und sandigem Schutt behindert. Auf der Höhe der Plateaus liegt weite, dürre Heide, die nur nach und nach durch die Reste der Vegetation eine etwas gehaltreichere Krume erzeugt. Die weisse Kreide besteht aus den auf dem Meeresboden aufgehäuften Kalkgehäusen mikroskopischer Pflanzenthiere, zwischen welche hier und da einige andere organische Reste, Muscheln, Skelette, Kieselpanzer u. dgl. eingestreut sind. Die Kieselerde ist meist zu Feuersteinknollen zusammengesintert, welche die Kreidemasse in parallelen Schichten durchsetzen.‘ Diese enthält daher fast ausschliesslich kohlensauren Kalk; an- dere Mineralien, Talk, Eisenoxyd, Kieselerde, betragen noch nicht 2 pCt.*) Wo also die weisse Kreide allein die Ackerkrume bildet, kann sie ihrer einfachen Zusammensetzung wegen nur äusserst steril sein. Indess vermag sie da, wo sich entweder in ihrer eigenen Bildung, oder durch fremde Ueberlagerungen und alte Kultur die thonigen, sandigen und humosen Bestandtheile mindestens bis auf eine gewisse Tiefe in der Oberlage ver- mehrt haben, bei der natürlichen Feinheit ihres Gefüges die Grundlage schwerer Mergel- böden zu gewähren. Kohlensauren Kalk wäscht das Wasser aus allen Gesteinen besonders stark aus. Die Verbreitung der weissen Kreide im preussischen Staatsgebiete beschränkt sich auf die Insel Rügen, wo sie wenigstens nahe unter der Oberlage vorgefunden wird.. Im Münsterlande haben die Kreidebildungen einen gemischten Charakter, sie gehen auf einem grossen Theile des Kreidebeckens völlig in Quadersandstein über. Die Böden auf festeren und an Kalk nicht überreichen Kreidegesteinen nähern sich der Beschaffen- heit des Muschelkalkbodens. — Genauere Abgrenzungen der einzelnen dieser Vorkommen, wie sie für die land- wirthschaftliche Beurtheilung der Oertlichkeit erforderlich sein würden, sind vorläufig desshalb noch unmöglich, weil die geognostische Terrainuntersuchung bisher keine hin- reichende Veranlassung hatte, auf die oft sehr unsichere und zufällige Zusammen- setzung der Oberfläche Rücksicht zu nehmen. Die Verzeichnung in die geognostischen Spezialkarten ist in der Regel nach den- jenigen festen Gesteinen erfolgt, welche sich an den einzelnen Fundorten unter der Ober- lage als zunächst zu Tage anstehend vorfanden, und deren Verbreitung von einem Fund- orte zum andern als genügend sicher angenommen werden konnte. Erst die neueste Spezialkartirung beginnt in Anerkennung des Werthes einer ge- naueren Anschauung von der Beschaffenheit der unmittelbar die Oberfläche bildenden Mineralmassen, nur die Fundstellen selbst einzutragen, und da, wo nicht die unver- mischten Zertrümmerungsmassen des anstehenden Gesteins die Oberlage zusammensetzen, eine besondere Verzeichnung der Oberflächenbeschaffenheit einzuführen. — Für das grosse Gebiet des Schwemmlandes in seiner gesammten Erstreckung über die norddeutsche Ebene bis zum Meere ist schon bei dem Ueberblick über seine Haupt- bildungen hinreichend gezeigt worden, dass es gewisser charakteristischer, den geschich- teten Sedimentmassen ähnlicher Formen keineswegs entbehrt, und dass dieselben auch in näherer Beziehung zu den geologisch unterschiedenen Zeiten der Braunkohle, des Diluviums und Alluviums stehen. In Hinsicht auf den allgemeinen Charakter der Ober- fläche lässt sich sogar sagen, dass gleichartige Bodenarten eine grössere Verbreitung besitzen, als dies im Gebirgslande der Fall ist. Ausser den schon angeführten Lehm- *) Fallou a. a. O. S. zı1. 186 VI. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. vorkommen zeigen in der Regel auch die Niederungsböden jedes grossen Stromthales von den Hauptzuflüssen an bis zur Mündung, abgesehen von einem gewissen Fortschritt der Feinheit und Tiefe, völlige Uebereinstimmung; auch die Gleichmässigkeit des Klei- bodens der Marschen, ebenso die mancher Moorböden, ist bekannt. Rud. v. Bennigsen- Förder, der das Verdienst hat, sich zuerst mit dem Schwemmland und der Vertheilung seiner Schichten eingehend beschäftigt zu haben*), hat sogar für das Alluvium 44, für das Diluvium 6, für die Braunkohlenbildung ro solcher, in sich gleichartiger Vorkommen zu unterscheiden vermocht, und es lässt sich nicht bezweifeln, dass die Uebereinstim- mung zahlreicher Kennzeichen im äusseren Ansehen und in der Tragbarkeit der ver- schiedenen Bodenarten auch eine Uebereinstimmung des Gehaltes an Mineralbestand- theilen und Bruchstücken und des geognostischen Charakters überhaupt bedeutet. Indess ist dieses Gebiet noch zu wenig durchforscht, als dass es möglich wäre, hier genauere, namentlich, worauf es vor allem ankommen müsste, an die Oertlichkeit angeschlossene Angaben zu machen. Wohl aber lässt sich sagen, dass von verschiedenen Seiten Aus- sicht ist, unsere Kenntniss des Schwemmlandes, sowohl bezüglich seiner geognostischen Bildungen und der örtlichen Vertheilung dieser Unterschiede, als des Verhältnisses der- selben zu der wirthschaftlichen Nutzbarkeit, erheblich erweitert zu sehen. Seitdem wir durch v. Liebig und durch die fortgesetzten Forschungen der Agri- kulturchemiker und Pflanzenphysiologen wissen, dass ein bestimmtes Mass bestimmter Mineralbestandtheile zur Ernährung jeder Pflanze erforderlich ist, und dass Art und Mass dieser Stoffe für die verschiedenen Kulturpflanzen verschieden sind, dass also in jeder Ackererde ein berechnenbares Kapital von Nahrungsstoffen für bestimmte Kultur- pflanzen enthalten ist, welches durch den natürlichen Verwitterungsprozess oder dessen künstliche Beförderung aufgeschlossen und dem Anbau nutzbar gemacht werden kann, hat die Erkenntniss der geognostischen Verhältnisse des Kulturbodens ausserordentlich an Interesse gewonnen. Die Bestandtheile der einfachen und zusammengesetzten Mineralien sind seit den 2oger Jahren unseres Jahrhunderts durch die mühevollen Arbeiten der Mineralchemiker, durch Klaproth, Stromeyer und Berzelius und in neuerer Zeit durch Heinrich Rose, Gmelin, Rammelsberg, Scheerer, v. Kobell u. a. genau bekannt. Wird also durch den Schlämmapparat und das Mikroskop ein hinreichendes Urtheil über den Bestand an Mineralbruchstücken und über den Fortschritt der Verwitterung dieser Bruchstücke in einer Erdprobe gewonnen, so ist es nicht blos möglich, die in derselben überhaupt für eine gewisse Art der Kultur vorhandenen Nahrungsstofle annähernd anzugeben, sondern auch ein Urtheil darüber auszusprechen, durch welche Art der Bearbeitung oder der Behand- lung mit natürlichen oder künstlichen Lösungsmitteln sie schneller oder langsamer, und in zu hohem oder zu geringem Grade dem Verbrauche zugänglich werden. Diese Untersuchungen fallen desshalb zunächst unter die Gesichtspunkte der Agrikulturchemie und der Düngerlehre, sie stehen aber mit der geognostischen Beur- theilung in so naher Beziehung und Gegenwirkung, dass ihre Erweiterung, die auf allen Versuchsstationen eifrig betrieben wird, nicht verfehlen kann, auch auf die geogno- stischen Verhältnisse des Schwemmlandes, wie der älteren Gesteine, vielfach Licht zu werfen. *) Das nordeuropäische und besonders das vaterländische Schwemmland in tabellari- scher Ordnung seiner Schichten und Bodenarten. Berlin 1863. * VII. Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. 187 Es sind indess auch unmittelbar auf das geognostische Verhalten der Bodenlagen unter landwirthschaftliehen Gesichtspunkten gerichtete Untersuchungen im Gange. Die erste Anregung dazu hat R. v. Bennigsen-Förder durch die erwähnte, 1843 bearbeitete, geognostische Karte der Umgegend von Berlin mit ihren Erläuterungen gegeben. In ähnlicher und ausführlicherer Weise ist von ihm eine Karte der Um- gegend von Halle auf Veranlassung des Ministeriums für die landwirthschaftlichen An- gelegenheiten aufgestellt worden *). Auch die landwirthschaftlichen Centralvereine zu Münster und zu Königsberg haben, ersterer durch v. Bennigsen-Förder, letzterer durch Dr. H. Berendt, derartige Untersuchungen und Kartirungen bewirken lassen, Endlich aber hat das Königl. Landes-Oeconomie-Kollegium unter dem 28. Januar 1365 höheren Orts in Antrag gebracht, seitens des Staates für die praktische Landwirth- schaft brauchbare Bodenkarten in sämmtlichen Theilen des preussischen Gebietes und zunächst in denjenigen, welche dem Schwemmlande angehören, herzustellen. Es handelt sich für diesen Zweck um eine erhebliche Ausdehnung der oben S. 162 gedachten geognostischen Spezialkartirungen unter besonderer Beachtung der Oberflächenbeschaffenheit, und der für die Landwirthschaft wichtigen Mineralvorkommen, Schichtungs-, Mischungs- und ähnlicher einschlagender Verhältnisse. — Bis es gelingt, auf diesem Wege zu einem genaueren Bilde auch der bis jetzt weni- ger bearbeiteten Theile der Bodenfläche des Staatsgebietes zu gelangen, muss sich die Unterscheidung der Bodenarten und ihrer örtlichen Lagerungsverhältnisse auf die’ aller- dings nur sehr allgemeine, aber für die Landwirthschaft entscheidende Charakteristik des Bodens nach seiner Mischung aus Thon, Kalk, Kieselerde, oder Moor beschränken, wie sie die übliche Unterscheidung in Lehm, Mergel, Sand, Moorboden u. dgl. giebt. Nach dieser Richtung ist bei der Grundstenerveranlagung für den Zweck einer genaueren Information der Centralbehörden eine Arbeit ausgeführt worden, welche zum ersten Male über den ganzen Staat eine Uebersicht der Vertheilung dieser allgemeinen Bodenarten bietet. Es sind für jeden Kreis von den betreffenden Veranlagungskommissarien nach dem Abschluss der Schätzungen, nachdem also bereits eine sehr genaue Kenntniss der Bodenverhältnisse erlangt war, die Bodenarten in Karten von mindestens "/asoooo Mass- stab nach folgendem Schema eingetragen worden: Lehm auf der Höhe, Lehm in den Flussniederungen, Grauer Lehm (Thon) auf der Höhe, Grauer Lehm (Thon) in den Flussniederungen, Sandiger Lehm und lehmiger Sand, Sand, Moor, Wasserflächen, Darunter Kalklager. In einzelnen Bezirken des Gebirgslandes ist dies Schema noch durch einige ein- gehendere Unterscheidungen vervollständigt worden. *) Geognostisch-agronomische Karte der Umgegend von Halle, aufgenommen in 6 Sek- tionen zu einer Quadratmeile, dargestellt von R. v. Bennigsen -Förder. 488 VIL Das Auftreten der Gesteine und ihre Beziehung zur Bildung des Kulturbodens. Diese Karten sind der Berechnung sowohl in betreff der Fläche jeder Bodenart nach Quadratmeilen, als des Prozentverhältnisses dieser Flächen zum Gesammtflächeninhalt des Kreises unterworfen worfen; das Resultat ist für die Kreise, Bezirke und Provinzen in der Tabelle D der Anlagen mitgetheilt. Zur leichteren Uebersicht über die Vertheilung ist dem Atlas eine Karte bei- gegeben, in welche die gedachten Bodenarten nach der Lage der Hauptmassen, soweit dies bei der Kleinheit des Massstabes möglich, eingetragen sind. Bei der Aufstellung des Schemas war es unthunlich und mit der kurzen Zeit, in der die Arbeit der Verzeichnung vorgenommen werden musste, unvereinbar, von den ausführenden Organen eine genauere Unterscheidung und Charakteristik der einzelnen einzutragenden Bodenarten zu erfordern; der nächste Zweck war die übersichtliche Ergänzung der zahlreichen beschreibenden und rechnungsmässigen Grundlagen der Rein- ertragsschätzung. Soweit desshalb unter geognostischen Gesichtspunkten die nähere Charakterisirung von Interesse ist, kann dafür nur auf die im Abschnitt IX. folgende Darstellung der örtlichen Beschaffenheit des Kulturbodens in den einzelnen Landes- theilen verwiesen werden. VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. en den technisch nutzbaren Mineralien kommen für die Gesichtspunkte der vor- liegenden Darstellung nur diejenigen in Betracht, welche entweder durch ihr Vorkommen und ihre Gewinnung auf die Bodenbeschaffenheit und die Dichtigkeit der örtlichen Bevölkerung von wesentlichem Einfluss sind, oder für die Zwecke der Bodenbewirth- schaftung fühlbare und allgemeiner verbreitete Bedürfnisse befriedigen, also den Haupt- gruppen nach: Baumaterialien, Brennmaterialien, Erze und Salz. 1. Baumaterial, Die unentbehrlichen Materialien des Haus- und Wegebaues: Bruch- und Hau- steine, Ziegelerde, Kies, Sand, Kalk, sind von den nutzbaren Mineralien bei weitem die geringwerthigsten, für die Zwecke der Bodenbewirthschaftung und den allgemeinen Ver- brauch aber so unentbehrlich, dass die Art ihrer örtlichen Verbreitung von grosser Bedeutung ist. Die Kosten ihrer Anfuhr stehen meist in so ungleichem Verhältniss zu denen der Gewinnung, dass es schon als Mangel fühlbar wird, wenn der Bedarf nicht innerhalb weniger Meilen zu beschaffen ist. Die nöthigen Bruch- und Hausteine sind im Gebirgslande des Staates überall vor- handen; das Schwemmland würde zwar ohne die erratischen Geschiebe bis auf wenige Punkte von Steinen gänzlich entblösst sein, es findet aber in diesen Findlingen, welche, wie gezeigt, grösstentheils aus ziemlich harten Graniten und Quarzgesteinen bestehen, einen für die wesentlichsten Bedürfnisse ausreichenden Ersatz. Zu Verwendungen, bei denen besondere Festigkeit des Gesteins Bedingung guter und dauerhafter Ausführung ist, wie namentlich zu Chausseedeckungen, werden Basalte, Porphyre und Felsite als Bruchsteine ziemlich weit verfahren; die Basaltkuppen in den Vorbergen der Sudeten vom Annaberge bei Kosel bis nach Sachsen liefern solches Material in grosser Ausdehnung. Auch Granite gehen von Schlesien und Sachsen als Pflaster- und Trottoirsteine, sowie als grobe Werkstücke durch ganz Norddeutschland. Sandsteine zu Bauten werden aus dem Kohlengebirge und Rothliegendem, dem Buntsandstein, Keuper, Lias und Wealden gebrochen. Die feineren Steinmetzarbeiten 490 VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 1. Baumaterial. von Sandstein erlangen durch die Eisenbahnfracht mehr und mehr ausgebreitete Ver- wendung. Zu Mühlsteinen wird in Schlesien und Sachsen Quadersandstein benutzt; nament- lich aus dem Heuscheuergebirge finden starke Versendungen statt; in Ibbenbüren dient dazu Kohlensandstein und am Rhein seit der ältesten Zeit die durch ihre vorzügliche Güte bekannte Lava von Nieder-Mendig bei Andernach. Brauchbare Dachschiefer“) kommen im Glimmerschiefer im Riesengebirge bei Goldentraum (Kreis Lauban), im Kulm im Kreise Hagen und Bochum, besonders aber in den Grauwackengebirgen vor. In den Koblenzschichten des Hunsrück, bei Müllenbach an der Mosel, bei Mont- joie, in der Umgegend von Siegen; im Lenneschiefer bei Olpe, im oberen Devon von Nuttlar (Kreis Meschede) bis Autfeld (Kreis Brilon), in Raumland (Kreis Wittgenstein), auch bei Lautenthal im Harz ist der Gewinn erheblich. Die unter Aufsicht der Ober- bergämter stehende Produktion weist nachstehende Uebersicht nach. Sie zeigt «ein dauerndes Steigen. | Zahl Regierungs-* Betrie- | Zahl | ihrer Produktion bene der Frauen ee [= 1 } bezirk Werke | Arbeiter | _und | Kinder 1865. Schlesien . | Schoek ı16g1 Sachsen. . fi 8 696 Westfalen . | Reis 9 469 ) 4754 | OFuss 91343 ) Rheinland . | Koblenz: rechtsrheinisch | Reis 1788 linksrheinisch. | Reis 39 276 OFuss 8449 Reis 4 509 II2 1865. Summa im Staate ..-»... on oeeneen.. ı86 112 | 237 | 1701 | 3 690 1861. desple an Einen eye ee ee elle Te ehe he fe lotte | r20 895 | 203 1183 | 2847 1856. Gegners are aloe torcke 110 478 | 176 1084 | 2905 Ziegellehm und zu Dachsteinen und Drainröhren geeignete Thone treten zwar in der einzelnen Oertlichkeit sehr wechselnd auf, sind häufig schnell erschöpft und müssen in anderen Bodenschichten wieder aufgesucht werden; im allgemeinen aber sind sie im Schwemmlande überall in genügendem Maasse vorhanden, leichter fehlen dieselben hie und da in den Gebirgen. Dasselbe lässt sich von Mauersand und Kies sagen. Kalk kommt, wie die Beschreibung des Kulturbodens zeigen wird, als mehr oder weniger reicher Kalk- oder Tbonmergel in weiter Verbreitung vor; mit Kalksteinen aber, die zu Mörtel und für technische Zwecke brauchbar sind, ist nur das Gebirgsland in genügender Weise ausgestattet, und selbst in diesem fehlen sie da, wo die Eruptiv- gesteine überwiegen. *) v. Dechen in y. Viebahn a. a. O. I. 786. VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 1. Baumaterial. 491 Die zur Kalkbrennerei geeigneten, genügend reinen kohlensauren Kalke treten in der Grauwacke als Eifel- oder Elberfelderkalk, im Kohlengebirge als Kohlenkalk und im Muschelkalk, Lias, Jura und in der Kreide als einzelne stärkere Schichten so häufig auf, dass im Gebirgslande von Sachsen, Westfalen und Rheinland die Versorgung überall leicht ist. In Schlesien sind dagegen geeignete Kalkbrüche seltener. Sie finden sich theils in den Grauwackenkalken zwischen Bolkenhain und Schoenau, theils in der Um- gegend von Reichenstein und als Marmor bei Prieborn am Rummelsberge. Vorzugs- weise aber entnimmt die Provinz ihren Bedarf aus dem Muschel- und Plänerkalk um Krappitz und Gogolin oberhalb Oppeln. In dem nördlicheren Schwemmlande kommen an einzelnen Punkten in Preussen brauchbare erratische Lesekalke und Mergelablagerungen aus Seebetten, und in Hinter- und Vorpommern Wiesenkalke in grösseren Lagern vor, sie werden aber, ebenso wie die Jura- und Kreidekalke bei Kammin und auf Rügen, zum Kalkbrennen nur wenig benutzt. Im wesentlichen wird der Bedarf an Baukalk hier, wie in der gesammten Mark Brandenburg und in Posen, aus den Rüdersdorfer Muschelkalkbrüchen befriedigt. Die weit verzweigten Wasserverbindungen machen es möglich, diese Kalksteine aus dem Bruche bis an Orte zu verfahren, wo geringe Holzsorten durch den Kalkofenbetrieb ausgenutzt werden können. Die Lagerungsverhältnisse der Rüdersdorfer Kalke sind oben Abschn. VI. S. 169 beschrieben. Die Brüche sind im Besitz des Fiskus und der Stadt Berlin und werden unter einer 1855 vertragsmässig festgesetzten Abgabe von 's des Ertrages an letztere vom Staate allein betrieben. Die Ausbeute betrug: Rohe Werkstücke Abgesetzter | Ertrag nach Brennkalk fe des j Klafter (gebrannterKalk) Arbeiterzahl gefördert abgesetzt Tonnen Thlr. 1862... | 104395 99 999 38 116 194 305,2 1863... | 126943 119 237'J: 47886 | 206 377, mc III 490 108 943 !/ı 38 349% 177 064,7 1865... 109 951°); 107 823! 38 761"4 136 883,7 1034 1866... . 77 840 79 220 20 827 62 317,9 go ; ’ 11 Unterbeamte, [gegen 1865 | — 46,26 % — 36,7% | — 86,1%] Blake Förder: maschinen) Unter den Werkstücken wurden im Jahre 1865 gezählt: 900 Kubikfuss Werkstücke, 1082 Klafter Extrabausteine, 27 065 Klafter gewöhnliche Bausteine“), 1880 Kubikfuss rauhe, 177 2% Kubikfuss geflachte Treppenstufen. Die Klafter zu brechen und zu för- dern kostete je nach der Bearbeitung 23 Sgr. 5,6 Pf., 28 Sgr. 0,9 Pf. und ı Thlr. 24 Sgr. 6. Pf. oder durchschnittlich r Thlr. 9, Pf. Der bedeutende Rückschlag des Jahres 1866 wurde durch den Krieg und die ungünstigen Hypothekenverhältnisse in der Stadt Berlin hervorgerufen, welche die Bauten beschränkten. *) Unter den Bausteinen sind jährlich einige Posten, welche in Stettin als Ballast, namentlich nach Australien, eingenommen werden. In der Kolonie Victoria sind beträchtliche Bauten aus Rüdersdorfer Kalk ausgeführt. 492 VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterial. 2. Nächst den Baumaterialien sind die mineralischen Brennstoffe von besonderem Einflusse auf Forst- und Landwirthschaft. Der Verbrauch der Steinkohle wächst von Jahr zu Jahr und bildet vorzugsweise ein Gegengewicht Brennmaterial. gegen eine den steigenden Boden- preisen entsprechende Erhöhung der Brennholzpreise, Viel weniger rasch ist die Entwickelung des Nur in der Provinz Sachsen wirkt die grosse Masse guter und verhältnissmässig billig abzubauender Braunkohle und der Mangel an Holz mit der schon seit langer Zeit bestehenden, allge- Braunkohlenbaues. um den Betrieb zu wirk- In anderen Gegenden entspricht er den ziemlich zahl- Braunkohle verbreitet ist, Sie ge- währt durch ihre geringe Heizkraft zu wenig Ersatz für die Umgestaltung der Heiz- mein verbreiteten Gewöhnung der Bevölkerung zusammen, licher Bedeutung zu erheben. reichen Lagern, in denen, wie gezeigt, keineswegs. vorrichtungen und die grösseren Unbequemlichkeiten, die ihre Benutzung gegen andere Brennmaterialien hat, und bei der dadurch bedingten Unsicherheit des Absatzes liegt in den Anlagekosten des Unternehmens zu viel Wagniss. Braunkohle durch die Konkurrenz des Torfes geschlagen, In beiden Beziehungen wird die dessen Heizkraft wenigstens in den besseren Gattungen stärker”), und dessen Betrieb im kleinen sehr wenig kost- spielig ist, leicht begonnen und ohne Verlust wieder aufgegeben werden kann, überdies in den meisten Fällen das Grundstück kulturfähiger hinterlässt, als es vorher war. *) Die nutzbare Heizkraft der verschiedenen Brennmaterialien ist nach Brix folgende: Verkelirs-Einheit Nutzbarer Heizeffekt Mittler an TIAER EERTN un alter j Wasser- Gewicht des 1 Pfund |oq. 1 Tonne Benennung des Brennmaterials gehalt | Benen- | ;n | trocknen Ser mintierem Wasser in Pro- nung Zoll- Materials gehalt zenten Pfunden| erhitzt Pfunde Wasser von 0° auf 80° R. I. Holzarten. Kiefernholz, Pinus silvestris. Alte Stämme - Klafter 2650 5,11 4a 11103 Jüngere Stämme . . . zu 108 2500 4,58 3,83 9575 Elsenholz, Betula Alnus . . ». 2 2 2.2.0. Kubikfuss 2335 4,67 3,82 8920 Birkenholz, Betula albaL. . . en 2780 4,59 315 10425 Eicheuholz, Quercus Robur und 0. peduneulata ” 3125 4,55 3,74 11688 Rothbuchenholz, Fagus sylvatia . . . » .» » 3100 4,5 3,63 11253 Weissbuchenholz, Carpinus Betulu L..... » 3100 4,18 3,66 11346 II. Torf. Stichrevier Linum-Flatow, I. Sorte Klafter 3300 5,22 3,66 12078 bo en „ DI. Sorte zu 138,4 2800 5,16 3,82 10136 is „ „ III Sorte Kubikfuss. | 2200 5,07 3,68 8030 IH. Braunkohlen Von Schönfeld bei Aussig in Böhmen . . . » Tonne 296 5,54 3,92 1160 Von Perleberg u. Wittenberge a. d. Elbe, gelagert . zu 267 5,50 3,96 1057 A frisch gefördert 4 Scheflel. 285 dus 2,05 755 Von der" "Grube" Goldfuchs bei Frankfurt 2.10.00 >, 256 5,55 2,41 690 Von Rauen, Stückkohlen . . . Bere. Es 300 5,50 2,25 675 zn » geformte Staubkohlen . . . - 100 Stück. 166 5,05 2,50 415 IV. Verkohlte Materialien. Kiefernholzkoble » . . Sg Tonnevon 64 7,33 7,04 448 Torfkohle (aus der Fabrik von Elliot) . u 3 Schfll. 125 7,50 7,08 885 Koaks vom Gerhardt-Flötz der Königsgrube .. Tonne von 230 7,54 7,10 1702 V. Steinkohlen. A. Englische. . . . . - 4 Schff. | 391 7,82 Tss 2957 B. Wettiner Revier . ” 334—398]| 7,11 —8,10 | 7,15 — 7,83 | 2965— 3007 C. Waldenburger Revier . n 361— 374] 7,12 —8,05 | Tua— Ts | 2635 —2855 D. Oberschlesisches Revier 53 347—370| 6,5 —8,00 | 612— 7,13 | 2321—2864 E. Saarbrücker Revier. . e 336—388] 7,06— 8,23 | 6,5— 7,95 | 2486 —2891 F. Worm-Revier b. Aachen = 378 T,a2 70 2673 G. Bergamts-Revier Essen = 389 Tr 7,50 2940 | H. Bergamts-Rev. Bochum Be 372—396| 3,15 — 7,90 | 7,63 —8,16 28338—3199 | VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterial. 193 Die Verbreitung des Torfes im Gebiete des Staats lässt sich annähernd aus den Flächen übersehen, welche in den S. 187 gedachten, von den Grundsteuerbehörden auf- genommenen Bodenkarten als Moorboden bezeichnet worden sind. Diese Karten ergeben nach Tabelle D. der Anlagen als Endresultat: Moorboden: Staat |prenssen| POM* | Posen | Bran- | Schle- | ungen| West- | Rhein- mern genburg]| sien | falen land Fläche in DMeilen ... | 260, | 503 55,5 |.36,8 | 63,2 | 25,8 | 152 | 15,8 | 8% Prozent der Gesammt- Alle Oertlichkeiten, für welche Moorboden angegeben worden ist, besitzen Torf in Lagern von mehr oder weniger Bedeutung, er findet sich aber auch auf zahlreichen kleineren Parzellen, namentlich auf Wiesenländereien, welche zu geringen Umfang haben, um in diese Aufzeichnungen mit aufgenommen zu sein. Die Güte der vorhandenen Torfmassen ist sehr verschieden. Torflager, in denen lediglich echte Torfmoose (Sphagnum palustre und einige verwandte Arten) auftreten, sind auf dem altpreussischen Boden nicht bekannt. Meist zeigen sich auch die besten Torfe in der Mark, wie der Linumer, theils in den Moosen mit Hypnumarten, Riet- gräsern und anderen Phanerogamen gemischt, theils durch erdige Einschlämmungen und Holzpflanzen, wie Weiden, Erlen, Empetrum nigrum, Vaccinien und Eriken, welche die Güte des Torfs benachtheiligen und die Verarbeitung erschweren, verunreinigt*). Häufig, namentlich in den Flussthälern, sind die Sand- und Schlammeinmischungen sehr stark, die Hochflächen der Gebirge aber, die der Torf einnimmt, wie die Seefelder in der Grafschaft Glatz, die Höhe des Iserkamms, das Brockenfeld, das hohe Venn auf der Eifel, sind zu nass, mit Felstrümmern bedeckt und schwer zugänglich; gleichwohl haben die genügend brauchbaren Torflager sehr grosse Ausdehnung. Die wirthschaftliche Ausnutzung ist den vorhandenen Massen gegenüber verhältniss- mässig beschränkt. Der hauptsächlichste Betrieb grösserer Torfgräbereien findet sich in der Mark längs dem Laufe der Havel und des Rhin; ebenso sind bedeutende Torf- gräbereien in der Elbinger und Danziger Niederung, im Netzebruch, in der Umgegend von Stettin, in Westfalen um Lübbecke und Steinfurt, am Rhein auf dem hohen Venn und um Geldern und Kleve. Die Ausbeute hängt meist von dem Bedarfe grösserer Städte und der Möglichkeit der Abfuhr zu Wasser ab, sie ist nach der Witterung wech- selnd und in ihrem Umfange sehr schwer zu überschlagen. Der Grund der wenig entwickelten Thätigkeit auf diesem Gebiete ist darin zu suchen, dass es bis jetzt noch nicht gelungen ist, ein völlig zweckmässiges und rentables Verfahren aufzufinden, welches dem Torf durch genügende Austrocknung die grosse Heizkraft, zu der er fähig ist, und zugleich mit geringerem Gewicht auch kleineres Volumen und die Transportfähigkeit zu geben vermöchte, die ihm allzusehr mangelt. Die darauf gerichteten Versuche sind seitens der Torfbesitzer, wie seitens der Staatsbehörden nicht ohne Beachtung geblieben. Schon im Jahre 1847 gab das Landesökonomiekollegium durch seinen General- sekretär Dr. A. v. Lengerke die Schriften des Botanikers Leo Lesquereux zu Neufchatel: *) Annalen der Landwirthschaft Bd. 33 S. 92. Boden d, preuss. Staats, 13 494 VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterial. „Quelques recherches sur les marais tourbeaux* und: „Direetion pour l’exploitation des tourbieres“ mit Bemerkungen von Sprengel und Lasius in dem Werke: „Untersuchungen über die Torfmoore im allgememen von Leo Lesquereux“ heraus*). Als Challenton mit seinem auf Schlämmung, Verdünnung und allmählichem Zu- sammensetzen in Senkgruben beruhenden Verfahren auf der grossen Industrieausstellung zu Paris 1855 aufgetreten und namentlich auch auf der XIX. Versammlung der deutschen Land- und Forstwirthe in Koburg grosses Interesse erregt hatte, wurden die Verhand- lungen über Torfbereitung wieder aufgenommen **). Es wurden zum Theil auf Staats- kosten die hauptsächlichsten bestehenden Anstalten von Technikern bereist, und durch das Entgegenkommen der Besitzer eingehende Begutachtungen ***) gewonnen; so: über das Ohallentonsche Unternehmen zu Montanger bei Paris und das einem ähnlichen Prin- zipe folgende durch Roy in St. Jean zwischen dem Bieler und Neufchateller See begonnene; ebenso über das Torfamt Staltack am Starenberger See in Bayern und das dort von Weber durchgeführte zweckmässige Zerreissen des Torfes, Formen in Weise der Thonziegeln und Trocknen im Trockenhause; über die Anstalt einer durch v. Rappard zu Wabern gebildeten Aktiengesellschaft am Bieler See, die nach ähnlichen Prinzipien arbeitet; ferner über die von Exter auf dem Haspelmoor bei München ange- wendete, wie es scheint, Verbesserungen einer Erfindung von Gwynne in England enthaltende Methode der Torfbereitung, die den Torf durch Abpflügen einer nur Yı Zoll dicken Schicht von der geebneten Moorfläche vermittelst Dampfpflügen zerkleint und für den Trockenofen vorbereitet, völlig getrocknet aber durch Dampfpressen in Ziegeln zusam- menpresst; endlich über die diese Methode nachahmenden Anlagen zu Aibling in Bayern, zu Freyburg in der Schweiz und zu Neustadt bei Hannover, und über eine den nassen Torf aus dem Moor zusammenpressende und zu Stücken formende Anstalt auf dem Rietmoor bei München, Obwohl nach der Berichterstattung verschiedener Umstände wegen keine dieser An- stalten hinreichend günstige Resultate zu erzielen vermochte, haben sie doch bewiesen, dass sich da, wo ein dauernder und grosser Absatz gesichert ist, der Gewinn eines guten Brennmaterials und zugleich genügende Rentabilität erreichen lässt. Es scheint festzustehen, dass wenn das Pressen des Torfes überhaupt einen wesent- lichen Erfolg erzielen und namentlich den Wassergehalt und damit auch das Gewicht erheblich vermindern soll, jeder Torf, ehe er einer weiteren Verarbeitung unterliegt, vorher durch Maschinenkraft zerrissen werden muss, um das in den Zellen eingeschlossene Wasser zu befreien und die Elastizität der Pflanzenfaser in dem für vortheilhaftes *) Vergl. auch Dr. Nöggerath „Der Torf in seiner naturhistorischen und technischen Bedeutung“ in der deutschen Vierteljahrsschrift 1849 Heft IV. **, Vergl. Annalen Bd. ı2 S. 193: über eine Torfförderungsmaschine; Bd. 24 S. 22 über Torfpressen etce.; Bd. 29 S. 22: Bericht des Dr. Rühlmann zu Hannover über das Challen- tonsche Verfahren, dgl. S. 19 des Reg.-Bauraths Stein über die Torfmühle des Grafen de Lora. Bd. 31 S. 339: die Toorfbereitung in Böblingen v. Siemens; Bd. 33 S. 92: Bericht des Prof. Koch über die Torflager in Hannover; Bd. 34 S. 153: Verdichtung des Torfs von Stöckhardt; S. 312: Behandlung des Torfs in Litthauen von Leo; S. 391: Analyse und Benutzung der Torfasche; Bd. 35 S. 186: die Ausnutzung der Torflager; Bd. 36 S. 490: Pressung des Torfs durch hydraulische Pressen; S. 383: Pappe aus Torf. **) Siehe den Bericht des Chemikers Dr, Dullo in Annalen Bd. 37 $. 36 und 132, VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterial. 195 Pressen nöthigen Grade aufzuheben. Der gepresste Torf, wenn er nicht allzu dicht komprimirt ist, wird daun ein unverhältnissmässig besserer Wärmeleiter, als der lockere, und verbrennt mit guter Flamme und ohne Schmutzen unter einer Hitze, die der durch Holz erreichbaren erheblich überlegen ist. Auch kann durch gehörige Bearbeitung erdiger, schlechter und selbst der leichteste Moostorf zu einem brauchbaren Brenn- material umgestaltet werden. Der lufttrockene Stichtorf besitzt auch im günstigsten Falle noch 25 pCt. Wassergehalt und ist so hygroskopisch, dass er je nach der Aufbewahrung beträchtliche Mehrprozente an Wasser aufnimmt; der nach dem Exterschen oder einem ähnlichen Verfahren gepresste Torf dagegen, wenn er nur gegen anhaltenden Regen geschützt wird, hält kaum über 15 pCt. Wasser, in der Regel weniger, an sich*). Wenn ı Pfd. der in dem gewöhnlichen märkischen Torfe enthaltenen brennbaren Theile etwa 52 Pfd. Wasser von o Grad in Dampf von 80 Grad zu verwandeln im Stande ist, der nutzbare Heizeffekt aber bei 25 pCt. Wassergehalt ungefähr 3, Pfd. beträgt, giebt die Gewichtseinheit des gepressten Torfes des geringen durchschnittlichen Wassergehaltes wegen muthmasslich 16—ı7 pCt. höheren Gewinn an Heizkraft. Für die Anwendung lässt sich das Verbältniss noch günstiger erwarten, weil die mechanische Beschaffenheit des gepressten Torfes die Erzielung einer vollständigeren und vortheilhafteren Verbren- nung erleichtert. Die Volumdifferenz aber, welche für den Transport besonders wichtig ist, ist so bedeutend, dass von den besten nur aus echten Torfmoosen bestehenden Torfen aus der Nähe des Steinhuder Meeres der gepresste nur ungefähr den ı9. Theil des Raumes des ungepressten einnimmt, denn ein Kubikfuss des letzteren wiegt 4, des ersteren hingegen 70 bis 75 Pfd. Auch bei dem Linumer Torf würde dieses Verhältniss, zwar bei weitem weniger günstig, aber gleichwohl noch immer sehr vortheilhaft sein. Es lässt sich desshalb eine höhere Entwickelung der Torfbereitung für die Zu- kunft kaum bezweifeln; so grossartig aber und in vieler Beziehung zweckentsprechend ein grosser Theil der gedachten Einrichtungen ist, haben doch bis jetzt selbst grosse, dafür besonders geeignete Verwaltungen, wie die der Eisenbahnen, die die Torfmoore durch- ziehen, noch keine grösseren Betriebsanstalten für Presstorf errichtet. Kleine Unternehmungen, welche nur gewöhnlichen Moostorf oder nassen Bagger- torf auf ein gewisses Volum zusammenpressen, wie z. B. zu Buchholz bei Berlin, kön- nen wenig in Betracht kommen, obwohl ihre Fabrikate gesucht sind. In Litthauen ist ein Verfahren seit lange in grösserer Ausdehnung üblich **), nach welchem die Moorfläche mit einem einfachen Spatenpfluge 2 Zoll tief in nur 8—ıo Zoll breite Furchen aufgeackert, öfters mit hölzernen Eggen geschlichtet und gewendet, und der dadurch zerkleinte und getrocknete Torf mit Kippwagen in Magazine geschafft wird, wo man ihn mit einer einfachen, 2 Ütr. schweren Ramme durch 3 bis 4 Schläge auf 2; einer 5 Zoll tiefen Ziegelform zusammenpresst. Diese Torfziegel werden dadurch so fest, dass sie mit dem Beil behauen werden können und keiner weiteren Trocknung bedürfen. Die Herstellung von rooo Torfziegeln kommt auf 2 Thlr. zu stehen, oder der Centner dem Gewichte nach einschliesslich aller Anlage und Nebenkosten auf 4 Sgr. Nothwendig hängt indess auch hier die Anwendbarkeit von der Höhe der örtlichen Arbeitslöhne und dem Preise der konkurrirenden Brennmaterialien ab. — *) Vergl. das Gutachten des H. Dr. Brix, Annalen Bd. 33 S. 99. **) Näher beschrieben in den Annalen Bd. 34 S. 314. 13* 496 VIU. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterial. Ueber die Ausbeute an Braunkohlen, welche nicht, wie die des Torfes, unter die allgemeinen Gesichtspunkte der Bodenbenutzung fällt, sondern dem bergmännischen Betriebe angehört, sind desshalb bei den Oberbergämtern, denen die bergbaupolizeiliche Aufsicht über die Gruben übertragen ist, genauere Nachrichten gesammelt. Durchschnittlich betrug dieselbe jährlich während der 5 Jahre 1861 — 1865: Produktion Anzahl der a Regierungs- nach nach nach betrie- Frauen [Bemer- Provinz Ben Maass k Gewicht a banen Kr a kungen in Tonnen in Centner |jn Thalern [Werke NE der- (—7"Kub.F.)| (—'J Tonne) selben Preussen . . |Marienwerder 1665 4995 55 I I Shi Pommern . . | Stettin 41544 124 631 6 663 3 45 86 |NurEStzbis Posen .... | Bromberg.. 35,541 106 622 4 170 2 49 73 Posen... 32 222 96 667 3 860 3 34 73 Brandenburg | Frankfurt. .| 3079930 | 9394 600| 389967 | 88 | rgoı| 3006 Potsdam ..| 1172573 | 3559989) ı191455| 19 721] 1319 Schlesien. . [Oppeln ... 11919 37 914 1259 I 13 43 Breslau... 141749 425246| 18531 6 IIol 221 Liegnitz.. 1094 529| 3283 588| ı149068| 27 676 1319 Sachsen Magdeburg .| 7 868 305 |23 764060 | 1289648| 44 | 2588| 5155 Merseburg .|12 805 956 | 38 829 128 | 1624 820| 207 | 5578| 13 354 Westfalen Minden ... 7 8323 26779, 672 I 9 19 Rheinland. . | Düsseldorf . 26 666 79 997 2739 74 2I 59 Aachen... 68 204 204 6II 9 406 5 83 147 Köln 1111 231| 3333694 | 105905| 55 883] 1824 Koblenz... 18 526 55 577 4477 4 40 131 Durchschnitt des Staats ı861—ı865 . . M 508 744 | 83 299 179 | 3 801 319 464 |12.243| 26 312 Die letzten ro Jahre ergaben folgende Steigerung für den Staat: TSEONeNe seen 15 556. 289 2,160 502| 426 | 9 475| 16 528 18614. »refferr 22137 159 | 66411477) 3038 997 | 431 | 10744| 20 964 TSOS Renee 33 307 363 |100 428 921) 4736 265 | 512 | 14 137| 33 289 also ungefähr das Doppelte. Die genaueren Angaben veröffentlicht jährlich die Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preuss. Staate. Berlin bei v. Decker. — Die bedeutendsten Betriebsstätten liegen in Sachsen von Halle südlich bis Merse- burg, Zscherben und Skortleben, auch am Kyffhäuser und in Sangerhausen, jenseits der Saale aber um Weissenfels, Taucha, Tollwitz bis Zeitz, um Brehna im Kreise Delitzch, und bei Bitterfeld. Nördlich ist der Bau über Aschersleben, das wichtige Löderburg bei Stassfurt, Eggersdorf, Alten-Weddingen, Oschersleben, Kroppenstedt bis Helmstedt verbreitet. Das rheinische Becken um Köln wird zwischen Frechen und Walberberg, zwischen Deutz und Kalk und zwischen Liblar (Kr. Euskirchen) und Ober-Aussem (Kr. Bergheim) lebhaft benutzt. Im Schwemmlande finden sich Gruben auf dem Trebnitzer-, Katzen-Gebirge und um Sorau, auch südlicher in Saarau und Langenöls; bedeutend ist der Bau bei Guben, Frankfurt, Fürstenwalde und Freienwalde, sowie um Perleberg in VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterlal. 4197 der Priegnitz, und nördlicher ist noch einiger Betrieb im Süden von Damm bei Stettin, im Nordosten von Stargard bei Trampke und Dahlow, um Landsberg an der Warthe und um Meseritz, Schermeissel und Zielenzig, auch bei Zirke, Wronke, Obersitzko und Obornik, ebenso an der Weichsel bei Fordon bis Dulsk, in Hinterpommern bei Zar- kenzin und am Strande von Samland bei Warniken zu nennen*), Der Verbrauch der Braunkohle findet trotz der besprochenen, im ganzen un- günstigen Verhältnisse bei weitem überwiegend zur Feuerung statt, namentlich können gewerbliche Anstalten leicht die Einrichtungen zur vortheilhaften Verwerthung treffen. Indess hat der Gewinn von Paraffin und schweren und leichten Theerölen aus der Braunkohle trotz der neuerdings ausserordentlich grossen Konkurrenz der natürlichen Erdöle Amerikas und Galliziens grosse Ausdehnung erreicht. Das Paraffin ist eine dem Stearin ähnliche einfache Kohlenwasserstoffverbindung **), welche durch trockene Destillation aus Braunkohlen, bituminösen Schiefern, Torf oder Holz gewonnen werden kann. Die Steinkohlen haben keinen paraffin-, sondern naphtalin- haltigen ***) Theer. Von dem aus der Braunkohle gewonnenen Theer sondert sich durch allmähliche Erwärmung bis 300 C. etwa '/s leichtes Theeröl (Photogen), dann "/; schweres Theeröl (Solaröl), endlich der Rest als Paraffinbutter ab, deren Unreinigkeiten theils als Bodensatz durch Rothglühhitze verkoakt, theils durch Aetznatronlaugen und durch Schwelfelsäure ausgeschieden werden und dasParaffin als feste, glänzend weisse, schlüpfrige, aber nicht fettig schmutzende, krystallinische Masse zurücklassen. Das Verfahren der Gewinnung wurde schon 1830 ohne praktischen Erfolg von Reichenbach entdeckt. 1850 wurden ähnliche Fabrikationen in England begonnen und darauf die erste deutsche An- lage in Beuel bei Bonn für Verarbeitung von Papier- und Blätterkohle errichtet. 1858 bestanden schon ausser der Augustenhütte bei Bonn, die mit 72 Arbeitern und ı Dampf- kessel arbeitete, an grösseren Anstalten zwei in Aschersleben mit 70 Arbeitern und 2 Dampfkesseln, eine in Granschütz bei Weissenfels mit 127 Arbeitern und 3 Dampf- kesseln, und eine in Bissingen bei Hechingen, die mit 75 Arbeitern und ı Dampfkessel Liasschiefer destillirte. Bis 1861 hatte sich die Zahl der Fabriken für Paraffin- und Mineralöle erheblich vermehrt. Es bestanden: West- falen Rhein- land zollern Paraffin- und ähnl. Fabriken Zahl der Anstalten. ....... 5 Zahl des Direktionspersonals.. . 48 4 4 29 3 6 2 Zahl der Arbeiter: Marnersesrerskekchchellane 659 7 15 496 50 52 39 Weiberau meter engen: 7 _ _ 7 _ — = Auch einige Gasanstalten sind auf Braunkohle eingerichtet. — Die reichen Schätze an Steinkohlen bilden in Preussen einen wesentlichen Theil des Nationalvermögens und einen wichtigen Hebel des industriellen Fortschritts. Sie sind allerdings auf das Gebirgsland beschränkt. Hier aber ist, wie die Ver- breitung der Steinkohlenformation andeutet, ihre Vertheilung zwischen Ost und West- eine sehr günstige. *) Vgl. v. Dechen a. a. O. I. 702. *) C2 H2 oder C40 H, *) C20 Hs, 498 VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterial. Bauwürdige Flötze in anderen Formationen, als dem Steinkohlengebirge, kommen nur wenige vor*). Einige Flötze von guter Beschaffenheit, die seit längerer Zeit be- nutzt werden, finden sich in den Kreidebildungen zwischen Loewenberg und Görlitz, im Wealden im Kreise Lübbecke zwischen Levern und der Weser und im Liassandstein bei Magdeburg zwischen Ampfurth und Moorsleben. Die Steinkohlenbildung dagegen tritt überall mit grossen, schwer erschöpflichen Kohlenmassen auf. Für die östlichen Provinzen liest die Hauptbetriebsgegend in Oberschlesien. Der Steinkohlenbau hat hier erst 1784 begonnen, ist aber im laufenden Jahrhundert zu sehr grosser Bedeutung gelangt. Er erstreckt sich über eine Fläche von etwa 7", DMeilen in den Kreisen Ratibor, Rybnik, Pless, Beuthen und Gleiwitz. Die Flötze liegen in mehreren Zügen übereinander, sind vielfach in grossen Wellen zusammengeschoben, und die Mächtigkeit des Kohlengebirges ist so gross, dass es noch nicht durchbohrt werden konnte. Die Kohlenmasse auf ihrer bis jetzt bekannten Verbreitung wird auf 5‘ Billion Centner angeschlagen, wovon aber allerdings ein beträchtlicher Theil wegen zu grosser Tiefe schwerlich bauwürdig werden kann. Die Förderung hat in den Jahren 1861—ı865 69 ooo ooo Ütr. betragen. Das niederschlesische Kohlenrevier bei Waldenburg erstreckt sich auf eine Fläche von etwa ı2 D]Meilen, ist indess vielfach von den Porphyrbergen gestört, die es durch- brochen und in verschiedene Züge getheilt haben. Man baut überall in mässigen Tiefen und unter günstigen Verhältnissen. Die Kohlen sind besonders gute Back- und Sinter- kohlen, und die Mächtigkeit der Flötze ist um Waldenburg und Weisstein, auch im Lässig- und Lomnitzthal, beträchtlich. Die Förderung betrug 1ı861— 1865 durch- schnittlich 19 ooo ooo Ütr. In Sachsen ist nur der Betrieb zu Wettin und Löbejün zu nennen, der seit 1583 im Gange ist. Die Kohlen sind gut, die Flötze aber nicht ergiebig, die Förderung betrug durchschnittlich ı 200 000 Ütr.**) In den westlichen Provinzen liegt der Hauptbetrieb in der Nähe der Ruhr von Duisburg und Essen bis Dortmund und Unna und südlich bis gegen Elberfeld. Die Mächtigkeit der Flötze ist hier zwar durchschnittlich nicht besonders gross, die Gesammt- ablagerung aber so bedeutend, dass die vorhandene bekannte Masse auf 250000 Millionen Centner Sandkohlen und 450000 Millionen Ctr. Sinter- und Backkohlen berechnet wird. Die jährliche Ausbeute beträgt etwa 142 ooo ooo Ctr.***) Die nördlicher anstehenden Kohlenflötze von Ibbenbüren haben gegen 2 000 000 Centner Ausbeute. Links des Rheines liegt als Fortsetzung der Ruhrkohlen im nördlichen Anschlusse an das Grauwackengebirge das Kohlengebirge von Aachen, welches vorzugsweise bei Aachen selbst und bei Eschweiler bauwürdig ist. Der Bau ist hier sehr alt, und grössere Flötz- strecken sind bereits abgebaut, die noch vorhandene bekannte Masse der Kohlen wird indess auf 2 000 ooo ooo Ütr. berechnet, und es ist Aussicht, die Flötze in noch be- trächtlich grösserer Verbreitung, als bisher, aufzufinden.. Die Kohle ist zum Theil vor- züglich und sehr bequem gelegen. Man fördert jährlich 15 Millionen Ctr. Südlich des Grauwackengebirges, der Eifel und des Hunsrückens zwischen Kreuz- nach und Saarbrücken nimmt das Steinkohlengebirge die bedeutende Fläche von etwa 55 OMeilen ein. Die untere flötzreiche Abtheilung aber ist, wie $. 169 erwähnt, auf *) v. Dechen in: v. Viebahn I. 696. **) Ebd. I. 685. *”*) Ebd. I. 673. VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 2. Brennmaterial. 4199 den südwestlichen Theil beschränkt und erstreckt sich nur auf 3"/ DMeilen Fläche. Die Kohlenmasse der bekannten Flötze wird auf 600000 Millionen Ctr. berechnet, da- von liegen zwar nur 55000 Millionen in einer Tiefe bis 200 Lachter'), die sie noch mit Nutzen gewinnbar erscheinen lässt, belgische und englische Gruben reichen indess mit ihrem Bau mehrfach bis 300 Lachter. Die Förderung an preussischen Saarkohlen betrug 1861— 1865 durchschnittlich 49 Millionen Ctr. Der Antheil Bayerns an diesem Reviere beschränkt sich auf 2 Gruben, deren Masse auf ı ooo Millionen Ctr.. geschätzt wird. Auf französischem Boden ist die Kohle zwar vielfach angebohrt und auch bau- würdig gefunden worden, es ist aber nicht gelungen, die Schächte durch die überaus wasserreichen Schichten des Buntsandsteins bis auf die Steinkohlen durchzuteufen. Die nachstehende Nachweisung zeigt den Durchschnitt der Produktion der 5 Jahre ı861—ı865 nach Mass, Gewicht und Werth, und die Zahl der beschäftigten Arbeiter und ihrer Angehörigen nach der Vertheilung auf die einzelnen betheiligten Provinzen und Regierungsbezirke, giebt auch die Steigerung in den letzten ıo Jahren an. Produktion Anzahl der Regierungs- nach nach nach |betrie- Frauen |Bemer- bezirke Maass Gewicht Werth benen x Kinder [kungen in Tonnen ?)) in Centner°) | in Thalern | Werke der- selben Provinz Schlesien... |Oppeln ... .|19 036 887| 68 934 851 Breslau... ..| 4794031) 19098 ı1ı4 Liegnitz...| 129682 517 748 Sachsen .. | Magdeburg . 387 1251 au 1508 Merseburg . 234 317| 1215749 betrieben Erfurt.... 45 180 Westfalen . |Minden ... 48 871 209 484 Münster. ..| 461425] 1955 889 Arnsberg . .|17 343 8345| 74 826 228 Rheinprovinz | Düsseldorf .|15 625 441, 67 391 010 Aachen ....| 3 790 506| 14.403 923 Koblenz... 3 2209| 12 270 Trier... . |12 790 395| 48 603 498 Hohenzollern _ _ betrieben. Durchschnitt des Staates 1861—ı1865 ... 74308 779|297 169301|25661537| 427 | 75 723, 134 084 Die letzten ro Jahre ergaben folgende Steigerung für den Staat: N 44288 456| _ 21783 274| 497 | 62 037| 102 163 TSOL ee 58 896261|235 189996 21808326] 452 |68 229| 122 141 1865 2.2... 92.838 875,371 842299|33 032 910| 417 |89 152| 151345 1) Zu go pr. Zoll. 2) Zu 71% Kubikfuss. 3) Für das Ruhrbecken und für Minden ist das Gewicht der Tonne 1357 ermittelt. Für Oberschlesien ist es auf 3,;,, Waldenburg 4, Wettin 4,2, Löbejün 4,6, Ibbenbüren 4, und für den Bezirk Bonn auf 3,5 Ctr. angenommen. 200 VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien, 3. Erze. Der Verkehr mit Stein- und Braunkohlen ist in graphischer Uebersicht dar- gestellt durch die „Karte über die Produktion und die Cirkulation der mineralischen Brennstoffe in Preussen während des Jahres 1865“, mit Erläuterungen herausgegeben im Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, 2 Bl. Berlin 1867. 3. Erze Der ausgebreitete bergmännische Gewinn an- Erzen gewährt der Industrie des Staates eine kräftige und vom Auslande unabhängige Grundlage und der landwirth- schaftlichen Bodennutzung den besonderen Vortheil, dass sich Absatz für ihre Produkte und damit die Möglichkeit gedeihlicher Kultur an Orten bietet, an denen sonst wegen der Abgelegenheit und der mehr oder minder ungünstigen Beschaffenheit des Terrains oder des Bodens wenig Aussicht auf höhere Entwickelung gewesen wäre. — An Eisenerzen werden im Staate 34 Millionen Otr. im Werthe von 3—4 Millionen Thalern gewonnen. Die Hauptfundorte sind Oberschlesien und die rheinisch-westfälischen Gebirge. In Oberschlesien kommt reicher Brauneisenstein im Dolomit auf dem Gebiete des Muschelkalkes durch die Kreise Beuthen und Gleiwitz vor, im Gebiete des Keupers aber von Lublinitz bis gegen Rosenberg und Oppeln Sphärosiderit. In Westfalen und am Rhein sind es besonders die mittlen und jüngeren Grauwackenbildungen, welche dem Bergbau fast in allen Theilen des Gebirges Rotheisenerze und Eisenglanze theils als Gänge, theils in einzelnen zerstreuten, muldenartigen Ueberlagerungen darbieten; daneben aber finden sich im Kulm und im flötzführenden Kohlengebirge Brauneisen- und Kohleneisensteine von grossem Werthe. Die in der Diluvialebene von Schlesien, Sachsen und Westfalen vereinzelt vorhandenen Eisenwerke verarbeiten zum Theil recht beträchtliche Lager von Raseneisenstein aus meist jungen, dem Torf entsprechenden Bildungen. Die nächst dem Eisen werthvollste Metallgewinnung Preussens ist die des Zinkes. Die oberschlesischen Zinkerze, welche grösstentheils in Verbindung mit Eisen- und Blei- erzen als Zinkspath (Galmei) im Dolomit des Kreises Beuthen auftreten, haben eine Ausbeute von über 5 Millionen Ctr. im Werthe von 1% Millionen Thalern. In West- falen und am Rhein finden sich in der Grauwacke und hie und da im Kohlengebirge einzelne Vorkommen von Zinkspath und Zinkkieselerz (kieselsaurem Zinkoxydhydrat). Der Hauptfundort aber liegt auf dem Preussen und Belgien gemeinschaftlich zugehöri- gen neutralen Gebiete in der Gemeinde Moresnet am Altenberge und wird von der daher benannten Aktiengesellschaft Vielle Montagne betrieben. Der Galmei liegt hier im Dolomit, streitig, ob zum Eifelkalk oder Kohlenkalk gehörig. Die rheinisch-west- fälische Zinkausbeute giebt etwa ı Million Ctr. Erze im Werthe von 500 ooo Thalern, Bleierz wird etwas über ı Millon Ctr. jährlich, im Werthe von nahezu 3 Millionen Thalern, grösstentheils als Bleiglanz (Schwefelblei) gewonnen. Der Werth wird durch den nicht unerheblichen Silbergehalt gesteigert. Oberschlesien ergiebt etwa 160000 Ütr. zu etwas mehr als '/ Million Thlr. Werth; die Hauptausbeute gewinnt die Rheinprovinz und zwar in der unteren und mittlen Grauwacke in zerstreuten Gängen von Bleiglanz und Blende, auch im Kohlenkalke von Aachen, vorzugsweise aber in einem verein- zelten mächtigen Vorkommen im Buntsandstein um Commern im Kreise Schleiden. Kupfererze erreichen eine Ausbeute von nahe 3 Millionen Ctr. im Werthe von VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 3. Erze. 201 ı Million Thlr. Sie finden sich als Kupferkies (Schwefelkupfer mit Schwefeleisen) und als Fahlerz mit Eisen-, Zink- und Bleierzen in den verschiedenen Grauwackenbildungen zerstreut. Auch im westfälischen Kohlengebirge und im Porphyr der Saargegend tritt Kupfererz zumeist als Malachit und Kupfergrün auf. Ausgedehnter aber ist der Betrieb im Zechstein. In den westfälischen Weserketten, im Kreise Ziegenrück, an der Nord- seite des Thüringerwaldes und besonders an den Abhängen des Harzes findet sich in den untersten Schichten der Zechsteinbildung Kupferschiefer, der zwar von geringer Mächtigkeit, aber durch seinen nutzbaren Kupfer- und Silbergehalt und seine grosse und regelmässige Verbreitung ausgezeichnet ist. Die Provinz Sachsen erzielt etwa 2 Millionen Ctr. Kupfererze zu einem Werthe von gegen 900 ooo Thlrn., die Rhein- provinz etwa 900000 Ütr. zu ısoooo Thlr. Werth. Die übrigen Erze sind von geringer Bedeutung. Das Hauptgewicht für die Gesichtspunkte der Landwirthschaft liegt auf der Zahl der Bevölkerung, die durch den Bergbau ernährt wird. In dieser Beziehung ergiebt die gesammte Erzgewinnung des alten Staatsgebietes einschliesslich der unbeträchtlichen Ausbeute an Alaunerde, Flussspath, Graphit u. dgl. folgendes Verhältniss zwischen den verschiedenen Oberbergamtsbezirken, welches zugleich die Steigerung in den letzten ıo Jahren nachweist: Produktion Anzahl der Shabazıns- im Tohnen Centner a | Kaanen Bezirk Jahre har Risen und Eisen, Alaun benen 5 Kinder n und sonstige Werke | beiter der- Alaun Erze Thlr. selben | | | Breslau (Schlesien) .-. . | 1856 1319 534 | 3 974726| 2656 811 Io 010 (Alaun 20 000) 1861 814 585 10755 022 | 2 181 771 10 353 1865 1408 454 14 191 828| 3010781 II IIS Halle (Sachsen)... . . 1856 96256 | 1100615) 580791 71) 3892| 6763 (Alaun 64 487)| 1861 34 269 1 823 012 623 783 438| 4 1225| 7475 1865 65265 | 2673408| gı8ı7ıl 53| 4535| 8309 Dortmund (Westfalen) . | 1856 500 704 122 231 305 145 97| 2461| 4127 (Alaun 21 020) 1861 1051981 | 7 895 807 556085 102 | 3871| 6596 1865 1154750 | 8387461| 655231) 95| 3902| 5974 Bonn (Rheinland)... . | 1856 1151670 1522 147| 3235 566| 1451| 19 617| 35 277 (Alaun 30 799) 1861 I 540 52I 14 665043 | 3829247 | 1356 | 21 369| 35 512 1865 2222131 |21002686| 3624988 | 1375 | 24 579) 41 948 = | = >= 7 392 290 | F% Die genauen Angaben mit eingehenden Erläuterungen über den Betrieb theilt jähr- lich die schon gedachte Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen des preuss. Staat durchschnittlich Staates mit. Die Tonne Alaun ist 3 Ütr., Eisen je nach dem Erz 4,9—ı0 Ctr. gerechnet. — 202 VIH. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. 4 Salz Von besonderer Bedeutung für alle Beziehungen der Volkswirthschaft ist endlich die Ausbeute an Salz. Erst seit 1856 hat in Preussen in Folge glücklicher Bohrversuche ein bergmänni- scher Betrieb auf Salz beginnen können. Vor 1837 war überhaupt das Vorkommen von Steinsalz auf dem Gebiete des Staates nicht bekannt. Alles Salz, welches der Bedarf forderte, wurde entweder durch Gradiren und Sieden von Salzquellen gewonnen, oder vom Auslande bezogen. Die Beschaffung des nöthigen Salzes geschah bis zur Gegenwart von Staatswegen auf Grund des sogenannten Salzmonopols, und liegt, obwohl die Umwandlung dieser Staatseinnahmequelle in eine Salzsteuer schon früher in Aussicht genommen und seit den Erwerbungen des Jahres 1866 beschlossen ist”), zur Zeit noch der Regierung ob. Das gedachte Salzmonopol ist nicht ein Monopol ausschliesslicher Salzbereitung, sondern eine Vertriebseinrichtung, die auf dem aus dem Mittelalter herkömmlichen ausschliess- lichen Rechte des Staates auf den Handel mit Salz beruht**). Die Steuerverwaltung entnimmt das Salz theils von den allerdings überwiegenden Staatssalinen, theils von in- ländischen Privatsalinen, welche ihre gesammte Salzproduktion gegen einen bestimmten Preis abzuliefern haben, theils durch Ankauf vom Auslande. Der Gewinn des Staates, der auch als Salzsteuer bezeichnet wird, besteht in dem Ueberschuss, den derselbe beim Verkauf an die Konsumenten über die Kosten der Anschaffung, Versendung ete., er- zielt. Jede Einfuhr fremden Salzes und aller Gegenstände, aus welchen Kochsalz aus- geschieden zu werden pflegt, ist insoweit bei Strafe verboten, als dieselbe nicht für eigene Rechnung der Staatsregierung und zum unmittelbaren Verbrauche in ihren Salz- ämtern, Faktoreien und Niederlagen geschieht. In älterer Zeit waren der Kontrole wegen die Konsumenten an bestimmte landes- herrliche Sellereien oder Faktoreien angewiesen, und es fand eine Kontingentirung des Salzes auf die Hauswirthe oder einzelne Bezirke statt. Diese Einrichtungen hob bei der Neugestaltung des Steuerwesens die Verordnung vom 17. Jannar 1820 (G.-S. S. 27) auf und führte ein, dass jedem gestattet blieb, seinen Bedarf aus jeder beliebigen Nieder- lage zu entnehmen, und dass das Salz zum inländischen Verbrauche aus allen Nieder- lagen der Salinen und der Faktoreien in jedem Theile des Staates zu einem und dem- selben Preise und zwar die Tonne von 405 Pfd. zu ı5 Thlr. verkauft werden solle. Als sich mit der verbesserten Viehhaltung das Bedürfniss der Landwirthschaft nach Salz zu einem den Verhältnissen des Wirthschaftsbetriebes entsprechenderen Preise geltend machte, ordnete die Allerh. Kab.-Order vom zr. Juni 1838 (G.-S. 8. 359) die *) Inzwischen ist das Gesetz, betreffend die Aufhebung des Salzmonopols und die Ein- führung einer Salzabgabe (G.-S. S. 1317), sowie die Allerh. Verordnung, betr. die Erhebung einer Abgabe vom Salz (G.-S. S. 1320), beide vom 9. August 1867 und die für das Gebiet des deutschen Zoll- und Handelsvereins geschlossene Uebereinkunft vom 8. Mai 1867 (G.-S. S. 1313) publizirt, nach welchen vom 1. Januar 1868 ab eine gleiche Besteuerung von 2 Thlr. auf den Centner netto vom fabrizirten wie eingeführten Salz stattfindet, von der jedoch die Ausfuhr und der Verbrauch für Landwirthschaft und für Gewerbe befreit bleiben, sofern letztere nicht Nahrungs- und Genussmittel für Menschen bereiten. *", v, Rönne Staatsrecht I. S. 816. VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. 203 Bereitung eines mit bitteren Stoffen vermischten Salzes als „Viehsalz“ an, von welchem den Landwirthen und anderen Viehbesitzern für 5 Thlr. die Tonne von 400 Pfd. netto verkauft wird, und bestimmte zugleich, dass an Fabrikanten, welche zur Darstellung ihrer Erzeugnisse das Salz in namhafter Menge verbrauchen, um darin die Konkurrenz des Auslandes zu bestehen, weisses Koch- und Steinsalz für 5 Tblr. die Tonne zu 405 Pfd. netto, und schwarzes und anderes unreines Salz, sowie Steinsalzgrus für 3's Thlr. die Tonne zu 400 Pfd. netto debitirt werden darf (Regulativ dafür vom 29. Juni 1838, G.-S. S. 361). Die Verordnung vom 22. November 1342 (G.-S. S. 310) ermässigte im Sinne einer durch die Kab.-Order von demselben Tage (G.-S. S. 307) angeordneten Steuerherabsetzung den Preis des zum inländischen Verbrauche bestimmten Salzes in allen denjenigen Landestheilen, in welchen nicht schon bisher ihrer abgeson- derten Lage wegen ein geringerer Salzpreis stattgefunden, auf den Satz von ız Thlrn. für die Tonne von 405 Pfd. Für Hohenzollern ist durch das Gesetz vom 13. Dezember 1358 (G.-S. S. 606) die Einfuhr fremden Salzes verboten, dasselbe darf nur aus der Saline Stetten oder von den zum Verkauf Konzessionirten bezogen werden. Nur im Jahdegebiet bestand im Anschluss an das Oldenburgische Salzsteuersystem eine Salzsteuer von 12"; Sgr. für den Centner (Gesetz vom ı. Juli 1861 G.-S. S. 691). Salinen. Auch in früherer Zeit lag es nahe, dass die Staatsregierung ihren Be- darf möglichst aus dem Inlande zu decken suchte, und es lag in ihrer Hand, den Fort- betrieb auch solcher Salinen zu sichern, welche an sich wenig lohnende Ausbeute gaben. Daher die grosse Zahl gegenwärtig zum Theil eingegangener kleiner Betriebsstätten, deren Kenntniss mehr und mehr nur einen Werth für die Beurtheilung der Boden- beschaffenheit hat. In den Provinzen Preussen, Posen und Schlesien findet sich weder Steinsalz noch eine Salzquelle*). Die zahlreichen Bohrversuche, welche in Oberschlesien gemacht wor- den sind, sind trotz des Auftretens ähnlicher Formationsglieder, wie sie die Gesteine des nahen Wiliczka zeigen, bisher vergeblich geblieben. In Pommern werden dagegen als bekanntere Salzquellen im Regierungsbezirk Köslin Treptow, Schwiesen, Königsmühl, Reckow, Dobberphul, Klein-Weskow und besonders Kolberg genannt, dessen Sole nahezu 5‘ pCt. Salz enthält; im Regierungsbezirk Stettin ist Koblenz bei Pasewalk, im Re- gierungsbezirk Stralsund Richtenberg, Franzburg, Mischenhagen, Brock und Greifswald anzuführen. Die Saline Greifswald ist noch im Betriebe und benutzt Sole von 2'/ bis 4 pCt. Gehalt. In der Mark Brandenburg finden sich im Regierungsbezirk Frankfurt in Staffelde bei Soldin und in Storkow, im Regierungsbezirk Potsdam in Belitz, Trebbin, Saarmund, Brandenburg, Netz bei Potsdam, Pessin und Selbelang bei Nauen, Greifenberg und Biesenbrow schwache Salzquellen. Alle diese Solen entquellen dem Diluvium oder Braunkohlenbildungen. Die Provinz Sachsen war auch vor der Entdeckung der Stassfurter und Erfurter Lager besonders reich an Salz. Einige ihrer Quellen, wie die zu Kemberg, Düben und Gräfenhainchen im Regierungsbezirk Merseburg, gehören ebenfalls dem Schwemmlande an; die meisten aber entspringen dem Buntsandstein oder dem Zechstein. Aus dem ersteren gehen im Kreise Wanzleben die Solen zu Suldorf, Todendorf *) v. Dechen in v. Viebahn I. S. 802 ff. 204 VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. und Sohlen, im Mansfelder Seekreise in der Umgebung des salzigen Sees die von Langenbogen, Rollsdorf, Seeburg und Erdeborn, im Kreise Weissenfels die Quellen im Salzkethale und in der eingegangenen Saline Poserne hervor. Derselben Formation werden auch Teuditz bei Merseburg mit 2prozentiger, Kösen mit 4prozentiger, Elmen bei Schönebeck mit ı2prozentiger und Halle mit ıgprozentiger Sole zugerechnet. Die beiden ersteren werden zur Salzgewinnung nicht mehr benutzt. Halle mit einer fiska- lischen und einer der ältesten, mit besonderen Privilegien ausgestatteten, zur Zeit vom Staate gepachteten Privatsalinen ist noch in lebhaftem Betriebe. Die Sole der letzteren entspringt einem in der Nähe des Saaleufers auf 93 Fuss Tiefe eingeschlagenen Schachte. Schönebeck, in welchem bei 1766 Fuss Tiefe Steinsalz erbohrt ist, produzirt in seinen Siedereien fast Yı des gesammten Bedarfes im Staate. Der Zechsteinformation gehören in Sachsen die Saline Dürrenberg an der Saale, welche Sole bis zu g pCt. erlangt, und das ';; Meile entfernte Kötschau an, auf dem Gebiete von der Saale bis zum östlichen Harze aber Welbsleben, Schaafbreite bei Wim- melburg, Obersdorf, Bischofsroda, der Endebornsstollen auf den Mansfelder Kupfer- schiefergruben, Sachsenburg, Wendelstein, Bottendorf und Auleben, endlich im Kreise Schleusingen die Quellen bei Suhl am Domberge, Döllberge und Eichberge. Auch bei Artern im Kreise Sangerhausen ist Steinsalz im Zechstein erbohrt, die Benutzung aber wird nur als Sole von 3" bis 4 pÜt. Gehalt möglich. Die schwachen Quellen zu Löbejün im Saalkreise und zu Kröllwitz, Giebichen- stein und Brachwitz bei Halle entspringen dem Kohlengebirge. In der Provinz Westfalen treten die bedeutendsten Solquellen im Plänerkalk zu Tage. Salzkotten bei Büren, Westernkotten bei Lippstadt, Werl, Neuwerk, Hoeppe und Sassendorf bei Soest und Königsborn bei Unna sind in starkem Betriebe; unbenutzt sind Middendorf bei Hamm, Brochterbeck und Salzesk bei Bevergern im Tecklenburgi- schen, ebenso die frühere Saline Ochtrup bei Steinfurt. Die benachbarte stark betrie- bene Saline Gottesgabe bei Rheine erhält ihre 4 bis Sprozentige Sole aus den Gault- schichten der Kreide. Die Saline Neusalzwerk bei Minden mit roprozentiger Sole und das Bad Oeyn- hausen mit 4prozentiger gehören der Liasbildung, die schwachen Solen in Hattingen, Altendorf und Oberhausen im Kreise Bochum dem Kohlengebirge, und die Quellen in Belecke (Kreis Arnsberg), Girkhausen (Kreis Wittgenstein) und auf der früheren Saline Werdohl (Kreis Altena) der Grauwacke an, In der Rheinprovinz kommen schwache Solquellen im Buntsandstein zu Igel, Wasserbillig im Landkreis Trier, Nittel im Kreis Saarburg und die früher benutzte zu Rilchingen im Kreis Saarbrücken vor. Sulzbach ebenda, so wie die bedeutenderen zu Münster am Stein und Kreuznach und die auf preussischem Gebiete, aber im hessischen Eigenthum befindlichen Salinen Karlshalle und Theodorshalle liegen im Kohlengebirge. Die unbenutzten Quellen zu Salzig und Brodenbach im Kreise St. Goar und zu Dreis- bach im Kreise Merzig entspringen der Grauwacke. In Hohenzollern besteht im Oberamtsbezirk Haigerloch die Saline Stetten, auf welcher im Muschelkalkstein in 300 Fuss Tiefe ein Steinsalzlager von 5 bis 24 Fuss Mächtigkeit aufgeschlossen ist, welches bergmännisch bebaut wird. Das erwähnte Steinsalzlager bei Erfurt zu Ilversgehofen ist auf 1069 Fuss Tiefe unter Muschelkalk erbohrt, hat 86 Fuss Mächtigkeit und gewährt seit 1862 Ausbeute. VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. 205 Das Salzlager zu Stassfurt (Kreis Kalbe), dessen Entdeckung für die Landwirthschaft Preussens ein Ereigniss von der grössten Tragweite ist, erfordert einige genauere Angaben. Die Veranlassung zu Bohrversuchen war hier die starke Sole von 17 prozentigem Gehalt, die auf der Stassfurter Saline bisher benutzt wurde und Aussicht auf grössere Aufschlüsse gab *). Die Arbeiten begannen am 3. April 1839. Im Juni 1843 zeigte sich bei 816 Fuss Tiefe das erste Salz, und das Bohrloch konnte 1035 Fuss in das Salzlager eingesenkt werden, ohne dasselbe zu durchstossen; 1851 erreichte der Bohr die Tiefe von ı851 Fuss und stellte das Vorhandensein fast unerschöpflicher Salzmassen fest. Die emporgebrachte Sole erregte indess grosse Zweifel an der Brauchbarkeit dieses Salzes, denn sie enthielt neben 16 pCt. Kochsalz ı3 pCt. Chlormagnesium. Später bestätigte sich die Hoffnung, dass diese wenig nutzbare Lösung nur eine Aus- laugung aus den oberen Lagen sei, welche sich in das Bohrloch niedersenkte. Der bergmännische Bau wurde trotz der erheblichen Kosten unternommen. Am 4. Dezember 1351 wurde der erste, am 31. Januar 1852 ein zweiter Schacht abgesteckt und ange- hauen, und nach Verlauf von 5 Jahren, im November 1856, die jetzige Abbausohle in 1066 Fuss Tiefe erreicht. Das erste von 816—974 Fuss anstehende „unreine“ Salz, welches sich später von weit überwiegender Wichtigkeit erwies, war damals noch ıicht erkannt. Unter 974 Fuss aber wurde Kochsalz von vorzüglicher Güte gefunden. In einzelnen Stufen zeigt es roo pCt. Gehalt, als Handelswaare ist es reiner, als das Pro- dukt der wichtigsten anderen Steinsalzwerke **), Auf grösserer Höhe, etwa 1500 Schritt nach Südosten, erreichte 1858 die An- haltinische Regierung auf ihrem Gebiete dasselbe Salzlager mit einem anderen Schachte, der in 1420 Fuss direkter Entfernung von dem preussischen eingesenkt ist. Dadurch wurde die Beschaffenheit des Lagers sehr genau bekannt. Ueber der grössten bis jetzt erreichten Tiefe findet sich eine etwa 685 Fuss mächtige Lage reinen Steinsalzes, hierauf ruht eine 200 Fuss mächtige Schicht unreinen Steinsalzes, welches verschiedene, leicht lösliche Verbindungen in sich aufgenommen hat, ohne den spezifischen Charakter des Steinsalzes verloren zu haben. Dann folgt eine ı80 Fuss mächtige Schicht, in welcher neben Steinsalz die schwefelsauren Verbindungen vorwalten, und die obere Lage von ı35 Fuss Mächtigkeit wird durch ein buntes Gemisch von Steinsalzen, Bittersalzen und Kalisalzen ausgefüllt. Die Erstreckung in die Breite wird nach der Gebirgsformation als sehr bedeutend geschätzt. Die Mulde, in der das Salzlager eingebettet ist, hat eine Ausdehnung von 25 DMeilen. Die Entstehung dieses Lagers lässt sich nach den zahlreichen auf Salz benutzten Salzseen der Steppen im Norden des kaspischen Meeres beurtheilen***). In diesen Seen scheidet sich in jährlichem Wechsel aus dem Zusammenfluss reicher Salzsolen, so lange das Salzwasser bei grösserer Wasserfülle noch nicht den Sättigungspunkt er- reicht hat, schwefelsaurer Kalk (Anhydrit), bei vorgeschrittener sommerlicher Verdunstung und Sättigung aber Kochsalz aus, die leicht löslichen Magnesiasalze dagegen bleiben in der Mutterlauge gelöst und können erst nach endlichem Versiegen der Zuflüsse als eine obere Decke zum Absatz kommen. Die Bestätigung gleicher Vorgänge in der grossen Mulde von Stassfurt geben die wechselnden Schichten von Anhydrit und reinem Kochsalz, *) F. Bischof: die Steinsalzwerke bei Stassfurt. Halle 1864. S. 8 ff. **) Ebd. S. 58. **) Ebd. S. a1. S. 16. 206 VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. welche in der Masse des Stassfurter Steinsalzes auf einander liegen. Die Anhydrit- schichten sind nicht über '/ı Zoll stark und theilen das Steinsalzlager in einzelne Bänke, deren Stärke zwischen ı und 6 Zoll schwankt, im grossen Durchschnitt aber 3'/a Zoll beträgt. Der Bergmann nennt.die dünnen Anhydritschichten „Jahrringe“, und in der sehr wahrscheinlichen Annahme, dass jede solche Anhydritschicht den Steiusalzabsatz eines Jahres begrenzt, wird für das Lager auf eine Bildungszeit von 15 000 Jahren geschlossen '). Es gehört, wie erwähnt, der Zeit des Buntsandsteins an. Im Jahre 1851, als der Stassfurter Schacht begonnen wurde ?), produzirte Preussen auf seinen Salinen 2 ı4r 000 Ctr. Salz. Der Konsum an Speisesalz allein betrug 2577000 Ctr. oder ı5,; Pfd. pro Kopf, ein Verhältniss, welches seit 25 Jahren gleich geblieben ist. Da Preussen zur Erleichterung der Zollvereinsverhältnisse neben der Be- schaffung seines eigenen Bedarfs die Verpflichtung übernommen hatte, das Königreich Sachsen und andere kleinere Nachbarstaaten mit Salz zu versorgen, ferner zur Vieh- futterung und zu gewerblichen und Fabrikzwecken ein anselhnliches Bedürfniss bestand, erreichte die damalige Fabrikationshöhe kaum 75 pCt. des Konsums, so dass noch über %/ Millionen Ctr. Salz vom Auslande bezogen werden mussten. Dieses Missverhältniss ist nunmehr beseitigt. Die Produktion von Stein- und Siedesalz ist inzwischen auf 3'/ Millionen Otr. gestiegen, Bald nach dem Beginn der Ausbeute wurde der bedeutende Gehalt an Kali in den unreinen, sogenannten Abraumsalzen entdeckt °). Das für die Landwirthschaft, wie für zahlreiche Industriezweige unentbehrliche Kali konnte bisher nur als Pottasche (kohlensaures Kali) aus der Asche verbrannter Hölzer und Kräuter und der Schlempe der mit Rübenmelasse arbeitenden Spiritus- fabriken, als Salpeter (salpetersaures Kali) durch Auslaugung porös lockerer Erdschichten, welche mit animalisch stickstoffhaltigen Substanzen und kohlensauren Salzen geschwängert sind, und als schwefelsaures Kali und Chlorkalium als Nebenprodukt der Salinen oder aus dem Meerwasser und aus der Asche der Strand- und Seepflauzen, namentlich der Varee- und Kelp-Soda, gewonnen werden. In Stassfurt dagegen zeigen sich die Kali- salze ebenso reich, als leicht zur Verwendung darstellbar. Die verschiedenen in Stassfurt auftretenden Mineralien sind nach Bezeichnung und chemischer Zusammensetzung folgende‘): e n Iashiee | 100 Gewichts- Stassfurter "Salze Chemische |Aequi- In 100 Gewichtstheilen En ü theile Wasser Formel |valent sind enthalten: Verbin- lösen bei dung 18%, °C. Anhydrit (Karstenit) . 68 | 1ooschwefelsaurenKalk| 2,963 0,20 6 Mg. O. 120 | 26,3: Talkerde Boraeit (Stassfurtit) . | 8 B. 03 280 | 62,57 Borsäure > 2,9: fast unlöslich Mg. Cl. 47,5 | 10,6 Chlormagnesium ) 44715 Ka. Cl. 74,5 | 26,76 Chlorkalium Gamallit . 2...» 2 Mg. Cl. 95 | 34,50 Chlormagnesium 1,618 64,5 ı2 HO. 108 | 38,74 Wasser ) 277,5 1) Verhandlung der Berliner geologischen Gesellschaft. April 1864. 2) Bischof a. a. O. $. 57. %) Ebd. a. a. O. S. 60. “) Ebd. a. a. O. 8. 38. vYIH. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. 207 | | Be | 100 Gewichts- Seasefürter Sale Chemische |Aequi-|In 100 Gewichtstheilen a theile Wasser Formel |valent sind enthalten: | Verbin- | lösen bei | | dung 18’4° C. a j_n Eisenglimmer ..... Fe? O3 78 | 100 Eisenoxyd | 3,35 | unlöslich Ei lanz, Ei h ( Br En 2) Mg. 0.S0O3 60 .| 87,10 schwefels. Talkerde Are 0 Kieserit (Martinsit?) | Ho. | 9 | 12,0 Wasser 547 49,9 | 69 | | 2Ca. 0.503) 136 \45,13 schwefels. Kalk Bolyhaliti.o.. 0... Mg. 0. SO? | 60 | 195 = Talkerde 2,720 | zersetzt sich Ka. 0. SO3 87 |28,9 2 Kali | bei der Auf- 2H.O. 18 5,99 Wasser | lösung zo | Stemsalzait ateäsrche Na. Cl. | 58, | 100 Chlornatrium 2,200 | 36,2 Sylvin (Schätzellit, Hö- | velit, Leopoldit) ... . Ka. Cl. 74,5 , 100 Chlorkalium 2,025 34,5 \ Ca. Cl. | 55,5) 21,50 Chlorcaleium Tachhydrit.......4| 2Mg. Cl. | 95 | 36,93 Chlormagnesium 1,671 160,3 ı2HO. 108 |4I,s2 Wasser 258,5 | Dem Verhältnisse der Mächtigkeit nach besteht das auf 1200 Fuss Tiefe auf- geschlossene Lager etwa aus 989 Fuss Steinsalz, 5ı Fuss Kieserit, 36 Fuss Anhydrit, 98 Fuss Carnallit, ı3 Fuss Polpyhalit, ı3 Fuss Chlormagnesiumhydrat (Tachhyadrit). Das Kali ist überall an Chlor gebunden und findet sich vorzugsweise in den Carnalliten. Diese können zwar wegen ihres Chlormagnesiumgehaltes nur in seltenen Fällen in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung zur Verwendung kommen, werden aber durch Fabriken, von denen 1863 schon 14 im Betriebe waren, auf einfachem Wege rafinirt“). Man scheidet durch Auflösung in Dampf oder heissem Wasser und durch Umkrystallisation das Chlorkalium vom Chlormagnesium und anderen fremden Bestand- theilen und stellt ein Fabrikat dar, welches neben Chlornatrium und geringen Mengen Chlormagnesium go pCt. Chlorkalium enthält. Der Betrieb ist der Verbesserung be- dürftig, weil der Verlust noch 33'/ pCt. des Chlorkaliums beträgt. Die Kalifabriken bezogen 1863 2500000 Ctr. Rohprodukte und gewannen daraus 333 ooo Ctr. Chlor- kalium. Der Preis des Centner Rohsalzes wurde 1864 auf 8'/ Sgr. für Stücken und auf 9 Sgr. für Mahlgut festgestellt. Der Gehalt des Rohsalzes ist auf r16—ı8 pCt. Chlorkalium anzunehmen. Neben dieser Fabrikation wird Pottasche (kohlensaures Kali) und durch Umwand- lung von Chili- (Natron-) Salpeter in Kalisalpeter auch letzterer in grossem Umfange hergestellt, und versprechen alle diese Salze nicht blos Preussens Bedarf unabhängig vom Auslande zu machen, sondern auch Gegenstand massenhaften Exports zu werden. Das Ergebniss des bergwerksmässigen Salzbaues in den letzten 5 Jahren ist folgendes: *) Bischof a. a. O. S. 6r. 208 VIII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. Produktion Anzahl der Darunter R i an be Eransı Steinsalz | |1e3eaerie | Zahl | au 7 7 rie- nn zur kieserit- - Trabi Jahre ALEN benen]| “ Kinder | Umsie- | Werth hitze | Werth | Kalisalze = hen wer me | ans | (Aa) eier) gen Centner 2 sam Centner | Thir. | Ceniner Thir. Centner | selben an die Sa- near | | | | Sachsen. Neu | | | salzwerk | | 1. Stassfurth| 1861 | 867708| 145078| ı | 246| 422 |261 881 2618 — | — 4723| — |—-|- | Ei | | | 1862 |1362 340) 256868| ı | 427 | 503 = 2 I58 623 — ee | 3922927 2 .— = | 1 | | I 1863 |1739637| 387754| 1 | 467, 584134986 13454| — | — | 8377802588511 — | — 1864|2071880| 447322| 1 | 451) 902| 2750 46| 2 296) 373| 1 167 754 | 335 933| 230 | 490 1865 |1573 813 | 210529| ı | 385 |1390| — | — |80049| 12 835 652 664 | 105 844| 130 556 Durchschnitt — |1523075| 289510| ı | 395| 760| 142107 19602116 469 | 2642) 619524 |140125| 72 | 209 | | Königsborn| 2. Erfurt . .| 1861 — _ I 76| ı51 — _— | = ah BE 1862 7 890 789| ı | 79| 166| 600 600 — | — —_ = | 3 1863 76 267 4643| ı | 55| 1223| 40600] 2%ıl — — Z —_ ee I I 1864| 102900) ° 8865 47| 165| 48400 3227] — | — — = le = 1865| 225 340 19 016 48 | 133 76800 5120 — — -— | — u Durchschnitt| — 82479 6663| ı | 61, 148| 34360 2353| — —s| — — ar Hohenzol- lern | | 35 60 13 328 1121 — — — zu | 2 3. Stetten .| 1861 16 716 ıgoı| ı 1862 25 527 2070| 2 | 30] 4o| 15381] 732| — — —_ — I 1863 20 581 1637| zr | 20| 4o| 14205) 677| — — — — Ze 1864 20209 1704| I 19| -53 | 13 785) 656 | _ — — AS 1865 21990 | 1860.|1,2. 1.241. 65,|1176:025|, 7763 I, — al ol — ie Durchschnitt| — 21 064 a 52| 14545| 794| — | — | - —_ |-|1—- | Steinsalza |1861] 884424 | 146879| 3 | 357 | 633 |275 209 273300 — | — 47.233 of | li Bar 1862 |1395757| 259727| 3 | 5336| 709|332301| 5995| — | — | 392 1901| — || aate (1863 |1836485| 394034| 3 | 542| 747|1897911 16952) — | — | 837780258851] — | — 1864|2194989| 457891 | 3 | 5ı7 zı20| 64935) 3929| 2296 373] 1167754 335 933) 230 | 490 ı865 |1 821143) 231405] 3 | 457 1588| 92825) 5883) 80049 12835) 652 664 | 105 844, 130 | 556 Durchschnitt| — | 1626 559| 297 987 | 3 | 482| g59| gr or2| 22 g09| 16 469| 2641| 619 524 | 140 125| 72|209 Das Ergebniss der Salzsiedereien stellt sich für diese Zeit im Staate folgendermassen: 1861 |2 269 568 | 1 452 317 | 18 |1 330| 3 989 1862 |2461.499 | 1527 115 | 18 |1348| 3 930 1863 |2 367 524 | 1304 ı71| ı8 |1227|3 759 1864 |2 379 629 |1260378| 18 |1275|3 759 1865 |2371 313 | 1266633 | 18 |ı 235|3 729 Durchschnitt — |? 369 907 | 1 362 123 | 18 |1 283] 3 833 VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. 209 Die einzelnen Salinen waren an dem Siedesalze im Jahre 1865 in folgendem Ver- hältnisse betheiligt: Produktion Anzahl der Siedesalz 1865 Werth betrie- Frauen und Centner benen Arbeiter Kinder Thlr. Werke derselben Oberbergamtsbezirk Halle. Pommern. Greitswaldes ne ie ne 12754 11 266 Sachsen. Schönebeck. . . . . » I 020 000 389 300 Halle m Pe 96 825 ZIEL Halle ee RR 86394 96 552 Dürrenberpy.ne a era 369 804 272278 Ariernt era 141728 55 510 Summa A. 1727 505 863 017 6 B. Oberbergamtsbezirk Dortmund. Westfalen. Neusalzwerk . nu..n. 100 000 52.428 Salzkotten sn su 0. race 43 638 32 600 Gottesgabert a een: 12 765 12 469 Sassendorf*. . cc... 70 570 46 190 Bönigsbom.. 2 u. 183 200 96 726 Summa B. 410 173 240 413 C. Oberbergamtsbezirk Bonn. Westfalen. Westernkotten* . . . . 41 880 31188 2 18 87 Werl, Neuwerk und Höppe* 152 619 100 965 3 93 469 Hohenzollern. Stettenufsw.h < ‚rat 11 834 6 823 I 6 4 Rhein, links. | Münster 2.St. 2... 7 968 5635 % 17 47 Kreuznachsuee en fan. 19 334 18 592 I 42 176 Summa C. | 233 635 "163 203 | Zu 76 783 Summa Siedesalz | 2371313 | 1266633 | 18 1235 3 729 * Privatsalinen, An Vieh- und Gewerbesalz*) sind in den Jahren 186r— 1865 von den einzelnen Salzwerken folgende Gewichtsmengen abgegeben worden: *) Diese Salze sind nach dem Gesetz vom 9. August 1867 (s. a. S. 202) zwar vom ı. Januar 1868 ab im freien Verkehr und steuerfrei, sie unterliegen aber der Kontrole und zum Theil der Denaturirung beim Ausgang aus den Fabrikationsstätten, sowie an den Zollgrenzen. Boden d. preuss. Staats. 14 210 VII. Die Verbreitung der technisch nutzbaren Mineralien. 4. Salz. 1861 1862 1863 1864 1865 Durchschnitt Saline Vieh- | Gewerbe- Vieh- | Gewerbe- Vieh- |Gewerbe- | Vieh- [Gewerbe: Vieh- |Gewerbe-| Vieh- |Gewerbe- Salz Salz Salz Salz Salz Salz Centner Centner Centner Centner Centner Centner —n bei | Greifswald... | 1296| — 140° — Io) — Schönebeck .. 8334| 2240| 16 288 2092| 9773| 1212 Stassfurt .%. . 73 5 5 271444 374. 004| 218 344 512 254 216.498 187 885 Erfurt | 7510 50396| 10526146084 | 9018| 98 240 Dürrenberg .. 12664 317| 12820 sı7| ıı618| 356 Artern » Re. alt 8339 4283| 8340 199| 10172) Halle 7 080) u 6 900 528| 7788! Salzkotten ... _ _ 7 — u nn | Königsborn..... L 480 0 — — 3 480 nn Neusalzwerk . . | al a — Sassendorf ... . | 3206| — 2065 Sera Werl, Neuwerk | und Höppe . ) 1425 — 1314 Stetten | | a 2 Summa [176430| 8640|266634| 6559|286 584) 40 646 | 326 198 427 474| 285 334661 821| 272 766) und | | | 9 190 } ) Beim Schluss des Druckes wird bekannt, dass Bohrversuche’ in Sperenberg zur Entdeckung eines neuen sehr reichen Steinsalzlagers geführt haben. Das Bohrloch ist an der tiefsten Stelle des S. 170 gedachten Gypsbruches eingesenkt worden, hatte am . October 1867 331 Fuss 8 Zoll Tiefe erreicht und stand noch immer im Salz, dessen ächtigkeit bis dahin senkrecht gemessen 48 Fuss 8 Zoll betrug. Anzeichen der An- a7 M näherung des liegenden Gebirges waren nicht vorhanden. Abraumsalze aufzufinden wurde gehofit, im Bohrloch aber stand das Salz unmittelbar unter den Gypsen und einer Anhydritmasse von wenigen Fussen an. Es ist von ausgezeichneter Beschaffenheit. Der Fund ist im Privateigenthum. Von Staatswegen sind namentlich im Osten der Monarchie verschiedene Bohr- versuche im Gange. RX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. Für die Kenntniss der örtlichen Beschaffenheit des Kulturbodens in den verschie- denen Theilen des Staatsgebietes sind zwar schon in den $. $ erwähnten Kreis- und Bezirksstatistiken und in verschiedenen amtlichen und privaten Arbeiten eingehendere Angaben gewonnen. Namentlich sind die landwirthschaftlich geographischen Beschrei- bungen, welche v. Schwerz') und v. Lengerke*) als Resultate ihrer in amtlichen Auf- trägen für Landeskulturzwecke unternommenen Reisen gegeben haben, und die meist in den Annalen der Landwirthschaft veröffentlichten Berichte Koppe’s ®), v. Beckedorf’s und anderer‘) zu nennen, auf welche bei der Besprechung der Bewirthschaftungsverhält- nisse näher zurückzukommen sein wird. Erst die Katastrirung aber vermochte in dieser Richtung umfassendere Grundlagen zu gewähren. Sie hat für ihre Zwecke, zum Theil gestützt auf diese älteren Materialien, sehr eingehende Darstellungen der in den verschiedenen Verwaltungsbezirken des Staates vorgefundenen Kulturböden hervorgerufen und durch die spezielle Schätzung aller Grundstücke einen Massstab des Werthes gewonnen, der der Beurtheilung bisher fehlte. !) Bäuerliche Verhältnisse und Landwirthschaft im Herzogthum Jülich, auf dem Hell- wege etc. Möglinsche Annalen 1820 ff. — Beschreibung der Landwirthschaft in Westfalen und Rheinpreussen. Stuttgart 1836. 2) Beiträge zur Kenntniss der Landwirthschaft, von denen Band I., Berlin 1846, Sachsen und Schlesien, Bd. II. alle Provinzen in Uebersicht und Westfalen insbesondere, Bd. III. (1845) die baltische und westfälische Landwirthschaft, Bd. IV. (1852) die Provinz Preussen und Bd. V. (1853) Rheinpreussen behandelt. 3%) Darstellung der landwirthschaftlichen Verhältnisse der Mark Brandenburg. Berlin 1839. 4) Vergl. über Preussen: Bd. IX. S. 316, X. ı, XI. 1, XXXIL 321, XXXIX. 85, XL. 44 und 248; über Pommern: XI. ı, XXXIX. 257; über Posen: VI. ı6r, VIII. 360 und 402, XI. ı und 409, XLVI. 136; über Schlesien: VI. 188, VII. 58, XXUI. 57; über Westfalen: III. 420, IX. 349, XXXIL 344, XXXVIII. 371; über die Rheinprovinz: III. 417, XVII. 260; über Hohenzollern: XXXVIII. ıo und v. Viebahn, Erinnerungen aus Hohenzollern, Berlin 1839. 14* 212 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. Die Katastralveranlagung war zwar auf Feststellung des verhältnissmässigen Rein- ertragswerthes gerichtet, und dieser ist nicht vom Boden allein, sondern auch von zahl- reichen anderen Bedingungen einer nutzbaren Bewirthschaftung abhängig. Indess kamen schon dem Grundgedanken der Reinertragsermittelung nach vorwiegende Rück- sichten auf die Bodenbeschaffenheit zur Geltung, denn die Schätzung sah, wie S$. 26 zeigt, grundsätzlich von allen Zufälligkeiten des zeitigen Betriebes und von aller Zu- gehörigkeit zu anderen Grundstücken ab und sprach lediglich denjenigen Reinertrag aus, der nach der Gesammtheit der Eigenschaften des Bodens und den allgemeinen Verhält- nissen der örtlichen Lage durchschnittlich und dauernd bei gewöhnlicher Bewirthschaftung erwartet werden darf. In diesem Sinne beschäftigen sich die planmässig aufgestellten Kreis- und Bezirksbeschreibungen nebst ihren Ergänzungen und die Berichte und Denk- schriften der Kommissare vorzugsweise mit den Bodenverhältnissen und der Erläuterung einschlagender zweifelhafter oder bestrittener Thatsachen. Auch die $. 187 genauer besprochenen Bodenkarten sind unter diesen Gesichtspunkten entstanden. Vor allem aber schloss sich die Klassifikation selbst unmittelbar und ausdrücklich an die einzelnen Merkmale der Bodenbeschaffenheit an. Es war dies durch die glückliche Idee möglich, die Kreise in der Tarifbildung, ähnlich wie dies bei den Separationsbonitirungen für die einzelne Gemarkung geschehen muss, als völlig selbständige Schätzungsbezirke zu behandeln. Innerhalb eines kleinen Bezirkes von wenigen DMeilen treten allerdings für die Unterschiede des Reinertragswerthes alle Rücksichten auf Klima, Bevölkerung, Verkehr, Preis der Produkte und des Geldes, und ähnliche Bedingungen des Ertrages gegen die örtliche Bodenbeschaffenheit wesentlich in den Hintergrund, oder können, soweit sie nicht im Sinne des Gesetzes die Bildung besonderer Bezirke begründen, angemessene Ausgleichung bei der praktischen Anwendung des Tarifs finden. Für die Klassen- stellung und Einschätzung wurde desshalb die Charakteristik der Bodenbeschaffenheit nach ihren vorwiegenden Merkmalen die natürliche und in der Regel völlig genügende Grundlage. Dabei musste aber um so mehr die besonders genaue und bestimmte Fest- stellung dieser Merkmale als Anhalt sowohl für das Verfahren der Schätzenden, als für die Thätigkeit der Oberleitung gefordert werden. Es sind desshalb für jeden Kreis oder Klassifikationsbezirk die S. 38 erwähnten, umfangreichen Verzeichnisse der Musterstücke bearbeitet, welche für jede einzelne Tarif- klasse eine Anzahl massgebender Oertlichkeiten so speziell bezeichnen und in ihren Bodenmerkmalen beschreiben, dass es möglich wurde, während des gesammten Verlaufes der Veranlagungsarbeiten immer wieder ein hinreichend klares Urtheil über den Cha- rakter der einzelnen Bodenklasse zu gewinnen. Zu gleichem Zwecke sind nach den Merkmalen dieser Musterstücke die Charakteristiken der einzelnen Klassen zusammen- gefasst, welche in die ebenda gedachten Klassifikationsprotokolle aufgenommen wurden. Allerdings sind in diesen Protokollen nicht für alle Kulturarten gleiche Anhaltspunkte gegeben. Die Klassen der Wiesen, Weiden und Holzungen sowie Wasser und Oedland sind nur ausnahmsweise durch Merkmale der Bodenbeschaffenheit charakterisirt; meist ist bei ihnen die Produktionsmasse, die sich erwarten lässt, der Klassifikation zu Grunde gelegt. Auch die Werthsangaben für Gartenländereien weisen in der Regel nur auf die entsprechenden Ackerklassen hin. Die Klassenbeschreibung der Aecker aber ist überall bestimmt und eingehend auf die einzelnen Eigenschaften des Bodens bezogen, und ihre Charakterisirung giebt ein klares, in sich verständliches Bild von den im Kreise oder Klassifikationsbezirke auftretenden Hauptbodenunterschieden. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 213 Zur Zeit ist es nun selbstredend noch unmöglich, diese reiche Fundgrube der Bodenstatistik ihrem Werthe entsprechend auszunutzen. Theils ist das gebotene Material überhaupt viel zu umfangreich, um ohne Vereinigung vieler Kräfte bewältigt werden zu können, theils gehört zum sicheren Verständniss aller Einzelheiten vielfach ein gewisses Mass von ÖOrtskunde, welches die bei der Schätzung als Ausführende oder Leitende Betheiligten in den betreffenden Fragen leicht erlangen konnten. Die eingehende Be- arbeitung kann also nur allmählich in monographischer Behandlung von Lokalbehörden, Lokalvereinen und denen, die ihr sonst örtlich Interesse zuwenden, erwartet werden. Der Lokalkundige wird an der Hand der bezeichneten Materialien nach dem Verlaufe gleicher Klassen auf den Gemarkungskarten und nach den sonstigen Einzelheiten der Schätzungsergebnisse, welehe mehr und mehr auch in übersichtlicher Form bis in die kleinsten Abschnitte zugänglich werden“), mit Leichtigkeit ein sicheres Bild kleinerer Landesabschnitte zu gewinnen vermögen. Die vorliegende Darstellung hat nur die Aufgabe eines allgemeinen Ueberblickes und wird desshalb versuchen, provinzenweise ein Bild der Beschaffenheit des Kultur- bodens nach den Hauptabschnitten des Terrains zu geben. Die beigefügten charakteristi- schen Beispiele der Ackerklassifikation mit den Angaben der Schätzungswerthe sollen zugleich die Bodenbeschreibung durch ihre genauen der Wirklichkeit entnommenen Merkmale vervollständigen und bei der naheliegenden Nothwendigkeit, anschauliche Vor- stellungen von der Bedeutung zahlenmässig ausgedrückter Bodenwerthe an Bilder des Ackerbodens zu knüpfen, demjenigen, der darauf eingehen will, nähere Vergleichungen ermöglichen. *) Das Königl. Finanzministerium lässt als „Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuer- veranlagung“ die Resultate des Katasters für jede einzelne Gemarkung mit einigen statistischen Beigaben veröffentlichen. Guts-, Gemeinde- und Erhebungsbezirke sind in diesen Aufstellungen gesondert. Die Flächen an Ackerland, Gärten, Wiesen, Weiden und Holzungen sind für jede Schätzungsklasse, im übrigen von jeder Kulturart Gesammtfläche, Gesammtreinertrag und Durchschnittsertrag angegeben. Es ist desshalb eine eingehende Beurtheilung der Grösse, der Anbauverhältnisse und des verhältnissmässigen Ertragswerthes der Gesammtheit der Güter in jeder Gemarkung und jedes einzelnen einen Gutsbezirk bildenden grösseren Gutes möglich. Die Kreisnachweisungen sind einzeln, oder auch zu Regierungsbezirken vereinigt und mit Hauptübersichten versehen, ‘käuflich. Das ganze Werk ist schon zum grossen Theil im Buch- handel und wird im Laufe des Jahres 1868 abgeschlossen sein. 214 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. l. Provinz Preussen. Die Provinz Preussen, welche an Fläche beinahe ein Viertheil des Staates um- fasst, ist der allgemeinen Terraingestaltung nach in drei Hauptlagen geschieden, in die Höhen des preussischen und pommerischen Landrückens, in die tiefen Niederungen der Memel und der Weichsel und in die, zwischen den Höhen und dem Tieflande aus- gebreiteten, terrassenförmigen Abdachungen. Der Landstrich auf der Höhe des preussischen Landrückens fällt nahezu mit Ma- suren zusammen. Die höchste östliche Erhebung nehmen die Kreise Goldapp und Oletzko ein, daran schliessen sich westlich Lyck, Loetzen, Johannisburg, Sensburg (Regierungsbezirk Gumbinnen), Ortelsburg, Allenstein, Neidenburg, Osterode (Regie- rungsbezirk Königsberg), Loebau, und der Lautenburger Distrikt des Strassburger Kreises (Regierungsbezirk Marienwerder), zusammen 260,; D]Meilen. Auf der Höhe des pommerischen Landrückens nehmen Karthaus und Berent (Regie- rungsbezirk Danzig) die höchste Höhe, Konitz und Schlochau (Regierungsbezirk Marien- werder) die westliche, etwas niedrigere Lage ein. Sie umfassen zusammen 127,7 OD) Meilen. Zu den tiefen Niederungen gehören der gesammten Kreisfläche nach nur Kreis Marienburg und Stadtkreis Danzig. Es sind indess von den übrigen an den Niederungen betheilisten Kreisen diese Antheile überall als besondere Klassifikationsdistrikte aus- geschieden worden, so dass es thunlich ist, sowohl die Fläche derselben, als ihre sonsti- gen Verhältnisse aus den aufgestellten Nachweisungen besonders zu beurtheilen. Es um- fassen diese Niederungen ohne die zugehörigen Flächen des Frischen und Kurischen Haffes, im Regierungsbezirk Gumbinnen vom.Kreise Niederung, . ulm euer oh aesre 1er rien 27713740, Morgen, hs »lHeidekrusi pr nnn rn ie SER are. 218 91070 ET a RL EN a a SE Mona ERTEE im Regierungsbezirk Königsberg vomnkreisenlabraus ee une 0 OTOLT 22 im Regierungsbezirk Danzig vom Landkreise Danzig (den Danziger en er 1229 68:0 r den Stadtkreis Danzig mit. . . .» . SER lee 5522,58 0 vomsKreiserElbıng- En cr ee een: Julesnb, u cr LO9,093 742,5 Im den Kreis Marienburg (grossen und kleinen Werden) mit, . 317.276.0000% vom Kreisen Stargardus en 9 398,9 » im Regierungsbezirk Marienwerder im Kreise Kulm die Kulmer Stadtniederung mit die Kulmer Amtsniederung . an T6ae af re Wire Area He Fin Die) Bear aie 15 271,18 > und die nicht eingedeichte Niederung . . . 2 2 2.2... 21 734,76 vom Kreise Marienwerder 0 Fa a So NSchwalze .. ua ee Eee = AS ge ae ee An im Kreise T'horn die Thorner Stadtniederung mit . . . . 11 358,66 und die nicht eingedeichte Niederung . . . . BESTE STES ES RE NE, zusammen I 390 262,05 Morgen, oder 64,5 geogr. OD) Meilen. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. 245 Die übrigen Kreise und Klassifikationsdistrikte zwischen Höhe und Niederung umfassen zusammen die bedeutende Fläche von 681,; DMeilen. Das allgemeine Verhältniss der Hauptbodenarten lässt sich aus der Tabelle D. der Anlagen in folgender Weise zusammenstellen: Lehm- | und Gemischte | Prozentantheil an der Gesammtfläche | ‚pnon- Böden 3 - | Wasser böden | Im ganzen Staate | 232 | 344 Auf der Höhe des preussischen und pommerischen Landrückens In den Niederungen . . . In den übrigen Theilen der Provinz In der Provinz Preussen . . . . 16,9 45,1 Danach zeigt sich, dass die Höhe nur einen sehr geringen Antheil an den kräfti- geren Böden hat, dagegen Sandböden und Wasserstücke auf ihr in starkem Verhältnisse auftreten. In der Niederung herrschen die Lehm- und Thonböden entschieden vor, da- gegen aber nimmt Moorboden eine grosse Fläche, grösser als selbst das gemischte Land, ein. Die mittlen Kreise stehen in allen diesen Beziehungen etwas günstiger, als der Durchschnitt der Provinz. Gegenüber dem ganzen Staate zeigt die Provinz ıo pCt. schweren Boden weniger und denselben Prozentsatz an gemischten Böden mehr. — Die klimatisch nicht unwichtige Linie von den Trunzbergen bei Elbing südlich zur Drewenz trennt als Bezirksgrenze jede der drei vorbezeichneten Terrainstufen der Provinz in einen zu Ost- und einen zu Westpreussen gehörigen Theil. Von den Höhenlagen gehört Ostpreussen der preussische Landrücken fast ans- schliesslich an. Der eigenthümliche Terraincharackter dieses breitentwickelten, seen- reichen Plateaus ist S. 88 geschildert. Auf den flachen Hügeln und Kuppen, welche die Hochebene überragen, liegt der S. 171 erwähnte Sprocklehm, eine grandige, oft schliefige, durch starken Eisengehalt geröthete, spröde Lehmart, deren Sand- und Thontheile nur durch lange Kultur zu einer der Vegetation förderlichen Zertheilung und Mischung ge- bracht werden können. An den Abhängen und den oft sehr steilen Thaleinrissen tritt die Unterlage von grobem Sande hervor. Die Tiefen sind meist von den $. 88 ein- gehender besprochenen stehenden Gewässern, Seen, Sümpfen und Moorgründen einge- nommen; selten haben die Thäler Breite und Gefälle genug, um trocken und der Acker- kultur zugänglich zu werden. Ihr Grund besteht seiner Beschaffenheit nach aus dem abgewaschenen Boden der Höhen. Es finden sich in ihm mehr oder weniger kalkreiche Mergellager und mehr oder weniger fein ausgeschlämmte und mit Sand durchmengte oder überdeckte Lehmböden. Auf der höchsten Erhebung im Kreise Goldapp zwischen den Goldapper und Seesker Bergen nimmt die Lehmdecke grössere, zusammenhängende Flächen ein, die lehmige Schicht, auf der die Krume ruht, hat selten grosse Mächtig- keit, sie erreicht nur ausnahmsweise ıo Fuss, darunter liegt Seesand und Grand. Oft wird der Lehmboden von Ablagerungen erratischer, sogenannter todter Kalksteine durch- zogen, welche die Benutzung als Acker ausschliessen, weil sie sich ohne starke Be- schattung zu sehr erhitzen und das Ausbrennen der Vegetation herbeiführen. Die 216 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. Krume selbst ist nicht tief und an den Südhängen durch öfteres Abthauen meist einige Zoll schwächer, als an den Nordlehnen. Der ziemlich schroffe Nordrand des preussischen Landrückens weist einige aus- gedehntere Ablagerungen der besseren Lehmböden auf. Sie sind im Norden von Goldapp am verbreitetsten, werden aber auch westlich bis durch den Allensteiner Kreis überall in den tieferen, nach Norden geöffneten Thaleinsenkungen bemerkbar. Je nachdem der Untergrund aus undurchlässigem Thon oder Schliefsand, aus milderen Mergel- und Lehmschichten, oder aus mehr oder weniger gebundenem Sande besteht, ist der rothe aufgeschwemmte Lehm der Krume nasskalt und schwer, oder nimmt alle Abstufungen der Milde an. In den Lagen, die auf durchlässigem, abfälligem Grunde ruhen und starke Sandbeimischungen haben, erhält er eine braune Farbe und ist so sicher und leicht zu bearbeiten, dass er besonders gesucht wird. Dazwischen liegen indess be- trächtliche Strecken Sand- und Grandboden, bald mit zähem Lehm zu bündigeren, kalten, und undurchlässigen Gründen vermischt, bald in feinen weissen, oder in groben gelben und rothen eisenhaltigen Massen. Die sterilste Sandgegend der Höhe bildet der Bezirk Lautenburg. Auch im Kreise ÖOrtelsburg nimmt der Sandboden 63, im Kreise Johannisburg 53 pCt. der gesammten Fläche ein. Der Umfang der eigentlichen Sandschellen ist aber gleichwohl nicht von Bedeutung. Dagegen sind weite Strecken mit erratischen Blöcken so bedeckt, dass die Beackerung beschränkt ist. In anderen Lagen, namentlich den südlicheren, mangeln diese Blöcke aber auch strichweise. So ist der südwestliche Theil des Kreises Johannis- burg zwischen der Grenze, dem Spirdingsee und dem Pischflusse in so hohem Grade steinlos, dass das Material zum Haus- und Wegebau aus Entfernungen von mehreren Meilen angefahren werden muss. Der südliche Abfall zur Grenze nach Polen ist so gering, dass die dorthin ab- ziehenden, nicht unbeträchtlichen Gewässer in gewundenem Laufe weite Flächen ver- sumpfen. Zwischen ihnen finden sich, am ausgedehntesten in Oletzko und Neidenburg, einzelne Strecken bündigerer Lehm- und Sandmischungen, die zum Theil durch einge- mischte humose Bestandtheile schwärzlich und warm sind; im allgemeinen jedoch herrscht überall mehr oder weniger unfruchtbarer Sand vor. — In der Einsenkung zwischen dem preussischen Landrücken und dem Kurischen Plateau lagert um Stallupönen und bis gegen Schirwind ein vortrefflicher, milder Lehm- boden von oft sehr bedeutender Tiefe; im weiteren Verlauf der flachen Wasserscheiden der Memel und der Quellflüsse des Pregels findet sich aber ein ziemlich zäher Thon, der von Moorwasser durchsäuert ist. Um das grosse Plinis- und Schorellener Moor ist es nur durch sehr schwere Arbeit möglich, einzelne Stellen des lettigen und gran- digen Grundes zu kultiviren. Wo die Terrainlage aber abfällig und gut abgewässert ist, wird auch dieser Boden mild, und strichweise, besonders um Pillkallen und Ragnit, sehr fruchtbar. Die näher am Memelufer gelegenen Gegenden von der Szeschuppe bis zur Kurischen Grenze sind mit zum Theil sehr leichtem, zum Theil grandigem und moorigem Sande bedeckt. Dieser Grand und Sand setzt sich, untermischt mit quelligem Lehm und Moor, als ein meilenbreiter, sehr geringer und fast unkultivirter Landstrich längs der Grenze auf den Abhängen des kurischen Plateaus durch die Kreise Tilsit, Heide- krug und Memel bis an die Dange fort. Von durchschnittlich um vieles besserer Beschaffenheit ist die nordwestliche Ab- dachung des preussischen Landrückens. Die von den höheren Lagen desselben IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. 217 abgeschwemmten Bodenmassen sind hier vor dem flachen Höhenzuge abgelagert, der von Ragnit aus über Wehlau und die Hügel von Preussisch-Eylau und Landsberg nach Mohrungen verläuft. Es finden sich auf dieser weiten Terrasse, auf der die Inster und Alle von entgegengesetzten Richtungen zum Pregel fliessen, überwiegend kräftige Böden. Die oberen Lagen bilden eine Decke von rothem, mergeligem, mehr oder weniger mit Sand gemischtem, oft aber auch bis zur Undurchlässigkeit thonigem Lehm. Darunter liegen an manchen Stellen Nester von Mergel; die tiefere, ursprüngliche Grundlage bildet Seesand und Grand; sie tritt vielfach auch in Kuppen und grösseren Rücken auf der Linie Pillkallen, Gumbinnen, Nordenburg, Bischofsstein und Guttstadt zu Tage. Die besten Lagen des Lehmbodens finden sich da, wo Thaleinschnitte genügende Ab- wässerung herbeigeführt haben, wie um Rastenburg und Rössel. Striche, in denen die Sandbeimischung etwas stärker ist, wie um Gumbinnen, Darkehmen, Drengfurt, Bartenstein, Heilsberg werden als besonders begünstigt angesehen. Die tieferen, mangelhaft entwässerten Abschnitte aber leiden an einem äusserst schweren und zähen Boden und liegen zum Theil auf mächtigen Schichten undurchlässigen Unter- grundes. Dies ist vorzugsweise auf grossen Strecken des Kreises Insterburg und an der unteren Alle im Kreise Friedland und Gerdauen der Fall. Jenseits der Inster hat das Land zwischen Memel und Pregel, soweit es nicht der Niederung angehört, im allgemeinen einen milden, sandigen Lehmboden, der nur in wenigen Lagen strenger oder grandig wird. — Die tiefe Niederung innerhalb der Verzweisungen des Memelstromes und bis Labiau enthält zwischen ausgebreiteten Wiesen- und Sumpfländereien nur wenig acker- baren Boden. Der gesammte Grund ist aus den Sinkstoffen des Stromes nach und nach abgelagert. Er besteht theils aus Sand, theils aus mehr oder weniger thonigen Schlick- massen, indess erreicht er nirgends die Güte und Fruchtbarkeit des Weichsel- oder Elbmarschlandes. Längs des Strandes am Kurischen Haff hat sich eine dünenartige Erhebung gebildet, auch im Innern giebt es hie und da höhere Sandablagerungen, kein Punkt aber übersteigt 40 Fuss Meereshöhe. Dagegen sinken nicht unbedeutende Strecken bis auf 3, ja r Fuss zum Wasserspiegel des Haffs hinab. Der Pegel bei Tilsit hat eine Höhe von ı3 Fuss 5 Zoll 3 Linien über dem mittlen Wasserspiegel des Haffs, und 3 Fuss Wasser der Memel über dem Pegelnull ist ein Wasserstand, welcher durch grosse Niedrigkeit einen Theil der gewöhnlichen Wasserverbindungen unbenutzbar macht, Die Hochwässer des Stromes vermögen also die gesammte Niederung mit Ausnahme geringer Abschnitte unter Wasser zu setzen. Ebenso staut das Hochwasser, wenn es durch andauernde Nordwest- oder Westwinde gegen die Strommündungen getrieben wird, so hoch an, dass die niedrigeren Stellen des Landes auf ausgedehnte Strecken überschwemmt werden. Russ und Gilge, als die Hauptarme der Memel, theilen die Niederung in drei Abschnitte. Auf der rechten Seite des Russ besteht kein Deichschutz. Von der Wendung des Memelstromes am Rombinusberge bis zur Einmündung der Jäge zieht sich die etwa ı Meile breite Tilsiter Niederung hin, welche die Hochwässer ungehindert überfluthen, und in der nur einzelne Ortschaften auf wasserfreien Höhen oder in Poldern liegen. Sie besteht aus lehmigem Sande mit Schlick- und Sandablagerungen und bietet ein reiches, wenn auch gefährdetes und stellenweise mooriges Wiesenterrain. Abwärts der Jäge ist das rechte Stromufer hoch; an der Mündung des Russ und der Minge aber ist die ausgedehnte Niederung fast ganz von dem sandigen und moorigen Augtumalbruche 218 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. eingenommen. Auch weiter nach Norden verbreiten sich im Mingethal tiefe Torfmoore und Bruchländer, am Strande liegt leerer Sand und gegen die russische Grenze kalt- gründiges, mooriges Höhenland; nur rechts der Minge zieht sich bis über Memel hinaus eine schwache Terrainwelle, deren lehmige Sandböden, wo sie genügende Abwässerung besitzen, mittle Güte haben und bei Memel durch alte Kultur in einen schwärzlichen, tiefen Lehmboden von guten Erträgen umgeschaffen sind. In dem Abschnitte zwischen Russ und Gilge ist das Land gegen die Ueberfluthun- gen des Stromes, nicht aber gegen den Stau des Haffs geschützt. Zwei nach alten Gerichtsbarkeiten geschiedene, grosse Deichsozietäten erhalten die oft 30 Fuss hohen Stromdeiche, die sich von dem gefährdetsten Punkte an der Stromtheilung bei Schanzen- krug längs des Russ bis zur Abzweigung des Skirwiethstromes, längs der Gilge bis Karlsdorf hinziehen. Der Boden besteht fast ausschliesslich und bis in grosse Tiefe aus moorigem, mit Schlamm durchsetztem Wurzelgeflecht. Er wird von dem Drangwasser des Stromes und dem Stau des Hafis, der in den weit verzweigten Wasserläufen der alten Gilge, Griebe und Ockel eintritt, feucht erhalten und die schnell wechselnde Höhe der Wasserstände wäscht bis zu einem gewissen Grade die stagnirenden Säuren aus, Es erzeugt sich desshalb auf diesen ausgedehnten Flächen eine sehr reiche und meist nicht ungünstige Vegetation. Ganz vereinzelt sind einige kleine Sandhügel, die als sogenannte Kornberge dem Ackerbau dienen. Der südliche Abschnitt zwischen dem linken Ufer der Gilge und dem nach Ragnit und Insterburg zu ansteigenden Lande ist, soweit er im Regierungsbezirk Gumbinnen liegt, vollständig eingedeicht. Der Damm zieht sich von dem hohen Ufer bei Tilsit aus an der Gilge fort und schliesst südlich von Seckenburg an das wasserfreie Land im Kreise Niederung an, so dass alle Stromläufe, die früher durch dieses Gebiet zogen, kupirt sind und nur als oft hoch angeschwollene Binnenwässer ihren Abzug durch Schleussen und zum Theil vermöge Dampfmaschinen finden. In den eingedeichten Niede- rungen wiegen gemischte Sandböden vor. Ausserhalb der Eindeichung liegen am Nemonin und Lauknenstrom noch tragbare, der Russniederung entsprechende Wiesenländereien. Jenseits des Lauknenstroms aber ist die schwammige Masse des Moorgrundes gänzlich dem Einflusse der besseren Sinkstoffe der Memel entzogen und geht gegen Labiau hin in einen weit ausgebreiteten Moosbruch über. Dieser besteht nur aus Aufschichtungen von abgestorbenem, doch nicht völlig zersetztem Moose, dessen Verwesung durch das Wasser verhindert wird, von dem es vollständig durchtränkt ist. Die nasse Moosmasse hat eine wechselnde Tiefe von 6 bis 32 Fuss und erhebt sich in einer sanften An- steigung von 8 bis ıo Fuss plateauartig gegen die schiffbaren Wasserläufe, die sie durchziehen. Sie zeigt auf ihrer Oberfläche keine fortschreitende Vegetation des Mooses, sondern ist mit spärlichem Heidekraut, und hin und wieder auch mit verkrüppeltem Kiefern- gestrüpp bedeckt. Die Ränder bilden, wo sie sich gegen die Wassergräben absenken, einen schmalen wiesenartigen Streifen, der durch Spatenarbeit und starke Düngung dem Kartoffel- und Gemüsebau zugänglich gemacht werden kann. Sobald diese Behandlung aufhört, ist der Boden wieder als Unland zu betrachten. Wo sich südöstlich das Land vom Moosbruch aus allmählich hebt, sind die Böden der Niederung sehr wechselnd, Sand und Grand überwiegen, nach der Deime zu dagegen, welche als Verbindung zum Pregel die tiefste Terrainsenkung bezeichnet, mehren sich die besseren lehmigen Sinkstoffe, der Sand ist zum Theil mit Muscheln und kalkhaltigen Massen gemengt und westlich der Deime und auf dem nördlichen Ufer des Pregels IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. 2149 herrschen die humosen und sandigen, oft sehr mürben und durch ihren natürlichen Reichthum zum Anbau aller Früchte geeigneten Lehmböden vor, die sich durch Sam- land bis zur Küste fortsetzen. Samland besitzt bei seiner hügeligen Lage meist Abwässerung und gesunden Unter- grund. Nur auf vereinzelten Höhen tritt schwerer Thon und ockriger, undurchlassender Grandboden auf. Der Strand zeigt an den steilen Abbruchstellen deutlich die Schiehten der Braunkohlenbildung und enthält unter den Pflanzenresten den Bernstein, den das Meer auswäscht und nach allen Seiten hin verspült. Unter dem Dünensande der Neh- rungen, die den Strand nach Ost und West fortsetzen, tritt noch hie und da, wie bei Schwarzort, Lehmgrund hervor, der an anderen Stellen nur verschüttet scheint. — Auf der höheren Stufe südlich des Pregels bis gegen Elbing und den Drausensee liegen in wellenförmiger Abdachung zum Frischen Haff wechselnd magere, rothe Diluvial- lehme und mehr oder weniger gebundene Sandmassen. Besonders schwer sind die Böden am Pasmar- und Frischingfluss, um Creutzburg und an der unteren Passarge bis Schlo- bitten. An den Mündungen des Frisching, der Passarge und an der Halbinsel Balga finden sich zum Theil eingedeichte Niederungen mit fruchtbaren Schlickböden. Namentlich zeichnet sich die sogenannte Huntau am Frisching aus. Der Frisching mündet zwar bei Brandenburg zwischen Strandhöhen, die ihn eng einschliessen, binnenwärts aber erwei- tert sich sein Thal bis zu einer Meile Breite und ist bis auf ı'/ Meilen Entfernung vom Haff dem Ueberstau desselben ausgesetzt. Die Dörfer, die diese Einsenkung begren- zen, sind wegen ihres vorzüglichen, schwarzgrauen oder braunen, äusserst tiefen und kräftigen Lehmbodens bekannt. Isolirt am Frischen Haff steigen nach Elbing zu die Trunzberge bis zu 635 Fuss über die Wasserfläche auf. Sie bestehen aus Ablagerungen von mehr oder weniger eisenschüssigem Sand, Thon und Steingeröll. In den Grandmassen finden sich aus- gedehnte Lager erratischer Kalksteine. Der Abfall zum Haff bildet schroffe Schluchten und quellige Hänge, an denen sich die nutzbaren Flächen mit sehr wechselnden Böden bis zum sandigen Strande als schmale Stufen hinabsenken. Auf der Höhe liegt über- wiegend ein kaltgründiger Thonboden von geringer Krume mit mehr oder weniger Sand- mischung, auch Torf und armer Sand, und nur nach Südwest gegen Elbing flachen sich die Höhen allmählich mit humosen Lehmböden ab, die einen kalkhaltigen Untergrund und bei genügender Durchlässigkeit zum Theil sehr günstige Beschaffenheit haben. — Auf den Trunzbergen und am Drausensee beginnt Westpreussen, dem die ge- sammte westliche Abflachung des preussischen Landrückens angehört. Hier zeigen sich vom Drausensee bis zur Weichsel und Drewenz im allgemeinen feinere aufgeschwemmte Lehme und Sandmassen, als in den bisher geschilderten Theilen der Provinz. Es über- wiegen grosse Flächen milder Lehm- und gemischter Böden. In einzelnen Kuppen aber, die trotz geringer Erhebung schon von fern durch den dürftigen Stand der Früchte erkenn- bar werden, tritt auch hier der mehr erwähnte magere und trockene Sprocklehm zu Tage, und nur reichliche Düngungen und richtige Pflugarbeit können diesen Lehmköpfen ihre ungünstige Beschaffenheit nehmen. Nicht selten werden unter ihnen selbst die tieferen Quarzsandschichten aufgedeckt. Andere Strecken sind schwer und undurchlässig. Es finden sich unter Lehmmergel Lettemassen bis in unbekannte Tiefen. Im allgemeinen ist die Entwässerung mangelhaft. Es giebt ausserordentlich viele stehende Gewässer von oft nicht unbeträchtlichem Umfange, welche die muldenförmige Gestaltung der Oberfläche bedingt. Die Ebene ist zwar vielfach von Wasserrissen, den sogenannten 220 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. Parowen, durchschnitten, die sich 30 Fuss und mehr einsenken. In ihnen fliessen die Gewässer ab und es lässt sich in ihrer Nähe stets ein günstiger Einfluss auf die Milde und Wärme des Bodens bemerken. Aber es giebt nur wenige Kreise, in denen diese Einschnitte, wie in Kulm und im Westen von Graudenz, in genügender Verbreitung vorhanden sind. Namentlich zieht sich von Thorn nördlich bis gegen Rosenberg in der mittlen Lage zwischen Weichsel und Drewenz ein breites Gebiet, das gegenüber der Beschaffenheit des Bodens durch Nässe in seinen Erträgen beträchtlich zurückgesetzt ist. Es finden sich hier ausgedehnte und weitverzweigte Sumpfländereien, wie die Umgebung des Kulmsee’s, der weiter nordöstlich gelegene Wiezno- und Blottobruch, der Liebe- bruch bei Rosenberg u. a Aus dem mergelhaltigen Boden sind Ausscheidungen von Wiesenkalk allgemein verbreitet und der Boden ist auf grossen Strecken von so un- unterbrochenen Thonmassen eingenommen, dass sich stellenweise, wie in der Umgebung von Rehden, kein Brunnen mit gutem Trinkwasser herstellen lässt. Im Thorner und Kulmer Kreise ist die Gegend zwischen Kulm, Unislaw und Lissowitz (r Meile nördlich von Thorn) von einem dem Kujawischen (S. 173) ver- wandten Boden eingenommen. Er besteht aus einer Mischung von feinem, abschwemm- baren Thon und etwas Humus und kohlensaurem Kalk, im übrigen aber aus einem Sande, dessen Theile ausserordentlich fein sind, beim Zusammenballen durch einen glitzern- den Schein bemerklich werden und dem Boden vorzügliche Milde und Ergiebigkeit geben. Gegen das Weichselufer nimmt der leerere Sand grosse Flächen ein. Das ge- sammte Mündungsgebiet der Drewenz und der Süden des Thorner Kreises sind daran besonders reich, aber auch in den übrigen Kreisen gehört der grösste Theil der Ufer- höhen bis auf Meilenbreite dem Sandboden an. Er findet sich theilweis von Lehm- schichten durchsetzt, die von Osten nach Westen zur Tiefe geneigt sind. Am meisten frei von Sand ist die Umgegend von Kulm. — Die Niederungen der Weichsel sind, soweit sie oberhalb der Gabelung des Stromes zwischen dem Hochlande liegen, in ihrer Beschaffenheit im allgemeinen gleichartig. Der Weichselschlick*) bildet einen äusserst fruchtbaren, milden Lehmboden und wird in bedeutender Masse von den Ueberschwemmungen des Stromes abgesetzt, so dass er sich bis in grosse Tiefe findet. Andererseits führt die Hauptströmung sehr viel Sand mit sich. So lange desshalb der Strom ungehindert über die Fläche der Niederung hin- zieht, oder nur als Rückstauwasser ruhig und ohne Strömung in die Verwallungen ein- tritt, lässt er beim Sinken nur Schichten fruchtbaren Schlickes zurück; bricht er aber in Eindeichungen oder tiefe Lagen so ein, dass seine Strömung Hemmungen findet und mehr oder weniger zum Stehen kommt, dann erzeugt er Versandungen, die durch ihre Tiefe völlige Unfruchtbarkeit herbeizuführen vermögen. Auf diese Weise sind bedeu- tende Flächen des Niederungsbodens im Sande verschüttet, und es liegt darin zugleich der Grund, weshalb bis jetzt nur die Kulmer Stadtniederung, die Schwetz-Neuenburger, die Falkenauer und die Wolz-Marienwerder-Stuhmer Niederung völlig geschlossene Deichsysteme erhalten haben, bei der übrigen beträchtlichen Fläche dagegen theils über- haupt keine, theils nur Sommerdämme, oder solche Deichzüge bestehen, welche dem Eintritt des Rückstauwassers offen stehen. Die meisten Niederungen besitzen grössere Strecken versumpften Bodens, denen kein genügender Abzug geschafft werden kann. In dem Falkenauer Dammsystem sind desshalb Schöpfwerke im Gange. *) Eine Analyse des Weichselschlamms giebt Bischof, Geologie Bd. II. S. 1590. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens, 1. Provinz Preussen. 221 Das Deltaland der eigentlichen Weichselniederung liegt auf einer Grundlage von humosem Meeressand, welche je nach dem Einflusse der Ueberschwemmungen mit mehr oder weniger Schichten des weichen Marschbodens überdeckt ist, den die Weichsel her- beiführt. Grössere Strecken der Niederung sind indess auch von Torf und Moor ein- genommen. Der Strom hat sein Bett zwischen den Dämmen durch die Anhäufungen der Sinkstoffe erheblich erhöht. Es liegen desshalb grössere Flächen in einer Tiefe von mehreren Fussen unter dem gewöhnlichen Wasserstande der Weichsel; die tiefsten Lagen erreichen sogar 2’ 6‘ bis 3’ 6" unter dem Spiegel der Ostsee, und der mittle Stand des Meereswassers würde, wenn der Danziger Werder nicht durch Deiche ge- schlossen wäre, ungefähr '/ dieses Theiles der Niederung überstauen. An anderen Stellen hat der Strom vor der Eindeichung, oder in Folge von Deichbrüchen grosse Sandmassen abgelagert. Desshalb zeigt die Oberkrume Abstufungen der Güte, die bis auf geringe Erträge herabgehen, die weit überwiegende Fläche aber besteht aus einem humosen, kalkreichen, häufig etwas eisenhaltigen und schweren, aber überall durch- lassenden, der Säure nicht unterworfenen, lehmigen Schlickboden, dessen Werth wesent- lich davon abhängt, wie weit seine Früchte vor Wassersgefahr gesichert angesehen werden können. Die Gefällverhältnisse sind S. 109 angegeben, und auf den Bau der weit- verzweigten Deichsysteme wird die Besprechung des Meliorationswesens zurückkommen. Den jetzt bestehenden Verhältnissen nach beginnt der Dammzug des kleinen oder Marienburger Werders und der Elbinger Niederung, d. i. des rechts der Nogat bis zum hohen Lande des Stuhmer Kreises belegenen Flächenabschnittes, im Osten der Stadt Marienburg, und setzt sich bis in die Nähe des Haffes fort, von wo er als Staudamm an einem Arme des Elbingflusses bis zur Stadt Elbing zurückläuft. Ausserhalb liegt abgetrennt die Fischerkämpe eingepoldert. Der Schutz dieser Niederung wird dadurch erschwert, dass sie an den Drausen-See anstösst, welcher durch den Elbingstrom mit dem Haff in offener Verbindung steht und das Stauwasser des letzteren in so merk- licher Weise aufnimmt, dass es auch in die tieferen Theile der Niederung eintritt und deren Abwässerung verhindert. Bis auf ı Meile Entfernung von ihm ist nur Wiesen- wirthschaft möglich. Zahlreiche, zum Theil mit Binnenverwallungen versehene Gräben führen die kleinen Bäche ab, die von der Höhe eintreten, oder durch Drangwasser ent- stehen. Die eingedeichte Fläche ist unter ı5 verschiedene Verbände vertheilt, welche 1861 8 Dampf- und 34 Windschöpfwerke, darunter 4 am Drausen-See unterhielten. Links der Nogat bis zur Gabelung bei Rothebude oder der Elbinger Weichsel liest der Haupttheil der Niederung, der grosse Werder. Seine Dämme auf dem linken Ufer der Nogat liegen von der Montauer Spitze, oder jetzt dem Piekelkanal, bis etwa 2 Meilen unterhalb Marienburg hart am Strom, dann beginnt die sogenannte Einlage, ein Raum, der dem Hochwasser freigelassen wird. Er ist zwar verdämmt und mit aus- gedehnten Ortschaften besetzt, aber die Bewohner sind der Verpflichtung unterworfen, ihre Ländereien bei gewissen Wasserständen der Ueberschwemmung Preis zu geben. Die Dämme sind so angelegt, dass sie durch drei grosse Ueberfälle, welche vom r. No- vember bis r. April jedes Jahres geöffnet werden, das Hochwasser in das Einlagegebiet einlassen, sobald es ır'/) Fuss am Wolfsdorfer Pegel übersteigt. Im Sommer werden diese Oefinungen geschlossen, indess nur so weit, dass sie Hochwässer, welche nicht mehr als 17 Fuss am Wolfsdorfer Pegel erreichen, abhalten. Gleichwohl werden die Ländereien der Einlage als die fruchtbarsten der Niederung geachtet. Der Strom setzt die schweren Sand- und Grandmassen nur in grösserer Nähe der Ueberfälle ab, weiterhin 222 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. bedeckt er die breiter offenstehenden Flächen mit einer Lage feinen Schlickes, die bis Zollstärke erreicht und eine ausserordentlich üppige Vegetation erzeugt. Allerdings aber sind sie grosser Gefahr der Versandung und der Einrisse von Wasser und Eis ausgesetzt. Der Eisgang der Nogat findet das Eis des Hafis meist noch feststehend, die Eismassen thürmen sich gegeneinander auf und legen sich oft so fest zusammen, dass sie dem Thauen sehr lange widerstehen. Die Einlage erweitert sich allmählich bis auf ı Meile, und die Hauptdeiche des Grossen Werders wenden sich von ihr westlich nach dem Marktflecken Tiegenhof, folgen dem linken Ufer der Tiege bis zur Elbinger Weichsel und begegnen hier dem Dammzuge, der von Piekel nach Rothebude dem linken Ufer des Hauptstromes entlangläuft. Ein dem Haff näher gelegter Deichschluss ist zur Zeit noch wegen der zahlreichen Wasserläufe unausführbar. Es bestehen dort aber viele inselähnliche Einpolderungen. Das Entwässerungssystem des Grossen Werders ist sehr verwickelt, 1861 wurden 5 Dampf- und 16 Windschöpfwerke durch 17 Verbände unter- halten. Seit dem Durchbruch bei Neufähr hat die Elbinger Weichsel die nöthige Tiefe verloren, es ist desshalb seit 1846 ein in Schleussen liegender Schifffahrtskanal von Rothebude nach Tiegenhof durch den Werder geführt. Zwischen der Elbinger Weichsel, der See und dem Hauptstrom liegt die Nehrung. Nur eine kleine Fläche derselben kann zur eigentlichen Niederung gerechnet werden, Auf YYı bis '/; Meile Breite vom Strande erstreckt sich der starke Dünenwall, der sich als Frische Nehrung gegen Pillau fortsetzt und auf dieser nur wenige Sandäcker in der Nähe der Fischerdörfer frei lässt. Zwischen den Dünen und dem Strom, in der soge- nannten Binnen- und Aussennehrung liegen dagegen gute Niederungsböden. Erstere ist eingedeicht, letztere liegt bis zur Mündung bei Neufähr als Einlage frei. Jenseits Neufähr bis Neufahrwasser ist ausser etwas Gartenland alles von Dünen eingenommen. In dem letzten Abschnitte der Niederung, dem Danziger Werder, auf der linken Seite des Hauptstromes, beginnt der Hauptdeich unmittelbar an der Brücke von Dir- schau und lässt dem Strom bis Danzig nur ein verhältnissmässig enges Bett frei. Das Uferland ist durch Versandungen stark erhöht, und der Boden bleibt bis zur Mitte des Werders in Folge des beigemischten Sandes von leichterer, sehr günstiger Be- schaflenheit. Dann wird er kräftiger, aber schwerer, längs des Fusses der Höhen end- lich liegen moorige Wiesen- und Ackergründe sehr tief und nass. Besondere Schwierig- keiten erwachsen, wie S. ııı gezeigt ist, dem Danziger Werder durch die von den Höhen einmündenden Gewässer. Um bei ungewöhnlichem Zuflusse das Binnenwasser nicht an den tiefsten Punkten zu hoch anwachsen zu lassen, bestehen zahlreiche kleine Verwallungen, die als Stauwerke benutzt und theils durch weitverzweigte Gräben, theils durch Schöpfräder geleert werden. Manche Einsenkungen können stets nur dadurch vom Wasser befreit werden, dass man tiefe Gruben gräbt und das Wasser, das sich darin sammelt, durch Schöpfwerke fortschafft. Nach Deichbrüchen am oberen Strome, bei Montau oder Dirschau, hat das Wasser in den Binnenverwallungen oft in der Zeit eines Jahres durch die Schöpfvorrichtungen nicht völlig bewältigt werden können*). 1861 wurden für den gewöhnlichen Bedarf 70 Wind- und 3 Dampfschöpfräder unterhalten. Der Werth des Grund und Bodens ist in der gesammten Niederung ebenso durch die grossen Ausgaben für die Dämme und Entwässerungsanlagen, als wegen des auf Jahre nachhaltigen Schadens verringert, den die Deichbrüche verursachen. Solche *) Meliorationsplan der Danziger Niederung. Danzig 1859 S. 14. x IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. 223 Hauptbrüche pflegten in der Weichsel oder Nogat vor der neuesten Regulirung des Stromes und der Deiche in je 5 bis 6 Jahren wiederzukehren. — Links der Weichsel steigt Westpreussen durch die Kreise Stargard, Berent und Karthaus ziemlich steil zum pommerischen Landrücken auf. Auf der rauhen gebirgigen Höhe desselben ist der Bodenart nach gemischter sandiger Lehm mit in der Regel durch- lassendem Untergrunde sehr verbreitet, der an einzelnen von den grösseren Ortschaften eingenommenen Lagen eine der Kultur recht günstige Beschaffenheit hat. An den Ufer- rändern der meisten Seen, namentlich des Radaune-, Klodno- und Biala-Sees und ebenso in dem Thalgebiete der Radaune, enthält der Grund auf längeren Strecken eine sehr starke Beimischung von Kalkmergel, liefert bei richtiger Behandlung und guter Düngung ver- hältnissmässig hohe und sichere Erträge und wird der leichteren Bestellung wegen dem schwereren Lehmboden vorgezogen. Ein grosser Theil der Ländereien ist aber von mehr oder weniger grandigem Sande eingenommen, der theils blauen, zähen Thon zur Unter- lage hat, theils dürr und trocken ist. Ueberall sind erratische Gesteine verbreitet. Nach Norden auf dem Abfall zur See begrenzen sich die Gebirgshöhen in einer ziemlich graden Linie zwischen dem Johannisberge bei Oliva und den Dombrowabergen bei Lauenburg. Sie fallen hier um etwa 200 Fuss ab, und die niedrigere Stufe dehnt sich in sanfter Neigung über den gesammten Neustädter Kreis bis zu den (S. 90) er- wähnten tiefen Durchrissen bei Rheda und Putzig und jenseits derselben über die Oxhöfter und Schwarzauer Kämpe bis zum Vorgebirge Rixhöft aus. Die Tiefe dieser Einrisse und meist auch die Flussthäler der Rheda und Leba sind von Moor und Bruch eingenommen, die Abhänge sind schroff und schluchtenreich, und nur die Fläche der Hochebene bietet ackerbares Land. Sie ist theils von leichten Sandböden, theils von sandigen Lehmböden bedeckt, welche häufig undurchlässigen Untergrund haben, nach der Küste zu aber, wo die mannigfaltigeren Abhänge die Abwässerung begünstigen, mehr und mehr die Natur eines milden, kräftigen, fruchtbaren Lehms bekommen. Die insel- artigen Kämpe, zu denen auch die Umgebung von Putzig als Putziger Kämpe gerechnet wird, haben einen leichten, aber sehr dankbaren und tiefer Bearbeitung fähigen Acker- grund. Die fast meeresgleichen Torfmoore, welche die Kämpe vom Lande abschneiden, zeigen nur am Einflusse der Bäche, wie der Rheda, eine Beimischung von Boden, der eine Grasvegetation aufkommen lässt, meist sind sie völlig untragbar, von Moos und Heide bedeckt, und es ist nur durch sorgfältige Meliorationen möglich, sie in nutzbare Wiesenländereien umzuschaffen. Je mehr sich der Abhang gegen die Weichsel, Danzig und Dirschau zu, wendet, wird er steiler. Hügel von 700 Fuss Höhe ziehen von Karthaus und Berent über Schoeneck bis in die unmittelbare Nähe von Preussisch-Stargard, und soweit die Höhe des Hügel- landes reicht, etwa bis an den Lauf der Ferse, finden sich gemischte, häufig recht vor- zügliche, kräftige und hinreichend milde, allerdings auch wechselnd wieder sehr schwere Lehmböden. Der Abfall dieser Hügel dagegen zeigt als Eigenthümlichkeit einen ausser- ordentlichen Wechsel von Sand, Grand und Lehm in günstigen und ungünstigen Mischungen. Nur selten können zusammenhängende Flächen von einem halben Morgen in gleicher Beschaffenheit gefunden werden. Im allgemeinen aber liegen um Mewe die schwersten und zähesten Thonböden; stromabwärts wird der Boden milder und in der Umgegend von Dirschau gewinnt er seine beste Beschaffenheit. Hier breitet sich namentlich auf den hohen Ufergeländen ein tiefer, humoser, sandiger Lehmboden mit gesundem Untergrunde aus, der auch noch in einigen benachbarten Gemarkungen des 324 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. Danziger Kreises vorkommt; nördlicher aber verschlechtert sich die Krume mehr und mehr, wird an den Höhen quellig und kalt und geht bei Danzig und Oliva in leichten Sand- und Grandboden über. Der Südabhang des Landrückens senkt sich von der Höhe des Berenter und Ko- nitzer Kreises in breiten Stufen östlich zur Weichsel,‘ westlich in weiter Erstreckung zur Netze. Auf den höheren Terrainstufen sind weite, fast ebene Heideflächen ent- wickelt, in denen die Gewässer träge hinziehen und den Boden weithin versumpfen. Der Sandboden herrscht besonders im Kreise Schlochau, er nimmt hier 77,7 pCt. der Fläche ein, auch Konitz zeigt 47, pCt. Nach der pommerischen Grenze hin liegt zwischen den Orten Zabro im Konitzer und Grünchotzen und Lanken im Schlochauer Kreise die sogenannte Kassubei. Hier bestehen grosse zusammenhängende Flächen des sterilsten Sandes, der aller Kultur spottet und dem jedes Hilfsmittel, Lehm, Mergel, geeigneter Moder, ja bei der Entblössung von Wald sogar Nadeln und Waldstreu fehlen. Die Bodenerhebungen zeigen unter der unfruchtbaren oberen Sandschicht eine grobkörnige, gemeiniglich sehr feste Kieslage, die Einsenkungen, in denen der ÖOberboden meist dieselben Bestandtheile, wie auf der Höhe, in seltenen Fällen durch etwas Moor und Moder dunkler gefärbt, enthält, haben als nächste Unterlage den weissen Seesand. Nur im Konitzer Kreise greift die Grenze der Kassubei auch auf einige Striche besseren Bodens über, und in weiterer Entfernung von diesem schlechtesten Landstriche des Staates werden in den mit spärlichem Kieferngestrüpp bedeckten, kaum zu Weide ge- eigneten Heiden Stellen dunklerer, humoser und selbst etwas thonhaltigerer Sandböden häufiger; im ganzen aber wechselt das Heideland nur mit mehr oder weniger sauren und moorigen Brüchen und weite Strecken sind völlige Oede, in der kein Baum auf- zubringen ist und selbst die Wege, weil keine Steine vorhanden sind, nur durch Ein- stecken von dürrem Gestrüpp markirt werden können. Die Tuchler Heide, deren Meliorationen noch näher zu besprechen sein werden, hat etwa 30 D]Meilen Ausdehnung. Auf den schrofferen Abhängen dieser Hochflächen zur Weichsel in den Kreisen Marienwerder und Schwetz machen sich die Schichten der Braunkohlenformation, welche am Schwarzwasser mehrfach bauwürdige Flötze zeigen, durch eine auffallend wechselnde Bodenbeschaffenheit bemerkbar. Es liegt dort feiner Braunkohlensand, der nass plastisch und schwer, trocken hart und staubend wird. In Koscellez tritt Alaunerde, bei Jungen unterhalb Schwetz Cementkalk, in Neuenburg Töpferthon auf. Dass im Grunde des Viaduktes von Terespol Muschelkalk liest, ist $. 170 erwähnt. Auch gegen Westen setzt sich eine gewisse Mannigfaltigkeit der Bodenarten durch alle Kreise längs der Südgrenze der Provinz fort. Lehm, Lette, Lehmmergel, rother eisenschüssiger Sand, Seesand mit Bernstein, Grand und erratische Blöcke wechseln, gemischte Böden aber überwiegen. Der Mergel liegt auf weiten Strecken einige Fuss unter der Oberfläche und wird zum Düngen gebraucht, auch wo er bei tieferen Einschnitten in mächtigeren Schichten be- nutzt werden kann, zu Kalk gebrannt. Im Untergrunde treten Thonlager, welche zu 200 und 300 Fuss Mächtigkeit geschätzt werden, auf und geben Anlass zu Versumpfungen. Einige Striche aber, namentlich in den Kreisen Flatow und Deutsch-Krone besitzen sehr gute, milde, auch klimatisch begünstigte Ackergründe. — Zur genaueren Charakteristik der in der Provinz auftretenden Böden“) nach ihren speziellen, der Oertlichkeit entnommenen Merkmalen und zur Vergleichung der bei der *) Vgl, auch Dr. Schumann in: Die Provinz Preussen, Festgabe, Königsberg 1863. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. 225 Schätzung für dieselben angemessen erachteten Reinertragswerthe werden nachstehend als Beispiele die über das Ackerland sprechenden Angaben der Klassifikationsprotokolle von Marienburg und Johamnisburg, als des besten und des schlechtesten Kreises der Provinz, und zu deren Ergänzung die der Kreise Friedland und Labiau mitgetheilt. Der Kreis Marienburg zeigt den besten, Labiau alle Grade des schlechtesten ‚ Niederungsbodens, Johannisburg bezeichnet die Charaktere der guten bis zu den schlech- testen Böden der Höhe, und Friedland die der schweren und der milden Lehmböden der mittlen Lagen zwischen der Höhe und den Niederungen, Die Randspalte giebt den Schätzungswerth des preussischen Morgens in Silber- groschen an, 99 72 48 Kreis Marienburg (Kleiner Werder). I. Ackerklasse, besteht aus humosem, tiefgründigem Thonboden (Marschboden), der bei gleichartigem Untergrunde nicht der stauenden Nässe ausgesetzt ist, und auf dem die Equisetenarten nur in sehr geringem Maasse vegetiren. | II. Ackerklasse: a) derselbe Boden (Marschboden), jedoch mit dem Unterschiede, dass er der stauenden Nässe, namentlich dem Quellwasser (Dammquellung) ausgesetzt ist, b) derselbe Boden (Marschboden) von mindestens 12 Zoll Mächtigkeit, oder c) derselbe Boden, nur von besonders zäher Beschaffenheit des Thons. III. Ackerklasse: a) Marschboden von mindestens 8 Zoll Mächtigkeit, oder - b) humusreicher, sandiger Lehmboden mit fehlerfreiem Untergrunde. IV. Ackerklasse: a) Marschboden von mindestens 6 Zoll Mächtigkeit, oder b) humoser, sandiger Lehmboden mit fehlerhaftem Untergrunde. \ V. Ackerklasse: a) Marschboden unter 6 Zoll Mächtigkeit, oder b) Sandboden mit etwas Humus bei fehlerfreiem Untergrunde, VI. Ackerklasse, enthält Sandboden mit geringem Humusgehalt. VIl. Ackerklasse, Sandboden ohne Humusbeimischung (gjähriges Roggenland). Kreis Friedland. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 70 Thlr.), besteht aus schwarzer, theilweise mit Lehm gemischter Erde von mindestens ı8 Zoll Tiefe bei durchlassendem, reichem, mergelhaltigem oder gleichartigem Untergrunde und fehlerfreier Lage. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 55 Thlr.), enthält schwarzgraue mehr oder weniger bündige Erde von mindestens ı2 Zoll Tiefe, gelben durchlassenden Lehm oder graue Erde im Untergrunde und fordert fehlerfreie Lage. | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 38 Thlr.), enthält: a) mehr oder weniger bündige graue Erde von mindestens 8 Zoll Tiefe, auf mit | der Krume gleichartigem Untergrunde und grösstentheils abdachender Lage; b) milden braunen Lehm von mindestens 8 Zoll Tiefe auf mildem lehmigem Unter- grunde und grösstentheils abdachender Lage; ce) grauen sehr reichen Sand von mindestens 8 Zoll Tiefe auf sandigem Unter- grunde und abdachender Lage. Boden d. preuss. Staats. 15 226 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. Sgr. 42 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30 Thlr.), dazu gehört: a) der schwarze und der humusreiche Sand von mindestens ro Zoll Tiefe mit grandigem Sande im Untergrunde und in theils ebener, theils sanft abdachen- der Lage; b) der graue mit Erde gemischte Sand von mindestens ro Zoll Tiefe, mit grauem oder gelbem Sande im Untergrunde und in gleicher Lage; c) der braune und graue Lehm von mindestens 6 Zoll Tiefe mit eisenhaltigem und mildem Lehm, sowie auch mit Schluff im Untergrunde, bei meistens guter Ab- dachung und theilweise bei flacher Lage, dabei sind die humusreichen Bestand- theile der Krume berücksichtigt worden; d) graue Erde mit mindestens 7 Zoll Krume, im Untergrunde milder Lehm, theils flach, theils abträgig. 30 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 2ı Thlr.), besteht: a) aus grauem Sand und lehmigem Sand von mindestens 8 Zoll Tiefe mit durch- lassendem Lehm und grauem und lehmigem Sande im Untergrunde, theils bei guter Abdachung, theils flach; b) aus grauer Erde oder grauem Lehm von mindestens 6 Zoll Tiefe mit undurch- lassendem Lehm, sandigem Lehm und sandigem Schluff im Untergrunde und bei grösstentheils flacher Lage; ce) ans grauem, sprockigem Lehm von 6 Zoll Tiefe auf undurchlassendem, rothem und gelbem Lehm im Untergrunde und bei sanfter Abdachung; d) aus sandigem Lehm mit gleichartigem Untergrunde, 6 Zoll Tiefe und guter Lage. 2] | VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı4 Thlr.), enthält: a) gewöhnlichen Sandboden von mindestens 6 Zoll Tiefe mit Sand und eisenhalti- gem Sand im Untergrunde und bei nicht zu schroffer Abdachung; b) gelben, braunen und rothen Lehm bei mindestens 4—5 Zoll Tiefe, blauem und gelbem undurchlassendem Lehm im Untergrunde und flacher Lage; 15 | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa g Thlr.), enthält: a) graugelben, rothgelben und gelben, sowie grauen mit Eisenerde gemischten Sand von mindestens 6 Zoll Tiefe auf theils gelbem oder rothem, theils stark mit Eisenocker versetztem Untergrunde und in theils flacher, theils sanft ab- dachender Lage; b) graue mit Schluff (!) gemischte Erde von 4 Zoll Tiefe mit blauem, zähem Schluffe im Untergrunde, sehr flach; c) ähnlichen Boden wie bei der VI. Klasse zu b., jedoch mit nur 2—3 Zoll Tiefe. 6 | VIII Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5 Thlr.), enthält grauen und gelben kieshaltigen Sand von mindestens 4 Zoll Tiefe bei gelbem oder rothem, kieshaltigem Sande im Untergrunde und hoher, trockener Lage. (6jähriges Roggenland.) Kreis Labiau. In dem Höhendistrikte: 99 | ]. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60 Thlr.), enthält: a) humosen, lehmhaltigen Boden von einer Tiefe von 12—18$ Zoll bei einem meisten- theils mit Lehm, oder Sand und Grand gemischten Untergrunde und sanft ab- trägiger Lage. b) milden, humosen mit wenigen Lehmtheilen versehenen Boden von einer Tiefe von 12—15Zoll bei grandig lehmigem Untergrunde und möglichst abträgiger Lage; Beide Abtheilungen unterliegen dem im Kreise vorherrschenden schroffen Witterungswechsel, der Kalamität des Rostes beim Weizenbau und haben den \ Eehler eines kalten, häufig auch nasskalten Untergrundes, Sgr. 8 54 36 27 36 27 18 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. 227 II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o Thlr.), enthält: a) denselben humosen, lehmhaltigen Boden bei geringem Lehmgehalte, oder bei schwächerer Ackerkrume, oder weniger abträgiger Lage; b) tiefen, sehr humusreichen, jedoch mit geringem Lehmgehalte versehenen Boden, bei einer Krume von r0—ı5 Zoll und bei sandig- oder grandig-lehmigem Unter- grunde in meistentheils ebener Lage. III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) der weniger humose mit einem etwas grössern Sand-, als Lehmgehalt gemischte Boden von einer Tiefe von 8—ı2 Zoll; b) der mit guter Erde und Lehm gemischte Boden von einer Tiefe von 8—1o Zoll bei flacher Lage und kaltem Untergrunde, IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30 Thlr.): a) der mit Lehm und wenig guter Erde gemischte Boden von einer Tiefe von 6—8 Zoll bei lehmhaltigem und grösstentheils nasskaltem Untergrunde; b) der sandige mit fruchtbarer Erde gemischte Boden bei sandigem oder lehm- sandigem Untergrunde und einer Krume von 7—ıo Zoll. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 25 Thlr.), besteht: a) aus lehmhaltigem Boden bei nasskaltem Untergrunde und einer Krume von7—8Zoll; b) aus sandigem, weniger humusreichem Boden bei 6—8 Zoll Krume und sandigem oder lehmsandigem Untergrunde; ce) aus guter Erde mit Lehm gemischt bei 6—7 Zoll Ackerkrume, jedoch sehr flacher, wenig abträgiger Lage. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı6 Thlr.): a) weisslichen Lehm mit Sand gemischt bei sprockigem Lehm im Untergrunde und einer Krume von 5 Zoll; b) Sandboden mit geringer Humusbeimischung bei 6 Zoll Krume und sandigem Untergrunde, sowie Sand mit schwarzer Erde gemischt, bei 4—5 Zoll Krume und sandigem Untergrunde. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 8 Thlr.) enthält: a) den schweren, sprockigen Lehm von gelblicher und röthlicher Farbe, bei sprockigem Lehm im Untergrunde und 3 Zoll Ackerkrume; b) Sand fast ohne alle Humustheile bei Sand im Untergrunde. Im Niederungs-Distrikte: I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 34 Thlr.). Der mit Sand oder Sand und guter Erde gemischte Boden bei 6—8 Zoll Krume, mit sandigem oder grandigem Unter- grunde, II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 24 Thlr.), besteht aus Sand, mit fruchtbarer Erde nur gering gemischt. III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı8 Thlr.). Der tiefe, niedrige, der Ueberschwem- mung ausgesetzte Boden von Sand mit schwarzer Erde und sandigem Untergrunde. Kreis Johannisburg. 54 I. Ackerklasse, enthält: a) reichen, tiefen Lehm und sandigen Lehmboden mit zureichendem Humus, 7—8 Zoll Ackerkrume bei durchlassendem, wenn es der Krume aber an Thon fehlt, mehr anhaltendem Untergrunde, in abträgiger, wasserfreier Lage. b) leichteren Boden mit entsprechend tieferer Ackerkrume von 9—ıo Zoll; ce) ganz leichten, schwarzen, humosen Sand- resp. Grandboden, welcher feucht und eben belegen, mit reiner Ackerkrume von ı2 Zoll und darüber; 15* 223 Bgr. 42 27 21 15 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 1. Provinz Preussen. II. Ackerklasse, enthält: a) humosen, kräftigen Lehmboden bei einer Ackerkrume von 6 Zoll, durchlassen- dem Untergrunde und abträgiger, wasserfreier Lage; b) Acker der I. Klasse a. auf undurchlassendem Untergrunde; c) sandigen Lehmboden bei anhaltendem Untergrunde, in wellenförmiger Lage, Ackerkrume 7 Zoll; d) Sandboden mit reichem Humus in ebener, feuchter Lage, auf gesundem, wasser- freiem Untergrunde mit einer Ackerkrume von ıo Zoll. III. Ackerklasse, enthält: a) sandigen Lehm mit geringem Zusatz von Humus, Ackerkrume 5 Zoll, Unter- grund lehmig und anhaltend, feuchte Lage, doch ohne stockende Nässe; dürre, hügelige Lage verschlechtert ihn; b) schwarze Moorerde mit Sand gemischt, 9—ıo Zoll Ackerkrume, eben und feucht belegen, sandiger, wasserfreier, oft eisenschüssiger Untergrund. Hierher gehört auch Boden der I. Klasse zu a., c. und d. mit schwächerer Ackerkrume bei schlechterem Untergrunde und ungünstigerer Lage. IV. Ackerklasse, enthält: a) schlechten Thon- und Lehmboden mit wenig Humus; grobsandigen, eisenhalti- gen Lehm; Untergrund undurchlassend, Lage oft nass, Ackerkrume 4 Zoll, häufig mit Steinen besetzt; b) Sandboden mit geringem Lehmgehalt, Ackerkrume 5—6 Zoll, sandiger, dürrer Untergrund, Lage wellenförmig oder eben; c) humosen Sandboden ohne Lehmgehalt, in ebener, feuchter Lage mit 8 Zoll Ackerkrume, sandiger Untergrund; d) Boden der III. Klasse zu b., mit einer Ackerkrume von $ Zoll und darüber, falls der Untergrund schlecht und stark eisenhaltig; bei fehlerfreiem Unter- grunde obiger Boden schon mit einer Ackerkrume von nur 6 Zoll. V. Ackerklasse, enthält: a) Sand mit wenig Lehm, dürre Lage, d.h. bergiges Terrain mit geringem Humus, Ackerkrume 4 Zoll, Untergrund sandig, häufig viele Steine; b) Grand oder Sand mit eisenhaltiger Moorerde, 5—6 Zoll Ackerkrume, ebene und feuchte Lage, Untergrund sandig oder schluffig, oft auch eisenhaltig. VI. Ackerklasse, enthält: a) Sand mit geringem Humus, eben gelegen, Ackerkrume 4—5 Zoll, Untergrund sandig und feucht; b) mageren Lehm- und Thonboden mit 3—4 Zoll Ackerkrume, der bei ober- flächlicher Besichtigung streng erscheint, jedoch nur mässige, geringe Bei- mischung von Thon hat; dürre, bergige Lage und dürren Untergrund; c) Boden der Klasse V.b. mit schwächerer Krume, in feuchter resp. ebener Lage, Untergrund Sand, oft eisenhaltig. , VII. Ackerklasse, enthält Sand mit wenig Humus, Ackerkrume 3 Zoll, flach, wech- selnd, Untergrund ebenfalls Sand. (Dreijähriges Roggenland.) Hierher gehört auch Boden Klasse VI. b., welcher mit Kalksteinen besetzt ist; ebenso niedrig belegener Moorboden mit schlechtem, saurem, torfigem Untergrund. VIII. Ackerklasse, ist ein hochgelegener Sandboden oder 6 und mehrjähriges Roggenland. Hierher gehört auch aller übrige schlechte Boden, der keiner Verbesserung fähig, nur durch abwechselnde Beweidung und Beackerung einen ganz geringen Ertrag gewährt und eigentlich nur als Schafweide zu benutzen ist. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens, 2. Provinz Pommern, 229 2. Provinz Pommern, Die Provinz Pommern scheidet sich der Terraingestaltung nach annähernd richtig nach den 3 Regierungsbezirken, in welche sie politisch eingetheilt ist. Der Regierungs- bezirk Köslin nimmt die Höhe des pommerischen Landrückens und seine hügelige Ab- dachung zum Meere ein, deren Stufenland noch am Strande einige nicht unbeträchtliche Erhebungen hat. Der Regierungsbezirk Stettin umfasst die Einsenkung zwischen dem pommerischen und dem mecklenburgischen Landrücken und die gesammte, das Haff und die Odermündungen umgebende Niederung. Der Regierungsbezirk Stralsund zeigt, obwohl er sich nur in Rügen bedeutend über die Meeresfläche erhebt, gleichwohl in seinen Hauptlagen wieder überall den Charakter des Plateaus. Das allgemeine Verhältniss der Hauptbodenarten ergiebt sich für diese Abschnitte aus Tabelle D. der Anlagen wie folgt: Antheil am Hundert der Gesammtfläche Lehm Thon Lehm- Ge- Dar- Are _ R und jjmischte unter Bodenverhältniss in den in den Thon- | Sand- | Sand- Wasser-| Kalk- auf der | Fluss- | auf der | Fluss- böden und boden | flächen lager Höhe | niede- | Höhe | niede- Lehm- rungen | rungen böden Der Staat 2,1 7,1 2,0 (28,2) 34,4 Die Regierungs- bezirke Köslin ... | (83) 1 349 Stettin ... (47) 1 506 Stralsund... | (6,4) | 62,6 Die Prov. Pom- mern (6,6) 1 44,8 Die Fläche der schweren Böden ist also in der Provinz dem Gesammtdurchschnitt des Staates gegenüber sehr gering, sie bleibt in ihrem Verhältnisse hinter der aller anderen Provinzen beträchtlich zurück; Sand und Moor dagegen sind bedeutend ver- treten; der Regierungsbezirk Köslin besitzt sogar eine grössere Sandfläche als der von Marienwerder und wird darin nur vom Regierungsbezirk Frankfurt übertroffen. Am ausgedehntesten aber sind die Flächen gemischter Böden, in deren Verhältnisszahl der Regierungsbezirk Stralsund alle anderen Theile der Provinz und zugleich alle übrigen Regierungsbezirke des Staates weit überragt. — Den einzelnen Gebietsabschnitten nach theilt sich der Regierungsbezirk Köslin ungefähr zu gleichen Theilen in die Höhe oder den sogenannten Busch, die Strand- gegend und die zwischen ihnen liegende allmählich sich senkende Abdachung. Die Höhe des pommerischen Landrückens leidet im allgemeinen an Nässe; Seen und Brüche verbreiten ihren Stau auf ausgedehnte Strecken. Die Winternässe bleibt lange im Boden und die feuchten Niederschläge sind bedeutend. Dabei ist die Be- schaffenheit der Böden selten leicht, meist ist wenigstens der Untergrund undurchlassend 230 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. und allgemein machen sich Eisen- und Humussäuren geltend. Ueberwiegend sind gemischte, lehmige und sandige Böden, deren Krume oft sehr vielen, besonders groben und grandigen Sand enthält, meist aber in geringer Tiefe auf undurchlassendem Lehm, Letten und Thonmergeln ruht. Der Mergel tritt selten auf grösseren Flächen, häufig aber in kleinen, kegelförmigen Kuppen an die Oberfläche und ist im Untergrunde ausserordentlich verbreitet. Seine Schichten sind sehr reich an Kalk, der aus ihnen ausgewaschen und in den meisten Brüchen und Seen als starke Lager von Wiesenkalk und Tuff niedergeschlagen wird. Der eigentliche schwere Lehmboden zeigt ein sandig und mager anzufühlendes Gemisch von groberdigem, eisen- und kalkhaltigem, röthlichem Lehm mit feinem und gröberem Sande, das meist nur flach der Kultur zugänglich gemacht ist. Er tritt im Bütower und Rummelsburger Kreise und im Südostflügel von Fürstenthum in ziem- lich steriler Beschaffenheit auf und bekommt erst an der Persante und Küddow, im Neustettiner Kreise und zwischen Tempelburg und Dramburg eine bessere Beschaffen- heit, die indess durch Kälte und Säure erheblich benachtheilist ist, weil die Entwässe- rung hier auf grösseren Strecken nieht genügend gelingt. Nur wo der Abzug durch sehr kupirtes Terrain erleichtert ist, wie um Lauenburg, Bublitz, Pollnow, Polzin, zeigt sich der Lehm günstig; auf ebener Lage werden ihm die gemischten Böden weit vor- gezogen. Der Süden des Kreises Dramburg, der auch klimatisch bevorzugt ist, gehört dieser grösseren Sandbeimischung wegen zu den besseren Strichen. Die Anhöhen und Wasserscheiden werden in sehr grosser Verbreitung von leerem Sande eingenommen, der oft quellig, grandig und moorig ist, häufig aber auch in völlig dürren, kulturunfähigen Flugsand übergeht. Besonders leichter Boden findet sich im Südosten des Bütower Kreises, der, zwischen die Kreise Schlochau, Berent und Konitz einspringend, mit ungefähr 27 000 Morgen zur Kassubei gerechnet wird und eine ziem- lich ebene durchaus von dem geringsten, schlechtesten Sande eingenommene Gegend bildet. Die mittle Zone ist in ihrer Beschaffenheit ärmer und einförmiger, als die beiden anderen. Die Küstenflüsse senken sich in ihr mit meist starkem Gefäll durch enge, tief eingeschnittene Thäler zu den torfigen Moorniederungen der Strandgegend herab. Die zwischen diesen Flussthälern liegenden Hochflächen sind sehr umfangreich, leiden an Trockenheit und sind fast durchweg von sandigen oder nur wenig bündigen, ge- mischten Böden eingenommen; die Tageswässer versinken schnell und die Vegetation ist spärlich. An einzelnen Stellen, besonders im Osten zwischen Lauenburg und Stolp, finden sich indess auch milde Lehmböden, und fast in allen Kreisen grössere Striche tiefen Gerstenbodens, der wegen des meist gesunden Untergrundes sehr tragbar ist. Das leichte Roggenland aber herrscht weit überwiegend, und je flacher nach Westen zu die Abhänge des Landrückens werden, desto mehr mehren sich die Heiden, die zum Theil grosse Ausdehnung haben. Am meisten begünstigt ist die Küstenzone. Sie umfasst allerdings grosse Dünen und Sumpfflächen; die breiten Thäler der Leba, Bebbrow, Grabow und anderer Ge- wässer und die öden Moorflächen in der Nähe der Strandseen bestehen auf grosse Strecken aus einem sehr porösen, grobfasrigen Torfe, auf dem nur an günstigen Stellen eine kärgliche Grasvegetation aufkommt; die Kulturländereien aber sind in ihrer überwiegenden Masse theils von fruchtbarem Lehm, theils von mildem, gemischtem Boden eingenommen, Man nimmt an, dass sich unter ganz Hinterpommern ein grosses, der IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. 231 Braunkohle angehöriges Thonlager, sogenannter Tegel, ausdehnt, welcher in den Strandgegenden, namentlich zwischen Kolberg und Köslin, zu Tage steht. Dieser Thon, dessen Bezeichnung von einem übereinstimmenden Vorkommen im Wiener Becken hergenommen ist, bildet eine homogene Masse, welche im frischen Zustande eine bläu- liche Farbe hat und hellgelb oder bräunlich wird, wenn sie längere Zeit an der Luft liegt. Er enthält meist etwas Gyps und zuweilen Schwefelkies und Eisenvitriol; oft ist er auch reich an Kochsalz, die Sole von Kolberg dringt aus ihm hervor. Von Stolp bis nach Kolberg erstreckt sich mit geringen Unterbrechungen ein breiter Streifen tiefen, reichen Weizenbodens, den die unten mitgetheilten höheren Klassen des Kreises Fürstenthum charakterisiren. Er nimmt alle höheren Lagen bis hart an den Strand ein, ist aber zu undurchlassend und vielfach zu eben gelegen, um sich genügend abzu- wässern. Sein Untergrund ist überall streng und zäh, die Krume erschwert bei Nässe die Beackerung sehr und wird bei grösserer Trockenheit hart und rissig, so dass starke und tiefe Stalldüngung und Drainage nothwendige Kulturmittel sind. Die Fruchtbarkeit ist aber eine äusserst lohnende, und seine Vegetationskraft wird noch durch den Einfluss der Seeluft gesteigert. Es finden sich indess auch leichtere Böden. Das sogenannte wendische Gerstland im Westosten von Stolp ist ein milder, bündiger Sandboden, der vorzügliche Gerste trägt, in seiner Nachbarschaft aber auch sehr geringe Striche hat. Vielfach gehen die Böden zu 6 bis gjährigem Roggenlande herab. Die leichtesten Böden finden sich nament- lich auf den nördlichsten Abhängen des Kreises Lauenburg, im Kreise Stolp, um den Garde- und den Stolpsee, auch längs des rechten Ufers der Wipper und im Westen zwischen der Persante und Rega. — Im Regierungsbezirk Stettin zeigen die Ausläufer des pommerischen Landrückens, die sich in breiten, häufig schroff zerschnittenen Terrassen von Dramburg westlich gegen Reetz, Nörenberg und Labes verflachen, fast durchweg strengen Lehm mit mergeligen Lehmkuppen und kesselförmigen Brüchen, welehe Torıboden haben. Wo der Lehm auf den Abdachungen der Hügel mit Schwemmsand gemischt, humos und genügend ab- gewässert ist, bildet er ein kräftiges Weizenland. Die hochgelegenen Ebenen sind theils sehr leicht, wie zwischen Nörenberg und der Drage, theils ein lehmiger, vielfach mit Kies und Grand gemischter Sand, von Wiesenstücken und Tümpeln durchbrochen, die den Boden nass und kalt machen, Der Untergrund ist theils rother und durchlassender Lehm mit eisenhaltigen Streifen durchzogen und einer Mergelschicht als Unterlage, theils mergeliger mit Eisen stark durchsetzter Kies, theils, namentlich an den Abhängen, un-+ durchlassende blaue Lette. An vielen Stellen ist der Druck der Seen bemerkbar. Diese östlichen Höhen umgiebt zunächst eine etwa 200 Fuss Meereshöhe erreichende Stufe, welche sich im Bogen von Reetz über Freienwalde nach Regenwalde erstreckt, und deren Boden sich im allgemeinen als guter Roggenboden charakterisirt. Der Sand herrscht vor, häufig aber ist der Untergrund streng, und die Abhänge nach Westen haben meist Quellsand, in dem die Gräben nicht stehen, zum Untergrunde. Auf der nächst tieferen Stufe, welche sich bis gegen Stargard erstreckt, findet sich das bessere Land. Die Höhen haben Abzug und zeigen zum Theil sehr günstige Lehmböden. Südlich von Stargard in der ausgedehnten Mulde um den Maduesee sind humose Alluvialböden eingelagert, neben denen nur an wenigen Stellen der diluviale Untergrund hervortritt. Zwischen Stargard und Reetz nimmt die ebenen Lagen ein stark lehmiger, warmer Sand ein, der auch in den weniger bündigen Strichen durch seinen reichen 232 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. Humusgehalt eine schwärzliche Farbe hat; nur die tiefste Thalsohle, in der die Senkung des Plöne und Maduesee’s und ihrer Verbindungen nicht völlig wirksam werden konnte, ist von Bruch- und Wiesengründen eingenommen, die von Nässe leiden, und zum Theil schweren und kalten Lehm zum Untergrunde haben. In der Richtung nach Pyritz stösst an diese Gewässer der sehr fruchtbare Landstrich des sogenannten Pyritzer Weizackers. Er zeigt theils strengen, theils mit Humus und Sand gemischten Lehm, liegt aber viel- fach tief und leidet an Nässe. Der beigemischte Sand ist von besonderer Feinheit. Von diesesm Niederungslande aus steigt westlich zunächst eine Zone milden, humosen, mit Sand gemischten, lehmigen Gerstbodens an; weiter nach der Oder zu tritt dann erratisches Gestein auf, die Krume wird sandiger, die Unterlage zeigt mergeligen Lehm oder auch grobkörnigen, röthlichen und gelben Sand, und die Hügel, die im Greiffen- hagener Kreise bis nahe an den Strom herantreten, bestehen hauptsächlich aus Quarz- sand fast ohne Beimischung von Thon, so dass sie nichts als die magersten Gräser er- nähren. Hier findet sich nur in den Thälern und an sanften Abhängen eine stärkere Lehmbeimischung, in welcher sich durch dauernde, sorgfältige Bearbeitung und sehr starke Düngungen eine tiefe, humose Ackerkrume erzeugt hat. Sie ist zu Rüben- und Tabacksbau geeignet, und giebt dem Boden bei der Leichtigkeit des Absatzes grossen Werth. Entferntere Lagen aber, welchen die Dungmassen der Oderwiesen fehlen, er- heben sich nicht über leichtes Roggenland. Nördlich von Stargard bis zur See und zum Haff erstreckt sich ein im allgemeinen sehr ungünstiges Terrain. Allerdings findet sich um Gollnow eine grössere, hochgelegene Fläche gemischten, tragbaren Ackerbodens; ebenso liegen östlich gegen die gedachten höheren Berge zwischen Freienwalde und Regenwalde lohnendere Mittelböden, und nördlich von Regenwalde nach Treptow zu treten vereinzelt zwar schwere, aber fruchtbare Lehmböden auf, die in der Nähe der See verbreiteter werden und den hinterpommerischen nahe kommen; auch in der Nähe von Kammin und südlich bis zum Haff und bis Schwantes- hagen in dem etwa 8 DO]Meilen grossen Abschnitte, in welchem Jurakalk und Kreide theils zu Tage treten, theils die ausgesprochene Grundlage bilden, zeigen sich günstige Lehmböden, die mit dem überlagernden Sande milde und fruchtbare Mischungen ein- gegangen sind. Selbst diese besseren Lagen aber wechseln mit Bruch und mit leichten, dünenartigen Gebilden, und die gesammten übrigen Flächen durch die ansgedehnten Kreise Naugard und Kammin sind von kaltem, nassem Lehm, versumpftem von Wiesen- kalk erfülltem Bruch- und Moorlande und grandigem oder ganz leerem Sandboden auf undurchlassendem Untergrunde eingenommen. Ueberall leidet dieser Landstrich an den grossen Schwierigkeiten einer auch nur einigermassen genügenden Entwässerung. Gegen das Haff und den Dammschen See wird Bruchland der vorherrschende Cha rakter. Hier ist in den weiten Niederungen der natürliche Boden nur als Bänke von Sand, Grand oder Lette zwischen zahlreichen älteren und jüngeren Wasserläufen stehen geblieben, welche sich in regellosem Gewirr zu verschiedenen Zeiten verschiedene Wege gesucht und überall stagnirende Reste von Sumpf, Moor und Tortbruch zurück- gelassen haben. Der Untergrund wechselt auf das schroffste in den verschiedensten Bodenarten, die Oberlage hat selten eine Thon- oder Schlickbeimischung und ist meist von leerem oft weissem, schimmerndem oder dünenartigem Sande, oder auch von tiefem Moorsande gebildet, der eine schwärzliche oder blaugraue Farbe hat, bei nasser Witterung morastig, bei trockener wehend wird, und fast unfruchtbar und nur mit Heide bedeckt ist, Desshalb liegen hier wie kaum anderswo Wald, Acker, Wiese und Wildniss in IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern, 233 buntem Gemisch durch einander und es giebt grosse Flächen, an welche die Kultur sich noch gar nicht gewagt hat. Sie liegen als ausgedehnte Weideländereien da, die aus einem Gemenge von Sandbergen, Wasserlöchern, Sumpf, grasigen Gründen und Heiden bestehen, und nur hier und da mit Büschen und einzelnen Waldbäumen bedeckt sind. Wo aber das Erdreich niedrig und dauernd feucht belegen ist, und die Wasserströ- mungen einige schlickhaltige Erdschichten abgelagert haben, ist das Land sehr gras- wüchsig, und an den Rändern des Papenwassers, der Dievenow und einiger Bäche, auch in einzelnen Thaleinsenkungen, welche diese früher überfluthet haben mögen, finden sich ausgedehnte, fruchtbare Wiesengründe mit dichter Grasnarbe, auf denen sich, von dem feuchten Klima begünstigt, eine reiche Vegetation entwickelt. Die tiefe Oderniederung, welche den Strom begrenzt und seine Sinkstoffe noch gegenwärtig empfängt, bildet nur einen schmalen Streifen. Auf dem linken Ufer sind ihre Böden erheblich besser, als auf dem rechten. Ihr Boden besteht oberhalb Stettins aus kräftigem, tiefem, humosem Schlick; unterhalb Stettins im Gebiete der Anlan- dungen um den Dammschen See und die Haffgegenden breitet sich reiches Wiesenland aus, das durch tiefes mit Schlamm durchzogenes und die Wasserfläche wenig über- ragendes Wurzelgeflecht gebildet ist. Auf dem linken Oderufer um die Stadt Stettin und in den Kreisen Randow und Demmin besitzt Vorpommern seine besten Böden. Die vorzüglichsten, welche die unten mitgetheilte Klassifikation genauer beschreibt, liegen auf der Höhe, die sich zwischen der Oder, der Welse und der Randow ausbreitet. Der Kreis Demmin zeichnet sich durch milde, kalkreiche Lehmböden aus und stimmt im Charakter mit den Festlands- kreisen des Regierungsbezirkes Stralsund überein. Die Umgebung des Haffs dagegen bildet nur ziemlich geringer Forstboden. Der Kreis Uckermünde, die Inseln Usedom und Wollin und der Kreis Anklam sind vorzugsweise von Sandböden eingenommen, welche zum Theil auf undurchlassendem Untergrunde ruhen. Auf vereinzelten Stellen tritt der Lehmboden auch in der Krume auf, meist aber ist der Sand leicht und vielfach hat er völlig den Charakter der Düne. — Im Regierungsbezirke Stralsund werden die Böden, die sich von der Tollense aus über die Hauptflächen der Kreise Grimmen, Greifswald und Franzburg verbreiten, sehr gleichmässig von einer milden, humosen, sandigen und lehmigen Oberschicht von 4 bis ıo Zoll Tiefe gebildet, unter welcher diluvialer Lehm und Sand in verschiedenem Mischungsverhältnisse bis zu reinem Sande als Untergrund liegen. In grösserer Tiefe folgt Mergel, welcher indess häufig schon unter 3 Fuss oder auch flacher zu erreichen ist und dadurch die äusserst lohnende Mergelung fast überall ermöglicht. An man- chen Stellen findet sich im Untergrunde eine ungünstige Beimischung von Eisenocker, und grössere Strecken leiden wegen der im ganzen flachen Lage an Nässe. Auch ausserhalb der breiten von Moorgrund und Torf eingenommenen Einschnitte der Peene, Tollense, Recknitz und Ziese sind versumpfte, bruchartige Einsenkungen nicht selten. Streng wird der Boden in der Mitte des Franzburger Kreises. Er hat hier die Natur eines armen Lehmbodens, ist kalt und undurchlassend und 2 bis 4 Fuss unter der sehr bündigen Oberlage lagert in Mächtigkeit von ı2 bis 16 Fuss strenger, harter Thon- mergel oder mit Eisenoxyd versetzter Lehm von blauer oder brauner Färbung. Mild und kräftig wird dieser Lehm nur, wo das Terrain eine wirksame Entwässerung bietet, Um Saal und Barth giebt es Niederungen von lehmigem Schlick. Im Grimmer und Greifswalder Kreise kommen nur kleine Strecken schwererer Weizenböden vor. 234 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. Sandböden leichterer Art treten auf dem Festlande nur stellenweise auf, am ausgebreitetsten liest Sand auf der Wasserscheide der Peene und Ziese von Pinnow bis gegen Greifswald; hier finden sich sogar einige Heidestrecken; meist aber ist er nicht von nachtheiliger Beschaffenheit. So zeigt die Umgegend von Stralsund einen durch Humus und Tiefe besonders fruchtbaren Sandboden in grösserer Verbreitung. Ganz den leichten Sandböden aber gehört die Insel Zingst und der Dars, sowie ein Theil der Südufer des Bodstedter Boddens an. Die wenigen Aecker tragen hier überall nur bei sorgfältiger Kultur und Düngung spärliche Sommerung; der Untergrund ist nicht genügend zu entwässern; unter gelbem und weissem Sande liegt oft Raseneisen, welches in festen Massen und in Stärke von einigen Zollen an einander gelagert, eine harte undurchlassende Schicht bildet. Der nördliche Theil der Halbinsel Dars ist nur mit gleichmässig fortlaufenden Dünenzügen bedeckt; überall wechseln parallele von Ost nach West gerichtete Wälle weisslichen Sandes mit torfigen Niederungen, und nur spärlicher Forst und Heide befestigt den Sand. Die Insel Rügen nimmt in ihrem südlichen Theile bis Putbus und bis zum Ku- bitzer Bodden der fruchtbare, sandige und mergelige Lehmboden des Festlandes ein, der auch nördlicher zwischen Bergen und Schaprade, in den Kirchspielen Gingst und Neuenkirchen und über die gesammte Halbinsel Wittow sich wiederfindet. Auf den hervorspringenden, wenig ausgedehnten Halbinseln ist er wegen der leichten Abfällig- keit besonders gesund, und Wittow, Schaprade, Trent, Bessin und Altfähr, gegenüber Stralsund, sowie südöstlich Ziedar gelten als die fruchtbarsten Theile des Bezirkes. Schwerer Lehmboden findet sich in geringer Ausdehnung zwischen Putbus und Bergen am Garzitz-Torfmoor, ausgedehntere Flächen aber im Kreidegebiete der Halbinsel Jasmund und der Nordostspitze von Wittow um Arkona. Die Kreidemassen Rügens werden an den hohen und schroffen Felsen der Küste um Arkona und Stubbenkammer und im Norden der Insel Hiddensöe sichtbar. Sie bestehen ganz aus weisser Schreibkreide und sind in schräg einfallenden, parallelen Schichten von ı—4 Fuss Höhe durch Ys Fuss dicke Lagen von Feuersteinknollen ge- schieden. Im Innern der Insel tritt die Kreide an verschiedenen Stellen von Jasmund, und südlicher bis Putbus und Preseke an die Oberfläche. Sie ist mit einem schweren Lehmboden bedeckt, in welchem sieh überall und oft in grossen Massen erratische Gesteine finden, der also wenigstens zum Theil diluvial sein muss. Durch die Mitte der Insel zieht sich eine beträchtliche Fläche Sandboden. Er nimmt die gesammte Halbinsel Mönchsgut, die Umgebung von Bergen, die Insel Umanz und alle niedrigeren Strandgegenden, mit den den Nehrungen ähnlichen Land- zungen und schmalen Inseln ein, welche die Bodden vom äusseren Meere trennen. Darunter sind Hiddensöe, der Bug, die Wittower Heide, die Schaabe zwischen Wittow und Jasmund und die schmale Heide zwischen Jasmund und Mönchsgut Strandgegenden, bei denen von Ackerbau nicht mehr gesprochen werden kann; im Innern der Insel da- gegen ist auch der Sandboden zum Anbau gut geeignet, und die hohe Durchschnitts- schätzung derselben bei so viel fast unbrauchbaren Ländereien zeigt die grosse Frucht- barkeit ihres Kulturbodens. Als ein genaueres Bild von der Beschaffenheit und den Reinerträgen des Acker- landes der Provinz folgen in den nachstehenden Beispielen die Klassifikationsangaben der Insel Rügen als des besten, und des hinterpommerschen Kreises Rummelsburg als des schlechtesten Kreises. Ausserdem ist die Klassifikation des Kreises Fürstenthum, IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. 235 welcher den besten Boden Hinterpommerns enthält, und des Kreises Randow, welcher der beste Kreis des Regierungsbezirks Stettin ist, mitgetheilt. Bei ihnen allen gehen die Klassen bis zu so geringen Böden herab, dass dadurch im wesentlichen auch die Charaktere der geringwerthigen Kreise gegeben sind. Be 1. Kreis Rügen. 180 | I. Ackerklasse. Reicher humoser Lehmboden mit einer Ackerkrume von mindestens ı5 Zoll, meistens aber 18—24 Zoll. Da, wo die Ackerkrume nur 15 Zoll beträgt, wird die Güte des Bodens durch den grösseren Humusgehalt bedingt. Untergrund durchlassender Lehm; bei weniger durchlassendem Lehm eine tiefere Ackerkrume und besonders günstige Lage. Feuchtigkeitsgrad: frisch, sicher gegen Ueber- schwemmung und das Stehenbleiben des Tageswassers. Die Bearbeitung erfordert zwar starkes Zugvieh, ist aber nicht sehr schwierig, indem der milde Boden mit Rücksicht auf den günstigen Untergrund ziemlich schnell wieder abtrocknet. Früchte: Rübsen, Weizen, Gerste, Erbsen, Hafer, Runkelrüben und Kartoffeln. 135 | II. Ackerklasse. Humoser milder Lehmboden mit einer Ackerkrume von mindestens ı2 Zoll Tiefe und durchlassendem Lehm im Untergrunde und in günstiger Lage; bei weniger günstiger Lage eine besonders tiefe Krume. Der Feuchtigkeitsgrad wie bei der I. Klasse, der er auch hinsichtlich der Beackerung und der darauf erbauten Früchte, jedoch unter geringerem Ertrage gleichzustellen ist. 90 | II. Ackerklasse. Die Bodenarten der ersten und zweiten Klasse, die jedoch entweder in der Krume, im Untergrund oder in der Lage als fehlerhaft zu bezeichnen sind. Der Boden dieser Klasse trägt dieselben Früchte, wie die Bodenarten der beiden ersten Klassen, jedoch mit geringerem Ertrage und weniger sicher. Der fehler- hafte Untergund oder die weniger günstige Lage erschweren die Beackerung. 60 | IV. Ackerklasse. Guter Mittelboden genannt, mit mindestens 6zölliger Krume: a) vermögender Lehmboden mit flacher Krume, oder in trockener Lage mit leicht durchlassendem Untergrunde; b) vermögender sandiger Lehm in frischer oder niedriger Lage, jedoch ohne stockende Nässe mit lehmigem oder anhaltendem Untergrunde. Beackerung: meist leicht zu bewirken, durch die Witterung selten behindert. Früchte: Roggen, zuweilen auch Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen und Klee, auch Kartoffeln. 42 | V. Ackerklasse. Sogenanntes gutes Haferland mit meistens 6zölliger Krume: a) vermögender lehmiger Sand in trockener Lage mit durchlassendem Untergrunde; b) humoser Sandboden in frischer, jedoch nicht zu nasser Lage mit anhaltendem Untergrunde. e) Moorboden in günstiger Lage. Bündigkeit locker, Bearbeitung leicht. Früchte: Roggen, Hafer, Kartoffeln. In diese Klasse gehört auch derjenige Boden der dritten Klasse, der wegen zu bedeutender Fehler, z. B. stehender Nässe oder quelligem Untergrunde, steiler, nörd- licher Abdachung, den Reinertrag der dritten und vierten Klasse nicht gewährt. 24 | VI. Ackerklasse. Armer lehmiger Sandboden, sogenanntes geringes Haferland, mit | höchstens 6zölliger Ackerkrume, in trockener Lage, mit durchlassendem Unter- grunde, oder in nasser, dem Roggen weniger zusagender Lage. Ferner gehört in diese Klasse der Kreideboden, in dem die Kreide zu Tage tritt, oder mindestens mit dem Pfluge gefasst wird. Bündigkeit locker, und meist leicht zu bearbeiten. Früchte: Roggen und Hafer, 36 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. Bar. 15 | VII. Ackerklasse. a) Sandboden in frischer Lage mit durchlassendem Untergrunde; b) mangelhafter lehmiger Sandboden, z. B. eisenschüssiger, Kiesiger; ec) Moorboden in ungünstiger Lage; d) Sandboden — sogenannter Heideboden — mit schwarzem, aus verwester Heide entstandenem, wachsharzigem Humus. Bündigkeit: locker, leicht zu bestellen. Früchte: Roggen und Buchweizen, auch Lupinen. 6 | VIII. Ackerklasse. Sehr armer Sandboden in trockener Lage mit durchlassendem Untergrunde; Ferner Böden anderer Arten, z. B. kiesiger oder mit Steinen erfüllter Boden, torfiger, saurer Boden, oder auch fast reiner Kreideboden. Früchte: Roggen oder Lupinen. 2. Kreis Randow. 165 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100— 130 Thlr.) besteht aus humusreichem, mildem Lehmboden von dunkler Farbe, einer Tiefe von mindestens ıo Zoll, in durchaus fehlerfreier Lage. Der Untergrund besteht aus mässig durchlassendem, humosem oder gelblichem Lehm, der dem Boden hinreichende Frische gewährt, ohne ihn zu wasserhaltig zu machen. Der Bestellung bietet er keine wesentlichen Schwierig- keiten dar und befindet sich in angemessener guter Kultur. Er ist ein kräftiger Weiz- und Gerstboden. Der Acker erster Klasse eignet sich zum Bau überhaupt aller Früchte, sowohl der Cerealien als der Schoten und Oelfrüchte und liefert hierin, wie in sämmtlichen hierländischen Futterkräutern, reichliche und sichere Erträge. 135 | 1I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go—ıoo Thlr.): a) milder Lehmboden, welcher etwas mehr sandhaltig und nicht so humusreich ist, als der Boden I. Klasse, von brauner Farbe und mindestens g Zoll Tiefe, die Unterlage besteht aus durchlassendem Lehm oder lehmigem Sande (gewöhn- licher Weiz- und Gerstboden); b) humoser lehmiger Sandboden von schwärzlicher Farbe und einer bedeutenden Tiefe, mindestens ı2 Zoll, mit einer Unterlage von durchlassendem lehmigem Sande (er ist ein schwarzer Gerstboden); c) humoser Lehmboden von dunkler Farbe und mindestens 7 Zoll Tiefe, dessen Unterlage aber ein wenig durchlassender strenger Lehm ist; er ist nicht leicht zu bearbeiten (Weizboden); 90 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60—75 Thlr.) sandiger Lehmboden von mindestens 7 Zoll Tiefe und einer durchlassenden Unterlage von lehmigem Sande. (Schwacher Gerstboden.) 66 , IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 45 —55 Thlr.): a) sandiger Lehmboden von 4—6 Zoll Tiefe und durchlassender Unterlage; er trägt noch Gerste und rothen Klee; Hauptfrüchte sind aber Roggen, Hafer und Kartoffeln (guter Haferboden); ’ b) strenger Lehmboden von 5 Zoll Tiefe und undurchlassender Unterlage von kal- tem, nassem Lehm. Seine Bearbeitung ist sehr beschwerlich und kann oft nur unvollkommen ausgeführt werden. (Schluffiger (!) Weizboden.) 42 V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30— 40 Thlr.) enthält nur wenig lehmhaltigen Sand | von 6 Zoll Tiefe und durchlassender Unterlage. Rother Klee gedeiht nur bei feuchter Lage oder häufigem Regen. (Schwacher Haferboden.) Sgr. 21 120 99 66 42 24 12 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. 237 VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıg— 22 Thlr.): a) Sandboden von über 4 Zoll Tiefe mit sandiger Unterlage. Die Bearbeitung ist sehr leicht und selbst weisser Klee unsicher. (Dreijähriges Roggenland.) b) Moorboden auf torfiger Unterlage, von sehr feuchter Beschaffenheit; für Winter- getreide sehr unsicher, die geeignetste Frucht ist Hafer. (Saurer Niederungsboden.) VII. Ackerklasse (Kaufwertli etwa r10—ı5 Thlr.) enthält denselben Sandboden, wie bei der vorigen Klasse VI.a., nur von geringerer Tiefe oder von sehr durchlassen- dem Untergrunde oder dürrer Lage. (Sechsjähriges Roggenland.) VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 4— 5 Thlr.), enthält mageren Sand, r—3 Zoll tief, mit sehr durchlassendem Untergrunde. Er trägt gewöhnlich als Dreesch nur Bocks- bart und erst nach längerer Ruhe Roggen. (Neunjähriges Roggenland.) 3. Kreis Fürstenthum. l. Ackerklasse (Kaufwerth 100— 130 Thlr.), besteht aus gutem Weizenboden mit stark überwiegendem Lehmgehalte und starker Beimischung von Humus, auf fehlerfreiem, durchlassendem Untergrunde und in guter Lage. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 75—ıoo Thlr.), enthält denselben Boden, wie die I. Klasse, nur wirthschaftlich ungünstiger gelegen (entfernter von den Städten Köslin und Kolberg). III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 55— 70 Thlr.): a) Lehmboden mit geringerer Beimischung von Lehm, jedoch mit starker Beimischung von Humus, gutem Untergrunde und in günstiger Lage, ist zum Anbau grosser Gerste geeignet; b) derselbe Boden, wie in der IL. Klasse, jedoch mit schlechterem Untergrunde, oder in nicht ganz günstiger Lage, oder mit flacherer Krume bei sonst gleichem Untergrunde. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 35—55 Thlr.): a) sandiger Lehmboden mit Humus-Beimischung, in guter Lage auf durchlassen- dem Untergrunde, der noch mit Sicherheit rothen Klee und kleine Gerste trägt; b) Boden wie III.a., in weniger guter Lage und mit nicht fehlerfreiem Untergrunde; ec) humoser Lehmboden mit viel Beimischung von Lehm in der Krume; d) Boden wie III.b., mit ganz flacher Ackerkrume oder mit noch schlechterem Untergrunde. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20— 30 Thlr.): a) lehmiger Sandboden mit Beimischung von Humus, in guter Lage auf durchlas- sendem Untergrunde, der noch weissen Klee und mit Sicherheit Hafer trägt; b) Boden wie IV.a., in weniger guter Lage und mit nicht fehlerfreiem Untergrunde; e) humoser, trocken gelegter Bruchboden. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıs—2o Thlr.): a) Sandboden mit wenig Beimischung von Lehm in guter Lage auf durchlassendem Untergrunde, der bei Kultur noch Hafer trägt; b) Boden wie V.a., jedoch mit schlechterem Untergrunde, oder nicht ganz günstiger Lage, oder mit flacherer Ackerkrume; e) humoser nasser Bruchboden; d) schwarzer mooriger Sandboden mit nicht ganz schlechtem Untergrunde; e) schlumpfiger (!) Lehmboden. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 12 Thlr.): a) Sandboden, der sich nur noch zum Roggenbau eignet, bei Düngung aber auch Kartoffeln trägt; b) schwarzer mooriger Sandboden mit flacher Ackerkrume und ganz undurchlassen- dem Untergrunde, 60 48 30 21 12 6 I IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 2. Provinz Pommern. VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 3—5 Thlr.) ganz magerer Sandboden, der nach längerer Ruhe eine dürftige Roggenernte bringt. — Aller Boden um die Städte Köslin und Kolberg herum bis auf '/ Meile von der Mauer resp. vom Glaeis belegen, ist in Rücksicht auf die günstigen Verkehrs- verhältnisse von der IH. Klasse ab eine Klasse höher einzuschätzen. 4. Kreis Rummelsburg. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60 Thlr.), besteht aus sandigem Lehmboden mit einer Ackerkrume von 6—8 Zoll. Der Untergrund ist durchlassend, zeigt häufig Kalk- adern; die Bestandtheile sind etwa 3 Sand und 3—5 pCt. Humus. Bei günstigen Jahren geräth die Gerste gut, jedoch ist der Anbau derselben wegen der ungün- stigen klimatischen Verhältnisse unsicher und nicht zu empfehlen, wogegen Roggen, Hafer und Klee gute und ziemlich sichere Erträge geben. Hack- und Hülsenfrüchte gerathen gut, und bei starker Düngung wird in günstigen Jahren Weizen mit Vortheil gebaut. Im allgemeinen ist dieser Boden als schwacher Gerstboden zu bezeichnen. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 40 Thlr.). Die Bestandtheile sind im wesentlichen dieselben wie bei der I. Klasse; jedoch hat der Boden weniger Lehmgehalt, etwa 20—25 pCt., und nur 2—4 pCt. Humus bei einer Ackerkrume von 4—6 Zoll. Der Untergrund ist nicht ganz fehlerfrei, sondern besteht in der Regel aus grobem, mergelhaltigem Sande mit einer geringen Lehmbeimischung. Er liegt in der Regel an den nicht zu steilen Abdachungen der Anhöhen, jedoch mehr nach der Tiefe zu, so dass ihm die Abschwemmungen des höher belegenen Bodens Dünger und gute Erde zuführen, ohne ihn der Versumpfung auszusetzen. Mit Vortheil werden Winter- und Sommerroggen, Hafer, Kartoffeln und Wrucken gebaut. In günstigen Jahren geräth auch derrothe Klee. Im allgemeinen ist dieserBoden ein guter Haferboden. III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 25—30 Thlr.). Der Boden hat eine Ackerkrume von etwa 4—6Zoll und mindestens 7opCt. Sand. Der Untergrund besteht häufig aus steini- gem, sterilem Lehm, oft jedoch auch aus eisenhaltigem Sande; er findet sich meistens auf den Anhöhen und ist der Dürre ausgesetzt, so dass bei trockenen Jahren der Hafer nur schlecht geräth. Am zweckmässigsten werden Winter- und Sommerroggen, Kar- toffeln und Buchweizen angebaut. Er ist ein schlechter Haferboden. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı5s— 20 Thlr.) ist das sogenannte Buchweizenland, worauf nur noch Sommer- und Winterroggen und Buchweizen gesäet werden; die Kartoffeln geben, wenn auch nicht sehr reiche Erträge, aber gesunde, zur Spiritus- fabrikation vorzüglich gut geeignete Früchte. Der Bau der Lupinen fängt mit dieser Klasse an eine bedeutende Rolle zu spielen, sie ist bei allen folgenden Klassen das Hauptbodenerzeugniss. Die Ackerkrume hat weniger als 4 Zoll, der Unter- grund ist mehr, wie bei der vorigen Klasse, eisenhaltiger Sand, und es gehört die- ser Boden zu dem lehmigen Sandboden schlechtester Art. V. Ackerklasse VI. Ackerklasse » (Kaufwerth etwa 2—ı2 Thlr.) 3 | VIL Ackerklasse umfassen den Sandboden, welcher ohne Düngung in 3, 6 und 9 Jahren einmal mit Roggen und Lupinen besäet wird und sich nur durch seine bessere oder schlechtere Lage, resp. durch seinen mehr oder weniger schlechten Untergrund unterscheidet. Die V. Ackerklasse kann durch Kultur und fremden Düngerzuschuss sehr verbessert wer- den und geht alsdann zur IV. Klasse über. Die Ackerkrume ist grobkörniger Sand, kaum 1»—3 Zoll tief und in den beiden letzten Klassen mit einem rothen eisen- haltigen, zuweilen auch mit einem schwarzen, wie mit Kohle gefärbten, sandigen Untergrunde. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen, 239 3. Provinz Posen. Die Provinz Posen nimmt die weite Ebene zwischen dem pommerischen und dem mittelschlesischen Landrücken oder dem Trebnitzer Gebirge ein. Die allgemeine Vertheilung der Hauptbodenarten ist der Uebersicht nach folgende: Antheil am Hundert der Gesammtfläche Lehm Thon Lehm- | Ge Dar ren PK { und | mischte unter Bodenverhältniss in den in den Thon- | Sand- | Sand- | Moor- |Wasser-| kaır- auf der | Fluss- [auf der | Fluss- Boden und boden | boden | flächen lager Höhe | »iede- | Höhe | niede- Lehm- rungen rungen böden Der Staat 15, al EA (28,2) 34 | 300 | 52 2,2 (2,4) Regierungsbezirk Bromberg . . . 3,9 0,2 1 0,1 (7) 43,8 | 37. 9,3 2,5 | (0,5) Posen 72... 62 | 22 9,4 19 I (ro)] 50,8 | 31,4 5,5 1,6 (0,017) Provinz Posen | 5,3 1,4 | I,5 I,z | 0] 48,0 33,6 71° 2,0 |e») Im allgemeinen herrschen in der Provinz Posen die gemischten Böden bemerkbar vor. Wirsitz, Schroda, Kosten, Krotoschin besitzen davon zwischen 70 und $o, Mogilno 89, Pleschen sogar 99 pCt. ihrer Fläche. Die Sandböden nehmen vorzugsweise die Flussthäler und tieferen Lagen ein: die Kreise Bromberg, Wongrowiec, Czarnikau, Chodziesen, Meseritz, am südlichen Ufer der Weichsel und der Netze, ebenso Fraustadt, Adelnau, Schildberg, in den Obraniede- rungen und im oberen Bartschgebiet, zeigen 50—6o pCt. Die grosse Ausbreitung des Moorbodens in dem breiten Flussthale der Netze und in den weit verzweigten Bruchgebieten der verschiedenen Obrazuflüsse trifft meist in dieselben Kreise: Chodziesen besitzt 19, Czarmikau ıo, Fraustadt ı5, Adelnau 12 pCt. Moorland, aber auch Inowraelaw, Schubin, Wirsitz umfassen über ız, Bomst 23, Kosten sogar 25 pCt. Moorboden in ihrer Fläche. Eigentlicher Lehmboden ist nur wenig verbreitet, die meisten Kreise besitzen nur sehr geringe Prozente. Einige aber sind daran ziemlich reich, so zeigen die beiden besten Kreise Inowraclaw 22 pCt., Kroeben ı4 pCt., Adelnau aber trotz seines geringen Ertrages 35 und Buk sogar 65 pCt. Die Kalklager sind als der Gyps von Inowraclaw und Wapno schon geognostisch (S. 170) erwähnt. Kalk in Geschieben und als Wiesenkalk findet sich in grösserer Ausdehnung 2 Meilen südlich von Kosten bei Poppen und 1‘ Meilen südlich von Meseritz am Jordan. — Im Regierungsbezirk Bromberg bildet von den einzelnen Gebietsabschnitten das Netzethal den tiefsten, besonders charakteristischen Einschnitt. Es stellt sich dem Auge als eine ebene, von groben Gräsern bedeckte Fläche dar, die sich in Ya bis ı Meile Breite gleichmässig zwischen ziemlich steilen, 60 bis 100 und mehr Fuss hohen Ufern hinzieht. Die Torf- und Moorlagen, die den Boden einnehmen, haben eine Mächtigkeit von 6 bis 30 Fuss. Darunter finden sich bunte Töpferthone, blaue Letten, Schlickablagerungen und weisser Wiesenkalk oder Muschelbänke und Infusorien- lager. An manchen Stellen sind auch Sandmassen in grösserer Ausdehnung angesetzt, 340 IX, Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen. wie zwischen Nakel und Osiek an der Wendung des Flussthales gegenüber Czarnikau. Im ganzen ist der Boden moorig, eisenhaltig und sauer, und namentlich im östlichen Theile schwammig und ohne günstige Beimischungen. Die Zuflüsse der oberen Netze geben in den ausgedehnten Seeverbindungen, die sie durchziehen, ihre Sinkstoffe ab, und laugen aus den Bruch- und Moorgründen nur nachtheilige Salze aus. Es ist des- halb die Vegetation spärlich, auch auf den genügend nassen Stellen wächst ein saures, hartes Gras, und auf den trockenen ist Ackerkultur nur durch starke Düngungen und durch Sand, der den porösen Boden befestigt, zu erzielen. Weiter westlich verändert indess der Eintritt der Küddow diesen Charakter vortheilhaft. Dieselbe führt ersicht- lich gute Bodenbestandtheile herbei, lässt bei ihren Ueberschwemmungen einen der Vegetation sehr zuträglichen Schlick zurück und schafft, verbunden mit einem etwas besseren Gefälle, den Moorbruch in zum Theil sehr gutes Wiesenland um. Unterhalb Usz findet sich desshalb nur noch an den Rändern des Flussthals Torf, in der Nähe der Wasserläufe aber liegt ein thoniger, mit Schlick durchsetzter Moorboden, dessen Wiesen meist als sehr ertragreich geschätzt werden. In dem Gebiete nördlich der Netze sind die Braunkohlengebilde im Boden sehr bemerkbar. An mehreren weit auseinanderliegenden Stellen wie Fordon, Kussowo, Gondeez, Stopka, Brastowo sind Gruben im Betriebe. Ueber den meist der jungen Uebergangskohle zugerechneten Flötzen liegt Kohlenlette und Thon, auch finden sich Schwemmsand, Walkererden und grössere Lager von Bernstein. Die Oberlage ist im all- gemeimen in den Kreisen Bromberg und Wirsitz günstig gemischt. Zwischen Brahe und Lobsenka und bis zur Wirsitzer Kreisgrenze liegen gute, milde Gersten- und Weizen- böden von grosser Tiefe auf mergeligem Untergrunde; stellenweise indess ist der Boden sehr fein, schwemmt zusammen und wird hart; auch ist er in einigen feuchten Lagen kalt und eisenschüssig und bedarf sorgfältigen Abzuges. Weiter westlich in Chodziesen und Czarnikau dagegen sind gute Böden sehr vereinzelt; um Selchow finden sich lehmige Striche, im allgemeinen aber überwiegt hier der Sand bei weitem, und grosse Strecken sind so nass, dass sie sich wenig zur Winterung eignen. In dem Abschnitte südlich der Netze bis zur Grenze des Regierungsbezirks Brom- berg ist auf ır bis 2 Meilen Entfernung vom Flusslaufe mehr oder weniger bün- diger, oft aber bis zum geringsten Forstboden leerer und leichter Sand mit zahlreichen erratischen Blöcken verbreitet, der sich auch über Bromberg hinaus längs des Ufers der Weichsel bis gegen Thorn fortsetzt und nur auf wenigen Stellen, wie in der Nähe der grösseren Städte, gut entwässert und mit besseren Bestandtheilen gemischt ist. Weiter gegen Süden treten mit dem Ansteigen des Terrains Mergel und Lehm verbreiteter auf, welche auch unter den Sandböden namentlich im Kreise Wongrowiee häufig im Untergrunde liegen. Der mehrgedachte trockene, magere und undurchlassende Sprocklehm macht sich auf dem gesammten Höhenznge von Meseritz über Pinne bis Obornik und um die Quellflüsse der Netze und Welna im Schubiner und Gnesener Kreise in Kuppen von sehr geringer Fruchtbarkeit bemerkbar. Die Lehmmergel dagegen geben einen milden, durchlassenden, kalkhaltigen Lehmboden von grosser Tiefe, der namentlich im Westen des Schubiner Kreises sehr verbreitet und oft von vorzüglicher Güte ist. Innerhalb dieses Gebietes liegt der erwähnte Gypsberg von Wapno. Auf der höchsten Erhebung gegen Gnesen und den Goplosee tritt die Aehnlichkeit mit dem preussischen Landrücken im Terräincharakter und der Bodenbeschaffenheit in noch höherem Grade hervor. Die Wasserrisse, Seen und Sumpfgründe, der magere Lehm und die IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen. 34 eisenschüssigen, groben Sandmassen, auch die erratischen Kalkbrocken finden ihre Wieder- holung, in den Thälern aber lagern die abgeschwemmten Massen als gemischte Sand- und Mergelböden, die meist stockig und schwer sind, weil sie keinen genügenden Abzug erlangen können. Einen eigenthümlichen Terrainabschnitt im Bezirke bildet der Kreis Inowraclaw mit seiner näheren Umgebung nördlich des Goplosees wegen des hier verbreiteten, schon $. 173 erwähnten kujawischen Bodens. Dieser Boden nimmt in Inowraclaw etwa den vierten Theil der Kreisfläche ein und kommt in der Provinz Posen noch in eini- gen zerstreuten Lagen bei Polnisch-Krone, Gondesz und Wudezyn im Bromberger Kreise vor. Er besteht aus einer schwarzen oder schwarzbraunen Lage Humuserde, die gewöhnlich eine Stärke von ı—2 Fuss hat, auf einzelnen Stellen aber sich auch mäch- tiger zeigt. Unter dieser schwarzen Ackerschicht liegt Lehm, der durch viele Mergel- adern nach verschiedenen Richtungen, selbst vertikal durchklüftet ist und desshalb Regen und Schneewasser leicht aufnimmt. Unter diesem mergeligen Thone findet sich oft eine mehr oder minder starke Schicht Sand, welche für die Ansiedelungen von grosser Wichtigkeit ist, weil trinkbares Wasser nur von solchen Brunnen gegeben wird, die sie erreichen. Die Erträge des kujawischen Bodens sind vorzüglich, indess bedarf er genügender Abwässerung. Auf den niedrigeren, muldenförmigen Stellen wird er stockend und sammelt grosse Mengen Salze auf, welche bei trockener Zeit in Krystallen effloreseiren und auf alle Vegetation bis auf wenige Unkräuter höchst nachtheilig ein- wirken. Solche versumpfte Stellen sind bei der ebenen Lage ziemlich verbreitet und kaum dem 3jährigen Roggenlande gleich zu schätzen. In dem Hügellande an der Grenze des Mogilnoer Kreises verliert der Boden die schwarze Farbe mehr und mehr; er gleicht dem Ansehen nach nur geringem Hafer- lande, trägt aber mit Sicherheit Weizen und kann durch den meist nur wenige Fuss tief liegenden, kalkreichen Mergel mit Leichtigkeit verbessert werden. — Im Regierungsbezirke Posen, der mit dem Warthegebiete ziemlich genau zusammen- -fällt, liegt die nicht unbeträchtliche höchste Erhebung südlich im Kreise Schildberg. Ihre Höhen sind zum Theil schlechter, grandiger, meist nur zu Forstland geeigneter Sand, zum Theil strenger steiniger Lehm. Der Flugsand hat hier durch Entwaldungen so um sich gegriffen, dass hie und da Rustikalstellen gänzlich verlassen worden sind, weil ihre kultivirten Ländereien verschüttet wurden. Auch an der Prosna liegen Flug- sandhügel, zwischen denen sich in den Tiefen der Raseneisenstein in solcher Menge findet, dass er verhüttet wird. Die besseren Böden sind sehr gemischt, in flacheren Lagen oft von günstiger Zusammensetzung, aber meist zu wenig warm und humos, um sicher zu sein. Auf den gleichlaufenden und ziemlich ebenen, breiten Stufen, in denen, wie $. 92 zeigt, das Terrain von hier allmählich nach Nordwesten zum Warthebruch abfällt, dehnen sich sehr beträchtliche Flächen alluvialer Niederungsböden aus. Die oberste dieser Stufen liegt zwischen Kalisch und Adelnau an der Bartsch, die folgende zwischen Jarocyn und Reisen, die breiteste nimmt die gesammte Mitte der Provinz von dem hohen Warthe- ufer bei Neustadt und Wreschen auf der Ostseite, bis gegen Storchnest, Bomst und Neutomysl auf der Westseite ein. Tiefere Stufen liegen im Welna- und Warthelauf. Alle kennzeichnen sich übereinstimmend durch weite Sümpfe und fast unmerkbare Gefällscheidungen der nach Osten und nach Westen auf ihnen abfliessenden Gewässer. Diese unsicheren Wasserscheiden liegen in Wiesengräben, deren Strömung vom Zufall Boden d, preuss. Staats. 16 242 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen. abhängt. Sie finden sich auf der genannten höchsten Terrasse bei Westrza (ONO. 2'/% Meilen von Adelnau) zwischen der eigentlichen Bartsch und der zum Olobok und zur Prosna abfliessenden Stryzower Bartsch; auf der tieferen Stufe bei Gora (NNW. 4 Meilen von Pleschen) zwischen der zur Lutinia ziehenden Lubieska und der oberen Obra, und ebenso bei Alt-Kroeben zwischen letzterer und dem Landgraben; auf der mittleren Terrasse bei Moszin zwischen Gräben, die auf der einen Seite der kaum !/; Meile entfernten Warthe, auf der anderen dem Obrabruche zufliessen. Auch zwischen der oberen Welna und den Netzezuflüssen liegen in den Brüchen bei Gonsawa solche Theilungen. Die Folge dieser Terraingestaltung ist die grosse Ausbreitung aufge- schwemmten Landes von feinerer, selten grobkörniger Beschaffenheit, zugleich aber auch Stockung im Untergrunde, Versumpfung und Ansammlung von Torf und Moor in allen, wenn auch flachen Einsenkungen. Die Sandböden von einiger Tiefe werden in solchen ungewöhnlich schlecht ent- wässerten Lagen weniger benachtheiligt, als die Lehm- oder Thonböden. Daher treten letztere in Adelnau und Buk mit verhältnissmässig sehr geringen Erträgen auf. In Kroeben dagegen erreichen sie erheblich grössere Werthe, weil sie hier etwas höher liegen und durch den tieferen Einschnitt des Landgrabens Abzug erhalten. Ebenso bleiben die gemischten Lehmböden zwischen Wreschen und Schroda mild und warm, weil sie in etwas ansteigender Lage durch eine eigenthümliche, von zahlreichen Parallelgräben durchzogene, sanft wellenförmige Form des Terrains die nöthige Abwässerung er- langen. Diese letzteren, in der Provinz besonders gut berufenen Böden werden als ein schwarzer oder dunkelbrauner sandiger Lehm von milder Bündigkeit bezeichnet, der in den besten Lagen 16—24 Zoll tief ist und Lehm und Mergel zur Unterlage hat; er ist im trockenen Zustande fast rissig, schwer zu zerbrechen und in den abfallenden Stücken würfelförmig, feucht bildet er Klumpen, die beim Druck der Hand in Körner zerfallen. Alle diese Niederungsböden, auch solche Sandböden, die ziemlich leer an Thon sind, zeigen sich sehr reich an Kalk. Den kalkhaltigen Sandböden dieser Art gehört die durch ihren starken Hopfenbau bekannte Umgegend von Neutomysl im Buker Kreise an. Der dortige sogenannte „gesunde Hopfenboden“ ist vorzugsweise um die Stadt Neutomysl, aber auch über die zahlreichen Hauländereien zwischen Grätz, Wollstein, Bentschen und Tirschtiegel, in den Kreisen Buk, Bomst und Meseritz verbreitet. Die Klasse V von Meseritz erwähnt ihn. Er ist ein früherer Waldboden mit einer Krume von 6—8 Zoll bündigen Sandes, der auf einem sandigen mit Eisenocker und Kalk gemischten Untergrunde liegt und unter 2—3 Fuss im Unterboden Wasser hat. Nur ausnahmsweise findet sich auch Lehm in der Tiefe. Bei zureichender Beschattung gedeiht Klee auf ihm. Seine Vorzüge bestehen in der Kalkbeimischung und in der Frische, sowie in der Eigenthümlichkeit, dass er trotz der grossen, beinahe die Öberlage erreichenden Nässe dennoch nicht stockend oder sauer ist, sondern tieflie- gende, genügende Abzüge hat”). Die eigentlichen Bruchböden bestehen aus einer mehr oder weniger starken torfigen und an Humus und Humussäuren überreichen Krume mit wenig anderen Beimischungen als Sand. In der Regel sind sie so locker, dass sie durch starke Sandauffuhr befestigt *) Analysen von guten Hopfenböden sind im Jahrg. VII. S. 46 des Jahresberichts der Agrikulturchemie von R. Hoffmann und E. Peters, Berlin 1867, mitgetheilt. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen. 243 werden müssen. Dieser versinkt in einer Reihe von Jahren und muss dann erneut werden. Die schlechtesten Böden dieser Art zeigt der Obrabruch. Hier liegt meist ein röthlicher, undurchlässiger Seesand im Untergrunde, der häufig nahe an die Krume tritt. Wird eine solche schwache Moorkrume trocken gelegt, dann ist der Boden schlechter, als reiner Sand; die Versuche, sie durch Brennen zu kultiviren, haben sich erfolglos gezeigt; die einzige Melioration, die ihr Ertrag abzugewinnen vermag, ist die regelmässige Ent- und Bewässerung. In trockener Witterung verbrennt indess auch bei tieferer, bis drei Fuss starker Humuskrume die Grasnarbe und der Boden zerfällt zu Asche, in nasser aber wird er ein haltloser Morast. Stellenweise, wie bei Alt-Kloster, sind diese Brüche ausserordentlich tief, und scheinen nur aus einer schwimmenden Moosdecke zu bestehen. Als charakteristische Beispiele folgen nachstehend die Klassifikationen der Kreise Meseritz und Inowraclaw, als der beiden Gegensätze der Ertragsfähigkeit, und der Kreise Kröben und Chodziesen, von denen ersterer die Uebergänge des Lehmbodens, der andere die des frischeren Sandbodens in das Bruchland zeigt. Sgr. 1. Kreis Inowraclaw. 120 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) schwarzbrauner bündiger, aber dennoch milder Lehmboden mit mindestens 40 pCt. Lehm und vielem Humus; die Ackerkrume ist IYa—2 Fuss tief; der Untergrund besteht aus mergeligem Lehm oder Lehmmergel; die Lage ist hoch mit sanfter Neigung und vollständigem Wasserabfluss; dieser Boden ist sicher für alle Getreidearten und Handelsgewächse:; b) aschgrauer bündiger Lehmboden mit 1—2 Fuss tiefer Krume, im Untergrunde Lehmmergel; die Lage ist sanft hügelig mit gutem Wasserabfluss; es ist dies ein für Getreide und Kartoffeln sehr sicherer Boden, der sogar noch bessere Körner liefert, als die unter a. beschriebene Bodengattung, der aber minder gut für Raps und Rüben ist. 90 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60 Thlr.): a) schwarzgrauer, milder sandiger Lehmboden, mit 11 —2 Fuss tiefer Krume, Lehm oder Lehmmergel im Untergrunde; die Lage ist hoch mit sanftem Abhange; er unterscheidet sich von dem zu La. durch geringeren Lehm- und Humusgehalt und ist sicher für Getreide und Kartoffeln ; b) reicher, schwarzer, bündiger Boden mit 1Ya—2 Fuss tiefer Krume, fast eben oder doch nur mit geringer Steigung, daher auch mit weniger schnellem Wasser- abzug; der Untergrund ist Thon oder Lehm mit Mergeladern durchzogen; die Mischung der Ackerkrume wie unter La.; der mindere Werth resp. Ertrag wird durch seine ebene Lage und seinen thonigen Untergrund herbeigeführt, weil er dadurch an stauender Nässe leidet und kälter ist, als der Boden in Klasse IL. unter a.; ce) ein heller, weissgrauer, sandiger Lehmboden mit geringerem Lehm- und Humus- gehalt, als die Klasse L zu b.; der Untergrund ist Lehmmergel, die Oberfläche sanft hügelig oder auch eben, aber doch hoch gelegen mit gutem Wasserabfluss; dieser Boden ist sicher für Getreide und Kartoffeln, weniger geeignet für Raps und Rüben. 54 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 48 Thlr.): a) hochgelegener, milder, schwarzgrauer, mitunter auch heller lehmiger Sandboden; er hat Lehmmergel im Untergrunde, eine sanfte Neigung, und gutes Gefälle; die 16* 244 Ser. 42 21 2 108 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen. Krume ist 1—2 Fuss tief und unterscheidet sich von ILa. und ILe. nur durch geringeren Lehm- und Humusgehalt; b) ein Ackerboden mit ganz derselben Krume wie Il.a., dessen Untergrund aber nicht aus Lehm, sondern aus Sand besteht. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 32 Thlr.): | a) Boden wie die Klasse IL, nur mit dem Unterschiede, dass der Untergrund nicht aus Lehmmergel, sondern aus Sand besteht; er leidet daher bei der Dürre mehr als die III. Klasse und ist vorzugsweise für Roggen, Hafer und Kartoffeln geeignet; b) ein ebener schwarzer Boden, an Humus reich, doch weniger an Thon, mit sehr tiefer Ackerkrume und sandigem Untergrunde, etwas feucht, jedoch nicht nass; er ist zu Wintergetreide nicht besonders geeignet, da er bessere Stroh- als Körnererträge giebt; dagegen eignet er sich mehr zur Sommerung, zu Rübsen und Hackfrüchten. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 24 Thlr.): a) ein schwerer, schwarzer, niedrig liegender Boden, oft reich an Humus und von grossem 'Thongehalt, der aber wegen seiner niedrigen Lage nur äusserst wenig | Wasserabfluss hat und desshalb an Nässe leidet; die Ackerkrume ist ausser- | ordentlich verschieden, der Untergrund ist thonig, mitunter auch sandig; dieser Boden ist sehr unsicher für Winterung, kann aber guten Hafer geben und auch Kohl tragen; er leidet durch das ihm beiwohnende Natron, welches er in trockener Zeit ausschwitzt; b) ein Boden ganz wie unter IV.a., jedoch nass liegend, mitunter auch moorig und desshalb nur zur Sommerung und zu Kohl geeignet. ' VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa zo Thlr.): a) Boden wie der zu IV.a. beschriebene, jedoch mit weniger Lehm- und grösserem Sandgehalt; Untergrund Sand; b) ein Boden, mit schwerem rothen Lehm gemischt und durchlassendem lehmigen Untergrunde, der fast nur auf Berg- und Hügelkuppen vorkommt, bei frischer Düngung leidlich Weizen trägt und für andere Früchte fast ganz ungeeignet ist; die Brombeere wuchert auf ihm. | VIL Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı2 Thlr.): a) Sandboden, den man allgemein unter dem dreijährigen Roggenlande versteht, mit einer Ackerkrume von ı Fuss Tiefe, bestehend aus Sand und geringer Lehmbeimischung; Untergrund Sand; er trägt nicht mehr Sommerung, sondern nur Roggen und Kartoffeln, beide Früchte aber mit geringen Erträgen; b) Boden wie die Klasse V.a., auf dem das Wasser aber gar nicht abfliessen kann, und der bei Dürre durch ein Auflösen des Natrons sich ganz besonders be- merkbar macht; er scheint ausser Rüben keine andere Frucht zu tragen. | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 6 Thlr.). Der ganz sandige Boden mit fast gar keinem Lehmgehalte, die Ackerkrume '/ Fuss tief, der Untergrund todter Sand; er trägt höchstens jedes sechste Jahr einmal Roggen und giebt einen äusserst geringen Ertrag. 2. Kreis Kroeben. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go— 150 Thlr.): a) schwarzer, humusreicher, milder Lehmboden von 16— 20 Zoll und darüber Tiefe, mit durchlassendem Untergrunde von Lehm und in fehlerfreier Lage; b) humusreicher mit Lehm gemischter Sandboden von 18— 24 Zoll Tiefe mit durch- lassendem Untergrunde von Lehm, bei guter Lage und günstigen Verkehrsver- hältnissen. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen, 245 Sgr. 81 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 67— 85 Thlr.): a) humoser, schwarzer, milder Lehmboden von 12—ı6 Zoll Tiefe und durch- lassendem Untergrunde von Lehm; b) milder, humoser, mit Lehm gemischter Sandboden, der einen milden Lehm zum Untergrunde hat und in günstiger Lage liegt. 48 III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa so— 75 Thlr.): a) milder sandiger Lehmboden von 10— 14 Zoll Tiefe, mit lehmigem durchlassendem | Untergrunde und in sicherer Lage; b) milder, aber kräftiger Lehmboden mit 10—ız Zoll Tiefe und durchlassendem | Lehm im Untergrunde. 36 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30—40 Thlr.): | a) humusreicher, oft etwas mooriger Sandboden mit ız Zoll Tiefe und einem san- digen, oft etwas eisenhaltigen Untergrunde; b) ziemlich bündiger Lehmboden von 7—9 Zoll Tiefe und einem Untergrunde von mergeligem Lehm; | ec) milder Lehmboden, nur 7—9 Zoll tief, wenig durchlassender Lehmuntergrund. 27 V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30— 40 Thlr.): a) schwerer Lehmboden von nur 6 Zoll Tiefe mit undurchlassendem Untergrunde, ist schwer zu bearbeiten und giebt, obgleich er noch Weizen trägt, doch nur | geringe Erträge; | b) humoser, wenig mit Lehm gemischter Sandboden von g—ıo Zoll Tiefe und -) eisenhaltigem Untergrunde; c) schwärzlicher, in trockenem Zustande staubiger Sandboden von ız Zoll Tiefe mit einem Untergrunde von eisenhaltigem Sande. a VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20— 30 Thlr.): | a) leichter, wenig schwärzlicher Sandboden von 8 Zoll Tiefe, mit eisenhaltigem Untergrunde; b) frischer 8 Zoll tiefer Sandboden; e) saurer, sandiger Lehmboden mit 5—6 Zoll Ackerkrume und auf undurch- lassendem Untergrunde. ‚ VIl. Ackerklasse (Kaufwerthi etwa 13— 20 Thlr.): s a) leichter Sandboden mit einer Ackerkrume von 5— 6 Zoll; | b) schwärzlicher, mooriger Sandboden von 5 Zoll Ackerkrume, mit einem Unter- | grunde von eisenhaltigem Sande. 6 VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5—ı5 Thlr.), besteht aus armem Sandboden (6— gjähriges Roggenland). 1} | | 3. Kreis Chodziesen. 90 I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60 Thlr.). Humoser Lehmboden von ungefähr !/, bis !/; Sand und 3, bis 23 abschwemmbarer Erde, und unter dieser so viel fettem Thon, dass der Acker im feuchten Zustande schlüpfrig an Pflug und Egge kleben bleibt, fettartig anzufühlen ist, beim Druck sich ballt, im trockenen Zustande rissig ist, beim Zerbrechen in den abfallenden Stücken Würfel bildet, und wenn er feucht ist, eine schwarze oder doch dem Schwarz nahe kommende, dunkelbraune Farbe, dabei einen der Vegetation günstigen Untergrund hat. Von dieser Boden- gattung kommen im Kreise zwei Abarten vor, von denen die eine bei sehr tiefer, schwarzer Krume etwas an Nässe leidet, die andere aber, welche an Nässe nicht leidet, eine flachere, hellere Ackerkrume enthält. 66 II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 44 Thlr.): | a) Lehmboden mit denselben Mengungsverhältnissen wie die I, Klasse, jedoch ist 246 Sgr. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen. derselbe theils weniger humos, theils enthält er eine flache Krume mit weniger günstigem Untergrunde und ist von unebener, die Bestellung erschwerender Lage; b) Lehmboden, der zu Ya bis 23 aus abschwemmbarer Erde besteht und Ya bis Yz sandige Bestandtheile enthält, bei trockener Witterung sehr hart wird und schwer zu beackern ist, sonst aber günstigen Untergrund und günstige Lage und eine etwas hellere Färbung der Krume als der Boden unter I. hat; c) der Acker der folgenden IM. Klasse (Varietät a.) bei besonders günstiger Lage und ungewöhnlich tiefer Ackerkrume. 48 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 32 Thlr.): 36 a) sandiger Lehmboden mit weniger als der Hälfte (etwa !/s bis Ys) abschwemm- barer Erde, guter tiefer Krume, günstigem Untergrunde und vortheilhafter nicht an Nässe leidender Lage, der wenn auch nicht so hohe Erträge wie der Acker der OH. Klasse, doch durchschnittlich sichere Erträge bringt, zur Noth auch Weizen trägt und leicht zu bestellen ist; b) Acker, wie er unter II.b. beschrieben ist, mit weniger günstigem Untergrunde und vortheilhafter Lage; c) der tiefe humose Niederungsboden mit etwas weniger als '/; lehmigen Bestand- theilen, in nicht zu nasser Lage und auf durchlassendem Untergrunde. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.): a) lehmiger Sandboden der IH. Klasse (Varietät a. und c.) bei flacher Ackerkrume und weniger günstiger Beschaffenheit des Untergrundes und der Lage; b) lehmiger Sandboden, welcher kaum !; abschwemmbare Erde enthält, aber doch so viel Gebundenheit hat, dass er bei mässiger Feuchtigkeit noch Klösse bildet und eine gute humose Krume enthält, bei günstiger Beschaffenheit des Unter- grundes und der Lage. 24 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 16 Thlr.): 18 | a) lehmiger Sandboden, wie unter IV.b., mit entweder nasser Lage und weniger günstigem Untergrunde oder mit flacher Krume; b) Sandboden mit kaum !/; abschwemmbarer Erde, mit flacher Ackerkrume in mässig feuchter Lage bei günstigem Untergrunde; c) der moorige Bruchboden, der noch genügende Mengen Sand enthält, um nicht puffig (!) zu werden, bei tiefer Krume und in nicht zu nasser Lage, zur Winterung selten geeignet; d) der Acker unter II.b. mit schroffer Lage oder fast durchweg kottigem (!) Unter- grunde von flacher und heller Krume. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı2 Thlr.): a) der Acker, der unter V.b. beschrieben ist, mit zu nasser Lage, noch flacherer Ackerkrume und weniger günstigem Untergrunde; b) der flachgründige, humose Sandboden, welcher nur noch geringe Spuren von Lehm hat, wegen seiner niedrigen Lage an Nässe leidet, sonst aber leicht zu bestellen ist und eine ebene Lage hat; c) der Bruchboden, der verhältnissmässig wenig Sand enthält, daher im Sommer puffig wird und bei meist zu feuchter Lage zur Winterung nicht mehr geeignet ist; d) der Acker, welcher an Bergabhängen liegt, in seiner Krume mehr Lehm hat, der als Sprocklehm bezeichnet wird, und der Vegetation ungünstig ist. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 6 Thlr.): der Sandboden ohne wesentlichen Lehm- gehalt, welcher durch gute Kultur noch sommerungsfähig werden kann, und worauf noch Kartoffeln mit Gewinn gebaut werden können; er hat in der Regel eine Ackerkrume von 3—4 Zoll und im Untergrunde Sand, der öfters mit Lehmadern durchzogen ist. Sgr. 3 108 sl 54 42 27 18 . IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 3. Provinz Posen. 247 VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 2 Thlr.): der Sandacker mit flacher Ackerkrume, nicht mehr wohl zum Kartoffelbau geeignet, aber noch zum Anbau des Winter- roggens, des Buchweizens und der Lupinen qualifizirt; er hat in der Regel gelb- lichen oder röthlichen Sand im Untergrunde, leidet noch häufiger als der Boden der VII. Klasse an Dürre und wird gewöhnlich als 6jähriges Roggenland bezeichnet. 4. Kreis Meseritz. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.), enthält einen humosen Thonboden, der bei einer Tiefe von r1o—ı2 Zoll und bei einem durchlassenden, gleichartigen oder mergeligen Untergrunde eine ebene wasserfreie Lage hat. Die Bearbeitung ist bei eintretender Nässe oder Dürre sehr schwierig. (Weizboden I. Klasse.) ll. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) strenger Thonboden, der I. Klasse ähnlich, jedoch von flacherer Ackerkrume, zum Theil undurchlassendem Untergrunde und schwierig zu bearbeiten (Weiz- boden II. Klasse.) b) fetter Lehmboden, der eine geringe Beimischung von Sand, eine tiefe Acker- krume von 8—ıo Zoll und eine lehmige oder lehmmergelige Unterlage hat. (Weizboden U. Klasse.) II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60 'Thlr.), humoser, mit Sand gemischter Lehmboden von I0— 12 Zoll Tiefe, der auf gleichartigem oder mergeligem, durchlassendem Grunde ruht und eine wasserfreie nnd ebene Lage hat. (Gerstboden I. Klasse.) IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 40 Thlr.), besteht aus einem sandigen Lehmboden von 7—9 Zoll Tiefe auf lehmsandigem Untergrunde bei ebener Lage, möglichst feuchthaltend und dabei durchlassend. (Gerstboden II. Klasse.) V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30 Thlr.): a) lehmiger Sandboden von 6—7 Zoll Tiefe mit einer sandigen Unterlage, haupt- sächlich Roggen und Hafer tragend; b) kälterer magerer 'Thonboden, zum Theil schluffig, nur wenig Humus enthaltend, auf undurchlassendem Untergrunde ruhend und in feuchter Lage; derselbe ist im hohen Grade bindend, daher schwierig zu bearbeiten und in seinen Erträgen sehr unsicher; c) feucht gelegener Mergelboden oder kalkhaltiger Boden; d) tiefer, mit fruchtbarer Moorerde gemischter frischer Sandboden, welcher in guter Lage vielfach zum Anbau von Hopfen benutzt wird und dann in die betreffende Gartenklasse fällt. (Haferboden I. Klasse.) VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.): a) lehmiger Sandboden, in welchem der Sand gegen die vorige Klasse noch mehr vorherrscht; die Ackerkrume ist in der Regel flach, nicht über 6 Zoll tief, ruht auf sandiger Unterlage, ist der Trockenheit sehr ausgesetzt und häufig auch mit Steinen gemischt. (Haferland II. Klasse.) b) Sandboden, welcher eine Beimischung von Moorerde, jedoch in geringem Masse hat; c) der Bruchboden, wie er häufig bei umgebrochenen Wiesen vorkommt, die eine torfige und viel Säure enthaltende Bodenmischung haben. 9 | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıo Thlr.): ein sandiger, wenige Lehmtheile zei- gender Boden, 3—4 Zoll tief, auf sandigem, mitunter auch kiesigem Untergrunde. Diese Bonitätsklasse geht häufig, wenn sie durch feuchtere Lage begünstigt wird, in die VI. Klasse über. (Dreijähriges Roggenland.) 3 | VIll. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5 Thlr.): loser, dürrer Sandboden, dessen Acker- krume sich von dem sandigen Untergrunde wenig unterscheidet. (Sechsjähriges Roggenland.) * 248 IR. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 4. Provinz Brandenburg. 4. Provinz Brandenburg. Die Provinz Brandenburg erstreckt sich vom Plateau der Uckermark und der Absenkung der mecklenburgischen Höhen bis zu den südlichen Hängen der Fläminge und den Grenzhügeln der Niederlausitz. Durch die Scheidung nach Ost und West nehmen die beiden Regierungsbezirke an den Terrainverschiedenheiten in ziemlich gleicher Weise Theil. Dem allgemeinen Verhältnisse der Hauptbodenarten nach zeigen diese beiden Ab- schnitte folgende Bodenvertheilung: Antheil am Hundert der Gesammtfläche BD Lehm Thon Lehm- Dar- SItn® N R und aachte unter Bodenverhältniss in den in den Thon- | Sand- | Sand- | Moor- |Wasser-| Kalk- auf der | Fluss- | auf der Fluss- und | boden | boden | flächen R a boden lager Höhe | »iede- | Höhne | niede- Lehm- rungen rungen böden Der Staat 15,5 PR 7a 32% (28.2 30,0 5,2 22 (2,4) Regierungsbezirk Potsdam... . 8,4 ge 0,2 2,1 (10,7) 4317 33% 9° 3,5 (0%) Frankfurt .... 09 =, 2,7 6,3 (9,9) 26,7 52,5 8,3 2,6 (0%) Prov. Brandenburg] 4,8 — 1,4 | (10,3) | 35,5 | 42,5 8,7 | (0,0) Das Prozentverhältniss des Sandbodens ist danach das stärkste von allen Pro- vinzen. Im Regierungsbezirk Potsdam steht es indess gegen das bezirks Frankfurt erheblich günstiger. Während Berlin 50 pCt. erreicht, zeigen im Regierungsbezirk Frankfurt 8 Kreise über 6o pCt., der Kreis Krossen 75 und der Kreis Lübben sogar 77 pCt. ihrer Flächen Sandboden. Dagegen treten im Regierungsbezirk Potsdam ganz besonders grosse zusammen- hängende Striche Moorboden auf. Im Westhavellande nimmt der Moorboden 29,5, im Osthavellande sogar 38,4 pCt. des gesammten Kreises ein. Der Lehmboden der Höhe erreicht in Angermünde 29 pCt., im Kreise Prenzlau steigt er bis auf 68,6 pCt.,in Soldin aber nur auf g pCt. der Fläche des Kreises, so dass schon geringwerthige Kreise, wie Templin, Ost- und Westhavelland und Sprem- berg ähnlich grosse Flächen besitzen. ausschliesslich des Regierungs- in ersterem nur Niederbarnim mit Der Boden der Oder- und Elbniederungen wird Thonboden bezeichnet. Auch in den Kreisen Guben, Kottbus, Krossen tritt Thonboden in nicht unbeträchtlichen Flächen auf. Es gehören überhaupt im Regierungsbezirk Potsdam 7,9, im Regierungsbezirk Frankfurt sogar 21,3 D Meilen dieser Bodenart an. als Kalkboden kommt nur in sehr geringer Ausbreitung in den geognostisch schon erwähnten Lagen um Rüdersdorf und Sperenberg und im Kreise Templin auf der Stor- kower und Potzlower Gemarkung vor *). *, Von Storkow (1Y» M. SW. Templin) wird angegeben, dass sich überall Bruchstücke von Kalk auf den Feldern finden und südwestlich dicht am Dorfe ein ır und mehr Fuss starkes Flötz liegt, welches sich quer über die Dorfstrasse zieht. Der sogenannte Kalkberg bei Potzlow (r!/% M. S. von Prenzlau) wird als ein kreidiges, etwa g Fuss mächtiges und über Kreidemergel liegendes geschiebeartiges Flötz bezeichnet, dessen Richtung sich nach Süden zieht und das in seiner Verbreitung noch nicht näher ermittelt ist. Keine dieser Fund- stellen ist bis jetzt benutzt. Vergl. Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg, I. gı fl. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 4. Provinz Brandenburg. 249 Den einzelnen @ebietsabschnitten nach ist landwirthschaftlich der werthvollste Theil der Provinz in den fast ausschliesslich dem Regierungsbezirk Frankfurt angehö- rigen Oderniederungen zu sehen. Sie umfassen zusammen 19‘, DMeile. Ihr Boden besteht in Oberlage und Untergrund aus einer ziemlich gleichmässigen Dammerde mit mehr oder weniger ausgedehnten Sandeinlagerungen. Einzelne Bänke, sogenannte Schrind- stellen, enthalten in der Ackerkrume eine milde mit Humustheilen wenig vermischte Sandschicht, welcher Kies als Unterlage dient, der mit der Tiefe an Grobkörnigkeit zu- nimmt. Der fruchtbarste Theil des Oderbruchs liegt von Küstrin stromabwärts auf dem linken Ufer, und wird besonders durch starken Zuckerrübenbau ausgenutzt. Im all- gemeinen ist die Oderniederung für schwere Winterfrüchte und für Gerste vorzugsweise geeignet. Es machen sich aber bei den Bruchböden die Vorzüge älterer Kultur gegen- über den erst kürzlich eingedeichten Niederungsländereien sichtlich geltend. Für die Aecker werden die Reinerträge durch erhebliche Deichlasten gemindert. Die nicht ein- gedeichten Bruchländereien gewähren als Wiesen ein süsses, nahrhaftes Futter. Die Wartheniederung ist weniger fruchtbar, als die Oderniederungen. Sie gewinnt indess vorzugsweise guten Hafer und Heu. Die Netzeniederung steht hinter beiden erheblich zurück, und hat nur eine starke Heuausfuhr. Ihr Boden besteht vorherr- schend aus moorigem oder torfigem Sande mit Sand oder Lette im Untergrunde; an den hohen Rändern ziehen sich mächtige Torflager hin; nach der Mitte der Niederung und gegen den Flusslauf weicht der Torfboden einem mehr mit Lettesubstanzen ge- mischtem Moorgrunde. Der Moorboden, als der fruchtbarere, wird in einem bestimmten Turnus wechselnd als Acker und als Wiese benutzt. Die tieferen nur zu Wiese geeig- neten Grundstücke werden als die werthvollsten geachtet. Ausserhalb der Niederungen ist in den Lagen rechts der Oder, in der Neumark und in Sternberg, der beste Boden mässig gutes Weizenland, ein ziemlich tiefer humoser Thonboden, der in gemischten Lehm- und Sandboden mit bald warmem, bald undurchlassendem Untergrunde, oder auch in thonigen, kalten Boden übergeht. Diese sehr wechselnden bündigeren Bodenmischungen nehmen namentlich den Landstrich nördlich der Linie Woldenberg, Friedeberg, Soldin, Zehden bis zur pommerischen Grenze ein, und erscheinen auch um Landsberg, ebenso auf dem Strich zwischen Sonnenburg, Drossen und Frankfurt und in kleineren Umkreisen fast um alle grösseren Orte des Sternberger Landes und der Niederlausitz. Auf dem pommerischen Landrücken und im Sternberger Kreise macht sich unter diesen schweren Böden vielfach auch der rothe magere Lehmboden bemerkbar, welcher, wie gezeigt, in der Provinz Preussen grosse Ver- breitung hat und ebenso inPommern und Posen den höheren Erhebungen charakteristisch ist. Links der Oder steht im Regierungsbezirk Frankfurt der Kreis Lebus seiner Bodenbeschaffenheit nach der Neumark nahe. Im Südosten dagegen finden sich nur aus- gedehnte Strecken höchst geringen Landes. Dieser gesammte Landstrich zeigt fast ausnahmslos einen reich mit erratischen Geschieben erfüllten Sandboden, der häufig stockend ist und einen moorigen Charakter annimmt. Nur am Nordabhange der lausitzer Grenzhügel auf der Linie von Sommerfeld nach Luckau treten die schweren Braun- kohlenthone in einigen zum Theil nicht unbeträchtlichen Flächen als Oberlage auf, oder machen sich unter dem Sande als schwerer lettiger Untergrund geltend. Sie erzeugen bei mangelndem Abzug die weiten Bruchländereien dieser Gegend. Die grösste und durch die Eigenthümlichkeiten seiner zahlreichen und fleissigen Bevölkerung bekannte Bruchfläche dieser Art ist der Spreewald. Er theilt sich durch 250 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 4. Provinz Brandenburg. sandige Erhebungen, an denen die Stadt Lübben liegt, in den etwa 4 DMeilen grossen oberen und den ı D)Meile grossen unteren Spreewald. Beide sind von den weitver- zweigten Armen der Spree so netzartig durchzogen, dass Ortschaften und Ländereien vielfach nur zu Wasser zu erreichen sind, und die Bewohner überwiegend auf Kähnen verkehren. Ungeachtet im oberen Spreewalde von Fehrow bis Lübben etwa 25 Fuss, und im unteren von Lübben bis Kossenblatt 17 Fuss Gefälle liegen, macht sich dasselbe doch der Hunderte von verschiedenen kleinen Wasserläufen wegen sehr wenig bemerk- bar, und das Hochwasser braucht von Fehrow bis Lübben 3 Tage. Die gesammte Niederung enthält zumeist ertragreiche Wiesenländereien, welche streckenweise zu Laub- holzanpflanzungen benutzt sind. In den trockeneren Wiesen, wie auf den durch Spree- senkungen freigewordenen Flächen sind Ackerländereien angelegt, auf todtem Sandboden auch Nadelwald. Die Aecker bestehen zwar überwiegend aus leerem Sande, indess sind sie durch die Feuchtigkeit und den theils aufgeschwemmfen, theils durch reiche Düngungen eingebrachten Humus zu Roggenbau verwendbar. Tiefere Lagen, auf wel- chen sich Schichten schwarzen, sauren Humusbodens angesetzt haben, liefern bei starker Mistdüngung gute Erträge an Hafer. Manche Stellen besitzen auch einen ziemlich tiefen, thonigen Schlickboden. Der grösste Theil der Ländereien wird durch Spaten- kultur genützt und in hohen Beeten trocken zu legen gesucht. Um Lübbenau hat der Bau von Gemüse, Meerrettig, Gurken, Sämereien und anderen Gartenfrüchten bedeutende Ausdehnung. — Dem Regierungsbezirk Potsdam sehört ausser dem erwähnten Antheile am Oder- bruch auch eine Strecke der Elbniederungen in der Westpriegnitz an. Der Boden der- selben ist ein aus dem Schlick des Stroms abgesetzter, milder, humoser Thon. Die sehr bedeutende Ergiebigkeit dieses sogenannten Klaibodens ermässigt sich nur wegen der Unsicherheit der Lage zu den bei der Schätzung gefundenen Reinerträgen. Das beste Niederungsland dieser Art findet sich bei Lüttkenwische. Im ganzen aber stehen die Elbniederungen gegen den Oderbruch zurück. Die Böden der Bruchniederungen an der oberen Spree und in den grossen so- genannten Luchen des Rhin und des Havellandes sind ihrer Beschaffenheit nach über- wiegend sehr gering. Sie bestehen aus torfigem Moor und leichtem Sande, nur an wenigen Stellen in der Umgebung des eigentlichen Havellandes, besonders bei Rathenow, sind fruchtbarere Lehmschichten eingeschwemmt, Die nicht unbeträchtlichen Flächen Lehmboden zwischen Nauen, Ketzin und Brandenburg gehören dem Höhenlande an. Auch zwischen Wusterhausen und dem Ruppiner See tritt dieser Lehm der Höhe auf. Der beste derartige Boden aber ist der der Uckermark, der als ein milder, humoser tiefer Lehm von mergeliger Unterlage fast die gesammte Fläche des Prenzlauer und einen beträchtlichen Theil des Angermünder Kreises einnimmt, Auf dem Fläming sind die besseren Böden wesentlich anderer Beschaffenheit. Sie werden gewöhnlich als kalkhaltiger, sandiger Lehmboden bezeichnet. Die Acker- krume pflegt seiten über einen Fuss tief zu reichen, geht aber oft bis zu 3 Zoll zurück. Der Untergrund ist gewöhnlich ungünstig, undurchlassend und kiesig. Bei trockenem Wetter löst sich dieser Boden in einen mehlartigen Staub auf, bei nassem Wetter aber ist er ganz unergründlich; gleichwohl steht derselbe in gutem Rufe. Der bessere liegt indess nur auf einzelnen Strichen, wie um Dahme und Jüterbog. Bei weitem der grösste Theil aller übrigen Höhenböden des Bezirks ist Sand IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 4. Provinz Brandenburg. 251 mit nur geringer Beimischung von Thon oder Humus, der allerdings da, wo er in alter Kultur ist und durch feuchtere Lage eine gewisse Frische hat, zum Theil recht günstige Erträge, meist wenigstens höhere, als sich nach seiner mineralischen Beschaflen- heit erwarten lässt, liefert, häufig aber auch bis zu grosser Unfruchtbarkeit und Aerm- lichkeit herabsinkt. Im Norden an den Abhängen des mecklenburgischen Landrückens sind vielfach Mergellager aufgefunden, und dadurch erhebliche Verbesserungen erreicht worden. Zur genaueren Öharakteristik sind nachstehend die Klassifikationen des Acker- landes von Prenzlau, Westpriegnitz, Lübben und des Bruchdistrikts von Oberbarnim als Beispiele ausgewählt. Prenzlau, als der beste Kreis, zeigt in seinen höheren Klassen den oben ge- dachten guten Höhenboden der Uckermark und giebt die Abstufungen desselben bis zu sehr geringem Werthe. Oberbarnim giebt die Klassen des Oderbruchs, und West- priegnitz sowie Lübben, der schlechteste Kreis der Provinz, lassen beide die Unter- schiede der mittleren und geringen Höhen- und Niederungsböden deutlich erkennen, namentlich beschreibt die Klassifikation von Westpriegnitz den Elbniederungsboden eingehend. Sgr. 1. Kreis Prenzlau. 180 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 150 Thlr.), besteht in der Oberschicht aus mildem, humusreichem, schwarzem oder schwärzlichem Lehm von mindestens ı2 Zoll Tiefe, mit durchlassendem, entweder aushaltendem oder auch lehmigem oder mergeligem Untergrunde, in günstiger Lage; er befindet sich in sehr tiefer Kultur und bietet der Bestellung keine wesentlichen Schwierigkeiten dar. 135 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıoo Thlr.): a) derselbe Boden, wie die I. Klasse, entweder aber mit einer geringeren Bei- mischung von Humus und einer stärkeren von Sand, sowie von einer geringeren, jedoch nicht unter 8 Zoll betragenden Tiefe der Oberschicht, oder auf einem kälteren Untergrunde; b) milder, humoser, sandiger Lehmboden von mindestens 18 Zoll Tiefe, mit einem Untergrunde von durchlassendem Lehm oder sandigem Lehm. 90 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) derselbe Boden, wie zu Il.a. und b., nur von geringerer Tiefe, jedoch nicht unter 6 Zoll; b) humoser, lehmiger Sandboden von mindestens ı5 Zoll Tiefe, mit Lehm oder lehmigem Sande im Untergrund; ce) strenger Lehmboden mit rothen Lehm- und Mergelkuppen, auf Lehm oder san- digem Lehm im Untergrunde, 66 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o Thlr.): a) flacher, sandiger Lehmboden mit Lehm- und Mergelkuppen und einem mergeligen Untergrunde; b) kalter, nasser Lehmboden mit einem Untergrunde von eisenschüssigem Lehm; c) strenger, schwarzer Thon, mit wenig Humus und wenig Sand, auf 3—4 Fuss aushaltend und mit Schindel (!) im Untergrunde. 42 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 35 Thlr.): a) lehmiger Sand mit Sand im Untergrunde; b) humoser Sand mit Sand im Untergrunde; ce) lehmiger Sand in den Gründen, auf kleineren Dimensionen wechselnd mit rothen Lehmkuppen, mit einem Untergrunde aus Mergel oder auch Sand, 252 Sgr. 24 12 3 240 210 165 120 90 54 24 150 IX. Die örtliche Besehaffenheit des Kulturbodens. 4. Provinz Brandenburg. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.), VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 10—ı5 Thlr.), VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5—ıo Thlr.). Der Grundcharakter dieser drei Klassen ist Sand in der Ober- und Unterschicht; sie klassifiziren sich gegen einander je nach der vorhandenen oder nicht vorhan- denen Beimischung von Humus oder von Lehmtheilen, sowie nach der Tiefe der Bodenkrume und der mehr oder minder günstigen Lage. — Von diesen Ackerklassen eignen sich hauptsächlich: die .—II. Klasse zum Anbau von Raps, Weizen, Gerste, Klee und Luzerne, die IV. Klasse zum Anbau von Roggen, Gerste, Klee, bei hoher Kultur auch zum Anbau von Raps und Weizen, die V. und VI. Klasse zum Anbau von Roggen und Hafer, die V. auch zum Anbau von Klee, jedoch in der Regel nur von gelbem, die VIL Klasse zum Anbau von Roggen und Lupinen, die VII. Klasse zum Anbau von Lupinen. Die noch geringeren Bodengattungen, wie g und ı2jähriges Roggenland, werden als Hütungen behandelt. 2. Oberbarnimbruch. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı80— 200 Thlr.), humusreicher tiefer Bruchboden, jedoch von nicht fehlerfreier Beschaffenheit, da er häufig im Untergrunde schweren, eisenhaltigen Lehm enthält. Die Krume ist humusreich und sehr tief aushaltend, so dass sie bis ı4 Zoll Tiefe vorgefunden wird. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 160— 180 Thlr.), ist in der Bodenmischung der ersten sehr ähnlich und unterscheidet sich nur dadurch von derselben, dass bei sicherem Untergrunde die Krume weniger tief, oder bei tiefer Krume der Untergrund weniger sicher ist. III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 135 —ı50 Thlr.), ist von ähnlicher Beschaffenheit wie die II. Klasse, jedoch mit nicht so sicherem Ertrage, theils wegen der im Untergrunde befindlichen Sandlager, theils wegen der grösseren Bündigkeit und schwierigen Bearbeitung. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıro— 130 Thlr.), der noch etwas leichter als die III. Klasse ausfallende Boden mit demselben Untergrunde. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go— ıoo Thlr.), derselbe Boden mit einer flächeren Krume, als die vorige Klasse, und einem fehlerhaften Untergrunde, entweder strengem, undurchlassendem Lehm oder zu durchlassendem, ins grobe spielendem Sande. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 70 Thlr.), Boden mit einer noch milderen Ackerkrume und dem ähnlichen Untergrunde, wie die vorige Klasse. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 25 Thlr.), mit reichlichem Sand nnd wenig Humus in der Krume, auf 3—4 Zoll Tiefe gemischter Boden mit sandigem ins grobkör- nige übergehendem sandigem Untergrund. VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ro Thlr.), ist der VII. Klasse ähnlich, nur dass die Krume noch sandiger und flacher ist und der Untergrund aus schärferem Sande besteht. 3. Kreis Westpriegnitz. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 1oo Thlr.), ein milder Klaiboden von 3 und mehr Fuss Mächtigkeit, durchlassendem Untergrunde in wasser- und fehlerfreier Lage. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 4. Provinz Brandenburg. 253 Ser. 120 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) in der Niederung: derselbe Boden in etwas geringerer Mächtigkeit, weniger fehlerfreier Lage und auf weniger durchlassendem Untergrunde; b) auf der Höhe: ein milder Lehmboden mit einer eben solehen mehr oder we- niger durchlassenden Unterlage in günstiger Lage und von bedeutender Tiefe. 90 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60 Thlr.): a) in der Niederung: Klaiboden in geringerer Mächtigkeit, vielfach nach einer ge- ringen Krume mit Sand unterfahren, oder von einem strengen, undurchlassenden Untergrund, und aus derjenigen Klaiart, welche schon in der Krume sich be- sonders zähe darstellt, und deren Reinerträge Stau- und Qualmwasser (!) wegen der Lage erheblich herabsetzen; b) auf der Höhe: aa) aus strengem Lehmboden mit undurchlassendem Untergrunde | in wenig günstiger Lage; bb) sandiger Lehm mit Lehmunterlage von strenger Qualität oder undurchlassendem Untergrunde; ce) aus lehmigem Sandboden mit gleichem oder einem durchlassenden lehmigen Untergrunde, 60 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) solcher Klaiboden, welcher an sich von keiner verschiedenen Qualität, doch durch die Nähe des Wassers einen erheblich geringeren Reiuertrag liefert und erheblich grösseren Gefahren ausgesetzt ist; b) solcher Klaiboden, dessen Unterlage aus Sand, namentlich Kiessand besteht; c) lehmiger Sandboden, der unter einer Schicht Muttererde von etwa I!» Fuss Sand aufzuweisen hat, oder bald unter der Krume Eisentheile birgt; d) guter schwarzer Sandboden, unter dem erst in einer Tiefe von 1!/a Fuss weisser Sand sich findet; e) reiner Sand, der in hoher Kultur eine humose Qualität gewonnen hat. 36 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.): a) solcher Klaiboden, welcher durchaus von der Gunst des Wassers abhängig, nur einen sehr zweifelhaften Reinertrag gewährt; b) klaiartiger Sand von geringer Ackerkrume und nachhaltiger Sandunterlage; c) dunkler Sandboden mit weichem Untergrunde, der im unmittelbaren Inunda- | tionsgebiet der Elbe häufig vorkommt; | d) solcher Klaiboden, welcher in schwarzen, zähen Thon übergehend, die Bestel- | lung ausserordentlich schwierig macht und keine günstige und wasserfreie Lage hat; e) solcher Sandboden, welcher mit einem hinreichenden Grade von Feuchtigkeit keinen allzu nassen und kalten, vielmehr einen durchlassenden Untergrund hat; f) guter dunkler Sand mit eisenhaltiger Unterlage. 21 VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 15 Thlr.): ganz unsicherer Klaiboden, welcher bei geringer Krume und hochanstehendem Sand, wegen der grossen Unsicherheit der Lage sich weder als Wiese, noch als Weide nutzen lässt und nur in besonders günstigen Jahren einen Ertrag gewährt; 1 b) blauer, zäher Thonboden von gleicher, mit Eisentheilen untermischter Krume, welcher flach, hart und zähe der durchgreifenden Bearbeitung widerstrebt; ce) guter Sand in der Ackerkrume, mit einem schlechten weissen Untergrunde; d) eine röthliche, wenig fruchtbare Sandmischung; e) schwarzer, nasser Sand und kiesiger Sand, mit scharfem Sand im Untergrunde; f) solcher Sandboden, der einen rothfuchsigen Untergrund hat; g) die schwarze, puffige Sandart, welche, reichlich mit Eisentheilen vermischt, | weissen (!) Saugesand im Untergrunde hat, &ı 254 IK. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 4. Provinz Brandenburg. Sgr. 9 | VlI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 6—8 Thlr.): 108 a) solcher dunkler und heller Sand, der von schlechter Qualität ohne Unterschied mit seiner Unterlage, oder b) mit rothfuchsigem Sand unter der Krume, einen sehr zweifelhaften Ertrag gewährt; ce) steriler Moorboden, welcher Eisenocker im Untergrunde hat. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 4 Thlr.), ein heller, steriler Sand, mit gleich- mässiger Krume und Unterlage, welcher sich von der vorigen Klasse wesentlich nur dadurch unterscheidet, dass er ohne feuchten Untergrund und ohne hinlängliche Feuchtigkeit im allgemeinen einen ausserordentlich dürftigen Ertrag gewährt, ausser- dem auch vornehmlich von der jeweiligen Witterung bei der Bestellung abhängig bleibt. (Flugsand.) Diese Klasse würde nach alter Bonitirung etwa dem gjährigen Roggenlande entsprechen. 4. Kreis Lübben. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.): a) milder Lehmboden von ı Fuss Tiefe, auf durchlassendem Untergrunde von mergeligem Lehm; b) milder Lehmboden von 1!% Fuss Tiefe, durchlassendem Untergrunde von Lehm, aber nicht ganz fehlerfreien Wasserabzugsverhältnissen. 90 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): 81 54 30 a) derselbe Boden, wie die Klasse I.b., doch von geringerem Thongehalt in der Krume; b) gemergelter, sandiger Lehmboden von ı Fuss Tiefe, mit durchlassendem Unter- grunde von mildem Lehm und Sandmergel; c) humoser, lehmiger Sandboden von 1! Fuss Tiefe, mit lehmigem, mergeligem Sanduntergrunde; d) derselbe Boden, wie die Klasse L.a., nur von geringerer Tiefe. III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60 Thlr.): a) sandiger Lehmboden von 6 Zoll Tiefe mit lehmigem, mergeligem Sanduntergrunde; b) sandiger Lehmboden von 18 Zoll Tiefe mit durchlassendem Sanduntergrunde; ce) frischer, humoser Sandboden von 18 Zoll Tiefe mit durchlassendem, feuchtem Sand- untergrunde; d) humoser, lehmiger Sandboden von 18 Zoll Tiefe mit eisenhaltigem, lehmigem Sanduntergrunde; e) schwarzer, humoser Sandboden mit geringem Thongehalt von 18 Zoll Tiefe auf grauem Sanduntergrunde, zum Theil mit: Wiesenmergel gemischt; f) feuchter, humoser Sand mit 2 Zoll Lette gemischt, von 18 Zoll Tiefe und durch- lassendem, weissen Sanduntergrunde; IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): = a) derselbe Boden, wie Klasse III.b., von ı2 Zoll Tiefe und weniger Thongehalt; b) lehmiger Sandboden von ı5 Zoll Tiefe und durchlassendem Untergrunde von Sand, mit Sandmergel gemischt; ce) feuchter, humusreicher Sandboden vou mindestens g Zoll Tiefe, mit frischem, durchlassendem grauem und weissem Sanduntergrunde; d) lehmiger Sandboden von 9 Zoll Tiefe, mit magerem Lehmuntergrunde. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30 Thlr.): a) guter Sandboden von etwa ı2 Zoll Tiefe, mit durchlassendem Sanduntergrunde; b) humoser Sandboden von mindestens g Zoll Tiefe, aber humusärmer als Klasse IV. c., auf durchlassendem Sanduntergrunde; ce) feuchter Sand mit Torftheilen von 1! Fuss Tiefe auf weisser Sandunterlage. IX. Die örtliche"Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. 255 Sgr. 21 | VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.): a) derselbe Boden wie Klasse V.a., von etwa 6 Zoll Tiefe; b) humoser Sandboden, noch geringer als Klasse V.b.; e) saurer Torfboden, puffig, von ı Fuss Tiefe auf Untergrund von weissem Sande mit Torftheilen, durch Grundwasser leidend und im Sommer ausbrennend. 9 | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 8— 10 Thlr.): a) geringer Sandboden von 4 Zoll Tiefe und durchlassendem Untergrunde; b) feuchter, humusarmer Sand von mindestens 8 Zoll Tiefe und todtem, zum Theil eisenschüssigem Sanduntergrunde; c) derselbe Boden, wie Klasse VI.c., von 6 Zoll Tiefe; d) saurer, nasser Torfboden. 3 | VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 3— 5 Thlr.): a) sehr geringer Sandboden von 2 Zoll Tiefe mit Sanduntergrund; b) geringer Sandboden von 4 Zoll Tiefe mit einem Untergrunde von trockenem, eisenhaltigem Kies; e) fast todter Sandboden, nur durch Grundwasser feucht erhalten. 5. Provinz Schlesien. Der allgemeinen Vertheilung der Hauptbodenarten nach ergiebt sich für die drei Regierungsbezirke Schlesiens folgende Uebersicht: Antheil am Hundert der Gesammtfläche Lehm Thon 3 Bodenverhältniss in den in den Wasser- auf der | Fluss- |auf der | Fluss- flächen Höhe | niede- | Höhe | niede- rungen rungen Der Staat Ga Er Regierungsbez.: Oppeln .... Breslau 9% Liegnitz.... Provinz Schlesien | 22,9 | 4,6 | 6,2 | | Der Terraingestaltung nach gliedert sich indess die Provinz in die Gebirgslagen der Sudetenkette, das Thal der Oder, den schlesischen Landrücken und die Ebene des Bartschthales jenseits des Landrückens. Diese Höhenabschnitte sind auch geognostisch deutlich unterschieden: das Gebirgsland gehört älteren, festen Gesteinen, der Landrücken ganz überwiegend der Braunkohle, die Ebene dem Diluvium und Alluvium an. Für das Oderthal ist überdies das charakteristische, mittelschlesische Becken zu beachten, welches die vom Gröditzberge her über Haynau nach den Quellen der Sprottau und von da östlich zur Mündung der Katzbach und nach Leubus ziehenden Höhen mit dem Trebnitzer Gebirge bilden. Diese Hügel müssen, so lange die Oder nicht den tiefen 256 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. Durchbruch bei Leubus eingeschnitten hatte, den Binnengewässern wie ein Damm vor- gelegen und zu Aufstau und grösseren Ablagerungen der aus dem Hochgebirge abge- schwemmten Erdmassen Veranlassung gegeben haben. Von der schnellen Deichsel und Katzbach bis zu einer Linie, die etwa von Neisse über Wansen nach Juliusburg zu ziehen ist, ist der Boden von Thon- und Lehmschichten gebildet, die in den tiefsten Lagen um Liegnitz am mächtigsten sind, je mehr sich aber nach Osten das Niveau der Thalsohle hebt, desto mehr die sandige Unterlage hervortreten lassen und in gemischte, zum Theil mit Braunkohlenbildungen vermengte Böden übergehen. Dieses mittelschle- sische Becken umfasst die fruchtbarsten Theile der Provinz. Ihm nahe stehen nur die- jenigen Landstriche, welche zwar noch dem Berglande, aber nicht. mehr dem eigent- lichen Hochgebirge angehören. Gegen die Grenze Oberschlesiens werden die Braun- kohlenmassen im gesammten Öderthale mehr und mehr herrschend. Es ist schwierig, diese Hauptunterschiede nach der politischen Eintheilung abzu- grenzen, weil letztere meist höhere und tiefere Lagen in demselben Bezirke zusammen- gefasst hat. Versucht man aber die Kreise der Provinz wenigstens im allgemeinen nach den gedachten Gesichtspunkten zu sondern, so ergeben sich folgende Gruppen: — Antheil am Hundert der Gesammtlläche Dar- ee nee Grösse and unter Bodenverhältnisse u een ee ee oden Q--Meil. Lehm | boden | boden | flächen | lager A. Hochgebirge: Habelschwert, Glatz, Neurode, Wal- denburg [Reg.-Bez. Breslau], Landes- hut, Bolkenhain, Schönau, Hirschberg undLöwenberg (Rlassifikationsdistrikt Friedeberg) [Reg.-Bez. Liegnitz].....| 7038| 87,7 | 10,3 0,0 07 0,9 I (2,0) B. Gute Lagen des linken Oderufers: a) Ratibor, Kosel, Leobschütz, Neu- stadt, Neisse, Grottkau [Reg.-Bez. Oppeln]; b) Brieg, Ohlau, Strehlen, Münster- berg, Frankenstein, Reichenbach, Nimptsch, Breslau, Trebnitz (Höhen- distrikt), Neumarkt, Schweidnitz, Striegau [Reg.-Bez. Breslau]; c) Jauer, Liegnitz, Goldberg, Löwen- berg (Distrikt Löwenberg), Lauban, Görlitz, (Gebirgsdistrikt) [Reg.-Bez. Liegnitz], zusammen ........ 242,7 | 64,5 | 22,8 | 12,6 04| 0,06] (0,:) ©. Dieübrige Provinz «NN Dan 417,71 129 | 349 | 47 3,4 1,6 | (2,5) (darunter sehr abweichend Kreis GIOZRU) RUE Ko NEST Le 16,91 349 | 36,5 | 24,8 2,4 14 _ Oberschlesien ist auf dem rechten Oderufer in seiner Bodenbeschaffenheit sehr wenig günstig. Die Kreise Lublinitz, Gross-Strehlitz, Kreutzburg, Rosenberg, der grösste Theil des Oppelner Kreises, Gleiwitz, Beuthen, Pless, Rybnik haben nur da, wo sie IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. 257 nördlich das Gebiet der Prosna oder südlich das Oderthal erreichen, bessere Böden. Im wesentlichen macht sich überall ein kalter, nasser, meist undurchlassender Unter- grund geltend, die Oberfläche wechselt, je nachdem sie der Höhe oder den tieferen Lagen angehört, zwischen Sand und 'Thonboden. Ersterer tritt in allen Abstufungen der Mischung mit Lehm und Thon bis zum Flugsande auf, ist mit Grand und Kies gemengt und besitzt nur eine schwache Krume. In der Tiefe ist er überwiegend eisen- schüssig, unthätig und düngerverzehrend. Der Thonboden ist meist mager, mit feinerem Sande gemischt, der bei Regen die Poren des Bodens verschwemmt und die Verdunstung abhält. Dieser feine, undurchlassende Schwemmsand bildet auch grössere Schichten und ist unter dem Namen Kursawka als besonders nachtheilig bekannt. Der Norden des Kreuzburger Kreises ist bei genügender Abwässerung mild und fruchtbar. Ein besserer gemischter Lehm und Sand, der zum Theil auf Kalkunterlage ruht, kommt auch in der Nähe des Annaberges bei Ujest und bis Tost, auch um Gleiwitz in einigen grösseren Flächen vor. In dem kupirteren Rybniker Kreise besteht ein sehr grosser Reichthum an Quellen, welche bei der undurchlassenden Unterlage die Oberfläche versumpfen. Dagegen zeigt der Süden des Plesser Kreises, der zu den Niederungen des Schwarz- wassers und der Weichsel abdacht, einen zum Theil nicht ungünstigen Boden. Es tritt hier im Untergrunde ein bis über 600 Fuss Tiefe verfolgtes, graues, kalkiges Thonlager auf, welches mit dem schon erwähnten Wiener Tegel übereinstimmt und überall, wo es sich mit Sand in der Oberlage mischt und hinreichend entwässert ist, eine zwar schwere, aber sehr tragbare Krume bildet. Das Oderthal in den Kreisen Ratibor, Kosel und Oppeln beginnt rechtsseitig beim Einfluss der Olsa mit einer grösseren Fläche reichen, aber der Ueberschwemmung ausge- setzten, schwer zu bearbeitenden Niederungsbodens; nördlicher lässt der Strom rechts nur geringe Striche eines bei günstiger Witterung tragbaren, im ganzen aber sehr unsicheren Thonbodens zwischen sich und den Uferhöhen. Sobald sich das Terrain aus der Nie- derung erhebt, geht der Boden in leichten Sand über. Auf der linken Oderseite lagert in den Kreisen Kosel und Ratibor überwiegend ein humusreicher, milder Lehm, der sich weit über die Ebene verbreitet. Er besitzt bis zu 2 Meilen Breite eine 8$—ı5 Zoll tiefe Ackerkrume, ist mehr oder weniger mit Sand gemischt und meist durchlassend, nur hin und wieder ist die Unterlage streng und fehlerhaft. Er eignet sich zum Bau aller Cerealien und zu Raps und Rüben. Die Abstufung der Fruchtbarkeit wird durch die grössere oder geringere Mächtigkeit der Ackerkrume und danach bestimmt, ob er noch von der Hochwasserüberschwemmung oder doch von ihrem Stau im Untergrunde erreicht wird. Die höheren, völlig wasserfreien Lagen sind zwar überwiegend eben, an einigen Stellen des Thalrandes aber auch stark kupirt. Im Oppelner Kreise zeigt das Oderthal linksseitig nur einen schmalen, längs des Stroms kaum °/ Meile breiten Streifen von mildem, humusreichem Lehm, in weiterer Entfernung wird er thoniger und undurchlassender. Um die Neissemündung und an den Neisseufern selbst aber bestehen die Niederungsländereien aus milden, humosen Thon- und Lehmböden mit tiefer Krume und durchlassendem Untergrunde, die nur durch die oft plötzlichen Ueberschwemmungen im Werthe herabgesetzt werden. Der Uebergang aus dem Oderthale zu den Gebirgsgegenden wird durch den Kreis Falkenberg und den Niederungsdistrikt des Kreises Neustadt vermittelt, die eine von welligen Hügeln durchzogene, im ganzen zu wenig abfällige Hochfläche alluvialer Sand- und Bruchländereien darstellen, durch welche auf ausgedehntere Strecken der der Boden d. prenss. Staats. 17 258 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. Braunkohle angehörige Unterboden in ziemlich strengen, muldenbildenden Lehm- und Lettemassen zur Oberfläche tritt. Die Ackerkrume besteht vorzugsweise aus mehr oder weniger von Eisen durchsetzten Sandböden von 2—ı2 Zoll Tiefe mit theils sandigem, theils lehmigem oder lettigem, eisenschüssigem Untergrunde, so dass ihre Ertragsfähigkeit sehr wechselt. Je mehr man sich aber dem Gebirge nähert, desto mehr wandelt sich die Gegend in ein Hügelland um, welches in weiten, welligen Plateaus von vorzüglichem, mildem, humosem Lehmboden mit tiefer Ackerkrume und theils lehmigem, theils sandi- gem und grandigem, im ganzen aber gesundem Untergrunde von Osten nach Westen aufsteigt. Diese Stufen erheben sich nur selten zu steinigen Kieskuppen, wechseln aber mit Niederungen, welche einen mehr strengen und thonigen, undurchlassenden Boden haben. Der Hauptdistrikt des Neustädter Kreises gehört schon zu den frucht- bareren Theilen Schlesiens, und der Niederungsdistrikt vor Leobschütz, der die Haupt- lagen des gedachten Hügellandes umfasst, steht trotz seiner beträchtlichen Höhe über der Meeresfläche den besten Kreisen Mittelschlesiens gleich. Auch im Grottkauer und Neisser Kreise verändert sich, soweit nicht die vorzügliche Neisseniederung in Betracht kommt, der Boden, je höher er ansteigt, aus lettigem in kräftigen und gesunden, von verwittertem Gestein der Gebirge gebildeten, grobkörnigen Lehm. Der höhere Gebirgsrand, der sich längs der Grenze im Südwesten fortzieht, be- steht in Leobschütz und Neustadt aus Grauwacke und Thonschiefer, in Neisse aus Glimmerschiefer und Granit. Seine Abhänge sind schwach mit thoniger Erde, die tieferen Lehnen mit einer lehmigen Bodenschicht bedeckt, die in günstigen Lagen grosse Frucht- barkeit zeigt. Im ganzen aber ist der Boden mager, streng und lettig und hat steinige, undurchlassende Unterlage. — Mittelschlesien besitzt die Hälfte der Hochgebirgsgebiete, welche die oben berech- nete Gruppe A. umfasst, die Grafschaft Glatz und Waldenburg werden von schroffen und bedeutenden Bergmassen eingenommen, was in Oberschlesien bei keinem Kreise der Fall ist. Im allgemeinen sind die Ackerböden dieser Gebirge nicht von ungünstiger Be- schaffenheit, selbst die Quadersandsteinmassen des Heuscheuergebirges sind nicht un- fruchtbar. Alle Hochgebirgsböden zeigen sich aber in hohem Grade flachgründig, mit Stein- schutt gemischt und da, wo in den Thalschluchten grössere Massen aufgelöster Gesteine angesammelt sind, quellig. Das einigermassen ebene Land an den Gehängen und in den Thälern besitzt dagegen meist eine reiche Vegetation und würde seiner Beschaffen- heit nach grosse Fruchtbarkeit erreichen können, wenn nicht ungenügende Zugäng- lichkeit, die Ungunst des Klimas und der durch Auswaschen und Abspülen der Krume immer wieder hervortretende Mangel an Tiefe und düngenden Bestandtheilen die Erträge unverhältnissmässig herabsetzten. Die vorzüglichen, zum Theil sehr mächtigen und wegen der Nähe der Höfe besonders werthvollen Böden längs der Wasserläufe sind be- schränkt, oft durch Felsmassen unterbrochen, und den unberechnenbar eintretenden Ueber- schwemmungen und Verschlämmungen ausgesetzt. Die reicheren Erträge beginnen erst in dem Landstriche, der den Uebergang der Berge zur offenen Ebene bildet. Der weite Abschnitt fruchtbarer Böden, den die Gruppe B. umfasst, und der sich auf der Karte der Bodenarten als Lehmboden deutlich über- sehen lässt, ist jedoch in dieser Beziehung wenig gleichartig. Von Patschkau bis gegen Jauer lagern am Fusse des Gebirges bis zu erheblichen Entfernungen die Verwandlungsprodukte von Granit und Porphyrgesteinen, welche, wie Abschnitt VII. S. 180 gezeigt wurde, unter dem Einflusse des Diluvialmeeres in tiefe, IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. 259 gleichmässige Gebilde eines meist milden, mehligen Bodens verwandelt worden sind, der seine ursprünglichen Bestandtheile noch in gewisser Tiefe in den lockeren, grus- artigen Massen erkennen lässt. Die deutlich erhaltenen Gangadern bezeugen die örtliche Umwandlung. Wie weit in die Thalebene sich diese Böden erstrecken, ist nicht be- stimmt anzugeben, sie kommen aber erwiesenermassen an der Eisenbahnstation Saarau im Norden des Zobtens noch an der Oberfläche verbreitet vor, sind also durch die unten folgende Klassifikation des Kreises Striegau charakterisirt. Zwischen dem Rummelsberge im Norden von Münsterberg und dem Zobten reicht durch die Kreise Münsterberg, Strehlen, Nimptsch und Reichenbach ein Gebiet älterer und jüngerer Grünsteine, Kieselschiefer, Porphyre, Basalte, älterer Kalke und an- stehender Granite, welches ebenfalls vom Diluvium fast ganz überdeckt war, in hohem Grade zerstört ist und in seinen Thalgründen recht vortheilhafte Bodenmassen zeigt.*) Nördlich von diesem Hügellande finden sich keine anstehenden Gesteine mehr. Aller Boden gehört dem Schwemmlande an, an einzelnen Stellen treten Braunkohlenbildungen auf, meist aber findet sich bis zum Trebnitzergebirge hin Diluvium von grosser Tiefe. Je mehr nach Westen, desto mehr machen sich in demselben die oben gedachten jüngeren Lehmablagerungen geltend. Im Neumarkter, Breslauer und Ohlauer Kreise tritt unter diesen mehr und mehr schon von Sand und Kieskuppen durehbrochenen Lehmböden der sogenannte schwarze Boden als eine besondere Eigenthümlichkeit auf. Die Verbreitung desselben wird von den vorerwähnten Höhen zwischen Rummelsberg und Zobten ausgehend durch eine öst- liehe Linie vom Rummelsberge nach Ohlau und eine westliche vom Zobten nach Leubus bestimmt abgegrenzt, und er bedeckt auf diesem Gebiete die meisten Abhänge des wellenförmigen Terrains und die flachen Einsenkungen und Mulden. Er stimmt in seinen wesentlichen Eigenschaften mit der Beschreibung überein, welche vom Serpentin- boden gegeben wird**), besitzt aber ungefähr 7 pCt. moorige Bestandtheile, ist bei Nässe schmierig und zäh, bei Trockenheit äusserst fest und tief rissig, im Frühjahr aber zerfällt er nach dem Frost zu tiefem Staub und wird porös und in hohem Grade aufziehend. Er ist ziemlich graswüchsig, die Körner aber entsprechen dem Stande der Halme nieht. Weil er unter ı—2 Fuss in der Regel in mergeligen Lehm übergeht, ist er mit Nutzen tief zu kultiviren und wo sein Untergrund genügend entwässert werden kann, zu Rüben und Raps gut geeignet; wo aber die Entwässerung nicht gelingt, geht er in der Tragbarkeit sehr weit zurück. Die Lehmböden der Oderniederung sind in der Mischung günstig, obwohl nicht mild. Die zum Theil sehr reichen, uneingedeichten Wiesen ruhen auf einem ziemlich bündigen Schlickboden, der auf den besten Lagen bei mässiger Trockenheit braun ist und zu würfligen Körnern zerbröckelt. Durch die Beackerung bekommt der Niederungs- boden meist einen grauen Schein, wird durch den Frost sehr stark gelockert, durch Nässe und Hitze aber zäh und hart. Er bedarf viel Kultur und bleibt unsicher und schwierig in der Bestellung. Uneingedeichte Aecker giebt es gegenwärtig in den Niederungen nicht mehr, indess ist die völlige Entwässerung nicht überall ausführbar. Jenseits der Oder herrschen die Sandböden in dem gesammten Osten und Norden *) Ueber den Frankensteiner Weizenboden und seinen Talkgehalt s. R. Hoffmanns und E. Peters Jahresbericht a. a. O. Jahrg. IV. Berlin 1863, S. 35. *) S. o. S. ıgı und Fallou, Pedologie, S. 338. ef 260 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. des Bezirks bei weitem vor, und beginnen schon im Breslauer Kreise; von der unteren Weide zu den Trebnitzer Höhen steigt jedoch das Terrain zuerst über schwere und lettige, dann aber über die im Abschnitt VII. S. 173 gedachten sehr günstigen, tiefen und milden indess etwas mageren und wegen der ziemlich steilen, schluchtenreichen Hänge in wirth- schaftlicher Beziehung benachtheiligten Lehmböden auf. Auch in der weiteren Verbreitung des Landrückens finden sich günstige Lehm- böden vereinzelt wieder, meist aber treten entweder schwere, gelbe Letten und Sand- böden mit Lette im Untergrunde, oder leere, kiesige und bei dem meist sehr nassen, quelligen Terrain nicht selten mit Moor gemischte Sandmassen auf. Denselben Cha- rakter mit weit vorherrschendem Sande behält auch das Bartschthal. — Niederschlesien besitzt die höchsten Kämme des Riesengebirges, die durch ihr rauhes Klima der Kultur unzugänglich, nur Weide und etwas Wiesenheu erzeugen, indess bei ihrer geringen Ausdehnung gegenüber der Fläche des Bezirks nicht in Betracht kommen. Im Uebrigen gilt für die Böden der Hochgebirgskreise das über das mittelschle- sische Hochgebirge Gesagte. Auch die breiteren Flächen des Hirschberger Thales bieten unter dem Einflusse des Klimas nur eine mässige Fruchtbarkeit. Die Uebergänge des Gebirges zur Ebene umfassen in dem Klassifikationsdistrikte Löwenberg, den Kreisen Jauer, Goldberg, Lauban und dem Gebirgsdistrikte von Görlitz, wenn man ihnen noch den Kreis Liegnitz beifügt, die besten Böden des Regierungs- bezirks. Der als vorzüglich bekannte Liegnitzer Boden ist in seinen besten Lagen ein milder, humoser Auenboden von nicht unter ı5 Zoll Tiefe mit einem gleichen, fehler- freien Untergrunde bis zu mindestens 2 Fuss und nimmt in ähnlicher, wenn auch mit etwas weniger günstigen Lagen wechselnder Beschaffenheit über 3 DMeilen ein. Zwischen Jauer und Haynau liest in ebener oder sanft welliger Lage als eine ziemlich deutlich erkennbare Abschwemmung von den Höhen tiefer humoser Lehm von ı'/ bis 3 Fuss Oberkrume und lehmigem, durchlassendem Untergrunde, unter welchem sich Kies- schichten finden, und der weder an Nässe, noch an Trockenheit leidet. Von Löwenberg bis über Görlitz hinaus treten auch hier in breiter Ausdehnung, allerdings aber häufig vom Schwemmland überschüttet, die schon mehr besprochenen zerstörten granitischen Massen im Boden auf. In der nördlich anstossenden Thalebene von Lüben bis Hoyerswerda dehnen sich tiefe, überwiegend nur von Kieferforst, Heide und Torfbrüchen eingenommene Sandböden aus. Diese traurige, durch die Vereinigung von Quadersandsteintrümmern und Dilu- vialmassen entstandene Einöde wird nur durch die sanft eingeschnittenen Flussbetten unterbrochen, die mit Auenboden von mässiger, meist etwas magerer und mooriger Beschaffenheit ausgefüllt sind. Westlich an der oberen Elster treten einzelne Striche bündigerer, meist schwerer Böden auf, ebenso um Sagan, wo der Bober vor seinem Durchbruche durch das Katzengebirge den grössten Theil der Gewässer dieses Gebietes vereinigt, und grössere Mengen Sinkstoffe aufgesammelt hat. Das Katzengebirge setzt in lettigen und kiesigen gemischten Sandböden den Charakter des schlesischen Landrückens fort. Im Grünberger Kreise und jenseits der Oder, soweit überhaupt noch der Liegnitzer Regierungsbezirk reicht, herrscht, abgesehen von den Lehmböden der schmalen Oderniederung, der leere Sand und Moor in der grössten Verbreitung, nur der Kreis Glogau, soweit er sich von der Höhe des Katzen- gebirges zur Oder erstreckt, zeigt eine unerwartet günstige Ablagerung milden, wahr- scheinlich diluvialen Lehms. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. 261 Als Beispiele der schlesischen Böden nach ihren genaueren Merkmalen können die Klassifikationen der Ackergründe von Striegau und Lublinitz, als des besten und schlechtesten Kreises der Provinz und als Repräsentanten der Verschiedenheiten der mittelschlesischen und der oberschlesischen Böden, ferner die Ackerklassen von Landes- hut als Charakteristik der Gebirgskreise und endlich die des gedachten Glogauer Krei- ses gelten, der zugleich Oderniederungsboden und alle Abstufungen des Landrückens im westlichen Schlesien enthält. Sgr. | 150 120 90 60 36 21 % | 1. Kreis Striegau. \ I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıso Thlr.), milder, reicher Lehm mit einer gleich- | mässig gefärbten Oberkrume von 14—ı6 Zoll, einem ähnlichen, durchaus durch- lassenden Untergrunde von mildem Lehm in fehlerfreier, sicherer Lage und in naher Entfernung von den Ortschaften. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 120 Thlr.), milder, auch kräftiger Lehm mit min- destens ıo Zoll tiefer Krume und durchlassendem Untergrunde von Lehm oder sandigem Lehm und in nicht ungünstiger Lage. , II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıoo Thlr.), milder, kräftiger, mitunter schon etwas bindender Lehm von nicht unter 7 Zoll tiefer Krume und einem Untergrunde von Lehm oder sandigem Lehm, der indess in Hinsicht auf seine Durchlässigkeit nicht immer als ein durchaus fehlerfreier zu bezeichnen ist. ı IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 70— 80 Thlr.): a) derselbe Boden wie der vorige, nur schon mehr in sandigen Lehm übergehend | mit einer flacheren Krume, nicht unter 6 Zoll, und einem Untergrunde von san- digem oder kiesigem Lehm; b) bindender, auch schwerer Lehm, gewöhnlich von dunklerer Färbung und einer 9 Zoll und darüber tiefen Krume; der Untergrund enthält schon mehr oder weniger eisenschüssigen Lehm und Thon. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 50 Thlr.): a) milder, auch kräftiger Lehm, schon mit einzelnen Steinen gemischt, von noch flacherer Krume als IV.a. und einem Untergrunde, der als kiesig und steinig zu bezeichnen ist; b) schwerer Lehm mit vorwiegendem Thongehalte, auch magerer heller Lehm; bei einer Tiefe der Krume von nicht unter 7 Zoll ist der Untergrund als eisen- schüssig, thonig oder lettig zu bezeichnen; er leidet schon mehr oder weniger an stauender Nässe. VI. Ackerklasse enthält wiederum beide Nüancen der vorigen Klasse, nur treten die Merkmale einer unbedingten Fehlerhaftigkeit des Untergrundes bei ihr noch greller zu Tage, als bei dieser. VII. Ackerklasse, Thon- und Letteboden mit den entschiedensten Anzeichen von Kälte und Nässe, oder lehmiger Geröllboden mit Felsenunterlage. Der Kaufwerth der beiden letzten Klassen kann nicht angegeben werden, da sie nur in so geringen Flächen vorkommen, dass eine besondere Schätzung derselben bei etwaigem Verkauf grösserer Grundstücksmassen nicht wohl denkbar ist. 2. Kreis Landeshut. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 60— 70 Thlr.), milder, humoser Lehmboden mit einer der Kultur auf 10 Zoll bis zu r Fuss erschlossenen Krume von ganz fehlerfreier Lage; der Untergrund besteht aus durchlassender Lette, oder Lehm mit Sand oder Kiesadern versetzt; auch günstige Verkehrsverhältnisse sind gefordert. 262 Sgr. 72 42 30 24 15 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 48—6o Thlr.): a) derselbe Boden wie die I. Klasse, jedoch in Ortschaften, welche bereits 2000 Fuss hoch über dem Spiegel der Ostsee liegen; b) derselbe Boden wie die I. Klasse, in bezüglich der Abdachung nicht fehler- freier Lage; ec) Boden mit 8 Zoll Krume, etwas sandiger und milder Beschaffenheit mit Bei- mischung humoser Bestandtheile; Untergrund derselbe wie bei der I. Klasse. Eignet sich zur Kultur aller im Gebirge vorkommenden Früchte, II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) ein Boden von 7 Zoll Krume von lehmiger Bschaffenheit mit etwas Kies und Sand vermischt, durch Düngung von milder humoser Beimischung; die Unterlage bilden häufig Steingerölle, Kies und Lette mit Kies vermischt, sie ist aber durchlassend; b) bis auf ıo Zoll Tiefe kultivirte graue Lette, mit sandigen Bestandtheilen ver- mischt, wobei der Untergrund entweder von Kies oder von durchlassender Lette gebildet wird. Gerste kommt hier schlecht fort, dagegen trägt dieser Boden Roggen, Hafer und Kartoffeln mit ziemlicher Sicherheit. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30 Thlr.): a) der mehr thonhaltige, ins Lettige übergehende Boden mit 6 Zoll Krume, Kies- bestandtheile enthaltend, im Untergrunde graue oder weisse Lette mit wenig Kies oder festem Kies; b) feuchter kaltgründiger Lehmboden an dem Fusse der Berge, welcher häufig wegen Nässe schwierig zu bearbeiten ist; ce) lehmiger Boden von 4—5 Zoll Krume, mit kleinen Steinen gemischt, wobei die Unterlage Kies und Steingerölle bildet. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 25 Thlr.): a) strenger, kalter Thonboden mit 6—38 Zoll Krume, auf undurchlassender, lettiger Unterlage; b) graue kultivirte Lette mit 3 Zoll Krume und festem Kies als Unterlage; c) der im Rothliegenden vorkommende rothe Thonboden, mit Kies vermischt, auf rothem Kies und rother Lette als Unterlage; d) lehmiger Boden, mit Steinen gemischt, an den höheren Abhängen der Berge, 3 Zoll tief der Kultur erschlossen, schon durch seine Lage der stärkeren Ab- schweifung durch Regengüsse ausgesetzt und Schwierigkeiten in der Bearbeitung resp. Düngung darbietend. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 15 Thlr.): a) der 4—5 Zoll lettige Krume enthaltende, mit vielen Steinen gemengte Boden, welcher im Untergrunde undurchlassende Lette hat und schwer zugänglich ist; b) derselbe Boden, welcher als Unterlage festen Kies hat; ce) der Boden in den höheren Lagen der Berge mit 3 Zoll Krume, bestehend aus thonigen und lettigen Bestandtheilen, mit Steinen vermischt und mit Stein- gerölle als Unterlage; a., b. und c. bieten vermöge ihrer höheren, schwer zugänglichen Lage der Bewirthschaftung Hindernisse dar; d) Kulturböden, welche ihrer Beschaffenheit und der Tiefe des Bodens nach zwar in eine höhere Ackerklasse zu rechnen sein würden, vermöge ihrer Lage gegen Nordosten, Norden oder Nordwesten jedoch der Ueberschattung durch Berge oder Wälder ausgesetzt sind und wegen Schneelagerns keine Winterung tragen; IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. 263 Ser. | e) der im Rothliegenden vorkommende, mit Thon und Lette gemischte rothe Sand- | boden in höherer Lage. 9 | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 6—8 Thlr.): | a) Acker von ı Zoll Bodenkrume, mit vielen Steinen gemengt, Untergrund Fels- | trümmer; b) Acker von 2 Zoll Krume, Untergrund Kies und Steingerölle, in den am höchsten. | gelegenen Gebirgsdörfern mit sehr schwieriger Lage. 3 ' VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 1— 2 Thlr.) In diese Klasse sind alle diejenigen Aecker zu rechnen, welche, rationell bewirthschaftet, bei ihrer hohen, fast unzu- gänglichen Lage, nur mit Holz angebaut werden müssten, welche jedoch von soge- nannten kleinen Leuten, die Tagelöhnerdienste verrichten, nach dem Feierabend | bestellt werden, um für ihr weniges Vieh etwas Stroh zu gewinnen; oder solche | Ackerstücke, deren Untergrund der Fels bildet, welcher in der Mitte besserer | Ackerklassen an das Tageslicht tritt und von den Besitzern mit Boden befahren | wird, um innerhalb des Ackerstückes selbst durch das Nichtbestellen einer kleinen | Fläche die ganze Bestellung nicht schwieriger zu machen. 3. Kreis Glogau. 165 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı30— 140 Thlr.), milder, humoser Lehmboden von | mindestens 15 Zoll Tiefe, durchlassendem Untergrunde von mildem Lehm und | fehlerfreier Lage. 135 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.): | a) derselbe Boden wie die I. Klasse, mit einer geringeren oder seichteren Krume; | b) kräftiger lehmiger Sandboden von heller Färbung in sehr glücklicher Mischung von mindestens ı$ Zoll Krume und gleicher Unterlage; dieser Boden verträgt Nässe und Dürre gleich gut. 99 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa g0—g0 Thlr.): | a) Boden, wie in Klasse I. und Il.a., wenn derselbe wegen unangemessenen Unter- | grundes, oder seiner Lage wegen, an Nässe leidet. b) Boden, wie in Klasse II. b., aber von schwächerer oder seichterer Krume, oder nicht so günstigem Untergrunde; ce) Niederungsboden im Gebiet des Deichverbandes, milder humusreicher Thon- oder Lehmboden von bedeutender Tiefe, der sich aus den Sinkstoffen des Hochwassers | gebildet hat; er ist ein kräftiger, vermögender Weizenboden I. Klasse. 66 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o—6o Thlr.): | a) Höhenboden der linken Oderseite: ı) tiefgründiger vermögender Sandboden mit Lehmbestandtheilen von über ıo Zoll Krume und durchlassendem Untergrunde; 2) milder Lehmboden von 6—8 Zoll Krume, mit durchlassendem Untergrunde . (Lehm oder Sand); b) Niederungsboden im Gebiet des Deichverbandes: humusreicher Thon- oder Lehm- boden von über 8 Zoll Krume mit mildem Lehm als Unterlage; oder von 12 Zoll Krume mit eisenschüssigem Lehm als Unterlage; c) Niederungsboden ausserhalb des Deichverbandes: kräftiger humoser Sand mit | geringer Lehmbeimischung von ı2 Zoll Krume und Sandunterlage. 48 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 40— ;o Thlr.): | a) Höhenboden: r) kräftiger Sandboden mit etwas Lehmbestandtheilen von mindestens | 6 Zoll Krume und durchlassendem Untergrunde in sicherer Lage; oder von | tieferer Krume mit weniger günstigem Untergrunde; 2) milder Lehmboden, wie in Klasse IV.a. 2., aber mit ungünstiger Unterlage; ] b) Niederungsboden im Deichverbande: mit grobem Sand gemischter oder unsicherer | humusreicher Thonboden, dessen Untergrund meist etwas eisenschüssig ist; 264 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 5. Provinz Schlesien. Sgr. c) Niederungsboden, ausserhalb des Deichverbandes: kräftiger humoser Sand, ent- weder wie in Klasse IV.c., also mit etwas Lehmbeimischung, aber ungünstiger undurchlassender Unterlage; oder von seichterer Krume; oder ohne Lehmbei- mischung mit einer mindestens ro Zoll tiefen Krume. 36 | VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 25—35 Thlr.): a) Höhenboden: kräftiger Sandboden mit sehr geringer Tehrnhelmiechung, wie in Klasse V.a.ı, aber von seichterer Krume; oder frischer, tiefgründiger Sand; b) Niederungsboden im Deichverbande, humusreicher Thonboden, stark mit Eisen- stein durchschossen von $ Zoll Krume, mit Lette und Eisenstein im Untergrunde; dieser Boden schlieft bei Nässe zusammen und wird bei Trockenheit rissig; c) Niederungsboden ausserhalb des Deichverbandes, humoser Sand von über 6 Zoll Krume, mit Sand oder eisenschüssigem Sand als Unterlage. 15 | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 1s— 25 Thlr.): a) Höhenboden: Sand mit Sandunterlage; oder strenger Lehmboden von geringer Krume mit Letteunterlage; b) Niederungsboden ausserhalb des Deichverbandes: 1) mooriger oder lohiger (!) Sandboden mit Sandunterlage; 2) humoser Grandboden mit undurchlassendem Untergrunde. 6 | VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5— ıo Thlr.): a) derjenige Sandboden, welcher wirthschaftlich nur zur Holzzucht geeignet erachtet werden kann, dennoch aber von den Besitzern als Acker genutzt wird; b) arme, sterile Lehm- und Grandkuppen. — Im Gebiete des Deichverbandes kommen ausser den vorstehend allein aufgeführten humusreichen Thon- und Lehmböden noch andere Kategorien vor, welche dieser ihrer Lage im Gebiet des Deichverbandes wegen um eine Klasse tiefer einzuschätzen sind, als sie ihrer Bodenbeschaffenheit nach vorstehend veranlagt sind. 4. Kreis Lublinitz. 60 | I. Ackerklasse: lehmiger milder Sandboden mit 12—ı8 Zoll starker, ebener Krume, durchlassendem lehmigem Sande im Untergrunde und fehlerfreier Lage. 42 | II. Ackerklasse: a) lehmiger Sandboden mit durchlassendem Untergrunde, der sich von dem Boden der vorigen Klasse durch geringere Mächtigkeit der oberen Schicht, geringere Beimischung von Lehm und weniger günstige Lage unterscheidet; zuweilen Bei- mischung von Steinen; b) sandiger Lehmboden, Krume 8— 12 Zoll und darüber, Lage abhängig, nicht un- günstig. 30 | II. Ackerklasse: a) lehmiger Sandboden, der, was die Stärke der oberen Schicht, den Lehmgehalt und die Lage betrifft, etwas geringer ausfällt, als der bei Klasse II. a. beschrie- bene Boden, Untergrund durchlassend und gesund; zuweilen Beimischung von Steinen. b) besserer milderer Thonboden mit einer Krume von 8— 12 Zoll, ziemlich durch- lassendem Untergrunde und ebener, sanft abhängiger Lage. 21 | IV. Ackerklasse: a) sandiger Lehm- und lehmiger Sandboden mit durchlassendem Sande oder auch lehmigem mit Steinen gemischtem Sande oder Kalksteingeröll im Untergrunde; b) kiesiger Sandboden, Untergrund durchlassend, ebenfalls kiesig; c) thoniger Boden, der von dem bei Klasse III. b. beschriebenen durch ungünstigeres Mischungsverhältniss und schlechtere Lage verschieden ist. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. 265 Ser. 15 | V. Ackerklasse: a) geringerer Sandboden mit wenig Lehmgehalt, 4—6 Zoll oberer Krume, öfters mit Steinen gemischt; b) humoser Sandboden an niedriger belegenen Stellen, zuweilen an Nässe leidend; c) strenger Thon- oder Letteboden mit 4—8 Zoll oberer Krume und Lette im Untergrunde. 12 | VI. Ackerklasse: a) Sandboden mit geringerer oberer Krume (3—4 Zoll), gelblichem oder röthlichem Sande im Untergrunde; b) Moorboden mit 8—ı2 Zoll Krume, Sand im Untergrunde, nass; c) scharfer Kiesboden; d) zäher Thon- und Letteboden mit schwacher oberer Schicht (3—4 Zoll) und un- durchlassendem Untergrunde in nasser Lage; e) lehmiger Sand, nass belegen, an niedrigeren Stellen mit ungünstigem Unter- grunde, der entweder aus eisenschüssigem, undurchlassendem Lehm besteht, oder sogenannte Bialka enthält, ein Gemisch aus ganz feinkörnigem Sande und Thon von bläulicher oder rothbrauner Farbe mit Zusatz von Eisenverbindungen. 3 | VII. Ackerklasse: a) ganz armer Sandboden; b) mooriger und torfiger Boden mit geringerer Oberkrume, Lage sehr nass. 6. Provinz Sachsen. Die Provinz Sachsen theilt sich den Hauptverhältnissen des Terrains nach in das Gebirgs- und Schwemmland. Zu letzterem sind im Regierungsbezirk Magdeburg die Kreise Jerichow I. und II. und von der Altmark Gardelegen, Stendal, Osterburg und Salzwedel zu rechnen, im Regierungsbezirke Merseburg aber die Kreise Wittenberg, Schweinitz, Liebenwerda, Torgau, Delitzsch und Bitterfeld. Nachstehende Uebersicht zeigt, wie sich die Hauptbodenarten in der Provinz nach der Eintheilung in Regierungsbezirke und nach der in Gebirgsland und Schwemmland vertheilen: Antheil am Hundert der Gesammtfläche Fläche Darunter Lehm- e 5 a OMeilen und’ Thon: Gemischte] Sand- Moor- | W Er Kalklager Böden boden boden flächen böden Bodenverhältnisse Staatsgebiet 4 973,2 23,3 | 344 30,0 | 2 (2) Magdeburg Merseburg 4582| 58,8 19,5 25,1 3,3 13 (4) 223,3 23,1 25,1 44,5 5,8 I,5 (0,1) 23491 79 14,3 6,3 9,1 O1 (7,9) Provinz Sachsen... .... darin: Schwemmland. . Gebirgsland .... Regierungsbezirk | 266 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens, 6. Provinz Sachsen. In dem Gebiete des Schwemmlandes überwiegt also in hohem Grade der Sand; der Lehmboden desselben gehört fast ausschliesslich der Elbniederung an. Das Gebirgs- land dagegen besitzt selbst an gemischtem Boden nur eine geringe Fläche und ist fast ganz von Lehmböden eingenommen. Auch die angegebenen Kalklager haben grosse Ausdehnung; die Verbreitung der Landstriche, über welche sich der Muschelkalk erstreckt, ist aber, wie die geognostische Darstellung zeigt, erheblich bedentender und kann auf den vierten Theil des Gebirgslandes angenommen werden. Von den Regierungsbezirken hat Erfurt gar keinen Theil am Schwemmlande und steht desshalb auch den Durchschnitten des Gebirgslandes am nächsten. Ebenso nähert sich Magdeburg am meisten den Durchschnitten des Schwemmlandes, weil etwa % des Bezirks von demselben eingenommen sind. — Den einzelnen Gebietstheilen nach liegt in den dem Schwemmlande angehö- rigen Kreisen im allgemeinen alles bessere Ackerland in der Elbniederung oder in deren Nähe. Der Niederungsboden wird in den Klaiboden und den Heegerboden unterschieden. Ersterer ist die Ansammlung des tiefen gleichmässigen Elbschliekes und bildet einen Weizenboden von der grössten Fruchtbarkeit. Letzterer entsteht da, wo Sand und geringere Bodenarten nur von Zeit zu Zeit durch die Sinkstoffe der Ueberschwem- mungen bedeckt und verbessert werden. Der Klaiboden hat gewöhnlich keine grössere Tiefe als etwa 2 Fuss und liegt auf Sand und Kies, welche ihm die Durchlässigkeit sichern. Die Elbaue erweitert sich vom Kreise Liebenwerda aus durch den Kreis Torgau allmählich und erreicht bei Wittenberg und oberhalb Magdeburg im Kreise Kalbe ihre grösste Breite, unterhalb Magdeburg verengert sie sich mehr und mehr bis etwa ı'/ Meilen aufwärts der Mündung der Havel. Dann beginnt ein ausgedehntes Niederungs- gebiet, welches ungefähr '/ des Kreises Osterburg umfasst. Es breitet sich hier die sogenannte Wische aus, ein Landstrich, der in früherer Zeit ganz der Ueberschwem- mung der Elbe unterlag, seit dem zwölften Jahrhundert aber durch flamländische Ko- lonisten eingedeicht ist. Er ist jedoch von starken Ueberfluthungen durch Binnenzuflüsse und Drangwasser nicht überall befreit. Der Alandfluss, der von den Höhen nördlich des Drömling über Osterburg in die Niederung eintritt, fliesst auf mehrere Meilen der Elbe parallel, und nimmt die Entwässerungsgräben auf, aber die Gefällverhältnisse sind nicht günstig genug, um eine vollständige Entwässerung zu ermöglichen. Der Boden der Wische ist durch seine Fruchtbarkeit, die von den alten Ablagerungen des Elb- schlicks herrührt, weit bekannt. Er trägt in günstigen Jahren sehr reiche Ernten an Weizen, Oelfrucht und Klee. Indess ist er wesentlich nur in den oberen Schichten durch die Schlickmassen bereichert, die vor der Eindeichung freien Zutritt hatten. In der Regel zeigt er unter einer nur schwachen Krume von Lehm- und Humus- Niederschlägen strengen, sehr bündigen, schwer zu bearbeitenden Thon, der im Früh- jahr die Feuchtigkeit lange anhält, dann sich aber schnell verschliesst. Desshalb ist das Ackerland bei den bestehenden Wasserverhältnissen in vielen Lagen weder zur Sommerung gut geeignet, noch überhaupt sicher genug, um durchsehnittlich seinem Rufe entsprechen zu können. In den Lagen zwischen dem Fläming und der Elbe verschlechtert sich der Boden, je weiter er von der Elbaue entfernt liegt. In den Kreisen Liebenwerda, Torgau, Schweinitz und Wittenberg herrscht überall der Sandboden und enthält in der Ober- IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. 267 krume selten eine geringe Lehmbeimischung, der Untergrund aber ist sehr wechselnd und besteht theils aus Kies und grandigem Sande, theils aus undurchlassendem Thon, unter welchem sich auch Triebsandschichten finden. Im Bereich der schwarzen Elster und deren Nebengewässern hat der Boden eine dunklere Farbe, zeigt auch stellenweise, wie im sogenannten Schraden, eine Lehmbeimengung, im allgemeinen ist er aber nur ein Sandboden mit einem grösseren Gehalte von moorigem Humus, der, todt und sauer, nicht ohne Schwierigkeit zu Acker zu kultiviren ist. Vielfach findet sich auch starker Eisengehalt im Boden. N Jenseits der Elbe durch die Kreise Delitzsch und Bitterfeld treten die Lehmböden häufiger auf, sie haben meist einen durchlassenden Untergrund und genügende Sand- beimischungen, so dass sie mild und sehr ergiebig sind. In den besseren Lagen wer- den sie selbst zum Zuckerrübenbau verwendet; überwiegend herrschen indess nur san- dige Mittelböden. In den in der Altmark unterhalb Magdeburg gelegenen Schwemmlandskreisen ist ebenfalls Sandboden der allgemeine Charakter. Er besitzt verschiedene Feinheit und verschiedenartige Mischungen mit Thon, Lehm und Eisen, mit milderem oder sau- rem Humus. Die besseren Böden aber treten in der Regel nur in den Niederangen der kleinen Flüsse und Bäche auf, welche diese Kreise in grosser Anzahl und bei den eigenthümlichen, in der hydrographischen Darstellung (S. ı18) erwähnten, unentschie- denen Gefällverhältnissen nach den verschiedensten Richtungen durchziehen. In diesen meist sehr flachen Betten der Gewässer finden sich Bodenmischungen, welche genügend anhaltend und dabei feucht sind, ohne dass bei dem meist sandigen Untergrunde be- sonders nachtheilige Stockungen entstehen. Auf den zwischenliegenden Höhen dagegen breiten sich ausgedehnte Flächen trockenen, humusarmen, oft kiesigen Sandbodens auf dürrer Sand- oder Kiesunterlage aus, die in den meisten Lagen nur zu Kiefern ge- eignet sind, in anderen sich je nach Feuchtigkeit und Kultur bis zu schwachem Hafer- lande verbessern. In diesem Abschnitte der Provinz kommen auch mehr oder weniger ausgedehnte Moor- und Torfbrüche vor, welche früher unfruchtbare Moräste waren, jetzt fast überall meliorirt und zum kleineren Theile zu Acker, zum grösseren zu Wiesen, Weiden und Holz nutzbar gemacht sind. Der schwammige, alle Feuchtigkeit in sich aufnehmende Moorboden ist von sehr geringem Werth und nur nach seiner Tiefe und dem der Kultur mehr oder weniger günstigen Untergrunde verschieden. Die unten folgende Klassifikation des Kreises Gardelegen giebt für die genaueren Merkmale dieser verschiedenen Böden genügenden Anhalt. — Von den zum Gebirgslande gehörenden Kreisen zeigt die Umgebung von Magdeburg bei weitem die besten Ackerböden. Es sind hier, ähnlich wie längs der Sudetenkette, die anstehenden Gesteine zwar überall in geringer Tiefe unter der Oberfläche aufzu- finden, aber sie bilden sanfte Terrainwellen, welche fast ohne Ausnahme unter dem Niveau des Diluvialmeeres gelegen und eine tiefgehende Verwitterung erfahren haben, deren Produkte vielfach mit denen des Diluviums gemischt und in den niedrigeren Lagen zusammengeschwemmt sind. Aus der Verwitterung des bunten Sandsteins ist am Fusse des Gebirges in den Kreisen Halberstadt und Aschersleben ein mehr oder weniger tiefer thoniger Weizen- boden, aus der Verwitterung des Muschelkalkes ein mehr oder weniger tiefer und reicher lehmiger Gerstenboden entstanden, der auf den Höhen flachgründig, an dem Fusse derselben bis 2 Fuss und darüber mächtig ist und eine Unterlage von Thon 268 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. und zum Theil Mergel hat; die Verwitterung der Kreidebildungen hat mit Sand und Kies vermischte Lehm- oder Thonböden (Haferland) ergeben, welche humusarm und kalt eine Unterlage von Thon oder Grand haben. Der aufgeschwemmte Boden besteht aus mehr oder weniger tiefem und humusreichem Lehmboden oder sogenannter Damm- erde mit einem verschiedenen zum Theil kalkhaltigen Untergrunde von Lehm, Thon, Grand oder Sand. Das beste Ackerland in der Umgegend von Magdeburg ist eine 15 bis 36 Zoll tiefe schwarze Dammerde mit durchlassendem Untergrunde von mildem, kalkhaltigem, gelbem oder schwärzlichem Lehm. Auch dieses Gebiet umfasst einige nicht unbeträchtliche frühere Wasserbecken, welche gegenwärtig urbar gemacht sind, wie das grosse Bruch bei Oschersleben und Hornburg, den Gaterslebener See, das Seelensche Bruch. Dieselben zeigen an den Rändern der Niederung, wo der Ackerbau sich mit der Wiesenkultur im Kampfe be- findet, einen tiefen, zu wenig entwässerten, leichten, porösen Boden von geringer Bündigkeit auf einer Unterlage von theils schwarzem, bituminösem, theils gelblichem, mit Mergel gemischtem, undurchlassendem Thone. In der Mitte der Thalsohle findet sich eine humusreiche poröse Krume auf einem moor- oder torfartigen, aus faulenden Vegetabilien bestehenden und mit Öonchylien gemischten, durchlassenden Untergrunde, sogenanntem überreifem Torfe. Die Klassifikation des Kreises Wanzleben ergiebt die Merkmale der verschiedenen Böden dieses ziemlich ebenen Vorlandes des Harzes, das bis zur Elbe reicht, und in seinem besten Theile auch wohl als die Magdeburger Börde bezeichnet wird. Die hierher gehörigen Kreise Wanzleben, Magdeburg, Oschersleben, Kalbe, Halberstadt und Aschersleben bilden die grösste zusammenhängende Fläche vorzüglicher Ackerböden in den östlichen Provinzen. In natürlichem Gegensatz zu dieser, auch an Salz, Kohlen und anderen minera- lischen Schätzen so reichen Vorstufe steht die Beschaffenheit des schroff von ihr auf- steigenden Harzes. Auf der Erhebung des Brockenplateaus und den Scheitelflächen des Gebirges findet sich nur ein grobkörniger, magerer, theils thoniger, theils lehmiger, mit Steinen und Grus vermischter, mehr oder weniger tiefer Boden, der zwischen zerstreuten Felsblöcken und unmittelbar auf dem festen Gestein, oder über einem Untergrunde von gröberen Trümmern liegt. Auf diesen Höhen sind auch ausgedehnte Tortlager verbreitet. Jemehr das Gebirge sich zur Tiefe absenkt, destomehr verbessert sich der Boden und leidet im Schutz der Thäler weniger vom Klima. Die aus der Verwitterung des anstehenden Gesteins hervorgegangenen Bodenmassen gewinnen in dem Maasse, als das Terrain minder steil wird, an Mächtigkeit, und durch die ziemlich leichte Lösbarkeit der Grauwackenschiefer- und Uebergangskalkformation wird der Boden günstig gemischt, fein und tragbar. Bei dem gleichartigen Gesteinswechsel, der, wie die geognostische Darstellung gezeigt hat, vom Mittelpunkt des Harzes nach allen Seiten stattfindet, sind die Boden- arten auf den nördlichen mit denen auf den südöstlichen und südlichen Gehängen des Gebirges im Mansfelder Gebirgs- und im Sangerhausener Kreise übereinstimmend. Ueberall tritt ein, wenn auch steiniger und meist quelliger, gleichwohl aber vermögender und bei grösserer Tiefe fruchtbarer Lehm- und Thonboden auf. Die Ertragsfähigkeit min- dert sich, wenn Muschelkalk die Unterlage bildet, weil er sich undurchlassend und kalt IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. 269 zeigt; etwas leichter und wärmer bleibt der auf Zechstein auflagernde Boden. Meist indess sind die höheren Berge mit Wald bedeckt, und haben nur einen sparsamen Ackerbau. Dieser breitet sich weiter aus, wo in den Vorbergen und den sanfteren Abhängen der Boden durch grössere Beimischung von Kalk und humosen Bestandtheilen einen milderen Charakter annimmt. In den tieferen Thälern giebt der mit abge- schlämmtem Humus gemischte tiefgründige, milde Thon- und Lehmboden reiche Erträge, besonders aber besitzen die Grundstücke in den Flussthälern der Unstrut und Helme, welehe meist durchlassenden Untergrund haben, hohen Werth. Sie sind zum Anbau aller Früchte, namentlich auch der Zuckerrübe, vorzüglich geeignet, jedoch auf einigen Strecken der Nässe und Ueberschwemmung der gedachten Gewässer ausgesetzt. Die Ackerböden des Regierungsbezirks Erfurt, welcher das weite Thal zwischen dem Harz und dem Thüringer Walde überwiegend einnimmt, unterscheiden sich in ihrem Werthe sehr bemerkbar nach der geognostischen Formation, in der sie vorkommen, weil in diesem Thalbecken mehr Hochflächen, als eigentliche Berge auftreten, und sich desshalb nur in den tiefen Einschnitten der Flussläufe Einschwemmungen und ver- mischte Gesteinsmassen gebildet haben, auf den der Ackerkultur gewidmeten, breiten Höhen aber die Verwitterungsprodukte der anstehenden Gesteine unvermischt im Ober- boden liegen. Die geognostische Darstellung hat gezeigt, dass in diesem Becken Buntsand- stein, Muschelkalk und Keuper die herrschenden Formationsglieder bleiben, welche ihrer natürlichen Folge nach so abgelagert sind, dass der Keuper als das jüngste und oberste Gestein die tiefste Stelle des Beckens einnimmt, dann, jemehr sich der Rand desselben gegen die umschliessenden Gebirge hebt, Muschelkalk nnd endlich Buntsand- stein an die Oberfläche treten. Indess ist die Grenze keine regelmässige. Zwischen den vielen Gewässern, welche von Osten und Süden her dem tiefsten Siele der Saale zufliessen, sind oft Muschelkalk und selbst Keupermassen als Kuppen und Rücken erhalten geblieben, während die sonstige Gegend schon ganz dem Buntsandstein an- gehört; vom tiefen Thale auf steigt man oft bis zur Höhe über die anstehenden Gesteine aller drei Formationen, deren leicht zu unterscheidende Gebilde bandartig an den Thalrändern hinziehen. Im allgemeinen ist der Buntsandstein und der Muschelkalk weniger fruchtbar, als der Keuper. Die Kreise des Eichsfeldes, Heiligenstadt und Worbis und der obere Distrikt von Mühlhausen, welche allerdings auch höher und klimatisch nachtheiliger liegen, gehören ihrer Bodenbeschaffenheit nach zu den ärmlichsten des Bezirks. Auch im unteren Distrikt von Mühlhausen, der die reichen Niederungsböden des Unstrut- und Werrathales besitzt, und in Nordhausen, dessen hauptsächlichste Ackerlagen sich in der goldenen Aue, dem Flussthale der Helme, ausbreiten, sind die Höhen nur von geringem Werth. Genauer lässt sich sagen, dass sich der Buntsandstein dieser Gegenden als ein vorherrschend sandiger und sogar bei nicht völliger Auflösung des Gesteins als ein schiefriger Boden, sogenannter Schwindboden, geltend macht und, wenn er auch immer eine geringe thonige oder merglige Beimischung zeigt, namentlich in hängiger Lage an Trockenheit leidet. An vielen Stellen des Eichsfeldes und in Schleusingen, wo er sehr abhängig und der Abschwemmung ausgesetzt, auch oft mit Eisenocker durchsetzt vorkommt, ist er wenig tragbar. Wo er sich aber in ebener Lage befindet, wird er, weil er meist festes Gestein als Unterlage hat, das die Feuchtigkeit mehr anhält, frisch 270 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. und thätig, mitunter leidet er bei flacher Krume an Nässe. Wenn er aber, wie nicht selten, mit Thon, Gyps und Mergellagen gemischt auftritt, kann er als vorwiegend fruchtbar bezeichnet werden. Der Muschelkalk zeigt sich durch die schwere Verwitterung der Kalksteinschichten dem Ackerbau ungünstig. Er ist an den hängigen Lehnen, weil die leicht abschwemm- baren Theile fortgeführt werden und nur das Steingeröll zurückbleibt, sehr dürftig. In seinen oberen Abtheilungen aber kommen viele Thonflötze vor, und diese bewirken, dass er einen stark mit Steinen untermischten, thonigen Boden giebt, der an Nässe leidet. In den günstigsten ebenen Lagen besitzt er eine 1—ı's Fuss tiefe Krume von hellgelber Farbe, die zwar immer etwas kalt und gebunden, aber recht tragbar ist, namentlich schwere Körner bringt. Es herrscht indess die schwere lettige Be- schaffenheit, die einen wärmeren Dünger verlangt, diesen aber schnell verzehrt, bei weitem vor. Zu dieser ist der sogenannte Flussboden zu rechnen, ein bei der Schätzung den mittlen Ackerklassen eingeordneter, sandiger Lehmboden mit '/» bis ı Fuss tiefer Krume, der undurchlassende Letten oder fest anstehenden Sand oder Kalkstein zur Unterlage hat. Bei nasser und feuchter Witterung fliesst derselbe breiartig zusammen und ver- schliesst sich dem Zutritt der Luft, während er sich bei trockener Witterung in Staub auflöst und zu leicht ist. Von ähnlicher Beschaffenheit, aber mit einer Krume von selten über '/ Fuss, und mit vielen kleinen Kalksteinen vermischt, ist der sogenannte Haselboden, der desshalb den geringeren Klassen angehört. Wo derselbe nicht an Nässe leidet, ist er dem Gedeihen der Esparsette günstig, in den geringsten Lagen aber kommt auch diese nur kümmerlich fort; dagegen gewährt er stets eine zwar nicht sehr ergiebige, aber gesunde Schafweide*). Der Keuperboden ist im Regierungsbezirke Erfurt grösstentheils kalk- oder gyps- reich und leidet in Folge dessen leicht an Trockenheit. In seinen geringsten Lagen ist entweder der Thon oder der Gyps zu sehr vertreten, so dass der Gypsfels oft unter einer Krume von 3 bis 4 Zoll fest ansteht. Die Gypsbeimengungen finden sich namentlich im Weissenseer und Erfurter Kreise, während im Langensalzaer und Mühl- häuser sich vorherrschend der kolılensaure Kalk im Boden vorfindet. Die Kleearten gedeihen im Keuperboden bis in die letzten Klassen hinab, nur die selten umfang- reichen Stellen sind davon ausgenommen, wo die Verwitterung, deren schnelles Vor- schreiten einer der Vorzüge des Keupers ist, noch nicht hinreichend eintreten konnte. Hier besteht der Boden aus gröberen Brocken und Grus und hält gar keine Feuchtigkeit an. Er steht dann dem Schwindboden des Buntsandsteins gleich. Der Zechstein, die nächst tiefere Formation unter dem Buntsandstein, tritt, wie in der geognostischen Darstellung gezeigt ist, in geringer Verbreitung an die Ober- fläche. Die bituminösen Mergelschiefer, die ihn durchsetzen, geben ihm eine frucht- bare, durchlassende Ackerkrume, sie kommen in den nördlichen Theilen des Ziegen- rücker und Nordhäuser Kreises vor; häufig erzeugt aber der Zeehstein, der örtlich oft *) Ueber den Gang der Verwitterung des Muschelkalkes und die Zusammensetzung der nach einander aus ihm entstehenden Produkte, namentlich über die vorzugsweise Auslaugung des kohlensauren Kalkes, vergl. R. Hoffmanns und E. Peters Jahresbericht a. a. O. Jahrg. VII. $. 4. und „Die landwirthschaftlichen Versuchsstationen,“ Bd. 7, 8. 272. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. 1 dem Keuper in seinen Bestandtheilen ähnlich ist, einen dürftigen, hitzigen und flach- gründigen Gypsboden, der sich nicht besonders fruchtbar zeigt und in die geringeren Bodenklassen veranlagt ist. Verbreitet ist im südlichen Theile der Provinz, im Kreise Ziegenrück, auch die Grauwacke und der Grauwackenthonschiefer. Sie zeigen sich darin verschieden, dass erstere eine mehr sandigen und lehmigen, letzterer einen mehr thonigen Boden er- zeugt, die jedoch beide mit halb verwitterten Schiefer- und Gesteinsbrocken vermischt sind und eine Krume von selten über 8 Zoll Tiefe haben. Der Boden leidet oft an Nässe und ist daher kalt und Dünger verzehrend, Die nördlich liegenden, noch dem Gebirgslande angehörigen Kreise des Regierungs- bezirks Merseburg werden bis Zeitz, Weissenfels und Halle bezüglich ihrer Ackerflächen zwar ebenfalls von den vorbezeichneten Gesteinsmassen gebildet und tragen, wo sich dieselben noch unvermischt an der Oberfläche zeigen, auch den angegebenen Charakter, mehr und mehr aber breiten sich auf diesem Gebiete die Anschwemmungen der Fluss- thäler mit den geschilderten sehr reichen, gemischten Lehmböden aus: so im Saalkreise, im Kreise Querfurt, Weissenfels und Merseburg, welche desshalb zu den fruchtbarsten Theilen der Provinz gehören*). Etwas zurück tritt gegen sie der Kreis Naumburg, in welchem sich durch wechselnden Untergrund und Undurchlässigkeit schon die Thon- und Sandmassen der Braunkohlenformation geltend machen, die in Bitterfeld und Delitzsch, wie gezeigt, allgemein verbreitet sind. Als Beispiele, welche Merkmale das Ackerland der Provinz unter genauerer Charakterisirung zeigt, folgen nachstehend die Klassifikationen der Ackerböden für die Kreise Wanzleben, Langensalza, Mansfelder Gebirgskreis und Gardelegen. Wanzleben, welches der ertragsreichste Kreis der Provinz mit Ausnahme des kleinen Stadtkreises von Magdeburg ist, charakterisirt in seinen Klassen die noch dem Gebiete der festen Gesteine angehörige Umgebung von Magdeburg und das Elbthal, Gardelegen zeigt die ertraglosesten Gegenden des Schwemmlandes der Provinz. Der Mansfelder Gebirgskreis giebt die Beschreibung der Böden am Südostabhange des Harzes; Langensalza aber charakterisirt die dem Keuper und Muschelkalk angehörigen Lagen in der Mitte des Gebirgslandes. Sgr. 1. Kreis Wanzleben. 240 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 225 — 250 Thlr.), milde, humose Dammerde von min- destens 2%» Fuss Tiefe auf durchlassendem Untergrunde von gelbem Lehm, bei vollständig fehlerfreier, ebener Lage und günstigen Verkehrsverhältnissen. 210 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıgo— 200 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die I. Klasse, jedoch in nicht ganz so günstiger Lage und bei weniger günstigen Verkehrsverhältnissen; b) derselbe Boden, wie die L Klasse, jedoch von nur 2 Fuss Tiefe und als Unter- grund durchlassender Lehm mit etwas Sand gemischt; ce) derselbe, mindestens 24 Zoll tiefe, milde Boden mit durchlassendem, gutem, theilweise selbst Humus enthaltendem Lehm als Untergrund; d) derselbe Boden, wie die I. Klasse, 30 Zoll tief, jedoch weniger milde, oder mit | etwas Sand vermischt, oder mit magerem Lehm als Untergrund; *) Analysen vom Schlamm der Mulde theilt R. Hoffmanns und E. Peters Jahresbericht a. & O. Jahrg, II S. 40 mit. 272 XI. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. Sgr. e) mehrere Fuss tiefer, schwerer, schwarzer Boden mit nassem, kaltem, mit Thon gemischtem Untergrunde. 165 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 140— ı60 Thlr.): a) b) o) derselbe Boden, wie die I. Klasse, jedoch nur in einer Tiefe bis etwa ı8 Zoll; gute Dammerde mit einer geringen Mischung von Lehm, 22 Zoll Tiefe; Unter- grund stark bindender, nicht sehr durchlassender Lehm bei ebener Lage und minder günstigen Verkehrsverhältnissen ; 22 Zoll tiefe, humose, leichtere Dammerde mit mildem, durchlassendem Lehm bei ebener Lage und minder günstigen Verkehrsverhältnissen. 120 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıro—ı25 Thlr.): a) b) e) 4) e) f) 30 Zoll starke, leichte Dammerde, sehr mit Sand vermischt, mit Steinknack (!) und sandigem Lehm als Untergrund bei ebener Lage; ı2 Zoll starke, milde Dammerde mit fettem, durchlassendem Lehm bei ebener Lage; 21 Zoll tiefer, sandiger Thonboden, mit Thonknack als Untergrund in fast ebener Lage; 18 Zoll starke Dammerde mit nicht sehr durchlassendem Lehm als Untergrund; im ganzen kalt; 14 Zoll starke Dammerde, demnächst mit Thon gemischt, auf undurchlassendem mit Thon gemischtem Lehm in wellenförmiger Lage; 18 Zoll starke, kräftige Dammerde, mit Lehm und Sand gemischt; Untergrund Thonknack; hängige Lage. 90 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa g0—g0 Thlr.): a) b) e) d) leichter, mit Lehm gemischter Boden von 10— 15 Zoll Tiefe, auf magerem; mit Sand gemischtem Thon, Lehm oder Knack als Untergrund; 12 Zoll starker, mit Sand und Lehm gemischter Humus; fetter, durchlassender Lehm als Untergrund in hoher Lage; thoniger Bruch- oder Klaiboden mit undurchlassendem Thon als Untergrund; mit Salpeter geschwängert, beziehungsweise der Ueberschwemmung ausgesetzt; 15 Zoll starke, schwarze Dammerde, theilweis mit Sand gemischt und Steinknack als Untergrund. 60 | VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o Thlr.): a) Thonboden mit Kalk von sehr verschiedener Tiefe, bis zu 13 Zoll mit Steinknack b) e) als Untergrund; humoser, mit mildem Lehm vermischter Boden von 6 Zoll Tiefe, mit Felsen als Untergrund; 18 Zoll tiefer sandiger, mit Lehm und Thon gemischter Boden; Untergrund rei- ner Sand. 30 | VIl. Ackerklasse: a) b) o) a) e) einige Zoll starker, mit Thon gemischter Humus, oder lehmiger Sand, der Thon oder Lehm mit Eisenoxyd zum Untergrunde hat; mehrere Zoll tiefer Sand, mit geringer Humusmischung und reinem Sand als Untergrund; einige Zoll tiefer, mit Sand gemischter Lehm auf Kalksteingeröll als Untergrund; mehrere Zoll tiefer, mit Keuper resp. Kies und Sand gemischter Klaiboden; Untergrund reiner Keuper resp. undurchlassender, schwarzer Thon mit Kies gemischt; 3 Zoll starker Humus, stark mit Lehm gemischt, dann etwa 2 Fuss tiefer, san- diger Lehm und endlich Keuper als Untergrund. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. 273 Ser. 15 | VIII. Ackerklasse: 210 165 120 99 66 42 18 a) wenig Humus, mit Kies und Thon gemischt, bei Regengüssen abschwemmend, 2 Zoll tief; Untergrund undurchlassender Thon mit Kies gemischt; b) 3 Zoll Sand mit etwas Lehm auf reinem Sand als Untergrund; ce) 3 Zoll tiefer, schwarzer Lehmboden mit Keuper gemischt, auf rothem und blauem Keuper als Untergrund bei hängiger Lage. — Der Kaufwerth der beiden letzten Klassen kann auch nicht annähernd angegeben werden, da die Bodenbeschaffenheit derselben nur vereinzelt, nicht in grösseren Flächen vorkommt. 2. Kreis Langensalza. 1. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 200 Thlr.), milder, humoser Lehmboden von mindestens 16 Zoll Tiefe, durchlassendem Untergrund theils von Lehm mit Kalk vermischt, theils von fettem Lehm, stets in fehlerfreier Lage. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 160 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die I. Klasse, jedoch mit einer Tiefe von nur bis 16 Zoll; b) aufgeschwemmter Lehmboden von grosser Tiefe, jedoch mit vielen Kalktheilen vermischt und weniger humusreich. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 130 Thlr.), Lehmboden, theils mehr, theils weniger schwer, von einer Tiefe von 6—12 Zoll, mit durchlassendem Lehm zum Unter- grunde, zum grössten Theil in ebener Lage, doch auch an gelinden Abhängen. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.): a) Lehmboden mit einer Ackerkrume von 6— 8 Zoll, mit durchlassendem Lehm zum Untergrunde, theils an Hängen, theils auch in ebener Lage vorkommend; b) Lehmboden mit einer Ackerkrume von ebenfalls 6—8 Zoll Tiefe und nicht zu strengem Thon zum Untergrunde; c) in diese Klasse ist auch der sogenannte Flussboden, wenn derselbe günstig ge- legen, eingeschätzt. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) Thonboden, auch kalter, nasser Lehmboden, und b) sehr trockener Lehmboden mit einer Tiefe von 4—6 Zoll, Thon, auch Lehm zur Unterlage. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) Lehmboden bis zu 4 Zoll Ackerkrume, auf trockenem, mit vielen Kalktheilen, ab und zu mit Steinen und Kalktheilen untermischtem Untergrunde; b) Thonboden mit einer Ackerkrume bis 4 Zoll und undurchlassendem Untergrunde, daher an Nässe leidend. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 16— 18 Thlr.): a) trockener Lehmboden mit einer Ackerkrume bis zu 3 Zoll, mit Steinen unter- mischt und Lehm, mit vielen Steinen vermengt, zum Untergrunde; vorzugsweise in hängender Lage vorkommend; b) strenger Thonboden mit einer gleichen Ackerkrume, ebenfalls mit Steinen ver- mengt und Thon und Steine zum Untergrunde; c) an Nässe leidender, viele Eisentheile enthaltender Sandboden mit äusserst ge- ringer Ackerkrume. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 7—8 Thlr.), steriler Lehm, strenger Thon, auch reiner Kalksteinboden mit fast gar keiner Ackerkrume und undurchlassendem Thon mit Steingerölle oder Steinlager zum Untergrunde. Dieser Boden kommt vorzugs- weise an steilen Hängen und in Niederungen, wo das Wasser alle Ackerkrume fortgenommen, vor. Boden d. preuss. Staats. 18 274 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. Sgr. = 3. Mansfelder Gebirgskreis. 210 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıg0— 200 Thlr.), dunkel gefärbter, humusreicher, kräftiger Lehm, mit thonhaltigem Untergrunde von bedeutender Tiefe bei ganz fehlerfreier Lage. 180 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 130— 150 Thlr.): a) Lehmboden von schwärzlicher Farbe und etwas mehr Sandbeimischung, als im Thonboden, so dass die Bearbeitung erleichtert wird, hat eine 15 —ı$8 Zoll hohe Krume und frischen Lehm im Untergrunde; b) röthlich gefärbter Thonboden, bündig und schwierig in der Bearbeitung, mit ı8—2o Zoll Krume, die im Untergrunde bei angemessener Tiefe strenger wird und oft Ziegelerde enthält. 135 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 120—ı40 Thlr.): a) kräftiger Lehmboden mit 12—ı5 Zoll Krume und Thon im Untergrunde, würde bei besseren klimatischen und Verkehrsverhältnissen unbedingt höher anzu- sprechen sein; b) milder Thon mit ı5 Zoll Krume und durchlassendem Thon im Untergrunde; im übrigen wie unter a. 108 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.): a) milder Thon mit weniger Krume, als III. b., und unter Beimischung von Kies oder Thonschiefer; b) milder, etwas geringerer Lehmboden mit Kiesbeimischung. 72 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 70—8o Thlr.); a) rother Thon mit 6—8 Zoll Krume, im Untergrunde rothe Lette; ist meist etwas steinig; b) frischer, bündiger Lehm mit 8 Zoll Krume, Lehm im Untergrunde, in trockener, hoher oder hängender Lage; c) milder Lehm auf Thonschiefer, aber entlegen bei schwieriger Kommunikation. 42 | VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o Thlr.): a) steiniger Lehm mit 5 Zoll Krume und steinigem Untergrunde bei bergiger Lage; b) magerer, kalter Thon, von 3—4 Zoll Tiefe und Thonschiefer als Unterlage; 24 | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 25 Thlr.): a) steiniger Lehm von 2—3 Zoll Tiefe auf Kiesunterlage; b) steiniger Thonboden von 2—3 Zoll Tiefe, mit Steingeröll als Untergrund; c) kalkreicher Lehmboden, mit Steinen stark vermischt, bei 3 Zoll Tiefe und Felsen im Untergrunde. ) | VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 10— 12 Thlr.): a) derselbe Boden, wie Klasse VII, nur mit noch geringerer Krume und mit mehr Steinen; a b) Thonschiefer fast ohne Krume, sehr steinig und Felsen darunter. 4. Kreis Gardelegen. 250 | 1. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı50 Thlr.), kräftiger und humoser Lehmboden, auch | Thonboden von 1—3 Fuss Tiefe, mit einem nicht undurchlässigen, zum Theil mit Mergel (Kalk) gemischtem Untergrunde von milderem oder strengerem Lehm (Thon) in nicht ungünstiger Lage, eignet sich zum Anbau fast aller Früchte. 80 | 1]. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı20 Thlr.): a) humusreicher, zum Theil sandiger Lehmboden von 16—24 Zoll Tiefe, mit strengem Sgr. 135 60 42 30 18 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 6. Provinz Sachsen. 275 Lehm oder lehmigem, zum Theil gemischtem Thon im Untergrunde (Weizen- boden); b) humusreicher, theilweise lehmiger Sand von 10—ı$ Zoll Tiefe in frischer und günstiger Lage, mit weissem, entweder thonigem oder weichem, (!) feuchtem Sande im Untergrunde (milder Gerstenboden). lII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.); a) sandiger Lehm- oder lehmiger Sandboden von 12—ı8 Zoll Tiefe, mit einem Untergrunde von sandigem Lehm, lehmigem Sand oder mit Sand gemischtem Thon; b) sehr humusreicher Sandboden von 12—24 Zoll Tiefe, mit einem durchlassenden, frischen Sande im Untergrunde (mittleres Gerstenland). IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 70 Thlr.): a) sandiger Lehm- oder lehmiger Sandboden von geringerer Tiefe (g—ı2 Zoll), mit einem frischen, mit grösseren Kieselsteinen gemischten Sande im Untergrunde; b) thonhaltiger Sand von 9—ı5 Zoll Tiefe und einem kiesigen Untergrunde; e) weicher, frischer, humoser Sand, ohne oder mit geringer Lehmbeimischung von 15 —20 Zoll Tiefe, auf einem Untergrunde von Sand mit etwas Lehm oder kiesigem Thon; d) aushaltender, schwarzer, humusreicher, aber leichter, flüchtiger Sandboden bis 20 Zoll Tiefe, mit Kiesuntergrund in feuchter Lage. Diese Ackerklasse ist als geringes Gerstenland und gutes Haferland zu be- zeichnen. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o Thlr.): a) milderer Thonboden mit Kalk von 6 Zoll Tiefe über Kalksteingerölle; b) humoser, milder Sandboden, fast ohne Lehmbeimischung, von 6—ı2 Zoll Tiefe, über lehmigem oder kiesigem, zum Theil eisenschüssigem Sande; c) aushaltender, schwarzer, humoser, leichter und flüchtiger Sandboden bis ı2 Zoll Tiefe, Kiesunterlage. (Mittleres Haferland.) VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30 Thlr.): a) flacher Thonboden bis 5 Zoll Krume, Unterlage Kalkstein; b) Sandboden bis ı2 Zoll Tiefe, im Untergrunde Kies oder gelber Sand; e) Sandmoorboden bis 12 Zoll Tiefe, Untergrund Moorsand, auch eisenschüssiger Sand. (Geringes Haferland.) VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.): a) sandiger Thon von 4 Zoll Krume auf Kalksteinfelsen; b) trockener, mehr oder weniger (6—12 Zoll) tiefer Sandboden mit gelbem, auch eisenschüssigem Sande im Untergrunde; e) magerer, torfartiger, fahler Moor- oder Moorsandboden, 4—6 Zoll tief; Unter- grund grobkörniger, eisenschüssiger Sand, Kies, Kieselsteine. (Dem 3jährigen Roggenlande gleichwerthig.) VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıo Thlr.), leichter und magerer Sandboden in trockener Lage von 3—6 Zoll Tiefe; Untergrund gelber oder weisser oder grauer Sand, auch Kies mit Kieselsteinen; nur durch Lupinenbau für Ackerkultur geeignet. (6jähriges Roggenland.) — Der ganz arme trockene Sandboden (9 und 12jähriges Roggenland) ist, obschon beackert, als Weide der niedrigsten Klassen veranlagt. 18* IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. 276 7. Provinz Westfalen. Von den 3 Regierungsbezirken, in welche die Provinz Westfalen zerfällt, gehören der Terraingestaltung nach im allgemeinen Münster der Ebene, Minden und Arnsberg dem Gebirgslande an. Genauer grenzt sich die Münsterländische Ebene, wie die Höhen- beschreibung gezeigt hat, im Süden durch das Haarstranggebirge, im Nordosten durch den gleichmässig von Paderborn bis Rheine verlaufenden Teutoburger Wald ab. Es fällt also im Regierungsbezirk Minden die ganze Fläche des Kreises Wiedenbrück und, weil auch jenseits des Wiehengebirges um Lübbecke und Minden die ebenen Lagen überwiegen, von jedem der übrigen Kreise, etwa mit Ausnahme von Herford, wenigstens ein sehr erheblicher Theil ebenfalls der Ebene zu. Vom Regierungsbezirk Arnsberg enthal- ten nur die Kreise Brilon, Meschede, Olpe, Siegen und Wittgenstein ausschliessend Gebirgs- land, Bochum, Dortmund, Hamm, Lippstadt und Soest sind überwiegend eben gelegen. Die Hauptbodenarten vertheilen sich den Regierungsbezirken nach folgendermassen: A Antheil am Hundert der Gesammtfläche Fläche Lehm I | Lehm- | | Dar- Boden- in auf der | Son- |, T e- | | zone stiger ee Thon in Ca a mischt | gand- | Moor- | Was- auter verhältniss |Mei- Thon u.| Lehm | auf der Thon- [Lehm ser- | Kalk- on Niede- 3 Niede- boden | boden | __ len Faul- |auf der Höhe boden | und fläche | lager schiefer | pöne Tagen — sa gemischt I | Staatsgebiet | 4973, 15,3 2,1 Tı 2% = 34,4 | 30,0 5,2 | 23 (2,) Regierungs- bezirk: | Münster... | 131,6 122 | I,g | 149| 0,7 I (29,7) de aan 9,4 | 01 | (7,9) Minden ..| 95,3 279 | 39 | 21,6] 161 (550)| 12,4 | 29, | 3,5 | 0x |(21,8) Arnsberg . | 13977 | 59» | 233 | 67 | 38) 121 @3W]| 376) 3° | 0° | oe | (8) Prov. | | falen.. |». 22,4 | 206 | 40 | 12,4 (60,5)| 10,5 | 24,6| 4, ı (11,5) Nach dem Ueberblick der Kreise ist das Gebirge unverhältnissmässig reicher an Lehmboden, als die Ebene, indess erhebt sich auch der durchaus der Ebene angehörige Kreis Beckum bis zu 84,6 pCt. Lehmboden, '/ der Kreisfläche Kalklager ausbreiten; der Kreis Münster zeigt wenigstens 44,;, Koesfeld und Lüding- hausen 38 pCt. Lehm- und Thonboden. Dagegen besitzen Ahaus und Recklinghausen 77 pCt., Borken und Warendorf 58 und 62 pCt. Sand und letztere dabei gegen ro pÜt. Moorboden. Auch Tecklenburg hat in besseren Böden sehr niedrige Antheile, denn es umfasst 32,3 pCt. Sand und 33,6 pCt. Moorboden. Im Regierungsbezirk Minden besitzt der Kreis Wiedenbrück nur 2 pCt., Halle und Lübbecke nicht über 30 pCt. Lehmboden, im Regierungsbezirk Arnsberg umfasst da- unter dem sich bis zu gegen nur Hamm bis zu 23 pCt. seiner Fläche Sandboden, die meisten Kreise besitzen nahezu ıoo pCt. Lehmböden. Auf Grund einer besonderen Flächenermittelung lässt sich über die Vertheilung des Gebirgslandes und des Bodens in der Ebene und im Hügellande folgende Ueber- sicht geben, welche zugleich das Ackerland besonders berücksichtigt *). *) Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 21. Mai 1861, S. 81 IX, Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. 277 I. Gebirgsland II. Ebene und wellenförmiges Terrain. b. Lehm- und Klai- a. Sandboden (Thon-) Boden Namen der Kreise Sämmtliche Ackerland Ackerland Kulturarten Sämmtliche Sämmtliche \ Kulturarten Ackerland Kulturarten Morgen Morgen Morgen Morgen Morgen Morgen A. Regierungsbezirk Münster. TSAÄhaUSSAR ee = _ Se 269| 200833 30 000 55 000 2, Beckum . nu. 00% _ _ —_ 127 082| 257848 a Borken ran A. _ _ 60: 172| 213 640 16 000 30 000 a Koesfeldir. 120.2 2.0. _ _ 55 771| 180000 74000| 102217 5. Lüdinghausen . . . — 80000 | 180.000 54 961 82 058 6. Münster (Landkreis) . - _ 229): 586 | 260 592 40 000 60 000 7. Münster (Stadt) . . - u 265 _ _ 8. Recklinghausen . _ _ 82 842| 212315 40 000 80 000 G-9Ste1nfurte sa: _ —_ 79279 | 232849 39 421 55758 ıo. Tecklenburg. . . . E= _ 70734| 261053 20 000 45 000 TWWarendorta.t u.» _ _ 49727 | 152799 32 600 56 000 B. Regierungsbezirk Minden. Tr. Bielefeld E.tereene s76n _ _ 35° 000 60 000 19 946 40 000 ZEUBürenWes ee: 120 000 391 485 — 27 583 58 000 3Halles eu an Je _ 368 B83< 82 102 16000| 30000 AmHerford, u one 50 000 70000 — 63 548 89 o6o BSSH Oxtergen. 77260| 169370 _ 70000 | 100000 6. Lübbecke. . . . . 16 000 36 616 51743 1488 877 17 756 23 000 TERMIN den: 39 267 70000] 26000 5000| 63000| 93831 8. Baderborn . . ... 40 000 76 000 5 928 38 SI 8 000 12 000 OJA\Varbursses Lane 30 000 54° 000 90 808 | 139 390 10. Wiedenbrück . . . —_ 58149| 138 522 20 000 45 000 Zusammen B. | 372527 | 706471] 260650 Bere eraligzsstsaie ers Esen RE| 964] 396641| 630281 C. Regierungsbezirk Zusammen A. _ _ REIT: 658 380| 1894 346| 474064 | 823 881 Z— =... Arnsberg. | 1 Altonaer 78319| 241666 - 5 000 | 10000 22 AToSDerga 63 641 | 231689 _ — 10 000 25 000 3. Bochum 25 000 30 000 15 000 30 000 Be 435 DE 564 A, BrilonV Au III 839| 300228 — = 8. Dortmund ..... 20000| 35000| 25000| 35000| 50348| gı 1674 6." Hagent. msn. man: 45943 | 127847 _ _ 13000| 24000 73 Hamm. Baur 20 000 40 000 30 000 40 000 66 848 86 263 8, Iserlohn „2 30 465 98 514 _ — Io 000 25 000 9. Lippstadt. . . .. 40 000 70.000 20 000 30 000 ER 827 87 144 10. Meschede. . . . .| 100343 | 296962 _ — ı1ı. Olpe . oo 49684 | 234 126 - _ = = 722 SIEPOnE ee 33 1ı26| 245 096 _ = 13. Soest . . Ana 25 000 51 832 5.000 8000| 100 0428 136: ae 14. W ittgenstein.. RE: 25873| 184 843 —_ = Zusammen C. 669 233 | 2187 803 569233 |2187 803] 95000| 143 000| 362886] 556.878 95000 | 143 000 | 362 886 | 556 878 m 1233 591 |2 011 040 Die Provinz im Ganzen | ı 041 760 | 2 894 74] 1014 030| 2 652 310 2378 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. Von den einzelnen Abschnitten der Provinz zeigt das Gebiet der &ranwackengebirge in agronomischer Beziehung sehr bestimmte und wichtige Unterschiede nicht blos von den Ebenen, sondern auch von den übrigen Theilen des westfälischen Gebirgslandes. Es ist schon näher gezeigt, dass die Grauwacke plateauartige Hochflächen und Kuppen von grosser Rauhheit bildet, zwischen denen schroffe Abhänge und überall sehr enge Thäler dem Anbau wenig Raum bieten. Sie nimmt im allgemeinen den Süden der Provinz, namentlich fast den gesammten Regierungsbezirk Arnsberg ein. Der Kreis Wittgenstein gehört zu den dürftigsten Landstrichen des Staates überhaupt, und die nach Nordost benachbarten Kreise haben nur geringe, in den tieferen und zahlreicheren Thaleinschnitten begründete Vorzüge vor ihm. Der Boden, der sich auf den Grauwackengebirgen erzeugt, ist dem agronomischen Verhalten nach $. 183 geschildert. Die Nachweisung D. über die Bodenarten bezeichnet ihn als Lehm auf der Höhe, im Regierungsbezirk Arnsberg aber nach einer besonderen Unterscheidung als Lehm, der überwiegend mit Thon und Faulschiefer gemischt ist. Die unten mitgetheilte Klassifikation des Kreises Wittgenstein vermag bei der etwas festen und klebenden, aber nur wegen Mangels an Masse wenig fruchtbaren Beschaffen- heit die einzelnen Klassen dieses Bodens allein nach der Tiefe und der Lage des Acker- landes zu unterscheiden. Stellt man aber die Kreise des Grauwackengebirges:, Altena, Arnsberg, Brilon, Hagen, Iserlohn, Meschede, Olpe, Siegen und Wittgenstein denen der übrigen Provinz gegenüber, so ergeben sich bezüglich der Bodenarten folgende Zahlen: Antheil am Hundert der Gesammtfläche Fläche Tann Dar- Boden- in ns Reiner | Lehm Thon S Eur unter verhältniss OMei- mit | Lehm Jin den in den Moor- "" Kalk- Thon u. | auf der | Niede- boden 5 Faul- ö flächen lager schiefer | Höhe |rungen gemischt Prov. Westfalen | 366, 22,4 20, 4, j 0 43 | On (11,5) len Grauwacken- gebirge.. | 983] 78,6 4,4 (98, )]| 09 00] Oel (7,8) Die übrige Provinz . | 268,3 1,8 3,8 14 1 (46, )]| 14,0 5,9] 9,1 1(13,3) In diesen Gegensätzen werden die abweichenden Verhältnisse der fraglichen Ge- birgskreise hinreichend anschaulich. Bei näherem Eingehen müssen verschiedene Gruppen der Grauwackenformation auseinander gehalten werden. Es sind die untere Grauwacke (die Coblenzschiehten oder die Spiriferensandsteine), die mittle Grauwacke (die Lenneschiefer), und die obere Grau- wacke (die Cypridinenschiefer, und zwar Flinz und Kramenzel) zu trennen. Diese Gruppen weichen zwar in ihren Hauptmassen, den Thonschiefern und mehr oder weniger fein- körnigen Sandsteinen, welche in den meisten Gegenden nebeneinander vorkommen, wenig ab; agronomisch aber sind sie wegen des Auftretens des Kalkes von verschiedenem Ein- flusse,. In der unteren Grauwacke kommt Kalk nur selten und in verschwindenden Parthieen vor, im Lenneschiefer dagegen wird er als Eifel- oder Elberfelderkalk in grossen Massen ein gesondertes Glied der Formation, und in der oberen Grauwacke endlich ist die tiefere Schicht, der Flinz, eine Bildung von grauen oder schwarzen Schiefern mit IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. 279 eingemischten Kalklagen, und die höhere Schicht, der Kramenzel, eine Folge von bunten, rothen und grünen Schiefern, mit eigenthümlichen Sandsteinen und Kalknieren. Die gedachte untere Grauwacke erstreckt sich wenig über den Kreis Siegen hin- aus; sie reicht nicht ganz bis Olpe im Nordwesten und Berleburg im Nordosten von Siegen. Nördlich herrscht die mittlere Grauwacke fast ausschliesslich. Nur im Norden des Kreises Olpe, um Elspe und Kobbenrode, überlagern sie einige in einer Mulde er- halten gebliebene Massen von Kohlensandstein, Flinz und Kramenzel, an deren Rändern, namentlich um Altendorn, der Eifelkalk in grösserer zusammenhängender Entwickelung auftritt. Die Lenneschiefer sind dann auf weite Strecken nicht mehr unterbrochen. Kurz vor dem Rande des Steinkohlengebirges aber findet sich auf der Linie Elberfeld, Hagen, Iserlohn, Meschede und Brilon der Eifelkalk in einem fortlaufenden schmalen Bande wieder, in dessen Nachbarschaft auch parallele Schichten der gedachten jüngsten Grauwackenbildungen von geringer Breite liegen. Die Thäler, in welchen der Kalk dem Boden beigemischt ist, sind erheblich fruchtbarer. Im Siegenschen und Wittgen- steinschen treten durch die Grauwacke hier uud da Basaltkuppen hindurch, welche indess zu wenig ausgedehnt sind und zu langsam verwittern, um durch ihre an sich vortheil- hafteren Bestandtheile erheblich zur Bodenverbesserung mitzuwirken. — Auch die übrigen Gebirgslagen Westfalens lassen sich in agronomischer Beziehung am leichtesten nach ihren Gesteinsarten überblicken. An die Grauwackengebirge schliesst sich, wie gezeigt, nach der Ebene zu das Kohlengebirge an. Die unterste Abtheilung desselben, der Kulm- oder Posidonien- schiefer, welcher aus Thonschiefer und plattenförmigen Kalksteinen, seltener aus Sand- stein und den Uebergängen dieser Gebirgsarten besteht, folgt in einer schmalen, stellen- weise ganz verschwindenden Schicht der Grenze der Grauwacke durch den ganzen Bezirk, von Schwelm bis Marsberg. Die mittlere Abtheilung des Kohlengebirges, der flötzleere Sandstein, hat eine weit bedeutendere Ausbreitung. Er zieht sich von der Grenze des Regierungsbezirks Düsseldorf zwar ebenfalls nur in einem etwa '» Meile breiten Streifen gegen Hagen und Herdecke fort, dann aber nimmt er das gesammte Terrain bis nördlich zur Ruhr und Möhne, stellenweise auch kleine Abschnitte über diese Flüsse hinaus, ein. Seine unteren Schichten bestehen aus grauen und schwarzen, dünnblättrigen, sogenannten Griffelschiefern, die Hauptmassen dagegen aus Sandsteinen und Schieferthonlagern, welche sich nur durch den Mangel an Steinkoblenflötzen von der letzten oberen Abtheilung unterscheiden. Diese, die kohlenführende Schicht, wird von der Grenze des Regierungsbezirks Düsseldorf aus südlich durch eine Linie begrenzt, welche über Nächstebreck, Hasslinghausen, Volmarstein, Schwerte und Unna führt, wäh- rend nach Norden die Ausdehnung nicht genau bekannt ist. Es wird aber angenommen, dass die Kohle ebenso, wie sie östlich von Unna durch die Kreidebildungen bedeckt wird, unter denselben auch nördlich noch über die Lippe und Emscher hinaus in der Tiefe zu finden sein würde. Zur Zeit ist sie in einem Flächenraume von etwa 16 [JMeilen, im nordwestlichen Theile des Kreises Hagen, dem ganzen Kreise Bochum und dem Kreise Dortmund, mit Ausnahme des Amtes Lünen, dem Bergbau aufgeschlossen. Diese kohlenführenden Gebirgsmassen bestehen aus abwechselnden Schichten von Sand- stein, gröberen Konglomeraten und von Schieferthon, welche durch alle Abstufungen der Zusammensetzung mit einander verbunden sind. Zwischen ihnen sind die Stein- kohlenflötze und beträchtliche Lager von Eisenstein eingebettet. Der Kohlensandstein kommt mehrfach in mächtigen Schichten zu Hau- und Werksteinen geeignet vor. 280 IX, Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. Die unten mitgetheilte Klassifikation von Dortmund zeigt die genaueren Merkmale der Ackerböden, die sich auf diesen Gesteinen gebildet haben und die hohen Werthe, die ihnen beigemessen werden. Allerdings gehören die besten Böden den reich mit den Kreidebildungen gemischten Flussniederungen an, und es darf nicht übersehen werden, dass die bestehende Entwickelung der Industrie den Boden ungleich besser verwerthet und durch viele Arbeitskräfte und Düngungsmittel höher kultivirt, als es in anderen Gegenden bei gleichen Bestandtheilen möglich sein würde. Nördlich der Kohlengebiete gehört aller Boden bis zur Emscher und jenseits des Emscherthales bis zur Lippe den Kreidebildungen an, ebenso in zusammenhängender Lage der gesammte Landstrich, der sich im Süden der von Unna über Werl und Soest nach Paderborn führenden Eisenbahn ausbreitet. Nördlich der Lippe treten diese Gebilde massenhafter nur zwischen Haltern und Borken und um Koesfeld zu Tage, werden aber auch überall da bemerkbar, wo zwischen den weit verzweigten Wasserläufen höhere Wasserscheiden stehen geblieben sind. Auch die Kreide liegt mit ihrer untersten Lage, dem Grünsande von Essen, nur in einer schmalen Schicht auf dem Kohlengebirge auf und begleitet die Absenkung desselben auf der langen und ziemlich graden Linie von Essen bis Rüthen (2'/ Meile südlich Geseke). Dieser Grünsand ist ein mergeliger, lockerer Sand, der weisse Quarz- körner, grüne Körner von Eisensilikat und dunkelbraune oder schwarze Nieren und unregelmässige Stücke von Thoneisenstein enthält; letztere treten oft in solcher Menge auf, dass sie als Eisenerz zu verwerthen sind. Auf den Grünsand folgt der sogenannte Plänerkalk (Turonabtheilung), der nördlich bis an eine Linie reicht, welche über Bochum, Dortmund, Afferde, Werl, Soest, Westernkotten und Geseke zu ziehen ist. Er bildet im westlichen Theile des Bezirkes gelblich weisse, in frischem Zustande bläulich graue, thonreiche Mergel von erdigem Bruch und geringer Festigkeit, die an der Luft sehr rasch zerfallen. Weiter gegen Osten nimmt das Gestein an Festigkeit immer mehr zu., Zwischen Geseke und Rüthen besteht es im unteren Theile aus weichem, blaugrünem Thonmergel, im oberen aus weissem, diehtem, dünn geschichtetem Kalksteine. Bei Rüthen ist auch ein Sandstein von gelblicher und grünlicher Farbe entwickelt, welcher stellenweise Werksteine und Mühlsteine liefert. Längs der Linie, in der der Pläner- kalk zur Tiefe sinkt, zeigen sich, wie der Abschnitt VIII. S. 204 angegeben hat, zum Theil sehr reiche Salzquellen. Die obere (Senon-) Abtheilung der Kreidebildungen, der die weisse Schreib- kreide angehört, tritt meist nur wenig aus dem Diluviallehm und Sand hervor, ist aber häufig flach von ihnen bedeckt. Sie zeigt sich in milden, weichen, weissen und hell- gelblichen Thonmergeln, welche sehr leicht an der Luft zerfallen und in einen schweren, thonigen, sogenannten Klaiboden übergehen, der ihre Oberfläche bildet. Der Thonmergel des durch seine Fruchtbarkeit bekannten Hellweges besteht ungefähr zur Hälfte aus Kalkerde, zur Hälfte aus Thon, geht aber auch stellenweise ganz in Kalkmergel über; bei Dolberg enthält er bis 86 pCt. Kalk. — Je weiter nach Norden in die Ebene des Münsterlandes hinein, desto mehr wird der Bodencharakter bei der meist sehr thonigen und undurchlässigen Beschaffenheit der Kreidemergel durch die Mischung bestimmt, welche Diluvialsand und Lehm mit denselben theils bei der Ueberlagerung, theils bei der Einschwemmung in die grossen Ansammlungen alluvialer Bildungen eingegangen sind, die alle Flussthäler erfüllen. Der Boden des Emscherbruches gehört dem Alluvium an, besteht in der Oberlage IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. 2831 aus ausgeschlämmtem Thon, im Untergrunde aus einem ganz feinen, oft undurchlassenden weissen Sande. Seit der Theilung dieses Bruchlandes sind hier gute Kulturen ange- legt, es sind sehr vorzügliche Fettweiden entstanden, deren Gras jedoch nicht selten durch den Schlamm, den unzeitige Sommerüberschwemmungen absetzen, ungeniessbar wird. Das unterhalb bei Horst liegende Ackerland ist ein schwerer, humusreicher, schwarzer Klaiboden, der sehr fruchtbar ist und nur geringer Düngung bedarf, indess bei einiger Trockenheit sehr zäh und so fest wird, dass ihn die Pflugschaar kaum durchbrechen kann, der aber auch häufig durch Ueberschwemmung und mangelhaften Untergrund leidet. Die nördlich Recklinghausen gelegene Hardt und die sie jenseits der Lippe fort- setzende Hohe Mark zwischen Haltern und Borken gehören dem’ Quadersandstein an. Sie bilden eine ziemlich dürre, quellenarme Erhebung, deren Sand indess tiefgründig ist und die Kiefern gut gedeihen lässt; häufig befinden sich aber unter der Oberfläche grössere Eisensteinmassen und sandige, durch Eisenoxydhydrat verbundene Geschiebe, die den Wuchs sehr benachtheiligen. Die Kieselkonkretionen im Quadersandstein von Haltern werden für einen grossen Theil Westfalens zu Chausseesteinen verbraucht. Das obere Lippethal im Osten dieses Höhenzuges zeigt die reichsten Marschböden, und diese Alluvionen von gutem, tiefem, kalkreichem Lehm bezeichnen durch ihre weite Verbreitung ein bedeutendes Wasserbecken, das sich vor den Höhen zwischen Reckling- hausen und Lüdinghausen aufstaute, ehe dieselben von der Lippe in der jetzigen Tiefe des eng eingeschnittenen Flussthales durchbrochen wurden. Ueber die Staulinie an diesen Höhen gehen die Lehmböden nicht hinaus; das untere Lippethal zeigt nur mehr oder weniger humosen Sand. Die Erhebungen des Quadersandsteins schliessen nach‘ Koesfeld zu eine weite öde Heide von gelbem, eisenschüssigem Grobsand mit den Torfmooren des Weissen und Schwarzen Venns ein, welche das gemeinschaftliche Quellengebiet der Bocholder Aa, der Berkel und der zur Stever und Lippe fliessenden Halappe sind. Die nördlich anstossenden Höhen von Koesfeld, die sogenannten Baumberge und ihre Umgebung, gehören kalkreicheren Kreidemassen an. Ihr Gestein ist ein gelblich- weisser Kalkmergel mit eingelagerten Sandsteinbänken. Das Resultat seiner Zersetzung ist milder, kalkiger, mergeliger Klaiboden, der jedoch nicht fehlerfrei, sondern bald zu kalkhaltig, bald zu schwer zu bearbeiten ist und nicht selten an Nässe leidet. Nach Ahaus und Burgsteinfurt zu wird dieser Boden theils strenger, theils steiniger und flachgründiger, bis er ganz unter den Sand versinkt. Nach Osten erhebt sich die Wasserscheide der Vechte und der Ems in der aus- gebreiteten Platte von Altenberge und Münster, welche sich jenseits der Werse nach Beckum und bis wieder zum Lippethal fortsetzt. Das Gestein ist überall ein grauer Thonmergel der jüngsten Kreide, welcher in den höheren Punkten mit 5—6 Zoll mächtigen Kalksteinbänken in fast söhliger Lage abwechselt. Der Boden ist auf der Höhe ein fast durchweg schwerer, das Wasser wenig durchlassender Klaiboden. Wo das darunter liegende Gestein zerklüftet, und durch die tiefer eingedrungene Verwitterung einiger Abzug gewonnen ist, wird dieser Thonboden, der in der Regel eine hinreichend starke Beimischung von Kalk hat, weniger streng und trägt oft reiche Früchte, namentlich Weizen, bleibt aber immer schwierig zu bearbeiten, und hängt dabei zu sehr von der Witterung ab, um sicher zu sein. 282 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. Zur Lippe fällt das Plateau von Beckum ziemlich schroff ab, zur Ems und Werse senkt es sich allmählich in sanften Wellen, welche die Davert mit dem Venner Moor einschliessen. Auf diesen Senkungen, wo der schwere Klaiboden an das sandige Vor- land stösst, herrscht der sogenannte Senkelboden, der den Uebergang von dem Thonboden in den Sandboden bildet. Er besteht aus einer Mischung von Thon und feinem Sande, der ihn bei zu grosser Nässe breiig und bei zu grosser Dürre hart und undurchdring- lich macht. Ist der Sand grobkörniger, und findet sich darin eine hinreichende Bei- mischung von Kalk, so ist es der beste Boden des Münsterlandes. Er ist aber niemals so kräftig, wie der Boden der Soester Börde, und niemals so tiefgründig, so locker und so rein, wie der Boden des Hellweges; er kann endlich auch nicht dem Auenboden der grossen Flussthäler gleichgestellt werden, weil er keine natürlichen Humuseinlage- rungen hat, sondern stets ziemlich stark gedüngt werden muss. Der Lehmboden des Münsterlandes ist ein Erzeugniss der Mischung des ver- witterten Thonmergels und des eingespülten Diluvialsandes. Alle Umgebungen der von der Kreide eingenommenen Mitte der Münsterländischen Ebene gehören fast ausschliesslich dem diluvialen und alluvialen Sand- oder Moorboden an*). Von der unteren Lippe bis zur holländischen Grenze und dieser entlang bis zur Ems treten nur hie und da einzelne Hügel von Kreide und Plänerkalk zu Tage, welche auf kurze Strecken dem Boden eine bündige und fruchtbare Mergel- oder Lehmbei- mischung geben. Das breite Gebiet der Ems aber zwischen Wiedenbrück, Telgte und Burgsteinfurt auf der einen, und dem Fusse des Teutoburgerwaldes auf der anderen Seite zeigt durchgehends und oft bis zu sehr beträchtlicher Mächtigkeit mageren Diluvialsand. Auf höheren Lagen ist dieser Sand tiefgründig und in Folge des Druck- wassers aus dem nahen Gebirge und durch Kapillarität stets frisch und feucht, ohne zu stocken. Falls er dann- genügende Kultur hat, kann er recht gute Ergiebigkeit er- reichen. Es ist aber eine Eigenthümlichkeit der Flüsse und Bäche in diesem Gebiete, dass sie ihr Bett ziemlich hoch über das Niveau der umliegenden Ländereien erhöhen. Weil ihr Lauf von dem reissenden Absturz aus den ziemlich steilen Hügelzügen des Teuto- burgerwaldes unmittelbar zu der fast gefälllosen Ebene wechselt, müssen sie hier starke Ablagerungen von Geröll und Sinkstoffen anhäufen. Zwischen den Wasserläufen finden sich desshalb überall niedrige, vertiefte Stellen, in welchen der Boden allzu sehr an Nässe leidet, zum Theil Torfmoore bildet und auch, wo dies nicht der Fall ist, fast immer Eisenoxydhydrat im Untergrunde enthält, den sogenannten Ortstein (hier Oer genannt), welcher, wenn er flach ansteht, jede tiefere Vegetation tödtet, so dass nur dürftiges Heidekraut wächst. — Im Teutoburgerwalde sind die Gipfelhöhen unfruchtbare, steinige Kämme. Auch der schmale Streifen des Plänerkalks zeigt an den Abhängen in höheren Lagen schwer verwitternden Steinschutt, in der Tiefe bildet er einen schwierig zu bearbeitenden und an Nässe leidenden, ziemlich flachgründigen Mergelboden. Die Thäler zwischen den verschiedenen Zügen der Hügelkette und die Abhänge jenseits des Wiehengebirges haben zum Theil besonders milden Lehmboden. In den Niederungen leidet dieser Lehm *) Frh. v. Schorlemer theilt in Rob. Hoffmanns Jahresbericht Jahrg. VIII. S. 44 nach- stehende Reihe Analysen von Fr. Feldhaus über Böden aus den verschiedenen Ackerklassen des Kreises Steinfurt mit, die besonders desshalb interessant ist, weil der Phosphorsäure- und Humusgehalt, soweit er nicht durch übermässige Eisen- oder Kalkmengen benachtheiligt wird, IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. 283 zwar durch Nässe, um Lübbecke aber bildet er die fehlerfreiesten, vorzüglichsten Acker- gründe des Regierungsbezirks Minden. Weniger gut als sein Ansehen ist der Boden im Kreise Herford. Er hat in den meisten Lagen eine nur geringe Tiefe der Acker- krume, mit wenigen Ausnahmen nicht über ı2 Zoll, und einen kalten, nassen, oft un- durchlassenden Untergrund von eisenschüssigem, strengem, gelbem Lehm. übereinstimmend mit der Abstufung des Werthes der Ackerklassen steigt. Der Boden ist zur Analyse überall aus gleichen Theilen Ackerkrume und Untergrund gemischt worden. Acker- In 100 Theilen trockener Erde Ackerklasse, Krume und Untergrund des ek Tand“eich Phos- E Zoll | pkor- |Humus Eisen-| x„ık |Magne- tief | säure e=7d an Fundortes I. Ackerklasse von Altenberge. Humusreicher, sandiger Lehm in offener, trockener Lage, auf durchlässigem Lehm od. verwittertem Kalkstein f 12 | o.osg | II. desgl. Sandiger Lehm in trockener Lage, auf | ziemlich durchlässigem Thon oder Gerölle . | ro | 0,49 | III. desgl. Lehmiger Sand in eingeschlossener, | I,34 | I,77 | 0,84 | 0,053 I,o2 | I,7ı | 0,61 | 0,025 etwas nasser Lage, auf Sand. . . ... 8 | 0,5305 | I,59 | 2,14 | 0,57 | 0,068 IV. desgl. Etwas strenger, nasser Thon auf sehr | strengem, eisenschüssigem Lehm. . . . . 4 | 0,0333 | I,aı | 4,49 | 0,56 | 0,087 V. desgl. Bündiger Thon in nasser, kalter Lage, | auf sehr strengem AHonV- ne “000 .[|374] 0,0252 | 1,38 | 3,23 |. 1,34] © 046 VI. desgl. Schwerer, ganz träger Thon (weisser Klai) in kalter Lage, auf ganz undurchlassen- dem, strengem Thon. . . . . 2.2... 11-2] 0,042 | I,o3 | 4,03 b.12,86| O,214 I. Ackerklasse von Rheine. Humoser, lehmiger Sand in freier, etwas zu trockener Lage, auf Sand und etwas Kalkgerölle . . . . . „|. 15 f 0,0519 | 2,27 | 2,89 | O,42 | 0,038 II. desgl. Lehmiger Sand in offener, trockenerLage | auf lehmigem Sande und in der Tiefe Kalkstein 9 | 9,501 ‚9 | 2,04 | 0,28 | 0,032 Ill. desgl. Grauer, wenig humoser Sand in trockener Lage, auf Sand mit Orstein . 8 I 0,0108 ‚s4 | 2,83 | 0,27 | O,or2 IV. desgl. Grauer, magerer Sand in einge- schlossener, etwas nasser Tagsı auf eisen- schüssigem Sande . . . . a: 6 I Oor27 | 1,87 | 1,38 | 0,14 | 0,019 V. desgl. Grauer, sehr magerer Sand in sehr trockener Lage, auf gelbem und weissem Sande 4 | 9,0168 | I,32 | 1,66 | O,092| 0,026 VI. desgl. Grauer, ganz magerer Sand, auf Or- bänken und Sand. . 2 5 3 I 0,001 | 1,76 | I,o2 | 0,045 |Spur I. Ackerklasse von Steinfurt. Sehr humusreicher, lehmiger Sand in freier, trockener Lage nach Süden auf durchlassendem, sandigem Lehm . | 14 | 0,598 | 2,42 | 2,72 | L,ı3 | 0,4ı II. desgl. Etwas humusreicher, lehmiger Sand in eingeschlossener, etwas nasser Lage, auf eisenschüssigem Sande 3, EB RRNE II | O,0g22 | I,58 | 1,87 | 0,59 | 0,035 111. desgl. Sandiger Lehm in nasser Lage, auf ziemlich strengem, undurchlassendem Lehm, eisenschüssig . . . a 8 I 0,0226 | 0,87 | 3,23 | 0,29 | 0,028 IV. desgl. Sandiger en in nasser Lage, auf | undurchlassendem Thonboden. . . . 5 5 | 0,0289 | I,26 | 2,72 | Oy2r | 0,007 V. desgl. Magerer, humusarmer Sand in etw as nasser Lage, auf eisenschüssigem Orsand . 0,0006 | I,go | 2,16 | O,o72| O,or5 VI. desgl. Grauer, magerer Sand in sehr | | trockener Lage, auf Orsand und Örbänken . 5 I 0,00035| 0,95 | I,20 | 0,084 | 0,009 VI. desgl. Braungrauer, fast humusfreier Sand, | neu kultivirtes Heideland, auf Orsand und | Orbanken en RE N UNE Sa: 3 1 Spur | 0,52 | 0,35 | Spur | 0,013 a. Davon 1,53 pCt, und b. davon 12,ss pCt. an Kohlensäure gebunden. a 234 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. Die Weserniederungsböden sind Marschböden von kalkhaltigem Lehm und Thon, stellenweise bis zur Tiefe von 2— 3 Fuss, auf durchlassendem Untergrunde. In dem zum Regierungsbezirk Minden gehörigen Paderborner Gebirgslande, wel- ches im Süden an das Grauwackengebirge von Brilon angrenzt, bilden Muschelkalk, Keuper und Buntsandstein kalkige Lehmböden, zum Theil schwer, zum Theil humoser und lockerer. Die besten, sehr werthvollen Böden befinden sich im Kreise Höxter, im Weserthale. Sie zeigen sich als ein sehr tiefgründiger, lockerer, fruchtbarer Lehm, in der Thalniederung von Steinheim aber als tiefgründiger, milder, humoser Thon. Auch der tiefe, thonhaltige Lehm der sogenannten Warburger Börde und der Gegend zwischen Paderborn, Wewer und Salzkotten kommt ihnen an Fruchtbarkeit nahe; dagegen stehen die Höhen aller Paderborner Gebirge der mehrgedachten südlich benachbarten Grau- wacke gleich und sind an Werth sehr gering anzuschlagen. Zur genaueren Charakteristik werden als Beispiele nachstehend die Klassifikations- angaben über das Ackerland der Kreise Dortmund, Bielefeld, Koesfeld und Wittgen- stein mitgetheilt. Dortmund zeigt mit Ausnahme des kleinen Stadtkreises Münster den höchsten, Wittgenstein den niedrigsten Ertrag der Provinz; Koesfeld charakterisirt dieMün- sterländische Ebene mit ihren Sand- und Kreidebildungen, Bielefeld den Teutoburger Wald. Ser. 1. Kreis Dortmund. 255 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 225— 270 Thlr.), milder, humoser Lehmboden von 12— 13 Zoll Tiefe, auf durchlassendem Untergrunde von Lehm in fehlerfreier Lage. 210 | II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 175—225 Thlr.), milder, humoser Lehmboden von 9—ıo Zoll Tiefe auf durchlassendem Untergrunde. 165 | III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 150—175 Thlr.): a) milder, vermögender Lehm von 7—8 Zoll Tiefe, auf etwas festerem, doch durch- lassendem Lehm als Untergrund; b) milder, etwas sandiger Lehm von g Zoll Tiefe auf durchlassendem Untergrunde; c) derselbe Boden mit einigen Thontheilen in der Oberlage. 120 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 125 — 150 Thlr.): a) etwas gebundener Lehm von 6—7 Zoll Tiefe auf ziemlich festem, nicht frucht- barem Mergel als Untergrund, der nur theilweise durchlassend ist; b) milder Lehm von 5—6 Zoll Tiefe auf etwas gebundenem Lehm als Unterlage; c) lehmiger, fruchtbarer Sand von 7 Zoll Tiefe auf ähnlichem Untergrunde. 81 | V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 75— 100 Thlr.): a) Klaiboden von 5—6 Zoll Tiefe auf fester, mergelartiger Unterlage; b) leichter Lehm von.6 Zoll Tiefe auf durchlassendem Untergrunde von gelbem Waldlehm (N); c) Boden aus 4 Zoll mildem Lehm, oder aus 6 Zoll Lehm auf steiniger Unterlage als Untergrund (Sandsteingerölle); d) sandiger Thon von 8 Zoll Tiefe auf gleichem Untergrunde. 54 | VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o—75 Thlr.): a) magerer Lehm von 6—7 Zoll Tiefe auf thonartigem Sande mit Eisenschuss. b) leichter, etwas nasser Lehmboden von 5 Zoll Tiefe auf weissem, eisenschüssigem, undurchlassendem Thon als Unterlage. 30 | VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 30—50 Thlr.): a) Lehmboden von 3 Zoll Tiefe auf Thonschiefer als Untergrund; b) thoniger Lehmboden von 4—5 Zoll Tiefe auf unfruchtbarem, undurchlassendem, weissem Thon (feinsandig, Dahmert [!]) als Untergrund; ec) schwarzer Sandboden von 6 Zoll Tiefe auf gelbem Sand als Untergrund; Ber. 210 165 120 8 48 30 15 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. 285 d) leichter, gelber Waldlehm von 5 Zoll Tiefe auf undurchlassendem Untergrunde von weissem Thon; e) thoniger, wenig fruchtbarer Lehm, von 5—6 Zoll Tiefe auf undurchlassendem Untergrunde von Thon; VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20—30 Thlr.): a) ausgewässerter Lehmboden von 3—4 Zoll Tiefe auf undurchlassendem Unter- grunde von Thon; b) schwarzer, mooriger Sandboden von 8 Zoll Tiefe auf undurchlassendem Unter- grunde von eisenschüssigem Sande. 2. Kreis Bielefeld. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 160 Thlr.), milder, humoser Lehmboden von 18—20 Zoll Tiefe auf durchlassendem Untergrunde und fehlerfreier Lage in der Nähe der Höfe. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 135 Thlr.), die gleiche Bodenmischung, wie die I. Klasse, nur nicht so humos und nicht so tief von der Kultur durchdrungen. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.): a) der etwas mehr mit Sand gemischte, aber immer noch vermögende, humose Lehmboden in den nördlichen Gemeinden des Kreises, mit 9—ı2 Zoll Acker- krume, Unterlage gleicher Mischung, und im ganzen ziemlich fehlerfreier Lage, der durch entsprechende, in jüngerer Zeit eingeführte Drainagen ete. mitunter zur ID. Klasse erhoben ist; b) humoser, kräftiger, lehmiger und kalkhaltiger Sandboden, an 20 Zoll tiefe Ackerkrume, auf Unterlage gleicher Mischung, durchlassend. IV. Ackerklasse: a) sandiger Lehmboden, theils von geringerer Tiefe wie die vorige Klasse (geringer Gerstenboden); theils auch eisenschüssig, feucht; theils ans Gebirge anlehnend; b) lehmiger, guter Sandboden von ziemlicher Tiefe, 1g— 20 Zoll und darüber, von der Kultur durchdrungen; Unterlage derselben Bodenmischung, durchlassend (guter Roggenboden). V. Ackerklasse: a) der schon schwere, theils eisenschüssige, theils an Nässe leidende Lehmboden in der Ebene, sowie die weiter in das Gebirge anlehnenden Ackerfelder von steinigem Untergrunde (Kalkstein); ferner dieKiesgrand enthaltenden Ackerfelder der Ebene; b) der zwar noch lehmige, aber minder ergiebige Sandboden (minder ergiebig, wie die vorige Klasse). VI. Ackerklasse: a) die schweren, nassen Thon- und Lehmfelder der Ebene; b) die Gebirgsäcker: Klai, Letten; flachgründig, 6—8 Zoll Ackerkrume; Letten, Kalkstein etc. im Untergrunde; c) die weniger Lehm haltenden Sandländereien, sofern ihnen nicht schädliche, nasse, oder zu trockene Lage, Eisenocker, Moor, Venn etc. im Untergrunde ihren Platz in den nächstfolgenden beiden letzten Klassen anweisen. VII. Ackerklasse: a) die leichten Sandländereien der südlichen Gemeinden; theils an Ocker-, Moor-, Venn-Untergrund, theils an übermässig feuchter Lage oder an zu grosser Dürre leidend; sie erzeugen nur noch Roggen, leichten Hafer und Buchweizen; b) der felsige, flache Lehm- und Thonboden in den nördlichen Gemeinden, der zum Esparsettenbau untauglich ist. VII. Ackerklasse. Hierzu gehört der Ausschuss der vorigen Klasse, theils leichter Flugsand, theils schwammiger Moorboden, theils auch Thonboden. 286 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. Sgr. 3. Kreis Koesfeld. 150 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 140 Thlr.): a) schwerer, kräftiger Klaiboden mit durchlassendem Kalkmergel zur Unterlage; b) humoser, mit Sand gemischter Lehmboden, der mitunter sandigen Lehm, mit- unter einen lehmigen Sand zum Untergrunde hat. Die Ackerkrume ist tief- gründig, zwischen ıo und 15 Zoll; die Lage ist in der Regel offen und frei mit dem nothwendigen Abhange; jedoch ist der Boden nicht fehlerfrei; in den meisten Fällen ist derselbe mehr für den Weizenbau, als für den Roggenbau geeignet; die Kulturkosten sind sehr hoch; zum Pflügen müssen in der Regel 4, selten weniger als 3 Pferde genommen werden, 120 | I]. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 114 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die I. Klasse, nur nicht in so tiefer Ackerkrume und mit gebundener, nicht mehr so durchlassender Unterlage; b) sandiger Lehmboden, dessen Ackerkrume eine Tiefe von etwa ıo Zoll hat, und dessen Unterlage entweder aus einem durchlassenden sandigen Lehm-, oder aus einem lehmigen Sandboden besteht; ce) humoser, lehmiger Sandboden, der für den Roggenbau besonders gut geeignet, dessen Ackerkrume tiefgründig ist, und der einen durchlassenden sandig-lehmigen oder lehmig-sandigen, auch wohl guten rein sandigen Untergrund hat. Der unter b. und c. bezeichnete Boden ist in seinem Ertrage immerhin sicher, erfordert geringere Spannkräfte, kann fast überall mit 2 Pferden bestellt werden, und liegt in der Regel in offenen, freien Eschen, welche einen günstigen Abhang haben. 90 | II. Ackerklasse: a) der nicht mehr so milde Klai- bzgl. Lehmboden mit geringerer Ackerkrume und strengerer Unterlage; b) der leichtere, sandige Lehmboden mit einer Ackerkrume von 6—8$ Zoll und gleicher Unterlage; > c) der leichtere, lehmige Sandboden mit 6—8 Zoll Ackerkrume und sandiger, d) der humose, reine Sandboden, welcher tiefgründig ist, mit entsprechender durch- lassender Unterlage; e) der bessere, sandig-lehmige Boden, welcher in der Gemeinde Haltern unter der Benennung „Malmboden“ vorkommt, mit tiefer Ackerkrume und gleicher Unter- lage; der Boden ist jedoch kaltgründig und es fehlt ihm der Kalk, so dass man ihn nicht lebendig nennen kann, 66 | IV. Ackerklasse: a) Boden, dessen Ackerkrume aus Lehmboden besteht und der eine geringere Tiefe, wie der zur III. Klasse gehörige, und einen Untergrund aus bindenderem Lehm hat; b) Lehmboden, dessen Ackerkrume einigermaassen, wenn auch nicht ganz, mager ist und dessen Untergrund aus mergeligem, steinigem Lehm besteht; ce) Sandboden mit einiger Lehmbeimischung, einer Ackerkrume von 5—6 Zoll und einem durchlassenden Sande zur Unterlage; d) Lehmboden, welcher einen sandigen, durchlassenden Lehm zum Untergrunde hat; e) brauner Sandboden mit einer Ackerkrume von 8—ıoZoll und einer ebenfalls sandigen Unterlage; 42 | V. Ackerklasse und 30 | VI. Ackerklasse kommen sowohl in den Klaigemeinden, als auch in den Sandgemeinden des Kreises vor; da, wo der Lehmboden herrscht, enthalten diese Klassen einen zähen Lehm mit theils strenger, thoniger, theils eisenschüssiger Senkel- Unterlage; Sgr. 9% 60 36 24 18 12 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 7. Provinz Westfalen. 237 da, wo der Sandboden liegt, gehört der Boden beider Klassen entweder zu dem schwarzgrauen, moorartigen Sande, der Heidesand zur Unterlage hat und in dessen Tiefe der Oer sich findet, oder zu dem leichteren, braunen und grauen Sandboden mit gleicher Unterlage. Nur durch die Tiefe der Ackerkrume und durch die günstigere oder ungünstigere Lage der Felder unterscheiden sich beide Klassen. = VII. Ackerklasse und VIII. Ackerklasse nehmen Neubrüche aus älterer und jüngerer Zeit auf, auch die schlechtesten Theile einiger Felder in den Sandgegenden, wo die Kultur- bzgl. die Düngungskosten den Gewinn fast aufheben, und wo der Boden zu dem leichtesten Sande mit der geringen Ackerkrume von wenigen Zollen gehört. 4. Kreis Wittgenstein. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 75 Thlr.), enthält tiefgelegene, ebene oder vom Thal- rande aus sanft ansteigende, über g Zoll in der Krume tiefe, humusreiche, stein- freie, oder doch nicht sehr steinige, südlich oder südwestlich sich neigende Grundstücke. ü ll. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o Thlr.): a) Grundstücke in derselben Höhenlage und derselben Bodenbeschaffenheit, wie die der I. Klasse, jedoch schon steiler abgedacht oder nach Osten, Nordost, Norden und Nordwesten neigend; b) derselbe Boden, jedoch nur etwa 7 Zoll tief; c) Grundstücke in klimatisch weniger begünstigter Lage mit tiefer, reicher Acker- krume und unter sonst günstigen Verhältnissen. Ill. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 35 Thlr.): a) der weniger humusreiche, weniger tiefe und auf schlechtem, kaltem Untergrunde ruhende Boden in klimatisch günstiger Lage und nicht zu steil abgedacht; b) die höher gelegenen Grundstücke mit noch ziemlich humusreichem, aber nicht über 8 Zoll tiefem Boden auf durchlassendem Untergrunde in allen Neigungen, mit Ausnahme von Nord, Nordost und Ost. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 25 Thlr.): a) die steil abgedachten, oder nach Nord, Nordost und Ost geneigten, schon magereren und nicht über 6 Zoll tiefen Grundstücke der klimatisch begünstigten Gegenden; b) derselbe Boden, allein schon höher gelegen und nach Süden, Südwest und Südost neigend wit geringerer Abdachung. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.): a) magerer Boden von 5 Zoll Tiefe in klimatisch günstiger Lage auf schlechtem Untergrunde, mit Steinen gemengt und von der Thalsohle weit entlegen; b) der beste Boden in rauher Gebirgslage, sanft abgedacht und nach Süden, Südost, oder Südwest neigend. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ı5 Thlr.): a) magerer, nicht über 4 Zoll tiefer und hochgelegener Boden, nach allen Himmels- gegenden neigend, in den klimatisch besseren Theilen des Kreises; b) die zwar tieferen und humusreicheren, aber steil abgedachten Grundstücke in den rauheren Gegenden des Kreises. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 10 Thlr.), enthält die steinigen, schwer zugäng- lichen und mageren Aecker des rauhen Gebirges mit einer Tiefe von 5—6 Zoll. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 6 Thlr.). Hierzu gehört der schlechteste, noch als ständiges Ackerland zu betrachtende Boden in den rauhesten Theilen des Kreises, 288 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. $. Rheinprovinz. Dem Hauptcharakter des Terrains nach ist in der Rheinprovinz, wie in West- falen, nicht sowohl das Gebirgsland von der Ebene zu trennen, als vielmehr da eine Unterscheidungslinie zu suchen, wo das Grauwackengebirge gegen Norden endet, und jüngere Bildungen in weniger schroffen und rauhen Berghöhen auftreten. Sollen nach dieser Linie die Verwaltungsbezirke geschieden werden, so sind von Norden her alle Kreise bis einschliesslich Eupen, Aachen Stadt und Land, Düren, Euskirchen, Rheinbach, Bonn, Mühlheim, Solingen, Mettmann, Elberfeld und Barmen zu dem nördlichen, fruchtbareren Theile der Provinz, alle südlicher und südwestlich belegenen aber zu dem zweiten, weniger fruchtbaren, zu rechnen. Der südliche Abschnitt umfasst danach die Regierungsbezirke Trier und Koblenz vollständig, aus den nördlichen Bezirken aber von Aachen die Kreise Malmedy, Montjoie und Schleiden, von Köln die Kreise Gummersbach, Sieg, Waldbroel und Wipperfürth und von Düsseldorf den Kreis Lennep. Die Hauptbodenarten kommen in der Provinz den Regierungsbezirken nach in folgendem Verhältnisse vor: Hundert der Gesammtfläche Lehm auf der Höhe | & 8 gemischter Boden Sandböden 2 Ge- & 2 E 2 Lehm- D rg [= ü en =, 2 |2 Bele 3 © 2 2 |» |I5 Boden- sammt- ® ce| cs IS] und a |& 3 |® Ei Er unter Eatie r n g 2 2 |33 2 verhältnisse fläche = 2 E 3 j Thon- 2 ke R = ln = = cE =. 5 I Kalk- 23 "Es 3 | vöden | = 323 |=2| 2 Bö Az Eis 6) 3 ein EIS BEI IEIS] 5 2 22138 |5°| 5 |5.|85 88 El || Bolnssläule le s|5 |3|8 | s |&22|= |>° gan alEı= | | ls 138 | 83 18 | | 31|8|38 Q.Meil.| a | 5 |2 [a | & |? Im |S | IR | a|=@|>2 Saat] 93, || -— | - 12 | |) | es) I - | - I | - 3] — | — |) — || 5 | 2%] @&) EA BE LEBTE EL RL HE LE En . | Regierungs- bezirke: Düsseldorf... I 993 [12,0] — | — | 3,8 | 143] 10,5] Qos)I —| —| — | — | 3701 — | — | — | 18] 3,9| 03| (8,4) Köln..... 7221175) — | — | 9,4|37,8| 3,7 (67,8) Hr 2,9 | 21,0 | a ae 75 | 917 | Or (1) Aachen ... 7541443) — | 05 | 18 |21,8| 3,01 71) —| —| — | — |180| — | — | — | 5356| 49 | 01] (7,4) Koblenz ... | 1093] 9,9| — | — | 46 1748| 06] (89,8) | 6 | 15 11 —| I — I— I — | — | —|o0:| (0%) Trier... ..| 1303 [35,3 | 0105| — | 3,2 1278| 65| (66)| — | 2113| —| — | 1918| 9,05 | 0,05 | 0135 | £r,3| 0,2 | 0,6 | (To,8) Rheinprovinz | 486,6] 23,5 O,o0r! 0,08 | 4,4 | 36,x 3,4] (67,5) | 1,3 | 0,7 | 02 | 0,4 19,1] 0,01 | O,ox | 0,03 8,| | o,] (5,9) Nach der Unterscheidung in den nördlichen und südlichen Theil der Provinz vertheilen sie sich > dagegen folgendermaassen: Nördl. Theil. 1742. 1203| — | 0,4 6,3| 9;5| 6,9 (44] —| —| —| 12 | 37%] — | — | — | T5ır| 3,4 | 07: (6,6) . x | Südl. Theil . | 312,4 23,8 0,002 — | 372 |50,5| 1,31 (80,5) 2,6 1,4| 0,4| — | 9,4| 0,02 | Ojor 0,61 53| 0,7] 031 (5,6) Der südliche Theil besitzt also erheblich mehr Lehmboden, als der nördliche, allerdings aber vorzugsweise Thonboden, also die schwerere Bodengattung. Der nörd- liche Abschnitt der Provinz besitzt erhebliche Flächen Sand- und Moorboden, und an gemischten Böden fast ebensoviel, als an Lehmboden. Den einzelnen Kreisen nach sind im südlichen Theile Wetzlar, Simmern, Zell und Lennep ausschliesslich von Lehmboden eingenommen und Bernkastel, Ottweiler, IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. 289 Gummersbach, Waldbroel, Wipperfürth stehen ihnen darin ganz nahe; die grössten Flächen gemischter Böden besitzt im Trierschen Prüm mit 62,; pCt., nächstdem Mayen mit 47,: und Koblenz mit 40, pÜt., letztere beide auf den vulkanischen Lagen der Eifel. Grössere Flächen Sandboden kommen nur in Saarlouis mit 41,: pCt., in Saar- brücken mit 34 pCt. und in Bitburg mit 25,; pCt. vor. Moorboden ist in Malmedy mit 12,3, in Montjoie sogar mit 20, pCt. vorhanden, sonst aber kaum nennenswerth. Dagegen sind Kalkböden sehr verbreitet, besonders in Saarburg 37,6, Saarlouis, Bit- burg 18 pCt., Schleiden 20,:, Daun, Merzig, Trier ı2 pCt. Im nördlichen Tbeile sind die Gegensätze grösser, Jülich besitzt 71, Essen 86,4, Euskirchen $8,;, Mettmann 98,;, Barmen, Elberfeld roo pCt. Lehmboden, dagegen zeigt davon Geldern nur 7,3, Heinsberg ı13,,, Bonn 25 pCt.; Sandboden, der häufig ganz fehlt, steigt in Duisburg auf 53,2, Rees 46,, Mühlheim 35,;, Jülich 32,3 pCt. Daneben liegen alle Abstufungen gemischter Böden. An Moorboden besitzt Kleve 7, Bergheim 8, Eupen und Grevenbroich 9,, Kempen ı5,,, Gladbach sogar 'ı8 pCt. Kalkböden sind ausserordentlich ausgedehnt, Grevenbroich besitzt davon 65 pÜt., Barmen 43, Elberfeld 28,,, Mettmann 26,,, Erkelenz 21, Neuss und Düsseldorf 18, Aachen 16 pCt. ihrer Gesammtflächen. — Für den nördlichen Theil der Provinz ist zunächst die grosse Bucht zwischen den Grauwackengebirgen Westfalens und der Eifel charakteristisch, welche den Rhein, vom Siebengebirge an, aufnimmt. Sie ist, wie $. 167 und 196 ergeben, durch eine mächtige Braunkohlenbildung ausgefüllt, die an dem Fusse der Berge und in niedrigen Höhen- zügen zwischen den nordwestlich abfliessenden Gewässern zu Tage tritt und noch ziemlich weit in das flache Land hinein, wenigstens im Untergrunde bemerkbar wird. Der ringsum ziemlich schroffe Abfall der Gebirge zeigt überall den geschilderten Charakter der Koblenzschiehten und des Lenneschiefers. Je breiter Fechts des Rheins in Solingen und Mettmann die Thäler, und je mächtiger die aus dem Innern der Ge- birge herbeigeführten Bodenmassen werden, desto fruchtbarer zeigt sich das Land. Das Thal der Wupper liegt, wie erwähnt, in den tief nach Westfalen hineinziehenden Kalkschichten von Elberfeld. Nördlicher durch die Kreise Duisburg und Essen tritt das mildere Kohlengebirge in die Nähe des Rheins und an den Ufern der Ruhr bedeckt der Plänerkalk noch ein kleines Gebiet. Links des Rheins gehören einige Vorberge der Eifel im Osten des Kreises Rein- bach und Düren vereinzelten Ablagerungen von Muschelkalk und Buntsandstein an und gewinnen dadurch an Fruchtbarkeit. Bei Eschweiler beginnt auch auf dieser Seite das Kohlengebirge und zieht sich mit gemischten Lehmböden bis nach Aachen fort. In der Umgebung von Aachen werden die leicht verwitternden Thonschiefer und Sandsteine des Kohlengebirges durch Kreidebildungen überlagert. Mit den kalkig- thonigen Gesteinen der Kreideformation tritt hier der zu derselben Formation gehörige sogenannte Aachener Sand auf. Aus der Vermischung entstehen ziemlich undurch- lassende Klaibodenmassen, welche fruchtbar, aber leicht durch Nässe benachtheiligt sind. Das Kreidegebirge zeigt indess diesseits der preussischen Grenze nur geringe Aus- breitung. Gegen die Erft und Roer lagern ihm mit dem allmählich tiefer abfallenden Terrain die Braunkohlenbildungen auf. Dieselben begleiten die Roer auf beiden Ufern in zusammenhängenden Flächen bis ungefähr zu der Grenze des Staatsgebietes. Sie dehnen sich aber auch östlich zur Erft aus und zeigen in schichtenweiser Lagerung Sand, Lehm, Mergel, Braunkohle, Töpferthon, Sandstein und Konglomerate, so dass der Boden Boden d. preuss. Staats, 19 290 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. der gegen die Niederung zum Theil in steilen Schluchten abfallenden Höhen sehr wechselt. Theils an den Abhängen der Braunkohle, theils in den Thälern des alten Ge- birges eingelagert finden sich die nach ihrem geognostischen Charakter S. 173 erwähnten Lössbildungen. Sie bestehen in gleichmässigen Massen eines mageren, mässig fruchtbaren Lehms, welcher zu den Seiten der Hohlwege und Einschnitte in mächtigen, steilen Wänden ansteht, aber selten eine grosse Oberflächenverbreitung hat. Bei weitem der grösste Theil der nach Norden sich ausdehnenden Ebene ist von Alluvionen eingenommen. Diese sind so alt, dass der Rhein sein Bett schon ziemlich tief in sie eingesenkt hat. Die unteren Schichten des Niederungsgrundes werden von grossen Massen kiesigen Gerölles gebildet, auf ihnen ruht der Rheinschlickboden*) in 6 bis ro und mehr Fuss Mächtigkeit. Der Strom hat seinen niedrigsten Wasserstand oberhalb Köln 40—50, unterhalb bis Duisburg wenigstens 20—30 Fuss unter der Ober- lage der anstossenden Niederungen, so dass diese in ihren Hauptflächen von den Ueber- schwemmungen nicht mehr erreicht werden. Die Krume zeigt einen fetten Lehm, der theils rein, theils mit feinem Sande untermischt ist. Der Boden der rechten Rheinseite steht aber dem der linken an Güte nach. Von Vilich abwärts bis nach Wahn ist er hier mit vielem grobem Kies untermischt, welchen die Sieg mit sich geführt und durch ihre Hochwässer weithin abgelagert hat. Die tiefsten Stellen der Niederung in den zahl- reichen und oft sehr ausgedehnten alten Flussläufen und Strombetten werden zum Theil noch jährlich mit Wasser gefüllt und lassen sich nur als Grasland und als Weiden- heger nutzen. Ausserhalb des eigentlichen Stromthales sind die Alluvialböden sehr gemischt. Thon, Lehm, Sand, Kies und kleine Gerölle werden mitunter auf grossen Flächen ziemlich gleichmässig vertheilt gefunden, mitunter aber wechseln sie auf kurzen Strecken. Die nicht unbeträchtlichen Zuflüsse, welche sich von den Eifelgebirgen her einerseits zur Roer, andererseits zur Erft vereinigen, haben sämmtlich in ihrem oberen Laufe ein ziemlich starkes Gefälle und führen vielen Boden und Steinschutt mit sich. Sie versanden und verschlämmen desshalb die Flussthäler da, wo der Lauf der Ge- wässer ruhiger wird, in sehr fühlbarer Weise. Die früher vorhandene Schiffbarkeit ist verschwunden, und namentlich die Erft ist, wie erwähnt, in so hohem Grade versumpft, dass die in die ausgewaschenen Braunkohlenschichten eingeschwemmten Niederungsböden ausschliesslich als Wiese und Weide genutzt werden. Auch die Roer führt oberhalb und unterhalb Jülich zur Entstehung grosser Flächen moorigen, stagnirenden Bodens. Ganz besonders stockend sind die Niederungen der Niers, welche in 2 Hauptzuflüssen um Odenkirchen und um Uerdingen in geringer Meereshöhe ihre Gewässer sammelt und ein äusserst schwaches Gefälle hat. Indess sind gleichwohl eigentliche Bruchländereien und torfiger, eisenschüssiger Boden nicht in erheblicher Ausdehnung vorhanden, häufiger kommt ein schwerer und zäher Thon vor. Die überwiegenden Flächen besitzen einen milden, fruchtbaren, genügend mit Sand gemischten Lehmboden. Die die Ebene durchziehenden, überall nur unbeträchtlichen und flachen Boden- erhebungen gehören dem Diluvinm an und sind häufig sandig; selbst dünenartige *) Eine Analyse des Rheinschlammes giebt Bischof im Jahresbericht von Liebig und Kopp. 1852 S. 982. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. 291 Anhäufungen eines leeren Flugsandes kommen vor. Durch die Kreise Neuss, Grevenbroich und Gladbach aber finden sich in dem Diluviallande auf grösseren Flächen Mergel- böden, in denen Kalk und Thonerde in sehr günstiger Weise vertreten sind. Der Boden ist hier vorherrschend sehr fein gemischt, tiefgründig und reich. Seinen Untergrund bildet entweder ein starkes Mergellager, oder ein der Krume ähnlicher, mergelhaltiger Lehm- und Thonboden. Für die Ackerkultur ist er vorzüglich geeignet. Die Be- stellung kann fast zu jeder Zeit und ber jeder Witterung vorgenommen werden; der Pflanzenwuchs entwickelt sich üppig, und die Ernten sind, wenn nicht übermässige Nässe das nicht selten beobachtete Lagern der Früchte veranlasst, ziemlich sicher. — Der südliche Theil der Provinz, der überwiegend den hohen Gebirgslagen an- gehört, trägt auf der rechten Rheinseite, den Kreis Wetzlar nicht ausgenommen, durchaus den Charakter der Bodenverhältnisse der angrenzenden Theile Westfalens. In den Thälern ist der Grund meist ziemlich tief, von lehmiger oder sandig-lehmiger Be- schaffenheit und hat Schutt und Gerölle der Grauwackengesteine zur Unterlage, aus welchen die Höhen bestehen, während in der pflanzenernährenden Schicht der Abhänge und Kämme gelbe, eisenschüssige Letten mit Kies und Steinträmmern die hauptsäch- lichsten Bestandtheile bilden, Der verwitterte Basalt und Trachyt des Siebengebirges zeigt sich, wo der Fels nicht hervortritt, als ein fruchtbarer Boden, welcher nach den Thälern hin an Güte und Tiefe gewinnt. Die in Neuwied und Altenkirchen an zahlreichen Stellen bekann- ten Durchbrüche des Basalts durch die Grauwacke tragen dagegen zur Verbesserung des Bodens nicht merklich bei. Auf der linken Rheinseite steigt das Gebirge von Euskirchen und von Aachen aus schroff zu der charakteristischen Hochfläche des hohen Venns und der Schneeeifel auf. Es findet sich hier das älteste Glied der Grauwackenbildung, der aus ver- steinerungsleeren, halbkrystallinischen Schiefern bestehende, mit mächtigen Quarzadern (Vennstein) durchzogene, sogenannte Ardennenschiefer. Er nimmt das Gebiet vom Aachener Kohlengebirge bis zu einer der nordöstlieben Hebungsrichtung des gesammten Ge- birgszuges parallelen Linie ein, welche durch die Kreise Malmedy und Schleiden, vom Hofe zu Thommen über Amel, Witzfeld, Kirschseifen bis Winzen unweit Schleiden läuft. Soweit er herrscht, bildet das Gebirge eine einförmige Hochfläche mit geringen Senkungen. Das grau-bläuliche, thonige Schiefergestein zersetzt sich unter der Einwirkung der auf diesen Höhen fast unausgesetzten atmosphärischen Niederschläge an der Ober- fläche und überzieht dieselbe bis zu gewisser Tiefe mit einer zähen, lettenartigen, un- durchlassenden Decke. In meilenweiter Ausdehnung von Vossenack, an der Nordgrenze des Kreises Montjoie, bis Xhoffraix, Sourbrodt und Elsenborn im Kreise Malmedy, wo die Oberflächengestaltung den Abfluss des Wassers nur in unzureichendem Maasse zu- lässt, hat sich desshalb eine versumpfte, moorige Bodenschicht von Torf und Rasen- eisenstein gebildet, auf welcher weder Baum noch Strauch, nur Torfmoos und Renn- thierflechten und hin und wieder Binsen, Nordengrasbüschel und Heidegestrüpp zu erblicken sind. Auf grossen Strecken ist hier nichts als eine spärliche Streunutzung, möglich; nur die besten Stellen bilden Weiden oder saure Torfwiesen. Durch das anstossende Verbreitungsgebiet der jüngeren Grauwacke, in welche die Flussthäler theils nach Osten zur Aar, theils nach Süden zur Mosel eingeschnitten sind, findet sich auf den Koblenzschichten ein lettiger, mit Trümmern gemischter Boden, auf dem Eifelkalk, der besonders einen beträchtlichen Theil des Kreises Schleiden 19* 292 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. einnimmt, ein mit Lette und Kalksteinen vermischter Kalkboden, welcher die besseren Aecker des Hochlandes bildet. Je mehr sich östlich nach dem Rhein zu zwischen den höheren Gebirgsrücken flachere Thäler öffnen, welche die Ansammlung tieferer Böden gestatteten, desto häufi- ger tritt ein, zum Theil schon mit Produkten anderer benachbarter Gesteinsmassen gemischter, guter Weizenboden auf, der hinsichtlich seiner Ergiebigkeit höher zu stellen sein würde, wenn ihn nicht die hohe Lage und das abwechselnde Ansteigen des tho- nigen, oft eisenhaltigen Untergrundes benachtheiligten. Er liegt auf den Höhen der nörd- lichen Aargehänge; seine besten Lagen aber hat er auf dem Mayfelde; dies ist der Theil des Kreises Mayen, welcher um Münstermayfeld gelegen, etwa durch die Orte Kobern und Pillig und die Mosel abgegrenzt wird. Hier findet sich ein tiefer, mergeliger, ziem- lich milder, abwechselnd thoniger Lehmboden mit durchlassendem, nur selten thonigem Untergrunde, der auch durch seine gegen Süden offene Lage klimatisch begünstigt ist. Weniger fruchtbar nach Beschaffenheit und Lage ist dieser Boden in seiner weiteren Verbreitung über einzelne Abdachungen und kleine Hochflächen im Kreise Koblenz, auf dem nördlichen Rande des Kreises St. Goar und am östlichen Saume des Kreises Kochem. Zwischen Mayen, Andernach und Koblenz breitet sich der schon S. 168 und 177 geognostisch genauer geschilderte Bimsstein- und Tuffboden aus, der seinen Ursprung den Vulkanen um den Laachersee zu verdanken hat. In tieferen Lagen ist er zum Theil mit Löss vermengt oder bedeckt denselben. Der Bimssteinboden, dessen agronomisch einflussreiche Verbreitung auf 8" O]Meilen berechnet ist, erscheint meist in leichten, bis zolldicken Brocken und Körnern, hin und wieder auch als sehr ungleicher, grober Sand; seine Beackerung bedarf nur geringer Kräfte, er erfordert aber viel Dünger, ist nicht wasseranhaltend und bei an- dauernd warmer Witterung nicht widerstandsfähig; dadurch sinkt er, wenn ihm jede Beimischung fehlt, zu einem wenig fruchtbaren Boden herab. Günstig dagegen wirkt er als Unterlage, weil er durchlassend ist und das Aufsteigen der Feuchtigkeit gestattet. Der Trassboden ist seines erheblich feineren Kornes wegen fruchtbarer*). Häufig findet sich in diesem Theile des Bezirkes auch der sogenannte todte Lehm, eine meist nur als Untergrund auftretende, hellgelbe Lössschieht, welche nach Farbe und äusserem Gerüge sehr fruchtbar zu sein scheint, auch nach den Analysen viele pflanzennährende Bestand- theile enthalten könnte, jedoch erfahrungsmässig die Eigenschaften eines tragbaren Bodens durchaus nicht besitzt. Die Grauwacke erstreckt sich im Regierungsbezirk Koblenz bis über den Soon- wald; im Regierungsbezirk Trier aber tritt sie von Bernkastel aufwärts nur auf geringe Strecken zum linken Ufer der Mosel und Saar hinüber. Die Kreise Kreuznach, St. Wendel, Ottweiler, Saarbrücken und Saarlouis gehören schon dem Rothsandstein und dem Kohlengebirge, die Kreise Merzig und Saarburg, der Westen von Trier und Wittlich und der gesammte Kreis Bitburg dem Buntsandstein und Muschelkalk an. Auf dem mit Rothsandstein, Porphyr- und Kalkmassen auftretenden Kohlengebirge sind tiefe Lehm- böden und sandiger Lehm von wechselnder Bündigkeit entstanden; der Muschelkalk *) Eine Analyse dieses vulkanischen Schlammes, des Trasses von der Herfeld’schen Grube bei Plaidt, theilt Dr. Vohl im polytechnischen Journal 1864 S. 207 und danach R. Hoffmanns und E. Peters Jahresbericht a. a. O. Jahrg. VUI. S. 48 mit. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. 293 hat meist zähe, thonige Mergel erzeugt, der Buntsandstein aber hier ganz überwiegend Sandboden gebildet. Die Niederung der Saar umfasst nur unbedeutende alluviale Ablagerungen, grösseren Umfang besitzen dieselben bei Trier; im weiteren Lauf wird die Mosel zu eng, um er- heblichen Anschwemmungen Platz zu geben. Das Nahethal hat von der Abdachung des Soonwaldes sehr günstig gemischte Verwitterungsmassen erhalten, die in die Thalsohle eingeschwemmt und an den Ab- hängen abgelagert sind. Es treten hier in weiter Verbreitung und grosser Mächtigkeit Lösschichten auf, welche aus einem milden, humosen, mehr oder minder kalkhaltigen Thonboden bestehen. Dieser Boden ist ausserordentlich fruchtbar, und das Thal der Nahe erscheint in der Ausdehnung von über 6 DMeilen als der vorzüglichste Theil der südlichen Rheinprovinz. Das Rheinthal dagegen steht schon seiner Enge und Steil- heit wegen sehr zurück. Auch an den Rheinufern, namentlich auf den breiteren Lagen zwischen Koblenz und Andernach zeigt sich der Löss zwar wieder, aber häufig von Sand und Sandschichten durchsetzt und desshalb weniger fruchtbar, als an der Nahe. — Für die genauere Charakteristik sind nachfolgend als Beispiele die Klassifikations- angaben für die Aecker von Grevenbroich, als des besten Kreises in der nördlichen Ebene, von Malmedy, als des schlechtesten Kreises auf der Eifel, von Kreuznach, als bezeichnend für den Süden des Gebirges, und von Koblenz wegen seiner besonderen Bodenverhältnisse mitgetheilt. Sgr. 1. Kreis Grevenbroich. 270 | I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 250—320 Thlr.), milder, humusreicher Lehmboden von mindestens 2'/ Fuss Tiefe, durchlassendem Untergrunde von gelblichem Lehm, bei fehlerfreier Lage. (Sehr guter Weizenboden.) 240 | Il. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 200— 300 Thlr.): a) derselbe Boden, wie bei der I. Klasse, bei nicht fehlerfreier Lage und dadurch bedingter feuchterer und kaltgründiger Beschaffenheit; b) milder, humoser Lehmboden von mindestens 1’, Fuss Tiefe, durchlassendem Untergrunde von gelblichem Lehm und fehlerfreier Lage. (Guter Weizenboden.) 195 | III. Ackerklasse (Kaufwerth von 180— 280 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die Klasse II.b., jedoch bei nicht fehlerfreier Lage und dadurch bedingter kälterer und nässerer Beschaffenheit; b) milder, humoser Lehmboden von mindestens ı Fuss Tiefe, auf einem festeren Untergrunde von gelblichem Lehm und in fehlerfreier Lage; ce) milder, humoser Lehmboden von derselben Tiefe, mit einem mehr durchlassenden Untergrunde von mergeligem Lehm oder iehmigem Mergel, bei ebenfalls fehler- freier Lage. (Mittelguter Weizenboden, auch Gerstenboden.) 150 | IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 15S0—250 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die Klasse III.b. und c., bei nicht fehlerfreier Lage, be- ziehungsweise kälterer und nässerer Beschaffenheit; b) sandiger Lehmboden von mindestens 8 Zoll Tiefe, mit einem kieshaltigen, wenig durchlassenden, ziemlich festen Untergrunde von bräunlichem Lehm, bei fehler- freier Lage; c) mergeliger Lehmboden von mindestens derselben Tiefe, mit einem Untergrunde von Lehmmergel oder Mergel, bei ebenfalls fehlerfreier Lage. (Geringer Weizen- boden.) 294 Sgr. 99 60 30 12 330 270 210 150 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100—200 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die Klasse IV. b. und c., jedoch bei nicht fehlerfreier Lage, beziehungsweise kälterer und nässerer Beschaffenheit; b) minder vermögender, sandiger Lehm von mindestens 4—8 Zoll Tiefe, auf festem, wenig durchlassendem Untergrunde von kieshaltigem, röthlichem Lehm bei fehler- freier Lage; c) leichter Lehmmergelboden von derselben Tiefe, mit einem Untergrunde von Mergel bei fehlerfreier Lage. (Geringer Gerstenboden, auch Roggenboden.) VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go— 120 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die Klasse V.b. und ce., bei nicht fehlerfreier Lage und dadurch herbeigeführter kälterer und nässerer Beschaffenheit; b) magerer, sandiger Lehmboden mit kaum 4zölliger Ackerkrume, auf festem, kies- haltigem, wenig durchlassendem Untergrunde; ce) geringer, gerodeter Waldboden von mindestens ıo Zoll Tiefe, auf durchlassen- dem, aber doch ziemlich bedeutende Eisentheile zeigendem, lehmigem Unter- grunde. (Roggenboden geringer Qualität.) VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 40—5o Thlr.): a) armer, sandiger Lehmboden von geringer Tiefe, mit eisenschüssigem, nassem Thon als Untergrund; b) sehr geringer, gerodeter Waldboden von mindestens 6 Zoll Tiefe, mit demselben Untergrunde, wie unter a.; c) geringer Moor- und Torfboden von etwa 4 Zoll Tiefe, mit einem nassen, eisen- schüssigen Thon als Untergrund. (Haferboden.) VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20—40 Thlr.): a) der geringste Thonmergelboden (sogenannte Kaninchenerde), sehr nasses Bruch- land, mit einem Untergrunde von Sand, Kies oder verwässertem, eisenschüssi- gem Thon; b) Sand mit sehr geringem Lehmgehalte und sandigem Untergrunde. (Schlechter Haferboden — Heideboden.) 2. Kreis Kreuznach. (Unterer Bezirk.) I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 550 Thlr.), besteht aus Alluvion, Sandsteinverwitterung und von den oberen Gebirgen abgeschwemmten Erdarten von mindestens 1! Fuss Tiefe, mit theils festem Lehm, theils Kies als Untergrund; ist sehr kräftig, zu allen Früchten geeignet, und hat wegen der Nähe bei Ortschaften günstige Bebauungs- verhältnisse. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 400 Thlr.), enthält theilweise Alluvion, wie in der I. Klasse, theilweise mit Kieselschiefer oder Sand vermischten Lehmboden, oder auch verwitterte Gesteine, wie sie im Nahethale vorkommen, von 9—36 Zoll Tiefe, ist kräftig und frisch, mit durchlassendem Untergrunde, und zu allen Früchten geeignet. III. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 300 Thlr.), besteht theils aus Alluvion in den Thä- lern, oder aus reinem Lehm, theils aus Lehm mit verwittertem Kieselschiefer oder Kies, oder mit verwittertem bunten Sandstein und vulkanischem Gestein vermischt, von 6— 30 Zoll Tiefe, ziemlich kräftig und auf durchlassendem Untergrunde, frisch und schon weiter von den Ortschaften entfernt. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 200 Thlr.), hat eine Bodenkrume von 6— 12 Zoll Tiefe, besteht aus den Erdarten der II. Klasse, mit ungünstigeren Mischungen und theilweise undurchlassendem Untergrunde und hat desshalb ungünstigere Bauver- verhältnisse. Sgr. 90 43 21 12 270 210 150 120 81 42 21 12 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. 295 V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 160 Thlr.), hat eine Bodendecke von 5—36 Zoll Dicke, vorherrschend aus verwitterten, mit Thon gemischten Gesteinen an den Ab- hängen und aus verwittertem Gestein auf dem Plateau bestehend, mit Unterlagen von Kies, mit Thon gemischtem Kies oder festen Gesteinen; die Feuchtigkeits- verhältnisse sind je nach dem Untergrunde verschieden. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 120 Thlr.), hat eine Bodendecke von 3—30 Zoll Mächtigkeit, deren Bestandtheile leichter, magerer Lehm, theilweise gemischt mit Thon, Sand und eisenhaltigen Erdarten, theilweise gemischt mit Gesteinen sind; hin und wieder auch feucht oder sumpfig; die Unterlage variirt zwischen festem Gestein, Trass, Thon, oder Kies. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.), hat eine Ackerkrume von 6— 12 Zoll Dicke, besteht aus mit Thon vermengtem Sand, aus Klaiboden, sterilem Thon und verwittertem, eisenhaltigem Kohlenschiefer, mit einer Unterlage von thonigem, eisen- haltigem Trass und theilweise festem Gestein. VIII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 45 Thlr.), besteht aus sterilem Thon, Lette, Stein- gerölle und eisenhaltigem Kies auf einem undurchlassenden Untergrunde von festem Gestein, sowie mit Steingerölle gemischtem Trass und Lette; Bodenkrume 5—8 Zoll, 3. Kreis Koblenz. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 280 Thlr.), enthält theilweise einen tiefgründigen Lehmboden von etwa 36 Zoll Tiefe, theilweise eine leichtere, gemischte Lehmboden- art mit gutem Untergrunde und hat eine günstige örtliche Lage. ll. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 200 Thlr.), schliesst sich mit Hinsicht auf ihre Boden- bestandtheile der vorgedachten Bodenart an, entbehrt aber zum Theil die günstige Bezugsquelle des Düngers, zum Theil aber auch die günstige Beschaffenheit des Bodens; die Tiefe des Bodens beträgt durchschnittlich 18—24 Zoll mit durch- lassendem und warmem Untergrunde. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 150 Thlr.), gehört in den Thalniederungen den leichteren, gemischten Bodenarten mit einer Ackerkrume von 18—20 Zoll an; auf den Plateaus mehr dem Lehmboden mit hervorragenden Thonbestandtheilen und durchlassendem Untergrunde. IV. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıro Thlr.), hat eine durchschnittliche Tiefe von 1ı0—ı$8 Zoll; im Untergrunde ist Thon, in der Krume besonders Sand vorherr- schend; diese Bodenklasse besonders ist theils durch die hervorragenden Bestand- theile des Fluss- und Bimssteinsandes bedingt, theils durch eine unverhältnissmässige Beimischung des Thones, endlich auch durch die erschwerte Bewirthschaftung auf den Höhenlagen. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.). Diese in den höheren Lagen vorkommende Bodenklasse gehört, gleich der vorigen, dem leichteren Sandboden und dem schwe- ren Thonboden an, mit Unterlagen von Sand, Kies und Thon, theilweise Kalk, auch durchlassend, mit einer Tiefe von durchschnittlich 10—ı2 Zoll. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa so Thlr.),. Diese Ackerklasse schliesst sich der vorigen an, hat aber entschieden geringere Bodenbestandtheile, eine Ackerkrume von 6— 10 Zoll, die Unterlage wie vorbeschrieben, und ist als Höhenlage oder steiler Abhang schwierig zu bewirthschaften. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa zo Thlr.), gehört dem höchsten Höhenboden, den steilsten Bergabhängen und den leichteren Sandbodenarten an; bei den Thonboden- arten und dem Grauwackenschiefer mit einer Unterlage von undurchlassendem Thon» Kies und Grauwackenschiefer beträgt die Tiefe des Bodens 4—6 Zoll. VIH. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 10 Thlr.), fasst hauptsächlich das in jüngerer Zeit V 108 72 48 30 21 15 6 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 8. Rheinprovinz. in Kultur genommene frühere Oed- und Weideland in sich, und schliesst sich be- züglich der Qualität der vorbeschriebenen VII. Bodenklasse, jedoch unter ungünsti- geren Bedingungen an, indem sie hervorragend aus dem leichtesten Sandboden oder Kiesgerölle besteht. 4. Kreis Malmedy. I. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 100 Thlr.), besteht ans mildem Lehm mit verwittertem, buntem Sandstein von durchschnittlich ı2 Zoll Tiefe mit durchlassender Kies- unterlage. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa go Thlr.): a) derselbe Boden, wie die I. Klasse, jedoch in nicht so günstiger Lage; b) milder Lehm mit etwas Thon von durchschnittlich 12 Zoll und einer Unterlage von thonigem Lehm. Bei beiden Klassen wird der Reinertrag mit durch die günstige Lage, Absatz- und Verkehrsverhältnisse bedingt. II. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 65 Thlr.): a) derselbe Boden, wie die II. Klasse, jedoch in noch ungünstigerer Lage, auch mit mehr Sand und Kies vermischt; b) milder Lehm mit etwas Thon- und Thonschiefer von ız Zoll Tiefe und einer Unterlage von Lehm und Thonschiefer; c) milder Lehm mit Sand und Kies in einer Tiefe von durchschnittlich ır Zoll, mit einem Untergrunde von Kies und festem Gestein. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 5o Thlr.), besteht aus mildem, leichtem Lehm mit mehr oder weniger Thonschiefer, Kies oder Grauwacke gemischt, in einer Tiefe von durchschnittlich ır Zoll und einem Gemisch von gelbem Lehm und den ge- nannten Steinarten als Unterlage. V. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 35 Thlr.), derselbe Boden, wie die IV. Klasse, aber von geringerer Qualität, in einer Tiefe von 7—8 Zoll, mitunter auch wohl tiefer, dann indess in entfernterer, für die Kultur und den Verkehr ungünstigerer und dem Frost ausgesetzter Lage. VI. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 20 Thlr.): a) derselbe Boden, wie bei Klasse V., aber in den dem Frost am meisten aus- gesetzten Lagen; b) feuchter, kaltgründiger Lehmboden, namentlich an Nordabhängen, in einer Tiefe von 6—7 Zoll; ce) magerer, mit vielem Kies und Schiefer vermischter Lehmboden in höherer und nicht leicht zugänglicher Lage. Die Ländereien dieser Klasse bleiben, nachdem sie 5—6 Jahre zu Acker ge- braucht worden, 9 bis 12 Jahre brach liegen und liefern während dieser Zeit eine dürftige Weide. VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa 15 Thlr.): | a) ganz magerer und leichter Lehmboden mit vielem Schiefer, Kies oder Grauwacke von einer Tiefe von 5—6 Zoll, auf einer Unterlage von strengem, gelbem Lehm mit den bezeichneten Steinarten; | b) Boden, wie zu b. und ce. der VI. Klasse, jedoch noch höher und unzugänglicher gelegen. \ VII. Ackerklasse (Kaufwerth etwa ıo Thlr.): | a) der schlechteste und am ungünstigsten gelegene Gebirgsacker; | b) schlechter, frisch urbar gemachter Heideboden. Die Ländereien dieser Klasse werden meistens geschiffelt und bleiben dann, nachdem sie 2—3 Jahre geackert worden, brach liegen, bis sich wieder eine Krume * NE IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 297 Sgr. gebildet hat. Während dieser Zeit, 10—ı2 Jahre, produziren sie sehr dürftige Weide und Ginsterstreu. — Im allgemeinen wird bemerkt, dass sämmtliches Ackerland die Natur von Wechselland hat, indem auch das beste nicht anhaltend in Acker gehalten werden kann, vielmehr nach einem Zeitraume von 6—g Jahren durchschnittlich wieder g9—ıo Jahre brach liegen bleiben muss, damit die Krume während dieser Zeit, in der es je nach der Klasse, der es angehört, eine bessere oder schlechtere Viehweide liefert, wieder ertragsfähiger werde. Für die vorstehenden Angaben über die Bodenbeschaffenheit der einzelnen Pro- vinzen ist besonderer Werth darauf gelegt worden, das statistische Material in der Gestalt erscheinen zu lassen, in der es vorhanden ist, und dasselbe möglichst übersichtlich an das Bild der charakteristischen Verschiedenheiten des Terrains und der bestimmend einwirkenden Lage anzuknüpfen. Wo sich Hülfsmittel für eine genauere analytische Beschreibung der bezüglichen Kulturböden fanden, sind dieselben angemerkt worden.*) Der Gesammtüberblick über die Vertheilung der Hauptbodenarten im Staatsgebiete ist durch die dem Atlas beigegebene, S. 188 erläuterte Bodenkarte erleichtert**); wo dieselbe in den Gebirgslagen keinen hinreichend deutlichen Anhalt gewährt, wird die geognostische Karte denselben ergänzen können. Die zahlenmässigen Hauptverhältnisse nach Fläche und Prozentantheilen weist die umstehende Tabelle (S. 298) nach, in welcher sowohl die einzelnen Provinzen gegen- über gestellt sind, als auch die Summe der 4 nördlichen Provinzen, welche ausschliess- lich Schwemmland umfassen, mit der Summe der 4 südlichen verglichen ist. Danach sind die Provinzen des Schwemmlandes bezüglich der Fläche der Lehm-, Thon- und Kalkböden ganz ausserordentlich im Nachtheil, sie stehen in ersterer gegen die süd- lichen Provinzen dem Antheilsverhältnisse nach um das Fünffache, im Kalkboden sogar um das Dreiundzwanzigfache zurück, zugleich enthalten sie an reinem Sandboden ungefähr die Hälfte, an Moorboden das Dreifache und an Wasserflächen das Vierfache mehr als das Bergland, so dass sie für die kräftigeren Böden desselben auch keinen erheblichen Ersatz durch den Besitz an gemischten, sandigen und lehmigen Böden zu erreichen scheinen. *) Für allgemeine Vergleichungen ist auf G. J. Mulders Chemie der Ackerkrume d. Müller, Berlin 1861, hinzuweisen. Die wichtigste Literatur der Bodenkunde ist S. 180 aufgeführt. In Schlesien hat die Akademie zu Proskau auf Anregung ihres Direktors aus jedem Kreise Proben des Bodens erster Klasse und anderer noch vorkommender, besonders charak- teristischer Bodenarten erhalten. Die Proben für diese Bodensammlung sind bei der Revision der Musterstücke aus Oberkrume und Untergrund ausgestochen, je in Holzkisten zu etwa 6—38 Pfund verpackt und mit der Beschreibung des Musterstückes, von welchem sie entnommen, dem Vermerk des festgestellten Tarifsatzes und der für denselben geltenden Bestimmungen des Klassifikationsprotokolles versehen worden. *) Auf Ansuchen bei dem Kgl. Ministerium für die landwirthschaftl. Angelegenheiten können Kopieen der Bodenkarte für Regierungsbezirke auf den Blättern der Reymannschen Spezialkarte (S. ı2) zum Preise von 2 Sgr. für die bezeichnete Quadratmeile erlangt werden. 298 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. Flächeninhalt in geographischen DMeilen zu Lehm- (Thon-) boden Provinzen sandiger grauer | Zusammen | Lehm Gesammt- Lehm Lehm grauer |Fohm (Thon) | Lehn- Es ak in den Lehm (Thon) fd TE Fiussniede- | auf der Höhe fläche in den und lehmiger Flussniede- || Thonböden | Kand zungen en rungen || Spalte 3-6 4 B) 6 7 8 9 Branssent rag Zee I 133,985 I2 5,201 20,220 37,697 71327 190,445 5II,goo 339,114 Bommern rs 546,891 34,355 0,863 == I,og0|| 36,298] 245,378 | 193,49 Posen. 22 ur eye 525,444 | 27,740 7,167 7,990 6,5341 4931| 252,300) 176,453 Brandenburg... 2. .,2 724,398 3466| — IO,260 | 29,754 74,640) 257,058) 307,643 Schlesien" m Em. En 731,197 | 167,533 | 33,947 | 45,276| 22,385 || 269,147) 208,566| 228,898 Sachsen® y., az. KEN: 458,19: | 124,283 | 37,688 | 58,688 | I2,144|| 232,803 89,347 | I14,909 Nesttalen ihn Any; = 1 We 366,628 | 157,687 | 14,648 | 45,584 3,988|| 221,907| 38,420 90,292 Rheinland mn na 486,633 II5,034 21,104 | 175,960 16,370 328,468| 105,797 42,815 Der Staat . . | 4 973.367 | 786,459 | 135,637 | 381,455 | 99,582 |1403,133| 1708,56 | I 493,542 Preussen, Pommern, Posen und Brandenburg . . . | 2930718 | 221,922 | 28,250 | 55,947 | 54,887 | 350,814| 1266,636 | I 016,628 Schlesien, Sachsen, Westfalen | und Rheinland . . . . | 2042,64 I 564,537 | 107,387 | 325,508 | 44,695 1052319) 441,930 | 476,914 Zieht man aber nach der Charakteristik, die von der örtlichen Beschaffenheit der Lehm- und Thonböden gegeben werden konnte, in Betracht, dass die als Thonböden auf der Höhe verzeichneten Flächen fast ausnahmslos den schweren, zähen Letten, oder den von Steintrümmern bis zur Unfruchtbarkeit erfüllten Höhenlagen der Gebirge an- gehören und auch nach dem Zeugniss der Klassifikationsangaben in ihrem agronomischen Werthe für ein allgemeines Urtheil durchschnittlich nur den Sand- und Moorböden gleichgestellt werden können, so darf das Verhältniss der mehr oder weniger günstigen Bodenmischungen in folgenden Zahlen zusammengestellt werden: Procent-Antheil am Hundert der Gesammtfläche a ae Gemischte | Ungünstige Provinzen Günstige sandige Lehm- | Thonböden und Lahm und Thon: und lehmige Sand- und boden Sandböden Moorböden Wasser Preussen Pommern . Posen ö Brandenburg. Schlesien . Sachsen Westfalen . Rheinland. IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. 299 21566,.23 pr. Morgen Antheil am Hundert Moorboden 50,259 55,479 36,928 63,054 15,834 15,163 15,791 8,245 205,620 55,033 260,653 D » 8 > 2 x & 107,473 9I,cao 16,453 Kalklager unter | | den Böden Spalte 3-1 12. 0,981 7,869 O,115 O,ı7ı1 16,512 19,133 91127 107,773 Lehm- (Thon-) boden Lehm auf der Höhe Lehm in 'den Fluss- niederun- gen grauer | Lehm (Thon) auf der Höhe 15,9 grauer der Gesammtfläche Zusammen Lehm- und Thon- böden $p.13-16 (16,9) (6,6) (9,4) (10,3) (36,8) (50,8) (60,5) (67,5) (12,.) (51,5) sandiger Lehm und lehmiger Sand 43,2 (a1 6) Sand- boden Kalklager unter Wasser- den Böden $p.13-21 flächen 3,7 (0,1) 3,0 (1,4) 2,0 (0,022) 3,0 (01°) I,2 (2,3) 1,3 (42) (118) (5,9) (0,3) (5,3) Danach ergiebt sich, dass ungünstige Bodenmischungen in allen Provinzen in nicht wesentlich abweichendem Verhältnisse auftreten. Die Stelle der guten Lehm- und Thon- böden wird in den 4 nördlichen Provinzen von grossen Flächen gemischter Böden aus- gefüllt, welche in ähnlichem Verhältnisse in den 4 südlichen Provinzen fehlen, und von sie in ihrem agronomischen Werthe überall denen man nicht behaupten kann, dass hinter den Lehmböden sehr entschieden zurückstehen müssten. Es wird eine der nächsten Aufgaben der Bodenkunde Preussens sein, als Grundlage der landwirthschaftlich-statisti- schen Vergleichungen die genauere Sonderung dieser verschiedenwerthigen Bodenarten und ebenso eine schärfere Abgrenzung der agronomisch wesentlich abweichenden Terrain- lagen herbeizuführen, als sie im Vorstehenden möglich war. Indess ist nach allem Dargestellten nicht zweifelhaft und wird beim Ueberblick der bedeutenden zusammenhängenden Flächen nachtheilig gemischter Böden unmittelbar klar, dass das Staatsgebiet seiner Bodenbeschaffenheit nach wenig begünstigt ist und in jedem seiner Hauptabschnitte auf verhältnissmässig schr grossen Strecken nur geringe Frucht- barkeit erreichen kann. Versucht man aber, das Verhältniss der Bodenbeschaffenheit durch Vergleichung der genaueren Charakteristik, die durch die Klassifikationsmerkmale gegeben ist, mit den dafür zur Anwendung gekommenen Tarifsätzen näher zu erfassen, so überzeugt man sich bald, dass für die Gegenüberstellung ganzer Provinzen und entfernter Gebietstheile die Tarifsätze, also auch die bei der Schätzung gefundenen durchschnittlichen Rein- erträge nur in sehr bedingter Weise einen Massstab der Bodenbeschaffenheit abzugeben vermögen. 300 IX. Die örtliche Beschaffenheit des Kulturbodens. Derselbe Reinertragssatz ist in den verschiedenen Klassifikationen für sehr ab- weichende, im allgemeinen von den nordöstlichen zu den südwestlichen Landestheilen ersichtlich ungünstiger werdende Bodenmerkmale aufgestellt, und für gleich charakterisirte Böden steigen im wesentlichen in demselben Fortschreiten die Reinertragssätze zum besseren auf. Dies ist in der Natur der Verhältnisse vollkommen begründet. Es tritt darin der Einfluss aller der Bedingungen des Reinertrages hervor, welche in einem kleinen Bezirke der Bodenbeschaffenheit gegenüber kaum in Betracht kommen, auf weitere Entfernungen hin sich aber bestimmender erweisen können, als selbst grosse Unterschiede in der Bodengüte. Der Einfluss des Klimas ist in dieser Beziehung schon eingehender besprochen. Andere Verhältnisse wird der Verlauf der Darstellung noch zu be- rühren haben. Das tiefere Interesse, welches sich an die Frage knüpfen muss, in wie weit die Werthverschiedenheiten von den dem Boden nach seinen Bestandtheilen und nach den physikalischen und klimatischen Bedingungen seiner Lage innewohnenden Vegetations- kräften abhängen, und in wie weit sie andrerseits das Ergebniss der Kultur, des Ver- kehrs, überhaupt von veränderlichen und durch die nationale Arbeit der weiteren Ent- wiekelung entgegengehenden Faktoren bedingt sind, kann seine Befriedigung nur von einer viel eingehenderen Bewältigung des Stoffes erwarten. Hier kann schliesslich nur darauf hingewiesen werden, dass, wenn man einen zahlenmässigen Ausdruck für den Einfluss suchen wollte, den alle diese der Boden- beschaffenheit fremden Bedingungen auf den örtlichen Bodenwerth üben, man ihn nur aus der Differenz der Reinerträge entnehmen könnte, die zwischen den verschiedenen Schätzungsbezirken bei Böden gleicher agronomischer Merkmale auftritt, dass aber auch grade in den auf diese Weise ersichtlichen Unterschieden die Unmöglichkeit klar wird, zum Zwecke der Grundsteuerveranlagung aus der Bodenbeschaffenheit gemeinschaftliche Klassenmerkmale für den ganzen Staat aufzustellen. X Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Die Bevölkerung des preussischen Staates, deren Zahl und Dichtigkeit nach den einzelnen Provinzen, Bezirken und Kreisen in der Tabelle G. der Anlagen zusammen- gestellt ist, birgt bezüglich ihrer Verbreitung über das Staatsgebiet, wie bezüglich ihrer körperlichen und wirthschaftlichen Eigenthümlichkeiten gewisse, in Abstammung und geschichtlichen Schicksalen begründete Besonderheiten und Gegensätze in sich, welche von tief eingreifendem Einflusse auf die Entwickelung der Kulturzustände und des vaterländischen Staatswesens überhaupt geworden sind. — Für die Verhältnisse der Abstammung bildet die Elbe, oder genauer die Öhre, Elbe und Saale, eine charakteristische Grenze, In den südwestlich dieser Flusslinie bis zum Rhein ausgebreiteten Gebieten sind seit vorhistorischer Zeit deutsche Stämme sesshaft, welche von der Völkerwanderung nur wenig berührt, im wesentlichen ihre ursprünglichen Wohnsitze dauernd innebehalten haben. Die weiten Landstriche nordöstlich dieser Grenze bis zum Meere dagegen wurden, wie es scheint, von den deutschen Völkerschaften bei ihren Wanderzügen gänzlich verlassen, statt ihrer schon im Laufe des 5. Jahrhunderts von den Slawen besetzt und sind erst seit dem Beginn des ıo. Jahrhunderts durch eine anfangs kriege- rische, später fast ausschliesslich friedliche Kolonisation wieder germanisirt worden. Die deutschen Volksstämme im Westen entsprechen in ihrer gegenseitigen Ab- grenzung der Hauptsache nach noch gegenwärtig der Völkertafel, welche Tacitus um das Jahr 100 n. Chr. in der Germania aufstellte. Die rechtsrheinischen Landschaften sind von fränkischen Stämmen (Chatten, Marsern, Sigambrern) bis etwa zur Höhe des Rothhaargebirges und des Habichtswaldes besiedelt. Grosse Volksmassen haben sich von ihnen aus, theils gezwungen von den Römern, theils als siegreiche Eroberer über die früher keltischen Gegenden des linken Rheinufers ausgebreitet. Die Ripuarischen Franken setzten sich nördlich der Eifel bis zur Maas fest, südlich der Eifel die Salischen. Auf der Höhe des Gebirges und um Trier erhielten sich, wie es scheint, einige früh germanisirte, keltische Volksreste. 302 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Das gesammte Land nördlich des Rothhaargebirges, der Weser und des Thüringer- waldes bis zur Saale und Elbe erkannte nach und nach die Sachsen als herrschenden Stamm an. Gegen Westen führten von hier Hengist und Horsa grosse Schaaren nach Britannien; gegen Osten zogen Volkshaufen der Hermunduren, Longobarden und Sachsen zur Donau und nach Italien. Die zurückbleibenden aber wahrten im wesentlichen die alten Stammsitze. Die später Westfalen genannten Bructerer wohnten über das ganze Münsterland bis zum Teutoburger Walde, darüber hinaus ist die Provinz, soweit vor 1866 das preussische Gebiet reichte, von den Angrivariern oder Engern besiedelt. In der heutigen Provinz Sachsen liegen nördlich an der unteren Elbe die Stammsitze der Longobarden. Ihren Namen überliefert der Bardengau zwischen der Seeve und Jeetze. Im Harz behaupteten sich noch in später Zeit die Cherusker. An seinem Östfusse erinnert der Suevogau um Aschersleben, dem Stammlande der Askanier, an die dort sesshaften suevischen Nord- schwaben. Die Fürsten der Thüringer oder Hermunduren*) dehnten ihr Reich im 5. Jahr- hundert vom Main bis nördlich der Elbe aus. 531 fiel es unter dem Schwert der Sachsen und Franken, wie es scheint, nicht ohne Mitwirkung der Slawen. Letztere rückten seitdem bis an die Saale. Die Franken breiteten sich in den oberen Maingegenden aus. Die gegenwärtig preussischen Landstriche der Provinz Sachsen links der Saale aber kamen unter sächsische Oberherrschaft; es wird jedoch ausdrücklich bekundet, dass das Land grösstentheils den besiegten Thüringern gegen Zins überlassen geblieben sei, weil es die Sachsen nicht zu besetzen vermochten. Gewiss ist, dass auch in diesen geschlossenen Kreis alter germanischer Volks- sitze einzelne Einwanderungen stattfanden; Karl der Grosse verpflanzte zahlreiche sächsische Gefangene zum Theil auf grosse Entfernungen, die späteren Kaiser siedelten kriegsgefangene Slawen selbst bis jenseits des Rheins an, und im Laufe der Jahrhunderte fand nothwendig durch Handel und Bedienstungen vielfacher Zuzug statt; im ganzen aber sind diese Einflüsse bis auf die neueste Zeit gegenüber der Eigenart dieser dureh die Gebirgsnatur ihres Landes geschützten Stämme als sehr unerheblich anzusehen. Erst das gegenwärtige Jahrhundert setzt hier in der Freiheit des Verkehrs und Grund- erwerbes, der Grossartigkeit der Kommunikationsmittel und der Aufhebung der kleinen Territorien mächtige und unwiderstehliche Hebel der Völkermischung in Bewegung. — Die Slawen jenseits der obenbezeichneten Flusslinie theilten sich ebenfalls in mehrere Stämme. Unter dem gemeinsamen Namen der Wenden sassen an der unteren Elbe die Wilzen und Obotriten, von der Havel bis zur Saale die Sorben, in der Lausitz die Lusizen und nördlich gegen die Odermündungen die Leutizen. Oestlich schlossen sich an die Wenden in Schlesien die Belochrobaten, im Posenschen die Polen oder Lechen, in Pommern die Pomeranen. Jenseits der Weichsel waren im südlichen Preussen die masowischen Polen, in den nördlichen Ebenen und im Küstenlande die Preussen angesiedelt, von welchen letzteren angenommen wird, dass sie aus slawischen, lettischen und deutschen Elementen gemischt gewesen seien. Die slawisch sprechenden Volkstheile, welche die im Atlas enthaltene Sprachen- karte**) gegenwärtig in diesen Oertlichkeiten zeigt, werden noch jetzt im wesentlichen *) Jacob Grimm, Geschichte der deutschen Sprache 2. Aufl. 1853 (S. 414). *) Die Skizze ist ein Auszug aus der „Sprachenkarte des preussischen Staates“ von R. Boeckh, Berlin 1863, auf welche später zurückzukommen sein wird, Ihre nähere Er- X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 303 den hier genannten Stämmen zugeschrieben. Sehr gemischt mit Czechen und Slowaken ist die slawische Bevölkerung Oberschlesiens. — Ein halbes Jahrtausend hatten die Slawen ihre Wohnsitze fast ungestört inne. Karl der Grosse begnügte sich nach den schwer erkauften Siegen über die Sachsen, die Elb- und Saalgrenze zu sichern. Erst 927 begann Heinrich I. die Unterwerfung der Wenden unter das deutsche Reich mit der Eroberung Brannibors. Otto I. dehnte die deutsche Herrschaft bis jenseits der Oder aus und stellte der starken Macht, die er Gero, dem Markgrafen der Nordmark, in die Hände legte, die Aufgabe, aus welcher der preussische Staat hervorging. Zwei Jahrhunderte wüthete an den Ufern der Elbe ein selten auf lange unter- brochener, durch den Eifer für die Einführung des Christenthums verschärfter Kampf um die wenig mehr als nominelle Anerkennung der deutschen Oberherrlichkeit. Durch eine eigenthümliche Verkettung der Umstände aber wurde Albrecht der Bär, der besiegte Rival Heinrichs des Stolzen und Heinrichs des Löwen darauf hingewiesen, von seinen kleinen Stammlanden aus für das aufgegebene Herzogthum Sachsen jenseits der Elbe Ersatz zu suchen. Theils friedlich, theils mit dem Schwert befestigte er dort seine Herrschaft so schnell, dass er sich schon ı142 Markgraf von Brandenburg nennen, und der Kaiser an diesen Besitz sehr bald die Erbkämmererwürde des Reichs knüpfen konnte. Damals waren zwar seit länger als einem Jahrhundert Deutsche in grösserer Anzahl unter den Slawen verbreitet. Polen hatte sich bereits um rooo dem Pabst unterworfen, es waren die Bisthümer Posen, Breslau, Gnesen und Kolberg gegründet, und im Laufe des ır. Jahrhunderts Klöster und zahlreiche Kirchen erbaut worden, an denen überall vorzugsweise deutsche Geistliche wirkten, deutsche Kaufleute durchzogen das Land, und an den Höfen der Fürsten, von denen mehrere deutsche Prinzessinnen zur Ehe gewannen, verkehrten deutsche Ritter und Bedienstete. Aber die systematische Kolonisation deutscher Bauerngemeinden auf dem Gebiete der Slawen, aus der unmittelbar die Germanisirung hervorging, begann erst um die Mitte des ı2. Jahrhunderts. Sie fand in Albrecht dem Bären einen ihrer ersten und durchgreifendsten Förderer, der durch sie die Kultur des durch die Kriege verwüsteten und überhaupt nur wenig bebauten Landes zu heben versuchte, Helmold, der ausgezeichnete Chronist der Slawenkämpfe (F ce. 1170), erzählt als Zeitgenosse*); „der Markgraf Albrecht habe nach Unterjochung der Brizaner, Stoderaner und vieler an der Havel und Elbe wohnenden Völker, als endlich die Slawen sich all- mählich verloren, nach Utrecht und in die Rheingegenden, wie auch an diejenigen aus- gesandt, die am Weltmeere wohnten und von der Gewalt der See Schaden litten, näm- lich an die Holländer, Seeländer, Flanderer, und habe von ihnen eine ungemein grosse Menge Volkes herbeigeführt und diesen Leuten in den Städten und Ortschaften der Slawen Wohnsitze angewiesen. Durch die Ankunft dieser Fremden sei besonders das läuterung hat diese Karte durch die in Nachstehendem mehrfach benutzte Abhandlung R. Boekh’s „über die statistische Bedeutung der Volkssprache als Kennzeichen der Nationalität“ in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft (Bd. IV. Heft 3., Berlin 1866) gefunden. *) Helmold: Chronicon Slavorum lib. I. e. 88g.— A. v. Wersebe: Ueber die niederländi- schen Kolonieen im nördlichen Deutschland, Hannover 1815, Bd. II, S. 443. 304 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Bisthum Brandenburg, wie auch das zu Havelberg, sehr gekräftigt worden, weil sich die Kirchen vervielfältigten und der Besitz von Zehnten erheblich anwuchs. Die hollän- dischen Ankömmlinge hätten aber auch angefangen, das südliche Ufer der Elbe anzu- bauen. Von der Stadt Salzwedel an hätten die Holländer alles Sumpf- und Ackerland, den Landstrich, welcher Balsamerland und Marseinerland genannt wird, sehr viele Städte und Dörfer bis zu den böhmischen Gebirgswäldern im Besitz. Bis zur damaligen Zeit sei das Land von den Slawen besessen worden, nun aber seien die Slawen allenthalben vernichtet und vertrieben, und von den Küsten des Ozeans starke und unzählbare Völker herbeigeführt, welche die Länder der Slawen zu Besitz erhielten, Städte und Kirchen erbaut und ihren Wohlstand über alle Schätzung vermehrt hätten.* Den ersten Anstoss zu diesen Kolonisationen scheint eine glückliche Unternehmung Erzbischof Friedrichs von Bremen gegeben zu haben, der im Jahre ı106 einen bedeu- tenden Strich Sumpf- und Moorland durch Holländer besiedelte und kultivirte*). Ob die Anlage bei Bremen oder in der Umgegend von Stade stattfand, ist nach dem Mangel genauerer Bezeichnung in der Urkunde bestritten; an beiden Orten werden bald darauf ausgedehnte Ansiedelungen von Holländern gefunden. Diese Moorkolonie brachte ihm Zins und reiche Naturalzehnten; sein Nachfolger Adalbert dehnte die Anlagen weiter aus und es lässt sich verfolgen, dass das Gedeihen derselben so wenig Adolph II. von Holstein, welcher Wagrien kolonisirte, als dem Mark- grafen Albrecht unbekannt geblieben sein kann, und dass die Organisation, welche diesen Bremischen Kolonieen in einem ausführlichen, alle Rechte und Pflichten genau fest- stellenden Kontrakte**) gegeben worden war, für die Kolonisirung der Marken wie im wesentlichen für alle Kolonieen deutscher Bauern in den Slawenländern festgehalten wurde. — Die Kolonisationen Markgraf Albrechts umfassten schon einen grossen Theil von Brandenburg, namentlich erstreckten sie sich über die Priegnitz, über das neu erworbene Havelgebiet, den Fläming und die Elbgegenden und wurden, wie sich durch Helmold’s Angaben und zahlreiche Namen und Sprachreste zeigt, überwiegend durch Niederdeutsche bewirkt. Dass die Wische zwischen Elbe und Aland damals Ansiedler erhielt, ist erwähnt. Mit dem Fortschreiten der Erwerbungen in der Mittelmark und Neumark breiteten sich auch die deutschen Kolonieen mit grosser Schnelligkeit weiter aus. Die slawische Bevölkerung kann dort nur sehr schwach gewesen sein und scheint mehr und mehr die Nähe der Ansiedler gemieden und sich in einzelne abgelegene und ihr zusagende Be- zirke, wie in den Spreewald, den Oderbruch, die Gegend der oberen Elster, wo wir sie noch heut finden, zusammengezogen zu haben. Als die Pommern die östlichen Theile der Mark abtraten, legten sie auf das Land keinen Werth, weil Pommern wüste Strecken genug zu neuen Wohnsitzen enthalte. Im Lande Lebus blieben nach Wohl- brück*) bei der Besetzung durch die Deutschen nur äusserst wenige Slawen zurück. *) A. v. Wersebe a. a. O. Th. 1 S. 26. — Ch. E. Langethal: Geschichte der teutschen Landwirthschaft, Jena 1848, Th. II. S. 74. *) Abgedr. in Erpold Lindenbrog: Privilegia Archi-Eceel. Hamburgensis N. 35., in Lindenbrog: Sceriptores rerum Septentrional., edit. Fabrieii p. 148. und in Lüning: Reichs- archiv Part. Special. Contin. 2. ı. Fortsetzung S. 435. *) Geschichte des ehemal. Bisthums Lebus, Berlin 1829. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 305 Es ist überdies genügend bekundet, dass letztere nur das leicht zu bearbeitende Land in Kultur brachten und mit schwachem Gespann bewirthschafteten. Erst die Deutschen führten den grossen Pflug ein und nahmen schwere und steinige Böden in Angriff. In allen Theilen des verhältnissmässig wenig fruchtbaren Wendenlandes konnten desshalb die Ansiedler grosse Strecken Wald und Oede in Besitz nehmen. Selbst die äussersten Theile der Neumark, die Landstriche zwischen Drage und Küddow, welche als Wüste erworben waren, wurden in kaum hundertjährigem Besitz so gut kolonisirt, dass die Kolonisten unter mehr als 300jähriger Herrschaft der Polen ihre Nationalität bewahrten *) Nach Pommern zog die dortige Geistlichkeit die ersten deutschen Ansiedler um die Mitte des ız. Jahrhunderts herbei; aber erst nach den Polenkriegen, welche seit ııgır das Land durch eine Reihe von Jahren heimsuchten, wird bekundet, dass die Deutschen, namentlich aus dem östlichen Sachsen, schaarenweise in das Land gezogen seien, um die verödeten Städte wieder aufzurichten und die weiten Flächen desselben zu bebauen. Diese deutschen Ansiedelungen schritten so vor, dass in der 2. Hälfte des folgenden Jahrhunderts der Ueberlieferung nach die wendischen Bewohner schon das Land geräumt und sich nach Pommerellen fortgezogen hatten. Nur die Fürsten und der Adel blieben zurück, deren Besitzungen durch die Umwandlung unverhältniss- mässig an Werth gewannen. Den pommerischen Herzögen wurde von den nahe ver- wandten pommerellenschen vorgeworfen, dass sie Deutsche geworden und deutsche Rede angenommen hätten. Auch auf Rügen starb im Anfange des 15. Jahrhunderts die sla- wische Sprache völlig aus. In ähnlicher Weise wurde die deutsche Kolonisation in Schlesien nicht durch äussere Gewalt, sondern durchaus friedlich durch den Vortheil der einheimischen Fürsten und Grossen und den politischen Gegensatz, in dem diese sich gegen die Herrscher von Gross-Polen befanden, herbeigeführt. Dem slawischen Anbau war in Schlesien nach hinreichend sicheren Untersuchungen noch nicht ein Dritttheil des ganzen Landes oder kaum die Hälfte des jetzigen Kultur- landes unterworfen**). Im hohen Gebirge fand sich nur in einzelnen günstig gelegenen Thälern, wie um Glatz, Leobschütz und vielleicht um Hirschberg einiger Ackerbau. Auch in den niedrigeren Höhenzügen sind mit Ausnahme gewisser Striche besonders fruchtbaren und milden Bodens, wie um Trebnitz und zwischen dem Zobten und dem Rummelsberge, im wesentlichen nur solche kleine Ansiedelungen zu denken, welche ihren Unterhalt nicht auf erhebliche Ackerwirthschaft, sondern auf die Ausbeutung des Waldes, durch Verwerthung des Holzes, und auf Jagd und Bienenzucht stützten. Um die Mitte des ı2. Jahrhunderts aber beginnt nach dem Beispiel der Geistlichkeit und der Klöster, welches eine bessere Benutzung des Grundbesitzes lehrte, ein Streben nach wirthschaftlichen Verbesserungen. Für die Herzöge, denen nach den stattgefundenen Theilungen nicht mehr die Einkünfte des ganzen Polenreiches, sondern nur der kleinen schlesischen Gebiete zu- flossen, lag in der Ausbeute des öden Landes die Hoffnung, ihre erheblichen Bedürfnisse *) Boeckh a. a. O. S. 352 fi. *) A. Meitzen, Cod. dipl. Siles. Bd. IV. Urkunden schlesischer Dörfer zur Geschichte der ländlichen Verhältnisse; Einl. S. 103 — und Abhandlungen der Schles. Ges. für vaterl. Kultur 1864, Heft II.: Ueber die Kulturzustände der Slawen in Schlesien vor der deutschen Kolo- nisation S. 75. Boden d. preuss. Staats. 20 306 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. zu befriedigen. Boleslaus der Lange begann Holzschläger in die Wälder zu schicken und seine Bauern darin anzusiedeln. Anfangs kamen vereinzelte deutsche Pächter oder „Gäste“ und wurden gern aufgenommen, seit etwa 1220 aber übertrug sich die im Westen ausgebildete Art und Weise der Kolonisation grosser deutscher Bauerngemeinden durch Unternehmer auch nach Schlesien. Man bewilligte diesen Ansiedlern, als organisirte Gemein- wesen mit deutschen Gebräuchen und deutscher Rechtspflege und mit gewissen Hand- werks- und Verkehrsfreiheiten ausgerüstet aufzutreten und die Güter der ihnen über- lassenen Feldflur erblich, nur mit bestimmten, gleichbleibenden Leistungen belastet, zu besitzen. Dadurch hatten dieselben genügenden Reiz, die Mühsale der Rodung und Neusiedlung zu übernehmen und Inventar, Nutzvieh und Werkzeuge herbeizuschaften. Diese deutschen Bauernschaften, die auch slawische Elemente in sich aufgenommen zu haben scheinen, wurden nach dem Mongoleneinfall ausserordentlich zahlreich und er- streckten sich schnell über das ganze Land. Seit 1300 sprachen die Gebildeten in Schlesien deutsch. Nur in Oberschlesien wurde im 15. Jahrhundert unter den Podiebradschen Herzögen von Ratibor und Troppau das Böhmische vorübergehend noch eine Zeit lang Hofsprache. Unter der bäuerlichen Bevölkerung erhielt sich dagegen das slawische Volkselement und die slawische Sprache in den Landstrichen längs der Grenze Polens und Galiziens und bis zum rechten Oderufer. Hier wird es durch fortdauernden Zuzug einer leider sehr ungebildeten Ar- beitermenge aus diesen Nachbarländern immer aufs neue gekräftigt. Die deutsche Einwanderung nach Schlesien ist indess ebensowenig, wie die in den Marken, als ein massenhaftes Verlassen der Wohnplätze in West- oder Mittel- deutschland, oder überhaupt als ein in den Mutterländern sehr fühlbaresEreigniss zu denken. Die Anzahl der im 13. und 14. Jahrhundert in Schlesien neu begründeten Dörfer lässt sich nach der im folgenden Abschnitt näher zu besprechenden charakteristischen Art der Anlage beurtheilen und wird auf etwa ı 500 angeschlagen*); diese Dörfer bestehen in der Regel aus 4o bis 5o Hufen, von denen ursprünglich jede einzelne auf einen Wirth berechnet war, und einen solehen auch zur ersten Kultur vollauf in Anspruch nahm. Die Zahl der Polen, welche sich unter diesen Kolonisten ansiedelten, war gewiss kleiner, als die Zahl der Deutschen, welche in polnische Dörfer aufgenommen wurden, dagegen erstreckte sich die Kolonisation über einen Zeitraum von mehr als ıoo Jahren, und die Familien vermehren sich in einer Zeit so lebhafter und sicherer Unternehmungen rasch; auch trifft für Auswanderer nicht die gewöhnliche Kopfzahl der Familien zu; es wird desshalb, abgesehen von den Stadtbevölkerungen, die ländliche Kolonisation Schlesiens bis gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts durch einen Zuzug deutscher Landleute in der Zahl von 2 bis 3 Seelen für jede Kolonistenhufe oder im Ganzen von 150—ı80000 Ansiedlern als hinreichend gedeckt angenommen. Auf 120 bis 150 Jahre vertheilt, wird diese Zahl von der gegenwärtigen jährlichen Auswanderung aus Schlesien, soweit sie bekannt ist, weit überstiegen. Ihr Wegzug ist wahrscheinlich den schon damals stark bevölkerten Rheingegenden kaum bemerkbar geworden. Auch in Schlesien traten im Beginn des 13. Jahrhunderts Flamländer und Wallonen als Einwanderer auf, Sie werden besonders um Breslau und Ohlau genannt **). Die *) Cod. dipl. Siles. IV. a. a. O. *) C. Grünhagen, Les colonies Wallones en Silesie partieulierement & Breslau, Akadem. royale de Belgique Tom XXXII. des m&m. cour. et des savants etrang. 1867. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 307 überwiegende Masse der Ansiedler aber bestand nach urkundlichen Nachrichten und mancherlei Eigenthümlichkeiten der Sitte und des Dialekts aus Thüringern und Franken, namentlich Ostfranken. Es werden zwar flämische Hufen in grosser Zahl in Schlesien erwähnt und den weit überwiegend vorkommenden fränkischen entgegengestellt; es ist aber, worauf noch zurückzukommen sein wird, erwiesen, dass aus diesen Bezeichnungen nicht auf die Nationalität der Ansiedler, sondern nur auf das Maass und die Rechts- verhältnisse der fraglichen Hufengüter geschlossen werden darf *). Im Gegensatz zur Kolonisation Schlesiens war die Ansiedelung Deutscher in der Provinz Preussen ein planmässig vorbereiteter Theil der kriegerischen Unternehmungen des Deutschen Ordens gegen die heidnischen Landeseinwohner. Herzog Konrad von Masowien und Christian, der erste Bischof von Preussen, dem Konrad den grössten Theil des Kulmer Landes abgetreten hatte, sahen sich 1226 von den Preussen nach mehreren vergeblich versuchten Kreuzzügen so bedrängt, dass sie sich entschlossen, den Deutschen Orden einzuladen, gegen Uebertragung des Kulmer Landes und der etwa zu machenden Eroberungen den Schutz und die Kriegsführung gegen diesen Feind dauernd für sie zu übernehmen **), Der Hochmeister Herrmann v. Salza liess sich durch den Papst und durch Kaiser Friedrich II., dessen hohenstaufischer Adler in das Wappen Preussens übergegangen ist, zur Uebernahme dieser Pflicht für seinen Orden bestimmen, und nachdem namentlich auch die Berechtigungen des Ordens bezüglich der Besiedelung des Landes, sowie die bischöflichen Ansprüche gegen die Ansiedler fest verbrieft waren, begann 1231 die Wiedereroberung des Kulmer Landes, welche 1232 durch ein starkes Heer Kreuzfahrer durchgeführt wurde. Unmittelbar im Rücken des Heeres wurden die Städte Kulm und Thorn nach deutschem Recht begründet, und schon am 28. Dezember 1232 in der Kulmischen Handfeste die Rechte der Bürger und der ausgedehnten ihnen übergebenen Güter festgestellt. Diese Güter waren zu flämischem Maasse ausgethan, und das Kul- mische Recht, welches sich aus der Handfeste ausbildete und über einen grossen Theil der Ordenslandschaften verbreitete, war auf Breslauer und dadurch mittelbar auf Magdeburger Recht gestützt, und veränderte die in Schlesien über die deutschen An- siedelungen geltenden Gesichtspunkte nur insofern, als es den kulmischen Bauerhufen den in Schlesien in der Regel nur den Scholzenhufen zustehenden Charakter der Frei- güter gab, sie aber zu besonderen Kriegsleistungen verpflichtete. In 53jährigem Kriege wurde das Land Preussen vom Orden erobert. Bei der Hartnäckigkeit dieser Kämpfe wurde eine Landschaft nach der anderen verheert, manche wiederholentlich, wenn neue Aufstände der Eingeborenen stattfanden. Die deutschen Ansiedelungen, zu denen alle deutschen Stämme beigetragen haben sollen, erstreckten sich zuerst auf die verlassenen und herrenlosen Besitzungen im Kulmerlande, in Po- mesanien und Pogesanien. Mit der Erweiterung des Ordensgebietes auf Ermeland und Barten schritt die Austhuung von Ländereien auch dahin vor, und eine zahlreiche Menge Dörfer wurde in den vorderen und mittleren Landschaften durch deutsche An- siedler gegründet. Geringer war die Zahl der Kolonisten in Natangen und in dem dem- nächst eroberten Samland; die Zahl der Eingeborenen ging jedoch auch hier zurück. Von den 3 östlichen Landschaften sagt Voigt, dass der Orden in Nadrauen ein zur *) Cod. dipl. Siles. IV, Einl. S. 102. *) Voigt, Geschichte Preussens I. 430 ff., IL 159 ff. 20* 308 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Wüste gewordenes Land gewann, von dessen Einwohnern viele erschlagen und weg- geführt, viele nach Litthauen geflohen waren, und das sich selbst 5o Jahre später noch nicht erholt hatte. Die Einwohner des angrenzenden Schalauen wurden nach Samland versetzt; aus Sudauen aber wanderten die Preussen, nachdem sie ihr Land selbst ver- wüstet hatten, nach Litthauen aus. Nach Schubert kommt in den ostpreussischen Urkunden schon nach 1300 auf 3—4 deutsche Bauernnamen nur r preussischer. Vom Ördenslande und von Vorpommern aus schritt seit dem Ende des 13. Jahr- hunderts die deutsche Einwanderung auch nach Pommerellen vor. Sie hatte zuerst in Kassuben, in dem bischöflichen Theile der von Pommern neu erworbenen Gegenden begonnen, und blieb dort auch dauernd wirksam; weniger dauernd war sie in dem Antheile des Deutschen Ordens. Hier machten auf beiden Ufern der Weichsel unter der polnischen Herrschaft die Slawen wieder erhebliche Fortschritte *). Auch in den jetzt preussischen Gebieten des polnischen Reiches bereitete sich indess die Germanisirung seit der frühesten Zeit vor. Die erste namhafte Heranziehung deutscher Ansiedler nach Polen, dessen Grenze sich nur wenig über die Netze und die Obra hinaus erstreckte, fällt um die Mitte des 13. Jahrhunderts und ging von dem Erzbisthume Gnesen und den ersten Klöstern aus. Weitere Zuzüge fanden unter dem Könige Kasimir statt, der in mehreren Städten deutsche Gemeinden ansetzte, auf die er sich gegen den Adel stützte. Andere Ein- wanderungen folgten im Anfange des 15. Jahrhunderts. Eine neue Periode deutscher Besiedelung nach Polen begann 1620 durch die beim Ausbruch des 3ojährigen Krieges aus ihrer Heimath fliehenden Schlesier. Sie schoben durch ihre Ansiedelungen die Sprachgrenze bis in den heutigen Kreis Kröben vor. Seitdem wurden bis zur Abtre- tung dieses Landes an Friedrich Il. zahlreiche deutsche Hauländereien längs der Warthe, wie es scheint, ebenfalls von Schlesien aus gegründet. — Ob in den Marken und dem immer mehr vergrösserten brandenburgischen Besitz die spätere Vermehrung der Bevölkerung nach der ersten Zeit lebhafterer Kolo- nisation eine rasche war, ist schwer zu beurtheilen. In ruhigen Zeiten nahm die Bevöl- kerung gewiss erheblich zu; die Wirren des falschen Waldemar, die Zeit der Quitzows, die Hussitenkriege, häufige Theuerungen und Krankheiten, endlich der zojährige Krieg haben sie unzweifelhaft weit herabgedrückt, ohne dass bei dem ungleichen Einflusse dieser Uebel einzelne Orte, in denen sich Abnahme oder Zuwachs historisch nach- weisen lassen, mit genügendem Grunde als Beispiele dienen können. Der grosse Kurfürst suchte, sobald die Stürme des 3oJjährigen Krieges schwiegen, durch Zinserlasse, Geschenke an Material und durch andere Begünstigungen die in den Dörfern allenthalben vorhandenen wüsten Stellen durch auswärtigen Zuzug wieder zu besetzen. Er rief Bauern aus Holland, der Pfalz und der Schweiz ins Land, welche vorzugsweise in den Brüchen der Oder, Warthe, Netze und Havel angesiedelt wurden. Nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685 nahm er sich der Protestanten, denen die Auswanderung aus Frankreich verboten war, in einer Weise an, welehe seine politische Stellung zu Ludwig XIV. gefährdete. Er suchte in jeder Weise die in grosser Zahl heimlich Flüchtenden zu unterstützen, sicherte ihnen Hülfe und alle thunlichen Begünstigungen zu, namentlich alle Rechte brandenburgischer Unterthanen und die Frei- heit, als besondere Kirchengenossenschaften unter eigenen Vorstehern zusammenzutreten. *) Boeckh a. a. O. 8. 358 ft. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 309 Die Einwanderung betrug gegen 20 000 Seelen und richtete sich besonders nach Berlin selbst, wo noch gegenwärtig die sogenannte französische Kolonie als besondere Ge- nossenschaft und mit französischer Predigt fortbesteht. Bei der wachsenden Unduldsamkeit in katholischen Ländern nahm sein Nach- folger, Friedrich I., in ähnlicher Weise verfolgte Protestanten aus anderen Staaten, Waldenser aus Piemont, auch Mennoniten aus Holland, auf, und diese Zuzügler bildeten, wenn nicht durch ihre Zahl, doch durch ihre Intelligenz und Gewerbthätigkeit ein nicht unerhebliches Volkselement. Ihr Gedeihen und ihre Beziehungen zu ihrer Heimath trugen dazu bei, die Einwanderung fortdauernd rege zu halten. Es wird angegeben, dass der Zuzug des Jahres 1700 allein ı5 ooo Seelen betragen habe, und dass man um diese Zeit 43 bis dahin in der Mark ganz oder fast ganz unbekannte Gewerbe ge- zählt habe, welche durch die Fremden eingeführt und in Aufnahme gekommen seien. Als im Anfange des 18. Jahrhunderts Preussen und besonders Litthauen durch die Pest einen erheblichen Theil seiner Einwohner verloren hatte, gelang es eine so starke Zu- wanderung aus Franken und Schwaben, aus der Schweiz und vom Mittelrhein anzu- regen, dass in der gedachten Provinz 330 neue Dörfer gegründet wurden. Diese Kolonisation verstärkte Friedrieh Wilhelm I. durch die Aufnahme der Salzburger. Als 1730 den Hussiten und Lutheranern, welche sich bis dahin im Erzstift Salzburg erhalten hatten, die Duldung gänzlich versagt wurde, gab der König einer Anzahl von über 15 ooo Köpfen freien Landbesitz in der Umgegend von Memel, Tilsit, Gumbinnen und Insterburg und machte ihre Uebersiedelung durch Reisegeld und Unterstützung an Inventar und Baumaterial möglich. Friedrich der Grosse endlich legte auf die Heranziehung von Kolonisten ganz besonderen Werth. Man berechnet, dass unter seiner Regierung gegen 250 000 An- bauer in die preussischen Staaten aufgenommen und, wie näher zu zeigen sein wird, besonders zur Kultur von Bruchländereien verwendet worden sind, die ihnen in der Mark, in Pommern oder Preussen angewiesen wurden. Der ÖOder-, Warthe- und Netzebruch sind dörferweise von ihnen bevölkert. Unmittelbar nach der Erwerbung der polnischen Landestheile in Pommerellen, Westpreussen und im Netzedistrikt suchte Friedrich die dortigen, fast werthlosen Staatsdomainen und Forsten in Hauländereien umzuwandeln. Auf seinen Betrieb, der auch Private zur Nachahmung anfeuerte, sind zahlreiche Dörfer entstanden, welche von Friedrich Wilhelm Il. mit ähnlichem Eifer gefördert, mehr und mehr eine solche Ver- breitung gewannen, dass sie gegenwärtig auf jeder Spezialkarte der Provinz Posen als ein höchst bedeutender Bruchtheil der vorhandenen Ortschaften erkennbar werden. — Wie hoch im Staate im Laufe der Zeit Zahl und Dichtigkeit der Bevölkerung anwuchs, darüber bestehen für die Perioden vor 1816 nur Angaben, welche mit grosser Schwierigkeit vergleichbar sind, weil sie einer eingehenden Prüfung und Berichtigung bezüglich des Umfanges der Verwaltungsbezirke bedürfen, auf welche sie sich beziehen. Eine unmittelbare Beurtheilung lassen für einige Gebietstheile die nachstehenden Angaben Leopold Krugs*) über die Bevölkerung im Jahre 1802 zu. *) Betrachtungen über den Nationalreichthum des preussischen Staates, Berlin 1805, Band L S. 327. 310 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit, [a] rn £ x | auf Im Jahre 1802 lebten in der Provinz oder dem Herta Meile Kammerdepartement P en Menschen. Tr ee u ee ss Kürstenthum) Erfurt) 27 022 are er te 3 517 Grafschaft! Vecklenbure res ee er Se: 3 343 Gratschaft@RavenSsberg" Eee Su er Re. 3 330 Grafschaft Mark . . DIE EI EUER 0 nee en ie Beste 3 071 Fürstenthum Halberstadt as on ol Bo ee Toon en 2994 Herzogthum Schlesien . OL gar ni” Oo DOC Dahrch 20 mr Dee 2 960 Fürstenthum Eichsfeld mit Nordhausen, Mühlhausen, Blankenhain und reffunks eure Be Pi EUER Eur: BEN SERTER 2.930 Herzogthum, (Masdeburgy. ae L-Biete SE omg een ae een > 2849 Grafschaft-Pingenn.s u en ee a re: 2780 HerzogthumyKileven u. 2 2.00. 2 Be ee: 2505 Fürstenthum Minden. . . . NN EN TE ER BORN © 2,269 Fürstenthum Münster und Zubehör 2 eh reilge euer elle der u one Es 2 123 TRITT RE N a Ste N Re Re ce: So 1865 HirstenthumMBaderDornun en ee 1794 INSUIRATICHT EEE RS IE N ee SE SE re NEN Lie 1539 Im Posenschen Departement . On Br oa 1479 » Marienwerderschen Departement) .. ti. ulm ar DER 1405 „ Ostpreussischen 3 5 A rt A 1357 „ Litthauenschen a oe a a en. cu 1348 „ Bromberger BE OO ENG. OT Or ee & 1121 „ Herzogthum Pommern . . 2. 2... 1015 Im Staate nach seiner damaligen Ausdehnung durchschnittlich . . .| 1719 Diese Zahlen fallen zugleich an den Abschluss einer Zeit, deren Gesichtspunkte bezüglich der Bevölkerungspolitik bald verlassen wurden. Bis dahin hatte der Einzelne zwar gewisse Rechte auf Entlassung aus dem Orte seiner Geburt oder Angehörigkeit, aber kein Recht auf Aufnahme ausserhalb desselben. Auch darin bildeten die S. 67 gedachten Reorganisationsgesetze nach dem Tilsiter Frieden einen Wendepunkt. Sie brachten, ohne es ausdrücklich zu erwähnen, jedem das Recht der im wesentlichen freien Wahl des Aufenthaltsortes und beseitisten damit völlig das Bedürfniss des Staates, selbst für den Zuzug von Zuwandererschaaren Sorge zu tragen. Sehon dureh die Aufhebung der Gutsunterthänigkeit und der Beschränkungen in der Wahl des Gewerbes kraft $ 2 und 1o des Edikts vom 9. Oktober 1807 (G.-S S. 171) und durch $ 17 der Städteordnung vom 19. November 1808 (G.-S. S. 324), nach welchem nur Bescholtenen die Aufnahme als Bürger versagt werden durfte, ge- schah der eingreifendste Schritt zur Beseitigung fast aller Hindernisse der vollen Freizügigkeit. Die Gesichtspunkte des Allg. Landrechts Th. II. Tit. 17, $$ 127 — 183 wurden dadurch unhaltbar. Seit dem Jahre ıgrı kam eine immer grössere Zahl von Verträgen mit auswärtigen Staaten über die gegenseitige Aufhebung der Abfahrtsgelder zu Stande, und die Verordnungen vom 21. Juni 1816 (G.-S. S. 199) und 18. Januar 1819 (G.-S.S. 2r) stellten dieselben im Innern des Landes gänzlich ab. Das Edikt vom 2. Juli 1812 (G.-S. S. ı14) erleichterte die Auswanderung, die Verordnung vom 15. September ıg18 (G.-8. S. 175) gab sie völlig frei, sofern, was X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 311 bis zur Gegenwart gilt, Beamte ihre Entlassung erhalten, und Militärpflichtigen von der Ersatzkommission des Kreises attestirt werden kann, dass ihre Auswanderung nicht erfolgt, um sich dem Militärdienste zu entziehen *). Ebenso freigestellt wurde die Einwanderung. Nur Juden bedurften dazu nach dem Edikt vom ıı. März 1812 (G.-S. S. 21) besonderer Erlaubniss, sonst durfte keinem einwandernden Fremden die Aufnahme in den preussischen Staat versagt werden, sofern er nicht ein flüchtiger Verbrecher, oder sich zu ernähren offenbar unfähig war (Minist. Verordnung vom 24. August 1819, v. Kamptz Annal. III. S. 747). Für Inländer galten alle, die selbst, oder deren Eltern einen festen Wohnsitz in den preussischen Landen aufgeschlagen, ein Amt darin übernommen, oder als Gesellen oder Dienstboten ro Jahr und länger an einem und demselben Orte sich aufgehalten (Bekanntmachung vom 26. Januar 1824 G.-S. S. 56). Die Bevölkerung wuchs seitdem aus eigener Bewegung in so überaus raschem Maasse an, dass man mehr und mehr Nachtheile davon zu fürchten begann. In der Absicht, den Gemeinden einigen Schutz gegen den Zuzug fremder, verarmter und arbeitsunlustiger Personen zu ermöglichen, bestimmte desshalb das gegenwärtig geltende Gesetz vom 31. Dezember 1842 (G.-S. 1843 $. ı5) über die Erwerbung und den Verlust der Eigenschaft als preussischer Unterthan, dass das Staatsbürgerrecht ausser durch Abstammung, nur durch Verheirathung mit einem Preussen, durch Bestallung als Staatsbeamter oder endlich durch ausdrückliche, von der Bezirksregierung zu ertheilende Verleihung er- worben werden könne. Diese Verleihung hängt im wesentlichen davon ab, dass der Ausländer nach den Gesetzen seiner Heimath dispositionsfähig und unbescholten, dass er in dem Orte, in dem er sich niederlassen will, eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen findet, dass er an diesem Orte nach den daselbst bestehenden Verhält- nissen sich und seine Angehörigen zu ernähren im Stande ist, und falls er Unterthan eines deutschen Bundesstaates war, dort seiner Militärpflicht entbunden wurde. Aus- länder, welche sich in Preussen aufhalten, können angehalten werden, sich durch einen Heimathsschein über die Fortdauer ihres bisherigen Unterthanenverhältnisses auszu- weisen **), *) Vergl. Verordnung vom 20. Januar 1820 (G.-S. S. 35); Gesetz vom 31. Dezember 1842, $ 26 (G.-S. 1843 S. 18); Verf.-Urk. vom 31. Januar 1850, Art. ıı (G.-S. S. 18); Strafgesetzbuch von 1851, $ IIO (G.-S. S. 123); Gesetz vom Io. März 1856 (G.-S. S. 133). **) In weiterer Ausdehnung dieser Bestimmungen hat das Gesetz des Norddeutschen Bundes über die Freizügigkeit vom ı. November 1867 (Bundesgesetzblatt S. 55) bestimmt, dass vom I. Januar 1868 an jeder Bundesangehörige das Recht hat, sich innerhalb des Bun- desgebietes an jedem Orte aufzuhalten oder niederzulassen, wo er sich eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen zu verschaffen im Stande ist, ebenso an jedem Orte Grundeigenthum zu erwerben, und umherziehend oder an dem Orte des Aufenthaltes beziehungsweise der Niederlassung Gewerbe aller Art zu betreiben unter den für Einheimische geltenden Bestim- mungen. Zur Abweisung der Niederlassung ist seitens der Gemeinde der Nachweis erforder- lich, dass der Anziehende nicht hinreichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeits- fähigen Verwandten den nothdürftigen Unterhalt zu verschaffen. Durch den blossen Auf- enthalt aber, oder durch die blosse Niederlassung, wie sie das Gesetz gestattet, werden andere Rechtsverhältnisse, namentlich Gemeindeangehörigkeit, Ortsbürgerrecht, die Theil- nahme an den Gemeindenutzungen und an der Armenpflege nicht begründet. Das Gesetz vom 2. März 1867 (G.-S. S. 361) hat die Einzugsgelder aufgehoben. 312 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Die Folgen dieser Gesetzgebung bezüglich der Zahl der Ein- und Auswanderung lassen sich nicht genau übersehen. Die amtlich geführten Listen enthalten nur die nach den gesetzlichen Bestimmungen den Behörden bekannt werdenden Fälle und sind desshalb durchaus unvollständig. Was durch Kombinationen mit Erkundigungen in Seeplätzen u. ähnl. ermittelt werden konnte, ist in der Zeitschrift des K. statistischen Büreaus in den Abhandlungen über Aus- und Einwanderungen Jahrgang I. 1861, S. 56, Jahrgang III. 1863, S. 37 und Jahrg. IV. 1864, S. 141 niedergelest. Den amtlichen Nachweisungen nach hat die Zahl der Auswanderer in der Regel die der Einwanderer überwogen. Im Ganzen sind danach in dem 2ojährigen Zeitraume von 1844— 1863 238 231 Personen ausgewandert (davon 207 349 nach Amerika) und nur 62429 ein- gewandert. Der einzig sichere Anhalt aber für die Berichtigung dieser Zahlen, der aus dem Ueberschuss der Bevölkerung nach Ab- und Zurechnung der Geborenen und Gestorbenen zu gewinnen ist, ergiebt sehr erhebliche Mehrbeträge im Anwachsen der Volkszahl, welche nur durch Mehreinwanderung erklärt werden können. Jedenfalls bilden, wie obige Zahlen zeigen, Auswanderung wie Einwanderung höchst geringe Bruchtheile, sowohl der Vermehrung der Bevölkerung überhaupt, als der Bewegung derselben innerhalb des Staatsgebietes. — Das Anwachsen und die Vertheilung der Bevölkerung innerhalb der einzelnen Regierungsbezirke in den Perioden 1816, 1822, 1831, 1840, 1849, 1858 und 1864 ergeben nachstehende Uebersichten [e, d, e], welche im Anschluss an die Darstellung „das Anwachsen der Bevölkerung im preussischen Staate seit 1816“, in der genannten Zeitschrift Jahrgang I. 1861, S. 3 unter Ergänzung der Zahlen für 1864 mitgetheilt werden. Als Resultat für das Jahr 1864 ergeben sie, dass den einzelnen Provinzen nach die Bevölkerung folgendermassen vertheilt war: [b] auf auf ı D Meile | auf ı DJ Meile Es lebten 1864 in der überhaupt jeder D Meile Kulturlandes | fruchttragen- Provinz Bewohner der Gesammt- | (Hausstellen, | der Fläche = Aecker, Gärten, (Hausstellen, fläche | Wiesen, Weiden) | Aecker, Gärten) Breussents 4 22 1. gen: 3 014 595 2559 3 656 5 098 Bommern ne 1437 375 2492 3 553 4651 Posen. 1: DW oh: 1523 729 2 842 3 948 4706 Brandenbug . .... 2 616 093 3 563 5 87I 7 560 Schlesien 2. nu. 3 510 706 4733 7315 8.450 Sachkengeae-s 220.220: 2.043 975 4437 5 991 7195 Westfalenyg.n un. uk 1 666 581 4529 6 726 10 260 Rheinland . .. ... 3 346 195 6 869 10 716 14. 070 in Hohenzollern . . . . 64.958 3 071 _ | = im Staat . . 19 254 649 3 77% 5594 7185 mit Jadegebiet und Bundes- festungen Um das Verhältniss der einzelnen Kreise und deren ziemlich grosse Gegensätze übersichtlicher zu zeigen, sind dem Atlas Karten beigegeben, welche in verhältniss- mässigen Stufen die Vertheilung der Bevölkerung auf die DMeile der Gesammtfläche und auf die D)Meile der fruchttragenden Fläche nachweisen. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 313 [e] Regierungs- bezirk, . Königsberg 532 647 . Gumbinnen 353 527 . Danzig .. 237 980 „Marien- werder . 333 IOI .Köslin.... 237 441] 6. Stettin... . 316718 . Stralsund . 128 493| . Bromberg . 244 835 Alosen)... 575 341 . Frankfurt . 572 723 . Potsdam u. Berlin. . 710 893 ‚Oppeln .. 524 734 . Breslau . . 760 442 . Liegnitz . . 656 837 . Magdeburg 467 219| . Merseburg. 491 117 .Brfurt ... 238 717 . Minden . . 339 016 . Münster . . 350 518 . Arnsberg . 376 736 . Düsseldorf. 591 098] aKolnei. ... 327 812 . Aachen .. 307 958 . Koblenz... 344 668 rien. k- 299 372 Staat... ..| 10319 993 ohne Hohen- zollern und Jade. 1822 644 178 453 229 294 803 403 300 284 193 376 575, 139 970 303 372 655434 613 292 794 925 617 379 878 586 720 686 507 575 548 024 257 491 360 471 371 720 407 404 629 899 356 903 325 477 386 190) 333. 057, ı1 664 133 1551 4. 716 456 527 II5| 326 549 455 817 329 298 432 570 1501355 326 231 793 047 683 188) 896 751 730 044 g6o 881} 773 489| 562 932 604 303 282 352) 396 325 399 896 465 775 706 803 399 808 354 742| 436 828) 390 415) 13 038 970 796 065 597 725 366 685 549 697 393 289 492 357 170 848 408 975 824 875 769 866 087 231 906 010 084 522 868 288 628 695 683 700 324 826 441736 411249 530 212 809 951 447 437 385 388, 478 430 470 444 14 928 503 847 533 614 047 404 667 621 046 448 516 562 127 187 058 454 675 897 339 860 087 268 935 965 gı2 174 679 921 002 691 374 742 644 347 27 463 229 421935 579 757 907 151 497 330 41T 525| 508 866| 497 77° 16 296 483 1555 938 059 670 783 453 626 682 032 501 546 623 729 203 106 498 933 918 222 937 659 392 337 077 663 2.49 149 942 801 749 808 806 124 354 130 460 1o5 436.085 670 251 062 546| 1182 733 545 891 446 663 523 353] 528008) 564.090 17 672 609 1034 III 727 366 502 820 750 298 543 or 677 641 216 133 545 461 978 268 1003 567 1 613 016 I 192 384 1 345'377. 972 945 813 348 858 399 372% 228 483 148 442.472 740 961 584 833 472018 542 471 19 188 608 314 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. [d] Je 1000 Personen der Gesammtbevölkerung im Dezember 1816 hatten sich vermehrt m Regierungsbezirk a ß A L h q Im Regierungsbezirke bis bis bis bis bis bis Dezember| Dezember | Dezember) Dezember | Dezember Dezember 1822 1831 1540 1549 1858 1864 auf f auf auf auf 5. | 6. . Königsberg 1591 1760 . Gumbinnen 1736 1897 . Danzig 1700 1 906 . Marienwerder 1864 2.047 1888 2 II2 1774 1969 1455 1580 1857 | 2037 | 2559 | 2595 1 501 1637 1785 1958 1840 2.020 1544 1642 1402 | 1435 . Magdeburg 1466 1604 . Merseburg 1512 1641 . Erfurt 1454 1483 | . Minden 1366 1357 . Münster | 1204 I 244 . Arnsberg 1539 1779 1535 1798 1518 1 666 1336 1451 1477 15529 1663 1764 1579 1702 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 315 e@ [el Berech- Auf 1 DMeile Gesammtfläche lebten Bewohner nete srierungsbezirke Fläche |. j z [a [* |. = Regierung ; im De- | im De- | im De- | im De- im De- | im De- im De- zember | zember | zember | zember zember |zember |zember 1816 | 1822 | 1831 | 1840 | 1849 | 1858 | 1864 in DMeilen elle; 4. 5. ;. % 8. . Königsberg 408,13 | 1305 | 1578 2076 | 2298 . Gumbinnen 298a-| 1175 | 1519 2059 | 2249 152.8 | 1562 | 1935 2656 | 2926 .Marienwerder ...| 319,4: | 1042 | 1262 1944 | 2135 . Köslin 258,43 gI8 | 1099 | 1735 | 1940 . Stettin 238,6: | 1327 | 1578 2355 | 2614 479,68 | 1600 | 1756 | 2347 | 2549 214,8 | 1139 | 1412 2116 | 2322 321,38 | 1793 | 2040 2789 | 2857 .Frankfurt....... 351,65 | 1628 | 1744 2446 | 2660 .Potsdam mit Berlin] 382,5: | 1858 | 2078 | 3317 | 3 640 . Oppeln 243,6 | 2159 | 2540 3973 | 4433 . Breslau 248,14 | 3064 | 3 540 4733 | 5 034 . Liegnitz 250,54 | 2621 | 2876 3676 | 3763 . Magdeburg 210,13 | 2223 | 2415 3290 | 3 568 . Merseburg 188,76 | 2601 | 2803 3934 | 4270 . Erfurt 61,74 | 3866 | 4170 5621 | 5735 95,68 | 3542 | 3 767 4841 | 4808 132,17 | 2652 | 2812 3 192 | 3299 | 140,12 | 2688 | 2907 | 4137 | 4783 | I 9832 | 6015 | 6406 9226 10807 74» | 4527 | 4929 6869 | 7539 | 175,65 | 4070 | 4302 | 3.439,|7,5,994 109,64 | 3 143 | 3 522 | 4632 | 4773 131,13 | 2283 | 2539 | | 3796 | 4026 Staat... .| 5082,57 | 2030 | 2294 | 3 206 | 3.407 316 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. f] die eh Regierungs- die Inıeet de Fr — de er als ee En er '@ | wen- Kalande litthauische | wallo- die Bemerkung a deutsche | (masurche, dische ” kurische) \nische deneche Provinzen kassubische) | mährische | (Kurse ) Sprache 1. Königsberg... . 776230) 162969 | — 7| 32821] — 195 797 Gumbinnen. . . 439099| 148071| — — 1104583] — 252 654 Danzer 349467 | 114635 | — 2) — _ 114 637 Marienwerder . 441 382| 264766) — u u 264 766 | Nichtdeut- sche 29,2 "o Preussen .. | 2006 178 c 827 854 Koslmgera.rer. 515 239 2 3 676 Stettin ..... 642 394 I Stralsund... . 207 659 E— Pommern... 3 677 Bromberg..... 240 806 POSenge ee an. 560715 Posen... 666 083 c g0I 521 | dgl. 54, % Frankfurt.... gII 5I2 49 911 Potsdam .... 925 679 Io Stadt Berlin . . 524 945 — Brandenburg | 2 362 136 16 149875 300 — u 49 921 Oppeln ..... 409218| 665865| — |51197) — = 717 052 Breslaug. 0... 1217 I02 53 474 4 74384 — - 60 962 Liegnitz..... 912 774 26 | 32 353 2 — 32 387 Schlesien... | 2539094 | 719365 | 32 357| 58679) — _ 810 401 | dgl. 24, % Magdeburg . . . 766 630 — _ —_ — —— _ Merseburg ... 820 272 Il — 5 — — 6 Erfurt. ..... 359 095 — —= = = = _ Sachsen. .. | 1945 997 ml FE | — = 6 Minden ..... 466 103 _ _ — = 12 12 | incl. Jade- Münster. .... 437 017 — _ _ —_ — _ gebiet. Arnsberg... .. 701 397 _ u 2). — 47 49 Westfalen. . = u 2 — 59 61 Düsseldorf .... 16) — _ — 218 234 Kölner rer... _ = — — 9 9 Aachen cn... —_ — 6| — [10502 10 508 Koblenz —_ —_ _ —_ = — rien ker 537 194 _ = = — _ = Rheinprovinz | 3 164 937 ı6| — 6| — 110729 10751 Sigmaringen . . 64 422 -- _ — _ — _ 2 Nichtdeut- Staat .... |15 718 656 |2 214 888 | 82 232| 58 880] 137 40410 788 | 2 504 192 | sche 13,7 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 317 Die letzte Tabelle ist beigefügt worden, um im Rückblick auf die dargestellten Abstammungs- und Mischungsverhältnisse der Bevölkerung die Angehörigen der im Jahre 1861 im Staatsgebiet vorhandenen verschiedenen Nationalitäten zu bezeichnen. Für die Statistik muss die Frage nach der Nationalität und nach der Sprachverschieden- heit zusammenfallen; die Sprache, welche innerhalb der einzelnen Familie als Fami- liensprache im Gebrauche ist und welche nur durch die Angabe des Familienhauptes festgestellt werden kann, ist der Unterscheidungsgrund, nach welchem die Ermittelungen bei der Aufnahme der Civilbevölkerung am 3. Dezember 1861 stattgefunden haben. Ihr Resultat ist von R. Boeckh in der oben S$. 301 erwähnten „Sprachenkarte des preussischen Staats“ bearbeitet und ergiebt die Zahlen der Uebersicht [f]. Nach den statistischen Nachrichten über das Elementarschulwesen in Preussen für die Jahre 1862—64 (Berlin 1867, Anh. 2) sprachen von den 2938679 in öffentlichen Elementarschulen aufgenommenen Kindern, abgesehen vom Schulunterricht im Deutschen: im Jahre 1864 nach pCt. ge oder pCt. denfsch ea 8 rer 211125509482 85,4 polnisch (masurisch, kassubisch) 384 475 13,1 93 977 24,4 Kthanischi ge 17 156 0,6 4920 28,7 wendisch ee Ar 13 441 0,4 5 090 37,8 natrisch@nen SE AL ee 9917 0,3 1619 16,5 wällomischuesg su Scene 1895 0,6 296 15,6 bonn che ee ee, 1745 0,05 897 51,4 holländisch . . . - 30.8 568 0,02 568 Ioo, .„ — Von den statistischen Thatsachen, welche auf persönliche Eigenschaften der Be- völkerung hinweisen, fällt für die Gesichtspunkte der Bodenkultur auf diejenigen vor- zugsweise Gewicht, welche die Arbeitskraft bedingen oder bekunden. Es kommt also die Lebensdauer und das Verhältniss der Altersklassen beider Geschlechter, die Be- gründung von Familien und die Zeit der Eheschliessung, ferner der Gesundheitszustand und die Anzeichen körperlicher Rüstigkeit, endlich noch der Schulunterricht und die sonstige körperliche und geistige Ausbildung der grossen, bei der Kulturarbeit unmittelbar thätigen Menge des Volkes in Betracht. Bezüglich der Lebensdauer kamen in den verschiedenen Theilen des Staates lebende Personen in der Zeit von 1816— 1860 durchschnittlich in der Provinz auf je eine Geburt | auf je einen Sterbefall IEreussenv es Au ee 22,22 29,61 Eommernäe kan. 25,12 39,66 Rosen een su: 22,63 29,68 Brandenburg . . . . . 26,46 38,17 Schlesien en... 23,98 31,37 SachBenpe Se ee 26,29 377 Westfalen rar 27,% 38,37 Rheinlandy. 22.202. 2.2. 27,44 38,55 im: Staatue 2 7: 25,05 | 34,49 Für die nach den Wendepunkten der Arbeitsfähigkeit und Mannbarkeit bestimmten Altersstufen und für Geschlecht und Familienstand lassen sich folgende Zahlen geben: 318 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. [8] Civil- und Militärbevölkerung im Jahre 1864 1. Alter und Geschlecht. Männliche Bewohner . bis zu ıo Jahren über 10—ı4 Jahre »„ 14—17 » » W—-20 n» »„ 20—24 » 2430 ” „u W30 —A5WT »„ 45-65 » n 65— 80 ” „ 80—90 „ »„ go Jahre Weibliche Bewohner . bis zu ıo Jahren . . , über 10—ı4 Jahre „ u-ı7 „ » 7-20 ,„ » 20—24 » 224-307 555 »„ 30—45 » » 45 —65 ” „ 65-80 „ » 80—90 %„ „ go Jahre 2. Familienstand. männliche Personen über 2AR Jahr Ru un weibliche Personen über Unverheirathete und nie- mals verheirathet ge- were ı6 Jahr . x Männer . Verheirathete | R Erauenweeernce Eee R Wittwer Verwittwete x Wittwen Geschiedene und nicht (| Männer wieder verheirathete Frauen 3. Auf 1 Quadratmeile leben: Männliche Bewohner im Alter bis zu 14 Jahren . über 14—65 Jahre . über 65 Jahre . Da ua Weibliche Bewohner im Alter bis zu ı4 Jahren . über 14—65 Jahre . über 65 Jahre Preussen 1484783 406 397 126 404 95 367 73 233 SENNERS 141415 300 422 203 264 40 325 4 350 452 1529.812 404 342% 124 509 93 757 80265 108 974 147 233 304 412 211 597 47 915 6.056 752 IIQ I55 258 288 517 088 516 858 29 670 99 859 1263 2458 452% 779 383 450 802 46,5 Pommern 713 732 191192 | 63 584 46 168 39 234 49 458 65 245 133 7612 | 99 I3I 23 624 2219 116 723 643 186 851 61 913 44.892 | 42293 52 998 79244 135 195 IOI 217 26 850 3 007 183 59 426 130 000 238 930 239 704 18 723 51483 720 1584 Posen 746 485 205 462 66 274 49 080 42 008 52 832 72 328 138 928 98 785 18 430 2 066 292 777 244 205 379 65 197 49 752 46 924 59 658 89 490 145 321 91 251 21 140 2647 485 48 276 117 848 254 084 254 669 13 815 53 598 361 595 508 845 60,5 506 399 45,3 Branden- burg 1318431 307 817 107 298 78 055 75 523 116 046 139 841 262 652 186 800 40731 3 453 215 1297 662 302 493 103 30I 75 928 73 285 97 540 132 519 257 913 195 628 52 432 5 690 433 154.049 275 096 425 956 437 236 3I I2I 107 344 1207 3 580 567 1169 45,0 554 1133 7918 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 319 Hohenzol- Jade- Der Staat Schlesien Sachsen Westfalen | Rheinland lernsche | u. Bundes- TpsScenndEr Lande | festungen Anzahl B | | | 1693 597 1018991 846 632 1701 041 31292 | 28383 9583 367 49,6 421 021 250.005 206 468 413 353 6 550 539 2.408 804 12,50 141 925 89 257 72.667 140 331 2434 84 810 258 4» 107 086 63 6ır 55 001 105 297 2.048 57 601 860 3,12 gIqıIı 54 54I 46.095 93 994 1829 480 518 258 2,68 IIO III 67 753 56 460 123 131 1837 20 147 695259 | 3,6 155 835 93 447 82.076 167 485 % 953 4 974 921 319 4,77 333 396 197 795 159 867 323 770 5539 | 2538 | 1857648 9,62 267 268 162 082 134 367 268 687 6327 539 1427 56o 7,30 6o gor 37 355 30750 58 609 1579 25 311839 | I 4 812 3 027 2702 5739 189 TE 28557 | Om 281 118 179 345 74 _ 2005 | Or 1817109 1024984 819 949 1645154 33666 2.059 9671282 | 50,0 425 965 247 507 202. 132 404 409 6 803 582 2386463 | 12,9 141 676 87 511 68 893 135 964 2.497 96 801 157 Ayıs 108 559 61 6gr 52 050 100 747 4057 56 539 439 3,95 98 265 55 155 44 213 90 005 2043 | 106 521354 | 2% 108 938 68 170 58 902 120 633 2 606 246 698 685 3,62 198 775 95 308 80 934 160 695 3 215 401 959 794 4,97 367 004 199 959 153 790 310 302 6 301 413 1879993 9174 291634 165 845 127 003 255 835 6 576 137 | 1446340 7,5 70634 40 328 29 135 59 759 1432 | 17 349 639 1,81 5.274 3.431 2722 6.413 135 5 35 480 O8 385 129 175 392% z = 2 938 0,02 140 763 94 377 112.478 237 220 4771 | 5 894 976 409 5,6 302 114 187 786 177 636 367 836 10384 453 1827441 | 9a 603 928 355 676 264 398 516 374 Io4Is I 120 3 187 969 16,5 606 448 357 169 266 546 520 562 10492 | 850 3 210534 16,6 42.907 33 139 29 047 59 632 1397 | qI 259 486 Ya5 145 274 78 446 55 Ioı 105 985 2076 | 51 699207 | 3,6 1456 I1$I gI 165 17 2, 6463 0,03 3 082 2365 171 287 30 _ 14 158 0,7 758 736 757 1138 45 | 285 632 16,80 1437 1388 1452 2 221 971 5091 1178 | 31,0 88,3 87,9 91,4 132,8 83,9 | 8,0 67, | 1,78 765 726 736 III 440 257 623 | 16,0 1582 1404 1405 2129 1077 | 643 1 196 31,70 102,9 953 87.1 136,8 71x 8,0 76. | 2,02 320 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. [h] Auf je ıooo Einwohner stehen in einem Alter in der Provinz von unter ı4 Jahr | über 14 bis 65 Jahr über 65 Jahr | Männer | Weiber Männer Weiber Männer Weiber Rreussen - 220 ae. 177 176 302 | 314 15,2 18,2 Pommern rer auge 177 173 300 | 309 18,1 20,9 Bopene nee 179 177 299 317 13,7 16,1 Brandenburg . . » » » 159 155 328 | 318 16,9 22,3 Schlesien . . . . =» 160 161 304 334 18,7 21,7 Sachsen? 0 an. 166 164 313 317 19,9 21,5 Westfalen... gun ed = 167 162 320 310 20,1 19,2 Rheinlandesı 0% 165 161 323 | gı1 193 |i2: 200 in Hohenzollern. . . . 138 | 145 317. | 349 2714 24,1 Im Staate . . - | 168 165 312 | 318 17,7 20,1 Diese Zahlen zeigen, dass in der Provinz Posen die Bevölkerung ein verhältniss- mässig viel geringeres Alter erreicht, als im Durchschnitt die des Staates, und ent- sprechend die Zahl der Kinder schr gross ist, dass dagegen in Hohenzollern die Zahl der Kinder besonders klein, die Zahl der Personen von hohem Alter besonders stark ist. Im Verhältniss zur Bevölkerung besitzen Brandenburg und Rheinland die meisten, Posen und Pommern die wenigsten Männer in arbeitsfähigem Alter. Die Reihenfolge der Provinzen von der kleineren zu der grösseren Zahl der Arbeitsunfähigen, für welche die arbeitsfähigen zu sorgen haben, ist Hohenzollern, Brandenburg, Schlesien, Rheinland, Westfalen und Sachsen, Preussen und Posen, endlich Pommern. In Betreff des Familienstandes ergiebt sich in derselben Weise auf 1000 Ein- wohner berechnet folgende Uebersicht, mit der zugleich eine Vergleiehung der durch- schnittlich in den Jahren 1862, 1863 und 1864 stattgehabten ehelichen und unehelichen Geburten beigegeben ist. fanden nach dem Durchschnitt der 3 Jahre 1862 bis 1864 Geburten jährlich statt kommen 1864 auf je 1000 Einwohner Männer il In der Provinz über 24 Jahr | jiver- |verwittwete] auf je davon eheliche uneheliche | davon haupt od. geschie- [1000 Ein- Yu Prozent- | 2 ® . Jdeneu.nichtf wohner aufjel verhältniss Anzahl | unver- | verhei- wieder ver- über- Anzahl Teetchen Anzahl zuriGe: |heirathet| rathete | heirathete | haupt | Sammtzahl Preussen Pommern... . POSOnr Tere fee Brandenburg . . Schlesien... . Sachsen... .. Westfalen. .. . Rheinland ... in Hohenzollern 21,7 37,2 31,5 5,1 5,6 165 | 13,8 | 39,6 | 36,3 *) Die Differenz gegen die Gesammtzahl liegt in der Unsicherheit in Betrefi der Unverheiratheten über 24 Jahr. Im Staate.. | 234 50*) X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 321 Unzweifelhaft lässt die Vermehrung der in ehelicher Verbindung lebenden Per- sonen ebenso im allgemeinen auf höhere Wohlfahrt und Arbeitstüchtigkeit schliessen, als die längere Lebensdauer und die grössere Bevölkerungsmenge in den höheren Alters- stufen, auch sind die angegebenen Zahlen gegeneinander und zur Prüfung der Wir- kungen bestehender Verhältnisse sehr wohl vergleichbar*). Weitergehende Urtheile aber an die Zahlenwerthe allein zu knüpfen, namentlich sie für diesen Zweck mit den sta- tistischen Ergebnissen anderer Staaten zusammenzustellen, hat sehr grosse Bedenken. Die Folgerungen, welche Wappäus auf diesem Wege für die Gesundheits- und Sitt- lichkeitszustände Preussens in seiner „Allgemeinen Bevölkerungsstatistik* (Leipzig 1856, z. B. Th. 1, 150; I., 5 u. 222) zieht, sind vorzugsweise günstig, er verschweigt aber nicht, dass die Verschiedenheit der Erhebungsweise und die Unmöglichkeit, die mit- wirkenden Einflüsse zu übersehen, den Schlüssen sehr viel von ihrem Werthe raubt. Einen bestimmteren Anhalt zu Vergleichungen bezüglich der Körpergrösse und Rüstigkeit der Männer gestatten die Musterungen der Militairdienstpflichtigen. Die vergleichbaren Resultate dieser von Militairärzten geführten Untersuchungen sind aus einer Reihe von 30 Jahren, von 1831 bis 1862, in der Abhandlung „Resultate des Ersatz- Aushebungsgeschäftes im preussischen Staate in den Jahren von 1855 bis mit 1862 von Dr. Engel“ (Zeitschrift des Königl. Statistischen Büreaus Jahrgang IV. No. 3 $. 65**) auf Durchschnittszahlen für je rooo der Bevölkerung und der Gestellungs- pflichtigen gebracht. Sie folgen für die einzelnen Regierungsbezirke in umstehender Ueber- sicht. Dieselbe zeigt die Zahl Derer, welche wegen körperlicher und geistiger Mängel zum Dienst völlig unbrauchbar sind, im Regierungsbezirk Posen, Liegnitz, Frankfurt sehr klein, am Rhein und demnächst in Westfalen, Berlin, Magdeburg und Bromberg sehr gross. Im Regierungsbezirk Koblenz ist sie fast 5mal so gross, als in Posen. Da- gegen findet sich die stärkste Zahl der Diensttauglichen in Westfalen, wo die Gestellung erst mit 2ı Jahren obligatorisch war. Im übrigen zeichnet sich Potsdam, Frankfurt und Düsseldorf durch gesunde Männer aus. Die geringste Zahl tauglicher Leute liefert Marienwerder und Danzig, nächstdem aber Breslau und Oppeln. Grösse unter 5 Fuss kommt dagegen in Westfalen, in Magdeburg, Stettin und Berlin sehr viel seltener vor, als in Preussen, Posen und Schlesien, namentlich aber zeigt der Regierungsbezirk Posen sehr viele Männer von Mindermaass. *) Die Arbeiten, welche sich in Bezug auf diese Fragen mit preussischen Verhältnissen genauer beschäftigen, sind, soweit sie von den Leitern des statistischen Büreaus ausgingen, S. 6 und 7 bereits erwähnt, und ist nur darauf hinzuweisen, dass die eingehendere Beant- wortung vorzugsweise in den akademischen Abhandlungen versucht worden ist. Von Privat- arbeiten ist besonders die ältere, auf Königsberger Erhebungen gestützte und für die Theorie dauernd massgebende Schrift J. Moser’s: die Gesetze der Lebensdauer, Berlin 1839, zu nennen, aus neuerer Zeit die Abhandlungen von R. Boeckh: über das Mortalitätsverhältniss in der Mark Brandenburg, und von S$. Neumann: über die Sterblichkeit der Berliner Arbeiter- bevölkerung, beide in der Zeitschrift des preussischen Centralvereins für das Wohl der arbei- tenden Klassen, der Arbeiterfreund, Jahrg. I. 1863. Ueber das Verhältniss der Todesursachen geben die jährlichen Sanitätstabellen, die das statistische Büreau veröffentlicht, einigen Anhalt. Die allgemeinen Gesichtspunkte für die Krankheitsstatistik hat: Oesterlen im Handbuch der medizinischen Statistik, Tübingen 1864, und Mühry in den „klimatologischen“ Untersuchungen oder Grundzügen der Klimatologie in ihrer Beziehung auf die Gesundheitsverhältnisse der Bevölkerungen, Leipzig 1858, entwickelt. **) Vgl. R. Boeckh im Staatslexikon von v. Rotteck und Welker, Artikel Preussen, Statistik. Boden d. preuss, Staats. 21 392 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. [k] l. 30jährige Durchschnitte (1831 bis 1862) Auf 1000 Bevölkerung kommen: . Männliche im Alter von 20 Jahren „net Tele . Zurückgestellte aus frühe- ren Jahren (im Alter von 21 bis 24 Jahren) Zusammen, Gestellungs- pflichtige . - Von 1000 Gestellungs- pflichtigen sind: ohne gültigen Ausweis weg geblieben . . . =» . wegen befleekter bürger- 08 licher Ehre zur Ableistung der Militairpflicht durch Arbeit bestimmt . bleibend unfähig wegen körperlicher und geistiger Mängel . zeitig unfähig wegen kör- perlicher Schwäche, Brust- schwäche und sonstiger Gebrechen . zeitig unfähig wegen Un- termaasses: ı. unter 5 Fuss . . 2. von 5 Fuss bis 5 Fuss 2 Zoll aus Berücksichtigungs- gründen zurückgestellt blieben überhaupt zur Aus- hebung übrig. » » .» » sind wirklich ausgehoben . verblieben zur weiteren Disposition . . x» Königs- berg IO,ı 29,6 09 40,5 367,0 121,0 153,0 17,1 187,0 7715 IIO,o Gum- binnen IO,ı 23,8 33,9 31,7 45,0 314,0 146,0 242,0 12,6 189,0 7243 116,0 Danzig IO,4 24,5 34,9 21,9 49,4 428,0 I22,0 130,0 II,7 130,0 7%,4 577 Marien- werder IO,2 23,5 33,7 42,1 40,8 392,0 168,0 150,0 13,0 127,0 78,3 48,7 Köslin II,z 22,3 33,4 19,4 39,3 388,0 715 143,0 26,9 174,0 89,3 85. | Stettin 45,6 0,4 373 371,0 42,8 119,0 23,3 ISI,o 85,6 65,7 Stral- sund IO,s 20,5 31,0 47,5 44,9 364,0 55,3 75,9 28,4 148,0 92,4 55,* Brom- berg 10,6 52,2 0,6 63,3 306,0 158,0 168,0 15,3 168,0 86,1 82,1 Posen 10,8 21,4 32,2 41,5 264,0 228,0 178,0 22,1 145,0 92,4 53,0 Frank- furt II,o 31,0 573 34,7 303,0 61,8 I4I,o 26,3 217,0 91,4 126,0 Potsdam 119 20,7 32,6 66,7 41,ı 280,0 52,0 134,0 20,1 215,0 88,9 126,0 Stadt Berlin 95 21,3 39,8 17,1 381,0 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 3923 | Magde- | Merse- Sigma- Im | Oppeln | Breslau | Liegnitz Erfurt Münster Aachen 'Koblenz burg burg ringen || Staat — 121,4 10,9 II,o IL, Ily7 Il,o 10,9 9,5] 108| 106| 1038| 106) 104| 10,8 9,7| 108 | | | 21,3 18,6 18,2 16,9 17,2 15,9 II IO,3 14,6 13,6 12,4 12,5 14,9 15,8 15,6 | 18,6 I 32,7 29,5 29,2 23,4 28,9 26,9 22,2 19,8 25,4 24,2 23,2 23,1 25,3 26,6 253|| 29,4 80,5 28,5 46,1 98,3 | 116.0 | 163,0 | sı50| 3124| 4695| 18: 292| 27,8| 792| 82,4| 1480| in w so | rl ul 7 | 480 | 386 | 816) 9a5| 2030| 1050| 9370| 9658| 1250| 1230| 72,0 56, 274 | 316, | 281,0 | 299, | 312,0 | 370 | 285. | 331, | 297,0 | 351,e 329,0 | 3440| 337° | 330, | 316,0 || 3240| 1180 | 127% | 107° | 455 | 606 | 574 | 3877| 1859| 477| 495] g15| 97% 553| 533] 466|| 94,8 210,0 | 148,0 | 1440 | I15o | 1410 | 979 | 732| 5353| 57,6| 913 I15,o| 112,.| 12L,0 | ııı,o Ir | 138.) | Hm 132 | 258 | 2604| 429 | 8770| 109 | 1160| 564| 77%| 9361 58! 75,8 39,4 | 32, 136, | 135,0 | 163,0 | 183,0 | 1460 | 146, 236,0 | 276,0 | 218, | 211,0| 158,0 | 153,0| 167,0 | 163, 230,0 || 172,0 80% | 899 | 103,0 | 99,2 | 99,5 | 105,0 | 150,| 176, | 139,6 | 122,0| 123. | 117, 117,| II3)| 129,0 | 96,6 555 | 449 | 598 | 835 | 469 | are | 8356| 9990| 79| 8940| 3521 3650| 497| 502] 101. 74,9 21° 324 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Ebenso zur näheren Erläuterung der Unterscheidungen in der vorstehenden Ueber- sicht, als unter dem weiteren Gesichtspunkte des bedeutenden Einflusses, den der Dienst im Heere auf die geistige und körperliche Ausbildung und das beginnende Berufsleben der überwiegenden Zahl der männlichen Jugend Preussens hat, ist über denselben Folgendes zu bemerken: Die Militairpflicht ist durch das Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienste vom 3. September 1814 (G.-S. S. 78) als eine für jeden Einwohner gleiche aus- gesprochen, und die Aushebung zu diesem Dienste ist ursprünglich durch die Instruktion vom 30. Juni 1817 (genehmigt durch Allerh. Kab.-Order vom 8. Juli 1817) und später durch die von ersterer in keinem wesentlichen Punkte abweichenden Ersatzaushebungs- Instruktionen vom 13. April 1825 und vom 9. Dezember 1858 geregelt. (In den Amts- blättern aller Regierungen publizirt.) Die Wehrpflicht jedes Preussen beginnt danach mit dem vollendeten ı7. und dauert bis zum vollendeten 49. Lebensjahre. Innerhalb dieser Zeit ist jeder Wehr- pfliehtige vom 20. bis zum vollendeten 39. Lebensjahre zum Dienst im stehenden Heere und in der Landwehr des ı. und 2. Aufgebots, vom 17. bis zum 20. aber, sowie vom 39. bis 49. Lebensjahre zum Dienst im Landsturm verpflichtet.“) Die Verpflichtung zum Eintritt in das stehende Heer beginnt mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem der Verpflichtete das zo. (in der Provinz Westfalen das 21.) Lebensjahr voll- endet. Zur wirklichen Dienstleistung wird nur ein auf die einzelnen Aushebungsbezirke verhältnissmässig vertheiltes Kontingent herangezogen; es werden jedoch alle Verpflich- teten einer ärztlichen Untersuchung auf ihre Kriegstauglichkeit unterworfen. Bei dieser Musterung werden die schlechterdings Untauglichen ausgeschieden, die vorläufig noch zu schwach Erscheinenden oder diejenigen, welche wegen ihrer häuslichen Verhältnisse, als Ernährer ihrer Eltern oder Geschwister oder dgl., als zur Zeit unabkömmlich zu beurtheilen, auf spätere Jahre zurückgestellt, und von dem verbleibenden Reste der Diensttauglichen wird, soweit sich nicht freiwillig Eintretende finden, durch die Reihen- folge des von Jedem gezogenen Looses entschieden, wer zum Dienst einzutreten hat. Diejenigen, welche nach ihrer Loosnummer die erforderliche Zahl der Rekruten über- steigen, bleiben vom Dienste völlig befreit, soweit nicht etwa in dem betreffenden Jahr- gange nachträglich noch ein Ersatz nöthig wird. Die Zurückgestellten dagegen werden durch die folgenden Jahre wieder zur Musterung herangezogen, und erst wenn sich in ihrem 24. Jahre zeigt, dass sich die Gründe der Zurückstellung nicht beseitigt haben, werden auch sie vom Dienst gänzlich frei. *) Diese Bestimmungen sind durch das Gesetz für den Norddeutschen Bund vom 9. November 1867 (Bundesgesetzblatt S. 131) dahin abgeändert, dass die Verpflichtung zum Dienst im stehenden Heere beziehungsweise in der Flotte mit dem ı. Januar, und zwar in der Regel desjenigen Kalenderjahres beginnt, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Jahr vollendet hat, und 7 Jahr dauert. Während dieser 7 Jahre sind die Mannschaften die ersten 3 Jahre zum ununterbrochenen aktiven Dienst verpflichtet. Nach abgeleisteter Dienstpflicht im stehenden Heere beziehungsweise in der Flotte erfolgt der Eintritt in die Land- und See- wehr. Die Verpfliehtung zum Dienst in der Land- und in der Seewehr ist von 5jähriger Dauer. Jedem jungen Manne ist überlassen, schon nach vollendetem 17. Lebensjahre bei der nöthigen moralischen und körperlichen Qualifikation freiwillig in den Militairdienst einzu- treten. Der Landsturm besteht aus allen den Wehrpflichtigen vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 42. Lebensjahre, welche weder dem Heere noch der Marine angehören. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 325 Es sind nach diesem Verfahren in den über die Aushebungsresultate geführten Listen, welche dieselben Kolonnen zeigen wie die vorstehende Nachweisung, allerdings vielfach Männer aus mehreren Jahrgängen untereinandergemischt, weil Zurückgestellte, welche nachträglich brauchbar geworden sind, unter der Masse der zur Aushebung verbliebenen Militairpflichtigen rangiren, in diese Masse auch nicht selten Freiwillige in einem Alter von ıg oder ı$8 Jahren aufgenommen werden, gleichwohl lässt sich nach einem so grossen Durchschnitt der Jahre immerhin über die körperliche Beschaffenheit der männlichen Jugend in den einzelnen Landestheilen ein vergleichsweises Ur- theil fällen. Dass der Militärdienst für seine Zwecke den Körper schult, und starke Anforde- rungen an Kraft, Ausdauer, Selbstbeherrschung und Entschlussfähigkeit stellt, findet allgemeine Würdigung; wie weit er aber auch in weiterer Beziehung ein erziehendes Element ist, wird selten in genügendem Maasse in Betracht gezogen. Der Grad von Gewandheit und Herrschaft über seine Glieder und die Ordnung und Sauberkeit in der Haltung der Waffen, der Kleider, des Pferdes u. s. w., der von dem Soldaten schlechterdings erzwungen wird, geben ihm auch für das bürgerliche Leben eine Vor- bildung, die er auf anderem Wege schwer erreicht haben würde. Der Dienst ent- zieht die Mannschaften den engeren Bedingungen ihres Berufslebens zu einer Zeit, in der ihr Blick schon für das Neue erschlossen ist, das der veränderte Ort und das Zusammenleben mit Genossen der verschiedensten Lebenskreise bieten, und legt es ihnen näher, möglichst günstige Verhältnisse für ihren Erwerb zu suchen. Auch ist die anerkannte Leichtigkeit in Preussen für niedere Bedienstungen jeder Art, für politische wie gewerbliche Aemter und Verwaltungen, Personen von eingewöhnter Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Ehrgefühl zu finden, eine Wirkung der Militär- verhältnisse, in welcher augenscheinlich ein wesentliches Förderungs- und Schutzmittel für die nationale Arbeit liegt. — Bezüglich der Schulbildung der Bevölkerung besteht in allen preussischen Landen der Schulzwang. Schon Friedrich der Grosse verordnete in dem Generalschulreglement vom 12. August 1763”) dass „alle Unterthanen, es mögen sein Eltern, Vormünder oder Herrschaften, denen die Erziehung der Jugend obliegt, ihre eigenen sowohl, als die ihrer Pflege anvertrauten Kinder, Knaben und Mädchen, wo nicht eher, doch wenigstens vom fünften Jahre ihres Alters in die Schule schicken, auch damit ordentlich bis ins dreizehnte und vierzehnte Jahr kontinuiren und sie so lange zur Schule halten sollen, bis sie nicht nur das Nöthige vom Christenthum gefasst haben und fertig lesen und schreiben, sondern auch von demjenigen Red und Antwort geben können, was ihnen nach den verordneten Lehrbüchern beigebracht werden soll.“ Die Bestimmungen des Reglements sind in jeder Richtung eingehend und den Bedürfnissen des Schulwesens fürsorgend. Sie gingen in demselben Sinne in Tit. ı2 Th. II. des Allg. Landrechts über, ebenso in das ausführliche Schulreglement für die niederen katholischen Schulen in Schlesien und Glatz vom 18. Mai 1801**), welches für zahlreiche weitere Anordnungen massgebend geworden ist. Eltern, welche nicht nachweisen können, dass sie für den nöthigen Unterricht *) Rabe, Sammlung preuss. Gesetze 1820 Bd. I. Abth. 2. **) Korn, Neue Sammlung Schlesischer Edikte Band VII. 1804 S. 266. 396 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. sorgen, können durch Zwangsmittel und Strafen angehalten werden, die Kinder zur Schule zu schicken '). Diese Bestimmungen werden so streng gehandhabt, und im allgemeinen ist der Sinn der Eltern für Sehulbildung so rege, dass nicht leicht ein Kind wenigstens ohne den Unterricht bleibt, den die Volksschule bietet, und dass sich in der Regel nur ein- gewanderte oder unter besonders schwierig zu beaufsichtigenden Verhältnissen lebende Eltern, wie Schiffer, Hausirer u. dgl., dieser Pflicht entziehen. Von 3 158 220 schul- pflichtigen Kindern, die sich im Jahre 1864 in dem dem Elementarschulbesuch ent- sprechenden Alter befanden, besuchten nur 60479 die Schule nicht, und unter dieser geringen Zahl befanden sich alle diejenigen, welche im Hause Unterricht erhielten, oder wegen Gebrechen dispensirt werden mussten, so dass nur für 15 568 der nähere Nachweis fehlte). In der preussischen Armee befinden sich unter 100 Soldaten durch- schnittlich 3, welche ganz unwissend sind, weil die Rekruten die Schulbildung durch geringe Uebung vielfach wieder vernachlässigt, und das Lesen, öfter noch das Schreiben mehr oder weniger vergessen haben. Alle diese mangelhaft Ausgebildeten erhalten wäh- rend ihrer Militärdienstzeit soweit nachhelfenden Unterricht, dass kein Soldat ohne die gewöhnlichen Schulkenntnisse den Dienst verlässt. Provinzen. Evangelische Preussen.“ . Bann I SETES 17052077 74963130611.2:1377397 Pönmmermits „IE STEUER ESETE 674247 | 1302808] 1401485 Bosennal ne ae 2301247 464 593 501 578 Brandenburg . -» 2. 2.2.2.2 ..11255900| 2258 929| 2509 107 Schlesien, .j-ul-4nH42H anlah erresae067,087.| 32,026 TAT Sachsen ..., 25 1 Aueslis (obäre us: 2 LT ITH 848, 6784 ZT SEOOZFRTO Wiestfalen. ! 2. 8:2: 23 2 spa. 7831 5424:083 685 750| 740 932 Rheinlandil. 22. 7.025 2.2 ur 22722 2.111.242273:85 753 562 819 057 Hohenzollernsche Lande . . ö ö 1375 Jadegebiet und Truppen in den Bun- desfestungen und Elbherzogthümern 17 765 Im gesammten Staate . . . [6241814 10845 293 | 11 736 734 1) Kab.-Order vom 14. Mai 1825 (G.-S. S. 149), Kab.-Order vom 20. Juni 1835 (G.-S. S. 134). — Schulordnung für die Prov. Preussen vom 11. Dezember 1845 (G.-S. S. 1846 S. 1). — Milit. Kirchenordnung von 1832 (G.-S. S. 93) — bezügl. jüdischer Kinder: Verordnung vom 1. Juni 1833 (G.-S. S. 67) und Gesetz vom 23. Juli 1847 (G.-S. S. 275). Für schulpflichtige, in Fabriken, Berg- und Hüttenwerken beschäftigte Kinder trifft das Regulativ vom 9. März 1839 (G.-S. S. 157) und das Gesetz vom 16. März 1853 (G.-S.S. 225); für Nachhülfe bei Gesellen, Gehülfen und Lehrlingen die Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 $ 136, 148, 150 (G.-S. S. 67) besondere Fürsorge. — Ueber das höhere Schulwesen vergl. L. Wiese, Berlin 1864. Katholische 377 261| 729962| 775142 5594| 12375 ES T31 537907 | 880072| 949 952 19 207 41205 66 168 858 882 | 1593 743 | 1755 507 78106| 117465 | 130 176 632576 | 863 738| 907.450 1429 77112317294 2.487 246 62634 12 505 3 939 304 | 6 555 854 | 7 201 grı X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 327 Dem Religionsbekenntnisse nach hat sich bei der Zählung vom 3. Dezember 1864 das unten folgende Verhältniss in den verschiedenen Provinzen gefunden, mit dem das der Zählungen von 1816 und 1858 zusammengestellt ist. Einem Unterschiede in den staatsbürgerlichen Rechten unterliegen in Preussen die verschiedenen Religionsgenossenschaften nicht (Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 Art. 12, 14, G.-S. S. ı8). Eine auch landwirthschaftlich interessirende Ausnahme besteht bei den Mennoniten, Quäkern und anderen Separatisten, denen ihre religiösen An- schauungen verbieten, sich der Militärpflicht zu unterziehen, insofern, als dieselben, so lange sie dieser Pflicht nicht genügen, nur solche Grundstücke besitzen dürfen, welche bisher schon Eigenthum eximirter Mitglieder ihrer Religionsgenossenschaften waren °). Der Umfang dieses privilegirten Grundbesitzes bestimmt sich in der Provinz Preussen im wesentlichen nach dem Besitzstande vom 24. November 1803 (Kab.-Order von dems. Tage, Rabe’s Sammlung VII. S. 529), für die Rheinprovinz, Westfalen und Brandenburg nach dem zur Zeit der Publikation der Kabinetsorder vom ı6. Mai 1830 (G.-S. S. 82) vorhandenen. Fallen diesen Separatisten andre Grundstücke zu, so sind sie, falls sie den Militärdienst ablehnen, gehalten, dieselben binnen gewisser Frist zu veräussern. — Christen Bekenner Juden anderer Griechische Mennoniten Dissidenten Religionen 1816 | 1858 | 1864 | 1816 | 1858 | 1864 1816 | 1858 | 1864 | 1816 | 1858 | 1864 1816 | 1858 | 1864| i 1 n n - | | | | 1178| 1195| 13 175 12 515112034| . | 1650| 9142| 14 802| 35 8838| 39677 | - | 7 | 8 1334| \% 26105 271, le nı2rl 25070 2817| 12037] 13 1810| » I | 10 12] 22 62) 3 7la* 277| zı52| sıg60| 72198 70008| - sel = 97) ı170| 426) 25 64| - 2481| 4348] 8083| 27247| 36228| - ı2 | 8 si 251, ;- 8 52| - | 4780| 7074| 16094 39045 43127| - 3| 2 210, 738 2 I 7 PR 2762| 4698| 3097 5514 5926 . I I 7 120 1156| 134| - 697| 1145| 9491 ı609g| ı6gı1 nz 21 33] 1169| 1318 1441| . 8490| 2577| 17583) 33426| 35 832 = | 9 . . : - . . . - 948 - - | I 9 . & 163 | | | | 1331| 1524] 14 954 140521 13 786| . |14608|38 652| 123 921 241454 262 001| - ı7 | ar | 1} | | 2) Nach den S. 317 angeführten statistischen Nachrichten über das Elementarschulwesen in Preussen, welche 1867 vom Königl. Unterrichtsministerium für die Jahre 1861 —64, vor- her 1864 für die Jahre 1859— 1861 veröffentlicht worden sind. — Vergl. auch Zeitschrift des Königl. stat. Bureaus, Jahrg. V. 1865 S. 136. Beiträge zur Statistik des Unterrichts, ins- besondere des Elementarunterrichts in den volkreichsten Ländern Europas und Nord- amerikas von Dr. Engel. 3) Reskript vom 2. Juni 1854, Ministbl. f. d. innere Verw, S.g. — v. Roenne, Staats- recht der preuss. Monarchie, Leipzig 1856 Th. I. S. 324. — 328 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Was endlich die wirthschaftliche Beschäftigung der Bevölkerung betrifft, so wird durch die sogenannten Gewerbetabellen die Uebersicht der verschiedenen Nahrungs- und Thätigkeitszweige unter Unterscheidung der selbstständigen Leiter, der untergeordneten Gehülfen und der dabei beshäftigten gewöhnlichen Arbeiter gewonnen. Diese Tabellen ergeben schon in ihrer ersten vollständigen Veröffentlichung von 1858*) die mechanischen Künstler und Handwerker, bei denen die Arbeit durch Meister und Gehülfen üblich ist; die Anstalten und Unternehmungen zum literarischen Verkehr; die Handelsgewerbe; die Schifffahrt; das Fracht- und Lohnfuhrwesen; die Gast- und Schankwirthschaft; die Civilbeamten in Staatsdiensten, die Kommunalbeamten, die Beamten der ständischen Korporationen, der Rittergüter und Eisenbahngesellschaften, Baubeamten und Feldmesser; die Maler, Bildhauer und Musiker, die Schauspieler, Sänger und Tänzer; die Privatgelehrten, Schriftsteller und Privatlehrer; die Rentiers, Pensionäre u. dgl.; die Almosenempfänger; die ländlichen Wirthe, Eigenthümer und Pächter, sowie die Handarbeiter und das Gesinde; ferner in einer besonderen Abthei- lung die Fabrikationsanstalten und Fabrikunternehmungen nach Gespinnsten, Geweben, Mühlen, Dampfmaschinen, Fabriken in Metall und dem Bergbau angehörigen oder ver- wandten Unternehmen, endlich die übrigen Fabriken verschiedener Art. Vollständigen Abschluss erlangt die Uebersicht vermöge der Ergänzungen, welche durch die Kirchen- und Schultabelle, die Tabelle der Sanitätsanstalten und durch die Zählung der Militär- personen geboten werden. Die Vertheilung dieser verschiedenen Nahrungszweige wird in dem den Originallisten genau angeschlossenen Abdrucke nach den einzelnen Pro- vinzen, Regierungsbezirken und Kreisen und innerhalb letzterer nach Stadt und Land nachgewiesen. Die Erhebungen von 1861 sind in mehreren Fragen eingehender angeordnet und in „Land und Leute des preussischen Staats“ (Zeitschrift des K. statistischen Bureaus Jahrg. III. Nr. 2 und 3) sowie im „Jahrbuch für die amtliche Statistik* (Jahrg. I. 1863) zu einem Gesammtbilde der Hauptverhältnisse des Gewerbebetriebes der Nation ver- arbeitet. — Auf der lebendigen ungehemmten Arbeitsthätigkeit in allen Lebenskreisen des Volkes beruht so sehr das Wohlergehen und die Kraft des gesammten Staatsorganismus, dass die Gesichtspunkte, welche das öffentliche Recht bezüglich der Wahl und Befugniss zu Erwerb und Beruf verfolgt, eine der ersten und tiefsreifendsten Fragen für den allgemeinen Wohlstand werden. Preussen hat für alle Theile seines Gebietes die scharfe Trennung von Stadt und Land, von zunftmässiger Arbeit auf der einen und unfreier Dienstbarkeit auf der anderen Seite aus dem Mittelalter überkommen, die als ein Erbtheil der nachkarolingischen Zeit auf dem Boden der deutschen Volkslande bis zum Anfange unseres Jahrhunderts mit allen Lebensbedingungen der Nation verwachsen geblieben ist. Im Reiche Karls des Grossen hatten die schon damals zahlreichen rheinischen Städte noch keine andere rechtliche Stellung in den Gauverbänden, als alle übrigen Orte der Landschaft, und Rechtsschranken zwischen bürgerlichem und ländlichem *) Tabellen und amtliche Nachrichten von 1858, Berlin 1860. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 329 Gewerbe scheinen unbekannt zu sein. Als aber die Gaue zerfielen, und die Auflösung jeder Regierungsgewalt, die inneren Fehden und die Züge der Normannen und Ungarn der Bevölkerung das Bedürfniss grösserer befestigter Zufluchtsorte fühlbar machten, ent- standen die besonderen, wehrhaften und in sich abgeschlossenen bürgerlichen Gemein- wesen, welche die Gewerbthätigkeit hinter dem Schutze ihrer Mauern konzentrirten '). Des Corveyer Mönches Witichind Sachsengeschichte aus jener Zeit zeigt, dass Heinrich L, wenn auch nicht Städte gründete, doch angelegentlich die Befestigung geeigneter Haupt- plätze und ihre Einrichtung zur Aufnahme der Bevölkerung der Umgegend betrieb. Der Kaiser ordnete nicht blos die Versorgung dieser Orte mit allem Nöthigen durch die Nachbarschaft an und verlieh ihnen ausschliessende Marktrechte, sondern befahl auch zum besseren Aufkommen der bürgerlichen Nahrung alle vorkommenden Zu- sammenkünfte, Berathungen und Feste in ihnen abzuhalten. Hier, wo ihr Arbeits- verdienst geschützt war, zogen sich desshalb die vom Grundbesitz losgelösten Gewerb- kundigen zu Genossenschaften zusammen, die bald zu Macht und höherer Bildung ge- langten; und in natürlicher Wechselwirkung verschwand das Handwerk auf dem Lande. Der Beginn der Kolonisation der Slawenländer fand die Kaufmannsgilden und die bevorrechteten Zünfte schon als einen geschlossenen, auf die Wohlhabenheit und Waffen- fähigkeit ihrer Mitglieder gestützten Rechtskreis der landwirthschaftlichen Nahrung des flachen Landes gegenüberstehend. In den Kolonisationsurkunden werden die Anlagen von Städten und von Dörfern bestimmt von einander geschieden. Mauern, Märkte, das Gildewesen mit seinen Bannrechten, und bald auch die unbedingte und unange- fochtene Geltung der persönlichen Freiheit unterschieden die Stadt vom Dorfe. Auf Dörfern waren nur einzelne, bestimmt verliehene Handwerkskonzessionen statthaft.?) In dieser Form, unter strengen Rechtsgrenzen, die in Stadt wie Land den Einzelnen an seinen Lebens- und Berufskreis banden, haben die Verhältnisse bis an das Ende des vorigen Jahrhunderts fortbestanden. Es bedarf kaum des Beweises, dass die brandenburgischen Lande für keine der Beschränkungen der Erwerbsthätigkeit ein günstiger Boden waren. Das Zunftwesen stand mit den eben besprochenen lebhaften Bestrebungen der Regenten für die Ansie- delung gewerbihätiger Einwanderer in ersichtlichem Gegensatz. Es lag in der Natur der Verhältnisse, dass die Vorrechte der zünftigen Meister in engen Grenzen gehalten, und die Einsprüche gegen fremden Zuzug möglichst beseitigt wurden. Zunftordnungen verschiedener Gewerke finden sich schon sehr früh. Ein Erlass gegen die Ausschrei- tungen in den Zünften datirt von 1541; °) ihm folgten ähnliche, und das Patent wegen Abstellung der Missbräuche bei den Handwerkern, d.d. Wien, den ı6. August 1731, war eine der wenigen Reichsverordnungen, zu deren Publikation sich Friedrich Wil- helm I. entschloss.*) Er beabsichtigte sogar die völlige Aufhebung des Zunftzwanges. 1) E. Th. Gaupp, über deutsche Städtegründung. Jena 1824. S. 33, 47, 61. — C. E. Langethal, Geschichte der deutschen Landwirthschaft, Bd. 2. Jena 1850. S. 28. — Witichindus Corvej., T.L (Meibom, p. 639). 2) Tschoppe und Stenzel, Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte. Hamburg, 1832. S. ı51, 276, 291. — G. Korn, Codex dipl. Siles. Bd. VII. Schles. Urkunden zur Geschichte des Gewerberechts. Breslau, 1867. Einl. %) Mylius, Corp. Constit. Marchic. Th. V. Abth. II. S. 579. 4) Ebd, C.'C.M. VII. 765. 330 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Zur Ausführung kamen wenigstens gewisse Erleichterungen der Zuwanderung und An- sässigmachung. Es fanden zu diesem Zwecke Feststellungen über die Zahl der in den Städten früher vorhandenen zunftmässigen Meister statt. Wo dieselbe verringert ge- funden wurde, erfolgten von Regierungswegen öffentliche Aufforderungen zur Wieder- besetzung, unter Gewährung verschiedener Vortheile.‘) Auch die auf den Dörfern offenen Stellen für Handwerker wurden ermittelt und öffentlich ausgeschrieben.?) Friedrich der Grosse duldete keinerlei Hemmnisse seiner Thätigkeit für die Aufnahme der Industrie, gleichwohl griff auch er in den geltenden Kreis der Zunftvor- rechte nicht beschränkend ein, weil seine gesammte Handelspolitik im wesentlichen auf dem Grundsatze der Nothwendigkeit von Prohibitiv- und Schutzmassregeln beruhte. Noch das Landrecht giebt im Th. U. Tit. VIII. Abschn. III. ebenso den Inbegriff der herkömmlichen Anschauungen über das bevorrechtete städtische Gewerbe als gel- tendes Recht und versagt dem Bürger den Gutsbesitz, wie es im Th. I. Tit. VII. die Unterthänigkeit für die Besitzer bäuerlicher Nahrungen als allgemeine Regel voraussetzt und ohne besondere Staatserlaubniss die Bauern vom bürgerlichen Gewerbe ausschliesst. Als indess in Frankreich und den der französischen Herrschaft unterworfenen deutschen Gebieten Unterthänigkeit und Zunftwesen gefallen waren, erhielt auch in Preussen die Ueberzeugung von der Unhaltbarkeit der bis dahin bestandenen gewerb- lichen Zustände das Uebergewicht. Schon unter dem ersten Ministerium v. Stein’s griff eine Verordnung vom 4. Mai 1806 (G.-S. S. 86) in das Zunftrecht ein, indem sie die Lein- und Baumwollen- weberei in Ost-, West- und Neuostpreussen wegen offenbarer Nachtheile des zunft- mässigen Betriebes für frei erklärte, Nach dem Frieden von Tilsit aber wurde in den wenigen Paragraphen des Ediktes vom 9. Oktober 1307 mit der persönlichen Unfreiheit der bäuerlichen Bevölke- rung auch jeder gesetzliche Unterschied bürgerlicher und bäuerlicher Gewerbthätigkeit, überhaupt jede Beschränkung in der Wahl des Berufes aufgehoben. Den neu orga- nisirten Regierungen (s. o. $. 67) sprach die Geschäftsinstruktion vom 26. Dezember 1308 (6.-8. $. 481) in ihren $$. 34 und 50 auf das eingehendste die staatswirthschaftlichen Gesichtspunkte aus, unter denen die Gewerbe- und Handelsfreiheit möglichst zu beför- dern, und schonend und auf legale Weise, aber baldthunlichst alle Hindernisse mora- lischer und physischer Kraftentwickelung aus dem Wege zu räumen seien. Mehrere Verordnungen, namentlich für Ost- und Westpreussen, leiteten die Be- seitigung aller Zwangsrechte und Verkaufsmonopole ein, und die Edikte vom 2. No- vember 1810 (G.-S. $. 86) und vom 7. September ıg1ı (G.-S. S. 253) über die Gewerbebesteuerung und das Abgabensystem überhaupt, und das Gesetz von demselben Tage (G.-S. S. 263) über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe °) gaben in diesem Sinne die Grundlage der neuen Gewerbeverfassung. Stadt und Land wurden völlig gleichgestellt, der Betrieb von Gewerben jeder Art wurde nur an die Lösung eines auf den Namen lautenden Gewerbescheines geknüpft. Auch von dieser Verpflich- tung waren einige Klassen frei, namentlich Landwirthe, Tagelöhner, gemeines Gesinde 1) Vergl. auch die Edikte vom 24. November ıgır (G.-S. S. 359) wegen der Apo- theken, und vom ı1. März 1812 (G.-S. S. ıg) wegen des Gewerbebetriebes der Juden. 2 C.C.M. V. II. ö7ı. > C.C.M.V.II. 678—754. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 331 und die Staats- und Kommunalbeamten für die Uebernahmse ihres Amtes. Der Gewerbe- schein gab dem Inhaber das Recht, das darin bezeichnete Gewerbe im ganzen Umfangs des Staats, sowohl in den Städten, als auf dem Lande zu treiben. Keiner Korporation und keinem Einzelnen wurde ein Widerspruchsrecht eingeräumt, welcher Grund dafür auch angeführt werden möchte. Keinem Unbescholtenen war der Gewerbeschein zu ver- sagen, sofern Vormünder, Ehemänner oder bei Beamten die Vorgesetzten einwilligten. Nur, was sich niemals anders denken lässt, für eine grössere Anzahl soleher Gewerbe ($. 21), bei deren ungeschiektem Betriebe gemeine Gefahr obwaltet, oder welche eine öffentliche Beglaubigung oder Unbescholtenheit erfordern, mussten die Nachsuchenden zuvor den Besitz der erforderlichen Eigenschaften nachweisen. Dazu gehörten alle, für welche ein amtlich abzunehmendes Examen oder eine bestimmte Schulbildung vorge- schrieben ist, auch alle Bauhandwerker, Thierärzte, Viehkastrirer, Gast- und Schank- wirthe u. a. m. Ebenso wurde Aerzten untersagt, Arzneien zu dispensiren, Apothekern, Arzneikunst auszuüben, und Mäklern, Handel zu treiben. Der Zunftzwang wurde gänzlich aufgehoben. Niemand sollte genöthigt sein, einer Zunft beizutreten oder in ihr zu verbleiben; jeder selbstständige Gewerbtreibende sollte Gesellen und Lehrlinge auf Grund freier Verträge annehmen, zünftige Gesellen ohne Nachtheil an ihren Zunftrechten bei Unzünftigen arbeiten, jedes Gewerk sich auflösen oder von der Regierung aufgelöst werden können, andererseits aber ($. 31) Jeder ver- pflichtet sein, wenn es von landespolizeiwegen in besonderen Fällen zu einem gemein- nützigen Zwecke nöthig scheinen sollte, Gewerbtreibende gewisser Art in eine Korpo- ration zu vereinigen, dieser Korporation beizutreten, so lange er dieses Gewerbe betreibt. Alle ausschliesslichen, vererblichen und veräusserlichen Gewerbeberechtigungen, auch die nach dem 2. November 1810 vertragsweise erworbenen (Kab.-Order vom 19. April 1813, G.-S. S. 69) wurden aufgehoben, und ihre Ablösung in den Städten vorgeschrieben. Auf dem Lande wurde den bisherigen Besitzern das Recht zum Ab- satz an andere zu brauen und Branntwein zu brennen vorbehalten, und die Anlage neuer Brennereien auf Grundstücke von 15 000 Thlr. landschaftlichem Taxwerth beschränkt. Alle gewerblichen Abgaben, insofern sie die Berechtigung zum Gewerbebetriebe betreffen und nicht auf Grundstücken haften (Deklaration vom 19. Februar 1832, G.-S. S. 64) kamen zur Aufhebung, ebenso die nach ihrer Verfassung drückendsten öffent- lichen Abgaben, unter ihnen die Mahlakzise von ungemälztem Getreide zu Mehl, Grütze, Graupe, Branntwein und Futterschrot; andere wurden ermässigt, so die Branntwein- steuer, welche fortan durch einen Blasenzins erhoben werden sollte. Durch diese Gesetzgebung fielen in Wechselwirkung mit der S. 310 erwähnten Einführung der Freizügigkeit die seit fast einem Jahrtausend bestehenden Schranken der Erwerbsthätigkeit gänzlich. Zum erstenmal seit der Gründung des Staates wurde auch die Landwirthschaft in die Reihe des bürgerlichen Gewerbes eingeführt, zu dem sich Jeder nach Neigung, Vorbildung und Vermögen bestimmen, das er nach seinen individuellen Zwecken leiten und nach eigener Entschliessung wieder aufgeben darf. In diesem Gedanken der freien Berufswahl, den kein Gesetz wieder beschränkt hat, liegt die Quelle der überraschend schnellen volkswirthschaftlichen Entwiekelung unserer Tage. — Die von manchen Seiten namentlich für das Handwerk befürchteten schlimmen Folgen dieser einschneidenden Reform, die sich zwar nur auf die damals zum Staats- gebiete gehörigen Landestheile bezog, in diesen aber im wesentlichen bis 1845 bestand, traten nicht ein. 339 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Die schon 1820 eingeführte und seitdem gleichnormirte Gewerbesteuer (Gesetz vom 30. Mai 1820, G.-S. S. 147) gestattet statistische Vergleichungen über die Wir- kungen. Die Zahlen derselben ergeben*) ein die Vermehrung der Bevölkerung beträchtlich übersteigendes Anwachsen der Gewerbesteuer, und in allen, namentlich den stark besetzten Gewerben: Schuhmachern, Schneidern, Tischlern, Grobschmieden, Bäckern, Schlossern, Fleischern, Stellmachern, Böttchern, die Wahrnehmung, dass die Meister 1843 mehr, in einigen sogar sehr viel mehr Gehülfen und Lehrlinge als 1816 beschäftigten. Es hatten sich also die selbstständigen Gewerbtreibenden weder über- mässig und ohne gehörige Vorbereitung vermehrt, noch bestanden sie unter ungün- stigeren Einnahmeverhältnissen. Indess kann man nicht verkennen, dass sich in den bisher zunftmässigen Hand- werken die Verhältnisse thatsächlich bei weitem nicht so durchgreifend umgestalteten, wie es in der äussersten Konsequenz der Gewerbefreiheit liegen könnte. Vieles, was nicht polizeilichen Anstoss erregte, blieb im Sinne der hergebrachten Gesichtspunkte erhalten. Trotz der Aufhebung des Zunftzwanges waren die Meister in genossenschaft- lichen Beziehungen geblieben und hatten die überkommenen Gebräuche bei Aufnahme der Lehrlinge und Gesellen, und die Anforderungen, die sie an deren Ausbildung stellten, innerhalb dieser freiwillig aufrecht erhaltenen Innungen bewahrt. Auch die allerdings sehr zweifelhaften Unterscheidungen zwischen den einzelnen Handwerken hatten um so weniger wesentliche Eingriffe erfahren, ‚als die Trennung der Gewerbe nach ihren verschiedenen Gattungen auch für die neue Gesetzgebung unerlässlich blieb, — Die gewerblichen Verhältnisse der übrigen Landestheile, die im Jahre ıg14 mit der Monarchie wieder vereinigt oder ihr neu hinzugefügt wurden, waren zunächst im wesentlichen unverändert in den ziemlich verschiedenartigen Zuständen belassen worden, in welche sie die fremdherrliche Gesetzgebung versetzt hatte. Kaum irgendwo waren die alten Zunftverhältnisse ganz unberührt geblieben, aber nur in den vorher französi- schen, westfälischen und bergischen Landestheilen war ähnliche Gewerbefreiheit, wie in den altländischen Provinzen durchgeführt. Die Gesetzgebung vom 24. April 1825 (G.-S. S. 73, 82, 102 und ı12) für Westfalen, Berg und die früheren französischen Departements, und vom ı3. Mai 1833 (G.-S. S. 52, 55 und 59) für Posen fasste der Hauptsache nach nur die dort bestehenden Rechtsnormen zusammen. — Im Laufe der Zeit machte sich desshalb das Bedürfniss einer gleichmässigen Be- handlung der gewerblichen Verhältnisse mehr und mehr geltend, zugleich aber traten gegenüber der entwickelteren Art der handwerksmässigen, der industriellen und der landwirthschaftlichen Arbeit, sowie der Wirksamkeit der kaufmännischen Konkurrenz neue Anforderungen und mehr oder weniger gegründete Befürchtungen sowohl bezüglich der sicherheitspolizeilichen Gefahren, als der rücksichtslosen Ausnutzung jugendlicher und unberathener Personen und der Entstehung eines verkommenden, halt- und hei- mathslosen Proletariats auf. *) Vergl. die Preussischen Gewerbegesetze, von C. J. Bergius. Leipzig 1857. Wenn in der Zeit von 1821— 1326 die Bevölkerung und die Steuer 100 betrug, betrug in der Zeit von 1827—1832 erstere 108, letztere 117; 1833 —ı838 erstere ıı5, letztere 125. 1816 kamen auf 100 000 Einwohner 3906, 1825: 4098, 1843: 4592 mechanische Künstler und Handwerker, und zwar Meister, Gehülfen und Lehrlinge. Auf 1000 Meister kamen 1816: 562, 1825: 593, 1843: 772 Gehülfen und Lehrlinge. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 333 Zunächst suchte man drängenden Fragen durch eine Reihe von Einzelbestimmungen zu genügen: so erging das Regulativ über den Handel im Umherziehen vom 28. April 1824 (G.-8. S. 125); die Verordnungen vom ı. Januar 1831 (G.-S. S. 243), vom 27. September 1837 (G.-S. S. 146) und vom 6. Mai 1838 (G.-S. S. 262) über die Anlage von Dampfmaschinen; vom 7. Februar 1835 (G.-S. S. 18) und vom 21. Juni 1844 (G.-S. S. 214) über den Kleinhandel mit Getränken, und die später durch das Gesetz vom ı6. Mai 1853 (G.-S. S. 225) ergänzte, das Regulativ vom 9. März 1839 bestätigende Kabinetsordre vom 6. April 1839 (G.-S. S. 156) über die Beschäftigung der Kinder. Eine übereinstimmende und durchgreifende, auch den ländlichen und landwirth- schaftlichen Betrieb umfassende Regulirung der Gewerbeverfassung aber führte erst die Allgemeine Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 (G.-S. S. 42) herbei. Mit der sie ergänzenden Verordnung vom g. Februar 1849 (G.-S. S. 93) bildete sie gewisser- massen eine Ausgleichung zwischen der altländischen und der in mehreren der neuen Landestheile noch bestehenden Gewerbeverfassung, und befand sich in ziemlich naher Uebereinstimmung mit den thatsächlich vorhandenen Zuständen; unzweifelhaft aber enthielt sie dem Gedanken der Gewerbefreiheit gegenüber insofern erhebliche Beschränkungen, als sie die üblichen Anforderungen an die Ausbildung für eine grosse Zahl gewerblicher Betriebsarten gesetzlich feststellte und die Befugniss der selbstständigen Ausübung von Prüfungen und dem Nachweise eines vorgeschriebenen Ausbildungsganges abhängig machte. Der Handwerker soll 3 Jahr Lehrling bei einem Meister gewesen sein, dann die Gesellenprüfung vor einer Innung oder einer besonderen polizeilichen Prüfungs- kommission abgelegt, demnächst 3 fernere Jahre hindurch als Geselle gearbeitet, und endlich, nachdem er das 24. oder wenigstens jedenfalls 21. Jahr zurückgelegt, die Meister- prüfung bestanden haben. Die Befugniss, solche, deren Befähigung anderweit feststeht, von den Prüfungen zu entbinden, steht nur dem Minister, seit dem Gesetz vom 15. Mai 1854 auch den Regierungen zu. Handwerksmeister dürfen sich zu den technischen Arbeiten ihres Gewerbes in der Regel nur der Gesellen, Gehülfen und Lehrlinge ihres Handwerks bedienen, auch dürfen Gesellen und Gehülfen in der Regel nur bei Mei- stern ihres Handwerks in Arbeit treten. Inhaber von Magazinen zum Detailverkauf von Handwerkerwaaren dürfen sich mit deren Anfertigung nicht befassen, wenn sie nicht die zum Betriebe des betreffenden Handwerks erforderliche Meisterprüfung be- standen haben; auch kann das Halten von solchen Magazinen und die gleichzeitige Ausübung mehrerer Handwerke durch dieselbe Person beschränkt werden. Fabrik- inhaber dürfen Handwerksgesellen nur soweit sie derselben zur unmittelbaren Erzeu- gung und Fertigmachung ihrer Fabrikate, sowie zur Anfertigung und Instandhaltung ihrer Werkzeuge und Geräthe bedürfen, beschäftigen. Auch dürfen sie, wenn sie eines der Handwerke, bei welchen eine Prüfung vorgeschrieben ist, betreiben, ohne dafür selbst geprüft zu sein, ausserhalb ihrer Fabrikstätten keine Gesellen oder Gehülfen beschäftigen. Darüber, welche Arbeiten zu den unter den einzelnen Handwerken begriffenen Verrichtungen gehören, hat bei den vielfachen Zweifeln und Streitigkeiten, welche, wenn die Verordnung streng gehandhabt wird, unvermeidlich sind, ein von den Gewerbtreibenden gewisser Bezirke gewählter Gewerberath, und in dessen Ermangelung — es bestehen nur noch sehr wenige Gewerberäthe — die Kommunalbehörde zu ent- scheiden. Die Errichtung freier neuer Innungen und die Verbindung alter ist gestattet, 334 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. jedoch ohne jedes Zwangsrecht. Das Vermögen derer, die sich auflösen, fällt nicht den Mitgliedern, sondern der Gemeinde zu gemeinnützigen Zwecken zu; dagegen können Gesellen und Gehülfen, wie Meister, gezwungen werden, Verbindungen und Kassen zu gegenseitiger Unterstützung beizutreten, Die Zahl der Gewerbe, für deren Betrieb Nachweis der Befähigung oder poli- zeiliche Genehmigung erforderlich ist, und deren Genehmigung von der Verwaltungs- behörde zurückgenommen werden kann, ist um eine gewisse Anzahl vermehrt. Als eine besonders für die landwirthschaftlichen Fabrikationsverhältnisse einfluss- reiche, und bei deren Besprechung noch näher zu erwähnende Erleichterung sprach die neue Gesetzgebung die Aufhebung oder Ablösbarkeit aller noch bestehenden Zwangs- und Bannrechte aus, sowie der Rechte, anderen den Gewerbebetrieb irgend welcher Art zu untersagen oder sie darin zu beschränken. Ebenso müssen als ein wesentlicher Fortschritt die Bestimmungen über strafbare Handlungen beim Gewerbeverkehr, über Mangel an Vorsicht gegen öffentliche Gefahr und namentlich über Nachlässigkeit in der Erfüllung der Pflichten des Lehrherrn er- achtet werden; wie denn überhaupt der besondere Werth, welchen die Gewerbegesetz- gebung auf Erziehung und Ausbildung legt, im hohen Grade Anerkennung verdient. Die für die Landwirthschaft wichtigsten Ergänzungen der Gewerbeordnung be- treffen genauere Vorschriften für bestimmte Geschäftszweige, so: Errichtung von Dampf- maschinen und gewerblichen Anlagen überhaupt [Regulativ vom 6. September 1848, S. 321, Gesetz vom ı. Juli 1861, $. 749]; Marktverkehr [Verordnung vom 14. Oktober 1847, G.-8. S. 395, Gesetz vom 24. Mai 1853, G.-S. $. 589]; Handel [Handelsgesetzbuch von 1861, mit Einf.-Ges. vom 24. Juni 1861, G.-S. S. 449, Wechselordnung vom 6. Januar 1849, G.-8. $. 5ı und Gesetz vom 27. Mai 1863, G.-S. S. 357]; Versicherungsanstalten Gesetz vom ı7. Mai 1853, G.-S. S. 293]; Abdeckereiwesen [Gesetz vom 31. Mai 1858, G.-S. S. 339]; Feldmesser [Erl. vom 9. Januar 1858 mit Reglement vom r. Dezbr. 1857, G.-S. S. 233]; Gesinde und ländliche Arbeiter [Ges. vom 24. April 1854, G.-S. S. 214]; ferner Unterstützungskassen [Gesetz vom 3. April 1854, G.-S. $. 138, vom ro. April 1854, G.-S. S. 139, und vom 7. Mai 1856, G.-S. $. 507]; Aufhebung und Ablösung gewerb- licher Privatabgaben und Reallasten [Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850, G.-S. S. 17, Gesetz vom 2. März 18950, G.-S. $. 94, und vom ır. März 1850, G.-S. S. 146], endlich Bestimmungen über Konzessionen und Strafen gegen Uebertretungen [Strafgesetzbuch vom 14. April ı851, $. 142, 155, 184, 200— 203, 246— 267 und 348, S. 94; Gesetz vom 22. Juni 1861, S. 441]. — Frägt man nun, wie gross der Bruchtheil der Bevölkerung, der der Landwirth- schaft angehört, anzuschlagen ist, und wie sich in ihr der Zahl nach die einzelnen Arten der Gewerbthätigkeit vertheilen, so lassen die dargelegten Grundzüge der Ge- werbeverfassung genügend ersehen, dass eine genaue Antwort für diese Unterscheidung nicht erwartet werden kann. Soweit selbstständige Haushaltungsvorstände die Landwirthschaft als Hanptgewerbe oder neben einem anderen Berufe als Nebengewerbe betreiben, sind dieselben, wie S. 5 angiebt, seit 19858 mit ihren Angehörigen gezählt worden, ebenso ist auch das Hülfspersonal nach der Personenzahl aufgenommen worden. Das Ergebniss der Zählung von 1861 ist in der Tabelle G. der Anlagen kreisweise mitgetheilt, Den Provinzen nach lässt sich dasselbe folgendermassen übersehen: X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 335 [m] Provinzen Landwirthschaftliche Ei hr Hohen- KR Staat randen- E 7 5 ein- zollern- @e- Bevölkerung. Preussen /|Pommern | Posen Kasge Schlesien | Sachsen |Westfalen ae else Lande Die Landwirthschaft als Hauptgewerbe betreiben: Eigenthümer 39 952 Pächter 3 762 Frauen, Kinder und Angehörige der Eigenthümer und Pächter 574 530 | 208 235) 330 023 332 303| 751771 28660] 83 469414 Die Landwirthschaft als Nebengewerbe betreiben: Eigenthümer .... 13 755| 38 910 50431 Pächter za2| 2683 2456 Frauen, Kinder und Angehörige der Eigenthümer und Pächter ıo0061| 58543] 159035| 283 170 194 886] 204264, 305 735 2 |1 490 960 Hülfspersonal und Gesinde der Land- wirthschaft: Inspektoren, Verwal- ter und Aufseher 6519 Zn7O 3.155 542 32 651 Wirthschafterinnen . 3 394 1 920 1704 513 —_ 13 745 Knechte und Jungen | 119 529 112 880 | 48 324! 41676 6| 558435 89 263 107271| 47870] 52664 4| 500 532 Tagelöhner: männliche 151459 86284 | 57237) 35 368 ı| 574937 weibliche 152 292 100016 | 59486] 26 383 — | 565705 Gesammtzahl aller mitLandwirthschaft Beschäftigten und ihrer Angehörigen .| 1 440 028 | 592 692| 716 385| 870 793 806 341 1 412 430 25 |8 388 831 davon aufderQJMeile | der Gesammtfläche 1270| 1084| 1364| 1202 1761 2 900 dgl. auf der DJMeile ohnedieAngehörigen 610 520 624 524 736 938 336 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Auf die Anzahl der Grundeigenthümer wird die Darstellung der Vertheilung des Grund und Bodens näher eingehen. — Bezüglich der ländlichen industriellen und handwerksmässigen Thätigkeit ist es schwierig, hinreichende Gesichtspunkte für die Unterscheidung von der städtischen zu gewinnen. Handel und Industrie sind gegenwärtig in vielen Dörfern, besonders in zahl- reichen Gebirgsdörfern der östlichen wie der westlichen Provinzen, in weit höherem Grade vertreten, als in einem grossen Theile der Landstädte. Andererseits hat von der ältesten Zeit her eine völlige Ausschliessung der Stadtbevölkerungen vom Betriebe von Ackerwirthschaft niemals bestanden; vielmehr ist es nur auf die Grösse der zufällig bei der Begründung vorhandenen oder später erworbenen Feldflur der Stadt angekommen, ob sich in derselben dauernd eine so bedeutende Anzahl von Ackerbürgern erhielt, dass ihre landwirthschaftliche Thätigkeit der einer grösseren oder kleineren Dorfgemeinde gleichstand und gleichblieb. In vielen Städten herrscht auch die Gewohnheit ausge- dehnter Parzellenpachtung auf den umliegenden Rustikalfluren. Es lassen sich desshalb für die Sonderung städtischer und ländlicher Gewerbeverhältnisse die Städte weder nach dem bei den Volkszählungen entscheidenden Besitze der Standschaft (S. 72), noch auch nach der für manche statistische Unterscheidungen als Grenze angenommenen Ein- wohnerzahl von 20,000 Seelen genügend auseinanderhalten. Am meisten gerechtfertigt darf es erscheinen, einen Massstab dafür, ob eine Stadt überwiegend der landwirth- schaftlichen Betriebsamkeit angehört, aus der Anzahl des Nutzviehes an Rindern, Ziegen und Schafen zu entnehmen, die in ihr gehalten werden. Auf Grund dieses Anhaltes ist bei der Aufstellung der Tabelle G. darauf Rück- sicht genommen worden, für folgende Städte eine besondere Beurtheilung zu ermöglichen: in der Provinz Preussen: Königsberg, Memel, Tilsit, Danzig, Elbing und Thorn; in Pommern: Stettin, Anklam, Stralsund und Greifswald; in Posen: Posen und Bromberg; in Brandenburg: Berlin, Potsdam, Brandenburg, Guben und Frankfurt; in Schlesien: Breslau, Brieg, Neisse, Gleiwitz, Glogau, Görlitz und Liegnitz; in Sachsen: Magdeburg mit seinen 3 Vorstädten, Burg, Halle, Naumburg, Weissen- fels, Zeitz, Erfurt, Nordhausen und Mühlhausen; in Westfalen: Münster, Minden, Bielefeld, Dortmund, Hörde und Iserlohn; in Rheinland: Trier, Koblenz und Ehrenbreitenstein, Köln, Aachen, Düsseldorf, Elberfeld, Barmen, Mettmann, Wulfrath, Velbert, Langenberg, Kronenberg, Kre- feld, Neuss und alle Städte der Kreise Solingen, Lennep, Duisburg, Kempen und Gladbach, zusammen mit den genannten 46 rheinische Städte. Von den Fabriken und grösseren gewerblichen Anstalten stehen einige in noth- wendiger oder sehr naher Verbindung mit dem ländlichen Wirthschaftsbetriebe und werden in ihrer Bedeutung für die Bodenkultur speziell zu würdigen sein, in nach- stehender Nachweisung ist bezüglich der Bevölkerungsverhältnisse die Zahl der in ihnen thätigen Techniker uud Arbeiter provinzenweise aufgeführt. Sie ergiebt, dass im Staate durch 64445 solche Etablissements eine Anzahl von 229 500 Technikern und Arbeitern beschäftigt wird. Die Zahl der Angehörigen derselben steht jedenfalls im Verhältniss gegen die oben für die eigentlichen landwirthschaftlichen Hausstände angegebenen er- heblich zurück, weil männliche und weibliche Arbeiter aufgeführt sind, und ein sehr beträchtlicher Theil sowohl dieser Arbeiter, als der höheren Techniker als unverheirathet anzunehmen ist. X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. 337 [n] Die im Betrieb Jandwirthschaftlicher Fabrikationsanstalten oder Handwerke beschäftigte Bevölkerung. | Hohen- | | | eng Schlesien | Sachsen | Westfalen | Rheinland | | Ntaat urg | | | zollern Betriebsart Preussen | Pommern | Posen Flachs- und Hanfbereitungsanstalten. Zahl der Anstalten . des Direktionspersonals Arbeiter: männliche . weibliche . Kalkbrennereien. Zahlöder@ Anstalten „or ohne 169 | des Aufsichtspersonals . . » » » » | | | 129 | | Arbeiter: mämlihe . . oo oc... | 406 | | | | 5 | weibliche. 000. | 32 | Ziegeleien. "Zahl der Anstalten . © 2 2 2 20.0. 825 | 1372 des Aufsichtspersonals . . . » » » 713 |I1I2 Arbeiter: männliche. . . . 2 2.2.» [3.084 |7 196 WweibDlıcheu-BrRrErEr > | | 144 | 413 | Oelmühlen und Oelraffinerien. | Zahlider Anstalten . . oo. 0 m... 261 | 372 | des Aufsichtspersonals . . ». ». » 160 Arbeiter: männliche. . 0.0. 0.0... . E75 | | | WODchen ee | 7: | Knochenmühlen, Beinschwarz-, Poudrette-, Urake- und Kunstdüngerfabriken, auch Bluttrocknungsanstalten. Zahl der Anstalten . 2 des Aufsichtspersonals . Arbeiter: männliche . weibliche . Getreidemühlen. a) Wassermühlen: Zanlider Mühlen E07 736. 555 11.138 |3 856 |2039 | 1572 |3 661 85 |14 713 » Mahlgänge. . » .» 2... ...[2436 |1347 |1074 |2400 |6g11 |4133 |3 037 |6429 | 331 [28 098 Du Meistern 010635 12.663 527 |1073 |3754 |1969 |1468 |3576 | 84 |14077 »„ Gehülfen . . 2. 2.2. ...[1039 | 686 | 445 |1328 |3087 |1822 |1007 |2397 | 105 |ır 916 Su ehrlingenen auge | 643717 297011 7572 0.292 |! 348 | 432 b) Windmühlen: | | t. Bockmühlen. Zahl der Mühlen. . . .|1828 |rı58 12677 2282 |2789 | 2209 IoI 84 BE T2°128 » Meister. . . . [1512 [1016 |2 572 |2080 |2552 |2094 | | 3| — Ir 993 » Gehülfen . . .| 928 | 846 |1092 | 1417 | 2053 |1144 | 58 94 | — |6632 & | Zu „» Lehrlinse . . . | 366 | 232 | 576 | 305 | 5gı | 45 | 72 ıı | — | 2498 Boden d. preuss, Staats. 22 338 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. \ Betriebsart Preussen | Pommern | Posen Branden- Schlesien | Sachsen | Westfalen | Rheinland Hohen- Staat burg zollern 2. Holländische Mühlen. Zahl der Mühlen . | 470 318 2I| 149| ToI Tas. 32720, 230,0 112738 „ Meister . | 389 | 284 20 | 132 34 127 279010022200 21514533 „ Gehülfen 334 | 269 19 | 130 57 77\- 186 | 2597| — | 7331 „ Lehrlinge | 153 | 94 I 25 20 22 54 | — 400 ec) durch thierische Kräfte getrieben: | Zen der Diihlene ee 7227] 146 | 132 | 325 63 gI 73 5767, „.Mahlgänge... . “0 sn el gar 218 | 155 | 147 | 293 67 96 87 5 | 1809 SEWÄrbeiten. nee ee 657 | 263 194 142 | 320 67 90 gL 6 | 1830 d) durch Dampf getrieben: j Zahl. der, Mühlenkmr.ee. ee m. N 62 37 48 | 136 86 95 || Mae) — 664 "2 Mahlgangen sen ler nen ae 136 | 146 95 | 285 | 238 169| 329 | 3299| — | 1727 Naar a 000, 0a 208 | 126 | 436 | 358 190) 407 | 358 | — | 2235 Fleisch und Fleischpökeleien und Anstalten für getrocknete und eingemachte Speisen. |; Zahl der Anstalten u ee ie Ra ayAe) | 4| — — I I —_ 189 des Direktionspersonals . » - - » 2 7 0 — Gas = 1) _ 16 der Arbeiter: mämliche . . .» » - 53 IS2 an — 72.0, — = _ Sal 252 weibliche . . . - — TO NE 2 = = — — 107 Stärke-; Stärkesyrup-, Kraf'tmehl-, Nudeln-, Sago-, Dextrin- und Leokomfahriken. Zahl der Anstalten . » » x 0.0. > 16 7. 4 39 74 53 9 241 276 des Direktionspersonals . . » . -» I2 6 3 77 60 34 I2 | 237 der Arbeiter: mämnlice . . . =» » 29 23 8| 257 | 237 231 Sal #213 Im | OL weibliche . . .» - 12, 3 7 93 | 131 53 7 10 | — 316 Chokoladen-, Kaffesurogat-, Cichorien- und Senffabriken. Zahl der Anstalten . »- - - = oe. * Io 5 I 25 14 109 5I 55 279 des Direktionspersonals . . . + - 12 4 I qıI 15 144 37 |, 301 der Arbeiter: mämliche . . » - -» 37 18 AD Eee a | | 784 weibliche . . » » » 6 17 4 65 | 148 604 29 9a — 965 Taback- und Cigarrenfabriken. Zahl der Anstalten . » 2 na oe un 5o 53 42 | 306 | 151 153 | 261 | 362 I | 1379 des Direktionspersonals . » + > 50 53 aralt338:|| 767, 221| 367 | 414 ı | 1652 en Arbeiter männlichen A eure. 63937 122224 01277, 2422 |1508 | 2214 14365 |4023 8 |15 368 nice 1207; 364 72 |ı5ıg |ııız | 2 677 \1262 | 2026 6.| 9305 Rübenzuckerfabriken u. Zuckerraffinerien. Zahl der Anstalten . ! . » 0. le - 3 10 I 16 44 126 3 al Se 218 des Direktionspersonals . » » » » 9 54 I 81 122 423 13 AOL = 743 Her Arbeiter masnlichesn zn ya Ka 248425 15 |1775 |5067 16081] 206 | 986 | — #5 674 eiDlichawieie 5 Kae 359 10 | 675 |1898 | 5490| 50 14 | — | 8496 Fabriken für eingedickte Pflanzensäfte (Obst, Rüben ete.) Zahl. der Anstalten . » el lie. I = = 2 4 5 3 304 — 319 des Direktionspersonals — — 2 4 2 I 235 — 245 der Arbeiter: männliche . . » =» » 2 — —— 8 39 28 3 384 — 464 weibliche . - » =» - = le _ 22 a5| — 26 >= 73 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft uud Gewerbthätigkeit. 339 Betriebsart Essig- und SEEN Zahl der Anstalten . B des Direktion pesonaln. der Arbeiter: männliche . . . - weibliche . . - Bierbrauereien. Zahl der Anstalten . . . des Direktionspersonals der Arbeiter: männliche weibliche . . . . Branntweinbrennereien und Destillir- anstalten, einschliesslich der als Neben- gewerbe der Landwirthschaft betriebenen. Zahl der Anstalten . 5 eh ek des Direktionspersonals der Arbeiter: mämliche . . . .- weibliche - . '., ..+. Schaumweinfahriken. Zahl der Anstalten . . .. .. des Direktionspersonals der Arbeiter: männliche weiblicke . . . - Käse- und Butterfabriken. Zahlader#Anstaltenue 0 2 eek sk die - des Direktionspersonals . der Arbeiter: männliche . . . . » weibliche Mühlen zur Entwässerung des Landes. Zahl der Mühlen. . . . Erna Ben der Arbeiter in denselben, Mühlenbauer und Mühlenflickarbeiter. Meister k Gehülfen und Trehrlinge ten, Fischer, welche die Fischerei gewerbs- mässig betreiben. Meister oder Prinzipale . . . .... Gehülfen und Lehrlinge . . . . Kunst-, Blumen- und Hanlelsskefner. Meister oder Prinzipale Gehülfen und Lehrlinge . . . .... Viehkastrirer, Kammerjäger. Meister . . 2a: Gehülfen und Tehrlinge Kuulabrzuu Meister . . - RS LER Gehülfen und ahdinge Se Preussen BD wm wm ww Pommern 378 | 1177 HBHH Branden- | Schlesien | burg | 49 53 39 45 65 | 64 | | | 564 |ı2ıı | 489 1109 | 1382 | 1912 | 26 45 926 | 1394 770 \ 1106 2515 |2747 s2| 90 321 9 3| 16 7 49 = I | | 8| Io | 7] II 3 2 3 897 [19232 596 71 I | gız | 686 918 | 527 I Ira | EETERS | 102 | 493 I — 5 I _ 2 Sachsen | Wetten Rheinland | It | zollern 81 40 | 123 5 67 | 35 |, 25 4 85 66 | 160 5 | ER v E | 928 |rıo8 | 976 99 | 802 722 | 1570 99 |1446 |1340 |2684 | 147 100 | 4 1de) — | 585 | 656 |2422 | 552 560 | 384 | 1457 | I 1599 | 837 |2326 | qıı Se a 53 5 | 8 I2 | — 5| 10 13 9 179 48 rn Zu A 2 E— “—— | — 2a Er un 38 — za | ze a He N Ku 329 28 348 II 172 | 8 142 | 4 | I | zo| 20) 79| ı 617 | 223 | 398 | — 104 17.73) 272. 6 225 80 | 272 I “| | | | 7 | I 3|ı — =, ul | | A a 7 En Per u Be 22° Staat 340 X. Bevölkerung nach Abstammung, Zahl, Arbeitskraft und Gewerbthätigkeit. Ausser den Handwerken, die als unzweifelhaft landwirthschaftliche in die letzten Stellen der vorstehenden Nachweisung mit aufgenommen werden konnten, giebt es einige andere, welche ebenso als städtische, wie als ländliche betrieben werden, und bei denen weniger die Gesammtzahl der Betheiligten, als das Verhältniss von Interesse ist, in welchem dieselbe theils zur Bodenfläche, theils zur Einwohnerzahl eines bestimmten Bezirkes steht. Schmiede, Stellmacher und Riemer weisen je nach ihrer Zahl auf das dureh Bodenbeschaffenheit und Handhabung der Werkzeuge bedingte Bedürfniss hin, das bei den landwirthsehaftlichen Arbeiten entsteht; Bäcker, Fleischer und Schuhmacher, wenn sich ihre Anzahl im Verhältniss zur Einwohnerzahl vermehrt, deuten einen Fort- schritt des Kulturzustandes an. Die Beurtheilung kann sich nur auf die für eine be- stimmte, begrenzte Oertlichkeit gefundenen Zahlen beziehen, ihren Massstab aber bildet das mittle Verhältniss des Bedarfs, welches durch die nachstehenden Durchschnitte des Staates ausgesprochen wird. [0] Grob-, Huf- : Fleischer, ” | Räder- Riemer, Schlächter, | Schub- und Handwerker Pfannen-, ee Sattler, Bäcker Rauch- Pantoflel- im Sensen- | Stellmacher Beutler, fleisch- und | macher und Täschner Wurst- | Altflicker Staate Schmiede macher Aufder DMeile Gesammt- fläche: Meister Gehülfen . Lehrlinge zusammen Auf der DJMeile Kultur- land: Meister . Gehülfen . Lehrlinge zusammen Auf 1000 Einwohner: Meister Gehülfen . . Lehrlinge zusammen Einige Hinweisungen auf den Werth solcher Vergleiehungen, und die Möglich- keit, die bezüglichen volkswirthschaftlichen Fragen je nach Lage der Hülfsmittel zu beantworten, geben J. G. Hoffmann in der „Lehre von den Steuern“ (1840, S. 102 ff.), und C. F. W. Dieteriei im „Handbuch der Statistik des preussischen Staats“ (1861, 8. 380 f.), auch Reivik in den „Resultaten der Mahl- und Schlachtsteuer“ (Zeitschrift des K. statistischen Burefis 1863 S. 217 und 1864 $. 160). u /weites Hauptstück, Agrarverfassung und Landeskulturgesetzgebung nach Entwiekelung und Ergebnissen, hg! BaETZ PET re f ii no) u Ber u Elle Nur Äh Al, Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich- bäuerliche Verhältnisse. Unter Agrarverfassung verstehen wir den Inbegriff volksthümlicher Idee und Sitte und öffentlichen wie privaten Rechts, welcher in der Vertheilung und Benutzung des Grundeigenthums und den rechtlichen und wirthschaftlichen Beziehungen der land- bauenden Bevölkerung eines Staatswesens zur Erscheinung kommt. Ihrem Grunde nach beruht sie auf den frühesten Anschauungen, die im Leben des Volkes vom Wesen und der Einrichtung der Landgüter und von den Befugnissen der in denselben schal- tenden Wirthe geltend wurden, denn die Gestalt welche die ländlichen Wirthschaften bei der ersten, festen Besiedelung des Landes erhalten, bleibt entscheidend für den späteren Entwickelungsgang des Agrarwesens und wird selbst durch sehr gewaltsame Eingriffe in ihren Spuren kaum irgendwo gänzlich verwischt. In dem gegenseitigen Verhältnisse zwischen Landgut und Wirth, kann je nach der volksthümlichen und rechtbildenden Auffassung das Gut als festes Heimwesen über- wiegen und die Rechte des Besitzers dauernd bestimmen, oder der Wirth als Person hervortreten, und seinem wechselnden Schicksal das Gut, wie jedes andere Vermögens- objekt, unterworfen bleiben. Die Auffassung des Landgutes als hauptsächlichen Trägers der Rechte ist die der deutschen Volkssitte und der deutschen Volksgesetze. Sie erhielt im Rechtsbewusstsein der Nation bis auf die neueste Zeit in öffentlicher wie privater Beziehung entschei- dendes Uebergewicht und verlieh dem Gute mit seiner Wirthschaft die Natur einer rechtlichen Persönlichkeit, hinter welcher der Wirth so weit zurücktrat, dass er durch den Antritt des Besitzes selbst Freiheit und Namen verlieren konnte. Diese Anschauungsweise verkettet auch für die Agrarverhältnisse auf dem preussi- schen Boden die äussere Einrichtung der Landgüter in eigenthümlicher Weise mit der Entwickelung der Rechts- und Kulturzustände der ländlichen Bevölkerung. Das zweite Hauptstück wird im ersten Abschnitt zu zeigen suchen, von welchen Grundbedingungen nach diesen beiden Richtungen die Agrarverfassung Preussens ausging, und welche Gestalt sie bis zu dem bewussten Einschreiten der Staatsregierung um den Ausgang des vorigen Jahrhunderts gewann, Die folgenden Abschnitte werden nach- 344 XI, Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich - bäuerliche Verhältnisse. weisen, auf welche Weise und mit welchem Erfolge die Landeskulturgesetzgebung die Schranken wirthschaftlicher Benutzung des Bodens und persönlicher Freiheit des Land- bauers löste, in denen Herkommen und Recht die lebendige Entfaltung der nationalen Kräfte einengten, und ein letzter Abschnitt endlich soll darstellen, wie sich gegenwärtig nach Beseitigung aller nennenswerthen Hemmnisse freier Verfügung die Vertheilung des Grund und Bodens und die Besitzrechte an demselben ausgebildet haben. Zunächst ist also auf den Entwickelungsgang der Agrarverfassung unter doppeltem Gesichtspunkte einzugehen, einerseits dem der Form der Besiedelung, der Dorfanlage und der Flureintheilung mit den daraus folgenden nachbarlichen Beziehungen und Be- schränkungen der Grundstücke, — und andererseits dem der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, d. h. der persönlichen Rechte und Pflichten der Gutsherren wie der bäuerlichen Wirthe, ihrer dauernden und regelmässigen an das Grundstück geknüpften Forderungen und entsprechenden laufenden Lasten und Dienstleistungen, sowie der mehr oder minder grossen Beschränkungen der persönlichen Freiheit, die an den bäuerlichen Besitz geknüpft waren, 1. Besiedelung und Flureintheilung. Die ältesten Ansiedelungen reichen auf allen jetzt preussischen Gebieten in vor- historische Zeit hinauf. Die Meinung, dass die Deutschen noch zur Zeit Augusts nomadisirende Halbwilde waren, ist aufgegeben. Caesar und die ihm folgenden Feld- herren fanden auf beiden Ufern des Rheins und so weit sie an der Ems und bis jen- seits der Weser vordrangen, sesshafte, ackerbauende Volksstämme, Wie Taeitus in der Germania unzweideutig ausspricht, lebten nach der Kenntniss der Römer die Völker zwischen Weichsel und Rhein zwar nicht in Städten, aber in ländlichen, als Gemeinwesen wohl organisirten Ortschaften. Sie waren im Besitz aus- gedehnter Ackerländereien, bauten Gerste, Weizen und andere Früchte, hielten viel Vieh, brauten Bier und führten, wie berichtet wird*), sogar Gemüse, Gänsefedern, gewebte Wollen- mäntel und selbstbereitete Seife in Menge nach Italien aus. Tacitus schildert ausdrücklich nur die Fennen im äussersten Osten jenseits der Weichselländer als Nomaden, selbst den südlicher zwischen den Karpathen und dem schwarzen Meere lebenden, für Slawen ge- haltenen Veneden schreibt er feste Wohnsitze zu. Ptolomaeus kennt nach seiner um 140 nach Christus geschriebenen Geographie**) 94 ansehnliche Orte (zoAes) in Ger- mania Magna und nennt im Osten auf den Reiserouten zwischen der mittlen Donau und den Mündungen der Oder und Weichsel die Namen von 30 in verschiedenen Ent- fernungen auseinanderliegenden Ortschaften als Stationspunkte***), Seit den Aufzeichnungen der Volksrechte im 6. und 7. Jahrhundert sind die Nachrichten für die Beurtheilung der Hauptbeziehugen dess Anbaus hinreichend ergiebig. Das durch eingehende Untersuchungen gewonnene Bild lässt keinen Zweifel, dass *) Plinius hist. nat. XIX. 26. 28. 30. X. 27. XXVIII. 12. **) II, ır. ***) C, S. Anton, Geschichte der deutschen Landwirthschaft. Görlitz 1799. — Ch. E.Lange- thal, Geschichte der deutschen Landwirthschaft. Jena 1847. — Ch. Hostmann, Altgermanische Landwirthschaft. Göttingen 1855. XI. Besiedelung, Flnreintheilung und gutsherrlich - bäuerliche Verhältnisse. 345 wir die älteren Ansiedelungen unter dem Verhältniss und als das Werk der Mark- genossenschaften zu denken haben.) Die Stamm- und Familiengenossen, deren enges Zusammenhalten sich nach dem Beispiel aller Hirtenvölker aus der Vorzeit des Nomadenlebens herschreibt, behaupteten sich als Gemeinwesen in bestimmten Territorien und in Wohnsitzen, welche ihnen den nöthigen Schutz möglich machten. Sie leiteten allen Zeugnissen nach ihre Rechte bis spät in das Mittelalter von dem Gesammteigenthum an der Mark ab und nutzten die- selbe zu gewissen herkömmlichen Antheilen.?) Die Gebiete der Marken, deren überwiegende Flächen sich lange als gemein- schaftliche Weideräume und Forsten erhielten, waren meist sehr ausgedehnt und in die natürlichen Grenzen der Gebirgs- und Flussthäler eingeschlossen. Sie finden sich zum Theil als Gaue in der Eintheilung Karls des Grossen. Soweit die Nachrichten über einzelne derselben genauer bearbeitet sind, lässt sich ihre Besiedelung auf wenige grössere Orte als Mittelpunkte zurückführen, von denen aus sie sich allmählich aus- breitete. Die grossen Genossenschaften trennten sich nach und nach und schieden bei wachsender Bevölkerung kleinere Tochtergemeinden aus. Diese erhielten entweder einen verhältnissmässigen Theil der Mark zu gänzlich gesondertem Besitz, auf dem sie die Verfassung des alten Ganzen nachbildeten, oder es wurde ihnen nur das nöthige Kulturland überwiesen, und sie blieben in der herkömmlichen Mitnutzung von Wald und Weide. Durch solche Abzweigungen ist nachgewiesenermassen eine grosse Zahl unserer heutigen Dorffluren zwischen Rhein und Elbe entstanden.°) Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass ganze Marken durch das Recht der Erobe- rung, Ansehen oder Uebermacht unter die Obergewalt Einzelner kamen, dass auch für Einzelne mehr oder weniger umfangreiche Ländereien als Sondereigen ausgeschieden wurden, die sie selbst oder durch Untergebene bewirthschaften oder an Kolonen ver- schiedener Art austhun konnten. Auch blieben grosse Forsten zwischen den Marken liegen, welche schon die karolingischen Kaiser als Kroneigenthum behandelten und an Grosse und Klöster verliehen oder auch mit Bauern, namentlich mit Kriegsgefangenen, besetzten. Ob eine in früher Zeit genannte Ortschaft auf solchen grundherrlichen Grund- stücken begründet wurde, oder ob ihre Anlage auf markgenossenschaftliche Verhältnisse zurückzuführen ist, kann nur die selten genügend aufgehellte Lokalgeschichte entscheiden. Die Kolonieen des späteren Mittelalters gingen, wie die Darstellung $. 304 ff, gezeigt hat, überall von den Landes- oder den Grundherren aus, und sind durch den übereinstimmenden Charakter, den sie gewannen und ihre Beziehung zu historisch wohl bekannten Vorgängen in der Mehrzahl unschwer festzustellen. — Bezüglich der Anlage der Wohnplätze und der Eintheilung der Flur besteht auf dem Gebiete des Staates der oft besprochene charakteristische Gegensatz der Einzelhöfe und der mehr oder weniger geschlossenen Dörfer. Sieht man von den Ergebnissen der neueren Separationen und von den Viehwirth- schaften der Hochgebirge ab, so sind die Einzelhöfe im wesentlichen auf die westfälische und niederrheinische Ebene beschränkt. Dies will nicht sagen, dass hier geschlossene 1) G.L. v. Maurer, Einleitung zur Geschichte der Mark, Hof-, Dorf- und Stadtverfassung, München 1854. — Geschichte der Markenverfassung in Deutschland. Erlangen 1856. — G. Landau, Die Territorien. Hamburg 1854. Abschn. III. 2) v. Maurer, Markenverfassung, S. 70. 3) Landau a. a. 0. S. rır fl. — v. Maurer a.a. 0. 8.2 fl. 346 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. Ortschaften überhaupt nicht vorgefunden würden; vielmehr werden ausser den kleinen Landstädten und Wigbolden oder Flecken auch eigentliche Dörfer in nicht unbe- trächtlicher Zahl genannt, so beispielsweise in den Kreisen Steinfurt 13, Recklinghausen 26, Koesfeld ı2; in Ahaus leben 16,6, in Lüdinghausen gegen 25 pCt. der Einwohner in geschlossenen Dörfern. Manehe dieser Orte haben sich erweislich erst in neuerer Zeit um Kirchen, Kirchhöfe und Marktstätten zum Theil aus unbeäckerten Häusern und Verkaufsbuden gebildet, andere werden schon sehr früh erwähnt und können nach Lage und geschichtlichen Hinweisen als ursprüngliche Hauptpunkte der Besiedelung angesehen werden. Dass Marken und Markgenossenschaften in Westfalen vorhanden gewesen sind, darüber waltet kein Zweifel ob. Die Grenzen alter Marken und bestimmter Ab- schnitte derselben sind noch mehrfach bekannt. Wald und Heide waren, soweit sie nicht in Sonderbesitz übergegangen, noch bis in die jüngste Zeit gemeinschaftliches Eigenthum der Hofstellen einzelner Bauernschaften oder ganzer Gesammtgemeinden, die, wie S. 66 gezeigt ist, in Westfalen sehr grosse Gebiete einnehmen. Auch fanden sich, was Schwerz ausführlich berichtet, bis zu den Gemeinheitstheilungen auf den Klaiböden zwischen Horstmar und Steinfurt auf der einen, und der Lippe und Bochum auf der anderen Seite, viele sogenannte Vöhden, d. h. Flurtheile, in denen die Grund- stücke verschiedener Besitzer im Gemenge lagen, und welche unter Flurzwang 4 bis 6 Jahr beackert wurden, andere 4 bis 6 Jahr aber für die gemeinschaftliche Weide dreesch liegen bleiben mussten. In der Regel hatte jede Gemeinde zwei solcher Vöhden, und ein besonderer Feldrichter oder ein Sehütthof führte die Aufsicht über die Erhaltung der gemeinschaftlichen Verzäunung und des Schlagbaums sowie die Verzeich- nung des weideberechtigten Viehes. Endlich sind viele der sogenannten Esche, d. h. solcher Flurtheile, die seit unvordenklicher Zeit dauernd als Ackerland dienen, im Besitz mehrerer, oft zahlreicher Eigenthümer, und die Grundstücke derselben liegen ebenfalls unter den aus der Feldgemeinschaft hervorgehenden Beschränkungen im Ge- enge. Mit Recht sieht man darin die Spuren alter genossenschaftlicher Nutzungen an der Mark. Es scheint aber, als ob schon sehr früh, und mehr durch Stammeseigenthümlich- keit und Neigung, als durch die Beschaffenheit des Terrains bedingt, die Besiedelung ‚len besonderen Charakter der Vereinzelung angenommen habe, den anscheinend schon Tacitus hier beobachtete.*) Die im Gemenge liegenden Ländereien sind dem privativen, von jeder Feldgemeinschaft ausgeschlossenen Besitze seit lange an Ausdehnung sehr untergeordnet, und die zerstreuten Gehöfte der Bauernschaften, ohne dass irgend eine bestimmte geometrische Eintheilung der zu dem einzelnen Hofe gehörigen Grundstücke besteht, möglichst in der Mitte der letzteren gegründet. Häufig besitzt ein Wirth auch einen Esch für sich, und wo sich wenige Nachbarn auf Eschland im Gemenge finden, ist die Vermuthung der Parzellirung nicht überall ausgeschlossen. In den Vöhden aber ist nach Schwerz ein Hof oft sehr ungleich betheilist; es kommt vor, dass derselbe in den ersten 4 Jahren nur für 2 Pferde Arbeit hat, in den folgenden 4 Jahren aber kaum mit 6 Pferden ausreicht, so dass bald Verkauf, bald Zukauf von Pferden nöthig wird. *) Germania 25, wo aber eigentlich von zerstreutem Anbau gesprochen wird, und wenn man dies wohl mit Recht auf Einzelhöfe deutet, daneben jedenfalls auch geschlossene Ortschaften erwähnt werden. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 347 Die ältere genossenschaftliche Verfassung, soweit sie überhaupt durchgeführt war, scheint also seit lange in Vergessenheit gekommen zu sein. Der Gedanke der Einzel- höfe war mit dem System der Feldgemeinschaft unvereinbar, und hat dieselbe auch auf den Vöhden und Esehen mehr und mehr beseitigt. In der bestehenden Lage der weit über- wiegenden Masse der Grundstücke dart man eine wirthschaftliche Flureintheilung sehen, wie sie anderwärts von den Separationen mehr erstrebt als erreicht wird. Die Güter sind nach Lage und Schlagen in der Regel sehr gut arrondirt und bei der Bodenbeschaffen- heit Westfalens auch mit allen Kulturarten, mit Gras und Holzland genügend ausge- rüstet. Vielfach sind sie noch durch Heide- und Gemeinland von den Nachbarn getrennt, auf den fruchtbareren Böden berühren sich ihre Grenzen. Die einzelnen Grundstücke sind landesüblich mit oft hohen und breiten Hecken, die auf wallartigen Dämmen stehen, umgeben, und diese Einfriedigung ist mit einem Schlagbaum ge- schlossen, so dass das Vieh in ihr, wenn das Land dreesch liegt, ohne Hirten weiden kann. Solche eingehegte Grundstücke, deren Grösse nach den Umständen von r bis ro Morgen wechselt, werden Kämpe genannt. Ihre spätere Anlage gegenüber den Aeckern der Esche ist nach den von G. Hanssen ermittelten Thatsachen und Analogieen höchst wahrscheinlich *). Die westliche Grenze der Einzelhöfe lässt sich schwer bestimmen, am Rande der Geest nehmen die geschlossenen Dörfer zu, ohne dass die Einzelhöfe verschwinden. In den Marschen der Ems und Weser finden sich die Höfe gegenwärtig zwar ebenfalls in weit überwiegender Zahl vereinzelt und auf geschlossenen Gutsflächen, hier aber ist es völlig erwiesen und seit Menschengedenken bekannt, dass die Dörfer ur- sprünglich auf natürlichen oder künstlich aufgeworfenen Hügeln, den sogenannten Warfen, in eng zusammengedrängten Haufen gelegen haben“*). Sie waren in dieser Art erbaut, um vor Ueberfluthung gesichert zu sein, als aber die Eindeichung den Niede- rungen genügenden Schutz zu gewähren schien, wurde die unbequeme Weise zu wohnen aufgegeben, die Höfe wurden zum Theil abgebrochen, so dass die Lücken auf den Warfen noch bemerkbar sind, und die grössere Zahl der Wirthe baute sich entweder in weitläufigen Strassen quer über die langen Streifen an, in welehe das Land getheilt wurde, oder unter vollkommener Arrondirung des Besitzes auf Einzelwarfen. Die östliche Grenze der Verbreitung der Einzelhöfe dagegen ist ziemlich genau festgestellt. Sie folet im Norden von den Bremer Marschen aus ungefähr dem Laufe der Weser, über welche sie nirgend weit übergreift, bis etwa nach Rinteln, läuft von hier über Lemgo und Lippspringe zur Lippe, begleitet diese bis Hamm und wendet sich von da südlich über Kamen, Plettenberg, Altendorn und Olpe, dann westlicher über Drols- hagen bis gegen Siegburg und Mühlheim zum rechten Ufer des Rheins. Den Rhein überschreitet sie etwa bei Neuss und zieht sich über Erkelenz und Heinsberg zur Maas. In der Umgegend von Aachen, zwischen Herzogenrath und Eupen, haben die Einzelhöfe noch ein kleines abgesondertes Verbreitungsgebiet. — Die Art der Besiedelung jenseits dieser Grenzlinie ven der Mosel bis zur Elbe zeigt gegenüber der westfälischen nicht allein in der allgemeinen Verbreitung ziemlich *) Zur Geschichte der Feldsysteme in Deutschland, in der Tübinger Zeitschrift für Staatswissenschaft Bd. 22 #.; wieder abgedr. in den Annalen der Landwirthschaft Bd. 44, Jahrg. 22 ff. - **) Vergl. Plate, volkswirthschaftliche Zustände in Oldenburg im Archiv der politischen Oekonomie, neue Folge Bd.7 S. 166. 348 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. eng geschlossener Dörfer ihren abweichenden Charakter, sondern hat auch in viel grösserem Umfange und zum Theil in überraschend alter Form die Reste genossenschaftlicher Einriehtungen bewahrt. Die Ergebnisse der Flurverfassung sind auf diesem gesammten Gebiete mit wenigen Ausnahmen denen auf dem Boden der Einzelhöfe sehr entgegen- gesetzt und haben sich wenigstens den Bedürfnissen der neueren Zeit gegenüber überall ungünstig gestaltet. Die merkwürdigste, wie es scheint, ganz unmittelbar an die älteste Verfassung der Markgenossen anknüpfende Einrichtung der Flureintheilung und Flurnutzung hat sich auf dem linken Rheinufer in den Gebirgen, welche die Mosel durchzieht, erhalten. In der grossen Masse der Orte bildete hier bis vor wenigen Jahrzehnten der bäuerliche Theil der Dorfgemeinde unter dem Namen von Gehöferschaften, Erbge- nossenschaften oder Erbenschaften, eine oder auch einige agrarische Genossenschaften, welche sich im Besitz der gesammten Gemarkung mit Ausnahme der aus der Gemein- schaft ausgesonderten, grösseren herrschaftlichen sogenannten Freihöfe befanden und von Schwerz ') und dem Landrathe von Briesen ?) für die wissenschaftliche Anschauung gewissermassen erst entdeckt, von G. Hanssen °®) in ihrer vollen Bedeutung gewürdigt worden sind. In vielen dieser Genossenschaften, wie beispielsweise in Saarhölzbach und Wadern (Kr. Merzig), Beschweiler (Kreis St. Wendel), Zerf (Kr. Saarburg), Kell, Paschel, Lampaden, Franzenheim, Pluwig und anderen, im Kreise Trier an der Ruwer abwärts liegenden bestand bis tief in das laufende Jahrhundert, in Saarhölzbach bis 1863, ein Sondereigenthum nur an der Hausstelle und dem zugehörigen, in dem Hofberinge ein- geschlossenen kleinen Hausgarten. Die gesammten anderen Grundstücke, soweit sie nicht in gemeinsamer Nutzung blieben, nicht allein die sogenannten Wildländereien und die Waldungen und Wiesen, sondern auch die sämmtlichen Aecker und sogar die Feldgärten wurden periodisch unter die Interessenten nach Verhältniss ihrer Anrechte verloost und wechselten nach Massgabe des Looses die Besitzer. Privateigenthum an den Aeckern ist hier erst durch freiwillige Abkommen bei Gelegenheit der Katastrirung in den Jahren ıgrr — 1834 und später erreicht worden, In vielen anderen Gemarkungen, wie beispielsweise in Losheim, Untermorschbach, Wadrill, Büschfeld, Dagstuhl, Dreisbach (Kr. Merzig), Krottnach, Wilzenburg, Holzerath, Schöndorf (Kr. Trier), Eppelborn, Tholey (Kr. Ottweiler), St. Wendel, Baumholder (Kr. St. Wendel), Freudenburg, Taben, Irsch (Kr. Saarburg) hat die Verloosung des Acker- landes und zum Theil der Wiesen schon vor Ablauf des vorigen Jahrhunderts aufge- hört, und es werden jetzt nur noch Wild- und Waldland periodisch vertheilt. In manchen anderen benachbarten Bezirken, wie z. B. im gesammten Kreise Bern- kastel, haben die Gehöferschaften früher zwar allgemein bestanden, sind aber nach und nach eingegangen. Die Schiffelländereien indess, welche auch hier und in zahlreichen Gemeinden der Eifelgebirge nach bestimmten Loosen an die Berechtigten zum Abplaggen vertheilt und 1) Beiträge zur Kenntniss der Landwirthschaft in den Gebirgsgegenden des Hunsrück, im 27. Bande der Mogliner Annalen 1831. 2) Urkundliche Geschichte des Kr. Merzig. Saarlouis 1862. S. 252. — Vergl. Statistik des Kreises Merzig. Saarlouis 1866. Abschn.X. S. 54. 3) Die Gehöferschaften im Regierungsbezirk Trier. Berlin 1863. Aus den "Abhand- lungen der Königl. Akademie der Wissenschaften 1863. XL Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich -bäuerliche Verhältnisse. 349 von ihnen ein oder einige Jahre unter den Pflug genommen werden, dann aber wieder als Weide liegen bleiben, ebenso auch die Lohheeken derselben Gegenden und die sogenannten Hauberge im Siegenschen, bei denen in einem jährlichen Turnus das Schäl- und Nutzholz und die zwischen den stehenbleibenden Stöcken übliche Ackernutzung den gemeinschaftlichen Besitzern nach Antheil und Loos überlassen wird, sind, wie eingehende Untersuchungen nachgewiesen haben, ihrer rechtlichen Natur nach ebenfalls als der Rest ausgedehnter Gesammtnutzungen an der Gemarkung anzusehen“). Die Perioden der Ausloosung der gehöferschaftlichen Ackerländereien waren nach den in den Gemeinden bestehenden Ueberlieferungen ursprünglich 3jährig, verlängerten sich aber meist zu 6, ı2 und mehr Jahren. Zu irgend einer Zeit konnte die Verloosung gänzlich in Vergessenheit kommen. Die Idee derselben aber stand so fest, dass in Losheim zwischen 1655 und 1724 keine neue Theilung erfolgte, in letzterem Jahre aber die Gemeinde beschloss, „die Theilung der Ländereien (jedoch keinem Zinsherrn zum Nach- theil) in andere Stücke zusammenzuziehen, weil in einer so langen Zeit die Wiesen und Ackerländereien wegen der Vielheit der Sterbefälle, auch durch vielfache Heirathen merklich verschmälert worden, so dass kaum der Vornehmste wegen der Schmalheit seiner hin und wieder gelegenen Güter an Besserung und Bemistung und der Ackers- mann an seiner Arbeit Nutzen haben könnte, auch sogar die Besserung und angewen- dete Arbeit in den Wiesen umsonst wären.“ Desshalb wurde die Verloosung über den gesammten Bann wieder aufgenommen und seitdem von je ı2 zu 12 Jahren fortgesetzt. Die Wiesen wurden in der Regel jährlich, und ebenso in jedem Jahr der nach dem Turnus in Anbruch genommene Schlag des Forst- und Wildlandes ausgeloost. Die Rotationen der Hauberge und der sonstigen, meist aus Lohhecken bestehenden Forsten sind 16 bis 2ojährig, die der Wildländereien je nach der Kraft des Landes so intensiv, dass- auf 4 bis 5 Ackerjahre nur 3 bis 4 Weidejahre folgen, bis so extensiv, dass nach 2 und selbst nur ı Ackerjahr 6 bis ro Weidejahre abgewartet werden. Die Theilung erfolgte in allen diesen Gehöferschaften stets und erfolgt noch gegenwärtig, wo sie fortbesteht, in der Weise, dass durch die dazu erwählten Gehöfer- genossen zunächst eine Art Bonitirung und Vermessung vorausgeht, welche diese Männer ohne jede Hülfe eines Geometers völlig genügend auszuführen im Stande sind, weil ihnen ihre lange Erfahrung für die Kenntniss der Bodengüte, und die Hauptlinien der alten Eintheilung für die Beurtheilung der Flächenverhältnisse zu Hülfe kommen. Die der Verloosung zu unterwerfenden Ländereien jeder Art, Aecker, Wiesen, Wildland werden nach ihrer verschiedenen Bodenbeschaffenheit, ihrer ebenen oder ber- gigen Lage, grösseren oder geringeren Entfernung in möglichst regelmässige Vierecke (Gewanne) abgetheilt, welche eben so viele spezielle Verloosungsdistrikte bilden. In jedem dieser Distrikte gebührt einem jeden Gehöfer sein verhältnissmässiger Antheil. Jedes Viereck wird in so viele parallele Streifen getheilt, als Antheilsberechtigte vor- handen sind; da die Länge dieser Streifen gleich ist, erhält der grössere Antheil einen *) H. Achenbach, die Haubergs-Genossenschaften des Siegerlandes, Bonn 1863. Dieser „Beitrag zur Darstellung der deutschen Flur- und Agrarverfassung“ weist (gegen C. F. Schenk’s Meinung in der Statistik des Kreises Siegen, 1339, S. 134) speziell nach, dass der Fürst Friedrich Wilhelm Adolph von Nassau um 1717 und 1718 nur eine Reorganisation der Hau- bergswirthschaft betrieben, und dass dieselbe weder durch dessen Forst- und Holzordn. vom 1. Mai 1711, noch durch ältere Verordnungen eingeführt worden ist, vielmehr schon im 15. und 16. Jahrhundert als ganz bekanntes, altes, weit verbreitetes Herkommen erwähnt wird. 350 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. breiteren, der kleinere einen schmäleren Streifen. Die richtige Breite ist überall leicht aus der Verhältnisszahl des Antheils eines jeden am gesammten Banne zu finden. Die Antheilsrechte sind in den verschiedenen Gemeinden sehr verschieden be- zeichnet“). In der Gemeinde Losheim nach Pfügen, von denen jeder in vier Viertel, und das Viertel in 48 Zoll zerfällt, die ganze Gehöferschaft umfasst 40 solcher Pflüge; in Untermorschholz, Wadrill und Saarhölzbach nach Kerben und Tippelehen, von den bei der Loosvertheilung gebrauchten Kerbhölzern hergenommen, wesshalb das gehöfer- schaftliche Land auch Kerbland genannt wird; in Irsch nach Ruthen, Fuss und Zoll; in Krottnach nach Ruthen und ihren Bruchtheilen; in Wilzenburg. nach Schuhen zu 16 Zoll. Sehr häufig wird ein Getreidemass angewendet: in Büschfeld das Fass zu 16 Mässchen; in Kell nur Mässchen; in Zerf Quärtchen, Viertel, Wölfchen; in Taben Seester und seine Theile. In mehreren Wilzenburger Gehöferschaften wurde der grundherrliche Getreidezins nach Fass (— "s Scheffel), m St. Wendel das Peter- männchen, nach einer alten Trierschen Münze, in Tholey Petermännehen und Pfennige der Theilung zu Grunde gelegt. In der Bürgermeisterei Beschweiler kam vor, dass die Ackerländereien nach Fass Korn, die Holzungen nach Fuss und Zoll, und die Wiesen nach einer gewissen Geldsumme verloost wurden. Die Ueberweisung dieser Antheile an die Einzelnen vereinfacht sich die Gehöfer- schaft dadurch, dass die Verloosungsdistrikte hierbei nicht unmittelbar in so viele Land- stücke der verschiedensten Grösse, wie es nach dem verschiedenen Quotenbesitz der einzelnen Gehöfer erforderlich sein würde, sondern nur in eine bestimmte Anzahl von gleich grossen Landstücken (Stöcken) zerlegt werden. Für jedes solches Loos werden dann so viele Gehöferschaftsquoten zusammengelegt, als nöthig ist, um dasselbe damit auszufüllen, und unter diesen erst wird die weitere Vertheilung vorgenommen, bei der wieder das Loos oder die Hausnummern die Reihenfolge bestimmen. — Man könnte meinen, dass diese dem Wesen des Grundeigenthums anscheinend so entgegengesetzte Flurverfassung auf irgend welchem zufälligen und vielleicht spät eingetretenen Entstehungsgrunde beruhe. Abgesehen davon aber, dass sie nach schrift- lichen und mündlichen Ueberlieferungen unter den Genossen als unvordenkliches Her- kommen bekannt ist, steht die Thatsache solcher Einrichtungen keineswegs vereinzelt, sondern sie sind unter genügend übereinstimmenden Formen bei den verschiedensten Völkern verbreitet. Mangel jedes Eigenthumes oder dauernden Besitzes ausser an der Hausstelle und periodische Verloosung der Aeeker und sonstigen nicht gemeinschaftlich ausgenutzten Ländereien in der Flur wird, wie A. v. Haxthausen**) und andere bekunden, in Gross- Russland als die ursprünglich slawische Gemeindeverfassung angesehen, und ist dort in den meisten Gemeinden bis zur Gegenwart und auch nach der Emaneipation der Bauern in der Weise in Uebung, dass jeder männliche Kopf, oder jede Familie bei den in der Regel in r2 oder ı5 Jahren erneuten Eintheilungen gleiche Antheile an Grund und Boden erhalten. Diese Sitte hat sich in den letzten Jahrhunderten auch in Kleinruss- land und selbst in den deutschen Kolonieen an der Wolga verbreitet. L. Krug bemerkt in der „Geschichte der staatswirthschaftlichen Gesetzgebung im *) G. Hanssen a. a. O. S. 80. **) Studien über Russland, Bd. I. S. 124—134. 443. II. 153. Codex dipl. Siles. Bd. IV. Einl. S. 106. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 351 preussischen Staate“, Berlin 1808 Bd.I. S. 188, dass in Südpreussen im Fürstenthum Lowiez die Gemeinden in der Regel in jedem Jahre eine neue Vertheilung des Landes vornahmen, und dass die Theilung gewöhnlich nach der Quantität Zugvieh, welche ein jeder besass geschah, je nach welcher jeder ein grösseres oder kleineres Stück zur diesjährigen Bearbeitung oder Benutzung erhielt. Er findet, dass diese seltsame Ver- fassung vielleicht auf die Kultur des Bodens nicht so nachtheilig wirke, als in an- deren Gegenden die Lage der Aecker im Gemenge. _ Zehnjährige Ausloosungen der Fluren werden anch aus Afghanistan berichtet. Aehn- liche Einrichtungen sind in Indien, in Sardinien und im südlichen Schottland beobachtet, und die Spanier haben sie sogar in grosser Verbreitung bei der Urbevölkerung Mexikos vorgefunden *). Für Russland ist im einzelnen nachgewiesen, dass sogar das praktische Verfahren der Theilung, vollkommen mit dem in den Moselgegenden üblichen übereinstimmt. Kann aber auch ein strenger Beweis des Zusammenhanges mit den ältesten Formen des Anbaus nicht geführt werden, so ist wenigstens das hohe Alter und der volksthümliche Charakter dieser Einrichtung auf deutschem Boden daraus hinreichend klar, dass die Gewanneintheilungen, die auf den zu deutschem Recht aus- gesetzten Fluren in den Slawenländern durchgeführt wurden, nach dem Loose erfolg- ten, was 1223 urkundlich als mos theutoniecus bezeichnet wird**), und dass auch die ebenfalls vor die Mitte des 13. Jahrhunderts fallenden Sammlungen der dänischen Volksgesetze das beschriebene Verfahren der Gewanneintheilung nach dem Loose als weit verbreiteten Gebrauch voraussetzen. Sie zeigen in zahlreichen kasuistischen Be- stimmungen, dass in Dänemark und Schleswig die Anlage neuer Dörfer nach dem be- schriebenen Verfahren erfolgte, dass bei Grenzstreitigkeiten auch in den alten Dörfern Jeder das Recht hatte, die Aufmessung und Wiederherstellung der Feldstücke unter den- selben Gesichtspunkten zu verlangen, und dass sich in Streitfällen zwischen verschie- denen Hufen diese sogenannte Rebningsprozedur bis zur völlig neuen Ausloosung der Flur ausdehnte***), Die in Nutzung kommenden Aussenländereien aber wurden auch hier, ebenso wie am Rhein das Wildland, bis in unser Jahrhundert periodisch unter die Gemeinde vertheilt und ausgeloost. Es bedarf keiner genaueren Ausführung, wie naheliegend sich die gesammte Er- scheinung dieser Flurverfassung aus dem Wesen der Markgenossenschaft herleitet, und wie natürlich sich die Entwickelung des Anbaues auf einer solchen Flur denken lässt. Er kann vom Dorfe aus allmählich durch gemeinsame Rodung oder Ueberweisung spe- ziellerStücke ohne Verletzung der genossenschaftlichen Rechte vorschreiten. Je nach Bedürfniss oder Beschluss können neue Gewanne hinzugefügt werden, ohne die alten *) Die einschlagende Literatur vergl. in W. Roscher, Nationalökonomie des Acker- baues. Stuttgart 1867. S.212, und in G.L.v. Maurer, Einleitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- ete. Verfassung. 1854. S.6 und 7. **) Cod. dipl. Siles. Bd. IV. Einl. S. 34 und 109. — Tschoppe und Stenzel, Urkunden- sammlung S. 282. Die Dörfer um Ujest liegen in Gewannen. **) G. Hanssen, Ansichten über das Agrarwesen der Vorzeit, in Falck's neuem staats- bürgerlichen Magazine Bd. III. 1835. S. 77 und Bd. IV. 1837. S. 1. Vergl. auch Boll, Mecklenburg-Schwerin, in v. Reden, Zeitschrift des Vereins für deutsche Statistik. Berlin 1847. u. DO. 352 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. zu ändern, und alle Verfügungen bezüglich der Bestellung oder Behütung können leicht so getroffen werden, dass der Vortheil des Einen immer auch der aller Anderen ist. Selbst das Ausscheiden ganzer Gewanne oder jeder kleineren Fläche nach verhältniss- mässigen Antheilen in das Sondereigenthum, sei es aller daran Betheiligten, oder des Grundherrn oder anderer Bevorrechteten, denen alle Genossen Land abtreten müssen, ist ohne Störung ausführbar. Das Bild einer solchen ‚Flur nach stattgefandener Verloosung wird eine mehr oder weniger regelmässige, aber geschlossene Dorflage zeigen, in der Häuser und Hausgärten zusammenliegen, auch werden in der Feldmark die in gemeinschaftlicher Nutzung verbliebenen Hutungen und Wälder und das etwa vorhandene herrschaftliche Sondereigenthum grössere, mehr oder weniger zusammenhängende Grundstücke bilden, der übrige Grundbesitz der Genossenschaft aber wird in eine je nach der Menge der Betheiligten, der ungleichen Grösse ihrer Antheile und der Verschiedenheit der Boden- beschaffenheit und der Kulturarten steigende Anzahl schmaler Streifen zerlegt sein. Um dies deutlich zu machen, ist eine Skizze der Karte von Saarhölzbach vom Jahre 1862 beigefügt. Die einzelnen viereckigen Gewanne sind unter A. deutlich erkennbar. Zugleich ist die Art, wie sich in diesen Gewannen der Besitz des ein- zelnen Genossen vertheilt, durch die Beispiele dreier einzelner Güter bezeichnet. D.E. N. sind die genossenschaftlichen Wildländereien, M. L. die geschlossenen Grundstücke des Freiguts. Unmittelbar nach stattgehabter Vertheilung wird jeder Genosse in jedem Gewanne nur ein einziges Besitzstück haben, welches dem Verhältniss seines gesammten Antheils am Banne entspricht; im Laufe der Zeit aber kann er sich, wie die Gemeinde Losheim ausspricht, durch Ab- und Zukäufe, Erbtheilungen und Erbanfälle im Besitz zahlreicher hie und da zerstreuter und bis zur Unnutzbarkeit schmaler Landstreifen sehen. Dagegen bringt ihm jede neue Vertheilung eine Konsolidation seines Besitzes, welche die Zahl seiner einzelnen Grundstücke wieder auf die frühere, der Zahl der Gewanne ent- sprechende zurückführt. Darin liegt der wirthschaftliche Nutzen der wiederholten Verloosungen, der sich so lange äussern muss, als die individuelle Arbeit der einzelnen Genossen noch keine besonderen Vorzüge in der Kultur des einzelnen Grundstückes bewirkt. Kommen aber diese bei fortschreitender Wirthschaft mehr und mehr zur Anerkennung, dann wird voraussichtlich nur unter besonderen Verhältnissen die Genossenschaft an den Verloosungen festhalten. Namentlich also werden diese periodischen Neutheilungen da am frühesten aufgegeben werden, wo wegen geringerer Bodenverschiedenheit aus- gedehntere Gewanne angelest werden können, oder, wo wegen Geschlossenheit der Güter und anderer Bedingungen eines stetigeren Grundbesitzes, die Zerstückelung keine so nachtheilige Höhe erreicht, wie dies in den oben genannten Gemarkungen grössten- theils der Fall ist. — Sei es nun, was allerdings höchst wahrscheinlich ist”), dass dieselbe Agrarver- fassung ursprünglich über alle deutschen Landschaften im Osten der obengedachten Grenzlinie der Einzelhöfe bis an die Elbe ausgebreitet war, oder dass dort auch andere bestimmende Ursachen wirkten, jedenfalls findet sich auf diesem gesammten Gebiete der bei weitem überwiegende Theil der Dorfschaften und darunter namentlich solche, *) Vergl. die Zusammenlegung der Grundstücke in Hannover, von W. Seelig, Göttg. 1853- ’ XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 353 Die r- 277 Fer | aa BT = a gehöferschaftliche Flur SAARHOELZBACH Kr. Merzig. 1861. 1: 22500. I ao B. C. D. E. Genossen- schaftlicher nach NO. noch bedeutend ausge- dehnter Niederwald. F.G.H. Gemeindeländereien. J. K. Private Wiesen. L. Private Lohhecke. des säkula- M. 53 Mg.Acker Jrisirtenund N. Niederwald )parzellirten Freigutes. A. Genossenschaftliche Aecker. preuss. Mrg. in Parzellen 98 Mitglieder 416 d.h. Jäger 23° „ 70 (= M.Wagner 5% „ 31 von W.Dürr 214 „ 22*) deren hohes Alter unbestreitbar ist, in geschlossenen Dorflagen, bezüglich der Grund- stücke in der Flur aber nach denselben theils kleineren und zahlreichen, theils grösseren und dann weniger zahlreichen Gewannen eingetheilt, wie sie die Karte von Saarhölzbach für das Gehöferschaftsland zeigt. *) Die Theil. u. Zusammenleg. d. gehöfersch. Ländereien zu Saarhölzbach (v. O.Beck) Trier 1864. Boden d. preuss, Staats, 23 354 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. In manchen dieser seit lange in unveränderten Gewannen liegenden Fluren be- hielten die Güter wegen der zu Recht bestehenden Geschlossenheit eine, wenn auch zerstreute, doch durch die Grösse der Parzellen einigermassen genügende Planlage. In sehr vielen weniger streng geschlossenen aber erzeugte sich im Mangel der mindestens in Vergessenheit gerathenen Konsolidationen eine sehr grosse, bis zu den gesetzlichen Separationen der Neuzeit bestehende Zerstückelung, an der auch die gutsherrlichen Grundstücke Theil nahmen, theils weil sie aus früher bäuerlichen Ländereien hervor- gegangen, theils weil überhaupt nichts zu der Annahme berechtigt, dass der gutsherr- liche Besitz immer, wie die oben erwähnten Freihöfe, geschlossen ausserhalb der Feld- gemeinschaft gelegen habe. In den durchaus keine ungewöhnlichen Verhältnisse darbietenden, aber in Be- treff des Ergebnisses der Zusammenlegung durch eine Kommission des landwirth- schaftlichen Vereins für Rheinpreussen genauer untersuchten sächsischen Feldfluren Grossengottern und Altengottern (Kr. Langensalza 2 M. NO.) befanden sich vor der Separation in Grossengottern 9 Rittergüter mit 1484 Morg. in 86oParzellen, jede durchsehnittl. 1%, Morgen, 2 Pfarren, 4 Schulen, 2MRKürchen er 22 2300 2,0 m REG > ” > we diepolitischeGemeinde „ 387 5 » go > = x au 906 bäuerliche Wirthe „ 4138 „ „ 13200 A S 5 Ya. 5 328,Korensenl. . Kun 1524 Mm 581700 ” = n Es 68020 0 5 58.6:100 n = " 76 ORuth., in Altengottern 2 Rittergüter mit 1633 Morg. in 900 Parzellen, jede durehschnittl. 15/; Morgen, ı Kirche, 2 Pfarren, 32 Schuleng 2.2.0. Eros 2220 3 A 5 1 diepolitischeGemeinde „ Een 40 en a 5 jo 727 bäuerliche Wirthe „ 3865 „ „ 17200 “ - " 2, Mn T2SWRorensen ie er EA see ” & n re 6 101 More. in 18 920 Parzellen, jede durchschnittl. 48 DJRuthen. Durch die Separation konnte die Zahl der Pläne in Grossengottern von 16 100 auf 1 594, in Altengottern von 18 920 sogar auf 913 verringert werden*). Durch dieselbe Veranlassung sind die ähnlichen Verhältnisse einiger anderen Fluren bekannt geworden, welche folgende Uebersicht zeigt: *) Aktenstücke der vom landwirthschaftlichen Verein für Rheinpreussen im.Jahre 1860 nach Nassau, Sachsen und Westfalen gesandten Konsolidationskommission. Zeitschrift des Vereins, 1861, Nr. 4. — Nachrichten über die Ergebnisse der Zusammenlegung in den Fluren Grossengottern und Altengottern, zusammengestellt auf Anordnung der Königl. Generalkom- mission zu Merseburg, mit 4 Karten. Andere hier vergleichbare Karten gewannförmig eingetheilter Fluren sind veröffentlicht von W. Seelig a. a. ©. (S. 352); in der Festschrift zur Saekularfeier der Königl. landwirth- schaftlichen Gesellschaft zu Celle, Hannover 1864; in der Festschrift für die XXV. Versamm- lung deutscher Land- und Forstwirthe zu Dresden 1865 (Renning); und in V. Jacobi, das Agrar- wesen des Altenburgischen Osterlandes, Leipziger Jllustrirte Zeitung 1845, auch bes. abgedr. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 355 Vor der Separation Nach der Separation Zahl Name er alMder auf Davon sind | Zahl | einen | Zahl a der Inter- Inter- sen messene Ten er essen beson- | Interes- - essen- | 7 senten Gemarkung | Fläche ten EIndereg den kom- men Pläne | "ee Stücke Baus Bemerkung Kr. Heiligenstadt Bornhagen mit Rimbach und Schanze ... Westhausen ... Birkenfelde ... Rengelrode. ... . Fretterode... . Martinfeld .... Schönau Gänseteich...... Schönhagen ... Kr. Warburg Stadt Warburg . * Hausabfindun- gen an bisher unbeäckerte Kr. Paderborn Hausbesitzer, so dass dieZahl Salzkotten... . ) der Interessen- ra ten auf 301 ge- Uppsprunge ... | Ken det, Die wirthschaftlichen Nachtheile dieser Anordnung der Grundstücke, bei der es nicht einmal Sitte war, zwischen den Gewannen feste Wege auszulegen, und sogar die vorhandenen Kommunikationsstrassen, wie die Karten zeigen, keineswegs als Mittel für die Zugänglichkeit berücksichtigt wurden, bedürfen keiner weitern Darlegung. Sie wurden ursprünglich allerdings durch den allgemein herrschenden Flurzwang gemildert, weil durch denselben die Gleichzeitigkeit aller Ackerarbeiten, sowohl der Bestellung als der Ernte bedingt war. Wer nicht rechtzeitig abgeerntet hatte, über dessen Frucht ging nach dem Sachsenspiegel (Buch II. Art. 48) ungepfändet die Gemeindeheerde, und wer nicht mit den anderen Wirthen bestellt hatte, musste sein Stück liegen lassen. Zu den Wirthschaftszeiten musste der betroffene Feldtheil unbe- hindert überschritten werden können. Der auf diese Weise völlig gleiche Anbau führte zu einer grossen Regelmässigkeit der Wirthschaft und riss den trägen und kenntniss- losen Wirth in der Gemeinsamkeit der Arbeiten mit zu der üblichen Thätigkeit fort. . 23* 356 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich - bäuerliche Verhältnisse. Für einen roheren Landbau blieb dieser Gedanke, der eng mit der alten Idee der gemeinschaftlichen Benutzung der Gemarkung verknüpft war, keinesweges ohne Vor- theile, im Laufe der Zeit aber musste er zu einer nicht minder schwer erträglichen Fessel werden. Dabei war das fast allgemeine System der 3-Felderwirthschaft, wie das der 2-Felder- und 4-, selbst 5-Felderwirthschaft, die in einigen Landestheilen in Uebung standen, durch übermässigen Körnerbau fehlerhaft und nach Lage der Verhältnisse und der Bodenbeschaffenheit selten auf lange unschädlich. Die grossen Nebenhutungen, die es höchst nöthig bedarf, unterwarfen Forst und Wiesen nachtheiligen Benutzungen » und führten grosse Land- und Düngerverschwendung herbei. Wurden diese Nebennutzungen, was zum Theil schon früh eintrat, mehr und mehr eingeschränkt, Wiese und Forst freigelegt, die raumen Hutungen nach und nach getheilt, so musste kärg- liche Ernährung und erhebliche Verminderung des Viehstandes die Folge sein, und es konnte die gemeinsame Brach- und Stoppelhut um so weniger entbehrt, also auch an genügenden Futterbau nicht gedacht werden. So bedingten sich also auf diesen Fluren Feldeinrichtungen und Grundgerech- tigkeiten gegenseitig in einer Weise, dass beim Erwachen höherer Kulturziele durch- greifende Abhülfe dringende Nothwendigkeit wurde. — In vieler Beziehung abweichenden Verhältnissen und Bedürfnissen gehörten die agrarischen Einrichtungen an, welche bei der Anlage der deutschen Kolonieen in den Slawenländern zur Durchführung kamen. Für Unternehmungen, wie der vorige Abschnitt diese Kolonisationen gezeigt hat, bei denen der Herr des Grund und Bodens oder der Unternehmer, dem jener dies Geschäft übertrug, Ansiedler herbeizuziehen hatte, welche für ein bestimmtes Landgut bestimmte Pflichten übernehmen sollten, musste unmittelbar das Bedürfniss einer Aus- messung der Flur und Feststellung der Grenzen nach einem festen, dauernd gesicherten Landmasse auftreten. Die ersten Verträge, welche Erzbischof Friedrich und sein Nachfolger mit den holländischen Kolonisten bei Stade oder Bremen schlossen, enthalten schon die ent- sprechende Bestimmung: „Die Hufen sollen, damit später kein Streit entsteht, durch Messung bestimmt werden, und ihr Mass soll in der Länge 720, in der Breite aber 30 Königliche Ruthen haben“. Damit ist der Charakter der gesammten Anlage voll- kommen gegeben, denn es wurden, wie diese und zahlreiche ähnliche Kolonieen noch gegenwärtig zeigen*), die einzelnen Hufen, eine neben der anderen, in langen zusammen- hängenden, möglichst parallelen Streifen, welche in ihrer Fläche einer Länge von 720 und einer Breite von 30 Ruthen entsprachen, nebeneinander abgemessen, und den einzelnen Kolonisten überwiesen, von denen jeder sein Gehöft auf seinem Streifen an passender Stelle so anbaute, dass dadurch am Kopf der Streifen, oder quer durch ihre Mitte eine fortlaufende Dorfstrasse entstand. Die flämischen Hufen Friedrichs von Bremen waren in Bruch- und Marschland angelegt. Ungefähr um dieselbe Zeit deuten mehrfache Erwähnungen an, dass sich auch von Franken aus die Kolonisation von Forstland ausbreitete. Es ist nicht genauer *) Die Planlage der Kolonistendörfer des Stader Marschlandes ist an dem Beispiel der Gemeinden des alten Landes, Borstel, Jork, Ladekop und Estebrugge in den Abbildungen zu der Festschrift der Säkularfeier der Königl. Landwirthschaftsgesellschaft zu Celle 1854 su ersehen, geht aber auch hinreichend aus der Reymann’schen Spezialkarte hervor. Die- selbe Planform herrscht bei Bremen. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 357 festgestellt, wann diese Anlagen in Franken begannen, gewiss aber ist, dass die dortigen Territorialherren, namentlich die fränkischen Kaiser, grosse Waldungen zur Rodung und Urbarmachung an Ansiedler austhaten, und dass dabei nahezu übereinstimmende Prinzipien, wie für die flämischen Kolonieen geschildert sind, zur Anwendung kamen, Auch die Waldhufen wurden nämlich nach den gedachten Königlichen Ruthen, welche in einer Fuldaischen Urkunde aus dem ersten Drittel des r2. Jahrhunderts zuerst ausdrücklich erwähnt, indess auf frühere Zeit zurückbezogen werden ?), auf- gemessen, und in langen Streifen, als geschlossene Güter nebeneinander gelegt. Sie hatten ein verhältnissmässig grosses, wie es scheint, das doppelte Mass gegen das, welches man landesüblich als das einer Hufe zukommende betrachtete, und wurden Königshufen genannt. Die Fränkischen Hufen, welche, abgesehen von der wahrschein- lichen, aber noch nicht näher untersuchten Uebereinstimmung des Masses, den Königs- hufen völlig gleich sind ®), verbreiteten sich nach Norden und in die Slawenländer, wenn nicht gleichzeitig mit den flämischen, so doch nur um wenige Jahrzehnte später. Auch die holländischen Kolonieen wurden, wie gezeigt ist, sehr bald ausserhalb der Niederungen auf Ackerland und vielleicht selbst in Waldgebieten angelegt, wenigstens heisst in Pommern die flämische Hufe auch Hagenhufe und stimmt in ihrem Masse von 60 pommerischen oder 153,3 pr. Morgen so genau, als es überhaupt zu erwarten ist, mit der fränkischen Hufe in Schlesien überein. Ebenso enthält die flämische Hufe im Sinne der Kulmischen Handfeste 720 virgae regales in der Länge und 30 in der Breite, und berechnet sich unter der naheliegenden Voraussetzung, dass diese virga regalis den altkulmischen Ruthen gleich ist, ebenfalls auf 157,79 preussische Morgen. Beide Hufenarten scheinen desshalb im Laufe der Zeit in den meisten Gegenden ein- ander völlig gleichgeachtet worden zu sein. In Schlesien dagegen wird als eine Besonderheit die flämische Hufe der fränkischen sehr bestimmt entgegengesetzt. Die fränkischen werden hier auch die grossen Hufen genannt, die flämischen aber den kleinen Hufen zugezählt, welche nur ungefähr halb so viel Fläche enthalten, als die grossen‘). Der Unterschied der halben Grösse berührt indess den Hauptgedanken dieser Anlagen nicht, in allen wesentlichen Eigenthümlichkeiten stimmen sie nach dem Dargestellten überall überein. Die anliegende Karte von Schönbrunn, Kreis Sagan, giebt das Bild eines Dorfes, welches nach der vorhandenen Urkunde 1257 zu Fränkischen Hufen ausgethan ist°). Diese Form, welche ebenso in Sachsen, der Lausitz, Posen, Pommern und ander- wärts bekannt ist, wiederholt sich gleichmässig in allen Feldfluren des schlesischen Gebirges und eines grossen Theils des Hügellandes, so dass fast ein Viertheil von Schlesien dieser Feldeintheilung angehört. Die derselben eigenthümlichen lang hingedehnten Streifen, welche allmählich vom Thale aufsteigen, sich in ziemlich gleicher Breite schräg an den Berglehnen in die Höhe winden, und deren Grenzlinien von Flur zu Flur meilenweit verfolgt werden können, bemerkt das Auge auf dem gesammten Zuge der Sudeten. Untersucht man 1) Landau, Territorien S. 2ı ff. 2) Tradit. et antiquit. Fuldens, E. F.H. Dronke, Fulda, 1844, c. 65 S. 144. — G. Waitz, über die altdeutsche Hufe, Göttingen 1854, S. 32. 3) Cod. dipl. Siles. Bd. IV. Einl. S. 76 fi., 84 ff., 102. 4) Ebd. Einl. S. 94 ff. 5) Ebd. Einl, S. 72. 358 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. Hs SCHOENBRUNN Kr. Sagan. 1815. 6562 preuss. Morg. Fläche. No. 1—20. Pommern (Zustücke) No. 21—56 Bauernhufen (fränkisch). (Bei No. 35, 36, 37, 42 u. 43 Freihufenantheile, EXEZ] Gärtner und Häusler (zugehörig No. 5, 7, 8, 11). ++-4-++ I. IL III. Die 3 Feldereintheilung. Zu Dominialschafttrift in jedem Felde. >> BRENNT + PRERReVErUn. derer N B Domin. mit ‚Scholtis. @ugh.N. 1.3.17.) diese Linien, so sind sie aus Dämmen von Steinen und Gestrüpp gebildet, die bei der Rodung aus den das Neuland bedeckenden Felstrimmern zusammengeworfen wurden, und deren Unveränderlichkeit seit der ältesten Zeit einleuchtet. Im Thale längs des Baches erhielten die Gehöfte in weitläufiger Reihe auf wasserfreien Stellen da ihren Platz, wo der Hufenstreifen die gemeinsame Strasse erreicht, oder sie durchschneidend auf der entgegengesetzten Seite der Gehänge wieder in die Höhe steigt. Werden in dieser Eintheilung Abzweigungen von den einzelnen Gütern vor- genommen, so ist eine Längstheilung bei der durchschnittlich mehr als "/; Meile XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 359 tragenden Länge der Streifen nicht wohl ausführbar, es findet also eine Quertheilung statt, die keine wirthschaftlich nachtheiligen Folgen hat; andererseits sucht ein Wirth, der Land kaufen will, wo möglich die anstossende Hufe zu erwerben, so dass Güter von 300 Morgen schon eine erhebliche Breite haben. Die Gestalt der flämischen Hufen in Schlesien unterscheidet sich von der der fränkischen nur durch grössere Regelmässigkeit und geringere Breite. Sie findet sich auf der umstehenden Karte von Zedlitz (Kreis Steinau). In den Nummern 46—65 hat man die flämischen Hufen zu sehen, die sich auf je 75,6 Morgen preuss., auf dem sonstigen Bann die fränkischen, die sich auf je 153,6 Morgen berechnen. Die glücklicherweise erhaltene Austhuungsurkunde des Dorfes Zedlitz von 1257 lässt die näheren Verhältnisse dieser Unterscheidung sehr deutlich erkennen. Nach ihr sollen die vorhandenen Aecker und das mit Brombeeren bedeckte Land zu flämischem Recht, der Eichenwald und das Forstland zu fränkischem Recht aus- gethan werden, und die fränkischen und flämischen Hufen verschiedene Lasten tragen. Die bezeichneten flämischen Hufen liegen denn auch auf dem ebenen besten und jeden- falls am frühesten ackerbaren Lande, die fränkischen auf dem unebenen, steinigen, nassen und sandigen, noch heut grossentheils mit Wald bedeckten Terrain. Beide Hufenarten leisten denselben Getreidezins, nämlich je ı Mut (= 4 schles. Scheffel) Weizen, rı Mut Roggen und ı Mut Hafer. Es wird also im Sinne der Zeit angenommen, dass die eine die gleiche Ackerfläche haben wird, wie die andere. Da- gegen zahlen die grösseren Hufen je r Mark, die flämischen nur je Y» Mark Silber Geldzins.. Es wird also vorausgesetzt, dass die doppelte Fläche gleichwohl Mittel bietet, eine doppelte Geldrente zu beschaffen, was nicht anders als durch Holz und Viehzucht geschehen kann. Die flämische kulturfähigere Hufe hat nur 5, die fränkische schwer zu kultivirende die doppelte Zahl Freijahre zur Einrichtung. Beide Hufenarten gehören aber, wie hier mit Bezug auf Abschnitt X. S. 307 zu bemerken ist, nach dem Inhalte der Urkunde derselben Zeit und demselben persönlichen Rechte an. Es ist in keiner Weise anzunehmen, dass in derselben Gemeinde und unter demselben Schulzen, dem die Ansetzung übertragen ist, verschiedene persönliche Rechte etwa nach der flämischen oder fränkischen Heimath der Ansiedler begründet werden sollten oder konnten, vielmehr ist im vorliegenden Falle der grösste Theil der fränkischen Hufen so aufgetheilt worden, dass die Hofstellen, von denen aus sie bewirthschaftet wurden, zu flämischen Hufen gehörten. Beide Hufenarten haben übrigens dieselbe charakteristische Untertheilung in je ız Ruthen, unter welcher jeder der ı2. Theil der ganzen Hufe zu verstehen ist. n Ob auch in anderen Landestheilen ein solcher Unterschied in den Hufen der deutschen Kolonisten vorkommt, ist nicht genauer untersucht. Die Anlage in geschlossenen Streifen aber ist für Kolonieen so charakteristisch und durch die Natur der Verhältnisse so geboten, dass auch die viel späteren Kolonisationen des Grossen Kurfürsten und der nachfolgenden preussischen Könige dasselbe Prinzip verfolgt haben; die Bruchdörfer und der grösste Theil der Hauländereien (S. 309) sind nach demselben Plane angelegt, nur dass man möglichst versucht hat, die grosse Länge der Streifen zu vermeiden, und ihnen eine genügende Breite zu bewahren. Die Grundstücke lassen dann an Zweckmässigkeit der Lage nichts zu wünschen übrig Die örtliche Verbreitung dieser in Streifen zusammenliegenden, aus Kolonisationen hervorgegangenen Güter, deren Kenntniss landwirthschaftlich nicht ohne Bedeutung ist, 360 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich -bäuerliche Verhältnisse. ZEDLITZ Kr. Steinau. 1785. = SO0 RTh., = 1Dec.Zol. Gesammtfläche 42728 Morgen preuss., davon 1257 No. 46-65 (1281,7 Morg.) als flämische, die übrige Flur als fränkische Hufen ausgethan. 1786 sind No. 68, 69, 10, 12, 20, 27, 31, 33, 34, 42, 49, 51, 53, 55, 57, 59, 66, 71 und 72 (186,4 Morg.) Dominium; No. 52, 63 und 45 zu 24 Ruthen (177,3 Morg.) Widmuth; die übrigen Nummern 16 Bauerngüter zu 210!/2 Ruthen (1865,7 Mrg.) und eine Anzahl Gärtner (252,4 Mrg). deuten die Generalstabskarten genügend an, man vermag in der Zeichnung an der langen Erstreckung der Dörfer und den nach beiden Seiten bis in gewisse Entfernung ohne Ver- bindung untereinander fortlaufenden Feldwegen diese Flureintheilung gut zu unterscheiden. Neben den von Kolonisten erweislich neu gegründeten Anlagen dieser Art finden XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 361 sich in den früher slawischen Landstrichen auch geschlossene Ortschaften in grosser Zahl, deren Gehöfte in einem Dorfberinge eng zusammenliegen. Sie nehmen besonders die- jenigen Gegenden ein, von denen wir wissen, dass sie im ır. und 12. Jahrhundert eine dichte slawische Bevölkerung hatten, und von vielen derselben lässt sich urkundlich nachweisen, dass sie schon vor der beginnenden Germanisirung bestanden, Die geringere Zahl derselben ist ähnlich wie die meisten mitteldeutschen Dörfer als planlose Haufen zusammengebaut. Die Mehrzahl ist regelmässig. In einigen Gegenden, besonders in den Marken, zeigen letztere die Eigenthümlich- keit, dass die Gehöfte einen ziemlich kreisrunden Dorfplatz, der meist nur von einer Seite einen Zugang hat, fächerförmig umschliessen, so dass jedes derselben an der vorderen Seite gegen den inneren Platz nur schmal, an der hinteren gegen das Feld breit ist. Solche Dörfer sind Rundlinge genannt und besonders den Wenden zuge- schrieben worden*). Die umstehende Karte von Domnowitz, Kreis Trebnitz, zeigt einen sogenannten Rundling. Die mit N. VIL, VIII, 5, 6, 7, 17, ı2 und ı3 des Nebenplans bezeichneten Gehöfte sind späterer Ausbau. In allen slawischen Landstrichen kommen aber auch zum Theil mit den runden, zum Theil nur mit haufenförmigen Dörfern untermischt, rechteckige Dorfanlagen vor, welche eine völlig regelmässige, grade Strasse bilden. Auch sie bestanden urkundlich schon in der slawischen Vorzeit, kommen aber auch ähnlich auf unzweifelhaft deut- schem Boden vor. Die folgende Karte von Domslau giebt das keiner Erläuterung bedürfende Bild einer solchen rechteckigen Form. Was die Feldeinrichtung anbetrifit, so ist die von Domnowitz desshalb besonders beachtungswerth, weil dieses Dorf niemals zu deutschem Recht ausgethan worden ist, sondern ein Beispiel ursprünglich slawischer Verfassung giebt**). Die Gruppirung der Felder hat nach der Karte den Anschein von Gewannen. Es fehlt aber das Prinzip, dass jeder Betheiligte in jedem Gewanne seinen verhältniss- mässigen Antheil erhalten hat. Die urkundlich aus 8 gleich grossen Gütern hervor- gegangene Vertheilung bleibt vielmehr, auch wenn diese auf ihren ursprünglichen Besitz- stand zurückgeführt werden, so untereinander geworfen, dass sich keine Regel aufstellen lässt. Bei den Separationsverhandlungen 1806 erklärten die Bauern, die Vermischung der über 1200 Parzellen sei, wie auch die Kartenskizze zeigt, so gross, dass bei diesem oder jenem Stück Keiner von ihnen im Stande sei, anzugeben, wem es gehöre, und schon mehrere Male ein Interessent das einem Andern gehörige Stück bedüngt, ein Anderer aber es besäet und abgeerntet habe, auch werde durch die Nothwendigkeit, gegenseitig bald in der Länge, bald quer über die Stücke zu fahren, eine ausserordent- liche Menge Saat und Getreide ruinirt und verdorben. Die Feldflur von Domslau dagegen zeigt sich in sehr grosse und völlig geord- nete Gewanne eingetheilt, in denen sich die richtigen Antheile der einzelnen Be- sitzungen nach Verhältniss der Hufenzahl rechnungsmässig nachweisen lassen. Solche regelmässige Gewanne sind auch bei den runden Dörfern sehr verbreitet. Es ist aber sehr schwierig, Dörfer zu finden, bei denen sich wie bei Domnowitz mit gutem Grunde *) V. Jacobi, Altenburgische Studien, Illustrirte Zeitung 1845. — Slawen- und Teutsch- thum, Hannover 1856. — H. Otte, Geschiehte der deutschen Baukunst 1362, Bd. I. S. 252. **) Cod. dipl. Siles. Bd. IV. Einl. S. 62 fi. 362 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich -bäuerliche Verhältnisse. DOMNOWITZ Kr: Trebnitz SU || 1821. | a u HIN Y, AUNZHN A—A UN LI Tr 1% = SN SS; Ze N Fi F; REN ZN Gesammtfläche 3379 Morg. pr., I.-.XXII. Bauerngüter, I. erst 1615 zur Erbscholtisei eingerichtet; 2—7, 10 und 12 beückerte Gärten, Zubehör der Bauerngüter gleicher Nummer. I., II. u. III. sind die 3 Felder. t.4t + urkundlich Seiner dass sie niemals unter dem Einfluss deutscher Einrichtungen gestanden haben, und es lässt sich desshalb die Frage für jetzt nicht lösen, ob diese Gewanneintheilungen schon aus der slawischen Zeit hergebracht sind. Völlig erwiesen aber ist, dass eine grosse Zahl der früher polnischen Dörfer seit der Zeit der deutschen Kolonisation in solehe Gewanne eingetheilt wurde, und es ist an mehreren Beispielen nachgewiesen, dass in den betreffenden Gemarkungen XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 363 vor ihrer Umwandlung aus dem polnischen Rechte in dentsches eine andere Flureintheilung bestand. Eines dieser Beispiele ist Domslau. DOMSLAU Kz.Breslau. GG. R a II > II Gesammtfläche 3384,9.Morg. pr., liegt schon 1353 in 54 Hufen, davon Isi6: Dominium 6; a. Freigut (vor 1680 2. Domin.) 9; W. Widmuth 1; S. Erbscholtisei 7; b—-n. 12 Banerngüter 31", Gewann I,, II., II. sind das eıste, IV., V., VI. das zweite, VII., VIII, IX. und X. das dritte Feld. Domslau ist ein sehr altes, bedeutendes polnisches Dort; es bekam 1306 deutsches Recht und enthielt damals urkundlich ein Gut von 101/; Hufen, d.h. von etwa dem fünften Theil der ganzen Flur, in einem Stück hinter dem Wohnhause der Besitzung a. 1350 aber wurden die Felder in Folge eines Privilegiums Karls IV., welches den Ankauf der gelegenen Bauerhöfe zu diesem Zweck gestattete, unter Erhöhung der bäuerlichen Zinsen auf mindestens das Doppelte in die vorliegende Gewannyerfassung gebracht *). Aehnliche Umwandlungen bereits deutscher Dörfer scheinen häufiger vorgenommen worden zu sein, und besonders flämische, aber auch fränkische Kolonistenhufen **) dann ®) Cod. dipl, Siles. Bd. IV. Einl. $.34. **) Ebd. Einl. S. 89 fl. 364 XI Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. betroffen zu haben, wenn sie sich in der Ebene fanden. Um so mehr lässt sich nach dem häufigen Vorkommen solcher regelmässigen Gewanne annehmen, dass sie da angewendet wurden, wo die Besitzer polnischer Dörfer das Recht erhielten, dieselben zu deutschem Rechte an Zinsbauern auszuthun. Dass bei der ersten Einrichtung ihrer Feldeintheilung nach deutscher Sitte das Loos benutzt wurde, ist bereits (S. 351) erwähnt. Es sind aber bis jetzt für deutsche Dorfiluren in den früher slawischen Ländern keinerlei Andeutungen späterer Konsolida- tionen auf Grund von Verloosungen im Sinne der genossenschaftlichen Dörfer des Rheins weder aus einer Rückerinnerung an die Ausübung, noch aus dem vielfach sehr reichen Schatze der vorhandenen Urkunden aufgefunden worden *). Dagegen hat, soweit bekannt, auf den gewannförmig eingetheilten Gemarkungen überall der Flurzwang, die gutsherrliche Schafhut und die Brach- und Stoppelhut der gemeinschaftlichen Heerde bestanden, und diese Grundgerechtigkeiten sind auch auf den in Waldhufen aufgetheilten Fluren im Beginn unsers Jahrhunderts in so grosser Ausbreitung vorgefunden worden, dass man sie als in der ursprünglichen Idee der An- lage begründet betrachten muss. Die Karte von Schönbrunn zeigt, wie die drei Felder quer über alle Hufen abgetheilt waren, was für alle Gebirgsdörfer allerdings kaum aus- führbar scheint. Dagegen gehören die grossen Viehwege, welche sich auf der Karte von Schönbrunn unter der Bezeichnung Trieb, auf der von Zedlitz unter No. 38 und zwischen 20 und 2r finden, zu den überall wiederkehrenden und auch urkundlich er- wähnten Eigenthümlichkeiten dieser Kolonistendörfer und deuten ebenso wie die dem Scholzen in den Austhuungsurkunden oft gewährten Vorschafe und die Bestimmung der Zahl der Schafe, die jeder Hufenbesitzer halten darf, darauf, dass die Behütung der Flur durch die gemeinschaftliche Heerde von der ältesten Zeit an geübt wurde. Diese Rechte haben zum Theil Ablösungen nöthig gemacht, zum Theil sind sie in Vergessen- heit gekommen und wurden stillschweigend oder vertragsmässig als für alle Betheiligteunvor- theilhaft aufgehoben. Eigentliche Separationen und Zusammenlegungen haben auf den Wald- hufen aus ersichtlichen Gründen fast gar nicht stattgefunden, dagegen ist das Bedürfniss dazu auf den gewannförmig eingetheilten Fluren überall in hohem Grade hervorgetreten. — Dieser verhältnissmässig kleine Kreis der hier vorgeführten Flureinrichtungen umfasst gleichwohl, soweit bekannt, die hauptsächlichsten Formen der Besiedelung auf dem Boden des Staatsgebietes, soweit dieselbe aus der Idee und Absicht der Begrün- dung bäuerlicher Dorfgemeinden hervorgegangen ist. Der natürliche Gegensatz zu denselben ist die Gestalt, die eine Flur gewinnt, welche für den Zweck der Bewirthschaftung aus einer Hand als ein grosses geschlossenes Gut urbar gemacht wird. Es liegt nahe, dass auch kleine Ackergüter einzeln in die Waldungen und Heiden vorschreiten oder ohne vorher festgestellten einheitlichen Plan aus der allmählichen Par- zellirung grösserer Besitzungen hervorgehen können. Nur wenige grosse Güter entziehen sich gänzlich der Ansetzung kleinerer Wirthschaften, die ihnen Arbeitskräfte bieten sollen. Nach und nach können daraus eigene Ortschaften entstehen. In der Regel werden sie bestehenden angeschlossen. Wie gross aber auch in der Gesammtheit die Masse dieser kleinen untergeordneten Ansiedelungen ist, entziehen sie sich doch näherer Beur- theilung und gewähren durch ihre willkürliche Anordnung wenig allgemeines Interesse. *) Krug's Beobachtung S. 350 gehört augenscheinlich nur slawischen Gemeinden an. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 365 Was dagegen die grossen Güter in eigener Wirthschaft betrifft, die gegenüber den bäuerlichen Fluren ein Kulturelement von der grössten Bedeutung geworden sind, so kann bei ihnen von irgend einem allgemeiner gültigen Plane der Anlage selbst- redend nicht gesprochen werden, das Gewicht liegt wesentlich auf ihrem Bestande. Wir wissen durch die Meiereien Karls des Grossen und der älteren Stifter und Klöster, dass sie schon sehr früh und in beträchtlichem Umfange vorhanden waren. Die Masse der Beamten, Handwerker und Arbeiter, die auf den Meierhöfen selbst gehalten wurden *), zeigt, dass dabei nicht füglich an eine Zugehörigkeit zur Dorfgemeinde, oder an den Einschluss in eine der geschilderten Flurverfassungen gedacht werden kann. Die Entwickelung der Marken bot, wie gezeigt, in der Ausscheidung von Sonder- eigen des Markenherren oder vorzugsweise berechtigter Mitmärker zur Einrichtung solcher selbständiger Güter hinreichende Gelegenheit. Zu jeder Zeit wurden auch fürstliche oder Staatsländereien an Einzelne zu mehr oder weniger vollem Eigenthum verliehen. Die Kolonisation der Slawenländer fand überwiegend in der Form der Verleihung der ge- sammten Flur an einen Grundherrn statt, der seinerseits die Ansiedler ansetzte, dabei aber nach dem Zeugniss der Landbücher Karls IV. aus dem 14. Jahrhundert häufig sehr grosse Flächen in eigener Wirthschaft zurückbehielt**). Die Vorwerke der märkischen Lehngüter und die schlesischen Allodia***) berechnen sich schon damals meist auf 8—16 Hufen. Seitdem mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts die Grosswirthschaft im Norden Deutschlands zu mächtiger Entwickelung emporblühte, wurden durch die Grundherren mehr und mehr Forst- und Weidestrecken zu Neuländereien und Vorwerken umgeschaffen. Indess ist die Zahl soleher grosswirthschaftlicher Fluren gleichwohl viel geringer, als man nach dem Verzeichniss der selbständigen Gutsbezirke, S. 65, erwarten könnte. Diese Gutsbezirke sind, sofern sie nicht blos rechtlich von dem politischen Kreise der Landgemeinde gesondert sind, sondern auch bezüglich ihrer Grundstücke eine geschlossene, von der Flur der Landgemeinde geschiedene, selbständige Gemarkung bilden, zum weit überwiegenden Theile neuen Ursprunges. Das Mittelalter war der Entwiekelung der Grosswirthschaft sehr wenig günstig. Sehon in der Zeit der Karolinger begann die Umschaffung der Meiereien in zins- und dienstbare Kolonate, die erblich und Glieder der Dorfgemeinde wurden. Auf dem Boden der westlichen Provinzen scheint später niemals wieder eine Zeit gekommen zu sein, in welcher die eigene Bewirthschaftung grössere Vortheile in Aussicht gestellt, und zugleich mehr den Neigungen der Grundherren entsprochen hätte, als die Par- zellarausthuung oder Parzellarverpachtung. Die gutsherrlichen Besitzungen, soweit sie aus Ackerwirthschaften bestehen, sind hier bis zur Gegenwart von sehr geringer Aus- dehnung geblieben; wo sich in den Nachweisungen grössere Flächen solcher Ländereien angegeben finden, umfassen dieselben ganz überwiegend Forstbesitz. Auf dem Gebiete der östlichen Provinzen aber hat zwar die eigene Wirthschaft der Gutsherren seit dem Ausgang des ı5. Jahrhunderts dauernd an Ausdehnung gewonnen, *) Capitulare de villis. — Barthold, Geschichte der deutschen Städte, I. 40. **, Karls IV. Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, ed. v. Hertzberg, 1781. — Landbuch des Fürstenthums Breslau von 1358, ed. G. Stenzel in Ber. der schles,. vaterländ. Gesellschaft für 1842. — Landbuch der Neumark von 1337, ed. G. W. v. Raumer, 1837. *“) Ueber die Anwendung und Bedeutung des Wortes vergl. Cod. dipl. Siles. IV. Einl. S. 59 u. 103. Es entspricht dem gutsherrlichen Vorwerksgute im Gegensatz zu Zins- und Scholzenhufen. 366 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. bier indess waren, wie schon aus den oben näher dargelegten Plänen der Dorfanlage auf den kolonisirten Fluren hervorgeht, die gedachten gutsherrlichen Allodien fast ausnahmslos mit den bäuerlichen Gütern der Kolonisten in die Hufeneintheilung aufge- nommen und haben, wo diese nicht in Hufenstreifen, sondern in Gewannen ausgebildet worden ist, überall im Gemenge gelegen und an den Gewannen ebenso, wie die Bauer- güter Theil gehabt. Geschlossene Güter sind desshalb hier in der Regel nur aus Neu- bruch oder aus Zusammenlegungen hervorgegangen. Die Zusammenlegungen wurden durch die Separationen allgemein, waren aber als theilweise und unvollständige auch schon lange vorher, ebenso durch Ankauf und Tausch, als durch Einziehung von Bauergütern angestrebt und zur Ausführung gebracht worden. 2. Die gutsherrlich- bäuerlichen Verhältnisse. Die Entstehung der grundherrlichen Gewalt muss in sehr frühe Zeit zurück- geführt werden. Schon Tacitus berichtet”), „dass bei den Deutschen Sklaverei theils aus Kriegs- gefangenschaft, theils dadurch entstehe, dass sie im Würfelspiel auf den äussersten und letzten Wurf Person und Freiheit setzten und freiwillig vom Gewinnenden gebunden und in die Knechtschaft verkauft würden. Von den Sklaven aber walte Jeder in eigener Wohnung, an eigenem Herde. Der Herr lege ihm, wie einem Kolonen, eine Abgabe an Getreide, Vieh oder Kleiderstoff auf, weiter gehe die Unterthänigkeit nicht.“ Es liegt klar, dass in diesem Verhältnisse schon die Bedingungen gegeben sind, aus denen sich durch längere Dauer, namentlich durch Verbleiben der Wirthschaft in dem Besitze derselben Familie der spätere Charakter der Hörigkeit auszubilden ver- mochte. Sobald man sich gewöhnte, den Pflichtenkreis mehr an die Heimstätte, als an die Person zu knüpfen, konnten sich ebensowohl solche Freie finden, welche derartig abhängige Güter unter bestimmten, die Oberherrlichkeit anerkennenden Bedingungen übernahmen, als andrerseits solche, welche ihr bisher unabhängiges Gut aus irgend einem Grunde der gleichen Oberherrlichkeit des Siegers oder Beschützers unter dem Abkommen unterwarfen, des nutzbaren Eigenthums daran für sich und die Ihrigen nicht verlustig zu gehen. Unzweifelhaft bestanden schon früh Verhältnisse von Unterordnung, die weder im eigentlichen noch im milderen Sinne Sklaverei voraussetzten. Die Römer wie die Volks- rechte unterscheiden Fürsten, Edle und Freie gegenüber weniger voll Berechtigten und Unfreien. In den ältesten Volksgesetzen der vorkarolingischen Zeit werden schon die Güter der Aldionen und der Liti, Lati oder Lazzi, denen sich die aus römischen Ver- hältnissen übertragenen Kolonen zuordnen, als Pertinenz eines bestimmten Herrenhofes betrachtet, und erscheinen an diesen zu Leistungen verpflichtet, über welche gewisse allgemeine, für das ganze Land geltende Bestimmungen gegeben werden. Auch wird in diesen Volksrechten schon des Zinses gedacht, den der Gemeinfreie zu tragen hat, welcher sein Gut der Kirche oder einem Herren überträgt und es als Höriges zurück- empfängt. Später mehrt sich mit jedem Jahrhundert die Zahl der uns überlieferten Urkunden, *) Germania 24. 25. - XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 367 Zins- und Dienstverträge, welche die Rechte zwischen Grundherren und Hörigen ver- schiedener Gattungen festsetzen. G._L. von Maurer hat vermocht, aus diesen Zeugnissen in seiner Geschichte der Fronhöfe, der-Bauernhöfe und der Hofverfassung in Deutsch- land (Erlangen 1862) ein in den einzelnsten Zügen ausgeführtes Bild dieser Beziehungen und ihrer Entwickelung in dem Verlaufe der geschichtlichen Perioden zu geben. Wenn es ursprünglich vorzugsweise die Heerbannspflicht war, welche die Gemein- freien bestimmte, sich der Kirche oder den Grossen als Hörige zu übergeben, so drängte in der Auflösung des Reichs nach Karls des Grossen Ableben das Bedürfniss nach Schutz und wirthschaftlicher Ruhe dazu. Der Hörige erwarb für geringe, oft nur symbolische Pflichten und eine anfänglich kaum fühlbare Beschränkung seiner Freiheit und bürgerlichen Rechte Vortheile, die mit diesen Lasten schwerlich im wesentlichen Missverhältnisse standen. Selbst die hauptsächlichste und für die spätere Rechts- entwickelung nicht selten verhängnissvolle Folge, die Vertauschung der Gerichtsbarkeit des Kaiserlichen Beamten mit der des neuen Grundherrn, scheint damals nach der ge- sammten Lage der Dinge kaum als ein Nachtheil aufgefasst worden zu sein. Das Ansehen, zu welchem sich viele hörige Ministerialen emporschwangen, konnte die allgemeine Verbreitung der Abhängigkeitsverhältnisse nur erleichtern. Es ist seit der Entwickelung der Landeshoheit der Territorialherren schwer nachzuweisen, ob auf dem älteren preussischen Staatsgebiete bäuerliche Gemeinden, wie dies von den Dithmarschen bekannt ist, ohne Unterordung unter eine gutsherrliche Gewalt geblieben sind; die Landesherren übten dieselbe überall aus, wo sie nicht in anderen Händen war. Jedenfalls sind die Ausnahmen auf sehr wenige Fälle be- schränkt. Im wesentlichen fand gegen den Schluss des Mittelalters der Grundsatz: nulle terre sans seigneur, so allgemeine praktische Verbreitung, dass auch die Landesherren die grundherrlichen Rechte von den landesherrlichen hinreichend klar schieden. Das Amt verwaltete die grundherrlichen, die fürstlichen Kanzleien die landesherrlichen Befugnisse. Sehon die Kolonisten des ı2. Jahrhunderts trugen den Begriff dieser gutsherr- lichen oder Dominialgewalt als ein Abbild der bereits fest begründeten heimathlichen Zustände weiter nach Osten. In den früher slawischen Landestheilen lassen sich die Vorgänge, durch welche dieser Rechtskreis begründet wurde, mit grösserer Sicherheit auf ihren Ursprung zu- rückverfolgen *) Die Herzöge der Slawen waren nach allem, was darüber bekannt ist, alleinige Gerichtsherren in ihrem Lande. Sie übten jede höhere und niedere Gerichtsbarkeit als ein Regal durch ihre Beamten. Munizipal- und Patrimonialgerichte waren unbekannt. Nur die Leibeigenen richtete der Leibherr. Die deutschen Kolonisten aber forderten überall, als eine der wichtigsten Bedingungen ihrer Ansiedelung, eigene deutsche Rechtspflege. Dieselbe wurde in der Weise geordnet, dass Scholz und Schöppen die niedere Gerichtsbarkeit im Namen des Grundherren übten, der davon den 3. Theil der Einnahme bezog; die höhere Gerichtsbarkeit wurde entweder ebenfalls dem Grundherrn, der das Dorf anleste, verliehen, oder der Herzog behielt sich diese persönlich und *) @. A. Stenzel, Schlesische Geschichte, Breslau 1853, S. 149. — Codex diplomat. Silesiae, Bd. IV., Einl. 98. — Palacky, Geschichte von Böhmen, Prag 1836, Bd. L, S. 185, Bd. II., S. 35. — Naruszewiez Hystorya narodu polsk. II. 3. S. 353. 368 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich -bäuerliche Verhältnisse. losgelöst von allen staatsrechtlichen Beziehungen zu der übrigen polnischen Rechts- pflege vor. Wo der Herzog selbst Grundherr war, blieb gleichwohl der Gedanke der Um- gestaltung derselbe. Der Herzog sprach das Recht in seinem besonderen Verhältnisse zu dem privilegirten Gutsbezirke unter gleichen Gesichtspunkten wie die deutschen Dominialherren. Mit der weiteren Verbreitung der deutschen Kolonieen machte diese neue Gestalt der Gerichtsherrlichkeit die polnische Rechtsverfassung überhaupt unhaltbar und über- trug sich sehr bald auch auf die polnischen Dorfverhältnisse. — Dass sich der Ursprung der Grundherrlichkeit in den deutschen Volkslanden nicht ausschliesslich auf einen bevorrechteten Adel zurückführen lässt, ist an sich verständlich, ebensowenig kann behauptet werden, dass bei der raschen Verbreitung der Deutschen unter den Slawen die mit einer solchen Abzweigung der Gerichtshoheit beliehenen Grundherren überall Adelige oder dem Adel gleichgeachtete geistliche Stiftungen gewesen seien. Es bildete sich aber um die Zeit der deutschen Kolonisa- tionen durch die Kreuzzüge und die geistlichen Ritterorden die Ritterbürtigkeit als eine Standesidee aus*), welche mehr und mehr einen korporativen Schluss in die zum Adel gerechneten Familien brachte. Dadurch wurde,es als eine erhebliche Verstärkung der gutsherrlichen Gewalt mehr und mehr üblich, den Dominialbesitz mit dem Ritterstande zu verknüpfen und diesem durch die Sitte ein ausschliessliches Recht auf ersteren ein- zuräumen, welches nur durch spezielle landesherrliche Privilegien durchbrochen werden konnte und bei den Fürsten wegen der nahen Beziehungen zu den Lehnsverhältnissen, der Heeresfolge und der Landesstandschaft vollen Schutz fand. — Auf diesem Wege entwickelten sich im Laufe des Mittelalters innerhalb der einzelnen Dorffluren Gemeinwesen, welche sich nicht ausschliesslich in die Bedingungen einer politischen Gemeinde einordnen lassen, sondern in der Grund- und Gerichts- herrlichkeit des Dominialbesitzers Merkmale einer je nach dem Umfange der Gerichts- barkeit zu einem gewissen Grade staatlicher Selbständigkeit gelangten unvolikommenen Territorialhoheit an sich trugen. In den westlichen wie in den östlichen Provinzen war übrigens der Unterschied des Dominial- und Rustikalbesitzes nur dem Namen nach auf den ländlichen Grund- besitz beschränkt. Er bestand auch für die später begründeten Städte. Mit Ausnahme der Vorrechte der persönlichen Freiheit, des Mauerrechtes und des städtischen Gewerbes zeigt sich wenigstens in den erst kolonisirten Ländern keine Verschiedenheit zwischen den Rechten einer als Stadt und einer als Dorf besiedelten Gemarkung. Bezüglich des Grund und Bodens stand der Grundherr zu der Stadtflur ebenso, wie zur Dorfflur als Inhaber der niederen Gerichtsbarkeit da, und eine nicht unbeträchtliche Anzahl der ersteren sind bis auf die neueste Zeit Mediatstädte, d.h. von einem Dominialherren (Th. I. Tit. 8, $ 166 A.-L.-R.) abhängig geblieben. Den meisten dieser jüngeren Städten gelang es aber allerdings nach dem Vor- bilde der älteren die Gerichtsbarkeit und möglichst alle Rechte und Grundstücke, die der Grundherr im Stadtbezirke besass, zu erwerben, und ihre Gemeinde auf diese Weise zum eigenen Gerichtsherren zu erheben. Sie kräftisten dadurch ihre politische Sonderstellung, deren Beziehungen schon $. 328 erwähnt sind. *) C.F. Eichhorn, Einleitung in das deutsche Privatrecht, S. 53. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 369 Auf dem flachen Lande aber wurde die gutsherrliche Dominialgewalt für die Landesregierung die Vermittlerin aller lokalen Beziehungen und bildete schon um den Ausgang des Mittelalters für das gesammte, später preussische Gebiet einen dem Ge- danken nach allgemein geforderten Theil des Staatsorganismus. Seit im Beginn des 16. Jahrhunderts die einzelnen Zweige der Staatsthätigkeit durch das landesherrliche Beamtenthum geschäftlich geordnet wurden, stand zwischen der ländlichen Gemeinde und dem fürstlichen Staatsregimente der Inhaber des Dominiums als die geborene lokale Behörde. Nur die oberen Instanzen der Gerichte und die poli- tische Verwaltung übte der Landesherr durch die nach dem Muster des Reichskammer- gerichts organisirten Kollegien der Landesbehörden. Nach der Märkischen Einrichtung, die sich mit der Ausdehnung des Staates nach und nach auf die übrigen Landestheile verbreitete, standen unter den Landesbehörden in den Städten zunächst Kriegs- und Steuerräthe, welche ursprünglich für die Verwaltung des landesherrlichen Kriegs- und Finanzwesens bestimmt, mehr und mehr eine tiefgreifende Aufsicht über die Kommunal- verwaltung, sowie den Betrieb von Handel und Gewerbe erlangten. Auf dem Lande waren dagegen die aus dem Adel gewählten Landräthe den Landesbehörden unmittelbar untergeordnet und den Dominialbehörden übergeordnet. Sie wurden zuerst unter Joachim II. den fürstlichen Hofräthen behufs Erhebung und Verwaltung der Steuern zur Seite gestellt und gebraucht, um Anträge und Forderungen an die Kreisstände zu bringen. Sie waren dabei Deputirte und Vertreter der Landschaft. Im 17. Jahrhundert wurden sie zugleich zu Kreis- und Kriegskommissarien bestellt, welehe auf dem Lande die Polizeiaufsicht zu führen und für die Verpflegung der Truppen zu sorgen hatten*). Die niedere Gerichtsbarkeit und Polizeiverwaltung lag über die Städte und die von ihnen besessenen Rittergüter den Magisträten, über die ritterschaftlichen Güter den Dominialherren, und über die Domainenbesitzungen den landesherrlichen Aemtern ob. Die Domainenämter waren in der Regel auf den Kreis weniger Ortschaften be- schränkt und verwalteten Kron- und Domainengüter mit den zugehörigen Gemeinden durchaus unter denselben Gesichtspunkten, wie der einzelne Gutsherr die seinigen. Wurde ein solches Gut veräussert oder verschenkt, so löste sich von selbst die Gerichts- barkeit über dasselbe mit allen seinen Untersassen von dem landesherrlichen Amte ab, und ging auf den neuen Gutsherrn über. Zwischen blossen Zinsdörfern und Gütern, welche herrschaftliche Aecker und Wirthschaftshöfe umfassten, bestand darin kein Unter- schied. — Diese, sei es hoheitlichen, sei es amtlichen Beziehungen, die die politische Seite des ländlichen Gemeinwesens bildeten, haben auch den privatrechtlichen, dinglichen wie persönlichen, Verhältnissen der Landgüter und ihrer Besitzer ihren besonderen Charakter gegeben. Man kann nicht sagen, dass die sogenannten Reallasten, d. h. die beständigen Abgaben und Leistungen, welche die neuere Zeit als ohne Einwilligung des Berechtig- ten unlösbar auf den ländlichen Grundstücken haftende Verbindlichkeiten vorgefunden hat, lediglich zwischen Grundherrschaft und Unterthanen bestanden hätten. Vielfach *) Ueber die Verfassung der Behörden im preussischen Staate in den Vermischten Schriften Friedr. v. Raumer’s, Leipzig 1852, Bd. I. S. 205, auch in (Manso’s) Geschichte des preuss. Staats, Frankfurt 1820, Bd. III. S. 435. — Twesten: Der preuss. Beamtenstaat, in den preuss. Jahrbüchern Bd. XVII. Heft I., Juli 1866. Boden d. preuss. Staats. 24 370 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. erzeugten sie sich auch zwischen den bäuerlichen Besitzern selbst und zwischen Ritter- gütern gegeneinander. Aber ihrem hauptsächliehsten Ursprunge und ihrem weit über- wiegenden Umfange nach sind dieselben allerdings aus dem gutsherrlich-bäuerlichen Ver- hältnisse herzuleiten. Sie gingen zum Theil aus Lasten der Gerichtsbarkeit und der Anerkennung der- selben, zum Theil aus bei der Verleihung vertragsmässig, häufig unter Festsetzung von Gegenleistungen, übernommenen Verpflichtungen, zum Theil ’auch aus Lasten, die als Landesbrauch oder Ortsgewohnheit angesehen wurden, hervor. Dem Gegenstande nach bestanden sie aus Zinsungen an Geld, Getreide und Naturalien, aus Vieh- und Feldzehnten und anderen Frucht- und Ernteantheilen, aus Hand-, Spann- und sonstigen persönlichen Diensten, endlich aus der Herstellung und Unterhaltung von Bauten, Gewähr von Samenvieh und ähnlichem. Ihren Charakter er- hielten sie besonders nach der grösseren oder geringeren Bestimmtheit der Leistung und der Art, wie sie nach Zeit und Mass in das Belieben des Berechtigten gestellt blieb. Wie die Angaben über die Gründung der Kolonistendörfer (S. 356) gezeigt haben, verknüpfte sich die Belastung der bäuerlichen Wirthe in eigenthümlicher Weise mit der Hufenverfassung. Der eigentliche Ursprung der Idee der Hufe ist bis jetzt ebensowenig genau er- mittelt, als der des Wortes. Dasselbe führt weder auf Huf, noch auf Hof, sondern eher auf Haben oder Heben, vielleicht auf Loos zurück*). In älterer Zeit wird bei dem deutschen Ausdruck sowohl, als bei dem dafür gebräuchlichen lateinischen „mansus“ so häufig die genaue Grösse des Grundstückes nach Schritten oder Morgen angegeben, dass an ein allgemeiner geltendes, bekanntes Mass nicht gedacht werden kann. Das Morgenmass entnahm man aus der Fläche, welche an einem Vormittag, oder auch an einem Tage, durch ein Joch mit dem Pfluge beackert werden kann, und unter den deutschen Völkern wurde der Pflug, unter den slawischen der Haken die Bezeichnung für ‚die Landfläche oder für diejenige Anzahl Morgen, welche in der jährlichen Wirthschaft einen Pflug oder einen Haken genügend beschäftigt. Der Pflug wird desshalb in diesem Sinne vielfach auch als deutsche, der Haken als polnische Hufe bezeichnet. Im ıo. und ır. Jahrhundert finden sich aber auch schon häufig gesetzliche, ge- setzlich aufgemessene, gemeine oder volle Hufen erwähnt; und wie die flämischen und fränkischen Kolonistenhufen zeigen, ist der Begriff eines bestimmten Landmasses, welches allerdings nach der Gegend, ja nach dem einzelnen Orte, und nach dem Uharakter der Austhuung sehr verschieden sein konnte, im ı2. Jahrhundert für die Hufe allgemein durehgedrungen **). Nicht blos die Auftheilung der Waldbesiedelungen, auch die gewannförmigen Flureintheilungen der deutschen Kolonisten geschahen, wie alle Austhuungsurkunden zeigen, um diese Zeit stets nach Hufen, und die Hufenzahl, welche damals die Urkunden angaben, findet sich mit hinreichender Genauigkeit örtlich sowohl wie in den Dienst- und Zinsregistern bis auf die neueste Zeit wieder. Sie bildeten einen dauernden festen Anhalt für den Bestand und die Vertheilung der Reallasten. Die Zahl der zinspflichtigen Hufen und die Höhe des von einer Hufe ”) Grimm: deutsche Rechtsalterthümer, Göttingen 1828, S. 534. — G. Waitz: über die altdeutsche Hufe, Göttingen 1854 (Bd. VI. der Abth. d. K. Gesellsch. d. Wiss.). **) Cod. dipl. Siles. IV. Einl. S. 47, 59, 84 fl. — Waitz a, a. OÖ. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 371 zu leistenden Zinses bestimmte die Summe dessen, was der Grundherr aus einer Dorf- gemeinde zu empfangen hatte, und die Vertheilung der Hufen in Halbe, in Viertel oder geringere Bruchtheile machte darin ebenso wenig einen Unterschied, als das nach Durch- führung der Kolonisationen besonders häufig nachweisbare Zusammenlegen mehrerer Hufen zu einer Wirthschaft. Die einzelnen Arten der Belastung wurden in der Regel als entweder auf den Gütern oder auf der Hofstelle haftend gedacht: so Getreidezins und Spanndienste auf den Aeckern, Ehrungen und Handdienste auf der Hofstelle, Geldzins je nach seiner Natur auf dem einen oder dem anderen. Bei der Vereinigung der Hufen wurde häufig die Hofstelle zu einer Gärtnerstelle oder einem Leerhause umgeschaffen, welches danach die Lasten der Hofstelle trug, während der Wirth der vergrösserten Wirthschaft die Lasten des Feldes übernahm. Bei wüsten Hufen war es üblich, dass die übrige Bauernschaft sie gegen die Lasten bis zur Besetzung durch einen neuen Wirth gemeinschaftlich oder durch die Nachbarn bebaute. Der feste Bestand und die Dauer der vertragsmässigen Reallasten wurde da- durch verstärkt, dass nach deutscher Verfassung der Scholz die Zinsungen der Ge- meinde einzunehmen und dem Grundherrn in ganzer Summe abzuführen hatte. Gegenüber der grösseren Bestimmtheit, die die bäuerlichen Leistungen durch jährliche Wiederkehr und das bestimmte Mass der Güter hatten, liegt über der Ent- wickelung der persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse viel grösseres Dunkel. In den deutschen Volksländern hat bezüglich derselben lange Zeit eine sehr grosse, durch den verschiedenen Ursprung der Hörigkeit bedingte Mannigfaltigkeit der Verhältnisse selbst innerhalb der einzelnen Dorfgemeinde bestanden. Für die Marken- nutzungen galt der ausdrückliche Grundsatz, dass der Grad der Freiheit oder Unfrei- heit des Mitmärkers in seinen Rechten und Pflichten keinen Unterschied mache. Nur der einzelne Fall brachte die Grenze der Abhängigkeit genauer zur Sprache. Erst nach und nach gestalteten sich den Grundherrn gegenüber gleichartige Rechte und Ge- wohnheiten aus. Für die Slawenländer erleichtern die zahlreichen Austhuungsurkunden und der in der älteren Zeit 'hervortretende Gegensatz slawischer und deutscher Ein- richtungen ein bestimmteres Urtheil. Den eigentlichen Zusammenhang aber zu ver- folgen, vermag überall nur die genaueste Bearbeitung der Ortsgeschichte. — “ Der Verlauf der späteren Entwickelung hat für ganz Deutschland seinen Haupt- wendepunkt in der Herstellung des modernen Staatswesens am Ausgange des Mittelalters. Das Anwachsen der Bildung in dem halben Jahrhundert, das die grossen Weltent- deckungen brachte, lässt sich nur mit den glänzenden Fortschritten unserer Tage ver- gleichen. Wissenschaftliche Arbeit und wirthschaftliches Bedürfniss, religiöse Vertie- fung und haushälterische Einsicht erhoben sich gegen Gewalt und Fehderecht und wurden die wichtigste Stütze der mancherlei Umstände, aus denen die neue Ordnung an der Hand der monarchischen Staatsleitung hervorging. Auch der Bauernstand kam offenbar zum ersten Mal zum ruhigen Genuss der Früchte seiner Thätigkeit, aber der Rechtsschutz, der sich ihm darbot, fand leider den Gedankenkreis der volksthümlichen Rechtsanschauungen zu wenig für die rasch umgewandelten Verhältnisse ausgebildet. Das gelehrte Beamtenthum, welches den Kampf gegen die Regellosigkeit und Gewalt- thätigkeit der verflossenen Zeit durchführen sollte, sah die öffentliche Ordnung unter den Gesichtspunkten Justinians. Geleitet von den Ideen des römischen Rechts und bald geschreckt durch die Gefahren des Bauernkrieges, war es zwar einem gewissen 24* 372 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich -bäuerliche Verhältnisse. Gleichmass und den Rechten des Eigenthums günstig, gab aber der Unfreiheit und Unter- thänigkeit eine strenge theoretische Form, die als eine unsichtbare und ungeahnte Fessel dem Landmanne erst im Streitfalle den Ernst der feinen Unterscheidungen fühl- bar machte. Es ist des Umstandes schon gedacht, dass in jener Zeit sich allgemein das Ein- treten einer besseren Ordnung in den Gutsverwaltungen erkennen lässt. Die bäuerlichen Pflichten und Rechte wurden damals klar gestellt, und in Urbarien und Dienstregister gebracht. Auch Landvermessungen fanden für diese Zwecke in gewisser Verbreitung statt. Eine kaiserliche Entscheidung von 1562 gestattete z. B. der Ritterschaft des Fürstenthums Breslau, „sich auf ihren Gütern durch die Abmessung der Hubenanzahl zu erkundigen, und da sich befinde, dass die Unterthanen mehr Gründe, denn sie ver- zinsen, besessen, als dann darauf einen gebräuchlichen Zins zu schlagen“ *). Zahlreiche Prozesse, Straffälle und Beschwerden und die Versuche, durch allge- meine Anordnungen die streitigen Fragen zu regeln, bildeten mehr und mehr innerhalb der Beamtenkollegien und der mitregierenden ständischen Versammlungen die feste Gestalt der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse aus, die wir im 17. und 18. Jahrhundert verbreitet finden. Der 30jährige Krieg verstärkte wegen der Ueberzahl wüster Stellen, die er zurückliess, überall die Rechte, welche geeignet waren, die bäuerliche Bevölkerung auf ihren Wirthschaften festzuhalten; dagegen beginnen seitdem auch die Bestrebungen der Landesherren, einen mildernden Einfluss auf die Härten des Besitz- und Erbrechtes und der Belastung auszuüben, und namentlich durch Erleichterung der Domainenbauern zu allgemeineren Verbesserungen in der Lage der ländlichen Bevölkerung Anregung zu geben. — Den einzelnen Landestheilen nach lassen sich gewisse Rechtskreise angeben, deren ältere Grundlagen in den Satzungen des 16. und 17. Jahrhunderts ihre bestimmte Ab- grenzung erhielten und für die Gestaltung der späteren Verhältnisse solehen Einfluss erlangt haben, dass auch gegenwärtig noch ihre damalige Form in mancherlei sozialen, politischen und wirthschaftlichen Beziehungen nachwirkt und von Interesse und Erheb- lichkeit bleibt. In den deutschen Volksländern links der Elbe hat die Zersplitterung in eine unverhältnissmässig grosse Zahl kleiner, wenig arrondirter Territorien mit verschiedener landesherrlicher Gesetzgebung neben den nach alter Autonomie, Herkommen oder Ge- richtsgebrauch örtlich fortbestehenden Normen eine solche Mannigfaltigkeit agrarischer Verfassungen und Rechtsverhältnisse erzeugt, dass den eingehenden archivalischen und rechtsgeschichtlichen Forschungen, so reichhaltige Materialien dieselben auch bereits beigebracht haben, eine vollständige Sichtung doch noch keineswegs gelungen ist. Im allgemeinen unterscheiden sich in ihnen die Gebiete des sächsischen und des fränkischen Rechtes. Sie berühren sich sehr charakteristisch vom Rheinthal bis gegen den Südfuss des Harzes ungefähr auf der oben angegebenen Grenzlinie der Einzelhöfe. Das sächsische Recht, welches zu Ungunsten der freien Verfügung des Besitzers und des gleichen Erbrechts seiner Kinder der Geschlossenheit und dem Bestande des Landgutes besonderen Schutz gewährt, umfasst danach fast das gesammte Westfalen und von der Rheinprovinz die von Düsseldorf nördlich ausgebreiteten Landstriche, deren *) Cod. dipl. Siles. IV. Einl. $. 37. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 373 Bevölkerung Karl der Grosse durch die Bezeichnung des Hattuariergaues von der frän- kischen des südlich anstossenden Jülicher Landes unterschied. — In Westfalen ist innerhalb des Gebietes der Einzelhöfe der geschlossene Besitz fast unbeschränkt herrschend geblieben. Bezüglich der persönlichen Rechte aber hat die landesherrliche Gesetzgebung der einzelnen Territorien das eine oder das andere bäuerliche Besitzverhältuiss zum vorherrschenden zu machen gesucht; wenn dabei öfter das bessere und freiere weniger Rücksicht fand, so wurden dagegen die Wirth- schaften im Interesse ihrer Prästationsfähigkeit möglichst erhalten, gegen Erhöhung und Erschwerung der gutsherrlichen Abgaben im allgemeinen geschützt, und die bereits am Ende des Mittelalters ziemlich allgemeine Erblichkeit der Bauerngüter auch bei den Eigenbehörigen und Leibeigenen durch Landesordnungen vorzugsweise bestätigt und befestigt. Neben den in allen westfälischen Landestheilen bekannten sogenannten stuhlfreien Gütern, deren Besitzer noch bis zur späteren Zeit am Frei- und Vehmgericht Theil nahmen, haben sich hier die Formen der Hörigkeit für die grosse Masse der ländlichen Bevölkerung zu ganz besonderen Gegensätzen ausgebildet. In Minden-Ravensberg, in Tecklenburg-Lingen, im Münsterschen, in Steinfurt, in Recklinghausen, vielfach auch im Bisthum Paderborn wie im Herzogthum Westfalen galt das Leibeigenthumsver- hältniss mit Gesindezwang, Todtfall und Besthaupt, jedoch mit einem erblichen Nutzungs- rechte an den Gärten; im Delbrücker Lande bestand die persönliche Eigenbehörigkeit, sogar in Verbindung mit der Befugniss zur Disposition über das Gut unter Lebenden und von Todes wegen und mit der freiesten Selbstregierung der Bauern; dagegen ver- schwand in dem vormals nassauischen Siegener Lande bereits seit dem ı5. und bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts die Leibeigenschaft unter Verwandlung der Güter in Erb- lehen und Erbzins gänzlich: und in Kleve und Mark, Jülich und Berg verkündigte der Herzog Johann schon 1552 das Verbot, „dass sich Niemand, wer es auch sei, bei Verlust seines Leibes und Gutes, an irgend wen eigenhörig mache, oder zu eigen gebe.* Als besonders wichtig durch Verbreitung und grössere Bestimmtheit der Rechte sind das Meierverhältniss, das Kolonatsverhältniss, das Leibeigenthumsverhältniss des Bis- thums Osnabrück und das Hofhörigkeitsverhältniss hervorzuheben *). Die Meier, welche vorzugsweise im Bisthum Paderborn vorkommen*®*), waren ur- sprünglich die Beamten, durch welche die Klöster ihre Höfe mit Hülfe der hofhörigen Leute selbst bewirthschafteten. Der geringe Nutzen dieser Verwaltungsweise führte zur Auflösung der Meiereien (Villikationen oder Vorwerke), und die in den Landbesitz eingewiesenen hofhörigen Kolonen wurden theils freie, theils eigenbehörige (leibeigene) Bauern, auf die sich die Bezeichnung Meier übertrug. Die älteste Polizeiverordnung über das Meierwesen im Paderbornschen von 1655 bestimmte: „dass zwar ein Jeder über das Seinige verfügen und sein Vermögen unter die Kinder vertheilen dürfe, dass jedoch Diejenigen, welche Andern mit Leibeigen- thum verwandt seien, oder sonst Erbmeierschaft und Lehnschaft an den Gütern haben, *) Vergl. die ausführliche Darstellung in der Einleitung zu A. Lette und L. v. Rönne, Landeskulturgesetzgebung des preussischen Staats, Berlin 1853, der diese und die folgenden Angaben grösstentheils entnommen sind. *) P. Wigand, Provinzialrechte der Fürstenthümer Paderborn und Corvey, Leipzig 1832, Th. II. S. 317 ff. — Lette u. v. Rönne a.’a. O. Bd. I. S. LX. ff. 374 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. ihre Güter und Höfe zum Nachtheil der Guts- und Eigenthumsherren und ohne deren Bewilligung weder zertheilen, noch versetzen, noch veräussern, sondern selbige mit einem ihrer Kinder besetzen und zusammenhalten sollen; Abfindung und Heirathsgeld der anderen Kinder sollen nur mit der Eigenthums- und Gutsherren Genehmigung bestimmt werden.“ Später wurde das Verbot der Zersplitterung der Güter, „insoweit sie hubige Gründe waren“, noch verschärft. Dagegen durfte in der Warburger Börde, im Sandfelde und einigen andern Gegenden frei veräussert und dismembrirt werden. Auf die eigenbehörigen Meier wurde die älteste Eigenthumsordnung im Minden- Ravensbergischen von 1669 neben der Osnabrückischen angewendet. Sie waren zum (Gesinde-) Dienstzwange, zum Freikaufen und zum Sterbefall — d. h. zur Abgabe des halben Nachlasses, beim Tode Unverheiratheter und Kinderloser aber zur Abgabe des ganzen — und bei einer Heirath zum Bedemund verpflichtet. Die freien Meier wurden schon im r17. Jahrhundert als nutzbare Eigenthümer angesehen und konnten ihre Höfe verschulden; die persönlich unfreien galten wenig- stens als erbliche Kolonatsbesitzer. Wie in ganz Westfalen, bildete sich bei den eigen- behörigen Gütern das Anerbenrecht des jüngsten oder ältesten Sohnes aus der Ver- pfliehtung zur Annahme und Bebauung des Gutes. Der wirkliche Erwerb war durch die Abgabe des Weinkaufs (Meiergewinngeld, Laudemium) bedingt. Gegen willkürliche Erhöhungen von Abgaben und Diensten, insbesondere so lange dieselbe Familie auf dem Hofe war, schützten späterhin ausdrückliche Landesverord- nungen. Zu vielfachen Streitigkeiten aber gaben in alter und neuer Zeit die Gründe der Abmeierung oder Entsetzung des alten Villikus und der Heimfall der Güter gegen- über dem Anrecht der abgefundenen Kinder Veranlassung. Das Kolonatsverhältniss, das sich besonders im Herzogthum Westfalen verbrei- tete, blieb zum Theil mit Leibeigenthum verbunden, desshalb aber im allgemeinen auch erblich, und der Hof geschlossen, besonders seit Einrichtung der Schatzkataster im Jahre 1663. Das Kolonat war mit gutsherrlichen Diensten und Abgaben an Vieh, Naturalien, Getreide, Garbenpacht (colonia partiaria), gleichzeitig aber auch mit allen öffentlichen Abgaben und Lasten behaftet, und der Besitzer hatte seine Gebäude selbst zu unterhalten. Je nachdem der Kolon einen Gewinnbrief auf einen oder mehrere Leiber oder auf bestimmte Jahre zu lösen hatte, bestanden Erb-, Leib-, und Zeit-Gewinns- güter. Im 18. Jahrhundert suchten Verordnungen der Steigerung der Pächte entgegen zu wirken. Bei schlechter Wirthschaft konnte der Kolon abgemeiert werden. Die Wirkungen der Eigenbehörigkeit waren im allgemeinen dieselben, wie bei Meiern. Das Leibeigenthumsverhältniss in strengerer Form hat sich in denjenigen Theilen der Provinz gebildet und erhalten, welche mit dem Bisthum Osnabrück in Verbindung standen, namentlich in Tecklenburg und Lingen, in Minden und Ravensberg und im Bisthum Münster, doch auch anderwärts. In der Grafschaft Ravensberg war neben wenigen herrenfreien Bauern, einigen sogenannten hagenfreien und den zu zwei Höfen gehörigen Hausgenossen der grösste Theil des Bauernstandes eigenbehörig oder leib- eigen. Im Bisthum Minden bestanden neben den Eigenbehörigen auch freie Bauern, Meier und Zinsleute. Von den Domainenbauern kaufte sich in Folge der unten bei den bäuerlichen Verhältnissen der Mark Brandenburg näher zu erwähnenden Dorford- nung König Friedrich I. vom r6. Dezember 1702 ein grosser Theil frei und zahlte fortan nur eine mässige jährliche Abgabe. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 375 Die Eigenthumsordnung für Minden und Ravensberg vom 26. November 1741*) verbot, eine ursprünglich freie Stätte der Eigenbehörigkeit zu unterwerfen. Als Rechte der letzteren bezeichnete sie, „dass einem Eigenthumsherrn freistehe, die Eigenbehörigen zu alieniren und zu verkaufen, worauf dann Derjenige Eigenthumsherr werde, welcher Solche erhandelt. Jede freie Person, welche eine eigenbehörige Stätte bezieht, ver- fällt auch ohne förmliche und ausdrückliche Renunziation der Freiheit ipso facto ins Leibeigenthum Dessen, dem das Erbe oder der Kotten gehört. Auch das erstgeborne Kind soll künftig nieht mehr frei sein. Was der Eigenbehörige erwirbt, erwirbt er dem Herrn und der Stätte, Allodialqualität muss erwiesen werden. Als Sterbefall gehört dem Eigenthumsherrn die Hälfte aller Mobilien und Moventien. Jede Schen- kung oder letztwillige Verordnung zum Nachtheil des Gutsherrn ist null und nichtig. Doch sollen die Geschwister des Anerben für ein Billiges dem Herkommen nach sich freikaufen und den Freibrief lösen dürfen. Was die Besitzrechte der eigenbehörigen Knechte und Mägde betrifft, so soll ihnen, ungeachtet des vollkommenen Dominii des Eigenthumsherrn, doch an den Gütern ein dem Niessbrauch oder dominium utile gleichendes Recht nebst deren Verwaltung zustehen, und es soll kein Eigenbehöriger willkürlich und anders entsetzt werden, als wenn er Aecker und Gebäude vorsätzlich verfallen lässt, die Holzungen verdirbt oder sonst seine Pflichten vernachlässigt. Zur Kontrahirung von Schulden wie zur Bestimmung über die herkömmlichen Abfindungen und Leibzuchten bedarf es der Bewilligung des Eigenthumsherrn, ebenso zur Verhei- rathung. Das gesetzlich anerkannte Erbrecht zu dem Hofe gebührt dem jüngsten Sohne oder der jüngsten Tochter, event. hat der Gutsherr die Wahl. Nur beim Aus- sterben eines eigenbehörigen Hofes und bei dessen Heimfall an den Eigenthumsherrn soll Letzterem gestattet sein, mit dem neuen Kolonen andere Verträge, vorbehaltlich der Vertretung des Herrm für öffentliche Lasten, zu errichten. Gegen Erhöhung der gutsherrlichen Lasten fand sonst der Weg Rechtens statt.“ Im Bisthum Münster war die Klasse der freien Bauerngüter, deren Besitzer zum Theil zu den Freigerichten gehörten, ebenso wie die der hofhörigen Güter früherhin weit zahlreicher, durch den Zwang, von freien Gütern Gewinngelder zu zahlen, wurden viele Bauern bewogen, sich in Eigenbehörigkeit zu begeben. Die Fürstl. Münstersche Eigenthumsordnung vom ıo. Mai 1770**) bezeichnete das Verhältniss der Leibeigenschaft, welches sich hier ausgebildet hatte, als „eine Personal- dienstbarkeit und rechtliche Verbindung, vermöge welcher Jemand zum Nachtheile seines freien Standes einem Anderen (dem Gutsherm) mit Bezug auf einen gewissen Hof, Erbe oder Kotten, mit Gut und Blut zugethan, auch, sofern er einen Hof, Erbe oder Kotten nach Eigenthumsrecht wirklich inne hat, gegen dessen Genuss und Erbniessbrauch dem Gutsherrn zur Abstattung gewisser Pflichten wie der hergebrachten oder vereinbarten jährlichen Prästanda verpflichtet ist.* Sie findet die jetzige Leibeigenschaft und Pflicht der Eigenbehörigen von der römischen Knechtschaft und auch von der alten deutschen Dienstbarkeit und ihren Wirkungen merklich unterschieden. Leibeigen macht auch hier die Geburt von einer leibeigenen Mutter, die Annahme eines eigenbehörigen Gutes, Einheirathung, oder Verjährung; die vor der Begebung in die Leibeigenschaft geborenen Kinder bleiben freien Standes. Die Zwangsdienstpflicht der eigenbehörigen Kinder wird *) v. Rabe, Sammlung preuss. Gesetze und Verordnungen, Bd. I. Abth. 2. S. 154. *) v. Kamptz, Jahrbücher für preuss. Gesetzgebung, Bd. 29 S. 276. 376 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. auf ein Halbjahr für Kost ohne Lohn bestimmt. Uebrigens soll der Gutsherr die Kinder an Erlernung eines Handwerks oder anderer Wissenschaften, sowie an dem an- schlagsmässigen Abkaufe des Zwangsdienstes nicht hindern. Die Heirathsfreiheit soll er nicht zu sehr beschränken. Das Besitzrecht des Eigenbehörigen an seinem Gute oder Hofe und sämmtlichen Pertinenzien wird als Erbniessbrauch nach Eigenthumsrecht be- zeichnet, und nur die Nutzung der Gehölze, insbesondere der Eichen und Buchen, ist beschränkt. Des Eigenbehörigen Pflichten und Prästationen bestehen nach Vertrag oder Herkommen in Korn, Vieh und Geld und beim Mangel besonderer Einigung in einem wöchentlichen Dienst mit Gespann oder der Hand. Bei ungemessenem Dienst soll dem Eigenbehörigen soviel Zeit gegönnt werden, als zur Bestellung seines eigenen Ackers und Verrichtung seiner übrigen Geschäfte erfordert wird. Die Bestimmungen über Bestand der Lasten, Anerben und Sterbefall sind wie in Ravensberg; auch der Anerbe aber muss Gewinngeld zahlen. Die hofhörigen Güter *) finden sich besonders in den Stiftern Essen und Verden, im Herzogthum Kleve und in der Grafschaft Mark, aber auch in anderen Theilen von Westfalen und der nördlichen Rheinprovinz. Sie waren meist in verschiedenen Orts- gemeinden zerstreut, und einem Öber- (Sattel-) Hofe pflichtig und huldig, der sie zu schützen hatte; wechselseitig waren sie zu einer besonderen Hofesgemeinde verbunden, an deren Regierung sie Theil nahmen, und standen dabei unter einem Hofesschulzen, der Abgabenerheber, später öfters selbst Abgaben- und Dienstberechtigter, und zugleich Vor- sitzender des Hofesgerichtes war, an welchem Geschworene (Schöffen) aus der Hofes- gemeinde Antheil nahmen. Diese Gutsverhältnisse reichen in sehr alte Zeit hinauf und sind vielfach in vollständigen, zum Theil schon im ı2. Jahrhundert schriftlich abgefass- ten Verträgen und Hofrechten festgestellt. Die Zahl der Oberhöfe war früher sehr bedeutend. Aus einigen von ihnen entstanden Städte, einzelne Oberhöfe blieben reichs- unmittelbar, andere kamen an die Landesherren. Bei den Hofes- oder Hobsgerichten wurden über die Hobsgüter eigene Lagerbücher geführt, die freiwillige Gerichtsbarkeit verwaltet und die Streitigkeiten zwischen Hofherren und Hofhörigen und dieser unter sich entschieden. Obwohl Erb- und Eigenthumsrechte öfter bestritten waren, ist im allgemeinen das vererbliche Eigenthum an den hofhörigen Gütern als Regel anerkannt. Ursprünglich lag dem Verhältnisse persönliche Hörigkeit zu Grunde. Auch später waren die Hof- hörigen bei Heirathungen, Wechselungen (Austauschungen derselben unter verschiedenen Oberhöfen) und Freilassungen an die Zustimmung des Hofesherrn, gleich wie der Hofes- gemeinde, gebunden, und verpflichtet, in den Versammlungen der Hofesleute an den jährlichen Hof- oder Pflichttagen zu erscheinen, auch dem Ober- und Hofesherrn und dem Hofe Huldigung und Treue zu schwören. Die Zersplitterung und Devastation der Güter war verpönt, sie wurden dem neuen Besitzer jedesmal und zwar häufig gleich auf mehrere Leiber wiederum behändigt. Die sehr mässigen Leistungen bestanden meist in Diensten bei Gras und Korn, zum Pflügen, zu Holzfuhren u. dgl., die Abgaben in Mai- und Herbstbeden, Vieh und Korn. — In der Rheinprovinz gehören die Hobs-, Behandigungs-, Hof- und gewinnrührigen, die Koes- und Laten-, die Leib- und Zeitgewinnsgüter in Kleve, Mark und Moers zu *, F. F. J. Sommer, Handbuch über die älteren und neueren bäuerlichen Rechtsver- hältnisse in Rheinland und Westfalen, Hamm 1830. Bd. 2 Th. ı. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich - bäuerliche Verhältnisse. 377 den hofhörigen Gütern. In dem südlicheren preussischen, ausschliesslich fränkischen Theile des Rheinlandes überwog seit alter Zeit auch im Bauernstande fränkisches Recht, d. h. Eigenthum, wenn auch belastet mit Abgaben, Diensten und Zehnten, und verbunden mit verschiedenen dinglichen Abhängigkeitsverhältnissen, aber unbeschränkt in der Theilbarkeit der Grundstücke, sei es im Wege des Erbganges unter den Kindern, sei es durch freien Abverkauf. Diese Theilbarkeit der Bauerngüter reichte auch über die eigentlichen Frankengaue hinaus ins Amt Olpe, in das Fürstenthum Paderborn, und die Abtei Corvey bis an die angegebene Grenze der Einzelhöfe, nordöstlich aber bis in das Bisthum Halberstadt, ins Eichsfeld und nach Thüringen. Es bestanden zwar auch am Rhein geschlossene, untheilbare Güter, sogenannte Stockgüter, mit Majorats- und Minoratserbfolge in der Familie des bäuerlichen Besitzers, sodann lehnsartige, besonders aber hofhörige und Hobs-, sowie leibeigene Güter und selbst bäuerliche Pachthöfe. Im allgemeinen jedoch überwog überall mit der fränkischen Bevölkerung auch bei weitem die Vereinzelung des Grundbesitzes. — In den verschiedenen Landestheilen der Provinz Sachsen findet sich, je mehr sich dieselben von dem fränkischen Südwesten entfernen, desto mehr der Begriff der Zubehörigkeit der Ländereien zu einer bestimmten Hofstätte wieder. Vorherrschend besteht in den südlichen und westlichen Theilen der Provinz der bäuerliche Grund- besitz aus sogenannten walzenden Grundstücken, den Erb- und Wandeläckern, welche frei veräussert und vererbtheilt wurden, wogegen die pertinenzmässig mit den Höfen verbundenen Aecker nur ausnahmsweise in einzelnen Kreisen auftreten. Dessenungeachtet findet man’ neben kleineren bäuerlichen Besitzungen auch viele grössere, nur aus solchen Wandeläckern bestehende und gleichwohl blühende bäuerliche Wirthschaften. In den nördlichen und östlichen Theilen der Provinz dagegen sind die Wandel- äcker nicht bekannt. Hier kamen Lassgüter vor, welche gemäss des in Sachsen gel- tenden Rechtes des Sachsenspiegels solche sind, die zur Benutzung auf unbestimmte Zeit gegen Entrichtung eines jährlichen Lasszinses auf beliebigen Widerruf ausgethan wurden, jedoch nach der kursächsischen Konstitution von 1572, wie nach der Magde- burger Polizeiordnung von 1688 bei dem Vorhandensein der Bedingungen zur Verjäh- rung, und wenn stets ein gleichförmiger Zins gezahlt ist, von einem dritten Besitzer als Eigenthum erworben werden konnten. Ferner bestanden Erbpachtsgüter aus späterer Zeit, ebenso auch gewöhnliche (bald amts-, bald kanzleisässige) bäuerliche Lehne, des- gleichen Schulzenlehne, Erb- und Lehnrichtergüter *). In der Regel aber wurden die Bauerngüter theils zu einem nur durch verschiedene Reallasten beschränkten Eigenthume, theils als schlechte Zins-, theils als Erbzinsgüter besessen, wobei es jedoch zur Ver- äusserung, unbeschadet der den Besitzern unter Lebenden wie auf den Todesfall zu- stehenden freien Verfügung, der obrigkeitlichen Bestätigung bedurfte. Lehnwaare (Laudemium) — an sich ein Merkmal des Eigenthums der damit be- lasteten Güter — sowie Zehnten finden sich in fast allen Theilen der Provinz häufig. Den Unterthanen lagen wie überall so auch in Sachsen die landesherrlichen und öffent- lichen, wie die Gemeinde- und Gerichtsdienste, den Lehnschulzen insbesondere die Ge- stellung von Heerwagen und Lehnpferden ob. Die angesessenen Wirthe mussten ihren Guts- und Gerichtsherren eine besondere Erbhuldigung leisten, gleichwohl waren die *) Haubold, Lehrbuch des Königl. sächsischen Privatrechts. Leipzig 1820, S. 528. — Lette und v. Rönne a. a. O. Bd. I. S. LVI. 378 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich - bäuerliche Verhältnisse. Rechte der Rittergutsbesitzer, abgesehen von der Gerichtsbarkeit, in manchen Gegenden auf einzelne geringe Abgaben und Leistungen beschränkt. Als allgemein gesetzliche Dienste wurden in den vormals sächsischen Landestheilen nur Bau- und Burgfrohnden und die Bewachung der Rittersitze angesehen, und es galt daselbst bezüglich der Ver- wandlung von Naturaldiensten in Dienstgeld der Grundsatz, dass schon die einfache sächsische Verjährung von 31 Jahren 6 Wochen 3 Tagen dem Anspruche auf den Na- turaldienst zurückzugehen, entgegenstehe. Als ein besonderes Vorrecht stand den Ge- richtsobrigkeiten in den vormals sächsischen Kreisen wie auch in der Lausitz die Be- fugniss zur Konzessionirung von Mühlenanlagen innerhalb ihrer Territorien zu. — In den früher slawischen Ländern ist die Entwickelung der ‘bäuerlichen Lasten und der persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse im wesentlichen durch den ziemlich schroffen Gegensatz der Rechtslage der eingeborenen Landbevölkerung und der der deutschen Kolonisten bestimmt. Letztere kamen überall als freie Leute ins Land und übernahmen die Kolonistenhufen unter Abschluss fester verbriefter Verträge, welche ihnen neben der deutschen Gerichts- und Gemeindeverfassung, wo nicht volles Eigen- thum, doch die Rechte des Erbzinsmannes oder mindestens des Erbpächters sichern sollten; auch unterwarfen sie sich nach Inhalt dieser Verträge in der Belastung überall nur festbegrenzten Leistungen an Zins, Zehnt oder Diensten. Die eingeborenen Bauern dagegen befanden sich nach allen Anzeichen in sehr verschiedenen Abstufungen von Abhängigkeit bis zur strengsten Leibeigenschaft, Ihre Verpflichtungen erscheinen viel- fach unbestimmt, willkürlich, und nur durch die grosse Zahl Derer gemildert, welche an den Leistungen für das Bedürfniss des Berechtigten und die, wie es scheint dem Orte nach häufig wechselnden, Hofhaltungen Theil zu nehmen hatten. Die Mark Brandenburg ging wie im Abschnitt X. gezeigt ist, allen preussischen Landestheilen in der Kolonisation voran, die frühere slawische Bevölkerung verschwand bis auf wenige Ueberreste, oder reihte sich in die deutsche Agrar- und Dorfverfassung ein. In den deutschen Dörfern erhielten die Schulzen als Unternehmer das Schulzen- amt und Schulzengehöft, häufig mit dem Schäferei- und dem Krugrecht, erblich ver- liehen und gaben in der Regel weder Ackerzins noch Zehnt, mussten vielmehr ein Lehnpferd zum Kriegsdienst stellen und waren gehalten, zu den Beden beizusteuern. An Stelle des Lehnpferdes trat schon früh eine Geldabgabe. Die anderen bäuerlichen Grundbesitzer waren theils Lehnbanern, theils Freibauern ohne Lehnsverhältniss, theils Kossäten und Fischer“). Die Bauern besassen in der Regel 2 bis 3 Hufen und waren zu Abgaben und Diensten, meist indess nur zur Zahlung eines Ackerzinses, ferner zum Zehnten, und zwar dem Feld- und Fleischzehnten, und ausserdem zu Burg- oder Heer- diensten und Gemeindelasten verpflichtet. Da das Land den Unternehmern und An- bauern aus- und zugemessen wurde, so mussten Berechtigungen zur Fischerei, Hütung oder Holzung auf markgräflichen oder anderen Gründen gegen besonderen Zins erwor- ben werden. Die Kossäten waren nach verschiedenen Abstufungen des ‚Grundbesitzes, meist auf Korn- und Hühnerabgaben gesetzt, öfter aber auch an Stelle der Abgaben zu Diensten, zum Bau der Schlösser oder zur Ernte verbunden. In der Altmark galt beim Bauernstande ohne Unterschied von jeher Freiheit der *) Riedel, die Mark Brandenburg im Jahre 1250. Th. IL. S. 5 ff. — G. W. v. Raumer, ältere Geschichte der Kurmark, 1830. — Wohlbrück, Geschichte des Bisthums Lebus, 1829. — Lette und v. Rönne, a. a. O. Bd. I. S. XV. und die Literatur über die Verfassung der märkischen Bauergüter S. CXLI. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 379 Person und volles Eigenthum, ebenso im Lande Lebus. Wie weit in den übrigen Theilen der Mark auch unfreie Verhältnisse bestanden, steht nicht genau fest. Schon früh gab es neben den freien und Lehnbauern in der Mittelmark, in der Priegnitz, Ucker- und Neumark Lassbauern (Lassiten, Lasser, Laten), welche im Gegen- satz zu ersteren und zu den später auftretenden Leibeigenen eine dritte Art bäuerlicher Wirthe bildeten, die „als gemeine Bauern oder Kolonen, mehr zu den freien als zu den Leibeigenen gehörten, und nur rücksichtlich ihrer Höfe, und den davon zu leistenden Frohndiensten, Pächte- und Geldzinsen gebunden und in ihrer Freiheit so weit beschränkt waren, dass sie ohne Wissen und Willen des Gutsherrn ihre Grundstücke nur dann freiwillig verlassen und veräussern durften, wenn sie an ihre Stelle einen tüchtigen Gewährsmann schafften; im übrigen standen sie in ihren persönlichen Zustands- und Familienrechten, in der Disposition über ihr Vermögen, wie in der Freiheit Verträge zu schliessen und Testamente zu machen, sowie in der Befugniss, sich und ihr Ver- mögen vor Gericht selbständig zu vertreten, jedem anderen Freien gleich.“ *) Die Erwähnung der Leibeigenschaft kommt in der Mark Brandenburg in Urkunden des öffentlichen Rechts, in Landtagsrezessen, Bauer- und Gesindeordnungen zuerst 1653 vor, und zu keiner Zeit ist in Urkunden dieser Art von einer Nichterblichkeit bäuerlicher Höfe die Rede, vielmehr ist wissenschaftlich und in vielfachen Entschei- dungen angenommen, dass die Geburt zum Hofe mit der Pflicht zu dessen Annahme (also die Guts- und Eigenbehörigkeit) das Erbrecht zum Hofe stets gleichzeitig be- gründete, und von selbst bedingte. Sie hatte aber zum Theil eine strengere Form, denn die Ordnung für die Mittelmark, Priegnitz und Uckermark und die Herrschaften Bees- kow und Storkow von 1681 und 1683 **) erkannte auf die Vorstellung der Ritterschaft der Uckermark und des Landes zu Stolpe die hier „gleichwie in Pommern und Mecklenburg“ herrschende von der Mittelmark abweichende Gewohnheit eines von ur- altersher eingeführten Rechtes der Leibeigenschaft ausdrücklich an, „kraft welcher die Unterthanen verbunden seien, täglich zu dienen, wann und wie ihnen angesagt, und mit soviel Gespann, als ihnen von der Obrigkeit zur Hofwehr gegeben, und das alles bei eigner Kost und Unterhaltung. Die Unterthanen könnten ihre Höfe nicht verlassen oder verkaufen, auch keinen Gewährsmann in ihre Stelle schaffen; die Kinder insge- sammt wären in ihrer Eltern Kondition und eigene Leute, müssten in den Gütern, worunter sie geboren, verbleiben und wären nicht nur schuldig, ihrer Herrschaft ge- wisse Jahre (für die übrigen Landestheile waren 3 Jahre bestimmt) sondern so lange, als sie überhaupt dienten und nicht etwas Eigenes unter ihrer Obrigkeit anfingen, als Gesinde zu dienen, sie könnten von einem Dorfe ins andere, von einem Hofe auf den andern versetzt werden, ja es könnte, wider der Obrigkeit Willen weder durch sie selbst, noch durch Vorschub der Eltern irgend eine Veränderung mit ihnen vorge- nommen, auch der Entlaufene vindizirt, und keine Verjährung dagegen vorgeschützt werden.“ Abgesehen von dem allgemein verbreiteten Gesindezwangsdienst haben indess andere charakteristische Merkmale der Leibeigenschaft, z. B. ein Antheil an der Ver- lassenschaft, oder ein Mortuarium (Sterbe- oder Todtfall) in der Mark nicht bestanden, Dagegen galten seit dem 16. und besonders im ı7. Jahrhundert in der Altmark trotz persönlicher Freiheit und vollem Eigenthum dennoch gleichmässig die in den *) Müller, Practica civilis Marchica rerum forensium. Berlin 1678. resol.97. S. 235—238. **) Mylius Corp. Const. Marchicar. Th. 5. Abth. 3. Kap. ı. S. 142. 380 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. übrigen Theilen der Mark eingeführten Wirkungen des Unterthänigkeitsverhältnisses in betreff des Unterthaneneides, der Genehmigung der Herrschaft zur Verheirathung der Unterthanen, des Gesindezwangsdienstes der Unterthanenkinder, sowie der Ausdehnung der Frohndienste. Auck ein Annahmegeld bei Erwerbung der Höfe war zu entrichten. Die Rechtsverhältnisse der bäuerlichen Wirthe in der Neumark unterschieden sich nach den Landtagsrezessen und Gesindeordnungen von denen in der Mittelmark und anderen Theilen Brandenburgs hauptsächlich nur darin, dass eine strengere Ver- pfliehtung der Leibgedinger und unangesessenen Einwohner zur Leistung von Tagelöhner- diensten für die Herrschaft gegen Lohn, sodann der Unterthanenkinder zum Gesinde- zwangsdienste und zur Annahme wüster Höfe galt. Die Dienste waren in ihrem Masse der Willkür der Gutsherrschaften nicht anheimgegeben. Mehrere neumärkische Rezesse beschränken sie auf zwei Tage in der Woche. Ueberhaupt aber lag für die Marken in dem unmittelbaren Interesse, welches die Fürsten an der Entwickelung der landesherrlichen Gerichtsbarkeit und der mög- liehsten Schonung der Unterthanen nahmen, ein Schutz für dieselben, der sich vielfach geltend machte, Seit der Errichtung des Kammergerichtes 1516 glaubten die Stände häufig Grund zu Beschwerden über die Eingriffe desselben, sowie der anderen Hof- und Landgerichte in die Patrimonialgerichtsbarkeit und die gutsherrlichen Rechte, namentlich durch Fixation der Dienste, Zuerkennung von Speisedeputat, Remissionen u. dgl., zu haben, denen gegenüber sie die Zusicherung erhielten, dass die erste Instanz niemals übergangen werden solle. Die stets erneuten Gesinde-, Bauer-, Hirten- uud Schäferordnungen und sonstigen polizeilichen Reglements behielten zwar bis spät die genauen Festsetzungen wegen der Löhne, und mancherlei Beschränkungen bei, die für die Besetzung und Erhaltung der bäuerlichen Wirthschaften Sicherheit gewähren sollten, neben eingehenden sehr be- merkenswerthen wirthschaftlichen Vorschriften für die Verbesserung der Kultur ent- hielten sie aber auch Anordnungen, welche jede Willkür in der Behandlung fernhalten und die Anforderungen an Zeit und Arbeitskraft auf ein bestimmtes Mass beschränken sollten. Namentlich wurden die sogenannten Prügelmandate häufig wiederholt, welche bei schwerer Ahnung Schläge nur als wirkliche Strafakte zulässig erklärten. Auch in den Rechtsverhältnissen selbst suchte die Staatsregierung Milderungen durchzuführen. Die schon gedachte Flecken-, Dorf- und Ackerordnung vom 16. Dezember 1702 *) sprach aus, dass die Unterthanen in den Domainen der Bürde der Leibeigenschaft, wo sie noch hergebracht, enthoben sein sollten, sofern sie dafür die auf den Gütern ge- nossenen Freijahre und Remissionen, so wie die auf die Aufbauung der Höfe ange- wandten Kosten nebst Hofwehr und Aussaat restituirten. Eine allgemeine landesherrliche Anordnung gebot am ı2. August 1721, dass jedesmal, wenn aus der Provinzial- und Kreiskasse den Kontribuenten wegen erlittener Unfälle einiger Erlass der gemeinsamen Landeslasten geschehe, denselben von ihrer unmittelbaren Obrigkeit gleichfalls ein Erlass an den gewöhnlichen Zinsen, Pächten und anderen Leistungen und zwar für die Hälfte der Zeit zu Theil werden müsse. *) C.C.M. Thl. 5 Abth. 3 K. 2 $ 61. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 381 Eine Verordnung vom 14. November 1736 verbot für die Neumark, das Stern- berger Land und die zugehörigen Kreise, die Unterthanensöhne, welche Handwerke lernten, aus den Städten zurückzufordern. — Die Landestheile der heutigen Provinz Pommern fielen Preussen mit geringen Ausnahmen erst im westfälischen Frieden und später zu. Sie waren von deutschen Kolonisten zum grossen Theil in derselben Weise besiedelt worden, wie die Mark. Indess zeigen frühe Zeugnisse, dass neben erblichen laudemialpflichtigen Höfen bäuer- liche Wirthschaften bestanden, deren Besitzer kaum in anderer Rechtslage, als Leibeigene, waren. Das Laudemium bestand im zehnten Theil des Kaufgeldes und galt als Zeichen frei veräusserlicher Güter und als deutsches Recht. Als wendisches Recht galt die Abgabe eines Zehnten statt der Pacht und der Gebrauch des Hakens, nach welchem der Betrag des Dezems bestimmt wurde. Das deutsche Recht aber ist mehr und mehr beseitigt worden. In den Bauerordnungen von 1570, 1582 und 1616*), welche letztere 1646 wieder- holt ist, werden die Bauern im allgemeinen Leibeigene, homines proprii et coloni glebae adseripti, genannt, und es wird bemerkt: „dass dieselben von den ihnen einmal ein- gethanen Höfen, Aeckern und Wiesen, nur geringe jährliche Pächte zahlten, dagegen allerhand ungemessene Frohndienste ohne Limitation und Gewissheit leisteten, kein Dominium oder Erbgerechtigkeit irgend einer Art hätten, von den Gutsobrigkeiten ent- und versetzt werden könnten und sich ohne der Erbherren Wissen und Willen gleich ihren Kindern an keinen anderen Ort begeben dürften, was sie eidlich angeloben oder wofür sie Kaution stellen mussten; selbst der Freischulzen, Lohn- oder Erbmüller, auch Krüger Söhne sollten gleich anderen Bauern ihrer Herrschaft mit Leibeigenschaft unterworfen sein. Ausser den Leistungen für die Aufhebung der Leibeigenschaft musste der Zehnte von den Erbschaften, die an andere Orte kamen, und zwar nicht nur von Bauern und Kossäten, sondern auch von Müllern, Schmieden, Hirten und deren Knechten und Mägden entrichtet werden. Selbst den Besitzer eines Kaufhofes sollte die Herrschaft auf einen anderen Hof von gleichem Werthe versetzen dürfen, und nur seine Gerechtigkeit mit transferiren. Bei Anlesung von Vorwerken musste der Bauer ohne Widerspruch weichen, die Herrschaft ihn aber in diesem Falle mit lebendiger und todter Habe, einschliesslich der Hofwehr, frei gehen lassen und nebst seinen Kindern von der Leibeigenschaft unentgeldlich entlassen, bei Kaufhöfen auch das Kaufgeld, das allein die Höfe und nicht die Hufen betreffe, erstatten und die Aufkündigung ein Jahr zuvor thun.* Es ist ersichtlich, wie sehr durch letztere Bestimmung der Bestand der alten eigenthümlich besessenen Kolonistenhöfe gefährdet war; nur hin und wieder, besonders in den Weichbilden der Städte, haben sich Spuren des ehemaligen Eigenthums erhalten, indem den Bauern, obwohl sie später für nicht erbliche Besitzer erachtet wurden, dennoch das Eigenthum der Gebäude und der Hofwehr gehörte. Die Verordnungen vom 9. April und 16. Juni 1720 verwandelten indess die Schulzen- und Bauerlehen in Pommern in Allodialgüter. — *) Dähnert, Sammlung pommerischer und rügenscher Landesurkunden, Gesetze etc, Bd. III. S. 835 ff. — Lette und v. Rönne a. a. 0. I.S.L. 382 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich- bäuerliche Verhältnisse. Dass in der Provinz Preussen die ersten deutschen Ansiedelungen nach dem Recht der Kulmischen Handfeste geschahen, ist erwähnt. Das in dem Reehtsbuche des „Alten Kulm“ weiter ausgebildete Recht dieser sogenannten Kulmischen Güter bestand in deren freiem und vererblichem Eigenthum, und den Besitzern war nur die Pflicht zum Kriegs- dienst auferlegt. Der deutsche Orden verlieh zwar später auch Güter zu Lehnrecht, König Kasimir aber verordnete 1476 in allen zu Polen gefallenen Landestheilen die Abschaffung aller Feudalrechte, wie der preussischen, magdeburgischen und pommerischen Rechte und setzte an deren Stelle die allgemeine Anwendung des Kulmischen Rechtes nebst Befreiung der Güter von allen und jeden, den Obrigkeiten und dem Orden daran zustehenden Hebungen und Leistungen, nur der Krone wurde ein geringer Zins daran vorbehalten '). Auch späterhin achtete man für notorisch, dass das Kulmische Recht in der ganzen Provinz, einschliesslich des Ermelandes, nur mit Ausnahme des Netze- distriktes, welcher ehedem zu Gross-Polen gehörte, jederzeit als das einzige und eigent- liche Landrecht in Ansehung aller Stände gegolten habe?),. Die Verordnung des Grossen Kurfürsten vom 16. Juli 1663 °) erklärte alle diejenigen Kulmischen Güter für adlige, welche bis 1612 von Personen adligen Standes besessen worden. Neben den Kulmischen Gütern bestanden die sogenannten Preussisch-freien, welche aus dem einer Anzahl eingeborener preussischer Grundherren vom Orden verliehenen Rechte, Güter jure perpetuo hereditario culmensi gegen Zins- und Dienstleistungen mit Bauern zu besetzen, hervorgegangen waren. Vielfach waren auch den unterworfenen Preussen unter Befreiung von der Leib- eigenschaft, soweit sie zur christlichen Religion übergingen, die Grundstücke zu Eigen- thumsrecht nur gegen Dienste mit dem Rechte der Vererbung, jedoch beschränkt auf De- und Ascendenten, Brüder und Bruderskinder, überlassen worden; die meisten der- selben fielen in Folge neuer Aufstände in die Leibeigenschaft zurück und wurden als hörige Unterthanen des Ordens betrachtet, indess vererbten ihre Güter nach Landes- gebrauch auf einen männlichen Abkömmling. Ausserdem verbreiteten sich während der polnischen Herrschaft in Westpreussen, und von hier aus selbst nach Ostpreussen emphyteutische Besitzverhältnisse, befördert durch die Anwendung des römischen und kanonischen Rechts, theils als Zeitemphyteusen auf Lebenszeit, auf bestimmte Jahre oder Generationen, theils als erbliche, wobei dem Emphyteuten in der Regel die Gebäude, die Hausstätten und Gärten nebst dem Inven- tarıum — als Meliorationen — gehörten, dem Grundherrn das Vorkaufsrecht und ein Laudemium, ingleichen ein Einstandsgeld und ein jährlicher Kanon vorbehalten war, und alle emphyteutischen Besitzer desselben Ortes für Einstandsgeld und jährlichen Kanon gemeinsam verpflichtet wurden '). Der Provinz Preussen eigenthümlich sind die sogenannten Elokationsgüter, auch Ausmassländereien, im Weichbilde der Städte Kulm und Danzig. Im 13. und 14., wie zu Ende des ı6. Jahrhunderts wurden wüste, zu entwässernde Grundstücke der 1) Provinzialrechte Preussens, Bd. I. S. 22, 128, 168, 246; II. S. 3. — Lette und v. Rönne Bd. I. S. XLIV. 2 N. C.C. Th. V. S. 2125. Instr. für die westpreussische Regierung vom 2I. Sep- tember 1773, in v. Rabe, Sammlung Bd. I. Abth. V. S. 709. . 3) Westpreuss. Provinzialrecht Th. I. S. 246. 4) Provinzialrecht von Westpreussen, Abth. I. S. ızı ff — Zeitschr. f. Landeskultur- gesetzgebung, Bd. I. S. 353. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich - bäuerliche Verhältnisse. 383 Kämmereien, um die städtischen Wohngebäude aus den Nutzungserträgen in Stand zu setzen, an die Bürger vertheilt und von diesen in periodisch erneuerten Zeitemphyteuse- kontrakten, besonders an Mennoniten, zur Kultur und Benutzung ausgethan*). Ebenso bestand hier ein besonderes bäuerliches Besitzverhältniss in den sogenannten — ursprünglich königlichen — Lahn-, wie Quart- oder Gratialgütern in Westpreussen, auf deren einzelnen Hufen, und zwar je der zwanzigsten, die Verpflichtung zur Ge- stellung und Ausrüstung eines Soldaten, später eine Abgabe (Lanowe oder Hufengeld) haftete, und welche im übrigen Freigüter waren. Mehr in West- als Ostpreussen wurden im Laufe der Zeit viele Bauerngüter auch in aufkündbare Zeitpacht, gewöhnlich auf 3 bis 6 Jahre gesetzt, und dabei die Dienste und Abgaben nach Abkommen verändert und erhöht. Die öffentlichen Lasten blieben den bäuerlichen Wirthen zur Last, mitunter wurden auch selbst die Gebäude von ihnen erbaut und erhalten, doch konservirten persönlich Freie in diesem Verhältniss ihre Freiheit. Im Ermelande war der Besitz an Gebäuden ein Eigenthum des Wirthes. In Ostpreussen rief die fortschreitende Beschränkung der bäuerlichen Personal- und Besitzrechte 1525, gleichzeitig mit dem Bauernkriege, einen Aufstand im Samlande hervor. Herzog Albrecht, der ihn ohne vieles Blutvergiessen, aber mit bewaffneter Hand niederdrückte, befreite in seinem von dem Könige von Polen bestätigten Testamente von 1567 „aus fürstlicher Macht“ alle Preussen, die im Herzogthum, in den Domainen, wie unter der Herrschaft des Adels oder der Städte wohnten, für ihre Person vom leiblichen, knechtischen Eigenthum, „so dass sie hinfort freier Geburt sein und sich solcher nicht weniger als andere Kölmer getrösten, diejenigen, welche studirten, auch rücksichtlich ihrer Güter vom Unterthanenverbande frei sein sollten“. Die preussischen Landesordnungen und die Landrechte von 1620 und 1721 hielten die Freiheiten der Kölmer aufrecht, für die Preussisch-Freien bestimmten sie, dass das Gut, im Fall der Wirth keinen männlichen Erben hinterlasse, vorbehaltlich des Mobiliar- vermögens, der Herrschaft zu anderweiter Austhuung anheimfallen, ebenso auch das Vermögen des preussischen Bauersmannes, soweit die fahrende Habe nicht zur Be- setzung des Bauerngutes nöthig ist, nach Testament oder Intestaterbfolge vererben sollte, das Gut mit der Hofwehr aber möglichst dem nächsten Verwandten zu überlassen sei. Sowie schon die erwähnte Allgemeine Flecken-, Dorf- und Ackerordnung von 1702 allen leibeigenen Bauern auf den Domainen die persönliche Freiheit gegen Erwerb des Gutes angeboten, so wurden auch allen späteren Ansiedlern Besitzverhältnisse ein- geräumt, welche sich von den gewöhnlichen Schaarwerksbauern günstig unterschieden. Aus der Dismembration und Vertheilung einer Anzahl Domainenvorwerke entstanden Erbzinsbesitzer und Zeitemphyteuten, bei Urbarmachung und Dismembration königlicher Forsten Eigenthümer (Chatoullkölmer) oder erbliche Niessbraucher gegen Abgaben und Frohndienste (Chatoullbauern); in der Memelniederung durch Befreiung vom Hofedienst gegen erhöhten Zins die sogenannten Hochzinser (auch Assekuranten); ferner bei Um- wandlung der Dienste in Zins Schaarwerksfreibauern. Die in den Jahren 1729—1736 aufgenommenen Kolonisten aus der Schweiz und aus dem Salzburgischen erhielten die Grundstücke zu erblichen Nutzungsrechten frei vom Schaarwerks- und Hofedienste, vorbehaltlich nur der Burg- und Baudienste. Späterhin kamen besonders auf den *) Zeitschrift für Landeskulturgesetzgebung a. a. O. 384 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. königlichen Domainen Erbpachtsbauern hinzu. Ueberall verbreiteten sich eigenthümliche Besitzer von Häusern und kleinen Stellen (Eigenkäthner), und im polnischen West- preussen wurden auf gerodetem Waldboden die sogenannten Pustkowier angesetzt. — In Schlesien standen vor der Germanisirung den Fürsten ausser den zur landes- herrlichen Gewalt gehörigen Regalien, der Gerichtsbarkeit, den Gewässern, Forsten, der Fischerei, dem Mühlenrecht und, wie es scheint, auch der Schäferei gegen ihre polnischen Unterthanen noch ausgedehnte andere besondere Rechte an Abgaben, Zinsen und Diensten zu, die als Polnisches Recht bezeichnet wurden*). Diese Verpflichtungen bestanden einestheils in verschiedenartigen Diensten zum Pflügen, zu Vorspann im Kriege oder zu anderen öffentlichen Zwecken, ferner in Bestellung von Geleit, Burg- und Waldfrohnen, in Heu- und Erntediensten, Bewachung der Schlösser, besonders auch Diensten zur Jagd, Beköstigung der Jäger, Fütterung der Jagdhunde und Falken und Nachtquartier für die Förster, andrentheils in steuerartigen Abgaben und Zinsen von Grundstücken, namentlich in Weizen und Haferzins, Schössen und Zehnten, aber auch Honig, Marderfellen, Schüsseln, Rädern u. dgl. Alle diese niederen Regalien finden sich auch in den Händen der Grossen und werden ihnen urkundlich von den Fürsten übertragen. Das dentsche Recht war ein Privilegium der bestimmten Gemarkung und gewährte, abgesehen von der erwähnten Gerichts- und Gemeindeverfassung, Freiheit der Person, erbliches Eigenthum an den Grundstücken, zu deren Veräusserung und Verpfändung es indess der Einwilligung des Grundherrn bedurfte, und für die zinspflichtigen Bauerhufen eine bestimmt festgesetzte Belastung mit Geld, Getreidezinsen, Zehnten und hier und da Scharwerks-, auch Handdiensten oder Diensten zur Abfuhr des Zinsgetreides. Die Zehnten wurden häufig schon sehr früh fixirt, und es ist nicht immer klar, ob der Getreide- oder Malterzins die Stelle des gutsherrlichen Zehnten hat, oder ob neben dem Getreidezins der geistliche Zehnt besteht. Endlich kommen vielfach die soge- nannten Ehrungen in den Austhuungsurkunden vor, nämlich kleine Leistungen an Hühnern und Eiern, auch an Schweineschultern, Gänsen oder Kälbern. Der den ersten bremischen, sowie den märkischen und pommerischen Kolonisten obliegende kleine oder Schmalzehnt, der sich auf Füllen, Kälber, Lämmer, Ferkel Gänse, Bienenschwärme, Honig und Flachs ausdehnte, ist dagegen in Schlesien anschei- nend nicht bekannt. In jedem Dorfe wurde mit dem deutschen Rechte auch ein erbliches Scholzenamt eingeführt, und der Scholz, welchem meist die Ansetzung der Kolonisten als Unter- nehmer oblag, erhielt, soweit sich der Grundherr nicht gewisse Ländereien zu eigener Wirthschaft vorbehielt, den zehnten bis sechsten Theil der Hufen frei von den Ver- pflichtungen, welche den zinsbaren Bauerhufen auferlegt wurden. Er hatte ausser seiner Scholzenpflicht, zu welcher auch hier das Abführen der Zinsungen und die Bestellung der Bauern zu den Dienstleistungen gehörte, dem Grundherrn meist Kriegsfolge zu leisten und gewisse Geld- und Fleischzinsen zu geben, für Essen und Hafer beim Drei- dingsgericht zu sorgen u. dgl. Auf den Freihufen begründete er die Erbscholtisei, er konnte diese Hufen aber auch theilweis dadurch verwerthen, dass er sie an Bauern *) Tschoppe und G. A. Stenzel, Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte etc. in Schlesien. Hamburg 1832, S. 9 ff. — Stenzel, Geschichte Schlesiens, 1853. — Cod. dipl. Siles. Bd. IV. Einl. S. 100 ff. — Ueber die Kulturzustände der Slawen in Schlesien vor der Kolonisation, a. a. O. — Lette und v. Rönne a. a. O. Bd, I. S. XXXI. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich -bäuerliche Verhältnisse, 385 austhat, die dadurch unter Uebernahme gewisser Lasten für den Grundherrm vorzugs- weise der Erbscholtisei zins- und dienstpflichtig wurden. Die grosse Ausdehnung der deutschen Kolonisationen in Schlesien ist bereits dargelest, ebenso, dass in einer gewissen Zahl der alten polnischen Dürfer die herge- brachten polnischen Rechtsverhältnisse keine ausdrückliche Abänderung erfuhren, sondern sich nur durch den Brauch oft spät zur Verfassung der deutschen Dörfer umwandelten. Im Laufe der Zeit steigerte sich die Gebundenheit der deutschen Kolonisten. Es durfte zwar nach mehrfach wiederholten, von Fürsten und Ständen aufgestellten Ordnungen den Unterthanen ohne erhebliche Ursache die Loslassung aus der Unter- thänigkeit nicht versagt werden, es bestand aber allgemein ein Loslassungs- oder Ab- zugsgeld; zugleich verbreiteten sich seit dem 16. Jahrhundert die Laudemien und wurden, obwohl sie in älteren Urkunden nicht auftreten, in Entscheidungen mehr und mehr als Ortsobservanzen betrachtet. Auch der meist 3 jährige Gesindedienst der Kinder hatte in neuerer Zeit sehr grosse Verbreitung. Im Ganzen aber erhielten sich in den deutschen Dörfern die Hauptbedingungen des deutschen Rechts selbst in der Zeit nach dem 30jährigen Kriege, in welcher auch hier der Mangel an Wirthen und die Ent- werthung des bäuerlichen Eigenthums mehr zu Beschränkungen der Abzugs- und Ver- äusserungsbefugnisse als zu anderen Rechtsveränderungen hindrängte. Die Verordnung vom 1. Oktober 1652, wie es mit den entwichenen Unterthanen gehalten werden soll *), giebt ein vollständiges Bild der damaligen bäuerlichen Abhängigkeits- und Besitzver- hältnisse in Ober- und Niederschlesien; indem sie sagt: „Allhier zu Lande ist die Sklaverei und Leibeigenschaft nicht bräuchlich oder Herkommens, sondern es werden die Bauern, Gärtner und dergleichen Unterthanen für freie Leute gehalten, daher sie ihre Güter eigenthümlich und erblich besitzen, zu ihrem Nutzen verkaufen, vertauschen und darüber wie über alles andere Vermögen sowohl unter Lebenden, wie von Todes wegen verfügen, nicht allein mit anderen Leuten, sondern auch mit ihren eigenen Herren kontrahiren, vor Gericht handeln, und was mehr ist, selbst Gerichte besetzen können; wie denn notorisch ist, dass ihnen auf den Dörfern nicht allein die bürgerlichen Gerichte anvertraut, sondern auch die Halsgerichte auf begebende Fälle mit ihnen bestellt werden. Obwohl sie ihren Herrschaften von den Gütern zu roboten und zu dienen verbunden, so thut doch solches ihrer Freiheit keinen Abbruch, weshalb auch von anderen höheren Standespersonen dergleichen Güter öfters besessen und die Schuldigkeiten daran an Diensten und anderen Verriehtungen prästiret werden, denen dadurch an ihrem Stande und ihrer Ehre nichts abgeht. Dass aber von denen Gütern Dienste und andere Beschwerden geleistet werden müssen, rührt aus den mit den Unterthanen eingegangenen Verträgen und Uebereinkünften her.“ Diesen eigenthümlichen Gütern setzt die Verordnung die lassitischen entgegen, indem sie bemerkt: „Jemassen noch Spuren vorhanden und Güter im Lande, sonder- lich gegen die polnische Grenze zu befinden sind, welche besetzte Güter genannt, und der Herrschaft eigenthümlich zuständig, den Leuten aber mit einem gewissen Beilass an Vieh, Hausrath und anderem Zubehör dergestalt eingeräumt worden, dass sie den Herrschaften ihre Dienste verrichten, aber freie Menschen seien und verbleiben. Der- gleichen Beschaffenheit hat es auch in den Fürstenthümern Oppeln und Ratibor mit *) Sammlung alter und neuer schlesischer Provinzialgesetze (C. C. G. Suarez). Breslau bei Korn. 1771. Th. I. S. 251. Boden d preuss. Staats. 25 386 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. den Gütern voriger Zeit gehabt, bıs Kaiser Ferdinand I. (durch Ordnung vom 4. Januar 1559) aus erheblichen Ursachen bewogen worden, zu verordnen, „dass allen Bauers- leuten ihre Güter von ihren Herren um ein leidlich Geld erblich verkauft, und den Besitzern aus Gnaden gegeben werden sollten, um die Güter weiter, wenn es ihre Nothdurft oder die Gelegenheit erfordert, zum theuersten als sie können, wieder zu verkaufen.“ „Doch sind die Bauern, Gärtner und dergleichen Leute, vermöge des künd- baren Landesbrauches wegen ihrer Güter und Gründe mit der Unterthänigkeit ihren Herrschaften stärker und genauer als andere verbunden.“ Die lassitischen Verhältnisse haben in Oberschlesien sehr bedeutende Verbreitung behalten, bestanden indess auch auf der rechten Seite der Oder in Mittelschlesien na- mentlich bei den kleineren Dresehgärtnerstellen nicht selten. Durch mehrere seit dem 14. Jahrhundert erhaltene Reihen von Urkunden und Gerichtsbüchern ist es vorzugsweise in Schlesien für viele Dörfer möglich, die Ent- wickelung der Reallasten seit ihrer Entstehung zu verfolgen, und in den Einzelheiten mit genügender Sicherheit den Bestand derselben bei der Austhuung mit dem bei der Ablösung vorgefundenen zu vergleichen. Die für eine Anzahl Ortschaften ausgeführten Untersuchungen“) dieser Art haben ergeben, dass die Reallasten an Geld und Getreidezinsen im Lanfe der Jahrhunderte über- raschend geringe Veränderungen erlitten. Es hat sich nicht blos ihre alte Vertheilung nach den Zinshufen und Frei- oder Scholzenhufen erhalten, sondern sie haben auch in der Mehrheit der Fälle nach Maass- und Geldbeträgen ihre Höhe bewahrt. Die Folge ist für diejenigen Güter, welche überwiegend Geld zu zinsen hatten, gegenüber den- jenigen, welche vorzugsweise Getreide zinsten, erheblich verschieden, denn die oben (8.359) bei den fränkischen Hufen von Zedlitz erwähnte Mark hatte um 1257, abgesehen von dem höheren Werthe des Geldes überhaupt, einen Silberwerth von etwa 8 Thalern preussisch, und ist nachweislich durch die bis zum Ausgange des zojährigen Krieges fortdauernden Münzreduktionen in den Zinsungen allmählich auf 32 Silbergroschen gesunken, mit denen sie bei der Ablösung in Rechnung kam“*). Der Malter Getreide aber, der damals etwa "» Mark, also 4 Thaler Silberwerth gleich gerechnet wurde, erreichte in unserem Jahrhundert durchschnittlich das gfache dieses Werthes. Zweifelhafter ist, wie weit die Dienste sich in den Grenzen des alten Herkom- mens oder neuerer Vertragsbestimmungen gehalten haben. Die alten Austhuungsurkunden erwähnen sie so selten, und die Ausdehnung der Dienste, wie sie die Urbarien am Schlusse des vorigen Jahrhunderts zeigen, ist so beträchtlich, und mit der Wirthschaft, welche die Kolonisten treiben mussten, so wenig vereinbar, dass die Verbreitung der Dienste durch Observanzen ähnlich wie die der Laudemien den Anschein für sich hat; andrerseits lässt sich nicht leugnen, dass die Urkunden die Dienste der Bauern da, wo sie sie wicht erwähnen, auch nicht ausschliessen, und wo sie sie erwähnen, sehr weite Ausdehnung zulassen. Es wird, was als Verbindlichkeit polnischer Bauern häufig vorkommt, auch für einzelne deutsche Bauern festgesetzt, dass sie dreimal im Jahre Ackerarbeit zu leisten haben, d. h. in der Brache, zur Winter- und zur Sommersaat. Diese Pflicht war allerdings bei sich verbessernder Wirthschaftsführung und bei Ver- grösserung der Dominialfläche einer Steigerung fähig, die um so eher als berechtigt erscheinen konnte, je allmählicher sie eintrat, oder je mehr sie mit dem Brauche *), Cod. dipl. Tit. IV. Einl. S. 114. **) Ebd. Einl. S. go. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 387 in benachbarten Orten übereinstimmte. Es scheinen auch einzelne Wirthe und ganze Gemeinden vorgezogen zu haben, statt der Getreidezinsen, welche nicht selten beseitigt sind, Hand- und Spanndienste zu übernehmen, die ihnen nichts anderes als Zeit kosteten. An Gelegenheit und Neigung zur freiwilligen vertragsmässigen Feststellung von Roboten gegen irgend welche andere Vortheile kann es überhaupt zu keiner Zeit gefehlt haben. Bei den zahlreichen Gärtner- und Häuslerstellen, welche erst im vorigen Jahrhundert entstanden, war die Leistung gewisser Dienste sogar fast ausnahmslos Bedingung und oft ausdrücklich der Grund der Ansetzung. Bemerkenswerth ist, wie sehr sich auch bei den kleinen Gärtnerstellen die alten Verhältnisse bis auf unsere Zeit erhalten haben. Es ist eine für die wirthschaftlichen Zustände vielfach interessante Urkunde von 1387“) bekannt, welche das in Schlesien allgemein bis zur neuesten Zeit verbreitete und auch sonst im Norden nicht unbekannte Dreschgärtnerverhältniss in seinen charakteristischen Zügen und trotz der fernen Zeit mit allen den wirthschaftlichen Einzelheiten wiedergiebt, welche in der grössten Ver- breitung bis in die letzten Jahrzehnte bestanden haben. Der Abt von Heinrichau verkauft in derselben einem Untersassen einen Garten von 1"a Morgen als erblichen Besitz um 5'/; geringe Mark so, „dass er und die an- dern Gärtner zu Zins alle Jahr vom Morgen '; Mark geben sollen, dazu Münzgeld und 4 Holzhühner, nach allem dem Recht, nach dem sie bisher im Besitz gewesen. Auch sollen sie um das Zwölfte auf dem Felde schneiden und um das Zwanzigste dreschen. Sie sollen auch Schauben machen und die Schauben legen, und kein Stroh noch die Seile aus dem Hofe tragen. Den Hanf sollen sie dreschen, wie andres Ge- treide, das Gras hauen, Heu rechen und breiten und das aufbringen. Dazu soll man jedem Gärtner ı5 Beete geben. Auch denen, die das alte Gras hauen, soll man ı Mark zu Lohn geben, diese sollen das Grummt hauen um den 3. Haufen. Auclhı sollen sie die Pferde hüten, so lange als sie ausgehen mögen nach St. Galli Tag. Zweien soll man geben einem jeglichen ein Fuder Brennholz und ’% Mark zu Lohn und einem jeglichen ein Beet Rüben und ein Viertel Hanf säen. Sie sollen auch die Schafe waschen, und ihre Weiber sollen sie scheeren. Den inneren Garten soll der Hofemann pflügen. Kein Pferd noch Ziegen sollen sie halten. Sie sollen Ackerlohn geben und Mist breiten. Wollen sie Gänse haben, dazu sollen sie einen Hirten haben; der Oelschläger soll umsonst Oel in dem Kammerhofe schlagen.“ In neuerer Zeit haben die Dreschgärtner in Schlesien meist um die 10. Mandel geerndtet und um den 16. Scheffel gedroschen, sind also in vortheilhaftere Lage gekommen. — Die beiden Lausitzischen Lande, sowohl die Nieder- als die Oberlausitz, haben zwar gleichzeitig mit der Mark und zum Theil früher als Schlesien deutsche Kolonisten aufgenommen, indess hat sich hier das wendische Volkselement in ziemlich diehten Gruppen erhalten, und ungewiss ob in Folge strengerer Knechtschaftsverhältnisse der Wenden, ist in späterer Zeit jeder Unterschied zwischen den Rechten der wendischen und der deutschen Bauern in dem gleichen lassitischen Besitze beider verschwunden. Es theilten sich die bäuerlichen Wirthe schon früh in Ackerwirthe und Besitzer kleinerer Güter (Cossati, Cothsezzin); unter diesen in Fischer und hofhörige Zeidler (Dedizer, Honiggelter), welche an ihren geistlichen oder weltlichen Grundherren eine Abgabe von Honig zu liefern hatten. Alle Klassen mussten Spann- und Hand-, Bau-, *) Tschoppe und Stenzel a. a. O. S. 603. 388 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. Wacht- und Jagddienste öffentlicher und privatrechtlicher Natur leisten. Die beste- henden Dienste wurden indess dem Landesbrauch nach nicht erhöht.”) Es bestand der Gesindezwangsdienst, die Verpflichtung eines Sohnes, das elterliche Gut anzunehmen, ebenso die Pflicht zu Zahlung von Losgeldern, ingleichen von Schutzgeldern der Haus- genossen und auswärts dienenden Unterthanen, dagegen war kein Antheil der Gutsherr- schaft au der Verlassenschaft, wohl aber die Steuervertretung der Gutsherren und deren Verpflichtung zur Unterstützung der Unterthanen bei Unglücksfällen und Verarmung Landesrecht. Eine gesetzlich erzwingbare Verbindlichkeit des Grundherrn, die bäuer- lichen Höfe mit Wirthen wieder zu besetzen und selbständig zu erhalten, galt in den Lausitzen, wo eine von der Krone Sachsen ziemlich unabhängige ständische Verfassung bestand, nicht. Die Landesordnung der Niederlausitz vom 28. Januar 1669 erklärte die Art der Abhängigkeit dahin, „dass, obwohl besagte Unterthanen keine leibeigenen Knechte und Sklawen, also nicht gleich solchen in commereio rerum begriffen sind, und derselben Personen Hab und Güter nach des Herrn Beliebung nicht verkauft und sonst alienirt werden können, so sind sie doch den alten colonis censitieis und originariis meist zu vergleichen und als frei geborene Leute der Obrigkeit mit Dienstbarkeit in gewissen Massen untergeben und können zusammt dem Gute und Pertinenzien ihrer Dienste, Pächte und anderen Pflichten halber in Anschlag gebracht und einem fremdem Herrn verkauft, vertauscht und übergeben werden. Auch der in Armuth gerathene Unterthan darf sich nicht sofort in andere Gerichte wenden oder in Dienst begeben, sondern soll seiner Obrigkeit mit den Seinigen dienen, wogegen aber die Herrschaft zur Gewährung des üblichen Lohnes und nothdürftigen Unterhaltes des Unterthanen sammt Weib und Kindern bis dahin verbunden sein soll, dass er entweder aus eigenen Mitteln, oder mit Hülfe der Obrigkeit wieder zu etwas Eigenem gelangen kann. Es ist auch ein Unter- than von seiner Herrschaft los, sobald er von derselben wider seinen Willen aus- gekauft wird.“ Die Unterthanenordnung für die Oberlausitz vom 4. Juli 1651””), sprach sich damit übereinstimmend aus, erklärte aber noch näher, „dass, weil die Unterthanen solchergestalt den auf den Grund Gewidmeten gleich zu achten und daher weder gänzlich frei, noch gänzlich dienstbar seien, ihnen zwar gestattet und unverboten sei, zu heirathen, das Ihrige zu verkaufen, Testamente zu machen, und andere in gemeinen Rechten zugelassene Handlungen zu verüben, hingegen nicht freistehe, ohne Vorbewusst der Herrschaft sich an andere Orte zu begeben, sie vielmehr, weil sie wegen der Dienste, die sie den Gütern, auf welchen sie geboren oder sich sonsten sesshaft ge- macht, zu leisten schuldig, vor ein Zugehörigstück derselben zu achten, bei solchen verbleiben müssten,* — Auch in der Provinz Posen endlich erwies sich die Lage der bäuerlichen Ko- lonen mehr als in den überwiegend deutsch bevölkerten Landestheilen gefährdet. Die Anlage von Städten und Dörfern nach deutschem Recht begann in dem heutigen Grossherzogthume ungefähr um dieselbe Zeit, in welcher Schlesien durch *) J. W. Neumann: Die Verhältnisse der Niederlausitzischen Landbewohner und ihrer Güter. Lübben 1835. S. 3 ff. — Lette und v. Rönne a. a. O. Bad. I. S. XXXVII. **) Kollektion der das Markgrafthum Oberlausitz betrefienden Gesetze ete., Bautzen 1770. Th. 1. S. 643. XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse. 389 deutsche Kolonisten bevölkert wurde. Einige der neuen Anlagen wurden hier indess auch nach polnischem Rechte eingerichtet und vielfach wurden die freien nach deutschem Rechte angesetzten Eigenthümer wieder nach polnischem Rechte behandelt‘). Aeltere königliche Konstitutionen sicherten zwar dem deutschen Kolonisten die Befugniss zu, seinen Hof gegen Gestellung eines Gewährsmannes zu verlassen, für pol- nische Unterthanen war dies nur dann gestattet, wenn der Grundherr im Kirchenbann war oder dem Dorfe ein öffentliches Aergerniss gegeben hatte. Ein Gesetz von 1520 bestimmte auch, dass sowohl adlige als königliche Unterthanen, welche vor dem Jahre 1520 zu täglichen Robotdiensten nicht verbunden gewesen, von einer sogenannten Lahnhufe **) nur einen Tag in der Woche arbeiten durften, und ausser diesen wöchentlichen Robot- diensten blieben die Bauern, welche Zins gaben, von gewissen aussergewöhnlichen Schar- werken mit 2 oder 3 Mann aus jedem Hause zur Ernte, zur Saatzeit, zum Jäten u. dgl., ferner von Hauswächter- und Reisediensten frei, welche andere Bauern zu verrichten hatten. Als Polen 1572 aber Wahlreich geworden, ertheilte eine Konstitution von 1573 den Gutsherren die Befugniss, ihre unter dem Vorwande der Religion ungehorsamen Unterthanen nach ihrer Einsicht zu bestrafen, und Unterthanen, welche Ackerwirthe und robotpflichtig waren, sollten „mit allen ihren Nachkommen“ als ein Bigenthum des Grundherrn betrachtet und von demselben verschenkt, verkauft oder beliebig versetzt werden können. Diese für die bäuerlichen Wirthe jeder Art, namentlich aber für die Kolonisten und Hauländer äusserst nachtheilige Gestaltung der Rechtsverhältnisse wurde zwar praktisch schwerlich in allen ihren Folgen geltend, führte aber einen völligen Mangel an Rechtsschutz herbei und blieb im wesentlichen bis zur preussischen Besitz- nahme in den früher polnischen Theilen der heutigen Provinz Posen verfassungsmässig. — Der schon nach diesem allgemeinen Ueberblick überaus mannigfache Zustand der Flurverfassung und der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse auf dem jetzt preussischen Boden bestand in seinen wesentlichen Zügen bis in die letzten Dezennien des abge- laufenen Jahrhunderts. Die Gegenwart sieht sichvauf diesem Gebiete am Abschlusse einer friedlichen und im öffentlichen Leben der Nation kaum in ihrem vollen Umfange bemerkten, aber gleichwohl tief eingreifenden und ausserordentlich bedeutsamen, aus der Thätigkeit der Staatsregierung hervorgegangenen Umwälzung. Es ist nach allem Dargestellten nicht nöthig, das Bild der ungünstigen, durch viele Hindernisse gehemmten Benutzung des Grund und Bodens und der nachtheiligen Lage sowohl der bäuerlichen Bevölkerung, als in vieler Beziehung, trotz ihrer bevor- zugten Stellung, auch der wirthschaftenden Gutsherren näher zusammenzufassen. Man- ches Volksthümliche und unter anderen Bedingungen Gute hatte sich in Uebel um- gewandelt. Das Staatswesen war einer solchen Aufgabe bis dahin nicht gewachsen. Die Entwiekelung stand still und die wirthschaftlichen Zustände aller Betheiligten fanden sich in scharfem Gegensatze zu den Anschauungen und Bedürfnissen der in anderen Lebenskreisen inzwischen von der Nation errungenen Bildungsstufe. Diesem Missverhältnisse, welches anderwärts zur Revolution führte, wusste die scharfblickende Fürsorge Friedrich des Grossen durch Schöpfungen zu begegnen, die *) Dönniges, die Landeskulturgesetzgebung Preussens, Berlin 1842, Bd. I.H. 2 S. 314. — Lette und v. Rönne a. a. O. Bd.1.S.LIV. **) Cod. dipl. Siles. Bd. IV. Einl. S. 59. 390 XI. Besiedelung, Flureintheilung und gutsherrlich-bänerliche Verhältnisse. aus seinem persönlichen, tiefen Verständnisse der vorhandenen Bedürfnisse hervor- gingen. In glücklicher Anwendung riehtiger und humaner staatswirthschaftlicher Grund- sätze auf das öffentliche Recht wurde er der geistige Urheber der prenssischen Landes- kulturgesetzgebung. Seine ersten Schritte gingen auf Vorschriften für Theilung der gemeinschaftlichen Ländereien, Aufhebung oder Beschränkung der Hutungs- und Feldgemeinschaft und wirthschaftliche Zusammenlegung der Grundstücke; dann erliess er Anordnungen zur Minderung oder wenigstens Erleichterung der Lasten durch genaue Feststellung und Begrenzung ihres Umfanges. Zugleich trat er mit einer grossartigen. Meliorationsthätig- keit auf, führte Entwässerungen im bedeutendsten Massstabe durch und erliess unter den Bestimmungen für deren Anlage und Erhaltung das erste durchgreifende Vorfluths- edikt. Endlich sprach er auch die Zulässigkeit der Veräusserung von Trennstücken der Landgüter unter den Gesichtspunkten der Förderung der Landeskultur aus. In diesen Hauptrichtungen hat sich seitdem die Landeskulturgesetzgebung bewegt. Der hochherzigen Entschliessungen Friedrich Wilhelms IH. und des Um- schwunges, den das Edikt vom 9. Oktober 1807 (G.-8. S. 170) brachte, ist schon vielfach zu gedenken gewesen. Der Aufhebung der persönlichen Unterthänigkeit folgte, sobald die drängendste Organisationsarbeit auf anderen Gebieten für die weitere Durchführung der Gemeinheitstheilungen und gutsherrlich-bäuerlichen Auseinander- setzungen Raum liess, das Landeskulturedikt und das Regulirungsedikt vom 14. Sep- tember ıgıı; bald darauf die durchaus im Sinne der Gemeinheitstheilungsordnung Friedrichs II. durch die Hand Thaers fortgebildete Verordnung vom 20. Juni 1817 wegen Organisation der Auseinandersetzungsbehörden, und die Gemeinheitstheilungs- und Reallastenablösungsordnung vom 7. Juni 1821. Diese Gesetzgebung ist, um nur die Hauptwendepunkte zu bezeichnen, durch die umfassenden Bestimmungen vom 2. März 1850 über die Ablösung der Reallasten und über die Beseitigung verschiedener bis dahin nicht ablöslicher Grundgerechtigkeiten zum Abschluss gebracht worden. Auf dem Gebiete der Meliorationen wurde schon am ı5. November ı8ı1 das noch gültige Mühlen- und Vorfluthsedikt, am 28. Februar 1843 ein Gesetz zur Er- leichterung von Meliorationen durch Bewässerung, unter dem 28. Januar 1848 ein Gesetz über das Deichwesen erlassen. Die freie Veräusserlichkeit aller Grundstücke und die Befugniss zur Dismem- bration sprachen schon die Edikte vom 9. Oktober 1807 und vom 14. September 1811 als nothwendige Erfordernisse der wirthschaftlichen Entwickelung aus. Während des Verlaufes der letzten 5o Jahre sind diese Gesetze energisch ins Leben geführt worden. In der That kann man sagen, dass es in dieser Zeit gelungen ist, die Bodennutzung durch Aufhebung ihrer Beschränkungen, zweckmässigere Arron- dirung und Ent- und Bewässerungen erheblich zu fördern, alle unfreiwilligen Beziehungen in den bäuerlichen Verhältnissen gänzlich zu lösen und jedem Grundbesitzer volle Ver- fügung über seine Person, über seine Zeit und über sein Grundstück zu geben. Die folgenden Abschnitte sollen zeigen, nach welchen Grundsätzen, durch welches Verfahren und mit welchem bestimmter erkennbaren Erfolge dies auf den verschiedenen Gebieten der Auseinandersetzungen, der Meliorationen und der Dismembrationen erreicht worden ist. AI. Die Gemeinheitstheilungen, Zusammenlegungen, Regulirungen und Reallastenablösungen. Friedrich der Grosse spricht selbst in seinen Denkwürdigkeiten aus, dass er bei aufmerksamer Prüfung im allgemeinen Alles, was man Gemeinheiten nennt, dem öffent- lichen Wohle nachtheilig gefunden, und führt die Idee der Gemeinheitstheilungen, die er ins Leben zu rufen begann, auf die grossen Erfolge der seit 1689 in England unter- nommenen Separationen zurück. Schon in dem Haushaltungs- und Wirthschafts-Reglement für die Pommerischen Aemter vom ı. Mai 1752*) befahl er den Domainenbeamten, da, wo Vorwerke und Dorfschaften mit dem Acker im Gemenge liegen, wenn es irgend ohne Bedrückung der Dorfschaft thunlich, die wirthschaftliche Zusammenlegung zu veranlassen. Später fasste er in einer Order vom 23. Mai 1763 die Beförderung der Separationen von Kommun- Hutungen ins Auge, und nach einem Protokoll vom ı1. Juni 1765, welches als Instruk- tion an sämmtliche Justizkollegien erging, sollten sich dieselben möglichst angelegen sein lassen, dass die Gemeinheiten aufgehoben und die gemeinschaftlichen Hutungen aus- einandergesetzt, auch die Leute verständigt würden, die getheilten Gemeinheiten würden nicht mit neuen Lasten beschwert werden. Unter dem zr. Oktober 1769”*) folgte eine ausführlichere Verordnung für Preussen, die Marken, Pommern, Magdeburg und Halberstadt, welche zur Vermehrung der Er- folge bestimmt, dass in jedem Kreise einige geeignete Landwirthe für diese Geschäfte zu autorisiren seien, welche als Kommissarien auch von amtswegen an passenden Orten das Verfahren anregen dürfen. Sie haben über den Gang und die Legitimation der Betheiligten Akten anzulegen, für geeignete Feldmesser und richtigen Ausgleich der Vortheile zu sorgen, und das Geschäft, wo es nicht bei allen Betheiligten Eingang findet, wenigstens mit Einzelnen durchzuführen. Die Justizkollegien sollen alle ent- stehenden Streitigkeiten aufs schleunigste entscheiden, und die Rezesse prüfen und konfirmiren. », N. C. C.M. Bd. IL. S. 305. *) N. C. C. M. Ba. IV. S. 6737. 392 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Zur Minderung der schädlichsten Grundgerechtigkeiten auf Wiesen verordnete ein Reskript vom 19. Mai 1770*) die gänzliche Abschaffung der Frühjahrshutung auf denselben und die Einschränkung der Herbsthutung auf einen solchen Termin, dass dem Eigenthümer die völlige Heu- und Grummetnutzung ungeschmälert verbleibe, ebenso auch, nöthigenfalls gegen ein nach der Verordnung vom 21. Oktober 1769 auszumittelndes Aequivalent, die Abstellung der Frühjahrs- und Herbstweide auf sumpfigen Wiesengrundstücken. Die erste vollständige Instruktion für das Gemeinheitstheilungsverfahren aber ent- hielt das Reglement vom 14. April 1771 wegen Auseinandersetzung und Aufhebung ) in Schlesien. Dasselbe spricht in sehr bestimmter Weise die Gedanken aus, welehe die Grund- ler Gemeinheiten und Gemeinhutungen lage der gesammten Gemeinheitstheilungsgesetzgebung geblieben sind. Es erklärt, „dass das Geschäft der Auseinandersetzung und Aufhebung der dem Lande so schädlichen und die bessere Aufnahme der Viehzucht und Feldwirthschaft gänzlich verhindernden Gemeinheiten und Gemeinhutungen seither in den meisten übrigen Königlichen Landen mit dem besten Effekt und zum augenscheinlichen Vortheil sämmtlicher Interessenten betrieben, auch grösstentheils bereits wirklich zu Stande gebracht worden sei, dass die Ausführung in Schlesien aber theils durch Vorurtheil, theils durch entgegenstehende Rechtssprüche, Verträge, Urbarien oder Gewohnheiten aufgehalten worden. Da aber des Königs, auf den Flor und die Aufnahme des Ganzen gerichtete landesväterliche Absicht nicht durch die Unwissenheit und den Eigensinn einiger Einzelnen fruchtlos semaeht werden dürfe, und es hier auf einen Gegenstand der allgemeinen Landespolizei ankomme, worüber die Unterthanen nicht anders als unter Konnivenz der höchsten Landesherrschaft, und so lange diese die Bestimmung dieser Objekte nieht selbst auf sich nimmt, etwas disponiren können, auch dergleichen Abkommen und Sanktionen, da sie auf der angenommenen Nothwendigkeit der zeitherigen Ackerwirthschaft beruhen, durch die bekannte Klausel: rebus sie stantibus, ohnehin ihre Kraft verlieren, überhaupt und vernehmlich aber zur wirklichen Ausführung der Sache solche Massregeln genom- men werden können und sollen, dass Recht und Billigkeit dabei auf das Genaueste beobachtet und niemandem gesründete Ursache gegeben werde, sich über einen wirklich zu erleidenden Schaden oder Nachtheil zu beschweren, so werde kraft dieses als be- ständiges Gesetz festgesetzt: dass alle Gemeinheiten und Vermischungen der Grund- stücke, welehe den Ackerbau und freien Genuss der Felder und Wiesen zeither genirt und eingeschränkt haben, von nun an gänzlich aufgehoben und auseinandergesetzt werden, auch Niemand zu deren Beibehaltung auf den zeitherigen gemeinschaftlichen Besitz, oder auf eine Servitut, oder auf ein mit seinen Nachbarn geschlossenes Abkommen, oder ergangene Judikate, mit einem Wort auf kein fundamentum eontradicendi, es habe Namen wie es wolle, zu provoziren befugt sei, vielmehr alle nach der zeitherigen Verfassung inter privatos daraus entstandenen Reehte und Verbindlichkeiten für gänzlich aufgehoben und unkräftig geachtet werden sollen.“ Es wird darauf die Theilung der Gemeinheiten erster Klasse, nämlich der raumen Gemeinweiden, Heiden, grossen Brüche und grossen Anger nach Verhältniss der zeit- herigen Benutzung durch die Interessenten unter Darstellung ihres Schadens und des Vortheils, welcher von der Auftheilung zu erwarten ist, angeordnet. *, N. C. C.M. Th. I. S. 6787. ) *) Sammlung Schlesischer Edikte, Breslau, Kom. Bd. 13. 1771, S. 45. XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 393 Sodann werden, ebenso unter Darlezung ihres Nachtheiles und Widerlegung der gegen die Aufhebung erhobenen Schwierigkeiten, als Gemeinheiten zweiter Klasse „die in den Gemeinden unter sich, mit oder ohne Theilnehmung der Herrschaften auf den Feldmarken, auf der Brache und in den Stoppeln, oder auch auf den Wiesen einge- führten Gemeinhutungen hingestellt* und „die dahin einschlagenden ein- und wechsel- seitigen Servituten der Feld- und Grenznachbarn, sie seien einzelne Besitzer oder ganze Kommunen; wie nieht weniger, wenn die Grundstücke der Herrschaft und Unterthanen oder auch nur anderer und mehrerer Besitzer dergestalt untereinander liegen und zer- streut sind, dass die Interessenten in der Art und Zeit der Abnutzung, Besäung, Ein- erntung und Hutung sich einer nach dem andern haben richten müssen.“ Es wird für dieselben in Kraft des Gesetzes festgesetzt, „dass wenn nur ein Theil von denen solchergestalt in Gemeinschaft stehenden Interessenten, z. B. die Herrschaft oder die Gemeinde oder der Dominus praedii dominantis vel servientis auf die Theilung provoziren, damit sofort und ohne auf einigen ungegründeten Widerspruch der andern Interessenten Rücksicht zu nehmen, vorzugehen“, dabei wird indess vorgeschrieben, „dass ganz vorzüglich auf die Erhaltung und Verbesserung der Schäfereien gesehen werden solle.“ Die speziellen Bestimmungen schliessen sich genau an das zu beobachtende Ver- fahren an. Die landesherrliechen Oberamtsregierungen und die standesherrlichen Mediatregie- rungen hahen dasselbe zu leiten, sie sollen in jedem Kreise zwei von den Landständen aus dem ansässigen Adel zu erwählende Kommissare vereiden, ihnen einen in den Rechten und der Landwirthschaft wohlerfahrenen Aktuar und einen geschiekten Feld- messer, sowie in jedem Distrikte des Kreises zwei oder mehr alte, wohlerfahrene, ver- nünftige Wirthe aus dem Bauernstande beigeben, welche bei dergleichen Kommissionen jedesmal mit zugezogen werden sollen, Die Rezesse haben die Regierungen zu konfirmiren, jedoch nur nach genauer Erwägung aller vorkommenden Umstände und besonders dessen, ob auch den Unterthanen dabei gehörig Fürsorge geschehen ist. Auch haben die Regierungen den Fortgang der Geschäfte möglichst zu fördern. Wo sich die Interessenten nicht gutwillig einigen, hat der Feldmesser eine Karte aufzunehmen. Inzwischen sind die Präjudizialfragen über Besitz und Theilnahmerechte von den Justizkollesien im schleunigsten Wege zur Entscheidung zu bringen. Die Gemeinheiten sind nach Bonitirung zu theilen, mögliche Meliorationen des Grundstücks sind von den Interessenten auf gemeinschaftliche Kosten vorzunehmen, unvermeidbare Ungleichheiten wie billig, nöthigenfalls dureh einen Zins, auszugleichen, Bei der Auseinandersetzung vermischt liegender Grundstücke soll jeder Interessent seine Felder auf einem Fleck beisammen angewiesen erhalten, die kleinen Leute möglichst zunächst dem Dorfe, unter den Bauern ist die Entfernung auszugleichen, und wird das Loos empfohlen. Alle Hutung auf fremdem Grunde, auch die Schafhutung, ist durch Land oder nöthigenfalls durch Zins zu entschädigen, dabei aber ist wegen der Wichtigkeit der Schafzucht des Landes darauf zu sehen, dass diese im Ganzen nicht vermindert werde. Für Einsprüche gegen den Plan giebt es drei Instanzen. Die ersten beiden liegen bei den verschiedenen Senaten der Regierungen, die letzte Revisionsinstanz aber im Plenum einer benachbarten Regierung, „weil es bei der nöthigen genauen Kemntniss der Wirthschaftsart und üblichen Verfassungen nicht füglich angehen würde, dieselbe ausserhalb der Provinz zu ziehen,“ 394 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Die Kommissare und Feldmesser werden von den Interessenten zur Stelle gefahren und erhalten bestimmte Diäten. — Die Zweckmässigkeit dieser Grundzüge ist durchaus klar, die spätere Gesetz- sebung hat sie nur weiter ausgeführt und ergänzt. Sie gingen im wesentlichen 1781 in das Corpus juris Friderieianum (Th. II. Tit. 19) und 1793 und 94 in die Allgemeine Gerichtsordnung (Th. I. Tit. 43) und das Allgemeine Landrecht (Th. I. Tit. 17) über. Die Erfolge der Gemeinheitstheilungen waren im sesammten damaligen Staats- gebiete von nicht geringer Erhebliehkeit. Ein grosser Theil der Ritter- und Freigüter verdankt dieser Zeit ihr Ausscheiden aus dem Gemenge der bäuerlichen Gemeinden, und die freie Ueberweisung ihrer verhältnissmässigen Antheile an den bisherigen raumen Hutungen. Dies hat wesentlich zum Aufschwung der Wirthschaft auf den grossen Gü- tern beigetragen. Für den bäuerlichen Besitz dagegen blieben die Ergebnisse nur beschränkt, denn die Bauerngemeinden widerstrebten in den meisten Fällen beharrlich jeder Aenderung der Sachlage, welche nieht durch das Ausscheiden der grossen Güter, das sie nicht hindern konnten, nothwendig geboten war. Sie waren in der Regel darin einig, den alten Flurzwang und die gemeinschaftliche Hutung untereinander fortzusetzen. Ihre Antheile an den raumen Weideflächen wurden ihnen desshalb gemeinschaftlich über- wiesen, und auch ihre Ackerlagen blieben im wesentlichen die alten. In der Regel wurden, wenn die Lage bestimmt war, auf welcher das ausschei- dende Gut konsolidirt werden sollte, die dort belegenen bäuerlichen Ackerstücke nur gegen die in anderen Lagen ausscheidenden gutsherrlichen Grundstücke vertauscht. Dies war bei der allgemeinen Zerstückelung leicht und blieb, namentlich bei regel- mässigen Gewannen, immer noch mit einigem wirthschaftlichen Vortheil für die bäuer- lichen Interessenten ausführbar. Auf der dadurch entstandenen zusammenhängenden Flur der Rustikalgemeinde wurde unter Berücksichtigung des bisherigen Turnus eine neue Eintheilung in 3 Felder vom Feldmesser eingerichtet. — Wie gross genauer der Umfang des damals in den einzelnen Landestheilen Geschaffenen ist, lässt sich schwer übersehen“). Grade dieser Zweig der Verwaltung aber erfreute sich fortgesetzt besonderer Berücksichtigung. Namentlich war derselbe Gegenstand des Interesses für den Staatsminister v. Wölluer, welcher schon 1766 ein Buch „die Aufhebung der Gemeinheiten in der Mark Brandenburg“ verfasst und die Erlaubniss erhalten hatte, die französische Uebersetzung Friedrich dem Grossen zu widmen®*). Auch später noch, im Jahre 1805, verhinderte nur der Krieg eine neue Organisation, welche die Entscheidungen, die bisher nur bei den Justizkollegien gelegen hatten, einer gemischten, aus Juristen, Kameralisten und Oekonomen gebildeten Behörde übertragen sollte. — Die Gesetzgebung über die Regulirung freier Eigenthumsverhältnisse und die Ablösung der Reallasten ist ihrem Ziele nach von den vorzugsweise wirthschaftlichen Zwecken der Gesetzgebung über die Gemeinheitstheilungen und Zusammenlegungen so weit verschieden, dass die Entwiekelung beider in ihren Umrissen und Wendepunkten nur wenig Gemeinsames hat. *) Vergl. Leop. Krug, Geschichte der staatswirthschaftlichen Gesetzgebung im preussi- schen Staat, Bd. I. S. 299. **) Zeitschrift für preussische Geschichte und Landeskunde, von R. Fosz. Jahrg. II. Heft X. Berlin 1865. S. 581; zur Beurtheilung des Staatsministers v. Wöllner. XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 395 Während Friedrich der Grosse in dem schlesischen Gemeinheitstheilungsreglement die Hauptzüge der späteren Gemeinheitstheilungsgesetze schon im wesentlichen ent- worfen hatte, urtheilte er bezüglich der mit der Unterthänigkeit zusammenhängenden unvollkommenen Besitzverhältnisse, _es sei gewiss, dass der Zustand, nach welchem die Bauern dem Acker angehören und Knechte ihrer Edelleute sind, unter allen der unglücklichste und ein soleher sei, wogegen sich, der Mensch am meisten empöre*, indess „lasse sich eine solche Einrichtung nicht auf einmal abschaffen.“ Auf den Domainenämtern lag es in der Gewalt des Staates, die Leibeigenschaft zu beseitigen und den freigewordenen Unterthanen die Güter, die sie im Besitz hatten, erb- und eigenthümlich zu belassen. Es ist oben S. 330 genauer gezeigt, wie schon Friedrich I. diesen Weg in der Flecken-, Dorf- und Ackerordnung vom 16. Dezember 1702 ($. 6r1)') eingeschlagen und den Unterthanen der Domainen die Enthebung von der Bürde der Leibeigenschaft zugesichert hatte, sofern sie dafür die auf den Gütern genossenen Freijahre und Remissionen, sowie die auf die Aufbauung der Höfe ange- wandten Kosten nebst Hofwehr und Aussaat restituirten. Indess verstanden sich bei der damaligen Lage der Unterthanen nur wenige dazu, diese Bedingung zu erfüllen ?). Spätere Erlasse, wie das Edikt vom ıo. Juli 1719°) für Pommern, wiederholten das Angebot der Aufhebung der Leibeigenschaft allein gegen Gewähr der Hofwehr, und Edikte vom ıo. Juli 1719 und 23. März 1723 *) für Ostpreussen und Litthauen sprachen ähnliches aus. Indess scheinen auch deren Erfolge, wie L. Krug annimmt, sehr gering gewesen zu sein. Friedrich der Grosse regte, wie zahlreiche Erlasse zeigen °), für die Domainen- wie die Privatunterthanen sowohl die Aufhebung der Leibeigenschaft, als die Herstellung von erblichem Eigenthum an den Stellen immer aufs neue an. Aber schon das Zeug- niss dieser wiederholten Befehle zeigt, wie dieselben selbst auf den landesherrlichen Aemtern nur unvollkommen zur Ausführung gebracht wurden. Offenbar, weil die Do- mainenverwalter der Rechtsveränderung nicht zugeneigt waren, und weil dieselbe unter den fortbestehenden Dienstverhältnissen, im Falle sie nicht verbrieft wurde, immer erst bei faktischem Besitzwechsel äusserlich zur Erscheinung kam. Für die Privatgüter erging ein darauf gerichtetes Landesgesetz nicht, obwohl unter den 26 die Verbesserung der bäuerlichen Verhältnisse betreffenden Punkten, welehe Friedrich am 23. Mai 1763 in Kolberg in Gegenwart des pommerischen Kammer- präsidenten v. Schöning dem Geh. Finanzrathe v. Brenkenhoff in die Schreibtafel diktirte, der eine dahin ging, „es sollen absolut und ohne das geringste Raisonniren alle Leibeigenschaften, sowohl in königlichen, adligen, als Stadteigenthums-Dörfern von Stund an gänzlich abgeschafft werden, und alle diejenigen, so sich dagegen opponiren würden, so viel möglich mit Güte, in deren Entstehung aber mit Force dahin gebracht werden, dass diese von Sr. Königlichen Majestät so festgesetzte Idee zum Nutzen der Provinz ins Werk gesetzt werde.“ C.C.M. Th. 5 Abth.3 Kap. ı S. 227. 2) L. Krug a. a. 0. S. 123. 3) Quickmann’s Ordnung oder Sammlung der in Pommern und Kammin publizirten Edikte. Frankfurt 1750. “) In der Verordnung vom 29. Dezember 1804. — v. Rabe a.a. O. Bd.g S. 232. °) Lette und v. Rönne a. a. O. Bd. I. S.LXXI. — L. Krug a. a. O. S. 130, 396 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Der Grund, durch welchen sich der König bestimmen liess, von der weiteren Verfolgung dieses Gedankens abzustehen, lag in dem grossen Gewicht, welches er jederzeit darauf leste, dass jede Bauern- oder Kossäthenstelle mit einem geeigneten Wirthe zu besetzen sei. Diese bäuerlichen Arbeiter beurtheilte er unter dem Gesichts- punkte ihrer nationalökonomischen und militärischen Kraft. Er forderte desshalb mit Strenge im Sinne einer Verordnung Friedrich Wilhelms I. vom 14. März 1739, dass die Gutsherren für die richtige Besetzung aller Höfe auf ihren Dörfern Sorge trügen, bei Strafe keinen eingehen liessen, oder seine Aecker mit ihren Gütern vereinigten, und dass alle seit gewissen Jahren eingezogene Stellen mit eben so viel Grundstücken wieder versehen und binnen kürzester Frist wieder besetzt werden sollten. Dieses Interesse an der Erhaltung der bäuerlichen Wirthschaften, welches glück- licherweise seit lange die meisten deutschen Regierungen leitete, gab allerdings den einzelnen Personen keinen unmittelbaren Schutz, erreichte aber unter den obwaltenden Verhältnissen ein ebenso volksthümliches als staatsmännisches Ziel. Es entsprach durchaus der deutschen Rechtsidee, dass, welchen Grad der Un- freiheit auch der Besitzer habe, das Gut eine dauernde Persönlichkeit bleibe. Mochte immer für eine grosse Zahl bäuerlicher Stellen jeder erbliche Anspruch nach römisch- rechtlichen Begriffen umgestossen werden können, thatsächlich folgte, wie es der deutschen Anschauung entsprach, in den meisten Fällen der Sohn auch ohne Erbrecht in der Wirthschaft, so lange der Bestand der Stelle Schutz fand. Der Druck der örtlichen Gebundenheit wurde durch diesen Einfluss gewiss verstärkt, aber Deutschland blieb durch ihn vor den Schaaren besitzloser ländlicher Arbeiter bewahrt, welche andere Nationen kennen, und in der beträchtlichen Zahl seiner starken bäuerlichen Besitzungen machte sich sehr bald nach erlangter Freiheit ein Element der Vermittelung zwischen der sozialen und wirthschaftlichen Bildung des Grossbesitzes und der gering begüterten Masse geltend, deren Lebensmuth um so grösser ist, je weniger unerreichbar ihr Höheres scheint. Die Fürsorge des Königs verfehlte desshalb auch in dem Befehle der Wieder- besetzung nicht ihren Zweek, sie war aber zugleich, soviel als möglich, auf die Er- leichterung der Lage des Landvolks gerichtet. Allgemeine gesetzliche Bestimmungen wegen Feststellung des Masses und der Leistungsart der Dienste und Abgaben traten missbräuchlicher Ausdehnung des gutsherrlichen Rechts entgegen. Bedrückungen, Gewaltthätigkeiten und Körperverletzungen wurden bei schwerer Strafe verboten, Ent- seheidungen über Loslassung, Gesindezwang und Dienste vor die ordentlichen Königlichen Gerichte gewiesen. Den Gutsherren in Ost- und Westpreussen wurde durch eine Verordnung vom 8. November 1773 die kontraktliche Feststellung der Dienste mit den Unterthanen binnen Jahresfrist bei Vermeidung der Fixation auf das für die Domainen gültige Mass zur Pflicht gemacht). In demselben Sinne ordnete die Kab.-Order vom ır. September 1784 eine Revision der Urbarien im ganzen Lande an. In Schlesien kam dieselbe in Folge des Publikandums vom r2. Dezember 1784 zur Beseitigung der vielen Prozesse zwischen den Gutsherren und Unterthanen durch ausgedehnte kommissarische Arbeiten in einer grossen Zahl von Ortschaften zur Ausführung. Es wurde in der Regel für jeden Kreis *) Lette und v. Rönne, Bd.I. S.LXXV. — L. Krug a. a. 0. XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 397 eine Urbarienkommission aus einem Gutsbesitzer, einer Geriehtsperson und 2 Dorfschulzen unter Mitwirkung des Kreislandraths thätig. Diesen Lokalorganen war die Haupturbarien- kommission übergeordnet. Sie hatten die Rechtsverhältnisse genau zu ermitteln und zu rezessiren, und auf Erleichterungen möglichst hinzuwirken. Gegen konfirmirte Urbarien sollte kein Prozess zugelassen werden, auch keine Verjährung laufen*). Nachdem 1799 die Geschäfte der Haupturbarienkommission auf die Oberamtsregierungen übergegangen, auch dureh die Verordnung vom 18. Juli 1799 ) verschiedene Lasten gesetzlich beschränkt waren, wurden 1809***) die Urbarienkommissionen sistirt und später aufgehoben. — Inzwischen hatte sich durch die Beschlüsse der französischen Nationalversammlung in der Nacht vom 4. August 1789 der volle rechtliche wie soziale Umscehwung auf diesen Lebensgebieten schon vorbereitet. Sehr bald erschütterte der Krieg alle Verhältnisse bis zum Aeussersten. Die Grösse der Ereignisse nahm aussergewöhnlichen Massregeln für die Wiederherstellung des Vaterlandes den Charakter des Gewaltsamen. Das von Memel am g. Oktober 1807, 4 Tage nach der Berufung v. Steins zum Staatsminister, erlassene Edikt „über den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigenthums sowie über die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner* war der erste Akt, durch den nach dem unglücklichen Frieden zu Tilsit der Staat sein neuerwachtes Leben bekundete: „Wir haben erwogen“, sagt der König, „dass es ebensowohl den unerlässlichen Forderungen der Gerechtigkeit, als den Grundsätzen einer wohlgeordneten Staatswirth- schaft gemäss sei, Alles zu entfernen, was den Einzelnen bisher hinderte, den Wohl- stand zu erlangen, den er nach dem Masse seiner Kräfte zu erreichen fähig war. Wir haben ferner erwogen, dass die vorhandenen Beschränkungen theils im Besitze und Genusse des Grundeigenthums, theils in den persönlichen Verhältnissen des Land- arbeiters unserer wohlwollenden Absicht vorzüglich entgegen wirken und der Wieder- herstellung der Kultur eine grosse Kraft seiner Thätigkeit entziehen, jene, indem sie auf den Werth des Grundeigenthums und den Kredit des Grundbesitzers einen höchst schädlichen Einfluss haben, diese, indem sie den Werth der Arbeit verringern. Wir wollen daher beides auf diejenigen Schranken zurückführen, welche das gemeinsame Wohl nöthig macht und verordnen daher: Jeder Einwohner unserer Staaten ist ohne alle Einschränkung in Beziehung auf den Staat zum eigenthümlichen und Pfandbesitz unbeweglicher Grundstücke aller Art berechtigt. Der Edelmann also zum Besitze nicht blos adeliger, sondern auch unadeliger, bürgerlicher und bäuerlicher Güter aller Art und der Bürger und Bauer zum Besitze nicht blos bürgerlicher, bäuerlicher und anderer unadeliger, sondern auch adeliger Grundstücke“. „Mit dem Martinitage 18910 hört alle Gutsunterthänigkeit in unseren sämmtlichen Staaten auf; nach diesem Tage giebt es nur freie Leute, bei denen aber, wie sich von selbst versteht, alle Verbind- lichkeiten, die ihnen als freien Leuten vermöge des Besitzes eines Grundstückes oder vermöge eines besonderen Vertrages obliegen, in Kraft bleiben“. Mit diesem nach Lage der Verhältnisse unerlässlichen Machtgebote, dessen Segen für alle Betheiligten der jede Hoffnung übersteigende Aufschwung der folgenden Jahr- *) Instruktion vom 20. Januar 1785, Verordnung vom 16. April 1788. — Korns schle- sische Ediktensammlung, Bd. 18 S. 253 fl. 265, 292. — Starke, Beiträge zur preussischen Gerichtsverfassung Bd. I. S. 388. ”) v, Rabe a. a. O. Bd. V. S. 500. ==) Verordnung vom 9, Dezember 1809. — v. Rabe a. a, O. Bd. XII. S. 855. 398 XI Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. zehnte erwiesen hat, waren nicht allein die Stände in Bezug auf allen Grunderwerb gleichgestellt, sondern es war auch der Rustikalbesitz auf eine unverhältnissmässig höhere Stufe gehoben. Die Vorschläge für die Reform der ländlichen Verhältnisse waren zunächst im Schoosse der Immediatkommission zur Berathung über die Mittel des Retablissements des Landes entsprungen, zu welcher der König v. Schoen, v. Altenstein, Steegemann, Niebuhr und v. Kleewitz nach Memel berief und gingen grösstentheils aus der Hand v. Schoen’s hervor. Schon 1809 aber zog v. Hardenberg Albrecht Thaer als berathenden Staats- rath in die Sektion des Ministeriums des Innern, welche diese Fragen zu bearbeiten hatte*). ’ Thaer war seit 1804, wesentlich durch v. Hardenbergs Mitwirkung, nach Preussen übergesiedelt und hatte seitdem trotz aller Drangsale des Krieges der Leitung seiner Lehranstalt und seiner Wirthschaft zu Möglin gelebt. Er genoss das allgemeinste Vertrauen sowohl in seiner bahnbrechenden Erkenntniss der Bedürfnisse der Land- wirthschaft, als in seiner klaren und billigen Abwägung der durch die Verhältnisse gegebenen Ansprüche der Betheilisten. Das Edikt von 1807, welches die Unterthänig- keit für die Mehrzahl der bäuerlichen Bevölkerung erst vom Martinitage 1gro an auf- gehoben hatte, hatte manche Beunruhigung erzeugt. Hie und da mussten die Bauern zur Ruhe und zur regelmässigen Erfüllung ihrer Pflichten ermahnt werden, und selbst Einsichtige sahen mit Bangigkeit der Wendung entgegen, welche die wirthschaftlichen Verhältnisse nehmen würden. Es gereichte daher für Viele zur Beruhigung, diese Angelegenheiten in Thaer’s Hand zu sehen. Er wurde damit betraut, die neuen Vorschriften für die Auseinandersetzungen und für die Organisation der Behörden, die sie leiten sollten, zu entwerfen. Seine Anschauungen von der Nothwendigkeit, die Entscheidung der Auseinander- setzungssachen möglichst dem ordentlichen Richter zu entziehen, welche er auf die Unmöglichkeit stützte, demselben hinreichend bestimmte Grundsätze und genügende materielle Vorschriften zum Anhalt seines Spruches zu geben, hielten, obwohl sie schon 1805 der Verwirklichung nahe waren, die Einwilligung, namentlich des Gross- kanzlers, in seine Entwürfe zurück. Erst 1811, als v. Hardenberg zum Staatskanzler ernannt worden war, erschienen zur Erfüllung der im Edikt vom 9. Oktober 1807 gege- benen Verheissungen die aus Thaers Feder geflossenen beiden Edikte vom 14. September 1SIL „zur Beförderung der Landeskultur“, und „zur Regalirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse“), welchen unmittelbar die „Königliche Instruktion für die Generalkommissarien und für die Oekonomiekollegien“ vom ı7. Oktober ı$ı1r folgte. In das Gebiet der Gemeinheitstheilungen und Servitutablösungen griff vorzugs- weise das Landeskulturedikt ein. Thaer erachtete nach Lage der Verhältnisse für zweckmässig, neben der völligen Aufhebung des Flurzwanges und der gemeinschaftlichen Weideberechtigungen, welche die früheren Gemeinheitstheilungsreglements als Zweck des Verfahrens aufgestellt, praktisch aber, wie gezeigt, allerdings nur in beschränkter Ausdehnung erreicht hatten. die Mögliehkeit einer theilweisen Aufhebung und Erleichterung der Servituten zu gewähren. *) Albrecht 'Thaer, v. Wilh. Körte, Leipzig 1839 S. ızı fl. **) (G.-S. S. 300. 281.) XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 399 „So nachtheilig dieselben im allgemeinen sind,“ spricht das Edikt im $. 10 aus, „so stehen sie doch mit dem einmal eingeführten Landbau in den meisten Gegenden in einer so engen Verbindung, dass sie ohne Gefahr der Zerrüttung nicht mit einem Male aufgehoben werden können, sondern nur nach und nach gelöst werden dürfen. Letzteres soll so weit geschehen, wie es für die freie Anwendung der vorhandenen Kräfte Bedürfniss, oder sonst nützlich und ohne Verlust für die Berechtigten zulässig ist. Sehr viel kann und soll zu diesem Zweck schon durch Abstellung eingeschlichener Missbräuche und durch Verweisung der Servitutsausübung in die gesetzlichen Schranken gewirkt werden.* Darüber werden desshalb Vorschriften gegeben, zugleich aber Anord- nungen getroffen, „die den Grundbesitzern erlauben, die Resultate des verbesserten landwirthschaftlichen Betriebes zu benutzen, ohne gezwungen zu sein, durch die sehr kostbaren und oft schwierigen Spezialseparationen aus aller Gemeinschaft mit anderen Grundbesitzern zu treten.“ Es wird desshalb unbeschadet der Anträge auf völlige oder theilweise Separation bestimmt: a. dass der dritte Theil der Ackerländereien einer jeden in Weidekommunion befind- lichen Feldmark in möglichster Nähe des Dorfes und unter Entschädigung der etwa vorzugsweise Hütungsberechtigten von der Hütung befreit und der privaten Benutzung der Besitzer mit der Massgabe überlassen werden soll, dass zu einer späteren Umlegung oder Vertauschung dieser Grundstücke die Einwilligung des Besitzers gehört; b. für die Benutzung der gemeinen Weideanger durch Hütung oder Plaggenhieb soll nöthigenfalls unter Zuziehung eines Oekonomiekommissars oder einer Kommission von Kreisverordneten eine zweckmässige und den Anrechten verhältnissmässige Ord- nung hergestellt, auch soll der Plaggenhieb nur fortgesetzt werden, wenn drei Viertel der Gemeindemitglieder damit einverstanden sind; e. die Behütung nasser, durchdrüchiger Wiesen ist im Frühjahr wie im Herbst (Alle. Landr. Th. I. Tit. 22. $. 4) verboten. Auch auf trocknen soll die Frühjahrsbe- hütung, sowie jede Servitut, welche die Verwandlang der ein- oder zweischürigen in mehrschürige hindert, gegen billige Entschädigung aufgehoben werden können. d. Bezüglich der Forstservituten, für deren wirthschaftliche Abgrenzung schon eine Reihe älterer Forstordnungen Sorge getroffen hatten, wird festgesetzt: dass jeder Waldeigenthümer befugt sein soll, das Sammeln des Raff- und Lese- holzes auf das Bedürfniss der Berechtigten einzuschränken, und dafür bestimmte Tage und die Aufsicht eines Forstbedienten anzuordnen; dass ferner bei der Waldweide die allgemeine gesetzliche Vorschrift, nach welcher die Ausübung von Servituten die eigentliche Bestimmung der damit belasteten Grundstücke nicht hindern darf, zur vollen Anwendung kommen soll. Die Seho- nungsfläche soll also hauptsächlich durch das Bedürfniss der Wiederkultur be- stimmt, die daraus entstehende Einbusse unentbehrlicher Weiden entschädigt, und zu diesem Zweck die Abtretung zu Ackerland und Wiesen geeigneter Theile der Holzdistrikte befördert werden. Bei der Berechnung der Entschädigung sollen Räumden und Blössen so angeschlagen werden, als wenn sie mittelmässig bestanden wären. Bei Fortsetzung der Weide müssen sich die Berechtigten auf so kleine Distrikte beschränken, als sie zur Hülfe für ihre Heerden bedürfen oder zu beziehen 400 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. berechtigt sind; das Vieh darf auch nicht einzeln oder ohne Hirten in den Wald getrieben werden, und Nachts nur in Buchten oder eingehegten Koppeln im Walde verbleiben. Schliesslich wird bei dem bedeutenden Einfluss, den die Gemeinheitstheilungen aller Art auf die Kultur haben, die Herstellung eines verbesserten, kurzen und doch gründ- lichen Verfahrens als besonders wichtig bezeichnet, und eine neue Organisation in Aussicht gestellt. Diese trat durch die Verordnung vom 20. Juni 1817 wegen Organisation der Generalkommissionen und der Revisionskollegien zur Regulirung der gutsherrlich- bäuerlichen Verhältnisse ins Leben, und bezog sich ebenso auf Gemeinheitstheilungen, wie auf Reallastenablösungen und Eigenthumsregulirungen. Es ist ersichtlich, welehen Werth für das gesammte Gebiet der Auseinander- setzungen die Vorschriften für die Einzelheiten des Verfahrens haben. Thaer betonte mit grossem Recht oft, dass alle Anweisungen über das, was im speziellen Fall für den Zweck der Auseimandersetzung zu thun, alle genaueren Bestim- mungen über die Art der Ausführung, höchst schädlich wirken müssten, weil daraus bei der Mannigfaltigkeit der Verhältnisse ein überall anwendbarer Anhalt nicht erreicht werden könne, und desshalb für die in der Sphäre ihrer örtlichen Verhältnisse praktisch wirkenden Kommissare eine Fessel und Beirrung in der einfachen Wahl des Best- möglichen erwachse. Dies ist so wahr und auch in der späteren Agrargesetzgebung so geltend geblieben, dass die materiellen Bestimmungen gegen das Aeusserliche des Verfahrens in über- raschender Weise zurücktraten, und oft durch die Verknüpfung mit dem Geschäftlichen in ihrer Bedeutung nicht leicht erkennbar sind. Es soll versucht werden, zunächst das Wesentliche des Verfahrens in Ausein- andersetzungssachen überhaupt, dann die materiellen Bestimmungen über die Gemein- heitstheilungen und Zusammenlegungen einerseits, und über die Regulirungen und Reallastenablösungen andrerseits und endlich die Erfolge der Auseinandersetzungen beider Arten im Ueberblick auseinander zu halten. A. Verfahren in Auseinandersetzungssachen. Die Verordnung vom 20. Juni 1817 (G.-S. S. 161), welche im wesentlichen bis zur Gegenwart die Grundlage des gesammten Geschäftsbetriebes in Auseinandersetzungs- sachen geblieben ist, handelt I. von der Organisation der Behörden: nämlich 1. von den Generalkommissionen, 2. den Revisionskollegien, 3. den Spezialkommissionen, und II, von den Vorschriften über das Verfahren und zwar in folgenden Abschnitten: t. im Allgemeinen, 2. von der Ordnung des Verfahrens bis zur Vermessung, 3. von der Vermessung und Bonitirung, 4. von der Planberechnung und dem Verfahren darüber, 5. vom Kontumazialverfahren, 6. von der Definitiventscheidung, 7. von der Erriehtung des Rezesses, 8. von den Rechtsmitteln gegen die Entscheidung der Generalkommission, 9. von der Ausführung der Auseinandersetzung, Io. vom Kostenpunkt. Die Hauptergänzungen und nachträglichen Bestimmungen bestehen in dem Ge- setze vom 7. Juni 1821 (G.-8. $. 83) über die Ausführung der Gemeinheitstheilungs- und XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 401 Ablösungsordnungen, der Verordnung vom 30. Juni 1834 (G.-S. S. 96) wegen des Geschäftsbetriebes in den Angelegenheiten der Gemeinheitstheilungen, Ablösungen und Regulirungen der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, dem Gesetze vom 29. Juni 1835 (G.-S. S. 135) wegen Sicherstellung der Rechte dritter Personen bei gutsherrlich-bäuer- lichen Regulirungen, Gemeinheitstheilungen, Ablösungen u. s. w. und der Verordnung vom 22. November 1844 (G.-S. 1845, S. 19) betreffend den Geschäftsgang und Instan- zenzug bei den Auseinandersetzungsbehörden. Die Hauptgesichtspunkte dieser Gesetzgebung lassen sich, wie folgt, übersehen. I. Bezüglich der Organisation der Behörden. Als leitende Behörden wurden eigene Kollegien, die Generalkommissionen, er- richtet. Die verhältnissmässig kurze Zeit, innerhalb welcher man sich die Erledigung der gesammten Auseinandersetzungsgeschäfte möglich dachte, gab ihnen einen provi- sorischen Charakter. Ihr Sprengel wurde nach dem Umfange der entstehenden oder sicher zu erwartenden Geschäfte bestimmt, umfasste meist zwei, auch drei Regierungs- bezirke, war aber mit der politischen Eintheilung nicht überall genau abgegrenzt und im Laufe der Zeit vielfachem Wechsel unterworfen. Schon in den Landesökonomie- kollegien des Landeskulturedikts war an eine Verbindung der Auseinandersetzungs- behörden mit den Verwaltungskollegien gedacht; diese Idee wurde später dahin verfolgt, dass, wie in einem späteren Abschnitte genauer zu zeigen sein wird, bei verminderten Geschäften einige Generalkommissionen zu besonderen Regierungsabtheilungen umgestaltet, andere völlig aufgelöst, und ihre Geschäfte den ersten Abtheilungen der Regierungen unter Zusammensetzung eines Spruchkollegiums aus geeigneten Mitgliedern übertragen wurden. Am Rhein sind die einschlagenden Geschäfte, die wegen der französischen Gesetzgebung auf einen sehr geringen Kreis beschränkt waren, immer von den dortigen Regierungen versehen worden. Als Personal wurde anfangs ein Generalkommissar, ein Oberkommissar, welcher ein der rationellen und praktischen Landwirthschaft vorzugsweise kundiger Sachver- ständiger sein sollte, und ein rechtsverständiger Justiziar, von dem zugleich Vertrautheit mit der landwirthschaftlichen Gewerbslehre gefordert wurde, gedacht. Aus der anwach- senden Zahl der Geschäfte ergab sich sehr bald die Nothwendigkeit einer ansehnlichen Verstärkung der Kollegien. Die Mitglieder gingen theils aus Gerichts-, theils aus Ver- waltungsbeamten hervor, welche sich die nöthige Ausbildung im Gebiete der Auseinander- setzungsbehörden verschafft hatten. Den Generalkommissionen liegt mit der allgemeinen Geschäftsleitung auch die Entscheidung in erster Instanz ob. Als zweite Instanz wurden anfangs 5 Revisionskollegien eingerichtet ($ 29), welche unter dem Vorsitze eines Mitgliedes des Präsidiums des Oberlandesgerichts der bezüg- lichen Provinz, aus 2 Oberlandesgerichtsräthen und zwei der landwirthschaftlichen Gewerbslehre vorzüglich kundigen Regierungsräthen bestehen sollten. Durch die Verordnung vom 22. November 1844 ($ 7) sind die Revisionskollegien auf ein einziges im Staate mit dem Sitze zu Berlin beschränkt worden. Die Generalkommissionen und das Revisionskollegium sind koordinirte Behörden und nur dem Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, vor 1848 dem des Innern, untergeordnet; die Unterbehörden der Regierungen und Appellationsgerichte Boden d. preuss. Staats. 26 402 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. sind schuldig, von ihnen in Gegenständen ihres Ressorts Aufträge anzunehmen ($ 36, 37). Unter den Generalkommissionen stehen die Spezialkommissionen, welche bestimmt sind, die ressortmässigen Auseinandersetzungen an Ort und Stelle zu bewirken ($ 40). Ursprünglich wurde angenommen, dass als Spezialkommissarien vorzugsweise 0ekonomie- kommissarien, d.h. im Sinne des Gesetzes praktische, erfahrene Landwirthe, welche sich die nothwendige Geschäftskenntniss für Auseinandersetzungen verschafft haben, fungiren, und dass für gewisse Verhandlungen wie Prozessinstruktionen, Rezessvoll- ziehungen u. dgl., welche eine richterliche Person voraussetzen, ein ‚Justizbeamter (Kreisjustizkommissar) Auftrag erhalten sollte. Seit 1836 ist mehr und mehr Gelegen- heit gewesen, Justiz- und Regierungsassessoren, welche sich die nöthige technische Qualifikation erwarben, als Spezialkommissarien zu beschäftigen, und die Befugniss zu den vorgedachten Akten ist schon durch $ 6 des Ausführungsgesetzes vom 7. Juni 1821 allen Spezialkommissarien beigelegt worden. Letztere sollen zu ihren Verhandlungen einen vereideten Protokollführer zuziehen, wo es das gerichtliche Verfahren vorschreibt. Qualifizirten gerichtlichen oder Verwaltungsbeamten kann unter Genehmigung ihrer Vorgesetzten die Bearbeitung einzelner Auseinandersetzungssachen übertragen werden, ohne dass sie dauernd als Spezialkommissarien beschäftigt sind. Die Regierungen und Provinzialschulkollegien sind befugt, die bäuerlichen Re- gulirungen und Gemeinheitstheilungen auf den Domainen und den Gütern der von ihnen ressortirenden milden Stiftungen und anderen öffentlichen Anstalten durch ihre Räthe oder andre qualifizirte Personen vornehmen zu lassen und haben auch die Bestätigung der durch dieselben vergleichsweise zu Stande gekommenen Rezesse. Feldmesser und Sachverständige werden nur für das einzelne Geschäft als zur Sache zugezogen angesehen; indess können letztere und zwar sowohl Boniteure als Bausachverständige ein für allemal vereidet werden, und sucht man in jedem Kreise, in welchem die Geschäfte im Gange sind, die Anzahl solcher Sachverständigen auf genügender Höhe (6 bis 8) zu erhalten. Den Charakter eines stehenden Amtes hat die Verordnung vom 30. Juni 1834 ($. 2, G.-S. S. 96) auch den Kreisvermittelungsbehörden gegeben, welche zu mehrerer Be- förderung gütlicher Vereinigungen in den zum Ressort der Generalkommissionen gehörigen Angelegenheiten bestellt werden sollen. Es sollen dazu in jedem Kreise 2 bis 6 Kreis- eingesessene von den Kreisständen gewählt und von den Generalkommissionen bestätigt werden. Sie führen ihre Geschäfte unter Leitung letzterer, so wie des Kreislandraths und können auf Aufforderung der Parteien Vergleiche aufnehmen und rezessiren; der Rezess aber unterliegt der Prüfung und Bestätigung der Generalkommission. 2. Die Einleitung des Verfahrens. Der Antrag auf Auseinandersetzung kann von jedem Betheilisten ohne weitere Förmlichkeit gestellt werden, und ist bei der Generalkommission anzubringen. Durch den von letzterer ertheilten Auftrag erst erlangt der Spezialkommissar, und nur inner- halb des Kreises dieses Auftrages und der mit ihm in Verbindung stehenden Geschäfte, die Befugnisse seines Amtes. Alle Formalien der Vorladungen, Behändigungen u. dgl. schliessen sich in der Regel an die gerichtlichen an. Das Geschäft soll in jedem "Termine ununterbrochen XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 403 soweit als möglich gefördert werden. Die Parteien werden kontumazirt, wenn sie sich ohne Noth der Fortsetzung in den folgenden Tagen entziehen. Die Betheilisten sind gehalten, in Person zu erscheinen, in der Wahl von Bei- ständen aber unbesehränkt.. Bevollmächtigte müssen auf Erfordern des Kommissars bei Vermeidung der Kontumaz von Korporationen gestellt werden, ferner zur Wahrnehmung des gemeinschaftlichen Interesses aller Mitglieder von Gemeinden und Korporationen oder einzelnen Klassen derselben, endlich auch bei anderen eine Mehrheit von Inter- essenten gemeinschaftlich betreffenden Gegenständen, wenn die Zahl dieser Interessenten sich auf mehr als 5 beläuft. Die Bevollmächtigten sollen ausser bei Behörden stets praktische Landwirthe sein. Eine Mehrzahl Betheiligter kaun bis zu 3 Bevollmächtigte wählen, dieselben werden aber als unter der Klausel „sammt und sonders“ gewählt betrachtet und kon- tumazirt, wenn sie nicht einig sind. Die Frauen werden ohne Vollmacht durch ihre Ehemänner vertreten. Bei Einleitung der Sache hat der Kommissar nicht allein die nächste Absicht der Betheiligten klar zu stellen, sondern auch zu erkunden, was überhaupt zweckmässiger- weise bei Gelegenheit dieser Auseinandersetzung auf der Feldmark geschehen könne, und die dadurch sonst berührten Interessenten zuzuziehen. Die Legitimation zur Sache giebt der Hypothekenschein des betheiligten Grund- stückes, und es kann, wenn es für die Auseinandersetzung darauf ankommt, die Be- richtigung des Besitztitels gefordert werden. Diese Nothwendigkeit ist aber mehr und mehr, und zuletzt durch die Gesetzgebung von 1350 auf die Befugniss zum Empfange von Ablösungskapitalien beschränkt worden. Der $ 109 des Ges. vom 2. März 1850 über die Reallastenablösung und $ 15 des Ergänzungsgesetzes zur Gemeinheitstheilungs- ordnung bestimmte, dass die Legitimation eines im Hypothekenbuch nicht eingetragenen sich Meldenden auch zur Rezessvollziehung und für die Eintragung des Rezesses in das Hypothekenbuch als geführt zu erachten ist, a) wenn demselben von der betreffenden Gemeindebehörde bescheinigt wird, dass er das Grundstück, um welches es sich handelt, eigenthümlich besitze, oder wenn er eine auf die Erwerbung des Eigenthums lautende öffentliche Urkunde vorzulegen im Stande ist; b) wenn dabei die übrigen Theilnehmer des Geschäftes die Legitimation nicht bestreiten, und c) nach geschehener öffentlicher Bekanntmachung, dass die Auseinandersetzung stattfinde, (Ausführungsgesetz vom 7. Juni 1821 $ 12, Verordnung vom 30. Juni 1834 $ 25), und nach Benachrichtigung der aus dem Hypothekenbuche etwa ersichtlichen Eigenthumsprätendenten bis zur Rezessvollziehung kein anderer bei dem Spezialkommissar oder bei der Auseinandersetzungsbehörde Be- sitzansprüche erhoben hat. Wer sich erst nach der in der gedachten Bekanntmachung gestellten Frist meldet, muss alles gegen sich gelten lassen, was bis dahin festgestellt worden ist. Ueber die Gesammtheit der vorgefundenen Verhältnisse, die thatsächlichen wie die rechtlichen, ist eine @eneralverhandlung aufzunehmen, welche der Generalkommission einzureichen ist. Ergeben sich in diesem Stande des Verfahrens Streitfragen, welche den Fortgang desselben überhaupt in Zweifel stellen, so müssen sie sofort instruirt und zur Entschei- dung vorgelegt werden. Handelt es sich aber um Streitpunkte, welche das Wesentliche des Verfahrens nicht in Frage stellen, also über Theilnahmerechte, über Zugehörig- keit gewisser Grundstücke oder Berechtigungen zur Auseinandersetzung, Verpflichtung, 26* 404 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. sich Umlegungen gefallen zu lassen u. dgl., so bleibt die Entscheidung möglichst vorbehalten, bis sich die Parteien von dem Ergebnisse überzeugen können, welches sich im besten oder im schlimmsten Falle von dem Ausgange des Streites erwarten lässt. Dabei steht es dem Kommissar zu, seinerseits schon durch einen Beschluss des Kolle- giums, an welchen dasselbe für die spätere Entscheidung gebunden bleibt, die Fest- stellung gewisser leitender Grundsätze für die Behandlung der obwaltenden Fragen her- beizuführen. Ebenso ist er auf Antrag einer Partei befust, die Ausübung der in Aus- einandersetzung begriffenen Rechte, auch der streitigen, gegen eine festgesetzte Entschädi- gung und unter Vorbehalt der späteren Ausgleichung je nach dem Ausfalle des Haupt- verfahrens, entweder gänzlich aufzuheben, oder auf ein angemessenes Mass zu beschränken, und zwar durch eine interimistische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses, gegen welches den Betheiligten binnen ro Tagen der Rekurs an die Generalkommission zusteht. Diese Interimistika können im Laufe des Verfahrens wieder aufgehoben und durch andere ersetzt werden. 3. Werthsermittelung. Der Kommissar hat unbeschadet der nothwendigen Gründlichkeit und Sicherheit sich und den Parteien möglichst bald und möglichst einfach ein richtiges Urtheil darüber zu verschaffen, bei Gemeinheitstheilungen, wie gross die Theilungsmasse und welches der verhältnissmässige oder nach Lage der Sache der reale Werth der geforderten An- theile, bei Reallastenablösungen, wie hoch Leistungen. und Gegenleistungen annähernd anzuschlagen sind. Er hat auf diese Weise den Versuch eines Vergleichs nicht blos über die Streitfragen, sondern so viel wie möglich über die Festsetzung der gegen- seitigen Theilnahmerechte und Abfindungen überhaupt zu machen. Es ist andererseits Sache seiner Gewissenhaftigkeit und Umsicht, zu Vergleichen nicht die Hand zu bieten, deren Angemessenheit nicht genügend begründet ist, welche durch die Art ihrer Be- stimmungen eine Unbilligkeit gegen andere Betheiligte herbeiführen, oder den wirth- schaftlichen Erfolg der Auseinandersetzung gefährden könnten. * Der Generalkommission steht zu, für ihre Entscheidungen und für die Prüfung und Festsetzung des Ausein- andersetzungsplanes aus allen zwischen den Parteien bei schwebendem Verfahren privatim, gerichtlich oder vor dem Kommissar geschlossenen Vergleichen diejenigen Festsetzungen im Interesse der Landeskultur als nicht geschehen zu behandeln, welche ein Hinderniss für die zweckmässige Durchführung der Planlage, der Wege, der Fntwässerung oder des neuen Wirthschaftsbetriebes überhaupt in sich schliessen. — Die genaue Feststellung der Werthe ist der eigenen sachkundigen Schätzung des Kommissars nicht zunächst zugewiesen. Sie wird durch besondere Sachverständige vor- genommen. Es liegt im Sinne des Gesetzes, dass der Kommissar dabei die Leitung als ein Unbetheilister haben soll. Auch diejenigen Kommissare, welchen auf Grund einer Prüfung oder geeigneter einschlagender Arbeiten die Qualifikation zum Oekonomie- Kommissar zugesprochen ist, haben nur einzelne Theile des Geschäftes, wie die Klassen- stellung bei Bonitirungen, den Ausspruch als Obmann, oder die Schätzung unbedeutender Objekte und Nebenfragen über sich zu nehmen. Für die Werthsermittelung liegt ihnen im wesentlichen nur die rechnungsmässige Feststellung aus den gesetzlich feststehenden oder durch Messung, Schätzung u. dgl. gewonnenen Faktoren ob. Dagegen haben sie je nach ihrer Qualifikation, die desshalb in eine mindere und eine höhere unterschieden wird, für die erste, söwie für die zweite Instanz in technischer Beziehung Gutachten XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 405 über die obschwebenden Fragen und über die Angemessenheit der Ergebnisse der Werthermittelung und des Verfahrens überhaupt abzugeben, welche eine Grundlage der Entscheidung zu bilden vermögen. In Gemeinheitstheilungen hat, soweit nicht eine von den Betheiligten als richtig anerkannte und hinreichend brauchbare Karte vorhanden ist, die Messung der Grundstücke, soweit sie für die Sache erforderlich wird, im Zweifelfalle auch die der nächst angren- zenden Flächen stattzufinden. Für die Bonitirung setzt der Kommissar nach Begang und unter Anhörung der Boniteure die Klassen je nach Bedürfniss in Werths- oder in Verhältnisszahlen fest. Die weitere spezielle Bonitirung darf der Feldmesser leiten. Handelt es sich dabei nicht um totale Separation, sondern nur um Ablösung einzelner Grundgerechtigkeiten, Gräserei, Hutung u. a., so sprechen sich die Boniteure nur über diejenigen Angaben (Heumasse, Heugüte ü. a.) aus, welche die Grundlage für deren Werthsbereehnung bilden und nehmen eine spezielle Bonitirung des Bodens nur auf den präsumtiven Abfindungs- ländereien vor. Dies bezieht sich auch auf Weide- und Gräsereiservituten im Forst. Bei diesen wird aber über Bestand, Umtriebs- und Schonungszeit und überhaupt jede Frage, welche den eigentlichen Forstbetrieb betrifft, von Forsttechnikern als Sachverständigen geurtheilt. Dieselben haben auch für die eigentlichen Holzungsservituten die Grund- lagen der Werthsermittelung anzugeben, z.B. den Holzzuwachs, die Masse des Raff- und Leseholzes, des Kiehns, der Streu, nach den einzelnen Bestandsklassen oder Bonitäts- abschnitten. Bei Fischereinutzungen sind Fischer, über das Bedürfniss an Holz oder an anderem zu entnehmenden Material zur Feuerung oder zu Bauten, Häusern, Mühlen, Wehren, Dämmen u. dgl. Bausachverständige zu hören. In ähnlicher Weise entscheidet das sachverständige Gutachten der Bautechniker oder der betreffenden Gewerbtreibenden, Müller, Schmiede u. a. m. auch bei Ermittelung des nicht anderweit feststehenden Geldwerthes der Reallasten. Der Ausspruch von Schiedsrichtern findet in der Regel vor der Anhörung von Sachverständigen nicht statt und bleibt dann überhaupt einem späteren Stande des Verfahrens vorbehalten. Der Art. 14 des Zusatzgesetzes zur Gemeinheitstheilungsordnung vom 2. März 1850 hat die Befugniss der Provokation auf Schiedsspruch erweitert, ohne dass diese Be- stimmung wesentlich in die Praxis eingedrungen ist. Dagegen hat das Reallastenablösungsgesetz vom 2. März 1850 in einer Reihe von Fällen der Kürze wegen, weil das Verfahren möglichst ununterbrochen in wenigen Terminen bis zur Rezessbestätigung durchgeführt werden soll, den Schiedsspruch sofort an die Spitze der Werthsermittelung gestellt, wenn sich die Parteien nicht einigen. Er kann sich dann auf Dienste, Naturalabgaben, den gemeinen Kaufwerth der Grundstücke und gewisse Bauverpflichtungen und Bodenentschädigungen beziehen. — Aus den gewonnenen Grundlagen hat der Kommissar eine vollständige Werths- berechnung aufzustellen, welche deutlich erkennen lässt, wie hoch bei Gemeinheitsthei- lungen der Gesammtwerth der Auseinandersetzungsmasse ist, was jeder eingeworfen, und welchen Werth er wiederzuerhalten hat, bei Reallastenablösungen, was jeder nach den einzelnen Arten der Leistung in Rente zahlen oder erhalten soll. Dabei sind zugleich durch doppelte Berechnung die Differenzen soweit möglich darzustellen, welche durch die offenen Streitfragen entstehen können. Die Werthsberechnung ist mit allen ihren Grundlagen, namentlich auch soweit vermessen und bonitirt ist, mit Karte und A406 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. . Bonitirunssregister sämmtliehen Interessenten vorzulegen, damit sie sie anerkennen oder >= o- = ihre Einwendungen dagegen begründen. 4. Bearbeitung des Auseinandersetzungsplanes. Erachtet der Kommissar die Einwendungen gegen die Werthsberechnung wesentlich und findet gerathener, sie durch weitere Instruktion, Bonitirungsrevision oder Schieds- richterspruch vorweg zu beseitigen, als das Verfahren wegen der verschiedenen Möglich- keiten, welche berücksichtigt werden müssen, weitläufg und unsicher fortzuführen , so darf er auf diese Hülfsmittel zunächst eingehen. In der Regel aber hat er sich auch damit nicht aufzuhalten, sondern sofort zur Aufstellung des Auseinandersetzungsplanes "zu schreiten, d. h. zur Herstellung einer Urkunde, welche das Gesammtresnltat der Auseinandersetzung enthält und zugleich alle für die Entstehung desselben wesentlichen Grundlagen in gedrängter Fassung aber so wiedergiebt, dass das, was definitiv feststeht, genau dem, was noch streitig ist, gegenübergehalten und gezeigt wird, welche Entscheidung die Kommission bei dem gefundenen Gesammtresultate für jeden einzelnen der noch schwebenden Streitpunkte vorausgesetzt hat. Fiir die Reallastenablösungen wird dieser Plan durch einen einfachen Abschluss der Werthsberechnung und eine Erläuterung, aus welchen Gründen die Streitfragen in dem einen oder andern Sinne berücksichtigt sind, erreicht. Für die Gemeinheitstheilungen gehört ausser einem solchen Abschlusse die Be- rechnung der zu gewährenden Landabfindungen oder der entstehenden neuen Flur- eintheilung mit den Projekten der etwa erforderlichen neuen Wege, Gräben, Meliora- tionsanlagen u. del. dazu. Diese verhältnissmässig ausgedehnte Arbeit fasst den schwierigsten Theil des Ge- schäfts in sich und macht leicht besondere Verhandlungen mit den Betheiligten nöthig, so dass gleichzeitig auch die weitere Instruktion der Streitfragen verfolgt werden kann. Das fertige Planprojekt hat bei Gemeinheitstheilungen (die leitende Behörde auch ihrerseits genauer Prüfung zu unterziehen. Bei ertheilter Genehmigung wird der Auseinandersetzungsplan den Parteien eben- sowohl schriftlich zur Ueberlegung mitgetheilt, als durch vollständige Absteckung der Landpläne zur Kenntniss gebracht, und der Feldmesser hat die Pflicht, jeden einzelnen Betheiligten mit genauer Anweisung des ihm zugedachten Planstückes zu versehen. Durch die Art ihrer Erklärung zerfallen dann die verschiedenen Interessenten, welche hierzu sämmtlich und persönlich zuzuziehen sind, falls sie nicht in der Verwerfung des Plans übereinstimmen, in zwei Parteien, die eine, welche den Plan genehmigt, und die andere, welche ihm widerspricht. Diese Parteien werden als im Prozess stehend betrachtet, und die Widersprechenden mit ihren Gründen, die Zufriedenen mit den Gegengründen gehört. Jedem Betheiligten steht der Antrag auf Revision der Karte zu, welche dann durch einen Vermessungsrevisor, wenn Fehler gefunden werden, auf Kosten des Feldmessers, wenn keine gefunden werden, auf Kosten des Antragenden vorgenommen wird. Ebenso ist Jedem der Antrag auf Bonitirungsrevision gestattet. Diese findet nach $ 31 der Verordnung vom 30. Juni 1834 in einem schiedsrichterlichen Verfahren statt. Es sind die einzelnen Beschwerdepunkte anzugeben, jede der Parteien wählt einen Schieds- XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. A407 richter, im Fall sie sich nicht anderweit einigen, aus den Kreisverordneten. Die mit der Leitung der Kreisvermittelungsbehörden beauftragten Landräthe, oder von ihnen sub- stituirte Sachverständige, treten als Obmänner ein. Nach Massgabe .des Ausspruches ist der Plan umzurechnen. \ Auch für alle anderen Fragen können die Betheilisten die Einholung anderer sachverständiger Gutachten oder einen schiedsriehterlichen Ausspruch im Sinne des oben angeführten $ 14 des Zusatzgesetzes vom 2. März 1850 beantragen; im Falle dem aber die Gegenpartei widerspricht, stehen auch’ alle diese Anträge mit zur Ent- scheidung, und der Kommissar beschränkt sich darauf, über die gegen die sachverständige Begutachtung erhobenen Einwendungen die Gegenerklärung des Sachverständigen zu hören und diese Erklärung, sowie sein eigenes motivirtes Gutachten über alle noch stehen gebliebenen Einwendungen gegen den Plan mit einem übersichtlichen Sach- und Streit- stande den Parteien vorzulegen und mit ihrer Schlussauslassung die Akten zum Spruch einzureichen. h . ; Die entscheidende Generalkommission spricht zunächst aus, ob Veranlassung ist, dem Anliegen auf Anhörung weiterer Sachverständiger oder auf Zuziehung von Schieds- richtern über dazu geeignete Fragen stattzugeben, oder anderweit die Instruktion noch zu vervollständigen, vielleicht auch den Plan den Einwendungen gemäss zu verändern. Scheint ein solehes Verfahren unnöthig, oder ist es nachgeholt und dadurch die Eini- sung der Parteien noch nicht erzielt, so wird über den Plan durch Erkenntniss ent- schieden. : 5. Ausführung. “ Wenn, wie die Verordnung vöm 22. November 1844 im $ 6 ausspricht, aus den Umständen erhellt, dass aus einem längeren Aufschube der Ausführung des Plans für die Partei, welche solche verlangt, ein erheblicher oder überwiegender Nachtheil erwachsen würde, und zugleich, dass der Gegenpartei für den ihr aus der frühen Ausführung entstehenden Nachtheil Entschädigung gewährt werden kann, darf in dem Erkenntnisse der Generalkommission zugleich festgesetzt werden, dass unverzüglich und ehe die Entscheidung zweiter Instanz erfolgt, der Plan der Entscheidung gemäss zur Ausführung zu bringen. Es hat dann aber die Auseinandersetzungsbehörde ein Gutachten zu den Akten abzugeben, ob und inwieweit eine Abänderung des durch die Ausführung begründeten Zustandes später ohne überwiegende Nachtheile noch zulässig bleibt, damit die in zweiter Instanz abändernde Behörde die Mittel der Abänderung dem entsprechend bestimme. Die zweite Instanz kann, ehe sie den Plan feststellt, neue Sachverständige oder Schiedsrichter vernehmen lassen. j Ist auf diesem Wege in erster oder zweiter Instanz die Ausführung bestimmt, so erfolet dieselbe durch ausdrückliche Ueberweisung der Landpläne an die neuen Besitzer, unter erneuter Aufmessung und Grenzversteinung. Geldforderungen, die bei Reallastenablösungen die Regel, seltener bei Gemeinheits- theilungen sind, werden im Mangel anderer Bestimmung durch die Ausführung fällig und können auf Exekutionsanträge durch die Generalkommission beigetrieben werden. Nach der Ausführung wird der Rezess errichtet. Er enthält die kurze Angabe der aufgehobenen Rechte und Verhältnisse, eine genaue Nachweisung der neuen 408 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Berechtigungen und Besitzstände, welche die Betheiligten als Abfindung erhalten, die Zeit, zu welcher die Ausführung stattgefunden, die genaue Angabe, ob ein Interessent irgend eine Einschränkung seines Eigenthums weiter als diejenigen, welche durch allge- meine Gesetze bestimmt sind, noch ferner zu dulden habe, ferner die Anträge für ent- sprechende Berichtigung des Hypothekenbuches und für die etwa noch vorbehaltenen Aus- führungsgegenstände, Rückstandsregulirungen u. dgl., und endlich eine Klausel, nach welcher die Parteien darüber belehrt werden, dass die zur Sache gezogenen Interessenten nicht nur mit keinen Einwendungen wegen der im Rezesse bestimmten Gegenstände, sondern auch mit keinen Nachforderungen auf Rechte, welche ihnen hinsichtlich dieser Reguli- rung zuständig gewesen wären und dabei übergangen seien, weiter gehört werden könnten. . Weigert einer der Betheiligten die Unterzeichnung des Rezesses, ohne Abwei- chungen gegen den Plan zu erweisen, so wird seine Unterschrift im Wege des Erkennt- nisses richterlich ergänzt. Vorbehaltene Ausführungsgegenstände, wie Meliorationen, Abbauten, nachträgliche Zahlungen,, werden durch Nachtragsrezesse geordnet. Auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt aber findet ı) wegen der nach der Aus- einandersetzung von den Nachbarn einander zu gestattenden Wege und Triften; 2) wegen der Gräben zur Ent- und Bewässerung der Grundstücke; 3) wegen Benutzung der Gewässer zu Viehtränken; 4) wegen der Lehm-, Sand- und Mergelgruben; 5) wegen der Einhegungen; 6) wegen Vergütung des Düngungszustandes; 7) wegen des Kosten- punktes, wenn über diese Fragen im Auseinandersetzungsrezess nichts bestimmt worden, innerhalb Jahresfrist nach der Ausführung noch eine Nachverhandlung mit eben der Wirkung statt, als ob sich die Sache noch in derselben Lage befände, worin sie zur Zeit der Auseinandersetzung war. Auch hat die Generalkommission jederzeit noch die über Zahlung und Aushän- digung von Abfindungskapitalien etwa entstehenden Streitigkeiten zu entscheiden und für die gehörige Eintragung der Rezesse Sorge zu tragen. Mit diesen Ausnahmen aber tritt nach der Ausführung und Rezessbestätigung das Ressort der ordentlichen Gerichte und Verwaltungsbehörden wieder ein. 6. Kosten. Die Kosten der Auseinandersetzungen sollen im allgemeinen von den Parteien getragen werden, der Staat bezahlt nur die Beamten der Generalkommissionen und des Revisionskollesiums, also die leitenden Organe, und gewährt im übrigen Stempelfreiheit und Gebührenfreiheit vor der Hypothekenbehörde. Alle Kosten der Weiterungen, welche von Seiten einer Partei erhoben worden, sind dem unterliegenden Theile vorweg nach den allgemeinen Grundsätzen über die Prozesskosten zur Last zu legen. In Gemeinheitstheilungen werden die Kosten der Vermessung und Bonitirung, sowie die übrigen Auseinandersetzungskosten von allen Theilnehmern nach Verhältniss des Vortheils getragen, welcher ihnen aus der Auseinandersetzung erwächst. Ist dieser Vortheil nicht zu ermitteln, so soll statt seiner der Werth der Theilnehmungsrechte zu Grunde gelegt werden. Bei einseitigen Forstservituten aber werden die Kosten der Vermessung und XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 409 Bonitirung des belasteten Waldes, sofern sie unvermeidlich, von allen Theilnehmern nach Verhältniss der Theilnahmerechte, die übrigen Kosten nach dem Vortheil getragen, dessen Verhältniss die Auseinandersetzungsbehörde zu ermessen hat. In Reallastenablösungen werden die eigentlichen Auseinandersetzungskosten zur einen Hälfte von den Berechtigten, zur anderen von den Verpflichteten getragen, von beiden unter sich nach Verhältniss des Werthes der abgelösten Leistungen und Gegenleistungen. Nur die vom Staate bezahlten Beamten an den ’Kollesien erhalten feste Gehalte. Alle übrigen betheilisten Kräfte, auch die Spezialkommissarien, welche für die Bezah- lung ihrer Protokollführer und Büreaubeamten selbst zu sorgen haben, haben nur für das einzelne Geschäft Diäten, Auslagen und Reisekosten zu liquidiren. Die Spezial- kommissare führen ebenso wie die Feldmesser ein Journal, aus welchem die für jedes Geschäft verwendete Zeit ersehen und durch Vergleich mit den Akten geprüft werden kann. Die Parteien haben ein Recht, diese Liquidate im einzelnen anzufechten. B. Gemeinheitstheilungen und Zusammenlegungen. Als Sitz der materiellen Bestimmungen folgte dem Organisationsgesetz theils nach den von Thaer früher bearbeiteten Entwürfen, theils nach Vorschlägen, die sich auf die prak- tische Erfahrung der seit 1816 bestehenden Behörden und die Prüfung sachkundiger Männer aus jeder Provinz stützten die Gemeinheitstheilungsordnung vom 7. Juni 1821 (G.-S. S. 53). Dieser Erlass theilt sich in einen ersten Abschnitt von der Aufhebung und einen zweiten von der Einschränkung der Gemeinheiten, hält also den Gesichtspunkt des Landeskulturedikts über die allmähliche Umgestaltung dieser Verhältnisse fest. Der I. Abschnitt enthält: ı. nähere Bestimmungen des Begriffs, 2. vom Provoka- tionsrecht, 3. verschiedene Arten der Auseinandersetzung, 4. Begründung des Antrags, 5. Beschränkung des Provokationsrechts, 6. von Theilnehmungsrechten, und zwar bei Gemeinweiden und bei Plaggen-, Heide- und Bültenhieb, 7. Theilungsgrundsätze, 8. Forst- theilungen, 9. Wirkungen der Auseinandersetzung, ıo. von Einführung neuer Gemeinheiten. Der II. Abschnitt theilt sich nur in 2 Titel: ı. Einführung einer den Rechten angemessenen und zweckmässigen Benutzung, und 2. Ausweisung des hutfreien Drittels. Ergänzungen bilden die Verordnung vom 28. Juli 1838 (G.-S. $. 429) über die Beschränkung des Provokationsrechtes, das Gesetz vom 31. März 1841 (G.-S. S. 75) wegen Deklaration und näherer Bestimmung des $ 164, und die Deklaration vom 26. Juli 1847 (G.-S. $. 327) zu einigen Vorschriften des Allgemeinen Landrechts und der Ge- meinheitstheilungsordnung, betreffend das nutzbare Gemeindevermögen; endlich das um- fassendere Gesetz vom 2. März 1850 (G.-S. S. 139), betreffend die Ergänzung und Ab- änderung der Gemeinheitstheilungsordnung und einiger anderen Gesetze. Die wesentlichsten Gesichtspunkte dieser Gemeinheitstheilungsgesetze sind folgende: 1. Begriff der Gemeinheitstheilung. Oberster Grundsatz ist, dass diese Gesetzgebung nicht auf Theilung des gemein- schaftlichen Eigenthums als solchen, sondern nur der Gemeinheiten, d. h. der in be- stimmter Art bisher gemeinschaftlich benutzten ländlichen 6rundstücke gerichtet ist. Diese Nutzungsgemeinschaft wird zunächst als auf den ablösbaren einseitigen oder 440 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. wechselseitigen Grundgerechtigkeiten beruhend gedacht. Alle nach der Gemeinheits- theilungsordnung vom 7. Juni 1821 ablösbar erklärten Gerechtsame unterwerfen aber auch dann, wenn sie auf gemeinschaftlichem Eigenthume oder Gesammteigenthume beruhen, die betreffenden Grundstücke der Gemeinheitstheilung, dagegen ist dies bei den durch das Gesetz vom 2. März 1850 als ablösbar erklärten Berechtigungen nicht der Fall, ausser bei der Torfnutzung. Nur innerhalb einer solchen Gemeinheit kann ohne Einwilligung des Eigenthümers ein Grundstück verlegt werden, mit seiner Einwilligung kann jedes zweckmässig verwendbare in eine schwebende Gemeinheitstheilung eingeworfen werden. Alle in dieser Weise zum Verfahren gezogenen Grundstücke werden als eine Masse betrachtet, deren Theilung auf die für die Kultur möglichst förderliche Art und Weise vorzunehmen ist, und über welehe desshalb in diesem Sinne die Auseinander- setzungsbehörde nach bestem Ermessen frei bestimmt, vorausgesetzt, dass jeder Betheiligte den seinen Anrechten verhätnissmässigen Antheil an dem gemeinschaftlichen Werthe erhält. Nur auf diesem Gesichtspunkte beruht der Rechtskreis der Um- und Zusammenlegung. Der $ 3 der Gemeinheitstheilungsordnung vom 7. Juni 1821 sagt desshalb aus- drücklich: Die blos vermengte Lage der Aeker, Wiesen und sonstigen Ländereien ohne gemeinschaftliche Benutzung begründet keine Auseinandersetzung nach dieser Ordnung, Auch spricht der $ 165 ebd. aus, dass gemeinschaftliches Eigenthum, welches nach Ver- kündigung dieser Ordnung entsteht, [und mit anderen besonderen Besitzthümern als Zubehör in Verbindung gesetzt worden, dieses Zusammenhanges ungeachtet] nur nach den allgemeinen Grundsätzen von der Theilung des gemeinschaftlichen Eigenthums auf- gelöst werden kann“.) Dagegen bleiben auch neubegründete Grundgerechtigkeiten der Ablösbarkeit nach der Gemeinheitstheilungsordnung unterworfen, sie sollen jedoch durch Verjährung nicht mehr erworben werden können**), sondern eines schriftlichen Vertrages bedürfen, und unterliegen der Beschränkung, dass, falls ein solcher Vertrag die Gemeinheits- *) D. h. nach Tit. 17 Th. I. Allg. Landrecht $$ 55 fl., 117 ff. und 304 ff. — Die hier eingeklammerten Worte sind ein Rest der ursprünglichen Idee, dass die Gemeinheitstheilungs- ordnung nur für geschlossene Güter gelten solle, und haben keine praktische Bedeutung. Entscheid. des Kgl. Revisionskollegiums in der Zeitschr. für d. Landeskulturgesetzgeb. Bd. 15. S. 127. — J. Greiff, Landeskulturgesetze, Berlin 1866, S. 283. — Die einschlagenden Bestim- mungen des französischen Rechts beschränken sich auf Art. 1872 und 824 ff. des Code civil. *) Ueber den vorzugsweise häufig in Frage kommenden Erwerb der Grundgerechtig- keiten durch Verjährung hat Art. 12 des Ergänzungsgesetzes vom 2. März 1850 bestimmt, dass in Ansehung der nach diesem Gesetze ablösbaren Gemeinheiten der Lauf der Verjäh- rung mit dem Tage der Gesetzeskraft desselben unterbrochen wird. Für die nach der Gemein- heitstheilungsordnung vom 7. Juni 1821 ablösbaren Grundgerechtigkeiten setzte wegen ent- standener Zweifel das oben gedachte Gesetz vom 31. März 1841 fest: dass jeder erst nach Publikation dieser Gemeinheitstheilungsordnung angefangene Besitz in Beziehung auf die Verjährung ohne rechtliche Wirkung, auch ein bereits früher angefangener, aber noch nicht bis zur Vollendung der Verjährung fortgesetzter Besitz mit jenem Zeitpunkte für unter- brochen und wirkungslos zu erachten; dass aber gleichwohl, wenn in letzterem Falle der Besitz so lange ununterbrochen fortgedauert hat, dass die gesetzliche Verjährungsfrist, von dem erweislichen Anfange des Besitzes an gerechnet, vor Publikation des Gesetzes vom 31. März 1841 abgelaufen, bis zum Gegenbeweise die Vermuthung eintreten soll, dass die Verjährung schon bei Publikation der Gemeinheitstheilungsordnung vollendet gewesen sei. XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 411 theilung ausschliessen sollte, diese Bestimmung in Rücksicht der Aecker und der damit in Verbindung stehenden Nutzungen nur auf so lange Zeit verbindlich ist, als nach der bestehenden Fruchtfolge und Schlageintheilung der gemeinschaftlich benutzten Grund- stücke zur zweimaligen Abnutzung aller Schläge erforderlich ist; in Rücksicht anderer Gegenstände aber dauert ihre Verbindlichkeit nur 10 Jahre. Nach Ablauf dieser Fristen tritt die Befugniss zum Ablösungsantrage ein. Die nach der Gemeinheitstheilungsordnung vom 7. Juni 1821 ablösbaren Grund- gerechtigkeiten sind: a) Weideberechtigungen auf Aeckern, Wiesen, Angern, Forsten und sonstigen Weide- plätzen; . b) Forstberechtigungen zur Mast, zum Mitgenusse des Holzes und zum Streuholen; ce) Berechtigungen zum Plaggen-, Heide- und Bültenhieb. Das Ergänzungsgesetz vom 2. März 1850 fügte folgende Berechtigungen hinzu: d) zur Gräserei und zur Nutzung von’Schilf, Binsen oder Rohr auf Ländereien und auf Privatgewässern aller Art; e) zum Pflücken des Grases und des Unkrautes in den bestellten Feldern (zum Krauten); ; f) zum Nachrechen auf abgeernteten Feldern sowie zum Stoppelharken; g) zur Nutzung fremder Aecker gegen Hergebung des Düngers; h) zum Fruchtgewinne von einzelnen Stücken fremder Aecker (zu Deputatbeeten); i) zum Harzscharren; k) zur Fischerei in stehenden oder Privatgewässern; l). zur Torfnutzung. 2. Provokation. Auf Gemeinheitstheilung anzutragen ist jeder Betheiligte befugt und diese Be- fugniss kann weder durch Willenserklärung, noch Verträge, noch Verjährung erlöschen. Ebensowenig kann sie durch frühere Judikate gehindert werden. Indess findet die Gemeinheitstheilung nur insofern statt, als dadurch die Landeskultur im Ganzen be- fördert und verbessert wird. Es wird aber bei jeder solcher Theilung die Nützlichkeit vermuthet. Der Gegenbeweis ist jedoch zulässig, wenn behauptet wird, dass einer bisher gemeinschaftlichen Gefahr der Versandung, oder der Beschädigung der Substanz durch Naturkräfte nach der Theilung einzelne Theilnehmer allein ausgesetzt werden. Die Tkeilung wird nur auf diejenigen Gemeinheiten ausgedehnt, für welche Theilunssanträge gestellt werden. Alle sonstigen &emeinheiten bleiben ohne Provokation bestehen, sofern sie nicht dem Zwecke der Auseinandersetzung hinderlich sind ($ 141). Auch können die zur Theilung gestellten theilweise aufrecht erhalten werden. Ebenso können mehrere Antragende, die unter sich in Gemeinschaft bleiben wollen, die Aus- einandersetzung mit den übrigen verlangen. Mitglieder von Stadt- oder Landgemeinden können indess nach der gedachten Deklaration vom 26. Juli 1847 (G.-S. S. 327) die Theilung gemeinschaftlicher Besitz- stücke nur soweit beantragen, als anerkannt oder bewiesen ist, dass dieselben nicht Vermögen der Stadt- oder Landgemeinde oder solche Theile dieses Kämmereivermögens sind, deren Nutzungen den einzelnen Gemeindemitgliedern oder Einwohnern vermöge dieser ihrer Eigenschaft zukommen, also nieht Gemeindegliedervermögen oder Bürger- vermögen, sondern nur Privatvermögen der Einzelnen sind. 42 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Die Provokation auf Ablösung begreift dem Wesen des Gesetzes nach das Einverständniss mit der wirthschaftlichen Um- und Zusammenlegung aller betheiligten Grundstücke in sich und führt auch für die übrigen Betheiligten die Unterwerfung unter dieselbe herbei. ! Die Verordnung vom 28. Juli 1838 (G.-S. S. 429) hat die darin gefundene Härte dadurch zu mildern gesucht, dass sie die Provokation auf Gemeinheitstheilung, sofern diese Theilung nicht anders als mit Umtausch der zur Ortsfeldmark gehörigen Acker- ländereien ausgeführt werden kann, in dem Falle für unzulässig erklärt, wenn nicht entweder die Besitzer des der Fläche nach mindestens vierten Theiles der durch den Umtausch betroffenen Ackerländereien mit der nachgesuchten Separation einverstanden sind, oder es zur Ausführung einer gutsherrlich-bäuerlichen Regulirung, einer Dienst-, Zehnt- oder Rentenablösung ohnehin- eines Umtausches von Ackerländereien bedarf, oder auf Separation einer solchen Gemeinheit angetragen wird, bei weleher mehrere Gemeinden betheiligt sind, oder endlich der Antrag von einem Berechtigten ausgeht, welcher nicht zur Gemeinde und deren auswärts wohnenden Mitgliedern (Forensen) gehört. Zugleich wurde bestimmt, dass, wenn nach Verkündigung dieser Verordnung eine mit Ackerumtausch verbundene Separation ausgeführt wird, innerhalb der nächstfolgen- den 12 Jahre von denjenigen Interessenten, welche davon zu ihrer Auseinandersetzung keinen Gebrauch gemacht, vielmehr die Gemeinschaft unter sich fortgesetzt haben, auf eine Separation, welche einen neuen Ackerumtausch nothwendig machen würde, nur dann angetragen werden darf, wenn die Mehrzahl der Interessenten damit einver- standen ist. Die Zurücknahme einer Provokation auf Gemeinheitstheilung ist gegen Uebernahme sämmtlicher Kosten des Verfahrens — auch dann, wenn dadurch der Provokat die ihm als solehem zustehenden Vortheile verliert — so lange zulässig, als nicht Entschei- dungen ergangen oder Vergleiche abgeschlossen sind, welche die Modalitäten der Aus- einandersetzung und Entschädigung bedingen. 3. Bestimmungen über die Theilungsrechte, Die Anrechte der einzelnen Betheiligten an den im Miteigenthum stehenden Grundstücken oder an den Nutzungen der Grundgerechtigkeiten sind zunächst nach rechtsbeständigen Willenserklärungen, Erkenntnissen und statutarischen oder allgemein gesetzlichen Rechten zu beurtheilen, Namentlich für die Grundgerechtigkeiten aber hat sich das Bedürfniss einiger subsidiären Bestimmungen ergeben: a. Bei Gemeindeweiden ist im Mangel anderer Anhaltspunkte das Mass der Theil- nahme in der Regel nach dem Besitzstande in den letzten der Einleitung der Thei- lung vorhergegangenen ro Jahren, besondere Unglücksjahre abgerechnet, festzustellen. Kann dieser Massstab nicht ermittelt oder wegen der Berechtigung solcher, die ihr Recht nicht ausgeübt haben, nicht benutzt werden, so ist festzustellen, wie viel Stück Weidevieh die zur Hutung berechtisten Besitzungen auf ihren zugehörigen Grund- stücken wirthschaftlich zu durchwintern vermögen, und das Vieh der mit Häusern ohne Aecker Angesessenen ist dabei, soweit es nicht anderweit ermittelt werden kann, zu 1Y» Kuhweiden, als das dringendste Bedürfniss befriedigend, anzuschlagen. Von dem so gewonnenen Verhältnisse sind jedem Wirthe die oben schon erwähnten Nebenweiden zurückzurechnen, die er wirthschaftlich auf seinen eigenen oder fremden Grundstücken XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 43 zu nutzen vermag. Die für jeden Betheiligten übrigbleibende Viehzahl bildet den verhältnissmässigen Antheil, welchen sich jeder soweit verhältnissmässig kürzen lassen muss, als die belastete Hutung das Bedürfniss nicht befriedigen kann oder nur zur Gewähr der Weide an eine bestimmte Viehzahl verpflichtet ist. b. Bei Plaggen-, Heide- und Bültenhieb wird, in ähnlicher Weise das Bedürfniss jedes Berechtigten an Düngung oder, wo das Recht die Feuerung bezweckt, an Feuerungs- mitteln nach Abzug der eigenen Düngungs- oder Feuerungsmittel der Verhältnisszahl zu Grunde gelegt. ec. Bei Forstservituten sind unbestimmte Holzungsberechtigungen zum Verkauf nach dem in den letzten ro Jahren wirklich verkauften Betrage, unbestimmte Holzungs- berechtigungen, die sich auf das Bedürfniss erstrecken, sachverständig zu ermitteln. Verschuldete Unzulänglichkeit des Forstes muss entschädigt, unverschuldete durch verhältnissmässige Kürzung der Antheile der Berechtigten berücksichtigt werden. Bei der Mastungsgerechtigkeit ist die Frage, wie oft volle oder Sprangmast eintrete, nach dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre, und die Frage, wie viel Vieh gefeistet werden könne, nach der Durchschnittszahl des in den letzten drei bezüglichen Fällen wirklich eingetriebenen Viehes zu bestimmen x Waldweide kann nie höher als nach dem vorhandenen Bestande geschätzt werden, wo aber der Forst schlechter bestanden, ist mittelmässiger Bestand vorauszusetzen. Davon kommen die nöthigen Schonungen in Abzug. Dasselbe gilt bei Gräserei im Forst. Für Berechtigung an Streu darf der Werth nie höher berechnet werden, als die Berechtigung bei Beobachtung der Forstpolizeigesetze hätte benutzt werden können. Bei Streu- und Brennholzberechtigungen, welche auf das Bedürfniss des Be- rechtigten beschränkt sind, kommen die eignen Düngungs- und Feuerungsmittel mit Ausnahme der zur Zeit noch nicht aufgedeckten Torflager in Anrechnung. d. Dasselbe ist der Fall bei Berechtigungen zur Nutzung von Schilf, Binsen, Rohr, zum Stoppelharken, sowie zur Torfnutzung. e. Bei einer Mehreren gemeinschaftlich zustehenden Berechtigung zur Gräserei oder zum Krauten oder zum Nachrechen auf abgeernteten Feldern ist, wenn nichts anderes feststeht, das Mass der Theilnahme für alle Berechtigte als gleich zu behandeln. In Ortschaften aber, wo der Futterbedarf der berechtigten Stellen überwiegend durch Grasschnitt beschafft wird, bleibt den Besitzern der einzelnen Stellen gestattet, zu beweisen, dass sie in den letzten ro Jahren den Grasschnitt in einem grösseren, dem Viehstande oder der Fläche ihrer Stellen entsprechenden Masse benutzt haben; die Theilung ist dann nach diesem Nutzungsverhältnisse vorzunehmen. f. Soweit die Entschädigungen für Aufhebung von Fischereiberechtigungen nicht durch das Vorfluthsgesetz vom ı5. November ıgır (G.-S. S. 352), das Gesetz über die Benutzung der Privatflüsse vom 28. Februar 1843 (G.-S. S. ar) oder die Fischerei- ordnung für die Provinz Posen vom 7. März 1845 (G.-S. S. 107) bestimmt sind, ist der jährliche Reinertrag der Fischereiberechtisung durch das Gutachten Sachverständiger festzustellen, welche ‘dabei den von dem Berechtigten in den letzten ro Jahren durch- schnittlich aus der Fischerei gezogenen Nutzen zu berücksichtigen haben. Dieser Rein- ertrag ist in Rente oder Kapital abzulösen und der Belastete, wenn’ er provozirt hat, verbunden, die noch brauchbaren Fischereigeräthe gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. 414 XII Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. = ® .. 4. Theilungsgrundsätze. Die Sehätzung der Werthe geschieht nach dem Nutzen oder Ertrage, welchen die Sache jedem Besitzer bei landesüblicher, örtlich anwendbarer Nutzungsart gewähren kann. Bei Ablösung der auf dem Forst haftenden Grundgerechtigkeiten hat, im Fall der Berechtigte auf die Ablösung provozirt, der Verpflichtete die Wahl, ob er den Be- rechtigten nach dem Nutzungsertrage der Dienstbarkeit oder nach dem Vortheile, wel- cher dem Belasteten aus deren Aufhebung erwächst, entschädigen will (Gesetz vom 2. März 1850, Art. 9).*) * Bei der Theilung soll jeder Berechtigte als Entschädigung für seine in die Masse eingeworfenen Grundstücke und Berechtigungen, eine angemessene Abfindung zur freien ausschliesslichen Verfügung erhalten. Eine Abfindung indess, welche eine Veränderung der ganzen bisherigen Art des Wirthschaftsbetriebes des Hauptgutes nöthig macht, kann keinem Theilnehmer aufgedrungen werden. Der Regel nach muss jeder Theilnehmer durch Land abgefunden werden. Er muss innerhalb. vorgedachter Bedingung für einen Ausfall in der Güte einen Zusatz in der Fläche annehmen, auch eine Ausfäuschung von Grundstücken der änen gegen Grund- stücke der anderen Gattung sich gefallen lassen. Auch Grundstücke, welche keiner Gemeinheit unterliegen, müssen, wenn der Eigen- thümer sie anbietet und dieselben in den Auseinandersetzungsplan passen, zum Umtausch angenommen werden. Kann nicht allen Theilnehmern eine wirthschaftliche Lage ihrer Ländereien ver- schafft werden, so soll durch Abbau Abhülfe versucht werden. Es müssen diejenigen, welche nach dem Ermessen der Auseinandersetzungsbehörde dazu geeignet sind, jedoch nach der ihnen hierbei freistehenden eigenen Wahl, entweder die ihnen ohne Abbau *) Diese Wahl stand bis 1850 jedem Dienstbarkeitsverpflichteten zu, im Falle der Dienst- barkeitsberechtigte auf Ablösung angetragen hatte, überdies. musste sich nach $ 86 u. ıı4 der Gemeinheitstheilungsordnung vom 7. Juni 1821 der Dienstbarkeitsbereehtigte, falls er provozirte, und bei Forstservituten in jedem Falle jede dem Belasteten beliebige Entschädigungsart, sie sei Land, Rente oder Kapital, gefallen lassen. Diese Bestimmung hat namentlich die Ablösung der Forstservituten in den Staatsforsten und den grossen geschlossenen Revieren wesentlich beschränkt, weil durch sie die Berechtigten ebenso, wie die Verpflichteten von Provokationen, ihrer nachtheiligen Folge wegen, zurück- gehalten wurden. . Die gleiche Wirkung auf Seiten der Forstbesitzer hatte die Bestimmung des $ 138 dieser Gemeinheitstheilungsordnung, nach welcher den Weideberechtigten das Entschädigungsland in der Art angerechnet wurde, wie letzteres nach geschehener Abholzung bei dem Dasein der Stubben, oder nach vom Waldeigenthümer ausgeführter Rodung und Ebenung, zur Weide ge- schiekt ist. Dadurch standen für den Forstbesitzer häufig sehr ungünstige Landabfindungen in Aussicht. Beide Bestimmungen sind desshalb im Gesetz vom 2. März 1850 in der oben angegebenen Weise abgeändert. Das Abfindungsland wird dem Berechtigten nachdem Werthe als Acker oder Wiese angerechnet, und für Streu- und Holzberechtigungen ist dem Belasteten gestattet, eine Abfindung in Holzboden mit Anrechnung des Werthes der darauf befindlichen Holz- bestände zu geben (Art. 10). Seitdem haben die Forstservitutenablösungen lebhaften Aufschwung genommen (0. v. Hagen, forstliche Verhältnisse Preussens, Berlin 1867, S. 102 ft.). » XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 415 anzuweisenden Ländereien der minder vortheilhaften Lage derselben ungeachtet annehmen, oder gegen Entschädigung einem Abbau sich unterziehen, wenn der vierte Theil der hierbei interessirten Theilnehmer (nach den Antheilen berechnet) ihn verlangt. Die Kosten des Abbaus oder der Entschädigung tragen alle Interessenten nach Verhältniss ihres Vortheils. Die Naturaltheilung eines Waldes ist ohne Einigung nur zulässig, wenn die ein- zelnen Antheile entweder zu forstmässiger Benutzung geeignet bleiben oder in anderer Kulturart mit grösserem Vortheile, als bei Holzzucht, benutzt werden können. Eine Entschädigung in Rente oder entsprechendem Kapital muss angenommen wer- den, wenn a) einem Dienstbarkeitsberechtigten eine Entschädigung in Land nicht so’ gegeben werden kann, dass er es zu dem abgeschätzten Werthe zu nutzen vermag, und b) er dadureh in den Stand gesetzt wird, sich die Nutzung, die dadurch abgelöst wird, zu verschaffen. Für die Berechtigung zur Mast, zum Harzscharren und für Fischereiberechtigungen kann nur Rentenabfindung gefordert werden. Solche Renten sind ablöslich und geniessen auf dem Gute des Verpflichteten vor allen hypothekarischen Forderungen dasselbe Vor- zugsrecht, welches dem abgelösten Rechte zustand. Sie waren früher zwar in Geld, aber steigend und fallend nach den Roggenpreisen festzustellen und zum 25 fachen Be- trage der letzten Zahlung ablösbar; das Ergänzungsgesetz vom 2. März 1850 aber hat spätere Vereinigungen über eine andere als eine feste Geldrepte ausgeschlossen und dieselbe im Mangel anderer Einigung zum 2ofachen Betrage ablösbar gemacht. Auch Naturalabgaben und Arbeitsleistungen zur Aushülfe bei der Wirthschafts- umänderung können bis zu einer Frist von höchstens 12 Jahren vorbehalten werden. Bei Grundstücken, welche in Natur nicht getheilt werden können, welche durch die Theilung an ihrem Werthe verlieren würden, oder welche in einer Hand vortheil- hafter als bei der Vertheilung benutzbar bleiben, findet im Mangel der Einigung nur der öffentliche gerichtliche Verkauf statt. Bei der ersten auf einer Dorffeldmark eintretenden Gemeinheitstheilung soll zur Dotirung der Schullehrerstelle, wenn dieselbe nicht grössere Theilnahmerechte hat, so viel Gartenland, als einschliesslich des bisher besessenen zur Haushaltung einer Familie von Mann, Frau und 3 Kindern und zur Sommerstallfütterung und Durchwinterung von 2 Haupt Rindvieh erforderlich ist, in zweckmässiger Lage angewiesen werden. Innerhalb der gesetzlichen Erfordernisse bleibt die Bestimmung der Entschädigung und der Grundstücke, welche jeder Theilnehmer durch die Auseinandersetzung erhalten soll, durchaus Sache der Auseinandersetzungsbehörde, 5. Wirkung der Auseinandersetzung. Die Entschädigung, die jeder T'heilhaber durch die Auseinandersetzung erhält, tritt durchweg an die Stelle der dafür abgetretenen Grundstücke und dadurch abge- lösten Berechtigungen und erhält daher in Ansehung ihrer Befugnisse, Lasten und son- stigen Rechtsverhältnisse die Eigenschaften derjenigen Besitzstücke, für welche sie ge- geben worden. Die Land- oder Rentenabfindung ist das Surrogat der früheren Rechte. Auch in Rücksicht der Lehns- und Fideikommissverbindungen und hypothekarischen Schulden tritt der neue Besitzstand für den abgetretenen ein. Kapitalabfindungen, welche für Pertinenzstücke gegeben werden, stehen nach 46 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. $ ıro des Reallastenablösungs- und Art. 15 des Ergänzungsgesetzes vom 2. März 1850, sofern sie nicht über 20 Thlr. betragen, dem Berechtigten zur Verfügung. Auf höhere Abfindungen aber finden die Vorschriften des Allg. Landrechts Th. I. Tit. zo, $$ 460 bis 465 Anwendung, wonach die bevorstehende Zahlung von der betreffenden Behörde den Hypothekengläubigern zur Wahrnehmung ihrer Rechte bekannt zu machen ist, und diesen freisteht, zu verlangen, dass der Schuldner das Kapital entweder zur Wieder- herstellung der durch die Abtretung geschmälerten Sicherheit ihrer Forderungen (also zum Zukauf anderer Grundstücke, zu entsprechend nutzbaren, dauernden Meliorationen u. dgl.) oder zur Abstossung der zuerst eingetragenen Hypothekenschulden, soweit die Abfindungsgelder dazu hinreichen, verwende, widrigenfalls letztere im Interesse der Hypothekengläubiger gerichtlich deponirt bleiben. Machen die Gläubiger indess auf ergangene, gehörig behändigte Bekanntmachung von ihrem Rechte binnen 6 Wochen keinen Gebrauch, so erlischt ihr Hypothekenrecht an dem Abfindungskapital. Die öffentlichen Lasten gehen bei Landabfindung ebenfalls auf das neue Grundstück über, bei Kapitalabfindung aber verbleiben sie dem abgetretenen, und ist desshalb bei der Normirung der Abfindung, soweit erforderlich, darauf Rücksicht zu nehmen. Jedes Gemeinheitstheilungsverfahren ist mit der Aufforderung, dass sich unbe- kannte Theilhaber melden sollen, öffentlich bekannt zu machen. Unbekannt gebliebene, zur Mitbenutzung Berechtigte, die sich nicht gemeldet haben, können die Auseinander- setzung selbst im Falle einer Verletzung nicht anfechten., — Die im I. Hauptabschnitt der Gemeinheitstheilungsordnung enthaltenen Bestimmungen wegen Einschränkung der Gemeinheiten können hier übergangen werden. Sie sind im allgemeinen im Sinne des Landeskulturedikts (s. 0. $.339) gegeben, kommen aber praktisch fast gar nicht in Anwendung, weil die vollständige Ablösung vorgezogen wird. — Die gesammte, bisher erwähnte Gemeinheitstheilungsgesetzgebung hat nur auf den allerdings weit überwiegenden Gebieten des Staates Geltung, für welche das Allg. Land- recht in Kraft steht, also in den östlichen Provinzen mit Ausschluss Neuyorpommerhs, in den westlichen Provinzen nur in Westfalen und in den rheinischen Kreisen Rees und Duisburg. Für die übrige Rheinprovinz verhinderte theils die Geltung des französischen Rechtes, theils die dort immer erneut hervorgetretene Abneigung gegen gesetzliche Be- fugnisse zur Um- und Zusammenlegung der Grundstücke, die Einführung der Gemein- heitstheilungsgesetzgebung. In Neuvorpommern war die Umlegung vermischter Grundstücke nach einer Ver- ordnung vom 18. November 1775 zulässig. Nachdem durch das Ergänzungsgesetz vom 2. März 1850 die Ablösbarkeit der Grundgerechtigkeiten eine erhebliche Ausdehnung erfahren, wurden in der Gemeinheits- theilungsordnung vom 19. Mai 1851 für die Rheinprovinz mit Ausnahme der Kreise Rees und Duisburg und für Neuvorpommern (G.-S. S. 371) die bezüglichen Bestimmungen mit Ausschluss derjenigen über die Umlegung zusammengestellt, und für diese Landestheile eingeführt. In Neuvorpommern blieb die Verordnung vom 18. November 1775 in Kraft. Für die Rheinprovinz ergingen als weitere Ergänzung die Gesetze vom-1g. Mai 1851 (G.-8. 8. 383), betreffend das Verfahren in den nach der Gemeinheitstheilungsordnung XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 47 von dems. Tage zu behandelnden Theilungen und Ablösungen, und vom 21. April 1852 (G.-8. S. 118), betreffend die Kosten des gerichtlichen Verfahrens in diesen Geschäften, Im wesentlichen ist diese Gesetzgebung aus den angegebenen Gründen nur auf die Aufhebung der Grundgerechtigkeiten gerichtet. Kein Besitzer kann genöthigt werden, sich einer Umlegung seiner Grundstücke, welche er nicht zur Abfindung aufzuhebender Berechtigungen abtreten muss, behufs Erlangung einer wirthschaftlichen Lage zu unter- werfen, dagegen steht ohne Beweis erheblichen Nachtheils Niemandem ein Widerspruch gegen Verlegung von Wegen, Gräben, Flüssen oder Brücken zu. Bei der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke ist die Anwendbarkeit dieser Gemeinheitstheilungsordnung nur begründet, wenn dieselben von mehreren Mitgliedern ungetheilt besessen, und durch gemeinsame Ausübung von Weide, Waldmast, Holz- oder Streunutzungen, Plaggen-, Heide- oder Bültenhieb, oder Torfnutzungen benutzt werden, namentlich auch Marken, Erbenwaldungen u. dgl. Die Hauberge in den Aem- tern Freusberg und Friedewald, Kreis Altenkirchen, bleiben indess ($ 31) nach der Polizeiordnung vom 21. November 1836 untheilbares Gesammteigenthum ihrer Besitzer. Nach dem Gesetze vom ıg. Mai 1851 über das Verfahren bleibt der Urtheilsspruch über die Theilungen und Ablösungen den ordentlichen Gerichten. An die Stelle des im rheinischen Geriehtsverfahren vorgeschriebenen Sühneversuches vor dem Friedensrichter tritt ein Vorverfahren vor einem Verwaltungskommissar, welches in vielen Fällen ein gerichtliches Verfahren verhüten und jedenfalls demselben als nützliche Vorarbeit dienen kann. Bei dem gerichtlichen Verfahren sind die Vorschriften der rheinischen Prozess- ordnung nur so weit modifizirt, als es die Förderung der Theilungs- und Ablösungs- sachen erheischt, ohne die geltenden Hauptprinzipien aufzugeben. Für Hohenzollern bestehen ältere Gesetze über Aufhebung der Hutungsrechte gegen Kapital zum 2ofachen Betrage: in Sigmaringen bezüglich aller fremden Weide- rechte (Sigmaringensches Gesetz vom r2. Februar 1846, Gesetzsammlung für Sigmaringen S. 263 und Vollzugsordnung vom 12. Februar 1847 ebendaselbst S. 64); in Hechingen bezüglich der auf Privatrechtstitel beruhenden Wiesenweiderechte; alle anderen fallen hier ohne Entschädigung fort (Hechingensches Gesetz vom ı7. Oktober 1843, Gesetz- sammlung für Hechingen $. 294). $ 17 des Gesetzes vom 28. Mai 1860 (G.-S. S. 221) gestattet bei der Ablösung der Reallasten in allen Hohenzollernschen Landen die Zusam- menlegung der in vermengter Lage befindlichen Grundstücke im Wege der Vereinbarung, C. Eigenthumsregulirungen und Reallastenablösungen. Das Edikt vom 9. Oktober 1807 liess bezüglich der Aufhebung der Unterthänigkeit, wie schon erwähnt, nothwendig manche Zweifel, denn es gab im wesentlichen nur die allgemeinsten Grundzüge darüber, was von der bisherigen Agrarverfassung aufgehoben sein, und was fortbestehen sollte. Kein Unterthänigkeitsverhältniss konnte mehr ent- stehen, und das bisherige derjenigen Unterthanen und ihrer Weiber und Kinder, welche ihre Bauerngüter erblich oder eigenthümlich, erbzinsweise oder erbpächtlich besassen, hatte mit der Publikation gänzlich aufgehört. Mit dem Martinitage ı31o aber sollte auch alle sonstige Gutsunterthänigkeit in sämmtlichen preussischen Staaten enden. „Nach diesem Tage sollte es nur freie Leute geben, so wie solches auf den Domainen in allen Boden d. preuss. Staats, 27 418 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Provinzen schon der Fall, bei denen aber, wie sich von selbst versteht, alle Verbind- lichkeiten, die ihnen als freien Leuten vermöge des Besitzes eines Grundstückes oder vermöge eines besonderen Vertrages obliegen, in Kraft bleiben.“ Der letzte Satz wollte alle wahren Reallasten vorbehalten, d. h. alle diejenigen Leistungen, welche an den Besitz des Grundstückes in der Hand jedes Besitzers ge- knüpft waren, und alle vertragsweise übernommenen Lasten, sofern dieselben nicht durch die Unterthänigkeit bedingt waren. Bei der bisher für alle Landestheile bestandenen innigen Verknüpfung aller Verhältnisse der bäuerlichen Güter und aller im bäuerliehen Nexus geltenden Verträge mit der bestehenden Unterthänigkeit hing aber allerdings ein wesentlicher Theil der bisher nutzbaren Rechte der Gutsherren von der Auslegung dieser Bestimmungen ab. Der Befreiung der Personen gegenüber stand das ebenso dringende Bedürfniss, die Schranken in der Erwerbung und in der Veräusserlichkeit der 6rundstücke aufzu- heben. Das Edikt stellte auch darin dem Grundsatze nach volle Freiheit her. Es konnte aber nieht übersehen werden, dass dabei thatsächlich, wenigstens zu- nächst noch, eine wesentliche Beschränkung nothwendiges Erforderniss der Verhältnisse war, Es machte sich jetzt die Rücksicht auf die Erhaltung eines genügend zahlreichen, besitzenden Bauernstandes unter Bedingungen geltend, welche die Schwierigkeit einer Aenderung in den bisherigen Zuständen, vor welcher Friedrich der Grosse zurückge- sehreekt war, in ihrem vollen Umfange klar stellten. Die Gegenwart ist, wie an anderer Stelle zu zeigen sein wird, über die Gefahr, den mittlen Grundbesitz in seinen verschiedenen Abstufungen aus dem sozialen und wirthschaftlichen Leben des Volkes beseitigt zu sehen, glücklich hinausgekommen. Die Bauerngüter und Gärtnerstellen haben einen Preis erreicht, welcher nur bei wirklich bestehendem Bedürfniss das Zusammenlegen derselben zu Grossbesitz gestattet und eben so viel Anreiz enthält, an geeigneter Stelle durch Zerschlagen grösserer Güter zu Bauernstellen Ersatz zu schaffen. Es wird sich ergeben, ‚dass auch die kleine Par- zellartheilung den mittlen Besitz nieht gefährdet, und durch die Freiheit des Verkehrs nach und nach ein richtiges Gleichgewicht der Interessen sich herstellt. Damals aber lag es sehr nahe, dass bei der verhältnissmässig sehr bedeutenden Anzahl der zu unvollkommenen und zu ungenügend festgestellten Besitzrechten bestehenden bäuerlichen Güter, und bei der unvermeidlichen Unsicherheit darüber, wie viele der bisherigen nutzbaren Verpflichtungen derselben im einzelnen Falle würden aufrecht erhalten werden können, mit der Aufhebung des Zwanges, dieselben mit Wirthen be- setzt zu erhalten, ihre Einziehung zu den gutsherrlichen Ländereien in grossem Mass- stabe in Aussicht stand. Das Edikt bestimmte desshalb zunächst, als allerdings selbstverständlich, dass bei Bauerhöfen, welche erblich, erbpachts- oder erbzinsweise besessen werden, von deren Einziehung oder einer Veränderung in den zugehörigen Grundstücken überhaupt nicht die Rede sein könne, so lange nicht das Recht des bisherigen Besitzers, sei es durch Veräusserung an die Gutsherrschaft oder auf anderem gesetzlichen Wege, erloschen sei. Sodann aber sprach es für diese ländlichen Besitzungen sowohl, wie für alle übrigen die Anfrechterhaltung der bisherigen Verpflichtung zur Wiederbesetzung insoweit aus, dass es im $ 6 vorschrieb: „Wenn ein Gutsbesitzer meint, die auf einem Gute vorhandenen einzelnen Bauerhöfe oder ländlichen Besitzungen nicht wieder herstellen oder erhalten zu können, so ist er verpflichtet, sich desshalb bei der Kammer der XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 419 Provinz zu melden, mit deren Zustimmung die Zusammenziehung sowohl mehrerer Höfe in eine bäuerliche Besitzung als mit Vorwerksgrundstücken gestattet werden soll, so- bald auf dem Gute keine Erbunterthänigkeit mehr stattfindet.“ In den an die verschiedenen Provinzialkammern desshalb erlassenen Instruktionen wurde übereinstimmend als Grundsatz festgehalten, dass, wenn der Gutsherr die völlige Befreiung der bäuerlichen Grundstücke, die er einziehen will, von allen Ansprüchen der früheren Besitzer nachgewiesen, er autorisirt werden solle, dieselben zu grossen Bauerhöfen von 4, 6 bis ı2 Hufen Maedeburgisch nach Ermessen der Behörde zusammenzuziehen. Falls aber aus dem Bauernlande Vorwerksland werden sollte, so solle er den Konsens dazu nur bekommen, wenn von dem Bauernlande, welches ein- gezogen werden soll, wenigstens die Hälfte erbzins- oder erbpachtsweise oder auch als eigenthümliche Besitzung frei vom Dienst-, Mühlen- und Getränkezwang, von Sehaftrift und anderen Hutungsservituten (sofern diese Gerechtigkeiten dem Gutsherrn und nicht etwa einem Dritten zustehen) in Etablissements, wovon der Flächeninhalt nicht grösser als oben bezeichnet ist, ausgethan, und Abnehmer dazu nachgewiesen sein würden. Dabei kann ihm nachgelassen werden, von dem in einem einzelnen Bauerndorfe einzuziehenden Lande auch das Ganze zu Vorwerksland zu verwenden, er muss aber alsdann auf einem anderen ihm zugehörigen Gute den Flächeninhalt, um welchen er in seinem Dorfe die Hälfte überschritten hat, zur Austhuung bäuerlicher Besitzungen hergeben. Was als Bauernland und was als Vorwerksland anzusehen, sollte sich in Ost- preussen mit Inbegriff der ursprünglich dazu gehörigen westpreussischen Hauptämter Marienwerder und Riesenburg und der Erbhauptämter Schönberg und Deutsch-Eylau ') danach entscheiden, ob das Land schon vor dem Jahre 1752, in Westpreussen und Ermland, ob es schon vor dem Jahre 1774 als Bauernland benutzt wurde. Im Herzog- thum Schlesien und der Grafschaft Glatz?) ist als dieser Termin der 14. Julius 1749. für die Provinzen Kur-, Neumark und Pommern ®) der 15. Februar 1763 anzusehen. Diese Bestimmungen sind für die Verhältnisse der Gegenwart von der grössten Wichtigkeit gewesen. Sie konnten nach Lage der Sache nicht alle früher bäuerlichen Wirthsehaften erhalten, um so weniger, als in Folge des Krieges namentlich in Preussen viele Dörfer verwüstet und bei der ohnehin schwachen Bevölkerung wenig bewohnt waren. Aber während in anderen Landestheilen, z. B. in dem damals noch schwedischen Neuvorpommern, nach der 1806 erfolgten Aufhebung der Leibeigenschaft die Zerstö- rung der selbständigen Bauerngüter in der grössten Ausdehnung um sich griff, war die preussische Gesetzgebung ausreichend, um eine verhältnissmässig sehr günstige Ver- theilung des Grundbesitzes auf die neueste Zeit zu bringen. — Schon das Regulirungsedikt vom 14. September 1811 (G.-S. S. 28r) that die ersten Sehritte, um diesen an sich mit dem freien Verkehr unvereinbaren Zwang zu beseitigen. Es sprach in $$ 32 und 54 aus, dass nach vollzogener Auseinandersetzung mit den bisher ohne Eigenthum erbliehen bäuerlichen Besitzungen, sowie mit den nicht erblichen, aber auf unbestimmte Zeit oder auf gewisse Jahre oder auch auf Lebenszeit gegen Abgaben, Pächte und Dienste überlassenen Besitzungen, bei denen eine Wiederbesetzung der !) Verordnung vom 14. Februar 1808 wegen Zusammenziehung bäuerlicher Grundstücke oder Verwandlung derselben in Vorwerksland, für die Provinz Ostpreussen. N.C. ©. XII. 229. 2) Desgl. vom 27. März 1809, für Schlesien und Glatz. N. C. C. XII. 6. S. 809. 3) Verordnung vom 9. Januar I$1o, desgl. für Chur-, Neumark und Pommern. N.C.C, XI. 915. — Lette und v. Rönne a, a. O., Bd. I. S. 58— 64. 27° 420 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Stelle mit Personen des Bauernstandes stattfinden muss, der Gutsherr sowohl von der Verpflichtung entbunden werde, die Bauernhöfe mit besonderen Wirthen besetzt und in kontributionspflichtigem Zustande zu erhalten, als auch befugt, dieselben ganz oder theilweise durch Vertrag oder auf eine andere gesetzliche Weise zu erwerben und mit seinem Gute zu vereinigen; so lange diese Auseinandersetzung aber nicht geschehen, blieben diese Verbindlichkeiten bestehen. x Dieses Edikt, welches darin speziell auf den wirthschaftlichen Erwägungen Thaer’s beruhte, suchte die Auseinandersetzung durch ein möglichst einfaches Prinzip zu erleich- tern. Es erklärte unter eingehender Darlegung der Billiskeitsgründe dieser Schätzung als Regel, dass bei erblichen Besitzern die Gutsherren für das Eigenthum der Höfe, und für deren Dienst- und gewöhnliche Abgaben abgefunden sein sollen, wenn ihnen die Unterthanen den dritten Theil ihrer sämmtlichen Gutsländereien abtreten, und dabei auf alle ausserordentlichen Unterstützungen, Hofwehr, Bauhülfen und auf die Steuervertretung Verzicht leisten. Bezüglich der nicht erblichen Besitzungen aber sollte der Gutsherr im Mangel gütlicher anderer Einigung berechtigt sein, eine Hälfte der Besitzungen an Aeckern, Wörthen, Wiesen, Holzung und Hutung zu seinem Gute oder zu sonstiger Verfügung einzuziehen. Für die Herstellung entsprechender Landpläne war Umlegung der Ländereien zwischenliegender Eigenthümer gestattet. Im übrigen sollten die bis auf das Bedürfniss beschränkten Servituten und die Reallasten im Mangel anderer Einigung bestehen bleiben. — Diese Normen der Regulirung wurden indess von manchen Seiten als zu un- günstig für die Gutsherren, namentlich auch gegenüber den Besitzern kleiner Stellen angefochten, welche den wesentlichsten Theil der Arbeitskräfte der grossen Gutswirth- schaften ausmachten und allerdings auch in älterer Zeit hauptsächlich zur Befriedigung dieses Bedürfnisses ausgethan und erhalten worden waren. Die Deklaration vom 29. Mai 1816 (G.-S. S. 154), welche das Edikt vom 14. Sep- tember ıgır auch in mehreren anderen Punkten erläuterte und modifizirte, beschränkte die Regulirungsfähigkeit desshalb auf solche katastrirte (d. h. in den Grundsteuer- katastern veranschlagte) Ackernahrungen, welche in den oben genannten, weit zurück- liegenden Normaljahren mit bäuerlichen Wirthen besetzt gewesen waren; die Verord- nung vom 9. Juni 1819 (G.-8. S. ı51) stellte ferner die Vererbung der Regulirungs- fähigkeit fest, und eine Deklaration vom 24. März 1823 (G.-S. S. 35) gab nähere Bestimmungen über die Vergütung der Hülfsdienste regulirter Wirthe. — Eine Reihe von Verordnungen begann gleichzeitig diese Regulirungsgesetzgebung auf die inzwischen zu den östlichen Provinzen neu erworbenen oder mit ihnen wieder vereinigten Landestheile auszudehnen, und die Ablösung der Reallasten zu erweitern. So bestimmte die Verordnung vom 13. November 1819 (G.-S. $. 249) die An- wendung des Regulirungsedikts und seiner Nachträge für den Kottbuser Kreis, das Gesetz vom 21. Juli 1821 (G.-S. S. ıro) ebenso für die Ober- und Niederlausitz und das Amt Senftenberg. Die Ordnung vom 7. Juni 1821 (G.-S. $. 77) regelte die Ab- lösung der Dienst-, Geld- und Naturalleistungen der Eigenthümer, Erbzinsbesitzer und Erbpächter im Gebiete der Gültigkeit des Regulirungsediktes vom 14. September ı8r1 und in denjenigen Theilen der Provinz Sachsen, welehe vom Königreich Sachsen un- mittelbar an Preussen abgetreten sind, ferner in dem Gebiete von Erfurt, dem Amte Wandersleben und den vormals Grossherzoglich Weimarschen und Fürstlich Schwarz- burgischen Ortschaften dahin, dass die Werthsermittelung nach den Vorschriften der XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. AA Gemeinheitstheilungsordnung oder durch Sachverständige vorgenommen werden, und die festgesetzte Jahresrente in Land oder zum 25fachen in Kapital zur Entschädigung kommen solle. Am 8. April 1823 erschien ferner ein Gesetz (G.-S. S. 73), welches das Regulirungsedikt mit seinen Nachträgen und die obengedachte Ablösungsordnung auf das. Landgebiet der Stadt Danzig ausdehnte, und ein zweites (G.-S. S. 49), welches mit einer späteren Deklaration und Abänderung vom ıo. Juli 1836 (G.-S. S. 204) die gutsherrlichen Verhältnisse sowohl in betreff der Lassiten, als der Eigen- thümer, Erbzinsleute und Erbpächter im Grossherzogthum Posen, und den mit West- preussen wieder vereinigten Distrikten, dem Kulmer und Michelauer Kreise und dem Landgebiete Thorn ordnete. Für die westlichen Provinzen war durch den Einfluss der französischen Gesetz- gebung kein durchgreifend bestimmter Rechtszustand geschaffen worden. Die fran- zösische Nationalversammlung hatte 1789 alle Rechte ohne Entschädigung aufgehoben, welche man unter dem Regime feodal begriff: die Guts-, Gerichts-, Lehnsherrlichkeit, die Lehnssuceession, die steuerartigen Rechte, das Jagdrecht auf fremdem Boden, sodann die Unfreiheit, Hörigkeit, Leibeigenschaft und die persönliche Dienstbarkeit mit allen an diese Rechte geknüpften und daraus abzuleitenden Beschränkungen und Ab- gaben. Die völlig unvorbereiteten Beschlüsse gaben indess Raum und Veranlassung zu zahlreichen gesetzlichen Ergänzungen und Erläuterungen, welche später dem Prinzip des Eigenthums vermöge angemessener Entschädigung für die Aufhebung nutzbarer Privat- rechte mehr Rechnung trugen. Zwar wurden in den Jahren 1790 und 1794, ebenfalls ohne Entschädigung, Leistungen und Zahlungen jeder Art, welche an Stelle unentgeltlich auf- gehobener Rechte getreten, ingleichen alle Zehnten und die an ihre Stelle getretenen Gülten geistlicher oder weltlicher Körperschaften abgeschafft; es blieben aber von der unentgeltlichen Aufhebung alle diejenigen Leistungen ausdrücklich ausgenommen, welche nach Massgabe von Belehnungs-, Zins- und Erbpachtsurkunden lediglich als Grundzinsen oder Reallasten zu betrachten und erweislich der Preis für Ueberlassung von Grund- stücken gewesen seien. Die Besitzer der bäuerlichen Güter erhielten überall volles Eigenthum, jedoch blieben, abgesehen von Zeitpachten, solche Güter ausgenommen, die nur auf Lebenszeit oder höchstens auf 99 Jahre ausgethan worden. Wegen der gegen Entschädigung ablösbaren Reallasten stand die Provokations- befugniss im allgemeinen nur dem Verpflichteten gegen Kapital zum zofachen oder bezüglich 25 fachen Betrage der Jahresleistung zu, wobei theils Tarife (Normalpreise), theils sachverständige Gutachten, sowie die 1r4jährigen Durchschnittspreise mit Weg- lassung der 2 theuersten und 2 wohlfeilsten Jahre zu Grunde gelest wurden. Wegen Ablösung der zufälligen Rechte (Besitzveränderungsabgaben) ergingen sehr spezielle Bestimmungen. Das Ablösungsverfahren war dadurch vereinfacht, dass der Code eivil (Art. 529) die Immobiliarnatur der Renten (die Pertinenzeigenschaft derselben zu dem berechtigten Gute) ausdrücklich aufhob. Diese Gesetzgebung wurde auf dem durch die Friedensschlüsse von Basel und Luneville (1795 und 1801) zu Frankreich geschlagenen gesammten Gebiete des linken Rheinufers gültiges Recht. Auf das rechte Rheinufer verbreitete sich dieselbe nur bruchstücksweise mit den vorschreitenden französischen Eroberungen. Die wechselnden Territorien, die sich vorübergehend bildeten, erhielten mehr oder weniger zusammenstimmende Gesetze, die indess alle in der Aufhebung der Leibeigenschaft und der Unterthänigkeit, sowie 492 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. überhaupt der meisten Rechte des gedachten Regime feodal übereinkamen, in der Auf- hebung derselben ohne Entschädigung aber viel weniger weit gingen, so dass in den meisten der von Preussen später übernommenen Landstriche sehr ausgedehnte Reallasten bestehen blieben *). Zur bestimmteren Ordnung der vielfach zweifelhaft gewordenen gutsherrlich- bäuerlichen Rechtsverhältnisse in diesen Landestheilen ergingen zunächst unter Auf- hebung der bis dahin bestehenden fremdländischen Gesetzgebung drei ihrer Anordnung nach völlig übereinstimmende Gesetze vom 21. April 1825 für die Gebiete, welche früher zum Königreich Westfalen (G.-8. S. 74), welche zum Grossherzogthum Berg (G.-S. S. 94) und welche zu den französischen Departements, dem französisch- hanseatischen und dem Lippedepartement (G.-S. S. 112) gehört hatten. Es wurde in eingehenden Bestimmungen festgestellt, welche Ansprüche innerhalb dieses Verhält- nisses aufgehoben sind, welche noch fortdauern, welche ferner ausserhalb dieses Rechts- kreises noch in Betracht kommen, und welche Verbindlichkeiten bezüglich der Grund- steuer bestehen; endlich war den Betheilisten die Ablösung der Reallasten durch freiwillige Einigung anheimgegeben, und eine einschlagende Ablösungsordnung verheissen worden. Diese erschien in der Ordnung wegen Ablösung der Reallasten in den vor- gedachten Landestheilen vom 13. Juli 1829 (G.-S. S..65). Sie ist sehr speziell auf die 'Werthsermittelung der einzelnen Lasten gerichtet, schreibt im wesentlichen aber Kapitalszahlung oder Landentschädigung und bei abzulösenden Renten das 25 fache als Kapital vor. Diese Ordnung wurde durch Gesetze vom 18. Juni 1840 (G.-S. S. ı51) auf das Fürstenthum Siegen ausgedehnt, dagegen regelten eine besondere Ordnung vom 18. Juni 1840 (G.-S. S. 153) für das Herzogthum Westfalen, die Ordnung vom 4. Juli 1840 (G.-S. S. 195) für die vormals nassauischen Landestheile nebst der Stadt Wetzlar mit Gebiet und ein Gesetz vom 22. Dezember 1839 (G.-S. 1840 S. 6) für die Grafschaft Wittgenstein sowohl die Rechtsverhältnisse der Grundbesitzer, als die Ablösung der Reallasten in diesen bis dahin nicht in Betracht gekommenen Gebietstheilen. — Alle auf das Edikt vom 14. September ı$rr bezogenen späteren Gesetze, denen speziell für den Regierungsbezirk Oppeln die Verordnung vom 13. Juli 1827 (G.-8. S. 79) wegen der Regnlirungsfähiskeit der Stellen in Oberschlesien hinzutrat, schlossen die kleineren lassitischen \Wirthschaften von der Verwandlung in eigenthümlicke Be- Sitzungen aus. Die Ablösungsordnung vom 7. Juni 1821 gestattete die Ablösung der Dienste nur den Besitzern von Ackernahrungen und erst durch die Gesetze vom 18. Juli und 31. Oktober 1845 (G.-S. S. 502, 682) wurde sie, und zwar nur in Sachsen und Schlesien, auch für kleinere Stellen gewährt. Für gewerbliche, handwerksmässige und manche andere Reallasten gab es keinerlei Ablösungszwang, sondern das Gesetz vom 30. Juni 1841 (G.-S. S. 136) hatte nur die Erleichterung ihrer vertragsmässigen Ablösung zum Zweck. Das Gesetz vom 31. Januar 1845 (G.-S. S. 93) gestattete sogar die neue Begrün- dung wnablöslicher Reallasten, indem es erklärte, dass die nach den bisherigen Vor- schriften den Besitzern von Erbpachts-, Zins- oder Erbzinsgütern zustehende Befugniss, die auf diesen Grundstücken ruhenden festen Geld- oder Getreideabgaben durch Kapital abzulösen, fortan durch Vertrag ausgeschlossen und beschränkt werden könne, *) Lette und v. Rönne a. a. O., Bd.I. Einl. S. LXXXII. XIL. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 423 "und dass diese Bestimmung sowohl auf schon bestehende Abgaben dieser Art, als auf solche Anwendung finde, welche künftig bedungen werden. Dagegen wurden in den Kreisen Paderborn, Büren, Warburg und Höxter, in den beiden Grafschaften Wittgenstein und in den Kreisen Heiligenstadt, Mühlhausen und Worbis (dem sogenannten Eichsfelde) wegen der bedrängten Lage der Leistungspflich- tigen drei Tilgungskassen gegründet, welehe auf Verlangen der Berechtigten das nach den vorerwähnten örtlich geltenden Ablösungsgesetzen zu bereehnende Abfindungs- kapital durch Gewährung von Schuldverschreibungen zu zahlen und von den Ver- pfliehteten allmählich, unter Verzinsung, in jährlichen Amortisationsrenten einzuziehen übernahmen. Die Organisation dieser Kassen, welche im wesentlichen das Vorbild der späteren Einrichtung der Rentenbanken war und in dem Abschnitt über das Kredit- wesen näher zu erwähnen bleibt, beruht auf der Kab.-Order vom 20. September 1836 (G.-S. S. 235), dem oben gedachten Gesetze vom 22. Dezember 1839 für Wittgenstein (G.-S. 1840 S. 6) und der Kab.-Order vom 18. April 1845 (G.-S. S. 4ro). Normalpreise waren nur durch die Ablösungsordnungen vom 13. Juli 1829 und 18. Juni und 4. Juli 1840, also nicht für die östlichen Provinzen angeordnet. In allen Landestheilen, in denen diese Ordnungen von 1329 und 1840 nicht Geltung hatten, konnten endlich die Renten, welche die gesetzliche Abfindung aus- machten, nur auf den Antrag des Belasteten zum 25fachen Betrage in Kapital und in keinen geringeren Theilzahlungen als 100 Thlr. abgelöst werden. — Beim Eintritt der Ereignisse des Jahres 1848 erschien allen Betheiligten, den Berechtigten, wie den Verpflichteten, eine baldige Aufhebung der noch bestehenden Lasten und Dienste erwünscht, und es kam ebenso darauf an, die gegenseitigen Verbind- lichkeiten in billiger Ausgleichung zu lösen, als den Berechtigten für mancherlei dabei un- vermeidliche Verluste wenigstens durch eine unmittelbar zu verwerthende Kapitalabfindung einen unter den obwaltenden Verhältnissen besonders werthvollen Ersatz zu gewähren. Zunächst wurden durch das Gesetz vom 9. Oktober 1848 (G.-S. 8. 276) alle Verhandlungen über die Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse und die Ablösung der Dienst-, Natural- und Geldabgaben, sofern eine Partei den Antrag darauf stellte, ausserdem aber von amtswegen die bei jenen Verhandlungen entstandenen, noch sehwebenden Prozesse sistirt, und ebenso alle Prozesse über eine grosse Anzahi speziell aufgeführter Rechtsverhältnisse, deren legislatorische Regelung beabsichtigt wurde. Die provisorische Verordnung vom 20. December 1848 (G.-S. S. 427) bestimmte auch eine interimistische Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse in Schle- sien. Als vorbereitender Akt für die im Werke begriffene neue Ablösungsgesetzgebung aber erschien das Gesetz vom 19. November 1849 (G.-S. $. 413) über die Feststellung der Normalpreise und Normalmarktorte, welche bei der Ablösung der Reallasten zu Grunde gelegt werden sollten. Nach den später in das Reallastenablösungsgesetz übergegangenen Bestimmungen desselben waren die Normalpreise für die verschiedenen Dienste und Naturalleistungen, sowie für die Haltung von Samenvieh u. dgl., ebenso auch die Normalmarktorte für die in der einzelnen Oertlichkeit anzunehmenden Getreidemarktpreise durch besondere Kommissionen vorzuschlagen, welche in der Regel je für einen landräthlichen Kreis zur einen Hälfte von den Berechtigten, zur anderen Hälfte von den Verpflichteten durch indirekte Wahlen nach dem Wahlreslement des Abgeordnetenhauses gebildet wurden. Die Festsetzung dieser Preise für die Dauer von ro Jahren sollte bei Mangel der Einigung der Kommissionsmitglieder durch die 424 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Auseinandersetzungsbehörde geschehen, und auf den Rekurs dieser Mitglieder das Revisionskollegium darüber endgültig entscheiden. Diese Kommissionen wurden damals in allen Landestheilen der Monarchie mit alleinigem Ausschluss des linken Rheinufers - zusammenberufen. Das Ergebniss ihrer Berathungen ist als umfangreiche Nachweisungen in den Amtsblättern der verschiedenen Regierungsbezirke für alle betheiligten Kreise im Jahre 1350 veröffentlicht und hat überall als Anhalt und wesentliche Erleichterung des späteren Ablösungsverfahrens gedient. Der mit dem Art. 40 der Verfassung von 1848 übereinstimmende Art. 42 der revidirten Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 (G.-8. $. 17) gewährleistete be- züglich der Reallasten die Ablösliehkeit. Zugleich hob er ohne Entsehädigung die aus dem gerichts- und schutzherrlichen Verbande, der früheren Erbunterthänigkeit und der früheren Steuer- und Gewerbeverfassung herstammenden Verpflichtungen und mit den aufgehobenen Rechten auch die Gegenleistungen und Lasten auf, welche den bisher Berechtigten dafür oblagen. Diese Bestimmung ist bei der Aufhebung des Art. 42 in das Gesetz vom 14. April 1856 (G.-8. S. 353) wieder übergegangen. — Nach diesem Entwickelungsgange der Gesetzgebung war also das Gesetz vom 2. März 1350, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulirung der gutsherr- lichen und bäuerlichen Verhältnisse, bestimmt: alle aus den gutsherrlich-bäuerlichen Ver- hältnissen herrührenden unvollkommenen Besitzverhältnisse, Erbpacht, Erbzins, nament- lich aber den Besitz solcher erblich oder dergestalt zu einem zeitweisen Nutzungsrecht verliehenen Stellen, dass im Falle der Besitzerledigung nach Gesetz oder Herkommen ihre Wiederbesetzung mit einem Wirthe erfolgte, in freies und volles Eigenthum zu verwandeln; — die noch bestehenden aus denselben Verhältnissen herrührenden Real- rechte in solche zu scheiden, welche ihrer Natur und Beschaffenheit nach unentgeltlich in Wegfall zu bringen und deren Aufhebung auszusprechen; — die bestehen bleibenden in Geldrente zu verwandeln und desshalb das Verfahren ihrer Schätzung zu bestimmen; — endlich für die Ablösung dieser Renten die einfachsten und den Betheiligten durch Billigkeit, schleunige Zahlung und volle Lösung der gegenseitigen Verbindlichkeiten annehmbarsten Einrichtungen zu treffen. Seiner äusseren Form nach zerfällt das Gesetz in die Abschnitte: I. Berechti- gungen, welche ohne Entschädigung aufgehoben werden; — 1. Ablösung der Reallasten und zwar: Tit. 1. Ablösbarkeit, 2. Dienste, 3. feste Abgabe in Körnern, 4. feste, nicht in Körnern bestehende Naturalabgaben, 5. Naturalfruchtzehnt, 6. Besitzveränderungs- abgaben, 7. feste Geldabgaben, 8. andere Abgaben und Leistungen, 9. Gegenleistungen, 10, Abfindung der Berechtigten, ıı. Feststellung der Normalpreise und Normalmarkt- orte; — III. Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse behufs der Eigenthumsverleihung; — IV. allgemeine Bestimmungen. Die wichtigsten Ergänzungen dieses Gesetzes bilden: a) das Gesetz vom ır. März 1850 (G.-S. S. 146) betreffend die auf Mühlengrund- stücken haftenden Reallasten; j b) das Gesetz vom 2. März 1850 (G.-S. S. ıı2) über die Errichtung von Renten- banken, mit dem zugehörigen Erlasse vom 24. Juni 1850 (G.-S. S. 341) und dem Gesetze vom 26. April 1858 (G.-S. 8. 273) betreffend die Schliessung der Geschäfte der Rentenbanken; e) das Gesetz vom 15. April 1857 (G. S. S. 363) betreffend die Ergänzung und Ab- änderung des Ablösungsgesetzes vom 2. März 1850 bezüglich der Ablösung der “ XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 425 den geistlichen und Schulinstituten, sowie den frommen und milden Stiftungen ete. zustehenden Reallasten mit dem Gesetze vom 10. April 1865 (G.-S. S. 172) betreffend die Regulirung der schlesischen Zehntverfassung; d) das Gesetz vom 16. März 1857 (G.-S. S. 235) betreffend die Präklusion von An- sprüchen auf Regulirung behufs der Eigenthumsverleihung; endlich e) das Gesetz vom 28. Mai 1860 (G.-S. S. 221) betreffend die Ablösung der Real- lasten in den hohenzollernschen Landen. Für das linke Rheinufer, auf welches keines der vorstehenden Gesetze ausgedehnt ist, bedurfte es besonderer Bestimmungen nicht, weil dort die wesentlichen Zwecke des Reallastenablösungsgesetzes durch die französische Gesetzgebung erreicht waren. Die Hauptgesichtspunkte der Reallastenablösungsgesetzgebung sind anschliessend an die oben angedeuteten Zwecke folgendermassen zu übersehen: ı. Herstellung vollen Eigenthums. Ohne Entschädigung aufgehoben wurde das Obereigenthum des Lehnsherrn für alle Lehne innerhalb des Staates, ausser den Thronlehnen, ebenso das Obereigenthum des Guts- oder Grundherren, des Erbzinsherren und das Eigenthum des Erbverpächters, einschliesslich der Rechte auf Allodifikationszins für gewisse aufgehobene Lehne, Heim- fallsrecht und das Recht, den Kanon oder Zins willkürlich zu erhöhen ($ 5), und nur die aus diesen Verhältnissen entspringenden Berechtigungen auf Abgaben oder Lei- stungen oder ausdrücklich vorbehaltene Nutzungen mit den bisherigen Vorzugsrechten aufrecht erhalten, welche nicht aus einem anderen gesetzlichen Grunde wegzufallen haben. Die Vorkaufs-, Näher- und Retraktrechte an Immobilien ($ 4) sind ebenso auf- gehoben, mit Ausnahme derjenigen, welche durch Verträge oder letztwillige Ver- fügungen begründet sind, und des Vorkaufsrechts derjenigen, die eine Sache gemein- schaftlich zu vollem Eigenthum besitzen, an deren Antheilen, sowie des Retraktrechts der Miterben nach dem rheinischen Civilgesetzbuch. Endlich findet fortan ein gesetz- liehes Vorkaufsrecht wegen aller Theile von Grundstücken statt, welche in Folge des von dem Staate ausgeübten oder verliehenen Expropriationsrechtes zu gemeinnützigen Zwecken haben veräussert werden müssen, wenn in der Folge das expropriirte Grund- stück ganz oder theilweise zu dem bestimmten Zweck nieht weiter nothwendig ist und veräussert werden soll. Dasselbe wird dem zeitigen Eigenthümer des früher verkleiner- ten Grundstücks zuständig. Alle vor Einführung des Edikts vom 14. September ısır oder vor Verkündigung der Kab.-Order vom 6. Mai 1819 (G.-S. S. 153) in den betreffenden Landestheilen be- stehend gewesenen ländlichen, ihren Besitzern nicht zu Eigenthums-, Erbzins- oder Erbpachtsrechten zugehörigen Stellen, welche entweder zu lassitischen Rechten nach Massgabe der $ 626 ff. Tit.2zı Th.I. Alle. Landreehts zur Kultur oder Nutzung aus- gethan, oder mit Abgaben oder Diensten an die Gutsherrschaft belastet sind, unterliegen der Regulirung behufs der Eigenthumsverleihnng ($ 74), sofern sie entweder zu einem erblichen oder dergestalt zu einem zeitweisen Nutzungsrechte verliehen sind, dass im Fall der Besitzerledigung nach Gesetz oder Herkommen ihre Wiederbesetzung mit einem Wirthe erfolgte. Denselben stehen unter gewissen Bedingungen auch die auf bestimmte Jahre oder Geschlechtsfolgen oder auch als Zeitpachtgüter verliehenen soge- nannten emphyteutischen Güter in Posen und Preussen (s. 0. S. 382) gleich. = 426 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Der, welcher das Grundstück zur Zeit der Verkündigung des Gesetzes vom 9. Oktober 1848 (G;-S. S. 276) aus eignem Recht besass, wird als rechtmässiger Be- sitzer vermuthet, sein Anspruch kann nur durch Urkunden entkräftet werden. Für Ansprüche aus früherem Besitz ist eine Präklusivfrist gestellt. Nach dem Gesetz vom 16. März 1857 sind alle Ansprüche verfallen, welche nicht bis zum 31. Dezember 1858 bei der Auseinandersetzungsbehörde angemeldet sind. Der berechtigte Besitzer erhält Eigenthum und Hofwehr, die Gutsherrschaft die Befreiung von den Verpflichtungen zur Unterstützung in Unglücksfällen und zur Ver- tretung bei öffentlichen Abgaben und Leistungen ohne Entschädigung, die übrigen nutz- baren Rechte, auch die servitutarischen, werden in ihrem Werthe theils durch Sach- verständige, theils durch Schiedsrichter ermittelt und in der Art kompensirt, dass die Gutsherrschaft nur solchen Stellen, welche einen Antheil an der Ernte genossen, einen etwaigen Ueberschuss zu gewähren hat, der Stellenbesitzer aber andererseits fordern kann, dass ihm ein Dritttheil des zu ermittelnden Reinertrages der Stelle frei verbleibe. Bezüglich der Grundstücke erfolgt geeigneten Falls von amtswegen eine Zusammen- legung. Steht Niemandem ein Anspruch auf die Regulirung zu, so erhält die Guts- herrschaft die Stelle zu freier Verfügung und kann sie beliebig einziehen. Bei erblicher Ueberlassung eines Grundstückes ist fortan nur die Uebertragung des vollen Eigenthums zulässig. : 2. Unentgeldlich aufgehobene Reallasten. Unbedingt aufgehoben ist die auf Grundstücken haftende Verpflichtung gegen das in der Gegend übliche Tagelohn zu arbeiten, die Befugniss, zu verlangen, dass ein Privatgrundbesitzer sein Grundstück mit Maulbeerbäumen bepflanze, und die auf Grund- stücken haftende Verpflichtung des flämischen Kirchganges. Bedingt aufgehoben ($ 3), nämlich insofern ohne Entschädigung, als sie nicht für die Verleihung oder Veräusserung eines Grundstückes ausdrücklich übernommen sind, werden eine Anzahl aus der Guts-, Grund- und Gerichtsherrlichkeit als solcher fliessender Leistungen, wie Todfall, Besthaupt, Leistungen der Nichtangesessenen, Ge- richts-Gebühren und Lastenbeiträge; Abgaben, welche ohne zum öffentlichen Steuerein- kommen zu gehören, die Natur der Steuern haben; ferner alle Dienste, Abgaben und Leistungen zur Jagd oder Bewachung; die Abgaben bei Taufen oder Ausstattungen; die Dienste zu persönlichen Bedürfnissen; die Verpflichtung zum Verkauf von Erzeugnissen an die Gutsherrschaft; Abgaben für die Erlaubniss, Vieh zu halten; die Befugniss, auf fremdem Grunde zerstreut stehende Bäume und Sträucher zu nutzen und ähnliche; endlich alle unmittelbaren Gegenleistungen aufgehobener Leistungen oder Berech- tigungen. Am meisten Wichtigkeit erlangten für das Ablösungsverfahren die Jurisdiktions- und die gewerblichen Abgaben. Es bedurfte vielfach besonderer Entscheidungen darüber, ob ein Zins ganz oder zum Theil einer dieser aufgehobenen Abgabenarten angehöre; und wenn entschieden wurde, dass er einen gemischten Charakter habe, so konnte oft nur schwierig und fast künstlich ermittelt werden, welcher Betrag als ablösbare Real- last und welcher als aufgehobene Abgabe anzusehen. Dieser Fall trat namentlich bei den Zinsungen der Mühlen häufig ein, und die Sonderung wurde dann im Mangel an- derer Grundlagen nach dem Verhältnisse bewirkt, in welchem der gegenwärtige Rein- ertrag des verliehenen Grundbesitzes einschliesslich der Berechtigungen, jedoch nach XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung, 497 Abzug der Grundabgaben und der Zinsen von dem ursprünglich gezahlten Kaufgelde, zu dem gegenwärtigen Reinertrage des Mühlengewerbes steht. Ueber die dazu erforder- lichen Ermittelungen ist die Zeitschr. für Landeskulturges. Bd. VII. S. 98 zu vergleichen. Indess mussten alle Ansprüche auf Befreiung von den auf Mühlengrundstücken haftenden Abgaben, welche darauf gegründet sind, dass die Abgaben durch die Be- stimmung des $ 30 des Edikts vom 2. November ıg1o oder des $ 3 der Allg. Gewerbe- ordnung aufgehoben worden seien, bei Verlust derselben seitens des Verpflichteten vor dem ı. Januar 1855 bei der zuständigen Auseinandersetzungsbehörde nach $ 4 des oben gedachten Gesetzes vom ır. März 1850 angemeldet werden. 3. Rentifizirung der nicht aufgehobenen Reallasten. Die grosse Mannigfaltigkeit der Leistungen und ihre Kombination mit Gegen- leistungen erforderte für die Rentenberechnung sehr verschiedenartige Bestimmungen: a. Dienste ($ 9) sind, sofern sich nicht ihr Werth durch eine seit ro bezüglich 20 Jahren dafür angenommene Vergütung feststellt, im Falle sie nach Tagen bestimmt sind, durch Normalpreise, im Falle sie nach dem Umfange bestimmt sind, durch einen schiedsrichterlichen Ausspruch in Rente anzuschlagen, weleher angiebt, welche Kosten der Berechtigte zur eigenen Beschaffung unter Berücksichtigung der minderen Voll- kommenheit der Dienstbarkeit aufzuwenden hat. Der Feststellung der Normalpreise ist bei Erwähnung der Verordnung vom 19. November 1849 (S. 423) gedacht. Leistungen, für welehe Normalpreise fehlen, sind schiedsrichterlich zu schätzen. Auch für Baudienste und zur Ermittelung des wirth- schaftlichen Bedürfnisses, über welches hinaus Dienste nicht zu entschädigen sind, treten Schiedsrichter ein. b. Feste Abgaben in Körnern sind in ihrem Werthe nach dem Martinimarktpreise festzustellen, der sich im Durchschnitt der letzten 24 Jahre vor Anbringung der Pro- vokation bei Abzug der zwei theuersten und zwei wohlfeilsten ergiebt ($ 19). Dabei kommen 5 pCt. wegen der geringeren Beschaffenheit des Zinsgetreides im Verhältniss zum marktgängigen, Marktfuhrkosten aber nicht in Abzug. c. Feste nicht in Körnern bestehende Naturalabgaben bestimmen sich wie die Dienste nach der angenommenen Vergütung, oder nach Normalpreisen, in Ermangelung deren aber nach Schiedsspruch ($ 29). d. Natnralfruchtzehnt darf von Ländereien, von denen er bisher noch nicht be- zogen worden, nicht weiter gefordert werden. Der zu erhebende wird nach der in den letzten 10 Jahren vor 1850 angenommenen Vergütung, oder bei Verpachtung, dem in dieser Zeit erhaltenen Pachtzinse, nöthigenfalls endlich durch sachverständige Schätzung auf Rente gebracht. e. Besitzveränderungsabgaben bei Veränderung in herrschender Hand sind auf- gehoben, in dienender Hand wird von mehreren nur eine, die höhere, als fortbestehend angesehen und abgelöst. Es dürfen nicht mehr als 3 Besitzveränderungsfälle auf ein Jahrhundert gerechnet werden; findet die Abgabe nur bei gewissen Sterbe- oder Ver- äusserungsfällen statt, so kann sich diese Zahl auch auf 2 oder nur r Besitzverände- rungsfall- beschränken. Bei Prozentabgaben vom Werth ist der gemeine Kaufwerth des Gutes in Pausch und Bogen durch Schiedsrichter abzuschätzen, davon sind zunächt die etwa schon gezahlten Ablösungskapitale als Verbesserungen, im. übrigen aber 20 pCt. 423 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. vom Werth der Ländereien, und 5o pCt. von Gebäuden und Inventarienstücken abzu- ziehen, der Rest stellt die Höhe des Kaufwerthes für die Berechnung je eines Falles dar. Für Besitzveränderungsfälle, die sich nach der Provokation ereignen, kann die Abgabe nicht mehr gefordert werden, die Rente ist aber auch vom Tage der Provo- kation ab zu berechnen und als sogenannte Nachschussrente zu zahlen, während die übrigen Ablösungsrenten erst vom Ausführungstermine ab laufen (S. 408). f. Feste Geldabgaben sind nach dem Jahresdurchschnitt zu berechnen. Ist vertragsweise die Art der Ablösung festgestellt, so steht zwar dem Berech- tigten frei, falls der Verpflichtete einwilligt, auf Abfindung in Rentenbriefen anzutragen, nicht aber letzterem; und die Behörde kann die Ueberweisung an die Rentenbank ver- weigern, wenn die Rente % des zu ermittelnden Reinertrags des Grundstücks übersteigt. &. Von allen anderen Abgaben und Leistungen, auch von gewerblichen handwerks- mässigen, wird der Jahreswerth der Verpflichtung, soweit nicht die a.—g. gedachten Bestimmungen analog anwendbar, nach sachverständigem Ermessen, der der Pflicht zur Haltung von Samenvieh und zur Ausfütterung von Vieh aber nach Normalpreisen bestimmt. Verpflichtungen, deren Aufhebung den Vorschriften der Gemeinheitstheilungsord- nung vom 7.'Juni 1821 unterliegt, sind danach besonders festzustellen und abzufinden; diesen ist die Berechtigung, gegen Dienstleistung einen Antheil an der Ernte zu be- ziehen, gleichzuachten. Im übrigen wird von der Summe des ermittelten jährlichen Geldwerths sämmtlicher ablösbarer Leistungen der Geldwerth der Gegenleistungen in Abzug gebracht, der Ueberschuss der einen oder der anderen bildet die Ablösungsrente. Indess ist der Besitzer jeder Stelle zu fordern berechtigt, dass dieselbe, sofern sie nicht auf früheren rechtsverbindlich festgestellten Abfindungsrenten beruht, soweit in Wegfall komme, dass ihm ein Dritttheil des schiedsrichterlich zu ermittelnden Rein- ertrages der Stelle frei bleibe. Diese Bestimmung ist im $ 6 des Mühlenablösungs- gesetzes vom ır. März 1850 für Mühlengrundstücke dahin ausgedehnt, dass der Be- sitzer ohne Einschränkung Befreiung bis zu einem Dritttheil des Reinertrages zu fordern hat. Es wird für diesen Zweck der gemeine Kaufwerth, den die Mühle zur Zeit der Schätzung einschliesslich aller Lasten und Rechte hat, durch Schiedsrichter festgestellt, dazu wird die Entschädigung, welehe die Mühle für aufgehobene Zwangs- oder aus- schliessliche Gewerbeberechtigungen empfangen hat, gerechnet. 4 pCt. des so ermittelten Kaufwerths mit dem Jahreswerth aller ablösbaren Reallasten nach Abzug der Gegen- leistungen stellt dann den Reinertrag des Grundstücks dar, von dem die Ablösungsrente nicht mehr als zwei Drittel in Anspruch nehmen darf. 4. Rentenablösung. Die in Rente umgewandelten Reallasten sollen sämmtlich abgelöst und die Abfin- dungen im Sinne des Gesetzes dem Berechtigten sobald als möglich in Kapital überwiesen werden. Die Rezesse über die Rentifizirung bestimmen zugleich über die Ablösung. Die Kapitalzahlung kann entweder sofort bei der Ausführung baar geschehen, oder durch Vermittelung der vom Staate eingerichteten Rentenbanken. Beide Zahlungsweisen aber unterliegen den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen über die Aushändigung von Abfindungskapitalien. (s. o. S. 416.) Die Rentenbanken, deren Organisation in einem späteren Abschnitt “bei dem Kreditwesen genauer zu betrachten sein wird, gewähren dem Berechtigten 4 pCt. tra- gende, auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen, für welche der Staat die XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 429 Garantie übernommen hat. Sie finden ihre Deckung in den von den Verpfliehteten zu zahlenden Renten, sind aber nicht auf einen speziell Verpflichteten ausgestellt. Im allgemeinen hält das Gesetz fest, dass, so lange die Ablösbarkeit durch die Rentenbanken besteht, der Berechtigte entweder den lSfachen Betrag der Rente baar oder den 20fachen Betrag derselben in Rentenbriefen annehmen muss. Will der Berechtigte die rg$fache Baarzahlung nicht annehmen, so kann sie der Verpflichtete an die Renten- bank abführen, welehe dem Berechtigten dafür das zofache in Rentenbriefen gewährt. Zahlt der Verpflichtete nicht baar, so hat er an die Rentenbank eine Amortisations- rente zu leisten, welche bei einer Dauer von 56'J2 Jahr, 4'. pCt. des Ablösungs- kapitals, oder bei einer Dauer von nur qar'ı2 Jahr 5 pCt. des Ablösungskapitals beträgt, im ersteren Falle also, der als der günstigere betrachtet und für alle Rezessi- rungen, bei denen sich die Partheien nicht genügend erklärt haben, nöthigenfalls durch Erkenntniss festgestellt wurde, ist für die Amortisation des Kapitals nur der g. Theil der in oben gezeigter Weise festgestellten Reallastenrente erforderlich; der Verpflichtete wird also in 56,2 Jahren völlig frei, und empfindet ausserdem an der für seine Reallasten berechneten Rente noch einen Erlass von 'ıo. Die Ablösung überschiessender Pfennige muss der Berechtigte zum r$fachen Betrage in Kapital annehmen. Der Domainenfiskus als Berechtigter erhält keine Rentenbriefe, sondern entnimmt - den an ihn in derselben Weise wie an die Rentenbanken zu zahlenden Renten 4 pCt. Zinsen nnd tilst mit den Amortisationsquoten unmittelbar Staatsschulden in gleicher Höhe. Die Rentenbanken zahlen aus den eingehenden Amortisationsrenten vorweg 4 pCt. Zinsen für die ausstehenden Rentenbriefe, der jedesmalige Ueberschuss wird zur Tilgung der Rentenbriefe durch Ausloosung verwendet. — Ausgenommen von dieser durch die Rentenbanken wesentlich erleichterten Ablö- sung durch das ıgfache der Renten sind: a. Die im $ 65 des Gesetzes vom 2. März 1850 gedachten Reallasten, nämlich Renten, zu denen Grundstücke verpflichtet sind, welche ausserhalb einer gutsherrlich-bäuerlichen Regulirung, oder Ablösung oder ohne Begründung eines gutsherrlich-bäuerlichen Ver- hältnisses mittels eines vor Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes errichteten schriftlichen Vertrages gegen Entriehtung eines Kanons oder Zinses und andrer Leistungen zu Erbpacht, Erbzins oder Eigenthum überlassen wurden. Diese sind zum 2ofachen Betrage, und zwar auf Antrag des Berechtigten nur durch Vermittelung der Renten- bank, auf Antrag des Verpflichteten nur nach sechsmonatlicher Kündigung und durch Kapital, welches unter Verzinsung zu 5 pCt. in vier gleichen jährlichen Terminalzah- lungen von je nicht unter roo Thaler abzutragen ist, abzulösen. b. Die den Kirchen, Pfarren, Küstereien, Schulen und milden Stiftungen zustehen- den Reallasten. Das Gesetz vom 2. März 1850 schrieb zwar deren Rentifizirung vor, die Art der Kapitalisirung aber war im $ 65 vorbehalten. Nach erfolgter Sistirung durch die Verordnung vom 13. Juni 1853 (G.-S. S. 324) hat das Gesetz vom 15. April 1857 feste Abgaben in Körnern, sowie feste Leistungen an Holz und Brennmaterial von der Ablösung gänzlich ausgeschlossen, feste Geldabgaben zum 25fachen Betrage in Kapital baar ablöslich gemacht, für den. Jahreswerth der übrigen Reallasten zwar die Berech- nung nach dem Gesetz vom 2. März 1850 beibehalten, indess ohne Anwendung des Abzuges von 5 pCt. für Zinsgetreide, und mit der Bestimmung, dass dieser Jahreswerth in Roggen zu berechnen und nach dem jährlichen Martinimarktpreise des Roggens als Rente in Geld abzuführen ist. Renten, welche nach Massgabe des Gesetzes vom 2, März 430 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 1850 bereits rechtsverbindlich festgestellt wurden, sind, soweit sie auf festen Geldrenten beruhen, zum 25fachen, im übrigen nur zum 33Vsfachen in Kapital ablösbar, sofern sich der Verpflichtete nicht der Umwandlung in Roggenrente unterwirft. ce. Sehlesische Zehnten werden nach dem Gesetze vom 10. April 1865 (G.-S. 172) dadurch aufgehoben, dass der Jahreswerth, indess ohne Abzug von 5p©t. für Zinsge- treide und ohne Beschränkung auf %/, des Reinertrages, nach dem Gesetz vom 2. März 1850 festgestellt, für die am 'Tage der Rechtskraft des Gesetzes gangbaren Zehnten zum 22>/yfachen, für die an diesem Tage gesetzlich ruhenden zum 2%, fachen kapitalisirt wird, und diese Kapitale unter Vermittelung der Rentenbank zur Amortisation mit 4Y. pÜt., also nach der längeren Tilgungsperiode zur Ablösung kommen. — Das Gesetz vom 26. April 1858 (G.-S. S. 273) bestimmte, um den Schluss der Rentenbanken zu ermöglichen, dass ihnen Renten aus Provokationen, die nach einer an- gemessenen Frist eingegangen, — als welche der 31. Dezember 1859 festgesetzt wurde — nicht mehr überwiesen werden dürfen. Zugleich wurde für solche Renten, welche sich aus späteren Provokationen ergeben, die Kapitalisirung zum ı$fachen aufgehoben und die Ablösbarkeit zum 25fachen durch Baarzahlung auf eine nur dem Verpfliehteten zu- stehende Kündigung ausgesprochen. Dabei sind vier jährliche Terminzahlungen, sofern sie nicht unter ıoo Thaler betragen, zulässig, und die Verzinsung des jedesmaligen Restes findet mit 4 pÜt. statt. Für die Renten aber, welche dem Domainenfiskus zustehen, ist die bisherige Kapitalisirung und Amortisation beibehalten. Auch auf die schlesischen Zehnten hat dieses Gesetz keinen Bezug, für sie werden noch ferner Rentenbriefe ausgefertigt. Im Reallastenablösungsgesetz für die Hohenzollernschen Lande vom 28. Mai 1860 (G.-8. S. 221), welches sich im übrigen sehr genau dem Gesetz vom 2. März 1850 an- schliesst, sind alle bezüglichen Abgaben und Leistungen, auch die an geistliche und Sehulinstitute, gleich behandelt, weil die Abfindung zum 18- bezüglich zofachen Be- trage der Rente nach der in Süddeutschland allgemein geltenden Schätzung dem vollen Werthe der Reallasten entspricht. Zugleich aber findet die Ablösung nach Lage der dortigen Verhältnisse von amtswegen und desshalb auch kostenfrei statt. D. Erfolge der Agrargesetzgebung. Was nun die Erfolge der Agrargesetzgebung betrifft, so ist ohne ausgedehnte Vorarbeiten nicht ausführbar, ein klares Bild von dem Vorschreiten der Gemeinheits- theilungen und Zusammenlegungen, der Eigenthumsregulirungen und der Dienst- und sonstigen Reallastenablösungen in den verschiedenen Landestheilen zu geben, wie wichtig dasselbe auch in vieler Beziehung wäre. Die Generalkommissionen haben zwar von jeher gewisse Nachweisungen über die erlangten Resultate geführt, dieselben konnten sich aber nur auf die Zahlenangaben, welehe die Rezesse boten, beziehen. Sie stellten bei Regulirungen und Gemeinheits- theilungen die Fläche der vermessenen und die der separirten und von Servituten befreiten Grundstücke, sowie die Zahl ihrer Besitzer zusammen, bei Regulirungen die Zahl der neuen Eigenthümer und die Fläche ihrer Grundstücke, bei Reallastenablö- sungen die Zahl der Abgaben und Dienstpflichtigen, endlich die aufgehobenen Spann- XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 431 und Handdiensttage und die Entschädigungen an Kapital, Geldrente, Roggenrente und Land. Aeltere Schemate waren zum Theil ausführlicher. Wo aber innerhalb der einzelnen Generalkommissionsbezirke diese Arbeiten vor- genommen sind, wie weit es gelang, dabei geläuterte wirthschaftliche Prinzipien in voller Ausdehnung zur Anwendung zu bringen, ob günstige Abbauten, durchgreifende Arron- dirungen der Feldlagen, völlige Beseitigung der Grundgerechtigkeiten und der kultur- hinderlichen Dienste und Beschränkungen, oder nur theilweise Resultate erreichbar blieben, und ob sich auf derselben ‚Flur im Laufe der Jahre ähnliche Geschäfte wieder- holten, darauf liessen sich die Angaben nicht ausdehnen. Auch blieben die Zahlen schon des unvollständigen Inhalts der Rezesse wegen vielfach ungenau, Aus Veranlassung der wichtigen Wendepunkte der Gesetzgebung in den Jahren 1820 und 1848 sind indess von den Generalkommissionen die nachfolgenden besonderen Uebersichten über die Lage der Geschäfte erfordert worden, für welehe die älteren Nachweisungen sorgfältiger Berichtigung und Ergänzung aus den Akten unterzogen worden sind. 1. Nachweisung der Hauptresultate sämmtlicher bis zum Schluss des Jahres 1820 von den Generalkommissionen bewirkten Regulirungen. Betrag der Län- Nene Zahl dereien der Rn = r a 5 Bessere Dotation | Betrag der in Folge I 5 wi Etablissements in Gemeinheitsthei- 4 Benennung der ET, irthe Folge der der von Regulirungen nac er über- g Regulirungen lungen Schulämter aufgehobenen der Fi Regulirung haupt — Generalkom- jerhänsig| resulir- & ae Betrag der Pal - | | Dotationen | an Spann- | Hand- Ländereien I in Far Flüch mission EV = dadurch frei- in A gewordenen = dienste dienste zu Morgen Ländereien Zahl der Fülle | Morgen] QR. | T. S. 9. | Morgen ı. Berlin... | 260084| 6 — 161 309 249|107| 30 516| 53 588 | | 2. Soldin. ... 178 986 10 24| 730 036 | 143 656 410.425 | } I 3. Stargard . | 537810| 4| 33 893 093 |168] 65 362 126 676 | I 4. Gr. Strelitz | 89523 | 29, 40) Sulkanpekknne 451465| 40 382 I 5. Marien- werder .. 181709| II 21) 590 359 173 | 77 162|127 130 6. Königsberg | 309274 | 76| 55/1649 539 884 | 138) 152 574 194 142 136 |173|3 939 ı Summa .. | 4293 | 2 237 | 18256 920 735 be 843 1256 12683495 |427 2054| 3 | | | l 2090| 1 557 386 Bemerkung. Die aufgehobenen Dienste belaufen sich weit höher, sind aber nicht genau zu ermitteln gewesen, weil vielfach Vergleiche abgeschlossen worden sind, in denen die Dienste nicht speziell ange- geben wurden. Im Gr. Strelitzer Bezirk sind die freigelegten Güter meist nicht vermessen. 432 XH. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. = 2. Zusammenstellung der Resultate der von den Auseinandersetzungsbehörden bis / Reewlirun sen, nnd vr Er Bei en = Regierungs- Flächen-| 2b! Fläche [ger a = ee Ä inhalt gerne ihrer }Dienst-und | an Diensten aufgehoben folgende Entschädi bezirke a Grund- Abgaben- V IE: en Pflichtiren Eigen- stücke ne Spanndienst-| Handdienst-| Kapital Geldrente Meilen | thümer Morgen löst haben Tage Tage Thlr. Thlr. 1. 2. FakHakEr 6. 7. S. 9. 1. Königsberg .... | *3834| 5176| 457,021 2350 | 169386] 230427l 291 9900| 59426 2. Gumbinnen .... 288,1] 1ogı 66 181 763 37 678 43 494 34 989 2 80I 3. Danziger er. 144,3 666 57 746 1431 4438| 5 296 7726| 12840 4. Marienwerder .. | *zı8ı| 6629| 544726 3946 | 164 110| 288988 39202| 78126 SEIKOSLN Eee: *23561 5587| 663 126 5940 | ‚4II528| 830898] 483847] 64.254 0, Stettin le nr. *2187 | 5128| 545 167 7075 | 406498 | 634 216| 919596) 75988 7. Bromberg ..... 20771 5971| 456790 4.074 41 226 909 377 32153) 122117 8:3 P.osens Ele er 3177| ıg 115 | 931230| 10928 |ı 574 680 3435 016 72586| 370512 9. Frankfurt... .. ... 3486| sıgo|l 471238| 21287 | 676679| 2058 591] 1361664] 128 095 ıo. Potsdam...... 37581 7466| 760034 18543 | 468410| 573638] 2810510] 138341 IT. Oppeln er..0: 239,71 4312| 154994| 17839 | 350282 | 1317 346| 509170| 58192 124 Breslau. „el... 244,6 19 990 31950 434760 | 3 518 871] 1173 595| 127 557 13. Liemitz...2..... 2469| 1229 49,362| 45225 | 631078 | 2711 264| 2509781] 153 121 14. Magdeburg .... 208,8 3 222| 40559 48 648 108 040| 3 913 391 74 425 15. Merseburg... . - 185,4 46939 | 132379| 124962| 1697432) 57097 16 Brfurte 2.0. . 6401| —- 5 687 14059| . 19818] 321249 2532 17. Minden ...... 95,4 3834 14 653 39980) 514411) 33356 18, Münster. u. cr 131,6 3 134 175431 18052| 843465) 22527 19. Arnsberg ..... 139,7 6358 1204 „1491 607 735 12 815 20. Düsseldorf , zstiich 44,6 56 181 286 3 476 21. Köln... | vom 38,1 34 625 - 22. Koblenz . are 32,5 B 134 363 2394 Summa 4550| 70582 | 5158 827| 289 651] 5 978 295 |16869 824] 18 544766 1 599 992 * Ausschliesslich der grossen Strandgewässer. Bd. I. S. 123. Die Nachweisung ist kreisweise durch unmittelbare Erhebung aus den Akten auf- gestellt, und in der Tabelle H. unter Berichtigung der inzwischen genauer ermittelten Flächengrösse der Kreise im einzelnen mitgetheilt*). Sie enthält nur die von den SEI *), Sie ist mit Reskript des Ministers für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten vom 18. August 1849, Berlin 1849, veröffentlicht. Ende 1848 ausgeführten Regulirungen, Ablösungen und Gemeinheitstheilungen. Ablösungen Gemeinheitstheilungen sungen sind Von den stipulir- ten Renten (Kolonne 9 u. 10) ——| sind später wieder gungen festgestellt; Bei den Regulirungen und Gemeinheitsthei- lungen sind separirt resp. von allen Holz-, Streu- und Hutungs-Servituten befreit: T ch Kapitz e > \ Fläche ihrer | Vermess ind Roggenrente Land ee Se a | ik | eo Schfäl. Morgen Thlr. | Schr. | Ger Besitzer Morgen Morgen SPEER le RER TER Fr N Pe (EBEN DE \ ERBEN SE EEE RE 9898| 125185 | 2042, 43 198 3 845 242 4252 4II 3988| 31709 39151 | 2337569 | 3148999 1138 I9 4Io 316 8298 | 974 015 1070 189 268, 20586 488 38356 | 3672839 | 4321522 15356| 349974 | 1762 16814 | 2972848 3 527 122 21593 | 240 640 g6ı 23656 | 2395835 2845 957 5 904 94 292 . 23 094 2 718 321 3 387 048 “ 4463| 112571 162 41 274 4 180 921 4866 g6L | 24 739 193 ooI | I0806| 4505 91592 | 4092 760 4 871 042 83 6gı1 212 gor 451 276 96122 | 3485 204 4 601 020 23603| 45255 - 23799 | 1210699 | 1768905 13426| 5137| - 45035 | 2270360 | 2350558 14 916 I 725 | 50 766 41 556 1998 226 2.437 455 13 064 6890 | 1415 197 132 3 035 240 3 422 307 9 987 7 070 1038 139 980 1982 196 2.480255 627 36 so 25 878 178 171 285 526 275 123 358 31417 337 242 780 123 404 36811 | 770907 1088 48 | 17 176 253 381 188 . 150 5 297 108 593 444 134 : 249436 | 1533 050 | 71169| 8024 | 985636 | 42819769 | 4.9637 777 Scheel in en Hafer, Gerste Scheffel und Weizen, Hafer. | eigentlichen Auseinandersetzungsbehörden geleiteten Geschäfte. mainen- und Forstverwaltung, der geistlichen Güterverwaltung für die 4 Paderborner Kreise, für das Eichsfeld und für die I \ vermessen. I Bemerkungen Unter der Fläche Kol. 16 sind grossentheils die Hof- u. Bau- stellen, Wege, Unland, Gärten nicht aufgeführt, obwohl die- selben auch vermessen wor- den. Es sind darauf ca. 1'r ÜUlMeilen zu rechnen. )- Westfalen und der Rhein- | provinz sindalle Grundstücke > schon bei Anfertigung des Grundsteuerkatasters (S. 13) Es fehlen die der Do- und der Tilgungskassen Grafschaft Wittgenstein. Endlich haben im Bezirke der Ablösungsordnungen vom Jahre 1829 und 1840 auch die ordentlichen Gerichte viele hier nicht aufgenommene Auseinandersetzungen bewirkt. Boden d. preuss. Staats. 28 A434 XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 3. Zusammenstellung der Resultate der bis Ende 1865 von den Auseinandersetzungs a ————————————————— Regulirungen und Ablö Bei den Regulirungen und Ablö Zahl der | Fläche ; = Behörden regulirten]| ihrer a 2: Kekse er folgende Entsehädi Bigen- | Gruma- [Mare] EN a geist Spanndienst| Handdienst | Kapital Geldrente aben Tage Tage Thaler Thaler 1: 2. 3. 4. Bh | 6. 7. | S. Generalkommissionen 1. in Berlin. „once. 7651 767 312 47 552| 486 876 638 171) 3650929 | 356255 2. „ Breslu......- 13 405 305 384 | 470044 | ı 597 774 | 13 398 047 6251343 1611618 3.1142, Merseburg, wen... 3 222| 333 976| 210335 370253 | IO 178 307 634 413 4 „ Münster ».....- _ _ 96819| 72.118 142 916| 8932 390| 244 082 5. „» Posen... . er... 26471 |r457818| 889182044694 | 4507799| 235 270 | 1108372 6. „ Stargard... ...* 11056 |1238 570 64 336| ‚831924 | 1499035| 2383 575| 540291 Regierungen 7. in Frankfurt. ..... 9272 | 513546| 75010] 713656, 2374799| 2380366| 417240 8. „ Danzig ......» 1389 II5 453 9 206 10 835 33 445 65 894 | 122035 9. „ Gumbinnen ....»-» 1091 66 181 7305 37 678 | 43 72% 151 540 32 401 10. „ Königsberg... - -» 5375 470 580 11759| 1713384) 231993 732180| 159 476 Ir. „ Marienwerder ... 7575 576 o66 22135| 167295| 300151 178890| 226.985 12.05 Kölnadel ee er — _ — 13. „ Düsseldorf .....» _ _ _ _ E= _ _ 14. „ Koblenz. .....- _ E= 53 249 _ -- 495 1060| 42.960 15. - Aachen ..... +» — — _ _ — = = TON ITIELI ee elsrenagelfe _ _ _ _ _ _ —_ 17. „ Sigmaringen ...- _ — 23 683 —_ _ 2 606.459 — Summa... | 83 288 |5 511132 | 1303 992 6 344 569 | 23 540 331 | 38 242 249 | 5 490 128 Unter der Kolonne 8 sind, wie die Zusammenstellung der bis zum T. Oktober 1865 Anlagen ergiebt, 3 620 735,5 Thlr. Renten enthalten, die auf die Königl. Rentenbanken über Die Tabelle H.4. der Anlagen weist nach, welche Geschäfte Ende 1865 bei den Aus XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 435 behörden ausgeführten Regulirungen, Ablösungen und Gemeinheitstheilungen. sungen Gemeinheitstheilungen sungen sind Bei den Regulirungen und Gemein- heitstheilungen sind separirt, resp. von allen Holz-, Streu- und Hutungs- Bemerkungen Servituten befreit: Roggen- Zahl Fläche Vermessen Land ihrer Grund- | sind bis rente der = | BE stücke \ Ende 1865 Besitzer Schefiel | Morgen | Morgen | Morgen Fern 100272 217314] ııgı55| 4664929| 4899705 53 50I 148565] 208697 | 7281829| 7411301 44.675 17 342 589 154| 3507408 | 8 906 900 Zu 3. Diese Zahlen umfassen zugleich die von der vor- maligen Generalkommission in Stendal erzielten 3 748 1734| 151607 | 2574474 = Resultate. 6 | | Durch die Generalkommission in Merseburg wur- 13 969 215 852 98 271 | 10042331| 8485255 den ausserdem auf Grund bestehender Staatsver- träge: im Fürstenthum Schwarzburg - Rudolstadt von 2246 Pflich- tigen die Dienste und Abgaben gegen Entschädi- | gungen von zusammen 48633 Thaler Kapital, | 269 Thaler Geldrente und 2 Morgen Land abge- 28999 | 194443] 130176| 5137572) 5174886 löst, und | das Grundeigenthum von 7845 Besitzern im Umfange von 87146 Morgen separirt, beziehungsweise von 53089 | 643457| 90209 | 7147280, 6836579 1451 22 888 12257| 1250567| 1217049 7 | - 2 allen darauf haftenden Servituten befreit; 31988 “= 769 5 338113990213.1737 56 57% im Fürstenthum Schwarzburg -Sondershausen der Grundbe- 10800 | 130796 68333 | 5498535 | 5443 271 sitz von 13210 Eigenthümern im Flächeninhalte | von 156 296 Morgen theils separirt, theils von allen 428 21 961 52316) 4270475| 4454214 darauf haftenden Servituten befreit. = — 3 330 12 136 —_ 77 Z 969 S7Ul 671 _ 3.097 44 712 Tu = 9729 23 872 — _ _ 6127 71.077 E — = 145 4.996 = nn nn nn m nn m nn 315 591 | 1646 wı:@osıo 59 827 477 | 56 585 732 von den einzelnen Provinzialrentenbanken ausgestellten Rentenbriefe in Tabelle H. ı. der nommen wurden. einandersetzungsbehörden anhängig geblieben sind. 28* 436 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. Zur theilweisen Ergänzung dieser Zusammenstellungen bezüglich der von den Regierungen vorgenommenen Auseinandersetzungen (vergl. S. 402) sind in Tabelle H. r. der Anlagen die Domainenamortisationsrenten in ihrem allmählichen Anwachsen seit den auf Grund des Gesetzes vom 2. März 1850 begonnenen Ablösungen nachgewiesen. Nach- dem nunmehr diese Geschäfte nahezu abgeschlossen, ist die Summe der Renten während der Amortisationsperiode ziemlich gleichbleibend, und betrug in den letzten 5 Jahren durchschnittlich jährlich 2 304 684 Thlr. Sie umfassen alle Reallasten, die dem Do- ınainenfiskus zustanden, soweit dieselben nicht in Kapital gezahlt oder nach $ 65 des Gesetzes vom 2. März 1850 noch zu zahlen sind. Nach derselben Tabelle erreicht das in den letzten ro Jahren an den Königl. Fiskus abgetragene Abfindungskapital zu- sammen den Betrag von 2 792 006 Thlr. Tabelle H. 2. stellt den Fortgang der fiskalischen Forstservitutenablösungen seit 1860 (vergl. $S. 414) zusammen, und weist nach, dass in den Jahren 1857—ı865 90333 Morgen Forstland, 2 964 27ı Thlr. Kapital und 210 431 Thlr. Renten als Abfindung für Forstservituten festgestellt worden sind, und dass die Kapitalabfindungen in den Jahren 1846—ı856 1 046 207 Thlr. betrugen. Für den allgemeinen Ueberblick geben diese Zahlen genügende Anhaltspunkte. Ueber 83 ooo Eigenthümer mit 5', Million Morgen Grundbesitz sind im Staate regulirt worden. Nach Zahl und Fläche fällt von ihnen mehr als der vierte Theil auf die Provinz Posen. Nächst Posen steht Schlesien mit einer etwa halb so grossen An- zahl gering beäckerter Besitzer und Pommern mit einer zwar etwas geringeren Zahl, aber sehr beträchtlicher Fläche der regulirten Güter. Die durehschnittliche Grösse einer regulirten Besitzung beträgt im Staate 66 Morgen, nach den einzelnen Provinzen aber: in Ostpreussen . . . 77 Morgen, in Westpreusen . . 77 = InSRommern re ne a LRZ „ inKBRösennfs-ha: meh ena55 ® inkder Mark ya. .eusdıco = in@den, Bausitzue u 57; > in Schlesien nur . . 23 Morgen, in den westlichen Provinzen gab es überhaupt gar keine der Regulirung zu unterwerfen- den Besitzungen, auch in der Provinz Sachsen sind deren nur 3 gefunden worden. Die durch Ablösung von den Reallasten befreiten Wirthschaften erreichen nach der Zusammenstellung 4 in Kol. 5 in Schlesien und Sachsen bei weitem die grösste Zahl, indess sind im Verhältniss zur Fläche auch die Regierungsbezirke Koblenz und Hohen- zollern nicht unbedeutend betheiligt. Leider lassen sich die Zahlen der Pflichtigen aus den verschiedenen Provinzen nicht füglich vergleichen, weil überall da, wo vor dem Gesetz vom 2. März 1850 Spann- oder Handdienste abgelöst wurden, dieselben Ver- pflichteten in der Regel bei den Reallastenablösungen nach 1850 als Rentenpflichtige und wegen anderer Reallasten wieder erscheinen. , Sicher dagegen sind die Zahlen der abgelösten Hand- und Spanndiensttage als ein Minimum. In beiden treten Schlesien, Posen und die Lausitz besonders hervor. Nimmt man an, dass bei einem Zwangsdiensttage die Zeit- und Kraftverschwendung wegen nachlässiger Arbeit und sonstiger Versäumniss auch nur ein Viertheil der Tagesleistung beträgt, so gewinnt die Nationalarbeit durch diese Ablösungen jährlich ıY, Million XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 437 Handarbeits- und 5‘; Millionen Gespannarbeitstage, die auf einen Jahreswerth von mindestens 5 Millionen Thaler zu veranschlagen sind. Rechnet man die mit Sicherheit feststehenden Abfindungen für Realberechtigungen, unter Ausscheidung aller möglicherweise doppelt in den Nachweisungen erscheinenden, in Kapital um, und schlägt dabei den Morgen Kulturland nur zu 20, den Morgen Forst- land zu ıo Thlr. und den Scheffel Roggen zu ı Thlr. Werth an, so stellt sich bei zofacher Kapitalisirung folgendes Abfindungskapital heraus: a) an Baarkapitalabfindungen vor den Auseinandersetzungsbehör- denA(S AsA)I nn: . 38242249 Thlr. b) an Rentenbriefkapitalab indungen (matar Ausschluss der nn tisationsquoten TabelleH. ı.) . . - . 7979478390 c) an Schuldverschreibungen der Padishomscheh and Eichsfelder Tilgungskassen (Tabelle H. ı.). . . er Zar 7 070 5 d) an Roggenrente kapitalisirt (S. 435) 315 991 Schfil. Run. 6319820 „ e) an Landabfindung (1 646 121 Morg. Kulturland, S. 435) . . 32922420 „ f) an Baarkapitalabfindungen des Domainenfiskus (Tabelle H. 2.) 2792006 _ g) an Domainenrentenablösungskapital (nach den 4 prozentigen Zin- sen in Kol. Bemerkungen der Tabelle H. 2. berechnet) . . 41490752 _ h) an Forstkapitalabfindungen (Tabelle H. 3.) . .». .».... 4010478 „, ji) an Forstrenten kapitalisirt (ebd.) : - . . .. 2.200. 4208 620 . k) an Forstlandabfindung (90 333 Morgen, ebd) . . ... 903,330" 5 een ne he ana Erros TE Für die Erfolge der @emeinheitstheilungen lassen sich solche allgemeine Anhalts- punkte weniger leicht gewinnen, weder die Zahl der Besitzer noch die separirte oder vermessene Fläche giebt ein Bild des erreichten Nutzens. Derselbe bedarf allerdings im allgemeinen kaum des näheren Nachweises. Die Freiheit von Grundgerechtigkeiten ist unter allen Verhältnissen als die erste Bedingung energischer und rationeller Wirthschaftsführung anerkannt, und die Zusammenlegung der Grundstücke findet zwar wegen der unvermeidlichen Nachtheile während der Uebergangszeit nicht allgemein Anklang, zeigt aber überall, sobald die erste Ein- richtung überwunden ist, den unleugbar grossen Gewinn, den sie dem Aufschwunge der Landwirthschaft gewährt. Erst bei verhältnissmässiger Arrondirung werden zweck- mässige Feldeintheilungen und Fruchtfolgen für den einzelnen Wirth ausführbar und Meliorationsanlagen entsprechend rentabel, die Separation schafft ihm zugleich den Vor- theil geringerer Entfernungen, einer festen Begrenzung, leichterer Aufsicht, der Her- stellung der geeigneten’Zugänglichkeit und der durch die gemeinschaftliche Kraft leicht ausführbaren, guten und dauernden Anlage der Wege; dazu kommen verschiedene Er- leichterungen durch die allgemeine Ordnung der Rechts- und Leistungsverhältnisse in der Kommune für den gemeinschaftlichen Besitz und die gemeinschaftlichen Bedürf- nisse, Verminderung des Felddiebstahls und der Streitigkeiten zwischen den Nachbarn, grössere Einsicht in die wirthschaftlichen Bodenkräfte überhaupt und Aehnliches. Allerdings aber ist dieser Einfluss nach den einzelnen Oertlichkeiten und na- mentlich nach der Grösse des durchschnittlichen Besitzstandes der einzelnen Interessenten immerhin verschieden. Nach der Nachweisung 3 beträgt die durchschnittliche Fläche jedes betheiligten Landgutes: 438 XI. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. in Östpreussen . . . . 70, preuss. Morgen, Westpreussens.e 2235 0205 a Bommerngse re 7 n Posen re ETo3ior 5 " denfMarken rer za = dersDanstz ee gan > Schlesienyaet ES Madsen 2 dagegen in Sachsen nur . . . . 14, preuss. Morgen, estfalenenkr re 0ue 6,0, ) und in Rheinland. . . .. 67 >» = Hiernach ist der Besitzstand der zu Separirenden in den Landestheilen links und rechts der Elbe erheblich verschieden und steigert sich in Posen und Westpreussen bis zu beträchtlicher Grösse. Wo die Flächen so bedeutend werden, liest der Nutzen der Arrondirung vor- zugsweise in der Möglichkeit zweckmässiger Schlagwirthschaft, der sparsameren und doch kräftigeren Verwendung der Gespanne, dem Gebrauch von Maschinen und besseren Werkzeugen, anderer Bestellungsweise, Quarreepflügen, Quereggen, der Ausführbarkeit bedeutender Meliorationen, Quellenabzügen, Drainirungen, Planirungen, der Ausübung von Hutungen zu geeigneter Zeit, Verminderung der Aufsichts- und Generalunkosten und ähnlichen Vortheilen, welche allerdings bei der Um- und Zusammenlegung klei- nerer Parzellen nicht so wesentlich ins Gewicht fallen können. Es hat sich aber auch in Sachsen auf der geschilderten, ausserordentlich par- zellirten, vielfach aus Wandeläckern bestehenden Feldeintheilung in Gewanne, bei welcher, wie die oben gegebenen Beispiele zeigen, auch die Zahl der Besitzer überaus gross ist, der Besitzstand also auch nach der Separation im wesentlichen ein kleiner bleiben muss, der Nutzen der Zusammenlegung in hohem Grade herausgestellt, auch darin hat die S. 354 erwähnte Reise rheinischer Landwirthe zur bestimmteren Feststellung und Berechnung einiger Ergebnisse Veranlassung gegeben. In den genannten Feldmarken Grossen- und Altengottern ist allein der Gewinn, der dureh die Beseitigung der früher unbenutzt gebliebenen Grenzfurchen erwuchs, berechnet: in Grossengottern bei 6 833 Morgen Fläche auf 300 Morgen zu 45 300 Sgr., in Altengottern „ 6101 & S 337 2" n.44484 „ Ertrag. Die Vermehrung des Ertragswerthes haben die Interessenten selbst angegeben: vom Acker auf den 10. Theil oder in Grossengottern auf . « . 91034 Sgr. jährlich, S in Altengottern auf . . . . 70793 » n von den Wiesen auf den ı2. Theil oder in Grossengottern auf . ıroI0o „ n in Altengottern auf . . 10175 „ u von der Grundweide nach Abzug der Kulturkosten auf das sechs- fache der zur Wiesenkultur geeigneten Stücke, also in Grossengottern auf . 25 160 „ 5 in Altengottern auf . . 14763 „ n Die Ersparung an Arbeit, weil früher alles Land auf den Grenzen, um den Besitzstand der schmalen Stücke zu sichern, von 172 504 Sgr. jährlich, Uebertrag . . 140215 „7 » XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. 439 172 504 Sgr. jährlich 140215 „ b) beiden Besitzern bei jeder Arbeit doppelt gepflügt wurde, nach Abzug von Brache und Spatenkultur in Grossengottern auf . . 16944 „ Melin Altengottern auf . . . 1805 „ " Al durch Ausfall unnützer Wege, Erleichterung des Schutzes gegen Unkraut und Ungeziefer, freie Bewegung erspart ist der 4. Theil der Kosten angegeben worden in Grossengottern auf . . 98376 „ 5 in Altengottern uf . . 84538 „ ebenso an Aussaat, welche bei den meist nur ı,: Ruthen breiten Stücken über die Grenze geworfen und dort als Uebersäung zu Grunde ging, der 5. Theil des Saatkorns, Abzug von Brache und Uebertrag ‚ein tet] Spatenkultur, sin Grossengöttern.auf . - . . 2 0 2 .0....2331260. y > in Altengotten auf . . . . re 220000 = Die Ersparniss beträgt danach für Grofsenpnttern ESCHE 5 für Altengottern . . . 1... 272405 „ 5 zusammen . . . 593 389 Sgr. er oder auf 12 934 Morgen 19779%, Thlr., d. h. auf jeden Morgen jährlich r Thlr. 155, Sgr. Die Kosten der Separation betrugen in Grossengottern einschliesslich 13 800 lau- fenden Ruthen (ca. 7 Meilen) Entwässerungsgräben, neuen Wegen, Brücken u. dgl. 24720 Thlr., in Altengottern bei ro 880 laufenden Ruthen (ca. 51,» Meilen) Gräben und verschiedenen Wegeanlagen, der Regulirung der Unstrut u. dgl. . zıgry „ zusammen . .„ . 46634 Thlr., oder auf 12 934 Morgen je 3%, Thlr., was wegen der bedeutenden Entwässerungsanlagen ungewöhnlich hoch ist, im Vergleich zu dem Nutzen aber von den Interessenten sehr wohl übernommen werden konnte. — In der Provinz Pommern und Posen, namentlich aber in Preussen sind zahl- reiche Abbauten bewirkt worden. In Schlesien ist in älterer Zeit vielfach eine den geschilderten Waldhufen ähnliche Auftheilung für zweckmässig erachtet und von den Interessenten gefordert worden, welche den Besitzstand eines jeden grösseren Gutes von dem im Beringe der geschlossenen Ortschaft belegenen Gehöfte aus in einem zusam- menhängenden, keilförmig bis zur Gemarkungsgrenze auslaufenden Streifen gewährte, und so die Flur fächerförmig zerlegte. Dies ist später vermieden worden. Mehr und mehr hat man überall weniger auf durchaus zusammenhängende Feldlagen, als auf möglichst viereckige, in sich gleichartige, der Bestellung und Schlageintheilung so viel als thunlieh förderliche Ackerstücke Werth gelegt, und ist überhaupt in erfah- rungsmässiger Berücksichtigung des örtlich und wirthschaftlich Zweckmässigen fort- geschritten. Die Kultur der Gegend, der Werth des Landes, die wirthschaftliche Einsicht der Interessenten stehen in einer gewissen Wechselbeziehung mit der Art der Bearbei- tung der Separationen. In unkultivirteren Gegenden hat letztere nicht nöthig, ein- gehendere Rücksicht auf die bestehenden Wirthschaftsverhältnisse zu nehmen, sie erfüllt ihren Zweek, wenn sie die Möglichkeit künftiger Verbesserungen sicher stellt und mit geringen Kosten rasch zum Ziele kommt. In Gegenden mit einem höheren Anbau, bei allgemein üblicher Kultur von Handelsfrüchten und gartenmässiger Wirthschaft kann, AAO XII. Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung, Regulirung, Reallastenablösung. wenn auch unter Anwendung höherer Kosten, nur eine sehr sorgfältige Erwägung aller Einzelheiten und eine ganz genaue und spezielle Ermittelung und Ausgleichung der ört- lichen Verhältnisse das erwünschte Ziel erreichen und zugleich die schwierige Ueber- gangszeit, die mit jeder Separation verbunden ist, durch geeignete Anordnungen weniger nachtheilig und dauernd machen. Es ist desshalb nicht zu bedauern, dass die Separa- tionsarbeiten erst in den letzten Jahrzehnten zur Lösung der schwierigeren Aufgaben gelangt sind, welche ihnen das sächsische, westfälische und rheinische Gebirgsland stellt. Dagegen ist es erfreulich, dass nach dem Zeugniss der eben erwähnten Kom- mission, welche grade die sächsischen und westfälischen separirten Feldmarken besuchte, um ein Urtheil über die Durchführbarkeit der Konsolidationen am Rhein zu gewinnen, „Hunderte von Betheiligten aus allen Berufsklassen und von den verschiedensten Graden der Bildung und des Vermögens in ungezwungenster Weise und ohne, dass irgend eine Einwirkung auf ihre Meinungsäusserungen möglich gewesen, ihre volle Befriedigung mit den dort stattgefundenen Separationen ausgesprochen haben. Sie haben geschildert, mit welchen Besorgnissen die Meisten dem vermeintlichen Unheil der Separation ent- gegengesehen, wie viele lebhaft opponirt, wie sich nach und nach während der Ausfüh- rung die Meinungen geändert und endlich fast Alle, bis auf die Wenigen, die über- haupt jeder Veränderung entgegen sind, oder ihre besonderen Motive zum Widerspruch haben, vollkommen befriedigt seien. Selbst von den vereinzelten Beschwerdeführern, denen die Unbegründetheit ihrer Klagen in der Regel für die Kommission überzeugend dargethan werden konnte, wurde im allgemeinen weniger bestritten, dass aus der Se- paration auch ihnen überwiegende Vortheile erwachsen wären, als eine Vergleichung mit anderen angestellt, welche daraus noch grösseren Nutzen gezogen hätten.“ In der That ist auch sowohl in diesen von der Kommission besuchten, als in den seit langer Zeit schon im Separationsverfahren begriffen gewesenen nördlicheren Provinzen die Um- und Zusammenlegung überall als ein grossartiger und segensreicher Fortschritt empfunden worden, und die im landwirthschaftlichen Ministerium im November 1859 bearbeitete Denkschrift über die staatlichen Massregeln zur Förderung der Landeskultur in Preussen durfte mit Recht sagen: „die erwarteten Wirkungen der Agrargesetze sind nicht ausgeblieben, an die Stelle der Erschlaffung ist eine erfreuliche Regsamkeit der ländlichen Bevölkerung getreten; der Ausführung der Separation folgte der Wetteifer der grossen und kleinen Grundbesitzer auf dem Fusse, ihre Ländereien durch die mannigfachsten Meliorationen in einen erhöhten Kulturzustand zu versetzen, und durch eine möglichst vortheilhafte Verwendung deren Erträge zu steigern. Mit Hülfe der vermehrten Produktion von Lebensmitteln wird die Bevölkerung des Staates, ungeachtet ihrer bedeutenden Zunahme, jetzt reichlicher ernährt, als sonst und daneben ein beträchtlicher Theil der landwirthschaftlichen Erzeugnisse an das Ausland abgesetzt. Das Zusammentreffen glücklicher Konjunkturen hat unter den Besitzern der Bauern- güter sowohl als der Rittergüter eine allgemeine Wohlhabenheit verbreitet, und die Erwerbspreise aller Landgüter haben sich wegen deren ungehinderter Kulturfähigkeit und der unbegrenzten Konkurrenz der Käufer fast bis zum Uebermasse gehoben.“ XM. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Das Landesmeliorationswesen hat Urbarmachungen bisher ungenügend benutzter Ländereien, Eindeichungen überschwemmter Fluss-, Hafl- oder Meeresniederungen, Ent- und Bewässerungen deren bedürftiger Terrainlagen, Bewaldungen kahler Berge oder » Sandflächen, Befestigung von Dünen und ähnliche Kulturarbeiten zum Gegenstande. Aus mancherlei Gründen des allgemeinen Wohls kann der Staat solche Boden- verbesserungen mit seinen eigenen überlegenen Kräften und Hülfsmitteln betreiben. Un- ' zweifelhaft aber fällt der grösste Theil derselben den allmählichen und stetigen Wir- kungen der landwirthschaftlichen Thätigkeit der Privaten zu. Die Summe aller der sogenannten Meliorationsarbeiten, welche neben dem regelmässigen Wirthschaftsbetriebe oft klein nnd kaum bewusst, oft planmässig und bis zur Grösse und Selbständigkeit von Anlagen ausgeführt werden, die ein eigenes Schuldenwesen rechtfertigen, bildet eine unmerklich anwachsende und jeder genaueren Feststellung entzogene, aber von Periode zu Periode sehr beträchtliche Vermehrung des Nationalkapitals.. Neben ihnen müssen die eigenen Unternehmungen des Staates ihrer Natur nach vereinzelt bleiben; und je vorgeschrittener sich die wirthschaftlichen Zustände gestalten, desto weniger werden eigentliche Staatsanlagen den- Ausgangspunkt des Meliorationswesens bilden, vielmehr wird für dasselbe die Förderung der Privatthätigkeit, ihre Anregung und Unterstützung und die möglichst zweckdienliche gesetzliche Gestaltung der einschlagenden öffentlichen und privaten Rechtsnormen in den Vordergrund treten. Aus dieser entwickelteren Rich- tung, welche Friedrich der Grosse einzuschlagen begann, ist der Inhalt des die Melio- rationen betreffenden Theiles der preussischen Landeskulturgesetzgebung hervorgegangen. Schon lange vorher aber, ehe auf diesem Gebiete an eine erhebliche Wirkung allgemeiner Gesetze gedacht werden konnte, hat derselbe persönliche Einfluss der Brandenburgischen Fürsten, der in dem Fortschritt der Kolonisationen als ein besonders glücklicher hervortrat, auch in den mit diesen Unternehmungen nahe verknüpften Bodenmeliorationen grosse Bedeutung für das Staatsgebiet erlangt. Die Art, wie bei der wenig fruchtbaren Natur des Landes ein grosser Theil der besten Strecken des heutigen Kulturbodens dem Wasser und der Wildniss abgerungen A42 XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. worden ist, bildet eine nothwendige und anziehende Ergänzung des Bildes der Besiedelung. Leider lassen sich im Rückblick nur einige der wichtigsten Thatsachen anführen, weil dies Gebiet, trotz seiner Bedeutung für die Kulturentwickelung des Staates einer zusammenhängenden Bearbeitung bis jetzt noch ermangelt. — Man darf sagen, dass in der Hauptsache die gesammte Kolonisirung der Slawen- länder auf dem Gedanken der Landesmelioration beruhte. So natürlich vielleicht in jener Zeit ein Abfliessen der niederländischen und mitteldeutschen Bevölkerung nach Nordosten sein mochte, so lag doch Kraft und Halt für die Ansiedler im wesentlichen in dem Streben der einheimischen Fürsten und Grossen, durch sie die Kultur und die Einkünfte ihrer Besitzungen zu heben. Unter diesen Fürsten zeichnet sich Albrecht der Bär ganz besonders durch den srossartigen Massstab und die Energie aus, mit der er die noch verhältnissmässig neue Idee ergriff. Er suchte und warb die Kolonisten und erreichte in wenigen Jahrzehnten, was in Schlesien und Pommern, trotz friedlicher und vielfach günstigerer Verhältnisse, mehr als ein Jahrhundert erforderte. Seit jener Zeit schreibt sich Kunde und Kunst der Meliorationsarbeiten und des mit ihnen nothwendis verknüpften Wasserbaues her. Wie schon Friedrich von Bremen mit seinen Kolonieen wesentlich das Interesse der Urbarmachung, Eindeiehung. und Entwässerung grosser Bruchländereien verfolgt hatte, so kultivirte auch Albrecht die jährlich hoch überflutbete Wische durch Ansiedler, und namentlich die holländischen Kolonisten wurden für ganz Norddeutschland unbe- stritten die Lehrmeister für ‚diese Thätigkeit. ü Es lässt sich zwar nicht bezweifeln, dass auch den Slawen um diese Zeit Ver- dämmungen und Kulturen von Bruchland schon seit lange in gewissem Grade bekannt waren. Ihre Vorliebe für das Wasser und die Anlage zahlreicher fester Plätze, Städte und Dorfschaften in sumpfigem, der Ueberschwemmung ausgesetztem Terrain sprechen dafür. Die Nachrichten grösserer, zusammenhängender Eindeichungen und Entwässerungen aber reichen im nördlichen Deutschland im wesentlichen nicht weiter als bis zu dem Auftreten der flämischen Kolonisten zurück, und es ist sicher, dass mit dieser Koloni- sation eine Periode höchst bedeutender und für die damaligen Mittel überaus kühner Wasserbauten begann. Das Recht, eine Wassermühle anzulegen, und die Zuweisung dazu geeigneter Theile der Gemarkung, bildet eine fast unerlässliche Mitbedingung in den Austhuungs- urkunden der deutschen Dörfer. Häufig behielt sich der Gutsherr die Anlage vor, oft auch überkam der Scholz dies Recht. Jedenfalls wurde es als ein dem Bedürfniss der neuen Anlage entsprechendes, nutzbares, niederes Regal angesehen. Diesem Gedanken ist die ausserordentlich grosse Verbreitung der Mühlenbauwerke auch in solchen Lagen zuzuschreiben, welche des geringen Zuflusses und Gefälles wegen die Aufstauung in Teichen und Grabenzügen nöthig machten, und eine gegenwärtig lebhaft empfundene, den Werth der Mühlen oft weit übersteigende Benachtheiligung von Kulturländereien in sich schliessen. Schon diese Anlagen an kleineren Gewässern können ohne grössere Uebung und Kenntniss vom Wehr-, Schleussen- und Dammbau nicht gedacht werden. Wir wissen aber auch, dass die Wehr- und Mühlenanlagen in grossen Strömen, bei- spielsweise die Mühlen in der Oder bei Breslau“) dieser Zeit bereits angehören. Die Eindeichung der Wische erforderte, wenn sie ihrem Zwecke dienen sollte, *) C. Grünhagen, Breslau unter den Piasten, Breslau 1861, S. 79. XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 443 starke Dämme gegen Elbe und Aland und gleichzeitig bedeutende Schleussenanlagen für die Binnenwässer. a Das klarste Zeugniss aber, dass man damals auch vor den grössten Aufgaben nicht zurückschreckte, war die von dem Landmeister Meinhard v. Querfurt 1288 unter- nommene und durch die Arbeit von Tausenden von Menschen und Wagen im Laufe von 6 Jahren durchgeführte Eindeichung der Weichsel und Nogat*). Die Weiehselwerder waren bis dahin eine wilde Sumpfgegend, in weleher nur 5 ärmliche Dörfer auf einigen Anhöhen bestanden; von da an konnte die gesammte Fläche besiedelt werden und er- hielt in der Hauptsache ihre heutige Gestalt. ; Die Ueberlieferungen dieser frühen Zeit erloschen nicht wieder. Für die Wische wurde schon unter dem zr. Juli 1476 eine Deichordnung er- lassen, die im wesentlichen in den späteren Revisionen und in dem gegenwärtig gelten- den Statut von 1726 nur wiederholt wurde und aus der hervorgeht, dass schon vorher eine ähnliche Deichordnung in Kraft war. Für die Weichselwerder aber verwaltet das aus den Deichgenossen hervorgehende Deichgräfenkollegium die Deiche noch gegenwärtig nach einer von 1461 (?) datirenden Verordnung des Deutschen Ordens, welcher König- liche Dekrete von 1526, 42 und 63 und die Dammordnung von 1676 folsten. Trotz aller Schwierigkeit und Noth der Zeitläufe wurden die alten Anlagen er- halten und vielfach fortentwiekelt. Der Verfall der Eindeichungen hätte zu viele An- wohner in Mitleidenschaft gezogen. Das Deichrecht auf seiner Grundlage: „wer nicht will deichen, der muss weichen“, erhielt eine reiche Ausbildung. In den Verbänden lebte der Sinn für genossenschaftliche Beihülfe; theils herkömmlich, theils auf höhere Vorschrift bestanden Deichverbände, Deichgerichte, Deichgrafen. Dass auch die Lan- desherren diesen Einrichtungen ihre Fürsorge zuwandten und häufig schr kräftig für die Aufrechthaltung eingriffen, zeigen schon die angeführten Verordnungen, welche kei- neswegs allein stehen. Es ist auch kaum ein Zweifel, dass namentlich seit des Kur- fürsten Johann Cieero Regierung unmittelbar manches für die Verbesserung der Meliora- tionsanlagen und die Erhöhung der Kultur wenigstens auf den landesherrlichen Aemtern geschah. Genauere Berichte aber‘sind erst wieder von den Unternehmungen bekannt, mit denen der Grosse Kurfürst nach dem zojährigen Kriege den alten Gedanken der Bruchbesiedelungen aufs neue aufnahm, Obwohl Friedrich Wilhelm der grossen Kolonistenzahl, die er herbeizog, über- wiegend die vom Kriege wüsten Dorfstätten zuwies, wendete er der Verbesserung un- kultivirter Ländereien dennoch grosse Aufmerksamkeit zu. Er förderte solche Ent- wässerungen im Zusammenhange mit den Arbeiten an den Schifffahrtskanälen zwischen der Oder, Spree und Havel, dem Müllroser- und Finowkanal: auch wurde ausge- dehnter im Amte Liebenwalde, ebenso im Netze- und im Dossebruch und um Potsdam meliorirt und kolonisirt. Besonders umfassende Verbesserungen dieser Art aber fanden im Amte Bützow statt, welehes der Kurfürst seiner von ihm in so hohem Grade ver- ehrten Gemahlin Louise Henriette von Oranien schenkte. An Stelle des dortigen Jagdschlosses entstand das Schloss Oranienburg, in dessen weiteren Umgebungen durch holländische Meier Vorwerke angelegt, Kolonisten für Garten- und Wiesenbau angesetzt und Wirthschaften nach holländischem Vorbilde eingerichtet wurden. Er entwarf auch bereits den Plan, die Rhin- und Havelbrüche zu entwässern, *) J. Voigt, Geschiehte Preussens. IV.33. Meinhard war vorher Komthur in Brandenburg. AAA XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Friedrich I. setzte diese Thätigkeit in Verbindung mit seinen bedeutenden Koloni- sationen fort. Namentlich geschah vieles in der Provinz Preussen. Er begann zugleich den Entwässerungen allgemeinere gesetzliche und polizeiliche Grundlagen zu geben. In dem Edikte „wegen derer Wasserleitungen in Brüchen und Niederungen“ vom 25. Fe- bruar 1704 ergriff er von staatswegen die oberste Leitung aller Entwässerungen und suchte mit Nachdruck diesen Meliorationen auch auf den Besitzungen der Privaten Eingang zu schaffen. Es wurden für diesen Zweck besondere Ingenieure bestimmt, welche neben der Sorge für die Graben- und Flussräumungen, die „Luche, Brüche und Niederungen durch Wasserleitungen immer mehr urbar zu machen und, nach Ueberlegung mit den Gutsherren, bei Weigerung damit dennoch exekutive vorzugehen hatten“ *). — Friedrich Wilhelm I. nahm kurze Zeit nach seinem Regierungsantritte die Pläne seines Grossvaters bezüglich der Havelbrüche wieder auf. Dieses Unternehmen steht als glänzendes Beispiel für alle Folgezeit da. Die Bruchflächen des Rhin- und Havelländischen Luchs, die eine Ausdehnung von zusammen nahezu 22 D[]Meilen hatten, schildern die Berichte aus jener Zeit als eine wassergleiche Moorebene von zusammengefilztem Wurzelgeflecht und Rietgräsern bedeckt, und von zahlreichen sogenannten Horsten, sandigen, mit Wald bedeckten Hügeln, unter- brochen. In jedem Frühjahr quoll der Boden durch das eiudringende Grundwasser auf, die Rasendecke hob sich und bildete eine schwimmende, elastische Fläche, die unter den Schritten schwankte und einbrach, die zwischenliegenden festen Stellen aber wurden überschwemmt, und der grösste Theil des Luchs war nur im hohen Sommer und bei trockener Witterung zu passiren. Seine Nutzungen waren höchst unbedeutend, es war vorzugsweise ein Aufenthalt für zahlreiches Wild und ausserordentliche Massen von Sumpf- und Wasservögeln. Die umliegenden Ortschaften verloren jährlich eine Anzahl Weidekühe durch Versinken im Morast und durch Krankheiten. Gemähtes Gras musste meist bis in den Winter auf Haufen stehen, um bei Frost eingefahren zu werden, und verdarb durch Fäulniss oder Wind bisweilen so weit, dass Futternoth enstand. Der König gab unter dem 30. Mai 1714”) einer Kommission auf, das Luch durch Ingenieure aufzunehmen und eine Karte davon anfertigen zu lassen, auch die Rechte aller Derjenigen, welche Antheil daran hätten, zu prüfen und über die Art, wie dasselbe auszutrocknen sei, zu berichten. Obwohl das Unternehmen von den mitbetheiligten Grund- besitzern für unausführbar oder erfolglos erachtet und Schwierigkeiten der verschieden- sten Art vorausgesehen wurden, erkannte er den Ungrund der erhobenen Bedenken, befahl am 27. Januar 1718 dem Öberjägermeister von Hertefeld die Bearbeitung eines Planes und Kostenanschlages und erliess auf Grund der günstigen Begutachtung des letzteren schon am 14. März 1718 eine Botschaft an die Luchinteressenten, welche ihnen die Verpflichtung auferlegte, zu den Kosten der Ausführung nach der Morgenzahl ihres Antheils beizutragen, wobei die Königliche Kasse erforderlichen Falls verzinsliche Vorschüsse machen werde. Bereits im Juni nahm die Arbeit an 3 Orten, bei Hohennauen, Friesack und bei den Ahrenshorsten, gleichzeitig. ihren Anfang, 1719 wurden über 1000 Arbeiter in immer *) Mylius, Corp. Const. March. Th. IV. Abth. II. Cp. IV. N. 10. — A. Nieberding, Wasserrecht und Wasserpolizei im preuss. Staate, Breslau 1866, S. 10. **) Riedel, Märkische Forschungen Bd. I. p. 55. — Berghaus a. a. O. I. S. 408. XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. A45 wachsender Zahl beschäftigt; der König kommandirte sogar von 4 Regimentern 200 Mann nach Ahrenshorst, die hier unter Leitung von 20 Unteroffizieren um Tagelohn mitarbeiteten, und das Generalkriegskommissariat hatte für die Verpflegung der Arbeiter zu sorgen. Am Sylvester 1719 war der Hauptkanal von Hohennauen bis zum Brieselang beendet, 1720 wurde er bis zum Pinnowschen See fortgeführt, und nach weiteren 5 Jahren war die Arbeit für die Trockenlegung des Luchs, die grosse Zahl der Nebengräben, Dämme, Brücken, Stauschleussen und die Rodung vieles Holzes und Strauchwerkes vollständig durchgeführt. In dem damals entwässerten Theile des havelländischen Luchs wurden 72'/; Meilen Gräben gezogen. Gewisse Dämme sind bestimmt, das Luch in kleine Reviere zu theilen, damit der Wind nicht zu grosse Gewalt gegen die Wellen üben, das Wasser zusammentreiben und den Abfluss desselben hindern kann, andere sind als Verkehrs- wege angelegt. Die Kosten aller dieser Arbeiten betrugen 70742 Thlr., so dass auf jeden Morgen ı Thlr. 5 Sgr. berechnet wurde. Schon 1718 wurde auf den vormaligen Ahrenshorsten das Domainenamt Königs- horst begründet, 1719 und 1721 mit einer grossen Anzahl ostfriesischer Kühe besetzt, und unter Leitung vorzüglich geübter Meier aus dem Amte Zevenaar eine grosse Milch- wirthschaft eingerichtet, auf welche noch zurückzukommen sein wird. In Königshorst wurden 14877 Morgen Land, darunter 4000 Morgen Acker, urbar gemacht und 4 Vor- werke, 3 Kolonieen und 4 Etablissements angelegt. Der Widerwillen der Betheiligten verwandelte sich in die grösste Zufriedenheit. — Die Energie und der Erfolg der Ausführung lässt Schlüsse auf die unausgesetzt, wenn auch in kleinerem Massstabe betriebenen, ähnlichen Unternehmungen des Königs zu. In zahlreichen Aemtern wurden Sümpfe entwässert, Wiesen angelegt, auch Sandschollen gedeckt. Zu den grösseren Arbeiten gehören unter anderen die Anlagen von Neuhol- land und im Kreuzbruch an der oberen Havel. Für die Dämme des Oberoderbruchs, welche zum Theil seit alter Zeit bestanden, und zu deren Erweiterung die Kurfürsten Johann Georg und Friedrich Wilhelm Ver- suche gemacht hatten, erliess er die Deichordnung vom 23. Juni 1717"). Schon unter dem 9. November 1717 erging für alle seine Lande ein Patent wegen Räumung der Gräben, am 31. August 1724 folgte eine besondere Grabenschau- und Uferordnung für das Havelländisch-Glinsche Luch, unter dem 7. Oktober 1726 das erneuerte Edikt wegen Räumung der Gräben und Bäche. Auch letzteres befahl unter dem schon von dem erwähnten Edikt von 1704 gewonnenen Gesichtspunkte des über- wiegenden, nöthigenfalls auch gegen den Willen des einzelnen Interessenten zur Geltung zu bringenden Landeskulturinteresses die Urbarmachung von Bruchland und die Aus- führung neuer Entwässerungen von Amtswegen**), — Friedrich der Grosse nahm die Arbeiten seines Vaters: in einem Umfange auf, welcher zeigt, dass er in ihnen eine unabweisbare Aufgabe, wie er selbst sagt, eine friedliche Eroberung in seinem eigenen Lande, sah. Trotz der überaus grossen Finanz- anspannung, welche die kriegerischen Verhältnisse dem kleinen Staate auferlegten, führt der Minister v. Hertzberg den Bruchtheil der Aufwendungen, die der König für Landes- meliorationen durch Entwässerungen, Eindeichungen und Ansetzung von Kolonisten allein *) Mylius, €. C. M. Th. IV. Abth. I. N. 18 S. 303. =) C. C. M. Th. IV. Abth. I. N. 19, 20. AAb XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. für die Mark und Pommern in den Jahren 1763 bis 1784 und für den ganzen Staat 1783 bis 1786 machte, mit gegen ro Millionen Thlrn. auf“). Schon unmittelbar nach Beendigung des 2. schlesischen Krieges begann Friedrich das grosse Unternehmen der Melioration des Oderbruches, deren umfassende Entwürfe Friedrich Wilhelm I. mit dem Vermerke: „für meinen Sohn Friedrich“ zurückgelegt hatte. Auch sie verdient als ein derartiges Werk von grösstem Massstabe besonderer Beachtung **). Die sehr ungenügenden Verwallungen des oberen, Küstrin gegenüber gelegenen Theiles dieser Niederung erstreckten sich damals von Lebus aus nur bis Kienitz auf dem linken Ufer der Oder, und umschlossen nach der jetzigen Berechnung 117 600 Mre., von denen aber der grössere Theil ungenügend geschützt und namentlich dem Rückstau in hohem Grade ausgesetzt war. In der übrigen, noch 155500 Morgen umfassenden Fläche des Bruches bestand nur ein beschränkter Polder bei Ranft. Die Oder nahm ihren Hauptstrom von Güstebiese nach Westen gegen Wriezen und zog am linken Höhen- rande über Oderberg nach Hohensaathen. Das weite Terrain bis zum Höhenrande der rechten Seite war theils von Sumpf; theils von zahlreichen Flussarmen, Lachen und Seen eingenommen, welche je nach dem Wasserstande in einander überflossen. Nach Berichten aus jener Zeit***) lagen die Dörfer im Nieder-Oderbruch, die überhaupt nur von 170 Familien bewohnt gewesen sein sollen, als enge Häuserhaufen zusammengedrängt, von gewaltigen, haushohen, meist von Kuhmist aufgeführten Wällen umgeben, die ihnen Schutz vor Wind und Wetter und vor den Wasserfluthen im Winter und Frühling ge- währten und den Sommer über zu Kürbisgärten dienten. Einzelne Höfe gab es im Bruche nirgend. Im Frühling, besonders im Mai, überschwemmte die Oder die gesammte Gegend 10, ız bis ı4 Fuss hoch. Erst im Sommer, wenn sich das Wasser verlaufen hatte, traten zwischen Schilf und Rohr und einzelnen Horsten von Elsen und Eichen fruchtbare Wiesen zu Tage, deren Heu die im Bruch und an den Ufern gelegenen Dörfer nutzten. Einige Kavallerieregimenter gaben ihre Pferde hierher auf Grasung, die auf Flössen und zusammengebundenen Kähnen auf die Weideflächen geschafft wurden. Der Hauptgewinn wurde aus dem fast unglaublichen Reichthum der Gewässer an Fischen und Krebsen gezogen. Am Ausgange des 16. Jahrhunderts sollen allein in Küstrin in einem Jahre 32‘ Millionen Schock durchgeführte Krebse verzollt worden sein. Mit den Fischen wurde in älterer Zeit bedeutender Handel nach Böhmen, Bayern, Hamburg, ja bis nach Italien getrieben. Alle Arten Sumpf- und Wasservögel, Fischottern und Biber bevölkerten das Bruch, und Schwärme von Insekten erfüllten die Luft. Friedrich II. liess den früheren, von dem Holländer Harlem bearbeiteten Plan von einer Kommission, zu der auch der Mathematiker Euler gehörte, prüfen. Im Ver- lauf von 7 Jahren, 1746— 1753, wurde der Oder zwischen Güstebiese und Hohensaathen, unter Durchstechung einer beträchtlichen sandigen Höhe bei Glietzen, ein neues Bett *) Huit dissertations, p. Ms. le comte de Hertzberg, Berlin 1787, S. 134, 172, Z2IL, 264. (Aus den Schriften der Berliner Akademie der Wissenschaften, 1780—1787.) *) Wehrmann, Die Eindeichung des Oderbruches, Berlin 1861, Abdruck aus den Annalen der Landwirthschaft, Jahrg. 1861, Bd. XXXVI. Heft 5. — W. Christiani, das Oder- bruch, Wriezen 1855. — Beschreibung des Baues durch die Königl. Kommission, Freienwalde, den 22. Juli 1853. — Die Melioration der der Ueberschwemmung ausgesetzten Theile des Nieder- und Mittel-Oderbruchs, Berlin 1847. **) Buchholz, Geschichte der Churmark Brandenburg, Vorrede Bd, I. S. 195. XIH. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 447 ausgehoben, das den Flusslauf von 6 auf 2‘ Meile verkürzte, und dem entsprechend ein unverhältnissmässig besseres Gefälle erzeugte. Der neue Kanal erhielt in der Nie- derung zur linken, der alte Oderlauf zu beiden Seiten starke Dämme. Da man eine Kupirung des letzteren damals nicht wagte, litt das Bruch noch in hohem Grade vom Rückstau der Binnenwässer; es wird angeschlagen, dass der Stau den grössten Theil des neu eingedeichten Terrains, und sogar noch über 40 ooo Morgen des alten, nunmehr doppelt geschützten Oberoderbruches erheblich benachtheiligte. Indess geschah durch Anlage eines Binnenkanalsystems, welches ebenfalls 1753 im wesentlichen beendet wurde, alles, was nach den damaligen Verhältnissen möglich war. Der Deichverband des Niederoderbruches und die Deichordnung desselben datiren aus dem Jahre 1769. Die Kosten betrugen 520 000 Thlr. Die Zahlung derselben forderte Friedrich U. nicht in Geld, sondern liess sich von den hinreichend trocken gelegten Ländereien je nach dem Werth Ys oder s zur Anlage von Kolonieen abtreten. Der Rest verblieb den Städten, Rittergütern und Bauernschaften, welche Besitz im Bruch hatten. Im ganzen wurden auf den gewonnenen Gründen 1200 Familien in 43 neu gegründeten Kolonieen angesiedelt, die danach in königliche, adlige und städtische Dörfer zerfielen. Die Besitzungen er- hielten je nach der Vermögenslage des Ansiedlers go, 60, 45, 20, ein grosser Theil auch 10 Morgen Acker, Kantonfreiheit mit Kind und Kindeskind und 15 Jahre Freiheit von allen Lasten. Die Erbpachts- und ähnlichen Zinsen, welche den königlichen Kolo- nisten auferlegt wurden, betrugen nach den späteren Renteirechnungen etwa 20000 Thlr., ergaben also eine mässige Verzinsung des Anlagekapitals. Die Rodung und Austrocknung war nicht leicht. Holz und Gestrüpp musste in grossen Haufen verbrannt, das Wild mit Anstrengung vernichtet werden. Letzteres war in solchem Uebermass vorhanden, dass sich, wie überliefert wird, die Knechte beim Miethen ausmachten, in der Woche nicht öfter als zweimal Hasenbraten zu erhalten. Der Boden zeigte sich als vorzüglich. Sein Reichthum erleichterte es den aus den ver- schiedensten Verhältnissen und Ländern (besonders der Pfalz, Schwaben, Polen und Böhmen) herbeigezogenen Kolonisten, sich in die neue Arbeit und Wirthschaftsweise einzuleben, und es entwickelte sich in kurzer Zeit eine Wohlhabenheit, die einen oft übermässigen Luxus gestattete, mehr und mehr aber den Grund zu sehr solider Land- wirthschaft legte. Erst in neuester Zeit, im Jahre 1832, unternahm man es, den alten Oderlauf bei Güstebiese zu schliessen. Obwohl es nicht ohne Bedenken war, die volle Hochfluth allein in die kanalisirte Stromstrecke zu weisen, gelang die Ausführung glücklich, und seitdem konnte daran gedacht werden, auch die unteren Theile des Bruches in die Eindeichungen hineinzuziehen. Diese Aufgabe, die wegen der Nothwendigkeit, nunmehr die Gesammtmasse der Binnenwässer zu bewältigen und zugleich die Schifffahrtsverbin- dung zum Finowkanal offen zu erhalten, sehr bedeutende Bauten erforderte und in der besonders tiefen und ‘bedrohten Lage der in das Deichsystem gezogenen Niederungen von Zehden und Stolpe grosse Schwierigkeiten fand, ist gleichwohl in den Jahren 1849 bis 1860 vollständig und mit dem besten Erfolge zum Abschluss gebracht worden. Die Verordnung vom 21. Januar 1861 (G.-S. $. 59) giebt das Statut für die neue Deich- sozietät des Niederoderbruchs. Die Kosten betrugen allerdings 2 630 016 Thlr., zu denen der Staat im Interesse der Schifffahrt und unter anderen Gesichtspunkten einen Zuschuss von 1488 738 Thlr., also allein nahezu das 3fache der von Friedrich dem Grossen verwendeten Ausgaben, beigetragen hat; auch stehen für die Verstärkung der A48 XIO. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. älteren Dämme und für die vollständige Regulirung des bis Reitwein hinaufreichenden Entwässerungssystems noch sehr erhebliche Aufwendungen in Aussicht, gleichwohl haben bei der nunmehr auf 258000 Morgen gestiegenen Fläche des unter Deichschutz liegenden Landes die Bruchbewohner wegen der Verzinsung und Tilgung der entstan- denen Schuldenlast keine Besorgnisse, beabsichtigen vielmehr dem Deichzuge durch fort- gesetzten, besonders starken Ausbau in nicht ferner Zeit eine solche Sicherheit zu geben, dass ganz unberechnenbare Unfälle eintreten müssen, ehe das Unglück eines Durch- bruches die überaus kultivirte Niederung wieder heimsucht. Die Vergleichung der Rein- erträge, wie sie Tabelle A. der Anlagen gestattet, beweist, dass das Oderbruch trotz seiner Lasten gegenwärtig zu den ertragfähigsten Landstrichen des gesammten Staats- gebietes gehört. — Aehnlich durch die Natur des Bodens begünstigte Terrainlagen boten sich Friedrich dem Grossen allerdings für andere Meliorationsunternehmungen nur in sehr geringer Ausdehnung dar, meist bestanden die zu solchen Arbeiten geeigneten Län- dereien überwiegend in Sand- und Moorflächen, auf denen sich gleiche Erfolge keines- wegs erwarten liessen. Gleichwohl aber widmete sich ihnen der Monarch in demselben Sinne und mit derselben unermüdlichen Beharrlichkeit. Trotz der Kriegsjahre wurden an der oberen Havel die von Friedrich Wilhelm I. begonnenen Meliorationsarbeiten fortgesetzt, namentlich von 1740— 1755 die Ent- wässerungen und Kolonisationen am Döllnfliess, von 1747—53 die Entwässerung von etwa ı OMeile an der Silge in der Priegnitz, gleichzeitig auch die Meliorationen am Rhin, der Jäglitz und der Dosse zur weiteren Ausführung der havelländischen Bruch- entwässerungen. Hier konnten 1749, 1753 und von 1774—76 auf 14 794 Morgen 25 Dörfer mit 1482 Ansiedlern gegründet werden *). 1763— 1767 wurde das neumärkische Netzebruch unterhalb Driesen, und von 1765 bis 1786 das anstossende Warthebruch entwässert und kolonisirt. Beide zusammen stehen hinter dem Oderbruch an Fläche wenig zurück. Das Warthebruch wird auf 4"; OMeile angeschlagen, es erhielt zu den 5r alten 94 neue Kolonieen mit 1755 neuen Wirthen. Die Kosten der Verwallung und Urbarmachung betrugen r 027 915 Thlr.**) Unmittelbar, nachdem Friedrich 1772 Westpreussen mit dem Netzedistrikt in Besitz genommen hatte, liess er durch den darauf schon vorbereiteten Geheimen Rath v. Brenkenhoff die Kanalisirung zwischen Weichsel und Netze beginnen“**). Nach 16 monatlicher Arbeit mit Aufwendung von 740 000 Thlr. an Kosten konnte der Kanal von Oderkähnen befahren werden, und war bereits eine Anzahl der Koloniestellen an- gesetzt, welche bald auf 4 000 Familien anwuchsen. Gleichzeitig kamen durch den’ Kammerpräsidenten v. Schöning in Pommern zahl- reiche Meliorationen zur Durchführung, deren Fläche gleichfalls sehr beträchtlich ist. 1769 wurde der Maduesee gesenkt und dadurch mehr als Yz TI]Meile Land der Kultur *) Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg Bd. I. S. 243, 314, 394, 440, 573 #. — v. Borgstede zeigt in seiner statistisch-topographischen Beschreibung der Kurmark, Berlin 1788, Bd. I. S. 301, in einer Spezialnachweisung für die Kurmark, dass in dieser allein von 1740 bis 1755 174 Dörfer mit 4089 Familien und von 1763 — 1786 88 Dörfer mit 7 529 Familien neubesetzt worden sind. **) Berghaus a. a. O. Th. IH. S. 92 fl. — Dannemann, die Melioration des Warthebruches, Berlin, 1866. ***) Graf zur Lippe-Weissenfels, Westpreussen unter Friedrich dem Grossen, Thorn 1866. XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 449 gewonnen, ebenso wurden die Lebabrüche, 1771 der Thurbruch auf Usedom, 1774 die. Plönebrüche bei Damm und 1777 die Brüche um Schmolsin in Hinterpommern entwässert. 1775 fanden erhebliche Arbeiten in den schlesischen Theilen der Bartsch- und Obrabrüche statt, und von 1776 an begannen die Arbeiten im Gebiete der Nuthe, der Plaue und im Finer Bruch in der Mittelmark, endlich 1778 auch im Drömling in der Altmark, welche Friedrich bis an sein Lebensende beschäftigten, und von denen die letzteren erst 1796 zum Abschluss kamen !). Es ist hier überall nur der durch besonders grosse Flächen ausgezeichneten Anlagen gedacht, für eine vollständige Uebersicht dieser denkwürdigen Thätigkeit des grossen Königs fehlen zur Zeit noch die nöthigen Grundlagen. Es ist aber bekannt, dass er, sobald es die kriegerischen Ereignisse irgend ge- statteten, nach eignen Beobachtungen und eingezogenen Berichten Meliorationspläne für einige Jahrgänge aufstellen liess, in denen die zunächst theils durch die Kammer- präsidenten, theils durch besondere Kommissare auszuführenden, kleineren und grösseren Arbeiten festgesetzt wurden, und dass die jährlichen Reisen des Königs, der Minister und anderer dem Könige nahestehender Vertrauenspersonen, wie des Prinzen Moritz von Dessau, theils zur Kontrolle des Fortganges, theils zur Ermittelung neuer für Ver- besserungen geeigneter Oertlichkeiten benutzt wurden. Der König forderte von den Betheiligten kurz und zahlenmässig zusammengestellte Rapporte, aus denen der Fort- schritt der Arbeiten, namentlich die Zahl der neu angesetzten Dörfer), der Familien oder Seelen der Ansiedler, die Anzahl neuer Schäfereien und ihr Bestand an Schafen, sowie die meist äusserst kurz zu bemessende Frist, binnen welcher die demnächst an- geordneten Anlagen bestimmt fertig sein würden, zu ersehen sein musste. Diese Berichte führte er in Form kleiner Taschenbücher auf Reisen mit sich. Es war nicht leicht möglich, seinem Scharfblick bei Vernachlässigungen der Ausführung zu entgehen. Seine Sorge für die Erhaltung der unternommenen Anlagen trat in zahlreichen Graben-, Deich-, Ufer- und Schauordnungen hervor, welche für verschiedene Landes- theile und Oertlichkeiten Vorschriften über Regelung und Förderung des Wasserabflusses und über den Wasserschutz gaben °). Ganz hervorragende Ausbildung erfuhren diese Vorschriften für Schlesien, wo das Edikt vom 20. Dezember 1746‘) für die Vorfluth und Entwässerung in dem neu 1) v. Hertzberg a. a. O. 2) Wo sich für eigentliche Bruchmeliorationen weniger Gelegenheit fand, wurden, wie die Kab.-Order vom 17. Oktober 1782 (in Knüppeln „Geist Friedrich des Einzigen“ S. 398) anordnet, die Anlagen der neuen Dörfer zwischen anderen weit auseinander liegenden ge- macht, und aus jedem umherliegenden Dorfe nach Umständen ein oder zwei Bauernsöhne ge- nommen und in dem neuen angesetzt. Von diesen sollte jeder mit 3 Kühen und was sonst etwa erforderlich, auch den Ernährungskosten auf das erste Jahr, aus den Meliorationsfonds ausgestattet werden; die Ansiedler verblieben unter ihrer bisherigen Herrschaft. 3) Ein Entwässerungsgesetz bestand damals in den jetzt preussischen Landen nur in dem für die Oberlausitz ergangenen Oberamtspatente vom 18. August 1727, in welchem die Nutzung des Wassers zur Berieselung der Wiesen eine feste Ordnung erfuhr. — Lette und v. Rönne I. S. 858. “) Korn, Sammlung schlesischer Edikte, Bd. II. S. 392. Boden d. preuss. Staats. 29 450 XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. eroberten Landestheile zunächst die allgemeinen, den bestehenden preussischen Ver- ordnungen entsprechenden Bestimmungen gab, dann die Ufer-, Ward- und Hegungs- ordnung vom ı2. September 1763“) besonders den Wasserabfluss und in beschränkter Weise auch den Wasserschutz für die grossen Flüsse der Provinz regelte, und endlich die Müblenordnung vom 28. August 1777 auch die im öffentlichen Recht bis dahin ganz unbeachteten Verhältnisse der gewerblichen Wassernutzung näher bestimmte **). Als entscheidenden Wendepunkt der beginnenden Landeskulturgesetzgebung aber lässt sich das „Erneuerte Edikt wegen zu verschaffender Vorfluth und Räumung der Gräben “und Bäche vom 6. Juli 1773“ ***) bezeichnen, welches eine vollständige Ordnung aller den Wasserabfluss betreffenden Verhältnisse enthielt, für den gesammten Staat erging und dieses Gebiet der Landeskulturvorschriften zum ersten Male systematisch in die all- gemeine Gesetzgebung einführte. Friedrichs Nachfolger, Friedrich Wilhelm IL, wünschte die seit 1799 dureh dringendere Staatsbedürfnisse unterbrochenen Arbeiten 17917 wieder aufzunehmen und bewilliste auf Grund eines Generalplans über die früher in Aussicht genommenen und noch nicht realisirten Meliorationen und Retablissements durch Kab.-Order vom 29. Ja- nuar 1792 eine zur Ausführung desselben als nöthig erachtete Summe von 300 000 Thlr., auf welche noch zurückzukommen sein wird. Die Zahlung konnte indess wegen des französischen Feldzuges nicht sofort erfolgen, und mit dem wachsenden Staate und den weit veränderten Verhältnissen, welche um das Ende des Jahrhunderts eintraten, bekam die Staatsthätigkeit andere Richtungen. Auch auf diesem besonderen Gebiete gestalteten sich in jener Zeit die An- schauungen um. Der Staat begann Ansprüche an die eigene Betheiligung und Selbsthülfe der Privaten zu machen; ein so unmittelbares Eingreifen des Monarchen, wie es Friedrich der Grosse aus dem eigensten Wesen seiner Persönlichkeit geübt hatte, blieb kaum mehr denkbar. \ Schon das Allg. Landrecht liess die bisher geltenden Gesichtspunkte der Melio- rationsgesetzgebung erheblich zurücktreten. Es ordnete in den bezüglichen Bestim- mungen (Th. I. Tit. 8, $ 99 ff., Tit. 9 $ 170 fl. und 'Th. II. Tit. 15 $ 38 ff, 63 ff. und 229 ff.) im wesentlichen nur an, dass an öffentlichen, d. h. schiffbaren Flüssen Wasser- leitungen und Wasserbaue, Dämme, Schleussen u. dgl. ohne Anhörung der Nachbarn und Einwilligung des Staates nicht angelegt oder geändert werden dürfen; dass auch in sonstigen Privatgewässern Niemand zum Nachtheil der Nachbarn und Uferbewohner den Ablauf hemmen, vielmehr jeder die über sein Eigenthum gehenden Gräben und Kanäle, wodurch das Wasser seinen ordentlichen und gewöhnlichen Ablauf hat, zu un- terhalten verbunden ist, und dass zur Anlage neuer, zur Verschaffung der Vorfluth nothwendiger Gräben diejenigen, welche Nutzen davon haben, nach Verhältniss desselben zu den Kosten beizutragen und die Benachtheiligten nöthigenfalls zu entsehädigen haben; Niemand aber zur Ableitung stehender Gewässer wider seinen Willen die Ziehung neuer Gräben zu gestatten verpflichtet ist. Bei Mühlen sollen Erhöhungen des Fachbaums und Veränderungen des Sicher- pfahls nieht anders, als unter Aufsicht der Landespolizei und Zuziehung der benach- barten Interessenten, soweit es diesen unschädlich ist, vorgenommen werden, und auch *) Ebd. Bd. VOL. S.412. **) Ebd. Bd. XV. S. 278. “*) N.C.C. Bd. V. Th. 2 N.34. XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 451 bewegliche Aufsätze auf den Fachbaum bei kleinem Wasser, nur so weit daraus nach ober- und unterhalb kein Nachtheil entsteht, erlaubt sein. Es war also den bestehenden Verhältnissen überall die erforderliche Sicherstellung gewährt, und die Durchführung nothwendiger Vorfluthsservituten durch die Gemein- schaftlichkeit der Kosten in neuer und gerechter Weise ermöglicht. Dagegen aber hatten alle solehe Kulturverbesserungen, welche nicht erweislich nothwendig sind, und ebenso der Deichschutz keine Berücksichtigung gefunden, und es blieb überhaupt da- dureh, dass die nothwendige Vorfluth zwar erzwingbar, der Anspruch darauf aber vor den Richter verwiesen war, die Kraft dieser Bestimmungen im wesentlichen unverwend- bar, denn die Durchführung eines irgend grösseren Meliorationsprojektes dieser Art im Prozesswege hat Schwierigkeiten, die sich praktisch nicht besiegen lassen. Das Edikt zur Beförderung der Landeskultur vom 14. September ıgır (G.-S. S. 300) nahm die Idee der landespolizeilichen Thätigkeit für die Meliorationen wieder auf. Es stellte allgemeine Bestimmungen wegen der Vorfluth, der Entwässerung und Bewässerung und die Entfernung der Hindernisse, welche hierbei entgegenstanden, in Aussicht und wies darauf hin, dass die Urbarmachung der auf mehreren Punkten des Landes vorhan- denen Brüche von beträchtlichem Umfange zu den grossen und nützlichen Unternehmungen gehöre, welche die Kräfte der Einzelnen überstiegen, und für die von staatswegen, so wie es die Umstände nur irgend gestatteten, besondere Anstalten getroffen werden würden. Zur näheren Ausführung erging zunächst das Gesetz wegen des Wasserstaues bei Mühlen und Verschaffung der Vorfluth, oder das sogenannte Vorfluthsgesetz, vom 15. No- vember 1811 (G.-S. S. 352) *). Dieser auf das gesammte Gebiet des Allg. Landrechts ausgedehnte Erlass wurde für die neue Gestaltung der Rechtsverhältnisse der Entwässerungen bahnbrechend und hat seine Geltung bis heute behauptet. Er bestimmte die landrechtlichen Grundsätze über die Erhaltung der bestehenden Vorfluthsverhältnisse schärfer, erweiterte im Inter- esse der Landeskultur das Recht, neue Vorfluth zu erzwingen, sehr erheblich und schrieb namentlich ein praktisch wirksames administratives Verfahren für die Anlage neuer Entwässerungen vor. Nach seinen Anordnungen kann bei jedem Stauwerke auf Antrag und Kosten jedes dabei Interessirten die Setzung eines Merkpfahles gefordert werden, über dessen Höhe im Mangel anderer Entscheidungsgründe die Provinzialpolizei- behörde so zu befinden hat, dass dabei das gegenseitige Interesse der Bodenkultur und des Müllers oder der sonstigen Stauinteressenten möglichst vereinigt werde. Wer das Wasser über den Merkpfahl staut, verwirkt Strafe und Schadensersatz. Auskrautung und Räumung der Gräben kann die Polizei dem Unterhaltungspflichtigen unbedingt vor- schreiben. Gegen vollständige Entschädigung darf sogar, sobald daraus ein offenbar überwiegender Vortheil für die Bodenkultur oder Schifffahrt entsteht, die theilweise _ oder auch die gänzliche Entfernung des Stauwerkes oder der Mühle gefordert werden. Unter denselben Voraussetzungen können auch Gräben über fremde Grundstücke und aus stehenden Gewässern erzwungen werden. Der Umfang der Rechte, welche jede *) Kurz vorher hatte das Edikt vom 29. März 1808 (G.-S. 1g06— 1810, S. 218) für Ost- preussen und Litthauen, und das Edikt vom 2$. Oktober ı8$Io (G.-S. S. 95) für das übrige damalige Staatsgebiet die neue Anlage von Mühlen von einem Aufgebotsverfahren und von der polizeilichen Prüfung, ob ein überwiegendes Landeskulturinteresse entgegenstehe, unter Ausschluss des Rechtsweges abhängig gemacht. 29* 452 XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Partei dabei zur Ausgleichung bringt, ist gerichtlich, der Entwässerungsplan landes- polizeilich und der Betrag der Entschädigung durch Schiedsrichter, ohne dass Appellation gegen sie zulässig ist, festzustellen. Die Anlagekosten hat indess der Provokant allein zu bezahlen. — Auf die bald nach Erlass des Vorfluthsgesetzes mit dem Staate vereinigten Ge- biete des französischen Rechtes war seit der französischen Besitznahme die Geltung der Ördonnance über die Gewässer und Forsten vom August 1669 ') übertragen worden, welche bier theilweis noch bis zur Gegenwart praktisch geblieben ist. Ihre einschlagenden Bestimmungen suchen indess nur die schiff- und flössbaren Gewässer gegen jede vom Staate nicht ausdrücklich zugestandene Beeinträchtigung zu schützen; eine für Meliora- tionen erhebliche Gesetzgebung entstand erst in der Revolutionszeit selbst. Das Gesetz über die ländlichen Güter und Nutzungen und die ländliche Polizei vom 28. September 1791 °) traf in gewissen Beziehungen Vorkehrung gegen willkürliche Disposition über die Gewässer. Mehrere folgende Verordnungen sicherten der staatlichen Leitung die Austrocknung der Sümpfe und Teiche und die Herstellung schiff- und flössbarer Flüsse und Kanäle, und stellten auch die Entwässerungs- und Wassernutzungsanlagen in das Ermessen der Regierung. Gleichwohl begnügte sich der am ı5. März 1903 promulgirte Code Napoleon im wesentlichen mit den nothwendigen, aus dem strengen Rechtsstandpunkte abgeleiteten Bestimmungen über den Ablauf und die Nutzung der Gewässer. Nähere Anordnungen über Entwässerung, Wasserstau und Wasserschutz gab er gar nicht. Es erging desshalb schon unter dem 4. Mai 1803 (14. Flor. XI.) ein Gesetz über die Sorge für die nicht schiffbaren Wasserleitungen und Bäche und über die Unter- haltung der entsprechenden Dämme°). Es legte ohne eingehendere Vorschriften den Staatsbehörden die Befugniss bei, für diese Gewässer die Herstellung eines ungehemmten Abflusses und die Erhaltung der vorhandenen Wasserschutzanlagen anzuordnen, hat aber in der Praxis keine neue Anlagen hervorgerufen, sondern nur Reglements zur Unterhaltung bestehender Wasserzüge. In höherem Masse befriedigte das ausführliche, auch die Deiche berücksichtigende Gesetz über die Austrocknung der Sümpfe ete. vom 16. September 1907‘) die Ansprüche der gesteigerten Kulturentwickelung, doch hat dasselbe wegen seines ziemlich komplizirten Verfahrens nur in wenigen Fällen in der Rheinprovinz Anwendung gefunden. Ein Beispiel der Anwendung bietet die Entwässe- rung der Norf- und Stommelschen Brüche im Regierungsbezirk Düsseldorf. — Auf den Gebieten des deutschen gemeinen Rechtes, welche in Preussen aufgingen, wurde zwar überall ausser in Neuvorpommern und Rügen und im Bezirk des Justizsenats von Ehrenbreitenstein das Allg. Landrecht eingeführt, da aber das römische Recht überhaupt nur die Last, Vorfluth zu gewähren, berücksichtigte, das deutsche aber bei seiner Grundanschauung von der Regalität des Wassers die Ordnung der einschlagenden Rechtsverhältnisse fast ausschliesslich den speziellen Privilegien der einzelnen Anlage ') v. Daniels Handbuch der für die preussische Rheinprovinz verkündigten Gesetze u.s. w. aus der Zeit der Fremdherrschaft Th. I. S. 37. 2) Ebd. Th. I. S. 157. Vergl. Th.I. S. 47ı das Dekret vom 5. Januar 1791 betr. die Austrocknung der Sümpfe, Th. I. S. 513 das Gesetz vom 4. Dezember 1793 über die Aus- trocknung der Teiche, und Th. III. S. 650 die Verordnung vom 9. März 1798 über die Mass- regeln, welche den freien Lauf der Flüsse und Kanäle betreffen. — Nieberding a. a. O. S. 14. 3) v. Daniels a. a, O. IV. S. 464. ‘) Ebd. V. S. 288. XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 453 überliess, so fand sich in allen Ländern des gemeinen Rechtes eine grosse Zahl der verschiedenartigsten polizeirechtlichen Ordnungen von sehr beschränkter räumlicher Geltung, welche als Provinzial- oder Lokalreeht neben dem Allg. Landrecht erhalten blieben. Der grösste Theil derselben, meist aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahr- hunderts, bezweckte den Schutz des Wasserablaufes und die Beförderung der Ent- wässerungen !). Auch der Wasserschutz wurzelte fast ausschliesslich in solehem höchst zersplitterten, statutarischen und observanzmässigen Rechte. In sehr geringem Masse waren dagegen die Verhältnisse der Wassernutzung und insbesondere die der landwirth- schaftliehen Bewässerung berücksichtigt. Nur innerhalb des Fürstenthums Siegen hatte sich das dortige, von der Natur des Landes begünstigte System der Wassernutzung als Herkommen ausgebildet, und in mehrfachen Ordnungen, zuletzt in der revidirten Wiesenordnung vom 18. Dezember 1790 °) unter eingehender Berücksichtigung des land- wirthschaftlichen wie des gewerblichen Betriebes rechtlichen Boden geschaffen. — Während also auf diese Weise wenigstens im Gebiete des Allg. Landrechtes für die Entwässerung genügend gesorgt war, fehlte es an gesetzlichen Bestimmungen zur Förderung der Bewässerung. Das Verlangen danach richtete sich besonders auf das durch Thaer, Schwerz und andere empfohlene Vorbild der Siegenschen Wiesenberieselungen, und wurde bald allgemein. Die ständischen Vertretungen, namentlich die Provinzial- landtage für Schlesien von 1825, für Pommern von 1829, für Westfalen von 1832 gaben demselben lebhaften Ausdruck und wurden Anlass zu legislatorischen Arbeiten. Ein umfassender Versuch der gesetzlichen Regelung aller Beziehungen des Wasser- rechtes wurde in dem Gesetzentwurfe „wegen der Einriehtungen zur Beförderung des Ablaufes und zur Anhaltung und Benutzung der Gewässer“ niedergelegt ®). Der Plan blieb indess wegen mehrfacher Bedenken, welche sich namentlich auf Seiten der Pro- vinzialstände gegen ihn erhoben, auf sich beruhen, und es wurden zunächst nur einzelne seiner Abschnitte als besondere Gesetze zur Publikation gebracht. Das erste derselben war das Gesetz „über die Benutzung der Privatflüsse‘“ vom 28. Februar 1843 (G.-S. S. 41) ‘). Es enthält eine Anzahl polizeilicher Vorschriften über die Benutzung des Wassers seitens des Publikums, und über die Erhaltung eines der allgemeinen Wohlfahrt entsprechenden Zustandes der Privatflüsse, auch einige An- ordnungen über das Holzflössen; als seinen hauptsächlichen Zweck aber bezeichnet es selbst die Regelung der Verwendung des fliessenden Wassers seitens der Uferbesitzer an Privatflüssen zur Verbesserung der Bodenkultur dureh Bewässerungsanlagen. Für die Benutzung des Wassers zu gewerblichen Triebwerken ist das Gesetz ($ r) nur so weit massgebend, als es die darüber bestehenden gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich abgeändert hat. Der Begriff des Privatflusses gegenüber dem des öffentlichen ist nach dem Allg. Landrecht, ebenso wie nach französischem und nach gemeinem deutschen Recht streitig °). 1) Lette und v. Rönne a. a. O. S. 574. 2) Weisthum der Nassauischen Gesetze III. S. 190. 3) Denkschrift über den Gesetzentwurf wegen Benutzung der Privatflüsse. Allg. preuss. Staatszeitung 1342, Beilage No. 303. 4) J. Greiff, preussische Landeskulturgesetze 1866. S. 566. 5) Am 3. Juni 1867 hat das Obertribunal in Pleno beschlossen, dass im Bereich des Allg. Landrechts ein schiffbarer Fluss nur auf der schiffbaren Strecke als öffentlicher Flus anzusehen ist. (Justizminist.-Bl. 1867 S. 323. Vergl. Zeitschr. f. Landk. XVIII. S. 189). 454 XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Im allgemeinen sind die schiffbaren, nach französischem Rechte auch die flössbaren Flüsse, als öffentliche anzusehen. Das neue Gesetz gestattete jedem Uferbesitzer an Privatflüssen, sofern nicht jemand das ausschliessliche Eigenthum des Flusses hat, oder Provinzialgesetze, Lokal- statuten oder spezielle Rechtstitel eine Ausnahme begründen, das an seinem Grund- stücke vorüberfliessende Wasser zu seinem besonderen Vortheile zu benutzen, sofern 1. kein Rückstau über die Grenzen des eigenen Grundstückes hinaus und keine Ueber- schwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke verursacht, und 2. das abgeleitete Wasser in das ursprüngliche Bett des Flusses zurückgeleitet wird, bevor dieser das Ufer eines fremden Grundstückes berührt, Sind mehrere an einander grenzende Uferbesitzer über eine Anlage einverstanden, so werden die Grundstücke derselben bezüglich vorstehender Beschränkungen als ein ein- ziges Grundstück angesehen; gehören aber die gegenüberliegenden Ufer verschiedenen Besitzern, so hat jeder von beiden ein Recht auf Benutzung der Hälfte des Wassers. Einer polizeilichen Genehmigung bedarf der Uferbesitzer zu einer solchen Anlage nicht, es können aber ebensowohl die Triebwerksbesitzer und die Nachbarn ihre wohl- erworbenen Rechte dagegen geltend machen, als die Landespolizeibehörden beschrän- kend einschreiten, wenn die Ausführung ein öffentliches Interesse, die Schifffahrt, die Wasserversorgung der unterhalb liegenden Einwohner, oder dergl. gefährdet. Wer sich vor solchen Einsprüchen sichern will, kann dafür die Vermittelung der Polizeibehörde in Anspruch nehmen. Er muss dann dem Kreislandrath einen vollständigen Plan der Anlage einreichen und eine öffentliche Bekanntmachung seiner Absichten in Antrag bringen, welche durch die Amts- und Kreisblätter und in den benachbarten Gemeinden unter Hinweis auf den öffentlich auszulegenden Plan und mit der Massgabe, dass Widersprüche binnen 3 Mo- naten beim Landrathe anzumelden sind, erfolst. Diese Bekanntmachung enthält die Verwarnung, dass diejenigen, welche sich nicht melden, in Beziehung auf das zur Be- wässerung zu verwendende Wasser sowohl ihres Widerspruchsrechtes, als des An- spruches auf Entschädigung verlustig gehen, und in Beziehung auf das zu bewässernde oder zu den Wasserleitungen zu benutzende Terrain ihr Widerspruchrecht gegen die Anlage verlieren und nur einen Anspruch auf Entschädigung behalten. Nach Ablauf der Frist werden alle, die sich nicht gemeldet haben, durch einen entsprechenden Be- scheid der Regierung mit rotägiger Restitutionsfrist präkludirt. Gegen die erhobenen Einsprüche findet bezüglich der Existenz und des Umfanges eines Rechtes der Rechts- weg statt; über die Frage aber, ob einem Triebwerke das zum Betriebe in dem bis- herigen Umfange erforderliche Wasser entzogen werde, entscheidet die Regierung mit Rekurs an das Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten. Im Falle eines überwiegenden Landeskulturinteresses und unter Verpflichtung zu vollständiger Entschädigung kann der Unternehmer einer Entwässerungsanlage auch verlangen, dass ihm ı- zu den erforderlichen Wasserleitungen, insofern er solche auf seinen eigenen Grund- stücken nicht herstellen kann, auf fremden Grundstücken’ eine Servitut eingeräumt, 2. die Benutzung des jenseitigen Ufers zum Anschlusse eines Stauwerks, sowie 3. eine gewisse Benachtheiligung der Nachbarn durch Rückstau, Ueberschwemmung oder Versumpfung gestattet werde; ferner XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 455 4. dass der Besitzer eines Triebwerks sich eine Beschränkung des ihm zustehenden Rechts auf Benutzung des Wassers gefallen lasse, oder auch 5. dem Uferbesitzer gestattet werde, sein Recht auf Benutzung des Wassers einem unmittelbar an sein Grundstück angrenzenden Grundbesitzer abzutreten. Für alle diese Fälle sind verschiedene Bedingungen massgebend, welche theils beabsichtigen, die Härte für den Betroffenen zu mildern, ihm dabei ausser voller Ent- schädigung eigne Wahl in der Art der Abtretung und die Erzielung thunlicher Neben- vortheile zu sichern, theils solehen Unternehmungen überhaupt den Charakter der Gemeinschaftlichkeit und einer möglichst umfassenden planmässigen Anlage zu geben. Nöthigenfalls aber muss der Triebwerksbesitzer der Bewässerungsanlage ähnlich weichen, wie nach dem Vorfluthsedikt der Entwässerungsanlage. Die betreffenden Anträge sind unter gehöriger Begründung an eine vom Kreis- tage zu wählende und von der Regierung zu bestätigende Kreisvermittelungsbehörde zu richten, welche den Plan allseitig zu prüfen und womöglich durch geeignete Vorschläge die Parteien zu vereinigen hat. Gelingt dies nicht, so entscheidet die Kreisver- mittelungsbehörde zunächst und ausschliesslich die Vorfrage, ob wirklich ein überwie- gendes Landeskulturinteresse vorwalte? Gegen diese Entscheidung steht den Betheiligten der Rekurs an die Regierung und bei abweichender Entscheidung derselben der weitere an das landwirthschaftliche Ministerium zu. Ist diese Frage bejaht, so ernennt die Regierung Kommissarien, welche unter Mit- wirkung des Landraths die Einsprüche prüfen. Auf Grund der Verhandlungen der- selben stellt die Regierung, unter Entscheidung über die Einsprüche, den Plan der Anlage mit den Bedingungen der Ausführung und Benutzung vorbehaltlich des Rekurses an das gedachte Ministerium fest, lässt nach definitiver Feststellung die zu leistenden Entschädigungen durch Taxatoren ermitteln und berechnet danach ihren Betrag mit einem Zuschlage von 25 pCt. Gegen die Höhe der Entschädigung geht der Rekurs an das S. 36 gedachte Revisionskollegium zu Berlin ohne weiteres Rechtsmittel. Schliesslich führt das Gesetz in seinem Abschnitt III. noch einen völlig neuen und besonders fruchtbaren Gedanken ins Leben. Es spricht aus, dass, wenn Unter- nehmungen zur Benutzung des Wassers, deren Vortheile einer ganzen Gegend zu gute kommen, nur durch gemeinsames Wirken zu stande zu bringen und fortzuführen sind, die Betheiligten zu gemeinsamer Anlegung und Unterhaltung der erforderlichen Wasser- werke durch landesherrliche Verordnung verpflichtet und zu besonderen &enossenschaften vereinigt werden können. Verfassung und Beitragsvertheilung jeder solchen Genossen- schaft soll durch ein Statut geregelt werden, welches, wenn dasselbe unter freiwilliger Zustimmung aller Betheiligten zu stande gekommen ist, vom Minister für die land- wirthschaftlichen Anglegenheiten, anderenfalls nach Anhörung der Betheiligten landes- herrlich genehmigt werden soll. Diese gesetzlichen Bestimmungen zu Gunsten der Bewässerungen gehen, wie die Vergleichung zeigt, auf der einen Seite nicht so weit, wie dies durch das Gesetz vom 15. November ıgrı zu Gunsten der Entwässerungsanlagen geschehen ist. Letztere können die Abtretung von Rechten in weiterem Umfange, als ihn die für die Bewässerungen oben angeführten 5 Punkte ergeben, fordern und das Verfahren ist für Entwässerungen gegen die vielfachen Instanzen der Bewässerungsstreitiskeiten erheblich einfacher, auch soll bei der Frage nach dem Landeskulturinteresse das der Entwässerung dem der Be- wässerung im Zweifelfalle vorangehen ($ 28 Gesetz vom 28. Februar 1843). Andrerseits 456 XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. waren die Entwässerungsunternehmer bis dahin nicht in der Lage, sich durch ein Präklusionsverfahren gegen unbekannte und später auftretende Einsprüche sicher zu stellen, vor allem aber bot der erwähnte $ 23 des Gesetzes vom ı5. November ıgrr, wonach die Unterhaltung neuer Abzugsgräben nach dem Verhältniss des Vortheils, den die einzelnen Interessenten von der Anlage haben, geordnet werden soll, keinen ge- nügend ausreichenden Anhalt für die Bildung von Genossenschaften, wie sie das Gesetz vom 28. Februar 1843 für Bewässerungsanlagen in Aussicht nahm, Beide Erweiterungen wurden sehr bald in ihrer grossen Tragweite anerkannt, und namentlich trat hervor, dass bei durchgreifenden Meliorationen Entwässerung und Be- wässerung meist mit einander vereinigt und desshalb auch möglichst unter dieselben rechtlichen Gesichtspunkte gestellt werden müssen, Zunächst wurde der Kreis der Geltung des Gesetzes vom 28. Februar 1843 aus- gedehnt. Durch Verordnung vom 26. April 1844 (G.-8. S. ıı2) wurde es an die Stelle des gedachten Oberamtspatentes vom ı$. April 1727 für das Markgrafthum Oberlausitz gesetzt. Die Verordnung vom 9. Januar 1845 (G.-8. S. 35) führte es ferner auch in den französisch-rechtlichen Theil der Rheinprovinz, jedoch allerdings mit der Massgabe ein, dass bei Entscheidung der Frage, ob bei einer Bewässerungsanlage ein über- wiegendes Landeskulturmteresse obwalte, das Interesse schon vorhandener auf Trieb- werken beruhender gewerblicher Anlagen im zweifelhaften Falle über das der Boden- kultur zu stellen sei. Im Kreise Siegen fand bis dahin nach seiner oben erwähnten Wiesenordnung vom ıg. Dezember 1790 eine gemäss dem Grundsatze gemeinsamer Theilnahme aller Grundbesitzer des Flussthals nach Verhältniss des wirthschaftlichen Bedarfes gesetzlich geordnete Wasserbenutzung zur Bewässerung statt. Dieser mit dem Siegenschen Wiesen- bau in beachtenswerther Weise seit lange eingelebte Grundsatz wurde durch die be- sondere Wiesenordnung vom 28. Oktober 1846 (G.-S. S. 485) erhalten, die Anwend- barkeit des Gesetzes vom 23. Februar 1843 aber für eine Anzahl ausdrücklich in Bezug genommener Fälle ausgesprochen. Völlig abweichend von letzterem ist in der Verordnung für Siegen bestimmt, dass zu gemeinschaftlichen Bewässerungsanlagen auf Verlangen des vierten Theils der betheiligten Grundbesitzer Wiesenverbände gebildet werden, und angeordnet, dass zum Behuf solcher Anlagen auf Antrag von mindestens 23 der Betheiligten nach Fläche und nach Personenzahl die Zusammenlegung auch solcher Wiesen, welche keiner nach der Gemeinheitstheilungsordnung aufzuhebenden Gemeinheit unterliegen, durch die Auseinandersetzungsbehörde erfolgen kann; überdies sind ausführliche Vorschriften über die Verwaltung und den polizeilichen Schutz der Bewässerungen gegeben. In der Hauptsache aber war durch die gedachten Ergänzungen die Geltung der wesentlichen Gesichtspunkte des Gesetzes vom 28. Februar 1843 bezüglich der Bewässe- rungen für den ganzen Staat erreicht. Schon das Gesetz vom 23. Januar 1846 (G.-S. S. 26), betreffend das für Ent- wässerungsanlagen auszuführende Aufgebots- und Präklusionsverfahren, begann nun die den Bewässerungen gewährte gesetzliche Förderung auch auf die Entwässerungen auszu- dehnen, indem es auch für letztere dem Unternehmer frei stellte, durch die Vermittelung der Polizeibehörde ein Präklusionsurtheil zu erwirken und sich dadurch gegen spätere Entschädigungsansprüche zu sichern. Das fernere Gesetz vom ıı. Mai 1853 (G.-S. S. 182), welches die‘ Vorschriften XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. id des III. Abschnitts des Ges. vom 28. Februar 1843, bezüglich der Genossenschaften zu Bewässerungen, in Hohenzollern einführte, dehnte diese Vorschriften allgemein auch auf Genossenschaften zu Entwässerungsanlagen aus, und bestimmte, dass die bestehenden gesetzlichen Vorschriften über Anlesung von Entwässerungsgräben durch fremde Grund- stücke auch auf Ableitungen des Wassers unter der Erde in bedeckten Kanälen oder in Röhren (Drains) Anwendung finden sollen; ordnete jedoch an, dass Genossenschaften für Drainanlagen für jetzt nur bei freiwilliger Zustimmung aller Betheiligten gebildet werden dürften. Als Grund, die zwangsweise Heranziehung zu Drainagegenossenschaften auszuschliessen, wurde damals anerkannt, dass diese Meliorationsart noch zu neu, theo- retisch noch zu wenig sicher begründet, auch, wenigstens nach den bisherigen Erfah- rungen, meistens sehr kostbar, überdies aber ihre Anwendbarkeit auch auf kleinere Flächen nicht zu bezweifeln sei, und ein Bedürfniss zur Erzwingung einer Assoziation noch von keiner Seite her dargethan worden. An diese Gesetze schloss sich endlich ein Gesetz vom 14. Juni 1859 (G.-8. S. 325) wegen Verschaffung der Vorfluth in den Bezirken des Appellationsgerichtshofes zu Köln und des Justizsenats zu Ehrenbreitenstein, sowie in den Hohenzollernschen Landen an, welches den Hauptzweck verfolgt, in den französischrechtlichen und gemeinrechtlichen Landestheilen, für die es bestimmt ist, die Erreichung derjenigen Vorfluthszwecke zu vermitteln, welchen im Gebiete des Alle. Landrechts die $$ ı4 ff. des Vorfluthsgesetzes von ıgır in Verbindung mit Art. 3 des Gesetzes vom ıı. Mai 1853 dienen. Es weicht vom Vorfluthsgesetz von ıgrr darin wesentlich ab, dass über die Ent- sehädigungsansprüche nicht durch Schiedsgerichte, sondern durch vorläufige Festsetzung der Regierung und im Falle des Widerspruchs gegen diese Festsetzung im ordentlichen Rechtswege entschieden wird, auch kennt es keine Bestimmungen über die Zulässigkeit der Wegräumung von Wassertriebwerken, sondern nur eine den Betrieb nicht beschrän- kende Abänderung derselben. In gleichem Sinne ist das Vorfluthsgesetz für Neuvorpommern und Rügen vom 9. Februar 1867 (G.-S. S. 220) ergangen, welches indess von den Bestimmungen des rheinischen Verfahrens, die sich in der Praxis nicht bewährt haben, wieder ab- und auf Schiedsgerichte zurückgegangen ist. In der Hauptsache hat durch diese Vorschriften, welchen noch das Gesetz vom 1. Juli 1861 (G.-S. S. 749) bezüglich der Errichtung durch Wasser bewegter Triebwerke jeder Art hinzutrat, nunmehr der Kreis der Vorfluthsgesetzgebung für den ganzen Staat eine den Meliorationsunternehmungen in hohem Grade förderliche und in den verschiedenen Landestheilen hinreichend übereinstimmende Durchbildung erlangt. — Auf demselben Boden und ebenfalls als Theil der projektirten allgemeinen Wasser- gesetzgebung entstand auch das Gesetz über das Deichwesen vom 28. Januar 1348 (G.-S. S. 54), welches für das gesammte damalige Gebiet der Monarchie erlassen wurde *), Die enge Berührung des Deichschutzes und des Meliorationswesens liegt klar; das Deichgesetz war eine nothwendige Ergänzung der Vorfluthsgesetze. Es kam vor allem darauf an, den Deichschutz rasch und auch als vorbeugende Massregel polizeilich erzwingbar zu machen, und dem für Deiche seit lange bestehenden Genossenschafts- wesen die entwickelte, praktisch wirksame Rechtslage zu geben, welche die sehr viel jüngeren Meliorationsgenossenschaften inzwischen erreicht hatten. *) Zur Ausdehnung auf die Hohenzollernschen Lande hat sich dort bisher kein Be- dürfniss gezeigt. 458 XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Das Gesetz sichert desshalb von landeskulturwegen die Erhaltung der vorhandenen, von Einzelnen oder von kleinen Sozietäten angelegten Privatdeiche durch landespolizei- liche Ueberwachung. Es darf mit diesen Privatdeichen keine den benachbarten Grund- besitzern schädliche Veränderung vorgenommen werden. Deiche oder ähnliche Er- höhungen der Erdoberfläche, welche die Ausbreitung der zeitweise aus ihren Ufern tretenden Gewässer beschränken, dürfen im gesammten Inundationsgebiete nicht anders als mit ausdrücklicher Genehmigung der Regierung neu angelegt, verlegt, erhöht, sowie ganz oder theilweise zerstört werden, und die Erhaltung und Wiederherstellung kann seitens der Regierung exekutivisch und, wo nöthig, unter interimistischer Regulirung der Baulast von den durch den Deich geschützten Grundbesitzern erzwungen werden. Ferner wird das Rechtsprinzip einer zwangsweise zu realisirenden genossenschaft- lichen Verpflichtung aller beim Schutze gegen Ueberfluthungen wie bei Meliorationen der Grundstücke durch Abhaltung des Stromwassers auf gleiche Weise interessirten Niederungsbesitzer, sowohl zur gemeinsamen Anlage neuer Deiche als zur gemeinsamen Unterhaltung und Erweiterung vorhandener, anerkannt. Die Deichpflicht muss von allen einzelnen, durch die Deich- und Meliorationswerke geschützten oder verbesserten, ertrag- fähigen Grundstücken nach dem in einem Statute zu bestimmenden Massstabe gleich- mässig getragen werden. Eine Befreiung von der Deichlast ist auch durch Verjährung nicht möglich. Die in einem Deichverbande zu leistende Deichpflicht ruht unablöslich auf den Grundstücken, ist den öffentlichen Lasten gleich zu achten und hat in Kolli- sionsfällen vor denselben den Vorzug. Die Deichverwaltung hat das Exekutionsrecht, wie es bei öffentlichen Lasten besteht, gegen jeden Besitzer. Auch auf Grund spezieller Rechtstitel findet von der Deichlast keine Befreiung statt, sondern nur eine Entschädigung für das Recht, welche gegen verhältnissmässige Vergütung ablösbar ist. Auf Grund dieser durchgreifenden Gesichtspunkte werden vom Deichgesetz alle ab- weichenden Bestimmungen der allgemeinen Landesgesetze und der für einzelne Landes- theile bestehenden Verordnungen aufgehoben, und die bei der Publikation vorhandenen Deichordnungen und Statute zwar in Kraft erhalten, aber Revisionen derjenigen ange- ordnet, bei denen solche erforderlich erscheinen. — Es ist versucht worden, diesen Kreis der Meliorationsgesetzgebung auch auf die Kultur von Oeden und Blössen durch Bewaldung auszudehnen. In dieser Richtung ist das Waldkulturgesetz für den Kreis Wittgenstein vom 1. Juni 1854 (G.-8. S. 329) ergangen, welches im wesentlichen die Idee der S. 349 u. 417 gedachten Haubergsgenossenschäften festhält, und die Einrichtung soleher Hauberge in jedem Gemeindebezirke des Kreises auf allen denjenigen Grundstücken behufs ihrer Be- nutzung zur Waldkultur erzwingbar macht, welche im Flurbuche als Aussenländereien bezeichnet und bisher nicht zum regelmässigen Fruchtbau benutzt worden sind (mit Ausschluss jedoch derjenigen, welche zu den Besitzungen eines der fürstlichen Häuser Wittgenstein-Wittgenstein und Wittgenstein-Berleburg gehören). Das Verfahren erfolgt auf Provokation auch nur eines der dabei betheiligsten Eigenthümer bei der Auseinander- setzungsbehörde, falls nicht die Mehrzahl der Betheiligten widerspricht. Dieses Gesetz schliesst sich ähnlich, wie die Siegensche Wiesenordnung von 1856, an die alten, schon erwähnten Haubergsordnungen der dortigen Gegend an, Dieselben sind häufig revidirt und erneuert worden. Die gegenwärtig noch geltenden sind *): *) J. Greiff a. a. O. S. 674. XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 459 a) die mittelst Kab.-Order vom 29. September 1834 genehmigte, unter dem 6. De- zember 1834 publizirte Haubergsordnung für den Kreis Siegen; b) die aus der Grossherzoglich Hessischen Forstordnung vom 6. Januar ı8$ro hervor- gegangene, an die Stelle der früheren Haubergsordnung vom 24. März 1821 ge- tretene Polizeiverordnung der Regierung zu Arnsberg vom 18. Januar 1859 für den das Amt Olpe bildenden Theil des Kreises Olpe (Amtsbl. 1859, S. 55); c) die Polizeiverordnung über die Bewirthschaftung der Hauberge in den Aemtern Freusberg und Friedewald des Kreises Altenkirchen vom 21. November 1836 (Amts- blatt von Koblenz 1837, S. 59), welche von der Gemeinheitstheilungsordnung für die Rheinprovinz vom 19. Mai ıg5r (G.-S. 8. 371, $ 31) nicht zur Aufhebung ge- bracht worden ist. - Bis jetzt aber sind die Bestimmungen für Meliorationsgenossenschaften zur Be- waldung auf diejenigen Oertlichkeiten beschränkt geblieben, denen die Forstgenossen- schaften in herkömmlicher Weise eigenthümlich sind). — Die volle Kraft dieser Meliorationsgesetzgebung konnte in praktischen Erfolgen nur im Verhältniss der allmählich erreichten Uebereinstimmung der Vorschriften, der grösseren Sicherheit des Verfahrens und des wachsenden Unternehmungsgeistes der Grundbesitzer zur Aeusserung kommen. Die Landeskulturbehörden waren in den ersten Dezennien mit Recht dem grossen Werke der Separationen und Ablösungen vorzugs- weise zugewandt. Es ist schwer, ein Urtheil zu gewinnen, wie weit sich die meist auf kleinere Strecken beschränkte Thätigkeit der Privaten für Wiesenbewässerungen und Entsumpfungen erstreckte, deren Bedürfnisse der Gesetzgebung wesentlichen Anstoss gegeben hatten. Der Siegensche Wiesenbau fand in den zwanziger und dreissiger Jahren weit verbreitete Anerkennung- 1830 wurden die Anlagen zu Gramenz (3 M. NW. von Neustettin) begonnen, welche theils als Lehranstalt, theils und ganz vorzugsweise durch die kommissarische Thätigkeit, in welcher der Freiherr Senfft v. Pilsach seine gewonnenen Erfahrungen auf die vom Staate unternommenen grösseren Meliorationen übertrug, für die nördlichen Provinzen epochemachend geworden sind. Die lebhaftere Betheiligung des Staates an solchen Unternehmungen begann erst unter der Regierung Friedrich Wilhelms IV. r34r ertheilte der König dem Freiherrn Senfit v. Pilsach einen Immediatauftrag, grössere Landesmeliorationen in fiskalischen Forsten und auf Privatflächen zu vermitteln. Seitdem wurden Vorarbeiten zu einer Reihe grösserer Anlagen gemacht, welche sich zum Theil an viel ältere, schon in der Zeit Friedrichs des Grossen aufgenommene Projekte anschlossen. Grossen Theils wurden dieselben auf Staatsforsten und Staatsgütern und aus den Baufonds derselben vorgenommen. Es bestanden indess auch einige besondere Melo- rationsfonds. Aus den oben S. 450 erwähnten, durch die Kab.-Order Friedrieh Wil- helms II. vom 29. Januar 1792 für solche Zwecke angewiesenen 300 000 Thlr. war durch Kab.-Order vom 23. Januar 1802 ein Kapital von ıroo00 Thlr. als Meliora- tionsfonds für Altpommern und die Neumark ausgesetzt worden, Ebenso war aus *) Dem Ziele des Waldanbaues im allgemeinen dient für alle diejenigen rheinischen Gemeinden, in denen die Städteordnung nicht eingeführt ist (s. o. S. 70, Ges. vom 15. Mai 1856, G.-S. S. 435, Art. 23), die Verordnung vom 1. März 1858 über die unter geeigneten Verhältnissen von jedem Gemeindemitgliede erzwingbare Forstkultur der eigentlichen Gemeinde- grundstücke, A460 XIH. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Vorschüssen, welche die Kab.-Ordern vom 6. Juni 1822 undı6. Mai 1823 den ost- und westpreussischen Gutsbesitzern in der Zeit gänzlicher Zerrüttung nach dem Kriege zur Erleichterung der Einrichtung bei den beginnenden bäuerlichen Regulirungen gewährt hatten, ein Meliorationsfonds für die Provinz Preussen von ungefähr 75 ooo Thlr. durch den Landtagsabschied vom 19. Januar 1835 bewilligt worden. Diese Gelder und an- dere fiskalische und unmittelbare Dispositionsfonds boten die nächsten Mittel zum Be- ginn der projektirten Anlagen. In den Jahren 1841 bis 1849 wurden auf diesem Wege nicht unbeträchtliche Melio- rationen ausgeführt, und dabei eine Anzahl tüchtiger Techniker ausgebildet. Zu den grösseren Ent- und Bewässerungen, die in dieser Zeit zur Durchführung kamen, gehören namentlich die Kanalisirungs- und Wiesenbauten in der Tuchelschen Heide in Westpreussen. Die Oertlichkeit dieses fast von allen Hülfsmitteln der Kultur entblössten Land- striches ist S. 244 näher geschildert. Zur Aufhülfe wurden an verschiedenen geeig- neten Stellen durch Regulirung und Aufstau der Brahe, des Schwarzwassers und ihrer kleineren Zuflüsse Wiesenberieselungen geschaffen, auch in den Nothjahren 1845—1847 ein Schifffahrtskanal aus den oberen Seen im Schlochauer und Konitzer Kreise bis nach Bromberg projektirt. Von diesem kam nur ein 3 Meilen langer Kanal von Mühlhof (3, Meilen oberhalb Rittel) bis Barlogi (r Meile S. von Czersk) in 60 Fuss Breite und 4 Fuss Tiefe zur Ausführung, dessen Benutzung desshalb auf Bewässerung beschränkt blieb. Die bei Mühlhof erbaute grosse Stauschleusse kann den Brahefluss bis auf 40 Fuss Höhe über ihr Grundbett aufstauen und vermittelt den Zufluss des Wassers für den Kanal, sowie den Abfluss des überflüssigen Fluthwassers nach der Brahe. Es sind hier 12— 1500 Morgen Sandfläche bewässert und in Wiesen verwandelt worden, deren Baukosten sich auf den Morgen (ausser der jährlichen Unterhaltung und Aufsicht von gegen ıYs Thlr.) mit etwa 60 Thlr. berechnen würden, wenn ihnen die Gesammt- kosten der Anlage zur Last gelegt werden sollten; gleichwohl könnte der Ertrag von eirca 18000 Ctr. Heu, welcher wirthschaftlich in hohem Grade günstig auf die Um- gegend einwirkt, noch als eine annähernd genügende Verzinsung dieses Anlagekapitals betrachtet werden. Rechnungsmässig weit günstiger gestalteten sich andere in benach- barten Niederungen an der Brahe, am Schwarzwasser und am Ball angelegte Ent- und Bewässerungen, die mit dem Projekt des Schifffahrtskanals nicht in Verbindung standen. Es wurden in diesen Oertlichkeiten vor 1849 gegen sooo Morgen meliorirt. In der Provinz Preussen führte der Königliche Fiskus in derselben Zeit im Skallischener Forst im Regierungsbezirk Gumbinnen auf etwa 2000, am Stasswinner und Kruglinner See ebenda auf s5oo Morgen ähnliche Wiesenbauten aus. Für das Neide- und Skottauthal im Neidenburger Kreise (Reg.-Bez. Königsberg) bewilligte eine Kab.-Order vom 8. Oktober ı940 13000 Thlr. aus dem preussischen Meliorationsfonds zum Ankaufe einer Wassermühle, deren Stau das Thal versumpfte, Durch die später erweiterten Arbeiten wurden dort bis 1849 70oo Morgen Land durch Senkung des Soldausees gewonnen, und die städtischen Wiesen bei Neidenburg meliorirt. Auf Grund einer Kab.-Order vom 7. Mai 1841 wurden Senkungen der Masuri- schen Seen von Angerburg bis Talten, zunächst durch Räumung der um 1765 von Friedrich dem Grossen angelegten Schifffahrtskanäle begonnen, welche einen Kosten- aufwand von 17 000 Thlr. erforderten. XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge, A461 Eine Kab.-Order vom 9. Juni 1945 befahl Vorarbeiten über die Inster- und Pregel-Regulirung. In Pommern kam 1946 die schon bei der Senkung des Maduesees beabsichtigte Ablassung des Plönesees in Vorbereitung. In der Provinz Posen wurde am 16. August 1942 ein vorläufiges Statut für die Melioration der 171 000 Morgen grossen Obrabrüche aufgestellt und 1844 zur Bearbei- tung ıoo000 Thlr. Vorschuss bewilligt. 1843 bis 1845 wurden die Vorarbeiten zur Entwässerung des Parchaniebruchs bei Inowraclaw ausgeführt. Auch meliorirte der Königliche Forstfiskus im Strzelnoer Bruch (Reg.-Bez. Bromberg) etwa 1000 Morgen zu Wiesen. In der Provinz Sachsen trat man seit 1840 der vorher vielfach projektirten, aber nicht zur Ausführung gebrachten Melioration für die Niederung der schwarzen Elster näher; die Kab.-Order vom 138. August 1844 genehmigte dazu den Ankauf mehrerer Wassermühlen an der Elster. Neu begonnen wurden 1842 die Verhandlungen über eine durchgreifende Vorfluthsregulirung in dem seit 1796 kultivirten, jedoch nicht vollständig entwässerten mehrerwähnten Drömling. In Westfalen war seit lange durch den Oberpräsidenten von Vincke die Melio- ration der Boker Heide und des Lippebruches angeregt, bei der es sich um etwa 12 000 Morgen Bewässerung und 33 ooo Morgen Entwässerung handelt. 1844 wurden 2500 Thlr. Vorschuss für die Vorarbeiten bewilligt und später 108 80oo Thlr. Darlehn zur Ausführung der Bewässerung in der Boker Heide zugesichert. Zur Melioration des Norf- und Stommelnschen Bruches bei Neuss auf dem linken Rheinufer, die der Staat auf Grund des (S. 452) erwähnten Dekrets vom 16. Septem- ber 1807 selbst unternahm, kamen 1843 und 1846 18000 Thaler, zur Melioration des Niersthales im Regierungsbezirke Düsseldorf 1846 2000 Thaler zu Vorarbeiten zur Verwendung. Auch grosse Deichbauten wurden, abgesehen von denen, zu welchen Fiskus als Besitzer verpflichtet war, im Warthebruch begonnen, wo von 1836 bis ıg40 die Ver- wallung auf dem linken Ufer mit einer Staatsbeihülfe von 70.000 Thlr. geschlossen und dadurch Schutz vor Rückstau für 20 000 Morgen erreicht wurde. Ein bedeutendes, sehr beachtenswerthes Resultat in der Richtung der Genossen- schaftsbildung war die Begründung der Meliorationssozietät des Allensteiner Kreises im Regierungsbezirk Königsberg. Sie bildet das erste und bis jetzt einzige Beispiel einer den ganzen landräthlichen Kreis umfassenden landwirthschaftlichen Assoziation für Landeskulturzwecke. Ihr Statut wurde unter dem 15. Mai 1843 (G.-S. S. 274, re- vidirt den 30. Mai 1853, G.-S. S. 325) landesherrlich mit der Befugniss genehmigt, Ent- und Bewässerungen als Unternehmerin auszuführen, sowie Meliorationen aller Art, insbesondere auch Separationen durch Geldvorschüsse zu erleichtern. Zur Beschaffung der Geldmittel wurde der ‚Sozietät gestattet, unter Staatsgarantie 500000 Thaler 3Yaprozentige Kreisobligationen auszugeben. Die Genossenschaft hat bis 1949, trotz sehr ungünstiger Konjunkturen, ungefähr ır 200 Morgen Rieselwiesen eingerichtet, 5 000 Morgen Seegrund oder Bruch entwässert, einen flössbaren Kanal angelegt, die Separa- tionen im Kreise, welche 1843 noch fast gar nicht beantragt waren, so gefördert, dass bis 1849 schon der grösste Theil des Kreises separirt war, ferner eine Kolonie von hessischen Landwirthen zu Rothfliess im Rösseler Kreise angelegt, durch Ausleihung von Kulturkapitalien den bäuerlichen Wirthen geholfen, auch umfassende Vorarbeiten 462 XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. zu weiteren Meliorationen im Allensteiner und den angrenden Kreisen fertigen lassen, und dabei durch ihre Unternehmungen wesentlich zur Ueberwindung der Nothstände in den Jahren 1845 und 1847 beigetragen. — 1848 gingen, mit Ausnahme weniger in Ausführung begriffener, ie Meliorationen, 1849 durch Kab.-Order vom 26. November (G.-S. 1850 S. 3) auch die Eindeichungs- und Deichsozietätssachen auf das Ressort des neu begründeten Ministeriums für die land- wirthschaftlichen Angelegenheiten über. Indess enthielt auch damals noch der Staatshaushaltsetat regelmässige Fonds für Förderung von Landesmeliorationen nicht. Selbst die Mittel zu technischen Vorarbeiten mussten in jedem einzelnen Falle durch den Ressortminister unter Mitwirkung des Finanzministers Allerhöchsten Orts aus dem Extraordinarium der Generalstaatskasse erbeten werden. Auf einen eingehenden Nachweis, wie ausgedehnte, wenig nutzbare Bodenflächen noch immer der Verbesserung harrten, erreichte das landwirthschaftliche Ministerium, dass seit dem Jahre 1850 ein Dispositionsfonds unter die ausserordentlichen Ausgaben dieses Ressorts aufgenommen wurde. Derselbe erhöhte sich in der Zeit bis 1866 und betrug Imeahreikn go EEE, so ooo Thlr. ER ET EEE FAT HN IL O27000, a N EA Fe on on keriotejs)t —- >» » 1853 und 1854 je 100000 Thlr. = 200000 „ a legte u (elite), 7, > 9 1859 om 5 Plorteleie) nr Se 60 bis N je 150000 Thlr. = 450000 „ en ER BE od Oo at /jieleter ir, RR RL: S GAREN SSR BIER. IN SSR AM nF. 6 2,00:900M0 DE LET SOSE en RER N BET HELS 0/0000 » » . 1866 (etatsmässig 200 ooo Thlr.) . 160000 „ in den genannten 17 Jahren also . . . a . ...2477 000 Thlr. In denselben 17 Jahren wurden Hoch Bene dem Dispositions: fonds an Staatsdarlehnen für einzelne Meliorationen bewilligt: a) 1850—ı851 für die Bewässerung der Boker Heide in Westfalen 108000 - b) 1853—1854 für die Regulirung der schwarzen Elster . . 200 000 +, e) 1859 für die Regulirung der Notte im Regierungsbezirk Potsdam Iooo0o0 „ ferner an Zuschüssen: d) 1855—66 für die Beförderung der Waldkultur in der Eifel jährliche: 10 000.Rhlr. „2 a me. U AR 108890 „ e) seit 1853 zur Vervollständigung der Dotaken Be Kösliner Meliorationsfonds . » .» 2... B ann ee, f) seit 1856 zur etatsmässigen Austellung von ala: 4, jetzt 3 Landesmeliorationsbaubeamten . . » » Es IOI 200 „ &) seit 1856 zur Förderung der Landeskultur nd Rönunöritien eines Wiesenbaumeisters in den hohenzollernschen Landen ZZ OEL NE TE ers are MEERE EBRETAREOIES zusammen also seit 1850 . . . 3328768 Thlr., XIH. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 463 oder jährlich im Durehsehnitt 195 809 Thlr., welche grösstentheils als Vorschüsse zu Landesmeliorationen im Ressort des Ministeriums verwendet wurden. Die aus dem Dispositionsfonds gewährten Darlehne werden seit dem Jahre 1853 einem besonderen Rückeinnahmemeliorationsfonds der Generalstaatskasse überwiesen, dessen Eingänge von neuem zu Meliorationsdarlehnen verwendbar bleiben. Der Bestand dieses Fonds betrug Ende 1866 bar . ». . 2 22 2 2 0. 11 807,, Thlr., in ausstehenden Forderungen . . . Oo ae rn und es haben aus demselben in den Jahren E66 bereit 198 891,3 Thlr. neue Dar- lehne gezahlt werden können. — Seit dem Gewinn dieser regelmässig zufliessenden Geldmittel konnte die Thätig- keit der Behörden für Ent- und Bewässerungen sowohl, wie für Deichregulirungen den lebendigen Aufschwung nehmen, dem die Gesetzgebung die Bahn geöffnet hatte. Es bildete sich jetzt mit voller Bestimmtheit, im Gegensatz zu dem älteren System der Staatsanlagen, als Hauptgedanke des neueren Meliorationswesens das Ziel aus, einerseits die lebendige Thätigkeit der Privaten auf Grund der Rentabilität der Unternehmungen entschieden in Anspruch zu nehmen, andererseits aber auch deren Unternehmungslust und Selbsthülfe durch jedes geeignete Mittel zu kräftigen und auf- recht zu halten. Im Sinne des Gesetzes nahm man keinen Anstand, da, wo polizeiliche Fürsorge zur Abwendung grösserer Uebel gerechtfertigt war, die Privaten zu zweck- mässigen Meliorationen zu zwingen, andere Anlagen, die Nutzen versprachen, wurden wenigstens durch Hinweise, Vorarbeiten, technische Gutachten und Zusicherung von Hülfe angeregt; dagegen wurden aber auch in der gefahrvollen Zeit der Ausführung dureh Unterstützung und Vorschüsse Stockungen möglichst beseitigt, die thätige ge- nossenschaftliche Beihülfe Aller, die von der Anlage Nutzen haben, auf die thunlichste Weise herbeigeführt und den Genossenschaften ‘gesetzlich und thatsächlich die volle Kraftentwickelung gesichert, zu der sie nach Lage der Verhältnisse irgend fähig und bereit waren. Das Verfahren nahm desshalb mehr und mehr die Richtung, sobald die polizei- liche Nothwendiskeit oder Zulässigkeit einer Unternehmung festgestellt und die Aus- führung beschlossen worden, vor allen Dingen die Beitragslast des einzelnen Betheilig- ten definitiv oder interimistisch zu ordnen, und auf dem raschesten Wege eine öffentlich anerkannte, nach bestimmten Grundsätzen fest gestaltete, und für ihre Verpflichtungen schleuniger Exekution unterliegende Korporation zu begründen. Dies war das Mittel, die Genossenschaften möglichst rasch kreditfähig zu machen, und den Staat der Noth- wendigkeit andauernder Gewährung von Unterstützungen und Vorschüssen zu überheben. In den Meliorationsgesetzen selbst ist die Anerkennung der Deiehbauten als noth- wendiger, der sonstigen Meliorationen wenigstens als nützlicher Verwendungen ausge- sprochen, deren nothwendiger Aufwand die Sicherheiten der Realgläubiger nicht mindert, sondern vielmehr vermehrt. Dieser Aufwand, sofern er nach den statutarisch geordneten Grundsätzen verhältnissmässig vertheilt ist, geht desshalb im Konkurse als eine Last des einzelnen Grundstückes den Ansprüchen aller Realgläubiger, bei Deichlasten sogar den Staatssteuern vor. Die durch das Statut festgesetzten Beiträge können gesetzlich seitens der Genossenschaftsverwaltung in eben der Art vermöge unmittelbarer Exekution im Verwaltungswege erzwungen werden, wie diese für öffentliche Lasten gilt. Dieselbe geht auch gegen Pächter, Nutzniesser und andere Besitzer des verpflichteten Grund- stückes, vorbehaltlich des Regresses derselben gegen die eigentlich Verpfliehteten. 464 XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Die kontrahirten Schulden der Meliorationsverbände besitzen also durch das Vor- recht vor allen Pfandgläubigern eine unbedinste Sicherheit, und es war in der Regel nicht schwer, wenigstens einen Theil des Baukapitals durch Anleihen aufzubringen. Zu weiterer Erleichterung aber wurde sehr bald den Genossenschaften, sobald sie völlig konstituirt waren, auch die Ausgabe von unkündbaren, zu amortisirenden Obligationen auf den Inhaber in verhältnissmässiger Höhe gestattet. Anfangs glaubte man genöthigt zu sein, diesen Obligationen durch eine Staats- garantie eine angemessene Verwerthung zu sichern. Wie erwähnt, hatten schon die ersten im Jahre 1843 geschaffenen Obligationen der Meliorationssozietät des Allensteiner Kreises (G.-S. 8. 276) eine solche Garantie erhalten, dieselbe wurde auch noch den 1849 genehmigten Schuldverschreibungen des Niederoderbruches (G.-S. S. 408) bewilligt. In keinem späteren Falle aber wurde eine Staatsgarantie weiter als nöthig erachtet. Die Ausstellung solcher Papiere blieb vielmehr in der Regel an die Bedingung einer Amortisation von Y» oder ı pÜt. (neben dem Zinsfusse von 4, 4’ oder 5 pCt.) und der von einer bestimmten Frist an beginnenden Ausloosung zum Nennwerthe geknüpft. Darauf hin sind sie meist in feste Hände in der Nähe der betreffenden Niederungen untergebracht worden, und es kann, weil sie nicht zur Notirung an den Börsen kommen, von einem Kurse kaum gesprochen werden. Durch diese der Natur soleher Unternehmungen in hohem Grade entsprechende Art der Schuldenregulirung hat das Meliorationswesen einen Halt erlangt, der ihm in der gewonnenen Gestalt eine bedeutende Zukunft sichert. In wohlhabenden Gegenden haben viele Sozietäten ihr gesammtes Baukapital, so- weit es nicht dureh Beiträge bestritten werden konnte, auf diesem Wege aufgebracht, und nur einen sehr geringen Theil aus öffentlichen Fonds vorgeschossen erhalten, um die ersten Bauten schneller in Gang zu bringen, oder unerwartete Mehrkosten auszu- gleichen. In ärmeren Gegenden, in denen der Kredit wenig entwickelt ist, hat zwar oft die Hälfte des Baukapitals und darüber aus Staatsfonds dargeliehen werden müssen, aber diese Darlehne werden nach 3 oder 5 Freijahren gewöhnlich mit 3 pÜt. verzinst und mit 2 pÜt. amortisirt und nur ausnahmsweise in Fällen besonderer Bedürftigkeit bei starken Abzahlungen zinsfrei gewährt. Staatszuschüsse zum Bau, ohne Verpflichtung zur Rückzahlung, werden der Regel nach gänzlich vermieden, weil angenommen wird, dass der Staat sein Interesse an der Gewinnung neuen Kulturlandes durch die Bestrei- tung der Kosten für die Vorarbeiten, Verhandlungen und die Bauleitung, abgesehen von Vorschüssen, genügend bethätigt, die Baukosten wirklich nützlicher Meliorationen von den betheiligten Grundbesitzern vielmehr bei der jetzigen Entwickelung der Bodenpreise allmählich aufgebracht werden können. Ausnahmsweise Bewilligungen von Staatszuschuss haben sich desshalb auf Fälle der dringendsten Nothwendigkeit beschränkt, wenn durch ungewöhnliche Umstände und Unfälle die Anlagekosten so hoch wurden, dass die Prästationsfähigkeit der Betheiligten gefährdet war, oder wenn eine Anlage die Kräfte der Betheiligten überstieg, gleichwohl aber eine erhebliche Beförderung der Kultur in weiteren Kreisen erwarten liess, welche zu Beiträgen ohne unverhältnissmässige Schwie- rigkeiten nicht herangezogen werden können. — Für die Durehführung grösserer Unternehmungen wurden unter der Aufsieht der betreffenden Regierung, oder des Oberpräsidenten wenn die Anlagen mehrere Bezirke berührten, besondere Administrativkommissarien bestellt, deren Auftrag dauert, bis die Melioration zur Ausführung gebracht ist. Die Zahl solcher Kommissare hob sich bis XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 465 zu 25. Nur wenige aber waren ausschliesslich mit solehen Geschäften beschäftigt, son- dern dem Kreise der Landräthe, Spezialkommissare oder Mitglieder der Regierungen oder Generalkommissionen entnommen. Als bantechnische Organe wurden die Staatsbaubeamten benutzt. Da indess grössere Meliorationen von diesen Beamten nicht leicht nebenbei bearbeitet werden können, so wurde nach und nach in jeder Provinz ein Meliorationsbauinspektor stationirt. Derselbe steht unter dem Oberpräsidenten und wird von diesem derjenigen Regierung oder Generalkommission auf Ansuchen zugewiesen, der es für die Bearbeitung einer Landesmelioration an verfügbaren oder geeigneten Technikern fehlt. Zur Beförderung von kleineren Bewässerungsanlagen wurden auch an entsprechenden Orten Wiesenbaumeister stationirt, theils auf Staatskosten, theils unter Staatsbeihülfe auf Kosten der Kreise, — Den Deichregulirungen kamen die Betheilisten in Folge grosser in den Jahren 1845, 1854 und 1855 eingetretener Ueberschwemmungen bereitwillig entgegen. Alle Hauptdeiche wurden untersucht, und die Nothwendigkeit oder Zweckmässigkeit ihrer Normalisirung und der Errichtung von Deichverbänden erwogen. Viele Arbeiten zeig- ten sich sofort als äusserst dringlich, auf den meisten Stromstreeken ergab sich überdies die Möglichkeit, das Fluthprofil über die bestehenden Dammlinien hinaus erheblich einzuschränken, und durch Anlage neuer Deiche bedeutend grössere Flächen unter Schutz zu bringen. Die alten Dammbaue waren in der Regel so viel als thunlich dem hohen Terrain gefolgt, hatten die Durchschüttung alter, verlassener Flussläufe und anderer Tiefen, den Schluss und die Ableitung stärkerer Binnenzuflüsse, überhaupt bedenkliche und kostspielige Arbeiten möglichst vermieden und auf ein Opfer an Land keinen Werth gelegt. Bei der vorgenommenen Prüfung fand sich für viele Oertlich- keiten, dass gegenwärtig möglichst grade und mit gleichem Stromprofil den Lauf des Stromes begleitende Deichlinien selbst bei schwierigen Wasserbauten nicht blos weniger Gefahren, sondern auch weniger Kosten in Aussicht stellten, als eine brauch- bare Erhöhung und Verstärkung der alten Dammzüge. Es wurden desshalb sehr er- hebliche Bauten für die Eindeichung und für die nicht minder wichtige Entwässerung der Niederungen in den Stromthälern projektirt, und im Laufe von etwa ı5 Jahren die meisten zur Ausführung gebracht. Die Nachweisung I. der Tabelle J. der Anlagen giebt durch die aufgewendeten Baukapitale ein hinreichendes Bild von der Bedeutung dieser Arbeiten. Sie zeigt, dass in den letzten zo Jahren bis Ende 1866 ı 861440 Morgen mit einem Aufwande von 10 040 546 Thlr. unter neuen oder verbesserten Deichschutz gebracht worden sind. Die Instruktion zur Bildung von Deichverbänden vom 24. August 1850 (J. Greiff, Landeskulturgesetze S. 616) gab dem Verfahren die nöthigen Anhaltspunkte. Es ist nach diesen noch jetzt gültigen Vorschriften zunächst auf Staatskosten durch den Regierungskommissarius und den ihm beigeordneten Bausachverständigen ein Meliorationsplan, der mit den möglichst einfachsten Mitteln eine genügende Uebersicht über die zweckmässig zu machenden Anlagen, ihre Kosten und die dadurch den In- teressenten erwachsenden Lasten und voraussichtlichen Vortheile geben muss, auszu- arbeiten. Sobald dies Projekt im allgemeinen die Genehmigung der leitenden Behörden gefunden, wird es den Betheiligten unter öffentlichem Aufruf der unbekannten Interessenten zur Erklärung über ihre Einwendungen, über die Beschaffung der Geldmittel und den Beitragsfuss, sowie die sonstigen Einzelheiten des Deichstatutes vorgelegt. Wichtige Boden d. preuss. Staats. 30 466 XII, Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Einwendungen gehen sofort an die Regierung und, wenn nöthig, an das Ministerium zur Entscheidung. Je nachdem solche schweben, wird definitiv oder interimistisch mit der Regulirung der Baulast vorgegangen. Die spezielle Ausarbeitung und Veranschlagung des Meliorationsplanes erfolgt durch einen bewährten Techniker. Es ist nicht blos auf die Deichanlage, sondern auch auf ein richtiges System der Entwässerung des Binnen- landes Rücksicht zu nehmen. Die Grenze des Inundationsgebietes wird durch Zeugen, Wassermarken und nöthigenfalls durch Nivellements ermittelt, und aus vorhandenen Karten oder durch Neumessung ein vollständiges Register über alle in den Deichschutz einbegriffenen Grundstücke erzielt. Dieselben werden nach Verhältniss des Nutzens, den sie von diesem Schutze haben, unter Aufstellung einer möglichst geringen Zahl von Klassen im Anhalt an das Uebereinkommen der Betheiligten oder die Entscheidung der Regierung klassifizirt, und dadurch die Grundlagen für die Ausschreibung von Beiträgen gewonnen. Sind technische Bedenken oder sonstige Einsprüche gegen den Meliorationsplan genügend erörtert, dann wird von den betheiligten Ministern die lan- desherrliche Vollziehung des Deichstatuts beantragt. Die Allerhöchste Genehmigung erfolgt in der Regel nur dann, wenn die Mehrzahl der betheiligten Grundbesitzer (der Fläche nach gerechnet) mit den Sachverständigen und Behörden für die Bildung des Deichverbandes stimmt. Die Bestimmungen, welche in den Deichstatuten gewöhnlich wiederkehren, sind am 14. November 1853 (G.-S. 8. 935) ein für allemal landesherrlich genehmigt und publizirt und konnten in den späteren Deichstatuten in Bezug genommen werden, so dass seitdem die in der Gesetzsammlung oder den Amtsblättern erfolgenden Publikationen uur etwa ı2 bis ı5 Paragraphen zu enthalten pflegen. Mit der Bauausführung wird öfters in dringlichen Fällen sehon vor Publikation des Deichstatuts vorgegangen, sobald die Bedingungen des Projektes genügend gesichert erscheinen und die nöthigen Mittel sich bieten. — Den Deichverbänden ähnlich erfolgt die Begründung der Meliorationsgenossen- schaften zur Ent- und Bewässerung. Es besteht eine Anweisung über die Bildung solcher Genossenschaften in dem Cirkularreskript des Ministers für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten vom 10. Ok- tober 1857 (Minist.-Bl. S. 181); das Schema eines Statuts für neu zu bildende Wiesen- genossenschaften ist in der Cirkularverfügung desselben Ministers vom ıo. November 1851 (Minist.-Bl. 258) gegeben, und endlich ist eine Instruktion vom 24. August 1861 (J. Greifl a.a.0.S.601) für die Ausführung der technischen Vorarbeiten bei Landesmeliorationen erlassen. Diese Vorschriften stimmen im allgemeinen mit denen über die Bildung von Deichverbänden überein. Anträge der Betheiligten wegen Bildung einer Ent- oder Bewässerungsgenossen- schaft sind an die nächste ordentliche Verwaltungsbehörde, in der Regel an den Land- rath des Kreises zu richten. Auf sie hin ist von diesem oder einem besonderen Kom- missar mit Hülfe des beigeordneten Technikers unter Rücksprache mit den Haupt- betheiligten ein Projekt über die beabsichtigten Meliorationsanlagen aufzustellen. Bei Zustimmung der Betheiligten bezüglich des Plans wie des Beitragsverhältnisses wird das entsprechende Genossenschaftsstatut von denselben vor dem Kommissar vollzogen und er- langt volle Verbindlichkeit durch die Genehmigung des Ministers für die landwirthschaft- lichen Angelegenheiten. Die Vereinigung ist dadurch "erleichtert, dass die Vorladun- gen unter der Kontumazial-Verwarnung erfolgen, es werde gegen den Ausbleibenden XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 467 angenommen werden, er habe gegen Plan und Statut nichts einzuwenden, und dass bei grösseren Sachen Deputirte der einzelnen betheiligten Ortschaften (vergl. S. 403) mit Vollmacht versehen werden müssen. Widersprechen dagegen die Interessenten zum Theil dem Projekte oder der Bil- dung der Genossenschaft, oder fordern Abänderungen des Meliorationsplans, die zurück- zuweisen bleiben, so kann das Statut nur durch landesherrliche Vollziehung in Kraft treten. Dieselbe wird nach Erörterung der Einwendungen in der Regel nur dann von den Ministern beantragt, wenn die Mehrzahl der Betheiligten, der Fläche nach berechnet, mit den zugezogenen Sachverständigen und den Behörden in dem Urtheil über die Nützlichkeit und Rentabilität des Unternehmens übereinstimmt. Diese Bestimmungen haben sich bei der Ausführung als zweckmässig bewährt; sie bieten Raum für die ausgedehnten Unternehmungen, deren Bearbeitung oft Jahre lang fortgesetzt werden muss, gestatten aber auch eine kurze Behandlung in einfachen Fällen, so dass ein umsichtiger Beamter bei ihrer Handhabung in wenigen Wochen das Statut zum Abschluss bringen kann. Die sehon angezogenen Zusammenstellungen in der Tabelle J. der Anlagen er- geben in Nachweisung II. und III., dass in den letzten 20 Jahren bis Ende 1866 im Staate 1 065 482 Morgen mit einem Aufwande von 5 906 375 Thlr. durch Ent- und Be- wässerungen verbessert worden sind. — Im Ganzen umfassen ‘also die in dieser Zeit ausgeführten Meliorationsunterneh- mungen 2 926 922 Morgen oder ungefähr ı32 DMeilen, d. h. 27 pCt. des gesammten Staatsgebietes. Auf dieser Fläche ist unter Bildung von 94 Deichverbänden und 265 Ent- und Bewässerungsgenossenschaften, eine Summe von 15 945 931 Thlr. zur Ver- wendung gekommen. Hält man damit zusammen, dass die der Meliorationsbehörde zur Unterstützung dieser Zwecke zu Gebote stehenden Mittel in dieser Zeit nicht mehr als 3 328 768 Thlr. betrugen und dass davon ı 555 360 Thlr. baar oder in ausstehenden - Forderungen noch vorhanden, im Ganzen also nur ı 773 408 Thlr. wirklich aufgewendet worden sind, so stellt sich die vom Staate zugeschossene Summe nur auf ıı pCt. des Baukapitals, d.h. von den je 5 Thlr. 131 Sgr., welche an Kosten auf jeden me- liorirten Morgen erforderlich wurden, trug der Staat nur je 17% Sgr.*) Die genauere Vertheilung auf die Provinzen ergiebt die umstehende Uebersicht, in welche überall unter II. die Meliorationen mit landesherrlich vollzogenem Statut, unter III. die mit ministeriell genehmigtem, im wesentlichen also ohne Widerspruch vollzogenem Statut errichteten Genossenschaften aufgeführt sind. Von älteren Sozietäten sind in diese Nachweisung nur solche mit aufgenommen, bei denen‘ die Revision und Abänderung der Statuten erfolgt ist, oder erhebliche *), Die in den Annalen der Landwirthschaft Bd. 45 u. 50 veröffentlichten Reiseberichte des Wirkl. Geh. Ober-Reg.-Raths Wehrmann, in dessen Hände seit 1848 das preussische Meliorationswesen gelegt war, bieten interessante Vergleichspunkte mit den Meliorationen, welche in den letzten Jahrzehnten in Irland und Frankreieh unternommen worden sind. In Irland, wo die Arbeiten grosse Schwierigkeiten fanden, im allgemeinen aber den preussi- schen ähnlich waren, sind in 6 grösseren Niederungen 72 838 Acres (109257 preuss. Morgen) durch Entwässerung und Flussregulirung mit einem Baukapital von 1051843 Liv. St. (7 005 620 Thlr.) meliorirt worden, zu welchem der Staat einen Zuschuss von 656 208 Liv. St. (4 374 720 Thlr.) oder 62,4 pCt. beigetragen hat. 30* XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Provinzen Preussen. I. Deichverbände Il. Meliorationen III. > Summe Pommern. I. Deichverbände. .... II. Melioratoinen ..... II. 5 Summe Posen. I. Deichverbände. ... . II. Meliorationen III. Summe Brandenburg. I. Deichverbände. ... . II. Meliorationen II. > Summe Schlesien. I. Deichverbände. .... II. Meliorationen III. = Sachsen. I. Deichverbände II. Meliorationen ..... III. - 58 Summe Westfalen. I. Deichverbände. ... . II. Meliorationen III. - Summe Rheinland. I. Deichverbände. ... . II. Meliorationen II. 2, Summe Hohenzollernsche Lande. I. Deichverbände II. Meliorationen III. a Staat. I. Deichverbände. ... - II. Meliorationen LIT. - Summe | 359 Verbände Zur Beschaflung des Baukapitals ist angeliehen | Zahl Meliora- Bau- = durch Aus- | durch Kon- der Verbände | Honsfläche | kapital | vom Stante | Ofibalnen | Prvatschulr au porteur den Morgen Thlr. Thlr. Thlr. Thlr. 14 Verbände 314 194 | ro6ßgorg| 233 683 _ 280 263 12 s 112 296 582 681] 302 300 —_ 92 514 19 ä 32 284 184 880 g0 250 — ge 45 Verbände 458774 | 1836580] 616233 | _ 402 677 — Verbände _ — —_ E= _ 8 > 5774 127 3244| 86700 = 18 762 9 E) 13 458 59 294 37 359 — == 17 Verbände 124 050 _ 18 762 2 Verbände 31000 = = 14 > 400 800 147 150 360 910 3 n 37.340 z= 4.000 ı9 Verbände 1430 772 469 140 | 147 150 | 364 910 16 Verbände 4 401458 147 003 | 1580000 | 1071855 8 & 554 576| 112000 278 500 105 496 4 = - — _— _— 28 Verbände 813 214 259 003 | 1858 500 | 1177 351 27 Verbände 392 12I 530 541 221700 | 1482459 L 2 1963 = — 2, 000 28 Verbände 394 084 2668 895 530 54I 221700 | 1484459 24 Verbände 474370 | 1620921 140 707 680 000 479 999 8 5 249 364 | 1528 174 | 301000 865 000 402 800 32 Verbände 723734 | 3149095 | 441707 | 1545000 | 873799 ı Verbände 4.696 45 000 —_ _ En 6 » 63 998 610 551 158 750 214 500 146 905 14 m 1242 34 986 8 000 — 13 418 21 Verbände 69 936 166750 | 214500 | 160323 ıo Verbände 77870 12 925 _ 61788 39 n 55 133 136 380 490 000 94 901 98 = 6 792 2 b1o = 20 710 147 Verbände | 139795 986785| 151915 | 490000 | 177399 — Verbände E _ = — > 2% 5 5 125 24 992 856 | = 14.950 | 22 Verbände 5 125 24 992 856 —_ 14.950: | 94 Verbände | 1 861440 | To 040 546| 1095 859 | 2481700 | 3 367 364 | 95 ” 969 201 5459917 | 1497 930 | 1995 150 | 1222288 | 170 n 96 281 445 468 166 406 | zit 84 978 | 2.926.922 |15 945 931 | 2760195 | 4476 850 | 4674 630 XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 469 Davon warden bis Ende Dezember 1866 abgezahlt Mithin waren 1867 die Societäten noch schuldig vom Staats- Darlehn Thlr. 82 212 5 375 5 926 931913 IO 200 4615 14 815 I13I 23 655 18 838 43 624 31060 638 31698 100 177 IOoo 177 46 872 | 46872 3 100 2 631 5/31 von den Obligationen au porteur Thlr. | 26 250 26 250 121 250 20 300 I4L 550 259975 III 890 271865 von den Privatschul- den Thlr. 189 698 48707 16 257 254 662 18 762 18 762 309 670 283 309 953 295 670 43 996 339.666 430 638 1067 431795 56.037 117 904 173 941 4781 3 903 8684 52.478 54 908 IO 833 II$ 219 14 950 1959 I 024 521 598 728 47 293 1670 2 | dem Staate Thlr. 151471 296 925 74.324 522, 720 76 500 32 735 109235 29 869 377 145 18 502 in Obligationen au porteur Thlr. | | 120 900 auf Privat- schuld- Dokumente Thlr, 425 516 120 900 115943 | 1458750 II 362 258 200 227305 | 1716950 430 364 212.075 212075 | 1052754 650 900 414 962 821 560 284 896 394 835 | 1472460 | 155 650 199 500 5 369 — se 161019 199 500 151639 — — 9 310 107 599 483 100 39 993 240 — 9 877 107 839 433 100 59 180 821482 | 2321725 | 2342 843 1426 ı8ı 1 883 260 623 560 I3I 170 _ | 37 685 2 378 833 4 204 985 3 004 088 Bemerkungen Ausserdem existiren im Kreise Siegen noch 400 Wiesengenos- senschaften, welche auf Grund der Wiesenordnung für den Kreis Siegen vom 28. Oktober 1846 (G.-S. S. 485) theils ge- bildet worden, theils — soweit sie schon früher bestanden — nach diesem Gesetz behandelt werden, und eine Wiesenfläche von 20,254 Morgeu umfassen, 470 XIII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Genossenschaftsbauten betrieben sind. Auch in den sonst bestehenden, nicht erwähnten Verbänden sind fast ohne Ausnahme in dem gedachten Zeitraume die Bauten, Deiche, Schleussen und Gräben nicht unwesentlich verstärkt und verbessert worden. Den Meliorationsgenossenschaften liessen sich mit Grund noch eine Anzahl Räu- mungen von Privatflüssen anreihen, welche durch Feststellung von Schaureglements und Einsetzung örtlicher Schaukommissionen geordnet und auf diesem polizeiliehen Wege nach technisch bearbeiteten, auf Nivellirungen begründeten Räumungsplänen zum Theil in sehr kräftiger, das Gefälle und die Abwässerung dauernd verbessernder Weise durch- geführt worden sind. Endlich bleiben auch die Waldkulturen in der Eifel zu erwähnen, für welche, wie oben gedacht, ein besonderer Fonds angewiesen worden ist. Sie haben vorzugs- weise die Aufgabe verfolgt, die auf den Bergrücken und Hochebenen als Weide und Schiffelland genützten Kommunalgrundstücke in zweckdienliche Waldungen umzuschaffen und zum Schutz der öden Flächen die noch vorhandenen Waldungen mit einander in Anschluss zu bringen. Für diesen Zweck sind auf Grund angefertigter Kreiswaldkarten die Pläne für die zu bildenden Waldkörper unter möglichster Berücksichtigung der wirthschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Gemeinden und unter Zuziehung der Vertreter derselben örtlich entworfen worden. Bei der Ausführung ist von den Gemein- den selbst die nöthige Arbeitshülfe in Dienstleistungen gefordert und ihnen nur eine Staatsprämie zur theilweisen oder annähernd ausreichenden Deckung der baaren Aus- lagen bewilligt worden. Daneben aber sind die Auslagen für die Kartirungs- und sonsti- gen Vorarbeiten, die Kosten für die Beschaffung besonderer Kulturgeräthe und für die Aufsicht bei den Kulturen auf die Staatskasse übernommen, auch zur Aufmunterung der in den zerstreuten Kommunalwaldungen oft über ihre Kräfte in Anspruch genom- menen Gemeindeforstbeamten mässige Remunerationen bewilligt worden. In den Jahren 1855 bis einschliesslich 1866 sind mit den oben als ausgegeben aufgeführten 118 890 Thlrn. kultivirt: im Regierungsbezirk Aachen in den Kreisen Er Montjoie und Schleiden . . . 22.22 13.06o.Morgen, im Regierungsbezirk Koblenz in ee ee et Kochem und Hagen . . ER eHLrTTOg - und im Regiarunieheurk Trier ii in dei Kreisen Dat Fran Witt- Ich@nnd@Bitbursae Ay ar Re er ro n zusammen . . . 43763 Morgen. Die zur Wiederbewaldung in Aussicht genommene Fläche beträgt im ganzen etwa 125 000 Morgen. Das Feld solcher Unternehmungen könnte allerdings nicht allein am Rhein, son- dern auch in den nördlichen Provinzen, auf Forstblössen und Küstenstrecken, sehr viel grössere Ausdehnung finden; bis jetzt sind indess die nicht unbeträchtlichen Kulturen von Oeden und Blössen und namentlich auch von Stranddünen, welche ausgeführt wur- den, im wesentlichen auf eigenen Staatsgrundstücken vorgenommen worden und desshalb ausser Beziehung zu den Landesmeliorationsbehörden geblieben. Die Deichregulirungen an den Strömen sind zum grössten Theile vollendet. Es schweben nur noch Verhandlungen in einzelnen, darunter allerdings sehr umfangreichen Niederungen, z. B. wegen Eindeichung des Memeldeltas zwischen Russ und Gilge gegen das Haff und wegen Revision der Deichordnung für die dortigen beiden Deichverbände, XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. 4a wegen Revision des Deichwesens im grossen und kleinen Marienburger Werder an der Weichsel und Nogat, wegen Abschluss dreier, unten offener Deichverbände an der oberen Weichsel gegen den Rückstau, wegen Eindeichung der Niederung des linken Oderufers zwischen Ohlau und Breslau und wegen Regulirung der Vorfluth- und Deichverhältnisse für die Niederung des rechten Elbufers bei Magdeburg vom Elbenauer Werder abwärts. Die Entwässerungen dagegen finden noch ein sehr weites Feld. Je mehr die Bevölkerung und der Bodenwerth steigen, desto lebhafter wird das Verlangen, schäd- liche Mühlenstaue zu beseitigen, den Privatflüssen einen geregelten Lauf zu geben, sumpfige Niederungen für die Kultur zu gewinnen und wo möglich so viel Herrschaft über den Wasserstand zu erlangen, dass einestheils unzeitige Ueberschwemmung ver- mieden, anderntheils einer zu grossen Abtrocknung der Grundstücke in dürren Jahren vorgebeugt wird. Zahlreiche Unternehmungen dieser Art, zum Theil von sehr grosser Ausdehnung, sind noch in der Vorbereitung begriffen. Die Bearbeitung dieser Pläne wird die Thätigkeit der Behörden noch auf lange Zeit in erheblichem Masse in An- spruch nehmen, Wenig ausgedehnt dagegen ist die Beschäftigung mit Bewässerungen, welche sich in der Regel auf kleinere Anlagen von einigen hundert Morgen beschränken. Die Resultate der Landesmeliorationen für die Werthserhöhung des Bodens sind sehr verschieden und lassen sich in bestimmten Zahlen nicht darlegen. Unter günstigen Verhältnissen bei guter Bodenbeschaffenheit steigert sich der frühere Werth oft in we- nigen Jahren um das drei- bis zehnfache, während es in anderen Fällen einer langen Arbeit von Jahrzehnten bedarf, bis auf dem rohen, mit Strauch und Bülten bedeckten Moorboden durch Bearbeitung, Düngung und Bodenzufuhr lohnende Erträge entstehen. Aufgegeben ist bis jetzt keine grössere Genossenschaftsanlage, nur einige kleine Bewässerungen in den Gebirgsthälern der Rheinprovinz sind wegen ungenügenden Wasser- zuflusses nachträglich wieder eingegangen. Bezüglich der finanziellen Lage der Verbände zeigt die obige Uebersicht, dass von dem Baukapitale von 15 945 931 Thlrn. 25, pCt. unmittelbar durch Beiträge, 29,4 pCt. durch Privatverschuldungen, 28, pCt. durch Ausgabe von Papieren auf den Inhaber und nur 17,4 pCt. durch Vorschüsse seitens des Staates beschafft worden sind, und dass die Tilgung dieser Schulden, namentlich der Privatkapitalanleihen, mit Rücksicht darauf, dass ein grosser Theil derselben erst dem letzten Jahrzehnt angehört, schon beträchtlich vorgeschritten ist. Die Privatschulden betrugen Ende 1866 nurnoch 18,9, die Papiere auf den Inhaber 26,4; und die Staatsvorschüsse 14,9 pCt. des Anlagekapitals, im ganzen waren 14,8 pCt. des letzteren an Schulden getilst und überhaupt 39,9 pCt. davon bereits bezahlt. Ueberall hat sich die Selbstverwaltung bei den Deichverbänden wie bei den Meliorationsgenossenschaften vortrefflich bewährt. Von den gewählten Vorständen, an deren Spitze häufig Rittergutsbesitzer, Landräthe oder andere Lokalbeamte, bisweilen aber auch bäuerliche Besitzer stehen, werden die Interessen der Sozietät mit gutem Erfolge, meist sehr sorgsam wahrgenommen und Verbesserungen häufig kräftiger be- trieben, als dieselben früher durch die Staatsbehörden zu erreichen waren. Das genauere Urtheil über die innere Kraft, den Nutzen und die Erfolge dieser Unternehmungen lässt sich nur aus einer sehr eingehenden Kenntniss der Oertlichkeit und der früher bestandenen und durch die Anlage erreichten Zustände gewinnen. Desshalb haben die monographischen Darstellungen, welche über die Verhältnisse der meisten grösseren Meliorationen veröffentlicht sind, besonderen Werth. Als solche können nam- haft gemacht werden: 472 XII. Das Landesmeliorationswesen und seine Erfolge. Provinz Preussen: W. Haffer, die Meliorationen der Tuchelschen Heide, Berlin 1857. Meliorationsplan des Danziger Werders, Danzig 1859 (Waas). Posen: Eckardt, die Regulirung der beiden zur Bartsch führenden Landgräben in den Kreisen Kröben, Fraustadt, Guhrau und Glogau, Glogau 1867. Die Pakosch-Labischiner Netzwiesenmelioration (v. Schierstedt u. Schulemann) Annalen der Landwirthschaft Jahrg. 1866, Heft ı. Denkschrift die Regulirung des Obrzycko oder faulen Obraflusses betreffend, 1863 (v. Unruh-Bomst). Die Entwässerungen des Parchanie Bruches im Kreise Inowraclaw des Regierungsbezirks Bromberg (Schulemann), Annalen Jahrg. 1866, Heft 2 u. 3. Schulemann, Darstellung der Goplo-Bachorze-Montwey-Melioration, Berlin 1861. Die Melioration der Netzewiesen von Labischin bis Bromberg, Annalen Bd. 41. S. 102. Meerkatz, die Melioration des Obrabruches, Archiv für Landeskunde, Bd. I. 1856, S. 187. Brandenburg: Wehrmann, die Eindeichung des Oderbruches, Berlin 1861, auch Annalen Bd. 37, S. 437 u. 499. Dannemann, die Melioration des Warthebruches, Berlin 1866. v. d. Knesebeck und Klehmet, die Melioration der Niederungen der Notte und ihrer Zuflüsse im Kreise Teltow, Berlin 1865. Schlesien: Dannemann, Darstellung der Oderdeichregulirungen in Schlesien, Glogau 1863. Sachsen: Lentz, die Meliorationen des Unstrutthales von Heldrungen bis Nebra, Halle 1867. Darstellung der Lage der Elbdeichregulirungen im Merseburger Regierungsbezirk (v. Funk, Torgau 1858). Deichregulirung in den vier Elbkreisen des Regierungsbezirks Merseburg, Annalen Bd. 41, S. 265. Westfalen: Wurfbain, Nachrichten über Landesmeliorationen, insbesondere über die Melioration der Boker Heide in Westfalen, Berlin 1856, auch Zeitschr. für Bau- wesen Jahrg. VI. 1856, 8.7. Wurfbain, die Melioration des Münsterlandes, Archiv für Landeskunde Bd. II. 1856, S. 305. E. John, die landwirthschaftlichen Meliorationen, insonderheit der Wiesenbau in West- falen und der Rheinprovinz, Archiv für Landeskunde Bd. I. 1856, $. 187. Schück, die Entwässerungssozietät bei Rahden im nördlichen Theile des Kreises Lübbeeke, Archiv für Landeskunde Bd. I. 1858, S. 305. Die Melioration der Bokeler und Mastholter Niederung, Annalen Bd. 42, S. 153. Denkschrift betreffend die Regulirung der Gewässer im nördlichen Theile des Kreises Lübbecke, Münster 1865 (Frh. v. d. Horst). Rheinprovinz: Lettow, die Melioration der Niederungen an der Niers und dem Nord- kanale, Düsseldorf 1863. XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Unter Dismembration versteht man im engeren Sinne das Vereinzeln der bisher die wirthschaftliche Einheit eines Landgutes oder einer Ackernahrung bildenden Liegen- schaften — im weiteren Sinne jede Zertheilung eines Grundstückes. Jede Landwirthschaft hat ihre Bedeutung in dem geordneten Betriebe, in welehem die Grundstücke ebenso wie Haus und Hof, Gebäuderaum und Geräth, Vieh, Vorräthe und selbst die bereiten menschlichen Arbeitskräfte gegenseitig auf einander berechnet sind. Die gesicherte Einrichtung eines solchen Heimwesens gewährt dem Familienleben sittlichen Halt und Boden, ist in sich und für den Staat leistungsfähig und giebt zahl- reichen materiellen Gegenständen, die an anderer Stelle wenig Brauchbarkeit haben würden, Verwendung und Werth. Eine Auflösung dieser Beziehungen kann desshalb nicht ohne Nachtheil sein. Auch ist es unter Verhältnissen möglich, ein Grundstück bis zur Unnutzbarkeit zu verkleinern. Andererseits aber sind Parzellen nicht allein für mancherlei Zwecke Bedürfniss, sondern es lässt sich überhaupt weder die Einrichtung neuer, noch die zweckmässigere Ausbildung der alten Wirthschaften ohne die Möglich- keit des Zukaufs und Abverkaufs von Grundstücken denken. Die Dismembration ist also zunächst ein Förderungsmittel der Landeskultur. Die den wirthschaftlichen Zwecken förderlichen Zerstückelungen bilden anerkannt die Regel, die der Landeskultur nach- theiligen überall nur die Ausnahmen. Will der Staat zur Vermeidung der möglichen Gefahren dureh Vorschriften eine Grenze der Theilbarkeit ziehen, so muss dieselbe einen tiefen, bedenklichen Eingriff in das Eigenthum und in die wirthschaftliche Bewegung in sich schliessen und kann nur auf künstlichen, örtlich höchst verschiedenen Unterschei- dungen beruhen, welche schwierige Prüfungen und zahlreiche Ausnahmen nöthig machen. Die preussische Gesetzgebung hat sich desshalb schon früh dagegen entschieden, die Theilung der Wirthschaften und Grundstücke und den freien Verkehr mit denselben grundsätzlich zn beschränken, und die folgende Darstellung wird zu zeigen haben, welche thatsächlichen Erfolge dies gehabt hat, und auf welchem Wege versucht worden ist, die verschiedenen Interessen, welche von den Dismembrationen berührt werden, zu wahren. ATA XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. A. Dismembrationsgesetzgebung. Es ist schon S. 396 gezeigt worden, wie bestimmt und unter welchen Gesichts- punkten im Laufe des vorigen Jahrhunderts mehrfach wiederholte landesherrliche Ver- ordnungen für die Erhaltung der bäuerlichen Wirthschaften Sorge trugen, die Einziehung bestehender Nahrungen schlechterdings verboten und die schleunige Wiederherstellung und Wiederbesetzung der seit einer gewissen Frist eingegangenen anbefahlen. Diesem Bestreben entprachen vielfache Anordnungen, welche die Zerstückelung der einzelnen bäuerlichen Nahrungen verhüten wollten. Schon eine Resolution vom 4. September 1685 ') sagt, dass in der Regel alle Pertinenzien, welche ursprünglich zu einem dienstbaren Anspänner-, Kossäten- oder freien Gute gehört hätten, wieder an dasselbe gebracht werden müssten; wenn aber der Besitz schon verjährt sei, so solle man sich damit begnügen, dass der neue Besitzer die verhältnissmässigen Ab- gaben und Lasten von dem gekauften Grundstücke übernehmen müsse. Die Polizeiordnung für das Herzogthum Magdeburg vom 3. Januar 1688 verordnet, dass, wenn ein Ackergut an mehrere Erben fällt, die Theilung desselben füglich ge- schehen dürfe, wenn aus einem Gute 2 Halbspännergüter gemacht werden können, weitere Theilung aber nicht erlaubt sei. Indess gestattet ein Mandat vom g. Novem- ber 1707, dass im Gegensatz zu den dienstbaren Aeckern Erbäcker nach wie vor ver- kauft, verpfändet und getheilt werden. Die für alle kurfürstlichen Aemter gültige Flecken-, Dorf- und Ackerordnung vom 16. December 1702”) befahl, dass, wenn Jemand aus Verschwendung oder aus Noth ein Stück Acker, Wiese oder anderes Land von einem Gute in den vorigen Zeiten versetzt oder verkauft habe, die Beamten ohne alle Weitläufigkeit dem jetzigen Besitzer solcher abgerissenen Grundstücke dieselben wieder abnehmen sollten, sobald der Guts- besitzer das Versatzgeld oder das damalige Kaufgeld ohne irgend ein Mehreres wieder zurückzahlen kann. Ein weiteres Edikt vom 22. November 1709°) ordnete dies auch für alle gutsherrlichen Dörfer an, indem es forderte, dass zur Wiederherstellung und Wiederbesetzung der eingegangenen Bauerngüter alle zerrissenen Güter der Art, von denen einige Grundstücke abgekommen sind, ungesäumt und ohne alle prozessualische Weitläufigkeiten wieder zu ihrer vorigen Beschaffenheit gebracht werden sollten. Auch später wurden von dieser Anordnung (wie z. B. in dem Cirkular vom r. November 1764 wegen Dismembrirung der Bauerngüter und unterthänigen Stellen in Schlesien) ‘) Aus- nahmen nur in so weit gestattet, als „ausdrücklich Approbation der Kammer darüber vorhanden, und von selbiger festgesetzt worden, was der Acquirent nach Proportion an Steuern und Dominialprästanden zu entrichten habe.“ Dagegen war die Veräusserung von adligen Vorwerksgründen und anderen adligen Gutspertinenzien an Bauern und gemeine Leute nicht verboten, wie beispielsweise die De- klaration vom ı1. März 1787°) ergiebt, welche ausdrücklich ausspricht:, „Wir sind von 1) Mylius, Corpus Constitutionum Magdeburgicarum. — Vergl. Leop. Krug, Geschichte der staatswirthschaftlichen Gesetzgebung im preussischen Staate, Berlin 1808 S. 51 ff. 2) Mylius, Corpus Constitutionum Marchicarum, 'Th. V., Abth. II., S. 227. — S. 0. S.380. 3) Ebd. S. 359. “) Korn, Sammlung Schlesischer Edikte, Bd. 8 S. 318. 5) Ebd., Neue Sammlung Bd. r S. ıar. XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 475 den wesentlichen Vortheilen längst überzeugt, welche für unsere schlesischen Lande daraus entstehen, wenn die Eigenthümer adliger Güter die zu selbigen gehörenden Vor- werke, zumal wenn solche von weitläufigem Umfange und von dem Hauptgute zu weit entlegen, durch die sogenannte Abbauung derselben in Bauerngüter oder andere Arten von Rustikalstellen verwandeln“. Indess soll dazu doch eine besondere Anzeige an die Kammer und eine Prüfung und Genehmigung durch dieselbe gehören, welche na- mentlich auf die Erhaltung des Rittergutes in seiner bisherigen Einträglichkeit, seinem Werthe und seiner Substanz zu sehen und andererseits die Unterthanen gegen Ver- minderung oder Mehrbelastung zu schützen hat. Auch können namentlich „die jura dominicalia, welche die eigentlichen Prärogative eines Rittergutes ausmachen, wie die Obergerichtsbarkeit, die Jurisdiktion und Schutzgerechtigkeit über die Unterthanen und die daraus folgenden Laudemien, Verreichs- und Konfirmationsgebühren, Schutzgeld u. dergl., ferner Jagdrecht, Patronatsreeht u. ähnl. nicht mit auf diese Art veräussert werden.“ Schon das Edikt vom 9. Oktober 1807 (G.-8. S. 171) aber sprach die freie Befugniss zu dismembriren als allgemeinen Grundsatz aus, indem es erklärte: „die Besitzer an sich veräusserlicher städtischer und ländlicher Grundstücke und Güter aller Art sind nach erfolgter Anzeige bei der Landespolizeibehörde, unter Vorbehalt der Rechte der Real- gläubiger und der Vorkaufsberechtigten zur Trennung der Radikalien und Pertinenzien, sowie überhaupt zur theilweisen Veräusserung, also auch die Miteigenthümer zur Thei- lung derselben unter sich berechtigt“. Allerdings blieb, wie im vorigen Abschnitte ($. 418) gezeigt worden ist, dieser Grundsatz im Edikte selbst insofern beschränkt, als die Verbindlichkeit der Grund- herrn zur Wiederbesetzung der bestehenden ländlichen Nahrungen gesetzlich aufrecht erhalten wurde. Die bäuerlichen Wirthschaften durften nach den Bestimmungen des Edikts und den dazu gegebenen Instruktionen (S. 419), sofern an ihnen irgend eines der bäuerlichen Besitz- oder Erbrechte bestand, überhaapt nicht zusammengezogen oder in Vorwerksland verwandelt, und sofern das Erlöschen aller solcher Rechte nachgewiesen war, nur zur Hälfte zu Vorwerksland eingezogen werden; zur anderen Hälfte waren andere, nöthigenfalls bis auf ein bestimmtes Mass vergrösserte bäuerliche Nahrungen aus ihnen zu bilden *). Indess galt gleichwohl ein Verbot der Abzweigung einzelner Grundstücke nicht. Bei besetzten und nicht in völlig freiem Eigenthum stehenden Gütern konnten solche Abzweigungen selbstverständlich nur unter Einwilligung sowohl des Besitzers als des Grundherren stattfinden; bei unbesetzten Wirthschaften, auf welche ein fremdes Besitz- recht nicht mehr bestand, war nachgelassen, dass, wenn die Gutsherrschaft nur einzelne bäuerliche Grundstücke, die nicht über eine Hufe Magdeburgisch enthalten, einziehen wolle, die Regierungen, wenn sie sich überzeugen, dass solches nicht zur Umgehung der gedachten Vorschriften geschehe, die Einziehung, ohne dass etwas zu anderweiten Etablissements verwendet werde, gestatten könnten**). Diese Einschränkungen waren indess, wie dargelegt worden ist, nur als vorüber- gehende beabsichtist und sind mehr und mehr mit dem Fortschreiten der Eigen- thumsregulirungen weggefallen, da schon das Regulirungsedikt vom r4. September ı811 *) Lette und v. Rönne a. a. O. I. 57 fi, I. 43 ft. *% Rabe, Sammlung preussischer Edikte, Bd. ıo S. 249 $ 8. 476 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen, u erklärte, dass nach erfolgter Resulirung die Verpflichtung des Gutsherrn zur Wieder- besetzung der Stelle aufhöre. Im wesentlichen war desshalb seit dem Edikt vom 9. Oktober 1807 die Dis- membration dem Willen der Eigenthümer anheimgegeben, und das Landeskulturedikt vom 14. September 18Il sprach die Sachlage nur mit mehr Ausführlichkeit in den Be- stimmungen aus: „Jeder Grundbesitzer soll ohne Ausnahme befugt sein, über seine Grundstücke insofern frei zu verfügen, als nicht Rechte, welehe Dritten darauf zustehen und aus Fideikommissen, Majoraten, Lehnsverband, Schuldverpflichtungen , Servituten u. dgl. herrühren, dadurch verletzt werden. Demgemäss kann, mit Ausnahme dieser Fälle, jeder Eigenthümer sein Gut oder seinen Hof durch Ankauf oder Verkauf, oder sonst auf rechtliche Weise willkürlich vergrössern oder verkleinern. Er kann die Zubehörungen an einen oder mehrere Erben überlassen, sie vertauschen, verschenken, oder sonst nach Willkür im rechtlichen Wege damit schalten, ohne zu einer dieser Veränderungen einer besonderen Genehmigung zu bedürfen.“ „Die Staatsabgaben und Lasten sollen niemals ein Hinderniss der Vereinzelung sein. Die Grundsteuer soll bei Vereinzelungen auf die abzutrennenden Theile verhältnissmässig repartirt werden“, Wie alle Thaer’schen Entwürfe durch die Anführung der hauptsächlichsten Gründe auf die Ueberzeugung der Betheilisten zu wirken bemüht sind, so sagt auch das Landeskulturedikt: „Diese unbeschränkte Disposition ist das sicherste und beste Mittel, die Grundbesitzer vor Verschuldungen zu bewahren, ihnen ein dauerndes und lebendiges Interesse für Verbesserung ihrer Güter zu geben, und die Kultur aller Grundstücke zu befördern, Ersteres geschieht dadurch, dass bei Erbtheilungen oder sonst entstehenden ausserordentlichen Geldbedürfnissen des Annehmers oder Besitzers eines Hofes so viele einzelne Grundstücke verkauft werden können, dass derselbe schuldenfrei bleibt oder es wird; das Interesse giebt die, für Eltern so wünschens- werthe und wohlthätige Freiheit, ihr Grundeigenthum unter ihre Kinder nach Willkür zu vertheilen und die Gewissheit, dass diesen eine jede Verbesserung zu Gute kommt; die Kultur endlich wird aber hierdurch und zugleich dadurch versichert, dass die Grundstücke, welche in der Hand eines unvermögenden Besitzers eine Verschlechterung erlitten hätten, bei dem Verkauf in bemittelte Hände gerathen, die sie im Stande er- halten. Ohne diesen einzelnen Verkauf wird der'Besitzer sehr oft tiefer verschuldet, und der Acker entkräftet. Durch die Veräusserung wird er schulden- und sorgenfrei und erhält Mittel, das ihm verbleibende Land gut zu kultiviren. Die Vereinzelung giebt auch den sogenannten kleinen Leuten, den Käthnern, Gärtnern, Büdnern, Häuslern und Tagelöhnern Gelegenheit, ein Eigenthum zu erwerben und solches nach und nach zu vermehren. Die Aussicht hierauf wird diese zahlreiche und nützliche Klasse der Unterthanen fleissig, ordentlich und sparsam machen, weil sie nur dadurch die Mittel zum Landankauf erhalten kann.“ Wie sich ergiebt, lagen die neuen Gesichtspunkte dieser Gesetzgebung weniger in der Zulassung der Dismembrationen, als in den veränderten und entwickelteren Anschauungen über die Lebens- und Wirthschaftslage der bäuerlichen Bevölkerung. — Für die Ausführung kam es wesentlich darauf an, durch das Verfahren der Ver- waltungsbehörden und der Gerichte Staat, Gemeinde und Realinteressenten aller Art gegen Verwickelungen und Verluste zu schützen. Bei Landgütern und Grundstücken hat der Eigenthumswechsel durch ihre Verknüpfung mit Rechten und Pflichten, welche den zeit- weiligen Besitzer überdauern, einen anderen Charakter, als bei anderen Gegenständen des XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 477 Sachenrechts. Staat und Gemeinde, Kirche und Schule müssen in Kenntniss von dem Wech- sel des Grundbesitzes erhalten bleiben. Es muss festgestellt werden, wie öffentliche Abga- ben und Dienste, die bisher aus der Hand eines Besitzers geleistet wurden, sich nach der Zerstückelung vertheilen, und welche Trennstücke des Grundstückes für die etwa aus- bleibende Leistung aufzukommen haben. Auch kann diese Feststellung ohne Gefahr von Verwirrungen ebensowenig den Parteien allein überlassen werden, als die Ordnung der Berechtigungen, die sich in öffentlicher Beziehung an den Grundbesitz knüpfen. Die Reallasten des deutschen Rechts sind dem alten Herkommen gemäss nach Verhältniss theilbar, bedürfen indess dafür selbst beim Anhalt der Hufenverfassung des Massstabes und gewisser Ausgleichungen. Dies gilt auch für das preussische Recht. Für die eingetragenen Real- und Pfandgläubiger aber hat der Staat durch die Einführung der Grund- und Hypothekenbücher eine auch rechtlich unabweisbare Ver- pflichtung genauer Ordnung und Sicherstellung übernommen, Diese eigenthümliche Institution, die von den Städten aus allmählich in die Landrechte eingedrungen ist, weil sich zeigte, dass weder die Idee des älteren deutschen Rechtes, dem Gläubiger den wirklichen Pfandbesitz einzuräumen, noch die nur klageweise zur Geltung kommende römische Hypothek dem entwiekelteren Verkehre zu genügen vermochten, gewann in der preussischen Hypothenverfassung die bekannte Ausbildung, welche den Bestand des Pfandrechts geradezu an die Eintragung knüpft und den Richter persönlieh mit seinem Vermögen für eine dem Inhalte und den Vorrechten der vorgenommenen Geschäfte durchaus entsprechende Buchung, also auch für die vollständige Regulirung der Ver- theilung oder die richtige Uebertragung bei Parzellirungen, haftbar macht, Unter die durch die Eintragung legitimirten Realinteressenten gehören nach den preussischen Gesetzen auch die Fideikommiss-, Lehns- und Vorkaufsbereehtigten, soweit letztere nicht durch allgemeine Gesetze bestimmt sind. Reallasten bedürfen nieht der Eintragung. In jener Zeit war die Durchführung der Hyppthekenordnung vom 20. Dezember 1783 selbst in Altpreussen wegen der zeitraubenden Herstellung der Grundbücher noch nicht ab- geschlossen, in den übrigen Provinzen wurde sie erst mit der Erwerbung wieder aufgenom- men oder überhaupt begonnen. Da der neue Organismus des Hypothekenwesens also erst entstand, erforderten alle Regulirungen gegen früher erheblich erweiterte F ürsorge. Aus den Erfahrungen, welche diese Behörden bei der Behandlung der von Jahr- zehnt zu Jahrzehnt sich mehrenden Fälle der Dismembration machten, ging das Gesetz vom 3. Januar 1845 (G.-S. S. 25), betreffend die Zerstückelung von Grundstücken und die Gründung neuer Ansiedelungen hervor. Dasselbe theilt sich ausser dem Eingange in die 3 Abschnitte: r. Zertheilung von Grundstücken, 2. Gründung neuer Ansiedlungen und 3. Kosten, und ist in diesem seinem Kreise theils verändert, theils ergänzt durch die zur Anwendung des $ 2 er- gangene Deklaration vom 7. August 1846 (G.-S. S. 395), durch $ 31 der Verordnung vom 2. Januar 1849 (G.-S. S. ı) über die Organisation der Gerichte, und durch die Gesetze vom 24. Februar 1850 (G.-S. $. 68) und vom 24. Mai 1853 (G.-8. S. 241), von welchen letzteres die ursprünglichen Bestimmungen im wesentlichen wieder herstellte. Besondere Erweiterungen hat diese Gesetzgebung durch die Verordnung vom tr. Juli 1845 (G.-S8. S. 496), betreffend die neuen Ansiedelungen in der Provinz Westfalen, durch das Gesetz vom 3. März 1850 (G.-S. S. 145), betreffend den erleich- terten Abverkauf kleiner Grundstücke, das Gesetz vom 26. Mai 1856 (G.-8.8. 613), betreffend die Zertheilung von Grundstücken und die Gründung neuer Ansiedelungen in Neu- FR 478 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. vorpommern und Rügen, endlich durch das Gesetz vom 27. Juni 1860 (G.-S. S. 384), betreffend die Abänderung des Gesetzes vom 13. April 1841 über den erleichterten Austausch einzelner Parzellen von Grundstücken, erfahren. Diese Reihe von Vorschriften erstreckt sich nur in einzelnen Anordnungen auf Neuvorpommern, auf Westfalen und auf die rechtsrheinischen Bezirke des französischen Rechts, ohne jede Geltung ist sie für das linke Rheinufer, für Hohenzollern und das Jadegebiet. Auch in den östlichen Provinzen aber ist ihre Anwendung überall für die Gebäude, Bauplätze, Hofstellen und Gärten innerhalb einer Stadt oder Vorstadt aus- geschlossen. . Den Hauptgedanken nach fordert sie für die Dismembrationsverträge eine nach Forum und Legitimation strengere Form, als für die sonstigen Veräusserungsgeschäfte gesetzlich, — schreibt vor, dass über die künftige Vertheilung der Staats- und Gemeinde-, Kirchen- und Schullasten, sowie die nicht eingetragenen wie eingetragenen Reallasten, Hypothekenschulden und sonstigen mit dem Hauptgrundstück verknüpften Realrechte und Verbindlichkeiten von amtswegen ein alle Zweifel möglichst beseiti- gendes und sowohl das allgemeine, als das nähere Interesse der Betheiligten angemessen berücksichtigendes Regulativ aufzustellen ist, — und gesteht für die Fälle, in denen die Begründung neuer Ansiedlungen durch die Dismembration beabsichtigt wird, den Polizei- behörden und der Gemeindevertretung bei zu erwartenden besonderen Nachtheilen wirksamen Einspruch zu, — gewährt aber andererseits den Dismembranten möglichste Kostenersparniss für diese vom Gesetz gebotene geschäftliche Behandlung und beseitigt bezüglich aller solcher Abzweigungen oder Umtausche, welche in bestimmten Grenzen dem Staate und der Gemeinde, wie der Sicherheit der Realgläubiger und Realberech- tigten gegenüber unschädlich erscheinen, die meisten, auch die im sonst gewöhnlichen Gange des Verfahrens nothwendigen Weiterungen gänzlich, oder erleichtert sie minde- stens wesentlich. Die näheren Bestimmungen sind im Anhalt an diese Gesichtspunkte folgende: 1. Die Dismembrationsverträge. Nach $ 15 Thl. I. Tit. ro Allg. Landreehts müssen alle Willenserklärungen und Verträge, wodurch über das Eigenthum eines Grundstückes etwas verfügt wird, gericht- lich oder von einem Justizkommissarius (d. h. öffentlichem Notar) aufgenommen werden. Auf den Grund eines blossen Privat-, wenn auch schriftlichen Vertrages, findet zwar die Eintragung des Besitztitels in das Hypothekenbuch nicht statt, doch hat ein solcher Vertrag die Wirkung einer Punktation, und es kann daraus auf die Errichtung eines förmlichen gerichtlichen Instrumentes geklagt werden. Auch ein vor Gericht oder von einem Justizkommissar aufgenommenes Protokoll hat mit einer Punktation gleiche Wirkung (Thl. I. Tit. 5, $ 126). Nur wenn in Punktationen wesentliche Bestimmungen fehlen oder die Verabredung gewisser Nebenbedingungen ausdrücklich vorbehalten ist, haben sie nicht die Gültigkeit eines förmlichen Kontrakts, sondern sind als Traktate, d. h. als Vorschläge und Anerbietungen anzusehen, welche noch keine bestimmte Willens- erklärung und keine wechselseitige Einwilligung in die wirkliche Uebertragung eines Rechts enthalten*). *) G. A. Bielitz, praktischer Kommentar zum Allg. Landrecht, Thl. I. S. 582. — Siewerts Materialien zur wissenschaftlichen Erklärung der neusten allgemeinen preussischen Landesgesetze. Heft II. S. 123. Halle 1800—1809. XIy. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 479 Diese Bestimmungen setzt das Gesetz vom 3. Januar 1845 für Dismembrations- verträge ausser Kraft, indem es alle solche Verträge für nichtig und ohne rechtliche Wirkung unter den Kontrahenten erklärt, welche nicht vor dem Gericht, welches das Hypothekenbuch führt, oder einem Kommissar desselben, geschlossen sind. Der $ 3ı der Verordnung vom 2. Januar 1349 bestimmte zwar, dass diese Ver- träge auch von Notarien rechtsgültig aufgenommen werden könnten, und letztere nur verpflichtet seien, solche Verträge dem Gericht, welches das Hypothekenbuch des be- treffenden Grundstücks zu führen hat, sofort nach der Aufnahme einzusenden, bald darauf gestattete ferner das Gesetz vom 24. Februar 1850 unter derselben Bedingung die Aufnahme solcher Verträge allen Gerichten und Notaren. Das in dieser Zeit aus mancherlei zusammentreffenden Gründen in gewisser Aus- dehnung beobachtete gewerbsmässige Zerschlagen von Bauernhöfen führte jedoch dazu, schon durch das Gesetz vom 24. Mai 1853 die frühere Vorschrift, nur mit den durch die inzwischen erfolgte Abschaffung der Erbzins- und Erbpachtsverträge und die um- gestaltete Gerichtsorganisation gebotenen Aenderungen, wiederherzustellen, so dass gegen- wärtig stets, wenn Grundstücke durch Kauf oder andere Veräusserungsverträge getheilt, von einem Grundstück einzelne Theile abgezweigt, oder Grundstücke, welche Zubehör eines anderen Grundstückes sind, von diesem abgetrennt werden sollen, die oben gedachte Anordnung des Gesetzes vom 3. Jan. 1845 wieder in gleicher Weise bei Vermeidung der Nichtigkeit geltend ist, und wenn bei einem solehen Vertrage die Wirksamkeit mehrerer Gerichte als hypothekenbuchführender Behörden eintritt, jedes dieser Gerichte die Be- fugniss zur Aufnahme des Vertrages hat. Bezüglich der Legitimation ist ($ 4) vorgeschrieben, dass die Aufnahme eines solchen Vertrages erst dann erfolgen darf, wenn der Veräussernde entweder seinen Besitztitel bereits in das Hypothekenbuch hat eintragen lassen, oder schon ein Jahr lang sich im Besitze des Grundstückes befindet, und bei Aufnahme des Vertrages gleichzeitig die Berichtigung seines Besitztitels beantragt. Es hat dann der Hypotheken- richter diese Berichtigung erforderlichen Falles nach der Vorschrift der Order vom 6. Oktober 1833 (G.-S. S. 124) zu betreiben, d. h. ihm eine Frist unter Strafandro- hung zu setzen, die Strafe nöthigenfalls beizutreiben, die Berichtigung des Besitztitels aber auf seine Kosten von amtswegen durch die executio ad faciendum, oder auf die sonst kürzeste Weise zu bewirken. Ausnahmefälle, in denen die Bestimmungen bezüglich des Forums wie der Legi- timation keine Anwendung finden, sind ($ 5 des Gesetzes vom 24. Mai 1853) abgesehen von den schon oben als ausgenommen erwähnten Gebäuden, Bauplätzen, Hofstellen und Gärten innerhalb einer Stadt oder Vorstadt, r. Dismembrationen bei Grundstücken, welche sich im landesherrlichen oder fiskalischen Besitze, oder unter unmittelbarer Ver- waltung der Staatsbehörden, ingleichen bei solchen Grundstücken, welehe sich im Be- sitze einer Kirche, Pfarre oder einer anderen geistlichen Stiftung, sowie einer Schule oder Armenanstalt befinden, 2. bei den ausserhalb einer Stadt oder Vorstadt, auf der städtischen Feldmark gelegenen Grundstücken, 3. bei Theilung von Grundstücken zwi- schen Miterben oder solchen Miteigenthümern, deren Gemeinschaft sich nicht auf Vertrag gründet, 4. bei Ueberlassung einzelner Theile von Grundstücken seitens der Eltern an ihre Kinder oder weiteren Abkömmlinge, 5. bei Grundstücken, welche einer Expropriation zum Zweck der Anlage von Chausseen, Eisenbahnen, Kanälen u. s. w. unterworfen sind, ohne Unterschied, ob die Veräusserung selbst durch Expropriatiou, oder durch freien A480 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Vertrag bewirkt wird, 6. bei Theilungen von Grundstücken, welche durch eine guts- herrlich-bäuerliche Regulirung, eine Ablösung von Diensten, Natural- und Geldleistungen, oder eine Gemeinheitstheilung veranlasst werden, oder bei Gelegenheit solcher Geschäfte ($ 8 der Verordnung vom 30. Juni 1834, G.-S. S. 96) vorkommen. Der Zweck. dieser Bestimmungen seht zum Theil dahin, die unkundige Partei zu schützen. Vor dem Notar oder auswärtigen Gericht werden die Verträge auf Grund des vorgelegten Besitzinstrumentes abgeschlossen, welches den Zustand der Realbelastung nur nach dem Zeitpunkte seiner Ausstellung ergiebt. Vor dem Hypothekenrichter er- fährt die Partei alle inzwischen etwa erfolgten Eintragungen, Verpfändungen, Proteste u. del. Hauptsächlich aber liest den Forderungen des Gesetzes die Absicht zu Grunde, dem gewerbsmässigen Dismembriren entgegen zu wirken, denn es liegt für den Ver- käufer in der Nothwendigkeit, sich mit dem Käufer an den Ort des Gerichtes zu be- geben, und dem Erforderniss, entweder schon ein Jahr im Besitz zu sein, oder die Besitztitelberichtigung, welche stets einige Zeit in Anspruch nimmt, bereits durchgeführt zu haben, eine Erschwerung, welche zwar alle Dismembranten trifft, ausser von gewerbs- mässigen aber, welche einen möglichst raschen Umschlag und möglichst wenige Zwischen- verhandlungen wünschen müssen, kaum erheblich nachtheilig empfunden wird. Die ge- machten Ausnahmen betreffen solche Fälle der Dismembration, welche unter die Aufsicht der Staatsbehörden fallen, bei denen die Gründe der Theilung Erbrecht oder ein un- freiwillig entstandenes Miteigenthum, oder für welche der städtische Verkehr naturgemäss andere Voraussetzungen, als für die Theilung ländlicher Besitzungen gelten, erzeugt. Im Falle eine Zertheilung von Grundstücken, eine Abzweigung einzelner Theile derselben, oder eine Abtrennung von Grundstücken, die Zubehör anderer sind, im Wege des öffentlichen Aufgebots und der meistbietenden Versteigerung stattfinden soll, muss dazu bei Strafe jedesmal ein Richter zugezogen werden, welcher von amtswegen ver- pflichtet ist, dafür zu sorgen, dass der nachfolgend erwähnte Regulirungsplan vor der Aufgebots- und Versteigerungsverhandlung aufgestellt und allen Bietern bekannt ge- macht werde. 2. Regulirungsplan für Abgaben und Leistungen. Die bisher mit dem Gesammtgrundstück verknüpften Verpflichtungen sollen ohne völlige Klarstellung der künftig entstehenden Verhältnisse nicht gelöst werden. Das Gesetz stellt desshalb folgende Anforderungen: a. Jeder Erwerber eines Trennstücks ist verpflichtet, seinen Besitztitel berichtigen zu lassen und wird dazu nöthigenfalls von amtswegen und zwangsweise angehalten; davon sind allein der Fiskus, die Kirchen, Pfarren, geistlichen Stiftungen und Armen- anstalten und diejenigen ausgenommen, welchen die Berechtigung zur Expropriation zusteht. In dieser Verpflichtung kann keine wirkliche Erschwerung des Erwerbes von Trennstücken gesehen werden; die Zuschreibung liegt vielmehr durchaus im wohlver- standenen Interesse des neuen Besitzers, denn sie beseitigt alle Verwickelungen, welche ihm beim Aufschub der Besitztitelberichtigung aus Legitimationsmängeln, Sterbefällen und Vormundschaften in den betheiligten Personen, sowie dureh spätere Eintragungen, Verpfändungen, Proteste oder Subhastationen drohen, denen das ungetheilte Folium des Hauptgrundstücks durch den eingetragenen Besitzer absichtlich oder gezwungen unter- worfen werden kann. Auch bekommt das Trennstück erst durch die Besitztitelberichtigung XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 481 allen öffentlichen Verhältnissen gegenüber Selbständigkeit und kann der Träger ver- folgbarer besonderer Rechte und Pflichten werden. b. Es muss ferner die Regulirung eines Regulatives vorgenommen werden, durch welches die auf dem dismembrirten Grundstück haftenden, oder in Rücksicht auf dessen Besitz zu entrichtenden Abgaben und Leistungen, welche die Natur öffentlicher Lasten haben, einschliesslich der aus dem Gemeinde-, Kirchen-, Pfarr- oder Schulverbande ent- springenden oder sonstigen Korporations- oder Sozietätslasten definitiv oder interimistisch vertheilt werden. Ueber diese Lasten sind die Gutsherrschaft, sofern ihr Gerichtsbar- keit oder das Recht der Polizeiverwaltung zusteht, die Kirche, die Pfarre, die Schule, die Gemeinde und die sonst dabei betheiligten, unter Aufsicht des Staates stehenden Institute oder Gesellschaften, z. B. Deichverbände u. ähnl., zu hören. Ebenso sollen die das Grundstück betreffenden und auf dessen Besitz sich gründenden Kommunal- und Sozietätsverhältnisse definitiv oder interimistisch regulirt werden. c. Endlich muss auch der Vorschrift des $ gr Tit. 2 der Hypothekenordnung genügt werden, wonach vom Hypothekenrichter wegen eines mit den eingetragenen Real- berechtigten und Hypothekengläubigern zu vermittelnden Regulativs verhandelt werden muss, und um künftigen Verwirrungen vorzubeugen, von amtswegen darauf zu halten ist, dass nicht nur zwischen den Kontrahenten, sondern auch mit den eingetragenen Realgläubigern sichere und bestimmte Verabredungen getroffen werden. — Das Gesetz vom 3. Januar 1845 machte die Berichtigung des Besitztitels von dem Abschluss der gedachten Regulative abhängig. Diese Bestimmung, welche Stockungen bei den Hypothekenbüchern herbeiführte, hob das Gesetz vom 24. Februar 1850 insoweit auf, als die Berichtigung des Besitztitels nicht mehr von der vorherigen Feststellung des zu b. gedachten Abgabenregulirungsplanes abhängig ist. Diese vorherige Regulirung muss indess nach $ 6 des Gesetzes vom 24. Mai 1853 bei allen Dismembrationen im Wege des öffentlichen Aufgebots oder der meistbietenden Versteigerung dem Richter in definitiver oder interimistischer Feststellung ($ 20 des Ges. vom 3. Januar 1845, $ 4 des Ges. vom 24. Februar 1850) bezüglich der öffentlichen, Sozietäts- und Gemeinde- lasten vorliegen, nnd vor demselben allen Bietern bekannt gemacht werden. Auch hat der Richter in solchen Fällen von amtswegen vor dem Zuschlage oder Vertragsabschlusse für die Regulirung der Reallastenvertheilung und die Ordnung der Hypothekenforde- rungen Sorge zu tragen. — f Die Regulirung der oben zu b. gedachten Verhältnisse liest dem Landrathe oder in seinem Auftrage den Ortsobrigkeiten, für die Feldmarken derjenigen Städte aber, welche keinem Kreise angehören, dem Magistrate, beides unbeschadet der Mitwirkung der Grundsteuerbehörden und der Königl. Rentenbanken ob. Für Theilung von Grundstücken, welche bei gutsherrlich-bäuerlichen Regulirungen, Gemeinheitstheilungen oder Ablösungen vorkommen, bleibt die Regulirung gänzlich Sache der Auseinandersetzungsbehörden nach Massgabe der darüber bestehenden Vor- schriften, so dass diese Behörden auch im Mangel der Einigung der Betheiligten über die Vertheilung erkennen. Was die von den Verwaltungsbehörden aufzustellenden Regulirungspläne anlangt, so erfolgt zunächst von der Steuerbehörde gemäss $ 35 des Gesetzes vom 8. Februar 1867 (G.-S. S. 185) die Vertheilung der Grundsteuer, und dann von den genannten Lokal- behörden die Vertheilung der übrigen öffentlichen Lasten. Alle Geld und Naturalabgaben Boden d. preuss. Staats. 31 482 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. sowie andere Leistungen sind auf die einzelnen Theile des Grundstücks nach deren Ertragswerth oder Flächenraum verhältnissmässig zu vertheilen; die Vertheilung nach dem Ertragswerthe muss unbedingt eintreten, wenn bei der Vertheilung nach dem Flächenraum die nachhaltige Leistung der Theilabgaben nicht genügend gesichert erscheint. Dienste oder Leistungen, die untheilbar oder bei Theilung für ihre Erfüllung nicht genügend sicher gestellt erscheinen, können entweder einem Theilstück gegen ander- weite Entschädigung auferlegt, oder in Leistungen anderer Art oder Geldabgaben, aus denen sie zu bestreiten sind, verwandelt werden. Es kann sich dabei die Regulirung auch auf die Gesammtheit der im Orte, oder überhaupt für den fraglichen Zweck Ver- pflichteten erstrecken. Ueberall ist darauf zu halten, dass durch die Uebereinkunft der Parteien keinerlei Verfassungswidrigkeit und Unsicherheit bezüglich der öffentlichen Lasten und Verhält- nisse, namentlich auch der Anforderungen der Gemeinde entstehe. Abgaben und Leistungen, welche nach der Ortsverfassung von dem Besitzer eines jeden Grundstücks, ohne Rücksicht auf die Grösse und Art desselben, zu tragen sind, hat jeder Erwerber eines Theilstücks zu übernehmen, Ueber den meist formularmässig aufgestellten Plan sind alle Betheiligten zu hören; wer sich auf die Mittheilung desselben binnen längstens 4 Wochen nicht erklart, wird als genehmigend erachtet. Die aufgenommenen Regulirungsprotokolle haben die Beweiskraft öffentlicher, aussergerichtlicher Urkunden, sofern bei ihnen diejenige Form beobachtet worden ist, welche in $ ı29 Tit. ro Th. I. der Allgemeinen Gerichtsordnung, in den $$ 68—74 des Anhangs zu derselben und in der Order vom 20. Juni 1816 (G.-S. S. 203) vorgeschrieben ist, sofern sie also im wesentlichen mit den Erfordernissen einer gerichtlichen Ver- handlung abgefasst, vorgelesen, genehmigt und mit den Unterschriften aller Betheiligten unterzeichnet sind, oder die sonst vom Gesetz bestimmten Bescheinigungen der Ein- willigung und des Anerkenntnisses der letzteren enthalten. Im Mangel des Widerspruchs bestätigt die Regierung den von ihr richtig be- fundenen Regulirungsplan. Ueber Streitigkeiten, die sich ergeben, kann die Regierung ein sofort vollstreck- bares Interimistikum festsetzen, gegen welches ein Rekurs nicht stattfindet. Zur definitiven Entscheidung sind die Streitpunkte, sofern sie sich zum Rechtswege eignen, den Gerichten zuzuweisen. Also z. B. alle Entschädigungsansprüche der Kon- trahenten unter einander. In Betreff der Art und Weise der Regulirung der öffentlichen Lasten und der Kommunal- und Sozietätsverhältnisse der Grundstückstheile einschliesslich der neuen Ansiedelungen ist indess der Rechtsweg ausgeschlossen (Erkenntniss des Kompetenz- gerichtshofes vom 13. Juli 1848, Justiz-Minist.-Bl. S. 307). Die zur Festsetzung im Ver- waltungswege geeigneten Streitfragen entscheidet die Regierung, angemessenenfalls auf Grund eines nach Massgabe der Vorschriften der Verordnung vom 30. Juni 1334 $$ 31—34 und der Instruktion vom 12. Oktober 1835 (v. Kamptz Annalen Bd. 19 S.975. — J. Greiff a. a. 0. S. 473) durchgeführten schiedsriehterlichen Verfahrens. Gegen die definitive Entscheidung der Regierung ist.der Rekurs an das Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten gemäss der Allerh. Kab.-Ordern vom 17. April und 25. Juni 1848 (G.-S. S. og u. 159) binnen 6 Wochen, und für den Fiskus XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 483 und die demselben gleichgestellten Personen binnen ız2 Wochen zulässig (Art. XII. der Deklaration vom 6. April 1839, @.-S. S. 126). Der von der Regierung bestätigte, oder durch Rekursentscheidung des Ministers festgesetzte Regulirungsplan hat die Wirkung einer gerichtlich bestätigten und vollstreck- baren Urkunde. Erst nach erfolgter interimistischer oder definitiver Regulirung ist der Erwerber des Trennstücks befugt, die mit demselben verbundenen ständischen, Gemeinde- und anderen Korporationsrechte auszuüben. So lange eine solche Regulirung nicht erfolgt ist, bleiben alle Theilstücke für sämmtliche Abgaben und Leistungen solidarisch ver- haftet, welche dem ganzen Grundstück oblagen, oder in Rücksicht auf dessen Besitz entrichtet werden mussten, 3. Gründung neuer Ansiedelungen. Wenn auf einem unbewohnten Grundstücke, welches nicht zu einem anderen bereits bewohnten Grundstücke gehört, Wohngebäude errichtet werden sollen, oder ein solches Grundstück, auf dem sich bereits Wohngebäude befinden, vom Hauptgute ab- getrennt und nicht einem anderen schon bewohnten Grundstücke zugeschlagen wird, so sollen gemäss der Anordnung des Gesetzes vom 3. Januar 1845 ($ 25) nach Anhörung der Betheiligten auch diejenigen Verhältnisse festgestellt werden, welche aus der Gründung einer neuen Ansiedelung in Beziehung auf die Gerichts- und Polizeiobrigkeit, den Gemeinde-, Kirchen- und Schulverband oder andere dergleichen Verbände ent- springen. Diese Regulirung muss in dem ersten Falle der Aushändigung des Bau- konsenses vorausgehen. Es ist also jedes Entstehen neuer selbständiger Wohnstätten der Dismembration darin gleichgestellt, dass es ebenfalls amtliche Regulirung erfordert. Für solche Regulirungen sind auch alle vorstehend bezüglich der Regulirungs- pläne bezeichneten Bestimmungen, überdies aber gewisse weitere Gesichtspunkte mass- gebend. Es haben nach $ 26: a) die Besitzer und Bewohner der Ansiedelung in Beziehung auf den Gerichts-, Polizei-, Kirchen-, Pfarr-, Schul- und Gemeindeverband, welchem sie angehören oder nach den Gesetzen zu überweisen sind, alle diejenigen Abgaben und Leistungen zu übernehmen, welche nach der Verfassung und Ortsobservanz solchen Mitgliedern der Gemeinde obliegen, denen die Neuansiedelnden nach Massgabe ihrer Besitz- und sonstigen Verhältnisse beizuzählen sind, und es müssen b) die neuen Ansiedler, wenn durch ihren Hinzutritt dem Gemeinde-, Kirchen-, Schul- oder sonstigen Verbande besondere Unkosten oder Lasten entstehen, auch diese tragen. Die Gründung einer neuen Ansiedelung innerhalb einer städtischen oder länd- lichen Feldmark kann untersagt werden, wenn davon Gefahr für das Gemeinwesen zu besorgen und die polizeiliche Beaufsichtigung mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten ver- bunden ist. Dies ist besonders in dem Falle anzunehmen, wenn die neue Ansiedelung von anderen bewohnten Orten erheblich entfernt oder sonst unpassend belegen ist und zugleich ihrem Besitzer die Mittel nicht gewährt, sich davon als Ackerwirth, als Gärtner oder vermittelst eines mit einem Grundstücke zu’ verbindenden Gewerbebetriebes, z. B. durch Anlage eines Mühlenwerkes, einer Fabrik oder eines Holzplatzes, selbst- ständig zu ernähren. Insonderheit ist notorisch unvermögeäden oder bescholtenen Per- sonen in solchem Falle die Ansiedelung in der Regel zu versagen. Ueberhaupt aber ist bei solcher Sachlage zu erwägen, ob durch die neue Ansiedelung die benachbarten 31” 484 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Gemeinden, Forst- und Gutsbesitzer benachtheilist werden können, und sind dieselben dann vor Gestattung der Ansiedelung mit ihrer Erklärung zu hören. Wenn die Obrigkeit oder Gemeinde der Ansiedelung widerspricht und in diesem Falle der Antragende nicht nachweisen kann, dass er hinlängliches Vermögen, sowohl zur Ausführung des Baues, als zur Einrichtung der Wirthschaft besitzt, darf nach $ ıı des Gesetzes vom 24. Mai 1853 die Ansiedelung nicht gestattet werden. Besteht das Vermögen des Antragenden nicht in Grundstücken oder sicheren Hypothekenkapitalien, so ist der Nachweis darüber durch die Bescheinigung oder Versicherung zweier acht- barer und zuverlässiger Gemeindemitglieder zu führen. Bei der Beurtheilung der Zu- länglichkeit des Vermögens ist insonderheit auch die Höhe des Kaufgelderrückstandes und der auf das Grundstück übernommenen beständigen Leistungen zu berücksichtigen. Die Gestattung oder Versagung der neuen Ansiedelung hat der Landrath, oder der Magistrat der nicht zum Kreise gehörigen selbständigen Stadt, zu entscheiden. Gegen diesen Ausspruch steht binnen ıo Tagen Rekurs an die Regierung, und gegen deren Entscheidung Beschwerde beim Minister des Innern zu. Wer ohne Baukonsens die neue Ansiedelung beginnt, ist mit Geldstrafe bedroht und kann zur Wegschaffung der Anlage angehalten werden. Wer eine Kolonie auf seinem Grundstück anlegen und dasselbe zu diesem Zweck zerstückeln will, hat nach $ 31 des Gesetzes vom 3. Januar 1845 vor der Ausführung dem Landrath einen Plan vorzulegen und darin nachzuweisen, in welcher Weise die Gemeinde-, Kirchen- und Schulverhältnisse der neuen Ortschaft, sowie deren Verhält- nisse zur Gerichts- und Polizeiverwaltung angemessen geordnet und sichergestellt werden sollen. Diesen Plan hat der Landrath mit seinem Gutachten der Regierung zur Ge- nehmigung einzureichen. Sollen der neuen Ortschaft Korporationsrechte eingeräumt, also eine neue Ge- meinde begründet werden, so ist hierzu, wie Abschnitt III. S. 68 gezeigt hat, die landes- herrliche Genehmigung erforderlich. 4. Erleichterung der Dismembrationen. Alle Dismembrationen innerhalb der Geltung des Gesetzes vom 3. Januar 1845 haben insofern eine gewisse Erleichterung gefunden, als die geforderten Verhandlungen der Polizei- und Verwaltungsbehörden in Parzellirungs- und Ansiedelungssachen, ein- schliesslich der Verhandlungen der vom Landrath mit der Regulirung beauftragten Orts- obrigkeit ohne Unterschied des Gegenstandes stempel- und gebührenfrei erklärt sind. Auch alle übrigen Kosten sollen möglichst vermieden und auf das Nöthigste beschränkt werden. Die bei der Dismembrationsregulirung betheilisten Interessenten, Dorfgerichts- personen, Patronatsvertreter, Kirchen- und Schulbeamten u. a. haben gemäss $ ro (7 u. 9) der Verordnung vom 29. März 1844 (G.-8. S. 73) für die Zuziehung an ihrem Wohnorte oder einem von letzterem nieht über Y; Meile entfernten Orte in der Regel keine Ver- gütung und bei grösseren Entfernungen an Reisekosten einschliesslich der Versäumniss und Zehrung nur 3 Sgr. bis ı Thlr. für die Meile zu.fordern, Für Diäten und Reise- kosten der bei den Verhandlungen zugezogenen Sachverständigen oder anderen Beamten zu deren Beruf das Geschäft nicht gehört, kommen $ 2 und 3 des Kostenregulativs vom 25. April 1836 (G.-S. $. 181) zur Anwendung. Zur Last fallen die Kosten den Kontrahenten der Theilung als Antragenden, XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 485 Von grösserer Bedeutung ist die Beseitigung wesentlicher Weiterungen, welche das Gesetz vom 3. März 1850 (G.-S. S. 145), über den erleichterten Abverkauf kleiner Grundstücke, und das an ein früheres Gesetz vom ‚13. April 1841 (G.-S. S. 79) an- knüpfende Gesetz vom 27. Juni 1860 (G.-S. S. 384) über den erleichterten Austausch einzelner Parzellen, ermöglichten. Schon das gedachte Gesetz vom 13. April 1841 bestimmte, dass jeder Grund- eigenthümer unter gewissen Bedingungen befugt sei, einzelne Gutsparzellen gegen andere Grundstücke auch ohne Einwilligung der Hypothekengläubiger und anderer Real- berechtigter zu vertauschen, wenn dazu bei einem bepfandbrieften Gute die Kredit- direktion, bei einem anderen Gute die Provinzialbehörde, welche die Auseinandersetzungs- angelegenheiten leitet, die Genehmigung ertheilen. Das Gesetz vom 3. März 1850 gestattete in diesem Sinne auch den Abverkauf kleiner Grundstücke so, dass jeder Grundeigenthümer, sowie jeder Lehns- und Fidei- kommissbesitzer befugt ist, einzelne Gutsparzellen gegen Auferlegung fester, nach den Vorschriften der Ablösungsordnung ablösbarer Geldabgaben oder gegen Feststellung eines Kaufgeldes auch ohne Einwilligung der Lehns- und Fideikommissberechtigten, der Hypotheken- und Realgläubiger zu veräussern, sofern bei landschaftlich beliehenen Gütern die Kreditdirektion, bei anderen die Auseinandersetzungsbehörde bescheinigt, dass die Abveräusserung den gedachten Interessenten unschädlich sei. Ein solches Unschädlichkeitszeugniss darf nur ertheilt werden, wenn das Trenn- stück im Verhältnisse zum Hauptgute von geringem Werth und Umfang ist, und wenn die auferleste Geldabgabe oder das verabredete Kaufgeld den Ertrag oder den Werth des Trennstückes erreicht. Letzteres scheidet aus dem Realverbande des Hauptgutes aus, und die dafür stipulirten Renten oder Kapitalien treten so an seine Stelle, dass die Rente den Realberechtigten als Pertinenz des Gutes haftbar bleibt, hinsichtlich der Kaufgelder aber die gesetzlichen Vorschriften über die Sicherstellung der Realglän- biger durch Verwendung von Abfindungskapitalien (S. 416 und 428) zur Anwendung kommen. — In demselben Sinne hat das Gesetz vom 27. Juni 1860 die Bedingungen des erleichterten Austausches einzelner Parzellen gestaltet. Hier geht das Unschädlichkeits- attest dahin, dass der Tausch ‘den erwähnten Interessenten unschädlich sei, und darf nur ertheilt werden, wenn die abzutretende Parzelle im Verhältniss zu dem Gute, von welchem sie abgetreten werden soll, von geringem Werthe und Umfange ist, und das letztere durch den Tausch an Werth nicht verliert. Sind diese Bedingungen bei dem einen der beiden Güter, zwischen denen der Austausch bewirkt werden soll, vorhanden, bei dem anderen aber nicht, so ist nur bei jenem das erleichternde Gesetz anzuwenden, für das andere bleibt es bei den allgemeinen Bestimmungen, nach welchen die Einwilligung der einzelnen Real-, Lehns- und Fidei- kommissberechtigten u, ähnl. erforderlich ist. Die Parzellen treten beim Tausch gegenseitig eine an die Stelle der anderen, wenn aber der Werth der abzutretenden Parzelle mehr beträgt, als der Werth des einzutauschenden Grundstückes, so ist eine Ausgleichung durch Kapitalszahlung zulässig, hinsichtlich welcher letzteren wieder die Vorschriften über die Verwendung von Abfin- dungskapitalien zur Geltung kommen. Es bedarf keiner Ausführung, dass diese Bestimmungen in hohem Grade geeignet sind, gerade den wirthschaftlich besonders wünschenswerthen Verkehr mit Grundstücken 486 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. zu begünstigen, durch welchen sich eine Wirthschaft allmählich besser arrondiren und dem Bedürfniss entsprechend Erweiterungen, Grenzausgleichungen, Meliorationsländereien, Baustellen u. dgl. erwerben kann,, 5. Besondere Bestimmungen. Die gesammte, vorstehend besprochene Gesetzgebung über das Dismembrations- wesen gilt seit dem Gesetze vom 26. Mai 1856 (G.-S. S. 613) auch in Nenvorpommern, nur mit den unbedeutenden Modifikationen, welche dort der Mangel an Hypotheken- büchern, wie sie in den altländischen Provinzen bestehen, und die Gültigkeit der Ver- ordnung vom 21. Juli 1849 (G.-S. S. 307), über das Verfahren in: Civilprozessen im Bezirke des Appellationsgerichts zu Greifswald, nöthig machen. An die Stelle des Hypothekenrichters tritt das Gericht der belegenen Sache*). In Westfalen und am Rhein hat das Gesetz vom 3. Januar 1845 keine Geltung erlangt, theils weil hier Theilbarkeit der Grundstücke im überwiegenden Theile der Territorien von alter Zeit hergebracht und durch die fremdländische Gesetzgebung noch erweitert war, theils weil in Folge des bestehenden Katasters mancherlei Uebelstände, die sich bei Dismembrationen in den östlichen Provinzen zeigten, wegfielen und die Ver- theilung der öffentlichen Lasten wegen der naheliegenden Beziehung auf die Grund- steuererträge wesentliche Erleichterungen und weniger Streitpunkte fand. Auf dem linken Rheinufer stehen zwar dem freien Verkehr mit Grundstücken keine anderen Hemmnisse entgegen, als sie in der dem französischen Rechte eigenthüm- lichen und bedeutenden Schwierigkeit liegen, den Beweis des Eigenthums und seiner Freiheit von hypothekarischen Anrechten zu führen, und die Auseinandersetzung zwischen Erben und Mitberechtigten, namentlich bei Betheiligung Minderjähriger, zu bewirken. Die S. 4ro erwähnte Beschränkung der Theilbarkeit vererbter oder in Gemeinschaft be- sessener Grundstücke durch Art. 824 u. 1872 des Code civil ist von geringer Bedeutung. Für Ansiedelungen in der Nähe von Forsten aber bestehen in dem grössten Theile der Rheinprovinz besondere, zum Theil sehr strenge Bestimmungen aus vorpreussischer Zeit. Namentlich macht die S.452 gedachte Ordonnanz über die Gewässer und Forsten vom August 1669**), welche auf dem linken Rheinufer mit Ausschluss des Regierungsbezirks Köln in Geltung ist, den Bau bis auf gewisse Entfernung von der Erlaubniss des Forst- eigenthümers unter bedeutender Strafe abhängig***), Die Jülich-Bergische Jagd- und *) Vergl. indess den Entwurf der neuen Hypothekenordnung für Neuvorpommern und Rügen, dem beide Häuser zugestimmt haben, und nach welchem die Gesetze über den erleich- terten Abverkauf kleinerer Grundstücke vom 3. März 1850 und über den erleichterten Um- tausch einzelner Parzellen vom 27. Juni 1860 für Neuvorpommern eingeführt werden. * v. Daniels, a. a. 0.1. S. 37. **) Die Geltung der Ordonnanz von 1669 gründet sich auf ein Staatsrathsgutachten vom 22. Brumaire XIV. (15. November 1805, v. Daniels V. S. 46). Im Trierschen, rechts der Mosel, ist sie bestritten, indess nach Inhalt des $ 173 der Verordnung der österreichisch-bayerischen Landesadministrationskommission vom 30. Juli 1814, welche von dem Civilkommissar Simon unter dem ıı. Januar 1816 auch für die bis zum zweiten Pariser Frieden französischen Kantone Saarbrücken, St. Johann, Saarlouis und Rehlingen publizirt ist, in allen Entscheidungen als bestehend angenommen. Für den Regierungsbezirk Trier, soweit ihn die gedachte Administrationskommission noch vom 28. Mai 1815 bis zum ı. Juli 1817 verwaltete, und im Regierungsbezirk Koblenz XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 487 Forstordnung vom $. November 1761, welche auf dem rechten Rheinufer in den Regie- rungsbezirken Köln und Düsseldorf, mit Ausnahme von Rees und Duisburg gilt, unter- sagt Ansiedelungen in der Nähe von Waldungen überhaupt. Auf dem rechten Rheinufer aber bestand für alle Landestheile, welche vormals eine Zeit lang zu dem ehemaligen Königreiche Westfalen, dem Grossherzogthum Berg und zu den französischen Departements gehört haben, in der oben Abschn. IX. S. 422 er- wähnten Gesetzgebung vom 21. April 1825 (G.-S. S. 73 ff.) die übereinstimmende Anord- nung, dass zu allen Zerstückelungen solcher Grundstücke, auf welchen noch irgend eine bäuerliche Leistung haftete, die Einwilligung des Berechtigten nöthig wurde, welcher die- selbe in jedem Falle zu versagen befugt war. Fiel bei einer Vererbung das Gut an mehrere Erben, so konnte der Gutsherr verlangen, dass sie einen aus ihrer Mitte be- stimmten, welcher das Gut ungetheilt zu übernehmen hatte. Es sollten jedoch diese Be- schränkungen der Zerstückelung nur in soweit gelten, als sie schon vor Einführung der fremden Gesetzgebung zulässig waren. Ingleichen sollte von denselben keine Anwendung gemacht werden, in soweit die Vorschriften der Gemeinheitstheilungsordnung eine Ab- weichung nöthig machen, Als durch die Absch. IX. S. 421 gedachte Tilgungskasse für die Reallasten in den Kreisen Paderborn, Büren, Warburg und Höxter den Berechtigten die ihnen zu- stehenden Reallasten im Falle ihrer Einwilligung gegen das ı8fache, in Schuldverschrei- bungen zu zahlende Kapital abgelöst wurden, brachte diese vom Staat garantirte Kasse erhebliche Opfer, um der Zerstückelung der Bauerngüter auch ferner entgegenzuwirken. Während nach ihrem Reglement vom 8. August 1836 $ ır (G.-S. S. 235) die Verpflichteten in der Regel zur Verzinsung 4', pCt. der den Berechtigten gezahlten Schuldverschreibungen jährlich zu leisten und diese Renten durch Bezahlung eines dem 2ofachen Betrage der Renten gleichkommenden Kapitals in Stückzahlungen von min- destens 5 T'hlrn. bei der Kasse abzulösen hatten, sollte für bäuerliche Wirthe die Rente nur 4’pÜt. betragen und nach einer durch 4ı Jahre fortgesetzten Zahlung die ganze Schuld erlassen werden, im Falle sich der Pflichtige zur sicheren Erhaltung der Bauern- güter in leistungsfähigem Zustande folgenden hypothekarisch einzutragenden Bestim- mungen unterwarf: r. dass ohne die Genehmigung der Direktion der Tilgungskasse die verpflichteten Grundstücke künftig weder mit anderen Hypothekenschulden, als den Erb- theilen der abgefundenen Miterben belastet, noch durch Verfügungen unter den Lebendigen, oder von todeswegen, oder in Erbfällen zerstückelt werden, und 2. dass von dem jetzigen und künftigen Besitzer eine Anordnung, durch welche in Erbfällen den nicht zur Suecession in die gedachten Grundstücke gelangenden Miterben eine höhere Ab- findung gewährt wird, als nach den Bestimmungen des Gesetzes über die bäuerliche Erbfolge in der Provinz Westfalen vom 13. Juli 1836 (G.-S. S. 209) für den Fall stattfindet, wenn der Erblasser darüber nichts verfügt hat, mit rechtlicher Wirkung nicht getroffen, zwischen Mosel und Rhein (ausser der Stadt Koblenz und ihres Bannes) gilt eine Verordnung dieser Kommission vom 21. Januar 1815 (Lottner I. 315). Im Regierungsbezirk Köln links des Rheins stehen die Kurfürstlich Kölnischen Verordnungen vom 9. Juli 1759 und 18. März 1774, in Duisburg und Rees die Kleve-Märkische Jagd- und Waldordnung von 1765 und im übrigen rechtsrheinischen Theile des Regierungsbezirks Düsseldorf auch die Jülich-Bergische Polizei- ordnung vom 16. Oktober 1554 (Scotti, Sammlung für Kleve und Mark I. S. 140) noch in Kraft. (Vergl. Verh. des Abgeordnetenhauses 1865). 488 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. auch die Aufhebung einer solehen Anordnung nicht nur von dem Anerben des Gutes, sondern auch von seiten des Staates verlangt werden kann. Diese Bestimmungen sind indess zu keiner erheblich ausgedehnten, praktischen Wirkung gelangt, und im Rentenbankgesetz vom 2. März 1850 $ 58 (G.-S. S. 112), welches die Amortisation für alle Reallastenrenten ermöglichte, wurde ausgesprochen, dass diejenigen Pflichtigen, welche sich den gedachten Beschränkungen unterworfen haben, an dieselben, ohne desshalb die zugesicherten Vortheile zu verlieren, nicht ferner ge- bunden sind. Dagegen erging auf mehrfache Anträge des westfälischen Provinziallandtages die Verordnung vom ır. Juli 1845 (G.-S. S. 496) über die neuen Ansiedelungen in der Pro- vinz Westfalen und steht noch gegenwärtig in Kraft. Sie entspricht im wesentlichen den oben unter 3. für die Begründung neuer Ansiedelungen in den östlichen Provinzen angegebenen Grundsätzen und enthält nur darin einige abweichende Bestimmungen, dass sie auf Abzweigungen von Wohngebäuden von einem mit Wohngebäuden besetzten Grundstücke nach Ablauf der ersten 5 Jahre nach ihrer Erbauung, sowie auf Abzwei- gungen wegen Vererbung keine Anwendung findet, dagegen auch die Einrichtung eines schon vorhandenen Gebäudes, z. B. eines Stalles, zum Wohnhause unter den Neu- ansiedelungen anführt, und als Bedingung einer neuen Ansiedelung auch den Nachweis aufstellt, dass zu dem Platze derselben ein offener Weg führen muss, durch welchen die Wohnung und Hofstelle für die polizeiliche Beaufsichtigung jederzeit zugänglich wird. Auch macht sie den, der eine auf Widerspruch der Gemeinde für unzulässig er- klärte Ansiedelung dennoch zur Ausführung bringt, der Ortsgemeinde während ro Tagen, vom Tage der Uebergabe des Wohngebäudes an gerechnet, für alle Kosten haftbar, welche für sie aus der Verpflichtung zur Armenpflege gegen den Ansiedler und dessen Familie entstehen. — Für die städtischen und vorstädtischen Grundstücke sind im gesammten Staate ausser dem Edikt vom 9. Oktober 1907 und dem Landeskultur-Edikte weitere gesetz- liche Vorschriften über die Dismembration nicht ergangen. Hinsichtlich derselben be- stehen die vor dem Gesetze vom 3. Januar 1845 gültigen Anordnungen der Verwaltungs- behörden über die Regulirung der Abgaben und derjenigen Leistungen, welche die Natur der öffentlichen Lasten haben, fort, und das Reskript des Ministers des Innern vom 12. Juli 1845 (Minist.-Bl. S. 172) genehmigte, dass die Magisträte von der im $ 4 des Edikts vom g. Oktober 1807 vorgeschriebenen Anzeige der vorzunehmenden Parzellirungen städtischer Grundstücke bei der Landespolizeibehörde in allen Fällen entbunden werden, in welchen nicht bei Vertheilung der Grundsteuer das Staatsinteresse betheiligt ist. In solchen Fällen aber haben sie ebenfalls einen von der Regierung zu bestätigenden Ver- theilungsplan anzulegen. Anderenfalls kann hinsichtlich solcher Grundstücke den Magi- sträten die Regulirung delegirt werden, und bleibt nur die Entscheidung in streitigen Fällen der Regierung vorbehalten. Der Rekurs geht an diejenigen Ministerien, zu deren Ressort die regulirten Lasten gehören, B. Wirkung der Dismembrationsgesetzgebung. Um die Wirkungen kennen zu lernen, welche der seit dem Jahre 1807 in die Gesetzgebung eingeführte Grundsatz der freien Verfügbarkeit über das Grundeigenthum und der unumschränkten Theilbarkeit desselben auf den Bestand der Bauerngüter . XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 489 hervorgebracht hat, sind von der Staatsregierung schon zweimal, nämlich im Jahre 1838 für den Zeitraum bis 1837 und im Jahre 1852 für die Periode von 1837 bis 1851, umfassende Untersuchungen angeordnet worden. Die erstere erstreckte sich über den ganzen Staat, beschränkte sich aber auf Aeusserungen der Bezirksregierungen, denen sehr mangelhafte Zahlen und ungenügende Thatsachen zu Grunde lagen. Ihr Ergebniss war eine äusserst geringfügige Verminderung der Bauerngüter. Die Aufnahme des Jahres 1852 erfolgte für die sechs östlichen Provinzen mit Ausschluss von Neuvorpom- mern und Rügen und für die Provinz Westfalen; sie richtete sich auf Zahl und Umfang der Rittergüter, anderen spannfähigen Güter und nicht spannfähigen Besitzungen am Beginne und Ende jener Periode, sowie auf die Menge der im Laufe dieses Zeitraums zerstückelten Besitzungen, welche dadurch ihre Spannfähigkeit verloren oder dieselbe ungeachtet der Verkleinerung behalten hatten. Die zu diesem Behufe aufgestellten Formulare wurden von den Landrathsämtern kreisweise ausgefüllt; ein Nachweis der Richtigkeit des Inhalts wurde indess nicht geliefert. Aus der Zusammenstellung der auf diese Weise gewonnenen Zahlen ermittelte sich, dass die spannfähigen Besitzungen, welche keine Rittergutsqualität haben, sich im Jahre 185t um 4 214 im Vergleiche zum Jahre 1837 vermehrt, an Fläche jedoch etwas abgenommen hatten. Das Herrenhaus, welchem hiervon am 10. März 1859 durch den Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Mittheilung gemacht worden war, glaubte diese | Resultate nicht ohne weiteres als unumstösslich hinnehmen zu dürfen, erachtete es aber für nothwendig, dass über den wichtigen Gegenstand, und zwar in seiner Ent- wickelung bis zur Gegenwart, eine klare Anschauung durch Zählung der einzelnen Bauerngüter erlangt werde, und fasste desshalb im der Sitzung vom ıo. Mai 1859 auf Antrag des Grafen v. Itzenplitz nachstehenden Beschluss: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, möglichst noch im Jahre 1859 a) die jetzt vorhandenen bäuerlichen Nahrungen in den sechs östlichen Provinzen der Monarchie und in Westfalen in jedem Dorfe in Matrikeln (unter Angabe des jetzigen Be- sitzers und des ungefähren Flächeninhalts des Gutes) verzeichnen und demnächst kreis- weise zusammenstellen zu lassen; b) gleichzeitig in jedem Dorfe ermitteln zu lassen, wie viel dasselbe nach dem Rezesse über die Eigenthumsverleihung oder Dienstregulirung oder, wo eine solche nicht stattgefunden, im Jahre 1816 bäuerliche Nahrungen enthielt und mit welchem ungefähren Areale; ce) den Nachweis führen zu lassen, wodurch der Unterschied der Matrikeln ad r und der Nachweisung ad 2 entstanden ist, ob durch Zerschlagung oder durch Zuschlagung oder durch Ankauf und Zuschreibung zu Ritter- gütern oder durch Entstehung neuer Bauerhöfe, oder wie sonst? d) bei der Ermittelung ad 3 auch festzustellen, wie viel Büdner (Häusler, Hausbesitzer) in jedem Dorfe vor- handen sind, und welches Areal sie im Ganzen in jedem Dorfe besitzen; e) das Resultat dieser Ermittelangen dem nächsten Landtage mitzutheilen. Die in Ausführung dieses Beschlusses erlangten Ergebnisse liegen in der im Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten bearbeiteten Denkschrift „Veränderungen, welche die spannfähigen bäuerlichen Nahrungen in den sechs östlichen Provinzen der preussischen Monarchie und in der Provinz Westfalen durch die Boden- bewegung während des Zeitraums von 1816 bis Ende 1859 nach Ausweis der im Jahre 1860 aufgenommenen Matrikeln erlitten haben“ *) vor. *) Veröffentlicht in der Zeitschrift des Königl. statistischen Bureaus Jahrg. V. 1865, Nr. ı und 2. 490 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Der Zeitpunkt der Matrikulirung und der Endpunkt der zu sammelnden Nach- riehten ergab sich von selbst in dem Schlusse des damals laufenden Jahres 1859; es erschien aber auch zweckmässig, an Stelle des unbestimmten Termins eines Rezesses über Eigenthumsverleihung oder Dienstregulirung durchgängig das Jahr 1816 als einen festen Anfangspunkt für die Untersuchung hinzustellen. Nur für die Provinz Posen hat das Jahr 1823 gewählt werden müssen, weil dort erst seit dieser Zeit der bäuerliche Besitz dem ritterschaftlichen gegenüber seine Stetigkeit erhalten hat. Zur Sicherung der 6leichmässigkeit der Aufnahmen wurde ein Formular ausgearbei- - tet, welches ausser einem rechnungsmässigen Abschlusse drei Abschnitte enthält: ı. Die Matrikel der am Ende des Jahres 1859 vorhandenen bäuerlichen Nahrungen, zu deren Bewirthschaftung ein landübliches eigenes Gespann gehalten werden muss, unter Angabe bei jeder einzelnen derartigen Besitzung: a) der Haus- oder Hypothekennummer, b) der Ortsklasse, als Ganzbauer, Kossäth, Köllmer, Kolone, Kötter u. dgl., ce) des Namens des Besitzers, d) des ungefähren Flächeninhalts Ende 1859 u. 1816 resp. 1823 in Magdeburger Morgen, e) der Ursachen der Flächenveränderung in der Zeit ıg16 (1823) bis Ende 1859. 2. Ein Verzeichniss der im Jahre 1916 (1823) vorhanden gewesenen bäuerlichen Nahrungen, zu deren Bewirthschaftung ein landübliches eigenes Gespann gehalten werden musste, welche aber am Ende des Jahres 1859 entweder gar nicht mehr oder doch nicht mehr als spannfähige Nahrungen existirten, mit demselben, wie sub ı Nr. a. bis d. erforderten Detail und der Angabe dessen, was aus der Nahrung ge- worden ist. 3..Die Zahl der am Ende des Jahres 1859 vorhandenen nicht spannfähigen bäuer- lichen Besitzungen mit ihrem ungefähren Gesammtflächeninhalte und Angabe des Flächen- inhalts der kleinsten und der grössten. Unter Vermittelung der Königlichen Oberpräsidien, Regierungen und Landraths- ämter sind die Ortsvorstände jeder einzelnen Landgemeinde in den sechs östliehen Provinzen und in Westfalen veranlasst worden, das eben beschriebene Formular für ihren Gemeindebezirk auszufüllen. Dies ist theils durch die Ortsvorstände und Orts- gerichte, theils durch die Distrikts- und Polizeikommissarien, theils durch die Guts- herrschaften geschehen, und die so gefertigten Matrikeln von eirca 30 000 Gemeinden in mehr als 500 Bänden wurden in den Jahren 1860 und ı861 eingesandt. Obschon die Zahlen aus den einzelnen Nachweisungen von den zuständigen Be- hörden nach Kreisen, Regierungsbezirken und Provinzen zusammengerechnet waren, so wurde dadurch doch kein richtiges Bild von dem Verkehr mit den Bauerngütern und seinen Wirkungen gewährt. Es war desshalb unerlässlich, die Matrikeln selbst einer genauen und eingehenden Prüfung und Bearbeitung zu unterwerfen, welche ein un- erschöpfliches Material enthalten, weil sie eine Spezialgeschichte der Flächenveränderungen jedes einzelnen Hofes für die Zeit von 1816 (in der Provinz Posen von 1823) bis zum Ablaufe des Jahres 1859 liefern. Da sich die Matrikeln nach dem Antrage des Herrenhauses nur mit bäuerlichen Nahrungen befassen sollten, wofür es an einer genauen Begriffsbestimmung fehlt, so sind in dieselben alle Besitzungen des platten Landes aufgenommen worden, welche nieht zu den Rittergütern, Domainen und geistlichen Instituten gehören. Davon waren aber wieder die kleinen Stellen ausgeschlossen, für welche der Beschluss des Herrenhauses XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 491 nichts mehr als die Ermittelung der Gesammtzahl und ungefähren Gesammtgrösse in jedem Orte forderte. Es kam mithin darauf an, eine sichere Grenzlinie zwischen diesen kleinen Stellen und den grösseren Besitzungen, den bäuerlichen Nahrungen, zu ziehen und diese konnte, um den Gemeindevorständen allgemein verständlich zu sein, nicht anders bezeichnet werden, als dass zur Bewirthschaftung der bäuerlichen Nahrungen ein landübliches eigenes Gespann gehalten werden muss. Die Beantwortung der Fragen, was als ein landübliches Gespann zu betrachten und auf welchen Besitzungen das Halten eines solchen Gespannes ein Bedürfniss sei, wurde wegen der Mannichfaltigkeit der obwaltenden Verhältnisse den ortskundigen Matrikel- verfassern allein überlassen. Ueber die verschiedenartige Auffassung der Spannfähigkeit in den einzelnen Provinzen giebt die Denkschrift eine besondere Darstellung, mit welcher sie eine Angabe der als Regel vorkommenden Flächenausdehnung der spannfähigen Nahrungen verbindet. ı. In der Provinz Preussen gelten die Hochzinser, die Bauern in verschiedenen Unterabtheilungen — als Immediat-, Chatoull-, Assekuranzbauern, Pustkaviener, Hei- dukken, Viebranzen, Doniker — meist auch die Kolonisten für spannfähige Wirthe; ebenso die Köllmer, welche in der Regel in gesonderten Dörfern wohnen und grössere Höfe besitzen; es finden sich aber auch kleine, selbst nieht spannfähige Köllmergüter. Nicht spannfähig sind Köthner, Loosmänner oder Büdner. Eine Besitzung von 30 Morgen wird fast durchweg als spannfähig angesehen, meistens mit zwei Pferden oder doch zwei Ochsen bewirthschaftet; in mehreren Kreisen sind die Matrikeln nach einer Grenzlinie von 30 Morgen augenscheinlich abgestimmt. In den Kreisen an der Tuchelschen Heide steht die Grenze zum Theil höher, etwa wie in den weniger fruchtbaren Theilen Pommerns; dagegen finden sich in anderen Kreisen spannfähige Nahrungen von 20—30 Morgen in bemerkenswerther Menge. In den Kreisen Friedland, Heiligenbeil und Osterode gilt schon eine Besitzung von ı5 Mor- gen als spannfähig; wahrscheinlich hat man hier aber nach dem landüblichen Kul- mischen Maasse gerechnet, nach dem ein Morgen ungefähr 2, Magdeburgischen Morgen gleichkommt. Die nicht spannfähigen Kleinstellen erreichen gewöhnlich nieht die Grösse der kleinsten spannfähigen Höfe;- nicht selten wohnen neben umfangreichen Höfen eine Anzahl von Tagelohn lebender Besitzer ganz kleiner Stellen. Ueberhaupt ist in der Provinz Preussen die Stufenleiter zwischen kleinem und grossem bäuerlichen Besitze wenig ausgefüllt. Im allgemeinen ist der Umfang der Nahrungen eben so gross, wie er für Pommern zu zeigen sein wird; jedoch haben sich in Preussen kleine spannfähige Wirthe mit ca. Ya Kulmischer Hufe — einigen und 30 Magdeburger Morgen — in grösserer Zahl an- gesiedelt, während die Klasse der mittleren Besitzungen schwächer vertreten ist. Im Regierungsbezirk Gumbinnen sind die Höfe meistentheils etwas kleiner. Unstreitig am umfangreichsten sind die bäuerlichen Nahrungen in den Kreisen Flatow, Deutsch-Krone, Konitz und Schlöchau; Höfe von 700, 300, 900 und «tr o00 Morgen sind hier nichts seltenes und die Grösse der Dorfmarken steigt bis über 16 ooo Morgen. Daneben sitzen aber eine Menge spannfähiger Wirthe auf Höfen von einigen 20—40 Morgen, welche sich im Laufe der Zeiten ebenso gut erhalten haben, als die weitläufigen Bauernhöfe. Im Ganzen giebt es in der Provinz 3 810 Höfe von über 300 Morgen Flächeninhalt. 492 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 2. In der Provinz Pommern bestehen die spannfähigen Wirthe vorzugsweise aus Bauern, Halbbauern und Kossäthen; letztere sind jedoch nicht überall spannfähig. Die nicht spannfähigen Besitzer nennt man gewöhnlich Büdner, auch Freimänner. Daneben sitzt meistens auf früher fiskalischem oder ritterschaftlichem Grunde eine beträchtliche Anzahl von Kolonisten, welche bald spannfähig, bald nicht spannfähig sind, gewöhnlich für sich in gesonderten Dörfern. Die Spannfähigkeit fängt in der Regel mit 350—4o Morgen an, in mehreren, nicht aneinander grenzenden Kreisen auch mit 50, 60 und 70 Morgen, wiewohl man fast überall auch Besitzungen von einigen 20 und selbst noch weniger Morgen als spannfähige Nahrungen matrikulirt hat, bisweilen mit der ausdrücklichen Bemerkung, dass ihre Besitzer mit zwei Pferden wirthschaften. Zu den grössten nicht spannfähigen Kleinstellen gehört in den meisten Dörfern mehr Land, als zu den kleinen spannfähigen Höfen. Ob diese Abweichungen überall in der geringeren Ertragsfähigkeit des Bodens zu suchen sind, oder nicht zum Theil in der Wirthschaftsmethode des Besitzers, ist nach den Matrikeln nicht zu beurtheilen. Als landübliches Gespann bezeichnet man gewöhnlich 2 Pferde. Die grösseren Besitzer wirthschaften in der Regel auf r00— 200 Morgen, in Hinterpommern auch wohl auf 2—300 Morgen. Man zählt ı 057 Höfe, welche über 300 Morgen enthalten. Die mittleren Besitzer, der Mehrzahl nach Halb-, auch Viertelbauern, sind in manchen Kreisen stark vertreten. Ihre Höfe sind gewöhnlich etwas grösser, als die Hälfte eines mittleren Ganzbauernhofes. Die Höfe der spannfähigen Kolonisten sind mehr dem mittleren Besitzthum beizurechnen, sie bewirthschaften aber auch schon ver- hältnissmässig kleine Flächen mit landübli®hem Gespanne. Die kleinen spannfähigen Nahrungen, welche sich nicht weit über die Grenze der Spannfähigkeit erheben, sind vorzugsweise die Kossäthenhöfe, in manchen Kreisen aber auch Halb- und Viertelbauernhöfe,‘ während umgekehrt auch Kossäthen, mit Flächen bis 400, 50o Morgen und mehr vorkommen. 3. In der Provinz Posen bilden die Bauern (Polowniks Halbhüfner) den Kern der spannfähigen Wirthe; Halb- oder Viertelbauern sind nicht selten. Der Viertelbauernhof gleicht aber nicht immer der Hälfte eines Halbbauerngutes; vielmehr heissen Besitzungen von ähnlicher Grösse in dem einen Dorfe Viertel- und in dem anderen Halbbauern- güter*). Die Hauländereien, auf ehemaligem Waldboden gegründet, sind gewöhnlich spannfähig; dagegen sind sogen. Kolonisten, vielfach auch nach 1823 auf fiskalischen oder ritterschaftlichen Territorien in grosser Zahl angesetzt, meistens so schlecht bedacht, dass sie kein landübliches Gespann zu halten vermögen. Nahrungen von 20—30 Morgen, in einigen Distrikten selbst von 15—ı6 Morgen gelten als spannfähig. Nicht spannfähige Stellen von einigen 20—30 Morgen kommen häufig vor; übergrosse, wie in Pommern, nur vereinzelt. Zwei Pferde oder zwei Ochsen, mitunter auch ein Pferd, werden als landübliche Bespannung angesehen; Kühe gelten seltener dafür. Im ganzen herrscht der mittlere Besitz vor. Im Regierungsbezirke Bromberg wirth- schaftet der Bauer gewöhnlich auf 100— 150, auch wohl bis 200 Morgen; im Regierungs- bezirk Posen auf 60—80, auch wohl bis 100 Morgen. 644 Höfe enthalten über 300 Morgen. *) In der Provinz Posen treffen die verschiedensten deutschen und alten polnischen Hufenmaasse zusammen, vergl. über letztere Cod. dipl. Siles. Bd. IV., Einl. S. 58, 68, 85. XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 493 Dem Hauländer sind meistens 60 bis gegen oo Morgen, auch wohl etwas mehr ausgewiesen. Kleine spannfähige Wirthe von 20, 30 und 40 Morgen. Halb- oder Viertelbauern, Komorniks, Zagrodniks, Chalupniks und dergl., sind fast in allen Kreisen stark ver- treten, besonders in der südlichen Hälfte des Regierungsbezirks Posen, wo sie nicht selten die Mehrzahl der spannfähigen Wirthe eines Dorfes bilden. 4. In der Provinz Brandenburg rangiren ausser den Bauern und Hüfnern die Kossäthen ziemlich allgemein unter den spannfähigen Wirthen; dazu kommen besonders im Regierungsbezirk Frankfurt Kieper, Pfeffrer, Kalüper, Kutschner, Gärtner, Büdner und dergleichen. Für die kleinen nicht spannfähigen Besitzungen scheint man keine besondere Benennungen zu haben. Die vorzugsweise in den Bruchgegenden zahlreich angesetzten Kolonisten haben bald spannfähige, bald nicht spannfähige Höfe. Im Regierungsbezirke Potsdam pflegt man Nahrungen von 30—4o Morgen noch zu den spannfähigen zu rechnen; im Regierungsbezirk Frankfurt schon Nahrungen von 20—30 Morgen. Nieht spannfähige Stellen von derselben Grösse sind nicht selten; im Regierungs- bezirk Frankfurt hat man es für nöthig gehalten, schon bei Nahrungen von einigen und 20 Morgen die schlechte Beschaffenheit des Landes besonders hervorzuheben, um zu motiviren, dass die Stellen nicht zu den spannfähigen gezählt worden sind. Im Regierungsbezirk Potsdam sieht man gewöhnlich zwei Pferde oder drei Ochsen, im Regierungsbezirk Frankfurt zwei Ochsen, in einigen Kreisen auch Kühe als land- übliches Gespann an, Im Regierungsbezirke Potsdam bilden die grossen Bauernhöfe von 200 bis gegen 300 Morgen ziemlich geschlossene Reihen; die Kossäthen haben meistens 50—roo Morgen, Halbbauern finden sich weniger, wohl aber spannfähige Kolonisten-, Büdner- und Häusler- stellen. Im Regierungsbezirk Frankfurt sind die bäuerlichen Besitzungen kleiner. In den nördlichen Kreisen sind zwar die Vollbauern oder Hüfner auf Höfen von 100 bis 200 Morgen noch stark vertreten; weiter nach Süden aber werden ihre Höfe theils kleiner, theils vermehrt sich die Zahl der Halbbauerngüter und der kleinen spann- fähigen Wirthschaften der Gärtner, Kalüper, Kutschner ete. mit 20—30 Morgen. Der Besitz der Kolonisten, soweit er überhaupt spannfähig, ist erheblich kleiner, als der der Bauern. 30 Morgen ist eine sehr häufig vorkommende Grösse eines Kolo- nistenhofes. 1963 Höfe haben einen Flächeninhalt von über 300 Morgen. 5. Provinz Schlesien. \ a. Im Regierungsbezirk Oppeln oder in Oberschlesien wird jeder Besitzer, der fortwährend eine oder ein Paar Kühe hält, als spannfähig betrachtet. Die Matrikeln haben unter die spannfähigen Nahrungen sogar Stellen mit nur einigen, selbst mit einem Morgen Land aufgenommen. Da diese Auffassung aber offenbar irrig ist, so hat man sich bei der hier gefertigten Uebersicht genöthigt gesehen, eine feste Minimalgrenze für die Spannfähigkeit im Oppelner Bezirke anzulegen und alle Besitzungen, zu denen weniger als ro Morgen Land gehören, aus der Zahl der spannfähigen Nahrungen aus- zuschliessen. Die meisten grösseren Wirthe besitzen noch nicht 100 Morgen, gewöhnlich von 40 oder 50 Morgen an bis 60 oder 70 Morgen. Daneben kommen eine Menge Halb- oder Viertelbauern mit noch kleineren Höfen vor und Gärtner, welche nur 10—20 Morgen A9A XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. oder selbst weniger bewirthschaften. Die nieht spannfähigen Stellen sind mit auffallend geringem Landbesitze versehen; die sogenannten Leerhäuser bilden eine eigene, zum Theil so stark vertretene Klasse, dass sie in mehreren Kreisen gesondert aufgeführt werden. So sind in Leobschütz unter 4 705 Kleinstellen 1 679 Leerhäuser, in Neustadt unter 4613 Kleinstellen 1 153 Leerhäuser, in Neisse unter 4 558 Kleinstellen ı 153 Leer- häuser, zu denen ausser dem Bauplatze Nichts, höchstens hier und da noch ein kleiner Hof gehört. In den zahlreichen Kolonistendörfern findet man kaum einen spannfähigen Wirth; gewöhnlich hat der Kolonist nur ein Paar Morgen Land mit einer Weideberech- tigung erhalten, welche später abgelöst worden ist. In Oberschlesien giebt es nur 25 bäuerliche Besitzungen von 300—500 Morgen, meistens Erbscholtiseien und einige Mühlen. b. In den Regierungsbezirken Breslau und Liesnitz werden der Regel nach nur die Bauern-, Halb- und Viertelbauerngüter als spannfähig angesehen, an den Grenzen mit den Regierungsbezirken Frankfurt und Posen aber auch grössere Gärtnerstellen. Die kleinen Gärtner-, Groscher-, Häusler-, Büdner- und Kolonistenstellen werden nicht dazu gerechnet. Mit der Grenze der Spannfähigkeit ist man nur bis 30 oder 4o Morgen, aus- nahmsweise bis 20 Morgen heruntergegangen, Der Flächeninhalt der nicht spann- fähigen Stellen steigt häufig bis zu einigen 20 und 30 Morgen, auch noch höher, wobei vielfach bemerkt ist, dass das Besitzthum grossentheils aus Busch, abgetriebenem Forst- terrain oder anderen wenig nutzbaren Ländereien bestehe. Der Bauernhof enthält gewöhnlich in manchen Kreisen 5o bis roo Morgen, in anderen 100—200 Morgen. Kleinere spannfähige Wirthschaften sind besonders zahl- reich im Regierungsbezirk Liegnitz. Es giebt 485 Höfe über 300 Morgen. Die Nachrichten über Zahl und Gattung des landüblichen Spannviehes sind zu dürftig, um daraus eine Regel bilden zu können. 6. In der Provinz Sachsen ist die Eintheilung der bäuerlichen Besitzungen in gewisse Klassen nur in den nördlichen Theilen des Regierungsbezirks Magdeburg und in den oberen Elbkreisen durchgebildet. In den Regierungsbezirken Merseburg und Erfurt, wo der walzende Besitz mehr oder weniger vorherrscht, pflegt die Hofstelle mit ihren etwaigen geringen Pertinenzien das „Gut“ genannt zu werden. Hier kann also von spannfähigen Nahrungen gar nicht die Rede sein; man hat vielmehr in die Matrikeln diejenigen Güter individuell ver- zeichnet, deren Eigenthümer bei der Aufnahme zufällig so viele Wandeläcker nebenher besassen, dass bei deren von der Hofstelle aus erfolgenden Bewirthschaftung ein land- übliches Gespann ausreichende Beschäftigung fand. a. Im Regierungsbezirk Magdeburg geht die Grenze der Spannfähigkeit im ganzen nur auf 30—4o Morgen herunter, wiewohl fast überall auch einzelne Nahrungen von einigen und 20 Morgen ausnahmsweise als spannfähig angesehen worden sind. Die nicht spannfähigen Stellen erreichen meistens keinen grossen Umfang; der- gleichen Besitzungen von 30—40 Morgen gehören schon zu den Seltenheiten, Das landübliche Gespann besteht gewöhnlich in 2 Pferden oder 3 Ochsen. In der Altmark und in den beiden Jerichowschen Kreisen ist der Besitz ziemlich ebenso vertheilt, wie in dem angrenzenden Regierungsbezirk Potsdam; es finden sich bier auch dieselben Besitzklassen vor, jedoch mit Ausnahme der Kolonisten, von denen in der ganzen Provinz Sachsen nur schwache Spuren aufzufinden sind. In der Gegend XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 495 um Magdeburg und Halberstadt sind zwar die Höfe kleiner, aber Anspänner oder Acker- männer von 100— 200 Morgen kommen immer noch in erheblicher Zahl vor; die Menge der kleinen spannfähigen Nahrungen ist allerdings grösser, als in der Altmark. Man zählt 845 Höfe mit einem Flächeninhalte von über 300 Morgen; davon fallen 705 auf die Altmark und die beiden Jerichowschen Kreise. b. Im Regierungsbezirk Merseburg ist das landübliche Gespann sowohl nach der Zahl als nach der Gattung des Spannviehes sehr verschieden. Kühe lässt man häufig als Angespann gelten. Demgemäss ist auch der Begriff eines spannfähigen Hofes theils kreisweise, theils dorfweise sehr wechselnd; meistens ist man tief herunter gegangen, so dass Besitzungen bald von 20 Morgen, bald von ıo Morgen, zum Theil in grosser Menge unter den spannfähigen verzeichnet sind. Mag auch hier und da individuellen Anschauungen zu viel Geltung verschafit sein, so ist doch die gegenwärtige Darstellung den Ansichten der Matrikelverfasser über die Spannfähigkeit gefolst. Nur für den Kreis Querfurt schien eine durchgreifende Abweichung unerlässlich. Im dortigen Landraths- amte sind nur solche Nahrungen für spannfähig erachtet, auf welchen 2 Pferde mit Nutzen gehalten werden können, und demgemäss die unter ganz anderen Voraus- setzungen von den Örtsgerichten aufgestellten Nachweisungen einer umfassenden Kor- rektur unterzogen, wobei gleichzeitig aus den nicht spannfähigen Kleinstellen, deren Gesammtzahl summarisch angegeben werden sollte und auch angegeben war, alle Be- sitzungen unter 25 Morgen ganz fortgelassen wurden. Diese Grenze der Spannfähigkeit passt aber nicht zu den Verhältnissen der Gegend, und um den Kreis Querfurt wenig- stens einigermassen seinen ziemlich gleichartigen Nachbarkreisen gleichzustellen, sind aus den ursprünglichen Matrikeln so weit als möglich alle solche Nahrungen zu den spannfähigen hinzugesetzt, zu denen ein Flächeninhalt von mehr als 30 Morgen gehört resp. vor ihrer etwaigen Auflösung gehört hatte. Nach der Gesammtlage der Matrikeln ist 30 Morgen für die dortige Gegend schon eine hoch gegriffene Grenze der Spannfähigkeit. In dem östlichen Theile des Regierungsbezirks, besonders in den oberen Elb- kreisen ist die Eintheilung der bäuerlichen Besitzer in Hüfner, Gärtner, Kossäthen und Häusler mit geschlossenen Besitzungen gebräuchlich. Zu den spannfähigen rechnen meistens nur die Hüfnergüter in den verschiedensten Duplirungen und Bruchtheilen, zum Theil auch die grösseren Gärtnerstellen; die Be- sitzungen der Kossäthen sind gewöhnlich ebenso, wie die der Häusler, nicht spannfähig. In diesem östlichen Theile giebt es noch viele bäuerliche Nahrungen von 100— 200 Morgen, wenn auch zum Theil mit mittleren und kleinen spannfähigen Wirthschaften stark gemischt. 241 Höfe enthalten über 300 Morgen, meistens in den Kreisen Witten- berg und Schweinitz belegen. Je weiter man nach Westen vorschreitet, desto seltener werden die grösseren bäuerlichen Besitzungen, und kleine spannfähige Nahrungen von 20, 30 und 40 Morgen greifen immer mehr Platz. Im Ganzen zählt der Eeelnuıas bezirk Merseburg 361 Höfe von über 300 Morgen Flächeninhalt. c. Im Regierungsbezirk Erfurt ist die Grenze der Spannfähigkeit meistens kreis- weise nach der Fläche genau abgeschnitten, bald auf 20, bald auf 25, bald auf 30 Morgen, im Kreise Ziegenrück auf 15 Morgen, so dass jede Besitzung über dem Normal- masse als spannfähig, jede unter demselben als nicht spannfähis angesprochen ist. Die spannfähigen Besitzungen sind überall von geringem, höchstens mittlerem Umfange; Güter mit 100 Morgen sind schon ausnahmsweise gross, 200 Morgen in einer Hand kommen nur noch vereinzelt vor. 496 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Es giebt nur 3 bäuerliche Nahrungen von 300— 500 Morgen, sämmtlich im Kreise Erfurt. 7. In der Provinz Westfalen benutzt jeder Wirth so viel oder so wenig Spann- vieh, als er kann und will. Danach hat man auch die Spannfähigkeit sehr verschieden betrachtet. Namentlich lässt man in manchen Distrikten nur die Kolonaie als spann- fähige Wirthschaften gelten; Kötter, selbst wenn sie g0—ıoo Morgen besitzen, sind dort nicht zu den spannfähigen Besitzern gerechnet. Im ganzen und grossen sind jedoch Nahrungen von 30— 40 Morgen, namentlich von 40 Morgen noch als spannfähig angesehen, im Regierungsbezirk Münster, wo der bäuerliche Besitz am grössten ist, selbst Nahrungen von einigen und 20 Morgen. Da- neben steigen aber die nicht spannfähigen Stellen fast überall bis auf das Doppelte dieser Fläche, was theilweise in dem grösseren Vorherrschen von Holz- und Weiderevieren oder ganz unnutzbaren Ländereien seinen ausgesprochenen Grund hat. Die Kolonen, Meier, Vollerben haben grosse Höfe von gegen 200 und mehr Mor- gen, besonders im Regierungsbezirk Münster und den angrenzenden Kreisen der beiden anderen Regierungsbezirke der Provinz. In den übrigen Theilen der Provinz ist der Flächeninhalt etwas geringer, roo—ı5o oder bis 200 Morgen; im Kreise Minden hat der Kolon gewöhnlich nur 50—ıoo Morgen. Kleinere und mittlere Besitzer, Halbmeier und spannfähige Kötter, pflegen auf 60— 100, resp. 40—8o Morgen zu wirthschaften. Noch kleinere spannfähige Nahrungen sind nicht häufig. 1342 Höfe enthalten über 300 Morgen Flächeninhalt. Ganz abweichend sind die Verhältnisse in den Kreisen Wittgenstein und Siegen im Süden des Reg.-Bezirks Arnsberg. Hier versteht man unter einem spannfähigen, sogenannten Ganzbauer einen Besitzer von 1s—2o oder einigen und 20 Morgen. Nah- rungen von über 50 Morgen giebt es nur wenige, die einzige grosse bäuerliche Besitzung von 311 Morgen ist erst in neuerer Zeit vom Domainenfiskus veräussert. In Wittgen- stein sind die bäuerlichen Besitzungen etwas grösser; die Minimalgrenze der Spann- fähigkeit ist daselbst auf zo Morgen angenommen worden, während sie in Siegen vom Kreislandrathe auf 15 Morgen festgesetzt ist, wobei überdies noch Halden und Wüsten eingerechnet werden sollten. — \ Sofern der hiernach gebildete Begriff der bäuerlichen Nahrungen als richtig be- grenzt anerkannt wird, kann die Zahl der im Jahre 1859 vorhandenen Höfe, ihrer Aufzeichnung in den Matrikeln gemäss, als vollkommen zuverlässig angenommen werden. In Betreff der Zahl der im Jahre 1816 (1823) vorhanden gewesenen Höfe besteht zwar keine gleich grosse Sicherheit, weil die Nachrichten bisweilen nicht bis zum Beginne der Periode zurückgereicht haben; allein es ist auch in dieser Beziehung die möglichste Vollständigkeit erzielt worden, und jedenfalls ist an der Wahrheit der Matrikelvermerke über diejenigen bäuerlichen Nahrungen, welche zu Ende des Jahres 1859 nicht mehr bestanden haben, nicht zu zweifeln. Die Flächenangaben der Matrikeln können auf eine absolute Genauigkeit keinen Anspruch machen, wiewohl dabei die zugänglichen Rezesse und Vermessungsregister benutzt worden sind. Denn es haben in vielen Lan- destheilen bisher keine Vermessungen des bäuerlichen Besitzes existirt, und wo diese gefehlt, haben die Flächen nur nach einer ungefähren Schätzung verzeichnet werden können. In der Provinz Preussen scheint man sich dabei hin und wieder des Kulmi- schen Masses bedient zu haben, obschon dies weder ausdrücklich erklärt worden ist, noch der Instruktion zur Aufnahme der Matrikeln entspricht. XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 497 Indess besitzen die beschafften Materialien selbstredend für Durchschnittsnachweise der Veränderungen, von welchen die spannfähigen bäuerlichen Nahrungen in dem Zeitraum von 1816 resp. 1823 bis Ende 1859 betroffen worden sind, jede erforderliche Genauigkeit, Es sollen daraus ı. die Erfolge der Bodenbewegung im allgemeinen gezeigt, 2. die- jenigen Veränderungen ausgesondert werden, welche durch die Agrar- und sonstige Gesetzgebung unter mehr oder minderem Zurücktreten der eigenen Selbstthätigkeit der Besitzer für die bäuerlichen Nahrungen entstanden sind; 3. werden die Wirkungen des freien Verkehrs im allgemeinen, 4. die Dismembrationen aller Art, 5. die Erbtheilungen insbesondere, 6. die Konsolidationen und der wechselseitige Verkehr zwischen den spann- fähigen bäuerlichen Nahrungen einerseits und den nicht spannfähigen bäuerlichen Stellen, sowie den nicht bäuerlichen Besitzungen andererseits zu besprechen sein; 7. wird eine Gesammtübersicht über die Erfolge und 8. endlich ein Nachtrag über die Bodenbewegung im Regierungsbezirk Stralsund, oder Neuvorpommern und Rügen, gegeben werden. Dort ist nämlich bei der Anfertigung der Matrikeln insofern ein fehlerhaftes Verfahren beobachtet worden, als die daselbst massenhaft vorkommenden, Rittergutsbesitzern, Städten und Stiftungen gehörigen, durch Verpachtung an Bauern genutzten Höfe ebenso wie die im Eigenthume der Bauern befindlichen Höfe verzeichnet, und die Ver- änderungen, welche die Eigenthümer mit den Pachthöfen bei Ablauf der Pachtzeit vor- genommen haben, ohne dass dabei ein Eigenthumswechsel eintrat, mit denjenigen un- trennbar vermischt worden sind, welchen die Eigenthumshöfe der Bauern unterlegen haben. Da sich dieses Versehen nur durch eine neue Aufnahme der Matrikeln hätte beseitigen lassen, so ist es vorgezogen worden, für die Punkte ı. bis 7. von dem Re- gierungsbezirk Stralsund ganz abzusehen und daselbst unter der Provinz Pommern nur die Regierungsbezirke Stettin und Köslin zu begreifen. Eine kreisweise Zusammenstellung der wesentlichen Wirkungen der Dismembra- tionen und Konsolidationen bäuerlicher Nahrungen folgt als Tabelle J. der Anlagen. I. Erfolge der Bodenbewegung vom Jahre 1816 resp. 1823 bis Ende 1859 im allgemeinen. In den sechs östlichen Provinzen, mit Ausschluss des Regierungsbezirks Stralsund, und in der Provinz Westfalen zählte man Ende 1359 344 737 spannfähige bäuerliche Nahrungen mit 33 498 433 Morgen Flächeninhalt, durch- schnittlich also für jeden Hof 97 Morgen. Zu Anfang der in Rede stehenden Zeitperiode (1816 resp. 1823) waren vorhanden 351 607 spannfähige bäuerliche Nahrungen mit 34 425 731 Morgen Flächeninhalt, durch- schnittlich mithin für jeden Hof 97 Morgen. Die Zahl der spannfähigen Nahrungen hat sich demnach um 6 870 = 1,9 pCt. und ihre Gesammtfläche um 927 298 Morgen — 2, pÜt. verringert. Die durchschnittliche Grösse der einzelnen bäuerlichen Nahrungen ist da- gegen unverändert geblieben. Ausserdem waren zu Ende 1859 604 501 nicht spannfähige Kleinstellen mit 4833 826 Morgen Flächeninhalt vorhanden, über deren Vermehrung oder Verminderung nach Zahl und Fläche seit dem Jahre 1816 resp. 1823 bei der Einrichtung der Nachweisungen Nichts zu ermitteln gewesen ist. Dieses Endresultat aller in der erwähnten Zeitperiode eingetretenen Veränderungen berechnet sich nach den einzelnen Provinzen wie folst: Boden d. preuss. Staats. 32 - XIV. Br de] [0 0] Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Spannfähige Nahrungen waren vorhanden 3. Summe des gesammten Staates mit Ausnahme von Rheinland und Neuvorpommern 351607 34 425 731 344 737 2. Wirkungen der Eigenthumsregulirungen, Gemeinheitsthei- lungen und ähnlichen Auseinandersetzungen. Seit dem Jahre 1816 haben die Bauernhöfe in Folge der Ausführung der Agrar- gesetze sehr bedeutende Flächenveränderungen erlitten, indem die Eigenthumsverlei- hung im Wege der gutsherrlich-bäuerlichen Regulirungen grossentheils unter Land- abtretung an die Rittergüter bewirkt worden ist, auch für die Ablösung der Dienste, Zehnten und anderen Reallasten häufig Landabfindungen gegeben wurden, ferner Thei- lungen von Gemeinheiten, Servitutablösungen und Zusammenlegungen der Grundstücke fast in jeder Ortschaft stattgefunden haben, welche eine Vermehrung oder Verminderung des Besitzstandes der bäuerlichen Nahrungen nach sich zogen. Die auf diese Veränderungen bezüglichen Notizen der Matrikeln sind zwar etwas mangelhaft, weil bei vielen Höfen nur diejenige Grösse angegeben worden ist, welche sie durch die Regulirung oder Separation erhalten haben, auch häufig die Erfolge mehrerer Auseinandersetzungen, welche die nämliche bäuerliche Nahrung berührten, nicht gesondert worden sind. Dessenungeachtet haben diese Angaben aber genügt, um daraus die S. 500 folgende Tabelle [b] zusammenzustellen. 1816 Ende 1859 Flächen- Flächen- inhalt Zahl inhalt Morgen Morgen 5. Preussen . . 84 517 10 176 410 82 837 10 104 887 Pommern (exkl. Stralsund) . 21 371 2 996 764 19 793 2 601 760 Posensuis- -. 1 ar 48 151 3.459 678 48 008 3 374 536 Brandenburg . 51073 5 631 171 49 652 5 427 869 Schlesien 69 592 4 692 880 69 303 4 091 847 Sachsen 40 976 3 839255 39 229 3 907 084 Westfalen . 35 927 3 629 573 35 915 3 990 450 33 498 433 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 499 Die Zahl Nahrungen hat sich licher Kleinstellen der spannfähigen Flächeninhalt waren Ende 1859 Nahrungen einer jeden vorhanden hat sich vermindert vermehrt vermindert spannfähigen um a Nahrung | Flächen- 1816 | 1859 Zäihl | inhalt Der Flächeninhalt der spannfähigen | Durchschnitt- Nicht spannfähige Morgen pCt. Morgen pCt. Morgen |" Morgen Morgen 1,98 S > 71523 | O9 120 121 74628 | 503 319 7138 B - 395 004 13 ,18 140 131 30258 486.275 0,29 . . 85142 | 246 71 70 34 084 299 794 2,78 a : 203 302 | 3,61 IIo 109 61 556 431 807 O,4r < 5 601033 | 12,80 67 50 207 275 1219450 4,26 67 829 1,76 & . 93 99 IOI I3I 706 187 0,93 360 877 9,94 z - 101 III 95 569 1186 994 15 | 428706 | 1 | 2356004 | 3395| 97 97 | 604501 | 4833 826 | davon ab Spalte 8 423 706 | I,24 —[ bleiben weniger 927 298 2,69 | Von den umstehend nachgewiesenen BETTEN 3 um welche sich der Flächeninhalt der spannfähigen Höfe durch die Agrargesetzgebung vermehrt hat, sind Jedoch gewisse Flächen in Ab- zug zu stellen, welehe zu Eisenbahnen, Chausseen, Deich- und Kanal- bauten exproprürt sind — ein geringfügiger Theil ist auch vom Wasser fortgerissen oder unnutzbar geworden — zusammen . . .. 13 199 ” 847 542 Morgen, so dass . . 834343 Morgen, = 2,2 pCt. übrig bleiben, um welche sich der Besitz der spannfähigen Bauernhöfe lediglich durch die Wirkungen der Gesetzgebung vergrössert hat. 430 ursprünglich kleinere Höfe haben bei den Eigenthumsregulirungen so viel Land abgegeben, dass auf dem Ueberreste ein landübliches Gespann nicht mehr ge- halten werden kann, Diese Höfe sind, da sie eigentlich niemals selbständige spann- fähige Besitzungen bildeten, aus den gegenwärtigen Berechnungen ganz fortgelassen worden. Dagegen haben sich durch Zuwachs in Folge von Gemeinheitstheilungen und Ablösungen 3 003 kleine Nahrungen, welche bisher ein landübliches Gespann nicht zu halten vermochten, zu spannfähigen Höfen emporgeschwungen. 32* 500 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. [b] Die spannfähigen Nahrungen haben in Folge von | in Folge | in Folge von Separationen im Endresultate Eigenthums- | \on Ablö- Auen Er Zu oder Dienst- | Yyanlennn sungen mehr LESUSTERUBEN erhalten | verloren halt abgegeben | erhalten erhalten Provinz verloren ” Morgen Morgen Morgen Morgen Morgen Morgen Pommern (exkl. Strals.) 242 321 19 776 144363 | 12710 5 | 90.892 Elosen ge. 5 60885 | 71063 61470 1.969 69 679 a Brandenburg... . . 232 439 | 25778 303 092 | 25 106 71325 . Schlesien... ... 231 898 47555 38416 | 13441 - 159 368 Sachsen re. ee 15 346 8 501 199 247 5 515 186 887 . Westfalen..... - 914 402 479 845 333 479 000 | . 2,94 %o — 0,63 Yo | 5,16 Yo \— 0,38 % |— 318% | 07 Yo Eee I — Summe ... | 1 014 567 218624 |1777432 | 133947 | 1097 802 | 250260 mehr: 847 542 = 2,46°/0 3. Erfolge der in den Jahren 1816 resp. 1823 bis Ende 1859 durch den freien Verkehr hervorgerufenen Bodenbewegung ım allgemeinen. Die vermittelst des freien Verkehrs erzeugten Veränderungen der bäuerlichen Nahrungen äussern sich entweder durch Zerstückelungen der letzteren oder durch deren Konsolidation mit anderen spannfähigen bäuerlichen oder nicht bäuerlichen Gütern. Eine jede Zerstückelung einer bäuerlichen Nahrung vermindert zwar nothwendig ihre Grösse; die Existenz des Gutes verschwindet aber erst dann, wenn in Folge der Theilung das Restgut die Spannfähigkeit verliert. Durch die Zerlegung einer bäuerlichen Nahrung in mehrere spannfähige Höfe erhöht sich die Gesammtzahl der bäuerlichen Nahrungen ohne eine gleichzeitige Ver- änderung ihrer Gesammtlläche. Die Gesammtfläche der bäuerlichen Nahrungen erleidet durch Dismembrationen nur insoweit eine Einbusse, als die Trennstücke nicht anderen bäuerlichen Nahrungen, sondern den kleinen bäuerlichen Stellen oder den Rittergütern, städtischen oder sonstigen nicht bäuerlichen Besitzungen zuwachsen. Sobald kleine bäuerliche Stellen sich durch einen solchen Zuwachs an Land bis zur Spannfähigkeit erheben, treten sie den bäuerlichen Nahrangen hinzu. Die nämliche Wirkung zeigt sich, wenn eine solche Vergrösserung der kleinen Stellen durch Konsolidation mit an- deren kleinen Stellen oder durch Zuschlagung von Trennstücken aus dergleichen Stellen oder nicht bäuerlichen Besitzungen herbeigeführt wird. Das Areal der bäuerlichen Nahrungen vermehrt sich endlich ohne eine Veränderung ihrer Zahl durch Vereinigung kleiner bäuerlicher Stellen oder nicht bäuerlicher Besitzungen im Ganzen oder von Theilen derselben mit bereits bestehenden bäuerlichen Nahrungen. Die Konsolidation einer bäuerlichen Nahrung hebt deren Existenz stets auf und verringert also die Zahl der Gesammtheit der bäuerlichen Nahrungen. Das Areal der letzteren wird aber dadurch nur in dem Falle vermindert, wenn die Konsolidation nicht mit einer anderen bäuerlichen Nahrung erfolgt. XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 501 Diese verschiedenen Kombinationen des freien Verkehrs haben nun in der Periode von 1816 (1823) bis 1859 für die Menge ünd Fläche der bäuerlichen Nahrungen folgende Ergebnisse geliefert. Die Zahl der spannfähigen bäuerlichen Nahrungen hat sich im Ganzen um 9873 = 2,8 pCt. vermindert. Durch Dismembrationen sind aber 10232 — 2,9: pÜt. mehr neue spannfähige Höfe entstanden, als vorhandene zerstört worden; durch Kon- solidationen mit anderen Grundstücken sind dagegen 20 105 Bauernhöfe — 5,7 pÜt. eingegangen. Die Fläche der bäuerlichen Nahrungen hat sich im Ganzen vermindert um 1761 641 Morgen = 5; pCt.; und zwar in Folge von Dismembrationen um 865 862 = 2,5: pÜt., in Folge von Konsolidationen um 895 779 = 2,%& pCt. Um sich von der Richtigkeit der vorstehenden Zahlen rechnungsmässig zu über- zeugen, bedarf es der Fiktion, als ob die durch die Agrargesetzgebung herbeigeführten Veränderungen, von denen der Abschnitt 2. handelt, bereits im Jahre 1816 (1823) voll- endet gewesen wären, Nach Abschnitt r. waren ıg16 (1823) vorhanden: 351 607 Höfe mit 34 425 731 Morgen. Hierzu treten nach Abschnitt 2. die durch Gemein- heitstheilungen und Ablösungen spannfähig ge- wordenen Nahrungen und einFlächenzuwachs von zo03 757, 834 343 _ > 354 6ro Höfe mit 35 260 074 Morgen. Am Ende 1859 sind nur gezählt worden 344 737 Höfe mit 33 498 433 Morgen, mithin fehlen wie oben angegeben 9873 Höfe mit 1761641 Morgen. Durch den freien Verkehr sind von der Gesammtfläche der spannfähigen bäuer- lichen Nahrungen überhaupt 8 231 922 Morgen — 23,9: pCt. in Bewegung gesetzt worden. Davon sind 4381319 Morgen — 12,2 pCt. innerhalb des Kreises der spannfähigen Nahrungen verblieben, 2806 122 Morgen — 8,1; pCt. haben aber die, spannfähigen Wirthschaften an nicht spannfähige Kleinstellen und an nicht bäuerliche Besitzungen abgetreten; 1044481 Morgen — 3,0; pCt. haben die ersteren dagegen aus Besitzungen der letztgedachten Art erworben. 4. Erfolge der Dismembrationen. Die Wirkung der Dismembrationen aller Art, welche in dem mehrgedachten Zeitraume auf die bäuerlichen Nahrungen hervorgebracht worden, ist in der folgenden Tabelle [e] — nach Provinzen gesondert — in Zahlen dargestellt. Es ist dazu die Bemerkung erforderlich, dass die Angaben der Menge und Flächen derjenigen bäuerlichen Nahrungen, welche an nicht spannfähige kleine Stellen abgetreten worden sind, wahrscheinlich die Wirklichkeit übersteigen, weil man dahin alle diejenigen Trennstücke gerechnet hat, deren Verbleiben die Matrikeln ungewiss oder zweifelhaft gelassen haben. Auch muss hervorgehoben werden, dass die Zahlen, welche die Veränderungen der spannfähigen Besitzungen in denjenigen Gegenden der Provinzen Sachsen und Westfalen ausdrücken sollen,-in denen das System der Wandel- äcker herrschst, wenig zuverlässig sind, weil es bei der Lebendigkeit des dortigen Ver- kehrs fast unmöglich ist, denselben auf eine längere Zeit zurück zu verfolgen, * 502 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. c R [e] Spannfähige Nahrungen | Spannfähige Nahrungen | Mithin hat sich die| Im Durch- sind durch Zerschlagung [sind durch den freien | Zahl der spannfähi- | schnitte ent- eingegangen Verkehr neu entstanden gen Nahrungen hielt Provinz Mi he: ver- # jeder | 2 = jeder n | a pCt. { pCt. Mr min- zerschla- N Zahl ‚ Fläche der | Zahl | Fläche der [mehrt| gort | PCt. | gene | gene Zahl Zahl | um | Hotzalrnor | um | | Morgen | Morgen 1. 2 33 5:30 BR GN ES BR [rn PB de re a ne Preussen. .... 4295| 414215 | 5,8 [11918 742 169| I4ıo| 7623 9,0x 96 | 62 Pommern .| 1686| 193011| 7,8 | 2115| 175234 | 9,89 49 . | 20] ıı5 | 83 (exkl. Stralsund) | | Posen ...... 2587| 143137 | 537 | 4778 237839| 9192| 2191] | 4155 33 Se Brandenburg 3371| 365298 | 6,6 | 2919 171402 5,71 | 452| 0,88 108 59 Schlesien. .... 5591| 363452| 85 | 6821| 206110| g8| 1230 . | 26 654230 Sachsen "1... 5972 432 638 | 14,57 5478| 2II55I| 13,36 | 494 | Ij2o 72 39 Westfalen .... 3257| 238438 | 9,6 | 2962| 157933 | 824 295 | 0,8 73 53 Summe ... 26957 2150189 | 7,6: 136991] 1902238 | TOy2| IL 473| 1241 Son mar + 10232 —=| 2,91 5. Von Erbtheilungen insbesondere. Mit Rücksicht auf das besondere Interesse, welches die Frage nach dem Einflusse der Erbtheilungen auf den Bestand der bäuerlichen Nahrungen erregt, sind die darüber in den Matrikeln vorgefundenen Notizen trotz ihrer Lückenhaftigkeit gesammelt worden. Durch den freien Ver- [Eingegangen durch Zer- .. ]Abgezweigt sind von spann- kehr sind spannfähige - Durchschnitts- | 2, » 5 5 schlagung sind spann- fähig gebliebenen Nahrungen an Nahrungen neu ent- = Öse ei > s e ur o Grösse einer | - Er u standen fähige Nahrungen nicht spannfähige Kleinstellen ae = | durch Erb- + pCt. pCt. 'heilune neu PCHu Provinz darunter | ger durch darunter | der durch en I un darunter R 3 Na A durch | E Se durch | Erbthei- | entstandenen | _ |Erbgang ab- über- |, ; rbthei- | her- Erb- |lung zer- en überhaupt durch Erb- | gezweigten Brbthei- AEeE A | spannfähigen gang abge- ander! haupt | lung |[standenen] haupt |theilung | von den | zweigte |überhaupt on : entstan- | Yon den zer- |überhaupt| Nahrung & Elensalen überhaupt) e zer- abgezweigten) den neuen schlagen schlagenenf? Morgen Morgen Morgen Morgen Preussen ııg18| 619 5,19 | 4295 69 1,60 77 149 641 2810 1,87 Pommern . | 2115 498 | 23,54 | 1686 54 320 go 66 280 1069 1,61 (exkl. Stralsund) Posen ...| 4778| 1245| 26,5 | 2587| 229 8,85 39 51006 1488 2,91 Brandenburg] 2919 303 | IOyg | 3 371 5I I,sı 67 66 088 1128 | Io Schlesien 6 821 734| 1076 | 5 591 265 4,73 36 1493065 | 2138| 18 | Sachsen . . 5478| 1209| 22,7 | 5972| ı ıgı 19,60 q4ı 76.429 12 IIQ 15,85 | Westfalen. | 2962, 432| 1458 | 3257) 459 | 149 48 74 177 8354 | 1126 Summe. .. | 36997 | 5040| 13,6 | 26759| 2298 8,58 51 632 926 29 106 4,59 — —— mehr: 2742 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 503 Von den zerschlagenen Nahrungen haben erworben Ueberhaupt sind durch Dismem- | Ausserdem sind durch Dismem- brationen von spannfähigen nichtbäuerliche Nahrungen abgezweigt, ohne dass das Hauptgut dieSpann- fähigkeit verloren hätte brationen in Be- | andere spannfähige wegung gesetzt ST nicht spannfähige bäuerliche Nah- Besitzer Kleinstellen : rungen an andere r an nicht | schon an nicht ä : | bestand |spannfähige | . | - z ey Eannmuhee Kleinstellen Morgen pCt Zahl | Fläche| Zahl | Fläche | Zahl | Fläche : ne | 17397 | 2832 | 295 282| 1 302 101536] 35618 | 211375 149 641 11553018 | 15,26 2560| sız | 71674| 11693, 118777 6657 | 29 286 66230 | 470468 | 15,6% 3561| 788Ye «5ı415| 1761 ssı6ıl 6873 | 42736 | sroo6 | 481591) 13,9 | 11307 | 2605 | ıgro47| 1686%,| 162944| 18575 | 59893 66088 | 681256 | 12,0 10589| 1507 | 97968| 3949 | 254895| 18386 | 80268 | 149305 | 817 521| 17,9 9266| 25213) 202360| 3346%,| 221012| 11553 98 084 76429 | 830255| 2,16 7489| 103131) 79000| 2144 151949 18 312 61 600 74 177 550460| 15,6 | 62 169 10798 | 988 746 Morgen Morgen 15. 16. TR 115974 | 583 242 | re 15,64 | | | | In diese Tabelle [d] haben nur alle diejenigen Veränderungen Aufnahme gefunden, welche mit Sicherheit auf Erbgang beruhen. Die Prozentsätze der Tabelle beziehen sich ausnahmsweise nicht auf den Zustand von 1816, sondern sie sollen das Verhältniss ausdrücken, in welchem die von 1316 bis ıg60 eingetretenen Erfolge der Erbtheilungen zu den überhaupt stattgehabten Neubildungen und Zerschlagungen von Höfen, sowie zu den Abzweigungen von denselben stehen. 6. Erfolge der Konsolidationen, sowie des freien Verkehrs zwischen den spannfähigen Bauerngütern einerseits und den nicht spannfähigen bäuerlichen Kleinstellen, sowie den nicht bäuerlichen Besitzungen andererseits. Von den Erfolgen der Konsolidationen, durch welche ganze bäuerliche Nahrungen auf einmal verschwinden, um mit gleichartigen Höfen oder mit Rittergütern oder anderen nicht bäuerlichen Besitzungen vereinigt zu werden, ist die umstehende Tabelle [e] bestimmt, eine Uebersicht zu gewähren. Die Flächen, welche die spannfähigen bäuerlichen Nahrungen im Laufe des in Rede stehenden Zeitraums durch den freien Verkehr eingebüsst haben, sind, wie die Vorabschnitte ergeben, mit etwa %s an bäuerliche Kleinstellen, mit etwa '; an nicht _bäuerliche Besitzungen gekommen. Zur Erleichterung der Uebersicht über die Boden- bewegung zwischen diesen Besitzungen sind die beiden ferneren Tabellen [f] und [g] zu- sammen gestellt worden. 504 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Erfolge der Konsolidation. — | Spannfähige Nahrungen sind eingegangen ' Te P 5 S gang 7 E | [e] durch Konsolidationen z Zune | ; mit Rittergütern Tree der Pros oder anderen nicht |_ ehiee Se Flächeninhal | rovınz Pr erhcheneße® er en Br | ächeninhalt | sitzungen ee an Zahl | pCt. | Flächen- | Flächen- | l Zahl | inhalt Zahl | inhalt Morgen | pCt. Morgen | Morgen I Preussen ..... 3 241 307 905 6 302 557 633 9543 II,29 865 538 8,50 | Pommern ..... I 602 174 832 531 70317 2133 9198 245 199 8,18 | (exkl. Stralsund) IBPoSens cr .2 er I 372 97 978 1027 71674 2399 4,98 169 652 4,9 Brandenburg ... g66 126 929 77 83 861 1744 3,47 210790 | 3,74 | Schlesien ..... 1 684 107 322 398 | 23718 2.082 2,9 131040 | 2,79 Sachsen... ... 503 54 670 1186 | 78480 1689 | 4,12 133 150 3,46 Westfalen..... 231 26 093 284 2I 410 | 1,43 47 503 I,30 Summe... g 10 506 907 093 | 20 105 | 5,70 I 802 872 5,23 — 2,72 %/o | — 2,60 %o | — 2,98 % | — 2,63 % | Erfolge des freien Verkehrs zwischen den spannfähigen bäuer 1 E e E 8, Der Fläche nach ist von spannfähigen Bauernhöfen im freien Verkehr | mit Rittergütern mit dem Fiskus | | Provinz | | DEE 2 bleibt 2 | | bleibt veräussert erworben | __ Gr, |Yeräussert erworben | z c | | Verlust | PO% | | Gewinn | pCt. | | | | Morgen | Morgen | Morgen Morgen Morgen | Morgen | 1. 6. ER RE | Preussens . „2. Jan. 337 164 90133 | 247 031 2,42 15589 | 123 158 | 107569 I,o5 Pommern (exkl. Stralsund) ...| 180869) 34764 | 146 105 | 4,87 2.430 2054I | ıg8ıIı | 0% Bosenan ee 104 521 35 162 69 359 | 2,00 1308 | 48146 46838 | 15 Brandenburg ....... 141584 49 622 91962 | 1,6% 8 obo 23 611 15 551 027 Schlesien... © = ie .Ioer 130654) 6rısı 69503 1,47 497 6.059 5 562 | nu Sachsens. =. uergerir 72111] 25660 46451 | Io 1697 16 854 15157 | ..039 Westfalen... ...... 46 697 14 039 32658 | 9446 7.063 | Eu] | | Summe ...|r013 600 | 310531 | 703069 | 2,4 | 31964 | 247815 | 215857 | 0% | | | | | | XIV, Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. Ef Provinz Preussen... Pommern .. (exkl. Stralsund) Rosen Brandenburg Schlesien Sachsen... Westfalen . . Summe .. Die Besitzer spannfähiger Nahrungen haben im freien Verkehr mit nicht spannfähigen bäuerlichen Kleinstellen abgegeben von Höfen, der Abzweigung spannfähig geblieben sind durch Erbgang Morgen 2 810 1069 1488 I I28 2.138 I2 IIQ 8 354 29 106 die ungeachtet durch ander- weite Ver- äusserung Morgen 146 831 65 211 49 518 64 960 147 167 64 310 65 823 603 820 1.099 274 von gänz- lich zer- schlage- nen Höfen Morgen 101 536 118 777 88 161 162 944 254 895 221 0I2 151949 Summe der drei Kolonnen Morgen 251177 185 057 139 167 229 032 404 200 297 441 226 126 mehr abgegeben erhalten | Morgen 26 628 4281 9414 26 182 31895 209 967 130 852 439 219 mithin als erhalten a — I Morgen 224 549 180776 | 6,03 1297753 | 202 850 372305 87 474 | 95274, 2,6 3175 3 ‚so 7193 2,27 1292981| 3,75 Erfolge des freien Verkehrs zwischen spannfähigen und nicht spannfähigen bänerlichen Nahrungen. Durch Zuwachs im freien Verkehr sind bisherige Rleinstellen spannfähig geworden pCt. derüberhanpt im freien Verkehr neu entstandenen spannfähigen Nahrungen 2,70 9,50 322 200 278 930 1319 2 301 1 662 5,81 31,86 19,33 2,00 56 10 1732 200 7012 18,95 liehen Nahrungen und den nicht bäuerlichen Besitzungen. Bleibt über- haupt im freien Verkehr ein Die Zahl der spannfähigen Höfe hat sich im freien Der Fläche nach ist von spannfähigen Spannfähige Bauernhöfe Bauernhöfen im freien Verkehr mit geistlichen oder milden Instituten neu enstanden auf sans] et Flächenverlust [sind ein- | den Flächen, welche | Verkehr mit Ritter- und Städten von gegangen erworben sind gütern u. dem Fiskus bleibt Sa | ver- RI | onsoli- | | llorors FO mal Zu ver- in A b Geyi Ir 1 | pCt.| Morgen | pCt dation Mi Ritter sam- [mehrt| ) Ct. äussert en sewinn | Verlust = 5 Ritter- ii Kıskns dert | PU tern gütern men um Kan Morgen | Morgen | Morgen | Morgen | 5 8167 | 13 392 O5 | 134237 | Isar] 3241| 929 1.937 1304 | 1,54 800) 5769| 4969 ; 0,161 123025 | 4,01 1602| ? | ? 260 1342| 6,7 2583 913 R 1670 | of 241gr | 0,0] 1372| 3721| 393 | 765 607 | 1,26 7167| 14185 | 7018 . On2| 69393 | 1123| 966) 210] ı100| 310 656 | 1,28 5146, 2810 i 2336 | 004] 66277 | 1,41 1684| 1047 70| 1117 567 | 0,8: 1681| 2562 881 O2] 30413 | 0,79 503 ? ? \ | 503 | I,az 2814| 7285| 4471 O,12 21124 | 0,8 231| ganz unbedeutend 231| 0,64 28358 | 46916 | 22 564 | 4.006 468 660 “| 9599| 2558| 1571| 4389 5210| I,4 In — Gewinn 18 558 — 0,05 506 XIV, Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 7. Gesammtübersicht der Er Durch die freie Theilbarkeit des Grundes und Bodens sind von | Ausserdem sind spannfähige (exkl. Stralsund) Brandenburg| 3 371] 365 298 | 6,6| 2919| 171402| 5) . 452 | 0,88 778| 83 861 > — 2,98 u mehr 10232 — 2,9r pCt. 8. Statistik der Bodenbewegung im Regierungsbezirk Stralsund vom Jahre 1816 bis Ende 1859. Im Regierungsbezirk Stralsund oder in Neu-Vorpommern und Rügen haben sich die ländlichen Besitzverhältnisse, wie $. 419 ergiebt, durch die theilweise anwendbare schwedische Gesetzgebung bis zur Gegenwart anders entwickelt, als in den übrigen Theilen der Provinz Pommern. Es finden sich dort neben "bäuerlichen Eigenthümern — Bauern, Kossäthen und Büdnern — und ehemaligen Erbpächtern sehr viele Zeitpächter der Gutsherrschaften, so dass ganze Dörfer lediglich aus herrschaftlichen Zeitpächtern bestehen; auf der Insel Rügen wird über die Hälfte aller spannfähigen bäuerlichen Nahrungen von den Wirthen lediglich in Zeitpacht genutzt. Die Pächter der Stadt Greifswald sassen früher dorfs- weise auf Einen Kontrakt 24, 25, 5o und 6o Jahre lang und bewirthschafteten auch ihre Feldmark in Kommunion; erst mit Beginn der neuesten Pachtperiode ist mit jedem einzelnen Bauern unter Ausweisung seines gesonderten Pachtlandes ein besonderer Sachsen ..| 5972| 432638 |14,57]| 5478| 2II 5511336 - 494 | Iao| 1186| 78480 Westfalen . | 3257| 238438 | 9,06| 2962] 157933 | 8.| - 295 | 0,82 284| 21410 Preussen .| 4295| 4ra2ı5 | 5og|ıı gıg| 742 169 |14,10| 7623| . |9,rf 6302| 557 633] 3 241 Pommern . | 1686| ı93011| 7,88] 2115| 175234| 99] 429 . 2,00 531) 70317]| ı 602174 882 1816, resp. 1823, bis Ende 1859 spannfähige bäuerliche bäuerliche Nahrungen einge- Nahrungen gangen durch Konsolidation er & - it ander au. mithin hat sich die] nfähi en mit nicht spannfähigen zuBer- eingegangen neu entstanden Zahl der spann- Be En bäuerlichen 2 z bäuerlichen : fähigen Nahrungen il Besitzungen Höfen | Flächen- pCt. Flächen- | pCt.| ver- ver- Flächen- Flächen- Zahl | inhalt der | Zahl inhalt der | mehrt |mindert| pCt. | Zahl | inhalt | Zahl | inhalt Zahl Zahl um um | Morgen Morgen Morgen Morgen m ht 1 __| 0 ———— . — B 2. 3. 4. 9. 6. 7. 8. glE103 Eee: 13. | 14. PER EEE ER RR RE RE ee ee 307 905 Posen ...| 2587| 143 137 | 537) 4778| 237839| 9192| 2191] . |4s5| 1027| 71674| 1372| 97 978 9661126 929 Schlesien . | 5 591] 363 452 | 8,03] 6821] 206110| ge] 1230| . |17| 398] 23 718| ı 684|107 322 503| 54.670 231) 26.093 | | Summe. . |26759| 2 150 189 | 7,61 | 36 991) 1 902 238 |tO,52| 11 473| 1241| . | To 506| 907. 093| 9 5991895 779 — 2,72 pCt. XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. [St =) =! folge nach Punkt 4 und 6. Ende des,Jahres 1859 Demnach sind durch den ge- [Der Fläche nach haben die Besitzer spann- sammten freien Verkehr spann- {fähiger bäuerlicher Nahrungen von 1816, fähige bäuerliche Nahrungen [resp. 1823, bis Ende 1359 im freien Verkehr sind bäuerliche Nahrungen gezählt worden mit spann- mit nicht losen bäuerlichen Kleinstellen Besitzern | Die Zahl der spannfähigen neu |,. r ein- bäuerlichen Nah- ent- | rungen hat sich spannfähige nicht spannfähige gegan- mehr mehr ab- stan- r 7 7 [abgetreten getreten ee ve en | 3 2 d g el] als pCt. | alser- | pCt. Flächen- Flächen- N | nz |perjgewonnen pyocben Zaul inhalt zii inhalt | dert Morgen | Morgen 22. Morgen Morgen l 24 25. 26 27 28. | 29 15. 16. 17. | .18. ]'19. 13 838) 11 918 1920| 2,7| 224 549 2,20| 134 237 | I,3ı| 82 837|10 104 887| 74 628| 503 319| 9:10l20,07 3819| zı15|l . |1704| 7,97| 180776| 6,53| 123 025 | 4,10| 19 73| 2601760) 30258] 486275] 5:3| 5,35 4986| 4778| - 208| 043] 129753| 3,75| 24 191 | 0,6| 48008| 3 374 536| 34.084| 299 794| 2: 3|11,25 5115| 2919| . 2196| 4,29] 202850) 3,6| 69393 | I,3| 49652| 5427 869| 61556] 431807| 5: 612,57 7673| 6321| . 852| 1,22] 372 305| 7,3| 66277 1,41| 69 303| 4.091 847| 207 275|1219450| 3:1] 3,35 7661| 5478| - |2183| 5,32] 87474| 2727| 30413 | 0779| 39229) 3 907 084lıor ızr | 706187] 5:2| 5,5 3772| 2962| . 810) 2725| 95274| 2,»| 21124 | 0,8] 35 915| 3 990450| 95 569 IT 186 994| 8:3] 3,36 [ I | | 46 864 36991 . | - 1 29%891| 3,75 | 468 660 | 1,36| 344 737 33 498 433) 604 50114 833 826] 3::2| 6,9 733 WERL 0/8737 — 112,80 | Den me Yazmaree pCt. | | | wen. 1761 641 Nrg.— 5,1: püt, Kontrakt geschlossen worden. Aehnliche Verhältnisse scheinen sehr häufig obgewaltet zu haben *), Nicht selten wurde bei neuen Verpachtungen die Pachtmark vergrössert oder verkleinert, die Zahl der Pächter wurde vermehrt oder vermindert, und dadurch erhielten die einzelnen Höfe eine geringere oder grössere Ausdehnung, oder man legte eine Anzahl Pachthöfe zu den herrschaftlichen Vorwerken. Die Pächter haben sich auch bisweilen gemeinschaftliche Grundstücke in einer Art von Separationsverfahren getheilt, und es sind Servituten zwischen Pächtern und Verpäehtern zur Ablösung gebracht worden. In die Matrikeln sind nun, soweit ersichtlich, sämmtliche Zeitpachthöfe aufge- nommen, und ihre Veränderungen darin notirt worden. Zum Theil sind dieselben zwar von den Eigenthumshöfen gesondert, zum grössten Theil fehlt aber jede sichere Angabe über die Qualität der Nahrungen. Es war daher unmöglich, mit einiger Zuverlässig- keit diejenigen Veränderungen auszuscheiden, welche, auf einer willkürlichen Anordnung *) D. Gäde, Die gutsherrlich-bäuerlichen Besitzverhältnisse in Neuvorpommern und Rügen, Berlin 1851. 508 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. des Verpächters beruhend, gar nicht in den Bereich der gegenwärtigen Darstellung gehören. Die Selbständigkeit der Eigenthumshöfe ist zudem sehr häufig erst neueren Ursprungs, wesshalb noch nicht viele Veränderungen derselben eingetreten sind. Es kommen jedoch Theilungen der Eigenthumshöfe, sowie Abzweigungen von denselben und Veräusserungen der Höfe an Rittergüter vor. Die folgende Nachweisung umfasst daher zugleich die Eigenthums- und die Pachthöfe. Einschliesslich der letzteren zählte der Regierungsbezirk zu Ende des Jahres 1859 1 494 spannfähige Nahrungen mit 218 339 Morgen Flächeninhalt, durchschnittlich pro Hof 146 Morgen, und 5 369 nicht spannfähige Kleinstellen mit 28 835 Morgen Flächeninhalt. Im Jahre 1816 waren 89 spannfähige Nahrungen mehr vorhanden — 5,6 pÜt., und der Gesammtflächeninhalt war um 13 123 Morgen = 5,6 pÜt. grösser, Der Flächenverlust beruht: ı. auf Regulirungen und Separationen mit 2 389 Mrg. = 1,03 pÜt. ) desGesammtflächen- 2. auf Abtretungen an Kleinstelen. . 53599 „ =2z „ inhalts von 1816. 3. auf Abtretungen an nicht bäuerliche Besitzen ee a ER —i2 Een Summe. 07377231 Mrs 5,6 p Ct. An nicht bäuerliche Besitzer sind 18 609 Morgen abgetreten, dagegen sind von denselben 13 234 Morgen erworben worden. Eingegangen sind überhaupt 281 spannfähige Nahrungen = 17,7; pCt. der 1816 vorhanden gewesenen, und zwar: as durchh Konsolidatwonengern re ee 2032 davon kamen an nicht bäuerliche Güter 170 mit 17 329 Morgen, an andere spannfähige Bauernhöfe 33 mit 3 755 Morgen; be durchEDismembrationen@ pr Me IR ee An die dismembrirten Nahrungen enthielten 9 649 Morgen, davon sind 2 grı Morgen oder ca. 27'/, Höfe nicht spannfähigen Klein- stellen, 6 588 Morgen oder ca. 5o Höfe schon bestandenen oder neu errichteten spannfähigen Nahrungen, 150 Morgen oder ca. %, Hof einem Rittergute zugelegt worden; Bummel 2 287. Dagegen sind neu entstanden -. © 2. 2 2 2 2 2.02... 192 spannfähige Nahrungen = 12,2 pÜt. Der Gesammtverlust beträgt also . . 89 Nahrungen. Nur zwei kleine Stellen sind durch Zuwachs in Folge von Gemeinheitstheilungen oder Ablösungen spannfähig geworden, die übrigen ıgo Höfe sind theils durch Ankauf von ritterschaftlichem, auch von bäuerlichem Grund und Boden, theils durch Vermehrung der Pächter auf demselben oder vergrössertem Pachtlande, theils auch, und zwar 18 an Zahl, durch Erbtheilung alter Eigenthumshöfe entstanden. Jeder zerschlagene Hof enthielt im Durchschnitt ı22 Morgen, jeder neue Hof hat durchschnittlich einen Flächeninhalt von 104 Morgen. — XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. 509 Als Endergebniss für die Frage nach den Wirkungen der freien Theilbarkeit der Grundstücke enthalten die angestellten Ermittelungen, welche leider auf die Rheinprovinz nicht ausgedehnt worden sind, aber bei weitem die Hauptmasse des Staates umfassen, ersichtlich den Beweis, dass die bestehende Gesetzgebung eine starke Bodenzersplitterung nicht zur Folge gehabt, und der Kleinbesitz überhaupt im Laufe von mehr als 40 Jahren keineswegs überhandgenommen hat. Vergleicht man die Gesammtfläche der östlichen Provinzen und Westfalens, unter Ausschluss des Regierungsbezirks Stralsund und der grossen Strandgewässer, mit den 1859 vorgefundenen Verhältnissen des Kleinbesitzes, so ergeben sich folgende Zahlen: die Gesammtfläche dieser Landestheile umfasste g5 181 893 Morgen, davon betrug der nicht bäuerliche und der Grossbesitz 56 849634 „ oder 59,3 pÜt. die spannfähigen bäuerlichen Nahrungen . . . . 33 498 433 ” zen der nicht spannfähige Kleinbesitz . . . . . .. 4833 826 3 LTE SER d. h. von je rooo Morgen befanden sich durchschnittlich 597 in einer Hand, 352 waren unter spannfähige Bauernwirthschaften vertheilt, und nur :5r im Besitz nicht spann- fähiger Eigenthümer. Schon dieses Verhältniss zeigt, dass ein für die Prästationsfähigkeit des Landes irgend bedenkliches Uebergewicht des Kleinbesitzes in keiner Weise vorhanden ist. Ueber die Zunahme des Kleinbesitzes aus dem nicht bäuerlichen und dem Gross- besitz liegen Angaben nicht vor. Es ist wahrscheinlich, dass der weit überwiegende Theil desselben erst seit ıgı6 als Ergebniss der Eigenthumsregulirungen und Gemeinheits- theilungen entstanden ist. In diesem Ursprunge kann man indess keine nachtheilige Zersplitterung sehen: das auf diesem Wege aus dem Grossbesitz abgezweigte Land befand sich theils schon im Besitz der kleinen Wirthe, theils war es nur Ersatz für andere von ihnen aufgegebene wirthschaftliche Nutzungen, die jetzt dem Grossbesitz unbeschränkt zustehen. Es beziehen sich auch die hervorgetretenen Befürchtungen bezüglich der Par- zellirungen nicht auf das augenscheinlich geringe Verhältniss zum Grossbesitz, die Be- sorgnisse sind vielmehr wesentlich auf die Möglichkeit begründet worden, dass theils im Wege der Erbtheilungen und des gewöhnlichen Verkehrs, theils durch die ge- werbsmässige Güterschlächterei die mittleren Güter, also die spannfähigen bäuer- liehen Nahrungen nach und nach in wenig leistungsfähige Parzellen aufgelöst werden könnten. In dieser Beziehung aber zeigen die mitgetheilten Zahlen, dass die Fläche der spannfähigen bäuerlichen Nahrungen, welche 1816 (bez. 1823) 34.425731 Morgen betrug, überhaupt nur um 927 298 Morgen oder 2,6 pCt. verringert worden ist, und dass von dieser Verringerung (nach Punkt 6) bei Ausgleichung des Ab- und Zuganges mit sonstigen nicht bäuerlichen Besitzern an Rittergüter 468 660 Morgen übergegangen sind, dass also in Kleinbesitz nur 458 638 Morgen verwandelt wurden. Diese Fläche beträgt von der oben nachgewiesenen Gesammtfläche nur o,g pÜt., ist also für eine Zeit von mehr als 40 Jahren und im Verhältniss zu der auf nahezu das Doppelte gestiegenen Bevölkerung fast verschwindend und jedenfalls unerwartet gering. Der nicht spannfähige Kleinbesitz erwarb in derselben Periode nach den mit- getheilten Nachweisungen (Punkt 4) von den spannfähigen Nahrungen aus Zerschlagungen 510 XIV. Die Dismembrationsgesetzgebung und ihre Wirkungen. (Spalte ı8 der Tabelle [e]). - . - DC Wr 099 274 Morgen und aus theilweisen Dismembrationen (Sp. 21 der Tab. fe) RE zusammen also . . . 1732200 Morgen gleichwohl verblieb dem Kleinbesitz nur obiges Mehr von 458 638 Morgen, derselbe®rabrtolglchW u sr 27315020 an spannfähige Nahrungen zurück, so dass im Ganzen also . . . 3005 762 Morgen zwischen dem spannfähigen und nicht spannfähigen bäuerlichen Besitze in Bewegung kamen. Von diesem flüssig gewordenen Bruchtheile (7,3 pCt.) ihres Grundbesitzes haben die nicht spannfähigen Nahrungen demnach nicht mehr als 57,6 pCt. an sich gezogen, 42,4 pCt. sind wieder mit spannfähigen Wirthschaften vereinigt worden. Es hat sich also auch in diesem Verkehr, in welchem eine starke Neigung zu grösserer Parzellirung vorzugsweise hervortreten müsste, das Verhältniss der letzteren auf ein sehr geringes Maass beschränkt. Zieht man überdies in Betracht, dass die fortschreitende Kultur mit der intensiveren Arbeit, der Verstärkung der Betriebskapitale und der vermehrten Zahl der Hausstände eine gewisse wirthschaftliche Verkleinerung des Grundbesitzes zur nothwendigen Voraus- setzung hat, so lässt sich nach den dargelegten Erfahrungen auch für die Zukunft nicht mit Grund befürchten, dass die Freiheit des Verkehrs mit Grundstücken die Zer- splitterung des Bodens über das nothwendige Bedürfniss der anwachsenden Bevölkerung hinaus ausbreiten und den Bestand der leistungsfähigen Wirthschaften bedrohen werde; vielmehr lässt sich ohne Bedenken annehmen, dass auch bezüglich der Bodenbewegung die wirthschaftliche Einsicht der Betheiligten und die natürlichen Bedingungen, die den Nutzen des Einzelnen mit dem der Allgemeinheit verknüpfen, dem Nationalwohlstande genügenden und zweckdienlichen Schutz gewähren. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Bei der Ausführung der Landeskulturgesetzgebung machte sich nach keiner Rich- tung ein Streben geltend, die überkommenen Verhältnisse über die ersichtlichen Zwecke des Gesetzgebers hinaus umzugestalten. Auch war es weder Bedürfniss, noch überhaupt möglich, die Spuren der zum Theil sehr fernen Vergangenheit, deren Einfluss auf die Zustände am Ausgang des vorigen Jahrhunderts der XI. Abschnitt anzudeuten versuchte, weiter, als bis zu einer gewissen Grenze zu verwischen. Die Landwirthschaft bewegt sich in Haus und Hof, in Dorf und Feld noch heut unter mancherlei althergebrachten Bedingungen, deren wir uns nur desshalb weniger bewusst sind, weil sie von jeher mit den Anschauungen und Gewohnheiten des täglichen Lebens und Verkehrs verwachsen waren. Die Separationen berührten Hausstellen und Dorflage und selbst die Grösse der Güter nur wenig, und erstreckten sich überhaupt kaum auf die halbe Zahl der Gemarkungen. Auch die frühere Form der gutsherrlich- bäuerlichen Verhältnisse, die Hufenverfassung und gewisse Reallasten wirken theils als Rechtsgrund, theils wenigstens als Massstab für die Vertheilung von kommunalen oder genossenschaftlichen Anrechten, Pflichten und Leistungen fort, die Gliederung der Dorf- gemeinde blieb mit seltenen Ausnahmen an die hergebrachte Geltung der einzelnen Güter geknüpft, und die sozialen Anschauungen der ländlichen Bevölkerung tragen noch in hohem Grade den Stempel des geschichtlichen Entwickelungsganges. Das wahre Wesen der rechtlichen und wirthschaftlichen Beziehungen aber ist allerdings auf das tiefste umgewandelt, und namentlich ist die privatrechtliche Gleich- stellung der verschiedenen ländlichen Grundstücke und Besitzungen, ebenso wie die der Eigenthümer jeder Berufslage so weit durchgeführt, dass, wenn es sich gegen- wärtig darum handelt, den Grundbesitz nach wahrhaft unterscheidenden Merkmalen zu sondern, die Anhaltspunkte dafür nur entweder in dem allgemeinen Massstabe der Grösse und des Reinertrages der Güter, oder in der durch besondere Bedingungen in den Per- sonen der Eigenthümer begründeten vorzugsweisen Wichtigkeit und Festigkeit des Besitzstandes, oder endlich in gewissen politischen Rechten gesucht werden können, welehe der Staat, sei es wegen der Bedeutung der Besitzungen, sei es wegen der Person des Besitzers, mit dem Grundeigenthum mehr oder weniger dauernd verknüpft hat. 512 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. A. Vertheilung des Grundeigenthums nach dem Umfang der Besitzungen. Den Nachweis über den Umfang der einzelnen Besitzungen vermag die Boden- statistik Preussens auf den durch das Grundsteuerwerk gewonnenen Grundlagen bis zu grosser Vollkommenheit auszubauen. Es ist ausführbar, für jede Gemeinde oder jeden Grundsteuererhebungsbezirk aus den vorhandenen Flurbüchern und Mutterrollen die zu einem bestimmten Zeitpunkte vorhandene Zahl, Grösse und Schätzung der demselben Eigenthümer gehörigen Grundstücke festzustellen, und durch eine weitere Operation auch diejenigen Grundstücke dabei richtig in Ansatz zu bringen, welche den ausserhalb der Gemeinde oder des Erhebungsbezirkes wohnhaften Eigenthümern (Forensen) gehören, und ein Zubehör anderweiter Besitzungen derselben bilden. Indess wäre schon die Arbeit einer Zusammenzählung der einzelnen Mutterrollen- artikel (S. 43) nach bestimmten Grössen- oder Reinertragsunterschieden für die Fort- schreibungsbehörden eine sehr umfangreiche. Richtige Resultate aber könnten nur dann erreicht werden, wenn unter einer hinreichenden Prüfung der Identität der Personen der Besitz der Forensen dem Grundbesitz an ihrem Wohnort zugerechnet, und ausser- dem da, wo die Mutterrollenartikel nicht den gesammten einem Eigenthümer zugehörigen Besitz, sondern nur die zu einer Hypothekennummer gehörigen Grundstücke umfassen, die verschiedenen demselben Eigenthümer zugehörigen Hypothekennummern zusammen- gerechnet würden. Dies erfordert einen so grossen Zeitaufwand, dass eine solche Ermittelung vor- läufig der Zukunft überlassen bleiben muss. Dagegen sind einige weniger umfangreiche und zugleich dringendere Arbeiten ähnlicher Art ausgeführt worden, deren Resultate in den Tabellen K und L der An- lagen mitgetheilt werden. = Die Tabelle K, welche vorzugsweise den Zweck gehabt hat, den in öffentlicher Beziehung wichtigen Besitzstand in den verschiedenen Verwaltungsbezirken zu ermitteln, unterscheidet das Grundeigenthum zunächst nach den Stadtfluren, den selbsständigen Gutsbezirken (8. 65 u. 69) und den übrigen ländlichen Gemarkungen. Die für jede dieser Gemarkungsarten in den Mutterrollen vorgefundene Zahl der Eigenthümer ist wieder nach den in der Gemarkung selbst wohnhaften Besitzern und den Forensen, und ferner nach solchen Besitzern unterschieden, die nur ein Haus, und solchen, die auch grundsteuerpflichtiges Land besitzen. Aus der kreisweise erfolgten Zusammenstellung dieser Zahlen lässt sich also sagen, wie gross im Kreise in jeder der unterschiedenen Gemarkungsarten die Zahl der Eigenthümer ist, die nur ein Haus ohne Land (ein Leer- haus) besitzen, und wie gross ebenso die durchschnittliche Fläche und der durchschnitt- liche Reinertrag der Landbesitzungen, und zwar sowohl mit als ohne Einrechnung der Forensen, ist. Bezüglich der Leerhäuser darf angenommen werden, dass ausserhalb Wohnende, welehe in einer Gemarkung nur ein Haus ohne zugehöriges Land besitzen, dasselbe nicht als Theil einer Landwirthschaft inne haben, sondern durch Vermiethung oder für gewerbliche Zwecke benützen und in sehr vielen Fällen überhaupt keine Landwirthe sind. Desshalb werden alle Leerhäuser als besondere Besitzungen zu zählen sein, ohne Rücksieht darauf, ob sie einem in der Gemarkung wohnenden, oder einem aus- wärtigen Besitzer, einem Forensen, gehören. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 513 Bezüglich der Landbesitzungen aber muss umgekehrt angenommen werden, dass die ausserhalb der Gemarkung wohnenden Forensen in der Regel auch an ihrem Wohn- orte Grundstücke besitzen, und dort unter der Zahl der Besitzer erscheinen, also doppelt gezählt werden würden, wenn sie in der auswärtigen Gemarkung ebenfalls in Rechnung kämen. Soll desshalb nieht die Zahl der Eigenthümer gegen die Wirklich- keit viel zu gross, der durchschnittliche Umfang der Besitzungen aber entsprechend viel zu klein berechnet werden, so müssen die Forensen von der Zahl der Landbesitzer überall in Abzug gebracht werden. Es ist desshalb in den umstehenden Uebersichten [a] und [b], über den Besitz- stand in den verschiedenen Regierungsbezirken, für Kolonne 3, 4 und 5 die Zahl der Be- sitzer von Leerhäusern einschliesslich der Forensen, für Kolonne 25, 28 und 31 die Zahl der Landbesitzer ausschliesslieh der Forensen aufgestellt worden. Die Kolonnen 24, 29 und 32 ergeben sich aus der Theilung in die Fläche der Liegenschaften, und der Reinertrag Kolonne 27, 30 und 33 überall aus dem bezüglichen Durchschnitt für den Morgen (Tabelle K. der Anlagen Kolonne 3)*). — Die Tabelle L. der Anlagen enthält in Kolonne 12—23 das Resultat von Er- hebungen, welche durch die Fortschreibungsbehörden aller Kreise über die Zahl der grösseren Güter von einem Grundsteuerreinertrage über rooo Thlr. in verschiedenen Klassen vorgenommen worden sind. Die Reinertragsstufen von 300—500 und 500—1000 Thaler sind dem besonderen Zwecke der Ermittelung nach nur bei den Rittergütern festgestellt worden, können also mit den höheren Stufen nicht verglichen werden. Der sonstige auf die Flächengrösse des Grundeigenthums bezügliche Theil der Tabelle L. in Kolonne 2—ır rührt aus Erhebungen her, welche, wie S. 5 gezeigt hat, bei Gelegenheit der Aufnahme der Gewerbetabelle im Jahre 1858 veranlasst worden sind. Die dadurch erlangte Zahl der kleinen Nahrungen ist wegen der dabei in Frage stehen- den Parzellen sehr unsicher, und ebenso ist nicht wahrscheinlich, dass die grossen Güter riehtig gezählt sind, weil hier ausser den eigentlichen Ackergütern auch die zahl- reichen grösseren Forstreviere und einzelne, namentlich fiskalische Wiesen, Teiche, Oeden und ähnliche Grundstücke ohne Ortschaft oder Wirthschaftsetablissement in Betracht kommen, welche zum Theil erst durch die Grundsteuerregulirung in Gemarkungen ge- ordnet und als Güter in Berechnung gestellt worden sind. Dagegen unterliegt die Richtigkeit der Zahl der mittlen Güter wenig Zweifeln. Sie ist an sich schon jedem Gemeindevorstande vorzugsweise gut und sicher bekannt; da aber überdies bei der Zäh- lung von 1858 die Fläche der gezählten Besitzungen, die für jedes in obige Kategorieen eingeordnete Besitzthum ebenfalls erhoben wurde, in ihrer Gesammtsumme für den Staat ohne Hohenzollern und Jade 93 126 300 Morgen ergeben hat“*), und die durch die Grundsteuer ermittelte Gesammtfläche des Staates nicht mehr als 107 255 848 Mreg. (einschliesslich 3 023 664 Morg. ertragloser öffentlicher Ländereien und 7 169 189 Morg. Staats-, 3 620 905 Morg. Gemeinde- und 16 159 915 Morg. Privat- und Institutenforsten) *) Zur Vergleichung ist die Zahl der mit der Landwirthschaft beschäftigten Grund- eigenthümer beigefügt, welche, wie S. 355 erläutert, die Tabelle G. der Anlagen in Kolonne ır und 14 nach Erhebungen vom Jahre 1861 enthält. *) Vergl. Tabellen und amtliche Nachrichten des statistischen Büreaus für 1858 (Berlin 1860) S. 268, 298 und 328. Boden d. preuss. Staats. 33 514 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. [a] Kleiner Besitz Mittler Be 1865 1558 1558 1859 | 1859 1858 18 Leerhäuser { = A ” ich 4 = Gesammtzahl a S unter 5 Morgen | 5— 30 Morgen Er spann- 30-300 Morgen] 300 bis der z T fühige aies n in Kanars a Besitzunsen in ın selbst- in ca in £a lich iche in e in x Stadt- ER Sa ET se ee a a Re Nahrun- | stadt | | gta fluren den Guts- fluren Dends fluren Lunde gen ger fluren sirch fluren bezirken 3. 5 6. 7 8. 9, 10. IE 12. 13. | Königsberg .. . 1810| 4684 61 | 2929| 8815| 2163| 8832] 16621| 25571| 1893 | 25 291 76 Gumbinnen ... 895 | 3769 19 1348| 11823 gııl 15708| 244231 28774| 799| 27 201 43 Danziıur ma 6208| 3614 46 | 1330| 6327| 453) 4752| 0218| 10359| 266| 9280 18 Marienwerder . . 3735| 3745| 133 | 3753| 12887| 2196| 9666| 23366| 18 133 | 1673 | 16558 92 Preussen | 72648| 15812| 259 | 9360| 39852| 5623| 38958] 74628 | 82837 | 4631| 78330) 229 IKoslınan a. nn. 1290| 1315| 220 | 5655| 5086| 29490) 8282| 12839] 9835 | 1340| 10672 49 Steruns een te ı866| 3456| 246 5966, 7932| 4826) 9593| 17419| 9958| 1654| 10842 59 Stralsund 3665| 1132| 255 | 4385| 3629| 1029| 2429| unbekannt | unbekamt| 265 | 1474 8 Pommern | 6821| 5903| 721 | 16006 16647| 8795| 20304) 30258] 19793\| 3259| 22988| 116 Bromberg .... 2.445 948 I2 4 821 5163| 1920| 9oo0| 13 915 | 13 366| 1009| 13 387 Gr] Posena -Rergerets 9493 | 4196 3 | 6382| 8426| 4618| 17314| 20169| 34642 | 2056 | 28 780 63 Posen | 11958| 5144 15 | 11203| 13589) 6538| 26314| 34084| 48008| 3065 | 42167 | 140 Frankfurt 3610| 6424 94 | 14296 | 18 3802| 5832] 21463] 33 679| 28 833 | 2084 | 24 518 86 Berlinern 8 660 - —_ 743 _ 1170| — —_ — 40 —_ 4 Potsdam .°... 5438| 9858| 362 | 14695 | 18336| 6996| 1362| 27 877| 20819 | 3303 | 19473 | 109 Brandenburg | 17708 | 16282) 456 | 29725\ 37138| 12938) 32825] 61556] 49652| 5427| 45991| 199 Orpemr em 4849| 20728 7| 3708| 29432] 2825| 37 919] 56189] 33 411 | 696| 16819 18 Breslau... ... 8610| 17359 5| 3532| 34874| 2049| 36 182| 70071| 18870| 513 | 14 846 Io Liegnitz ..... 7986| 21724 49 4903 | 44629| 2546| 28204| 8I0I5| 17022 579 | 15 706 22 Schlesien | 21445 | 59811 61 | 12143 | 108 9535| 7 420 102 305|207 275| 69303 | 1788| 475371) 50 Magdeburg. ...| 7196| 9220| 337 | 16677 | 18375] 6768| 13089| zı ıg8| 14016| 2179 | 13868| 58 Merseburg ... . 7669| 12 517 65 | 14492| 24459| 6477| 21840| 37 363 | 19045 | 1873 | 16 852 47 Erfurt ee. 6988| 4672 29 | gı88| 22708| 3 848) 14803] 32 570| 6168| 742| 5589 15 Sachsen | 2/853| 6409| 431 | 40357 | 65542] 17093) 49732|101 131| 39229| 4794| 36309| 120 Minden een 2675| 4685| — 8676| 19930] 4108| ı7750| 29276| 10232 | 1057 | 12012 II Münster ..... 5536| 5214| — 7743| 20967| 1681] ı8387| 23 770| 12634| 446| 14.932 18 Arnsberg..... 5785| 7825| — |18839| 45670| 7487| 26124| 42523 | 13 049 | 1684 | 16048 23 Westfalen | 13996 | 17724\ — | 35258| 86 567\13276| 62261| 95.569] 35915| 3187 | 42992| 52 Düsseldorf. ... | 18850| 11846) — | 24014| 52254| 8659| 26307) — — | 2667| ıı3ı11 22 KOlnt en een 8143 | 10382 | — 6391| 74485| 1163] 32241] — _ 321| 9339 6 Aachen. ..... 4905 | 11274| — 6612| 75918] 1373| 2980656 — E= 366 60968 19 Koblenz ..... 3704| 6615| — | 17 790|167479| 3390| 48930| — — 424| 7059 8 Ann 2232| 9357| — 6296| 133 520| 1370) 51707| — _ 197 | 10 872 5 Rheinland | 37 8534| 49474| — | 61103| 503 656\ 16 455| 188 991| unbekannt | unbekannt | #975 | 45549) 60 Pe ED ET Staat... [144243 |196 558 | 1 943 |215 155| 871926) 88 138) 521690|604 ir 737\30126\359697| 966 | XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 515 Mit derLandwirthschaft beschäftigte Grund- eigenthümer 1561 Grosser Besitz Durchschnittszahl und Grösse 58 1858 1865 der Landbesitzungen mit einem eingeschätzten Grund- steuer-Reinertrage von 1365 Landbesitzungen (ausschliessl. der Forensen) 600 M. | über 600 Mrg. $ 1000 | 2000 | 3000 | 5000 | sVer nassen cternaten: auf dem auf dem bis bis bis bis 10000 r | in in selbststän- 2000 | 3000 | 5000 | 10000 | LDand- |digenGuts-| 8ewerbe BEwaE Thaler | Thaler (38: Thaler | Thaler f Stadtfuren | „meinden | bezirken | 7 BER ARE ee en 24. 26. I | 59 | 1654 397 162| 104 29 7 9.070 48 578 1849 34 973 11 266 | 800 138 | 35 12, 1 2873 56 058 866 40 456 13 170 686 7 541 148 | 36 4u| —- | — 1941 20673 | 1217 14 332 6.003 1245 42 | 1227 258 | | 143 19 26 | 5 8417 43 020 | 2 650 28 IIZ 13 158 | 2152| 128 | 4009 941 | 376 | 220 56| 121 22301 | 168329 | 6582 117 873 43 597 621 38 | 2075 368 | 136 62 9 — 8 606 27414 | 3236 20157 8.032 1462 18322 | 11go6 1.064 14833 | 2974 5762 39 962 458 55 8349| 2321| 146| 145 5I 241| 13 565| 2723| 1299| 15 | 76 5 I ı 1320| 106 | 2489 722 411) 392 | 156 | 6 8 3 22412 6589 | 27332 897 21.016 453 11987 57085 | 1132 45916 | 9224 18 585 84417 | 2029 66932 | 1375 59] 23 | 9s9| 264) 1238| 79| 39| 433 24 | ı6bo| 406 225 | 159 Bonn 22874 | 72377 | 1290 | 46471 19 005 2216 — | — 92 27 23342 | 52246 | 1780 27 527 19 878 | 2144| 175 | 2190 448 260| 242 | 138 2 48432 | 124623 3070 74030 38 910 | | 238 19 793 362| 163 99 32 | 7224 39 680 671 60 144 481 25 1,7273 so2| 2369| 239 60 | 435 18 875 382 | IgI 124 20 1154 62 | 2941| 1246 723) 462 | 112 6604 | 82698 | 1497 55 986 xD ww I 8707 87 027 894 488853 | 2 22535 | 259405 | 3062 | 165013 7 H IS No oO 742 71 477 III 53 62 53 6oo|l 43 450 195 129| 102 46 14 14, 168 57 27| 19 Aalen 1483| 128 | 1095| 3563| 209| 1853| 103 | 24 2I 320 5I 137 | 779 22.879 20 020 23 180 78764 | 948 30304 17 854 13 317 53 600 | 244 I2 180 12 557 57 817 183501 | 1962 65 363 50451 7513 37706 | — 22226 | 9.996 6 682 4413| — 19243 | 13292 20035 7139| — 20 918 18 132 34230 | 1532383| — 62 387 41420 247 21 193 78 27 19 4 4 543 8 140 95 32| .76 10 I 559| 44 | 300| 183 43) 19 al Zar 1349 73 633 336 101 54 16 3 250 I2 103 328 5I 32 I 5 2927| Bl — 27518 | 14998 250 3 139| 238 63| 33 eg 5 I 7 353 7378| — 26522 | 11008 6789 | 7104 | — 20 873 | z1220 13 098 122620 | — 43 446 | 19954 5716 | 123 307 .— 43318 | 18450 62243 | 464530 . 241 12 197 124 | 34 I 337 231 475 33 9 2 479 ır 537 49 Io Zul = 7 1548 61 1451 772\ 167 80 50 3 161677 | 75720 14 | 780 | 17 417 5518| 2600| 1871 689 | 108 | 291614 \1503454| 22467 | 753 297 | 357 820 546 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. [b] Kleiner Besitz Mittler Besitz 1858 1853 1859 1859 1855 1858 Bl nicht spannfähige | 30 — 300 300600 bäuerliche Morgen Morgen Leerhäuser unter 5 Morgen|5—30 Morgen|spannfähige bäuerliche auf der & | Nahrungen | Nahrungen Qnadratmeile Se in | e > o | cin anfdem Se Stadt- | gemein- | fluren | Bande der Besitzungen Königsberg... - 47| 122|06| 77 | 230| 5,6 | 2372| 43,4) 6] 66,8\128| 494 65,0 | O119| 3,6 | Ons Gumbinnen rs 3,1 13,2 | 0,7 47 | 41x 2,8 | 546| 84,8! 6 99,9) 105 | 2,7 94,5 Os | 2,788 0,07 Danzig age .0> 43,1 25,1 | O,32 | 439 al 3372, 2780,010.7.10.7.86,9 126| 1,85 64,5 | 0,13 | 4,77] 9,4 Marienwerder . I17| 1180| 118 | 405 6,7 | 30,4| 73,51 71 57.1137 | 5,26| 52 | 0129| 3,92 | Orıs Preussen | 1122| 149 \08| 8; | 3538| 59 | 345| 662| 7| 733|121| 40| 693 | 0,0| 3er] Or Rosinen 20 5,0 516 086| 22% | 2090| 115 | 32,5| 503/13 | 38,6) 1312| 5726| 4Xı9 | O9] 2144] 0115 Stetün . .. 0. 85 15,8 | I,ı2 27,3 36,2 22 ı 43,8 795 I85 45,5) I3I 7,56 49,5 | O7 | 2,09] O,25 Stralsund. ...| 50 15,5 13,50 | 59,9 | 49,6| I4ır | 33,2 unbek. EZ unbek. | — | 3,62] 20,2 | O,ır | 3,30 | 9,17 Pommern | 135 | 108 |1,»| 296 | 302| 160 | 37,2| 55,3|16| 36,2\131| 5%| 4230| 022| 222] 0,2 Bromberg.... II,8 4,5 | 0,6 | 23,2 249| 92 | 43,31 66,9| POSENN. -uese.ce 29,9 13,2 | O,er 20,1 26,5 I4,5 54,5 63,4) Posen | 22,7 98|003| 212 | 2598| 122 | 50,2 649, | Frankfurt... . 104| 184|0a7| 4° 53,9 | 16,7 | 61,5| 96,5 Potsdam mit | | Berlin ....1 37,6| 263 097 | 409 | 489| 139 | 303| 743] Brandenburg | 2442| 22,5 |0,3| 4,1 513| 179 | 452| 85.1] Oppeln... 0. 2053| 86,7 |003 | 15,5 | 123,0 | ı1,8 | 159,0|235,0| 511400) 39 |- 2,8°| 79,4 | 91°7 0,99 | 9,08 Breslau. ..... 35=| 709|0,2| 14,4 | 142,5 | 84 | 1480| 2860| 6] 77,2, 73| 2° 60,7 | 0,04 | I,96 | 9,10 Liegnitz... .. 32,3| 87,9| 0720| 19,8 | 180, | TO, | II4,o| 328,0 6] 69,| 82| 2,55 | 63,6. | 0,09 | L,76] 9,97 Schlesien | 293) s18|0@| 166 | 1520| 102 |1400|2840| 6| 94,5| 50| zus| 648 | 007| 1,58] 08 1} Magdeburg ...| 344| 442 |161| 79,8 | 87,9| 32,4 | 62,61 149,5) 8] 67,1 139 | 10,4 66,3 | 0,28 | 3,55 | 9,34 Merseburg ... ars | 67,6|035| 783 | 132,0| 35,0 | 1180| 202,0| 7| 103,0 84 | 102 gI,r | O,25 | 3,25 | 0,23 Erfurt......| 1090| 73, |0,46 | 144,0 | 355,0 | 59,9 | 231,0] 508,0 | 61 96,| 55 | 11,6 87,2 | 0,23 | 2,22 | 0,22 Sachsen | 47,7| 5770| 88,2 | 183,9 | 37,3 | 109,0 2210| 7| 857) 99|105 | 71,3| 0,5\ 3,22] 0,23 Minden..... 2832| 493 | — | 910 | 209,0 | 43,1 186,0] 307,0| 12| 108,0| 95 | II,r 126,0 | 0,1: | 2,60| 0,22 Münster. .... 41,9 39,5 | — | 587 | 59 | 12,8 | 139,0) 1810| 15 | 95,7) 134 | 3,38 | IIZ,o | O,14 | 4,12] 0,06 Arnsberg .... | 4r6| 563 | — [136% | 329,0 | 53,9 | 1880| 306,0| zı | 93,9 | ToX | 12,r 116,0 | 0,17 | 4,53] 9,32 Westfalen | 3827| 483| — | 9,1 | 236,0| 36 |170,| 261,0 12| 97,5| 111 89 117,9 | O,12\ 3,68] 0,9 | Düsseldorf .... | 190, | 120,0 | — | 242, | 526,0] 87,2 2650| — |—| — = 26,8 | II4,o | 0,23 | 2,52| Oyı2 Köln ......| I13o | 144,0 | — | 88,6 |TO3I,o 16,2 1447| — [= — | — | 45 | 129° | 0,08 | 3147 0,04 Aachen ee 65,4 | I5Io| — | 877 Itooß,| 24,9 | 3966| — |—I — | — | 4386| 92,4 | 9725| 3,0 9,16 Koblenz .... 340| 607| — | 163,0 |r5400| 312 [449] — || — | — | 3,89 64,7 | 0,07 | 3110| 0,2: Biere ee 1712| 714) — 487: [7024,05 20,5,1395,01, — | —] I,s5ı 83,1 | 0,04 | 3,59 | O,e8 Rheinland | 777 1020| — [126,0 \11035,9| 33,8 |388,0| unbek. | — | unbek. | — | 86] 93,5 0,2\ 3,181 0,13 I I I | I | Staat... | 29 39, | -| 433 | 1750| 177 |105,| — -] eigen | 6,06 | 724| 0.) 8] 9, | | *) Die Berechnung ist nach Abzug der auf den Gemarkungskarten nicht dargestellten Wasserflächen angelegt. S. 0. S. 123. | XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 517 ser Besitz Durchschnittszahl und Grösse der Landbesitzungen u Mit der Land- ; B: TE ri ER wirthschaft 58 1365 1565 (ausschliesslich der Forensen) beschäftigte 600 mit einem eingeschätzten ee BRERE RR in selbstständigen „ Grund- gen | Grundsteuer-Reinertrage von Daunen na ZEN ONGENGON Gutsbezirken eigenthümer ’ 1861 onnn n & durch- durch- are | durch- auf | 1000 | 2000| 3000 | 5000 | über Land- [Arch \schnitt-| Tana- | hr (sehniet-| Land- Er | schnitt- dom bis bis bis bis | 10000 5 sohnitt- licher ; Bohnitt- licher | be- Einen IOnichar als als 2000 | 3000 | 5000 | 10000 Malen besitzer EEE Rein- | besitzer Nieic Rein- | sitzer Haus | Rein- | Haupt- | Neben- Lande | Thaler) Thaler| Thaler| Thaler Fläche| „rtrag Fläche | (rtrag Fläche | ortrag |gewerbe | gewerbe NIIT 2 FEIERN © - 2 en nn nn nn nn 4,32 | I,o4 | 0,42 | 0,27 | 0,07 | 0,02 23,7 | 38,3 | 29,0 127,0| 87,6 | 58,7 | 4,83 | 1 842,5 | 1 182,r 91,3 29,4 2,04 | 0,48 | Oyr2 | 0,04 | 0) | — 10,0 | 452 | 31,77 | 195,01 67,7 | 43,5 | 3,0: | 23982 | 965,3 | 141,0 | 45,7 3,76 | Ie3 | O5 | 99 | — | — 13,5 | 27% | 33,4 | 144,0) 85,4 | 93,8 | 8,46 | 9688| 4241| 996 | 4 3,86 | O,8r | O,45 | O,28 | 0,08 | O,or 26,5 | 40,9 | 25,4 135,0) 7I,r | 47,0 | 8,34 | 1 228,0 639,5 88,4 41,4 3,55 | 0,83 | 0,33 | 0,19 | 0,05 | 0,01 19,8 | 39,2 | 284 | 149,0| 76,5 | 54,9 | 5,83 | 1506,65 | 795,01 1040 | 38,6 Ara | I, | 0154 | 04 | 095 | — 33,8 | 35,0 | 24,0 | 1080| 62,3 | 36,2 |12,7 | 10313 | 4504| 83,0 | 31,5 3,88 | I,o6 | 0,66 | 0,66 | O123 ! O,o2 60,9 | 27,1 | 34,2 | 146,0| 609 | 64,0 | 6,68. | 1534,3 | 1369,71 83,7 52,1 7112 T,69 1,77 | 2,53 T,o4 | O,or 48,2 | 19,9 | 40,1 83,7 36,2 58,3 | I4,5 I 163,9 1 966,5 20,3 409,6 4,55 | 1,32 | 0,75 | O2 | 0,25 | 0,02 46,65 \ 28,8 | 31,6 | 120,0| 59,2 | 51,7 |105 |118342| 96151 73,1 | 41,0 4,57 1,27 | 0,62 | 0,38 | 0,19 | 0,04 31,7 | 32,4 26,9 132,0 63,7 50,0 432 | 2% 681,5 1 842,6 | 101,0 21,8 5,22 | 1,28 | Oy7r | O,50 | 0,19 | O,o4 37,8 | 27,7 | 222 179,0) 44,2 | 32,1 3,56 | 3 328,4 2 314,7 | 145,0 29,0 49 | 1,28 | 067 | 045 | 0,19 | 0,04 35,5| 28,8 | 239 | 161,0) 50,5 | 37,9 | 3,87 | 30424 | 2106,0| 1280 | 26,2 3,055 | 9,59 | Or | 0726 | O7 | O,o5 65,5 24,9 | 28,7 207,0| 45,8 | 43,9 | 3,77 | 2591,3 | 1781,35 | 133,0 54:5 | 3,02 | 0,64 | O)40 | O,40 | Oyaz | O,o2 68, | 31,0 | 30,2 | 1400| 73,7 | 71,2 | 4,75 | 18463 | 14172 | 73,6 | 52,9 3,03 | 0,52 | O0, | 0,32 | 0,19 | 0,03 66,9| 269 | 296 | 172,0) 572 | 552 | 42% |2152,8 | 15734] 103,0 53,8 3,32 I,s2 | 0,68 | 0,42 | 0,13 | O,oı 30,3 | 21,3 | 32,6 3750| 24,2 | 32,4 | 2,81 | 3 962,1 2 912,81 252,0 IO5,o 5,20 | 2,05 I,sı | 0,98 | O,24 | O,or 27, | 18,9 | 37,3 337,0| 29,6 | 53,0 6,11 I 676,0 2 260,0 228,0 78,5 3154 | I,ss | Oy77 | 0,50 | O8 | Ojo4 352 | 19,7 | 25,x 352,0] 29,4 | 37,9 3,62 | 2 673,6 2 325,6 | 198,0 III,o 403 | 1,rı | 098 | 0,3 | 0,15 | 0,02 308 | 20,0 | 31,2 | 355,0| 27,7 | 408 | 4,29| 24700 | 2420,01 226,0 | 973 2,28 | O,53 | O,25 | O,30 | O,25 | 0,08 IO2,o | 20,7 | 59,2 245,0| 52,9 96,3 3,69 | I 467,1 2 II2,6| 109,0 95,8 2,44 | I,06 | 0,69 | O,55 | 025 | 0,05 125,0 | 13,8 | 39,5 26,0| 31,6 | 80,0 | 5,12 | 1 030,0 | 1 900,0 | 164,0 96,5 2,63 | 0,89 | 0,42 | 0,29 | 0,06 — 208,0 | 13,1 34,2 837,0 16,2 30,2 3,82 | TII$&,; | 1 522,9 | I9O,o 196,0 2,39 | 0,79 | 04 | 00 | 083 | 0,05 | 126,0| 162 | 45,6 | 4000| 33,2 | 699 | 4,8 | 12100\1935,0| 143,0 | 1109 2,03 | 0,82 | 0,28 | 0,20 | 0,04 | 0,04 78,8 | 25,8 | 59,6 | 396,0| 46,6 | 692 | — —_ — 233,0 | 105,0 1,07 | 0,72 | 0,24 | O,ı2 | ©,08 | O,or 50,6 | 13,1 | 27,4 335,0| 59,5 69,9 = = == 146,0 IOI,o 2,16 I,32 O,31 0,14 0,02 >= 144,0 16,4 29,2 513,0| 35,9 48,9 = = = ISI,o I3I,o 1,73 \ 0,97 | 0,8 | 0,15 | 0,05 | 0,03 93,3) 178| 35,5| 4170| 453|600| — = 1709 | 113,9 1,04 | 3,31 | O5 | O,32 | O,15 | O,o2 295,0 | II,g | 34,5 | 692,0] 23,7 | 665 | — — _ 277,2 | I5I,o 1,93 | 3,30 | 0187 | 0146 | Om | — 102,0 | 13,3 | 28,6 | I 0912| 17,4 | 416 | — _ _ 368,0 | 153,0 2,60 | 1,65 | 0,45 | O,15 | 0,6 | — 99,0 | 19,2 | 47,3 943,0 | 20,1 | 39,x Dar nr Fer 277, | 149,0 4,36 | O,3r | 0,09 | O,o2 | Oyor | O,or I2I,o | II, | 23,3 |TI29,0| I7,2 | 21,6 — — — 499,0 183,0 4,2 | 037 | 007 | or | — | — 43,6 | 1207 | 212 | 9420| 21,5 | 234 | — | — — «| 331, | 1410 2,8 | 1, | 0,2 | 0,5 | 00 | O0: 1 1286| 12,8 | 316 | 9550| 198 | 3438| — - — 332,0 | 156,0 3,52 | 1,12 | 0,52 | 0,38 | 0,12 | 0,02 58,7| 21,2 | 338 | 303,0 | 3832| 4775| — | — _ 152,0 | 719 r r 518 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. beträgt, so lässt sich folgern, dass selbst die Flächenaufnahme im Jahre 1858 in den mittlen Gütern eine ziemlich richtige gewesen sein muss; jedenfalls wird also die Anzahl der letzteren mit der Wirklichkeit nahezu stimmen. Mit dieser Nachweisung lässt sich als Ergänzung die Zahl der im Jahre 1859 vorhandenen spannfähigen, so wie die Zahl der nicht spannfähigen bäuerlichen Nah- rungen zusammenhalten, welche die Tabelle H. der Anlagen für die einzelnen Kreise des Staates, mit Ausnahme der Rheinprovinz und des Regierungsbezirks Stralsund, mittheilt. Der Abschnitt XIV., welcher $S. 489 zeigt, in welcher Weise die Ermittelung dieser Zahlen erfolgt ist, hat der Erläuterung wegen die Grössenverhältnisse der betreffenden bäuerlichen Besitzungen in den einzelnen Landestheilen S. 491r—496 so eingehend be- sprochen, dass hier auf diese Darstellung Bezug genommen werden darf. Die Ergebnisse aller dieser Zählungen sind in ihren Schlusssummen für die Re- gierungsbezirke und Provinzen in den beiden vorstehenden Zusammenstellungen über- sichtlich geordnet. Die erste Nachweisung [a] S. 514 giebt die Gesammtzahlen, die zweite [b] S. 516 die Verhältnisszahlen des nach seiner Vertheilung auf die Quadrat- meile berechneten Grundbesitzes. Diese Tabellen lassen mehrfach eine geringe Uebereinstimmung der benutzten Angaben ersehen. Es ist dies theils in der verschiedenen Zeit und Art und Weise der Erhebungen, theils in wirklichen Mängeln derselben begründet. Gleichwohl geben sie ein genügendes Bild der starken Gegensätze, welche zwischen den verschiedenen Landes- theilen bezüglich des Umfanges der Besitzungen bestehen. Was die Hanptverhältnisse des kleinen Besitzes betrifft, so befinden sich unter demselben durchschnittlich auf jeder Quadratmeile des Staatsgebietes 68,9 Leerhäuser, von denen 29, oder 42,: pCt. städtische sind. Ihre Zahl schwankt indess zwischen den Provinzen so weit, dass Preussen und Pommern nur etwa 25, Sachsen und Schlesien dagegen ııo und Rheinland sogar 179,5 Leerhäuser auf der Quadratmeile besitzen. Der Antheil der städtischen Häuser an dieser Zahl ist in den meisten Provinzen 43—45 pCt., in Brandenburg und Pommern erreicht er aber 50, und in Posen steigt er sogar auf 69,9 pCt.; in Schlesien dagegen sinkt er auf 26,4 pCt., so dass hier die Zahl der in den Dörfern bestehenden Häusler ohne anderes Land als Hausgärten die der Haus- besitzer in den Städten um nahezu das dreifache überwiegt. Die Angaben über den kleinen Land- und Parzellenbesitz haben wenig sichere Grundlagen, indess zeigt doch die Zahl der 1859 ermittelten nicht spannfähigen bäuer- lichen Nahrungen eine hinreichende Uebereinstimmung mit der Zahl der 1858 erhobenen ländlichen Besitzungen unter 30 bezüglich 5 Morgen Grösse. Im Staate finden sich auf der Quadratmeile durchschnittlich 341 kleine Besitzungen unter 30 Morgen, und davon gehören 17,9 pCt. den Stadtfluren an. In der Zahl stehen Schlesien und Sachsen dem allgemeinen Durchschnitte ziemlich gleich; Schlesien indess besitzt darunter nur 8,4 pCt., Sachsen aber 33,; pCt. städtische Besitzungen. Westfalen zeigt das doppelte, Rheinland das vierfache der durchschnittlichen Parzellenzahl; dagegen erreichen unter starker Betheilisung der Stadtfluren Brandenburg nur die Hälfte, Pommern und Posen nur das Dritttheil des Durchschnitts, und Preussen zählt nur 33 kleine Besitzungen auf der Quadratmeile, unter denen 15,9 pCt. städtisch sind. An mittlen Gütern zwischen 30 und 600 Morgen Fläche bestehen im Staate durchschnittlich g1,;, auf der Quadratmeile und 7,6 pCt. unter ihnen sind städtische. Die Differenz der Provinzen ist bei dem mittlen Besitz verhältnissmässig gering. In XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 519 Pommern werden nur 50,9 mittle Güter auf der Quadratmeile gezählt, in Schlesien, Brandenburg und Preussen steht ihre Zahl nahe unter, in Sachsen und Posen nahe über dem Durchschnitt des Staats, in Rheinland beträgt sie 104,9, in Westfalen 129,;. Den gröss- ten Bruchtheil auf Stadtfluren, r2,6 pCt., zeigt Sachsen, den kleinsten, 3,6 pCt., Schlesien. Der grosse Besitz zählt im Staate, dem Umfange nach ermittelt, auf der Quadrat- meile 3,6, Güter über 600 Morgen, dem Werthe nach 2,1, Güter mit einem Grundsteuer- reinertrage von 1000 Thlr. und darüber. Auch bei ihm sind die Stadtfluren noch durch- schnittlich mit 4,4 pCt. betheiligt. Die Güter von 1000 Thlr. Grundsteuerreinertrags- werth sind in allen Provinzen in beträchtlich geringerer Zahl vorhanden, als die von 600 Morgen Grösse. In Preussen, Posen und Brandenburg berechnen sich nur etwa 44 pÜt., in den übrigen Provinzen ausser Schlesien etwa 70 pÜCt., in Schlesien allein 85 pCt. der Güter von 600 Morgen und darüber zu rooo und mehr Thlr. Reinertrag. Gleichwohl ist die Zahl der Güter über 600 Morgen, wie oben erwähnt, wahrscheinlich zu gering angegeben. Die meisten Güter beider Gattungen besitzt Schlesien, demnächst Pommern und Posen. Rheinland stimmt nahezu mit dem Durchschnitt des Staates überein, steht darin also trotz seiner starken Parzellirung höher als Sachsen, und na- mentlich als Brandenburg, Westfalen und Preussen, welche in dieser Reihenfolge ziem- lich weit unter den Durchschnitt herabsinken. Landbesitzungen überhaupt berechnen sich durchschnittlich im Staate auf die Quadratmeile 361,7, sofern, wie nöthig, die Forensen ausgeschlossen bleiben. Die durch- schnittliche Fläche einer jeden beträgt an ertragsfähigen Liegenschaften (Tabelle A. der Anlagen Kolonne 7—46 einschl. Tabelle K. Kolonne 3) 56,; Morgen, und der durch- schnittliche Grundsteuerreinertrag 61,5, Thlr. Dem Durchschnitt nahe steht nur Schlesien. Brandenburg, Posen, Pommern, Preussen zeigen in dieser Reihe zwischen 242 und 174 Besitzungen, Westfalen und Sachsen zählen 510 und 530, Rheinland dagegen ı 083 auf der Quadratmeile. Die durchschnittliche Fläche steigt entsprechend in Preussen bis 120 Morgen, in Rheinland sinkt sie auf durchschnittlich 19. Der Reinertrag jeder Besitzung ist in Pommern ıoı Thlr., in Sachsen, Preussen, Posen und Brandenburg etwa 77, und sinkt in Westfalen auf durchschnittlich 55,;, am Rhein auf 34,, Thlr, Einfacher zusammengefasst, ergiebt sich folgendes Bild: Kleiner Besitz (Grosser Besitz Mit [e] Landbesitzungen überhaupt TUE - Mittler Land- Verhältnisse | jgerhäuser | zana. | Besitz | über Besitzun-| Yonarı des Umfangs besitzun-| _ über 600 Homurue DarchlDmren-A| Durch; gen beschäf- je] von 30 Grund- k 2 schnitts-| 1858 tigte Fin auf gen x Morgen schnitts-| schnitts- & G& der Ri dem |unter so | bis 600 | Fiäche | teuer | zanı | Mäche | Fein [erhoben | Grund- 3 Städten and Y = rein- ertrag SBeLS Besitzungen ande | Morgen | Morgen SR thümer 1861 auf d.[ ]Meile Anzahl/Anzahl| Anzahl f Anzahl f Anzahl | Anzahl | Anzahl | Morgen | Thlr. | Anzahl | Anzahl il ER 5. 6. 7. 8. Sr en ee EEG SEE, Preussen . .| I12| 142] 6983| 7771 37 | 14 174,6 1200| 76,8] 151,2] 142,6 Pommern. .| 12,5; | 12,1] 67,51 5061 47 | 3x 177x| IIQ,o | IOL,o| 122,8] 114,r or ...] 227 | 9838| 7650| 8821 59 I 2,6 200,1] 104,0 | 75,4] 170,1] 154,2 ;ran enburgf 24,4 | 23,2] g67| 714] 33 Is 2421| 853| 744] 171,4| 156,8 Schlesien . .| 29,3 | 81,9| 292,0] 689] 4, 3,5 3899| 53,2 | 68,61 365,0| 323,9 Sachsen. . .| 47,7 | 58,6| 2520| 8521 27 1,9 1”)5303| 386| 7924 339,9] 353,0 Westfal 6 | | E alen. .| 38,1 | 48,3 | 406,0 129,5 1,9 I,s5 5IO,3) 40,4 55,7 537,4] 383,0 Rheinland .| 77,7 |102,° |t123,0| 1049| 3,: 22 |1083,0) 19,0) 34,4 | 1231,0| 488,0 Staat ... -| 29,0 390| 280,.]| 815] 3,7 | 2,2 | 361,7] 56,7 61,7] 364,2] 223,9 *) Einfluss der walzenden Grundstücke. 520 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Die annähernde Uebereinstimmung der Kolonnen 8 und ırı rechtfertigt den er- folgten Ausschluss der Forensen aus der Zählung der Landbesitzungen. Die grosse Differenz der Kolonnen 8 und ı2 aber deutet darauf hin, dass sich die Zählung von 1861 in der That im Sinne der Erheber im wesentlichen auf die Zahl der mit der Landwirthschaft Beschäftigten, nicht auf die volle Anzahl der Grundeigenthümer be- zogen hat. Für eine sichere Ermittelung aller Grundbesitzer nebst der Fläche und dem Rein- ertrage ihrer Güter oder Parzellen bieten sich als nächstes Hülfsmittel die Klassen- und Einkommensteuerrollen dar, welche einen Nachweis des Grundeigenthums eines jeden Steuerpflichtigen (abgesehen von den mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Stadtbezirken) schon gegenwärtig enthalten sollen, durch eine geordnete Ueberweisung der Forensen und einen mit dem Flurbuch stimmenden Abschluss jeder betreffenden Gemarkung aber zu vollkommener, auch im steuerlichen Interesse wünschenswerther Genauigkeit erhoben werden können. B. Die Vertheilung des in fester Hand liegenden Grundbesitzes. Die oben gedachte in der Tabelle K. der Anlagen mitgetheilte Nachweisung des festen, in öffentlicher Beziehung besonders bedeutsamen Grundbesitzes führt nach dem Inhalte der Grundsteuermutterrollen a) das Eigenthum der Krone, der Mitglieder des Königlichen Hauses und der beiden Hohenzollernschen Fürstenhäuser auf, b) das Eigenthum des Staates, nach Domainen, Forsten und sonstigem Grundbesitz getrennt; ce) das städtische, d) das ländliche Kommunalvermögen; e) das Eigenthum der Kirchen und Pfarren; f) das der Universitäten und höheren Lehranstalten; g) das der anderen Schulen; h) das der frommen und milden Stiftungen, und endlich i) das der Lehn- und Fideikommissgüter. Die Unterscheidung bezieht sich indess nur auf den Besitz an ertragfähigen, d.h. in die Kulturarten: Acker, Gärten, Wiese, Weide, Holzung, Wasserstücke, Oedland und Unland eingeschätzten Liegenschaften. Das Eigenthum an Gebäuden und an den mit den Gebäuden zur Gebäudesteuer veranlagten Hofräumen und Hausgärten bis zu ı Mrg. Grösse ist in den S. 59 näher bezeichneten Gebäudesteuerrollen nur nach steuerpflichti- gem und den 8. 48 angegebenen acht Kategorieen des steuerfreien Besitzes getrennt, und hat desshalb auch im wesentlichen nur nach diesen Hauptkategorieen in die Ta- belle K. Kolonne 24 bis 31 unter Unterscheidung in städtische und ländliche Gemeinde- und selbständige Gutsbezirke übertragen werden können. Die zum Theil erheblichen Differenzen zwischen Tabelle B. und Tabelle K. rühren von später berichtigten Irrungen her, die bei der Verzeichnung des Kron-, Staats- und Universitätseigenthums entstanden, weil bei der gleichen Stenerfreiheit aller dieser Gebäude während des Aufnahme- verfahrens eine genauere, nicht ohne Weiterungen erreichbare Feststellung der Rechts- verhältnisse zunächst unterbleiben durfte. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 521 1. Im Eigenthum der Krone, der Mitglieder des Königlichen Hauses und der beiden Hohenzollernschen Fürstenhäuser stehen den Provinzen nach folgende Liegenschaften: | I n [d] Kron md Königliche Preus- | Pom- | „.g,, |Branden-| Schle- |. cngen| West | Rhein- |... Familiengüter. sen mern | burg sien falen land A. Der Fläche nach: ertragsfähige Lie- genschaften inMor- gen zer 98.959] 57 838| 5756| 216 378| 155 093123 690 — | 5814| 563 527 Von je 1000 Mor- | - gen ertragsfähiger Liegenschaften . . 4,2 B. Dem Reinertrage ! nach: in Thalern . |40393| 7850| 5285| 90099, 126 507|40844| — | 14 837| 325 814 Auf den Morgen in Silbergroschen ... | 12, 41 | 27,6 12,5 245| — _ 76,6 17,4 5,1 9,5 14,3 TO,2 2,5 = 0,6 5,5 Dazu tritt der Königliche und der Fürstliche Besitz in Hohenzollern, welcher seiner Fläche nach nicht genauer bekannt ist. Dieser äusserst geringe Grundbesitz des Königshauses erklärt sich aus der von den preussischen Regenten schon sehr früh erfolgten Anerkennung der Güter der Krone als Staatsdomainen.*) Die jetzt vorhandenen preussischen Domainen waren ursprünglich theils solche Güter, welche durch die Landeshoheit und gleichzeitig mit derselben erworben waren, theils wirkliche Patrimonialgüter des Fürstenhauses, und es wurden die Domainen oder Kammergüter von den Privat- oder Chatoullgütern unterschieden. Bereits der Grosse Kurfürst aber liess die Einkünfte aus sämmtlichen Domainen und aus den Regalien von jeder Provinz zusammen vereinnahmen und dagegen ein gewisses Geldquantum zur Chatoulle in Ausgabe stellen, ohne bestimmte Güter zu nennen, von welchen die Ein- künfte zur Chatoullkasse fliessen sollten. Königs Friedrich Wilhelm I. sprach durch das Edikt vom 13. August 1713**) die Aufhebung des Unterschiedes zwischen Domainen und Chatoullgütern ausdrücklich aus. Friedrich Wilhelm II. aber beseitigte jeden möglichen Streit über die Natur der Domainen, indem er bei der Ordnung der Staats- schulden den gesammten damals vorhandenen Besitz als Staatsgut zu behandeln sich entschloss. Er unterwarf denselben in der Verordnung vom 17. Januar 1820 (G.-S. S. 9), wegen der künftigen Behandlung des gesammten Staatsschuldenwesens, dem Pfand- recht für die Staatsschulden und behielt daran nur eine mit Vorzugsrecht aus den jährlichen Einnahmen zu erhebende Krondotationsrente von jährlich 2 500 ooo Thlr. vor, welche er zum Unterhalt der Königlichen Familie, für den Königlichen Hofstaat und sämmtliche Prinzliche Hofstaaten, sowie auch für alle dahin gehörigen Institute u. ähnl. bestimmte. Die Verfassungsurkunde sprach im Art. 59 (G.-S. 1850 $. 25) aus, dass dem Kronfideikommissfonds die durch das Gesetz vom 17. ‚Januar 1820 auf die Ein- künfte der Domainen und Forsten angewiesene Rente verbleibe. Die Erhöhung der Krondotation um jährlich 500 ooo Thlr., welche durch das Gesetz vom 30. April 1859 (G.-8. S. 214) erfolgte, ist vorläufig nicht auf die Domainen und Forsten radizirt, *) v. Rönne Staatsrecht Bd. II. S. 796. **) v. Rabe, Sammlung preuss. Edikte Bd. I. Abth. I. S. 318. 522 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. ebensowenig die durch das Gesetz vom 27. Januar 1868 (G.-S. S$. 6r) eingetretene weitere Erhöhung um eine jährliche Rente von r Million Thaler. Gegenwärtig besteht nach dieser Sachlage der gedachte landesfürstliche Grund- besitz nur aus speziell erworbenen Gütern, und umfasst neben dem vollen Privateigenthume a) die von der Hofkammer der Königlichen Familiengüter unter Leitung des König- lichen Hausministeriums verwalteten Hausfideikommissgüter, einer Stiftung, die durch eine testamentarische Verfügung Königs Friedrich Wilhelm I. vom Jahre 1733 bezüglich einer Anzahl von ihm angekaufter Güter begründet, und später durch weitere Ankäufe vermehrt worden ist*); b) das unter der Verwaltung des Königl. Hausministeriums und unter der gemein- schaftlichen Kuratel der Minister des Königl. Hauses und der Justiz stehenden Königl. Prinzlichen Familien -Fideikommiss, zu dem die der Fideikommiss- Verwal- tung untergeordnete Herrschaft Frauendorf, Kr. Sternberg, und die unter eine be- sondere General-Verwaltung gestellten Fideikommissherrschaften Flatow und Kro- janke in Westpreussen gehören; ce) die Königlichen Chatoullgüter Paretz, Falkenrehde, Uetz und Erdmannsdorf und d) das Kronfideikommissgut Bornstedt, endlich e) gewisse Königliche Schlösser und Gärten. In Betreff des Besitzes der Fürstlich Hohenzollernschen Häuser ordnet der Allerh. Erlass vom 14. August 1852 (G.-S. S. 771) an, dass die Fürstliche Hofkammer in den Hohenzollernschen Landen und überhaupt die Behörden, welche das dortige Fürst- liche Stammvermögen verwalten, die Rechte öffentlicher Behörden in gleichem Maasse wie die Hofkammer der Königl. Familiengüter und deren Unterbehörden geniessen sollen. 2. Dem Staate gehören an ertragsfähigen Liegenschaften: [e] Branden- burg Staatsgüter Preussen | Pommern | Posen Schlesien | Sachsen |Westfalen Staat A. Der Fläche nach in Morgen: a. Domainen 351795] 352771] 127 405| 264 907| 114771) 233 224| 14443| 3 183|1 462 500 b. Forsten 2888 59I| 752995 602 165 1 590 159| 650.940) 688 6gı| 193 469 565 16017 932 169 ce. sonstiges Eigenthum | 377 609 9826| 9354| 45029] 8978| ıo 724| 4477| 7807| 473 805 zusammen . .|3 617 995|r 115 592| 738 9241 900. 095| 774 689| 932 639] 212 389| 576 1509 868 474 Von je 1000Mrg. der Gesammtfläche der er- tragsfäh. Liegenschaf- | ten gehören dem Staate| 152,9 977 673 126,6 5I,r 99,5 28,1 57,8 95,8 B. Dem Reinertrage | | nach in Thalern: a. Domainen...... 294354] 461681| 113 802| 373 928| 177 021) 742083| 24062| 6 843|2 193 774 b-SHoxrstenselk ee 525 548| 324.047 143 952| 714 990| 311 542| 509 753| 125 906] 442 194|3 097 931 e. sonstiges Eigenthum 96376| 2352| 4615| 38125| 9522 34754| 5602| I1394| 202 741 Auf den Morgen in Silbergroschen: | a. Domainen...... 25,1 393 26,7 42,4 46,2 95,5 50,1 64,5 45,0 b.rKorstenl- en: 5,5 12,9 En 13,5 144 | 22,2 19,6 23,5 11,7 e. sonstiges Eigenthum 79 7a | 148 25,4 31,8 973 3715 43,8 12,8 *) v. Rönne a.a. O. S. 63. — Staatskalender für die Preussische Monarchie von 1865. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 523 In Hohenzollern bestehen keine Domainen. Zum Grundeigenthum des Staates gehören ausser dem vorgenannten die Öffent- lichen Sachen, deren Gebrauch unter Beobachtung der dafür bestehenden Vorschriften einem jeden Staatsgenossen freisteht: die Land- und Heerstrassen (Allg. Landrecht Th. II. Tit.ıs $ 2 fi), die öffentlichen Flüsse (ebendas. $ 47 ff.) und die Häfen und Meeres- ufer (ebendas. $ 80 ff). Dieses Eigenthum erscheint in der Tabelle A. der Anlagen Kolonne 47 und 48 und in Tabelle K. Kolonne 6 und 7 unter den Grundstücken, welche wegen ihrer Benutzung zu öffentlichen Zwecken ertraglos sind. An der Fläche dieser ertraglosen Grundstücke ist der Staat desshalb im Verhältniss beträchtlich höher betheiligt, als die übrigen Interessenten. Der seinem Ursprunge nach bei den Krongütern erwähnte altländische Staats- grundbesitz '), dessen Rechtsverhältnisse das Grundgesetz vom 5. November 1809 (G.-S. 1806— 180g $. 883) ordnete, ist theils durch das Edikt vom 30. Oktober 1810 (G.-S. S. 32) über die Einziehung sämmtlicher geistlicher Güter in der Monarchie, theils durch die Domainen der neuen, in Folge des Wiener Friedens in Besitz genommenen Provinzen erheblich vermehrt worden. Das Säkularisations-Edikt bestimmte im $ ı, dass alle Klöster, Dom- und andere Stifter, Balleien und Kommenden, sie mögen zur katholischen oder protestantischen Religion gehören, fortan als Staatsgüter betrachtet, nach und nach eingezogen, und Benutzer und Berechtigte entschädigt werden sollen, dass dagegen für hinreichende Belohnung der obersten geistlichen Behörden und reichliche Dotirung der Pfarreien, Schulen, milden Stiftungen und selbst derjenigen Klöster gesorgt werden werde, welche sich mit Erziehung der Jugend und der Krankenpflege beschäftigen und durch obige Vorschrift entweder an ihren bisherigen Einnahmen leiden, oder deren durchaus neue Fundirung nöthig erscheinen dürfte. Die Verhältnisse des Staatsgutes in den im Wiener Frieden erhaltenen Provinzen wurden durch die Verordnung vom 9. März 1819 (G.-S. S. 731) über die rechtliche Natur der Domainen in den neuen und wiedererworbenen Provinzen festgestellt. Die Verordnung vom 17. Januar 1820 (G.-S. S. 9) endlich gab, wie erwähnt, mit dem gesammten Vermögen und Eigenthum des Staates, insbesondere mit den sämmtlichen Domainen, Forsten und säkularisirten Gütern im ganzen Umfange der Monarchie für die gesammten Staatsschulden Garantie °) und traf desshalb auch die genauere Bestimmung, dass der Verkauf von Staatsgütern, die Ablösung von Domanial- renten, Erbpachtsgeldern und anderen Grundabgaben, Zinsen, Zehnten und Diensten fortan nur gegen baares Geld zu bewirken und diese Kaufgelder zur Schuldentilgung zu verwenden. Die Veräusserung von Domainen ist danach an sich nicht beschränkt, vielmehr wurde es bei der Reorganisation der Staatsverwaltung nach dem Tilsiter Frieden aus- drücklich als Ziel aufgestellt®), sämmtliche Domainen allmählich in erbliches, möglichst freies und unwiderrufbares Privateigenthum zu verwandeln, und dem entsprechend wurde auch nach und nach eine gewisse Anzahl Domainen zur Veräusserung gebracht. Die Benutzung der Domainen -Landgüter findet durch Zeitpacht statt. Administra- tion ist nur in bestimmten Ausnahmefällen (Exmission u. ähnl.) gestattet. Dies ist AV. Rönne Staatsrecht Bd. II. S. 795. 2) Vergl. auch Allerh. Kab.-Order vom 17. Juni 1826 (G.-S. S. 57). ®) Reg.-Instruktion vom 26. Dezember 1808 $ 64a. (v. Rabe, a.a.0. Bd. IX. S. 344). 524 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. durch die Domainen - Veräusserungs-Instruktion vom 25. Oktober 18r0*), die Instruk- tion für die Königl. Ober-Rechnungskammer vom 13. Dezember 19824 (v. Kamptz Annalen Bd. 9 S. 2 ff) und durch die Geschäftsanweisung für die Regierungen vom 31. Dezember 1825 unter D. II. (G.-S. 1826 S. 7) ausgesprochen. Die Bewirthschaftung der Staatsforsten führt der Staat in eigener Verwaltung. Die Einrichtung dieser Verwaltung**) wird bei der Darstellung des Betriebes der Forsten eingehend zu besprechen sein. Unter dem „sonstigen Eigenthum des Staats“ in der Tabelle sind die zu Militair-, Justiz-, Post- und anderen Verwaltungen gehörigen Etablissements zu verstehen, sofern dieselben Hausgärten über einen Morgen oder sonstige ertragsfähige Liegenschaften umfassen. 3. Das Eigenthum der Stadt- und Landgemeinden umfasst folgende Liegenschaften: if Gemeindegüter | Branden-| _ B Preussen |Pommern, Posen en Schlesien | Sachsen |Westfalen | Staat Jürg A. Der Fläche nach den Stadtgemeinden gehörig, en are: den Landgemeinden 1 882 559 235 950| 362 521] 64.0711 434 770 398 960| 146 295| 118 807| 121184 | 2.316 581 58476 29265 37605 66781, 54 325| 159 323| 265 887| 1 644 919 zusammen .. |294.426| 391 786 101676 501 551| 453 285| 305 618 384.694 1766 103 | 4 199 140 Von je 1000 Morgen | der Gesemmtfläche der ertragsfähigen Liegen- schaften gehören den | Kommunalgemeinden .| 12,4 34,3 93 3314 29,9 32,6 509 176,8 49,7 B. Dem Reinertrage nach in Thalern: a. das Stadtgemeinde- Eigenthum ..... 92605 305467| 22729| 233 311 259 804 227 9971| 83010] 130 160| 1355 077 b. das Landgemeinde- Eigenthum ..... 20119) 15344| 21330) 46623) 38292216949 1217101 925 978| 1 406 346 Auf den Morgen in Silbergroschen: a. das Stadtgemeinde- Eigenthum ..... II,g 25,3 10,7 16, 19,5 46,9 2 32,3 22% b. das Landgemeinde- | Eigenthum ..... IO,3 15,7 17,0 21,0 21, | 409 13,8 16,9 18,2 | | Korporationen und Gemeinden dürfen nach $$ 83 und 84 des Allg. Landrechts Th. I. Tit. 6. (v. Rönne Staatsrecht Th. I. S. 322) ohne besondere Genehmigung der ihnen vorgesetzten Behörde und zwar nach dem Reskript des Ministers des Innern vom 4. Oktober 1836 (v. Kamptz Annalen Bd. ı0. $. 1070) der Regierungen vorbehaltlich des Rechts der Ministerien, einzelne Fälle zu ihrer Kognition zu ziehen, unbewegliche Sachen weder erwerben, noch veräussern oder verpfänden, und es sollen dergleichen von einem dritten ohne diese Einwilligung mit ihnen vollzogene Handlungen nichtig sein. In betreff der Stadtgemeinden enthält die Städteordnung vom 30. Mai 1853 (G.-S. S. 261) keine Beschränkung bezüglich des Erwerbes von Grundstücken, sondern nur ($$ 5o und sr) rücksichtlich deren Veräusserung die Vorschrift, dass die Genehmigung %) Abgedruckt in Koch: Domainen -Recht S. 273 ff. **, Zuerst umfassend dargestellt in: v. Hagen, die forstlichen Verhältnisse Preussens, Berlin 1867. — Vergl. Reskr. v. 24. April 1836. (v. Kamptz Annalen Bd. XX. S. 290.) XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 525 der Regierung dazu erforderlich ist, und eine freiwillige Veräusserung in der Regel im Wege der öffentlichen Lizitation stattfinden muss; indess kann in besonderen Fällen die Regierung auch den Verkauf aus freier Hand, sowie einen Tausch gestatten, sobald sie sich überzeugt, dass der Vortheil der Gemeinde dadurch gefördert wird. Hinsichtlich der Dorfgemeinden ist durch Th. I. Tit. 7. $ 33 des Allg. Landrechts vorgeschrieben, dass dieselben zum Grunderwerbe durch \äetigen Vertrag der Genehmi- gung der Gerichtsobrigkeit bedürfen. Nach dem Reskr. des Ministers des Innern vom 29. März 1832 (v. Kamptz Annalen Bd. XVI. S. 129) ist darunter die Gutsobrigkeit zu verstehen, indess tritt nach dem Reskr. desselben Minist. vom 30. November 1836 (ebd. Bd. XX. S. 940) die Regierung ein, wenn von der Gutsherrschaft selbst erworben wer- den soll. Für die westfälischen Landgemeinden fordert der $ 94 der westfälischen Landgemeindeordnung vom 31. Oktober 1841 (G.-S. S. 314), und für die rheinischen, die rheinische Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845 (G.-S. S. 547) in jedem Falle die Genehmigung der Regierung. Zum Erwerbe von Rittergütern durch Dorfgemeinden oder deren Mitglieder be- darf es jedesmal der Genehmigung der betreffenden Provinzialregierung bei Strafe der Ungültigkeit (Allerh. Kab.-Order vom 25. Januar 1831, G.-S. S. 5, und Instrukt. dazu vom 13. Dezember 1832, v. Kamptz Annalen Bd. XV]. S. 913). 4. Das Grundeigenthum der Kirchen und Pfarren, Universitäten und höheren Lehr- anstalten, der anderen Schulen und der frommen und milden Stiftungen ist im Staate folgendes: Branden- 5 Rhein- [8] | T Jpreusen ‚Pommern| Posen Pia coOTpora bur, Schlesien| Sachsen |W. estfalän land Staat | 8 | ! | A. Der Fläche nach in | | | | Morgen: | | | | | a. der Kirchen und | | | | | ERROR 278 8318| 220718| 187 795| 247 784 4 181 397 253 388) 100 er 152488| 1 622 474 b. der Universitätenund höheren Lehranstalten c. der anderen Schulen d. der frommen u. mil- den Stiftungen ... 2993) 57018) I 140] 12 387) 3 627 23871, 14435 7587| 123058 50555 23225| 21729 24368 16 286, 27988| 1ı2677)| 6321] 183 148 | I I | 37 7746| 90405| 22 662| 107 262) 55638| 39343) 18 641) 47967| 419 664 256 942| 344 590) 145 885| 214 363| 2 348 344 zusammen ... Von je 1000 Mrg. der Gesammtflächederertrag- fähigen Liegenschaften 2 B. dem Reinertragenach in Thalern: a. der Kirchen und b. der Universitätenund höheren Lehranstalten c. der anderen Schulen d. der frommen u. mil- den Stiftungen... .. Auf den Morg. in Sgr.: a. der Kirchen und Pfarren, #928 b. der Universitätenund höheren Lehranstalten c. der anderen Schulen d. der frommen u. mil- den Stiftungen... . 370 112| 391 366| 233 326, 15,6 34,3 214 | 26,2 16,9 36,8 19,3 21,5 22,8 I I | | ] | 259 150| 269 961 171 722| 271 641 281884 634.242, 181 482| 385 292 2 455 374 246 648 256 524 4.022| 102 124| 990| 17752] 6779| 6341 ı| 26690] 24 879 42905 26643 19730] 33345| 25524 77299 17137] 13941 76883 79981) 132377| 34 118| 167 155 38 360 149 694| 20.296] 689 252 45,5 60,1 42,0 280 | 367 | 2715 | 328 | 467 | 75% | 539 | 76% 40,4 53,7 26: | 429 56,0 79,6 | 55,6 98,0 255 | 344 | 278 4lır 47,2 830 | 49,4 66,2 229 | 497 | 26,9 21,5 | 43% | IOolo | 550 | IO5,o 49,3 526 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Hinsichts des Erwerbes und der Veräusserung von Grundeigenthum bestehen für diese Institute nicht allein die im allgemeinen für Korporationen gegebenen Vorschriften der $$ 83 und 84, Theil II. Tit. 6, sondern auch die beschränkenden Bestimmungen des Allg. Landrechts Th. I. Tit. ır, $$ 193, 194— 219 ff., 948— 952, Th. II. Tit. 12, $$ 19, 20, 5T—57, 58 und 67 und Th. II. Tit. 19, $$ 42 und 43, sowie des Gesetzes vom 13. Mai 1833 (G.-S. S. 49), betreffend die Schenkungen an Kirchen und geistliche Genossenschaften, und an andere Anstalten und Korporationen*). — 5. Die Lehn- und Fideikommissgüter in den 8 alten Provinzen des Staates um- fassen folgende Besitzthümer: [h) | ee 2 Branden- in- Fideikommisse Preussen | Pommern Posen ae Su Schlesien Sachsen Westfalen et Staat Ig an A. DerFläche nach | in Morgen ....|402 224 1725 022| 184355 1261 632| ı 668 163) 742895| 514 043| 149 847| 6 650 181 Von je 1000 Mor- | gen der Gesammt- | fläche der ertrags- fähigenLiegenschaf- WIN Do eo 17,0 151,0 16,8 | 84,1 110,0 793 | 68 15,0 64,5 B. Dem Reinertrage nach in Thalern .|305 416 1331985 122 352| 1023 472 1239 694 ı 220 566 622.989 222 144] 6 088 620 Auf den Morgen | | in Silbergroschen .| 22,8 23,2 19,9 24,4 223 4953 36,3 447 275 Die Lehne sind in Preussen nach und nach fast ganz zur Auflösung gekommen. Das Allgem. Landrecht (Th. I. Tit. XVIII.) kennt zwar das Lehnsrecht noch in voller Ausdehnung und ohne wesentliche Einschränkung gegen das Gemeine Recht. In Folge des Ediktes vom 5. Januar 1717 (Corp. Const. Marchie. Tom. II. Abth, 5 S. gr N. 56)**) aber war die Verwandlung der Lehne in Erbgüter bei den landesherrlichen Lehnen nach und nach in der Mark Brandenburg und der Neumark, in Ostpreussen, Hinterpommern, Magdeburg, Mansfeld und Ravensberg mit Ausnahme der Thron- und Erbämterlehne, der feuda extra curtem und der auf zwei Augen stehenden oder be- anwartschafteten Lehne zur Ausführung gekommen. Die feuda extra curtem sind dem- nächst durch Artikel ro des Tilsiter Friedens vom 9./r2. Juli 1807 ganz ausgeschieden, und in mehreren der im Jahre 1907 abgetrennten Landestheile hat die französische Ge- setzgebung das Lehnsverhältniss völlig aufgehoben. Es blieben daher nach dem Wiener Frieden als Gegenstände des Lehnsrechts in denjenigen Landestheilen, welche nicht von der Monarchie getrennt worden sind, nur übrig: a) die allodifizirten Lehne hinsichtlich der Ver- hältnisse zwischen den Gliedern der Familie, b) die wenigen Thron- und Erbämterlehne, und ce) die Privatlehne; in den anderen Landestheilen, wo das Allg. Landrecht gilt, aber: d) die- jenigen Lehne, bei welchen in den abgetrennt gewesenen Ländern eine Wiederherstellung der früheren Verhältnisse hinsichtlich der Lehnsbesitzer und Agnaten stattgefunden hat, und e) die in ihrer Verfassung gebliebenen Lehne in denjenigen Landestheilen, wo das Allodifikationsedikt vom 5. Januar 1717 nicht zur Ausführung gekommen ist. In diese rechtliche Lage griff Artikel 40 und 4r der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 (G.-S8. $. ı7) und das dieselben darin wenig abändernde Gesetz vom 5. Juni 1852 (G.-8. $. 319) ein, und bestimmte: „die Errichtung von Lehnen ist untersagt; *) v. Rönne a. a. O. I. 322. **) Ebd. I. 349. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 527 der in Bezug auf die vorhandenen Lehne noch bestehende Lehnsverband soll durch ge- setzliche Anordnungen aufgelöst werden, diese Bestimmungen aber finden auf Thron- lehne und die ausserhalb des Staates liegenden Lehne keine Anwendung“. Gleichzeitig erklärte $. 2, No. ı des Reallastenablösungsgesetzes vom 2. März 1850 (6.-8. S. 77) das Obereigenthum des Lehnsherren und die lediglich aus demselben ent- springenden, nicht in Abgaben, Leistungen oder Nutzungen bestehenden Rechte bei allen innerhalb des Staates belegenen Lehnen mit alleiniger Ausnahme der Thronlehne für aufgehoben. Solche Thronlehne sind: a) die früher von der böhmischen Krone abhängenden drei schlesischen Fürstenthümer Sagan, Oels, 'Troppau und Jägerndorf (von letzterem gehört die Hälfte zu Oesterreich), b) das Fürstenthum Krotosehin im Grossherzogthum Posen, mit welchem ıg15 der Fürst von Thurn und Taxis wegen des an Preussen abgetretenen Postregals be- liehen worden, e) die Lehne der mediatisirten Fürsten und Grafen: ı. Stolberg, 2. Wittgenstein, 3. Hohen-Solms, 4. Solms-Braunsfels, 5. Wied. Die Vortheile der Krone bestehen lediglich in dem eventuellen Heimfallsrechte und in den von dem Lehnsträger bei Lehnserneuerungen zu entrichtenden Rekognitions- gefällen. In der vorstehenden Flächenzusammenstellung sind dieselben als Lehnsgüter nicht in Rücksicht gezogen. — In der Hauptsache hat der Lehnsverband in Preussen nur noch das Rechtsver- hältniss der Mitbelehnten und der Agnaten oder Anwärter zum Inhalt, und ist in das Wesen der Familienfideikommisse übergegangen. Auch das Gesetz, betreffend die Auflösung des Lehnsverbandes in Alt-, Vor- und Hinterpommern und die Abänderung der Lehnstaxe vom 4. März 1867 (G.-S. 8. 362) ist in diesem Sinne wesentlich zur Feststellung der fideikommissarischen Rechte erlassen worden. Die Erriehtung von Familienfideikommissen ist nach Th. II. Tit. 4, $ 23 ff. des Allg. Landrechts jedem Eigenthümer des Staates gestattet. Es können indess dazu ausser Kapitalien nur Grundstücke gewidmet werden, mit denen Ackerbau und Viehzucht ver- bunden ist und welche nach einem üblichen Wirthschaftsanschlage einen reinen Ertrag von 2500 Thlr. gewähren; auch soll der Ertrag, der davon dem Fideikommissbesitzer einschliesslich etwaiger Kapitalszinsen zufällt, nicht unter 1250 Thlr. betra®en. Ein Fideikommiss aber, welches den reinen Ertrag von 10.000 Thlr. jährlich übersteigt, bedarf landesherrlicher Genehmigung. Jedes Familienfideikommiss, das in Grundstücken be- steht, muss auf diesen hypothekarisch nach dem gesammten bezüglichen Inhalte der Stiftung und unter Vermerk der bekannten Anwärter eingetragen sein. Das Obereigen- thum befindet sich bei der ganzen Familie, dem jedesmaligen Fideikommissbesitzer ge- bührt nur das nutzbare Eigenthum des Fideikommisses, er kann desshalb auch durch Privatschulden nur die ihm selbst zustehenden Einkünfte belasten. Eine Belastung des Familienfideikommisses selbst kann mit Ausnahme einiger Fälle nothwendiger Verwen- dung nur durch einen förmlichen Familienschluss erfolgen. Auflöslich sind die Fideikommisse erst durch $ 9 des Edikts vom g. Oktober 1807 (G.-S. S. 171) geworden, welcher bestimmt, dass jede, einem Obereigenthümer unter- worfene Lehnsverbindung, jede Familien- und jede Fideikommissstiftung durch einen 528 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Familienschluss beliebig abgeändert oder gänzlich aufgehoben werden kann; das Gesetz vom 15. Februar 1840 (G.-S. S. 20) regelte das Verfahren bei diesen Familienschlüssen näher, und ein Gesetz von demselben Tage (G.-S. S. 25) führte die für das übrige Staatsgebiet geltende Gesetzgebung auch für die Familienfideikommisse, fideikommissa- rischen Substitutionen und Familienstiftungen im Herzogthum Schlesien und der Graf- schaft Glatz an Stelle der bis dahin geltenden provinzialreehtlichen ein. Der Artikel 40 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1350 untersagte auch die Stiftung von Familienkommissen, nahm ihre gesetzliche Umgestaltung in freies Eigen- thum in Aussicht und wollte nur Familienstiftungen, d. h. im Sinne des Landrechts Hebungen von Kapitalien oder von Grundstücken, welche diese selbst dem Verkehre nicht entziehen, zulassen, wurde indess darin durch das Gesetz vom 5. Juni 1852 gänzlich aufgehoben. Bezüglich der bäuerlichen Güter hat der Abschnitt XI. S. 373 ff. die Mannig- faltigkeit und weite Verbreitung der Rechtsverhältnisse gezeigt, die theils bei den eigenthümliehen Höfen, wo auch eigentliche Lehnsverhältnisse, als Sehulzenlehn, Zins-, Beutellehn und andere, an welehen kein Ritterdienst haftete, vorkommen, theils bei nur erblichen lassitischen Höfen bestanden, und von der Ueberlassung oder Leihe her als Bauernlehne bezeichnet wurden. Soweit diese als landesherrliche Lehne angesehen wurden, fielen sie unter das vorgedachte Edikt vom 5. Januar 1717 mit seinen bis 1724 folgenden Erweiterungen. Die bäuerlichen Privatlehne hatten überall, wo das Verbot Höfe einzuziehen be- stand, ausser dem hier und da geltenden Rechte den Anerben auszuwählen, als wesent- lichen Inhalt nur die Abgaben in Besitzveränderungsfällen und die dauernden Reallasten. Das eventuelle Heimfallsrecht verstand sich nach den landrechtliehen Gesichtspunkten für die unterthänigen Stellen von selbst, und das Regulirungsedikt schuf bei allen regulirten Stellen völlig freies Eigenthum. Desshalb antiquirte in den altländischen Provinzen der gesammte Rechtsbegriff des Bauernlehns, und soweit er noch eine Geltung erlangen konnte, wurde er durch das Reallastenablösungsgesetz vom 2. März 1850 aufgehoben. Dasselbe Gesetz beseitigte auch die Reste der Bauernlehne in den neuerworbenen oder durch den Tilsiter Frieden zeitweise unter fremdländische Herrschaft gekommenen Landestheilen. Hier waren, namentlich in den Königlich westfälischen Territorien die bäuerlichen Lehne durch die Zwischenherrschaft nur in beschränkter Weise zur Auf- hebung gekommen, und zum Theil gegen einen Allodifikationszins ablösbar geworden. Es ergingen desshalb sowohl in der Gesetzgebung vom 21. April 1825 mit den bezüg- liehen Ablösungsordnungen (Ss. 0. S. 422) als in der Deklaration vom 24. November 1833 (G.-S. S. 292) und den Verordnungen vom 25. April und 1. August 1835 (G.-8. 8. 53. 180) und 13. Juni 1836 (G.-8. S. zro) über die Heimfallsrechte, ebenso in der Kab.- Order vom 8. November 1845 (G.-S. S. 721) über die altmärkischen Bauernlehne nähere Bestimmungen, welche bis 1850 bestanden ®). Obwohl sich bei Bauergütern theils durch die Lehnsverhältnisse, theils durch ihre gesetzliche oder observanzmässige Geschlossenheit die Institute der Anwartschaft, der Abfindung der Geschwister und des Altentheils häufig auch das der Erbtaxe ausgebildet hatten, haben sich nach der Aufhebung der Unterthänigkeit fideikommissarische Besitz- verhältnisse im Bauernstande nicht entwickelt. *) Vergl. Lette und v. Rönne a. a. O. Bd. I. XXVI, XCII, 100; Bd. Ila. 740, 871, 1016. . XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 529 Das Allg. Landrecht bestimmte im Th. II. Tit. 7 88 280— 285, dass in allen Fällen, wo der neue Besitzer eines unterthänigen Rustikalgrundstückes Miterben abzufinden hat, der Werth des Gutes und des Wirthschafts-Inventars nach einer gemässigten Erbtaxe angeschlagen werden solle, die sich alle Theilnehmer ohne Widerrede gefallen lassen müssen; danach ist bei den nicht regulirten Stellen von Gerichten vielfach auch später verfahren worden. Für Ostpreussen ist dies durch das am 4. August ı8or publizirte ostpreussische Provinzialrecht genauer bestimmt; und für den übrigen Theil der Provinz ist durch die Verordnung vom 22. März 1944 (G.-S. S. 70) und die Kab.-Order vom 23. Februar 1848 (G.-S. S. 86) vorgeschrieben, dass der Reinertrag dabei mit sechs vom Hundert zu berechnen *). Das Gesetz über die bäuerliche Erbfolge in der Provinz Westfalen vom 13. Juli 1836 (G.-S. S. 209) machte den Versuch, zur Erhaltung des Bauernstandes eine Intestat- erbfolge durchzuführen, welche unter Festsetzung einer gewissen Anwartschaft dem Anerben das Gut nach ermässigter Taxe unter verschiedenen, den fideikommissarischen ähnlichen Vorrechten und Beschränkungen, den übrigen Miterben nur Abfindungen zu- wies. Dasselbe hat indess trotz der S. 487 erwähnten, bei der Reallastenablösung an- gebotenen Vortheile keine erhebliche Wirkung erreicht, und ist durch die Verordnung vom 20. Dezember 1848 (G.-S. S. 425 und 1849 S. 406) aufgehoben worden. Später hat das Gesetz vom 4. Juni 1856 (G.-S. 550) für alle Landgüter der Provinz Westfalen eine ermässigte Taxe in den Fällen vorgeschrieben, in denen eine Verfügung, durch welche ein solches Gut einem der Descendenten oder dem Ehegatten des Besitzers eigenthümlich zugewendet worden, wegen behaupteter Verletzung des Pflichttheils von einem anderen dazu Berechtigten angefochten wird, oder in denen eine Auseinander- setzung beim Tode eines in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten erfolgen muss. (Vergl. Gesetz vom 16. April 1860, G.-S. S. 165). Alle besonderen Provinzial- und Orts-Observanzen, nach welchen die Bauerngüter früher nach einer den wahren Werth nicht erreichenden Erb- oder sogenannten Grund- taxe vererbt wurden, sind durch die Vorschriften des Edikts vom 9. Oktober 1907 und dureh das Landeskulturedikt ausser Geltung gekommen**). Die oben in Tabelle [h] aufgeführten Lehn- und Fideikommissgüter umfassen dess- halb nur den Besitz grösserer Stiftungen innerhalb begüterter, den höheren Ständen angehöriger, meist fürstlicher oder adliger Familien. — Die näheren Angaben über die Verhältnisse der vorstehend zusammengefassten Kategorien des Grundeigenthums haben gezeigt, dass alle denselben zugehörigen Be- sitzungen insofern als in fester Hand liegend betrachtet werden können, als ihre Ver- äusserung der Willensmeinung des zeitigen Besitzers allein nicht anheimgegeben ist. Da dieselben also nicht völlig unter die allgemeinen Gesetze des freien Verkehrs fallen, und für sie in der Regel auch bezüglich der öffentlichen Lasten und der Art der Be- wirthschaftung andere Bedingungen geltend werden, als für die sonstigen Privatbesitzungen, wird ihre Unterscheidung auch unter landwirthschaftlichen Gesichtspunkten von Bedeu- tung. Grundeigenthum dagegen, dessen Veräusserlichkeit unbedingt ausgeschlossen wäre, findet sich unter diesem besonderen Besitzstande, wie nachgewiesen wurde, nicht. Die Prozentantheile desselben an der Gesammtfläche der einzelnen Provinzen er- geben sich schliesslich in umstehender Uebersicht: *) Lette und v. Rönne a. a. O. Bd. IIa. S. 82— 84. **) Just.-Min.-Reskr. 3. Juli 1813. v. Kamptz Jahrbücher Bd. I. S. 2;. Boden d. preuss. Staats. 34 530 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Antheil an je r000 Morgen der Gesammtfläche der ertragsfähigen Liegenschaften Besitzstand Preussen Pommern Brandenburg| Schlesien Sachsen | Westfalen | Rheinland 1. Eigenthum der Kro- ne, der Mitglieder des Königlichen Hauses und der bei- den Hohenzollern- schenFürstenhäuser . Eigenthum d.Staats: a. Domainen...- b. Forsten ....» e. sonstiges Eigen- .Städtisches Kom- munalvermögen .. . Ländliches Kommu- nalvermögen ... .» . Eigenthum der Kir- chen und Pfarren . . Eigenthum der Uni- versitäten undhöhe- ren Lehranstalten . . Eigenthum anderer Schulen... ..... . Eigenthum der mil- den und frommen Stiftungen... -.»- .Lehn- und Fidei- kommissgüter Zusammen Antheil an je 1000 Morg. der Gesammtfläche der er- tragsfähigen Liegen- schaften . ........» 322,4 115,3 284,6 218,1 250,7 166,3 271,6 2293 bleibt Antheil der im ; freien Verkehr stehen- den Liegenschaften .| 7979 | 677 | 3847 | 715 | 7819 |-7493 | 8337 | 7284 7707 oder in Fläche aus- gesprochen: a. fester Besitz. ... | 4783 716| 3 681 604| 1264. 037| 4271457| 3.308 1722 349 432)1 257 011| 2712.277| 23 629 666 zusammen... . |23 669 853|rı 421 26810 976. 226115 003 577\15.167 269 9 372.448|7 557 625 ‚9.985 739|103 154 003 Die nicht zum Er- trage eingeschätzten Flächen betragen .. 793 720, 374327| 362436) 618881] 614143] 508 560) 350560) 5ogoIı| 4131640 Die Gesammtfläche des Staates mit Aus- | | | schluss der grossen | | Strandgewässer. . . . [24.463 573|11 795 595 11 338 662 15 622 458 15 781 41219 881 008|7 908 185|10 494 7501107 285 643 Die grossen Strandgewässer betragen 1573 902 Summe des Staats... |108 859 545 XV. Das Gründeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 531 C. Verschiedenheit des Grundeigenthums nach seinen politischen Rechten. Die besonderen politischen Rechte, welche gewissen Gattungen des Grundeigen- thums eingeräumt sind, bestehen theils in den Rechten der S. 367 fi. gedachten guts- herrlichen Gerichtsbarkeit, theils in einer auf die älteren landständischen Verhältnisse zurückbezogenen bestimmten Stellung innerhalb der korporativen Verwaltung der Kreise, Landschaften und Provinzen, theils endlich in einer ausgedehnteren verfassungsmässigen Befugniss zur Theilnahme an der gesetzgebenden Gewalt im Staate. Die Gutsherrlichkeit vereinigte in der Form, in der sie, wie S. 366 ff. näher ge- zeigt hat, aus dem Mittelalter hervorging, sehr verschiedene Rechtskreise. Sie hatte die gesammte niedere Gerichtsbarkeit, ferner eine gewisse Summe wirthschaftlich nutz- barer Rechte an den Personen und Gütern der Unterthanen, und endlich das der Regel nach ausschliessliche Vorrecht des Adels auf den Besitz zum Inhalte. Die Landstandschaft der mit Dominien angesessenen Mitglieder des Adels, welche als Ritterschaft bezeichnet wurden, entwickelte sich naturgemäss aus der Stellung, die dieselben sowohl als die Vertreter ihrer Territorien und Hintersassen, wie als Lokal- behörde zu der Landesverwaltung einnahmen. Auf dieser Grundlage beruhten die Rechte der sogenannten Rittergüter, wie sie noch das Allg. Landrecht im 9. und 17. Titel des II. Theils dem Herkommen gemäss zusammen- fasst. „Nur der Adel ist zum Besitze adliger Güter berechtigt“, sagt Titel 9, $ 37 ff. „welches adlige Güter sind, ist durch die besonderen Verfassungen einer jeden Pro- vinz bestimmt. Das Recht in den Versammlungen des Adels, auf Kreis- und Land- tagen zu erscheinen, und über die daselbst vorkommenden Angelegenheiten zu stimmen, gebührt in der Regel nur dem angesessenen Adel. Personen bürgerlichen Standes können ohne besondere landesherrliche Erlaubniss keine adligen Güter besitzen, und die mit diesem Besitze sonst verbundenen persönlichen Ehrenrechte erhalten sie nur insofern, als dieselben in der ertheilten Konzession ausgedrückt sind. Nur die Besitzer von Rittergütern können in der Regel Unterthanen haben und herrschaftliche Rechte über dergleichen Leute ausüben. Die dem Gute anklebende Gerichtsbarkeit können adlige Gutsbesitzer in ihrem Namen ausüben lassen. Wo das Recht der Gerichtsbar- keit (Tit. 17, $ 23 fl.) mit dem Besitze einer gewissen Art von Gütern überhaupt verbunden, oder gewissen Gütern besonders beigelegt ist, heisst dasselbe die Patrimonial- gerichtsbarkeit. Wo keine besonderen Polizeigerichte vorhanden sind, liegt dem mit der bürgerlichen Gerichtsbarkeit Beliehenen auch die Untersuchung und Bestrafung der geringeren Polizeivergehungen und Verbrechen ob.“ Schon das Edikt vom g. Oktober 1807 hob die betreffenden Vorrechte des Adels auf, und die übrige Landeskulturgesetzgebung lösste die wirthschaftlichen Beziehungen, welche eine ungleiche Rechtsstellung zwischen Dominial- und Rustikalbesitz bedingten. Beide berührten zwar die Rechte der Patrimonialgerichtsbarkeit und der Standschaft nicht, indess führten nach und nach auch auf diesen Gebieten die Bedürfnisse des ent- wickelteren Staatslebens wesentliche Umgestaltungen, die in besonderen gesetzgeberischen Akten ausgesprochen wurden, herbei. Sie traten in den östlichen Provinzen theils später, theils weniger durchgreifend ein, als in den westlichen; dadurch begründeten sich 34* 53% XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. gewisse, auch gegenwärtig noch nicht überall verwischte Unterschiede zwischen beiden Landestheilen. Was zunächst die gutsherrliche Gerichtsbarkeit betrifft, so enthob am Rhein und in Westfalen die französische und die darin analoge Gesetzgebung der Gebiete von Berg, Hessen und des Königreichs Westfalen die Rittergüter sowohl der bürgerlichen als der Polizeistrafgerichtsbarkeit. Bei der preussischen Besitznahme ergab sich keine Veranlassung, die Wiederherstellung des alten Verhältnisses weiter, als die Bundesakte vorschrieb, auszudehnen. Sie erfolgte desshalb nur für die Güter der vormals unmittel- baren deutschen Reichsstände und des ehemaligen Reichsadels der Provinz Westfalen durch die Verordnung vom 21. Juni 1815 (G.-S. S. 105) und die zugehörige Instruktion vom 30. Mai 1820 (G.-S. S. gr). Später übertrug der $ 5 der Landgemeindeordnung für Westfalen vom 31. Oktober 1841 (G.-S. $S. 297) auch die lokale Polizeiverwaltung im wesentlichen den von der Regierung zu ernennenden, den rheinischen Bürgermeistern entsprechenden Amtmännern. In den sechs östlichen Provinzen dagegen blieb die Gerichtsbarkeit der Guts- herren, obwohl sich namentlich die bürgerliche und Strafgerichtsbarkeit mebr und mehr als eine Last ohne Gegenvortheile erwies, bis zu der Allerh. Verordnung vom 2. Ja- nuar 1849 (G.-S. S. 1), über die Aufhebung der Privatgerichtsbarkeit und des eximirten Gerichtsstandes sowie über die anderweite Organisation der Gerichte, unverändert bestehen. Diese in der Bekanntmachung vom 22. und dem Gesetze vom 26. April 1851 (G.-S. S. 180 ff.) ergänzte Verordnung beseitigte in Anerkennung der Nothwendigkeit mit dem beginnenden Verfassungsleben alle Staatsbürger völlig gleich vor Gericht und in Bezug auf die Rechtspflege zu stellen, die gesammte Patrimonialgerichtsbarkeit in Civil- und Strafsachen sammt der standesherrlichen und städtischen, übernahm dieselbe auf den Staat, und hob zugleich den bis dahin bestandenen eximirten Gerichtsstand der Rittergüter und die Führung der Hypothekenbücher derselben bei der höheren Instanz auf, so dass sie fortan, wie die Rustikalgüter, vor dem Kreisgerichte Recht zu nehmen hatten. Die Verordnung vom 3. Januar 1849 (G.-S. S. ı4) über das Verfahren in Untersuchungssachen übergab nach dem Muster der rheinischen Strafprozessordnung auch die polizeiliche Strafgerichtsbarkeit den Königlichen Polizeigerichten. Diese Umwandlung ging in den Artikel 42 der Verfassungsurkunde des Staates vom 31. Januar 1850 (G.-S. S. ı7) über. Derselbe Artikel der Verfassung hob zwar ausserdem auch die gutsherrliche Polizei und obrigkeitliche Gewalt, sowie die gewissen Grundstücken zustehenden Hoheitsrechte und Privilegien auf, indess ordnete Art. ıı4 als Uebergangsbestimmung an, dass es hinsichtlich der Polizeiverwaltung bis zur Emanirung der neuen Gemeindeordnung bei den bisherigen Bestimmungen verbleibe. (Vergl. o. S. 68.) Mit Bezug darauf bestimmte endlich das Gesetz vom 14. April 1856 (G.-S. 354), betreffend die ländlichen Ortsobrigkeiten in den sechs östlichen Provinzen, unter Auf- hebung der gedachten Artikel 42 und ır4 der Verfassung, dass die nach den $$ 18—22 Tit. 17, Th. I. Allgem. Landrrechts aus dem Königlichen Hoheitsrechte abgeleitete, in der Regel mit dem Besitze eines Ritter- oder anderen ländlichen Gutes verbundene, ortsobrigkeitliche (polizeiobrigkeitliche) Gewalt ihrem Inhaber nur in bestimmten, sehr beschränkten Fällen (bei völliger Zerstückelung, Besitz durch eine Landgemeinde, ge- wissen Vergehen und Verbrechen) entzogen werden könne. (Vergl. v. Rönne a. a. 0.1. S. 230.) XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 533 Die Polizeiverwaltung ist desshalb noch gegenwärtig in dem grössten Theile der Landgemeinden der östlichen Provinzen eine gutsherrliche. Der Rittergutsbesitzer kann dieselbe bei persönlicher Qualifikation selbst führen, oder dazu eine geeignete Persönlichkeit präsentiren. Sie umfasst alle Befugnisse der örtlichen Polizei, unter anderem das Recht, nach Berathung mit dem Gemeindevorstande ortspolizeiliche Vorschriften für den Umfang der Gemeinde zu erlassen, und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen bis zum Betrage von 3 Thlrn., bei Genehmigung der Bezirks-Regierung bis zum Betrage von ro Thlrn. anzudrohen*); ebenso wegen Polizeiübertretungen, welche bis zu 5 Thlr. Geld oder 3 Tage Gefängniss straffällig machen, eine entspreehende vorläufige Straffestsetzung zu verfügen, welche vollstreckbar wird, wenn der Angeschuldigte nicht binnen ro Tagen den Antrag auf gerichtliche Ent- scheidung dureh den Polizeirichter stellt**). Sie schliesst auch die Aufsicht über die Verwaltung der zu dem Rittergute gehörigen Rustikalgemeinde, das Recht, im Mangel anderen Herkommens den Dorfscholzen zu ernennen, und andere Befugnisse ein, welche in einer vom Minister des Innern an die Ober-Präsidenten und Regierungen unter dem 29. und 30. Oktober 1855 (Minist.-Blatt für die innere Verwaltung 1855 $. 199 ff.; 1856 S. 5 ff.) erlassenen Zusammenstellung der die Landgemeinde-Verfassungen betreffenden Bestimmungen und Anleitungen systematisch geordnet sind. — Das allgemein unterscheidende Merkmal aber, welches den Rittergütern in poli- tischer wie sozialer Beziehung einen Vorzug vor den Rustikalgütern gleicher Grösse und Beschaffenheit verleiht, ist die von der Gesetzgebung mehrfach fortentwickelte Kreis- und Landstandschaft. Im allgemeinen sind die früheren ständischen Verfassungen, wie sich dieselben seit dem Mittelalter in den verschiedenen Territorien mit mehr oder weniger Befug- nissen der Steuerbewillisung und anderer Verwaltungsrechte ausgebildet hatten, gegen den Ausgang des 18. Jahrhunderts völlig in Verfall gerathen, und es haben nur noch Kreisversammlungen und die für den Pfandbriefskredit gebildeten landschaftlichen Ver- bände die Traditionen der früheren Zeit einigermassen gewahrt. . Die Rekonstituirung der Stände aber wurde schon durch die Edikte über die Finanzen des Staates vom 27. Oktober ıgro (G.-S. S. 25) und vom 7. September ı8ı11 (G.-S. S. 253) in Aussicht gestellt, und durch das Edikt vom 22. Mai 1815 (G.-S. S. 103) ausgesprochen, „dass eine Repräsentation des Volkes gebildet werden werde, und zu diesem Zwecke die Provinzialstände da, wo sie mit mehr oder weniger Wirksamkeit noch vorhanden, herzustellen und dem Bedürfnisse der Zeit gemäss einzurichten, wo aber gegenwärtig keine Provinzialstände vorhanden, sie anzuordnen seien.“ Im Verfolg dessen erging das allgemeine Gesetz wegen Anordnung der Provinzial- stände vom 5. Juni 1823 (G.-S. S. 129), welches die Provinzialstände als das gesetzmässige Organ der verschiedenen Stände der Unterthanen in jeder Provinz anerkannte, und aus- sprach, dass die Gesetzentwürfe, welche allein die Provinz betreffen, an sie gelangen sollten, und so lange keine allgemeinen ständischen Versammlungen stattfänden, ihnen die Entwürfe solcher allgemeinen Gesetze, welche Veränderungen in Personen- und Eigenthumsrechten und in den Steuern zum Gegenstande haben, soweit sie die Pro- vinz betreffen, vorgelest werden würden, dass ferner Bitten und Beschwerden, welche *) $ 5—ı6 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom ı1. März 1850 (G.-S. S. 265). **) Gesetz über vorläufige Straffestsetzungen vom 14. Mai 1852 (G.-8. 8.245). _ 534 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. auf das spezielle Wohl und Interesse der ganzen Provinz oder eines Theils derselben Beziehung haben, von ihnen angenommen, solehe geprüft und sie darauf beschieden werden würden, endlich auch die Kommunalangelegenheiten der Provinz ihren Beschlüssen unter Vorbehalt der Allerhöchsten Genehmigung und Aufsicht zu überlassen seien. Zur Anordnung und Einrichtung der Provinzialstände ergingen für die einzelnen Provinzen besondere Gesetze: r. für das Königreich Preussen unter dem r. Juli 1823 (G.-S. S. 138) mit der er- gänzenden Verordnung vom 17. März 1828 (G.-S. S. 28); 2. für das Herzogthum Pommern und Fürstenthum Rügen unter dem ı. Juli 1823 (G.-8. S. 146) mit der Verordnung vom 17. August 1825 (G.-8. 8. 210); 3. für das Grossherzogthum Posen unter dem 27. März 1824 (G.-S. S. 141) mit der Verordnung vom 15. Dezember 1930 (G.-S. 1832 S. 9); 4. für die Mark Brandenburg und das Markgrafthum Niederlausitz unter dem r. Juli 1823 (G.-S. S. 130) mit der Verordnung für die Kur- und Neumark und die Nieder- lausitz vom 17. August 1925 (G.-S. 210); für das Herzogthum Schlesien, die Grafschaft Glatz und das Markgrafthum Ober- lausitz vom 27. März 1824 (G.-S. 62) mit der Verordnung vom 2. Juni 1827 (G.-S. S. 61); 6. für die Provinz Sachsen unter dem 27. März 1924 (G.-S. S. 70) mit der Verord- nung vom 17. Mai 1825 (G.-8. S. 47); 7. für die Provinz Westfalen unter dem 27. März 1824 (G.-S. S. 108) mit der Ver- ordnung vom 13. Juli 1827 (G.-S. S. 109); 8. für die Rheinprovinz unter dem 27. März 1824 (@.-S. S. ıor) mit der Verordnung vom 13. Juli 1827 (G.-S. S. 103). Diese Gesetze gaben den Provinzialständen eine feste Organisation”), nach der sich mit Berücksichtigung einiger unwesentlichen späteren Abänderungen ihre Versamm- lungen in nachstehenden Stimmenverhältnissen aus den Ständen der Ritterschaft, der Städte und der Landgemeinden zusammensetzen; in den vier zu 5—8 genannten Pro- vinziallandtagen treten als ein erster Stand die Fürsten und Standesherren hinzu. wı [k] Zahl der Abgeordneten aus dem Stande der | zusam- vinzial- i . hti = men Provi Einzelne Stimmberechtigte Ritter- Bäner- Be guts- Städte Tandans besitzer | ‚Guts- Znen besitzer I. Stand | II. Stand | III. Stand —— m nn 1. Preussen. ...|a. Geschlechtsfideikommiss der Grafen 45 28.| 22 97 zu Dohna. | b. Kollektivstimme der Besitzer grösse- rer Familienfideikommisse. 2. Pommern ..|a. Fürst von Puttbus, wegen seines Fa- 24 16 8 49 milienmajorates. *) y. Rönne Staatsrecht Bd. I. S. 550. — K. Fr. Rauer die ständische Gesetzgebung der preussischen Staaten, Berlin 1845, mit neuer Folge, Berlin 1852. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 939 Provinzial- Landtage 4. Brandenburg. 5. Schlesien Einzelne Stimmberechtigte I. Stand Fürst Thurn und Taxis, wegen des Fürstenthums Krotoschin, Fürst Sulkowsky, wegen des Familien- majorates Reisen. Fürst Radziwill, wegen der Grafschaft Przygodzice. Graf Athanasius Raczynski. Domkapitel zu Brandenburg. Graf von Solms-Baruth. Graf von Solms-Sonnenwalde. . Kollektivstimme der adligen Majorate und Familienfideikommisse. Stimme eines Abgeordneten des Her- renstandes (der Standesherren) der Niederlausitz. I. Stand A. Fürsten: . Herzog von Braunschweig-Oels, wegen des Fürstenthums Oels. Fürst von Lichtenstein, wegen des preussischen Antheils v. Troppau und Jägerndorf. Herzogin von Talleyrand, wegen des Fürstenthums Sagan. Fürst v. Hatzfeld, wegen des Fürsten- thums Trachenberg. Fürst von Schönaich-Karolath, wegen des Fürstenthums Karolath. Fürst Hohenlohe - Waldenburg- Schil- lingsfürst, wegen des Herzogthums Ratibor. Fürst von Pless, wegen des Fürsten- thums Pless. B. Standesherren: Erboberlandmundschenk Graf Henckel von Donnersmark, wegen der Standes- herrschaft Ober-Beuthen. Prinz Biron von Kurland, wegen der Standesherrschaft Wartenberg. . Erb-Oberkämmerer Graf v. Maltzan, wegen der Standesherrschaft Militsch. Erb-Oberlandpostmeister Graf von Reichenbach - Goschütz, wegen der Standesherrschaft Goschütz. Zahl der Abgeordneten aus dem Stande der Ritter- guts- besitzer 22 I, Stand a. Den Kol- lektivabge- ordueten der Majo- rata- uud Ge- schlechts« ei- kommiss- besitzer I b. Die übrige Rit- terschaft 35 Städte I. Stand 16 23 III. Stand 30 bäuer- lichen Guts- besitzer II Stand 8 IV. Stand 16 zusam- men Stim- men 50 96 536 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Provinzial- Landtage 6. Sachsen ... 7. Westfalen .. 8. Rheinprovinz n. Der Erblandhofmeister Graf v. Schaff- gotsch, wegen der Standesherrschaft Kynast. o. Der Fürstv.Pless, wegen der Standes- herrschaft Fürstenstein. a. Domkapitel zu Merseburg. a. Kollek- ” tivstımme b. Domkapitel zu Naumburg. nenHeilzen ce. Graf zu Stolberg-Wernigerode. Zarailien: Fideikom- d. Graf zu Stolberg-Stolberg. misse e. Graf zu Stolberg-Rossla. b. Eu f. Der Besitzer des Amtes Walternien- |“ Fer l. m. Graf von Landsberg-Gemen. Br=P © Einzelne Stimmberechtigte Ritter- guts- besitzer I. Stand . Der Besitzer der Standesherrschaft Muskau. II. Stand burg. 2 Die vormals unmittelbaren deutschen Reichsstände: Herzog von Aremberg. Fürst von Salm-Salm. Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Wittgen- stein. Fürstv.Bentheim-Tecklenburg-Rheda. Fürst von Bentheim-Steinfurt. Fürst von Salm-Horstmar. . Fürst zu Rheina-Wolbeck (an Stelle des Herzogs von Looz). Herzog von Croy. . Graf v. Kielmannsegge (an Stelle des früheren v. Stein), wegen der Herr- schaften Kappenberg und Scheda. Graf von Westphalen. 20 Die vormals unmittelbaren deutschen Reichsstände: Fürst von Solms-Braunfels. Fürst von Solms-Hohensolms-Lich. Fürst von Wied. Fürst von Hatzfeld, wegen der Herr- schaft Wildenburg-Schönstein. Fürst von Salm-Reiferscheid-Dyk, we- gen seines grösstentheils aus reichs- unmittelbaren Besitzungen gestifteten Majorates. In den 8 Provinzen zusammen: 49 Zahl der Abgeordneten aus dem Stande der zusam- = men bäuer- n Städte lichen Stin- Guts- men besitzer III. Stand |IV. Stand XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 537 Wie es dieser Organismus forderte, war in den vorerwähnten Gesetzen für die verschiedenen Landestheile bestimmt '), dass auch die kreisständischen Versammlungen da, wo sie bis dahin noch stattgefunden, bis auf weitere Anordnung ferner bestehen, und wo sie früher bestanden, wieder eingeführt werden sollten. Es wurden ferner die zum ersten Provinziallandtage versammelten Stände der einzelnen Provinzen aufgefor- dert, Vorschläge zu machen, in welcher Weise die bisher in der Regel nur vom Adel gebildeten Kreisstände mit den Modifikationen, welche der Zutritt aller Stände erfordert, einzurichten seien. Das Resultat der Verhandlungen war die Publikation folgender, noch gegenwärtig gesetzlich geltender Kreisordnungen: ı. für das Königreich Preussen vom 27. März 1823 (G.-S. S. 34); 2. für Pommern und Rügen vom 17. August 1825 (G.-S. S. 217); 3. für das Grossherzogthum Posen vom 20. Dezember 1828 (G.-S. 1829 S. 3); 4. für die Kur- und Neumark vom 17. August 1825 (G.-S. S. 203), welche mit einigen besonderen Bestimmungen auch in den sechs landräthlichen Kreisen der Nieder- lausitz Anwendung findet (Verord. vom 13. November 1826, $ ı6, G.-S. S. 110); 5. für Schlesien, die Grafschaft Glatz und die Oberlausitz vom 2. Juni 1827 (G.-S. 8. 71); 6. für die Provinz Sachsen vom 17. Mai 1827 (G.-S. S. 54); 7.u. 8. für Westfalen und die Rheinprovinz vom 13. Juli 1827 (G.-S. S. 117). Nach den Bestimmungen derselben bilden die bestehenden landräthlichen Kreise die Bezirke der Kreisstände. Die Kreisversammlungen, die sich aus ihnen zusammen- setzen, haben den Zweck die Kreisverwaltung des Landraths in Kommunalangelegen- heiten zu begleiten und zu unterstützen; diese Verwaltung innerhalb der bestehenden Gesetzgebung macht den Gegenstand ihrer Berathungen und Beschlüsse aus. Sie ver- treten die Kreiskorporation in allen Kommunalangelegenheiten, und geben verbindende Erklärungen für sie ab, dürfen sich auch mit Petitionen und Eingaben an die Behörden und den König wenden. Sie sind mit ihrem Gutachten bei allen Abgaben, Leistungen und Naturaldiensten zu den Kreisbedürfnissen zu hören, und haben die Rechnungen über die verwendeten Gelder abzunehmen, auch die Beamten für kreisständische Ver- waltungen zu wählen. Durch besondere gesetzliche Bestimmung ist ihnen die Wahl der Civilmitglieder der Kreisersatzkommission ®), die Begutachtung der Klassensteuer- veranlagung, und die Betheiligung an der Einkommensteuer- Einschätzungskommission °), die Wahl der Mitglieder der Kreisvermittelungsbehörden in Auseinandersetzungssachen ), namentlich aber die Befugniss beigelegt, Ausgaben zu gemeinnützigen Einrichtungen und zu Anlagen, welche im Interesse des ganzen Kreises beruhen, sowie zur Beseitigung von Nothständen zu beschliessen und sämmtliche Kreiseingesessenen dadurch zu verpflichten?). Die Präsentation der Kandidaten, aus denen der König den Landrath ernennt, ?) Gleiehlautend je in $ 57, 58 oder 59. 2) Instr. vom 30. Juni 1817. v. Kamptz Annalen Bd.I. Heft, S. 285. ®) Ges. vom ı. Mai ıg51 $ 14 u. 21. (G.-S. S. 199). ‘) Verord. vom 30. Juni 1834 $ 2u. 32 (G.-S. S. 94). _ %) ı. für Preussen vom 22. Juni 1842 (G.-S. S.2ır); 2. für Pommern vom 25. März 1841 (G.-S. S. 55); 3. für Posen vom 25. März 1841 (G.-S. S. 58); 4. für Brandenburg vom 25. März 1841 (G.-S. S. 53) mit Ergänzungs-Verordnung vom 7. März 1845 (G.-S. S. 159); 5. für Schlesien vom 7. Januar 1842 (G.-S. S. 33); 6. für Sachsen vom 25. März 1841 (G.-S. S. 60); 7. für Westfalen vom 25. März 1841 (G.-S. S. 62); 8. für die Rheinprovinz vom 9. April 1846 (G.-S. S. 161). [Vergl. Ges. vom 24. Mai 1853, G.-S. S. 238.] 538 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. steht in den meisten Kreisen nicht dem Kreistage, sondern nur den in demselben stimmenden Rittergutsbesitzern zu*). Die Vertretung im Kreistage findet nach drei Ständen statt. Im ersten Stande sind der Hauptsache nach die grossen Güter durch Virilstimmen ihrer Besitzer, im zweiten die im Kreise belegenen Städte, jede durch einen oder zwei Abgeordnete, im dritten die Landgemeinden zusammen durch eine Anzahl Abgeordneter vertreten, welche letztere nach der ersten Einrichtung meist drei, in neuerer Zeit häufig sechs, in einigen Kreisen auch beträchtlich mehr beträgt. Angaben über die Zahl der Rittergüter und das Stimmverhältniss der verschiedenen Arten des Grundbesitzes auf den Kreistagen sind in ©. Fr. Rauers Handmatrikel der in sämmtlichen Kreisen des preussischen Staates auf Kreis- und Landtagen vertretenen Rittergüter, Berlin 1857, dem Jahrbuch des Königlichen statistischen Büreaus, Jahrg. I. 1863 $. 123, in den amtlichen statistischen Nachrichten zu dem Entwurfe der Kreis- ordnung für die sechs östlichen Provinzen, den Kreis- und Bezirksstatistiken und in neueren Erhebungen der Fortscehreibungsbehörden gemacht. Ihre Zahlen weichen indess mehrfach von einander ab, was in der für die Aufnahme in der That erheblichen Schwierigkeit richtiger Unterscheidung der obwaltenden Rechtsverhältnisse seinen Grund hat. Die Genauigkeit der Tabelle L kann desshalb nicht überall vertreten werden. Den Regierungsbezirken und Provinzen nach lässt sich das Gesammtresultat nach der Zusammenstellung [1] auf S. 539 überblicken: In der Regel gehören auf allen Kreistagen zum ersten Stande ausser den Standes- herren, welche diese Uebersicht in Kolonne 6 als bevorrechteter Grundbesitz aufführt, nur die in einem gewissen Normaljahre durch herkömmliche Standschaft oder aus- drückliche Verleihung als solche anerkannten Rittergüter. Unter denselben lassen sich diejenigen unterscheiden, welche im Sinne des $ 4 der Königlichen Verordnung vom ı2. Oktober 1854 über die Bildung der ersten Kammer (G.-S. S. 541) zum alten und befestigten Grundbesitze gehören (Kol. 7 ebd.)**), ferner solche, welche dauernd das Recht auf eine Virilstimme im Kreistage besitzen, (Kol. 8 ebd.) und solche, welchen nur bedingte Rittergutsqualität zusteht (Kol. 9 ebd.). Letz- tere sind solche Güter, welche nach den darüber erlassenen Bestimmungen ***) zwar gemäss der Kreisordnungen nicht in die Rittergutsmatrikel aufzunehmen waren, für die Besitzzeit des zeitigen Inhabers und seiner Descendenz aber die Rittergutsqualität durch Königliche Urkunde erlangt haben. Endlich bestehen noch solche Rittergüter, denen zwar die Befugniss auf dem Kreistage zu stimmen, nicht aber die Landtagsfähigkeit innewohnt (Kol. ro ebd.). *) Ueber die Landrathswahlen sind folgende Reglements erlassen: a) für Brandenburg und Pommern unter dem 22. August 1826 (v. Kamptz Annalen Bd.X.S. 593), auf Preussen unter dem ıg. Oktober 1828 (ebend. Bd. XII. S. 956), auf Schlesien unter dem 2. April 1828 (ebend. Bd. XVI. S. 30) und auf Sachsen unter dem 30. April 1827 (ebend. Bd. XVI. S. 34) ausgedehnt und durch die Allerh. Kab.-Order vom 30. November 1827 (ebend. Bd. XI. S. 872) ergänzt; b) für die Rheinprovinz und Westfalen unter dem 17. März 1828 (ebend. Bd. XII. S. 32); c) für Posen unter dem 29. April 1829 (ebend. Bd. XIII. S. 476). ** Ein alter befestigter wird derjenige Grundbesitz, der 100 Jahre lang in derselben Familie verbleibt, er scheidet aus dieser Kategorie aus, sobald er durch Verkauf in fremde Hände übergeht. **), C. Fr. Rauer, ständische Gesetzgebung. Berlin 1845, $ 159, 231 u. a. m Regierungs- bezirke und Provinzen 1. Königsberg Gumbinnen . Danzig.... Marienwerder Preussen Köslin.. „> Stettin „00. Stralsund Pommern Bromberg .. Posen Posen Frankfurt .. Potsdam ... Brandenburg Oppeln.... Breslau.... Liegnitz ... Schlesien Magdeburg. . Merseburg . . Erfurt .... Sachsen Minden.... Münster ... Arnsberg... Westfalen Düsseldorf. . Rheinland XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 539 Auf Kreistagen im ersten Stande vertretene Güter n. d. Jahrbuch der amtlichen Statistik, Jahrg. 1. 8. 123. | Bevor" Zahl Vertretung im Kreistage rechte- Rittergäter mit Virilstimmen Stimmen der grösseren Güter ohne Rittergutsqualität Ritter- güter!)] Zahl 2. ER 1035 442 2741| 270 572| 596 2099| 238) 8557 886 603 615 346 362 1804| 1863 925 328 532 965 1497 524 977 1501 747 868 7901|?) 790 1448| 1658 896] 881 1420| 1294 1027| 1081 3343| 3 256 338 558 198 1094 98 127 185 410 357 575 217 1143 97 139 189 425 178 139 gı 35 12 455 174 146 99 34 12| 465, Staat | 13 150| 12.654 unter Mini- mal- mass | 806 Ungefähre Gesammt- fläche ter Grund- besitz Morgen 2169 347 682 179 685 132 2.040 472 5.577 130 \ 2658 gıı 1610 376 655 137 4924 424 1 724 677 3 316 640 5.041317 2355 030 1 816 505 4171 535 2264 546 2.076 309 2 256 393 6.597 248 694 180 605 577 142 290 1442 047 3) 149 556 9) 146924 ) 146.093 442 523 121 152 97 659 65 204 110 979 20759 415753 28611977] 81 ') Nach der Erhebung durch die Fortschreibungsbeamten. *) A usschliesslich der Hofkammergüter. °) Aussc hliesslich des Areals der Standesherrschaften. alter |mit un- mit be-| und |beding-|T 5 dingter be- % „| Ritter- Ritter- guts- | Buts- quali- Besitz tät TanEzB: 790 261 213 quali- tät B HH 1% NRPROH DW HWwa 152517635) 119 nur kreis- tags- fähige Köl- | mische| Güter den | Kölmi- schen gleich | ge- | achtete) 12. | i 20 26 23 26 95 kreis- tags- fäbige 13. ge- wählte 281 | 40 54 103 Abgeordnete der der Land- Städte |gemein- den 145 103 E 329 |2207 540 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Neben den Rittergütern giebt es auch in drei Provinzen stimmberechtigte grössere Güter ohne Rittergutsqualität. Unter diesem Gesichtspunkte sind in der Provinz Preussen die Besitzer von Kölmischen Gütern von 6 Kulmischen Hufen separirten, kontribuablen Landes, welches nicht Theil eines Dorfes, sondern ein für sich bestehendes Landgut ist (Kol. ır ebd.), und die Besitzer eines anderen grösseren, dem vorbezeichneten Kölmischen gleich- artigen Landbesitzes (Kol. ı2 ebd.) im ersten Stande kreistagsfähig*). Die Besitzer solcher Kölmischen Güter aber, welche mehr als 6 Kulmische Hufen enthalten, jedoch nicht zum Erscheinen in der Ritterschaft qualifiziren, vertreten sich im Stande der Land- gemeinden persönlich. Für die Rheinprovinz ist durch die Verordnung vom 26. März 1839 (G.-S. S. 102) bestimmt, dass, wenn in einem Kreise nicht wenigstens 5 stimmfähige Besitzer von immatrikulirten Rittergütern vorhanden sind, der Kreisversammlung so viele Abgeordnete derjenigen meistbegüterten ländlichen Grundeigenthümer, denen die Wählbarkeit zum Landrathsamte verliehen ist, hinzutreten sollen, dass der grössere ländliche Grundbesitz mit Einschluss der vorhandenen ritterschaftlichen Kreistagsmitglieder 5 Vertreter erhält. Diese Abgeordneten stehen in allen ihren kreisständischen Rechten und Pflichten den Rittergutsbesitzern gleich. Das geringste Mass, welches im Falle freiwilliger Parzellirung ein Gut behalten muss, um noch ferner die Rechte eines Rittergutes zu geniessen, ist: für die Provinz Preussen 500 Thlr. Reinertrag nach revidirter landschaftlicher Taxe; für Posen ı ooo Morgen Land, wovon 500 urbar; für Pommern und die Kurmark ı 000 Morgen Land oder ı ooo Thlr. baare Gefälle oder 5o Wispel Pächte; für die Neumark ı ooo Morgen von 20 000 Thhlr. Werth; für die Nieder- und Oberlausitz 50oo Morgen; für Schlesien und die Grafschaft Glatz ı ooo Thlr. Reinertrag nach landschaftlicher Taxe; für Sachsen ı ooo Thlr. Reinertrag nach landschaftlichen Grundsätzen berechnet. Die Zahl solcher immatrikulirten Güter mit Mindermass ergiebt Kol. 4 der Uebersicht [1]. Ueberhaupt keine Rittergüter befinden sich in den Landkreisen Lennep (Regie- rungsbezirk Düsseldorf), Waldbroel (Regierungsbezirk Köln), Montjoie und Malmedy (Regierungsbezirk Aachen), St. Goar, Zell und Kochem (Regierungsbezirk Koblenz), Daun, Prüm, Bitburg, Bernkastel, Saarbrücken und St. Wendel (Regierungsbezirk Trier), endlich in Hohenzollern. Eine Abänderung der kreisständigen Verfassung gegen die durch die Kreis- ordnungen hergestellte trat nur insofern ein, als das Gesetz vom 24. Mai 1853 (G.-S. S. 238), betreffend die Aufhebung der Kreis-, Bezirks- und Provinzialordnung vom ı1. März 1850, anordnete, dass für diejenigen Kreistage, in welchen seit Verkündigung des letztgedachten Gesetzes eine Verstärkung der früheren Zahl der Abgeordneten der Städte und Landgemeinden stattgefunden habe, es bei dieser Einrichtung bewende. — *), Die Altkulmische Hufe hat 65,3, die Neukulmische Hufe 67,9 preuss. Morgen Flächen- inhalt. Sie beträgt (s. S. 357), ebenso wie die Flämische in Schlesien, etwa die Hälfte des alten flämischen Masses. Ueber die Kulmischen Güter vergleiche oben Abschnitt XI. S. 382. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 541 Als ein Mittelglied zwischen den Kreis- und den Provinziallandtagen bestehen in der Kurmark, Neumark und Altmark, in Neuvorpommern und in dem übrigen Pommern, ferner in der Oberlausitz und in der Niederlausitz die sogenannten Kommunal- landtage*), zu welchen in Pommern und in der Kur- und Neumark die zum Provinzial- landtage berechtigten Stände des betreffenden Bezirks, in der Altmark und in den beiden Lausitzen aber der grösste Theil der Rittergutsbesitzer, sowie Vertreter der Städte und Landgemeinden in verschiedenen herkömmlichen Kombinationen erscheinen. Ihre Thätigkeit beruht auf Bestimmungen der bezüglichen, oben angeführten Gesetze vom ı. Juli 1823 und 27. März 1824, wegen Anordnung der Provinzialstände, nach welchen die in den einzelnen Landestheilen des betreffenden provinzialständischen Verbandes bestehenden Kommunalverhältnisse nicht auf die Gesammtheit desselben übergehen sollten, sofern dies nicht durch gemeinschaftliche Uebereinkunft beschlossen würde, sondern bis dahin die bisherigen Kommunalverfassungen, wie sie zeither be- standen, in ihrer observanzmässigen Einrichtung, jedoch mit verhältnissmässiger Zu- ziehung von Abgeordneten aller Stände, welchen die einzelnen provinzialständischen Gesetze die Landstandschaft beilegen, fortzudauern hätten. Zur Ausführung dessen erging über die Verfassung der Kommunallandtage der Kur- und Neumark die Ver- ordnung vom 17. August 1825 (G.-S. S. 200), für das Markgrafthum Niederlausitz die Verordnung vom 13. November 1826 (G.-S. S. ır0), für Pommern die Verordnung vom 17. August 1925 (G.-S. S. 215). Die übrigen Verbände sind nur im allgemeinen im Geschäftsgange durch die Allerh. Kab.-Order vom ı. Juni 1826 (v. Kamptz Annal. Bd. XX. S. 127) mit Vorschriften versehen. — Die Provinzialstände aller Provinzen wurden unter dem 21. Juni 1842 (G.-8.S.218) durch den Erlass gleichlautender Verordnungen zur Bildung von Ausschüssen angewiesen, welche auch in der Zeit, in welcher die Stände nicht versammelt sind, mit ihrem Gut- achten gehört werden könnten. Durch die Verordnung vom 3. Februar 1847 (G.-S. S. 34) erfolgte die Bildung des Vereinigten Landtages. An seine Stelle trat sehr bald gemäss Titel V. der Verfassungs- urkunde vom 5. Dezember 1848 (G.-S. S. 375) bezüglich Titel V. der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 (G.-S. $. 17) die allgemeine Landesvertretung. In der Zusammensetzung dieser Landesvertretung sind ständische Rechte insofern erhalten geblieben, als sich das Herrenhaus auf Grund des Gesetzes vom 7. Mai 1853 (6.-8. S. ıg1) und der darin vorbehaltenen Allerh. Verordnung vom ı2. Oktober 1354 (6.-8. S. 541) wegen Bildung der ersten Kammer ausser den Prinzen des Königlichen Hauses zusammensetzt: A. mit erblicher Berechtigung aus: ı. den Häuptern der fürstlichen Häuser von Hohenzollern-Heehingen und Hohenzollern- Sigmaringen, 2. den nach der deutschen Bundesakte vom 8. Juni1g15 zur Standschaft berechtigtenHäup- tern der vormaligen deutschen reichsständischen Häuser in den preussischen Landen, 3. den übrigen nach der Allerh. Verordnung vom 3. Februar 1847 zur Herrenkurie des vereinigten Landtages berufenen Fürsten, Grafen und Herren, 4. den mit erblicher Berechtigung durch besondere Königliche Verordnung zu Be- rufenden; *) v. Rönne, Staatsrecht Bd. I., S. 6ır. 542 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. B. auf Lebenszeit aus: I. Personen, für welche das Präsentationsrecht zusteht: a) den nach der Allerh. Verordnung vom 3, Februar 1847 zur Herrenkurie des vereinigten Landtages berufenen Stiftern, b) dem für jede Provinz zu bildenden Verbande der darin mit Rittergütern an- gesessenen Grafen für je einen zu Präsentirenden, c) den Verbänden der durch ausgebreiteten Familienbesitz ausgezeichneten Ge- schlechter, welche der König mit diesem Recht begnadigt, d) den Verbänden des alten und befestigten Grundbesitzes, e) einer jeden Landesuniversität, f) denjenigen Städten, welchen der König dieses Recht besonders beilegt; 2. den Inhabern der vier grossen Landesämter im Königreiche Preussen; 3. einzelnen Personen, welche der König aus besonderem Vertrauen ausersieht und aus welchen er die Kronsyndici bestellt. Die Zusammensetzung des Herrenhauses war danach zur Zeit der Allerhöchsten Erlasse vom 26. Oktober und 16. November 1867, welche das Haus durch Mitglieder aus den neuerworbenen Provinzen ergänzten, einschliesslich dieser Ergänzungen folgende: I. Erbliche Berechtigungen: A. Auf Grund des $ 2 zu ı der Königlichen Verordnung v. 12. Oktober 1854 wegen Bildung der Ersten Kammer für die Häupter der Fürstlichen Häuser von Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern - Sigmaringen, zur Zeit ı. Friedrich Wilhelm, Fürst zu Hohenzollern-Hechingen. — 2. Carl Anton, Fürst zu Hohenzollern - Sigmaringen. B. Auf Grund des $ 2 zu 2 der Königlichen Verordnung v. 12. Oktober 1854 für die nach der deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815 zur Standschaft berechtigten Häupter der vormaligen dentschen reiehsständischen Häuser in den Königlich preussischen Landen, zur Zeit für: ı. das Herzogthum Arenberg, preussischen Antheils: Engelbert, Herzog von Arenberg zu Recklinghausen. — 2. die Herrschaft Ahaus-Bocholt und Herrschaft Anholt: Alfred, Fürst zu Salm-Salm, zu Anholt. — 3. die Aemter Braunfels und Greifenstein: Ferdinand, Fürst zu Solms-Braunfels, zu Braunfels. — 4. die Herrschaft Dülmen: Rudolph, Herzog von Croy-Dülmen, zu Dülmen. — 5. das Amt Hohen-Solms: Ludwig, Fürst zu Solms-Hohen-Solms-Lich, zu Lich. — 6. die Grafschaft Horstmar: Otto, Fürst zu Salm-Horstmar, zu Koesfeld. — 7. die Herrschaft Ostrach im Fürsten- thum Hohenzollern: Maximilian, Fürst von Thurn und Taxis, zu Regensburg. — 8. die Herrschaft Rheda und Grafschaft Hohen-Limburg: Casimir, Fürst von Bentheim-Tecklen- burg, zu Rheda. — 9. die Grafschaft Steinfurt und Grafschaft Bentheim: Ludwig, Fürst zu Bentheim-Steinfurt, zu Burg Steinfurt. — ıo. die Grafschaft Stolberg-Rossla: Carl, Graf zu Stolberg-Rossla, zu Rossla. — ı1. die Grafschaft Stolberg-Stolberg: Alfred, Graf zu Stolberg-Stolberg, zu Stolberg, — 12. die Grafschaft Stolberg-Wernigerode: Otto, Graf zu Stolberg-Wernigerode zu Hannover. — 13. die Herrschaft Trochtel- fingen und Jungnau in Hohenzollern: Carl Egon, Fürst zu Fürstenberg, zu Donau- eschingen. — 14. die Grafschaft Wittgenstein (Antheil Berleburg): Stimme ruht. — 15. die Grafschaft Wittgenstein (Antheil Hohenstein): Alexander, Fürst zu Sayn- XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 543 Wittgenstein-Hohenstein. — 16. die Grafschaft Wied: Stimme ruht. — 17. das Amt Wäch- tersbach und Antheil an Rückingen: Ferdinand, Fürst zu Ysenburg-Büdingen zu Wäch- tersbach. — ı$. das Amt Meerholz und Antheil an Rückingen: Carl, Graf zu Ysen- burg-Büdingen zu Meerholz. C. AufGrund des $ 2zu 3 derselben Königlichen Verordnung für die übrigen durch Allerhöchste Verordnung vom 3. Februar 1847 für die Herren- Kurie des Vereinigten Landtages berufenen Fürsten, Grafen und Herren, nämlich: a) In der Provinz Preussen: ı. in der Grafschaft Dohna: für das Fideikommiss und Majorat Lauck: Friedrich, Burggraf und Graf zu Dohna-Lauck, zu Lauck bei Mühlhausen in Ostpreussen, zugleich berechtigt als „Landhofmeister im Königreich Preussen.“ — 2. in der Grafschaft Dohna: für das Majorat Reichertswalde: Otto, Burggraf und Graf zu Dohna-Reicherts- walde, zu Reichertswalde bei Liebstadt, Kr. Mohrungen. — 3. in der Grafschaft Dohna: für die Fideikommisse Schlobitten und Proeckelwitz: Richard, Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten, zu Schlobitten, Kr. Pr. Holland, zugleich berechtigt als „ Ober- Marschall im Königreich Preussen.“ — 4. in der Grafschaft Dohna: für das Fidei- kommiss Schlodien-Karwinden: Karl, Burggraf und Graf zu Dohna-Schlodien, zu Schlo- dien, Kr. Pr. Holland. — 5. für die Grafschaft Rautenburg: Otto, Graf Keyserling, zu Rautenburg, Kr. Niederung. b) In der Provinz Brandenburg: 6. für die Standesherrschaft Amtitz: Stimme ruht zur Zeit. — 7. für die Stan- desherrschaft Baruth: Friedrich, Graf zu Solms-Baruth, Standesherr zu Baruth. — 8. für die Grafschaft Boytzenburg: Staatsminister a. D. Adolph, Graf von Arnim. — 9. für die freie Standesherrschaft Drehna: Stimme ruht zur Zeit. — ıo. für die freie Standesherrschaft Forst und Pförten: Friedrich, Graf von Brühl, zu Pförten in der Nieder-Lausitz. — ı1. für die Fideikommiss-Herrschaft Greifenberg: Oberst-Kämmerer Wilhelm, Graf von Redern zu Berlin. — 12. für die Standesherrschaft Leuthen: Kam- merherr Emil von Gutzmerow zu Gr. Leuthen. — 13. für die Standesherrschaft Lie- berose: Albrecht, Graf von der Schulenburg, Standesherr zu Lieberose. — 14. für die Standesherrschaft Lübbenau: Kammerherr und Standesherr Hermann, Graf zu Lynar. — 15. für die Fideikommiss-Herrschaft Neu-Hardenberg: Carl, Graf von Hardenberg, zu Neu-Hardenberg. — 16. für die Standesherrschaft Sonnewalde: Alfred, Graf zu Solms- Sonnewalde. — 17. für die Standesherrschaft Straupitz, Heinrich, Graf von Houwald Standesherr zu Straupitz. ce) In der Provinz Pommern: 18. für die Grafschaft Putbus: Wilhelm, Fürst und Herr zu Putbus, Oberst Truchsess. d) In der Provinz Schlesien: 19. für die Herrschaft Karlsruhe: Eugen, Herzog von Württemberg, zu Karlsruhe bei Oppeln. — 20. für das Majorats-Fürstenthum Carolath-Beuthen: Stimme ruht, — 21. für die freie Standesherrschaft Fürstenstein: Stimme ruht. — 22. für die freie Standesherrschaft: Goschütz: General-Erblandpostmeister im Herzogthum Schlesien Heinrich, Graf von Reichenbach, freier Standesherr zu Goschütz, — 23. für das Majorat Grafenort: Stimme ruht. — 24. für das Fürstenthum Jägerndorf und Troppau: Stimme ruht. — 25. für das Fideikommiss Klein-Oels: Paul, Graf York von Wartenburg zu 544 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. Kl. Oels bei Ohlau. — 26. für das Fideikommiss Koschentin, Tworog und Landsberg: Adolph, Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen zu Koschentin. — 27. für das Majorat Kuchelna: Karl, Fürst von Lichnowsky zu Kuchelna und Krzezanowitz. — 28. für die freie Standesherrschaft Kynast: Stimme ruht. — 29. für das Majorat Laasan: Wirkl. Geh. Rath Friedrich, Graf von Burghausz zu Laasan. — 30. für das Fideikommiss Langenbielau: Stimme ruht. — 31. für die freie Standesherrschaft Militsch: Ober-Erb- kämmerer August, Graf von Maltzan. — 32. für das Fideikommiss Mittelwalde, Schön- feld und Wölfelsdorf: Karl, Graf von Althann, zu Militschoves (Böhmen). — 33. für die freie Standesherrschaft Muskau: Stimme ruht. — 34. für die freie Standesherrschaft Beuthen und Tarnowitz-Neudeck: Stimme ruht. — 35. für die Majoratsherrschaft Ober- Glogau: Eduard, Graf von Oppersdorff zu Ober-Glogau. — 36. für das Fürstenthum Oels: Stimme ruht. — 37. für die Majoratsherrschaft Peterswaldau: Franz, Graf zu Stolberg-Wernigerode zu Peterswaldau. — 38. für das Fürstenthum Pless: Hans Heinrich XI. Fürst von Pless zu Pless. — 39. für das Herzogthum Ratibor: Vietor, Herzog von Ratibor zu Schloss Rauden bei Ratibor. — 40. für das Familien-Fidei- kommiss Reesewitz, Ober- und Nieder-Mühlwitz und Galbitz: Konrad, Graf von Dyhrn zu Reesewitz. — 41. für das Fürstenthum Sagan: Stimme ruht. — 42. für das Fürsten- thum Trachenberg: Hermann, Fürst von Hatzfeld zu Trachenberg. — 43. für die freie Standesherrschaft Wartenberg: Calixt, Prinz Biron von Kurland, Oberst-Schenk. — e) In der Provinz Posen: 44. für das Fürstenthum Krotoszyn: Stimme ruht. — 45. für das Majorat Obrzycko und Wielzyn: Wirkl. Geh. Rath Athanasius, Graf Raezynski zu Berlin. — 46. für die Grafschaft Przygodzice (Antheil): General d.]. z. D.Wilhelm, Fürst Radziwill zu Berlin. — 47. für die Grafschaft Przygodzice (Antheil): Boguslav, Fürst Radziwill zu Berlin. — 48. für das Majorat Reisen: August, Fürst Sulkowski zu Schloss Reisen, Kr. Fraustadt. f) In der Provinz Sachsen: 49. für die Mindergrafschaft Falkenstein: Wirkl. Geh. Rath und Ober-Jägermeister Ludwig, Graf von der Asseburg-Falkenstein. — 50. für das Amt Walter - Nienburg: Stimme ruht. g) In der Provinz Westfalen: 5t. für die Herrschaft Kappenberg und Scheda: Stimme ruht. — 52. für die Standesherrschaft Gemen: Friedrich, Graf von Landsberg-Velen und Gemen zu Schloss Gemen bei Borken. — 53. für das Fürstenthum Rheina-Wolbeck: Napoleon, Fürst zu Rheina-Wolbeck zu Schloss Bentlage. — 54. für das gräflich Westphalensche Familien- Fideikommiss: Stimme ruht zur Zeit. h) In der Rheinprovinz: 55. für die Majoratsherrschaft Dyk: Alfred, Fürst und Altgraf zu Salm-Reiffer- scheid-Dyk Oberst-Marschall. — 56. für die Standesherrschaft Wildenburg-Schönstein: Alfred, Graf von Hatzfeld-Wildenburg zu Schloss Kalkum. D. Auf Grund des Schlusssatzes im $ 2 derselben Königlichen Verordnung für diejenigen, welchen das erbliche Recht auf Sitz und Stimme durch besondere Königliche Verordnung verliehen ist, nämlich: a) In der Provinz Preussen: 1. für das Fideikommiss Friedrichstein: Wirkl. Geh. Rath August, Graf von Dönhoff. 2. für das Fideikommiss Sanditten: Gustav, Graf von Schlieben zu Sanditten bei Wehlau. XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 545 b) In der Provinz Brandenburg: 3. für den Senior der mit Stammgütern in der Kurmark angesessenen Glieder des Geschlechts der Gaense Edlen Herren zu Putlitz, insofern derselbe mit dem Erb- marschallamt in der Kurmark belehnt ist: Erbmarschall Eduard Gans Edler Herr zu Putlitz. ce) In der Provinz Schlesien: 4. für die freie Standesherrschaft Herzogthum Ujest in Oberschlesien: Hugo, Fürst zu Hohenlohe-Oehringen, Herzog von Ujest zu Slawentzitz bei Ujest. d) In der Provinz Posen: 5. für das Fideikommiss Taezanowo: Stimme ruht. e) In der Provinz Sachsen: 6. für die Grafschaft Beichlingen: Kammerherr Ottobald, Graf und Herr von Werthern -Beichlingen. f) In der Provinz Westfalen: 7. für die Herrschaft Herdringen: Egon, Graf von Fürstenberg-Herdringen zu Herdringen. g) In der Rheinprovinz: 8. für das Fideikommiss Sayn: Stimme ruht. h) In der Provinz Hannover: 9. für das Fideikommis Derneburg und Ledenburg: Erblandmarschall von Han- nover Georg Herbert, Graf zu Münster auf Derneburg. — 10. für das Fideikommiss, bestehend aus der Herrlichkeit Lütetsburg und dem Gute Visquard in Ostfriesland: Landschaftsrath Edzard, Graf zu Inn- und Knyphausen auf Lützburg in Ostfriesland. i) In der Provinz Kurhessen: ı1. für den jedesmaligen Erbmarschall aus den in Kurhessen angesessenen Ge- schlechtern der Riedesel Freiherren zu Eisenbach: Erbmarschall in Kurhessen Georg Carl Ludwig Wilhelm Riedesel, Freiherr zu Eisenbach auf Altenburg bei Alsfeld, I. Auf Lebenszeit: A. In Folge Berufungen auf Grund von Präsentationen: I. der nach $ 4 zu r der Königlichen Verordnung vom ı2, Oktober 1854 dazu berechtigten Stifter, nämlich: 1. des Domkapitels zu Brandenburg: Geh. Ober-Regierungsrath und Haupt-Rit- terschaftsdirektor Hermann von Klützow zu Berlin. — 2. des Domikapitels zu Merse- burg: Wirklicher Geheimerath Friedrich von Krosiek zu Merseburg. — 3. des Dom- kapitels zu Naumburg: Geheimer Justizrath Eduard von Rabenau zu Naumburg a. S. II. der nach $ 4 zu 2 derselben Königlichen Verordnung dazu berech- tigten Provinzialverbände der mit Rittergütern angesessenen Grafen, und zwar für: 1. die Provinz Preussen: General der Kavallerie Karl Graf von der Gröben- Neudörfehen. — 2. die Provinz Brandenburg: Staatsminister Heinrich Graf von Itzenplitz auf Kunersdorf bei Wriezen. — 3. die Provinz Pommern: Major a. D. Leo Graf von Schlieffen auf Sandow. — 4. die Provinz Schlesien: Adolph Graf von Goetzen auf Scharfeneck. — 5. die Prozinz Posen: Präsentation und Berufung mangelt. — 6. die Provinz Sachsen: Wirklicher Geheimerath Julius Graf von Zech-Burkersroda auf Gosek Boden d. preuss, Staats, 35 546 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. bei Naumburg. — 7. die Provinz Westfalen: Klemens Graf von Korfi-Schmising auf Taten- hausen. — 8. die Rheinprovinz: Kammerherr Alfred Graf von Hompesch auf Schl. Rurieh. III. der zufolge $ 4 zu 3 derselben Königlichen Verordnung mit diesem Recht beliehenen Verbände der durch ausgebreiteten Familienbesitz ausgezeichneten Ge- schlechter, nämlich: - ı. des Verbandes der Gräflich von Königsmarck’schen Familie: Wirklicher Ge- heimerath Hans Graf von Königsmarck-Plaue zu Schloss Plaue. — 2. des Verbandes der Familie von der Gröben-Langheim: Arthur Graf von der Groeben-Ponarien zu Ponarien bei Liebstadt. — 3. des Verbandes der Familie von Alvensleben: General der Kavallerie Gebhard von Alvensleben aut Woltersdorf bei Magdeburg. — 4. des Verbandes der von Schwerin’schen Familie: Kammerherr Vietor Graf von Schwerin auf Schwe- rinsburg. — 5. des Verbandes der Familie von der Schulenburg: Landschaftsdirektor der Altmark Otto von der Schulenburg zu Probstei Salzwedel. — 6. des Verbandes des pommerschen Schlossgesessenen-Geschlechts von der Osten: Rittergutsbesitzer Julius von der Osten auf Jannewitz bei Lauenburg in Pommern. — 7. des Verbandes des pommerschen Schlossgesessenen-Geschlechts von Wedell: Landrath a. D. Hermann von Wedell auf Kremzow. — 8. des Verbandes des pommerschen Schlossgesessenen - Ge- schlechts von Borcke: Premier-Lieutenant a. D. Theodor von Borcke auf Giesenbrügge bei Soldin. — 9. des Verbandes der Familie von Bredow: Major a. D. Leopold von Bredow auf Briesen bei Friesack. — ıo. des Verbandes der Familie von Arnim: Kammerherr Oskar von Arnim auf Kröchlendorf. — ır. des Verbandes des pommer- schen Geschlechts von Kleist: Oberpräsident z. D. Hans von Kleist-Retzow auf Kieckow bei Gr. Tychow. IV. dernach $ 4 zu4 derselben Königlichen Verordnung dazu berechtigten Verbände des alten und befestigten Grundbesitzes, nämlich der Landschaftsbezirke: a) In der Provinz Preussen *): 1. Litthauen und 2. Masuren (2): Wegen unzureichender Zahl von Wahlbe- rechtigten ist der Landschaftsbezirk Masuren mit dem von Litthauen gemäss $ ır der Allerhöchsten Verordnung vom ıo. November 1865 vereinigt, wonach beide, statt je 2, nur zusammen 2 Wähler zu präsentiren haben. Bis jetzt sind aber Präsentationswahlen nicht zu Stande gekommen. — 3. Samland mit Natangen (4): Ludwig Graf von der Groeben zu Gr. Schwansfeld. Emil, Graf von Kanitz auf Mednicken zu Podangen. Alfred, Freiherr von Tettau auf Tolks. Carl, Graf Lehndorf auf Servillen zu Steinort. — 4. Ermland (r): Hauptmann a. D. Casimir von Hatten auf Elditten. — 5. Oberland [Mohrungen] (2): Premier Lieutenant a. D. Emil von Reibnitz auf Jankendorf. Land- rath a. D. Siegfried von Brünnek auf Jacobau zu Belschwitz bei Rosenberg in Westpr. — 6. Kulmer Land (2): Majoratsbesitzer Gottlieb von Schönborn auf Ostrometzko. Kreis- Deputirter Ludwig von Slaski auf Trzbez. — 7. Süd-Pommerellen (2): Rittergutsbe- sitzer Adolph von Gordon auf Laskowitz. Für das andere Mitglied mangelt zur Zeit Präsentation und Berufung. — $. Marienburger Land (r): Für den Landschaftsbezirk mangelt zur Zeit Präsentation und Berufung. — 9. Nord-Pommerellen (2): Ritterguts- besitzer Wilhelm Freiherr von Paleske auf Spengawsken. Für das andere Mitglied mangelt seit dem am 30. Juni 1867 erfolgten Tode Adolphs Grafen Krockow von Wicke- rode Präsentation und Berufung. *) Die in Klammern gefasste Zahl bezeichnet die Zahl der zur Berufung zu Präsentirenden, XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 547 b) In der Provinz Brandenburg: 1. Mittelmark (4): Premier-Lieutenant a. D. Max, Freiherr von Romberg auf Brunn. Major a. D. Wilhelm von Jena auf Köthen. Rittmeister a. D. Hans v. Rochow auf Plessow. - Landrath Bernhard von der Marwitz auf Friedersdorf. — 2. Uckermark (2): Kreisdeputirter Richard von Arnim (Gross-Sperrenwalde). Für das andere Mitglied mangelt nach dem am ı5. Juli 1867 erfolgten Ableben des Carl von Winterfeld zur Zeit Präsentation und Berufung. — 3. Priegnitz (r): Premier-Lieutenant a. D. Carl von Karstedt auf Fretzdorf. — 4. Neumark (4): Kammerherr Adolph von Brand auf Lauchstedt. Landrath Carl von Waldaw auf Steinhöfel. Rittergutsbesitzer Eduard von Waldaw und Reitzenstein auf Reitzenstein. Oberst-Lieutenant a. D. Bernhard, Graf von Schmettow zu Brauchitschdorf. — 5. Niederlausitz mit Kottbus (3): Kreisdeputirter Hermann, Freiherr von Patow auf Mallenchen. Major a. D. August von Köckritz auf Siewisch. Staatsminister a. D. Otto, Freiherr von Manteuffel auf Krossen, — 6. Alt- mark (r): Ferdinand, Graf von Alvensleben auf Erxleben. «) In der Provinz Pommern: ı. Lauenburg-Bütow (r): Hauptmann a. D. Alexander von Rexin auf Wödtke, — 2. Herzogthum Wenden (2): Rittergutsbesitzer Julius von Puttkammer auf Schlackow. Rittmeister a. D. Werner von Bandemer auf Gambin. — 3. Herzogthum Kassuben (3): Landrath a. D. Wilhelm von Hellermann auf Kartzin. Kreisdeputirter Reinhold von Glasenapp auf Buchwald. Für das dritte Mitglied mangelt Präsentation und Berufung. — 4. Kammin und Hinterpommern (2): General-Landschaftsdirektor Matthias v. Koeller auf Kantreck. Geheimer Justizrath Albert von Ploetz auf Gr. Weckow. — 5. Herzog- thum Stettin (3): Ministerpräsident Otto, Graf von Bismarck-Schönhausen auf Kniephof Kr. Naugard. Kammerherr Rudolph, Freiherr v. Maltzahn auf Kummerow. Kreisdeputirter Wilhelm, Baron von Sobeck anf Kruckow. — 6. Neuvorpommern und Rügen (2): Regierungspräsident Carl, Graf von Krassow auf Divitzsch. Hauptmann a. D. Franz von Lepel auf Wieck. d) In der Provinz Schlesien: ı. Markgrafenthum Oberlausitz (1): Für diesen Landschaftsbezirk mangelt Prä- sentation und Berufung. — 2. Fürstenthum Glogau und Herzogthum Sagan (1): Major a. D. August, Graf von Logau-Altendorf auf Reuthau bei Waltersdorf. — 3. Fürsten- thümer Liesnitz und Wohlau (3): Kammerherr Richard von Elsner auf Pilgramsdorf. Rittergutsbesitzer Rudolph, Freiherr von Schlichting auf Schlichtingsheim. Ritterguts- besitzer Friedrich, Graf von Carmer-Borne auf Pantzkau. — 4. Fürstenthümer Schweid- nitz und Jauer (3): General-Lieutenant Wilhelm, Graf zu Stolberg-Werigerode auf Jannowitz Kr. Schönau. Wirklicher Geheimer Rath ete. Eberhard, Graf zu Stolberg- Wernigerode zu Kreppelhof. Major a. D. Wilhelm Conrad, Freiherr von Zedlitz-Neu- kirch auf Neukirch. — 5. Fürstenthum Münsterberg und Grafschaft Glatz (1): Geheimer Regierungsrath Hermann, Freiherr von Gaffron-Kunern. — 6. Fürstenthum Oels (2): Rittmeister a. D. Otto von Reinersdorf-Paezensky-Tenezin auf Ober-Stradam. Landrath Paul von Salisch auf Jeschütz. — 7. Fürstenthümer Breslau und Brieg (2): Kammer- herr Geheimer Justizrath Eduard, Graf von Hoverden-Pleneken auf Hünern. Rittmeister Benno, Freiherr von Tsehirschky-Reichell auf Schlanz. — 8. Fürstenthümer Neisse- Grottkau (r): Kammerherr Maria, Ritter von Gilgenheimb auf Franzdorf. — 9. Fürsten- thum Oppeln (3): Kammerherr Curt, Graf von Haugwitz auf Krappitz. Staatsminister 35° 548 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. a. D. Erdmann IN., Graf von Pückler zu Schedlau. Kammerherr Hermann, Graf von Seherr-Thoss auf Dobrau. — ro. Fürstenthum Ratibor (r): Majoratsherr Carl, Graf von Ballestrem auf Plawniowitz bei Tost. e) In der Provinz Posen: ı. Netzdistrikt (2): Ignatz, Graf von Bnin-Bninski-Lodzia auf Samostrzel. Kasimir Grzymala, Graf Potulicki auf Potuliee. — 2. Gnesen (1): Albin, Graf Belina-Wesierski auf Zakrzewo. — 3. Posen (1): Graf Mieezyslaus Kwilecki auf Oporowo. — 4. Meseritz (1): Für diesen Landschaftsbezirk mangelt Präsentation und Berufung. — 5. Fraustadt (r): Rittergutsbesitzer Desiderius von Chlapowski auf Turew. — 6. Krotoschin (1): Land- schaftsrath Theodor, Graf Mycielski auf Chozieszewice. f) In der Provinz Sachsen: ı. Herzogthum Magdeburg (2): Rittergutsbesitzer Albert von Katte auf Vieritz. Oberst a. D. Eduard, Graf von der Schulenburg auf Emden. — 2. Fürstenthum Halber- ° stadt und Grafschaft Wernigerode (1): George, Freiherr von dem Bussche - Streithorst auf Thale, — 3. Grafschaft Mansfeld und Saalkreis (1): Geheimer Regierungsrath und Kammerherr Hans, Freiherr von Hardenberg auf Oberwiederstedt Geb.-Kr. Mansfeld. — 4. Ober-Sachsen (2): Kammerherr Arnd von Stammer auf Kamitz. Kammerherr Emil, Graf von Hohenthal auf Dölkau. — 5. Ost-Thüringen (2): Rittergutsbesitzer Ernst, Freiherr von Münchhausen auf Herrengosserstädt. Kammerherr Moritz, Graf von der Schulenburg-Hessler auf Vitzenburg bei Nebra. — 6. West-Thüringen (1): Geheimer Ober-Regierungsrath a. D. Karl, Freiherr von Münchhausen auf Straussfurt. — 7. Eichs- feld-Hohenstein (1): KammerherrWilhelm, Freiherr vonWintzingerode-Knorr auf Wehnda bei Worbis. g) In der Provinz Westfalen: ı. Fürstenthum Minden und Grafschaft Ravensberg und 2. Paderborn und Wiedenbrück (1): Kammerherr und Landrath Reinhard, Freiherr von und zu Brenken zu Holthausen. — 3. Münsterland (r): Kammerherr Ignatz, Freiherr von Landsberg- Velen zu Ossenbeck. — 4. Grafschaft Mark (1): Erbmarschall Carl, Freiherr von Bodel- schwingh -Plettenberg zu Bodelschwingh. — 5. Westfalen (1): Erbkämmerer Joseph, Graf von Plettenberg-Lenhausen zu Hovestädt. h) In der Rheinprovinz: 1. Kleve-Geldern mit 2. Nieder-Berg und Nieder-Jülich (2): Kammerherr Friedrich, Graf zu Westerholt und Gysenberg auf Schloss Arenfels. Guisbert Egon, Graf von Fürstenberg auf Schloss Stammheim. — 3. Ober-Berg und Ober-Jülich mit 4. Ober-Rhein (2): Oberhofmarschall Ihrer Maj. der Königin Augusta, Maximilian, Graf von Nesselrode auf Ehreshofen. Premier-Lieutenant Wilhelm, Freiherr von Weichs zu Rösberg. — 5. West-Jülich mit 6. Moselland (1): Arthur, Graf von Goltstein auf Schloss Breill. V. der zufolge $ 4 ad 5 derselben Königlichen Verordnung dazu berechtigten Landesuniversitäten, nämlich von: ı. Königsberg: Prof. Dr. Wilhelm Schubert. — 2. Berlin: Prof, Dr. Gustav Homeyer. — 3. Greifswald: Prof. Dr. Eduard Baumstark. — 4. Breslau: Prof. Dr. Louis Tellkampf. — 5. Halle: Prof. Dr. Heinrich Dernberg. — 6. Bonn: Für dieselbe mangelt nach dem am 24. Juli 1867 erfolgten Ableben des Prof. Dr. A. Brandis Präsen- tation und Berufung. — 7. Göttingen, $. Marburg und 9. Kiel: Für diese mangelt zur Zeit noch Präsentation und Berufung, XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 549 VI. derjenigen Städte, welchen zufolge $ 4 zu 6 derselben Königl. Verordnung dieses Recht durch Königliche Verleihung beigelegt ist, nämlich: a) In der Provinz Preussen: ı. Königsberg und 2. Danzig: Ermangeln zur Zeit der Präsentation und Berufung. — 3. Thorn: Oberbürgermeister Theodor Koerner. — 4. Elbing: Oberbürgermeister Theodor Burscher. — 5. Memel: Präsentation und Berufung mangelt. b) In der Provinz Brandenburg: ı. Berlin: Präsentation und Berufung mangelt. — 2. Potsdam: Oberbürgermeister Alexander Beyer. — 3. Brandenburg: Stadtrath Ludwig Hausmann. — 4. Frankfurt a, O.: Oberbürgermeister Friedrich Deetz. c) In der Provinz Pommern: 1. Stettin: Präsentation und Berufung mangelt. — 2. Stralsund: Bürgermeister Wilhelm Denhard. — 3. Greifswald: Bürgermeister Dr. Christian Tessmann. d) In der Provinz Sachsen: ı. Magdeburg: Oberbürgermeister Carl Hasselbach. — 2. Halle a. $.: Stadtrath Heinrich Rummel. — 3. Erfurt: Oberbürgermeister Carl von Oldershausen. — 4. Nord- hausen: Präsentation und Berufung mangelt. — 5. Mühlhausen: Bürgermeister Dr. Carl Engelhart. — 6. Halberstadt: Oberbürgermeister Julius von Brünken. e) In der Provinz Schlesien: 1. Breslau: Oberbürgermeister Arthur Hobrecht. — 2. Görlitz: Oberbürgermeister Maximilian Richtsteig. — 3. Glogau: Bürgermeister Robert Berndt. f) In der Brovinz Posen: 1. Posen und 2. Bromberg: Präsentation und Berufung mangeln. g) In der Provinz Westfalen: 1. Münster: Oberbürgermeister Caspar Offenberg. — 2. Dortmund: Oberbürger- meister Carl Zahn. — 3. Minden: Oberbürgermeister Philipp Poehlmahn. h) In der Rheinprovinz: ı. Köln: Beigeordneter, Geheimer Kommerzienrath Gustav Mevissen. — 2. Aachen: Beigeordneter Bürgermeister Carl, Graf von Nellessen. — 3. Elberfeld: Beigeordneter Peter von Carnap. — 4. Barmen: Beigeordneter, Kommerzienrath August Engels. — 5. Krefeld: Oberbürgermeister Heinrich Ondereyk. — 6. Düsseldorf: Oberbürgermeister Ludwig Hammers. — 7. Bonn: Oberbürgermeister Leopold Kaufmann, — 8. Koblenz: Präsentation und Berufung mangelt. — 9. Trier: Beigeordneter Peter Küchen. i) In der Provinz Hannover: ı. Hannover: Stadtdirektor Gustav Rasch, k) In der Provinz Kurhessen: 1. Kassel und 2. Frankfurt a. M.: Ermangeln zur Zeit noch der Präsentation und Berufung. l) In der Provinz Schleswig-Holstein: 1. Altona und 2, Flensburg: Ermangeln zur Zeit noch der Präsentation und Berufung, j B. in Folge Berufung auf Grund des $ 3 zu 2 derselben Königl. Verordnung für die Inhaber der vier grossen Landesämter im Königreich Preussen, nämlich für: ı. den Landhofmeister des Königreichs Preussen: Stimme ruht, so lange das erbliche Mitglied Friedrich, Burggraf und Graf zu Dohna-Lauck dieses Amt inne hat, 550 XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 2. den Kanzler des Königreichs Preussen: Chefpräsident des Ostpreussischen Tribunals Dr. Friedrich v. Zander in Königsberg i. Pr. — 3. den Obermarschall des Königreichs Preussen: Stimme ruht, so lange das erbliche Mitglied Richard Friedrich, Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten dieses Amt inne hat. — 4. den Öberburggraf des König- reichs Preussen: Regierungspräsident und Kammerherr Botho, Graf zu Eulenburg auf Wicken. C. in Folge Berufung aus besonderem Allerhöchsten Vertrauen auf Grund des $ 3 zu 3 derselben Königlichen Verordnung und zwar für den ı. Rittergutsbesitzer Alexander von Below auf Hohendorf. — 2. Rittergutsbes. Carl von Berlepsch auf Schloss Berlepsch bei Witzenhausen. — 3. Ober-Präsidenten a. D. Dr. Moritz von Beurmann auf Oppin bei Halle. — 4. Gebhard Fürsten Blücher von Wahlstatt auf Krieblowitz. — 5. Staatsminister a. D. Grafen von Borries in Celle, — 6. Grafen von Brockdorff auf Kletkamp in Holstein. — 7. Wirkl. Geh. Rath Dr. Ludwig Camphausen in Köln. — 3. Seehandlungs-Präsidenten Otto Camphausen in Berlin. — 9. Wirkl. Geh. Rath Gustav von Le Coq zu Berlin. — 10. Geh. Komm.-Rath Friedrich Freiherr von Diergardt zu Viersen. — ıı. Rodrigo, Burggrafen und Grafen zn Dohna auf Finckenstein. — ı2. Regier.-Präsidenten Dr. Julius Elwanger in Kiel. — 13. Vice- marschall der althessischen Ritterschaft, Freiherrn Waitz von Eschen in Kassel. — 14. Rittergutsbes. Friedrich von Farenheid auf Beynuhnen. — 15. Erblandmarschall Carl von Flemming auf Basenthin. — 16. Wirkl. Geh. Rath Ferdinand Grafen von Galen in Münster. — 17. Joseph Grafen von Götzendorf-Grabowski in Berlin. — 18. Unter-Staats-Sekret. z. D. Justus von Gruner in Berlin. — 19. Königl. Ceremonien- meister Otto Grafen von Keyserling auf Schloss Neustadt bei Neustadt in Westpreussen. — 20. Wirkl. Geh. Rath Ludwig Grafen von Kielmansegge in Ratzeburg. — 21. Land- schafts-Direktor von dem Knesebeck auf Korvin bei Klenze. — 22. Otto Grafen von Königsmarck auf Olesnitz bei Chodziesen. — 23. Geh. Ober-Reg.-Rath a. D. August von Kröcher in Berlin. — 24. Kammerherrn Engelbert Freih. von Landsberg-Velen-Steinfurt zu Drensteinfurt. — 25. Geh. Reg.-Rath Professor Dr. Heinrich Leo zu Halle. — 26. Landes-Aelt. Albrecht Grafen von Loeben auf Nieder-Rudelsdorf. — 27. Wirkl. Geh. Rath August von Meding auf Barskewitz Kr.Saatzig. — 28. Edmund Grafen von Potworowski auf Deutsch-Presse. — 29. General-Lieutenant Hermann Fürsten von Pückler-Muskau auf Schloss Branitz. — 30. Wirkl. Geh. Rath Rudolph von Rabe in Berlin. — 31. Geh. Reg.-Rath Otto von Ramin auf Günnitz. — 32. Christian Grafen zu Rantzau auf Oppendorff bei Kiel. — 33. Heinrich LXXIV. Fürsten Reuss-Köstritz zu Jänkendorf. — 34. Dr. jur. Fritz Grafen von Reventlow zu Starzeddel bei Jessnitz. — 35. Grafen von Reventlow auf Altenhof bei Eckernförde. — 36. Ludwig Freiherrn von Rigal-Grunland zu Godesberg. — 37. Obersten und Hofmarschall a. D. August von Rochow auf Schloss Stülpe. — 38. Carl Freiherrn von Rothschild in Frankfurt a. M. — 39. Abt zu Loccum Dr. theol. Rupstein zu Loccum und in Hannover. — 40. Ernst Grafen von Schimmelmann auf Ahrensburg. — 41. Ober-Vorsteher des Stifts Kaufungen mit Wetter, von Schutzbar, genannt Milchling, in Kassel. — 42. Rittergutsbes. A. Schwerdt- feger auf Travenort bei Segeberg. — 43. Regierungs-Präsid. a. D. Carl Freih. Schüler von Senden auf Natzlaff. — 44. Oberstlieutenant a. D. Adolph Freiherrn Senfit von Pilsach auf Sandow bei Ziebingen. — 45. Wirkl. Geh. Rath, ausserord. Gesandter und bevollmächt. Minister Guido Grafen von Usedom zu Florenz, XV. Das Grundeigenthum nach Umfang, Besitzstand und politischen Rechten. 551 und unter gleichzeitiger Bestellung zum Kronsyndieus für den 46. Geh. Justiz-Rath Professor Dr. Johann Bauerband in Köln. — 47. Staats- minister a. D. August von Bernuth in Berlin. — 48. Ober-Tribunalsrath Friedrich Bloemer in Berlin. — 49. Ober-Tribunalsrath Prof. Dr. Alexander Edler von Daniels in Berlin. — 5o. Staatsminister und Ober-Präsid. Dr. jur. Franz von Düesberg in Münster. — 51. Wirkl. Geh. Rath, Ober - Appellationsgerichts-Chef-Präsidenten z. D. Leopold von Frankenberg-Ludwigsdorf auf Nieder-Schüttlau, Kr. Guhrau, — 52. Wirkl. Geh. Rath und Vice-Präsid. des Ober-Tribunals Dr. jur. Wilhelm Goetze in Berlin. — 53. Vice-Präsidenten des Ober-Tribunals Ferdinand Grimm in Berlin. — 54. Geh. Ober- Tribunalsrath Professor Dr. Wilhelm Heffter in Berlin. — 55. Ober-Appellationsger.- Präsidenten Dr. Leonhardt in Berlin. — 56. Staats- und Justizminister Leopold Grafen und Edlen Herrn zur Lippe-Biesterfeld-Weissenfeld in Berlin. — 57. Wirkl. Geh. Rath und Appellationsgerichts-Chef-Präsidenten Ludwig Grafen von Rittberg in Glogau. — 58. Ober-Trib.-Vice-Präsid. Dr. von Schlieckmann in Berlin. — 59. Staatsminister a. D. Dr. Ludwig Simons zu Elberfeld. — 60. Staatsminister, Ober-Trib.-Chef-Präsidenten Alexander Uhden zu Berlin. Ausser den Vorstehenden sind zu Kronsyndicis bestellt: Der unter II. Y. 2. genannte, in Folge Präsentation der Universität Berlin be- rufene Geh. Ober.-Trib.-Rath Professor Dr. Gustav Homeyer in Berlin. — Der unter U. B. 2. genannte Kanzler des Königsreichs Preussen und vordem bereits aus Allerh. Vertrauen berufene Chef-Präsident des Ostpreussischen Tribunals in Königsberg in Pr., Dr. Friedrich von Zander. Danach bestanden 1867 für das Herrenhaus: I. 87 erbliche Berechtigungen, darunter zur Zeit ruhend . . . . 2o, U. 225 Berechtigungen auf Lebenszeit, darunter zur Zeit ruhend. . 31, überhaupt also 312 Berechtigungen, darunter zur Zeit ruhend. ....... 5u #% Berichtigungen. Seite ro Note, Zeile 6 v. u. fehlt das Citat: „H. Berghaus, Landbuch der Mark Branden- burg Th. I. S. 4 fi.“ „ 64 Zeile 19 v. u. liess „49“ statt 42. » 77 „ I2v.u. „ „Vetzberg“ statt Votzberg. » $8ı Note, Zeile ro v. u. liess „Lamont“ statt Camont. » 85 Zeile 14 v. u. liess „ı 100“ statt 1 200. » 86 ,„ 15 bis ıo v. u. sind die Fusse doppelt reduzirt und sollen betragen 2788, 2300, 17Io und 1305. „136 „ Iov.u. liess „östlicheren“ statt östlichen. 7220 na .v> une 3620 stattlrs. » 23I „ 18 Yv.0. „ „Nordosten“ statt Westosten. saon6 5 9 v.0. „ „Büren“ statt Herford. „ 320 Tabelle [i] Kol. 8 muss im Kopf lauten: „auf je r Geburt bestehen Ehen“. „ 362 zum Plan von Domnowitz fehlt die Bemerkung: „Die kleinen Kursivzahlen I—VI. bedeuten 4 Bonitätsklassen, die in den 3 Feldern, gross I., II. und III., sich wiederholen- den Buchstaben A—P örtliche, im Codex diplom. Siles. Bd. IV. Einl. S. 46, woher die Zeichnung entnommen ’ist, aufgeführte Namen der Feldlagen. „ 412 Zeile 18 v. u. liess „Theilnehmungsrechte“ statt Theilungsrechte, RACHEN EIS N ur, BWAOTE RR EETSEN.IO: »47 » 36vu ,„ „die“ statt diese. „Tabelle M“ statt Tabelle J der Anlagen. \ ı AR A px Var x nr , LEAT “ er, 5 - s ’ . n Lo, Pi AD PEE Ver eE VE SER ee DE Sr DEE rer Dove Seer Sperren ; & » A v je AIDA ePE PEN PNE TRINKE EI IE TOT Tre